Lexikon des Arztrechts 9783110899467, 9783110068443

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Lexikon des Arztrechts
 9783110899467, 9783110068443

Table of contents :
Vorwort
Inhalt
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Ärztehaus - Außenseitermethode
Badearzt - Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
Chefarzt - Computer-Tomographie
Datenschutz - Durchgangsarzt (D-Arzt)
Eichpflicht - Ethikkommission
Facharzt - Fußpfleger
Gastarzt - Gutachterkommission (Gutachterstelle) für ärztliche Behandlungsfehler
Hämodialyse - Honorarverteilungsmaßstab
Infusion - Jugendarbeitsschutzuntersuchungen
Kammeranwalt - Kurkrankenhaus (Kurklinik)
Laborgemeinschaft - Logopäde
Marburger Bund - Mutterschaftshilfe
Nachsorgepaß - Nutzungsentgelt
Oberarzt - Ovulationshemmer
Packungsbeilage - Psychotherapie
Qualitätskontrolle - Qualitätssicherung
Radiologie-Richtlinien - Rufbereitschaft
Sachkosten - Subspezialisten-Verzeichnis
Teilgebietsbezeichnung - Tumorzentrum
Überbetrieblicher arbeitsmedizinischer Dienst - Unterlassene Hilfeleistung
Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands (NAV) - Vorstationäre Diagnostik/nachstationäre Behandlung
Waffenschein - Wochenpflegerin
Zahnarzt - Zytologie-Richtlinien
Anhang
Anhang 2
Sachregister

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Hans-Jürgen Rieger Lexikon des Arztrechts

Lexikon des Arztrechts von

Dr. Hans-Jürgen Rieger Rechtsanwalt in Karlsruhe

w DE

1984 Walter de Gruyter • Berlin • New York

CIP-Kurztitelaufnahme

der Deutschen

Bibliothek

Rieger, Hans-Jürgen Lexikon des Arztrechts / von Hans-Jürgen Rieger — Berlin; New York: de Gruyter, 1984. ISBN 3-11-006844 4

© Copyright 1984 by Walter de Gruyter & Co., 1 Berlin 30. Alle Rechte, Insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Printed in Germany. Satz: Dörlemann-Satz, Lemförde Druck: H. Heenemann GmbH & Co, Berlin 42 Bindearbeiten: Lüderitz & Bauer Buchgewerbe GmbH, Berlin 61

MEINER FRAU

Vorwort Die Entwicklung des Arztrechts seit dem 2. Weltkrieg ist gekennzeichnet durch eine zunehmende „Verrechtlichung" der ärztlichen Berufstätigkeit, die immer stärker in die Beziehungen zwischen Arzt und Patient eingreift. Die damit verbundene ständig steigende Flut von Gerichtsentscheidungen und Veröffentlichungen zu arztrechtlichen Problemen macht die ohnehin zersplitterte Rechtsmaterie nicht nur für Ärzte, sondern auch für die mit Fragen des Arztrechts befaßten Juristen immer unübersichtlicher. Die Folge davon ist eine wachsende Rechtsunsicherheit. Das vorliegende Buch ist ein Versuch, das Recht, unter dem die Berufstätigkeit des Arztes steht, für die Erfordernisse der Praxis übersichtlich und verständlich aufzubereiten. Die Darstellung in Form von alphabetisch geordneten Stichworten anstelle der sonst üblichen systematischen Ordnungsstruktur soll den schnellen Zugriff zu einzelnen Rechtsfragen erleichtern und vor allem auch dem Arzt ermöglichen, das Nachschlagewerk als Orientierungshilfe durch das rechtliche Dickicht des Berufsalltages zu benutzen. Das Buch erhebt keinen Anspruch auf wissenschaftliche Vollständigkeit, sondern versteht sich als tägliches Handwerkszeug für Juristen und Ärzte, gewichtet nach der aktuellen Bedeutung des Rechtsstoffes für die Praxis. Wer in die Materie des Arztrechts tiefer einsteigen möchte, findet im laufenden Text Hinweise auf weiterführende Literatur. Die Musterberufsordnung für die deutschen Ärzte in der vom 86. Deutschen Ärztetag 1983 beschlossenen Fassung sowie die Musterweiterbildungsordnung nach den Beschlüssen des 83. Deutschen Ärztetages 1980 sind im Anhang abgedruckt. Ein ausführliches Sachregister am Schluß des Buches soll dem Benutzer das Auffinden spezieller Sachfragen erleichtern. Für Anregungen und Kritik, besonders auch von ärztlicher Seite, bin ich jederzeit dankbar. Karlsruhe, im Dezember 1983

Hans-Jürgen Rieger

Inhalt XV . . . XXIX

Literaturverzeichnis . . Abkürzungsverzeichnis Ärztehaus Ärztekammer Ärztekammerbeitrag Ärztemuster Ärztestreik Ärztliche Ausbildung Ärztliche Prüfungen Ärztlicher Direktor Akupunktur Altenpfleger Amtsarzt Anstaltsarzt im Justizvollzugsdienst Apotheke Apothekenhelfer Apothekenpflicht Apotheker Apothekerassistent Apparategemeinschaft Approbation Approbationsordnung für Ärzte Arbeitsamtsarzt Arbeitsschutzgesetz Arbeitsunfähigkeit Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung Arbeitsunfall Arzneibuch Arzneimittel Arzneimittelgesetz Arzneimittelhöchstbetrag . . . . Arzneimittelindex Arzneimittelkommission . . . . Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft Arzneimittelpreisverordnung . . Arzneimittel-Richtlinien . . . . Arzneiregreß Arzt Arztausweis Arztbezeichnung Arztbrief Arzt der Bundeswehr Arztehefrau Arzt-Ersatzkassen-Vertrag . . . .

1 1 8 11 13 16 17 20 22 23 24 28 32 33 34 34 38 38 39 44 44 46 46 47 50 51 52 53 54 54 55 55 56 57 58 59 61 62 62 63 64 66

Arztethik Arztfachhelferin Arzthelferin Arzthonorar Arztkostenabschlag Arztpraxis Arztrecht Arztregister Arztvertrag Arztzusatzvertrag Assistent Assistenzarzt Atomgesetz Attest Aufklärungspflicht Auftragsleistung Auskunftspflicht Außenseitermethode

66 67 67 75 89 90 96 96 97 105 105 107 110 112 116 131 131 134

Badearzt Bahnarzt Bayern-Vertrag Beamteter Arzt Bedarfsplanung Behandlungsausweis Behandlungsfehler Behandlungsfreiheit Behandlungspflicht Behinderte Behindertensport Beihilferecht Belegarzt Belegkrankenhaus Bereitschaftsdienst Berufserlaubnis Berufsgenossenschaft Berufsgericht Berufshaftpflichtversicherung . . Berufskrankheit Berufsordnung Berufspf lichten Berufsunfähigkeit Berufsverbot Beschäftigungs- und Arbeitstherapeut

135 136 137 137 139 139 140 153 153 155 156 156 159 164 164 173 177 179 186 189 190 191 192 193 194

X

Inhalt

Bestallung Bestellpraxis Besuchspflicht Betäubungsmittelrecht Betriebsarzt Bettengeld Beweislast Bewertungsmaßstab-Ärzte 1978 (BMÄ '78) Blindversuch s. Doppelblindversuch Blutdruckmessung Blutentnahme Blutgruppenuntersuchung.... Blutspende Blutspendedienst Blutspenderpaß Bluttransfusion Bräunungsstudio Bundesärztekammer Bundesärzteordnung Bundesbehandlungsschein.... Bundesgesundheitsamt Bundesgesundheitsrat Bundesknappschaft Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) Bundespflegesatzverordnung . . Bundesseuchengesetz Bundessozialhilfegesetz Bundesvereinigung für Gesundheitserziehung Bundesversorgungsgesetz . . . . Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung

194 195 196 202 205 220 220

Chefarzt Chefarztnachfolgevertrag . . . . Chiropraktik Computer-Tomographie

247 262 263 263

Datenschutz Defibrillator Deklaration von Helsinki . . . . Deklaration von Lissabon . . . . Deklaration von Tokio Dentist Deutscher Ärztetag Diätassistent Dialyse s. Hämodialyse

264 267 268 268 269 269 269 270

224

225 226 229 230 232 233 233 238 239 240 240 240 241 241 242 243 243 245 245 246 246

Dienstunfähigkeit DIN-Normen in der Medizin . . Diplom-Mediziner Dispensierrecht Disziplinarverfahren DKG-NT Doktortitel Dokumentationspflicht Doppelblindversuch Durchgangsarzt (D-Arzt)

271 272 272 273 273 275 276 277 281 282

Eichpflicht Entbindungspfleger s. Hebamme Ergotherapeut Ersatzkasse Ersatzkassengebührenordnung (E-GO) Erwerbsunfähigkeit Ethikkommission

286

Facharzt Fachkrankenhaus Famulus Fehlgeburt Fernbehandlung Feuerbestattung Fliegerärztliche Untersuchungsstelle Flughafenarzt Fortbildung Freie Arztwahl Freie Heilfürsorge Fremdarzt Fremdenverkehrsabgabe Fremdkasse Frischzellenbehandlung Früherkennungsuntersuchungen Funktionsarzt Fußpfleger Gastarzt Gebietsarzt Gebietsbezeichnung Gebührenordnung für (GOÄ'82) Geburt Geburtenbuch Gefährdungshaftung Gelöbnis Gemeinschaftspraxis

287 287 289 289 290 292 292 293 295 295 296 297 297 298 301 302 304 304 305 305 307 309 309 310 311 313

Ärzte 314 317 319 319 320 320

Inhalt

XI

Genetische Beratung Genfer Gelöbnis Gerichtsarzt Gesamtvergütung Gesamtverträge Geschäftsfähigkeit Geschlechtskrankheiten Gesundheitsabkommen mit der DDR Gesundheitsamt Gesundheitsaufseher Gesundheitsingenieur Gesundheitssicherstellungsgesetz Gewerbearzt Gnadenvierteljahr Grenzarzt Grenzschutzsanitätsoffizier . . . Grippeschutzimpfung Gruppenpraxis Gutachten Gutachterkommission (Gutachterstelle) für ärztliche Behandlungsfehler

324 326 326 326 327 327 328

Hämodialyse Hafenarzt Haftung Haftungsausschluß Hartmannbund Hebamme Heilbehandlung (Heileingriff) . . Heilbehandlungsarzt (H-Arzt) . . Heilergänzungsberufe Heilerziehungspfleger Heilhilfe Heilkunde Heilmittel Heilmittelgewerbegesetz Heilpädagoge Heilpraktiker Heilverfahren Heilversuch Heimarzt Heimgesetz Herzschrittmacher Hilfsarzt Hilfskrankenhäuser Hilfsmittel Hippokratischer Eid Hochschulassistent

348 351 352 362 364 365 368 373 375 375 376 376 380 381 382 383 388 389 390 391 391 394 395 395 396 396

329 330 331 332 332 333 334 335 335 336 337 337 344

Hochschullehrer Honorarberichtigung Honorarverkürzung Honorarverteilungsmaßstab . . .

397 399 400 400

Infusion Injektion Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP) Institutsleistung Institutsvertrag Intensivmedizin Internationale Gesundheitsvorschriften (IGV) Jugendarbeitsschutzuntersuchungen

401 401

Kammeranwalt Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) Kassenärztliche Vereinigung . . . Kassenarzt Kassenarztsitz Kastration Katastrophenschutz KBV-NT (KBV-DKG-NT) . . . . Klinik Klinische Arzneimittelprüfung . Klinisches Experiment Knappschaftsarzt Körperbestandteile Konkurrenzklausel Konsilium Kontaktlinsen Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen Kooperatives Belegarztwesen . . Koronar(sport)gruppen Kosmetikerin Kosmetische Behandlung . . . . Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz(KVEG) Krankengeld Krankengeschichte Krankengymnast Krankenhaus Krankenhausapotheke Krankenhausaufnahmevertrag Krankenhausbedarfsplan . . . .

413

406 407 407 408 410 411

413 414 415 423 424 426 427 428 428 433 435 436 438 440 443 444 445 446 448 449 451 452 453 453 454 461 462 470

Inhalt

Krankenhauseinweisung Krankenhausfinanzierungsgesetz Krankenhausinfektion Krankenhaus-Kostendämpfungsgesetz |KKG) Krankenhauspflege Krankenhausreformgesetze . . . Krankenhilfe Krankenpflege Krankenpflegedienst Krankenpflegehelfer/Krankenpflegepersonal Krankenschein Krankenunterlagen Krankenversicherung Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz (KVKG) . . . Krankenversicherungs-Weiterentwicklungsgesetz Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten (KVB) Krankheit Krebsregister Künstliche (artifizielle) Insemination Kunsttherapeut Kurarzt Kurierfreiheit Kurkrankenhaus (Kurklinik) Laborgemeinschaft Landesarzt Landesversicherungsanstalt (LVA) Landgerichtsarzt s. Gerichtsarzt Landpraxis Lehrkrankenhaus Lehrpraxis Leibesfrucht Leiche Leichenschau Liquidationsrecht Logopäde Marburger Bund Masseur/Masseur und medizinischer Bademeister Medikamentenbuch Medizinalassistent Medizinaluntersuchungsamt . .

XII 471 472 473 473 475 476 477 477 477 478 482 484 497 499 501 501 502 504 507 510 510 510 511 512 514 514 515 515 516 516 517 519 523 534 534 535 536 537 537

Medizinische Assistenzberufe . . Medizinischer Dokumentationsassistent Medizinischer Informatiker . . . Medizinischer Sektions- und Präparationsassistent Medizinisch-kaufmännische Assistentin/Helferin/Arztsekretärin Medizinisch-psychologische Untersuchungsstelle Medizinisch-technische Geräte . Medizinisch-technischer Assistent Medizinisch-technische Gehilfin Medizinphysiker Medizinstudium Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) Missionsarzt Mitarbeiterbeteiligung Mitbehandlung Musiktherapeut Musterungsarzt Mutterschaftshilfe

538 540 541 541

542 542 544 546 552 552 553 555 556 557 564 564 565 566

Nachsorgepaß Narkose Nebentätigkeit „Negativliste" Neuro-otologischer Assistent . . Niederlassung Niederlassungsfreiheit Notarzt Notarztdienst Notfall Notfallarzt/Notfalldienstarzt . . Notfallausweis Notfalldienst Nürnberger Kodex Numerus Clausus Nutzungsentgelt

566 567 569 574 575 575 576 581 582 582 583 584 585 595 595 598

Oberarzt Obergutachten öffentlicher Gesundheitsdienst . öffentliches Gesundheitswesen . Operation Organspenderausweis

607 607 608 609 611 616

Inhalt

XIII Orthoptist Ovulationshemmer

617 617

Packungsbeilage Parkerleichterungen für Ärzte . . Patientenfürsprecher Patientenkartei Patiententestament Patientenversicherung Pflegesatz Pflichtweiterbildung Pharmaberater Pharmakant Pharmareferent Pharmazeutisch-technischer Assistent Physiotherapeut Placebo Poliklinik Polizeiarzt Postarzt Postbeamtenkrankenkasse.... Präsenzpflicht Praktischer Arzt Praktisches fahr Praxisgemeinschaft Praxisklinik Praxisschild Praxistausch Praxisveräußerung Praxisverpachtung Praxisvertreter Praxisverweser Preisvergleichsliste Preugo Privat-Adgo Privatärztliche Verrechungsstelle Privatkrankenanstalt (Privatklinik) Professortitel Psychagoge Psychiatrisches Landeskrankenhaus Psychologe Psychotherapeut Psychotherapie

619 621 622 623 623 624 625 627 628 630 630

Qualitätskontrolle Qualitätssicherung

630 631 631 632 633 635 636 636 637 637 642 643 644 646 647 655 656 660 660 661 661 662 663 666 668 669 670 672 673 676 676

Radiologie-Richtlinien Regreßschutzversicherung.... Rehabilitation Reittherapie Rentenneurose Residenzpflicht Retortenkind Rettungsarzt/Rettungsdienstarzt s. Notarzt Rettungsdienst Rettungssanitäter Rezept s. Verschreibung Rezeptgebühr Rezeptsammelstelle Ringversuche Röntgenverordnung Rote Liste Rufbereitschaft

677 678 678 681 681 682 682

Sachkosten Sachleistung Sachverständiger SachverständigerZeuge Sanatorium Sanitätsoffizier Schiffsarzt Schlichtungsstelle für ärztliche Behandlungsfehler Schularzt Schulmedizin Schutzimpfung Schwangerschaftsabbruch . . . . Schweigepflicht Schweigerecht Schwerbehinderten-Ausweis . . Schwerbehindertengesetz . . . . Sektion Selbsteinweisung Selbstmedikation Selbstmord Sicherstellungsauftrag SI-Einheiten Sonderkrankenhaus Sonographie Sozialärztlicher (sozialmedizinischer Dienst) Sozialarbeiter Sozialgeheimnis Sozialgesetzbuch Sozialstation

703 704 705 716 717 719 721

684 692 694 694 695 696 699 700

722 724 725 726 728 739 760 760 761 762 768 769 769 772 773 774 774 775 775 777 779 780

Inhalt

XIV

Sportarzt Sprechstundenbedarf Stationsarzt Sterbehilfe Sterilisation Strahlenschutzverordnung . . . Studenten-Krankenversicherung Stufenplan Subspezialisten-Verzeichnis . . .

782 782 783 783 787 794 797 798 798

Teilgebietsbezeichnung Therapiefreiheit Tierversuch Todeszeitpunkt Totgeburt Transparenzkommission . . . . Transparenzliste Transplantation Transplantationsgesetz Transsexuellengesetz Trinkerheilanstalt Truppenarzt Tuberkulosehilfe (Tbc-Hilfe) . . Tumorzentrum

798 799 800 801 802 802 803 805 807 808 810 810 813 813

Überbetrieblicher arbeitsmedizinischer Dienst Überweisung Überweisungsschein Umsatzsteuer Unfallarzt Unfallheilverfahren Unterbringung Unterlassene Hilfeleistung . . .

814 816 820 820 821 822 822 826

Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands (NAV) . . . Verhandlungsfähigkeit Verschreibung Verschreibungspflicht Versehrtenleibesübungen . . . . Versorgungsamt

831 831 832 838 839 839

Versorgungsarzt Versorgungswerk Vertragsarzt Vertrauensärztlicher Dienst . . . Vertrauensarzt Vorsorgeuntersuchungen . . . . Vorstationäre Diagnostik/nachstationäre Behandlung

840 841 845 846 847 849

Waffenschein Wehrdienst Weiterbildung Weiterbildungsordnung Weltärztebund (WMA) Weltgesundheitsorganisation (WHO) Werbeverbot Wettbewerbsrecht Wirtschaftlichkeitsprüfung . . . Wissenschaftlicher Beirat der Bundesärztekammer Wissenschaftlicher Mitarbeiter . „Wissenschaftlichkeitsklausel" . Wochenpflegerin

851 853 857 870 871

Zahnarzt Zahnarzthelferin Zahnheilkunde Zahnheilkundegesetz Zentrale zur Bekämpfung der Unlauterkeit im Heilgewerbe . Zeugnisverweigerungsrecht . . . Zivildienst Zivilschutz Zöliakie Zusatzbezeichnung Zusatzgutachten Zwangsbehandlung Zwangsernährung Zweigpraxis Zytologieassistent Zytologie-Richtlinien

850

871 872 883 886 898 898 899 901 902 906 907 907 908 908 912 913 914 915 916 917 920 926 927 928

Anhang 1 Berufsordnung für die deutschen Ärzte Anhang 2 Weiterbildungsordnung Sachregister

929 938 968

Literaturverzeichnis Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz, Apel

herausgegeben vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, 1983 (zit.: Anhaltspunkte)

Auer-Menzel-Eser

Zwischen Heilauftrag und Sterbehilfe, 1977

Auernhammer

Bundesdatenschutzgesetz, 2. Aufl. 1981 Versicherungsschutz bei stationärer Heilbehandlung im Privatversicherungsrecht, jur. Diss. Köln 1979

Bach

Waffenrecht, 2. Aufl. 1977

Bachof

Krankenhausfinanzierung und Grundgesetz, Schriften der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Heft 6, 1972

Battis Baumbach-Hefermehl

Bundesbeamtengesetz, 1980 Wettbewerbsrecht, 13. Aufl. 1981

Baumbach-Lauterbach-AIbers-Hartmann Beker, M.

Zivilprozeßordnung, Komm., 40. Aufl. 1982

Bergemann

Die Besteuerung der Ärzte und Zahnärzte, 1982 Die rechtliche Stellung der Bundesärztekammer, jur. Diss. Würzburg 1969

Bergener (Hrsg.)

Psychiatrie und Rechtsstaat, 1981

Blutalkohol

Zeitschrift

Bockelmann

Strafrecht des Arztes, 1968 Handbuch der Sozialversicherung, 9. Aufl., Stand 1983

Brackmann Brandecker v. Brandis-Cordt-Pribilla

Krankenhausfinanzierungsgesetz, Bundespflegesatzverordnung und Folgerecht, Stand 1982 Arzt und Kunstfehlervorwurf, 1971

Braun

Zum Tarifrecht des Arztes, Schriftenreihe des Marburger Bundes Bd. 5, 1973

Breithaupt (Hrsg.)

Sammlung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Sozialversicherung Der Sachverständige, 2. Aufl. 1973

Bremer Brenner

Brockhaus

Arzt und Recht, 1983 Rechtskunde für das Krankenpflegepersonal, 1978 Enzyklopädie, 1966-1981

Literaturverzeichnis

Brosius Brück Brugger-Kühn Buchholz Bulla-Buchner Bullinger Bunte Burmester Buschmann-Wilken Busse Calliess/Müller-Dietz Carstens Clemens-Scheuring-Steingen-Görner-Opalke-Wiese Creifelds (Hrsg.) Crisolli-Schwarz Dallinger-Bode-Dellian Daniels-Bulling Daniels-Hagen u. a. (Hrsg.) Datenschutz und Datensicherung v. Dellingshausen Denecke-Monjau-Neumann Deneke, J.F.V. Deneke, J. Der freie Beruf

XVI Die Rechtsstellung der Rotkreuzschwester aus arbeitsrechtlicher Sicht, jur. Diss. Köln 1968 Kommentar zur Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)i.d.F. v. 12. 11. 1982, 1983 Sektion der menschlichen Leiche, 1979 Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes Mutterschutzgesetz, 5. Aufl. 1981 Beamtenrechtliche Zusagen und Reformgesetzgebung, 1972 Handbuch der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 1982 Die Haftpflicht des Arztes und der Krankenanstalt, 1957 Vordrucke für die kassenärztliche und vertragsärztliche Versorgung mit Erläuterungen, Stand April 1981 Die Rechtsstellung der leitenden Krankenhausärzte, jur. Diss. Würzburg 1964 Strafvollzugsgesetz, 3. Aufl. 1983 Das Recht der Organtransplantation, 1978 Kommentar zum Bundesangestelltentarifvertrag, 1973 Rechtswörterbuch, 1981 Hessisches Beamtengesetz, Komm., Stand Mai 1983 Hochschulrahmengesetz, Komm. 1978 Kommentar zur Bundesärzteordnung, 1968 Das öffentliche Gesundheitswesen, Bd. I-V, 1966-1968 Zeitschrift Sterbehilfe und Grenzen der Lebenserhaltungspflicht des Arztes, 1981 Arbeitszeitordnung, 9. Aufl. 1976 Die freien Berufe, 1956 Klassifizierung der freien Berufe, 1969 Zur rechtlichen Problematik der überbetrieblichen Dienste von Betriebsärzten nach § 19 des Arbeitssicherheitsgesetzes, jur. Diss. Bonn 1981 Zeitschrift

XVII der niedergelassene arzt Der Sozialdienst bei der Deutschen Bundesbahn Deuchgräber Deutsch diagnostik Dialog zwischen Arzt und Jurist zu Rechtsbegriffen bei der Begutachtung von: Arbeitsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit ; Erwerbsunfähigkeit, Berufsunfähigkeit, Minderung der Erwerbsfähigkeit Die Aufklärungspflicht des Arztes, 1962 Die Bundesbahn Diederichsen Die Deutsche Hochschulverwaltung Die Leistungen Doepner Doerr-Jacob-Laufs (Hrsg.) Doetsch-Schnabel Dreher-Tröndle Duden Dunz

Effer-Engels-Wenig Eichholz Eid-Frey (Hrsg.)

Literaturverzeichnis

Zeitschrift DB-Fachbuch Bd. 1/13, hrsg. vom BundesbahnSozialamt, 1978 Der Hippokratische Eid, 3. Aufl. 1972 Recht der klinischen Forschung am Menschen, Reihe „Recht und Medizin", 1979 Zeitschrift Schriftenreihe Band 2 der Hans-Neuffer-Stiftung, 1981

hrsg. von der Stiftung zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung über Wesen und Bedeutung der freien Berufe Zeitschrift Die Vergütung ärztlicher Leistungen im Krankenhaus, 1979 hrsg. vom Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung, 1943 Zeitschrift Heilmittelwerbegesetz, 1981 Recht und Ethik in der Medizin, 1982 Gesetz über Betriebsärzte und Sicherheitsfachkräfte, 1974 Strafgesetzbuch, Komm., 40. Aufl. 1981 Wörterbuch medizinischer Fachausdrücke, 3. Aufl. 1979 Zur Praxis der zivilrechtlichen Arzthaftung, Juristische Studiengesellschaft Karlsruhe, Heft 116, 1974 Aktuelle Fragen zum Arzthaftungsrecht, Kommunikationsforum Recht Wirtschaft Steuern, 1980 (zit.: Aktuelle Fragen) Heilmittel und Hilfsmittel, 1983 Die Rechtsstellung des Belegarztes, Schriften der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Heft 7, 1973 Sterbehilfe oder Wie weit reicht die ärztliche Behandlungspflicht? 1978

Literaturverzeichnis

Eisholz Engisch-Hallermann Erman Etmer-Lundt-Schiwy Eyermann-Fröhler Fechner Federhen (Hrsg.) Festgabe für H. Weitnauer, 1980 Festschrift für P. Bockelmann zum 70. Geburtstag, 1979 Festschrift für Eberhard Schmidt, 1961 Festschrift für Reimer Schmidt, 1976 Fikentscher Fincke Fischer, F. W. Forsthoff Fortschritt und Fortbildung in der Medizin, Jahrbuch 1980/81 Forum Sozialstation Franzki Frey Fröhler-Kormann Gaedke Gebhardt Gedächtnisschrift R. Bruns

XVIII Krankenhausfinanzierungsgesetz und Bundespflegesatzverordnung, Komm., 1974 Die ärztliche Aufklärungspflicht aus rechtlicher und ärztlicher Sicht, 1970 Handkommentar zum BGB, 7. Aufl. 1981 Bundesärzteordnung und das Recht der übrigen Heilberufe, Komm., Stand 15. 10. 1981 Verwaltungsgerichtsordnung, 8. Aufl. 1980 Probleme der Arbeitsbereitschaft, Tübinger Rechtswissenschaftliche Abhandlungen, Bd. 7, 1963 Der Arzt des öffentlichen Gesundheitsdienstes, 1967

Schuldrecht, 5. Aufl. 1975 Arzneimittelprüfung, Strafbare Versuchsmethoden, 1977 Teamarbeit der Ärzte, jur. Diss. Freiburg 1971 Lehrbuch des Verwaltungsrechts Bd. 1 Allgemeiner Teil, 10. Aufl. 1973 hrsg. von der Bundesärztekammer Zeitschrift Leitfaden für Arzthaftungsprozesse, Kommunikationsforum Recht, Wirtschaft, Steuern, 1979 Arbeitsbereitschaft, Rufbereitschaft, Bereitschaftsdienst in Arbeitszeitrecht und Lohnrecht, 1960 Kommentar zur Gewerbeordnung, 1978 Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 4. Aufl. 1977 Höhere Arztentschädigungen für sozialrechtliche Gutachten und Befundberichte nach den neuen Entschädigungsgrundlagen, 1978 Gedächtnisschrift für R. Bruns, 1980

XIX Geigel Gerdelmann-KirstgenWestphal Gerold-Schmidt Gesundheitserziehung in freier Initiative 1954-1979 Gesundheits- und sozialpolitische Vorstellungen der deutschen Ärzteschaft, beschlossen vom 83. Deutschen Ärztetag 1980 (zit.: Gesundheitsu. sozialpolitische Vorstellungen) Giese-Ibels-Rehkopf Giesen Gitter Gitter-Huhn-LammelLuig-Reich-Tempel-Weyers Göppinger (Hrsg.) Goldhahn-Schläger Grahlmann Grell Gruppenmedizin Häußler-Liebold-Narr Hahn Halhuber, C. (Hrsg.) Hanack Harsdorf-Friedrich Hasskarl-Kleinsorge Heim (Hrsg.)

Literaturverzeichnis Der Haftpflichtprozeß, 18. Aufl. 1982 Arzneimittel-Rezeptprüfung, Beratung und Regreß, Stand März 1983 Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte, Komm., 7. Aufl. 1981 herausgeg. von der Bundesvereinigung für Gesundheitserziehung e.V., Bonn, 1979

Gesetz über Betriebsärzte und Sicherheitsingenieure, 3. Aufl. 1977 Arzthaftungsrecht, 1981 Sozialrecht, 1981 Zum Privatliquidationsrecht der leitenden Krankenhausärzte, PKV-Dokumentation 4, 1975 Vertragsschuldverhältnisse, 1974 Arzt und Recht, 1966 Fehler und Gefahren bei Einspritzungen und ihre rechtlichen Folgen, 1948 Heilbehandlung und Heilversuch, Schriftenreihe „Medizin und Recht" hrsg. von A. Eser, 1977 Landesdatenschutzgesetz für Baden-Württemberg, 1980 Schriftenreihe des Hartmannbundes, 1973 Die kassenärztliche Tätigkeit, 1982 Die Haftung des Arztes für nichtärztliches Hilfspersonal, 1981 Ambulante Koronargruppen, 1981 Die strafrechtliche Zulässigkeit künstlicher Unfruchtbarmachung, 1959 Krankenhausfinanzierungsgesetz, Komm., 2. Aufl. 1974 Arzneimittelprüfung - Arzneimittelrecht, 2. Aufl. 1979 Haftpflichtfragen im ärztlichen Alltag, 1980 (zit.: Heim, Haftpflichtfragen)

XX

Literaturverzeichnis

Heinemann-Liebold Heiss Hencke Henneberger Henschel Herkert Hertel Hess, R. Hess-Venter Hilchenbach

Zwangsernährung und Zwangsbehandlung, Schriftenreihe Bd. 3 der Hans-Neuffer-Stiftung, 1983 (zit.: Heim, Zwangsernährung) Kassenarztrecht, Komm., 5. Aufl. 1980 Die künstliche Insemination der Frau, 1972 Wie erstelle ich eine Privatliquidation? 1968 Die Rechtsstellung des Arztes in der Bundeswehr, jur. Diss. Würzburg 1977 Aufgabe und Tätigkeit der Schlichtungs- und Gutachterstellen für Arzthaftpflichtstreitigkeiten, 1980 Berufsbildungsgesetz, Komm., Stand Februar 1983 Ärztliche Auskunft, 1966 Regreß des Kassenarztes, 1981 Das Gesetz über Kassenarztrecht Bd. 1, 1955 Die Zulässigkeit von Transplantatentnahmen vom toten Spender aus zivilrechtlicher Sicht, jur. Diss. Heidelberg 1973

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Hübner-Drost Hueck-Nipperdey Infusionstherapie Jansen Jessnitzer Joachimski Jung, E.

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Der gerichtliche Sachverständige, 8. Aufl. 1980 Betäubungsmittelrecht, 3. Aufl. 1982 Das Recht auf Gesundheit, Schriften des Instituts für Arbeits- und Wirtschaftsrecht der Universität Köln, Bd. 44, 1982 Allgemeinhygienische und sozialhygienische Aufgaben des hafenärztlichen Dienstes eines größeren Seehafens, Schriftenreihe der Akademie für Öffentliches Gesundheitswesen in Düsseldorf, Bd. 4, 1977

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Sammlung von Entscheidungen der ärztlichen Berufsgerichte, 2 Bände (1965 u. 1970)

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Strafgesetzbuch mit Erläuterungen, 14. Aufl. 1981

Literaturverzeichnis Landmann-Rohmer Laufs

Lauterbach Liebold Lilie Löwe-Graf v. Westphalen-Trinker Löwe-Rosenberg

Lüke Lukes Lundt-Schiwy

Luyken-PottschmidtThoelke-Wandtke-Zitzmann-Weil (Hrsg.) Luxenburger Martius (Hrsg.) Massfeller-Hoffmann Maunz

Maunz-Dürig-HerzogScholz Mayer-Maly

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XXII

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XXIII

Menken

Mergen Meyer-Höver Mitteilungen der Arbeits gemeinschaft für Klinische Nephrologie, Bd. VI/1977 Mötzung Müller-Beck Müller-Römer Narr

Neumann-Mangoldt Nienhaus-Hess Noeske-Hamacher-Franz Notfallmedizin Oestreicher Palandt Parensen Perret Peters

Peters-Sautter-Wolff

Literaturverzeichnis

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Der ärztliche Notfalldienst in rechtlicher Sicht, jur. Diss. Würzburg 1980 Das Beamtenrecht in Baden-Württemberg, Komm., Stand März 1982 Arzneimittelrecht von A-Z, 1978 Ärztliches Berufsrecht, 2. Aufl. 1977, Stand Oktober 1982 Der Arzt als Arbeitgeber - arbeitsrechtliche, haftungsrechtliche und versicherungsrechtliche Fragen in der Praxis, hrsg. vom Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung, 6. Aufl. 1981 (zit.: Narr, Der Arzt als Arbeitgeber) Der Arztbrief, 2. Aufl. 1970 Bundesmantelvertrag Ärzte, 7. Aufl. 1979 Erläuterungen zum Abkommen Ärzte/Berufsgenossenschaften, Stand April 1983 Zeitschrift Bundessozialhilfegesetz, Komm., Stand April 1982 Bürgerliches Gesetzbuch, Komm., 42. Aufl. 1983 Die Unterbringung Geistes- und Suchtkranker, 1982 Arzthaftpflicht, 1956 Handbuch der Krankenversicherung, 17. Aufl., Stand 1. 6. 1983 (zitiert: Hdb. d. Rrankenvers.) Sozialgesetzbuch, Allgemeiner Teil, Stand 1.1. 1983 Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, 4. Aufl., Stand 1983

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Klinisches Wörterbuch, 254. Aufl. 1982

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Krankenpflegegesetz und Ausbildungs- und Prüfungsordnung, 6. Aufl. 1975

Rau-Dürrwächter-FlickGeist

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Taschenlexikon des Behilferechts, 1982

Schröder-Beckmann-Keufer-Hellstern

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Schriftenreihe des Hartmannbundes, 1973 (zit.: Schweigepflicht u. Schweigerecht)

Simitis-Dammann-Wallmann-Reh

Kommentar zum Bundesdatenschutzgesetz, 1979 (zit.: Simitis u.a.)

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Spinnarke

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hrsg. von der Görres-Gesellschaft, 6. Aufl. 1957-1970

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Staudiiiger Stegmüller-SchmalhoferBauer Stelkens-Bonk-Leonhard 4. Symposium Uber Sozialmedizin für Juristen und Ärzte Stobrawa Tätigkeitsbericht 1982 des Bundesgesundheitsamtes Teich

Theobald-Erdle Therapiewoche Thieme Thürk Tiemann, S. Töns v. Troschke-Kosanke Ulmer-Brandner-Hensen Uttlinger-Breier-Kiefer Wagner Warneyer Weidner Weissauer-Hirsch Weissauer-Opderbecke (Hrsg.) Weissauer-Poellinger Wendelstein

XXVI Kommentar zum BGB, 12. Aufl. 1978-1981 Beamtenversorgungsgesetz, 1978, Stand April 1982 Verwaltungsverfahrensgesetz, 1978 Schriftenreihe Bd. 1 der Hans Neuffer Stiftung, 1981 Die ärztlichen Organisationen in der Bundesrepublik Deutschland, 1979

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XXVII Wendland-Wolff Wendt (Hrsg.) Weyers

Wezel-Liebold Wilrodt-Neumann Wohlfahrt-Everling-Glaesner-Sprung Wolff-Bachof

Literaturverzeichnis

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Abkürzungsverzeichnis Die nachstehend aufgeführten Gesetze und Verordnungen werden mit dem jeweiligen Datum ihrer ersten Verkündung im Gesetzblatt oder mit dem Datum ihrer letzten Neubekanntmachung zitiert. Spätere Änderungen ergeben sich aus den amtlichen Fundstellennachweisen. a.A. aaO. AbfG ABl. ABl. EG ABO Adgo a.E. ÄB1. ÄK AEKV ÄM ÄrztekammerG Ärztin Ärztl. Praxis a.F. AFG AG AGBG AG 19 AHB Allgemeinarzt AMVerschrV AN

Anaesthesist Anästh. Inform Anästh. Intensivmed.

anderer Ansicht am angegebenen Ort Abfallbeseitigungsgesetz i.d.F. v. 5. 1. 1977 (BGBl. IS. 41) Amtsblatt Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Apothekenbetriebsordnung v. 7. 8. 1968 (BGBl. I S. 939) Allgemeine deutsche Gebührenordnung von 1928 am Ende Ärzteblatt Ärztekammer Arzt-Ersatzkassenvertrag Ärztliche Mitteilungen (Zeitschrift), ab 1964 „Deutsches Ärzteblatt" (DÄ) Ärztekammergesetz Zeitschrift Ärztliche Praxis (Zeitschrift) alte Fassung Arbeitsförderungsgesetz v. 25. 6. 1969 (BGBl. I S. 582) Amtsgericht Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen v. 9. 12. 1976 (BGBl. I S. 3317) Arbeitsgemeinschaft nach § 19 AEKV Allgemeine Versicherungs-Bedingungen für die Haftpflichtversicherung Der Allgemeinarzt (Zeitschrift) Verordnung über verschreibungspflichtige Arzneimittel v. 31. 10. 1977 (BGBl. IS. 1933) Amtliche Nachrichten des Reichsversicherungsamtes, ab 1926 Amtliche Nachrichten für Rechtsversicherung als Teil des Reichsarbeitsblatts Der Anaesthesist (Zeitschrift) Anästhesiologische Informationen (Zeitschrift) Anästhesiologie und Intensivmedizin (Zeitschrift)

Abkürzungsverzeichnis

angestellter Arzt Anh. Anm. AnVNG AnwBl. AO AOÄ AOAp AOK AP ApG ArbG ArbGG AR-Blattei ArbPlSchG ArbStoffV ArbuR ArztR arzt im krankenhaus Arzt u. Krankenhaus Arzt u. Wirtschaft AS ASiG ASP AtG AUB AufenthG/EWG

AÜG AuslG AutVerschrV

XXX der angestellte Arzt (Zeitschrift) Anhang Anmerkung Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz v. 23. 2. 1957 (BGBl. I S. 88) Anwaltsblatt Abgabenordnung v. 16. 3. 1976 (BGBl. IS. 613) Approbationsordnung für Ärzte i.d.F.v. 3. 4. 1979 (BGBl. I S. 425) Approbationsordnung für Apotheker v. 23. 8. 1971 (BGBl. IS. 1377) Allgemeine Ortskrankenkasse Arbeitsrechtliche Praxis Nachschlagewerk des Bundesarbeitsgerichts Apothekengesetz i.d.F. v. 15. 10. 1980 (BGBl. I S. 1993) Arbeitsgericht Arbeitsgerichtsgesetz i.d.F. v. 2. 7. 1979 (BGBl. I S. 853) Arbeitsrechts-Blattei Arbeitsplatzschutzgesetz i.d.F. v. 14. 4. 1980 (BGBl. I S. 425) Verordnung über gefährliche Arbeitsstoffe i.d.F. v. 11.2. 1982 (BGBl. IS. 144) Arbeit und Recht (Zeitschrift) Arztrecht (Zeitschrift) der arzt im krankenhaus und im gesundheitswesen (Zeitschrift) Arzt und Krankenhaus (Zeitschrift) Arzt und Wirtschaft (Zeitschrift) Amtliche Sammlung Arbeitssicherheitsgesetz v. 12. 12. 1973 (BGBl. I S. 1885) Arbeitsmedizin - Sozialmedizin - Pr'äventivmedizin (Zeitschrift) Atomgesetz i.d.F.v. 31. 10. 1976 (BGBl. IS. 3053) Allgemeine Unfallversicherungs-Bedingungen Gesetz über Einreise und Aufenthalt von Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft i.d.F.v. 31. 1. 1980 (BGBl. IS. 116) Arbeitnehmerüberlassungsgesetz v. 7. 8. 1972 (BGBl. IS. 1393) Ausländergesetz v. 28. 4. 1965 (BGBl. IS. 353) Verordnung über die automatische Verschreibungspflicht v. 26. 6. 1978 (BGBl. IS. 917)

XXXI

Abkürzungsverzeichnis

AVB AVG

Allgemeine Versicherungsbedingungen Angestelltenversicherungsgesetz v. 28. 5. 1924 (RGBl. IS. 563) Allgemeine Versicherungsbedingungen der privaten Krankenversicherung Arbeitszeitordnung i.d.F. v. 30. 4. 1938 (BGBl. I S. 446) Bundesärztekammer Bundesärzteordnung i.d.F. v. 14. 10. 1977 (BGBl. IS. 1885) Bundesausbildungsförderungsgesetz i.d.F. v. 6. 6. 1983 (BGBl. IS. 645) Bundesarbeitsgericht Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts Bundesanzeiger Bundes-Apothekerordnung v. 5. 6. 1968 (BGBl. I S. 601) Bundesarbeitsblatt Bundes-Angestelltentarifvertrag, Stand: 20. 6. 1983 Bundesaufsichtsamt für das Versicherungs- und Bausparwesen Bayerische Beamtenzeitung Bayerisches Oberstes Landesgericht Bayerische Verwaltungsblätter Bayerischer Verfassungsgerichtshof Der Betriebs-Berater (Zeitschrift) Bundesbaugesetz i.d.F.v. 18. 8. 1976 (BGBl. I S. 2257) Bundesbeamtengesetz i.d.F.v. 3. 1. 1977 (BGBl. I S. 1) Bundesbesoldungsgesetz i.d.F.v. 13. 11. 1980 (BGBl. IS. 2081) Berufsbildungsgesetz v. 14. 8. 1969 (BGBl. I S. 1112) Bundesdisziplinarhof Bundesdatenschutzgesetz v. 27. 1. 1977 (BGBl. I S. 201) Beamtenversorgungsgesetz v. 24. 8. 1976 (BGBl. I S. 2485) Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Beschäftigungs- und Arbeitstherapeuten v. 23. 3. 1977 (BGBl. S. 509) Gesetz über den Beruf des Beschäftigungs- und Arbeitstherapeuten v. 25. 5. 1976 (BGBl. I S. 1246)

AVK AZO BÄK BÄO BAföG BAG BAGE BAnz. BApO BArbBl BAT BAV BayBZ BayObLG BayVBl. BayVerfGH BB BBauG BBG BBesG BBiG BDH BDSG BeamtVG BeArbThAPrO BeArbThG

Abkürzungsverzeichnis

BEG BEGEWO BEK Bek. BerufsG Berufsgenossenschaft BerufskBl. Beschl. BestG BestO BetrAG BetrVG BfA BFH BFHE BG BG-Abkommen BGB BGBl. BGesuBl. BGH BGHSt BGHZ BGSG BhV Biol.Med. BKK BKVO Blutalkohol BMA BMÄ'78 BMFi

XXXII Bundesentschädigungsgesetz v. 29. 6. 1956 (BGBl. I S. 559) i.d.F. des Bundesentschädigungsschlußgesetzes v. 14. 9. 1965, BGBl. I S. 1315 Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege Barmer Ersatzkasse Bekanntmachung Berufsgericht Die Berufsgenossenschaft (Zeitschrift) Blätter zur Berufskunde, hrsg. von der Bundesanstalt für Arbeit Beschluß Bestattungsgesetz Bestallungsordnung für Ärzte v. 15.9. 1953 (BGBl. I S. 1334) Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung v. 19. 12. 1974 (BGBl. IS. 3610) Betriebsverfassungsgesetz v. 15. 1. 1972 (BGBl. I S. 13) Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Bundesfinanzhof Entscheidungen und Gutachten des Bundesfinanzhofs Berufsgenossenschaft Abkommen Ärzte/Berufsgenossenschaften Bürgerliches Gesetzbuch v. 18. 8. 1896 (RGBl. I S. 195) Bundesgesetzblatt Bundesgesundheitsblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Gesetz über den Bundesgrenzschutz v. 18. 8. 1972 (BGBl. IS. 1834) Beihilfevorschriften für Bundesbeamte i.d.F.v. 1.2. 1979 (GMB1. S. 67) Biologische Medizin (Zeitschrift) Die Betriebskrankenkasse (Zeitschrift) Berufskrankheiten-Verordnung v. 20. 6. 1968 (BGBl. IS. 721) Zeitschrift Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung Bewertungsmaßstab-Ärzte, gültig seit 1. 7. 1978 Bundesminister der Finanzen

XXXIII

BMI BMJ BMJFG BMV BMV-Ä BMWi BNV BO BPersVG BPflV BRAO BRAGO BR-Drucks. BRRG BSeuchG BSG BSGE BSHG BStatG BStBl. BT-Drucks. BtMG BtMW BundesbahnG BUrlG BVerfG BVerfGE BVerfGG BVerwG BVerwGE BVFG

Abkürzungsverzeichnis Bundesminister des Innern Bundesminister der Justiz Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit Bundesminister für Verteidigung Bundesmantelvertrag-Ärzte Bundesminister für Wirtschaft Bundesnebentätigkeitsverordnung i.d.F. v. 28. 8. 1974 (BGBl. IS. 2117) Berufsordnung Bundespersonalvertretungsgesetz v. 15. 3. 1974 (BGBl. IS. 693) Bundespflegesatzverordnung v. 25. 4. 1973 (BGBl. IS. 693) Bundesrechtsanwaltsordnung v. 1. 8. 1959 (BGBl. IS. 565) Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte v. 26. 7. 1957 (BGBl. I S. 907) Bundesrats-Drucksache Beamtenrechtsrahmengesetz i.d.F. v. 3. 1. 1977 (BGBl. IS. 21) Bundes-Seuchengesetz i.d.F. v. 18. 12. 1979 (BGBl. IS. 2262) Bundessozialgericht Entscheidungen des Bundessozialgerichts Bundessozialhilfegesetz i.d.F. v. 25. 4. 1983 (BGBl. I S. 613) Bundesstatistikgesetz v. 14. 3. 1980 (BGBl. I S. 289) Bundessteuerblatt Bundestags-Drucksache Betäubungsmittelgesetz v. 28. 7. 1981 (BGBl. I S. 681) Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung v. 16. 12. 1981 (BGBl. IS. 1427) Bundesbahngesetz v. 13. 12. 1951 (BGBl. IS. 955) Bundesurlaubsgesetz v. 8. 1. 1963 (BGBl. IS. 2) Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Gesetz über das Bundesverfassungsgericht i.d.F. v. 3. 2. 1971 (BGBl. IS. 105) Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Bundesvertriebenengesetz v. 3. 9. 1971 (BGBl. I S. 1565)

Abkürzungsverzeichnis

BVG BVO Chirurg DÄ DAngVers DAK DAR DAZ DB DBÄ DDA DiätAssAPrO DiätAssG DKG DKG-NT

DMW DÖV DOK DPA DR DRiZ DRK DRV DStR DtKrankenpflZ DVBl. DVO DVZ E 1962 E-Adgo EFG EG EGGVG E-GO EGStGB EheRG

XXXIV Bundesversorgungsgesetz i.d.F. v. 22. 1. 1982 (BGBl. IS. 21) Beihilfeverordnung für Landesbeamte Der Chirurg (Zeitschrift) Deutsches Ärzteblatt Die Angestelltenversicherung (Zeitschrift) Deutsche Angestellten-Krankenkasse Deutsches Autorecht (Zeitschrift) Deutsche Apotheker Zeitung (Zeitschrift) Der Betrieb (Zeitschrift) Die Berliner Ärztekammer (Zeitschrift) Der Deutsche Arzt (Zeitschrift) Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Diätassistenten v. 12. 2. 1974 (BGBl. IS. 163) Gesetz über den Beruf des Diätassistenten v. 17. 7. 1973 (BGBl. IS. 853) Deutsche Kiankenhausgesellschaft Tarif der Deutschen Krankenhausgesellschaft für die Abrechnung der stationären Nebenleistungen und der ambulanten Leistungen in den Krankenhäusern, 14. Aufl., Stand 1. 7. 1983 Deutsche Medizinische Wochenschrift Die öffentliche Verwaltung (Zeitschrift) Die Ortskrankenkasse (Zeitschrift) Der Praktische Arzt (Zeitschrift) Deutsches Recht (Zeitschrift) Deutsche Richterzeitung Deutsches Rotes Kreuz Deutsche Rentenversicherung (Zeitschrift) Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) Deutsche Krankenpflegezeitschrift Deutsches Verwaltungsblatt Durchführungsverordnung Deutsche Versicherungszeitschrift Entwurf eines Strafgesetzbuches 1962 Ersatzkassen-Adgo Entscheidungen der Finanzgerichte Europäische Gemeinschaften Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz v. 27. 1. 1877 (RGBl. IS. 77) Ersatzkassen-Gebührenordnung Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch v. 2. 3. 1974 (BGBl. IS. 469) Erstes Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts v. 14. 6. 1976 (BGBl. IS. 1421)

XXXV

Abkürzungsverzeichnis

EhfG

Entwicklungshelfer-Gesetz v. 18. 6. 1969 (BGBl. I S. 549) Eichgesetz v. 11. 7. 1969 (BGBl. IS. 759) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Berlin Fachzeitschrift für das arbeitsmedizinische Personal Erläuterungen Die Ersatzkasse (Zeitschrift) Einkommensteuergesetz i.d.F. v. 6. 12. 1981 (BGBl. IS. 1249) Einkommensteuer-Richtlinien Entscheidungssammlung des Hessischen und Württ. -Badischen Verwaltungsgerichtshofes Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Europäische Grundrechte (Zeitschrift) Entscheidungen und Mitteilungen des Reichsversicherungsamts Finanzänderungsgesetz Finanzausgleichsgesetz

EichG EOVG Berlin ErgoMed Erl. ErsK EStG EStR ESVGH EuGH EuGRZ EuM FÄG FAG FamRZ FAZ Festschr. FeuerbestG FG FGG FGO FinMin. Fn. Frauenarzt GA GABI. GBl. GDG Geburtsh. u. Frauenheilk. GemO GeschlKrG GesVereinhG

Ehe und Familie im privaten und öffentlichen Recht (Zeitschrift) Frankfurter Allgemeine Zeitung Festschrift Feuerbestattungsgesetz v. 15. 5. 1934 (RGBl. I S. 380) Finanzgericht Gesetz über die Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit v. 17. 5. 1898 (RGBl. S. 189) Finanzgerichtsordnung v. 6. 10. 1965 (BGBl. I S. 1477) Finanzministerium Fußnote Der Frauenarzt (Zeitschrift) Archiv für Strafrecht, begründet von Goltdammer Gemeinsames Amtsblatt Gesetzblatt Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst Geburtshilfe und Frauenheilkunde (Zeitschrift) Gemeindeordnung Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten v. 23. 7. 1953 (BGBl. IS. 700) Gesetz über die Vereinheitlichung des Gesundheitswesens v. 3. 7. 1934 (RGBl. I S. 531)

Abkürzungsverzeichnis GewArch. GewO GFaG GG ggfGKAR GKV GMB1. GOÄ 1965 GOÄ 1982 Gruppenpraxis GRUR GVBl. GWB HandwO HaushBG 1983 HaushBG 1984 HBG Hbg. ÄrzteG Hdb. HebAPrO HebG HeilbG HeilhilfsberufeV HeimG Hess.KHG

XXXVI Gewerbearchiv (Zeitschrift) Gewerbeordnung i.d.F.v. 1.1. 1978 (BGBl. I S. 97) Gesetz über die Führung akademischer Grade v. 7. 6. 1939 (RGBl. IS. 985; DVO v. 21. 7. 1939, RGBl. IS. 1326) Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland v. 23. 5. 1949 (BGBl. 1 S. 1) gegebenenfalls Gesetz über Kassenarztrecht v. 17.8. 1955 (BGBl. IS. 513) Gesetzliche Krankenversicherung Gemeinsames Ministerialblatt der Bundesministerien Gebührenordnung für Ärzte v. 18.3. 1965 (BGBl. IS. 89) Gebührenordnung für Ärzte v. 12. 11. 1982 (BGBl. IS. 1522) Die Gruppenpraxis (Zeitschrift) Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (Zeitschrift) Gesetz- und Verordnungsblatt Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen i.d.F.v. 24. 9. 1980 (BGBl. I S. 1761) Handwerksordnung i.d.F.v. 28. 12. 1965 (BGBl. I 1966, S. 1) Haushaltsbegleitgesetz v. 20. 12. 1982 (BGBl. I S. 1857) Haushaltsbegleitgesetz v. 22. 12. 1983 (BGBl. I S. 1532) Hessisches Beamtengesetz i.d.F.v. 14. 12. 1976 (GVBl. IS. 41) Hamburgisches Ärztegesetz v. 22. 5. 1978 (GVBl. S. 152) Handbuch Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Hebammen v. 3. 9. 1981 (BGBl. I S. 923) Hebammengesetz v. 21. 12. 1938 (RGBl. I S. 1893) Heilberufsgesetz Verordnung über die Ausbildungsförderung für den Besuch von Ausbildungsstätten für Heilhilfsberufe v. 2. 11. 1970 (BGBl. IS. 1504) Heimgesetz v. 7. 8. 1974 (BGBl. IS. 1873) Hessisches Krankenhausgesetz v. 4. 4. 1973 (GVBl. IS. 348)

XXXVII

HessUnivG HFR HGB h.M HMV HNtV/HNTVO HPG HRG Hrsg. hrsg. HVM HWG i.d.F.v. i.d.R. Internist i.S. i.V.m. JArbSchG JGG JM JR JurBüro JuS Justiz JW JZ KammerG Karlsr.Komm. Kassenarzt KatSG KastrG KBV

Abkürzungsverzeichnis Hessisches Universitätsgesetz v. 6. 6. 1978 (GVB1.1S. 348) höchstrichterliche Finanzrechtsprechung Handelsgesetzbuch v. 10. 5. 1897 (RGBl. S. 219) herrschende Meinung Heidelberger Musterverträge Hochschulnebentätigkeitsverordnung Heilpraktikergesetz v. 17. 2. 1939 (RGBl. I S. 251) Hochschulrahmengesetz v. 26. 1. 1976 (BGBl. I S. 185) Herausgeber herausgegeben Honorarverteilungsmaßstab Heilmittelwerbegesetz i.d.F.v. 18. 10. 1978 (BGBl. IS. 1677) in der Fassung vom in der Regel Der Internist (Zeitschrift] im Sinne in Verbindung mit Jugendarbeitsschutzgesetz v. 12. 4. 1976 (BGBl. I S. 965) Jugendgerichtsgesetz i.d.F.v. 11. 12. 1974 (BGBl. I S. 3427) Justizministerium Juristische Rundschau (Zeitschrift) Juristisches Büro (Zeitschrift) Juristische Schulung (Zeitschrift) Die Justiz, Amtsblatt des Justizministeriums Bad.-Wttbg. Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) Juristenzeitung Kammergesetz Karlsruher Kommentar zur StPO und zum GVG, hrsg. von G. Pfeiffer, 1982 Der Kassenarzt (Zeitschrift) Gesetz über die Erweiterung des Katastrophenschutzes v. 9. 7. 1968 (BGBl. I S. 776) Gesetz über die freiwillige Kastration und andere Behandlungsmethoden v. 15. 8. 1969 (BGBl. I S. 1143) Kassenärztliche Bundesvereinigung

Abkürzungsverzeichnis

KDVNG KG KHG KHG Bad.-Wttbg. KKG KMK KO Komm. KOVwVfG Krankenhaus Krankenhausarzt KrAZO KrFürsKSchV KRG Rheinl.-Pf. KrPfl-APrO KrPflG KrPflH-APrO KrV KSchG KStG KuMi KV KVB KVEG KVKG

XXXVIII Kriegsdienstverweigerungs-Neuordnungsgesetz v. 28. 2. 1983 (BGBl. IS. 203) Kammergericht Krankenhausfinanzierungsgesetz v. 29. 6. 1972 (BGBl. IS. 1009) Krankenhausgesetz Baden-Württemberg v. 16. 12. 1975 (GBl. S. 838) Krankenhaus-Kostendämpfungsgesetz v. 22. 12. 1981 (BGBl. IS. 1568| Beschlüsse der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland Konkursordnung i.d.F. v. 20. 5. 1898 (RGBl. S. 369) Kommentar Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung i.d.F. v. 6. 5. 1976 (BGBl. I S. 1171) das Krankenhaus (Zeitschrift) Der Krankenhausarzt (Zeitschrift) Verordnung über die Arbeitszeit in Krankenpflegeanstalten v. 13. 2. 1924 (RGBl. IS. 66) Verordnung über die Krankenfürsorge auf Kauffahrteischiffen v. 25. 4. 1972 (BGBl. IS. 734) Krankenhausreformgesetz Rheinland-Pfalz v. 29. 6. 1973 (GVBl. S. 199) Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Krankenschwestern, Krankenpfleger und Kinderkrankenschwestern v. 2. 8. 1966 (BGBl. IS. 462) Krankenpflegegesetz i.d.F.v. 20. 9. 1965 (BGBl. I S. 1443) Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Krankenpflegehelferinnen und Krankenpflegehelfer v. 2. 8. 1966 (BGBl. IS. 466) Die Krankenversicherung (Zeitschrift! Kündigungsschutzgesetz i.d.F.v. 25. 8. 1969 (BGBl. IS. 1317) Körperschaftsteuergesetz i.d.F. v. 10. 12. 1981 (BGBl. IS. 1357) Kultusministerium Kassenärztliche Vereinigung Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz v. 22. 12. 1981 (BGBl. IS. 1578) Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz v. 27. 6. 1977 (BGBl. IS. 1069)

XXXIX

Abkürzungsverzeichnis

KVLG

Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte v. 10. 8. 1972 (BGBl. IS. 1433) Die Krankenversicherung in Rechtsprechung und Schrifttum Krankenversicherungs-Weiterentwicklungsgesetz v. 28. 12. 1976 (BGBl. IS. 3871) Kennzahl Kassenzahnärztliche Vereinigung Landesärztekammer Lastenausgleichsgesetz i.d.F. v. 1. 10. 1969 (BGBl. IS. 1909) Der Landarzt (Zeitschrift) Landesarbeitsgericht Landesberufsgericht Landesbeamtengesetz Landesgesetz über den Brandschutz, die Allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz in Rheinl.-Pf. v. 2. 11. 1981 (GBl. S. 247) Landesdatenschutzgesetz Lebensversicherungsmedizin (Zeitschrift) Leitsatz Landgericht Landeshaushaltsordnung Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch, 10. Aufl. ab 1978, hrsg. von Jescheck u. a.; sonst 9. Aufl. 1970-1974, hrsg. von Baldus u. Wilms Landeskatastrophenschutzgesetz Landeskrankenhausgesetz Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen, hrsg. von Lindemaier- Möhring Landesnebentätigkeitsverordnung Gesetz über den Beruf des Logopäden v. 7. 5. 1980 (BGBl. IS. 529) Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Logopäden v. 1. 10. 1980 (BGBl. IS. 1892) Lohnfortzahlungsgesetz v. 27. 7. 1969 (BGBl. I S. 946) Landessozialgericht Lohnsteuer-Richtlinien Landtagsdrucksache Leitnummer Luftverkehrsgesetz i.d.F.v. 14. 1. 1981 (BGBl. I S. 61) Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung i.d.F.v. 13.3. 1979 (BGBl. IS. 308) Landesversicherungsanstalt

KVRS KVWG Kz KZV LÄK LAG Landarzt LArbG LBerufsG LBG LBKG LDSG LebVersMed. Leits. LG LHO LK LKatSG LKG LM LNTVO LogG LogAPrO LohnFG LSG LStR LT-Drucks. Ltnr. LuftVG LuftVZO LVA

Abkürzungsverzeichnis

LVwVfG LVwVG LVwVKO LZ Lz m.a.W. MB mb-der arzt MBKG MBKK MdE MDR Med. Klinik MedR Med.Sach. Med. Welt MHRG MinBl. Mitt.HV MMW m.Nachw. MTA MTA-G MTA-APrO

MTV MTZ MuBO Münch.Komm.

XL Landesverwaltungsverfahrensgesetz Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz Landesverwaltungsvollstreckungskostenordnung Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht Leitzahl mit anderen Worten Marburger Bund mb-der arzt im krankenhaus und gesundheitswesen (Zeitschrift) Gesetz über die Ausübung der Berufe des Masseurs, des Masseurs und medizinischen Bademeisters und des Krankengymnasten v. 21. 12. 1958 (BGBl. IS. 985) Musterbedingungen des Verbandes der privaten Krankenversicherung (abgedr. bei Prölss-Martin, aaO. S. 1145ff.) Minderung der Erwerbsfähigkeit Monatsschrift für deutsches Recht (Zeitschrift) Medizinische Klinik (Zeitschrift) Medizinrecht (Zeitschrift) Der medizinische Sachverständige (Zeitschrift) Medizinische Welt (Zeitschrift) Gesetz zur Regelung der Miethöhe (= Art. 3 des Zweiten Wohnraum-Kündigungsschutzgesetzes) v. 18. 12. 1974 (BGBl. IS. 3603) Ministerialblatt Mitteilungen des Hochschulverbandes Münchner Medizinische Wochenschrift mit Nachweisen medizinisch-technische(r) Asstistent(in) Gesetz über technische Assistenten in der Medizin v. 8.9. 1971 (BGBl. IS. 1515) Ausbildungs- und Prüfungsordnung für medizinisch-technische Laboratoriumsassistenten, für medizinisch-technische Radiologieassistenten und für veterinärmedizinisch-technische Assistenten v. 20. 6. 1972 (BGBl. IS. 929) Manteltarifvertrag Medizinisch-technisches Zentrum Musterberufsordnung für die deutschen Ärzte i.d.F. der Beschlüsse des 86. Deutschen Ärztetages 1983 (Anh. 1) Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 1-8, 1978-1983

XLI MuSchG MuWO

MVergV m.w.Nachw. NAV NBG NdsRpfl. n.F. NHG NJW NStZ NtV NVwZ NWB OEG öff.Gesundh.-Wesen OFD OLG OLGZ OrdenG OVG OVGE OWiG PersVG PharmZtg. Phys.Med.u.Reh. PKV PolG

Abkürzungsverzeichnis Mutterschutzgesetz v. 18. 4. 1968 (BGBl. I S. 315) Musterweiterbildungsordnung nach den Beschlüssen des 79. Deutschen Arztetages 1976, zuletzt i.d.F. der Beschlüsse des 83. Deutschen Arztetages 1980 (Anh. 2) Verordnung über die Gewährung von Mehrarbeitsvergütung für Beamte i.d.F. v. 1. 7. 1977 (BGBl. IS. 1107) mit weiteren Nachweisen Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands e.V. Niedersächsisches Beamtengesetz i.d.F. v. 28. 9. 1978 (GVBl. S. 677) Niedersächsische Rechtspflege (Zeitschrift) neue Fassung Niedersächsisches Hochschulgesetz i.d.F. v. 23. 10. 1981 (GVBl. S. 263) Neue juristische Wochenschrift Neue Zeitschrift für Strafrechtswissenschaft Nebentätigkeitsverordnung Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Neue Wirtschaftsbriefe Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten v. 11. 5. 1976 (BGBl. IS. 1181) Das öffentliche Gesundheitswesen (Zeitschrift) Oberfinanzdirektion Oberlandesgericht, zugleich: Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auf dem Gebiet des Zivilrechts Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen Gesetz über Titel, Orden und Ehrenzeichen v. 26. 7. 1957 (BGBl. I S. 844) Oberverwaltungsgericht Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte für das Land Nordrhein-Westfalen sowie für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein Gesetz über Ordnungswidrigkeiten i.d.F. v. 2. 1. 1975 (BGBl. IS. 80) Personalvertretungsgesetz Pharmazeutische Zeitung Physikalische Medizin und Rehabilitation (Zeitschrift) Private Krankenversicherung Polizeigesetz

Abkürzungsverzeichnis

Preugo PStG PStV PTAG PTAPrO RÄO RAM RArbBl. RdA RdErl. RDG RehaAnglG RG RGBl. RGSt RGZ Rhein.ÄBl. RiA RiStBV RKnG RMinBl. Röntgenbl. RÖV RPfleger RuStAG RVA RVO Rz Rzn. RzB

XLII Preußische Gebührenordnung für Ärzte Personenstandsgesetz v. 8. 8. 1957 (BGBl. I S. 1125) Verordnung zur Ausführung des Personenstandsgesetzes i.d.F. v. 25. 2. 1977 (BGBl. IS. 377) Gesetz über den Beruf des pharmazeutisch-technischen Assistenten v. 18. 3. 1968 (BGBl. I S. 228) Ausbildungs- und Prüfungsordnung für pharmazeutisch-technische Assistenten v. 12. 8. 1969 (BGBl. IS. 1200) Reichsärzteordnung v. 13. 12. 1935 (RGBl. I S. 1433) Reichsarbeitsminister Reichsarbeitsblatt Recht der Arbeit (Zeitschrift) Runderlaß Rettungsdienstgesetz Rehabilitations-Angleichungsgesetz v. 7. 8. 1974 (BGBl. IS. 1881) Reichsgericht Reichsgesetzblatt Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Rheinisches Ärzteblatt Recht im Amt (Zeitschrift) Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren Reichsknappschaftsgesetz i.d.F. v. 1. 7. 1926 (RGBl. IS. 369) Reichsministerialblatt Röntgenblätter (Zeitschrift) Röntgenverordnung v. 1. 3. 1973 (BGBl. IS. 173) Der Deutsche Rechtspfleger (Zeitschrift) Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz v. 22. 7. 1913 (RGBl. S. 583) Reichsversicherungsamt Reichsversicherungsordnung i.d.F. v. 15. 12. 1924 (RGBl. S. 779) Randziffer Randziffern Rechtsprechung zur Berufsbildung, hrsg. vom Bundesminister für Bildung und Wissenschaft, 1979

XLIII SchG SchwbG SeemG SG SGB

SGb SGG SK SKRG SLV SoldG SoldUrlVO Sozialversicherung SozR SozSich. SPE SR StÄG StAnz. StBerG StenWoBer. StGB StPO str. StREG StrG StrRG StrlSchV StrVert.

Abkürzungsverzeichnis

Schulgesetz Schwerbehindertengesetz i.d.F. v. 8. 10. 1979 (BGBl. IS. 1649) Seemannsgesetz v. 26. 7. 1957 (BGBl. II S. 713) Sozialgericht Sozialgesetzbuch I v. 11. 12. 1976 (BGBl. I S. 3015), IV v. 23. 12. 1976 (BGBl. I S. 3845), X v. 18. 8. 1980 (BGBl. IS. 1469) u. 4. 11. 1982 (BGBl. IS. 1450) Die Sozialgerichtsbarkeit (Zeitschrift) Sozialgerichtsgesetz i.d.F. v. 23. 9. 1975 (BGBl. I S. 2535) Rudolphi, Horn u. Samson, Systematischer Kommentar zum Strafgesetzbuch, Bd. I, Allgem. Teil, 2. Aufl. 1977, Bd. II, Besond. Teil ab 1976 Saarländisches Gesetz über das Krebsregister v. 17. 1. 1979 (ABl. S. 105) Soldatenlaufbahnverordnung i.d.F. v. 27. 1. 1977 (BGBl. IS. 233) Soldatengesetz i.d.F. v. 19. 8. 1975 (BGBl. I S. 2273) Soldatenurlaubsverordnung i.d.F. v. 23. 11. 1972 (BGBl. IS. 2151) Die Sozialversicherung (Zeitschrift) Sozialrecht (Entscheidungssammlung) Soziale Sicherheit (Zeitschrift) Sammlung schul- und prüfungsrechtlicher Entscheidungen Sonderregelung zum BAT Strafrechtsänderungsgesetz Staatsanzeiger Steuerberatungsgesetz i.d.F. v. 4. 11. 1975 (BGBl. IS. 2735) Stenographischer Wortbericht Strafgesetzbuch i.d.F. v. 2. 1. 1975 (BGBl. I S. 1) Strafprozeßordnung i.d.F. v. 7. 1. 1975 (BGBl. IS. 129) streitig Strafrechtsreform-Ergänzungsgesetz v. 28. 8. 1975 (BGBl. I S. 2289) Straßengesetz Gesetz zur Reform des Strafrechts Strahlenschutzverordnung v. 13. 10. 1976 (BGBl. IS. 2905) Der Strafverteidiger (Zeitschrift)

Abkürzungsverzeichnis

StVG StVO StVollzG StVZO SVBG SVG Therapiewoche TierSchG TSG TÜV TVG TZ UG UrhRG Urt. USG USK UStG u.U. UW UWG VBl. VdAK VerBVA VerfGH VergabeVO VergGr. VersR VerwArch. VerwRspr.

XLIV Straßenverkehrsgesetz v. 19. 12. 1952 (BGBl. I S. 837) Straßenverkehrsordnung v. 16. 11. 1970 (BGBl. I S. 1565) Strafvollzugsgesetz v. 16. 3. 1976 (BGBl. IS. 581) Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung i.d.F. v. 15. 11. 1974 (BGBl. I S. 3193) Gesetz Uber die Sozialversicherung Behinderter in geschützten Einrichtungen v. 7. 5. 1975 (BGBl. IS. 1061) Soldatenversorgungsgesetz i.d.F. v. 21. 4. 1983 (BGBl. IS. 457) Zeitschrift Tierschutzgesetz v. 24. 7. 1972 (BGBl. IS. 1277) Transsexuellengesetz v. 10. 9. 1980 (BGBl. I S. 1654) Technischer Überwachungsverein Tarifvertragsgesetz i.d.F. v. 25. 8. 1969 (BGBl. I S. 1323) Textziffer Universitätsgesetz Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte v. 9. 9. 1965 (BGBl. I S. 1273) Urteil Unterhaltssicherungsgesetz i.d.F. v. 9. 9. 1980 (BGBl. IS. 1685) Urteilssammlung für die gesetzliche Krankenversicherung Umsatzsteuergesetz i.d.F. v. 26. 11. 1979 (BGBl. I S. 1953) unter Umständen Unfallverhütungsvorschrift Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb v. 7. 6. 1909 (RGBl. S. 499) Verkehrsblatt Verband der Angestellten-Ersatzkassen Veröffentlichungen des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungs- und Bausparwesen Verfassungsgerichtshof Verordnung über die Vergabe von Studienplätzen Vergütungsgruppe Versicherungsrecht (Zeitschrift) Verwaltungsarchiv (Zeitschrift) Verwaltungsrechtsprechung in Deutschland

XLV VG VGH VMB1. VO Vorbem. VRS VuM W WG VwGO VwVfG WährG WaffG WEG WehrStG WHO WIdO WO WPflG WRP WRK WSG W.u.K. WZG ZÄB1. ZÄM ZBR ZDG ZFA ZfA

Abkürzungsverzeichnis Verwaltungsgericht Verwaltungsgerichtshof Vereinigte Ministerialblätter Verordnung Vorbemerkung Verkehrsrechts-Sammlung, Entscheidungen aus allen Gebieten des Verkehrsrechts Verfügungen und Mitteilungen des Ministeriums für Gesundheitswesen (DDR) Verwaltungsvorschriften Gesetz über den Versicherungsvertrag v. 30. 5. 1908 (RGBl. S. 263) Verwaltungsgerichtsordnung v. 21. 1. 1960 (BGBl. IS. 17) Verwaltungsverfahrensgesetz v. 25. 5. 1976 (BGBl. IS. 1253) Währungsgesetz v. 20. 6. 1948 (GBl. der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes, Beil. 5, S. 1 - Militärregierungsgesetz Nr. 61 -) Waffengesetz i.d.F. v. 8. 3. 1976 (BGBl. I S. 432) Wohnungseigentumsgesetz v. 15.3. 1951 (BGBl. IS. 175) Wehrstrafgesetz i.d.F. v. 24. 5. 1974 (BGBl. I S. 1213) Weltgesundheitsorganisation Wissenschaftliches Institut der Ortskrankenkassen Weiterbildungsordnung Wehrpflichtgesetz i.d.F. v. 6. 5. 1983 (BGBl. I S. 529) Wettbewerb in Recht und Praxis (Zeitschrift) Westdeutsche Rektorenkonferenz Wehrsoldgesetz i.d.F. v. 20. 2. 1978 (BGBl. I S. 265) Wissenschaft und Kunst, Amtsblatt des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst Baden-Württemberg Warenzeichengesetz i.d.F. v. 2. 1. 1968 (BGBl. I S. 29) Zahnärzteblatt Zahnärztliche Mitteilungen (Zeitschrift) Zeitschrift für Beamtenrecht Gesetz über den Zivildienst der Kriegsdienstverweigerer (Zivildienstgesetz i.d.F. v. 29. 9. 1983 (BGBl. IS. 1221) Zeitschrift für Allgemeinmedizin Zeitschrift für Arbeitsrecht

Abkürzungsverzeichnis

ZfS ZfStrVO ZfV ZHG ZO-Ä ZPF ZPO ZRP ZSchG ZSEG ZVS

XLVI Zeitschrift für Sozialreform Zeitschrift für Strafvollzug und Straffälligenhilfe Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde v. 31.3. 1952 (BGBl. IS. 221) Zulassungsordnung für Kassenärzte v. 28. 5. 1957 (BGBl. IS. 572) Zeitschrift für das Post- und Fernmeldewesen Zivilprozeßordnung i.d.F.v. 12. 9. 1950 (BGBl. I S. 455) Zeitschrift für Rechtspolitik Gesetz über den Zivilschutz i.d.F. v. 9. 8. 1976 (BGBl. IS. 2109) Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen i.d.F. v. 1. 10. 1969 (BGBl. I S. 1756) Zentralstelle für Vergabe von Studienplätzen in Dortmund

1

Ärztekammer

Ärztehaus 1. Der Begriff ist mehrdeutig. 1. Teilweise dient er zur Bezeichnung von Verwaltungsgebäuden der ärztlichen Körperschaften und Verbände ( > Ärztek a m m e r n , > Kassenärztliche Vereinigungen und freie ärztliche Verbände). 2. Daneben wird der Begriff Ärztehaus - mitunter auch in der Variante „Ärztezentrum"oder „Ärztekollegium"zur Bezeichnung von Gebäuden verwendet, in denen mehrere > Arztpraxen untergebracht sind.

1

II. 1. Die Verwendung der Bezeichnung „Ärztehaus" auf Praxisschildern, Briefbogen und Stempeln sowie auf Schildern an der Außenfront des Gebäudes, in dem die Praxen untergebracht sind, ist mit den berufsrechtlichen Vorschriften über die Gestaltung von > Praxisschildern nicht vereinbar (LBerufsG beim BayObLG v. 19. 4. 1982, BayÄBl. 1982, 624, 629; BVerfG, NJW 1983, 2069). Gleichzeitig verstößt sie gegen das berufsrechtliche > W e r b e v e r b o t (OLG Celle v. 30. 9. 1981, Nieders. ÄBl. 1981, 782, 783; OLG Hamburg, WRP 1982, 278; LG Berlin v. 7. 1. 1983 - 15. C. 624/82 Kurz, ÄBl. Bad.-Wttbg. 1979, 501). Wo der Praxisinhaber nicht selber Eigentümer des Gebäudes ist, ist er verpflichtet, von diesem die Entfernung eines entsprechenden Schildes an der Außenfront des Praxisgebäudes zu verlangen (vgl. § 21 Abs. 1 a MuBO). Für die rechtliche Durchsetzung eines solchen Verlangens dürfte es allerdings an einer Rechtsgrundlage fehlen. In keinem Falle ist dem Arzt die Führung eines Prozesses gegen den Vermieter zumutbar. 2. Abgesehen von dem berufsrechtlichen > W e r b e v e r b o t verstößt die Verwendung der Bezeichnung „Ärztehaus" durch die unter einem Dach praktizierenden Ärzte selbst oder den Grundstückseigentümer oder Vermieter auch gegen das > W e t t b e w e r b s r e c h t . Hierdurch wird nämlich im Verkehr der irreführende Eindruck erweckt, es werde hier eine mit besonderen Vorteilen versehene Form der ärztlichen Versorgung angeboten (§ 3 UWG). Darüber hinaus liegt ein Verstoß gegen § 1 UWG vor (vgl. OLG Hamburg v. 29. 10. 1981 - 3 U 27/81 LG Stuttgart v. 9. 4. 1979, ÄBl. Bad.-Wttbg. 1979, 502; LG Hannover v. 11. 2. 1981 - , Nieders. ÄBl. 1981, 194, bestätigt durch OLG Celle v. 30. 9. 1981 aaO.; LG Berlin v. 7. 1. 1983 - 15 0 624/82 -). Zu den nach § 13 Abs. 1 UWG Klagebefugten gehören außer den durch den Wettbewerbsverstoß betroffenen niedergelassenen Ärzten auch die > Ärztek a m m e r n (vgl. OLG Celle v. 30. 9. 1981 aaO.).

Ärztekammer I. Die Ärztekammern sind vom Gesetzgeber als Körperschaften öffentlichen Rechts errichtete Berufsorganisationen aller Ärzte zur Regelung ihrer eigenen Belange in Selbstverwaltung.

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Ärztekammer

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II. Rechtsgrundlage sind die Kammergesetze bzw. Heilberufsgesetze in den einzelnen Bundesländern (abgedr. bei Etmer-Lundt-Schiwy, aaO. Bd. II C 2 ff.). Baden-Württemberg: Kammergesetz i.d.F.v. 31. 5. 1976 (GBl. S. 473); Bayern: Kammergesetz i.d.F.v. 9. 3. 1978 (GVB1. S. 67); Berlin: Kammergesetz i.d.F.v. 4. 9. 1978 (GVBl. S. 1937); Bremen: Heilberufsgesetz i.d.F.v. 14. 11. 1977 (GBl. S. 369); Hamburg: Hamburgisches Ärztegesetz v. 22. 5. 1978 (GVBl. S. 152); Hessen: Heilberufsgesetz i.d.F.v. 27. 7. 1977 (GVBl. S. 335); Niedersachsen: Kammergesetz für die Heilberufe i.d.F.v. 30. 5. 1980 (GVBl. S. 193); Nordrhein-Westfalen: Heilberufsgesetz i.d.F.v. 30. 7. 1975 GVBl. S. 520); Rheinland-Pfalz: Heilberufsgesetz v. 20. 10. 1978 (GVBl. S. 649); Saarland: Ärztekammergesetz i.d.F.v. 14. 5. 1975 (ABl. S. 766); Schleswig-Holstein: Gesetz über die Ärztekammer Schleswig-Holstein i.d.F.v. 20. 3. 1978 (GVBl. S. 84).

Im einzelnen weichen die Kammergesetze voneinander ab; in den wesentlichen Punkten besteht jedoch Übereinstimmung. 3

III. 1. Aufgaben. Den Ärztekammern obliegt vor allem: a) die Regelung der Berufspflichten ihrer Mitglieder und die Überwachung ihrer Einhaltung (> Berufspflichten, > B e r u f s o r d n u n g , >Berufsgericht). Hierzu gehört u. a. die Errichtung von > E t h i k k o m m i s s i o n e n ; b) die Wahrnehmung der beruflichen Belange ihrer Mitglieder (vgl. dazu Redeker, NJW 1972, 1844). Hierzu gehören u.a.: aa) die Vertretung der berufsständischen Interessen der Ärzte in der Öffentlichkeit. Von dieser Aufgabenstellung wird die Herausgabe einer Zeitschrift gedeckt, die im wesentlichen der Information der Kammermitglieder über berufsbezogene Vorgänge und Themen dient, unabhängig davon, ob das Organ von der Kammer selbst herausgegeben oder nur im Wege des Sammelbezugs bezahlt und vom Verlag unmittelbar an die Mitglieder ausgeliefert wird. (OVG Münster, NJW 1979, 231 [Steuerberaterkammer]); bb) die Geltendmachung von Abwehransprüchen, die sich aus der Ausstrahlung des ärztlichen > W e r b e v e r b o t e s auf das allgemeine Wettbewerbsrecht ergeben (vgl. LG Hannover v. 11. 2. 1981, Nieders. ÄB1. 1981, 194 > W e t t b e w e r b s r e c h t Rz 1923; unten Rz 11); cc) die Unterhaltung sozialer Einrichtungen für ihre Mitglieder (> Versorg u n g s w e r k e und Fürsorgeeinrichtungen). Die Ärztekammern nehmen auf diese Weise auch wirtschaftliche Belange der Gesamtheit ihrer Mitglieder, nicht des einzelnen Arztes (vgl. unten 2 a) wahr (so ausdrücklich §3 Abs. 1 HeilbG Rheinl.-Pf.; OVG Münster v. 6. 6. 1980, ArztR 1981, 211). Hierzu gehört auch der Abschluß von Gruppenversicherungsverträgen, z. B. mit einem Unternehmer der privaten Krankenversicherung (vgl. unten Rz 12 > D a t e n schutz); c) die berufliche > Fortbildung und > W e i t e r b i l d u n g ihrer Mitglieder; d) die Berufsausbildung und berufliche Fortbildung der > A r z t h e l f e r i n n e n . Daher kann auch die Gewährung von Zuschüssen an Ärzte, die an der Berufsschule Fachunterricht für Arzthelferinnen erteilen, in den Aufgabenkreis der Ärztekammer fallen (OVG Koblenz, NJW 1975, 1477 [Leits.; Zahn-

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ärztekammer]; ebenso BGH, NJW 1976, 1542 [Rechtsanwaltskammer), wonach die Gewährung von Zuschüssen für die Ausbildung von Anwaltsgehilfen jedenfalls so lange zulässig ist, als die Vergütung der nebenberuflichen Lehrkräfte unzureichend ist > Ä r z t e k a m m e r b e i t r a g Rz 14). e) die Unterstützung des > ö f f e n t l i c h e n G e s u n d h e i t s d i e n s t e s bei der Erfüllung seiner Aufgaben. Hierzu gehört auch die Abwehr von Gefahren, die entstehen würden, wenn die > H e i l k u n d e von ungenügend oder überhaupt nicht ausgebildeten Personen ausgeübt würde. Einem Arzt kann deshalb nicht untersagt werden, sich mit Berichten, die den Vorwurf unsachgemäßer Heilbehandlung beinhalten, an seine Ärztekammer zu wenden (OLG München v. 10. 12. 1973, BayÄBl. 1974, 430 [Heilpraktiker]); f) die Schlichtung von Streitigkeiten zwischen Ärzten; g) in den freiwillig übernommenen Aufgabenkreis fällt die Einrichtung unabhängiger Stellen für Fragen ärztlicher Haftpflicht (> G u t a c h t e r k o m m i s sion f ü r ärztliche Behandlungsfehler, > Schlichtungsstelle f ü r ärztliche Behandlungsfehler); h) bei der Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Aufgaben darf die Ärztekammer grundsätzlich auch Maßnahmen gegen den Staat ergreifen, allerdings nur in den Grenzen, die die grundgesetzliche Ordnung der Ausübung des körperschaftlichen Selbstverwaltungsrechts zum sachlich gebotenen Schutz anderer Rechtsgüter setzt (OVG Münster, NJW 1981, 640 [Unzulässiger Aufruf zur Niederlegung der Kassenzulassung durch eine Zahnärztekammer]). 2. Nicht zu den gesetzlichen Aufgaben der Ärztekammer gehören: a) die Vertretung einzelner Kammermitglieder in wirtschaftlichen Angelegenheiten, insbesondere Vertragsangelegenheiten. Deshalb beschränkt sich die Prüfungspflicht der Ärztekammer bei Verträgen auf die Wahrung der beruflichen Belange (vgl. § 10 Abs. 2 MuBO). b) In den Aufgabenkreis der Ärztekammer gehört auch nicht eine irgendwie geartete Mitwirkung bei der Berufung von > C h e f ä r z t e n eines Krankenhauses oder bei der Begutachtung der fachlichen Eignung eines Chefarztbewerbers. Ein entsprechendes Mitwirkungsrecht ergibt sich weder aus den Kammergesetzen noch aus § 6 Abs. 3 Satz 3 KRG Rheinl.-Pf. Die Klage einer Ärztekammer auf Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Stadtratbeschlusses über die Besetzung einer Chefarztstelle eines städtischen Krankenhauses ist daher unzulässig (OVG Koblenz, NJW 1976, 1164). c) Mit den gesetzlichen Aufgaben unvereinbar ist auch eine allgemein politisehe Betätigung der Ärztekammer. Der Ärztekammer ist es daher verboten, sich in Veröffentlichungen zu allgemein-politischen Fragen zu äußern, die nicht mehr im Zusammenhang mit der Wahrnehmung gesetzlich normierter Aufgaben stehen, sondern die das einzelne Kammermitglied in seiner Eigenschaft als Staatsbürger betreffen. Dabei sind Veröffentlichungen, die in offiziellen Publikationsorganen der Ärztekammer erscheinen, auch dann der Ärztekammer zuzurechnen, wenn der Autor namentlich genannt wird. Erlaubt ist dagegen eine berufsbezogene politische Betätigung der Ärztekammer durch öffentliche Verlautbarungen zu Fragen, die das Gesundheitswesen oder den ärzt-

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liehen Beruf betreffen (BVerwG, NJW 1982, 1300 u. dazu Borchmann, MedR 1983, 18ff. ; ähnlich LSG Nordrh.-Westf. v. 20. 12. 1978, ArztR 1980, 19 [Öffentlichkeitsarbeit einer KZV], wo es u. a. heißt, daß die KZV verpflichtet ist, „sich strikt an solche Probleme zu halten, die sich unmittelbar aus der Stellung ihrer Mitglieder als Kassenzahnärzte ergeben. Es muß also stets ein direkter Bezug zur Kassenpraxis nicht nur gegeben, sondern auch erkennbar sein. Er muß konkreter Anlaß und Inhalt der Diskussion sein."). 5

IV. Organisation. 1. Als berufsständische Selbstverwaltungskörperschaften sind die Ärztekammern Träger mittelbarer Staatsverwaltung. Sie regeln im Rahmen der Gesetze ihre Verfassung, die Rechte und Pflichten ihrer Mitglieder sowie die Durchführung ihrer Aufgaben durch Satzungen ( > Berufsordn u n g , > W e i t e r b i l d u n g s o r d n u n g ; zur Satzungsbefugnis der Ärztekammer vgl. Starck, NJW 1972, 1489). Zum Teil sehen die Kammergesetze die Bildung von rechtlich selbständigen oder unselbständigen Untergliederungen in Form von Bezirksärztekammern (z.B. in Rheinl.-Pfalz und Bad.-Wttbg.; zur Regelung in Bad.-Wttbg. eingehend Narr, aaO. Rzn. 667 ff.) und ärztlichen Kreisvereinigungen (Kreisverbänden, Ärzteschaften) vor. 2. Wichtigste Organe der Ärztekammer sind nach allen Kammergesetzen die von den Kammermitgliedern in unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählte Vertreterversammlung und der aus ihrer Mitte gewählte Vorstand. 3. Die bei der Ärztekammer ehrenamtlich tätigen Mitglieder (z. B. Vorstandsmitglieder, Präsident, Delegierte, Ausschußmitglieder) genießen bei Ausübung dieser Tätigkeit Unfallversicherungsschutz gem. § 539 Abs. 1 Nr. 13 RVO. Durch die Zahlung einer Aufwendungsentschädigung und von Reisekosten verliert eine Tätigkeit nicht ihren ehrenamtlichen Charakter. 4. Als Körperschaft öffentlichen Rechts unterliegt die Ärztekammer der Staatsaufsicht (Rechtsaufsieht; eingehend dazu Narr, aaO. Rzn. 659ff.).

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V. Mitgliedschaft. 1. Es besteht durchweg Pflichtmitgliedschaft, die allerdings nach den Kammergesetzen an verschiedene Voraussetzungen anknüpft. Teils entsteht die Mitgliedschaft bereits mit der > A p p r o b a t i o n oder der Erteilung der > B e r u f s e r l a u b n i s (so z.B. § 2 Abs. 1 Nr. 1 KammerG Bad.Wttbg. und § 2 Abs. 1 HeilbG Nordrh.-Westf.), teils wird auf die Berufsausübung abgestellt (so z. B. § 1 Hambg. Ärztegesetz und § 2 Abs. 1 Saarl. ÄrztekammerG). Im letzteren Fall wird Ärzten, die ihren Beruf nicht oder nicht mehr ausüben, teilweise die Möglichkeit der freiwilligen Mitgliedschaft eröffnet (so z.B. § 1 Abs. 3 HeilbG Rheinl.-Pf.). Soweit die Mitgliedschaft an die Approbation bzw. Bestallung anknüpft, sind auch Ärzte mit einer Bestallung ohne den sog. Ergänzungsvermerk über die Ableistung der Pflichtassistentenzeit und des Landvierteljahres nach §§ 77, 78 BestO v. 17. 7. 1939 ( > B e stallung) Kammermitglied (vgl. Narr, aaO. Rz 671). Schwierigkeiten macht mitunter der Begriff der ärztlichen Berufsausübung. In

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der Rspr. hat sich die Ansicht durchgesetzt, daß hierunter nicht nur die therapeutische Tätigkeit des praktizierenden Arztes zu verstehen ist, der Begriff vielmehr in einem weiteren Sinne grundsätzlich auch die Tätigkeit aller im > ö f f e n t l i c h e n G e s u n d h e i t s w e s e n , in Forschung und Lehre tätigen Ärzte sowie der > S a n i t ä t s o f f i z i e r e umfaßt (vgl. BVerwG, NJW 1972, 350 [Medizinalbeamter beim Gesundheitsamt]; Hess. VGH, v. 9. 12. 1971 - V OE 45/71 - [Universitätsprofessor für Physiologie]; OVG Lüneburg v. 9. 12. 1959, Nieders. ÄBl. 1960, 139 [Lehrstuhlinhaber für Pharmakologie]; BVerwG, VerwRspr. 23, 786 [Sanitätsoffizier - Zahnarzt - der Bundeswehr]; VGH Bad.Wttbg. v. 13. 3. 1979, DMW 1979, 998 f. [ärztlicher > Hochschullehrer der biologischen Chemie und Ernährungswissenschaften]). Pflichtmitgliedschaft besteht bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen auch für > b e a m t e t e Ä r z t e (vgl. BVerwG v. 16. 7. 1973, D M W 1973, 1992; BVerwG, NJW 1972, 350). Ausländische Ärzte ohne deutsche Approbation (Bestallung) sind nach den meisten Kammergesetzen Mitglied der Ärztekammer, wenn sie eine > B e r u f s e r l a u b n i s nach § 10 BÄO besitzen (vgl. z.B. § 2 Abs. 1 Nr. 1 KammerG Bad.Wttbg.). Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Pflichtmitgliedschaft bei der Ärztekammer ist heute in der Rspr. und Rechtslehre anerkannt (vgl. BVerwG, NJW 1972, 351 m. Nachw.; die gegen dieses Urteil vom Kläger, einem Medizinalbeamten, eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde durch Beschluß des BVerfG v. 16. 7. 1973 [DMW 1973, 1992] nicht zur Entscheidung angenommen). 2. Aus der Pflichtmitgliedschaft folgt die Meldepflicht des einzelnen Kammermitgliedes gegenüber der Ärztekammer aufgrund der Kammergesetze (Heilberufsgesetze) und die auf ihrer Grundlage erlassenen Meldeordnungen (z.B. § 3 KammerG Bad.-Wttbg. sowie Meldeordnung der LÄK Bad.-Wttbg. v. 14. 12. 1974, ÄBl. Bad.-Wttbg. 1975, Beilage zu Heft 3). Die Verletzung der Meldepflicht stellt eine Ordnungswidrigkeit i. S. des § 17 OWiG dar, die vom Vorstand der Ärztekammer durch Verhängung eines Bußgeldes geahndet werden kann (vgl. z. B. § 75 Abs. 1 KammerG Bad.-Wttbg. i.d.F. des Art. 4 des Gesetzes zur Bereinigung des baden-württembergischen Ordnungswidrigkeitenrechts v. 6. 6. 1983, GBl. S. 199). VI. Rechtsbeziehungen zwischen Ärztekammer und ihren Mitgliedern. 1. Das Rechtsverhältnis ist hoheitlicher Natur. Die Entscheidungen der Ärztekammer sind Verwaltungsakte, gegen die der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gegeben ist (vgl. BayObLG v. 26. 10. 1981, PharmZtg. 1982, 421, 423 [Apothekerkammer]). Es gelten die Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder, die mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG - des Bundes v. 25. 5. 1979 (BGBl. S. 1253) weitgehend übereinstimmen. Anwendung finden insbesondere: §§ 54-62 (öffentlichrechtlicher Vertrag) mit Ausnahme der Verwaltungstätigkeiten nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 VwVfG; § 80 (Erstattung von Kosten im Vorverfahren); §§ 81-87 (ehrenamtliche Tätigkeit), mit Ausnahme der Verwaltungstätigkeit nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 als ehrenamtliche Tätigkeit in Organen

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und Ausschüssen der Ärztekammer; §§ 88-93 (Ausschüsse) mit Ausnahme der Verwaltungstätigkeit nach § 2 Abs. 3 Nr. 2. Nicht anwendbar sind §§ 63-71, da die Förmlichkeit des Verfahrens vor der Ärztekammer ausschließlich gesetzlich normiert sein muß, was bisher nicht der Fall ist. Zur Anwendbarkeit der Verwaltungsverfahrensgesetze in Weiterbildungsangelegenheiten > W e i t e r b i l d u n g Rzn. 1877 ff.). 2. Der Arzt ist grundsätzlich verpflichtet, Anfragen seiner Ärztekammer oder deren Untergliederungen zu beantworten. Die Nichtbeachtung dieser Pflicht stellt eine Berufspflichtverletzung dar, die berufsgerichtliche Maßnahmen auslösen kann (BerufsG Nürnberg v. 4. 12. 1965, BayÄBl. 1966, 157; BerufsG für die Heilberufe beim OLG München v. 30. 3. 1974, BayÄBl. 1974, 557). 3. Bei Verstößen gegen das Berufsrecht hat die Ärztekammer gegenüber ihren Mitgliedern ein Rügerecht, sofern nicht die Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens erforderlich ist ( > Berufsgericht Rz 370, 378). Der Patient eines Arztes oder ein sonstiger Dritter hat jedoch keinen gerichtlich einklagbaren Anspruch auf Tätigwerden der Ärztekammer im Rahmen ihrer standesrechtlichen Überwachungspflicht (VGH Bad.-Wttbg., NJW 1982, 2011 [Rechtsanwaltskammer]). 4. Es gibt kein Recht des einzelnen Arztes gegen die Ärztekammer auf Einschreiten gegen ein anderes Kammermitglied (Schlesw.-Holst. VG v. 30. 1. 1974 - 3 A 74/71 - [Gutachten der Gesellschaftsärzte privater Krankenversicherungen über die Angemessenheit von Honorarforderungen eines niedergelassenen Arztes]). 5. Aufgabenüberschreitungen durch die Ärztekammer kann das einzelne Kammermitglied mit der verwaltungsgerichtlichen Unterlassungsklage begegnen (BVerwG, NJW 1982, 1298, 1300), während der Weg der Verweigerung des Kammerbeitrages oder von Teilen davon überwiegend als unzulässig angesehen wird (BVerwG, NJW 1982, 1266, 1268). 6. Nach der Rspr. besteht kein allgemeines Klagerecht der Ärztekammer gegen berufsrechtliche Entscheidungen staatlicher Behörden (OVG Koblenz, AS 6, 364 [Erteilung der Approbation]; VGH Kassel, NJW 1968, 2311 [Nichtrücknahme der Bestallung als Arzt]; OLG Stuttgart, NJW 1969, 569 [keine Berechtigung der Ärztekammer zur Einleitung des Klageerzwingungsverfahrens im Strafprozeß bei Verstoß gegen die BÄO]). VII. Beitrag und Gebühren. 1. Zur Deckung ihres Aufwands erheben die Ärztekammern Beiträge ( > Ärztekammerbeitrag). Sie sind berechtigt, Teile ihres Beitragsaufkommens an die > B u n d e s ä r z t e k a m m e r abzuführen (OVG Münster, NJW 1975, 1475). 2. Neben dem Kammerbeitrag können die Ärztekammern Gebühren für Leistungen erheben, die auf Veranlassung oder im Interesse einzelner Mitglieder erbracht werden (z. B. Ausstellung von Urkunden über die Anerkennung als > Gebietsarzt, Erteilung von Fachkundebescheinigungen nach der > Röntgenverordnung). Die Gebührenerhebung bedarf stets einer gesetzlichen Grundlage (vgl. z.B. § 23 Abs. 2 KammerG Bad.-Wttbg.). Als Gegenlei-

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stung für eine besondere Verwaltungshandlung muß sich die Höhe der Gebühr nach dem Verwaltungsaufwand sowie nach dem objektiven Wert der Leistung richten. Es gilt das Kostendeckungsprinzip (näher dazu Narr, aaO. Rz 693 f.). VIII. Wettbewerbsrecht. 1. Bei Wettbewerbsverstößen durch Dritte ist die Ärztekammer zur klageweisen Geltendmachung von Abwehransprüchen nach § 13 UWG berechtigt (RGSt 44, 348; BGH, GRUR 1957, 425). Nach dieser Vorschrift besteht auch eine Klagebefugnis gegenüber dem einzelnen Kammermitglied, was im besonderen bei Verstößen gegen das > W e r b e v e r b o t praktiziert wird ( > W e t t b e w e r b s r e c h t Rzn. 1922f. ; vgl. z.B. BGH, GRUR 1972, 607; NJW 81, 873, 2519; LG Nürnberg-Fürth v. 8. 12. 1983 - 1 HK O 7539/83 kritisch zur „Standesaufsicht durch Wettbewerbsklagen" Pietzcker, NJW 1982, 1840ff. ; Redeker, NJW 1982, 1266, 1267 f.). 2. Es ist nicht wettbewerbswidrig |§ 1 UWG), wenn eine Ärztekammer ihr offizielles Mitteilungsblatt mit einem Anzeigenteil in einem Privatverlag monatlich erscheinen und ohne besonderes Entgelt an ihre Mitglieder verteilen läßt (BGH, NJW 1971, 237). 3. Ärztekammern unterliegen als „Vereinigungen von Unternehmen" i.S. der §§ 25, 25 GWB den kartellrechtlichen Bestimmungen des GWB, wenn ihre Organe oder Beauftragte den ihnen zugewiesenen Aufgabenbereich verlassen und in die Wettbewerbsfreiheit Dritter eingreifen (KG, NJW 1976, 1798 ; BGH, NJW 1976, 1941; allgemein zum Verhältnis zwischen Berufsrecht und GWB vgl. Harms, NJW 1976, 1289ff., 1296 > W e t t b e w e r b s r e c h t Rz 1926). 4. Für Klagen eines privaten Unternehmers gegen die Ärztekammer ist der Zivilrechtsweg auch dann gegeben, wenn das behauptete wettbewerbswidrige Verhalten in einem hoheitlichen Handeln gegenüber den Kammermitgliedern besteht (BGH, NJW 1976, 1941 [Versendung von Rundschreiben an Ärzte, um diese davon abzuhalten, die Dienste eines Autoanalyzer-Unternehmens in Anspruch zu nehmen]).

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IX. Die Datenverarbeitung durch die Ärztekammern unterliegt den jeweiligen Landesdatenschutzgesetzen ( > D a t e n s c h u t z Rz 541). Die Weitergabe personenbezogener Daten an andere Stellen innerhalb oder außerhalb des öffentlichen Bereichs ist zulässig, soweit dies zur Erfüllung von Kammeraufgaben (oben Rz 3) erforderlich ist (vgl. §§10, 11 BDSG und die entsprechenden Vorschriften in den Landesdatenschutzgesetzen). Zulässig ist z.B. die Mitteilung von Anschriften Kammerangehöriger an Träger ärztlicher Fortbildungsveranstaltungen ( > Fortbildung) oder an private Versicherungsunternehmen zur Durchführung von Gruppenversicherungsverträgen (vgl. oben Rz 3).

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X. Streitig ist die Frage der Beitragspflicht der Ärztekammer zum Konkursausfallgeld (§§ 186 b ff. AFG) und zur Insolvenzsicherung nach dem Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (§§ 7 ff. BetrAG). Das BSG hält

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die Befreiungstatbestände des § 186 c Abs. 2 Satz 2 AFG bei Ärztekammern zwar nicht für gegeben. Nach seiner Auffassung verstößt diese Vorschrift jedoch wegen der Nichteinbeziehung der übrigen öffentlichrechtlichen Rechtsträger gegen Art. 3 GG. Das BSG hat daher durch Beschluß v. 17. 9. 1981 — 1 0 / 8 b RAV 19/80 - die Frage zur Entscheidung dem BVerfG vorgelegt. Anders für die wortgleiche Befreiungsvorschrift des § 17 Abs. 2 BetrAG BVerwG v. 10. 12. 1981 - 3 C 2.81 - (Rechtsanwaltskammer). Gegen diese Entscheidung wurde Verfassungsbeschwerde eingelegt. Aufgrund der inzwischen ergangenen Entscheidung des BVerfG v. 23. 3. 1982 (NJW 1982, 2859) kann davon ausgegangen werden, daß in denjenigen Bundesländern, in denen durch Landesrecht die Konkursfähigkeit der Ärztekammer ausgeschlossen worden ist, keine Beitragspflicht zur Insolvenzsicherung und zum Konkursausfallgeld besteht. 13

XI. Unzulässig ist die systematische Vermittlung von Arbeitsstellen für Ärzte, Arzthelferinnen und sonstige Angehörige der > medizinischen Assistenzberufe durch die Ärztekammer (§ 4 AFG). Die gelegentliche und unentgeltliche Empfehlung zur Einstellung auf offene Stellen durch die Ärztekammer ist jedoch nach § 13 Abs. 1 AFG keine Arbeitsvermittlung und daher erlaubt (so ausdrücklich für Krankenhausärzte die Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs auf eine parlamentarische Anfrage, BT-Drucks. 9/35).

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I. Man versteht darunter Geldleistungen, die die Ärztekammer zur Deckung ihres durch Erfüllung ihrer Aufgaben entstehenden Kostenaufwandes durch Umlage bei ihren Mitghedern erhebt. Davon zu unterscheiden ist die von der Ärztekammer als Gegenleistung für eine besondere Inanspruchnahme erhobene Gebühr ( > Ä r z t e k a m m e r Rz 10; zur Rechtsnatur von Beiträgen und Gebühren eingehend Wolff-Bachof, aaO. S. 306ff.). II. Rechtsgrundlage sind die Kammergesetze (Heilberufsgesetze) in den einzelnen Bundesländern ( > Ä r z t e k a m m e r Rz 2) und die auf ihrer Grundlage von den Kammern in Form von Satzungen erlassenen Umlageordnungen (vgl. z.B. § 2 3 KammerG Bad.-Wttbg. sowie Umlageordnung der Landesärztekammer Bad.-Wttbg., ÄBl. Bad.-Wttbg. 1977, 46). Soweit es sich um die Finanzierung gesetzlicher Kammeraufgaben handelt, müssen auch solche Kammermitglieder zur Beitragsleistung herangezogen werden, denen die Einrichtung, deren Kosten gedeckt werden sollen, voraussichtlich selbst nicht zugute kommt (vgl. OVG Koblenz, NJW 1975, 1477 [Leits.; Umlage von Kosten für die Ausbildung von Zahnarzthelferinnen auch auf angestellte und beamtete Zahnärzte, da die Ausbildung qualifizierten Hilfspersonals im Interesse des gesamten Berufsstandes liegt]; BVerfG NJW 1972, 350,

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353 [Erhebung eines Fürsorgezuschlags bei einem Medizinalbeamten, der wegen seiner beamtenrechtlichen Ansprüche keine finanziellen Vorteile aus der Bildung eines Fürsorgefonds hat]). III. Die Bemessung der Beitragshöhe richtet sich nach den von der Rspr. entwickelten Grundsätzen. 1. Die Summe der Beiträge wird durch den tatsächlichen Aufwand begrenzt (Wolff-Bachof, aaO. S. 307). 2. Als Maßstab für die Beitragsfestsetzung kommen der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3. Abs. 1 GG) und das Äuquivalenzprinzip als beitragsrechtliche Ausformung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in Betracht (BVerwG, Buchholz 418.00 Nr. 23). a) Der Gleichheitssatz verpflichtet die Ärztekammer, ihre Kosten möglichst gleichmäßig und gerecht auf die Kammermitglieder zu verteilen. Damit wird indes keine schematische Gleichbehandlung der Mitglieder durch Erhebung einheitlicher Beiträge verlangt. Vielmehr läßt der Gleichheitssatz eine Differenzierung der Beiträge zu oder gebietet sie, wenn und soweit dies sachlich begründet ist. Wesentlichen Verschiedenheiten der Mitglieder oder Mitgliedergruppen muß die Beitragsordnung durch eine Staffelung der Beiträge Rechnung tragen. So hat die Rspr. es für grundsätzlich sachgerecht erklärt, wenn die Beitragsordnung einer Ärztekammer eine Beitragsstaffelung je nach Art der beruflichen Tätigkeit und Stellung ihrer Mitglieder sowie nach deren wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit vorsieht. Dabei muß die Staffelung auf zureichenden sachlichen Gründen beruhen und darf jedenfalls nicht willkürlich sein. Zulässig ist auch eine Differenzierung nach den unterschiedlichen Vorteilen, die den Mitgliedern aus der Mitgliedschaft bei der Ärztekammer erwachsen (vgl. BVerwG, NJW 1972, 350, 352; BVerwG, Buchholz aaO. m.w.Nachw.). Diese Vorteile sind nicht gleichzusetzen mit einem unmittelbaren wirtschaftlichen Nutzen. Gemeint ist vielmehr über den (mittelbaren) wirtschaftlichen Nutzen hinaus der immaterielle Wert der Vorteile, den die Mitglieder je nach Art ihrer beruflichen Tätigkeit und Stellung aus den Einrichtungen und Aktivitäten der Ärztekammer ziehen können. b) Der Vorteilsgesichtspunkt ist gleichermaßen von Bedeutung für das Äquivalenzprinzip, das verlangt, daß die Kammerbeiträge ihrer Höhe nach in keinem Mißverhältnis stehen dürfen zu dem Wert der Mitgliedschaft. Die Beiträge dürfen die Kammerangehörigen weder schlechthin übermäßig belasten (etwa wegen unnötigen Kammeraufwandes), noch dürfen die Beiträge einzelner Mitglieder (Gruppen) im Verhältnis zu den Beiträgen anderer übermäßig hoch sein, d. h. die Staffelsätze dürfen nicht in einem prozentualen Mißverhältnis zueinander stehen (BVerwG, Buchholz aaO.). c) Da andererseits weder der immaterielle noch der wirtschaftliche Vorteil, den das einzelne Mitglied von der Ärztekammer hat, sich exakt ermitteln läßt, muß eine Beitragsordnung bis zu einem gewissen Grad typisieren und pauschalieren, insbesondere nach Einkommen und/oder beruflicher Stellung und die Tätigkeit etwa vergleichbarer Ärzte zu einer Beitragsgruppe zusammenfassen.

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Die pauschalen Abstufungen des Satzungsgebers sind gerichtlich nur darauf überprüfbar, ob die äußersten Grenzen eines weitgespannten Gestaltungsermessens überschritten sind und nicht schon darauf, ob eine vernünftigere, bessere oder gerechtere Regelung denkbar ist (BVerwG, Buchholz aaO. ; OVG Berlin - OVG II B 13.75 -). Daher sind verschiedene Ausgestaltungen der Beitragspflicht unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes und des Äquivalenzprinzips denkbar (OVG Koblenz, NJW 1977, 2129; VG Karlsruhe v. 5. 3. 1981 - 8 K 4 2 / 8 0 -). 3. Beispiele aus der Rechtsprechung: (1) Die nach der Höhe der Bruttoeinnahmen gestaffelte Beitragsordnung einer Ärztekammer, durch die bei nominal gleichen Bruttoeinnahmen niedergelassene Ärzte und angestellte Ärzte mit gleich hohen Beiträgen veranlagt werden, verstößt gegen Art. 3 GG; denn sie berücksichtigt nicht, daß sich das Bruttoeinkommen der niedergelassenen Ärzte durch die Praxisunkosten auf rund die Hälfte vermindert, so daß diese Arztgruppe im Ergebnis wirtschaftlich stärker belastet wird als die Gruppe der angestellten Ärzte (VG Sigmaringen v. 20. 1. 1975 - I 163/74 (2) Die besonderen Verhältnisse der Ärzte im öffentlichen Dienst sind gegenüber frei praktizierenden Ärzten insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsunterschiede der Kammermitgliedschaft in der Beitragsordnung angemessen zu berücksichtigen (BVerwG, Buchholz, aaO.; OVG Berlin - OVG II B. 13.75 OVG Koblenz, NJW 1977, 2129 [Mitgliedsbeitrag eines Sanitätsoffiziers zur Zahnärztekammer]); zu den sich aus der Kammermitgliedschaft für beamtete und frei praktizierende Ärzte ergebenden unterschiedlichen Vorteilen eingehend OVG Berlin v. 11. 3. 1970 - OVG I B 75.69 - und VG Karlsruhe v. 5. 3. 1981 - 8 K 42/80 - . (3) eine wesentlich niedrigere Beitragsfestsetzung für theoretische Mediziner im Vergleich zu > Amtsärzten verstößt nicht gegen Art. 3 GG (BVerwG, NJW 1972, 350, 352 f.). (4) Innerhalb der Gruppe der frei praktizierenden Ärzte ist sowohl eine Differenzierung nach dem Praxisumsatz als auch eine Gleichbehandlung aller Ärzte ohne Rücksicht auf den Umsatz mit Art. 3 GG vereinbar (OVG Koblenz NJW 1977, 2130). (5) Eine Ärztekammer ist grundsätzlich berechtigt, von einem Arzt, der hauptberuflich > Sanitätsoffizier ist und nebenberuflich eine Privatpraxis betreibt, den vollen Mitgliedsbeitrag für frei praktizierende Ärzte zu erheben. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die eigene Praxis einen so geringen Umfang hat und die hieraus erzielten Einkünfte so niedrig sind, daß eine Beitragspflicht in voller Höhe eines hauptberuflich frei praktizierenden Arztes mit dem Äquivalenzprinzip und dem Gleichheitssatz nicht vereinbar ist (OVG Koblenz, NJW 1977, 2129, 2130f. [Zahnärztekammer]). IV. Ein Kammermitglied kann seine Heranziehung zum Kammerbeitrag nicht mit der Begründung anfechten, ein Teil des Beitiagsaufkommens werde in unzulässiger Weise an die > B u n d e s ä r z t e k a m m e r abgeführt (OVG Münster, NJW 1975, 1475). V. Nach einer Vereinbarung der Landesärztekammern besteht die Beitragspflicht bei der Ärztekammer, deren Mitglied der betreffende Arzt am 1. Februar eines Jahres ist. Im Falle eines Wechsels in einen anderen Kammerbe-

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reich nach diesem Zeitpunkt besteht also keine Beitragspflicht bei der neuen Kammer. VI. Der Kammerbeitrag unterliegt keiner Verjährung. VII. Die zwangsweise Beitreibung des Kammerbeitrags richtet sich nach den Landesverwaltungsvollstreckungsgesetzen der einzelnen Bundesländer. Danach bedarf es nicht der Erwirkung eines gerichtlichen Schuldtitels. Im Falle der Beitreibung durch den Gerichtsvollzieher genügt ein schriftlicher Antrag der > Ä r z t e k a m m e r (vgl. z.B. § 15 LVwVG Bad.-Wttbg.).

Ärztemuster I. Man versteht darunter Proben von > A r z n e i m i t t e l n , die von Heistellern den Ärzten unentgeltlich zur Erprobung ihrer Wirksamkeit überlassen und von den Ärzten teils unmittelbar am Patienten angewandt, teils dem Patienten zur Anwendung nach ärztlicher Anweisung mitgegeben werden (vgl. Marcetus bei Kuhns, aaO. S. 1/16). Sie sind mit dem Hinweis „Unverkäufliches Muster" zu kennzeichnen (§ 10 Abs. 1 Nr. 11 AMG).

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II. Die Abgabe von Ärztemustern an Ärzte unterliegt Beschränkungen nach dem > A r z n e i m i t t e l g e s e t z . 1. Nach § 47 Abs. 3 AMG, der für alle Fertigarzneimittel gilt, gleich ob diese freiverkäuflich, apothekenpflichtig (> A p o t h e k e n p f l i c h t ) oder verschreibungspflichtig ^ V e r s c h r e i b u n g s p f l i c h t ) sind (Müller-Römer, aaO. S. 236), dürfen pharmazeutische Unternehmen oder von ihnen bevollmächtigte Personen (> P h a r m a b e r a t e r ) Muster von Fertigarzneimitteln nur auf jeweilige schriftliche Anforderung in einem dem Zweck der Erprobung angemessenen Umfang an > Ä r z t e , > Z a h n ä r z t e und Tierärzte sowie an Ausbildungsstätten für die Heilberufe abgeben. An > H e i l p r a k t i k e r dürfen nur Muster nichtverschreibungspflichtiger Arzneimittel abgegeben werden. a) Die schriftliche Anforderung braucht der Arzt nicht persönlich vorzunehmen. Er kann sich vielmehr z. B. durch eine > A r z t h e l f e r i n vertreten lassen, die die Anforderung mit ihrem eigenen Namen unter Beifügung eines auf das Vertretungsverhältnis hinweisenden Zusatzes („i.V.") unterzeichnet (vgl. Sander-Scholl, aaO. §47, Erl. 19; Rieger, DMW 1978, 1061). Trotz dieser rechtlichen Möglichkeit ist jedoch in der Praxis Vorsicht geboten. Eine unzulässige Abgabe von Ärztemustern kann auch dann vorliegen, wenn die von der Arzthelferin mit dem Zusatz „i.V." unterzeichnete schriftliche Anforderung in Wahrheit nicht vom Arzt veranlaßt wurde und der Pharmaberater dies fahrlässig nicht erkannt hat. Er wird sich auf das Vorliegen einer entsprechenden Vollmacht der nichtärztlichen Mitarbeiter nur dort verlassen dürfen, wo er die Personen und die Verhältnisse in der > A r z t p r a x i s seit langem kennt. Im

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übrigen wird man verlangen müssen, daß er sich durch Rückfrage beim Arzt vergewissert, ob die Anforderung durch seine Vollmacht gedeckt ist. Dabei darf nicht unterstellt werden, daß eine einmal erteilte Vollmacht auch für alle künftigen Anforderungen gilt; denn die Abgabe von Ärztemustern darf nach § 47 Abs. 3 AMG nur auf „jeweilige" schriftliche Anordnung erfolgen. Das Wort „jeweilige" beinhaltet die Einschränkung, daß sich die Anforderung auf eine konkrete Musterabgabe beziehen muß und nicht eine wiederholte Abgabe oder eine Vielzahl künftiger Musterabgaben zum Inhalt haben kann (vgl. Sander-Scholl, aaO.). Deshalb muß auch das Vorliegen einer entsprechenden Vollmacht des Praxispersonals jedesmal neu geprüft werden (vgl. Rieger, DMW 1978, 1062). b) Über die Empfänger von Ärztemustern sowie über Art, Umfang, und Zeitpunkt der Abgabe von Mustern sind Nachweise zu führen und auf Verlangen der zuständigen Behörde vorzulegen. c) Die Abgabe von Ärztemustern an andere als die in § 47 Abs. 3 AMG bezeichneten Personen stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße bis zu 50000 DM geahndet werden kann (§ 97 Abs. 2 Nr. 11 und Abs. 3 AMG). d) Die Abgabe ausländischer Ärztemuster ohne Zulassung und Registrierung in der Bundesrepublik zum Zwecke der Marktforschung wird durch §47 Abs. 3 AMG nicht gedeckt; denn diese Vorschrift bezieht sich nur auf verkehrsfähige Arzneimittel i. S. des § 21 Abs. 1 AMG. Dem Verkehrsverbot unterliegen im Inland oder Ausland hergestellte Arzneimittel, ungeachtet einer Zulassung im Ausland. Für ausländische Arzneimittel gilt zusätzlich das Verbringungsverbot des § 73 Abs. 1 AMG. Für die Einzelfallerprobung ausländischer Arzneimittel durch einen Arzt besteht daher nur die Möglichkeit des Bezugs durch eine > Apotheke unter den Voraussetzungen des § 7 3 Abs. 3 AMG. 2. Die Zahl der je schriftliche Anforderung abzugebenden Ärztemuster ist durch kartellrechtlich genehmigte Selbstbeschränkung der pharmazeutischen Industrie seit 1. 1. 1982 auf 4 (bisher 6) beschränkt (vgl. dazu DÄ 1981, 866f.). III. 1. Die Regelung in § 47 Abs. 3 AMG setzt die Befugnis des Arztes voraus, Ärztemuster- auch wenn sie apothekenpflichtige Arzneimittel sind - unentgeltlich an Patienten abzugeben, ohne daß es eines > D i s p e n s i e r r e c h t s bedarf und ohne daß unter dem Gesichtspunkt des § 43 AMG Bedenken bestünden (Sander-Scholl, aaO. § 43, Erl. 3 und § 47, Erl. 20). 2. Da der Arzt über die ihm nach § 47 Abs. 3 AMG überlassenen Muster nur im Rahmen des in dieser Vorschrift vorgesehenen Verwendungszwecks (Erprobung) verfügen darf, ist ein Umtausch von Ärztemustern in der Apotheke nicht erlaubt. 3. Zulässig ist dagegen die Spende von Ärztemustern aus bestimmtem Anlaß (z.B. Spendenaktion anläßlich einer Katastrophe oder für Entwicklungsländer). Sie verstößt nicht gegen die Vorschriften über die Abgabe von Arzneimitteln (§§43 ff. > A p o t h e k e n p f l i c h t ) , weil unter den Begriff der „Abgabe"

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nur das gewerbsmäßige oder berufsmäßige Abgeben fällt (Sander-Scholl, aaO. § 47 Erl. 3). Die Durchführung von Arzneimittelsammlungen unterliegt den besonderen Vorschriften des § 67 Abs. 1 Satz 2 u. 3, § 69 Abs. 2 AMG. IV. Berufsrecht. Berufsunwürdig (§ 24 Abs. 2 MuBO) und - soweit es sich um apothekenpflichtige Arzneimittel handelt - nach § 43 Abs. 1 AMG verboten ist die Abgabe von Ärztemustern durch den Arzt an Patienten gegen Bezahlung oder eine andere Gegenleistung (OVG Münster, NJW 1972, 2240; BayObLG, NJW 1977, 1501; weitere Beispiele bei Luyken u.a. aaO. A 2.14 Nrn. 2.2ff.). Nicht erlaubt ist daher auch die Abgabe unverkäuflicher Ärztemuster gegen Zahlung einer Rezeptblattgebühr (OVG Münster aaO.). Ein Arzt, der Ärztemuster kostenlos an Patienten abgibt und seinen Vorrat mittels auf den Namen des Patienten ausgestellter Rezepte ergänzt, macht sich zusätzlich eines Betrugs (§ 263 StGB) gegenüber der Krankenkasse schuldig (BayObLG, aaO.; Narr, aaO. Rz 1198; a.A. teilweise OVG Münster, aaO., wonach es standesrechtlich - und damit wohl auch unter dem Gesichtspunkt des § 263 StGB - nicht zu beanstanden ist, „wenn der Arzt in besonderen Fällen, wie sie in jeder Arztpraxis auftreten können, einem Patienten Ärztemuster . . . mitgibt, dafür ein Rezept ausschreibt und sich dann die vom Patienten in der Apotheke gekauften Arzneimittel von diesem zu seiner Bestandsergänzung aushändigen läßt.").

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V. Haftung. Für Schäden, die durch mißbräuchliche Verwendung von Ärztemustern durch das medizinische Assistenzpersonal oder durch Unachtsamkeit bei der Aufbewahrung oder beim Wegwerfen von Ärztemustern entstehen, trifft den Arzt eine zivilrechtliche und strafrechtliche Haftung (vgl. dazu Kohlhaas, DMW 1959, 231; Rieger, DMW 1972, 1136).

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VI. Steuerfragen. Die bei einem Arzneimittelhersteller am Bilanzstichtag vorhandenen unverkäuflichen Ärztemuster sind als Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens nach Steuerrecht zu aktivieren (BFH, BB 1977, 480 m.Anm. Slomma, BB 1977, 780). Die Aktivierung erfolgt mit den geschätzten Herstellungskosten der Muster im Stadium der sog. Bulkware (FG Hamburg, EFGE 1979, 412). VII. Zur Zollfreiheit von Ärztemustern gemäß § 35 der Allgemeinen Zollordnung vgl. FG Düsseldorf v. 29. 10. 1974 - IV 78/69 Z - .

Ärztestreik I. Entgegen der herkömmlichen Definition des Streikbegriffs als die von einer größeren Anzahl von Arbeitnehmern planmäßig und gemeinschaftlich durchgeführte Arbeitseinstellung zur Erreichung eines bestimmten Zieles ist

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der Ärztestreik kein abstrakt bestimmbarer und fest zu umreißender, sondern ein komplexer und schillernder Begriff. Man versteht darunter „eine durch die geschichtliche Entwicklung, die Besonderheiten des Arzttums und das Spezifische ärztlicher Heiltätigkeit geprägte Form kollektiver ärztlicher Repression, die je nach Art der Maßnahme, Zielsetzung und Addressaten im Einzelfall kollektive Meinungsäußerung freiberuflich Tätiger, politische Demonstration, Boykott der Krankenkassen, Arbeitskampf im eigentlichen Sinn oder gar politischer Kampfstreik sein kann" (Uhlenbruck, RdA 1972, 327, 329f.). Durch den Begriff Ärztestreik werden auch alle Maßnahmen erfaßt, die als Kampfstufen der kollektiven Arbeitseinstellung aus dem Gesichtspunkt der ultima ratio vorgeschaltet sind (Uhlenbruck, aaO. S. 330; vgl. auch Burkardt, ArztR 1971, 115). 26

II. Erscheinungsformen ärztlicher Kampfmaßnahmen sind vor allem (vgl. zum folgenden Uhlenbruck, aaO. S. 327 m.Nachw.): das „Go slow" (ausschließliche Wahrnehmung rein ärztlicher Aufgaben unter gleichzeitiger Vernachlässigung aller Nebenaufgaben wie z. B. Schreibarbeiten), die „Aktion intensive Behandlung" (die dem sog. Bummelstreik oder „Dienst nach Vorschrift" entspricht), der befristete oder unbefristete „Bleistiftstreik" oder „Verwaltungsstreik" (Verweigerung jeglicher Unterschrift und schriftlicher Arbeiten, die die Rrankenhausverwaltung zur Abrechnung mit den Kassen benötigt), die gemeinschaftliche Kündigung, der befristete oder örtlich beschränkte (punktuelle) Warnstreik, die totale Arbeitsniederlegung unter Beibehaltung eines ärztlichen Notdienstes (Behandlungsstreik), Verweigerung kassenärztlicher Tätigkeit durch Behandlung von Kassenpatienten als Privatpatienten („Schein-Streik"; vgl. Burkardt, aaO. S. 115).

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III. Die Rechtmäßigkeit kollektiver ärztlicher Kampfmaßnahmen kann heute grundsätzlich nicht mehr in Frage gestellt werden. Das in Art. 9 Abs. 3 GG verankerte Recht zum Arbeitskampf gilt grundsätzlich auch für Ärzte (vgl. zum folgenden Uhlenbruck, RdA 1972, 330ff. ; ders., mb-der arzt 1972, 28ff. ; H. Jung, MMW 1982/45, S. 87ff.). Ein absolutes Streikverbot für Ärzte ergibt sich weder aus dem ärztlichen Berufsrecht noch aus arztethischen Grundsätzen (> H i p p o k r a t i s c h e r Eid, > A r z t e t h i k ) noch aus dem öffentlichrechtlichen Funktionsverhältnis des Arztes zum Staat. Das Recht auf kollektive Betätigung ist auch bei Ärzten als Ausfluß der verfassungsmäßig garantierten Handlungsfreiheit anzusehen. Es findet wie auch bei anderen Berufsgruppen seine Grenze an den Rechten anderer, der verfassungsmäßigen Ordnung und dem Sittengesetz (Art. 2 Abs. 1 GG), wobei allerdings diese Grenze wegen der Eigenart ärztlicher Heiltätigkeit und der damit verbundenen besonderen Verantwortung eng zu ziehen ist. Der Kreis der Rechte anderer wird weitgehend durch die Vorschrift des § 823 BGB und die §§ 223ff., 212, 230, 240, 253 StGB bestimmt. Im Einzelfall kann eine Rechtsgutverletzung unter dem Gesichtspunkt der Zweck-Mittel-Relation gerechtfertigt sein. Stets ist zu beachten, daß der einzelne Arzt durch eine kollektive Betätigung der

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Ärzteschaft in keinem Fall von der allgemeinen Hilfeleistungspflicht (§ 323 c StGB [früher §330c > U n t e r l a s s e n e Hilfeleistung]) befreit ist (Uhlenbruck, RdA 1972, 333). Die Anwendung der vorstehenden Grundsätze auf die einzelnen Ärztegruppen führt zu folgenden Ergebnissen: 1. Bei angestellten Krankenhausärzten sind Streikmaßnahmen zur Erreichung besserer Arbeitsbedingungen im weitesten Sinne in den vorstehend aufgezeigten Grenzen zulässig. Der Ärztestreik in der Form des Behandlungsstreiks muß immer ultima ratio kollektiver Kampfmaßnahmen sein, was bedeutet, daß nicht nur alle Verhandlungs- und Rechtswegmöglichkeiten ausgeschöpft, sondern Arbeitskämpfe auch mit abgestuften Kampfmitteln geführt werden müssen. In keinem Fall darf die Ausübung des Streikrechts zu einer Gefährdung der notwendigen ärztlichen Versorgung führen. Zur ärztlichen Krankenhausversorgung gehört auch die Vorsorge für mögliche Notfälle, die durch einen > Bereitschaftsdienst herzustellen ist. Ein Organisationsfehler geht zu Lasten der streikenden Ärzte (Uhlenbruck, RdA 1972, 335 m.Nachw.). Fraglich ist demgegenüber die Rechtmäßigkeit von Kampfmaßnahmen, die nicht auf eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen abzielen, sondern dazu dienen sollen, offenkundigen Mißständen im Gesundheitswesen zu begegnen („Sozialstreik"). So geartete Maßnahmen sind sicher nicht durch Art. 9 Abs. 3 GG gedeckt und daher unter arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten rechtswidrig. Ausnahmsweise dürften abgestufte Kampfmaßnahmen dann rechtmäßig sein, wenn die Mißstände im Gesundheitswesen und die daraus resultierenden Gefahren für die Krankenversorgung ein solches Ausmaß angenommen haben, daß der bestehende Zustand mit der ärztlichen Gewissensfreiheit (§ 1 Abs. 2 BÄO > Arzt Rz 123) absolut unvereinbar ist (a.A. H. Jung, MMW 1982/45, S. 90). 2. Für angestellte Ärzte in der Industrie, Verwaltung und Forschung ist die Zulässigkeit von Kampfmaßnahmen nach den allgemeinen Grundsätzen des Arbeitsrechtes zu beurteilen (Uhlenbruck, RdA 1972, 330, Anm. 51). 3. Für > beamtete Ärzte ist das Streikrecht zur Erreichung besserer Arbeitsbedingungen ausgeschlossen. Für den Sozialstreik gilt wegen der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht entsprechendes wie für angestellte Ärzte (im Ergebnis wohl ebenso Uhlenbruck, RdA 1972, 335 f.). 4. Kollektive Kampfmaßnahmen von Ärzten mit ausschließlicher Privatpraxis sind als Ausdruck freier Meinungsäußerung oder als zulässige Repression rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Zweck-Mittel-Relation von Kampfmittel und Kampfziel gewahrt bleibt. Unerheblich ist dabei, ob der Ärztestreik die Durchsetzung eigener oder fremder Belange bezweckt. Arbeitsrechtliche Grundsätze finden keine Anwendung. Die Freiberuflichkeit steht der Zulässigkeit ärztlicher Kampfmaßnahmen nicht entgegen (Uhlenbruck, RdA 1972, 333f.). Zu beachten sind jedoch die allgemeinen Grundsätze über die Grenzen einer Verweigerung ärztlicher Behandlung ( > Behandlungspflicht, > Besuchspflicht, > Unterlassene Hilfeleistung). Im Falle des Behand-

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lungsstreiks hat das streikende ärztliche Kollektiv den Ausfall ärztlicher Dienste durch Einrichtung eines Notfalldienstes zu kompensieren (Uhlenbrock, RdA 1972, 334 Anm. 99). 5. Streikmaßnahmen von > Kassenärzten sind jedenfalls insoweit als zulässig anzusehen, als die angewandten Kampfmaßnahmen, zu denen als ultima ratio der „Schein-Streik" (oben Rz 26 gehört, dazu dienen sollen, offenbare Mißstände in der kassenärztlichen Versorgung der Bevölkerung zu beseitigen. Zur Durchsetzung höherer Honorarsätze sind kassenärztliche Kampfmaßnahmen wegen des im Kassenarztrecht vorgesehenen Schlichtungsverfahrens und des spezifischen Verpflichtungsverhältnisses zur Krankenversicherung, zur KV und den Kassenpatienten nach allgemeiner Meinung nicht erlaubt (vgl. Uhlenbrock, RdA 1972, 334; Burkardt, ArztR 1971, 119f.).

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I. Die ärztliche Ausbildung ist in der > Approbationsordnung für Ärzte (AOÄ) im Jahr 1970 bundeseinheitlich neu geregelt worden (ausführlich dazu Narr, aaO. Rzn. 141 ff.). Sie umfaßt nach § 1 Abs. 1 AOÄ 1. ein Studium der Medizin von sechs Jahren ( > Medizinstudium, > Praktisches Jahr); 2. eine Ausbildung in Erster Hilfe; 3. einen > Krankenpflegedienst von zwei Monaten; 4. eine Famulatur ( > Famulus) von vier Monaten; 5. die Ärztliche Vorprüfung und die Ärztliche Prüfung, die in drei Abschnitten abzulegen ist ( > Ärztliche Prüfungen).

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II. Die Neuregelung der ärztlichen Ausbildung ist vor allem bei der Ärzteschaft auf heftige Kritik gestoßen (vgl. Gesundheits- und sozialpolitische Vorstellungen, aaO. S. 113ff.; Narr, aaO. Rzn. 137ff. m.w.Nachw.). Die Pläne zur Reform des Ausbildungsrechts haben nunmehr zu den Referentenentwürfen eines Vierten Gesetzes zur Änderung der Bundesärzteordnung (Stand: 4. 11. 1983) und einer Fünften Verordnung zur Änderung der Approbationsordnung für Ärzte (Stand: 9. 11. 1983) geführt. Zuvor wurde durch die Vierte Verordnung zur Änderung der AOÄ v. 19. 12. 1983 (BGBl. I S. 1482) eine Benotung der Leistungen in den Ärztlichen Prüfungen eingeführt ( > Ärztliche Prüfungen Rz 31). 1. Der Referentenentwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung der Bundesärzteordnung sieht die Einführung einer zweijährigen Praxisphase nach dem sechsjährigen > M e d i z i n s t u d i u m und dem abschließenden Examen vor. Sie soll auf der Grundlage einer Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen Berufes ( > Berufse r l a u b n i s Rz 362) als „Arzt im Praktikum" im > K r a n k e n h a u s oder in der Praxis eines niedergelassenen Arztes abgeleistet werden. Der Entwurf sieht vor, daß eine Tätigkeit im betriebsärztlichen Dienst ( > Betriebsarzt) bis zu sechs, eine Tätigkeit im > ö f f e n t l i c h e n G e s u n d h e i t s d i e n s t bis zu zwei Monaten anrechenbar ist. Erst nach Ableistung dieser Praxisphase soll die zur eigenverantwortlichen und selbständigen

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Ausübung des ärztlichen Berufes berechtigende > A p p r o b a t i o n als > A r z t erteilt werden. Die zweijährige Tätigkeit als „Arzt im Praktikum" unterscheidet sich von dem früheren Status des > M e d i z i n a l a s s i s t e n t e n nach der Bestallungsordnung ( > Bestallung] dadurch, daß es sich bei ihr um eine Tätigkeit als > A r z t handelt. Dementsprechend geht die Begründung davon aus, daß die Praxisphase auf die ärztliche > W e i t e r b i l d u n g angerechnet werden kann. Als Vergütung für die Tätigkeit als „Arzt im Praktikum" wird die Hälfte eines Gehaltes der Vergütungsgruppe II a BAT in Betracht gezogen. Nach der vorläufigen Begründung zum Referentenentwurf soll die neu vorgesehene zweijährige Praxisphase nach Möglichkeit Ende 1986 anlaufen, damit ein nahtloser Übergang von der durch die Vierte Verordnung zur Änderung der ZO-Ä v. 14. 12. 1983 eingeführten, bis 31. 12. 1988 befristeten 18monatigen Vorbereitungszeit als Voraussetzung für die Zulassung als Kassenarzt ( > K a s s e n a r z t Rz 926) gewährleistet ist. 2. Der Referentenentwurf einer Fünften Verordnung zur Änderung der Approbationsordnung für Ärzte sieht vor allem folgende Änderungen vor: Aufnahme einer ausführlichen Beschreibung der Ziele der ärztlichen Ausbildung; Regelung des Näheren über die zweijährige Tätigkeit als „Arzt im Praktikum"; Konkretisierungen der Anforderungen an die praktischen Unterrichtsveranstaltungen; Neuordnung des Prüfungswesens ( > Ä r z t l i c h e P r ü f u n g e n Rz 31); inhaltliche Verbesserungen durch Einführung eines Kursus zur Einführung in die Medizin in der vorklinischen Ausbildung sowie Einführung von Pflichtpraktika.

Ärztliche Prüfungen I. Rechtsgrundlagen. 1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 2 AOÄ sind im Rahmen der > ärztlichen Ausbildung folgende Prüfungen abzulegen: a) die Ärztliche Vorprüfung („Physikum") nach einem Studium der Medizin von zwei Jahren; b) der Erste Abschnitt der Ärztlichen Prüfung nach einem Studium der Medizin von einem Jahr nach Bestehen der Ärztlichen Vorprüfung; c) der Zweite Abschnitt der Ärztlichen Prüfung nach Bestehen des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung und einem Studium der Medizin von drei Jahren nach Bestehen der Ärztlichen Vorprüfung; d) der Dritte Abschnitt der Arztlichen Prüfung nach einem Studium der Medizin von einem Jahr nach Bestehen des Zweiten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung. Die Ärztliche Vorprüfung sowie der Erste und Zweite Abschnitt der Ärztlichen Prüfung sind schriftliche Prüfungen. Der Dritte Abschnitt der Ärztlichen Prüfung besteht aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil ( § 1 3 Abs. 1 AOÄ). Durch die Vierte Verordnung zur Änderung der AOÄ v. 19. 12. 1983 (BGBl. I S. 1482) wurde eine Benotung der Leistungen in den ärztlichen Prüfungen eingeführt, nachdem die AOÄ zuvor nur die Bewertung „Bestanden" und „Nicht bestanden" zugelassen hatte. In der schriftlichen Prüfung hat der Prüfling in einer Aufsichtsarbeit schriftlich gestellte Fragen zu beantworten und dabei anzugeben, welche der mit den

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Fragen vorgelegten Antworten er für zutreffend hält. Gegen dieses aus den USA übernommene sog. „multipIe-choice-Verfahren" (im folgenden: MC-Verfahren) wurden teilweise verfassungsrechtliche Bedenken geltend gemacht (vgl. Kuni-Becker, arzt im krankenhaus, 1980, 194ff., 292ff., 345 ff., 406ff., 475ff., 522ff.). Auch von ärztlicher Seite ist das MC-Verfahren in seiner jetzigen Form auf heftige Kritik gestoßen (vgl. Jacob, ÄBl. Bad.-Wttbg. 1976, 79 ; Boelcke, ÄBl. Bad.-Wttbg. 1976, 356; Arnold, DÄ 1976, 520; Tätigkeitsbericht der BÄK 1980, 127ff.; Gesundheits- und sozialpolitische Vorstellungen, S. 114f.|. Von der Rspr. wird das geltende Prüfungsverfahren ganz überwiegend als rechtmäßig anerkannt (vgl. BVerwG, NJW 1983, 354; OVG Münster, NJW 1982, 1344; OVG Rheinl.-Pf. v. 6. 7. 1977 - 2 A 70/70 BayVGH v. 22. 10. 1979 - 4618 VII 78 Hess. VGH v. 14. 1. 1980 - VI OE 52/79 BayVGH, NJW 1981, 2527; VGH Bad.-Wttbg. v. 19. 1. 1982 - 9 S 1863/81 a.A. VG Aachen, NJW 1981, 644 und dazu Kraemer, DDA 1981/5, S. 6ff.). Die Ergebnisse des MC-Verfahrens sind von den Gerichten nach den für das allgemeine Prüfungswesen entwickelten Grundsätzen zu überprüfen (OVG Lüneburg, DVBl. 1983, 130). Der Referentenentwurf einer Fünften Verordnung zur Änderung der Approbationsordnung für Ärzte ( > Ä r z t l i c h e A u s b i l d u n g Rz 30a) bezweckt u.a. eine Neuordnung des Prüfungswesens durch Einführung eines mündlichen Teils neben der schriftlichen Prüfung nach dem MC-Verfahren in der Ärztlichen Vorprüfung, Erweiterung der mündlich-praktischen Prüfung im Dritten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung, Wegfall des schriftlichen Teils im Dritten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung.

2. Nach der Bestehensregel des § 14 Abs. 5 AOÄ 1970 war die schriftliche Prüfung bestanden, wenn der Anteil der von dem Prüfling richtig beantworteten Fragen nicht mehr als 18 v.H. unter der durchschnittlichen Prüfungsleistung der Prüflinge des jeweiligen Prüfungstermins im gesamten Bundesgebiet lag (sog. Gleitklausel) oder wenn der Prüfling mindestens 50 v.H. der Fragen zutreffend beantwortet hatte (relative Bestehensregel). Durch die 2. Änderungsverordnung zur AOÄ v. 24. 2. 1978 (BGBl. I S. 312), die am 1. 8. 1979 in Kraft trat, wurde die Bestehensregelung von 50 v.H. auf 60 v.H. verschärft. Gleichzeitig wurde die 18%-Klausel ersatzlos gestrichen (absolute Bestehensregel). Ferner wurde der Prüfungsumfang in den Fächern Biologie und Anatomie erweitert. Veranlaßt durch die katastrophalen Ergebnisse der Ärztlichen Vorprüfung im Frühjahr 1981 wurde die absolute Bestehensregel durch die 3. ÄnderungsVO v. 15. 4. 1981 (BGBl. I S. 660) mit Wirkung ab 1. 8. 1981 durch Wiedereinführung der Gleitklausel, jedoch mit der Maßgabe, daß die Zahl der richtig beantworteten Fragen nicht unter 50 v. H. der gestellten Fragen liegen darf, wieder abgemildert, ohne jedoch für diejenigen Kandidaten eine Übergangsregelung zu treffen, die in der Zwischenzeit an der 60 %-Grenze endgültig gescheitert waren, aber nach der nunmehrigen Regelung ebenso wie nach der früheren Regelung bestanden hätten. In dieser Unterlassung des Verordnungsgebers liegt ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG

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(BayVGH, DVBl. 1982, 459; a.A. BVerwG v. 18. 5. 1982 - BVerwG 7 C 76.80 [nicht rechtskräftig, da mit der Verfassungsbeschwerde angefochten]). II. Organisation des Priifungswesens. Die in der AOÄ vorgeschriebenen Prüfungen werden vor dem nach Landesrecht zuständigen Landesprüfungsamt abgelegt (§§ 8, 9 AOÄ). Die Festlegung der schriftlichen Prüfungen erfolgt zentral für das gesamte Bundesgebiet durch das > I n s t i t u t für m e d i z i n i s c h e u n d p h a r m a z e u t i s c h e Prüfungsfragen (IMPP) in Mainz. Die schriftlichen Prüfungen werden bundesweit an einheitlichen Terminen abgehalten (§ 14 Abs. 3 AOÄ). III. Beim Rücktritt von der Prüfung muß der Prüfling die Gründe hierfür unverzüglich ( = ohne schuldhaftes Zögern) dem Landesprüfungsamt mitteilen, anderenfalls gilt die Prüfung als nicht bestanden (§18 AOÄ). Zu dem Fall, daß der Prüfling sich darauf beruft, er sei zur unverzüglichen Mitteilung des Rücktritts wegen psychischer Störungen nicht in der Lage gewesen vgl. BayVGH v. 28. 7. 1980 - Nr. 7 B 80 A. 490 Die Genehmigung des Rücktritts ist vom zuständigen Landesprüfungsamt zu erteilen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Krankheitsbedingte Prüfungsunfähigkeit ist immer ein wichtiger Grund. Das Landesprüfungsamt kann zum Nachweis eine ärztliche Bescheinigung verlangen. Die Vorlage eines amtsärztlichen Zeugnisses kann nur ausnahmsweise gefordert werden, wenn konkrete Anhaltspunkte bestehen, daß die vorgelegte ärztliche Bescheinigung unrichtig ist ( > A t t e s t Rz 247).

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IV. Ein negativer Prüfungsbescheid des Landesprüfungsamtes ist ein Verwaltungsakt, gegen den der Rechtsweg zum Verwaltungsgericht gegeben ist. V. Jede Prüfung kann insgesamt zweimal wiederholt werden. Eine weitere Wiederholungsprüfung ist auch nach erneutem > Medizinstudium nicht möglich (§ 20 Abs. 1 AOÄ); in Betracht kommt hier nur ein Auslandsstudium mit anschließender Anerkennung in der Bundesrepublik. VI. Möglich ist die Anerkennung von Prüfungen, die im Ausland abgelegt wurden, sofern Gleichwertigkeit gegeben ist (§ 12 Abs. 2 AOÄ). Über die Gleichwertigkeit entscheidet das Landesprüfungsamt im Einzelfall ( > M e d i z i n s t u d i u m Rz 1204). VII. Einzelfragen. 1. Bei den schriftlichen Prüfungen nach dem MC-Verfahren kommt dem allgemeinen Bewertungsgrundsatz, daß Prüfungsaufgaben klar und zweifelsfrei gestellt sein müssen, besondere Bedeutung zu. Die Aufbereitung ungeeigneten Prüfungsstoffes, (Verlassen des Stoffgebietes, mehrdeutige Fragestellung, wissenschaftlich nicht mehr vertretbare amtliche Beantwortung von Prüfungsfragen) verstößt gegen § 14 Abs. 2 AOÄ und führt zur Aufhebung des auf einem solchen Fehler beruhenden Prüfungsbescheids und damit

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zum Anspruch auf Wiederholung der nicht bestandenen Prüfung. Ein Anspruch des Prüfungsteilnehmers darauf, daß seine Prüfung wegen dieses Fehlers für bestanden erklärt wird, besteht nicht (VGH Bad.-Wttbg. v. 30. 6. 1980 - 9 S 974/80 BayVGH v. 19. 5. 1980 - Nr. 1273 VII 78 vgl. auch BayVGH v. 25. 7. 1977, SPE III, F III S. 21; a.A. OVG Rheinl.-Pf., DVBL. 1980, 485). Zu der Frage, wann eine Prüfungsfrage im MC-Verfahren ein zuverlässiges Prüfungsergebnis ermöglicht und zu den Grenzen des Beurteilungsspielraumes, der bezüglich der wissenschaftlichen Auffassung besteht, welche der Vorgabe der Prüfungsfragen und der Feststellung der richtigen Antworten zugrunde liegt, vgl. VGH Bad.-Wttbg., NJW 1981, 2020; BayVGH, NJW 1982, 1346; BayVGH v. 17. 11. 1980 - Nr. 7 CE 80 A. 1459 -• BVerwG, NJW 1981, 2526. 2. Die Regelungen in der AOÄ, die eine Überprüfung des theoretischen Wissensstandes der Studenten lediglich in der Ärztlichen Vorprüfung und in den verschiedenen Abschnitten der Ärztlichen Prüfung vorsehen, die überwiegend als schriftliche Prüfungen ausgestaltet und insoweit im MC-Verfahren vorzunehmen sind, schließen es aus, daß eine Hochschule daneben ein eigenständiges System zur Uberprüfung theoretischen Wissens errichtet (Hess. VGH, NJW 1983, 358). 3. Auch wenn die Ärztliche Vorprüfung wegen eines lediglich einen der Prüfungstage betreffenden Verfahrensmangels (fehlerhaft gestellte Prüfungsfrage) aufzuheben war, kann sie nur im ganzen neu abgelegt werden (BayVGH, NJW 1982, 2627). 4. Die Aufhebung einer Prüfungsentscheidung oder die Neubewertung einer Prüfungsleistung kann i.d.R. nur im Hauptsacheverfahren, nicht im Wege der einstweiligen Anordnung begehrt werden (BayVGH v. 3. 7. 1980 - Nr. 7 CE 80 A. 825 -). 5. Ist die Prüfungsentscheidung wegen eines Verfahrensfehlers aufzuheben und der Prüfling berechtigt, die Prüfung erneut abzulegen, so kann er sie auch dann nur nach den zur Zeit der Prüfungswiederholung geltenden Vorschriften ablegen, wenn diese in der Zwischenzeit zum Nachteil des Prüflings geändert wurden (BayVGH, NJW 1982, 2627).

Ärztlicher Direktor 36

I. Diese Bezeichnung wird nicht einheitlich verwendet. Die ärztlichen > H o c h s c h u l l e h r e r als ärztliche Leiter von Universitätskliniken werden wohl meist nur als „Direktor", mitunter aber auch als „Ärztlicher Direktor" bezeichnet. Überwiegend versteht man heute unter dem Ärztlichen Direktor einen Arzt, dem die Organisation und Beaufsichtigung des Krankenhausbetriebes insgesamt in ärztlicher Hinsicht obliegt, und der in aller Regel zugleich ärztlicher Leiter einer Fachabteilung im Krankenhaus ist ( > Chefarzt).

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II. Der Ärztliche Direktor hat insbesondere folgende Aufgaben (vgl. dazu Hoffmann-Jeute-Baur, Arzt u. Krankenhaus 1981, 20, 21): Sicherung der Zu-

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Ärztlicher Direktor

sammenarbeit des ärztlichen Dienstes der verschiedenen Fachabteilungen, Funktionsbereiche und Institute; Gestaltung des ärztlichen Aufnahmedienstes und der Intensivbereiche; Sicherstellung der Krankenhaushygiene ( > Krank e n h a u s i n f e k t i o n ) ; Ausübung der ärztlichen Fachaufsicht über die medizinisch-technischen Dienste, den pflegerischen Dienst und die medizinischen Versorgungsdienste (z.B. Krankenhausapotheke, Zentralsterilisation); Gesundheitsüberwachung der Mitarbeiter im Krankenhaus; Pflege des Kontaktes zwischen Krankenhausärzten und niedergelassenen Ärzten; Sicherung der ärztlichen Aufzeichnungen; > Fortbildung; Vorbereitung des Stellenplanes für den ärztlichen und den medizinisch-technischen Dienst; Feststellung, Planung und Koordinierung des medizinischen Sachbedarfs (vgl. auch die Aufgabenbeschreibung in § 9 Abs. 2 KRG Rheinl.-Pf.). Teilweise wurden Aufgaben, die früher dem Ärztlichen Direktor allein oblagen, durch die Krankenhausreformgesetze auf ein Direktorium übertragen (vgl. z.B. § 8 KRG Rheinl.-Pf.; § 16 KHG Bad.-Wttbg. > K r a n k e n h a u s r e formgesetze). °III. Rechtsstellung. 1. Rechtsverhältnis zum Krankenhausträger. Der Ärztliche Direktor ist angestellter oder t> beamteter Arzt. Er ist i.d.R. nicht leitender Angestellter i.S. des BetrVG (vgl. Andreas, ArztR 1979, 99, 100). Beamtete > C h e f ä r z t e nehmen die zusätzlichen Aufgaben des Ärztlichen Direktors im Nebenamt wahr ( > N e b e n t ä t i g k e i t Rz 1235). Es handelt sich um kein Amt im statutsrechtlichen, sondern lediglich um ein solches im funktionellen Sinne (BVerfG, NJW 1980, 1327, 1332; BVerwG, ZBR 1975, 226, 227f.). Die Bestellung zum Ärztlichen Direktor durch den Krankenhausträger erfolgt meist auf Zeit im Turnus mit den übrigen Chefärzten des Krankenhauses. Zum Teil ist die Amtszeit des Ärztlichen Direktors in den Krankenhausreformgesetzen begrenzt (z.B. in § 9 Abs. 1 KRG Rheinl.-Pf. auf vier Jahre). Eine solche gesetzliche Befristung gilt auch für beamtete Chefärzte, denen vor Inkrafttreten der Krankenhausreformgesetze das Amt des Ärztlichen Direktors ohne zeitliche Beschränkung übertragen worden war (BVerfG, NJW 1980, 1327, 1332 f.). 2. Im Verhältnis zu den (übrigen) Chefärzten und den ärztlicher Aufsicht unterstehenden nichtärztlichen Mitarbeitern steht dem Ärztlichen Direktor im Rahmen seines Aufgabenbereiches ein Weisungsrecht zu. Im medizinischfachlichen Bereich ist er nicht weisungsbefugt. Er muß sich vielmehr auf die Prüfung beschränken, ob der leitende Abteilungsarzt ( > Chefarzt) die zum Schutz der Patienten erforderlichen Maßnahmen trifft. Sein Organisationsund Aufsichtsrecht ist auf Angelegenheiten beschränkt, die über den Bereich einer Fachabteilung hinausreichen (vgl. Weissauer, Anaesthesist 1964, 385, 386f. ; ders., Bay.ÄBl. 1980. 953, 956).

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IV. Haftung. Der Ärztliche Direktor haftet dem Patienten für Sorgfalts-

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Pflichtverletzungen in seinem Aufgabenbereich strafrechtlich und Zivilrecht-

Ärztlicher Direktor

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lieh. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Pflicht, den Krankenhausträger auf Mängel der Einrichtung und der personellen Ausstattung hinzuweisen und - aus Beweisgründen am besten schriftlich - Abhilfe zu verlangen (vgl. Weissauer, Anaesthesist 1964, 385, 388; ders., Bay.ÄBl. 1980, 953, 959, 960, BGH, VersR 1960, 416). Es gilt hier entsprechendes wie beim > C h e f a r z t (Rz 525). Der Ärztliche Direktor hat die Stellung eines Organs i.S. der §§89, 31 BGB (BGHZ 5, 321, 325; Daniels, NJW 1972, 305, 308 > H a f t u n g Rz 773).

Akupunktur 40

I. Man versteht darunter die aus der chinesischen Medizin stammende Methode zur Behandlung akut und chronisch Schmerzkranker und zur Beeinflussung von Organkrankheiten durch Punktion bestimmter Hautstellen mit feinen legierten Metallnadeln. Die Elektroakupunktur ist eine Diagnosemethode (Feststellung des Funktionszustandes des Körpers); vgl. Pschyrembel, aaO. „Akupunktur". In der Anästhesie findet die Akupunktur Anwendung als Hilfsmethode mit dem Ziel der Einsparung von Narkotika und Schmerzmitteln (vgl. dazu Stellungnahme des > W i s s e n s c h a f t l i c h e n Beirats der B Ä K , DA 1978, 1723). Die Wirkungsweise der Akupunktur als Behandlungsmethode ist bisher ungeklärt. Es handelt sich „um eine von vielen naturwissenschaftlich noch nicht begründeten Behandlungsmethoden" (Stellungnahme des > Wissenschaftlichen Beirats der BÄK, aaO.; die Frage, ob die Diagnose mittels Elektro-Akupunktur als wissenschaftlich anerkannte Untersuchungs- oder Behandlungsmethode anzusehen ist, wird offengelassen vom BSG, Urt. v. 28. 11. 1979 - 3 RK 9/78 - > W i s s e n s c h a f t l i c h k e i t s k l a u s e l , >Außenseitermet h o d e , > Schulmedizin). II. Die Anwendung der Akupunktur setzt eine ärztlich-diagnostische Abklärung voraus, um zu verhindern, daß ein Kranker durch Unterlassung einer erforderlichen spezifischen Behandlung Schaden erleidet (Stellungnahme des > Wissenschaftlichen Beirats der BÄK aaO.). Sie stellt deshalb nach zutreffender Auffassung des BMJFG (Schreiben an die obersten Landesgesundheitsbehörden v. 31. 5. 1976) und der obersten Landesgesundheitsbehörden Ausübung der > H e i l k u n d e dar. III. Zu Haftungsfragen bei der Akupunkturbehandlung vgl. Oepen, LebVersMed. 1982, 136.

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IV. Zur Abrechenbarkeit der Akupunktur nach der GOÄ > A r z t h o n o r a r Rz 162.

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Altenpfleger

V. Die Rspr. hat die Leistungspflicht der gesetzlichen und privaten > Krankenversicherung für die Akupunkturbehandlung bisher überwiegend verneint mit der Begründung, daß es sich um eine wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode handele (vgl. BSG v. 28. 11. 1979 - 3 RK 9 / 7 8 LSG Rheinl.-Pf.; VersR 1977, 369 [Leits.]; AG Neuss, VersR 1977, 1119). Im > B e i h i l f e r e c h t ist die Praxis unterschiedlich. Nach einem Rundschreiben des BMI v. 20. 8. 1970 (zitiert bei Kienle, NJW 1976, 1126, 1128) sind Aufwendungen für eine Behandlung durch Akupunktur beihilfefähig. Für Landesbeamte wird Beihilfe meist nur dann gewährt, wenn die Notwendigkeit und Wirksamkeit im Einzelfall durch ein amtsärztliches > G u t a c h t e n nachgewiesen ist (vgl. VG Karlsruhe v. 30. 3. 1976 - II 307/74; VG Berlin v. 23. 4. 1975 - VG VII A 119/74 > Wissenschaftlichkeitsklausel). VI. Ankündigungen über Akupunkturbehandlungen auf dem > Praxisschild, Briefbogen usw. sind nicht zulässig ( > Praxisschild Rz 1397f.).

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Altenpfleger I. Die Aufgabe des Altenpflegers besteht in pflegerischen und sozialen Hilfen, um dem gesunden wie dem pflegebedürftigen älteren Menschen die fachlich richtige und notwendige Beratung, Betreuung und Pflege in stationären, teilstationären und offenen Einrichtungen der Altenhilfe sowie im ambulanten Pflegedienst ( > Sozialstation) und bei sonstigen Maßnahmen zukommen lassen zu können. Sie umfaßt u. a. neben allgemeinen Pflegeverrichtungen in der Grund-, Behandlungs- oder Rehabilitationspflege ( > R e h a b i l i t a t i o n ) die Ausführung ärztlicher Anordnungen, wie z.B. die Vornahme von > I n j e k t i o n e n , > I n f u s i o n e n und die Verabreichung von Medikamenten (näher zum Aufgabenbereich Brockschmidt, BerufskBl. 2 - IV A 13, S. 2ff.).

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II. Die Bezeichnung „Altenpfleger" ist rechtlich nicht geschützt. Die Ausbildung ist landesrechtlich geregelt, jedoch nicht i.S. einer Berufszulassungsregelung (vgl. z.B. für Baden-Württemberg die VO der Landesregierung über die Schulen für Altenpflege und für Haus- und Familienpflege v. 7. 5. 1980, GBl. S. 298 sowie die Prüfungsordnung v. 7. 7. 1981, GABI. S. 1049; für die übrigen Bundesländer vgl. die Nachweise bei Brockschmidt, aaO. S. 9f.). Sie dauert i.d.R. zwei Jahre und gliedert sich in einen fachtheoretischen und einen fachpraktischen Teil (zu den Ausbildungsinhalten ausführlich Brockschmidt, aaO. S. 12f.). Die Ausbildung endet mit einer Abschlußprüfung. Nach erfolgreichem Abschluß der Ausbildung kann der Schüler die staatliche Anerkennung als Altenpfleger beantragen (vgl. für Bad.-Wttbg. die W v. 7. 7. 1981, GABI. S. 1053).

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III. Zu haftungsrechtlichen und arbeitsrechtlichen Fragen bei der Verabreichung von Injektionen durch Altenpfleger > I n j e k t i o n Rzn. 894ff., 902).

Amtsarzt

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Amtsarzt 45

I. Man versteht darunter den Leiter eines > Gesundheitsamtes. Nur dieser ist berechtigt, die Bezeichnung „Amtsarzt" zu führen (vgl. § 2 GesVereinhG). In Nordrhein-Westfalen lautet die entsprechende Bezeichnung „Kreisarzt", in Hessen „Kreisarzt" oder „Stadtarzt".

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II. Rechtsstellung. 1. Der Amtsarzt ist Verwaltungsbeamter (je nach dem, ob es sich um ein staatliches oder kommunales Gesundheitsamt handelt Landesbeamter oder Kommunalbeamter) mit besonderer ärztlicher Qualifikation (vgl. Kierski, DVBl. 1969, 614, 615; vgl. auch Jantzen, ÄM 1963, 1743). Anstellungsvoraussetzungen sind nach § 12 der 1. DVO zum GesVereinhG (RGBl. I 1935, 177): a) die > A p p r o b a t i o n als > A r z t ; b) der medizinische > D o k tortitel einer deutschen Universität oder Medizinischen Akademie; c) das Bestehen der am ts(staatsjäiz tlich en Prüfung. Zur Vorbereitung auf diese Prüfung führen die Akademien für öffentliches Gesundheitswesen in München und Düsseldorf ( > Ö f f e n t l i c h e s G e s u n d h e i t s w e s e n Rz 1320) Lehrgänge durch. Die Ablegung der Prüfung ist nur in Bayern (aufgrund der Amtsarztprüfungsordnung v. 17. 9. 1970, GVBl. S. 451) oder in Nordrhein-Westfalen (aufgrund der Prüfungsordnung für die staatsärztliche Prüfung v. 22. 12. 1967, MBl. 1968, 24) möglich; d) die Ausübung einer fünfjährigen praktischen Tätigkeit als Arzt nach der Approbation. 2. Der Amtsarzt unterliegt als Verwaltungsbeamter den Weisungen seiner Vorgesetzten, in ärztlichen Angelegenheiten besteht Weisungsfreiheit (vgl. Pürckhauer bei Kuhns, aaO. S. 1/47). 3. Dem Amtsarzt obliegt die Dienstaufsicht über die sonstigen Beamten, Angestellten und Arbeiter des > G e s u n d h e i t s a m t e s . Er hat aber keine Dienststrafgewalt (§23 der 2. DVO (RGBl. I 1935, 215). Ähnlich ist die Rechtsstellung des Amtsarztes in Berlin und Schleswig-Holstein, wo das GesVereinhG inzwischen durch ein Gesundheitsdienst-Gesetz abgelöst wurde ( > Ö f f e n t l i c h e r G e s u n d h e i t s d i e n s t Rz 1315).

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III. Die Aufgaben des Amtsarztes ergeben sich aus den Aufgaben des Gesundheitsamtes (§3 GesVereinhG der 3. DVO RMinBl. 1935, 327, > Ges u n d h e i t s a m t Rz 720). Im Rahmen der Kontrolle der Krankenanstalten hat der Amtsarzt mindestens einmal jährlich eine eingehende Besichtigung durchzuführen und dabei u. a. zu überprüfen, ob die Krankenunterlagen ordnungsgemäß geführt und aufbewahrt werden (§ 47 Abs. 1 und 2 der 3. DVO). Diese Prüfungspflicht erstreckt sich jedoch nur auf die Formalien (vgl. Schulz, aaO. S. 30; ders., DMW 1958, 471 > K r a n k e n u n t e r l a g e n Rz 1086). Bei der Wahrnehmung der Aufgaben der Gesundheitspolizei (§ 3 Abs. 1 Ia GesVereinhG, §§ 35ff. der 3. DVO) hat der Amtsarzt u.a. im Rahmen seiner Pflicht, an Ort und Stelle Ermittlungen vorzunehmen, ohne weiteres die Befugnis zum Betreten von Räumen, in denen die Gefahrenlage gegeben ist (Schulz, aaO. S. 31). Zu den Dienstaufgaben des Amtsarztes gehört auch die amts-, gerichts-

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Amtsarzt

und vertrauensärztliche Tätigkeit (§ 3 Abs. 1 III GesVereinhG) sowie allgemein die Erstattung von > G u t a c h t e n und die Ausstellung ärztlicher Zeugnisse (> Attest), soweit dies durch Gesetz oder sonstige Rechtsvorschriften bestimmt ist (§ 1 Ziff. 5 der 2. DVO). Die gerichtsärztliche Tätigkeit ( > Gerichtsarzt) umfaßt auch die Durchführung von Blutproben auf polizeiliche Anordnung nach § 81a Abs. 2 StPO (vgl. Ulrich, Rhein.ÄBl. 1982, 651, 654 f. > B l u t e n t n a h m e Rz 454). Beispiele: Begutachtung des Gesundheitszustandes von Beamten bei Durchführung beamtenrechtlicher Vorschriften (vgl. z.B. §§42 Abs. 1, 43 Abs. 1, 45 Abs. 3 BBG; Eignungsuntersuchungen bei Kraftfahrern, §§ 3 Abs. 2 Nr. 1, 12 Abs. 1 StVZO; Ausstellung von amtsärztlichen > G u t a c h t e n und Zeugnissen im Rahmen der Amtshilfe zwischen Behörden; zu den zahllosen bundes- und landesrechtlichen Vorschriften über die Ausstellung amtsärztlicher Gutachten und Zeugnisse vgl. die Übersicht bei Trüb-Federhen in: Federhen, aaO. S. 820ff. sowie Trüb-Daniels in: Daniels-Hagen u.a., Bd. V Teil A, S. 170 ff.).

Eine Pflicht zur Ausstellung amtsärztlicher Zeugnisse für Privatpersonen besteht nur dann, wenn die Begutachtung zur Dienstaufgabe erklärt ist (§ 20 der 2. DVO). Mit diesen Aufgaben des Amtsarztes unvereinbar ist die betriebsärztliche Betreuung von Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes. Eine solche Verquickung von betriebsärztlichen und amtsärztlichen Aufgaben kann im Einzelfall zu einem Interessenkonflikt führen. So ist der Amtsarzt verpflichtet, bei Einstellungsuntersuchungen von Beamten auf Lebenszeit sowie bei Untersuchungen zur Feststellung der Dienstfähigkeit (> D i e n s t u n f ä h i g keit) von Beamten dem Dienstherrn in weitergehendem Umfang Untersuchungsunterlagen zu überlassen als dies mit der Schweigepflicht des > Bet r i e b s a r z t e s vereinbar ist. Deshalb begegnen Verwaltungsvorschriften, die die betriebsärztliche Betreuung von Angehörigen der öffentlichen Verwaltung den > b e a m t e t e n Ä r z t e n der Gesundheitsämter als Dienstaufgabe übertragen (vgl. z.B. die Allgem. Verwaltungsvorschrift über die Durchführung des ASiG in den Verwaltungen und Betrieben des Landes Rheinland-Pfalz, MinBl. 1978, 497 ff.) erheblichen rechtlichen Bedenken.

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IV. Der Amtsarzt verrichtet ärztliche Tätigkeit i. S. des § 2 Abs. 5 BÄO. Er ist deshalb Pflichtmitglied der > Ä r z t e k a m m e r , wo die Kammergesetze die Mitgliedschaft an die Ausübung einer ärztlichen Tätigkeit knüpfen (BVerwG, NJW 1972, 350, 351 > Ä r z t e k a m m e r Rz 6).

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V. Schweigepflicht. 1. Der Amtsarzt unterliegt als Beamter der allgemeinen Pflicht zur Amtsverschwiegenheit (§ 39 BRRG und die entsprechenden Vorschriften der Landesbeamtengesetze) und im besonderen der Pflicht zur Wahrung des > S o z i a l g e h e i m n i s s e s (§35 SGB I) sowie der strafrechtlichen Schweigepflicht als Amtsträger gem. § 203 Abs. 2 Nr. 1 StGB. 2. In seiner Eigenschaft als > A r z t gelten für ihn zusätzlich die allgemeinen

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Grundsätze der ärztlichen > Schweigepflicht (vgl. C. Müller, NJW 1966, 1152; a.A. Kierski bei Mergen, aaO. Bd. II S. 147 f.; allgemein zur Schweigepflicht des Amtsarztes Becker, Med. Klinik 1977, 1991 ff., 2035ff. OSchweigepflicht Rzn. 1618, 1625). Eine Unterscheidung danach, ob der Amtsarzt im Rahmen eines Über-Unterordnungsverhältnisses oder im Aufgabenbereich der Gesundheitshilfe nach Art eines Arzt-Patient-Vertrauensverhältnisses tätig wird (so z.B. Vogel, DBÄ 1981, 311 ff.), ist nicht gerechtfertigt. Auch bei der amtsärztlichen Begutachtung ist der Amtsarzt den Regeln der ärztlichen Schweigepflicht unterworfen. Bei Einstellungsuntersuchungen für Beamtenanwärter beispielsweise darf der Amtsarzt der auftraggebenden Behörde grundsätzlich nur das Ergebnis der Untersuchung mitteilen; die Kenntnis von Anamnese, Befund und Diagnose ist für die anfordernde Behörde regelmäßig nicht erforderlich (C. Müller, NJW 1966, 1153f.). Die ärztliche Schweigepflicht gem. § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB greift jedoch bei Amtsärzten dann nicht ein, wenn ihnen ein fremdes Geheimnis nicht im Rahmen einer personalen Vertrauensbeziehung, sondern in ihrer Eigenschaft als Amtsträger zur Kenntnis gelangt ( > Schweigepflicht Rzn. 1625, 1631). Dies ist z.B. der Fall bei der Einsichtnahme in Todesbescheinigungen. Die Frage der Zulässigkeit der Weitergabe und der Auskunftserteilung aus Todesbescheinigungen ist daher aufgrund des § 203 Abs. 2, nicht nach § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB zu beurteilen (näher dazu Naser, Öff. Gesundh.-Wesen 1982, 226, 227 f. > L e i c h e n s c h a u Rz 1151). 3. Zur Überlassung von Unterlagen an Ärzte, die Untersuchungen nach dem JArbSchG durchführen > Jugendarbeitsschutzuntersuchungen Rz 917. 52

VI. Nach § 30 der 2. DVO kann dem Amtsarzt die Ausübung einer > Nebentätigkeit in beschränktem Umfang widerruflich gestattet werden. Die Ausübung einer Kassenpraxis ist nicht möglich ( > Kassenarzt Rz 926).

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VII. Haftung. 1. Für Fehlleistungen des Amtsarztes im dienstlichen Aufgabenbereich haftet der Dienstherr nach Amtshaftungsgrundsätzen ( > Haftung Rz 785). a) Im Hinblick auf die besondere rechtliche Bedeutung des amtsärztlichen Zeugnisses im Vergleich zu sonstigen ärztlichen Zeugnissen obliegen dem Amtsarzt besondere Sorgfaltspflichten. Das Zeugnis muß grundsätzlich auf eigener Untersuchung beruhen; auf fremde ärztliche Zeugnisse darf sich der Amtsarzt regelmäßig nicht verlassen (BGH LM Nr. 4 zu § 839 [Fe] BGB). Wo die dem Amtsarzt gegebenen Möglichkeiten zur Erhebung eines erschöpfenden Befundes nicht ausreichen, ist eine Ergänzung des Befundes mit Hilfe anderer Ärzte oder diagnostischer Einrichtungen unerläßlich (vgl. Trüb-Federhen in: Federhen, aaO. S. 822). Für die Verwertung solcher fremder Befunde im amtsärztlichen > G u t a c h t e n gilt folgendes: Besitzt der Amtsarzt selbst die für die Erhebung des Befundes erforderliche Sachkunde und wird - wie meist bei der Anfertigung eines EKG - nur deshalb ein anderer Arzt eingeschaltet, weil das > G e s u n d h e i t s -

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Amtsarzt

amt nicht über die erforderliche apparative Ausstattung verfügt, so darf der Amtsarzt den ihm übersandten Befund nicht einfach seinem Gutachten zugrunde legen. In Anbetracht der Bedeutung des amtsärztlichen Gutachtens wird man ihn vielmehr für verpflichtet halten müssen, den fremden Befund auf seine Richtigkeit zu überprüfen und zu diesem Zweck beispielsweise beim EKG die Ableitung des Internisten einzusehen. Wo der Amtsarzt dagegen unabhängig von den ihm zur Verfügung stehenden apparativen Einrichtungen als Grundlage für sein Gutachten fachärztliche Befunde und Beurteilungen aus einem ihm fremden Fachgebiet benötigt, kann in der ungeprüften Verwertung dieser Unterlagen im Gutachten keine Amtspflichtverletzung gesehen werden. Insoweit gilt auch hier der Vertrauensgrundsatz ( > Behandlungsfehler Rz 313; vgl. Rieger, DMW 1973, 125). Formulierungen im amtsärztlichen Gutachten sind so zu fassen, daß sie für die auftraggebende Stelle eine im Rahmen des Möglichen sichere Entscheidungsgrundlage bilden können, die Mißverständnissen auch zu Lasten der untersuchten Person keinen Raum läßt (BGH, VersR 1980, 774). Im übrigen gelten die allgemeinen Grundsätze für die Haftung ärztlicher > Sachverständiger (Rzn. 1547 ff.). b) Einzelfälle, aa) Bei Einstellungsuntersuchungen obliegen dem Amtsarzt in Ausübung schlicht hoheitlicher Tätigkeit Amtspflichten auch gegenüber dem zu untersuchenden Bewerber (BGH, VersR 1980, 774). bb) Entsprechendes gilt für vom Dienstherrn angeordnete Untersuchungen auf > Dienstunfähigkeit. Wird das Beschäftigungsverhältnis des Untersuchten aufgrund eines falschen amtsärztlichen > Gutachtens beendet, kann der Untersuchte den ihm daraus entstandenen Schaden wegen Amtspflichtverletzung ersetzt verlangen (vgl. OLG Düsseldorf, VersR 1970, 1058). cc) Ein Amtsarzt, der im Rahmen einer Diensttauglichkeitsuntersuchung eine Geschlechtskrankheit feststellt und es unterläßt, dem Untersuchten und dem > Gesundheitsamt hiervon Mitteilung zu machen, begeht eine Amtspflichtverletzung gegenüber der infizierten Ehefrau des Untersuchten (BGH, JR 1955, 340). dd) Zu den Sorgfaltspflichten des Amtsarztes bei der gesundheitlichen Uberwachung von Schulkindern vgl. OLG Neustadt v. 17. 11. 1964, DMW 1965, 1539 ( > Schularzt). ee) Der Amtsarzt verletzt die ihm obliegenden Amtspflichten, wenn er bei einer Untersuchung eines Patienten ein tatsächlich nicht vorhandenes Übergewicht feststellt und deshalb die dem Patienten gewährte Krankenkostzulage durch die zuständige Stelle gekürzt wird (OLG Hamm, VersR 1983, 402). 2. Bei einer Tätigkeit des Amtsarztes für eine andere Behörde im Rahmen einer genehmigten > Nebentätigkeit (z. B. Erstattung von Gutachten für eine > Landesversicherungsanstalt), trifft die Haftung die auftraggebende Behörde (OLG Celle, NJW 1958, 264). VIII. 1. Die Frage, ob der Amtsarzt verpflichtet ist, dem Untersuchten sein > Gutachten bekanntzugeben, ist umstritten. Es ist davon auszugehen, daß zwischen Amtsarzt und der untersuchten Person kein Rechtsverhältnis be-

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Amtsarzt

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steht, aus dem ein Einsichts- oder Auskunftsrecht des Untersuchten hergeleitet werden könnte (vgl. Kierski; DVBl. 1961, 614; vgl. auch Rieger, DMW 1972, 1925, Schulz, aaO. S. 32). Sofern der Amtsarzt - wie i.d.R. - die Untersuchung auf Veranlassung einer anderen Behörde durchführt, bestehen Rechtsbeziehungen nur zwischen dem zu Untersuchenden und der auftraggebenden Behörde (z. B. bei der Untersuchung auf > D i e n s t u n f ä h i g k e i t ) . Nur gegen diese kann sich bei Vorliegen eines rechtlichen Interesses der Rechtsanspruch auf Einsichtnahme richten. Sie kann dem Untersuchten die Einsichtnahme in die beim Amtsarzt befindlichen Akten einschließlich Gutachten gestatten. Wird die Begutachtung durch den Amtsarzt selbst veranlaßt, richtet sich der Anspruch auf Einsichtnahme nach § 29 VwVfG und den entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften gegen das > G e s u n d h e i t s a m t (> G u t a c h t e n Rz 741). 2. Ein in einem Verwaltungsverfahren erstattetes amtsärztliches Gutachten stellt keinen anfechtbaren Verwaltungsakt dar, auch dann nicht, wenn zu erwarten ist, daß eine Verwaltungsbehörde es seiner Entscheidung zugrunde legen wird (BVerwG, DVBl. 1961, 87).

Anstaltsarzt im Justizvollzugsdienst 57

I. Rechtsstellung. Zur Sicherstellung einer ausreichenden ärztlichen Betreuung der Gefangenen in den Vollzugsanstalten werden Anstalts'ärzte bestellt (§§ 56 ff., 155 Abs. 2 StVollzG). Neben > beamteten Ärzten, die im Hauptamt oder Nebenamt nach den Vorschriften des Nebentätigkeitsrechts tätig sind (> N e b e n t ä t i g k e i t Rz 1235), werden heute vielfach auch niedergelassene Ärzte aufgrund eines Anstellungsvertrages mit der Landesjustizverwaltung nebenamtlich als > V e r t r a g s ä r z t e beschäftigt (vgl. Händel, Med. Klinik 1975, 293, 294f.). Diese Ärzte sind Beamte im strafrechtlichen Sinne (§11 Abs. 1 Nr. 2c StGB; vgl. Schönke-Schröder-Eser, aaO. § 11 Rz 32).

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II. Die Aufgaben des Anstaltsarztes ergeben sich aus der Pflicht des Staates zur Gesundheitsfürsorge für Straf- und Untersuchungsgefangene (vgl. BGHZ 21, 214, 220; BGH, NJW 1982, 1328). 1. Als Ausfluß dieser Fürsorgepflicht hat der Gefangene grundsätzlich Anspruch auf kostenlose ärztliche Versorgung in dem Maße, wie sie dem Patienten normalerweise nach § 182 Abs. 1 Nr. 1 RVO zur Verfügung steht (OLG Koblenz, ZfStrVo 1978, 181; Calliess/Müller-Dietz, aaO. § 58 Rz 1). Dazu gehört auch die Durchführung von > Früherkennungsuntersuchungen (§§ 57, 59 StVollzG). Auf Vornahme von > Vorsorgeuntersuchungen besteht kein Rechtsanspruch, ebenso nicht auf eine bestimmte Behandlung (OLG Bremen, NJW 1960, 2261; OLG Frankfurt, GA 1966, 57). Der Gefangene hat auch keinen Anspruch auf Behandlung durch einen Arzt seiner Wahl (> Freie A r z t -

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Anstaltsarzt im Justizvollzugsdienst

wähl). Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Gefangene sich bereiterklärt, die Kosten zu übernehmen (Calliess/Müller-Dietz, aaO. § 58 Rzn. 1, 3 m. Nachw.). Die Vollzugsbehörde kann jedoch dem Gefangenen ausnahmsweise gestatten, auf eigene Kosten einen Arzt seiner Wahl in Anspruch zu nehmen (vgl. Nr. 3 W zu § 58 StVollzG; zur Ermessensausübung in diesen Fällen vgl. OLG Hamm, MDR 1979, 428 [Leits.]; LG Augsburg, NJW 1980, 465; Callies/Müller-Dietz, aaO.). Diese Erlaubnis soll allerdings nur erteilt werden, wenn der Gefangene den in Aussicht genommenen Arzt und den Anstaltsarzt untereinander von der ärztlichen Schweigepflicht entbindet. Diese Vorschrift ist im Hinblick auf die Problematik der Freiwilligkeit der Entscheidung bei der Entbindung von der Schweigepflicht durch Strafgefangene nicht unbedenklich (vgl. unten Rz 61, > Schweigepflicht Rz 1635). Der Anstaltsarzt muß jedoch von sich aus einen Arzt außerhalb der Anstalt zuziehen, wenn Art und Schwere der Erkrankung dies erfordern (vgl. Nr. 2 Abs. 1 W zu § 58 StVollzG; LG Augsburg, aaO. S. 446). Reichen die Möglichkeiten des Anstaltsarztes zur Behandlung eines erkrankten Gefangenen nicht aus, so hat er die Verlegung in ein zuständiges Krankenhaus der Justizverwaltung oder bei Gefahr im Verzug auch in ein anderes Krankenhaus zu veranlassen. Bei Ablehnung der Hinzuziehung eines Arztes außerhalb der Anstalt durch die Vollzugsbehörde ist der Rechtsweg nach §§ 23 ff. EGGVG gegeben (Antrag auf gerichtliche Entscheidung beim Strafsenat des zuständigen OLG; OLG Hamburg, NJW 1982, 2133). 2. Unter den Voraussetzungen des § 101 StVollzG ist der Anstaltsarzt zur Durchführung medizinischer Zwangsmaßnahmen verpflichtet ( > Zwangsb e h a n d l u n g Rz 2004 > Z w a n g s e r n ä h r u n g Rz 2011). 3. Dem Anstaltsarzt obliegt auch die Durchführung der > L e i c h e n s c h a u bei Tod eines Gefangenen.

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III. Der Anstaltsarzt unterliegt in seiner Eigenschaft als Beamter und Arzt 61 der Amtsverschwiegenheit und der ärztlichen > Schweigepflicht. 1. Probleme ergeben sich bezüglich der Schweigepflicht gegenüber der Anstaltsleitung. Auch Strafgefangene haben grundsätzlich ein schutzwürdiges Interesse an der Wahrung des ärztlichen Berufsgeheimnisses (BVerfG, NJW 1972, 811). Für die Befugnis zur Geheimnisoffenbarung gegenüber der Anstaltsleitung gelten daher zunächst die allgemeinen Regeln ( > Schweigep f l i c h t Rzn. 1630ff.; vgl. zum folgenden auch Zieger, StrVert. 1981, 559ff.; ders. bei Heim, Zwangsernährung, S. 77ff.). a) Soweit es danach auf die Entbindung des Arztes von der Schweigepflicht durch den Gefangenen ankommt, wird z.T. geltend gemacht, daß die Entbindungserklärung wegen der typischen Abhängigkeit der Strafgefangenen von der Anstaltsgewalt nicht freiwillig erfolge und daher rechtsunwirksam sei (Schweigepflicht Rz 1635). Richtiger Ansicht nach kann diese Entscheidung nicht generell, sondern nur für den jeweiligen Einzelfall getroffen werden. Es sind Fälle denkbar, in denen der Gefangene ein erhebliches Interesse an einer

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Einsichtnahme in die Krankenunterlagen durch den Anstaltsleiter hat. Andererseits gibt es Situationen, in denen der Arzt im Interesse des Gefangenen glaubt, eine vollständige Auskunft verweigern zu müssen; hier wird er den Gefangenen über die Folgen einer Offenbarung des Geheimnisses gegenüber der Anstaltsleitung aufklären und im Falle der trotzdem gegebenen Einwilligung bei der Auskunftserteilung gegenüber der Anstaltsleitung weitgehend Zurückhaltung üben müssen (vgl. auch die Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs de With, BT-Drucks. 8/136). b) Bei der Rechtfertigung der Geheimnisoffenbarung unter dem Gesichtspunkt des rechtfertigenden Notstandes (§ 34 StGB) ist grundsätzlich davon auszugehen, daß das Informationsinteresse der Vollzugsbehörde gegenüber dem individuellen Geheimnisschutz des Gefangenen nicht generell höherwertig ist. I.d.R. wird jedoch das Geheimhaltungsinteresse des Gefangenen gegenüber Sicherheitsbedürfnissen, dem Schutz des Gefangenen vor sich selbst und dem Schutz anderer Gefangener zurücktreten müssen, während Tatsachen, die für den Zweck und die Durchführung des Strafvollzugs ohne Bedeutung sind, dem Geheimhaltungsschutz unterliegen (Händel, Med. Klinik 1975, 293, 299). c) Eine über die allgemeinen Rechtfertigungsgründe hinausgehende Befugnis zur Durchbrechung der ärztlichen Schweigepflicht im Verhältnis zur Vollzugsbehörde kann sich aus dem Normgefüge des Strafvollzugsgesetzes (StVollzG) ergeben (vgl. zum folgenden Geppert, DBÄ 1983, 13, 17ff.). Soweit dem Gefangenen danach besondere Duldungsverpflichtungen auferlegt sind, haben diese zwangsläufig auch Einschränkungen der ärztlichen Geheimhaltungspflicht zur Folge. Daraus folgt, daß überall dort, wo Grundlage der ärztlichen Tätigkeit eine entsprechende gesetzliche Duldungsverpflichtung des Gefangenen ist, die ärztliche Schweigepflicht im Innenverhältnis zur Anstaltsleitung eingeschränkt ist. Beispiele: (1) Ärztliche Stellungnahme bei Vollzugslockerungen, bei Anordnung oder Vollstreckung besonderer Sicherungsmaßnahmen sowie bei Anwendung unmittelbaren Zwangs; (2) Ausreichende und rechtzeitige Information der Anstaltsleitung über den Gesundheitszustand des durch Hungerstreik in Lebensgefahr geratenen Gefangenen; (3) Mitteilungen an die Anstaltsleitung nach ärztlichen Eingangsuntersuchungen gem. § 5 Abs. 3 StVollzG. In allen diesen Fällen der erlaubten Durchbrechung der Schweigepflicht im Verhältnis zur Anstaltsleitung gilt jedoch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, d. h. über den erlaubten Umfang der Offenbarung hat der Arzt nach sorgfältiger Abwägung der kollidierenden Individual- und Allgemeininteressen nach Lage des Einzelfalles zu entscheiden. In jedem Falle geht die Offenbarungsbefugnis nur so weit, wie die Vollzugsbehörde die medizinischen Informationen als Beurteilungsgrundlagen für ihre Vollzugsentscheidung benötigt (näher dazu Geppert, aaO. S. 18). d) Soweit die Befugnis des Anstaltsarztes zur Geheimnisoffenbarung nach

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den vorstehenden Grundsätzen reicht, erstarkt das an den Arzt gerichtete dienstliche Auskunftsverlangen zur verbindlichen Offenbarungspflicht (vgl. W Nr. 2 zu § 156 StVollzG). e) In die jeweiligen Krankenunterlagen darf die Anstaltsleitung nur in dem Umfang Einsicht nehmen, wie der Anstaltsarzt dienstintern zur Mitteilung verpflichtet ist (t> K r a n k e n u n t e r l a g e n Rz 1091) 2. Der Anstaltsbeirat nach §§ 162 ff. StVollzG kann vom Anstaltsarzt stets Auskunft über die allgemeine Gestaltung und Organisation der ärztlichen Betreuung in der Anstalt verlangen; er hat jedoch grundsätzlich kein Recht, Auskünfte über die einem bestimmten Gefangenen im Einzelfall zuteil gewordene ärztliche Behandlung zu fordern und Einsicht in die Untersuchungsbefunde zu nehmen. Dies gilt auch dann, wenn der Gefangene den Anstaltsarzt von der Schweigepflicht entbunden hat (OLG Frankfurt, NJW 1978, 2351, 2352). IV. Haftung. Für Fehlleistungen des Anstaltsarztes bei der Gefangenenbetreuung haftet das Land nach Amtshaftungsgrundsätzen (Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB), gleichgültig ob es sich um beamtete Ärzte oder nebenberuflich tätige niedergelassene Ärzte handelt (vgl. BGHZ 9, 145, 149; BGH v. 15. 10. 1956 - III ZR 35/55 BGH, NJW 1982, 1328, > H a f t u n g Rz 785f.).

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V. In Notfällen (z.B. Suizidversuch, Unfall) sind ortsansässige niedergelassene Ärzte im Rahmen der allgemeinen Hilfeleistungspflicht nach § 3 2 3 c StGB ( > U n t e r l a s s e n e Hilfeleistung) zur Hilfeleistung verpflichtet, wenn der Anstaltsarzt nicht erreichbar ist. Krankenhausärzte sind nur insoweit hilfeleistungspflichtig, als sie während des regulären Dienstes oder > Bereitschaftsdienstes im Krankenhaus abkömmlich sind. Wo ein allgemeiner ärztlicher > N o t f a l l d i e n s t eingerichtet ist, ist in erster Linie dieser in Anspruch zu nehmen (vgl. Händel, Med. Klinik 1975, 293, 295). VI. Zum Einsichtsrecht des Strafgefangenen in die über ihn geführten Kiankenakten > K r a n k e n u n t e r l a g e n Rz 1098 VII. Eine Zulassung als > Kassenarzt dürfte für den hauptberuflichen Anstaltsarzt regelmäßig nicht in Betracht kommen, da er für die Versorgung der Versicherten nicht in erforderlichem Maße zur Verfügung steht (§ 20 Abs. 1 ZO-Ä). Im Einzelfall können jedoch die Verhältnisse anders liegen. Nach einem Urteil des BSG (NJW 1975, 1477, Rieger, DMW 1975, 1613) steht der Zulassung eines beamteten Anstaltsarztes nichts im Wege, der für sein Dienstverhältnis wöchentlich ca. 31 Stunden und für seine mit Genehmigung seines Dienstherrn betriebene Privat- und Ersatzkassenpraxis wöchentlich ca. 40 Stunden benötigt ( > Kassenarzt Rz 926).

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I. Begriff. Man versteht darunter einen unter fachlicher Leitung eines > A p o t h e k e r s stehenden Gewerbebetrieb ( = Handelsgewerbe i. S. des § 1 Abs. 2 Nr. 1 HGB) für die Zubereitung und den Verkauf von Arzneiwaren nach ärztlicher > Verschreibung oder im Freiverkauf (Handverkauf). II. Als Erscheinungsformen der Apotheken unterscheidet man die jedermann zugänglichen öffentlichen Vollapotheken als Normaltyp der Apotheke und Apotheken, die nur einem begrenzten Personenkreis zur Verfügung stehen, z.B. Bundeswehrapotheken und > K r a n k e n h a u s a p o t h e k e n (näher dazu Schiedermair-Pieck, aaO. § 1 Rzn. 22ff.). Keine Apotheken sind Arzneimittelabgabestellen aufgrund von > Dispens i e r r e c h t e n (vgl. Schiedermair-Pieck, aaO. § 1 Rzn. 33ff.).

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III. Rechtsgrundlagen sind das Gesetz über das Apothekenwesen i.d.F. v. 15. 10. 1980 - ApG - (BGBl. I S. 1993) und die aufgrund dieses Gesetzes erlassene Apothekenbetriebsordnung v. 7. 8. 1968 - ABO - (BGBl. I S. 939). Das geltende Apothekenrecht basiert auf dem Grundsatz der Niederlassungsfreiheit ( > A p o t h e k e r Rz 75). IV. Den Apotheken obliegt die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung (§ 1 Abs. 1 ApG). Der Betrieb einer Apotheke ist vom Apotheker persönlich zu leiten (§ 1 Abs. 1 ABO). Die Verpachtung einer Apotheke an einen anderen Apotheker ist in bestimmen Fällen zulässig (§ 9 ApG). Die Abgabe von > A r z n e i m i t t e l n an Kunden darf außer durch den Apothekenleiter nur durch das pharmazeutische Personal i. S. des § 2 Abs. 3 ABO erfolgen ( > A p o t h e k e n a s s i s t e n t , > Pharmazeutisch-technischer Assistent). Gefordert wird jedoch nicht eine eigenhändige Abgabe. Es genügt vielmehr, wenn der Apothekenleiter oder ein Angehöriger des von ihm zu beaufsichtigenden pharmazeutischen Personals (§ 2 Abs. 4 ABO) eine nicht zum pharmazeutischen Personal gehörende Hilfskraft anweist, Arzneimittel an Kunden auszuhändigen, nachdem er selbst die Arzneimittel anhand des Rezeptes geprüft hat (OLG Düsseldorf, NJW 1982, 2133).

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V. Aus § 1 Abs. 1 ApG, wonach den Apotheken die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung obliegt und aus § 10 Abs. 3 ABO, wonach > Verschreibungen unverzüglich auszuführen sind, ergibt sich, daß für Apotheker grundsätzlich Lieferzwang (Kontrahierungszwang) besteht, der gleichzeitig eine strafrechtliche Garantenpflicht begründet, so daß bei Eintritt von Schäden durch Nichtlieferung von Medikamenten eine Bestrafung aus §§ 222, 230, 323 c StGB erfolgen kann. Darüber hinaus stellen Verstöße gegen die Lieferpflicht eine Verletzung der Berufspflicht dar, die berufsgerichtlich geahndet werden kann (vgl. Pfeil-Pieck-Steinbach, aaO. § 10 Rz 4).

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Eine Ausnahme vom Kontrahierungszwang besteht dann, wenn ein offensichtlicher Fall von Arzneimittelmißbrauch vorliegt. In diesem Fall ist der > A p o t h e k e r nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, die Abgabe zu verweigern. Hat er lediglich den Verdacht auf Mißbrauch, darf er die Abgabe verweigern, es sei denn, daß eine unterlassene Hilfeleistung in Betracht kommt (näher dazu Pieck, PharmZtg. 1973, 943ff., 947). VI. 1. Besondere Vorschriften bestehen für die Preisgestaltung der Apotheken ( > A r z n e i m i t t e l p r e i s v e r o r d n u n g ] . 2. Bei Arzneimittellieferungen für Kassenpatienten haben die Apotheken den Krankenkassen einen sog. Krankenkassenrabatt von 5 % von den Preisen der > A r z n e i m i t t e l p r e i s v e r o r d n u n g zu gewähren, sofern die Rechnung der Apotheke binnen zehn Tagen nach Eingang bei der Krankenkasse bezahlt wird (§ 376 Abs. 1 RVO; näher dazu Gerdelmann-Kirstgen-Westphal, aaO. Kz 330). Diese Regelung verstößt nicht gegen das Grundgesetz (BGH, ErsK 1970, 440; BVerfG, ErsK 1971, 16, 328). Zur Frage der Kostenerstattungspflicht der Krankenkasse bei Vorlage gefälschter Rezepte, die als solche vom > A p o t h e k e r nicht erkannt werden vgl. Rieger, DAZ 1981, 1153.

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VII. Zum Verbot der Übergabe von Rezepten durch den verschreibenden Arzt an Apotheken t> V e r s c h r e i b u n g Rz 1834; zum verbotenen Einsammeln von Rezepten durch Apotheken > A p o t h e k e r Rz 80. VIII. Die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung verlangt die ständige Dienstbereitschaft einer ausreichenden Zahl von Apotheken (vgl. § 5 ABO; § 4 Ladenschlußgesetz; OVG Münster, GewArch. 1982,277). Während der Zeit der Dienstbereitschaft seiner Apotheke hat sich der > A p o t h e k e r grundsätzlich in den Apothekenbetriebsräumen aufzuhalten (OVG Koblenz, NJW 1983,2102).

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Apothekenhelfer I. Aufgabe des Apothekenhelfers ist die Hilfeleistung bei der Ausübung pharmazeutischer Tätigkeiten durch das Apothekenpersonal gem. § 2 ABO (näher zum Aufgabengebiet Wehle, BerufskBl. 1 - XA 303, S. 1 ff.). II. Der Beruf des Apothekenhelfers ist ein staatlich anerkannter Ausbildungsberuf i. S. des § 25 Abs. 1 BBiG. Rechtsgrandlage ist die Verordnung über die Berufsausbildung zum Apothekenhelfer v. 28. 11. 1972 (BGBl. I S. 2217). Der Apothekenhelfer gehört nicht zum pharmazeutischen Personal i. S. des § 2 Abs. 3 ABO. Die Berufsbezeichnung ist nicht geschützt. III. Die Ausbildung dauert zwei Jahre. Sie schließt ab mit der Prüfung vor der Apothekerkammer.

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I. Man versteht darunter den in § 43 AMG verankerten Grundsatz, daß > A r z n e i m i t t e l aus Gründen der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung und der Arzneimittelsicherheit regelmäßig nur von akademisch ausgebildeten Arzneimittelfachleuten in > A p o t h e k e n in den Verkehr gebracht werden dürfen. Das Verbot der Abgabe apothekenpflichtiger Arzneimittel gilt auch für Ärzte. Erlaubt ist dem Arzt dagegen die Anwendung von Arzneimitteln an den von ihm behandelten Patienten (z.B. durch Verabreichung von > I n j e k t i o n e n und > I n f u s i o n e n , Anbringen von > K o n t a k t l i n s e n als Medikamententräger); hierin liegt kein „Inverkehrbringen" i. S. der §§43 Abs. 1, 4 Abs. 17 AMG (> S p r e c h s t u n d e n b e d a r f Rz 1717). Im Einzelfall kann die Abgrenzung problematisch sein. Keine Anwendung am Patienten, sondern ein unzulässiges Inverkehrbringen von Arzneimitteln liegt in der Abgabe oraler Röntgenkontrastmittel in der > A r z t p r a x i s . > B e t r i e b s a r z t Rz 440.

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II. Eine Ausnahme von der Apothekenpflicht bilden die freiverkäuflichen Arzneimittel, die auch außerhalb von Apotheken im Einzelhandel an Verbraucher abgegeben werden dürfen (vgl. §§ 44, 45 AMG). Weitere Ausnahmen von der Apothekenpflicht bestehen z. B. nach § 47 AMG. Umgekehrt kann die Apothekenpflicht durch Rechtsverordnung gem. § 46 AMG ausgeweitet werden. III. Grundsätzlich sind > A r z n e i m i t t e l , die der > Verschreibungspflicht unterliegen, auch apothekenpflichtig. Die Apothekenpflicht besteht jedoch nicht für alle verschreibungspflichtigen Arzneimittel, weil beide Gruppen nach unterschiedlichen Kriterien (Gefährlichkeit von Inhaltsstoffen bzw. Zweckbestimmung) gebildet sind. Beispielsweise dürfen verschreibungspflichtige Arzneimittel i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 AMG außerhalb von > Apotheken abgegeben werden (Müller-Römer, aaO. S. 23). IV. Die kostenlose Abgabe apothekenpflichtiger Arzneimittel an Kunden auf deren Verlangen ist dem Apotheker standesrechtlich verboten (> A p o t h e k e r Rz 80).

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I. Man versteht darunter eine Person, die aufgrund der > Approbation als Apotheker oder aufgrund einer Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des Apothekerberufes zur Ausübung einer pharmazeutischen Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Apotheker" berechtigt ist (§ 2 Abs. 3, § 3 BApO). Die tatsächliche Ausübung des Berufes ist nicht erforderlich. Die Berufsbezeichnung ist durch § 132a Abs. 1 Nr. 1 StGB i.V.m. § 3 BApO geschützt.

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II. Berufsrecht. 1. Die Zulassung zum Apothekerberuf ist in der Bundes-Apothekerordnung v. 5. 6. 1968 - BApO - (BGBl. I S. 601) geregelt. 2. Die Ausbildung zum Apotheker richtet sich nach der Approbationsordnung für Apotheker v. 23. 8. 1971 - AOAp - (BGBl. I S. 1377). Nach § 1 Abs. 1 AOAp umfaßt die pharmazeutische Ausbildung ein Hochschulstudium von mindestens dreieinhalb Jahren sowie eine praktische Ausbildung von 12 Monaten. Die Ausbildung schließt ab mit der pharmazeutischen Prüfung, die in drei Prüfungsabschnitten abzulegen ist. Nach bestandener Prüfung wird auf Antrag die > A p p r o b a t i o n als Apotheker erteilt (§§ 18, 19 AOAp.). 3. Für die Berufsausübung gelten neben der Apothekenbetriebsordnung v. 7. 8. 1968 - ABO - (BGBl. I S. 939) die landesrechtlichen Kammer- oder Heilberufsgesetze ( > Ä r z t e k a m m e r Rz 2), sowie die auf ihrer Grundlage erlassenen Berufsordnungen. Entsprechend den Regelungen bei den übrigen akademischen Heilberufen unterliegen Apotheker der Pflichtmitgliedschaft bei der Apothekerkammer sowie einer eigenen Berufsgerichtsbarkeit (!> Berufsgericht). Der selbständige Apotheker ist einerseits Vollkaufmann i. S. des HGB, andererseits Angehöriger eines freien Berufes, wobei die letztere Eigenschaft überwiegt (vgl. BVerfGE 17, 232, 239; Dünisch, BayVBl. 1982, 102, 107). Zur Zulässigkeit einer Stillen Beteiligung eines Nichtapothekers an einer Apotheke nach dem BApG vgl. BGH, NJW 1980, 638. Seit dem sogenannten „Apothekerurteil" des BVerfG v. 11. 6. 1958 (NJW 1958, 1035) besteht > N i e d e r l a s s u n g s f r e i h e i t (Rz 1251). 4. Im Bereich der Europäischen Gemeinschaft gibt es noch keine gegenseitige Anerkennung der Apotheker - Diplome und damit auch noch keine > N i e d e r l a s s u n g s f r e i h e i t (zum gegenwärtigen Stand vgl. Ahlgrimm, PharmZtg. 1983, 1865 ff.). III. Als Aufgaben des Apothekers nennt § 2 Abs. 3 BApO insbesondere die Entwicklung, Herstellung, Prüfung und Abgabe von > A r z n e i m i t t e l n . Als Apothekenleiter oder Angestellter in einer Apotheke obliegt dem Apotheker die kunstgerechte Ausführung ärztlicher > V e r s c h r e i b u n g e n und die Abgabe von Arzneimitteln. Streitig ist, inwieweit der Apotheker darüber hinaus gegenüber den Kunden auch eine Beraterfunktion hat. Einigkeit besteht insoweit, als die Beratung durch den Apotheker stets dort ihre Grenze haben muß, wo sie Ausübung der > H e i l k u n d e darstellt. Im einzelnen gelten folgende Grundsätze (zum folgenden eingehend Pieck, PharmZtg. 1973, 943 ff. ; ders., PharmZtg. 1982, 232):. 1. Soweit der Apotheker ärztliche Verschreibungen beliefert, darf er dem Kunden weder abraten, das verschriebene Arzneimittel entgegenzunehmen, noch ihm raten, anstelle des verschriebenen Arzneimittels ein anderes zu erwerben {Substitutionsverbot; § 10 Abs. 4 Satz 1 ABO). Die Nichtbeachtung dieses Verbots kann einen Unterlassungsanspruch des verschreibenden Arztes wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auslösen (§§ 823

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Abs. 1, 1004 BGB; Art. 1 u. 2 GG ; vgl. OLG Celle, OLGZ 1978, 74 [Äußerung des Apothekers, die vom Arzt verschriebenen Medikamente seien viel zu stark]). Zwar ist es dem Apotheker nicht schlechthin untersagt, Kritik an Verschreibungen des Arztes zu üben. Er ist vielmehr im Rahmen des § 5 AMG und des § 10 Abs. 4 ABO nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, Bedenken gegen vom Arzt verschriebene Medikamente geltend zu machen, wenn die Verschreibung einen Irrtum enthält oder sich sonstige Bedenken ergeben. Es ist jedoch nicht Aufgabe des Apothekers, die medizinische Opportunität einer ärztlichen Verordnung zu beurteilen und seine Meinung dem Patienten, gefragt oder ungefragt, mitzuteilen (vgl. Pieck, PharmZtg. 1982, 233). 2. Hinsichtlich der Information des Kunden über Nebenwirkungen und Unverträglichkeiten ist zu unterscheiden: a) Bei der Arzneimittelabgabe aufgrund einer ärztlichen Verordnung darf der Apotheker davon ausgehen, daß der Arzt seinen Patienten im Rahmen seiner > Aufklärungspflicht (Rzn. 261, 280) in gebotenem Umfang unterrichtet hat. Eine zusätzliche Information begründet die Gefahr einer Verunsicherung des Patienten und stellt deshalb einen unzulässigen Eingriff in das Arzt-Patient-Verhältnis jedenfalls dann dar, wenn sie ungefragt erteilt wird. b) Bei der Abgabe von Medikamenten zur > S e l b s t m e d i k a t i o n ist der Apotheker zur Unterrichtung des Kunden über Risiken des jeweiligen Präparates berechtigt, aber nicht verpflichtet (Pieck, PharmZtg. 1982, 233), sofern der Kunde eine entsprechende Information nicht ausdrücklich verlangt; anderenfalls besteht eine Informationspflicht (vgl. unten Rz 79). 3. Grundsätzlich unzulässig ist eine Beratung, welche die Feststellung einer Krankheit zum Gegenstand hat, mit einschließt oder voraussetzt (bedenklich daher AG Ehingen, NJW 1953, 1236 [Verkauf eines selbstgefertigten freiverkäuflichen Magenpulvers nach Diagnostizierung einer Gastritis aufgrund erfragter Krankheitserscheinungen]; teilweise zu weitgehend auch Rohdewald, Aufgaben des Apothekers im Vorfeld der Vorsorgeuntersuchungen, DAZ 1979, 367ff.). Keine verbotene Ausübung der > H e i l k u n d e liegt dagegen vor, wenn es zur Feststellung der Krankheit keiner ärztlichen Fachkenntnisse bedarf (z. B. Empfehlung eines bestimmten Arzneimittels bei Erkältungskrankheiten). In diesen Fällen macht der Apotheker lediglich von der Lebenserfahrung und der Sachkunde Gebrauch, die er in seiner beruflichen Tätigkeit hat sammeln können (Pieck, PharmZtg. 1973, 945; 1982, 233; vgl. auch OLG Karlsruhe, DAZ 1970, 225). In keinem Fall ergibt sich ein Recht des Apothekers zum Diagnostizieren aus der Ungefährlichkeit der Diagnose (Pieck, aaO. S. 945). IV. Haftung. Zu den Sorgfaltspflichten des Apothekers gehören u.a.: 1. Grundsätzlich die Pflicht zur umfassenden Information und Aufklärung über Wirkungen, Nebenwirkungen und Unverträglichkeiten von > Arzneimitteln sowie über Gewöhnungsgefahren auf entsprechende Fragen des Kunden (näher dazu Pieck, aaO. S. 946). 2. Auch ohne Fragen des Kunden besteht eine Aufldärungspflicht dann,

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wenn Anhaltspunkte vorhanden sind, die es als möglich erscheinen lassen, daß ein Fehlgebrauch, ein Mißbrauch oder ein Zuvielverbrauch stattfindet. Für die Ausführung ärztlicher > VerSchreibungen folgt dies aus § 10 Abs. 4 ABO („sonstige Bedenken"; vgl. oben Rz 76). Dieser Grundsatz muß auch bei der Abgabe rezeptfreier Arzneimittel zur > S e l b s t m e d i k a t i o n gelten (näher dazu Pieck, aaO. S. 946). In offensichtlichen Fällen von Arzneimittelmißbrauch ist der Apotheker zur Verweigerung der Arzneimittelabgabe nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet (näher dazu Pieck, PharmZtg. 1973, 947). 3. In Fällen lang andauernden Arzneimittelgebrauchs ist der Apotheker verpflichtet, von sich aus auf Nebenwirkungs- und Gewöhnungsgefahren hinzuweisen und die Konsultation eines Arztes anzuraten. Die Verweisung an den Arzt ist auch dann geboten, wenn der Kunde von bestimmten Symptomen, z. B. Blutungen oder Fieber, berichtet. 4. Sofern mehrere vom Arzt verordnete Medikamente miteinander in unerwünschter Wechselwirkung stehen („Interaktionen"), ist der Apotheker nach § 10 Abs. 4 ABO verpflichtet, mit dem Arzt Rücksprache zu nehmen (Pieck, PharmZtg. 1982, 234). V. Der Apotheker unterliegt der strafrechtlichen > Schweigepflicht nach § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB. VI. Für den Apotheker gilt ebenso wie für den Arzt ein berufsrechtliches Werbeverbot (näher dazu Pieck, DAZ 1980, 289ff.). Er hat insbesondere die Vorschriften des > Heilmittelwerbegesetzes zu beachten (vgl. Doepner, HWG Einl. Rz 29; Dünisch, BayVBl. 1982, 102, 107 f.). Zur Zulässigkeit der Apothekerwerbung für das Nebensortiment durch Anzeigen und Prospekte vgl. BGH, NJW 1983, 2085. Das berufsrechtliche Verbot unangemessener und marktschreierischer Werbung ist als Regelung der Berufsausübung von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden (BVerfG, NJW 1980, 633). Zur Abgrenzung zwischen Standesrecht und Wettbewerbsrecht bei Apothekern vgl. BerufsG für die Heilberufe beim VG Bremen, GewArch 1983, 56 m. krit. Anm. Hitzler. Der Vermeidung eines übertriebenen Wettbewerbs unter den Apothekern dient auch das in den Berufsordnungen der Landesapothekerkammern verankerte Verbot der kostenlosen Abgabe von apothekenpflichtigen ( > Apothekenpflicht) Arzneimitteln an Kunden auf deren Verlangen (vgl. z. B. § 8 Nr. 6 BO Westf.-Lippe). Diese Regelung verstößt nicht gegen Bundesrecht (BVerwG v. 16. 6. 1 9 8 3 - 3 C 79.81 -). VII. Das Einsammeln von Rezepten in einer > Arztpraxis durch Apotheker verstößt gegen §§ 1, 6, 7 ApG, § 11 ABO und zugleich gegen § 1 UWG, selbst wenn die Patienten darum gebeten haben oder die Rezepte in Kenntnis der Tatsache, für welche > A p o t h e k e sie gesammelt werden, einfach in der Arztpraxis zurücklassen. Gleiches gilt, wenn ein Apotheker ein solches Einsammeln von Rezepten durch seine Angestellten oder sonst mit ihm in irgend-

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einer Weise verbundene Personen zuläßt oder wenn er duldet, daß seine Angestellten von beliebigen Personen Rezepte zur Besorgung annehmen (BGH v. 17. 10. 1980 - I ZR 8 / 7 9 -). Gleiches gilt erst recht, wenn ein Apotheker Dritte (z. B. Angestellte eines Rehabilitationszentrums oder eines Altenheims) - auch konkludent - veranlaßt, für ihn Rezepte zu sammeln (BGH, NJW 1982, 1330; GRUR 1981, 282). > R e z e p t s a m m e l s t e l l e

Apothekerassistent 81

I. Der Apothekerassistent ist ein nach früherem Recht vorgeprüfter Apothekenanwärter, der als Angehöriger des pharmazeutischen Personals (§ 2 Abs. 3 Nr. 5 ABO) unter der Verantwortung eines > A p o t h e k e r s pharmazeutische Tätigkeiten (§ 2 Abs. 2 ABO) unter der geschützten Berufsbezeichnung „Apothekerassistent" ausübt. Rechtsgrundlage ist das Gesetz über die Rechtsstellung vorgeprüfter Apothekeranwärter v. 4. 12. 1973 - ApAnwG - (BGBl. I S. 1813). Die Berufsbezeichnung „Apothekerassistent" ist geschützt (§ 3 ApAnwG). II. Der Apothekerassistent besitzt die Sachkenntnis als > Pharmaberater (§ 75 Abs. 2 Nr. 2 AMG) und braucht deshalb keinen entsprechenden Nachweis zu erbringen, wenn er diese Tätigkeit ausüben will.

Apparategemeinschaft 82

I. Die Apparategemeinschaft ist eine partielle l> Praxisgemeinschaft und damit eine Unterart dieser Form der > G r u p p e n p r a x i s . Sie beschränkt sich auf die gemeinsame Nutzung kostspieliger medizinisch-technischer Einrichtungen sowie des dazu erforderlichen Hilfspersonals. Im übrigen üben die ärztlichen Partner ihre ärztliche Tätigkeit in ihren eigenen, meist räumlich getrennten Praxen aus. Eine besondere Erscheinungsform der Apparategemeinschaft ist die > L a b o r g e m e i n s c h a f t . II. Für die rechtliche Beurteilung gilt das gleiche wie bei der > P r a x i s g e m e i n s c h a f t (vgl. auch Weissauer, BayÄBl. 1977, lff.). Für die Errichtung von Apparategemeinschaften gibt es Musterverträge (vgl. Rieger, Verträge zwischen Ärzten in freier Praxis).

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III. Zur medizinischen Apparategemeinschaft aus kassenarztrechtlicher Sicht vgl. Narr, Therapiewoche 1979, 6173 ff. Unzulässig ist die gewerbsmäßige Betätigung eines > K a s s e n a r z t e s im Rahmen einer Apparategemeinschaft durch entgeltliche Zurverfügungstellung von medizinisch-technischen Apparaten (näher dazu Bogs, SGb 1977, 217 ff. > K a s s e n a r z t Rz 941).

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Approbation 1. 1. Allgemein versteht man unter diesem Begriff die staatliche Erlaubnis zur Ausübung eines akademischen Heilberufes ( > A r z t , > A p o t h e k e r , > Z a h n a r z t , Tierarzt). Die früher übliche Bezeichnung > Bestallung wurde aus Gründen der Vereinheitlichung aufgegeben. 2. Die ärztliche Approbation ist die Erlaubnis zur Ausübung der > Heilk u n d e unter der Berufsbezeichnung > „ A r z t " oder „Ärztin" (§ 2 Abs. 5 BÄO > B u n d e s ä r z t e o r d n u n g ) . Die ärztliche Approbation berechtigt auch zur Ausübung der > Zahnheilkunde (§ 1 Abs. 1 Satz 1 ZHG > Z a h n a r z t , > Z a h n h e i l k u n d e g e s e t z ) . Gegenstand der folgenden Darstellung ist ausschließlich die ärztliche Approbation. Zur ärztlichen Approbation in der DDR > D i p l o m - M e d i z i n e r

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II. Erteilung der Approbation an Deutsche (einschließlich Bürger der DDR), Staatsangehörige der EWG und heimatlose Ausländer. Nach § 3 Abs. 1 BÄO haben die Genannten bei Vorliegen der charakterlichen, gesundheitlichen und ausbildungsmäßigen Voraussetzungen nach Nrn. 1-4 (vgl. dazu im einzelnen Narr, aaO. Rz 44ff.) einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Approbation. 1. § 3 Abs. 1 Nr. 4 BÄO verlangt ein > M e d i z i n s t u d i u m von mindestens sechs fahren einschließlich einer 8- bis 12monatigen praktischen Ausbildung in Krankenanstalten und das Bestehen der > ä r z t l i c h e n P r ü f u n g in der Bundesrepublik. Als Ausbildung i. S. dieser Vorschrift gilt auch eine in einem der übrigen Mitgliedstaaten der EWG abgeschlossene ärztliche Ausbildung, wenn sie durch Vorlage eines nach dem 20. 12. 1976 ausgestellten, in der Anlage zur BÄO aufgeführten ärztlichen Diploms, Prüfungszeugnisses oder sonstigen Befähigungsnachweises des betreffenden Mitgliedstaates nachgewiesen wird (§ 3 Abs. 1 Satz 2 BÄO). Damit werden Staatsangehörige der EWG-Mitgliedstaaten nicht mehr wie Ausländer gemäß § 3 Abs. 3 BÄO behandelt, sondern mit ihren Heimatdiplomen in der Bundesrepublik deutschen Bewerbern gleichgestellt (vgl. Winkel, DMW 1976, 1366; Bösche, NJW 1978, 575, Narr, aaO. Rz 53). Ein Rechtsanspruch auf Erteilung der deutschen Approbation besteht nach näherer Maßgabe des § 14b BÄO auch bei Vorlage eines der vorgenannten, vor dem 20. 12. 1976 ausgestellten Befähigungsnachweises. Umgekehrt haben auch deutsche Staatsangehörige mit in der Bundesrepublik erworbenen Prüfungszeugnissen einen Rechtsanspruch auf Anerkennung dieser Ausbildung in den übrigen Mitgliedstaaten der EWG. 2. Eine von einem Deutschen, einem Staatsangehörigen eines EWG-Mit- 85 gliedstaates oder einem heimatlosen Ausländer außerhalb der Bundesrepublik und außerhalb eines EWG-Mitgliedstaates abgeschlossene ärztliche Ausbildung gewährt dann einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Approbation, wenn die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes gegeben ist (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 BÄO). Die Gleichwertigkeit wird gesetzlich vermutet für eine in der DDR (einschließlich Ost-Berlin) erworbene abgeschlossene Ausbildung (§ 3 Abs. 1 Satz 4

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BÄO > D i p l o m - M e d i z i n e r ) . Bei einer in der Schweiz absolvierten vollständigen Ausbildung zum Arzt hält das BMJFG die Gleichwertigkeit ebenfalls für gegeben. Im übrigen muß die Gleichwertigkeit einer im Ausland erworbenen Ausbildung im Einzelfall geprüft werden. Ein in Österreich absolviertes > M e d i z i n s t u d i u m reicht zur Anerkennung der Gleichwertigkeit nicht aus, da die der deutschen Approbation entsprechende Berechtigung zur selbständigen Ausübung des Arztberufes erst nach einer sich an das Hochschulstudium anschließenden mindestens dreijährigen praktischen Ausbildung (Turnuszeit) erworben wird. Für den Abschluß der zur Erlangung der Approbation erforderlichen ärztlichen Ausbildung ist deshalb noch eine Tätigkeit in der Bundesrepublik nach § 10 Abs. 4 BÄO notwendig (näher dazu Narr, aaO. Rz 53). III. Erteilung der Approbation an Ausländer aus Staaten außerhalb der EWG. 1. Ausländer, die nicht Staatsangehörige der DDR oder eines Mitgliedstaats der EWG sind, haben grundsätzlich keinen Rechtsanspruch auf Erteilung der Approbation, gleichgültig ob sie ihre Ausbildung zum Arzt in der Bundesrepublik oder im Ausland absolviert haben. Sie können die Approbation jedoch „in besonderen Einzelfällen" oder „aus Gründen des öffentlichen Gesundheitsinteresses" aufgrund einer Ermessensentscheidung der zuständigen Behörde erhalten (§ 3 Abs. 3 Satz 1 BÄO). Beide Begriffe unterliegen als unbestimmte Rechtsbegriffe der vollen richterlichen Nachprüfung. Im übrigen ist die Entscheidung der Behörde als Ermessensentscheidung nur nach den insoweit geltenden Grundsätzen zu überprüfen. Das bedeutet, daß auch bei Bejahung eines „besonderen Einzelfalles" oder eines „öffentlichen Gesundheitsinteresses" dem Antragsteller die Approbation nicht notwendig erteilt werden muß. Vielmehr hat die Behörde im Rahmen ihres Folgeermessens eine Güter- und Interessenabwägung vorzunehmen. Das Interesse des Antragstellers an der Approbation ist abzuwägen gegen öffentliche Interessen, die der Erteilung der Approbation entgegenstehen. Dabei kann die Behörde auch Erwägungen darüber anstellen, ob dem Antragsteller im Interesse der ärztlichen Versorgung der Bevölkerung oder aus anderen Gründen anstelle der Approbation nur eine befristete und gegebenenfalls auf bestimmte Tätigkeiten oder Beschäftigungsstellen beschränkte > B e r u f s e r l a u b n i s gem. § 10 BÄO angeboten werden soll. Wo die Grenze liegt, bei der der ausländische Bewerber nicht mehr auf eine solche Berufserlaubnis verwiesen werden darf, läßt sich nicht generell, sondern nur nach den konkreten Umständen des Einzelfalles bestimmen. Das der Behörde in § 3 Abs. 3 Satz 1 BÄO eingeräumte Ermessen kann sich im Einzelfall so stark verengen, daß sich nur die Erteilung der Approbation an den ausländischen Arzt als pflichtgemäße Ermessensausübung darstellt (VG Münster, NJW 1974, 2068) BVerwG, NJW 1974, 1634 BVerwG, DVBl. 1980, 743; OVG Lüneburg v. 27. 7. 1977, ArztR 1978, 267). Insgesamt ist zu beachten, daß die Vorschrift des § 3 Abs. 3 BÄO Ausnahmecharakter hat und daher eng auszulegen ist (OVG Berlin, NJW 1972, 2195; BVerwG, DVBl. 1980, 743).

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1. „Besondere Einzelfälle" i.S. des § 3 Abs. 3 Satz 1 BÄO sind nicht nur Härtefälle, schließen diese jedoch ein (OVG Berlin v. 5. 9. 1973, DMW 1973, 2316; zum Begriff des Härtefalls vgl. OVG Berlin, NJW 1970, 1249). Die Annahme eines besonderen Einzelfalles setzt voraus, daß die persönlichen und beruflichen Lebensverhältnisse eines Antragstellers Besonderheiten aufweisen, die ihn von dem Regelfall eines Ausländers, der im Geltungsbereich der BÄO als nicht approbierter Arzt tätig ist, wesentlich unterscheiden. Dabei kommt es auf eine zusammenfassende Würdigung der persönlichen und beruflichen Situation des Bewerbers an, bei der insbesondere seine Integration in die hiesigen Berufs- und Lebensverhältnisse eine Rolle spielt (BVerwG, DVBl. 1980, 743). Ein besonderer Einzelfall ist zu bejahen, wenn der ausländische Antragsteller mit einer Deutschen verheiratet ist und sich aufgrund langjährigen Aufenthalts sowie langjähriger ärztlicher Berufserfahrungen im Geltungsbereich der BÄO in die deutschen Verhältnisse eingeordnet hat (BVerwG, NJW 1974, 1634 [16jährige Tätigkeit als Krankenhausarzt in der Bundesrepublik, Ehe mit einer deutschen Frau, 2 Kinder]; OVG Berlin v. 5. 9. 1973, aaO. (Iranischer Bewerber begann 1954 Medizinstudium in der Bundesrepublik und war anschließend ärztlich tätig, seit 1963 mit deutscher Frau verheiratet, 2 Kinder]; OVG Berlin, NJW 1972, 2195 [Griechischer Arzt war seit 13 Jahren in Westberliner Krankenhäusern tätig, mit einer Deutschen verheiratet, 2 Kinder]). Gleiches soll nach einem Urteil des OVG Berlin v. 6. 6. 1975 (EOVG Berlin 13, 120) dann gelten, wenn die Ehe nicht mit einer Deutschen, wohl aber mit einer Angehörigen eines EWG-Mitgliedstaates (Niederländerin) besteht. Bei der Güterabwägung im Rahmen der Ermessensentscheidung der Behörde kann ein gewichtiger Grund, der die persönlichen Interessen des Bewerbers an der Erteilung der Approbation erheblich verstärkt und die Verweisung auf eine Erlaubnis nach § 10 BÄO ausschließt, die Eröffnung einer > Gemeinschaftspraxis mit der deutschen Ehefrau sein (OVG Lüneburg, ArztR 1978, 269).

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Die verhältnismäßig lange Aufenthaltsdauer in der Bundesrepublik für die Ausbildung zum Arzt und für die > Weiterbildung zum > Gebietsarzt und die sich daraus ergebenden Lebensverhältnisse müssen bei der Beurteilung, ob ein „besonderer Einzelfall" vorliegt, grundsätzlich außer Betracht bleiben. Eine erst dreijährige Tätigkeit des Antragstellers als Gebietsarzt an einem deutschen Krankenhaus aufgrund einer Erlaubnis nach § 10 BÄO kann auch unter Berücksichtigung des Vorliegens einer befristeten Einbürgerungszusicherung ohne das Hinzukommen weiterer Umstände nicht zur Bejahung eines besonderen Einzelfalles i.S. des § 3 Abs. 3 BÄO führen (BVerwG, DVBl. 1980, 743; vgl. auch VGH Bad.-Wttbg. v. 24. 3. 1982, ArztR 1982, 296 (kein „besonderer Einzelfall" bei ausländischer Ärztin, die seit mehreren Jahren mit einem deutschen Arzt verheiratet ist und Kinder hat, nach ihrer Ausbildung im Inland aber nur 6 Wochen berufstätig war]). 2. „Gründe des öffentlichen Gesundheitsinteresses" rechtfertigen die Erteilung der Approbation dann, wenn die vorhandene ärztliche Bedarfslage die Tätigkeit eines ausländischen Arztes erfordert. Insoweit besteht für die Gesundheitsverwaltung eine besondere Art der Bedarfslenkung. Das „öffentliche Gesundheitsinteresse" i. S. des § 3 Abs. 3 Satz 1 BÄO ist nicht identisch mit dem „Interesse der ärztlichen Versorgung der Bevölkerung" i.S. des § 10 Abs. 3 BÄO. Letzteres ist regelmäßig auf die Bedarfsdeckung am Krankenhaus oder an einem einzelnen Arzt- oder > Kassenarztsitz zu beziehen (> Ber u f s e r l a u b n i s Rz 361). Demgegenüber liegt ein öffentliches Gesundheitsinteresse erst dann vor, wenn die Tätigkeit eines ausländischen Arztes über den Einzelfall eines Versorgungsinteresses hinaus von allgemeiner Bedeutung für die Öffentlichkeit ist und die Bedarfslage durch vorübergehende Maßnahmen wie eine Erlaubniserteilung gemäß § 10 Abs. 3 BÄO nicht behoben werden kann. Dies ist z. B. der Fall bei der Besetzung eines klinischen Lehrstuhls mit einer ausländischen Kapazität (Narr, aaO. Rz 58). Nach dem

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Urt. des BVerwG v. 13. 9. 1979 (DVBl. 1980, 743) ist ein öffentliches Gesundheitsinteresse dann zu bejahen, wenn im Bereich einer Region ein Mangel an bestimmten > Gebietsärzten sowohl in Krankenhäusern als auch in bezug auf freie Praxen nachweisbar gegeben ist (a.A. Narr, aaO. Rz 58 f., der mit Recht darauf hinweist, daß von der Erteilung der Approbation aus Gründen des öffentlichen Gesundheitsinteresses grundsätzlich nur sparsam Gebrauch gemacht werden sollte, da diese Approbation nicht mehr zurückgenommen werden kann, wenn die ärztliche Bedarfslage sich später ändert). 3. Mit der Einbürgerung erlangt ein ausländischer Arzt ebenso wie ein Deutscher einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Approbation, sofern die übrigen Voraussetzungen vorliegen. Es muß aber seiner freien Entschließung überlassen bleiben, ob er die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben will. Es ist nicht zulässig, anstelle einer Erteilung der Approbation nach § 3 Abs. 3 BÄO auf die Möglichkeit der Einbürgerung zu verweisen (OVG Berlin, NJW 1972, 2195, 2197).

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IV. Rücknahme, Widerruf und Ruhen der Approbation. 1. Rücknahme und Widerruf der Approbation richten sich nach § 5 BÄO. Strafrechtlich geahndete schwere Verfehlungen berechtigen nur dann zum Widerruf der Approbation, wenn nach den gesamten Umständen zu erwarten ist, daß der Arzt künftig nicht die Gewähr für eine ordnungsgemäße Berufsausübung bietet und der Widerruf als letzte und äußerste Maßnahme zum Schutz der gesundheitspolitischen Interessen unumgänglich ist. Diese Voraussetzungen sind bei fortgesetztem Betrug durch Falschabrechnung zum Nachteil der Krankenkassen nicht ohne weiteres gegeben. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Arzt seine Kassenzulassung verloren hat ( > Kassenarzt Rzn. 935 ff.). Denn Falschabrechnungen, wie sie im Kassenarztrecht verhältnismäßig leicht vorgenommen werden können, sind bei Privatpatienten nicht in demselben Umfang möglich und zu befürchten (VGH Bad.-Wttbg. v. 29. 9. 1981, ArztR 1982, 47 ; vgl. auch Stober, NJW 1981, 617, der die Zulässigkeit des Widerrufs der Approbation bei Vermögensschädigungen generell verneint). Die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Widerrufs der Approbation ist trotz langer Dauer des Verwaltungsstreitverfahrens rechtmäßig, wenn überwiegende öffentliche Belange den sofortigen Vollzug rechtfertigen und das Hauptsacheverfahren vom Gericht mit angemessener Beschleunigung betrieben wird (VGH Kassel, VerwRspr. 76, 997). 2. Das Ruhen der Approbation kann von der Behörde unter den Voraussetzungen des § 6 BÄO angeordnet werden. Die Ruhensanordnung kann mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung verbunden werden (§ 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO). Von dieser Möglichkeit wird in aller Regel auch Gebrauch gemacht, da die Ruhensordnung als Eilmaßnahme anderenfalls wirkungslos wäre. Die rechtskräftige oder für sofort vollziehbar erklärte Anordnung des Ruhens der Approbation bewirkt ein vollständiges Berufsausübungsverbot. Die Ausübung der > H e i l k u n d e trotz vollziehbarer Ruhensanordnung ist nach § 13 BÄO strafbar. Der Betroffene bleibt jedoch Arzt und Mitglied der für ihn zuständigen > Ä r z t e k a m m e r . Die Behörde kann zulassen, daß die Praxis eines niedergelassenen Arztes während des Ruhens der Approbation für einen von ihr zu bestimmenden

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Zeitraum weitergeführt werden kann (§ 6 Abs. 4 BÄO; verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Bestimmung bei Narr, aaO. Rz 92). Bei einem > Kassenarzt, dessen Approbation ruht, ist für die Prüfung der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Praxis weitergeführt werden kann, nach § 3 6 8 n Abs. 1 RVO i.V. mit §32 ZOÄ die > K a s s e n ä r z t l i c h e Vereinigung zuständig. In diese Zuständigkeit kann § 6 Abs. 4 BÄO nicht eingreifen (Narr, aaO. Rz 93). 3. Streitig ist die Frage der Bindung der Approbationsbehörde an das von einem Strafgericht verhängte > B e r u f s v e r b o t (§70 StGB). Richtiger Ansicht nach tritt eine Bindung der Approbationsbehörde dann ein, wenn das Strafgericht alle Gesichtspunkte, die für eine berufsrechtliche Maßnahme in Betracht zu ziehen sind, geprüft und die maßgebenden berufsrechtlichen Erwägungen im Kern vorweggenommen hat. In diesem Fall muß der Betroffene darauf vertrauen können, daß damit dem Interesse der Öffentlichkeit in vollem Umfang Genüge getan worden ist, so daß die Approbationsbehörde nach dem Grundsatz „ne bis in idem" an weiteren berufsrechtlichen Maßnahmen gehindert ist. Im übrigen hat die Approbationsbehörde unabhängig von den vom Strafgericht anzustellenden krimalpolitischen Erwägungen selbständig zu prüfen, ob die Reinhaltung des Berufsstandes von ungeeigneten Berufsangehörigen die Rücknahme, den Widerruf oder das Ruhen der Approbation erfordert (BVerwG, NJW 1963, 875, 877 ; Narr, aaO. Rz 99 m.w.Nachw.; a.A. Kierski, BGesuBl. 1963, 185, Schulz, aaO. S. 154). Die Rechtslage ist hier ähnlich wie bei der Frage der Konkurrenz von strafrechtlichen und berufsrechtlichen Maßnahmen ( > Berufsgericht Rzn. 371 f.). Hat der Strafrichter kein Berufsverbot ausgesprochen, so bindet ein solches Urteil die Approbationsbehörde nicht (BVerwGE 11, 272; BVerwG, NJW 1963, 876; Etmer-Lundt-Schiwy, aaO. § 5 Anm. 5 a.E. ; OVG Berlin v. 25. 6. 1975, DÄ 1977, 2407 [betr. Anordnung des Ruhens der Approbation bei Nichtverhängung eines Berufsverbotes]).

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V. Der Verzicht auf die Approbation und die Wiedererteilung der Approbation nach Rücknahme, Widerruf oder Verzicht ist in den § § 8 , 9 BÄO geregelt. VI. Zuständige Behörden für die Erteilung der Approbation. Sachlich zuständig sind entweder das Innenministerium (Bayern), das Sozialministerium (Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Schleswig-Holstein), der Senator für das Gesundheitswesen bzw. die Gesundheitsbehörde (Berlin, Bremen, Hamburg) oder die Regierungspräsidenten (Baden-Württemberg, NordrheinWestfalen). Örtlich zuständig ist jeweils die Behörde des Bundeslandes, in dem der Bewerber den Dritten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung bestanden hat (§ 12 Abs. 1 BÄO, § 35 Abs. 1 AOÄ; in Baden-Württemberg ist das Regierungspräsidium Stuttgart zentral für das gesamte Land, in Nordrhein-Westfalen der Regierungspräsident des Bezirks zuständig, in dem der Anstragsteller die Ärztliche Prüfung abgelegt hat).

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Für deutsche Bewerber, die ihre Ausbildung im Ausland einschließlich der Mitgliedstaaten der EWG oder in der DDR erworben haben, ist für die Erteilung der Approbation die Behörde des Landes örtlich zuständig, in dem der Antragsteller den ärztlichen Beruf ausüben will. Gleiches gilt für die örtliche Zuständigkeit für Anträge von Staatsangehörigen eines EWG-Mitgliedstaates sowie für Anträge von Ausländern, die nicht Staatsangehörige eines EWG-Mitgliedstaates sind (§ 12 Abs. 2 BÄO). VII. Die Vorschläge des Wissenschaftsrates v. 3. 2. 1982 für die Einführung einer „gespaltenen Approbation "(Approbationserteilung nach Abschluß des >Medizinstudiums, beschränkt auf die Berechtigung zur selbständigen Krankenbehandlung in abhängiger Stellung im > Krankenhaus oder in der O Arztpraxis, nach zweijähriger Tätigkeit Erteilung der endgültigen Approbation als Voraussetzung für die > Niederlassung in eigener Privat- oder Kassenpraxis) haben jetzt in modifizierter Form in dem Referentenentwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung der Bundesärzteordnung Niederschlag gefunden ( > Ärztliche Ausbildung Rz 30a).

Approbationsordnung für Ärzte 93

Die Approbationsordnung für Ärzte i.d.F. v. 3. 4. 1979 - AOÄ - (BGBl. I S. 425) wurde als Rechtsverordnung aufgrund des § 4 BÄO erlassen. In ihr wurde die > ä r z t l i c h e A u s b i l d u n g neu geregelt. Sie enthält vor allem Vorschriften über die Mindestanforderungen an das > M e d i z i n s t u d i u m einschließlich der praktischen Ausbildung in Krankenanstalten ( > P r a k t i s c h e s Jahr), die > Ä r z t l i c h e n P r ü f u n g e n und die Erteilung der > A p p r o b a t i o n . Die früher übliche Bezeichung „Bestallungsordnung" wurde aus Gründen der Vereinheitlichung durch die Bezeichnung „Approbationsordnung" ersetzt ( > B e s t a l l u n g s o r d n u n g ) . Die AOÄ wurde zuletzt geändert durch die Vierte Änderungsverordnung v. 19. 12. 1983 ( > Ä r z t l i c h e A u s b i l d u n g Rz 30a).

Arbeitsa mtsa rzt 94

I. Man versteht darunter einen im Ärztlichen Dienst der Arbeitsverwaltung (Arbeitsamt, Landesarbeitsamt oder Bundesanstalt für Arbeit) hauptamtlich tätigen Arzt. II. Rechtsstellung. Regelmäßig liegt ein privatrechtliches Anstellungsverhältnis vor. Bei Erfüllung der beamtenrechtlichen Voraussetzungen kann die Übernahme in das Beamtenverhältnis erfolgen. In rein ärztlichen Angelegenheiten ist der Arbeitsamtsarzt weisungsfrei. Darüber hinaus werden von den Arbeitsämtern nebenberuflich (freiberuf-

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Arbeitsamtsarzt

lieh) tätige > V e r t r a g s ä r z t e (Rz 1849) zur Erstattung von > G u t a c h t e n (vor allem im Bereich der Berufsberatung und der Arbeitsvermittlung) im Rahmen eines Werkvertrages (§§ 631 ff. BGB) herangezogen. Seit 1. 1. 1983 beträgt die Vergütung für Gutachten, die außerhalb der Diensträume der Arbeitsämter erstellt werden, 64 DM und für Gutachten unter Inanspruchnahme von Diensträumen 60 DM. III. Aufgaben (vgl. Adam, BerufskBl. 3 - II A Ol, S. 5f.): Durchführung ärztlicher Tauglichkeitsuntersuchungen bei Berufsanwärtern und Berufswechsel und Bewertung ihrer körperlichen Belastbarkeit in Eignungsgutachten; Mitwirkung bei der beruflichen (Wieder)eingliederung von Schwerbehinderten ( > S c h w e r b e h i n d e r t e n g e s e t z ) und Körperbehinderten ( > B e h i n d e r t e , t> R e h a b i l i t a t i o n ) ; Durchführung von Untersuchungen zur Feststellung der Voraussetzungen für den Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung und Arbeitslosenhilfe u. a. IV. Haftung. Der Arbeitsamtsarzt handelt bei Wahrnehmung seiner Aufgaben in Ausübung hoheitlicher Tätigkeit. Für Fehlleistungen, insbesondere bei der Gutachtenerstattung ( > G u t a c h t e n Rz 745), haftet daher die Bundesanstalt für Arbeit nach Amtshaftungsgrundsätzen (Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB > H a f t u n g Rz 785). Der Arbeitsamtsarzt hat nicht nur die Pflicht dem Arbeitsamt gegenüber, das Vorliegen und das Vorhandensein der Voraussetzungen für die Gewährung von Arbeitslosenunterstützung nachzuprüfen, sondern auch die Amtspflicht gegenüber dem Arbeitsuchenden, ihn in diesem Rahmen seinem Gesundheitszustand entsprechend richtig zu beurteilen. Wird ein höchstens für leichte Arbeit geeigneter Arbeitsuchender unrichtigerweise auch als arbeitsfähig für schwere Arbeiten beurteilt und wird ihm daraufhin, weil er die ihm zugewiesene schwere Arbeit nicht aufnimmt oder wieder aufgibt, die Arbeitslosenunterstützung entzogen, so liegt hierin eine die Bundesanstalt zum Schadensersatz verpflichtende Amtspflichtverletzung (BGH, LM Nr. 2 zu § 8 3 9 (fc) BGB).

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V. Arbeitsamtsärzte können auf Antrag von der zuständigen >Ärztekammer zur > Weiterbildung im Gebiet Arbeitsmedizin oder im Bereich Betriebsmedizin ermächtigt werden. Eine Weiterbildungsermächtigung für die Gesamtdauer im Gebiet Arbeitsmedizin kommt jedoch nach dem Konzept der Bundesanstalt für den arbeitsmedizinischen Dienst nicht in Betracht. Bei Ärzten in den Landesarbeitsämtern dürfte überwiegend eine mindestens einjährige Ermächtigung für Arbeitsmedizin möglich sein. Die Dienststellen der Bundesanstalt sind keine „geeigneten Betriebe" i. S. der Vorschriften der Weiterbildungsordnung für den Erwerb der > Z u s a t z b e z e i c h n u n g „Betriebsmedizin" (vgl. Anl. II Nr. 3 zur MuWO). Im übrigen gilt für die Weiterbildung hier entsprechendes wie bei > Postärzten (Rz 1378).

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VI. Zur freien Arztwahl bei arbeitsamtsärztlichen Untersuchungen > F r e i e A r z t w a h l Rz 644; Narr, D M W 1983, 312.

Arbeitsamtsarzt

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VII. Eine Zulassung als Kassenarzt kommt für Arbeitsamtsärzte grundsätzlich nicht in Betracht ( > Kassenarzt Rz 926).

Arbeitsschutzgesetz 97

I. Der als Referentenentwurf vorliegende Entwurf eines Arbeitsschutzgesetzes v. 16. 12. 1981 bezweckt die Zusammenfassung einer Vielzahl der bisher in Einzelgesetzen enthaltenen Arbeitsschutzbestimmungen in einem einheitlichen Gesetzgebungswerk unter gleichzeitiger sachlicher und persönlicher Ausdehnung des Arbeitsschutzes. In sachlicher Hinsicht geht es nicht mehr nur um die Verhütung von Unfällen und arbeitsbedingten Erkrankungen, sondern allgemein um die menschengerechte Gestaltung der Arbeit im Rahmen der Arbeitsverhältnisse (§ 1). Der persönliche Geltungsbereich des Arbeitsschutzrechts wird grundsätzlich auf alle Arbeitnehmer, insbesondere auch auf die Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst erstreckt. II. Regelungsinhalt. Der Gesetzentwurf enthält u. a. 1. Vorschriften über ärztliche Mitteilungspflichten bei arbeitsmedizinischen Untersuchungen im Auftrag des Arbeitgebers. Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 des Entwurfs kann der Arbeitnehmer, der im Auftrag des Arbeitgebers ärztlich untersucht wird, verlangen, daß ihn der Arzt über die Untersuchungsbefunde und das Untersuchungsergebnis unterrichtet. Dem Arbeitgeber darf der Arzt nur das Untersuchungsergebnis mitteilen, durch das der Arbeitgeber darüber unterrichtet wird, ob gegen die Beschäftigung des Arbeitnehmers gesundheitliche Bedenken bestehen (§ 34 Satz 2). Diese Regelung entspricht der bisherigen Rechtslage ( > Betriebsarzt Rz 424). Darüber hinaus trifft den Arbeitgeber in bezug auf das ihm mitgeteilte Untersuchungsergebnis eine Verschwiegenheitspflicht (§ 34 Abs. 2); 2. eine einheitliche Regelung des Aibeitszeitschutzes für alle Arbeitnehmer, auch Ärzte und Angehörige der > medizinischen Assistenzberufe, unter gleichzeitiger Aufhebung der KrAZO (§§40-49 > B e r e i t s c h a f t s d i e n s t Rzn. 347f.). Vorgesehen ist eine Begrenzung der Höchstarbeitszeit auf 10 Stunden täglich und 48 Stunden wöchentlich. Bei > B e r e i t s c h a f t s d i e n s t sollen jedoch abweichende Regelungen durch Tarifvertrag möglich sein. 3. Vorschriften für > Betriebsärzte. In §§ 57 bis 69 des Entwurfs werden im wesentlichen die Vorschriften des ASiG übernommen. Mit Inkrafttreten des Arbeitsschutzgesetzes sollen u. a. außer Kraft treten: die §§ 1-20 ASiG, die AZO und die KrAZO.

Arbeitsunfähigkeit 98

I. Der Begriff der Arbeitsunfähigkeit, der nicht mit dem Begriff der > Erwerbsunfähigkeit identisch ist, findet sich in zahlreichen Rechtsvorschriften, vor allem im Arbeitsrecht und im Sozialrecht (vgl. z.B. § 616 BGB, § 182 Abs. 1 Nr. 2 RVO, § 1 LohnFG); eine Begriffsbestimmung fehlt indessen. Nach

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Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

der von der Rspr. entwickelten Definition ist Arbeitsunfähigkeit in beiden Rechtsgebieten dann gegeben, wenn ein Arbeitnehmer infolge > K r a n k h e i t (Rz 1114-) seine ihm vertragsmäßig obliegende, zuletzt ausgeübte Tätigkeit überhaupt nicht mehr oder nicht mehr ohne erhebliche Beschwerden oder nicht mehr ohne Gefahr der Verschlimmerung seines Gesundheitszustandes ausüben kann (vgl. Palmowski in: Dialog zwischen Arzt und Jurist, S. 50f. ; BSG v. 30. 5. 1967 - 3 RK 15/65 BAG, NJW 1982, 712 m.Nachw.). Arbeitsunfähigkeit wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Erkrankte eine andere Arbeit aufnehmen könnte; jedoch ist ihm eine gleichartige Tätigkeit, die er ausüben kann, zuzumuten (Schaub, aaO. S. 518f.). Ein hiervon abweichender eigener Begriff der Arbeitsunfähigkeit findet sich im Bundesentschädigungsgesetz (vgl. dazu Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Versorgungswesen, S. 20). Der Begriff der Teilarbeitsunfähigkeit ist dem geltenden Recht fremd; die Arbeitsunfähigkeit ist nicht teilbar (Lauterbach, aaO. § 556, Anm. 10; BAG, NJW 1982, 712, 713). II. Rechtliche Bedeutung. 1. Im Arbeitsiecht entbindet die ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit den Arbeitnehmer von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung. Daneben löst die Arbeitsunfähigkeit i.d.R. einen Anspruch des Arbeitnehmers auf Lohn- bzw. Gehaltsfortzahlung auf die Dauer von sechs Wochen aus (§ 617 BGB; § 1 LohnFZG). 2. In der gesetzlichen > Krankenversicherung (Rz 1103) hat der Versicherte bei Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Zahlung von Krankengeld (§ 182 Abs. 1 Nr. 2 RVO). Dem Nachweis der Arbeitsunfähigkeit dient die > A r b e i t s u n fähigkeitsbescheinigung. Die Kassen sind unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet, eine Begutachtung der Arbeitsunfähigkeit durch einen Vertrauensarzt zu veranlassen ( > Vertrauensarzt Rz 1853).

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III. Zur krankheitsbedingten Dienstverhinderung im Beamteniecht > Dienstunfähigkeit

Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung I. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (im folgenden AU-Bescheinigung) dient dem Nachweis der krankheitsbedingten Arbeitsverhinderung des Arbeitnehmers ( > A r b e i t s u n f ä h i g k e i t ) als Voraussetzung für seinen Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Zum Nachweis der krankheitsbedingten Dienstverhinderung bei Beamten > D i e n s t u n f ä h i g k e i t . II. Rechtsnatur. Die AU-Bescheinigung ist, sofern sie von einem > Arzt ausgestellt wird, eine Erscheinungsform des ärztlichen > A t t e s t s . Sie ist außerdem ein Gesundheitszeugnis i.S. des § 278 StGB.

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Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

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III. Rechtsgrundlagen. 1. Arbeiter sind nach § 3 Abs. 1 LohnFG verpflichtet, eine Bescheinigung eines Arztes über die > A r b e i t s u n f ä h i g k e i t sowie deren voraussichtliche Dauer vorzulegen. „Arzt" i.S. dieser Vorschrift ist, wer eine > A p p r o b a t i o n als > A r z t oder eine > B e r u f s e r l a u b n i s nach § 10 BÄO erhalten hat. In der Wahl des Arztes ist der Arbeiter frei; er kann also auch eine Bescheinigung eines nicht zur Kassenpraxis zugelassenen Arztes vorlegen oder sich die Erkrankung durch ein > Attest seines ärztlichen Ehepartners, der ihn nicht selbst behandelt, bescheinigen lassen (vgl. Sommer-Schaub, AR-Blattei D „Krankheit des Arbeitnehmers II" B ld; Rieger, DMW 1977, 1230; zur Krankschreibung durch Ehegatten vgl. Lippert, DMW 1979, 124). Möglich ist auch die Ausstellung einer AU-Bescheinigung durch einen angestellten oder > b e a m t e t e n A r z t (vgl. Lippert, aaO.). Die AU-Bescheinigung muß den Namen des Arbeiters, die Bestätigung der Arbeitsunfähigkeit, ihre voraussichtliche Dauer, sowie den Vermerk enthalten, daß der zuständigen Krankenkasse unverzüglich eine Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit mit Angabe des Befundes und ihre voraussichtliche Dauer übersandt wird (zur Form der kassenärztlichen AU-Bescheinigung vgl. unten Rz 104). In dem für den Arbeitgeber bestimmten > A t t e s t darf die Diagnose aus Gründen der ärztlichen Schweigepflicht nicht angegeben werden (vgl. LSG Bad.-Wttbg., NJW 1975, 2266|. 2. Für Angestellte besteht eine gesetzlich normierte Vorlagepflicht nicht. Eine Verpflichtung zur Vorlage einer AU-Bescheinigung kann jedoch durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Einzelarbeitsvertrag begründet werden (vgl. z.B. § 18 Abs. 3 Satz 2 BAT). Wo einzel- oder kollektiwertragliche Regelungen nicht bestehen, folgt die Pflicht zum Nachweis der krankheitsbedingten Arbeitsverhinderung aus dem allgemeinen Rechtsgrundsatz, daß derjenige, der einen Anspruch erhebt, dessen Entstehungsvoraussetzungen nachzuweisen hat (vgl. Sommer-Schaub, AR-Blattei aaO. D 2 a). Im Unterschied zur Rechtslage nach § 3 LohnFG und § 18 Abs. 3 Satz 2 BAT sind zum Nachweis der Erkrankung grundsätzlich sämtliche Beweismittel zulässig, also beispielsweise auch > A t t e s t e von > H e i l p r a k t i k e r n (Sommer-Schaub, aaO.).

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IV. Beweiswert 1. Wenngleich eine von einem Arzt ordnungsgemäß ausgestellte AU-Bescheinigung für die Tatsache der Erkrankung keine gesetzliche Vermutung i. S. von § 292 ZPO begründet, so hat eine solche Bescheinigung doch einen hohen Beweiswert. Sie ist der gewichtigste Beweis für die Tatsache einer krankheitsbedingten > Arbeitsunfähigkeit. Trotz dieser Bescheinigung können aber im Einzelfall aus besonderen Umständen Zweifel an der Erkrankung des Arbeitnehmers bestehen, die der Arbeitgeber dann darzulegen und zu beweisen hat (BAG AP Nr. 2 zu § 3 LohnFG; vgl. auch ArbG Berlin, DB 1980, 598). Als Umstände, die den Beweiswert der AU-Bescheinigung beeinträchtigen, hat das BAG z.B. angesehen: Ankündigung des „Krankfeierns" durch den Arbeitnehmer vor der Erkrankung (BAG v. 4. 10. 1978 -

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Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

5 AZR 3 2 6 / 7 7 -); Ausstellen der Bescheinigung ohne vorausgegangene ärztliche Untersuchung (BAG, NJW 1977, 350; vgl. dazu Rieger, D M W 1977, 1230) oder die Rückdatierung des Beginns der Erkrankung durch den Arzt (vgl. Schaub, aaO. S. 479 m.w.Nachw.; zur rückdatierten AU-Bescheinigung eingehend Weiland, BB 1979, 1096ff.). Bestehen greifbare Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der ärztlichen Bescheinigung, muß der Arbeitnehmer weiteren Beweis erbringen. Er wird dann zur Vermeidung von Beweisnachteilen u.U. gehalten sein, seinen Arzt von der > S c h w e i g e p f l i c h t zu entbinden (vgl. Schaub, aaO. S. 531 f.). Dagegen reichen allgemeine Bedenken, beispielsweise in der Richtung, daß es sich bei dem die Bescheinigung ausstellenden Arzt um den Ehepartner oder einen Verwandten des Arbeitnehmers handelt nicht aus, die Beweiskraft einer nach ärztlicher Untersuchung ordnungsgemäß ausgestellten AU-Bescheinigung zu erschüttern (vgl. Lippert, aaO. ; Rieger, aaO. S. 1231). 2. Die Frage, ob der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer verlangen kann, sich von einem Vertrauensarzt des Arbeitgebers untersuchen zu lassen, ist umstritten, richtiger Ansicht nach jedoch zu verneinen (vgl. Schaub, aaO. S. 532 m. Nachw.; Weiland, BB 1979, 1100; BAG v. 4. 10. 1978 - 5 AZR 3 2 6 / 7 7 [keine Pflicht des Arbeitnehmers, sich vom Hausarzt des Arbeitgebers untersuchen zu lassen]). Bei Sozialversicherten kann der Arbeitgeber bei begründeten Zweifeln an der Richtigkeit der vom Arbeitnehmer vorglegten AU-Bescheinigung eine Überprüfung im allgemeinen dadurch erreichen, daß er - wie dies in dem der Entscheidung des BAG v. 11.8. 1976 (5 AZR 422/75) zugrundeliegenden Fall auch geschehen ist - gem. § 369 b Abs. 1 Nr. 2 RVO eine Begutachtung der Arbeitsunfähigkeit durch einen > Vertrauensarzt bei der Krankenkasse veranlaßt. Entzieht sich der Arbeitnehmer der vertrauensärztlichen Untersuchung, so ist dieser Umstand im Streit um die Arbeitsunfähigkeit gegen ihn zu verwerten (vgl. BAG v. 11. 8. 1976 - 5 ARZ 4 2 2 / 7 5 ebenso schon BAG AP Nr. 1 zu § 5 LohnFG).

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3. Als Beweismittel anzuerkennen sind grundsätzlich auch von einem ausländischen Arzt ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. Bei der Beurteilung einer solchen Bescheinigung und der Beweiswürdigung ist jedoch zu beachten, daß bei ausländischen Ärzten nicht in jedem Falle angenommen werden kann, daß sie die arbeitsrechtliche und versicherungsrechtliche Bedeutung der > Arbeitsunfähigkeit i.S. des deutschen Rechts kennen (LArbG Hamm, NJW 1983, 2104; vgl. auch Marburger, SGb 1982, 342ff.). V. Für die kassenärztliche AU-Bescheinigung enthält § 21 BMV-Ä besondere Vorschriften. Hervorzuheben ist u. a. die Bestimmung des § 21 Abs. 1 BMV-Ä, wonach die > Arbeitsunfähigkeit nur aufgrund einer ärztlichen Untersuchung bescheinigt werden darf. Eine Rückdatierung des Beginns der Arbeitsunfähigkeit auf einen vor dem Behandlungsbeginn liegenden Tag ist nur ausnahmeweise und nur nach gewissenhafter Prüfung und i.d.R. nur bis zu zwei Tagen zulässig (§ 21 Abs. 3 BMV-Ä; näher dazu Rieger, DMW 1973, 1633; Hencke, Rhein. ÄB1. 1977, 212). Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen > K a s s e n -

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Arbeitsunfähfgkeitsbescheinigung

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arzt und > Vertrauensarzt kann der Kassenarzt die Entscheidung durch ein Obergutachten beantragen (§ 21 Abs. 9 BMV-Ä). Für die Bescheinigung ist das Muster gem. Vordruckvereinbarung nach § 31 BMV-Ä zu verwenden (vgl. Buschmann-Wilken, aaO. Kennzahl 101). 105

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VI. Für die Ausstellung einer unrichtigen AU-Bescheinigung hat der Arzt strafrechtlich und zivilrechtlich einzustehen. Darüber hinaus kommen berufsgerichtliche und kassenartzrechtliche Maßnahmen in Betracht ( > Berufsger i c h t , > Disziplinarverfahren Rz 563). 1. Strafrechtlich erfüllt die Ausstellung einer AU-Bescheinigung ohne vorausgegangene ärztliche Untersuchung den objektiven Tatbestand des § 278 StGB (vgl. Narr, BayÄBl. 1974, 276 m.Nachw.). Außerdem kann der Arzt sich der Beihilfe zu einem Vergehen des Betruges schuldig machen (§§ 27, 263 StGB,- vgl. Schlund, der niedergelassene Arzt 1980/7, S. 100, 102). 2. Zivilrechtlich kann ein Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers oder der Krankenkasse wegen zu Unrecht erfolgter Lohnfortzahlung oder Gewährung von > Krankengeld in Betracht kommen (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 27, 263 StGB; Schlund, aaO. S. 102, 105; a.A. wohl Roesch, Med. Klinik 1979, 1332, 1336, der einen Schadensersatzanspruch nur unter dem Gesichtspunkt des § 823 Abs. 1 BGB prüft und - insoweit mit Recht - verneint, da es sich um einen reinen Vermögensschaden handelt). Darüber hinaus wird i.d.R. ein Anspruch nach § 826 BGB in Betracht kommen (Schlund, aaO. > Attest, Rz 252). 3. Bei > Kassenärzten kann die Ausstellung unrichtiger AU-Bescheinigungen zu Disziplinarmaßnahmen führen (u.a. Geldbuße bis 20000 DM und Anordnung des Ruhens der Kassenzulassung bis zu 6 Monaten; § 368 m Abs. 4 RVO i.d.F. des HaushBG 1983; vgl. auch § 368 n Abs. 5 Satz 4 RVO i.d.F. dieses Gesetzes > Disziplinarverfahren Rz 563). Bei Ausstellung einer unrichtigen AU-Bescheinigung ohne vorausgegangene Untersuchung hat der Kassenarzt gem. § 35 BMV-Ä für den Schaden einzustehen, der der Krankenkasse durch die unberechtigte Auszahlung von > Krankengeld entsteht (SG Stuttgart v. 17. 1. 1979 - S 14 Ka 828/78 -). VII. Das ärztliche Honorar für die AU-Bescheinigung bemißt sich nach Nr. 14 GOÄ. Für Kassenpatienten ist die Bescheinigung kostenfrei; zum Honoraranspruch des t> Kassenarztes gegenüber der KV > A t t e s t Rz 249. Bei Ausstellung einer AU-Bescheinigung durch einen Nichtkassenarzt für einen Kassenpatienten muß dieser die Kosten selbst tragen.

Arbeitsunfall 108

I. Begriff. Man versteht darunter einen Unfall, den eine Person bei einer durch die gesetzliche Unfallversicherung (§§537 ff. RVO) erfaßten Tätigkeit erleidet. Nach der von Rspr. und Schrifttum erarbeiteten Definition ist ein

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Arzneibuch

„Unfall" ein von außen her auf den Menschen einwirkendes, körperlich schädigendes, plötzliches, d. h. zeitlich begrenztes Ereignis. Ein Arbeitsunfall liegt vor, wenn dieser so definierte Unfall in innerem, ursächlichen Zusammenhang mit einer der nach §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO versicherten Tätigkeiten steht (Lauterbach, aaO. § 548 Anm. 3 m.w.Nachw.). Als Arbeitsunfall gilt ferner eine > B e r u f s k r a n k h e i t (vgl. dazu Drexel, Berufsgenossenschaft 1979, 213). II. 1. Als Arbeitsunfall ist es anzusehen, wenn ein niedergelassener Arzt als Häger eines > Herzschrittmachers dadurch zu Tode kommt, daß bei der Behandlung eines Patienten an einem Ultrathermgerät die Ultrathermstrahlen den Schrittmacher ausschalten (BSG v. 24. 6. 1981 - 2 RU 61/79 -). 2. Ein Arbeitsunfall nach § 539 Abs. 1 Nr. 17 a RVO liegt nicht vor, wenn ein Patient bei der stationären Behandlung durch das Mißlingen eines ärztlichen Eingriffs eine Gesundheitsstörung erleidet. Das Risiko der ärztlichen Behandlung selbst ist nicht Gegenstand der gesetzlichen Unfallversicherung (> K r a n k e n h a u s Rz 1027],

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III. Ob aufgrund eines Arbeitsunfalls eine berufsgenossenschaftliche > Heilbehandlung (Rz 803) einzuleiten ist, hat der > D u r c h g a n g s a r z t mit Wirkung gegen die > B e r u f s g e n o s s e n s c h a f t zu entscheiden.

Arzneibuch I. Das Arzneibuch ist die amtliche Sammlung anerkannter pharmazeutischer Regeln über die Qualität, Prüfung, Lagerung, Abgabe und Bezeichnung von > A r z n e i m i t t e l n ; es enthält darüber hinaus Anforderungen an die Beschaffenheit von Behältnissen und Umhüllungen (§ 55 Abs. 1 AMG). II. Rechtsgrundlage. Das Arzneibuch wurde mit Verordnung v. 25. 7. 1978 (BGBl. I S. 1112) auf der Grundlage des § 55 Abs. 2 AMG erlassen. Es besteht aus den Bänden I, II und III des Europäischen Arzneibuches (Ph.Eur.), dem Deutschen Arzneibuch i.d.F. der 8. Ausgabe (DAB 8) und dem Homöopathischen Arzneibuch i.d.F. der 1. Ausgabe (HAB 1). Die VO über das Arzneibuch hat zu einer Vereinheitlichung der rechtlichen Basis des Arzneibuchs und zu einer Bereinigung der zuvor unübersichtlichen Rechtsmaterie geführt. Da das Arzneibuch insgesamt wegen seines Umfangs zum Abdruck im Bundesgesetzblatt nicht geeignet ist, beschränken sich die Verordnungen darauf, auf die Bezugsquelle der geltenden Fassung (Deutscher Apotheker Verlag Stuttgart) hinzuweisen. Aufgrund zwischenstaatlicher Vereinbarungen gilt das Arzneibuch seitenund textgleich auch in der Schweiz und in Österreich.

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Arzneibuch

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III. Die Erlaubnis zur Herstellung und zur Abgabe von > Arzneimitteln an Verbraucher ist davon abhängig, daß sie den Regeln des Arzneibuchs entsprechen (§ 55 Abs. 3 AMG).

Arzneimittel 1. Begriff. 1. Arzneimittel sind nach § 2 AMG Stoffe (§ 3 AMG) oder Zubereitungen von Stoffen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper, d. h. vorwiegend durch Einwirkung auf den inneren Organismus, die in § 2 Abs. 1 Nrn. 1-5 AMG genannten gesundheitlichen Zwecke zu erfüllen. Von diesen echten Arzneimitteln sind die fiktiven Arzneimittel des § 2 Abs. 2 AMG zu unterscheiden, zu denen u. a. nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 AMG chirurgisches Nahtmaterial, Desinfektionsmittel, Diagnostika, > H e r z s c h r i t t m a c h e r (Rz 854) und z.T. auch Kontaktlinsen gehören ( > K o n t a k t l i n s e n Rz 988 a). Die Abgrenzung der Arzneimittel von Lebensmitteln, Tabakerzeugnissen, kosmetischen Mitteln, Körperpflegemitteln usw. wird in § 2 Abs. 3 AMG durch Verweisung auf die Begriffsbestimmungen in den jeweils einschlägigen Gesetzen vorgenommen. In Zweifelsfällen ist nicht auf die Zweckbestimmung durch den pharmazeutischen Unternehmer, sondern auf die - objektiv feststellbare - allgemeine Verkehrsauffassung abzustellen (näher dazu Sander-Scholl, aaO. § 2 Erl. 1). 2. Dieser Arzneimittelbegriff des AMG gilt im wesentlichen auch für die gesetzliche > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g (vgl. § 182 Abs. 1 Nr. l b RVO ; Peters, Hdb. d. Krankenvers. § 182 Anm. 4b). Von den > H e i l m i t t e l n unterscheiden sich die Arzneimittel insofern, als sie im wesentlichen auf den inneren Organismus wirken (Peters, aaO. m.Nachw.). Der früher bestehende leistungsrechtliche Unterschied zwischen Heilmittel und Arzneimittel ist seit dem Rehabilitationsangleichungsgesetz v. 7. 8. 1974 (BGBl. I S. 1881 > Rehabilitation Rz 1480) entfallen. Seit dem > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g s - K o s t e n d ä m p fungsgesetz war die Unterscheidung wieder insoweit von Bedeutung als Heilmittel nicht in den > A r z n e i m i t t e l h ö c h s t b e t r a g einzubeziehen waren. Durch die Ausdehnung der Höchstbetragsregelung auf Heilmittel durch das > Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz ist die Unterscheidung wieder bedeutungslos geworden. II. Alle echten Arzneimittel und die fiktiven Arzneimittel nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 AMG unterliegen grundsätzlich der > A p o t h e k e n p f l i c h t . III. 1. Nach §376 RVO haben die Apotheken den Krankenkassen für Arzneimittel einen Kiankenkasseniabatt zu gewähren ( > A p o t h e k e Rz 69). 2. Die Preisspannen und Preise der > A p o t h e k e n für die Abgabe von Arzneimitteln sind in der > A r z n e i m i t t e l p r e i s v e r o r d n u n g geregelt.

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Arzneimittelgesetz

IV. Zu den Sorgfaltspflichten des Arztes bei der Verschreibung von Arzneimitteln und der Haftungsverteilung zwischen Arzt und Arzneimittelhersteller > V e r s c h r e i b u n g Rzn. 1827 ff.

Arzneimittelgesetz Das am 1. 1. 1978 in Kraft getretene Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln v. 24. 8. 1976 - Arzneimittelgesetz (AMG) - (BGBl. I S. 2445) dient dem Zweck, für die Arzneimittelsicherheit, insbesondere für die Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit von > A r z n e i m i t t e l n zu sorgen (§ 1). Das Gesetz enthält in den §§5-12 Vorschriften über die Anforderungen an Arzneimittel unter dem Gesichtspunkt des gesundheitlichen Verbraucherschutzes, u.a. Vorschriften über die Notwendigkeit einer > P a c k u n g s b e i lage (§ 11). Der Hersteller von Arzneimitteln bedarf einer besonderen Herstellungserlaubnis (§§ 13 f.), die eine entsprechende Sachkenntnis voraussetzt (§ 15). Zur Vermeidung von Arzneimittelrisiken unterliegen alle echten und die fiktiven Arzneimittel nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 grundsätzlich der Zulassungspflicht nach Maßgabe der §§21 ff. Für homöopathische Arzneimittel besteht lediglich eine Registrierungspflicht (§§ 38f.). Für die Abgabe von Arzneimitteln gilt der Grundsatz der > A p o t h e k e n p f l i c h t (§§ 43ff.). Für bestimmte Arzneimittel bestehen Abgabebeschränkungen durch die Vorschriften über die > V e r s c h r e i b u n g s p f l i c h t (§§48f.). Herstellung, Qualitätskontrolle und Vertrieb von Arzneimitteln unterliegen einer verstärkten und kontinuierlichen Überwachung durch die staatlichen Behörden (§§ 64ff.). Der systematischen Erfassung und Auswertung von schädlichen Nebenwirkungen und anderen Arzneimittelrisiken dient die Pflicht der > P h a r m a b e r a t e r , entsprechende Mitteilungen von Ärzten oder Angehörigen anderer Heilberufe schriftlich aufzuzeichnen und dem Auftraggeber schriftlich mitzuteilen (§ 76). In den §§40, 41 finden sich erstmals Vorschriften zum Schutz von Probanden, die an > k l i n i s c h e n A r z n e i m i t t e l p r ü f u n g e n teilnehmen (> Klinisches Experiment, > Heilversuch). § 84 führt erstmals die in bestimmtem Umfang vom Verschulden losgelöste Gefährdungshaftung des pharmazeutischen Unternehmers für Arzneimittelschäden ein. Die Deckungsvorsorge zum Ersatz etwaiger Schäden ist regelmäßig durch Abschluß einer Haftpflichtversicherung zu erbringen (§ 94). Die Nichteinhaltung der Vorschriften des AMG ist mit Strafe und Bußgeld bedroht (§§ 95-98). Das AMG enthält Ubergangsvorschriften, die vor allem die Zulassungspflicht und die > P a c k u n g s b e i l a g e betreffen (zur Rechtmäßigkeit der bisherigen Maßnahmen des > B u n d e s g e s u n d h e i t s a m t s gegen „Altarzneimittel", die bereits vor dem 1. 1. 1978 im Verkehr waren vgl. Hasskarl. NTW 1983. 1354 ff.).

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Arzneimittelhöchstbetrag

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Arzneimittelhöchstbetrag 113

Man versteht darunter den im Gesamtvertrag (> Gesamtverträge) bestimmten Höchstbetrag für die in einem bestimmten Zeitraum im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung zu verordnenden > A r z n e i m i t t e l . Wird dieser Höchstbetrag nicht nur geringfügig überschritten, haben die Vertragsparteien die Ursachen festzustellen. Sofern nicht eine unvorhergesehene und allgemein erhebliche Zunahme der Krankheitshäufigkeit (z.B. infolge Epidemien) vorliegt, soll der Überschreitungsbetrag durch individuelle Kürzungen bei den > K a s s e n ä r z t e n ausgeglichen werden (§ 368 f Abs. 6 RVO). In diesen Fällen erfolgt eine Prüfung der Verordnungsweise nach den von der Rspr. für die > W i r t s c h a f t l i c h k e i t s p r ü f u n g entwickelten Grundsätzen (vgl. Andreas, ArztR 1981, 9, 13f. ; Hess, aaO. S. 32f.). Durch das > K o s t e n d ä m p f u n g s Ergänzungsgesetz wurde diese Höchstbetragsregelung auf > H e i l m i t t e l ausgedehnt. Für die Veränderung des Arzneimittelhöchstbetrages haben die KBV und die Bundesverbände der Krankenkassen einmal jährlich gemeinsam eine Empfehlung abzugeben, wenn nicht die > K o n z e r t i e r t e A k t i o n i m G e s u n d h e i t s w e s e n eine entsprechende Empfehlung abgegeben hat (§ 368 f Abs. 7 RVO).

Arzneimittelindex 114

I. Der Arzneimittelindex der gesetzlichen > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g (Rz 1103) gibt Auskunft über die therapeutische Verordnungsstruktur von > A r z n e i m i t t e l n in der ambulanten kassenärztlichen Versorgung. Er enthält eine Auflistung über die 500 führenden Arzneimittel, untergliedert nach Verordnungshäufigkeit und Umsatzstärke. Ziel des Arzneimittelindex ist es, dem > K a s s e n a r z t eine bessere Information an die Hand zu geben, die geeignet ist, eine wirtschaftliche Verordnungsweise (> W i r t s c h a f t l i c h k e i t s p r ü f u n g ) zu fördern (näher dazu DÄ 1982/26, S. 13ff.). II. Der Arzneimittelindex basiert auf einer Vereinbarung der Spitzenverbände der Krankenkassen, der Arbeitsgemeinschaft der Berufsvertretungen Deutscher Apotheker/Deutscher Apothekerverein sowie der > Kassenärztl i c h e n B u n d e s v e r e i n i g u n g aus dem Jahr 1980 (> T r a n s p a r e n z k o m m i s s i o n Rz 1762).

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Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft

Arzneimittelkommission I. Als Arzneimittelkommission werden von Krankenhausträgern auf freiwilliger Basis eingesetzte Kommissionen bezeichnet, deren Aufgabe vor allem darin besteht, eine zweckmäßige und wirtschaftliche Verordnungsweise im > K r a n k e n h a u s unter Wahrung der ärztlichen Verantwortung sicherzustellen. Sie erarbeiten zu diesem Zweck u.a. Empfehlungen für > A r z n e i m i t tel, die im Krankenhaus eingesetzt werden sollen.

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II. Mitglieder der Arzneimittelkommissionen sind im allgemeinen > C h e f ärzte und > O b e r ä r z t e sowie die Leiter der > Krankenhausapotheke. Zum Teil ist der Verwaltungsdirektor berechtigt, an den Sitzungen der Kommission als stimmberechtigtes Mitglied teilzunehmen. III. Bei der Wahrung ihrer Aufgaben haben die Arzneimittelkommissionen darauf zu achten, daß Kollisionen mit der > T h e r a p i e f r e i h e i t der Krankenhausärzte vermieden werden. Ein unzulässiger Eingriff in die Therapiefreiheit liegt z.B. dann vor, wenn die Arzneimittelkommission „verbindliche" Listen der Arzneimittel erstellt, die im Krankenhaus zur Anwendung kommen sollen oder wenn nach den Richtlinien der Arzneimittelkommission die > Krank e n h a u s a p o t h e k e bei Arzneimittelanforderungen das Recht besitzt, auf gleichwertige Präparate zurückzugreifen (vgl. auch Rieger, DMW 1978, 2027).

Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft I. Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft ist der für alle Fragen der Arzneibehandlung und Arzneisicherheit zuständige wissenschaftliche Fachausschuß der > Bundesärztekammer. Ihr wirtschaftlicher Träger ist der Arzneimittel-Informationsdienst als eingetragener gemeinnütziger Verein in Köln, dessen Mitglieder die BÄK, die KBV und die Landesärztekammern sind. II. Aufgabe der Arzneimittelkommission ist es, in allen Fragen der Herstellung, Bezeichnung, Propagierung, Verteilung und Verwendung von > Arzn e i m i t t e l n ihr Urteil abzugeben, bei Behörden und anderen öffentlichen Stellen zur Kenntnis zu bringen oder zu veröffentlichen ( > A r z n e i m i t t e l R i c h t l i n i e n Rz 120). Darüber hinaus ist sie dazu berufen, die Ärzte in einer dem letzten Stand der ärztlichen Kunst entsprechenden Verordnungsweise zu unterstützen durch > Fortbildung in rationeller Pharmakotherapie, Hinweise und Empfehlungen zu aktuellen Arzneimittelfragen, Herausgabe jeweils auf den neuesten Stand gebrachter Ausgaben des Taschenbuches „Arzneiver-

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Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft

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Ordnungen" (Deutscher-Ärzte Verlag Köln, 14. Aufl. 1981), Erfassung und Dokumentation von unerwünschten Arzneimittelwirkungen und Bewertung von Arzneimittelrisiken, von schriftlichen und fernmündlichen Auskünften an Ärzte im Einzelfall sowie Beratung des Vorstandes der BÄK und der > Kassenärztlichen Bundesvereinigung (> Arzneimittel-Richtlinien Rz 120). Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft wirkt auch mit bei der Durchführung des vom BMJFG durch Verwaltungsvorschrift (gem. § 63 AMG) v. 20. 6. 1980 erlassenen > S t u f e n p l a n e s ; näher zu den Aufgaben und der Arbeitsweise der Arzneimittelkommission vgl. Tätigkeitsbericht der BÄK 1982, S. 135ff.). III. Zusammensetzung. Die Arzneimittelkommission besteht derzeit aus 40 aktiven und 93 korrespondierenden Mitgliedern, denen ein Vorstand von 5 Ärzten vorsteht.

Arzneimittelpreisverordnung 117

I. Die Arzneimittelpreisverordnung v. 14. 11. 1980 (BGBl. I S. 2147) regelt die Preisspannen und Preise der > A p o t h e k e n , der Tierärzte und des pharmazeutischen Großhandels für die im Wiederverkauf abgegebenen apothekenpflichtigen ( > A p o t h e k e n p f l i c h t ) Fertigarzneimittel sowie für > A r z n e i m i t t e l , die in Apotheken oder von Tierärzten hergestellt und abgegeben werden. Außerdem werden die Preise für besondere Leistungen der Apotheken festgesetzt. Damit werden alle Vorschriften über die Preisbildung bei Arzneimitteln, soweit sie nicht spezielle Rabattierungsregelungen, insbesondere zugunsten der gesetzlichen Kassen betreffen ( > Arzneimittel Rz 111, > Apotheke Rz 69) in einer Verordnung zusammengefaßt. Im Gegensatz zum bisherigen Recht enthält die Arzneimittelpreisverordnung keine direkte staatliche Einzelpreisfestsetzung für die mehr als 2000 Stoffe und Gefäße. Vielmehr werden lediglich Zuschläge zu den Apothekeneinkaufspreisen festgelegt. Die Arzneimittelpreisverordnung löst die Verordnung über Preisspannen für Fertigarzneimittel v. 17. 5. 1977 (BGBl. I S. 789) und die Vorschriften der Deutschen Arzneitaxe v. 1. 1. 1936 (BGBl. III, Nr. 2121-4) ab. II. Aufgrund der Arzneimittelpreisverordnung ist es den > A p o t h e k e n nicht mehr gestattet, auf die unter ihren Geltungsbereich fallenden Arzneimittel Abschläge, Rabatte oder Skonti zu gewähren. Dies gilt auch für den Bezug von > S p r e c h s t u n d e n b e d a r f . Verstöße hiergegen stellen unlauteren Wettbewerb dar mit den sich aus dem UWG ergebenden Folgen.

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Arzneimittel-Richtlinien

Arzneimittel-Richtlinien I. Man versteht darunter die vom Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen gem. § 368 p Abs. 1 Satz 1 RVO beschlossenen besonderen Richtlinien über die Verordnung von > Arzneimitteln in der kassenärztlichen Versorgung v. 19. 6. 1978 (DÄ 1979, 114), zuletzt i.d.F.v. 26. 2. 1982 (DÄ 1982/43, S. 60). Die > Ersatzkassen haben die Anwendung dieser Richtlinien für ihren Bereich vertraglich vereinbart (Anl. 3 zum AEKV).

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II. Zweck und Inhalt. Die Arzneimittel-Richtlinien dienen der Sicherung einer nach den Regeln der ärztlichen Kunst zweckmäßigen, ausreichenden und wirtschaftlichen ärztlichen Versorgung mit > Arzneimitteln ( > Arzneiregreß, >Wirtschaftlichkeitsprüfung). Für die Wirtschaftlichkeit einer Arzneimittelverordnung ist vor dem Preis der therapeutische Nutzen entscheidend. Der Arzt soll jedoch stets prüfen, ob sich nicht der angestrebte Erfolg auch durch preisgünstigere Arzneimittel erreichen läßt. Die Verordnung von Kombinationspräparaten und eine gleichzeitige Verordnung mehrerer pharmakologisch gleichsinnig wirkender Arzneimittel ist eingegrenzt (Nr. 10). Eine Verordnung gilt nur dann als wirtschaftlich, wenn das verordnete Arzneimittel in seiner handelsüblichen Zubereitung hinsichtlich seines therapeutischen Nutzens durch die Hersteller ausreichend gesichert ist (Nr. 11). Zur wirtschaftlichen Verordnungsweise gehört nach den Arzneimittel-Richtlinien auch die Verpflichtung des Arztes, sich im Rahmen des Möglichen über die Preise der von ihm verordneten Arzneimittel zu unterrichten. (Nr. 24 > Preisvergleichsliste, > Arzneimittelindex, > Transparenzliste). III. Rechtsnatur. Die Richtlinien sind nicht schon als solche Rechtsnormen (im weitesten Sinne), sie stellen vielmehr nur Empfehlungen dar, die zur Disposition der vertragschließenden Parteien (Ärzte und Krankenkassen) stehen. In § 28 Abs. 1 BMV-Ä haben die Vertragsparteien den Richtlinien allerdings Verbindlichkeit in dem Sinne beigelegt, daß sie zu beachten sind. Die Verpflichtung zu ihrer Beachtung besteht jedoch nicht unterschiedslos in gleicher Stärke. Die Arzneimittel-Richtlinien lassen deutlich erkennen, ob und wann sie ihren Anwendungsbereich scharf abgrenzen oder in welchem Fall sie dem verordnenden > Kassenarzt einen mehr oder minder großen Ermessensspielraum lassen; im letzteren Fall begnügen sie sich mit Sollvorschriften. Diese sind dazu bestimmt, dem verordnenden Kassenarzt als Richtschnur für die Handhabung seines „pflichtgemäßen Ermessens innerhalb des durch das Gesetz bestimmten Rahmens" (Nr. 1) zu dienen. Von solchen lediglich „wegweisenden Richtlinien" kann der Arzt im Einzelfall bei Vorliegen besonderer Gründe abweichen, wenn dies notwendig ist, um seine kassenärztlichen Aufgaben im Rahmen des geltenden Kassenarztrechtes wahrnehmen zu können. Er muß jedoch im Fall von Beanstandungen durch die Prüfinstanzen der KV sein Handeln besonders rechtfertigen (BSGE 38, 35 > Arzneiregreß, > Wirtschaftlichkeitsprüfung). Unentschieden blieb in diesem Urteil

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Arzneimittel-Richtlinien

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die Frage, ob der Kassenarzt sich auch gegen Richtlinien, die als Mußvorschriften formuliert sind, im Einzelfall entscheiden kann. Gegen eine absolute Verbindlichkeit solcher Richtlinien spricht vor allem der Grundsatz der > T h e r a p i e f r e i h e i t des Arztes, der auch bei Mußvorschriften im Einzelfall Ausnahmen zulassen kann (näher dazu W. Schmitt, DDA 1981/22, S. 4, 6). 120

IV. Der > S i c h e r s t e l l u n g s a u f t r a g und die Gewährleistungspflicht der KV und der KBV gegenüber den Krankenkassen und ihren Verbänden schließen die Befugnis ein, wissenschaftliche Stellungnahmen und Gutachten (z.B. der > A r z n e i m i t t e l k o m m i s s i o n der deutschen Ärzteschaft) über den therapeutischen Nutzen von Arzneimitteln an die t> Kassenärzte - im Rahmen des Beratungsauftrages - bekanntzugeben (Nrn. 14, 15 Arzneimittel-Richtlinien ; BVerwG, NJW 1980, 656, 657; kritisch dazu Denninger, NJW 1981, 619). Hierin liegt kein verfassungswidriger „Dualismus in der Prüfung und Anerkennung von Arzniemitteln" im Verhältnis zu der im > A r z n e i m i t t e l g e setz verankerten staatlichen Arzneimittelkontrolle durch das > Bundesges u n d h e i t s a m t (so aber Küchenhoff, SGb 1979, 89; 1980, 133). Die Zwecksetzung des Kassenarztrechts, die auf die Gewährleistung der kassenärztlichen Versorgung gerichtet ist und die Zwecksetzung des AMG, die arzneimittelrechtliche Zulassung von Arzneimitteln zum Verkehr zu regeln, sind verschieden (BVerwG aaO. S. 657; vgl. auch v. Winterfeld, NJW 1979, 2338, 2340). Für Klagen von Arzneimittelherstellern auf Unterlassung der Bekanntgabe von gutachterlichen Stellungnahmen über die therapeutische Wirksamkeit von Arzneimitteln ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet (BVerwG aaO. S. 656). V. Für die Einhaltung der Arzneimittel-Richtlinien stehen dem Arzt verschiedene Orientierungshilfen zur Verfügung ( > A r z n e i m i t t e l i n d e x , > Preisvergleichsliste, > Transparenzliste).

Arzneiregress 121

I. Man versteht darunter den Rückgriff (Regreß) der > K a s s e n ä r z t l i c h e n V e r e i n i g u n g gegen den > Kassenarzt aufgrund eines gegen sie gerichteten Schadensersatzanspruches der Krankenkassen wegen unwirtschaftlicher oder unberechtigter Verordnung von > Arzneimitteln (> Heilmittel, > H i l f s m i t t e l usw.) durch den Kassenarzt oder wegen Überschreitung des > Arzneimittelhöchstbetrages. II. Rechtsgrundlagen. Über das Bestehen einer Regreßforderung gegen den > Kassenarzt wegen unwirtschaftlicher Verordnung von > A r z n e i m i t t e l n entscheiden die Prüfinstanzen der KV auf Antrag der betroffenen Kran-

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Arzt

kenkassen (also nicht von Amts wegen!) nach den Grundsätzen der > W i r t s c h a f t l i c h k e i t s p r ü f u n g (§ 34 Abs. 1 d BMV-Ä, § 17 Nr. 1 AEKV), wobei insbesondere die > A r z n e i m i t t e l - R i c h t l i n i e n zu beachten sind. Gleiches gilt für die Prüfung bei Überschreitung des > A r z n e i m i t t e l h ö c h s t b e t r a g e s . Eine unberechtigte Verordnung liegt z. B. vor, wenn ein verordnetes Medikament nach den Arzneimittel-Richtlinien nicht als Arzneimittel für die Behandlung einer > K r a n k h e i t i.S. der gesetzlichen > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g anzusehen sind.

Arzt I. Man versteht darunter eine Person, die aufgrund der > A p p r o b a t i o n als Arzt oder aufgrund einer > B e r u f s e r l a u b n i s oder als Dienstleistungserbringer ( > N i e d e r l a s s u n g s f r e i h e i t Rz 1257) zur Ausübung des ärztlichen Berufs unter der Berufsbezeichnung „Arzt" („Ärztin") berechtigt ist (§2 Abs. 5, § 2a BÄO). Der Arzt ist auch zur Ausübung der > Z a h n h e i l k u n d e berechtigt (§ 1 Abs. 1 Satz 1 ZHG > Z a h n a r z t Rz 1962). Die Berufsbezeichnung „Arzt" („Ärztin") ist durch § 132 a Abs. 1 Nr. 2 StGB i.V.m. § 2a BÄO geschützt. Ein unbefugtes Führen der Berufsbezeichnung liegt dann vor, wenn die Tathandlung geeignet ist, die Interessen der Allgemeinheit, die den Trägern solcher Bezeichnungen wegen ihrer Funktionen und Fähigkeiten besonderes Vertrauen entgegenbringt, zu gefährden. Der Tatbestand des § 132a Abs. 1 Nr. 2 StGB ist daher nicht erfüllt, wenn jemand an seinem PKW eine Plakette mit dem Aufdruck „Arzt" anbringt, um unbeanstandet oder erleichtert sein Fahrzeug in Bereichen parken zu können, wo es ihm nicht erlaubt ist (BayObLG, NJW 1979, 2359). Die tatsächliche Ausübung des Arztberufs ist nicht Voraussetzung für die Berechtigung zur Führung der Berufsbezeichnung. II. Die Berufszulassung ist aufgrund von Art. 74 Nr. 19 GG in der > B u n d e s ä r z t e o r d n u n g (BÄO) und in der > A p p r o b a t i o n s o r d n u n g für Ärzte (AOÄ) bundeseinheitlich geregelt ( > G e b i e t s a r z t Rz 672). Die BÄO geht von einem einheitlichen Berufsbild des Arztes aus in dem Sinne, daß der Arztberuf unbeschadet der fortschreitenden Spezialisierung auf einzelne Gebiete eine Einheit darstellt (zur geschichtlichen Entwicklung des ärztlichen Berufsbildes vgl. Osterwald, DÄ 1981, 2191 ff. ; 2243ff.). Die nach erfolgreichem Abschluß der > ä r z t l i c h e n A u s b i l d u n g ( > M e d i z i n s t u d i u m , > n u m e r u s clausus) erteilte > A p p r o b a t i o n berechtigt zur eigenverantwortlichen und selbständigen Ausübung des ärztlichen Berufes und eröffnet dem Arzt grundsätzlich den Zugang zu allen ärztlichen Tätigkeiten. Der >Gebietsarzt ist kein eigener ärztlicher Beruf i.S. des Art. 74 Nr. 19 GG, sondern nur eine besondere Form der Berufsausübung innerhalb des einheitlichen Arztberufs (BVerfG, NJW 1972, 1504, 1505).

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Arzt 123

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III. Rechtsnatur des Aiztberufs. Die ärztliche Berufsausübung ist gekennzeichnet durch die Sozialbindung in § 1 Abs. 1 BÄO einerseits und die Freiheitsgarantie in § 1 Abs. 2 BÄO andererseits. Der ärztliche Beruf ist ein gemeinschaftsbezogener, öffentlich-rechtlich gebundener Beruf, dem im Interesse der Allgemeinheit bestimmte > B e r u f s p f l i c h t e n und Beschränkungen auferlegt sind ( > Ä r z t e k a m m e r , > Berufsordnung), die einem Gewerbetreibenden fremd sind (vgl. Narr, aaO. Rz 35). Dadurch wird die Tätigkeit des frei praktizierenden Arztes jedoch nicht öffentlicher Dienst, sondern bleibt freiberuflich. Dies gilt auch für den > Kassenarzt, der weit stärker in ein öffentlich-rechtliches System eingebunden ist als der privat niedergelassene Arzt (vgl. BVerfG, NJW 1960, 715). Andererseits fordert die ärztliche Berufsausübung ihrem Wesen nach einen bestimmten Freiraum für die Gewissensentscheidung des einzelnen Berufsangehörigen. Diese Freiheit ärztlichen Tuns wird durch § 1 Abs. 2 BÄO institutionell gesichert (Narr, aaO. Rzn. 37 ff.). Die Freiheitsgarantie bedeutet jedoch nicht, daß ärztliche Tätigkeit nur in unabhängiger und wirtschaftlich selbständiger Stellung ausgeübt werden könnte (BVerfGE 16, 286, 294). Die Freiheit des ärztlichen Berufs ist nicht identisch mit dem rechtlich inhaltsleeren und daher mißverständlichen soziologischen Begriff „freier Beruf". Deshalb kann die Ausübung des Arztberufes auch im Rahmen eines Anstellungs- oder Beamtenverhältnisses erfolgen mit dem sich daraus auch für den medizinisch-fachlichen Bereich ergebenden, jeweils durch die leitenden Ärzte ausgeübten Weisungsrecht des Arbeitgebers oder Dienstherrn ( > C h e f a r z t Rz 522, > Assistenzarzt Rz 240). Aus der ärztlichen Berufsfreiheit folgt jedoch, daß kein Arzt zu einer bestimmten Behandlungsmethode oder ganz allgemein zu einer sonst seinem Gewissen widersprechenden Handlung gezwungen werden kann. Im Beamten- oder Angestelltenverhältnis findet das Weisungsrecht des Dienstherrn an dem garantierten Freiheitsraum ärztlicher Tätigkeit seine Grenze. Die verantwortungsbewußte Freiheit der Entscheidung als Vorbedingung jedes ärztlichen Handelns bleibt verbindliches Berufsprinzip, gleichgültig ob die Berufsausübung freiberuflich oder in abhängiger Stellung erfolgt (Etmer-Lundt-Schiwy, aaO. § 1 Anm. 4 ; BGH, NJW 1978, 589, 591; vgl. auch BVerwGE 27, 303). Der angestellte oder > b e a m t e t e A r z t kann nicht zu einer bestimmten Behandlungsmethode, zu einer bestimmten Arzneimitteltherapie (vgl. Rieger, DMW 1978, 2027) oder ganz allgemein zu einer sonst seinem ärztlichen Gewissen widersprechenden Handlung gezwungen werden ( > Betriebsarzt Rz 413, > C h e f a r z t Rzn. 518, 522, > Schwangers c h a f t s a b b r u c h , Rzn. 1606, 1608, > T h e r a p i e f r e i h e i t Rz 1754, > Z w a n g s e r n ä h r u n g Rz 2011). Dementsprechend darf der Arzt nach der ärztlichen > B e r u f s o r d n u n g nur Anstellungsverträge abschließen, in denen sichergestellt ist, daß er in seiner ärztlichen Tätigkeit keinen Weisungen von Nichtärzten unterworfen wird (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 2 MuBO). Wo die Gebote des ärztlichen Gewissens weiter reichen als die des Rechts, kann es zu einem Spannungsverhältnis zwischen Recht und Gewissen kommen (vgl. dazu eingehend Laufs, Recht und Gewissen, S. lff. > Arztethik).

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Arztausweis

Soweit eine ärztliche Weisungsbefugnis besteht, wird der weisungsgebundene Arzt dadurch nicht von seiner eigenen zivil- und strafrechtlichen Haftungsverantwortung entbunden. Dies wird in § 10 Abs. 1 Unterabs. 2 MuBO ausdrücklich klargestellt ( > Assistentenarzt Rz 240). IV. Für die Berufsausübung gilt Landesrecht ( > Ä r z t e k a m m e r , > Berufso r d n u n g , > Weiterbildungsordnung). V. Die Einnahmen aus ärztlicher Tätigkeit unterliegen nicht der > UmsatzSteuer und grundsätzlich auch nicht der Gewerbesteuer. Ausnahmsweise wird von der Rspr. die Gewerbesteuerpflicht dann bejaht, wenn die von einem Freiberufler zu fordernde leitende und eigenverantwortliche Tätigkeit (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG) nicht mehr gegeben ist. Dies kann in Ausnahmefällen bei Laborärzten der Fall sein (BFHE 117, 247). Die Abgrenzung zwischen freiberuflicher und gewerblicher Tätigkeit kann dabei nicht schematisch aufgrund festgestellter Analysezahlen, sondern nur nach den Umständen des Einzelfalles vorgenommen werden, wobei die Praxisstruktur, die individuelle Leistungskapazität des Arztes, das in der Praxis anfallende Leistungsspektrum und die Qualifikation der Mitarbeiter zu berücksichtigen sind. Für die Freiberuflichkeit der Tätigkeit dürfte grundsätzlich zu fordern sein, daß der Laborarzt auch bei einfach gelagerten Untersuchungen neben der Anleitung und Beaufsichtigung des Personals und der Überwachung des Einsatzes technischer Geräte das Analyseergebnis auf seine Plausibilität hin prüft und die Befundmitteilung an den überweisenden Arzt verantwortlich unterzeichnet (zur Frage der Gewerbesteuerpflicht bei Laborärzten eingehend Römermann, BB 1979, 419 ff. > Laborgemeinschaft Rz 1134).

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Arztausweis Der Arztausweis ist eine von den Landesärztekammern ausgestellte Urkunde, in der dem Inhaber die Mitgliedschaft bei der > Ä r z t e k a m m e r bescheinigt wird. Die meisten Ärztekammern verwenden heute den viersprachigen (englisch, französisch, spanisch, russisch! internationalen Arztausweis. Die Gültigkeitsdauer des Ausweises ist bei den einzelnen Ärztekammern unterschiedlich (zwischen einem und fünf Jahren).

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Arztbezeichnung

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Arztbezeichnung 126

Man versteht darunter eine aufgrund der > W e i t e r b i l d u n g s o r d n u n g erworbene Bezeichnung zur Ankündigung einer speziellen ärztlichen Tätigkeit (vgl. §§4, 8 MuWO > G e b i e t s b e z e i c h n u n g , > Teilgebietsbezeichn u n g , > Zusatzbezeichnung). Der Begriff ist somit nicht identisch mit dem Begriff „Berufsbezeichnung" ( > A r z t Rz 122); die Arztbezeichnung ist vielmehr eine Erweiterung der Berufsbezeichnung (vgl. z. B. § 32 Abs. 1 KammerG Bad.-Wttbg.). Von den Arztbezeichnungen genießen die > G e b i e t s b e z e i c h n u n g e n und diejenigen > Z u s a t z b e z e i c h n u n g e n , die die Berufsbezeichnung „Arzt" enthalten ( > Badearzt, > Kurarzt) Strafrechtschutz nach § 132a Abs. 1 Nr. 2 StGB (vgl. Schönke-Schröder-Cramer, aaO. § 132a Rz 10).

Arztbrief 127

I. Der Arztbrief dient der schriftlichen Information zwischen mitbehandelnden und nachbehandelnden Ärzten. Er enthält vor allem anamnestische Daten, Befunde, diagnostische und therapeutische Angaben, Epikrise und Prognose (näheres über Inhalt und Gestaltung des Arztbriefes bei Neumann-Mangoldt, aaO.).

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II. 1. Ein Anspruch des Patienten gegen den behandelnden Arzt auf Überlassung von Arztbriefen zur Einsichtnahme besteht grundsätzlich nicht. Der Inhalt eines Arztbriefes ist nach dem Willen seines Verfassers ausschließlich für den Arztkollegen bestimmt, an den er sich richtet. Die Unbefangenheit der Kommunikation wäre erheblich gestört, wenn der Arzt damit rechnen müßte, daß der Patient von seinem Inhalt Kenntnis erhält. Die Aushändigung eines Arztbriefes an den Patienten ohne Zustimmung des Absenders verstößt daher grundsätzlich gegen das in der > B e r u f s o r d n u n g verankerte Gebot kollegialen Verhaltens (vgl. § 15 Abs. 1 MuBO). Dies gilt in besonderem Maße für Arztbriefe bei psychiatrischer und psychotherapeutischer Behandlung (näher zum Ganzen Rieger, DMW 1979, 570). In Ausnahmefällen wird der Arzt das stillschweigende Einverständnis seines Kollegen zur Einsichtnahme durch den Patienten unterstellen dürfen. Das gilt überall dort, wo das Bekanntwerden des Arztbriefes keine negativen Auswirkungen auf den Patienten haben kann (z.B. Bericht des Orthopäden an den Hausarzt nach Untersuchung wegen eines Meniskusrisses). 2. Von der Frage der Zulässigkeit der Überlassung von Arztbriefen an den Patienten zur Einsichtnahme ist die Frage zu unterscheiden, ob der Arzt dem Patienten den Arztbrief in einem verschlossenen Umschlag zwecks Weiterleitung an Arztkollegen übergeben darf. Sie ist - entgegen mancher Stimmen in der medizinischen Literatur - grundsätzlich zu bejahen (näher dazu Uhlenbruch Med. Klinik 1976, 1163, 1164 m. Nachw.; vgl. aber unten Rz 130).

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Arzt der Bundeswehr

Der Patient, der den für den mitbehandelnden oder nachbehandelnden Arzt bestimmten Arztbrief unbefugt öffnet, macht sich regelmäßig wegen Verletzung des Briefgeheimnisses nach § 202 StGB strafbar (Uhlenbruck, aaO. S. 1164). 3. Rechtlich wirkungslos sowohl im Verhältnis zum behandelnden Arzt wie im Verhältnis zum > Versorgungsamt oder sonstigen Sozialleistungsträgern sind Hinweise in Arztbriefen, daß aus den Diagnosen keine Schlüsse über den Krankheitswert oder den Grad der Behinderung gezogen werden dürfen (näher dazu Lange, Allgemeinarzt 1983, 313ff.). III. Für den Arztbrief erhält der Arzt ein Honorar, das sich je nach Art und Umfang nach den Nrn. 15, 16 GOÄ bemißt.

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IV. Haftung. Fehlende oder mißverständliche Angaben im Arztbrief, die für die Weiterbehandlung des Patienten von Bedeutung sind, können zu einer zivilrechtlichen und strafrechtlichen Haftung des Verfassers des Arztbriefes führen, wenn dem Patienten durch die Unterlassung ein Schaden entstanden ist (z. B. fehlende Angaben über Unverträglichkeit von Medikamenten; vgl. Uhlenbruck, ArztR 1972, 69, 75). Die Überlassung eines verschlossenen Arztbriefes an den Patienten zur 'Weiterleitung an Arztkollegen kann eine Verletzung der ärztlichen Sorgfaltspflicht darstellen, wenn der Arztbrief Mitteilungen enthält, deren Kenntnis dem Patienten schwere gesundheitliche oder seelische Schäden verursachen würde und eine Öffnung des Briefes durch den Patienten nicht auszuschließen ist.

Arzt der Bundeswehr I. Aufgaben. Ärzte der Bundeswehr sind im Gegensatz zu den > S a n i t ä t s - 131 Offizieren in der Bundeswehr Verwaltung tätig. Zu ihren Aufgaben gehört die Untersuchung von Wehrpflichtigen sowie die Beurteilung der Wehrdiensttauglichkeit und der Wehrdienstfähigkeit. Es handelt sich insoweit um eine diagnostisch-gutachterliche Tätigkeit. Daneben ist noch die vor- und fürsorgeärztliche Betreuung der Zivilbediensteten der Bundeswehr wahrzunehmen (vgl. Adam, BerufskBl. 3 - II A 01, S. 6). II. Für die Rechtsstellung des Arztes in der Bundeswehr gilt entsprechendes wie beim Sanitätsoffizier.

Arztehefrau

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Arztehefrau 132

I. 1. Im Gegensatz zur Rechtslage vor dem 1. EheRG (§ 1356 Abs. 2 BGB a.F.) besteht heute eine familienrechtliche Pflicht des Ehegatten, im Beruf oder Geschäft des anderen Ehegatten mitzuarbeiten, nur ausnahmsweise in gewissen Zwangssituationen auf Grund der im Recht der ehelichen Lebensgemeinschaft anerkannten Beistandspflicht. Eine familienrechtliche Verpflichtung der Arztehefrau zur Mitarbeit in der Praxis ihres Ehemannes kann z. B. während der Aufbauphase der Praxis oder bei Personalmangel bestehen (vgl. Palandt-Diederichsen,aaO.,§ 1356Anm. 4a ; BGH ( FamRZ 1959,454).DerUmfangderMitarbeitspflicht richtet sich nach den vorhandenen Kenntnissen und Fähigkeiten; er ist am weitesten dort, wo die Ehefrau eine einschlägige Ausbildung und Berufserfahrung (z.B. als > A r z t h e l f e r i n oder > M e d i z i n i s c h - t e c h n i s c h e Assistentin) besitzt. Durch die familienrechtliche Mitarbeit wird ein Arbeits- oder Dienstverhältnis nicht begründet, so daß auch arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Vorschriften grundsätzlich keine Anwendung finden. 2. Möglich ist der Abschluß eines Arbeitsvertrages über die Mitarbeit der Ehefrau des Praxisinhabers. Ob neben den familienrechtlichen Beziehungen ein Arbeitsverhältnis gewollt ist, richtet sich nach dem Willen der Beteiligten. Fehlt eine ausdrückliche Vereinbarung, so sprechen für ein Arbeitsverhältnis: erhebliche, familienrechtlichen Umfang überschreitende Leistung, Zahlung der ortsüblichen oder tariflichen Vergütung, Ersatz einer fremden Arbeitskraft, Weisungsgebundenheit, Abführung von Lohnsteuer- und Sozialversicherungsbeiträgen (vgl. Schaub, aaO. S. 151). a) Für den schriftlichen Abschluß von Arbeitsverträgen mit der Arztehefrau gibt es Musterverträge (vgl. das Vertragsmuster im Merkblatt des Hartmannbundes, 7. Auflage 1980, zu beziehen über den Hartmannbund, Kölner Straße 40-42, 5300 Bonn-Bad Godesberg).

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b) Die steuerliche Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses zwischen Ehegatten ist vor allem an folgende Voraussetzungen geknüpft (vgl. zum folgenden Maier-Lauffen, DMW 1979, 1294f.; v. Haxthausen, DMW 1979, 1766): aa) der Arbeitsvertrag muß zivilrechtlich wirksam sein und ernsthafte und eindeutige Vereinbarungen über die Höhe und die Fälligkeit der Lohnzahlungen und über die Art und den zeitlichen Umfang der Dienstleistungen enthalten. Obwohl nach bürgerlichem Recht ein Dienstvertrag mündlich abgeschlossen werden kann, verlangt die Finanzverwaltung i.d.R. den Abschluß eines schriftlichen Vertrages zu Beginn des Arbeitsverhältnisses; bb) die Mitarbeit muß nach Art und Umfang über das hinausgehen, was auf familienrechtlicher Grundlage an Mitarbeit von Familienangehörigen im Betrieb verlangt werden kann ; cc) die Vergütung für die Mitarbeit der Arztehefrau muß dem Gehalt entsprechen, das für die entsprechende Tätigkeit einer fremden Person aufgewendet werden müßte; sie darf also weder wesentlich geringer sein, noch das üblicherweise zu zahlende Entgelt übersteigen;

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Arztehefrau

dd) der Arbeitsvertrag muß auch tatsächlich durchgeführt werden. Das bedeutet insbesondere: Führung eines besonderen Lohnkontos, tatsächliche und regelmäßige Auszahlung der Vergütung (nicht ausreichend ist die Überweisung auf ein Darlehenskonto des Praxisinhabers oder auf ein Konto, dessen alleiniger Inhaber der Praxisinhaber ist und über das nur er Verfügungsvollmacht hat; vgl. BFH, HFR 1980, 324), ee) Abführung von Lohn- und Kirchensteuer sowie Beiträge zur Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung. II. Die Begründung eines Gesellschaftsverhältnisses nach §§ 705 ff. BGB zwisehen Praxisinhaber und seiner Ehefrau als Nichtarzt ist ausgeschlossen, weil der Gesellschaftszweck, das gemeinsame Betreiben einer > Arztpraxis, nur zwischen Ärzten wirksam vereinbart werden kann. In Betracht kommt lediglich die Gründung einer stillen Gesellschaft (vgl. BGH, NJW 1974, 2045). Hiergegen bestehen jedoch dann berufsrechtliche Bedenken, wenn gleichzeitig eine Gewinnbeteiligung der Arztehefrau vereinbart wird ( > A r z t h o n o r a r Rz 191). Dieses Verbot, das die Sicherung der wirtschaftlichen Unabhängigkeit bezweckt, ist zwar nur für Rechtsanwälte in den „Grundsätzen des anwaltlichen Standesrechts" (Stand 1. 3. 1982) ausdrücklich normiert (§ 86 Abs. 2). Es folgt jedoch unmittelbar aus dem Wesen des freien Berufes (vgl. § 1 Abs. 2 BÄO > A r z t Rz 123) und muß daher gleichermaßen für freiberuflich tätige Ärzte gelten.

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III. Auch eine als > A r z t h e l f e r i n oder > M e d i z i n i s c h - t e c h n i s c h e Assistentin ausgebildete Arztehefrau kann sich wegen unerlaubter Ausübung der > Heilkunde nach § 5 Abs. 1 HPG strafbar machen, wenn sie im Rahmen ihrer Mitarbeit in der > Arztpraxis bei Abwesenheit des Arztes leichte Fälle selbst behandelt und mit der Blankounterschrift ihres Ehemannes versehene Rezepte verwendet (AG Erding v. 21. 6. 1975 - Ds 185/74 ab -).

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IV. Für die mitarbeitende Arztehefrau besteht Unfallversicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung (sofern ein Ehegatten-Arbeitsverhältnis besteht nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO, andernfalls nach § 539 Abs. 2 RVO > Berufsgenossenschaft Rz 364). Wo sich > Arztpraxis und Wohnung im selben Gebäude befinden, gehören Tätigkeiten für die Praxis, die in sprechstundenfreien Zeiten von der Wohnung aus wahrgenommen werden (z. B. Telefondienst, Hilfstätigkeiten im Rahmen der Vorbereitung von Arztbesuchen) zur versicherten, nicht zur eigenwirtschaftlichen Tätigkeit (vgl. SG Karlsruhe v. 30. 9. 1981 - S 5 U 1847/79 - (Öffnen und Schließen des Garagentors beim Ausfahren zu Arztbesuch]).

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V. Zu den Ansprüchen der Arztehefrau nach der Ehescheidung > Arztprax i s Rz 207, > Praxisveräußerung Rz 1413.

Arzt-Ersatzkassenvertrag (AEKV)

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Arzt-Ersatzkassenvertrag (AEKV) 137

I. Der zwischen der t> K a s s e n ä r z t l i c h e n B u n d e s v e r e i n i g u n g (KBV) und den Verbänden der Ersatzkassen (§ 525 a RVO) abgeschlossene Arzt-Ersatzkassenvertrag (AEKV) regelt bundeseinheitlich die Beziehungen zwischen den > Ersatzkassen und den > V e r t r a g s ä r z t e n (Rz 1848) hinsichtlich der ärztlichen Versorgung der Ersatzkassenmitglieder. Zur Zeit gilt der AEKV i.d.F.v. 1. 4. 1983 (abgedr. bei Heinemann-Liebold, aaO. L lff.). Bestandteil des AEKV ist u. a. die > E r s a t z k a s s e n - G e b ü h r e n o r d n u n g (E-GO). II. Nach seiner Rechtsnatur ist der AEKV ein Bundesmantelvertrag (§ 525 c RVO; vgl. Rrauskopf-Siewert, S. 78 > B u n d e s m a n t e l v e r t r a g — Ärzte).

Arztethik (Berufsethik) 138

Die Arztethik (Berufsethik) beinhaltet die im Berufsstand überlieferten und anerkannten, den einzelnen > A r z t im Gewissen bindenden Grundregeln ärztlicher Tätigkeit (Laufs, Recht und Gewissen S. 3f.). „Sie steht nicht isoliert neben dem R e c h t . . . , (sondern) wirkt allenthalben und ständig in die rechtlichen Beziehungen des Arztes zum Patienten hinein. Was die Standesethik vom Arzt fordert, übernimmt das Recht weithin zugleich als rechtliche Pflicht" (Eb. Schmidt bei Ponsold, aaO. S. 2 ; vgl. auch BVerfG, NJW 1979, 1925, 1930). Die verbindlichen Verhaltensnormen des Rechts zeigen sich von der Arztethik geprägt und in sie eingebettet (Laufs, aaO. S. 3 ; vgl. auch Deneke, Ethische Grundsätze ärztlichen Handelns, BayÄBl. 1981, 945 ff.). Weit mehr als sonst in den sozialen Beziehungen des Menschen fließt im ärztlichen Bereich das Ethische mit dem Rechtlichen zusammen (BVerfG aaO. S. 1930 > Arztrecht). Die Kernsätze der ärztlichen Berufsethik haben in den > B e r u f s o r d n u n g e n der Landesärztekammern ihren Niederschlag gefunden (Laufs, aaO. S. 4). Die wohl älteste Kodifikation ärztlicher Berufsethik ist der O H i p p o k r a t i s c h e Eid. In neuerer Zeit wurden für besondere Bereiche ärztlichen Wirkens auf internationaler Ebene arztethische Standards kodifiziert ( > D e k l a r a t i o n v o n Helsinki, > Deklaration von Lissabon, > Deklaration von T o k i o , > N ü r n b e r g e r Codex). Soweit es an einer schriftlichen Fixierung fehlt, macht die Feststellung der arztethischen Grundregeln in einer pluralistischen Gesellschaft, bei der die weltanschaulichen Gegensätze in alle Bereiche des Lebens und Denkens hineinreichen und angesichts des Wandels der Medizin im technischen Zeitalter zunehmend Schwierigkeiten (vgl. dazu eingehend Laufs, aaO. sowie die interessanten Beiträge bei Doerr-Jacob-Laufs, aaO.).

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Arzthelferin

Arztfachhelferin Arztfachhelferin ist eine Berufsbezeichnung, die nach vorgeschriebener Weiterbildung und bestandener Prüfung von der Hessischen Landesärztekammer und der Ärztekammer Schleswig-Holstein verliehen wird (vgl. für Hessen die „Weiterbildungsordnung für Arzthelferinnen" und die „Prüfungsordnung für die Weiterbildung von Arzthelferinnen", Hess.ÄBl. 1978, 198; für SchleswigHolstein die „Prüfungsordnung für Arztfachhelfer)innen |" v. 4. 11. 1981, Schlesw.-Holst.ÄBl. 1982, 132 > A r z t h e l f e r i n Rz 158). Die Lehranstalt für Medizinisch-technische Assistentinnen in Marburg/Lahn führt Speziallehrgänge für Arzthelferinnen durch, die der Ausbildung zur > M e d i z i n i s c h - t e c h n i s c h e n A s s i s t e n t i n dienen (näher dazu Ahrens, Hambg.ÄBl. 1982/4).

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Arzthelferin I. Die Aufgabe der Arzthelferin besteht in der Unterstützung des Arztes in der Praxis bei seiner Arbeit am Patienten und bei der Erledigung von Verwaltungsarbeiten. Dazu gehören vor allem der Umgang mit dem Patienten, unterstützende Tätigkeiten bei der Behandlung und bei Eingriffen am Patienten (> I n j e k t i o n , > B e h a n d l u n g s f e h l e r Rz 319) sowie die Pflege und Wartung der medizinisch-technischen Instrumente und Apparaturen (näher dazu Vogt, Berufsk-Bl. 1 - X A 301, S. lff.).

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II. Rechtsgrundlage. Der zur Gruppe der > m e d i z i n i s c h e n A s s i s t e n z b e r u f e gehörende Beruf der Arzthelferin gilt als Ausbildungsberuf i. S. des § 25 Abs. 1 BBiG (§ 108 Abs. 1 BBiG). Das Berufsbild ist in dem Erlaß des BMA v. 12. 1. 1965 - IIa 5 - 2561 - BK 8157 (BArbBl. 1965, 153ff. = DÄ 1965, 462ff.) geregelt. Die Bezeichnung „Arzthelferin" ist nicht geschützt. Das BMJFG plant den Erlaß einer Verordnung über die Berufsausbildungen zum Arzthelfer, zum > Z a h n a r z t h e l f e r und zum Tierarzthelfer nach § 25 BBiG. Nach dem vorliegenden Verordnungsentwurf wird die Ausbildungszeit von 2 Jahren auf 3 Jahre verlängert.

III. Ausbildung. 1. Grundzüge. Die Ausbildung zur Arzthelferin richtet sich nach dem Berufsbildungsgesetz. Sie erfolgt im dualen System, d. h. neben der praktischen Ausbildung bei einem niedergelassenen Arzt oder in einer Einrichtung des Gesundheitswesens (vgl. unten Rz 145) wird in der Berufsschule in besonderen Fachklassen theoretischer Unterricht durch Berufslehrer und nebenamtliche ärztliche Fachlehrer erteilt. Eine Ausbildung in Privatschulen wird anerkannt, wenn sie der Ausbildung im dualen System entspricht (§ 40

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Abs. 3 Satz 1 BBiG). Dies ist nur der Fall, wenn sich an die theoretische Ausbildung in der Schule eine praktische Tätigkeit in einer > Arztpraxis oder einer geeigneten Institution des Gesundheitswesens - nach Handhabung der Ärztekammern von einem halben bis einem Jahr - anschließt (VG Münster v. 18. 8. 1978 - 1 K 1268/77 -). Diese berufspraktische Tätigkeit kann nicht dadurch ersetzt werden, daß den Schülerinnen während eines halbjährigen Lehrgangs neben theoretischen Kenntnissen praktische Fertigkeiten in einer in der Schule eingerichteten simulierten Lehrpraxis vermittelt werden. Die Arzthelferinnenausbildung gehört zu den Aufgaben der > Ä r z t e k a m m e r (Rz 3). Sie ist gleichzeitig die für die Überwachung und Förderung der Ausbildung zuständige Stelle i. S. des BBiG (§91 BBiG). Zur Erfüllung dieser Aufgabe hat sie einen Ausbildungsberater zu bestellen (§ 45 BBiG). Im einzelnen ist hervorzuheben: a) Eine bestimmte Schulbildung als Ausbildungsvoraussetzung ist nicht vorgeschrieben. Das Mindestalter für den Beginn der Ausbildung beträgt grundsätzlich 16 Jahre. b) Für über 18jährige Auszubildende besteht nach den Schulgesetzen der Länder keine Berufsschulpflicht (vgl. z.B. § 78 Abs. 1 SchG Bad.-Wttbg.). Es ist jedoch grundsätzlich erforderlich, daß auch dieser Personenkreis die Berufsschule besucht. Eine Verpflichtung hierzu kann nur durch einen entsprechenden Zusatz im Ausbildungsvertrag begründet werden. c) Die Ausbildungszeit beträgt gegenwärtig noch zwei Jahre; sie kann von der Ärztekammer abgekürzt werden, wenn aufgrund der Leistungen der Auszubildenden zu erwarten ist, daß sie das Ausbildungsziel in einer kürzeren Zeit erreicht (§ 40 Abs. 2 BBiG). Eine Verlängerung der Ausbildungszeit kommt ausnahmsweise in Betracht bei längeren Unterbrechungen durch Krankheit. Ein Grund für die Verlängerung ist auch die NichtVersetzung in der Berufsschule. Keiner Verlängerung des Ausbildungsverhältnisses bedarf es bei Fehlzeiten bis zu insgesamt 2 Monaten, nachdem bei Ausbildungsberufen mit dreijähriger Ausbildungszeit im allgemeinen Fehlzeiten bis zu drei Monaten als unschädlich erachtet werden (vgl. Herkert, aaO. § 29 Rz 29). d) Die Zahl der Auszubildenden, die in einer Praxis gleichzeitig ausgebildet werden können, ist begrenzt. Nach § 22 Abs. 1 Nr. 2 BBiG muß die Zahl der Auszubildenden in einem angemessenen Verhältnis zur Zahl der Ausbildungsplätze oder zur Zahl der beschäftigten Fachkräfte stehen. Aufgrund dieser Bestimmung haben die Berufsbildungsausschüsse der Landesärztekammern Schlüsselzahlen festgelegt. So gelten z. B. für den Bereich der LÄK Hessen folgende Richtzahlen (Hess. ÄBl. 1977/6): 1 Arzt = 1 Auszubildende; 1 Arzt und 1-5 Fachkräfte = 2 Auszubildende; 1 Arzt und 6 und mehr Fachkräfte = 3 Auszubildende. Dieser Schlüssel gilt auch für > G e m e i n s c h a f t s p r a x e n . Ähnliche Regelungen bestehen bei den übrigen Landesärztekammern. Dabei wird die Eintragung eines zweiten Ausbildungsvertrages in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse (§ 32 BBiG) vielfach davon abhängig gemacht, daß die bereits tätige Auszubildende sich im 2. Ausbildungsjahr befindet. Einem Arzt, der zwei Auszubildende beschäftigt, von denen eine zur Abschlußprüfung ansteht, kann die Eintragung eines weiteren Ausbildungsvertrages

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von der Ärztekammer nicht mit der Begründung verweigert werden, daß er im Falle des Nichtbestehens der Abschlußprüfung entgegen der geltenden Richtlinien gleichzeitig drei Helferinnen ausbilden müsse (OVG Rheinl.-Pf. v. 17. 3. 1975 - 2 A 113/74 -). e) Nach dem ersten Jahr der Ausbildung findet eine schriftliche Zwischenprüfung nach § 43 BBiG statt. Die Ausbildung endet mit Bestehen der Abschlußprüfung vor einem Prüfungsausschuß der Ärztekammer (§§ 34 ff. BBiG). Die Zulassung zur Abschlußprüfung kann unter den Voraussetzungen des § 40 BBiG vor Ablauf der zweijährigen Ausbildungszeit erfolgen (vgl. oben Rz 142). Zum Teil bestehen in den einzelnen Bundesländern Vereinbarungen zwischen den Kultusministerien und den Landesärztekammern über die gemeinsame Durchführung des schriftlichen Teils der Schulabschlußprüfung und der Abschlußprüfung nach § 34 BBiG (vgl. z.B. die Vereinbarung in Bad.-Wttbg. v. 1. 8. 1975, ÄBl. Bad.-Wttbg. 1976, 520). Bei Durchführung der theoretischen Ausbildung in einer Privatschule für Arzthelferinnen (vgl. oben Rz 141) muß die Abschlußprüfung vor der Ärztekammer abgelegt werden (§ 40 Abs. 3 BBiG). Die Auszubildende hat Anspruch auf Einsicht in die Prüfungsunterlagen (vgl. z. B. § 29 der Prüfungsordnung für die Abschlußprüfung der Arzthelferinnen der LÄK Bad.-Wttbg., ÄBl. Bad.-Wttbg. Beilage zu Heft 3/1974; § 29 VwVfG und die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften). Hierzu gehört auch die sog. „vertrauliche Beurteilung" durch den ausbildenden Arzt. Die Aufbewahrungsfristen für Prüfungsunterlagen ergeben sich aus den Prüfungsordnungen der einzelnen Landesärztekammern (vgl. z. B. § 29 Satz 2 Prüfungsordnung der LÄK Bad.-Wttbg. aaO., ÄBl. Bad.-Wttbg. 1981, 258: Aufbewahrungsfrist für schriftliche Prüfungsarbeiten 3 fahre, für Anmeldungen und Niederschriften über Verlauf der Prüfung einschließlich der Prüfungsergebnisse 10 Jahre). 2. Ausbildungsverhältnis, a) Das Ausbildungsverhältnis wird durch einen schriftlichen Ausbildungsvertrag zwischen dem Ausbildenden und der Auszubildenden begründet, die hierbei im Falle der Minderjährigkeit durch ihre Eltern oder ihren Vormund vertreten wird. Musterverträge, die ergänzend den Manteltarifvertrag für Arzthelferinnen (vgl. unten Rz 153) für anwendbar erklären, sind bei der zuständigen Ärztekammer erhältlich. Gegen den Abschluß sog. Vorverträge, die zur Überbrückung der Zeit vom Hauptschulabschluß bis zur Erreichung des vorgeschriebenen Mindestalters (vgl. oben Rz 141) in der Praxis vielfach üblich sind, werden mit Recht Bedenken geltend gemacht (vgl. Herkert, aaO. § 3 Rz 4, ArbG Reutlingen v. 16. 10. 1973, RzB S. 137). In § 13 BBiG ist eine Probezeit von mindestens einem Monat und höchstens 3 Monaten vorgeschrieben, die sich bei Unterbrechung der Ausbildung, gleich aus welchem Grunde, nicht automatisch um die Dauer dieser Unterbrechung verlängert. Die Parteien des Ausbildungsverhältnisses können jedoch für solche Fälle eine Verlängerung der Probezeit im Ausbildungsvertrag oder während der Probezeit vereinbaren, auch wenn dadurch die Dreimonatsgrenze

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überschritten wird. Voraussetzung hierfür ist allerdings, daß es sich um längere Ausfallzeiten handelt, die den Erprobungszweck beeinträchtigen. Dies ist jedenfalls bei Unterbrechungen von mindestens einem Monat der Fall (BAG, NJW 1982, 2628 [Zahnarzthelferin]). I.d.R. erfolgt die Ausbildung bei niedergelassenen Ärzten, auf die das Berufsbild der Arzthelferin zugeschnitten ist. Soweit in bezug auf die Ausbildungsvoraussetzungen Gleichwertigkeit gegeben ist, kann die Ausbildung auch in Einrichtungen des Gesundheitswesens erfolgen. Die Gleichwertigkeit ist zu bejahen, wenn ein an der kassenärztlichen Versorgung beteiligter ( > Kassenarzt Rzn. 927f.), in der Einrichtung tätiger Arzt, der nach § 20 Abs. 4 BBiG als Ausbilder zu bestellen ist, die persönliche Verantwortung für eine fachgerechte Ausbildung übernimmt. Sowohl niedergelassene Ärzte als auch ärztliche Ausbilder in Einrichtungen des Gesundheitswesens haben dafür Sorge zu tragen, daß Ausbildungsinhalte, die an der betreffenden Ausbildungsstelle nicht vermittelt werden können, in Praxen anderer Fachgebiete bzw. im Rahmen der überbetrieblichen Ausbildung den Auszubildenden vermittelt werden können (z. B. Erwerb von Laborkenntnissen in einer internistischen Praxis bei Ausbildung in einer Augenarztpraxis). Der Ärztekammer obliegt die Eignungsfeststellung des Ausbilders und der Ausbildungsstätte nach § 23 BBiG auch dann, wenn die Ausbildungsstätte zum Bereich des öffentlichen Dienstes gehört (z.B. ärztlicher Dienst beim Bundesgrenzschutz). Rechte und Pflichten beider Vertragspartner sind in §§3-17 BBiG verbindlich festgelegt; hiervon abweichende Vereinbarungen im Ausbildungsvertrag sind nichtig (§ 18 BBiG). b) Nach § 10 BBiG hat die Auszubildende Anspruch auf eine angemessene Ausbildungsvergütung. Als angemessen sind die im Gehaltstarifvertrag (unten Rz 153) vereinbarten Vergütungssätze anzusehen. Sind die Vertragsparteien wie i.d.R. - nicht tarifgebunden, kann in begrenztem Umfang bis maximal 20% nach unten abgewichen werden (OLG Oldenburg v. 11. 12. 1975, RzB S. 42). Die Vereinbarung einer nicht angemessenen Vergütung ist nichtig mit der Folge, daß die Auszubildende die Differenz zur angemessenen Vergütung verlangen kann. Bei Umschülerinnen entfällt die Verpflichtung zur Zahlung einer Ausbildungsvergütung (vgl. unten Rz 151). c) Eine Pflicht des ausbildenden Arztes, der Auszubildenden gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3 BBiG kostenlos Ausbildungsmittel zur Verfügung zu stellen, besteht nur insoweit, als der Verantwortungsbereich des Arztes bei der Vermittlung der erforderlichen Fertigkeiten und Kenntnisse reicht (Herkert, aaO. § 6 Rz 11). Er ist daher zur leihweisen Überlassung nur der Bücher und sonstiger Ausbildungsmittel verpflichtet, die für die Tätigkeit in der Praxis notwendig sind. Hierzu gehören vor allem Gebührenordnungen und medizinische Wörterbücher. Die Bücher für den Berufsschulunterricht braucht der Arzt nicht zur Verfügung zu stellen. d) Zur Tragung der Fahrtkosten zum Besuch der Berufsschule ist der ausbil-

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dende Arzt nach dem BBiG nicht verpflichtet (BAG AP Nr. 1 zu § 6 BBiG ; BSG v. 1. 1 2 . 1 9 7 6 - 7 AAr 44/75-(.Üblicherweise werden diese Kosten jedoch im Ausbildungsvertrag vom Arzt übernommen, sofern kein anderer Kostenträger vorhanden ist. Im allgemeinen erhalten Berufsschüler vom Schulträger nach landesrechtlichen Vorschriften zumindest teilweise die notwendigen Fahrtkosten erstattet (vgl. z. B. für Bad.-Wttbg. § 18 Abs. 1,2 Nr. 3 und Abs. 4 FAG i.d.F.v. 24.3. 1983, GBl. S. 93: Fahrgelderstattung bei Mindestentfernung von 20 km zwischen Wohnung und Schule bei einem Eigenanteil von monatlich 35 DM). e) Die Haftung für Schäden, die dem Ausbildenden oder Dritten (z. B. Patienten) durch Verschulden des Auszubildenden entstanden sind, richtet sich nach den allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen einschließlich der Grundsätze über gefahrgeneigte Tätigkeit (vgl. Borchert, Praxis u. Helferin 1980/8, S. lff.). f) Der ausbildende Arzt hat die Bestimmungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes (JArbSchG) zu beachten. Danach beträgt die tägliche Höchstarbeitszeit 8 Stunden, die wöchentliche Höchstarbeitszeit 40 Stunden (§ 8 Abs. 1 JArbSchG). Eine Überschreitung dieser Zeiten ist nur in Notfällen möglich (§ 21 Abs. 1 und 2 JArbSchG). Eine Beschäftigung ist nur an 5 Wochentagen zulässig, an Samstagen und Sonntagen nur im ärztlichen > N o t f a l l d i e n s t (§§ 15, 16 Abs. 2 Nr. 10, § 17 Abs. 2 Nr. 7 JArbSchG). Bei Beschäftigung an Samstagen und Sonntagen muß die 5-Tage-Woche durch Freistellung an einem anderen berufsschulfreien Arbeitstag derselben Woche sichergestellt werden (§§ 16 Abs. 3, 17 Abs. 3 JArbSchG). Prüfungen an Samstagen gelten nicht als „Beschäftigung", so daß eine Pflicht des Ausbildenden zur Gewährung von Ersatzfreizeit nicht besteht. Der Arzt darf die Auszubildende nicht beschäftigen vor einem vor 9 Uhr beginnenden Berufsschulunterricht sowie an Berufsschultagen mit einer Unterrichtszeit einschließlich der Pausen von mindestens 5 Stunden (§ 9 Abs. 1 Nrn. 1 u. 2 JArbSchG). Wenn Berufsschulunterricht an Samstagen stattfindet, muß der Arzt die Auszubildende an einem anderen berufsschulfreien Arbeitstag derselben Woche von der Arbeit freistellen, da auf die Arbeitszeit Berufsschultage mit 8 Stunden angerechnet werden, wenn die Unterrichtszeit einschließlich der Pausen mindestens 5 Stunden beträgt (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 JArbSchG). Zu beachten sind auch die Vorschriften der §§32 ff. JArbSchG über > Jugendarbeitsschutzuntersuchungen. Der ausbildende Arzt ist verpflichtet, die ärztlichen Bescheinigungen über die durchgeführten Untersuchungen bis zur Beendigung der Beschäftigung, längstens bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres der Auszubildenden aufzubewahren und der Aufsichtsbehörde sowie der > B e r u f s g e n o s s e n s c h a f t auf Verlangen zur Einsicht vorzulegen (§41 Abs. 1 JArbSchG). Ein ausbildender Arzt, der regelmäßig mindestens drei Jugendliche beschäftigt, hat einen Aushang über Beginn und Ende der regelmäßigen Arbeitszeit und der Pausen an geeigneter Stelle in der Praxis anzubringen (§ 48 JArbSchG). Bei regelmäßiger Beschäftigung mindestens eines Jugendlichen ist ein Abdruck

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des Jugendarbeitsschutzgesetzes und die Anschrift des zuständigen Gewerbeaufsichtsamts an geeigneter Stelle in der Praxis auszulegen oder auszuhängen (§ 47 JArbSchG). g) Nach Ablauf der Probezeit kann der Ausbildungsvertrag nur gekündigt werden aa) von beiden Teilen aus wichtigem Grund, bb) von der Auszubildenden mit einer Frist von 4 Wochen, wenn sie die Ausbildung zur Arzthelferin aufgeben oder sich für einen anderen Beruf ausbilden lassen will. Zum Kündigungsschutz nach dem Mutterschutzgesetz während der Probezeit vgl. unten Rz 156). h) Bei Bestehen der Abschlußprüfung vor Ablauf der zweijährigen Ausbildungszeit endet das Ausbildungsverhältnis mit dem Tag des Bestehens der Prüfung (§ 14 Abs. 2 BBiG). Ab diesem Zeitpunkt hat die Auszubildende Anspruch auf die volle Vergütung einer Arzthelferin. Durch tatsächliche Weiterbeschäftigung der Arzthelferin nach bestandener Prüfung wird stillschweigend ein Arbeitsverhältnis begründet, für dessen Kündigung die gesetzlichen Kündigungsfristen gelten. Es empfiehlt sich daher, über die Fortsetzung oder Nichtfortsetzung des Ausbildungsverhältnisses als Arbeitsverhältnis rechtzeitig vor dem Prüfungstermin eine Vereinbarung zu treffen. Bei Nichtbestehen der Abschlußprüfung verlängert sich das Ausbildungsverhältnis auf Verlangen der Auszubildenden bis zur nächstmöglichen Wiederholungsprüfung, höchstens um ein Jahr (§ 14 Abs. 3 BBiG). Die Ausbildungsvergütung während dieser Zeit ist die gleiche wie im zweiten Ausbildungsjahr. Die Zulassung zur Wiederholungsprüfung kann nicht davon abhängig gemacht werden, daß die Auszubildende zwischenzeitlich auch die Berufsschule besucht. Zur Beendigung des Ausbildungsverhältnisses bei Tod des Praxisinhabers vgl. unten Rz 157. i) Der Arzt kann verlangen, daß der der Auszubildenden zustehende Urlaub bis zur Beendigung des Ausbildungsverhältnisses genommen wird, anderenfalls ist er abzugelten. Dabei ist bei der Berechnung der Urlaubsabgeltung die Ausbildungsvergütung zugrunde zu legen (§§ 7 Abs. 4, 11 BUrlG). Wird das Ausbildungsverhältnis als Arbeitsverhältnis fortgesetzt und scheidet die Arzthelferin erst dann aus dem Arbeitsverhältnis aus, ist einer ggf. notwendig werdenden Urlaubsabgeltung bereits das reguläre Arzthelferinnengehalt zugrunde zu legen, und zwar auch für den Urlaubsanteil, der noch während der Ausbildungszeit angefallen war (vgl. Till, BayÄBl. 1981, 1064). j) Erfolgt die Ausbildung zur Arzthelferin im Rahmen von beruflichen Umschulungsmaßnahmen, so liegt kein Berufsausbildungsverhältnis i.S. des 2. Teils des BBiG, sondern ein Umschulungsverhältnis i. S. des § 47 BBiG vor, auf das die §§ 3-19 BBiG keine Anwendung finden (vgl. BAG, DB 1975, 1659; Herkert, aaO. § 47 Rz 16). Daraus folgt u. a., daß die Zahlung einer Vergütung an Umschülerinnen nicht zwingend vorgeschrieben ist. k) Zur Durchführung arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen nach den Unfallverhütungsvorschriften > B e r u f s g e n o s s e n s c h a f t Rz 365.

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3. Unfallversicherung. Während des Besuchs der Berufsschule sind die Auszubildenden grundsätzlich bei dem für den jeweiligen Schulträger zuständigen Unfallversicherungsträger (Gemeindeunfallversicherungsverband) gegen Unfälle versichert. Bei Wegeunfällen gilt folgende Regelung: von der Wohnung zur Berufsschule und umgekehrt, sowie von der Praxis zur Berufsschule besteht Unfallversicherungsschutz beim Gemeindeunfallversicherungsverband. Auf dem Weg von der Berufsschule zur Praxis ist die Auszubildende bei der > B e r u f s g e n o s s e n s c h a f t für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege versichert. 4. Zuschüsse für Praxisinhaber aus den Sonderprogrammen der Landesregierungen zur Sicherung von Ausbildungsplätzen sind gem. § 24 b EStG steuerfrei.

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IV. Arbeitsrechtliche Stellung (zu arbeitsrechtlichen Fragen bei der Beschäftigung von Arzthelferinnen ausführlich Till, BayÄBl. 1981, 953ff., 1055ff. ; 1982, 33 ff.]. Für das Arbeitsverhältnis der Arzthelferin in der Praxis niedergelassener Ärzte gelten der am 1. 1. 1982 in Kraft getretene Manteltarifvertrag v. 25. 5. 1982 (DÄ 1982/27, S. 27, 57 ff.) und der Gehaltstarifvertrag, zuletzt i.d.F.v. 8. 6. 1983 (DÄ 1983/27 u. 28, S. 62f.) zwischen der Arbeitsgemeinschaft zur Regelung der Arbeitsbedingungen der Arzthelferinnen einerseits und dem Berufsverband der Arzthelferinnen, der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft und dem Verband der weiblichen Angestellten andererseits. Diese Tarifverträge sind nicht gem. § 5 T V G für allgemeinverbindlich erklärt worden; sie gelten daher unmittelbar nur für Mitglieder der vertragschließenden Organisationen. Ihr Geltungsbereich wird jedoch faktisch dadurch erweitert, daß der von der BÄK empfohlene und in der Praxis auch häufig benutzte Muster-Arbeitsvertrag (Deutscher Ärzte-Verlag 1982, zu beziehen über die zuständige Ärztekammer) auf ihnen basiert und darüber hinaus die Arbeitsgerichte ihren Inhalt im Zweifel als Festlegung dessen ansehen, was im Arbeitsleben üblich und angemessen ist (vgl. insbesondere unten Rz 146).

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1. Nach § 11 Abs. 5 M T V erhält die Arzthelferin zum 1. Dezember eines jeden Kaienderjahres eine einmalige Zuwendung („Weihnachtsgeld") von dem Arbeitgeber, bei dem sie am 30. November in einem Arbeitsverhältnis steht unter der Voraussetzung, daß das Arbeitsverhältnis nicht vor dem 1. April des folgenden Kalenderjahres aus einem groben Verschulden oder auf Wunsch der Arzthelferin (mit Ausnahme von Schwangerschaft, Entbindung oder Inanspruchnahme einer Sozialversicherungsrente aus eigenem Recht) endet. Eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses „auf Wunsch" i.S. dieser Vorschrift liegt nur vor, wenn die Arzthelferin einseitig, und zwar gegen den Wunsch und Willen des Arbeitgebers, das Vertragsverhältnis vorzeitig löst (LArbG Frankfurt v. 9. 2. 1978, NJW 1979, 616 [Leits.]). Nach § 11 Abs. 6 Satz 2 M T V ermäßigt sich die einmalige Zuwendung, wenn das Arbeitsverhältnis nicht während des gesamten Kalenderjahres bestanden hat; für jeden angefangenen Monat des Arbeitsverhältnisses ist dann Vn der vollen Zuwendung zu zahlen. Dabei werden auch solche Monate berücksichtigt, in denen die Arzthelferin während der Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz Mutterschaftsgeld oder bei weiterbestehendem Arbeitsverhältnis > Krankengeld erhalten hat (§ 11 Abs. 6 Satz 3 MTV). Dagegen können nach dem Wortlaut dieser Vorschrift Zeiten des Mutterschafts-

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urlaubs nicht gerechnet werden. Die Rechtswirksamkeit dieser Regelung erscheint jedoch im Hinblick auf das Urteil des BAG v. 13. 10. 1982 - 5 AZR 370/80 - zweifelhaft. In dieser Entscheidung wird festgestellt, daß die Mutterschutzfrist bei jährlich zu zahlenden Sonderleistungen des Arbeitgebers nicht leistungsmindernd berücksichtigt werden darf. „Durch die in den §§11, 13 und 14 MuSchG enthaltenen Regelungen soll erreicht werden, daß auch bei schwangerschaftsbedingten Fehlzeiten keine Verdienstminderung eintritt. Damit soll zugleich jeder Anreiz für die Mutter entfallen, entgegen der gesetzlich normierten Fürsorge die Arbeit zu ihrem und des Kindes Schaden fortzusetzen . .. Dieser Schutzzweck würde unterlaufen, wenn die Mutter am Jahresende infolge von Schwangerschaft und Entbindung doch einen Teil des Arbeitsentgelts einbüßte". Diese Grundsätze dürften auf Fehlzeiten durch Mutterschaftsurlaub (über die in dem Urteil wegen Beschränkung der Revision nicht zu entscheiden war) gleichermaßen zutreffen (vgl. auch LSG Rheinl.-Pf., BB 1981, 672). 2. §8 MTV enthält Vorschriften über Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft > Bereitschaftsdienst Rz 348; > Rufbereitschaft Rz 1525). 3. Der Urlaub der Arzthelferin bemißt sich gem. § 15 MTV nicht mehr nach Werktagen, sondern nach Arbeitstagen. Für die wenigen Fälle, in denen noch samstags Sprechstunde abgehalten wird, muß eine Umrechnung von Arbeitstagen auf Werktage im Verhältnis 5:6 erfolgen, d. h. z. B. 23 Arbeitstage entsprechen 28 Werktagen (23:5 x 6], bzw. 25 Arbeitstage entsprechen 30 Werktagen (25:5 x 6, vgl. DÄ 1982/27, S. 61). 4. Kündigung, a) Die gesetzliche Kündigungsfrist beträgt 6 Wochen zum Schluß eines Kalendervierteljahres (§ 622 Abs. 1 BGB). Sie verlängert sich für Praxisinhaber mit i.d.R. zwei Angestellten (ausschließlich der Auszubildenden) nach dem Gesetz über die Fristen für die Kündigung von Angestellten v. 9. 7. 1926 (RGBl. I S. 399) wie folgt: Bei einer Beschäftigungsdauer von mindestens 5 Jahren 3 Monate zum Schluß eines Kalendervierteljahres; diese Dreimonatsfrist erhöht sich nach einer Beschäftigungsdauer von 8 Jahren auf 4 Monate, und nach einer Beschäftigungsdauer von 12 Jahren auf 6 Monate. Bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer werden Zeiten, die vor Vollendung des 25. Lebensjahres liegen, nicht berücksichtigt. b) Kündigungsschutz nach dem Mutterschutzgesetz (§9 MuSchG) besteht auch bei Kündigung eines auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Arbeitsverhältnisses, das - wie i.d.R. - zunächst für eine bestimmte Dauer als Piobeaibeitsverhältnis ausgewiesen wird (vgl. Bulla-Buchner, aaO. § 9 RZ 28). Das bedeutet, daß der Praxisinhaber einer Schwangeren auch während der Probezeit nicht kündigen darf, auch wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Eine Kündigungsmöglichkeit kann sich der Praxisinhaber nur dadurch verschaffen, daß er zunächst einen befristeten Arbeitsvertrag auf Probe abschließt. Hierin liegt keine unzulässige Umgehung der §§9 ff. MuSchG (a.A. ArbG Münster, BB 1983, 504). 5. Der Tod des Piaxisinhabers beendet das Arbeitsverhältnis grundsätzlich nicht. Es bedarf daher einer (an die gesetzlichen Fristen gebundenen) Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Erben. Da diesen, sofern es sich um Nichtärzte handelt, die Fortführung der Praxis schon aus rechtlichen Gründen nicht möglich ist, dürfte eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grund (§ 626 BGB) zulässig sein (vgl. BAG, NJW 1958, 1013). Gleiches gilt für die Kündigung von Verträgen mit Auszubildenden nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 BBiG (vgl. Herkert, aaO. § 15 Rz 18). V. Die berufliche Fortbildung der Arzthelferin ist nach den neuen Kammerund Heilberufsgesetzen ausdrücklich zur Aufgabe der > Ä r z t e k a m m e r erklärt (vgl. z.B. § 4 Abs. 1 Satz 2 KammerG Bad.-Wttbg. ; zu den Fortbildungs-

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möglichkeiten bei den einzelnen Landesärztekammern vgl. Ahrens, Hambg. ÄBl. 1982/4). VI. Zum Nachweis einer beruflichen Weiterbildung der Arzthelferinnen kann die Ärztekammer als zuständige Stelle (§ 91 BBiG) Prüfungen durchführen (§ 46 BBiG, wo unzutreffend von „Fortbildung" statt von „Weiterbildung" die Rede ist > Arztfachhelferin).

Arzthonorar 1. Rechtsgrundlagen. 1. Der Anspruch des Arztes auf Zahlung eines Honorars für die von ihm erbrachten ärztlichen Leistungen folgt dem Grunde nach aus dem > Arztvertrag. Eine Ausnahme gilt für Kassenpatienten, mit denen zwar ebenfalls ein Arztvertrag zustandekommt, die jedoch wegen der besonderen Regelungen im Kassenarztrecht nicht Schuldner des ärztlichen Vergütungsanspruchs werden ( > Arztvertrag Rz 214). 2. Für die Bemessung des Arzthonorars gilt die > Gebührenordnung für Ärzte v. 12. 11. 1982 (GOÄ), soweit nicht durch Bundesgesetz oder aufgrund bundesrechtlicher Vorschriften kollektiwertraglich vereinbarter Vergütungsregelungen etwas anderes bestimmt ist. Für den Bereich der gesetzlichen > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g (Rzn. 1103ff.) kommt anstelle der GOÄ der > B e w e r t u n g s m a ß s t a b - Ä r z t e (BMÄ) und die > Ersatzkassen-Gebühr e n o r d n u n g (E-GO) zur Anwendung ( > G e b ü h r e n o r d n u n g für Ä r z t e [GOÄ '82], Rz 680).

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II. Grundzüge der Privatliquidation nach der GOÄ. Die Auslegung wichtiger Bestimmungen der neuen GOÄ ist lebhaft umstritten. Gegen wesentliche Teile des neuen Gebührenrechts bestehen erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken. Die bisher erschienenen Veröffentlichungen sind schon jetzt kaum mehr übersehbar. Zum Teil haben auch die Landesärztekammern Grundsätze für die Anwendung der neuen GOÄ veröffentlicht (vgl. z. B. die Grundsätze des Vorstandes der LÄK Bad.-Wttbg. v. 27. 7. 1983, ÄBl. Bad.-Wttbg. 1983, 374). Eine Klärung der zahlreichen Zweifelsfragen kann erst durch die Rspr. erfolgen ( > G e b ü h r e n o r d n u n g f ü r Ä r z t e Rz 683). Die folgenden Ausführungen beruhen auf dem derzeitigen Erkenntnisstand. 1. Im Gegensatz zur GOÄ v. 18. 3. 1965 (GOÄ '65), die dispositives Recht enthielt, handelt es sich bei der GOÄ '82 bis auf eine Ausnahme (vgl. unten Rzn. 174ff.) um zwingendes Recht. 2. Nach § 1 Abs. 2 GOÄ darf der Arzt eine Vergütung nur für Leistungen berechnen, die er selbst erbracht hat oder durch Personen hat erbringen lassen, die seiner Aufsicht und Weisung unterstehen, für die er also die volle ärztliche Verantwortung im haftungsrechtlichen Sinne trägt. Hierunter fallen auch medizinisch-technische Leistungen, die in einer ärztlichen Gemeinschaftsein-

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richtung erbracht werden, wenn der abrechnende Arzt ihr als Mitglied angehört und an der Aufsicht beteiligt ist ( > L a b o r g e m e i n s c h a f t ; anders wenn der Arzt Laborleistungen von nichtärztlichen Einrichtungen bezieht, vgl. unten Rz 164). Dieses Erfordernis der persönlichen Leistungserbringung ist nach neuem Recht nicht mehr abdingbar (insoweit überholt daher BGH, NJW 1977, 1103, 1104; zur Abrechenbarkeit anderer als ärztlicher Leistungen vgl. unten Rz 164). Zur persönlichen Leistungserbringung bei leitenden Krankenhausärzten > Liquidationsrecht Rzn. 1169 f. 3. Berechnungsfähig sind nur solche ärztlichen Leistungen, die nach den Regeln der ärztlichen Kunst für eine medizinisch notwendige ärztliche Versorgung erforderlich sind. Leistungen, die über das Maß einer medizinisch notwendigen ärztlichen Versorgung hinausgehen, darf der Arzt nur berechnen, wenn sie auf Verlangen des Patienten erbracht worden sind (§ 1 Abs. 3 GOÄ; vgl. dazu Weissauer, Arzt u. Krankenhaus 1983, 308 ff. > Arztvertrag Rz 221). Die Frage der medizinischen Notwendigkeit kann sich z. B. stellen, wenn bereits verwertbare Röntgen- oder Laborbefunde vorliegen, die zur Diagnose herangezogen werden können. Sie gewinnt praktische Bedeutung vor allem im > Beihilf e r e c h t (Rz 332) und in der privaten > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g (Rz 1107), wo die Erstattungsfähigkeit von Krankheitskosten auf medizinisch notwendige Leistungen beschränkt ist. Hierzu gehören grundsätzlich nicht die Behandlung nach > A u ß e n s e i t e r m e t h o d e n , > A k u p u n k t u r (Rz 41), > Frischzellenbehandlung (Rz 654) oder die Ozontherapie ( > W i s s e n schaf tlichkeitsklausel). Diese Leistungen sind auch dort, wo sie auf ausdrücklichen Wunsch des Patienten erbracht werden, nach der GOÄ nicht abrechnungsfähig, da sie nicht im Gebührenverzeichnis aufgeführt sind und sich auch einer analogen Bewertung über § 6 GOÄ (vgl. unten Rz 171) entziehen. Die Abrechnungsfähigkeit läßt sich daher nur durch Vereinbarung im > Arztvertrag begründen, die im Rahmen der Vertragsfreiheit für zulässig erachtet werden muß. Bei Zweifeln über die medizinische Notwendigkeit einer vom Arzt vorgeschlagenen oder vom Patienten verlangten Behandlung trifft den Arzt eine Hinweispflicht bezüglich des Kostenrisikos ( > Arztvertrag Rz 221). 4. Vergütungsarten. Die Vergütung des Arztes besteht in Gebühren, Entschädigungen und Ersatz der Auslagen. a) Gebühren sind Vergütungen für die im Gebührenverzeichnis in der Anlage zur GOÄ in den Abschnitten B-P genannten ärztlichen Leistungen. Sie stellen das eigentliche Arzthonorar dar. In den jeweiligen Gebührensätzen der GOÄ sind grundsätzlich enthalten (vgl. zum folgenden Baur, MedR 1983, 161 ff. ; aus der Fünten, Arzt u. Krankenhaus 1983, 53ff.): aa) die Vergütung für die rein ärztliche Leistung; bb) die allgemeinen Praxiskosten einschließlich der durch die Anwendung von Instrumenten und Apparaten entstehenden Kosten (§ 4 Abs. 3 GOÄ). Dabei muß es sich nicht notwendig um die eigene Praxis des Arztes handeln. Auch aus der Inanspruchnahme von Einrichtungen Dritter dem Arzt entste-

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hende Kosten gehören dazu, z. B. wenn ein > C h e f a r z t für die Inanspruchnahme von Räumen, Einrichtungen und Personal des Krankenhauses bei der ambulanten Nebentätigkeit ein > N u t z u n g s e n t g e l t zu erstatten hat (Schmatz-Goetz-Matzke, aaO. § 4 Erl. 6). Unter die durch die Gebühren abgegoltenen Praxiskosten fallen alle Kosten, die durch den „Betrieb" einer > A r z t p r a x i s , also nicht für den Einzelfall entstehen. Dazu gehören insbesondere Aufwendungen für Miete, Beleuchtung, Heizung, Wasser, Reinigung, Reparatur- und Betriebskosten sowie Abschreibung für Instrumente und Praxiseinrichtung, Kapitalzinsen, Gehälter für > Assistenten und nichtärztliche Mitarbeiter, Ausgaben für berufliche > Fortbildung, Telefonkosten, sofern sie im Rahmen der Berufstätigkeit des Arztes angefallen sind (anderenfalls sind die Telefonkosten als Auslagen gesondert zu erstatten, vgl. unten Rz 165), Versand* und Portokosten, soweit sie nicht im Zusammenhang mit den in § 4 Abs. 3 Satz 2 GOÄ genannten > S a c h l e i s t u n g e n stehen (vgl. unten Rz 165), Versicherungsprämien usw. (vgl. Schmatz-Goetz-Matzke, aaO. § 4 Erl. 6). Gesondert berechnungsfähig sind nur die in § 10 Abs. 1 GOÄ genannten Kosten (vgl. unten Rz 165). Der Begriff der allgemeinen Praxiskosten i. S. des § 4 Abs. 3 Satz 1 GOÄ ist nicht identisch mit den dem Krankenhaus aus der liquidationsberechtigten stationären Tätigkeit der leitenden Krankenhausärzte entstehenden Sach- und Personalkosten (> N u t z u n g s e n t g e l t Rz 1302). cc) alle bei der Erbringung ärztlicher > Sachleistungen nach den Abschnitten 164 M, N und O der Anlage zur GOÄ entstehenden tatsächlichen Kosten mit Ausnahme der Versand- und Portokosten (z.B. Kosten für Reagenzien und Substanzen zur chemischen Analyse und Kosten für Röntgenfilme; § 4 Abs. 3 Satz 2, § 10 Abs. 2 GOÄ). Diese > S a c h k o s t e n dürfen also nicht zusätzlich in Rechnung gestellt werden. dd) Mit den Gebühren abgedeckt sind auch Kosten, die bei der Erbringung ärztlicher (dem Arzt nach § 1 Abs. 2 GOÄ zurechenbarer) Leistungen durch Inanspruchnahme Dritter entstehen, die nach der GOÄ selbst nicht liquidationsberechtigt sind (§ 4 Abs. 3 Satz 3 GOÄ). Dies ist in der Praxis vor allem von Bedeutung bei der Inanspruchnahme von Personal und technischen Einrichtungen des Krankenhauses durch liquidationsberechtigte leitende Krankenhausärzte (> N u t z u n g s e n t g e l t ) . Für andere als ärztliche Leistungen (z. B. Laboruntersuchungen durch nichtärztliche Service-Firmen) kann der Arzt nur Aufwendungsersatz nach § 670 BGB verlangen. b) Auslagen sind tatsächliche Aufwendungen aus Anlaß der ärztlichen Tätig- 165 keit, die mit den Gebühren nicht abgegolten sind. Dazu gehören Kosten für > A r z n e i m i t t e l , Verbandmittel und sonstige Materialien, die der Patient zur weiteren Verwendung behält oder die mit einer einmaligen Anwendung verbraucht sind (§ 10 Abs. 1 GOÄ), außerdem Versand- und Portokosten bei ärztlichen > S a c h l e i s t u n g e n (§ 10 Abs. 2 GOÄ). Telefonkosten können ausnahmsweise dann besonders berechnet werden, wenn der Arzt nicht unmittelbar im Zusammenhang mit der Erbringung der beruflichen Leistungen, sondern im Einzelfall im Interesse des Patienten Telefongespräche führt (z.B.

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Telefonkosten bei Ausfindigmachen eines Krankenhausbettes, Bestellung eines Krankentransportwagens; vgl. Brück aaO. § 10 Rz 10). Berechnungsfähig sind immer nur die dem Arzt tatsächlich entstandenen Kosten, nicht z. B. der marktübliche Preis für kostenlos überlassene > Ä r z t e m u s t e r (Rz 23). c) Entschädigungen sind Wegegeld und Reiseentschädigungen für Arztbesuche (§§ 7-9 GOÄ). 5. Bemessung der Gebühren, a) Im Gegensatz zur GOÄ '65, die einen Gebührenrahmen zwischen dem Einfachen und Sechsfachen der Einfachsätze des Gebührenverzeichnisses vorsah, hat die neue GOÄ die Gebührenspanne für die überwiegend persönlichen Leistungen des Arztes auf das Ein- bis 3,5fache und für die überwiegend medizinisch-technischen Leistungen (Abschnitte A, E, M und O des Gebührenverzeichnisses) auf das Ein- bis 2,5fache reduziert (§ 5 Abs. 1 u. 3 GOÄ], Innerhalb dieser Gebührenrahmen sind die Gebühren unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und des Zeitaufwandes der einzelnen Leistung sowie der Umstände bei der Ausführung und der örtlichen Verhältnisse nach billigem Ermessen zu bestimmen. Die Schwierigkeit der einzelnen Leistung kann bei persönlichen ärztlichen Leistungen auch durch die Schwierigkeit des Krankheitsfalles begründet sein, wobei es dann auf die Schwierigkeit der einzelnen Leistung nicht ankommt (letzteres ist streitig; vgl. Schmatz-Goetz-Matzke, aaO. § 5 Erl. 9). Durch das in die GOÄ '82 neu aufgenommene Kriterium „Umstände bei der Ausführung" soll nach der amtlichen Begründung zur GOÄ der Aufwand des Arztes berücksichtigt werden können, der durch besondere, bei der Ausführung der Leistung im Einzelfall begründete - und nicht schon nach anderen Kriterien berücksichtigungsfähige - Umstände bedingt ist wie z.B. durch besondere Wünsche des Patienten (näher dazu Schmatz-Goetz-Matzke, aaO. § 5 Erl. 7). Bemessungskriterien, die bereits in der Leistungsbeschreibung berücksichtigt worden sind (allgemeine Schwierigkeit, Zeitaufwand usw.), dürfen sich nicht nochmals zusätzlich gebührensteigernd auswirken. Die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Patienten bilden anders als in der GOÄ '65 kein Kriterium mehr für die Bemessung des Arzthonorars. Es besteht jedoch die Möglichkeit, dieses Kriterium im Rahmen von Honorarvereinbarungen zu berücksichtigen (vgl. unten Rz 178). Ebenso bleiben die Eigenschaft als ärztlicher > H o c h s c h u l l e h r e r , die Gebietsarztqualifikation ( > G e b i e t s a r z t ) oder der Umstand, daß es sich um eine sog. „Kapazität" handelt, die besonders spezialisierte Leistungen erbringt, als Bemessungskriterien außer Betracht (vgl. Brück, aaO. § 2 Rz 4). Nicht berücksichtigungsfähig bei der Festsetzung der Gebührenhöhe ist auch wie schon nach bisherigem Recht die Steigerung der allgemeinen Lebenshaltungskosten (zum bisherigen Recht vgl. Rieger, DMW 1974, 718) sowie eine besonders teuere Praxisausstattung (anders aber, wenn die Praxisausstattung unmittelbar Voraussetzung für eine besondere Art der Leistungserbringung ist wie z.B. beim ambulanten Operieren > O p e r a t i o n Rz 1333); vgl. Schmatz-GoetzMatzke, aaO. § 5 Erl. 7). Erhöhte Praxiskosten in Großstädten rechtfertigen nicht generell den Ansatz eines höheren Multiplikators aufgrund der „örtlichen Verhältnisse" (Rundschreibend. BMJv. 18. 8. 1 9 8 3 - D I I I 5 - 2 1 3 1 0 3 - 2 / 1 ) .

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Die Ausübung des Ermessens bei Anwendung des Gebührenrahmens (vom Ein- bis 3,5fachen bzw. vom Ein- bis 2,5fachen) wird dadurch erheblich eingeschränkt, daß unter durchschnittlichen Verhältnissen eine Gebühr nur zwischen dem Einfachen und 2,3fachen des Gebührensatzes in Rechnung gestellt werden darf (Regelspanne) und ein Überschreiten des 2,3fachen („Schwellwert") bis zum 3,5fachen des Gebührensatzes nur dann zulässig ist, wenn die vorgenannten Bemessungskriterien dies rechtfertigen und wenn diese Überschreitung außerdem vom Arzt schriftlich begründet und auf Verlangen des Patienten näher erläutert wird (§ 5 Abs. 2 Satz 3, § 12 Abs. 2 Satz 2 u. 3 GOÄ). Noch weiter eingeschränkt wird die Anwendung des Gebührenrahmens bei den medizinisch-technischen Leistungen nach den Abschnitten A, E, M und O des Gebühren Verzeichnisses, wo die Regelspanne nur vom Ein- bis l,8fachen des Gebührensatzes reicht, so daß die „Begründungsschwelle" hier bereits beim l,8fachen des Gebührensatzes liegt.

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Bei den Schwellenwerten des 2,3- bzw. l,8fachen des Gebührensatzes handelt es sich um das „aufgerundete Mittel zwischen Einfachsatz und Höchstsatz" (1 + 3,5 = 4,5:2 = 2,25, aufgerundet 2,3; 1 + 2,5 = 3,5:2 = 1,75, aufgerundet 1,8; vgl. amtliche Begründung zur GOÄ '82, BR-Drucks. 295/82, S. 11). Fraglich ist, ob die Schwellenwerte damit die Funktion des Mittelsatzes i. S. der zur GOÄ '65 überwiegend vertretenen „Mittelwerttheorie" übernommen haben, so daß der Arzt bei seiner Honorarabrechnung zunächst einmal den Mittelwert (den 2,3fachen bzw. l,8fachen Gebührensatz) zugrundezulegen und von dieser Mitte her betrachtet nach der Lage des einzelnen Falles unter Berücksichtigung der in § 5 Abs. 2 GOÄ aufgezählten Bemessungskriterien die Gebührenhöhe zu bemessen hätte, wobei im Streitfall der Arzt beweisen müßte, daß ihm mehr als die Mittelgebühr zusteht, während der Patient beweispflichtig ist für die Behauptung, daß nach den gegebenen Umständen das Arzthonorar unterhalb des Mittelsatzes festzusetzen ist (vgl. zum früheren Recht LG Berlin v. 27. 6. 1963, DÄ 1964, 272; A. Hess, DÄ 1965, 709; Weissauer, NJW 1966, 382, 384; Bender, Westf. ÄBl. 1975, 655, 666; weitere Nachweise bei Brück, aaO. § 5 Rz 16). Die Frage dürfte zu bejahen sein. Aus der amtlichen Begründung ergeben sich keine Hinweise darauf, daß der Verordnungsgeber von der bisher herrschenden Mittelwerttheorie abrücken wollte. Im Gegenteil ist der Verordnungsgeber davon ausgegangen, daß der Arzt das Honorar im Normalfall künftig etwa mit dem Mittelsatz der GOÄ '82 ansetzen wird, der in etwa der Mittelgebühr der GOÄ '65 (3,5facher Einfachsatz) entspricht (näher dazu aus der Fünten, Arzt u. Krankenhaus 1983, 93, 95). Die Beweislastverteilung zwischen Arzt und Patient nach den vorstehenden Grundsätzen befreit den Arzt andererseits nicht von der in der > Berufsordnung verankerten Pflicht, das Honorar - ausgehend vom Mittelsatz - „angemessen", d. h. unter Berücksichtigung der „besonderen Umstände des einzelnen Falles" festzusetzen (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 1 u. 2 MuBO). Hiermit in Einklang stehen die Vorschriften in § 5 Abs. 2 Satz 4 und Abs. 3 Satz 2 GOÄ, die eine Festsetzung des Honorars „nur zwischen dem Einfachen und dem 2,3fachen

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des Gebührensatzes" zulassen. Das bedeutet, daß der Arzt im Einzelfall eine Entscheidung über die Angemessenheit z.B. auch des l,3fachen oder des zweifachen Gebührensatzes bei persönlichen ärztlichen Leistungen (oder z.B. des l ; 2fachen oder l,5fachen Gebührensatzes bei medizinisch-technischen Leistungen) treffen muß. Mit dieser Regelung sowie mit dem berufsrechtlichen Grundsatz der individuellen Honorarbemessung ist der generelle Ansatz des Schwellenwertes als Multiplikator ebenso unvereinbar wie jeder sonstige pauschale Ansatz eines bestimmten Multiplikators für alle im Rahmen einer Behandlung erbrachten ärztlichen Leistungen (wie hier im Ergebnis Brück, aaO. § 5 Rz 16; aus der Fünten, aaO.; Hess, DÄ 1983/4, S. 17, 25; vgl. zum früheren Recht noch Hollmann, Nieders. ÄBl. 1979, 855; teilweise a.A. Narr, Arzt u. Wirtschaft 1983/13, S. 12, 22, der die Trennung zwischen materieller Regelung der Honorarbemessung und Beweislastregelung für unzulässig hält und daher die Beweislast für die Angemessenheit einer Honorarforderung in allen Fällen dem Arzt überbürdet). Einen gewissen Ausgleich bietet hier die Möglichkeit des Abschlusses von Honorarvereinbarungen innerhalb der Regelspanne (dazu unten Rz 176). b) Bei Kostenübernahme durch Sozialleistungsträger i.S. des § 12 SGB I oder sonstige öffentlichrechtliche Kostenträger bemißt sich das Arzthonorar nach den Einfachsätzen des Gebührenverzeichnisses der GOÄ nach näherer Maßgabe des § 11 GOÄ. c) Zwar nicht nach der GOÄ, aber nach der ärztlichen > B e r u f s o r d n u n g (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 3 MuBO) und nach § 1 UWG ( > W e t t b e w e r b s r e c h t Rz 1922) verboten ist eine Unterschreitung der Gebührensätze (Einfachsätze) der GOÄ in unlauterer Weise. Nicht standeswidrig ist das Unterschreiten der Einfachsätze an sich (vgl. BVerfG v. 20. 10. 1981 - 2 BvR 201/80 - [Unterschreiten der Mindestsätze nach der Verordnung über die Honorare für Leistungen der Architekten und Ingenieure] und dazu Till, DMW 1982, 1249); Voraussetzung ist vielmehr die Unlauterkeit dieses Unterschreitens, insbesondere im Verhältnis zu anderen Ärzten, die gleichartige Leistungen anbieten. Nicht unlauter ist eine Unterschreitung oder ein vollständiger Honorarverzicht bei der Behandlung von Kollegen, Verwandten, deren Angehörigen und unbemittelten Patienten (vgl. § 14 Abs. 2 MuBO). Andererseits besteht keine Pflicht des Arztes zur unentgeltlichen Behandlung dieses Personenkreises. Die früher weithin übliche und von manchen Ärztekammern ausdrücklich empfohlene Handhabung, bei der Behandlung von Kollegen und deren Angehörigen auf eine Liquidation zu verzichten, wird angesichts des zwischenzeitlich weitgehend bestehenden Krankenversicherungsschutzes für Ärzte (vor allem im Rahmen von Gruppenversicherungsverträgen mit den Ärztekammern) zunehmend aufgegeben. In manchen Bundesländern bestehen auch gemeinsame wechselseitige Empfehlungen der jeweiligen Ärztekammern und Zahnärztekammern für das Liquidationsverhalten bei der gegenseitigen Behandlung der Berufsangehörigen (vgl. z.B. für Bad.-Wttbg. ÄBl. Bad.-Wttbg. 1976, 211). Unlauter ist die Unterschreitung des Einfachsatzes der GOÄ stets, wenn sie

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ohne stichhaltigen Grund lediglich zum Zwecke der Anwerbung einer großen Patientenzahl und der Ausschaltung von Mitbewerbern erfolgt (vgl. Hollmann, Nieders.ÄBl. 1979, 24). Solche Praktiken sind nicht selten bei Laborärzten zu beobachten. Ein unlauteres Unterschreiten müßte aber wohl dann verneint werden, wenn der Arzt den Nachweis führen kann, daß aufgrund von Rationalisierungsmaßnahmen Leistungen in seiner Praxis oder in seinem Labor zu Gebührensätzen angeboten werden können, die unterhalb der Einfachsätze der GOÄ liegen. Die gegen das berufsrechtliche Verbot des Unterschreitens der Gebührensätze der GOÄ teilweise geltend gemachten kartellrechtlichen Bedenken sind nicht begründet, da im Verhältnis zu den Berufsangehörigen die berufsrechtlichen Regelungen grundsätzlich dem privaten Wettbewerbsrecht vorgehen (näher dazu Harms, NJW 1976, 1289, 1294ff. ; Narr, Rzn. 1013ff. O W e t t b e w e r b s r e c h t Rz 1926). Früher erhobene Bedenken in dieser Hinsicht (vgl. Schreiben des BMWi an den BAM v. 24. 3. 1966 - B 4 - 2494 123/1 - , abgedr. bei Brück, Komm, zur GOÄ 1965, § 2 Anm. 4b) sind aufgrund der jetzigen Fassung der Berufsordnungen von Seiten des Bundeskartellamts nicht mehr aufrecht erhalten worden (vgl. Brück, aaO. § 5 Rz 5). 6. Die analoge Bewertung von Leistungen, die nicht in das Gebührenverzeichnis aufgenommen sind, bleibt nach § 6 GOÄ weiterhin zulässig, beschränkt sich jedoch auf die Anwendung einer gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses der GOÄ. Die Möglichkeit der Heranziehung einer gleichwertigen Gebührenposition aus der Gebührenordnung für Zahnärzte ( > Z a h n a r z t Rz 1968) ist entfallen. Künftig nicht mehr ausreichend ist der Vermerk auf der Arztrechnung „analog Nr. . . . GOÄ". Die Analogbewertung muß vielmehr aus der Rechnung für den Zahlungspflichtigen in der in § 6 GOÄ vorgeschriebenen Weise erkennbar sein. 7. Das Arzthonorar wird nur fällig, wenn der Arzt dem Patienten oder dem an seiner Stelle Zahlungspflichtigen (z. B. den Eltern bei der Behandlung Minderjähriger) eine Rechnung erteilt hat, die den zum Zwecke ihrer Transparenz und Nachprüfbarkeit in § 12 GOÄ vorgeschriebenen Mindestinhalt aufweist, nämlich a) das Datum der Erbringung jeder einzelnen Leistung. Die Angabe eines einzigen Datums auf der Rechnung ist nicht ausreichend, wenn sich eine Behandlung über einen längeren Zeitraum erstreckt hat und die berechneten Leistungen an verschiedenen Tagen erbracht worden sind; b) die Gebührennummer und die Bezeichnung (Leistungsbeschreibung) der einzelnen berechneten Leistungen sowie den jeweiligen DM-Betrag ( = Endbetrag, der sich aus der Anwendung des jeweiligen Steigerungssatzes (Multiplikators) ergibt und den Steigerungssatz. Überschreitet die berechnete Gebühr die Regelspanne (das 2,3- bzw. l,8fache des Gebührensatzes = Schwellenwert = Mittelsatz; vgl. oben Rzn. 167 f.), ist dies in der Rechnung schriftlich zu begründen. Dabei muß der konkrete Grund für die Steigerung angegeben werden, das Anführen der in § 5 Abs. 2 GOÄ genannten Bemessungskriterien allein genügt nicht. I.d.R. ist aber eine stichwortartige Kurzbegründung

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ausreichend. Auf Verlangen des Zahlungspflichtigen ist die Begründung näher zu erläutern. Die Leistungsbeschreibung kann entfallen, wenn der Rechnung eine Zusammenstellung beigefügt wird, der die Bezeichnungen für die abgerechneten Leistungsnummern entnommen werden können. Medizinisch nicht notwendige Leistungen, die auf Verlangen des Patienten erbracht worden sind (§ 1 Abs. 2 Satz 2 GOÄ; vgl. oben Rz 162] hat der Arzt in der Rechnung als solche zu bezeichnen. c] bei Entschädigungen (Wegegeld und Reiseentschädigung, §§ 7-9 GOÄ] den Betrag, die Art der Entschädigung und die Berechnung; d) bei Ersatz von Auslagen (§10 GOÄ) den Betrag und die Art der Auslage. Übersteigt die einzelne Auslage 50 DM, ist der Beleg oder ein sonstiger Nachweis beizufügen. Nicht zum obligatorischen Inhalt der Arztrechnung gehört die Diagnose. Ihre Angabe in der Rechnung ergibt sich jedoch als Nebenpflicht aus dem > Arztvertrag, wenn der Patient dies zur Erstattung der Kosten durch seine private > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g (Rz 1107), die Beihilfestelle ( > Beihilferecht) oder einen sonstigen Kostenträger benötigt ( > Schweigepflicht Rz 1639). Entgegen der in der amtlichen Begründung zu § 12 GOÄ vertretenen Auffassung des Verordnungsgebers kann es keinem Zweifel unterliegen, daß mit dieser Regelung die unter dem Gesichtspunkt des Schutzes des Zahlungspflichtigen grundsätzlich berechtigten Transparenzerfordernisse z. T. erheblich überzogen wurden und der für den Arzt damit verbundene Verwaltungsmehraufwand in diesem Umfang sachlich nicht gerechtfertigt ist. 8. Honorarvereinbarungen, a) Nach § 2 Abs. 1 GOÄ kann eine von der Gebührenordnung abweichende Vereinbarung nur noch hinsichtlich der Höhe der Vergütung (einschließlich Entschädigungen und Auslagen, vgl. § 4 Abs. 1 GOÄ) getroffen werden. Nach der Begründung des Bundesrates (abgedr. bei Brück, aaO. § 2 vor Rz 1) sollen die übrigen Vorschriften der Verordnung, entsprechend den Regelungen in der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte und der Steuerberatergebührenverordnung, unabdingbar sein. Insbesondere sollen auch bei der Rechnungserstellung aufgrund einer Honorarvereinbarung die Grundsätze des § 12 Abs. 2 GOÄ Beachtung finden. Diese gegenüber der GOÄ '65 wesentliche Änderung enthält einen schwerwiegenden Eingriff in die verfassungsrechtlich gewährleistete Vertragsfreiheit von Arzt und Patient bei Vereinbarung der Vergütung für die ärztlichen Leistungen ( > G e b ü h r e n o r d n u n g für Ärzte Rz 683). Bis zur Klärung der anstehenden Fragen durch die Rspr. läßt sich der zulässige Inhalt von Honorarvereinbarungen nach dem neuen Gebührenrecht wie folgt skizzieren: aa) Anders als nach bisherigem Recht sind Vereinbarungen, wonach die Liquidation auf der Grundlage einer anderen Gebührenordnung jz. B. > P r i v a t - A d g o , > P r e u g o , > Ersatzkassen-Gebührenordnung) oder außerhalb jeglicher Gebührenordnung (vgl. OLG Frankfurt, NJW 1977, 1497) erfolgen soll, künftig nicht mehr möglich. bb) Zulässig ist künftig nur noch die Vereinbarung eines von der Regelung der neuen GOÄ abweichenden Multiplikators. Die Vereinbarung eines Pauschalhonorars ( > G u t a c h t e n Rz 746) ist nach dem neuen Gebührenrecht ebenso ausgeschlossen wie eine

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Änderung des Punkt-wertes oder der Punktzahl oder die Vereinbarung von prozentualen Zuschlägen zu den Einfachsätzen des Gebührenverzeichnisses. Dies folgt einmal aus dem in § 5 Abs. 2 GOÄ verankerten Prinzip der Einzelbewertung sowie vor allem daraus, daß nach § 12 Abs. 2 Nr. 2 GOÄ, der nicht abdingbar ist, u.a. der „Steigerungssatz" in der Rechnung anzugeben ist (vgl. Schmatz-Goetz-Matzke, aaO. § 2 Erl. 2 b ; Narr, Arzt u. Wirtschaft 1983/13, S. 12, 13, 18, Lübbers, Rhein.ÄBl. 1982, 1179, 1180; Hess, DÄ 1983/4, S. 18, 19; a.A. Weissauer, Anästh. Intensivmed. 1983, 51 f.). Möglich ist aber die Vereinbarung einer ärztlichen Vergütung unter Zugrundelegung der voraussichtlich notwendigen Leistungen, des vereinbarten Multiplikators und der sich daraus ergebenden wahrscheinlichen Höhe der Gesamtliquidation (Narr, Arzt u. Wirtschaft 1983/13, S. 13). cc) Streitig ist, ob eine Vereinbarung über die Vergütungshöhe nur dann als von der GOÄ abweichende Vereinbarung nach § 2 Abs. 1 GOÄ zulässig ist, wenn der Multiplikator außerhalb des in § 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 GOÄ vorgeschriebenen Gebührenrahmens liegt oder ob auch ein Multiplikator innerhalb dieses Rahmens (d. h. vom Einfachen bis zum 3,5- bzw. 2,5fachen des Gebührensatzes) vertraglich festgelegt werden kann. Richtiger Ansicht nach ist bei der Frage, was eine von der Verordnung abweichende Vergütungshöhe ist, von § 5 GOÄ auszugehen. Das bedeutet, daß eine abweichende Vergütungshöhe immer dann vorliegt, wenn sie unabhängig von den nach § 5 Abs. 2 GOÄ maßgeblichen Bemessungskriterien vereinbart wird. Es kann also auch eine Vergütung als von der Verordnung abweichend bezeichnet werden, die innerhalb des Gebühiemahmens der GOÄ liegt. Die gegenteilige Auffassung würde dazu führen, daß Arzt und Patient gezwungen wären, eine oberhalb des Gebührenrahmens liegende Vergütung zu vereinbaren, auch wenn beide nur eine Vergütung oberhalb der Regelspanne des 2,3- bzw. l,8fachen bis zum Höchstsatz als angemessen vereinbaren wollen. Eine Einschränkung der Vertragsfreiheit ist insoweit vom Bundesrat auch nicht beabsichtigt gewesen. In der Vereinbarung eines Multiplikators innerhalb des Gebührenrahmens liegt auch keine unzulässige Umgehung der in § 12 Abs. 2 GOÄ vorgeschriebenen Begründungspflicht; denn die Begründungspflicht entfällt auch in den übrigen Fällen einer Honorarvereinbarung. Überschreitet der vereinbarte Multiplikator den Schwellenwert, so genügt der Hinweis auf die getroffene Sondervereinbarung (so zutreffend das Schreiben des BMA an die Minister der Länder v. 19. 5. 1983 - V a 1 - 43214 - 1, amtl. Begründung zu § 12 Abs. 2, BR-Drucks. 295/82, S. 16; a.A. Schmatz-Goetz-Matzke, aaO. § 2 Erl. 2b) und c); Hensen, NJW 1983, 1366, 1367). Zum gleichen Ergebnis muß eine verfassungskonforme Auslegung des § 2 Abs. 1 GOÄ insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 GG führen, da z. B. auch nach der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte und den Gebührenordnungen anderer freier Berufe Honorare auch innerhalb der dort vorgeschriebenen Gebührenspannen vereinbart werden können. Allerdings kann sich im Falle einer abweichenden Honorarvereinbarung eine Begründungspflicht für ein Uberschreiten der Schwellenwerte als nebenvertragliche Verpflichtung aus dem > A r z t v e r t r a g ergeben, wenn und soweit eine solche Begründung den Patienten in die Lage versetzen würde, bei seiner privaten > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g (Rz 1107) oder Beihilfestelle (> B e i h i l f e r e c h t ) eine Erstattung auch des die Begründungsschwelle übersteigenden Honoraranteils zu erhalten (vgl. auch Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage von SPD-Abgeordneten, BT-Drucks. 10/186 v. 22. 6. 1983, S. 2).

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dd) Abrechnungsbestimmungen des Gebührenverzeichnisses sind nicht abdingbar, soweit sie die Ansatzfähigkeit einer ärztlichen Leistung überhaupt regeln (vgl. z. B. die Abrechnungsbestimmungen zu Nr. 65 a GOÄ). Dagegen dürften Abrechnungsbestimmun-

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gen, die eine unmittelbare Regelung zur Höhe der Vergütung enthalten, einer abweichenden Vereinbarung zugänglich sein (z.B. Abrechnungsbestimmung zu Nr. 32 GOÄ); näher dazu Schmatz-Goetz-Matzke, aaO. § 2 Erl. 2d). ee] Die in § 2 Abs. 1 GOÄ geforderte Festlegung der Höhe der Vergütung verlangt, daß die Vergütungshöhe nach dem Inhalt der Vereinbarung zumindest bestimmbar sein muß. Dies ist nur möglich, wenn in der Vereinbarung der Multiplikator angegeben wird. Eine Vereinbarung lediglich des Inhalts, daß die einzelnen Leistungen außerhalb des Gebührenrahmens des § 5 Abs. 1 GOÄ berechnet werden dürfen, wäre wegen Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot unwirksam. Unzulässig sind auch Vereinbarungen, in denen sich der Arzt vorbehält, einen Multiplikator vom x-fachen bis zum y-fachen anzusetzen (vgl. Schmatz-Goetz-Matzke, aaO. § 2 Erl. 3 ; Weissauer, Anästh. Intensivmed. 1983, 52; vgl. auch die Entschließung des Vorstands der BÄK v. 6. 6. 1975, DÄ 1975, 1981; vgl. auch unten Rz 185; a.A. Kölsch, MedR 1983, 97). Eine zulässige Höchstgrenze für die Höhe der ärztlichen Vergütung ist in der GOÄ nicht festgelegt. Es gelten daher zunächst die allgemeinen Rechtsgrundsätze des BGB über die Sittenwidrigkeit. Danach ist eine Vereinbarung nach § 138 BGB dann nichtig, wenn der Arzt ein Honorar vereinbart, das in auffälligem Mißverhältnis zu seiner Leistung steht (ein solches Beispiel bietet der Sachverhalt der Entscheidung des LG München I v. 4. 3. 1981, NJW 1982, 2130; vgl. dazu Rieger, DMW 1982, 272). Unabhängig davon ergibt sich eine Begrenzung des Arzthonorars aber aus der > Berufsordnung, die auch für den Fall der Vereinbarung des Arzthonorars mit dem Zahlungspflichtigen vorschreibt, daß die Honorarforderung des Arztes „angemessen" sein muß (vgl. § 14 Abs. 1 MuBO). Kriterien für die Angemessenheit sind nach dem ärztlichen Berufsrecht die besonderen Umstände des einzelnen Falles, insbesondere die Schwierigkeit der Leistung, der Zeitaufwand sowie die örtlichen Verhältnisse. Darüber hinaus dürfen bei Honorarvereinbarungen auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Zahlungspflichtigen berücksichtigt werden. Mit diesem berufsrechtlichen Gebot der individuellen Honorarbemessung (vgl. oben Rz 168) unvereinbar ist eine generelle Abdingung der Regelungen der GOÄ über die Vergütungshöhe in der Weise, daß der Arzt ohne Berücksichtigung der Verhältnisse im konkreten Fall mit allen Patienten einheitliche Steigerungssätze (z. B. den 4fachen Gebührensatz der jeweiligen ärztlichen Leistungen) vereinbart. Etwas anderes kann ausnahmsweise z.B. dann gelten, wenn ein auf bestimmte schwierige und zeitaufwendige Leistungen spezialisierter Arzt im wesentlichen nur entsprechende Patienten behandelt. Ein nach dem ärztlichen Berufsrecht nicht angemessenes Honorar führt nicht automatisch, sondern nur über §§ 138, 242 BGB zur Unwirksamkeit der Honorarvereinbarung. Absprachen zwischen Ärzten und Empfehlungen von Berufsverbänden, für bestimmte Leistungen einheitliche Steigerungssätze mit den Patienten zu vereinbaren, stellen einen Verstoß gegen Kartellrecht dar (§§ 1, 25, 38 Nr. 11 GWB > W e t t b e w e r b s r e c h t Rzn. 1925ff.), der jedoch die Rechtswirksamkeit der Honorarvereinbarungen mit den Patienten als sog. Folgeverträge grundsätzlich nicht berührt (näher dazu Mayer-Maly in: Münch. Komm. § 134 Rzn 66f.). Nicht zu beanstanden ist dagegen ein sich ohne solche Absprachen und Empfehlungen mit der Zeit wegen des durch § 2 Abs. 1 GOÄ eng begrenzten Spielraums nahezu zwangsläufig ergebendes Parallelverhalten. Um jeden Anschein eines kartellrechtlich unerlaubten Verhaltens zu vermeiden, ist dem Arzt dringend anzuraten, bei formularmäßigen Vereinbarungen Raum für die individuelle Entscheidung zu lassen und keinen bestimmten Multiplikator vorzuschreiben (Weissauer, Anästh. Intensivmed. 1983, 53). ff) Möglich ist auch eine Teilabdingung dergestalt, daß ein von der GOÄ abweichen-

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der Multiplikator nur für bestimmte Einzelleistungen (z. B. bei einer schwierigen Operation) vereinbart wird, während sich das Honorar für die übrigen Leistungen nach den Vorschriften der GOÄ bemißt. b) Vereinbarungen über die Honorarhöhe unterliegen strengen Formerfordernissen. Nach § 2 Abs. 2 GOÄ ist die Vereinbarung zwischen Arzt und Zahlungspflichtigem vor Erbringung der Leistung des Arztes in einem Schriftstück zu treffen, das keine anderen Erklärungen enthalten darf. Ein Verstoß gegen diese Formvorschrift macht die Vereinbarung unwirksam (§ 125 BGB). Der Arzt hat dem Zahlungspflichtigen außerdem einen Abdruck der Vereinbarung auszuhändigen. Die Nichtbeachtung dieser Pflicht hat zwar nicht die Unwirksamkeit der Vereinbarung, wohl aber ein Zurückbehaltungsrecht des Zahlungspflichtigen zur Folge (Schmatz-Goetz-Matzke, aaO. § 2 Erl. 5).

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aa) Die in § 2 Abs. 2 GOÄ geforderte Schriftfoim verlangt, daß das Schriftstück vom Arzt und vom Zahlungspflichtigen (oder dessen Vertreter z. B. bei der Behandlung von Minderjährigen oder Ehegatten; näher dazu Weissauer, Anästh. Intensivmed. 1983, 53f.j Kölsch, MedR 1983, 95, 96f.) unterzeichnet wird. Damit ist die bisher streitige Frage, ob Honorarvereinbarungen auch durch bloßen Aushang im Wartezimmer wirksam getroffen werden können, für die Zukunft eindeutig zu verneinen. bb) Das Verbot der Aufnahme anderer Erklärungen in die Honorarvereinbarung bedeutet u.a., daß solche Vereinbarungen nicht im > K r a n k e n h a u s a u f n a h m e v e r t r a g getroffen werden dürfen. Auch eine Vereinbarung über die Vertretung des > C h e f a r z tes bei Verhinderung darf in die Vereinbarung über die Vergütungshöhe nicht aufgenommen werden (Weissauer, Anästh. Intensivmed. 1983, 53). cc) Die Vorschrift, daß die Honorarvereinbarung vor Erbringung der Leistung des Arztes getroffen werden muß, kann in der Praxis in zweifacher Hinsicht auf Schwierigkeiten stoßen: einmal in den Fällen, in denen der Patient in schwerverletztem oder bewußtlosem Zustand ins Krankenhaus eingeliefert wird. Hier ist die direkte Vereinbarung einer höheren Vergütung mit dem Zahlungspflichtigen vor Erbringung der Leistung häufig nicht möglich, weil ein vertretungsberechtigter Angehöriger nicht sofort erreichbar ist oder weil eine Notsituation vorliegt, die eine Abdingung rechtlich unzulässig macht. In diesen Fällen muß es bei verfassungskonformer Auslegung des § 2 Abs. 2 GOÄ für zulässig angesehen werden, wenn eine dieser Formvorschrift entsprechende Honorarvereinbarung alsbald nach der ersten Leistungserbringung mit dem Patienten oder einem bevollmächtigten Vertreter abgeschlossen wird (so zutreffend Narr, Arzt u. Wirtschaft 1983/13, S. 20). Darüber hinaus wird eine zuverlässige Prognose hinsichtlich der Schwierigkeit und Aufwendigkeit der ärztlichen Leistungen in vielen Fällen erst nach Beginn der Behandlung möglich sein. Nach der amtlichen Begründung zu § 2 Abs. 2 GOÄ kann in solchen Fällen eine Vereinbarung über die Vergütungshöhe auch noch während der laufenden Behandlung für zukünftige Leistungen getroffen werden. Diese Möglichkeit bringt jedoch keine Lösung für die in der Praxis keineswegs seltenen Fälle, in denen sich für den Arzt unvorhersehbar erst nach Beginn einer > O p e r a t i o n Komplikationen ergeben, die den Eingriff besonders schwierig und zweitaufwendig machen. Hier hat der Arzt nicht die Möglichkeit, mit dem in Narkose liegenden Patienten ein angemessenes höheres Honorar für seine „zukünftigen Leistungen" zu vereinbaren. Auch in diesen Fällen muß bei verfassungskonformer Auslegung eine nachträgliche Honorarvereinbarung für rechtswirksam erachtet werden. dd) Ärzte, die nicht unmittelbar am Patienten tätig sind, wie z. B. Laborärzte und Radiologen und Pathologen, können grundsätzlich nicht mit Hilfe des behandelnden Arztes als ihrem Stellvertreter Honorarvereinbarungen mit Patienten schließen, weil die für

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die individuelle Honorarbemessung maßgeblichen Kriterien (vgl. oben Rzn. 166, 168) von einem Arzt eines anderen Fachgebietes nicht beurteilt werden können (im Ergebnis wohl ebenso Weissauer, MedR 1983, 3 ; a.A. Narr, Arzt u. Wirtschaft 1983/13, S. 20). ee) Bei Verwendung von Formularen für Honorarvereinbarungen sind die Vorschriften des Gesetzes über allgemeine Geschäftsbedingungen (AGBG) zu beachten. Sie finden auch dann Anwendung, wenn zwar jede Vereinbarung individuell mit der Hand oder Schreibmaschine geschrieben wird, der Text jedoch einem gleichbleibendem Schema folgt (vgl. Ulmer-Brandner-Hensen, aaO. § 1 Rz 34). In Betracht kommen vor allem die §§3, 9 und 5 AGBG (vgl. zum folgenden auch Kölsch, MedR 1983, 98f.|. Um der Anwendung der „Überraschungsklausel" des § 3 AGBG vorzubeugen, empfiehlt es sich, den Patienten - aus Beweisgründen am besten schriftlich - über die finanziellen Auswirkungen der Vereinbarung zu informieren (vgl. Lübbers, Rhein.ÄBl. 1982, 1184). Bei Vereinbarung eines Multiplikators außerhalb des Gebührenrahmens, d.h. oberhalb des 3,5fachen bzw. 2,5fachen Gebührensatzes, ist der Arzt verpflichtet, den Patienten darauf hinzuweisen, daß er die überschießenden Beträge von seiner Beihilfestelle ( > Beihilf erecht Rz 332), seiner privaten > Krankenversicherung (Rz 1107) oder einem sonstigen Kostenträger ( > Kranken Versorgung der Bundesbahnbeamten) wahrscheinlich nicht erstattet erhält (zur Begründungspflicht in diesen Fällen bei Vereinbarung eines Multiplikators zwischen dem 2,3- bzw. l,8fachen Gebührensatz und den Höchstsätzen vgl. oben Rz 176 a.E.). Ein Verstoß gegen diese Hinweispflicht kann überdies eine Schadensersatzpflicht begründen (vgl. BGH, NJW 1983, 2630 und dazu Rieger, DMW 1983, 876 > Arztvertrag Rz 221). Soweit es sich darum handelt, daß in der entsprechend den Formvorschriften des § 2 Abs. 2 GOÄ erstellten Urkunde ein erheblich über den Sätzen des § 5 GOÄ liegendes Honorar vereinbart wird, findet § 3 AGB-Gesetz keine Anwendung, weil es insoweit um die Frage einer Preiskontrolle ginge, auf die sich der Schutz des AGBG nicht erstreckt (vgl. Kötz in Münch.Komm. §8 AGB-Gesetz Rz 5, Kölsch, MedR 1983, 98 f.). Unter bestimmten Voraussetzungen kann jedoch ein Verstoß gegen § 9 AGB-Gesetz vorliegen (vgl. unten Rz 185).

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Honorarvereinbarungen können auch gem. § 9 AGBG unwirksam sein, wenn sie den Zahlungspflichtigen entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Dies ist z. B. der Fall, wenn anstelle einer Einzelvereinbarung lediglich generell die Abdingbarkeit verlangt oder undifferenziert ein bestimmter Multiplikator eingesetzt und der Zahlungspflichtige damit über das Ausmaß der Gebührenforderung in einer gegen Treu und Glauben verstoßenden Weise getäuscht wird oder wenn die Abdingung unter Ausnutzung einer Notlagensituation verlangt wird (vgl. Narr, Arzt u. Wirtschaft 1983/13, S. 18). Dem Bestimmtheitsgebot (vgl. oben Rz 178) wird bei formularmäßig getroffenen Honorarvereinbarungen durch § 5 AGBG dadurch besonderer Nachdruck verliehen, daß Zweifel bei der Auslegung zu Lasten des Arztes gehen. Bemfsrechtlich unzulässig ist der Abschluß von Honorarvereinbarungen in der Weise, daß die Arztsekretärin ohne vorausgegangenen persönlichen Kontakt des Arztes mit dem Patienten diesem den vorformulierten Text der Vereinbarung zur Unterschrift vorlegt. Denn nur der Arzt selbst kann entscheiden, inwieweit die in § 5 GOÄ und in der ärztlichen > Berufsordnung festgelegten Kriterien für die individuelle Bemessung des Arzthonorars (vgl. oben Rzn. 166, 168) im Einzelfall gegeben sind.

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c) Bei der Frage, ob bei Weigerung des Patienten, ein höheres als das in der GOÄ vorgesehene Honorar zu vereinbaren, der Arzt zur Ablehnung der Behandlung berechtigt ist, ist zu unterscheiden:

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aa) Niedergelassene Ätzte, die im Rahmen der Vertragsfreiheit zur Übernahme einer Behandlung grundsätzlich nicht verpflichtet sind (> B e h a n d l u n g s f r e i h e i t , > Beh a n d l u n g s p f l i c h t ) , können die Behandlung grundsätzlich verweigern. bb) Eine Verpflichtung zur Behandlung besteht jedoch für angestellte leitende Kiankenhausärzte im stationären Bereich, sofern - wie heute in aller Regel | > K r a n k e n h a u s a u f n a h m e v e r t r a g Rz 1037, > L i q u i d a t i o n s r e c h t Rz 1155] - die Behandlung von Wahlleistungspatienten zu den Dienstaufgaben gehört. Die Weigerung des Patienten, eine Honorarvereinbarung zu schließen, dürfte den Arzt nur in extrem gelagerten Fallen, in denen eine Honorarbemessung nach der GOÄ in grobem Mißverhältnis zu der nach Schwierigkeit und Zeitaufwand außergewöhnlichen ärztlichen Leistung steht, zur Ablehnung der Behandlung berechtigen (für eine ausnahmelose Behandlungspflicht Weissauer, Anästh. Intensivmed. 1983, 54). Für die ambulante Tätigkeit der leitenden Krankenhausärzte gilt entsprechendes wie für niedergelassene Ärzte. cc) Für > b e a m t e t e Ä r z t e und ärztliche > H o c h s c h u l l e h r e r besteht regelmäßig keine Behandlungspflicht, weil die gesamte liquidationsberechtigte Tätigkeit, auch die stationäre, zur > N e b e n t ä t i g k e i t (Rz 1239) gehört, zu deren Ausübung die Betreffenden berechtigt, aber i.d.R. nicht verpflichtet sind. Der Krankenhausträger hat jedoch grundsätzlich die Möglichkeit, die Nebentätigkeitserlaubnis hinsichtlich der hier fraglichen Behandlung mit einer entsprechenden Auflage zu verbinden (vgl. Weissauer, aaO.). d) Rechtlich bedenklich sind Vereinbarungen zwischen Arzt und Patient, wonach auf die Arztrechnung nur der Betrag bezahlt werden soll, der von den privaten > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g (Rz 1107), der Beihilfe (> Beihilf erecht) oder einem sonstigen Kostenträger erstattet wird. In diesen Fällen begeht der Patient einen Betrug (§ 263 StGB) gegenüber dem betreffenden Kostenträger, der Arzt kann sich wegen Beihilfe (§ 27 StGB) oder Anstiftung hierzu (§ 26 StGB) strafbar machen. Dies ist sicher dann der Fall, wenn der Arzt eine überhöhte Rechnung ausstellt in der Absicht, dem Patienten eine Volldekkung unter Ausschaltung des Selbstbehalts zu verschaffen. Gleiches gilt aber auch dann, wenn die Arztrechnung nicht überhöht ist. Dies folgt daraus, daß die genannten Kostenträger nur zur Erstattung von „Aufwendungen", d. h. der tatsächlich aufgewendeten Kosten, nicht aber zur Zahlung bestimmter Beträge unabhängig von den entstandenen Kosten verpflichtet sind (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 MBKK; > B e i h i l f e r e c h t Rz 332; BVerwG, RiA 1966, 134; Steinlechner, DÄ 1976, 2134; Hollmann, Nieders.ÄBl. 1979, 855, 856; diese Problematik übersieht das Urt. des AG Kempten, VersR 1982, 255). Unbedenklich ist dagegen ein nachträglicher Verzicht auf den durch die Versicherung oder Beihilfe nicht gedeckten Anteil, soweit ein Honorarverzicht berufsrechtlich zulässig ist (dazu oben Rz 170; vgl. auch § 6 Nr. 2 des Vertrages zwischen der KVB und der KBV, DÄ 1983/39, S. 62, 63).

9. Rechte und Pflichten des Arztes im Zusammenhang mit der Liquidation. a) Nach § 4 Abs. 4 Satz 1 GOÄ gilt das Verbot der gesonderten zusätzlichen Berechnung der mit den Gebühren abgegoltenen Kosten. Eine Teilabtretung des Vergütungsanspruchs in Höhe solcher Kosten ist gegenüber dem Zahlungspflichtigen unwirksam (§ 4 Abs. 4 Satz 2 GOÄ); eine Vollabtretung des Honoraranspruchs einschließlich der Kosten bleibt weiterhin möglich. Dies bedeutet, daß der Krankenhausträger bei privatärztlicher ambulanter Behandlung durch liquidationsberechtigte Ärzte seit 1.1. 1984 - im Gegensatz zur bisherigen Übung vor allem bei der Erbringung ärztlicher > Sachleistungen — Sach- und Personalkosten nicht mehr unmittelbar vom Patienten erheben darf, vielmehr der Arzt diese Kosten zusammen mit seinen Gebühren gegenüber

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dem Zahlungspflichtigen geltend machen und dann die dem Krankenhaus zustehenden Sach- und Personalkosten an das Krankenhaus abführen muß. Durch die Erste ÄnderungsVO zur GOÄ '82 v. 20. 12. 1983 (BGBl. I S. 1500) wurde diese Regelung ausdrücklich auf den stationären Bereich ausgedehnt ( > N u t z u n g s e n t g e l t Rzn. 1302f.). b) § 4 Abs. 5 GOÄ statuiert eine Unterrichtungspflicht für den Fall, daß der Arzt in seine Behandlung Dritte einschaltet, deren Leistungen nicht mit den Gebühren des Arztes nach § 4 Abs. 3 GOÄ abgegolten sind, sondern von den Dritten dem Zahlungspflichtigen unmittelbar berechnet werden. Dies ist z. B. der Fall bei Überweisung des Patienten an einen anderen Arzt zur Mitbehandlung, bei Verordnung von Leistungen durch einen > Masseur oder > Krankengymnasten oder bei Einsendung von Untersuchungsmaterial an einen Laborarzt (> U b e r w e i s u n g Rz 1793, > Arztvertrag Rz 218). Die an der Behandlung von Wahlleistungspatienten im Krankenhaus beteiligten liquidationsberechtigten Ärzte sind wegen der Regelung des § 6 Satz 4 BPflV nicht „Dritte" i.S. des § 4 Abs. 5 GOÄ (BÄK, DÄ 1983/4, S. 21). c) Aufgrund des > Arztvertrages besteht grundsätzlich kein Rechtsanspruch des Arztes auf Leistung von Vorschußzahlungen, weil gem. § 614 BGB die Vergütung erst nach erbrachter Leistung zu entrichten ist. Die Forderung von Vorschußzahlungen auf das Arzthonorar ist auch unüblich und bei niedergelassenen Ärzten, von begründeten Ausnahmen abgesehen (z. B. undurchsichtige finanzielle Verhältnisse bei Patient auf der Durchreise), grundsätzlich auch standeswidrig. Dagegen werden Vorauszahlungen an Krankenhauschefärzte auf zu erwartendes > Arzthonorar bei der stationären Behandlung von Selbstzahlern generell als zulässig angesehen, da der Patient vor oder bei der Aufnahme zur stationären Behandlung auch dem Krankenhausträger gegenüber Vorauszahlungen zu leisten hat (Tätigkeitsbericht der BÄK 1976, S. 104; vgl. auch Andreas, ArztR 1983, 130). III. Zum Honoraranspruch des Arztes bei Leistungsstörungen > Arztvertrag Rzn. 223 ff.

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IV. 1. Nach ärztlichem Berufsrecht unzulässig ist die Beteiligung eines Arztes an den Honorareinnahmen eines anderen Arztes, wie dies z. B. im Verhältnis zwischen > C h e f ä r z t e n in Krankenhäusern vorkommt (z. B. Honorarbeteiligung des Internisten am Honorar des Laborarztes). Derartige Vereinbarungen stellen einen Verstoß gegen das Verbot der Zuweisung von Patienten gegen Entgelt dar (vgl. § 18 MuBO), ohne daß dadurch freilich ihre zivilrechtliche Wirksamkeit berüht wird. > D u r c h g a n g s a r z t Rz 582. 2. Berufsrechtlich nicht erlaubt ist auch eine Gewinnbeteiligung nichtärztlicher Mitarbeiter. (Rz 134)

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V. Pfändung von Honoraransprüchen. 1. Honoraransprüche des > Kassenarztes gegen die > Kassenärztliche Vereinigung sind Arbeitseinkommen und als

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solches nach §§ 850ff. ZPO pfändbar (KG, JW 1938, 1918; Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, aaO. § 850 Anm. 2 F). 2. Die Pfändung des Honorars aus privatärztlicher Behandlung richtet sich nach §850i ZPO (Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, aaO. § 850i Anm. 1). VI. Der Honoraranspruch des Arztes verjährt in zwei Jahren (§ 196 Abs. 1 Nr. 14 BGB). Er entsteht grundsätzlich nach jeder einzelnen Konsultation, auch wenn in der Praxis vielfach die für einzelne Behandlungen angefallenen Vergütungen in einer Rechnung zusammengefaßt werden (LG Göttingen, NJW 1980, 645). Die Verjährung beginnt mit dem Schluß des Jahres, in welchem der Anspruch entstanden ist (§§ 201, 198 BGB).

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VII. Die Überwachung des Liquidationsverhaltens sowie die Uberprüfung von Arztrechnungen auf ihre Übereinstimmung mit den einschlägigen Rechtsvorschriften, insbesondere auf ihre Angemessenheit, gehört zu den gesetzlichen Aufgaben der > Ä r z t e k a m m e r (Rz 3). Sie gibt auf Antrag eines Beteiligten eine gutachterliche Äußerung über die Angemessenheit der Honorarforderung ab. Der einzelne Arzt darf ein Gutachten Uber die Angemessenheit der Honorarforderung eines anderen Arztes nur im Auftrag von Gerichten oder mit Genehmigung der Ärztekammer abgeben (vgl. § 14 Abs. 4 MuBO).

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Arztkostenabschlag Man versteht darunter die Arztpersonalkosten, um die sich der allgemeine („große") Pflegesatz bei gesondert berechenbarer ärztlicher Behandlung durch > Belegärzte oder liquidationsberechtigte leitende Krankenhausärzte (> C h e f a r z t Rz 507, > K r a n k e n h a u s a u f n a h m e v e r t r a g Rz 1037, > Liquidationsrecht) reduziert. Obwohl durch § 17 Abs. 2 KHG, § 3 Abs. 3 BPflV zwingend vorgeschrieben, wurde ein Arztkostenabschlag für die privatärztliche Behandlung in Anstaltsabteilungen bisher noch nicht in allen Bundesländern eingeführt (> Pflegesatz Rz 1354). Soweit entsprechende Regelungen bestehen, weisen diese hinsichtlich der Höhe des Arztkostenabschlags z.T. erhebliche Unterschiede auf (in Baden-Württemberg z.B. beträgt der Arztkostenabschlag gem. VO v. 1. 6. 1976 [GBl. S. 458] 8% vom allgemeinen Pflegesatz). Der Abschlag kann bei belegärztlicher und gesondert berechenbarer Behandlung durch angestellte leitende Krankenhausärzte gleich hoch bemessen werden (vgl. Luxenburger, aaO. S. 195f.; Weissauer, BayÄBl. 1974, 363, 376). Der Arztkostenabschlag ist im Selbstkostenblatt (D IIa) gem. Anl. 1 zu § 18 Abs. 2 BPflV auszuweisen.

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I. Man versteht darunter die Gesamtheit alles dessen, was die gegenständliche und personelle Grundlage der Tätigkeit des in freier Praxis tätigen > Arztes bei der Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben bildet. Hierzu gehört auch der vorhandene Patientenstamm (BGH, NJW 1980, 2000). Die Arztpraxis ist als Vermögensgesamtheit übertragbar ( > P r a x i s v e r ä u ß e rung).

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II. Rechtsnatur. 1. Die Arztpraxis kann grundsätzlich nicht als „eingerichteter und ausgeübter Gewerbebetrieb" i. S. des § 823 Abs. 1 BGB angesehen werden, weil der ärztliche Beruf nach § 1 Abs. 2 BÄO kein Gewerbe ist (OLG Karlsruhe, NJW 1963, 2374; Str., vgl. OLG Frankfurt, NJW 1971, 1900, 1901 und die Nachw. bei Mertens in: Münch.Komm. § 823 Rz 490, Anm. 839). Richtiger Ansicht nach müssen jedoch die Angehörigen der freien Berufe im Falle eines unmittelbaren Eingriffs in ihre Berufstätigkeit Gewerbetreibenden gleichgestellt werden (OLG München, NJW 1977, 1106; Baumbach-Hefermehl, aaO. Allg. Rz 116; nach BGH, NJW 1980, 2000, 2002 ist jedenfalls die Kassenpraxis ein „geschützter Gewerbebetrieb im Sinne des Enteignungsrechts"). a) Dies kann u. a. von Bedeutung sein bei der Befragung von Patienten über die Behandlungsweise eines Arztes mittels Fragebogen durch Interessenverbände, um aufgrund des Befragungsergebnisses bestimmte Ärzte zu empfehlen und von der Behandlung durch andere Ärzte abzuraten. Nach den von der Rspr. entwickelten Grundsätzen zum vergleichenden Warentest (vgl. z.B. BGHZ 45, 296) m u ß die Untersuchung durch das Testunternehmen neutral und sachkundig vorgenommen werden und um Gewinnung eines objektiv richtigen Testergebnisses bemüht sein. Hieran fehlt es sicher dann, wenn die Art der Fragestellung eine subjektive Bewertung durch die Patienten geradezu provoziert. Aber auch wo dies nicht der Fall ist, besteht bei der Bewertung der Arztpraxis durch die Patienten statt durch ausgewählte und zur Objektivität verpflichtete Testpersonen die Gefahr, daß subjektive Eindrücke und subjektive Wertungen in die Beantwortung des Fragebogens eingehen und damit zu objektiv falschen Werturteilen über die betreffende Arztpraxis führen, da der Verfasser des Fragebogens nicht in der Lage ist, die Angaben in den Fragebogen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Die gleichen Grundsätze gelten für Patientenbefragungen durch Krankenkassen, wie sie z. B. Anl. 2 zum AEKV (Abschn. A Ziff. 5) nach vorheriger Absprache mit der KV zuläßt. Gegen die Durchführung einer solchen Befragung kann der betroffene Arzt den Erlaß einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht beantragen, wenn nicht konkrete Anhaltspunkte die Möglichkeit von Falschabrechnungen durch den Arzt nahelegen und die Patientenbefragung der Klärung dieses Verdachts dienen soll (vgl. LSG Essen v. 12. 1. 1983 L 11 S 9 / 8 2 -). b) Der Ausschluß von Arztrechnungen von der Kostenerstattung durch pri-

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vate Krankenversicherungen aus wichtigem Grund und eine entsprechende Unterrichtung der Versicherten gem. den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (vgl. § 16 Nr. 4 AVK) verstößt nicht gegen § 823 Abs. 1 BGB, Art. 12 Abs. 1 GG, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 26 Abs. 2 GWB (OLG München, NJW 1977, 1106; vgl. auch Prölss-Martin, aaO. § 16 AVK, Anm. 5 m. Nachw.). 2. Die Arztpraxis ist auch kein „Gewerbebetrieb" i.S. der Verjährungsvorschriften des § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB, so daß Handwerkerrechnungen für Arbeiten in den Praxisräumen in zwei Jahren verjähren (OLG Nürnberg, NJW 1973, 1414). 3. Die Arztpraxis ist keine „Arbeitsstätte" i. S. der Arbeitsstättenverordnung v. 20. 3. 1975 (BGBl. I S. 729) und daher von deren Geltungsbereich ausgenommen (vgl. Streit, DB 1975, 1219, 1220). 4. Die Arztpraxis stellt einen „Betrieb" i. S. des Betriebsverfassungsgesetzes (§ 1) dar mit der Folge, daß in einer Praxis mit mindestens fünf ständigen Arbeitnehmern (einschließlich der Auszubildenden), von denen drei das 18. Lebensjahr vollendet haben, (die mitarbeitende > Arztehefrau zählt nicht zu den Arbeitnehmern im Sinne dieser Vorschrift, § 5 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG) ein Betriebsrat zu wählen ist (§§1,7 BetrVG). 5. Die Arztpraxis ist auch ein Betrieb i.S. des § 1 Abs. 1 der Arbeitszeitordnung i.d.F.v. 30. 4. 1938 (RGBl. I S. 447), so daß für das dort beschäftigte nichtärztliche Personl (nicht auch für das ärztliche Personal > Bereitschaftsdienst Rz 347) ein öffentlichrechtlicher Arbeitszeitschutz besteht. 6. Das Kündigungsschutzgesetz i.d.F.v. 25. 8. 1969 - KSchG - (BGBl. I S. 1317) findet hinsichtlich der Vorschriften über den Kündigungsschutz keine Anwendung für Arztpraxen, in denen i.d.R nicht mindestens 6 Arbeitnehmer (ausschließlich der Auszubildenden) beschäftigt werden (§ 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG). Teilzeitbeschäftigte (auch > Arztehefrauen und Putzfrauen) werden mitgezählt (vgl. LArbG Hamm, BB 1980, 1424; vgl. aber ArbG Wuppertal, DB 1981, 1575). 7. Für die Arztpraxis gelten die Unfallverhütungsvorschriften der zuständigen Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege ( > Beruf sgenossenschaft Rzn. 365ff.). Ferner sind die Vorschriften der Arbeitsstoffverordnung i.d.F.v. 11.2. 1982 ArbStoffV - (BGBl. I S. 144) zu beachten. Dies gilt insbesondere bei der Beschäftigung Jugendlicher (vgl. § 14 Abs. 3 Nr. 3 ArbStoffV). 8. Die Arztpraxis ist ein Erwerbsgeschäft i.S. von § 1456 BGB (BGH, NJW 1983, 1810). 9. Zur Abgrenzung der Arztpraxis von ähnlichen Einrichtungen > Privatk r a n k e n a n s t a l t Rz 1446. III. Mietvertrag. 1. Eine Arztpraxis gilt als Geschäftsraum i. S. des Mietrechts. Sie ist deshalb nicht dem besonderen Mieterschutz für Wohnraum unterworfen. Daher findet auch das Gesetz zur Regelung der Miethöhe (MHRG) keine Anwendung. Mieterhöhungen sind im Wege der Änderungskündigung durchsetzbar. Mietet der Arzt von demselben Vermieter auch Wohnräume im sei-

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ben Haus, so ist das MHRG nur anwendbar, wenn der Mietwert der Wohnräume überwiegt (BGH, NJW 1977, 1394). 2. Einzelne Rechte und Pflichten, a) Der Arzt kann kein Mietminderungsrecht wegen seit der Anmietung der Praxisräume stark gestiegenen Straßenlärms geltend machen (LG Kleve, NJW 1970, 1975). b) Der Arzt kann dem Vermieter nicht durch einstweilige Verfügung untersagen lassen, an der Hauseingangstür eine Schließvorrichtung anzubringen, um die Tür während der Sprechzeiten offenzuhalten. Das Interesse des Vermieters, nicht jedermann den Zutritt zu dem Gebäude offenzuhalten, ist vorrangig gegenüber den Interessen des Arztes (Weimar, Med. Klinik 1979, 460; im Ergebnis ebenso AG Leonberg v. 10. 5. 1978 - 5 C 321 e/78 -). c) Es gehört zu den Nebenpflichten des Vermieters aus dem Mietvertrag (§§ 535, 536, 242 BGB), dem Arzt die Anbringung eines > Praxisschildes und bei Verlegung der Praxis die Anbringung eines entsprechenden Hinweisschildes bis zu der in der > Berufsordnung erlaubten Dauer eines halben Jahres (vgl. § 28 Abs. 3 MuBO) zu gestatten (Schulz, aaO. S. 383; Weimar, DÄ 1969, 1056, 1059). Zur Klarstellung empfiehlt sich eine ausdrückliche Regelung im Mietvertrag ( > G e m e i n s c h a f t s p r a x i s Rz 697). 3. Die Vermietung von zwei Arztpraxen in demselben oder einem benachbarten Gebäude durch denselben Vermieter kann auch ohne Vereinbarung einer Konkurrenzklausel eine Verletzung der Pflichten des Vermieters aus dem Mietvertrag mit dem Erstmieter darstellen, wenn „nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Belange der Parteien die Fernhaltung von Konkurrenz geboten ist" (BGH, NJW 1978, 585, 586; vgl. auch OLG Karlsruhe, NJW 1972, 2224). Der Vermieter braucht nicht jeden fühlbaren oder unliebsamen Wettbewerb vom Mieter fernzuhalten, sondern nur einen solchen, der den vertragsgemäßen Gebrauch der Praxisräume (§§ 535, 536 BGB) mehr als nur unwesentlich beeinträchtigt. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalles. Nicht zu beanstanden ist z. B. die Vermietung von zwei Praxen an zwei Allgemeinärzte im selben Haus, wenn einer von ihnen eine Spezialpraxis (z. B. Venenverödung) betreibt. Zur Klarstellung empfiehlt sich stets die Aufnahme einer Konkurrenzklausel in den Mietvertrag (näher dazu Rieger, DMW 1978, 646, 647). Zur Frage des Verstoßes gegen Wettbewerbsrecht durch die Anmietung von Praxisräumen in einem Gebäude, in dem sich bereits eine Arztpraxis befindet > W e t t b e w e r b s r e c h t Rz 1922.

IV. Ob die Ausübung einer Arztpraxis in einer Eigentumswohnung zulässig ist, hängt davon ab, ob die damit erfahrungsgemäß verbundenen Belästigungen für die anderen Wohnungseigentümer noch zumutbar sind (§§ 13, 14 WEG). Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalles (näher dazu Weimar, Med. Klinik 1977, 2210; a.A. AG Hamburg, MDR 1957, 43, das die Praxisausübung in einer Eigentumswohnung generell auch gegen den Widerspruch der Mehrheit der übrigen Wohnungseigentümer für zulässig hält).

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V. > Praxisschild, > Lehrpraxis VI. Bedenken bestehen gegen die Beschäftigung von Praktikanten (z. B. Schülerinnen als Interessenten für den Beruf der > Arzthelferin) in der Arztpraxis unter dem Gesichtspunkt der ärztlichen > Schweigepflicht. Aus der ärztlichen > Berufsordnung, wonach der Arzt seine „Mitarbeiter und die Personen, die zur Vorbereitung auf den Beruf an der ärztlichen Tätigkeit teilnehmen, über die gesetzliche Pflicht zur Verschwiegenheit zu belehren" hat (vgl. § 2 Abs. 3 MuBO und die nahezu wortgleiche Vorschrift des § 203 Abs. 3 Satz 1 StGB), ergibt sich, daß nur diese Personen (notwendige) Mitwisser des Patientengeheimnisses sind. Praktikanten gehören nicht zu diesem Personenkreis; sie sind weder Mitarbeiter des Arztes noch Personen, die zur Vorbereitung auf den Beruf an der ärztlichen Tätigkeit teilnehmen (> Schweigepflicht Rzn. 1619 ff.). Die Preisgabe der Geheimnisse gegenüber Praktikanten ist daher nur mit ausdrücklicher Einwilligung der Patienten zulässig. Wo diese nicht vorliegt, müssen Praktikanten von der Kenntnis aller Umstände ferngehalten werden, die mit einer Durchbrechung der Schweigepflicht verbunden wäre. Dies ist praktisch nur dadurch möglich, daß man Praktikanten von der Anwesenheit in der Arztpraxis völlig ausschließt.

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VII. Haftung des Praxisinhabers. 1. Der Arzt hat die Regeln der Praxishygiene zu beachten. Die Hygienepflichten bestehen sowohl gegenüber den Patienten (aufgrund des > Arztverträges) als auch gegenüber dem Praxispersonal (aufgrund der arbeitsrechlichen Fürsorgepflicht). Mangelnde Hygienemaßnahmen stellen gegenüber den Patienten > Behandlungsfehler dar (näher dazu Albers, Arzt u. Wirtschaft 1980/20, S. 34ff. ; vgl. auch den Überblick über die Rechtsgrundlagen der Praxishygiene bei Bader, Internist 1977, 345ff.). 2. Zur Haftung für Unfälle in den Praxisräumen vgl. Gaisbauer, Med. Welt 1973, 1336; BGH, VersR 1971, 718). 3. Zur Verkehissicherungspflicht in der Arztpraxis vgl. Weimar, DÄ 1970, 3632. Die Pflicht des Praxisinhabers zur Gewährleistung eines gefahrlosen Zugangs zu den Praxisräumen ergibt sich auch als Nebenpflicht aus dem Arztvertrag (LG München II, VersR 1977, 776 > Arztvertrag Rz 221). 4. Für den Verlust der im Wartezimmer abgelegten Garderobe seiner Patienten haftet der Arzt grundsätzlich nicht, da ein selbständiger Verwahrungsvertrag (§ 688 BGB) oder eine Verwahrungspflicht als Nebenpflicht aus dem Arztvertrag regelmäßig nicht besteht (RGZ 99, 35). Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Arzt (z. B. durch entsprechenden Aushang im Wartezimmer die Patienten auffordert, ihre Garderobe nicht mit in das Sprechzimmer zu bringen (vgl. Weimar, DÄ 1969, 3195, 3198). Eine Verwahrungspflicht des Arztes besteht auch hinsichtlich der Gegenstände und Kleidungsstücke, die der Patient im Sprechzimmer, im Untersuchungszimmer oder einem Behandlungsraum ablegen muß (vgl. Siegmund-Schultze, ArztR 1982, 22). Zur Beweislast des Patienten für die Verletzung der Verwahrungspflicht durch den Arzt vgl. LG Hannover, NJW 1983, 1381. > B e r u f s h a f t p f l i c h t v e r s i c h e r u n g Rz 384).

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5. Bei der Beseitigung von Abfällen, insbesondere Arzneimittelabfällen, muß der Praxisinhaber geeignete Maßnahmen treffen, um zu verhindern, daß sie nicht in der Hand Unbefugter (z.B. spielender Kinder) zu Schädigungen führen. Unterläßt er dies, so haftet er zivilrechtlich und strafrechtlich wegen fahrlässiger Körperverletzung oder fahrlässiger Tötung. Im übrigen gelten die einschlägigen Vorschriften des Abfallbeseitigungsgesetzes i.d.F. v. 5. 1. 1977 (BGBl. I S. 41) und des > Bundes-Seuchengesetzes (insbes. §§ lOa-lOc BSeuchG), das Merkblatt Nr. 8 des > Bundesgesundheitsamtes Uber „Die Beseitigung von Abfällen aus Krankenhäusern, Arztpraxen und sonstigen Einrichtungen des medizinischen Bereichs" (BGesuBl. 1974, 355 ff., vgl. dazu Barniske, Krankenhaus 1983, 67 ff.) sowie die einschlägigen Sicherheitsregeln SR 2 der > B e r u f s g e n o s s e n s c h a f t . Zum Teil bestehen auch Erlasse der zuständigen Ministerien der Länder über die Beseitigung von > A r z n e i m i t t e l n (vgl. z.B. in Bad.-Wttbg. Erlaß v. 10. 1. 1978, GABI. 1981, 251).

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VIII. Der Arzt ist berechtigt und - soweit von der Sache her geboten - auch verpflichtet, für die Praxis ein Rauchverbot anzuordnen, allerdings unter gleichzeitiger Schaffung angemessener Ausweichmöglichkeiten für die Mitarbeiter (näher dazu Schlund, ArztR 1978, 179, 182f.)-

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IX. Das Auslegen von Zeitschriften im Wartezimmer ist nach einem Urteil des OLG München v. 22. 3. 1979 (GRUR 1979, 546 [Friseure]) nach §27 Abs. 1 UrhRG vergütungspflichtig (str., a.A. Tiemann, Der freie Beruf 1981/4 S. 16, der mit Recht darauf hinweist, daß ein „Verteilen zu Erwerbszwecken" hier nicht vorliegt und die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 UrhRG auch beim Bezug der Wartezimmerzeitschriften über einen Lesezirkel nicht für gegeben hält). Das Aufstellen von Videogeräten im Wartezimmer verstößt gegen den aus dem ärztlichen Berufsrecht abzuleitenden allgemeinen Grundsatz, daß der Arzt keine Werbung für gewerbliche Zwecke betreiben darf (vgl. § 1 Abs. 3, § 25 Abs. 2 MuBO), sofern die Filme Werbung enthalten und im wesentlichen durch Werbung finanziert werden (so zutreffend Nentwig, selecta 1981, 3129). Wo gezielte Werbung nicht betrieben wird, ist die ständige Berieselung mit audiovisuellen Medien, die dem Patienten aufgezwungen werden, mit der Pflicht des Arztes zur gewissenhaften Berufsausübung (vgl. § 1 Abs. 1 MuBO) nicht vereinbar. X. Zu den Ansprüchen der beim Aufbau einer Arztpraxis beteiligten Ehefrau nach Scheidung der Ehe vgl. BGH, NJW 1974, 2045. XI. Der für die Arztpraxis zuständige Träger der gesetzlichen Unfallversicherung ist die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege in Hamburg ( > B e r u f s g e n o s s e n s c h a f t Rz 364).

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XII. Steuerfragen. 1. Zur Abschreibungsmöglichkeit von Anschaffungskosten für PKW und zur steuerlichen Absetzbarkeit der Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Praxis vgl. Beker, aaO. S. 68 ff. 2. Zur steuerlichen Behandlung der Mitarbeit von Familienangehörigen in der Arztpraxis vgl. Maier-Lauffen, DMW 1979, 1294 > A r z t e h e f r a u Rz 133; Lange, DPA 1975, 3039. 3. Die Kosten einer Landärztin für das Halten eines Wachhundes sind nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig (BFH, BStBl. II S. 512); vgl. auch v. Haxthausen, DMW 1980, 252. 4. Zu Steuerfragen im Zusammenhang mit der Ausübung einer Arztpraxis in einem Einfamilienhaus vgl. Beker, aaO. S. 140ff., 182ff. ; Lohmeyer, Med. Klinik 1978, 1640; BFH, NJW 1978, 1704. 5. Zur steuerlichen Buchführungspflicht des Arztes vgl. Lohmeyer, Therapiewoche 1974, 2905. 6. Zu Fragen aus der steuerlichen Betriebsprüfung bei Ärzten vgl. Lohmeyer, Therapiewoche 1974, 2993; ders., Med. Klinik 1970, 369, 371.

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XIII. Das Gesetz über Konkursausfallgeld (Drittes Gesetz zur Änderung des AFG v. 17. 7. 1974, BGBl. I S. 1481) findet auch auf Arztpraxen Anwendung, in denen Arbeitnehmer beschäftigt werden.

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XIV. Zur Möglichkeit von Ausnahmegenehmigungen für das Parken vor oder in der Nähe der Arztpraxis > P a r k e r l e i c h t e r u n g e n für Ärzte Rz 1344 XV. Auflösung der Praxis nach Tod des Praxisinhabers (vgl. zum folgenden Hencke, der niedergelassene Arzt 1982/28, S. 38). 1. Der Mietvertrag über die Praxisräume erlischt nicht automatisch mit dem Tod des Praxisinhabers. Die Erben können den Mietvertrag nur unter Einhaltung der gesetzlichen Fristen zum nächstmöglichen Termin kündigen (§ 569 Abs. 1 BGB). Bei Mietverträgen, die auf eine bestimmte Zeit abgeschlossen sind, endet das Mietverhältnis erst zum festgelegten Zeitpunkt, sofern im Mietvertrag nichts anderes bestimmt ist. In beiden Fallen haben die Erben jedoch die Möglichkeit, dem Vermieter einen Nachfolgemieter zu präsentieren, der bereit ist, in alle Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag einzutreten. Der Vermieter kann den Nachfolgemieter nicht zurückweisen, wenn dessen Zuverlässigkeit und Zahlungsfähigkeit außer Zweifel steht (§ 242 BGB). 2. Auch Arbeitsverträge und Ausbildungsverträge mit dem Praxispersonal bleiben vom Tod des Arztes grundsätzlich unberührt ( > A r z t h e l f e r i n Rz 157). 3. Die Pflicht des Arztes zur Aufbewahrung der Krankenunterlagen ( > D o k u m e n t a t i o n s p f l i c h t ) geht auf die Erben über ( > K r a n k e n u n t e r l a g e n Rz 1087). XVII. > Datenschutz, > Praxisverpachtung, > Weiterbildung Rz 1882

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Das Arztrecht umfaßt die Summe der Rechtsnormen, unter denen der Arzt und seine Berufstätigkeit stehen. Es erscheint jedoch weder in einem abgeschlossenen System noch in einer umfassenden Kodifikation, sondern besteht neben einzelnen besonderen Gesetzen, Verordnungen und Satzungen über die Berufsausbildung und Berufsausübung ( > Bundesärzteordnung, > Approbationsordnung, Kammer-) Heilberufs ]gesetze [ > Ä r z t e k a m m e r Rz 2], > Berufsordnung, > Weiterbildungsordnung) aus einer Vielzahl von Rechtsvorschriften, die in den einzelnen Rechtsgebieten verstreut sind; nur verhältnismäßig wenige von ihnen richten sich speziell an den > A r z t (z.B. §203 Abs. 1 Nr. 1 StGB, § 5 3 Abs. 1 Nr. 3 StPO, § 8 ASiG, § 1543d Abs. 1 RVO, § 106 Abs. 3 Nr. 3 SGG, §§ 9ff. GeschlKrG). Wesentliche Fragen, die ärztliches Handeln aufwirft, müssen aus dem allgemeinen, für jedermann geltenden Recht, vor allem aus den Vorschriften des Zivil- und Strafrechts sowie aus den Wertentscheidungen des Grundgesetzes beantwortet werden, wobei jedoch die Eigenart ärztlichen Wirkens, insbesondere die Regeln der ärztlichen Standesethik (t> A r z t e t h i k ] gebührend zu berücksichtigen sind. So hat z. B. das allgemeine Haftpflichtrecht durch die Rspr. des BGH zur Arzthaftpflicht ( > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t , > B e h a n d l u n g s f e h l e r , t> Beweislast, > Haftung) für den medizinischen Bereich eine besondere Ausprägung erhalten (näher zum Ganzen Laufs, Recht und Gewissen, S. 2ff. ; ders. in: Festgabe f. H. Weitnauer, aaO. S. 363ff. ; ders., ZFA 1983, 979ff.). Die ältere Literatur unterscheidet z. T. zwischen Arztrecht im engeren Sinne als dem speziell für den Arzt geltenden Berufsrecht und Arztrecht im weiteren Sinne als der Summe der Rechtsvorschriften, die für alle Staatsbürger gelten, mit denen aber der Arzt durch seinen Beruf in verstärktem Maße in Berührung kommt (so z.B. Schulz, aaO. S. 70; ders., Med. Klinik 1964, 1107; vgl. auch Küchenhoff in: Staatslexikon Bd. 1 S. 602ff.).

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I. Es handelt sich um ein von der > Kassenärztlichen Vereinigung für jeden Zulassungsbezirk geführtes Register über die zur kassenärztlichen Versorgung zugelassenen, daran beteiligten und ermächtigten Ärzte ( > Kassenarzt Rzn. 926ff., > C h e f a r z t Rzn. 527ff.) sowie die Ärzte, die die Voraussetzungen für die Eintragung in das Arztregister erfüllen und ihre Eintragung beantragt haben (§ 368 a Abs. 3 RVO, § 1 ZO-Ä). II. Voraussetzung für die Eintragung sind die O Approbation als Arzt und die Ableistung einer 18monatigen Vorbereitungszeit auf die kassenärztliche Tätigkeit (§ 3 Abs. 2 - 4 ZO-Ä i.d.F. der Dritten ÄnderungsVO v. 14. 12. 1983 > Kassenarzt Rz 926). Örtlich zuständig für die Eintragung ist das Arztregister des Zulassungsbezirks, in dem der Arzt seinen Wohnsitz hat (§ 4 Abs. 1 ZO-Ä).

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III. Das Arztregister muß Angaben über die Person und die berufliche Tätigkeit des Arztes enthalten, die für die Zulassung oder die Beteiligung von Bedeutung sind. Der Mindestinhalt des Arztregisters ist in einer Anlage zur ZO-Ä festgelegt. IV. Die > Kassenärztliche Bundesvereinigung führt ein Bundesarztregister, zu dem die > Kassenärztlichen Vereinigungen Eintragungen und Veränderungen in ihren Arztregistern mitteilen (§ 10 ZO-Ä|.

Arztvertrag I. Man versteht darunter den zwischen Arzt und Patient geschlossenen Vertrag über die Durchführung einer ärztlichen Untersuchung und/oder Behandlung. II. Rechtsnatur. Der Arztvertrag ist regelmäßig Dienstvertrag (§§611 ff. BGB), nicht Werkvertrag. Der Arzt schuldet dem Patienten nicht den Heilerfolg, sondern - von seltenen Ausnahmen abgesehen ( > K o s m e t i s c h e B e h a n d l u n g Rz 1000) - lediglich die fachgerechte Bemühung um Heilung (Weyers, aaO. A 14 m.Nachw.; Weissauer-Hirsch, Arzt u. Krankenhaus 1982, 184, 185; vgl. hierzu und zum folgenden ausführlich Luig in: Gitter-Huhn u. a., aaO. S. 223 ff.). Dies gilt grundsätzlich auch für die Durchführung einer > O p e r a t i o n oder > Sterilisation (h.M. ; vgl. Weyers, aaO. A 14 und Laufs, Arztrecht Rz 20, jeweils m. Nachw.). Bei der vom Arzt zu erbringenden Leistung handelt es sich um Dienste höherer Art, die aufgrund des besonderen Vertrauens übertragen werden (§ 627 BGB; Laufs, Arztrecht Rz 21). Dies schließt nicht aus, daß hinsichtlich einzelner Leistungen Werkvertragsrecht Anwendung findet. Dies ist der Fall, wenn zur ärztlichen Behandlung auch die Herstellung und/oder Lieferung von Gegenständen gehört, wie z. B. bei der Implantation von > Herzschrittmachern. Hier richtet sich die vertragliche Gewährleistung nach Werkvertragsregeln (vgl. BGH, NJW 1975, 305; > Z a h n a r z t v e r t r a g ) . Im Einzelfall kann die vom Arzt nach dem Vertragsinhalt zu erbringende technische Leistung gegenüber der eigentlichen, dem Dienstvertragsrecht unterfallenden Leistung derart überwiegen, daß das gesamte Vertragsverhältnis dem Werkvertragsrecht zuzuordnen ist (vgl. AG Krefeld, NJW 1967, 1512 [Beauftragung eines Orthopäden mit der Verordnung loser Schuheinlagen]). Unabhängig von der rechtlichen Einordnung des Rechtsverhältnisses darf nicht übersehen werden, „daß das Verhältnis zwischen Arzt und Patient ein starkes Vertrauen voraussetzt, daß es in starkem Maße in der menschlichen Beziehung wurzelt, in die der Arzt zu dem Kranken tritt, und daß es daher weit mehr als eine juristische Vertragsbeziehung ist" (BGH, NJW 1959, 811, 813). Dies ist insbesondere von Bedeutung für die Konkretisierung der dem Arzt im Zweifel obliegenden Vertragspflichten.

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Ein bürgerlich-rechtliches Vertragsverhältnis besteht auch zwischen > Kassenarzt und Kassenpatient, lediglich mit dem Unterschied, daß der Honoraranspruch des Arztes sich nicht gegen den Patienten, sondern gegen die > Kassenärztliche Vereinigung richtet (str.; wie hier Laufs, aaO. Rz 18; Söllner in: Münch. Komm. § 611 Rzn. 49, 51, Geigel, aaO. S. 1104; BSG v. 8. 7. 1981 wonach „Rechtsgrundlage der Behandlung eines Versicherten - 6 R Ka 3/79 nicht allein ein zweiseitiges Vertragsverhältnis zwischen dem Patienten und dem Arzt" ist; Jung, aaO. S. 127ff. ; a. A. Narr, aaO. Rz 853, Krause, SGb 1982, 425; der dogmatische Streit ist jedoch angesichts der Vorschrift des §368d Abs. 4 RVO, der den Kassenarzt „den zu Behandelnden gegenüber zur Sorgfalt nach den Vorschriften des bürgerlichen Vertragsrechts" verpflichtet, nicht von allzu großer praktischer Bedeutung). Von maßgeblicher Seite wird die künftige Regelung des Arztvertragsrechts im BGB auf der Grundlage der bisherigen Rspr. gefordert (vgl. Schreiber, Nieders. ÄBl. 1981, 161, 163 ff.).

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III. 1. Für den Arzt besteht kein Kontrahierungszwang. Es steht ihm frei, ob er einen Arztvertrag abschließen will oder nicht. Dies gilt auch für den > Kassenarzt, jedoch ist dessen > B e h a n d l u n g s f r e i h e i t durch kassenarztrechtliche Vorschriften weitgehend eingeschränkt ( > Behandlungsp f l i c h t Rzn. 325f.). Der Umstand, daß die Behandlung eines Privatpatienten unentgeltlich erfolgt (z.B. bei Arztkollegen), steht dem Zustandekommen eines Arztvertrages grundsätzlich nicht entgegen (vgl. BGH, NJW 1977, 2120; Rieger, DMW 1978, 192 > H a f t u n g s a u s s c h l u ß Rz 791). 2. Der Abschluß des Arztvertrages mit dem behandelnden Arzt bedarf keiner besonderen Form; er kommt i.d.R. durch Übernahme der Behandlung in der Sprechstunde, aufgrund eines bestellten Besuches ( > B e s u c h s p f l i c h t Rz400) oder aufgrund einer (u.U. telefonischen) Beratung zustande (Narr, aaO. Rz 853). Wo der Patient einen Vertrag nicht abschließen kann, die Behandlung aber in seinem Interesse erfolgt und seinem mutmaßlichen Willen entspricht (z. B. bei Bewußtlosigkeit), besteht ein Rechtsverhältnis nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB). 3. Bei Vorliegen entsprechender Umstände kann der Arztvertrag wegen Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder wegen Sittenwidrigkeit nichtig sein (§§ 134, 138 Abs. 1 BGB; vgl. hierzu Uhlenbruck, DMW 1965, 40ff. ; Laufs, Arztrecht Rz 37). Sittenwidrigkeit kann insbesondere bei erheblichen Verstößen gegen das ärztliche Standesrecht gegeben sein (vgl. BGH, NJW 1973, 315; Laufs, Arztrecht Rz 37).

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IV. 1. Minderjährige nach Vollendung des 7. Lebensjahres benötigen zum Abschluß eines Arztvertrages grundsätzlich die Zustimmung der gesetzlichen Vertreter (§ 106 BGB). Die Zustimmung ist nicht erforderlich, wenn die Voraussetzungen der partiellen Geschäftsfähigkeit nach §§112, 113 BGB vorlie-

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gen (was der Arzt bei Kassenpatienten aus der Vorlage des > K r a n k e n s c h e i n s ersehen kann) und die Behandlung der Erhaltung oder Wiederherstellung der Arbeitskraft dient (Schulz, Med. Klinik 1975, 1609, 1610). Letzteres ist nicht der Fall bei Verschreibung von > O v u l a t i o n s h e m m e r n für Minderjährige. Versagen die Erziehungsberechtigten hier ihre Zustimmung zum Vertragsabschluß, erwirbt der Arzt keinen Honoraranspruch (vgl. Hollmann, DMW 1978, 1258, 1259). Wo der Minderjährige noch nicht selbständig im Erwerbsleben steht und die Eltern mit dem Kind zum Arzt in die Sprechstunde kommen, wird der Arztvertrag in aller Regel zwischen den Erziehungsberechtigten und dem Arzt mit dem Minderjährigen als berechtigtem Dritten gem. § 328 BGB Zustandekommen. In Ausnahmefällen liegt nur ein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten des Minderjährigen vor (Laufs, Arztrecht Rz 24 ; a.A. Weimar, Med. Klinik 1977, 1754; Palandt-Heinrichs, aaO. § 328 Anm. 3). Bei Geschäftsunfähigen vor Vollendung des 7. Lebensjahres kommt der Arztvertrag stets mit den Erziehungsberechtigten zustande (zum Arztvertrag bei der Behandlung Minderjähriger eingehend Uhlenbruck, ArztR 1976, 341 ff.). Auch wo der Arztvertrag mit den Eltern des Minderjährigen besteht, erhalten diese kein Recht, vom Arzt unbeschränkt Auskunft über die Behandlung zu verlangen. Vielmehr gilt die ärztliche Schweigepflicht auch in diesem Fall, soweit der Minderjährige ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse hat (str.; näher dazu Rieger, Hippokrates 1966,145 ff. > S c h w e i g e p f l i c h t R z n . 1623,1656). 2. Beauftragt ein Ehegatte allein den Arzt mit der Behandlung des gemeinsamen Kindes oder nimmt er persönlich einen Arzt in Anspruch, so werden nach § 1357 BGB grundsätzlich beide Ehegatten berechtigt und verpflichtet (LG Koblenz, NJW 1981, 1324 [Haftung des Ehegatten für Kosten aus zahnärztlicher Behandlung des anderen Ehegatten auch dann, wenn dieser über eigenes Einkommen verfügt]; vgl. aber LG Bonn, NJW 1983, 344 [keine Anwendung des § 1357 BGB bei Vereinbarung von Wahlleistungen im > K r a n k e n h a u s a u f n a h m e v e r t r a g ] ). Die frühere Rspr. unter der Geltung des § 1357 a. F. ist damit überholt (dazu eingehend Laufs, Arztrecht Rzn. 25-27; Wacke in: Münch. Komm. § 1357 Rz 24 ; a.A. OLG Köln, VersR 1980, 1077, das zwar bei Hinzuziehung eines Arztes für ein beliebiges Familienmitglied, das sich zu Hause befindet, eine Mitverfplichtung des anderen Ehegatten annimmt, nicht jedoch bei Vornahme einer möglicherweise lebenswichtigen > O p e r a t i o n ( > K r a n k e n h a u s a u f n a h m e v e r t r a g , Rz 1040)). § 1357 BGB gilt nicht nach Trennung oder Ehescheidung. In diesem Fall wird nur der Elternteil aus dem Arztvertrag verpflichtet, der das Kind in Behandlung gab oder sich selbst behandeln ließ (str.; vgl. Laufs, ArztR Rz 27 ; a.A. LG Saarbrücken NJW 1971, 1894 mit krit. Anm. Oleschewski, NJW 1972, 346 und Berg, NJW 1972, 1117). Hat ein Arzt für ärztliche Leistungen gegen eine Ehefrau eine titulierte Forderung, so kann er ihren Freistellungsanspruch aus Schlüsselgewalt gegen den Ehemann pfänden und sich überweisen lassen (KG, NJW 1980, 1341). 3. Bei der > Überweisung eines Patienten an einen anderen Arzt kommt regelmäßig auch ein Dienstvertrag zwischen diesem und dem Patienten zustande, ohne daß es hierfür entsprechender ausdrücklicher Vereinbarungen

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bedarf. Seiner Unterrichtungspflicht nach § 4 Abs. 5 GOÄ ( > Arzthonorar Rz 189) genügt der behandelnde Arzt hier durch schlüssiges Handeln. Der Patient, der die Zuziehung eines weiteren Arztes zur Mitbehandlung oder Beratung ( > K o n s i l i u m ) zuläßt, schließt mit diesem stillschweigend einen neuen, selbständigen Arztvertrag. Dies entspricht auch den Vorstellungen des erstbehandelnden Arztes, der den zugezogenen Kollegen, auf dessen Tätigkeit er keinen Einfluß nehmen kann, nicht als seinen „Erfüllungsgehilfen" betrachtet (vgl. Weissauer, Anaesthesist 1962, 254; Westermann, NJW 1974, 577, 580; a.A. Kohlhaas, DMW 1971, 132). Für den Fall der Überweisung eines Patienten an einen Radiologen durch einen praktischen Arzt hat das LG München-Gladbach in einem Urteil v. 13. 6. 1952 (VersR 1953, 488) u.a. ausgeführt: „Für ein eventuelles Verschulden des Dr. K. [Radiologe] haftet der Beklagte [behandelnder Arzt] weder aus dem Gesichtspunkt des § 278 noch aus dem des § 831 B G B . . . Gerade weil dem praktischen Arzt die Spezialkenntnis und -erfahrung fehlt, kann nicht angenommen werden, daß er die Verpflichtung, eine Röntgenaufnahme herzustellen, als eigene eingehen und diese Verpflichtung durch einen Röntgenologen erfüllen lassen will. Dies kann um so weniger angenommen werden, als es dem praktischen Arzt an jeder Einwirkungsmöglichkeit auf den Röntgenologen f e h l t . . . " . Sonach kann bei der Frage, ob zwischen dem zugezogenen Arzt und dem Patienten ein neuer selbständiger Vertrag zustande kommt, entgegen der Ansicht von Spann (aaO. S. 94) und Uhlenbruck (ArztR 1972, 76) auch nicht danach unterschieden werden, ob der Patient sich persönlich zu dem zugezogenen Arzt begibt und sich von ihm untersuchen läßt (z. B. beim Radiologen) oder ob der Erstbehandelnde dem zugezogenen Spezialisten (z.B. Laborarzt) lediglich Untersuchungsmaterial übersendet. Nur im ersten Fall soll nach Spann ein selbständiger Vertrag zwischen dem zugezogenen Arzt und dem Patienten Zustandekommen, im anderen Fall dagegen nicht. Diese Auffassung entspricht nach dem Obengesagten nicht dem Willen der Beteiligten. Vielmehr ist davon auszugehen, daß der behandelnde Arzt durch die Übersendung von Untersuchungsmaterial im stillschweigenden Einverständnis mit dem Patienten als dessen Vertreter einen weiteren Dienstvertrag mit dem zugezogenen Arzt schließt (näher dazu Rieger, DMW 1978, 769; vgl. auch Andreas/SiegmundSchultze ArztR 1977, 243). Dies gilt vollends seit Einführung der Unterrichtungspflicht durch § 4 Abs. 5 GOÄ (vgl. Schmatz-Goetz-Matzke, aaO. § 4 Erl. 11; Hess, DÄ 1982/48, S. 22 > A r z t h o n o r a r Rz 189). Die vorstehenden Grundsätze gelten auch für Überweisungen in der Kassenpraxis. 4. > K o n s i l i u m Rzn. 983 ff. 219

V. Der Inhalt des Aiztvertrages bestimmt sich nach der Art der Erkrankung und den zur Herbeiführung des Heilerfolges indizierten ärztlichen Maßnahmen. 1. Pflichten des Arztes, a) Der Arzt ist insbesondere verpflichtet, den Patienten eingehend zu untersuchen, die Diagnose zu stellen und zu therapieren mit

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dem Ziel der Heilung bzw. Linderung auf die angemessen einfachste, schnellste und schonenste Weise unter Berücksichtigung des jeweiligen Standes der medizinischen Wissenschaft (Laufs, ArztR Rz 28; zur Untersuchungspflicht des Arztes vgl. Uhlenbruck, DMW 1979, 1366ff.). Hierzu kann auch die Pflicht zur Überweisung des Patienten an einen anderen Arzt gehören (> Ü b e r w e i s u n g Rz 1797). b) Wegen des besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient hat der Arzt seine Leistungen grundsätzlich persönlich zu erbringen (§613 BGB). Dies bedeutet indes nicht, daß der Arzt jeden Handgriff selbst ausführen müßte. Die Zuziehung von ärztlichen und nichtärztlichen Hilfskräften ist in dem erforderlichen und üblichen Umfang zulässig (vgl. Weissauer, Anm. zum Urteil des LG Flensburg v. 16. 6. 1978, NJW 1978, 2342, 2343). Der Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung ist von besonderer Bedeutung bei Krankenhauschefärzten im Zusammenhang mit dem > Liquidat i o n s r e c h t (Rzn. 1169 f.). c) Darüber hinaus besteht noch eine Reihe von vertraglichen Nebenpflichten, bei deren Verletzung eine positive Vertragsverletzung vorliegt, z. B. aa) die Erfüllung der ärztlichen > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t (OLG Stuttgart NJW 1973, 560); bb) die allgemeine Pflicht, Schaden vom Patienten abzuwenden und ihn im Rahmen der von ihm gewählten Therapie keinen vermeidbaren Risiken auszusetzen (BGH v. 18. 7. 1978 - 1 StR 209/78 -). Fraglich kann sein, ob die Aufklärung des Patienten über fremde und eigene > Behandlungsfehler zu den vertraglichen Nebenpflichten des behandelnden Arztes gehört. Bei Behandlungsfehlern von Kollegen wird man eine Informationspflicht des Arztes grundsätzlich dann annehmen müssen, wenn es gilt, durch einen Eingriff weitere Schäden abzuwenden (z. B. Entfernung einer abgebrochenen Injektionsnadel). Diese Informationspflicht steht nicht im Widerspruch zu dem berufsrechtlichen Gebot der Kollegialität (vgl. § 15 Abs. 1 MuBO). Die Wahrung des Wohls des Patienten ist demgegenüber die höherwertige Pflicht. Die bloße Vermutung einer Fehlbehandlung vermag jedoch eine Informationspflicht des behandelnden Arztes nicht zu begründen (näher dazu Leithoff, Geburtsh. u. Frauenheilk. 1978, 247, 252f.). Zu den Pflichten des ärztlichen Sachverständigen bei der Begutachtung von Behandlungsfehlern > S a c h v e r s t ä n d i g e r Rz 1536. Einer Pflicht des Arztes zur Aufklärung über eigene Behandlungsfehler steht der allgemeine Rechtsgrundsatz entgegen, daß niemand verpflichtet ist, sich durch Selbstanzeige der Strafverfolgung auszusetzen. Insofern ist die Rspr. zum Haftpflichtrecht der Rechtsanwälte und Steuerberater, die den Rechtsanwalt für verpflichtet hält, den Mandanten auf Schadensersatzansprüche gegen sich selbst hinzuweisen (vgl. OLG Celle, AnwBl. 1979, 20, 21; BGH, NJW 1982, 1285) nicht ohne weiteres auf das Arzthaftpflichtrecht übertragbar, weil fahrlässige Sorgfaltspflichtverletzungen des Rechtsanwalts i.d.R. ohne strafrechtliche Folgen bleiben. Trotzdem wird man in den Fällen, in denen weitere schwere Gefahren für Gesundheit und Leben des Geschädigten nur durch

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ärztliches Eingreifen abgewendet werden können, den Arzt grundsätzlich für verpflichtet halten müssen, den Geschädigten über den wahren Sachverhalt insoweit zu unterrichten, als dies zur Herbeiführung einer rechtswirksamen Einwilligung erforderlich ist ( > Aufklärungspflicht Rz 253). In diesen Fällen ist im Rahmen der nach § 242 BGB vorzunehmenden Güterabwägung das Wohl des Patienten gegenüber dem Interesse des Arztes an Straffreiheit als höherwertig anzusehen mit der Folge, daß dem Arzt die Unterrichtung des Geschädigten zumutbar ist. Eine Informationspflicht des behandelnden Arztes ist dort zu verneinen, wo nicht damit zu rechnen ist, daß über den bereits entstandenen Schaden hinaus dem Patienten weitere Nachteile drohen und der Hinweis auf die erfolgte Fehlleistung lediglich dazu dienen kann, dem Patienten die Möglichkeit zu geben, gegen den Arzt Haftpflichtansprüche geltend zu machen und Strafverfolgungsmaßnahmen einzuleiten (teilweise a.A. Opderbecke, arzt im krankenhaus 1982,229, 230, der eine Pflicht des Arztes zur Selbstbezichtigung unterschiedlos verneint; ähnlich wie hier Gubernatis, JZ 1982,363 ff.); cc) Sorgfaltspflichten in bezug auf alle mit dem diagnostischen oder therapeutischen Eingriff in Zusammenhang stehenden Maßnahmen (vgl. BGH, VersR 1981, 718 [Sorgfaltspflichten eines Augenarztes bei der Untersuchung eines gebrechlichen Patienten auf dem Untersuchungstisch] dd) Pflicht zur Auskunftserteilung ( > Auskunftspflicht). Zur Aufklärungspflicht hinsichtlich der Behandlungskosten auf Verlangen des Patienten vgl. BGH, NJW 1980, 2128 (Rechtsanwälte); ee) die > D o k u m e n t a t i o n s p f l i c h t einschließlich der Pflicht zur Aufbewahrung der im Rahmen der Behandlung angefallenen Krankenunterlagen und deren Herausgabe zur Einsicht an Arztkollegen auf Anforderung ( > K r a n k e n u n t e r l a g e n Rz 1092); ff) bestimmte Informationspflichten, zu denen auch die Pflicht zur Aufklärung eines selbstzahlenden Patienten über die Kosten der vorgesehenen Behandlung gehören kann, wenn die Höhe der Kosten für die Einwilligung des Patienten erkennbar eine Rolle spielt und der Patient aus seiner Sicht mit Kosten in der anfallenden Höhe nicht zu rechnen braucht (z. B. besonders hohe Kosten für Seren bei > Schutzimpfungen). Bei mehreren zur Wahl stehenden Therapien mit unterschiedlichen Kosten muß der Arzt den Patienten auch hierüber aufklären (J. Schmid, NJW 1981, 2504; LG Köln, VersR 1983, 960 m. Anm. Bach). Muß der Arzt unter den gegebenen Umständen begründete Zweifel haben, ob der Kostenträger des Patienten (z.B. die private > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g Rz 1107) eine von ihm vorgeschlagene Behandlung als notwendig ansehen und die Kosten dafür übernehmen wird, so hat er die vertragliche Pflicht, den Patienten darauf hinzuweisen (BGH, VersR 1983,443 > A r z t h o n o r a r Rz 184); gg) die Pflicht zur Wahrung des Berufsgeheimnisses ( > Schweigepflicht Rz 1617); hh) Meldepflichten gegenüber Krankenkassen, Berufsgenossenschaften usw. ( > Schweigepflicht Rz 1651); ii) die Pflicht zur Ausstellung von ärztlichen Bescheinigungen ( > Attest); jj) die Pflicht des niedergelassenen Arztes, den Patienten einen gefahrlosen

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Zugang zu den Praxisräumen zu gewährleisten, nicht aber die Verpflichtung zur umfassenden Sicherung des gesamten Hausgrundstücks, auf dem die Praxis betrieben wird (LG München II, VersR 1977, 776). kk) die Pflicht zur Verwahrung von Sachen, die der Patient während der Behandlung ablegt ( > A r z t p r a x i s Rz 204). d) > H a f t u n g , > H a f t u n g s a u s s c h l u ß 2. Pflichten der Patienten, a) Der Patient wird durch den Abschluß des ArztVertrages zur Honorarzahlung auf der Grundlage der > Gebührenordnung für Ärzte verpflichtet. Bei Kassenpatienten entfällt die Honorarzahlungspflicht (vgl. oben Rz 214). aa) Für den Umfang des Gebührenanspruches ist nicht erforderlich, daß der Patient dem Arzt die Zustimmung zu jeder einzelnen Leistung gesondert erteilt. Wünscht der Patient eine bestimmte Untersuchung, so bleibt es dem Arzt überlassen, welche einzelnen Untersuchungen er aufgrund der geschilderten Krankheitssymptome zur Erstellung einer Diagnose für erforderlich hält (LG Frankfurt, NJW 1974, 2048). Dabei ergibt sich jedoch die Verpflichtung des Arztes, seine Leistungen auf das nach den Regeln der ärztlichen Kunst medizinisch notwendige Maß zu beschränken ( > A r z t h o n o r a r Rz 162). Dem Arzt steht gegenüber dem Patienten ein Gebührenanspruch nach der GOÄ auch dann zu, wenn er die vom Patienten ausschließlich gewünschten Untersuchungen nicht vorgenommen hat, er ihn jedoch nach Anhörung der Krankengeschichte beraten hat (AG Mannheim, NJW 1971, 1902). bb) Soweit Dienstvertragsrecht Anwendung findet, besteht der HonoraranSpruch des Arztes auch dann, wenn die Behandlung ohne Verschulden des Arztes nicht zu dem gewünschten Erfolg führt. Wo im einzelnen die Regeln des Werkvertrages oder Werklieferungsvertrages Platz greifen (vgl. oben Rz 213), wird die Vergütung erst nach Abnahme des vertragsmäßig hergestellten Werkes (z.B. bei Implantation eines >Herzschrittmachers) fällig (§641 BGB; vgl. auch Rieger, DMW 1974, 2068 [Honoraranspruch bei mißglückter Schönheitsoperation] > K o s m e t i s c h e B e h a n d l u n g Rz 1001). Bei einem Behandlungsmißerfolg infolge schuldhafter Fehlleistungen im Kernbereich der ärztlichen Vertragserfüllung (z. B. eine > O p e r a t i o n zur Besserung der Hörfähigkeit bleibt infolge eines schuldhaften > B e h a n d l u n g s f e h l e r s ohne Ergebnis) ist die Schlechterfüllung der vertraglichen Pflichten der Nichterfüllung des > A r z t v e r t r a g e s gleichzusetzen mit der Folge, daß der Patient dem Honoraranspruch des Arztes die Einrede des nichterfüllten Vertrages (§ 320 BGB) entgegensetzen kann. Im Falle der Verletzung der ärztlichen > Aufklärungspflicht bleibt der Honoraranspruch des Arztes bestehen, wenn der Eingriff komplikationslos bleibt. Schlägt der Eingriff dagegen fehl, so hat der Patient den Schaden, mit dem Honoraranspruch für einen Eingriff belastet zu sein, dem er sich bei ausreichender Aufklärung nicht unterzogen hätte. Mit dem daraus resultierenden Schadensersatzanspruch kann er gegen den Honoraranspruch des Arztes aufrechnen (näher zu diesen Fragen Weissauer-Hirsch, ArztR 1982, 208ff.), cc) Erscheint der Patient aus einem von ihm zu vertretenden Umstand nicht

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zu dem mit dem Arzt vereinbarten Termin, so behält der Arzt seinen Honoraranspruch. Er muß sich jedoch darauf das Honorar anrechnen lassen, das er durch die Behandlung eines anderen Patienten in der fraglichen Zeit verdient hat oder hätte verdienen können (§ 324 Abs. 1 Satz 1 u. 2 BGB). Praktisch wird der Arzt einen Honoraranspruch in diesen Fällen nur dann mit Erfolg geltend machen können, wenn der Termin außerhalb der üblichen Sprechstunden vereinbart war (vgl. Schmatz-Goetz-Matzke, Einf. B Anm. 4). Erscheint der Patient unpünktlich, erhält der Arzt eine Verweilgebür nach Nr. 9 GOÄ. Nach den Grundsätzen der Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 BGB] ist er jedoch verpflichtet, einen anderen zur Behandlung bereiten Patienten zu versorgen. Unterläßt er dies, so entfällt der Anspruch auf die Verweilgebühr (Narr, aaO. Rz 1024). Diese Regelung gilt über die Vorschrift des § 368 d Abs. 4 RVO auch für Kassenpatienten. Das Honorar als Schadensersatz wegen Nichterscheinens oder die Verweilgebühr sind dem Kassenpatienten privat in Rechnung zu stellen. Insoweit handelt es sich um Leistungsstörungen im Verhältnis zwischen > Kassenarzt und Kassenpatient, die nicht Gegenstand der kassenärztlichen Versorgung sind (Narr, aaO. Rz 1025) m.Nachw.). dd) Im Falle der vorzeitigen Kündigung (vgl. unten Rz 226) hat der Arzt Anspruch auf das Honorar für seine Leistungen, die er bis zur Kündigung erbracht hat (§ 628 Abs. 1 Satz 1 BGB). Ein Honoraranspruch besteht jedoch dann nicht, wenn und soweit der Arzt durch eigenes vertragswidriges Verhalten die Kündigung durch den Patienten veranlaßt hat oder selbst kündigt, ohne dazu durch vertragswidriges Verhalten des Patienten veranlaßt zu sein und seine bisherigen Leistungen infolge der Kündigung für den Patienten kein Interesse haben (§ 628 Abs. 2 Satz 2 BGB; Laufs, Arztrecht Rz 31). ee) In der Weitelleitung einer Arztiechnung durch den Patienten an seine private > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g (Rz 1107) ist jedenfalls dann kein Anerkenntnis des Rechnungsbetrages gegenüber dem ausstellenden Arzt zu sehen, wenn der Patient der Versicherung bei Einreichung der Rechnung mitgeteilt hat, daß er die Berechtigung der Abrechnung noch nachprüfen werde (AG Düsseldorf, VersR 1981, 890). b) Der Patient ist verpflichtet, bei der Anamnese mitzuwirken und die ärztlichen Maßnahmen zu unterstützen. Die Verletzung dieser Pflichten können im Schadensfall ein Mitverschulden (§ 254 BGB) begründen und den Arzt zur fristlosen Kündigung des Arztvertrages berechtigen (Laufs, Arztrecht Rz 28) > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t Rz 281, > B e h a n d l u n g s f e h l e r Rz 311, > V e r s c h r e i b u n g Rz 1832). VI. Für die Beendigung des Arztvertrages gilt § 627 BGB. Der Patient kann den Vertrag jederzeit ohne Einhaltung einer Frist kündigen, auch wenn kein wichtiger Grund i. S. des § 626 BGB vorliegt. Das Kündigungsrecht des Kassenpatienten ist faktisch jedoch insofern eingeschränkt, als er nach § 368 d Abs. 3 RVO den Arzt innerhalb eines Kalendervierteljahres nur aus triftigen Gründen wechseln darf (> f r e i e A r z t w a h l Rz 640).

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Der Arzt darf dagegen nur dann kündigen, wenn der Patient dadurch nicht in eine Notsituation gerät und rechtzeitig einen anderen Arzt aufsuchen kann (§627 Abs. 2 BGB). Dies gilt auch dann, wenn ein wichtiger Grund i.S. des § 626 BGB vorliegt, der die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses für den Arzt unzumutbar werden läßt. In keinem Fall darf die Kündigung und Ablehnung der Weiterbehandlung in einem Stadium erfolgen, in dem der Patient dringender Hilfe bedarf, aber auf den Arzt angewiesen ist, in dessen Behandlung er sich befindet (Kohlhaas, Medizin und Recht, S. 100f.).

Arztzusatzvertrag > K r a n k e n h a u s a u f n a h m e v e r t r a g Rzn. 1035, 1037

Assistent 1. Man versteht darunter einen bei einem niedergelassenen Arzt (> N i e d e r lassung) unter dessen Leitung und Aufsicht tätigen > A r z t , der im Unterschied zum > P r a x i s v e r t r e t e r - gleichzeitig mit dem Praxisinhaber und neben ihm tätig wird. Die Beschäftigung erfolgt zur Entlastung des Praxisinhabers, zur ärztlichen > W e i t e r b i l d u n g oder zum Zwecke der Ableistung der Vorbereitungszeit für die Kassenpraxis (> K a s s e n a r z t Rz 926).

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II. Rechtsstellung. 1. Im Gegensatz zum > P r a x i s v e r t r e t e r besteht ein echtes Arbeitsverhältnis (§ 622 BGB), für das in bezug auf das Weisungsrecht des Praxisinhabers jedoch gewisse Einschränkungen gelten (Arzt Rz 123). Für die Gestaltung des Anstellungsvertrages gibt es Musterverträge (vgl. Narr, Der Arzt als Arbeitgeber, S. 42ff. ; Rieger, Verträge zwischen Ärzten in freier Praxis, S. 2ff.). Die Vergütung des Assistenten unterliegt der freien Vereinbarung zwischen Praxisinhaber und Assistent, wobei die Vergütungsregelung für Krankenhausärzte im BAT (Vergütungsgruppe II a BAT) als Richtschnur dienen kann. 2. Die Vereinbarung einer Konkurrenzklausel mit Assistenten ist nur in den Grenzen der für die Vereinbarung von Wettbewerbsverboten mit angestellten Ärzten geltenden Grundsätze möglich (> K o n k u r r e n z k l a u s e l Rz 980). 3. Zu den vertraglichen Nebenpflichten aus dem Arbeitsvertrag gehört u. a. die Wahrung der ärztlichen > S c h w e i g e p f l i c h t durch den Assistenten; ihre Verletzung kann eine fristlose Kündigung rechtfertigen. 4. Der Abschluß von Anstellungsverträgen mit ausländischen Ärzten, die nicht im Besitz einer deutschen > A p p r o b a t i o n sind, ist nur möglich, wenn der Ausländer über eine > B e r u f s e r l a u b n i s gem. § 10 BÄO verfügt. Diese Erlaubnis muß sich ausdrücklich auf die Tätigkeit der Praxis des vertragsschließenden Praxisinhabers oder allgemein auf eine Tätigkeit als Praxisassistent beziehen.

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Die Erlaubnis für eine Tätigkeit im > Krankenhaus deckt nicht die Tätigkeit in der Praxis eines niedergelassenen Arztes. Die fehlende Erlaubnis nach § 10 BÄO begründet für den Praxisinhaber ein gesetzliches Beschäftigungsverbot mit der Folge, daß der Anstellungsvertrag gem. § 134 BGB nichtig ist (vgl. BAG v. 6.3. 1974-5 AZR313/73-und hierzu Rieger;DMW 1974,1942). Läuft die jeweils nur befristet zu erteilende > Berufserlaubnis vor dem Ende des Anstellungsvertrages ab und verweigert die Behörde die Verlängerung, so kann der ausländische Assistent die Fortzahlung der Vergütung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs (§615 BGB] des Praxisinhabers nicht verlangen (BAG, aaO.). Ein Anspruch auf Weiterzahlung der Vergütung nach § 616 Abs. 1 BGB kommt nur für einen Zeitraum von maximal sechs Wochen nach Ablauf der > Berufserlaubnis in Betracht, sofern das Anstellungsverhältnis nicht später als sechs Wochen nach Ablauf der Erlaubnis endet; tritt die Beendigung später ein, steht dem Assistenten ein Fortzahlungsanspruch auch nicht für die Zeit von sechs Wochen zu (BAG, aaO.; Rieger, DMW 1974,1943). 231

III. Der Assistent ist gem. § 539 Abs. 1 Nr. 7 RVO in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert.

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IV. Haftung. Für schuldhafte Fehlleistungen des Assistenten haftet der Praxisinhaber gegenüber dem Patienten aus dem > Arztvertrag (§278 BGB) und aus unerlaubter Handlung (§§831, 823 BGB). Daneben haftet der Assistent persönlich nach § 823 BGB, wobei er jedoch vom Praxisinhaber teilweise oder völlige Freistellung von der Haftung nach den Grundsätzen über gefahrgeneigte Arbeit verlangen kann ( > Haftung Rz 778). Hinsichtlich der Haftung des Assistenten für falsche Anordnungen des Praxisinhabers gilt entsprechendes wie bei Assistenzärzten ( > Assistenzarzt Rz 240). Die persönliche Haftpflicht des Assistenten ist im Rahmen der > Berufshaftpflichtversicherung (Rzn. 381 ff.) des Praxisinhabers grundsätzlich mitversichert.

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V. Berufsrecht und Kassenarztrecht. 1. Nach der ärztlichen > Berufsordnung ist die Beschäftigung eines Assistenten im Gegensatz zu früher nicht mehr genehmigungspflichtig, sondern nur noch anzeigepflichtig (vgl. § 17 Abs. 6 Satz 2 MuBO). Die Beschäftigung eines Assistenten darf jedoch nicht den Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung tangieren (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 6 Satz 1 MuBO). 2. Die Beschäftigung eines Assistenten in der Kassenpraxis bedarf nach § 32 Abs. 2 ZO-Ä der Genehmigung der > Kassenärztlichen Vereinigung. Sie darf nicht der Vergrößerung der Kassenpraxis oder der Aufrechterhaltung eines übergroßen Praxisumfangs dienen (§ 32 Abs. 3 ZO-Ä). Obwohl in § 32 ZO-Ä nicht ausdrücklich erwähnt, kann die KV auch die Beschäftigung eines Weiterbildungsassistenten sowie eines Assistenten bei ehrenamtlich beiufspolitischei Tätigkeit des Piaxisinhabeis genehmigen (vgl. Narr, aaO. Rz 1085f.). Der Praxisinhaber ist verpflichtet, den Assistenten zur Erfüllung der kassen-

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ärztlichen Pflichten anzuhalten. Insoweit gilt entsprechendes wie beim > Praxisvertreter (Rz 1434). VI. > Durchgangsarzt Rz 580

Assistenzarzt I. Man versteht darunter einen an einem t> Krankenhaus unter Aufsicht, Weisung und Verantwortung des leitenden Arztes ( > Chefarzt Rz 522, > A r z t Rz 123) tätigen angestellten Arzt, der i.d.R. noch nicht über eine > Gebietsbezeichnung verfügt, sondern zum Zwecke der > Weiterbildung tätig ist ( > Wissenschaftlicher Mitarbeiter).

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II. Die Anstellungsbedingungen der angestellten Ärzte in öffentlichen > Krankenhäusern richten sich überwiegend nach dem BAT nebst den Sonderregelungen SR 2 c BAT. Daneben bestehen weitere tarifliche Regelungen (z.B. für >Privatkrankenanstalten und Krankenanstalten der Stationierungsstreitkräfte) sowie Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) der karitativen Verbände (z. B. Innere Mission, Caritasverband, Deutsches Rotes Kreuz), die nach ihrem wesentlichen Inhalt dem BAT entsprechen. 1. Da alle diese Regelungen nur eine sehr lückenhafte Aufzählung der Dienstaufgaben enthalten, ist vielfach streitig, welche Aufgaben des Krankenhausarztes dem durch das Gehalt abgegoltenen Dienstaufgabenbereich und welche dem Nebentätigkeitsbereich zuzuordnen sind ( > Nebentätigkeit Rz 1237). Zu den Dienstaufgaben gehören nach SR 2 c Nr. 3 BAT u. a. die Ausstellung von Bescheinigungen, die Betreuung von Fürsorge- und Beratungsstellen, die Erstellung von > Gutachten im Auftrag des Arbeitgebers sowie die Teilnahme am > Rettungsdienst (Rz 1497). Die Anfertigung von Gutachten für Dritte gehört zur > Nebentätigkeit des Assistenzarztes (SR 2 c Nr. 5 Abs. 1 BAT > G u t a c h t e n Rz 739). Nach § 368 Abs. 2 Satz 3 RVO i.d.F. des KVEG gehört die Durchführung von > Früherkennungsuntersuchungen bei Neugeborenen im Krankenhaus nicht mehr zur Nebentätigkeit des Krankenhausarztes. Die entgegengesetzte Rspr. des BAG (NJW 1975, 1477) und des BSG (NJW 1976, 387) ist durch die Gesetzesänderung überholt (näher dazu Lübke, arzt im krankenhaus 1982, 223 f. > Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz Rz 1005). Im übrigen bestehen über die Zuordnung einzelner Aufgaben zu Dienstaufgaben oder zum Nebentätigkeitsbereich teilweise Meinungsverschiedenheiten ( > Leichenschau Rz 1153, > Rettungsdienst Rzn. 1498 ff., > Blutentn a h m e Rz 454; vgl. hierzu auch Krauel, der arzt im krankenhaus, 1979, 270). Die Tätigkeit im Liquidationsbereich des > Chefarztes kann je nach der Ausgestaltung des Arbeitsvertrages im konkreten Fall Dienstaufgabe oder > Nebentätigkeit sein ( > Chefarzt Rz 522, > Gutachten Rz 739, > Mitarbeiterbeteiligung Rz 1217).

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2. Die Arbeitszeit der angestellten Ärzte ist nicht durch öffentlichrechtliche Arbeitszeitvorschriften begrenzt. Die Arbeitszeitordnung |AZO) und die Verordnung über die Arbeitszeit in Krankenpflegeanstalten vom 13. 2. 1924 (KrAZO) finden nach der Rspr. des BAG auf Krankenhausärzte keine Anwendung (> B e r e i t s c h a f t s d i e n s t Rz 347). 3. Im Geltungsbereich des BAT kommen für die Vergütung des angestellten Arztes die Vergütungsgruppen II a, I b, I a und I in Betracht. Der Anspruch auf Höhergruppierung im Rahmen des Bewährungsaufstiegs erwächst automatisch nach Erfüllung der jeweiligen Bedingungen (z. B. fünfjährige Tätigkeit als Arzt bei Höhergruppierung von II a nach I b BAT), ohne daß es darauf ankommt, ob im Stellenplan eine entsprechende freie Stelle zur Verfügung steht. Soweit die Höhergruppierung eine bestimmte Dauer der Ausübung ärztlicher Tätigkeit voraussetzt, sind auch Zeiten im Ausland anzurechnen (ArbG Ulm v. 16.5.1977 - 2 Ca 150/77 dazu Lippert, DMW 1978,962; Holzapfel, Hess. Äbl. 1979,551 ). Außertarifliche Gehaltszulagen, die vom Krankenhausträger aus den Chefarztabgaben vom Liquidationserlös gewährt werden, beruhen nicht auf einer Nebenabrede nach § 4 Abs. 2 BAT, sondern betreffen die beiderseitigen Hauptrechte und Hauptpflichten aus dem Arbeitsvertrag mit der Folge, daß für die Rechtswirksamkeit des Anspruchs auf die außertarifliche Zulage eine einseitige Erklärung des Krankenhausträgers genügt. Eine Kürzung oder Entziehung durch den Arbeitgeber ist auch bei Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs unwirksam, wenn der Arbeitgeber hierfür keinen sachlichen und daher billigenswerten Grund nennen kann (LArbG Nieders. v. 13. 12. 1978 - 7 Sa 26/78 —, Küchenhoff, arzt im krankenhaus 1979, 337). Zu Gehaltsanpassungsklauseln bei Gewährung außertariflicher Zulagen vgl. Kirchhoff, arzt im krankenhaus 1981, 681. Eine Vergütung für Überstunden kann der angestellte Arzt nur dann verlangen, wenn diese angeordnet wurden (§ 17 Abs. 1 BAT). Dies gilt ausnahmsweise dann nicht, wenn ihm ein konkret abgrenzbarer Arbeitsauftrag ohne Rücksicht auf die regelmäßige Arbeitszeit zur Erledigung übertragen worden ist oder wenn bestimmte ärztliche Tätigkeiten wegen ihres unaufschiebbaren Charakters ohne Rücksicht auf die regelmäßige Arbeitszeit zu einem Abschluß gebracht werden müssen. Für beide Ausnahmen trägt der Arzt die Darlegungs- und Beweislast (LArbG Frankfurt, NJW 1982, 2143 [Leits.)). Dem Anspruch des Krankenhausarztes auf Gewährung der Weihnachtszuwendung nach dem BAT steht nicht entgegen, daß sein Arbeitsverhältnis befristet ist (BAG v. 8. 2. 1978 - 5 AZR 756/76 und 5 AZR 734/76; dazu Lippert DMW 1978, 809, 1502). 4. Bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses auf Verlangen des Chefarztes („Druckkündigung") muß der Krankenhausträger sich vorher um eine Klärung des Konflikts zwischen Assistenzarzt und Chefarzt bemühen. Unterläßt er dies, ist ein dringendes betriebliches Erfordernis i. S. des § 1 Abs. 2 KSchG, das der Weiterbeschäftigung des Assistenzarztes im Krankenhaus entgegensteht, nicht gegeben (LArbG Bad.-Wttbg. v. 26. 2. 1975 - 6 Sa 173/74 dazu Siegmund-Schultze, ArztR 1975, 178).

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Ein in einem konfessionellen Krankenhaus beschäftigter Assistenzarzt muß in dem Bereich, in dem es um die Lehre der betreffenden Kirche geht, eine Einschränkung seines Rechts auf Meinungsfreiheit hinnehmen und bei Verstößen gegen diesen Grundsatz mit arbeitsrechtlichen Folgen rechnen (BAG v. 21. 10. 1982 - 2 AZR 591/80 u. 2 AZR 628/80 - [Auflösung des Arbeitsverhältnisses eines Assistenzarztes in einem katholischen Krankenhaus gem. § 9 KSchG bei positiver Stellungnahme in der Öffentlichkeit zum legalen >Schwangerschaftsabbruch] ; bedenklich!). Andererseits stellt der Kirchenaustritt des Assistenzarztes keinen Kündigungsgrund dar (LArbG Berlin v. 24. 6. 1983 - 2 SA 15/83 -). 5. Bei Assistenzärzten in der > Weiterbildung ist der Abschluß befristeter Anstellungsverträge üblich und zulässig (vgl. Protokollnotiz Nrn. 1 u. 2 zu SR 2y BAT, LAG Bad.-Wttbg. v. 10. 5. 1979 - 10 Sa 72/78 -, zitiert bei Siegmund-Schultze, ArztR 1982, 204; zu weiteren Gründen, die eine Befristung rechtfertigen vgl. Jobs, Arzt u. Krankenhaus 1983, 113f.|. Die Vertragsdauer darf jedoch nicht kürzer bemessen werden als es die Belange der Weiterbildung erfordern; anderenfalls liegt ein sachlicher Grund, der nach den Grundsätzen der Rspr. den Abschluß eines Zeitarbeitsvertrages allein rechtfertigt (vgl. die Nachw. bei Schwerdtner in: Münch. Komm. § 620 Rz 10, Anm. 19], nicht vor (z.B. Unzulässigkeit der Befristung eines Arbeitsvertrages auf zwei Jahre zu Beginn der Weiterbildung zum Internisten). III. Haftung. 1. Der angestellte Assistenzarzt haftet dem Patienten für eigenes Verschulden unter dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung ( > Behandlungsfehler Rzn. 301, 317, > H a f t u n g Rzn. 774ff.). Die grundsätzliche Pflicht des nachgeordneten Arztes, die Anordnungen des Chefarztes zu befolgen, entbindet ihn andererseits nicht von der Pflicht, sich im Rahmen seiner Fähigkeiten jederzeit eigene Vorstellungen über die Art der Erkrankung und die Wirksamkeit oder Schädlichkeit der vom Chefarzt angeordneten Maßnahmen zu machen und etwaige Bedenken dem Chefarzt vorzutragen. Erkennt er oder hätte er erkennen müssen, daß der Patient, der Anspruch auf den Behandlungsstandard eines erfahrenen > Gebietsarztes hat, bei dem von ihm durchgeführten Eingriff einem höheren Gesundheitsrisiko ausgesetzt ist, darf er nicht gegen sein ärztliches Gewissen und gegen bessere Überzeugung handeln und die Anweisungen des übergeordeten Arztes befolgen. Ihm ist zuzumuten, dagegen seine Bedenken zu äußern und notfalls den Eingriff abzulehnen. Als letztes Mittel trifft den Assistenzarzt sogar die Pflicht, den Patienten über die Sachlage zu informieren, um ihm Gelegenheit zu geben, seine Einwilligung zu dem Eingriff zu verweigern. Dies gilt selbst dann, wenn der Arzt sich dadurch möglicherweise Schwierigkeiten für sein Fortkommen aussetzt (BGH v. 27. 9. 1983 - VI ZR 230/81 -). Es gibt keinen Freibrief für die „Begehung von Behandlungsfehlern auf Weisung" (Kohlhaas, Medizin und Recht, S. 133; z.T. weniger weitgehend Uhlenbruck, Arzt und Krankenhaus 1979, 310, 311; vgl. auch § 10 Abs. 1 Unterabs. 2 MuBO > A r z t Rz 123). Bei Nichtbeachtung dieser Grundsätze hat der Assistenzarzt für Schäden zivil-

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rechtlich und strafrechtlich einzustehen (> O p e r a t i o n Rz 1328, > Beweislast Rz 446). 2. Für die Haftung im Innenverhältnis gegenüber dem Arbeitgeber finden im Geltungsbereich des BAT die für Beamte geltenden Vorschriften Anwendung (§ 14 BAT). Auch hier tritt jedoch eine Haftungsbeschränkung nach den Grundsätzen über gefahrgeneigte Arbeit ein (vgl. Narr, aaO. Rz 1109 > Haft u n g Rz 784). 241

IV. Das Recht zur Rezeptur steht auch angestellten Ärzten zu ; es ist nicht an die > Niederlassung gebunden (> Verschreibung Rz 1824).

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V. Innerhalb der Länder der EG besteht Freizügigkeit auch für angestellte Ärzte (vgl. Art. 24 Anerkennungsrichtlinie, Art. 6 Koordinierungsrichtlinie > Niederlassungsfreiheit Rz 1252). Eine Einschränkung erfährt diese Freizügigkeit jedoch durch Art. 48 Abs. 4 des EWG-Vertrages, wonach eine Arzttätigkeit in einem öffentlichen Krankenhaus im Rahmen eines öffentlichen Dienstverhältnisses von der Freizügigkeit grundsätzlich ausgenommen ist. Daher besteht kein Freizügigkeitsanspruch in Italien und Frankreich, wo die Krankenhäuser überwiegend in die öffentliche Verwaltung integriert sind. Um auch insoweit Freizügigkeit für Ärzte in der EG zu gewährleisten, haben sich die EG-Mitgliedstaaten in einer Ratserklärung verpflichtet, binnen drei Jahren nach Verabschiedung der Richtlinien, spätestens also ab dem 16. 6. 1978 den Zugang zur Beschäftigung im Krankenhaus unter gleichwertigen Bedingungen, gegebenenfalls im Rahmen eines besonderen Beschäftigungsverhältnisses zu gewährleisten (ABl. EG 1975, Nr. C 146/1). Ausgenommen ist lediglich die Tätigkeit als Krankenhausarzt in leitender Stellung und in Ausübung öffentlicher Gewalt (vgl. Winkel, DMW 1976, 1367; Hess. DÄ 1977, 67 f.). VI. Eine Beteiligung von Assistenzärzten an der kassenärztlichen Versorgung kann bei Erfüllung der Voraussetzungen in § 368 a Abs. 8 Satz 1 RVO (u. a. Erbringung besonderer ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, Anerkennung als > Gebietsarzt) erfolgen. Im übrigen gilt entsprechendes wie bei der Chefarztbeteiligung (> C h e f a r z t Rzn. 527 ff.).

Atomgesetz 243

I. Das Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren - Atomgesetz (AtG) - i.d.F.v. 31. 10. 1976 (BGBl. I S. 3053) dient dem Zweck, 1. die Erforschung, die Entwicklung und die Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken zu fördern; 2. Leben, Gesundheit und Sachgüter vor den Gefahren der Kernenergie und der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlen zu schützen und durch Kernenergie oder ionisierende Strahlen verursachte Schäden auszugleichen; 3. zu verhindern, daß

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Atomgesetz

durch Anwendung oder Freiwerden der Kernenergie die innere oder äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet wird; 4. die Erfüllung internationaler Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland auf dem Gebiet der Kernenergie und des Strahlenschutzes zu gewährleisten (§ 11. Es enthält insbesondere in den §§ 3-21 b eingehende Überwachungsvorschriften (§§ 3ff.) einschließlich Vorschriften über die Genehmigung entsprechender Anlagen (§§ 7 ff.) sowie Haftungs- und Bußgeldvorschriften (§§ 25 ff., §§ 4,49). Aufgrund der Ermächtigungsnormen in §§10-12 und §54 wurden die

> Strahlenschutzverordnung und die > Röntgenverordnung erlassen.

II. Haftungsregelung für den medizinischen Bereich. 1. Nach den HaftungsVorschriften in §§ 25 ff., die ergänzend zu den Bestimmungen des Pariser Übereinkommens in der Neufassung v. 5. 2. 1976 (BGBl. II S. 310) gelten (dazu Kierski, BGesuBl. 1978, 73ff.), unterliegt der Besitzer (§§ 854ff. BGB) des von der Kernspaltung betroffenen Stoffes, des radioaktiven Stoffes oder des Beschleunigers der eingeschränkten > G e f ä h r d u n g s h a f t u n g in dem Sinne, daß die Ersatzpflicht nicht eintritt, wenn er beweist, daß der Schaden durch ein Ereignis verursacht wurde, das er und die für ihn tätigen Personen auch bei Anwendung jeder nach den Umständen gebotenen Sorgfalt nicht vermeiden konnten und das weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit der Schutzeinrichtungen noch auf einem Versagen ihrer Verrichtungen beruht (§ 26 Abs. 1). Diese Vorschriften gelten nicht für Schäden, die durch ionisierende Strahlen aussendende Quellen wie Röntgengeräte oder Teilchenbeschleuniger entstehen (Kierski, aaO. S. 73). Die verschärfte Haftung nach diesen Vorschriften tritt nicht ein, wenn die radioaktiven Stoffe oder die Beschleuniger gegenüber dem Verletzten von einem > A r z t oder > Z a h n a r z t oder unter der Aufsicht eines Arztes oder Zahnarztes bei der Ausübung der > H e i l k u n d e angewendet worden sind und die verwendeten Stoffe oder Beschleuniger sowie die notwendigen Meßgeräte dem jeweiligen Stand von Wissenschaft und Technik entsprochen haben und der Schaden nicht darauf zurückzuführen ist, daß die Stoffe, Beschleuniger oder Meßgeräte nicht oder nicht ausreichend gewartet worden sind oder wenn zwischen dem Besitzer der Anlage und dem Verletzten ein Rechtsverhältnis besteht, aufgrund dessen dieser die von dem Stoff ausgehende Gefahr in Kauf genommen hat (§ 26 Abs. 4). In diesen Fällen bleibt es bei der allgemeinen Verschuldenshaftung nach dem BGB ( > B e h a n d l u n g s f e h l e r Rz 305 > H a f t u n g Rz 768). Andernfalls gilt die eingeschränkte > Gefährdungsh a f t u n g auch bei der > Heilbehandlung. Bei der Anwendung radioaktiver Stoffe am Menschen in der medizinischen Forschung ( > k l i n i s c h e s Experiment) verbleibt es bei der verschuldensunabhängigen Haftung nach § 26 Abs. 1 Satz 1. Bestreitet der Besitzer des radioaktiven Stoffes den ursächlichen Zusammenhang zwischen der Anwendung der rakioaktiven Stoffe und dem eingetretenen Schaden, so trifft ihn die > Beweislast, daß nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft keine

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Atomgesetz

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hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Kausalzusammenhangs besteht (§ 26 Abs. 5). 2. Für die Erfüllung gesetzlicher Schadensersatzverpflichtungen hat die Verwaltungsbehörde im Genehmigungsverfahren nach § 13 Vorsorge zu treffen (Deckungsvorsorge). Der > C h e f a r z t eines Krankenhauses ist nicht verpflichtet, neben dem Krankenhausträger die Deckungsvorsorge für die von ihm behandelten Privatpatienten zu erbringen, da er nicht „Besitzer" i. S. des § 26 Abs. 1 ist (Kierski, aaO. S. 74). Die Ermittlung der Deckungssummen richtet sich nach §§ 7 ff. Atomrechtliche Deckungsvorsorgeverordnung v. 25. 1. 1977 - AtDeckV - (BGBl. I S. 220). Für die Anwendung radioaktiver Stoffe am Menschen in der medizinischen Forschung gilt § 15 AtDeckV.

Attest 245

I. Das ärztliche Attest ist eine schriftliche Bescheinigung ärztlichen Inhalts. Ein ärztliches Attest liegt vor, wenn das Ergebnis einer ärztlichen Feststellung oder Untersuchung schriftlich niedergelegt wird, gleichgültig ob es sich um die Untersuchung eines einzelnen Organes, die zusammenfassende ärztliche Beurteilung mehrerer Untersuchungsergebnisse oder um die Gesamtbewertung eines Krankheitsbildes handelt (BGH v. 29. 1. 1957, ÄM 1958, 85; Narr, BayÄBl. 1974, 276). Der Unterschied zum > G u t a c h t e n besteht darin, daß das Attest eine auf der ärztlichen Fachkunde beruhende Aussage über einen tatsächlichen Zustand darstellt, während im Gutachten darüber hinaus auf der Grundlage tatsächlicher Feststellungen Schlußfolgerungen gezogen werden (vgl. Narr, BayÄBl. S. 276). II. Rechtsnatur. Das Attest ist eine Privaturkunde i.S. des § 416 ZPO und ein Gesundheitszeugnis i. S. des § 278 StGB. III. Die Erscheinungsformen des Arztattestes sind vielfältig. Beispiele: > Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, Zeugnisse über krankheitsbedingte Prüfungsunfähigkeit (zum Inhalt unten Rz 247), Bescheinigungen zur Befreiung vom Turnunterricht in der Schule, Diätbescheinigungen für das Finanzamt, Bescheinigungen für Führerscheinbewerber, Bescheinigungen über Bestehen von Schwangerschaft für den Arbeitgeber, Todesbescheinigungen (> Leichenschau Rz 1151), Zeugnisse für Lebensversicherungsunternehmen, Bescheinigungen über Verhandlungsunfähigkeit im Strafprozeß (>Verhandlungsfähigkeit), Bescheinigungen im Rahmen von > Jugendarbeitsschutzuntersuchungen.

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Keine Atteste ärztlichen Inhalts sind Bescheinigungen über die Notwendigkeit von Arztbesuchen während der Arbeitszeit. Die BÄK hat daher empfohlen, derartige Bescheinigungen nicht mit der Unterschrift des Arztes, sondern mit

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der Unterschrift der > Arzthelferin kostenlos auszustellen (vgl. Hess, DÄ 1981, 1369). IV. 1. Die Verpflichtung zur Ausstellung eines Attestes kann sich ergeben a| aus dem Anstellungs- oder Beamtenverhältnis ( > Assistenzarzt, > A m t s a r z t , t> Vertrauensarzt); b) aus gesetzlichen Vorschriften (z.B. § 12 Abs. 2 GeschlKrG, § 4 BSeuchG); c) aus dem > Arztvertrag, gleichgültig ob es sich um Kassenpatienten oder Privatpatienten handelt; d) aus der Zulassung als > Kassenarzt (§ 30 BMV-Ä, § 2 Nr. 3 AEKV). 2. Form und Inhalt, a) Für die im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung auszustellenden Bescheinigungen haben die Partner des > Bundesmantelvertrages-Ärzte (BMV-Ä) gem. §31 BMV-Ä Vordrucke vereinbart. Entsprechendes gilt nach § 2 Nr. 3 AEKV für den Ersatzkassensektor (vgl. die Mustersammlung bei Buschmann-Wilken, aaO.). Auch sonst sind für ärztliche Bescheinigungen vielfach Muster vorgeschrieben (vgl. z. B. Muster 11 für Bescheinigungen über die ärztliche Untersuchung von Führerscheinbewerbern der Klasse 2 nach § 9 c StVZO i.d.F.v. der 3. VO zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften v. 23. 11. 1982, BGBl. I S. 1533). b) Wo für die Ausstellung von Arztattesten keine Vordrucke benutzt werden, muß der Arzt den Zweck der Bescheinigung und seinen Empfänger angeben, um eine mißbräuchliche Verwendung zu vermeiden (vgl. § 12 Abs. 1 MuBO). Im übrigen ist der Inhalt des Attestes dem Arzt grundsätzlich freigestellt. Zur Vermeidung ungerechtfertigter Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht des Patienten und z. T. auch aus Gründen der ärztlichen > Schweigepflicht ist jedoch stets zu beachten, daß jede ärztliche Bescheinigung nur solche Angaben enthalten darf, die für die Erfüllung des vorausgesetzten Zwecks unbedingt erforderlich sind. So ist z. B. die Mitteilung der Diagnose in kassenärztlichen Bescheinigungen erforderlich für die Überprüfung der Leistungspflicht durch die Krankenkasse im konkreten Einzelfall. Gleiches gilt für den Bereich der privaten > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g (Rz 1107; > A r z t h o n o r a r Rz 173). Keine zwingende Notwendigkeit für Angaben über die Diagnose ergibt sich dagegen z.B. bei Attesten über krankheitsbedingte Prüfungsunfähigkeit zur Vorlage bei staatlichen Prüfungsämtern. Hier muß es grundsätzlich genügen, wenn der Arzt bescheinigt, daß der Kandidat wegen Krankheit prüfungsunfähig ist. Gefälligkeitsatteste können i.d.R. auch bei Angabe der Diagnose nicht als solche entlarvt werden, da der Arzt, der ein Gefälligkeitsattest ausstellt, im allgemeinen auch eine „passende" Diagnose angeben wird. Hat die Prüfungsbehörde Zweifel an der Richtigkeit eines Attestes, kann sie die Vorlage eines amtsärztlichen Zeugnisses verlangen. Im übrigen steht die Ausstellung von Gefälligkeitsattesten unter Strafandrohung (vgl. unten Rz 251) sowie unter der Drohung berufsgerichtlicher Maßnahmen ( > Berufsgericht; näher dazu Rieger, DMW 1982, 1736, a.A. VGH Mannheim v. 27. 9. 1974 - IX 736/74 - [ärztliche Wiederholungsprüfung],- VG Koblenz v. 21. 2. 1983 - 7 K 102/81 - [Abiturprüfung]). Zum Inhalt von Dienstunfähigkeitsbescheinigungen für Beamte > D i e n s t u n f ä h i g k e i t Rz 557.

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Entsprechendes muß für ärztliche Atteste über > Verhandlungsunfähigkeit nach der StPO und für Atteste zur Entschuldigung des Ausbleibens von Zeugen im Gerichtstermin (§ 51 Abs. 2 StPO, § 381 Abs. 1 ZPO ; vgl. auch OLG Köln, NJW 1982, 2617) gelten. 248

3. Bei der Ausstellung von Attesten über Verstorbene ist der Arzt an die ärztliche Schweigepflicht gebunden, die nach dem Tod des Patienten fortwirkt (näher dazu Rieger, D M W 1 9 7 9 , 9 > S c h w e i g e p f l i c h t Rzn. 1626,1637). V. Berufsrechtlich hat der Arzt bei der Ausstellung von Attesten mit der notwendigen Sorgfalt zu verfahren und nach bestem Wissen seine ärztliche Überzeugung auszusprechen. Bescheinigungen, zu deren Ausstellung der Arzt verpflichtet ist (vgl. oben Rz 246) oder die auszustellen er übernommen hat, sind innerhalb einer angemessenen Frist abzugeben (vgl. § 12MuBO). Ein Verstoß gegen diese Pflichten kann außer zu berufsgerichtlichen Maßnahmen auch zu einer zivilrechtlichen und strafrechtlichen Haftung führen (vgl. unten Rz 252).

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VI. Honorierung. 1. Im Bereich der gesetzlichen > Krankenversicherung (Rz 1103) sind die Ausstellung von Bescheinigungen und die Erstellung von Berichten, die die Krankenkasse und der > Vertrauensärztliche Dienst zur Durchführung ihrer Aufgaben und die die Versicherten für den Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts benötigen, für den Patienten kostenfrei (§ 368 Abs. 2 Satz 2 RVO, vgl. zum folgenden Häußler-Liebold-Narr, aaO. S. 140ff.). a) Einen Teil derartiger schriftlicher Äußerungen kann der > K a s s e n a r z t über > K r a n k e n s c h e i n abrechnen, z.B.: gelbe > A r b e i t s u n f ä h i g k e i t s b e s c h e i n i g u n g für die Lohnfortzahlung (Nr. 14 a BMÄ/E-GO), Bescheinigung über Indikation für einen > S c h w a n g e r s c h a f t s a b b r u c h (Nr. § 16 c BMA/E-GO), Bescheinigung für die Krankenkasse zur Geltendmachung von Erstattungsansprüchen gegenüber einem anderen Kostenträger (z.B. > B e r u f s g e n o s s e n s c h a f t ) gem. § 1542 RVO (Nr. 16a BMÄ/E-GO). b) Andere kürzere Atteste, die die Krankenkassen zur Durchführung ihrer Aufgaben benötigen, muß der > K a s s e n a r z t nach § 30 Abs. 1 BMV-Ä den Krankenkassen ohne besonderes Honorar, aber gegen Erstattung der baren Auslagen auf Verlangen erteilen. Hierzu gehören u.a.: Ausstellung von Rezepten ( > V e r s c h r e i b u n g ) ; Ausstellung von > Ü b e r w e i s u n g s s c h e i n e n , > K r a n k e n h a u s e i n w e i s u n g e n , Transportbescheinigungen, Ausstellung der weißen Krankengeld-Auszahlungsscheine, Ausfüllung des Vordruckberichts für den > V e r t r a u e n s ä r z t l i c h e n Dienst, Anregung von Rehabilitationsmaßnahmen ( > R e h a b i l i t a t i o n ) . c) Für Atteste, die für die Durchführung der Aufgaben der gesetzlichen > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g (Rz 1103) nicht erforderlich sind, kann der Arzt auch gegenüber Kassenpatienten privat liquidieren. Hierzu gehören z.B.: Bescheinigungen für Rentenversicherungsträger zur Erlangung eines Heilverfahrens, Bescheinigungen für Finanzämter, für Schulen (z. B. über Schulfähigkeit und für Befreiung vom Schulsport), und für private Versicherungsgesellschaften, Abschriften über die Strahlenbelastung nach der Röntgenverordnung.

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2. Bei Privatpatienten richtet sich die Vergütung für Atteste nach den einschlägigen Vorschriften der > G O Ä (Nrn. 14-16). 3. Für Bescheinigungen über die ärztliche Untersuchung von Fühierscheinbewerbern der Klasse 2 gem. § 9 c StVZO können nach Auffassung der BÄK folgende Gebührenziffern in Ansatz gebracht werden: 16, 65, 3661, 3717, 4055 und 4205 mit einem Gesamtpunktwert von 667, entsprechend 60,70 DM Einfachsatz. Bei der Anwendung des Multiplikators muß der Arzt den Routinecharakter berücksichtigen. Der Vorstand der BÄK hält ein Honorar von 70 DM für angemessen (vgl. Popovic, DÄ 1983/3, S. 15). Diese Kosten sind vom Führerscheinbewerber zu tragen. 5. Zur Honorierung von ärztlichen Bescheinigungen nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz > Jugendarbeitsschutzuntersuchungen Rz 917 6. Zur Honorierung von Todesbescheinigungen > Leichenschau Rz 1152

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VII. Rechtsfolgen bei Ausstellung unrichtiger Atteste. Für die Ausstellung unrichtiger ärztlicher Bescheinigungen hat der Arzt strafrechtlich und zivilrechtlich einzustehen. Darüber hinaus kommen berufsgerichtliche und kassenarztrechtliche Maßnahmen in Betracht ( > Berufsgericht, > Disziplinarverfahren Rz 563). 1. Die strafrechtliche Verantwortlichkeit für vorsätzlich unrichtige Atteste („Gefälligkeitsattest") ergibt sich aus § 278 StGB. Nach gefestigter Rspr. ist ein Arztattest auch dann unrichtig i. S. des § 278 StGB, wenn der Arzt einen Befund bescheinigt, ohne eine Untersuchung vorgenommen zu haben (vgl. im einzelnen hierzu OLG Frankfurt, NJW 1977, 2128; Schönke-Schröder-Cramer, aaO. §278 Rzn. lff. m. Nachw.; Narr, BayÄBl. 1974, 278f. m. Nachw.); OLG Zweibrücken, JR 1982, 294 m. Anm. Otto). 2. Die zivilrechtliche Haftung gegenüber dem Patienten ergibt sich aus dem > Arztvertrag und aus § 823 BGB. Gegenüber Dritten (z. B. Krankenkassen und private Versicherungsgesellschaften) kommt eine Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB regelmäßig nicht in Betracht, da es sich im allgemeinen um reine Vermögensschäden handelt (vgl. Roesch, Med. Klinik 1979, 1332ff.). Schadensersatzansprüche können sich aber, was Rösch aaO. übersieht, aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. den Vorschriften in den ärztlichen > Berufsordnungen über die Sorgfaltspflichten des Arztes bei Ausstellung von Zeugnissen ergeben (vgl. § 12 MuBO; z.B. Versicherung gewährt dem bei ihr versicherten Patienten Leistungen aufgrund eines unrichtigen Attestes; vgl. Herold, ArztR 1966, 249; zur Haftung des Arztes bei den einzelnen Arten von Attesten eingehend Roesch, aaO. S. 1332ff.). Bei vorsätzlicher Ausstellung eines falschen Attestes ergibt sich eine Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 278 oder §§ 27, 263 StGB sowie § 826 BGB ( > Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung Rz 106). Vertragliche Schadensersatzansprüche gegen den Arzt können sich auch bei Schäden aufgrund schuldhafter Säumnis bei der Ausstellung eines Attestes ergeben. 3. Bei Kassenärzten kann die Ausstellung unrichtiger Bescheinigungen zu

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Disziplinarmaßnahmen ( > D i s z i p l i n a r v e r f a h r e n Rz 563) und darüber hinaus u.U. zu Ersatzansprüchen führen ( > A r b e i t s u n f ä h i g k e i t s b e s c h e i nigung Rz 106).

Aufklärungspflicht I. Der Begriff ist mehrdeutig. Es ist zu unterscheiden zwischen der Selbstbestimmungsaufklärung oder Eingriffsaufklärung (II), der Diagnoseaufklärung (III) und der Sicherungsaufklärung (IV). Vgl. zum folgenden Kern-Laufs, aaO. 253

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II. Die Selbstbestimmungsaufklärung (Eingriffsaufklärung) 1. Rechtsgrundlagen. Nach der Rspr. stellt auch der kunstgerecht und mit Erfolg durchgeführte ärztliche Heileingriff eine Körperverletzung i. S. der §§ 223, 230 StGB, § 823 BGB sowie eine Verletzung der in Art. 2 GG garantierten körperlichen Integrität und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar, wenn er nicht durch eine rechtswirksame Einwilligung des Patienten gedeckt ist ( > Heilbeh a n d l u n g Rzn. 805 ff.). Dies gilt nicht nur für chirurgische > O p e r a t i o n e n , sondern für sämtliche ärztliche Einwirkungen zu therapeutischen, diagnostischen oder prophylaktischen Zwecken (z. B. medikamentöse Behandlung, röntgenologische Maßnahmen, diagnostische Eingriffe, > Vorsorgeuntersuchungen, psychotherapeutische Einwirkungen; vgl. BGHZ 29, 176, 181; Schlund, VersR 1977,496; Hollmann, NJW 1973,1393 m. Nachw.). Die Rechtswirksamkeit der Einwilligung setzt voraus, daß der Patient weiß, worin er einwilligt. Dies ist nur möglich, wenn der Arzt ihn über die vorgesehene Behandlung so weit unterrichtet, daß er das Für und Wider der Behandlung abwägen kann („informed consent"; vgl. BGHSt 11, 111; 16, 309; BGHZ 29, 46, 176). Hierzu ist der Arzt auch aufgrund des > Arztvertrages (Rz 220) verpflichtet (vgl. den Überblick über den derzeitigen Stand von Literatur und Rspr. bei Tempel, NJW 1980,609 ff. und Schlosshauer-Selbach, DRiZ 1982,361 ff. ; zur Rspr. zur ärztlichen Aufklärungspflicht seit 1974 vgl. Giesen, JZ 1982,391 ff.). 2. Inhalt und Umfang der vom Arzt vorzunehmenden Aufklärung richten sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalles unter Berücksichtigung der von der Rspr. hierzu entwickelten Grundsätze (eine gesetzliche Regelung besteht nur in Sonderfällen; vgl. z. B. § 3 Abs. 1 KastrG > Kastration Rz 944). Danach muß sich die Aufklärung auf alle Umstände erstrecken, die für den Arzt erkennbar - für einen „verständigen Patienten" in der gleichen Situation bei seiner Entscheidung für oder gegen den Eingriff eine Rolle spielen können (vgl. dazu Steffen, MedR 1983, 88). Hierzu gehört auch das Risiko bei Ablehnung einer vom Arzt vorgeschlagenen Behandlung („informed refusal"; näher dazu Deutsch, NJW 1982, 2585f.). Dabei genügt stets eine Aufklärung in den Grundzügen („im großen und ganzen"; BGH, NJW 1963, 393, 395; 1973, 556, 557). Im einzelnen bedeutet dies:

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a) Der Arzt muß den Patienten über Art, Zweck und Tragweite des geplanten Eingriffs (z.B. Bauchschnitt, Entfernung der Gallenblase, Verlust der Gebärfähigkeit) unterrichten. Zur Besprechung technischer Einzelheiten ist er grundsätzlich nicht verpflichtet. b) Das Maß der Genauigkeit, mit der aufgeklärt werden muß, ist umgekehrt proportional zur Dringlichkeit des Eingriffs: je dringender der geplante Eingriff, desto geringer ist der Umfang der Aufklärungspflicht, je geringer der Dringlichkeitsgrad, desto größere Anforderungen sind an die Aufklärungspflicht zu stellen (vgl. Laufs, NJW 1974, 2026; Tempel, NJW 1980, 611 m. Nachw.; das BVerfG hat diese Rspr. in seinem Beschluß v. 25. 7. 1979, NJW 1979, 1925, 1929 als verfassungsgemäß akzeptiert). Das Spektrum der Dringlichkeit verläuft von der > k o s m e t i s c h e n B e h a n d l u n g über vorbeugende Maßnahmen ( > S c h u t z i m p f u n g , > V o r s o r g e u n t e r s u c h u n g e n ) und diagnostische Eingriffe bis hin zu Eingriffen mit vitaler Indikation (zu weiteren typischen Fällen innerhalb der Dringlichkeitsskala vgl. Tempel, aaO. S. 612 m. Nachw.). Bei diagnostischen Eingriffen ohne therapeutischen Eigenwert stellt die Rspr. grundsätzlich strenge Anforderungen an die Aufklärungspflicht (vgl. LG Bremen, MedR 1983, 737; OLG Bremen, MedR 1983, 111). Dabei darf allerdings nicht übersehen werden, daß auch einem diagnostischen Eingriff im Hinblick auf die dadurch erschlossene Heilungsmöglichkeit große Dringlichkeit zukommen und er mitunter sogar vital indiziert sein kann (BGH, NJW 1971, 1887, 1888; 1979, 1933, 1934; vgl. auch BGH, VersR 1983, 957; OLG Stuttgart, NJW 1979, 2355; VersR 1983, 278; allgemein zur Aufklärungspflicht bei diagnostischen Eingriffen vgl. W. Vogel-H. Vogel, ZfV 1979, 603. Bei > V o r s o r g e u n t e r s u c h u n g e n , die zwar medizinisch ratsam sind, jedoch vor allem zu wissenschaftlichen Zwecken vorgenommen werden, ist der Proband auch hierüber aufzuklären (OLG Stuttgart, VersR 1981, 342 [Gastroskopie] ). c) Zu den Umständen, die für die Entscheidung des Patienten, in die Behandlung einzuwilligen, von Bedeutung sind, gehören insbesondere die mit dem Eingriff verbundenen Risiken (Risikoaufklärung). Hierzu rechnen nicht nur die sich unmittelbar aus dem Eingriff selbst ergebenden Risiken, sondern auch Gefahren, die sich bei Gelegenheit des Eingriffs verwirklichen können (BGH, NJW 1971, 241 [Erhöhung des Risikos einer Behandlung wegen schlechter hygienischer Verhältnisse im Krankenhaus]; OLG Köln, NJW 1978, 1690 [Pflicht zur Erstreckung der Aufklärung auf erhöhte Infektionsgefahren bei Operation infolge Bauarbeiten im Krankenhaus] > Krankenhausinfektion 1053). aa) Keine Aufklärung bedarf es über solche Gefahren, die schlechthin mit jedem Eingriff, auch dem harmlosesten (z.B. >Blutentnahmen; vgl. RG JW 1939, 349) verbunden sind und die ein vernünftiger Patient ohne weiteres in Rechnung stellt (z.B. Embolie und Blutungen bei Operationen; vgl. Bockelmann, aaO. S. 59; BGHZ 29, 176, 181; BGH, NJW 1965, 2005, 2006). Ebensowenig braucht der Arzt über solche Risiken aufzuklären, denen er erfahrungsgemäß mit den Mitteln der ärztlichen Kunst ohne weiteres begegnen kann (Schlund, VersR 1977, 498).

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bb) Im übrigen spielt bei der Frage nach dem erforderlichen Umfang der Aufklärung über mögliche Risiken die erfahrungsgemäße Häufigkeit von Mißerfolgen und unerwünschten Nebenwirkungen eine wesentliche Rolle. Dabei darf jedoch nicht auf einen starren Prozentsatz der bisher beobachteten Zwischenfälle abgestellt werden |BGH, NJW 1971, 1887, 1888], Der BGH hat es abgelehnt, ein festes Zahlenverhältnis zwischen der Komplikationsdichte und der ärztlichen Hinweispflicht aufzustellen (vgl. BGH, NJW 1972, 335, 337; vgl. auch OLG Oldenburg, NJW 1978, 594). Da das notwendige Maß der Risikoaufklärung sich außerdem nach der sachlichen und zeitlichen Dringlichkeit des Eingriffs richtet, kommt auch bei geringer Wahrscheinlichkeit schädlicher Folgen eine Aufklärung um so eher in Betracht, je weniger der mit dem Eingriff bezweckte Erfolg aus der Sicht eines vernünftigen Menschen vordringlich und geboten erscheint. Bei einer unbedeutenden kosmetischen Operation z. B. m u ß der Arzt ein Aufklärungsinteresse des Patienten auch dann voraussetzen, wenn die Häufigkeit tödlicher Zwischenfälle nur 1 : 1000 beträgt (BGH, NJW 1972, 335, 337; vgl. auch BGH, NJW 1976, 363, 364, wonach der Arzt im Einzelfall verpflichtet sein kann, auch auf extrem seltene Zwischenfälle von 1 : 2000 hinzuweisen). Umgekehrt sind die Anforderungen an die Intensität der Aufklärung über mögliche Nebenfolgen dann am geringsten, wenn es gilt, ein unmittelbar lebensbedrohliches Krankheitsgeschehen abzuwenden (Dunz, Zur Praxis der zivilrechtlichen Arzthaftung, S. 12; BGHSt 12, 379, 383; BGH, NJW 1966, 1855, 1856; vgl. auch OLG Celle, VersR 1981, 1184, wo im Falle einer Strahlenbehandlung nach erfolgter Brustamputation davon ausgegangen wird, daß das Risiko einer Nervenschädigung von 1 : 10000 im Vergleich zu dem Risiko eines lebensbedrohenden erneuten Auftretens einer Krebsgeschwulst als unbedeutend angesehen wird, so daß es einer Aufklärung nicht bedarf; demgegenüber hat der BGH in seinem Beschluß v. 21. 9. 1982 - VI ZR 192/81 - die Revision der geschädigten Patientin zwar im Ergebnis nicht angenommen, gleichzeitig jedoch darauf hingewiesen, daß die Patientin über die allgemeine Gefährlichkeit der durchgeführten Röntgenbestrahlung hätte aufgeklärt werden müssen). 257

Über typische, dem Patienten nicht erkennbare Risiken ist dieser grundsätzlich auch dann aufzuklären, wenn sie sehr selten sind (z. B. 1 : 2000; BGH, NJW 1980, 633, 1905, 1907 [Aufklärung über die Möglichkeit der Schädigung des nervus facialis bei Tympanoplastik-Operation); vgl. auch OLG Köln, VersR 1983, 297 [keine Hinweispflicht auf atypische Operationsfolgen] ). In allen Fällen, in denen die Komplikationsdichte eine Rolle spielt, darf bei deren Feststellung nicht auf allgemeine Durchschnittswerte in Spezialkliniken abgestellt werden. Maßgebend sind vielmehr stets die konkreten Umstände des Einzelfalles; es kommt darauf an, mit welcher Komplikationsdichte gerade in der den fraglichen Eingriff ausführenden Klinik aufgrund des Könnens und der Erfahrung der dort tätigen Ärzte zu rechnen ist (BGH, NJW 1980, 1907 m. Nachw.; vgl. auch BGH, NJW 1961, 2203, 2204). cc) Der Umfang der gebotenen Aufklärung hängt ferner ab vom Gewicht des Risikos des Eingriffs (z. B. nur vorübergehende Beeinträchtigungen oder Dauer-

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schaden) „im Verhältnis zu den Folgen . . ., die für den Patienten im weiteren Ablauf seiner Erkrankung zu erwarten wären, wenn die vorgesehene Behandlung unterbliebe" (BGH, NJW 1963, 393, 394). Sonach sind auch die Erfolgsaussichten einer vorgesehenen Behandlung bei der Risikoaufklärung von Bedeutung. Die Intensität der gebotenen Aufklärung erhöht sich in dem Maße, in dem der Heilungserfolg zweifelhaft bleiben muß oder gar aussichtsreichere oder minder gefährliche Behandlungsmöglichkeiten sich anbieten (vgl. OLG Stuttgart, NJW 1973, 560; Dunz, Zur Praxis der zivilrechtlichen Arzthaftung, S. 12f.). Bei der Frage, welche von mehreren in Betracht kommenden Behandlungsmethoden die größten Heilungsaussichten bietet, muß der Arzt von der h.M. der sogenannten > S c h u l m e d i z i n auch dann ausgehen, wenn er sie nicht teilt. Es steht ihm frei, den Patienten von Vorzügen seiner eigenen Auffassung über die richtigere Methode zu überzeugen, aber nicht ohne die abweichende Meinung der Schulmedizin dargelegt zu haben (vgl. Dunz, aaO. S. 13; BGH, NJW 1962, 1780, 1782). Wo im Hinblick auf den Behandlungserfolg mehrere gleichwertige, aber mit unterschiedlichen Risiken behaftete Behandlungsmethoden zur Wahl stehen, verlangt die Rspr. entsprechende Aufklärung des Patienten. „Die Wahl zwischen verschiedenen Gefahrengruppen, die Leben und Wohlbefinden wesentlich betreffen, darf dem Patienten nicht ohne triftige Gründe vorenthalten werden", auch dann nicht, „wenn seine Entscheidung selbst rational nicht ohne weiteres begründbar und richtig erscheint" (BGH, NJW 1974, 1423; vgl. auch BGH, VersR 1982, 771; OLG Frankfurt, NJW 1983, 1382). Sofern mehrere übliche Behandlungsmethoden ohne wesentliche Unterschiede in bezug auf die Risiken in Betracht kommen, braucht der Arzt diese mit dem Patienten grundsätzlich nicht zu erörtern. In diesen Fällen ist die Wahl der Behandlungsmethode primär Sache des Arztes, der, wenn keine besonderen Umstände entgegenstehen, davon ausgehen darf, daß der Patient, der von sich aus nicht weiter nachfragt, seiner ärztlichen Entscheidung vertraut (BGH, VersR 1982, 771). Ist die vom Arzt vorgeschlagene Behandlungsmethode ernsthaft umstritten, ist der Patient darüber aufzuklären (BGH, NJW 1978, 587). Abgesehen davon, daß die Wahl eines riskanteren Eingriffes unter Umständen schon einen > B e h a n d l u n g s f e h l e r (Rz 308) darstellen kann, besteht in solchen Fällen eine echte Wahlmöglichkeit für den Patienten, dem dann die Entscheidung auch überlassen bleiben muß (BGH aaO.). Einer intensiven Aufklärung bedarf es bei Anwendung neuartiger Behandlungsmethoden, die an Experimente grenzen. Der Arzt muß hier auf Risiken eher als bei den herkömmlichen Methoden hinweisen (vgl. Engisch-Hallermann, aaO. S. 35). Eine gesteigerte Aufklärungspflicht besteht auch bei der klinischen Prüfung von Arzneimitteln. ( > K l i n i s c h e Axzneimittelprüfung Rzn. 957, 959). dd) Da sich der Umfang der ärztlichen Aufklärungspflicht nach den konkreten Bedürfnissen im Einzelfall richtet, kann sich eine gesteigerte Aufklärungspflicht in bezug auf mögliche schädliche Folgen auch aufgrund individuell ge-

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steigertet Gefahrenlage ergeben (z. B. hohes Alter, erhöhte Thrombosebereitschaft; vgl. BGH 1974, 604; Gaisbauer, VersR 1976, 217). ee) Da die Aufklärung nur in den Grundzügen zu erfolgen hat (vgl. oben Rz 254), ist der Arzt bei einem dem Patienten seinem Wesen nach bekannten und daher als nicht unerheblich und nicht risikofrei erkennbaren Eingriff grundsätzlich nicht verpflichtet, alle einzelnen Möglichkeiten und Gefahren aufzuzählen, in denen sich das Risiko verwirklichen kann. So reicht es z. B. bei der Blinddarmoperation aus, wenn der Arzt sich davon überzeugt, daß der Patient nicht irrig davon ausgeht, daß dieser Eingriff wegen seiner Alltäglichkeit ganz ungefährlich sei (BGH, NJW 1980, 633, 635). Bei im Einzelfall bestehenden erhöhten Risiken ist der Arzt jedenfalls bei einem intelligenten und aufgeschlossenen Menschen mit Erfahrungen aus der Kranken-Vorgeschichte zunächst nur gehalten, eine allgemeine Aufklärung durch einen generellen Hinweis auf die betreffenden Risiken zu geben, ohne sie im einzelnen zu bezeichnen. Es ist dann Aufgabe des Patienten, weiter konkrete Fragen zu stellen, falls er Einzelheiten zu wissen wünscht. Unterläßt er dies, setzt er sich dem Einwand des Mitverschuldens (§ 254 BGB) aus (vgl. BGH, NJW 1973, 556; 1976, 363, 364; 1979, 1933; 1980, 633, 635; OLG Frankfurt, NJW 1973, 1415). Einzelhinweise gegenüber einem Patienten, dem das allgemeine Risiko nicht verborgen ist, sind nur erforderlich, soweit sich Komplikationen in eine Richtung entwickeln können, die für ihn als Laien überraschend sein muß, ferner dann, wenn sie zu Ausfällen führen können, die in den besonderen Lebensverhältnissen des Patienten für den Arzt erkennbar besonders schwerwiegend wären (z. B. Pflicht zur Aufklärung eines Opernsängers über die für ihn existentielle Gefahr einer Stimmbandlähmung bei Kropf Operation; vgl. BGH, NJW 1961, 2203). Allerdings muß der Arzt bei der Bemessung der ungefragt zu erteilenden Aufklärung stets in Rechnung stellen, daß eine situationsbedingte Befangenheit Patienten mitunter auch davon abhält, Umstände zu erfragen, die für sie ersichtlich von Interesse sein können (BGH, NJW 1980, 633, 635). Einem geistig einfachen und nicht vorinformierten Patienten kann dagegen nicht zugemutet werden, durch Fragen selbst auf eine Vervollständigung der Aufklärung hinzuwirken; in diesen Fällen trifft den Arzt eine weitergehende Aufklärungspflicht (BGH, NJW 1976, 363, 364). ff) Ein Umstand, über den der Patient im Rahmen der Risikoaufklärung unterrichtet werden muß, kann auch der für die geplante ärztliche Maßnahme und die medizinische Versorgung im Vergleich zu anderen Krankenhäusern niedrigere Standard in der apparativen Ausstattung und in der Ausbildung und Erfahrung der behandelnden Ärzte sein. Bei Übertragung einer selbständig auszuführenden Operation auf einen dafür noch nicht ausreichend qualifizierten > Assistenzarzt in der > Weiterbildung steht jedoch i.d.R. nicht die mangelnde Aufklärung des Patienten über sein dadurch gesteigertes Operationsrisiko, sondern ein ärztlicher Behandlungsfehler in Frage (BGH v. 27. 9. 1983 VI ZR 230/81 - > B e h a n d l u n g s f e h l e r Rz 318, > O p e r a t i o n Rz 1323). gg) Zur Aufklärung bei der Intensivtherapie vgl. Eser, Anästh.Intensivmed. 1979, 211.

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hh) Zur Aufklärung über gefährliche Nebenwirkungen eines Medikamentes > Verschreibung Rz 1828. ii) Die Pflicht zu spontaner Aufklärung über das Behandlungsrisiko endet dort, wo ein verständiger Mensch in der Situation des Patienten diese Aufklärung nicht mehr erwarten darf (Dunz, Zur Praxis der zivilrechtlichen Arzthaftung S. 11). Das heißt: „auf Gefahren, die sich so selten verwirklichen und deren Hervortreten auch in dem Falle des betreffenden Patienten so wenig wahrscheinlich ist, daß sie bei einem verständigen Menschen in seiner Lage für den Entschluß in die Behandlung einzuwilligen, nicht ernsthaft ins Gewicht fallen, braucht der Arzt den Patienten nicht ausdrücklich und ungefragt hinzuweisen. Ebenso kann eine Aufklärung entbehrlich sein, wenn die möglicherweise eintretenden ungünstigen Nebenwirkungen der Behandlung so viel weniger gravierend sind, als die Folgen eines Unterbleibens der Behandlung, daß sie ein vernünftiger Mensch in der Lage des Patienten für die Willensentschließung, sich der Behandlung zu unterziehen oder sie abzulehnen, nicht als bedeutsam ansähe" (BGH, NJW 1963, 393, 394). d) Zu den Anforderungen an die Aufklärung bei zweifelhafter Indikation des geplanten Eingriffes einerseits und hohem Mißerfolgsrisiko andererseits vgl. BGH, NJW 1981, 633. e) Zum Umfang der Aufklärungspflicht bei minderjährigen Patienten vgl. BGH, MedR 1983, 25. f) Die Aufklärungspflicht entfällt ausnahmsweise aa) wenn der Patient über das Wesentliche der Behandlung bereits unterrichtet ist, z. B. weil er selbst Arzt oder Angehöriger eines > medizinischen Assistenzberufes ist (vgl. BGH, NJW 1966, 1855; 1961, 2302) oder aufgrund früherer Behandlungen mit dem Behandlungsrisiko voll vertraut ist (vgl. BGH, VersR 1961, 421, OLG Köln, VersR 1978, 551; OLG Celle, NJW 1979, 1251) oder weil er bereits durch den Hausarzt informiert wurde (BGH, NJW 1976, 1790, 1792). In allen diesen Fällen erscheint jedoch Vorsicht am Platze. Der den Eingriff vornehmende Arzt darf sich nicht ohne weiteres darauf verlassen, daß ein Kollege bereits aufgeklärt hat (vgl. auch unten Rz 270). Die Aufklärung darf nur unterbleiben, wenn der den Eingriff durchführende Arzt aufgrund der gegebenen Umstände, die er erforderlichenfalls durch Befragen des Patienten ermitteln muß, überzeugt sein darf, daß der Patient ausreichend informiert ist (BGH, NJW 1961, 2203; LM § 276 [Ca] BGB Nr. 13; NJW 1979, 1933, 1934; OLG Köln, MDR 1968, 240; OLG Hamm, NJW 1976, 1157, 1158;). Dies gilt um so mehr bei medizinisch nicht notwendigen Eingriffen, z.B. bei der > Sterilisation (BGH, DRiZ 1981, 310). Der behandelnde Arzt, der einen Patienten zum Zwecke eines Eingriffs in ein Krankenhaus einweist, ist verpflichtet, mit dem Patienten das Für und Wider des Eingriffs unter entsprechender Aufklärung über deren Risiko zu erörtern. Andererseits darf sich der den Eingriff vornehmende Krankenhausarzt nicht ohne näheren Anhalt darauf verlassen, daß der einweisende Arzt seiner Aufklärungspflicht nachgekommen ist (BGH, NJW 1980, 633). Nach Auffassung des BGH ist auch der Arzt, der nur die Aufklärung eines Patienten über eine ihm angeratene, später je-

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doch von einem anderen Arzt ausgeführte Operation übernommen hat, dem Patienten aufgrund der damit übernommenen Garantenstellung zum Ersatz des durch die Operation entstandenen Körperschadens verpflichtet, wenn die Aufklärung unvollständig und die Einwilligung des Patienten daher unwirksam war (BGH, NJW 1980, 1905, 1906f. ; dagegen mit Recht Schünemann, NJW 1980, 2753] ; bb) wenn der Patient auf Aufklärung ausdrücklich oder stillschweigend verzichtet. Ein stillschweigender Aufklärungsverzicht kommt vor allem dort in Betracht, wo aufgrund längerer Behandlung ein solches Vertrauensverhältnis zum Arzt entstanden ist, daß der Arzt den gesamten Umständen entnehmen kann, die Auswahl und Durchführung der erforderlichen Maßnahmen werde ihm überlassen, ohne daß eine besondere Unterrichtung erfolgen muß (vgl. Kleinewefers in: Die Aufklärungspflicht des Arztes, aaO. S. 42). Jedoch ist hier größte Vorsicht geboten. Die Rspr. stellt an die Feststellung eines Aufklärungsverzichts strenge Anforderungen. Ein Aufklärungsverzicht bildet stets die Ausnahme. Grundsätzlich darf der Arzt von einem Verzicht nur ausgehen, wenn er ihm eindeutig und ernsthaft erklärt worden ist (vgl. BGHZ 29, 46, 54; NJW 1973, 556, 558; Laufs, Arztrecht Rz 78). Eine Aufklärung erscheint jedenfalls dann erforderlich, wenn die vorgesehene Behandlung ganz einschneidende Folgen haben kann, die ersichtlich außerhalb der Vorstellung des Patienten liegen und daher von seinem ausdrücklichen und stillschweigenden Aufklärungsverzicht nicht umfaßt sein können (z. B. Verlust der Gebärfähigkeit bei einer Myomoperation einer jungen Ehefrau; vgl. Kleinewefers, aaO. S. 41 f.). Im Zweifel muß der Arzt sich durch entsprechende Fragen vergewissern, inwieweit der Patient auf Aufklärung verzichtet. Sittenwidrig und daher rechtsunwirksam ist der Aufklärungsverzicht, wenn der Arzt ihn zur Bedingung der Behandlung gemacht oder dem Patienten zumindest nahegelegt hat (Deutsch, NJW 1983, 1351, 1354). cc) wenn eine Verständigung mit dem Patienten nicht möglich ist (Patient wird z.B. bewußtlos ins Krankenhaus eingeliefert), der Eingriff andererseits aber keinen Aufschub duldet. Hier sind die zur Erhaltung des Lebens und der Gesundheit des Patienten erforderlichen Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt der mutmaßlichen Einwilligung gerechtfertigt (vgl. Bockelmann, Strafrecht des Arztes, S. 61 f. > H e i l b e h a n d l u n g Rz 808). Hierher gehört auch der Fall der Operationserweiterung nach begonnener Operation ( > O p e r a t i o n Rz 1324). dd) Streitig ist, ob die Aufklärung aus medizinischen Gründen unterbleiben kann, wenn die durch die Aufklärung bei dem Patienten zu befürchtende Gesundheitsschädigung gravierender sein könnte als die Beeinträchtigung seines Selbstbestimmungsrechts (mißverständlich als „therapeutisches Privileg des Arztes" bezeichnet; vgl. Deutsch, NJW 1980, 1305, 1306f.). Die Frage ist vor allem für die Bekanntgabe der Diagnose bei unheilbaren Krankheiten von Bedeutung (z. B. Patient kann nur durch Bekanntgabe der Krebsdiagnose zur Einwilligung in die vom Arzt für notwendig erachteten, jedoch mit der Gefahr von schädlichen Nebenfolgen verbundenen Heilmaßnahmen veranlaßt wer-

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den). Ferner gehören hierher die Fälle, in denen sich das Risiko eines negativen Verlaufs der Krankheit durch Mitteilung der möglichen schädlichen Nebenwirkungen des geplanten Eingriffs erhöht (z.B. Gefahr eines tödlichen Herzanfalls, wenn der Patient von dem zwar seltenen, aber nicht ganz unerheblichen Risiko des tödlichen Ausgangs einer Kontrastmitteldarstellung erfährt) oder die Gefahr besteht, daß bei ordnungsgemäßer Vornahme der Risikoaufklärung der Patient die Zustimmung zu der unbedingt notwendigen Behandlung verweigert. Dies kann vor allem auch bei der Behandlung psychisch Kranker eine Rolle spielen (vgl. Schünemann, VersR 1981, 3 0 6 ; Kroitzsch, VersR 1978, 3 9 6 ; > P s y c h o t h e r a p i e Rz 1468). Die strenge Rspr. des BGH läßt die Aufklärungspflicht nur entfallen, wenn „ausreichende Anhaltspunkte dafür vorhanden (sind), daß d i e . . . Aufklärung zu einer ernsten und nicht behebbaren Gesundheitsschädigung des Patienten führen würde" (BGHZ 29, 176, 185). Dagegen genügt es nicht, wenn der Patient nur beunruhigt oder seine Gemütsverfassung depressiv beeinträchtigt wird (BGH, NJW 1956, 1106, 1107; BGHSt 11, 115). Soweit die Aufklärung hiernach zulässigerweise unterbleibt, tritt die vermutete Einwilligung an die Stelle der ohne ausreichende Information erklärten. Die vorstehend skizzierte Rspr. zur Selbstbestimmungsaufklärung hat nicht nur bei der Ärzteschaft massive Kritik hervorgerufen, sie wird auch von namhaften Juristen als zu eng und starr empfunden (vgl. Bockelmann, NJW 1961, 951 ; Eb. Schmidt, Gutachten für den 44. Deutschen Juristentag 1962, S. 119; Laufs, NJW 1969, 530; Hollmann, NJW 1973, 1395; Schreiber-Wachsmuth, FAZ v. 3. 10. 1980). Wenngleich die ursprüngliche Strenge der Judikatur des BGH inzwischen durch eine zunehmend differenzierende Betrachtungsweise abgemildert wurde, so stellen doch die ständig neuen, immer weiter ins Detail gehenden Anforderungen der Rspr. an die ärztliche Aufklärungspflicht den Arzt in der täglichen Praxis immer mehr vor kaum lösbare Schwierigkeiten (zu der daraus resultierenden „defensiven Formularpraxis" und der zunehmenden Entfremdung der ärztlichen Aufklärungspflicht von ihrer eigentlichen Zweckbestimmung vgl. WachsmuthSchreiber, NJW 1981, 1985). Es fehlt deshalb neuerdings nicht an Versuchen, Möglichkeiten einer sachgerechteren, flexibleren Handhabung der grundsätzlich gebotenen Aufklärung des Patienten aufzuzeigen. Hierher gehören der Vorschlag der „Stufenaufklärung" (Weissauer, Arzt u. Krankenhaus 1980/1, S. 35, 38), der Vorschlag der „Grundaufklärung und Einschälzungsprärogative" (Bodenburg, NJW 1981, 601) und die Lehre von der „Aufklärung als Gemeinschaftsakt zwischen Arzt und Patient"; (Deutsch, VersR 1981, 293, 296f., die Notwendigkeit der Mitwirkung des Patienten und seine Mitverantwortung betont auch das BVerfG in seinem Beschluß v. 25. 7. 1979, NJW 1979, 1925, 1930). Die humane und therapeutische Bedeutung der ärztlichen Aufklärung als wesentliches Element der Vertrauensbildung betonen Bochnik-Gärtner-Richtberg, VersR 1981, 793 ff. In letzter Zeit wurde versucht, das Aufklärungsbedürfnis bei Patienten durch Umfragen zu ermitteln (vgl. z. B. die interessanten Berichte von Demling-Flügel, DMW 1975, 1587, Habeck-Engel-Münstermann, MMW 1977, 861; NeukirchenSchulz, Med. Welt 1982, 1626; Heesen-Kolecki, Med. Klinik 1983/7, S. 54ff.j. Die Hauptproblematik der ärztlichen Aufklärungspflicht besteht sicher darin, daß sie sich in ihrer Vielschichtigkeit einer gesetzlichen Kasuistik entzieht, so sehr eine solche durch den ärztlichen Wunsch nach Rechtssicherheit geboten erscheint (Laufs, Arztrecht Rz 82). Jedenfalls wird man aber so viel sagen können, daß die Pflicht des Arztes zur rück-

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haltlosen Aufklärung dort ihre Grenze haben muß, wo die Offenbarung der Wahrheit beim Patienten zu einer Gesundheitsschädigung i. S. des § 223 StGB führen würde. Dabei ist zu beachten, daß der Begriff der Gesundheitsschädigung i. S. dieser Vorschrift nicht auf die Beeinträchtigung des körperlichen Zustands beschränkt ist, vielmehr auch die Erregung oder Steigerung einer psychischen Störung eine Gesundheitsschädigung sein kann (vgl. Schönke-Schröder-Eser, aaO. § 223 Rz 6 m. Nachw.|. Dem Arzt kann nicht zugemutet werden, um der Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts des Patienten willen eine vorsätzliche Körperverletzung zu begehen. Deshalb muß er berechtigt sein, von der Aufklärung überall dort Abstand zu nehmen, wo konkrete Anhaltspunkte bestehen, daß die Aufklärung zu einer nicht nur vorübergehenden seelischen Beeinträchtigung oder mehr als nur unerheblichen körperlichen Gesundheitsschädigung beim Patienten führen würde (ähnlich Schönke-Schröder-Eser, aaO. § 223 Rz 42 ; vgl. auch Schlund, VersR 1977, 499; Laufs, Arztrecht Rz 81, a.E.; gegen eine übermäßige Ausdehnung der ärztlichen Aufklärungspflicht nachdrücklich OLG Celle, VersR 1981, 1184, 1185: „So sehr die Rspr. dazu verpflichtet ist, dem Patienten die Ausübung seines . . . Selbstbestimmungsrechts zu sichern, so sehr muß sie sich andererseits doch davor hüten, die Anforderungen an die Aufklärungspflicht der Ärzte zu übertreiben . . . Der Arzt muß. .. auch Rücksicht nehmen auf die psychosomatische Ausnahmesituation, in der sich der schwer erkrankte Patient. .. befindet, und darf diesen Patienten nicht über sein Krankheitsleid hinaus seelisch unnötig belasten und dadurch den Kranken womöglich von der Einwilligung in eine dringend gebotene Behandlung abschrekken.. a.A. BGH v. 21. 9. 1982, vgl. oben Rz 256 a.E.). Die hier vertretene Auffassung steht im Einklang mit § 123 Abs. 4 des Alternativ-Entwurfs eines Strafgesetzbuchs (Bes. Teil 1. Halbband 1970, S. 11, 78ff.), wonach die Aufklärung unterbleiben kann, „soweit sie die ernste Gefahr einer erheblichen Beeinträchtigung der Gesundheit oder des seelischen Zustandes begründen würde". Auf der Grundlage des geltenden Rechts läßt sich ein - im Interesse des Patienten notwendiger und von den Ärzten auch weitgehend praktizierter (vgl. Rüping, DMW 1977, 369) Kompromiß nur dadurch erreichen, daß man bei jeder ernsthaften Schädigungsgefahr dem intuitiven Einfühlungsvermögen des Arztes einen gewissen Ermessensspielraum beläßt (vgl. Geilen in: Mergen aaO., S. 39; Narr, aaO. Rz 882 a.E.). Dabei kommt dem ärztlichen Gespräch mit dem Patienten entscheidende Bedeutung zu (vgl. hierzu Deutsch, VersR 1981, 293, 295, 297; Hollmann, NJW 1973, 1393; die Bedeutung des „verständnisvollen Arztgesprächs" betont auch BGH, NJW 1973, 556; vgl. auch Bowitz, Med. Klinik 1978, 329 und Narr, aaO. Rz 882; Schönke-Schröder-Eser, aaO. § 223 Rz 42. Der Arzt muß im Gespräch mit dem Patienten herausfinden, wie weit dieser die Aufklärung wünscht und verträgt. Er hat auch darauf Rücksicht zu nehmen, daß nicht alle Patienten vollständig und über möglicherweise ihnen eher entfernt scheinende Risiken aufgeklärt werden wollen (Deutsch, VersR 1981, 295, 296f.|. Deshalb kann die generelle Lösung des Aufklärungsproblems auch nicht in der „Stufenaufklärung" liegen, die mit einer schriftlichen Basisaufklärung in Form einer Aufklärungsbroschüre oder durch ein Formular beginnt und dem Patienten dann die Möglichkeit gibt, auf der zweiten Stufe, im Aufklärungsgespräch, weiterführende Fragen zu stellen (vgl. dazu Weissauer, Arzt u. Krankenhaus 1980/1 S. 35, 38; unten Rz 272). Eine solche schematische Aufklärung wird einerseits bei vielen Patienten zu Verunsicherung und Ängsten führen, weil die Aufklärung zu umfassend ist und konsequenterweise auch auf Risiken hinweisen muß, die im konkreten Einzelfall gar nicht bestehen. Auf der anderen Seite kann die Stufenaufklärung gegenüber dem zwar interessierten, aber sich in einem Ausnahmezustand befindlichen und deshalb nicht zu einer exakten Frage mächtigen Kranken, zu einer deutlichen Unterinformation führen (Deutsch, aaO. S. 295). In wel-

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chem Umfang der Patient tatsächlich eine Aufklärung, ggf. auch über eine tödlich verlaufende Krankheit, wünscht und seelisch verarbeiten kann, läßt sich nur aufgrund der jeweiligen Umstände des Einzelfalles ermitteln.

3. Durchführung der Aufklärung. Vorab ist darauf hinzuweisen, daß die EntScheidung über die Art und Weise der Aufklärung beim Arzt liegen muß. Starre Dienstanweisungen sind mit dem Grundsatz der ärztlichen Berufsfreiheit (§ 1 Abs. 2 BÄO > Arzt Rz 123) unvereinbar (zur Kritik des von der DKG herausgegebenen „Musters einer Dienstanweisung an die Ärzte im Krankenhaus über die Aufklärung und Einwilligung der Patienten vor ärztlichen Eingriffen" [Krankenhaus 1980, 307ff.] vgl. Weissauer, arzt im krankenhaus 1980, 707ff. ; vgl. auch Carstens, arzt im krankenhaus 1982, 472ff.). Im einzelnen ist folgendes zu beachten:

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a| Grundsätzlich ist der Patient höchstpersönlich aufzuklären. aa) Bei einwilligungsunfähigen Patienten ist ein Pfleger zu bestellen, der nach Aufklärung die Einwilligung zu erteilen hat (BGHZ 29, 46, 51). Ggf. muß der Arzt dem Pfleger die ihm bekannten, für eine Ablehnung sprechenden Umstände schildern, damit dieser sie bei seiner Entscheidung mit berücksichtigen kann. Bei psychisch Kranken kann die Einwilligungsfähigkeit im Einzelfall gegeben sein, so daß es einer Pflegerbestellung nicht bedarf (näher zu diesen Fragen Schünemann, VersR 1981, 306, 306ff., 309). Bei Gefahr im Verzuge ist der Eingriff ohne Aufklärung unter dem Gesichtspunkt der mutmaßlichen Einwilligung gerechtfertigt. U. U. müssen die Angehörigen befragt werden, um den mutmaßlichen Willen des Patienten zu ermitteln (BGHZ 29, 185). Dabei empfiehlt sich für den Arzt aus Beweisgründen eine entsprechende Dokumentation in der Krankenakte (Deutsch, NJW 1980, 1308).

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bb) Bei Minderjährigen genügt für eine wirksame Aufklärung grundsätzlich die natürliche Einsichts- und Urteilsfähigkeit des Minderjährigen (BGHZ 29, 46 > Heilbehandlung Rz 805). Bei einerseits nicht unwichtigen, andererseits nicht dringlichen ärztlichen Eingriffen läßt jedoch die Rspr. i.d.R. die Einwilligung des minderjährigen Patienten und die nur an ihn gerichtete Aufklärung nicht genügen. Sie verlangt vielmehr zusätzlich die Unterrichtung und das Einverständnis der Eltern (vgl. BGH, NJW 1972, 335 [Entfernung gemeiner Warzen im Chaoul'schen Nahstrahlverfahren bei einem 16jährigen)). Bei Gefahr im Verzuge kann auf die Rücksprache mit den Eltern verzichtet werden (BGHSt 12, 382, 383 ; OLG Hamm, NJW 1968, 212).

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b) Die Aufklärung und Erwirkung der Einwilligung des Patienten oder seines gesetzlichen Vertreters ist ausschließlich Aufgabe des Arztes; sie kann, außer in Notfällen, nicht dem medizinischen Assistenzpersonal überlassen werden (vgl. Rüping, D M W 1977 369; BGH, NJW 1974, 604). Im Krankenhaus obliegt die Aufklärungspflicht grundsätzlich den Ärzten, in deren Fachabteilung der Eingriff stattfindet (Laufs, VersR 1978, 385, 388). Innerhalb der Fachabteilung braucht die Aufklärung nicht unbedingt durch den Arzt durchgeführt zu werden, der den Eingriff eigenhändig vornimmt. Möglich ist z. B. Durchführung des Aufklärungsgesprächs durch den > S t a t i o n s a r z t anstelle des operieren-

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den Arztes; eine entsprechende Verpflichtung des Stationsarztes besteht jedoch in keinem Falle (vgl. LG Köln, VersR 1980, 491). Der den Eingriff vornehmende Arzt muß sich stets sorgfältig vergewissern, daß die Aufklärung durch einen Kollegen tatsächlich erfolgt ist (vgl. oben Rz 262). 271

c) Die Aufklärung muß rechtzeitig, d.h. zu einem Zeitpunkt erfolgen, in dem der Patient noch in vollem Besitz seiner Erkenntnis- und Entscheidungsfähigkeit ist und ihm bis zu dem beabsichtigten Eingriff noch eine gewisse Überlegungsfrist und ggf. Zeit zur Besprechung mit seinen Angehörigen bleibt. Die Einwilligung ist daher unwirksam, wenn die Aufklärung erst unmittelbar vor dem Eingriff vorgenommen wird (OLG Stuttgart, NJW 1979, 2355; BGHSt 12, 379; BGH, VersR 1983, 957 ; OLG Düsseldorf, NJW 1963, 1680; näher dazu Tempel, NJW 1980, 609, 615). d) Die nach erfolgter Aufklärung erklärte Einwilligung muß noch im Zeitpunkt des Eingriffs fortbestehen. In bestimmten Fällen wird die Aufklärung zunehmend vorverlegt und die Einwilligung bereits in einem Zeitpunkt eingeholt, in welchem der Patient noch als einwilligungsfähig angesehen werden kann („antizipierte Einwilligung"; näher dazu Deutsch, NJW 1979, 1905). e) Die Aufklärung muß in Stil und Ausdrucksweise dem Alter und Bildungsgrad des Patienten angepaßt sein („Ubersetzung in die Laiensphäre", BGHZ 29, 46, 54, 176; OLG Frankfurt, NJW 1973, 1415; Schlund, VersR 1977, 498). Hierbei wird dem ärztlichen Ermessen jedoch ein Spielraum eingeräumt (BGH, NJW 1971, 1887, 1888).

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f) Die Aufklärung und Einwilligung bedürfen keiner bestimmten Form. Aus Gründen der Beweissicherung (vgl. unten Rz 277) werden heute vielfach Formulare verwendet, die vom Patienten unterschrieben werden. Gegenüber dieser Form der Aufklärung ist indes äußerste Zurückhaltung geboten; sie widerspricht im Prinzip dem Gebot der individuellen Patientenaufklärung (oben Rz 266), ganz abgesehen davon, daß das Verlangen einer Unterschrift den Patienten im Einzelfall so verängstigen und verunsichern kann, daß der Behandlungserfolg ernsthaft in Frage gestellt wird. Aufklärungsformulare können allenfalls ein zusätzliches Hilfsmittel im Einzelfall sein, nachdem sich der Arzt im Gespräch mit dem Patienten vergewissert hat, daß das Formular im wesentlichen den Informationswünschen des Patienten und seiner seelischen Kapazität entspricht (im Ergebnis ebenso Tempel, NJW 1980, 615f.; Deutsch, NJW 1982, 2585, 2587; zur Wirkung schriftlicher Aufklärung vor operativen Eingriffen in der Frauenheilkunde vgl. Habermann, Geburtsh. u. Frauenheilk. 1982, 558ff.). Das Aufklärungsgespräch muß in diesen Fällen der Aushändigung des Formulars an den Patienten vorausgehen, nicht umgekehrt wie nach der Lehre von der „Stufenaufklärung" (oben Rzn. 265 f.). Unter diesen Umständen stellt eine Anweisung des Krankenhausträgers, generell Formulare zu verwenden, einen unzulässigen Eingriff in die durch § 1 Abs. 2 BÄO verbürgte Freiheit ärztlicher Berufsausübung dar (Weissauer, ArztR 1973, 118, 122 > A r z t Rz 123).

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Die vorstehenden Ausführungen gelten entsprechend für die Verwendung

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von Aufklärungsbroschüren. Generell abzulehnen ist der Einsatz audiovisueller Medien für Aufklärungszwecke. Wo sich die Verwendung von Formularen ausnahmsweise als patientenangepaßt und deshalb als geeignetes (zusätzliches) Hilfsmittel für eine sachgerechte Aufklärung erweist, ist u. a. folgendes zu beachten: aa) Rechtlich wertlos sind pauschalierte Einwilligungserklärangen z. B. in folgender Form: „Ich erkläre, daß ich mit dem mir vorgeschlagenen ärztlichen Eingriff (nähere Bezeichnung) einverstanden bin und daß ich den sich bei der Ausführung dieses Eingriffs als notwendig erweisenden Maßnahmen zustimme. Uber die Art und Bedeutung des geplanten Eingriffs sowie über seine möglichen Auswirkungen bin ich heute unterrichtet worden". Soll die formularmäßige Aufklärung ihren Zweck erfüllen, müssen differenzierte Muster für die einzelnen Eingriffe oder für bestimmte Gruppen von Eingriffen entwickelt werden. Die möglichen Komplikationen und Nebenwirkungen, die der Aufklärung bedürfen, müssen beispielhaft („insbesondere"), im Anschluß an die generelle Einverständniserklärung bei den in Frage kommenden Eingriffen aufgeführt werden unter gleichzeitigem Hinweis auf die zu ihrer Beseitigung erforderlichen Maßnahmen (vgl. Weissauer, ArztR 1973, 125; vgl. das Muster für die Einwilligung in eine Operation einschließlich Operationserweiterung bei Laufs, Arztrecht Rz 85; Muster für Aufklärung und Einwilligung im Bereich der Anästhesie bei Rügheimer, Anaesthesiolog. Inform. 1978, 277ff.). bb) Die formularmäßige Aufklärung und Einwilligung unterliegt der Inhaltskontrolle nach dem AGBG (so mit Recht Ulmer-Brandner-Hensen, aaO. § 1 Rz 11; Deutsch, NJW 1982, 2585, 2588; vgl. auch Niebling, MDR 1982, 193; a.A. Laufs, Arztrecht Rz 73 Anm. 10).

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g) Die Aufklärung ist im Anschluß an das Aufklärungsgespräch vom Arzt zu dokumentieren. Soweit sie unter Zuhilfenahme von Formularen erfolgt (vgl. oben Rz 272), genügt der Arzt seiner > Dokumentationspflicht dann, wenn er das vom Patienten unterzeichnete Aufklärungsformular zu den > Krankenunterlagen nimmt, sofern aus ihm der wesentliche Inhalt des Aufklärungsgespräches hervorgeht. Hinsichtlich ihrer Beweiskraft nützen solche Formulare grundsätzlich nur als Bestätigung der Tatsache, daß ein Aufklärungsgespräch stattgefunden hat. Der Arzt hat darüber hinaus nachzuweisen, daß der Patient von ihm mündlich aufgeklärt worden ist oder tatsächlich in verstehender Weise von dem Formular Kenntnis genommen hat (vgl. Deutsch, NJW 1982, 2588). Diesen Nachweis kann er u.a. führen durch die Zuziehung von Arztkollegen oder Angehörigen des nichtärztlichen Assistenzpersonals als Zeugen und anschließende Unterzeichnung eines Vermerkes über den wesentlichen Inhalt des Gespräches im Krankenblatt, sowie durch die Herstellung einer Tonbandaufnahme mit Einverständnis des Patienten. Als weniger beweiskräftige Form der Dokumentation kommt ein vom Arzt unterzeichneter Vermerk im Krankenblatt über den wesentlichen Inhalt des Aufklärungsgesprächs in Betracht (vgl. auch Tempel, NJW 1980, 609, 615f. ; Laufs, Arztrecht Rz 73). Zur Beweislage, wenn der Patient erst nach Verneinung eines > B e h a n d -

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l u n g s f e h l e r s durch einen > S a c h v e r s t ä n d i g e n eine Aufklärungspflichtverletzung behauptet vgl. OLG Celle, VersR 1982, 500. h) Nach der Rspr. besteht eine Leitungs- und Aufsichtspflicht der Klinik hinsichtlich der Durchführung der Aufklärung (vgl. BGH, NJW 1966, 1856; 1979, 1933; OLG Köln NJW 1978, 1690; OLG Celle, NJW 1979, 1251). Sowohl die Krankenhausverwaltung als auch der > C h e f a r z t sind verpflichtet, die Ärzte des Krankenhauses vollständig über Inhalt und Umfang der ihnen obliegenden Aufklärungspflicht zu unterrichten (vgl. hierzu KG, VersR 1979, 260), die Aufklärung durch Richtlinien zu regeln und deren Durchführung zu überwachen (OLG Celle, NJW 1979, 1251). Ein Verstoß gegen diese Pflichten begründet ein Organisationsverschulden. 4. Rechtsfolgen bei Verletzung der Aufklärungspflicht. a) Zivihechtliche Haftung, aa) Liegt eine schuldhafte Verletzung der Aufklärungspflicht vor, so ist der Arzt oder der Rrankenhausträger ( > H a f t u n g Rzn. 772ff.) für die schädlichen Folgen des Eingriffs auch dann unter dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung und/oder Schlechterfüllung des > Arztvertrages verantwortlich, wenn ihn hieran kein Verschulden trifft und der Eingriff im übrigen erfolgreich war.

Beispiel (in Anlehnung an BGHZ 29, 176): Eine Frau, die an Gebärmutterhalskrebs leidet, wird mit Röntgentiefenbestrahlungen und Radiumeinlage behandelt. Die Behandlung führt zur Heilung. Durch die Bestrahlung tritt jedoch eine Schädigung der Harnwege ein, ohne daß den Arzt hieran ein Verschulden trifft. Trotzdem kann diese Nebenfolge den Vorwurf einer fahrlässigen Körperverletzung begründen, wenn der Arzt versäumt hatte, die Patientin vor Beginn der Behandlung auf diese Möglichkeit hinzuweisen.

Ist der eigenmächtige Heileingriff ohne Komplikationen geblieben, so beschränkt sich die Ersatzpflicht auf die Zahlung eines Schmerzensgeldes (BGH, VersR 1967, 495). bb) Die Ersatzpflicht entfällt, wenn die versäumte Aufklärung für den Einwilligungsentschluß des Patienten nicht ursächlich war. Dies ist einmal dann der Fall, wenn sich nicht ein der Aufklärungspflicht unterliegendes Risiko verwirklicht hat, sondern ein anderes, der Aufklärungspflicht nicht unterliegendes Risiko (OLG Karlsruhe, NJW 1983, 2643) Der auf Schadensersatz in Anspruch genommene Arzt kann ferner einwenden, daß der Patient auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung die Einwilligung zu dem Eingriff erteilt hätte (zur > Beweislast unten Rz 278). Die Ursächlichkeit der versäumten Aufklärung für den Einwilligungsentschluß des Patienten kann jedoch nicht mit der Begründung verneint werden, ein verständiger Patient würde gleichwohl eingewilligt haben oder die weitaus meisten Patienten pflegten auch nach sachgemäßer Aufklärung in diesen Eingriff einzuwilligen; denn dadurch würde die Freiheit des Patienten, sich anders, vielleicht nach Meinung anderer gar unvernünftig zu entscheiden, rechtswidrig unterlaufen (BGH, VersR 1980, 428, 429; OLG München, NJW 1983, 2642). Indessen hindert die bloße Behauptung eines über die Risiken der Behandlung nicht hinrei-

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Aufklärungspflicht

chend aufgeklärten Patienten, daß er eine ärztlich zwingend gebotene Therapie abgelehnt haben würde, das Gericht jedenfalls dann nicht an der Feststellung, daß der Patient sich auch nach angemessener Aufklärung der Behandlung unterzogen hätte, wenn die Erkrankung für den Patienten ein hohes Letalitätsrisiko mit sich brachte und die Wahrscheinlichkeit schädlicher Nebenwirkungen des geplanten Eingriffs demgegenüber gering war und keinerlei Anhaltspunkte vorhanden sind, daß der Patient den Eingriff unvernünftigerweise abgelehnt haben würde (BGH, NJW 1982, 700; zu Kausalitätsproblemen beim Aufklärungsmangel ausführlich Hirsch-Weissauer, MedR 1983, 41 ff.). cc) Umgekehrt wie beim Vorwurf eines > B e h a n d l u n g s f e h l e r s muß bei Geltendmachung einer Aufklärungspflichtverletzung der Arzt die hinreichende Aufklärung des Patienten im Prozeß beweisen (vgl. Laufs, Arztrecht Rzn. 67, 192 > B e w e i s l a s t Rzn. 444, 447). Der Arzt ist ferner für die Behauptung beweispflichtig, daß der Patient auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung in den Eingriff eingewilligt hätte. Die Rspr. stellt an diesen Beweis hohe Anforderungen (BGHZ 29, 187; VersR 1979, 1012; VersR 1982, 168, 169; Laufs, NJW 1979, 1233). b) Strafrechtlich erfüllt die nicht ordnungsgemäß vorgenommene Aufklärung den Tatbestand der Körperverletzung (§ 223 StGB; näher dazu SchönkeSchröder-Eser, aaO. § 223 Rzn. 40ff.). c) Zu den Rechtsfolgen in bezug auf den Honoraransprach des Arztes > A r z t v e r t r a g Rz 223. III. Diagnoseaufklärung. 1. Bei der Diagnoseaufklärung geht es um die Frage, ob der Arzt verpflichtet ist, dem Patienten seine Diagnose bekanntzugeben. Grundsätzlich besteht eine Pflicht des Arztes zur Aufklärung über die Diagnose, wenn der Patient ausdrücklich danach fragt oder wenn - für den Arzt erkennbar - eine persönliche Entscheidung des Patienten (z. B. Eheschließung, Mutterschaft, Begründung oder Kündigung eines Arbeitsverhältnisses, rechtzeitige Errichtung eines Testaments) von der Kenntnis seines Gesundheitszustandes und dessen voraussichtlicher künftiger Entwicklung abhängt (vgl. Franzki, aaO. S. 23; Schleicher, Arzt u. Krankenhaus 1980/1, S. 30, 31). Die Aufklärungspflicht ergibt sich in diesen Fällen aus dem > A r z t v e r t r a g . Für die Frage, ob der Arzt auch auf ausdrückliche Fragen des Patienten eine unzutreffende, verharmlosende oder unvollständige Auskunft erteilen darf, weil die Kenntnis der vollen Wahrheit dem Patienten schaden würde, gilt entsprechendes wie bei der Selbstbestimmungsaufklärung (oben Rzn. 264 f. ; vgl. Schlund, VersR 1977, 499; a.A. OLG Bremen, NJW 1980, 644; Rüping, DMW 1977, 368, 369). Eine Pflicht zur Offenbarung der vollen Wahrheit besteht jedoch in jedem Falle dann, wenn der Patient seine Zustimmung zu den vom Arzt für notwendig erachteten Maßnahmen ausdrücklich von der Mitteilung der Diagnose abhängig macht. 2. Eine ohne Rechtfertigungsgrund unterlassene oder unrichtige Aufklärung macht den Arzt aus dem > A r z t v e r t r a g schadensersatzpflichtig. Hierher gehören auch die Fälle, in denen die Auskunft infolge einer fahrlässig falsch ge-

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Aufklärungspflicht

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stellten Diagnose unrichtig ist. Einschränkungen der Schadensersatzpflicht können sich ergeben, wenn der geltend gemachte Schaden sich außerhalb des Schutzbereichs des Arztvertrages bewegt. Beispiel: Keine Pflicht zum Ersatz des einer Schwangeren aus der Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses entstandenen Schadens, wenn der Arzt in Verkennung der Schwangerschaftssymptome eine unrichtige Diagnose stellt und er unter den gegebenen Umständen nicht damit rechnen könnte, daß die Patientin seine Diagnose für eine vermögensrelevante Entscheidung zum Anlaß nehmen würde (vgl. Schleicher, aaO. S. 31 f.).

3. > Dokumentationspflicht Rz 571. 280

IV. Sicherungsaufklärung. 1. Bei dieser Art der Patientenaufklärung handelt es sich um die aufgrund der vertraglichen, deliktsrechtlichen und strafrechtlichen Fürsorgepflicht des Arztes gebotene Aufklärung. Sie kann nicht nur aus therapeutischen Gründen, sondern auch zur Wahrung sonstiger schutzwürdiger Interessen des Patienten erforderlich sein (vgl. Geilen bei Mergen, aaO. Bd. II S. 11 ff. ; Laufs, Arztrecht Rz 6 4 ; Penners, Med. Klinik 1979, 535; a.A. offenbar Franzki, aaO. S. 24, der nur die therapeutische Aufklärung zur Sicherungsaufklärung rechnet). Die Unterlassung der aus therapeutischen Gründen gebotenen Aufklärung stellt einen > B e h a n d l u n g s f e h l e r dar, für den der Arzt zivilrechtlich und strafrechtlich verantwortlich ist (vgl. Laufs, NJW 1974, 2025, 2028). Die > B e w e i s l a s t liegt hier - anders als bei der Selbstbestimmungsaufklärung (oben Rz 278) - beim Patienten (BGH, NJW 1981, 630, 632). W o bei Bekanntgabe der Diagnose nachteilige Folgen für die Gesundheit des Patienten zu befürchten sind, können sich Einschränkungen für die Aufklärungspflicht ergeben. Es gilt hier entsprechendes wie bei der Selbstbestimmungsaufklärung (oben Rzn. 264f.).

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Beispiele: (1) Das RG (Warneyer 1938, Nr. 128) hatte einen Arzt für schadensersatzpflichtig erklärt, weil er es unterlassen hatte, einen Tbc-Kranken über die Diagnose aufzuklären und der Patient sich infolgedessen nicht die nötige Schonung auferlegt hatte, so daß sich sein Krankheitszustand erheblich verschlimmerte (vgl. Engisch-Hallermann, aaO. S. 25). (2) Der BGH (NJW 1970, 511) gab der Schadensersatzklage einer Patientin statt, weil der Arzt es versäumt hatte, auf die besondere Gefährlichkeit eines von ihm verordneten Medikaments bei unkontrollierter längerer Anwendung hinzuweisen. (3) Nach einem Urteil des LG Konstanz (NJW 1972, 2223) ist der Arzt verpflichtet, den Patienten auf mögliche Gefahren hinzuweisen, die die Benutzung eines Kraftfahrzeugs im Anschluß an eine Behandlung (z. B. ambulante Kurznarkose) oder bei möglichen Wechselwirkungen mehrerer gleichzeitig verordneter Medikamente mit sich bringen kann (Kraftfahrwainung; zur Beweissicherung durch den Arzt in diesen Fällen vgl. Gaisbauer, DMW 1975, 386). Dem Patienten kann jedoch ein mitwirkendes Verschulden (§ 254 BGB) zur Last fallen, wenn er sich nicht beim Arzt über Nebenwirkungen erkundigt (str.; vgl. OLG Köln VRS 32, 349; OLG Frankfurt, DAR 1970, 162; Penners, Med. Klinik 1979, 536). Eine Pflicht zur Aufklärung über einen möglichen Kombinationseffekt zwischen bestimmten Medikamenten und einer geringen Menge Alkohol besteht besonders bei der ambulanten Langzeittherapie. Der Arzt muß hier stets mit der Alkoholexposition des Patienten rechnen (vgl. zu diesem Fragenkreis eingehend Gais-

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Auskunftspflicht

bauer, VersR 1976, 214, 219f., sowie aus medizinischer Sicht Hauck-Spann, Med. Klinik 1974, 525ff.). (4| Wird bei einer Frau im gebärfähigen Alter nach einem Selbstmordversuch ( > Selbstmord) eine Magenspülung vorgenommen und besteht die Wahrscheinlichkeit, daß dabei die abendliche „Pille" mit entfernt wird, so ist der Arzt verpflichtet, die Patientin über möglicherweise nicht mehr vorhandenen Konzeptionsschutz aufzuklären.

(5) > Sterilisation Rzn. 1730, 1734

2. > D o k u m e n t a t i o n s p f l i c h t Rz 571

Auftragsleistung 1. Im Kassenarztrecht versteht man unter Auftragsleistung (auch „Zuweisung" genannt) eine genau umgrenzte ärztliche Leistung, die ein > Kassenarzt im Auftrag eines anderen Kassenarztes erbringt (§ 7 E-GO, § 19 BMV-Ä > Überweisung).

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II. Rechtsnatur. Die Veranlassung einer Auftragsleistung läßt keine unmittelbaren Rechtsbeziehungen zwischen dem überweisenden und dem ausführenden Arzt entstehen ( > U b e r w e i s u n g Rz 1792). Der auf Uberweisung tätige Kassenarzt ist an den im > Überweisungss c h e i n bezeichneten Umfang des Auftrages gebunden (vgl. § 19 Abs. 3 BMV-Ä; § 7 Abs. 2 u. 3 E-GO > Ü b e r w e i s u n g Rz 1794). Ist der Überweisungsauftrag unzureichend beschrieben worden, so ist der beauftragte Arzt gehalten, zur Abklärung beim überweisenden Arzt rückzufragen (vgl. § 7 Abs. 3 E-GO). Gleiches gilt, wenn der beauftragte Arzt die Beschreibung des Auftrages aus medizinischen Gründen für unzureichend hält. III. 1. Leistungen, die der aufgrund des Überweisungsauftrages tätig werdende Arzt eigenmächtig über den ihm erteilten Auftrag hinaus durchführt, sind nicht gegenüber der KV abrechenbar (BSG v. 8. 7. 1981; DMW 1981, 1756). 2. Neben Auftragsleistungen ist eine eingehende, das gewöhnliche Maß übersteigende Untersuchung (Nr. 65 BMÄ/E-GO) nicht berechnungsfähig (z.B. keine Abrechnungsfähigkeit der Nr. 65 neben der Mammographie; SG Stuttgart v. 15. 3. 1978, ÄBl. Bad.-Wttbg. 1979, 55).

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Auskunftspflicht I. Bei der ärztlichen Auskunftspflicht geht es darum, ob der Arzt oder eine ärztlich geleitete Institution, die medizinische Daten verwahrt, zu einer gezielten Antwort auf eine objektiv begrenzte Frage des Patienten oder eines Dritten

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Auskunftspflicht

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verpflichtet ist. Sie ist zu unterscheiden von der ärztlichen > Aufklärungspflicht, die keine Anfrage voraussetzt, sondern mit der Kenntnis der zur Aufklärung verpflichtenden Tatsachen und Umständen entsteht (vgl. Hertel, aaO. S. 19f.). Ein Unterschied besteht auch zu den gesetzlichen Mitteilungsoder Meldepflichten, bei deren Erfüllung der Arzt ebenfalls nicht auf gezielte Anfrage, sondern bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen von sich aus tätig werden muß ( > Schweigepflicht Rz 1651). 285

II. Auskunftspflicht gegenüber Patienten. 1. Auskunftspflicht des behandelnden Arztes, a) Aus dem Selbstbestimmungsrecht des Patienten und dem regelmäßig bestehenden > Arztvertrag (Rzn. 213f.) ergibt sich grundsätzlich die Pflicht des behandelnden Arztes zur Auskunft über die Diagnose, Art und Verlauf der Behandlung sowie über die Prognose zum Krankheitsverlauf (vgl. Keller in: Münch. Komm. § 260 Rz 15; BGH, NJW 1983, 328). Die Auskunftspflicht findet aber dort ihre Grenze, wo konkrete Anhaltspunkte bestehen, daß die verlangte Auskunft beim Patienten zu ernsten Gesundheitsschädigungen - auch seelischer Art - führen würde. Es gilt hier entsprechendes wie bei der ärztlichen > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t (Rzn. 264f., 279). b) Der Patient kann die Auskunft schriftlich in Form eines ärztlichen > Attestes verlangen. Zur Erstellung eines > G u t a c h t e n s über den Untersuchungsbefund ist der Arzt aus dem gewöhnlichen > Arztvertrag nicht verpflichtet; hierzu bedarf es einer besonderen Vereinbarung (vgl. Hertel, aaO. S. 195 m. Nachw.). c) Eine bestehende Auskunftspflicht beinhaltet nicht automatisch die Pflicht zur Einsichtgewährung in > Krankenunterlagen (Rzn. 1294 ff.); beide Fragen sind streng zu trennen (vgl. BGH, NJW 1983, 328). 2. Zur Auskunftspflicht ärztlicher Gutachter und Sachverständiger > Gutachten Rzn. 741 ff. 3. Auskunftspflicht des Betriebsarztes > Betriebsarzt Rzn. 433f. 4. > D a t e n s c h u t z Rz 543. 5. Den Krankenhausträger trifft eine Auskunftspflicht bezüglich des Namens und der Anschrift der behandelnden Ärzte, insbesondere dann, wenn die Auskunft zwecks Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen Behandlungsfehler begehrt wird (OLG Düsseldorf v. 28. 7 . 1 9 8 3 - 8 U 2 2 / 8 3 - ) .

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III. Auskunftspflicht gegenüber Dritten. 1. Auskunftspflicht gegenüber Eltern bei der Behandlung Minderjähriger. Eine Auskunftspflicht gegenüber den Erziehungsberechtigten kommt nur insoweit in Betracht, als der Arzt ihnen gegenüber nicht der Schweigepflicht unterliegt ( > Schweigepflicht Rzn. 1623, 1656f.). In diesem Fall ist der Arzt zur Auskunftserteilung berechtigt, aber nicht ohne weiteres verpflichtet. Eine Auskunftspflicht gegenüber den Erziehungsberechtigten dürfte dort anzunehmen sein, wo der > Arztvertrag zwischen dem Arzt und den Erziehungsberechtigten zustande kommt und der minderjährige Patient aufgrund mangelnder Verstandesreife noch nicht in der Lage ist, seine Interessen eigenverantwortlich wahrzuneh-

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Auskunftspflicht

men, so daß eine erfolgreiche Behandlung nur im Zusammenwirken mit den Eltern gewährleistet ist. Dieser Fall dürfte i.d.R. bei Minderjährigen bis zu 14 fahren gegeben sein. Hier erfordert die sachgerechte Ausübung des Erziehungsrechts bestimmte Informationen, zu denen der Arzt nach dem Sinn und Zweck des Arztvertrages verpflichtet ist. Wo dagegen der Minderjährige die für die selbständige Wahrung seiner Interessen und damit auch die für die Einwilligung in eine ärztliche Behandlung und für die Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht erforderliche Urteils- und Einsichtsfähigkeit besitzt, wird man grundsätzlich davon ausgehen müssen, daß er berechtigt ist, dem Arzt die Aussage über das, was er ihm anvertraut hat, zu untersagen, auch wenn die Eltern diese Auskunft wünschen (Hollmann, DMW 1978, 1258, 159¡ > A r z t v e r t r a g Rz 216; > H e i l b e h a n d l u n g Rz 805). 2. Auskunftspflicht gegenüber anderen Ärzten, a) Gegenüber mitbehandelnden und nachbehandelnden Ärzten ist der Arzt zur Auskunftserteilung verpflichtet. Es handelt sich hier um eine nachwirkende Nebenpflicht aus dem > A r z t v e r t r a g (vgl. Weissauer, DMW 1973, 1241; Rieger, DMW 1974, 313 > Krankenunterlagen Rz 1092). b) > V e r t r a u e n s a r z t Rz 1855 c) Nach dem Bestattungsrecht in den einzelnen Bundesländern ist der Arzt, der einen Verstorbenen behandelt hat, teilweise verpflichtet, dem die > Leic h e n s c h a u vornehmenden Arzt über die Erkrankung und die Todesumstände Auskunft zu geben (vgl. z.B. § 23 BestG Bad.-Wttbg.). 3. Auskunftspflicht gegenüber Behörden und Gerichten, a) Nach § 100 Abs. 1 SGB X sind Ärzte, Angehörige eines anderen Heilberufes sowie Krankenhäuser, Kur- und Spezialeinrichtungen verpflichtet, einem Sozialleistungsträger auf Verlangen Auskunft zu erteilen, soweit es für die Durchführung von dessen Aufgaben erforderlich und die Auskunftserteilung gesetzlich zugelassen ist oder der Betroffene im Einzelfall - i.d.R. schriftlich - eingewilligt hat. Eine Pflicht der Betroffenen zur Herausgabe von > K r a n k e n u n t e r l a g e n an Sozialleistungsträger wird durch diese Vorschrift nicht begründet. Gesetzlich „zugelassen", d. h. „befugt" i. S. des § 203 StGB ist die Erteilung der Auskunft z.B. nach §369b Abs. 2 Satz 2 RVO, § 1543d Abs. 1 RVO, § 12 Abs. 2 KOVwVfG, §192 BEG, §§ 75, 76 SGB X (> S o z i a l g e h e i m n i s Rz 1707), §21 Abs. 7 BMV-Ä (t> Krankenunterlagen Rz 1091). In diesen Fällen kann der Arzt sich gegenüber der Behörde grundsätzlich nicht auf die ärztliche > S c h w e i g e p f l i c h t berufen. Dies schließt allerdings nicht aus, daß er im Einzelfall bei begründeten Zweifeln beim Patienten Rückfrage halten und falls dieser sein Einverständnis verweigert, die Erteilung der verlangten Auskunft ablehnen muß (> S c h w e i g e p f l i c h t Rzn. 1638 ff.). Umgekehrt haben die Sozialleistungsträger auf Verlangen eines behandelnden Arztes Untersuchungsbefunde, die für die Behandlung von Bedeutung sein können, mitzuteilen, sofern der Betroffene im Einzelfall - i.d.R. schriftlich eingewilligt hat (§ 101 SGB X). b) Im Rahmen der > W i r t s c h a f t l i c h k e i t s p r ü f u n g bei der Erbringung der > K r a n k e n h a u s p f l e g e sind die Krankenhausärzte verpflichtet, dem

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Auskunftspflicht

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Prüfungsausschuß oder den von ihm Beauftragten die für die Wahrnehmung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen vorzulegen und Auskünfte zu erteilen (§ 373 Abs. 2 Satz 3 RVO). Diese Bestimmung begegnet Bedenken unter dem Gesichtspunkt der ärztlichen > S c h w e i g e p f l i c h t (vgl. Entschließung des 85. Deutschen Ärztetages 1982, DÄ 1982/21, S. 38 > W i r t s c h a f t l i c h k e i t s p r ü f u n g Rz 1929). c] Nach § 10 Abs. 1 u. 2, § 6 BStatG besteht eine Auskunftspflicht gegenüber den mit der Durchführung der Bundesstatistiken amtlich betrauten Stellen und Personen, soweit nicht die Antwort ausdrücklich freigestellt ist. Im Gegensatz zu § 10 Abs. 1 Satz 1 StatG v. 3. 9. 1953 (BGBl. I S. 1314) sieht § 10 BStatG nicht mehr vor, daß sondergesetzliche Bestimmungen über Berufsgeheimnisse und Amtsverschwiegenheit unberührt bleiben. Deshalb kann der Arzt künftig bei Bundesstatistiken, die sich auf Angaben erstrecken, die der ärztlichen > S c h w e i g e p f l i c h t unterliegen, die - kosten- und portofrei zu erteilende (§ 10 Abs. 3 BStatG) - Auskunft nicht mehr ablehnen. Gem. § 2 Abs. 1 Nr. 2 a und Abs. 3 Satz 2 des Gesetzes über die Statistik der Bevölkerungsbewegung und die Fortschreibung des Bevölkerungsstandes i.d. Bek. v. 14. 3. 1980 (BGBl. I S. 308) sind Ärzte und >Hebammen u.a. hinsichtlich bei der Geburt erkennbarer Fehlbildungen gegenüber der Behörde auskunftspflichtig (vgl. Rieger, D M W 1974, 2478). Eine Auskunftspflicht für Zwecke der Statistik kann auch für den die > L e i c h e n s c h a u durchführenden Arzt hinsichtlich der Todesursache nach § 2 Abs. 1 Nr. 3d und Abs. 3 Satz 1 des vorzitierten Gesetzes bestehen. d) Zur Auskunftspflicht der im Strafvollzug tätigen Ärzte gegenüber der Anstaltsleitung > A n s t a l t s a r z t im Justizvollzugsdienst Rzn. 61 f. e) Im sozialgerichtlichen Verfahren begründet das Recht des Vorsitzenden, zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Auskünfte einzuholen (§ 106 Abs. 3 Nr. 3 SGG) eine Auskunftspflicht nur im Rahmen der ärztlichen > S c h w e i g e p f l i c h t ( > Krankenunterlagen Rz 1091). 4. Zur Auskunftspflicht über den Sektionsbefund > S c h w e i g e p f l i c h t Rz 1626; > S e k t i o n Rz 1680.

Außenseitermethode 290

I. Man versteht darunter ein Abweichen von den allgemeinen oder weitaus überwiegend anerkannten Regeln der ärztlichen Wissenschaft bei der ärztlichen Diagnostik und Therapie ( > S c h u l m e d i z i n ) .

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II. Wenngleich die Schulmedizin grundsätzlich keine Vorzugsstellung vor den von ihr abgelehnten Heilverfahren ärztlicher Außenseiter genießt (RGSt 64, 270; 67, 12, 21; BGH, NJW 1962, 1780 [Fall Dr. Issels]), so ist doch die Methodenfreiheit nicht unbegrenzt. Der Arzt, der eine nicht allgemein übliche Heilmethode anwenden will, muß die Erfolgsaussichten dieser Methode mit den in der Wissenschaft anerkannten Methoden vergleichen und diejenige

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Badearzt

wählen, die eher Erfolg verspricht und geringere Gefahren für den Patienten mit sich bringt (vgl. BGH, VersR 1956, 224; BGH, NJW 1968, 1181; 1962, 1780, 1782; Schreiber, Med. Sach. 1976, 71, 72 m. Nachw.; vgl. auch Wimmer, Rhein. ÄBl. 1980, 230ff., ders., Med. Welt 1980, 413ff. ; Oepen, Med. Welt 1980, 1106ff., 1150ff. ; Backes, ArztR 1982, 148ff.). Zur Abweichung von einem üblichen und erprobten Verfahren dürfen nur „sachliche, wohlerwogene Gründe" veranlassen (RGSt 64, 270). Das Abweichen von einer vorhandenen Regel stellt einen > B e h a n d l u n g s f e h l e r dar, wenn „bei einer bestimmten Krankheit ein bestimmtes Mittel besonders wirksam ist und infolgedessen im Verhältnis zu allen anderen Heilmitteln einen solchen Vorzug hat, daß die anderen neben ihm erkennbar weit zurücktreten" (RGSt 74, 60, 61). Zur Anwendung eines solchen Mittels ist der Arzt grundsätzlich verpflichtet (näher dazu Bockelmann bei Ponsold, aaO. S. 42; weitere Nachweise bei Schreiber, Med. Sach. 1976, 73 Anm. 25, > B e h a n d l u n g s f e h l e r Rz 307). III. Zur Aufklärungspflicht bei Anwendung von > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t Rzn. 257, 259.

Außenseitermethoden

IV. Die Kosten für die Behandlung nach Außenseitermethoden gehören nicht zu den Pflichtleistungen der gesetzlichen > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g (Rz 1103). Zur Kostenübernahme durch die private > Krankenversicherung (Rz 1107) und im > B e i h i l f e r e c h t > W i s s e n s c h a f t l i c h k e i t s k l a u s e l Rzn. 1957, 1959.

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Badearzt I. Es handelt sich um eine > Zusatzbezeichnung nach der > W e i t e r b i l d u n g s o r d n u n g , die nach Erfüllung der vorgeschriebenen Voraussetzungen von der zuständigen > Ä r z t e k a m m e r auf Antrag verliehen wird (vgl. Anl. II Nr. 2 zur MuWO). Die Führung der Bezeichnung auf dem > Praxisschild, auf Briefbogen, Rezeptvordrucken und Stempeln ohne Verleihung durch die Ärztekammer stellt einen Verstoß gegen die > B e r u f s o r d n u n g dar (vgl. §§ 27, 29 MuBO). II. Der Erwerb der Zusatzbezeichnung „Badearzt" ist i.d.R. Voraussetzung für die Durchführung der badeärztlichen Behandlung als Teil der kassenärztlichen Versorgung nach dem Badearztvertrag mit den RVO-Kassen i.d.F.v. 1.1. 1981 (abgedr. bei Heinemann-Liebold, aaO. J 1 ff.; ähnliche Verträge bestehen mit den > Ersatzkassen, der > B u n d e s k n a p p s c h a f t und der > Postbea m t e n k r a n k e n k a s s e ) . Eine Zulassung als > Kassenarzt oder Beteiligung an der kassenärztlichen Versorgung ist nicht erforderlich; es genügt die Niederlassung in eigener Praxis.

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Bahnarzt

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Bahnarzt 293

I. Aufgaben. Dem Bahnarzt obliegt vor allem die medizinische Beratung und Unterstützung der Stellen der Deutschen Bundesbahn (DB] bei der allgemeinen Gesundheitspflege, der Unfallverhütung und im Arbeitsschutz, die Hygieneüberwachung, die Durchführung von Tauglichkeits- und Wiederholungsuntersuchungen für den Eisenbahndienst aus Sicherheitsgründen, die Erstattung von > G u t a c h t e n (insbesondere vertrauensärztliche Begutachtungen für die Versicherungsträger der DB) sowie die Wahrnehmung betriebsärztlicher Aufgaben ( > Betriebsarzt). Die > Heilbehandlung gehört nicht zu den Aufgaben des bahnärztlichen Dienstes (zu Aufgaben und Organisation des bahnärztlichen Dienstes vgl. Wirth, Die Bundesbahn 1979, 507 ff. ; Der Sozialdienst bei der Deutschen Bundesbahn, aaO. S. 124ff.). Die in den Kliniken und Heimen der DB tätigen Ärzte fallen nicht unter den Begriff des Bahnarztes; für ihr Aufgabengebiet und ihre Rechtsstellung gilt entsprechendes wie bei Krankenhausärzten im öffentlichen Dienst ( > Assistenzarzt, > Chefarzt).

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II. Die Rechtsstellung des Bahnarztes richtet sich nach der Bahnarztordnung v. 1. 4. 1956, in der die Aufgaben und die Organisation des bahnärztlichen Dienstes festgelegt sind (vgl. dazu Der Sozialdienst bei der Deutschen Bundesbahn, aaO.). Der bahnärztliche Dienst wird überwiegend von hauptberuflich tätigen angestellten Ärzten versehen. Zu ihrer Unterstützung sind i.d.R. bei jeder Bundesbahndirektion je ein nebenberuflich tätiger Bahn-Augenarzt und Bahn-Ohrenarzt eingesetzt. Die Rechtsstellung der im bahnärztlichen Dienst haupt- und nebenberuflich tätigen Ärzte entspricht im wesentlichen der Rechtsstellung der Ärzte im postärztlichen Dienst ( > Postarzt Rz 1376).

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III. Der Bahnarzt unterliegt der allgemeinen ärztlichen > Schweigepflicht. Dabei sind insbesondere auch die für den > Betriebsarzt geltenden Grundsätze der ärztlichen Schweigepflicht zu beachten. IV. Für die zivilrechtliche > Haftung bei Fehlleistungen des Bahnarztes gilt entsprechendes wie beim >Postarzt (Rz 1377). V. Für die Ermächtigung von Bahnärzten zur > Weiterbildung gilt entsprechendes wie bei > Postärzten (Rz 1378). VI. Hauptamtliche Bahnärzte erhalten auf Antrag die Genehmigung zur Ausübung einer Privatpraxis in > Nebentätigkeit außerhalb der Dienstzeit. Eine Zulassung zur Kassenpraxis kommt nicht in Betracht ( > Kassenarzt Rz 926).

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Beamteter Arzt

Bayern-Vertrag Man versteht darunter die erstmals am 13. 8. 1979 zwischen der > Kassenä r z t l i c h e n Vereinigung Bayerns und den Landesverbänden der RVO-Kassen (> K r a n k e n v e r s i c h e r u n g Rz 1104) sowie den Landwirtschaftlichen Krankenkassen abgeschlossene Vereinbarung über die Berechnung der > Gesamtvergütung. Ziel dieser Vereinbarung war vor allem die Einschränkung der Ausgaben für stationäre Leistungen durch bessere Ausnutzung der vorhandenen ambulanten diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten („soviel ambulant wie möglich, soviel stationär wie nötig"). Um dies zu erreichen, sieht der Vertrag vor, daß ein Honoraranstieg über die vereinbarte Grenze hinaus keine restriktiven Maßnahmen zur Kostendämpfung auf dem ambulanten ärztlichen Sektor nach sich zieht, falls auf anderen Gebieten - vor allem auf dem Krankenhaussektor - Einsparungen festzustellen sind (zu Kollisionen mit Interessen der Krankenhausträger vgl. Sitzmann, Kassenarzt 1981, 3731). Inzwischen wurden ähnliche Verträge in Hessen und Niedeisachsen abgeschlossen.

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Beamteter Arzt I. Ein beamteter Arzt ist ein Arzt, dem sein Amt mit Rücksicht auf seine Ausbildung als > Arzt übertragen worden ist. Er untersteht einerseits den beamtenrechtlichen Vorschriften, andererseits unterliegt er in vollem Umfang den Vorschriften des ärztlichen Berufsrechts (> Ä r z t e k a m m e r , > Berufso r d n u n g , > Weiterbildungsordnung). Eine besondere Gruppe der beamteten Ärzte bilden die ärztlichen > H o c h s c h u l l e h r e r und > H o c h schulassistenten.

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II. Tätigkeitsfelder für beamtete Ärzte bestehen vor allem (vgl. zum folgenden die Ubersicht bei Adam, BerufsklBl. 3 - II A 01, S. 3ff.) im Hochschuldienst (> H o c h s c h u l l e h r e r , > Hochschulassistent), im > öffentlichen Gesundheitsdienst (> A m t s a r z t , > Gesundheitsamt, > Schularzt), im staatlichen gewerbeärztlichen Dienst (> Gewerbearzt), im Bereich der Sozialversicherung (> V e r t r a u e n s ä r z t l i c h e r Dienst, > Vertrauensarzt, > Landesversicherungsanstalt), im Versorgungswesen (> Versorgungsarzt), in der Arbeitsverwaltung (> Arbeitsamtsarzt), bei der Bundeswehr ( > A r z t der B u n d e s w e h r > Sanitätsoffizier > Truppenarzt), im Bundesgrenzschutz (> G r e n z s c h u t z s a n i t ä t s o f f i zier) und im Polizeidienst (> Polizeiarzt). III. Die Rechtsstellung gegenüber dem Dienstherrn richtet sich zunächst nach den allgemeinen beamtenrechtlichen Vorschriften. 1. Eine Regelung von Arbeitsbedingungen durch öffentlichrechtlichen Ver-

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Beamteter Arzt

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trag (Einstellungsvereinbarungen, Berufungsvereinbarungen) oder einseitige Zusagen (formlos) ist nur in den engen Grenzen des geltenden Beamtenrechts möglich (> H o c h s c h u l l e h r e r Rz 879, > C h e f a r z t Rz 516, > N e b e n t ä tigkeit Rzn. 1236 ff., > Liquidationsrecht Rz 1156). 2. Für beamtete Ärzte mit Ausnahme der > C h e f ä r z t e (Rz 517) und ärztlichen > H o c h s c h u l l e h r e r (Rz 880) gelten die beamtenrechtlichen Arbeitszeitvorschriften nebst Sonderbestimmungen für beamtete Ärzte (vgl. § 44 BRRG, § 72 BBG und die entsprechenden Vorschriften im Landesbeamtenrecht > Bereitschaftsdienst Rz 348). Ein Gesetzentwurf des Bundesrates zur Änderung u.a. des §44 Satz 4 BRRG (BTDrucks. 10/311 v. 19. 8. 1983) gestattet dem Bund und den Ländern, den gesetzlich vorgeschriebenen weiteren Abbau der vergütungsfähigen Mehrarbeit u.a. im ärztlichen Dienst an Krankenhäusern bis 31. 12. 1985 auszusetzen und in auf andere Weise nicht zu beseitigenden Ausnahmesituationen Mehrarbeit in der Zeit vom 1. 1. 1982-31. 12. 1984 bis höchstens 60 Stunden und vom 1. 1. 1985-31. 12. 1985 bis höchstens fünfzig Stunden im Monat zu vergüten.

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Die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht und der Grundsatz der Gleichbehandlung verbieten dem Dienstherrn, Mehrarbeit über die nach den genannten Vorschriften jeweils vergütungsfähige Stundenzahl hinaus anzuordnen, wenn ihr Ausgleich durch Dienstbefreiung innerhalb der Dreimonatsfrist (§ 44 Satz 2 BRRG) erkennbar als unmöglich erscheint. Bei Heranziehung zur Mehrarbeit entgegen diesem Verbot entsteht den betroffenen Ärzten ein immaterieller Schaden, für den der Dienstherr eine Entschädigung in Geld zu leisten hat (VG Hamburg v. 15. 10. 1982 - 5 VG 1566/81 -). 3. Das Weisungsrecht des Dienstherrn (vgl. § 37 BRRG) findet seine Grenzen an der Freiheitsgarantie des § 1 Abs. 2 BÄO ( > A r z t Rz 123, > C h e f a r z t Rz 518). 4. Beamtete Ärzte unterliegen zusätzlich zur ärztlichen > Schweigep f l i c h t (§ 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB) der strafrechtlichen Schweigepflicht nach § 203 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 StGB und der beamtenrechtlichen Verschwiegenheitspflicht (vgl. § 39 BRRG). Aus den Vorschriften des Beamtenrechts ergeben sich keine Einschränkungen der ärztlichen Schweigepflicht gegenüber dem Dienstherrn (> Schweigepflicht Rz 1630). IV. Beamtete Ärzte sind bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen Mitglied der > Ärztekammer. Bei den ärztlichen Versorgungswerken besteht i.d.R. keine Pflichtmitgliedschaft (> Versorgungswerk Rz 1842f.). V. Beamtete Ärzte haben grundsätzlich keinen Anspruch auf Zulassung zur Kassenpraxis (> Kassenarzt Rz 926). VII. > Haftung Rzn. 771, 774, 776, 780, 784ff.

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Behandlungsausweis

Bedarfsplanung 1. Die Bedarfsplanung dient der Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung (§ 368 Abs. 4 RVO, §§ 12 ff. ZO-Ä > S i c h e r s t e l l u n g s a u f t r a g ) . Ihr Ziel ist eine möglichst gleichmäßige Verteilung von Ärzten aller Fachgebiete auf alle Versorgungsgebiete.

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II. 1. Die Aufstellung von Bedarfsplänen erfolgt auf Landesebene durch die > K a s s e n ä r z t l i c h e n V e r e i n i g u n g e n im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und im Benehmen mit den zuständigen Landesbehörden entsprechend den vom Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen gemäß § 368 p Abs. 7 RVO erlassenen Richtlinien (abgedr. bei Heinemann-Liebold, aaO., M 1 ff.). 2. Der Bedarfsplan ist Voraussetzung für den Einsatz bestimmter Planungsmaßnahmen, deren gravierendste die örtlich und zeitlich beschränkte Zulassungssperre sein kann (§§ 368 c Abs. 3, 368r Abs. 3 RVO, § 16 ZO-Ä). III. Rechtsnatur. Der Bedarfsplan ist von der KV in geeigneter Weise zu veröffentlichen (§ 368 Abs. 4 Satz 3 RVO). Er ist aber weder Rechtsnorm noch Verwaltungsakt. Ein Rechtsbehelf ist deshalb nur gegen die Zulassungsentscheidung möglich, die aufgrund des Bedarfsplanes ergeht (Krauskopf-Siewert, aaO. S. 46).

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Behandlungsausweis I. Im Bereich der gesetzlichen > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g (Rz 1103) ist Behandlungsausweis der Oberbegriff für alle Arten von > Krankenscheinen und > Überweisungsscheinen, die die Krankenkassen (> Krankenversicherung Rz 1104) ausgeben oder sonst im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung zur Inanspruchnahme weiterer Ärzte ausgestellt werden (Krauskopf-Siewert, aaO. S. 108). Darüber hinaus fallen auch Berechtigungsscheine anderer Kostenträger, die einen Anspruch des Patienten auf für ihn kostenfreie ärztliche Behandlung dokumentieren, unter den Begriff des Behandlungsausweises.

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II. Arten und Inhalt der Behandlungsausweise. 1. Im Rahmen der kassenärztliehen Versorgung |>Kassenarzt, >Krankenversicherung Rz 1103) sind u.a. folgende Behandlungsausweise auf Bundesebene oder in > Gesamtverträgen vereinbart: der von der Krankenkasse oder vom Arbeitgeber ausgestellte > K r a n k e n s c h e i n , der vom Arzt auszustellende > U b e r w e i s u n g s s c h e i n , der mit dem Krankenhauseinweisungsschein (> K r a n k e n h a u s e i n w e i s u n g ) kombinierte Belegarztschein, der Badearztschein (> Badearzt), der Mutterschaftsvorsorgeschein, der Berechtigungsschein für > F r ü h e r k e n n u n g s u n t e r s u c h u n g e n , der Behandlungsausweis für analytische oder tie-

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fenpsychologisch fundierte > P s y c h o t h e r a p i e und der Notfallschein ( > N o t f a l l d i e n s t Rz 1289). Für die Behandlungsausweise sind die Vordrucke nach der Vordruckvereinbarung gem. § 31 BMV-Ä zu verwenden (abgedr. bei Buschmann-Wilken; aaO.). 2. Behandlungsausweise anderer Kostenträger sind z. B. der > Bundesbehandlungsschein; Krankenscheine der > P o s t b e a m t e n k r a n k e n k a s s e und der Bundeswehr, der Behandlungsschein für Zivildienstleistende ( > Zivildienst) sowie der Berechtigungsschein nach dem > G e s u n d h e i t s a b k o m m e n mit der DDR für behandlungsbedürftige Einreisende aus der DDR. III. Rechtsnatur. Der Behandlungsausweis ist eine Urkunde. Er hat in zweifacher Hinsicht Legitimationsfunktion (vgl. Krauskopf-Siewert; aaO. S. 107): Einmal dient er dem Patienten gegenüber dem Arzt als Nachweis dafür, daß er berechtigt ist, dessen Leistungen entgegenzunehmen. Für den Arzt dient der Behandlungsausweis als Beleg gegenüber der KV oder sonstigen Kostenträgern, daß die Leistungen von ihm erbracht worden sind. Der Behandlungsausweis ist jedoch nicht Wertpapier (qualifiziertes Legitimationspapier) in dem Sinne, daß der Bestand der Rechte von Patient und Arzt an den Besitz des Behandlungsausweises gebunden ist. Daraus folgt, daß der Arzt auch im Falle des Verlustes des Behandlungsausweises Anspruch auf Honorarzahlung gegen den betreffenden Kostenträger hat, sofern er den Nachweis für die von ihm erbrachten Leistungen auf andere Weise, z. B. anhand der > K r a n k e n u n t e r l a g e n führen kann ( > Krank e n s c h e i n Rz 1075). Der Behandlungsausweis hat demnach nur wertpapierähnliche Funktion, die so weit geht, daß auch ein Behandlungsausweis, der vom Patienten unrechtmäßig vorgelegt worden ist, von der Krankenkasse abgerechnet werden muß (Krauskopf-Siewert, aaO. S. 107).

Behandlungsfehler 305

I. Begriff. 1. Ein Behandlungsfehler liegt vor, wenn der Arzt bei der medizinischen Behandlung ( > H e i l b e h a n d l u n g ) die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft unter den jeweiligen Umständen objektiv erforderliche Sorgfalt außer acht gelassen hat, d. h. diejenige Sorgfalt, die der Verkehr von einem ordentlichen, pflichtgetreuen Durchschnittsarzt der in Betracht kommenden ärztlichen Fachgruppe (z.B. Allgemeinarzt, Frauenarzt, Internist) in der konkreten Situation erwartet (sog. „Gruppenfahrlässigkeit"; vgl. Hanau in: Münch. Komm. § 276 RZ 88 u. unten Rz 308; Bockelmann bei Ponsold, aaO. S. 40, 42; Laufs, Arztrecht Rz 158; BGH, NJW 1961, 600; Deutsch, NJW 1976, 2289; ders., VersR 1977, 101; zur Entwicklung der Rspr. über Behandlungsfehler seit 1974 ausführlich Giesen, fZ 1982, 345ff.). Dieser objektiv-typisierte Sorgfaltsmaßstab ist im Zivilrecht der gleiche wie im Strafrecht; lediglich in bezug auf die Kausalität und die subjektive Vorwerfbarkeit gelten verschiedene Maßstäbe ( > H a f t u n g Rzn. 767 f., 787). Der (objektive)

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Sorgfaltsverstoß kann in einem Tun oder einem Unterlassen bestehen (näher dazu Giesen, Arzthaftungsrecht S. 9ff.). Ist eine objektive Sorgfaltspflichtverletzung für einen beim Patienten eingetretenen Schaden ursächlich und vom Arzt auch subjektiv verschuldet, hat der Arzt hierfür zivilrechtlich und strafrechtlich einzustehen ( > H a f t u n g Rz 767f.). Zur fehlerhaften medizinischen Behandlung können auch Versäumnisse außerhalb des eigentlichen ärztlichen Behandlungsgeschehens gehören, wie z. B. die Verletzung der Pflicht zur therapeutischen Aufklärung ( > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t Rz 280) sowie Fehler im Behandlungs umfeld, (z.. Unterlassen eines Telefonanrufes zur Weitergabe wichtiger Daten für die Weiterbehandlung, Fernmedikation aufgrund telefonischer Mitteilungen des Patienten, Nichterscheinen des Arztes zu angekündigtem Hausbesuch (vgl. Giesen, JZ 1982, 347), Nachlässigkeiten bei Aufsichts- und Organisationsmaßnahmen im Klinik- oder Praxisbetrieb, nicht dagegen die Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht i. S. der Selbstbestimmungsaufklärung ( > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t Rzn. 253ff.) und der ärztlichen > S c h w e i g e p f l i c h t (vgl. Schwalm in: Festschr. für Bockelmann, S. 539, 543 ; Deutsch, Internist 1983, 196, 197). Die vorstehende Begriffsdefinition deckt sich nicht mit dem „schillernden und in der Literatur mehrdeutig verwendeten Begriff des ärztlichen Kunstfehlers" (Laufs, Arztrecht Rz 154). Die frühere Rspr. verstand darunter einen Verstoß gegen „allgemein anerkannte Regeln der ärztlichen Wissenschaft" (BGHZ 1, 383, 386). Wo es solche allgemein akzeptierten Regeln nicht oder noch nicht gibt, kann nach dieser Definition ein Kunstfehler nicht in Betracht kommen, wohl aber eine Verletzung der ärztlichen Sorgfaltspflicht (BGHZ 8, 138, 140: „Mag auch ein Arzt. . . regelmäßig nur dann schuldhaft handeln, wenn er von anerkannten Regeln der Wissenschaft a b w e i c h t . . . , so kann doch im Einzelfall ein fahrlässiges Verschulden im Sinne des § 276 BGB auch dann gegeben sein, wenn kein ärztlicher Kunstfehler vorliegt."). Der Kunstfehler als Regelverstoß ist daher nur „eine relativ eng begrenzte Erscheinungsform der haftungsrechtlichen Verantwortung des Arztes" (Narr, aaO. Rz 883). Andererseits gibt es Verstöße gegen die Kunstregeln, die nicht als Sorgfaltspflichtverletzungen angesehen werden können (vgl. Bockelmann bei Ponsold, aaO. S. 40 f. > S c h u l m e d i z i n ) . Entscheidend ist allein, welches ärztliche Tun oder Unterlassen nach der vom Arzt im konkreten Fall objektiv zu erwartenden Sorgfalt geboten ist. Mit Recht wird deshalb der Kunstfehlerbegriff für unnötig und irreführend erachtet (vgl. Wachsmuth, Krankenhausarzt 1975, 422; Wilts-Kleinewefers bei Mergen, aaO. S. 30 ; Stellungnahme des Arbeitskreises „Ärzte und Juristen", Krankenhausarzt 1975, 420; Schreiber, Med. Sach. 1976, 71; Dunz, Aktuelle Fragen S. 22; a.A. Deutsch, NJW 1976, 2289 und Nieders. ÄB1. 1978, 332; für die Beibehaltung des Kunstfehlerbegriffs neuerdings auch Schwalm, Festschr. für Bockelmann, aaO. S. 539ff., dessen Definition des Kunstfehlers jedoch im Ergebnis weitgehend mit dem hier verwendeten Begriff des Behandlungsfehlers übereinstimmt). Auch der BGH hat den Ausdruck „Kunstfehler" in den letzten Jahren nicht mehr gebraucht.

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2. Ein „schwerer Behandlungsfehler", der für die Beweislastverteilung im Arzthaftpflichtprozeß von Bedeutung ist ( > Beweislast Rz 446), liegt vor bei einem „Fehlverhalten . . ., das zwar nicht notwendig aus subjektiven, in der Person des Arztes liegenden Gründen, aber aus objektiver ärztlicher Sicht bei Anlegung des für einen Arzt geltenden Ausbildungs- und Wissensmaßstabes nicht mehr verständlich und verantwortbar erscheint, weil ein solcher Fehler dem behandelnden Arzt aus dieser Sicht schlechterdings nicht unterlaufen darf". Es genügt „nicht schon ein Versagen . . ., wie es einem hinreichend befähigten und allgemein verantwortungsbewußten Arzt zwar zum Verschulden gereicht, aber doch ,passieren kann'" (BGH, NJW 1983, 2080, 2081 [pflichtwidrige Unterlassung einer gebotenen ärztlichen Maßnahme]; zum Begriff des „schweren Behandlungsfehlers" bei einem Diagnoseintum vgl. BGH, MedR 1983,107). II. Inhalt und Umfang der ärztlichen Sorgfaltspflicht. Wie weit die objektiv gebotene Sorgfalt des Arztes im Einzelfall reicht, ist unter Berücksichtigung der konkreten Lage nach dem jeweiligen Stand der medizinischen Wissenschaft zur Zeit der Behandlung (nachträgliche Erkenntnisse und Publikationen bleiben außer Betracht; vgl. Laufs, Arztrecht Rz 167 m. Nachw.; zugunsten des Arztes müssen aber auch neuere Erkenntnisse berücksichtigt werden vgl. BGH, NJW 1962, 1781), erforderlichenfalls mit Hilfe eines ärztlichen > Sachverständigen zu ermitteln. Rspr. und Literatur haben den Inhalt der ärztlichen Sorgfaltspflicht für viele Bereiche ärztlicher Tätigkeit näher konkretisiert. Die für die Praxis wichtigsten Grundsätze werden im folgenden skizziert. 1. Soweit allgemein anerkannte Regeln der medizinischen Wissenschaft ( > Schulmedizin) bestehen, hat der Arzt grundsätzlich danach zu handeln. Wo Empfehlungen oder Richtlinien ärztlicher Fachgesellschaften ( > Blutt r a n s f u s i o n Rz 476), der zuständigen Gesundheitsbehörden ( > Bundesges u n d h e i t s a m t Rz 493, > W e l t g e s u n d h e i t s o r g a n i s a t i o n Rz 1899) oder anderer kompetenter Institutionen ( > D I N - N o r m e n in der M e d i z i n Rz 559, > M e d i z i n i s c h - t e c h n i s c h e G e r ä t e Rz 1193, > R e t t u n g s d i e n s t Rz 1502) vorhanden sind, werden diese von der Rspr. als „ärztliche Kunstregeln" anerkannt (vgl. BGH v. 12. 2. 1980 - VI ZR 170/78 Weissauer, Anaesthesist 1964, 385, 389). Keine Regel verpflichtet jedoch unbedingt. Der konkrete Fall kann es rechtfertigen oder sogar erfordern, allgemein anerkannte Regeln nicht anzuwenden. „Widerspricht das, was die lex artis vorschreibt, der in gewissenhafter Prüfung gewonnenen Überzeugung des Arztes, so ist er berechtigt, ja verpflichtet, von der Regel abzuweichen und seiner Überzeugung zu folgen" (Bockelmann bei Ponsold, aaO. S. 41 ; BGH VersR 1956, 224; Eb. Schmidt, Gutachten zum 44. Deutsch. Juristentag 1962, S. 47f. m. Nachw.). Andererseits begeht der Arzt einen Behandlungsfehler, wenn er auf einer von ihm bevorzugten, nicht allgemein gebräuchlichen Heilmethode beharrt, obwohl er bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt erkennen muß, daß diese nicht ausreicht oder keinen Erfolg verspricht und für die Behandlung der Krankheit noch ein anderes, weit verbreitetes und erprobtes Verfahren in Betracht kommt. In diesem Falle muß er entweder dieses andere Verfahren an-

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wenden oder die Behandlung aufgeben und damit sein möglichstes tun, daß der Kranke einer Behandlung mit der üblichen Methode zugeführt wird (BGH, NJW 1960, 2253; RGSt. 74, 60, 61 ; BGH LM Nr. 6 zu § 230 StGB). Innerhalb dieser Grenzen besteht Methodenfreiheit (näher zum Ganzen Siebert, aaO. > A u ß e n s e i t e r m e t h o d e Rz 291). 2. Die Differenzierung unter dem Gesichtspunkt der „Gruppenfahilässigkeit" (oben Rz 305) bedeutet, daß der > G e b i e t s a r z t ein anderes Maß an Sorgfalt und Können schuldet als der Allgemeinarzt und daß an den niedergelassenen Arzt andere Anforderungen gestellt werden als an den Klinikarzt, an den > C h e f a r z t an einem kleineren oder mittleren Krankenhaus andere als an den ärztlichen Direktor an einer Universitätsklinik (OLG Celle v. 1. 12. 1980 - 1 U 1 3 / 7 9 - > W e i t e r b i l d u n g Rz 1890). 3. Stehen für eine Behandlung mehrere gleich wirksame anerkannte Behandlungsmethoden zur Verfügung, so hat der Arzt stets die nach den Umständen des Einzelfalles ungefährlichste zu wählen (Wilts-Kleinewefers, aaO. S. 33 ; OLG Hamburg, VersR 1965, 861; OLG Frankfurt, NJW 1983, 1382 > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t Rzn. 258f.). Bei Anwendung neuer Behandlungsmethoden gilt: je neuer und unerprobter die Behandlungsmethoden sind, desto stärker und größer ist das Maß der Sorgfalt, das der Arzt anzuwenden hat (Giesen, Arzthaftungsrecht S. 136 > H e i l v e r s u c h Rz 849). Von Bedeutung ist hierbei die „Pflicht zum richtigen Umgang mit dem Risiko". Die in jüngster Zeit in der Therapie und Diagnostik entwickelten „aggressiven" Methoden eröffnen früher undenkbare Heilungsaussichten, gleichzeitig aber auch früher ungekannte Risiken. Je aussichtsloser eine alternative Diagnostik oder Therapie, je schwerer das Leiden, je größer die Aussicht auf Heilung, desto größer ist nach der Rspr. das Risiko, das der Arzt eingehen kann und umgekehrt (Weyers, aaO. A 18 f. m. Nachw. > A u ß e n s e i t e r m e t h o d e ) . Es gehört jedoch zum Selbstbestimmungsrecht des Patienten, die Höhe des Risikos zu bestimmen, das er zur Verbesserung seiner Lebenssituation eingehen will ( > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t Rz 259). 4. Da der Arzt zur Einhaltung der objektiv erforderlichen Sorgfalt (§ 276 BGB) verpflichtet ist, kann er sich nicht darauf berufen, daß er die in der Praxis übliche Sorgfalt angewendet habe, wenn diese hinter der erforderlichen Sorgfalt zurückbleibt. „Herrscht Streit darüber, welches Maß von Vorsicht zur Verhütung von Schäden bei der Behandlung notwendig ist, so hat der Arzt im allgemeinen die größere Vorsicht zu beobachten, wenn er nicht fahrlässig handeln will. . . , denn der Kranke darf verlangen, daß der Arzt alle, auch entfernte Verletzungsmöglichkeiten in den Kreis seiner Erwägungen zieht und sein Verhalten bei der Behandlung des Patienten hiernach einrichtet" (BGHZ 8, 138, 140). Der Arzt ist verpflichtet, „bei Einwirkungen auf den Patienten, gleich ob sie diagnostischer, anästhesistischer oder therapeutischer Art sind, jede erkennbare . . . Gefahrenquelle auszuschalten, wenn und soweit sie in zumutbarer Weise vermeidbar ist, und zwar auch dann, wenn mit einer Verwirklichung der Gefahr nur in verhältnismäßig seltenen Fällen gerechnet werden muß" (BGH, NJW 1972, 2217, 2220).

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Mit Recht wird diese Definition des Inhalts der ärztlichen Sorgfaltspflicht in der Literatur als zu weit erachtet. Es wird darauf hingewiesen, daß es in der Industriegesellschaft nicht möglich ist, „schon jede Gefahr für den Mitmenschen auszuschließen. Vielmehr erscheint es erst fehlerhaft, wenn ein Übermaß an Gefahr geschaffen wird. Was ,Übermaß' ist, wird aufgrund einer Abwägung bestimmt, in welche die Interessen an der Integrität des Gutes und der Bewegungsfreiheit im Lichte der herkömmlichen Bewertungen einfließen. Angesichts der Tatsache, daß die Behandlung durch den Arzt dem Patienten zugewendet ist, wird das Übermaß der Gefahr erst erreicht sein, wenn der Mediziner den negativen Ausgang auf andere Weise ohne weiteres hätte verhindern können" (Deutsch, NJW 1976, 2289, 2290f.).

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5. Das Maß der (objektiv) erforderlichen ärztlichen Sorgfalt richtet sich insbesondere nach der Größe der von dem Patienten abzuwendenden Gefahr. Mit dem Grad der Gefährlichkeit eines Eingriffs steigt das Maß der erforderlichen Sorgfalt (BGH, NJW 1974, 1425). Bei besonders gefährlichen Methoden begründet jede Nachlässigkeit eine Sorgfaltspflichtverletzung (KleinewefersWilts bei Mergen, aaO. S. 33; BGH, VersR 1966, 144). 6. Der Arzt begeht auch dann eine Sorgfaltspflichtverletzung, wenn er die Behandlung eines Patienten übernimmt oder eine begonnene Behandlung fortsetzt, obwohl er bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt sagen muß, daß er nicht über die hierfür erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen verfügt und/oder die erforderlichen Einrichtungen ihm nicht zur Verfügung stehen („Übernahmeverschulden"). Wo die eigenen Fähigkeiten aufhören, ist der Arzt verpflichtet, einen weiteren Arzt zuzuziehen oder den Patienten an einen anderen Arzt zu überweisen (vgl. BGH, VersR 1978, 1022, 1024; Wilts-Kleinewefers bei Mergen, aaO. S. 34; Bockelmann bei Ponsold, aaO. S. 43; Laufs, Arztrecht Rz 170; Gaisbauer, VersR 1976, 225; vgl. auch § 3 Abs. 2 MuBO > U b e r w e i s u n g Rz 1797). Ein Übernahmeverschulden kann auch bei einem noch in der > Weiterbildung stehenden >Assistenzarzt in Betracht kommen, z.B. wenn er auf Weisung des > C h e f a r z t e s die selbständige Durchführung einer > O p e r a t i o n übernommen hat, obwohl er nach den bei ihm vorauszusetzenden Kenntnissen und Erfahrungen dagegen Bedenken hätte haben und eine zusätzliche Gefährdung des Patienten hätte voraussehen müssen (BGH v. 27. 9. 1983 - VI ZR 2 3 0 / 8 1 - > A s s i s t e n z a r z t Rz 240; unten Rz 318). 7. Bei der Stellung der Diagnose hat der Arzt alle ihm zu Gebote stehenden Erkenntnisquellen zu benutzen, deren Anwendung nach dem Stand der ärztlichen Wissenschaft und den zur Verfügung stehenden Mitteln ohne neue ernstliche Gefährdung des Patienten möglich ist. Dabei muß er auch entferntere Verletzungsmöglichkeiten in Erwägung ziehen (vgl. Gaisbauer, VersR 1976, 214, 216 m. Nachw.). Zusätzliche Untersuchungen, insbesondere Röntgenuntersuchungen und Laboratoriumsuntersuchungen sind erforderlich, wenn dies zur Sicherung der Diagnose im Einzelfall notwendig ist (Nachweise bei Gaisbauer, aaO. S. 222, Anm. 81 u. 82 ; zu den spezifischen Sorgfaltspflichten des Arztes in der diagnostischen Radiologie eingehend Uhlenbruck, NJW

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1981, 1294). Zu den Sorgfaltsmaßstäben für die präoperative Diagnostik vgl. Schreiber, ArztR 1983, 8 ff. Ist das Krankheitsbild mehrdeutig, so muß sich der Arzt notfalls durch Studium der einschlägigen Literatur oder auf andere Weise Aufschluß Uber die möglichen Krankheitsursachen und die anzuwendenden Untersuchungsmethoden verschaffen (OLG München, VersR 1960, 568). Reichen die eigenen Diagnosemöglichkeiten des Arztes nicht aus, so muß er einen Spezialisten zuziehen oder den Patienten überweisen (vgl. oben Rz 310). Der Arzt ist verpflichtet, die einmal gewonnene Diagnose fortlaufend im Rahmen der Behandlung zu überprüfen und notfalls zu korrigieren (Uhlenbruck, DMW 1978, 406). Den Patienten trifft vor allem bei der Anamnese als Teil der Diagnose eine Mitwirkungspflicht. Er hat dem Arzt alle Angaben zu machen, die zu einer Manifestierung des Krankheitsbildes beitragen können. Die schuldhafte Verletzung dieser Pflicht begründet ein mitwirkendes Verschulden des Patienten (§ 254 BGB; vgl. Uhlenbruck, D M W 1978, 406). Über die praktisch wichtigsten Diagnosefehler vgl. Kohlhaas, Medizin und Recht, S. 131 ff. ; Uhlenbruck, D M W 1978, 407). Ein Diagnoseirrtum kann einen „schweren Behandlungsfehler" i. S. der Rspr. des BGH darstellen (vgl. oben Rz 306). 8. Beim Einsatz > medizinisch-technischer Geräte „bringt es die zunehmende Technisierung der modernen Medizin mit sich, daß der Arzt nicht mehr alle technischen Einzelheiten der ihm verfügbaren Geräte zu erfassen und gegenwärtig zu haben vermag. . . Das befreit ihn aber nicht von der Pflicht, sich mit der Funktionsweise insbesondere von Geräten, deren Einsatz für den Patienten vitale Bedeutung hat, wenigstens insoweit vertraut zu machen, wie dies einem naturwissenschaftlich und technisch aufgeschlossenen Menschen möglich und zumutbar ist" (BGH, NJW 1978, 584, 585). Er muß vor allem „die Bedienungsanleitung peinlich genau innehalten und die einschlägigen Hinweise im medizinischen Schrifttum beachten" (OLG Nürnberg, VersR 1970, 1061 [Verwendung eines Ultrathermgerätes für einen elektrochirurgischen Eingriff]). Zu einer eigenhändigen Überprüfung von Geräten auf ihren technisch einwandfreien Zustand ist der Arzt grundsätzlich nicht verpflichtet. Ein persönliches Tätigwerden des Arztes wird nur ausnahmsweise dort verlangt, wo die betreffende Tätigkeit gerade eigene Kenntnisse und Kunstfertigkeiten des Arztes voraussetzt (BGH, NJW 1975, 2245, 2246). Wesentlich ist dabei vor allem auch die Abgrenzung der Verantwortungsbereiche von Arzt und Techniker. Vieles ist sicher nur dem spezialisierten Techniker zugänglich. Vom Arzt wird man aber verlangen müssen, daß er grundsätzlich die Arbeitsweise des Gerätes und mögliche, für den Patienten gefährliche Störungen kennt und weiß, wann er den Techniker heranziehen muß (Schreiber, Nieders. ÄB1. 1982, 417). Neben dem Arzt und dem Techniker haben auch die Hersteller medizinisch-technischer Geräte bestimmte Sorgfaltspflichten nach den Regeln über die Produkthaftung, deren Verletzung zur

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Haftung des Herstellers allein oder neben dem Arzt oder Betreiber des Gerätes (z.B. Krankenhausträger) führen kann (Weyers aaO. A32). Dem Betreiber eines medizinisch-technischen Gerätes (z. B. Krankenhausträger) schließlich obliegen bestimmte Sorgfaltspflichten vor allem bei der Anschaffung, der Erhaltung der Funktionstüchtigkeit und der Wartung der Geräte (zur Instandhaltung medizinisch-technischer Geräte und die dabei gegebenen Zuständigkeiten vgl. Ahnefeld-Kilian-Friesdorf, Anästh. Intensivmed. 1981, 291; näher zur Abgrenzung der Verantwortlichkeit der einzelnen Gruppen Weissauer, Anästh. Intensivmed. 1981, 396, 397 ff. ; OpderbeckeWeissauer, Krankenhaus 1982, 60; vgl. auch Deutsch, Krankenhaus 1980, 266). Den Krankenhausträger trifft die > B e w e i s l a s t dafür, daß der defekte Zustand eines Gerätes nicht von einem seiner Erfüllungsgehilfen verschuldet ist (OLG Hamm, VersR 1980, 585) > A t o m g e s e t z Rz 244. Sofern medizinisch-technische Einrichtungen den Anforderungen

rechtlicher

Vorschriften oder Empfehlungen von Fachgremien über die Gerätesicherheit

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nicht (mehr) genügen, ist der für die Anwendung des Gerätes verantwortliche Arzt verpflichtet, den Betreiber (z. B. den Krankenhausträger) auf diese Mängel - aus Beweisgründen am besten schriftlich - hinzuweisen und Abhilfe zu verlangen. Notfalls müssen die verantwortlichen Ärzte vom Einsatz der betreffenden Geräte absehen und das Programm reduzieren (Weissauer, aaO. S. 399). 9. Besondere Sorgfaltspflichten sind bei der Arbeitsteilung in der Medizin zu beachten (vgl. zum folgenden Weissauer, Anaesthesist 1964, 385 ff. ; 1962, 239ff. ; ders., Anästh. Inform. 1976, 25ff. ; ders., Anästh.Intensivmed. 1982, 359 ff. ; Stratenwerth, Festschr. für Eb. Schmidt, S. 383 ff. ; Schönke-SchröderCramer, aaO. § 15 Rzn. 151 ff., Wilhelm, MedR 1983, 45ff. ; Kamps, aaO. ; Rieger, ABl. Bad.-Wttbg. 1976, 93ff. ; ders., DMW 1978, 769ff.). Dabei ist zu unterscheiden zwischen der horizontalen und der vertikalen Arbeitsteilung. a) Von hoiizontaler Arbeitsteilung spricht man dort, wo sich die Beteiligten in einem Verhältnis der Gleichordnung, d. h. frei von Weisungsrechten gegenüberstehen. Hier gilt für die Zusammenarbeit der Vertrauensgrundsatz. Danach darf jeder Beteiligte darauf vertrauen, daß der Partner die Aufgaben in seinem Bereich mit der gebotenen Sorgfalt erfüllt, solange nicht konkrete Umstände Anlaß zu Zweifeln an seiner Qualifikation und Zuverlässigkeit geben. Wo Anhaltspunkte für Qualifikationsmängel oder Fehlleistungen eines Partners ohne nähere Prüfung nicht erkennbar sind, haben die Beteiligten ihre fachlichen Aufgaben selbständig und eigenverantwortlich ohne wechselseitige Weisungs- und Uberwachungspflichten wahrzunehmen. Solche Gleichordnungsverhältnisse bestehen z.B. in folgenden Fällen: aa) bei der Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Fachabteilungen eines > Krankenhauses (vgl. OLG Hamm, MedR 1983, 187). Wo sich die Aufgabenbereiche überschneiden, wie z. B. bei der Zusammenarbeit zwischen Operateur und Anästhesist können sich im Einzelfall Schwierigkeiten bei der Kompetenzabgrenzung ergeben; (vgl. Weissauer, Anästh. Intensivmed. 1982, 359, 360f. > I n t e n s i v m e d i z i n Rz 911; > O p e r a t i o n Rzn. 1326f.) bb) bei der Kooperation der niedergelassenen Äizte untereinander ( > U b e r -

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Weisung). Die Einschaltung eines Spezialisten durch den Allgemeinarzt oder den Arzt eines anderen Fachgebietes soll dessen besondere Kenntnisse und Erfahrungen für den Patienten nutzbar machen. Es wäre daher widersinnig, dem Arzt, der einen Kollegen eines anderen Fachgebietes in die Behandlung einschaltet, eine Überwachungspflicht oder ein Weisungsrecht gegenüber dem auf seinem Gebiet kenntnisreicheren und erfahreneren Arzt auferlegen zu wollen. Für den Fall der Zuziehung eines Radiologen durch den behandelnden Allgemeinarzt hat das LG Mönchengladbach in einer Entscheidung vom 13. 6. 1952 (VersR 1953, 488) u.a. ausgeführt: „ . . . Wenn ein Arzt zur Durchleuchtung an einen Spezialarzt verweist, dann ist er hinsichtlich des Befundes des Spezialarztes einer eigenen Prüfung enthoben; wenn er sich auf das von diesem ausgewertete Ergebnis verläßt, kann ihm nicht der Vorwurf der Fahrlässigkeit gemacht werden . . . " . Die tragenden Gesichtspunkte dieser Entscheidung gelten allgemein für das Verhältnis zwischen den an der Behandlung beteiligten Ärzten der verschiedenen Fachgebiete. So darf z.B. der Anästhesist das EKG des Internisten und die Befunde des Laborarztes seiner Indikationsstellung ungeprüft zugrunde legen. Ihm kann nicht der Vorwurf einer Sorgfaltspflichtverletzung gemacht werden, wenn EKG und Laborbefunde unrichtig sind und es deshalb zu einem Anästhesiezwischenfall kommt. Hierfür hat allein der Internist bzw. der Laborarzt einzustehen; beide handeln unabhängig und in eigener Verantwortung. Etwas anderes gilt nur dann, wenn besondere, für den Arzt erkennbare Umstände die Gefahr einer Sorgfaltspflichtverletzung des Kollegen begründen. Das ist z. B. dann der Fall, wenn im Verlauf der Zusammenarbeit Umstände wahrgenommen werden, die daran zweifeln lassen müssen, ob der Kollege die erwartete Qualifikation besitzt, oder wenn die vorliegenden Befunde sich nicht widerspruchslos einordnen lassen (z. B. weil der mitgeteilte Laborwert nicht zu den übrigen Befunden paßt oder ein offensichtlicher Schreibfehler vorliegt, der jedem Arzt sofort erkennbar sein muß). Eine Sorgfaltspflichtverletzung ist auch dann gegeben, wenn der behandelnde Arzt einen fremden Befund übernimmt, der erkennbar auf unzutreffenden Annahmen beruht. Das ist beispielsweise der Fall, wenn bei einer Untersuchung des Urins auf Katecholamine der erhöhte Wert vom Laborarzt mit einer Störung durch Pharmaka erklärt wird und die Einnahme entsprechender Medikamente mit Sicherheit auszuschließen ist (vgl. hierzu auch die Thesen des Medizinisch-Juristischen Arbeitskreises Saar e.V. v. 10./11. 10.1980u. 1./2. 5.1981, Saarl. ABl. 1982,43f.) ; cc) bei der Kooperation zwischen niedergelassenen Ärzten und Krankenhausärzten. Dabei geht es insbesondere um die Frage, ob und inwieweit der Krankenhausarzt die Untersuchungsbefunde (z.B. Röntgen-, EKG-, Laborbefunde) des einweisenden niedergelassenen Arztes übernehmen darf (vgl. zum folgenden Rieger, D M W 1978, 769, 771). Es ist davon auszugehen, daß es auch im Verhältnis Krankenhausarzt-niedergelassener Arzt eine Arbeitsteilung gibt, die auf der sachlich gebotenen Teilung der Aufgaben zwischen beiden beruht. Der niedergelassene Arzt behandelt den Patienten ambulant. Dabei hat er alle Maßnahmen zu treffen, die bei Anwendung der objektiv gebotenen Sorgfalt

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unter den besonderen Anforderungen des konkreten Falles erforderlich sind. Der Krankenhausarzt übernimmt die Weiterbehandlung, wenn die Mittel der freien Praxis für die Erkennung und wirksame Behandlung der Krankheit nicht mehr ausreichen und deshalb die stationäre Aufnahme des Patienten ins Krankenhaus notwendig wird. Aus dieser klaren Aufgabenteilung zwischen Krankenhaus und Praxis folgt eine ebenso klare Aufteilung der Verantwortung zwischen Krankenhausarzt und niedergelassenem Arzt: beide nehmen ihre Aufgaben in voller Selbständigkeit und unabhängig von Weisungen wahr ; jeder trägt die volle Verantwortung für die Diagnostik und Therapie in seinem Bereich. Mit dieser strengen Teilung der Verantwortungsbereiche und der sich daraus ergebenden Eigenverantwortlichkeit wäre eine generelle Pflicht des Krankenhausarztes, die Tätigkeit des freipraktizierenden Arztes zu kontrollieren, schlechthin unvereinbar. Im Prinzip gilt daher der Vertrauensgrundsatz auch im Verhältnis zwischen Krankenhausarzt und niedergelassenem Arzt (ebenso Weissauer, Anästh. Intensivmed. 1982, 361). Dabei ist freilich der Umstand zu berücksichtigen, daß die Untersuchungsergebnisse des niedergelassenen Arztes mit den in der freien Praxis zur Verfügung stehenden Mitteln gewonnen wurden. Hieraus werden sich mitunter - keineswegs immer - Einschränkungen des Vertrauensgrundsatzes ergeben. Es gibt aber keinen Grundsatz, wonach die Qualität der ärztlichen Leistungen in freier Praxis hinter der Qualität der im Krankenhaus erbrachten Leistungen zurücksteht. Der Krankenhausarzt ist daher nicht generell verpflichtet, sämtliche Untersuchungen, die bereits vom einweisenden Arzt durchgeführt wurden, zu wiederholen. Soweit Untersuchungen mit den Mitteln der freien Praxis ohne Qualitätseinschränkung erbracht werden können, darf der Krankenhausarzt die Ergebnisse seinen weiteren Maßnahmen zugrunde legen, sofern nicht Umstände bekannt sind, die die Möglichkeit ihrer Unrichtigkeit begründen (z. B. wenn der Krankenhausarzt bei früheren Einweisungen von dem betreffenden Kollegen unrichtige Werte mitgeteilt erhielt]. Hier würde der Krankenhausarzt seine Sorgfaltspflicht verletzen, wenn er die Befunde ungeprüft übernähme. Ebenso muß verlangt werden, daß der Krankenhausarzt dann, wenn ihm mehr technische Möglichkeiten zur Verfügung stehen als dem niedergelassenen Arzt, einzelne Untersuchungen gezielt wiederholt. Entsprechendes gilt, wenn einzelne Befunde des einweisenden Arztes nicht zueinander oder nicht zum gesamten Krankheitsbild passen; 317

dd) > Konsilium Rz 987 b) Im Gegensatz zur Gleichordnung und Weisungsfreiheit bei der horizontalen Arbeitsteilung wird die vertikale Arbeitsteilung durch das hierarchische Prinzip der fachlichen Über- und Unterordnung geprägt (Weissauer, aaO. S. 361). Für die Sorgfaltspflichten der Beteiligten gelten folgende Grundsätze: aa) Der für eine ärztlich geleitete Einrichtung (z.B. Krankenhausabteilung, > Arztpraxis, > überbetrieblicher arbeitsmedizinischer Dienst) verantwortliche Arzt trägt die Gesamtverantwortung für die ordnungsgemäße medizinische Versorgung in seinem Aufgabenbereich. Er hat die Arbeit in seinem Zu-

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ständigkeitsbereich so zu organisieren, zu leiten und zu beaufsichtigen, daß Schäden vom Patienten abgewendet werden. Dabei findet der Vertrauensgrundsatz im Prinzip auch hier Anwendung. Der leitende Arzt darf sich, solange keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorliegen, darauf verlassen, daß seine ärztlichen und nichtärztlichen Mitarbeiter die Kenntnisse und Erfahrungen besitzen, die sie im Rahmen ihrer staatlich geregelten Berufsausbildung oder ihrer > Weiterbildung zu erwerben und in der Prüfung nachzuweisen hatten. Anders als bei der horizontalen Arbeitsteilung gehören jedoch das fachliche Weisungsrecht und die damit korrespondierenden Uberwachungs- und Weisungspflichten gegenüber seinen ärztlichen und nichtärztlichen Mitarbeitern zu den essentiellen Aufgaben des leitenden Arztes (Weissauer, aaO. S. 361), wobei die Intensität der Überwachung im Einzelfall von den erworbenen Kenntnissen und Erfahrungen des Mitarbeiters abhängt (BGH, NJW 1965, 345, 346). Der Vertrauensgrundsatz wiederum beruht auf dem Prinzip der Eigenverantwortung, d.h. jedem ärztlichen und nichtärztlichen Mitarbeiter obliegen für seinen Aufgabenbereich eigene Sorgfaltspflichten, deren Verletzung eine > H a f t u n g unter dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung, ggf. neben dem Arzt (§§ 823, 840 BGB), begründen. bb) Im einzelnen obliegen dem die Teamarbeit leitenden Arzt vor allem folgende Sorgfaltspflichten: bba) Einem ärztlichen Mitarbeiter, der eine > Gebietsbezeichnung führt, dürfen grundsätzlich alle in seinem Fachgebiet üblicherweise anfallenden Aufgaben übertragen werden, ohne daß der leitende Arzt ihn bei Einzelmaßnahmen überwachen muß. Einem noch in der > Weiterbildung stehenden Arzt dürfen dagegen zunächst nur solche Tätigkeiten zur selbständigen Erledigung zugewiesen werden, die lediglich Kenntnisse erfordern, die in der ärztlichen Prüfung nachzuweisen sind. Mit Aufgaben, die Spezialkenntnisse voraussetzen, darf er erst nach entsprechender Unterweisung und Einarbeitung betraut werden. Das Maß der zu gewährenden Selbständigkeit erweitert sich mit dem Fortschritt der > Weiterbildung, wenn der Weiterzubildende sich als zuverlässig erweist. Im gleichen Umfang verringert sich der Grad der notwendigen Überwachung (näher dazu Weissauer, Anaesthesist 1962, 390; zu den Voraussetzungen, unter denen eine Operation einem in der chirurgischen Weiterbildung stehenden > Assistenzarzt übertragen werden darf vgl. BGH v. 27. 9. 1983 - VI ZR 230/81 - > O p e r a t i o n Rz 1328; vgl. auch Rieger, DMW 1980, 113). Über die Qualifikation eines ihm nicht näher bekannten, noch in der Weiterbildung stehenden t> Assistenzarztes muß sich der die Teamarbeit leitende Arzt stets persönlich vergewissern (BGH, VersR 1983, 244, 245). Die Übertragung einer selbständig durchzuführenden Operation auf einen dafür noch nicht ausreichend qualifizierten Assistenzarzt stellt einen Behandlungsfehler des für die Einteilung des Assistenzarztes verantwortlichen Arztes dar. Daneben kann eine Sorgfaltspflichtverletzung des Assistenzarztes selbst unter dem Gesichtspunkt des Übernahmeverschuldens (vgl. oben Rz 310) in Betracht kommen (BGH v. 27. 9. 1983 - VI ZR 230/81 zu dem dieser Ent-

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Scheidung zugrundeliegenden Berufungsurteil des OLG Köln v. 6. 8. 1981, VersR 1982, 453, vgl. Uhlenbruck, DMW 1981, 1630, ders. D M W 1982, 235; Deutsch, NJW 1982, 2585, 2587; Weissauer, Anästh. Intensivmed. 1983, 333 ff. ; Till, DÄ 1983/14, S. 53). > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t Rz 260, > Bew e i s l a s t Rz 446. bbb) Bei der Delegation von Aufgaben an nichtärztliche Mitarbeiter ist zu beachten, daß die Ausübung der > Heilkunde dem Arzt vorbehalten ist. Im Einzelfall können sich Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben ( > B l u t e n t n a h m e Rz 451, > B l u t t r a n s f u s i o n Rzn. 479ff., > I n f u s i o n Rz 891, > I n j e k t i o n Rzn. 893ff.). Entscheidend ist letztlich, ob die infrage stehende Tätigkeit die Anwendung theoretischen ärztlichen Wissens und praktischer ärztlicher Erfahrung erfordert; wo dies der Fall ist, gehört sie zum ausschließlichen Aufgabenbereich des Arztes (vgl. Weissauer, Anaesthesist 1962, 391; Brenner, Med. Welt 1972, 235 ff.). Anderenfalls ist eine Delegation an das nichtärztliche Personal grundsätzlich zulässig. Als Faustregel kann gelten, daß die Anordnung diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen sowie die diagnostische Auswertung von Untersuchungsbefunden dem Arzt vorbehalten bleiben müssen (Anordnungsveiantwortung des Arztes), während die Durchführung dieser Maßnahmen im Anschluß an die ärztliche Anordnung dem medizinischen Assistenzpersonal übertragen werden darf (Durchfuhrungsverantwortung des medizinischen Assistenzpeisonals), sofern es die hierfür erforderlichen besonderen Kenntnisse und Erfahrungen sowie charakterliche Zuverlässigkeit besitzt und der Eingriff wegen seiner Gefährlichkeit nicht das persönliche Handeln des Arztes erfordert. Der Arzt trägt jedoch in jedem Falle die Gesamtverantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung seiner Anordnungen. Dem Arzt vorbehalten sind danach z. B. auch die Auswertung der Anamnese, die Diagnose, die Festlegung des Therapieplanes einschließlich der Indikation und der Verlaufskontrolle, die weitere prognostische Beurteilung, die Auswertung von EKG's, deren Anfertigung jedoch dem nichtärztlichen Assistenzpersonal übertragen werden darf (vgl. Thesen des Medizinisch-Juristischen Arbeitskreises Saar e.V. v. 10./11. 10. 1980 u. 1./2. 5. 1981, Saarl. ÄBl. 1982, 44). Überträgt der Arzt eine Verrichtung auf das medizinische Assistenzpersonal, obwohl er nach den vorstehenden Kriterien zur eigenhändigen Vornahme verpflichtet wäre, so liegt darin eine Sorgfaltspflichtverletzung. Das Weisungsrecht des Arztes gegenüber dem nichtärztlichen Assistenzpersonal schließt ein Übernahmeverschulden eines nichtärztlichen Mitarbeiters im Einzelfall nicht aus. Es gilt hier entsprechendes wie bei den nachgeordneten Ärzten (vgl. oben Rz 318). bbc) Über das Vorhandensein der erforderlichen fachlichen Quabfikation und charakterhchen Zuverlässigkeit eines Mitarbeiters muß der leitende Arzt sich stets persönlich vergewissern. Auf Zeugnisse darf er sich nur bei der Einstellung verlassen; im Zuge der Zusammenarbeit muß er sich von dem Können und der Zuverlässigkeit des Mitarbeiters selbst überzeugen (vgl. Weis-

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sauer, Anaesthesist 1964, 391; Laufs, Arztrecht Rz 163). Auch eine gut ausgebildete und zuverlässige Kraft muß „in angemessenen Grenzen allgemein überwacht werden" (RG v. 6. 6. 1932, M M W 1932, 1139; dazu Weissauer, Anaesthesist 1964, 391; zu den Anforderungen an die ärztliche Überwachungspflicht in bezug auf das medizinische Assistenzpersonal bei der Strahlenbehandlung vgl. OLG Stuttgart, MedR 1983, 152; zur Überwachungspflicht des > Stationsarztes gegenüber Nachtwachen, denen die Kontrolle Frischoperierter obliegt vgl. LG Göttingen, VersR 1983, 1188). bbd) Der leitende Arzt muß dafür Sorge tragen, daß die sich gerade aus der Zusammenarbeit mehrerer Personen ergebenden Gefahren von Kommunikations- und Koordinationsmängeln vermieden werden (vgl. Schönke-Schröder-Cramer, aaO. § 15 Rz 152). Hierzu bedarf es u. a. der Einführung von Kontrollmechanismen, z.B. Antwort auf den Zuruf von Arzneimittelnamen zur Vermeidung von Hörfehlern (vgl. Laufs, Arztrecht Rz 164), Nachschau der leeren Ampullen durch den Arzt zur Kontrolle der Art und Dosierung einer von einer Schwester aufgezogenen und gereichten Spritze (vgl. BGH, NJW 1955, 1536, 1537). bbe) Zur sachgerechten Wahrnehmung von Organisationspflichten durch den leitenden Arzt gehört auch der Hinweis auf Mängel im Krankenhausbetrieb, insbesondere Personalmangel und die Forderung nach Abhilfe gegenüber dem Krankenhausträger (näher dazu Rieger, D M W 1973, 2047; Uhlenbrock, ArztR 1973, 185). bbf) Schließlich hat der ärztliche Leiter einer Einrichtung für eine laufende theoretische und praktische > Fortbildung seiner ärztlichen und nichtärztlichen Mitarbeiter zu sorgen. Er muß sie über typische Fehler- und Gefahrenquellen belehren, ihnen die erforderlichen Weisungen erteilen und sie mit allen Maßnahmen zum Schutz des Patienten vertraut machen. 10. Zur ärztlichen Sorgfaltspflicht bei der Anwendung von > Arzneimitteln > V e r s c h r e i b u n g Rzn. 1827 ff. 11. Es besteht keine allgemeine Pflicht des behandelnden Arztes, den Patienten daraufhin zu kontrollieren, ob er die vorgeschlagenen Behandlungsmaßnahmen einhält oder zu prüfen, aus welchen Gründen er nicht mehr in der Praxis erscheint. Eine solche Verpflichtung wäre mit dem Recht auf > freie Arztwahl nicht vereinbar (OLG Braunschweig, VersR 1980, 853, 855). Bei Nichterscheinen des Patienten nach Wiedereinbestellung im Anschluß an eine Erstkonsultation ist der Arzt nicht verpflichtet, den Patienten telefonisch oder schriftlich anzumahnen, wenn dieser auf die möglichen schädlichen Folgen im Falle seines Ausbleibens eindringlich hingewiesen wurde (vgl. OLG Celle v. 24. 11. 1983 - 1 W 2 9 / 8 3 -). War dies nicht der Fall, ist der Arzt zur Mahnung unter gleichzeitigem Hinweis auf die Gefahren bei Nichterscheinen verpflichtet (näher dazu Rieger, D M W 1979, 1224 > Werbeverbot Rz 1906). 12. Im Notfall ist die Sorgfaltspflicht des Arztes nicht herabgesetzt, jedoch spielen hier der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und der Zeitfaktor eine besondere Rolle. Bei einem Eingriff um Leben und Tod unter Zeitdruck kann der Arzt sich nicht mit der Kontrolle ihm mitgeteilter Daten und dargereich-

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ter Medikamente befassen, wie er dies im Normalfall tut. Er muß unter Abwägung der medizinischen Möglichkeiten in der gegebenen Situation das Vordringliche zur Abwehr der Gefahr leisten (Laufs, Arztrecht Rz 166; vgl. auch Schreiber, ArztR 1983, 8, 11 f.). Wo der Arzt als Geschäftsführer ohne Auftrag handelt, ist seine Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt (§680 BGB > H a f t u n g Rz 781], Der Notfallpatient, der in ein kleineres Krankenhaus eingeliefert wird, braucht nicht besonders darüber aufgeklärt zu werden, daß er dort nicht den Standard einer Spezialklinik erwarten kann. Nur dann, wenn eine Behandlung gerade durch einen Spezialisten angezeigt ist, weil eine ausreichende ärztliche Versorgung im Einweisungskrankenhaus nicht gewährleistet ist, und eine Verlegung des Patienten verantwortet werden kann, ist dessen Entscheidung darüber einzuholen (BGH, NJW 1982, 2121, 2123). 13. Zu den Sorgfaltspflichten des Arztes gehört auch die Pflicht zur beruflichen > Fortbildung. Nur der Arzt ist zur Anwendung der im konkreten Behandlungsfall gebotenen Sorgfalt in der Lage, der sich laufend über die Fortschritte der medizinischen Wissenschaft unterrichtet und sich mit den neuesten Heilmitteln und Heilverfahren vertraut macht. Entsteht dem Patienten dadurch ein Schaden, daß dem Arzt gesicherte Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft mangels gehöriger Fortbildung unbekannt waren, so hat der Arzt hierfür zivilrechtlich und strafrechtlich einzustehen (vgl. Laufs, Arztrecht Rzn. 62, 159; Narr, aaO. Rz 850 m. Nachw. ; Giesen, aaO. S. 62). Im allgemeinen kann erwartet werden, daß der Arzt sich etwa innerhalb eines halben Jahres wesentliche neue Kenntnisse aneignet. Dies gilt auch für Kenntnisse über die Anwendung neuer diagnostischer und therapeutischer Methoden. 14. Auf Angaben in Fachpublikationen darf der Arzt sich grundsätzlich verlassen. Das Übersehen evidenter Fehler stellt jedoch eine Sorgfaltspflichtverletzung dar, so z. B. wenn der Arzt sich durch einen Druckfehler irreführen läßt und deswegen bei einem Infusionstest eine 25%ige statt eine 2,5%ige Kochsalzlösung verabreicht (BGH, NJW 1970, 1963 = JZ 1971, 63 m. Anm. Deutsch; Bockelmann bei Ponsold aaO. S. 42). III. Zur Aufklärungspflicht des Arztes über Behandlungsfehler > A r z t v e r trag Rz 220 IV. Zur Auskunftspflicht des Krankenhausträgers bezüglich des Namens der behandelnden Ärzte bei Vorwurf eines Behandlungsfehlers > A u s k u n f t s p f l i c h t Rz 285

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Behandlungspflicht

Behandlungsfreiheit Der Begriff ist mehrdeutig. 1. Er bezeichnet einmal das Recht des Arztes, frei darüber zu entscheiden, ob er einen Behandlungsfall übernehmen will ( > Beh a n d l u n g s p f l i c h t ). 2. Außerdem versteht man unter Behandlungsfreiheit das Recht des Arztes, eine übernommene Behandlung nach seiner Methode durchzuführen (vgl. Kohlhaas, Medizin u. Recht, S. 99 > S c h u l m e d i z i n , > T h e r a p i e f r e i h e i t , > Außenseitermethode). 3. Die Behandlungsfreiheit ist nicht zu verwechseln mit der > Kurierfreiheit.

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Behandlungspflicht 1. Die Behandlungspflicht betrifft die Frage, ob der Arzt - ohne daß eine Not hilfesituation i.S. des § 323 c StGB vorliegt ( > U n t e r l a s s e n e Hilfeleistung) - auf Ersuchen eines Patienten zur Behandlungsübernahme oder im Fall einer bereits übernommenen Behandlung zur Weiterbehandlung verpflichtet ist. II. 1. Es ist davon auszugehen, daß es dem Arzt im Rahmen der im Zivilrecht geltenden Vertragsfreiheit (§ 305 BGB) grundsätzlich freisteht, eine von ihm erbetene Behandlung zu übernehmen. Unser Recht kennt keine allgemeine Pflicht des Arztes zur Behandlungsübernahme. Eine solche Pflicht ergibt sich weder aus der öffentlichrechtlichen Beziehung des Arztes zur Allgemeinheit (dazu Kreuzer bei Mergen, aaO. Bd. II, S. 219f. m. Nachw.) noch daraus, daß der Arzt, der seine > Niederlassung durch ein > Praxisschild der Bevölkerung anzeigt, damit ein bindendes Angebot zur Erbringung ärztlicher Dienstleistungen i.S. des § 145 BGB abgibt (vgl. Bösche, ÄM 1956, 263f.). Eine Pflicht zur Behandlungsübernahme besteht auch nicht über § 826 BGB aufgrund einer rechtlichen oder tatsächlichen Monopolstellung des Arztes (Bösche, aaO. S. 264). Es gilt der Grundsatz der > Behandlungsfreiheit. Dementsprechend bestimmt § 1 Abs. 6 MuBO: „Der Arzt ist in der Ausübung seines Berufes frei. Er kann die ärztliche Behandlung ablehnen, insbesondere dann, wenn er der Überzeugung ist, daß das notwendige Vertrauensverhältnis zwischen ihm und dem Patienten nicht besteht. Seine Verpflichtung, in Notfällen zu helfen, bleibt hiervon unberührt." 2. Der Grundsatz der Behandlungsfreiheit erfährt Einschränkungen beim > Kassenarzt. Mit der Zulassung zur Kassenpraxis hat der Arzt nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht zur Behandlung von Sozialversicherten nach den Vorschriften des Kassenarztrechts (§ 368 a Abs. 4 RVO). Danach ist der Kassenarzt grundsätzlich zur Behandlung verpflichtet. Diese Verpflichtung schafft jedoch keinen Kontrahierungszwang des Kassenarztes gegenüber dem einzelnen Kassenpatienten, sondern begründet eine öffentlichrechtliche, aus

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Behandlungspflicht

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der Zulassung als Kassenarzt fließende Pflicht des Arztes gegenüber der > Kassenärztlichen Vereinigung (Bösche, ÄM 1956, 263, 264 m. Nachw.). Der Kassenarzt kann eine gewünschte Behandlung nur „in begründeten Fallen" ablehnen (§ 4 Abs. 6 BMV-Ä). Gründe für die Ablehnung einer Behandlung sind z.B.: Überlastung des Kassenarztes; persönliche Feindschaft; weite Entfernung zwischen Praxis des Arztes und Wohnung des Patienten, sofern andere Kassenärzte näher wohnen; Verlangen des Patienten nach einer Behandlung außerhalb des Fachgebietes; Verlangen des Patienten nach Überweisung an einen anderen Arzt zwecks Kontrolle der Befunde des erstbehandelnden Arztes ( > Überweisung Rz 1798); unberechtigtes Verlangen des Patienten nach Verschreibung eines bestimmten Medikaments ( > Verschreibung Rz 1829) (weitere Beispiele bei Narr, aaO. Rz 727 und Hollmann, DMW 1978, 1469). Kein Ablehnungsgrund ist die Nichtvoilage eines > Krankenscheines (Narr, aaO. Rz 729 > Kassenarzt Rz 940). 326

III. 1. Die Frage, ob eine Pflicht des Arztes zur Weiterbehandlung außerhalb eines Notfalles besteht, richtet sich grundsätzlich nach den Regeln des Dienstvertrages (§§ 611 ff. BGB > Arztvertrag Rz 226). Im übrigen gilt § 1 Abs. 6 MuBO auch für die Weiterbehandlung. 2. Für > Kassenärzte ist das Recht zur Ablehnung der Weiterbehandlung eingeschränkt (§ 4 Abs. 6 BMV-Ä). Es gilt entsprechendes wie bei der Behandlungsübernahme (oben Rz 325). Ebenso wie dort sind die weitergehenden Pflichten des Kassenarztes nicht zivilrechtlicher, sondern öffentlichrechtlicher Natur. Ein Recht zur Ablehnung der Weiterbehandlung besteht z. B. bei beharrlicher Nichtbefolgung der ärztlichen Anordnungen, schwerer Beleidigung, Diebstahl in den Praxisräumen. 3. Eine besondere Form der Weiterbehandlung ist die Besuchsbehandlung nach erfolgter Behandlungsübernahme ( > Besuchspflicht). IV. Zu den Grenzen der (Weiter-)Behandlungspflicht bei Aussichtslosigkeit der Behandlung > Sterbehilfe.

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V. Rechtsfolgen der Verletzung der (Weiter-)Behandlungspflicht. 1. Zivilrechtliche Folgen. Die unberechtigte Ablehnung der Behandlungsübernahme durch Kassenärzte kann keine Schadensersatzansprüche nach § 826 BGB auslösen. Die Weigerung kann jedoch zu Disziplinarmaßnahmen der KV führen ( > Disziplinarverfahren Rz 563). Die Ablehnung der Weiterbehandlung nach erfolgter Behandlungsübernahme kann zivilrechtliche Schadensersatzansprüche auslösen (§§611, 325, 276 BGB). 2. Strafrechtliche Folgen können sich ergeben, wenn der die Behandlungsübernahme oder die Weiterbehandlung ablehnende Arzt gegenüber dem Patienten eine Garantenstellung hat. In diesen Fällen kann sich der Arzt wegen fahrlässiger Körperverletzung oder fahrlässiger Tötung strafbar machen ( > Bes u c h s p f l i c h t Rzn. 400ff. > Notfallarzt Rz 1267). 3. Schließlich kann die unberechtigte Ablehnung der Behandlungsübernahme oder der Weiterbehandlung berufsgerichtliche Maßnahmen auslösen

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Behinderte

(> Berufsgericht; zum Verhältnis berufsgerichtlicher Maßnahmen zu Disziplinarmaßnahmen der KV > D i s z i p l i n a r v e r f a h r e n Rz 564).

Behinderte I. Es gibt keine gesetzliche oder sonst allgemein gültige Begriffsdefinition der 328 Behinderung. Im Anschluß an § 1 Abs. 1 RehaAnglG, § 1 SVBG und § 1 SchwbG wird als Behinderung jeder regelwidrige körperliche, geistige und seelische Zustand angesehen, der nicht nur vorübergehend zu einer Funktionsbeeinträchtigung führt und eine > Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um wenigstens 10 v.H. bedingt. Regelwidrig ist der Zustand, der von dem für das Lebensalter typischen abweicht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als 6 Monaten (Anhaltspunkte, S. 23). Beträgt die MdE mindestens 50 v.H., so handelt es sich um einen Schwerbehinderten i.S. des § 1 SchwbG (> S c h w e r b e h i n d e r t e n g e s e t z Rz 1670). Den Behinderten gleichgestellt sind diejenigen Personen, denen eine Behinderung im vorstehenden Sinne droht (Peters, SGB § 10 Anm. 3). II. Rechtsgrundlagen. Das Recht der Behinderten ist zersplittert. Einheitliches Ziel des Behindertenrechts ist die Eingliederung Behinderter in das berufliche und gesellschaftliche Leben (> R e h a b i l i t a t i o n ; zum Begriff der Eingliederung Peters, SGB § 29 Anm. 3); sie gehört zur Aufgabe in fast allen Bereichen sozialer Sicherung mit der Folge der (sich teilweise überschneidenden) Zuständigkeit verschiedener Sozialleistungsträger. § 10 SGB I gewährt Behinderten allgemein einen Anspruch auf Eingliederungshilfe als soziales Recht i.S. der §§ 2ff. SGB I. Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistungen sowie die Zuständigkeit der Sozialleistungsträger bleiben den für die einzelnen Sozialleistungsbereiche jeweils geltenden Einzelgesetzen überlassen. Als Auffangvorschrift zählt § 29 SGB I die einzelnen Leistungen auf (Peters, SGB § 29 Anm. 4). Die Leistungsträger für diese Leistungen sind in den §§ 19-24 und § 28 SGB I genannt (zu Rechtsfragen bei der Betreuung geistig Behinderter vgl. Quambusch, aaO.). III. Zwecks Einleitung von Rehabilitationsmaßnahmen obliegen den behandelnden Ärzten und den Krankenhäusern bestimmte Mitteilungspflichten (vgl. § 368 s Satz 2, §372 Abs. 3 Satz 2 RVO > R e h a b i l i t a t i o n Rz 1482, > Schweigepflicht Rz 1639). IV. Besondere Pflichten und Aufgaben ergeben sich für Eltern und Vormünder, Ärzte, Angehörige der nichtärztlichen Heilberufe und > Gesundheitsämter aus den Sonderbestimmungen zur Sicherung der Eingliederung Behinderter nach dem BSHG (§§ 123 - 126 c), die nicht nur dem von §§ 39-47 BSHG und der Eingliederungshilfe-Verordnung v. 1.2. 1975 (BGBl. I S. 434) erfaßten Personenkreis, sondern auch anderen Behinderten zugute kommen, soweit sie

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Behinderte

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nicht nach § 123 Satz 2 BSHG ausdrücklich ausgenommen sind (vgl. Oestreicher, BSHG vor § 123). V. Behinderte, die in Werkstätten für Behinderte, Blindenwerkstätten, Anstalten, Heimen oder gleichwertigen Einrichtungen beschäftigt werden, sind aufgrund des Gesetzes über die Sozialversicherung Behinderter v. 7. 5. 1975 (BGBl. I S. 1061) in der Kranken- und Rentenversicherung pflichtversichert (allgemein zur Rechtsstellung Behinderter in diesen Einrichtungen vgl. Baltzer-Jürgens, SGb 1981, 241 ff.).

Behindertensport 330

I. Man versteht darunter bewegungstherapeutische Übungen, die in gemeinsamen Veranstaltungen in der Gruppe unter ärztlicher Überwachung und Betreuung sowie unter Anleitung ausgebildeter Übungsleiter durchgeführt werden. Eine besondere Form des Behindertensports sind die ambulanten > Kor o n a r ( s p o r t ) g r u p p e n . Der im Rahmen der Versorgungsleistungen nach dem > B u n d e s v e r s o r g u n g s g e s e t z gewährte Behindertensport wird als > V e r s e h r t e n l e i b e s ü b u n g e n bezeichnet. II. Rechtsgrundlagen. Der Behindertensport ist Bestandteil der medizinischen > R e h a b i l i t a t i o n . In der gesetzlichen > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g (Rz 1103) kann die Kasse Behindertensport als ergänzende Leistung gewähren (§ 193 Nr. 1 RVO; für den Ersatzkassenberich gelten die Richtlinien zur Verordnung des Behindertensports, Beschluß Nr. 285 der AG 19, abgedr. bei Heinemann-Liebold, aaO. R 59ff.). Gem. § 5 Abs. 5 RehaAnglG haben die Träger der gesetzlichen > Krankenversicherung, der Unfallversicherung, der Rentenversicherung und der Kriegsopferversorgung unter Beteiligung der > Kassenärztlichen Bundesvereinigung die Gesamtvereinbarung über den ambulanten Behindertensport v. 1. 7. 1981 abgeschlossen. Zu dem danach geltenden Abrechnungsverfahren vgl. Münsterberg, Allgemeinarzt 1982/6, S. 398 f. III. Die Durchführung des Behindertensports obliegt nach dieser Gesamtvereinbarung i.d.R. den dem Deutschen Behindertensportverband angehörenden Behindertensportgemeinschaften, die von den vertragschließenden Sozialleistungsträgern Vergütungen erhalten (meist pauschaliert pro Übungsveranstaltung nach der Zahl der teilnehmenden > Behinderten).

Beihilferecht 331

I. Rechtsgrundlagen. Der Staat gewährt Beamten, Richtern, Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit und deren Familienangehörigen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen Beihilfe in Form teilweiser Kostenerstattung für notwendige Aufwendungen. Der Anspruch auf Beihilfe ist Ausfluß der gesetzlich

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Beihilferecht

verankerten Fürsorgepflicht des Dienstherrn (vgl. § 79 BBG). Das Beihilferecht der Bundesbeamten ist in den als Verwaltungsvorschriften gem. § 200 BBG erlassenen Beihilfevorschriften i.d.F.v. 1. 2. 1979 - BhV (GMBl. S. 67) geregelt. Aufgrund entsprechender Vorschriften in den Landesbeamtengesetzen gelten diese Vorschriften auch in einigen Bundesländern (Bayern, Berlin, Niedersachsen und Schleswig-Holstein). Die übrigen Bundesländer haben eigene Beihilferegelungen in Form von Rechtsverordnungen, die in wesentlichen Teilen mit den Beihilfevorschriften des Bundes übereinstimmen (vgl. z.B. BVO Bad.Wttbg. i.d.F.v. 27. 10. 1972 (GBl. S. 604). Die Beihilfevorschriften des Bundes gelten auch für Postbeamte, für die Mitgliedergruppe A jedoch nur in Ausnahmefällen (Nr. 16 Abs 4 BhV > Postbea m t e n k r a n k e n k a s s e ) , nicht dagegen für Bundesbahnbeamte (Nr. 16 Abs. 3 BhV > K r a n k e n Versorgung der B u n d e s b a h n b e a m t e n ) . Das Beihilferecht wird beherrscht vom Subsidiaritätsprinzip, d.h. ein Anspruch auf Gewährung von Beihilfe besteht grundsätzlich nur, soweit dem an sich Beihilfeberechtigten nicht aufgrund gesetzlicher oder anderer Vorschriften sowie aufgrund arbeitsrechtlicher Vereinbarungen Heilfürsorge, Krankenhilfe oder Kostenerstattung zusteht (vgl. Nr. 3 Abs. 4 BhV; näher dazu Schröder, aaO. „Subsidiaritätsprinzip" > Sterilisation Rz 1741). II. 1. Beihilfefähig sind die notwendigen Aufwendungen in angemessenem Umfang (vgl. Nr. 3 Abs. 1, Nrn. 4 ff. BhV; OVG Koblenz, ZBR 1963, 397). a) Für die Beurteilung der Angemessenheit der Kosten für beihilfefähige ärztliche Leistungen gelten nach den von den Finanzministern erlassenen Verwaltungsvorschriften (vgl. z.B. für Baden-Württemberg W des Finanzministeriums v. 16. 12. 1981, GABI. 1982, 48 und v. 26. 11. 1982, GABI. 1983, 18) folgende Grundsätze: Maßgebend für die Angemessenheit notwendiger Krankheitskosten ist die > G e b ü h r e n o r d n u n g für Ä r z t e v. 12. 11. 1982 (GOÄ '82). Danach sind als angemessen grundsätzlich die Kosten anzusehen, die den Schwellenwert nach § 5 Abs. 2 und 3 GOÄ nicht übersteigen ( > Arzthonorar Rz 167). Überschreitungen der Schwellenwerte sind höchstens bis zum 3,5fachen (bzw. bis zum 2,5fachen bei überwiegend medizinisch-technischen Leistungen) und nur mit schriftlicher Begründung zulässig, wenn Besonderheiten dies rechtfertigen. Die Vereinbarung eines höheren > Arzthonorars wird von der Beihilfestelle meistens nicht anerkannt. Dies gilt auch dann, wenn sich das vereinbarte Honorar zwar noch innerhalb des Gebührenrahmens (bis zum 3,5 bzw. 2,5fachen) bewegt, die Überschreitung des Schwellenwertes jedoch nicht nach § 12 Abs. 2 GoÄ ausreichend begründet ist. Abweichend hiervon ist z.B. in Hessen ein vereinbartes Honorar außerhalb des oberen Gebührenrahmens ausnahmsweise in voller Höhe beihilfefähig, wenn die zuständige Landesärztekammer in einem Gutachten das Vorhandensein eines medizinisch besonders gelagerten Einzelfalles feststellt (Erlaß d. Hess. Min. d. Innern v. 11. 5. 1983 - IB 23 - P 1820A - 12). Bei Zweifeln über die Notwendigkeit und den angemessenen Umfang der Aufwendungen kann die Beihilfestelle ein > G u t a c h t e n des > Amtsarztes oder > Vertrauensarztes einholen (Nr. 3 Abs. 2 Satz 3 BhV).

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b) Beihilfefähig können stets nur die tatsächlich entstandenen Aufwendungen sein ( > Arzthonorar Rz 187). 2. Nichtbeihilfefähig sind grundsätzlich Aufwendungen für ärztliche Leistungen eines nahen Angehörigen (Ehegatte, Kinder, Eltern, Großeltern, Enkelkinder, Verschwägerte und Geschwister; vgl. Nr. 3 Abs. 7 BhV). Dabei geht der Verordnungsgeber von einer allgemeinen Standessitte aus, daß ärztliche Leistungen unter diesen Angehörigen i.d.R. unentgeltlich angeboten und auch angenommen werden. Die Rechtmäßigkeit dieser Regelung ist vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt worden (BVerwGE 41, 101). Im Gegensatz hierzu hat der BayVGH (Urt. v. 27. 2. 1979 - Nr. 387 III 76 -) entschieden, daß der Ausschluß der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für die zahnärztliche Behandlung durch Geschwister mit der Fürsorgepflicht und dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht vereinbar ist. Tatsächlich kann von einer gesicherten Standesüblichkeit, den gesamten Kreis der vorgenannten Angehörigen unentgeltlich zu behandeln, heute nicht mehr ausgegangen werden. Es wird jedoch - ausgehend vom Kriterium der gesetzlichen Unterhaltspflicht - nach wie vor für angemessen gehalten, Ehegatten und die Verwandten der aufsteigenden Linie unentgeltlich zu behandeln. Die unentgeltliche Behandlung von Geschwistern und Verschwägerten wird dagegen nicht mehr als zeitgemäß angesehen mit der Folge, daß insoweit Beihilfefähigkeit gegeben ist. III. Die Höhe der Beihilfe ist gestaffelt vor allem nach der Zahl der Familienangehörigen, der Behandlungsart (ambulant oder stationär) sowie danach, ob es sich um aktive Beamte oder Ruhestandsbeamte handelt (Nr. 13 BhV). Der Bemessungssatz beträgt bei ambulanter Behandlung für alleinstehende Beihilfeberechtigte 50% der beihilfefähigen Aufwendungen; er erhöht sich für Verheiratete auf 55 % und für jedes Kind um weitere 5 % (bis höchstens 70%). Bei stationärer Behandlung tritt eine Erhöhung dieser Sätze um 15% (bis höchstens 85%) ein. Leistungen einer privaten > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g (Rz 1107) werden auf die Beihilfe grundsätzlich nicht angerechnet mit der Folge, daß die Versicherungsleistungen und die Beihilfe zusammen die tatsächlichen Aufwendungen übersteigen können (vgl. aber unten IV). IV. Eine Reform des Beihilferechts steht unmittelbar bevor. Der vom Bundesinnenministerium vorgelegte Entwurf zur Neuordnung der Beihilfevorschriften sieht u.a. folgende Änderungen vor: Anrechnung der Leistungen einer privaten Krankenversicherung auf die zu gewährende Beihilfe und Begrenzung beider Leistungen zusammen auf 100% der beihilfefähigen Aufwendungen,- sozial gestaffelte Eigenbeteiligung; Einengung der Voraussetzungen für Sanatoriumsbehandlungen (> S a n a t o r i u m ) ; Begrenzung der Vergütung der > H e i l p r a k t i k e r ; Wegfall der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Ehegatten mit eigenem Einkommen ab einer bestimmten Höhe ; Wegfall der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für nicht rechtswidrigen > S c h w a n g e r s c h a f t s a b b r u c h und nicht rechtswidriger > S t e r i l i s a t i o n bei sozialer Indikation; begrenzte Anpassung an die Kostenentwicklung, insbesondere beim Zahnersatz.

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Belegarzt

Belegarzt I. Begriff. Man versteht darunter einen Arzt, dem von einem Krankenhausträger das Recht eingeräumt ist, seine (einschließlich der ihm überwiesenen > Überweisung) Patienten im > K r a n k e n h a u s unter Inanspruchnahme hierfür bereitgestellter Räume und Einrichtungen stationär zu behandeln. Die stationäre Tätigkeit des Belegarztes bildet im allgemeinen die Fortsetzung seiner ambulanten Tätigkeit in freier Praxis, die gegenüber der stationären Tätigkeit überwiegt. I.d.R. ist der Belegarzt zugleich > Kassenarzt. > Kooperatives Belegarztwesen.

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II. Rechtsstellung. 1. Rechtsbeziehungen zwischen Belegarzt und Krankenhausträger, a) Der Belegarzt steht zum Krankenhaus weder in einem Arbeitsverhältnis noch in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis. Die Rechtsbeziehungen basieren vielmehr auf einem bürgerlichrechtlichen Vertrag, dem Belegarztvertrag, dessen Rechtsnatur umstritten ist. Richtiger Ansicht nach ist der Belegarztvertrag ein Vertrag besonderer Art, der keinem der Vertragstypen des BGB voll entspricht (BGH, NJW 1972, 1128). Das Belegarztverhältnis ist dadurch gekennzeichnet, daß Krankenhausträger und Belegarzt zum Erreichen eines gemeinsamen Ziels, der Wiederherstellung der Gesundheit des Patienten, als gleichgestellte Partner zusammenwirken. Auf diesen erklärten Zweck hin ist das gesamte Vertragsverhältnis ausgerichtet; an ihm sind sämtliche Einzelabreden und Handlungen der Vertragspartner zu messen (vgl. hierzu und zum folgenden Eichholz, aaO. S. 72,74,82; Hepp, NJW 1972,1514ff.). Der Belegarztvertrag enthält daher gesellschaftsähnliche Elemente (gegenseitige Förderungspflicht analog § 705 BGB) und darüber hinaus Elemente des Mietvertrages (in bezug auf die Zurverfügungstellung von Räumen und Einrichtungen) und des Werkvertrages oder Kaufvertrages (in bezug auf die Lieferung von Heizung, Beleuchtung u. ä.). Daneben finden richtiger, allerdings nicht unbestrittener Ansicht nach die allgemeinen Vorschriften über gegenseitige Verträge Anwendung, soweit nicht die Eigenart des Belegarztvertrages als Kooperationsverhältnis entgegensteht (z. B. §§ 320, 323 BGB bei teilweiser oder vorübergehender Unmöglichkeit; bei dauernder Unmöglichkeit gilt § 726 BGB analog, §§325,326 BGB sowie die Grundsätze über positive Vertragsverletzung; vgl. Eichholz, aaO. S. 80 ff.). Die DKG und die KBV haben im Einvernehmen mit der > Bundesärztekammer „Grundsätze für die Gestaltung von Verträgen zwischen Krankenhausträgern und Belegärzten" (Belegarztgrundsätze", ÄM 1959, 1247, ergänzt durch die gemeinsamen Hinweise zur Anwendung dieser Grundsätze v. 6./18. 3. 1981, DÄ 1981, 750) vereinbart, auf denen zahlreiche Musterverträge basieren (vgl. z. B. das von der BÄK in Zusammenarbeit mit dem > Hartmannbund und dem > Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands erarbeitete Vertragsmuster für Belegärzte, DÄ 1966, 2339; Rieger, Verträge zwischen Ärzten und Krankenhausträgern, S. 21 ff.; Baur, Krankenhausarzt 1974, 693; ein Belegarztmustervertrag für niedergelassene Anaesthesisten findet sich bei Weissauer, Anästh. Intensivmed. 1979, 74).

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b) Bei der Zurverfügungstellung von nichtäiztlichem Persona]wird i.d.R. weder ein mittelbares Arbeitsverhältnis noch ein Dienstvertragsverhältnis begründet. Es handelt sich vielmehr um eine bloße Delegation des Weisungsrechts der Krankenhausträger an den Belegarzt (Eichholz, aaO. S. 97). Etwas anderes dürfte nur in bezug auf die Operationsschwester gelten, deren Dienste der Belegarzt zur Erfüllung eigener Aufgaben in Anspruch nimmt, so daß die Annahme eines Dienstverschaffungsverhältnisses gerechtfertigt ist (Eichholz, aaO. S. 96]. Ein Dienstverschaffungsvertrag zwischen Belegarzt und Krankenhausträger liegt im allgemeinen vor, wenn der Krankenhausträger dem Belegarzt ärztliches Personal zur Verfügung stellt. Der Belegarzt ist verpflichtet, dem Krankenhausträger die Verschaffung der ärztlichen Dienste zu vergüten (vgl. Eichholz, aaO. S. 102,105 ; a.A. wohl BGH, NJW 1962, 1763, wonach der nachgeordnete ärztliche Dienst nicht für den Belegarzt arbeitet, sondern im Aufgabenbereich des Krankenhausträgers tätig wird (vgl. dazu > H a f t u n g Rz 775). c) Eine Unkostenerstattung an den Krankenhausträger hat nur für die Inanspruchnahme des ärztlichen Personals des Krankenhausträgers zu erfolgen. Alle übrigen Kosten sind durch den > Pflegesatz (Rz 1354) abgegolten. Deshalb ist auch die Erhebung eines sog. > Bettengeldes durch den Krankenhausträger nur aufgrund ausdrücklicher Nebenvereinbarung möglich (vgl. Eichholz, aaO. S. 34, 61, Baur, DPA 1975, 567; Weissauer, ArztR 1975, 231). Etwas anderes gilt nur dann, wenn auch Patienten auf Belegabteilungen der „mittlere Pflegesatz" in Rechnung gestellt wird. In diesem Fall sind die Kosten des vom Belegarzt in Anspruch genommenen Arztpersonals im Pflegesatz enthalten (vgl. Brandecker, aaO. § 3 BPflV, Anm. 4 a) u. b). d) Zum Vergütungsanspruch des Belegarztes bei konsilarischer Beratung und Behandlung von Patienten auf Anstaltsabteilungen vgl. unten Rz 339. e) Die im Belegarztvertrag fixierten Rechte und Pflichten werden im allgemeinen durch eine Belegarztordnung ergänzt, die entweder durch vertragliche Vereinbarung zwischen Krankenhausträger und Belegarzt oder durch einseitigen Erlaß durch den Krankenhausträger zustande kommt (näher dazu Eichholz, aaO. S. 117 ff.). f) Im übrigen enthalten die > K r a n k e n h a u s r e f o r m g e s e t z e der einzelnen Bundesländer teilweise besondere Vorschriften für Belegärzte (vgl. z.B. § 22 Abs. 1 KHG Bad.-Wttbg., wonach die Vorschriften über > Mitarbeiterbeteiligung auf Belegärzte entsprechend Anwendung finden. Wo solche ausdrücklichen Vorschriften in den Landeskrankenhausgesetzen fehlen, finden die für angestellte > C h e f ä r z t e geltenden Bestimmungen über die Beteiligung ärztlicher Mitarbeiter auf Belegärzte keine Anwendung; vgl. Burkhardt, ArzR 1974, 43 [keine Anwendung des § 17 Hess. KHG auf Belegärzte]). g) Für die Kündigung des Belegarztvertrages als eines „Dauervertrages atypischen Inhalts" gelten die Kündigungsbestimmungen der §§ 553, 526, 723 BGB entsprechend (BGH, NJW 1972, 1128). Daraus folgt, daß bei der Kündigung von Belegarztverträgen, wenn nicht ein wichtiger Grund vorliegt, stets eine angemessene Kündigungsfrist einzuhalten ist. In dem vorzitierten Fall hatte der BGH eine Frist von 6 Monaten für angemessen erachtet. Obwohl die Be-

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messung der Kündigungsfrist auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalles abzustellen ist (BGH, aaO. S. 1129), wird man regelmäßig davon ausgehen dürfen, daß eine Kündigungsfrist von 6 Monaten eine Mindestfrist darstellt (a.A. wohl Eichholz, aaO. S. 135, Anm. 648). Eine Vereinbarung, wonach der Belegarztvertrag vom Krankenhausträger nach dessen Belieben jederzeit ohne Grund fristlos gekündigt werden kann, ist sittenwidrig und daher gem. § 138 BGB nichtig (OLG München, ArztR 1971, 133). Zur Umdeutung einer außerordentlichen in eine ordentliche Kündigung des Belegarztvertrages vgl. BGH, NJW 1982, 2603). 2. Rechtsbeziehung zwischen Belegarzt und Patient, a) Bei der Aufnahme von Patienten in eine Belegabteilung oder ein Belegkrankenhaus kommt ein aufgespaltener Krankenhausaufnahmevertrag zustande, gleichgültig ob es sich um Selbstzahler oder Kassenpatienten handelt ( > Krankenhausauf nahmevertrag Rzn. 1034, 1036). Als > Kassenarzt erhält der Belegarzt das Honorar für seine Leistungen von der KV (vgl. unten Rz 341), bei der Behandlung von Selbstzahlern besteht der Honoraranspruch gegenüber dem Patienten, wobei der Arzt jedoch eine etwaige Ersparnis eigener Aufwendungen (wegen der Möglichkeit der Inanspruchnahme von Krankenhauseinrichtungen und -personal) bei seiner Liquidation berücksichtigen muß, um eine Doppelbelastung des selbstzahlenden Patienten durch Berechnung derselben Kosten in dem um die Arztkosten gekürzten Pflegesatz ( > Arztkostenabschlag) und in der Arztrechnung auszuschließen (Weissauer, DÄ 1975, 3069, 3072; a.A. Wirzbach, Krankenhaus 1970, 48, 49, wonach der Belegarzt die > Sachkosten nach dem > D K G - N T in jedem Falle von seinem Honorar in Abzug bringen muß. Hierbei wird jedoch übersehen, daß die mit dem „mittleren Pflegesatz" ( > Pflegesatz Rz 1354) abgegoltenen Sachkosten nicht identisch sind mit den allgemeinen Praxiskosten nach § 4 Abs. 3 GOÄ ( > Arzthonorar Rz 163, > Nutzungsentgel Rz 1302). Streitig ist, ob der Belegarzt, wenn er außerhalb der Routine einen Patienten besucht (z.B. nachts oder an Sonntagen), Anspruch auf eine Besuchsgebühr gem. Nr. 5 GOÄ hat (verneinend Brück, aaO. Nr. 4 b GOÄ, Anm. 3, S. 209 u. Nrn. 5-8 GOÄ, Anm. 1, S. 216a ; OLG Düsseldorf v. 9. 6. 1983 - 8 U 125/82 - [zitiert bei Brück, aaO.]; bejahend Wezel-Liebold, aaO. Anm. zu Nr. 4b ; Weigand-Weissauer-Zierl, Anästh. Intensivmed. 1983, 408, 409). Bei der Entscheidung dieser Frage kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß im kassenärztlichen Bereich nach den > Gesamtverträgen mit den RVO-Kassen teilweise Besuche von Belegärzten (im einzelnen in unterschiedlichem Umfang) ansatzfähig sind (so z.B. in Bayern, Nordwürttemberg und Nordbaden) und bei den > Ersatzkassen wenigstens Nachtbesuche abgerechnet werden können (vlg. Nr. 1.8 der Anl. 1 zur E-GO). Es ist nicht anzunehmen, daß der Verordnungsgeber bei Erlaß der GOÄ '82 Belegärzte bei der privatärztlichen Behandlung schlechter stellen wollte als jedenfals > Vertragsärzte (Rz 1848) bei den Ersatzkassen, so daß wenigstens Nachtbesuche des Belegarztes nach Nrn. 7, 7 a GOÄ abrechenbar sein müssen.

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b) Bei der Erbringung konsiliarärztlicher Leistungen auf Anstaltsabteilungen besteht ein Vergütungsanspruch des Belegarztes bei Wahlleistungspatienten gem. § 6 Satz 4 BPflV (str.; wie hier Andreas, ArztR 1978, 241, 242f.; a.A. Brandecker, aaO. § 3 BPflV Anm. 4 c > Konsilium Rz 985). Zur Klarstellung erscheint es ratsam, in den > Krankenhausaufnahmeverträgen darauf hinzuweisen, daß die Inanspruchnahme der ärztlichen Wahlleistung auch ein Liquidationsrecht des Konsiliararztes begründet. Bei Kassenpatienten ist die belegärztliche Konsiliarleistung im großen > Pflegesatz enthalten und daher von der Krankenkasse nicht besonders zu vergüten. Der Belegarzt kann sich jedoch wegen der Vergütung seiner konsiliarärztlichen Leistungen an den Krankenhausträger halten. Es entspricht der Billigkeit, daß der Krankenhausträger die Kosten für konsiliarärztliche Leistungen, die er mit dem allgemeinen Pflegesatz erhält, in Form eines Honorars an den Belegarzt weitergibt. Ein Rechtsanspruch des Belegarztes gegen den Krankenhausträger auf Zahlung einer Vergütung besteht jedoch nur, wenn ein solcher im Belegarztvertrag festgelegt ist. 3. Rechtsbeziehungen zwischen Belegarzt und KV. a) Die Möglichkeit zur Durchführung stationärer ärztlicher Behandlung ergibt sich aus § 368 g Abs. 6 Satz 2 RVO. Aufgrund dieser Vorschrift haben die > Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Bundesverbände der Krankenkassen als Anlage zum > Bundesmantelvertrag-Ärzte einen Belegarztvertrag abgeschlossen, zuletzt in der Fassung v. 16. 8. 1978 (abgedr. bei Heinemann-Liebold, aaO. O 10ff.); eine entsprechende Regelung enthält § 10 AEKV. Danach ist Voraussetzung für die Erbringung stationärer kassenärztlicher Behandlung u.a., daß der >Kassenarzt die Anerkennung als Belegarzt durch die zuständige KV besitzt. Voraussetzung für die Anerkennung ist, daß die stationäre Tätigkeit des Kassenarztes gegenüber der ambulanten Tätigkeit von nebengeordneter Bedeutung ist (was i.d.R. nicht mehr der Fall ist, wenn der Belegarzt insgesamt mehr als 20, in Ausnahmefällen mehr als 25 Betten zu versorgen hat) und kein Umstand vorliegt, der die Nichteignung als Belegarzt begründet (§ 3 Belegarztvertrag, § 10 Nrn. 2 u. 3 AEKV). Sofern die vorgeschriebenen Voraussetzungen erfüllt sind, besteht ein Rechtsanspruch auf Anerkennung. Die KV kann die Anerkennung als Belegarzt unter den Voraussetzungen des § 5 Nr. 2 Belegarztvertrag und des § 10 Nr. 11 AEKV widerrufen. Hiergegen ist der Rechtsweg zum Sozialgericht gegeben. Der Vollzug des Widerrufs kann in entsprechender Anwendung des § 97 Abs. 3 SGG bis zur gerichtlichen Entscheidung ausgesetzt werden (SG Karlsruhe v. 28. 6. 1968 - S 1 Ka 262/68 und 263/68 Krämer-Günther, DMW 1970, 1241). b) Der Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung ( > Kassenarzt Rz 934) gilt auch für Belegärzte, was jedoch den Einsatz von > Assistenzärzten auf Belegabteilungen mit Genehmigung der KV nicht ausschließt (§ 6 Nr. 1 Belegarztvertrag, § 10 Nr. 13 AEKV; LSG München, ÄM 1963, 2111). c) Die Honorierung der belegärztlichen Leistungen ist durch Vereinbarungen zwischen Krankenkassen und > Kassenärztlichen Vereinigungen im > Gesamtvertrag (§368 f. Abs. 5 RVO) und im > Honorarverteilungsmaß-

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stab der Kassenärztlichen Vereinigungen unterschiedlich geregelt (näher dazu Narr, aaO. Rz 495 d ; zur Rechtmäßigkeit von Honorargrenzen vgl. Hollmann, DMW 1974, 370). Die Vergütungssätze bei den einzelnen Kassenärztlichen Vereinigungen sind unterschiedlich. Für den Ersatzkassenbereich gilt die Vergütungsregelung in § 11 AEKV und Anlage 1 zur E-GO. Jederzeit möglich ist aber die Unterbringung in der allgemeinen Pflegeklasse auf Kosten der Krankenkasse und die zusätzliche Vereinbarung der privaten Behandlung durch den Belegarzt. Unzulässig ist jedoch die Vereinbarung einer privaten Zuzahlung zu den über Kranken- oder Belegarztschein ( > Behandlungsausweis Rz 303) in Anspruch genommenen Leistungen einer Krankenkasse. Möglich ist nur eine den Vorschriften des § 4 Abs. 5 BMV-Ä entsprechende Vereinbarung über eine Privatbehandlung (näher dazu Narr, aaO. Rz 495 d > Kassenarzt Rz 940). > F r ü h e r k e n n u n g s u n t e r s u c h u n g e n Rz 661. III. Die gleichzeitige Ausübung einer ambulanten Praxis durch den Belegarzt im Krankenhaus ist zwar nicht üblich, aber aufgrund vertraglicher Sonderverein barung mit dem Krankenhausträger möglich (vgl. Eichholz, aaO. S. 123; Wirzbach, Krankenhaus 1970, 48, 50). Allerdings sind hierbei die berufsrechtlichen Vorschriften über die Genehmigung einer > Zweigpraxis zu beachten. IV. Da die Belegarzttätigkeit freiberuflich ausgeübt wird, besteht Versieherungsfreiheit in der gesetzlichen Unfallversicherung (LSG Schlesw.-Holst, v. 21. 6. 1963, DMW 1965, 1064,• vgl. aber BSG v. 29. 9. 1965, DMW 1967, 223 [UnfallVersicherungsschutz besteht dann, wenn der Belegarzt aufgrund eines Dienstverhältnisses neben seinen eigenen Patienten sämtliche im Krankenhaus befindliche Patienten seines Fachgebiets zu versorgen hat)).

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V. Auch der Belegarzt ist grundsätzlich verpflichtet, am allgemeinen ärztlichen Notfalldienst teilzunehmen. Für Nichtkassenärzte kann die Belegarzttätigkeit ein Grund zur Befreiung vom Notfalldienst sein ( > Notfalldienst Rz 1281).

VI. Die Bezeichnung einer Belegpraxis als „Klinik" verstößt gegen § 3 UWG (OLG Frankfurt, NJW 1975, 599 > W e t t b e w e r b s r e c h t Rz 1922 a.E.) und damit gleichzeitig gegen das berufsrechtliche > W e r b e v e r b o t (Narr, aaO. Rz 1178). VII. Da der Belegarzt nur in beschränktem Umfang stationär tätig ist (vgl. oben Rzn. 335, 340), kommt eine volle Weiterbildungsermächtigung durch die Ärztekammer in aller Regel nicht in Betracht. Belegärzte sind keine niedergelassenen Ärzte i. S. des EG-Weiterbildungsrechts ( > W e i t e r b i l d u n g Rzn. 1882 ff., 1885). VIII. Im Rahmen der > Wirtschaftlichkeitsprüfung ist der Umstand, daß ein Belegarzt bei der Entscheidung über eine stationäre Aufnahme von Patienten

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auch im ambulanten Bereich gewisse Mehrleistungen erbringen muß, als erhebliche Praxisbesonderheit zu berücksichtigen (SG Stuttgart v. 31. 8. 1977 5 14 b Ka 1811/75 u. S 14 b Ka 510/76 -). IX. Zum Wegfall des Liquidationsrechts für Leistungen eines angestellten > Chefarztes für Kassenpatienten auf Belegabteilungen seit 1. 4. 1974 > Liquidationsrecht Rz 1167).

Belegkrankenhaus 344

I. Man versteht darunter ein > K r a n k e n h a u s , in dem > Belegärzte ihre Patienten unter Benutzung der vom Krankenhausträger zur Verfügung gestellten Einrichtungen und Hilfspersonal behandeln. Die technische und wirtschaftliche Organisation eines solchen Krankenhauses ist von der ärztlichen Leitung getrennt; sein Träger ist meist eine von den behandelnden Belegärzten verschiedene natürliche oder juristische Person (näher dazu Schmeicher bei Kuhns, aaO. S. 1/180f., 190ff.). II. Für Belegkrankenhäuser gilt der sog. „kleine" > Pflegesatz (Rz 1354).

Bereitschaftsdienst 345

I. Der Begriff wird nicht einheitlich verwendet. Teilweise werden die Begriffe „Bereitschaftsdienst" und > „ N o t f a l l d i e n s t " synonym gebraucht ( > N o t f a l l d i e n s t Rz 1271). Gegenstand der folgenden Darstellung ist der Bereitschaftsdienst als abgeschwächte Form der Arbeitsleistung außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit in > K r a n k e n h ä u s e r n , > A r z t p r a x e n und sonstigen Einrichtungen zur stationären und ambulanten Krankenversorgung. 1. Im Arbeitsrecht unterscheidet die Rspr. nach dem Intensitätsgrad der Beanspruchung abnehmend folgende Stufen der Arbeitsleistung: volle Arbeitstätigkeit, Arbeitsbereitschaft, Bereitschaftsdienst, > R u f b e r e i t s c h a f t , volle Arbeitsruhe (vgl. BAGE 5, 236; 8, 25, 28; NJW 1981, 1331; 1982, 2139). Dabei wird der Bereitschaftsdienst definiert als die Verpflichtung des Arbeitnehmers, sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufzuhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen, sofern zu erwarten ist, daß zwar Arbeit anfällt, erfahrungsgemäß aber die Zeit ohne Arbeitsleistung überwiegt (vgl. SR 2 a Nr. 6B Abs. 1 und SR 2c Nr. 8 Abs. 1 BAT). Wo die tatsächliche Arbeitsleistung während der Bereitschaftszeiten 50% und mehr beträgt, liegt begrifflich kein Bereitschaftsdienst vor, vielmehr ist die gesamte Zeit als volle Arbeitszeit zu werten (ArbG Köln v. 13. 4. 1976 - 13 Sa 519/76 —, zur Abgrenzung von

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Bereitschaftsdienst und Vollarbeit vgl. auch LArbG Nieders. v. 14. 1. 1983, ArztR 1983, 148). 2. Anders wird der Begriff des Bereitschaftsdienstes im Beamtenrecht definiert. Hier wird der „Bereitschaftsdienst" = „Dienst in Bereitschaft" = „Dienstbereitschaft" (vgl. z. B. § 72 Abs. 3 BBG; § 4 der VO über die Arbeitszeit der Bundesbeamten) der Arbeitsbereitschaft i. S. der arbeitsgerichtlichen Rspr. gleichgesetzt (vgl. BVerwG, ZBR 1974, 263; OVG Bremen, ZBR 1980, 285). II. Arbeitszeitrechtliche und vergütungsrechtliche Bewertung des Bereitschaftsdienstes als Arbeitszeit. Diese beiden Aspekte werden oft nicht genügend auseinandergehalten (näher dazu Fechner, aaO. S. 71; Rieger, RdA 1964, 405 ff.). 1. Arbeitszeitrechtlich geht es um die Frage, ob eine Inanspruchnahme durch Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit i. S. der öffentlichrechtlichen Arbeitszeitschutzvorschriften der AZO und der KrAZO zu werten ist. Die recht zahlreichen Entscheidungen des BAG zu den verschiedenen Formen der Dienstbereitschaft (vgl. z.B. BAGE 8, 25: BAG AP Nrn. 2, 5, 8 zu § 7 AZO ; weitere Nachw. bei Denecke-Monjau-Neumann, aaO. § 7 Rz 26) sind, da sie im wesentlichen nur die Vergütungsfrage betreffen, arbeitszeitrechtlich kaum verwertbar (in BAG 8, 25, 29 wird die Frage der arbeitszeitrechtlichen Bewertung des Bereitschaftsdienstes von > medizinisch-technischen Assistentinnen ausdrücklich offengelassen; in dem erstmals zur Frage der arbeitszeitrechtlichen Einordnung des Bereitschaftsdienstes von Krankenhausärzten ergangenen Urteil v. 24. 2. 1982 [NJW 1982, 2140, 2141] heißt es u.a., daß die „Arbeitsbereitschaft" . . . „mit dem allgemeinen Rechtsbegriff des ,Bereitschaftsdienstes' nicht identisch ist; näher dazu unten Rz 347). Der überwiegende Teil des Schrifttums rechnet nur die Arbeitsbereitschaft (§ 7 Abs. 2 AZO), nicht den Bereitschaftsdienst (und die übrigen Formen der Dienstbereitschaft nach der oben unter Rz 345 genannten Stufenskala) arbeitszeitrechtlich zur Arbeitszeit (vgl. Denecke-Monjau-Neumann, aaO. § 7 Rzn. 23 ff. m. Nachw. sowie die Nachw. bei Borrmann, RdA 1981, Fußn. 25). Demgegenüber wird mit Recht darauf hingewiesen, daß die hier zur Beurteilung stehenden Lebenssachverhalte sich nicht in ein starres Schema pressen lassen, für die Bewertung von Bereitschaftszeiten als Arbeitszeit vielmehr allein der Intensitätsgrad der tatsächlichen Belastung im konkreten Fall entscheidend ist, der durch eine Vielzahl verschiedener Faktoren beeinflußt wird. Es lassen sich weder die verschiedenen Formen der Bereitschaft eindeutig einem bestimmten Grad der Belastungsintensität zuweisen noch sind Grenzfälle zwischen Arbeitsbereitschaft und Volleinsatz einerseits und zwischen Bereitschaft und vollkommener Arbeitsruhe andererseits von vornherein allein durch die Art der Tätigkeit charakterisiert (vgl. Fechner, aaO. S. 2ff., 62ff. ; speziell zur arbeitszeitrechtlichen Bewertung von Bereitschaftszeiten in Krankenhäusern Rieger, Die Arbeitszeit in Krankenanstalten; ders. bei Fechner, aaO. S. 133ff. ; ders. RdA 1964, 405ff. ; Borrmann, RdA 1981, 276ff.). a) aa) Umstritten ist, ob für angestellte Ärzte (> A s s i s t e n t , > Assistenz-

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arzt) ein öffentlichrechtlicher Arbeitszeitschutz überhaupt besteht. Nach ständiger Rspr. des BAG fallen Ärzte nicht unter den Geltungsbereich der AZO und der KrAZO mit der Folge, daß eine Begrenzung der von den Ärzten äußerstenfalls zu fordernden Arbeitseinsätze allein den nur die vergütungsrechtliche Seite betreffenden tarif- oder einzelvertraglichen Vereinbarungen zu entnehmen ist (vgl. BAG AP Nrn. 17-20 u. 25 zu § 611 BGB Ärzte, Gehaltsansprüche; a.A. Borrmann, RdA 1981, 271, 273 m. w. Nachw.; Samland, aaO. S. 65ff., ders. NJW 1980, 629). In zwei neueren Urteilen v. 26. 11. 1980 (NJW 1981, 1331) und 24. 2. 1982 (NJW 1982, 2140) hat sich das BAG erstmals mit arbeitszeitrechtlichen Aspekten des Bereitschaftsdienstes von Krankenhausärzten befaßt und in der letztgenannten Entscheidung seine bisherige Rspr. zur Nichtanwendbarkeit der AZO auf angestellte Ärzte ausdrücklich bestätigt. Das erstgenannte Urteil hält die Anordnung von zwei Bereitschaftsdiensten pro Woche selbst für den Fall der Geltung der AZO für zulässig. In seiner Entscheidung v. 24. 2. 1982 hat das BAG erstmals dem Gesichtspunkt Rechnung getragen, daß das Problem der arbeitszeitrechtlichen Bewertung von Bereitschaftszeiten sich nicht durch Einpressen vielschichtiger Lebenssachverhalte in ein starres Begriffsschema, sondern nur mit Hilfe des Kriteriums des Intensitätsgrades der tatsächlichen Arbeitsbelastung lösen läßt. Das Urteil stellt fest, daß ein angestellter Krankenhausarzt, der im Anschluß an den 8stündigen regulären Tagesdienst 16 Stunden Bereitschaftsdienst der Stufe D leistet, auch ohne Antrag und Hinweis auf Übermüdung vom regulären Dienst am folgenden Tag freizustellen ist, wenn zwischen 21 Uhr und dem Dienstbeginn am nächsten Tag nicht eine mindestens 6stündige ununterbrochene Ruhezeit liegt. Entgegenstehende Tarifbestimmungen sind nach Auffassung des BAG wegen Verstoßes gegen den Rechtsgedanken des § 306 BGB und die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) unwirksam. In dem entschiedenen Fall entsprach die durchschnittliche Inanspruchnahme des Klägers während des Bereitschaftsdienstes mit 46,8 % zwar rein rechnerisch den damals geltenden tariflichen Bestimmungen (Bereitschaftsdienst-Stufe D, SR 2 c Nr. 8 BAT), die tariflich geforderte Ruhezeit kam jedoch nur mit vielfachen und verschieden langen Unterbrechungen durch ärztliche Dienstleistungen zustande, so daß ein Entspannungs- und Erholungseffekt nicht eintrat.

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Für den Geltungsbereich des BAT wurde dieser Rspr. inzwischen durch die Neufassung der SR 2 c BAT v. 22. 11. 1982 insoweit Rechnung getragen, als nach SR 2 c Nr. 8 Abs. 7, Unterabs. 5 BAT n.F. einem Arzt, der nach Ableistung einer mindestens 7 '/¡stündigen Arbeitszeit zu einem Bereitschaftsdienst der Stufen C oder D von mindestens 12 Stunden herangezogen wird, nach diesem Bereitschaftsdienst eine Ruhezeit von mindestens 8 Stunden gewährt werden „soll". Durch diese Regelung wird den vom BAG entwickelten arbeitszeitrechtlichen Grundsätzen nicht ausreichend Rechnung getragen (vgl. die zutreffende Kritik bei Klak, MedR 1983, 125ff.). bb) Für beamtete Ärzte mit Ausnahme der > Chefärzte (Rz 517) und der ärztlichen > H o c h s c h u l l e h r e r (Rz 880) gelten die dienstrechtlichen Arbeitszeitvorschriften, die gleichzeitig Arbeitszeitschutzvorschriften sind. Nach

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§ 72 Abs. 3 BBG (und den im wesentlichen gleichlautenden Bestimmungen in den Landesbeamtengesetzen, vgl. z.B. § 90 Abs. 3 LBG Bad.-Wttbg.) kann, soweit der Dienst in Bereitschaft besteht, die regelmäßige Arbeitszeit entsprechend den dienstlichen Bedürfnissen verlängert werden,- im wöchentlichen Zeitraum dürfen 54 Stunden (nach § 4 der VO über die Arbeitszeit der Bundesbeamten 50 Stunden) nicht überschritten werden. Auch nach der verwaltungsgerichtlichen Rspr. wird nur die Inanspruchnahme in Form von Arbeitsbereitschaft, die - abweichend von der arbeitsrechtlichen Terminologie - als „Dienstbereitschaft", „Dienst in Bereitschaft" oder „Bereitschaftsdienst" bezeichnet wird (vgl. oben Rz 345), als Arbeitszeit gewertet (vgl. BVerwG, ZBR 1974, 263; OVG Bremen, ZBR 1980,285). Anders als im Arbeitsrecht wird jedoch nicht nur auf die äußere Form der Bereitschaft, sondern entscheidend auf den Intensitätsgrad der tatsächlichen Belastung des Diensthabenden im Einzelfall abgestellt. Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts kommt es für die Frage, ob es sich bei der Inanspruchnahme eines Beamten um „Bereitschaftsdienst" ( = Arbeitszeit) handelt „entscheidend . . . auf den Inhalt, den Umfang und die Intensität der dienstlichen Inanspruchnahme an, w o b e i . . . nicht nur auf die generelle Art der Inanspruchnahme abzustellen, sondern auch den besonderen Umständen des Einzelfalles Rechnung zu tragen ist" (BVerwG, ZBR 1974, 264). Diese Rspr. kann nicht nur (wie in dem entschiedenen Fall) dazu führen, „Dienstbereitschaft" ( = Arbeitsbereitschaft i. S. der arbeitsrechtlichen Rspr.) trotz Präsenz am Dienstort zu verneinen, sondern unter den besonderen Umständen des konkreten Falles auch zur Folge haben, daß „Dienstbereitschaft" trotz Nichtanwesenheit an einem vom Dienstherrn bestimmten Ort vorliegen kann (OVG Bremen, ZBR 1980, 285). Damit wird - im Gegensatz zum Arbeitsrecht - im Einzelfall auch eine Bewertung der vom BAG als > „ R u f b e r e i t s c h a f t " bezeichneten Inanspruchnahme als Arbeitszeit ermöglicht. b) Für die Angehörigen der > medizinischen Assistenzberufe in Krankenanstalten gilt noch die Verordnung über die Arbeitszeit in Krankenpflegeanstalten v. 13. 2. 1924 - KrAZO (RGBl. I S. 66), die den unter ihren Geltungsbereich fallenden Personenkreis gegenüber den Arbeitnehmern im Geltungsbereich der AZO erheblich benachteiligt (u.a. wöchentliche Höchstarbeitszeit bis zu 60 Stunden, Begrenzung der täglichen Höchstarbeitszeit lediglich durch eine Sollvorschrift auf 10 Stunden, Fehlen von zwingenden Vorschriften über Pausen und von Regelungen über Bereitschaftszeiten). Für das medizinische Assistenzpersonal in > Arztpraxen und anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens gilt die AZO. c) Der vorliegende Entwurf eines Aibeitsschutzgesetzes bezweckt u.a. eine Reform des Arbeitszeitschutzrechtes. Die Arbeitszeitschutzvorschriften in §§ 4 0 - 4 9 des Entwurfs erfassen grundsätzlich alle Arbeitnehmer, also auch angestellte Ärzte, lassen jedoch in einem gewissen Rahmen abweichende Regelungen zu ( > Arbeitsschutzgesetz).

2. Vergütungsrechtliche Bewertung, a) Bei angestellten Ärzten und den Angehörigen der > medizinischen Assistenzberufe steht es den Arbeitsvertragsparteien frei, für die Inanspruchnahme in Form von Bereitschaft unabhängig von der arbeitszeitrechtlichen Bewertung ein bestimmtes Entgelt zu vereinba-

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ren. Die vergütungsrechtliche Bewertung von Bereitschaftszeiten richtet sich allein nach dem Vertragswillen der Parteien. So kann eine voll als Arbeitszeit vergütete Inanspruchnahme arbeitszeitrechtlich unbeachtlich sein, wie umgekehrt eine überhaupt nicht vergütete Zeit eine Bewertung als Arbeitszeit im arbeitszeitrechtlichen Sinne nicht ausschließt (Fechner, aaO. S. 71). aa) Bei Ärzten im Geltungsbereich des BAT wird der Bereitschaftsdienst nach den erfahrungsgemäß durchschnittlich anfallenden Arbeitsleistungen sowie der Zahl der pro Monat abzuleistenden Bereitschaftsdienste bestimmten Stufen (A bis D) zugeordnet, die die Bewertung als Arbeitszeit ausweisen (vgl. SR 2 c Nr. 8 Abs. 2 BAT). Die durchschnittlich anfallenden Arbeitsleistungen werden aufgrund von Aufzeichnungen der Bereitschaftsdienst leistenden Äzrte ermittelt, deren Inhalt nicht gegen die ärztliche > S c h w e i g e p f l i c h t verstoßen darf (näher dazu Kamps, ÄBl. Bad.-Wttbg. 1982,283ff. ; > SchweigepflichtRz 1647). Die Zuweisung zu diesen einzelnen Stufen bedarf nach Nr. 8 Abs. 5 SR 2 c einer schriftlichen (konstitutiven) Nebenabrede zum Arbeitsvertrag nach § 4 Abs. 2 BAT. Die Nebenabrede ist, wenn sie erstmals getroffen wurde, mit einer Frist von einem Monat nach Ablauf von sechs Monaten, sonst mit einer Frist von drei Monaten jeweils zum Jahresende kündbar. An die Nebenabrede ist der Arzt auch dann bis zur möglichen Kündigung gebunden, wenn er tatsächlich während des Bereitschaftsdienstes Arbeitsleistungen einer höher zu vergütenden Stufe erbracht hat, es sei denn, daß die Arbeitsleistungen während des Bereitschaftsdienstes und die Vergütung hierfür in einem krassen Mißverhältnis stehen (BAG v. 9. 8.1978, ArztR 1979,157 ¡Einzelheiten zur vergütungsrechtlichen Bewertung des Bereitschaftsdienstes bei Braun, aaO., S. 28 ff.). Nach SR 2 c Nr. 8 Abs. 7 BAT ist die Zahl der Bereitschaftsdienste in den Stufen A und B auf 7, in den Stufen C und D auf 6 im Monat begrenzt. Bei zusätzlicher Heranziehung des Arztes zur > R u f b e r e i t s c h a f t werden zwei Rufbereitschaften wie ein Bereitschaftsdienst gewertet (SR c Nr. 8 Abs. 7, Unterabs. 1 - 3 BAT). 350

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bb) Für die vergütungsrechtliche Bewertung des Bereitschaftsdienstes des medizinischen Assistenzpersonals in Krankenanstalten im Geltungsbereich des BAT gilt entsprechendes wie für angestellte Ärzte (SR 2 a Nr. 6 B Abs. 2 ff. BAT). Die Zuweisung zu den einzelnen Stufen des Bereitschaftsdienstes erfolgt hier jedoch aufgrund bezirklicher und örtlicher Vereinbarungen (SR 2 a Nr. 6 B Abs. 5 BAT). cc) Nach § 8 Abs. 2 des Manteltarifvertrages für Arzthelferinnen in den Praxen niedergelassener Ärzte ( > A r z t h e l f e r i n Rz 153) wird der (ebenso wie im BAT definierte) Bereitschaftsdienst - ohne Rücksicht auf die erfahrungsgemäß durchschnittlich anfallenden Arbeitsleistungen - mit 50 % als Arbeitszeit bewertet. Für Arzthelferinnen im Geltungsbereich des BAT gilt SR 2 a Nr. 6 B BAT. b) Bei beamteten Ärzten fehlt es an detaillierten, den Vorschriften im BAT vergleichbaren Regelungen. Der „Dienst in Bereitschaft" = „Bereitschaftsdienst" wird „entsprechend dem Umfang der erfahrungsgemäß bei der betreffenden Tätigkeit durchschnittlich anfallenden Inanspruchnahme berücksichtigt", wobei „schon die Ableistung eines Dienstes in Bereitschaft als solche in

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jeweils angemessenem Umfang anzurechnen" ist (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 2 MVergV, die unmittelbar auch für Landesbeamte, Beamte der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie für Beamte in Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts gilt; § 48 BBesG > Beamteter Arzt 298). Die so ermittelte Arbeitszeit wird durch Stundensätze abgegolten, die für die einzelnen Besoldungsgruppen verschieden bemessen sind (§ 4 MVergV). Eine Vergütung wird nur gewährt, wenn aus zwingenden dienstlichen Gründen ein Freizeitausgleich nicht möglich ist (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 MVergV). c) Zur steuerlichen Behandlung bei Pauschalvergütung des Bereitschaftsdienstes vgl. Lohmeyer, Rhein. ÄBl. 1979, 316. III. Einzelfragen. 1. Im Gegensatz zur > Rufbereitschaft steht die Bestimmung des Ortes, an dem sich der Bedienstete während des Bereitschaftsdienstes aufzuhalten hat, dem Arbeitgeber nach seiner Wahl zu. Da die während des Bereitschaftsdienstes im > Krankenhaus zu versorgenden Fälle im allgemeinen ein unverzügliches ärztliches Eingreifen erfordern, wird der Krankenhausträger i.d.R. anordnen, daß der Diensthabende sich im Krankenhaus aufhalten muß. Im Einzelfall kann jedoch auch die Wohnung als Aufenthaltsort bestimmt werden, z. B. wenn der Arzt eine Dienstwohnung im Krankenhausbereich hat. Ob auch die verhältnismäßig nahe beim Krankenhaus gelegene Wohnung als Aufenthalt in Betracht kommt, hängt davon ab, ob der durch die Anfahrt bedingte Zeitverlust für die Patienten nicht eine zusätzliche Gefahr bedeutet. Maßgebend sind die jeweiligen Umstände des Einzelfalles. Da der Arbeitgeber bei der Ausübung seines Weisungsrechts an die Grundsätze von Treu und Glauben gebunden ist, kann er von den diensthabenden Ärzten nicht verlangen, sich während des Bereitschaftsdienstes im Krankenhaus aufzuhalten, wenn bei einem Aufenthalt zu Hause die Interessen der Kranken nicht beeinträchtigt werden. Umgekehrt muß das Krankenhaus als Aufenthaltsort bestimmt werden, wenn nur auf diese Weise eine optimale Versorgung der Patienten sichergestellt ist (näher dazu und zu der Frage, ob der Krankenhausträger eine bezüglich des Aufenthaltsortes getroffene Entscheidung später wieder abhändern kann vgl. Rieger, D M W 1975, 29).

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2. Bei der Organisation des ärztlichen Bereitschaftsdienstes im Krankenhaus ist zu beachten, daß die Diensthabenden nicht durch den vorangegangenen Dienst physisch und psychisch überlastet sind (vgl. oben Rz 347). Eine solche Diensteinteilung verstößt nicht nur gegen die arbeitsrechtliche und beamtenrechtliche Fürsorgepflicht, vielmehr begeht der für die Diensteinteilung Verantwortliche im Falle eines übermüdungsbedingten Versagens des Bereitschaftsarztes gleichzeitig eine strafbare und zum Schadensersatz verpflichtende Sorgfaltspflichtverletzung gegenüber den betroffenen Patienten (OLG München v. 20. 12. 1978 - 1 Ws 3 7 6 / 7 7 -). 3. Fachübergreifende Bereitschaftsdienste sind unter haftungsrechtlichen Gesichtspunkten grundsätzlich abzulehnen (näher dazu Kirchhoff, arzt im krankenhaus 1982, 578; Stellungnahme des Verbandes der leitenden Krankenhausärzte Deutschlands v. 15. 12. 1982, Arzt u. Krankenhaus 1982, 2f.). Aus-

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nahmen können an Krankenhäusern der Grund- und Regelversorgung zwischen verwandten Fachgebieten (z.B. Innere Medizin und Kinderheilkunde oder Chirurgie und Orthopädie) bestehen (näher dazu Hoffmann, Arzt u. Krankenhaus 1983, 123, 128; a.A. in völliger Verkennung der tatsächlichen Verhältnisse BayVGH v. 12. 11. 1981 - 21 B - 460/79), der in dieser in einem Rechtsstreit um die Festsetzung der Pflegesätze ergangenen Entscheidung einen fachübergreifenden Bereitschaftsdienst zwischen der chirurgischen und der geburtshilflich-gynäkologischen Abteilung für zulässig hält).

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4. Bei den sog. „Visitenzeiten", in denen der diensthabende Arzt in beträchtlichem Umfang Routineleistungen zu erbringen hat, handelt es sich arbeitszeitrechtlich und vergütungsrechtlich nicht um Bereitschaftsdienst, sondern um Vollarbeit, entweder im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit oder als Überstunden (Braun, aaO. S. 29). 5. Heranziehung von Chefärzten zum Bereitschaftsdienst, a) Angestellte Chefärzte (vgl. zum folgenden ausführlich Rieger, MedR 1983, 222ff.|. Die planmäßige Teilnahme am Bereitschaftsdienst im Krankenhaus gehört nicht zum Berufsbild des leitenden Krankenhausarztes, sondern zu den ärztlichen Grundleistungen, die nicht von den leitenden Ärzten selbst zu erbringen sind, „sondern gewöhnlich nur mittels der personellen und sachlichen Einrichtungen eines Krankenhauses gewährt zu werden pflegen" (BGHZ 5, 321, 324; BGH, NJW 1962, 1763; Weissauer-Hirsch, Arzt u. Krankenhaus 1982, 136, 138; Andreas/Siegmund-Schultze, Krankenhausarzt 1980, 945, 946; Rieger, D M W 1976, 1737; ders., D M W 1982, 1205, 1207). Der Chefarzt leistet nach dem Oberarzt ständig den zweiten Hintergrunddienst ( = zweite Rufbereitschaft) und befindet sich so - mit Ausnahme der Zeiten seiner Ortsabwesenheit infolge Urlaubs, Kongreßbesuchen usw. - rund um die Uhr in ständiger Bereitschaft, um erforderlichenfalls selbst entscheiden und eingreifen zu können, wenn die weniger erfahrenen diensthabenden Assistenzärzte im Krankenhaus und auch der > Oberarzt im ersten Hintergrunddienst sich in medizinisch schwierigen Fällen überfordert fühlen (Andreas/Siegmund-Schultze, aaO. ; Reinhard bei Kuhns, aaO. 1958, S. 1/342). Eine generelle Pflicht für leitende Krankenhausärzte zur Leistung von Bereitschaftsdienst besteht auch nicht im Geltungsbereich des BAT, der auf Chefärzte keine Anwendung findet (§ 3 i BAT). Ausnahmen können sich aufgrund besonderer Regelungen im Chefarztvertrag oder aufgrund einer abweichenden tatsächlichen Übung ergeben. Soweit ein solcher Ausnahmefall nicht vorliegt, übernimmt der leitende Krankenhausarzt bei der Leistung von Bereitschaftsdienst bei vorübergehendem Personalausfall eine zusätzliche Tätigkeit außerhalb seines eigentlichen Aufgabenkreises, für die ihm grundsätzlich eine Vergütung gem. § 612 Abs. 1 BGB zusteht (a.A. BAG, NJW 1982, 2139; LArbG Berlin v. 6. 4. 1981, AP Nr. 31 zu § 611 BGB Ärzte Gehaltsansprüche), allerdings mit der von der Rspr. des BAG allgemein gemachten Einschränkung, daß er nicht für jeden Bereitschaftsdienst eine Vergütung verlangen kann, sondern nur für diejenige Inanspruchnahme, die das Maß des dem Chefarzt nach Treu und Glauben Zumutbaren überschreitet und daher nicht mehr als eine im Rahmen des Arbeitsver-

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träges ohne besonderes Entgelt zu erbringende Leistung angesehen werden kann (vgl. BAG AP Nr. 31 zu § 612 BGB; BAG, NJW 1973, 293). Wo die Grenzen des Zumutbaren liegen, läßt sich nicht generell bestimmen. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalles. Dabei werden außer dem Umstand, in welchem Umfang während der Bereitschaftszeiten erfahrungsgemäß Arbeit anfällt, auch die Arbeitsbelastung des Chefarztes im regulären Tagesdienst, die je nach Fachgebiet verschieden sein kann, sowie sonstige Verpflichtungen, wie z.B. Unterrichtserteilung an Krankenpflegeschulen, eine nicht unerhebliche Rolle spielen (vgl. dazu Rieger, DMW 1976, 1737). Das Maß des Zumutbaren wird z. B. überschritten, wenn sich die Inanspruchnahme durch Bereitschaftsdienst wegen Erkrankung eines Assistenzarztes oder bei Stellenvakanz Uber einen längeren ununterbrochenen Zeitraum erstreckt und die Einteilung zum Dienst jeden dritten Tag erfolgt. Dagegen dürfte i.d.R. eine dreimalige Heranziehung zum Bereitschaftsdienst pro Monat für die Dauer eines Quartals noch in den Grenzen des im Rahmen des Anstellungsvertrages Zumutbaren liegen (zustimmend Andreas/Siegmund-Schultze, aaO. S. 946). Ein Anspruch auf Vergütung bereits der ersten Inanspruchnahme in Form von Bereitschaftsdienst wird dann zu bejahen sein, wenn der Krankanhausträger die Nichtbesetzung des Stellenplans zu vertreten hat. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn eine Oberarzt- oder Assistenzarztstelle nach Ausscheiden des Stelleninhabers zwecks Einsparung von Personalkosten einige Monate nicht ausgeschrieben wird. Gleiches gilt dann, wenn ein Krankenhausträger versuchen sollte, die durch die Neuregelung des Bereitschaftsdienstes und der Rufbereitschaft durch den 50. Änderungstarifvertrag zum BAT vom 22. 11. 1982 (vgl. oben Rz 347 a. E.) teilweise notwendig gewordene Erweiterung des ärztlichen Stellenplans durch planmäßige Heranziehung der leitenden Ärzte zum Bereitschaftsdienst hinauszuzögern oder überhaupt zu vermeiden. Wo die zusätzliche Beanspruchung des Chefarztes durch Dienstbereitschaft im konkreten Fall ein solches Ausmaß erreicht, daß die Übernahme einer entsprechenden Verpflichtung im Anstellungsvertrag nach dem Urteil des BAG v. 24. 2. 1982 wegen Verstoß gegen den Rechtsgedanken des § 306 BGB und die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) und wohl in den meisten Fällen zugleich wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) nichtig wäre, besteht insoweit ein sog. „faktisches Arbeitsverhältnis", aus dem sich ein quasivertraglicher Vergütungsanspruch ergibt (vgl. Schaub, aaO. S. 144; einen solchen Fall betrifft das Urteil des ArbG Wilhelmshaven, MedR 1983, 234). In diesen Fällen ist ein Vergütungsanspruch auch dann zu bejahen, wenn der Chefarztvertrag eine Bestimmung enthält, wonach mit der Festvergütung und dem > Liquidationsrecht jede Art von Mehrarbeit einschließlich > Bereitschaftsdienst und > Rufbereitschaft abgegolten ist, sei es daß man eine solche Klausel hier nach § 138 BGB für nichtig hält, oder sei es daß man einen Fall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage für gegeben erachtet. Soweit dem Chefarzt nach dem Vorstehenden eine Vergütung zusteht, bemißt sich deren Höhe aus der Vergütungsgruppe des Oberarztes oder des Assistenzarztes, an dessen Stelle der Chefarzt Bereitschaftsdienst geleistet hat,

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während die für die Vergütungsberechnung maßgeblichen persönlichen Verhältnisse (Lebensalter, Familienstand usw.| sich nach den Verhältnissen des Chefarztes richten. Im übrigen sind nunmehr durch das Urteil des 4. Senats des BAG v. 24. 2. 1982 auch der Heranziehung von Chefärzten zum Bereitschaftsdienst arbeitszeitschutziechtlich Grenzen gesetzt. Wenn dort u.a. ausgeführt ist, daß der Rechtsgedanke des §306 BGB und der Schutz der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) die Beachtung der „naturgegebenen Grenzen der menschlichen Leistungsfähigkeit" und die „Ermöglichung einer individuellen menschlichen Privatsphäre" in der Weise verlangen, daß ein Krankenhausarzt, dem während des werktäglichen Bereitschaftsdienstes in der Zeit zwischen 21 Uhr und dem Beginn des nachfolgenden Tagesdienstes keine ununterbrochene Ruhezeit von sechs Stunden zur Verfügung stand, vom nachfolgenden Tagesdienst freizustellen ist, so muß dies auch für Chefärzte gelten. Das allgemeine menschliche Leistungsvermögen und die Menschenwürde sind unteilbar (vgl. auch BAG, NJW 1967, 1631, wo es heißt, daß der Arbeitgeber von einem hochbezahlten Angestellten einerseits ein besonderes Maß an Arbeitsleistung über die übliche Arbeitszeit hinaus fordern, andererseits „jedoch kein Übermaß an Arbeit verlangen oder dulden [darf], durch das die Gesundheit des Angestellten gefährdet wird"). Daraus folgt aber, daß dort, wo erfahrungsgemäß zwischen dem werktäglichen Bereitschaftsdienst in der Zeit zwischen 21 Uhr und dem Beginn des nachfolgenden regulären Tagesdienstes keine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens sechs Stunden zur Verfügung steht, Chefärzte nur noch in äußersten Notfällen zum Bereitschaftsdienst eingeteilt werden dürfen, weil bei ihnen eine Freistellung vom regulären Tagesdienst wegen der Endverantwortung des leitenden Krankenhausarztes (vgl. Rieger, DMW 1974, 1423) grundsätzlich ausgeschlossen ist. 355

b) Die vorstehenden Grundsätze gelten nicht für beamtete Chefärzte. Das Beamtenverhältnis ist in besonderer Weise durch die Pflicht des Beamten gekennzeichnet, der Allgemeinheit mit voller Hingabe und uneigennützig zu dienen (§§ 35,36 BRRG; BVerwG, ZBR 1971, 88, 90). Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß das einem Beamten übertragene Amt durch Zuweisung neuer, seiner Ausbildung und Befähigung entsprechender Tätigkeiten erweitert werden kann. Eine Grenze besteht nur dort, wo der Dienstherr durch die Zuweisung neuer Aufgaben unter Außerachtlassung seiner Fürsorgepflicht die Leistungskraft des Beamten überfordern würde (BVerwG aaO. S. 90 > Nebentätigkeit Rz 1237). Insoweit hat das Urteil des BAG v. 24. 2. 1982 (NJW 1982, 2140) auch für beamtete leitende Krankenhausärzte neue Maßstäbe gesetzt. Dies bedeutet allerdings nicht, daß die Mehrbeanspruchung des Beamten bis zur Grenze seiner physischen Leistungsfähigkeit stets ohne Ausgleich bleiben darf. Sofern ein Freizeitausgleich ohne Gefährdung der Krankenversorgung im Einzelfall nicht möglich ist und die zusätzliche Inanspruchnahme durch Bereitschaftsdienst ein bestimmtes Maß überschreitet, muß dem Chefarzt außerhalb der beamtenrechtlichen Vorschriften über die Vergütung von Mehrarbeit

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Berufserlaubnis

(vgl. oben Rz 351) ein Anspruch auf Geldentschädigung nach Aufopferungsgrundsätzen zustehen (vgl. Wilhelm, ZBR 1971 ; 91 f.). Voraussetzung hierfür ist allerdings, daß dem Chefarzt durch die Überbeanspruchung mittelbar ein Vermögensschaden entstanden ist (vgl. Menger, VerwArch. 1971, S. 305, 308; BVerwG, ZBR 1971, 174, 175). Dies ist z.B. dann der Fall, wenn der Chefarzt infolge übermäßiger dienstlicher Inanspruchnahme einen Einnahmeausfall im Nebentätigkeitsbereich erlitten hat. Dieser Nachweis wird in der Praxis nicht immer leicht zu führen sein. Wann der Chefarzt auf Kosten seines Rechts auf angemessene Freizeit im Interesse einer ordnungsgemäßen Krankenversorgung ein „Sonderopfer" i.S. der Regeln über den Aufopferungsanspruch erbringt, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Ein Sonderopfer dürfte z. B. zu bejahen sein, wenn ein Chefarzt beim Aufbau einer Fachabteilung in einer neu errichteten Klinik durch Heranziehung zum Bereitschaftsdienst jede zweite Nacht während eines Zeitraums von 2 Jahren im Vergleich zu seinen Chefarztkollegen, die nur einmal wöchentlich Bereitschaftsdienst leisten müssen, erheblich mehr in Anspruch genommen wird. c) Für die Heranziehung ärztlicher > Hochschullehrer zum Bereitschaftsdienst gilt entsprechendes wie für beamtete Chefärzte. 6. Bei der Errechnung des für die Krankenversicherungspflicht nach § 165 Abs. 1 Nr. 2 RVO maßgeblichen Jahresarbeitsverdienstes ist die Bereitschaftsdienstvergütung grundsätzlich miteinzubeziehen (BSG v. 9. 12. 1981 - 12 RK 2 0 / 8 1 - [Krankenhausarzt] u. 12 RK 19/81 - [Röntgenhelfer]).

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Berufserlaubnis I. Rechtsgrundlage. Wer ohne im Besitz der deutschen > A p p r o b a t i o n zu sein den Arztberuf in der Bundesrepublik ausüben will, bedarf einer ärztlichen Berufserlaubnis nach § 10 Abs. 1 BÄO, die stets nur zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen Berufes berechtigt. Auf die Erteilung dieser Erlaubnis besteht kein Rechtsanspruch. Die Entscheidung liegt vielmehr im pflichtgemäßen Ermessen der (auch für die Erteilung der > Approbation) zuständigen Behörde (grundlegend dazu BVerwG, NJW 1980, 2763). Staatsangehörige aus den EG-Mitgliedstaaten bedürfen für die Ausübung des Arztberufes innerhalb der EG keiner Berufserlaubnis ( > Niederlassungsfreiheit Rzn.

1252 ff.). > Zahnarzt Rz 1964, > Zahnheilkundegesetz

II. Voraussetzung für die Erteilung der Berufserlaubnis ist, daß der Antragsteller eine abgeschlossene - in Ausnahmefällen auch nicht vollständig abgeschlossene - Ausbildung für den ärztlichen Beruf nachweisen, aber nach geltendem Recht eine Approbation nicht erhalten kann ( > Approbation Rz 86), oder seine Approbation verloren hat. 1. Die abgeschlossene ärztliche Ausbildung kann in der Bundesrepublik, in der DDR oder im Ausland außerhalb eines EG-Mitgliedstaates erworben worden sein.

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a) Anwendungsfälle, aa) Der in der Praxis häufigste Anwendungsfall des § 10 BÄO liegt darin, ausländischen Ärzten die vorübergehende Ausübung der ärztlichen Tätigkeit zum Zwecke der ärztlichen > Weiterbildung in der Bundesrepublik zu ermöglichen. Bei Ärzten aus Entwicklungsländern können entwicklungshilfepolitische Gesichtspunkte im Rahmen der Ermessensentscheidung berücksichtigt werden. Wie sich aus der „Grundsatzerklärung der Bundesregierung zur Ausbildung von Ausländern in der Bundesrepublik Deutschland" (mitgeteilt im Erlaß des rheinland-pfälzischen Ministeriums des Inneren v. 24. 6. 1975 - 405 - 5 0 / 1 - ) ergibt, sollen in der Bundesrepublik ausgebildete Ärzte aus Entwicklungsländern grundsätzlich in ihre Heimatstaaten zurückkehren und nicht zu einer Weiterbildung zugelassen werden. Eine Weiterbildung in der Bundesrepublik kann regelmäßig erst nach mindestens dreijähriger ärztlicher Tätigkeit im Heimatland in Betracht kommen, wenn der Heimatstaat diese befürwortet. Es ist daher grundsätzlich sachgerecht, z. B. einem indischen Arzt die Berufserlaubnis für eine Weiterbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin nach Abschluß des > Medizinstudiums zu versagen (OVG Koblenz, DVBl. 1981, 195). Ebenso besteht kein Rechtsanspruch eines in der Bundesrepublik ausgebildeten Arztes aus einem Entwicklungsland auf Erteilung einer ärztlichen Berufserlaubnis zum Zwecke der Durchführung oder des Abschlusses einer Promotion (OVG Koblenz aaO.). Die Berufserlaubnis setzt regelmäßig eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 2 AuslG sowie eine Arbeitserlaubnis nach § 19 AFG voraus. Für Angehörige eines EG-Mitgliedstaates besteht aufgrund der § § 1 , 3 AufenthG/EWG Freizügigkeit mit einer regelmäßigen Mindestaufenthaltsdauer von 5 Jahren (vgl. auch EuGH, NJW 1976, 2065). bb) Für deutsche Staatsangehörige kommt eine Berufserlaubnis nach Rücknahme, Widerruf oder Verzicht auf die > A p p r o b a t i o n für die Zeit bis zur Entscheidung über den Antrag auf Wiedererteilung in Betracht (§ 8 BÄO). b) Die Berufserlaubnis kann auf bestimmte Tätigkeiten und Beschäftigungsstellen beschränkt werden (§ 10 Abs. 2 Satz 1 BÄO). Von dieser Möglichkeit wird in der Praxis regelmäßig Gebrauch gemacht. So ist für ausländische Ärzte in der > W e i t e r b i l d u n g die Erlaubnis regelmäßig auf die Tätigkeit im > K r a n k e n h a u s beschränkt mit der Folge, daß der betreffende Arzt nicht als > P r a x i s v e r t r e t e r (Rz 1433) oder > A s s i s t e n t (Rz 230) bei einem niedergelassenen Arzt tätig werden darf. Eine Berufserlaubnis für die selbständige Ausübung des Arztberufes in freier Praxis wird i.d.R. nicht erteilt. c) Die vorläufige Berufserlaubnis darf nur widerruflich und befristet, i.d.R. höchstens bis zu einer Gesamtdauer von vier Jahren erteilt werden (§ 10 Abs. 2 Satz 2 BÄO). d) aa) Eine über vier Jahre hinausgehende weitere Erteilung oder Verlängerung der Erlaubnis ist nur möglich zur Beendigung einer unverzüglich nach Erteilung der ersten Erlaubnis begonnenen > W e i t e r b i l d u n g zum > G e b i e t s a r z t , wenn diese Weiterbildung innerhalb von vier Jahren aus vom Antragsteller nicht zu vertretenden Gründen nicht beendet werden konnte (z.B. wenn die Mindestweiterbildungszeit in dem betreffenden Gebiet mehr

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als vier Jahre beträgt). Die weitere Erteilung oder Verlängerung der Berufserlaubnis darf drei Jahre nicht überschreiten; sie ist außerdem nur zulässig, wenn die Gewähr dafür gegeben ist, daß die Weiterbildung innerhalb dieses Zeitraums abgeschlossen wird (§ 10 Abs. 2 Satz 3 u. 4 BÄO). Eine über den Zeitraum von insgesamt sieben Jahren hinausgehende Verlängerung der Berufserlaubnis ist auch nicht möglich zum Erwerb einer zweiten > Gebietsbezeichnung (OVG Münster, DÖV 1971, 211 ; OVG Lüneburg, DÖV 1972, 789). bb) Eine über den Zeitraum von insgesamt sieben Jahren hinausgehende Erteilung oder Verlängerung der Berufserlaubnis ist ausnahmsweise zulässig, wenn es im Interesse der ärztlichen Versorgung der Bevölkerung liegt oder wenn der Antragsteller asylberechtigt ist (§ 10 Abs. 3 BÄO). Im Interesse der ärztlichen Versorgung der Bevölkerung liegt die Erteilung der Ausnahmegenehmigung dann, wenn sie erforderlich ist, um eine ärztliche Unterversorgung zu vermeiden; ein ärztlicher Versorgungsnotstand braucht nicht vorzuliegen. Die Ausnahmegenehmigung nach § 10 Abs. 3 BÄO kommt sowohl für Krankenhausärzte als auch für Ärzte in freier Praxis in Betracht. Für die Frage, ob ein Bedarf an der ärztlichen Tätigkeit besteht, kommt es grundsätzlich auf die Versorgungsverhältnisse in demjenigen örtlichen Bereich an, für den die Erlaubnis begehrt wird (BVerwG, NJW 1982, 2620). Bei dem Begriff des „Interesses der ärztlichen Versorgung der Bevölkerung" ist nicht auf die Bedürfnisse der Gesamtbevölkerung abzustellen, sondern auf die effektive Gesundheitsversorgung, die auch den gesundheitlichen Schutz von Minderheiten einschließt (z.B. Erteilung einer vorläufigen Erlaubnis zur Berufsausübung in freier Praxis an türkischen Arzt zur ärtzlichen Versorgung seiner türkischen Landsleute; VG Bremen, NJW 1981, 642; kritisch dazu Narr aaO. Rz 109). Beschränkt sich der Antrag eines Krankenhausarztes auf Erteilung der Ausnahmegenehmigung ausdrücklich auf die Ausübung des ärztlichen Berufs in einer ganz bestimmten Gebietsarztstelle ( > Gebietsarzt) eines benannten Krankenhauses, so ist für die Frage der Unterversorgung der Bevölkerung auf die Verhältnisse im Einzugsbereich dieses Krankenhauses abzuheben (BVerwG, NJW 1982, 2621). Das „Interesse der ärztlichen Versorgung der Bevölkerung" i. S. des § 10 Abs. 3 BÄO ist nicht identisch mit dem in § 3 Abs. 3 BÄO enthaltenen Tatbestandsmerkmal „aus Gründen des öffentlichen Gesundheitsinteresses" ( > App r o b a t i o n Rz 88). § 10 Abs. 3 BOÄ ist zwar erlassen worden, um den Gesundheitsbehörden eine Handhabe für die Bedarfslenkung zum Zwecke der ärztlichen Versorgung der Bevölkerung zu geben (BVerwG, DVBl. 1980, 743, 745, 748). Gleichwohl dient die Vorschrift nicht nur öffentlichen Interessen, sondern zugleich auch dem subjektiven Interesse derjenigen Ärzte, welche die Voraussetzungen für eine > Approbation erfüllen mit der Folge, daß ein ausländischer Arzt einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung darüber hat, ob ihm eine Beruf serlaubnis nach § 10 Abs. 3 BÄO im Interesse der ärztlichen Versorgung der

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Bevölkerung erteilt wird (BVerwG, NJW 1982, 2620 f. ; OVG Koblenz, NJW 1978, 2355, 2356). Die Bestimmungen über die arbeitsrechtliche Freizügigkeit türkischer Arbeitnehmer in der Bundesrepublik schränken nicht die Anwendung des § 10 Abs. 1 und 3 BÄO auf türkische Ärzte ein (BVerwG v. 19. 5. 1983 - 3 C 13.82 -). cc) Eine mehrmalige Verlängerung der vorläufigen Berufserlaubnis kann weder entwicklungshilfepolitische Gesichtspunkte bei der Ermessensausübung der Behörde „verdrängen" noch - wenn keine besonderen Umstände vorliegen - einen Vertrauenstatbestand schaffen, der geeignet wäre, das Ermessen in der Weise einzuengen, daß dem Antragsteller daraus ein Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis nach § 10 Abs. 3 BÄO erwachsen würde (BVerwG, NJW 1980, 2763). dd) Die durch einen Einbürgerungsantrag dokumentierte Absicht eines ausländischen Arztes, auf Dauer in der Bundesrepublik verbleiben zu wollen, kann der Verlängerung einer aus entwicklungspolitischen Gründen erteilten Berufserlaubnis nach § 10 Abs. 2 und Abs. 3 BÄO entgegenstehen (OVG Münster v. 15. 11. 1982 - 13 B 1592/82 -). 2. Ausnahmsweise kann nach näherer Maßgabe des § 10 Abs. 4 BÄO eine vorläufige Berufserlaubnis auch zur Beendigung einer nicht abgeschlossenen Ausbildung im Ausland erteilt werden. Der Referentenentwuif eines Vierten Gesetzes zur Änderung der BÄO (Stand: 4. 11. 1983) sieht in § 10 Abs. 4 eine Berufserlaubnis zur Ableistung der neu vorgesehenen zweijährigen Praxisphase vor ( > Ärztliche Ausbildung Rz 30 a). III. Die vorläufige Berufserlaubnis verleiht dem Inhaber die Rechte und Pflichten eines > Arztes (§ 10 Abs. 5 BÄO). Er darf für die Dauer der Erlaubnis die Bezeichnung > „ A r z t " führen und ist Mitglied der > Ä r z t e k a m m e r . Die Mitgliedschaft bei den ärztlichen Versorgungswerken richtet sich nach der jeweiligen Satzung dieser Einrichtungen ( > Versorgungswerk Rz 1842). Mit der Erlaubnis nach § 10 BÄO ist kein Rechtsanspruch auf Ermächtigung zur Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung verbunden. Ob eine solche Ermächtigung erteilt wird, hängt ausschließlich vom Ergebnis der Bedürfnisprüfung durch die zuständige KV ab (Narr, aaO. Rz 109 > Kassenarzt Rz 928).

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Neuerdings schließen die für die Erteilung der Berufserlaubnis zuständigen Behörden bei Erteilung der Berufserlaubnis mit den Bewerbern aus Entwicklungsländern z.T. öffentlichrechtliche Verträge, in denen sich diese u. a. verpflichten, im gesamten Bundesgebiet keinen Antrag auf Erteilung einer Berufserlaubnis mehr zu stellen und spätestens bis zu einem bestimmten Zeitpunkt in ihr Heimatland oder ein anderes Entwicklungsland zurückzukehren. Die Zulässigkeit solcher Vereinbarungen erscheint zweifelhaft (a.A. OVG Münster v. 25. 10. 1982 - 13 B 1497/82 -).

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Berufsgenossenschaft 1. Die Berufsgenossenschaften sind Träger der gesetzlichen Unfallversicherang (§§ 537 ff. RVO). Sie sind Selbstverwaltungskörperschaften des öffentlichen Rechts, denen die Unternehmer (zu denen auch Inhaber von > Arztpraxen rechnen| als Mitglieder angehören. Die für den Bereich des Gesundheitswesens zuständige Berufsgenossenschaft ist die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BEGEWO) in Hamburg (Anl. 1 Nr. 35 zu § 646 Abs. 1 RVO]. Zu ihren Aufgaben im einzelnen vgl. Godau, ASP 1981, 139 ff.

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II. 1. Die sachliche Zuständigkeit der BEGEWO umfaßt nach § 2 der Satzung u. a. a) Unternehmen im Gesundheits- und Veterinärwesen sowie in der freien Wohlfahrtspflege. Dazu gehören z. B. private und freie gemeinnützige > K r a n k e n h ä u s e r und > S a n a t o r i e n , > A r z t p r a x e n und > Ä r z t e k a m m e r n ; b) Laboratorien für naturwissenschaftliche Untersuchungen und Versuche, die für Zwecke des Gesundheitsdienstes arbeiten,- d) Unternehmen, die Röntgeneinrichtungen im Gesundheitsdienst verwenden; e) > A p o t h e k e n ; f) Kosmetikbetriebe. 2. Versicherter Personenkreis, a) Versichert sind alle in den unter 1 genannten Einrichtungen aufgrund eines Arbeits-, Dienst- oder Ausbildungsverhältnisses tätigen Personen (§ 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO], Bei den unter 1 a) genannten Einrichtungen kommt es auf das Vorliegen eines Vertragsverhältnisses nicht an ; entscheidend ist allein die tatsächliche Aufnahme der Arbeit. Die gesetzliche Versicherung gegen > A r b e i t s u n f ä l l e beginnt im Augenblick der Aufnahme der Tätigkeit, ohne daß zu diesem Zeitpunkt eine Meldung des versicherten Arbeitnehmers an die BEGEWO erfolgt zu sein braucht. Nach der Satzung hat diese Meldung jeweils erst 6 Wochen nach Ablauf des Kalenderjahres zu erfolgen, wobei i.d.R. eine zahlenmäßige Meldung der Versicherten genügt. Damit sind z.B. auch in der >Arztpraxis mitarbeitende Ehegatten und Kinder, mit denen ein Arbeitsvertrag nicht besteht, gesetzlich gegen Unfälle versichert > A r z t e h e f r a u Rz 136). Haushaltspersonal, das gleichzeitig in der > A r z t p r a x i s beschäftigt wird, ist ebenfalls bei der BEGEWO gegen Arbeitsunfälle versichert. Nur wenn Haushalts- und Praxisräume getrennt sind oder wenn Hausangestellte in der Praxis nicht beschäftigt werden, ist die gemeindliche Unfallversicherung zuständiger Unfallversicherungsträger (§ 657 Abs. 1 Nr. 3 RVO|. b) Der Arzt in freier Praxis ist gemäß § 451 Abs. 1 Nr. 4 RVO versicherungsfrei. Er kann jedoch der BEGEWO freiwillig beitreten (§ 545 RVO). III. Zu den Aufgaben der BEGEWO im Rahmen der Unfallverhütung gehört der Erlaß von Unfallverhütungsvorschriften (§§ 708 ff. RVO). Von Bedeutung ist neben den „Allgemeinen Vorschriften" (VBG 1), den Vorschriften über „Erste Hilfe und Verhalten bei Unfällen" (VBG 109) und den U W „Betriebsärzte" (VBG 23 > B e t r i e b s a r z t Rz 417 £.) vor allem die am 1. 10. 1982 in Kraft ge-

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tretene U W „Gesundheitsdienst" (VBG 103), die die Unfallverhütungsvorschriften VBG 103 a und VBG 114 abgelöst hat. Ihr wesentlicher Inhalt läßt sich wie folgt skizzieren (vgl. zum folgenden das Merkblatt der BEGEWO „Aktive Immunisierung gegen Hepatitis B", DÄ 1983/20, S. 57 ff.). 1. Ihr Geltungsbereich erstreckt sich auf Einrichtungen zur stationären und ambulanten Behandlung, insbesondere also > K r a n k e n h ä u s e r und > Arztpraxen, medizinische Laboratorien, > Medizinaluntersuc h u n g s ä m t e r , > Sozialstationen sowie Unternehmen, die Rettungs- und Krankentransporte ( > R e t t u n g s d i e n s t Rz 1495) ausführen (§ 1 ; vgl. im übrigen die Durchführungsanweisung zu § 1). 2. In den vorgenannten Einrichtungen dürfen nur Personen beschäftigt werden, die eine abgeschlossene Ausbildung in Berufen des Gesundheitswesens ( > Medizinische Assistenzberufe, > Heilergänzungsberufe) haben oder die von einer fachlich geeigneten Person unterwiesen und beaufsichtigt werden (§ 2). In Arbeitsbereichen mit erhöhter Infektionsgefährdung (z.B. Operationseinheiten, Infektionskrankenhäuser, medizinischen Laboratorien, Dialyseeinheiten [ > Hämodialyse], Lungenfachpraxen) dürfen andere Personen als die vorgenannten nur beschäftigt werden, wenn sie über die dabei mögliche Infektionsgefährdung unterrichtet sind (§ 20). In diesen besonders infektionsgefährdeten Einrichtungen ist jetzt - im Gegensatz zur früheren Regelung - auch eine Beschäftigung von Jugendlichen unter 16 Jahren zulässig, wenn dies zur Erreichung ihres Ausbildungszieles erforderlich ist und ihr Schutz durch die Aufsicht eines Fachkundigen gewährleistet ist (§ 19). Das frühere Beschäftigungsverbot für tuberkulinnegative Personen ist ebenfalls entfallen. 3. § 2a knüpft die Zulässigkeit der Beschäftigung an die Durchführung von arbeitsmedizinischen > Vorsorgeuntersuchungen (Einstellungs- und Kontrolluntersuchungen ). 4. Bei Aufnahme der Tätigkeit, bei gegebener Veranlassung auch später, hat der Arbeitgeber seine Mitarbeiter über die für sie infrage kommenden Maßnahmen zur Immunisierung zu unterrichten. Die im Einzelfall gebotenen Maßnahmen sind im Einvernehmen mit dem Arzt festzulegen, der die arbeitsmedizinische > Vorsorgeuntersuchungen der Mitarbeiter durchführt (§ 4). Als solche Maßnahmen kommen insbesondere > Schutzimpfungen gegen VirusHepatitis B in Betracht, die in Bereichen mit erhöhter Infektionsgefährdung durchzuführen sind (§ 18). Als durch Virus-Hepatitis B besonders gefährdet gelten alle Beschäftigten, die mit Blut bzw. Serum in unmittelbaren Kontakt kommen. In der > Arztpraxis sollte auch denjenigen Mitarbeitern eine Hepatitis-B-Impfung empfohlen werden, die beim Verbandwechsel helfen, Blut abnehmen oder medizinische Laborarbeiten ausführen (näher dazu Koch, Nieders. ÄBl. 1982, 864; Höpken, Nieders. ÄB1. 1982, 562). Im Rahmen der Unterrichtung der Beschäftigten hat der Arbeitgeber insbesondere auf Zuverlässigkeit und Dauer der Schutzwirkung sowie auf etwaige Komplikationsmöglichkeiten hinzuweisen. Ein Impfzwang besteht für die Beschäftigten in keinem Falle; sie müssen selbst entscheiden, ob sie sich impfen lassen wollen. Die Nichtimpfung kann im Falle einer Infektion nicht zum Verlust der An-

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Sprüche gegen Berufsgenossenschaft und Krankenkasse führen. Die vorsätzliche oder fahrlässige Nichterfüllung der Pflicht zur Unterrichtung des Personals und ggf. Durchführung der Schutzimpfung durch den Arbeitgeber kann als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße geahndet werden (§710 RVO). Außerdem kann die Berufsgenossenschaft im Falle der Erkrankung eines Beschäftigten beim Arbeitgeber wegen ihrer Aufwendungen Rückgriff nehmen (§ 640 RVO). Angesichts dieser Rechtslage ist dem Arbeitgeber für den Fall, daß ein Beschäftigter die angebotene Impfung ablehnt zu empfehlen, sich eine entsprechende schriftliche Bestätigung geben zu lassen nach dem Muster des vorerwähnten (Rz 365) Merkblatts der BEGEWO. Die Immunisierung (Schutzimpfung) ist für die Beschäftigten kostenlos zu ermöglichen. Führen die > Gesundheitsämter keine kostenlosen Schutzimpfungen durch und erklärt sich auch die Krankenkasse nicht zur Kostenübernahme bereit, so sind die Kosten vom Arbeitgeber zu tragen. Steuerrechtlich sind die Impfstoffkosten für das Praxispersonal und den Arzt selbst bei der Gewinnermittlung als Betriebsausgaben voll abzugsfähig. Die Impfstoffkosten für das Praxispersonal unterliegen nicht der Lohnsteuer (näher dazu Linden, Allgemeinarzt 1983/1, S. 76). I.d.R. gehört die Hepatitis-B-Schutzimpfung zu den nach § 14 Abs. 3 BSeuchG öffentlich empfohenen Impfungen mit der Folge, daß das Land für ImpfSchäden nach § 51 ff. BSeuchG haftet ( > Schutzimfpung Rzn. 1586, 1589; vgl. Schulz, Nieders. ÄBl. 1982, 793). Außerdem gewährt die BEGEWO bei Impfschaden Leistungen wie bei einem t> Arbeitsunfall (vgl. Merkblatt der BEGEWO DÄ 1983/20, S. 62). 5. Die UW sind vom Arbeitgeber an geeigneter Stelle im Betrieb bzw. in der > Aiztpiaxis auszulegen (§ 3 Abs. 1 der „Allgemeinen Vorschriften" VGB 1). 6. Der Verstoß gegen Unfallverhütungsvorschriften stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit Bußgeld bis zu 2 0 0 0 0 DM geahndet werden kann (§710 RVO i.V.m. § 31 U W „Gesundheitsdienst"). Führt die Verletzung einer U W zu einem > Arbeitsunfall, so hat die Berufsgenossenschaft bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit des Arbeitgebers (oder eines Mitarbeiters) gegen den Arbeitgeber einen Rückgriffsanspruch (§ 640 RVO). 7. Nach § 43 Abs. 4 der „Allgemeinen Vorschriften" (VBG 1) sind in den Einrichtungen im Zuständigkeitsbereich der BEGEWO Feuerlöscheinrichtungen bereitzuhalten. Das bedeutet, daß auch > A r z t p r a x e n über Feuerlöscher verfügen müssen.

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IV. > Durchgangsarzt > Heilbehandlungsarzt.

Berufsgericht I. Aufgaben. Die Berufsgerichte ahnden Verstöße von Angehörigen der Heilberufe ( > A p o t h e k e r , > A r z t , > Z a h n a r z t ) gegen ihre > B e r u f s p f l i c h t e n . Die folgenden Ausführungen sind auf die ärztlichen Berufsgerichte beschränkt.

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II. Rechtsgrundlage sind die Kammergesetze (Heilberufsgesetze) in den einzelnen Bundesländern. Baden-Württemberg: ViämmerG i.d.F.v. 31. 5. 1976 (GBl. S. 473), § 21, §§ 5 4 - 7 3 ; Berufsgerichtsordnung v. 27. 7. 1955, i.d.F.v. 16. 11. 1965 (GBl. S. 296); Bayern: KammerG i.d.F.v. 9. 3. 1978 (GVBl. S. 67), Art. 5 5 - 9 1 ; Berlin: KammerG i.d.F.v. 4. 9. 1978 (GVB1. S. 1937), §§ 16-34; Bremen: HeilbG i.d.F.v. 14. 11. 1977 (GBl. S. 369), § § 5 5 - 8 4 ; Hamburg: Gesetz über die Berufsgerichtsbarkeit der Heilberufe i.d.F.v. 22. 5. 1978 (GVBl. S. 152); Hessen: HeilbG i.d.F.v. 27. 7. 1977 (GVBl. II S. 350), §§ 4 3 - 8 0 ; Niedersachsen: KammerG für die Heilberufe i.d.F.v. 30. 5. 1980 (GVBl. S. 193), §§ 5 7 - 8 1 ; NordrheinWestfalen: HeilbG i.d.F.v. 30. 7. 1975 (GVBl. S. 520), §§ 4 6 - 1 0 1 ; Rheinland-Pfalz: HeilbG v. 20. 10. 1978 (GVBl. S. 649), §§ 4 3 - 1 0 0 ; Saarland: ÄrzteKammerG i.d.F.v. 14. 5. 1975 (ABl. S. 766), §§ 3 8 - 4 3 ; Berufsgerichtsordnung für die Angehörigen der Ärzteschaft des Saarlandes v. 14. 3. 1967 (ABl. S. 357); Schleswig-Holstein: Gesetz über die Ärztekammer Schleswig-Holstein i.d.F.v. 20. 3. 1978 (GVBl. S. 78), § 1 1 ; Gesetz über die Berufsgerichtsbarkeit der Heilberufe i.d.F.v. 27. 7. 1959 (GVBl. S. 163).

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III. Rechtsnatur. Die Berufsgerichte sind Gerichte für besondere Sachgebiete i. S. des Art. 101 Abs. 2 GG. Sie sind überwiegend der Verwaltungsgerichtsbarkeit, in Bayern der ordentlichen Gerichtsbarkeit (Oberlandesgericht bzw. Bayerisches Oberstes Landesgericht), in Schleswig-Holstein der Dienststrafkammer für Bemate angegliedert. Berufsgerichte als selbständige Gerichte, die den > Ä r z t e k a m m e r n angegliedert sind, bestehen nur in Baden-Württemberg, Niedersachsen und dem Saarland. Die Mitglieder der Berufsgerichte besitzen richterliche Unabhängigkeit. Auch wo Berufsgerichte als selbständige Gerichte bestehen, unterliegen ihre Organe dem entscheidenden Einfluß des Staates. Die zuständigen staatlichen Behörden entscheiden über die Bestellung der Mitglieder der Berufsgerichte in eigener Verantwortung, ohne an die Vorschläge der > Ärztekammer gebunden zu sein (BVerfGE 27, 355, 361).

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IV. Voraussetzung für die Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens ist eine berufsunwUrdige Handlung (vgl. § 54 Abs. 1 KammerG Bad.-Wttbg.). Berufsunwürdig sind Handlungen, welche gegen die Pflichten verstoßen, die einem Arzt zur Wahrung des Ansehens seines Berufes obliegen. Erforderlich ist stets ein Verschulden (in gleichem Sinne verwenden andere Bundesländer z.T. den Begriff des Berufsvergehens als schuldhaften Verstoß gegen > Berufsp f l i c h t e n ; vgl. z.B. § 2 Abs. 1 des Hamburgischen Gesetzes über die Berufsgerichtsbarkeit der Heilberufe). Politische, religiöse und wissenschaftliche Meinungsäußerungen und Handlungen können niemals Gegenstand eines Berufsgerichtsverfahrens sein (so z. B. ausdrücklich § 54 Abs. 2 Satz 2 KammerG Bad.-Wttbg., § 16 Abs. 2 KammerG Berlin). Ob eine Handlung berufsunwürdig ist, kann jeweils nur aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalles entschieden werden. Erforderlich und ausreichend ist ein Verhalten, welches Auswirkungen auf das Ansehen des ärztlichen Berufes haben kann (BVerfGE 27, 180, 186). Dies kann nicht nur bei einer Handlung in unmittelbarem Zusammenhang mit der beruflichen Tätig-

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keit, sondern auch bei einem Verhalten im Privatleben der Fall sein. Die insoweit ausdrückliche Vorschrift für Rechtsanwälte in § 113 Abs. 2 BRAO muß für Ärzte entsprechend gelten (Narr, aaO. Rz 696; zum Begriff des berufsunwürdigen Handelns vgl. auch Schlenker, aaO.). Nur dann, wenn sich ein Verhalten als das eines Privatmannes ansehen läßt, ist es berufsrechtlich irrelevant (vgl. BGH, NJW 1979, 556 [Schriftstellerische Tätigkeit eines Rechtsanwalts] ). Beispiele füt beTufsunwürdiges Handeln: (1] Ausstellung unrichtiger Gesundheitszeugnisse (vgl. dazu die Entscheidungen bei Kallfelz, aaO. Bd. II, S. 59ff.) ; (2) Verweigerung eines Nachtbesuchs, BG für Heilberufe beim VG Köln v. 15. 2. 1968, Kallfelz Bd. II, S. 269); (3) Beleidigung gegenüber Polizeibeamten (Bezirksberufsgericht Nordbaden v. 28. 6. 1963, Kallfelz Bd. II, S. 205); (4) Diebstahl im Selbstbedienungsladen (VG Berlin Kammer für Heilberufe - v. 26. 1. 1966, Kallfelz Bd. II, S. 223). Weitere Beispiele bei Luyken u.a., aaO.

V. Verhältnis zu strafgerichtlichen, disziplinarrechtlichen und wettbewerbsrechtlichen Maßnahmen. 1. Ist wegen eines Verhaltens bereits eine Verurteilung durch das Strafgericht erfolgt, so kommt eine zusätzliche berufsgerichtliche Ahndung derselben Handlung nur dann in Betracht, wenn sie gleichzeitig einen Verstoß gegen > Berufspflichten darstellt, der nicht schon durch das Strafurteil gesühnt ist („berufsrechtlicher Uberhang"). Dies ergibt sich nicht aus dem Verbot der Doppelbestrafung (Art. 103 Abs. 3 GG), das sich nur auf Bestrafungen nach den „allgemeinen Strafgesetzen" bezieht, sondern folgt unmittelbar aus dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (BVerfG, NJW 1970, 507, 509). Entsprechende ausdrückliche Vorschriften finden sich z. T. in den neueren Kammergesetzen. So heißt es z. B. in § 46 HeilbG Rheinl.-Pf.: „Ist durch ein Gericht oder durch eine Behörde eine Strafe oder ein Bußgeld verhängt worden, ist eine berufsgerichtliche Ahndung wegen desselben Sachverhalts unzulässig, soweit nicht eine berufsgerichtliche Maßnahme zusätzlich erforderlich ist, um das Kammermitglied zur Erfüllung seiner Pflichten anzuhalten und das Ansehen des Berufs zu wahren." Eine ähnliche Vorschrift findet sich in Art. 56 Abs. 3 des bayerischen Kammergesetzes (vgl. dazu Küchenhoff, ArztR 1979, 102). Die Feststellung, ob ein durch das Strafurteil noch nicht gesühnter „berufsrechtlicher Überhang" besteht, kann nicht allgemein, sondern immer nur aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalles entschieden werden. Dabei ist stets das Gesamtverhalten des Arztes zu beachten (BVerfG, NJW 1970, 507, 509; vgl. auch Küchenhoff, aaO.). Beispiele: (1) Ein gegenüber einem Patienten begangener Darlehnsbetrug (§263 StGB) stellt zugleich eine berufsunwürdige Handlung dar. (2) In der Nichtausführung eines angeforderten Nachtbesuchs bei einem Unfallverletzten, wegen der eine Verurteilung durch das Strafgericht nach § 323 c StGB erfolgte, liegt regelmäßig zugleich eine gravierende Zuwiderhandlung gegen die berufsrechtliche Hilfeleistungspflicht vor (BVerfG, NJW 1970, 507; anders aber, wenn die Arzteigenschaft bereits straferschwerend im Strafurteil berücksichtigt worden ist).

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(3| Die Tnxnkenheitsfahit eines Arztes ist nur dann als berufsgerichtlich zu ahndender Verstoß gegen > Berufspflichten anzusehen, wenn sie entweder im Zusammenhang mit der Berufsausübung steht oder wenn sie nach den gesamten Umständen des Einzelfalles geeignet ist, das Ansehen des ärztlichen Berufsstandes erheblich zu beeinträchtigen (LBerufsG für Heilberufe beim BayObLGv. 22. 7. 1981, ArztR 1982,160). Letzteres ist z. B. der Fall bei Bedrohung und Tätlichkeiten gegen Polizeibeamte. Für eine berufsgerichtliche Ahndung dürfte jedoch dann kein Raum mehr sein, wenn der Arzt sich bei dem Polizeibeamten später aus eigener Veranlassung entschuldigt (vgl. Küchenhoff, aaO. S. 103). (4) Ein „berufsrechtlicher Überhang" dürfte grundsätzlich beim Vorliegen einer Verkehrsflucht (§ 142 StGB) gegeben sein vgl. Ärztegericht des Saarlandes v. 27. 3. 1968, Kalifelz aaO. Bd. H S. 245; BerufsG für die Heilberufe beim OLG Nürnberg v. 11. 4. 1962, Kalifelz aaO. Bd. I S. 192). (5) Ärztliche > Behandlungsfehlei als solche beinhalten noch keinen Verstoß gegen ärztliche Berufspflichten, da ein menschliches Versagen auch dem Arzt im Einzelfall zugebilligt werden muß. Berusrechtlich relevant ist nur das einen Behandlungsfehler auslösende Verhalten, das auf eine nicht gewissenhafte ärztliche Berufsausübung rückschließen läßt (zu einem solchen Fall vgl. BerufsG für Heilberufe beim VG Köln v. 23. 10. 1980, ArztR 1981, 324 mit krit. Anm. Andreas). Weitere Entscheidungen der Berufsgerichte zur Frage des berufsrechtlichen Überhangs bei Luyken u.a., aaO. S. 962ff.

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Es besteht grundsätzlich keine Bindung des Beiufsgerichts an Entscheidungen des Strafgerichts oder der Stiafverfolgungsbehörde. So kann ein Sachverhalt trotz Freispruchs oder Einstellung des strafgerichtlichen Verfahrens berufsrechtlich durchaus relevant sein (vgl. z.B. § 55 Abs. 3 KammerG Bad.-Wttbg., § 58 Abs. 4 HeilbG Nordrh.-Westf.). Beispiel: Einstellung des Strafverfahrens wegen Verdachts der Begehung von Sexualdelikten an einer Patientin, weil diese aufgrund einer psychologischen Begutachtung als Zeugin unglaubwürdig erschien. Ein Verstoß gegen Berufspflichten kann jedoch in dem gemeinsamen Betrachten von Pornoschriften des Arztes und seiner Patientin als angebliche sexualtherapeutische Maßnahme liegen.

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Keine Konkurrenzprobleme im Verhältnis zum Berufsgericht (anders im Verhältnis zur Approbationsbehörde > Approbation Rz 91) ergeben sich bei Verhängung eines Berufsverbotes durch das Strafgericht, weil eine solche Maßnahme nicht durch das Berufsgericht angeordnet werden kann (unten Rz 374). 2. a) Für das Verhältnis berufsgerichtlicher Verurteilungen zu beamtenrechthchen Disziplinarmaßnahmen enthalten die landesgesetzlichen Vorschriften über die Berufsgerichtsbarkeit im allgemeinen besondere, im einzelnen unterschiedliche Bestimmungen. Nach § 43 HeilbG Rheinl.-Pf. ist die Durchführung eines berufsgerichtlichen Verfahrens gegen Ärzte, die einem Dienstordnungsrecht unterliegen, generell ausgeschlossen, ohne daß es auf die Feststellung eines „berufsrechtlichen Überhangs" ankommt. Eine entsprechende Vorschrift enthält § 43 Abs. 2 des hessischen HeilbG. Nach § 56 KammerG Bad.-Wttbg. findet gegen > beamtete Ärzte ein berufsgerichtliches Verfahren wegen berufsunwürdiger Handlungen, die innerhalb des Dienstes begangen wurden, nicht statt, bei außerhalb des Dienstes begangenen nur, wenn die oberste Dienstbehörde des Beamten zustimmt.

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b) Zum Verhältnis berufsgerichtlicher Maßnahmen zu kassenarztrechtlichen Disziplinarmaßnahmen > Disziplinarverfahren Rz 564. 3. Bei Berufsvergehen, die gleichzeitig wettbewerbsrechthch relevant sind, aber vor allem bei Verstößen gegen das berufsrechtliche > Werbeverbot (Rz 1901 > W e t t b e w e r b s r e c h t Rz 1922), besteht für die Ärztekammer neben der Möglichkeit zur Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens die Klagebefugnis nach §13 UWG ( > Ä r z t e k a m m e r Rz 11). VI. Die Regelungen über die zu verhängenden berufsgerichtlichen Maßnahmen sind teilweise unterschiedlich. 1. In Betracht kommen im allgemeinen Warnung, Verweis, Geldbuße, Entziehung des aktiven und passiven Berufswahlrechts auf bestimmte Dauer. Eine Kumulierung ist teilweise möglich. Eine durch den Straf rieh ter verhängte Geldstrafe darf jedoch von einer berufsgerichtlich aufzuerlegenden Geldbuße nicht abgezogen werden (BVerfG, NJW 1970, 509f.). In den Bundesländern Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein kann das Berufsgericht außerdem als schwerste Strafe die Feststellung treffen, daß der Beschuldigte unwürdig ist, seinen Beruf als Arzt auszuüben. Hierbei handelt es sich nur um eine moralische Verurteilung, die den Arzt nicht hindern kann, seinen Beruf weiter auszuüben, solange er im Besitz der > Approbation ist. Gleichwohl kann eine solche Entscheidung zur Vernichtung seiner Existenz (die Feststellung der Berufsunwürdigkeit berechtigt z. B. den Arbeitgeber zur fristlosen Kündigung) und damit im praktischen Ergebnis zu einer Regelung der Berufszulassung führen, die in die Kompetenz des Bundes fällt (Art. 74 Nr. 19 GG) und in der > Bundesärzteordnung abschließend geregelt ist. Die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften über Feststellung der Berufsunwürdigkeit sind daher nichtig (Bettermann-Walter, NJW 1963, 1649, 1652; a.A. Narr, aaO. 1. Aufl. S. 233, unklar die 2. Aufl. Rz 698 a. E., wo es heißt, daß die Untersagung der Berufsausübung oder „ähnliche Maßnahmen . . . unzulässig [sind]"). Die Verhängung eines > Berufsverbotes durch das Berufsgericht ist unzulässig, da sie als Regelung der Berufszulassung in die Kompetenz des Bundesgesetzgebers fällt. In manchen Bundesländern (z. B. Hamburg, Bayern, Niedersachsen) kann das Berufsgericht auf Veröffentlichung seiner Entscheidung im Mitteilungsblatt der > Ärztekammer erkennen. 2. Die landesrechtlichen Vorschriften enthalten im einzelnen unterschiedliche Regelungen über die Eintragung und Tilgung berufsgerichthcher Strafen. Soweit in einzelnen Bundesländern (z.B. Bad.-Wttbg.) solche Vorschriften fehlen, muß bis zu einer Regelung durch den Gesetzgeber die Bestimmung des §205 a BRAO (grundsätzlich Tilgung nach 5 Jahren) entsprechend Anwendung finden (Narr, aaO. Rz 706).

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VII. Organisation und Verfahren. 1. Das berufsgerichtliche Verfahren erstreckt sich durchweg über zwei Instanzen. Die Berufsgerichte entscheiden in

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erster Instanz im allgemeinen in der Besetzung mit einem auf Lebenszeit ernannten Berufsrichter der allgemeinen Gerichtsbarkeit als Vorsitzendem und zwei Ärzten als Beisitzer (anders in Berlin: 2 Richter und 3 Ärzte). Die Berufungsinstanzen sind durchweg mit 5 Mitgliedern besetzt, wobei die Aufteilung in Berufsrichter und Ärzte teilweise unterschiedlich geregelt ist. Für die Entscheidungen der Berufungsinstanzen gilt das Verbot der reformatio in peius, d. h. die erstinstanzliche Entscheidung darf nicht zum Nachteil des Beschuldigten geändert werden, wenn die Berufung nur von dem Beschuldigten oder zu seinen Gunsten von einer anderen zur Einlegung der Berufung berechtigten Stelle eingelegt wurde (vgl. z.B. §86 Abs. 3 HeilbG Nordrh.Westf.; zur Reichweite des Verbotes der reformatio in peius vgl. Gerichtshof für die Heilberufe Niedersachsen v. 18. 4. 1983, MedR 1983, 185). 2. Die Einleitung des berufsgerichtlichen Verfahrens erfolgt durch den Vorstand der > Ärztekammer, in Baden-Württemberg durch den > Kammeranwalt. 3. a) Das berufsgerichtliche Verfahren ist nicht öffentlich. b) Während eines Strafverfahrens darf i.d.R. ein berufsgerichtliches Verfahren wegen desselben Sachverhalts nicht eingeleitet werden, es muß vielmehr der Ausgang des Strafverfahrens abgewartet werden. Wird ein Strafverfahren im Laufe eines berufsgerichtlichen Verfahrens eröffnet, muß das berufsgerichtliche Verfahren bis zur Beendigung des Strafverfahrens ausgesetzt werden (vgl. z.B. §55 Abs. 1 und Abs. 2 KammerG Bad.-Wttbg., §58 Abs. 3 HeilbG Nordrh.-Westf., § 14 Abs. 1 des Hamburgischen Gesetzes über die Berufsgerichtsbarkeit der Heilberufe, § 58 KammerG für die Heilberufe in Nieders.). c) Zu einer Äußerung im berufsgerichtlichen Verfahren ist der beschuldigte Arzt nicht verpflichtet. Hierüber ist er zu belehren. Er kann sich zu den erhobenen Vorwürfen auch schriftlich äußern. d) Zeugen und > Sachverständige sind grundsätzlich verpflichtet, vor dem Berufsgericht zu erscheinen und gegebenenfalls eidlich auszusagen. Bei Nichterscheinen oder Verweigerung des Zeugnisses oder Gutachtens gelten die Bestimmungen der StPO analog (vgl. z.B. §62 KammerG Bad.-Wttbg., §§75 Abs. 3, 100 HeilbG Rheinl.-Pf.; vgl. hierzu Beschluß des LBerufsG für Apotheker in Bad.-Wttbg. v. 16. 2. 1979, ArztR 1980, 107). Wahrheitsgemäße Zeugenaussagen und nach bestem Wissen und Gewissen erstattete Sachverständigengutachten verletzen nicht die Pflicht zu rücksichtsvollem Verhalten gegenüber Kollegen (vgl. § 15 Abs. 1 MuBO > Sachverständiger Rz 536, > Zeugnisverweigerungsrecht Rz 1987), es sei denn, daß eine Äußerung ohne jeden inneren Zusammenhang mit dem Beweisthema steht oder als Formalbeleidigung anzusehen ist (Gerichtshof für die Heilberufe Niedersachsen, MedR 1983, 185). e) In einigen Bundesländern (z.B. Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz) ist ausdrücklich bestimmt, daß die bei den dortigen Berufsgerichten anhängigen Verfahren fortgeführt werden, auch wenn der beschuldigte Arzt aus dem Zuständigkeitsbereich des Berufsgerichts in ein anderes Bundesland verzieht (perpetuatio fori). Es handelt sich hier nicht um einen allgemeinen Rechtsgedanken,

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der auch für die übrigen Bundesländer Geltung beanspruchen könnte. Vielmehr ist dort, wo es an entsprechenden ausdrücklichen Vorschriften fehlt, das Verfahren einzustellen, wenn der Beschuldigte in den Bereich einer anderen Ärztekammer verzieht. Eine Verweisung an das dort zuständige Berufsgericht ist unzulässig (LBerufsG f. Ärzte Bad.-Wttbg. v. 7. 6. 1980 bei Luyken, aaO. B 2 Nr. 7; vgl. auch LBerufsG f. Zahnärzte Bad.-Wttbg. v. 22. 3. 1969 bei Luyken u.a., aaO. B. 2 Nr. 2). Die neu zuständige Ärztekammer ist aber nicht gehindert, wegen einer im früheren Kammerbereich begangenen Berufspflichtverletzung ein neues berufsgerichtliches Verfahren einzuleiten. f) Die §§ 153, 163 a StPO über die Einstellung des Verfahrens können in berufsgerichtlichen Verfahren analog Anwendung finden, sofern die landesgesetzlichen Regelungen über die Berufsgerichtsbarkeit keine entsprechenden Vorschriften enthalten. g) Die Einsicht Dritter in berufsgerichtliche Akten ist grundsätzlich unzulässig. Dritter ist auch der Anzeigeerstatter. Im Amtshilfeverfahren ist die Überlassung der Berufsgerichtsakten an die ersuchende Behörde nur mit Zustimmung des Beschuldigten zulässig (vgl. § 5 Abs. 2 VwVfG). Entsprechendes gilt für die bloße Mitteilung, daß ein berufsgerichtliches Verfahren anhängig ist (vgl. OLG Hamm, NJW 1971, 468). h) Das Berufsgericht bestimmt in jeder eine Instanz abschließenden Entscheidung, wer die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Sie bestehen aus Gebühren und Auslagen. i) Die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich. VIII. Besonderheiten in einzelnen Bundesländern. 1. In Baden-Württemberg wird das berufsgerichtliche Ermittlungsverfahren durch den > Kammeranwalt geführt. 2. In einzelnen Bundesländern (z.B. Bayern, Rheinland und -Pfalz, Saarland) kann der Vorstand der Ärztekammer das Verhalten eines Arztes schriftlich rügen, wenn die Schuld gering ist und die Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens nicht erforderlich erscheint. Gegen den Rügebescheid kann der Betroffene Beschwerde (Einspruch) erheben und bei deren Zurückweisung beim Berufsgericht die Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens gegen sich selbst beantragen (vgl. §11 HeilbG Reinl.-Pf.; § 1 3 Saarl. ÄrztekammerG; Art. 33 Bay. KammerG, wonach „Antrag auf gerichtliche Entscheidung durch das Berufsgericht" gestellt werden kann). Abgesehen von diesem formellen Rügerecht des Vorstandes muß ein Rügerecht des Vorstandes der Ärztekammer analog § 74 BRAO auch dort anerkannt werden, wo es an einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung fehlt, wenn das fragliche Verhalten die Durchführung eines berufsgerichtlichen Verfahrens nicht erforderlich math (vgl. Narr, aaO. Rz 699). Gegen eine solche formlose Rüge ist der Rechtsweg zum Verwaltungsgericht gegeben. 3. In Baden-Württemberg führt das Berufsgericht ein Vermittlungsverfahren durch bei beruflichen Streitigkeiten unter Ärzten, die nicht berufsgerichtlicher Art sind (§§ 50ff. KammerG Bad.-Wttbg.).

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Berufshaftpflichtversicherung

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I. Die Berufshaftpflichtversicherung gewährt dem Arzt Versicherungsschutz für den Fall der zivilrechtlichen > H a f t u n g wegen eines Berufsversehens. II. Versicherungsrecht. 1. Ziviliechtliche Grundlage für die Berufshaftpflichtversicherung freiberuflich tätiger, angestellter und > beamteter Ärzte ist einmal der zwischen ihnen als Versicherungsnehmer und einem Haftpflichtversicherer abgeschlossene Arzthaftpflicht-Versicherungsvertrag. Die persönliche Haftpflicht angestellter und beamteter Ärzte aus der dienstlichen Tätigkeit ist im Rahmen bestehender Haftpflichtversicherungsverträge zwischen Arbeitgeber bzw. Dienstherr (meist Krankenhausträger oder Praxisinhaber) und HaftpflichtVersicherer, in denen der Arbeitgeber bzw. Dienstherr als Versicherungsnehmer sein eigenes Haftpflichtrisiko aus der Beschäftigung von Ärzten versichert, mitversichert ( > Krankenhaus Rz 1024). Beiden Versicherungsverträgen liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) sowie die „Besonderen Bedingungen" der einzelnen Haftpflichtversicherer zugrunde, die sich in Einzelheiten unterscheiden können. Die folgende Darstellung steht deshalb unter dem Vorbehalt, daß sich nicht im Einzelfall aus den Versicherungsbedingungen Abweichungen ergeben. In Zweifelsfällen empfiehlt sich die Einholung einer schriftlichen Auskunft beim Versicherer.

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Wo ein Haftpflichtversicherungsvertrag wegen des Prinzips der Eigenversicherung öffentlicher Einrichtungen nicht besteht, haben die angestellten und beamteten Ärzte das Risiko ihrer persönlichen Haftpflicht selbst zu versichern. Keine Haftpflichtversicherungsverträge werden i.d.R. (Ausnahmen Saarland und Berlin) von den Trägern staatlicher Krankenhäuser und den Universitätskliniken abgeschlossen. Wegen der unterschiedlichen Verhältnisse in der Praxis ist dem Arzt dringend zu raten, sich bereits bei der Einstellung über das Bestehen oder Nichtbestehen einer Haftpflichtversicherung, die seine persönliche Haftpflicht deckt, bei seinem Arbeitgeber bzw. Dienstherrn zu informieren. 2. Gegenstand der Versicherung. Der Versicherer gewährt dem Versicherungsnehmer Versicherungsschutz für den Fall, daß er wegen eines während der Wirksamkeit der Versicherung eingetretenen Ereignisses, das den Tod, die Verletzung oder Gesundheitsschädigung von Menschen (Personenschaden) oder die Beschädigung oder Vernichtung von Sachen (Sachschaden) zur Folge hatte, aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts von einem Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird (§ 1 Abs. 1 AHB). In den „Besonderen Bedingungen" ist dieser Schutz regelmäßig ausgedehnt auf Vermögensschäden. Die von den Haftpflichtversicherern im Regelfall angebotenen Deckungssummen je Schadensfall betragen für Personenschäden 1 0 0 0 0 0 0 DM, für Sachschäden 3 0 0 0 0 0 DM, für Vermögensschäden 25000 DM. Da Gegenstand der Versicherung nur Haftpflichtansprüche privatrechtlichen Inhalts sein können, ist die Regreßhaftung beamteter Ärzte aufgrund der be-

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amtenrechtlichen Vorschriften ( > H a f t u n g Rz 783) durch eine bestehende private Haftpflichtversicherung niemals gedeckt (vgl. Kurzawa, VersR 1977, 799). 3. Der Umfang des versicherten Risikos ergibt sich aus den im Versicherungsschein und seinen Nachträgen angegebenen Eigenschaften, Rechtsverhältnissen oder Tätigkeiten des Versicherungsnehmers (§ 1 Abs. 2 a AHB) in Verbindung mit den „Besonderen Bedingungen" der Haftpflichtversicherer, die in einzelnen Punkten voneinander abweichen können. Für die beiden in der Praxis häufigsten Formen der Versicherung des Haftpflichtrisikos aus ärztlicher Tätigkeit, den Arzthaftpflicht-Versicherungsvertrag (mit dem einzelnen Arzt als Versicherungsnehmer) und den Krankenhaus-Haftpflichtversicherungsvertrag (mit dem Krankenhausträger als Versicherungsnehmer) läßt sich der bei allen Versicherern im wesentlichen übereinstimmende Inhalte des versicherten Risikos wie folgt skizzieren (im Einzelfall empfiehlt sich eine Rückfrage beim Versicherer): a) Arzthaftpflicht-Versicherungsvertrag, aa) Die Versicherung der freiberuflichen ärztlichen Tätigkeit erstreckt sich auf die Haftpflicht aaa) aus der Beschäftigung eines vorübergehend (z.B. bei Urlaub, Erkrankung, Wehrdienst) bestellten Vertreters ( > Praxisvertreter), wobei die persönliche Haftpflicht des Vertreters nicht mitversichert ist; aab) aus der Beschäftigung von ständigen Vertretern, > A s s i s t e n t e n und nicht ärztlichen Hilfspersonen (z.B. > A r z t h e l f e r i n n e n , >medizin i s c h - t e c h n i s c h e n A s s i s t e n t e n , > L o g o p ä d e n , > F a m u l i ) einschließlich der persönlichen Haftpflicht dieser Personen für Schäden in Ausführung dienstlicher Verrichtungen für den Versicherungsnehmer; aac) aus Konsiliartätigkeit ( > K o n s i l i u m ) ; aad) mitversichert ist ferner die gesetzliche Haftpflicht aus: Vertretung eines vorübergehend verhinderten Arztes; Freundschaftsdienst in Bekanntenkreisen; Teilnahme am ärztlichen > N o t f a l l d i e n s t und am > R e t t u n g s d i e n s t (vgl. aber unten Rz 1506); Erste-Hilfe-Leistung bei Unglücksfällen ( > Unterlassene Hilfeleistung); gelegentliche Gutachtertätigkeit. Diese Form der Berufshaftpflichtversicherung kommt auch bei > C h e f ä r z t e n für > B e h a n d l u n g s f e h l e r im liquidationsberechtigten stationären Bereich und bei der ambulanten Tätigkeit in Betracht, auch wenn die Behandlung von Wahlleistungspatienten zu den Dienstpflichten des > C h e f a r z t e s gehört ( > K r a n k e n h a u s a u f n a h m e v e r t r a g Rz 1037, t> L i q u i d a t i o n s r e c h t Rz 1155; vgl. König, Anästh. Intensivmed. 1981, 352). Etwas anderes gilt dort, wo der Krankenhausträger die Wahlleistung „Arzt" dem Patienten als eigene Leistung anbietet und dem Chefarzt nur „Liquidationsanteile" zusätzlich zum Festgehalt gewährt; in diesem Fall ist die Erbringung der Wahlleistung für den Krankenhausträger dienstliche Tätigkeit und als solche im Rahmen einer bestehenden Krankenhaus-Haftpflichtversicherung (unten Rz 383) mitversichert. Bei der > G e m e i n s c h a f t s p r a x i s und der > P r a x i s g e m e i n s c h a f t ist der Abschluß eines eigenen Haftpflicht-Versicherungsvertrages für jeden Partner erforderlich.

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Die Haftpflicht eines Praxisinhabers aus dem Tätigkeitsbereich einer > Lab o r g e m e i n s c h a f t , deren Mitglied er ist, ist nicht in dem versicherten Risiko für seine > Arztpraxis enthalten; insoweit ist daher der Abschluß eines weiteren Haftpflicht-Versicherungsvertrages erforderlich. 382

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bb) Die Versicherung der in abhängiger Stellung ausgeübten ärztlichen Tätig-

keit erstreckt sich auf die persönliche Haftpflicht aus Berufsversehen als angestellter oder beamteter Arzt in einem > K r a n k e n h a u s , bei einem leitenden Krankenhausarzt ( > Chefarzt), bei einem Arzt in freier Praxis ( > Assistent), soweit hierfür weder eine anderweitige Deckung noch eine Freistellungspflicht des Arbeitgebers (>Haftung Rzn. 778ff.) besteht. In den Versicherungsschutz einbezogen ist eine gelegentliche außerdienstliche ärztliche Tätigkeit der unter a) aad) genannten Art (näher dazu König, Anästh. Intensivmed. 1981, 351). cc) Durch die Berufshaftpflichtversicherung des Arztes nicht gedeckt sind Schäden aus der Behandlung naher Angehöriger, die mit dem Arzt in häuslicher Gemeinschaft leben (§ 4 II Nr. 2 AHB) sowie der immaterielle Schaden aus der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (vgl. Deutsch, NJW 1982, 680, 683 m. Nachw. > S e k t i o n Rz 1681). b) In den für Krankenhausträger bestehenden Krankenhaus-Haftpflichtversicherungsverträgen ( > K r a n k e n h a u s Rz 1024) ist die persönliche Haftpflicht der angestellten und beamteten > C h e f ä r z t e und > Assistenzärzte für Schäden in Ausführung ihrer dienstlichen Verrichtungen mitversichert. Nicht mitversichert ist dagegen die perösnliche Haftpflicht für Schäden aus einer gelegentlichen außerdienstlichen ärztlichen Tätigkeit der unter a) aad) genannten Art. Insoweit bedarf es des Abschlusses einer eigenen Haftpflichtversicherung durch den angestellten oder > beamteten Arzt. Bei der Tätigkeit von > Assistenzärzten im Liquidationsbereich und in der Ambulanz des > Chefarztes (Rzn. 510, 527) handelt es sich i.d.R. um dienstliche Tätigkeit ( t>Mitarbeiterbeteiligung Rz 1217) mit der Folge, daß eine daraus resultierende persönliche Haftpflicht im Rahmen der Krankenhaus-Haftpflichtversicherung mitversichert ist. Anderenfalls ist das persönliche Haftpflichtrisiko in eine bestehende Arzt-Haftpflichtversicherung des > Chefarztes eingeschlossen (näher zum ganzen König, Anästh. Intensivmed. 1981, 351). c) Sowohl bei der Arzt-Haftpflichtversicherung als auch in der KrankenhausHaftpflichtversicherung gibt es besonders zu behandelnde Sonderrisiken. So ist die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers aus Behandlungen und aus der Verwendung von Apparaten im regulären Haftpflichtversicherungsvertrag i.d.R. nur mitversichert, soweit Behandlungen und Apparate in der Heilkunde anerkannt ( > S c h u l m e d i z i n > A u ß e n s e i t e r m e t h o d e ) und nicht gegen besonderen Prämienzuschlag mitzuversichern sind. Die Einbeziehung von Stiahlenschäden in den Versicherungsschutz bedarf im Hinblick auf § 4 1 Nr. 7 AHB einer besonderen Vereinbarung im Versicherungsvertrag. Ohne Zusatzprämie mitversichert werden heute im allgemeinen die Haftpflicht aus dem Besitz und der Verwendung von Röntgenapparaten zu medizinischen Untersuchungszwecken und aus der Verwendung von Laserstrahlen.

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Berufskrankheit

d) Die gesetzliche Haftpflicht des Arztes bzw. des Krankenhausträgers aus Entwendung und Abhandenkommen der von Patienten, deren Begleitern und Besuchern eingebrachten Sachen können gegen Zahlung eines Zuschlags in den Versicherungsschutz einbezogen werden. e| Besondere Fragen des Versicherungsschutzes ergeben sich u.a. bei der > K l i n i s c h e n A r z n e i m i t t e l p r ü f u n g (Rz 962, > Heilversuch Rz 851), bei ambulanten > K o r o n a r ( s p o r t ) g r u p p e n (Rz 996), bei der > S e k t i o n (Rz 1681), bei > Betriebsärzten (Rz 438), bei der Wiederverwendung gebrauchter > H e r z s c h r i t t m a c h e r (Rz 856), bei Verletzung der ärztlichen > Schweigepflicht (Rz 1664) und bei der > Sterilisation (Rz 1739). 4. a) Die Versicherung erlischt bei Wegfall der versicherten Risiken, d. h. bei Praxisaufgabe oder mit Beendigung des Anstellungs- oder Beamtenverhältnisses (§ 9 Abs. 3 AHB). Für Schäden, die nach Beendigung des Versicherungsverhältnisses eintreten, deren Ursache jedoch noch während des Bestehens der Versicherung gesetzt worden sind, besteht nach h.M. kein Versicherungsschutz (vgl. Prölss-Martin, aaO. § 149 Anm. 2 A m. Nachw.). Die Versicherungsgesellschaften bieten daher sog. Nachhaftungs-Versicherungen zu ermäßigten Prämien an. b) Bei nicht mehr berufstätigen Ärzten, die gelegentlich aus besonderem Anlaß ärztlich tätig werden (z. B. Erste Hilfe bei Verkehrsunfällen, Erstversorgung eines Hotelgastes nach Herzinfarkt durch Arzt, der im selben Hotel wohnt) und keine Berufshaftpflichtversicherung mehr unterhalten, besteht im allgemeinen die Möglichkeit des Abschlusses einer besonderen Haftpflichtversicherung außerhalb des allgemeinen Tarifs zu stark ermäßigter Prämie. III. Nach dem ärztlichen Berufsrecht ist der Arzt „verpflichtet, sich hinreichend gegen Haftpflichtansprüche im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit zu versichern" (vgl. § 8 MuBO). Derzeit wird man grundsätzlich davon ausgehen können, daß eine Berufshaftpflichtversicherung „hinreichend" i. S. der Berufsordnung ist, wenn die Deckungssumme für Personenschäden 2000000 DM beträgt und im übrigen die von den Versicherungen heute im Regelfall angebotenen Deckungssummen bestehen (oben Rz 380). Bei Ärzten, die Sterilisationen vornehmen, wird man eine Deckungssumme für Vermögensschäden von mindestens 100000 DM verlangen müssen ( > Sterilisation Rz 1739).

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Berufskrankheit I. Begriff. Man versteht darunter bestimmte arbeitsbedingte Erkrankungen, die ein in der gesetzlichen Unfallversicherung Versicherter bei einer vom Versicherungsschutz umfaßten Tätigkeit erleidet und die als > Arbeitsunfall gelten mit den für den Betroffenen daraus entstehenden Ansprüchen (§ 551 Abs. 1 RVO). Die zur Zeit als Berufskrankheiten anerkannten Krankheiten sind in der An-

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Berufskrankheit

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läge 1 zur 7. Berufskrankheiten-Verordnung v. 20. 6. 1968 - BKVO - (BGBl. I S. 721) im einzelnen aufgeführt (zur verfassungskonformen Auslegung des § 551 RVO im Hinblick auf solche Krankheiten, die nicht in die Liste der BKVO aufgenommen sind vgl. BVerfG, NJW 1982, 694).

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II. 1. Der Arzt oder Zahnarzt hat bei begründetem Verdacht des Bestehens einer Berufskrankheit bei einem Versicherten die Pflicht, dies der zuständigen > B e r u f s g e n o s s e n s c h a f t oder der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stelle ( > G e w e r b e a r z t ) mittels Vordruck unverzüglich anzuzeigen (§ 5 Abs. 1 BKVO). Die Meldepflicht besteht für jeden Arzt und Zahnarzt, den niedergelassenen ebenso wie den Krankenhausarzt und den > B e t r i e b s a r z t (vgl. Wendland-Wolff, aaO. G § 5 Rz 1). Er erhält hierfür von der Berufsgenossenschaft eine Gebühr, deren Höhe aufgrund des § 5 Abs. 2 BKVO im BG-Abkommen, Ltnr. 82 festgelegt ist (zur Zeit 18,70 DM). 2. Der > G e w e r b e a r z t hat den Versicherten, wenn er es für erforderlich hält, unverzüglich zu untersuchen oder für Rechnung der zuständigen Berufsgenossenschaft durch einen Arzt untersuchen zu lassen und der Berufsgenossenschaft ein > G u t a c h t e n zu erstatten. Zur Weisungsbefugnis des Gewerbearztes gegenüber Ärzten, die zur Gutachtenerstattung herangezogen werden vgl. Rieger, DMW 1971, 1852. III. Für den Bereich der EG bestehen die „Empfehlungen der EWG-Kommission an Mitgliedstaaten zur Annahme einer Europäischen Liste der Berufskrankheiten v. 23. 7. 1962" (ABl. EWG Nr. 80 v. 31. 8. 1962) und die „Empfehlungen der EWG-Kommission an die Mitgliedstaaten zu den Voraussetzungen für die Entschädigung im Fall von Berufskrankheiten v. 20. 7. 1966" (ABl. EWG Nr. 147 v. 3. 8. 1966).

Berufsordnung 389

I. Die ärztlichen Berufsordnungen sind auf gesetzlicher Ermächtigung beruhende, für alle Berufsangehörigen unmittelbar rechtsverbindliche autonome Satzungen der Landesärtzekammern ( > Ä r z t e k a m m e r ) zur Normierung ärztlicher > B e r u f s p f l i c h t e n . Die gesetzliche Ermächtigung bilden die Kammergesetze oder Heilberufsgesetze der einzelnen Landesärztekammern (vgl. z.B. § 31 KammerG Bad.-Wttbg.; BO der LÄK Bad.-Wttbg. v. 7. 12. 1977, ÄBl. Bad.-Wttbg. 2 / 1 9 7 9 ; die Berufsordnungen der einzelnen Landesärztekammern sind abgedr. bei Etmer-Lundt-Schiwy, aaO. Bd. II, Anh. C 13 ff.). II. Inhaltlich stimmen die Berufsordnungen der Landesärztekammern im wesentlichen mit der vom > Deutschen Ärztetag 1976 beschlossenen Musterberufsordnung (zuletzt i.d.F. der Beschlüsse des 86. Deutschen Ärztetages 1983, DÄ 1983/44, S. 71 ff., hier abgedr. in Anh. 1) überein. Abweichungen in den

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Berufspflichten

einzelnen Bundesländern ergeben sich aus dem von Baldus dem Deutschen Ärztetag 1982 vorgelegten Synoptischen Vergleich der Berufsordnungen der Länder (Tätigkeitsbericht der BÄK 1982, 219ff. ; Baldus, DÄ 1982/24 S. 63ff.). Die Musterberufsordnung ist zwar einerseits eine bloße Empfehlung an die Landesärztekammern, andererseits aber zugleich Ausdruck der einheitlichen Standesauffassung aller deutschen Ärzte (> A r z t e t h i k ] . III. Zu den Maßnahmen bei Verstößen gegen die Berufsordnung > Ärztek a m m e r Rzn. 8 f., > B e r u f s g e r i c h t Rz 374.

Berufspflichten I. Man versteht darunter die dem > Arzt, > Zahnarzt oder > Apotheker als Angehörigen ihres Berufsstandes obhegenden besonderen berufsrechtlichen Pflichten. II. Rechtsgrundlagen. Die Kammergesetze oder Heilberufsgesetze (> Ärztek a m m e r Rz 2) enthalten Generalpflichtenklauseln. So heißt es z. B. in § 29 KammerG Bad.-Wttbg.: „Die Kammermitglieder sind verpflichtet, ihren Beruf gewissenhaft auszuüben und dem ihnen in Zusammenhang mit dem Beruf entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen." Letztere Verpflichtung erstreckt sich im Gegensatz zur früheren Regelung in § 12 RÄO und zu den entsprechenden Bestimmungen bei anderen freien Berufen (vgl. z. B. § 43 BRAO, § 57 Abs. 2 Satz 2 StBerG] nur noch auf den beruflichen, nicht mehr auf den privaten Bereich (kritisch zu dieser Einengung der Generalpflichtenklausel Narr, aaO. Rz 649 f.). Die sich aus der Generalpflichtenklausel ergebenden einzelnen Berufspflichten sind in den Kammergesetzen (Heilberufsgesetzen) z.T. besonders hervorgehoben (z. B. Pflicht zur > F o r t b i l d u n g , > D o k u m e n t a t i o n s p f l i c h t , Verpflichtung zur Teilnahme am > N o t f a l l d i e n s t ) und in den aufgrund der Kammergesetze (Heilberufsgesetze) erlassenen > Berufsordnungen im einzelnen festgelegt. Zu den Hauptpflichten gehören außer den bereits genannten die > S c h w e i g e p f l i c h t (§ 2 MuBO), die Hilfeleistungspflicht (§ 1 Abs. 2 MuBO), die Pflicht zu kollegialem Verhalten (§ 15 MuBO) und das > W e r b e v e r b o t (§21 MuBO). Die Nennung der Einzelpflichten in der Berufsordnung ist nicht abschließend, sondern immer nur beispielhaft. Zur Verfassungsmäßigkeit der Regelung der ärztlichen Berufspflichten durch > Beruf sordnungen vgl. Weissauer-Poellinger, aaO. Gegen eine zu weitgehende Beschränkung vor allem der Meinungs- und Pressefreiheit durch standesrechtliche Vorschriften und deren herkömmliche Auslegung neuerdings Jarass, NJW 1982, 1833. HI. Zu den Maßnahmen bei Verletzung von Berafspflichten > Ä r z t e k a m m e r Rzn. 8f., > B e r u f s g e r i c h t Rz 374.

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Berufsunfähigkeit

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Berufsunfähigkeit 391

I. Der Begriff k o m m t in verschiedenen Rechtsgebieten in jeweils verschiedener Bedeutung vor. Es gibt keine einheitliche Begriffsdefinition. Der Begriff der Berufsunfähigkeit ist ein juristischer, kein medizinischer Begriff (LSG Berlin v. 7. 5. 1963, Medizin im Sozialrecht B 2 0 b / 1 5 ; LSG Nordrh.-Westf. v. 16. 1. 1962, Medizin im Sozialrecht B 2 0 a / 5 6 ; zum Wandel des Berufsunfähigkeitsbegriffs vgl. Scheerer, SGb 1979, 45).

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II. 1. In der gesetzlichen Rentenversicherung ist berufsunfähig „ein Versicherter, dessen Erwerbsfähigkeit infolge von > K r a n k h e i t oder anderer Gebrechen oder Schäden seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich oder geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist" (§ 1246 Abs. 2 Satz 1 RVO, § 23 Abs. 2 Satz 1 AVG). Dabei ist auf den bisherigen Beruf des Versicherten abzustellen. Berufsunfähigkeit scheidet dann aus, wenn der Versicherte in seinem bisherigen oder einem vergleichbaren Beruf noch halbschichtig arbeiten kann und damit die Hälfte des bisherigen Einkommens erzielt. Kann er aufgrund seiner gesundheitlichen Verhältnisse im bisherigen oder vergleichbaren Beruf nicht mehr die gesetzliche Lohnhälfte verdienen, so ist er gleichwohl nicht berufsunfähig, wenn er nach seinem Wissen und Können wie seinen gesundheitlichen Verhältnissen (objektive Verweisbarkeit) noch eine andere ihm subjektiv zumutbare Beschäftigung (subjektive Verweisbarkeit) auszuüben vermag (näher dazu Schmeling, aaO. „Berufsunfähigkeitsrente" S. 109; Gitter, Sozialrecht S. 132 ff. ; Oberfeld, SGb 1982, 475ff.). Die Verweisungsmöglichkeit setzt - ebenso wie bei der Beurteilung der > E r w e r b s u n f ä h i g k e i t (Rz 596) - voraus, daß der Arbeitsmarkt für die dem Versicherten zumutbare Tätigkeit offen ist (BSGE 30, 167, 179; BSG v. 15. 10. 1981, SGb 1982, 249 m. Anm. Scheerer).

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2. Bei der Krankentagegeldversicherung im Rahmen der privaten > Krankenversicherung (Rz 1107) liegt Berufsunfähigkeit beispielsweise vor, „wenn die versicherte Person nach medizinischem Befund im bisher ausgeübten Beruf auf nicht absehbare Zeit mehr als 5 0 % erwerbsunfähig ist" (Ziffer 7 a des Tarifs für die Krankentagegeld-Gruppenversicherung für Ärzte bei der Vereinigten Krankenversicherung AG). Ausgeschlossen ist damit die in der Rentenversicherung bestehende Verweisungsmöglichkeit auf einen anderen Beruf. 3. Zur Berufsunfähigkeit in der privaten Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung vgl. LG Düsseldorf, VersR 1983, 1071. 4. In den Satzungen der ärztlichen > Versorgungswerke wird der Begriff der Berufsunfähigkeit unterschiedlich definiert. Übereinstimmung besteht jedoch im wesentlichen insofern, als auf die Fähigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs abgestellt wird, so daß - im Unterschied zur gesetzlichen Rentenversicherung - eine Verweisung auf einen vergleichbaren Beruf oder eine sonst zumutbare Tätigkeit ausgeschlossen ist. Zum Teil fehlt es an einer Definition der Berufsunfähigkeit in den Satzungen der Versorgungswerke überhaupt.

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Berufsverbot

III. Die Feststellung der Berufsunfähigkeit ist eine juristische Aufgabe, die allein der Verwaltungsbehörde oder dem Gericht obliegt. Der ärztliche > S a c h v e r s t ä n d i g e kann dem Verwaltungsbeamten oder dem Richter nur die medizinischen Grundlagen liefern, deren er zur Entscheidung über die Berufsunfähigkeit bedarf. Die Subsumption der festgestellten medizinischen Sachverhalte unter das Gesetz kann nur der Jurist vornehmen (LSG Berlin v. 7. 5. 1963, Medizin im Sozialrecht B 2 0 b / 1 5 ; LSG Nordrh.-Westf. v. 16. 1. 1962, Medizin im Sozialrecht B 20a/56).

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Berufsverbot I. Nach § 70 StGB kann der Strafrichter gegen einen Arzt ein Berufsverbot verhängen. Voraussetzung ist, daß der Arzt wegen einer rechtswidrigen Tat, die er unter Mißbrauch seines Berufs oder unter grober Verletzung der mit ihm verbundenen Pflichten begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt wird, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist. Dieses Verbot kann zeitlich (von einem Jahr bis zu fünf Jahren| befristet sein oder für dauernd ausgesprochen werden. Es handelt sich hier nicht um eine Strafe, sondern um eine strafrechtliche Maßnahme der Sicherung und Besserung, die mit dem Entzug des Führerscheins bei rechtswidrigem Verhalten im Straßenverkehr vergleichbar ist (vgl. OVG Berlin v. 25. 6. 1975, DÄ 1977, 2407). Ein strafrechtliches Berufsverbot kann auch gegen > b e a m t e t e Ä r z t e verhängt werden (Schönke-Schröder-Stree, aaO. § 70 Rz 3). Solange das Verbot wirksam ist, darf der Betroffene den Beruf auch nicht für einen anderen ausüben oder durch eine von seinen Weisungen abhängige Person für sich ausüben lassen (§ 70 Abs. 3 StGB). Deshalb darf ein niedergelassener Arzt während dieser Zeit keinen t> A s s i s t e n t e n anstellen, wohl aber einen > P r a x i s v e r t r e t e r (Rz 1427), der weisungsunabhängig ist mit der Führung seiner Praxis betrauen, auch wenn dem Praxisinhaber die Erträge aus der Tätigkeit des Vertreters zufließen (vgl. Narr, aaO. Rz 1069; Schönke-Schröder-Stree, aaO. § 70 Rz 24). II. Die Möglichkeit der Verhängung eines strafrechtlichen Berufsverbotes bleibt unberührt von der Befugnis der Approbationsbehörde, die Approbation zu widerrufen oder zurückzunehmen, was praktisch einem Berufsverbot gleichkommt. Zur umgekehrten Frage der Bindung der Approbationsbehörde an den Erlaß eines strafrechtlichen Berufsverbotes > Approbation Rz 91. III. Unzulässig ist die Verhängung eines Berufsverbots durch das ärztliche > Berufsgericht (Rz 374), da es sich dabei um eine Maßnahme der Berufszulassung handelt, die der hierfür zuständige Bundesgesetzgeber in der > Bundesärzteordnung abschließend geregelt hat.

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Beschäftigungs- und Arbeitstherapeut

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Beschäftigungs- und Arbeitstherapeut 396

I. Aufgaben. Dem Beschäftigungs- und Arbeitstherapeuten obliegt als Angehörigem der > m e d i z i n i s c h e n A s s i s t e n z b e r u f e die Durchführung ärztlich verordneter und überwachter Maßnahmen zur > R e h a b i l i t a t i o n , insbesondere bei Erkrankungen der Bewegungsorgane, bei Trägern von Handund Armprothesen, Querschnittsgelähmten, organischen Nervenleiden und Gemütskrankheiten. Tätigkeitsfelder sind vor allem Unfallkliniken, psychiatrische Krankenhäuser sowie Einrichtungen zur Behandlung und Betreuung älterer Patienten. Die Berufsausübung erfolgt meist im Anstellungsverhältnis (näher dazu Lausen, BerufskBl. 2 - II A 23, S. 1 ff. ; Pschyrembel, „Beschäftigungstherapie"). II. Rechtsgrundlage. Das Berufsbild ist bundesrechtlich in dem Gesetz über den Beruf des Beschäftigungs- und Arbeitstherapeuten - BeArbThG - v. 25. 5. 1976 (BGBl. I S. 1246) sowie in der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Beschäftigungs- und Arbeitstherapeuten - BeArbThAPrO - v. 23. 3. 1977 (BGBl. I S. 509) geregelt. Die Berufsbezeichnung ist geschützt (§ 1 i.V.m. § 7 BeArbThG). III. Die Ausbildung erfolgt an staatlich anerkannten Schulen für Beschäftigungs* und Arbeitstherapeuten. Die Ausbildungsdauer beträgt 3 Jahre. IV. Beschäftigungs- und Arbeitstherapeuten unterliegen der strafrechtlichen > Schweigepflicht nach § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB. V. Beschäftigungs- und Arbeitstherapeuten, die nicht im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses, sondern selbständig aufgrund eines freien Dienstvertrages tätig werden, üben eine ähnliche heilberufliche Tätigkeit i.S. des § 4 Nr. 14 UStG aus. Die daraus erzielten Umsätze sind daher steuerfrei (§4 Nr. 14 UStG, Schreiben des BMFi, IV A DI S 7110 - 3777 v. 6. 1. 1978). VI. Im Rahmen der gesetzlichen > Krankenversicherung (Rz 1103) führt der selbständig tätige Beschäftigungs- und Arbeitstherapeut eine ärztliche Verordnung aus (§ 368 Abs. 2 Satz 4 RVO), die er aufgrund eines Vertrages mit der zahlungspflichtigen Krankenkasse vergütet erhält (vgl. Heinemann-Liebold, aaO. §368 C 29 > Heilmittel).

Bestallung 397

I. Bestallung ist die Erlaubnis zur Ausübung des ärztlichen Berufes nach § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 BÄO 1961 (BGBl. I S. 1857) i.V.m. §67 Bestallungsordnung für Ärzte v. 15. 9. 1953 sowie nach § 2 Abs. 1 der durch die BÄO 1961

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Bestellpraxis

außer Kraft getretenen Reichsärzteordnung v. 13. 12. 1935 - RÄO - (RGBl. I S. 1433) i.V.m. § 76 Abs. 1 und Abs. 4 der Bestallungsordnung für Ärzte v. 17. 7. 1939 (RGBl. I S. 1273). Eine solche Bestallung nach früherem Recht gilt als > Approbation i.S. der > Bundesärzteordnung (BÄO) und der > Approbationsordnung für Ärzte (§ 14 Abs. 1 BÄO; vgl. zu der entsprechenden Regelung für > Zahnärzte § 1 ZHG 1952 u. Art. 1 Nrn. 1-3 des Ersten Änderungsgesetzes v. 25. 2. 1983 > Zahnheilkundegesetz Rz 1798). II. Die Bestallung nach § 2 Abs. 1 RÄO i.V.m. § 76 der Bestallungsordnung für Ärzte 1939 berechtigte den Arzt zur Ausübung des ärztlichen Berufes mit Ausnahme einer ärztlichen Tätigkeit in eigener Praxis. Die Erlaubnis zur ärztlichen Tätigkeit in eigener Praxis erhielten Ärzte nach §§77, 78 der Bestallungsordnung 1939 erst nach Ableistung einer einjährigen Pflichtassistentenzeit und eines dreimonatigen Landvierteljahres. Die Erfüllung dieser Voraussetzungen wurde auf der Bestallungsurkunde durch einen Ergänzungsvermerk nach § 76 Abs. 4 Bestallungsordnung 1939 bescheinigt. Dieser Ergänzungsvermerk begründete jedoch nicht die Eigenschaft als > Arzt, die bereits mit der Bestallung entstanden war ( > Weiterbildung Rz 1872).

Bestellpraxis I. Man versteht darunter die nach Tag und Uhrzeit terminierte Einbestellung von Patienten auf deren Anmeldung in der > Arztpraxis als Organisationsmittel zur Verkürzung von Wartezeiten (Liebold, Handlexikon, „Bestellpraxis"; Narr, aaO. RZ 931). II. Bei t> Kassenärzten ist eine ausschließliche Bestellpraxis im Hinblick auf die Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung nicht möglich. Die Zulassung zur Kassenpraxis verpflichtet zur Ankündigung offener Sprechstundenzeiten, die es ermöglichen, den Arzt während der üblichen Geschäftszeiten aufzusuchen. III. Bei der Terminierung sollte der Arzt beachten, daß für Arbeitnehmer ein Arztbesuch während der Arbeitszeit arbeitsrechtlich nur dann in Betracht kommt, wenn das Aufsuchen des Arztes während der Arbeitszeit dringend notwendig ist und dem Arbeitnehmer ein Warten bis zum Dienstschluß nicht zugemutet werden kann. Daraus ergibt sich, daß > Vorsorgeuntersuchungen und Routineuntersuchungen einem Arbeitnehmer während der Arbeitszeit nicht zustehen (vgl. Pütz, der niedergelassene arzt 1973/15/16, S. 20; Schaub, aaO. S. 681) > Attest Rz 246.

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Besuchspflicht

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Besuchspflicht 399

I. Man versteht darunter die Pflicht des Arztes, auf Anforderung des Patienten einen Hausbesuch zu machen. Es ist zu unterscheiden zwischen der Besuchspflicht als Garantenpflicht und der Besuchspflicht im Rahmen der strafrechtlichen Hilfsleistungspflicht nach § 323 c StGB (> U n t e r l a s s e n e Hilfeleistung).

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II. Besuchspflicht als Garantenpflicht. 1. Für den in freier Praxis niedergelassenen Arzt besteht eine Besuchspflicht aufgrund einer zivilrechtlichen und strafrechtlichen Garantenstellung grundsätzlich nur nach Übernahme eines Behandlungsfalles aus konkretem Anlaß, ohne daß es darauf ankommt, ob ein Hausarztverhältnis besteht (vgl. Kreuzer bei Mergen, aaO. Bd. II S. 224). „Mit der Fallübernahme erweckt der Arzt bei dem Patienten in der Regel das Vertrauen, dieser werde ihm unter Einsatz seiner ärztlichen Kenntnisse und Fähigkeiten beistehen, ihn weiterbehandeln und notfalls weitere Hilfsmaßnahmen, zu denen er selbst nicht in der Lage ist, in die Wege leiten, etwa die > Überweisung an einen > Facharzt oder in ein > Krankenhaus" (BGH, NJW 1979, 1248, 1249; vgl. auch BGH, NJW 1961, 2068; zur Besuchspflicht aufgrund strafrechtlicher Garantenstellung eingehend Kreuzer bei Mergen, aaO. Bd. II, S. 217 ff.). Die damit übernommene Obhuts- und Fürsorgepflicht gebietet dem Arzt, vom Zeitpunkt der Behandlungsübernahme an alles in seinen Kräften Stehende zu unternehmen, um von dem Kranken „die Gefahr des Todes, des Kränkerwerdens oder des Krankbleibens . . . abzuwenden" (Laufs, Arztrecht Rz 40). a) Ob eine Behandlungsübemahme erfolgt ist, beurteilt sich allein nach den tatsächlichen Gegebenheiten. aa) Auf das Vorliegen eines rechtswirksamen > A r z t v e r t r a g e s kommt es nicht an. Es genügt, wenn der Arzt irgendwelche Maßnahmen der Behandlung tatsächlich ergreift. Eine Behandlungsübernahme kann z. B. dadurch erfolgen, daß der herbeigerufene Arzt einem Angehörigen des Patienten in seiner Praxis ein Rezept und Medikamente mitgibt mit der Aufforderung, ihn wieder anzurufen, wenn sich das Befinden des Patienten verschlechtert (vgl. BGH, NJW 1979, 1249). In einer früheren Entscheidung (NJW 1955, 718) hat der BGH eine Übernahme der Behandlung bereits darin gesehen, daß der Arzt dem Ehemann der Patientin am Telefon ärztliche Ratschläge über die Behandlung seiner Frau gegeben hatte, indem er ihm sagte, er solle Umschläge machen und Beruhigungsmittel geben (kritisch hierzu Kreuzer bei Mergen, aaO. Bd. II, S. 223, der mit Recht darauf hinweist, daß nicht mit jedem telefonischen Ratschlag eine Garantenstellung des Arztes begründet wird). bb) Gegenüber dem Patienten besteht regelmäßig keine Pflicht des Arztes zur Behandlungsübernahme (> B e h a n d l u n g s p f l i c h t Rz 324). Eine Ablehnung erfordert jedoch eine unmißverständliche Erklärung des Arztes, daß er die Behandlung nicht übernehmen könne. Er hat alles zu unterlassen, was Zweifel an der Ablehnung erwecken könnte; Unklarheiten gehen zu seinen Lasten (vgl. Kurz, aaO. S. 698; BGH, NJW 1979, 1249f.).

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cc) Eine bereits begonnene Behandlung darf der Arzt nur abbrechen, wenn der Patient ohne die Gefahr der Verschlechterung seines Zustandes einen anderen zur Übernahme der Behandlung bereiten Arzt aufsuchen kann (§ 627 Abs. 2 BGB, Kurz, ÄBl. Bad.-Wttbg. 1979, 694, 698 > B e h a n d l u n g s p f l i c h t Rz 326). b) Wie weit die Gaiantenpflicht im Falle der Behandlungsübernahme inhaltlich reicht, insbesondere ob sie die Pflicht zu Hausbesuchen mitumfaßt, richtet sich ebenfalls nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles und den Gepflogenheiten des ärztlichen Berufs. Dabei kommt es zunächst darauf an, welche Leistungen der Arzt dem Publikum anbietet. aa) Übernimmt er als behandelnder Arzt die umfassende äizthche Betreuung eines Patienten, so ist er auch zur Ausführung der notwendigen Hausbesuche verpflichtet. Dies gilt gleichermaßen für > p r a k t i s c h e Ärzte, Ärzte für Allgemeinmedizin und alle sonstigen > Gebietsärzte. Dementsprechend bestimmt § 7 Abs. 5 BMV-Ä für > Kassenärzte, daß die Besuchsbehandlung primär Aufgabe des behandelnden Hausarztes ist, ohne Rücksicht darauf, ob dieser eine > G e b i e t s b e z e i c h n u n g führt oder nicht. Gebietsärzte können, wenn sie die laufende Behandlung eines Patienten wegen einer in ihr Gebiet fallenden Erkrankung übernommen haben (dies kommt vor allem bei Internisten, Frauenärzten und Kinderärzten vor), einen Hausbesuch nicht mit der Begründung ablehnen, hierfür sei der praktische Arzt oder der Arzt für Allgemeinmedizin zuständig (vgl. Narr, aaO. Rz 731; vgl. auch § 7 Abs. 5 b BMV-Ä). bb) Eine Besuchspflicht besteht dagegen grundsätzlich nicht, wenn der > G e b i e t s a r z t nur eine Überweisungspraxis betreibt, d.h. im Auftrag des behandelnden Arztes Untersuchungen zur Abklärung der Diagnose in seiner Praxis durchführt und Therapievorschläge macht, während die Durchführung der Behandlung dem überweisenden Arzt überlassen bleibt (> Uberweisung). In diesem Fall beschränkt sich die Garantenpflicht des Gebietsarztes auf die Gewähr für die im Untersuchungsauftrag umschriebenen Aufgaben, ggf. noch für Nachuntersuchungen (vgl. Kreuzer bei Mergen, aaO. Bd. II S. 225f.). Gleiches gilt, wenn der Gebietsarzt (z. B. Internist) zwar auch eine Behandlungspraxis betreibt, im konkreten Fall jedoch nur auf > Ü b e r w e i s u n g des behandelnden Arztes tätig wird. Eine Pflicht zur Besuchsbehandlung kann in diesen Fällen ausnahmsweise dann entstehen, wenn der > Gebietsarzt durch sein Verhalten in dem Patienten den Eindruck erweckt hat, dieser könne sich auf den Besuch im Ernstfall verlassen (vgl. BGH, NJW 1961, 2068; Kreuzer bei Mergen, aaO. Bd. II, S. 225). Etwas anderes gilt jedoch, wenn der Überweisungsauftrag die Übernahme der gesamten Weiterbehandlung und Betreuung des Patienten zum Inhalt hat, ohne daß eine Rücküberweisung erfolgt. In diesem Fall wird mit der Annahme des Überweisungsauftrages auch die Pflicht zur Ausführung notwendiger Hausbesuche begründet. cc) Auch für den > Kassenarzt entsteht mit der Behandlungsübernahme selbst dann eine zivilrechtliche Besuchspflicht gegenüber dem Patienten, wenn dieser außerhalb seines üblichen Praxisbereichs wohnt. Das in § 7 Abs. 4

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BMV-Ä dem Arzt gewährte Recht zur Ablehnung solcher Besuche besteht nur gegenüber der > Kassenärztlichen Vereinigung. dd) Eine Uber die vorstehenden Grundsätze hinausgehende Besuchspflicht wird durch § 7 Abs. 5 a BMV-Ä für den > Kassenarzt mit einer > Gebietsb e z e i c h n u n g begründet, der nicht die Funktion des Hausarztes übernommen hat. Er ist zur Besuchsbehandlung verpflichtet, „wenn ein anderer Arzt in seinem Praxisbereich ihn zur konsiliarischen Beratung hinzuzieht und nach dem Ergebnis dieser Beratung eine Besuchsbehandlung durch einen Arzt mit einer Gebietsbezeichnung erforderlich ist". Diese Vorschrift verleiht dem als Konsiliarius (t> Konsilium) zugezogenen > Kassenarzt zugleich eine strafrechtliche und zivilrechtliche Garantenstellung, die dem konsiliarisch tätigen Nichtkassenarzt nicht zukommt. 2. Auch der am ärztlichen > Notfalldienst teilnehmende Arzt ist in seinem Bezirk dem Publikum gegenüber als Garant erforderlichenfalls auch zu Hausbesuchen verpflichtet (Kreuzer bei Mergen, aaO. Bd. II, S. 226,• BGH, NJW 1955, 718; BGHSt 7, 211 ; Kurz, ÄB1. Bad.-Wttbg. 1979, 698 > N o t f a l l a r z t Rz 1267). 3. Keine Garantenschaft, die eine Besuchspflicht begründet, besteht für den Krankenhausarzt im Verhältnis zum Außenpublikum; seine Verantwortung beschränkt sich regelmäßig auf die stationäre Behandlung der Krankenhauspatienten (vgl. Kreuzer bei Mergen, aaO. Bd. II, S. 226). Ausnahmsweise können Krankenhausärzte aber zur Hilfeleistung nach § 323 c StGB verpflichtet sein (vgl. Rieger, DMW 1973, 518, > U n t e r l a s s e n e Hilfeleistung Rz 1817). 4. Auch wo der Arzt nach den vorstehenden Grundsätzen eine Garantenstellung hat, ist er zu einem Hausbesuch nur dann verpflichtet, wenn dieser im konkreten Fall erforderlich ist. Die Erforderlichkeit eines Hausbesuchs ist zu bejahen, wenn der gesundheitliche Zustand des Patienten eine ärztliche Versorgung notwendig macht und dem Kranken das Aufsuchen des Arztes in dessen Praxisräumen nicht möglich oder nicht zumutbar ist (vgl. § 7 Abs. 6 BMV-Ä). Als nicht zumutbar wird man den Besuch des Patienten beim Arzt z.B. dann ansehen müssen, wenn der gegenwärtige Zustand das Aufsuchen des Arztes zwar erlauben würde, in diesem Fall jedoch die Gefahr einer erheblichen Verschlechterung bestünde (vgl. Rieger, DMW 1972, 584). Es darf von dem Kranken nicht gefordert werden, sich zum Zwecke des Aufsuchens des Arztes in der Sprechstunde „gewissermaßen bis zum Letzten zu verausgaben" (KG, VersR 1979, 33, 34). Ist der Patient im Einzelfall transportfähig, kann der Arzt ihn zu sich in die Praxis bestellen (Narr, aaO. Rz 731). Im übrigen muß der Arzt aufgrund der ihm mitgeteilten Umstände entscheiden, ob er dem Ruf des Patienten folgen muß. Dabei darf er sich auf Angaben von Angehörigen grundsätzlich nicht verlassen. „Es gehört zu den Aufgaben des Arztes, sich von den Leiden des Patienten ein eigenes Bild zu machen, dabei die Angaben Dritter . . . nicht ungeprüft zu übernehmen und wichtige Befunde selbst zu erheben. Dazu ist, wenn der Patient nicht selbst in die Sprechstunde kommen kann, ein Hausbesuch jedenfalls dann erforderlich, wenn es sich offensichtlich um eine schwere Erkrankung handelt. Ferndiagnosen aufgrund mündli-

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eher Berichte von Angehörigen können in den seltensten Fällen ausreichen, und viel anders ist es auch nicht, wenn der Arzt den Patienten selbst sprechen kann". (BGH, NJW 1979, 1248, 1249 m.Nachw.). Jeder Zweifel an der Erforderlichkeit des Hausbesuches begründet für den Arzt die Pflicht, den Patienten aufzusuchen (vgl. Kurz, ÄBl. Bad.-Wttbg. 1979, 694f.). Einer hiernach bestehenden Besuchspflicht darf sich der Arzt nur dann entziehen, „wenn schwerwiegende Gründe (Behandlung anderer Patienten, anderweitige Verhinderung] ihn daran hindern, und er für anderweitige Hilfe sorgt", indem er den Patienten an einen anderen besuchsbereiten Arzt verweist. (BGH, NJW 1979, 1249; vgl. auch LG München, ÄM 1960, 37 [Besuchspflicht bei mitgeteilten Herzbeschwerden]). Die Hinderungsgründe müssen gleichrangig neben der Pflicht zur Vornahme des geforderten Hausbesuchs stehen. Der Arzt muß daher im Einzelfall die beiderseitigen Interessen gegeneinander abwägen. Kann der Hausbesuch ohne Risiko auf einen Zeitpunkt nach dem Wegfall der anderweitigen Beanspruchung verschoben werden, bleibt die Verpflichtung zu dem dann erst später vorzunehmenden Hausbesuch in vollem Umfang erhalten (Kurz, aaO. S. 696). „Der Arzt, der den betreffenden Patienten und die Natur seiner Erkrankung kennt, wird einen Besuch häufiger ablehnen können als derjenige, der den Patienten noch niemals untersucht h a t . . . Offensichtlich unbegründete Besuchsbitten kann er ablehnen." Andererseits sind dem Recht des Arztes, „erbetene Besuche als überflüssig abzulehnen . . . , durch die Natur der Sache verhältnismäßig enge Grenzen gesetzt. Sie ergeben sich daraus, daß zuverlässige Ferndiagnosen nur selten möglich sind" (BGH, NJW 1955, 718). 5. Im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung hat der Patient entstehende Mehrkosten zu tragen, wenn ohne zwingenden Grund für die Besuchsbehandlung Kassenärzte in Anspruch genommen werden, die ihre Praxis außerhalb des Ortes oder Ortsteiles der Wohnung des Patienten haben (vgl. im einzelnen hierzu § 7 Abs. 2 u. Abs. 3 BMV-Ä). 6. Haftung. Die schuldhafte Verletzung der Besuchspflicht, die eine Körperverletzung oder den Tod des Patienten verursacht, führt zivilrechtlich zur Haftung des Arztes nach § 823 Abs. 1 BGB (BGH, NJW 1979, 1248, 1249); daneben wird meist eine Haftung aus dem > A r z t v e r t r a g begründet sein. Strafrechtlich ist der Arzt wegen fahrlässiger Körperverletzung oder fahrlässiger Tötung, begangen durch Unterlassen, haftbar (§§ 230, 222, 13 StGB).

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III. Wenn nach dem Vorstehenden eine Garantenpflicht des Arztes nicht besteht, oder wenn sich nicht nachweisen läßt, daß die infrage stehende Besuchsbehandlung den Eintritt des Schadens verhindert hätte, kann der Arzt sich im Falle einer unberechtigten Besuchsverweigerung wegen unterlassener Hilfeleistung nach § 323 c StGB strafbar machen. Eine zivilrechtliche Schadensersatzpflicht kommt in diesen Fällen nicht in Betracht ( > Unterlassene Hilfeleistung Rz 1820). Den niedergelassenen Arzt trifft eine Besuchspflicht im Rahmen des § 323 c StGB dann, wenn es sich um einen „Unglücksfall" i. S. dieser Bestimmung

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handelt und der Hausbesuch erforderlich und dem Arzt unter den gegebenen Umständen zumutbar ist (>Unterlassene Hilfeleistung Rzn. 1814ff.). 1. Daß nach h. M. bei der Frage, ob ein die Hilfeleistungspflicht auslösender „Unglücksfall" vorliegt, auf die Beurteilung der tatsächlichen Lage ex ante abzustellen ist, gewinnt gerade bei der Pflicht zu Hausbesuchen Bedeutung. Das OLG Köln hat in einem Beschluß v. 22. 4. 1975 - Zs 592/74 - (DPA 1975, 2064) entschieden, daß Beschwerden, die einem Herzinfarkt vorausgehen, keinen Unglücksfall i. S. des § 323 c StGB darstellen, wenn sich später nicht klären läßt, ob der Herzinfarkt im Zeitpunkt der Anforderung des Hausbesuches bereits eingetreten war. Nur wenn dies zu bejahen ist, soll eine die Besuchspflicht des Arztes auslösende ernste Gefahr für Leib oder Leben des Patienten gegeben sein. 2. Ein erbetener Hausbesuch ist erforderlich, wenn der Arzt auf diese Weise dem Kranken früher als durch eine Einlieferung in ein > Krankenhaus Hilfe oder wesentliche Erleichterung hätte verschaffen können. Deshalb verletzt der herbeigerufene niedergelassene Arzt, der anstatt einen Hausbesuch zu machen eine sofortige Einlieferung ins Krankenhaus anrät, die ihm obliegende Hilfeleistungspflicht dann, wenn er nach dem vorausschaubaren Urteil eines verständigen Beobachters entweder wirksame therapeutische Maßnahmen ergreifen oder wenigstens dem Kranken wesentliche Erleichterung hätte verschaffen können. Er darf den Hausbesuch nur dann unterlassen, wenn ein erfahrener Arzt aufgrund der ihm mitgeteilten Symptome von vornherein ohne jeden Zweifel ausschließen kann, daß therapeutische oder lindernde Maßnahmen in sinnvoller Weise durchgeführt werden können (OLG Karlsruhe, NJW 1979, 2360 m.Anm. Bruns, JR 1980, 297, wo jedoch offenbar der Unterschied zwischen der Hilfeleistungspflicht aufgrund des § 3 2 3 c StGB und der Hilfeleistungspflicht aufgrund einer Garantenstellung verkannt wird, wenn es u.a. heißt, daß ein „Unglücksfall" vorgelegen habe, gleichzeitig aber die Hilfeleistungspflicht auch darauf gestützt wird, daß die angeklagte Ärztin „aufgrund des Anrufes der Ehefrau des Kranken... dessen ärztliche Behandlung übernommen h a t t e . . . " ; vgl. dazu auch Bruns aaO.). 406

3. Bei der Frage der Zumutbarkeit eines angeforderten Hausbesuchs spielen u.a. folgende Gesichtspunkte eine Rolle: a) Von Bedeutung ist zunächst die räumliche Nähe des Arztes zur Wohnung des Patienten. Keinesfalls wird für jeden beliebigen Arzt, den der Patient aus dem Telefonbuch heraussucht, eine Besuchspflicht begründet. Vielmehr sind im Rahmen des Zumutbarkeitsprinzips die maßgeblichen Umstände gegeneinander abzuwägen ( > Unterlassene Hilfeleistung Rz 1816). Grundsätzlich gilt: je näher ein Arzt der Wohnung des Patienten ist, desto strenger sind die an ihn gestellten Zumutbarkeitsforderungen (BGHSt 11, 135, 137). Ein weiter entfernt praktizierender Arzt darf regelmäßig - sofern keine Garantenschaft besteht - auf den näher erreichbaren Kollegen verweisen (vgl. auch § 7 Abs. 4 BMV-Ä). Dies gilt jedoch dann nicht, wenn letzterer für die Hilfeleistung nicht fachlich qualifiziert ist und nur der zuerst herbeigerufene Arzt die im konkreten Fall erforderliche Hilfeleistung möglicherweise aufgrund seiner besonderen Sachkunde - wirksam erbringen

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kann (BGHSt 2, 296, 298). Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, daß auch der > G e b i e t s a r z t (z.B. Augenarzt) notfalls Erste Hilfe leisten muß und sich nicht darauf berufen kann, er selbst übernehme als Spezialist keine allgemeinen Fälle, der Allgemeinarzt sei in Notfällen erfahrener (vgl. Narr, aaO. Rz 741; Kohlhaas, Medizin und Recht, S. 59; Laufs, Arztrecht Rz 50 > Fortbild u n g Rz 633 a. E.). Im Einzelfall kann der zunächst herbeigerufene fremde Arzt berechtigt sein, auf den weiter entfernt wohnenden, jedoch mit den Verhältnissen des Patienten besser vertrauten Hausarzt zu verweisen, sofern die dadurch bedingte Verzögerung des ärztlichen Eingreifens in Kauf genommen werden kann (Kreuzer bei Mergen, aaO. Bd. II, S. 231). Die Verweisung an einen anderen - auch näher wohnenden - Arzt ist niemals statthaft, wenn die in der konkreten Situation gebotenen ärztlichen Maßnahmen keinerlei Aufschub dulden. b) Der während der Sprechstunde zu einem Hausbesuch gerufene Arzt darf einen Besuch ablehnen, wenn er in der eigenen Praxis dringende Fälle zu versorgen hat, die keinen Aufschub gestatten (vgl. BerufsG Schlesw.-Holst, v. 10. 4. 1962, DMW 1963, 1011). Der bloße Beginn der Sprechstunde ist dagegen kein Hinderungsgrund (vgl. Narr, aaO. Rz 741). Außerhalb der üblichen Sprechzeiten darf der niedergelassene Arzt Anrufer auf den ärztlichen > N o t f a l l d i e n s t verweisen, es sei denn, daß unter den gegebenen Umständen ein sofortiges ärztliches Eingreifen erforderlich und der > N o t f a l l a r z t gerade nicht erreichbar ist. c) Persönliche Umstände (z.B. Krankheit, Übermüdung) rechtfertigen die Ablehnung eines dringenden Hausbesuchs dann nicht, wenn kein anderer Arzt erreichbar ist; denn ein physisch beeinträchtigter Arzt ist immer noch besser als gar keiner (Kohlhaas, DMW 1963, 965, 971). Dies gilt auch dann, wenn die physische Beeinträchtigung auf Alkoholgenuß beruht. Der herbeigerufene Arzt kann sich seiner Hilfeleistungspflicht nicht dadurch entziehen, daß er sich durch das Fahren unter Alkoholeinfluß der Gefahr der Strafverfolgung aussetzt, wenn er die Möglichkeit hat, sich mit dem Taxi oder zu Fuß zur Wohnung des Patienten zu begeben (Kohlhaas, Medizin und Recht, S. 60). Ist dies nicht möglich und brauchte der Arzt mit dem Hilferuf nicht zu rechnen, z. B. weil während des Wochenendes ein organisierter > Notfalldienst besteht, ist er zur Ausführung des Besuchs grundsätzlich nicht verpflichtet. d) Unzumutbar kann ein erbetener Hausbesuch für den Arzt auch dann sein, wenn er sich dadurch einer erheblichen eigenen Gefahr aussetzen würde (der herbeigerufene Arzt soll z. B. in eine Falle gelockt werden). Hierfür müssen jedoch konkrete Anhaltspunkte vorhanden sein ; die bloße Möglichkeit einer Gefährdung (z. B. wenn der Arzt nachts an einen abgelegenen und verrufenen Ort zu einer unbekannten Person gerufen wird) rechtfertigt die Ablehnung des Besuchs nicht (Rieger, DMW 1972, 584, 585).

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I. Die für Ärzte und Zahnärzte wichtigsten Rechtsgrundlagen sind 1. das Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Betäubungsmittelgesetz - BtMG -) v. 28. 7. 1981 (BGBl. IS. 681 ; zur Neuordnung des Betäubungsmittelrechts vor allem aus strafrechtlicher Sicht vgl. Körner, NJW 1982, 673 ff. ; einen Überblick über die für den Arzt bedeutsamen Vorschriften gibt Schneider in DMW 1982, 791); 2. die Verordnung über das Verschreiben, die Abgabe und den Nachweis des Verbleibs von Betäubungsmitteln (Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung - B t M W -) v. 16. 12. 1981 (BGBl. I S. 1427); 3. die Verordnung über die Krankenfürsorge auf Kauffahrteischiffen v. 25. 4. 1972 (BGBl. I S. 734 > Schiffsarzt]. 4. Daneben bestehen noch internationale Übereinkommen und Vorschriften, die auch in der Bundesrepublik gelten (abgedr. bei Lundt-Schiwy, Betäubungsmittelrecht, aaO. Nr. 4). II. Der Kreis der Betäubungsmittel ist abschließend und konstitutiv in den Anlagen I—III des BtMG festgelegt. Betäubungsmittel können Stoffe oder Zubereitungen i. S. des § 2 Abs. 1 Nrn. 1 u. 2 BtMG sein. Obwohl die Bezeichnung „Betäubungsmittel" heute nicht mehr eindeutig den Kreis der vom Betäubungsmittelrecht erfaßten Stoffe abdeckt, wurde sie im BtMG 1981 - auch im Hinblick auf ihre Verwendung in Art. 74 Nr. 19 GG - bewußt beibehalten (vgl. amtl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Betäubungsmittelrechts, BT-Drucks. 8/3551, S. 25).

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III. Für die > Verschreibung und Verabreichung von Betäubungsmitteln enthalten das BtMG und die B t M W besondere Vorschriften, die die Rezeptierfreiheit des Arztes einschränken. 1. Nach § 13 Abs. 1 BtMG dürfen Betäubungsmittel zur Anwendung beim Menschen nur von > Ä r z t e n und > Z a h n ä r z t e n und nur dann verschrieben oder im Rahmen einer ärztlichen oder zahnärztlichen Behandlung verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch überlassen werden, wenn ihre Anwendung am oder im menschlichen Körper begründet ist. Ausgeschlossen ist eine Verschreibung durch > H e i l p r a k t i k e r (Rz 838). a) Unter „verabreichen" i. S. dieser Vorschrift ist das Applizieren, die direkte Anwendung zu verstehen. Hierunter fällt insbesondere das Einspritzen. Durch die Formulierung „zum unmittelbaren Verbrauch überlassen "soll zum Ausdruck gebracht werden, daß das Betäubungsmittel vom Patienten direkt in der Praxis eingenommen wird und daß keine Abgabe an ihn zur Mitnahme und zum späteren Verbrauch vorliegt (amtl. Begründung, BT-Drucks. 8/3551, S. 32). b) Die Anwendung eines Betäubungsmittels am oder im menschlichen Körper ist begründet, wenn nach den allgemeinen oder überwiegend anerkannten Regeln der ärztlichen Wissenschaft das Betäubungsmittel für das Leiden des Patienten als Heilmittel geeignet ist (vgl. BGH, NJW 1979, 1943 m.Anm.

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Kreuzer, NJW 1979, 2357). Will der Arzt von den Regeln der > Schulmedizin abweichen, so hat er zu prüfen, ob neue Erkenntnisse die Verschreibung ärztlich begründet erscheinen lassen (vgl. BGHSt 1, 318; Joachimski, aaO. 2. Aufl. § 3 Erl. 22). In allen Fällen hat der Arzt das Risiko einer Selbstgefährdung oder Selbstschädigung des Patienten durch verschreibungswidrigen Gebrauch des Mittels zu beachten. Dies ist u. a. von Bedeutung für die Frage, ob der Arzt Betäubungsmittel zur Heilung einer Rauschgiftsucht auf Dauer verschreiben darf. In den USA ist die Dauerbehandlung von Heroinabhängigen mit dem Präparat Methadon im Rahmen von Forschungsvorhaben in Einzelfällen gestattet worden. Für die Bundesrepublik wird die Zulässigkeit der Dauerbehandlung Drogenabhängiger mit dem auf gleicher Grundlage wie Methadon hergestellten Mittel „L-Polamidon" z.T. verneint (vgl. die Nachw. bei Joachimski, aaO.). Demgegenüber hat der BGH (NJW 1979, 1943, 1944) die ambulante Anwendung dieses Präparates als eine grundsätzlich „zulässige Methode der Wahl" angesehen, gleichzeitig jedoch festgestellt, daß der verschreibende Arzt verpflichtet ist, „Vorkehrungen zu treffen, um die handgreiflich naheliegende Gefahr eines Mißbrauchs seiner Verschreibung zu bannen", indem „er den Patienten das Mittel nur unter eigener Aufsicht oder unter der Aufsicht zuverlässiger Hilfspersonen gebrauchen läßt". Das bloße Erteilen von Anweisungen über die Einnahme des Mittels ist nicht ausreichend, wenn er die Einhaltung dieser Anweisungen nicht sichergestellt hat. In diesem Falle ist die ärztliche Verschreibung nicht „begründet" i. S. des § 13 Abs. 1 Satz 1 BtMG (weitere Nachw. bei Joachimski, aaO. 3. Aufl. § 13 Erl. 7). Hält der Arzt ein bestimmtes Betäubungsmittel für geeignet, so hat er weiter zu prüfen, ob der beabsichtigte Zweck nicht auf eine andere, den Patienten weniger gefährdende Weise erreicht werden kann. Ist dies der Fall, so ist die Anwendung des Betäubungsmittels nicht begründet (§ 13 Abs. 1 Satz 2 BtMG). Eine ärztlich begründete Verschreibung setzt weiter voraus, daß der Arzt sich aufgrund eigener Untersuchung und eigener Diagnose die Überzeugung von der Erforderlichkeit des Betäubungsmittels gebildet hat (BayObLG, NJW 1970, 529). Schließlich muß nicht nur die Anwendung eines Betäubungsmittels an sich, sondern auch die verschriebene Menge im Zeitpunkt der Verabreichung ärztlich begründet sein (Joachimski, aaO. 2. Aufl.; BGH, MDR 1979, 773). §§ 2 u. 3 B t M W enthalten Vorschriften über die Einhaltung bestimmter Höchstmengen bei Verschreibungen für Patienten, für den Praxisbedarf ( > Sprechstundenbedarf) und für den Bedarf von Krankenhäusern. Eine Verschreibung zur Wiederholung ist unzulässig. 2. Betäubungsmittelrezept, a) Nach § 5 Abs. 1 B t M W darf für die Verordnung von Betäubungsmitteln nur das dreiteilige amtliche Formblatt verwendet werden. Die Teile I und II des Formblattes sind zur Vorlage in der > Apot h e k e bestimmt. Die Durchschrift auf Teil III verbleibt beim Arzt, der sie drei Jahre aufzubewahren und auf Verlangen der zuständigen Landesbehörde einzusenden oder Beauftragten dieser Behörde vorzulegen hat (§ 5 Abs. 5 BtMW).

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b) Das Betäubungsmittelrezept muß bestimmte Angaben enthalten, u.a. Name, Vorname und Anschrift des Patienten sowie Name des verschreibenden Arztes oder Zahnarztes und dessen Berufsbezeichnung (§ 6 Abs. 1 Nrn. 1 u. 6 B t M W ) . Bei >Gebietsärzten genügt die Angabe der Kurzbezeichnung (z.B. Chirurg, Internist); das Wort „Arzt" braucht in der Verschreibung nicht zu erscheinen. c) Betäubungsmittelrezepte werden vom > B u n d e s g e s u n d h e i t s a m t auf Anforderung an den einzelnen Arzt oder Zahnarzt ausgegeben (§ 5 Abs. 2 B t M W ; Anschrift: Bundesopiumstelle im Institut für Arzneimittel des Bundesgesundheitsamtes, Stauffenbergstr. 13, 1000 Berlin 30). Bei > G e m e i n s c h a f t s p r a x e n ist nicht erforderlich, daß jeder Arzt für sich selbst die amtlichen Formblätter anfordert; ausreichend ist vielmehr ein Formblatt für die Gemeinschaftspraxis. Der Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 6 B t M W wird dadurch Genüge getan, daß der Name des verschreibenden Arztes zwangsläufig auf dem auf die Gemeinschaftspraxis lautenden Formblatt erscheint und die Partner der Gemeinschaftspraxis sich gegenseitig vertreten können. Die Rezeptformulare sind diebstahlsicher aufzubewahren. Ein Verlust ist unter Angabe der Rezeptnummern dem > B u n d e s g e s u n d h e i t s a m t unverzüglich anzuzeigen (§ 5 Abs. 4 B t M W ) . IV. Uber den Verbleib und den Bestand der Betäubungsmittel müssen > A p o t h e k e r , > Ä r z t e , > Z a h n ä r z t e und > K r a n k e n h ä u s e r nach näherer Maßgabe des § 9 B t M W fortlaufend Nachweis führen. Die hierfür zu verwendenden, vom > B u n d e s g e s u n d h e i t s a m t herausgegebenen Karteikarten nach amtlichem Formblatt sind drei Jahre, von der letzten Eintragung an gerechnet, aufzubewahren. 411

V. Der Betäubungsmittelverkehi bei Ärzten und Zahnärzten unterliegt der Überwachung durch die nach Landesrecht zuständigen Behörden (§ 19 Abs. 1 Satz 3 BtMG). Diese können vorläufige Anordnungen treffen, soweit es zur Verhütung dringender Gefahren für die Sicherheit des Betäubungsmittelverkehrs geboten ist (§ 22 Abs. 1 Nr. 4 BtMG). Eine Verfügung, mit der einem Arzt untersagt wird, einen bestimmten Patienten weiterhin mit einem Betäubungsmittel zu behandeln, steht einer Fortsetzung dieser Behandlung durch einen anderen Arzt nicht entgegen. Gleichwohl kann die Anordnung der sofortigen Vollziehung einer solchen Verfügung gerechtfertigt sein, da bei einem nicht auszuräumenden Verdacht des Betäubungsmittelmißbrauchs der Wechsel des behandelnden Arztes, den der Patient vornimmt, um die bisherige Behandlung fortsetzen lassen zu können, ein geeignetes Mittel ist, um die Gefahr des Betäubungsmittelmißbrauchs zu verringern (OVG Münster, NJW 1979, 615 [Leits.]). VI. Das Mitführen von Betäubungsmitteln durch Ärzte oder Zahnärzte in einem Notfallkoffer im Rahmen des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs (>Niederlassungsfreiheit Rzn. 1257 ff.) unterliegt nicht der Erlaubnis-

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pflicht im Inland, wenn sich die Auswahl der Betäubungsmittel auf die in der Anlage III des BtMG genannten beschränkt (§ 4 Abs. 1 Nr. 4 BtMG; einschränkende Regelungen können durch Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Nr. 3 BtMG getroffen werden). Gegenüber den angrenzenden Nachbarstaaten kann sich der Arzt oder Zahnarzt auf diese Regelung nicht berufen, sofern nicht entsprechende zwischenstaatliche Abkommen bestehen. VII. Ein Verstoß gegen die Vorschriften des § 13 Abs. 1 BtMG über die Verschreibung und Verabreichung von Betäubungsmitteln ist nach § 29 Abs. 1 Nr. 6 BtMG strafbar. Verstöße gegen die Bestimmungen der BtMW werden nach den Straf- und Bußgeldvorschriften der §§ 10, 11 BtMW geahndet. VÜI. Das BtMG enthält in den §§ 35-38 Vorschriften über Vergünstigungen bei der Strafverfolgung und Strafvollstreckung betäubungsmittelabhängiger Straftäter, die sich in einer ihrer Rehabilitation dienenden Behandlung befinden (näher dazu Körner, NJW 1982, 673ff.). IX. Bei betäubungsmittelsüchtigen Personen besteht die Möglichkeit der zwangsweisen Unterbringung aufgrund eines Strafurteils oder im Verwaltungswege nach den landesrechtlichen Unterbringungsgesetzen (> Unterbringung Rzn. 1808, 1810 ff.).

Betriebsarzt 1. Der Betriebsarzt ist ein vom Arbeitgeber aufgrund des Arbeitssicherheitsgesetzes bestellter Arzt, der die Aufgabe hat, den Arbeitgeber beim Arbeitsschutz und bei der Unfallverhütung zu unterstützen und der über die hierfür erforderliche arbeitsmedizinische Fachkunde verfügt (vgl. § § 1 , 4 ASiG). II. 1. Eine Pflicht zur Bestellung eines Betriebsarztes besteht nicht für alle Betriebe, sondern nur für solche, bei denen dies im Hinblick auf den Grad der für die Beschäftigten vom Betrieb ausgehenden Gefahren nach den in § 2 Abs. 1 Nrn. 1-3 ASiG genannten Kriterien erforderlich ist. Maßgebend ist also nicht allein eine bestimmte Beschäftigtenzahl. Der Arbeitgeber muß aufgrund dieser Kriterien, die durch die Unfallverhütungsvorschriften der zuständigen Berufsgenossenschaften ergänzt werden, entscheiden, ob und in welchem Umfang der Einsatz eines Betriebsarztes erforderlich ist. In den Unfallverhütungsvorschriften sind u. a. die Einsatzzeiten pro Jahr und Arbeitnehmer für die verschiedenen Betriebsarten festgelegt (vgl. dazu Versen, ASP 1975, 1). 2. Die Bestellung erfolgt durch einseitige, der Schriftform bedürftige Willenserklärung des Arbeitgebers. Sie ist von der Begründung eines Arbeits- oder Dienstvertrags mit dem Betriebsarzt zu unterscheiden, wenn auch praktisch beide Rechtshandlungen zusammenfallen (vgl. Giese-Ibels-Rehkopf, aaO. § 2

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Rz 9). Betriebsärzte können als haupt- oder nebenberufliche Ärzte bestellt werden. Entscheidend ist, daß dem Betriebsarzt genügend Zeit zur Verfügung steht, um die ihm übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen (Begründung zu § 2 des Regierungsentwurfs zum ASiG, BT-Drucksache 7/260, S. 11). Der Arbeitgeber kann wahlweise auch einen > ü b e r b e t r i e b l i c h e n arb e i t s m e d i z i n i s c h e n D i e n s t zur Wahrnehmung der betriebsärztlichen Aufgaben nach dem ASiG verpflichten (§ 19 ASiG). Zum Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates vgl. unten Rz 419. Der Betriebsinhaber selbst kann auch bei entsprechender fachlicher Qualifikation nicht als Betriebsarzt im eigenen Betrieb bestellt werden. Dies wäre mit der dem Betriebsarzt nach dem ASiG gewährten Unabhängigkeit vom Arbeitgeber („frei von Weisungen, in die sachfremde Erwägungen einfließen könnten" [amtliche Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucksache 7/260 S. 14] nicht vereinbar. 413

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III. Die Rechtsstellung des Betriebsarztes richtet sich nach der jeweiligen vertraglichen Ausgestaltung der Tätigkeit. Hierfür gibt es verschiedene Musterverträge (vgl. Mustervertrag der BÄK, DÄ 1975, 691; Rieger, Verträge für Betriebsärzte; Mustervertrag des Marburger Bundes für die hauptamtlichen Betriebsärzte, mb - der arzt 1975, 176). 1. Hauptamtlich angestellte Betriebsärzte sind Arbeitnehmer mit allen sich hieraus ergebenden Rechten und Pflichten (näher dazu Schäcker, RdA 1960, 215; Küchenhoff, RdA 1972, 337). a) Aus der besonderen Funktion des Betriebsarztes ergeben sich jedoch Einschränkungen in bezug auf das Weisungsrecht des Arbeitgebers. Nach § 8 Abs. 1 ASiG sind Betriebsärzte bei der Anwendung ihrer arbeitsmedizinischen Fachkunde weisungsfrei und nur ihrem ärztlichen Gewissen unterworfen ( > A r z t Rz 123). Die Weisungsfreiheit bezieht sich nicht auf allgemeine Anordnungen und Weisungen des Arbeitgebers im Rahmen seines Direktionsrechts (vgl. im einzelnen Doetsch-Schnabel, aaO. § 8 Rz 1). Auch hier ergeben sich jedoch Grenzen aus der ärztlichen Schweigepflicht (dazu unter Rz 427). Insoweit entspricht die Rechtsstellung des Betriebsarztes derjenigen eines leitenden Krankenhausarztes ( > Chefarzt Rz 518). b) Der Betriebsarzt - in Betrieben mit mehreren Betriebsärzten der leitende Betriebsarzt - untersteht unmittelbar dem (nicht unbedingt mit dem Arbeitgeber identischen) Leiter des Betriebes (§ 8 Abs. 2 ASiG). Es handelt sich hier um eine „Mindestregelung" mit der Folge, daß eine entgegenstehende Vereinbarung im Anstellungsvertrag nichtig ist (§ 134 BGB). Nichtleitende Betriebsärzte sind den leitenden Betriebsärzten unmittelbar unterstellt. c) Die Frage, ob Betriebsärzte leitende Angestellte i.S. des § 5 Abs. 3 BetrVG sind, ist umstritten. Keine Zweifel an der Eigenschaft als leitender Angestellter bestehen dort, wo der Betriebsarzt zur selbständigen Einstellung und Entlassung von Personal in seinem Bereich berechtigt ist oder wo er - was allerdings praktisch selten sein wird - Prokura besitzt (vgl. Giese-Ibels-Rehkopf aaO. Vorbem. vor § 1 Rz 4). Wo dem Betriebsarzt eine solche Rechtsstellung im Un-

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ternehmen nicht zukommt, wird die Eigenschaft als leitender Angestellter überwiegend verneint, auch soweit es sich um leitende Betriebsärzte handelt (vgl. LArbG Bad.-Wttbg., DB 1978, 497 ; ArbG Köln v. 14. 6. 1972 - 7 BV 17/72 ArbG Gelsenkirchen v. 5. 5. 1977 - 3 BV 6/77 ArbG Würzburg/ Schweinfurt v. 14. 12. 1978 - 3 BV 16/77 S. Krebs, aaO. § 2 Anm. IV; Scholz, ArbuR 1979, 257, ders. DÄ 1981, 1220; Spinnarke, ErgoMed. 1982/2, S. 3). Dagegen hat das LArbG München in einem Beschluß v. 22. 3. 1978 - 3 (4) Ta BV 41/77 - den leitenden Betriebsarzt eines Unternehmens als leitenden Angestellten i. S. des § 5 Abs. 3 BetrVG anerkannt. Nach Auffassung des LArbG Bad.-Wttbg. aaO. „ist es nicht zuletzt gerade das Betriebsärztegesetz, welches den Betriebsarzt aus dem Kreis der leitenden Angestellten i. S. des Betriebsverfassungsrechts herausnimmt und dies ganz bewußt, weil der Betriebsarzt eben nicht nur für die Unternehmensführung, die Durchsetzung ihrer Interessen, sondern auch für die Belegschaft da sein und auch deren Vertrauen genießen muß, damit sich die Wirkungen der betriebsärztlichen Tätigkeit voll entfalten können". An diesem Argument wird man in der Tat nach geltendem Recht nicht vorbeikommen. Andererseits ist nicht zu verkennen, daß das Betriebsverfassungsrecht die Sonderstellung des Betriebsarztes nicht hinreichend berücksichtigt und die Anwendung des BetrVG auf Betriebsärzte dem ASiG zuwiderläuft (vgl. hierzu die interessante Arbeit von Sohnius-Schirdewahn, DB 1978, 2315 = ASP 1978, 176; die dort vorgeschlagene Lösung einer Fortentwicklung des von § 5 Abs. 3 BetrVG vorausgesetzten Kriteriums der Interessenpolarität oder eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf Betriebsärzte dürfte indes im geltenden Recht keine Stütze finden). d) Der Betriebsarzt genießt wie alle Arbeitnehmer Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz. Dies ist u. a. von Bedeutung für Änderungskündigungen (§ 2 KSchG) zum Zwecke der Versetzung des Betriebsarztes in einen anderen Betrieb desselben Arbeitgebers am selben oder an einem anderen Ort. Im Einzelfall kann zweifelhaft sein, ob eine Änderungskündigung vorliegt oder ob es sich um eine Maßnahme im Rahmen des Direktionsrechts des Arbeitgebers handelt (vgl. dazu Schaub, aaO. S. 142, 145). Zur Vermeidung von Schwierigkeiten empfiehlt sich eine klare Regelung im Anstellungsvertrag (vgl. Rieger, Verträge für Betriebsärzte, § 1 des Mustervertrages A I 1, S. 2). 2. Im Gegensatz zu den hauptberuflich angestellten Betriebsärzten sind nebenberufliche Betriebsärzte, die neben einer Haupttätigkeit als niedergelassener oder angestellter Arzt einen oder mehrere Betriebe ärztlich betreuen, i.d.R. nicht Arbeitnehmer, sondern freie Mitarbeiter. Im Einzelfall kann aber je nach dem Umfang der betriebsärztlichen Tätigkeit ein arbeitsrechtliches Anstellungsverhältnis gegeben sein. Dabei kommt es nicht auf die von den Vertragspartnern gewählte Formulierung („Arbeitnehmer" oder „freier Mitarbeiter"), sondern allein darauf an, ob der Betriebsarzt nach dem Gesamtbild seiner Tätigkeit bei der tatsächlichen Abwicklung des Vertragsverhältnisses in einem persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis zum Unternehmen steht (vgl. BAGE 12, 303; 15, 335, 342; 19, 324). Die Arbeitnehmereigenschaft eines nebenberuflich tätigen Betriebsarztes ist zu verneinen, wenn

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ihm außer den nach § 3 ASiG weisungsfrei zu erfüllenden Aufgaben andere, weisungsgebundene Aufgaben nicht übertragen sind, wenn sich ferner seine Arbeitszeitbindung auf die Abhaltung bestimmter Sprechzeiten im Betrieb beschränkt und es ihm frei steht, Zeit und Dauer seines Urlaubs selbst zu bestimmen (BSG v. 9. 12. 1981, SGb 1982, 306). Die Tatsache allein, daß der Arzt nur für kürzere Zeit im Betrieb tätig ist, steht seiner Arbeitnehmereigenschaft nicht entgegen (vgl. Küchenhoff, RdA, 1972, 337 f. ; Schäcker, RdA 1960, 215; Molitor bei Kuhns, aaO. S. 1/934; Krebs, aaO. § 2 Anm. IV; als Beispiel für einen Vertrag über eine nebenberufliche betriebsärztliche Tätigkeit in freier Mitarbeit vgl. Rieger, Verträge für Betriebsärzte, S. 11 ff.). Im Gegensatz zu der hier vertretenen Auffassung sind die Spitzenverbände der Krankenkassen, der Verband Deutscher Rentenversicherungsträger und die Bundesanstalt für Arbeit der Ansicht, daß frei praktizierende Ärzte, die nebenberuflich als Betriebsarzt tätig sind, diese Tätigkeit stets im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausüben. Zur Begründung wird vor allem darauf hingewiesen, daß die Betriebsärzte an bestimmten Tagen und zu bestimmten Zeiten im Betrieb anwesend sein müssen (vgl. ASP 1977, 184). Dieser Meinung kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil das ASiG in verschiedenen Bestimmungen die Existenz freiberuflich tätiger Betriebsärzte voraussetzt und diese von den in einem Anstellungsverhältnis stehenden Betriebsärzten deutlich unterscheidet (vgl. z. B. §§ 2 Abs. 3 Satz 4, 9 Abs. 3 Satz 3 ASiG). Im übrigen kann die in § 2 Abs. 2 ASiG normierte Pflicht des Arbeitgebers, in Erfüllung seiner Verpflichtungen aus dem ASiG die notwendigen Räume, Einrichtungen und Hilfspersonal zur Verfügung zu stellen, kein Kriterium für die Qualifizierung des nebenberuflichen Betriebsarztes als Arbeitnehmer oder freier Mitarbeiter sein. Bei der Vereinbarung der Vergütung für freiberuflich tätige Betriebsärzte unter Zugrundelegung der jeweils geltenden Einsatzzeiten (vgl. oben Rz 412) ist zu beachten, daß diese die Zeiten für die Durchführung von Einstellungsuntersuchungen nicht enthalten. Diese müssen daher besonders (nach Einzelleistungen oder durch einen prozentualen Zuschlag zu dem unter Zugrundelegung der Einsatzzeit vereinbarten Honorar) vergütet werden. 3. Für die versicherungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeit als Betriebsarzt gilt folgendes: a) Wo nach der Ausgestaltung des Vertrages ein freies Mitarbeiterverhältnis vorliegt, besteht Versicherungsfreiheit in der Angestelltenversicherung, Krankenversicherung und Arbeitslosenversicherung. Ebenso ist der auf freiberuflicher Basis tätige Betriebsarzt nicht in den Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung einbezogen (§ 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO). Das Unfallrisiko bei der betriebsärztlichen Tätigkeit ist jedoch durch eine für die Praxistätigkeit bestehende freiwillige Versicherung nach §§ 541 Abs. 1 Nr. 4, 545, RVO mit abgedeckt (a.A. Lauterbach, aaO. § 539 Anm. 7 b). b) Wo nach der Ausgestaltung des Vertrages über eine nebenberufliche betriebsärztliche Tätigkeit ein Anstellungsverhältnis gegeben ist, ist der Betriebsarzt in der Angestelltenversicherung, der Krankenversicherung und der Ar-

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beitslosenversicherung trotzdem versicherungsfrei, wenn eine geringfügige Beschäftigung vorliegt (§ 8 SGBIV - i.V.m. §§ 4 Abs. 1 Nr. 5 AVG, 168 RVO, 169 Nr. 1 AFG|. Unfallversicherungsschutz besteht aber auch in diesem Falle nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO. Soweit eine geringfügige Beschäftigung nicht anzunehmen ist, kann sich der nebenberufliche Betriebsarzt bei bestehender Mitgliedschaft in der Ärzteversorgung nach § 7 Abs. 2 AVG von der Angestelltenversicherungspflicht befreien lassen (Versorgungswerk Rz 1843). Krankenversicherungspflicht besteht in diesem Falle, soweit die Einnahmen aus betriebsärztlicher Tätigkeit die Versicherungspflichtgrenze überschreiten. IV. Nach § 4 ASiG darf der Arbeitgeber als Betriebsarzt nur Ärzte bestellen, 417 die über die zur Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben erforderliche arbeitsmedizinische Fachkunde verfügen. Dieser Begriff ist im Gesetz nicht definiert. Die Voraussetzungen für den Erwerb der arbeitsmedizinischen Fachkunde sind jedoch in der Unfallverhütungsvorschrift „Betriebsärzte" - U W (VBG 231 der BEGEWO i.V.m. der Vereinbarung zu § 3 U W zwischen der Bundesärztekammer und dem Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften v. 1. 1. 1979 (abgedr. in DÄ 1979, 600) geregelt. Danach ist der Nachweis der erforderlichen Fachkunde erbracht, wenn eine der folgenden Voraussetzungen vorliegt (vgl. zum folgenden eingehend Krebs, aaO. § 4 Anm. III; Narr, aaO. Rz 459; Schiffbauer, DÄ 1974, 3451 ff. ; DÄ 1975, 2151; DÄ 1979, 551, 2250): 1. Erwerb der > Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin" (vgl. Anl. I Nr. 3 MuWO) Nach den Ubergangsregelungen in den > Weiterbildungsordnungen reicht es für den Erwerb dieser Gebietsbezeichnung aus, wenn der Bewerber im Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen Weiterbildungsordnung 4 fahre als Betriebsarzt, als > Gewerbearzt, als Arzt in einem arbeitsmedizinischen Hochschulinstitut, im ärztlichen Dienst der Bundesanstalt für Arbeit oder einer vergleichbaren Einrichtung tätig war, und zwar hauptberuflich oder in besonders verantwortlicher arbeitsmedizinischer Stellung (vgl. § 18 MuWO i.V.m. der Anl. I Nr. 3 MuWO). Eine Tätigkeit beim > Gesundheitsamt ist nicht anrechnungsfähig. Voraussetzung ist stets, daß eine der genannten Tätigkeiten im Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen Weiterbildungsordnung ausgeübt wurde. Nicht ausreichend ist es daher z.B., wenn der Bewerber früher über 4 Jahre hauptamtlich als > Bahnarzt, im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Weiterbildungsordnung jedoch nur nebenberuflich arbeitsmedizinisch tätig war (OVG Münster v. 8. 8. 1980 - 13 A 1534/79 -). Streitig ist, was unter einer Tätigkeit „in besonders verantwortlicher arbeitsmedizinischer Stellung" zu verstehen ist. Aus dem Charakter als Ubergangsvorschrift und aus der Entstehungsgeschichte ergibt sich, daß diese eng auszulegen ist. Zu fordern ist eine herausgehobene, in der Intensität einer hauptberuflichen Tätigkeit gleichzusetzende arbeitsmedizinische Stellung. Eine solche bekleidet ein nur nebenberuflich auf dem Gebiet der Arbeitsmedizin tätiger Arzt nur dann, wenn seine Position und sein Verantwortungsbereich deutlich gegenüber einem hauptbe-

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ruflichen Arbeitsmediziner, der immer auch verantwortlich tätig ist, herausgehoben ist. Dies ist z. B. anzunehmen bei der Leitung eines > überbetrieblichen arbeitsmedizinischen Dienstes oder bei einer erheblichen wissenschaftlichen Tätigkeit auf arbeitsmedizinischem Gebiet (vgl. OVG Münster v. 8. 8. 1980 13 A 2 1 6 6 / 7 9 - ; V G Karlsruhe v. 4. 2. 1982 - 8 K 9 0 / 8 1 -). 2. Erwerb der > Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin", die vom Arzt nur an der Stätte seiner arbeitsmedizinischen Tätigkeit im Betrieb geführt werden darf (vgl. Anl. II Nr. 3 MuWO). 418

3. Erwerb der arbeitsmedizinischen Fachkundebescheinigung nach § 3 Abs. 3 Nr. 3 U W „Betriebsärzte" bei der zuständigen > Ä r z t e k a m m e r . Bei Vorlage dieser Fachkundebescheinigung kann (nicht muß) der Unternehmer den Nachweis der arbeitsmedizinischen Fachkunde als erbracht ansehen. Diese Bescheinigung beinhaltet selbst keinen Fachkundenachweis, sondern nur eine Tatsachenbestätigung über 12 Monate klinische oder poliklinische Tätigkeit in geeigneter Weise sowie die Teilnahme an einem vierwöchigen arbeitsmedizinischen Einführungslehrgang, der in zwei Abschnitte von je 14 Tagen aufgeteilt werden kann, jedoch innerhalb von 12 Monaten abgeschlossen sein muß. Die klinische oder poliklinische Tätigkeit muß nicht in der inneren Medizin abgeleistet werden, sondern kann auch in einem anderen geeigneten Gebiet erfolgen. „Geeignet" ist ein auf die innere Medizin im Rahmen der Weiterbildung zum Arbeitsmediziner anrechenbares Gebiet (vgl. Anl. I Nr. 3 MuWO). Nach der Vereinbarung zu § 3 U W „Betriebsärzte" (oben Rz 417) verbindet die Ärztekammer die Fachkundebescheinigung mit der Auflage, daß der Betriebsarzt innerhalb einer Frist von 5 Jahren die Voraussetzungen für das Recht erwirbt, die > G e b i e t s b e z e i c h n u n g „Arbeitsmedizin" oder die > Z u s a t z b e z e i c h n u n g „Betriebsmedizin" zu führen. Diese Auflage hat jedoch, da die Fachkundebescheinigung nur Tatsachenfeststellungen enthält, keine Rechtsverbindlichkeit dergestalt, daß die Bescheinigung bei Nichterfüllung der Auflage entzogen werden könnte. Die Auflage kann jedoch Wirkungen insofern entfalten, als der Unternehmer im Falle ihrer Nichterfüllung die Fachkunde als nicht mehr gegeben ansehen kann (a.A. Spinnarke, ErgoMed 1981/5, S. 20, der die > Ä r z t e k a m m e r für verpflichtet hält, die Fachkundebescheinigung nach den Grundsätzen über begünstigende Verwaltungsakte zu widerrufen. Für eine solche Rechtspflicht ist indes eine Rechtsgrundlage nicht ersichtlich). 4. Erwerb der arbeitsmedizinischen Fachkundebescheinigung nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 U W „Betriebsärzte". Nach dieser Bestimmung i.V.m. der U W „Betriebsärzte" erteilt die > Ä r z t e k a m m e r eine Bescheinigung über die arbeitsmedizinische Fachkunde bei denjenigen Ärzten, die vor dem 1. 1. 1974 bereits als Betriebsarzt tätig waren und bei ihrer Einstellung gem. § 7 der Vereinbarung über den werksärztlichen Dienst v. 1.3. 1953 (abgedr. bei Kuhns, aaO. S. 11/499) eine ausreichende arbeitsmedizinische Kenntnis und Ausbildung für die Tätigkeit eines Werksarztes nachgewiesen haben (Einzelheiten bei Schiffbauer, DÄ 1974, 3451, 3454). Diese Regelung ist heute kaum mehr von praktische Bedeutung.

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Die vorstehende Regelung gilt nach der geplanten Änderung des § 3 U W „Betriebsärzte" nur noch bis zum 31. 12. 1984. Ab diesem Zeitpunkt sollen als alleinige Fachkundenachweise die Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin" und die Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin" gelten. Bescheinigungen nach § 3 Abs. 3 Nr. 3 U W „Betriebsärzte sollen nach dem genannten Termin nicht mehr ausgestellt werden können. Die bis dahin ausgestellten Bescheinigungen behalten jedoch ihre Gültigkeit. Allerdings müssen Ärzte; die zwar die Fachkundebescheinigung vor dem 1.1. 1985 erworben haben, aber nicht regelmäßig betriebsärztlich tätig waren, an einem dreimonatigen theoretischen Kurs über Arbeitsmedizin teilnehmen. V. Eine Beteiligung des Betriebsrates auf dem betriebsärztlichen Sektor sieht das ASiG vor allem in folgenden Fällen vor: 1. Die Bestellung und Abberufung eines [ haupt- oder nebenberuflich) angestellten Betriebsarztes bedarf der Zustimmung des Betriebsrates (§ 9 Abs. 3 Satz 1 ASiG). Bei der Verpflichtung und Entpflichtung eines freiberuflich tätigen Betriebsarztes oder eines > Ü b e r b e t r i e b l i c h e n arbeitsmedizinischen D i e n s t e s hat der Betriebsrat nur ein Anhörungsrecht (§ 9 Abs. 3 Satz 3 ASiG). Die Zustimmung des Betriebsrates ist auch bei einer späteren Änderung der im Anstellungsvertrag mit dem Betriebsarzt festgelegten Aufgaben vorgeschrieben (§ 9 Abs. 3 Satz 2 ASiG). Eine Änderung des Aufgabenkreises eines freiberuflich tätigen Betriebsarztes erfordert keine Mitwirkung des Betriebsrates. 2. Der Betriebsrat hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht bei der Entscheidung, welche der drei Möglichkeiten zur Erfüllung der Pflichten des Arbeitgebers nach dem ASiG (vgl. oben Rz 412) zu wählen ist (BAG, NJW 1979, 2362). 3. Besondere Vorschriften regeln die Zusammenarbeit zwischen Betriebsarzt und Betriebsrat (§§ 9 Abs. 1 und 2 ASiG; vgl. dazu Spinnarke, ErgoMed 1978, 8 ; Hüttig, DB 1978, 594).

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VI. 1. Der Aufgabenkreis des Betriebsarztes ist in § 3 ASiG umrissen. Die dortige Aufzählung ist nicht abschließend. Durch Vereinbarung können dem Betriebsarzt deshalb weitere Aufgaben übertragen werden. Hierbei kann die „Richtlinie zur werksärztlichen Betreuung der Arbeitnehmer und zur Einrichtung werksärztlicher Dienste in den Betrieben und Unternehmen v. 10. 6. 1966" (BArbBl. 1966, 169 = DÄ 1967, 2052) herangezogen werden, auch wenn diese inzwischen durch Erlaß des BMA im Jahr 1977 förmlich außer Kraft gesetzt worden ist. Der Betriebsarzt wird - abgesehen von Notfällen - nicht behandelnd, sondern vorbeugend und beratend tätig (vgl. aber unten Rzn. 435f.). Zu den Aufgaben des Betriebsarztes gehört es auch nicht, Krankmeldungen der Arbeitnehmer auf ihre Berechtigung zu überprüfen (§ 3 Abs. 3 ASiG; vgl. hierzu Küchenhoff, RdA 1972, 336, 339; Morhard, DMW 1966, 722). Dem Betriebsarzt ist es jedoch nicht untersagt, einen Arbeitnehmer auf seine weitere Arbeitsplatztauglichkeit und damit auf seine künftige Eignung unter medizini-

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sehen Aspekten für die arbeitsvertraglich geschuldete Leistung zu untersuchen. Er kann deshalb auch im Kündigungsschutzprozeß vor dem Arbeitsgericht über die möglichen künftigen krankheitsbedingten Fehlzeiten des Arbeitnehmers als > sachverständiger Z e u g e gehört werden (LArbG Berlin v. 17. 1. 1983, DB 1983, 561). Da sich der Umfang der Aufgaben des Betriebsarztes nach den spezifischen Erfordernissen des jeweiligen Betriebes richtet, ist vielfach nur ein Teil des Aufgabenkatalogs zu erfüllen. Es empfiehlt sich daher, bei Vertragsabschluß nicht einfach auf § 3 ASiG zu verweisen, sondern die Aufgaben im einzelnen festzulegen (vgl. dazu Rieger, Verträge für Betriebsärzte, S. 30). 2. Aus der Zuweisung bestimmter Aufgaben an den Betriebsarzt läßt sich keine Pflicht der Arbeitnehmer ableiten, dem Betriebsarzt bei der Durchführung dieser Aufgaben behilflich zu sein und sich von ihm untersuchen zu lassen und einen von ihm vorgelegten Einstellungsfragebogen auszufüllen (so zutreffend eine Stellungnahme des BMA, Berufsgenossenschaft 1976, 275; zur Zulässigkeit von Fragebogen des Betriebsarztes und die sich dabei ergebenden Probleme der Mitbestimmung durch den Betriebsrat vgl. Heilmann-Thelen, BB 1977, 1556; Kilian, BB 1980, 893, 894; zum Umfang des Befragungsrechts des Betriebsarztes allgemein vgl. Uhlenbruck, ArztR 1972, 134). Eine entsprechende Rechtspflicht kann sich aber aus anderen Rechtsquellen, z. B. Einzelarbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag ergeben. Auch Arbeitsschutzvorschriften können eine Untersuchungspflicht begünden mit der Folge, daß der Arbeitnehmer, der sich weigert, nicht weiterbeschäftigt werden darf, was zur Kündigung führen kann. Streitig ist, ob der Arbeitnehmer auch ohne ausdrückliche Regelung aufgrund der arbeitsvertraglichen Treuepflicht zur Duldung arbeitsmedizinischer Untersuchungen verpflichtet ist (vgl. Giese-Ibels-Rehkopf, aaO. § 3 Rz 18 m. Nachw.).

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3. Mit den Aufgaben des Betriebsarztes grundsätzlich unvereinbar ist die Ausstellung von > Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, weil der Betriebsarzt dabei in die Gefahr eines Interessenkonfliktes zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gerät.

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VII. Der Betriebsarzt hat aufgrund seines Arbeits- oder Dienstvertrages mit dem Unternehmen sowie aufgrund des ärztlichen Berufsrechts die Pflicht zur Führung von Aufzeichnungen ( > D o k u m e n t a t i o n s p f l i c h t ) . Von der Interessenlage her wird man nicht nur bei hauptberuflichen, sondern auch bei nebenberuflichen Betriebsärzten nicht den Arzt, sondern das Unternehmen als „Hersteller" (§950 BGB) und damit Eigentümer der betriebsärztlichen Aufzeichnungen ansehen müssen. Gleiches gilt beim Einsatz überbetrieblicher arbeitsmedizinischer Dienste ( > K r a n k e n u n t e r l a g e n Rz 1089).

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VIII. Schweigepflicht. Der Betriebsarzt ist wie jeder andere Arzt an die Regeln der ärztlichen > Schweigepflicht gebunden. Dem wird in § 8 Abs. 1 Satz 2 ASiG ausdrücklich Rechnung getragen. 1. Schweigepflicht gegenüber dem Arbeitgeber, a) Wer sich als Stellenbewer-

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ber oder Betriebsangehöriger einer durch Gesetz oder nach den Unfallverhütungsvorschriften der > Berufsgenossenschaft (vgl. oben Rz 365) vorgeschriebenen arbeitsmedizinischen Einstellungs-, Kontroll- oder arbeitsmedizinischen > Vorsorgeuntersuchung unterzieht, erklärt sich i.d.R. stillschweigend mit der Weitergabe des Ergebnisses dieser Untersuchung an den Arbeitgeber einverstanden. Die Weitergabe der bei der Untersuchung anfallenden Befunde ist durch das stillschweigende Einverständnis des Patienten grundsätzlich nicht gedeckt. Der Betriebsarzt darf dem Arbeitgeber grundsätzlich nur mitteilen, ob und inwieweit aufgrund seines Untersuchungsergebnisses gegen die Beschäftigung des Arbeitnehmers gesundheitliche Bedenken bestehen. Die von ihm erhobenen Einzelbefunde darf der Betriebsarzt dem Arbeitgeber nicht bekanntgeben (vgl. Hess, DÄ 1978, 1055, Hinrichs, DB 1980, 2287, 2288; LArbG Köln v. 8. 7. 1982 - 3 Sa 370/81 ebenso § 34 Abs. 1 Satz 2 des Entwurfes eines Arbeitsschutzgesetzes > Arbeitsschutzgesetz. Bedenken gegen die Unterscheidung zwischen Untersuchungsergebnis und Untersuchungsbefund bei Schimke, BB 1979, 1354, 1355], Kommt der Betriebsarzt zu dem Ergebnis, daß nur eine eingeschränkte oder bedingte Eignung vorliegt, so darf und muß er darüber hinaus angeben, was getan werden muß, damit der Arbeitnehmer entweder an seinem alten oder an einem neuen Arbeitsplatz ohne Gesundheitsrisiken weiterbeschäftigt werden kann (vgl. auch § 17 Abs. 4 u. 5 ArbStoffV). Bei freiwilligen Vorsorgeuntersuchungen durch den Betriebsarzt kann ein 425 konkludent erklärtes Einverständnis des Patienten mit der Weitergabe des Untersuchungsergebnisses an den Arbeitgeber regelmäßig nicht angenommen werden; vielmehr bleibt hier die ärztliche Schweigepflicht in vollem Umfang aufrechterhalten (Schimke, BB 1979, 1354; a.A. Eiermann, BB 1980, 214, 215). Dies gilt erst recht in bezug auf die Mitteilung von Untersuchungsbefunden an den Arbeitgeber (LBerufsG beim OVG Nordrh.-Westf. v. 22. 3. 1979, Rhein.ÄBl. 1982, 620). In keinem Fall darf der Betriebsarzt auf die Erklärung des Arbeitgebers oder des Personalchefs vertrauen, der Arbeitnehmer sei mit der Mitteilung der Untersuchungsbefunde einverstanden. In allen Fällen kann der Arbeitnehmer der Weitergabe der im Rahmen des Untersuchungszwecks festgestellten Untersuchungsergebnisse an den Arbeitgeber widersprechen. In diesem Fall darf der Betriebsarzt das Untersuchungsergebnis dem Arbeitgeber nicht bekanntgeben, es sei denn, daß die Offenbarung zum Schutze eines höherwertigen Rechtsgutes (z.B. Schutz der übrigen Beschäftigten vor Ansteckung) gerechtfertigt ist (vgl. Kilian, BB 1980, 893, 894 f. ; a.A. Kierski, BB 1976, 842, der den Betriebsarzt für verpflichtet hält, dem Arbeitgeber - auch gegen den ausdrücklich erklärten Willen des Arbeitnehmers - alle Auskünfte zu geben, die notwendig sind, um die für das Arbeitsverhältnis wichtigen Entscheidungen zu treffen; dagegen mit Recht Hinrichs, BB 1976, 1273). Das Risiko einer infolge seiner Weigerung nicht möglichen Aufklärung eines für die Entscheidung des Arbeitgebers maßgeblichen Sachverhalts trägt jedoch grundsätzlich der Arbeitnehmer (Hess, aaO.). b) Die vom Betriebsarzt angefertigten ärztlichen Aufzeichnungen, schriftli- 426 chen Befunde, Krankengeschichten, Röntgenaufnahmen und sonstige Unterla-

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gen nehmen im weitesten Sinne an der Schweigepflicht teil. Daraus ergibt sich die Verpflichtung des Betriebsarztes, die über den Arbeitnehmer angelegten Gesundheitsakten vor dem unberechtigten Zugriff Dritter, zu denen auch der Arbeitgeber gehört, zu schützen. Die Gesundheitsakten des Betriebsarztes lassen sich nicht als Personalakten des Unternehmens qualifizieren (Kilian, BB 1980, 893, 895; LArbG Bremen, BB 1977, 648; zum Verhältnis zwischen Arztgeheimnis und Personalrecht eingehend Wiese, DÄ 1982/39, S. 88 ff. ; 1982/40, S. 72ff.). Nur der Betriebsarzt selbst und seine berufsmäßig tätigen Gehilfen, die nach § 203 StGB in den Kreis der Schweigepflichtigen einbezogen sind, dürfen Zugang zu den Gesundheitsakten haben (vgl. Hess, aaO.). Nach Vertragsbeendigung (z.B. durch Tod, Kündigung, Auflösung des betriebsärztlichen Dienstes oder der Firma) muß der Betriebsarzt analog der Vorschrift des § 11 Abs. 4 MuBO dafür Sorge tragen, daß die Aufzeichnungen in gehörige Obhut gegeben werden. c) Die Pflicht zur Wahrung des Arztgeheimnisses verlangt, daß der Betriebsarzt auch auf die Einhaltung der Schweigepflicht durch das im betriebsärzthchen Dienst beschäftigte nichtärztliche Personal hinwirkt. Dies geschieht einmal durch entsprechende schriftliche Belehrung des Personals gemäß den Vorschriften der > B e r u f s o r d n u n g (vgl. § 2 Abs. 3 MuBO), wobei es sich empfiehlt, die Belehrung in gewissen Zeitabständen sowie bei allen sich bietenden Gelegenheiten zu wiederholen (vgl. Schäcker, BB 1964, 969). Außerdem hat der Betriebsarzt die Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen des Betriebes durch geeignete Maßnahmen so zu organisieren, daß das ärztliche Berufsgeheimnis bestmöglich gewahrt wird (zur vertraglichen Regelung der Schweigepflicht im Vertrag zwischen Betriebsarzt und Arbeitgeber vgl. Rieger, Verträge für Betriebsärzte, Mustervertrag A I 1, §6; zur Schweigepflicht des Betriebsarztes vgl. ferner Kierski, BB 1976, 842 ; ders., ASP 1977, 76, Hinrichs, Arzt u. Krankenhaus 1977/2, S. 26 ; ders., BB 1976, 1273).

d) Im übrigen muß die Unternehmensleitung alles unterlassen, was die ärztli-

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che Schweigepflicht beeinträchtigen könnte (Küchenhoff, RdA 1972, 340). Beschränkungen der Pflicht zur Wahrung des Berufsgeheimnisses im Dienstoder Anstellungsvertrag mit dem Betriebsarzt sind unwirksam (Schäcker, BB 1964, 968). Rechtsunwirksam sind auch pauschale Entbindungen von der ärztlichen Schweigepflicht für alle künftigen Fälle im Arbeitsvertrag. Andererseits kann die Einhaltung der ärztlichen Schweigepflicht auch ausdrücklich zum Inhalt des Vertrages zwischen Betriebsarzt und Arbeitgeber gemacht werden. Damit kommt ein echter Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB), d. h. zugunsten der Betriebsangehörigen zustande mit der Folge, daß der Arbeitgeber berechtigt ist, den Dienst- oder Anstellungsvertrag mit dem Betriebsarzt aus wichtigem Grund nach § 626 BGB zu kündigen, wenn der Arzt seine Schweigepflicht gröblich verletzt. 2. Die engen Grenzen der Offenbarungsbefugnis des Betriebsarztes gegenüber dem Arbeitgeber gelten auch im Verhältnis zum Betriebsrat (Hinrichs, DB 1981, 2289). 3. Die ärztliche Schweigepflicht des Betriebsarztes besteht auch gegenüber

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anderen Ärzten, insbesondere niedergelassenen Ärzten (näher dazu Hinrichs, DB 1981, 2289). Umgekehrt sind auch diese zur Wahrung des ärztlichen Berufsgeheimnisses gegenüber dem Betriebsarzt verpflichtet (vgl. Rieger, DMW 1973, 847; Moossen, Berufsgenossenschaft 1979, 663). 4. Wegen der Wahrung der Schweigepflicht gegenüber Krankenkassen, Berufsgenossenschaften und sonstigen Stellen vgl. Hinrichs, DB 1981, 2289 > Schweigepflicht Rzn. 1638 ff.). 5. Die Verpflichtung von Amtsärzten und anderen > b e a m t e t e n Ä r z t e n 430 zur betriebsärztlichen Betreuung von Bediensteten der öffentlichen Verwaltung ist mit der Schweigepflicht des Betriebsarztes unvereinbar ( > A m t s a r z t Rz 49). IX. Neben den Vorschriften über die ärztliche Schweigepflicht gelten für den Betriebsarzt die Vorschriften des Datenschutzrechts (vgl. zum folgenden eingehend Hess, ASP 1979,263 ff. ; Hinrichs, DB 1981,2290 f. ; Kilian, BB 1980,893 ff. ; Wiese, DÄ 1982/39, S. 88ff. ; 1982/40, S. 72ff. > D a t e n s c h u t z Rz 541): 1. Erfolgt die Datenerfassung durch den Betriebsarzt nicht in Form einer Datei i. S. des § 2 Abs. 3 Nr. 3 BDSG, sondern in Form von Gesundheitsakten, die für jeden einzelnen Arbeitnehmer angelegt werden, so findet das gesamte BDSG für diese Art der Datenverarbeitung keine Anwendung. Dies gilt auch dann, wenn in den Akten selbst nach einheitlichen Grundsätzen erstellte und ausgefüllte Datenerfassungsbögen aufgenommen sind, es sei denn, daß sie durch automatisierte Verfahren umgeordnet und ausgewertet werden können (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 BDSG > K r a n k e n u n t e r l a g e n Rz 1078). 2. Soweit über die im Rahmen betriebsärztlicher Untersuchungen erhobenen Gesundheitsdaten der Arbeitnehmer eine Datei im vorgenannten Sinne geführt wird, ist zu unterscheiden zwischen konventionell geführten Dateien und elektronisch gespeicherten Daten. Was die konventionell geführten Dateien betrifft, so beschränkt sich die Anwendung des Bundesdatenschutzgesetzes grundsätzlich auf die in § 6 Abs. 1 BDSG vorgeschriebenen technischen und organisatorischen Maßnahmen der Datensicherung (§ 1 Abs. 2 Satz 2 BDSG). Erfolgt die Datenverarbeitung im automatisierten Verfahren, so sind unabhängig vom Verwendungszweck der gespeicherten Daten die Vorschriften des ersten und dritten Abschnitts des BDSG einschließlich der Anlage zu § 6 über technische und organisatorische Maßnahmen der Datensicherung anzuwenden. 3. Die im Interesse der betriebsmedizinischen Betreuung der Arbeitnehmer eines Betriebes zur Erfüllung der Aufgaben des Betriebsarztes nach § 3 ASiG vorgenommene elektronische Speicherung von Gesundheitsdaten der Arbeitnehmer ist durch die Vorschrift des § 23 BDSG gedeckt, so daß es einer ausdrücklichen schriftlichen Einwilligung des Arbeitnehmers in die Datenverarbeitung nach § 3 BDSG nicht bedarf. 4. Die Weitergabe des Ergebnisses einer arbeitsmedizinischen Untersuchung an den Arbeitgeber ist nach § 24 BDSG zulässig. Diese Bestimmung rechtfertigt aber nicht die Weitergabe einzelner medizinischer Untersuchungsbefunde, da insoweit gemäß § 45 Satz 2 BDSG die Verpflichtung des Betriebsarz-

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tes zur Wahrung der ärztlichen Schweigepflicht grundsätzlich vorgeht (vgl. oben Rz 424, > D a t e n s c h u t z Rz 544). Nicht im Rahmen der Zweckbestimmung des Anstellungsverhältnisses (§ 24 BDSG) liegt die personenbezogene Weitergabe von Gesundheitsdaten der Arbeitnehmer zum Zwecke der epidemiologischen Forschung an außerhalb des Unternehmens stehende datenverarbeitende Stellen. 5. Der betriebliche Datenschutzbeauftragte ist unter dem Gesichtspunkt der ärztlichen Schweigepflicht „Dritter" mit der Folge, daß Offenbarungen ihm gegenüber ohne Entbindungserklärung unbefugt sind. Der Datenschutzbeauftragte hat daher im Bereich der geheimzuhaltenden Daten auch keinerlei Kontrollrechte gegenüber dem Betriebsarzt und dem betriebsärztlichen Personal (Hinrichs, DB 1981, 2291). 6. Im übrigen hat der Betriebsarzt für den technischen und organisatorischen Schutz der betriebsärztlichen Daten Sorge zu tragen (Hinrichs, DB 1981, 2291). Eine Verkoppelung des arbeitsmedizinischen Teilsystems mit dem Personalinformationssystem des Unternehmens ist stets unzulässig, soweit hierdurch Zugriffsmöglichkeiten des Arbeitgebers oder von Personalsachbearbeitern auf Antworten von Befragungen des Betriebsarztes, Labortests oder sonstige Befunde eröffnet werden (Kilian, BB 1980, 894, ders., BB 1981, 985 ff. [Ergebnisse einer empirischen Forschung über Verwendung und Weitergabe arbeitsmedizinischer Informationen in Großunternehmen); vgl. zu diesem Fragenkomplex auch Wiese, DA 1982/39, S. 88ff. ; 1982/40, S. 72ff.). 7. Nach § 26 Abs. 2 Satz 1 BDSG besteht ein Rechtsanspruch der Arbeitnehmer gegenüber dem betriebsärztlichen Dienst (nicht gegenüber dem Arbeitgeber; vgl. Krebs, aaO. § 3 Anm. VII) auf Auskunftserteilung über die zu seiner Person gespeicherten Daten (vgl. Kilian, BB 1980, 893), wobei diese Auskunft schriftlich, z. B. in Form eines Computerausdrucks zu erteilen ist. Dieser Auskunftsanspruch gegenüber dem Betriebsarzt beinhaltet indes kein Einsichtsrecht des Arbeitnehmers. Ein solches Einsichtsrecht besteht auch nicht über § 8 3 Abs. 1 Satz 1 BetrVG (vgl. Händel, BB 1977, 797; Hinrichs, DB 1981, 2290; a.A. LArbG Bremen, BB 1977, 648). Auch dieser Auskunftsanspruch ist in Fällen von Gesundheits- und Lebensgefährdung eingeschränkt (Hinrichs, DB 1981, 2291 > Datenschutz Rz 543). X. Auskunftsanspruch des Arbeitnehmers. 1. Nach § 3 Abs. 2 ASiG besteht ein Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Betriebsarzt auf Mitteilung des „Ergebnisses arbeitsmedizinischer Untersuchungen". Trotz dieser Formulierung („Ergebnis") umfaßt die Informationsverpflichtung grundsätzlich die Pflicht zur uneingeschränkten Auskunftserteilung über den Zustand des Arbeitnehmers (so auch §34 Abs. 1 des Entwurfes eines > A r b e i t s s c h u t z g e setzes). Diesen Auskunftsanspruch kann der Arbeitnehmer unmittelbar gegen den Betriebsarzt gerichtlich geltend machen (Hinrichs, DB 1981, 2290 m. Nachw.). Eine Ausnahme besteht in den Fällen, in denen zu befürchten ist, daß die Auskunft für den betroffenen Arbeitnehmer mit erheblichen gesundheitlichen Nachteilen verbunden ist (Hinrichs, aaO. m. Nachw.).

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2. Hinsichtlich des Anspruchs des Arbeitnehmers auf Einsichtnahme in Gesundheitsakten des Betriebsarztes gelten die allgemeinen Grundsätze über die Einsichtnahme von Patienten in > Krankenunterlagen (Rzn. 1094ff.). XI. Eine Verknüpfung der präventiven Tätigkeit des Betriebsarztes (vgl. oben Rz 420) mit einer behandelnden Tätigkeit kann zu einer unzulässigen Beeinflussung des Rechts der > freien Arztwahl und damit gleichzeitig zu einer Verletzung der Pflicht zu kollegialem Verhalten führen (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 1 MuBO). Sofern der Betriebsarzt die > Gebietsbezeichnung „Arbeitmedizin" führt, ergibt sich das Verbot einer behandelnden Tätigkeit aus dem Grundsatz der Gebietsbeschränkung ( > Gebietsarzt Rz 673). 1. Keine Bedenken bestehen gegen die Durchführung von > Jugendarbeitsschutz-, > Vorsorge- und > Früherkennungsuntersuchungen durch Betriebsärzte, da es sich insoweit ebenfalls um präventive Maßnahmen handelt. Dagegen sollte der Betriebsarzt vermeiden, Arbeitnehmer seines Betriebes fortlaufend zu behandeln, in die Behandlung des frei praktizierenden Arztes einzugreifen oder sie sogar in irgendeiner Form zu kontrollieren (vgl. Roos, Hamb.ÄBl. 1973, 464; 466; Löwensein, Rhein.ÄBl. 1967, 130, 133). 2. Aus diesem Grunde kommt auch die Bestellung von hauptberuflichen Betriebsärzten zu > Durchgangsärzten grundsätzlich nicht in Betracht, obwohl Ziffer 3 der „Leitsätze für die Zusammenarbeit der Berufsgenossenschaften mit den Werksärzten v. 1. 3. 1953" (abgedr. bei Kuhns, aaO. S. 11/500) diese Möglichkeit vorsieht. Abgesehen davon wird die Beteiligung hauptberuflicher Betriebsärzte am berufsgenossenschaftlichen Durchgangsarztverfahren regelmäßig schon daran scheitern, daß der hauptberuflich tätige Betriebsarzt durch seine Dienstaufgaben voll in Anspruch genommen wird und daher für eine Tätigkeit als D-Arzt nicht mehr in dem erforderlichen Umfang zur Verfügung steht (vgl. Rieger, DMW 1975, 1147, 1148). Der letztere Gesichtspunkt trifft zwar für nebenberufliche Betriebsärzte nicht zu, jedoch wird hier meist die Gefahr der Beeinträchtigung der > freien Arztwahl der Verletzten gegeben sein (die abweichende Auffassung in DMW 1975, 1148 f. wird nicht mehr aufrechterhalten). Ein Rechtsanspruch des haupt- oder nebenberuflichen Betriebsarztes auf Bestellung als Durchgangsarzt besteht in keinem Falle (vgl. BSGE 37, 267, wo die Frage, ob Betriebsärzte zu D-Ärzten bestellt werden können, ausdrücklich offen gelassen wird; vgl. zu dem gesamten Fragenkreis auch Narr, aaO. Rz 529 m. Nachw.). 3. Die Zulassung von Betriebsärzten zur Kassenpraxis hängt davon ab, ob im Einzelfall der Arzt noch in ausreichendem Maße für die Versorgung der Versicherten zur Verfügung steht (§ 20 Abs. 1 ZO-Ä) und ob sich keine Interessenkollision ergibt (§ 20 Abs. 2 ZO-Ä,- vgl. Heinemann-Liebold aaO. § 20 ZO-Ä, E 121). An der ersteren Voraussetzung fehlt es regelmäßig bei hauptberuflich angestellten Betriebsärzten, so daß eine Kassenzulassung hier schon aus diesem Grunde nicht in Betracht kommt. Jedoch steht einer Ermächtigung ( > Kassenarzt Rz 928) auch dieses Personenkreises zur Erbringung einzelner Leistungen, insbesondere zur Durchführung von > Früherkennungsuntersu-

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chungen im Rahmen der vom Arbeitgeber genehmigten > Nebentätigkeit, grundsätzlich nichts im Wege. Bei teilzeitbeschäftigten Betriebsärzten bedarf es einer genauen Prüfung der Verhältnisse im Einzelfall. Die Rspr. zu dem Fragenkomplex ist uneinheitlich. Uberwiegend wird angenommen, daß die Tätigkeit als Betriebsarzt grundsätzlich mit der Tätigkeit eines frei praktizierenden Kassenarztes vereinbar ist, sofern die betriebsärztliche Tätigkeit nur nebenberuflich ausgeübt wird und der Betriebsarzt Uberwiegend als freipraktizierender Arzt für die kassenärztliche Versorgung der Versicherten zur Verfügung steht (vgl. SG München v. 27. 9. 1961 und 25. 10. 1961, ÄM 1962, 1072, 2417; LSG Essen v. 6. 3. 1962 - L 1 Ka 48/61 anders ohne nähere Begründung - SG Dortmund v. 19. 1. 1962, ÄM 1962, 1433). Unabhängig vom zeitlichen Umfang der Inanspruchnahme durch das Beschäftigungsverhältnis kann eine die Versagung der Kassenzulassung rechtfertigende Interessenkollision nach § 20 Abs. 2 ZO-Ä dann vorliegen, wenn im Einzelfall die konkrete Gefahr besteht, daß der Betriebsarzt unter Umgehung des Prinzips der > f r e i e n A r z t w a h l Patienten in seine Praxis zieht (vgl. Heinemann-Liebold aaO. § 20 ZO-Ä, E 121). 437

XII. Haftung (vgl. zum folgenden ausführlich Gitter, RdA 1983, 156ff.). 1. Zivilrechtliche Haftung, a) Der angestellte Betriebsarzt haftet zivilrechtlich für Schäden, die dem Arbeitgeber oder einem Arbeitnehmer durch sein Verschulden entstehen (gegenüber dem Arbeitgeber aus positiver Vertragsverletzung und §§ 823ff. BGB, gegenüber Arbeitnehmern nur aus unerlaubter Handlung). Die Haftung für Personenschäden ist jedoch durch die §§ 636, 637 RVO weitgehend ausgeschlossen. Dieses Haftungsprivileg gilt auch für freiberuflich tätige Betriebsärzte. (Gitter, aaO. S. 162). Problematisch ist die Haftung für das Unterlassen einer gebotenen betriebsärzthchen Maßnahme. Denn die Haftung für schuldhafte Untätigkeit setzt voraus, daß der Betriebsarzt die Möglichkeit hatte, den schädlichen Erfolg abzuwenden. An dieser Voraussetzung kann es fehlen, weil der Betriebsarzt nach dem ASiG vor allem unterstützende und beratende Funktion hat. Andererseits ist der Betriebsarzt bei Erfüllung seiner im ASiG detailliert aufgezählten Pflichten weisungsfrei und nur dem Leiter des Betriebes unterstellt. Die Erfolgsabwendungsmöglichkeit ist jedenfalls dort zu bejahen, wo der Betriebsarzt gleichzeitig eine Vorgesetztenposition mit Weisungsbefugnis innehat. Im übrigen läßt sich die Frage der zivilrechtlichen Haftung nur aufgrund der Umstände des Einzelfalles beurteilen (z. B. Haftung des Betriebsarztes bei pflichtwidriger Versäumung einer rechtzeitigen oder gründlichen Untersuchung, wenn dadurch ein Gesundheitsschaden eines Arbeitnehmers nicht rechtzeitig erkannt und behandelt wird; vgl. eingehend hierzu Benz, Berufsgenossenschaft 1975, 148, 151 f.). Eine Haftungsfreistellung unter dem Gesichtspunkt gefahrgeneigter Tätigkeit dürfte für Betriebsärzte grundsätzlich nicht in Betracht kommen (> H a f t u n g Rz 778). Zu Haftungsfragen bei arbeitsmedizinischen > V o r s o r g e u n t e r s u c h u n -

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g e n unter Inanspruchnahme fremder Laboratorien vgl. Kalbreier-Szadkowski, ASP 1981, 270. b) Die Haftpflicht eines nebenberuflich auf freiberuflicher Basis tätigen Betriebsarztes ist nach den „Besonderen Bedingungen" der Haftpflichtversicherer meist im Rahmen der für die Tätigkeit in freier Praxis bestehenden > Berufsh a f t p f l i c h t v e r s i c h e r u n g ohne besonderen Prämienzuschlag mitversichert. c) Neben dem Betriebsarzt haftet der Unternehmer für dessen Fehlleistungen nach §§ 278, 831 BGB mit Ausnahme von Personenschäden (§ 636 RVO ; näher dazu Gitter, aaO. S. 160ff.). 2. Der vorstehend skizzierte Sorgfaltsmaßstab gilt auch für die strafrechthche VerantwortHchkeit des Betriebsarztes (Benz, aaO. S. 153 und BB 1974, 192).

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XIII. Fortbildung. 1. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsarzt die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderliche > F o r t b i l d u n g unter Berücksichtigung der betrieblichen Belange zu ermöglichen (§ 2 Abs. 3 ASiG). Die allgemeine Fortbildung ohne Berücksichtigung der speziellen betrieblichen Bedürfnisse fällt nicht hierunter. Zeitliche Lage und Dauer der Fortbildung dürfen die betrieblichen Belange nicht wesentlich beeinträchtigen. Der angestellte Betriebsarzt ist für die Zeit der Fortbildung unter Weiterzahlung der Arbeitsvergütung freizustellen. Darüber hinaus hat der Arbeitgeber auch die Kosten der Fortbildung (Fahrtkosten, Kursgebühren, Übernachtungs- und Tagegeld, vgl. DoetschSchnabel, aaO. § 2 Rz 9) zu übernehmen. Unter den Fortbildungsmöglichkeiten ist die zu wählen, die zweckmäßig und zudem kostengünstig ist. Auch der freiberuflich tätige Betriebsarzt hat einen Anspruch auf Freistellung von den ihm übertragenen Aufgaben für die Zeit der Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen. Die Kosten der Fortbildung hat der freiberuflich tätige Arzt selbst zu tragen. Der Besuch einer Fortbildungsveranstaltung ist mit dem Betrieb vorher abzustimmen. Dabei sind die betrieblichen Erfordernisse vorrangig zu berücksichtigen. 2. Unabhängig davon haben die Berufsgenossenschaften nach § 720 RVO für die Fortbildung von Betriebsärzten zu sorgen und für die von ihnen getragenen Fortbildungsveranstaltungen die Kosten zu übernehmen (vgl. Narr, aaO. Rz 457).

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XIV. Die Abgabe apothekenpflichtiger Arzneimittel durch > Apotheken an betriebsärztliche Dienste und die weitere Abgabe durch den Betriebsarzt an Betriebsangehörige verstößt gegen §§ 43 Abs. 3, 48 Abs. 1 AMG (OVG Münster v. 16. 1. 1980, PharmZtg. 1980, 983 ; Schiedermair-Pieck, aaO. § 1 Rz39f.). Die Verabreichung von Medikamenten durch Betriebsärzte bei Erste-HilfeMaßnahmen wird hiervon nicht berührt, weil es insoweit an einem „Inverkehrbringen" von > Arzneimitteln i.S. des AMG fehlt ( > A p o t h e k e n p f l i c h t Rzn. 72f.).

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XV. Eine Mitwirkung des Betriebsarztes in der Rehabilitation kommt nicht

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in Betracht. Eine Ausdehnung des Mitteilungsverfahrens nach §368s RVO auf den Betriebsarzt ist ebenso wie eine Einbeziehung des Krankenhausarztes nicht möglich, da sich dieses Mitteilungsverfahren nur auf den kassenärztlichen Bereich bezieht ( > R e h a b i l i t a t i o n Rz 1482). Stellt ein Betriebsarzt im Rahmen der betriebsärztlichen Versorgung von Arbeitnehmern eine Behinderung oder eine drohende Behinderung fest, kann er den behandelnden Arzt entsprechend informieren und das Mitteilungsverfahren anregen.

Bettengeld 442

1. Das Bettengeld ist eine Form der Erhebung des > Nutzungsentgelts. Es erfolgt eine Pauschalierung in der Weise, daß pro belegtem Bett und Pflegetag ein Entgelt eines - meist nach Fachabteilungen gestaffelten - Prozentsatzes des jeweiligen > Pflegesatzes oder ein bestimmter Fixbetrag erhoben wird. Diese Berechnungsweise war früher in den meisten Landesnebentätigkeitsverordnungen vorgesehen (vgl. z.B. § 10 Abs. 3 LNTVO Bad.-Wttbg. i.d.F.v. 28. 12. 1972, GBl. 1973, 57 > N e b e n t ä t i g k e i t Rz 1236); sie wird jetzt zunehmend abgelöst durch Regelungen, wonach das > Nutzungsentgelt nach einheitlichen Prozentsätzen der Bruttoliquidationseinnahmen aus der > N e b e n t ä t i g k e i t zu bemessen ist (vgl. § 10 Abs. 3 LNTVO Bad.-Wttbg. i.d.F.v. 30. 6. 1982, GBl. S. 388, § 11 HNTVO Bad.-Wttbg. v. 30. 6. 1982, GBl. 5. 388). Das Bettengeldprinzip ist auch dann verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn für alle Kliniken eines Gesamtklinikums ein einheitlicher Bemessungssatz gilt, ohne danach zu differenzieren, daß die Benutzung der Einrichtungen des Dienstherrn innerhalb der einzelnen Kliniken in unterschiedlichem Maße erfolgt (BVerfG v. 17. 2. 1981 - BvR 303/78 - , mitgeteilt von Wahlers, Krankenhaus 1982, 36; vgl. aber die Bedenken gegen ein am Pflegesatz orientiertes Bettengeld in der Stellungnahme des KuMi Bad.-Wttbg. v. 6. 4. 1977 zu einer Landtagsanfrage, LT-Drucks. 7/1432, sowie die Kritik bei Lecheler, NJW 1983, 1359ff.). 2. > Belegarzt Rz 337. 3. Die „Empfehlung der Kultusministerkonferenz zur Vereinheitlichung des Nebentätigkeitsrechts im Hochschulbereich der Länder" ( > N e b e n t ä t i g k e i t Rz 1236) hat sich gegen die Bettengeld-Regelung ausgesprochen (Mitt.HV 1979, 163; Dorff, Mitt.HV 1979, 158, 160).

Beweislast 443

I. Die Beweislast im Arzthaftpflichtprozeß betrifft die Frage, welche Partei für eine rechtserhebliche und beweisbedürftige Tatsache Beweis antreten muß und damit auch das Risiko des Unterliegens im Prozeß trägt, wenn eine Auf-

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Beweislast

klärung nicht möglich ist (zu Beweisrechtsproblemen in der Rspr. zum Arzthaftungsrecht seit 1974 ausführlich Giesen, JZ 1982, 448 ff.).

II. Beweislast bei Behandlungsfehlern. Grundsätzlich gelten auch im Arzthaftpflichtprozeß die allgemeinen Regeln der Beweislast. Das heißt, der Patient, der den Arzt- gleichgültig ob aus dem > Arztvertrag oder aus unerlaubter Handlung - in Anspruch nimmt, hat die klagebegründenden Tatsachen (objektive Sorgfaltspflichtverletzung = > B e h a n d l u n g s f e h l e r , Kausalzusammenhang zwischen Behandlungsfehler und eingetretenem Schaden, Verschulden des Arztes > H a f t u n g Rzn. 767f.) darzulegen und im Bestreitensfalle zu beweisen. Weder der Mißerfolg der ärztlichen Behandlung allein rechtfertigt den Schluß auf einen Behandlungsfehler, noch kann allein aus dem Vorliegen eines Behandlungsfehlers auf dessen Ursächlichkeit für den eingetretenen Schaden und das Verschulden des Arztes geschlossen werden (RGZ 78, 432; BGH, VersR 1952, 180; LM Nr. 25 zu § 286 [C] ZPO). Die Rspr. hat es auch - entgegen einer verbreiteten Meinung im Schrifttum (Nachweise bei Weyers, aaO. A 20 Anm. 28) - stets abgelehnt, im Rahmen der vertraglichen Arzthaftung die allgemeinen Beweislastregeln zu durchbrechen und beim Nachweis einer objektiven Sorgfaltspflichtverletzung dem Arzt in entsprechender Anwendung des § 282 BGB die Beweislast für sein fehlendes Verschulden aufzuerlegen (BGH, NJW 1980, 1333; NJW 1981, 2002; eine Ausnahme soll nach BGH, NJW 1978, 584 bei Einsatz eines objektiv mangelhaften > m e d i z i n i s c h - t e c h n i s c h e n G e r ä t e s gelten). Die Darlegungs- und Beweislast des auf Schadensersatz klagenden Patienten wird jedoch in einigen Fällen durch den sog. Anscheinsbeweis (Prima-facie-Beweis) gemildert oder kehrt sich bezüglich der Kausalität zwischen Schädigung beim Patienten und ärztlichem Verhalten bzw. hinsichtlich des ärztlichen Verschuldens um mit der Folge, daß es dem beklagten Arzt ausnahmsweise obliegt, sich im konkreten Fall zu entlasten (vgl. BGH, LM Nr. 25 zu § 286 [C] ZPO; NJW 1968, 2291; 1978, 2338; 1981, 2513; Uhlenbruck, NJW 1965, 1057, 1058 m. Nachw. ; Weyers, aaO. A 19f., 32ff. ; Baumgärtel, Gedächtnisschr. für R. Bruns, S. 93). Diese Handhabung des Beweisrechts verstößt trotz der oft schwierigen Situation für den geschädigten Patienten im Arzthaftungsprozeß nicht gegen den prozessualen Grundsatz der Waffengleichheit und ist daher auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfG, NJW 1979, 1925). Zu allgemeinen Grundsätzen des Bewtisverfahrens im Arzthaftungsprozeß vgl. BGH, NJW 1980, 2751.

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1. Die Regeln des Anscheinsbeweises, die dazu führen können, daß der Patient die haftungsbegründenden Tatbestandsmerkmale „Kausalität" oder „Verschulden" weder darzulegen noch zu beweisen hat, finden im Arzthaftungsprozeß Anwendung, a) wenn feststeht, daß der Arzt einen schuldhaften Behandlungsfehler begangen hat, der nach medizinischer Erfahrung typischerweise die eingetretene Schädigung zur Folge hat.

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Beweislast

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Beispiel: Unterläßt es ein Arzt, einen ihm unbekannten Patienten, bei dem er zur Schmerzlinderung hochwirksame Morphine intravenös anwenden will, auf etwaige Erkrankungen zu untersuchen, bei denen gegen die Anwendung von Narcotica oder wenigstens gegen ihre intravenöse Anwendung Bedenken bestehen, so ist prima facie der Schluß gerechtfertigt, daß eine eingetretene Schädigung beim Patienten auf dieses Unterlassen zurückzuführen ist (BGH, NJW 1959, 1583, 1584).

b) wenn die ärztliche Behandlung einen Schaden zur Folge hat, der nach medizinischer Erfahrung typischerweise auf einen schuldhaften Behandlungsfehler zurückzuführen ist. Beispiele: (1) Mehrmalige Uterusperforationen mittels Sonde, Curette usw. lassen prima facie auf ein Verschulden des Arztes schließen (Perret, aaO. S. 192; (2) Zurücklassen einer 16 cm langen und 8 cm breiten Arterienklemme in der Bauchhöhle des Patienten nach der Operation spricht prima facie für ein Verschulden des operierenden Arztes (BGH, LM Nr. 15 zu §286 (C) ZPO. > O p e r a t i o n Rz 1329). (3) Schädigung des Peronaeusnervs aufgrund unzureichender Polsterung im Bereich des Wadenbeinköpfchens oder unsachgemäßer Modellierung des Gipsverbandes (OLG Zweibrücken, MedR 1983, 68).

446

In den Fällen a) u. h) kann der beklagte Aizt den Anscheinsbeweis durch den Nachweis erschüttern, daß im konkreten Fall die ernsthafte Möglichkeit eines untypischen Geschehensablaufs besteht, der im Fall a) nachgewiesene Behandlungsfehler also nicht den entstandenen Schaden verursacht habe oder im Fall b) der Schaden nicht durch einen schuldhaften Behandlungsfehler ausgelöst sein muß. Gelingt dieser Nachweis, muß der Patient nunmehr seinerseits den vollen Beweis erbringen. Zur Entkräftung des Anscheinsbeweises genügt es nicht, daß der beklagte Arzt die fernliegende theoretische Möglichkeit eines atypischen Geschehensablaufs dartut. Er muß vielmehr beweisen, daß diese Möglichkeit gerade im konkreten Fall nach Konstitution und Krankheitsbild des Patienten ernsthaft in Betracht kommt (BGH, LM Nrn. 15, 25 zu § 286 [C] ZPO). Der Anscheinsbeweis reicht nicht aus, wenn sich ein schadensbegründender Sachverhalt nicht mehr völlig aufklären läßt. Dies gilt erst recht dann, wenn mehrere Ursachen für den eingetretenen Schaden in Betracht kommen, auch wenn eine Ursache wahrscheinlicher ist als die andere. In diesen Fällen hat der Patient den Nachteil der Nichterweislichkeit zu tragen (vgl. die ausführlichen Nachweise bei Gaisbauer, VersR 1976, 224 Anm. 125-128; Uhlenbruck, NJW 1965, 1059 m. Nachw.). 2. Eine Umkehrung der Beweislast zum Nachteil des Arztes hat die Rspr. in folgenden Fällen ohne Rücksicht auf die Art der Anspruchsgrundlage (Delikt oder Vertrag) angenommen (vgl. die Nachweise bei Weyers, aaO. A 32 f., Anm. 81):

a) wenn feststeht, daß der Arzt schuldhaft einen schweren (groben) > Beh a n d l u n g s f e h l e r (Rz 306) begangen hat, der generell geeignet ist, einen Schaden von der Art herbeizuführen, wie er im konkreten Fall tatsächlich eingetreten ist

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Beweislast

Beispiel: Nichterkennen einer inneren Blutung nach Blinddarmoperation (BGH, NJW 1968, 2291); Unterlassen einer gebotenen Operation nach Handverletzung (OLG Karlsruhe, MedR 1983, 147 m. krit. Anm. Sick, MedR 1983, 139); vgl. im übrigen die Nachweise bei Weyers, aaO. A 33 Anm. 81|; Die Feststellung eines schweren Behandlungsfehlers kann im Einzelfall Schwierigkeiten bereiten (näher dazu Baumgärtel, Gedächtnisschr. für R. Bruns, S. 97); b) wenn feststeht, daß der Arzt vorsätzlich oder leichtfertig bei der Behandlung eine Gefahr für den Patienten geschaffen hat, die den Umständen nach geeignet war, gerade den Schaden herbeizuführen, der eingetreten ist. Eine Beweislastumkehr findet dann nicht statt, wenn sich erweist, daß nicht die dem Arzt zum groben Fehler gereichende Verkennung eines Risikos schadensursächlich geworden sein kann, sondern allenfalls ein nicht schwerwiegender Verstoß gegen weitere ärztliche Sorgfaltspflichten (BGH, NJW 1981, 2513). Beispiele: 1. Erblindung des Patienten nach Vornahme mehrerer operativer Eingriffe in ambulanter Behandlung, obwohl sie jedesmal mit einer Eröffnung des Augapfels verbunden waren (RGZ 171, 168, 171; Uhlenbrock, NJW 1965, 1062; Weyers, aaO. A 33, Anm. 82). 2. Mißlingen einer Operation bei Ausführung durch einen nicht ausreichend qualifizierten Assistenzarzt in der Weiterbildung (BGH v. 27. 9. 1983 - VI ZR 230/81 - > Assistenzarzt Rz 240, > Behandlungsfehler Rz 318, > Operation Rzn. 1323, 1328). In diesen Fällen hat der Arzt vollen Beweis zu führen, daß der Schaden nicht auf sein grob schuldhaftes Fehlverhalten zurückzuführen ist. Eine Beweislastumkehr tritt in diesen Fällen i.d.R. nur bezüglich des Primärschadens, nicht auch bezüglich eines Folgeschadens ein ; hier kann jedoch die Beweiserleicherterung nach § 287 ZPO eingreifen (BGH, NJW 1978, 1683); c) wenn der beklagte Arzt dem klagenden Patienten durch Vernichtung von Beweismitteln oder durch pflichtwidriges Unterlassen ärztlicher Feststellungen schuldhaft die Beweisführung erschwert oder gar unmöglich gemacht hat (vgl. Uhlenbruck, NJW 1965, 1063 m. Nachw.; Weyers, aaO. A 33 m. Nachw. ; Kern, MedR 1983, 135; > D o k u m e n t a t i o n s p f l i c h t Rzn. 574f.). Beispiele: (1) Wird es durch Verschulden des Arztes unmöglich, eine Krankengeschichte im Prozeß vorzulegen oder wird diese nachträglich vom Arzt angefertigt, ergänzt oder verändert, so kann das Gericht in entsprechender Anwendung der §§ 286, 419, 427, 444 ZPO, 162 BGB die Behauptungen des Patienten als bewiesen ansehen (vgl. BGH, VersR 1962, 528; NJW 1963, 389; NJW 1978, 2337, 2339). (2) Unterläßt der behandelnde Arzt pflichtwidrig eine rechtzeitige Röntgenaufnahme oder die gebotenen Aufzeichnungen über ein Krankheitsbild, so kann im Schadensfall die Unaufklärbarkeit zu seinen Lasten gehen (Nachw. bei Uhlenbruck, aaO. Anm. 90; BGH, NJW 1978, 2337). Gleiches gilt für die sorgfaltswidrige Unterlassung einer bakteriologischen Untersuchung (BGH, VersR 1958, 849), sowie für den Fall, daß der behandelnde Arzt in erheblichem Ausmaß Diagnose- und Kontrollbefunde zum Behandlungsgeschehen nicht erhoben hat und deshalb in besonderem Maße dafür verantwortlich ist, daß die Daten zur Aufdeckung des Behandlungsverlaufs nicht zur Verfügung stehen (BGH, NJW 1983, 333). (3) Bei sorgfaltswidrigem Unterlassen von Aufzeichnungen über einen Operationsver-

Beweislast

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lauf trifft den Arzt die Beweislast für die lege artis erfolgte Durchführung des Eingriffs oder einen anderen als den vom Patienten behaupteten Operationsverlauf (BGH, VersR

1956, 449, 450).

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III. Beweislast bei Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht. Das Vorliegen der Einwilligung des Patienten in einen Heileingriff und damit auch die hinreichende Aufklärung des Patienten ( > Aufklärungspflicht Rz 253) hat der Arzt zu beweisen, wobei jedoch an die Nachweispflicht keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden dürfen (BGH, NJW 1983, 333; Laufs, Arztrecht Rz 192; Weyers, aaO. A 22 m. Nachw. Anm. 36; a.A. Baumgärtel, Gedächtnisschr. für R. Bruns, S. 105f.). Diese Beweislastregel ist der Grund dafür, daß Schadensersatzklagen gegen Ärzte immer häufiger auf unterlassene und unvollständige Aufklärung und nicht auf den Vorwurf eines Behandlungsfehlers gestützt werden; sie macht die Aufklärungspflichtverletzung damit zum „Auffangtatbestand" im Arzthaftungsprozeß (Laufs, Arztrecht Rz 67, 192 > Aufklärungspflicht Rz 278). Zur Beweislage, wenn der Patient eist nach Verneinung eines > Behandlungsfehlers durch einen > Sachverständigen eine Aufklärungspflichtverletzung behauptet vgl. OLG Celle, VersR 1982, 500.

Bewertungsmaßstab-Ärzte 1 9 7 8 (BMÄ '78) 448

I. Der Bewertungsmaßstab-Ärzte 1978 (BMÄ '78) ist die für die Abrechnung ärztlicher Leistungen im Bereich der gesetzlichen > Krankenversicherung (Rz 1103) seit 1. 7. 1978 geltende Gebührenordnung (vollständig abgedr. und kommentiert bei Wezel-Liebold, aaO.). Er löste den bis dahin geltenden BMÄ ab. Der BMÄ '78 beruht auf dem durch das > Krankenversicherung-Kostendämpfungsgesetz (§ 368 g Abs. 4 RVO) für alle Kassenarten vorgeschriebenen einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM), der den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und ihr wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander bestimmt. Der BMÄ '78 enthält deshalb keine DM-Beträge, sondern Punktzahlen. Die absolute Höhe der Vergütung des Arztes ergibt sich aus der Multiplikation der für die einzelnen ärztlichen Leistungen festgesetzten Punktzahlen mit den - von den Partnern der > Gesamtverträge zu vereinbarenden - veränderlichen Punktwerten, die nicht nur regional, sondern auch zwischen den einzelnen Kassenarten verschieden sein können. Der BMÄ '78 enthält zusätzlich zum einheitlichen Punktbewertungsmaßstab Anwendungsbestimmungen, die vom Arzt bei der Abrechnung zu beachten sind (ausführlich zum Ganzen Heinemann-Liebold, aaO. §368f, C 317 ff., § 368g, C 477 ff. ; Matzke-Schirmer, der niedergelassene arzt 1978/27, S. 30ff.; Wezel-Liebold, aaO. S. 17 ff.).

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Blutdruckmessung

Der BMÄ '78 gilt heute außer für die RVO-Kassen ( > Krankenversicherung Rz 1104) auch für die Seekasse, die > Bundesknappschaft, sowie für Sozialhilfeträger (§ 37 Abs. 3 BSHG), und > Versorgungsämter (§ 18 c Abs. 4 BVG, § 227 c BEG; bei Betreuung durch eine > Ersatzkasse gilt die E-GO).

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II. Rechtsnatur. Der BMA '78 ist Bestandteil des > Bundesmantelvertrages-Ärzte bzw. des Knappschaftsvertrages ( > Bundesknappschaft Rz 495) und damit in gleichem Umfang wie diese Verträge für die Vertragspartner, Ärzte und Krankenkassen rechtsverbindlich.

Blindversuch > Doppelblindversuch

Blutdruckmessung I. Die Blutdruckmessung als solche durch Nichtärzte stellt keine verbotene Ausübung der > Heilkunde (Rz 827) dar. Das Anbieten und Gewähren kostenloser Blutdruckmessung in > A p o t h e k e n ist jedoch gem. § 1 UWG als wettbewerbswidrig anzusehen (OLG Düsseldorf v. 28. 6. 1979, PharmZtg. 1979, 1644; vgl. aber OLG Stuttgart v. 19. 5. 1978 - 2 U 40/78 - , wonach das Angebot kostenloser Messung des Blutdrucks in Warenhäusern wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden ist). II. Mit Einführung der > SI-Einheiten wurde die bisherige Meßeinheit für Blutdruckmessungen „Millimeter Quecksilbersäule" (mmHg) durch die Meßeinheit „Kilo-Pascal" (kPa) abgelöst. Durch die 4. Verordnung zur Änderung der Eichordnung v. 5. 6. 1981 (BGBl. S. 459) wurde jedoch die Weiterverwendung der bisherigen Meßeinheit mmHg bis zum 31. 12. 1985 ermöglicht. Bis zu diesem Zeitpunkt dürfen auch Blutdruckmeßgeräte sowohl mit Doppelskalen, die in kPa und mmHg geteilt sind, als auch mit nur in mmHg geteilte Skalen erstgeeicht werden. Ein vom Rat der Europäischen Gemeinschaften verabschiedeter Vorschlag der EG-Kommission gewährleistet darüber hinaus zunächst die Verwendung von Doppelskalen bis zum 31. 12. 1989 (vgl. Hess, DÄ 1981, 737, 740).

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Blutentnahme

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Blutentnahme 451

I. Die Blutentnahme aus der Vene im Rahmen einer ärztlichen > Heilbehandlung ist ein Eingriff, der zum Aufgaben- und Verantwortungsbereich des Arztes gehört. Nur der Arzt kann daher eine Blutentnahme anordnen; mit ihrer Durchführung kann er entsprechend qualifiziertes Hilfspersonal beauftragen (vgl. Opderbecke in: Weissauer-Opderbecke, aaO. S. 121). Es gilt hier entsprechendes wie bei der > I n j e k t i o n (Rzn. 893ff.).

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II. Von der Blutentnahme im Rahmen einer ärztlichen Behandlung ist die Blutentnahme im Strafverfahren zu unterscheiden. 1. Blutentnahmen beim Beschuldigten, a) Die Entnahme einer Blutprobe beim Beschuldigten bedarf zu ihrer Rechtmäßigkeit der Anordnung durch den Richter oder die Strafverfolgungsorgane nach § 81a StPO. Deshalb ist z. B. der > N o t a r z t , der bei der Versorgung eines Notfallpatienten den Eindruck gewinnt, dieser stehe unter Alkoholeinwirkung, zur Entnahme einer Blutprobe nicht berechtigt (Lippert, DMW 1979, 612). b) Die Anordnung einer Blutentnahme gibt dem Arzt das Recht, den Eingriff auch gegen den Willen des Beschuldigten durchzuführen. Die Anordnung begründet jedoch für sich allein keine Pflicht des Arztes zur Blutentnahme. aa) Für den in freier Praxis niedergelassenen Arzt kann eine solche Verpflichtung nach h.M., die die Blutentnahme und das Ausfüllen des Untersuchungsprotokolls als Tätigkeit eines ärztlichen > Sachverständigen ansieht, nur aufgrund der §§ 75, 73, 161a StPO entstehen (vgl. Löwe-Rosenberg, aaO. § 81 a Rz 32 m. Nachw.; a.A. unter Hinweis darauf, daß der Arzt bei der Blutentnahme nicht als Gutachter tätig wird, sondern nur eine tatsächliche Verrichtung ausführt, Deckert, ArztR 1978, 21 ; Dünisch, Krankenhausarzt 1978, 770). Das bedeutet, daß der niedergelassene Arzt nur dann die Blutprobe entnehmen muß, wenn die Anordnung hierzu durch den Richter oder Staatsanwalt ergangen ist. Die Polizei kann ein Tätigwerden des Arztes nicht erzwingen (Rudolphi, DDA 1979, 12, 18; Poellinger-Till, BayÄBl. 1979, 910f.). Ein Recht, die Blutentnahme zu verweigern, steht dem Arzt nur nach den §§ 76, 52 StPO zu. Die Patienteneigenschaft des Beschuldigten begründet kein Weigerungsrecht; der Richter oder Staatsanwalt kann den Arzt in diesem Fall jedoch auf seinen Antrag von der Verpflichtung zur Blutentnahme entbinden (§§ 76 Abs. 2, 161 a Abs. 1 StPO; Rudolphi, aaO. S. 18). Auch die Kollegeneigenschaft des Beschuldigten berechtigt den Arzt nicht zur Verweigerung der Blutentnahme (Narr, ÄBl. Bad.-Wttbg. 1979, 458). bb) Demgegenüber kann sich für angestellte und > beamtete Ärzte eine Verpflichtung zur Entnahme von Blutproben gegenüber ihrem Dienstherrn (nicht gegenüber den Strafverfolgungsbehörden) aus dem Dienstverhältnis ergeben. So sind z.B. > A m t s ä r z t e (Rz 47) und >Polizeiärzte (Rz 1373) aufgrund ihrer Dienststellung und der Grundsätze der Amtshilfe bzw. aufgrund vertraglicher Bindung verpflichtet, von der Polizei angeordnete Blutprobenentnahmen durchzuführen. Eine Weigerung kann zu disziplinarrechtlichen Konse-

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Blutentnahme

quenzen bzw. zur Kündigung des Vertragsverhältnisses führen (Rudolphi, aaO. S. 18). Bei Ärzten im Geltungsbereich des BAT, insbesondere also Krankenhausärzten (> Assistenzarzt) ist zu unterscheiden (vgl. BAG v. 19. 9. 1969, Krankenhaus 1974, 67; Siegmund-Schultze, Arzt u. Krankenhaus 1978, 222): Gehört der die Entnahme anordnende Polizeibeamte der kommunalen Polizei des Krankenhausträgers an, muß der Rrankenhausarzt der Anordnung im Rahmen seiner Dienstpflichten nach SR 2 c Nr. 3 Abs. 3 BAT Folge leisten. Kommt das betreffende Ersuchen dagegen nicht von der Polizeibehörde des Krankenhausträgers, sondern von einem Dritten (z.B. der Landespolizei im Fall eines städtischen Krankenhauses) so handelt es sich gem. SR 2 c Nr. 5 Abs. 1 BAT nicht um eine Dienstaufgabe, sondern um eine > Nebentätigkeit, der sich der Rrankenhausarzt dann, wenn sein Dienstherr es verlangt, ebenfalls nicht entziehen kann, für die er jedoch eine Vergütung verlangen kann (ebenso der VKA-Gruppenausschuß für Kranken- und Pflegeanstalten; eine arbeitsvertragliche Vereinbarung, wonach auch in diesen Fällen die Blutentnahme zur Dienstaufgabe erklärt wird, ist zulässig; vgl. Uttlinger-Breier, aaO. Erl. zu SR 2 c Nr. 5, Hinweis Ziff. 7, 12). In beiden Fällen besteht ein Ablehnungsrecht des Arztes ausnahmsweise dann, wenn durch die Blutentnahme wichtige Belange der stationären Versorgung beeinträchtigt würden (z. B. vorrangige Versorgung eines Patienten, bei dem plötzlich Komplikationen auftreten; vgl. Poellinger-Till, BayÄBl. 1979, 912). Kommt die Anordnung zur Blutentnahme nicht von der Polizei, sondern vom Gericht oder der Staatsanwaltschaft, so wird der Krankenhausarzt als > Sachverständiger tätig mit der Folge, daß er in Erfüllung einer öffentlichrechtlichen Pflicht handelt, die ihn persönlich in seiner Eigenschaft als Arzt trifft. Ein Krankenhausträger als Institution hat niemals Sachverständigeneigenschaft. Deshalb ist allein der Rrankenhausarzt zur Befolgung der Anordnung verpflichtet und zur Liquidation berechtigt. In der (möglichen) Vereinbarung im Anstellungsvertrag, daß die Durchführung von Blutentnahmen zu den Dienstaufgaben des Rrankenhausarztes gehört, liegt in Wirklichkeit eine Abtretung des allein dem Arzt zustehenden Entschädigungsanspruchs. Der Krankenhausträger hat keine rechtliche Handhabe, die Blutentnahme durch einseitige Anordnung in den Kreis der Dienstaufgaben einzubeziehen (anders bei beamteten Ärzten > Nebentätigkeit Rzl237). Da es sich insoweit um eine persönliche, öffentlichrechtliche Pflicht des Krankenhausarztes handelt, ist auch die SR 2 c Nr. 5 Abs. 1 BAT nicht anwendbar (vgl. Siegmund-Schultze, Rrankenhausarzt 1978, 178, 180; vgl. auch Händel, Blutalkohol 1977,193 ff.). c) Die Durchführung der nach §81a StPO angeordneten Blutentnahme ist 455 dem > Arzt vorbehalten. Unter „Arzt" ist dabei nur eine Person zu verstehen, die im Besitz der ärztlichen > Approbation oder einer > Berufserlaubnis ist. Die Blutprobenentnahme durch > m e d i z i n i s c h - t e c h n i s c h e Assistent e n , Angehörige des > Krankenpflegepersonals, Sanitäter oder andere Angehörige der > m e d i z i n i s c h e n A s s i s t e n z b e r u f e ist stets unzulässig, es sei denn, daß der Beschuldigte ausdrücklich einwilligt (BGHSt 24, 128; Rudol-

Blutentnahme

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phi, aaO. S. 12). Eine Blutentnahme durch Medizinstudenten während des > Praktischen Jahres dürfte dagegen in Ablehnung an die frühere Rspr. für > Medizinalassistenten (vgl. BayObLG, NJW 1965, 1088 und 1966, 415) dann möglich sein, wenn der Eingriff unter Anleitung, Aufsicht und Verantwortung eines hauptamtlich tätigen Arztes erfolgt. Die Ausübung des Zwanges im Falle der Weigerung des Beschuldigten ist nicht Sache des die Blutentnahme durchführenden Arztes, sondern liegt ausschließlich im Kompetenzbereich der Polizei. d) Für die Rechtsbeziehungen zwischen dem Blutentnahmeaizt und den Strafverfolgungsbehörden gelten folgende Grundsätze: Zieht das Gericht oder die Staatsanwaltschaft einen Arzt zur Blutentnahme hinzu, so werden öffentlichrechtliche Beziehungen begründet (BGH, NJW 1973, 554). Dagegen können die Beziehungen der Polizei zu einem Blutentnahmearzt, sofern eine ausdrückliche gesetzliche Regelung fehlt, öffentlichrechtlich oder privatrechtlich gestaltet sein. Entscheidend ist der Wille der Parteien sowie eine feststellbare ständige Übung (OLG München, NJW 1979, 608). Verträge über die Durchführung von Blutentnahmen bei Verkehrsteilnehmern werden regelmäßig als bürgerlichrechtliche abgeschlossen, sofern sie nicht kraft Gesetzes (wie z. B. in Bayern durch § 24 Abs. 3 PolG) dem öffentlichen Recht zugeordnet sind. e) Haftung. Eine teilweise Konkretisierung ärztlicher Sorgfaltspflichten bei der Blutentnahme enthalten die vom > Bundesgesundheitsamt erlassenen „Richtlinien für die Ausführung von Injektionsimpfungen, kutanen Pockenschutzimpfungen und Blutentnahmen sowie die Sterilisation des erforderlichen Instrumentariums" (BGesuBl. 1974, 241). Für ein schuldhaftes Fehlverhalten des von der Polizei zugezogenen Blutentnahmearztes haftet der Träger der Polizei nach Amtshaftungsgrundsätzen (Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB > Haftung Rz 785). Der Arzt wird in das hoheitliche Handeln der Polizei eingegliedert, wenn er deren Ersuchen nachkommt (vgl. OLG München, NJW 1979, 608). Entsprechendes muß bei der Anordnung der Blutentnahme durch Gericht oder Staatsanwaltschaft gelten, da der Arzt hier an den angeordneten Zwangsmaßnahmen unmittelbar beteiligt ist (vgl. BGH, NJW 1973, 554, 555, ausführlich zum Ganzen Jessnitzer, Blutalkohol 1983, 301 ff.). 2. Bei anderen Personen als Beschuldigten ist die Entnahme von Blutproben ohne Einwilligung unter den Voraussetzungen des § 81 c StPO zulässig ( > Zwangsbehandlung Rz 2004). Zu Haftunsgragen bei fehlerhaften Maßnahmen vgl. Jessnitzer, aaO. III. Im Zivilprozeß hat jede Person, soweit es zur Feststellung der Abstammung erforderlich ist, Untersuchungen, insbesondere die Entnahme von Blutproben zum Zwecke der > Blutgruppenuntersuchung nach näherer Maßgabe des § 372 a ZPO zu dulden. Im Gegensatz zum Strafverfahren ist die Durchführung der Blutentnahme hier nicht dem Arzt vorbehalten. Die Zugehörigkeit zu den Zeugen Jehovas macht den Eingriff für den zu Untersuchenden nicht unzumutbar (OLG Düsseldorf, FamRZ 1976, 51).

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Blutgruppenuntersuchung

IV. Die Blutentnahme bei der Leiche kann den Tatbestand des § 168 StGB erfüllen (OLG Frankfurt, NJW 1975, 271, NJW 1977, 859). In zivilrechtlicher Hinsicht gelten die Regeln des Sektionsrechts entsprechend ( > Sektion). Die Vorschriften über die Unfalluntersuchung im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 1559 RVO) geben dem Versicherungsträger und der Ortspolizeibehörde bei Tötung eines Versicherten das Recht zur Feststellung von Tatsachen, die für die Entschädigungspflicht von Bedeutung sind, eine Blutprobe anzuordnen. Dies ist jetzt durch § 1559 Abs. 4 RVO i.d.F. des Art. II § 4 Nr. 31 SGB X v. 18. 8. 1980 (BGBl. I S. 1469) eindeutig klargestellt (vgl. zum früheren Recht OLG Frankfurt, NJW 1977, 859; 1975, 271).

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V. > Blutspende Rz 462 VI. Die Vergütung des Arztes für die Blutentnahme richtet sich, sofern anderweitige Regelungen nicht bestehen, nach den Nrn. 250, 250 a GOÄ. Für Blutentnahmen im Auftrag des Gerichts oder der Staatsanwaltschaft erhält der Arzt eine Entschädigung nach Nr. 9 der Anlage zu § 5 ZuSEG ( > Sachvers t ä n d i g e r Rz 1553). Die Gebühren der Ärzte für Blutentnahmen zur Feststellung der Alkoholbeeinflussung bei Straftaten und Ordnungswidrigkeiten ist in den meisten Bundesländern durch Verwaltungsvorschriften auf der Grundlage der GOÄ geregelt (vgl. z.B. für Bad.-Wttbg. die Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums v. 29. 12. 1982, GABI. 1983, 255 i.V.m. dem Erlaß v. 19. 4. 1978, GABI. S. 562). Je nach der Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses zwischen Arzt und Strafverfolgungsbehörde (vgl. oben Rz 456) kann der Gebührenanspruch öffentlichrechtlicher oder privatrechtlicher Natur sein (vgl. OLG München, NJW 1979, 608).

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Blutgruppenuntersuchung I. Die Blutgruppenuntersuchung ist eine besondere Form des Beweises bei 461 der Feststellung der Abstammung im Zivilprozeß (§ 372 a ZPO) sowie im Strafprozeß (§ 81 c Abs. 2 StPO). Zu den Beweismethoden und dem Beweiswert von Blutgruppengutachten bei der Feststellung der Abstammung vgl. die Übersicht bei Palandt-Diederichsen, aaO. Einf. vor § 1591 Anm. 3 sowie Hummel, NJW 1981, 605 ff. Im Falle der Weigerung des Probanden kann die > B l u t e n t n a h m e unter bestimmten Voraussetzungen zwangsweise durchgeführt werden (> Z w a n g s b e h a n d l u n g Rz 2005). II. Blutgruppenuntersuchungen gehören zum Aufgaben- und Verantwortungsbereich des Arztes (> H e i l k u n d e Rz 825). Dies schließt nicht aus, daß der Arzt bestimmte Verrichtungen an qualifiziertes medizinisches Assistenzpersonal delegieren darf.

Blutgruppenuntersuchung

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Es bestehen „Richtlinien des Bundesgesundheitsamtes für die Erstattung von Blutgruppengutachten" (Stand Juli 1977, abgedr. in BGesuBl. 1977, 326ff.). Sie enthalten eine Konkretisierung der ärztlichen Sorgfaltspflichten (> B e h a n d l u n g s f e h l e r Rz 307).

Blutspende 462

I. Man versteht darunter die freiwillige Hingabe von Blut durch einen gesunden Menschen zum Zwecke der direkten oder (nach Verarbeitung und Konservierung) indirekten Übertragung auf Kranke oder zur Herstellung bestimmter Blutprodukte zu Heilzwecken (> B l u t t r a n s f u s i o n , > Heilhilfe). II. 1. Der zur Entnahme erforderliche Eingriff stellt eine Körperverletzung dar, die nur durch Einwilligung des Spenders (oder seines gesetzlichen Vertreters) gerechtfertigt wird. An die > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t des Arztes als Voraussetzung für die Rechtswirksamkeit der Einwilligung sind regelmäßig nur geringe Anforderungen zu stellen. Allgemein kann davon ausgegangen werden, daß spendewillige Personen von der Art und Weise der Durchführung einer > B l u t e n t n a h m e Kenntnis haben und die damit verbundenen Risiken normalerweise gering sind (näher dazu Jansen, aaO. S. 65). Soweit der Eingriff im konkreten Fall (im Hinblick auf Lebensalter und Körperverfassung des Spenders) erhöhte Gefahren mit sich bringt, sind an die Aufklärung strenge Maßstäbe anzulegen, da der möglichen körperlichen Schädigung - anders als beim Heileingriff (> H e i l b e h a n d l u n g ) - keine Heilungsaussichten gegenüberstehen (Jansen, aaO. S. 63). Im übrigen gelten für den Inhalt der Aufklärung die „Richtlinien zur Blutgruppenbestimmung und Bluttransfusion", Ziff. 3.4.1.2. (DÄ 1979, 277ff., im folgenden „Richtlinien" > B l u t t r a n s f u s i o n Rz 476). An der Freiwilligkeit der Einwilligung fehlt es im allgemeinen bei Strafgefangenen (vgl. Jansen, aaO. S. 60 m.Nachw.; Giesen, aaO. S. 103f. ; Kohlhaas, NJW 1967, 1490). Andererseits wird die Blutspende durch Gefangene in einzelnen Bundesländern durch besondere Erlasse ausdrücklich für zulässig erklärt und näher geregelt (vgl. z.B. Erl. des JM Bad.-Wttbg. v. 5. 6. 1978, Justiz 1978, 289). 2. Die Durchführung der Blutentnahme muß durch einen Arzt oder entsprechend ausgebildetes und erfahrenes medizinisches Assistenzpersonal erfolgen (Ziff. 3.4.1.3. der Richtlinien > B l u t e n t n a h m e Rz 451). Vor jeder Spende ist eine auf die Besonderheiten des Blutspenders abgestellte Anamnese zu erheben (Ziff. 3.4.3.1. der Richtlinien). Außerdem bedarf es der Feststellung der Spendertauglichkeit durch den Arzt und der Berücksichtigung bestimmter Kontrollen (Ziff. 3.4.3.2. der Richtlinien).

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III. Rechtsbeziehungen zwischen Spender und Blutspendedienst. Zwischen

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Blutspende

dem Spender und dem > Blutspendedienst bestehen vertragliche Beziehungen, die meist formularmäßig durch die vom Blutspendedienst verwendeten, im wesentlichen gleichlautenden Vordrucke (vgl. das Muster bei Jansen, aaO. S. 157) begründet werden. Bei minderjährigen Spendern ist die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters erforderlich. Der Vertrag ist auf die Hingabe von Blut zu Heilzwecken gerichtet. Die Übernahme einer solchen Vertragspflicht verstößt nicht gegen § 138 BGB, auch dann nicht, wenn der Blutspendedienst für die Blutspende einen Geldbetrag als Anerkennungsprämie bezahlt (a.A. Jansen, aaO. S. 45f.). Der Inhalt des zwischen Spender und Spendedienst bestehenden Vertragsverhältnisse wird durch die Richtlinien zur Blutgruppenbestimmung und Bluttransfusion (oben Rz 462) näher bestimmt. IV. Der die > B l u t e n t n a h m e beim Spender durchführende Arzt unterliegt der ärztlichen > Schweigepflicht (a.A. LG Köln, NJW 1956, 1112, Uhlenbruch Infusionstherapie 1975, 383, 384).

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V. Der Blutspender ist in die gesetzliche Unfallversicherung einbezogen (§ 539 Abs. 1 Nr. 10 RVO). Der Versicherungsschutz gilt auch für Unfälle auf dem Weg nach und von dem Ort der Blutspende (Lauterbach, aaO. § 539 Rz 68; Jansen, aaO. S. 140). VI. Im Verhältnis zwischen Spender, Spendedienst und Empfänger des Blutes ergeben sich verschiedene Haftungsfragen. 1. Der Blutspendedienst haftet dem Spender für Schäden infolge Fehlleistungen des ärztlichen und nichtärztlichen Personals aus Vertrag (§ 278 BGB) und Delikt (§§823, 831 BGB; ein Amtshaftungsanspruch aus Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB kommt auch bei staatlichen und kommunalen Blutspendediensten nicht in Betracht, da diese keine hoheitlichen Aufgaben wahrnehmen l> Blutspendedienst Rz 470 ; Jansen, aaO. S. 133). Daneben haftet der Schädiger persönlich aus unerlaubter Handlung (§ 823 BGB). Bei Personenschäden tritt ein Haftungsausschluß unter den Voraussetzungen der §§ 636 Abs. 1 Satz 1, 637 RVO ein (dazu eingehend Jansen, aaO. S. 139ff.). Es besteht dann ein Anspruch des Spenders auf die Entschädigung aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Die dem Spendedienst bzw. den dortigen Ärzten gegenüber dem Spender obliegenden Sorgfaltspflichten ergeben sich unter anderem aus den vorzitierten Richtlinien. Zu den Sorgfaltspflichten des ärztlichen Leiters eines Blutspendedienstes gegenüber einem Blutspender bei positivem Ausfall einer Lues-Suchreaktion vgl. BGH, NJW 1972, 1515. 2. Eine Haftung des Spenders gegenüber dem Spendedienst kann dann in Betracht kommen, wenn der Spender dem Arzt bei der Anamnese vor der > B l u t e n t n a h m e eine bestehende Erkrankung verschweigt und das entnommene Blut nicht verwendet werden kann (nach Ziff. 3.4.3.1. der Richtlinien soll der Spender schriftlich versichern, daß seine Angaben über be-

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Blutspende

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stimmte Erkrankungen der Wahrheit entsprechen). In diesem Zusammenhang ist § 7 Abs. 4 GeschlRrG zu beachten, wonach derjenige, der an einer Geschlechtskrankheit leidet oder zu irgendeiner Zeit an Syphilis gelitten hat, kein Blut spenden darf. Der vom Spender unter dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung zu ersetzende Schaden besteht in diesem Fall in dem Verbrauch von Chemikalien und Geräten sowie in der nutzlosen Aufwendung von Personalkosten (vgl. Jansen, aaO. S. 144). 3. Das Verschweigen einer bestehenden Erkrankung bei der > Blutentn a h m e kann auch eine Schadensersatzpflicht des Spenders gegenüber dem Empfänger des Blutes auslösen, wenn dieser mit der Krankheit infiziert wird. Da es regelmäßig an vertraglichen Beziehungen zwischen Spender und Empfänger fehlen wird, kommen für den geschädigten Empfänger grundsätzlich nur deliktische Ansprüche in Betracht (§ 823 Abs. 1 und Abs. 2 BGB i.V.m. § 230 StGB, § 7 Abs. 4 GeschlKrG). Für die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Spenders in diesen Fällen sind die §§ 223, 230 StGB, § 7 Abs. 5 GeschlKrG maßgebend. Bei der letztgenannten Strafvorschrift handelt es sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt, so daß ein Verstoß gegen das Blutspendeverbot gem. § 7 Abs. 4 GeschlKrG auch dann geahndet wird, wenn die Blutübertragung nicht zu einer Infektion beim Empfänger geführt hat. 4. Im Verhältnis von Blutspendedienst und Empfänger des Blutes kommt i.d.R. nur eine deliktische Haftung in Betracht ( > Blutspendedienst Rz 470).

Blutspendedienst 468

I. Man versteht darunter eine Einrichtung zur Entgegennahme spenden.

von > Blut-

II. Es bestehen verschiedene Träger und Organisationsformen von Blutspendediensten. 1. Überregionale Blutspendedienste des DRK gibt es in allen Bundesländern. Sie sind als gemeinnützige Gesellschaften mit beschränkter Haftung organisiert. Gesellschafter sind jeweils die DRK-Landesverbände und die Bundesländer. Sonderregelungen bestehen in Bayern und Rheinland-Pfalz (näher dazu Jansen, aaO. S. 108). 2. Die staatlichen und kommunalen Blutspendedienste sind selbständige Abteilungen der Universitätskliniken bzw. der großen städtischen Kliniken (näher dazu Jansen, aaO. S. 109 f. ). 469

HI. Als Aufgaben der Blutspendedienste sind vor allem zu nennen: Sammeln und Erfassen von Blutspenden sowie Vornahme von blutgruppenserologischen, bakteriologischen und biochemischen Untersuchungen,- Verarbeitung von Frischblut zu bestimmten Blutprodukten; Konservierung von Blut und

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Blutbestandteilen und Verteilung der Konserven an die Krankenhäuser (näher dazu Jansen, aaO. S. 111 f.). IV. 1. Die Rechtsbeziehungen zwischen Blutspendedienst und Blutspender sind privatrechtlicher Natur ( > Blutspende Rzn. 463, 465). 2. Zwischen den Empfängein des Blutes und dem Spendedienst bestehen i.d.R. keine vertraglichen Beziehungen, so daß nur eine deliktische Haftung des Spendedienstes in Betracht kommt.

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V. Zuständiger Unfallversicherungsträger für die bei einem Blutspendedienst des DRK beschäftigten Personen ist die Bundesrepublik Deutschland (§ 539 Abs. 1 Nr. 7, § 6 5 3 Abs. 1 Nr. 4 RVO; BSG v. 30. 10. 1980, SGb 1981, 112).

Blutspenderpaß I. Das Deutsche Rote Kreuz stellt Blutspendern kostenlos einen „Unfallhilfeund Blutspenderpaß" aus, der als Spendernachweis dient und u. a. Eintragungen über die Blutgruppe und den Rhesusfaktor des Spenders sowie ein Feld für besondere ärztliche Vermerke enthält. In diesem Paß verpflichtet sich der DRK-Blutspendedienst gleichzeitig dem Inhaber gegenüber zur Übernahme der Kosten einer etwa erforderlich werdenden > B l u t t r a n s f u s i o n , sofern nicht ein anderer Kostenträger eintritt.

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II. Bezüglich der > Haftung des Spendendienstes für Falscheintragungen gilt entsprechendes wie für den > N o t f a l l a u s w e i s (Rz 1270). III. > B l u t s p e n d e , > B l u t s p e n d e d i e n s t .

Bluttransfusion I. Unter Bluttransfusion versteht man die unmittelbare oder mittelbare Übertragung von Blut eines Menschen ( > B l u t s p e n d e ) auf einen anderen Menschen (Empfänger) bei bestimmten medizinischen Indikationen (z. B. akuter und chronischer Blutverlust, Blut- und Infektionskrankheiten); vgl. Pschyrembel, aaO. „Bluttransfusion".

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II. Als ärztliche Maßnahme, die in die Körperintegrität eingreift, bedarf die Blutübertragung zu ihrer Rechtfertigung der Einwilligung des Patienten oder seines gesetzlichen Vertreters nach vorausgegangener Aufklärung ( > H e i l b e h a n d l u n g Rzn. 804ff.). Die ärztliche > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t (Rzn. 253ff.) umfaßt nicht generell die Pflicht zur Aufklärung über die Gefahr einer Sensi-

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bilisierung gegen bestimmte Blutantigene und das Risiko der Übertragung von Krankheitserregern (insbesondere Hepatitis und Lues); im Einzelfall kann jedoch eine Unterrichtung des Patienten geboten sein. Dabei sind stets die erfahrungsgemäße Häufigkeit eines Schadenseintritts unter den gegebenen Umständen und der mit der Blutübertragung erstrebte Erfolg gegeneinander abzuwägen (näher dazu Weise-Kierski, DMW 1978,1681). Wo (wie bei bestimmten Pharmafraktionierungen) das Risiko einer Hepatitisübertragung im Einzelfall hoch und der Eingriff andererseits nicht dringlich ist, muß der Patient auf die Gefahr hingewiesen werden. Ist der Patient nicht mehr ansprechbar und die Blutübertragung zur Lebenserhaltung dringend erforderlich, darf der Arzt in allen Fällen auch bei hohem Risiko das mutmaßliche Einverständnis des Patienten ( > H e i l b e h a n d l u n g Rz 808) mit der Blutübertragung unterstellen. I.d.R. umfaßt die Entscheidung, sich einer > O p e r a t i o n zu unterziehen, das stillschweigende Einverständnis in alle damit notwendig werdende Eingriffe, z.B. auch eine Bluttransfusion (Weissauer, DMW 1978, 1770, 1771). Dies gilt jedoch dann nicht, wenn dem behandelnden Arzt bekannt ist, daß der Patient einer Glaubensgemeinschaft (z.B. Jehovas Zeugen) angehört, die eine Bluttransfusion generell ablehnt oder wenn der Patient (bzw. sein gesetzlicher Vertreter) oder seine Angehörigen die Transfusion aus religiösen oder weltanschaulichen Gründen ausdrücklich ablehnen. Hierbei sind verschiedene Fallgestaltungen zu unterscheiden. 1. Verweigert der ohne akute Lebensbedrohung behandelte Patient, der im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte und sich der Tragweite seiner Entscheidung bewußt ist, die Durchführung der Bluttransfusion, obwohl er vom Arzt über die - möglicherweise sogar tödlichen - Folgen aufgeklärt wurde, so hat der Arzt diese Entscheidung zu respektieren (Weissauer, D M W 1978, 1771; Rieger, DMW 1975, 639). Bei Bluttransfusionen im Rahmen einer > O p e r a t i o n fragt es sich, ob der Arzt trotz der Weigerung des Patienten zur Durchführung der Operation berechtigt oder gar verpflichtet ist. Hier sind folgende Fallgruppen zu unterscheiden (vgl. zum folgenden ausführlich Weissauer, aaO. S. 1772): a) Steht fest, daß die Operation keinesfalls ohne Bluttransfusion durchgeführt werden kann, muß der Arzt auf sie verzichten, auch wenn andere Behandlungsmethoden keine Erfolgsaussichten bieten. b) Kann nach medizinischer Erfahrung die Operation ohne eine Bluttransfusion im allgemeinen nicht durchgeführt werden, besteht aber im konkreten Fall doch eine gewisse Chance, daß sie auch ohne Transfusion gelingt, so ist der Arzt zur Vornahme der Operation berechtigt, aber nicht verpflichtet, wenn ohne sie keine Rettungschance besteht und der Patient in voller Kenntnis dieses Sachverhalts um einen solchen Rettungsversuch bittet.Etwas anderes dürfte dann gelten, wenn der Arzt nach medizinischer Erfahrung davon ausgehen kann, daß er, wenn nicht ganz außergewöhnliche Komplikationen auftreten, ohne Bluttransfusion auskommen wird. Hier wird man eine Pflicht des Arztes zur Durchführung der Operation annehmen müssen (a.A. Weissauer, aaO. S. 1772).

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c) Durfte der Arzt davon ausgehen, daß er die erforderliche Operation ohne Bluttransfusion werde durchführen können, treten jedoch während des Eingriffs unerwartete Komplikationen auf, die ihn vor die unausweichliche Alternative stellen, eine Bluttransfusion vorzunehmen oder den sicheren Tod des Patienten in Kauf zu nehmen, so wird man den Arzt für berechtigt halten müssen, die lebensbedrohende Situation, die er selbst durch den Eingriff geschaffen hat, durch Vornahme der Bluttransfusion zu beseitigen (im Ergebnis ebenso Kohlhaas, Medizin u. Recht, S. 131). 2. Hat sich der Patient bei der Ablehnung der Bluttransfusion in einer Ausnahmesituation befunden, die den Schluß nahelegt, daß die Entscheidung nicht klaren Sinnes und in vollem Bewußtsein ihrer Tragweite getroffen wurde, so tritt die Hilfeleistungs- und Lebenserhaltungspflicht des Arztes (§ 323 c StGB] in den Vordergrund. Dies wird im allgemeinen anzunehmen sein, wenn der Patient durch eine akute Erkrankung oder deren plötzliche Verschlimmerung in eine Lage gekommen ist, die neben sonstigen ärztlichen Sofortmaßnahmen eine Bluttransfusion erfordert (vgl. Rieger, DMW 1975, 640; Kohlhaas, Medizin u. Recht, S. 128f.). 3. a| Die Weigerung der Eltern eines minderjährigen Patienten braucht der Arzt nicht zu beachten; sie stellt regelmäßig einen Mißbrauch des Personensorgerechts dar, das nicht die Entscheidung über Tod oder Leben des Kindes umfaßt (Narr, aaO. Rz 737; Weissauer, DMW 1978, 1773 m.Nachw. > Heilb e h a n d l u n g Rz 806). b) Entsprechendes gilt dann, wenn die Angehörigen eines nicht mehr willensfähigen erwachsenen Patienten die Zustimmung zu einer medizinisch indizierten Bluttransfusion verweigern. Der Wille, sterben zu wollen, ist eine höchstpersönliche Entscheidung, bei der es keine Vertretung gibt, ganz abgesehen davon, daß das Risiko, ob die Angehörigen den wahren Willen des Patienten vermitteln, nicht dem Arzt aufgebürdet werden kann (Kohlhaas, ArztR 1973, 73). III. Regeln für eine sachgerechte Durchführung der Bluttransfusion sind in den vom > Wissenschaftlichen Beirat der Bundesärztekammer und vom > Bundesgesundheitsamt herausgegebenen „Richtlinien zur Blutgruppenbestimmung und Bluttransfusion" (DA 1979, 277 ff. ; im folgenden: Richtlinien) enthalten, die durch die „Richtlinien für Plasmapheresen" (DÄ 1977, 305ff.) und die vom Wissenschaftlichen Beirat der Bundesärztekammer und der Deutschen Gesellschaft für Bluttransfusion und Immunhämatologie erarbeiteten „Empfehlungen für die Behandlung von Transfusionszwischenfällen" (DÄ 1983/19, S. 41 ff., berichtigt in DÄ 1983/21, S. 3 ; im folgenden: Empfehlungen) ergänzt werden. Dieses Richtlinienwerk enthält neben rein fachlichen Anleitungen auch Regeln für Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz des Patienten. Obwohl es sich hier nicht um verbindliche Rechtsnormen handelt, werden die Gerichte bei Transfusionszwischenfällen doch regelmäßig geneigt sein, die Richtlinien und Empfehlungen als „ärztliche Kunstregeln" anzuerkennen, die die ärztlichen Sorgfaltspflichten bei der Bluttransfusion näher konkretisie-

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ren (vgl. Weissauer, Anaesthesist 1964, 385, 389; Rieger, DMW 1975, 2409, 2410 > B e h a n d l u n g s f e h l e r Rz 307). 477

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IV. Für die Sorgfaltspflichten des an der Bluttransfusion beteiligten ärztlichen und nichtärztlichen Personals gelten unter Berücksichtigung der allgemeinen Regeln für die Abgrenzung der Verantwortung bei der Arbeitsteilung in der Medizin (> B e h a n d l u n g s f e h l e r Rzn. 317 ff.] folgende Grundsätze (vgl. zum folgenden Rieger, DMW 1973, 2155; DMW 1974, 784; DMW 1975, 2409; Spann, aaO. S. 154ff. ; Opderbecke-Weissauer, Krankenhaus 1981, 462). 1. Der Krankenhausträger muß von einer bestimmten Größenordnung seines Hauses ab oder im Hinblick auf den fachlichen Charakter des Krankenhauses dafür sorgen, daß alle Fragen der Bluttransfusion und ggf. der Aufbewahrung von konserviertem Blut personell und technisch einwandfrei und für den Patienten optimal gelöst werden. Der für die Bluttransfusion verantwortliche Arzt ist verpflichtet, den Krankenhausträger über den > Ä r z t l i c h e n Dir e k t o r auf Mängel bezüglich der sachlichen und personellen Ausstattung hinzuweisen und nachdrücklich Abhilfe zu verlangen. Bleibt der Krankenhausträger hierauf untätig, so ist der Arzt von jeder zivilrechtlichen und strafrechtlichen Verantwortung freigestellt (vgl. Weissauer, Anaesthesist 1964, 388; Rieger, DMW 1973, 2047). 2. Die Bluttransfusion ist eine ärztliche Maßnahme; ihre Vorbereitung und Durchführung muß daher unter der Verantwortung eines Arztes erfolgen (vgl. Ziff. 3.1. der Richtlinien). Vor jeder Blutübertragung muß der Arzt den Empfänger nach bereits erfolgten Sensibilisierungen bzw. den Unverträglichkeiten vorangegangener Transfusionen fragen (Weise-Kierski, DMW 1978, 1681). Der für die Bluttransfusion verantwortliche Arzt hat die Arbeit des Transfusionsteams so zu organisieren, zu leiten und zu beaufsichtigen, daß eine ordnungsgemäße Durchführung der Transfusion gewährleistet ist (vgl. Ziff. 3.5.1. der Richtlinien). Hierzu gehören u. a.: Festlegung der Zuständigkeiten des an der Bluttransfusion beteiligten Personenkreises; sachgerechte und regelmäßige Information und > F o r t b i l d u n g des ärztlichen und nichtärztlichen Personals (u. a. Belehrung über typische Fehler und Gefahren bei der Bluttransfusion, Vertrautmachen mit allen Maßnahmen zum Schutz des Patienten); Dokumentation des gesamten Arbeitsganges (z. B. serologische Befunde, Anforderungsschein serologischer Verträglichkeitsuntersuchungen [„Kreuzprobe"], ABO-Identitätstest am Krankenbett; umfassende Identitätssicherung zur Vermeidung von Verwechselungen von Blutproben und Befunden, vgl. dazu u. a. 2.1.5.3., 2.2.5.8. der Richtlinien; Rieger, DMW 1973,2157). Es empfiehlt sich, die einzelnen Organisationsanordnungen schriftlich zu treffen und für eine lückenlose Bekanntgabe an den betroffenen Personenkreis Sorge zu tragen (Rieger, DMW 1973,2157). 3. Den Angehörigen der > medizinischen Assistenzberufe dürfen nur solche Aufgaben übertragen werden, für die sie fachlich qualifiziert und charakterlich geeignet sind, wobei jedoch die allgemeine Überwachungspflicht des Arztes bestehen bleibt (vgl. hierzu Weissauer, Anaesthesist, 1964, 385, 391 m.Nachw.).

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Im Unterschied zu > I n j e k t i o n e n (Rz 894) ist nicht nur die Anordnung, sondern auch die Durchführung einer Blutübertragung eine ausschließliche, nicht delegierbare ärztliche Aufgabe. Lediglich die Überwachung einer vom Arzt eingeleiteten Transfusion kann auf besonders geschultes Pflegepersonal übertragen werden (näher dazu Opderbecke in: Weissauer-Opderbecke, aaO. S. 119, 122f.). Entgegen einer verbreiteten Meinung ist ein > medizinisch-technischer Assistent nicht berechtigt, die serologische Verträglichkeitsuntersuchung („Kreuzprobe") einschließlich Ablesung und Befunddokumentation eigenverantwortlich durchzuführen. Die entgegengesetzte Ansicht steht eindeutig in Widerspruch zu Ziff. 3.5.4.4. der Richtlinien, wo es heißt, daß die an der Transfusion beteiligten Ärzte sich je nach AufgabenVerteilung von der richtigen Ausführung und vom Ergebnis der serologischen Verträglichkeitsprobe ggf. durch Kontrolle der Befundmitteilung - zu überzeugen haben. Hieraus folgt klar, daß sich der transfundierende Arzt oder der Laborarzt (vgl. Ziff. 3.5.1. der Richtlinien) nicht darauf beschränken darf, eine für die Durchführung der Kreuzproben fachlich und charakterlich generell befähigte MTA oder sonstige Angehörige des medizinischen Assistenzpersonals sorgfältig auszuwählen, sondern daß er verpflichtet ist, sich in jedem Einzelfall zu vergewissern, ob die „Kreuzprobe" richtig ausgeführt und das Ergebnis richtig ermittelt wurde. Die bloße Einsichtnahme in das Protokoll der Kreuzprobe reicht hierfür nicht aus. Der Arzt muß sich vielmehr die Platten oder Röhrchen mit den Reaktionen vorlegen lassen (vgl. Rieger, DMW 1974, 785; zustimmend Narr, aaO. Rz 895; a.A. Albrecht, DMW 1974, 111). Unabhängig von der „Kreuzprobe" hat der transfundierende Arzt selber oder eine MTA oder sonstige Angehörige des medizinischen Assistenzpersonals unter seiner unmittelbaren Aufsicht, d. h. gleichsam als sein „verlängerter Arm" vor der Transfusion die serologische Identitätssicherung am Krankenbett (ABO-Identitätstest, Ziff. 2.2.5.9. der Richtlinien) durchzuführen. Dieser Test ist sowohl am Patienten als auch an der jeweils zu transfundierenden Blutkonserve vorzunehmen. Zur Abgrenzung der Aufgaben- und Verantwortungsbereiche bei der Blutgruppenbestimmung > Medizinisch-technischer Assistent, Rz 1198. Zu den Sorgfaltspflichten des Arztes bei der Übertragung von Aufgaben an das medizinische Assistenzpersonal bei der Blutgruppenbestimmung vgl. OLG Düsseldorf v. 22. 4. 1971 - 8 U 94/70 - und dazu Rieger, DMW 1975, 2409. 4. Für die Abgrenzung der Verantwortung der an der Transfusion beteiligten Ärzte gilt: Bei Gleichordnung (z. B. Laborarzt und transfundierender Arzt oder Chirurg) darf sich jeder Beteiligte auf die sorgfältige Erfüllung der seinem Partner obliegenden Aufgaben grundsätzlich verlassen. Im Verhältnis zwischen leitenden und nachgeordneten Ärzten kommt es darauf an, ob der nachgeordnete Arzt eine > Gebietsbezeichnung führt. Einem nachgeordneten Anaesthesisten dürfen i.d.R. alle im Rahmen einer Bluttransfusion üblichen Aufgaben übertragen werden, ohne daß der leitende Arzt Einzelmaßnahmen zu überwachen braucht. Ein noch in der Weiterbildung befindlicher Arzt darf dagegen

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nur mit solchen Aufgaben betraut werden, die seinem jeweiligen Wissen und Erfahrungsstand entsprechen (näher dazu Rieger, DMW 1973, 2155, 2156). 5. Regelmäßig geringere Anforderungen an die Sorgfaltspflichten der Beteiligten sind bei der Notfalltransfusion zu stellen (vgl. hierzu Ziff. 3.4.4.3.3./3.4.4.3.4./2.1.5.1.5./2.1.5.2.3. der Richtlinien). Doch muß die serologische Verträglichkeitsuntersuchung auch dann angesetzt werden, wenn nicht damit zu rechnen ist, daß das Ergebnis bei Transfusionsbeginn vorliegt; bei nachträglich festgestellter Unverträglichkeit muß die Transfusion sofort abgebrochen werden (Ziff. 2.2.5.6. und 3.5.4.2. der Richtlinien). Zu beachten ist jedoch, daß die durch mangelhafte Organisation herbeigeführte „Notfalltransfusion" die Sorgfaltspflichten der Beteiligten in vollem Umfang bestehen läßt (dazu Rottländer, Therapiewoche 1964, 1133, 1137). V. Haftung. 1. Für Schäden, die dem Patienten durch schuldhafte Fehlleistungen bei der Bluttransfusion entstehen, hat der Arzt nach allgemeinen Haftungsgrundsätzen zivilrechtlich und strafrechtlich einzustehen ( > Haftung). Gleiches gilt, wenn er eine medizinisch indizierte Bluttransfusion schuldhaft unterläßt. Zu ersetzen ist auch der Schaden eines im Zeitpunkt der Blutübertragung auf die Mutter noch nicht erzeugten Kindes (BGH, N]W 1953, 417 [angeborene Lues des Kindes nach Ansteckung der Mutter bei der Blutübertragung] ). 2. Für die Haftung des medizinischen Assistenzpersonals gelten die allgemeinen Grundsätze für die ärztliche Teamarbeit ( > B e h a n d l u n g s f e h l e r Rzn. 317, 319; > M e d i z i n i s c h - t e c h n i s c h e r Assistent, Rz 1199).

Bräunungsstudio 484

Die sog. „Bräunungsstudios" bieten die Bräunung der menschlichen Haut durch ultraviolette Bestrahlung an. Dabei sind vom Unternehmer verschiedene Rechtsvorschriften zu beachten (vgl. zum folgenden Kierski, BGesuBl. 1980, 173 ff.). 1. Sofern bei der Anwendung der ultravioletten Strahlen ein Arzt nicht mitwirkt, ist darauf zu achten, daß die Leistungen nicht Ausübung der > Heilk u n d e darstellen. 2. Der Vertrag zwischen dem Studio und dem Besucher ist i.d.R. ein Dienstvertrag (§§611 ff. BGB; vgl. Kierski, aaO. S. 175). Zu den vertraglichen Nebenpflichten gehört auch eine ausreichende Aufklärung über die möglichen Gefährdungen durch die Bestrahlung. Neben der zivilrechtlichen Haftung aus Vertrag und unerlaubter Handlung kann sich eine strafrechtliche Haftung aus §§ 230, 226 a StGB ergeben. 3. Die in der Einrichtung benutzten Bestrahlungsgeräte unterliegen als medizinisch-technische Geräte i.S. des § 24 Abs. 3 Nr. 10 GewO dem Gerätesicherheitsgesetz ( > M e d i z i n i s c h - t e c h n i s c h e G e r ä t e Rz 1192).

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Bundesärztekammer

4. Die Werbung solcher Einrichtungen unterliegt den Vorschriften des > H e i l m i t t e l Werbegesetzes (HWG). Insbesondere können Verstöße gegen das Verbot der irreführenden Werbung (z.B. durch Prospektankündigungen wie „Das Blut wird entgiftet", „Leistungssteigerungen bis zu 60 %", § 3 HWG) und das Verbot einer bestimmten Werbung außerhalb von Fachkreisen (§§11, 12 HWG) vorkommen (näher dazu Kierski, aaO. S. 174).

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Bundesärztekammer I. Die Bundesärztekammer ist ein freiwilliger privatrechtlicher Zusammenschluß der Landesärztekammern der Bundesrepublik und Westberlins ( > Ä r z t e k a m m e r ) zu einer Arbeitsgemeinschaft in der Rechtsform eines nichtrechtsfähigen Vereins. Sie hat keine Aufsichtsbefugnisse gegenüber den Landesärztekammern (näher dazu Stobrawa, aaO. S. 54; Bergemann, aaO.).

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II. Die Aufgaben der Bundesärztekammer ergeben sich aus § 2 der vom 81. > Deutschen Ärztetag 1978 beschlossenen Satzung (abgedr. bei Stobrawa, aaO. S. 94ff.). Danach hat die Bundesärztekammer „das Zusammengehörigkeitsgefühl aller deutschen Ärzte und ihrer Organisationen zu pflegen, den Meinungs- und Erfahrungsaustausch zwischen den Ärztekammern zu vermitteln und diese zu beraten, die Ärztekammern über alle für die Ärzte wichtigen Vorgänge auf dem Gebiet des Gesundheitswesen und des sozialen Lebens zu unterrichten, auf eine möglichst einheitliche Regelung der ärztlichen Berufspflichten und der Grundsätze für die ärztliche Tätigkeit auf allen Gebieten hinzuwirken, die ärztliche Fortbildung zu fördern, in allen Angelegenheiten, die über den Zuständigkeitsbereich eines Landes hinausgehen, die beruflichen Belange der Ärzteschaft zu wahren, Tagungen zur öffentlichen Erörterung gesundheitlicher Probleme zu veranstalten, Beziehungen zur ärztlichen Wissenschaft und zu ärztlichen Vereinigungen des Auslands herzustellen". Für die Zulässigkeit politischer Betätigung der Bundesärztekammer gilt entsprechendes wie für die Landesärztekammern (OVG Münster, NJW 1975, 1475,1476 > Ä r z t e k a m m e r Rz 4).

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III. Organe der Bundesärztekammer sind nach § 3 der Satzung die HauptverSammlung ( > D e u t s c h e r Ärztetag) und der Vorstand. Zur Vorbereitung von Entscheidungen der Organe besteht eine Reihe von Ausschüssen und ständigen Einrichtungen, z.B. > W i s s e n s c h a f t l i c h e r Beirat, > A r z n e i m i t t e l k o m m i s s i o n der deutschen Ärzteschaft, Deutscher Senat für ärztliche Fortbildung, Ausschuß „Medizinische Assistenzberufe".

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IV. Wettbewerbsrecht. Die Bundesärztekammer ist eine „Vereinigung von Unternehmen" i.S. der §§ 25, 26 GWB (KG, NJW 1976, 1798, 1799).

Bundesärzteordnung

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Bundesärzteordnung 489

Die Bundesärzteordnung in der Neufassung v. 14. 10. 1977 - BÄO - (BGBl. I S. 1885) regelt gemäß Art. 74 Nr. 19 GG bundeseinheitlich die Zulassung zum ärztlichen Beruf ( > A r z t ) . Sie erfaßt als Berufszulassungsgesetz alle Ärzte, gleichgültig ob sie ihren Beruf freiberuflich oder in abhängiger Stellung ausüben. Zahnärzte und Tierärzte fallen nicht unter ihren Geltungsbereich ( > Z a h n a r z t > Zahnheilkundegesetz). Das Gesetz enthält insbesondere Vorschriften über die Erteilung, die Rücknahme und den Widerruf der > Approbation. Die Regelung der Berufsausübung (z. B. > Weiterbildung) fällt in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Bundesländer (vgl. BVerfG, NJW 1972, 1504).

Bundesbehandlungsschein 490

Der Bundesbehandlungsschein für Versorgungsberechtigte nach BVG), der von der zuständigen stellt wird ( > V e r s o g u n g s a m t

ist ein spezieller > Behandlungsausweis dem > Bundesversorgungsgesetz (§ 18 b Krankenkasse jeweils für ein Quartal ausgeRz 1838).

Bundesgesundheitsamt 491

I. Das Bundesgesundheitsamt wurde durch das Gesetz über die Errichtung eines Bundesgesundheitsamtes v. 27. 2. 1952 (BGBl. I S . 121) als selbständige Bundesoberbehörde i. S. des Art. 87 Abs. 3 GG errichtet. Es hat seinen Sitz in Berlin. Das Bundesgesundheitsamt untersteht dem BMJFG. II. Zu seinen Aufgaben gehören vor allem: Forschung und Untersuchungen auf dem Gebiet der öffentlichen Gesundheitspflege; Erhebungen auf dem Gebiet der medizinischen Statistik; Erstattung von Gutachten für Bundesministerien, Landes- und Kommunalbehörden; Überwachung des Verkehrs mit Betäubungsmitteln und Rauschgiftbekämpfung ( > Betäubungsmittelrecht); Mitwirkung bei der Durchführung des > Arzneimittelgesetzes, vor allem Zulassung und Registrierung von Fertigarzneimitteln sowie Erfassung, Auswertung und Koordinierung von Gegenmaßnahmen bei Arzneimittelrisiken ( > Stufenplan); Mitarbeit in internationalen Gremien (näher zum Aufgabenbereich vgl. Tätigkeitsbericht 1982 des Bundesgesundheitsamtes, S. 234ff.).

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III. Zum Bundesgesundheitsamt gehören u.a. folgende Einrichtungen: Robert-Koch-Institut mit dem Aufgabenbereich Virologie, Bakteriologie, Bioche-

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Bundesknappschaft

mie und Zytologie; Max-von-Pettenkofer-Institut für öffentliches Gesundheitswesen, Toxikologie, Chemie der Lebensmittel und Bedarfsgegenstände, Ernährungsmedizin und Ernährungsphysiologie; Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie; Institut für Strahlenhygiene; Institut für Arzneimittel. IV. Zur Deckung der Kosten für die Amtshandlungen des Bundesgesundheitsamtes werden Gebühren und Auslagen aufgrund der Kostenverordnung für Amtshandlungen des Bundesgesundheitsamtes v. 19. 11. 1982 (BGBl. IS. 1531) erhoben. Für die Zulassung von Arzneimitteln gilt die Kostenordnung v. 6. 3. 1980 (BGBl. IS. 277). Die Kosten für die Registrierung homöopathischer Arzneimittel sind in der Kostenverordnung v. 3. 12.1982 (BGBl. IS. 1603) geregelt. V. Das Bundesgesundheitsamt erläßt auf verschiedenen Gebieten des Gesundheitswesens amtliche Richtlinien (> B l u t g r u p p e n u n t e r s u c h u n g , > B l u t t r a n s f u s i o n Rz 476, > F r i s c h z e l l e n b e h a n d l u n g Rz 656, > K r a n k e n h a u s i n f e k t i o n Rz 1052), die eine Konkretisierung von Sorgfaltspflichten darstellen (> B e h a n d l u n g s f e h l e r Rz 307). Zur Rechtsqualität der Richtlinien im übrigen vgl. Henning, BGesuBl. 1980, 321 ff.).

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Bundesgesundheitsrat Der Bundesgesundheitsrat wurde durch Beschluß der Bundesregierung v. 12. 9. 1950 (GMBl. S. 95, ersetzt durch Beschluß v. 15. 3. 1963, GMB1. S. 142) beim Bundesminister des Innern gebildet. Seine Aufgabe besteht hauptsächlich in der Beratung der Bundesregierung in Fragen der öffentlichen Gesundheitspflege und der Gesundheitstechnik, insbesondere bei der Vorbereitung der Gesundheitsgesetzgebung. Die Berufung der derzeit 80 Mitglieder erfolgt durch die Bundesregierung auf Vorschlag des BMJFG für die Dauer von 4 fahren. Als Mitglieder werden geeignete Vertreter der am Gesundheitswesen beteiligten Fachwissenschaften, Berufsgruppen, Verbände und erfahrene Einzelpersonen berufen (vgl. die Namensliste der Mitglieder im GMBl. 1980, 114ff.). Die Mitgliedschaft ist ein Persönliches Ehrenamt. Der Bundesgesundheitsrat tritt als Vollversammlung oder in Ausschüssen zusammen. Die Sitzungen sind nicht öffentlich.

494

Bundesknappschaft I. Die Bundesknappschaft ist als Körperschaft öffentlichen Rechts Träger der Rentenversicherung und der gesetzlichen > Krankenversicherung (Rz 1103) der im Bergbau Beschäftigten und ihrer anspruchsberechtigten Familienangehörigen (näher dazu Brackmann, aaO. Bd. III S. 833ff.).

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Bundesknappschaft

242

II. Rechtsgrundlage ist das Reichsknappschaftsgesetz i.d.F. vom 1. 7. 1926 (RGBl. I S. 369, geändert durch das FÄG v. 21. 12. 1967, BGBl. I S. 1259) und das Bundesknappschafts-Errichtungsgesetz v. 28. 7. 1969 (BGBl. I S. 974). Zwischen der Bundesknappschaft und der > Kassenärztlichen Bundesverein i g u n g wurde auf der Grundlage der §§20, 200, 204 a RRnG und §368n Abs. 1 S. 1 RVO ein Vertrag geschlossen (Knappschaftsvertrag, zuletzt i.d.F. v. 8. 11. 1982) über die ärztliche Versorgung der bei der Bundesknappschaft Versicherten und ihrer anspruchsberechtigten Angehörigen, soweit die Bundesknappschaft diese ärztliche Versorgung nicht anderweitig regelt (> K n a p p schaftsarzt). Danach können alle > Kassenärzte Anspruchsberechtigte der knappschaftlichen Krankenversicherung behandeln und die von ihnen erbrachten Leistungen mit der > Kassenärztlichen Vereinigung abrechnen. Der Vertrag ist im wesentlichen inhaltsgleich mit den im > Bundesmantelvertrag—Ärzte getroffenen Regelungen. Darüber hinaus gelten der > Bewertungsmaßstab—Ärzte 1978 sowie die Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen. 496

III. Haftung. Für Verschulden eines von ihr mit der Wahrnehmung ihrer Aufgaben beauftragten (angestellten oder freiberuflich tätigen) Arztes hat die Bundesknappschaft den Versicherten nach Amtshaftungsgrundsätzen einzustehen (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG; BGH, VersR 1961, 225).

Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) 497

Der Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä), zur Zeit i.d.F. v. 22. 7. 1983 (abgedr. bei Heinemann-Liebold, aaO., G 1 ff.), ist ein öffentlichrechtlicher Vertrag zwischen der > Kassenärztlichen Bundesvereinigung einerseits und den Bundesverbänden der RVO-Kassen (> K r a n k e n v e r s i c h e r u n g Rz 1104) und dem Bundesverband der landwirtschaftlichen Krankenkassen andererseits. Er regelt die kassenärztliche Versorgung, die den Versicherten von den Krankenkassen aufgrund der Vorschriften des Kassenarztrechtes zu gewähren ist und legt den allgemeinen Inhalt der > G e s a m t v e r t r ä g e verbindlich fest (§368g Abs. 3 RVO). Bestandteil des BMV-Ä ist u.a. der >Bewertungsmaßstab—Ärzte. Entsprechendes gilt für den Bereich der kassenzahnärztlichen Versorgung [Bundesmantelvertrag-Zahnärzte [BMV-Z]). Seiner Rechtsqualität nach ebenfalls ein Bundesmantelvertrag ist der > Arzt-Ersatzkassenvertrag.

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Bundes-Seuchengesetz

Bundespflegesatzverordnung Die aufgrund des § 16 KHG ( > K r a n k e n h a u s f i n a n z i e r u n g s g e s e t z ) erlassene „Verordnung zur Regelung der Krankenhauspflegesätze" (Bundespflegesatzverordnung - BPflV - ) v. 25. 4. 1973 (BGBl. S. 333) ergänzt die materiellen und verfahrensrechtlichen Grundsätze zur Pflegesatzregelung in §§ 16-20 KHG ( > Pflegesatz). Sie enthält Einzelregelungen über die Krankenhauspflegesätze, Vorschriften über das Verfahren bei der Festsetzung von Pflegesätzen sowie über die Rechnungs- und Buchführungspflicht der Krankenhäuser. Eine Reform der Bundespflegesatzverordnung steht - nicht zuletzt als notwendige Konsequenz aus der Ersten ÄnderungsVO zur GOÄ v. 20. 12. 1983 ( > Nutzungsentgelt Rz 1302) - unmittelbar bevor ( > K r a n k e n h a u s a u f n a h m e vertrag Rz 1042).

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Bundes-Seuchengesetz 1. Das Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung Ubertragbarer Krankheiten beim Menschen (Bundes-Seuchengesetz - BSeuchG - ) i.d.F. der Bek. v. 18. 12. 1979 (BGBl. I S. 2262) regelt die Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten. II. 1. Der 1. Abschnitt (§§ 1 und 2) enthält Begriffsbestimmungen. Im 2. und 3. Abschnitt (§§ 3-9) sind die meldepflichtigen Krankheiten, meldepflichtigen Personen und das Meldeverfahren im einzelnen geregelt. Die Meldungen sind an das zuständige > G e s u n d h e i t s a m t zu erstatten. Die Frage, ob Krankheitsverdacht i. S. des § 3 BSeuchG gegeben ist, richtet sich nicht nach der subjektiven Auffassung des Meldepflichtigen, sondern nach objektiven Gesichtspunkten. Der Meldepflichtige muß sich nur der den Verdacht begründenden tatsächlichen Umstände bewußt sein. Ob bestimmte Krankheitserscheinungen das Vorliegen einer bestimmten übertragbaren Erkrankung vermuten lassen und ob diese von einem gewissenhaften Meldepflichtigen richtig bewertet werden können, kann in aller Regel nur durch ein Sachverständigengutachten geklärt werden (BayObLG v. 21. 5. 1981, BayÄBl. 1981, 852). Die Poitokosten für die Mitteilung meldepflichtiger Krankheiten werden dem Arzt nach landesrechtlichen Vorschriften vom > G e s u n d h e i t s a m t erstattet (vgl. z. B. Nr. 3 der 1. DVO des Innenministeriums Bad.-Wttbg. zum BSeuchG v. 10. 4. 1962, GABI. S. 110). 2. Der 4. Abschnitt (§§ 10-29) enthält Vorschriften über Verhütungsmaßnahmen. Hervorzuheben sind die Bestimmungen über die Beschaffenheit des Trinkwassers, des Brauchwassers für Lebensmittelbetriebe sowie des Wassers für Schwimm- und Badebecken. Durch die aufgrund des § 11 Abs. 2 BSeuchG erlassene Trinkwasser-Verordnung v. 31. 1. 1975 (BGBl. I S. 453) wurden erstmals bundeseinheitlich die Anforderungen insbesondere in mikrobiologischer

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Bundes-Seuchengesetz

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Hinsicht festgelegt, die an Trinkwasser und an Brauchwasser für Lebensmittelbetriebe zum Schutz der Gesundheit gestellt werden müssen. § 14 Abs. 3 ermächtigt die Länder, freiwillige > S c h u t z i m p f u n g e n öffentlich zu empfehlen (vgl. dazu die Empfehlung der Ständigen Impfkommission des > B u n desgesundheitsamtes für einen Impfkalender (BGesuBl. 1980, 313 ff.). §§ 19-29 enthalten Vorschriften über Arbeiten und Verkehr mit Krankheitserregern. Danach ist der Umgang mit infektiösem Material grundsätzlich erlaubnispflichtig. Ausnahmen von der Erlaubnispflicht bestehen nach näherer Maßgabe des § 20 Abs. 1 u. a. für Ärzte, Zahnärzte, Krankenhäuser, > Polik l i n i k e n und die in § 20 Abs. 1 Nr. 4 genannten ärztlich geleiteten Einrichtungen. Auch wo eine Erlaubnis nicht erforderlich ist, besteht nach § 20 Abs. 2 eine Anzeigepflicht. 3. Der 5. Abschnitt über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten beschränkt die Berechtigung zu ihrer berufsmäßigen Behandlung auf Ärzte und Zahnärzte (§ 30 > H e i l p r a k t i k e r Rz 838) und regelt die Rechte und Pflichten des > G e s u n d h e i t s a m t e s und seiner Beauftragten bei Durchführung der notwendigen Ermittlungen (§31 ff.). Zulässig ist u.a. die Anordnung der > Sektion (= innere Leichenschau Rz 1147; §32 Abs. 3). Der behandelnde Arzt ist berechtigt, den einzelnen Untersuchungen und der Sektion beizuwohnen (§ 33). Als wichtigste Form der Bekämpfung können gegen Einzelpersonen Maßnahmen zum Schutz der Allgemeinheit angeordnet werden (§§34ff.). In Betracht kommen z. B. Beobachtung, Absonderung in besonderen Einrichtungen, Verbot bestimmter beruflicher Tätigkeiten, Anordnungen über den Umgang mit Personen, die an einer übertragbaren Krankheit leiden. Bei Nichtbefolgung der behördlichen Anordnungen durch den Betroffenen ist eine Zwangsunterbringung in einem > Krankenhaus oder einer anderen geeigneten Einrichtung unter Anwendung des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehung v. 29. 6. 1956 (BGBl. III 316-1 i.d.F. v. 16. 3. 1976, BGBl. I S. 581) möglich (> U n t e r b r i n g u n g Rz 1808). 4. Die im 6. Abschnitt zusammengefaßten zusätzlichen Vorschriften über Schulen und sonstige Gemeinschaftseinrichtungen tragen den besonderen Bedingungen bei der Verbreitung übertragbarer Krankheiten in diesen Einrichtungen Rechnung. 5. Der 7. Abschnitt regelt die Entschädigung für Personen, die aufgrund des BSeuchG Eingriffe in ihre bisherige Erwerbstätigkeit hinnehmen müssen und dadurch einen Verdienstausfall erleiden (§§49 ff.). Eine Entschädigung wird auch gewährt bei Verlusten durch Entseuchungsmaßnahmen (§ 57). Impfgeschädigte haben einen Anspruch auf Versorgung (§§ 51 ff. > S c h u t z i m p f u n g Rz 1589). 500

III. Nach § 62 BSeuchG sind die Kosten für alle Maßnahmen, die überwiegend im öffentlichen Interesse liegen, aus öffentlichen Mitteln zu bestreiten. Gesetzliche oder vertragliche Verpflichtungen (z.B. von Krankenversicherungen) gehen jedoch vor.

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Bundesvereinigung für Gesundheitserziehung

IV. In §§ 63-69 enthält das Gesetz Straf- und Bußgeldvorschriften. Nach § 67 wird die Behandlung übertragbarer meldepflichtiger Krankheiten durch andere Personen als Ärzte und Zahnärzte mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. V. Besondere Vorschriften für den Vollzug des BSeuchG bestehen für die Bereiche der Bundeswehr (§ 78] und Bundesbahn (§ 79).

Bundessozialhilfegesetz I. Das Bundessozialhilfegesetz (BSHG) i.d.F.v. 24. 5. 1983 (BGBl. I S. 613) regelt die Ansprüche bedürftiger Personen auf Hilfe zum Lebensunterhalt und Hilfe in besonderen Lebenslagen, z.B. im Krankheitsfall (§ 1 Abs. 1). Letztere umfaßt die vorbeugende Gesundheitshilfe (§ 36) sowie Krankenhilfe (§ 37) und > Tuberkulosehilfe. Zur Krankenhilfe gehören vor allem ärztliche und zahnärztliche Behandlung, Versorgung mit > Arzneimitteln, Verbandmitteln und Zahnersatz sowie Krankenhausbehandlung. Außerdem erhalten Sozialhilfeempfänger Hilfe bei > S c h w a n g e r s c h a f t s a b b r u c h oder > Sterilisat i o n (§37a). Zu weiteren Hilfen vgl. §37b-67. Die Leistungen nach dem BSHG sollen im wesentlichen denen in der gesetzlichen > Krankenversicherung (Rz 1103) entsprechen.

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II. Sozialhilfeempfänger haben grundsätzlich Anspruch auf > freie Arztw a h l (§ 37 Abs. 3 Satz 2). Die Vergütung der ärztliche und zahnärztlichen Leistungen richtet sich nach den Sätzen, welche die Ortskrankenkasse am Niederlassungsort des Arztes oder Zahnarztes für ihre Mitglieder zahlen. Die Abrechnung erfolgt gegenüber der > Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung über einen besonderen > Behandlungsausweis. (§ 37 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4). Kosten für Krankenhausbehandlung werden vom Träger der Sozialhilfe an das Krankenhaus entrichtet. III. Örtlicher Träger der Sozialhilfe sind die kreisfreien Städte und die Landkreise. Die überörtlichen Träger werden durch die Länder bestimmt (§ 96).

Bundesvereinigung für Gesundheitserziehung I. Die Bundesvereinigung für Gesundheitserziehung mit Sitz in Bonn ist im Gegensatz zur staatlichen > Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung eine freie Initiative in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins zur Wahrnehmung von Aufgaben der Gesundheitserziehung. Ihre Hauptaufgabe be-

501a

Bundesvereinigung für Gesundheitserziehung

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steht darin, die Probleme der Gesundheitserziehung zu erkennen, sichtbar zu machen und dazu beizutragen, die Bevölkerung zu einer gesunden Lebensweise zu motivieren. Die Bundesvereinigung arbeitet außer mit den zuständigen Bundesstellen, u. a. der > Bundesärztekammer, auch mit den Landesvereinigungen für Gesundheitseiziehung in den einzelnen Bundesländern eng zusammen. Auf internationaler Ebene erfolgt eine Zusammenarbeit mit der > Weltgesundheitsorganisation (WHO| (näher zum Aufgabenbereich vgl. Gesundheitserziehung in freier Initiative, S. 8 ff., 41). II. Mitglieder der Bundesvereinigung sind natürliche und juristische Personen, u.a.: die Landesvereinigungen für Gesundheitserziehung, >Ärztekammern und freie ärztliche Verbände, zahnärztliche Verbände, Apothekerverbände, Berufsgenossenschaften, Krankenkassen, Wohlfahrtsverbände, Lehrer-, Erzieher- und Jugendorganisationen und kommunale Spitzenverbände (vgl. das Mitgliederverzeichnis in: Gesundheitserziehung in freier Initiative, S. 36ff.).

Bundesversorgungsgesetz 502

I. Das Gesetz über die Versorgung der Opfer des Krieges (Bundesversorgungsgesetz - BVG) in der Neufassung v. 22. 1. 1982 (BGBl. I S. 21) regelt die Versorgungsansprüche von Personen, die durch militärische Maßnahmen, während der Ausübung des militärischen Dienstes oder durch Kriegseinwirkungen eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben. Die Versorgung umfaßt neben Geldleistungen vor allem > H e i l b e h a n d l u n g , > V e r s e h r t e n l e i b e s ü b u n g e n und Krankenbehandlung (§§ 10-24a). II. Zuständig für die Durchführung des BVG sind die > V e r s o r g u n g s ä m ter. III. Das BVG findet aufgrund gesetzlicher Verweisung entsprechende Anwendung auf andere Versorgungsleistungen (z.B. nach dem Soldatenversorgungsgesetz, dem > Bundes-Seuchengesetz, dem Zivildienstgesetz und dem Opferentschädigungsgesetz).

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung 503

I. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung mit Sitz in Köln wurde am 20. 7. 1967 durch Erlaß des damaligen Bundesministers für Gesundheitswesen als nichtrechtsfähige Bundesanstalt errichtet. Sie untersteht dem BMJFG.

247

Chefarzt

II. Aufgabe der Institution ist die Erhaltung und Förderung der menschlichen Gesundheit durch Erarbeitung von Grundsätzen und Richtlinien für Inhalt und Methoden der praktischen Gesundheitserziehung, Ausbildung und Fortbildung der auf dem Gebiet der Gesundheitserziehung und -aufklärung tätigen Personen, Koordinierung und Verstärkung der gesundheitlichen Aufklärung und Gesundheitserziehung im Bundesgebiet. Dabei erfolgt auch eine Zusammenarbeit mit dem Ausland (näher zu den Aufgaben und zur Organisation der Bundeszentrale Kaplun-Erben, aaO. S. 29ff.).

Chefarzt I. Es gibt keine einheitliche Begriffsdefinition. Unter Chefarzt versteht man einen Arzt, der in einem > K r a n k e n h a u s eine leitende Funktion ausübt, wobei mitunter nicht unterschieden wird, ob es sich um die ärztlich-organisatorische Leitung eines Krankenhauses im ganzen oder um die ärztliche Leitung einer Krankenhausabteilung (z. B. Innere Abteilung, Chirurgische Abteilung] handelt. Uberwiegend wird heute nur der ärztliche Leiter einer Krankenhausabteilung als Chefarzt oder „Leitender Abteilungsarzt" bezeichnet, während für den ärztlich-organisatorischen Leiter des Krankenhauses die Bezeichnung > Ä r z t l i c h e r D i r e k t o r üblich geworden ist.

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II. Rechtsstellung gegenüber dem Krankenhausträger. Der Chefarzt steht meist in einem privatrechtlichen Anstellungsverhältnis, seltener in einem Beamtenverhältnis. Alles in allem ist heute für den Chefarzt das Angestelltenverhältnis mit seiner Abschluß- und Gestaltungsfreiheit und der Erschwerung des Eingriffs in bestehende Rechte dem Beamtenverhältnis mit seinen auf Gesetz und den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums beruhenden Regelungsvorschriften vorzuziehen (näher dazu Baur, Krankenhausarzt 1972, 96, 98; Andreas, ArztR 1982, 191; vgl. dazu jetzt auch BVerfG NJW 1980, 1327 > L i q u i d a t i o n s r e c h t Rz 1166). 1. Als Angestellter unterliegt der Chefarzt den Nonnen des Arbeitsrechts. Die notwendige Weisungsfreiheit des Chefarztes bei Ausübung seiner ärztlichen Tätigkeit (Arzt Rz 123) steht der Annahme eines abhängigen Arbeitsverhältnisses nicht entgegen (BAG AP Nr. 24 zu § 611 BGB Ärzte Gehaltsansprüche; BSG Nr. 28 zu §611 BGB Ärzte Gehaltsansprüche; BAG, NJW 1961, 2085). Das dem Chefarzt eingeräumte Recht zur Eigenliquidation steht dem Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses nicht entgegen, weil es sich bei den hieraus resultierenden Einnahmen nicht um die Honorierung selbständiger ärztlicher Berufsausübung, sondern um einen das verhältnismäßig niedrige Festgehalt ergänzenden Teil des Arbeitsentgelts handelt ( > Liquidationsrecht Rz 1155; unten Rz 507). Der Chefarzt ist, wenn nicht Besonderheiten im Einzelfall bestehen, nicht leitender Angestellter i.S. des § 5 Abs. 3 BetrVG (Andreas, ArztR 1979, 99,

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100).

Chefarzt

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507

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Die gegenseitigen Rechte und Pflichten werden in aller Regel in einem privatrechtlichen Anstellungsvertrag (Chefarztvertrag) schriftlich festgelegt. Hierfür gibt es verschiedene Musterverträge (vgl. z. B. ArztR 1983, 319 ff. ; Muster eines Dienstvertrages mit Leitenden Ärzten in Berlin, DBÄ 1980, 80; vgl. zum folgenden auch Narr, aaO. Rzn 1 1 1 8 f f B a u r , Krankenhausarzt 1972, 96ff.). Die Vorschriften des BAT finden nur insoweit Anwendung, als dies im Chefarztvertrag ausdrücklich vereinbart ist (vgl. § 3i BAT). Möglich ist jedoch auch eine Vereinbarung, daß der gesamte BAT auf das Dienstverhältnis Anwendung findet (vgl. LArbG Berlin v. 1. 2. 1979, ArztR 1979, 245 u. Andreas, ebenda). a) Zu den im Chefarztvertrag festgelegten Dienstaufgaben gehört heute i.d.R. die stationäre Behandlung aller Kranken der vom Chefarzt geleiteten Abteilung, also auch die Behandlung derjenigen Patienten, die die ärztliche Behandlung gem. § 6 BPflV als Wahlleistung in Anspruch nehmen ( > Liquidat i o n s r e c h t Rz 1155). Nicht automatisch in den Kreis der Dienstaufgaben fallen u.a.: die Untersuchung und Behandlung stationärer Patienten anderer Krankenhäuser; die Untersuchung und Befundung der von anderen Krankenhäusern eingesandten Materialien oder Präparaten von stationären Patienten dieser Krankenhäuser; die Vornahme der ärztlichen t> L e i c h e n s c h a u (Rz 1153); grundsätzlich auch nicht die > B l u t e n t n a h m e (Rz 454) und die Teilnahme am > R e t t u n g s d i e n s t . Diese Aufgaben werden jedoch heute z.T. im Chefarztvertrag zu Dienstaufgaben erklärt. Ebenso wird in den von den Krankenhausträgern verwendeten Vertragsentwürfen die Mitwirkung beim Erbringen ambulanter ärztlicher Leistungen und ärztlicher > Sachleistungen durch das Krankenhaus als Institution ( > Institutsleistung) in die Dienstaufgaben einbezogen. Eine solche Klausel zielt auf eine künftige Einbeziehung der Krankenhäuser als Institutionen in die ambulante ärztliche Versorgung durch > v o r s t a t i o n ä r e D i a g n o s t i k / n a c h s t a t i o n ä r e B e h a n d l u n g (§ 372 Abs. 4 RVO) durch den Gesetzgeber ab. Sie kann praktisch zur Aushöhlung der ambulanten > N e b e n t ä t i g k e i t des Chefarztes führen. b) Zum Weisungsrecht des Krankenhausträgers vgl. unten Rz 518. c) Als feste Vergütung stehen dem Chefarzt Bezüge in Anlehnung an die jeweils höchste Vergütungsgruppe des BAT (zur Zeit Vergütungsgruppe I) oder anderer einschlägiger Tarifverträge zu, weil diese nach den Tätigkeitsmerkmalen bereits für den ersten > Oberarzt bestimmt ist und der Chefarzt nicht geringer bezahlt werden kann als der Oberarzt. Abgesehen davon rückt jeder > Gebietsarzt ohne besondere Qualifikation Uber den Bewährungsaufstieg automatisch nach der Vergütungsgruppe Ia BAT auf (vgl. LArbG Nieders. v. 15. 6. 1978, ArztR 1978, 259). Wo die Vergütung in Anlehnung an die Beamtenbesoldung vereinbart wird, ist die Besoldungsgruppe A 16 angemessen. Zu dieser Festvergütung kommen die Einnahmen aus dem dem Chefarzt eingeräumten > Liquidationsrecht als „variable Vergütung" sofern - wie heute i.d.R. - auch die stationäre Behandlung von Selbstzahlern in den Kreis der Dienstaufgaben des Chefarztes einbezogen ist (vgl. oben Rz 506). Wegen Verstoßes gegen das ärztliche Berufsrecht unwirksam sind heute in der Praxis nicht selten anzutreffende Vereinbarungen, wonach der Chefarzt bei der Be-

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Chefarzt

messung seiner Honorare an einen vom Krankenhausträger festgelegten höchstzulässigen Multiplikator gebunden ist. Nach der ärztlichen > Berufsordnung ist der Arzt bei der Berechnung seines Honorars an die > G e b ü h r e n o r d n u n g f ü r Ä r z t e gebunden (vgl. § 14 Abs. 1 MuBO > A r z t h o n o rar Rzn. 178f.). Danach sind für die Höhe der Vergütung u.a. die Schwierigkeit der Leistung und der Zeitaufwand, also Kriterien, die ausschließlich vom Arzt beurteilt werden können, maßgebend. Damit unvereinbar sind Verträge, wonach die Honorarbemessung Nichtärzten überlassen wird. Der Krankenhausträger, der einem liquidationsberechtigten Chefarzt mit sog. Altvertrag (> Liquidationsrecht Rz 1160) die Anhebung der vereinbarten Grundvergütung von A 14 nach A 16 der Besoldungsordnung für Beamte anbietet, darf die Zusage davon abhängig machen, daß der Chefarzt die ärztlichen Mitarbeiter an seinen Liquidationseinnahmen nach Maßgabe der > K r a n k e n h a u s r e f o r m g e s e t z e beteiligt ( > Mitarbeiterbeteiligung; BAG v. 4. 11. 1981, ArztR 1982, 264], d) Der Krankenhausträger ist verpflichtet, dem Chefarzt die zur Erledigung 508 seiner Aufgaben erforderliche Zahl von ärztlichen Mitarbeitern zur Verfügung zu stellen. Entsprechende Regelungen sind meist im Chefarztvertrag enthalten. Der Stellenplan allein gewährt dem Arzt keinen unmittelbaren Rechtsanspruch auf Zurverfügungstellung eines > Assistenzarztes (LArbG Nieders. v. 30. 6. 1 9 8 0 - 3 Sa 7/80 —, zur Rechtsnatur eines Stellenplanes vgl. BAG AP Nr. 120 zu § 1 TVG Auslegung; AP Nr. 38 zu §§ 22, 23 BAT; AP Nr. 8, 13, 14, 16 zu § 611 BGB Dienstordnungs-Angestellte). e) Zur Beteiligung der ärztlichen Mitarbeiter am Liquidationserlös > Mitarbeiterbeteiligung. f) Zur Erstattung von Unkosten an den Krankenhausträger > Nutzungsentgelt. g) Bei Urlaubs- und Krankheitsabwesenheit des Chefarztes ist es nach allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen Sache des Krankenhausträgers, für die Vertretung des Chefarztes im stationären Bereich zu sorgen und die Kosten der Vertretung zu übernehmen (Narr, aaO. Rz 1126; ArbG Ludwigshafen v. 29. 7. 1975, ArztR 1975, 236). h) Jeder Chefarztvertrag enthält heute eine sog. Entwicklungsklausel, mit der 509 sich der Krankenhausträger das Recht vorbehält, zur Anpassung an künftige Entwicklungen organisatorische Änderungen vorzunehmen, ohne daß dadurch der Bestand des Arbeitsverhältnisses berührt wird (z.B. Verringerung der Bettenzahl, Teilung der vom Chefarzt geleiteten Abteilung, Einrichtung neuer Fachabteilungen, Einstellung weiterer Leitender Ärzte usw.). Hierbei handelt es sich um ein vertraglich vereinbartes Leistungsbestimmungsrecht, das der Krankenhausträger nicht nach freiem Belieben, sondern gem. §315 Abs. 1 BGB nur nach billigem Ermessen ausüben kann. Das bedeutet, daß für die vom Krankenhausträger beabsichtigte Maßnahme eine sachhche Notwendigkeit bestehen muß. Hieran fehlt es, wenn nicht medizinischen Notwendigkeiten, sondern einer wirtschaftlichen Situation, die der Krankenhausträger selbst herbeigeführt hat, Rechnung getragen werden soll (BAG, NJW 1973,

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581 [Teilung einer Chirurgischen Abteilung in zwei selbständige Abteilungen nach verlorenem Kündigungsschutzprozeß und infolgedessen bestehender vertraglicher Bindung gegenüber dem zu Unrecht gekündigten Chefarzt und dem vor Rechtskraft des Urteils eingestellten neuen Chefarzt]). Bei Verringerung der Gesamtbettenzahl eines Krankenhauses infolge baulicher Modernisierungsmaßnahmen entspricht es grundsätzlich billigem Ermessen, die Bettenzahl der einzelnen Abteilungen entsprechend dem vorher bestehenden Zahlenverhältnis anteilig zu kürzen. Ohne Vorliegen besonderer Gründe kann nicht eine Abteilung auf Kosten einer anderen Abteilung vergrößert werden; Kostengründe sind hierbei nicht allein entscheidend (BAG v. 15. 12. 1976, ArztR 1977, 150). Die Entwicklungsklausel darf dem Krankenhausträger nicht die Möglichkeit geben, so weit in die Rechte des Chefarztes einzugreifen, daß das Prinzip der Vertragstreue praktisch nicht mehr gewährleistet ist. Werden durch organisatorische Änderungen die Vertragsgrundlagen wesentlich beeinträchtigt, so fordert der Grundsatz der Vertragstreue (§ 242 BGB) eine Neuregelung der hierdurch berührten Vertragsbestimmungen; dabei kann sich insbesondere die Notwendigkeit eines finanziellen Ausgleichs ergeben. 510

i) Zum (freiberuflichen) Nebentätigkeitsbereich des Chefarztes gehören vor allem die ambulante Sprechstundentätigkeit im Krankenhaus (zu kassenarztrechtlichen Fragen vgl. unten Rzn. 527 ff., > N o t f a l l Rz 1266) und die stationäre und ambulante Gutachtertätigkeit (Gutachten Rz 737). Die stationäre Behandlung von Wahlleistungspatienten wird dagegen heute fast ausnahmslos in die Dienstaufgaben einbezogen (vgl. oben Rz 506). j) Kündigung aa) Auf die Kündigung des Chefarztvertrages findet das Kündigungsschutzgesetz Anwendung. Deshälb kann im Chefarztvertrag lediglich eine Probezeit von höchstens sechs Monaten vereinbart werden, weil nach dieser Zeit das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet (§ 1 Abs. 1 KSchG). Die Vereinbarung einer längeren Probezeit stellt eine unzulässige Umgehung des Kündigungsschutzgesetzes dar (vgl. Baur, Krankenhausarzt 1972, 96, 119). Dem Kündigungsschutzgesetz unterliegt auch die Änderungskündigung, die häufig zwecks Anpassung der sog. Altverträge an das seit Inkrafttreten des > Krankenhausfinanzierungsgesetzes und der > Bundespflegesatzverordnung geltende neue Krankenhausrecht ausgesprochen wird ( > L i q u i d a t i o n s r e c h t Rz 1162). Die Kündigung einzelner Vertragsbestimmungen (z.B. der Bestimmungen über die Unkostenerstattung) ist regelmäßig eine unzulässige Teilkündigung; das Arbeitsverhältnis kann, sofern nichts anderes ausdrücklich vereinbart ist ( > L i q u i d a t i o n s r e c h t Rz 1163), nur als ganzes gekündigt werden (vgl. Schaub, aaO. S. 648f. m. Nachw.; Baur, Krankenhaus 1977, 91). Ein Kündigungsrecht des Krankenhausträgers kann z. B. bei fehlender Bereitschaft des Chefarztes zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten mit einem nachgeordneten Arzt gegeben sein (BAG v. 24. 10. 1974, ArztR 1975, 133 [Streit mit Oberarzt wegen dessen fachlichem Einsatz und Beteiligung am Liquidationserlös] ). Nach den Grundsätzen der Rspr. des BAG zum Kündigungsrecht kirchlicher Einrichtungen gegenüber Assistenzärzten ( > A s s i s t e n z a r z t

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Rz 239) kann einem konfessionellen Krankenhaus im Einzelfall ein Kündigungsrecht gegenüber einem Chefarzt zustehen, der zu legalen, jedoch im Widerspruch zu den Lehren der Kirche stehenden ärztlichen Maßnahmen (z.B. > Schwangerschaftsabbruch) in der Öffentlichkeit positiv Stellung nimmt (bedenklich!). Ein Recht zur außerordentlichen Kündigung (§626 BGB) besteht z.B. bei wahrheitswidrigem Abstreiten schriftlicher Kontakte des Chefarztes zu Gemeinderatsmitgliedern ohne Zustimmung des Oberbürgermeisters (LArbG Bad.-Wttbg. v. 3. 6. 1981, ArztR 1982, 241). Dagegen kann eine nach Auffassung des Krankenhausträgers zu geringe Zahl von Operationen und die Verweigerung der Herausgabe der Operationsbücher durch den Chefarzt eine außerordentliche Kündigung nicht rechtfertigen (BAG v. 5. 2. 1970, ArztR 1971, 89). Zu weiteren Änderungsmöglichkeiten des Krankenhausträgers bei Chefarztverträgen vgl. Zuck, Krankenhaus 1983, 411 ff. bb) Da der Chefarzt i.d.R. nicht leitender Angestellter i.S. des BetrVG ist (oben Rz 505), ist vor der Kündigung der Betriebsrat zu hören (§ 102 Abs. 1 BetrVG; Andreas, ArztR 1979, 99, 100). Bei öffentlichrechtlichen Krankenhausträgern ist eine vorherige Anhörung des Personalrates nicht erforderlich, wenn einem Bediensteten gekündigt wird, der entsprechend der Besoldungsgruppe A 16 an aufwärts vergütet wird. Der Besoldungsgruppe A 16 ist gemäß § 11 BAT die Vergütungsgruppe I BAT gleichzusetzen (Andreas, aaO. S. 100; Zuck, aaO.). In Krankenhäusern karitativer und konfessioneller Träger, in dem das BetrVG und Personalvertretungsrecht keine Anwendung finden, gelten überwiegend Mitarbeitervertretungsordnungen, die weitgehend an das BetrVG und das Personalvertretungsrecht angelehnt sind (näher dazu Andreas, aaO. S. 100f.). cc) Ein Weiterbeschäftigungsanspruch des Chefarztes während des Kündigungsschutzprozesses besteht nach der Rspr. des BAG nur ausnahmsweise, z.B. bei offensichtlich rechtsunwirksamer oder offenbar rechtsmißbräuchlicher oder willkürlicher Kündigung (BAG, NJW 1978, 239; Str., vgl. andererseits LArbG Hamburg, NJW 1979, 127; Grunsky, NJW 1979, 86 ; ausführliche Literaturhinweise bei Schaub, aaO. 5. Aufl. S. 752, Anm. 191). Diese Rspr. trägt den besonderen Verhältnissen im Kündigungsschutzprozeß von Chefärzten nicht ausreichend Rechnung. Beispielsweise kann der einem gekündigten Chefarzt bei Verweigerung eines Weiterbeschäftigungsanspruchs entstehende Schaden nicht annähernd durch die Arbeitslosenversicherung kompensiert werden. Zutreffend hat das LArbG Hamm in einem Urteil v. 18. 12. 1975 - 4 Sa 1424/75 (mitgeteilt von Andreas, ArztR 1979, 16) den Weiterbeschäftigungsanspruch eines ordentlich gekündigten Chefarztes auf § 242 BGB gestützt und folgende Grundsätze aufgestellt: (1) Es muß ein dringendes Bedürfnis, nicht notwendig materieller Art vorliegen, das auf andere Weise als durch eine Fortdauer der Beschäftigungs- oder Lohnzahlungspflicht nicht befriedigt werden kann; (2) die Interessen des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers sind gegeneinander abzuwägen, wobei insbesondere die wirtschaftlichen Belange

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beider Parteien eine Rolle spielen; (3) der Rechtsstreit, in dem es um die Kündigung geht, muß hinreichende Aussicht auf Erfolg haben. Das Obsiegen muß in hohem Maße wahrscheinlich sein. Nicht erforderlich ist allerdings, daß die Kündigung mutwillig oder offensichtlich unbegründet erscheint. Bei der hiernach vorzunehmenden Interessenabwägung fällt auch der Umstand ins Gewicht, daß die Chance für den Gekündigten, eine neue vergleichbare Stelle als Chefarzt zu finden, wesentlich davon abhängt, daß er bis zuletzt tatsächlich als solcher beschäftigt war. Im Falle der Kündigung wegen behaupteter > B e h a n d l u n g s f e h l e r im stationären Bereich muß ein Anspruch des Chefarztes auf Ausübung seiner ambulanten > N e b e n t ä t i g k e i t im Krankenhaus bis zum rechtskräftigen Abschluß des Kündigungsschutzprozesses grundsätzlich bejaht werden, weil der Chefarzt insoweit nicht im Rahmen des Arbeitsverhältnisses mit dem Krankenhausträger, sondern freiberuflich tätig wird (vgl. oben Rz 510). Der Weiterbeschäftigungsanspruch kann im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses oder unabhängig davon im Wege der einstweihgen Verfügung geltend gemacht werden. Im letzteren Fall sind nach einem Urteil des LArbG Rheinl.-Pf. v. 16. 6. 1980 - 7 Sa 9 8 / 8 0 - bei der Frage des Verfügungsgrundes die Interessen beider Seiten gegeneinander abzuwägen, wobei das der Weiterbeschäftigung entgegenstehende Interesse des Krankenhausträgers im Falle einer außerordentlichen Kündigung stärker zu berücksichtigen ist als im Falle der ordentlichen Kündigung. Die Entscheidung verneint einen Verfügungsgrund, wenn der gekündigte Chefarzt nach der außerordentlichen Kündigung in freier Praxis tätig wird und die daraus erzielten Einnahmen zur wirtschaftlichen Sicherstellung des Unterhalts seiner Familie ausreichen, auch wenn sie hinter den früheren Einnahmen als Klinikchefarzt weit zurückbleiben. Sie will im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzbare Interessen jedoch dann anerkennen, wenn die Befürchtung besteht, daß der Gekündigte durch die Tätigkeit in freier Praxis den wissenschaftlichen Anschluß an sein Fachgebiet verliert mit der Folge, daß er später nicht mehr als Chefarzt tätig werden kann. 513

k] Wegen Umgehung des Kündigungsschutzgesetzes nach den von der Rspr. entwickelten Grundsätzen grundsätzlich unwirksam ist der Abschluß befristeter Chefarztverträge (näher dazu Siegmund-Schultze, NJW 1976, 360; Narr, aaO. Rz 1131; Jobs, Arzt u. Krankenhaus 1983, 113 f.). Ein sachlicher Grund, der eine Befristung ausnahmsweise rechtfertigt, kann z. B. gegeben sein, wenn begründete Zweifel bestehen, ob die besondere Fachrichtung eines Chefarztes im betreffenden Krankenhaus auf die Dauer überhaupt gebraucht wird. Kein sachlicher Grund sind haushaltsrechtliche Erwägungen, wenn sie auf allgemein zu erwartende Mittelkürzungen abstellen (Jobs, aaO.).

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1) Für den Chefarzt gibt es vergütungsrechtlich keine regelmäßige Arbeitszeit in Form einer Höchstarbeitszeit. Die Festsetzung einer bestimmten Arbeitszeit und die Einhaltung von Dienststunden wäre mit der ständigen Bereitschaftspflicht des leitenden Krankenhausarztes nicht vereinbar (vgl. Reinhard bei Kuhns, aaO. S. 1/342). Infolgedessen kann es schon rein begrifflich keine

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Mehrarbeit und daher auch keine Mehrarbeitsvergütung geben. Trotzdem kann auch beim Chefarzt der Zeitpunkt eintreten, von dem ab eine weitere zusätzliche Arbeitsleistung nicht mehr durch die vertragliche Vergütung abgegolten ist (vgl. Baur, Krankenhausarzt 1972, 96, 104 > Bereitschaftsdienst Rz 354; > Rufbereitschaft Rz 1528). Auch arbeitszeitrechtlich unterliegt die Arbeitszeit der Chefärzte schon wegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 AZO keiner Begrenzung. Abgesehen davon findet die AZO nach der Rspr. des BAG auf Krankenhausärzte keine Anwendung ( > Bereitschaftsdienst Rz 347). Dies schließt indes nicht aus, daß der Krankenhausträger aufgrund seiner arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht und zur Vermeidung der Gefahr von Behandlungsgfehlern infolge Überbeanspruchung gehalten ist, dem Chefarzt einen bestimmten Mindestfreizeitanspruch zuzubilligen. Dieser Anspruch ist notfalls mit einer einstweiligen Verfügung durchsetzbar (vgl. ArbG Wilhelmshaven v. 21. 12. 1978, ArztR 1979, 320 [Mindestfreizeitanspruch des Chefarztes von 12 Stunden nach 36 Stunden Dienst in Form von normaler Arbeit, Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft)). m) Bei einem Wechsel des Krankenhausträgers, der auch in der Übertragung des Krankenhauses auf einen Zweckverband und ähnlichen Zusammenschlüssen bestehen kann (vgl. Weissauer, Westf. ÄBl. 1972, 933) tritt der neue Träger in die Rechte und Pflichten aus dem Chefarztvertrag mit dem bisherigen Dienstherrn ein (§ 613a BGB). Zu den Ansprüchen des Chefarztes bei Einstellung des Krankenhausbetriebes vgl. Siegmund-Schultze, ArztR 1980, 185. n) Als Angestellter ist der Chefarzt in der gesetzlichen Unfallversicherung unfallversichert (§ 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO). Nach § 550 Satz 1 RVO besteht Unfallversicherungsschutz auch auf dem Weg zum Krankenhaus, den ein aus privaten Gründen sich außerhalb seines Wohnortes aufhaltender Chefarzt antritt, weil er von der Einlieferung eines nach seiner Ansicht unverzüglich zu behandelnden Patienten benachrichtigt wurde (BSG, NJW 1971, 1103).

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2. Die Rechtsstellung beamteter Chefärzte richtet sich nach dem allgemeinen Beamtenrecht unter Berücksichtigung der besonderen Rechtslage, die sich aus der Tätigkeit als Arzt ergibt. a) Den dienstlichen Aufgabenkreis des Chefarztes bestimmt der Dienstherr kraft seiner Organisations- und Dienstgewalt nach den allgemeinen beamtenrechtlichen Grundsätzen. Eine individuelle Ausgestaltung des Beamtenverhältnisses des Chefarztes ist nur in den engen Grenzen des allgemeinen Beamtenrechts möglich ( > Beamteter Arzt Rz 298, > Nebentätigkeit Rzn. 1237ff.). Zur Weitergeltung privatrechtlich vereinbarter Vergünstigungen bei Übernahme des Chefarztes in das Beamtenverhältnis vgl. SiegmundSchultze, ArztR 1976, 132. Die Erstattung von Schlußberichten für Versicherungsgesellschaften gehört zu den Dienstaufgaben des beamteten Chefarztes, wenn sich der Krankenhausträger in Verträgen mit den Versicherungsträgern zur Erstattung solcher Schlußberichte verpflichtet hat. Der Chefarzt genießt keinen Vertrauensschutz,

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wenn er für diese Tätigkeit jahrelang liquidiert hat (BVerwG v. 13. 2. 1967, DMW 1968, 118). b) Die allgemeinen Arbeitszeitvorschriften für Beamte finden auf beamtete Chefärzte keine Anwendung. Für ärztliche Hochschullehrer ist dies im Hochschulrecht ausdrücklich bestimmt (> H o c h s c h u l l e h r e r Rz 880). Für andere leitende Krankenhausärzte ergibt sich die Nichtanwendbarkeit der beamtenrechtlichen Arbeitszeitvorschriften aus der Natur der chefärztlichen Tätigkeit. Es gilt hier entsprechendes wie bei angestellten Chefärzten (oben Rz 514). Infolgedessen ist eine Mehrarbeitsvergütung, wie sie beamteten nachgeordneten Ärzten gewährt wird (t> H o c h s c h u l a s s i s t e n t Rz 876, > Bereitschaf tsd i e n s t Rzn. 348, 351, > R u f b e r e i t s c h a f t Rz 1526), grundsätzlich ausgeschlossen. Die beamtenrechtlichen Vorschriften über die Vergütung von Mehrarbeit (vgl. § 44 BRRG) können auf Chefärzte schon deshalb keine Anwendung finden, weil es sich hier nicht um ausdrücklich „angeordnete" und „genehmigte" Mehrarbeit handelt, was Voraussetzung für die zusätzliche Vergütung ist (vgl. Menger, VerwArch. 1971, 305, 309). Dies bedeutet allerdings nicht, daß der Dienstherr unter Außerachtlassung seiner Fürsorgepflicht (vgl. z. B. § 87 Abs. 2 NBG) die Leistungskraft des beamteten Arztes überfordern dürfte (vgl. BVerwG, ZBR 1971, 88, 90 m. Anm. Wilhelm > Bereitschaftsd i e n s t Rzn. 348, 355). c) Möglich im Rahmen des Beamtenrechts sind Vereinbarungen und Zusagen hinsichtlich der stationären und außerstationären Tätigkeit des Chefarztes entsprechend den Vereinbarungen im privatrechtlichen Chefarztvertrag (> Liq u i d a t i o n s r e c h t Rz 1156, > N e b e n t ä t i g k e i t Rzn. 1239f.). d) Für die dem Krankenhausträger durch die liquidationsberechtigte Tätigkeit entstehenden Unkosten hat der Chefarzt ein > Nutzungsentgelt zu entrichten. e) Eine Gemeinde ist nicht berechtigt, die Höhe von Nebeneinnahmen beamteter Chefärzte in den Erläuterungen des Haushaltplanes der Gemeinde zu veröffentlichen (VG München, mitgeteilt von Hess, Krankenhausarzt 1973, 297). 3. Aus den dem Weisungsrecht des Dienstherrn im Angestellten- oder Beamtenverhältnis durch § 1 Abs. 2 BÄO gezogenen Grenzen ( > A r z t Rz 123) folgt, daß der Chefarzt in seinem medizinisch-fachlichen Aufgabenbereich völlig weisungsfrei ist. Insoweit besteht auch keine Weisungsbefugnis des O Ä r z t l i c h e n D i r e k t o r s (vgl. Weissauer, Bay.ÄBl. 1980, 953, 956; ders., Anaesthesist, 1964, 385, 386f., BVerfG, NJW 1963, 1667, 1668). Klauseln in Chefarztverträgen, wonach der Chefarzt im Rahmen der vom Krankenhausträger im einzelnen festzulegenden medizinischen Zielsetzung des Krankenhauses tätig wird, widerspricht der ärztlichen Unabhängigkeit in Diagnose und Therapie ( > T h e r a p i e f r e i h e i t ) . Möglich ist allenfalls eine Bindung des Chefarztes an Grundsatzentscheidungen des Krankenhausträgers über die Zielsetzung und den Leistungsstandard. > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t Rz 272 a.E. Im übrigen, insbesondere in Fragen der Organisation sowie der inneren und äußeren Ordnung des Krankenhausbetriebes, ist der Krankenhausträger auch dem Chefarzt gegenüber weisungsbefugt (z. B. betriebliche Anordnungen über

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Kompetenzen und das gegenseitige Zusammenarbeiten mit anderen Betriebsangehörigen, Weisungen in bezug auf eine sachgemäße Behandlung des Krankenhausinventars und die Abwendung typischer Betriebsgefahren; zum Verlangen des Krankenhausträgers, eine wegen eigenmächtiger Verabreichung von Betäubungsmitteln vom Dienst vorläufig suspendierte Hebamme wieder in den Dienstbetrieb aufzunehmen vgl. Rieger, D M W 1968, 2234). Im Einzelfall können sich jedoch auch hier Kollisionen mit der ärztlichen Berufsfreiheit ergeben (vgl. Schmeicher bei Kuhns, aaO. S. 1/341). 4. Soweit der Krankenhausträger für die Berechnung von Entgelten ( > N u t z u n g s e n t g e l t ) und die Ermittlung statistischer Daten auf die Mithilfe des Chefarztes angewiesen ist, trifft diesen eine Auskunfts- und Rechnungslegungspflicht gegenüber dem Krankenhausträger. Hinsichtlich der Berechnung von Entgelten ergibt sich diese Pflicht aus dem aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) abgeleiteten allgemeinen Rechtsgrundsatz, daß derjenige, der entschuldbar über das Bestehen oder den Umfang eines ihm zustehenden Rechts im Ungewissen und insoweit auf den Verpflichteten angewiesen ist, von diesem die erforderlichen Auskünfte verlangen kann (RGZ 108, 1, 7; 158, 377; BGHZ 10, 385). Dieser für das Zivilrecht entwickelte Grundsatz gilt gleichermaßen im Beamtenrecht (BVerwG, NJW 1974, 1440, 1444; Rieger, DMW 1975, 2363, 2364 f.). Die dem Chefarzt obliegenden Auskunfts- und Rechnungslegungspflichten finden ihre Grenze in der ärztlichen > S c h w e i g e p f l i c h t (Rzn. 1630, 1647) und im Datenschutzrecht ( > D a t e n s c h u t z ) . So kann der Krankenhausträger beispielsweise nicht die Vorlage von Rechnungsduplikaten verlangen, auf denen neben dem Namen des Patienten auch die Diagnose vermerkt ist (vgl. OVG Lüneburg NJW 1975, 2263 [Unzulässigkeit der Herausgabe von Anästhesieprotokollen zu Abrechnungszwecken]). Hat der Krankenhausträger mangels Vorlage von Belegen Zweifel an der Richtigkeit der Angaben, so kann er vom Chefarzt die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verlangen (vgl. Siegmund-Schultze, ArztR 1979, 37, 39). 5. Bei Straftaten des Krankenhauspersonals ist der Chefarzt vor Einschaltung der Strafverfolgungsbehörden grundsätzlich verpflichtet, die Zustimmung des Krankenhausträgers einzuholen (Rieger, DMW 1968, 2235). 6. Nach Beendigung des Dienstverhältnisses des Chefarztes ist der Krankenhausträger nach § 12 BGB, § 16 Abs. 1 UWG sowie unter dem Gesichtspunkt der nach vertraglichen Neben Verpflichtung gehalten, die weitere Verwendung von Formularen und Briefbögen mit dem Namensaufdruck des ausgeschiedenen Chefarztes sofort durch geeignete und zumutbare Vorkehrungen zu unterbinden (OLG München v. 27. 2. 1974, ArztR 1974, 161). III. Rechtsstellung gegenüber anderen Krankenhausärzten. 1. Das Verhältnis der Chefärzte untereinander ist durch die Selbständigkeit jedes einzelnen im medizinisch-fachlichen Bereich ( > B e h a n d l u n g s f e h l e r Rzn. 313f.) und durch die Pflicht zur kollegialen Zusammenarbeit im betrieblich-organisatorischen Bereich gekennzeichnet (vgl. Schmeicher bei Kuhns, aaO. S. 1/349).

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Über das Verhältnis der Chefärzte zum Ärztlichen Direktor des Krankenhauses > Ä r z t l i c h e r D i r e k t o r Rz 38. 522

2. Rechtsstellung gegenüber nachgeordneten Ärzten, aj Entsprechend seiner ärztlichen und rechtlichen Verantwortung für die ordnungsgemäße medizinische Versorgung der Patienten innerhalb der ihm übertragenen Dienstaufgaben steht dem Chefarzt gegenüber seinen ärztlichen Mitarbeitern im medizinisch-fachlichen Bereich ein ausschließliches und uneingeschränktes Weisungsrecht zu. Die ärztliche Berufsfreiheit (§ 1 Abs. 2 BÄO) steht dem nicht grundsätzlich entgegen ( > A r z t Rz 123, vgl. auch § 10 Abs. 1, Unterabs. 2 MuBO], Das Weisungsrecht des Chefarztes findet seine Grenze dort, wo Gesetz, Berufsordnung, Tarifvertrag oder Einzelarbeitsvertrag entgegenstehen ( > S c h w a n g e r s c h a f t s a b b r u c h Rz 1608). Das Weisungsrecht des Chefarztes entbindet die nachgeordneten Ärzte andererseits nicht von der Pflicht, ihre Fähigkeiten selbst richtig einzuschätzen und etwaige Bedenken gegen die Übertragung einer ärztlichen Verrichtung zur selbständigen Durchführung dem Chefarzt vorzutragen ( > A s s i s t e n z a r z t Rz 240, > B e h a n d l u n g s f e h l e r Rzn. 310, 318). b) Im Liquidationsbereich kommt es für die Rechtsbeziehungen des Chefarztes zu den nachgeordneten Ärzten darauf an, ob deren Mitarbeit im Rahmen ihrer Dienstaufgaben oder im Rahmen einer ihnen vom Krankenhausträger erteilten Nebentätigkeitsgenehmigung erfolgt. Im letzteren Fall ist der Chefarzt Arbeitgeber der ärztlichen Mitarbeiter mit allen sich hieraus ergebenden Rechten und Pflichten ( > M i t a r b e i t e r b e t e i l i g u n g Rzn. 1217, 1222). c) Zu den Rechtsbeziehungen zwischen Chefarzt und nachgeordneten Ärzten in der Weiterbildung > W e i t e r b i l d u n g Rz 1889. d) Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Chefarzt und nachgeordneten Ärzten kann der Krankenhausträger berechtigt sein, das Arbeitsverhältnis der nachgeordneten Ärzte auf Verlangen des Chefarztes zu kündigen ( > A s s i s t e n z a r z t Rz 239).

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3. Rechtsstellung gegenüber dem nichtärztlichen Personal, a) Da die Verantwortung des Chefarztes für die ihm anvertrauten Patienten auch deren Pflege umfaßt, ist der Chefarzt auch gegenüber dem > K r a n k e n p f l e g e p e r s o n a l und dem sonstigen nichtärztlichen Personal weisungsbefugt. Hierbei können sich jedoch Überschneidungen mit dem Weisungsrecht des Verwaltungsleiters und der leitenden Pflegekraft überall dort ergeben, wo eine Anordnung des Chefarztes als Vor- oder Folgeentscheidung zwangsläufig in deren Aufgabenbereich hineinwirkt. Bei der Lösung dieses Konflikts ist davon auszugehen, daß dem Chefarzt, dessen Verantwortung für die ordnungsgemäße medizinische Versorgung ihrer Natur nach der Rang vor allen anderen Kompetenzen gebührt, in allen pflegerischen Fragen, die für den Behandlungserfolg von Bedeutung sind, die letzte Entscheidungsbefugnis einzuräumen ist (näher dazu Weissauer, BayÄBl. 1980, 953, 956, Teich, aaO. S. 225ff. ; Brosius, aaO. S. 131 ff., 175ff.). Bei Meinungsverschiedenheiten, die sich zwischen Chefärzten und leitenden Pflegekräften bei der Zuweisung assistierender Tätigkeiten an das Pfle-

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gepersonal ergeben, obliegt die abschließende Entscheidung dem Krankenhausträger kraft seiner Organisationsgewalt (Weissauer, aaO.). b) Weihnachtszuwendungen des Chefarztes an die Mitarbeiter seiner Abteilung sind steuerrechtlich Betriebsausgaben i.S. des § 4 Abs. 4 EStG (FG Bad.Wttbg. v. 13. 5. 1982 - VI 229 u. 238/80 Arzt u. Krankenhaus 1982, 337).

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IV. Rechtsstellung gegenüber Patienten > K r a n k e n h a u s a u f n a h m e v e r trag Rzn. 1033 ff. V. Haftung. 1. Der Chefarzt trägt gegenüber den Patienten die zivilrechtliche und strafrechtliche Verantwortung des unmittelbar Handelnden für die sachgemäße Diagnose und Therapie bei allen Leistungen, die er selbst erbringt. Darüber hinaus hat er für die Wahrung der Sorgfaltspflichten dort einzustehen, wo er Leistungen auf ärztliche und nichtärztliche Mitarbeiter delegiert (>Behandlungsfehler Rzn. 317ff., > Haftung Rzn. 769ff.). Im Einzelfall kann die Abgrenzung der Pflichten des Chefarztes gegenüber den Organisationspflichten des Krankenhausträgers problematisch sein. Es ist davon auszugehen, daß der Krankenhausträger verpflichtet ist, die für eine ordnungsgemäße Krankenversorgung erforderlichen sachlichen und personellen Mittel bereitzustellen. Für die Personalbemessung sind die DKG-Empfehlungen „Anhaltszahlen für die Besetzung der Krankenhäuser mit Ärzten und Pflegekräften" v. 19. 9. 1969 u. 9. 9. 1974 (Krankenhaus 1969, 419f. ; 1974, 420, 427) von Bedeutung, an denen sich die Rspr. bis heute orientiert, obwohl diese Bemessungsgrundlagen infolge der inzwischen erfolgten medizinischen, medizinisch-technischen und organisatorischen Entwicklung im Krankenhaus längst fortschreibungsbedürftig sind (vgl. OVG Münster v. 13. 2. 1981, Krankenhaus 1981, 485, 486; diese zum Pflegesatzrecht ergangene Entscheidung ist in haftungsrechtlicher Hinsicht äußerst bedenklich; zur Notwendigkeit der Fortschreibung der Anhaltszahlen vgl. die ausführliche Stellungnahme der DKG, Krankenhaus 1982, 348ff.). Die Sorgfaltspflichten des Chefarztes erschöpfen sich darin, den Krankenhausträger über den > Ä r z t l i c h e n D i r e k t o r auf Mängel in der sachlichen und personellen Ausstattung hinzuweisen, auf die daraus resultierenden Gefahren aufmerksam zu machen und nachdrücklich aus Beweisgründen am besten schriftlich - Abhilfe zu fordern (vgl. Weissauer, Anaesthesist, 1964, 385, 388; BGH, VersR 1960, 416). Hierzu gehört auch die Pflicht, die Krankenhausverwaltung zur Vermeidung von Gerätemängeln zum Abschluß ausreichender Wartungsverträge zu veranlassen (Weissauer, BayÄBl. 1980, 959 > B e h a n d l u n g s f e h l e r Rz 312 a.E., > K r a n k e n h a u s i n f e k t i o n Rz 1052). 2. > B e r u f s h a f t p f l i c h t v e r s i c h e r u n g Rz 381

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VI. Aus dem ärztlichen Berufsrecht ist vor allem auf folgende Vorschriften hinzuweisen: § 15 Abs. 2 MuBO (Beteiligung ärztlicher Mitarbeiter am Liquidationserlös > M i t a r b e i t e r b e t e i l i g u n g ) ; §16 Abs. 3 MuBO (Pflicht zur Rücküberweisung des Patienten nach Entlassung aus stationärer Behandlung,

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Wiedereinbestellung zur ambulanten Behandlung oder Überwachung nur mit Zustimmung des behandelnden Arztes; dies gilt auch für Nachuntersuchungen zu rein wissenschaftlichen Zwecken); § 10 MuBO (Pflicht zur Beachtung der ärztlichen Berufsordnung bei Abschluß von Anstellungsverträgen und zur Vorlage der Verträge vor ihrem Abschluß bei der > Ä r z t e k a m m e r ; die Verletzung dieser Pflicht ist jedoch ohne Einfluß auf die Rechtswirksamkeit der Verträge). 527

VII. Beteiligung an der kassenärztlichen Versorgung. 1. Rechtsgrundlage. Nach § 368 a Abs. 8 RVO sind angestellte oder im Beamtenverhältnis stehende leitende Krankenhausärzte (Chefärzte und Leiter selbständiger Fachabteilungen > O b e r a r z t Rz 1311) vom Zulassungsausschuß auf ihren Antrag hin, längstens für die Dauer ihrer Tätigkeit an dem Krankenhaus, an der kassenärztlichen Versorgung unmittelbar ( > Krankenversicherungs-Weiterentwicklungsgesetz Rz 1110) oder auf > Überweisung durch t> Kassenärzte zu beteiligen, sofern eine Beteiligung notwendig ist, um eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten zu gewährleisten (objektive Voraussetzung). Subjektive Voraussetzungen für die Chefarztbeteiligung sind die Eintragung des Krankenhausarztes in das > A r z t r e g i s t e r und die Erklärung des Krankenhausträgers an den Zulassungsausschuß, daß durch die beantragte Beteiligung die Krankenhausversorgung nicht beeinträchtigt wird. 2. Bei Vorliegen dieser (objektiven und subjektiven) Voraussetzungen besteht ein Rechtsanspruch auf Beteiligung. „Notwendig" i. S. des § 368 a Abs. 8 Satz 1 RVO ist die Beteiligung dann, wenn für sie objektiv ein Bedürfnis besteht, weil die Versicherten durch die niedergelassenen Ärzte nicht ausreichend versorgt werden können, d.h. wenn Versorgungslücken bestehen, die sich nur durch die Beteiligung eines Krankenhausarztes schließen lassen (BSGE 21, 230, 231; BSG v. 14. 12. 1982, SGb 1983, 64). Die Bedürfnisprüfung hat sich alternativ sowohl auf quantitative als auch auf qualitative Gesichtspunkte zu erstrecken. Diese Bedürfnisprüfung ist verfassungsrechtlich unbedenklich, insbesondere schränkt sie nicht das Grundrecht der Krankenhausärzte auf freie Berufsausübung übermäßig ein (BVerfGE 16, 286; BSG v. 1.3. 1979 - 6 RKA 3 / 7 8 vgl. zum folgenden Flehinghaus, DÄ 1981, 1837 ff.). a) Der quantitative Aspekt verlangt, daß im Versorgungsbereich eine Unterversorgung mit Ärzten eines bestimmten Gebietes vorliegt, sei es daß in zumutbarer Entfernung bestimmte > Gebietsärzte überhaupt nicht in freier Praxis niedergelassen sind oder sei es, daß die Zahl der niedergelassenen Gebietsärzte für die ausreichende Versorgung der Versicherten nicht ausreicht. Im letzteren Fall können die Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte ( > B e d a r f s p l a n u n g Rz 300) bei der Feststellung der Unterversorgung eine wesentliche Entscheidungshilfe geben. b) Unter qualitativen Gesichtspunkten m u ß die Beteiligung erforderlich sein, um den Versicherten die besonderen Kenntnisse und Erfahrungen des Chefarztes zugänglich zu machen, die anderenfalls nicht zur Verfügung stünden und die nach dem jeweiligen Stand der ärztlichen Wissenschaft den Versi-

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cherten nicht vorenthalten werden dürfen. Die Notwendigkeit der Beteiligung folgt indes nicht schon aus der Position als Chefarzt als solcher. Es kommt vielmehr darauf an, über welche besonderen Fähigkeiten und Kenntnisse sowie über welche apparativen Ausstattungen der Chefarzt verfügt, die zur ausreichenden ambulanten ärztlichen Versorgung der Versicherten notwendig sind und von den niedergelassenen Ärzten nicht oder nicht ausreichend abgedeckt werden. Die Besonderheit der Fähigkeiten und Kenntnisse muß sich gerade auf die ambulante Krankenversorgung beziehen. Nicht ausreichend ist daher, daß der Chefarzt profilierter Vertreter seines Fachgebietes und als solcher auch wissenschaftlich tätig ist. Entscheidend ist allein, ob die besonderen Kenntnisse und Erfahrungen, über die der Chefarzt verfügt, für die ambulante Versorgung der Versicherten notwendig sind. Die Kenntnisse und Erfahrungen des Wissenschaftlers sind dafür nur insofern bedeutsam, als sie sich auf die Diagnose und Behandlung durch den Chefarzt im Einzelfall auswirken. Nur wenn er bei der Diagnose oder der Behandlung aufgrund seiner besonderen Kenntnisse und Erfahrungen, etwa auch durch Anwendung anderer Methoden, etwas leistet, was die niedergelassenen Ärzte nicht bieten, kann die Beteiligung notwendig sein (BSG v. 14. 12. 1982, aaO.). c) Für die Dauer und den Umfang ihrer Beteiligung haben die Krankenhausärzte die Rechte und Pflichten eines > Kassenarztes (§ 368 a Abs. 8 Satz 3 RVO; Einzelheiten bei Martens, NJW 1971, 1066). 3. Aus dem nur lückenausfüllenden Charakter der Mitwirkung von Krankenhausärzten im Bereich der ambulanten kassenärztlichen Versorgung folgt, daß für eine unmittelbare Beteiligung der Krankenhausärzte i. S. der Möglichkeit einer direkten Inanspruchnahme durch die Versicherten kaum jemals ein Bedürfnis anzunehmen ist und eine Chefarztbeteiligung daher im Regelfall nur auf > Uberweisung durch einen niedergelassenen Kassenarzt ausgesprochen wird (vgl. Hencke, Rhein. ÄB1. 1980, 514). Im Gegensatz zur Überweisung zwischen niedergelassenen Ärzten ( > Ü b e r weisung Rz 1796) ist bei der Uberweisung an einen beteiligten Krankenhausarzt die Angabe des Namens des Überweisungsempfängers im > Überweisungsschein regelmäßig nicht nur zulässig, sondern sogar geboten, wenn die Zuziehung des Krankenhausarztes gerade wegen dessen besonderer Kenntnisse und Erfahrungen auf einem speziellen medizinischen Gebiet erfolgt. Der Überweisungsschein ist in diesem Fall personengebunden, darf also von einem anderen Arzt nicht angenommen werden (Hencke, aaO. S. 514). 4. Der Umfang der Beteiligung ist in § 29 Abs. 2 und 3 ZO-Ä geregelt (näher dazu Hencke, aaO. S. 514, 516f.). a) Das BSG (Urt. v. 1.3. 1979 - 6 RKA 3/78 -) zieht für die Bedürfnisprüfung enge Grenzen. Für die Frage der Beteiligung kommt es nicht darauf an, ob gerade der überweisende Arzt die für erforderlich gehaltene Leistung nicht selbst ausführen kann. Die Beteiligung darf vielmehr nur für solche Leistungen ausgesprochen werden, die gleichartig nicht von anderen am Ortssitz des Krankenhauses niedergelassenen Ärzten erbracht werden können; unerheblich ist, ob diese anderen Ärzte zugleich die überweisenden Ärzte sind.

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Erstreckt sich die Chefarztbeteiligung zwar auf die konsiliarische Beratung eines > Kassenarztes in der Behandlung (§29 Abs. 2 b ZO-Ä > Konsilium), nicht jedoch auf Untersuchungen zum Zwecke der Krankheitsfrüherkennung (§ 29 Abs. 2 a ZO-Ä), so wird man trotzdem davon ausgehen müssen, daß der Krankenhausarzt stets berechtigt ist, den Therapievorschlägen eine Beratung des Patienten (Anamneseerhebung) und eine das gewöhnliche Maß übersteigende Untersuchung vorzuschalten und darüber hinaus nach Absprache mit dem überweisenden Arzt ergänzende diagnostische Leistungen zu erbringen (vgl. Hencke, aaO. S. 516; ebenso ein Beschluß des Vorstands der KV Nordrhein). Leistungen im Rahmen der Mutterschaftsvorsorge (§ 196 RVO) und Früherkennungsmaßnahmen (§§ 181, 181 a RVO) darf der beteiligte Krankenhausarzt im Rahmen seines Gebietes stets zusätzlich erbringen, ohne daß dies im Beteiligungsbeschluß auszusprechen ist und ohne daß es hierzu der > Überweisung durch einen Kassenarzt bedarf (§15 Abs. 1 BMV-Ä). Der Versicherte kann sich daher mit einem Berechtigungsschein für diese Untersuchungen unmittelbar in die Betreuung des beteiligten Chefarztes begeben ( > Früherkennungsuntersuchungen Rz 662, > Vorsorgeuntersuchungen Rz 1858). b) Die Kassenbeteiligung des Chefarztes deckt auch die persönliche ( = eigenhändige) Behandlung ambulanter Notfälle, sofern die betreffende Leistung durch den Beteiligungskatalog gedeckt ist. Insoweit liegt kein kassenärztlicher > Notfall i. S. des § 368 d Abs. 1 Satz 2 RVO vor. Eine vom Chefarzt ebenfalls abrechenbare Notfallbehandlung i. S. dieser Vorschrift liegt dagegen vor bei persönlichen Inanspruchnahmen außerhalb des Leistungskatalogs der Beteiligung, es sei denn, daß die kassenärztliche Notfallbehandlung in die Dienstaufgaben des Chefarztes einbezogen ist. In beiden Fällen kann der Chefarzt nachträglich vom behandelnden Arzt die Ausstellung eines > Überweisungsscheines verlangen (§ 188 Abs. 1 Satz 2 RVO i.V.m. § 8 Abs. 1 u. 3 BMV-Ä). Wird die Notfallbehandlung dagegen nicht vom Chefarzt persönlich, sondern von einem nicht liquidationsberechtigten angestellten Krankenhausarzt vorgenommen, steht die Vergütung dem Krankenhausträger zu, wenn die angestellten Ärzte die Notfallbehandlung im Rahmen ihrer Dienstpflichten durchführen und ihnen die Liquidation der im Krankenhaus durchgeführten ärztlichen Leistungen nicht gestattet ist (vgl. Andreas, ArztR 1981, 246 f.; BSG, NJW 1962, 700; a.A. in bezug auf das Erfordernis der persönlichen Leistungserbringung Siegmund-Schultze, ArztR 1981, 317 O Notfall Rz 1266). c) Die Chefarztbeteiligung umfaßt nicht die Nachuntersuchung zu wissenschaftlichen Zwecken. 5. Die Chefarztbeteiligung ist persönlicher Natur (§32 Abs. 1 ZO-Ä, §4 Abs. 1 BMV-Ä). Es ist daher unzulässig, die Beteiligungspraxis in der Form einer Krankenhausambulanz mit nachgeordneten Ärzten zu führen (Hencke, aaO. S. 517; eingehend dazu Schwaiger, aaO. S. 114ff.). 6. Die Beteiligung kann befristet werden (§ 29 Abs. 5 Satz 1 ZO-Ä). Für die Zulässigkeit der Befristung müssen besondere, die Befristung zwingend not-

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Chefarzt

wendig machende Gründe vorliegen (z. B. Antrag des Chefarztes auf befristete Beteiligung, befristetes Dienstverhältnis des Chefarztes). Nicht zulässig ist die Befristung, wenn ein Arzt desselben Gebietes seine Niederlassung im Versorgungsbereich des Krankenhauses in Aussicht gestellt hat (vgl. Baur, Arzt u. Krankenhaus 1978, 322, 323). 7. Widerruf und Einschränkung der Beteiligung, a) Der Zulassungsausschuß hat in angemessenen Zeitabständen, längstens alle zwei Jahre, zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Beteiligung noch vorliegen. Auf Antrag der KV oder eines Landesverbandes der Krankenkassen muß das Prüfungsverfahren unverzüglich eingeleitet werden (§ 29 Abs. 5 Satz 3 ZO-Ä). Die Beteiligung kann eingeschränkt oder widerrufen werden, wenn das bei Ausspruch der Beteiligung festgestellte Bedürfnis in quantitativer oder qualitativer Hinsicht nicht mehr im gleichen Umfang besteht oder ganz entfallen ist (§ 29 Abs. 5 Satz 2 ZO-Ä; Baur, aaO. S. 323). Eine langjährige Beteiligung begründet keine Rechtsposition mit Bestandsschutz, der einem Widerruf entgegenstünde (BSG v. 14. 12. 1982, SGb 1983, 64 [17jährige Chefarztbeteiligung]). Ist der Chefarzt lediglich eingeschränkt für bestimmte Leistungsbereiche im Rahmen des § 29 Abs. 2 ZO-Ä beteiligt, so ist i.d.R. davon auszugehen, daß bei Erteilung der Beteiligung ein Bedürfnis in qualitativer Hinsicht bejaht wurde. In diesem Fall kann allein eine zahlenmäßige Vermehrung der niedergelassenen Kassenärzte zu keiner Veränderung des Bedürfnisses führen. Ein Widerruf oder eine Einschränkung der Beteiligung wäre in diesem Falle also nur möglich, wenn die neu niedergelassenen Ärzte über die gleichen Kenntnisse und Erfahrungen wie der beteiligte Chefarzt verfügen (Baur, aaO. S. 323). Voraussetzung für die Einschränkung oder den Widerruf der Beteiligung ist stets, daß eine Änderung der maßgeblichen Tatsachen seit Ausspruch der Beteiligung eingetreten ist. Eine bloße Änderung seiner Rechtsauffassung gibt dem Zulassungsausschuß kein Eingriffsrecht. Hingegen kann eine Einschränkung oder ein Widerruf dann erfolgen, wenn der Zulassungsausschuß bei seiner frühreren Entscheidung von unrichtigen Informationen durch den Chefarzt ausgegangen ist (Flehinghaus, DÄ 1981, 1840). Ist die Notwendigkeit der Beteiligung ganz oder teilweise entfallen, so besteht kein rechtlicher Zwang zu Widerruf oder Einschränkung der Beteiligung. Hierüber hat der Zulassungsausschuß vielmehr nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Dabei ist zu beachten, daß sowohl persönliche Interessen des betroffenen Chefarztes als auch Interessen des Krankenhauses oder Dritter außer Betracht bleiben müssen; denn die Chefarztbeteiligung erfolgt ausschließlich im Interesse der Versicherten (Flehinghaus, aaO. S. 1838, 1841). b) Widerruf und Einschränkung der Beteiligung sind Verwaltungsakte, gegen die der Widerspruch beim Berufungsausschuß und anschließend Klage beim Sozialgericht gegeben ist. Beide Rechtsbehelfe haben grundsätzlich aufschiebende Wirkung (§ 368 b Abs. 4 RVO, § 97 Abs. 1 Nr. 4 SGG). Für die sofortige Vollziehung des Widerrufs und der Einschränkung der Beteiligung gilt entsprechendes wie beim Entzug der Vollzulassung ( > Kassenarzt Rz 937). 8. Die Abrechnung der ärztlichen Leistungen im Ambulanzbereich erfolgt

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Chefarzt

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gegenüber der KV nach dem BMA '78 bzw. der E-GO. Die Abrechnung der > S a c h k o s t e n bei ärztlichen > Sachleistungen erfolgt bei RVO-Patienten direkt zwischen Krankenhausträger und der > Kassenärztlichen Vereinigung, bei Ersatzkassenpatienten teilweise noch im InnenVerhältnis zwischen > K r a n k e n h a u s und Chefarzt nach den Sätzen der Spalte 6 > D K G - N T ( > Nutzungsentgelt Rz 1303). Zum Honoraranspmch des beteiligten Chefarztes für ambulante Leistungen bei anschließender stationärer Aufnahme des Patienten vgl. SG Karlsruhe v. 15. 10. 1980 - ArztR 1981, 121 m. Anm. Andreas. 9. > Praxisveräußerung Rz 1406 534

VIII. Zur Ermächtigung von Chefärzten zur Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung > Kassenarzt Rz 928. IX. Bei Einzug der Chefarzthonorare im stationären und ambulanten Bereich durch die Krankenhausverwaltung mittels elektronischer Datenverarbeitung verlangt die ärztliche > Schweigepflicht für die Meldung der einzelnen ärztlichen Leistungen pro Patient an die Verwaltung dessen Zustimmung, die jedoch nicht schriftlich zu erfolgen braucht ( > D a t e n s c h u t z Rz 544).

Chefarztnachfolgevertrag 535

I. Gegenstand des Chefarztnachfolgevertrages ist eine Vereinbarung mit dem Stellvertreter des > Chefarztes ( > Oberarzt Rz 1310) oder einem Bewerber um die Position des Chefarztes, daß er Nachfolger des amtierenden Chefarztes wird. II. Einzelfragen. 1. Tritt der bisherige > O b e r a r z t die Nachfolge an, so kann im Falle einer vorausgegangenen Beschäftigungsdauer von mindestens sechs Monaten eine Probezeit nicht vereinbart werden, da anderenfalls § 1 Abs. 1 KSchG umgangen würde (Baur, Krankenhausarzt 1972, 119). 2. Ist der Nachfolgezeitpunkt im Chefarztnachfolgevertrag offen geblieben, so ist der Krankenhausträger nicht gehindert, das Arbeitsverhältnis mit dem amtierenden Chefarzt über dessen Altersgrenze hinaus fortzusetzen. Der vorgesehene Nachfolger hat jedoch Anspruch darauf, über Entscheidungen des Krankenhausträgers unterrichtet zu werden, von denen der Nachfolgezeitpunkt abhängt (BAG v. 2. 9. 1976, DMW 1978, 329). III. Musterverträge bei Baur, Krankenhausarzt 1971, 484 ; Rieger, Verträge zwischen Ärzten und Krankenhausträgern, S. 18 f.

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Computer-Tomographie

Chiropraktik I. Man versteht darunter eine „Methode der Behandlung krankhafter Störungen und Subluxationen im Bereich der Wirbelsäule mit bestimmten Einrenkungshandgriffen" (Duden, „Chiropraktik").

536

II. Bei chiropraktischen Behandlungen der Wirbelsäule und der Gelenke handelt es sich um Ausübung der > Heilkunde (BVerwG, NJW 1970, 1987; BGH, NJW 1981, 2008). III. Die Deutsche Gesellschaft für Manuelle Medizin e. V. hat anläßlich des 6. Kongresses der Fédération International de Médicine Manuelle im April 1979 „10 Merksätze zur Verhinderung von Zwischenfällen durch gezielte Handgriffstherapie an der Halswirbelsäule" herausgegeben, die als Maßstab für die ärztliche Sorgfaltspflicht gelten können ( > B e h a n d l u n g s f e h l e r Rz 307). IV. Bei Nachweis einer entsprechenden > Weiterbildung erhält der Arzt die Zusatzbezeichnung „Chirotherapie" von der zuständigen > Ärztekammer (vgl. Anlage II Nr. 4 MuWO). V. Die Durchführung chiropraktischer Behandlungen gegen Entgelt durch Nichtärzte oder Personen ohne Heilpraktikererlaubnis (> Heilpraktiker) erfüllt den Tatbestand des unlauteren Wettbewerbs (§ 1 UWG ; BGH, NJW 1981,

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2008).

Computer-Tomographie I. Bei der Computer-Tomographie handelt es sich um eine neue Röntgenuntersuchungstechnik zur direkten Darstellung von Weichteilstrukturen. Dabei wird aus dem von einem Computer aufbereiteten Meßergebnis ein Dichteverteilungsgrad der untersuchten Schichten rekonstruiert (Duden, „ComputerTomographie").

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II. Der Computer-Tomograph gehört zu den Großgeräten, deren Anschaffung und Nutzung nach § 11 a KHG, §368n Abs. 8 RVO zwischen den > K r a n k e n h ä u s e r n und den > K a s s e n ä r z t e n abzustimmen ist (> K r a n k e n h a u s - K o s t e n d ä m p f u n g s g e s e t z unter Ziff. 3). III. Da die Computer-Tomographie eine Untersuchungsmethode mit erheblieh höherem medizinischen Erkenntniswert darstellt, die für den Untersuchten zudem praktisch keinerlei gesundheitliche Risiken birgt, sind bei zwangsweise durchgeführten Untersuchungen (z.B. nach § 81a StPO > Z w a n g s b e h a n d l u n g Rz 2004) die bisher gebräuchliche Angiographie (röntgenologische Darstellung von Blutgefäßen mit Hilfe injizierter Kontrastmittel) und Lüften-

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Computer-Tomographie

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cephalographie (Hirnkammerluftfüllung] als weit gefährlichere Untersuchungsmethoden mit geringerem Erkenntniswert nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unzulässig geworden (Ostertag-Sternsdorff, NJW 1977, 1482 ff.). IV. 1. Die > Radiologie-Richtlinien der KBV enthalten u.a. besondere Bestimmungen über die fachlichen und apparativen Voraussetzungen für die Ausführung der Computer-Tomographie (vgl. z. B. §§ 6, 9, 11 und dazu die Erläuterungen von Hess, DÄ 1980, 235ff.). 2. Außerdem hat die KBV Empfehlungen zur Computer-Tomographie herausgegeben (Merkblatt Nr. 19 vom August 1980, DÄ 1980, 2131 ff.). 540

V. Zur Entschädigung eines ärztlichen > Sachverständigen für computertomographische Untersuchungen nach dem ZuSEG vgl. LSG Schlesw.Holst., SGb 1981, 565 [Leits.].

Datenschutz 541

I. Der Datenschutz regelt die Geheimhaltungspflicht in bezug auf technisch gespeicherte personenbezogene Daten. II. Rechtsgrundlagen. 1. Allgemeine Rechtsgrundlagen sind das Bundesdatenschutzgesetz v. 27. 1. 1977 - BDSG - (BGBl. I S. 201) und die Landesdatenschutzgesetze (vgl. z.B. LDSG Bad.-Wttbg. v. 4. 12. 1974, GBl. S. 534). Der Anwendungsbereich der Landesdatenschutzgesetze umfaßt nur die Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände und der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Für die Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen des Bundes sowie für den nichtöffentlichen Bereich gilt ausschließlich das BDSG. Danach finden die jeweiligen Landesdatenschutzgesetze u. a. Anwendung auf > Ä r z t e k a m m e r n (Rz 12), > Kassenärztliche Vereinigungen, Krankenhäuser in öffentlichrechtlicher Trägerschaft ( > K r a n k e n h a u s Rz 1022) und die meisten > T u m o r z e n t r e n , während für private und freie gemeinnützige Krankenhäuser, für den betriebsärztlichen Dienst in privaten Unternehmen ( > Betriebsarzt Rzn. 431 ff.) und > ü b e r b e t r i e b l i c h e n arbeitsm e d i z i n i s c h e n D i e n s t e n privater Träger sowie für > A r z t p r a x e n das BDSG gilt (zum Datenschutz in der Arztpraxis vgl. Schaefer, DÄ 1980, 2427ff. ; Osterwald, DÄ 1982/26, S. 51 ff.). 2. Der Schutz von Sozialdaten bei der Datenverarbeitung durch Sozialleistungsträger nach dem SGB ist in den §§ 79-85 SGB X besonders geregelt ( > Sozialgeheimnis).

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Datenschutz

3. Das Ministerkomitee des Europarates hat für seine Mitgliedstaaten am 21. 1. 1981 die Empfehlung Nr. R (81) 1 über Vorschriften für automatisierte medizinische Datenbanken erlassen. III. Sachlicher Anwendungsbereich des Datenschutzrechts. 1. Geschützt werden nur personenbezogene Daten, d. h. Daten, die sich auf eine bestimmte Person beziehen oder eine solche aus dem Zusammenhang, in dem sie stehen, allenfalls auch unter Zuhilfenahme von Zusatzwissen, erkennen lassen, also die Person bestimmbar machen (Auernhammer aaO., § 2 Rz 4). Keine personenbezogenen Daten i. S. des Datenschutzrechts sind Angaben, die so anonymisiert sind, daß sich ein Bezug zu einer bestimmten Person nicht mehr herstellen läßt (vgl. § 31 Abs. 1 Nr. 2 BDSG). Dabei wird nicht verlangt, daß eine Identifizierung absolut unmöglich sein muß. Es ist jedoch notwendig, um so höhere Anforderungen an die Unmöglichkeit einer Identifizierung zu stellen, je sensibler die Daten sind (vgl. Zweiter Tätigkeitsbereich der Landesbeauftragten für den Datenschutz in Bad.-Wttbg., LT-Drucks. 8/2220 v. 31. 12. 1981, S. 28], Der Grad der Anonymisierung, der erreicht sein muß, damit den schutzwürdigen Belangen der Betroffenen Rechnung getragen wird, spielt vor allem bei der Datenverarbeitung in der medizinischen Forschung und bei der Einrichtung von Krebsregistern eine Rolle ( > K r e b s r e g i s t e r Rz 1119; zum Spannungsverhältnis zwischen wissenschaftlicher Forschung und Datenschutz grundlegend Bull-Dammann, DÖV 1982, 213 ; Kilian, aaO.). Eine ähnliche Problematik stellt sich bei der ärztlichen > S c h w e i g e p f l i c h t (Rz 1659). 2. > Krankenunterlagen Rz 1078 > Krankenschein Rz 1074

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IV. Daten, die der ärztlichen > Schweigepflicht unterliegen, erhalten durch die Datenschutzgesetze einen besonderen Schutz, wenn sie eine speichernde Stelle weiterübermitteln will, die sie vom Arzt in Ausübung seiner Berufspflicht erhalten hat (vgl. §§ 10 Abs. 1 Satz 2, 11 Satz 2 und § 24 Abs. 1 Satz 2 BDSG; §§ 10 Abs. 2, 11 Abs. 2 LDSG Bad.-Wttbg.). V. Der Betroffene (Patient, Antragsteller bei Sozialleistungsträgern usw.) hat gegenüber der datenspeichernden öffentlichen oder privaten Stelle (nicht gegen die dort tätigen Ärzte persönlich, es sei denn, daß es sich um eine > A r z t p r a x i s handelt; vgl. aber > B e t r i e b s a r z t Rz 433) einen Auskunftsanspruch (§§ 4 Nr. 1, 13 BDSG und die entsprechenden Vorschriften in den Landesdatenschutzgesetzen sowie §§4 Nr. 1, 26 Abs. 2-4 BDSG). Nach §26 Abs. 1 BDSG besteht zur Vorbereitung des Auskunftsanspruchs des Betroffenen eine Benachrichtigungspflicht bei erstmaliger Datenspeicherung. Für die Pflicht der Sozialleistungsträger nach dem SGB zur Auskunftserteilung über Sozialdaten gilt ergänzend § 83 i.V.m. § 25 Abs. 2 SGB X. Nach den letztgenannten Vorschriften kann die speichernde Stelle die Eröffnung von Gesundheitsdaten durch einen Arzt vornehmen lassen; sie soll von dieser Möglichkeit insbesondere Gebrauch machen, wenn zu befürchten ist, daß eine vollständige Auskunft dem Betroffenen unverhältnismäßige gesundheitli-

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Datenschutz

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che Nachteile zufügen würde. Entsprechendes muß in allen sonstigen Fällen gelten, in denen sich die Auskunftserteilung für den Betroffenen nachteilig auswirken kann. Wo die Gefahr besteht, daß die Bekanntgabe kritischer Diagnosen und Befunde dem Patienten ernstlich schaden, entsteht für den Arzt die gleiche Konfliktsituation wie in den Fallen der > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t (Rz 264) und der > A u s k u n f t s p f l i c h t (Rz 285) nach allgemeinem Recht (vgl. dazu Hollmann, NJW 1977, 2110; Auernhammer aaO., § 26 Rz 18 u. § 13 Rz 7). Der Gesetzgeber hat diese Problematik erkannt, trotzdem aber von einer Sonderregelung für medizinische Daten in den §§ 13 und 26 BDSG Abstand genommen, wohl in der Annahme, daß die Sonderregelung nur dadurch verwirklicht werden kann, daß es in das Ermessen des Arztes gestellt wird, ob er dem Patienten Auskunft erteilt oder nicht (vgl. Hollmann, aaO.). Die Fassung der §§ 13 Abs. 1 (und die entsprechenden Bestimmungen der Landesdatenschutzgesetze) und § 26 Abs. 2 Satz 4 BDSG läßt diese Möglichkeit zu (Auernhammer aaO., § 13 Rz 7 u. § 26 Rz 10). Zum datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch des Arbeitnehmers gegenüber dem betriebsärztlichen Dienst > Betriebsarzt Rz 433. Die Auskunftserteilung durch öffentliche Stellen im Bereich des BDSG ist grundsätzlich gebührenpflichtig. Im Geltungsbereich der Landesdatenschutzgesetze besteht z.T. Gebührenfreiheit (vgl. z.B. §12 Abs. 4 LDSG Bad.Wttbg.). Die zur Auskunftserteilung verpflichteten nichtöffentlichen Stellen können nach § 26 Abs. 3 BDSG ein Entgelt verlangen, das über die direkt zurechenbaren Kosten nicht hinausgehen darf (näher dazu Auernhammer aaO., §26 Rz 12). Der Auskunftsanspruch des Betroffenen beinhaltet kein Recht auf Akteneinsicht. > Betriebsarzt Rz 433 544

VI. Verhältnis von Datenschutzrecht und ärztlicher > Schweigepflicht. Gemäß § 45 Satz 3 BDSG bleibt die Verpflichtung zur Wahrung des ärztlichen Berufsgeheimnisses nach § 203 Abs. 1 StGB unberührt. Richtiger Ansicht nach enthält diese Vorschrift nur eine Konkretisierung des § 45 Satz 1 BDSG, wonach besondere Rechtsvorschriften des Bundes über in Dateien gespeicherte personenbezogene Daten den Bestimmungen des BDSG vorgehen. Das bedeutet, daß die Vorschriften des BDSG den Umfang der durch § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB gewährleisteten ärztlichen Schweigepflicht nicht verändern, d. h. die Offenbarung von tatbestandsmäßig der ärztlichen Schweigepflicht unterliegenden Daten weder erleichtern noch erschweren wollen. Daraus folgt, daß die Vorschriften des BDSG über die Zulässigkeit von Datenübermittlungen auf solche Daten nicht anwendbar sind. Die Einwilligung in die Übermittlung von Daten, die der ärztlichen Schweigepflicht unterliegen, kann daher nicht nur in der in § 3 Satz 2 BDSG festgelegten Form, sondern auch mündlich oder konkludent erfolgen. Die entgegengesetzte Ansicht, nach welcher die Vorschriften des BDSG zusätzlich neben den allgemeinen Bestimmungen über die ärztliche Schweigepflicht Anwendung finden, könnte dazu führen, daß sich eine Datenübermittlung mangels schriftlicher Einwilligung nach § 3 Satz 1 Nr. 2 und

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Defibrillator

Satz 2 BDSG als unzulässig und gem. § 41 BDSG strafbar erweist, obwohl der Patient formlos eingewilligt hat. Diese Ansicht läßt außer acht, daß das Formerfordernis der schriftlichen Einwilligung die gerade im Arzt-Patient-Verhältnis erforderlichen flexiblen Entscheidungen im Einzelfall häufig unmöglich machen würde. Für die hier vertretene Auffassung sprechen auch manche Regelungen in den Landesdatenschutzgesetzen, wonach dann, wenn besondere Rechtsvorschriften des Bundes auf die in Dateien gespeicherte personenbezogene Daten anzuwenden sind, diese dem LDSG vorgehen (so z.B. § 30 LDSG Bad.-Wttbg.); vgl. auch oben Rz 542 a.E.

Defibrillator I. Ein Defibrillator ist ein elektrisches Gerät zur Beseitigung des (anderenfalls nach kurzer Zeit zum Tode führenden) Herzkammerflimmerns durch Elektroschock (Pschyrembel, „Defibrillator").

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II. Haftung des Arztes bei NichtVerfügbarkeit eines Defibrillators. Zwischenfälle, die den Einsatz eines Defibrillators notwendig machen, können sich ereignen 1. bei der Ableitung eines Belastungs-Elektrokardiogrammes (EKG). Die im Verkehr erforderliche Sorgfalt (§ 276 Abs. 1 Satz 2 BGB > B e h a n d l u n g s f e h l e r Rz 309) gebietet dem untersuchenden Arzt die Verfügbarkeit eines Defibrillators jedenfalls bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit, bei Verdacht auf deren Vorliegen sowie bei Patienten nach Herzinfarkt. Bei ergometrischen Untersuchungen an Personen, die aufgrund von Alter, Anamnese und körperlichem Untersuchungsbefund als gesund angesehen werden dürfen, ist nach den bisherigen Erfahrungen die Gefahr tödlich verlaufender Komplikationen dagegen so gering, daß die Bereithaltung eines Defibrillators nicht erforderlich erscheint (vgl. die Stellungnahme des > Wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer, DÄ 1981 2341 f. ; aufgrund dieser Stellungnahme wird meine in D M W 1977, 1167 vertretene Auffassung im vorstehenden Sinne modifiziert; ähnlich schon meine Ausführungen in DMW 1977, 1616). Soweit die Verfügbarkeit eines Defibrillators nach dem Vorstehenden erforderlich ist, muß der die Belastungsuntersuchungen durchführende Arzt entsprechende Erfahrungen in der Anwendung eines solchen Gerätes besitzen. Um die Gefährdung bei der Ergometrie so gering wie möglich zu halten, sind im übrigen noch weitere Vorbedingungen zu erfüllen (vgl. im einzelnen dazu die Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer, aaO. S. 2342). 2. Zu Zwischenfällen mit tödlichem Ausgang kann es auch bei der Bewegungstherapie im Rahmen ambulanter > K o r o n a r ( s p o r t ) g r u p p e n (Rz 996) kommen. Wenngleich auch hier die Komplikationsdichte erfahrungsgemäß sehr gering ist, wird man doch grundsätzlich fordern müssen, daß dem ärztli-

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Defibrillator

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chen Leiter einer Koronargruppe ein Defibrillator zur Verfügung steht (näher dazu Rieger, DMW 1979, 1256).

Deklaration von Helsinki 548

I. Die von der XVIII. Generalversammlung des > Weltärztebundes verabschiedete „Deklaration von Helsinki" (DÄ 1964, 2533f.) enthält Empfehlungen an Ärzte für die Durchführung wissenschaftlicher Versuche am Menschen. Am 10. 10. 1975 wurde in Tokio eine Neufassung, die sog. Revidierte Deklaration von Helsinki, verabschiedet (> Deklaration von Tokio, DÄ 1975, 3161 ff.). Darin wird streng unterschieden zwischen Versuchen, die in erster Linie im Interesse der Behandlung des Patienten vorgenommen werden (> Heilversuch) und Versuchen mit vorrangig wissenschaftlicher Zielsetzung ohne unmittelbaren diagnostischen oder therapeutischen Wert für die Versuchsperson (> Klinisches Experiment; näher dazu Deutsch, VersR 1978, 289; ders., NJW 1972, 570, 573 ff., ders., JZ 1980, 289, 291). II. Die Empfehlungen lassen die zivilrechtlichen, strafrechtlichen und berufsrechtlichen Vorschriften in den einzelnen Ländern unberührt. > Nürnberger Codex. III. Durch die Deklaration von Helsinki hat das ärztliche Standesrecht im Hinblick auf die Arbeit von > Ethikkommissionen seine wesentliche Ausprägung erhalten.

Deklaration von Lissabon 549

Die von der 34. Generalversammlung des > Weltärztebundes 1981 verabschiedete „Deklaration von Lissabon" (DÄ 1981, 2064ff.) befaßt sich einmal mit den Rechten des Patienten, die von den Ärzten in ihrem beruflichen Bereich zu beachten sind und für deren Sicherstellung sich die Ärzte - notfalls gegen faktische, ethische und rechtliche Widerstände - einsetzen müssen (z. B. Recht auf > freie Arztwahl, Selbstbestimmungsrecht, Recht auf würdigen Tod) (> Sterbehilfe). Darüber hinaus enthält die Lissaboner Deklaration „Grundsätze für die Gesundheitsfürsorge in der Sportmedizin". Dabei handelt es sich um ethische Richtlinien für den Arzt, deren Anwendung empfohlen wird, um den Bedürfnissen der Sportler zu entsprechen und den besonderen Umständen Rechnung zu tragen, unter denen ärztliche Hilfe und gesundheitliche Beratung gewährt werden.

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Deutscher Ärztetag

Deklaration von Tokio Die von der XXIX. Generalversammlung des > W e l t ä r z t e b u n d e s am 10. 10. 1975 in Tokio verabschiedete Deklaration (DÄ 1975, 3161 ff.) enthält Richtlinien über das Verhalten von Ärzten bei Folterungen und Mißhandlungen von Gefangenen sowie über den Gebrauch und Mißbrauch psychotroper Medikamente. Die Deklaration von Tokio ist gleichzeitig eine Neufassung der > D e k l a r a t i o n v o n H e l s i n k i aus dem Jahr 1964, die ausschließlich die Durchführung wissenschaftlicher Versuche an Menschen ( > K l i n i s c h e s E x p e r i m e n t ) zum Gegenstand hatte.

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Dentist I. Es handelt sich um die Berufsbezeichnung für Personen, die die > Zahnheilkunde. ausüben, ohne als > Z a h n a r z t approbiert zu sein. Durch das > Z a h n h e i l k u n d e g e s e t z (ZHG) von 1952 erhielten die Dentisten mit staatlicher Anerkennung nach dem Besuch eines Fortbildungskurses die > Bes t a l l u n g als Zahnarzt (§ 8 Abs. 1 ZHG). Dentisten ohne staatliche Anerkennung durften ihren Beruf in bisherigem Umfang weiter ausüben unter Beibehaltung des Rechts zur Führung der Berufsbezeichnung „Dentist" (§ 19 ZHG; BGH, NJW 1958, 2112 [Leits.]). Durch § 11 a ZHG (eingefügt durch die Erste Änderungsverordnung v. 25. 2. 1983 > Z a h n h e i l k u n d e g e s e t z ) wurde die Anwendung dieser Übergangsvorschriften dahin beschränkt, daß die in ihnen enthaltenen Voraussetzungen für die Erteilung der Approbation als Zahnarzt am 27. 1. 1980 erfüllt sein mußten.

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II. Die Dentisten sind zu den gesetzlichen Krankenkassen (Rz 1104) zugelassen (vgl. BVerfG, NJW 1969, 1571 und das im Anschluß an diese Entscheidung erlassene „Gesetz über die Zulassung von nach § 19 ZHG berechtigten Personen zur Behandlung der Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung" v. 27. 4. 1970, BGBl. I S. 415). III. Die Einnahmen aus der Tätigkeit als Dentist unterliegen nicht der > Umsatzsteuer (Schreiben d.B.d.F. v. 7. 11. 1980, DStR 1980, 717) und nicht der Gewerbesteuer.

Deutscher Ärztetag I. Der Deutsche Ärztetag ist die Hauptversammlung und gleichzeitig Organ der > Bundesärztekammer. Er besteht aus 250 Abgeordneten der einzelnen Landesärztekammern ( > Ä r z t e k a m m e r ) . Seine Aufgaben sind u.a. die Aufstellung der Satzung der BÄK, die Wahl des Präsidenten, der Vizepräsidenten

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Deutscher Ärztetag

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und der Vertreter der angestellten Ärzte im Vorstand der BÄK, die Bildung von Ausschüssen zur ständigen oder vorübergehenden Bearbeitung einzelner Sachgebiete, die Genehmigung des Haushaltsvoranschlags und die Entgegennahme der Jahresrechnung. Die Organisation des Deutschen Ärztetags ist in einer Geschäftsordnung in der vom 72. Deutschen Ärztetag 1969 beschlossenen Fassung geregelt. 553

II. Die Beschlüsse des Deutschen Ärztetages sind weder für die einzelnen Landesärztekammern noch für deren Mitglieder rechtsverbindlich; es handelt sich vielmehr lediglich um Empfehlungen, über deren Annahme die Vollversammlungen der Landesärztekammern autonom entscheiden (unzutreffend LSG Mainz, NJW 1976, 390, 391, wonach der Deutsche Ärztetag „in Angelegenheiten der ärztlichen Berufsausübung in staatlichem Auftrag mit verbindlicher Wirkung für und gegen alle bestallten Ärzte" entscheidet).

Diätassistent 554

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I. Aufgaben. Dem Diätassistenten obliegt als Angehörigem der > m e d i z i n i s c h e n A s s i s t e n z b e r u f e die Ausführung ärztlicher Diätverordnungen. Er trägt die Verantwortung für die fachgerechte Zusammenstellung, Berechnung und Zubereitung der verschiedenen Diätformen. Sein Tätigkeitsfeld findet der Diätassistent vor allem in Universitätskliniken, > Krankenhäusern, > Sanatorien und Kurkliniken ( > Kurkrankenhaus) sowie in Einrichtungen des > öffentlichen Gesundheitsdienstes (näher dazu Buchenau/Löwe-Wetzel, BerufskBl. 2 - II A 28, S. 1 ff.). II. Rechtsgrundlagen. 1. Das Berufsbild ist bundesgesetzlich geregelt durch das Gesetz über den Beruf des Diätassistenten v. 17. 7. 1973 - DiätAssG (BGBl. S. 853) und die Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Diätassistenten v. 12. 2. 1974 - DiätAssAPrO - (BGBl. S. 163). Daneben gelten die vor Inkrafttreten der bundesgesetzlichen Regelung erlassenen landesrechtlichen Vorschriften weiter, soweit es sich dabei um Regelungen für Diätküchenleiter und um die staatliche Anerkennung von Lehranstalten für Diätassistenten handelt. 2. Die Beiufsbezeichnung „Diätassistent(in)" ist geschützt (§ 1 i.V.m. § 8 DiätAssG). III. Die Ausbildung erfolgt an staatlich anerkannten Schulen für Diätassistenten. Die Ausbildungsdauer beträgt 2 Jahre. Die Ausbildung schließt ab mit einer staatlichen Prüfung. IV. Der Diätassistent unterliegt als nichtärztlicher Heilberuf mit staatlich geregelter Ausbildung der strafrechtlichen > Schweigepflicht nach § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB.

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Dienstunfähigkeit

Dialyse > Hämodialyse

Dienstunfähigkeit I. Der Begriff der Dienstunfähigkeit ist ein spezifisch beamtenrechtlicher Begriff, der sich an den wesentlichen Dienstpflichten des konkreten Amtes oder doch eines vergleichbaren Amtes der Laufbahn des Beamten orientiert [BVerwG v. 24. 7. 1971 - 2 B 9.71 Plog-Wiedow-Beck, aaO. § 42 Rz 2). 1. Dauernde Dienstunfähigkeit liegt nach den im wesentlichen übereinstimmenden Legaldefinitionen im Bundes- und Landesbeamtenrecht (§ 26 Abs. 1 BRRG, § 42 Abs. 1 BBG, § 53 Abs. 1 LBG Bad.-Wttbg.| vor, wenn der Beamte „infolge eines körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist". Bei Zweifeln über die Dienstunfähigkeit ist der Beamte verpflichtet, sich nach Weisung seines Dienstherrn ärztlich untersuchen und, falls ein > A m t s a r z t dies für erforderlich hält, auch beobachten zu lassen (vgl. § 42 Abs. 1 Satz 3 BBG, § 43 Abs. 1 BBG). 2. Von der dauernden Dienstunfähigkeit ist die vorübergehende Dienstunfähigkeit zu unterscheiden, die zum Fernbleiben vom Dienst berechtigt (§ 73 Abs. 1 BBG, §91 LBG Bad.-Wttbg.). 3. Der so definierte beamtenrechtliche Begriff der Dienstunfähigkeit ist unabhängig von den versicherungsrechtlichen Begriffen der > E r w e r b s u n f ä h i g k e i t und der > B e r u f s u n f ä h i g k e i t sowie dem arbeitsrechtlichen Begriff der > A r b e i t s u n f ä h i g k e i t (näher dazu Battis, aaO. §42 Anm. 2 ; Plog-Wiedow-Beck, aaO. § 42 Rz 2).

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II. Die vorübergehende Dienstunfähigkeit hat der Beamte auf Verlangen nachzuweisen. Der Nachweis hat i.d.R. durch ein ärztliches > A t t e s t zu erfolgen, das - ebenso wie die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Rz 101) keine Angaben über die Diagnose und sonstige Einzelheiten der Krankheit enthalten darf, es sei denn, daß der Beamte hierzu sein ausdrückliches Einverständnis erklärt. Eine Verpflichtung des Beamten zur Mitteilung der genauen Krankheit an den Dienstherrn ergibt sich auch nicht aus dem öffentlichrechtlichen Dienst- und Treueverhältnis (vgl. Müller-Beck, aaO. § 91 Anm. 7). Der Dienstherr kann die Untersuchung durch einen > b e a m t e t e n A r z t (nicht notwendig einen > A m t s a r z t ) verlangen. Die Kosten für die Bescheinigung eines frei gewählten Arztes (Nr. 14 GOÄ) hat der Beamte selbst zu tragen (Müller-Beck, aaO.).

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DIN-Normen in der Medizin

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DIN-Normen in der Medizin 558

I. DIN-Normen sind die vom Deutschen Institut für Normung e. V. (Postfach 1107, 1000 Berlin 30) unter dem Zeichen „DIN" herausgegebenen Normen mit dem Ziel; Begriffe, Erzeugnisse, Verfahren u. a. im Bereich der Wissenschaft, Technik, Wirtschaft und Verwaltung festzulegen, zu ordnen und zu vereinheitlichen. Sie enthalten im wesentlichen Begriffsbestimmungen, Benennungen, Baugrundsätze, Berechnungsunterlagen, Einheiten, Formelgrößen, Formen und Abmessungen, Güte- und Lieferbedingungen, Kennzeichnungen, Eigenschaften und Zusammensetzungen von Stoffen, Verfahren zum Messen, Prüfen, Auswerten sowie Vorschriften und Grundsätze (Brockhaus Enzyklopädie „Normung"). II. Das Deutsche Institut für Normung e.V. gliedert sich in eine größere Zahl von Normenausschüssen. DIN-Normen in der Medizin werden in verschiedenen Normenausschüssen bearbeitet, so u.a. im Normenausschuß Medizin. Die Normenausschüsse gliedern sich in einzelne Fachbereiche. Der Normenausschuß Medizin zerfällt z. B. in die Fachbereiche Transfusion-Infusion-Injektion, Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie, Medizinische Laboratoriumsgeräte, sowie Mikrobiologie (näher zum Ganzen Orth, DÄ 1981, 1833 ff.).

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III. Die Beachtung der DIN-Normen im medizinischen Bereich durch Herstellerfirmen und Ärzte schließt eine zivilrechtliche und strafrechtliche > Haftung wegen Verletzung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 1 Satz 2 BGB) notwendig aus ( > Medizinisch-technische Geräte Rz 1193, > Behandlungsfehler Rz 307).

Diplom-Mediziner 560

I. Die Bezeichnung „Diplom-Mediziner" ist ein akademischer Grad, der in der DDR nach Beendigung des Medizinstudiums mit dem medizinischen Staatsexamen verliehen wird, wenn der Bewerber während seines Fachstudiums eine Diplomarbeit angefertigt hat. Der Diplomgrad tritt neben den in der DDR auch heute noch verliehenen medizinischen Doktorgrad ( > Doktortitel Rz 567). Nach Erwerb des akademischen Grades „Diplom-Mediziner" und Absolvierung des Hochschulstudiums einschließlich des einjährigen klinischen Praktikums (Pflichtassistenz) erhalten Bewerber auf Antrag die Approbation, die zur Ausübung des Arztberufes in der DDR ermächtigt und der ärztlichen > Approbation in der Bundesrepublik entspricht (§ 2 der Approbationsordnung für Ärzte v. 13. 1. 1977, GesBl. für die DDR 1977 I S. 30 i.d.F.v. 24. 8. 1981, GesBl. S. 346). Daneben gibt es eine zweite Approbation, die zur Ausübung

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Disziplinarverfahren

ärztlicher Tätigkeit in einem medizinisch-theoretischen Fachgebiet berechtigt (§ 4 Approbationsordnung für Ärzte DDR]. II. Gegen die Führung des akademischen Grades „Diplom-Mediziner" in der Bundesrepublik bestehen nach § 1 des Gesetzes über die Führung akademischer Grade v. 7. 6. 1939 (RGBl. IS. 985) keine Bedenken, sofern der Grad von der dazu befugten Stelle ordnungsgemäß verliehen worden ist und der Betreffende über eine Verleihungsurkunde oder ein Besitzzeugnis verfügt (Nr. 1 der DVO v. 21. 7. 1939 zum GFaG, RGBl. I S. 1326).

Dispensierrecht Man versteht darunter das Ärzten aufgrund früherer landesrechtlicher VorSchriften (vgl. die Übersicht bei Sander-Scholl, aaO. Erl. 1 zu Art. 3 § 19) als Ausnahme zum Erfordernis der Herstellungserlaubnis (§ 13 AMG 1976) und zur > A p o t h e k e n p f l i c h t verliehene Recht zur Herstellung und zur Abgabe apothekenpflichtiger > A r z n e i m i t t e l an von ihnen behandelte Personen. Dieses Recht auf Führung einer ärztlichen Hausapotheke blieb durch das AMG 1961 (§ 12 Abs. 3 Nr. 2, § 28 Abs. 4 Nr. 1) ausdrücklich erhalten. Im AMG 1976 sind diese Ausnahmevorschriften für Ärzte entfallen, weil für das ärztliche Dispensierrecht ein praktisches Bedürfnis nicht mehr besteht. Der Besitzstand der Ärzte, die am 1. 1. 1978 Inhaber eines Dispensierrechts waren, wird jedoch durch Art. 3 § 19 des Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelrechts v. 24. 8. 1976 (BGBl. I S. 2445) gewahrt. Das danach noch fortbestehende Dispensierrecht berechtigt nicht zum Bezug apothekenpflichtiger > A r z n e i m i t t e l unmittelbar vom pharmazeutischen Unternehmer oder Großhändler.

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Disziplinarverfahren I. Das beamtenrechtliche Disziplinarverfahren dient der Ahndung von Dienstvergehen > beamteter Ärzte. Rechtsgrundlagen sind für Bundesbeamte die Bundesdisziplinarordnung i.d.F.v. 20. 7. 1967 (BGBl. I S. 750), für Landesbeamte und Beamte von Gebietskörperschaften die Landesdisziplinarordnungen (z.B. Landesdisziplinarordnung Bad.-Wttbg. v. 1. 8. 1962, GBl. S. 141). Die Entscheidung über die Einleitung eines Disziplinarverfahrens trifft die zuständige Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen.

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II. Das kassenärztliche Disziplinarverfahren findet statt gegen Kassenärzte, die ihre kassenärztlichen Pflichten ( > K a s s e n a r z t Rzn. 932ff.) nicht oder nicht ordnungsgemäß erfüllen. Verstöße gegen allgemeinärztliche Pflichten

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Disziplinarverfahren

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werden nur durch die > B e r u f s g e r i c h t e geahndet (SG Karlsruhe v. 29. 1. 1958, ÄM 1958, 1210; zu Abgrenzungsproblemen vgl. unten Rz 564). 1. Rechtsgrundlage sind §§ 368 m Abs. 4, 368 n Abs. 2 Satz 2 RVO und die darauf basierenden Disziplinarordnungen (Satzungsrecht) der > Kassenärztlichen Vereinigungen. Danach sind bei den Kassenärztlichen Vereinigungen Disziplinarausschüsse einzurichten, bei denen es sich nicht um unabhängige Gerichte, sondern um Verwaltungsinstanzen handelt, für deren Verfahren das SGB X gilt. 2. Im Unterschied zur Entziehung der Kassenzulassung (> Kassenarzt Rz 935) setzt die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme ein schuldhaftes Handeln voraus, wobei einfache Fahrlässigkeit genügt (Peters, Hdb. d. Krankenvers. § 368 m Anm. 7 a ; Beispielsfälle für Disziplinarverfahren bei Hoffmann, ArztR 1979, 231 ff.). 3. Mögliche Disziplinarmaßnahmen sind Verwarnung, Verweis, Geldbuße bis 20000,- DM oder die Anordnung des Ruhens der Kassenzulassung bis zu 6 Monaten (§ 368 m Abs. 4 Satz 2 i.d.F. des HaushBG 1983). Hierbei handelt es sich um schriftliche Verwaltungsakte, die durch Klage beim Sozialgericht (ohne Vorverfahren, § 368 m Abs. 6 RVO) anfechtbar sind. Die Klage gegen die Anordnung des Ruhens der Kassenzulassung hat - anders als die Klage gegen die Entziehung der Kassenzulassung ( > K a s s e n a r z t Rz 937) - keine aufschiebende Wirkung. Darüber hinaus kann die KV im Rahmen der ihr nach Gesetz und Satzung obliegenden Überwachungspflicht gegenüber ihren Mitgliedern noch andere Maßnahmen ergreifen, die keine formelle Disziplinarstrafen darstellen (z.B. formlose Rüge). Auch solche formlosen Disziplinarmaßnahmen können anfechtbare Verwaltungsakte darstellen, wenn sie den Bereich des sog. „schlichten Verwaltungshandelns" verlassen. Dies ist der Fall, wenn der Kassenarzt wegen eines schuldhaft pflichtwidrigen Verhaltens schriftlich gerügt wird (vgl. LSG Hamburg v. 12. 9. 1973, DMW 1973, 2421; Peters, Hdb. d. Krankenvers. §368 m Anm. 7 b) bb). 4. Zur Festsetzung des Gegenstandswertes bei Disziplinarmaßnahmen vgl. SG Hamburg v. 16. 2. 1983 - 3 KA 73/81 - (Gegenstandswert von 5000 DM bei Verwarnung als mildeste Disziplinarmaßnahme). 564

III. Verhältnis zwischen Disziplinarverfahren, berufsgerichtlichem Verfahren und Strafverfahren. 1. Wegen des Verhältnisses zwischen beamtenrechtlichem Disziplinarverfahren, berufsgerichtlichem Verfahren und Strafverfahren > B e r u f s g e r i c h t Rzn. 371 ff. 2. Bei der Frage, ob neben einem kassenärztlichen Disziplinarverfahren gleichzeitig ein berufsgerichtliches Verfahren und ein Strafverfahren möglich sind, ist davon auszugehen, daß das verfassungsrechtlich verankerte Verbot der Doppelbestrafung (Art. 101 Abs. 3 GG) der Verhängung mehrerer Sanktionen wegen ein und derselben Tat nicht entgegensteht ( > Berufsgericht Rz371). Im übrigen gelten folgende Grundsätze (vgl. zum folgenden Weissauer, DÄ 1973, 3211 ff., 3275 ff.): Straftaten eines Kassenarztes, die keinen

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DKG-NT

unmittelbaren Bezug zum spezifischen Bereich seiner kassenärztlichen Tätigkeit haben, können nicht im kassenärztlichen Disziplinarverfahren verfolgt werden (z. B. Warenhausdiebstahl durch Kassenarzt). Ein kassenärztliches Disziplinarverfahren findet in den Fällen statt, in denen es sich um die Verletzung spezifisch kassenärztlicher Pflichten handelt (z.B. Pflichten aus dem > B u n d e s m a n t e l v e r t r a g — Ä r z t e und den Satzungen der > Kassenärztlichen Vereinigungen). Die Verletzung allgemeiner Gebote oder Verbote der ärztlichen > B e r u f s o r d n u n g gehört grundsätzlich vor die > B e r u f s g e r i c h t e (z.B. Verstoß gegen das > Werbeverbot). Wo sich die Verletzung allgemeiner ärztlicher Pflichten auf die kassenärztliche Tätigkeit auswirkt, gilt entsprechendes wie für das Verhältnis berufsgerichtliches Verfahren - Strafverfahren (vgl. OVG Münster, Westf. ÄB1. 1973, 282 > Berufsgericht Rz 371). Dementsprechend könnte man hier von einem „kassenarztrechthchen Überhang" sprechen. So verstößt z. B. die Überschreitung der Gebietsgrenzen durch einen > Gebietsarzt (Rz 673) primär gegen ein allgemeinärztliches Gebot. Führt sie auch zu einer übermäßigen Ausweitung der Kassenpraxis ( > Honorarverteilungsmaßstab Rz 889), so kann gleichzeitig eine Verletzung kassenärztlicher Pflichten vorliegen (Weissauer, aaO. S. 3276). 3. Zur Abgrenzung der Disziplinartatbestände von den Pflichtverletzungen, die zur Entziehung der Kassenzulassung führen können > K a s s e n a r z t Rz 935 f.

DKG-NT Diese Abkürzung bezeichnet den „Tarif der Deutschen Krankenhausgesellschaft für die Abrechnung der stationären Nebenleistungen und der ambulanten Leistungen in den Krankenhäusern" (Verlag W. Kohlhammer, 14. Aufl., Stand 1. 7. 1983). Dieser Tarif hat keinen Rechtsnormcharakter ; es handelt sich vielmehr um eine von der DKG empfohlene unverbindliche Berechnungsgrundlage für die genannten Leistungen im > K r a n k e n h a u s . Von kartellrechtlicher Seite bestehen hiergegen keine Bedenken (vgl. dazu Abshoff, Krankenhaus 1983, 329, 333). Der DKG-NT diente den Krankenhäusern bisher als Grundlage vor allem bei der Abrechnung der > Sachkosten gegenüber Privatpatienten bei der Erbringung ambulanter ärztlicher Leistungen, insbesondere ärztlicher > S a c h l e i s t u n g e n . Insofern ist er durch das Inkrafttreten der GOÄ '82 künftig ohne Bedeutung (> Arzthonorar Rz 188, > Nutzungsentgelt Rzn. 1303, 1308). Außerdem war der DKG-NT bisher in den meisten Chefarztverträgen für die interne Sachkostenerstattung zwischen Chefarzt und Krankenhaus bei der Erbringung ambulanter privatärztlicher Leistungen vereinbart worden. Durch das Inkrafttreten der GOÄ '82 ist die Anwendung des DKG-NT insoweit fragwürdig geworden ( > N u t z u n g s e n t g e l t Rz 1303). Der DKG-NT orientiert sich im wesentlichen an der > Gebührenordnung

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DKG-NT

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für Ärzte bzw. am >Bewertungsmaßstab - Ärzte (Rz 448), deren Gliederung, Nummernfolge und Leistungsbeschreibung er übernimmt. Bei der Erbringung ambulanter ärztlicher Sachleistungen für Kassenpatienten in Krankenhäusern durch beteiligte > C h e f ä r z t e (Rzn. 527ff.) gelten für die Abrechnung des dem Krankenhausträger zustehenden Sachkostenanteils die zwischen den > Kassenärztlichen V e r e i n i g u n g e n und den Landesverbänden der DKG geschlossenen Vereinbarungen ( > KBV-NT).

Doktortitel 566

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I. Der medizinische Doktortitel („Dr. med.") ist ein akademischer Grad, der von den Fakultäten der Hochschulen durch Promotion verliehen wird. 1. Rechtsgrundlage sind die Promotionsordnungen der jeweiligen Hochschulen. Voraussetzung für die Zulassung zur medizinischen Promotion ist die erfolgreiche Ablegung der > Ä r z t l i c h e n Prüfung. Das Recht zur Führung des Doktortitels entsteht mit Aushändigung der Promotionsurkunde. Der Erwerb der ärztlichen > A p p r o b a t i o n ist hierfür nicht erforderlich. 2. Der Doktortitel ist durch § 132a Abs. 1 Nr. 1 StGB strafrechtlich geschützt. 3. Die Berechtigung zur Führung eines ausländischen Doktortitels (durch einen deutschen oder ausländischen Arzt) richtet sich nach dem Gesetz über die Führung akademischer Grade v. 7. 6. 1939 - GFaG - (RGBl. I S. 985) nebst DVO v. 21. 7. 1939 (RGBl. I S. 1326) i.V.m. dem Beschluß der Kultusministerkonferenz v. 28. 4. 1977 i.d.F.v. 14. 9. 1979 über die „Erteilung von Genehmigungen zur Führung ausländischer akademischer Grade sowie zur Führung entsprechender ausländischer akademischer Grade sowie zur Führung entsprechender ausländischer Bezeichnungen" (KMK, S. 1975.2; vgl. zum folgenden Podewils, MittHV 1982, 183ff.). Danach darf ein ausländischer Doktortitel nur geführt werden, wenn das Kultus- oder Unterrichtsministerium des Landes, in dem der Antragsteller seinen Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt hat, eine entsprechende Genehmigung erteilt hat. Diese Genehmigung gilt für alle Bundesländer. Der ausländische Doktortitel muß regelmäßig in einer Form geführt werden, die auf die verleihende ausländische Institution hinweist. Sofern der zugrundeliegende ausländische Abschluß dem an einer deutschen Hochschule materiell gleichwertig ist, darf der ausländische Doktortitel in der Form des entsprechenden deutschen Titels mit dem Hinweis auf die verleihende ausländische Universität geführt werden. Beispiel: Der in Frankreich an der Universität Straßburg erworbene Titel „docteur en médecine" darf in der Bundesrepublik in der Form „Doktor der Medizin/Universität Straßburg" oder abgekürzt „Dr.med./Univ.Straßburg" geführt werden.

Bei Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlingen der Hinweis auf die verleihende Hochschule.

i. S. des § 92 BVFG unterbleibt

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Dokumentationspflicht

Inhaber eines ausländischen Doktortitels, dessen zugrundeliegender Abschluß dem an einer deutschen Hochschule materiell nicht gleichwertig ist, dürfen diesen Titel in der Bundesrepublik nur in der Originalform und in der im betreffenden Land üblichen Abkürzungsform, jeweils mit Angabe der verleihenden Universität führen. Dies gilt auch für Vertriebene und Sowjetzonenflüchtlinge. Beispiel: Der in Italien an der Universität Genua erworbene Titel „Dottore in Medicina e Chirurgia" muß in der Bundesrepublik in dieser Form mit dem Zusatz „Universität Genua" oder in der Abkürzung „Dott./Univ.Genua" geführt werden.

Der in der Schweiz und in Österreich erworbene medizinische Doktortitel darf in der Bundesrepublik in der Form „Dr. med." ohne Hinweis auf die verleihende Institution geführt werden (vgl. § 2 Abs. 2 GFaG i.V.m. Ziff. II 1 des Beschlusses der Kultusministerkonferenz v. 28. 4. 1977 i.d.F.v. 14. 9. 1979, KMK, S. 1975.2 und der Bekanntmachung des KuMi Bad.-Wttbg. über die Genehmigung zur Führung der von den Wissenschaftlichen Hochschulen Österreichs und der Schweiz verliehenen akademischen Grade v. 6. 8. 1981, K.u.U. 1981, 1006; zum österreichischen Doktortitel vgl. Rieger, DMW 1975, 705, 706). Der an einer Hochschule der DDR aufgrund § 3 der VO über die akademischen Grade v. 6. 11. 1968 (GesBl. DDR II S. 1022) erworbene Titel „Dr. med." ist kein ausländischer akademischer Grad und darf deshalb nach § 1 GFaG in dieser Form in der Bundesrepublik ohne Genehmigung geführt werden ( > D i p l o m - M e d i z i n e r Rz 560; vgl. auch die Anordnung v. 9. 4. 1979 über die Freistellung von der Arbeit beim externen Erwerb des akademischen Grades „Dr. med." durch Fachärzte und Fachzahnärzte) (GesBl. DDR I S. 92). II. Für den > Medizinischen Informatiker besteht die Möglichkeit der Promotion zum „Dr.sc.hum." („Doktor scientiarum humanarum") an der Universität Heidelberg aufgrund der Promotionsordnung v. 4. 10. 1982 (W.u.K. 1983, 15).

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Dokumentationspflicht I. Man versteht darunter die dem behandelnden Arzt obliegende Pflicht, alle für die Behandlung wichtigen Umstände aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen sowie sonstige anläßlich der Behandlung anfallenden > K r a n k e n u n terlagen aufzubewahren (vgl. Baumgärtel, Gedächtnisschr. f. R. Bruns, S. 99). Daneben kann eine Dokumentationspflicht des > K r a n k e n h a u s e s bestehen.

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II. Rechtsgrundlagen. 1. Die Dokumenationspflicht des Arztes bzw. des Krankenhauses folgt einmal als vertragliche Nebenpflicht aus dem > Arztvertrag bzw. dem > K r a n k e n h a u s a u f n a h m e v e r t r a g , soweit das Kranken-

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Dokumentationspflicht

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haus danach auch die ärztliche Behandlung schuldet (vgl. Hohloch, NJW 1982, 2577, 2580). Eine solche gegenüber dem Patienten bestehende Pflicht des Arztes wurde früher von der überwiegenden Meinung in Rspr. und Literatur verneint mit der Begründung, daß ärztliche Aufzeichnungen nur eine interne Gedächtnisstütze des Arztes seien und daß zur sorgfältigen und vollständigen Führung dem Patienten gegenüber keine Pflicht bestehe (vgl. BGH, NJW 1963, 389). Die Nichtanfertigung von Aufzeichnungen hatte nach dieser Auffassung lediglich beweisrechtliche Konsequenzen. Diese auf „einer überholten ärztlichen Berufsauffassung" beruhende Ansicht hat der BGH in seinem Urteil v. 27. 6. 1978 aufgegeben (NJW 1978, 2337). Der BGH anerkennt nunmehr eine aus dem > Arztvertrag folgende „Pflicht des Arztes zu angemessener Dokumentation" als „selbstverständliche therapeutische Pflicht gegenüber dem Patienten" (vgl. auch die späteren Urteile zum Einsichtsrecht des Patienten BGH, NJW 1983, 328, 330 > Krankenunterlagen Rz 1094). Daneben hat die ärztliche Dokumenatation nach wie vor Bedeutung für die Realisierung möglicher Schadensersatzforderungen des Patienten (Beweisfunktion > Beweislast Rz 446; unten Rz 574). 2. Darüber hinaus ist der Arzt auch berufsiechtlich verpflichtet, „über die in Ausübung seines Berufs gemachten Feststellungen und getroffenen Maßnahmen die erforderlichen Aufzeichnungen zu machen" (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 1 MuBO). In Anpassung an die geänderte Rspr. des BGH wurde in die MuBO im Jahr 1979 noch der Satz aufgenommen (§11 Abs. 1 Satz 2): „Ärztliche Aufzeichnungen sind nicht nur Gedächtnisstützen für den Arzt, sie dienen auch dem Interesse des Patienten an einer ordnungsgemäßen Dokumentation". 3. Für den > Kassenarzt enthält § 5 BMV-Ä zusätzliche Vorschriften über die Fertigung von Aufzeichnungen. 4. Zum Teil besteht eine Dokumenationspflicht des Arztes auch aufgrund besonderer Rechtsvorschriften (vgl. z.B. § 43 StrlSchV; § 29 Abs. 2 RöV ; § 10 Abs. 1 GeschlKrG; § 19 ArbStoffV; für Krankenanstalten in Berlin gilt die Verordnung über die Führung und Aufbewahrung von Krankengeschichten v. 1. 7. 1952, GVBl. S. 557 ; Ltnr. 58 BG-Abkommen [ > Durchgangsarzt Rz 581); §37 Abs. 3 JArbSchG). III. Inhalt und Umfang der Dokumenationspflicht. Die Dokumentationspflicht entsteht sukzessive mit den einzelnen Behandlungsabschnitten (vgl. Wasserburg, NJW 1980, 617, 618). Sie erstreckt sich insbesondere auf Anamnese, Diagnose und die getroffenen therapeutischen Maßnahmen und deren Wirkung. Im einzelnen besteht bezüglich ihres Umfangs in der Praxis vielfach Unsicherheit. Eindeutige Regelungen in dieser Hinsicht finden sich nur in den gesetzlich geregelten Fällen der Dokumentationspflicht (vgl. § 43 StrlSchV; Ziff. 5.2 der Richtlinie Strahlenschutz in der Medizin, GMB1. 1979, 638; § 29 Abs. 2 RöV i.V.m. den Richtlinien Uber die Aufzeichnungen nach § 29 RöV, BGesuBl. 1974, 119ff. ; § 10 Abs. 1 GeschlKrG i.V.m. § 2 der 1. DVO). Im übrigen läßt auch die neueste Rechtsprechung klare Anhaltspunkte Uber den Umfang der Dokumentationspflicht vermissen. Die Ansichten schwanken zwi-

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Dokumentationspflicht

sehen extensiver und restriktiver Ausgestaltung der Dokumenationspflicht, legen sich aber insgesamt nicht fest (vgl. hierzu und zum folgenden Wasserburg, NJW 1980, 619 m. Nachw.). Der BGH (NJW 1978, 2339; 1682) spricht von der „Notwendigkeit einer ordnungsgemäßen Dokumentation" und von einer „Pflicht des Arztes zu angemessener Dokumentation", wie sie „gutem ärztlichen Brauch" entspreche. Das LG Limburg (NJW 1979, 607) verlangt „eine sorgfältige und vollständige Führung der Krankenunterlagen". Auch die ärztliche > B e r u f s o r d n u n g bezieht sich nur auf die „in Ausübung (des ärztlichen) Berufs getroffenen Feststellungen und getroffenen Maßnahmen", über die der Arzt „die erforderlichen Aufzeichnungen zu machen" hat (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 1 MuBO). Unklar bleibt dabei, ob damit alle Feststellungen und getroffenen Maßnahmen gemeint sind und was konkret unter diesen beiden Begriffen zu verstehen ist. Richtiger Ansicht nach fordert der Zweck der Dokumenationspflicht eine extensive Definition. Die Pflicht des Arztes zur Dokumentation dient nicht nur der Realisierung möglicher Schadensersatzansprüche des Patienten, sie ist vielmehr darüber hinaus von Bedeutung für die Aufklärung des Patienten über seinen Zustand und hilft einem anderen Arzt bei der Weiterbehandlung. Die ordnungsgemäße Erfüllung der Dokumenationspflicht muß daher an den Kriterien der Vollständigkeit, Wahrheit und Klarheit gemessen werden (Wasserburg, aaO. S. 619; vgl. auch Hohloch, NJW 1982, 2581). Danach unterliegen der Dokumentationspflicht alle für die Behandlung der Krankheit nach den Regeln der medizinischen Wissenschaft wesentlichen medizinischen und tatsächlichen Feststellungen, die getroffenen therapeutischen und alle sonstigen Maßnahmen, die für die Mitbehandlung oder Weiterbehandlung durch einen anderen Arzt oder für die vom Patienten selbst im Rahmen der Behandlung zu treffenden Entscheidungen von Bedeutung sind. Zu den letztgenannten Maßnahmen gehört außer der Aufklärung des Patienten (> Aufklärungspflicht) auch der ihm erteilte Rat, einen bestimmten > Gebietsarzt aufzusuchen. Eine Aufzeichnungspflicht in diesem Umfang besteht jedenfalls seit Änderung der Auffassung über die Dokumentationspflicht in der Rspr. und der daraus resultierenden Änderung der ärztlichen > Berufsordnungen (a.A. für das frühere Recht OLG Braunschweig, VersR 1980, 853, 855). Die Dokumentationspflicht erstreckt sich nicht auf bloße Vermutungen des Arztes, ungesicherte Befunde oder nur für die Vorbereitung eines weiteren Behandlungsabschnittes notwendig erscheinende Erkenntnisse (vgl. Hohloch, NJW 1982, 2581). IV. Formen der Dokumentation. Rechtsunsicherheit besteht z.T. bei der Frage, in welcher Form die Dokumentation zu erfolgen hat, insbesondere ob Aufzeichnungen in jedem Fall schriftlich zu fertigen sind oder ob sie auch mittels Tonband oder im Rahmen der elektronischen Datenverarbeitung hergestellt werden dürfen. Ein weiteres Problem betrifft die Zulässigkeit der Mikroverfilmung und anschließende Vernichtung der Originalunterlagen. Entscheidend ist, ob die unter Einsatz moderner technischer Mittel hergestellten

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Dokumentationspflicht

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Aufzeichnungen ein nach dem jeweiligen Zweck der (auf verschiedenen Rechtsgrundlagen beruhenden) Dokumentationspflicht vorausgesetztes brauchbares Beweismittel darstellen. Dies ist der Fall, wenn eine Veränderung, Vernichtung oder unrechtmäßige Verwendung der Aufzeichnungen ausgeschlossen ist. Die ärztlichen > Berufsordnungen gehen davon aus, daß entsprechende Schutzmaßnahmen bei Aufzeichnungen auf elektronische Datenträger und andere Speichermedien möglich und diese daher als ordnungsgemäße Dokumentation im Sinne des ärztlichen Berufsrechts anzusehen sind (vgl. § 11 Abs. 5 MuBO). Gleiches gilt für die vertragliche, die kassenarztrechtliche und die aus besonderen Rechtsvorschriften folgende Dokumentationspflicht. Keine ordnungsgemäße Dokumentation sind dagegen Aufzeichnungen auf einfaches Tonband, da hier Manipulierungen ohne weiteres möglich sind (vgl. Kierski, BGesuBl. 1975, 317, 320 ; Kohlhaas, NJW 1972, 1120). Grundsätzlich keine Bedenken bestehen gegen die Mikroverfilmung schriftlicher Arztunterlagen. Dies gilt auch für die Mikroverfilmung von Röntgenaufnahmen. Mikroverfilmte Röntgenbilder stellen dann ein brauchbares Beweismittel dar, wenn das Original nach den Regeln der Technik verkleinert wird und gewährleistet ist, daß bei der Wiedergabe mittels Herstellung von Vergrößerungen oder Projektion die Erkennbarkeit entsprechend dem Original vorhanden ist (vgl. Kohlhaas, aaO. S. 1121; Kierski aaO. S. 320; Eulerich, Krankenhaus 1982, 477f.). Die technischen Möglichkeiten sind heute bereits weitgehend vorhanden (Zur Mikro-Dokumentation von Röntgenaufnahmen mit dem „Linear-System" vgl. Bernhardt, Röntgenbl. 1979, 329ff., 633f.). Dies schließt nicht aus, daß bei Streitigkeiten im Einzelfall eingewandt werden kann, daß der an sich als brauchbares Beweismittel anerkannte Mikrofilm nicht zuverlässig ist, weil bei der Verkleinerung oder Rückvergrößerung die Technik versagt hat oder gar manipuliert worden ist (vgl. Kierski, aaO. S. 320f.). Die >Beweislast für diese Behauptung liegt dann aber nicht beim Arzt, sondern bei demjenigen, der sie aufstellt. V. Zur Aufbewahrungspflicht > Krankenunterlagen Rzn. 1080 ff. VI. > Klinische Arzneimittelprüfung (RZ 961) > Klinisches Experiment (Rz 968).

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VII. Rechtsfolgen bei Verletzung der Dokumentationspflicht. Die Dokumentationspflicht ist keine Leistungspflicht des Arztes, die der Patient selbständig einklagen kann (näher dazu Hohloch, NJW 1982, 2581 f. ; a.A. Wasserburg, NJW 1980, 621, 624). Ihre Verletzung kann vor allem Schadensersatzansprüche oder prozessuale Rechtsnachteile auslösen. Im Einzelfall kommen auch strafrechtliche oder disziplinarrechtliche Sanktionen oder Maßnahmen nach dem OWiG in Betracht. 1. a) Führt die unterlassene oder unvollständige Dokumentation zu einem > Behandlungsfehler, so hat der Arzt für den Schaden zivilrechtlich und strafrechtlich einzustehen.

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Doppelblindversuch

b) Darüber hinaus können sich Schadensersatzansprüche gegen den Arzt nach § 325 BGB ergeben, sofern die erforderliche Dokumentation nicht nachholbar ist (näher dazu Wasserburg, NJW 1980, 617, 619f.). c) Der Privatpatient hat ein Zurückbehaltungsrecht bezüglich des > Arzthonorars nach § 273 BGB, sofern die Dokumentation nachgeholt werden kann (vgl. Wasserburg, NJW 1980, 620). 2. Das Fehlen oder die Unrichtigkeit oder Unzulänglichkeit der ärztlichen Dokumentation kann beweisrechtliche Konsequenzen haben: a) Im Arzthaftungsprozeß können sich für den Patienten Beweiserleichterungen bis hin zur Beweislastumkehr ergeben (vgl. Wasserburg, NJW 1980, 623; OLG Karlsruhe, MedR 1983, 147; > Beweislast Rz 446). Auch wo die Beweislast erleichtert ist, bleibt der Patient trotzdem verpflichtet darzulegen und ggf. zu beweisen, daß ein vom Arzt zu vertretender Fehler als Ursache des eingetretenen Schadens ernstlich in Betracht kommt (BGH, NJW 1983, 332). b| bei der Liquidation des Arztes. Dem Arzt obliegt die > Beweislast bezüglich der von ihm erbrachten und abgerechneten Leistungen (vgl. Narr, aaO. Rz 936). 3. Für den > Kassenarzt stellt die nicht ordnungsgemäße Dokumentation gleichzeitig eine Verletzung seiner kassenärztlichen Pflichten dar, die zu disziplinarrechtlichen Maßnahmen und sogar zum Entzug der Kassenzulassung führen kann (vgl. LSG Essen v. 27. 1. 1971, DÄ 1972, 519, 520; Narr, aaO. Rz936 > Disziplinarverfahren Rz 563, > Kassenarzt Rz 935). 4. Die Verletzung gesetzlicher Dokumenationspflichten kann eine Ordnungswidrigkeit darstellen (vgl. z.B. §§ 8, 2 der 1. DVO zum GeschlKrG; §§ 52 Nr. 2j, 29 RöV; §§ 81 Abs. 2 Nr. 3, 43 StrSchV).

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Doppelblindversuch I. Beim Doppelblindversuch handelt es sich um eine Prüfmethode bei der > klinischen Arzneimittelprüfung. Bei der wissenschaftlichen Methode des kontrollierten Wirksamkeitsnachweises bildet der experimentierende Arzt eine Test- und eine Kontrollgruppe dergestalt, daß er dem einen Teil der Patienten das zu prüfende Medikament verabreicht, während er den anderen Teil auf die herkömmliche Weise, mit OPlacebo oder gar nicht spezifisch behandelt. Die Zuweisung zu einer der Gruppen erfolgt regelmäßig nach rein zufälligen Gesichtspunkten (Randomisierung). Das kontrollierte Experiment wird zum (einfachen) Blindversuch, wenn der Proband nicht weiß, ob er sich in der Test- oder in der Kontrollgruppe befindet. Ein Doppa/blindversuch liegt vor, wenn zur Vermeidung von Suggestionen sowohl die Patienten als auch die Ärzte im Unklaren über die Gruppenzugehörigkeit gelassen werden. Eine Variation des Doppelblindversuches bildet die Uberkreuzbehandlung der Test- und Kontrollgruppe, d. h. ihre Vertauschung (cross-over; näher dazu Deutsch, JZ 1980, 289, 290).

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II. Die rechtliche Zulässigkeit von Blind- und Doppelblindversuchen ist nach wie vor lebhaft umstritten (vgl. die Nachweise bei Laufs, Arztrecht vor Rz 230; Deutsch, aaO. ; ders., JZ 1980, 289; Trockel, NJW 1979, 2329, 2332 ff.). Dabei wird vielfach übersehen, daß in der Praxis der Arzneimittelprüfung zahlreiche, in rechtlich erheblicher Weise voneinander abweichende Fallgestaltungen vorkommen (vgl. Samson, NJW 1978, 1182, 1183). Richtiger Ansicht nach ist der Doppelblindversuch dann als vertretbar anzusehen, wenn er medizinisch notwendig ist und weder eine bestehende Krankheit verlängert noch den Patienten oder die Versuchsperson physisch oder in sonstiger Weise schädigt, und wenn die Einwilligung aufgrund vollständiger Aufklärung über das Verfahren wirksam erteilt wurde oder nach den allgemeinen Regeln (> A u f k l ä r u n g s p f l i c h t Rzn. 262ff.) ausnahmsweise entbehrlich war (Giesen, aaO. S. 84). Der Doppelblindversuch erfordert eine alternative Einwilligung des Probanden oder Patienten, nämlich sein Einverständnis damit, daß er nach dem Zufall ein eingeführtes Medikament, ein > P l a c e b o oder ein neues, zu erprobendes Präparat erhält. Eine strafbare und zivilrechtlich zum Schadensersatz verpflichtende Körperverletzung kommt dann in Betracht, wenn es lege artis geboten gewesen wäre, dem Patienten sogleich ein wirksames Mittel zu geben und die Verabreichung des Placebos (anstatt der Anwendung des wirksamen eingeführten Medikaments) zur Aufrechterhaltung oder Verlängerung der Krankheit oder gar zu einer gesundheitlichen Schädigung geführt hat (vgl. Giesen, aaO. S. 85). Indessen kann hier durch eine Aufklärung, daß experimentiert werde, eine Einwilligung erreicht werden, die, da sie dem guten Zweck der Forschung dient, grundsätzlich nicht sittenwidrig ist. Sittenwidrig kann die Einwilligung z. B. dann sein, wenn die Verlängerung oder Aufrechterhaltung der Krankheit eine Zahlungspflicht bei Dritten auslöst (Lohnfortzahlung, Sozialleistungen; vgl. Kohlhaas, Medizin und Recht, S. 104f. ; ders. DMW 1970, 1798; Staak, MMW 1979, 513, 516). Speziell zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit beim Doppelblindversuch vgl. Samson, NJW 1978, 1182ff.

Durchgangsarzt (D-Arzt) 578

I. Der Durchgangsarzt (abgekürzt „D-Arzt") ist Beauftragter der gesetzlichen Unfallversicherungsträger (Berufsgenossenschaften), der mit Wirkung gegen die Berufsgenossenschaft darüber entscheidet, ob als Folge eines > A r b e i t s u n f a l l e s oder einer > B e r u f s k r a n k h e i t eine berufsgenossenschaftliche > H e i l b e h a n d l u n g (Rz 803) einzuleiten ist oder ob kassenärztliche > Krankenpflege ausreicht. Diese Entscheidung ist für die Frage der Kostentragungspflicht (Berufsgenossenschaft oder Krankenkasse) von Bedeutung (vgl. Narr, aaO. Rz 519; OLG Celle, VersR 1973, 62). Der D-Arzt ist vom > H e i l b e h a n d l u n g s a r z t (H-Arzt) und vom > U n f a l l a r z t zu unterscheiden.

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Durchgangsarzt (D-Arzt)

II. Rechtsgrundlagen für das Durchgangsarztverfahren sind § 5 3 7 Nr. 2 a RVO, §§557 ff. RVO i.V.m. den Bestimmungen des früheren RVA v. 19. 6. 1936 (RArbBl. IV, S. 195) sowie das Abkommen Ärzte/Berufsgenossenschaften i.d.F.v. 9. 7. 1980 (BG-Abkommen, abgedr. bei Noeske-Hamacher-Franz, aaO. S. 1/21 ff.). Daneben gelten die Richtlinien für die Bestellung von Durchgangsärzten i.d.F.v. 1. 4. 1982 (abgedr. bei Noeske-Hamacher-Franz, aaO. Erl. zu Ltnr. 21, S. 1/250f., im folgenden: Richtlinien). III. Rechtsstellung. 1. Rechtsbeziehungen zwischen D-Arzt und Berufsgenossenschaft. Die Bestellung zum D-Arzt auf Antrag des Bewerbers durch die Berufsgenossenschaft ist ein Verwaltungsakt (Narr, aaO. Rz 524; offengelassen von BGH, NJW 1975, 589, 590f., die Meinungen im Schrifttum sind geteilt, vgl. die Nachweise bei BGH aaO. S. 590). Dies schließt nicht aus, daß die nachfolgende Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses zwischen D-Arzt und Berufsgenossenschaft je nach den konkreten Verhältnissen im Einzelfall dem Privatrecht zugeordnet wird (vgl. Narr, aaO. Rz 525 m. Nachw. ; das OLG Düsseldorf nimmt in einem Urt. v. 11. 11. 1971, DMW 1974, 159, das Vorliegen eines Dienstvertrages an). a) Persönliche und fachliche Voraussetzungen fUr die Bestellung zum DArzt. Der Bewerber muß als Chirurg oder Orthopäde in eigener Praxis niedergelassen oder in dieser Eigenschaft in einem Krankenhaus tätig sein und über besondere Kenntnisse und Erfahrungen auf dem gesamten Gebiet der Behandlung von Unfallverletzungen verfügen (Ltnr. 21 BG-Abkommen). Einzelheiten sind in den Richtlinien geregelt. Danach gehören zur fraglichen Eignung u. a. die dreimonatige selbständige Vertretung eines freipraktizierenden D-Arztes nach abgeschlossener > W e i t e r b i l d u n g und eine nach der Weiterbildung ausgeübte unfallärztliche Tätigkeit, die nicht länger als fünf fahre unterbrochen worden ist, es sei denn, daß der Bewerber den Nachweis über noch ausreichende unfallärztliche Kenntnisse führt. Außerdem werden bestimmte Voraussetzungen an die sächliche und personelle Ausstattung gestellt (u.a. das Vorhandensein von mindestens drei Hilfskräften, davon eine mit Operations- und Narkoseerfahrung und ein > Krankengymnast bzw. > Masseur). Auch bei Vorliegen dieser Voraussetzungen besteht kein Rechtsanspruch auf die Bestellung zum D-Arzt (BSGE 37, 267, 269; Narr, aaO. Rz 525 m. w. Nachw.|. b) Die Aufgaben des D-Arztes sind in Ltnrn. 29 ff. BG-Abkommen näher beschrieben. c) Der D-Arzt ist verpflichtet, die Tätigkeit persönlich auszuüben. Eine Übertragung der durchgangsärztlichen Tätigkeit auf > A s s i s t e n z ä r z t e und Praxisassistenten ( > A s s i s t e n t ) ist nicht statthaft. Sie kann einen zivilrechtlichen Regreßanspruch der Berufsgenossenschaft gegen den D-Arzt gemäß §§611, 242, 276 BGB begründen, wenn ein Patient durch einen > Behandlungsfehler des ärztlichen Mitarbeiters zu Schaden kommt (OLG Düsseldorf v. 11. 11. 1971, D M W 1974, 159). Diese Regelung ist streng zu handhaben und

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rechtlich nicht zu beanstanden (BGH, VersR 1971, 251). Möglich ist jedoch die Anerkennung von Druchgangsarzt-Vertretern durch die Landesverbände der Berufsgenossenschaften (Ltnr. 21 BG-Abkommen). d) Der D-Arzt ist u.a. verpflichtet, ausreichende Aufzeichnungen über die Entstehung der Unfallverletzung, Befund und Verlauf der Behandlung zu machen und Begutachtungen rechtzeitig durchzuführen sowie alle Unterlagen über das Durchgangsarztverfahren einschließlich Röntgenbilder mindestens 15 Jahre aufzubewahren (vgl. Ltnr. 58 BG-Abkommen; Abschn. C 3 u. 4 der Richtlinien ( > D o k u m e n t a t i o n s p f l i c h t Rz 570 a.E., > Krankenunterlagen Rz 1082). e) aa) Die Vergütung der ärztlichen Leistungen im Durchgangsarztverfahren erfolgt entsprechend dem BG-Abkommen auf der Grundlage der > Gebührenordnung für Ärzte. Schwierigkeiten gibt es immer wieder bei der Frage, ob dem zum D-Arzt bestellten Chirurgen oder Orthopäden oder aber dem Radiologen, der selbst nicht zum D-Arzt bestellt werden kann, ein Vergütungsanspruch für Röntgenleistungen zusteht, wenn an einem Krankenhaus eine zentrale Röntgenabteilung besteht. Es ist davon auszugehen, daß dem Radiologen wegen Fehlens von Rechtsbeziehungen zwischen ihm und der Berufsgenossenschaft ein Vergütungsanspruch gegenüber der Berufsgenossenschaft nicht zusteht. Es besteht nur die Möglichkeit, daß der D-Arzt dem Radiologen seinen Honoraranspruch gegen die Berufsgenossenschaft abtritt. Die KBV hat bereits im Jahr 1966 eine Empfehlung dieses Inhalts herausgegeben (vgl. DÄ 1966, 1984; näher zu dieser Problematik Narr, aaO. Rz 528 m. Nachw.). In der Abtretung des Honoraranspruchs an den Radiologen durch den D-Arzt liegt kein Verstoß gegen das berufsrechtliche Verbot der Zuweisung gegen Entgelt (vgl. § 18 MuWO), weil der Radiologe tatsächlich eigene Leistungen erbringt, diese jedoch wegen der Besonderheit des Durchgangsarztverfahrens nicht selber mit der Berufsgenossenschaft abrechnen kann. Die Honorareinnahmen des Radiologen aus der Hinzuziehung im D-Arztverfahren unterliegen der > Umsatzsteuer (FG Münster v. 25. 9. 1963, V-IV u. 33-36/60 a ; EFG 1964, 64). bb) Das Krankenhaus berechnet seine Leistungen nach dem zwischen der DKG und den Verbänden der Berufsgenossenschaften vereinbarten Tarif (BG-NT). f) Ein Widerruf der Bestellung zum D-Arzt kann erfolgen, wenn der D-Arzt über einen bestimmten Zeitraum im Jahresdurchschnitt nicht eine bestimmte Zahl von Unfallverletzten versorgt, die notwendig ist, seine besonderen Kenntnisse auf dem Gebiet der Behandlung von Unfallverletzten auf dem laufenden zu halten und zu vertiefen (BSG v. 3. 1. 1978 - 2 BU 199/77 - [Jahresdurchschnitt von 84 Unfallverletzten anstatt der in den Richtlinien vorgeschriebenen Zahl von 150 Unfallverletzten im Jahresdurchschnitt innerhalb eines Zeitraums von 5 Jahren]). g) Zur Frage der Bestellung von Betriebsärzten zu Durchgangsärzten > Betriebsarzt Rz 435. 2. Bei den Rechtsbeziehungen zwischen dem D-Arzt und den Unfallverletz-

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ten ist zu unterscheiden zwischen der Entscheidung, ob und in welcher Weise ein Verletzter in die berufsgenossenschaftliche > H e i l b e h a n d l u n g (Rz 803) übernommen werden soll und den diese Entscheidung vorbereitenden Maßnahmen einerseits und der ärztlichen Erstversorgung des Unfallverletzten andererseits. Nur im ersteren Fall handelt der D-Arzt in Ausübung eines öffentlichen Amts mit der Folge, daß das Rechtsverhältnis zwischen ihm und dem Verletzten öffentlichrechtlicher Natur ist. Bei Durchführung der berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung, die bereits mit der ärztlichen Erstversorgung des Unfallverletzten beginnt, wird der D-Arzt dagegen privatrechtlich tätig (BGH, NJW 1975, 589, 591 f. m. Anm. Müller, SGb 1975, 511 ff.). Für die Haftung des D-Arztes bedeutet dies: Die Berufsgenossenschaft haftet für schuldhafte Fehlleistungen des D-Arztes bei ärztlichen Untersuchungen und sonstigen ärztlichen Maßnahmen, die der Vorbereitung der Entscheidung dienen, ob und in welcher Weise der Verletzte in die berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung übernommen werden soll, sowie für Fehler bei der durch den D-Arzt zu treffenden Entscheidung nach Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB (> Haftung Rz 785). Für Fehler bei der ärztlichen Erstversorgung und der weiteren Durchführung der berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung hat der D-Arzt persönlich aus dem > Arztvertrag und nach § 823 BGB einzustehen (BGH, NJW 1975, 591 f.). Für Verschulden seiner ärztlichen und nichtärztlichen Mitarbeiter haftet er nach §§ 278, 831 BGB (vgl. OLG Düsseldorf v. 11. 11. 1971 aaO. [Behandlungsfehler durch Assistenzarzt]). Der D-Arzt haftet nicht für Schäden aus einer nach Überweisung zur stationären Behandlung verspätet durchgeführten Operation, da die Entscheidung über den Zeitpunkt des Eingriffs nicht in seinen Aufgabenbereich fällt (LG Hannover, VersR 1982, 201).

IV. Die Führung der Bezeichnung „Durchgangsarzt" auf dem > Praxisschild, auf Briefbogen, Rezeptvordrucken und Stempeln wird jetzt im Gegensatz zur früher h. M. (vgl. Narr, aaO. Rz 530; BerufsG für Ärzte des Regierungsbezirks Pfalz v. 12. 11. 1960, Kallfelz, Bd. 1 S. 144; LBerufsG für Heilberufe beim Hess. VGH v. 19. 4. 1971) überwiegend für zulässig erachtet (vgl. Narr in: Häußler-Liebold-Narr, aaO. S. 57).

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V. Die Ausübung einer > G e m e i n s c h a f t s p r a x i s oder einer > Praxisgemeinschaft steht der Bestellung zum D-Arzt bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen nicht entgegen (vgl. Noeske-Hamacher-Franz, aaO. S. 1/260).

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VI. Aufgrund des Schiedsvertrages zum BG-Abkommen (abgedr. bei NoeskeHamacher-Franz, aaO. S. 1/51 f.) werden Streitigkeiten zwischen Ärzten und Berufsgenossenschaften aus dem BG-Abkommen durch die Landesschiedsgerichte und ein Bundesschiedsgericht entschieden.

Eichpflicht

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I. Rechtsgrundlagen. 1. Die Eichpflicht „im Bereich der Heilkunde und der Herstellung und Prüfung von Arzneimitteln" ist in § 3 des Eichgesetzes vom 11.7. 1969 - EichG - (BGBl. S. 759) geregelt (vgl. zum folgenden Albach, Nieders. ÄBl. 1979, 684ff.). Danach müssen bestimmte Meßgeräte, die bei der Ausübung der > H e i l k u n d e und der > Z a h n h e i l k u n d e verwendet oder lediglich bereitgehalten werden, geeicht sein. Hierunter fallen auch Geräte in der Praxis eines > H e i l p r a k t i k e r s . Der Eichpflicht unterliegen grundsätzlich alle Meßgeräte zur Bestimmung der Masse (Waagen), des Volumens (Pipetten usw.), des Drucks, der Dichte (Aerometer, hydrostatische Waagen), Thermometer, Blutdruckmeßgeräte und Augentonometer, ferner seit 1.1. 1980 Strahlenschutz- und klinische Dosimeter (Zweite Verordnung über die Eichpflicht von Meßgeräten v. 6. 8. 1975, BGBl. S. 2161; § 4 enthält Übergangsvorschriften). Die Verpflichtung, für die Eichung zu sorgen, trifft denjenigen, der das Meßgerät verwendet oder bereithält. Dies ist bei Benutzung der eichpflichtigen Geräte im Rahmen eines Angestellten- oder Beamtenverhältnisses der Arbeitgeber bzw. Dienstherr. 2. Nach § 8 Abs. 1-4 EichG i.V.m. der Eichpflicht-Ausnahmeverordnung v. 15. 12. 1982 (BGBl. S. 1745) bestehen teilweise Ausnahmen von der Eichpflicht, u.a. für Volumenmeßgeräte im Bereich der Heilkunde nach § 1 Nr. 18 der Ausnahmeverordnung, sämtliche medizinische Spritzen (nicht nur die Einmalspritzen) unter der Voraussetzung, daß sie der Anlage 15 der Eichordnung v. 15. 1. 1975 (BGBl. I S. 233 i.d.F. der 5. ÄnderungsVO v. 15. 12. 1982, BGBl. I S. 1750) entsprechen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 der Ausnahmeverordnung). Da diese Feststellung für den Arzt schwierig ist, empfiehlt es sich, das Vorliegen der Voraussetzungen nach der Eichordnung vom Verkäufer bestätigen zu lassen. Ausgenommen von der Eichpflicht sind ferner alle Volumenmeßgeräte, die nur für solche quantitativen Analysen benutzt werden, deren Richtigkeit durch ständige Überwachung nach den Methoden der statistischen (internen) Qualitätskontrolle und durch > R i n g v e r s u c h e nachgewiesen wird (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 der Ausnahmeverordnung > Qualitätskontrolle, > Qualitätssicherung).

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II. Zuständig für die Durchführung der Eichung sind die Eichämter, denen die in Betracht kommenden Geräte vorgestellt oder - wenn sie nicht transportabel sind - gemeldet werden müssen (näher dazu Albach, aaO. S. 687f.). III. Die Gebühren für die Ausführung der Eichung richten sich nach der Eich- und Beglaubigungskostenordnung v. 21. 4. 1982 (BGBl. S S. 428). IV. Verstöße gegen Vorschriften über die Eichpflicht werden als Ordnungswidrigkeit geahndet (§ 35 Abs. 2 EichG). Durch den von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Eichgesetzes und des Gesetzes über Einheiten im Meßwesen (BR-Drucks. 441/83 v.

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Ersatzkasse

14. 10. 1983) sollen medizinische Meßgeräte zur Gewährleistung der erforderlichen Meßsicherheit in weiterem Umfang als bisher in die Regelung des Gesetzes einbezogen und Prüfpflichten unterworfen werden. Andererseits gestattet der Entwurf anstelle der Eichung durch die Behörde in geeigneten Fällen eine Prüfung der Meßgeräte durch den Hersteller und eine Überwachung durch Wartungsdienste oder das Bedienungspersonal. Für medizinische Labors soll die Durchführung von Kontrolluntersuchungen und die Teilnahme an Vergleichsmessungen gemäß den Richtlinien der BÄK zur Pflicht gemacht ( > Q u a l i t ä t s s i c h e r u n g Rzn. 1474f., > R i n g v e r s u c h e ) und dafür auf die Eichung der verwendeten Meßgeräte verzichtet werden. Nach der Begründung zum Gesetzentwurf sollen die nach dem neuen Konzept des Eichgesetzes zu treffenden Maßnahmen dem Verordnungsgeber von einem Beirat für medizinische Meßtechnik vorgeschlagen werden, dem Vertreter der Ärzteschaft, der Wissenschaft und der Wirtschaft angehören. Der Ausschuß soll bei der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt gebildet werden.

Entbindungspfleger > Hebamme

Ergotherapeut „Ergotherapeut" ist eine andere Bezeichnung für > „Beschäftigungs- und Arbeitstherapeut". Vor Inkrafttreten des Beschäftigungs- und Arbeitstherapeutengesetzes v. 25. 5. 1976 (BeArbThG) hatte die Höhere Fachschule für Beschäftigungs- und Arbeitstherapie (Ergotherapie) der Landeshauptstadt München aufgrund einer Prüfung die Anerkennung als „Beschäftigungs- und Arbeitstherapeut (Ergotherapeut)" verliehen. Diese Bezeichnung gilt jetzt als Erlaubnis i.S. des § 1 BeArbThG (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 BeArbThG). Sie ist nach § 7 BeArbThG geschützt.

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Ersatzkasse I. Ersatzkassen sind als öffentlichrechtliche Körperschaften Träger der gesetzlichen > Krankenversicherung, (Rz 1103), begrenzt auf einen in der Satzung der Kasse festgelegten Mitgliederkreis von Angestellten (Angestellten-Ersatzkasse) oder Arbeitern (Arbeiter-Ersatzkasse) (vgl. Art. 2 § 2 der 12. Verordnung zum Aufbau der Sozialversicherung v. 24. 12. 1935, RGBl. I S. 1537). Der Beitritt zur Ersatzkasse erfolgt freiwillig anstelle der Mitgliedschaft bei einer sonst zuständigen gesetzlichen Krankenkasse (§517 RVO).

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II. Die Rechtsbeziehungen zwischen den Ersatzkassen und den an der ärztlichen Versorgung der Anspruchsberechtigten der Ersatzkassen beteiligten Ärzten sind außer in den einschlägigen Vorschriften der RVO (§ 525 c) in dem seit

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Ersatzkasse

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1. 10. 1963 gültigen > Arzt-Ersatzkassenvertrag (AEKV) zwischen der > Kassenärztlichen Bundesvereinigung einerseits und den Verbänden der Angestellten-Krankenkassen und Arbeiter-Ersatzkassen andererseits auf der Grundlage des § 368 n Abs. 2 Satz 3 RVO bundeseinheitlich geregelt. 1. Die Teilnahme als Vertragsarzt der Ersatzkassen setzt die Zulassung zu den RVO-Kassen ( > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g Rz 1104) voraus (§ 525 c Abs. 1 RVO > Vertragsarzt Rz 1848). 2. Eine Unterscheidung zwischen Bundesmantelvertrag ( > B u n d e s m a n telvertrag-Ärzte) und > Gesamtvertrag besteht im Ersatzkassenbereich nicht. 3. Ein weiterer wesentlicher Unterschied gegenüber den RVO-Kassen besteht im Vergütungssystem. Die Ersatzkassen entrichten keine > Gesamtvergütung an die KV, sondern zahlen für die von den > Vertragsärzten erbrachten ärztlichen Leistungen nach Maßgabe der > Ersatzkassen-Gebührenordn u n g an die KV eine Einzelleistungsvergütung zum Zwecke der Weiterleitung an die einzelnen Vertragsärzte. Diese Vergütung bildet bei der KV nur einen durchlaufenden Posten; eine Honorarverteilung findet nicht statt ( > Honorarverteilungsmaßstab Rz 888). 4. Im übrigen unterliegen die Ersatzkassen seit Inkrafttreten des OKrankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetzes (KVKG) weitgehend dem Vergütungs- und Vertragsrecht der RVO-Kassen (§ 525 c Abs. 2 RVO > Bewertungsmaßstab-Ärzte, > Ersatzkassen-Gebührenordnung). 5. Für Streitigkeiten zwischen Ersatzkassen und Vertragsärzten ist der Rechtsweg zum Sozialgericht gegeben (§ 51 Abs. 2 SGG). Dies gilt auch für die Unterlassungsklage eines Vertragsarztes gegen eine Ersatzkasse wegen einer Behauptung, die die Kasse der KV gegenüber aufgestellt hat (OLG Hamm, NJW 1970, 518). Auch für Streitigkeiten zwischen anderen Ärzten und Ersatzkassen ist der Rechtsweg zum Sozialgericht eröffnet (BSGE 11, 1, 12; 15, 161, 165; 28, 218, 219; BSG, ÄM 1957, 887, 889). 592

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III. Die Rechtsbeziehungen zwischen den Ersatzkassen und ihren Mitgliedern richten sich nach den einschlägigen Vorschriften der RVO (§§504 ff. RVO) und den sie ergänzenden Satzungen der einzelnen Ersatzkassen. Wie bei den RVO-Kassen gilt auch hier das Sachleistungsprinzip ( > Krankenversic h e r u n g Rz 1104). Für freiwillig versicherte Mitglieder kann die Kasse jedoch eine Kostenerstattung vorsehen (BSG v. 28. 11. 1979 - 3 RK 9/78 - USK 79211). Die Ersatzkasse hat den Versicherungspflichtigen mindestens die Regelleistungen der RVO-Kassen zu gewähren (§§ 507 Abs. 1, 508 RVO). Weitergehend als in der privaten > Krankenversicherung (Rz 1107) und im > Beihilf erecht (Rz 331) gehört die Behandlung durch nahe Familienangehörige wie Ehegatten, Eltern und Kinder zur gesetzlichen Leistungspflicht der Ersatzkassen (BSG, NJW 1972, 359); ausgeschlossen sind dagegen die im Rahmen einer Selbstbehandlung gemachten Aufwendungen.

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Erwerbsunfähigkeit

Ersatzkassen-Gebührenordnung (E-GO) I. Die Ersatzkassen-Gebührenordnung ist die für die Abrechnung ärztlicher Leistungen im Bereich der > Ersatzkassen seit 1. 7. 1978 geltende Gebührenordnung (vollständig abgedr. und kommentiert bei Wezel-Liebold, aaO.|. Sie löste die bis dahin geltende E-Adgo ab. Die E-GO beruht auf dem durch das KVKG (§ 368g Abs. 4 RVO) eingeführten einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM), der durch zusätzliche Anwendungsbestimmungen ergänzt wird. Ein wesentlicher Unterschied zu dem vor allem im Bereich der RVO-Kassen geltenden >Bewertungsmaßstab-Ärzte 1978 besteht insofern, als bei der E-GO die Punktzahlen des einheitlichen Bewertungsmaßstabes mit dem Punktwert von 0,10 DM multipliziert und die sich daraus ergebenden, jeweils durch Vereinbarung der Partner des > Arzt-Ersatzkassen Vertrages erhöhten Gebühren in DM ausgewiesen sind. Hierin liegt kein Verstoß gegen die in § 368 g Abs. 4 RVO vorgeschriebene Einheitlichkeit des Bewertungsmaßstabes (Heinemann-Liebold, aaO. § 368 g C 479; a.A. Matzke-Schirmer, der niedergelassene arzt 1978, 27, S. 30ff., 119).

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II. Rechtsnatur. Die E-GO ist Bestandteil des > Arzt-Ersatzkassenvertrags und damit in gleichem Umfang wie dieser für die Vertragspartner, Ärzte und Krankenkassen rechtsverbindlich.

Erwerbsunfähigkeit I. Der Begriff kommt in verschiedenen Rechtsgebieten in verschiedener Bedeutung vor. Es gibt keine einheitliche Begriffsdefinition. Allen Begriffsinhalten gemeinsam ist indes das Merkmal des dauernden Leistungsunvermögens. Dadurch unterscheidet sich die Erwerbsunfähigkeit von der vorübergehenden > Arbeitsunfähigkeit (BSG v. 22. 8. 1974, SozR 2200 §580 RVO Nr. 1). Der Begriff der Erwerbsunfähigkeit ist kein medizinischer, sondern ein juristischer Begriff (vgl. zum folgenden Anhaltspunkte für die Ärztliche Gutachtertätigkeit im Versorgungswesen, S. 16ff.). 1. In der gesetzlichen Rentenversicherung ist ein Versicherter erwerbsunfähig, wenn er „infolge von > Krankheit oder anderen Gebrechen oder von Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf nicht absehbare Zeit eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit nicht mehr ausüben oder nicht mehr als nur geringfügige Einkünfte durch Erwerbstätigkeit erzielen kann" (§ 1247 Abs. 2 Satz 1 RVO, § 23 Abs. 2 Satz 1 AVG). Im Gegensatz zur > Berufsunfähigkeit wird also die Krankheit nicht zum Beruf, sondern zum allgemeinen Leistungsvermögen des Versicherten im Erwerbsleben in Beziehung gesetzt. Der Versicherte kann grundsätzlich auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden, die seinem körperlichen und geistigen Leistungsvermögen entsprechen. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn diese Verweisung im Hinblick auf die bisherige Lebensstellung des Versi-

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Erwerbsunfähigkeit

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cherten eine offensichtliche Härte wäre (BSG v. 15. 3. 1962, Medizin im Sozialrecht B 10/35; Gitter, Sozialrecht S. 136 m.w.Nachw.; Oberfeld, SGb 1982, 475ff.). Im Gegensatz zur > B e r u f s u n f ä h i g k e i t liegt Erwerbsunfähigkeit also regelmäßig nur dann vor, wenn der Versicherte in keinem Beruf mehr eine regelmäßige Erwerbstätigkeit ausüben oder nurmehr geringfügige Einkünfte erzielen kann. Ebenso wie bei der Berufsunfähigkeit ist allerdings auch hier erforderlich, daß der Arbeitsmarkt für die in Betracht kommende Tätigkeit offen ist (Gitter, Sozialrecht, S. 136f.). So betrachtet ist die Erwerbsunfähigkeit i. S. der Rentenversicherung eine qualifizierte Form der > B e r u f s u n f ä h i g k e i t , die stets Voraussetzung für die Erwerbsunfähigkeit ist. 2. Nach dem > Bundesversorgungsgesetz ist erwerbsunfähig, wessen > M i n d e r u n g d e r E r w e r b s f ä h i g k e i t (MdE) mehr als 90% beträgt (§31 Abs. 3 Satz 2 BVG). 3. Dasselbe wie zu 2. gilt im Einkommensteuerrecht. Dauernde bzw. völlige Erwerbsunfähigkeit nach §§10 Abs. 6 Nr. 2 c, 32 Abs. 7 Nr. 2 EStG ist anzunehmen, wenn die MdE mehr als 90% beträgt (vgl. Anhaltspunkte S. 29). 4. Nach dem Lastenausgleichsgesetz ist erwerbsunfähig ein Geschädigter, der „dauernd außerstande ist, durch eine Tätigkeit, die seinen Kräften und Fähigkeiten entspricht und ihm unter billiger Berücksichtigung seiner Ausbildung und seines bisherigen Berufes zugemutet werden kann, die Hälfte dessen zu erwerben, was körperlich und geistig gesunde Menschen derselben Art mit ähnlicher Ausbildung in derselben Gegend durch Arbeit zu verdienen pflegen (§ 265 LAG). II. Für die Feststellung der Erwerbsunfähigkeit gilt entsprechendes wie bei der > B e r u f s u n f ä h i g k e i t (Rz 394).

Ethikkommission 599

I. Ethikkommissionen haben die Aufgabe, die mit der Durchführung von medizinischen Experimenten am Menschen ( > K l i n i s c h e A r z n e i m i t t e l p r ü f u n g , > K l i n i s c h e s E x p e r i m e n t , > H e i l v e r s u c h ) verbundenen rechtlichen und ethischen Problemstellungen vor der Durchführung der Versuche zu beurteilen und ein Votum darüber abzugeben, ob das beabsichtigte Forschungsvorhaben für rechtlich und ethisch zulässig gehalten wird. Derartige Kommissionen bestehen vor allem bei den Medizinischen Fakultäten der Universitäten, in > K l i n i k e n und > K r a n k e n h ä u s e r n und neuerdings auch bei den > Ä r z t e k a m m e r n . Den im Universitätsbereich eingerichteten Ethikkommissionen obliegen neben der reinen Gutachter- und Beraterfunktion häufig auch Organisations- und Kontrollfunktionen (näher dazu Bar-Fischer, NJW 1980, 2734, 2737 f. ; Deutsch, NJW 1981, 614).

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II. Rechtsgrundlagen. 1. Rechtsgrundlage für die Arbeit der Ethikkommissionen an den Universitäten sind die Hochschulgesetze der einzelnen Bundeslän-

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Ethikkommission

der (vgl. z.B. für Niedersachsen § 115 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 95 Abs. 6 NHG ; vgl. auch Bar-Fischer, aaO. S. 2738). 2. Rechtliche Grundlage für die Arbeit von Ethikkommissionen bei der Ärztekammer sind die einzelnen Kammer- bzw. Heilberufsgesetze ( > Ä r z t e k a m m e r Rz 2 ; vgl. Weissauer, MMW 1979, 551, 553; Antwort des Niedersächsischen Sozialministeriums auf eine Kleine Anfrage v. 15. 10. 1981, LT-Drucks. 9/2918, S. 2) sowie besondere von den Ärztekammern erlassene Statuten (vgl. z.B. das Statut der Ärztekammer des Saarlandes v. 27. 4. 1983, Saarl. ÄBl. •1983, 334) 3. Keine besonderen Rechtsgrundlagen bestehen i.d.R. für Ethikkommissionen in Kliniken und Krankenhäusern öffentlichrechtlicher Träger. 4. Die Ethikkommissionen haben bei ihrer Arbeit neben verfassungsrechtlichen Grundsätzen und ggf. speziellen gesetzlichen Bestimmungen vor allem das ärztliche Standesrecht zu beachten, das seine Ausformung in diesem Bereich im wesentlichen durch die > D e k l a r a t i o n von Helsinki erfahren hat (> A r z t e t h i k ) . III. Die Besetzung der Ethikkommissionen soll nach einer Empfehlung der BÄK aus dem Jahr 1979 durch 4 Ärzte und einen Juristen erfolgen. Die Mitglieder sind bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben unabhängig und an Weisungen nicht gebunden.

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IV. Haftung. 1. Die persönliche Verantwortung des das Forschungsvorhaben durchführenden Arztes wird durch das Votum der Ethikkommission grundsätzlich nicht berührt. Inwieweit die Beratungen und Begutachtungen von Ethikkommissionen zu einer rechtlichen Absicherung des ärztlichen Forschers führen können, läßt sich angesichts der Uneinheitlichkeit, die das Erscheinungsbild und die Arbeitsweise von Ethikkommissionen bislang kennzeichnet, nicht generell beantworten (eingehend dazu Eser-Koch, DMW 1982, 443ff. gegen Samson, DMW 1981, 667ff.). 2. Fraglich ist, inwieweit die Mitglieder einer Ethikkommission für einen Rat oder ein Gutachten, in denen ein Forschungsvorhaben irrig positiv beurteilt wird, strafrechtlich und zivilrechtlich verantwortlich sind, wenn die Versuchsperson einen Schaden erleidet (vgl. zum folgenden Weissauer, MMW 1979, 551 ff. ; Bar-Fischer, NJW 1980, 2734ff.). a) Strafrechtlich kommt eine Verantwortlichkeit nach § 226 a StGB, § 96 Nr. 10 AMG i.V.m. §§ 40, 41 AMG in Betracht. b) Bei der zivilrechtlichen Haftung ist zu unterscheiden: aa) Für schuldhafte Fehlleistungen einer bei der > Ä r z t e k a m m e r eingerichteten Ethikkommission dürfte die Ärztekammer nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG haften, da die Aufgabenstellung solcher Ethikkommissionen der schlicht-hoheitlichen Tätigkeit im Rahmen der Daseinsvorsorge zuzurechnen sein wird (Weissauer, MMW 1979, 556). Unerheblich ist dabei, ob es sich bei den Kommissionsmitgliedern um Beamte, Angestellte oder Freiberufler handelt. Die Ärztekammer kann sich jedoch gegenüber dem Anspruch des Geschädigten auf die Subsidia-

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Ethikkommision

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ritätsklausel des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB berufen, also z. B. darauf, daß der das Forschungsvorhaben durchführende Arzt selbst für den Schaden haftet. Eine persönliche Haftung des einzelnen Kommissionsmitglieds kommt im Innenverhältnis gegenüber der Ärztekammer bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit (Art. 34 Satz 2 GG), im Außenverhältnis gegenüber dem Geschädigten nur bei Vorsatz (§ 839 Abs. 1 Satz 2 BGB) in Betracht. bb) Entsprechendes wie zu aa) gilt für die Haftung bei Ethikkommissionen im Hochschulbereich, wenn diese als Einrichtungen der Hochschule organisiert sind und die Tätigkeit in der Kommission für die Mitglieder somit Dienstaufgabe ist (näher dazu Bar-Fischer, NJW 1980, 2734, 2738ff.). cc) Wo Träger von Ethikkommissionen private Einrichtungen sind, haften die Mitglieder der Kommission für Schädigungen von Versuchspersonen persönlich aus unerlaubter Handlung (§ 823 Abs. 1 und 2 BGB). c) Sowohl zivilrechtlich als auch strafrechtlich ist die Verantwortung jedes Kommissionsmitglieds individuell zu bewerten; der Jurist kann nichts zur medizinischen Beurteilung beitragen und umgekehrt werden sich die ärztlichen Kommissionsmitglieder auf die rechtliche Begutachtung des Juristen verlassen (Weissauer, aaO. S. 556).

Facharzt 608

I. Man verstand hierunter nach früherem Recht einen > A r z t , der eine > A r z t b e z e i c h n u n g aufgrund vorgeschriebener > W e i t e r b i l d u n g in einem medizinischen Fachgebiet führte. Aufgrund eines Beschlusses des 75. Deutschen Ärztetages 1972 (DÄ 1972, 1964) wurde die Silbe „Fach-" bei den einzelnen Facharztbezeichnungen in den > Berufs- und > W e i t e r b i l d u n g s o r d n u n g e n gestrichen und allen Ärzten mit einer durch die > W e i t e r b i l d u n g s o r d n u n g geregelten vollen > W e i t e r b i l d u n g nach Ablauf einer Übergangsfrist nur noch die Führung der Bezeichnung des betreffenden Gebiets in der Form „Arzt für . . . " (z.B. „Chirurgie") oder der entsprechenden Kurzform (z.B. „Chirurg") gestattet ( > G e b i e t s b e z e i c h n u n g ) . Hierdurch werden Grundrechte der Fachärzte alten Rechts nicht verletzt (vgl. OVG Münster v. 26. 6. 1981 - 13 A 1388/80 - [„Fachzahnarzt für Kieferorthopädie"); BayVerfG, NJW 1983, 325).

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II. Die Bezeichnung „Facharzt" gibt es heute noch in der DDR (> W e i t e r b i l d u n g Rz 1891).

Fachkrankenhaus 610

Der Begriff findet sich in § 2 Nr. 3 BPflV. Man versteht darunter ein > K r a n k e n h a u s zur Behandlung von bestimmten akuten Krankheitsarten (z.B. Unfallkrankenhaus; vgl. Schlauß-Bölke, aaO. § 2 BPflV Anm. 3 ; BVerwG

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Famulus

v. 22. 5. 1980 - 3 C 131.79 - > K r a n k e n h a u s Rz 1012). > S o n d e r k r a n kenhaus.

Famulus 1. Man versteht darunter einen Medizinstudenten, der während der unterrichtsfreien Zeiten des Studiums die nach der AOÄ vorgeschriebene Famulatur unter ärztlicher Leitung ableistet ( > Ä r z t l i c h e Ausbildung Rz 30).

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II. Rechtsgrundlage. 1. Nach §§ 1 Abs. 1 Nr. 4, 7 Abs. 1 AOÄ ist die viermonatige Tätigkeit als Famulus während der unterrichtsfreien Zeiten des Studiums zwischen der bestandenen Ärztlichen Vorprüfung und dem Zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung abzuleisten. Diese Voraussetzungen sind nach einem Beschluß des VGH Bad.-Wttbg. v. 9. 5. 1978 - IX 1141/78 (DMW 1979, 454) nicht erfüllt, wenn die Famulatur nicht nur zu einem ganz unerheblichen Teil während der Unterrichtszeit eines Pflichtsemesters abgeleistet worden ist. Die Famulatur hat den Zweck, den Studierenden mit dem ärztlichen Wirken in öffentlichen Stellen, in Einrichtungen des Arbeitslebens, in freier Praxis und im > Krankenhaus vertraut zu machen.

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III. 1. Die für die Famulatur in Betracht kommenden Einrichtungen und die Aufteilung der einzelnen Tätigkeitsabschnitte sind in § 7 Abs. 2 AOÄ festgelegt. Danach kann die Famulatur nicht an Universitätskliniken, sondern nur an außeruniversitären Krankenhäusern und den im einzelnen genannten Einrichtungen, vor allem auch in > A r z t p r a x e n (bis zur Dauer von maximal zwei Monaten > Lehrpraxis) abgeleistet werden. Die in § 7 Abs. 2 AOÄ genannten Stellen einschließlich der Arztpraxen sind generell zur Famulaturausbildung zugelassen, so daß es einer besonderen Ausbildungsermächtigung nicht bedarf. 2. Wegen der Kontinuität der Ausbildung soll eine Aufteilung der Famulatur auf mehrere Abschnitte nach Möglichkeit vermieden werden. Nach einem Merkblatt des Landesprüfungsamtes Baden-Württemberg soll die viermonatige Tätigkeit als Famulus in nicht mehr als 4 bis 6 Abschnitte zerlegt werden. Eine vorherige Anfrage beim zuständigen Landesprüfungsamt wegen der Anerkennung mehrerer zeitlich nicht zusammenhängender Tätigkeitsabschnitte erscheint in jedem Falle ratsam. 3. Eine Tätigkeit als Famulus im Ausland ist nach Maßgabe des § 7 Abs. 3 AOÄ anrechenbar. Voraussetzung für die Anerkennung einer im Ausland abgeleisteten Famulatur ist nicht, daß ein Teil der Famulatur in der Bundesrepublik absolviert wurde (näher dazu Narr, aaO. Rz 196). Wegen der Anrechenbarkeit der Tätigkeit im Ausland empfiehlt sich in jedem Fall eine vorherige Rückfrage beim zuständigen Landesprüfungsamt.

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IV. Rechtsstellung (vgl. zum folgenden auch das Merkblatt der BÄK, DÄ 1975, 829). 1. Zwischen dem Famulus und der ausbildenden Stelle wird kein

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Famulus

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Arbeitsverhältnis begründet. Der Famulus behält vielmehr seinen Status als Student. Als solcher ist er ausschließlich zu seiner Information, nicht zur Mitarbeit bei der ausbildenden Stelle tätig. Für den Abschluß von Verträgen über eine Famulatur gibt es Musterverträge (vgl. z. B. Rieger, Verträge zwischen Ärzten in freier Praxis, S. 21 ff.). Die Tätigkeit in der > A r z t p r a x i s sollte sich nicht nur auf die Sprechstundentätigkeit, sondern vor allem auch auf die Besuche und den > Notfalldienst erstrecken. Der Famulus darf nicht selbständig, sondern nur unter Leitung, Aufsicht und Verantwortung eines Arztes tätig werden. Für die Frage, welche Tätigkeiten der ausbildende Arzt dem Famulus übertragen darf, gelten die allgemeinen Grundsätze für die rechtliche Zulässigkeit der Übertragung ärztlicher Verrichtungen auf nichtärztliches Personal (> B e h a n d l u n g s f e h l e r Rz 319). Danach ist der Famulus als Nichtarzt von der selbständigen Wahrnehmung von Aufgaben ausgeschlossen, die spezifisches ärztliches Wissen und ärztliche Erfahrung erfordern und daher dem Arzt vorbehalten sind. Deshalb darf nur der Arzt therapeutische und diagnostische Entscheidungen (z. B. Anordnung einer bestimmten > I n j e k t i o n ) treffen; mit ihrer Durchführung im Rahmen seiner Anordnungen darf er den Famulus beauftragen, wenn dieser hierzu ausreichend qualifiziert ist (> I n j e k t i o n Rzn. 894ff.). 2. Das BBiG findet auf den Famulus keine Anwendung, auch nicht über die Auffangnorm des § 19 BBiG, die für die ärztliche Berufsausbildung ohne Bedeutung ist (vgl. LArbG Hamm, NJW 1976, 1806). Das bedeutet insbesondere, daß die Zahlung einer Vergütung an den Famulus nicht zwingend vorgeschrieben ist. Die meisten > Kassenärztlichen Vereinigungen im Bundesgebiet gewähren jedoch Famuli einen monatlichen Zuschuß von 200 DM-300 DM, sofern die Famulatur bei einem Allgemeinarzt absolviert wird. Da der Famulus während des Studiums gesetzlich gegen Krankheit versichert ist (§ 165 Abs. 1 Nr. 5 RVO), besteht keine Krankenveisichemngspflicht für die Zeit der Famulatur. Ebenso besteht keine Versicherungs- und Beitragspflicht in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung; insoweit gilt Gleiches wie für Absolventen des > P r a k t i s c h e n J a h r e s (Rz 1384). Dagegen unterliegt der Famulus der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 539 Abs. 1 Nr. 7 RVO). Für die Lohnsteuerpflicht gelten keine Besonderheiten. Die Steuerfreiheit der Bezüge richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften.

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V. Als zur Vorbereitung auf den Beruf bei einem Arzt Tätiger unterliegt der Famulus der strafrechtlichen > Schweigepflicht nach § 203 Abs. 3 StGB.

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VI. Haftung. 1. Für die zivilrechtliche und strafrechtliche Verantwortlichkeit des Famulus gelten die allgemeinen Grundsätze über die Arbeitsteilung in der Medizin (D> B e h a n d l u n g s f e h l e r Rzn. 317 ff.). Die Tatsache, daß der Famulus bei sämtlichen Verrichtungen unter ständiger Anleitung, Aufsicht und Verantwortung des ausbildenden Arztes tätig wird, entbindet ihn nicht von der rechtlichen Verantwortung für sein eigenes Handeln. Verwechselt der Fa-

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Fernbehandlung

mulus z. B. eine Spritze und kommt der Patient dadurch zu Schaden, so ist er nach § 823 BGB schadensersatzpflichtig; darüber hinaus macht er sich wegen fahrlässiger Körperverletzung (§ 230 StGB) strafbar. Daneben tritt die Haftung des ausbildenden Arztes, wenn er das Fehlverhalten des Famulus durch Mängel in der Organisation und Beaufsichtigung ermöglicht oder erleichtert hat. 2. Die ärztliche > B e r u f s h a f t p f l i c h t v e r s i c h e r u n g (Rz 381) des Praxisinhabers deckt auch die persönliche Haftpflicht des Famulus. Bei der Tätigkeit von Famuli in sonstigen nach § 7 Abs. 2 AOÄ zugelassenen Einrichtungen ist der Einschluß der persönlichen Haftpflicht des Famulus in die vom Träger der Einrichtung abgeschlossene Haftpflichtversicherung im Einzelfall zu klären. Keine Übernahme der persönlichen Haftpflicht erfolgt i.d.R. im Bereich der kommunalen Krankenhausträger.

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Fehlgeburt I. Eine Fehlgeburt liegt nach § 29 Abs. 3 der Verordnung zur Ausführung des Personenstandsgesetzes i.d.F. v. 25. 2. 1977 - PStV - (BGBl. I S. 377) vor, wenn sich bei einer vom Mutterleib getrennten > L e i b e s f r u c h t keines der im § 29 Abs. 1 PStV genannten Merkmale des Lebens (Schlagen des Herzens oder Pulsieren der Nabelschnur oder Einsetzen der natürlichen Lungenatmung) gezeigt hat und das Gewicht der Frucht weniger als 1000 g beträgt (die bis 30. 6. 1979 geltende Vorschrift sah statt des Mindestgewichts von 1000 g eine Mindestlänge von 35 cm vor). Von der Fehlgeburt ist die > T o t g e b u r t zu unterscheiden.

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II. Fehlgeburten werden in den Personenstandsbüchern nicht beurkundet und sind daher auch nicht anzeigepflichtig (§ 29 Abs. 3 PStV).

Fernbehandlung I. Begriff. Eine Fernbehandlung liegt vor, wenn der Kranke selbst oder für ihn ein Dritter, dem > Arzt, der die Krankheit erkennen und/oder behandeln soll, Angaben über die Krankheit, insbesondere Symptome oder Befunde übermittelt und dieser, ohne den Kranken gesehen und die Möglichkeit einer Untersuchung gehabt zu haben, entweder eine Diagnose stellt und/oder einen Behandlungsvorschlag unterbreitet (Doepner, aaO. § 9 Rz. 9).

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II. Nach dem ärztlichen Berufsrecht ist die Fernbehandlung als ausschließliche Form der ärztlichen Behandlung verboten. Dies entspricht allgemeiner standesethischer Auffassung, die teilweise in § 1 Abs. 5 S. 2 MuBO ihren Niederschlag gefunden hat (vgl. Liebhardt-Spann, Kommentar zu § 6 der BO der LÄK Bad.-Wttbg., ÄBl. Bad.-Wttbg., Sonderbeil. 9/1969).

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Fernbehandlung

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Das berufsrechtliche Verbot der Fernbehandlung schließt nicht aus, daß der Arzt einem bei ihm in Behandlung stehenden Patienten im Einzelfall, z. B. am Telefon oder über Angehörige, therapeutische Ratschläge gibt, wenngleich aus haftungsrechtlichen Gründen hierbei größte Vorsicht geboten ist (dazu unten III). 623

III. Auch im Strafiecht und im Zivilrecht ist die Fernbehandlung grundsätzlich verboten. „Es gehört zu den Aufgaben des Arztes, sich von den Leiden des Patienten ein eigenes Bild zu machen . . . und wichtige Befunde selbst zu erheben . . . " (BGH, NJW 1979, 1248, 1249). Dies ist insbesondere von Bedeutung für die Frage, ob der Arzt einen fernmündlich erbetenen Hausbesuch ausführen muß ( > Besuchspflicht]. „Die Frage, ob im Einzelfall der Besuch überflüssig ist, läßt sich . . . in der Regel nicht durch eine Ferndiagnose klären" (BGH, NJW 1955, 718, 719). Dies schließt nicht aus, daß der Arzt, der den Patienten und die Natur seiner Erkrankung kennt, sich im Einzelfall mit telefonischen Anweisungen begnügen darf (vgl. BGH aaO. S. 719). In Notfällen ist es dem Arzt immer gestattet, bis zu seinem Eintreffen beim Patienten telefonische Anweisungen zu geben. Stets muß sich der Arzt jedoch darüber im klaren sein, daß in der erlaubten Fernbehandlung i.d.R. eine Behandlungsübernahme liegt, die im Falle eines unterlassenen Hausbesuchs zu einer zivilrechtlichen und strafrechtlichen Haftung führen kann ( > Besuchsp f l i c h t Rz 400). Bei der Behandlung von Geschlechtskrankheiten wird die Fernbehandlung als solche durch § 9 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 GeschlKrG unter Strafe gestellt. IV. Das > Heilmittelwerbegesetz verbietet die Werbung für Fernbehandlung (§ 9 HWG).

Feuerbestattung 624

I. Rechtsgrundlagen. Die Feuerbestattung wird durch das Gesetz über die Feuerbestattung v. 15. 5. 1934 - FeuerbestG - (RGBl. I S. 380) nebst DVO v. 10. 8. 1938 (RGBl. I S. 1000) geregelt. Diese Vorschriften gelten seit Inkrafttreten des Grundgesetzes als Landesrecht weiter mit Ausnahme der Länder Baden-Württemberg, Bayern und Berlin, wo die Feuerbestattung in den Bestattungsgesetzen nebst Durchführungsverordnungen dieser Länder geregelt ist (näher dazu Spann, DMW 1980, 1376). II. Voraussetzungen. 1. Die Feuerbestattung erfordert den Nachweis, daß sie dem Willen des Verstorbenen entspricht (§ 2 Abs. 1 FeuerbestG). Dieser Nachweis ist formbedürftig (§ 5 FeuerbestG; dazu Gaedke, aaO. S. 227 f. ; Reimann, NJW 1973, 2240). Liegt eine Willensbekundung des Verstorbenen nicht vor, so haben die Angehörigen das Recht, die Art der Bestattung zu bestimmen (näher dazu Gaedke, aaO. S. 226f.).

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Flughafenarzt

2. Nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 FeuerbestG darf die Genehmigung zur Feuerbestattung nur nach Durchführung einer zweiten, amtsärztlichen > L e i c h e n s c h a u (Rz 1148) erteilt werden. Der > A m t s a r z t hat eine mit Angabe der Todesursache versehene Bescheinigung auszustellen, aus der hervorgeht, daß der Verstorbene eines natürlichen Todes gestorben ist. Gleiches gilt in BadenWürttemberg und Berlin. Lediglich in Bayern besteht eine andere Regelung (näher dazu Spann, aaO. S. 1377). Die Angabe der Todesursache verstößt nicht gegen die ärztliche > S c h w e i g e p f l i c h t (vgl. Spann, aaO. S. 1377). > Sekt i o n Rz 1674, > H e r z s c h r i t t m a c h e r Rz 864.

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Fliegerärztliche Untersuchungsstelle I. Fliegerärztliche Untersuchungsstellen sind ärztlich geleitete Einrichtungen zur Durchführung von Tauglichkeitsuntersuchungen für das Luftfahrtpersonal nach der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung i.d.F.v. 13. 3. 1979 ( - LuftVZO - , BGBl. I S. 308). Sie bedürfen der Anerkennung durch das Luftfahrt-Bundesamt oder durch die nach Landesrecht zuständige Behörde (§ 24 a Abs. 1, 3 u. 5 LuftVZO). Bei Erfüllung der technischen und organisatorischen Voraussetzungen nach Anlage 3 zu § 24 a Abs. 3 LuftVZO können auch > A r z t p r a x e n als fliegerärztliche Untersuchungsstellen anerkannt werden.

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II. Die für die Anerkennung eines Arztes als Leiter einer fliegerärztlichen Untersuchungsstelle erforderliche Qualifikation richtet sich nach § 24 a Abs. 4 LuftVZO. Der Erwerb der > Z u s a t z b e z e i c h n u n g „Flugmedizin" (vgl. Anl. II Nr. 5 MuWO) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung. III. Die Anbringung eines Schildes mit der Aufschrift „Fliegerärztliche Untersuchungsstelle" neben dem > Praxisschild entspricht einem berechtigten Informationsbedürfnis des Publikums und verstößt daher nicht gegen die berufsrechtlichen Vorschriften über Praxisschilder (vgl. § 27 MuBO) und das berufsrechtliche > W e r b e v e r b o t . IV. Haftung. Bei der Tätigkeit von chungsstellen handelt es sich um die schuldhaften Fehlleistungen tritt eine zen ein (Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB

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Ärzten in fliegerärztlichen UntersuAusübung hoheitlicher Tätigkeit. Bei Haftung nach Amtshaftungsgrundsät> H a f t u n g Rz 785).

Flughafenarzt Dem Flughafenarzt obliegt die Wahrnehmung der für einen Flughafen spezi fischen Aufgaben des > Ö f f e n t l i c h e n G e s u n d h e i t s d i e n s t e s . Für ihn gilt entsprechendes wie für den > H a f e n a r z t (näher zu den Aufgaben des flughaftenärztlichen Dienstes Koch, MMW 1964, 433, 437f. ; Kaerger, aaO.).

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Fortbildung

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Fortbildung 629

I. Begriff. Ärztliche Fortbildung ist die ständige berufsbegleitende Vertiefung und Erweiterung beruflicher Fertigkeiten und Kenntnisse in dem Bemühen, sich auf dem laufenden zu halten mit der Entwicklung des wissenschaftlichen und technologischen Fortschritts in der Medizin mit dem Ziel, berufliche Fähigkeiten zu erhalten, zu erweitern und sich auf veränderte berufliche Anforderungen vorzubereiten. Sie ist von der > ä r z t l i c h e n A u s b i l d u n g und der ärztlichen > W e i t e r b i l d u n g zu unterscheiden.

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II. Rechtsgrundlagen. 1. Maßgebend sind zunächst die Regelungen in den Kammer- und Heilberufsgesetzen ( > Ärztekammer Rz 2) und in den ärztlichen > B e r u f s o r d n u n g e n . Danach ist der Arzt, der seinen Beruf ausübt, verpflichtet, sich beruflich fortzubilden (vgl. § 7 MuBO, § 30 Abs. 1 KammerG Bad.-Wttbg.). Unabhängig davon besteht die ärztliche Fortbildungspflicht auch als Vertragspflicht gegenüber dem Patienten und beim angestellten oder > beamteten Arzt zugleich gegenüber dem Dienstherrn (vgl. Uhlenbruck, DMW 1968, 2136); ihre Vernachlässigung kann zur > H a f t u n g wegen eines Behandlungsfehlers führen ( > B e h a n d l u n g s f e h l e r Rz 322], 2. Daneben gibt es spezielle Fortbildungspflichten für bestimmte Bereiche ärztlicher Tätigkeit, z. B. die kassenärztliche Fortbildung (§ 368 m. Abs. 5 RVO; diese Vorschrift ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, BVerfG v. 10. 9. 1979 - 1 BvR 1207/77; a.A. Bösche, NJW 1977, 327, 329; Narr, aaO. Rz 851 > Kassenarzt Rz 934 a.E.) und die Fortbildung auf dem Gebiet des Katastrophenschutzes ( > K a t a s t r o p h e n s c h u t z Rz 948).

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III. Der Umfang der Fortbildungspflicht des Arztes richtet sich danach, wie weit die Fortbildung zur Erhaltung und Entwicklung der zur Ausübung seines Berufs erforderlichen Fachkenntnisse notwendig ist (§ 7 Abs. 3 MuBO). Dies bedeutet u.a.: 1. Der Arzt ist verpflichtet, sich bis an die Grenze des zeitlich und wirtschaftlich Zumutbaren laufend über die Fortschritte der medizinischen Wissenschaft zu unterrichten und sich mit den neuesten Behandlungsmethoden und Medikamenten einschließlich deren Wirkungen und Nebenwirkungen vertraut zu machen (vgl. BGH, VersR 1977, 546, 547; Uhlenbruck, DMW 1968, 2136 m. Nachw.). Der Einwand des Zeitmangels und der arbeitsmäßigen Überlastung vermag die Fortbildungspflicht nicht aufzuheben. Da die Rspr. jedoch bei der Festlegung des Sorgfaltsmaßstabes (§276 BGB) die Anschauungen eines engeren Verkehrskreises nicht unberücksichtigt läßt ( > Behandlungsfehler Rzn. 305, 308) sind z.B. an die Fortbildungspflicht eines vielbeschäftigten Landarztes geringere Anforderungen zu stellen als an diejenige eines Spezialisten (z.B. Klinikdirektor; vgl. Uhlenbruck, DMW 1968, 2137). 2. Vom Arzt kann zwar nicht verlangt werden, sämtliche medizinische Fachzeitschriften zu halten und zu lesen. Jedoch kann gefordert werden, daß er jedenfalls von dem Inhalt der Fachzeitschriften Kenntnis nimmt, die er für so

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wichtig ansieht, daß er sie hält (Gaisbauer, VersR 1976, 225 m. Nachw.; OLG Hamm, VersR 1965, 1108 [Verletzung der Fortbildungspflicht durch unterlassene Lektüre eines Artikels in der vom Arzt abonnierten DMW über die Gefährlichkeit von Estil-Injektionen; vgl. aber in einem ähnlich gelagerten Fall OLG Hamburg, VersR 1965, 861]). Dem niedergelassenen Arzt ist nicht ohne weiteres zuzumuten, sich über Spezialveiöffentlichungen regelmäßig zu informieren (BGH, VersR 1972, 1075). Eine Pflicht zur Beschaffung und Lektüre der jeweils neuesten Auflage eines medizinischen Lehrbuches besteht jedenfalls dann, wenn es sich um ein für die betreffende Arztgruppe unentbehrliches Standardwerk handelt (BGH, VersR 1977, 547). Die Unkenntnis von Berichten über Komplikationsmöglichkeiten und Behandlungsmethoden, die sich nur im ausländischen Schrifttum finden, kann dem Arzt nicht ohne weiteres zum Vorwurf gemacht werden (vgl. BGH, VersR 1962, 155; OLG Neustadt, VersR 1957, 824 ; näher zum Ganzen Wilts-Kleinewefers bei Mergen, aaO. Bd. III S. 35f.). Auf die Angaben im Fachschrifttum darf der Arzt sich grundsätzlich verlassen ( > B e h a n d l u n g s f e h l e r Rz 322). 3. Die Fortbildungspflicht umfaßt auch die Pflicht des Arztes, sich über die für seine Berufsausübung jeweils geltenden Rechtsvorschriften zu unterrichten (vgl. § 7 Abs. 1 MuBO; § 30 Abs. 1 KammerG Bad.-Wttbg.). Außerdem besteht eine ausdrückliche Verpflichtung zur Fortbildung für den ärztlichen > N o t falldienst, auch wenn der Arzt eine > G e b i e t s b e z e i c h n u n g führt (vgl. § 20 Abs. 4 MuBO; § 30 Abs. 2 KammerG Bad.-Wttbg.). IV. Die Art der Fortbildung steht dem Arzt frei. Es besteht jedoch eine Nachweispflicht gegenüber der Ärztekammer. (§ 7 Abs. 4 MuBO), die zwar in erster Linie den Patienten dient, gleichzeitig aber auch den Arzt gegen Haftpflichtansprüche und Strafverfolgung wegen behaupteter Behandlungsfehler schützt (vgl. Narr, aaO. Rz 850). Die in der Praxis gebräuchlichsten Fortbildungsmittel sind in § 7 Abs. 2 MuBO aufgezählt.

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V. Für die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen der > Ä r z t e k a m m e r n oder deren Untergliederungen besteht Unfallversicherungsschutz nach § 539 Abs. 1 Nr. 14 c RVO. Dieser Versicherungsschutz, der sich auch auf Ärzte ohne Berufstätigkeit erstreckt, wird aufgrund eines Beschlusses des Vorstands der zuständigen > B e r u f sgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege beitragsfrei gewährt. Für Fortbildungsveranstaltungen anderer Träger besteht Versicherungsschutz nur im Rahmen einer freiwilligen Versicherung bei der > Beruf sgenossenschaft (Rz 364 a.E.). Aus Beweisgründen empfiehlt sich für den Veranstalter von Fortbildungsveranstaltungen in jedem Falle, die Teilnehmer namentlich zu erfassen.

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VI. Der Teilnehmer an einer gesetzlich vorgeschriebenen ärztlichen Fortbildungsveranstaltung hat nach einem Urteil des VG Schleswig v. 20. 9. 1974 (NJW 1975, 275) einen sich aus Art. 2 Abs. 1 GG ergebenden Anspruch dar-

Fortbildung

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auf, daß der Veranstalter ein Rauchverbot erläßt. Diese Entscheidung ist nicht unbedenklich. Es fragt sich, ob ein generelles Rauchverbot nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt (vgl. auch Martens, D M W 1975, 1481). 636

VII. Steuerliche Behandlung der Aufwendungen für die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen (näher zum folgenden M. Beker aaO. S. 91 ff.). Die aufgrund einer beruflich bedingten Reise zu einem mindestens 15 km von der Stätte der Berufsausübung (Praxis) entfernten Ziel entstehenden Aufwendungen stellen grundsätzlich steuerlich abzugsfähige Betriebsausgaben i. S. des § 4 Abs. 4 EStG dar. Der Besuch von Fortbildungsveranstaltungen an einem auswärtigen Ort ist nach der Rspr. der Finanzgerichte dann als Geschäftsreise im steuerrechtlichen Sinne zu berücksichtigen, wenn die Reise ausschließlich oder doch weitaus überwiegend im beruflichen Interesse unternommen worden ist und die Verfolgung privater Interessen nahezu ausgeschlossen ist. Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, kann nur anhand der gesamten Umstände des Einzelfalles entschieden werden. Kriterien für die betriebliche bzw. berufliche Veranlassung einer Reise sind u. a. ein im wesentlichen gleichartiger Teilnehmerkreis und die straffe, lehrgangsmäßige Organisation der Veranstaltung. Indizien für eine private Reise sind z. B. Mitnahme des Ehegatten oder anderer Familienangehöriger (vgl. FG Rheinl.-Pf. v. 27. 5. 1982 - 3 K 7 3 / 8 1 - ) ; Stattfinden der Veranstaltung an einem bekannten Erholungsort, vor allem im Ausland (z.B. Davos ; BFH v. 4. 8. 1977, BStBl. 1977 II S. 829 = DÄ 1977, 2406); Einschluß besonders vieler Wochenend- und Feiertage in die Reiseroute (näher zum Ganzen BFH aaO. ; BFH v. 27. 11. 1978, DB 1979, 628, Stellungnahme der OFD Berlin bei Badura, der niedergelassene arzt 1981/15, S. 82 ff. ; M. Beker aaO. S. 91 ff. m.w. Nachw.). Nach einem Urteil des FG Rheinl.-Pf. v. 8. 9. 1982 - 6 K 1 1 4 / 8 1 - erfolgt die Teilnahme eines Arztes an einer ärztlichen Fortbildungsveranstaltung dann nicht überwiegend im beruflichen Interesse, wenn „ein nicht unbedeutender Teil des Kongreßprogrammes der allgemein beruflichen Fortbildung . . . zu zuordnen" ist und der Arzt nicht darlegt, inwiefern er „das breit gefächerte Kongreßangebot zu einem weitaus überwiegenden Teil aufgrund der besonderen Verhältnisse seiner Berufsausübung tatsächlich praktisch verwerten kann" (bedenklich!).

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Die Teilnahme an den beruflichen Veranstaltungen in dem steuerrechtlich erforderlichen Umfang muß nachgewiesen werden. An einen solchen Teilnahmenachweis sowie in bezug auf die Straffheit der Organisation der Fachtagung stellt die Rspr. bei Kongressen im Ausland grundsätzlich erheblich höhere Anforderungen als bei inländischen Veranstaltungen (näher dazu Kühr, ArztR 1982, 245). Seit der Entscheidung des BFH v. 4. 8. 1977 genügt nicht mehr ein Pauschalnachweis (z.B. Tagesstempel oder allgemeine Teilnahmebescheinigung), erforderlich ist vielmehr grundsätzlich ein Einzelnachweis für jede einzelne vom Arzt besuchte Fortbildungsveranstaltung (Testatverfahren). In Bayern und einigen anderen Bundesländern wird eine nachgewiesene Teilnahme an Kongreßveranstaltungen von täglich mindestens 5 Stunden - über den Tag

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Freie Arztwahl

verteilt - als ausreichend angesehen. Im übrigen ist die Handhabung der Finanzverwaltungen und die Rspr. der Finanzgerichte unterschiedlich. Als nicht abzugsfähig werden grundsätzlich Kosten für die Teilnahme an Fortbildungskongressen im Rahmen von Schiffsreisen angesehen (vgl. FG Rheinl.-Pf. v. 22. 8. 1974, EFG 1974, 568; OFD Berlin aaO. S. 86f. ; M. Beker, aaO. S. 96). Weniger streng sind die Anforderungen an den Nachweis der beruflichen Veranlassung der Aufwendungen, wenn der an dem Fortbildungskongreß teilnehmende Arzt dort selbst Fachvoitiäge hält (BFH v. 12. 4. 1979, BStBl. 1979 II S. 513).

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Freie Arztwahl 1. Unter freier Arztwahl versteht man das sich aus Art. 2 Abs. 1 GG ergebende Recht des Patienten, den Arzt seines Vertrauens frei zu wählen.

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II. Zulässige Einschränkungen der freien Arztwahl. 1. Im Bereich der gesetzliehen > Krankenversicherung (Rz 1103) gilt der Grundsatz der freien Arztwahl naturgemäß mit der Einschränkung, daß bei der ambulanten Behandlung die Auswahl nur unter den an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen möglich ist (vgl. §§ 368 d Abs. 1 RVO; §§ 6 Abs. 1, 7 Abs. 1 BMV-Ä; § 4 Nr. 3 AEKV). Ärzte, die nicht an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmen, darf der Versicherte nur in > N o t f ä l l e n in Anspruch nehmen (§ 368 d Abs. 1 Satz 2 RVO, § 4 Nr. 4 AEKV). Im stationären Bereich besteht freie Wahl nur unter den Vertragskrankenhäusern (§ 184 Abs. 2 RVO > K r a n k e n h a u s Rz 1020). Weitere Einschränkungen der freien Arztwahl ergeben sich aus der Quartalsbindung (§§ 368 d Abs. 3, 188 Satz 3 RVO > Krankenhaus-Kostendämpfungsgesetz Rz 1054) sowie daraus, daß der Versicherte zur Tragung der Mehrkosten verpflichtet ist, wenn er nicht den nächsterreichbaren > K a s s e n a r z t in Anspruch nimmt (§ 368 d Abs. 2 RVO ; § 4 Nr. 5 AEKV; BSG v. 20. 1. 1982, SGb 1982, 147). 2. Im Bereich der privaten >Krankenversicherung (Rz 1107) können sich Einschränkungen der freien Arztwahl insofern ergeben, als die Versicherungsgesellschaft die Erstattung von Rechnungen bestimmter Ärzte, die sie vorher bekanntgeben muß, ablehnen kann (vgl. § 16 Nr. 4 AVK > Arztpraxis Rz 198). 3. Eine rechtliche Einschränkung erfährt die freie Arztwahl ferner a) in der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. dazu eingehend Noeske, aaO. Erl. zu Ltnrn. 6 u. 26, S. 1/131, 308ff.). Nach Ltnr. 6 des BG-Abkommens kann der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften für die Behandlung der Unfallverletzten die Ärzte und Krankenhäuser bestimmen. Hat die Unfallverletzung > Arbeitsunfähigkeit

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Freie Arztwahl

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zur Folge, hat der Verletzte freie Wahl nur unter den Durchgangsärzten seines Bezirks (Ltnr. 26 > D u r c h g a n g s a r z t , > H e i l b e h a n d l u n g s a r z t ) . Diese Einschränkung des Grundsatzes der freien Arztwahl ist verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. Noeske - Hamacher - Franz, aaO. Erl. zu Ltnr. 26, S. 309 f. m. Nachw.). Ist die Unfallverletzung nicht mit Arbeitsunfähigkeit verbunden, wird das Recht der freien Arztwahl nicht tangiert (Ltnr. 27). b) Bei der Bewilligung von Heilverfahren nach § 1236 Abs. 1 Satz 5 RVO, § 13 AVG, haben die Rentenversicherungsträger das Recht, die Versicherten zur Durchführung von Maßnahmen zur > R e h a b i l i t a t i o n in die ihr zur Verfügung stehenden Einrichtungen einzuweisen. Dieses Recht verstößt nicht gegen den Grundsatz der freien Arztwahl (Pickel, DMW 1974, 160, 161). c) Bei Personen mit Anspruch auf > freie Heilfürsorge (Rz 647) d) bei Strafgefangenen (> A n s t a l t s a r z t im Justizvollzugsdienst Rz 59). III. Unzulässige Einschränkungen der freien Arztwahl können sich ergeben 1. a) wenn ein > A r b e i t s a m t s a r z t bei der schriftlichen Aufforderung zur arbeitsamtsärztlichen Untersuchung im Rahmen der Berufsberatung nach § 27 AFG darauf hinweist, daß diese Untersuchung mit der Untersuchung nach § 32 JArbSchG verbunden werden kann, ohne gleichzeitig zu vermerken, daß der Jugendliche für diese Untersuchung den Arzt frei wählen kann; b) wenn ein > A r b e i t s a m t s a r z t Arbeitsuchende im Rahmen ärztlicher Untersuchungen nach § 14 Abs. 2 AFG zur Durchführung weiterführender diagnostischer Leistungen an bestimmte Arztpraxen verweist (vgl. Narr, DMW 1983, 312); 2. bei Bestellung eines Heimarztes in Altenwohn- und Pflegeheimen (> H e i m a r z t Rz 853); 3. bei Übertragung von Arbeitsschutzuntersuchungen jugendlicher Beamter als Dienstaufgabe an das > Gesundheitsamt (> Jugendarbeitsschutzuntersuchungen Rz 918).

Freie Heilfürsorge 646

I. Man versteht darunter die unentgeltliche ärztliche Versorgung bestimmter Gruppen von Angehörigen des öffentlichen Dienstes aufgrund dienstrechtlicher Vorschriften. Zu den heilfürsorgeberechtigten Bundesbediensteten gehören vor allem die Soldaten der Bundeswehr und Wehrpflichtige (§ 20 Abs. 1 SoldG; § 1 Abs. 1 i.V.m. § 6 WSG, § 69 Abs. 2, BBesG), Allgehörige des Bundesgrenzschutzes (§ 59 Abs. 1 BGSG i.V.m. §§ 1, 30 Abs. 1 SoldG, §§ 69 Abs. 2, 70 Abs. 2 BBesG) und Zivildienstleistende (§ 35 ZDG i.V.m. § 30 Abs. 1 SoldG). Nach Landesrecht besteht Anspruch auf freie Heilfürsorge für Polizeivollzugsbeamte und Beamte des Einsatzdienstes der Feuerwehr (vgl. z.B. für Bad.Wttbg. Heilfürsorgeverordnung v. 6. 10. 1982, GBl. S. 472). Bei der freien Heilfürsorge handelt es sich um einen öffentlichrechtlichen Anspruch auf ärztliche Versorgung (BGH v. 1. 7. 1976 - III ZR 187/73 -), der

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Freie Heilfürsorge

sich gegen den jeweiligen Dienstherrn richtet und - im Gegensatz zum > Beihilf e r e c h t für Beamte - als Sachleistungsanspnich ausgestaltet ist. t> H a f t u n g Rz 785. Der Anspruch auf freie Heilfürsorge schließt das Recht auf freie Arztwahl de iure nicht aus. Es steht dem Anspruchsberechtigten frei, einen Arzt seiner Wahl aufzusuchen. Damit verzichtet er aber auf die unentgeltliche ärztliche Versorgung, was im Ergebnis zu einer faktischen Einschränkung der freien Arztwahl führt (> f r e i e A r z t w a h l Rz 643). II. Soweit der Dienstherr seine Verpflichtung zur Gewährung unentgeltlieher ärztlicher Versorgung nicht durch eigene Ärzte, sondern nur unter Zuhilfenahme freiberuflich tätiger Ärzte (> V e r t r a g s a r z t Rz 1849, > T r u p p e n a r z t Rz 1779, > S a n i t ä t s o f f i z i e r Rz 1567, > P o l i z e i a r z t Rz 1372) erfüllen kann, wurden diese bisher durch Kollektivverträge des jeweils zuständigen Bundesoder Landesressorts mit den verschiedenen Ärzteorganisationen (> Kassenärztliche Bundesvereinigung, > Bundesärztekammer, > Hartm a n n b u n d , > Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands, > M a r b u r g e r B u n d ) an der ärztlichen Versorgung der Heilfürsorgeberechtigten beteiligt (vgl. z. B. Vertrag zwischen dem BMJ und der KBV über die heilfürsorgeberechtigten Angehörigen des Polizeivollzugsdienstes im Bundesgrenzschutz; Vertrag zwischen dem BMA und der KBV über die ärztliche Versorgung von Zivildienstleistenden; Vertrag im Einvernehmen mit der BÄK des Hartmannbundes, des Verbandes der niedergelassenen Ärzte Deutschlands und des Marburger Bundes mit dem BMV über die ärztliche Versorgung der heilfürsorgeberechtigten Angehörigen der Bundeswehr, vgl. DÄ 1977,1513). Durch das > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g s - K o s t e n d ä m p f u n g s g e s e t z (KVKG) wurde die Sicherstellung der freien Heilfürsorge im ambulanten Bereich sowie die stationäre Behandlung durch > Belegärzte den > K a s s e n ä r z t l i c h e n V e r e i n i g u n g e n übertragen, wobei sich die Vergütung der > K a s s e n ä r z t e nach den Regeln richtet, die für die Ortskrankenkasse am jeweiligen Niederlassungsort gelten (§ 368 n Abs. 2 Satz 4 u. 5 RVO). Diese Regelung sowie die Übergangsbestimmungen in Art. 2§ 10 Abs. 1 KVKG sind verfassungsgemäß (BVerfG v. 8. 12. 1982 - 2 BvL 12/79 -). Nach den Übergangsvorschriften gelten die in den vorgenannten Verträgen vereinbarten Vergütungsregelungen, die eine über den Sätzen der Ortskrankenkassen liegende Vergütung vorsehen, weiter. Entsprechende Verträge, jeweils mit Geltung ab 1.4. 1984, wurden inzwischen für die Soldaten der Bundeswehr und die Polizeivollzugsbeamten im Bundesgrenzschutz zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der KBV geschlossen (DÄ 1984, 727 ff., 939ff.). Diese Rechtsänderung hat zur Folge, daß nicht mehr der einzelne Arzt unmittelbarer Vertragspartner des Dienstherrn der Heilfürsorgeberechtigten wird, sondern die > K a s s e n ä r z t l i c h e n V e r e i n i g u n g e n als Leistungsschuldner die unentgeltliche ärztliche Versorgung sicherzustellen haben. Soweit die Verträge mit den freien Ärzteorganisationen auch die nicht von Belegärzten erbrachte stationäre Behandlung regeln (z. B. die Verträge für Bundeswehrangehörige und Polizeivollzugsbeamte des Bundesgrenzschutzes der Besoldungsgruppe A 8 und höher), sowie die Erbringung ambulanter ärztlicher

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Freie Heilfürsorge

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Leistungen außerhalb der freien Heilfürsorge, gilt das KVKG nicht, d. h. es findet die GOÄ 1982 nach Maßgabe der betreffenden Vereinbarungen Anwendung (vgl. die Vereinbarung für Soldaten der Bundeswehr v. 20. 1. 1984, DÄ 1984, 725 f. ; Vereinbarung für Polizeivollzugsbeamte des Bundesgrenzschutzes, DÄ 1983/33, S. 16; BÄK, DÄ 1983/4, S. 17 > G e b ü h r e n o r d n u n g f ü r Ä r z t e Rz 680). 649

III. Für Streitigkeiten zwischen einem > K a s s e n a r z t und der Bundesrepublik, die sich daraus ergeben, daß der Arzt an der ärztlichen Versorgung der Soldaten der Bundeswehr beteiligt ist, ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet. Um eine solche Streitigkeit handelt es sich z.B., wenn der Arzt sich gegen einen militärischen Befehl wendet, durch den Soldaten verboten wird, ihn bei Überweisungen in die freie ärztliche Behandlung aufzusuchen (BGH v. 1. 7. 1976 - III ZR 187/73 -).

Fremdarzt 650

Der Begriff ist doppeldeutig. Man versteht darunter 1. einen nicht an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt, der von den Versicherten nur in > N o t f ä l l e n in Anspruch genommen werden darf (§ 368 d Abs. 1 Satz 2 RVO], 2. einen > K a s s e n a r z t außerhalb eines Abrechnungsbezirks einer > Kassenärztlichen Vereinigung oder einer Krankenkasse. Beispiel:

Aus der Sicht der AOK Karlsruhe und der KV Nordbaden ist ein Arzt in Stuttgart, den ein Mitglied der AOK Karlsruhe in Anspruch nimmt, ein Fremdarzt. > F r e m d k a s s e

Fremdenverkehrsabgabe 651

I. Rechtsgrundlage. Nach den Kommunalabgabegesetzen der einzelnen Bundesländer oder besonderen Landesgesetzen (vgl. z.B. für Bad.-Wttbg. Gesetz über eine Abgabe zur Förderung des Fremdenverkehrs v. 27. 10. 1953, GBl. S. 160 i.d.F. des Kommunalabgabengesetzes v. 18. 2. 1964, GBl. S. 71) und den auf ihrer Grundlage erlassenen Gemeindesatzungen können Kur- und Fremdenverkehrsorte zur Deckung des gemeindlichen Aufwands für die Fremdenverkehrsförderung von den selbständig tätigen natürlichen und juristischen Personen, denen aus dem Kurbetrieb oder Fremdenverkehr im Gemeindegebiet unmittelbar oder mittelbar besondere wirtschaftliche Vorteile erwachsen, eine Fremdenverkehrsabgabe erheben. II. Zu den Abgabepflichtigen können sonach auch niedergelassene Ärzte und Zahnärzte gehören (vgl. auch Siegmund-Schultze, ArztR 1977, 192). Besondere wirtschaftliche Vorteile als Voraussetzung für die Veranlagung erlangt der Arzt

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Frischzellenbehandlung

oder Zahnarzt aber nur durch Behandlung von Fremden, nicht auch durch die Behandlung von Personen, die im Fremdenverkehrsgewerbe tätig sind oder denen in anderer Weise durch den Fremdenverkehr Vorteile geboten werden. Deshalb kann bei der Veranlagung zur Fremdenverkehrsabgabe jeweils nur der Umsatz zugrunde gelegt werden, den der Arzt oder Zahnarzt aus der Behandlung von Fremden erzielt hat (vgl. VGH Mannheim v. 8. 4. 1976, - V 283/75 - [Zahnarzt]).

Fremdkasse Man versteht darunter eine Krankenkasse der gesetzlichen > KrankenverSicherung (Rz 1104), die ärztliche Leistungen bei der Behandlung von Versicherten außerhalb des Bereichs der Kasse oder der > Kassenärztlichen Vereinigung vergütet.

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Beispiel: Ein Versicherter der AOK Karlsruhe nimmt einen > Kassenarzt in Stuttgart in Anspruch. Aus der Sicht der AOK Karlsruhe und des Kassenarztes in Stuttgart ist die AOK Karlsruhe eine Fremdkasse. Die Kassenärztlichen Vereinigungen führen die notwendigen Verrechnungen untereinander im Wege des Fremdkassenausgleichs durch (§ 368 n Abs. 4 Satz 2, RVO). > F r e m d a r z t ]

Frischzellenbehandlung I. Man versteht darunter die Einpflanzung oder Einspritzung von pflanzlichen oder tierischen Geweben bzw. Gewebeextrakten zur unspezifischen Stoffwechselanregung (Duden, aaO., „Frischzellentherapie"). Die Behandlung soll dazu dienen, den Alterungsprozeß des menschlichen Organismus zu verlangsamen, eine krankhafte Störung von Organ- und Zellfunktionen zu heilen oder zu lindern, oder den menschlichen Oragnismus allgemein zu beleben und zu verbessern.

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II. Der > W i s s e n s c h a f t l i c h e Beirat der Bundesärztekammer hat zuletzt in seiner Stellungnahme im Jahr 1976 (DÄ 1976, 1819) der Frischzellenbehandlung die Anerkennung als wissenschaftlich begründetes Heilverfahren versagt. Dies hat zur Folge, daß diese Behandlungsmethode von der Leistungspflicht der gesetzlichen und privaten > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g (Rzn. 1103, 1107) sowie der Beihilfe für Beamte ( > Beihilferecht) ausgeschlossen ist (vgl. Peters, Hdb. d. Krankenvers. § 182 Anm. 4 a). Zur Abrechenbarkeit der Frischzellentherapie nach der GOÄ > Arzthonorar Rz 162

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III. Äußerungen in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung, die Frischzellentherapie sei unwirksam und gefährlich, sind keine unwahren Tatsachenbe-

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Frischzellenbehandlung

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hauptungen, die einen Unterlassungsanspruch eines diese Behandlungsmethode anwendenden Arztes wegen Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb oder wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (§ 823 Abs. 1 BGB) begründen könnte, sondern Meinungsäußerungen und als solche zulässig, da sie nicht die Grenzen überschreiten, die der Meinungsfreiheit gezogen sind (LG Stuttgart v. 14. 12. 1976 - 17 O 289/76 -). IV. Der Hinweis „Frischzellenbehandlung" in Anzeigen von > Sanatorien und Privatkliniken (> P r i v a t k r a n k e n a n s t a l t Rz 1449] ist eine zulässige Angabe des Hauptindikationsgebietes i.S. des §21 Abs. 2 MuBO (LBerufsG beim BayObLG v. 22. 3. 1973, BayÄBl. 1973, 696, wonach auch weitere Zusätze wie „Alterserscheinungen" oder „Abbauerscheinungen" zulässige Angaben des Hauptindikationsgebietes sind; Rieger, DMW 1973, 1580; Doepner, WRP 1977, 318, 325; LBerufsG beim BayObLG v. 29. 3. 1978 - LBG - Ä - 3/77 - , vgl. dazu Hoffmann, Nieders.ÄBl. 1978, 625f.; a.A. Bezirksgericht f. die Heilberufe beim OLG München v. 20. 1. 1971, DÄ 1971, 1283, das nur die Angabe der in der > Weiterbildungsordnung aufgeführten Gebiete für zulässig hält > W e r b e v e r b o t , Rzn. 1908f.). Verbotene Werbung sind dagegen weitere Zusätze wie „nach Prof. Niehans" (LG Konstanz v. 12. 5. 1976 - 2 HO 67/76 -), „Frischschlachtung nur eigens gezüchteter Bergschafe", sofern der Inhaber des Sanatoriums Arzt ist, auch wenn sein Name und die Arztbezeichnung in der Anzeige nicht erwähnt wird, das Publikum aber aus anderen Angaben, wie z.B. Telefonnummer und Anschrift, mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen kann, von wem die Werbung ausgeht und daß es sich möglicherweise um einen Arzt handelt (LBerufsG beim BayObLG v. 22. 3. 1973, aaO. Doepner, aaO. S. 324 ; Rieger, DMW 1973, 1580 > W e r b e v e r b o t , Rz 1909). 656

V. Bei der Gewinnung von Frischzellenpräparaten sind die hierzu ergangenen Richtlinien des > Bundesgesundheitsamtes v. 17. 2. 1979, (BAnz. 1979 Nr. 34, S. 5 ; vgl. DÄ 1979, 1100) zu beachten. Der (ärztliche oder nichtärztliche) Unternehmer einer Privatklinik ist verpflichtet, die ordnungsgemäße Gewinnung der von ihm verwendeten Frischzellenpräparate nach diesen Richtlinien der zuständigen Verwaltungsbehörde gegenüber nachzuweisen. Die Nichtbeachtung dieser Pflicht kann zur Versagung der Erlaubnis nach §30 Abs. 1 GewO und zur Untersagung der Fortführung des Betriebes (§15 Abs. 2 GewO) führen (BayVGH v. 26. 2. 1976 - Nr. 251 VI 75 - > P r i v a t k r a n k e n a n s t a l t , Rz 1447). VI. Der Arzt darf die Herausgabe des von ihm gewonnenen Frischzellenmaterials nicht davon abhängig machen, daß ihm der das Material abnehmende Kollege als Entgelt einen bestimmten Anteil des ihm aus der Frischzellenbehandlung zufließenden Honorars zukommen läßt (LBerufsG f. Heilberufe beim OVG Münster v. 28. 10. 1957, ÄM 1958, 1281).

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Früherkennungsuntersuchungen

VII. Steuerrechtlich können Aufwendungen für eine Frischzellenbehandlung als außergewöhnliche Belastung nach § 33 Abs. 1 EStG nur berücksichtigt werden, wenn diese Behandlung zur Heilung oder Linderung einer > K r a n k h e i t (Rz 1114) vorgenommen wird. Ob das der Fall ist, ist jeweils durch ein vor Beginn der Behandlung erstelltes amtsärztliches > A t t e s t nachzuweisen (BFH, VersR 1982, 504). Die OFD Frankfurt erkennt statt des amtsärztlichen Attestes auch die Vorlage eines Attestes eines beim > Gesundheitsamt beschäftigten > beamteten Arztes an, soweit das Attest im Rahmen einer diesem Arzt besonders übertragenen oder genehmigten vertrauensärztlichen Tätigkeit erstellt worden ist (Schreiben der OFD Frankfurt v. 22. 7. 1982 - S 2284 A - 26 - St II 20 - , mitgeteilt in ArztR 1983, 6).

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Früherkennungsuntersuchungen I. Man versteht darunter Untersuchungen zur möglichst frühzeitigen Erkennung von Krankheiten. Davon zu unterscheiden sind die der Verhütung von Krankheiten dienenden > V o r s o r g e u n t e r s u c h u n g e n .

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II. Rechtsgrundlagen. In der gesetzlichen > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g (Rz 1103) haben die Versicherten Anspruch auf Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten nach näherer Maßgabe der §§ 181 ff. RVO. Das Nähere über die Art der Untersuchung beschließt der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen. In Erfüllung dieser Verpflichtung wurden bisher die „Krebsfrüherkennungs-Richtlinien" und die „Kinder-Richtlinien" beschlossen (abgedr. bei Heinemann-Liebold, aaO. P 51 ff. u. P lff.).

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III. Bei den gesetzlichen Früherkennungsuntersuchungen handelt es sich um programmierte Untersuchungen, bei denen der untersuchende Arzt das gesamte Programm vollständig durchführen muß. Dabei kann es bei > Gebietsärzten zu Gebietsüberschreitungen kommen. Diese sind ausnahmsweise erlaubt, wenn wesentliche Teile des Programmes zu dem Gebiet des untersuchenden Arztes gehören und der Arzt Einrichtungen auch für die Durchführung des gebietsfremden Teils des Untersuchungsprogrammes besitzt (vgl. § 17 Abs. 2 MuWO > Gebietsarzt Rz 673). Danach dürfen durchführen (vgl. Narr, aaO. Rz 416; Heinemann-Liebold, aaO. 4. Aufl. § 10a BMV-Ä, Anm. 2): 1. Krebsfrüherkennungsuntersuchungen bei Frauen: Allgemeinärzte bzw. > praktische Ärzte, Frauenärzte, Chirurgen, Dermatologen, Pathologen (nur Untersuchung der Abstriche); 2. Krebsfrüherkennungsuntersuchungen bei Männern: Allgemeinärzte bzw. > praktische Ärzte, Chirurgen, Internisten, Dermatologen, Urologen; 3. Früherkennungsuntersuchungen bei Kindern: Allgemeinärzte bzw. > praktische Ärzte, Kinderärzte, Internisten, Neurologen, Orthopäden, Frauenärzte; letztere dürfen grundsätzlich nur Neugeborenen-Erstuntersu-

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Früherkennungsuntersuchungen

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chungen (U 1), nicht auch Neugeborenen-Basisuntersuchungen |U 2) durchführen (vgl. Narr, aaO. Rz 416f. ; LSG Essen v. 14. 4. 1970 - L 1 Ka 52/68 Hess. LSG v. 14. 11. 1979, DÄ 1980, 581). 661

IV. Früherkennungsmaßnahmen nach § 181 ff. RVO gehören zur kassenärztlichen Versorgung, sofern sie nicht bei einem Aufenthalt in einem > Krank e n h a u s oder in einer Entbindungsanstalt durchgeführt werden (§ 368 Abs. 2 Satz 2 u. 3 RVO i.d.F. des > K o s t e n d ä m p f u n g s - E r g ä n z u n g s g e s e t zes). Zu den letztgenannten Maßnahmen gehören vor allem die Neugeborenen-Eist- und -Basisuntersuchungen (U 1- und U 2-Untersuchungen). Sie sind durch das KVEG zu Leistungen des Krankenhauses geworden mit der Folge, daß für angestellte Krankenhausärzte einschließlich der nach § 29 ZO-Ä beteiligten > C h e f ä r z t e (Rz 527) eine Möglichkeit zur Abrechnung dieser Leistungen als ambulante kassenärztliche Leistungen mit der zuständigen KV gem. § 15 Abs. 1-3 BMV-Ä seit 1. 1. 1982 nicht mehr besteht ( > Assistenzarzt Rz 236, > N e b e n t ä t i g k e i t Rz 1238). Nach wie vor abrechenbar sind U 1- und U 2-Untersuchungen sowie alle sonstigen anläßlich eines Aufenthalts in einem Krankenhaus oder in einer Entbindungsanstalt durchgeführten Früherkennungsmaßnahmen, wenn sie von einem > Belegarzt (auf seiner eigenen Abteilung oder auf einer anderen Belegabteilung des Krankenhauses) erbracht werden (§ 368 Abs. 2 Satz 3 RVO). Über die KV abrechnungsfähig sind

auch Früherkennungsuntersuchungen durch niedergelassene Kassenärzte auf

Belegabteilungen; werden die Leistungen auf Anstaltsabteilungen erbracht, besteht ein Vergütungsanspruch gegenüber dem Krankenhaus (vgl. Narr, aaO. Rz 495 e). 662

V. Soweit Früherkennungsmaßnahmen nach dem Vorstehenden keine Krankenhausleistungen sind, kann die KV im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen angestellte und > beamtete Ärzte zu ihrer Durchführung ermächtigen, wenn sie die persönlichen Voraussetzungen nach den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen erfüllen (§ 31 Abs. 2 ZO-Ä i.V.m. § 15 Abs. 4 BMV-Ä). Gleiches gilt unter bestimmten Voraussetzungen für ärztlich geleitete Einrichtungen (§15 Abs. 5 BMV-Ä > P o l i k l i n i k Rz 1369). Nach § 29 ZO-Ä beteiligte Krankenhausärzte können im Rahmen ihres Gebietes Früherkennungsmaßnahmen auch ohne > Ü b e r w e i s u n g erbringen (§15 Abs. 1 BMV-Ä). Die Ermächtigungen sollen großzügig gehandhabt werden und z. B. auch > A m t s ä r z t e n , > Vertrauensärzt e n , > B e t r i e b s ä r z t e n , sowie Ärzten in der pharmazeutischen Industrie offenstehen, wenn sie die fachlichen Voraussetzungen erfüllen (vgl. dazu die Stellungnahme der KBV, DOK 1971, 461). Voraussetzung für die Ermächtigung ist jedoch stets der Nachweis eines entsprechenden Bedürfnisses (vgl. BSG, Breithaupt 1975, 261, 265; Narr, aaO. Rz 424). Auf die Durchführung von Früherkennungsmaßnahmen als Nebentätigkeit besteht sowohl im Arbeitsrecht als auch im Beamtenrecht grundsätzlich ein Rechtsanspruch ( > N e b e n t ä t i g k e i t Rz 1241).

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Fußpfleger

VI. Zu den Sorgfaltspflichten der behandelnden Ärzte bei Früherkennungs-

maßnahmen vgl. BGH, VersR 1981, 754 (Früherkennung eines Brustkarzinoms).

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VII. Die Kosten für Früherkennungsmaßnahmen werden von der privaten > Krankenversicherung (Rz 1107; vgl. § 1 Abs. 2 b MBKK) und der staatlichen Beihilfe ( > Beihilferecht) übernommen, soweit ihr Umfang dem in der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht. Einige private Krankenversicherer erstatten darüber hinaus die Kosten für sämtliche zur Früherkennung von Krankheiten medizinisch notwendigen ambulanten Untersuchungen.

Funktionsarzt 1. Der Begriff wird nicht einheitlich verwendet. 1. Zum Teil versteht man darunter einen > Gebietsarzt, der nicht heilend unmittelbar am Patienten tätig wild, sondern in der mittelbaren Krankenversorgung Aufgaben wahrnimmt, z. B. als Laborarzt, Radiologe, Pathologe, Anaesthesist (vgl. Baur, Krankenhausarzt 1972, 96, 115f.). 2. Neuerdings wird als Funktionsarzt auch ein Arzt bezeichnet, der in einem größeren Rahmen eine Arbeitsgruppe mit bestimmten Funktionen betreut, z. B. als Dialysearzt ( > Hämodialyse) oder Leiter einer Arbeitsgruppe zur Versorgung von Herzschrittmacher-Patienten ( > Herzschrittmacher). II. 1. Für die > Nebentätigkeit von Funktionsärzten bedarf es einer gesonderten, auf das jeweilige Gebiet zugeschnittenen Erlaubnis (näher dazu Baur, aaO.). 2. Bei der Festsetzung des > Nutzungsentgelts nicht bettenführender Funktionsärzte ist zu berücksichtigen, daß der bettenführende Arzt zusätzlich eine Unkostenerstattung leistet und die Abgaben aller an der Behandlung beteiligter Ärzte insgesamt nicht mehr als den > A r z t k o s t e n a b s c h l a g pro Patient und Pflegetag ausmachen dürfen (vgl. Anm. zum Mustervertrag für leitende Krankenhausärzte, ArztR 1983, 319, 332 > N u t z u n g s e n t g e l t Rz 1302). 3. > Liquidationsrecht (Rz 1159).

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Fußpfleger I. Die Aufgabe des medizinischen Fußpflegers besteht in vorbeugenden und pflegerischen Maßnahmen für den geschwächten menschlichen Fuß (näher dazu Niejahr, BerufskBl. 2 - II A 13, S. 1 ff.). Die überwiegend in eigener Praxis, aber auch im Angestelltenverhältnis in Fußpflegeinstituten, > Sanatorien usw. ausgeübte Tätigkeit des Fußpflegers liegt im vormedizinischen Bereich. Eine medizinische Beratung und Behandlung Kranker ist dem Fußpfleger untersagt ( > Heilkunde). Bei drohender oder vorhandener Erkrankung des zu

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Fußpfleger

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Behandelnden gehört es zur vorrangigen Pflicht des Fußpflegers, eindringlich auf das Erfordernis einer Behandlung und Versorgung durch einen > A r z t hinzuweisen. Möglich ist jedoch, daß der Fußpfleger auf Anweisung und unter Verantwortung des Arztes bestimmte fußpflegerische Behandlungen ausoder zu Ende führt (Niejahr, aaO. S. 2f.). 667

II. Eine staatliche Anerkennung des Berufsbildes besteht bisher nur in Niedersachsen, wo nach zweijähriger Ausbildung an Berufsfachschulen und Bestehen der Abschlußprüfung die Anerkennung als „Staatlich anerkannter medizinischer Fußpfleger" erworben werden kann (Bestimmungen über die Ausbildung und Prüfung an Berufsfachschulen - Medizinische Fußpflege - v. 10. 11. 1982 - , Nieders. MBl. S. 2195; RdErl. des Nieders. Sozialministers v. 21. 2. 1983, Nieders. MinBl. S. 266). Für die Ausbildung und Berufsausübung in den übrigen Bundesländern gibt es bisher keine Rechtsgrundlage. Die Ausbildung erfolgt entweder in privaten Fachschulen oder in von der Berufsorganisation anerkannten Ausbildungsbetrieben. Je nachdem ist die Ausbildungsdauer sehr unterschiedlich (in privaten Fachschulen bis zu 6 Monaten, in Ausbildungsbetrieben 3 Jahre). Die Ausbildung schließt ab mit einer Prüfung vor der Prüfungskommission der Berufsorganisation. III. Bei Tätigwerden unter Aufsicht und Verantwortung des Arztes unterliegt der Fußpfleger der strafrechtlichen > Schweigepflicht gem. § 203 Abs. 3 StGB. IV. Der medizinische Fußpfleger übt keinen dem Krankenpfleger (> Krankenpflegepersonal) ähnlichen Beruf, sondern ein Gewerbe aus (BFH, BB 1976, 1163, BVerfG v. 26. 11. 1976 - BvR 408/76 -).

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V. Werbung. Die Verwendung des Zusatzes „ärztlich geprüft" durch einen in eigener Praxis tätigen Fußpfleger ist eine irreführende Werbung, die Unterlassungsansprüche nach §§3, 25 UWG auslöst. Sie vermittelt den irrigen Eindruck, daß es neben der Berufsgruppe „Fußpfleger" eine weitere, besonders qualifizierte, einem allgemein anerkannten Ausbildungsgang mit einheitlichen Prüfungsbedingungen unterliegende Berufsgruppe des „ärztlich geprüften Fußpflegers" gibt (LG Bremen v. 14. 6. 1979 - 12-0-270/1979 und 12-0-271/1979 LG Hannover, WRP 1982, 173).

Gastarzt 669

I. Begriff. „Gastarzt ist ein Arzt, der zur Erweiterung und Vertiefung seiner beruflichen Fähigkeiten oder zur Erlernung einer besonderen medizinischen Technik unentgeltlich und nicht in hauptberuflicher Stellung an einer Klinik weilt, um die von ihm angestrebten Fertigkeiten zu erlernen. Der Gastarzt hat das Recht zu kommen und zu gehen, wie er es selber für richtig hält. Er nimmt an > B e r e i t s c h a f t s d i e n s t e n und > R u f b e r e i t s c h a f t e n nicht

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Gebietsarzt

teil" (Definition des 86. Deutschen OÄrztetages 1983, DÄ 1983/21, S. 54). Häufig ist der Gastarzt nicht „Gast" des Krankenhausträgers, sondern „Gast" eines leitenden Krankenhausarztes ( > Chefarzt), dem im Dienstvertrag gestattet ist, mit Genehmigung des Krankenhausträgers solche Ärzte anzunehmen (vgl. Schmeicher bei Kuhns, aaO. S. 1/438). Vielfach werden Gastärzte auch im Rahmen des Deutschen Akademischen Austauschdienstes tätig. II. Rechtsstellung. Der mündlich oder schriftlich mit dem leitenden Krankenhausarzt oder dem Krankenhausträger abgeschlossene Gastarztvertrag begründet kein Arbeitsverhältnis. Es besteht keine Arbeitspflicht, da der Gastarzt im eigenen Interesse, nicht im Interesse des > Chefarztes oder des Krankenhausträgers tätig wird. Es besteht daher keine Kranken- und Angestelltenversicherungspflicht. Der Gastarzt unterliegt auch nicht der gesetzlichen Unfallversicherung (Lauterbach, aaO. § 539 Anm. 7 b). Der Gastarzt untersteht dem Aufsichts- und Weisungsrecht des Chefarztes.

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III. Die Anrechnung einer Gastarzttätigkeit im Rahmen der > Weiterbildung zum Erwerb einer > Arztbezeichnung ist i.d.R. ausgeschlossen, da die Weiterbildung grundsätzlich in hauptberuflicher Stellung durchzuführen ist (vgl. § 3 Abs. 5 MuWO). Die Anerkennung einer Gastarzttätigkeit als Weiterbildungszeit kann nur ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt der Gleichwertigkeit der Weiterbildung in Betracht kommen (vgl. § 14 Abs. 1 MuWO), wenn der Gastarzt ebenso wie ein planmäßiger > Assistenzarzt in den Krankenhausbetrieb voll eingegliedert ist, wozu vor allem die Teilnahme am > Bereitschaf tsdienst und an der > R u f b e r e i t s c h a f t gehört. Es gilt hier entsprechendes wie beim > W e h r d i e n s t (Rz 1866). Die Gleichwertigkeit ist stets dann zu verneinen, wenn nach dem Gastarztvertrag - meist aus haftungsrechtlichen Gründen - eine Tätigkeit am Patienten ausgeschlossen ist.

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Gebietsarzt I. Ein Gebietsarzt (früher > „Facharzt") ist ein Arzt, der eine > GebietsbeZeichnung führt ( > Arztbezeichnung).

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II. Rechtsgrundlagen. Die Tätigkeit als Gebietsarzt ist kein eigener ärztlicher Beruf i.S. des Art. 74 Nr. 19 GG, sondern nur eine besondere Form der Berufsausübung innerhalb des einheitlichen Arztberufes ( > Arzt Rz 122). Der Bund besitzt deshalb keine Gesetzgebungszuständigkeit für die Regelung des Gebietsarztwesens. Die Bundeskompetenz für die Zulassung zum Arztberuf i. S. des § 74 Nr. 19 GG endet mit der > A p p r o b a t i o n zum Arzt (BVerfG, NJW 1972, 1504, 1505 > W e i t e r b i l d u n g Rz 1871). III. Besondere Berafspflichten. 1. Wer eine Gebietsbezeichnung führt, darf grundsätzlich nur in diesem Gebiet tätig werden (vgl. z. B. § 38 Abs. 1 Kam-

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Gebietsarzt

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merG Bad.-Wttbg., § 17 Abs. 1 MuWO). Dieser Grundsatz der Gebietsbeschränkung beruht auf vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls und ist daher verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfG, NJW 1972, 1504, 1508; a.A. Starck, aaO.; ders., NJW 1972, 1489, 1493). Zulässig ist eine gelegentliche gebietsüberschreitende Tätigkeit des Arztes (z.B. Behandlung eines männlichen Verwandten durch einen Frauenarzt). Verboten ist nur eine „systematische Tätigkeit" außerhalb des eigenen Gebiets (BVerfG, aaO. S. 1508 > W e t t b e w e r b s r e c h t Rz 1922). Eine berufsrechtlich normierte Ausnahme vom Verbot der Gebietsüberschreitung stellt die Erlaubnis zur Durchführung programmierter Untersuchungen zur Vorsorge oder zur Früherkennung von Krankheiten unter bestimmten Voraussetzungen dar (§17 Abs. 2 MuWO > Vorsorgeuntersuc h u n g e n Rz 1857, > F r ü h e r k e n n u n g s u n t e r s u c h u n g e n Rz 660). Ob eine ärztliche Tätigkeit gebietsüberschreitend ist, richtet sich nach den Definitionen der einzelnen Gebiete in der > Weiterbildungsordnung (BSGE 28, 73, 79; Narr, aaO. Rz 408). Die sich danach ergebenden Fachgebietsgrenzen gelten für sämtliche diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen des betreffenden Gebietes, also auch für die Leistungen im diagnostischen Bereich der Laboratoriumsmedizin. Beispiele: (1) Labomntersuchungen sind grundsätzlich von Allgemeinärzten, Laborärzten und Internisten durchzuführen. Sie können nicht durch Gebietsärzte erbracht werden, zu deren Aufgaben die Durchführung einer speziellen Diagnostik und Therapie gehört, insbesondere also nicht durch Orthopäden, Frauenärzte und Chirurgen. Die Erbringung von Laborleistungen fällt auch dann nicht in das Gebiet der Radiologie, wenn sie zur Vorbereitung von diagnostischen Leistungen oder zur Überwachung der radiologischen Behandlung erforderlich ist (SG Stuttgart v. 17. 1. 1979 - S 14 Ka 735/76 -). (2) Zum Gebiet der Radiologen gehört nicht die Anfertigung und Auswertung von Elektrokardiogrammen (BSGE 23, 97; 36, 155; anders wenn ein Radiologe zusätzlich die Gebietsbezeichnung „Internist" führt, BSGE 36, 160). Die Anfertigung und Auswertung von Elektrokardiogrammen fällt auch nicht in das Gebiet des Laborarztes, BSGE 38, 204. (3) Die laufende Behandlung eines Diabetikers gehört auch dann nicht zum Gebiet des Hautarztes, wenn ein ursächlicher Zusammenhang mit einer Hautkrankheit besteht (LSG Essen v. 17. 2. 1970, DÄ 1971, 412). (4) Die Durchführung leberdiagnostischer Untersuchungen ist für Hautärzte und Frauenärzte fachfremd. Derartige diagnostische Methoden fallen ausschließlich in das Gebiet der Allgemeinärzte, Internisten und Laborärzte. (5) Die Röntgendiagnostik der Halswirbelsäule gehört nicht zum Gebiet des HNO-Arztes. (6) Die Durchführung histologischer Untersuchungen gehört nicht zum Fachgebiet des Frauenarztes. (7) Die Paar-Therapie bei sexuellen Funktionsstörungen nach der Methode MastersJohnson-Rechenberger ist dem Gebiet der Frauenheilkunde zuzuordnen. (8) Die Durchführung von Venenverödungen gehört nicht zum Gebiet des Frauenarztes; derartige Eingriffe sind vielmehr Chirurgen und Hautärzten vorbehalten.

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Der > Kassenarzt hat bei Überschreitung seines Gebiets grundsätzlich keinen Honoraranspruch bezüglich der Leistungen außerhalb des Gebiets (BSGE

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Gebietsbezeichnung

23, 97, 103,- 30, 83, 86; 36, 155). Die >Kassenärztlichen Vereinigungen tolerieren jedoch im allgemeinen einen fachfremden Anteil von 5 % der vom Arzt abgerechneten Leistungen. 2. Eine Vertretung eines Gebietsarztes soll nach ärztlichem Berufsrecht i.d.R. nur durch einen Arzt, der dieselbe Gebietsbezeichnung führt, erfolgen (vgl. z.B. § 38 Abs. 2 KammerG Bad.-Wttbg., § 1 Abs. 7 MuBO). Gleiches gilt nach zivilrechtlichem Haftungsrecht und Strafrecht. Je weiter der in Betracht kommende Vertreter in der > W e i t e r b i l d u n g zum Gebietsarzt fortgeschritten ist, desto eher ist eine Vertretung berufsrechtlich, zivil- und strafrechtlich möglich. 3. Der Gebietsarzt muß in dem Gebiet, dessen Bezeichnung er führt, auch tatsächlich tätig sein (vgl. § 21 Abs. 3 MuBO; BSGE 36, 155, 161). 4. Zur Pflicht des Gebietsarztes zur Durchführung von Hausbesuchen > Bes u c h s p f l i c h t Rz 401.

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Gebietsbezeichnung I. Eine Gebietsbezeichnung [früher „Facharztbezeichnung" > Facharzt, > Gebietsarzt Rz 672) ist eine Erweiterung der Berufsbezeichnung (>Arzt Rz 122), die auf besondere Kenntnisse in einem medizinischen (Haupt)Gebiet hinweist. Derzeit gibt es 27 Gebietsbezeichnungen (vgl. § 4 Abs. 1 MuWO). Gebietsbezeichnungen dürfen aufgrund der > W e i t e r b i l d u n g s o r d n u n gen in allen Bundesländern künftig nur noch in der Form „Arzt für . . . " (z. B. Chirurgie) oder der entsprechenden Kurzbezeichnungen (z.B. „Chirurg") geführt werden ( > Facharzt Rz 608). Die Bezeichnung > „praktischer A r z t " ist keine Gebietsbezeichnung.

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II. Die Anerkennung einer Gebietsbezeichnung erteilt auf Antrag die zuständige > Ä r z t e k a m m e r nach erfolgreich abgeschlossener > Weiterbildung. Der Arzt erhält hierüber eine Urkunde ( > Weiterbildung Rz 1880). Rechtsgrundlage für das Anerkennungsverfahren sind die Kammer- bzw. Heilberufsgesetze ( > Ärztekammer Rz 2) und die > W e i t e r b i l d u n g s o r d n u n gen der Landesärztekammern (vgl. z.B. § 3 3 KammerG Bad.-Wttbg.; § 8 MuWO). III. Die Führung mehrerer Gebietsbezeichnungen ist nur bei den in der Weiterbildungsordnung im einzelnen genannten verwandten Gebieten zulässig (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 1 MuWO; BVerfG, NJW 1972, 1504, 1508f.). Die Bezeichnungen Allgemeinarzt, Arzt für Allgemeinmedizin oder > Prakt i s c h e r A r z t dürfen nicht neben einer anderen Gebietsbezeichnung geführt werden (§ 4 Abs. 2 Satz 2 u. 3 MuWO). Dies hat darin seinen Grund, daß anderenfalls das Gebot der Gebietsbeschränkung unterlaufen würde ( > Gebietsarzt Rz 673). Das Verbot der gleichzeitigen Führung mehrerer Gebietsbezeichnungen hindert andererseits nicht den Erwerb mehrerer Gebietsbe-

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Gebietsbezeichnung

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Zeichnungen bei Vorliegen der Voraussetzungen nach der Weiterbildungsordnung (vgl. Eggstein, ArztR 1980, 237, 239). Voraussetzung für die Führung einer Gebietsbezeichnung ist stets, daß der Arzt in dem betreffenden Gebiet tätig ist; anderenfalls verstößt er gegen das berufsrechtliche > W e r b e v e r b o t (vgl. § 21 Abs. 3 MuBO > Gebietsarzt Rz 675). 678

IV. Eine in einem Bundesland erteilte Anerkennung einer Gebietsbezeichnung hat kraft entsprechender Vorschriften in den Kammer- und Heilberufsgesetzen (vgl. z.B. § 42 KammerG Bad.-Wttbg.) bundeseinheitlich Gültigkeit. V. Eine im Ausland oder in der DDR erworbene Gebietsbezeichnung kann nicht in eine entsprechende deutsche Bezeichnung „umgeschrieben" werden. Etwas anderes gilt nur für eine in einem EG-Mitgliedstaat erworbene Gebietsbezeichnung (> W e i t e r b i l d u n g Rzn. 1891 ff.). VI. Die Gebietsbezeichnungen sind nach § 132 a Abs. 1 Nr. 2 StGB strafrechtlich geschützt (vgl. Schönke-Schröder-Cramer, aaO. § 132 a Rz 10).

Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ '82) 679

I. Am 1.1. 1983 ist die aufgrund des § 11 BÄO erlassene neue amtliche Gebührenordnung für Ärzte v. 12. 11. 1982 - GOÄ - (BGBl. S. 1522) in Kraft getreten (inzwischen geändert durch VO v. 20. 12. 1983, BGBl. I S. 1500 >Nutzungsentgelt Rzn. 1302f.). Sie löste die unverändert seit 1965 geltende Gebührenordnung v. 18. 3. 1965 (BGBl. I S. 89) ab. Vorgängerin der GOÄ '65 war die > Preugo. Ziel der Novellierung der Gebührenordnung war vor allem die Anpassung der Vergütungsregelungen für privatärztliche Leistungen an die zwischenzeitliche medizinische, technische und wirtschaftliche Entwicklung sowie ein verbesserter Schutz der Zahlungspflichtigen (zur geschichtlichen Entwicklung des ärztlichen Gebührenrechts seit der Preugo vgl. Nienhaus, DÄ 1982/48, S. 47ff. ; DÄ 1982/49, S. 50ff.).

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II. Anwendungsbereich. Die GOÄ '82 ist Grundlage für die Berechnung der Vergütung für die beruflichen Leistungen der Ärzte, soweit nicht durch Bundesgesetz etwas anderes bestimmt ist (§ 1 Abs. 1). 1. Die GOÄ findet daher keine unmittelbare Anwendung, wenn eine juristische Person (z.B. eine von einer Kapitalgesellschaft getragene „Diagnoseklinik") mit Patienten Verträge über die Durchführung ambulanter ärztlicher Untersuchung und Behandlung schließt und diese durch angestellte Ärzte erfüllen läßt (> Heilbehandlung Rz 813). Im Rahmen der Vertragsfreiheit mög-

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Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ '82)

lieh sind jedoch Vereinbarungen, wodurch Vergütungen auf der Grundlage der GOÄ berechnet werden dürfen (vgl. Schmatz-Goetz-Matzke, aaO. § 1 Erl. 2 a ; a.A. Gitter, NfW 1980, 2745, 2746f.). 2. Die GOÄ gilt in erster Linie für die Behandlung von Privatpatienten ( > Arzthonorar, > Arztvertrag, > Liquidationsrecht). Anderweitige gesetzliche Regelungen, die der GOÄ vorgehen, sind z.B. § 37 Abs. 3 BSHG, § 18c Abs. 4 BVG, § 557 Abs. 3 RVO, §§ 368 ff. RVO. Darüber hinaus müssen richtiger Ansicht nach auch die aufgrund bundesgesetzlicher Bestimmungen (z. B. § 368 n Abs. 2 Satz 3 u. 4 RVO) vertraglich vereinbarten Vergütungsregelungen Vorrang haben. Das bedeutet, daß außer dem > Bewertungsmaßstab Ärzte und der > Ersatzkassen-Gebührenordnung vor allem folgende Regelungen auch nach dem Inkrafttreten der GOÄ bestehen bleiben: a) Abkommen Ärzte-Berufsgenossenschaften ( > Durchgangsarzt Rz 582); b) Verträge über die ambulante ärztliche Behandlung von Angehörigen der Bundesbahn und Bundespost ( > Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten Rz 1111 > Postbeamtenkrankenkasse Rz 1379); c) Verträge über ambulante ärztliche Leistungen außerhalb der Gewährung freier Heilfürsorge für Angehörige der Bundeswehr, des Bundesgrenzschutzes und Zivildienstleistende sowie über die stationäre Behandlung von Angehörigen des Bundesgrenzschutzes und Bundeswehrangehörigen der Besoldungsgruppe A 8 und höher ( > Freie Heilfürsorge Rz 648) III. Die Novellierung der Gebührenordnung brachte teilweise erhebliche Strukturveränderungen. 1. Unter weitgehender Übernahme des für den Bereich der gesetzlichen > Krankenversicherung (Rz 1103) vereinbarten einheithehen Bewertungsmaßstabes (EBM > Bewertungsmaßstab-Ärzte Rz 448) und des Prinzips der höheren Bewertung der persönlichen ärztlichen Leistungen gegenüber den überwiegend medizinisch-technischen Leistungen wurden die Leistungspositionen des Gebührenverzeichnisses in etwa 2400 Positionen aufgefächert (gegenüber bisher ca. 1000 Positionen). Gleichzeitig wurde das Verzeichnis um eine Reihe von Leistungen ergänzt, die nicht Gegenstand kassenärztlicher Versorgung sind (vor allem Leistungen auf dem Gebiet der Pathologie, für ärztliche > Gutachten, größere > Operationen, Gebühren für > Leichenschau). Die in DM angegebenen Gebührensätze für die einzelnen Leistungen ergeben sich durch Multiplikation des auf 10 Deutsche Pfennige festgesetzten Punktwertes mit der jeweiligen Punktzahl (§ 5 Abs. 1 Satz 2 und 3). Damit entsprechen die Einfachsätze des Leistungsverzeichnisses in etwa den durchschnittlichen Vergütungen der gesetzlichen Krankenkassen, bezogen auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens der GOÄ '82. 2. Anders als die GOÄ '65 enthält die neue GOÄ zu einzelnen Leistungspositionen Abrechnungsbestimmungen (vgl. z.B. die allgemeinen Bestimmungen unter a) im Abschnitt B I sowie die Bestimmungen zu Nr. 65 a des Gebührenverzeichnisses, wonach bestimmte Leistungen neben anderen Leistungen nicht berechnungsfähig sind.

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3. Der zulässige Gebührenrahmen wurde vom 6fachen auf das 3,5fache bei überwiegend ärztlichen Leistungen und auf das 2,5fache bei überwiegend medizinisch-technischen Leistungen eingeschränkt (§ 5 Abs. 1 und 3 > Arzthonorar Rzn. 166ff.). 4. Im Gegensatz zum bisherigen Recht enthält die GOÄ '82 nicht nur Abrechnungsvorschriften, sondern darüber hinaus auch Regelungen über den Inhalt des > Arztvertrages (vgl. z. B. § 1 Abs. 2 und 3 sowie Bestimmungen, die in Vertragsbeziehungen zwischen Krankenhaus und leitenden Krankenhausärzten eingreifen (vgl. § 4 Abs. 4, § 14 Abs. 2 >Nutzungsentgelt Rzn. 1302f. > Arzthonorar Rz 188). 5. Zur Erreichung der besseren Nachpriifbarkeit der Arztrechnungen auf ihre Angemessenheit und Richtigkeit enthält die GOÄ '82 für die Rechnungsstellung detaillierte Formvorschriften, bei deren Nichteinhaltung der Honoraranspruch des Arztes nicht fällig wird (§ 12 > Arzthonorar Rzn. 172f.). 6. Während die GOÄ '65 unter Wahrung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit dispositives Recht enthielt, handelt es sich bei der GOÄ '82 um zwingendes Recht. Abweichende Vereinbarungen sind nur in bezug auf die Höhe der vorgeschriebenen Vergütungen möglich (> Arzthonorar Rzn. 174ff.). 683

IV. Gegen die vorstehend skizzierten Neuregelungen bestehen z.T. erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken, vor allem unter dem Gesichtspunkt der Bundeskompetenz für eine zwingende Gebührenordnung für Ärzte, der Vertragsfreiheit und der Berufsfreiheit (näher dazu Weissauer, Anästh. Intensivmed. 1983, 84ff. ; ders., Arzt u. Krankenhaus 1983, 225f. ; ders., MedR 1983, 2ff.; Krause MedR 1983, 81 ff. > Arzthonorar Rzn. 160, 174). Es ist auch höchst zweifelhaft, ob die Verpflichtung des Arztes zur persönlichen Leistungserbringung (§ 1 Abs. 2) und zur wirtschaftlichen Behandlungsweise (§ 1 Abs. 3) sowie die Einschränkung der Abdingbarkeit der GOÄ '82 und das Verbot der teilweisen Abtretung des Honoraranspruchs (§ 4 Abs. 4) durch § 11 BÄO gedeckt sind, der den Verordnungsgeber nur Festlegung von Mindestund Höchstsätzen für die ärztlichen Leistungen, nicht aber zur Regelung von Vertragsinhalten ermächtigt. Auch die teilweise willkürliche Zuordnung bestimmter ärztlicher Leistungen, insbesondere im Gebiet der Radiologie, in den verengten Gebührenrahmen für medizinisch-technische Leistungen ist unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten bedenklich. Nach Ablauf der Frist zur Erhebung der Verfassungsbeschwerde gegen einzelne Vorschriften der GOÄ '82 am 31. 12. 1983 (§ 93 Abs. 2 BVerfGG) haben die Zivilgerichte im Rahmen von Honorarstreitigkeiten zwischen Ärzten und Zahlungspflichtigen die Möglichkeit der verfassungsrechtlichen Überprüfung, da für die GOÄ '82 als Rechtsverordnung eine Vorlagepflicht an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 GG nicht besteht.

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Geburt

Geburt I. Im medizinischen Sinne versteht man darunter die Ausstoßung der > Leib e s f r u c h t aus dem Mutterleib nach Abschluß der fetalen Entwicklung auf natürlichem oder künstlichem Wege (Duden, „Partus"). Eine Lebendgeburt liegt vor, wenn bei einem Kind nach der Scheidung vom Mutterleib entweder das Herz geschlagen oder die Nabelschnur pulsiert oder die natürliche Lungenatmung eingesetzt hat (§29 Abs. 1 PStV). Von der Lebendgeburt sind die > Fehlgeburt und die > T o t g e b u r t zu unterscheiden. II. Die Rechtswiikungen der Geburt beginnen zu unterschiedlichen Zeiten des Geburtsaktes. 1. Zivilrechtlich beginnt die Rechtsfähigkeit des Menschen, d.h. die Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein, mit der Vollendung der Geburt (§ 1 BGB). Darunter ist die vollständige Trennung des Kindes vom Mutterleib auf natürlichem oder künstlichem Wege zu verstehen. Die Austreibung der Nachgeburt bzw. die Durchtrennung der Nabelschnur ist nicht erforderlich (Gitter in: Münch. Komm. § 1 Rz 13). In bestimmten Fällen wird jedoch bereits die Leibesfrucht zivilrechtlich geschützt ( > L e i b e s f r u c h t Rz 1141). 2. Strafrechtlich ist der Beginn der Geburt, d.h. das Einsetzen der Eröffnungswehen, Kriterium für die Abgrenzung von Abtreibungs- und Tötungsdelikten. Eingriffe nach Geburtsbeginn sind nicht mehr als Schwangerschaftsabbruch (§218 ff. StGB), sondern als Tötung eines Menschen (§§211 ff. StGB) anzusehen (BGH, NJW 1983, 2097; Urt. v. 7. 12. 1983 - 1 StR 665/83 - > Leibesfrucht Rz 1142, > R e t o r t e n k i n d Rz 1490, > Schwangerschaftsabb r u c h Rz 1591). 3. Personenstandsrechtlich entsteht mit der Vollendung der Geburt i. S. des § 1 BGB die Anzeigepflicht gegenüber dem Standesbeamten (§ 16 PStG; vgl. Massfeller-Hoffmann, aaO. § 16 Rz 4 ; dazu unten Rz 686). III. Der Arzt, der bei der Geburt zugegen war, ist nach dem ehelichen Vater und der > H e b a m m e zur Geburtsanzeige gegenüber dem Standesbeamten verpflichtet. Diese Anzeigepflicht besteht aber nur, wenn eine in dieser Reihenfolge früher genannte Person nicht vorhanden oder an der Anzeige verhindert ist (§ 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 PStG). Die Anzeige hat mündlich zu erfolgen (§ 17 Abs. 2 PStG). Besondere Vorschriften gelten für die Anzeigepflicht bei Geburten in öffentlichen Entbindungs-, Hebammen-, Kranken- und ähnlichen Anstalten sowie in privaten Anstalten (§§ 18, 19 PStG). Aufgrund der Geburtsanzeige erfolgt die Eintragung in das > G e b u r t e n b u c h . Die Nichterfüllung oder nicht rechtzeitige Erfüllung der Anzeigepflicht stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße geahndet werden kann (§ 68 PStG). Abgesehen davon kann der Anzeigepflichtige zur Erfüllung dieser Pflicht von dem zuständigen Standesbeamten durch Festsetzung eines Zwangsgeldes angehalten werden (§ 69 PStG). Zu sonstigen Auskunftspflichten anläßlich einer Geburt > A u s k u n f t s p f l i c h t Rz 289.

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Geburt

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IV. Haftung. 1. Es gelten die allgemeinen Vertrags-, delikts- und strafrechtlichen Grundsätze über die ärztliche Sorgfaltspflicht ( > Arztvertrag, Rzn. 2,19ff., > B e h a n d l u n g s f e h l e r , > H a f t u n g ; zur Problematik von Aufklärung und Einwilligung in den geburtshilflichen Eingriff aus ärztlicher Sicht vgl. Hiersche, MedR 1983, 53 ff.). Zu den grundlegenden Pflichten des Geburtshelfers gehört u. a. die Anwesenheitspflicht des Arztes im Kreißsaal dann, wenn die voraussehbare Entwicklung eine Entscheidung über das weitere ärztliche Vorgehen bei der Geburt notwendig macht (OLG Hamm, VersR 1980, 684). Zu den Anforderungen an die ärztliche Sorgfaltspflicht bei der Entscheidung für Zangengeburt oder Kaiserschnitt vgl. OLG Hamburg, VersR 1980, 336. - Zur Frage, unter welchen Umständen der Arzt bei einer Steißlage des Kindes zu einer Schnittgeburt raten muß und zur Aufklärungspflicht gegenüber der Mutter über die Alternative der Schnittgeburt vgl. OLG Hamm, VersR 1983, 565. - Zur ärztlichen Sorgfaltspflicht bei der Geburtshilfe hinsichtlich der Erkennung und Verhütung einer perinatalen Hypoxie des Kindes vgl. OLG Hamm, VersR 1983, 883. Besondere Haftungsprobleme können sich bei der Einleitung der Geburt ohne medizinische Notwendigkeit (sog. „programmierte Geburt" ergeben. Die gezielte aktive Geburtseinleitung kann vor allem dazu dienen, organisatorische Engpässe (z.B. an Wochenden) zu überbrücken sowie die Erwartungsangst der Mutter vor einem überraschenden Geburtsbeginn zu reduzieren (vgl. Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, MMW 1981, 1153). Diese Entbindungsmethode als solche ist bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen grundsätzlich zulässig, was andererseits nicht ausschließt, daß es im Rahmen der „programmierten Geburt" zu > Behandlungsfehlern kommen kann (vgl. OLG Hamm, VersR 1983, 883 Kleinewefers, DÄ 1981, 1766). Erforderlich ist jedoch stets die Aufklärung der Schwangeren über die Risiken der „programmierten Geburt". Dazu gehört u. a. der Hinweis vor der Blasensprengung, daß in dem Fall, daß die Geburt wider Erwarten innerhalb von 12-16 Stunden nach der Blasensprengung nicht beendet ist, wegen dann bestehender Infektionsgefahr für das Kind ein Kaiserschnitt erforderlich wird. In bezug auf das Kind ist die „programmierte Geburt" stets dann problematisch, wenn sie für das Kind zusätzliche Risiken enthält, die der Entscheidungsbefugnis der Mutter weitgehend entzogen sein dürften (Kleinewefers, aaO.). 2. Zur Haftung des Arztes gegenüber der Krankenkasse bei verschuldetem Irrtum über den Geburtstermin > A t t e s t Rz 252 3. Zu den Anforderungen an die Entlastung des Krankenhausträgers in bezug auf einen geburtshilflich tätigen Arzt ohne abgeschlossene > Weiterbildung vgl. OLG Hamm, VersR 1983, 883

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V. Die Anwesenheit des Vaters des Kindes bei der Geburt ist nach ärztlichem Berufsrecht (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 3 MuBO) nicht zu beanstanden (vgl. auch Rieger, DMW 1976, 512).

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Gefährdungshaftung

Geburtenbuch I. Das Geburtenbuch ist eines der vier Peisonenstandsbüchei i. S. des § 1 Abs. 2 PStG. Es dient zur Beurkundung von Geburten (§ 2 Abs. 2 PStG).

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II. Der Inhalt der Eintragungen in das Geburtenbuch richtet sich nach § 21 PStG. Einzutragen ist u.a. das Geschlecht des Kindes (§ 21 Abs. 1 Nr. 3 PStG). Bei der Einordnung eines Menschen in das männliche oder weibliche Geschlecht kommt es auf die äußerlich erkennbaren körperlichen Geschlechtsmerkmale, nicht auf die psychische Geschlechtsidentifikation ( > T r a n s s e x u e l l e n g e s e t z Rz 1774) an (vgl. KG, FamRZ 1958, 60, OLG Frankfurt v. 18. 6. 1976, DPA 1977, 468). Weist das Kind sowohl männliche als auch weibliche Körpermerkmale auf (Zwitter), geben die überwiegenden Merkmale für die Geschlechtsbestimmung den Ausschlag (Massfeller-Hoffmann, aaO. § 21 Rz 38, § 30 Rz 16). Treten die Merkmale des einen (nicht im Geburtenbuch eingetragenen) Geschlechts erst im Laufe der späteren Entwicklung hervor, so daß sie die Körpermerkmale des anderen (eingetragenen) Geschlechts überwiegen, ist nach der h.M. eine Berichtigung des Eintrags nach § 47 PStG vorzunehmen (Massfeller-Hoffmann, aaO. § 30 Rz 16). Hiervon ist der Fall zu unterscheiden, daß das Geschlecht einer Person sich später durch gerichtliche Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit ändert ( > T r a n s s e x u e l l e n g e s e t z ) .

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Gefährdungshaftung Eine Gefährdungshaftung d.h. ein Einstehenmüssen für einen verursachten Schaden unabhängig vom Verschulden kennt das deutsche Recht bei der Arzthaftung nicht. Die Einführung einer Gefährdungshaftung von Ärzten und Krankenhausträgern verspricht keinen Fortschritt (vgl. dazu Weyers, aaO. A 91 f. ; Laufs, Arztrecht, Rzn. 174, 193). Dementsprechend hat sich auch der 52. Deutsche Juristentag 1978 mit großer Mehrheit gegen eine Änderung des Systems der ärztlichen Verschuldenshaftung ( > Behandlungsfehler Rz 305, > Haftung Rz 768) ausgesprochen (vgl. die dazu gefaßten Beschlüsse, Abteilung Arztrecht, II und V 1 d, NJW 1978, 2193). Auch die Bundesregierung hat die Einführung einer Gefährdungshaftung für Ärzte bisher abgelehnt (vgl. ÄBl. Bad.-Wttbg. 1974, 210). Eine Gefährdungshaftung im Bereich des Gesundheitswesens besteht jedoch für den pharmazeutischen Unternehmer nach § 8 4 AMG ( > Verschreibung Rzn. 1830f.) sowie im Rahmen der atomrechtlichen Haftung ( > A t o m g e s e t z Rz 244).

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Gelöbnis

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Gelöbnis 692

I. Den ärztlichen > B e r u f s o r d n u n g e n ist meist als Präambel ein Gelöbnis vorangestellt, das in Anlehnung an den > H i p p o k r a t i s c h e n Eid in gehobener, feierlicher Ausdrucksform ein Bekenntnis zu den Grundwerten ärztlicher Tätigkeit und den ärztlichen > B e r u f s p f l i c h t e n enthält, von denen einzelne besonders herausgehoben werden. Das in der Musterberufsordnung der BÄK i.d.F. der Beschlüsse des 86. Deutschen Ärztetages 1983 (abgedr. in Anh. 1) enthaltene Gelöbnis wurde größtenteils in die Berufsordnungen der einzelnen Landesärztekammern ( > Ä r z t e k a m m e r ) übernommen (nicht z. B. in Baden-Württemberg) . II. Zur geschichtlichen Entwicklung des ärztlichen Gelöbnisses vgl. Berensmann, Sonderbeilage zum ÄB1. Bad.-Wttbg. 1981/1; > G e n f e r Gelöbnis. III. Rechtsnatur. Das Gelöbnis in den ärztlichen Berufsordnungen hat keine Rechtsnormqualität. Es ist daher nicht im Normenkontrollverfahren angreifbar (vgl. BayVerfGH v. 24. 8. 1979 - Vf. 12 - VII - 78).

Gemeinschaftspraxis 693

I. Die Gemeinschaftspraxis ist eine Erscheinungsform der ärztlichen > Gruppenpraxis. Man versteht darunter den Zusammenschluß von zwei oder mehreren Ärzten zur gemeinsamen Ausübung des ärztlichen Berufes in einer Praxis dergestalt, daß sie in gemeinsamen Räumen mit gemeinsamer Praxiseinrichtung, gemeinsamer Karteiführung und mit Unterstützung gemeinsamen Personals eine gemeinsame Klientel auf gemeinsame Rechnung unter gemeinsamem Namen behandeln (vgl. BSGE 23, 170, 171; Narr, aaO. Rz 1141). Bisher war streitig, ob Gemeinschaftspraxen auch zwischen Ärzten verschiedener Fachrichtungen zulässig sind (sog. fachübergreifende oder fachverbindende Gemeinschaftspraxen; verneinend z.B. Narr, aaO. Rzn. 1141, 1143 m. Nachw.; Spielmeyer, DÄ 1981, 2152; a.A. Weidner in: Gruppenmedizin, aaO. S. 87 f. und Henke, NJW 1974, 2035, 2038f.). Das BSG hat diesen Streit jetzt dahin entschieden, daß fachübergreifende Gemeinschaftspraxen grundsätzlich zulässig sind, sofern gewährleistet ist, daß die einschlägigen berufsrechtlichen und kassenarztrechtlichen Vorschriften, insbesondere das Recht auf > freie A r z t w a h l (vgl. § 19 Abs. 2 MuBO), das Gebot der Fachgebietsbeschränkung ( > Gebietsarzt Rz 673) und die Grundsätze der Kassenwirtschaftlichkeit ( > Wirtschaftlichkeitsprüfung) eingehalten werden. Bei fachübergreifenden Gemeinschaftspraxen zwischen Kassenärzten muß die zuständige > Kassenärztliche Vereinigung in der Lage sein, dies zu überwachen. Je nachdem kann die KV die Genehmigung zur Errichtung einer fachübergreifenden Gemeinschaftspraxis nur modifiziert mit bestimmten Auflagen erteilen oder auch

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Gemeinschaftspraxis

ganz versagen (BSG v. 22. 4. 1983, MedR 1983, 196 m. Anm. Bösche, DÄ 1983/47, S. 69f.). Aus dem berufsrechtlichen Verbot der Zusammenarbeit zwischen Arzt und Nichtarzt (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 1 MuBO) folgt, daß eine Gemeinschaftspraxis zwischen einem Arzt und einem Nichtarzt (z. B. einer > Krankengymnastin) ausgeschlossen ist. Die Errichtung einer Gemeinschaftspraxis kann auch nicht über den Umweg einer Gewinnbeteiligung des angestellten Nichtarztes erfolgen ( > Arztehefrau Rz 134, > Arzthonorar Rz 191). II. Als Rechtsform für den Betrieb einer Gemeinschaftspraxis kommt nur die BGB-Gesellschaft (§§ 705 ff. BGB) in Betracht (zu Gesellschaftsformen im Zusammenhang mit Immobilienerwerb vgl. Henke, NJW 1974, 2035, 2036). Daraus folgt: 1. Der > A r z t v e r t r a g kommt nicht mit einem einzelnen Arzt, sondern mit allen der Gesellschaft angehörenden Ärzten zustande. Es liegt eine Außengesellschaft vor. Dies bedeutet nicht, daß die zur gemeinsamen Berufsausübung zusammengeschlossenen Ärzte den einzelnen Patienten jeweils gemeinsam und gleichzeitig behandeln müßten. Vielmehr ergibt sich aus dem Prinzip der > f r e i e n A r z t w a h l (vgl. § 19 MuBO) und aus der Bipersonalität des Arzt-/Patientenverhältnisses, daß der Patient grundsätzlich nur von einem der Ärzte der Gemeinschaftspraxis behandelt wird und daß die anderen Ärzte der Gemeinschaft nur zum Zwecke des > Konsiliums zur Übernahme einer bestimmten Behandlung oder als Vertreter des behandelnden Arztes tätig werden, wenn dieser verhindert ist (vgl. Weidner in: Gruppenmedizin aaO. S. 84; Uhlenbruck, ArztR 1969, 151, 154; Narr, aaO. Rz 1141). Für die Errichtung einer Gemeinschaftspraxis gibt es verschiedene Musterverträge (vgl. Narr, aaO. Rz 1218 sowie Arzt und Wirtschaft 1978/4, S. 16; Rieger, Verträge zwischen Ärzten in freier Praxis, S. 24ff.). 2. Haftung, a) Jeder Partner der Gemeinschaftspraxis haftet dem Patienten gesamtschuldnerisch aus dem > A r z t v e r t r a g , auch wenn nur der Arzt, der den Patienten behandelt, den Schaden verschuldet hat. Dieser nach der Rspr. des BGH (NJW 1971, 1801) für die Sozietät zwischen Rechtsanwälten entwikkelte Grundsatz muß für die ärztliche Gemeinschaftspraxis entsprechend gelten (vgl. Henke, aaO. S. 2037 f., Narr, aaO. Rz 1141; Palandt-Heinrichs, aaO. § 425 Anm. 1 c). Im Innenverhältnis besteht eine Ausgleichspflicht des für den Schaden allein verantwortlichen Arztes gegenüber den übrigen Partnern der Gemeinschaftspraxis (§ 426 BGB; näher dazu Jahn, Gruppenpraxis 1975/2, S. 32). b) Deliktsrechtlich hat jeder Partner der Gemeinschaftspraxis nur für seine eigenen schuldhaften Handlungen und Unterlassungen nach §§823 ff. BGB einzustehen (vgl. Henke, aaO. S. 2038; Jahn, aaO. S. 38). c) Wegen der gesamtschuldnerischen Haftung benötigt jeder ärztliche Praxisinhaber eine eigene > B e r u f s h a f t p f l i c h t v e r s i c h e r u n g (Rz 381). I.d.R. bleibt die Ersatzpflicht der Versicherung auf die Quote beschränkt, die der prozentualen Beteiligung des Arztes an der Gemeinschaftspraxis entspricht.

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Gemeinschaftspraxis

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Ausgeschlossen vom Versicherungsschutz sind Ansprüche der Partner der Gemeinschaft untereinander sowie Ansprüche der Gemeinschaft gegen die Partner und umgekehrt (näher dazu Jahn, aaO. S. 38 f.). 3. > Laborgemeinschaft Rz 1132 a.E. 4. Auflösung der Gemeinschaftspraxis, a) Für die Zulässigkeit von Konkurrenzklauseln in Verträgen über die Errichtung einer Gemeinschaftspraxis für den Fall ihrer Auflösung gelten die allgemeinen Grundsätze für Konkurrenzverbote zwischen freiberuflich tätigen Ärzten (> Konkurrenzklausel Rzn. 978 f.). b) Der in den früheren gemeinschaftlichen Praxisräumen zurückgebliebene Vertragspartner ist verpflichtet, die Anbringung eines Hinweises auf den Wegzug des ausgeschiedenen Kollegen zu dulden (LG Essen v. 7. 2. 1977 - 2 0 49/77 - > Arztpraxis Rz 200). c) Zur Vermeidung von Liquiditätsschwierigkeiten durch Auszahlung des Gesellschaftsanteils bei Beendigung der Gemeinschaftspraxis durch Tod eines Partners kann eine sog. Teilhaber-Versicherung abgeschlossen werden, wobei entweder die Gemeinschaftspraxis selbst („echte" Teilhaber-Versicherung) oder der einzelne Arzt („unechte" Teilhaber-Versicherung) bezugsberechtigter Versicherungsnehmer sein kann (zur steuerrechtlichen Bedeutung dieser beiden Formen vgl. unten Rz 702). 5. > Privatkrankenanstalt (Privatklinik) Rz 1447.

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III. Berufsrecht. 1. Die Gemeinschaftspraxis ist gegenüber der > Ärztekammer anzeigepflichtig (vgl. § 19 MuBO); die Genehmigungspflicht nach früherem Recht besteht nicht mehr. 2. Die Ausübung einer Gemeinschaftspraxis ist auf dem > Praxisschild, auf Rezeptvordrucken, Briefbogen und Stempeln mit dem Zusatz „Gemeinschaftspraxis" anzuzeigen (§§ 27 Abs. 4, 29 MuBO). Wegen der zulässigen Größe des Praxisschildes > Praxisschild Rz 1401. 3. Einzelne Berufspflichten, z.B. die Pflicht zur Teilnahme am ärztlichen > Notfalldienst treffen nicht die Gemeinschaftspraxis als Institution, sondern die beteiligten Ärzte in Person (Narr, aaO. Rz 1141).

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IV. Kassenarztrecht. 1. Die Ausübung einer Gemeinschaftspraxis ist nur zulässig unter Kassenärzten. Sie bedarf außerdem der vorherigen Genehmigung durch den Zulassungsausschuß der KV. Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn die Versorgung der Versicherten beeinträchtigt wird oder landesrechtliche Vorschriften über die ärztliche Berufsausübung entgegenstehen (§ 33 Abs. 2 ZO-Ä). Nicht genehmigungsfähig ist eine Gemeinschaftspraxis zwischen Ehegatten, bei der die Ehefrau wegen familiärer Verpflichtungen nur teilweise in der Praxis mitarbeiten kann; denn der Grundsatz, daß der Kassenarzt für die Versorgung der Versicherten in dem erforderlichen Maße zur Verfügung stehen muß (§ 20 ZO-Ä), gilt auch für die Gemeinschaftspraxis (Weidner, Arzt u. Wirtschaft 1979/1, S. 6 ; ders., Arzt u. Wirtschaft 1982/27, S. 16f.).

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Gemeinschaftspraxis

Zur Genehmigung fachübergreifender Gemeinschaftspraxen vgl. oben Rz 693. 2. Für die gegenseitige Vertretung innerhalb der Gemeinschaftspraxis bedarf es keiner Vertretermeldung nach § 6 Abs. 7 BMV-Ä und keiner Vertretergenehmigung nach § 32 ZO-Ä. 3. Eine > U b e r w e i s u n g innerhalb der Gemeinschaftspraxis ist nicht möglich. Bei Behandlung derselben Patienten durch mehrere Ärzte der Gemeinschaftspraxis innerhalb des Kalendervierteljahres wird nur ein > Krankenschein ausgestellt und auch nur ein Krankenschein mit der KV abgerechnet (Narr, aaO. Rz 1141). 4. Bei > H o n o r a r k ü r z u n g e n durch die KV haften die Partner der Gemeinschaftspraxis der KV gesamtschuldnerisch (Narr, aaO. Rz 1141). 5. Sondergenehmigungen der KV (z.B. Röntgenzulassung) werden nicht der Gemeinschaftspraxis als Institution, sondern nur dem Partner erteilt, in dessen Person die Voraussetzungen vorliegen. Er allein darf die betreffenden Leistungen erbringen (Narr, aaO. Rz 1141). V. Für die Ermittlung des ideellen Wertes (good will) einer Gemeinschaftspraxis gelten die Grundsätze für die Einzelpraxis entsprechend (> Praxisverä u ß e r u n g Rzn. 1409 ff.). Bei Gemeinschaftspraxen zwischen Ehegatten soll bei Auflösung der Gemeinschaftspraxis durch Tod eines Partners und Weiterführung als Einzelpraxis durch den Überlebenden ein ausgleichspflichtiger Vermögenszuwachs in Gestalt des Anteils des Verstorbenen am ideellen Praxiswert nach Auffassung der „Ständigen Konferenz zur Beratung der ärztlichen Berufsordnung" der BÄK nicht eintreten. Es wird davon ausgegangen, daß der vorher teilbare ideelle Praxiswert sich beim überlebenden Partner allein konzentriert, wobei sich gleichzeitig das bei der Gemeinschaftspraxis vorhanden gewesene „Mehr" beim ideellen Praxiswert endgültig „verflüchtigt".

700

VI. Steuerliche Aspekte. 1. Die Gemeinschaftspraxis unterliegt nicht der Ge- 701 werbesteuer (BFH v. 13. 5. 1966, DB 1966, 1259). Sie ist ebenso von der Umsatzsteuer befreit wie der einzelne freipraktizierende Arzt (Erl. d. BMF v. 10. 7. 1969, DB 1969, 2311 > U m s a t z s t e u e r Rz 1802). Umsätze, die nicht aus der heilberuflichen Tätigkeit herrühren, unterliegen dagegen dem vollen Steuersatz von zur Zeit 14% (> P r a x i s v e r ä u ß e r u n g Rz 1421). 2. Die für eine „echte" Teilhaber-Versicherung (oben Rz 697) aufgewendeten 702 Beiträge mindern als Betriebsausgaben den steuerpflichtigen Gewinn der Gesellschaft, während die von den beteiligten Ärzten für eine „unechte" Teilhaber-Versicherung bezahlten Beiträge im Rahmen der zulässigen Höchstbeträge für Vorsorgeaufwendungen bei der Einkommensteuererklärung abzugsfähig sind, sofern der Versicherungsvertrag auf eine Laufzeit von mindestens 12 Jahren abgeschlossen wurde (näher dazu Schlauß, DDA 1980/22, S. 27, Fussan, Arzt u. Wirtschaft 1982/5, S. 46ff.). 3. Prämien für Krankentagegeldversicherungen der Partner sind selbst dann keine abzugsfähigen Betriebsausgaben, wenn mit den Versicherungsleistungen

Gemeinschaftspraxis

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Aufwendungen, die während der > Arbeitsunfähigkeit des Gesellschafters weiterlaufen, bestritten werden (BFH v. 22. 5. 1969, BStBl. 1969, III S. 489). 4. Zur steuerlichen Behandlung von Versorgungszusagen innerhalb einer Gemeinschaftspraxis vgl. v. Haxthausen, DMW 1980, 44.

Genetische Beratung 703

I. Die genetische Beratung einschließlich der vorgeburtlichen (pränatalen) genetischen Diagnostik aus dem Fruchtwasser dient der Erkennung von genetisch bedingten Krankheiten oder Mißbildungen bei einem zu erwartenden Kind. Sie soll dem Ratsuchenden helfen, im Hinblick auf seine Nachkommenschaft verantwortungsbewußte Entscheidungen zu treffen (vgl. näher zur Definition und Indikation die Bekanntmachung des > W i s s e n s c h a f t l i c h e n Beirats der B u n d e s ä r z t e k a m m e r , DÄ 1980, 187ff.).

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II. Rechtsnatur. Die genetische Beratung ist Ausübung der > H e i l k u n d e im Bereich der Präventivmedizin und damit dem > A r z t vorbehalten. Sie umfaßt i.d.R. eine gezielte genetische Individuai- und Familienanamnese und eine unter humangenetischen Gesichtspunkten durchgeführte körperliche Untersuchung der Ratsuchenden und darüber hinaus in Einzelfällen auch von Familienangehörigen. III. Zwischen dem Ratsuchenden und dem die genetische Beratung durchführenden Arzt kommt ein Dienstvertrag, ggf. mit Schutzwirkung zugunsten des anderen Elternteils, zustande (§§611 ff. BGB). Danach ist der Arzt verpflichtet, auf der Basis des verfügbaren medizinischen Wissensstandes Auskunft darüber zu geben, inwieweit mit einer genetischen Störung des Kindes zu rechnen ist (näher dazu Fuchs, NJW 1981, 610, 611). Der > Arztvertrag über die ärztliche Betreuung während der Frühschwangerschaft umfaßt i.d.R. auch die Beratung der Schwangeren über die Gefahr einer genetischen Schädigung der Leibesfrucht (BGH v. 22. 11. 1983 - VI ZR 85/82 -).

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IV. 1. Als- privatärztliche Leistung ist die genetische Beratung nach Nr. 1 GOÄ abrechenbar. Erfolgt die Beratung in Form eines schriftlichen Gutachtens, bemißt sich das > A r z t h o n o r a r nach den Nrn. 29, 30 GOÄ. 2. Die genetische Beratung einschließlich der pränatalen Diagnostik ist Bestandteil der gesetzlichen > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g (Rz 1103; § 200e RVO; B Nr. 7 Sonstige-Hilfen-Richtlinien). Zur Unterstützung des Kassenarztes hat die KBV Merkblätter herausgegeben, in denen die Indikationen für eine entsprechende Beratung und eventuell erforderliche Diagnostik angegeben sind (Merkblätter Nr. 8 und 9 vom März 1976). Für die Abrechnung humangenetischer Leistungen im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung gelten die Ziffern 1, 55 und 56 BMÄ/E-GO.

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Genetische Beratung

3. In der privaten > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g (Rz 1107) sind die Kosten für genetische Beratung nicht erstattungsfähig. 4. Im > B e i h i l f e r e c h t sind die Kosten für humangenetische Beratung beihilfefähig (vgl. Nr. 9 BhV). V. Schweigepflicht. Die im Rahmen der genetischen Beratung durchzuführende Familienanamnese kann die Offenbarung von Geheimnissen Dritter zum Wohl des noch nicht geborenen Kindes erforderlich machen (z.B. die Übersendung von Unterlagen über die Geisteskrankheit des verstorbenen Großvaters der ratsuchenden Enkelin an den beratenden Arzt). Hier kann in vielen Fällen die Offenbarung des Patientengeheimnisses durch den behandelnden Arzt gegenüber dem beratenden Arzt nach dem Güterabwägungsprinzip gerechtfertigt sein ( > Schweigepflicht Rz 1652). Dieser Rechtfertigungsgrund ist im vorstehenden Beispiel gegeben. In allen diesen Fällen ist der behandelnde Arzt zur Mitteilung an den beratenden Arzt aber niemals verpflichtet, sondern allenfalls berechtigt.

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VI. Haftung. Eine falsche oder unvollständige Beratung begründet eine vertragliche Haftung des Arztes wegen positiver Vertragsverletzung gegenüber dem beratenen und gegenüber dem in den Schutz des Vertrages einbezogenen anderen Elternteil. Dabei dürfen jedoch die Anforderungen an die ärztliche Prognose über potentielle Gendefekte nicht überspannt werden (Fuchs, NfW 1981, 611). Bezüglich der Frage der Schadensentstehung und des Schadensumfangs ist die Problemlage parallel zu der vom BGH entschiedenen Frage des Schadens bei fehlgeschlagener > Sterilisation (Rzn. 1736ff.). Die Mutter hat daneben gegen den Arzt einen Anspruch aus unerlaubter Handlung (§§ 823, 847 BGB; vgl. Fuchs, aaO. S. 611). Eine Haftung des Arztes gegenüber dem Kind aus § 823 ist ausgeschlossen (BGH v. 22. 11. 1983 - IV ZR 85/82 - , a.A. Fuchs, aaO. S. 613). Der die gebietsärztliche Betreuung einer Schwangeren durchführende Frauenarzt ist aufgrund des > A r z t v e r t r a g e s jedenfalls dann verpflichtet, die Schwangere über die Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit einer Fruchtwasseruntersuchung aufzuklären und zu beraten, wenn die Schwangere nach dem Angezeigtsein einer pränatalen genetischen Diagnostik ausdrücklich fragt. Die Unterlassung einer umfassenden und sachgerechten Beratung einschließlich Aufklärung Uber das Risiko des Vorliegens einer Krankheit oder Mißbildung einerseits und das mit der Fruchtwasserentnahme verbundene Risiko für die > Leibesfrucht andererseits kann zu einer Haftung des Arztes für den Unterhaltsaufwand für das infolge einer Chromosomenanomalie geschädigten Kindes führen (OLG Hamm, VersR 1983, 402, insoweit bestätigt durch BGH v. 22. 11. 1983 - VI ZR 85/82 -).

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VII. Nach zweijähriger > Weiterbildung im Bereich der klinischen Genetik und genetischen Beratung an einem Institut für Humangenetik einer Universi-

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Genetische Beratung

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tat bei einem ermächtigten Arzt erhält der Arzt die > Z u s a t z b e z e i c h n u n g „Medizinische Genetik" (vgl. Anl. II Nr. 7 MuBO). VIII. In der Bundesrepublik bestehen zahlreiche genetische Beratungsstellen (vgl. die Zusammenstellung in DÄ 1980, 185f.).

Genfer Gelöbnis 709

Durch das im Jahr 1948 vom > W e l t ä r z t e b u n d verabschiedete „Genfer Gelöbnis" (abgedr. bei Berensmann, Sonderbeilage zum ÄBl. Bad.-Wttbg. 1968/1) hat der > H i p p o k r a t i s c h e Eid eine moderne Fassung erhalten, auf der das den meisten ärztlichen > Beruf s o r d n u n g e n vorangestellte > Gel ö b n i s basiert.

Gerichtsarzt 710

I. Man versteht darunter einen Arzt, der den Justizbehörden, insbesondere den Gerichten, als ärztlicher > Sachverständiger zur Verfügung steht. II. Für den gerichtsärztlichen Dienst gibt es keine einheitliche Rechtsgrundlage. Nach § 3 Abs. 1 III GesVereinhG obliegt den > G e s u n d h e i t s ä m t e r n u. a. die gerichtsärztliche Tätigkeit, soweit sie durch Landesrecht den > A m t s ä r z t e n übertragen ist (vgl. auch § 7 der 1. DVO GesVereinhG). Diese Übertragung ist in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich geregelt. In Bayern ist für jedes Landgericht ein besonderer Landgerichtsarzt bestellt (Gesetz v. 27. 7. 1950, GVBl. S. 110, i.d.F. v. 29. 3. 1954, GVBl. S. 47 nebst AusführungsVO v. 6. 10. 1950 i.d.F. v. 26. 9. 1951, GVBl. S. 199). Nach den Regelungen in den einzelnen Bundesländern kann der gerichtsärztliche Dienst z.T. auch in >Nebentätigkeit wahrgenommen werden (so z.B. in Baden-Württemberg durch die Direktoren der Gerichtsmedizinischen Institute der Landesuniversitäten). Zum persönlichen Entschädigungsanspruch des Landgerichtsarztes in Bayern vgl. OLG München, NJW 1973, 1419.

Gesamtvergütung 711

I. Man versteht darunter die Vergütung, die die Krankenkasse für die gesamte kassenärztliche Versorgung je Quartal nach Maßgabe des > G e s a m t vertrages mit befreiender Wirkung an die > Kassenärztliche Vereinigung entrichtet, die sie unter die > Kassenärzte unter Anwendung eines > H o n o r a r v e r t e i l u n g s m a ß s t a b s verteilt (§368f Abs. 1 RVO). Entsprechendes gilt für den Bereich der kassenzahnärztlichen Versorgung.

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Geschäftsfähigkeit

II. Die Festsetzung der Gesamtvergütung und die Honorarverteilung können nach verschiedenen Prinzipien erfolgen. Nach den heute üblichen > Ges a m t v e r t r ä g e n wird mit Ausnahme einer Fallpauschale für Laborleistungen die Gesamtvergütung nach Einzelleistungen berechnet, wobei allerdings zusätzliche Obergrenzen für eine höchstzulässige Leistungsausweitung pro Behandlungsfall vereinbart sind. Die Honorarverteilung erfolgt in jedem Fall nach Einzelleistungen, wobei der Vergütungsanspruch des > Kassenarztes gegen die KV sich nicht auf Auszahlung eines bestimmten Teilbetrages der Gesamtvergütung, sondern ausschließlich auf Teilnahme an der Honorarverteilung nach Maßgabe des > H o n o r a r v e r t e i l u n g s m a ß s t a b e s richtet. Dieses Vergütungssystem gilt nicht für den Ersatzkassenbereich (> Ersatzkasse Rz 591).

Gesamtverträge I. Gesamtverträge sind öffentlichrechtliche Verträge, die zwischen den 327 > K a s s e n ä r z t l i c h e n V e r e i n i g u n g e n und den Landesverbänden der gesetzlichen Krankenkassen (§414 RVO) zur Versorgung der Versicherten mit ärztlichen Leistungen abgeschlossen werden. Der Begriff „Gesamtvertrag" ist historisch zu erklären; er steht im Gegensatz zum früheren Einzelvertrag des > Kassenarztes mit jeder Krankenkasse (vgl. Liebold, Handlexikon „Gesamtvertrag"). Durch die Verträge muß eine gleichmäßige, ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Kranken und eine angemessene Vergütung der ärztlichen Leistungen gewährleistet werden (§ 368 g Abs. 1 u. 2 RVO). Der allgemeine Inhalt der Gesamtverträge ist im > B u n d e s m a n t e l v e r t r a g — Ä r z t e festgelegt. Entsprechendes gilt für den Bereich der kassenzahnärztlichen Versorgung. II. Zu den Anforderungen an die Schriftform von Gesamtverträgen und ihre Verbindlichkeit trotz Formmangels vgl. Lüke, SGb 1983, 8 ff. III. Kommt ein Gesamtvertrag ganz oder teilweise nicht zustande oder kündigt eine Vertragspartei einen Vertrag, ohne daß bis zum Auslaufen des Vertrages über einen neuen Vertrag eine Einigung erzielt wird, findet ein Schiedsamtsverfahren nach näherer Maßgabe der §§ 368 h, 368 i RVO statt.

Geschäftsfähigkeit I. Geschäftsfähigkeit ist die Fähigkeit, durch eigenes Handeln RechtsgeSchäfte wirksam abzuschließen. Geschäftsunfähig ist, wer nicht das 7. Lebensjahr vollendet hat, wer sich nicht nur vorübergehend in einem die freie Wil-

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Geschäftsfähigkeit

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lensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet und wer wegen Geisteskrankheit entmündigt ist (§ 104 BGB). Beschränkt geschäftsfähig sind Minderjährige ab vollendetem 7. Lebensjahr bis zur Volljährigkeit (§§ 106-113 BGB). II. Die rechtsgeschäftliche Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen ist nichtig (§ 105 Abs. 1 BGB). Ein beschränkt geschäftsfähiger Minderjähriger bedarf zu einer Willenserklärung, durch die er nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters (§ 107 BGB > Arztvertrag Rz 216). Die Einwilligung in einen ärztlichen Heileingriff ist keine rechtsgeschäftliche Willenserklärung; ihre Rechtswirksamkeit setzt daher nicht notwendig Geschäftsfähigkeit voraus ( > H e i l b e h a n d l u n g Rz 805, > Aufklärungsp f l i c h t Rz 269).

Geschlechtskrankheiten 714

I. Rechtsgrundlage für die Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten ist das Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten v. 23. 7. 1953 GeschlKrG - (BGBl. I S. 700), nebst den dazu ergangenen Durchführungsverordnungen (1. DVO v. 28. 12. 1954 - BGBl. I S. 523 - , 2. DVO v. 5. 7. 1955 BGBl. I S. 402). Die Bekämpfung umfaßt die Verhütung, Feststellung, Erkennung und Heilung der in § 1 GeschlKrG im einzelnen bezeichneten Geschlechtskrankheiten sowie die vorbeugende und nachgehende Gesundheitsfürsorge. Zu diesem Zweck werden die Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 GG eingeschränkt (§ 2 Abs. 1 GeschlKrG). Zuständig für die Durchführung des Gesetzes sind die > G e s u n d h e i t s ä m ter (§ 2 Abs. 2 GeschlKrG). II. Die Untersuchung auf Geschlechtskrankheiten und ihre Behandlung ist nur approbierten > Ä r z t e n oder Inhabern einer > Beruf serlaubnis gestattet. Verboten ist daher die Untersuchung und Behandlung durch > Heilp r a k t i k e r (§ 9 Abs. 1 GeschlKrG).

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III. Aus §§9-13 GeschlKrG ergeben sich u.a. folgende Pflichten des Arztes: Verbot der Fernbehandlung (§9 Abs. 2 Nr. 1); Pflicht zur Uberweisung eines Geschlechtskranken an einen anderen Arzt bei Ablehnung der Untersuchung oder Behandlung (§ 10 Abs. 2); Pflicht zur Anfertigung genauer Aufzeichnungen (§ 10 Abs. 1 Satz 2 ; § 2 der 1. DVO > D o k u m e n t a t i o n s p f l i c h t Rz 570 a.E.); Pflicht zur Belehrung des Kranken über die Art seiner Krankheit, die Übertragungsgefahr, die dem Kranken obliegenden Pflichten und die Folgen ihrer Nichterfüllung durch Aushändigung und Erläuterung eines amtlichen Merkblattes (§11 Abs. 1 i.V.m. § 3 der 1. DVO); Meldepflicht bei Verweige-

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Gesundheitsabkommen mit der DDR

rang der Behandlung und Gefahr der Übertragung der Krankheit auf weitere Personen (§ 12 i.V.m. §§ 4—7 der 1. DVO). Bei Minderjährigen kann die Pflicht zur Unterrichtung der Eltern oder Erziehungsberechtigten nach § 11 Abs. 2 oder eine Meldepflicht gegenüber dem > Gesundheitsamt nach § 12 Abs. 1 Nr. 4 bestehen ( > Schweigepflicht Rz 1651|; Pflicht zur Ermittlung der mutmaßlichen Ansteckungsquelle und der Personen, auf die eine Übertragung möglich erscheint (§ 13). IV. Die Pflichten der Geschlechtskranken und krankheitsverdächtigen Personen sind in §§3-8 GeschlKrG festgelegt. Ihre Durchsetzung kann notfalls durch Zwangsmaßnahmen auf Veranlassung des > G e s u n d h e i t s a m t e s erfolgen (§§ 17-20 GeschlKrG; § 1 der 2. DVO > Z w a n g s b e h a n d l u n g Rz 2005). V. Die Kosten für die Behandlung Geschlechtskranker sind von den Trägern der gesetzlichen > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g (Rz 1104) zu übernehmen, sofern der Kranke einer Krankenkasse als Pflichtmitglied oder freiwilliges Mitglied angehört (§ 22 Abs. 1 Nr. 1 GeschlKrG). Im übrigen gelten die Vorschriften in § 22 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 und Abs. 2-10 GeschlKrG. Portokosten für Mitteilungen an das > G e s u n d h e i t s a m t in Erfüllung der Meldepflicht hat das > G e s u n d h e i t s a m t dem Arzt zu erstatten (§ 7 Abs. 2 Satz 2 der 1. DVO).

716

VI. Die Nichteinhaltung der Vorschriften des GeschlKrG nebst Durchführungsverordnungen ist teilweise mit Bußgeld bedroht (§ 27 GeschlKrG, § 8 der 1. DVO).

Gesundheitsabkommen mit der DDR I. Inhalt. Das „Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik auf dem Gebiet des Gesundheitswesens" (kurz „Gesundheitsabkommen" genannt) v. 25. 4. 1974 und das dazu ergangene Gesetz v. 20. 11. 1975 (BGBl. II S. 1729) enthalten Regelungen über - einen Informationsaustausch zwischen beiden Staaten zu Fragen der Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten, - das Recht Einreisender aus dem anderen Staat auf kostenfreie ambulante und stationäre medizinische Hilfe in Akutfällen, - die Durchführung medizinischer Spezialbehandlungen und -kuren auf besonderes Ersuchen eines Abkommenspartners, - einen Austausch von > Arzneimitteln und ihnen gleichgestellten Stoffen und Zubereitungen, medizinischem Verbrauchsmaterial und medizinischen Erzeugnissen sowie einen Informationsaustausch über diese Stoffe,

717

Gesundheitsabkommen mit der DDR

330

- eine Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Bekämpfung des Drogen-, Rauschmittel- und sonstigen Suchtmißbrauchs. Dieses Abkommen gilt auch für West-Berlin. 718

II. In bezug auf die Gewährung medizinischer Hilfe an Einreisende aus der DDR ist die Durchführung des Abkommens in der „Allgemeinen Verwaltungsvorschrift über medizinische Hilfe für Einreisende aus der DDR und Berlin (Ost)" v. 25. 7. 1978 (Beilage Nr. 19 zum BAnz. Nr. 144 v. 4. 2. 1978) bundeseinheitlich geregelt. Die für die Inanspruchnahme ambulanter und stationärer medizinischer Hilfe erforderlichen Berechtigungsscheine werden von den Sozialämtern der Stadt- und Landkreise den niedergelassenen Ärzten und Krankenhäusern je nach Bedarf zur Verfügung gestellt. Gegen diese Stellen hat der Arzt einen Anspruch auf Honorar nach den Sätzen, welche die Ortskrankenkassen im Bereich seines Niederlassungsortes für ihre Mitglieder zahlen. Die Abrechnung erfolgt über die KV (weitere Einzelheiten bei Aßmann-Posth, DÄ 1977, 32 ff.). Die Einreisenden haben freie Wahl unter den Ärzten und Zahnärzten, die bereit sind, ihre Leistungen nach den vorgenannten Sätzen zu erbringen ( > Freie Arztwahl).

Gesundheitsamt 719

I. Die Gesundheitsämter sind staatliche oder kommunale Einrichtungen einheithchen Durchführung des > öffentlichen Gesundheitsdienstes.

zur

II. Rechtsgrundlagen sind das überwiegend noch als Landesrecht fortgeltende Gesetz über die Vereinheitlichung des Gesundheitswesens v. 3. 7. 1934 - GesVereinhG - (RGBl. I S . 531) nebst Durchführungsverordnungen (1. DVO v. 6. 2. 1935, RGBl. I S. 177 ; 2. DVO Dienstordnung - Allgemeiner Teil v. 22. 2. 1935, RGBl. I S. 215; 3. DVO Dienstordnung - Besonderer Teil v. 30. 3. 1935, RMinBl. S. 327). In Berlin und Schleswig-Holstein wurde dieses Recht durch die inzwischen erlassenen Gesundheitsdienst-Gesetze (GDG) abgelöst ( > Ö f f e n t l i c h e r G e s u n d h e i t s d i e n s t Rz 1315). Eine umfassende Darstellung der Rechtsgrundlagen und der Struktur des Gesundheitsamtes findet sich bei Daniels-Hagen, aaO. Bd. I Teil A, S. 80ff.). 720

III. Aufgaben. Dem Gesundheitsamt obliegt vor allem die Verhütung und Abwehr gesundheitlicher Gefahren sowie die Gesundheitshilfe (Betreuung der Bevölkerung in allen Fragen der körperlichen, geistig-seelischen und sozialen Gesundheit), z.B. (vgl. § 1 GDG Berlin, § 3 GesVereinhG): Gesundheitsaufklärung, Gesundheitserziehung und Gesundheitsberatung einschließlich Mütterund Kinderberatung; Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten; Überwachung des Verkehrs mit Lebensmitteln, > Arzneimitteln und giftigen

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Gesundheitsaufseher

Stoffen; Aufsicht über Berufe und Einrichtungen des Gesundheitswesens; Betreuung Tuberkulose- und Geschlechtskranker ( > Tuberkulosehilfe]; Sammlung und Auswertung von Gesundheitsdaten; Erstellen von amtlichen Bescheinigungen, Zeugnissen und Gutachten (vgl. weiter § 3 GesVereinhG und die in den Durchführungsverordnungen näher konkretisierten Aufgaben; §§ 5 ff. GDG Schleswig-Holstein). Darüber hinaus nehmen die Gesundheitsämter Aufgaben bei der Eingliederung > Behinderter nach § 126 BSHG wahr. IV. Leiter des Gesundheitsamtes ist der > Amtsarzt (§ 2 GesVereinhG). Sein Stellvertreter ist i.d.R. ein > beamteter Arzt (§ 13 der 1. DVO). Die daneben zu bestellende Zahl von beamteten Ärzten oder Hilfskräften ( > Hilfsarzt, > Gesundheitsaufsehr, > Gesundheitsingenieur) richtet sich nach der Größe und Bevölkerungszahl des Amtsbezirks (§14 Abs. 1 der 1. DVO). V. Aufsichtsbehörde ist bei staatlichen Gesundheitämtern das Regierungspräsidium (Bezirksregierung). Vorgesetzte Dienstbehörde bei den kommunalen Gesundheitsämtern ist der Oberbürgermeister (Oberstadtdirektor) oder der Landrat (Oberkreisdirektor). VI. Zu Problemen der > Schweigepflicht und des > Datenschutzes im Gesundheitsamt vgl. Hollmann, Nieders. ÄBl. 1983, 201 ff.

Gesundheitsaufseher I. Der Gesundheitsaufseher ist der technische Gehilfe des > Amtsarztes auf den hygienischen Arbeitsgebieten des > Gesundheitsamtes. Sein Aufgabenbereich umfaßt die Mitwirkung auf den Gebieten Seuchenbekämpfung ( > Bundes-Seuchengesetz), Desinfektion, Hygiene, > Leichenschau, Leichenöffnung ( > Sektion), > Katastrophenschutz sowie die Verwendung im Bürodienst (näher dazu Trüb, bei Daniels u.a., aaO. Bd. II A, S. 186ff. ; Federhen, aaO. S. 99f.). II. Die Ausbildung ist nicht gesetzlich, sondern durch Erlasse in den einzelnen Bundesländern teilweise unterschiedlich geregelt. Die Ausbildungsdauer beträgt im allgemeinen 1 Jahr (näher dazu Trüb, aaO. S. 189 u. Federhen, aaO.). Lehrgänge für Gesundheitsaufseher führt die Akademie für öffentliches Gesundheitswesen in Düsseldorf durch ( > öffentliches Gesundheitswesen Rz 1320). HI. Der Gesundheitsaufseher unterliegt der > Schweigepflicht nach § 203 Abs. 3 StGB.

Gesundheitsingenieur

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Gesundheitsingenieur 722

I. Der Gesundheitsingenieur ist als graduierter Ingenieur der Fachrichtung „Umwelt- und Hygienetechnik" Angehöriger der beim > G e s u n d h e i t s a m t tätigen technischen Berufsgruppen, die den > A m t s a r z t bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben unterstützen (> G e s u n d h e i t s a u f s e h e r ) . Sein Aufgabenkreis umfaßt die hygienische Überwachung der Umweltbedingungen und von Spezialeinrichtungen, z. B. > Krankenhäuser (näher dazu Trüb bei Daniels u.a., aaO. Bd. II A, S. 192ff. ; Bodenschatz, Öff. Gesundh.-Wesen 1980, 26). II. Die Ausbildung erfolgt in besonderen Studiengängen an Fachhochschulen z. B. in Lübeck, Gießen, Hamburg, Bingen und München. III. Der Gesundheitsingenieur unterliegt der > Schweigepflicht nach § 203 Abs. 3 StGB.

Gesundheitssicherstellungsgesetz 723

Der noch aus der 9. Legislaturperiode von der SPD/FDP-Koalition stammende 2. Referentenentwurf eines „Gesetzes zur Organisation des gesundheitlichen Zivilschutzes" bezweckt die Regelung der gesundheitlichen Versorgung der Zivilbevölkerung im Spannungs- und Verteidigungsfall und damit die Schließung einer Gesetzeslücke im geltenden Zivilschutzrecht (> Zivils c h u t z Rz 1994). Von einem solchen Gesetz werden positive Auswirkungen auf die den Ländern vorbehaltene gesetzliche Regelung des > Katastrop h e n s c h u t z e s erwartet (vgl. Gesundheits- und sozialpolitische Vorstellungen S. 47). Es handelt sich um ein Organisation- und Rahmengesetz mit dem Schwerpunkt einer Festlegung von Mitwirkungsverpflichtungen, Planung und Vorbereitung von Personen der Gesundheitsberufe für einen Einsatz im Verteidigungsfall. Der Entwurf legt fest, welche Behörden im Verteidigungsfall für die Organisation und Durchführung der gesundheitlichen Versorgung sowie vor allem für die Vorbereitung zur Erweiterung der Kapazitäten, zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der Einrichtungen, zur Deckung des Personalbedarfs und der Sachausstattung zuständig sind. Er regelt darüber hinaus die Befugnisse im Rahmen dieser Vorbereitungsarbeiten (Auskunfts- und Besichtigungsrechte usw.), die Aufgaben verpflichteter Institutionen - u.a. der > Ä r z t e k a m m e r n und der > K a s s e n ä r z t l i c h e n V e r e i n i g u n g e n - sowie Meldepflichten für die Berufe des Gesundheitswesens. Der Entwurf geht davon aus, daß das bestehende System der ambulanten und stationären ärztlichen Versorgung der Bevölkerung auch im Spannungs- und Verteidigungsfall grundsätzlich erhalten bleibt. Die Aufgaben der Behörden des Gesundheitswesens, der Krankenhausträger, der > Ä r z t e k a m m e r n und > K a s s e n ä r z t l i c h e n V e r e i n i g u n g e n werden jedoch im Hinblick auf die im Spannungs- und Verteidigungsfall bestehenden besonderen Anforderungen an die gesundheitliche Versorgung der Zivilbevölkerung entsprechend erweitert. Ärzte, Zahnärzte und Apotheker werden verpflichtet, sich

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Gewerbearzt

für die besonderen Anforderungen im Spannungs- und Verteidigungsfall fortzubilden ( > Fortbildung). Die Verantwortung für diese besondere Fortbildung liegt bei den jeweiligen Kammern der Heilberufe, die über die Einhaltung der Fortbildungspflicht einen Nachweis ausstellen. Zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung im Spannungs- und Verteidigungsfall wird für Ärzte eine Residenz- und Berufsausübungsverpflichtung vorgeschrieben. Sofern die ambulante Versorgung der Bevölkerung durch die KV nicht gedeckt werden kann, soll eine Zulassung zur Kassenpraxis von Amts wegen durch die zuständige Behörde auf Anforderung der KV erfolgen. Die stationäre Aufnahme von Kranken und Verletzten in die Krankenhäuser wird über die Rettungsleitstellen geregelt, der alle Krankenhäuser angeschlossen sein müssen ( > R e t t u n g s d i e n s t ) . Darüber hinaus können Krankenhäuser verpflichtet werden, auf Anforderung der zuständigen Behörde zusätzlich Einrichtungen als Bettenhäuser oder > H i l f s k r a n k e n h ä u s e r sowie zusätzliche Betten zu übernehmen. Die Bundesärztekammer hat zu diesem Gesetzentwurf bereits kritisch Stellung genommen (vgl. Tätigkeitsbericht 1981, S. 125ff.). Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat ebenfalls noch in der 9. Legislaturperiode als Alternative zum Regierungsentwurf den Entwurf eines Gesetzes über die gesundheitliche Versorgung im Rahmen des Zivilschutzes - Gesundheitsschutzgesetz - vorgelegt (BTDrucks. 9/1448 v. 10. 3. 1982). Die jetzige Bundesregierung hat die Pläne einer gesetzlichen Regelung für den Bereich der Gesundheitssicherstellung wieder aufgenommen. Derzeit wird geprüft, in welcher Form diese Regelung und die geplante Reform des Zivilschutzrechtes ( > Z i v i l s c h u t z Rz 1995) aufeinander abgestimmt werden sollen.

Gewerbearzt I. Die Staatlichen Gewerbeärzte sind Landesbeamte, denen im wesentlichen die ärztliche Beratung und Unterstützung der für den Arbeitsschutz zuständigen Behörden (insbesondere der Gewerbeaufsichtsämter und der Bergaufsichtsbehörden) in allen Fragen des medizinischen Arbeitsschutzes obliegt. Die Organisation des gewerbeärztlichen Dienstes ist in den Bundesländern unterschiedlich. Der Gewerbearzt ist teils Fachreferent im Arbeits- und Sozialministerium, teils dem Regierungspräsidenten oder den Gewerbeaufsichtsämtern zugeordnet. In den Ländern mit zentralisiertem gewerbeärztlichen Dienst (z. B. in Niedersachsen) führt der Gewerbearzt die Bezeichnung Landesgewerbearzt.

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II. Rechtsgrundlage für den gewerbeärztlichen Dienst sind zunächst die Gewerbeordnung (§§ 1 2 0 a - 1 2 0 e , 139b) und die aufgrund der letztgenannten Vorschrift erlassenen Dienstanweisungen (vgl. z.B. die Dienstanweisung für Nordrh.-Westf. v. 16. 9. 1965, MinBl. 1965, 1330). Darüber hinaus sind den Gewerbeärzten durch zahlreiche Rechtsvorschriften weitere Aufgaben übertragen. III. Im einzelnen sind folgende Aufgaben hervorzuheben (vgl. zum folgenden Koetzing, DÄ 1965, 2 8 5 0 f f . ; Wagner-Körner, DÄ 1965, 2 8 5 4 ff Reinl, DÄ 1974, 639; Pietruck, ZFA 1976, 1639ff. ; Bappert, ASP 1977, 114f.):

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Gewerbearzt

1. Arbeitsmedizinische Beratung und Unterstützung der Beamten der allgemeinen Gewerbeaufsicht und der Bergaufsicht, verbunden mit dem Recht der Betriebsbesichtigung, ohne daß jedoch polizeiliche Anordnungsbefugnisse bestehen; 2. Aufsicht über die Durchführung gesetzlicher Arbeitsschutzvorschriften (z. B. Mutterschutzgesetz, Jugendarbeitsschutzgesetz [ > Jugendarbeitss c h u t z u n t e r s u c h u n g e n Rz 917], Arbeitszeitordnung, Verordnung über die Arbeitszeit in Krankenpflegeanstalten [> Bereitschaftsdienst Rz 346f.]); 3. Mitwirkung bei der Durchführung der Berufskrankheiten-Verordnung. Der Gewerbearzt ist „die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle" i. S. dieser Verordnung (> Berufskrankheit); 4. Ermächtigung von Ärzten zur Durchführung gesetzlich vorgeschriebener > V o r s o r g e u n t e r s u c h u n g e n und Überwachungsuntersuchungen (vgl. z.B. § 67 Abs. 1 StrlSchV, § 42 Abs. 1 RöV; § 16 ArbStoffV; soweit die Durchführung von Vorsorge- und Überwachungsuntersuchungen durch ermächtigte Ärzte in den Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften geregelt ist, erfolgt die Ermächtigung durch die > Berufsgenossenschaft); 5. Mitwirkung bei der Durchführung des Arbeitssicherheitsgesetzes und Beratung der Betriebe bei der Einrichtung eines betriebsärztlichen Dienstes, sowie Beratung und Unterstützung der > Betriebsärzte in arbeitsmedizinischen Fragen (§§ 12 f. ASiG); 6. Sammlung und Auswertung arbeitsmedizinischer Unterlagen aus der gewerbeärztlichen Tätigkeit; 7. Lehr- und Aufklärungstätigkeit auf dem Gebiet des medizinischen Arbeitsschutzes. IV. Die Zusammenarbeit

des Gewerbeaiztes

mit den > G e s u n d h e i t s ä m -

t e r n ist in den §§ 44—46 der 3. DVO zum GesVereinhG sowie in Erlassen der zuständigen obersten Landesbehörden geregelt. V. Eine Zulassung von Gewerbeärzten als Kassenarzt kommt i.d.R. nicht in Betracht (> Kassenarzt Rz 926).

Gnadenvierteljahr 726

I. Man versteht darunter die in der ärztlichen > B e r u f s o r d n u n g (vgl. § 17 Abs. 5 MuBO) vorgesehene Möglichkeit, die Praxis eines verstorbenen Arztes zugunsten seiner Witwe oder unterhaltsberechtigten Angehörigen bis zur Dauer von drei Monaten nach dem Ende des Kalendervierteljahres durch einen anderen Arzt (> Praxisverweser) fortzusetzen. Kassenarztrechtlich besteht hierfür keine unmittelbare Rechtsgrundlage, da die Zulassung als > Kassenarzt mit dem Tod des Berechtigten endet (§ 368 a Abs. 7 RVO|. Trotzdem wird von manchen > Kassenärztlichen Vereinigungen

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Grenzschutzsanitätsoffizier

(z.B. KV Bayern und KV Südwürttemberg) beim Tod eines Kassenarztes die vertretungsweise Fortführung der Praxis innerhalb des genannten Zeitraums unter dem Gesichtspunkt der Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung ( > Sicherstellungsauftrag) zugelassen; ein Rechtsanspruch der Hinterbliebenen hierauf besteht jedoch nicht (näher dazu Narr, aaO. Rz 1068). Andere Kassenärztliche Vereinigungen (z. B. KV Nordrhein und KV Hessen) lehnen diese Möglichkeit ab und erteilen statt dessen in Fällen drohender Unterversorgung eine begrenzte Ermächtigung zur Fortführung der Kassenpraxis gem. § 3 1 ZO-Ä. II. Steuerrechtlich stellen die Einnahmen der Aiztwitwe aus der Fortführung der Praxis Einnahmen aus Gewerbebetrieb dar, die der Gewerbe- und > Umsatzsteuer unterliegen (BFH, NJW 1981, 2535). Die Finanzverwaltung hat jedoch im Rahmen einer abweichenden Festsetzung von Steuern aus Billigkeitsgründen (§ 163 AO) zu prüfen, ob und unter welchen Voraussetzungen Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG trotz des entgegenstehenden Wortlauts zu gewähren ist (BFH v. 14. 4. 1983, MedR 1983 240). Zur steuerlichen Behandlung des Gewinns aus der Veräußerung der Praxis nach Ablauf der Übergangszeit durch die Arztwitwe > P r a x i s v e r ä u ß e r u n g Rz 1422.

727

Grenzarzt Man versteht darunter einen in einem ausländischen Grenzbezirk wohnenden oder niedergelassenen Arzt, der ohne > A p p r o b a t i o n in der Bundesrepublik ärztlich tätig wird. Im Bereich der EG erfolgt die Grenzarzttätigkeit im Rahmen der Dienstleistungserbringung ( > Niederlassungsfreiheit Rzn. 1257ff.). Im übrigen bestehen z.T. zwischenstaatliche Abkommen (z.B. mit Österreich und der Schweiz).

727a

Grenzschutzsanitätsoffizier I. Der Grenzschutzsanitätsoffizier ist > b e a m t e t e r A r z t im Bundesgrenzschütz. II. Aufgaben. Grenzschutzsanitätsoffiziere versehen den truppenärztlichen Dienst ( > Truppenarzt). Sie führen ferner Einstellungsuntersuchungen sowie die Begutachtung der Dienstfähigkeit ( > Dienstunfähigkeit) der Grenzschutzvollzugsbeamten durch. Außerdem obliegt ihnen die Hygieneaufsicht und die Durchführung vorbeugender Gesundheitsfürsorge (vgl. Adam, BerufskBl. 3 - II A 01, S. 6).

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Grippeschutzimpfung

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Grippeschutzimpfung 729

I. Die Grippeschutzimpfung, richtiger „Influenza-Schutzimpfung", gehört zu den praktisch wichtigsten Arten der > S c h u t z i m p f u n g . Sie dient nur dem Schutz gegen Influenza, einer besonders gefährlich und häufig auftretenden Erkrankung der Atemwege. Gegen andere grippale Infekte, die durch etwa 200 virale Erreger ganz unterschiedlicher immunologischer Aktivität hervorgerufen werden können, bietet die Influenza-Schutzimpfung keinen Schutz. II. Rechtsgrundlage. Die Grippeschutzimpfung gehört in allen Bundesländern zu den öffentlich empfohlenen und damit im Falle des Auftretens von Impfschäden entschädigungspflichtigen freiwilligen Schutzimpfungen i. S. der §§ 14 Abs. 3, 51 Abs. 1 Nr. 3 BSeuchG ( > Schutzimpfung Rz 1589).

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III. Haftung. 1. Zu den Sorgfaltspflichten des Arztes gehört insbesondere die Beachtung von Kontraindikationen der Impfung wie z.B. chronische Eiterungen, akut fieberhafte Erkrankungen, Überempfindlichkeit gegen Hühnereiweiß. 2. Um dem Patienten die Möglichkeit zu geben, das Für und Wider der Grippeschutzimpfung sorgfältig abzuwägen, obliegt dem Arzt eine sehr weitgehende > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t ( > Schutzimpfung Rz 1588). Er muß den Patienten vor Durchführung des Eingriffs vor allem auf folgendes hinweisen (vgl. zum folgenden auch Kohlhaas, DMW 1968, 2451 f.): Kein vollständiger Schutz gegen sämtliche grippale Infekte, sondern Begrenzung der Schutzwirkung auf Influenzaviren, aber auch insoweit Meinungsverschiedenheiten über die Wirksamkeit von Influenza-Schutzimpfungen; Hinweis auf die erhöhte Gefahr teilweise schwerer Komplikationen im Verlauf der Krankheit bei älteren Menschen über 65 Jahre und bei Personen mit bestimmten Grundleiden (z.B. Herzkrankheiten, chronische Nierenkrankheiten, Diabetes mellitus; näher dazu Merkblatt Nr. 11 des > Bundesgesundheitsamtes „Influenza, Verhütung und Bekämpfung", BGesuBl. 1976, 395f.) ; Art und Häufigkeit der mit der Impfung verbundenen Risiken, auch wenn diese sich äußerst selten realisieren (z. B. zentralnervöse Komplikationen in einer Häufigkeit von 1 : 0,7 1,3 Mio ; vgl. dazu Ehrengut, DMW 1979, 1836; Ehrengut-Allerdist, MMW 1977, 705ff.) ; Tod in extrem seltenen Fällen; Sensibilisierung bei primären Allergikern, die jährlich an der Grippeschutzimpfung teilnehmen. 3. Schäden, die bei in Betrieben durchgeführten Grippeschutzimpfungen entstehen, können einen > A r b e i t s u n f a l l i. S. des § 548 Abs. 1 Satz 1 RVO darstellen. Für den hierfür erforderlichen Zusammenhang der Grippeschutzimpfung mit der versicherten Tätigkeit genügt es jedoch nicht, daß der Betrieb die Schutzimpfung organisiert und finanziert. Hinzukommen muß vielmehr, daß die Impfung „nicht nur zugleich dem Interesse des Unternehmens entspricht, sondern... auch dem Unternehmen dient" (BSG v. 31. 1. 1974, BB 1974, 419). Dies ist der Fall, wenn die Grippeschutzimpfung aus besonderen betrieblichen Gründen durchgeführt wird (z.B. wenn durch die Schutz-

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Gutachten

impfung des ärztlichen Personals und des Pflegepersonals eines Krankenhauses zugleich die Ansteckung der Patienten durch Influenza vermieden werden soll; Rieger, DMW 1976, 677, 678).

Gruppenpraxis I. Diese Bezeichnung hat sich inzwischen als Oberbegriff für die verschiedenen Formen gemeinsamer ärztlicher Berufsausübung ( > Gemeinschaftspraxis, > Praxisgemeinschaft, > Apparategemeinschaft, > Laborgemeinschaft) eingebürgert (vgl. Henke, NJW 1974, 2034; Rosenau, DB, Beilage 3/1970; Weidner, Gruppenpraxis, 1974/1, S. 27).

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II. Bei allen Formen der ärztlichen Gruppenpraxis gilt das Prinzip der > freien Arztwahl (vgl. § 19 Satz 2 MuBO). III. Nach der ärztlichen > Berufsordnung sind sämtliche Formen der Gruppenpraxis nicht mehr genehmigungspflichtig; es besteht nur noch eine Anzeigepflicht gegenüber der > Ä r z t e k a m m e r (vgl. § 19 Satz 1 MuBO). Eine Genehmigungspflicht besteht jedoch nach wie vor im Kassenarztrecht für die > Gemeinschaftspraxis (Rz 699).

Gutachten I. Begriff. Es ist zu unterscheiden zwischen dem allgemeinen Rechtsbegriff des ärztlichen Gutachtens (1) und den daraus abgeleiteten teilweise engeren Begriffsdefinitionen für einzelne Rechtsgebiete (2). 1. Der allgemeine Rechtsbegriff des ärztlichen Gutachtens läßt sich definieren als die Anwendung medizinischer Erkenntnisse und Erfahrungen auf einen Einzelfall im Hinblick auf eine bestimmte (oft aus'rechtlichen Gründen notwendige) Fragestellung, wobei der Arzt aus Tatsachen oder Zuständen, die er selbst oder ein anderer wahrgenommen hat, mit Hilfe seiner Sachkunde Schlüsse zieht. Wesensmerkmal des Gutachtens ist, daß es wissenschaftliche Schlußfolgerungen enthält. Dies unterscheidet das Gutachten vom Befundbericht. „Befundberichte stellen Sachverhalte oder Tatsachen mit technischen Mitteln, aufgrund von Laboratoriumsuntersuchungen nach geläufigen Methoden oder von Besichtigungen fest, beruhen im besonderen auf Untersuchungen und Beobachtungen, die üblicherweise Angestellten im Laboratoriumsdienst o.a. obliegen. Sobald diagnostische Beurteilungen oder wissenschaftliche Schlußfolgerungen erforderlich sind, handelt es sich im Rechtssinn um ein Gutachten . . ." (RdErl. des Hess. KuMi v. 3. 3. 1977, Nr. 3 Abs. 3 zu § 79 Abs. 1 Nr. 2 u. 3 HBG, abgedr. bei Crisolli-Schwarz, aaO. S. 5345, 5348; noch klarer der frühere Erlaß d. Hess. KuMi v. 7. 4. 1966, StAnz. S. 733).

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Gutachten 734

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Die Abgrenzung des Gutachtens vom Befundbericht kann im Einzelfall Schwierigkeiten bereiten. Als Gutachten im vorstehenden Sinne sind regelmäßig auch die histologischen und zytologischen Untersuchungen der Pathologen (in der Praxis z.T. als zytologische und histologische „Befundberichte" bezeichnet] anzusehen (so richtig der RdErl. des früheren Reichsministers für Wissenschaft, Erziehung u. Volksbildung - WA 1463 v. 17. 7. 1940, abgedr. in: Die Deutsche Hochschulverwaltung, aaO. Bd. II S. 93). Zu „Befundberichten mit kritischer Stellungnahme" i.S. der Nr. 15 GOÄ vgl. unten Rz 736. Ebenso stellt die Durchführung der > L e i c h e n s c h a u Gutachtertätigkeit dar, gegenüber der die bloße Ausstellung des Leichenschauscheines an Bedeutung zurücktritt, so daß SR 2 c Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 BAT keine Anwendung findet ( > Leichenschau Rz 1153; ebenso Narr, aaO. Rz 968). 2. Begriffsdefinitionen für einzelne Rechtsgebiete, a) Der allgemeine Gutachtenbegriff im vorstehenden Sinne liegt dem Nebentätigkeitsrecht der > H o c h s c h u l l e h r e r (vgl. z.B. § 6 3 Abs. 2 UG Bad.-Wttbg. ; § 5 2 Satz 2 HRG), dem Beamtenrecht (vgl. § 42 Abs. 2 Nr. 3 BRRG) und dem BAT (vgl. § 11 BAT, SR 2 c Nr. 5 Abs. 1 BAT) zugrunde ( > Nebentätigkeit Rz 1242). Dies wird jetzt durch § 5 Abs. 3 HNtV Nordrh.-Westf. (GVBl. 1981, 726) bestätigt, wonach „Tätigkeiten, die sich auf die Feststellung von Sachverhalten oder Tatsachen mit technischen Mitteln oder aufgrund von Laboratoriumsuntersuchungen nach geläufigen Methoden ohne wissenschaftliche Schlußfolgerungen beschränken und bei denen die notwendigen Untersuchungen und Beobachtungen üblicherweise von Mitarbeitern vorgenommen werden", nicht als Gutachtertätigkeit angesehen werden. Ein bestimmter Schwierigkeitsgrad oder ein bestimmter Aufwand hinsichtlich Zeit und Umfang sowie des Einsatzes von Personal und Sachmitteln ist nicht Voraussetzung für die Erfüllung des Gutachtenbegriffs i. S. des Nebentätigkeitsrechts. Die teilweise vertretene gegenteilige Ansicht verwechselt Quantität mit Qualität (vgl. dazu Rieger, DMW 1975, 2124). b) Enger wird der Gutachtenbegriff im ärztlichen Gebührenrecht definiert, das bei der Frage der Honorierung ärztlicher Leistungen nach Schwierigkeitsgrad und Arbeitsaufwand differenzieren muß. Es ist im Prinzip nicht zu beanstanden, wenn der „Befundbericht mit kritischer Stellungnahme" in Nr. 15 GOÄ gebührenrechtlich nicht als Gutachten i. S. der Nrn. 20 ff. GOÄ gewertet wird, obwohl es den allgemeinen Begriff des Gutachtens (vgl. oben Rz 733) eindeutig erfüllt (vgl. Rieger, aaO. S. 2124). c) Von einem eingeschränkten Gutachtenbegriff gehen auch die > Krankenhausreformgesetze aus, soweit sie die Einnahmen für die Erstellung von Gutachten von der > M i t a r b e i t e r b e t e i l i g u n g ausschließen (vgl. z. B. § 20 Abs. 2 Satz 2 KRG Rheinl.-Pf. ; § 22 Abs. 2 KHG Bad.-Wttbg.). Hier sind im allgemeinen nur Gutachten mit rechtlicher Fragestellung, also vor allem Gutachten für Gerichte, Behörden und private Versicherungsgesellschaften gemeint. d) Gleiches wie zu c) gilt für den in Chefarztverträgen im Zusammenhang mit den erlaubten Nebentätigkeiten verwendeten Gutachtenbegriff ( > C h e f a r z t Rz 510).

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Gutachten

II. Erstattung von Gutachten durch angestellte und beamtete Ärzte. 1. Aus dem Dienstverhältnis folgt in bestimmtem Umfang eine Pflicht zur Gutachtenerstattung für den Dienstherrn oder für fremde Auftraggeber. a| Bei > b e a m t e t e n Ä r z t e n und ärztlichen > H o c h s c h u l l e h r e r n gehören Gutachten, deren Erstattung durch Rechtsvorschriften dem Dienstherrn übertragen ist, Gutachten auf Veranlassung einer Behörde im Bereich des Dienstherrn (z. B. Einholung eines Gutachtens durch das städtische Sozialamt beim städtischen Krankenhaus) sowie Gutachten zur eigenen Verwendung durch den Dienstherrn zu den vom Arzt wahrzunehmenden Dienstaufgaben (> Nebentätigkeit Rz 1237). Wo das Gutachten von einem anderen selbständigen Verwaltungsträger (z. B. Allgemeine Ortskrankenkasse) angefordert wird, handelt es sich i.d.R. um eine Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst, zu deren Übernahme der beamtete Arzt ebenfalls verpflichtet ist, sofern sie ihn nicht Uber Gebühr in Anspruch nimmt (vgl. § 64 BBG und die im wesentlichen gleichlautenden Bestimmungen in den Landesbeamtengesetzen). Keine Pflicht zur Übernahme einer Gutachtertätigkeit besteht, sofern eine natürliche oder juristische Person des Privatrechts, z.B. eine private Versicherungsgesellschaft, Auftraggeber ist. b) Vorstehende Regelung gilt nach § 11 und SR 2 c Nr. 3 Abs. 3 BAT auch für angestellte Ärzte im Geltungsbereich des BAT, allerdings mit dem Unterschied, daß diese vom Arbeitgeber zur Gutachtenerstattung als Nebentätigkeit auch dann verpflichtet werden können, wenn die Gutachtertätigkeit sich nicht als Tätigkeit im öffentlichen Dienst qualifizieren läßt, wie vor allem bei Aufträgen von privaten Versicherungsgesellschaften (SR 2 c Nr. 5 Abs. 1 BAT). Der angestellte Arzt hat in diesen Fällen Anspruch auf die von den Auftraggebern an den Arbeitgeber (z.B. Krankenhausträger) zu zahlende Vergütung. SR 2 c Nr. 5 Abs. 1 Unterabs. 2 BAT bestimmt: „Steht die Vergütung für das Gutachten, die gutachtliche Äußerung oder wissenschaftliche Ausarbeitung ausschließlich dem Arbeitgeber zu, so hat der Arzt nach Maßgabe seiner Beteiligung einen Anspruch auf einen Teil dieser Vergütung." Diese Regelung räumt dem Arbeitgeber keine Beteiligung am ärztlichen Honorar ein. Sie zielt vielmehr auf die Fälle, in denen mehrere Ärzte an der Erstellung des Gutachtens beteiligt waren. Nur dann beschränkt sich der Anspruch des Mitgutachters auf einen Teil des Honorars. Hat der Arzt das Gutachten allein erstellt und hat er es allein zu verantworten, so steht ihm die Vergütung „nach Maßgabe" seiner Tätigkeit auch allein zu. Der Arbeitgeber hat nur Anspruch auf Erstattung seiner Unkosten (vgl. Braun, aaO. S. 18). Steht die Vergütung für das Gutachten nicht dem Arbeitgeber, sondern beispielsweise dem leitenden Krankenhausarzt als Auftragnehmer zu, wird der > Assistenzarzt also im Rahmen der zugelassenen Nebentätigkeit des > C h e f a r z t e s tätig, so hat er einen Anspruch auf angemessene Beteiligung an der Vergütung (> M i t a r b e i t e r b e t e i l i g u n g Rzn. 1211, 1217). Ist die angebotene Vergütung nicht angemessen, kann der Assistenzarzt die Übernahme der Nebentätigkeit verweigern (SR 2 c Nr. 5 Abs. 1 Unterabs. 3 BAT). Im übrigen kann die Übernahme der Nebentätigkeit nur in besonders begründeten

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Ausnahmefällen verweigert werden (SR 2 c Nr. 5 Abs. 1 Unterabs. 4 BAT). Ein solcher Ausnahmefall ist z. B. dann gegeben, wenn die Heranziehung des angestellten Arztes zur Erstattung von Gutachten einen Umfang annimmt, der zu einer unzumutbaren Uberbeanspruchung führt und daher mit der arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht nicht mehr vereinbar ist (näher zum Ganzen Braun, aaO. S. 14ff.. Rieger, DMW 1977, 173, 174). 2. Soweit eine Pflicht zur Gutachtenserstattung als Dienstaufgabe oder als Nebentätigkeit nicht besteht, kann der angestellte oder beamtete Arzt die Erstellung von Gutachten in freiwilliger (unselbständiger oder selbständiger) > N e b e n t ä t i g k e i t übernehmen, die grundsätzlich der Genehmigung des Dienstherrn bedarf. Eine Ausnahme von der Genehmigungspflicht besteht für die mit „Lehr- und Forschungsaufgaben zusammenhängende selbständige Gutachtertätigkeit" von ärztlichen > H o c h s c h u l l e h r e r n und > b e a m t e t e n Ä r z t e n an wissenschaftlichen Instituten und Anstalten (vgl. § 63 Abs. 2 UG Bad.-Wttbg.; § 42 Abs. 2 Nr. 3 BRRG). Bei der Erstattung von Gutachten durch ärztliche Hochschullehrer kann ein Zusammenhang mit den ihnen übertragenen Lehr- und Forschungsaufgaben regelmäßig angenommen werden (vgl. Rieger, DMW 1975, 2123 > Klinische Arzneimittelprüfung Rz 958). 740

III. Nach der ärztlichen > Berufsordnung (vgl. § 12 MuBO) hat der Arzt bei der Erstattung von Gutachten mit der notwendigen Sorgfalt zu verfahren und nach bestem Wissen seine ärztliche Überzeugung auszusprechen. Der Zweck des Schriftstückes und sein Empfänger sind anzugeben. Gutachten, zu deren Erstattung der Arzt verpflichtet ist oder die auszustellen er übernommen hat, sind innerhalb einer angemessenen Frist abzugeben. Schuldhafte Säumnis kann Schadensersatzansprüche auslösen (unten Rz 745).

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IV. Einsichtsrecht des Probanden. 1. Ein Anspruch des Untersuchten gegen den Gutachter auf Einsichtnahme in das Gutachten im Auftrag eines Dritten wird in aller Regel wegen Fehlens eines Rechtsverhältnisses zwischen beiden, aus dem sich ein solcher Anspruch ergeben könnte, zu verneinen sein (vgl. Rieger, DMW 1972, 1925, OLG Köln, NJW 1983, 2641 [kein Einsichtsrecht des Patienten in das von einem Arzt auf Anforderung der Krankenversicherung des Patienten für die Entscheidung über die Kostenübernahme erstattete Gutachten]). 2. Eine andere Frage ist, ob dem Probanden ein Einsichtsrecht gegenüber dem Auftraggeber des Gutachtens zusteht. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen öffentlichrechtlichen Auftraggebern einerseits und privaten Auftraggebern andererseits. a) Bei öffentlichrechtlichen Auftraggebern richtet sich das Einsichtsrecht nach den Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze (vgl. § 29 VwVfG und die im wesentlichen gleichlautenden Bestimmungen in den Verwaltungsverfahrensgesetzen der einzelnen Bundesländer) oder nach speziellen Vorschriften für einzelne Verwaltungszweige (vgl. z.B. §25 SGB X). Voraussetzung ist stets das Vorliegen eines rechtlichen Interesses für die Geltendma-

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chung eines Einsichtsrechts. Wo zu befürchten ist, daß die Bekanntgabe des Gutachtens sich für die Gesundheit des Betroffenen nachteilig auswirkt, wird man in analoger Anwendung des 5 25 Abs. 2 SGB X nur ein eingeschränktes Einsichtsrecht (Vermittlung des Akteninhalts durch einen Arzt) anerkennen können (a.A. Stelkens-Bonk-Leonhard, aaO. §29 Rz 21; noch weitergehend lehnt Knack, aaO. § 29 Rz 5 bei Gefahr einer gesundheitlichen Beeinträchtigung jede Form der Information des Probanden abl. Wo besondere Vorschriften dem Untersuchten nur ein Recht auf Information über das Ergebnis der Begutachtung gewähren (vgl. z.B. §369b Abs. 2 RVO], gehen diese als lex specialis den allgemeinen verwaltungsrechtlichen Vorschriften über Akteneinsicht vor. Im Anhörungsverfahren nach § 24 Abs. 1 SGB X muß dem von einem zu erlassenden Verwaltungsakt Betroffenen der für die Entscheidung wesentliche Inhalt eines ärztlichen Gutachtens mitgeteilt werden; die Übersendung von Gutachtensabschriften ist nicht grundsätzlich erforderlich (BSG v. 1. 12. 1982 - 4 RJ 45/82 - und v. 4. 11. 1981, SozR 1300 §24 Nr. 2. b) Bei privaten Auftraggebern sind für die Frage des Bestehens eines Rechts- 742 anspruchs des Untersuchten auf Einsichtnahme in das Gutachten zunächst die vertraglichen Rechtsbeziehungen zwischen beiden maßgebend. Sofern es an entsprechenden Regelungen fehlt, wird man im Hinblick auf den in Art. 1 GG verankerten Schutz der Menschenwürde, der es verbietet, den Menschen zum Objekt ärztlicher Tätigkeit zu machen und der in modernen gesetzlichen Vorschriften eine Konkretisierung erfahren hat (vgl. z. B. § 3 Abs. 2 ASiG > Betriebsarzt Rz 434), dem Probanden grundsätzlich zwar kein Recht auf Einsichtnahme in das Gutachten, aber doch einen Rechtsanspruch auf Information über das Ergebnis der Begutachtung mit den sich aus der analogen Anwendung des § 25 Abs. 2 SGB X ergebenden Einschränkungen zuerkennen müssen (ähnlich Narr, aaO. Rz 753; vgl. dazu auch BVerfG, NJW 1979, 1925, 1929 f. und bezüglich des Einsichtsrechts des Patienten in Gutachten als Bestandteil von > Krankenunterlagen BGH, NJW 1983, 328, 329). c) > Gutachterkommission (Gutachterstelle) für ärztliche > B e nandiungsfenier Rz 752. 3. Einen Sonderfall betrifft die Einsicht des Beamten und des Arbeitnehmers im privaten oder öffentlichen Dienst in die bei den Personalakten befindlichen ärztlichen Gutachten. Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Einsicht in die vollständigen Personalakten erstreckt sich auch auf die zu den Personalakten gelangten ärztlichen Gutachten. Eine Beschränkung des Einsichtsrechts wegen einer zu befürchtenden Gesundheitsschädigung wird im Personalrecht grundsätzlich nicht anerkannt (vgl. Schaub, aaO. S. 777; Wiese, DÄ 1982/40, S. 72). Dies schließt aber nicht aus, daß sich aus der Fürsorgepflicht nach pflichtgemäßem Ermessen des > Betriebsarztes im Einzelfall die Pflicht des Dienstherrn ergeben kann, das Verfahren und die Form der Einsichtnahme so zu gestalten, daß Schäden möglichst vermieden werden. z.B. durch Hinzuziehen eines Arztes des Betroffenen. Darüber hinaus hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Einsichtnahme in die aus Gründen der ärztlichen > Schweige-

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p f l i c h t (Rzn. 1629f.) beim ärztlichen und sozialen Dienst des Arbeitgebers verbliebenen weiteren Arztunterlagen (Wiese, aaO. S. Iii.). Diese Grundsätze gelten auch für Beamte (§ 56 BRRG, § 90 BBG). 744

V. Das ärztliche Gutachten genießt nur ausnahmsweise Urheberrechtsschutz nach dem UrhG; denn die wissenschaftliche Erkenntnis als solche ist nicht geschützt. Die Urheberrechtsfähigkeit ist nur dort zu bejahen, wo die fachliche Gedankenführung sich auf einem nicht selbstverständlichen Niveau bewegt (vgl. Ost, DMW 1976, 1504, 1505). Nur in diesem Fall ist der auf ärztlichen Gutachten häufig angebrachte Vermerk „Das Gutachten darf nicht für andere Zwecke verwendet werden" von Bedeutung (Ost, aaO.). Soweit ein ärztliches Gutachten ausnahmsweise urheberrechtlich geschützt ist, darf seine Verwertung durch einen anderen Arzt in einem von diesem erstatteten Gutachten grundsätzlich nur mit Zustimmung des „Urhebers" erfolgen. Eine Ausnahme läßt jedoch § 45 UrhG zu. Danach ist es zulässig, ein zu einem anderen Zweck erstattetes Gutachten in einem gerichtlichen oder behördlichen Verfahren zu verwenden, ohne daß der Arzt als Urheber die Verwendung von seiner Zustimmung abhängig machen oder eine Entschädigung verlangen kann. In diesem - in der Praxis wohl nicht häufigen - Ausnahmefall darf der von einem Gericht oder einer Behörde zum Gutachter bestellte Arzt ein anderes Arztgutachten in seinem Gutachten verwerten (vgl. Rieger, DMW 1979, 649, 650).

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VI. Für eine schuldhafte Verletzung seiner ärztlichen Sorgfaltspflichten bei der Gutachtenerstattung hat der Arzt nach allgemeinen Grundsätzen zivilrechtlich und strafrechtlich einzustehen ( > Sachverständiger Rzn. 1547 ff.). Schadensersatzansprüche gegen den Arzt können sich auch bei schuldhafter Verzögerung der Gutachtenerstattung ergeben (vgl. BGH, VersR 1981, 452 [verspätete Abgabe eines Gesundheitsberichts für die Lebensversicherung eines Patienten, der zwischenzeitlich verstarb, so daß es nicht mehr zum Abschluß des Lebensversicherungsvertrages gekommen war] ).

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VII. Honorar. 1. a) Das ärztliche Honorar für die Erstattung von Gutachten für private Auftraggeber richtet sich grundsätzlich nach den Nrn. 20, 21, 22, 29, 30 GOÄ. Daneben sind die im Zusammenhang mit dem Gutachten erbrachten ärztlichen Leistungen gesondert berechnungsfähig. Die Vereinbarung von Pauschalhonoraren ist seit Inkrafttreten der GOÄ'82 nicht mehr zulässig ( > A r z t h o n o r a r Rz 175). Daher dürfen z.B. auch Gutachten für Lebensund Krankenversicherungen im Gegensatz zur bisherigen Übung nicht mehr pauschal vergütet werden; möglich ist nur noch die Vereinbarung eines bestimmten Multiplikators. Sofern das Honorarangebot von der Versicherungsgesellschaft ausgeht, steht es dem Arzt frei, zu dem angebotenen Honorar tätig zu werden oder von sich aus einen Gegenvorschlag zu unterbreiten. (Im Jahr 1982 wurden für Gutachten ohne nähere Begründung nach Nr. 17 GOÄ'65 60-100 DM vergütet, für begründete schriftliche Gutachten nach Nr. 18

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GOÄ'65 100-140 DM, für freie ärztliche Fachgutachten 150-180 DM, für ausführliche, wissenschaftlich begründete Gutachten mit Literaturauswertung nach Nr. 19 GOÄ'65 zwischen 300 und 600 DM. Diese Beträge lassen sich heute nur durch Vereinbarung von Multiplikatoren zwischen dem 2,7-1 lfachen der Sätze der GOÄ'82 erzielen; näher dazu Schlauß, DDA 1983/23, S. 12.) Eine Ausnahme gilt für Gutachten im Auftrag von Sozialleistungsträgern nach § 12 Abs. 3 GOÄ. Danach sind z.B. kollektiwertragliche Pauschalvergütungsregelungen zwischen > Ärztekammern und > Landesversicherungsanstalten auf der Grundlage der Rahmenvereinbarungen zwischen der BÄK und dem Verband Deutscher Rentenversicherungsträger über die Vergütung ärztlicher Leistungen bei Gutachten im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. zuletzt die Vereinbarung v. 12. 1. 1981, Arzt u. Krankenhaus 1981, 359) auch weiterhin möglich. b) Zum Entschädigungsanspruch bei der Erstattung von Gutachten für Gerichte, Staatsanwaltschaft und Verwaltungsbehörden > S a c h v e r s t ä n d i g e r Rzn. 1553 ff., 1561. c) Zum Honoraranspruch bei stationärer Begutachtung > S a c h v e r s t ä n d i g e r Rz 1559. 2. a) Die Entgelte für ärztliche Gutachten im Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit sind gemäß § 4 Nr. 14 UStG umsatzsteuerfrei, sofern die Erstellung des Gutachtens Ausübung der > H e i l k u n d e darstellt. Dies ist der Fall, wenn das Gutachten sich mit dem Gesundheitszustand oder der Tatsache oder Ursache des Todes eines Menschen befaßt (vgl. näher Erlaß d. BMFi v. 10. 7. 1969, BStBl. 1969, 373; Rau-Dürrwächter-Flick-Geist, aaO. Anm. 36 zu § 4 Nr. 14; unrichtig Meyer-Höver, aaO. Rz 260). Hierzu gehören z.B. Gutachten für Sozialgerichte, Rentenversicherungsträger über die > Minderung der Erwerbsfähigkeit, für > Berufsgenossenschaften über Unfallverletzte, für > Versorgungsämter bei der Kriegsopferversorgung, für Arbeitsämter über die Frage, ob bei einem Arbeitslosen gesundheitliche Einschränkungen vorliegen, die seine Verfügbarkeit für den allgemeinen Arbeitsmarkt ausschließen (vgl. Gebhardt, aaO. S. 83f. m. Nachw.). Gutachten eines Pathologen fallen dann als ärztliche Tätigkeit unter die Umsatzsteuerbefreiung, „wenn sie in konkret absehbarer Weise Menschen zu dienen bestimmt sind", nicht dagegen Gutachten im Rahmen der Grundlagenforschung, „soweit nicht abzusehen ist, ob und in welcher Weise diese zur Nutzanwendung beim Menschen führen" werden (Nieders. FG, EFG 1982, 323). Umsatzsteuerpflichtig sind auch erbbiologische Blutgruppengutachten zur Feststellung der Vaterschaft (FG Düsseldorf v. 20. 4. 1977, ArztR 1979, 104). Für das Merkmal der Freiberuflichkeit in diesem Zusammenhang ist nicht erforderlich, daß der Arzt eine eigene Praxis unterhält. Deshalb können auch angestellte und > beamtete Ärzte, bei denen die Erstattung der betreffenden Gutachten nicht zu ihren Dienstaufgaben gehört, unter die Regelung des § 4 Nr. 14 UStG fallen (vgl. Rau-Dürrwächter-Flick-Geist, aaO. Anm. 9, 39 zu § 4 Nr. 14; OFD Koblenz v. 15. 12. 1975, ArztR 1977, 65 [gerichtsärztliche Obduktion durch wissenschaftliche Assistenten] ).

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b) Bei der Einkommensteuer galt früher für Einnahmen aus Gutachtertätigkeit nach § 34 Abs. 4 EStG ein ermäßigter Steuersatz, sofern es sich um Nebeneinkünfte aus wissenschaftlicher Tätigkeit handelte. Durch das Subventionsabbaugesetz v. 26. 6. 1981 (BGBl. I S. 537 ff.) wurde diese Steuervergünstigung mit Wirkung ab 1. 1. 1982 ersatzlos gestrichen (eingehend dazu Maier-Lauten, DMW 1981, 1670ff.). c) Zu der Frage, wann Gutachtergebühren bei Krankenhausärzten zur Lohnsteuer und wann zur Einkommensteuer heranzuziehen sind, vgl. das Schreiben der OFD Frankfurt v. 15. 10. 1982, abgedr. in ArztR 1983, 175.

Gutachterkommission (Gutachterstelle) für ärztliche Behandlungsfehler 748

I. Die Gutachterkommissionen (Gutachtererstellen) für ärztliche Behandlungsfehler sind Einrichtungen der > Ärztekammern zur Begutachtung behaupteter ärztlicher t> Behandlungsfehler bei Streitigkeiten zwischen Ärzten und Patienten mit dem Ziel, dem Patienten die außergerichtliche Durchsetzung begründeter Ansprüche und dem Arzt die Zurückweisung unbegründeter Vorwürfe zu erleichtern. Das andere heute praktizierte Modell zur Erreichung dieses Zieles sind die > S c h l i c h t u n g s s t e l l e n für ärztliche Behandlungsfehler (zur Aufgabe und Tätigkeit der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen eingehend Henschel, aaO.; vgl. auch die Übersicht bei Doms, NJW 1981, 2489; Bodenburg, VersR 1982, 729ff.). Durch das Verfahren vor den Gutachterkommissionen wird der Rechtsweg zu den Zivilgerichten nicht ausgeschlossen. Tatsächlich ist j edoch eine Entlastung der Gerichte und Staatsanwaltschaften durch die Gutachter- und > Schlichtungsstellenzuverzeichnen(vgl.dazuKohnle,DRiZ 1983,140 ff.).

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II. Rechtsgrundlage für die Einrichtung der Gutachterkommissionen sind die von den Ärztekammern auf der Grundlage der Kammer- und Heilberufsgesetze erlassenen Satzungen (AK Nordrhein: Rhein. ABl. 1979,126 f. ; LAK Hessen u. Rheinland-Pfalz [der Einrichtung liegt trotz ihrer Bezeichnung als „Gutachter- und Schlichtungsstelle" im Statut die Konzeption einer Gutachterkommission, nicht einer >Schlichtungsstelle zugrunde]: Hess. ABl. 1983, 343; LAK Bad.-Wttbg.: ABl. Bad.-Wttbg. 1977,122 ff. ; ÄKWestf.-Lippe: Westf. ABl. 1977,782f. ; AKSaarland: Saarl. ABl. 1981,523; die Statuten sämtlicher Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen sind abgedr. bei Henschel, aaO. S. 247 ff.). III. Zusammensetzung. Die Gutachterkommissionen bestehen i.d.R. aus drei oder fünf Mitgliedern. Den Vorsitz führt ein Jurist mit der Befähigung zum Richteramt. Die Beisitzer rekrutieren sich aus Ärzten, von denen mindestens einer in dem selben Gebiet tätig sein muß wie der betroffene Arzt. Die Mitglieder der Gutachterkommissionen sind bei der Wahrnehmung ihrer Autga-

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Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler

ben unabhängig und an Weisungen nicht gebunden. Dem steht nicht entgegen, daß die Kosten der Gutachterkommissionen von den Ärztekammern getragen werden. IV. Verfahren. 1. Verfahrensbeteiligte sind der Patient, der das Vorliegen eines > Behandlungsfehlers behauptet, und der betroffene Arzt. Eine Beteiligung von Krankenhausträgern ist nach den Statuten der einzelnen Gutachterkommissionen ausgeschlossen. Es gilt der Grundsatz der Freiwilligkeit, d.h. das Verfahren kann nur auf Antrag eines Verfahrensbeteiligten in Gang gebracht werden, sofern der Antragsgegner nicht widerspricht. 2. Gegenstand des Verfahrens sind behauptete > B e h a n d l u n g s f e h l e r und - mittlerweile fast ausnahmslos - Aufklärungspflichtverletzungen ( > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t ) , wobei Ansprüche aus Amtshaftung vielfach ausgeschlossen sind, ebenso wie Schäden aus ärztlicher Begutachtung (vgl. z.B. § 3 Abs. 2e) u. f) des Statuts der LÄK Bad.-Wttbg.). 3. Verfahrenshindernisse sind durchweg das Vorliegen eines rechtskräftigen Gerichtsurteils oder eines gerichtlichen Vergleichs, ein anhängiges Gerichtsverfahren oder ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren, Verstreichen einer Fünfjahresfrist ab Kenntnis des angeblichen Behandlungsfehlers. 4. Das Verfahren vor der Kommission ist schriftlich oder mündlich. Nach Einholung einer Stellungnahme des betroffenen Arztes und Beiziehung von Unterlagen (ggf. auch Unterlagen anderer konsultierter Ärzte) erfolgt die Aufklärung des medizinischen Sachverhalts, wenn nötig unter Einholung eines > G u t a c h t e n s eines externen ärztlichen > S a c h v e r s t ä n d i g e n . Nach anschließender Beratung erteilt die Kommission einen abschließenden schriftlichen Bescheid, in dem eine sachverständige Äußerung zu der Frage abgegeben wird, ob dem Arzt ein vorwerfbarer > Behandlungsfehler unterlaufen ist, durch den der Patient einen Gesundheitsschaden erlitten hat bzw. erleiden könnte. Mit dieser Stellungnahme endet die Tätigkeit der Gutachterkommission; ein Schlichtungsversuch oder Schlichtungsvorschlag wird - im Unterschied zum Verfahren vor der > Schlichtungsstelle - i.d.R. nicht gemacht. Die Entscheidung der Gutachterkommission ist für keinen der Beteiligten verbindlich. Es steht jedem frei, den ordentlichen Rechtsweg zu beschreiten. Die Entscheidungen der Gutachterkommissionen werden mittlerweile i.d.R. von allen größeren Haftpflichtversicherern anerkannt (vgl. Bodenburg, VersR 1980, 996, 998; Doms, NJW 1981, 2489, 2492f.). 5. Das Verfahren vor der Gutachterkommission ist für die Beteiligten gebührenfrei. Wird von einem Beteiligten die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt, so trägt die Kosten der Antragsteller (Ausnahme WestfalenLippe, wo die Gutachter ehrenamtlich tätig werden). Ihre eigenen Kosten (vor allem Anwaltskosten) tragen die Beteiligten selbst.

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V. Problematisch ist die rechtliche Einordnung der Beziehungen zwischen den am Verfahren beteiligten Patienten und Ärzten und den > Ärztekammern als Rechtsträger der Gutachterkommissionen. Am treffendsten erscheint die

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Annahme eines vertragsähnlichen, öffentlichrechtlichen Benutzungsverhältnisses (vgl. Henschel, aaO. S. 188ff.). 1. Für die > Haftung gegenüber den Antragstellern gelten danach folgende Grundsätze: a) Die Ärztekammern haften aa) bei Gesundheits- und Körperverletzungen infolge einer Untersuchung des Antragstellers nach Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB sowie aus vertragsähnlicher Einstandspflicht, bb) bei Vermögensschäden infolge falschen Gutachtens nach Art. 34 GG i.V. mit § 839 GG nur bei grob leichtfertigem Handeln. b) Eine Eigenhaftung der Kommissionsmitglieder tritt nur bei Vorsatz ein und kommt daher praktisch wohl nicht in Betracht. Abweichungen von diesen Grundregeln können sich aufgrund von Haftungsausschlußklauseln in den Statuten der einzelnen Gutachterkommissionen ergeben (vgl. hierzu und zur Problematik der Rechtswirksamkeit solcher Ausschlußklauseln Henschel, aaO. S. 192ff.|. 2. Nach Sinn und Zweck des Verfahrens vor den Gutachterkommissionen gehört der Anspruch der Verfahrens beteiligten auf Einsicht in die bei den Gutachterkommissionen geführten Akten und die Herstellung von Fotokopien (auf eigene Kosten] zum notwendigen Inhalt des quasivertraglichen öffentlichrechtlichen Schuldverhältnisses. Der jeweils obsiegende Teil hat ein berechtigtes Interesse daran, anhand des vorhandenen Aktenmaterials die Erfolgsaussichten eines Schadensersatzprozesses zu prüfen und die Unterlagen ggf. im Prozeß zu verwenden (vgl. Bodenburg, VersR 1982, 729, 733f.). VI. Einzelfragen. 1. Durch den Antrag des Geschädigten an die Gutachterkommission wird die Verjährung etwaiger Schadensersatzansprüche nach § 209 BGB nicht unterbrochen. Falls sich der Antragsgegner auf das Verfahren vor der Gutachterkommission einläßt, wird die Verjährung jedoch gem. § 852 Abs. 2 BGB gehemmt (BGH, NJW 1983, 2075; Eberhardt, NJW 1983, 2613, 2616). Keine Verjährungshemmung tritt bei Ansprüchen gegen Krankenhausträger ein, da diese nicht Verfahrensbeteiligte sind (näher dazu Matthies, VersR 1981, 1099; Bodenburg, VersR 1982, 729, 732f.|. 2. Der Schmerzensgeldanspruch wird durch die Anrufung der Gutachterkommission nicht rechtshängig i. S. des § 847 Abs. 1 Satz 2 BGB. 3. Der Krankenhausarzt ist aufgrund der arbeitsrechtlichen und beamtenrechtlichen Treuepflicht gehalten, den Krankenhausträger von einem gegen ihn angestrengten Verfahren vor der Gutachterkommission und seine beabsichtigte Mitwirkung hieran zu unterrichten. Eine Untersagung der Mitwirkung durch den Krankenhausträger, weil dieser Haftungsfolgen für sich selbst befürchtet, stellt einen Verstoß gegen die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers dar, die dem Krankenhausträger gebietet, dem Arzt die Möglichkeit zu geben, sich außerhalb von Strafverfahren und Zivilprozessen von dem Vorwurf eines > Behandlungsfehlers zu entlasten. Deshalb kann der Krankenhausträger dem Arzt auch nicht verbieten, die Gutachterkommission von sich aus anzurufen. Gleiches muß für die Haftpflichtversicherung des Krankenhausträgers und des Arztes gelten.

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4. Da die G u t a c h t e r k o m m i s s i o n e n Einrichtungen der > Ä r z t e k a m m e r n sind, sind sie n a c h den Gesetzen der Länder ü b e r die Petitionsausschüsse der Landtage (vgl. z.B. in Bad.-Wttbg. das Gesetz v. 20. 2. 1979, GBl. S. 85) zur Aktenvorlage an den Petitionsausschuß auf A n f o r d e r u n g verpflichtet. VII. Anschriften der Gutachterkommissionen Gutachter- und Schlichtungsstelle für ärztliche Behandlungsfehier der Landesärztekammern Hessen und Rheinland-Pfalz Broßstraße 6 6000 Frankfurt am Main 90 Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler bei der Ärztekammer Nordrhein Tersteegenstr. 31 4000 Düsseldorf 30 Gutachterkommission für ärztliche Haftpflichtfragen bei der Ärztekammer Westfalen-Lippe Kaiser-Wilhelm-Ring 4 / 6 4400 Münster Gutachter- und Schlichtungsstelle bei der Ärztekammer des Saarlandes Faktoreistraße 4 6600 Saarbrücken Gutachterkommission für Fragen ärztlicher Haftpflicht bei der Landesärztekammer Baden-Württemberg - für den Bereich der Bezirksärztekammer Nordbaden Keßlerstraße 1 7500 Karlsruhe 21 - für den Bereich der Bezirksärztekammer Nordwürttemberg Jahnstraße 32 7000 Stuttgart 70 - für den Bereich der Bezirksärztekammer Südbaden Sundgauallee 27 7800 Freiburg - für den Bereich der Bezirksärztekammer Südwürttemberg Wächterstraße 76 7400 Tübingen.

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Hämodialyse

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I. Begriff. Man versteht darunter ein Verfahren zur Ausscheidung der im Stoffwechsel anfallenden Schlackensubstanzen und Fremdstoffe bei akuter oder chronischer Niereninsuffizienz. Diese lebensnotwendige Ausscheidungsfunktion wird bei der extrakorporalen Hämodialyse durch ein Gerät, die sog. künstliche Niere übernommen, an die der Kreislauf des Patienten angeschlossen wird. Ein weiteres in der Praxis angewandtes Verfahren ist die Peritonealdialyse, die dem gleichen chemisch-physikalischen Prinzip folgt, bei der das Blut jedoch nicht - wie bei der Hämodialyse - außerhalb des Körpers an einer künstlichen Membran entlanggeführt wird, sondern in den Kapillaren der natürlichen Peritonealmembran strömt (vgl. Pschyrembel, „Hämodialyse", „Dialyse"). Beide Behandlungsverfahren können stationär, halbstationär oder ambulant durchgeführt werden.

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II. Man unterscheidet folgende Dialysearten (vgl. zum folgenden Rieger, NJW 1979, 582ff.): 1. Die Zentrumsdialyse. Die klassische Form der Behandlung mit der künstlichen Niere ist die (ambulante oder stationäre) Behandlung in einem Dialysezentrum ( > K r a n k e n h a u s , > Arztpraxis oder Dialyseeinrichtung eines sonstigen Trägers) unter ständiger ärztlicher und pflegerischer Überwachung. Das Pflegepersonal nimmt hier eine Reihe von Aufgaben selbständig wahr, unabhängig von der Gesamtverantwortung des Arztes. 2. Die Limited-care (Self-care)-Dialyse. Sie erfolgt ebenfalls in einer zentralen Dialyseeinrichtung ambulant oder stationär und ist dadurch gekennzeichnet, daß die ärztliche und pflegerische Betreuung im Vergleich zur Zentrumsdialyse eingeschränkt ist. So ist i.d.R. ein Arzt nicht ständig anwesend. Die notwendige ärztliche Überwachung wird lediglich durch > Rufbereitschaft sichergestellt. Eine Pflegeperson hat mehrere Dialysen gleichzeitig zu betreuen. Die bei der Zentrumsdialyse dem Pflegepersonal obliegenden Aufgaben werden deshalb bei der Limited-care-Behandlung zu einem großen Teil vom Patienten selbst übernommen. Er wird hierfür durch entsprechendes „Training" vorbereitet. Die Aufgabe des Pflegepersonals beschränkt sich im wesentlichen darauf, die vom Patienten durchgeführten Maßnahmen zu überwachen und ihm bei Komplikationen zur Seite zu stehen. Da bei der Limited-care-Dialyse ein Arzt im allgemeinen nicht ständig anwesend ist, muß das Pflegepersonal in der Lage sein, bei Notfallsituationen (z. B. Embolie, Herz- und Atemstillstand) die gebotenen Sofortmaßnahmen zu ergreifen. 3. Die Heimdialyse. Hier ist die dem Patienten zur Verfügung stehende ärztliche und pflegerische Betreuung im Vergleich zur Limited-care-Dialyse weiter reduziert. Der Patient führt zusammen mit einem geeigneten Partner (meist Familienangehörige) nach zwei- bis dreimonatigem intensiven „Training" im Dialysezentrum die Behandlung mit der künstlichen Niere in der eigenen Wohnung durch. Er und sein Dialysepartner übernehmen dabei sämtliche Aufgaben, die bei der Zentrumsdialyse vom Pflegepersonal wahrgenommen

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Hämodialyse

werden. Beim Auftreten von Komplikationen steht lediglich eine > Rufbereitschaft (ein Arzt und eine erfahrene Pflegekraft) in dem meist weit entfernt gelegenen Dialysezentrum zur Verfügung. Insgesamt steht jedoch auch die Heimdialvse unter ärztlicher Überwachung ihre sichere Durchführung ist nur unter der Aufsicht eines besonders weitergebildeten und ständig telefonisch erreichbaren Arztes möglich. 4. Die Intensiv-Dialyse dient der stationären Behandlung von Risikopatienten, die durch Begleiterkrankungen oder durch Unverträglichkeit gegenüber dem Behandlungsverfahren selbst so gefährdet sind, daß unter Intensivbehandlungsbedingungen ( > Intensivmedizin) gearbeitet werden muß (vgl. zu den einzelnen Dialysearten auch Narr, aaO. Rzn. 562 ff.|. III. Der Betrieb einer Dialysestation im Rahmen einer > Arztpraxis unterliegt der Konzessionspflicht nach §30 GewO (VG Hannover v. 4. 10. 1977, GewArch. 1978, 56; Schober, GewArch. 1977, 115) und damit auch der Gewerbesteuerpfiicht.

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IV. Berufsrecht und Kassenarztrecht. 1. Zum Teil bestehen Richtlinien der 758 > Ärztekammern und der > Kassenärztlichen Vereinigungen für den Betrieb von Dialyseeinrichtungen (vgl. z.B. die Richtlinien der KV Bayern über die fachlichen Voraussetzungen zur Ausführung der Dialysebehandlung v. 1. 1. 1980, BayÄBl. 1980, 180). 2. Die Führung der Bezeichnung „Dialyse", „Dialyseinstitut" oder einer ähnlichen Bezeichnung auf dem > Praxisschild, auf Briefbogen, Rezepten oder Stempeln verstößt gegen das berufsrechtliche > Werbeverbot. Keine verbotene Werbung sind Inserate für Feriendialyse mit Namensangabe des Arztes in Fachzeitschriften für Dialysepatienten, sofern die Anzeige informatorischen Charakter hat und der Arzt sich nicht in den Vordergrund stellt. 3. > Zweigpraxis Rz 2018. V. Haftung. 1. Die vorgenannten Formen der Dialysebehandlung erfordern ein arbeitsteiliges Zusammenwirken zwischen Ärzten und Pflegekräften. Dabei ergeben sich z. T. Schwierigkeiten bei der Abgrenzung der zivilrechtlichen und strafrechtlichen Verantwortlichkeit der Beteiligten. Es gelten hier die allgemeinen Grundsätze über die Sorgfaltspflichten bei der Arbeitsteilung in der Medizin ( > Behandlungsfehler Rzn. 313ff.). Generell ist bei den einzelnen Dialysearten zu beachten, daß die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht des Arztes und des Pflegepersonals in dem Maße steigen, in dem die Intensität der ärztlichen und pflegerischen Betreuung von der Zentrumsdialyse über die Limited-care-Dialyse zur Heimdialyse abnimmt (im einzelnen dazu Rieger, NJW 1979, 583ff.). Die Arbeitsgemeinschaft für Klinische Nephrologie e.V. hat im Jahr 1978 „Empfehlungen zur Struktur Nephrologischer Abteilungen und zur Organisation der Dauerdialyse" (Mitteilungen der Arbeitsgemeinschaft für Klinische Nephrologie, Vandenhoeck & Ruprecht, VIII 1979, 181 ff.) verabschiedet, die als Maßstab für die ärztliche Sorgfaltspflicht bei der Dialvsebehandlung gelten können ( > Behandlungsfehler Rz 3071.

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Hämodialyse

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2. Aus den verschiedenen Risiken bei den einzelnen Dialysearten ergeben sich besondere Probleme für die ärztliche > Aufklärungspflicht (Rzn. 253ff.) Grundsätzlich wird man davon ausgehen können, daß ein Patient von durchschnittlichem Bildungsgrad während des zwei- bis dreimonatigen „Trainings" über die erhöhten Risiken der Selbstbehandlung bei der Limited-care- oder Heimdialyse Klarheit erlangt, so daß eine Aufklärungspflicht des Dialysearztes insoweit entfällt. Unterzieht sich der Patient nach Beendigung des „Trainings" der vorgesehenen Form der Dialysebehandlung, so erteilt er hierzu sein Einverständnis durch schlüssiges Handeln. Die Einwilligung ist nicht deshalb unter dem Gesichtspunkt des § 226 a StGB unwirksam, weil der Patient bei der Heimdialyse oder der Limited-care-Dialyse selbst ein tödliches Risiko in Kauf nimmt (näher dazu Rieger, NJW 1979, 586 f.).

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VI. 1. Die Dialysebehandlung in allen ihren Erscheinungsformen gehört zur > Krankenpflege i.S. der gesetzlichen > Krankenversicherung (Rz 1103; § 182 Abs. 1 Nr. 1 RVO; vgl. SG Berlin v. 30. 9. 1970, DÄ 1970, 3772). Bei der Heimdialyse erstreckt sich die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen auf die Bereitstellung und Unterhaltung des Dialysegerätes. Streitig ist, ob zur Pflichtleistung der Kassen auch die Stellung einer Bedienungsperson gehört. Dies wird von der überwiegenden Rspr. verneint (vgl. die Nachweise bei Narr, aaO. Rz 566; a.A. Narr, aaO.; Däubler, NJW 1972, 1105, 1108). Die Hilfeleistung von Familienangehörigen bei der Heimdialyse begründet nach Auffassung des BSG grundsätzlich keinen Entschädigungsanspruch gegen die Krankenkasse (BSGE 44, 139 und die weiteren Nachw. bei Peters, Hdb. d. Krankenvers. § 185 Anm. 7 a.E.; Händel, Med. Welt 1978, 1261). Die Krankenkasse ist nur verpflichtet, die Kosten für deren Ausbildung zu übernehmen.

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2. Zur Abgrenzung zwischen stationärer und ambulanter Dialysebehandlung in bezug auf eine private Krankenhaustagegeldversicherung vgl. LG Wuppertal, VersR 1977, 78. Eine 12stündige Abwesenheit eines Dialysepatienten zur Behandlung im Dialysezentrum ist keine stationäre Behandlung und begründet daher keinen Anspruch aus einer privaten Krankenhaustagegeldversicherung (LG Köln, VersR 1979, 565).

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VII. Arzthonorai. 1. Soweit die Dialysebehandlung stationär oder halbstationär erfolgt, werden die Kosten beim totalen > Krankenhausaufnahmevertrag (Rz 1035) durch den > Pflegesatz abgegolten (vgl. auch SG Freiburg v. 21. 3. 1974, MMW 1978, 30). Eine im Krankenhaus durchgeführte Dialyse, die eine nur nach Stunden bemessene Anwesenheit im Krankenhaus erfordert, ist regelmäßig als ambulante Behandlung zu werten (LSG Nieders. v. 16. 12. 1981, Krankenhaus 1982, 321; vgl. ferner zur Abgrenzung zwischen stationärer und ambulanter Behandlung LG Wuppertal, VersR 1977, 78). Bei selbstzahlenden Patienten erhält der liquidationsberechtigte Arzt eine Vergütung nach den Nrn. 790 ff. GOÄ.

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Hafenarzt

2. Bei der ambulanten Behandlung von Kassenpatienten ist zu unterscheiden zwischen dem Honorar für die rein ärztlichen Leistungen, das sich nach den Nrn. 79Off. BMÄ'78/E-GO richtet, und den anfallenden >Sachkosten. Diese werden entweder direkt zwischen den Trägern der Dialyseeinrichtung und der Krankenkasse abgerechnet oder dem Arzt von der KV entsprechend den zwischen KV und Krankenkasse getroffenen vertraglichen Regelungen vergütet. Für den Bereich der RVO-Kassen bestehen nach Art und Höhe unterschiedliche regionale Vereinbarungen, im Ersatzkassenbereich gilt die bundeseinheitliche Kostenregelung nach Anl. 14 zum AEKV (näher dazu Wezel-Liebold, aaO. Anm. zu Nrn. 791 ff.). Bei der ambulanten Behandlung selbstzahlender Patienten besteht nach der GOÄ nicht die Möglichkeit der zusätzlichen Abrechnung von Sachkosten neben dem Honorar nach den Nrn. 790-793 des Gebührenverzeichnisses (> Arzthonorar Rz 188). Diesem höchst unbefriedigenden Zustand wird in der Praxis z.T. dadurch begegnet, daß von den privaten Krankenversicherungen und den Beihilfestellen neben den vorgenannten Gebührenziffern Sachkostenpauschalen entsprechend den für den Bereich der gesetzlichen Krankenkassen geltenden Sätzen gezahlt werden. Vni. Ist ein Familienangehöriger berufstätig, so steht ihm für die Dauer der Ausbildung am Dialysegerät kein Anspruch auf Lohnfortzahlung gegen seinen Arbeitgeber zu (BAG v. 20. 7. 1977 - 5 AZR 325/76 -).

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IX. Die latente Gefahr der Ansteckung mit Hepatitis auf der Dialysestation eines > Krankenhauses reicht zur Begründung eines Anspruches auf Zusatzurlaub des dortigen Pflegepersonals nach § 49 BAT im allgemeinen nicht aus (BAG v. 8. 8. 1978, ArztR 1980, 101). X. Für den Bereich der EG besteht ein Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über den Schutz der Dialysepatienten durch größtmögliche Verringerung der Aluminiumexposition (BR-Drucks. 325/83 v. 21. 7. 1983).

Hafenarzt I. Dem Hafenarzt obliegt die Wahrnehmung der für einen Seehafen spezifisehen Aufgaben des > ö f f e n t l i c h e n G e s u n d h e i t s d i e n s t e s . Dazu gehören vor allem die Gesundheitsüberwachung, Seuchenabwehr und Hygieneüberwachung auf einkommenden Schiffen und im Hafen, Gesundheitsberatung für Schiffsbesatzungen und Reeder, Kontrolle und Einweisung von > S c h i f f s ä r z t e n , Überwachung von Schiffsapotheken, Behandlungs- und Krankenräumen nach der Verordnung über die Krankenfürsorge auf Kauffahrteischiffen v. 25. 4. 1972 (näher dazu Kaerger, aaO. ; Koch, MMW 1964, 433 ff.).

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Hafenarzt

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II. Rechtsstellung. Der Hafenarzt als Leiter des Hafenärztlichen Dienstes ist i.d.R. > b e a m t e t e r Arzt. III. Selbständige hafenärztliche Dienststellen bestehen nur in Seehäfen mit größerem Verkehr (z.B. in Hamburg, Bremen und Bremerhaven). In kleineren Seehäfen werden die hafenärztlichen Aufgaben vom zuständigen > Gesundh e i t s a m t mit übernommen.

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A. Zivilrechtliche Haftung.

Sie betrifft die Frage, ob jemand für einen von ihm oder einem Dritten verursachten Schaden ersatzpflichtig ist. Bei der zivilrechtlichen Haftung für ärztliches Handeln ist zu unterscheiden, ob der Arzt dem Geschädigten als gleichgeordnetes Rechtssubjekt im Rahmen eines privatrechtlichen Rechtsverhältnisses gegenübertritt (I) oder ob er im Rahmen eines Über- und Unterordnungsverhältnisses hoheitlich tätig wird (II). I. Grandzüge des Haftungssystems bei ärztlichem Fehlverhalten im privatrechtlichen Rechtskreis. 1. Haftung im Rahmen dei t> Heilbehandlung. 1.1. Haftung im Außen Verhältnis gegenüber dem Patienten a) Allgemeine Haftungsgrundlagen sind der > Arztvertrag (§§ 611 ff. BGB i.V.m. den Regeln über Schlechterfüllung, §§ 286, 326, 280, 325 analog), das Recht der unerlaubten Handlung (§§ 823 ff. BGB) sowie die Vorschriften über Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB), die dann Platz greifen, wenn ohne Zustandekommen eines Arztvertrages ein rasches ärztliches Eingreifen erforderlich war (z.B. Versorgung eines Bewußtlosen am Unfallort >Rettungsdienst Rz 15041. aal Eine zivilrechtliche Einstandsüf licht aufgrund dieser Haftungsgrundlagen ist dann gegeben, wenn die vom Arzt begangene objektive Sorefaltsvflichtverletzung für einen beim Patienten eingetretenen Schaden ursächlich und dem Arzt auch subiektiv vorwerfbar ist. Dabei kommt als SorgfaltSDflichtverletzung nicht nur ein > B e h a n d l u n g s f e h l e r (Rz 3051. sondern iedes sonstige sorgfaltswidrige Verhalten, insbesondere eine Verletzung der ärztlichen > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t oder z.B. ungenügende technische Sicherheitsvorkehrungen bei Durchführung einer Untersuchung I > Arztvertrag Rz 221) oder bei der stationären Unterbringung ( > Selbstmord Rz 16911 in Betracht. Zivilrechtlich bedeutsame Ursache für einen beim Patienten eingetretenen Schaden ist nur diejenige Handlung oder Unterlassung, die mit dem Schaden in adäquatem Zusammenhang steht. Ein adäauater Kausalzusammenhang ist zu verneinen, wenn der Eintritt des Schadens außerhalb aller menschlichen Erfahrung lag (BGHZ 8, 138, Weissauer. Anaesthesist 1962. 239. 2511.

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Ist die objektive Sorgfaltspflichtverletzung für einen schädlichen Erfolg in diesem Sinne ursächlich, so wird den Arzt in aller Regel auch ein zivilrechtlicher Schuldvorwurf treffen (Laufs, Arztrecht Rz 170]. Objektive und subjektive Fahrlässigkeit fallen wegen des im Zivilrecht geltenden objektivierten und typisierten Sorgfaltsmaßstabes regelmäßig zusammen, so daß die persönlichen Verhältnisse und Fähigkeiten des Arztes grundsätzlich außer Betracht bleiben. Auf von ihm nicht zu vertretende Mängel in der > ärztlichen Ausbildung oder > Weiterbildung kann sich der Arzt deshalb - anders als im Strafrecht (unten Rz 787) - nicht berufen (BGHZ 5, 321, 8, 138; Weissauer, Anaesthesist 1964, 392). Ausnahmsweise sind Fälle denkbar, in denen ein Heileingriff zwar objektiv verfehlt war, ein subjektiver Schuldvorwurf aber dennoch nicht gemacht werden kann. Dies gilt vor allem für den Einsatz in Katastrophenfällen ( > K a t a s t r o p h e n s c h u t z ) , wo zwar die objektive Sorgfaltspflicht des Arztes nicht herabgesetzt ist ( > Behandlungsfehler Rz 321), wo es jedoch an einem Verschulden fehlen kann, wenn der Arzt anläßlich eines pausenlosen Einsatzes physisch überfordert war (Giesen, aaO. S. 16). Eine Haftung ohne Verschulden ( > G e f ä h r d u n g s h a f t u n g ) ist im Bereich des Gesundheitswesens auf wenige Ausnahmefälle beschränkt, bb) Die Haftung aus Vertrag verpflichtet den Schädiger zum Ersatz des materiellen Schadens. Ein Anspruch auch auf Ersatz des immateriellen Schadens, also auf Schmerzensgeld sowie auf Unterhalt im Falle des Todes besteht nur bei der Haftung aus unerlaubter Handlung (§§ 847, 844 BGB). Deshalb ist es für den geschädigten Patienten bzw. dessen Hinterbliebene nicht nur von theoretischer, sondern von erheblicher praktischer Bedeutung, daß er den Arzt und/oder den Krankenhausträger aus Vertrag und aus unerlaubter Handlung in Anspruch nehmen kann, cc) Die Verjährungsfrist für vertragliche Schadensersatzansprüche beträgt regelmäßig 30 Jahre (§ 195 BGB). Ansprüche aus unerlaubter Handlung (deliktsrechtliche Ansprüche) verjähren i.d.R. in 3 Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Geschädigte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt hat (§ 852 Abs. 1 BGB; vgl. dazu BGH, VersR 1983, 1158; OLG Düsseldorf, NJW 1983, 1383; LG Aurich, VersR 1983, 46 ; allgemein zu Verjährungsfragen im Arzthaftpflichtrecht Eberhardt, NJW 1983, 2613ff.). dd) Das Haftungsrisiko der ärztlichen Behandlung fällt nicht unter den Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung ( > K r a n k e n h a u s Rz 1027).

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b) Keine besonderen Haftungsprobleme ergeben sich im allgemeinen bei der ambulanten Krankenbehandlung. aa) Der in freier Praxis niedergelassene Arzt haftet wegen Verletzung einer Haupt- oder Nebenpflicht aus dem > A r z t v e r t r a g (§611, §§280, 325, 286, 326 BGB). Daneben tritt die Haftung aus unerlaubter Handlung (§ 823 BGB). Für Fehlleistungen seiner ärztlichen und nichtärztlichen Mitarbeiter (z.B. > Assistent, > Praxisvertreter, > Arzthelferin, > Medizinisch-technischer Assistent) hat der Arzt nach §§ 278, 831 BGB einzustehen, ungeachtet der Tatsache, daß diese im Falle eigenen Verschuldens selbst nach § 823 BGB neben

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dem Praxisinhaber als Gesamtschuldner (§ 840 BGB) haften ( > Behandlungsfehler Rz 317). Es macht haftungsrechtlich keinen Unterschied, ob die Behandlung durch einen Privatarzt oder einen > K a s s e n a r z t erfolgt. Der dogmatische Streit, ob ein Dienstvertrag auch zwischen Kassenarzt und Kassenpatient besteht ( > Arztvertrag Rz 214) ist ohne praktische Bedeutung, weil der Kassenarzt nach § 368 d Abs. 4 RVO dem Patienten gegenüber jedenfalls nach den Vorschriften des bürgerlichen Vertragsrechts haftet. bb) Die gleichen Grundsätze gelten für die ambulante Behandlung durch angestellte leitende Krankenhausäizte ( > C h e f a r z t Rzn. 510, 527) oder einen sonstigen Arzt, der im Rahmen einer genehmigten > Nebentätigkeit Patienten ambulant behandelt (z.B. > B e t r i e b s a r z t , > Amtsarzt). Der Arzt hat hier nach §§ 278, 831 BGB auch für Fehlleistungen seiner ärztlichen und nichtärztlichen Mitarbeiter einzustehen, die ihm der Krankenhausträger zur Verfügung stellt. Dabei ist wiederum unerheblich, ob der Arzt als Privatarzt oder im Rahmen einer kassenärztlichen Beteiligung oder Ermächtigung ( > Kassenarzt Rzn. 927f.) tätig wird. § 368 d Abs. 4 RVO gilt nicht nur für voll zugelassene Kassenärzte, sondern für alle Ärzte, die im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung Leistungen erbringen (vgl. Peters, Hdb. d. Krankenvers. § 368 d Anm. 9 c). Bei beamteten Kiankenhausäizten (>Chefarzt Rzn. 516f.) und ärztlichen > H o c h s c h u l l e h r e r n ist fraglich, ob sie dem Patienten deliktisch als Beamter nach § 839 BGB, also nur nach Maßgabe der Subsidiaritätsklausel des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB, oder nach der allgemeinen Vorschrift des § 823 BGB ohne diese Vergünstigung haften. Der BGH hat diese Frage in seinem Urteil v. 30. 11. 1982 (NJW 1983, 1374, 1378) offen gelassen; sie dürfte jedoch zugunsten des § 823 BGB zu entscheiden sein. Im Gegensatz zur stationären Krankenbehandlung im liquidationsberechtigten Bereich (vgl. unten Rzn. 772ff.) wird der beamtete Krankenhausarzt oder ärztliche > Hochschullehrer bei der ambulanten Behandlung von Selbstzahlern nicht „aus seiner beamtenrechtlichen Dienststellung heraus", sondern als „Privatmann" tätig. cc) Zur haftungsrechtlichen Situation bei Uberweisung des Patienten an einen anderen Arzt > Behandlungsfehler Rz 315, > U b e r w e i s u n g Rz 1800. dd) Wo eine ambulante Behandlung ausnahmsweise durch das > K r a n k e n h a u s als Institution oder eine sonstige Einrichtung zur stationären Krankenbehandlung erfolgt ( > P o l i k l i n i k , > v o r s t a t i o n ä r e D i a g n o s t i k / n a c h s t a t i o n ä r e Behandlung), finden die dort geltenden, nachstehend (Rzn. 772.ff.) skizzierten Haftungsregeln entsprechend Anwendung (vgl. Schlosshauer-Selbach, NJW 1982, 1305, 1306). c) Schwieriger sind die bei der stationären Krankenbehandlung auftretenden Haftungsfragen. Nachdem das Staatshaftungsgesetz v. 26. 6. 1981 durch Urteil des BVerfG v. 19. 10. 1982 (NJW 1983, 25) für nichtig erklärt wurde, gilt für die Haftung der Beteiligten wieder der bisherige Rechtszustand unter Einschluß des Amtshaftungsrechts. Dabei ist davon auszugehen, daß auch die Rechtsbeziehungen öffentlichrechtlicher Krankenhausträger und Universitäts-

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kliniken zu ihren Patienten, die sich freiwillig einer stationären Behandlung unterziehen, zivilrechtlicher Natur sind, auch wenn die Krankenhausaufnahme selbst auf öffentlichrechtlichen Vorgängen beruht, wie z. B. bei der Einweisung durch einen Sozialhilfeträger in ein von ihm getragenes öffentliches Krankenhaus (BGHZ 4, 138; 9, 145; 63, 265; BGH, VersR 1961, 225; eine Ausnahme bilden > Psychiatrische Landeskrankenhäuser, Rz 1457). Maßgebend für die Haftung der an der stationären Krankenversorgung beteiligten Ärzte und Nichtärzte ist in erster Linie der Vertragstyp, der der Krankenhausaufnahme zugrundeliegt ( > Krankenhausauf nahmevertrag Rzn. 1033ff. ; vgl. zum folgenden Kurzawa, VersR 1977, 799). aa) Haftung bei Vorliegen eines totalen Krankenhausaufnahmevertrages 773 aaa) Der Krankenhausträger haftet für Fehlleistungen des ärztlichen und nichtärztlichen Personals einmal vertraglich nach § 278 BGB. An die Stelle dieser Vorschrift tritt bei Schäden, die ein leitender Krankenhausarzt als verfassungsmäßig berufener Vertreter verursacht hat, die Haftungsbestimmung des § 31 BGB, bei öffentlichrechtlichen Trägern i.V.m. § 89 Abs. 1 BGB. Die Rspr. hat den § 31 BGB im vorliegenden Zusammenhang weit ausgelegt und die Eigenschaft eines > Chefarztes als verfassungsmäßig berufener Vertreter z. B auch dann bejaht, wenn ihm rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht nicht erteilt war (BGH, NJW 1972, 334; vgl. auch LG Köln VersR 1975, 458). Danach kommt dem > Ärztlichen D i r e k t o r eines Krankenhauses zweifelsfrei die Stellung eines verfassungsmäßig berufenen Vertreters zu (Daniels, NJW 1972, 308; BGHZ 5, 321, 325). Gleiches gilt für jeden im medizinischen Bereich völlig weisungsfrei arbeitenden > Chefarzt, gleichgültig ob er ärztlicher Leiter einer organisatorisch selbständigen oder organisatorisch nicht selbständigen Fachabteilung oder Klinik ist (BGH, NJW 1980, 1901). Verneint wird die Organeigenschaft dagegen i.d.R. bei einem > Oberarzt (BGH, VersR 60, 752, 753; LG Berlin, VersR 1968, 286, 287) oder einem > Stationsarzt (OLG Bamberg, NJW 1959, 816, 817). Nach §31, ggf. i.V.m. §89 Abs. 1 BGB, haftet der Krankenhausträger auch deliktsrechtlich für Schadensersatzansprüche aus Fehlleistungen eines verfassungsmäßigen Organs ohne Entlastungsmöglichkeit. Für Fehlhandlungen der übrigen Krankenhausärzte hat er nach § 831 BGB mit der Möglichkeit zur Führung des Entlastungsbeweises einzustehen. aab) Neben die Haftung des Krankenhausträgers tritt die deliktische Eigenhaf- 77A tung des den Schaden verursachenden angestellten (leitenden oder nachgeordneten) Arztes nach § 823 BGB. Die deliktische Haftung beamteter Krankenhausärzte im privatrechtlichen (fiskalischen) Bereich richtet sich nach § 839 BGB mit der Folge, daß der beamtete Arzt als verfassungsmäßig berufener Vertreter i.S. des §31 BGB trotz Verwirklichung des Deliktstatbestandes wegen der Subsidiaritätsklausel in § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB nie, als Nicht-Organ nur dann haftet, wenn dem Krankenhausträger der Entlastungsbeweis nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB gelingt (vgl. BGH, NJW 74, 1424; Kern, VersR 1981, 316ff.|. Die Subsidiaritätsklausel erlaubt jedoch dem Schädiger nicht die Verweisung auf Ersatzpflichten anderer beamteter Ärzte, die nach § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB

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ebenfalls nur subsidiär haften (BGH, NJW1983,1374,1377 f.). Voraussetzungfür die Anwendung des § 839 BGB ist stets, daß der Arzt Beamter im staatsrechtlichen Sinne ist, d. h. daß er durch Aushändigung einer Urkunde, in der die Worte „unter Berufung in das Beamten Verhältnis" enthalten sind, ernannt worden ist. aac) Nichtärztliche Mitarbeiter trifft eine deliktische Eigenhaftung für Fehler in ihrem Verantwortungsbereich > Behandlungsfehler Rz 317. bb) Haftung bei Vorliegen eines gespaltenen Krankenhausaufnahmevertrages bba) Leitender Arzt und Krankenhausträger haften dem Patienten zunächst vertraglich für Pflichtverletzungen nur in ihrem eigenen Aufgaben- und Verantwortungsbereich. Das bedeutet im Prinzip, daß der liquidationsberechtigte Arzt für Fehler bei Durchführung der Heilbehandlung, der Krankenhausträger für Pflichtverletzungen im Bereich der Krankenhausleistungen (Unterkunft, Verpflegung, pflegerische Betreuung) einzustehen hat ( > Krankenhausaufnahmevertrag Rz 1034; vgl. auch BGH, NJW 1975, 1463; Daniels, NJW 1975, 305, 308f.). Im einzelnen können sich hier Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben, so vor allem bei der Frage, welche Leistungen nachgeordneter Ärzte und nichtärztlicher Mitarbeiter dem Aufgabenbereich des liquidationsberechtigten Arztes und welche dem Aufgabenkreis des Krankenhausträgers zuzurechnen sind. Welchem Pflichtenkreis eine bestimmte Tätigkeit zuzuordnen ist, muß durch Auslegung der beiden mit dem Patienten geschlossenen Verträge ermittelt werden. Dabei ist vor allem die Verkehrssitte als Auslegungskriterium heranzuziehen (vgl. Daniels, NJW 1972, 306). Der BGH geht bei der Abgrenzung der beiderseitigen Aufgabenbereiche davon aus, daß der Patient beim aufgespaltenen Krankenhausaufnahmevertrag erwartet, „daß ihm durch das Krankenhaus alle diejenige erforderliche Heilbehandlung zuteil wird, die nicht durch den behandelnden Arzt selbst, sondern gewöhnlich nur mittels der personellen und sachlichen Einrichtungen eines Krankenhauses gewährt zu werden pflegt, z. B. Verabfolgung von Medikamenten, Injektionen, Bestrahlungen und vieles andere mehr. Das Krankenhaus selbst entspricht dieser Erwartung, indem es solche Einrichtungen zur Verfügung stellt und Maßnahmen durchführt und auch berechnet" (BGHZ 5, 321, 323f. [Bluttransfusion]). Somit erfolgt die Abgrenzung der Pflichtenkreise nicht äußerlich-formal nach dem Komplex „Heilbehandlung" einerseits und dem Komplex „Unterkunft, Verpflegung und pflegerische Betreuung des Patienten" andererseits, sondern materiell „nach den eigenen Leistungen des behandelnden Arztes und den üblichen Funktionen des Krankenhauses" (BGH, NJW 1962, 1763). Danach werden die Grundleistungen des nachgeordneten ärztlichen Dienstes, zu denen auch der > Bereitschaftsdienst und die > R u f b e r e i t s c h a f t gehören (Weissauer-Hirsch, Arzt u. Krankenhaus 1982, 136, 138), generell dem Pflichtenkreis des Rrankenhausträgers zugeordnet (BGH, aaO.; BGH, VersR 1957, 808; LG Aachen, NJW 1976, 1155; Bedenken gegen eine solche Verallgemeinerung jedenfalls im Hinblick auf die Durchführung einer > O p e r a t i o n bei Laufs, Arztrecht Rz 180 m.w.Nachw.; Daniels, NJW 1972, 306f. ; Kern, VersR 1981, 317f., die ausgehend von der Unteilbarkeit des einheitlichen Operationsvorganges - den gesamten Bereich der assistierenden Tätigkeit beiden Vertragsschuldnern zu-

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rechnen und daher den liquidationsberechtigten Arzt und den Krankenhausträger als Gesamtschuldner haften lassen; zu weitgehend Kleinewefers-Wilts, NJW 1965, 332, 334, die generell ein Gesamtschuldverhältnis bei allen für die Therapie erforderlichen Maßnahmen annehmen; vgl. zum Ganzen auch Weyers, aaO. A 30). Wirken nachgeordnete Ärzte unmittelbar an der stationären Privatbehandlung mit, z. B. als Operationsassistent, so erbringen sie ihre Leistungen i.d.R. auch dann für den liquidationsberechtigten Arzt, wenn sie keine genehmigte > Nebentätigkeit ausüben, sondern im Rahmen ihrer Dienstpflichten tätig werden (Weissauer-Hirsch, Arzt u. Krankenhaus 1982, 138). Zur Abgrenzung der beiderseitigen Verantwortungsbereiche bei Verrichtungen des nichtärztlichen Assistenzpersonals ausführlich BGH, VersR 1957, 806. bbb) Neben die Vertragshaftung von leitendem Arzt und Krankenhausträger tritt die Haftung beider Vertragspartner aus unerlaubter Handlung jeweils für ihren Verantwortungsbereich (Krankenhausträger: §§831, 31, 89 Abs. 1 BGB; leitender Arzt: §§ 823, 831 BGB). Beamtete leitende Ärzte haften auch im liquidationsberechtigten Bereich nach § 839 BGB, also nur nach Maßgabe der Subsidiaritätsklausel des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB. Dies gilt selbst dann, wenn der Dienstherr die stationäre Behandlung von Wahlleistungspatienten als Nebentätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes ( > N e b e n t ä t i g k e i t Rz 1239) eingeordnet hat (BGH, NJW 1983, 1374, 1377). Für die deliktische Eigenhaftung der nachgeordneten Ärzte und des nichtärztlichen Personals in ihrem Verantwortungsbereich gilt gleiches wie beim totalen Krankenhausaufnahmevertrag (oben Rz 774 a.E.). cc) Haftung bei Vorliegen eines totalen Krankenhausaufnahmevertrages mit Arztzusatzvertrag cca) Der Krankenhausträger haftet hier vertraglich und deliktsrechtlich nach den gleichen Grundsätzen wie beim totalen Krankenhausaufnahmevertrag (oben Rz. 773) dem Patienten für alle Schäden, die dieser bei der Krankenhausversorgung und bei der ärztlichen Behandlung durch schuldhaftes Verhalten seines Personals einschließlich des liquidationsberechtigten Arztes erleidet. ccb) Der liquidationsberechtigte Arzt haftet zusammen mit dem Krankenhausträger gesamtschuldnerisch aus Vertrag und unerlaubter Handlung für Fehlleistungen bei der ärztlichen Behandlung. ccc) Für die deliktische Eigenhaftung der nachgeordneten Ärzte und des nichtärztlichen Personals gilt gleiches wie beim totalen Krankenhausaufnahmevertrag (oben Rz 774). d) Haftungsfreistellung unter dem Gesichtspunkt gefahrgeneigter Arbeit (vgl. zum folgenden ausführlich Heinze, MedR 1983, 6ff. ; Burck, VersR 1968, 613ff.). In den Fällen der deliktischen Eigenhaftung des an der ambulanten und stationären Krankenversorgung beteiligten ärztlichen und nichtärztlichen Personals einschließlich der Chefärzte erhebt sich die Frage, ob die Betroffenen vom Praxisinhaber oder Krankenhausträger unter dem Gesichtspunkt „gefahrgeneigter Arbeit" teilweise oder völlige Freistellung von der Haftung verlangen können.

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aa) Im Arbeitsrecht ist allgemein anerkannt, daß der Arbeitgeber den Arbeitnehmer von der Schadensersatzpflicht gegenüber einem Dritten freistellen muß, wenn die Eigenart der dem Arbeitnehmer übertragenen Tätigkeit es mit hoher Wahrscheinlichkeit mit sich bringt, daß auch dem sorgfältigen Arbeitnehmer gelegentlich Fehler unterlaufen, die für sich allein betrachtet zwar jedesmal vermeidbar wären, mit denen aber angesichts der menschlichen Unzulänglichkeit als mit einem typischen Abirren der Dienstleistung erfahrungsgemäß zu rechnen ist (BAG AP Nr. 4 zu §§ 898, 899 RVO ; BAG AP Nr. 78 zu §§611 BGB Haftung des Arbeitnehmers). Ob eine gefahrgeneigte Arbeit in diesem Sinne vorliegt, richtet sich nach den Umständen des einzelnen Falles. Es gibt sonach keine gefahrgeneigten Arbeiten an sich. Auch bei der Tätigkeit eines Arztes handelt es sich nicht schlechthin um gefahrgeneigte Arbeit. Vielmehr ist aufgrund der Umstände des Einzelfalles zu prüfen, ob einer bestimmten ärztlichen Verrichtung das Merkmal „gefahrgeneigt" zuzuerkennen ist (BAG AP Nr. 47 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers m. Anm. Rieg er ; LArbG Berlin, VersR 1983, 937). Entsprechendes gilt für die Tätigkeit des medizinischen Assistenzpersonals sowie für die in der Aus- und > Weiterbildung stehenden Angehörigen beider Berufsgruppen ( > Praktisches Jahr Rzn. 1385ff.). Bestimmte typische Bereiche ärztlichen Handelns wie die Tätigkeit des Chirurgen bei der > O p e r a t i o n , der Einsatz im > R e t t u n g s d i e n s t oder die Verwendung radioaktiver Stoffe zu diagnostischen oder therapeutischen Zwecken sind generell zur gefahrgeneigten Arbeit zu rechnen, während z. B. die von einem > Betriebsarzt durchgeführte Einstellungsuntersuchung im Regelfall keine schadensgeneigte Tätigkeit darstellt. Ein Schaden, den ein Arzt oder Angehöriger des medizinischen Assistenzpersonals in Ausübung gefahrgeneigter Arbeit weder vorsätzlich noch grob fahrlässig ( > Behandlungsfehler Rz 306) verursacht, gehört zu dem Betriebsrisiko des Arbeitgebers und ist daher von ihm allein zu tragen. Insoweit besteht daher ein Freistellungsanspruch des vom geschädigten Patienten in Anspruch genommenen Schädigers gegen seinen Arbeitgeber (Abweichung von der bisherigen Rspr.; BAG, NfW 1983, 1693; LArbG Berlin, aaO. Beispiele: OVG Münster, VersR 1965, 965 [vergessene Entfernung eines Tupfers aus der Operationswunde > O p e r a t i o n Rz 1329]; BGH, VersR 1967, 778 [Gehörschaden durch Uberdosierung von Streptomyzin bei einem Kleinkind]; LArbG Berlin, aaO. [Zurücklassen eines Mullgewebes im Bauchraum nach Operation] ). 779

Die Rechtsgrundsätze über gefahrgeneigte Tätigkeit finden keine Anwendung, wenn > C h e f ä r z t e n im liquidationsberechtigten Bereich ( > Liquidationsrecht) ein > Behandlungsfehler unterläuft. Anders jedoch, wenn ein hinzugezogener, selbst nicht liquidationsberechtigter > Assistenzarzt dem Patienten einen Schaden zufügt. In diesen Fällen kommt, sofern der Assistenzarzt dabei in Erfüllung seiner Pflichten aus dem Arbeitsvertrag mit dem Krankenhausträger tätig wurde ( > Mitarbeiterbeteiligung Rz 1217) ein Freistellungsanspruch des Assistenzarztes nicht gegen den Chefarzt, sondern nur gegen den Krankenhausträger in Betracht, der sich ggf. seinerseits an den Chefarzt halten kann (näher hierzu Burck, aaO. S. 621). Ist der Chefarzt Ar-

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beitgeber, so richtet sich der Freistellungsanspruch des Assistenzarztes gegen ihn. Ausnahmsweise kann ein Anspruch des angestellten Arztes auf Freistellung von der Haftung auch bestehen, ohne daß es sich um einen Fall gefahrgeneigter Arbeit handelt. Ist der dem Patienten entstandene Schaden nicht nur auf ein schuldhaftes und rechtswidriges Verhalten des Krankenhausarztes zurückzuführen, sondern hat auch der Krankenhausträger den Eintritt oder den Umfang des Schadens schuldhaft und rechtswidrig mitverursacht, so widerspricht es der Fürsorgepflicht des Krankenhausträgers, wenn er den von dem Patienten in Anspruch genommenen Arzt den Schaden allein tragen läßt. Dabei steht dem Verschulden des Krankenhausträgers ein solches seiner Erfüllungsgehilfen gleich (§ 278 BGB; BAG AP Nr. 47 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers). Eine Haftungsmilderung oder Haftungsfreistellung des angestellten Arztes 780 tritt nicht ein, wenn der Schaden von dessen privater > Berufshaftpflichtversicherung gedeckt wird. Bestreitet jedoch die Haftpflichtversicherung ihre Deckungspflicht ganz oder teilweise, so ist es nicht Sache des Arztes, zunächst einen Rechtsstreit mit seinem Versicherer zu führen, bevor er sich an seinen Dienstherrn mit dem Ersuchen um Freistellung wendet. Vielmehr kann er in diesem Fall bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen von seinem Dienstherrn verlangen, daß dieser ihn von der Ersatzpflicht gegenüber dem Geschädigten freistellt (BAG, NJW 1963, 1941, Rieger, DMW 1969, 340 und Anm. zu BAG AP Nr. 47 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers; weitere Nachw. bei Heinze, aaO. S. 10, Anm. 47ff. ; a.A. Heinze, MedR 1983, 6, lOff., der trotz Bestehens einer privaten Haftpflichtversicherung einen Freistellungsanspruch bejaht; ebenso LArbG Berlin, VersR 1983, 937). bb) Diese in erster Linie für das Arbeitsrecht entwickelten Grundsätze finden als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens auch auf Ärzte im Beamtenverhältnis Anwendung (vgl. Burck, aaO. S. 617; OVG Saarland AP Nr. 43 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers; Papier in: Münch. Komm. § 839 Rz 243 m. Nachw.; Rieger, Anm. zu BAG AP Nr. 47 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers m. w. Nachw.). e) Haftungsbeschränkungen, aa) Wo der Arzt als Geschäftsführer ohne Auf- 781 trag handelt (oben Rz 767), ist seine Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt (§ 680 BGB). Diese Haftungsbeschränkung kann jedoch nur für die unter den besonderen Umständen an der Unglücksstelle geleistete Hilfe gelten; sie entfällt, wo aus der spontanen Hilfeleistung eine auftragsgemäße ärztliche Behandlung in der Praxis oder im > Krankenhaus unter normalen Bedingungen entsteht (vgl. Vogel, ÄBl. Bad.-Wttbg. 1971, 151, 152; Hess, DÄ 1964, 1983). bb) Die Haftung des Arztes oder Krankenhausträgers kann sich im Einzelfall mindern oder auch ganz entfallen, wenn den Patienten an der Entstehung des Schadens ein Mitverschulden nach § 254 BGB trifft (näher dazu Uhlenbruck, Med. Klinik 1971, 760 >Arztvertrag Rz 225). Ein solches Mitverschulden bei der Schadenentstehung kommt z. B. in Betracht, wenn der Patient es unterlas-

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sen hat, den Arzt auf besondere, für die > O p e r a t i o n wesentliche und ihm bekannte Umstände hinzuweisen (Schulz, aaO. S. 262). Besondere praktische Bedeutung gewinnt das Mitverschulden des Patienten bei der Haftung für fehlerhafte Anwendung von Arzneimitteln ( > V e r s c h r e i b u n g Rz 1832). Ausnahmsweise kann auch bei der Sicherungsaufklärung ein Mitverschulden des Patienten infrage kommen ( > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t Rz 281). cc) Der Umstand, daß die Behandlung unentgeltlich erfolgt, führt grundsätzlich nicht zu einer Haftungsbeschränkung (BGH, NJW 1977, 2120 [honorarfreie Behandlung eines Arztkollegen] > A r z t v e r t r a g Rz 215). Dies schließt aber nicht aus, daß zwischen Arzt und Patient unter bestimmten Voraussetzungen besondere Abreden über eine Haftungsbegrenzung getroffen werden. Dies gilt auch bei unentgeltlicher Behandlung im Krankenhaus (Uhlenbruck, DMW 1968, 1778; Rieger, DMW 1978, 192, 193 > Haftungsausschluß). 1.2. Haftung im Innenverhältnis gegenüber dem Dienstherrn (Regreßhaftungj Neben der Haftung des ärztlichen und nichtärztlichen Personals gegenüber dem Patienten kann eine Haftung im Innenverhältnis gegenüber dem Dienstherrn bestehen. Dieser hat, wenn er seiner nach den Grundsätzen unter 1.1. bestehenden Ersatzpflicht gegenüber dem geschädigten Patienten (oder dessen Hinterbliebenen) nachgekommen ist, einen Regreßanspruch gegen den Arzt oder dessen nichtärztliche Mitarbeiter. Anspruchsgrundlage hierfür sind für beamtete Ärzte die Beamtengesetze (vgl. § 46 Abs. 1 Satz 1 BRRG, § 78 Abs. 1 Satz 1 BBG und die entsprechenden Vorschriften im Landesbeamtenrecht, z. B. § 89 Abs. 1 Satz 1 LBG Bad.-Wttbg.). Für angestellte Ärzte und das nichtärztliche Assistenzpersonal im Geltungsbereich des BAT gilt entsprechendes nach § 14 BAT. Im übrigen können Regreßansprüche nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung geltend gemacht werden. Wo eine Beschränkung der Haftung im Innenverhältnis auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit nach den vorgenannten Vorschriften nicht eintritt, ergibt sich eine Haftungsbeschränkung nach den Grundsätzen über die Haftungsfreistellung bei gefahrgeneigter Tätigkeit (s. oben Rzn. 778ff.), die richtiger aber nicht unbestrittener Ansicht nach auch für die Innenhaftung beamteter Ärzte gelten (Papier in: Münch. Komm. § 839 Rz 243; näher dazu Burck, VersR 1968, 618). 1.3. Für den Kassenarzt kann sich auch eine Haftung für > Behandlungsfehler gegenüber den Krankenkassen gem. §§ 34 Abs. 3, 35 BMV-Ä ergeben (BSG v. 22. 6. 1983 - 6 RKa 3/81 - > Kassenarzt Rz 931, > K a s s e n ä r z t l i c h e Vereinigung Rz 924). 2. Eine Haftung für ärztliche Tätigkeit außerhalb einer > Heilbehandlung kommt z.B. bei > B e t r i e b s ä r z t e n (Rzn. 437f.), bei > P o s t ä r z t e n (Rz 1377) und bei ärztlichen > Sachverständigen (Rzn. 1548 ff.) in Betracht. II. Haftung für hoheitliches ärztliches Handeln. 1. Haftung gegenüber dem Patienten, a) Wo der Arzt dem Patienten nicht im Rahmen eines Gleichord-

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nungsverhältnisses gegenübertritt, sondern in Wahrnehmung öffentlichrechtlicher Funktionen hoheitlich tätig wird, richtet sich die Haftung für Schäden aus dieser Tätigkeit nach Amtshaftungsgrundsätzen, d. h. die an sich den Arzt treffende Haftung für schuldhaftes Fehlverhalten wird auf die Körperschaft übergeleitet, in deren Dienst er steht (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG). Dabei kommt es - anders als bei der Haftung im privatrechtlichen Rechtskreis (oben Rz 774) - nicht darauf an, ob der Arzt gleichzeitig Beamter im staatsrechtlichen Sinne ist oder ob sein Rechtsverhältnis zu dem Hoheitsträger, für den er tätig wird, zivilrechtlich ausgestaltet ist, wie z.B. bei einem > A s s i s t e n z a r z t im Geltungsbereich des BAT, aber auch bei einem auf freiberuflicher Basis für eine Behörde tätigen > V e r t r a g s a r z t (Rz 1849). Entscheidend ist allein, ob der Arzt durch seine Tätigkeit öffentlichrechtliche Belange wahrnimmt (Beamter im haftungsrechtlichen Sinne; vgl. Papier in: Münch. Komm. § 839 Rz 78 m. Nachw.). Eine hoheitliche Tätigkeit in diesem Sinne liegt insbesondere vor, aa) bei Durchführung einer > H e i l b e h a n d l u n g , die nicht auf einer freien Willensentschließung des Patienten beruht, sondern zwangsweise vorgenommen wird, sowie andere nicht zu Heilzwecken zwangsweise vorgenommene Eingriffe ( > Z w a n g s b e h a n d l u n g , > Z w a n g s e r n ä h r u n g > B l u t e n t n a h m e Rzn. 452 ff.) ; bb) bei der > H e i l b e h a n d l u n g im Rahmen der Gewährung > f r e i e r Heilfürsorge ( > S a n i t ä t s o f f i z i e r Rz 1571, > T r u p p e n a r z t Rz 1782, > Poliz e i a r z t Rz 1375); cc) bei ärztlichen Maßnahmen zur Erfüllung der Aufgaben des > ö f f e n t l i c h e n G e s u n d h e i t s d i e n s t e s . Hierher gehört u. a. die gesamte Tätigkeit der > A m t s ä r z t e (Rzn. 53ff.) und der > S c h u l ä r z t e (Rz 1580). dd) bei ärztlichen Maßnahmen zur Erfüllung von Aufgaben der Sozialleistungsträger ( > D u r c h g a n g s a r z t Rz 584, > V e r t r a u e n s a r z t Rz 1856, > V e r s o r g u n g s a r z t Rz 1837, > A r b e i t s a m t s a r z t Rz 35, > B u n d e s k n a p p s c h a f t Rz 496). b) Art und Umfang des Schadensersatzes bestimmen sich grundsätzlich nach den allgemeinen Vorschriften des BGB über die Schadensersatzpflicht bei unerlaubter Handlung (§§ 249-255, 842-847 BGB), so daß dem Geschädigten insbesondere auch ein Anspruch auf Schmerzensgeld zusteht. 2. Für die Haftung im Innenverhältnis gegenüber dem Dienstherrn gilt gleiches wie bei der Innenhaftung im privatrechtlichen (fiskalischen) Bereich (Art. 34 Satz 2 GG; vgl. oben Rz 783 > B e r u f s h a f t p f l i c h t v e r s i c h e r u n g Rz 380). 3. Die vorstehenden Grundsätze über die Haftung für ärztliches Handeln im hoheitlichen Bereich gelten entsprechend für die Haftung des nichtärztlichen

Hilfspersonals.

III. > Berufshaftpflichtversicherung

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B. Strafrechtliche Haftung

I. Strafrechtlich kann der Arzt für einen Gesundheitsschaden oder den Tod eines Patienten wegen fahrlässiger Körperverletzung (§ 230 StGB) oder fahrlässiger Tötung (§ 222 StGB) zur Verantwortung gezogen werden, 1. wenn pr die objektiv gebotene Sorgfalt außer acht gelassen hat ( > Behandlungsfehler Rz 305); 2. wenn diese Sorgfaltspflichtverletzung für den Eintritt des schädlichen Erfolgs ursächlich war. Anders als im Zivilrecht ist nach der im Strafrecht geltenden Bedingungstheorie jedes menschliche Verhalten als ursächlich für den schädlichen Erfolg anzusehen, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne daß der Erfolg entfiele (zu der geringen praktischen Bedeutung dieses Unterschieds der Kausalitätslehren bei der > H e i l b e h a n d l u n g vgl. Bockelmann bei Ponsold, aaO. S. 44 Anm. 40); 3. wenn dem Arzt aus seinem objektiv sorgfaltswidrigen Verhalten subjektiv ein Schuldvorwurf gemacht werden kann. Ob den Arzt ein Schuldvorwurf trifft, hängt davon ab, ob er nach seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten den tatbestandsmäßigen Erfolg hätte voraussehen können (unbewußte Fahrlässigkeit) oder ob er die Möglichkeit des schädlichen Erfolgs zwar vorausgesehen, aber pflichtwidrig darauf vertraut hat, er werde nicht eintreten (bewußte Fahrlässigkeit; vgl. Bockelmann bei Ponsold, aaO. S. 40). Im Unterschied zum Zivilrecht werden im Strafrecht die individuellen Kenntnisse und Erfahrungen des Täters bei der Prüfung der Schuldfrage voll berücksichtigt, so daß eine „lückenhafte Ausbildung, geringe Erfahrung und schlechte Vorbilder" die Schuld u. U. in den Fällen ausschließen, wo es besonderer fachlicher Kenntnisse und Erfahrungen bedarf (vgl. BGHSt 3, 91 ; Weissauer, Anaesthesist 1964, 385, 392). Anders als im Zivilrecht haftet der Arzt strafrechtlich nur für eigenes Verschulden. II. Die mutwillige Erstattung einer Strafanzeige gegen den Arzt ohne vorherige Nachprüfung des Verschuldens durch Einsichtnahme in > Krankenunterlagen (Rzn. 1094ff.) und Anrufung der zuständigen > G u t a c h t e r k o m m i s sion oder > S c h l i c h t u n g s s t e l l e f ü r ä r z t l i c h e B e h a n d l u n g s f e h l e r kann Schadensersatzansprüche gegen den Anzeigeerstatter (Patient oder dessen Rechtsanwalt) unter dem Gesichtspunkt der §§ 826 ; 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 186 StGB und der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auslösen (näher dazu Deutsch, NJW 1982, 680); D. Stuhr - H.-J. Stuhr, NJW 1983, 317).

Haftungsausschluß 789

I. Im Arzthaftpflichtrecht versteht man darunter den mit dem Patienten vertraglich vereinbarten völligen Ausschluß der > Haftung für > Behandlungsfehler. Der teilweise Haftungsausschluß wird als Haftungsbegrenzung (Haftungsbeschränkung) bezeichnet. Die nachfolgende Darstellung bezieht sich

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Haftungsausschluß

auf den Haftungsausschluß im > Arztvertrag. Zum Haftungsausschluß in Krankenhausaufnahmeverträgen > K r a n k e n h a u s a u f n a h m e v e r t r a g Rz 1044. II. Bei der Frage der rechtlichen Zulässigkeit dei völligen oder teilweisen Haftungsfreizeichnung bei dei > Heilbehandlung ist zu unterscheiden zwischen dem individuell vereinbarten Haftungsverzicht und der formularmäßigen Freizeichnung. 1. Die individuelle Haftungsfreizeichnung ist wegen Ausnutzung einer Monopolstellung gem. § 138 BGB sittenwidrig und daher nichtig, wenn der Patient in einem > N o t f a l l auf die Hilfe des nächsterreichbaren Arztes angewiesen ist. Im übrigen dürfte jedenfalls ein völligei Haftungsausschluß angesichts der Monopolstellung des Arztes auch außerhalb dei Notfallbehandlung, wegen der besonderen Vertrauensgewährung und der daraus resultierenden Haftungserwartung bei gleichzeitiger zumutbarer Versicherbarkeit des Risikos auch leicht fahrlässiger Sorgfaltspflichtverletzungen ( > Berufshaftpflichtversicherung) wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) unwirksam sein (vgl. OLG Stuttgart, NJW 1979, 2355, 2356; Deutsch, VersR 1974, 301, 306; ders., NJW 1983, 1351, 1352f. ; Bunte, NJW 1981, 2657, 2659; Wolf, NJW 1980, 2433, 2436). Auf diesem Gedanken beruht § 49 Abs. 1 der „Grundsätze des anwaltlichen Standesrechts" in der von der Bundesrechtsanwaltskammer am 25. 9. 1981 beschlossenen Fassung (Richtlinien der Bundesrechtsanwaltskammer, Ausgabe 1982), wonach die Vereinbarung von Haftungsausschlüssen unzulässig ist, wenn das aus fahrlässigem Berufsversehen folgende Risiko durch die nach den Standesrichtlinien abzuschließende Haftpflichtversicherung im Rahmen der üblichen Bedingungen gedeckt werden kann. Nach diesen Grundsätzen wird man auch die Haftungsbegienzung für unzulässig erachten müssen. Auch eine teilweise Freizeichnung von der Haftung für Berufsversehen ist mit dem ärztlichen Auftrag zum Schutz von Leben und Gesundheit grundsätzlich nicht vereinbar (vgl. Eser-Koch, DÄ 1981, 1673, 1676; im Ergebnis ebenso Ulmer-Brandner-Hensen, aaO. § 9 Rz 111 u. § 11 Nr. 7 Rz 26; anders für die Haftungsbegrenzung bei Rechtsanwälten Bunte, aaO. 2659). Eine andere Beurteilung dürfte nur bei der unentgeltlichen Behandlung, soweit sie die ärztliche > B e r u f s o r d n u n g zuläßt (vgl. § 14 Abs. 2 MuBO), angebracht sein. Zwar erwartet der Patient auch hier vom Arzt die normale Sorgfalt. Seine Haftungserwartung wird jedoch regelmäßig geringer sein (vgl. Deutsch, aaO. S. 306f.). Immerhin wird er darauf vertrauen, daß der Arzt eine > B e r u f s h a f t p f l i c h t v e r s i c h e r u n g in angemessenem Umfang unterhält, die für etwaige > B e h a n d l u n g s f e h l e r eintritt. Angemessen erscheint heute eine Deckungssumme für Personenschäden von 1000000,DM, für Sachschäden von 100000,- DM und für Vermögensschäden von 25000,- DM (vgl. Narr, aaO. Rz 910). Bei der Gratisbehandlung dürfte deshalb eine Haftungsbegrenzung für Schäden jenseits dieser Grenzen unter dem Gesichtspunkt des § 242 BGB zulässig sein. Ferner wird man eine Haftungsbe-

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schränkung dort für zulässig erachten dürfen, wo die Therapie von den besonderen subjektiven Fähigkeiten des Arztes abhängt (Deutsch, aaO. S. 1353). 2. Die Zulässigkeit des formularmäßigen Haftungsverzichts richtet sich nach dem AGBG. Nach § 11 Nr. 7 AGBG ist ein Ausschluß oder eine Begrenzung der Vertragshaftung bei grober Fahrlässigkeit unwirksam. Dies gilt nach h. M. auch für die deliktische Haftung (vgl. Palandt-Heinrichs, aaO. § 11 AGBG Anm. 7 b). Darüber hinaus ist aber auch ein Haftungsausschluß oder eine Haftungsbegrenzung für leichte Fahrlässigkeit des Arztes grundsätzlich ausgeschlossen. Die Freizeichnung für leichte Fahrlässigkeit bei einem Verhalten, das typischerweise beachtliche Gefahren für Leben und Gesundheit mit sich bringt, stellt einen Verstoß gegen § 9 Abs. 2 Nrn. 1 u. 2 AGBG dar (näher dazu M. Wolf, NJW 1980, 2433, 2440, Ulmer-Brandner-Hensen, aaO. § 11 Nr. 7 Rz 25) und erscheint darüber hinaus regelmäßig als überraschend i.S. des § 3 AGBG (Deutsch, NJW 1983, 1353). III. Die vorstehenden Grundsätze gelten nicht für Eingriffe ohne medizinische Indikation, soweit es um nicht grob fahrlässig verursachte Schäden außerhalb der Beeinträchtigung von Leben und Gesundheit, insbesondere um bloße Vermögensinteressen geht (t> K o s m e t i s c h e B e h a n d l u n g Rz 1001, > K ü n s t l i c h e ( A r t i f i z i e l l e ) I n s e m i n a t i o n Rz 1125, > S t e r i l i s a t i o n Rz 1738). Hier erscheint ein vertraglicher Ausschluß oder eine vertragliche Begrenzung des Haftungsrisikos generell möglich (vgl. Eser-Koch, DÄ 1981, 1676f.,- Dunz, Aktuelle Fragen S. 17; Schlund, Geburth. u. Frauenheilk. 1977, 906, 908; weitergehend Deutsch, NJW 1983, 1354, der im Rahmen einer Einzelvereinbarung - nicht bei formularmäßiger Haftungsfreizeichnung - auch einen Haftungsausschluß bei grober Fahrlässigkeit zulassen will). IV. Zum vereinbarten Verzicht auf Aufklärung des Patienten r u n g s p f l i c h t Rz 263.

>Aufklä-

Hartmannbund 794

I. Der von dem Leipziger Arzt Dr. Hermann Hartmann im Jahr 1900 gegründete, mit der nationalsozialistischen Machtergreifung aufgelöste Leipziger Verband wurde im Jahr 1949 unter dem Namen „Verband der Ärzte Deutschlands - Hartmannbund - e. V." neu gegründet. Er vertritt im Gegensatz zu den anderen ärztlichen Verbänden mit freier Mitgliedschaft ( > M a r b u r g e r B u n d , > V e r b a n d d e r n i e d e r g e l a s s e n e n Ä r z t e D e u t s c h l a n d s — N A V ) die beruflichen, wirtschaftlichen und sozialen Interessen aller ärztlicher Berufsund Fachgruppen. Die Mitgliederzahl beträgt derzeit rund 36000. Publikationsorgan ist die Zeitschrift „Der deutsche Arzt".

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II. Zu den satzungsgemäßen Aufgaben des Verbandes gehören die Ordnung der Sozialversicherung und der öffentlichen Gesundheitspflege, die Wahrung der Unabhängigkeit der Berufsausübung, der > freien Arztwahl und der > Niederlassungsfreiheit. III. Der Berufsverband mit Sitz in Bad Godesberg gliedert sich in Landesverbände mit jeweils eigenen Geschäftsstellen. Näher zum Ganzen Stobrawa, aaO. S. 76 f.

Hebamme I. Aufgaben. Der Hebamme obliegt die Beratung und Betreuung der Schwangeren, die Hilfeleistung bei der Geburt, die Überwachung der Wöchnerin und des Neugeborenen sowie die nachgehende Fürsorge im Zusammenwirken mit dem Arzt (näher dazu Kölle-Hipp, BerufskBl. 2 II 21, S. 1 ff.). Zur Aufgabenabgrenzung gegenüber dem ärztlichen Tätigkeitsfeld vgl. unten Rz 800.

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II. Das zur Zeit noch geltende Hebammenrecht ist zersplittert. Es ist teils Bundes-, teils Landesrecht. Als wichtigste Rechtsgrundlagen sind zu nennen: 1. Hebammengesetz v. 21. 12. 1938 - HebG - (RGBl. S. 1893) nebst Durchfiihrungsverordnungen (1. DVO v. 3. 3. 1939, RGBl. I S. 417 ; 2. DVO v. 13. 9. 1939, RGBl. I, S. 1764; 6. DVO v. 16. 9. 1941, RGBl. I S. 561; 7. DVO v. 20. 8. 1942, RGBl. I S. 531); Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Hebammen v. 3. 9. 1981 - HebAPrO - (BGBl. I S. 923); Verordnung über die Altersgrenze bei Hebammen v. 24. 7. 1963 (BGBl. I S. 503); Dienstordnungen der einzelnen Bundesländer zur Regelung der Berufspflichten gemäß § 17 HebG (vollständige Nachweise bei Theobald-Erdle, aaO. § 17 HebG, Anm. 2). Nach § 6 Abs. 1 HebG wird die Anerkennung als Hebamme aufgrund der Hebammenprüfung erteilt. Diese Anerkennung berechtigt zum Führen der Berufsbezeichnung (§ 6 Abs. 2 HebG). Das unberechtigte Führen der Berufsbezeichnung ist jedoch nicht straf- oder bußgeldbewehrt. Strafbar ist jedoch die Ausübung der Geburtshilfe durch Nichtärzte, die nicht die Anerkennung als Hebamme besitzen (§§4, 21 HebG). 2. Für den Bereich der EG erstreben die „Richtlinie des Rates v. 21. 1. 1980 über die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise für Hebammen und über Maßnahmen zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des Niederlassungsrechtes und des Rechts auf freien Dienstleistungsverkehr" - 8 0 / 1 5 4 EWG - (ABl. EG Nr. L 3 3 / 1 v. 11. 2. 1980) und die „Richtlinie des Rates v. 21. 1. 1980 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Hebamme" - 8 0 / 1 5 5 / E W G - (ABl. EG Nr. L 3 3 / 8 v. 1 1 . 2 . 1980) eine Vereinheitlichung der Ausbildung und Berufsausübung innerhalb der EG-Mitgliedstaaten. Beide Richtlinien bedürfen noch der Umsetzung in innerstaatliches Recht.

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Nachdem die mit dem „Entwurf eines Gesetzes über die Berufe in der Krankenpflege und den Beruf der Hebamme und des Entbindungspflegers" (BT-Drucks. 8/2471 v. 17. 1. 1979) begonnene umfassende Reform des Hebammenrechts zunächst gescheitert war, hat nunmehr die Bundesregierung einen „Entwurf eines Gesetzes über den Beruf der Hebamme und des Entbindungspflegers" (BR-Drucks. 447/83 v. 14. 10. 1983) vorgelegt, welches das geltende Hebammenrecht ablösen soll. Gleichzeitig sollen - soweit durch die HebAPrO von 1981 noch nicht geschehen - die vorgenannten EG-Richtlinien in innerstaatliches Recht umgesetzt werden (Einzelheiten des Gesetzentwurfs vgl. unten). > W o c h e n p f l e g e r i n .

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III. Die Ausbildung erfolgt in staatlich anerkannten Hebammenschulen, die einer Krankenanstalt angegliedert sind. Durch die neue Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Hebammen v. 3. 9. 1981 wurde die Dauer der Ausbildung von zwei auf drei Jahre verlängert. Darüber hinaus wurden die Zugangsvoraussetzungen für die Ausbildung sowie die qualitativen und quantitativen Anforderungen an die Ausbildung angehoben. Die theoretische und praktische Ausbildung schließt ab mit der staatlichen Prüfung. Im Gegensatz zum bisherigen Recht sieht § 18 HebAPrO jetzt auch die Zulassung männlicher Berufsbewerber (Entbindungspfleger) vor. Die Realisierung dieser Vorschrift setzt jedoch eine förmliche Änderung des § 4 Abs. 1 HebG voraus, wie sie jetzt der oben unter II 2 genannte Gesetzentwurf vorsieht. Nach diesem Gesetzentwurf soll der rechtliche Status der Schüler an den Hebammenschulen dem des in der Ausbildung befindlichen > Krankenpflegepersonals (Rz 1067 a.E.) entsprechen und die Anwendung des BBiG ausgeschlossen sein. Die Begründung zum Gesetzentwurf (Allgemeiner Teil, S. 13) geht außerdem davon aus, daß die Hebammenausbildung u. a. „das Erlernen. . . ärztlich angeordneter Tätigkeiten wie Verabreichen von Injektionen . . . " erfordert (ebenso wohl die amtliche Begründung zur HebAPrO v. 3. 9. 1981 - BR-Drucks. 238/81); > I n j e k t i o n Rz 894, > K r a n k e n p f l e g e p e r s o n a l Rz 1068.

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IV. l . a ) Das geltende Hebammenrecht unterscheidet zwischen einer freiberuflichen Hebammentätigkeit und einer Tätigkeit im Angestelltenverhältnis. Die freiberufliche Berufsausübung ist an die Niederlassungserlaubnis geknüpft (§ 10 HebG i.V.m. §§ 1 ff. 2. DVO ; diese Zulassungsregelung ist mit dem Grundgesetz vereinbar, BVerwGE 9, 334). Ohne eine solche Erlaubnis zulässig ist jedoch die freiberufliche Ausübung der Geburtshilfe als sog. Beleghebamme in Kranken- und Entbindungsanstalten unter ärztlicher Leitung; § 4 Abs. 3 HebG, der die Ausübung der Geburtshilfe in ärztlich geleiteten Entbindungsund Krankenanstalten ohne Niederlassungserlaubnis zuläßt, setzt nicht das Bestehen eines Anstellungsvertrages voraus (BVerwG, NJW 1983, 2652). In entsprechender Anwendung dieser Vorschrift muß auch die Ausübung der Geburtshilfe durch eine Hebamme in der Praxis eines Arztes oder bei Hausgeburten unter Aufsicht und Verantwortung eines Arztes erlaubt sein. Sinn und Zweck des § 4 Abs. 3 HebG seht lediglich dahin, im Interesse einer optimalen Versorgung die Ausübung der Geburtshilfe unter ärztlicher Aufsicht zu gewährleisten.

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Der oben unter II 2 genannte Gesetzentwurf sieht mit den Vorschriften über die Erteilung der Berufserlaubnis nur noch eine Regelung für den Zugang zum Hebammenberuf vor und unterscheidet nicht mehr zwischen einer an die Niederlassungserlaubnis geknüpften freiberuflichen Tätigkeit und einer Tätigkeit als angestellte Hebamme. Künftig soll daher eine Niederlassung als freiberuflich tätige Hebamme jeder Hebamme mit einer Berufserlaubnis offenstehen. Eine wesentliche Änderung gegenüber dem geltenden Hebammenrecht (§ 2 Abs. 1 und § 3 HebG) liegt in dem vorgesehenen Wegfall der Verpflichtung der Schwangeren und des Arztes, eine Hebamme bei der Geburt hinzuzuziehen bzw. hierfür Sorge zu tragen. Die bisherigen Vorschriften über die Hinzuziehungspflicht sollen jedoch als Landesrecht weitergelten. b] Die freiberuflich tätige Hebamme ist nach § 166 Abs. 1 Nr. 4 RVO krankenversicherungspflichtig und nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 A V G angestelltenversicherungspflichtig. In der gesetzlichen Unfallversicherung besteht Versicherungsschutz nach § 5 3 9 Abs. 1 Nr. 7 RVO. c) Ein Zusammenschluß eines niedergelassenen Arztes mit einer freiberuflich tätigen Hebamme zur gemeinsamen Berufsausübung ist mit dem ärztlichen Berufsrecht, das nur den Zusammenschluß zwischen Ärzten zur gemeinsamen Berufsausübung kennt, nicht vereinbar ( > Gemeinschaftspraxis Rz 694], 2. Die Abgrenzung der Hebammentätigkeit zum Aufgabenbereich des Arztes ergibt sich daraus, daß die Hebamme bei jeder auftretenden Regelwidrigkeit verpflichtet ist, einen Arzt zuzuziehen, dessen Anordnungen sie dann zu befolgen hat (vgl. z.B. § 9 Abs. 2 der Dienstordnung für Hebammen in BadenWürttemberg v. 15. 8. 1961, GBl. S. 315). Zur Aufgabenabgrenzung bei der > G e b u r t vgl. BGH v. 22. 2. 1966, D M W 1966, 1743. V. Die Hebamme unterliegt der strafrechtlichen § 2 0 3 Abs. 1 StGB.

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> Schweigepflicht nach

VI. Vergütung. 1. In der gesetzlichen > Krankenversicherung (Rz 1103]gehören die Leistungen der Hebammen zur > Mutterschaftshilfe (§§ 195 Nrn. 1 u. 4 RVO, 2 0 5 a RVO). Die Hebamme erhält Gebühren nach § 3 7 6 a RVO i.V.m. der „Verordnung über die von den Krankenkassen den freiberuflich tätigen Hebammen für Hebammenhilfe zu zahlenden Gebühren" v. 27. 12. 1960 (BAnz. Nr. 252) i.d.F. der ÄnderungsVO v. 11. 6. 1982 (BGBl. I S. 686) unmittelbar von der Krankenkasse. Bei Streitigkeiten ist der Rechtsweg zum Sozialgericht gegeben (BGH, NJW 1959, 2304). 2. Die Abrechnung von Leistungen der freiberuflich tätigen Hebammen gegenüber Selbstzahlern richtet sich nach den aufgrund des § 18 HebG erlassenen landesrechtlichen Gebührenordnungen (vollständige Nachweise Theobald-Erdle, aaO. Anm. zu $ 18 HebG). 3. Aufgrund des § 14 HebG, der als Landesrecht fortgilt, bestehen in den einzelnen Bundesländern Regelungen über die Gewährleistung eines jährlichen Mindesteinkommens für Hebammen mit Niederlassungserlaubnis (vgl. die Nachweise bei Theobald-Erdle, aaO. Anm. zu § 14 HebGI. Durch den Wegfall

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Hebamme

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der Niederlassungserlaubnis bei der geplanten Reform des Hebammenrechts (vgl. oben Rz 799) werden künftig nach Ablauf einer Übergangszeit keine Mindesteinkommen mehr zu gewährleisten sein. 4. Die Einnahmen der freiberuflich tätigen Hebamme unterliegen nach § 4 Nr. 14 UStG nicht der > U m s a t z s t e u e r .

Heilbehandlung (Heileingriff) 802

I. Begriff. 1. Der allgemeine Begriff der Heilbehandlung umfaßt alle „Eingriffe und andere Behandlungen, die nach den Erkenntnissen und Erfahrungen der > Heilkunde und nach den Grundsätzen eines gewissenhaften Arztes zu dem Zweck angezeigt sind und vorgenommen werden, > Krankheiten, Leiden, Körperschäden, körperliche Beschwerden oder seelische Störungen zu verhüten, zu erkennen, zu heilen oder zu lindern" (§ 161 E 1962). In diesem Sinne wird der Begriff der Heilbehandlung z. B. in § 63 SGB I verwendet. Er umfaßt neben den eigentlichen therapeutischen Eingriffen (> O p e r a t i o n einschließlich Anästhesie, medikamentöse Behandlung, Strahlenbehandlung, Intensivbehandlung) auch diagnostische und prophylaktische Maßnahmen, soweit sie in die Körperintegrität des Patienten eingreifen (z.B. > B l u t e n t n a h m e , Leberfunktionstest, Röntgenaufnahmen, > S c h u t z i m p f u n g e n , > K o r o n a r ) s p o r t J g r u p p e Rz 994), nicht dagegen äußeres Abklopfen und Betasten, Diagnostizierung oder ähnliche Beratung, da es insoweit an einer typischen Heileinwirkung auf den Körper des Patienten fehlt. Zur Heilbehandlung gehören aber auch psychisch-somatische Einwirkungen durch Elektroschock und t> P s y c h o t h e r a p i e (vgl. Uhlenbruck, DMW 1968, 271 f. ; ders., ArztR 1980, 175; vgl. auch die amtliche Begründung zum E 1962, S. 296ff. ; Schönke-Schröder-Eser, aaO. § 223 Rz 28). Notwendige Voraussetzung für den Heilbehandlungsbegriff ist danach die medizinische Indikation, d. h. der Eingriff muß zur Verhütung, Erkennung, Heilung oder Linderung von Krankheiten usw. objektiv geeignet sein und subjektiv in dieser Absicht vorgenommen werden (BGH, NJW 1978, 1206 [nicht zahnärztlich indizierte Zahnextraktion aufgrund unsinniger Selbstdiagnose des Patienten]; Uhlenbruck, DMW 1968, 272). Ein Heileingriff ist deshalb wegen Fehlens des Heilcharakters z. B. zu verneinen bei Eingriffen zu rein experimentellen oder gutachtlichen Zwecken (> k l i n i s c h e s Experiment), bei der > S t e r i l i s a t i o n , beim > S c h w a n g e r s c h a f t s a b b r u c h und bei kosmetischen Eingriffen, sofern sie nicht gleichzeitig einen Heilzweck verfolgen, (t> K o s m e t i s c h e Beh a n d l u n g Rz 999) und bei der > k ü n s t l i c h e n I n s e m i n a t i o n . Kein Heileingriff ist auch die > H e i l h i l f e . Dagegen handelt es sich beim > H e i l v e r s u c h um Heilbehandlung (vgl. Rogall, NJW 1978,2344). Der Heilbehandlungsbegriff umfaßt nicht nur Maßnahmen der sog. > S c h u l m e d i z i n ; vielmehr sind auch Behandlungen, bei denen der Arzt medizinisches Neuland beschreitet, als Heilbehandlung anzusehen (vgl. amtliche Begründung zum E 1962, S. 298).

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Heilbehandlung (Heileingriff)

2. In einem engeren Sinne ist Heilbehandlung eine > K r a n k e n p f l e g e aufgrund besonderer gesetzlicher Tatbestände, insbesondere im Versorgungsrecht (§§ 10 ff. BVG > Versorgungsamt) und in der gesetzlichen Unfallversicherung (§§ 547, 556 ff. RVO). Sie deckt sich nach Art und Umfang mit den Leistungen der gesetzlichen > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g , soweit das Gesetz im Einzelfall nicht etwas anderes bestimmt (vgl. BSG, SGb 1980, 357, 358). Zum Teil wird auch die Bezeichnung > Heilverfahren verwendet (vgl. z.B. §33 BeamtVG). Zum Begriff der „medizinisch notwendigen Heilbehandlung" in der privaten Krankenversicherung > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g Rz 1107.

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II. Rechtsnatur. 1. Der BGH geht in st. Rspr. - entgegen der h. M. im Schrifttum - davon aus, daß auch der kunstgerecht (lege artis) und mit Erfolg durchgeführte ärztliche Heileingriff zivilrechtlich und strafrechtlich eine Körperverletzung darstellt, deren Rechtswidrigkeit grundsätzlich nur durch Einwilligung des Patienten oder seines gesetzlichen Vertreters beseitigt wird, es sei denn, daß es sich um eine gesetzlich vorgesehene > Z w a n g s b e h a n d l u n g handelt (vgl. z.B. BGHSt 11, 111; 16, 303; BGH, NJW 1956, 1106; BGHZ 29, 46, 176; BGH, NJW 1971, 1887; dagegen wird die Möglichkeit einer vorsätzlichen Körperverletzung gem. § 340 StGB durch einen Heileingriff eines an einem öffentlichen Krankenhaus tätigen Arztes von der Rspr. mit Recht verneint, vgl. OLG Karlsruhe, NJW 1983, 352). Die in § 161 E 1962 begonnenen Reformbestrebungen, die ärztliche Heilbehandlung aus dem Tatbestand der Körperverletzung herauszunehmen unter gleichzeitiger Schaffung eines Tatbestands der eigenmächtigen Heilbehandlung, haben bisher nicht zum Erfolg geführt (näher dazu Schönke-Schröder-Eser, aaO. § 223 Rzn. 29ff. m. Nachw.). 2. Die Rechtswirksamkeit der Einwilligung setzt voraus, a) daß der Patient die erforderliche Einsichtsfähigkeit in die Bedeutung der Tragweite seiner Entscheidung besitzt. > G e s c h ä f t s f ä h i g k e i t ist hierfür nicht erforderlich. Die Einwilligung in eine ärztliche Heilbehandlung ist kein Rechtsgeschäft (BGHZ 29, 33, 36). Die allgemeinen Grundsätze für die Auslegung rechtsgeschäftlicher Willenserklärungen gelten jedoch für Äußerungen, die das Einverständnis des Patienten mit einem Eingriff betreffen, entsprechend (BGH, NJW 1980, 1903). aa) Deshalb können auch Minderjährige in eine ärztliche Heilbehandlung wirksam einwilligen, sofern sie über die erforderliche Verstandesreife verfügen, um die Bedeutung des Eingriffs und seine Folgen zu erfassen (vgl. z.B. BGHSt 12, 382; BGHZ 29, 33, 46, 51). Ob dies der Fall ist, hat der Arzt im Einzelfall zu prüfen. Starre Altersgrenzen lassen sich hier nicht angeben (zum folgenden eingehend Uhlenbruck, DMW 1977, 65ff.). Grundsätzlich wird man davon ausgehen dürfen, daß Kindern unter 14 Jahren die zur Einwilligung in eine Arztbehandlung notwendige geistige und sittliche Reife fehlt (so auch der von der Bundesregierung am 8. 11. 1974 beschlossene Gesetzentwurf über eine Neuregelung des elterlichen Sorgerechts, zitiert bei Becker, Med. Klinik 1975, 1098, 1099; vgl. auch Gaisbauer, VersR 1976, 214ff., 221). Bei Minderjährigen zwischen 14 und 18 Jahren ist die Einwilligung dann rechtswirksam,

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wenn die natürliche Kritik und Urteilsfähigkeit des Minderjährigen so weit entwickelt und verselbständigt ist, daß sie ausreicht, den ärztlichen Heileingriff entsprechend dem Inhalt der Aufklärungspflicht in seiner Gesamtheit zu erfassen und abzuwägen (Gaisbauer, aaO. S. 221; Trockel, NJW 1972, 1493, 1495). Dabei sind u.a. Dringlichkeit, Bedeutung, Schwierigkeit und Auswirkungen des geplanten Eingriffs sowie der Umstand zu berücksichtigen, daß die Rspr. die Wirksamkeit der Zustimmung eines minderjährigen Patienten in einen Heileingriff auf Ausnahmefälle beschränkt hat (Gaisbauer, aaO. S. 221; Uhlenbruck, DMW 1977, 65, 66 m. Nachw.). Vor allem im Hinblick auf den letztgenannten Gesichtspunkt erscheint bei der Bejahung der Einwilligungsfähigkeit von Minderjährigen über 14 Jahren grundsätzlich Vorsicht geboten. So wird z.T. selbst bei „alltäglichen" Eingriffen wie z.B. >Blutentnahmen und Behandlung von Erkältungskrankheiten Einwilligungsfähigkeit i.d.R. erst ab dem 16. Lebensjahr angenommen (so Schönke-Schröder-Eser, aaO. §223 Rz 38). Bei einer einerseits nicht unwichtigen, andererseits nicht dringlichen Entscheidung über einen ärztlichen Eingriff ist i.d.R. die Einwilligung einer 16jährigen Patientin allein nicht genügend (BGH, NJW 1972, 335 [Entfernung gemeiner Warzen im Chaoul'schen Nahstrahlverfahren im Jahr 1953]). Wo die Einwilligungsfähigkeit des Minderjährigen gegeben ist, kommt es auf die Zustimmung der Personensorgeberechtigten nicht mehr an (Küchenhoff, ArztR 1973, 139, 141 m. Nachw. Anm. 17; Schönke-Schröder-Eser, aaO. § 223 Rz 38 u. Rz 42 vor § 32). Andernfalls ist grundsätzlich das Einverständnis beider Eltern erforderlich (§ 1629 Abs. 1 BGB). Hat ein Elternteil dem Arzt erklärt, er sei zur Einwilligung auch für den anderen Teil berechtigt, so darf der Arzt sich mangels gegenteiliger Anhaltspunkte mit dieser Angabe begnügen (Uhlenbruck, DMW 1977, 67). Können sich die Eltern hinsichtlich der Zustimmung zu einem ärztlichen Eingriff nicht einigen, so ist das Vormundschaftsgericht (Familiengericht) einzuschalten. Bei Gefahr im Verzug ist der Arzt jedoch berechtigt, den dringend indizierten Eingriff vorzunehmen (§ 34 StGB). Sonst hat er abzuwarten, bis das Gericht einem Elternteil die Entscheidung übertragen hat (Uhlenbruck, aaO. S. 67). Versagt ein Personensorgeberechtigter aus unvernünftigen Gründen seine Zustimmung zu einer indizierten Heilbehandlung (z.B. Verweigerung einer >Bluttransfusion [Rz 475] aus religiösen Gründen), so kann darin ein Sorgerechtsmißbrauch liegen (§ 1666 BGB). In diesen Fällen entzieht das Vormundschaftsgericht das elterliche Sorgerecht insoweit, als es die ärztliche Behandlung des Kindes erfordert (Uhlenbruck, aaO. S. 67; Weissauer, DMW 1978, 1770, 1772f. ; Narr, aaO. Rz 737). Einen dringend indizierten Eingriff darf der Arzt auch hier ohne weiteres vornehmen. Der Einholung der nach den vorstehenden Grundsätzen erforderlichen Einwilligung der Personensorgeberechtigten kann im Einzelfall die ärztliche Schweigepflicht entgegenstehen (> Schweigepflicht Rz 1623). Besondere Probleme ergeben sich bei der Einwilligung von Minderjährigen bei der Verordnung von > Ovulationshemmern (Rz 13381 und beim > Schwangerschaftsabbruch (Rz 15971.

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bb) Auch bei psychisch Kranken kann Einwilligungsfähigkeit nach den vorstehenden Grundsätzen im Einzelfall gegeben sein. Andernfalls muß die Einwilligung des für sie bestellten Vormunds oder Pflegers eingeholt werden. Ggf. muß der Arzt die Pflegerbestellung beim zuständigen Vormundschaftsgericht einleiten. Sofern der Eingriff keinen Aufschub duldet, kann der Arzt kraft mutmaßlicher Einwilligung (vgl. unten Rz 808) handeln (eingehend dazu Schünemann, VersR 1981, 306ff.|. b) Die Rechtswirksamkeit der Einwilligung setzt ferner eine ausreichende Aufklärung des Patienten durch den Arzt über Art, Tragweite und Risiko des Eingriffs voraus ( > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t Rzn. 254ff.). c) Sofern die Einwilligung des Patienten oder seines gesetzlichen Vertreters aus tatsächlichen Gründen (z. B. Bewußtlosigkeit, Unerreichbarkeit) nicht eingeholt werden kann, gelten die Grundsätze der mutmaßlichen Einwilligung. Danach ist eine Heilmaßnahme gerechtfertigt, wenn der Patient bzw. sein gesetzlicher Vertreter bei Kenntnis und Würdigung der Sachlage ihr zustimmen würde (Schönke-Schröder-Lenckner, aaO. Rz 54 vor §§ 32ff.). Sind keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, daß der einwilligungsunfähige Patient den Eingriff ablehnt, darf und muß der Arzt das medizinisch Richtige und Notwendige tun. Soweit möglich, muß er den mutmaßlichen Patientenwillen durch Befragen der Angehörigen ermitteln. Liegen ausnahmsweise klare Anzeichen für eine ablehnende Haltung des Patienten vor, so hat der Arzt dies grundsätzlich zu respektieren (Schönke-Schröder-Eser, aaO. § 223 Rz 52; vgl. aber unten Rz 811). Durch mutmaßliche Einwilligung gedeckt ist regelmäßig auch die vorübergehende mechanische Fixierung (Fesselung) von Patienten mit abnormer Aggressivität und Bewegungsunruhe zum eigenen Schutz und zum Schutz anderer Personen (vgl. hierzu Frenzel, Hess. ÄBl. 1979, 1123; Rieger, DMW 1981, 377; Narr, aaO. Rz 40). d) Im Einzelfall kann die Einwilligung trotz Vorliegens sämtlicher Wirksamkeitsvoraussetzungen wegen Sittenwidrigkeit des Eingriffs strafrechtlich (§ 226a StGB) und zivilrechtlich (§ 138 BGB analog; vgl. BGH, NJW 1976, 1790) unbeachtlich sein ( > K l i n i s c h e A r z n e i m i t t e l p r ü f u n g Rz 955, > Klinisches E x p e r i m e n t Rz 967, > R e t o r t e n k i n d Rz 1489, > Sterilisation Rz 1728). Das Fehlen der medizinischen Indikation hat nicht ohne weiteres die Unwirksamkeit der Einwilligung zur Folge. Vielmehr sind ärztliche Eingriffe in den Grenzen des § 226 a StGB auch ohne unmittelbare medizinische Indikation durch Einwilligung zu rechtfertigen, vorausgesetzt, daß der Arzt den Patienten auf das Fehlen der Indikation ausdrücklich hinweist (Rogall, NJW 1978, 2344, 2345; Schönke-Schröder-Eser, aaO. § 223 Rz 50 ; a.A. BGH, NJW 1978, 1206). e) In personeller Hinsicht erstreckt sich die Einwilligung grundsätzlich nur auf den Arzt, dem sie erteilt wird. Der Patient im Krankenhaus erklärt sich jedoch stillschweigend mit der Behandlung aller Ärzte einverstanden, die aufgrund interner Arbeitsteilung für die fragliche Maßnahme zuständig sind (Schönke-Schröder-Eser, aaO. § 223 Rz 44 ; anders wenn der Patient sich mit

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der Durchführung einer > O p e r a t i o n durch einen bestimmten Arzt einverstanden erklärt; OLG Celle, NJW 1982, 706). f ) Die Einwilligung ist formfrei und jederzeit widerruflich. Sie kann auch stillschweigend durch schlüssiges Handeln erklärt werden (zur Frage des Widerrufs der Einwilligung bei der Äußerung von Bedenken gegenüber einem Heileingriff vgl. BGH, NJW 1980, 1903). Aus Beweisgründen arbeitet die Praxis heute vielfach mit formularmäßigen Einwilligungserklärungen. Diese können jedoch nur dann als wirksam angesehen werden, wenn der Text nicht zu global gehalten ist. Die Einwilligung muß sich nicht nur auf die Behandlung im allgemeinen, sondern auch auf die einzelnen Eingriffe beziehen. Deshalb müssen zumindest die wesentlichen Maßnahmen umschrieben und besonders gefährliche Vorsorge-, Begleit- und Nachbehandlungsmaßnahmen erfaßt sein (Schönke-SchröderEser, § 223 Rz 43 m. Nachw. > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t Rz 272). g) Ein ärztlicher Eingriff gegen den ausdrücklichen oder mutmaßlichen Willen des Patienten stellt grundsätzlich auch dann eine strafbare und zum Schadensersatz verpflichtende Körperverletzung (§223 StGB; §§611, 276, 823 ff. BGB) dar, wenn die Unterlassung der vom Arzt für notwendig erachteten Maßnahmen zum Tod des Patienten führen würde. Sofern sich der Patient im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte und in vollem Bewußtsein der Tragweite seiner Entscheidung der Behandlung widersetzt, muß der Arzt diesen Willen respektieren (vgl. Schönke-Schröder-Eser, aaO. § 223 Rz 52 m. Nachw.; a.A. wohl BGH, NJW 1983, 350 > Unterlassene Hilfeleistung Rz 1815). Befindet sich der Patient dagegen in einer Ausnahmesituation, die den Schluß nahelegt, daß die Ablehnung des Eingriffs nicht auf einer freiverantwortlichen Willensentschließung beruht, tritt die Lebenserhaltungspflicht des Arztes in den Vordergrund mit der Folge, daß die Unterlassung der gebotenen Maßnahmen zu Schadensersatzansprüchen gegen den Arzt (§§611, 276, 823 ff. BGB) und zur Bestrafung wegen Tötung durch Unterlassen (§§ 212, 13 StGB) oder - bei fehlender Garantenstellung - zu einer Bestrafung wegen unterlassener Hilfeleistung (§ 3 2 3 c StGB) führen kann ( > B l u t t r a n s f u s i o n Rzn. 474f., > S e l b s t m o r d Rz 1689). III. Eine Pflicht zur Duldung einer Heilbehandlung kann sich ergeben 1. bei der > Z w a n g s b e h a n d l u n g ( > Z w a n g s e r n ä h r u n g ) aufgrund öffentlichrechtlicher Vorschriften, die eine Durchsetzung der Duldungspflicht durch unmittelbaren Zwang ermöglichen; 2. mittelbar dadurch, daß der Patient einen Eingriff verweigert, hierdurch Rechtsnachteile erleidet, ohne daß seine Zustimmung zu dem Eingriff entbehrlich wäre. Beispiele: (vgl. zum folgenden Kloppenborg bei Heim, aaO. S. 81ff. ; Möllhoff, ASP 1982, 5ff.). a) Entzug von Sozialleistungen bei Verweigerung einer Heilbehandlung (§§ 62 ff. SGB I) vgl. dazu Rieger, DMW 1980, 884 ; Peters, Hdb. d. Krankenvers. § 192 Anm. 10g; Möllhoff, ASP 1982, 5],

b) Verweigerung von Unfallfürsorge für Beamte nach § 33 Abs. 2 u. 3, § 44 Abs. 2 Be-

amtVG.

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Heilbehandlungsarzt (H-Arzt)

c) Entzug der Versorgung nach dem Soldatengesetz bei Verweigerung ärztlicher Behandlung (§ 17 Abs. 4 SoldG). Entzug der Versorgung nach dem Zivildienstgesetz bei Verweigerung ärztlicher Behandlung (§ 40 Abs. 3 ZDG). d) Pflicht zur Duldung ärztlicher Behandlung im Rahmen der allgemeinen Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 BGB (vgl. z.B. BGH, VersR 1964, 94; OLG Hamm, VersR 1960, 859). Dies ist insbesondere von Bedeutung bei der > Operation (Rz 1332). e) Pflicht zur Duldung ärztlicher Behandlung in der privaten Unfallversicherung (vgl. § 15 Nr. II Abs. 3 AUB, abgedr. bei Prölss-Martin, aaO. Anh. zu §§ 179-185), in der privaten t> Krankenversicherung (vgl. § 9 Abs. 4 AVB für die Krankentagegeldversicherung, Musterbedingungen 1978 des Verbandes der privaten Krankenversicherung - MB/KT 78 - , abgedr. in VerBVA 1978, 236, 233) und in der privaten Lebensversicherung (vgl. § 4 Abs. 4 der Musterbedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung und § 10 Abs. 4 der Musterbedingungen für die Berufsunfähigkeit-Einzelversicherung, abgedr. in VerBVA 1975, 2, 4, 1976, 121, 123). In allen diesen Fällen spielt das Problem der Zumutbarkeit des Eingriffs für den Betroffenen eine entscheidende Rolle (dazu Maydell bei Heim, aaO. S. 65ff.). f) Beschäftigungsverbot für Personen im Lebensmittelgewerbe bei Verweigerung der nach dem BseuchG vorgeschriebenen Untersuchungen (§ 18 Abs. 1 BseuchG). Beschäftigungsverbot bei Verweigerung von > Jugendarbeitsschutzuntersuchungen, Untersuchungen nach den Unfallverhütungsvorschriften der > Berufsgenossenschaften sowie Untersuchungen nach den Strahlenschutzvorschriften (dazu Kloppenborg, aaO. S. 94f. >Röntgenverordnung Rz 1518, >Strahlenschutzverordnung Rz 1747).

3. Im Eherecht kann sich aus der Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft (§ 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB) im Einzelfall die - nicht im Vollstreckungsweg durchsetzbare (§ 888 Abs. 2 ZPO) - Verpflichtung ergeben, sich einer ärztlichen Behandlung zu unterziehen, wenn diese nicht lebensgefährlich ist und begründete Aussicht auf Erfolg besteht (Palandt-Diederichsen, § 1353 Anm. 2 b) ee)). IV. Der Abschluß von Verträgen über Heilbehandlungsmaßnahmen ist nicht den Ärzten vorbehalten. Vielmehr können auch juristische Personen solche Verträge, die sie durch angestellte Ärzte erfüllen, abschließen und sich selbst hierfür Vergütungen versprechen lassen ( > G e b ü h r e n o r d n u n g f ü r Ä r z t e Rz 680). Die in § 1 Abs. 2 BÄO verbürgte Freiheit des Arztberufes ( > A r z t Rz 123) steht dem nicht entgegen (BGH, NJW 1978, 589, 591; a.A. für Verträge über ambulante Heilbehandlung Gitter, NJW 1980, 2745, 2746f.). Zu beachten ist jedoch, daß in der gesetzlichen > Krankenversicherung (Rz 1103) die ambulante Behandlung der Versicherten in erster Linie den freipraktizierenden > Kassenärzten vorbehalten ist (BVerfGE 16, 286, 298; BSG v. 14. 12. 1982 - 6 RKA 24/81 - , > Sicherstellungsauftrag.

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Heilbehandlungsarzt (H-Arzt) I. Begriff. Der Heilbehandlungsarzt (abgekürzt H-Arzt) ist ein an der Durchführung der berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung beteiligter niedergelassener Arzt, der nicht die Voraussetzungen für die Bestellung als

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Heilbehandlungsarzt (H-Arzt)

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> D u r c h g a n g s a r z t erfüllt, aber besondere Kenntnisse und Erfahrungen auf dem Gebiet der Behandlung von Unfallverletzungen besitzt, Uber eine entsprechende Praxisausstattung verfügt und von den > B e r u f s g e n o s s e n s c h a f t e n an der Durchführung des berufsgenossenschaftlichen Heilverfahrens auf Antrag beteiligt ist. II. Rechtsgrundlage ist § 557 Abs. 2 Satz 2 RVO i.V.m. Ltnr. 50a-50i BG-Abkommen. Die fachlichen und sachlichen Voraussetzungen für die Beteiligung als H-Arzt sind in den Richtlinien über die Beteiligung von Ärzten an der berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung v. 7. 10. 1963 (abgedr. bei NoeskeHamacher-Franz, aaO. S. 1/554f.) geregelt. 815

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III. Rechtsstellung. 1. Die Rechtsbeziehungen zwischen H-Arzt und Berufsgenossenschaft sind öffentlichrechtlicher Natur, es gilt ensprechendes wie beim > D u r c h g a n g s a r z t (Rz 579). Die Beteiligung als H-Arzt auf Antrag des Bewerbers (an die für den Arztsitz zuständigen Landesverbände der gewerblichen Berufsgenossenschaften, Ltnr. 50 c) ist ein Verwaltungsakt. Im Unterschied zum Durchgangsarzt (vgl. Rz 579 a. E.) gewährt § 557 Abs. 2 Satz 2 RVO den Ärzten, die die fachlichen und sachlichen Voraussetzungen erfüllen, einen öffentlichrechtlichen Anspruch auf Beteiligung als H-Arzt (Noeske-HamacherFranz, aaO. Erl. zu Ltnr. 50a-50b, S. I/550f.). Der H-Arzt ist von der Vorstellung des Unfallverletzten beim D-Arzt befreit (Ltnr. 50f. BG-Abkommen). Auch im kassenärztlichen > Unfallheilverf a h r e n tritt eine Befreiung von der Vorstellungspflicht ein. 2. Die Rechtsbeziehungen zwischen H-Arzt und Unfallverletzten sind privatrechtlicher Natur. Der H-Arzt haftet daher für > B e h a n d l u n g s f e h l e r persönlich aus dem > Arztvertrag und aus unerlaubter Handlung (§ 823 BGB). Bei schuldhaften Fehlleistungen im Rahmen der Entscheidung über die Durchführung einer berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung haftet die Berufsgenossenschaft nach Amtshaftungsgrundsätzen. Es gilt entsprechendes wie beim > D u r c h g a n g s a r z t (Rz 584; vgl. Wolber, Sozialversicherung 1982, 263, 265, 319). IV. Für die Frage der Beteiligung von Betriebsärzten als H-Arzt gilt entsprechendes wie beim > D u r c h g a n g s a r z t (> Betriebsarzt Rz 435; vgl. auch Noeske-Hamacher-Franz, aaO. Ltnr. 50a-50b, S. 1/553).

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V. Die Führung der Bezeichnung „Heilbehandlungsarzt" oder „H-Arzt" auf dem > Praxisschild, auf Briefbogen, Rezeptvordrucken und Stempeln ist nicht zulässig. VI. Im Rahmen der > W i r t s c h a f t l i c h k e i t s p r ü f u n g kann die Tätigkeit als H-Arzt nicht als erhebliche Besonderheit gewertet werden (LSG Celle v. 5. 12. 1973 - L 5 Ka 8/70 -).

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Heilerziehungspfleger

Heilergänzungsberufe I. Begriff. Man versteht darunter die Berufe, die die ärztliche Behandlungstätigkeit ergänzen. Sie sind zu unterscheiden von den > m e d i z i n i s c h e n Ass i s t e n z b e r u f e n , die bei der Erbringung ärztlicher Leistungen mitwirken.

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II. Zu den Heilergänzungsberufen sind z.B. folgende Berufsgiuppen zu rechnen: Augenoptiker (Verordnung über das Berufsbild und über Prüfungsanforderungen im praktischen Teil und im fachtheoretischen Teil der Meisterprüfung für das AugenoptikerHandwerk v. 9. 8. 1976, BGBl. I S. 2114; Verordnung über die Berufsausbildung zum Augenoptiker v. 9. 4. 1976, BGBl. I S. 1027; zum Berufsbild vgl. Korbmann, ErsK 1978, 70ff.); Orthopädiemechaniker (Verordnung über das Berufsbild und über die Anforderungen in der Meisterprüfung für das Orthopädiemechaniker-Handwerk v. 3. 2. 1972, BGBl. I S. 113); Orthopädieschuhmacher (Orthopädieschuhmachermeisterverordnung v. 2 1 . 7 . 1983, BGBl. I S. 946); Bandagist (Verordnung über das Berufsbild und über die Anforderungen in der Meisterprüfung für das Bandagisten-Handwerk v. 3. 2. 1972, BGBl. I S. 118); Hörgeräteakustiker (Verordnung über das Berufsbild und über die Prüfungsanforderungen im praktischen Teil und im fachtheoretischen Teil der Meisterprüfung für das Hörgeräte-Akustiker-Handwerk v. 21. 10. 1975, BGBl. I S. 2638; Hörgeräteakustikerausbildungsverordnung v. 17. 5. 1982, BGBl. I S. 626); > Sozialarbeiter.

III. Eine selbständige Beteiligung der Angehörigen der Heilergänzungsberufe an der kassenärztlichen Versorgung ist nach geltendem Recht ausgeschlossen. Die von ihnen erbrachten Leistungen gehören jedoch zu den Pflichtleistungen der gesetzlichen > Krankenversicherung (Rz 1103), wenn sie als > Heilmittel oder > Hilfsmittel von einem > Kassenarzt verordnet werden. Nach den bestehenden Verträgen mit den Kassenverbänden rechnen die lieferberechtigten Berufsangehörigen ihre Leistungen meist direkt mit den Krankenkassen ab ( > H e i l m i t t e l Rz 830, >Hilfsmittel Rz 870).

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Heilerziehungspfleger I. Aufgaben. Heilerziehungspfleger sind sozialpädagogische Fachkräfte der Behindertenhilfe. Sie sind in Ergänzung oder in Vertretung der Eltern Bezugspersonen geistig und mehrfach > B e h i n d e r t e r und als solche verantwortlich für die ganzheitliche Pflege, Erziehung und Förderung dieser Menschen. Zu ihren Aufgaben gehören u.a. die Grundpflege bei Kranken und Bettlägerigen, die Ausgabe von Medikamenten nach ärztlicher > Verschreibung sowie die Unterstützung therapeutischer Maßnahmen. Tätigkeitsfelder sind vor allem Einrichtungen der Behindertenhilfe (z.B. Werkstätten und Berufsbildungswerke und Tagesstätten für Behinderte), Psychiatrische Kliniken, Rehabilitationskliniken ( > R e h a b i l i t a t i o n ) , Alten- und Altenpflegeheime (Schaller, BerufskBl. 2 - IV A 14, S. 2ff.). II. Rechtsgrundlagen. 1. Das Berufsbild ist in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich geregelt (vgl. die Übersicht bei Schaller, aaO. S. 8ff.). Die Aus-

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Heilerziehungspfleger

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bildungsdauer schwankt zwischen zwei und drei Jahren. Eine staatliche Anerkennung besteht z. B. in Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. 2. Die Berufsbezeichnung als solche ist nicht geschützt. III. Als berufsmäßig tätiger Gehilfe des Arztes unterliegt der Heilerziehungspfleger der strafrechtlichen > Schweigepflicht nach § 203 Abs. 3 StGB.

Heilhilfe 822

I. Im Gegensatz zur > H e i l b e h a n d l u n g , die dem Wohl dessen dient, in dessen Körperintegrität eingegriffen wird, sind unter Heilhilfe diejenigen ärztlichen Maßnahmen zu verstehen, die zwar im Interesse eines Kranken vorgenommen werden, jedoch zugleich in die körperliche Unversehrtheit eines Dritten (z.B. > T r a n s p l a n t a t i o n , > B l u t t r a n s f u s i o n ) eingreifen. Es liegen hier zwei Eingriffe vor: Die eigentliche Heilbehandlung beim Kranken (Übertragung] und Heilhilfe (Entnahme] beim Spender. II. Für die Einwilligung des Spenders in Heilhilfemaßnahmen gelten im wesentlichen die gleichen Rechtsgrundsätze wie für die Heilbehandlung. Das bedeutet insbesondere, daß die Heilhilfe nur unter den Voraussetzungen zulässig ist, unter denen ein ärztlicher Eingriff auch sonst gerechtfertigt ist (näher dazu Uhlenbruck, DMW 1968, 271, 273 > H e i l b e h a n d l u n g Rzn. 804ff.).

Heilkunde 823

I. Begriff. 1. Eine Begriffsdefinition findet sich im Heilpraktikergesetz. § 1 Abs. 2 HPG, lautet wie folgt: „Ausübung der Heilkunde im Sinne dieses Gesetzes ist jede berufs- oder gewerbemäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird". Darunter fällt nach dem Zweck des Gesetzes - nämlich zu verhindern, daß Kranke statt sich von einem > A r z t oder zugelassenen > H e i l p r a k t i k e r sachgemäß behandeln zu lassen, in die Hände Unkundiger und Unzuverlässiger fallen „jedes Tun . . . das bei den Behandelten den Eindruck erweckt, es ziele darauf ab, sie zu heilen oder ihnen Erleichterung zu verschaffen; das kann auch dadurch geschehen, daß angebliche übernatürliche Gewalten mit vermeintlichen oder vorgetäuschten übersinnlichen Kräften bekämpft werden; denn gerade ein solches Treiben kann den Zielen des HPG in hohem Maße zuwiderlaufen und daher besonders gefährlich sein" (BGH, NJW 1978, 599; NJW 1956, 313, NJW 1957, 1411). Daher ist auch die Tätigkeit eines „Wundeiheileis" verbotene Ausübung der Heilkunde.

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Heilkunde

a) Eine berufsmäßige Tätigkeit liegt vor, wenn sie in der Absicht vorgenommen wird, sie in gleicher Weise zu wiederholen und dadurch zu einer, wenn auch nicht dauernden, so doch wiederkehrenden Beschäftigung zu machen (BGH, NJW 1955, 471). b) Für eine gewerbsmäßige Tätigkeit genügt neben dem Nachweis eines einmaligen Handelns die Feststellung der Absicht, die Tätigkeit in gleicher Weise zu wiederholen und sie sich dadurch zu einer dauernden oder doch wenigstens wiederkehrenden Erwerbsquelle zu machen (BGH, NJW 1953, 1605, 1606], c) Der Begriff der Krankheiten ist identisch mit dem allgemeinen medizinischen Krankheitsbegriff (> K r a n k h e i t Rz 1113). 2. Auch die > Bundesärzteordnung verwendet den Begriff der Heilkunde, ohne ihn allerdings zu definieren (vgl. § 2 Abs. 5 BÄO). Der Definitionsinhalt des § 1 Abs. 2 HPG gilt jedoch auch für die ärztliche Tätigkeit (Narr, aaO. Rz 10), ohne diese allerdings abzudecken. Der Heilkundebegriff i.S. der BÄO ist weiter zu fassen. Er umfaßt nicht nur die unmittelbar am Patienten ausgeübte diagnostische und therapeutische Tätigkeit, sondern darüber hinaus die gesamte „auf ärztlich-wissenschaftliche Erkenntnis gerichtete und auf der > A p p r o b a t i o n als > A r z t beruhende praktische, wissenschaftliche oder verwaltende Tätigkeit, die sich unmittelbar oder mittelbar auf die Verhütung, Früherkennung, Feststellung, Heilung oder Linderung menschlicher Krankheiten, Körperschäden oder Leiden bezieht, auch wenn sie im Dienste anderer ausgeübt wird" (Narr, aaO. Rz 20). Diese Definition erfaßt auch eine Tätigkeit in Wissenschaft und Forschung sowie im > ö f f e n t l i c h e n G e s u n d h e i t s d i e n s t . Daher üben auch die in der theoretischen Medizin tätigen ärztlichen > H o c h s c h u l l e h r e r , Medizinalbeamte und > S a n i t ä t s o f f i z i e r e Heilkunde i.S. der BÄO aus (vgl. Narr, aaO. Rzn. 16ff.). 3. > Z a h n h e i l k u n d e II. Die Ausübung der Heilkunde i. S. des HPG und der BÄO ist nur approbierten > Ä r z t e n , und > H e i l p r a k t i k e r n gestattet (§2 Abs. 1 u. Abs. 5 BÄO; § 1 Abs. 1 HPG > K u r i e r f r e i h e i t ) . Die Ausübung der Heilkunde ohne Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes und ohne Heilpraktikererlaubnis ( > H e i l p r a k t i k e r Rz 837) ist nach § 5 HPG strafbar. Es besteht daher die Notwendigkeit der Abgrenzung gegenüber anderen selbständigen Tätigkeiten mit heilkundlichem Einschlag. Keine Abgrenzungsprobleme ergeben sich bei der Heilhilfstätigkeit der > m e d i z i n i s c h e n A s s i s t e n z b e r u f e , deren Funktionsbereich sich von der den Ärzten vorbehaltenen Tätigkeit klar abgrenzen läßt (BVerwG, NJW 1970, 1987; vgl. aber für Mitarbeiter von > Heilp r a k t i k e r n ohne Heilpraktikererlaubnis OLG Oldenburg, NJW 1980, 652). Nach der Rspr. liegt eine Ausübung der Heilkunde dann vor, wenn „die Tätigkeit nach allgemeiner Auffassung ärztliche Fachkenntnisse voraussetzt, sei es im Hinblick auf das Ziel, die Art oder die Methode der Tätigkeit oder für die Feststellung, ob im Einzelfall mit der Behandlung begonnen werden darf" (BVerwG, NJW 1970, 1987; NJW 1973, 579). Weitere Voraussetzung ist nach

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dieser Rspr., „daß die Behandlung gesundheitliche Schädigungen verursachen kann", wobei allerdings „heilkundliche Verrichtungen, die keine nennenswerten Gesundheitsgefahren zur Folge haben k ö n n e n , . . . nicht unter die Erlaubnispflicht des HPG (fallen), auch wenn sie zu ordnungsgemäßer Vornahme ärztliche Fachkenntnisse erfordern. Andererseits fallen Verrichtungen, selbst wenn sie für sich gesehen ärztliche Fachkenntnisse nicht voraussetzen, gleichwohl unter die Erlaubnispflicht, wenn sie Gesundheitsgefährdungen mittelbar zur Folge haben können, etwa dadurch, daß frühzeitiges Erkennen ernster Leiden, das ärztliches Fachwissen voraussetzt, verzögert werden kann und daß die Wahrscheinlichkeit einer solchen Gefährdung nicht nur geringfügig ist" (BVerwG, NJW 1970, 1987f. m.Nachw.). 1. Nach diesen Grundsätzen ist die Ausübung der Heilkunde z.B. in folgenden Fällen zu bejahen: a| Chiropiaktische Behandlung (BVerwG, NJW 1970, 1987, BGH, NJW 1981, 2008). Wegen der damit verbundenen Gefahren ist eine heilkundliche Tätigkeit sowohl bei der manuellen Behandlung als auch bei der Extensionsbehandlung mit Hilfe der Glissonschlinge anzunehmen ( > C h i r o p r a k t i k ) ; b) Chirurgische Ohren-, Brust- und Nasenkorrekturen (BVerwG, NJW 1959, 833); c) Entfernung von Leberflecken und Warzen im sogenannten Kaltkauterverfahren (BVerwG, NJW 1966, 418; NJW 1973, 579); d) Unterdruckbehandlung Schwangerer (OVG Bremen v. 11. 12. 1979, DMW 1980, 749); e) Tätigkeit von Gymnastiklehrerinnen in der Krankengymnastik, wenn sie nicht unter Aufsicht und Verantwortung des Arztes erfolgt; f) Arbeiten auf dem Gebiet der klinischen Chemie. Hier gilt jedoch die Besonderheit, daß solche Arbeiten, wenn sie von Nichtärzten vorgenommen werden, dann keiner Erlaubnis nach dem HPG bedürfen, wenn es sich um Angehörige der > medizinischen Assistenzberufe, die eine Ausbildung für diese Tätigkeiten abgeschlossen haben (vgl. § 9 MTA-G) oder um Personen handelt, die sonst dazu befähigt sind (vgl. § 10 Abs. 1 Nrn. 2-5 MTA-G > Medizinisch-technischer Assistent Rzn. 1197 f.). g) Ausübung der > Psychotherapie (OVG Münster, OVGE 11, 106; LG Saarbrücken, VersR 1981, 585; LG Stuttgart v. 13. 5. 82 - XII Ns 1830/80 BVerwG v. 10. 2. 1983 - 3 C 21.82 BayObLG v. 10. 8. 1982, ArztR 1983, 18; a.A. LG Augsburg v. 13. 1. 1982 - 6 Ns 1 Js 4964/79 —, Schuhmacher, NJW 1970, 1945). Daher benötigen Diplom-Psychologen ( > P s y c h o l o g e ) nach der von allen obersten Landesgesundheitsbehörden geteilten Auffassung eine Erlaubnis nach dem HPG, wenn sie selbständig und ohne enge Verbindung mit einem Arzt die Psychotherapie ausüben wollen; h) > Akupunktur; i) Um Ausübung der Heilkunde dürfte es sich auch bei der Durchführung von Chromosomenanalysen handeln, soweit die darin enthaltenen Aussagen über eine eigentliche Zelldiagnostik hinausgehen. Anderenfalls können diese

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Untersuchungen auch z.B. von >Apothekern und >medizinisch-technischen Assistenten ausgeführt werden (§§ 9 Abs. 1, 10 Abs. 1 Nr. 1 MTA-G). j) Um Ausübung der Heilkunde handelt es sich auch bei der Gesundheitsberatung als individuell bezogene, gezielte gesundheitliche Aufklärung eines Patienten. Im Gegensatz hierzu steht die allgemeine, nicht individuell auf einen einzelnen Menschen bezogene Gesundheitsaufklärung, die keine Ausübung der Heilkunde darstellt ( > Bundesvereinigung für Gesundheitserziehung, > Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung). Im Einzelfall sind die Grenzen oft fließend. 2. Die Ausübung der Heilkunde ist zu verneinen in folgenden Fällen: a) Laboruntersuchungen von menschlichen Körperflüssigkeiten und -ausscheidungen durch chemische, physikalische und vergleichbare Messungen, deren Ergebnis, der Befund, die heilkundliche Tätigkeit, die Diagnose (Befundung) vorbereitet (KG v. 2. 2. 1976 - Kart 32/74 - , insoweit nicht abgedr. in NJW 1976, 1989; BSGE 38, 73, 75, ebenso OLG Oldenburg, NJW 1980, 652); b) Sehschärfenbestimmung durch Optiker (BVerwG, NJW 1966, 1187; BGH, NJW 1972, 1132; etwas anderes gilt für die Anpassung von Kontaktlinsen durch Optiker ( > Kontaktlinsen Rz 988 b); c) Raucherentwöhnung, solange der Bereich der Gesundheitsaufklärung (oben Rz 826 a.E.) nicht verlassen wird, also z.B. keine Medikamente verabreicht und keine psychotherapeutischen Mittel eingesetzt werden (vgl. Narr, aaO. Rz 31); d) Hörtests durch Fachhändler beim Verkauf eines Hörgerätes; e) Blutdruckmessung als solche durch > Apotheker oder sonstige Nicht ärzte. Ausübung der Heilkunde liegt aber vor, wenn gleichzeitig therapeutische Ratschläge gegeben und die gemessenen Werte für die Diagnostik, Therapie und Prognose der Hochdruckkrankheit ausgewertet werden (Beschluß des Vorstands der BÄK v. 16. 2. 1979). Zur Wettbewerbswidrigkeit von Blutdruckmessungen durch Laien > Blutdruckmessung. Zur Abgrenzung erlaubter Beratertätigkeit von unerlaubter Ausübung der Heilkunde durch Apotheker im übrigen > A p o t h e k e r Rzn. 76ff.; f) Durchführung pränataler Chromosomen-Untersuchungen, wenn das Untersuchungsergebnis dem behandelnden Arzt zur Auswertung im Rahmen seiner Diagnostik und Therapie zur Verfügung gestellt wird. g) Durchstechen von Ohrläppchen im Juweliergeschäft III. Der mit einer nicht zur Ausübung der Heilkunde berechtigten Person abgeschlossene Behandlungsvertrag ist gem. § 134 BGB nichtig (LG Saarbrükken, VersR 1981, 585; nach dem - wohl nicht amtlichen - Leitsatz dieser Entscheidung werden offenbar Diplom-Psychologen fälschlicherweise als zur Ausübung der Heilkunde berechtigt angesehen).

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Heilmittel 829

I. Der Begriff ist mehrdeutig. 1. Teilweise wird das Heilmittel als Mittel „zur Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden" in Gegensatz gebracht zu bloßen Vorbeugemitteln (Sander-Scholl, aaO. § 2 Erl. 2, BGH, NJW 1963, 1673, 1675). 2. Im Recht der gesetzlichen > Krankenversicherung (Rz 1103) sind Heilmittel (oder gelten als solche) sächliche Mittel, die zur Behandlung einer > Krankheit eingesetzt und - im Gegensatz zu den > Arzneimitteln (Rz 1111) - überwiegend äußerlich angewendet werden, ohne Arzneimittel zu sein, Maßnahmen der physikalischen Therapie (z. B. Massagen, Krankengymnastik), Sprachtherapie, Beschäftigungstherapie (Abschn. A Ziff. 1.2 der Heilmittel- und Hilfsmittel-Richtlinien v. 26. 2. 1982, DÄ 1982/31, S. 58ff. ; zur Abgrenzung gegenüber > Hilfsmitteln vgl. dort Abschn. C ; BSGE 23, 176; 28, 158). Vom Arzt (insbesondere im Bereich der physikalischen Therapie, Sprach- und Beschäftigungstherapie) persönlich erbrachte Leistungen fallen nicht unter den Begriff des Heilmittels (vgl. hierzu und zum folgenden EfferEngels-Wenig, aaO.). Im gleichen Sinne wird der Begriff in der ärztlichen > Berufsordnung verwendet (vgl. §§ 24, 25 MuBO).

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II. Die Heilmittel gehören als Teil der > Krankenhilfe nach § 182 Abs. 1 Nr. 1 b RVO zu den Pflichtleistungen der gesetzlichen > Krankenversicherung (Rz 1103); ihre Verordnung gehört zur kassenärztlichen Versorgung (§ 368 Abs. 2 Satz 2 RVO). Die vom Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen beschlossenen Heilmittel- und Hilfsmittel-Richtlinien v. 26. 2. 1982 sollen ebenso wie die > Arzneimittel-Richtlinien - den Kassenarzt bei der Beachtung der Grundsätze von Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit ( > Wirtschaftlichkeitsprüfung) unterstützen (näher dazu Wirzbach, DÄ 1982/11, S. 21; Matz, DÄ 1982/31, S. 49ff.). Durch das KVEG wurde die für Arzneimittel geltende Höchstbetragsregelung ( > Arzneimittelhöchstbetrag) auf Heilmittel ausgedehnt (§ 368 f. Abs. 6 RVO). Die Versorgung mit Heilmitteln durch die nichtärztlichen Heilberufe ist in Verträgen der Kassenverbände mit den entsprechenden Berufsverbänden der Leistungserbringer aufgrund des § 414 e Buchst, c) RVO näher geregelt (zu den Verträgen für die Leistungen der > Krankengymnasten, > M a s s e u r e / Masseure und medizinische Bademeister und > Logopäden vgl. Korbmann, ErsK 1977, 539, 541; 1978, 198, 201; 1979, 70, 73f.).

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III. 1. Zur Kompetenz der gesetzlichen Krankenkassen zur Selbstabgabe von Heilmitteln vgl. Rohwer-Kahlmann, SGb 1981, 133; 1980, 89; Schimmelpfeng-Schütte, SGb 1980, 379; BGH, NJW 1982, 2117; Zacher/FriedrichMarczyk, SGb 1980, 505. 2. Für die Abgabe von Heilmitteln durch Ärzte gilt entsprechendes wie bei > Hilfsmitteln (Rz 871). Das ärztliche Berufsrecht verbietet dem Arzt, über Heilmittel > Gutachten

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Heilmittelwerbegesetz

zu erstatten, Werbevorträge zu halten und Zeugnisse auszustellen (vgl. § 25 Abs. 1 MuBO). Darüber hinaus bestehen berufsrechtliche Beschränkungen für die Verordnung und Empfehlung von Heilmitteln (vgl. § 24 Abs. 1 u. 4 MuBO; vgl. auch § 24 Abs. 6 MuBO).

H e i Im ittel w e r b e g e s e t z I. Regelungsinhalt. Das Gesetz über die Werbung auf dem Gebiet des Heilwesens (Heilmittelwerbegesetz - HWG -) i.d.F.v. 18. 10. 1978 (BGBl. IS. 1677) regelt die Werbung für > A r z n e i m i t t e l und sonstige zur Bekämpfung von > K r a n k h e i t e n angepriesene Mittel mit dem Ziel, die Gesundheit des einzelnen Verbrauchers und die Gesundheitsinteressen der Allgemeinheit zu schützen. Daneben bezweckt das Gesetz den Schutz der Abnehmer vor wirtschaftlicher Übervorteilung (vgl. Doepner, aaO. Einl. Rz 24).

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II. Werbeadressaten. Das Gesetz erfaßt sowohl die Werbung innerhalb der Fachkreise (Fachwerbung, § 2 HWG) als auch die Werbung außerhalb der Fachkreise (Pubhkumswerbung). 1. Für beide Bereiche gelten u. a. das Verbot der irreführenden Werbung (§ 3), das Gebot von Pflichtangaben bei > Arzneimitteln (§ 4), die Vorschriften über Werbung mit Gutachten und Fachveröffentlichungen (§ 6), das grundsätzliche Verbot von Werbegaben (§ 7), das Verbot der Werbung zum Bezug von apothekenpflichtigen > Arzneimitteln ( > Apothekenpflicht) im Wege des Versandes (§ 8), das Verbot der Werbung für > F e r n b e h a n d l u n g (§ 9). 2. § 11 verbietet eine nach Art und Form unsachliche Publikumswerbung. § 1 0 will unabhängig von der Erscheinungsform der Werbung den Gefahren der > S e l b s t m e d i k a t i o n begegnen und statuiert daher ein Publikumswerbeverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel ( > Verschreibungspflicht) sowie Arzneimittel, die dazu bestimmt sind, Schlaflosigkeit oder psychische Störungen zu beseitigen oder die Stimmungslage zu beeinflussen. § 12 enthält ein Verbot der Publikumswerbung für Arzneimittel oder andere Mittel i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 zur Erkennung, Verhütung, Beseitigung oder Linderung bestimmter, im einzelnen genannter Krankheiten, bei denen die > S e l b s t m e d i k a t i o n durch einen medizinischen Laien mit großer Wahrscheinlichkeit nicht zu einer Heilung oder Besserung, sondern zu einer Verschlimmerung der Krankheit führt (Doepner, aaO. § 12 Rz 4). III. Verstöße gegen das Verbot der irreführenden Werbung (§ 3) werden strafrechtlich geahndet (§ 14). Die Zuwiderhandlung gegen sonstige Vorschriften stellt eine Ordnungswidrigkeit dar (§ 15). IV. Verhältnis zu anderen Rechtsvorschriften. 1. Jede Verletzung einer Vorschrift des HWG stellt zugleich einen Verstoß gegen § 1 UWG dar, ohne daß es besonderer zusätzlicher subjektiver Merkmale in dem Wettbewerbsverhai-

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Heilmittelwerbegesetz

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ten des Werbenden bedarf (vgl. Doepner, aaO. Einf. Rz 26 m.Nachw.; BGH, NJW 1983, 2633, 2634 > W e t t b e w e r b s r e c h t Rz 1921). 2. Das HWG läßt das beiufsiechtliche > W e r b e v e r b o t unberührt. Es steht weitergehenden berufsrechtlichen Werbebeschränkungen nicht entgegen, wie andererseits berufsrechtlich zulässige Werbemaßnahmen eines Arztes nicht unter das Werbeverbot von § 12 HWG fallen (Doepner, aaO. Einf. Rz 27, § 12 Rzn. 11, 36ff.). 3. Unberührt von den Vorschriften des HWG bleiben auch § 21 GeschlKiG sowie die Zugabeverordnung (§17 Nrn. 2 u. 3 HWG ; zur Zugabeverordnung vgl. Doepner, aaO. Rzn. 20ff. vor § 7 Rzn. 38ff.). V. Die Bekämpfung von Verstößen gegen das HWG und die Erstattung von Gutachten auf diesem Gebiet gehört zu den Aufgaben der > Z e n t r a l e z u r B e k ä m p f u n g der Unlauterkeit i m Heilgewerbe.

Heilpädagoge 834

I. Aufgaben. Der Heilpädagoge wirkt mit bei der Erziehung, Bildung und Behandlung von Menschen, die aufgrund ihrer körperlich-seelischen oder sozialen Besonderheiten (z.B. Lernbehinderung, geistige Behinderung, Blindheit, Gehörlosigkeit, Körperbehinderung, Sprechbehinderung, Verhaltensstörung) seiner Hilfe bedürfen. Er bedient sich dabei der Erkenntnisse und Methoden aus verschiedenen Fachgebieten wie der Erziehungswissenschaft, der Medizin, der Psychologie und der Soziologie. Der Heilpädagoge übt seinen Beruf i.d.R. als Angestellter einer Einrichtung der Jugend- oder der Sozialhilfe, meist im Team mit anderen Fachkräften (u.a. Kinder- und Jugendpsychiater, Psychologen, > P s y c h a g o g e n , > K r a n k e n g y m n a s t e n ) aus (näher dazu Klenner, BerufskBl. 2 - II B 30, S. 1 ff.).

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II. Rechtsgrundlagen sind die in den einzelnen Bundesländern unterschiedlichen Ausbildungs- und Prüfungsordnungen der als Ausbildungsstätte in Betracht kommenden Ergänzungsschulen, Fachschulen und Fachhochschulen. Die mit der bestandenen Prüfung erworbenen Berufsbezeichnungen sind noch nicht bundeseinheitlich geregelt (Bayern: „Heilpädagoge"; Niedersachsen und Rheinland-Pfalz: „staatlich geprüfter Heilpädagoge" bzw. „staatlich geprüfter Sonderpädagoge"). An den Fachhochschulen erfolgt eine Graduierung („Sozialpädagoge grad. Fachrichtung Heilpädagogik"). Alle diese Berufsbezeichungen sind nicht geschützt. An Fachschulen und Ergänzungsschulen beträgt die Ausbildungsdauer i.d.R. zwischen einem und 1 Vi Jahren. Das Vollstudium an Fachhochschulen dauert meist acht Semester. III. Der Heilpädagoge unterliegt der strafrechtlichen > Schweigepflicht nach § 203 Abs. 3 StGB.

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Heilpraktiker

Heilpraktiker I. Heilpraktiker ist, wer ohne > A r z t zu sein die > H e i l k u n d e berufsmäßig mit staatlicher Erlaubnis ausübt.

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II. Rechtsgrundlage ist das Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung (Heilpraktikergesetz - HPG -) v. 17. 2. 1939 (RGBl. I S. 251, geändert durch Gesetz v. 2. 3. 1974, BGBl. I S. 469) und die 1. DVO v. 18. 2. 1939 (RGBl. I S. 259). Diese Rechtsvorschriften gelten in ihren wesentlichen Teilen als Bundesrecht weiter. Das ursprüngliche Ziel des HPG, die Ausübung der Heilkunde durch andere Personen als approbierte Ärzte abzuschaffen, wurde durch die mit Inkrafttreten des GG geänderte Verfassungswirklichkeit in sein Gegenteil verkehrt, so daß heute praktisch wieder > Kurierfreih e i t besteht (zur geschichtlichen Entwicklung des Heilpraktikerrechts eingehend Bockelmann, S. 1 ff. ; Narr, aaO. Rzn. 21 ff.). Die Berufsbezeichnung „Heilpraktiker" ist durch § 132 a Abs. 1 Nr. 1 StGB i.V.m. § 1 Abs. 3 HPG geschützt (vgl. Kohlhaas bei Kuhns, aaO. S. 1/850). III. Die Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde ohne ärztliche >Approbation nach § 1 Abs. 1 HPG setzt weder eine medizinische Ausbildung noch den Nachweis medizinischer Fachkenntnisse voraus. Das > G e s u n d h e i t s a m t hat lediglich bei der Uberprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten eines Bewerbers festzustellen, ob die Ausübung der Heilkunde durch ihn eine Gefahr für die Volksgesundheit bedeuten würde (§ 2 Abs. 1 i) der 1. DVO. Nur in diesem Rahmen sind die heilkundlichen Kenntnisse und Fähigkeiten des Bewerbers zu überprüfen. Eine Fachprüfung findet nicht statt (BVerwG, NJW 1973, 579, 580). Im übrigen ist die Erlaubnis zu erteilen, wenn der Bewerber das 25. Lebensjahr vollendet hat (diese Mindestaltersgrenze ist mit Art. 12 GG vereinbar; OVG Münster, NJW 1981, 2018; kritisch dazu Biernath, NJW 1981, 2506), die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und mindestens eine abgeschlossene Hauptschulausbildung nachweist. Außerdem muß der Bewerber die notwendige sittliche Zuverlässigkeit besitzen und frei von körperlichen oder geistigen Gebrechen sein (§ 2 Abs. 1 a)-g) der 1. DVO). Die Ausübung der Heilpraktikertätigkeit nur im Nebenberuf ist entgegen § 2 Abs. lh) der 1. DVO kein Hindernis für die Erlaubniserteilung (OVG Lüneburg v. 10. 6. 1964, OVGE 20, 347; BVerwG, NJW 1967, 1525). Eine in der Praxis eines Heilpraktikers zum Zweck des Erwerbs praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten beschäftigte Person übt nur dann keine verbotene Heilkunde aus, wenn der Heilpraktiker die von dieser gestellte Diagnosen und die angeratenen Therapien selbständig überprüft, verantwortet und den Auszubildenden so beobachtet, daß ein Eingreifen jederzeit möglich ist (OLG Oldenburg, NJW 1980, 652). Zur Vorbereitung auf die Prüfung nach dem HPG werden von Fachschulen des Verbandes Deutscher Heilpraktiker e.V. (vgl. unten Rz 847) sowie von privaten gewerblichen Ausbildungsstätten Ausbildungskurse angeboten. Ein Heil-

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Heilpraktiker

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Praktikerausbildungsvertrag, in dem sich der Ausbilder verpflichtet, in einem einjährigen Kurs eine ausreichende Ausbildung zum Heilpraktiker zu vermitteln, ist mangels Bestimmtheit der geschuldeten Leistung unwirksam (AG Stuttgart-Bad Cannstatt, MDR 1979, 669). Zur Kündigung eines solchen Vertrages vgl. LG München, NJW 1980, 293 (keine Kündigung durch den Auszubildenden nach § 627 BGB). Zur Rechtswirksamkeit des Ausschlusses der ordentlichen Kündigung durch den Auszubildenden unter dem Gesichtspunkt des § 9 AGBG vgl. OLG Köln, MDR 1983, 55. Die Ausübung der Heilkunde ohne Erlaubnis ist nach § 5 HPG strafbar. Gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung bestehen keine Bedenken (BGH, NJW 1956, 313). 838

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IV. 1. Die Heilpraktikererlaubnis berechtigt zur Ausübung der > Heilkunde i. S. des § 1 Abs. 2 HPG. Die Ausübung der > Z a h n h e i l k u n d e ist dem Heilpraktiker untersagt; sie bedarf der Approbation als > Zahnarzt oder als > Arzt (§ 1 Abs. 1 ZHG). Grundsätzlich darf der Heilpraktiker alle Untersuchungs- und Behandlungsmethoden anwenden, die er tatsächlich beherrscht, also z. B. auch intravenös injizieren. Es besteht jedoch ein gesetzliches Verbot für bestimmte Verrichtungen, z.B.: Untersuchung und Behandlung von Geschlechtskrankheiten (§9 Abs. 1 GeschlKrG); Ausübung der Geburtshilfe (§ 4 HebG); Behandlung meldepflichtiger übertragbarer Krankheiten (§ 30 Abs. 1 BSeuchG); Verordnung von Betäubungsmitteln und verschreibungspflichtiger > Arzneimittel (§48 Abs. 1 AMG, § 13 Abs. 1 BtMG); Durchführung der > Leichenschau nach den Bestattungsgesetzen der Länder (z.B. § 2 0 BestG Bad.-Wttbg. v. 21. 7. 1970, GBl. S. 395); selbständige und eigenverantwortliche Anwendung von Röntgenstrahlen ( > R ö n t g e n v e r o r d n u n g , Rz 1519). 2. Die Aufsicht über die Berufsausübung als Heilpraktiker obliegt dem > G e s u n d h e i t s a m t (§ 2 der 3. DVO zum GesVereinhG). Dieses hat darauf zu achten, a) daß sich Heilpraktiker nicht die Bezeichnung „Arzt" oder eine arztähnliche Bezeichnung zwecks Täuschung beilegen, b) daß sie die Heilkunde nicht im Umherziehen oder gelegentlich von Vorträgen oder im Anschluß an solche ausüben, c) daß sie keine Krankheiten behandeln, deren Behandlung gesetzlich den Ärzten vorbehalten ist und d) daß sie keine verbotene öffentlichen Anzeigen oder Ankündigungen ergehen lassen. Um nicht gegen das Verbot unter a) zu verstoßen, dürfen Heilpraktiker einen Doktortitel oder den Titel „Dr. med." nur in Verbindung mit der Berufsbezeichnung Heilpraktiker führen. Darüber hinaus kann sich hier eine Strafbarkeit nach § 132 a StGB ergeben (vgl. Narr, aaO., Rz 27). Im übrigen unterliegen die Heilpraktiker keiner gesetzlich festgelegten Berufsaufsicht, die mit der Berufsauf sieht der > Ä r z t e k a m m e r n vergleichbar wäre. Es gibt auch keine verbindliche öffentlichrechtliche Berufsordnung für Heilpraktiker, sondern nur Berufsregeln privater Berufsorganisationen, die u.a. Bestimmungen über die Schweigepflicht, die Fortbildungspflicht sowie über Werbung (dazu unten Rz 846) enthalten, und denen die Berufsangehöri-

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gen sich freiwillig unterwerfen (vgl. die Berufsordnung für Heilpraktiker der Deutschen Heilpraktikerschaft e.V. i.d.F.v. 15. 7. 1981, BAnz. Nr. 104 v. 10. 6. 1980 u. Nr. 141 v. 4. 8. 1981, die aufgrund einer gemeinsamen Erklärung der drei Berufsverbände der Heilpraktiker [vgl. unten Rz 847] vom Juli 1982 [zitiert bei OLG Frankfurt, WRP 1983, 274] in ihren wesentlichen Teilen auch von den übrigen Berufsverbänden und damit von über 95 % der Heilpraktikerschaft getragen wird). Plänen zur Errichtung von Heilpraktikerkammern stehen die dafür (nach Art. 30 u. 70 GG) zuständigen Bundesländer ablehnend gegenüber (vgl. die Mitteilung des Senats der Bremischen Bürgerschaft v. 27. 8. 1979 - LTDrucks. 9/1132). 3. Da eine qualifizierte Ausbildung nicht Voraussetzung für eine Tätigkeit als Heilpraktiker ist, ist der Heilpraktiker nicht den freien Berufen zuzuordnen. Andererseits übt der Heilpraktiker auch kein Gewerbe aus. Er hat vielmehr eine Zwischenstellung (LG Bonn v. 25. 7. 1983 - 9 0 112/83). Dies schließt nicht aus, daß Heilpraktiker i. S. einzelner gesetzlicher Vorschriften als Freiberufler (vgl. z.B. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG) oder Gewerbetreibende (§ 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB) anzusehen sind (LG Tübingen, NJW 1983, 2093). V. Der zwischen dem Heilpraktiker und dem Patienten geschlossene Heilpraktikervertrag ist ein Dienstvertrag (§§ 611 ff. BGB). Sofern über die Höhe der Vergütung keine Vereinbarung getroffen wird, gelten die Sätze des „Gebührenverzeichnisses für Heilpraktiker" (GebüH, Stand 1.1. 1977, hrsg. von den Heilpraktikerverbänden in der Bundesrepublik) als „übliche Vergütung" i. S. des § 612 Abs. 2 BGB (Rabe, Berufskunde S. 179). Im übrigen finden die für den > Arztvertrag entwickelten Grundsätze auf den Heilpraktikervertrag entsprechend Anwendung. Honoraransprüche von Heilpraktikern verjähren nach § 196 Abs. 1 Nr. 7 BGB in 2 Jahren (v. Feldmann in: Münch. Komm. § 196 Rz 25). Die Einnahmen aus der Tätigkeit als Heilpraktiker unterliegen nach § 4 Nr. 14 UStG nicht der > U m s a t z s t e u e r .

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VI. Haftung. Zu den Sorgfaltspflichten des Heilpraktikers gehört es insbesondere, sich der Grenzen seines Wissens und Könnens bewußt zu sein und den Patienten ggf. an einen Arzt zu überweisen (BGH, NJW 1973, 579, 580 ; vgl. auch Art. 4 Abs. 3 der Berufsordnung der Deutschen Heilpraktikerschaft e.V.). Die Erfüllung der dem Heilpraktiker obliegenden Sorgfaltspflichten setzt die Pflicht zur beruflichen > Fortbildung voraus (vgl. Art. 5 der Berufsordnung der Deutschen Heilpraktikerschaft e.V.). Im übrigen gelten die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze über die ärztlichen Sorgfaltspflichten und die zivilrechtliche und strafrechtliche Haftung entsprechend ( > Behandlungsfehler, > Haftung, > Fortbildung, > Aufklärungspflicht).

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VII. Heilpraktiker unterliegen nicht der strafrechtlichen > Schweigepflicht nach § 203 StGB. Eine berufliche Schweigepflicht ergibt sich für den Heilprak-

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tiker jedoch aus dem Heilpraktikervertrag, weil auch ohne ausdrückliche Vereinbarung davon auszugehen ist, daß der Patient, der sich in die Behandlung eines Heilpraktikers begibt, wie bei einem Arzt stillschweigend damit rechnet, daß der Heilpraktiker über alle Umstände der Behandlung Stillschweigen bewahren wird (vgl. Schulz, aaO. S. 276; Rabe, Berufskunde S. 183). Die Verletzung dieser Schweigepflicht kann zivilrechtliche Schadensersatzansprüche begründen. Für eine Verletzung der Schweigepflicht durch Hilfspersonal haftet der Heilpraktiker nach § 278 BGB. Eine Schweigepflicht besteht auch nach Art. 3 der Berufsordnung der Deutschen Heilpraktikerschaft. VIII. Heilpraktiker sind berechtigt, die Leitung von Privatkrankenanstalten i. S. des § 30 Abs. 1 Nr. 1 GewO zu übernehmen ( > Privatkrankenanstalt e n Rz 1447). 843

IX. 1. Die Leistungen von Heilpraktikern sind nicht in die gesetzliche > Krankenversicherung (Rz 1103) eingeschlossen. Eine Zulassung von Heilpraktikern zur Kassenpraxis oder Ermächtigung zur selbständigen Ausführung von Leistungen, die zum Kernbereich der ärztlichen Behandlung gehören, ist daher ausgeschlossen; dies gilt auch für die selbständige Ausführung psychotherapeutischer Leistungen ( > P s y c h o t h e r a p i e Rz 1469, > Psychologe Rz 1462). Dieser Ausschluß der Heilpraktiker von der kassenärztlichen Versorgung verletzt weder das Grundrecht auf Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) noch den Gleichheitssatz in Art. 3 GG (BSG, NJW 1979, 2363). Manche private Krankenversicherer bieten den bei der gesetzlichen Krankenkasse Versicherten eine Heilpraktikerzusatzversicherung an. 2. Die Leistungen der Heilpraktiker fallen jedoch nach § 16 Nr. 1 AVK, § 4 Abs. 2 MBKK weitgehend unter den Schutz der privaten > Krankenversicherung (Rz 1107). Im allgemeinen werden heute nach den Allgemeinen Versicherungsbedingungen der einzelnen Versicherungsgesellschaften Aufwendungen bei Inanspruchnahme von Heilpraktikern bis zum einfachen Satz des Gebührenverzeichnisses für Heilpraktiker (oben Rz 840) erstattet (vgl. Prölss-Martin, aaO. § 16 AVK, Anm. 1). 3. Auch nach dem > Beihilferecht können die Aufwendungen für die Inanspruchnahme von Heilpraktikern erstattet werden (vgl. z.B. § 4 Abs. 1 Nr. 1 BVO Bad.-Wttbg.; Nr. 4 Ziff. 1 BhV).

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X. Eine Zusammenarbeit zwischen Arzt und Heilpraktiker ist nach der ärztlichen > B e r u f s o r d n u n g verboten (vgl. § 23 MuBO). Dieses Verbot ist verfassungskonform (BayVerfGH, DÖV 1966, 793). Es erstreckt sich jedoch grundsätzlich nur auf die gemeinsame persönliche Tätigkeit am Patienten. Deshalb verstößt z. B. die Anfertigung von Röntgenaufnahmen, Elektrokardiogrammen und Grundumsatzbestimmungen oder die Untersuchung serologischen Materials durch Ärzte auf Anforderung von Heilpraktikern nicht gegen das berufliche Verbot der Zusammenarbeit mit Nichtärzten (vgl. Göbbels,

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Heilpraktiker

DMW 1958, 890; E. Schmid, Kommentar zur Berufsordnung der Landesärztekammer Bad.-Wttbg., § 21, Sonderbeilage zum ÄBl. Bad.-Wttbg. 1972, Heft 7, S. III). Erlaubt sind auch Vorträge von Ärzten in Heilpraktikerschulen und Vortragsveranstaltungen in Volkshochschulen zusammen mit Heilpraktikern. Ein Arzt darf der > Ä r z t e k a m m e r über Fälle unsachgemäßer Behandlung durch Heilpraktiker Mitteilung machen, ohne Schadensersatzansprüche befürchten zu müssen (OLG München v. 10. 12. 1973, BayÄBl. 1974, 430).

XI. Erst recht unzulässig nach § 23 MuBO ist die gleichzeitige Ausübung des Berufs als Arzt und als Heilpraktiker. Dem Arzt ist es auch verboten, sich nur als Heilpraktiker zu betätigen und seine Praxis gegenüber dem Publikum nur als Heilpraktiker-Praxis auf dem Praxisschild, Briefbogen usw. anzukündigen. In diesem Falle würde praktisch eine Verquickung der z. T. sehr unterschiedlichen Rechte und Pflichten beider Berufsstände eintreten, die zu einer Umgehung essentieller ärztlicher Berufspflichten führen kann (z.B. unterliegt nur der Arzt, nicht auch der Heilpraktiker der strafrechtlichen Schweigepflicht). Deshalb muß hier verlangt werden, daß der Arzt auf seine > Approbation verzichtet (im Ergebnis ebenso BVerwG, NJW 1967, 1525, 1526).

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XII. 1. Im Gegensatz zu den Ärzten besteht für Heilpraktiker kein allgemeines, mit den Mitteln des öffentlichen Rechts durchsetzbares ( > Ä r z t e k a m m e r Rzn. 8f., > B e r u f s g e r i c h t ) berufsrechtliches > Werbeverbot (vgl. oben Rz 839; zu grundsätzlichen Fragen der Heilpraktikerwerbung Doepner, GRUR 1981, 546ff.). Eine Werbung durch Heilpraktiker kann jedoch gegen die guten Sitten im Wettbewerb verstoßen (§ 1 UWG), soweit die Einhaltung der - nicht ohne weiteres auf den Berufsstand der Heilpraktiker übertragbaren - Grundsätze des berufsrechtlichen Werbeverbotes für Ärzte auch durch die Heilpraktiker einer einheitlichen und gefestigten Standesüberzeugung der Heilpraktikerschaft entspricht und ihre Verletzung vom Standpunkt der Allgemeinheit als Verstoß gegen das allgemeine Anstandsgefühl angesehen wird (BGH, NJW 1982, 1331; BGH v. 17. 11. 1983 - I ZR 5/81 -). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen in der Rechtswirklichkeit hat das OLG Frankfurt in einem Fall (nach Zurückweisung der Sache durch den BGH) in einem Urteil v. 9. 12. 1982, WRP 1983, 274 bejaht (Verstoß gegen § 1 UWG durch Werbung eines Heilpraktikers mit dem Hinweis auf 12 Diagnose- und Behandlungsmethoden, vgl. auch OLG Düsseldorf, WRP 1983, 499, 501). Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Heilpraktiker für sich selbst wirbt oder ob die Werbung durch eine gewerblich betriebene Gesellschaft erfolgt, welche die Praxen mehrerer Heilpraktiker betreut (BGH aaO.). Durch diese Entscheidung hat die frühere Rspr. der Instanzgerichte, die von der automatischen Übertragbarkeit der Grundsätze des ärztlichen Werbeverbots auf alle Heilberufe ausgegangen war (vgl. OLG Frankfurt v. 28. 6. 1979,

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D M W 1981, 819, aufgehoben durch Urt. des BGH v. 6. 11. 1981, N J W 1982, 1331; OLG Köln v. 25. 8. 1976, W R P 1976, 627 [Häufung von Therapie- und Diagnosearten in Zeitungsanzeigen, auf Briefbögen und Praxisschildern]; OLG Hamburg v. 14. 12. 1978, W R P 1979, 3 7 6 [Unterlassungsanspruch gegen Heilpraktiker wegen Werbung in Zeitungsanzeigen mit vollem Namen, Praxisanschrift, Telefon und Foto); LG Lüneburg v. 22. 3. 1979 - 7 O 1 5 / 7 9 - [Werbung durch Heilpraktiker in Zeitungsinserat mit Methoden zur „IntensivSchmerzbehandlung"]; vgl. auch LG Freiburg v. 9. 6. 1975 - l l O 5 9 / 7 5 - und OLG München v. 22. 4. 1976 - 6 U 5 2 5 0 / 7 5 - , beide abgedr. bei Rabe, Gerichtsentscheidungen S. 2 6 2 f f . , 267 ff.| und die durch das Urteil des BGH v. 6. 11. 1981 (NJW 1982, 1331) zunächst überholt erschien, im Ergebnis wieder Gültigkeit erlangt. Allerdings wird durch die neue Rspr. im Prinzip nicht ausgeschlossen, daß ein Gericht in Einzelfragen eine von den ärztlichen Standesregeln abweichende Standesüberzeugung der Heilpraktikerschaft feststellen und dementsprechend eine Heilpraktikerwerbung im Gegensatz zum ärztlichen Berufsrecht als erlaubt ansehen kann. 2. Unabhängig davon, ob im Einzelfall eine gefestigte Standesauffassung der Heilpraktiker über Werbebeschränkungen besteht, kann die Werbung eines Heilpraktikers für die Behandlung von Krankheiten, die in der Anlage A zu § 12 H W G aufgeführt sind, gegen das Werbeverbot des § 12 Abs. 2 Heilmittelwerbegesetz (HWG) und damit auch gegen § 1 U W G verstoßen (BGH v. 17. 11. 1 9 8 3 - I Z R 5 / 8 1 -). 3. Die Bekanntgabe einer kurzfristigen Abwesenheit von der Praxis bis zu 3 Tagen durch Zeitungsinserat eines Heilpraktikers stellt grundsätzlich einen Verstoß gegen § 1 U W G dar (OLG Hamm, W R P 1981, 538). 847

XIII. Für die Beseitigung von Abfällen in der Praxis des Heilpraktikers gilt entsprechendes wie bei Arztpraxen ( > Arztpraxis Rz 205). XIV. Der selbständig tätige Heilpraktiker unterliegt nicht der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 541 Abs. 1 Nr. 4 RVO). Es besteht jedoch die Möglichkeit der freiwilligen Versicherung bei der zuständigen > B e r u f s g e n o s s e n s c h a f t (§ 545 RVO). XV. Es bestehen drei Berufsverbände, die Deutsche Heilpraktikerschaft e.V., die Union Deutscher Heilpraktiker e.V. und der Verband Deutscher Heilpraktiker e.V. Sie bilden zusammen die „Kooperation Deutscher Heilpraktikerverbände", Tersteegenstr. 77, 4 0 0 0 Düsseldorf 30.

Heilverfahren 847a

Der Begriff wird nicht einheitlich verwendet. 1. Man versteht darunter einmal die Gesamtheit der Maßnahmen eines Rentenversicherungsträgers, einer > B e r u f s g e n o s s e n s c h a f t (nach > A r b e i t s u n f a l l oder > B e r u f s k r a n k -

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Heilversuch

heit) oder der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge zur Wiederherstellung oder Besserung der Gesundheit eines Erkrankten (Verletzten) oder zur Erhaltung, Besserung und Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit (> Erwerbsunfähigkeit) eines Versicherten (vgl. z.B. §§ 1236ff. RVO; §§ 13ff. AVG, §§547ff. RVO, §§33f. BeamtVG). > Rehabilitation. 2. Außerdem wird als Heilverfahren eine von einem Renten-, Kranken- oder Unfallversicherungsträger organisierte und durchgeführte Kur in einem Kuroder Badeort bezeichnet, bei der der Versicherungsträger die gesamten Kosten einschließlich der ärztlichen Behandlung übernimmt (vgl. z.B. § 184a RVO); vgl. Liebold, aaO. „Heilverfahren".

Heilversuch I. Begriff. Unter Heilversuch, mitunter auch als „therapeutischer Versuch" bezeichnet (vgl. Giesen, aaO. S. 57) versteht man „Eingriffe und Behandlungsweisen am Menschen . . . , die der > H e i l b e h a n d l u n g dienen, also in einem bestimmten einzelnen Behandlungsfall zur Erkennung, Heilung oder Verhütung einer Krankheit oder eines Leidens oder zur Beseitigung eines körperlichen Mangels vorgenommen werden, obwohl ihre Auswirkungen und Folgen aufgrund der bisherigen Erfahrungen noch nicht ausreichend zu übersehen sind" (Richtlinien für neuartige Heilbehandlung und für die Vornahme wissenschaftlicher Versuche am Menschen, erlassen vom Reichsminister des Inneren 1931, DMW 1931, 509). Als Nebenzweck kann der Heil versuch auch wissenschaftliche Interessen verfolgen. Vom Heilversuch zu unterscheiden ist das > k l i n i s c h e E x p e r i m e n t , bei dem nicht die Heilung eines Patienten in einem konkreten Krankheitsfall, sondern der Forschungszweck im Vordergrund des Bemühens steht (vgl. Laufs, Arztrecht Rz 231; zur Unterscheidung beider Begriffe auch BGHZ 20, 61, 66). Eine besondere Erscheinungsform des Heilversuchs ist die > k l i n i s c h e A r z n e i m i t t e l p r ü f u n g (Rz 959) im Rahmen einer ärztlichen Therapie.

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II. Rechtsgrundlagen. Da der Heilversuch begrifflich der > H e i l b e h a n d l u n g zuzuordnen ist, richtet sich seine Zulässigkeit zunächst nach den für letztere geltenden Grundsätzen (vgl. Trockel, NJW 1979, 2329, 2331). Darüber hinaus sind die in §§40, 41 AMG für die > k l i n i s c h e A r z n e i m i t t e l p r ü f u n g (Rz 959) niedergelegten Grundsätze zu beachten, denen insofern allgemeine Bedeutung zukommt (Laufs, Arztrecht Rz 233).

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III. Haftung. 1. Eine zivilrechtliche und strafrechtliche Haftung des Arztes kommt einmal dann in Betracht, wenn die Behandlung eines Patienten nach der neuen Methode nicht medizinisch indiziert ist, d.h. wenn der Arzt eine neue Methode anwendet, obwohl die herkömmliche Behandlungsmethode dieselben Erfolgsaussichten mit geringeren Risiken bietet. In jedem Falle ist die Anwendung einer neuen Methode nur dann gerechtfertigt, wenn sie den

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Heilerfolg wahrscheinlicher erscheinen läßt als bei einer Behandlung mit herkömmlichen Mitteln (Giesen, aaO. S. 59 ff.). 2. Besondere Bedeutung im Rahmen des Heilversuches erlangt die Einwilligung des Patienten und damit die ärztliche > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t . Der Umfang der erforderlichen Aufklärung wird um so größer, je neuartiger und unerprobter die Methode ist (Laufs, Arztrecht Rz 234 ; Giesen, aaO. S. 63f.). Einschränkungen der Aufklärungspflicht gelten nach allgemeinen Grundsätzen dann, wenn die im Einzelfall gebotene umfassende Aufklärung des Patienten dessen Gesundheitszustand verschlechtern würde ( > A u f klärungsp f l i c h t Rz 264). Dies gilt insbesondere für den Heilversuch im Bereich der Psychiatrie (Giesen, aaO. S. 65, 85f.). Zweifelhaft erscheint, ob ein Aufklärungsveizicht des Patienten im Rahmen eines Heilversuches möglich ist (dazu Giesen, aaO. S. 66f.) > P l a c e b o Rz 367 > D o p p e l b l i n d v e r s u c h Rz 577. 3. Beim Heilversuch gelten die allgemeinen Regeln der > Beweislast. Eine generelle Beweislastumkehr zu Lasten des Arztes ist sachlich nicht gerechtfertigt (Laufs, VersR 1978, 390f. ; a.A. Giesen, aaO. S. 138f.). 4. Schäden, die der Patient bei einem Heilversuch durch ärztliches Verschulden erleidet, sind grundsätzlich durch die > Berufshaftpflichtversicherung des Arztes gedeckt (näher dazu Rieger, DMW 1978, 1589, 1590).

Heimarzt 852

I. Man versteht darunter einen Arzt, der die Bewohner von Alten- und Pflegeheimen ständig ärztlich betreut ( > Heimgesetz). II. Die Rechtsstellung des Heimarztes richtet sich nach dem jeweiligen Vertragsverhältnis mit dem Träger der Einrichtung. 1. Der hauptberuflich angestellte Heimarzt ist Arbeitnehmer mit allen sich hieraus ergebenden Rechten und Pflichten. Wie bei allen angestellten Ärzten ergeben sich jedoch Einschränkungen in bezug auf das Weisungsrecht des Arbeitgebers (>Arzt Rz 123, > Betriebsarzt Rz 413 > T h e r a p i e f r e i h e i t Rzn. 1754f.). 2. Der nebenberufliche Heimarzt, der neben einer Haupttätigkeit als niedergelassener, beamteter oder angestellter Arzt eine Einrichtung ärztlich betreut, ist regelmäßig nicht Arbeitnehmer, sonder freier Mitarbeiter. Im Einzelfall kann jedoch je nach dem Umfang der heimärztlichen Tätigkeit ein arbeitsrechtliches Anstellungsverhältnis vorliegen. Es gilt hier Entsprechendes wie beim > Betriebsarzt (Rz 415).

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III. Die Verpflichtung eines Heimarztes durch den Träger einer Einrichtung kann unter dem Gesichtspunkt der > freien Arztwahl problematisch sein. Rechtsunwirksam (§138 BGB) sind Regelungen in Heimverträgen (§4 HeimG), wonach die Aufnahme in das Heim zwangsläufig mit der Betreuung

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durch einen bestimmten Heimarzt verbunden ist. Zwar kann die freie Arztwahl formal dadurch gewährleistet werden, daß in den Heimvertrag eine Klausel aufgenommen wird, wonach die ärztliche Betreuung in der Einrichtung durch einen bestimmten Arzt erfolgt, wenn ein Heimbewohner nicht ausdrücklich einen anderen Arzt wünscht. Dies ändert indes nichts daran, daß in vielen Fällen das persönliche Vertrauensverhältnis zum bisherigen Hausarzt und damit das Recht auf freie Arztwahl faktisch dadurch beeinträchtigt wird, daß ein älterer, häufig hilfloser Mensch vielfach nicht mehr in der Lage ist, seinen persönlichen Wunsch nach Zuziehung des Arztes seines Vertrauens zu artikulieren und durchzusezten. Deshalb sollte die Verpflichtung eines besonderen Heimarztes durch den Träger der Einrichtung nur dort stattfinden, wo die ärztliche Versorgung der Heimbewohner anderenfalls Schwierigkeiten bereitet.

Heimgesetz I. Das Gesetz über Altenheime, Altenwohnheime und Pflegeheime für VollBGBl. S. 1873) gilt für Altenjährige v. 7. 8. 1974 (Heimgesetz - HeimG heime, Altenwohnheime, Pflegeheime und gleichartige Einrichtungen, die alte Menschen sowie pflegebedürftige oder behinderte Volljährige nicht nur vorübergehend aufnehmen und betreuen, soweit es sich nicht um > Krankenhäuser (Rz 1014, Tageseinrichtungen oder Einrichtungen der beruflichen > Rehabilitation handelt (§ 1 Abs. 1 HeimG ). Zweck des Gesetzes ist es, die Interessen und Bedürfnisse der Heimbewohner vor Beeinträchtigungen zu schützen (§ 2 Abs. 1 HeimG). Die hierfür notwendigen Mindestanforderungen sind durch Rechtsverordnung festgelegt (nähere Einzelheiten bei Kunz-RufWiedemann, aaO.).

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II. Zu den gesetzlichen Anforderungen, die an den Betrieb eines Heimes ge- 855 stellt werden, gehört u.a., daß die Wahrung der Interessen und Bedürfnisse der Heimbewohner, insbesondere die ärztliche oder gesundheitliche Betreuung, gesichert ist (§ 6 Abs. 3 Nr. 2 HeimG > Heimarzt).

Herzschrittmacher I. Man versteht darunter ein elektrisches Gerät zur künstlichen Anregung 856 und Inganghaltung der Herztätigkeit durch Stromstöße nach Ausfall der physiologischen Reizbildungszentren (Duden, „Schrittmacher"). II. Rechtsnatur. 1. Der Herzschrittmacher wird in den Körper des Patienten implantiert. Er verliert damit seine Sachqualität (§ 90 BGB) mit der Folge, daß er nicht mehr Gegenstand von Eigentumsrechten sein kann. Erst mit der Ent-

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nähme aus dem Körper des Patienten wird der Schrittmacher wieder zur beweglichen Sache ( > Körperbestandteile Rz 973). 2. Der Herzschrittmacher gilt als > Arzneimittel gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2 AMG (vgl. Sander-Scholl, aaO. § 2 Erl. 28). Daraus folgt, daß die Bestimmungen des > Arzneimittelgesetzes über Beobachtung, Sammlung und Auswertung von Arzneimittelrisiken (§ 62 AMG) auch für Herzschrittmacher und mögliche Defekte an Herzschrittmachern Gültigkeit haben. Ebenso findet § 24 Abs. 7 MuBO Anwendung, der den Arzt verpflichtet, der > Arzneimittelk o m m i s s i o n der deutschen Ärzteschaft Meldung über eintretende Nebenwirkungen und Defekte zu machen (vgl. Bekanntmachung der BÄK, DÄ 1978, 3121). 3. Die Implantation von Herzschrittmachern mit Radionuklidquellen ist Umgang mit radioaktiven Stoffen und bedarf daher einer entsprechenden Genehmigung nach der > Strahlenschutzverordnung (vgl. im einzelnen die „Empfehlungen zum Genehmigungs- und Aufsichtsverfahren für den Umgang mit Radionuklidquellen in Herzschrittmachern, abgedr. bei Schmatz-Nöthliches, Ziff. 8651). III. Rechtlich problematisch ist die Entnahme und Wiederverwendung von Herzschrittmachern nach dem Tode des Patienten (vgl. hierzu Samson, DMW 1977, 406, 774; Bringewat, NStZ 1981, 207ff. ; ders. JuS 1981, 211 ff. ; Uhlenbrock, Arzt u. Krankenhaus 1981, 379f. ; Weimar JR 1979, 363ff.). 1. a) Zunächst bedarf die Leichenöffnung eines besonderen Rechtfertigungsgrunds. Insoweit gelten die Regeln des Sektionsrechts ( > Sektion). Das bedeutet grundsätzlich, daß die Leichenöffnung nur mit Zustimmung der Erben oder der von diesen verschiedenen Angehörigen zulässig ist. Dabei ist jedoch zu beachten, daß die Einwilligung in die pathologische Sektion nicht die Leichenöffnung zur bloßen Entnahme des Herzschrittmachers deckt (Samson, DMW 1977, 407), und daß auch wissenschaftlich berechtigte Interessen (Klärung der Ursache des Versagens und Explantation aus der Leiche, um ggf. bei Patienten, die einen Schrittmacher der gleichen Serie tragen, eine Austauschoperation vornehmen zu können) für sich allein keinen Rechtfertigungsgrund bilden (Samson, DMW 1977, 774). b) Die Entnahme und Wiederverwendung des Schrittmachers selbst bedarf der Zustimmung der Erben des Verstorbenen, denen an den nach Trennung vom Leichnam zur herrenlosen Sache gewordenen Herzschrittmacher das ausschließliche Aneignungsrecht zusteht, dessen Ausübung aber dort, wo Erben und Angehörige nicht identisch sind, von der Zustimmung der Angehörigen abhängt ( > Leiche Rz 1144). Nach einer Mindermeinung (Nachweise bei Samson, aaO. Anm. 6) soll die Sachqualität therapeutischer Hilfsmittel nach der Implantation in den menschlichen Körper erhalten bleiben und der Patient Eigentum erwerben, das nach seinem Tod auf die Erben übergeht. Die Entnahme und Wiederverwendung des Schrittmachers post mortem ohne deren Einwilligung erfüllt nach dieser Ansicht den Straftatbestand der Unterschlagung (§ 246 StGB). Eine

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Unterschlagung durch den Arzt kommt mangels Zueignungsabsicht dort nicht in Betracht, wo die Hersteller- oder Vertriebsfirma das aus der Leiche explantierte Gerät nach Wiederaufbereitung dem Krankenhausträger zum Neupreis in Rechnung stellt und nach Zahlung einen Teil des Kaufpreises auf ein zugunsten des Arztes eingerichtetes Konto überweist. In diesen Fällen kann jedoch eine Strafbarkeit des Arztes wegen Betrugs und Unterschlagung (§ 266, 2. Altern. StGB) in Mittäterschaft zum Nachteil des Krankenhausträgers gegeben sein (vgl. Bringewat, NStZ 1981, 207, 208). Ziviirechtlich macht sich ein Arzt, der einem Verstorbenen einen Herzschrittmacher zur Wiederverwendung ohne Zustimmung der Erben entnimmt, diesen gegenüber nach § 823 Abs. 1 BGB schadensersatzpflichtig. Für die Schadensersatzpflicht des Arztes gegenüber den mit den Erben nicht identischen Angehörigen gilt entsprechendes wie bei der rechtswidrigen > S e k t i o n (Rz 1681). Der den Erben oder Angehörigen entstehende Schaden ist durch die > B e r u f s h a f t p f l i c h t v e r s i c h e r u n g des Arztes nicht gedeckt. Selbst wenn er in das versicherte Risiko einbezogen wäre (verneinend in diesen Fällen Kohlhaas, VersR 1970, 385 ; Rieger, DMW 1978, 290, 291), würde der Versicherungsschutz wegen vorsätzlicher Herbeiführung des Schadens nach § 4 II Nr. 1 AHB entfallen. c) Eine pauschale Unterwerfung unter eine Klinikordnung im formularmäßigen > Krankenhausaufnahmevertrag oder eine entsprechende Einwilligungsklausel in diesem Vertrag vermag eine rechtswirksame Zustimmung zur Leichenöffnung, Entnahme und Wiederverwendung des Herzschrittmachers nicht zu begründen. Es gilt hier entsprechendes wie bei der > S e k t i o n (Rz 1678). 2. Die Implantation eines wieder aufbereiteten Herzschrittmachers unterliegt als Heileingriff ( > Heilbehandlung) den Regeln der ärztlichen > Aufklärungspflicht. Danach ist eine Unterrichtung des Empfängers darüber, daß es sich um ein gebrauchtes Gerät handelt, dann nicht erforderlich, wenn gewährleistet ist, daß die mit der Verwendung dieses Gerätes verbundenen Risiken im Vergleich zu einem fabrikneuen Schrittmacher nicht höher sind und wenn außerdem die Lebensdauer des gebrauchten Gerätes nicht nennenswert reduziert ist. Anderenfalls ist die Wiederverwendung eines Herzschrittmachers nur mit Zustimmung des Empfängers nach entsprechender Aufklärung zulässig. In der Praxis dürften vor allem die Fälle der reduzierten Lebensdauer des gebrauchten Schrittmachers eine Rolle spielen. Überall dort, wo auch nur entfernt die Gefahr besteht, daß bei dem Patienten unter Berücksichtigung seiner Lebenserwartung ein weiteres Gerät implantiert werden muß, während bei Verwendung eines fabrikneuen Gerätes mit wesentlich längerer Lebensdauer eine Austauschoperation nach ärztlicher Voraussicht nicht mehr erforderlich würde, ist der Arzt zur Aufklärung verpflichtet (näher dazu Rieger, DMW 1980, 1270f.|. Demgegenüber wird z.T. die Auffassung vertreten, daß der Arzt generell verpflichtet sei, den Empfänger eines gebrauchten Herzschrittmachers umfassend aufzuklären, weil die Instandsetzung eines solchen Gerätes zur Wiederverwendung industrielle Fehlerquellen und damit für den Patienten er-

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höhte Eingriffsrisiken in sich berge (so Bringewat, aaO. S. 210 f. und ihm folgend Uhlenbruck, aaO. S. 380). Für die Richtigkeit dieser Annahme bestehen indes keine Anhaltspunkte. Im Gegenteil wird man nicht außer acht lassen dürfen, daß die Gefahr des Auftretens technischer Defekte jedenfalls bei einem nur kurze Zeit gebrauchten Gerät i.d.R. geringer ist als bei der Implantation eines fabrikneuen Gerätes, weil etwaige technische Fehler an einem neuen Gerät im allgemeinen schon bald nach der Inbetriebnahme erkennbar werden und deshalb bereits beim ersten Träger aufgetreten wären. 3. Die Wiederverwendung eines postmortal explantierten Schrittmachers nach technischer Überholung stellt gegenüber der Krankenkasse oder einem sonstigen Kostenträger nur dann einen Betrug (§ 263 StGB) dar, wenn das überholte Gerät im Vergleich zu einem neuen Gerät eine mindere Qualität und/oder kürzere Lebensdauer besitzt.

864

IV. Die Entnahme des Herzschrittmachers wegen Explosionsgefahr im Falle einer Feuerbestattung (dieser Fall wird nur bei radionuklid-batteriebetriebenen Herzschrittmachern, wie sie in den sechziger Jahren hergestellt wurden, praktisch werden) ist auch ohne Zustimmung des Verstorbenen oder der Hinterbliebenen unter dem Gesichtspunkt des rechtfertigenden Notstands (§ 34 StGB) zulässig. Der Arzt, der die Explantation nicht vornimmt und auch nicht für eine anderweitige Entfernung des Herzschrittmachers Sorge trägt, kann für Explosionsschäden zivilrechtlich und strafrechtlich haftbar sein (näher dazu Sommer, Arzt u. Krankenhaus 1980, 31).

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V. Gegen die in der Praxis vielfach übliche Mitteilung der Namen von Herzschrittmacher-Patienten an die Herstellerfirmen bestehen erhebliche Bedenken unter dem Gesichtspunkt der ärztlichen > Schweigepflicht (näher dazu Rieger, DMW 1978, 1322) und des > Datenschutzes.

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VI. Personen, deren Herztätigkeit nur durch einen Schrittmacher aufrechterhalten wird, sind ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen i. S. des § 4 Abs. 1 StVG und des § 15 b Abs. 1 StVZO (VG Düsseldorf v. 13. 9. 1974 - 6 K 1419/73 -). VII. Zur > Minderung der Erwerbsfähigkeit bei Trägern von Herzschrittmachern vgl. Friese, Med. Sach. 1982, 101.

Hilfsarzt 867

Man versteht darunter einen bei einem > G e s u n d h e i t s a m t aufgrund eines Anstellungsvertrages haupt- oder nebenberuflich beschäftigten Arzt (§11 Abs. 2 1. DVO GesVereinhG). Nebenberufliche Hilfsärzte können auch niedergelassene Arzte sein.

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Hilfsmittel

Hilfskrankenhäuser I. Man versteht darunter ortsfeste Einrichtungen des > Zivilschutzes, in denen ergänzend zu den bestehenden > Krankenhäusern Verletzte und Kranke medizinisch behandelt und untergebracht werden können (FemmerMais, Öff. Gesundh.- Wesen 1981, 632, 642).

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II. Rechtsgrundlage. Die Bereitstellung von Hilfskrankenhäusern erfolgt nach § 15 ZSchG außerhalb der Krankenhausbedarfsplanung ( > Krankenhausbedarfsplan). Es obliegt den zuständigen Landes- und Kommunalbehörden, die Planung von Hilfskrankenhäusern und Krankenhausbedarfsplanung örtlich und regional aufeinander abzustimmen (vgl. Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage, BT-Drucks. 9/636 v. 6. 7. 1981, S. 2 ; Femmer-Mais, aaO. S. 641 ff.).

Hilfsmittel 1. 1. Der Begriff stammt aus dem Recht der gesetzlichen > Krankenversicherung (Rz 1103). Dort sind Hilfsmittel (oder gelten als solche) Körperersatzstücke, orthopädische und andere Hilfsmittel, die erforderlich sind, um einer drohenden Behinderung ( > Behinderte) vorzubeugen, den Erfolg der > Heilbehandlung zu sichern oder eine körperliche Behinderung auszugleichen, soweit sie nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind, sowie Brillen und andere Sehhilfen (Abschn. A Ziff. 1.3 der vom Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen beschlossenen Heilmittel- und Hilfsmittel-Richtlinien v. 26. 2. 1982, DÄ 1982/31, S. 58ff.). Zu den Hilfsmitteln in diesem Sinne gehören auch Blindenführhunde (BSG v. 14. 1. 1981 - 3 5 4 / 8 0 - ) . 2. In gleichem Sinne wird der Begriff in der ärztlichen > Berufsordnung verwendet (vgl. §§ 24, 25 MuBO).

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II. Die Hilfsmittel gehören als Teil der > Krankenhilfe zu den Pflichtleistungen der gesetzlichen > Krankenversicherung; ihre Verordnung gehört zur kassenärztlichen Versorgung (§ 182 Abs. 1 Nr. 1 c, § 182 b, § 368 Abs. 2 Satz 2 RVO). Die Heilmittel- und Hilfsmittel-Richtlinien sollen den Arzt bei der Beachtung der Grundsätze von Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit unterstützen ( > Heilmittel Rz 830). Näheres über die Versorgung der Versicherten mit Hilfsmitteln ist in Verträgen der Kassenverbände mit den Berufsverbänden und Handwerksinnungen der Leistungserbringer (§414e Buchst, c) geregelt (zum Bundes-Rahmenvertrag mit der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker vgl. Gerdelmann, DOK 1978, 408ff.).

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IH. 1. Zur Kompetenz der gesetzhchen Krankenkassen zur Selbstabgabe von Hilfsmitteln vgl. BGH, NJW 1982, 2117 (Abgabe von Brillen) > Heilmittel Rz 831.

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Hilfsmittel

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2. Die Anpassung und Abgabe (nicht der bloße Verkauf als entgeltliche Weitergabe) von orthopädischen Hilfsmitteln (z. B. Einlagen) und > Kontaktlinsen durch Ärzte an eigene Patienten ist berufsrechtlich nicht zu beanstanden (näher dazu Narr, aaO. Rzn. 512, 588). In keinem Fall besteht jedoch ein Rechtsanspruch des Arztes gegen die Krankenkasse auf Abschluß eines Lieferantenvertrages, auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Diskriminierungsverbotes nach § 26 Abs. 2 Satz 1 GWB (BGH, NJW 1977, 2121). Im übrigen gilt in bezug auf das ärztliche Berufsrecht entsprechendes wie bei > Heilmitteln (Rz 831).

Hippokratischer Eid 872

Man versteht darunter die von dem griechischen Arzt Hippokrates um 400 v. Chr. als Eidesformel niedergeschriebenen, im wesentlichen heute noch bindenden ethischen Verpflichtungen des Arztes (die deutsche Übersetzung des griechischen Urtextes ist abgedruckt bei Pschyrembel, „Hippokrates-Eid"; Spann, aaO. S. 316; Kuhns, aaO. S. 1/256; vgl. auch Deuchgräber, aaO.). > Genfer Gelöbnis

Hochschulassistent 873

I. Der ärztliche Hochschulassistent hat die Aufgabe, in Forschung und Lehre die für eine Habilitation erforderlichen oder gleichwertige wissenschaftliche Leistungen zu erbringen. Darüber hinaus obliegen ihm wissenschaftliche Dienstleistungen, zu denen im Bereich der klinischen Medizin auch Tätigkeiten in der Krankenversorgung gehören (§ 47 Abs. 1 HRG; § 69 UG Bad.Wttbg.) > W i s s e n s c h a f t l i c h e r M i t a r b e i t e r .

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II. Rechtsstellung. 1. Die dienstrechtliche Stellung richtet sich nach §§ 47 ff. HRG i.V.m. den einschlägigen Vorschriften in den Hochschulgesetzen der Länder (z.B. §§ 69ff. UG Bad.-Wttbg.). Soweit sich hieraus nichts Gegenteiliges ergibt, gelten außerdem die allgemeinen beamtenrechtlichen Vorschriften, z. B. die Vorschriften über Mehrarbeitsvergütung (vgl. § 44 BRRG > B e a m t e t e r A r z t Rz 298). Hochschulassistenten sind i.d.R. Beamte auf Zeit (§48 Abs. 1 HRG; § 71 UG Bad.-Wttbg.); möglich ist aber auch die Begründung eines Anstellungsverhältnisses (§ 48 Abs. 4 HRG). Einstellungsvoraussetzung für Ärzte und Zahnärzte ist neben den allgemeinen Voraussetzungen eine fachspezifische Tätigkeit von mindestens dreijähriger Dauer nach Erhalt der > Approbation oder einer > Berufserlaubnis; nicht erforderlich ist eine Anerkennung als > G e b i e t s a r z t . Die in letzter Zeit auf der Grundlage der Empfehlung der Ständigen Konferenz der Kultusminister aus dem Jahr 1979 erlassenen Hochschul-Nebentätig-

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Hochschullehrer

keitsverordnungen sehen z.T. eine ausnahmsweise Genehmigung des > L i quidationsrechts auch für Hochschulassistenten vor (vgl. z. B. § 5 Abs. 2 Nr. 1 HNTVO Bad.-Wttbg. > Nebentätigkeit Rz 1236 > Nutzungsentgelt Rz 1301). 2. Die mitgliedschaftsrechtliche Stellung richtet sich nach §§ 36 ff. HRG und den einschlägigen Vorschriften in den Hochschulgesetzen der Länder (vgl. z. B. §§96ff. UG Bad.-Wttbg.). III. Für die zivilrechtliche Haftung der Hochschulassistenten gelten die allgemeinen Grundsätze über die Haftung > beamteter Ärzte ( > Haftung Rzn. 771, 774, 776, 780, 783ff. ; >Berufshaftpflichtversicherung Rz 380).

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Hochschullehrer I. Unter einem Hochschullehrer ist - unabhängig von den Abgrenzungen der beamtenrechtlichen Vorschriften - „der akademische Forscher und Lehrer zu verstehen, der aufgrund der Habilitation oder eines sonstigen Qualifikationsbeweises mit der selbständigen Vertretung eines wissenschaftlichen Faches in Forschung und Lehre betraut ist" (BVerfG, NJW 1973, 1176, 1180). Dem ärztlichen Hochschullehrer obliegen darüber hinaus Aufgaben der Krankenveisoigung, die in untrennbarem Zusammenhang mit der Entwicklung der medizinischen Wissenschaft stehen (vgl. z.B. §64 Abs. 1 Satz 3 UG Bad.Wttbg., vgl. auch BVerfG, NJW 1981, 1995, 1997).

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II. Rechtsstellung. 1. Die dienstrechtliche Stellung der ärztlichen Hochschullehrer richtet sich nach §§ 42 ff. HRG und den einschlägigen Bestimmungen in den Hochschulgesetzen (Universitätsgesetzen) der Länder (z.B. §§60ff. UG Bad.-Wttbg.). Soweit sich hieraus nichts Gegenteiliges ergibt, gelten außerdem die allgemeinen beamtenrechtlichen Vorschriften (§ 49 HRG). a) Die ärztlichen Hochschullehrer gehören zur Kategorie der Professoren nach § 43 HRG (vgl. Dallinger-Bode-Dellian, § 42 Rz 2). Sie sind meist Beamte auf Lebenszeit. Möglich ist aber auch eine Ernennung auf Zeit (§ 46 HRG). Einstellungsvoraussetzung für ärztliche Hochschullehrer ist neben den allgemeinen Voraussetzungen die Anerkennung als > Gebietsarzt, sofern für das betreffende Fachgebiet nach der > Weiterbildungsordnung der jeweils zuständigen > Ärztekammer eine entsprechende > Weiterbildung vorgesehen ist (§ 44 Abs. 3 HRG). b) Die Stellen für Professoren sind öffentlich auszuschreiben. Die Berufung der Bewerber erfolgt auf Vorschlag der Hochschule von der nach Landesrecht zuständigen Stelle. Dabei kommt es meist zum Abschluß sogenannter Berufungsvereinbarungen, die neben Zusagen über die Ausstattung des vorgesehenen Aufgabenbereichs (z. B. Zahl der Planstellen für Mitarbeiter, Räume, Einrichtungen; § 45 Abs. 4 HRG) auch Vereinbarungen über die persönlichen

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Hochschullehrer

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Festbezüge (im Rahmen der durch die Bundesbesoldungsordnung C geschaffenen Spielräume) und über das > Liquidationsrecht enthalten. Hierbei handelt es sich um öffentlichrechtliche Verträge (vgl. Bullinger, aaO. S. 4ff. ; Thieme, aaO. S. 18f.; > Beamteter A r z t Rz 298; zur Verfassungsmäßigkeit von Eingriffen des Gesetzgebers im Zuge der Reform der Hochschulorganisation in eine auf Berufungsvereinbarung beruhende Rechtsposition des Hochschullehrers vgl. unten Rz 882). c) Die beamtenrechtlichen Vorschriften über die Arbeitszeit finden auf ärztliche Hochschullehrer grundsätzlich keine Anwendung (§ 50 Abs. 1 Satz 3 HRG; § 61 Abs. 2 Satz 2 UG Bad.-Wttbg.). Eine Ausnahme gilt dann, wenn der Aufgabenbereich in der Krankenversorgung eine regelmäßige und planmäßige Arbeitszeit erfordert. In diesen Fällen können die beamtenrechtlichen Arbeitszeitvorschriften auch auf Hochschullehrer für anwendbar erklärt werden (vgl. z.B. für Bad.-Wttbg. die Verordnung über die Arbeitszeit der beamteten Professoren an Universitätskliniken v. 21. 10. 1980 GBl. S. 577) mit der Folge, daß bei Überschreitung der regulären Arbeitszeit Mehrarbeitsvergütung bezahlt werden muß (> Bereitschaftsdienst Rz 355, > R u f b e r e i t s c h a f t Rz 1528). d) Zur Nebentätigkeit ärztlicher Hochschullehrer > N e b e n t ä t i g k e i t (Rzn. 1236ff.), > G u t a c h t e n (Rzn. 738, 739 a.E.), >Klinische Arzneimittelprüfung Rz 958, > L i q u i d a t i o n s r e c h t (Rzn. 1156, 1160f., 1165f.), > N u t zungsentgelt (Rzn. 1301 ff.). e) Das Grundrecht des ärztlichen Hochschullehrers auf Wissenschaftsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG) darf nicht durch Maßnahmen der Hochschulorganisation beeinträchtigt werden. aa) Dieses Recht hat jedoch dort seine Grenzen, wo es mit der Hochschule vom Staat übertragenen Aufgabe kollidiert, eine bestmögliche Krankenversorgung und damit das Grundrecht der Patienten auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG zu gewährleisten. Aufgabe des Gesetzgebers und der für die Organisation des medizinischen Gesamtbetriebs der Hochschule Verantwortlichen ist es daher, einen Ausgleich zwischen den Erfordernissen einer bestmöglichen Krankenversorgung und der Garantie der Wissenschaftsfreiheit für die ärztlichen Hochschullehrer herbeizuführen. Gemessen an diesen Grundsätzen verletzen die Regelungen in § 36 Hess.UnivG über Leitung und Organisation der Abteilung innerhalb der Medizinischen Zentren nicht das Grundrecht der in den Abteilungen tätigen Hochschullehrer aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG (BVerfG, NJW 1981, 1995; vgl. auch ESVGH 24, 12, 17). bb) Zu den Anforderungen an die Verfassungsmäßigkeit von Bestimmungen in den Universitätsgesetzen, welche die Kompetenz der Kollegialorgane in den Universitätskliniken und medizinisch-theoretischen Instituten sowie die stimmberechtigte Mitwirkung der Hochschulangehörigen in ihnen regeln, vgl. BVerfG, NJW 1977, 1049 f. cc) Ein Eingriff des Gesetzgebers in eine auf einer Berufungsvereinbarung beruhende Rechtsposition (z. B. Verlust der bisherigen Stellung als alleinverantwortlicher Instituts- oder Klinikdirektor) im Zuge einer Reform der Hoch-

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Honorarberichtigung

schulorganisation aus sachlich gebotenen Gründen ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn seine Ziele, die sich im Rahmen der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit halten, nur auf diese Weise verwirklicht werden können (vgl. hierzu § 66 Abs. 4 HRG). Der Gesetzgeber muß jedoch bei der Aufhebung oder Beschränkung solcher Rechtspositionen angemessene Übergangsregelungen schaffen (BVerfG, NJW 1977, 1049, 1051 ff.). 2. Die mitgliedschaftsrechtliche Stellung der ärztlichen Hochschullehrer richtet sich nach §§ 36 ff. HRG und den einschlägigen hochschulrechtlichen Vorschriften der Länder (vgl. z.B. §§ 96ff. UG Bad.-Wttbg.]. III. Den ärztlichen Hochschullehrern steht für die von ihnen durchgeführten Lehrveranstaltungen das Hausrecht zu (vgl. z.B. § 104 UG Bad.-Wttbg.), das ihnen die Befugnis gibt, Nichtberechtigte von den Veranstaltungen fernzuhalten. Eine Pflicht hierzu folgt aus der ärztlichen > Schweigepflicht und bei Privatpatienten darüber hinaus aus dem > Arztvertrag, sofern die Lehrveranstaltung mit einer Patientenvorstellung verbunden ist (näher dazu Lippert, DMW 1981, 217, 218).

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IV. Zur Mitgliedschaft ärztlicher Hochschullehrer bei der Ärztekammer > Ä r z t e k a m m e r Rz 6. V. Die zivilrechtliche Haftung ärztlicher Hochschullehrer richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen über die Haftung > b e a m t e t e r Ä r z t e ( > H a f t u n g Rzn. 771, 774, 776, 780, 783 ff. ; > Berufshaftpflichtversic h e r u n g Rz 380).

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Honorarberichtigung I. Man versteht darunter die Korrektur der vom Arzt für ein AbrechnungsVierteljahr abgerechneten Honorarsumme aufgrund einer Prüfung auf sachlich-rechnerische (gebührenordnungsäßige) Richtigkeit. Davon zu unterscheiden sind > H o n o r a r k ü r z u n g e n (Honorarabstriche) aufgrund einer > W i r t s c h a f t l i c h k e i t s p r ü f u n g , die sich an die sachlich-rechnerische Prüfung anschließt. Die sachlich-rechnerische Prüfung erstreckt sich darauf, ob die Honoraranforderung des Arztes formal mit den Abrechnungsbestimmungen im BMÄ'78 bzw. der E-GO sowie sonstigen die Abrechnungsfähigkeit bestimmter Leistungen einschränkenden berufs- und kassenarztrechtlichen Vorschriften (z.B. Verbot fachfremder Tätigkeit [ > Gebietsarzt Rz 673], apparative Voraussetzungen und Fachkundenachweise nach §§ 24-27 BMV-Ä, bestimmte Qualitätsanforderungen bei der Abrechnung von > Sachleistungen [ > Qualitätssicherung Rz 1475]) in Einklang steht (vgl. BSGE 27, 146; 42, 268; näher dazu Hess, aaO. S. 38ff.).

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II. Rechtsgrundlage für die sachlich-rechnerische Prüfung ist im Bereich der RVO-Kassen § 34 Abs. 1 a BMV-Ä, für den Ersatzkassenbereich gilt § 12 Abs. 3 AEKV. 886

III. Die Honorarberichtigung aufgrund sachlich-rechnerischer Prüfung ist ein Verwaltungsakt. Zuständig sind nicht wie bei der > Wirtschaftlichkeitsprüfung die Prüfinstanzen, sondern die Verwaltungen der > Kassenärztlichen Vereinigungen (für den Bereich der RVO-Kassen gilt eine Ausnahme nach § 34 Abs. 2 Satz 2 BMV-Ä); gegen ihre Entscheidung ist der Widerspruch an den Vorstand der KV gegeben, sofern nicht besondere Widerspruchsstellen eingerichtet sind. Gegen die Widerspruchsbescheide ist die Klage beim Sozialgericht möglich.

Honorarkürzung 887

Man versteht darunter die Kürzung des vom > Kassenarzt abgerechneten und angeforderten Honorars aufgrund einer > W i r t s c h a f t l i c h k e i t s p r ü f u n g oder aufgrund von Honorarbegrenzungen im > H o n o r a r v e r t e i l u n g s m a ß s t a b zur Verhütung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Kassenarztes (§368 f. Abs. 1 Satz 5 RVO). Im erstgenannten Fall sind die Prüfinstanzen der KV zuständig; Honorarkürzungen wegen übermäßiger Ausdehnung der kassenärztlichen Tätigkeit werden durch die KV vorgenommen.

Honorarverteilungsmaßstab (HVM) 888

I. Man versteht darunter die von den > Kassenärztlichen Vereinigungen erlassenen Satzungen über die Verteilung der von den gesetzlichen Krankenkassen entrichteten > Gesamtvergütung unter die > Kassenärzte (§ 368 f Abs. 1 RVO). Der Honorarverteilungsmaßstab gilt nicht für den Bereich der > Ersatzkassen (Rz 591).

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II. Der HVM enthält ausführliche Vorschriften über Abrechnung und Honorarauszahlung. Zulässiger Inhalt des HVM können aufgrund der Ermächtigungsnorm in § 368 f Abs. 1 Satz 5 RVO auch Regelungen über Honorarbegrenzungen zur Verhütung einer übermäßigen Ausdehnung der Kassenpraxis sein („Heckenschnitt"; vgl. BSG v. 5. 3. 1981, ArztR 1981, 241). Der Unterschied einer solchen „Honorarverteilungskürzung" zur > H o n o r a r k ü r z u n g im Rahmen der > W i r t s c h a f t l i c h k e i t s p r ü f u n g liegt darin, daß die Überprüfung einer etwaigen übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Kassenarztes verhindern soll, daß der Kassenarzt aufgrund einer Überbeschäftigung für die ärztliche Versorgung der Versicherten nicht mehr ausreichend zur Verfügung steht, während die > W i r t s c h a f t l i c h k e i t s p r ü f u n g sicherstellen soll,

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Injektion

daß das Maß des Notwendigen nicht überschritten wird (BSGE 26, 174). Als Berufsausübungsregelung nach Art. 12 Abs. 1 GG sind Honorarbegrenzungsregelungen im HVM nur innerhalb der allgemeinen verfassungsrechtlichen Grenzen zulässig. - Erforderlich ist insbesondere eine ausreichende Differenzierung entsprechend der typischen Unterschiede bei den einzelnen Gebietsarztgruppen (BVerfGE 33, 171, 188ff., BSG v. 5. 3. 1981, ArztR 1981, 241; zu Beispielen aus der Rspr. zur Rechtmäßigkeit von Honorarverteilungsmaßstäben vgl. Heinemann-Liebold, aaO. § 368f C 294ff.). Honorarkürzungen wegen übermäßiger Ausdehnung der Kassenpraxis verletzen nicht das Recht des Patienten auf > f r e i e A r z t w a h l (BSG v. 9. 6. 1982, MedR 1983, 79). III. Bei der Gestaltung des HVM obliegt den rechtsetzenden Organen der KV gegenüber den einzelnen Mitgliedern die Amtspflicht, sich im Rahmen ihrer Selbstverwaltungszuständigkeit zu halten und nicht in unzulässiger Weise den Zulassungsstatus der Mitglieder zu schmälern. Ein solcher unzulässiger Eingriff kann Ansprüche der betroffenen Kassenärzte nach Amtshaftungsgrundsätzen begründen (BGH, NJW 1981, 2000 m. Anm. Krause, SGb 1982, 191 ff. > K a s s e n ä r z t l i c h e V e r e i n i g u n g Rz 924).

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Infusion I. Man versteht darunter das (meist tropfenweise) Einfließenlassen größerer Flüssigkeitsmengen (z.B. physiologische Kochsalzlösung) in den Organismus, besonders über die Blutwege (intravenös), über das Unterhautgewebe (subcutan) oder durch den After (rectal); vgl. Duden, „Infusion", S. 354.

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II. Die Infusion ist ein Eingriff, der zum Aufgaben- und Verantwortungsbereich des Arztes gehört. Nur der Arzt kann daher Infusionen anordnen; mit ihrer Durchführung kann er entsprechend qualifiziertes Hilfspersonal beauftragen. Es gilt hier entsprechendes wie bei der > I n j e k t i o n (Rzn. 894ff.) und der > B l u t e n t n a h m e (Rz 451); zur Injektion durch Krankenschwestern in eine Infusionsflasche oder einen intravenös liegenden Infusionsschlauch vgl. Rieger, DMW 1973, 1821).

Injektion I. Unter einer Injektion versteht man die Einspritzung von Flüssigkeiten in den Körper zu therapeutischen oder diagnostischen Zwecken und zwar - nach dem Grad der Gefährlichkeit zunehmend - in oder unter die Haut (intracutan [i.e.] oder subcutan [s.c.j), ins Muskelgewebe (intramusculär [i.m.j) oder direkt in die Blutbahn (intravenös [i.V.]; vgl. Duden, „Injektion").

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Injektion

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II. Problematisch ist die Durchführung von Injektionen durch das medizinische Assistenzpersonal, und zwar sowohl in haftungsrechtlicher als auch in arbeitsrechtlicher Hinsicht (vgl. zum folgenden Brenner, Med. Welt 1972, 235ff. ; ders., Krankenhaus 1980, 151 ff. ; Rieger DMW 1973, 1821; ders., DMW 1974, 544; Stellungnahme der BÄK v. 16. 2. 1974, DMW 1974, 1380; Stellungnahme der DKG und der BÄK zur Durchführung von Injektionen, Infusionen und Blutentnahmen durch das Krankenpflegepersonal v. 11. 3./18. 4. 1980, Krankenhaus 1980, 155 f. u. DÄ 1980, 1710; Stellungnahme der KBV v. 16. 1. 1979, DDA 1980/5, S. 12; Hahn, aaO., ders., NJW 1981, 1977 ff. mit ausführlichen Nachw. Anm. 5).

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1. Der haftungsrechtliche Aspekt, a) Da es an einer gesetzlichen Regelung fehlt, ergibt sich die rechtliche Zulässigkeit der Verabreichung von Injektionen zunächst aus der Abgrenzung der Aufgaben- und Verantwortungsbereiche zwischen Arzt und nichtärztlichem Hilfspersonal ( > B e h a n d l u n g s f e h l e r Rzn. 317, 319). Dem Arzt obliegen in eigener Verantwortung alle diagnostischen und therapeutischen Entscheidungen, die ärztliches Wissen und ärztliche Erfahrung voraussetzen. Deshalb gehört die Anordnung von Injektionen zum ausschließlichen Aufgaben- und Verantwortungsbereich des Arztes (Anordnungsverantwortung des Arztes). Mit ihrer technischen Durchführung im Rahmen seiner Anordnung darf er das nichtärztliche Assistenzpersonal beauftragen, soweit es die hierfür erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen besitzt und die Art des Eingriffes nicht das persönliche Handeln des Arztes erfordert (Durchführungsverantwortung des nichtärztlichen Assistenzpersonals). Dabei ist zu beachten, daß die Vornahme von Injektionen derzeit weder nach den gesetzlichen Ausbildungsvorschriften noch nach den Prüfungsordnungen Bestandteil der Ausbildung des medizinischen Assistenzpersonals ( > m e d i z i n i s c h e Assistenzberufe), auch nicht des > K r a n k e n p f l e g e p e r s o n a l s ist (nach der geplanten Neuregelung des Hebammenrechts und des Rechts der Krankenpflegeberufe gehört die Verabreichung von Injektionen dort zur theoretischen und praktischen Ausbildung > H e b a m m e Rz 798, > K r a n k e n p f l e g e p e r s o n a l Rz 1068). Deshalb reicht die Erlaubnis zur Führung einer entsprechenden Berufsbezeichnung (z.B. „Krankenschwester") als Qualifikationsnachweis für die Verabreichung von Injektionen ebensowenig aus wie umgekehrt bestimmten Assistenzberufen (z.B. > A r z t h e l f e r i n n e n , Krankenpflegehelferinnen) die Befähigung von vornherein abgesprochen werden kann. Entscheidend ist vielmehr der Grad der durch die vorgeschriebene Berufsausbildung und Zusatzausbildung tatsächlich erworbenen Qualifikation. Daß bei der Feststellung dieser Qualifikation das während der Berufsausbildung erworbene Grundwissen eine nicht unerhebliche Rolle spielt, ist selbstverständlich. So erhalten z.B. Krankenpflegehelferinnen ( > K r a n k e n p f l e g e p e r s o n a l 1067), > A l t e n pfleger und > A r z t h e l f e r i n n e n im Gegensatz zu Krankenschwestern keine eingehende Ausbildung am Patienten. Diese fehlenden Kenntnisse erschweren das theoretische und praktische Erlernen der Verabreichung von Injektionen unter ärztlicher Anleitung und Aufsicht, ohne es jedoch prinzipiell

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unmöglich zu machen (vgl. Rieger, DMW 1979, 1936f.; ders. NJW 1979, 193). Demgegenüber wird z. T. - unter Abhebung auf die durch die Berufsausbildung erworbene „abgestufte Qualifikation" bei den einzelnen Gruppen der > m e d i z i n i s c h e n A s s i s t e n z b e r u f e - die Verabreichung von Injektionen durch andere Personen als voll ausgebildete Krankenschwestern und Krankenpfleger ( > Krankenpflegepersonal) generell für unzulässig erachtet (vgl. Brenner, Krankenhaus 1980, 154 ; offengelassen bei BGH, NJW 1979, 1935 m. abl. Anm. Rieger). Andere Auffassungen differenzieren nach der Art der Injektion (subkutan, intrakutan, intramuskulär und intravenös). Nach einem Urteil des LSG Darmstadt v. 2. 2. 1959, ÄM 1959, 1370) dürfen intravenöse Injektionen durch das nichtärztliche Hilfspersonal stets nur in Gegenwart des Arztes verabreicht werden (ebenso die Stellungnahme der KBV vom 16. 1. 1979, DDA 1980/5, S. 12, wonach intravenöse Injektionen, die nicht nur der Kreislaufauffüllung dienen, grundsätzlich vom Arzt selbst durchgeführt werden müssen). Nach der Stellungnahme der BÄK v. 18. 4. 1980 (DÄ 1980, 1709, 1710) soll die Übertragung subkutaner Injektionen auf Krankenpflegehelferinnen bei Vorliegen der erforderlichen Qualifikation erlaubt sein. Krankenpflegeschülerinnen dürfen nach der Stellungnahme der BÄK, aaO. nur zum Zwecke der Ausbildung unter unmittelbarer Aufsicht und Anleitung des Arztes oder einer entsprechend qualifizierten Krankenpflegeperson subkutane und intramuskulöse Injektionen vornehmen. Die Durchführung von Injektionen durch > A r z t h e l f e r i n n e n wird - mit Ausnahme von intravenösen Injektionen - teilweise für vertretbar erachtet (Hahn, NJW 1981, 1977, 1983). Krankenschwestern und Kinderkrankenschwestern darf der Arzt nach der Stellungnahme der BÄK und der DKG v. 11. 3./18. 4. 1980 bei Vorliegen der entsprechenden Qualifikation auch die Durchführung intravenöser Injektionen übertragen (ebenso wohl auch BGH, NJW 1981, 628, wo gegen die Vornahme einer intravenösen Injektion durch eine Ordensschwester keine grundsätzlichen Einwendungen erhoben werden). Diese Differenzierungen nach der Art der Injektion und dem durch die Berufsausbildung erworbenen Grundwissen erscheinen nicht sachgerecht. Vielmehr wird man grundsätzlich davon ausgehen können, daß die Angehörigen der > m e d i z i n i s c h e n Assistenzberufe die für die Durchführung von Injektionen im Rahmen ärztlicher Anordnung erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten durch eine entsprechende Zusatzausbildung erwerben können. Hiervon geht offenbar auch die oben (Rz 893) zitierte Stellungnahme der BÄK vom 16. 2. 1974 aus, die sich allgemein auf das „medizinische Assistenzpersonal" bezieht. Die Erfahrungen in der Praxis zeigen, daß es z. B. auch bei den Berufsgruppen der > A r z t h e l f e r i n n e n , Krankenpflegehelferinnen und > A l t e n p f l e g e r n langjährig tätige, verantwortungsbewußte und sorgfältig arbeitende Personen gibt, die unter ärztlicher Anleitung entsprechende Kenntnisse und Fertigkeiten erworben haben, so daß ihnen grundsätzlich die Durchführung von Injektionen, jedenfalls bis zur Grenze der intramuskulären Injektionen, übertragen werden kann (ähnlich Baur, Arzt u. Krankenhaus 1980, 27,

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29). Dagegen dürfte ein > F a m u l u s i.d.R. noch nicht über die für die Verabreichung von Injektionen jeglicher Art erforderlichen praktischen Erfahrungen verfügen, wenngleich die Ausführung solcher Verrichtungen durch Famuli im Prinzip nicht ausgeschlossen erscheint (a.A. Narr, aaO. Rz 202). Im übrigen wird man sich vor einer schematischen Überbewertung der Art der Injektion unter Vernachlässigung der klinisch-pharmakologischen Aspekte hüten müssen (so zutreffend A. Hollmann-M. Hollmann, DÄ 1980, 396, 397; Brenner, Krankenhaus 1980, 153). b) aa) Die Feststellung der für die Durchführung von Injektionen erforderlichen Qualifikation des nichtärztlichen Assistenzpersonals obliegt ausschließlich dem Arzt. Er darf die Durchführung von Injektionen nur solchen Hilfskräften übertragen, die eine besondere Ausbildung in der Punktions- und Injektionstechnik nachweisen und von deren Können, Erfahrung und Zuverlässigkeit er sich selbst überzeugt hat. Auf die bloße Vorlage von Zeugnissen darf der Arzt sich nicht verlassen (vgl. auch BGH, ÄM 1960, 701, 704). Für das Maß der bei der Feststellung der Qualifikation vom Arzt anzuwendenden Sorgfalt spielt das während der Berufsausbildung erworbene, bei den einzelnen Assistenzberufen unterschiedliche Grundwissen eine nicht unerhebliche Rolle (Rieger, NJW 1979, 1937). bb) Der Arzt hat bei seiner Anordnung den Patienten zu benennen, sowie das zu verabreichende Medikament, die Menge und den Zeitpunkt der Verabreichung genau (möglichst auf dem Krankenblatt) festzulegen. Weiterhin muß der Arzt den Gesundheitszustand des Patienten und den Schwierigkeitsgrad der Durchführung der ärztlichen Anordnung berücksichtigen. Dem Arzt obliegt eine Informationspflicht gegenüber dem nichtärztlichen Personal über mögliche Nebenwirkungen und Gefahren eines Medikaments. Bei telefonischen Anordnungen ist immer äußerste Vorsicht geboten (vgl. Brenner, Krankenhaus 1980, 154; BGH v. 30. 6. 1959, ÄM 1960, 80, 83). Schwieriger ist die Situation bei der ärztlichen Anordnung gegenüber dem Assistenzpersonal in > Sozialstationen oder Gemeindeschwestern. Hier erscheint die schriftliche Festlegung eines Injektionsplans geboten. Bei Abweichungen aufgrund telefonischer Anordnungen ist dies vom Assistenzpersonal schriftlich zu vermerken (Brenner, Krankenhaus 1980, S. 154). Auch bei der Anordnung des Arztes, dem Patienten „bei Bedarf" ein bestimmtes Medikament zu injizieren, handelt es sich um eine genaue ärztliche Anordnung, mit der keine diagnostische oder therapeutische Entscheidung des Assistenzpersonals verbunden ist (Brenner, Krankenhaus 1980, 154f.). Aus Gründen der Rechtssicherheit empfiehlt es sich, die Durchführung von Injektionen durch das medizinische Assistenzpersonal in Form einer Dienstanweisung schriftlich festzulegen (vgl. Brenner, Krankenhaus 1980, 153; vgl. das Muster einer Dienstanweisung bei Brenner-Opderbecke-Weissauer, Anästh. Intensivmed. 1981, 22). cc) Die Anwesenheit des Arztes, u. U. auch die eigenhändige Verabreichung der Injektion durch ihn ist stets dann erforderlich, wenn eine Maßnahme von den gebräuchlichen Methoden abweicht, das zu injizierende Medikament be-

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Injektion

sonders gefährlich ist oder wenn in einem besonders gelagerten Einzelfall mit Komplikationen gerechnet werden muß. So wird man z. B. bei der intravenösen Injektion von Röntgenkontrastmitteln wegen der Gefahr des Entstehens gefährlicher Komplikationen (allergische Reaktionen), die nur der Arzt beherrschen kann, stets die Anwesenheit des Arztes fordern müssen. dd) Auch wo eine Delegation der Injektion nach den vorstehenden Grundsätzen zulässig ist, trägt der Arzt in jedem Falle für die ordnungsgemäße Ausführung des Eingriffs die Gesamtverantwortung (vgl. BGH, NJW 1981, 628, 629). Er muß das nichtärztliche Hilfspersonal anleiten, belehren (z.B. über die Lage des Ischiasnervs und die Gefährlichkeit des Injektionsmittels, BGH, NJW 1959, 2302) und ständig überwachen sowie sich durch Stichproben davon überzeugen, daß das Assistenzpersonal die Aufgaben fachgerecht wahrnimmt (vgl. BGH, NJW 1981, 628, 629; Krankenhaus 1980, 155; aus der älteren Literatur vgl. Schmeicher, DMW 1965, 1731; Goldhahn-Schläger, aaO. ÄM 1960, 1023 ; Perret, aaO. S. 113ff., 162ff. ; Hübner-Drost, aaO. S. 67ff.). Die Anforderungen an die Kontroll- und Überwachungspflicht des Arztes wachsen mit abnehmender Qualifikation des Assistenzpersonals (Rieger, NJW 1979, 1937). Im übrigen gelten die allgemeinen Grundsätze über die Sorgfaltspflichten bei der ärztlichen Teamarbeit ( > Beh a n d l u n g s f e h l e r Rzn. 317ff.). Zu den Sorgfaltspflichten des Arztes bei der Fortsetzung einer von einer Krankenschwester begonnenen fehlerhaften Injektion vgl. BGH, NJW 1981, 628. ee) Abweichend von den vorstehenden Grundsätzen ist die Durchführung von Injektionen durch das medizinische Assistenzpersonal in Notfällen zulässig, wenn ein Arzt nicht erreichbar ist (Stellungnahme der BÄK v. 16. 2. 1974, aaO. ; Brenner, Med. Welt 1972, 238). 2. Der arbeitsrechtliche Aspekt. Von der haftungsrechtlichen Frage, ob der Arzt die Ausführung von Injektionen dem medizinischen Assistenzpersonal übertragen darf, ist die arbeitsrechtliche Frage zu unterscheiden, ob die Angehörigen der nichtärztlichen Assistenzberufe zur Verabreichung von Injektionen auf Anordnung des Arztes verpflichtet sind. Eine solche generelle Verpflichtung besteht weder nach gesetzlichen noch nach tarifvertraglichen Vorschriften; sie kann auch nicht aufgrund stillschweigender Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien unterstellt werden, weil die Durchführung von Injektionen nicht zu den üblichen beruflichen Aufgaben des nichtärztlichen Hilfspersonals gehört. Daher kann dessen Weigerung auch keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen auslösen; insbesondere kann eine Kündigung, gestützt auf Arbeitsverweigerung, nicht ausgesprochen werden. Etwas anderes gilt nur dort, wo im Einzelfall die Durchführung von Injektionen zum praktizierten Aufgabenbereich des besonders ausgebildeten nichtärztlichen Personals gehört. In diesen Fällen muß eine entsprechende arbeitsvertragliche Verpflichtung aufgrund stillschweigender Vereinbarung angenommen werden. Ebenso kann ein Angehöriger des medizinischen Assistenzpersonals, der die Fähigkeiten zum Injizieren nachweislich besitzt, die Verabreichung einer Injektion nicht ablehnen, wenn die Dringlichkeit des Krankheits-

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Injektion

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Verlaufs sein Handeln gebietet und ein Arzt nicht anwesend ist (A. Hollmann-M. Hollmann, DÄ 1980, 396, 400). 903

III. 1. Die Aufklärung und Erwirkung der Einwilligung das Patienten zu der vorgesehenen Injektion muß stets durch den Arzt persönlich erfolgen, auch dort, wo die Durchführung des Eingriffs in rechtlich zulässiger Weise dem Assistenzpersonal überlassen wird (BGH, NJW 1974, 604, Rüping, DMW 1977, 369). Besondere Anforderungen an die ärztliche > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t stellt die Rspr. bei der Durchführung intravenöser Injektionen. Nach BGH, NJW 1974, 604 „wird sich ein verständiger Patient" . . . schon wegen der wenn auch seltenen allgemeinen Risiken jeder intravenösen Injektion nur unterziehen, wenn er sich von ihrer Notwendigkeit und Nützlichkeit überzeugt hat". Dies setzt eine entsprechende Aufklärung durch den Arzt voraus. Dagegen dürfte die Überlassung einer intravenösen Injektion an eine entsprechend qualifizierte Hilfskraft keine „nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode" darstellen mit der Folge, daß der Arzt den Patienten hierauf vorher ausdrücklich hinweisen müßte. Die in dem Urteil des BGH, NJW 1974, 604 anklingende entgegengesetzte Meinung basiert auf der seit der Stellungnahme der BÄK vom 16. 2. 1974 (vgl. oben Rz 893) überholten ärztlichen Standesauffassung, die die Durchführung intravenöser Injektionen durch Angehörige des medizinischen Assistenzpersonals „für schlechthin unzulässig" erachtete. 2. Zur Frage der Versagung oder des Widerrufs der Einwilligung durch Äußerung von Bedenken durch den Patienten gegenüber einer Injektion durch eine Krankenschwester vgl. BGH, NJW 1980, 1903.

Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP) 904

I. Diese Einrichtung wurde im Jahr 1972 aufgrund eines gem. § 14 Abs. 3 AOÄ und § 8 Abs. 3 AOAp von den 11 Bundesländern getroffenen „Abkommens über die Errichtung und Finanzierung des Instituts für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen" v. 14. 10. 1970 in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts mit Sitz in Mainz errichtet (GVBl. Nordrh.Westf. 1972, 10; 1974, 682). Seine Organe sind ein Verwaltungsrat, in dem die vertragschließenden Länder vertreten sind, sowie der Direktor.

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II. Die Aufgaben des Instituts bestehen im wesentlichen in der Ausbildungsforschung im medizinischen Bereich und in der Erstellung und Auswertung von bundeseinheitlichen schriftlichen Prüfungsfragen mit den dazugehörigen Antwortmöglichkeiten und Festlegung der zutreffenden Antworten bei den > Ä r z t l i c h e n P r ü f u n g e n und der Pharmazeutischen Prüfung nach der AOAp ( > A p o t h e k e r Rz 74). Dazu gehört auch die Erstellung von Stoffgebiets- und Wissenskatalogen für die einzelnen Prüfungsabschnitte. Diese Ge-

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Institutsvertrag

genstandskataloge enthalten Fragen zu dem gesamten Stoffgebiet des jeweiligen Studienabschnittes. Zur Erstellung der Gegenstandskataloge bedient sich das Institut einer Sachverständigenkommission. III. Aufgrund eines Beschlusses der Gesundheitsministerkonferenz v. 13. 5. 1981 planen die Länder derzeit eine Änderung des vorgenannten Abkommens (vgl. den Änderungsentwurf, LT-Drucks. Bad.-Wttbg. 8/2874 v. 8. 7. 1982], Hauptpunkt der geplanten Änderung ist die stärkere Einbeziehung der für die wissenschaftliche Lehre verantwortlichen > H o c h s c h u l l e h r e r in die vorrangige Aufgabe der Erstellung der Prüfungsaufgaben durch das Institut.

Institutsleistung I. Man versteht darunter die von einem > K r a n k e n h a u s , einer Universitätsklinik oder einer anderen ärztlich geleiteten Einrichtung als Institution unter Inanspruchnahme der dort tätigen Ärzte im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung erbrachten Leistungen.

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n. Rechtsgrundlagen hierfür sind §368a Abs. 1 RVO i.V.m. §368c Abs. 2 Nr. 12 RVO, § 31 ZO-Ä, §§ 14, 15 BMV-Ä bzw. § 5 Nr. 3 AEKV. Die Erbringung von Institutsleistungen und deren Abrechnungsfähigkeit durch die betreffende Einrichtung bedarf - von der Notfallbehandlung abgesehen (> C h e f a r z t Rz 530, > N o t f a l l Rz 1266) - der Ermächtigung durch die KV zur Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung (Institutsermächtigung, > Kassenarzt Rz 928). III. Zwischen den bei der Erbringung von Institutsleistungen mitwirkenden angestellten und beamteten Ärzten und der KV bestehen keine Rechtsbeziehungen. Der Vergütungsanspruch gegenüber der KV steht allein der Einrichtung zu. Die Abrechnung erfolgt nach Maßgabe der Institutsermächtigung. Ein Vergütungsanspruch besteht nur in Höhe der entstandenen Selbstkosten. Für eine Abrechnung nach ärztlichen Gebührenordnungen ist kein Raum (SG Karlsruhe v. 16. 7. 1980 - S 8 Ka 2343/77 -). Beim Abschluß von Chefarztverträgen wird heute i.d.R. die Mitwirkung des Chefarztes bei künftig vom > K r a n k e n h a u s zu erbringenden Institutsleistungen in die Dienstaufgaben einbezogen (> C h e f a r z t Rz 506).

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Institutsvertrag 1. Man versteht darunter einmal einen privatrechtlichen Vertrag zwischen einer > Kassenärztlichen Vereinigung und einer ärztlich geleiteten Einrichtung (Institution), die zur Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung er-

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Institutsvertrag

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mächtigt wurde (> Kassenarzt Rz 928, > I n s t i t u t s l e i s t u n g Rz 906). Inhalt des Vertrages sind Rechte und Pflichten der Vertragsparteien bei Durchführung der Ermächtigung. Für solche Verträge besteht heute an sich keine rechtliche Notwendigkeit, weil die beiderseitigen Rechte und Pflichten in der Ermächtigung, d.h. im Verwaltungsakt umschrieben werden müssen (vgl. Heinemann-Liebold, aaO. §31 ZO-Ä, E 217). 2. Ferner werden Verträge, welche die > Kassenärztliche Vereinigung aufgrund von Vorschriften der RVO mit ärztlich geleiteten Einrichtungen, insbesondere > Krankenhäusern zu schließen hat (vgl. z. B. § 368 n Abs. 6 RVO), als Institutsverträge bezeichnet (vgl. Liebold, aaO. „Institutsvertrag"). Auch diese Verträge sind privatrechtlicher Natur (vgl. Peters, Hdb. d. Krankenvers. § 368 n, Anm. 13 a).

Intensivmedizin 908

I. Begriff: Die Intensivmedizin umfaßt die ärztliche Intensivüberwachung und Intensivbehandlung Schwerkranker, deren vitale Funktionen in lebensbedrohlicher Weise gestört sind und durch besondere Maßnahmen aufrechterhalten oder wiederhergestellt werden müssen (vgl. Gemeinsame Empfehlung zur Organisation der Intensivmedizin am Krankenhaus, abgedr. bei Weissauer-Opderbecke, aaO., S. 108 f., im folgenden: Gemeinsame Empfehlung; Vereinbarungen zwischen Fachgebieten Chirurgie und Anästhesie über die Aufgabenabgrenzung und die Zusammenarbeit in der Intensivmedizin, abgedr. bei Weissauer-Opderbecke, aaO., S. 97, im folgenden: Vereinbarungen).

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II. Organisationsformen. Die Intensivüberwachung und -behandlung stationärer Krankenhauspatienten erfolgt in speziell dafür eingerichteten Intensiveinheiten, bestehend aus Aufwachiaum (Überwachungsraum ohne Stationscharakter für Frischoperierte, in dem diese im Bett ihrer Station so lange verbleiben, bis sie aus der > N a r k o s e erwacht und wieder im Vollbesitz ihrer Schutzreflexe sind und keine unmittelbaren Komplikationen von Seiten der Atmung und des Kreislaufs mehr zu erwarten sind; vgl. hierzu die vom Deutschen Krankenhausinstitut, vom Institut für Krankenhausbau an der TU Berlin und der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin entwickelten „Grundsätze für Organisation und Einrichtung von Aufwacheinheiten in Krankenhäusern", abgedr. in Arzt u. Krankenhaus 1982, 443), Wachstation (Bettenstation zur intensiven Überwachung und zur Behandlung Frischoperierter nach ausgedehnten Eingriffen und zur präoperativen Überwachung und Behandlung Schwerkranker) und Intensivbehandlungseinheit (Betteneinheit für Schwerkranke, deren vitale Funktionen in lebensbedrohlicher Weise gestört sind und durch besondere Maßnahmen aufrechterhalten oder wiederhergestellt werden müssen; vgl. Vereinbarungen, aaO. S. 97; Weissauer in: Weissauer-Opderbecke, aaO., S. 98).

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Intensivmedizin

Die Intensiveinheiten können so organisiert sein, daß sie entweder als fachgebundene Intensiveinheiten nur die Patienten eines Fachgebiets oder als interdisziplinäre Intensiveinheiten die Patienten mehrerer oder aller im Krankenhaus vertretenen Fachgebiete aufnehmen. in. Ärztliche Sorgfaltspflichten. Die Intensivmedizin erfordert wie kaum ein anderer Bereich der Medizin eine enge Zusammenarbeit von Ärzten verschiedener Fachgebiete. Zur Vermeidung von Zwischenfällen bedarf es daher einer besonders sorgfältigen und klaren Aufgabenabgrenzung. Hierbei gelten folgende Grundsätze (vgl. zum folgenden insbesondere Weissauer, aaO. S. 98ff.): 1. Sowohl die fachgebundene als auch die interdisziplinäre Intensiveinheit bedarf der einheitlichen organisatorischen Leitung durch einen Arzt, der die Verantwortung für die ordnungsgemäße ärztliche und pflegerische Betreuung der Patienten übernimmt. Fachgebundene Intensiveinheiten stehen jeweils unter der Leitung des zuständigen leitenden Abteilungsarztes. Die Leitung interdisziplinärer Einheiten liegt meist in der Hand von Anästhesisten (näher dazu Weissauer, aaO. S. 100). 2. Für die Abgrenzung der fachlichen Kompetenzen zwischen dem leitenden Arzt der Intensiveinheit und den am Krankenhaus tätigen leitenden Abteilungsärzten ( > Chefarzt] gelten folgende Grundsätze: a) der KrankenhausaTzt, in dessen Behandlung der Patient steht, entscheidet alleinverantwortlich darüber, ob er den Patienten in seiner Abteilung weiterbehandeln oder auf die interdisziplinäre Intensiveinheit verlegen will. Er bleibt auch nach Verlegung des Patienten auf die Intensiveinheit für die Behandlung des Grundleidens und der fachbezogenen Komplikationen zuständig. Beispielsweise verbleibt der vom Chirurgen wegen einer schwerwiegenden Störung der Vitalfunktionen auf eine interdisziplinäre Einheit verlegte Patient in fachchirurgischer Behandlung, die in enger Zusammenarbeit mit den auf der Intensiveinheit tätigen Ärzten erfolgt (vgl. dazu insbesondere Ziff. 5 der Gemeinsamen Empfehlung, aaO. S. 108). Im übrigen sind für die Abgrenzung der fachlichen Zuständigkeiten die jeweiligen Definitionen der einzelnen Gebiete in der > Weiterbildungsordn u n g maßgebend. Der Leiter der Intensiveinheit ist sonach für die Behandlung des Patienten nur im Rahmen seines Fachgebietes zuständig. Wird eine Behandlung außerhalb dieser Grenzen erforderlich, so hat er für die rechtzeitige Zuziehung der behandelnden unt mitbehandelnden Krankenhausärzte Sorge zu tragen und deren Tätigkeit zu koordinieren (vgl. Ziff. 4 der Gemeinsamen Empfehlung, aaO. S. 108). b) Der Leiter der Intensiveinheit hat im Rahmen seines Zuständigkeitsbereichs den ihm zugeteilten ärztlichen und nichtärztlichen Mitarbeitern die erforderlichen Weisungen zu erteilen und ihre Tätigkeit zu überwachen. Er trägt auch die Verantwortung für die Instandhaltung der technischen Einrichtungen nach den hierfür allgemein geltenden Grundsätzen (vgl. Ziff. 4 der Gemeinsamen Empfehlungen, aaO. S. 108 und Abschnitt B II der Vereinbarun-

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Intensivmedizin

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gen, aaO. S. 97 > B e h a n d l u n g s f e h l e r Rz 312, > M e d i z i n i s c h - t e c h n i s c h e Geräte). c) Über die Rückverlegung des Patienten von der Intensiveinheit auf die Fachabteilung entscheidet grundsätzlich der leitende Arzt der betreffenden Fachabteilung (Weissauer, aaO. S. 99). Im übrigen gelten die allgemeinen Grundsätze für die ärztliche Teamarbeit ( > B e h a n d l u n g s f e h l e r Rzn. 313ff.). d) Zur Zuständigkeitsverteilung zwischen Chirurg und Anästhesist bei operativen Eingriffen > O p e r a t i o n Rzn. 1326 f. 3. Für die Abgrenzung der Aufgaben zwischen Arzt und nichtärzlichen Mitarbeitern in der Intensivmedizin gelten die für die Zusammenarbeit zwischen Arzt und medizinischem Assistenzpersonal entwickelten allgemeinen Grundsätze ( > B e h a n d l u n g s f e h l e r Rzn. 317 ff., > B l u t t r a n s f u s i o n Rzn. 477 ff., > I n j e k t i o n Rzn. 894ff. ; speziell zur Aufgabenabgrenzung bei der Intensivtherapie vgl. Opderbecke in: Anaesthesist und Krankenhaus, S. 119ff.). IV. > P a t i e n t e n t e s t a m e n t , > Sterbehilfe, > T o d e s z e i t p u n k t ; Weissauer, BayÄBl. 1980, 832 ff.

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V. Die Vergütung der intensivmedizinischen Leistungen richtet sich nach der Nr. 440 GOÄ, die eine Vielzahl einzelner Leistungen für einen ganzen, in sich geschlossenen Arbeitsbereich zusammenfaßt. Das > Liquidationsr e c h t gegenüber dem Patienten steht dem Leiter der Intensivstation zu. Die GOÄ enthält jedoch keinerlei Bestimmungen über die Aufteilung der Komplexgebühr zwischen den an der intensivmedizinischen Behandlung beteiligten Ärzten. Hiergegen sowie gegen das offensichtliche Mißverhältnis zwischen der in der Legende definierten Leistungen und der vorgesehenen Vergütung bestehen verfassungsrechtliche Bedenken unter dem Gesichtspunkt der ärztlichen Berufsfreiheit (näher zum Ganzen Weigand-Weissauer-Zierl, Anästh. Intensivmed. 1983, 158ff. ; Weissauer, MedR 1983, 2, 3).

Internationale Gesundheitsvorschriften (IGV) 914

Die von der Weltgesundheitsversammlung ( > Weltgesundheitsorganisation Rz 1898) am 25. 7. 1969 angenommenen Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) i.d.F.v. 10. 4. 1975 (BGBl. II 1969, S. 865 ; BGBl. II 1975, S. 456) sollen der einheitlichen Handhabung gesundheitlicher Maßnahmen im internationalen Personen- und Güterverkehr dienen. Sie wurden durch Gesetz v. 1. 7. 1971 (BGBl. II S. 865) in innerstaatliches Recht umgesetzt. Inzwischen sind mehrere Durchführungsverordnungen ergangen. Die IGV enthalten u. a. Vorschriften über Meldung übertragbarer Krankheiten und epidemiologische Auskünfte, gesundheitliche Maßnahmen im inter-

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Jugendarbeitsschutzuntersuchungen

nationalen Reise- und Warenverkehr (u.a. Vorschriften über die Durchführung von > Schutzimpfungen [Rz 1586]), Bestimmungen über verschiedene quarantänepflichtige Krankheiten (Pest, Cholera, Gelbfieber, Pocken) sowie Vorschriften über die Sicherstellung einer ausreichenden Organisation und Ausrüstung zur Durchführung der in den IGV vorgesehenen Maßnahmen.

Jugendarbeitsschutzuntersuchungen I. Rechtsgrundlage ist das Gesetz zum Schutze der arbeitenden Jugend (Jugendarbeitsschutzgesetz - JArbSchG - ) v. 12. 4. 1976 (BGBl. I S. 965), das durch die Verordnung über die ärztlichen Untersuchungen nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz v. 2. 10. 1961 (BGBl. I S. 1789) ergänzt wird. Für jugendliche Beamte des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften und Stiftungen des öffentlichen Rechts gilt das JArbSchG entsprechend (§ 80 a BBG). In den Bundesländern gelten die aufgrund des § 55 a BRRG erlassenen landesrechtlichen Verordnungen (vgl. z.B. für Bad.-Wttbg. die Jugendarbeitsschutzverordnung v. 3. 7. 1979, GBl. S. 300).

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II. 1. Folgende Arten von Untersuchungen bei noch nicht 18jährigen Jugendlichen sind zu unterscheiden: a) die Eistunteisuchung (Einstellungsuntersuchung, § 32 JArbSchG); b) die eiste Nachuntersuchung ein Jahr nach Aufnahme der ersten Beschäftigung (§ 33 JArbSchG); c) weitere Nachuntersuchungen nach Ablauf jedes weiteren Jahres nach der ersten Nachuntersuchung (§ 34 JArbSchG); d) die außerordentliche Nachuntersuchung (§ 35 JArbSchG); e) die Ergänzungsuntersuchung (§ 38 JArbSchG). Die ärztlichen Untersuchungen haben sich auf den Gesundheits- und Entwicklungsstand und die körperliche Beschaffenheit, die Nachuntersuchungen außerdem auf die Auswirkungen der Beschäftigung auf Gesundheit und Entwicklung des Jugendlichen zu erstrecken (vgl. § 37 Abs. 1 u. Abs. 2 JArbSchG). Hinweise medizinischer Art über die Durchführung von Jugendarbeitsschutzuntersuchungen finden sich in den von den Aufsichtsbehörden herausgegebenen Merkblättern für Ärzte (vgl. z. B. das Merkblatt für Ärzte zur Durchführung der Untersuchungen nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz, hrsg. vom Ministerium f. Arbeit, Gesundheit u. Sozialordnung Bad.-Wttbg., Januar 1979). III. Für die Durchführung der Untersuchungen besteht > freie Arztwahl (Rz 644). Nach einer Empfehlung der Ständigen Konferenz „Medizinische Assistenzberufe" der BÄK sollen die bei Auszubildenden in den > m e d i z i n i s c h e n A s s i s t e n z b e r u f e n durchzuführenden Jugendarbeitsschutzuntersuchungen von einem anderen als dem auszubildenden Arzt durchgeführt

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Jugendarbeitsschutzuntersuchungen werden. Die Rechtsbeziehungen cher Natur.

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des Jugendlichen zum Arzt sind privatrechth-

IV. Den untersuchenden Arzt trifft eine > Dokumentationspflicht hinsichtlich des Untersuchungsbefundes sowie der Arbeiten, durch deren Ausführung er die Gesundheit oder die Entwicklung des Jugendlichen für gefährdet hält. Der Arzt hat außerdem die besonderen, der Gesundheit dienenden Maßnahmen sowie die Anordnung einer außerordentlichen Nachuntersuchung schriftlich festzuhalten (§ 37 Abs. 3 JArbSchG). Für diese Aufzeichnungen sind vorgedruckte Untersuchungsbogen zu verwenden. 917

V. Mitteilungspflichten. 1. Der Arzt hat den Personensorgeberechtigten das wesentliche Ergebnis der Untersuchung unter Verwendung eines amtlichen Vordrucks schriftlich mitzuteilen und dabei u.a. die Arbeiten, durch deren Ausführung er die Gesundheit oder die Entwicklung des Jugendlichen für gefährdet hält, zu vermerken (§ 39 Abs. 1 JArbSchG). 2. Für den Arbeitgeber hat der Arzt eine Bescheinigung (Vordruck) darüber auszustellen, daß die Untersuchung stattgefunden hat und darin die Arbeiten zu vermerken, durch deren Ausführung er die Gesundheit oder die Entwicklung des Jugendlichen für gefährdet hält (§ 39 Abs. 2 JArbSchG). 3. Die Ärzte, die Untersuchungen nach dem JArbSchG durchgeführt haben, müssen, wenn die Personensorgeberechtigten und der Jugendliche damit einverstanden sind, dem > G e w e r b e a r z t sowie dem Arzt, der einen Jugendlichen nachuntersucht, auf Verlangen die Aufzeichnungen über die Untersuchungsbefunde zur Einsicht aushändigen (§ 45 Abs. 1 JArbSchG). Unter den gleichen Voraussetzungen ist der > A m t s a r z t befugt, einem Arzt, der eine Untersuchung nach dem JArbSchG vornimmt, Einsicht in andere in seiner Dienststelle vorhandene Unterlagen über Gesundheit und Entwicklung des Jugendlichen zu gewähren (§ 45 Abs. 2 JArbSchG). VI. Die Kosten der Untersuchungen tragen die Länder, die für die ärztlichen Vergütungen Pauschbeträge auf der Grundlage der GOÄ festsetzen können (§ 44, 46 Abs. 2 Nr. 2 JArbSchG). Soweit sie von diesem Recht keinen Gebrauch machen, erhält der Arzt eine Gebühr nach Nr. 95 GOÄ. Für die Abrechnung sind amtliche Vordrucke zu verwenden. Die Einnahmen unterliegen nach § 4 Nr. 14 UStG nicht der > U m s a t z s t e u e r . VII. Die Aufsicht über die Durchführung der vorgeschriebenen Untersuchungen obliegt regelmäßig den Gewerbeaufsichtsämtern, bei denen auch die erforderlichen amtlichen Vordrucke angefordert werden können. Die Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen des JArbSchG ist durch Bußgeldvorschriften (§§ 59, 60 JArbSchG) gesichert.

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VIII. Nach den landesrechtlichen Verordnungen über den Arbeitsschutz für jugendliche Beamte ist die Durchführung der ärztlichen Untersuchungen z. T.

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Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV)

Dienstaufgabe der > G e s u n d h e i t s ä m t e r (vgl. z.B. § 13 Abs. 1 JArbSchVO Bad.-Wttbg. v. 3. 7. 1979). Hierin liegt eine rechtlich bedenkliche Beeinträchtigung der > f r e i e n A r z t w a h l . Teilweise ist auch bestimmt, daß das wesentliche Untersuchungsergebnis der Ernennungsbehörde mitzuteilen ist (vgl. z. B. § 15 Satz 1 JArbSchVO Bad.-Wttbg. v. 3. 7. 1979). Derartige Bestimmungen sind mit der ärztlichen > S c h w e i g e p f l i c h t nicht vereinbar. Es besteht kein vernünftiger Grund, jugendliche Beamte hinsichtlich der Wahrung des ärztlichen Berufsgeheimnisses gegenüber anderen Jugendlichen zu benachteiligen.

Kammeranwalt Der Kammeranwalt ist eine Besonderheit der ärztlichen Berufsgerichtsbarkeit in Baden-Württemberg ( > B e r u f s g e r i c h t Rz 377). Nach § 8 der Berufsgerichtsordnung v. 27. 7. 1955 (GBl. S. 177) bestellt die > Ä r z t e k a m m e r einen oder mehrere Rechtskundige, welche die Befähigung zum Richteramt oder zum höheren Verwaltungsdienst besitzen, als Ermittlungsführer und Vertreter der berufsgerichtlichen Klage im Verfahren vor dem Berufsgericht. Der Kammeranwalt ist damit nach seiner Funktion dem Staatsanwalt im Strafverfahren vergleichbar. Er ist mit Ausnahme des Ermittlungsverfahrens an die Weisungen des Vorstands der Ärztekammer gebunden.

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Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) I. Nach § 368 k Abs. 2 RVO bilden die > K a s s e n ä r z t l i c h e n V e r e i n i g u n gen der einzelnen Bundesländer die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV). Die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen bilden die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV).

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II. Die KBV ist Körperschaft des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des BMA untersteht (§ 368 k Abs. 3 RVO). Sie hat ihren Sitz in Köln. III. Mitglieder der KBV sind nicht die > K a s s e n ä r z t e , sondern die 18 > Kassenärztlichen Vereinigungen. IV. Organe sind die Vertreterversammlung und der Vorstand (§ 3681 Abs. 1 RVO). V. Aufgaben. Die KBV schließt im Rahmen des auch ihr obliegenden C> Sicherstellungs- und Gewährleistungsauftrags ( § 3 6 8 n Abs. 1 RVO) mit den Krankenkassen bzw. deren Verbänden Rahmenverträge ( > B u n d e s m a n t e l -

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Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV)

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(KBV)vertrag-Ärzte). Sie berät, unterstützt und informiert die Kassenärztlichen Vereinigungen. Ihr obliegt auch die Führung des Bundesarztregisters ( > Arztregister).

Kassenärztliche Vereinigung (KV) 922

I. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind die von den > Kassenärzten jedes Landes zur Erfüllung der ihnen durch das Kassenarztrecht (§§ 368 ff. RVO) übertragenen Aufgaben der kassenärztlichen Versorgung gem. § 368 k RVO gebildete Körperschaften öffentlichen Rechts. Aufgrund der Übergangsbestimmungen des GKAR v. 17. 8. 1955 (BGBl. IS. 513) konnten geographisch abweichende KV-Bereiche verbleiben, so daß es heute anstatt 11 insgesamt 18 Kassenärztliche Vereinigungen im Bundesgebiet gibt (je vier in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, zwei in Nordrhein-Westfalen; vgl. die Zusammenstellung bei Heinemann-Liebold, aaO. § 3 6 8 k C 595). Die Kassenärztlichen Vereinigungen unterliegen der Aufsicht der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden (§ 368 k Abs. 3 RVO). Sie bilden die > Kassenärztliche Bundesvereinigung (§ 368 k Abs. 2 RVO). Entsprechendes gilt für den Bereich der kassenzahnärztlichen Versorgung. II. Ordentliche Mitglieder der Kassenärztlichen Vereinigungen sind alle zur kassenärztlichen Versorgung zugelassenen oder an ihr beteiligten Ärzte ( > Kassenarzt Rzn. 926f.). Alle in das > Arztregister eingetragenen nicht zugelassenen oder nicht beteiligten Ärzte sind außerordentliche Mitglieder (§ 368 k Abs. 4 RVO). Die Rechte und Pflichten der Mitglieder sind außer in der RVO durch Satzung geregelt ( > K a s s e n a r z t Rzn. 933f.). III. Organe der Kassenärztlichen Vereinigungen sind die Vertreterversammlung und der Vorstand (§ 3681 Abs. 1 RVO). Zu den Amtspflichten der rechtssetzenden Organe der KV vgl. BGH, NJW 1981, 2000 ( > Honorarverteil u n g s m a ß s t a b Rz 890).

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IV. Aufgaben. Zu den hauptsächlichen Aufgaben der Kassenärztlichen Vereinigungen gehören (vgl. zum folgenden Heinemann-Liebold, aaO. § 3 6 8 k C 596 ff.): 1. Die Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung ( > Sicherstellungsauftrag). 2. Gewährleistung gegenüber den Krankenkassen, daß die kassenärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht (Gewährleistungspflicht; §368n Abs. 1, 2. Halbs. RVO). In diesen Aufgabenkreis fallen u.a. die > H o n o r a r b e r i c h t i g u n g , die > W i r t s c h a f t l i c h k e i t s prüfung und der > Arzneiregreß. Zu den Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen vgl. Maydell, ZfS 1983, 148 ff.

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3. Wahrnehmung der Rechte der > K a s s e n ä r z t e gegenüber den Krankenkassen (§ 368n Abs. 2 Satz 1 RVO). Dazu gehören u.a.: Durchführung der Abrechnung für die > K a s s e n ä r z t e ; Vereinbarung angemessener Vertrags- und Honorarbedingungen in den > G e s a m t v e r t r ä g e n ( > G e s a m t v e r g ü t u n g ) ; Beratung und Information der > K a s s e n ä r z t e . V. Haftung. Die KV haftet gegenüber ihren Mitgliedern und nach außen nach Amtshaftungsgrundsätzen (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG). Die rechtsetzenden Organe der KV haben gegenüber den Mitgliedern die Amtspflicht, sich im Rahmen ihrer Selbstverwaltungszuständigkeit zu halten ( > H o n o r a r v e r t e i l u n g s m a ß s t a b Rz 890, > R a d i o l o g i e - R i c h t l i n i e n Rz 1477). 2. Die KV haftet außerdem gegenüber den Krankenkassen für Schäden, die diesen aus einer schuldhaften Verletzung kassenärztlicher Pflichten durch Kassenärzte entstehen, soweit ihr ein Rückgriff gegen den > K a s s e n a r z t durch Aufrechnung gegen Honorarforderungen möglich ist (§ 35 BMV-Ä). Eine Verletzung kassenärztlicher Pflichten kann auch in einem schuldhaften Verstoß gegen die Regeln der ärztlichen Kunst ( > B e h a n d l u n g s f e h l e r Rz 305) liegen. In diesem Falle steht der Geltendmachung des öffentlichrechtlichen Schadensersatzanspruchs durch die Krankenkasse gegenüber der KV nach § 35 BMV-Ä nicht entgegen, daß der Krankenkasse u. U. ein auf sie nach § 116 SGB X RVO übergegangener zivilrechtlicher Anspruch (Anspruch des Versicherten gegen den Kassenarzt nach § 368 d Abs. 4 RVO) zusteht (BSG, VersR 1983, 956; > H a f t u n g Rz 783 a.E., O K a s s e n a r z t Rz 931, 940).

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VI. > Wettbewerbsrecht Rzn. 1924 f.

Kassenarzt I. Der Begriff wird weder im Sprachgebrauch noch in den einzelnen VorSchriften des Kassenarztrechts einheitlich verwendet (vgl. zum folgenden Liebold, aaO. „Kassenarzt"; Heinemann-Liebold, aaO. § 3 6 8 k C 614). 1. Im weitesten Sinne versteht man darunter einen zur ambulanten ärztlichen Versorgung von Anspruchsberechtigten der gesetzlichen Krankenkassen einschließlich > E r s a t z k a s s e n ( > Krankenversicherung Rz 1104, > V e r t r a g s a r z t Rz 1848) berechtigten Arzt. 2. In einem engeren Sinne wird als Kassenarzt nur ein an der ärztlichen Versorgung von Anspruchsberechtigten der RVO-Kassen (>Krankenversicherung Rz 1104) - gleich in welcher Form (Zulassung, Beteiligung, Ermächtigung, vgl. unten II) - teilnehmender Arzt bezeichnet. 3. In einem noch engeren Sinne versteht man unter Kassenarzt nur einen zur ärztlichen Versorgung von Anspruchsberechtigten der RVO-Kassen zugelassenen oder an ihr beteiligten Arzt (vgl. unten Rzn. 926, 927). 4. Im engsten Sinne ist mit Kassenarzt nur der zur ärztlichen Versorgung von Anspruchsberechtigten der RVO-Kassen zugelassene Arzt gemeint.

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II. Formen der Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung. 1. Die hauptsächliche Form der Teilnahme ist die Zulassung niedergelassener Ärzte (> Niederlassung) zur Kassenpraxis gemäß §368a RVO, §§ 17 ff. ZO-Ä. a) Die Zulassung erfolgt für einen bestimmten > Kassenarztsitz und ist an die Eintragung ins > Arztregister gebunden. Diese setzt außer der > App r o b a t i o n als > A r z t die Ableistung einer jetzt 18monatigen Vorbereitungszeit (früher 6 Monate) voraus. Davon müssen mindestens 6 Monate als > Assistent oder > Praxisvertreter bei einem > Kassenarzt abgeleistet werden; die restliche Zeit kann durch Tätigkeiten in unselbständiger Stellung im wesentlichen im Krankenhaus ausgefüllt werden. Die Vorbereitungszeit muß in Zeitabschnitten von mindestens drei Wochen abgeleistet werden. Die gleichzeitige Ausübung einer eigenen Praxis ist unzulässig. (§3 Abs. 2 b u. Abs. 3 ZO-Ä i.d.F. der Dritten Änderungsverordnung v. 14. 12. 1983, BGBl. I S. 1431). Die bisherige Möglichkeit, die sechsmonatige Vorbereitungszeit auf drei Monate zu reduzieren, wenn sie in einer anerkannten > Landpraxis abgeleistet wird, besteht künftig nicht mehr. Für Ärzte, die im Besitz eines anerkannten Diploms eines EG-Mitgliedstaates sind, entfällt die Vorbereitungszeit (§3 Abs. 4 ZO-Ä > Niederlassungsfreiheit Rz 1256). Die jetzige Regelung der Vorbereitungszeit ist befristet bis 31. 12. 1988 (> Ärztliche Ausbildung Rz 30 a). b) Der Bewerber muß außerdem für die Zulassung als Kassenarzt geeignet sein. aa) Ungeeignet sind regelmäßig angestellte und > beamtete Ärzte, die während ihrer Dienstzeit Kassenpatienten nicht behandeln können und deshalb für die Versorgung der Versicherten persönlich nicht in dem erforderlichen Maße zur Verfügung stehen (§20 Abs. 1 ZO-Ä > A m t s a r z t , > Anstaltsarzt im Justizvollzugsdienst Rz 65, > Sanitätsoffizier Rz 1569, > Arbeitsamtsarzt, > Versorgungsarzt, > Vertrauensarzt). Im Einzelfall können jedoch die Verhältnisse anders liegen. Dabei ist zu beachten, daß der angestellte oder beamtete Arzt nicht seine volle Arbeitskraft für die Tätigkeit in der freien Praxis einsetzen muß, sondern lediglich verlangt wird, daß der Kassenarzt regelmäßig zu den üblichen Sprechzeiten und für Notfallbehandlungen sowie für andere wichtige Fälle auch außerhalb der Sprechstunde zur Verfügung steht (BSG, NJW 1975, 1477; vgl. auch BSG v. 16. 3. 1973, DMW 1973, 1581 [Beteiligung an der Ersatzkassenpraxis]). Vor allem bei teilzeitbeschäftigten Ärzten (z.B. als >Betriebsarzt, > V e r t r a u e n s a r z t ) bedarf es einer genauen Prüfung der Verhältnisse in jedem Einzelfall durch den Zulassungsausschuß (Heinemann-Liebold, aaO. §20 ZO-Ä, E 114). bb) Unabhängig von dem zeitlichen Umfang der Inanspruchnahme durch ein Beschäftigungsverhältnis fehlt es an der Eignung für die kassenärztliche Tätigkeit bei einem Arzt, der eine ärztliche Tätigkeit ausübt, die ihrem Wesen nach mit der Tätigkeit des Kassenarztes am > Kassenarztsitz nicht zu vereinbaren ist (§ 20 Abs. 2 ZO-Ä). Dies kann beispielsweise bei einer am selben Kassenarztsitz ausgeübten Tätigkeit als > A m t s a r z t , > Betriebsarzt (Rz 436) oder > Vertrauensarzt der Fall sein. Auf den zeitlichen Umfang dieser

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wesensfremden Tätigkeiten kommt es hierbei nicht an. Maßgebend ist allein, ob die Gefahr einer Interessenkollision besteht (näher dazu Heinemann-Liebold, aaO. § 20 ZO-Ä, E 121). cc) Ungeeignet für die Ausübung der Kassenpraxis ist schließlich ein Arzt mit geistigen oder sonstigen in seiner Person liegenden schwerwiegenden Mängeln (§21 ZO-Ä). Die Ungeeignetheit kann u.U. auch durch in grober Form vorgebrachte öffentliche Äußerungen über das System und die Art der Durchführung kassenärztlicher Versorgung begründet werden (BSG v. 8. 7. 1981, SGb 1981, 436). Die Beweislast für die Ungeeignetheit wegen schwerwiegender persönUcher Mängel obliegt dem Zulassungsausschuß (BSG v. 9. 6. 1982, ArztR 1983, 160). c) Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes v. 23. 3. 1960 (BVerfGE, NJW i960, 715) hat jeder Arzt, der die persönlichen Zulassungsvoraussetzungen erfüllt, einen Anspruch auf Zulassung ohne Rücksicht darauf, ob ein Bedarf an weiteren Kassenärzten besteht ( > Niederlassungsfreiheit Rz 1251, > Kassenarztsitz Rz 942). d) Möglich ist eine Doppelzulassung als Kassenarzt und Kassenzahnarzt ( > Zahnarzt Rz 1966), sofern der Bewerber seinen Patienten in beiden Bereichen in ausreichendem Maße zur Verfügung steht. e) > Vertragsarzt Rz 1848 2. Eine der Zulassung nachgeordnete Teilnahmeform ist die Beteiligung von 927 Krankenhausärzten an der kassenärztlichen Versorgung, wenn sie notwendig ist, um eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten zu gewährleisten (§ 368 a Abs. 8 RVO, § 29 ZO-Ä). Die Beteiligung, die außer für leitende Krankenhausärzte zur Erbringung besonderer ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden auch für andere Krankenhausärzte mit einer > Geb i e t s b e z e i c h n u n g in Betracht kommt, ist damit im Gegensatz zur Zulassung weiterhin von einer Bedürfnisprüfung abhängig ( > Chefarzt Rzn. 527ff.). Sie setzt außerdem die Eintragung im > Arztregister voraus. > Vertragsarzt Rz 1848 3. Die Ermächtigung ist die der Beteiligung nachgeordnete, schwächste Form 928 der Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung. Die > Kassenärztlic h e n Vereinigungen können über den Kreis der zugelassenen und beteiligten Ärzte hinaus weitere Ärzte oder ärztlich geleitete Einrichtungen ( > Institutsleistung, > Instituts vertrag) zur Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung ermächtigen, sofern anderenfalls die kassenärztliche Versorgung nicht ausreichend gewährleistet ist (§§ 368a Abs. 1, 368c Abs. 2 Nr. 12 RVO ; § 31 ZO-Ä, §§ 14 ff. BMV-Ä). Eine Ermächtigung kommt auch für ausländische Ärzte ohne deutsche > A p p r o b a t i o n aber mit einer > Berufserlaubnis nach § 10 BÄO (§ 31 Abs. 3 ZO-Ä) sowie für Ärzte aus Mitgliedstaaten der EG bei der Erbringung von Dienstleistungen (§ 31 Abs. 4, §17 BMV-Ä > Niederlassungsfreiheit Rzn. 1257, 1259) in Betracht. Für die Ermächtigung bedarf es nicht der Ableistung der für die Zulassung erforderlichen Vorbereitungszeit und damit auch nicht des Eintrags im > Arztregister. Sofern ein Eintrag erfolgt ist, besteht außerordentliche Mitgliedschaft ( > Kassenärztliche Ver-

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einigung Rz 922). Im Gegensatz zur Rechtslage vor dem > Krankenversicherungs-Weiterentwicklungsgesetz erfolgt die Ermächtigung heute nicht mehr aufgrund eines zwischen dem Arzt und der KV abzuschließenden Ermächtigungsvertrages, sondern einseitig durch Verwaltungsakt. Die Ausgestaltung der aufgrund der Ermächtigung erfolgenden Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung erfolgt auch heute noch z.T. durch privatrechtlichen Vertrag (vgl. Heinemann-Liebold, aaO. §368a, C 98 > Institutsleistung, >Institutsvertrag). Unbefristete Ermächtigungsverträge nach früherem Recht können jetzt durch befristete Verwaltungsakte der neuen Rechtslage angepaßt werden (BSG v. 27. 4. 1982 - 6 RKa 3/80 u. 4/80 -). Auf die Erteilung der Ermächtigung besteht kein Rechtsanspruch; es handelt sich vielmehr um eine Eimessensentscheidung, für die es allein darauf ankommt, ob eine Versorgungslücke besteht (vgl. Heinemann-Liebold, aaO. § 31 ZO-Ä, E 212). Trotzdem darf ein Widerruf der Ermächtigung nicht nach Belieben, sondern nur dann erfolgen, wenn das öffentliche Interesse oder eine Änderung der Sachlage den Widerruf rechtfertigt. Bei der Interessenabwägung muß die KV auch das Vertrauen des ermächtigten Arztes in den Bestand des rechtmäßig erlassenen Verwaltungsaktes beachten (BSG v. 8. 7. 1980 - 6 RKa 10/79 -). > Vertragsarzt Rz 1848 4. a) Zuständig für die Zulassung und Beteiligung ist der Zulassungsausschuß der KV. Die Ermächtigung erfolgt durch den Vorstand der KV. In allen Fällen handelt es sich um Verwaltungsakte, gegen die der Rechtsweg zum Sozialgericht gegeben ist. b) Die Mitglieder der Zulassungsausschüsse sind bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben hoheitlich tätig; bei Sorgfaltspflichtverletzungen haftet die KV nach Amtshaftungsgrundsätzen (Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB; BGH, VersR 1960, 463 > H a f t u n g Rz 785). III. Rechtsstellung. Die spezifischen Rechte und Pflichten der an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte ergeben sich aus den kassenarztrechtlichen Vorschriften der RVO und der ZO-Ä, den Satzungen und Richtlinien der >Kassenärztlichen Vereinigungen (z.B. > R ö n t g e n - R i c h t l i n i e n > Zytologie-Richtlinien), den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen (z.B. > A r z n e i m i t t e l - R i c h t l i n i e n ; zur Zulässigkeit der Verweisung auf solche Richtlinien in § 368 p RVO vgl. Hill, NJW 1982, 2104ff.), sowie aus den Verträgen der Kassenärztlichen Vereinigungen mit den Verbänden der Krankenkassen (> B u n d e s m a n t e l v e r t r a g / Ä r z t e > Arzt-Ersatzkassenvertrag). Die Tätigkeit als Kassenarzt ist kein eigener Beruf i.S. des Art. 12 GG, sondern nur eine besondere Ausübungsform des Berufs des frei praktizierenden Arztes (BVerfG, NJW 1960, 715). Das durch die Zulassung als Kassenarzt begründete Recht auf Ausübung einer Kassenpraxis genießt Eigentumsschutz nach Art. 14 GG (BSGE 5, 40; BGH, NJW 1981, 2000; vgl. auch BVerfGE 1, 278; 2, 380 402; 16, 111; anders wohl BVerfG v. 5. 9. 1980 - 1 BvR 727/80 -, wonach die Entziehung der Kassenzu-

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lassung nicht in erster Linie in eine durch eigene Leistung geschaffene Rechtsposition eingreift, sondern die Beteiligung an einer besonderen Verdienstmöglichkeit im Rahmen eines von anderen geschaffenen und finanzierten Leistungssystems betrifft; dagegen Narr, aaO. Rz 39). 1. Zwischen dem Kassenarzt und den Krankenkassen bestehen keine unmittelbaren Rechtsbeziehungen (BVerfG, NJW 1960, 715, BGH, NJW 1964, 2208, 2209). Dem Kassenarzt obliegt jedoch eine öffentlichrechtliche Pflicht gegenüber der > K a s s e n ä r z t l i c h e n V e r e i n i g u n g , durch Einhaltung der Regeln der ärztlichen Kunst Vermögensnachteile von den Trägern der gesetzlichen > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g (Rz 1103f.) abzuwenden (BSG v. 22. 6. 1983 - 6 RKa 3 / 8 1 - > H a f t u n g Rz 783 a.E., > Kassenärztliche Vereinigung Rz 924, > W i r t s c h a f t l i c h k e i t s p r ü f u n g Rz 1946). Für Rechtsstreitigkeiten zwischen Kassenarzt und Krankenkasse ist nach § 51 Abs. 2 Satz 1 SGG der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben (BGH v. 1. 7. 1976 - III ZR 187/73 BSGE 28, 218, 219f.).

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2. Die Rechtsbeziehungen zwischen der > Kassenärztlichen Vereinigung und dem Kassenarzt sind durch die hoheitliche Verbandsgewalt der KV gekennzeichnet (BGH, NJW 1981, 2000 > Kassenärztliche Vereinigung Rz 922). Der Kassenarzt übernimmt gegenüber der KV mit der Zulassung, Beteiligung oder Ermächtigung die Verpflichtung, sich zur Versorgung der Kassenmitglieder bereitzuhalten und ihre Behandlung im Rahmen der gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen durchzuführen ( > S i c h e r s t e l l u n g s a u f t r a g ) . Er ist jedoch nicht Dienstnehmer der KV, sondern ihr Mitglied, das einen freien Beruf ausübt (BVerfG, NJW 1960, 715; BSGE 11, 10; 15, 165). Die KV hat daher gegenüber dem Kassenarzt keine Weisungs- und Kontrollbefugnisse hinsichtlich der Art und Methode der zu erbringenden ärztlichen Leistungen (vgl. Heinemann-Liebold, aaO. § 368n RVO C 697). An der kassenärztlichen Versorgung beteiligte Ärzte haben für die Dauer und den Umfang ihrer Beteiligung die gleichen Rechte und Pflichten wie zugelassene Kassenärzte (§ 368 a Abs. 8 Satz 3 RVO). Die Rechte und Pflichten ermächtigter Ärzte sind in der Ermächtigung und ggf. in dem zur näheren Ausgestaltung der Ermächtigung geschlossenen Vertrag sowie in den Satzungen der Kassenärztlichen Vereinigungen festgelegt (vgl. Heinemann-Liebold, aaO. § 368 a, C 98; § 31 ZO-Ä, E 215). a) Einzelne Rechte und Pflichten des zur kassenärztlichen Versorgung zugelassenen Arztes (Kassenarzt i.S. der Definition zu I 4, Rz 925).

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aa) Zu den Rechten gehören u.a. (vgl. zum folgenden Häußler-LieboldNarr, aaO. S. 43f.): aaa) Recht auf Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung und damit auf Abrechnung der erbrachten Leistungen ( > Honorarverteilungsmaßstab). Der Kassenarzt kann auch Leistungen, die er für Familienangehörige auf > Krankenschein erbracht hat, bei der KV zu Lasten der Krankenkasse abrechnen (so für > V e r t r a g s ä r z t e (Rz 1848) bei den > E r s a t z k a s s e n BSG, NJW 1972, 359; die Gründe dieses Urteils gelten ebenso für die RVO-Kassen).

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Das kassenärztliche Honorar ist als „Arbeitseinkommen" i.S. der §§850 ff. ZPO nur beschränkt pfändbar > A r z t h o n o r a r Rz 192); aab) Recht auf ausreichende Information durch die KV in allen Leistungs-, Abrechnungs- und Vergütungsfragen; aac) Recht des Kassenarztes auf Vertretung seiner Interessen durch die KV gegenüber den Krankenkassen (z.B. Schutz vor unberechtigten Regreßanträgen [ > A r z n e i r e g r e ß ] ) und anderen Institutionen. bb) Zu den Pflichten gehören u.a.: bba) Pflicht zur Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung einschließlich der Teilnahme am ärztlichen > N o t f a l l d i e n s t (Rzn. 1272ff.); bbb) Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung (§ 32 Abs. 1 ZO-Ä; § 4 Abs. 1 BMV-Ä; zur persönlichen Leistungserbringung durch beteiligte Rrankenhausärzte, vgl. Schwaiger, aaO.). Die Beschäftigung von > Praxisvertret e r n und > A s s i s t e n t e n in der Kassenpraxis ist nur unter besonderen Voraussetzungen mit Genehmigung der KV zulässig. Mit dem Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung unvereinbar ist es, wenn Laborleistungen von einem Kassenarzt bei einem Laborinstitut in Auftrag gegeben und vom Arzt dann als eigene kassenärztliche Leistungen abgerechnet werden (BSG, NJW 1975; 2271). Die > K a s s e n ä r z t l i c h e n V e r e i n i g u n g e n sind berechtigt, ihre Mitglieder darauf hinzuweisen, daß Laboruntersuchungen durch sog. Service-Firmen nicht als eigene kassenärztliche Leistungen abgerechnet werden können; hierin liegt kein Verstoß gegen § 1 UWG, §§ 25 Abs. 2, 26 Abs. 1 GWB (BGH, NJW 1977, 1103, 1104). Zulässig ist dagegen die Erbringung von Laborleistungen in > L a b o r g e m e i n s c h a f t e n ; bbc) Pflicht zur Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§368 e RVO, § 4 Abs. 2 BMV-Ä > W i r t s c h a f t s l i c h k e i t s p r ü f u n g , > Arzneiregreß); bbd) Pflicht zur Festsetzung und Ankündigung von Sprechstunden, auch für den Fall, daß der Kassenarzt eine > Bestellpraxis führt (§ 6 Abs. 2 BMV-Ä); bbe) Pflicht zur Besuchsbehandlung (§ 7 BMV-Ä > B e s u c h s p f l i c h t Rz 401); bbf) die allgemeinen berufsrechtlichen Vorschriften über die > D o k u m e n t a t i o n s p f l i c h t werden für den Kassenarzt ergänzt durch § 5 BMV-Ä (zur Verantwortlichkeit des Kassenarztes bei fehlerhaften Aufzeichnungen des Praxisvertreters vgl. Rieger, DMW 1980, 546 > P r a x i s v e r t r e t e r Rz 1429); bbg) Pflicht zur Erteilung von Auskünften und Bescheinigungen an KV und Krankenkassen ( > A t t e s t Rzn. 246, 249; > A u s k u n f t s p f l i c h t Rz 288; zur Informationspflicht des Kassenarztes gegenüber den Krankenkassen unter dem Gesichtspunkt der ärztlichen > S c h w e i g e p f l i c h t und des C> D a t e n s c h u t zes vgl. Sendler, SGb 1981, 97ff. > S c h w e i g e p f l i c h t Rzn. 1638ff.); bbh) Pflicht zur Fortbildung auf dem Gebiet der kassenärztlichen Tätigkeit (§ 368 m Abs. 5 RVO > F o r t b i l d u n g Rz 631); bbi) Pflicht zur Einhaltung der Regeln der ärztlichen Kunst. b) Rechtsfolgen bei Verletzung kassenärztlicher Pflichten. Die Verletzung der Pflichten als Kassenarzt kann aa) zu Disziplinarmaßnahmen ( > D i s z i p l i n a r v e r f a h r e n Rz 563) oder gar

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bb) zum Entzug der Kassenzulassung bzw. zum Widerruf der Beteiligung oder Ermächtigung führen (zur Abgrenzung der Tatbestände, die zu Disziplinarmaßnahmen und zur Entziehung der Zulassung führen vgl. Hoffmann, ArztR 1979, 231 ff., 261 ff. ; Weissauer, DÄ 1973, 3211 ff., 3275 ff. ; zu grundsätzlichen Rechtsfragen bei Zulassungsentziehungen vgl. Zwanzig, DÄ 1982/11, S. 51 ff.). bba) Der Entzug der Kassenzulassung setzt voraus, daß der Arzt seine „kassenärztlichen Pflichten gröblich verletzt" hat (§ 368 a Abs. 6 RVO i.V.m. § 21 ZO-Ä). „Gröblich" i. S. dieser Vorschrift ist eine kassenärztliche Pflichtverletzung erst dann, wenn kein anderes Mittel, also auch eine Disziplinarahndung nicht mehr ausreicht, um die geordnete kassenärztliche Versorgung sicherzustellen. Das durch die Pflichtverletzung gestörte Vertrauen in die kassenärztliche Tätigkeit des Arztes m u ß so stark erschüttert sein, daß sich daraus seine Ungeeignetheit für die Fortführung der Kassenpraxis ergibt (BSGE 10, 292, 298; 15, 177, 182; 43, 250, 252; vgl. auch LSG Berlin v. 24. 6. 1960 - L 7 Ka 8 / 5 8 - , LSG Stuttgart v. 16. 3. 1961 - L 1 b Ks 101/60 E - [Leits. abgedr. bei Heinemann-Liebold, aaO. § 368 a C 124] ). Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalles. Nicht erforderlich ist individuelles Verschulden i. S. persönlicher Vorwerfbarkeit (BSG v. 28. 2. 1963, ÄM 1963, 2562; BSGE 15, 177, 183). Beispiele für gröbliche Pflichtverletzungen: (1) Falschabrechnung (vgl. BVerfG, NJW 1975, 1457, LSG Bremen, NJW 1978, 1216; Martens, DMW 1978, 924; BSGE 10, 292; 15, 177, 184; LSG Berlin, ÄM 1957, 721); an den Nachweis der gröblichen Pflichtverletzung in diesen Fällen sind strenge Anforderungen zu stellen, vgl. SG Berlin v. 4. 11. 1981, ArztR 1982, 75. (2) Ständiger und wiederholter Verstoß gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit trotz Abmahnung (Peters, Hdb. d. Krankenvers. § 368 a Anm. 9f) cc); Koch, SGb 1983, 387ff.). (3) Jahrelange fortgesetzte Verstöße gegen administrative Pflichten des Kassenarztes (Nichtbeantwortung von Anfragen der Kassen, verspätete Abrechnungen) trotz Ordnungs- und disziplinarer Maßnahmen (BSG v. 8. 7. 1980, ArztR 1980, 325). Weitere Beispiele bei Peters, Hdb. d. Krankenvers. §368 a Anm. 9f) cc); Hoffmann, ArztR 1979, 231 ff.

bbb) Der Entzug der Kassenzulassung braucht nicht notwendig einen endgültigen Ausschluß von der kassenärztlichen Tätigkeit zu bedeuten. Führt der Arzt nach Ablauf einer gewissen Zeit den Nachweis, daß er die für die Ausübung der kassenärztlichen Tätigkeit erforderliche Eignung wiedergewonnen hat, besitzt er einen Rechtsanspruch auf Wiederzulassung als Kassenarzt (BSG SozR Nr. 35 zu § 368 a RVO; Hess. LSG v. 25. 10. 1978 - L 7 Ka 710/76 - und v. 4. 5. 1981 - L 7 Ks 505/81 (A)). bbc) Der Beschluß auf Entziehung der Zulassung ist ein Verwaltungsakt, gegen den (nach Durchführung des Widerspruchsverfahrens, § 3 6 8 b Abs. 7 RVO) die Anfechtungsklage beim Sozialgericht gegeben ist (§§ 87ff. SGG). Widerspruch und Klage haben aufschiebende Wirkung, wenn die sofortige Vollziehung vom Berufungsausschuß oder vom Gericht nicht angeordnet worden ist (§ 368 b Abs. 4 u. Abs. 5 RVO, § 97 Abs. 1 Nr. 4 u. Abs. 3 SGG). Die Anordnung der sofortigen Vollziehung muß im öffentlichen Interesse geboten sein.

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Hierzu reicht es i.d.R. nicht aus, daß der Kassenarzt lediglich seine Pflichten gegenüber der KV verletzt; hinzukommen muß vielmehr eine Pflichtverletzung gegenüber den Kassenpatienten (vgl. Schultze, SGb 1980, 386, Anm. zu LSG Schleswig-Holst., SGb 1974, 592). Die Anordnung der sofortigen Vollziehung stellt eine Ermessensentscheidung der Zulassungsinstanzen dar, die vom Gericht nur im Rahmen des § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG überprüfbar ist (Hess. LSG v. 4. 5. 1981 - L 7 Ka - 505/81 (A) - u. LSG Berlin v. 2. 4. 1981 - L 7 Ka - E 2/81 beide teilweise abgedr. in ArztR 1982, 104). Gegen den die Vollziehung aussetzenden Gerichtsbeschluß gibt es keinen besonderen Rechtsbehelf; er kann nur mit dem Urteil in der Hauptsache angefochten werden (näher zu diesen Fragen Martens, DÄ 1982/6, S. 109 f. m. Nachw.; zur Anordnung der sofortigen Vollziehung und deren Aussetzung vgl. BVerfGE 34, 341, 342, 401; 40, 179; Hess. LSG v. 4. 5. 1981 - L 7 Ka - 505/81 (A) vgl. auch BSG, SozR 2200 § 368 a Nr. 3). bbd) Die Vorschrift des § 97 Abs. 1 Nr. 4 SGG über die aufschiebende Wirkung bei Klagen gegen Zulassungsentziehungen gilt entsprechend bei Klagen gegen den Widerruf einer kassenärztlichen Ermächtigung, nicht jedoch bei Ablehnung der Verlängerung einer Ermächtigung (LSG Rheinl.-Pf. v. 6. 11. 1980 - L 6 Sb 46/80 - u. v. 23. 7. 1982 - L 6 Sb 29/82 LSG Nordrh.-Westf. v. 13. 4. 1983 - L 11 S 6/83 - u. L 11 S 7/83 -). bbe) Eine wegen desselben Verhaltens bereits verhängte Disziplinarstrafe oder eine Bestrafung im Strafverfahren stehen der Entziehung der Kassenzulassung nicht entgegen. Das Verbot der Doppelbestrafung („ne bis in idem") kommt hier nicht zum Zuge, weil es sich bei der Entziehung der Zulassung nicht um eine Strafe, sondern um eine Verwaltungsmaßnahme handelt (Hess. LSG v. 25. 10. 1978 - L 7 Ka 710/76 Heinemann-Liebold, aaO. §368a C 124 m.w. Nachw.). Das Sozialgericht kann das Verfahren über den Entzug der Kassenzulassung nach § 114 Abs. 3 SGG aussetzen bis zur Entscheidung in einem gegen den klagenden Arzt anhängigen Strafverfahren, das sich mit den Vorwürfen befaßt, die zum Entzug der Zulassung geführt haben (LSG Bremen, NJW 1978, 1216 mit krit. Anm. Martens, NJW 1979, 1239). bbf) Der Gegenstandswert im sozialgerichtlichen Verfahren wegen Entziehung der Kassenzulassung bestimmt sich nach den Honorareinnahmen abzüglich der Praxisunkosten (Reineinnahmen), die dem Kassenarzt infolge der Zulassungsentziehung schätzungsweise entgangen sind (BSG v. 14. 11. 1977, NJW 1978, 1704 [Leits]). c) Ein Verzicht auf die Kassenzulassung unter Beibehaltung der Ersatzkassenpraxis ist nur für Ärzte möglich, die bereits am 1. 1. 1977 > Vertragsärzte (Rz 1848) waren oder sich als solche beworben hatten ( > Ersatzkasse Rz 591). d) Zur > B e h a n d l u n g s p f l i c h t des Kassenarztes während eines schwebenden Verfahrens über seinen Antrag auf Ruhen der Zulassung vgl. Küchenhoff, SGb 1982, 94. 3. Rechtsbeziehungen zwischen Kassenarzt und Kassenpatient, a) Zwischen

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Kassenarztsitz

Kassenarzt und Kassenpatient bestehen vertragliche Rechtsbeziehungen aufgrund des Arztvertrages, aus dem der Arzt auch für > B e h a n d l u n g s f e h l e r haftet (§ 368 d Abs. 4 RVO; str. > A r z t v e r t r a g Rz 214). Daneben kann eine Haftung des Kassenarztes aus unerlaubter Handlung gegeben sein (Peters, Hdb. d. Krankenvers. §368d Anm. 9e ; RGZ 88, 433 ; 118, 41). b) Darüber hinaus enthält auch der BMV-Ä Regelungen für das Verhältnis Kassenarzt-Kassenpatient. Als wichtigste sind hervorzuheben: Der Kassenarzt ist berechtigt, vom Kassenpatienten eine Privatvergütung zu verlangen, solange ein gültiger > B e h a n d l u n g s a u s w e i s nicht beigebracht wird. Bei Nachreichung des Behandlungsausweises innerhalb von 10 Tagen nach der ersten Inanspruchnahme muß die entrichtete Vergütung zurückgezahlt werden (§ 8 Abs. 3 BMV-Ä). Im übrigen darf der Kassenarzt vom Kassenpatienten eine Vergütung dann fordern, wenn dieser ausdrücklich verlangt, auf eigene Kosten behandelt zu werden und dies dem Kassenarzt vor oder spätestens bei Beginn der Behandlung schriftlich bestätigt (§ 4 Abs. 5 BMV-Ä; Hencke, Rhein. ÄBl. 1977, 357). Schließlich kann der Kassenarzt vom Patienten eine Vergütung dann verlangen, wenn Mehrkosten entstehen (z.B. wenn ohne zwingenden Grund ein Hausbesuch bei einem Kassenarzt angefordert wird, der seine Praxisstelle außerhalb des Wohnorts des Kranken hat (§ 7 Abs. 2 BMV-Ä). In keinem Fall dürfen Leistungen, für die privat liquidiert wird, gleichzeitig über > Krank e n s c h e i n abgerechnet werden (> S c h w a n g e r s c h a f t s a b b r u c h Rz 1612). IV. Kassenärztliche Kooperationsformen sind die > P r a x i s g e m e i n s c h a f t (§ 33 Abs. 1 ZO-Ä), die > G e m e i n s c h a f t s p r a x i s (§ 33 Abs. 2 ZO-Ä), die > A p p a r a t e g e m e i n s c h a f t und die > L a b o r g e m e i n s c h a f t . Nach geltendem Kassenarztrecht und allgemeinem ärztlichen Berufsrecht unzulässig ist die entgeltliche Zurverfügungstellung von > medizinisch-technischen Geräten in Gewinnerzielungsabsicht durch einen Kassenarzt, der diese selbst nach seiner fachlichen Aus- und > Weiterbildung nicht benutzen darf (z.B. Zurverfügungstellung eines Röntgengerätes, für dessen Benutzung dem ärztlichen Eigentümer die erforderliche Genehmigung der KV fehlt, vgl. § 24 Abs. 2 BMV-Ä). Eine solche gewerbliche Tätigkeit würde gegen die Grundsätze verstoßen, die für die Ausübung eines freien Berufs gelten (näher dazu Bogs, SGb 1977, 217 ff.).

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Kassenarztsitz I. Man versteht darunter den Ort der > Niederlassung als > Kassenarzt (§ 368 a Abs. 2 RVO). Dieser Ort ist nicht identisch mit dem Begriff der politischen Gemeinde, die insbesondere seit den Gemeinde- und Kreisreformen aus einer Anzahl geographisch und wirtschaftlich selbständiger Orte bestehen kann. „Ort" i. S. des § 368 a Abs. 2 RVO kann auch ein Stadtteil sein (LSG Bad.-Wttbg. v. 19. 3. 1980 - L 10 Ks 490/79 -). Der Kassenarztsitz braucht

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Kassenarztsitz

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nicht mit dem Piaxisbereich i. S. des § 6 Abs. 2 und 3, und des § 7 Abs. 4 und 5 BMV-Ä identisch zu sein; der Praxisbereich kann im Einzelfall wesentlich über den Kassenarztsitz hinausgehen (Liebold, aaO., „Praxisbereich"). II. Während die Errichtung von Kassenarztsitzen nach altem Recht im Zusammenhang mit der früheren Verhältniszahl als Mittel einer zahlenmäßigen Zulassungsbeschränkung diente (vgl. Peters, Hdb. d. Krankenvers. §368a Anm. 1 und 4), hat der Begriff des Kassenarztsitzes seit dem Urteil des BVerfG v. 23. 3. 1960 (NJW 1960, 715), das den § 368a Abs. 2 RVO a.F. für verfassungswidrig erklärte (> N i e d e r l a s s u n g s f r e i h e i t Rz 1251) nur noch Ordnungsfunktion (BSGE 20, 86]: Die Zulassung als Kassenarzt ist räumlich auf den Kassenarztsitz beschränkt (§ 368a Abs. 2 RVO). Der Kassenarzt muß am Kassenarztsitz Sprechstunden halten (> Präsenzpflicht). Er hat seine Wohnung so zu wählen, daß er für die ärztliche Versorgung der Versicherten an seinem Kassenarztsitz zur Verfügung steht (> Residenzpflicht). Der Kassenarztsitz bestimmt ferner die Zuständigkeit der KV, der der Kassenarzt als ordentliches Mitglied angehört (§ 368 k Abs. 4 RVO). Die Zulassung des Kassenarztes endet mit dem Wegzug aus dem Bezirk seines Kassenarztsitzes (§ 368 a Abs. 7 RVO). 943

HI. Der Kassenarzt genießt im Bereich seines Kassenarztsitzes keine Monopolrechte. Ärzte aus benachbarten Kassenarztsitzen können auch Besuche in seinem Bereich durchführen oder Patienten aus seinem Kassenarztsitz in Sprechstundenbehandlung nehmen. § 368 a Abs. 2 RVO und die Vorschriften über die Bildung von Zulassungsbezirken sind daher auch keine Schutzgesetze i. S. des § 823 Abs. 2 BGB zugunsten der Ärzte, in deren Kassenarztsitz ein anderer Kassenarzt tätig wird.

Kastration 944

I. Begriff. Man versteht darunter die völlige operative Entfernung oder dauernde Ausschaltung der Keimdrüsen (Hoden bzw. Eierstöcke) bei Menschen und Tieren (Duden, „Kastration"). Eingriffe, die nur eine vorübergehende Ausschaltung der Keimdrüsen bezwecken, fallen nicht unter den Begriff der Kastration (vgl. Schwalm bei Mergen, aaO. Bd. III S. 213f.). Die Kastration ist im Vergleich zur > Sterilisation der wesentlich radikalere Eingriff. II. Rechtsgrundlagen. Es ist zu unterscheiden zwischen der Kastration aus rein medizinischer Indikation und der Kastration als Mittel der Eindämmung des Geschlechtstriebs. 1. Für die Zulässigkeit der Kastration aus medizinischer Indikation (z.B. Krebsoperation im Genitalbereich) gelten die allgemeinen Grundsätze der Aufklärung und Einwilligung ( > A u f k l ä r u n g s p f licht, > H e i l b e h a n d l u n g ) .

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Kastration

2. Die Kastration zur Eindämmung des Geschlechtstriebs ist in einem Teilbereich in dem „Gesetz über die freiwillige Kastration und andere Behandlungsmethoden" v. 15. 8. 1969 - KastrG - (BGBl. I S. 1143) geregelt. Dieses Gesetz betrifft die Kastration von Männern mit abnormem Geschlechtstrieb (§§ 1-3) sowie andere Behandlungsmethoden bei triebgestörten Männern und Frauen (§ 4). a) Die operative Entfernung oder dauernde Ausschaltung der Funktion der Keimdrüsen beim Manne („Entmannung") ist bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 KastrG nicht als Körperverletzung strafbar. Erforderlich ist in jedem Falle die Einwilligung des Betroffenen, die nur wirksam ist, wenn er vorher über Grund, Bedeutung und Nachwirkungen der Kastration, über andere in Betracht kommende Behandlungsmöglichkeiten sowie über sonstige Umstände aufgeklärt worden ist, denen er erkennbar eine Bedeutung für die Einwilligung beimißt (§ 3 Abs. 1 KastrG > Aufklärungspflicht Rz 254). Ist der Betroffene nicht fähig, Grund und Bedeutung der Kastration voll einzusehen oder die unmittelbaren Folgen einer Kastration zu verstehen, so richtet sich die Zulässigkeit des Eingriffs nach § 3 Abs. 3 und 4 KastrG. b) Als andere unter den Voraussetzungen des § 4 KastrG zulässige Behandlungsmethoden mit triebbeeinflussender Wirkung bei Mann und Frau, mit denen nicht die dauernde Funktionsunfähigkeit der Keimdrüsen beabsichtigt ist, kommen vor allem medikamentöse Behandlungen in Betracht. Stereotaktische Eingriffe fallen nicht unter § 4 KastrG (OLG Hamm, NJW 1976, 2311). Für sie gilt § 226a StGB (vgl. Laufs, Arztrecht Rz 114, Anm. 12; Schönke-SchröderEser, aaO. § 223 Rz 58 ; vgl. auch Jung, NJW 1973, 2241). c) Die Kastration nach § 2 KastrG erfordert in jedem Falle die vorherige Einschaltung einer Gutachterstelle, deren Einrichtung und Verfahren sich nach dem jeweiligen Landesrecht bestimmen (§ 5 Abs. 1 und 3 KastrG). Bei anderen Behandlungsmethoden nach § 4 KastrG bedarf es der Einschaltung der Gutachterstelle nur dann, wenn der Betroffene unfähig ist, Grund und Bedeutung der Behandlung voll einzusehen und seinen Willen hiernach zu bestimmen, oder wenn er das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat (§ 5 Abs. 2 KastrG). Der Arzt, der eine Kastration oder andere Behandlungsmethode ohne vorherige Einschaltung der Gutachterstelle vornimmt, macht sich nach § 7 Nr. 1 KastrG strafbar. Gleiches gilt, wenn die nach § 6 KastrG erforderliche Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes vor dem Eingriff nicht vorliegt (§ 7 Nr. 2 KastrG). 3. Bei allen sonstigen zum Zwecke der Eindämmung des Geschlechtstriebes vorgenommenen Eingriffen verbleibt es hinsichtlich ihrer rechtlichen Zulässigkeit bei den allgemeinen Regeln (vgl. Schönke-Schröder-Eser § 223 Rz 58 > Heilbehandlung). III. Sowohl die Kastration aus medizinischer Indikation als auch die auf grund des KastrG rechtmäßig vorgenommene Kastration fällt i.d.R. unter die Leistungspflicht der gesetzlichen und privaten > Krankenversicherung (vgl. Peters, Hdb. d. Krankenvers. § 200 f. Anm. 2). Die hierfür entstehenden Aufwendungen sind außerdem beihilfefähig ( > Beihilferecht).

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Katastrophenschutz

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Katastrophenschutz 947

I. Begriff. Im weiteren Sinne versteht man darunter die Aufgabe, durch Katastrophen hervorgerufene Schäden und Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch organisierte Hilfe abzuwenden. Als Katastrophe wird dabei ein Geschehen bezeichnet, das Leben oder Gesundheit zahlreicher Menschen, erheblicher Sachwerte oder die lebensnotwendige Versorgung der Bevölkerung in so erheblichem Maße schädigt oder gefährdet, daß zu seiner Bekämpfung der Einsatz zusätzlicher, für den täglichen Einsatz nicht ständig zur Verfügung stehender Einheiten und Einrichtungen erforderlich ist. Solche Katastrophen können sowohl durch Naturereignisse und Unglücksfälle als auch durch Kriegsereignisse hervorgerufen werden. Aufgabe des Katastrophenschutzes im engeren Sinne ist nur die Krisenbewältigung im Frieden; der Katastrophenschutz im Verteidigungsfall gehört zum > Z i v i l s c h u t z (§ 1 Abs. 3 Nr. 5 ZSchG). Beide Begriffe werden im Sprachgebrauch oft vermengt (vgl. dazu Femmer-Mais, Öff. Gesundh.-Wesen 1981, 632). Die folgende Darstellung bezieht sich ausschließlich auf den friedensmäßigen Katastrophenschutz.

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II. Rechtsgrundlagen. Die Regelung des Katastrophenschutzes im Frieden ist Aufgabe der Länder, die inzwischen Katastrophenschutzgesetze erlassen haben (vgl. z.B. LKatSG Bad.-Wttbg. v. 24. 4. 1979, GBl. S. 189). Danach sind Träger des Katastrophenschutzes das Land, die Landkreise, die kreisfreien Städte und teilweise auch die kreisangehörigen Gemeinden. Die Landeskatastrophenschutzgesetze sind reine Organisationsgesetze. Sie enthalten Vorschriften über die Aufgaben und die Organisation des Katastrophenschutzes, den Inhalt der Katastrophenhilfe sowie die vorbereitenden Maßnahmen und die Durchführung von Abwehrmaßnahmen. Dagegen hat es der Gesetzgeber bisher versäumt, besondere Regelungen übei die medizinische Versorgung der Bevölkerung im Katastrophenfall zu treffen und insbesondere die Stellung der Ärzte und Krankenhäuser im Katastrophenschutz zu beschreiben und festzulegen (dazu ausführlich Femmer-Mais, aaO. S. 632 ff. ; vgl. auch Hess, DÄ 1980, 473f.). Eine Ausnahme bildet nur das LBKG Rheinl.-Pf. v. 2. 11. 1981 (GVBl. S. 247), das in den §§22-24 besondere Vorschriften über die Katastrophenhilfe im Gesundheitsbereich enthält (u.a. Pflicht der Krankenhausträger zur Aufstellung von Alarm- und Einsatzplänen unter Berücksichtigung der niedergelassenen Ärzte; Sicherstellung einer ausreichenden Versorgung mit Sanitätsmaterial durch die Landkreise und kreisfreien Städte unter Mitwirkung der Kammern der Heilberufe ; Fortbildungspflicht der Ärzte, Zahnärzte und der Angehörigen der nichtärztlichen Gesundheitsberufe für die besonderen Anforderungen im medizinischen Katastrophenschutz sowie Pflicht zur Teilnahme an Katastrophenübungen und Lehrgängen; Erfassung der Angehörigen der Gesundheitsberufe durch die Kammern der Heilberufe und die berufsständischen Vertretungen sowie Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen). In den übrigen Bundesländern ergeben sich die im Katastrophenfall zu tref-

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KBV-NT (KBV-DKG-NT)

fenden Maßnahmen für die medizinische Versorgung allenfalls aus den vom zuständigen Träger des Katastrophenschutzes aufgestellten regionalen Katastrophenschutzplänen. Dieser Rechtszustand wird mit Recht als unzureichend angesehen (vgl. Hess in: Fortschritt und Fortbildung in der Medizin, aaO. S. 85, 86; Gesundheits- und sozialpolitische Vorstellungen S. 47], Im Katastrophenfall unberührt bleiben die Aufgabenstellung der > Krankenhäuser als Träger der stationären Versorgung und der > Kassenärztlichen Vereinigungen als Gewährleistungsträger für die ambulante kassenärztliche Versorgung sowie die Zuständigkeiten des > Rettungsdienstes nach den Rettungsdienstgesetzen der Länder (vgl. Hess, DÄ 1980, 473). III. Die Mitwirkung von Ärzten und Angehörigen der > medizinischen Assistenzberufe im Katastrophenschutz erfolgt grundsätzlich auf freiwilliger Basis. Erst wenn eine Deckung des notwendigen Bedarfs auf diese Weise nicht möglich ist, kann eine zwangsweise Dienstverpflichtung durch die zuständige Behörde aufgrund der in allen Landeskatastrophenschutzgesetzen im wesentlichen gleichlautenden allgemeinen Bestimmung erfolgen, wonach jede über 18 Jahre alte Person im Rahmen ihrer Fähigkeiten und Kenntnisse zur Hilfeleistung in Katastrophenfällen herangezogen werden kann (vgl. z. B. § 23 LKatSG Bad.-Wttbg.). Für eine allgemeine Registrierung des genannten Personenkreises für den Katastrophenschutz gibt es bisher keine Rechtsgrundlage.

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IV. Die zivilrechtliche Haftung der im Katastrophenschutz tätigen Personen ist in den Katastrophenschutzgesetzen dahin geregelt, daß bei Sorgfaltspflichtverletzungen Amtshaftung eingreift (vgl. z.B. § 15 LKatSG Bad.-Wttbg.). Dies gilt auch bei Fehlleistungen niedergelassener Ärzte im Katastropheneinsatz ( > Haftung Rz 768).

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V. Für die Tätigkeit niedergelassener Ärzte und Angehöriger der > medizinischen Assistenzberufe im Katastropheneinsatz sowie für die Teilnahme dieser Personen bei Übungen besteht Unfallversicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 539 Abs. 1 Nr. 9 b RVO. Dies gilt auch für angestellte Ärzte, sofern der Einsatz im Katastrophenschutz nicht zu der nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO versicherten hauptberuflichen Tätigkeit gehört, was im Einzelfall zu prüfen ist. VI. In der DDR ist der Katastrophenschutz als Bestandteil der Zivilverteidigung in der Verordnung über den Katastrophenschutz v. 15. 5. 1981 (DDR GBl. S. 257) geregelt.

KBV-NT (KBV-DKG-NT) Diese Abkürzung bezeichnet die Empfehlungsvereinbamng zwischen der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) und der > Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) für einen Sachkostentarif bei der Abrechnung

950 a

KBV-NT (KBV-DKG-NT)

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ambulanter ärztlicher > Sachleistungen im > Krankenhaus gem. § 368 n Abs. 3 Satz 1 RVO (zuletzt i.d.F.v. 1. 4. 1981; teilweise abgedr. bei Heinemann-Liebold, aaO. 0 17). Dieser von den Bundesverbänden vereinbarte Sachkostentarif wurde von allen > K a s s e n ä r z t l i c h e n Vereinigungen durch entsprechende Verträge mit den jeweiligen Landeskrankenhausgesellschaften übernommen und ist daher bundeseinheitlich Grundlage für die Abrechnung der > S a c h k o s t e n im Bereich der RVO-Kassen. Er gilt heute bundeseinheitlich auch für den Bereich der > Ersatzkassen. In manchen Chefarztverträgen ist der KBV-NT auch für die interne Sachkostenerstattung zwischen > C h e f a r z t und > K r a n k e n h a u s vereinbart worden ( > Nutzungsentgelt Rzn. 1303; 1308, > Sachkosten). Vom > D K G - N T unterscheidet sich der KBV-NT einmal insofern, als die Sachkostensätze bei ihm etwas niedriger liegen. Darüber hinaus enthält der KBV-NT nur Sachkostensätze für ärztliche > Sachleistungen, während der DKG-NT in Spalte 6 Sachkostensätze für alle ärztlichen Leistungen, also auch die rein ärztlichen Leistungen, sowie Krankenhaussachleistungen enthält (näher zum Ganzen Baur, MedR 1983, 161, 162f.).

Klinik 951

Man versteht darunter ein > K r a n k e n h a u s mit speziellen Einrichtungen für die stationäre Aufnahme und Behandlung bettlägriger Patienten (vgl. Pschyrembel, aaO. „Klinik"; Duden, „Klinik"). Der Begriff der Klinik ist gegenüber dem Krankenhaus insofern enger, als das Krankenhaus nicht nur der Behandlung bettlägriger Patienten dient. Der Sprachgebrauch kennt keine scharfe Trennung zwischen beiden Begriffen.

Klinische Arzneimittelprüfung 952

I. Begriff. Unter klinischer Arzneimittelprüfung versteht man die kontrollierte wissenschaftliche Erprobung von > A r z n e i m i t t e l n am Menschen mit dem Ziel, Erkenntnisse über ihren therapeutischen Wert und Aufschlüsse über mögliche Nebenwirkungen und Unverträglichkeiten zu erhalten (vgl. die amtliche Begründung zum AMG 1976 bei Sander-Scholl, aaO. § 40 A; Hasskarl-Kleinsorge, aaO. S. 22). Je nachdem, ob der Heilzweck ( > Heilbehandlung) oder ein allgemeines wissenschaftliches Interesse im Vordergrund steht, kann sich die klinische Arzneimittelprüfung als > H e i l v e r s u c h oder als > k l i n i s c h e s E x p e r i m e n t darstellen (vgl. Rieger, DMW 1978, 1589). Klinische Arzneimittelprüfungen können sowohl in der > K l i n i k als auch in der > Arztpraxis durchgeführt werden (vgl. Merkblatt der BÄK, DÄ 1978, 2773).

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Klinische Arzneimittelprüfung

II. Rechtsgrundlagen. Die klinische Erprobung nicht zugelassener > A r z n e i m i t t e l oder die Erprobung zugelassener Arzneimittel am Menschen für nicht zugelassene Anwendungsgebiete bildet eine notwendige Voraussetzung für die Erstzulassung nach § 22 Abs. 2 Nr. 3 AMG oder eine erweiterte Zulassung nach § 29 Abs. 3 Nr. 3 AMG. Art und Umfang der klinischen Prüfung werden bis zum Erlaß der Arzneimittel-Prüfrichtlinien nach § 26 AMG durch die vom BMJFG erlassene „Richtlinie über die Prüfung von Arzneimitteln" v. 11. 6. 1971 (75/318/EWG; abgedr. bei Hasskarl-Kleinsorge, aaO. S. 133ff.) bestimmt. Für den EG-Bereich gilt die Richtlinie des Rates v. 20. 5. 1975 (abgedr. bei Hasskarl-Kleinsorge, aaO. S. 197ff.). §§40-42 AMG enthalten Vorschriften zum Schutz der Versuchspersonen, die im wesentlichen auf den in der > D e k l a r a t i o n v o n Helsinki niedergelegten ethischen Regeln basieren (vgl. dazu und zum internationalen Recht Deutsch, NJW 1978, 590; ders., VersR 1978, 289 > N ü r n b e r g e r Ärztecodex). Für die klinische Prüfung von Arzneimitteln mit Hilfe radioaktiv markierter Substanzen gelten zusätzlich die Vorschriften des § 41 StrlSchV (dazu Sander-Scholl, aaO. § 40 Erl. 4). Die Schutzvorschriften des AMG gelten nicht für die Anwendung zugelassener Arzneimittel im zugelassenen Indikationsbereich, also auch nicht für sog. Feldstudien. Trotz dieser Regeln ist die Arzneimittelprüfung juristisch noch nicht voll geklärt (vgl. die Nachweise über die gegensätzlichen Meinungen bei Laufs, Arztrecht vor Rz 230; Trockel, NJW 1979, 2329ff. ; vgl. auch die Zusammenfassung der geltenden nationalen und internationalen Bestimmungen und Empfehlungen zur Arzneimittelprüfung bei Hasskarl-Kleinsorge, aaO. S. 173 ff.).

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III. Grundzüge der Versuchsdurchführung. Die Prüfung eines Arzneimittels am Menschen wird üblicherweise in vier Phasen eingeteilt (vgl. zum folgenden eingehend Sander-Scholl, §40 Erl. 2 ; Hasskarl-Kleinsorge, aaO. S. 23ff.): Phase I: Verträglichkeitsprüfung an wenigen gesunden Probanden (10-50 Personen); Phase II: Wirksamkeitsprüfung an einer begrenzten Zahl von Patienten (bis 200 Personen); Phase III: Wirksamkeitsprüfung an einer größeren Anzahl von Patienten; Phase IV: planmäßige und langfristige Beobachtung des Arzneimittels in bezug auf therapeutische Wirkung und Nebenwirkung nach der Zulassung; insoweit finden die Schutzvorschriften der §§40, 41 AMG keine Anwendung. Das AMG hat sich naturgemäß einer Festlegung der als wissenschaftlich anerkannt geltenden Prüfmethoden enthalten (dazu Samson, NJW 1978, 1182). Nach der noch geltenden Arzneimittelprüfrichtlinie v. 11. 6. 1971 (vgl. oben Rz 953) sind die Prüfungen grundsätzlich als kontrollierte klinische Versuche durchzuführen, wobei auch unter Berücksichtigung berufsethischer Erwägungen (> E t h i k k o m m i s s i o n ) verschiedene Methoden in Betracht kommen. So kann der Wirkungsvergleich eines neuen Arzneimittels mit einem bereits bekannten wirksamen Prüfpräparat, aber auch mit einem Scheinpräparat (> Placebo) durchgeführt werden. Sind die Wirkungen nicht objektiv meß-

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Klinische Arzneimittelprüfung

bar, muß, soweit möglich, ein kontrollierter durchgeführt werden. 955

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430 > Doppelblindversuch

IV. Die Arzneimittelprüfung bei Gesunden als > k l i n i s c h e s E x p e r i m e n t (vgl. zum folgenden Giesen, aaO., S. 79ff.|. 1. Die rechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen sind in § 40 AMG geregelt. Danach darf die klinische Erprobung eines Arzneimittels am Menschen u. a. nur durchgeführt werden, wenn a) die Risiken, die mit ihr für die Person verbunden sind, bei der sie durchgeführt werden soll, gemessen an der voraussichtlichen Bedeutung des Arzneimittels für die > Heilkunde, ärztlich vertretbar sind; b) die Versuchsperson ihre Einwilligung hierzu erteilt hat, nachdem sie durch einen Arzt über Wesen, Bedeutung und Tragweite der klinischen Prüfung umfassend aufgeklärt worden ist. Die (jederzeit widerrufliche] Einwilligung ist nur wirksam, wenn sie von der geschäftsfähigen Versuchsperson höchstpersönlich - also nicht durch einen Vertreter - und schriftlich abgegeben wird. Im Einzelfall kann die Einwilligung trotz gehöriger Aufklärung wegen Sittenwidrigkeit des Experiments strafrechtlich (§ 226 a StGB) und zivilrechtlich (§138 BGB analog) unbeachtlich sein (> H e i l b e h a n d l u n g Rz 809). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn es an der Voraussetzung unter 1 a fehlt; c) die Versuchsperson nicht auf gerichtliche oder behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird. Unzulässig ist demnach insbesondere die Durchführung klinischer Arzneimittelprüfungen bei Strafgefangenen; d) vor Beginn der klinischen Prüfung zugunsten der Versuchsperson eine Versicherung über eine Deckungssumme von mindestens 500000 DM abgeschlossen wird, die im Falle des Todes oder einer Gesundheitsschädigung eintritt. Bei dieser Probandenversicherung handelt es sich um eine Schadensversicherung für Schäden, die unabhängig vom Verschulden eines Beteiligten eintreten (Sander-Scholl, aaO. § 40 Erl. 16; Müller-Römer, aaO. S. 136; Gef ä h r d u n g s h a f t u n g , > P l a c e b o Rz 1368). Über Umfang und Form der Aufklärung über die Probandenversicherung vgl. Kollhosser, MedR 1983, 201 ff. ; Bork, VersR 1983, 1094ff. e) Für die klinische Prüfung bei Minderjährigen enthält § 40 Abs. 4 AMG besondere Vorschriften. f) Weitere Erfordernisse und Schranken finden sich in § 40 Abs. 1 Nrn. 4-7 AMG sowie in § 41 StrlSchV (vgl. auch Rieger, DMW 1977, 845). 2. Im übrigen gelten für die an der klinischen Arzneimittelprüfung beteiligten Ärzte die allgemeinen ärztlichen Sorgfaltspflichten (> B e h a n d l u n g s f e h ler) sowie die Regeln der ärztlichen > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t (Rzn. 253ff.). Dies bedeutet grundsätzlich, daß der Proband darüber, daß es sich um die Prüfung eines neuen Arzneimittels handelt sowie über mögliche Wirkungen und Risiken des Versuchsprodukts vollständig aufgeklärt werden muß (näher dazu Giesen, aaO. S. 81ff. ; Laufs, VersR 1978, 385, 388ff. ; Staak, MMW 1979, 513, 515; zu Einschränkungen der Aufklärungspflicht bei der Prüfung von Psycho-

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Klinische Arzneimittelprüfung

Pharmaka vgl. Giesen, aaO. S. 84 > k l i n i s c h e s E x p e r i m e n t Rz 967, > D o p p e l b l i n d v e r s u c h , > P l a c e b o Rz 1367). 3. a) Die klinische Erprobung von Arzneimitteln im Auftrag des Arzneimittelherstellers gehört als Forschungstätigkeit nicht zu den Dienstaufgaben, sondern zur Nebentätigkeit des > b e a m t e t e n A r z t e s . Bei ärztlichen > H o c h s c h u l l e h r e r n wird regelmäßig eine „mit Lehr- und Forschungsaufgaben zusammenhängende selbständige Gutachtertätigkeit" vorliegen, so daß eine Nebentätigkeitserlaubnis nach den einschlägigen Vorschriften (vgl. § 42 Abs. 2 Nr. 3 BRRG; § 63 Abs. 2 UG Bad.-Wttbg. > G u t a c h t e n Rz 739) nicht erforderlich ist. Gleiches gilt für angestellte Ärzte nach § 11 BAT (näher dazu Rieger, DMW 1978, 1590). b) Das von der Herstellerfirma für die Versuchsdurchführung gezahlte Honorar darf nach ärztlichem Berufsrecht einen angemessenen Umfang nicht überschreiten und muß der erbrachten Leistung entsprechen (vgl. § 25 a Abs. 1 MuBO). Die Einnahmen unterliegen nach § 4 Nr. 14 UStG nicht der > U m satzsteuer. c) Zu den arbeitsiechtlichen Konsequenzen bei Ablehnung der Versuchsdurchführung aus arztethischen Gründen durch den ärztlichen Leiter einer klinischen Prüfung gegen den Willen der Unternehmensleitung vgl. Gamerschlag, NJW 1982, 684. V. Die Arzneimittelprüfung bei Kranken als > H e i l v e r s u c h (vgl. zum folgenden Giesen, aaO. S. 85ff.). Die rechtliche Zulässigkeit richtet sich zunächst nach den für die ärztliche > H e i l b e h a n d l u n g geltenden allgemeinen Regeln. Zusätzlich gelten die besonderen Schutzvorschriften des § 41 AMG i.V.m. § 40 Abs. 1-3 AMG. 1. Das Risiko einer klinischen Prüfung darf bei einem Patienten nur eingegangen werden, um sein Leben zu retten, seine Gesundheit wiederherzustellen oder sein Leiden zu erleichtern (§ 41 Nr. 1 AMG; zur konkreten Risikoabwägung vgl. Staak, MMW 1979, 513, 514). Die Anwendung des Versuchsprodukts setzt voraus, daß vergleichbare Methoden aus dem Bereich der konventionellen > Heilbehandlung oder Methoden aus dem Bereich des > Heilversuchs mit bereits besser bekannter Wirkung fehlen (Giesen, aaO. S. 88). Im Unterschied zur klinischen Arzneimittelprüfung bei Gesunden darf die Erprobung eines Medikaments als Heilversuch auch bei Personen, die geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt sind, durchgeführt werden (§41 Nr. 2 AMG). Ist ein Patient zwar einwilligungsfähig, jedoch geschäftsunfähig oder in der > G e s c h ä f t s f ä h i g k e i t beschränkt, so bedarf es neben seiner Einwilligung der seines gesetzlichen Vertreters oder Pflegers (§ 41 Nr. 3 AMG). Bei nicht einwilligungsfähigen Patienten genügt die Einwilligung ihres gesetzlichen Vertreters oder Pflegers (§ 41 Nr. 4 AMG). Die rechtswirksame Einwilligung des gesetzlichen Vertreters oder Pflegers erfordert eine umfassende Aufklärung (§ 41 Nr. 5 > H e i l v e r s u c h Rz 850). Die Aufklärung und Einwilligung können in Abweichung von § 40 Abs. 1 Nr. 2 AMG ganz entfallen, wenn die psychische Situation des Kranken infolge der

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Klinische Arzneimittelprüfung

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Aufklärung so beeinträchtigt würde, daß der Behandlungserfolg in Frage gestellt wäre. Willensäußerungen des Kranken, die dem entgegenstehen, sind ohne Rücksicht auf ihre Motivation zu beachten (§ 41 Nr. 7 AMG|. 2. Im übrigen gelten die allgemeinen Grundsätze über die Sorgfaltspflichten des Arztes bei der Anwendung von Arzneimitteln (> Verschreibung Rzn. 1827 ff.). 3. Bei der klinischen Erprobung von Medikamenten als Heilversuch werden sich Dienstaufgaben und > N e b e n t ä t i g k e i t angestellter und > b e a m t e t e r Ä r z t e und ärztlicher > H o c h s c h u l l e h r e r i.d.R. überschneiden. Bei der Verabreichung des zu prüfenden Arzneimittels handelt es sich zunächst um echte Behandlungstätigkeit im Rahmen der Dienstaufgaben. Lediglich die Auswertung der durch die Anwendung des betreffenden Präparates gewonnenen Ergebnisse ist dem Nebentätigkeitsbereich zuzuordnen.

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VI. Das AMG enthält keine Vorschriften über eine Dokumentationspflicht in bezug auf die Einhaltung der in §§ 40-42 AMG geforderten Voraussetzungen. Die klinische Arzneimittelprüfung ist jedoch eine ärztliche Tätigkeit, die der allgemeinen Dokumentationspflicht nach der ärztlichen > Berufsordn u n g unterliegt ( > D o k u m e n t a t i o n s p f l i c h t Rzn. 570ff.).

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VII. Haftung. 1. Ziviliechtliche Haftung, a) Die die Versuche durchführenden Ärzte können für Schäden, die Probanden und Patienten bei der klinischen Prüfung erleiden, zivilrechtlich aus Vertrag (> Arztvertrag beim Heilversuch oder Vertrag sui generis beim klinischen Experiment) und unerlaubter Handlung haften (näher dazu Giesen, aaO. S. 79 ff., 85 ff. > Heilversuch Rzn. 849f., >Klinisches E x p e r i m e n t Rzn. 967f.). b) Darüber hinaus kommt eine Haftung auch derjenigen Personen und Institutionen in Betracht, die das Forschungsvorhaben planen, kontrollieren und fördern. Haftungsgrundlage ist hier die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Der Träger eines Forschungsprogramms haftet für die Verletzung von Organisationspflichten, die insbesondere auf die Einsetzung eines unabhängigen Kontrollgremiums zielen (> Ethikkommission). Soweit die entsprechenden Gremien oder die Tätigkeit ihrer Mitglieder nicht in privatrechtlicher Form organisiert sind, haftet der Dienstherr bzw. Träger des Forschungsvorhabens nach Amtshaftungsgrundsätzen (> H a f t u n g Rz 785; näher zum Ganzen Bar-Fischer, NJW 1980, 2734, Laufs, Arztrecht Rz 240). c) Schäden, die der Proband oder Patient bei der Durchführung klinischer Arzneimittelprüfungen bei Gesunden erleidet, sind durch die ärztliche > Berufshaftpflichtversicherung grundsätzlich nicht gedeckt (anders bei Arzneimittelprüfungen bei Kranken,- näher dazu Rieger, DMW 1978, 1589, 1590; teilweise a.A. Hasskarl-Kleinsorge, aaO. S. 37). Die in den Vorschriften der §§ 84 ff. AMG verankerte > Gefährdungshaftung gilt nicht für die Anwendung von > A r z n e i m i t t e l n im Rahmen klinischer Prüfungen, die den Vorschriften der §§40, 41 AMG unterliegen (SanderScholl, aaO. §40 Erl. 15).

433

Klinisches Experiment

Bei beamteten Ärzten und ärztlichen > H o c h s c h u l l e h r e r n kommt eine zivilrechtliche Haftung nur nach § 839 BGB in Betracht. Amtshaftung nach Art. 34 GG greift i.d.R. nicht Platz, weil Anordnung und Einrichtung der Arzneimittelprüfung zumindest im Einzelfall nicht als Ausübung öffentlicher Gewalt anzusehen sind (Trockel, NJW 1979, 2333; Franzki, DRiZ 1978, 259; offengelassen bei BGHZ 9, 145, 150). 2. Strafvorschriften enthält § 96 Nr. 10 AMG. Daneben kommt eine Bestrafung nach §§ 222, 230 StGB in Betracht. Zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Leiters einer klinischen Prüfung, wenn er gegen seine Überzeugung auf Weisung seines Vorgesetzten oder nach Vorliegen externer Fachgutachten die klinische Erprobung durchgeführt vgl. Gamerschlag, NJW 1982, 684, 685 f.

963

VIII. Streitig ist, ob § 64 AMG eine Rechtsgrundlage für die behördliche Überwachung der klinischen Arzneimittelprüfung bietet. Obwohl dies vom Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie verneint wird, haben sich der Verband und die ihm angeschlossenen Pharmahersteller bereiterklärt, gegen die Überwachung keine Einwendungen zu erheben und die Überwachung durch Erstellung von Dokumentationen zu unterstützen. Schwierigkeiten ergeben sich jedoch bei der Durchführung der Überwachung insofern, als aus Gründen des > D a t e n s c h u t z e s und der ärztlichen > Schweigepflicht das Einsichtsrecht der Behörde in die Dokumentationen die Zustimmung der Probanden voraussetzt (vgl. dazu auch die Stellungnahme des Sozialministeriums Bad.-Wttbg. v. 3. 6. 1981, LT-Drucks. 8/1452). Nicht zu den Aufgaben der Behörde gehört die Entscheidung über medizinisch-ethische Fragen der klinischen Arzneimittelprüfung ( > E t h i k k o m mission).

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IX. Die Verwendung eines Warenzeichens bei der klinischen Erprobung eines Arzneimittels bedeutet eine Benutzung i. S. des § 5 Abs. 7 WZG, sobald die Muster den Prüfärzten zum Zwecke der Erprobung an Patienten ausgehändigt worden sind (BGH v. 27. 6. 1980 - I ZB 5/79 BPatG; vgl. auch Kleist-Peters, GRUR 1976, 117).

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X. Nach Nr. 11 Satz 2 der > A r z n e i m i t t e l - R i c h t l i n i e n sind Erprobungen von Arzneimitteln auf Kosten des Versicherungsträgers unzulässig. Im Hinblick auf Satz 1 dieser Vorschrift gilt dies auch für die Arzneimittelprüfung bei Kranken ( > Heilversuch).

Klinisches Experiment I. Begriff. Unter „klinischem Experiment" oder „Humanexperiment", mitunter auch als „wissenschaftlicher Versuch" bezeichnet (vgl. Giesen, aaO. S. 57) versteht man „Eingriffe und Behandlungsweisen am Menschen . . . , die zu Forschungszwecken vorgenommen werden und deren Auswirkungen und Folgen

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Klinisches Experiment

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aufgrund der bisherigen Erfahrungen noch nicht ausreichend zu übersehen sind" (Richtlinien für neuartige Heilbehandlung und für die Vornahme wissenschaftlicher Versuche am Menschen, erlassen vom früheren Reichsminister des Innern 1931, DMW 1931, 509). Im Gegensatz zum > H e i l v e r s u c h stellt sich das klinische Experiment nicht als indizierte Heilbehandlungsmaßnahme dar (vgl. Trockel, NJW 1979, 2329, 2331 m.Nachw. > Heilbehandlung). Dies schließt nicht aus, daß als Nebenzweck ein Heilerfolg erstrebt wird. Vorrangig bleibt jedoch der Forschungszweck. Entscheidend für die Abgrenzung beider Begriffe ist die Akzentuierung. Beim Heilversuch steht ein konkreter therapeutischer Zweck, beim klinischen Experiment ein allgemeines wissenschaftliches Interesse im Vordergrund (Laufs, NJW 1978, 1179; BGHZ 20, 61, 66). Da es in beiden Bereichen jeweils wiederum verschiedene Fallgruppen gibt, können die Übergänge im Einzelfall fließend sein (vgl. Staak, MMW 1979, 513, 514; Laufs, VersR 1978, 385, 387). Der Hauptanwendungsbereich des klinischen Experiments ist die > k l i n i s c h e A r z n e i m i t t e l p r ü fung. 967

II. Rechtsgrundlagen. 1. Da das klinische Experiment nicht der > Heilbeh a n d l u n g zuzurechnen ist, richtet sich seine rechtliche Zulässigkeit nach anderen, strengeren Voraussetzungen (Laufs, Arztrecht, Rz 235; Giesen, aaO. S. 67ff., 138ff. ; Deutsch, VersR 1983, lff.). Dies gilt vor allem in bezug auf die Einwilligung und die Aufklärung des Probanden. Die in § 40 AMG niedergelegten Rechtsgrundsätze sind über die > k l i n i s c h e A r z n e i m i t t e l p r ü fung hinaus von allgemeiner Bedeutung (Laufs, Arztrecht Rz 233). Dies gilt insbesondere für § 40 Abs. 1 Nrn. 1-3 und Abs. 2 AMG. Bei der Anwendung radioaktiver Stoffe in der medizinischen Forschung ist in erster Linie die Vorschrift des § 41 StrlSchV zu beachten, die u. a. voraussetzt, daß für die Art der Anwendung ein zwingendes Bedürfnis besteht. Stets gilt der Grundsatz, daß in der medizinischen Forschung am Menschen das Interesse der Wissenschaft und der Allgemeinheit niemals Vorrang vor der Rücksicht auf das Wohlergehen des Betroffenen haben darf (Giesen, aaO. S. 81). Hieraus folgt u.a. das Gebot der umfassenden Aufklärung des Probanden über alle in Betracht kommenden Risiken. Es gibt keine Ausnahmen von der umfassenden Aufklärungspflicht, wie sie bei der > H e i l b e h a n d l u n g in Frage kommen können (näher dazu Giesen, aaO. S. 70f. > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t Rzn. 262ff.). Im Einzelfall kann die Einwilligung des Probanden trotz gehöriger Aufklärung wegen Sittenwidrigkeit strafrechtlich (§226a StGB) und zivilrechtlich (§ 138 BGB analog) unbeachtlich sein (vgl. Schönke-Schröder-Eser, aaO. §226a Rz 10; §223 Rz 50 > H e i l b e h a n d l u n g Rz 809). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die mit dem Versuch verbundenen Risiken, gemessen an dem angestrebten Ergebnis, ärztlich nicht vertretbar sind (vgl. § 40 Abs. 1 Nr. 1 AMG, § 41 Abs. 1 Nr. 2 StrlSchV, Abschnitt I Nr. 4 der > D e k l a r a t i o n v o n H e l s i n k i ; Trokkel, NJW 1979, 2331 f.). Zweifelhaft erscheint, ob ein Aufklärungsverzicht seitens des Probanden rechtswirksam ist (vgl. dazu Giesen, aaO. S. 71). In Abweichung von § 40 Abs. 4 AMG wird überwiegend angenommen, daß die

435

Knappschaftsarzt

Vornahme wissenschaftlicher Versuche an Minderjährigen und Geisteskranken, die nicht der Medikamentenerprobung dienen, generell unzulässig sind (Giesen, aaO. S. 69 m.Nachw.; Trockel, NJW 1979, 2329, 2332). 2. Stets hat der forschende Arzt das wissenschaftliche Vorhaben als Ganzes an ethischen Maßstäben zu messen, wie sie insbesondere in der > D e k l a r a t i o n v o n H e l s i n k i niedergelegt sind (zum Verhältnis dieses Dokuments zum > N ü r n b e r g e r C o d e x und allgemein zum internationalen Recht der experimentellen Humanmedizin vgl. Deutsch, NJW 1978, 570; ders., Das Recht der klinischen Forschung am Menschen). In Zweifelsfragen hat der Arzt die Möglichkeit, die Hilfe von > E t h i k k o m m i s s i o n e n in Anspruch zu nehmen. III. Bezüglich der > Dokumentationspflicht und der behördlichen überwachung klinischer Experimente gilt entsprechendes wie bei der > k l i n i s c h e n A r z n e i m i t t e l p r ü f u n g (Rz 961).

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IV. Haftung > k l i n i s c h e A r z n e i m i t t e l p r ü f u n g Rzn. 962 f. Zur Haftung für Schäden aus der Anwendung radioaktiver Stoffe am Menschen im Rahmen klinischer Experimente > A t o m g e s e t z Rz 244 Schäden, die der Proband bei einem klinischen Experiment durch ärztliches Verschulden erleidet, sind durch die > B e r u f s h a f t p f l i c h t v e r s i c h e r u n g des Arztes grundsätzlich nicht gedeckt (näher dazu Rieger, DMW 1978, 1590f.). V. Bezüglich der > Nebentätigkeit und des Honorars angestellter und beamteter Ärzte bei der Durchführung wissenschaftlicher Versuche, die nicht der Arzneimittelerprobung dienen, gilt entsprechendes wie bei der > klinischen Arzneimittelprüfung bei Gesunden (Rz 958). VI. Bei Vergütungen an Versuchspersonen für die Teilnahme an klinischen Experimenten handelt es sich steuerrechtlich um Einkünfte aus Leistungen nach § 22 Nr. 3 EStG, die nicht steuerpflichtig sind, wenn sie den Betrag von 500 DM pro Jahr nicht übersteigen (vgl. Maier-Lauffen, DMW 1982, 1607).

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Knappschaftsarzt I. Man versteht darunter einen für die > B u n d e s k n a p p s c h a f t als Träger der knappschaftlichen Krankenversicherung zur Versorgung von Anspruchsberechtigten der Knappschaft in einem bestimmten Gebiet (Sprengel) tätigen Arzt. („Sprengelarzt"). Soweit kein Sprengelarztsystem besteht, erfolgt die ärztliche Versorgung der bei der Knappschaft Versicherten und ihrer Angehörigen durch > K a s s e n ä r z t e im Rahmen des Knappschaftsvertrages (> Bundesk n a p p s c h a f t Rz 495; näher dazu Peters bei Kuhns, aaO. S. 1/559,1/834f.).

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Knappschaftsarzt

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II. Für das Rechtsverhältnis zwischen Knappschaft und Knappschaftsarzt sind die §§ 204 ff. RRnG einschlägig. 1. Die Knappschaft entscheidet auf Antrag des Arztes über dessen Zulassung zur knappschaftsärztlichen Versorgung. Diese Entscheidung stellt einen Verwaltungsakt dar, gegen den der Rechtsweg zum Sozialgericht gegeben ist (BSG in st. Rspr.; vgl. z.B. BSG, NJW 1964, 2224). Die Zulassung nur einer begrenzten Zahl von Bewerbern verstößt nicht gegen das Grundgesetz (BSG aaO. S. 2226f.]. Einem Knappschaftsarzt, der ohne Zustimmung der Knappschaft aus dem ihm zugewiesenen Knappschaftsarztsitz wegzieht, kann die Zulassung entzogen werden (BSG, NJW 1975, 605). 2. Von der Zulassung zur knappschaftsärztlichen Versorgung ist der nachfolgende privatrechtliche Vertrag mit dem Knappschafts versicherungsträger zu unterscheiden, in dem die gegenseitigen Rechte und Pflichten im einzelnen geregelt werden (vgl. BAGE 6, 14). Danach wird der Knappschaftsarzt freiberuflich tätig. Die Abrechnung erfolgt unmittelbar mit der > Bundesknappschaft nach Einzelleistungen zuzüglich eines Vorhaltebetrages. Darüber hinaus gewährt die Knappschaft eine Altersversorgung. Das Kassenarztrecht findet auf Knappschaftsärzte keine Anwendung.

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III. In der knappschaftlichen Krankenversicherung besteht heute > freie Arztwahl. IV. Die Haftung des Rnappschaftsarztes bei der Behandlung von Versicherten richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen ( > H a f t u n g Rzn. 767 ff., 787).

Körperbestandteile 973

I. Rechtsnatur. 1. Der Körper des lebenden Menschen und seine ungetrennten Teile sind nach h. M. keine „Sache" i. S. des § 90 BGB. Sie können daher nicht Gegenstand von Eigentumsrechten sein (vgl. Holch in: Münch.Komm. § 90 Rz 3; Forkel, JZ 1974, 594, a.A. Brunner, NJW 1953, 1173). Gleiches gilt für die mit dem Körper fest verbundenen künstlichen Körperteile (z. B. Zahnplomben, künstliche Gelenke, > Herzschrittmacher). Diese sind nur dann „Sachen", wenn sie mit dem Körper nicht fest verbunden sind (z. B. Prothesen, Perücken; vgl. Holch, aaO. Rz 30 ; teilweise abweichend Görgens, JR 1980, 140). Zur rechtlichen Einordnung der Leiche und ihrer Bestandteile > L e i c h e Rzn. 1144 f. 2. Natürliche und mit dem Körper fest verbundene künstliche Körperbestandteile werden zu beweglichen Sachen mit der Trennung oder Entnahme aus dem Körper (z. B. amputierte Gliedmaßen, gezogene Zähne, gespendetes Blut > Blutspender) oder Körperorgane, die zu Transplantationszwecken entnommen werden ( > Transplantation). Sie fallen grundsätzlich in das Eigentum ihres bisherigen Trägers, also des Patienten. Dabei ist es gleichgültig, ob

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Körperbestandteile

man mit der wohl überwiegenden Meinung (vgl. Palandt-Heinrichs, aaO. § 90 Anm. 2; Holch, aaO. § 90 Rz 29) die Auffassung vertritt, daß Körperteile mit der Trennung in das Eigentum des bisherigen Trägers fallen (analog § 953 BGB), oder ob man mit der neueren Lehre (vgl. Staudinger-Coing, aaO. § 90 Rz 4) annimmt, daß Körperteile mit der Trennung herrenlos werden, dem bisherigen Träger jedoch ein ausschließliches Aneignungsrecht (§958) zusteht. Bei natürlichen Körperbestandteilen ist i.d.R. davon auszugehen, daß der Patient, wenn er nicht ausdrücklich einen entgegenstehenden Willen äußert oder sich sonst aus den Umständen etwas anderes ergibt, auf sein Eigentum bzw. Aneignungsrecht stillschweigend verzichtet (Holch, aaO. § 90 Rz 29; bei Minderjährigen ist für einen solchen Verzicht die Mitwirkung des gesetzlichen Vertreters erforderlich (vgl. Staudinger-Coing, aaO. § 959 Rz 1). Dies gilt z. B. bei der Entfernung von Gallensteinen (vgl. dazu Gaisbauer, Med. Welt 1978, 602) oder des Blinddarms. Wer in diesen Fällen Eigentümer wird, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles (§§ 950, 958 Abs. 1, 872, 854 BGB). Dabei sind die Grenzen des § 138 BGB stets zu beachten (Holch, aaO. § 90 Rz 29). II. Einzelfälle dei Verfügung über Körperbestandteile. 1. In der Praxis spielt nicht selten die Frage eine Rolle, wer Eigentümer der von Pathologen hergestellten mikroskopischen Präparate wird. Hier kann regelmäßig unterstellt werden, daß der Patient auf sein Eigentums- oder Aneignungsrecht stillschweigend verzichtet. Ob das Eigentum auf den Klinikträger oder auf den Pathologen übergeht, hängt davon ab, für wen die Herstellung der Präparate erfolgt (§950 Abs. 1 Satz 1 BGB), wobei es wesentlich auf die Zweckbestimmung ankommt (vgl. BGH, NJW 1952, 661). Bei Material, das der Pathologe im Rahmen seiner Dienstaufgaben verarbeitet und das - unabhängig vom Wechsel des Pathologen - in den Klinikbetrieb eingegliedert wird, wo es in der Hand eines anderen Arztes als Grundlage für die Weiterbehandlung dient, ist der Klinikträger als Hersteller i. S. des § 950 Abs. 1 Satz 1 BGB und damit als Eigentümer anzusehen. Dagegen erwirbt der Pathologe Eigentum nach § 958 BGB an den Präparaten, die für seine private wissenschaftliche Forschung bestimmt sind sowie an denjenigen, die im Nebentätigkeitsbereich ( > N e b e n t ä t i g k e i t ) anfallen. Bei Begutachtungsaufträgen, die der Pathologe auf > U b e r w e i s u n g ausführt, wird nicht der überweisende Arzt, sondern stets der Pathologe Eigentümer gemäß § 950 Abs. 1 BGB. 2. Für die Praxis bedeutsam ist die Überlassung von Körperbestandteilen (z. B. Hornhaut, peripherer Nerven, Blutserum, Hirnanhangdrüsen) an die pharmazeutische Industrie zur Gewinnung therapeutischer Substanzen oder zu Forschungszwecken (vgl. hierzu Rieger, DMW 1978, 290ff.). Im allgemeinen werden die beim Patienten entnommenen Körperteile nicht im ursprünglichen Zustand, sondern erst nach Verarbeitung an die pharmazeutische Industrie weitergegeben, so daß der Arzt nach § 950 Abs. 1 BGB Eigentümer des von ihm hergestellten Präparates wird, wobei ein etwaiges Eigentumsrecht des Krankenhausträgers an dem noch unverarbeiteten Material gleichzeitig erlischt 1$ 950 Abs. 2 BGB).

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Körperbestandteile

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438

Die unentgeltliche Überlassung von Körperteilen (z. B. überschüssiges Blutserum nach Untersuchung im Laboratorium) an die pharmazeutische Industrie zur Herstellung therapeutischer Substanzen oder zu Forschungszwecken verstößt grundsätzlich nicht gegen die guten Sitten (§ 138 BGB). Die Zahlung einer Vergütung macht die Verfügung jedenfalls dann nicht sittenwidrig, wenn lediglich die durch die Bearbeitung des Materials und sonst im Zusammenhang mit seiner Entnahme entstehenden Unkosten pauschal abgegolten werden und der Arzt das Geld seinen Mitarbeitern zukommen läßt. Endzweck des „Geschäfts" ist die Verwertung der Körperbestandteile für die Therapie und für wissenschaftliche Zwecke. Die Heilung von Kranken und der Fortschritt der medizinischen Wissenschaft, die dem lebenden Menschen dient, kann unmöglich den herrschenden sittlichen Anschauungen widersprechen (vgl. Kallmann, FamRZ 1969, 572, 578). Unerheblich ist dabei, ob der Patient von der Verwertung seiner Körperbestandteile Kenntnis erhält oder nicht. Etwas anderes gilt freilich dort, wo es nicht um die Verwertung von überschüssigem Operations- und Untersuchungsmaterial geht, die Entnahme von Körperbestandteilen vielmehr ausschließlich zu dem Zweck erfolgt, sie für die pharmazeutische Industrie nutzbar zu machen. Hier ist die Zustimmung des Patienten in jedem Falle erforderlich. Verfügungen Uber Teile des menschlichen Körpers sind allerdings dann sittenwidrig und daher gemäß § 138 BGB nichtig, wenn der Arzt dabei eigennützige, auf Gewinnerzielung gerichtete Motive verfolgt. Es gilt hier entsprechendes wie bei der > T r a n s p l a n t a t i o n (Rz 1771). Soweit die Sittenwidrigkeit zu verneinen ist, kann die Verfügung über Körperbestandteile auch unter standesrechtlichen Gesichtspunkten nicht beanstandet werden. III. Zur Verpflichtung des Arztes oder Krankenhausträgers, nach einem Unfall über den Verbleib abgetrennter Gliedmaßen im Hinblick auf die Möglichkeit zur Replantation Nachforschungen anzustellen vgl. OLG Celle, NJW 1983, 2639.

Konkurrenzklausel 977

I. Konkurrenzklauseln zwischen Ärzten beinhalten die Verpflichtung eines Vertragspartners, mit dem anderen nicht in beruflichen Wettbewerb zu treten. Ein solches Konkurrenzverbot kann sowohl mit angestellten Ärzten als auch zwischen freiberuflich tätigen Ärzten vereinbart werden.

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II. 1. Konkurrenzverbote zwischen freiberuflich tätigen Ärzten finden sich vor allem in Praxisübernahmeverträgen (> P r a x i s v e r ä u ß e r u n g Rz 1415), Verträgen mit > P r a x i s v e r t r e t e r n (Rz 1430), Verträgen mit > Assistent e n (Rz 229) sowie in Verträgen über die Auflösung einer > G e m e i n s c h a f t s p r a x i s (Rz 697).

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Konkurrenzklausel

a) Im Gegensatz zur früheren Rspr. des RG (vgl. RGZ 16, 143) erachtet die Rspr. des BGH vertragliche Wettbewerbsverbote zwischen freiberuflich tätigen Ärzten nicht als Verstoß gegen die guten Sitten (§ 138 BGB), soweit sie eine „maßvolle örtliche und zeitliche Begrenzung" enthalten und „das Interesse der Öffentlichkeit an einer ausreichenden ärztlichen Betreuung nicht verletzen" (BGH, NJW 1955, 337, 338 [Rückkehrverbot bei Praxistausch]; OVG Münster, N)W 1970, 1974¡ für die Zulässigkeit eines rechtsgeschäftlich vereinbarten Konkurrenzverbotes zwischen Praxisinhaber und > P r a x i s v e r t r e t e r VGH Bad.-Wttbg., NJW 1975, 2264). Dabei ist generell zu berücksichtigen, daß die Wettbewerbsabreden nur die Wahl des Niederlassungsortes betreffen und im übrigen die > Niederlassungsfreiheit des Arztes nicht beeinträchtigt wird. Maßgebend sind jeweils die Umstände des Einzelfalles. Die Sittenwidrigkeit ist beispielsweise dann zu bejahen, wenn ein Konkurrenzverbot berufsrechtliche oder kassenarztrechtliche Vorschriften verletzt, die Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung gefährdet, den verbotenen Bereich ärztlicher Berufsausübung zu weit ausdehnt, zeitlich nicht oder nicht angemessen befristet ist (wobei sich starre Zeitgrenzen nicht angeben lassen > P r a x i s v e r ä u ß e r u n g Rz 1415) oder bestimmte ärztliche Tätigkeiten (z.B. Röntgen) überhaupt verbietet (vgl. hierzu auch Narr, aaO. Rz 1076f.). b) Bei Auflösung einer > G e m e i n s c h a f t s p r a x i s bestehen grundsätzlich keine Bedenken gegen die vom ausscheidenden Partner für die Zukunft vertraglich übernommene Verpflichtung, seinen Tätigkeitsbereich örtlich zu beschränken (OLG Köln, NJW 1956, 345; vgl. auch Martens, D M W 1981, 280, 281). c) Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) wird durch vertraglich vereinbarte Konkurrenzverbote zwischen Ärzten i.d.R. nicht berührt. Zwar gelten die Vorschriften des GWB auch für niedergelassene Ärzte (KG, NJW 1976, 1798 > W e t t b e w e r b s r e c h t Rzn. 1925 f.), gemeinsamer Vertragszweck vertraglich vereinbarter Konkurrenzverbote zwischen Ärzten ist jedoch nur der Leistungsaustausch, nicht eine kollektive Wettbewerbsbeschränkung (näher dazu Bache, NJW 1971, 126).

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2. Die Vereinbarung eines Konkurrenzverbotes mit einem angestellten Arzt (z. B. > A s s i s t e n t in einer > A r z t p r a x i s ) hat den Zweck, diesem nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Behandlung von Patienten seines früheren Arbeitgebers zu untersagen (sog. „Mandantenschutzklausel"; vgl. BAG, NJW 1971, 2245). Dabei sind die von der Rspr. zum Schutz des Arbeitnehmers allgemein gezogenen Grenzen zu beachten, die sich aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 74ff. HGB ergeben (BAG aaO.). Das bedeutet u.a., daß eine Konkurrenzklausel nur verbindlich ist, wenn die Formvorschrift des § 74 Abs. 1 HGB eingehalten ist und der Arbeitgeber (z.B. Praxisinhaber) sich verpflichtet, für die Dauer des Verbotes eine Entschädigung in Höhe von mindestens der Hälfte der zuletzt bezogenen Vergütung zu zahlen (§ 74 Abs. 2 HGB; BAG aaO. S. 2246; Martens, D M W 1981, 280f.). Dies gilt auch für Angestellte mit höherem Einkommen wie angestellte Ärzte ; die entgegenstehende Vorschrift des § 75 b Satz 2 HGB ist verfassungswidrig (BAG, NJW 1976,342 und NJW 1970,723).

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Konkurrenzklausel

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Das Konkurrenzverbot muß ferner dem Schutz eines berechtigten Interesses des früheren Arbeitgebers dienen und darf - unter Berücksichtigung der gewährten Entschädigung - nach Ort, Zeit oder Gegenstand keine unbillige Erschwerung des beruflichen Fortkommens des angestellten Arztes enthalten (§ 74 a Abs. 1 HGB). An einem berechtigten Interesse des Arbeitgebers fehlt es z.B., wenn ein Arzt nur kurze Zeit (z.B. 3 Monate) als Assistent in der Praxis eines niedergelassenen Arztes tätig wird. Für die Angemessenheit der Beschränkungen in örtlicher, zeitlicher und gegenständlicher Hinsicht gilt Gleiches wie für die Beurteilung von Konkurrenzverboten zwischen freiberuflich tätigen Ärzten (vgl. oben 1). 981

III. Die Vereinbarung einer Vertragsstrafe für den Fall der Verletzung des vertraglich vereinbarten Konkurrenzverbotes dürfte auch zwischen Ärzten möglich sein. Das ärztliche Berufsrecht steht hier nicht entgegen, da das Konkurrenzverbot ausschließlich die auf Erwerb gerichtete wirtschaftliche Seite der ärztlichen Berufstätigkeit betrifft (a.A. Schulz, aaO. S. 307). IV. Eine rechtwirksam vereinbarte Konkurrenzklausel steht der Zulassung des Verpflichteten zur kassenärztlichen Versorgung nicht entgegen. Dem Berechtigten bleibt nur die Möglichkeit, sein Recht durch Klage oder einstweilige Verfügung durchzusetzen (Martens, DMW 1981, 280, 281).

Konsilium 982

I. Begriff, l.a) Ein Konsilium ist nach ärztlichem Sprachgebrauch die Besprechung zweier oder mehrerer Ärzte nach vorausgehender Untersuchung des Kranken zwecks Stellung der Diagnose oder Festlegung des Heilplanes (Feststellung Nr. 241 der AG 19). b) Etwas enger versteht das ärztliche Gebührenrecht unter Konsilium die „mündliche Beratung zweier oder mehrerer Ärzte am Bett des Kranken" (Nr. 10 GOÄ, BMÄ, E-GO; die Formulierung „am Bett" des Kranken widerspricht § 16 Abs. 6 MuBO, vgl. unten III. Eine berufsordnungskonforme Auslegung der Nr. 10 GOÄ verlangt daher, daß die Beratung nicht am Bett, sondern lediglich „im Bereich" des Kranken zu erfolgen hat). In beiden Fällen umfaßt die konsiliarische Tätigkeit lediglich die Diagnose sowie die Beratung über die Diagnose, aber keine Behandlung. 2. Von einem Konsilium im Sinne der Ziffer 1 sind zu unterscheiden a) die > M i t b e h a n d l u n g (vgl. Andreas/Siegmund-Schultze, ArztR 1977, 243, 244); b) die bloße Erkundigung eines Arztes bei einem anderen Arzt nach bestimmten Ergebnissen aus dessen Behandlung (Feststellung Nr. 241 der AG 19 >' c) die gelegentliche Aussprache zwischen Ärzten über einen Kranken (Feststellung Nr. 241 der AG 19; BSG v. 18. 2. 1970 - 6 R Ka 29/69

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Konsilium

d) die konsiliarische Untersuchung aufgrund gezielter > Ü b e r w e i s u n g ; e) die Beratschlagung von Ärzten innerhalb einer > G e m e i n s c h a f t s p r a xis, weil es dort in der Eigenart der Zusammenarbeit begründet liegt, daß die Ärzte untereinander dauernd Kontakt halten. II. Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten. 1. Zieht der behandelnde Arzt mit (ausdrücklicher oder stillschweigender) Zustimmung des Patienten einen Konsiliararzt zu, so kommt zwischen diesem und dem Patienten regelmäßig ein weiterer selbständiger > A r z t v e r t r a g (Rz 218) zustande (näher dazu Rieger, DMW 1978, 769, 770 m. Nachw.). 2. Ist der Patient bewußtlos oder vermindert zurechnungsfähig und ist anzunehmen, daß die Hinzuziehung eines Konsiliararztes seinem wirklichen oder mutmaßlichen Willen entspricht, so kommen im Verhältnis zwischen ihm und dem Konsiliararzt die Grundsätze über die Geschäftsführung ohne AuftTa S (§§ 677 ff. BGB) zur Anwendung (Andreas/Siegmund-Schultze, ArztR 1977, 244). 3. Rechtsbeziehungen zwischen Konsiliararzt und Patient entstehen dann nicht, wenn ein Arzt die konsiliarische Tätigkeit eines Kollegen nur zu seiner eigenen Sicherheit anfordert, ohne daß der Patient hiervon Kenntnis erhält. Bei diesem vor allem in diagnostisch schwierigen Fällen insbesondere von Pathologen praktizierten sog. „internen Konsultationsverfahren"dürfte i.d.R. ein Raterteilungsvertrag zwischen behandelndem Arzt und Konsiliararzt vorliegen, für den bei Unentgeltlichkeit Auftragsrecht (§§ 662 ff. BGB) und für den Fall, daß der Konsiliararzt vom behandelnden Arzt eine Vergütung erhält, Dienstvertragsrecht (§§611 ff. BGB) Anwendung findet (vgl. Palandt-Thomas, aaO. § 676 Anm. 3a). Der Umstand, daß die Tätigkeit des - i.d.R. wegen seiner besonderen Sachkunde eingeschalteten - Konsiliararztes für den anfordernden Arzt erkennbar von erheblicher Bedeutung ist und er sie zur Grundlage wesentlicher Entscheidungen machen will, steht der Annahme eines bloßen Gefälligkeitsverhältnisses ohne Rechtsbindungswille grundsätzlich entgegen (Palandt-Putzo, aaO. § 676, Anm. 3 b). 4. Keine Vertragsbeziehungen zwischen Konsiliararzt und Patient entstehen schließlich auch beim Konsilium im Rahmen einer stationären Behandlung aufgrund eines sog. „totalen" Rrankenhausaufnahmevertrages. Hier tritt der Patient ausschließlich zum Krankenhausträger in eine Vertragsverhältnis ( > K r a n k e n h a u s a u f n a h m e v e r t r a g Rz 1033).

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III. Nach ärztlichem Berufsrecht dürfen die am Konsilium beteiligten Ärzte ihre Beratung nicht in Anwesenheit des Patienten oder seiner Angehörigen abhalten (vgl. § 16 Abs. 6 MuBO). Der zum Konsilium gerufene Arzt darf seinen Beistand ohne zwingenden Grund nicht ablehnen (vgl. § 16 Abs. 4 MuBO). IV. Die wichtigsten in der Praxis vorkommenden Formen des Konsiliums sind: 1. Ein niedergelassener Arzt ruft einen anderen niedergelassenen Arzt zur Be-

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Konsilium

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ratung. Bei Kassenpatienten rechnet der Konsiliararzt seine Leistungen aufgrund eines > Ü b e r w e i s u n g s s c h e i n e s ab, den er vom behandelnden Arzt erhält; Privatpatienten stellt er seine Leistungen unmittelbar in Rechnung. 2. Ein niedergelassener Arzt benötigt die Beratung eines Krankenhausarztes. Für die Abrechnung der Leistungen des Konsiliararztes gilt gleiches wie unter 1., sofern der Konsiliararzt an der kassenärztlichen Versorgung beteiligt ist (> Chefarzt Rzn. 527 ff.) und das Konsilium ohne stationäre Behandlung erfolgen kann. Andernfalls besteht bei Kassenpatienten eine Abrechnungsmöglichkeit gegenüber der KV nur in > Notfällen. 3. Ein hauptamtlicher > Chefarzt oder ein > Belegarzt bittet einen Arzt einer anderen Fachabteilung desselben Krankenhauses zum Konsilium. Die gegenseitige Konsiliararzttätigkeit gehört regelmäßig zu den Dienstaufgaben der angestellten Krankenhausärzte, so daß eine gesonderte Abrechnung bei Kassenpatienten nicht möglich ist. Dies gilt auch für die Konsiliartätigkeit angestellter Krankenhausärzte auf Belegabteilungen (> Liquidationsrecht Rz 1167). Gegenüber Privatpatienten liquidiert der Konsiliararzt unmittelbar, sofern ihm das > Liquidationsrecht zusteht. 4. Ein > Belegarzt ruft einen niedergelassenen Arzt ohne Belegbetten zum Konsilium. Hier sind die Leistungen des Konsiliararztes mittels > Überweisungsscheines abrechnungsfähig. 5. Ein > Belegarzt erbittet die Beratung eines anderen, am selben Krankenhaus tätigen Belegarztes. Von den Ersatzkassen erhält der Konsiliararzt ein Honorar nach Nr. 10 E-GO (Anl. 1 Nr. 3 zur E-GO). Für die RVO-Kassen bestehen entsprechende Regelungen bei den einzelnen > Kassenärztlichen Vereinigungen. 6. Ein hauptamtlicher > Chefarzt an einem Krankenhaus ruft einen niedergelassenen Arzt zum Konsilium. Hier hat der Konsiliararzt einen Anspruch auf Vergütung seiner Leistungen gegenüber dem Krankenhausträger nach §612 BGB, sofern der Patient aufgrund eines „totalen" Rrankenhausaufnahmevertrages stationär behandelt wird. In diesem Fall sind die Kosten für konsiliarärztliche Tätigkeit im allgemeinen (großen) > Pflegesatz (Rz 1354) enthalten. Ist über die Höhe der Vergütung zwischen Konsiliararzt und Krankenhausträger nichts vereinbart, findet über § 612 Abs. 1 BGB die GOÄ Anwendung. Gegenüber Privatpatienten kann der liquidationsberechtigte Krankenhausarzt unmittelbar abrechnen. 7. Ein hauptamtlicher > Chefarzt an einem Krankenhaus bittet einen an demselben Krankenhaus tätigen Belegarzt zum Konsilium (> Belegarzt Rz 339). 986

V. Eine Pflicht zur Zuziehung eines Konsiliararztes besteht für den behandelnden Arzt nicht nur nach der > B e r u f s o r d n u n g (vgl. § 3 Abs. 2, Unterabs. 2 MuBO), sondern auch aufgrund des > Arztvertrages grundsätzlich dann, wenn der Patient oder seine Angehörigen dies ausdrücklich verlangen. Es gilt hier entsprechendes wie bei der > U b e r w e i s u n g (Rzn. 1797 f.).

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Kontaktlinsen

VI. Haftung. 1. Der Konsiliararzt haftet dem Patienten für Fehlleistungen zivilrechtlich aus dem > Arztvertrag und aus unerlaubter Handlung. Bei der Frage der zivilrechtlichen und strafrechtlichen Haftung des behandelnden Arztes für Fehler des Konsiliararztes und umgekehrt gelten die allgemeinen Grundsätze für die ärztliche Teamarbeit ( > B e h a n d l u n g s f e h l e r Rzn. 313 ff.). Danach darf sich der behandelnde Arzt auf das Urteil des Konsiliararztes wegen dessen besonderer Sachkunde auf dem einschlägigen Gebiet grundsätzlich verlassen (näher dazu Rieger, DMW 1978, 769, 770). Der behandelnde Arzt trägt jedoch die Verantwortung für ein von ihm auf Ratschlag des Konsiliararztes verschriebenes Medikament und zwar auch in bezug auf die ärztliche Aufklärungspflicht, es sei denn, daß der Konsiliararzt davon ausgehen muß, daß der behandelnde Arzt über schädliche Nebenwirkungen und Kontraindikationen nicht hinreichend unterrichtet ist (OLG Köln, MedR 1983,

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112).

2. Beim sog. „internen Konsultationsverfahren" haftet dem Patienten allein der behandelnde Arzt zivilrechthch für Schäden, die durch Fehlleistungen des Konsiliararztes entstanden sind. Der behandelnde Arzt hat jedoch gegen den Konsiliararzt einen Anspruch auf völlige Haftungsfreistellung, wenn er auf die Beratung durch den besonders sachkundigen Kollegen vertrauen durfte, was in der Praxis die Regel sein dürfte (a.A. Andreas/Siegmund-Schultze, ArztR 1977, 244, die dem behandelnden Arzt bei Mitverschulden des Konsiliararztes einen Freistellungsanspruch zubilligen, „der sich in der Regel auf den halben Schadensbetrag belaufen wird"). Strafrechthch ist in diesen Fällen der Konsiliararzt für Schäden verantwortlich, die dem Patienten durch die unrichtige Beratung entstanden sind. Zwar besteht grundsätzlich keine strafrechtliche Haftung in dem Fall, daß jemand riskantes Verhalten eines anderen durch entsprechende unrichtige Ratschläge oder Empfehlungen veranlaßt hat. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn der Raterteilende kraft besonderer Sachkunde eine Vertrauensposition innehat und andere sich deshalb auf ihn zu verlassen pflegen und regelmäßig auch verlassen dürfen; in diesem Fall hat er für seinen falschen Rat strafrechtlich einzustehen (vgl. Schönke-Schröder-Cramer, aaO. § 15 Rz 157). 3. > Berufshaftpflichtversicherung Rz 381

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Kontaktlinsen I. Begriff. Man versteht darunter dünne, auf der Hornhaut des Auges über der Pupille schwimmende, durchsichtige, aus Plastikmaterial bestehende Schalen, die vor allem zum Ausgleich von Fehlsichtigkeit anstelle einer Brille getragen werden. Darüber hinaus kann die Verwendung von Kontaktlinsen auch therapeutisch indiziert sein (z. B. nach Operation am grauen Star, als Medikamententräger bei Hornhautverletzungen). Je nach dem Herstellungsmaterial unterscheidet man zwischen harten Kontaktlinsen und (den teureren) weichen

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Kontaktlinsen

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Kontaktlinsen (näher zum Ganzen Conrads, DÄ 1975, 2677 ff. ; Buerose, BKK 1976, 234ff.). II. Die Rechtsnatui von Kontaktlinsen ist umstritten. Die wohl überwiegende Meinung sieht in Kontaktlinsen unterschiedslos fiktive > A r z n e i m i t t e l i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 AMG (vgl. Sander-Scholl, aaO. § 2 Erl. 28; Ott, NJW 1981, 1299 ff. m. Nachw.). Nach anderer Auffassung handelt es sich durchweg um >Hilfsmittel i.S. der RVO (so Rothsching, NJW 1981, 2508ff. ; ebenso jetzt die Heilmittel- und Hilfsmittel-Richtlinien v. 26. 2. 1982 > H i l f s m i t t e l Rz 869, Abschn. A Nr. 1.3.2 i.V.m. Abschn. D Nr. 2.2). Eine dritte Ansicht schließlich anerkennt die Arzneimitteleigenschaft (i. S. des § 2 Abs. 2 Nr. 1 AMG) nur bei „therapeutischen" Kontaktlinsen, die als Medikamententräger fungieren, und ordnet die übrigen Linsen den > H i l f s m i t t e l n zu (vgl. Penners, ArztR 1983, 150ff.). Nur diese Ansicht wird der Handhabung in der Praxis bei der Abgabe von Kontaktlinsen gerecht ( > A p o t h e k e n p f l i c h t Rz 72). 988 b

III. 1. Die Anpassung von Kontaktlinsen ist - anders als die Sehschärfenbestimmung bei der Beschaffung einer Brille ( > Heilkunde Rz 827) - keine handwerkliche Tätigkeit, sondern Ausübung der > H e i l k u n d e und damit ausschließlich dem > A r z t vorbehalten (vgl. Conrads, aaO. S. 2677). Die in der Praxis tolerierte Anpassung von Kontaktlinsen durch Optiker begegnet daher Bedenken (vgl. ausführlich dazu Narr, aaO. Rzn. 507 ff., 588). 2. Bei der bloßen Bearbeitung und Abgabe von Kontaktlinsen handelt es sich dagegen nicht um eine ärztliche, sondern um eine handwerklich-kaufmännische Tätigkeit mit der Folge, daß die daraus erzielten Einnahmen des Arztes der > U m s a t z s t e u e r (Rz 1804) unterliegen. Die Abgabe von Kontaktlinsen durch Ärzte an eigene Patienten ist berufsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden ( > Hilfsmittel Rz 871). IV. Im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung können Kontaktlinsen nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot ( > W i r t s c h a f t l i c h k e i t s p r ü f u n g Rz 1931) nur bei Vorliegen der im Abschn. D Nr. 4 der Heilmittel- und Hilfsmittel-Richtlinien ( > Hilfsmittel Rz 869) genannten Indikationen verordnet werden.

Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen 989

I. Man versteht darunter die durch das > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g s - K o s t e n d ä m p f u n g s g e s e t z (§ 405 a RVO) geschaffene Einrichtung der Bundesregierung mit dem Ziel, eine den Stand der medizinischen Wissenschaft berücksichtigende, bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit Gesund-

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Kooperatives Belegarztwesen

heitsleistungen und eine ausgewogene Verteilung der Belastungen zu erreichen. Dementsprechend hat die Konzertierte Aktion vor allem die Aufgabe, medizinische und wirtschaftliche Orientierungsdaten sowie Vorschläge zur Rationalisierung, Erhöhung der Effektivität und Effizienz im Gesundheitswesen zu erarbeiten und einmal jährlich bis zum 31. März Empfehlungen, insbesondere über die angemessene Veränderung der > G e s a m t v e r g ü t u n g und der > Arznei- u n d H e i l m i t t e l h ö c h s t b e t r ä g e sowie zur Wirtschaftlichkeit der Versorgung mit > Heil- und > H i l f s m i t t e l n und mit zahntechnischen Leistungen abzugeben (näher dazu Kreuter-Schlauß, aaO.). II. Zusammensetzung. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung beruft in die Konzertierte Aktion Vertreter der Träger der > gesetzlichen K r a n k e n v e r s i c h e r u n g (Rz 1103), des Verbandes der privaten > Krank e n v e r s i c h e r u n g (Rz 1107), der Ärzte, der Zahnärzte, der Krankenhausträger, der > A p o t h e k e r , der pharmazeutischen Industrie, der Gewerkschaften, der Arbeitgeberverbände, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände (§ 405 a Abs. 3 RVO).

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III. Die Empfehlungen der Konzertierten Aktion sind nach ihrer Rechtsnatur weder Rechtsnormen noch Verwaltungsakte. Es handelt sich bei ihnen auch nicht um Verwaltungsvorschriften oder Richtlinien. Sie sind vielmehr nur Ratschläge, die jedoch mittelbar insofern Rechtswirkungen entfalten, als sie zu einer gewissen Einschränkung des freien Ermessensspielraums derjenigen, an die sie sich richten, führen (näher dazu Peters, Hdb. d. Krankenvers. § 405 a Anm. 8).

Kooperatives Belegarztwesen I. Begriff. Man versteht darunter die im Zuge der Weiterentwicklung des Belegarztwesens empfohlene kooperative Zusammenarbeit mehrerer > Belegärzte gleicher Fachrichtung an einer Belegabteilung eines Krankenhauses (vgl. Tätigkeitsbericht der BÄK 1978, 148; Gesundheits- und sozialpolitische Vorstellungen, S. 77).

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II. Organisation und Rechtsform. Die ambulante Tätigkeit soll wie bisher in Einzelpraxen oder > G r u p p e n p r a x e n außerhalb des Krankenhauses, jedoch mit der Möglichkeit der Nutzung seiner technischen Einrichtungen stattfinden. Die Belegärzte sind - unter Koordinierung durch einen gewählten bzw. vom Krankenhausträger berufenen leitenden > Belegarzt - zur Kooperation im stationären Bereich verpflichtet. In > Belegkrankenhäusern und in Belegabteilungen, in denen das kooperative Belegarztwesen praktiziert wird, sind entsprechende organisatorische und rechtliche Strukturen erforderlich wie in Krankenhäusern, in denen Patienten von hauptberuflichen Krankenhausärzten versorgt werden. Insbesondere müssen auch hier klar abgegrenzte,

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Kooperatives Belegarztwesen

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durch den leitenden Belegarzt koordinierte Verantwortungsbereiche geschaffen werden (Gesundheits- und sozialpolitische Vorstellungen, aaO.). Das ärztliche Zusammenwirken und die gemeinsame Nutzung der technischen und personellen Einrichtungen durch die Beleg'ärzte wird regelmäßig in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff. BGB) erfolgen. Die > Bundesärztekammer, die > Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft sind dabei, ein Vertragsmuster für Belegärzte im kooperativen Belegarztwesen zu entwickeln. III. Haftung. Es gelten die Grundsätze für die Arbeitsteilung in der Medizin (>Behandlungsfehler Rzn. 313ff.).

Koronar(sport)gruppen 993

I. Koronarsportgruppen (meist kurz „Koronargruppen" genannt] dienen in erster Linie der > Rehabilitation von Herzinfarktpatienten durch Bewegungstherapie unter ärztlicher Überwachung und Betreuung im Zusammenwirken mit > Krankengymnasten oder sonstigen besonders ausgebildeten Personen als Übungsleiter. Insoweit handelt es sich um eine besondere Form des > Behindertensports. Daneben gibt es sog. Präventivgruppen für noch nicht koronarkranke, aber koronargefährdete Risikoträger. Zum Teil werden zunächst ärztlich geleitete Koronargruppen nach einiger Zeit als Selbsthilfegruppen unter einem Patienten als Gruppenleiter weitergeführt. II. Als Träger von Koronargruppen kommen vor allem in Betracht: Sportvereine, Behinderten- bzw. Versehrten-Sportgemeinschaften, Arbeitsgemeinschaften für kardiologische Prävention und Rehabilitation, > Krankenhäuser, Rehabilitationskliniken, > Sanatorien sowie selbständige unabhängige Vereine oder Förderkreise (näher dazu Traenckner bei Halhuber, aaO. S. 13ff.)-

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III. Haftungsfragen. 1. Aufklärungspflicht. Die Bewegungstherapie bedarf als ärztliche Einwirkung auf den Patienten zu ihrer Rechtfertigung dessen Einwilligung, die nur nach Aufklärung rechtswirksam erteilt werden kann ( > Auf klärungspflicht Rzn. 253ff., > H e i l b e h a n d l u n g Rzn. 802, 804ff.). Da es sich bei der Teilnahme an ambulanten Koronargruppen nicht um eine dringende Behandlung zur Abwendung einer akuten Gefahr für Leben oder Gesundheit handelt, sind die Anforderungen an die Intensität der Aufklärung relativ streng. Das bedeutet, daß der ärztliche Gruppenleiter verpflichtet ist, den Patienten vor Aufnahme in die Gruppe nicht nur über die in der Praxis gar nicht so seltene Möglichkeit von Verletzungen an Muskulatur und Stützapparat aufzuklären, sondern auch darauf hinzuweisen, daß es - wenn auch sehr selten - zu schweren kardiologischen Zwischenfällen kommen kann. Es genügt jedoch eine Aufklärung in groben Zügen. Auf Einzelheiten braucht der

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Koronar(sport)gruppen

Arzt nicht einzugehen, es sei denn, daß der Patient entsprechende Fragen stellt (näher dazu Rieger, DMW 1979, 1256, 1258). 2. Sorgfaltspflichten bei der ärztlichen Teamarbeit. Für die zivilrechtliche und strafrechtliche Verantwortlichkeit der beteiligten Ärzte und nichtärztlichen Übungsleiter gelten die allgemeinen Grundsätze für die Arbeitsteilung in der Medizin > B e h a n d l u n g s f e h l e r Rzn. 313ff.). Dies bedeutet im einzelnen (zum folgenden ausführlich Rieger, DMW 1979, 1256ff.): a) Dem ärztlichen Gruppenleiter obliegt die Entscheidung, ob ein Patient im Hinblick auf seine Belastungsfähigkeit für die Bewegungstherapie geeignet ist. Er trifft diese Feststellung regelmäßig aufgrund der ihm vom behandelnden Arzt übermittelten Untersuchungsbefunde, auf deren Richtigkeit er grundsätzlich vertrauen darf. b) Gestaltung und Ablauf der Ubungsstunden erfolgen unter Verantwortung des ärztlichen Gruppenleiters, dessen ständige Anwesenheit wegen der Gefahr von Zwischenfällen erforderlich ist. Er hat die Übungsstunden so zu organisieren, zu leiten und zu beaufsichtigen, daß die Sicherheit der Patienten optimal gewährleistet ist. Im einzelnen bedeutet dies: aa) Zu Übungsleitern dürfen nur solche Personen bestellt werden, die aufgrund ihrer Ausbildung hierfür ausreichend qualifiziert sind. Dies ist grundsätzlich der Fall bei geprüften > K r a n k e n g y m n a s t e n und BehindertenSportlehrern. Trotz dieser Ausbildungsnachweise muß der Arzt sich über die Qualifikation dieser Personen speziell als Übungsleiter einer ambulanten Koronargruppe persönlich vergewissern. bb) Das Übungsprogramm wird vom Arzt und vom Übungsleiter gemeinsam erarbeitet, wobei jeder für seinen Bereich die Verantwortung trägt. Die Endverantwortung liegt beim Arzt. Besondere Sorgfalt ist bei der Gestaltung des Programms für die sog. „bad-risk-Gruppen" geboten. cc) Die Fortdauer der Eignung des Patienten für die Bewegungstherapie und der Grad seiner Belastungsfähigkeit sind laufend vom ärztlichen Gruppenleiter zu überprüfen. Hierzu gehört auch, daß der Arzt sich bei den Patienten durch entsprechende Fragen laufend vergewissert, ob sie Veränderungen ihrer Eignungsvoraussetzungen nicht selbst durch eigenmächtiges Handeln (z. B. eigenmächtiges Absetzen von vom Arzt verordneten Digitalis-Präparaten) herbeigeführt haben. Eine schriftliche Bestätigung der Patienten zu Beweiszwekken erscheint ratsam. dd) Die Intensität der individuellen Belastung ist dem durch die Überwachungsuntersuchung festgestellten Gesundheitszustand des Patienten ständig anzupassen. ee) Stellt der ärztliche Gruppenleiter im Verlauf der Übungsstunden bei einem Patienten Auffälligkeiten fest, die zu einer Änderung der Therapie durch den behandelnden Arzt Anlaß geben, so muß er sich mit diesem in Verbindung setzen. ff) Über die bei der Überwachung der Übungsteilnehmer getroffenen Feststellungen hat der Arzt Aufzeichnungen zu fertigen (> D o k u m e n t a t i o n s p f l i c h t ) . Eine Verletzung dieser Pflicht kann zu nachteiligen beweisrechtli-

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Koronar(sport)gruppen

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chen Konsequenzen für den Arzt beim Vorwurf eines > Behandlungsfehlers führen ( > Beweislast Rz 446). gg) Da bei den Eignungsvoraussetzungen des Patienten im Laufe der Zeit Änderungen eintreten können, die bei den wöchentlichen Kontrollen nicht feststellbar sind, muß der ärztliche Gruppenleiter in angemessenen Zeitabständen eine Nachuntersuchung durch den behandelnden Arzt veranlassen und die Eignung dann aufgrund der jüngsten Befunde erneut überprüfen. hh) Für die Behandlung akuter Herzzwischenfälle während der Übung muß ein > D e f i b r i l l a t o r zur Verfügung stehen, ii) Zu Fragen der > B e r u f s h a f t p f l i c h t v e r s i c h e r u n g gegen Schäden aus ärztlicher Tätigkeit in Koronargruppen vgl. Rieger, DMW 1979, 1256, 1258. IV. Bei Koronargruppen im Rahmen des Behindertensports erfolgt die Abrechnung zwischen dem Träger der Gruppe und dem zuständigen Sozialleistungsträger entsprechend den jeweiligen Vereinbarungen (näher dazu Richter bei Halhuber, aaO. S. 67, 69 f. > Behindertensport).

Kosmetikerin 997

I. Aufgabe der Kosmetikerin ist die Hautpflege, die Körperpflege und die Mitwirkung bei der Gesundheitspflege. Ihre Tätigkeit in diesen Bereichen besteht in der Behandlung, Beratung und Versorgung der Bevölkerung mit kosmetischen Mitteln (Einzelheiten bei Streit, BerufskBl., 2 - II A 14, S. lff.). Die Kosmetikerin arbeitet in eigener Praxis oder als Angestellte, u.a. in > A r z t p r a x e n und > Sanatorien. Die Grenzen zu der dem > A r z t vorbehaltenen Ausübung der > H e i l k u n d e sind oft fließend. Mitunter (z.B. bei Akne) führt die Kosmetikerin mit äußeren Anwendungen die kosmetische Begleitbehandlung zur ärztlichen Therapie durch (vgl. Streit, aaO. S. 2ff.). Im Bereich der Heilkunde kann sie nur unter Aufsicht und Verantwortung des Arztes tätig werden (z.B. Verödung feinster Blutgefäße in der Haut, Entfernung von Warzen und Leberflecken; BVerwG, NJW 1973, 579; NJW 1966, 418 ; Streit, aaO. S. 5). II. Die Ausbildung dauert zur Zeit insgesamt 2 Jahre. Sie erfolgt z. T. in staatlich anerkannten Privatschulen und schließt ab mit einer Prüfung aufgrund einer staatlich genehmigten Prüfungsordnung (z.B. Bremen, Hessen, Niedersachsen, Baden-Württemberg). Die Tatsache der staatlichen Anerkennung einer Privatschule und der staatlichen Genehmigung einer Prüfungsordnung beinhaltet für sich allein keine staatliche Anerkennung des Berufsbildes [VG Karlsruhe v. 16. 9. 1981 - 7 K 62/80 -). Eine staatliche Anerkennung besteht jedoch z.B. in Bremen. Wo staatliche Regelungen noch nicht existieren, erfolgt die Ausbildung in von den Berufsverbänden anerkannten Berufsfachschulen.

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Kosmetische Behandlung

III. Soweit die Kosmetikerin unter Aufsicht und Verantwortung des Arztes tätig wird, unterliegt sie der strafrechtlichen > Schweigepflicht nach § 203 Abs. 3 StGB. IV. Die Führung der Bezeichnung „Diplom-Kosmetikerin" ist nach § 132a Abs. 2 StGB strafbar (KG, JR 1964, 68).

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Kosmetische Behandlung I. Die kosmetische Behandlung dient der Beseitigung von körperlichen Mißbildungen. Streitig ist ihre rechtliche Einordnung als > Heilbehandlung (vgl. die Nachw. bei Schönke-Schröder-Eser, aaO. § 223 Rz 50). Richtiger Ansicht nach kann diese Frage nicht generell, sondern stets nur im Einzelfall entschieden werden. Wo die körperliche Verunstaltung bei dem Betroffenen zumindest zu einer seelischen Belastung führt, ist der Heilcharakter des Eingriffs und damit das Vorliegen einer Heilbehandlung zu bejahen. Wird dagegen lediglich eine Verschönerung des äußeren Erscheinungsbildes bezweckt, liegt eine Heilbehandlung mangels medizinischer Indikation nicht vor (SchönkeSchröder-Eser, aaO. > H e i l b e h a n d l u n g Rz 802).

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II. Die kosmetische Behandlung ist als Ausübung der > Heilkunde nach § 1 Abs. 1 und 2 HPG erlaubnispflichtig, sofern sie nicht von einem >Arzt durchgeführt wird. III. Die rechtliche Einordnung des zwischen Arzt (bzw. Krankenhausträger oder einer sonstigen Institution) und Patient geschlossenen Vertrages über die Durchführung einer kosmetischen Behandlung, insbesondere einer kosmetischen > O p e r a t i o n , ist streitig. Zum Teil wird Dienstvertrag angenommen (so Böhmer bei Schreus, aaO. S. 44ff.). Nach anderer Ansicht liegt ein Werkvertrag vor (so Soergel in: Münch. Komm. § 631 Rz 49; Isele bei Mergen, aaO. S. 16; Fikentscher, aaO. S. 459). Die generelle Zuordnung des kosmetischen Eingriffs unter einen der genannten Vertragstypen wird den tatsächlichen Lebenssachverhalten nicht gerecht. Entscheidend ist vielmehr der Vertragswille der Parteien im konkreten Fall, der erforderlichenfalls durch sorgfältige Auslegung zu ermitteln ist (anders Soergel, aaO., nach dessen Auffassung generell „die Einstandspflicht des Arztes für den Erfolg seines Eingriffs offensichtlich" ist). Wenn auch der Schönheitschirurg in vielen Fällen den Erfolg zusagen wird, so daß Werkvertragsrecht Anwendung findet, so ist doch auch bei kosmetischen Eingriffen zu beachten, daß der Einfluß eines derartigen Eingriffes auf den Ablauf biologischer und physiologischer Zusammenhänge im Organismus nicht nur von der ärztlichen Tätigkeit, sondern auch weitgehend von der individuellen Konstitution und dem nachoperativen Verhalten des Patienten abhängig ist. Wo dieser Gesichtspunkt im Einzelfall eine Rolle spielt, wird der Vertragswille des Arztes

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Kosmetische Behandlung

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in aller Regel nur auf Abschluß eines Dienstvertrages gerichtet sein. Aus der bloßen Äußerung des Arztes über den voraussichtlichen Erfolg einer Schönheitsoperation kann im allgemeinen noch nicht darauf geschlossen werden, daß der Arzt auch das rechtsgeschäftliche Einstehen hierfür zusagen will (Böhmer, aaO. ; RG ; JW 1932 ; 3329; meine teilweise abweichende Meinung in D M W 1974, 2069 gebe ich hiermit auf). Die Einordnung des kosmetischen Eingriffs als Dienstvertrag oder Werkvertrag ist vor allem von Bedeutung für den Honoraranspruch des Arztes bei Mißlingen des Eingriffs. Beim Dienstvertrag kann die Vergütung verlangt werden, wenn die vereinbarte Leistung als solche erbracht ist, ohne Rücksicht auf einen bestimmten Erfolg. Beim Werkvertrag entfällt dagegen der Anspruch auf Vergütung, wenn den Bemühungen des Arztes der Erfolg versagt bleibt. Bei medizinisch nicht indizierten kosmetischen Eingriffen ist ein völliger oder teilweiser Haftungsausschluß grundsätzlich möglich ( > H a f t u n g s a u s s c h l u ß Rz 793).

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IV. Die einem kosmetischen Eingriff vorausgehende Aufklärung des Patienten durch den Arzt muß besonders gründlich sein (vgl. OLG Düsseldorf, NJW 1963, 1679). Die strengsten Anforderungen an die ärztliche Aufklärungspflicht sind dort zu stellen, wo der Eingriff nicht gleichzeitig der Beseitigung einer seelischen Belastung, sondern ausschließlich der „Verschönerung" der äußeren Erscheinung dienen soll. Muß bei einer kunstgerecht ausgeführten kosmetischen > O p e r a t i o n mit dem Auftreten deutlich sichtbarer Narben gerechnet werden, so gehört es zur Aufklärungspflicht des Chirurgen, dem Patienten anhand von Fotografien zu verdeutlichen, mit welchem Ergebnis er zu rechnen hat (OLG Hamburg, MDR 1982, 580 > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t Rz 255).

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V. Kliniken für kosmetische Behandlungen können in Anzeigen als Hauptindikationsgebiet z. B. „Klinik für kosmetische Chirurgie" und den ärztlichen Inhaber oder leitenden Arzt mit seinem Namen und seiner > A r z t b e z e i c h n u n g angeben. Hierin liegt kein Verstoß gegen das berufsrechtliche > Werbeverbot (vgl. Schulz, aaO. S. 312, 484 ; Wilkendorf, Ärztl. Praxis 1960, 1234; Doepner, WRP 1977, 318, 325). Um verbotene Werbung handelt es sich dagegen, wenn ein niedergelassener Arzt in einem Zeitungsinserat auf die Ausführung kosmetischer Operationen hinweist (OVG Münster v. 11. 1. 1965, DÄ 1965, 2354).

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VI. Die Kosten für die Durchführung einer kosmetischen Behandlung gehören nicht zu den Pflichtleistungen der gesetzlichen > Krankenversicherung (Rz 1103), wenn die zu beseitigenden körperlichen Mißbildungen weder > H e i l b e h a n d l u n g (Rz 802) erfordern noch die Arbeitsfähigkeit ( > A r b e i t s u n f ä h i g k e i t ) beeinträchtigen. Dabei sind auch soziale Gesichtspunke (u. a. die Wettbewerbsfähigkeit und die Frage, ob anderen die Zusammenarbeit mit dem Entstellten zuzumuten ist) zu berücksichtigen (Peters, Hdb. d. Kran-

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Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz (KVEG)

kenvers. § 182 Anm. 3 c] bb) und cc); Rieger, DMW 1971, 309 [Angeborenes Fehlen von Gesichtsteilen]). In der privaten > Krankenversicherung (Rz 1107] und im > Beihilferecht sind Kosten für kosmetische Eingriffe nur erstattungsfähig, wenn es sich zugleich um > Heilbehandlung handelt (vgl. § 15 Nr. 5 AVK; Nr. 3 Abs. 1 Ziff. 1 BhV). VII. Zur steuerlichen Absetzbarkeit von Kosten für kosmetische Behandlung vgl. v. Haxthausen, DMW 1975, 1090.

Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz (KVEG) Das am 1. 1. 1982 in Kraft getretene „Gesetz zur Ergänzung und Verbesserung der Wirksamkeit kostendämpfender Maßnahmen in der Krankenversicherung (Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz - KVEG-] v. 22. 12. 1981 (BGBl. I S. 1578] bezweckt eine Ergänzung und Weiterentwicklung der Maßnahmen zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen im Anschluß an das > K r a n k e n versicherungs-Kostendämpfungsgesetz (KVKG). Es brachte u.a. folgende wichtige Änderungen und Ergänzungen (zu den Grundzügen der gesetzlichen Neuregelung vgl. Borchmann, NJW 1982, 677, 678f. ; eine ausführliche und vollständige Übersicht findet sich bei Matzke, DDA 1982/3, S. 19 ff.): 1. Heraufsetzung der Verordnungsblattgebühr (§ 182 a RVO > Rezeptgebühr) von 1 DM auf 1,50 DM (inzwischen erhöht auf 2 DM durch HaushBG 1983); 2. Ermächtigung des BMA zur Einführung einer > Negativliste für Bagatellarzneimittel (§ 182f RVO); 3. Anspruch auf Versorgung mit Brillen bei gleichbleibender Sehfähigkeit nur alle 3 Jahre (§ 182g RVO); 4. Einführung teilstationärer Krankenhauspflege bei psychiatrischer Behandlung (§ 184 Abs. 1 RVO); 5. Gewährung von Kuren nur noch alle 3 Jahre (§ 187 Abs. 2 RVO); 6. Übernahme von Fahrtkosten für Arzt- und Krankenhausbesuche nur, soweit sie je einfache Fahrt mehr als 5,- DM betragen (§ 194 Abs. 1 Satz 2 RVO); 7. Beschränkung des Anspruchs auf > K r a n k e n h a u s p f l e g e zu einer normalen Entbindung von bisher zehn auf sechs Tage (§ 199 Abs. 1 RVO); 8. Zur kassenärztlichen Versorgung gehören nicht mehr Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten ( > F r ü h e r k e n n u n g s u n t e r s u c h u n g e n ) , wenn sie bei einem Aufenthalt in einem > K r a n k e n h a u s oder in einer Entbindungsanstalt durchgeführt werden; sie sind vielmehr durch die Anstalt zu erbringen und mit dem > Pflegesatz abgegolten (Ausnahme bei > Belegärzten; § 368 Abs. 2 Satz 3 RVO). Damit entfällt für Krankenhausärzte künftig die Möglichkeit, diese Leistungen in Nebentätigkeit zu erbringen ( > Assistenzarzt Rz 236, > N e b e n t ä t i g k e i t Rz 1238);

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Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz (KVEG)

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9. Ausdehnung der für die Verordnung von > A r z n e i m i t t e l n geltenden Höchstbetragsregelung ( > A r z n e i m i t t e l h ö c h s t b e t r a g ) auch auf > Heilm i t t e l (§ 368 f Abs. 6 RVO); 10. a) Einbeziehung von Zahnersatz und Zahnkronen in das Sachleistungssystem. Nach bisherigem Recht leistete die Kasse zu den Kosten für Zahnersatz und Zahnkronen einschließlich der Kosten für die zahnärztliche Behandlung einen Zuschuß. Die Vergütung der zahnärztlichen Leistung gehörte damit nicht zu der für die sonstigen kassenzahnärztliche Versorgung zu leistende > G e s a m t v e r g ü t u n g und unterlag auch nicht den hierfür vereinbarten Regelungen. Nunmehr ist die zahnärztliche Leistung bei Zahnersatz in die Sachleistungen einbezogen mit der Folge, daß die Kosten für die zahnärztliche Behandlung voll von der Kasse übernommen werden. Der Zuschuß wird daher jetzt nur noch für die zahntechnischen Labor- und Materialkosten geleistet; er darf höchstens 60% der Kosten betragen. Der > Z a h n a r z t hat dem Versicherten die Kosten der zahntechnischen Leistungen und der zahnärztlichen Behandlung bei der Versorgung mit Zahnersatz mitzuteilen (§ 182 Abs. 1 Nr. ld) u. g]( § 182 c RVO; verfassungsrechtliche Bedenken hiergegen bei B. Tiemann, SGb 1982, 275); b) Erstellung eines bundeseinheitlichen Verzeichnisses für zahntechnische Leistungen (§ 368 g Abs. 4 RVO); c) Differenzierung der Höchstpreisregelung für Zahnersatz nach gewerbhchen und nach Praxislabors: Die in den Verträgen vereinbarten Höchstpreise für zahntechnische Leistungen durch den > Z a h n a r z t müssen die von den Zahntechnikern abgerechneten Preise unterschreiten. Die bisher als Festpreisregelung gehandhabten Preisvereinbarungen zwischen den Zahntechnikern und den Verbänden der Krankenkassen sind jetzt Höchstpreisregelungen (§ 368g Abs. 5a RVO), 11. Verpflichtung der > A p o t h e k e n zur Angabe des Apothekenabgabepreises auf der Packung bei Abgabe verordneter > A r z n e i m i t t e l an Versicherte (§ 376 Abs. 4 RVO); 12. Vorschriften über die Erstellung einheitlicher Verzeichnisse der von den Krankenkassen zu vergütenden > H i l f s m i t t e l (§ 376 c RVO) sowie Rahmenvorschriften für Verträge mit Leistungsträgern von >Heil- und Hilfsmitteln (§ 376 d RVO).

Krankengeld 1006

I. Krankengeld wird als Regelleistung der gesetzhchen > Krankenversic h e r u n g (Rz 1103) im Rahmen der > Krankenhilfe gewährt, wenn die > K r a n k h e i t den Versicherten arbeitsunfähig ( > Arbeitsunfähigkeit) macht (§ 182 Abs. 1 Nr. 2 RVO). Soweit ein Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgeltes während der Krankheit besteht (z.B. nach § 1 Abs. 1 LohnFG), beginnt der Anspruch auf Krankengeld erst, wenn dieser Anspruch beendet ist, i.d.R. also erst ab der 7. Woche der Arbeitsunfähigkeit (§ 189 RVO).

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Krankengymnast

Das Krankengeld beträgt grundsätzlich 80% des wegen der Arbeitsunfähigkeit entgangenen regelmäßigen Entgelts soweit es der Beitragsberechnung unterliegt (§ 182 Abs. 4 RVO). Es wird ohne zeitliche Begrenzung gewährt, für dieselbe Krankheit jedoch höchstens 78 Wochen innerhalb von je drei Jahren (§ 183 Abs. 2 RVO). II. Über die Bescheinigung der > Arbeitsunfähigkeit zum Zwecke des Krankengeldbezuges enthalten § 21 Abs. 5 und 6 BMV-Ä für den > Kassenarzt besondere Vorschriften ( > Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung).

Krankengeschichte I. Die Krankengeschichte (Anamnese) bildet einen Teil der > K r a n k e n u n terlagen. Sie ist eine Aufzeichnung des Krankheitsverlaufs mit einer Darstellung der Vorgeschichte (Familienanamnese, Eigenanamnese, Berufs- und Sozialanamnese, Diagnose, Verlaufsberichte, Prognose, Epikrise; vgl. Grosse bei Kuhns, aaO. S. 1/759; Jäckel bei Mergen, aaO. Bd. II S. 164).

1007

Krankengymnast I. Aufgaben. Der Krankengymnast führt als Angehöriger eines > medizinisehen Assistenzberufes aufgrund der ärztlichen Diagnose eine auf diese abgestimmte, selbständig aufgebaute, aber laufend vom Arzt überwachte krankengymnastische Behandlung durch. Die Krankengymnastik gehört zum medizinischen Bereich der physikalischen Therapie. Sie nutzt als Bestandteil der ärztlichen Therapie die Bewegung zur Unterstützung von Heilprozessen oder zur Korrektur von Fehlentwicklungen (Heilkunde Rz 826). Die Berufsausübung erfolgt im Angestelltenverhältnis (z. B. in > Krankenhäusern, Fachkliniken, > Sanatorien, > Arztpraxen) oder freiberuflich in eigener Praxis (näher zum Berufsbild vgl. Hüter, BerufskBl. 2 II A 24, S. 1 ff. ; Korbmann, ErsK 1977, 539ff.). II. Rechtsgrundlage ist das Gesetz über die Ausübung der Berufe des Masseurs, des Masseurs und medizinischen Bademeisters und des Krankengymnasten v. 21. 12. 1958 - MBKG - (BGBl. S. 985) sowie die Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Krankengymnasten v. 7. 12. 1960 (BGBl. S. 885). Daneben bestehen noch landesrechtliche Vorschriften (abgedr. bei Theobald-Erdle, aaO. Nrn. 50.3.2ff.). Die Bemfsbezeichnung „Krankengymnast" ist geschützt (§§ 1, 14 MBKG). Die Bundesregierung strebt eine Neuordnung des Rechts der Krankengymnasten an.

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Krankengymnast

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III. Die dreijährige Ausbildung ist schulischer Natur. Nach zwei Ausbildungsjahren an einer staatlich anerkannten Lehranstalt wird eine staatliche Prüfung abgelegt. Daran schließt sich eine einjährige praktische Tätigkeit an einer dazu ermächtigten Krankenanstalt an. Nach erfolgreicher Beendigung dieses Praktikums erhält der Bewerber die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung „Krankengymnast". 1010

IV. Im Rahmen der gesetzlichen > Krankenversicherung (Rz 1103) führt der Krankengymnast eine ärztliche Heilmittelverordnung aus (§ 368 Abs. 2 RVO); die er aufgrund eines Vertrages mit der zahlungspflichtigen Krankenkasse vergütet erhält (vgl. Heinemann-Liebold, aaO. §368 C 29 > H e i l m i t t e l Rz 830). V. Der Krankengymnast unterliegt als nichtärztlicher Heilberuf mit staatlich geregelter Ausbildung der strafrechtlichen > Schweigepflicht nach § 2 0 3 Abs. 1 StGB. VI. Die Einnahmen aus einer selbständigen Tätigkeit als Krankengymnast unterliegen nach § 4 Nr. 14 UStG nicht der > Umsatzsteuer. VII. Der Berufsverband der Krankengymnasten, der „Deutsche Verband für Physiotherapie - Zentralverband der Krankengymnasten (ZVK) e.V." hat im Jahr 1979 eine „Berufsoidnung für Krankengymnasten" beschlossen.

Krankenhaus 1011

1012

I. Es gibt keine einheitliche Begriffsdefinition. Der Krankenhausbegriff hat je nach dem Rechtsgebiet, in dem er vorkommt, einen verschiedenen Inhalt. Auf die tatsächliche Bezeichnung kommt es dabei nicht an. Der Sprachgebrauch macht häufig keinen Unterschied zwischen Krankenhaus und > K l i n i k , > K u r k r a n k e n h a u s , > S a n a t o r i u m oder ähnlichen Bezeichnungen. 1. Am weitesten ist die Legaldefinition im > Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG). Nach § 2 Nr. 1 KHG sind „Krankenhäuser Einrichtungen, in denen durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten, Leiden und Körperschäden festgestellt, geheilt und gelindert werden sollen oder Geburtshilfe geleistet wird und in denen die zu versorgenden Personen untergebracht und verpflegt werden können". Der Begriff „Krankenhaus" anstelle von „Krankenanstalt" stellt klar, daß auch Einrichtungen, die nicht in Form einer Anstalt organisiert sind, Krankenhäuser i. S. des § 2 Nr. 1 KHG sein können (Harsdorf-Friedrich, aaO. § 2 Tz 9). Für die Abgrenzung von sonstigen Einrichtungen, die keine Krankenhäuser sind, kommt es hiernach im wesentlichen auf vier Kriterien an: a) ob in der Einrichtung > K r a n k h e i t e n , Leiden oder Körperschäden, und zwar solche, die einer stationären Behandlung bedürfen, behandelt werden; b) ob diese

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Krankenhaus

Krankheiten festgestellt, geheilt oder gelindert werden sollen; c) ob dies durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistungen geschieht, wobei die ärztlichen Hilfeleistungen nicht von ganz untergeordneter Bedeutung sein dürfen; d) ob stationäre Behandlungen möglich sind. Unerheblich ist dabei, ob es sich bei den behandlungsbedürftigen Krankheiten um akute Erkrankungen handelt, die im Regelfalle in Allgemeinkrankenhäusern und speziellen > Fachkrankenhäusern behandelt werden, oder um chronische Erkrankungen, die vor allem in > Sonderkrankenhäusern behandelt werden, oder auch um eine Vorsorge- oder Nachsorgebehandlung, wie sie besonders in > Kurkrankenhäusern oder in > Sanatorien erfolgt. Alle diese verschiedenen Einrichtungen zur Behandlung von Krankheiten sind zu den Krankenhäusern i.S. von § 2 Nr. 1 KHG zu rechnen. Innerhalb des so definierten Krankenhausbegriffs wird weiter unterschieden zwischen Krankenhäusern im engeren Sinne, die sowohl Allgemeinkrankenhäuser wie auch > F a c h - und > Sonderkrankenhäuser umfassen einerseits sowie > Kurkrankenhäusern und > Sanatorien andererseits. Zum Begriff des Krankenhauses im engeren Sinne gehört grundsätzlich, daß es vordergründig der Behandlung von Akutkranken dient oder zumindest die Möglichkeit besteht, Akutkranke aufzunehmen und zu behandeln. Eine Ausnahme bilden die > Sonderkrankenhäuser, die meist nur Chronischkranke aufnehmen (vgl. BVerwG, DVBl. 1981, 259). Einrichtungen, in denen eine ärztliche oder pflegerische Behandlung nicht regelmäßig, sondern nur bei Erkrankung eines Insassen erfolgt (z.B. Altenheime, Kinderheime), erfüllen diese Voraussetzungen ebensowenig wie Entbindungsheime ohne ärztliche Leitung (Harsdorf-Friedrich, aaO. § 2 Tz 10). Ärztliche und pflegerische Hilfeleistungen müssen andererseits nicht die gesamte Diagnostik und Therapie umfassen. Es genügt eine Unterbringung lediglich zur Feststellung der Diagnose (Diagnosekliniken) oder zur Nachsorge (Harsdorf-Friedrich, aaO. § 2 Tz 11). Wenngleich eine strenge Bindung des Krankenhausbegriffes an Unterbringung und Verpflegung jetzt nicht mehr vorgesehen ist, so sind doch Einrichtungen, die ausschließlich der ambulanten Behandlung dienen, nicht als Krankenhäuser anzusehen. Dagegen kann der Krankenhausbegriff von halbstationären Einrichtungen, insbesondere in Form von Tag- oder Nachtkliniken, erfüllt werden (Harsdorf-Friedrich, aaO. § 2 Tz

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12).

2. Ein im Vergleich zum KHG engerer Begriff des Krankenhauses gilt in der gesetzlichen > Krankenversicherung (Rz 1103). Der Krankenhausbegriff in §184 RVO setzt notwendig voraus, daß die Tätigkeit des Arztes und seiner Hilfspersonen überwiegt, der Aufnahme das Gepräge gibt, während es für § 2 Nr. 1 KHG genügt, daß die ärztliche Hilfeleistung nicht von ganz untergeordneter Bedeutung ist. Das Wesentliche und Bestimmende im Krankenhaus ist stets die > Heilbehandlung, während Unterbringung und Verpflegung demgegenüber eine untergeordnete Rolle spielen (vgl. Peters, Hdb. d. Krankenvers. § 184 Anm. 2b) ; BVerwG, DVBl. 1981, 259). Das Krankenhaus i.S. des § 184 RVO ist gegenüber der „Kur- und Spezialeinrichtung" i.S. des § 184a

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RVO abzugrenzen, weil auf die Krankenhausbehandlung ( > Krankenhauspflege) ein Rechtsanspruch besteht, während die Behandlung in Kur- und Spezialeinrichtungen eine Ermessensleistung ist ( > Kurkrankenhaus, > Sanatorium). 3. Der Krankenhausbegriff in der privaten > Krankenversicherung (Rz 1107) deckt sich im wesentlichen mit dem Begriff des Krankenhauses im engeren Sinne nach § 2 Nr. 1 KHG (vgl. oben Rz 1013), was bedeutet, daß die Kosten für die Behandlung in > Kurkrankenhäusern und > Sanatorien nicht zum normalen vertraglichen Leistungsumfang der privaten Krankenversicherung gehören (vgl. § 4 Abs. 4 MBKK; § 15 Nr. 6 AVK, § 5 Abs. 1 d MBKK [„Sanatoriumsklausel") vgl. dazu Voosen, VersR 1978, 896]; zur Begriffsabgrenzung vgl. Prölss-Martin, aaO. § 15 AVK Anm. 6 und §5 MBKK Anm. 4, jeweils m. Nachw. sowie neuerdings BGH, NJW 1983, 2088 [zu den Begriffen Kur- und Sanatoriumsbehandlung und Rehabilitationsmaßnahmen) > Sanatorium Rz 1563). Für medizinisch notwendige stationäre > Heilbehandlung in Krankenhäusern, die auch Kuren ( > Kurkrankenhaus) bzw. Sanatoriumsbehandlung (> Sanatorium) durchführen (sog. „gemischte Krankenanstalten",- vgl. hierzu OLG Stuttgart, VersR 1983, 576), werden die tariflichen Leistungen nur dann gewährt, wenn der Versicherer diese vor Beginn der Behandlung schriftlich zugesagt hat (§ 4 Abs. 5 MBKK). Die Einstufung eines Krankenhauses als „gemischte Krankenanstalt" durch ein Krankenversicherungsunternehmen stellt keinen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar. Sie ist auch weder ehrverletzend i. S. des § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 185 StGB noch stellt sie eine Tatsachenbehauptung i. S. des § 824 BGB dar. Dem Krankenhausträger steht gegen eine solche Maßnahme kein Unterlassungsanspruch zu (OLG Hamm, VersR 1982, 387).

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II. Nach der Trägerschaft unterscheidet man öffentliche Krankenhäuser (der Gemeinden, Gemeindeverbände, Länder oder Bund sowie Krankenhäuser der Sozialversicherungsträger und anderer öffentlichrechtlicher Körperschaften), freie gemeinnützige Krankenhäuser, die in unterschiedlichen Rechtsformen (z.B. Stiftung, eingetragener Verein, BGB-Gesellschaft) vielfach von Wohlfahrtsverbänden und Religionsgemeinschaften betrieben werden und die sämtliche die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeitsverordnung v. 24. 12. 1953 erfüllen, und private Krankenhäuser ( > Privatkrankenanstalt).

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III. Rechtsgrundlagen. 1. Die wirtschaftlichen Grundlagen der Krankenhäuser sind im > Krankenhausfinanzierungsgesetz und den dazu ergangenen Durchführungsverordnungen, insbesondere der > Bundespflegesatzverordnung geregelt. Als weitere Rechtsvorschriften sind vor allem zu nennen: die KHG-Beiratsverordnung v. 13. 10. 1976 (BGBl. I S. 3004), die Abgrenzungsverordnung v. 5. 12. 1977 (BGBl. I S. 2355) und die KrankenhausBuchführungsverordnung v. 10. 4. 1978 (BGBl. I S. 473). 2. Die Regelung der Krankenhausbedarfsplanung ( > Krankenhausbedarfsplan), der Sicherstellung der Krankenhausversorgung, der inneren

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Krankenhaus

Struktur, Organisation und Förderung der Krankenhäuser erfolgt durch die > K r a n k e n h a u s r e f o r m g e s e t z e der einzelnen Bundesländer. IV. Das Rechtsverhältnis zwischen dem Krankenhaus und seinen Benutzern bestimmt sich nach dem > K r a n k e n h a u s a u f n a h m e v e r t r a g . In der gesetzlichen > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g (Rz 1103) besteht freie Wahl unter den nächsterreichbaren Krankenhäusern, die nach § 371 RVO für die Erbringung von > K r a n k e n h a u s p f l e g e vorgesehen sind (§ 184 Abs. 2 RVO; vgl. unten Rz 1020, > Freie Arztwahl).

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V. Streitig ist das Rechtsverhältnis zwischen Krankenhaus und gesetzlichen 1020 Krankenkassen nach der Neufassung des § 371 RVO durch das > K r a n k e n versicherungs-Kostendämpfungsgesetz (vgl. dazu Zuck, NJW 1979, 590, Andreas, NJW 1979, 2344; ders. ArztR 1980, 40; Barnewitz, NJW 1980, 1891; verfassungsrechtliche Bedenken bei Zuck, aaO. S. 591 u. Andreas, ArztR 1980, 68], 1. a) Nach §371 Abs. 1 RVO haben die Krankenkassen > K r a n k e n h a u s pflege durch die Krankenhäuser zu gewähren, die in den > K r a n k e n h a u s b e d a r f s p l a n aufgenommen sind, oder die sich gegenüber den Krankenkassen hierzu bereit erklärt haben. Diese Vorschrift begründet richtiger Ansicht nach im Verhältnis zu den Krankenkassen keinen Kontrahierungszwang für das > K r a n k e n h a u s , das in den > K r a n k e n h a u s b e d a r f s p l a n aufgenommen ist. Im Einzelfall kann sich ein Abschlußzwang jedoch aus einer Monopolstellung des Krankenhauses oder aus dem Kartellgesetz ergeben (Zuck, aaO. S. 590, > K r a n k e n h a u s a u f n a h m e v e r t r a g Rz 1032, > Schwangers c h a f t s a b b r u c h Rz 1609). b) Umgekehrt besteht aber ein Kontrahierungszwang für die Krankenkassen nach Bereiterklärung des Krankenhauses; denn nach § 371 Abs. 1 RVO „haben" die Krankenkassen Krankenhauspflege u. a. durch die Krankenhäuser zu gewähren, die sich hierzu bereit erklärt haben, sofern keine Ausnahme nach § 371 Abs. 2 Satz 1 RVO vorliegt (Zuck, aaO. S. 590). Die Ablehnung nach Bereiterklärung ist ein Verwaltungsakt, gegen den der Rechtsweg zum Sozialgericht (§ 51 GG) gegeben ist (BSG v. 27. 1. 1981 - 5a/5 RKu 14/79 -). Beklagte ist die Körperschaft, die entschieden hat; die Aufsichtsbehörde, deren Mitwirkung nach § 371 Abs. 2 Satz 2 RVO erforderlich ist, ist an dem Rechtsstreit nur als Beigeladene beteiligt (§§ 69, 75 SGG). § 371 Abs. 3 RVO enthält eine Bestandsschutzklausel für die am 1.1. 1972 betriebenen Krankenhäuser (> K r a n k e n h a u s - K o s t e n d ä m p f u n g s g e s e t z Rz 1055). c) Bei den aufgrund der Bereiterklärung des Krankenhauses entstehenden Rechtsbeziehungen zwischen Krankenhaus und Krankenkasse handelt es sich um einen öffentlichrechtlichen Vertrag. Bei Streitigkeiten aus diesem Rechtsverhältnis ist der Rechtsweg zum Sozialgericht gegeben (§51 SGG; BSG v. 14. 1. 1981, SGb 1981, 547 m. Anm. Broß; a.A. [zivilrechtliches Vertragsverhältnis] Zuck, aaO. u. Barnewitz, aaO.). Für die Passivlegitimation gilt das gleiche wie oben unter b).

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VI. Rechtsverhältnis zwischen Krankenhaus und Kassenärztlicher Vereinigung. 1. Die KV kann nach § 14 Abs. 1 BMV-Ä im Rahmen ihres OSicherstellungsauftrags u.a. Krankenhäuser zur Ausführung ambulanter ärztlicher > Sachleistungen oder bestimmter anderer ärztlicher Leistungen auf > Überweisung durch einen > Kassenarzt ermächtigen ( > Institutsleistung, Olnstitutsvertrag). Die ambulante Erbringung ärztlicher Leistungen bei der > Sterilisation und beim > Schwangerschaftsabbruch sowie im Gebiet der Psychiatrie regelt § 368 n Abs. 6 RVO. 2. Fehlt es an einer Ermächtigung des Krankenhauses durch die KV, ist aber der Chefarzt gemäß § 368 a Abs. 8 RVO an der kassenärztlichen Versorgung beteiligt ( > Chefarzt Rzn. 527 ff. |, so hat das Krankenhaus ebenfalls einen unmittelbaren Vergütungsanspruch gegen die KV wegen der von ihm aufgewendeten > Sachkosten ( > Chefarzt Rz 533, > Nutzungsentgelt Rz 1303, > KBV-NT, > Sachleistung Rz 1531). In beiden Fällen sind die Vergütungsansprüche des Krankenhauses öffentlichrechtlicher Natur mit der Folge, daß für Streitigkeiten zwischen Krankenhaus und KV der Rechtsweg zum Sozialgericht gegeben ist (OLG Stuttgart, NJW 1970, 1238).

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VII. Datenschutz (vgl. zum folgenden auch die Entschließung des 85. Deutschen Ärztetages zum Datenschutz im Krankenhaus, DÄ 1982/21, S. 39). 1. a) Die Krankenhäuser in öffentlichrechthcher Trägerschaft unterliegen ausschließlich den Vorschriften der jeweiligen Landesdatenschutzgesetze ( > Datenschutz Rz 541). b) Für private und freie gemeinnützige Krankenhäuser gelten die Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG). Für diese Krankenhäuser kommen der 1., 3., 5. und 6. Abschnitt des BDSG zur Anwendung, soweit sie die Datenverarbeitung für eigene Zwecke betreiben oder betreiben lassen. Verarbeiten sie Daten im Auftrag, so gelten statt der Bestimmungen des 3. Abschnitts die §§ 31 sowie 37-40 des 4. Abschnitts. 2. Zur datenschutzrechtlichen Qualität von Krankenakten ( > Krankenunterlagen Rz 1078). 3. Für die Verarbeitung von Sozialdaten im Krankenhaus gelten die besondere Vorschrift des § 79 Abs. 2 SGB X ( > Sozialgeheimnis Rz 1709). 4. Private und freie gemeinnützige Krankenhäuser haben den Patienten darüber zu benachrichtigen, wenn erstmals personenbezogene Daten über ihn gespeichert werden (§ 26 BDSG). Gleiches gilt nach den Landesdatenschutzgesetzen für öffentlichrechtliche Krankenhausträger mit eigener Rechtspersönlichkeit (vgl. z.B. §2 Abs. 2 LDSG Bad.-Wttb.). Bei Eigen- und Regiebetrieben besteht lediglich eine Auskunftspflicht nach den Landesdatenschutzgesetzen (vgl. z.B. § 12 LDSG Bad.-Wttbg.). 5. Eine Pflicht zur Bestellung eines Datenschutzbeauftragten besteht nur für freie gemeinnützige und private Krankenhäuser unter den Voraussetzungen des § 28 BDSG. Für Krankenhäuser öffentlichrechtlicher Träger entfällt diese Verpflichtung, es sei denn, daß die Landesdatenschutzgesetze entsprechende

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Vorschriften enthalten (vgl. das vom Vorstand der DKG am 19. 6. 1979 verabschiedete Merkblatt zum Datenschutz, Krankenhaus 1979/8; Norden, Krankenhaus 1980, 77, 80). 6. Die Weitergabe von Anschriften entbindender Mütter ohne deren Zustimmung an die Hersteller von Kindernahrung verstößt gegen das Datenschutzrecht (RdErl. des Min. f. Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen v. 3. 11. 1980, Arzt u. Krankenhaus 1981, 206). Vni. Der Vorstand der Deutschen Krankenhausgesellschaft hat im fahr 1966 „Empfehlungen für die Regelung des Aufnahmedienstes in den Krankenhäusern" beschlossen (Krankenhaus 1966, 207).

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IX. Haftung. 1. Gegenüber den Krankenhauspatienten haftet der Krankenhausträger für Schäden aufgrund des > K r a n k e n h a u s a u f n a h m e v e r t r a ges und daneben aus unerlaubter Handlung (§§ 823 ff. BGB), wobei die einzelnen vertraglichen Sorgfaltspflichten gleichzeitig Inhalt der deliktsrechtlichen Sorgfaltspflichten sind ( > H a f t u n g Rzn. 772ff.). Die Regeln über die Umkehr der > Beweislast im Arzthaftungsprozeß gelten beim totalen > K r a n k e n h a u s a u f n a h m e v e r t r a g über § 278 BGB auch für die Haftung des Krankenhausträgers (BGH, NJW 1969, 553, 554). Eine Beweislastumkehr zugunsten des Verletzten kann auch bei der Haftung aus einem Fehlverhalten des Krankenhauspflegepersonals in Betracht kommen (BGH, NJW 1977, 241, 243; zur Beweislast des Krankenhausträgers für nicht vorliegendes Organisations- und Personalverschulden vgl. BGH, NJW 1982, 699). Die eigene Haftpflicht des Krankenhausträgers aus der Beschäftigung von angestellten und > beamteten Ärzten, nichtärztlichem Hilfs-, Pflege- und sonstigem Personal wird meist durch Abschluß einer Krankenhaus-Haftpflichtversicherung versichert, die auch die persönliche Haftpflicht dieses Personenkreises einschließt ( > B e r u f s h a f t p f l i c h t v e r s i c h e r u n g Rz 379). Ein entsprechender versicherungsähnlicher Deckungsschutz besteht für kommunale Krankenhäuser, die einem kommunalen Schadensausgleich angehören. Keine Haftpflichtversicherung besteht i.d.R. (Ausnahme Saarland und Berlin) für Träger staatlicher Krankenhäuser und Kliniken, insbesondere Universitätskliniken ( > B e r u f s h a f t p f l i c h t v e r s i c h e r u n g Rzn. 379, 383). 2. Gegenüber Außenstehenden kann eine zivilrechtliche Haftung in Betracht kommen z. B. a) bei Einleiten infektiöser Krankenhausabwässer in die Kanahsation (vgl. dazu Loos-Gasper, VersR 1977, 786 m.w. Nachw.) Schulz, Krankenhaus, 1971, 242). b) Eine Schadensersatzpflicht des Krankenhauses kann sich auch bei Abweisung Schwerverletzter ergeben (§ 826 BGB und culpa in contrahendo; Weimar, JR 1975, 146, der auch eine Schadensersatzpflicht der Hinterbliebenen nach § 826 und § 823 Abs. 2 i.V.m. § 323c StGB annimmt). c) Bei der Einbestellung von Patienten durch Krankenhausärzte zur ambulanten Durchführung wissenschafthcher Untersuchungen werden i.d.R. Rechtsbe-

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Krankenhaus

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Ziehungen zwischen den zu Untersuchenden und dem Krankenhausträger nicht begründet. Eine Haftung des Krankenhausträgers kann jedoch unter dem Gesichtspunkt der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht (§ 823 BGB) in Betracht kommen. Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung besteht für den genannten Personenkreis bisher nicht, obwohl hier eine Parallele zu den Aufopferungstatbeständen des § 539 Abs. 1 Nrn. 9, 10 und 12 RVO vorliegt. d) Besucher von Krankenhauspatienten sind, auch wenn es sich um Angehörige, Verwandte oder Freunde handelt, nicht in den Schutzbereich des > Krankenhausaufnahmevertrages einbezogen, so daß bei Unfällen wegen Verletzung der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht nur Ansprüche nach §§ 823 ff. BGB in Betracht kommen (Weimar, Med. Klinik 1977, 1753, 1755). 1026

X. Betriebsverfassungsrecht. 1. Das BetrVG findet Anwendung auf alle Krankenhäuser, die in privater Rechtsform betrieben werden, auch wenn Eigentümer ganz oder teilweise die öffentliche Hand ist. Es gilt jedoch die Vorschrift für Tendenzbetriebe (§ 118 Abs. 1 BetrVG; vgl. Völpel, ArztR 1972, 107; BAG AP Nrn. 1, 4, 10f., 13 zu § 8 1 BetrVG 1952; BAGE 18, 159, 163; 21, 130, 134f.). Für konfessionelle Krankenhäuser ist die Anwendung des BetrVG insgesamt ausgeschlossen (§118 Abs. 2 BetrVG; NJW 1978, 581 ; vgl. auch Mayer-Maly, aaO.j. 2. Für öffentliche Krankenhäuser gilt das Personalvertretungsrecht des Bundes und der Länder, das eine dem § 118 Abs. 2 BetrVG entsprechende Regelung für konfessionelle Krankenhäuser enthält (vgl. § 112 BPersVG). XI. Nach den einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften besteht eine Pflicht des Krankenhausträgers zur Durchführung von Eignungsuntersuchungen und Gesundheitsüberwachung beim Krankenhauspersonal ( > Berufsgenossenschaft Rzn. 365ff.).

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XII. Gegen Unfälle, die ein Patient während der stationären > B e h a n d l u n g aufgrund krankenhaustypischer Gefahren erleidet, besteht Unfallversicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung gem. § 539 Abs. 1 Nr. 17 a RVO (näher dazu Mehrtens-Brusis, DÄ 1983/11, S. 55ff.). Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist nicht auf > B e h i n d e r t e beschränkt. Jedoch sind Krankenhausträger von Schadensersatzansprüchen ihrer Patienten aus solchen Unfällen nicht nach §§ 636, 637 RVO befreit (BGH, NJW 1981, 627 = SGb 1982, 41 m. Anm. Laufs). Unter den Unfallversicherungsschutz können auch Unfälle bei Spaziergängen während des Rrankenhausaufenthalts fallen ( > K u r k r a n k e n h a u s Rz 1130). Nicht unter den Versicherungsschutz der Unfallversicherung fällt das Risiko der ärztlichen Behandlung ( > B e h a n d l u n g s f e h l e r ; BSG, NJW 1978, 2357; BSG v. 12. 5. 1981, Arzt u. Krankenhaus 1981, 407 = SozR 2200 § 5 3 9 Nr. 72; BSGE 46, 283; a.A. OLG Braunschweig, NJW 1978, 1203; dazu Schlosshauer-Selbach, SGb 1981, 296). Im einzelnen können sich hier Abgrenzungs-

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Krankenhausapotheke

Probleme ergeben (dazu eingehend Gitter, SGb 1982, 221; > A r b e i t s u n f a l l Rz 109 > H a f t u n g Rz 768 a.E.). Zum jeweils zuständigen Unfallversicherungsträgervgl. Godau, ASP 1982, 103ff.). XIII. Zu Rechtsfragen beim Fund im Krankenhaus vgl. Uhlenbruck, Krankenhausarzt 1971, 174. XIV. Für die Beseitigung von Abfällen aus Krankenhäusern gelten die VorSchriften des Abfallbeseitigungsgesetzes (AbfG) i.d.F. v. 5. 1. 1977 (BGBl. S. 41) und die in den Ländern dazu ergangenen Ausführungsgesetze. Daneben sind vor allem die einschlägigen Bestimmungen des > Bundes-Seuchengesetzes zu beachten (vgl. insbesondere §§ 3, 39 BSeuchG). Nähere Hinweise enthält das Merkblatt Nr. 8 der Zentralstelle für Abfallbeseitigung über „Die Beseitigung von Abfällen aus Krankenhäusern, Arztpraxen und sonstigen Einrichtungen des medizinischen Bereichs" vom September 1974 (BGesuBl. 1974, 355 ff. ; vgl. auch Merkblatt des Bundesgesundheitsamts über „Einleitung von Krankenhausabwasser in Kanalisation oder Gewässer", BGesuBl. 1978, 34); Schindel-Hietzke, Öff. Gesundh.-Wes. 1983, 78 ff.).

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XV. Steuerfragen. > P r i v a t k r a n k e n a n s t a l t Rz 1449, > U m s a t z s t e u e r Rz 1803.

Krankenhausapotheke I. Man versteht darunter die in einem > K r a n k e n h a u s eingerichtete, unter Leitung eines > A p o t h e k e r s stehende > A p o t h e k e , die der Arzneimittelversorgung der Insassen und des Personals des Krankenhauses sowie weiterer Krankenhäuser dient, deren Arzneimittelversorgung die Krankenhausapotheke übernommen hat. Die Arzneimittelversorgung umfaßt das Recht zur Herstellung und Abgabe von > A r z n e i m i t t e l n (> A p o t h e k e n p f l i c h t ; vgl. auch das Muster einer Dienstanweisung für den leitenden Krankenhausapotheker, beschlossen vom Vorstand der DKG am 4. 5. 1983, Krankenhaus 1983, 260). II. Rechtsgrundlagen. Das Recht zur Abgabe von Arzneimitteln an den unter I genannten Personenkreis ergibt sich aus § 14 ApG i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Apothekenwesen v. 4. 8. 1980 (BGBl. I S. 1142). Soweit das Recht zur Abgabe reicht, benötigt der Krankenhausträger für die Herstellung von > A r z n e i m i t t e l n nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 AMG keine besondere Erlaubnis. Die früher nach Landesrecht zugelassenen > Dispensieranstalten mußten nach Art. 2 Abs. 1 des Änderungsgesetzes v. 4. 8. 1980 spätestens zum 31. 12. 1982 aufgelöst werden.

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III. Zur Mehrwertsteuerpflicht von Arzneimittellieferungen aus Krankenhausapotheken vgl. Wimmer, Krankenhaus 1982, 127.

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I. Rechtsnatur. 1. Der Vertrag mit einem Krankenhausträger über die Aufnahme zur stationären Behandlung im > Krankenhaus wird entweder vom Patienten oder von dessen Krankenkasse für ihn als Drittbegünstigten (§328 BGB) mit dem Krankenhausträger abgeschlossen. Außer in den Fällen der Zwangseinweisung ( > Unterbringung, > Zwangsbehandlung] und i.d.R. auch bei der freiwilligen Aufnahme in eine geschlossene Abteilung eines > Psychiatrischen Landeskrankenhauses (Rz 1457) handelt es sich regelmäßig um ein privatrechtliches Benutzungsverhältnis, auch wenn das Krankenhaus seiner Natur nach öffentlichrechtlich organisiert ist wie z.B. eine Universitätsklinik (vgl. BGHZ 4, 138; BGH, NJW 1956, 1106; BGHZ 9, 145). 2. Grundsätzlich besteht auch für Krankenhäuser Abschlußfreiheit im Rahmen der allgemeinen Vertragsfreiheit (zur inhaltlichen Gestaltungsfreiheit als zweiter Aspekt der Vertragsfreiheit vgl. unten Rz 1037). Etwas anderes gilt dann, wenn das Krankenhaus eine Monopolstellung hat (z. B. in ländlichen Bezirken oder dann, wenn ein Unfallverletzter Aufnahme im nächsterreichbaren Krankenhaus begehrt oder wenn es sich um ein Spezialkrankenhaus handelt) oder wenn die Pflicht der Krankenhausträger zur Aufnahme von Patienten in den > Krankenhausreformgesetzen ausdrücklich normiert ist (vgl. z. B. § 10 Abs. 3 Hess. KHG; § 12 Abs. 1 KHG Bad.-Wttbg.). In diesen Fällen besteht Kontrahierungszwang (Palandt-Heinrichs, Einf. vor § 145 Anm. 3b ; Weimar, JR 1975, 145). Zum Teil wird für öffentliche Krankenhausträger generell ein Kontrahierungszwang für die Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen angenommen (vgl. Grupp, NJW 1977, 329, 333 > Schwangerschaftsabbruch Rz 1609). II. Vertragstypen. Für die inhaltliche Gestaltung von Krankenhausaufnahmeverträgen haben sich in der Praxis drei Grundtypen herausgebildet (vgl. zum folgenden aus dem umfangreichen Schrifttum Uhlenbruck, NJW 1964, 431 ff. ; ders., NJW 1973, 1399ff. ; Daniels, NJW 1972, 305ff. ; Narr, aaO. Rz 487 ff.. Bunte, JZ 1982, 279ff.). 1. Der totale Krankenhausaufnahmevertrag (BGHZ 2, 94 ; 5, 321). Durch ihn tritt der Patient ausschließlich zum Krankenhausträger in vertragliche Beziehungen. Dieser schuldet sowohl die Durchführung der ärztlichen Behandlung (nicht nur deren Verschaffung) als auch Unterkunft, Verpflegung und pflegerische Betreuung des Patienten. Er hat alle für eine ordnungsgemäße Krankenversorgung erforderlichen sachlichen und personellen Mittel bereitzustellen (vgl. Weissauer, Anaesthesist 1964, 385f.) Je nach der individuellen körperlichen und seelischen Verfassung des Krankenhauspatienten können zusätzli-

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che pflegerische Maßnahmen erforderlich sein (OLG Düsseldorf, VersR 1982, 775 > Psychiatrisches L a n d e s k r a n k e n h a u s Rz 1457, > S e l b s t m o r d Rz 1691). Es handelt sich trotz anderer Elemente (Beherbergungs-, Kauf-, Werkvertrag) um einen Dienstvertrag (Uhlenbruck, NJW 1973, 1399, 1401). Der behandelnde Arzt ist nicht Vertragspartner des Patienten, sondern lediglich Erfüllungsgehilfe des Krankenhausträgers, der die ärztliche Behandlung im Wege zulässiger Substitution (unter Ausschluß des § 613 BGB) durch seine angestellten Ärzte erbringen läßt und gegen den sich demzufolge auch alle vertraglichen Ansprüche auf Schadensersatz wegen > B e h a n d l u n g s f e h l e r richten ( > H a f t u n g Rz 773). 2. Der aufgespaltene Krankenhausaufnahmevertrag. Hier schließt der Patient zwei Verträge: einen mit dem Krankenhausträger über die Krankenhausversorgung (zu der neben Unterkunft, Verpflegung und pflegerischer Betreuung auch die vom nachgeordneten ärztlichen Dienst zu erbringenden ärztlichen Grundleistungen gehören; vgl. OLG München, VersR 1977, 578, 579) und einen zweiten Vertrag mit dem liquidationsberechtigten leitenden Arzt ( > Chefarzt) über die ärztliche Behandlung als Dienstleistung nach §§611 ff. BGB ( > Arztvertrag). Aus dieser Aufspaltung auf der Schuldnerseite können sich haftungsrechtlich Schwierigkeiten ergeben ( > H a f t u n g Rz 775). Aufgrund des > Arztvertrages wird der liquidationsberechtigte Krankenhausarzt persönlich berechtigt und verpflichtet. Ihm steht gegenüber dem Patienten ein Honoraranspruch ( > A r z t h o n o r a r ) zu. Voraussetzung hierfür ist aber grundsätzlich, daß der Arzt den Patienten persönlich behandelt (§613 Satz 1 BGB; > L i q u i d a t i o n s r e c h t Rzn. 1169f.). 3. der totale Krankenhausaufnahmevertrag mit Arztzusatzvertrag. Ebenso wie beim totalen Krankenhausaufnahmevertrag schuldet das Krankenhaus dem Patienten hier sowohl die Rrankenhausversorgung als auch die ärztliche Behandlung. Neben diesem totalen Rrankenhausaufnahmevertrag mit dem Krankenhausträger schließt der Patient aber zusätzlich mit dem liquidationsberechtigten leitenden Krankenhausarzt einen > Arztvertrag, der diesen zur persönlichen Behandlung des Patienten verpflichtet. Dem Patienten steht infolgedessen ein Anspruch auf ärztliche Behandlung sowohl gegenüber dem Arzt als auch gegenüber dem Krankenhausträger zu ; insoweit besteht ein Gesamtschuldverhältnis (§§ 421 ff. > H a f t u n g Rz 777). Der Arzt ist zur Eigenliquidation neben dem Krankenhausträger berechtigt (vgl. Uhlenbruck, NJW 1964, 431, 434, ders., NJW 1973, 1399, 1400; Gitter, aaO. S. 30, 50; vgl. auch AG Goslar, VersR 1976, 482 m. Anm. Eppstein). Der einzige Unterschied zwischen dem aufgespaltenen Krankenhausaufnahmevertrag und dem totalen Krankenhausaufnahmevertrag mit Arztzusatzvertrag besteht darin, daß bei letzterem der Krankenhausträger die gesamte ärztliche Behandlung einschließlich der durch den leitenden Arzt schuldet, beim aufgespaltenen Vertrag dagegen nur den Einsatz des nachgeordneten ärztlichen Dienstes (vgl. Luxenburger, aaO. S. 86). 4. Die praktische Anwendung dieser Vertragstypen ist seit Inkrafttreten der > Bundespflegesatzverordnung am 1. 4. 1974 teilweise streitig.

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a) Einigkeit besteht insoweit, daß der totale Krankenhausaufnahmevertrag seit Einführung des vollpauschalierten Pflegesatzes (§17 Abs. 1 KHG, § 3 Abs. 1 BPflV > Pflegesatz) der Regeltyp des Krankenhausaufnahmevertrages ist, sofern ausdrückliche Erklärungen der Vertragsparteien bei der Krankenhausaufnahme nicht vorliegen (vgl. Uhlenbruck NJW 1973, 1399; PalandtPutzo, aaO. Einf. vor §611 Anm. 2a) cc); Weissauer, ArztR 1975, 314 ; AG Saarbrücken, VersR 1976, 362). b) Bei der stationären Aufnahme von Kassenpatienten kommt ein totaler Krankenhausaufnahmevertrag zwischen Krankenkasse und Krankenhaus zustande. Es handelt sich hier um einen echten Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB; vgl. BGHZ 1, 383; NJW 1956, 1106; BGH, NJW 1981, 1833; OLG Frankfurt, VersR 1982, 1051; Gitter, aaO. S. 27f.), der dem Patienten eigene Ansprüche gegen das Krankenhaus gewährt und die Krankenkasse verpflichtet, den jeweils gültigen > Pflegesatz zu entrichten (a.A. BSG v. 14. 1. 1981 - 3 RK 27/80 - u. 20. 1. 1982 - 8 / 8 a RK 13/80 - , wo ein öffentlichrechtlicher Vertrag zwischen Krankenhaus und Krankenkasse angenommen wird). Der Vertrag hat jedoch i.d.R. keine Schutzwirkungen zugunsten der Angehörigen des Patienten, denen daher bei Vertragsverletzung keine vertraglichen Schadensersatzansprüche gegen das Krankenhaus zustehen (OLG Düsseldorf, NJW 1975, 596). Sofern es aus medizinischen Gründen erforderlich ist, ist das Krankenhaus verpflichtet, Kassenpatienten in Ein- oder Zweibettzimmer zu legen und vom Chefarzt persönlich behandeln zu lassen. Diese Sonderleistungen werden durch den von der Kasse gezahlten Pflegesatz abgegolten (BSG v. 2. 3. 1983 9 a RV 19/82 - > Pflegesatz Rz 1354). c) aa) Ein aufgespaltener Krankenhausaufnahmevertrag kommt bei der stationären Behandlung durch einen > Belegarzt zustande, gleichgültig ob es sich um Selbstzahler oder Kassenpatienten handelt (vgl. Schmeicher bei Kuhns, aaO. 1/184; Narr, aaO. Rz 857). Hieran haben das KHG und die BPflV nichts geändert. bb) Zum Teil verpflichten die > K r a n k e n h a u s r e f o r m g e s e t z e bei Inanspruchnahme der Wahlleistung „Arzt" den Krankenhausträger zum Abschluß eines aufgespaltenen Krankenhausaufnahmevertrages (vgl. z.B. §18 Abs. 3 Satz 1 KRG Rheinl.-Pf. und dazu Luxenburger, aaO. S. 210). cc) Ebenso kommt bei der Wahl der persönlichen Behandlung durch beamtete Klinikdirektoren ( > H o c h s c h u l l e h r e r ) und beamtete > Chefärzte, die die stationäre Behandlung in Nebenbeschäftigung [ > N e b e n t ä t i g k e i t Rzn. 1235, 1239) ausüben, grundsätzlich nur der Abschluß eines gesonderten > Arztvertrages, i.d.R. wohl eines gespaltenen Krankenhausaufnahmevertrages, in Betracht (vgl. Luxenburger, aaO. S. 85, 121, 211 f. m. Nachw.). d) Erhebliche Meinungsverschiedenheiten bestehen noch immer bei der Frage, welcher der drei Grundtypen des Krankenhausaufnahmevertrages vorliegt, wenn der Patient - abgesehen von den Fällen 4c bb) und cc) - die ärztliche Behandlung als gesondert berechenbare Wahlleistung gem. § 6 BPflV in Anspruch nimmt. Diese Frage stellt sich deshalb, weil alle drei Vertragstypen rechtlich-konstruktiv die Möglichkeit bieten, einen Vergütungsanspruch des

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> C h e f a r z t e s gegenüber dem Patienten zu begründen. Nach der einen, vor allem von den Krankenhausträgern vertretenen Auffassung ist der totale Krankenhausaufnahmevertrag der Regelvertrag, der auch dann abgeschlossen wird, wenn der Patient ausdrücklich die gesondert berechenbare ärztliche Behandlung wünscht. Diese Ansicht beruht z.T. auf der Annahme, daß zu den Dienstaufgaben des Chefarztes regelmäßig die Behandlung aller Patienten seiner Abteilung gehöre und der Chefarzt als Angestellter des Krankenhauses keine eigenen vertraglichen Bindungen gegenüber den Patienten eingehen könne. Ein Vergütungsanspruch des Chefarztes gegenüber den Patienten kann nach dieser Ansicht nur dadurch begründet werden, daß der Krankenhausträger hinsichtlich der Honorierung der ärztlichen Leistungen entweder einen Vertrag mit den Patienten zugunsten des Chefarztes gem. § 328 BGB schließt oder dem Chefarzt die Vergütungsansprüche für die ärztlichen Leistungen durch antizipierte Globalzession im Dienstvertrag überträgt (vgl. die Nachw. bei Luxenburger, aaO. S. 94, 96). Ein Teil der Befürworter des totalen Krankenhausaufnahmevertrages will dem Chefarzt den Erwerb eines eigenen Honoraranspruchs durch Abschluß eines Arztzusatzvertrages mit dem Patienten ermöglichen (vgl. Uhlenbruck, NJW 1973, 1399, 1401; Palandt-Putzo, aaO. Einf. vor § 611 Anm. 2a) cc)). Nach anderer Auffassung kann die ärztliche Behandlung nach § 6 BPflV nur dann gesondert berechnet werden, wenn sie im Rahmen eines aufgespaltenen Krankenhausaufnahmevertrages vereinbart wird (so insbesondere Weissauer, BayÄBl. 1974, 364, 368). Eine vierte Meinung schließlich geht von der Möglichkeit der freien Vertragsgestaltung aus, in die das KHG und die BPflV nicht eingreifen wollten. Die Rechtsbeziehungen innerhalb des Dreiecksverhältnisses Patient - Arzt - Krankenhausträger sollen sich im wesentlichen danach richten, wie diese drei Beteiligten im Rahmen der Vertragsfreiheit selbst ihre rechtlichen Verhältnisse zueinander ordnen (vgl. Diederichsen, aaO. S. 69f., 79ff.). Dabei soll es - abgesehen von den Fällen, in denen die Krankenhausreformgesetze oder das Nebentätigkeitsrecht der Beamten zu einer bestimmten Vertragsgestaltung zwingen (vgl. oben 4 c) bb) u. cc) - dem freien Gestaltungsermessen des Krankenhausträgers überlassen bleiben, wie er die Vertragsbeziehungen zwischen den Beteiligten gestalten will. Welcher Vertragstyp den selbstzahlenden Patienten angeboten wird, soll ausschließlich von der Ausübung des Organisationsermessens durch den Krankenhausträger und der dementsprechenden tatsächlichen Ausgestaltung der Krankenhausaufnahmebedingungen in dem den Patienten im Einzelfall vorgelegten Aufnahmeformular abhängen (vgl. Luxenburger, aaO. S. 122, 225). Im Ansatz allein zutreffend ist, wie Diederichsen aaO. und Luxenburger aaO. überzeugend nachgewiesen haben, die Lehre vom Vorrang der freien Vertragsgestaltung. Grundsätzlichen rechtlichen Bedenken begegnet indes die weitere Annahme, daß es im freien Belieben des Krankenhausträgers liege, wie er im einzelnen die Rechtsverhältnisse zwischen den Beteiligten gestalten und welche Vertragstypen er infolgedessen den Patienten überhaupt anbieten wolle (zur Wahlfreiheit des Patienten hinsichtlich der einzelnen Vertragstypen vgl. insbesondere Diederichsen, aaO. S. 80f., 83). Zutreffend betont Diederichsen

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(aaO. S. 82, 89), daß jede Vertragsgestaltung an das im konkreten Fall gegebene Leistungs- und Interessengefüge anknüpfen muß. Die Wahl der gesondert berechenbaren ärztlichen Leistung stellt heute mehr als nach früher geltendem Recht eine bewußte Entscheidung des Patienten für den Arzt seines Vertrauens dar (Luxenburger, aaO. S. 256). Hat der Patient diese Entscheidung getroffen, entsteht eine persönliche Bindung zwischen Arzt und Patient, der - nicht zuletzt wegen der aus der Vertrauensgewährung notwendig resultierenden Haftungserwartung (> H a f t u n g s a u s s c h l u ß Rzn. 790f.) - die gleichzeitige Begründung einer eigenen Verpflichtung des Chefarztes zur Behandlung mit der gleichzeitigen Möglichkeit der individuellen Honorargestaltung am besten entspricht. M.a.W.: das vorgegebene „Leistungs- und Interessengefüge" verlangt vom Krankenhausträger, den Patienten durch Anbieten eines aufgespaltenen Krankenhausaufnahmevertrages oder wenigstens eines Arztzusatzvertrages den persönlichen Beziehungen korrespondierende Rechtsbeziehungen zu dem Krankenhausarzt ihres Vertrauens zu ermöglichen. Dies ist nicht nur wünschenswert (so Luxenburger, aaO. S. 256; Diederichsen, aaO. S. 89), sondern folgt jedenfalls für öffentlichrechtliche Krankenhausträger, die als Träger lebenswichtiger Dienstleistungen eine Übermachtstellung einnehmen (vgl. hierzu Kramer in: Münch. Komm, vor § 145 Rz 16) als Rechtspflicht unmittelbar aus dem Recht auf Freiheit inhaltlicher Vertragsgestaltung als Bestandteil der in Art. 2 Abs. 1 GG verankerten Vertragsfreiheit. Darüber hinaus besteht eine Pflicht der Krankenhausträger, auch der privaten, zur Ermöglichung eigener Rechtsbeziehungen zwischen liquidationsberechtigten Ärzten und Patienten auch unter dem Gesichtspunkt der arbeitsrechtlichen und beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht (a.A. Luxenburger, aaO. S. 49, der eine Pflicht des Krankenhausträgers zum Anbieten aller denkbaren Typen des Krankenhausaufnahmevertrages verneint; > L i q u i d a t i o n s r e c h t Rz 1155). Allerdings kann eine Beschränkung des Vertragsangebots des Krankenhausträgers auf den totalen Krankenhausaufnahmevertrag nicht zu dessen Unwirksamkeit nach dem AGBG führen (vgl. unten Rzn. 1042ff.). e) Ein totaler Krankenhausaufnahmevertrag mit Arztzusatzvertrag liegt dann vor, wenn ein Kassenpatient für die Krankenhausversorgung Leistungen der gesetzlichen Krankenkasse in Anspruch nimmt, das Honorar für die ärztliche Behandlung jedoch privat bezahlt (Narr, aaO. Rz 856). Im Einzelfall kann sich der Arztzusatzvertrag aber auch als Garantievertrag des Krankenhauschefarztes darstellen (z.B. bei Schönheitsoperationen; dazu Uhlenbruck, NJW 1964, 434). III. Einzelheiten zum Vertragsinhalt und zur Vertragsdurchführung. 1. Außer den sich aus dem Krankenhausaufnahmevertrag in seinen vorstehend beschriebenen Erscheinungsformen ergebenden Hauptpflichten obliegen dem Krankenhausträger und dem liquidationsberechtigten leitenden Arzt als Vertragspartner des Patienten eine Reihe von Schutzpflichten als vertragliche Nebenpflichten gem. § 242 BGB (vgl. Palandt-Heinrichs aaO., § 242 4 B). Der

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Krankenhausträger hat alle Maßnahmen zu treffen oder zu unterlassen, um eine Schädigung der Gesundheit (auch außerhalb der eigentlichen Behandlung) und des Eigentums des Patienten zu verhindern. Hierzu gehören u.a.: Pflicht zur Überwachung von Bewegungen sehbehinderter Patienten (OLG Düsseldorf, VersR 1982, 775); Schutzvorkehrungen gegen Schädigungen durch andere Kranke oder Besucher (BGH, NJW 1976, 1145); Verhütung von > K r a n k e n h a u s i n f e k t i o n e n (näher dazu Rieger, DMW 1980, 1172); Aufklärung des Patienten über möglicherweise erfolgte Ansteckung im Krankenhaus (LG Ravensburg, NJW 1978, 1692); Sicherstellung der Beachtung der ärztlichen > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t und Überwachung ihrer Durchführung (BGH, NJW 1963, 393, 395; NJW 1956, 1106, 1108; OLG Stuttgart, NJW 1979, 2355, OLG Köln, NJW 1978, 1690; OLG Celle, NJW 1976, 1252 > Aufklärungspflicht Rzn. 267 ff.); Verwahrungs- und Sicherungspflicht für eingebrachte Wertgegenstände (OLG Karlsruhe, NJW 1975, 597; vgl. auch Weimar, Med. Klinik 1977, 530); Pflicht zur Aufklärung des Patienten über den Hinweis auf das > L i q u i d a t i o n s r e c h t des Chefarztes im Aufnahmeformular, wenn der Patient erkennbar zum Ausdruck gebracht hat, daß er die preiswerteste Form einer stationären Behandlung wünsche (LG Saarbrücken, NJW 1977, 1496); Auskunftspflicht, sofern der Patient entschuldbar über Bestehen und Umfang eines Rechts im Ungewissen ist und insoweit auf den Krankenhausträger angewiesen ist, der seinerseits die notwendige Auskunft unschwer erteilen kann. Dies ist insbesondere dort der Fall, wo die Auskunft der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen eines > Behandlungsfehlers dienen soll (vgl. Palandt-Heinrichs aaO., § 261 Anm. 2d) aa) und bb). 2. Durch den von einem Ehegatten für ein beliebiges Familienmitglied abgeschlossenen Krankenhausaufnahmevertrag wird auch der andere Ehegatte im Rahmen des § 1357 BGB berechtigt und verpflichtet (Wacke in: Münch. Komm. § 1357 Rz 24 m. Nachw.; Weimar, Med. Klinik 1977, 1753, 1754; vgl. aber LG Bonn, NJW 1983, 344 [keine Verpflichtung des anderen Ehegatten bei nachträglicher Vereinbarung eines Einbettzimmers]; a.A. OLG Köln, VersR 1980, 1077). Daneben steht aber auch dem betreffenden Familienmitglied ein eigener Anspruch auf die Leistung zu, zu deren Erbringung sich der Krankenhausträger verpflichtet hat (§ 328 BGB). Bei dem von den Eltern für ihr minderjähriges Kind abgeschlossenen Krankenhaüsaufnahmevertrag handelt es sich um einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten des Kindes. Der Krankenhausträger hat daher gegenüber dem Kind besonders die Verkehrssicherungspflicht (Weimar, aaO. S. 1754). Hat ein Elternteil allein zugunsten des gemeinsamen Rindes einen Krankenhausaufnahmevertrag abgeschlossen, so wir der andere Teil weder zur Zahlung der Krankenhaus- noch der Arztkosten verpflichtet, da kein Elternteil gesetzlicher Vertreter des anderen ist (KG, FamRZ 1975, 423; Weimar, aaO. S. 1754 f.). Eine Mutter, die sich zur Entbindung ins Krankenhaus begibt, schließt einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten des erzeugten, aber noch nicht geborenen Kindes (BGH, NJW 1971, 242).

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3. Bei der - verfassungsrechtlich zulässigen (vgl. BVerwG, NJW 1976, 383 = DÖV 1976, 273 mit Anm. Listl; BVerfG, NJW 1978, 583) - Frage nach der Religionszugehörigkeit im Aufnahmeformular muß der Krankenhausträger gleichzeitig in geeigneter Form darauf hinweisen, daß die Angabe verweigert werden kann. Die Weitergabe einer Durchschrift des ausgefüllten Formulars durch die Krankenhausverwaltung an das zuständige Pfarramt zwecks Wahrnehmung der Krankenhausseelsorge stellt eine Verletzung der > Schweigepflicht gemäß § 203 Abs. 3 StGB dar und kann Schadensersatzansprüche begründen (§823 Abs. 2 BGB i.V. mit §203 StGB > S c h w e i g e p f l i c h t Rz 1664).

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IV. Als Formularvertrag unterliegt der Krankenhausaufnahmevertrag der gerichtlichen Inhaltskontiolle nach dem AGBG (vgl. Diederichsen, aaO. S. 88,• LG Frankfurt, NJW 1978, 595; Lüke-Walendy, JZ 1977, 661 ff., ein Muster eines Krankenhausaufnahmevertrages, das auf dem Musterentwurf der DKG basiert , findet sich bei Bunte, aaO. S. 339ff.). Dies ist vor allem von Bedeutung für die Frage der Wirksamkeit von Nachberechnungsklauseln sowie für Klauseln über einen völligen oder teilweisen > H a f t u n g s a u s s c h l u ß . 1. Krankenhausaufnahmeverträge enthalten i.d.R. Bestimmungen, in denen sich das Krankenhaus bei rückwirkender Neufestsetzung der Benutzerentgelte Nachforderungen vorbehält. Für die rechtliche Beurteilung solcher Nachberechnungsklauseln ist zu unterscheiden, ob es sich um die rückwirkende Erhöhung des > Pflegesatzes oder um Zuschläge für Ein- und Zweibettzimmer handelt. a) Nach § 18 Abs. 1 KHG (in der noch geltenden Fassung v. 21. 12. 1979, vgl. unten) i.V.m. § 16 BPflV setzt die zuständige Landesbehörde die Pflegesätze auf der Grundlage der Selbstkosten für jedes Krankenhaus fest. Die Gestaltung des Pflegesatzes ist damit durch die Regelungen des KHG und der BPflV aus dem Bereich des Privatrechts herausgenommen und der freien Vereinbarung der Beteiligten entzogen. Die von der zuständigen Landesbehörde hoheitlich getroffene Pflegesatzfestsetzung stellt einen privatrechtsgestaltenden Verwaltungsakt dar mit der Folge, daß der neue Pflegesatz direkt auf das zwischen Patient oder Kostenträger und Krankenhaus bestehende Rechtsverhältnis durchgreift und den Pflegesatz für sie verbindlich als Festpreis festlegt. Damit handelt es sich bei Nachforderungsvorbehalten wegen rückwirkender Erhöhung des Pflegesatzes nicht um Vertragsbestimmungen mit der Folge, daß eine Kontrolle nach dem AGBG ausgeschlossen ist. Eine rückwirkende Pflegesatzerhöhung ist daher nur aufgrund einer Anfechtungsklage der betroffenen Patienten im Verwaltungsrechtsweg überprüfbar (vgl. OVG Lüneburg, NJW 1978, 1211; BGH, NJW 1979, 597,• OLG Koblenz, Krankenhaus 1982, 137; Uhlenbruck, ArztR 1981, 38 ; Bunte, JZ 1982, 282f.). Diese Rechtslage dürfte auch nach der grundsätzlichen Ablösung des Pflegesatzfestsetzungsverfahrens durch Pflegesatzvereinbarungen aufgrund der Neufassung des § 18 KHG durch das KKG ( > Pflegesatz Rz 1355) weiterbestehen (bis zum Inkrafttreten einer Neufassung der BPflV gilt § 18 KHG in der bishe-

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rigen Fassung weiter, Art. 1 Nr. 25 KKG). Die Einbeziehung formularmäßiger Erhöhungsvorbehalte bezüglich der Krankenhauspflegesätze in die Inhaltskontrolle nach dem AGBG würde zu einer Kontrolle der Selbstkosten als Bemessungsgrundlage des Entgelts insgesamt und damit zu einem unzulässigen Eingriff in die Kompetenz der Verwaltungsbehörden führen (vgl. Bunte, JZ 1982, 283; Ulmer-Brandner-Hensen, aaO. § 1 Rz 10). Im übrigen ist damit zu rechnen, daß rückwirkende Pflegesatzerhöhungen nach Inkrafttreten der Neuregelung an praktischer Bedeutung verlieren, da nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KHG n.F. Vereinbarungen und (nur bei Nichteinigung der Parteien noch mögliche) Festsetzungen der Pflegesätze nur für künftige Zeiträume erfolgen sollen. Zur Frage der Zulässigkeit nachträglicher Pflegesatzeihöhungen bei Ausgestaltung des Krankenhausbenutzerverhältnisses als öffentlichrechtliches Rechtsverhältnis vgl. BVerwG, NJW 1980, 660. b) Demgegenüber unterliegt die rückwirkende Erhöhung von Ein- und Zweibettzimmerzuschlägen der Inhaltskontrolle des AGBG durch die Zivilgerichte. Sie werden nicht von der zuständigen Behörde festgesetzt, sondern vom Krankenhausträger gestaltet (BGH, NJW 1979, 2353; Uhlenbruck, aaO. S. 39 m. Nachw.). Somit gilt einmal die Unklarheitsregel des § 5 AGBG, wonach Zweifel bei der Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders (Krankenhausträger) gehen. Der Patient muß eindeutig erkennen können, welche Belastungen durch eine bevorstehende Erhöhung auf ihn zukommen (BGH, NJW 1979, 2353; OLG Koblenz, Krankenhaus 1982, 138). Unklar ist eine Nachberechnungsklausel regelmäßig dann nicht, wenn die geplante Erhöhung einen bestimmten Prozentsatz des allgemeinen Pflegesatzes ausmacht. Außerdem können Regelungen über rückwirkende Erhöhungen von Zimmerzuschlägen als Überraschungsklausel gem. § 3 AGBG unwirksam sein (vgl. z.B. LG Köln, NJW 1979, 2356; LG Düsseldorf, NJW 1979, 605; AG Bad Homburg, MDR 1978, 229; LG Frankfurt, NJW 1978, 595, 597; AG Berlin-Neukölln, VersR 1976, 79). Dies ist sicher dann der Fall, wenn die Nachberechnungsklausel nicht in dem vom Patienten unterzeichneten Aufnahmeformular, sondern nur in den in diesem in Bezug genommenen Aufnahmebedingungen enthalten ist (LG Düsseldorf, aaO.; AG Bad Homburg, aaO.). Im übrigen hat der BGH für den Fall der rückwirkenden Erhöhung des allgemeinen Pflegesatzes ein Recht des Krankenhausträgers auf entsprechende Erhöhung auch der Zimmerzuschläge grundsätzlich anerkannt. Die im Formularvertrag vereinbarte rückwirkende Erhöhung kann jedoch im Einzelfall gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen und damit unwirksam sein (BGH, NJW 1979, 2355; a.A. OLG Koblenz, aaO., das den Krankenhausaufnahmevertrag als Dauerschuldverhältnis ansieht und § 11 Nr. 1 AGBG anwendet; dagegen mit Recht Uhlenbruck, ArztR 1981, 39). Dies ist z.B. der Fall, wenn sich der Krankenhausträger, der mit dem Patienten einen Zuschlag von 83,2 % des bei der Aufnahme geltenden Pflegesatzes vereinbart, mittels einer formularmäßigen Erhöhungsklausel noch die Möglichkeit verschaffen will, rückwirkend diesen Zuschlag zu erhöhen (BGH, NJW 1979, 2355).

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c) Die vorstehenden Grundsätze gelten nicht für Kiankenveisichemngstiäger, die gemäß § 16 Abs. 2 BPflV am Verfahren Uber die Festsetzung der Pflegesätze beteiligt sind und daher mit der Rückwirkung rechnen müssen (Uhlenbruck, ArztR 1976, 270, 274 ; LG Saarbrücken, VersR 1976, 78). 2. Bei der Frage der Rechtswirksamkeit von Haftungsausschlußklauseln in Krankenhausaufnahmeverträgen gilt zunächst § 11 Nr. 7 AGBG, wonach ein Ausschluß oder eine Begrenzung der Haftung für Schäden, die auf grobem Verschulden des Krankenhauses, eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen beruhen, unwirksam ist. Bei einfacher Fahrlässigkeit ist zu unterscheiden, ob sich die Freizeichnung auf die Gefährdung von Leben und Gesundheit des Patienten oder lediglich auf die Beeinträchtigung von Vermögensinteressen bezieht. a) Im ersteren Fall besteht ein absolutes Freizeichnungsverbot gem. § 9 AGBG (vgl. Ulmer-Brandner-Hensen, aaO. § 9 Rz 111 u. Anh. § § 9 - 1 1 Rz 451; das OLG Stuttgart, NJW 1979, 2355, 2356, nimmt in einem Fall der Haftungsbeschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit bei Behandlungs- und Aufklärungsfehlern Unwirksamkeit gem. §§ 138, 242 BGB an > H a f t u n g s a u s s c h l u ß Rz 792). b) Für Vermögensschäden kann der Krankenhausträger seine Haftung im Antragsformular ausschließen (vgl. OLG Karlsruhe, NJW 1975, 597, 599 [Freizeichnung von der Haftung bei der Verwahrung von Wertgegenständen im Krankenhaus] ). 3. Eine Klausel in einem vorformulierten Krankenhausaufnahmevertrag, die bei selbstzahlenden Patienten der früheren 3. Pflegeklasse die Aufnahme mit der Anerkennung eines > L i q u i d a t i o n s r e c h t s der leitenden Krankenhausärzte verknüpft, ist überraschend i.S. des § 3 AGBG und daher unwirksam, wenn der Patient über die Bedeutung einer solchen Anerkenntnisklausel nicht aufgeklärt worden ist (AG Michelstadt, VersR 1983, 192; vgl. auch LG Saarbrücken, VersR 1977, 1095). 4. Zur Rechtswirksamkeit einer sog. „Sektionsklausel" im Krankenhausaufnahmevertrag > S e k t i o n Rz 1678.

Krankenhausbedarfsplan 1046

I. Begriff. Der nach § 6 KHG von den Ländern aufzustellende Krankenhausbedarfsplan dient als Grundlage für eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen > Krankenhäusern. Er enthält eine Beurteilung des zu befriedigenden Bedarfs an Krankenhausbetten (Bedarfsanalyse) sowie eine zusammenfassende Aufstellung derjenigen Krankenhäuser, mit welchen der Versorgungsbedarf befriedigt werden soll (Versorgungsplanung; vgl. BVerwG, NJW 1980, 2773 [Leits.], t> K r a n k e n h a u s - K o s t e n d ä m p f u n g s g e s e t z Rz 1054).

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Krankenhauseinweisung

II. Rechtsnatur. Die Feststellung der Aufnahme eines Krankenhauses in den Krankenhausbedarfsplan durch die zuständige Landesbehörde stellt einen Verwaltungsakt dar, der zur Folge hat, daß das betreffende Krankenhaus durch Übernahme der Investitionskosten öffentlich gefördert wird (§ 8 Abs. 1 Satz 1, KHG). Mit der Aufnahme in den Krankenhausbedarfsplan stellt die Behörde fest, daß das betreffende Krankenhaus die gesetzlichen Voraussetzungen für die Aufnahme erfüllt. Bei dieser Entscheidung steht der Behörde weder ein Gestaltungsermessen (Planungsermessen) oder Handlungsermessen noch ein Beurteilungsspielraum zu (BVerwG, NJW 1982, 710 [Leits.]; weitere Grundsätze zur Aufnahme von Krankenhäusern in den Krankenhausbedarfsplan im Urt. d. BVerwG v. 30. 4. 1981, Krankenhaus 1981, 484). Die Feststellung der Aufnahme eines Krankenhauses in den Krankenhausbedarfsplan darf grundsätzlich dann nicht mit einer Befristung, einer auflösenden Bedingung oder einem Vorbehalt des Widerrufs versehen werden, wenn diese Nebenbestimmungen ihre Rechtfertigung allein aus einer erwarteten zukünftigen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse herleiten (z.B. Aufnahme in den Krankenhausbedarfsplan mit der Befristung „bis zur Sicherstellung der Krankenhausversorgung in der Nachbargemeinde X" ; BVerwG, NJW 1980, 2773 u. dazu Schenke, JuS 1983, 182; noch weitergehend BayVGH v. 18. 5. 1979, Krankenhaus 1981, 81 [Leits.]).

1047

1048

Krankenhauseinweisung I. Bei der vom niedergelassenen Arzt vorgenommenen Einweisung eines Patienten zur stationären Behandlung in ein Krankenhaus kommt bei selbstzahlenden Patienten zwischen diesen und dem > K r a n k e n h a u s , bei Kassenpatienten zwischen der Krankenkasse und dem Krankenhaus, ein > K r a n k e n h a u s a u f n a h m e v e r t r a g zustande. II. Den niedergelassenen Arzt trifft eine Pflicht zur Krankenhauseinweisung, wenn er an die Grenzen seiner diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten gelangt ist ( > Behandlungsfehler Rz 310, > Ü b e r w e i s u n g s p f l i c h t Rz 1797). Das Unterlassen einer rechtzeitigen Einweisung nach Auftreten bedrohlicher Komplikationen, deren Genese der Arzt nicht kennt, ist als schwerer > B e h a n d l u n g s f e h l e r (Rz 306) anzusehen (OLG Celle, VersR 1981, 684). Die Pflicht zur Krankenhauseinweisung endet mit der Weigerung des Patienten, sich stationär aufnehmen zu lassen. Die Weigerung berechtigt den Arzt jedoch nicht, den Patienten sich nunmehr selbst zu überlassen. Vielmehr hat er die Pflicht, auf den Patienten - ggf. über dessen Angehörige - einzuwirken, um ihn zu einer Sinnesänderung zu bewegen. Bei nachhaltiger Weigerung und nicht akut lebensgefährlicher Erkrankung beschränkt sich seine Pflicht auf die

1049

Krankenhauseinweisung

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Leidensminderung (Uhlenbruck, Rhein. ÄBl. 1981, 674, 676 ; zu den Pflichten des beratenden Aztes bei akut lebensgefährlicher Erkrankung des Patienten > S e l b s t m o r d Rz 1689 > U n t e r l a s s e n e H i l f e l e i s t u n g Rz 1815). 1050

III. Kassenarztrechtlich handelt es sich bei der Krankenhauseinweisung um die Verordnung von > K r a n k e n h a u s p f l e g e durch einen > K a s s e n a r z t oder > V e r t r a g s a r z t [Rz 1848] (§368 Abs. 2 RVO). Sie bindet das > Krankenhaus nicht. Dieses kann vielmehr nach eigenem Ermessen entscheiden, ob es eine stationäre Aufnahme für erforderlich hält. Die vom Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen gem. § 368 p Abs. 1 RVO beschlossenen Krankenhauspflege-Richtlinien v. 26. 2. 1982 (DÄ 1982/31, S. 63f.) dienen der zweckmäßigen und wirtschaftlichen Verordnung von Krankenhauspflege durch > Kassenärzte (näher dazu Wirzbach, DÄ 1982/11, S. 21). §372 Abs. 5 RVO sieht darüber hinaus den Abschluß von Verträgen zwischen Krankenkassen, Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenhäusern über die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Krankenhäusern, insbesondere über die Einweisung in geeignete Krankenhäuser vor ( > K r a n k e n u n t e r l a g e n Rz 1092). IV. Zur Frage, inwieweit der Krankenhausarzt sich auf die Untersuchungsergebnisse des einweisenden Arztes verlassen darf > B e h a n d l u n g s f e h l e r Rz 316 V. > S e l b s t e i n w e i s u n g

Krankenhausfinanzierungsgesetz 1051

Das Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Krankenhausfinanzierungsgesetz - KHG -) v. 29. 6. 1972 (BGBl. I S. 1009 > K r a n k e n h a u s - K o s t e n d ä m p f u n g s g e setz) bezweckt eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen > K r a n k e n h ä u s e r n und die Einführung sozial tragbarer > Pflegesätze. Es sieht eine Aufteilung der Krankenhauskosten in Investitionskosten und laufende Betriebskosten (Benutzerkosten) vor. Die Finanzierung der Investitionskosten erfolgt aus öffentlichen Mitteln nach bestimmten Förderungsgrundsätzen auf der Grundlage der Krankenhausbedarfsplanung der einzelnen Bundesländer (§§ 4 ff. > K r a n k e n h a u s b e d a r f s p l a n ) . Die laufenden Betriebskosten werden den Benutzern bzw. deren Kostenträgern mit dem > Pflegesatz in Rechnung gestellt. Das KHG enthält Grundsätze für die Pflegesatzregelung und das Verfahren zur Festsetzung der Pflegesätze (§§ 17 ff. > Pflegesatz Rzn. 1355f.). Einzelheiten sind in der aufgrund des KHG erlassenen > B u n d e s p f l e g e s a t z v e r o r d n u n g geregelt. Das KHG bietet - vor allem über den Umweg über die Rrankenhausbedarfs-

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Krankenhaus-Kostendämpfungsgesetz (KKG)

planung - Ansatzpunkte für unzulässige Eingriffe in das Selbstverwaltungsrecht der Krankenhausträger (vgl. hierzu Maunz, aaO. und Bachof, aaO.).

Krankenhausinfektion I. Unter Krankenhausinfektion (etwas unglücklich auch „Hospitalismus" ge nannt) versteht man die zusätzliche Erkrankung eines Krankenhauspatienten infolge Infektion in ursächlichem Zusammenhang mit dem Krankenhausaufenthalt.

1052

II. Haftung. Der Krankenhausträger sowie das ärztliche und nichtärztliche Krankenhauspersonal sind in ihrem jeweiligen Verantwortungsbereich zur Beachtung der erforderlichen hygienischen Schutzmaßnahmen verpflichtet. Die in den einzelnen Aufgabenbereichen zu beachtenden Sorgfaltspflichten sind in den vom > Bundesgesundheitsamt herausgegebenen „Richtlinien für die Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von Rrankenhausinfektionen" (nebst späteren Anlagen) inhaltlich näher konkretisiert (BGesuBl. 1976, lff. und dazu die „Erläuterungen" der DKG v. 18. 3. 1981, Krankenhaus 1981, 142 ff. ; weitere Richtlinien des Bundesgesundheitsamtes über Anforderungen an die Hygiene für Teilbereiche im Krankenhaus in BGesuBl. 1977, 158; 1979, 181 ff. ; 446ff. ; 1980, 164ff., 365ff. ; 1981, 391 ff.). Für die zivilrechtliche und strafrechtliche Haftung der Beteiligten für Schäden aus einer Vernachlässigung der notwendigen hygienischen Schutzmaßnahmen gelten die Grundsätze für die Haftung bei der ärztlichen Teamarbeit entsprechend (näher dazu Rieger, DMW 1980, 1172; >Behandlungsfehler Rzn. 313ff.). III. Die Gefahr von Rrankenhausinfektionen kann im Einzelfall Gegenstand der ärztlichen Aufklärungspflicht sein. Eine Aufklärungspflicht besteht jedenfalls dann, wenn in einem Krankenhaus infolge Bauarbeiten oder aus anderen Gründen die gebotenen Pflegebedingungen nicht dem Stand der Hygiene entsprechen und deshalb mit einer allgemeinen Erhöhung der Infektionsgefahr gerechnet werden muß, andererseits die Aufnahme ins Krankenhaus nicht dringlich ist (OLG Köln, NJW 1978, 1690 im Anschluß an BGH, NJW 1971, 241 > Aufklärungspflicht Rz 256).

1053

Krankenhaus-Kostendämpfungsgesetz (KKG) Das teils am 1. 1. 1982, teils am 1. 7. 1982 in Kraft getretene „Gesetz zur Anderung des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Krankenhaus-Kostendämpfungsge-

1054

Krankenhaus-Kostendämpfungsgesetz (KKG)

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setz - KKG - ) v. 22. 12. 1981 (BGBl. I S. 1568) bezweckt die stärkere Einbeziehung des Rrankenhausbereichs in die Maßnahmen zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen (l> K r a n k e n v e r s i c h e r u n g s - K o s t e n d ä m p f u n g s g e setz, > Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz). Es brachte u. a. folgende wichtige Änderungen (vgl. zum folgenden Borchmann, NJW 1982, 677, 679f.; ausführlich Matzke, DDA 1982/3 S. 19ff.): 1. Neufassung der Vorschriften Uber die Krankenhausbedarfsplanung ( > K r a n k e n h a u s b e d a r f s p l a n ) und die Investitionsprogramme (§§6, 6a KHG), u.a.: Festlegung bestimmter Mindestanforderungen für Aufgaben und Inhalt der Bedarfspläne durch Rahmenregelungen; Einbeziehung von Hochschulkliniken und Krankenhäusern der Bundeswehr, soweit sie der allgemeinen Versorgung der Bevölkerung dienen, in die Krankenhausbedarfsplanung; Wegfall der bisherigen Regelung über die 100-Betten-Grenze, so daß künftig die dauernde Erforderlichkeit zur Versorgung der Bevölkerung auch für größere Krankenhäuser in jedem Einzelfall geprüft werden muß; Aufstellung der Krankenhausbedarfspläne in enger Zusammenarbeit mit den bei der Krankenhausversorgung wesentlich Betroffenen (Krankenhausgesellschaft, Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenversicherung, kommunale Spitzenverbände, private >Krankenversicherung); 2. Neuregelung des Pflegesatzverfahrens durch Einführung des Verhandlungsprinzips bei der Festlegung der Pflegesätze (§18 KHG > Pflegesatz Rz 1355); 3. Pflicht der t> K r a n k e n h ä u s e r und der > Kassenärztlichen Vereinigungen zur Abstimmung der Anschaffung und Nutzung medizinisch-technischer Großgeräte (§ 11 a KHG, § 368 n Abs. 4 u. 5 RVO). Dieser Begriff ist nicht näher definiert. U. a. zählen hierzu Computer-Tomographen ( > Computer-Tomographie Rz 538), Linear- und Kreisbeschleuniger, Tele-Kobalt-Therapiegeräte, Gammakameras, Digitale-Subtraktionsangiographie-Geräte, Nierenlithotripter, Linksherzkatheter-Meßplätze. Die vorgenannten Bestimmungen geben der KV keine rechtliche Möglichkeit, einem Arzt den Einsatz eines Großgerätes im Rahmen seines Fachgebietes zu verbieten. Weitergehend will der hessische Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung des wirtschaftlichen Einsatzes von medizinisch-technischen Großgeräten in der kassenärztlichen Versorgung (BR-Drucks. 4 9 9 / 8 3 v. 18. 11. 1983) die Beratung und Entscheidung in Angelegenheiten der Anschaffung und Nutzung medizinisch-technischer Großgeräte durch Kassenärzte den Landesausschüssen der Ärzte und Krankenkassen übertragen, die die Feststellung treffen können, daß die Nutzung eines solchen Gerätes mit den bedarfsplanerischen Aussagen ( > Bedarfsplanung) nicht im Einklang steht mit der Folge, daß eine Vergütung entsprechend erbrachter Leistungen zu Lasten der Krankenkassen nicht möglich ist.

1055

4. Bestandsschutz für am 1. 1. 1972 bereits betriebene, jedoch nicht in den Bedarfsplan aufgenommene > K r a n k e n h ä u s e r (§ 371 Abs. 3 RVO > Krank e n h a u s Rz 1020); 5. Errichtung paritätisch besetzter Prüfungsausschüsse von Krankenkassen und Krankenhäusern zur Überwachung der Wirtschaftlichkeit der > Krank e n h a u s p f l e g e im Einzelfall (§373 RVO > A u s k u n f t s p f l i c h t Rz 288);

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Krankenhauspflege

6. Einbeziehung der Krankenhauspflegesätze in die > Konzertierte Aktion (§405a Abs. 2RVO); 7. Einführung der Quartalsbindung für > Krankenscheine ab 1. 1. 1984 (§ 188 Satz 3 RVO); 8. Festlegung der Höhe der Vergütung für die von poliklinischen Einrichtungen erbrachten Leistungen auf 80% der für gleiche Leistungen in der kassenärztlichen Versorgung maßgeblichen Einzelfallvergütung oder entsprechende Pauschalierung je Behandlungsfall (§ 368 n Abs. 3 Satz 5 u. 6 RVO > P o l i k l i n i k Rz 1369); 9. die Kosten der schulischen Ausbildung der Krankenpflegeausbildung werden weiterhin bis zum 31. 12. 1988 in die > P f l e g e s ä t z e einbezogen (§ 17 Abs. 4 a KHG). Nach § 2 Nr. 3 e KHG i.V.m. § 17 Abs. 4 a KHG erfolgt die Finanzierung der laufenden Betriebskosten für Ausbildungsstätten an Krankenhäusern künftig nur noch insoweit über die > P f l e g e s ä t z e , als es sich um „mit den Krankenhäusern notwendigerweise verbundene Ausbildungsstätten" handelt. Diese sind nunmehr in § 2 Nr. 1 a KHG i.d.F. des HauhBG 1984 abschließend aufgezählt.

Krankenhauspflege I. Die Krankenhauspflege ist eine Regelleistung der gesetzlichen > KrankenVersicherung (Rz 1103) im Rahmen der > Krankenhilfe. Sie tritt an die Stelle ambulanter > Krankenpflege und umfaßt die Behandlung, Unterbringung und Verpflegung in einem > K r a n k e n h a u s und ist dann zu gewähren, wenn sie erforderlich ist, d.h. wenn eine ambulante Behandlung ( > K r a n k e n p f l e g e ) nicht ausreicht (§ 184 Abs. 1 RVO). Die Erforderlichkeit ist i.d.R. durch eine ärztliche Verordnung zu belegen. Die Verordnung von Krankenhauspflege gehört zur kassenärztlichen Versorgung ( > K r a n k e n h a u s e i n w e i s u n g Rz 1050). Steht sie auf andere Weise fest (z.B. bei Unfällen), kann die Krankenhausaufnahme auch direkt erfolgen ( > S e l b s t e i n w e i s u n g ) . Der Krankenhauspflege sind durch § 372 Abs. 4 RVO formell die vorstationäre Diagnostik und die nachstationäre Behandlung ( > v o r s t a t i o n ä r e D i a g n o s t i k / n a c h s t a t i o n ä r e B e h a n d l u n g ) zugeordnet (vgl. Peters, Hdb. d. Krankenvers. §372 Anm. 5b) ee). Nicht zur Krankenhauspflege gehört die ambulante Behandlung im Krankenhaus als eine besondere Form der Behandlung in ärztlicher Praxis ( > C h e f a r z t Rzn. 527ff.). II. Die Krankenkassen haben Krankenhauspflege durch die Hochschulkliniken sowie die Krankenhäuser zu gewähren, die in den > K r a n k e n h a u s b e d a r f s p l a n aufgenommen sind oder sich gegenüber den Krankenkassen hierzu bereit erklärt haben (§371 Abs. 1 RVO > K r a n k e n h a u s Rz 1020; > F r e i e A r z t w a h l Rz 640).

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Krankenhauspflege

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III. Die Krankenhauspflege unterliegt dem Wirtschaftlichkeitsgebot (§§ 184 Abs. 1 Satz 2, 182 Abs. 2, 372 Abs. 2 Nr. 3 ; 373 RVO > Auskunftspflicht Rz 288). IV. Durch das HaushBG 1983 wurde für die Versicherten ab 1. 1. 1983 eine Selbstbeteiligung von 5 DM je Kalendertag für längstens 14 Tage je Kalenderjahr eingeführt. Ausgenommen hiervon sind Kinder bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres (§ 184 Abs. 3 RVO).

Krankenhausreformgesetze 1057

I. Seit 1973 wird das Krankenhauswesen in den einzelnen Bundesländern durch besondere Krankenhausgesetze geregelt. Sie vervollständigen die durch das > Krankenhausfinanzierungsgesetz und die > Bundespflegesatzverordnung eingeleitete Neuordnung des Krankenhauswesens und enthalten insbesondere Regelungen über die Krankenhausbedarfsplanung ( > Krankenhausbedarfsplan), die Sicherstellung der Krankenhausversorgung, die innere Struktur, Organisation und Förderung der Krankenhäuser sowie teilweise Vorschriften über die > Mitarbeiterbeteiligung und die Abführung eines > Nutzungsentgelts durch liquidationsberechtigte Ärzte (vgl. Maunz, Krankenhaus 1974, 281; ders., Rechtsgutachten aaO.). Bis jetzt wurden folgende Landeskrankenhausgesetze erlassen: Baden-Württemberg: Krankenhausgesetz v. 16. 12. 1975, (GBl. S. 838) nebst Durchführungsverordnungen v. 12. 10. 1976 (GBl. S. 590) und v. 8. 2. 1977 (GBl. S. 77); vgl. Maunz, ArztR 1976, 186ff. ; Bayern: Krankenhausgesetz v. 21. 6. 1974 (GVB1. S. 256) nebst DVO v. 30. 9. 1980 (GVB1. S. 630); vgl. Genzel, Bay. ÄB1. 1974, 670ff., 736ff. ; Maunz, ArztR 1976, 120ff. ; Berlin: Landeskrankenhausgesetz v. 13. 12. 1974 (GVB1. S. 2810); Krankenhausaufnahmeverordnung v. 23. 6. 1981 (GVB1. S. 722); Hessen: Krankenhausgesetz v. 4. 4. 1973 (GVB1. IS. 145) nebst Verordnung zur Durchführung des § 17 des Hessischen Krankenhausgesetzes v. 10. 12. 1973 (GVB1. S. 471); Krankenhausbetriebs-Verordnung v. 5. 5. 1981 (GVB1. S. 150); Niedersachsen: Niedersächsisches Gesetz zum Bundesgesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze v. 12. 7. 1973 (GVB1. S. 231); Nordrhein- Westfalen: Krankenhausgesetz v. 25. 2. 1975 (GVBl. S. 210); vgl. Kessels, Krankenhaus 1975, 79; Femmer-Ohlrogge, Krankenhausarzt 1975, 312; Maunz, Krankenhaus 1976, 223; Rheinland-Pfalz: Gesetz zur Reform des Krankenhauswesens v. 29. 6. 1973 (GVBl. S. 199) nebst 8 Durchführungsverordnungen; vgl. Maunz, Krankenhaus 1975, 174.

1058

II. Das Bundesverfassungsgericht hat durch Beschluß v. 25. 3. 1980 (NJW 1980, 1895) entschieden, daß folgende Bestimmungen des Krankenhausgesetzes Nordrh.-Westf. mit Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 Weim. Reichsverf. unvereinbar und daher auf Krankenhäuser, die von Religionsgemeinschaften oder diesen gleichgestellten oder ihnen zuzuordnenden Einrichtungen - ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform - betrieben werden, nicht anzuwenden sind:

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Krankenpflegedienst

§ 17 Abs. 3 Satz 1 Ziff. 1 u. 2 (Anhörung der Betriebsleitung vor Festlegung der Ziele des Krankenhauses sowie vor Einstellung und Entlassung von Personal); §17 Abs. 3 Satz 2 (Vorschlagsrecht der Betriebsleitung bei Einstellung und Entlassung des leitenden Personals); § 18 (Ärztlicher Vorstand); § 20 Abs. 2 Satz 3-5 (Bestellung leitender Abteilungsärzte zu Fachbereichsärzten); § 21 Abs. 1 Satz 2 u. 3 (Anhörungs- und Vorschlagsrecht des ärztlichen Vorstandes bei der Bestellung des > Ä r z t l i c h e n Direktors); § 25 (Beteiligung ärztlicher Mitarbeiter am Liquidationserlös). Diese Entscheidung hat zwar für die übrigen Bundesländer nicht unmittelbar Gesetzeskraft (§31 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG); soweit die dortigen Krankenhausgesetze jedoch entsprechende Bestimmungen enthalten, können auf sie gestützte Maßnahmen als verfassungswidrig angefochten werden (näher dazu Splett, Krankenhaus 1980, 418, 421 f.).

Krankenhilfe I. Mit diesem Begriff aus der gesetzlichen > Krankenversicherung umreißt die RVO (vgl. § 179 Abs. 1 Nr. 2, Überschrift vor §§ 182 ff., § 182 Abs. 1 RVO) alle Arten von Leistungen, welche die Krankenkassen unter bestimmten Voraussetzungen im Falle einer Erkrankung gewähren müssen oder dürfen (Peters, Hdb. d. Krankenvers., Vorbem. II vor § 182).

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II. Mit im wesentlichen gleichem Inhalt findet sich der Begriff der Krankenhilfe in §37 BSHG.

Krankenpflege Krankenpflege ist als Regelleistung der gesetzlichen > K r a n k e n versieherung (Rz 1103) Teil der > K r a n k e n h i l f e (§ 182 Abs. 1 Nr. 1 RVO). Sie umfaßt ärztliche und zahnärztliche Behandlung, Versorgung mit > A r z n e i m i t t e l n , Verbandmitteln, > H e i l m i t t e l n und Brillen, Körperersatzstücke, orthopädische und andere > H i l f s m i t t e l , Belastungserprobung und Arbeitstherapie, häusliche Krankenpflege sowie zahnärztliche Behandlung bei der Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen sowie Zuschüsse zu den Kosten für zahntechnische Leistungen ( > Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz, > Z a h n a r z t 1966).

1060

Krankenpflegedienst Zur >ärztlichen Ausbildung gehört u.a. ein zweimonatiger Krankenpflegedienst, der vor Beginn des Studiums oder während der unterrichtsfreien Zeiten des Studiums vor der Meldung zur Ärztlichen Vorprüfung ( > Ä r z t l i c h e

1061

Krankenpflegedienst

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Prüfungen] an einer Krankenanstalt abzuleisten ist (§ 1 Abs. 1 Nr. 3, § 6 AOÄ). Diese Zeit muß zusammenhängend absolviert werden. Ein Ableisten des Krankenpflegedienstes an einzelnen Tagen (z.B. Wochenenden und Feiertagen) würde dem Zweck eines solchen Dienstes zuwiderlaufen (VGH Bad.Wttbg. v. 10. 5. 1978 - IX 894/78 dazu Rieger, DMW 1979, 454f.). II. Auf den Krankenpflegedienst sind anzurechnen eine krankenpflegerische Tätigkeit im Sanitätsdienst der Bundeswehr, im Rahmen eines sozialen Jahres und des zivilen Ersatzdienstes sowie eine Ausbildung in der Krankenpflege, Kinderkrankenpflege oder Krankenpflegehilfe (§ 6 Abs. 2 AOÄ). 1062

III. Sozialversicherungsrecht. 1. Während des Krankenpflegedienstes vor Beginn des Studiums besteht nach den gemeinsamen Richtlinien der Spitzenverbände der Krankenkassen, des Verbandes deutscher Rentenversicherungsträger und der Bundesanstalt für Arbeit i.d.F.v. 31. 10. 1973 (ErsK 1974, 65, 71) Versicherungsfreiheit. In der gesetzlichen Unfallversicherung besteht Versicherungsschutz gemäß § 539 Abs. 1 Nr. 7 RVO. 2. Zur sozialversicherungsrechtlichen Stellung der Absolventen des Krankenpflegedienstes während des Studiums > Praktisches Jahr Rz 1384 IV. Der im Zuge der Reform der ärztlichen Ausbildung von der Ärzteschaft als zusätzhches Zulassungskriterium für das > M e d i z i n s t u d i u m alternativ zu einem vorgeschalteten Sozialpraktikum geforderte einjährige Krankenpflegedienst zur Selbstprüfung der Bewerber (Gesundheits- und sozialpolitische Vorstellungen der deutschen Ärzteschaft aaO. S. 114) hat keine Aussicht auf Realisierung im neuen Hochschulzulassungsrecht ( > numerus clausus Rz 1296).

Krankenpflegehelfer > Krankenpflegepersonal

Krankenpflegepersonal 1063

I. Die Aufgabe des Krankenpflegepersonals besteht darin, kranke Menschen während der stationären Behandlung in > K r a n k e n h ä u s e r n , > K l i n i k e n , Heimen oder auch in häuslicher Umgebung ( > Sozialstation) zu pflegen und den > A r z t bei seinen Verrichtungen zu unterstützen (zu den Aufgaben im einzelnen vgl. BerufskBl. 2 - II A 20, S. 1 ff. und 2 - II A 22, S. 1 ff. ; Prem, BerufsklBl. 2 - II A 10 S. 1 ff.).

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Krankenpflegepersonal

Zur Abgrenzung des Aufgabenbereichs des Krankenpflegepersonals vom Aufgabengebiet des Arztes > B e h a n d l u n g s f e h l e r Rzn. 317ff., > I n j e k t i o n Rzn. 894 ff. Zur Verabreichung von Medikamenten durch das Krankenpflegepersonal vgl. Rieger, DMW 1977, 585 (> Verschreibung Rz 1833). II. Rechtsgrundlagen. 1. Zur Zeit gelten noch das Krankenpflegegesetz v. 20. 9. 1965 - KrPflG - (BGBl. I S. 1443), das die Rechtsverhältnisse der Krankenschwestern (Krankenpfleger), Kinderkrankenschwestern und Krankenpflegehelferinnen (Krankenpflegehelfer) regelt und die dazu ergangenen Ausbildungs- und Prüfungsordnungen v. 2. 8. 1966 für Krankenschwestern, Krankenpfleger und Kinderkrankenschwestern (KrPfl-APrO; BGBl. I S. 462) und Krankenpflegehelferinnen und Krankenpflegehelfer v. 2. 8. 1966 (KrPflH-APrO; BGBl. I S. 466). 2. Für den europäischen Bereich gilt das Gesetz zu dem Europäischen Ubereinkommen v. 25. 10. 1967 über die theoretische und praktische Ausbildung von Krankenschwestern und Krankenpflegern v. 13. 6. 1972 (BGBl. II S. 629), das einschlägige Mindestnormen festlegt. Noch nicht in innerstaatliches Recht umgesetzt sind im Bereich der EG die Richtlinie des Rates v. 27. 6. 1977 über die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise der Krankenschwester und des Krankenpflegers, die für die allgemeine Pflege verantwortlich sind, und über Maßnahmen zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des Niederlassungsrechts und des Rechts auf freien Diestleistungsverkehr - 77/452/EWG - (ABl. EG Nr. L 176/1 v. 15. 7. 1977) einschließlich der durch den Beitritt der Republik Griechenland erfolgten Anpassungen zum 1. 1. 1981 (BGBl. II 1980 S. 235) sowie die Richtlinie gleichen Datums zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Tätigkeiten der Krankenschwester und des Krankenpflegers, die für die allgemeine Pflege verantwortlich sind - 77/453/EWG - (ABl. EG Nr. L 176/8 v. 15. 7. 1977). 3. Der Entwurf eines Gesetzes über die Berufe in der Krankenpflege (Stand 14. 10. 1983, BR-Drucks. 446/83), soll das Krankenpflegegesetz v. 20. 9. 1965 ablösen. Er sieht Zulassungsregelungen für dieselben Berufe vor, die auch vom KrPflG erfaßt sind. Durch das neue Gesetz sollen außerdem die vorzitierten Richtlinien des Rates 77/452/EWG und 77/453/EWG v. 27. 6. 1977 in innerstaatliches Recht umgesetzt und die Ausbildungsvorschriften an das Europäische Übereinkommen v. 25. 10. 1967 angepaßt werden. 4. Die Internationale Arbeitsorganisation und die > W e l t g e s u n d h e i t s o r g a n i s a t i o n haben gemeinsam das „Übereinkommen 149 über die Beschäftigung und die Arbeits- und Lebensbedingungen des Krankenpflegepersonals" sowie die „Empfehlung 157 betreffend die Beschäftigung und die Arbeits- und Lebensbedingungen des Krankenpflegepersonals" (BT-Drucks. 8/3892 v. 8. 4. 1980) erarbeitet, die die einschlägigen allgemeinen internationalen Arbeitsnormen ergänzen sollen mit dem Ziel, dem Krankenpflegepersonal einen der Bedeutung seiner Tätigkeit angemessenen Statuts zu sichern und dadurch zugleich die Qualität des Krankenpflegedienstes zu erhöhen. Eine Ratifizierung durch die Bundesrepublik ist indes nicht vorgesehen (Stellungnahme der Bundesregierung zum Übereinkommen Nr. 149, aaO. S. 8).

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III. Die Berufsbezeichnungen Krankenschwester, Krankenpfleger, Kinderkrankenschwester und Krankenpflegerhelfer(in) sind geschützt (§§ I, 14a i.V.m. § 16 Abs. 1 Nrn. 1 u. 2 KrPflG). Erfolgt die Ausbildung im Ausland oder in der DDR, so setzt die Erlaubnis zur Führung einer der genannten Berufsbezeichnungen den Nachweis einer abgeschlossenen Ausbildung in der allgemeinen Krankenpflege voraus. Ob eine derartige Ausbildung vorliegt, richtet sich nach dem Recht des betreffenden ausländischen Staates (BVerwG, NJW 1980, 1346). IV. Ausbildung. 1. Die Ausbildung in den Krankenpflegeberufen erfolgt in staatlich anerkannten Pflegeschulen bzw. Schulen für Krankenpflegehilfe, die einer Krankenanstalt angegliedert sind. Die Ausbildungsdauer beträgt für Krankenschwestern, Krankenpfleger und Kinderkrankenschwestern drei Jahre, für Krankenpflegehelfer(innen) ein Jahr. Die Ausbildung schließt ab mit der staatlichen Prüfung. Das KrPflG läßt sowohl eine schulische als auch eine arbeitsrechtlich-betriebliche (duale) Ausbildung zu. Maßgebend ist, welche Ausbildungsart nach der tatsächlichen Ausgestaltung des Ausbildungsverhältnisses überwiegt. Überwiegt die praktische Ausbildung mit arbeitsrechtlich-betrieblicher Ausgestaltung, so ist das Ausbildungsverhältnis insgesamt als arbeitsrechtlich-betriebliches anzusehen mit der Folge, daß die Vorschriften des BBiG Anwendung finden (BAG AP Nr. 3 zu § 611 BGB Ausbildungsverhältnis [Anspruch eines Krankenpflegeschülers auf kostenlose Zurverfügungstellung von Lehrbüchern nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 BBiGj, vgl. dazu Rieger, DMW 1977, 1328, 1329; BAG, NJW 1981, 1330 [Anspruch einer Schwesternschülerin auf angemessene Vergütung nach § 10 Abs. 1 BBiGj; Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, NJW 1983, 2070 [vorzeitige Beendigung des Ausbildungsverhältnisses gem. § 14 Abs. 2 BBiG bei Bestehen der Abschlußprüfung vor Ablauf der nach § 9 KrPflG vorgesehenen dreijährigen Lehrgangsdauer]). Der vorstehend (Rz 1064) zitierte Gesetzentwurf sieht die Beibehaltung der dreijährigen bzw. einjährigen Ausbildung vor und stellt - im Gegensatz zu dem Gesetzentwurf aus der 9. Legislaturperiode (BT-Drucks. 9 / 1 9 2 2 ) , der zahlreiche Vorschriften aus dem BBiG, vor allem die des Zweiten Teils, nahezu wörtlich übernommen hatte - zugleich ausdrücklich klar, daß das BBiG auf die Ausbildung nach dem Krankenpflegegesetz keine Anwendung findet.

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2. Zur Ausbildung in den Krankenpflegeberufen gehört nach §§ 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 KrPfl-APrO auch die Heranziehung zum Nacht- und Wochenenddienst, wobei jedoch die Vorschriften des Jugendarbeitsschutzgesetzes insbesondere §§14, 16 Abs. 2 Nr. 1,17 Abs. 2 Nr. 1, jeweils i.V.m. Abs. 3 zu beachten sind (näher dazu Rieger, DMW 1976, 1626). Sowohl aus ausbildungsrechtlichen als auch aus haftungsrechtlichen Gründen dürfen Krankenpflegeschüler nicht eigenverantwortlich, sondern nur unter Anleitung und Aufsicht einer voll ausgebildeten Pflegekraft tätig werden. (§ 3 Abs. 2 KrPfl-APrO). Dies gilt auch für die in § 3 Abs. 1 KrPfl-APrO vorgeschriebene „selbständige Pflege eines Kran-

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ken einschließlich einer Nachtwache" (vgl. LArbG Hamm v. 21. 12. 1979 - 5 Sa 1358/79 mitgeteilt von Baur, Arzt u. Krankenhaus 1981, 149; Rieger, aaO.j.

3. Zur Verabreichung von Injektionen durch Krankenpflegeschüler > Inj e k t i o n Rz 895 Nach dem Entwurf einer Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Berufe in der Krankenpflege, BR-Drucks. 188/83 v. 24. 5. 1983, soll künftig erstmals bei einem > medizinischen Assistenzberuf auch die Durchführung von Injektionen auf ärztliche Anordnung Gegenstand der regulären Ausbildung von Krankenschwestern und Krankenpflegern sein (Ziff. 9.7.3 der Anlage 1 zu § 1 Abs. 1). Bei Krankenpflegerhelfer(innen) soll sich die Ausbildung auf die „Mithilfe bei Injektionen" erstrecken (Ziff. 7.6.4 der Anlage 3 zu § 1 Abs. 2 > Inj e k t i o n Rz 894 ; > Hebamme Rz 798). 4. Zur Einbeziehung der Kosten für die Krankenpflegeausbildung in den > Pflegesatz vgl. oben Rz 1055 V. Teilweise streitig ist die Rechtsstellung religiöser und karitativ gebundener Schwestern. 1. a) Bei religiösen Schwestern (z.B. katholischen Ordensschwestern, Diakonissen) ist die Arbeitnehmereigenschaft nach wohl einhelliger Meinung zu verneinen, weil sie ihre Tätigkeit nicht zu Erwerbszwecken, sondern aus religiösen Beweggründen ausüben (§ 5 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG; vgl. v. Rehren, aaO. S. 9ff. ; Teich, aaO. S. 73ff.). b) Bei Mitgliedern einer (weltlichen) karitativen Schwesternschaft ist zu unterscheiden zwischen dem Rechtsverhältnis zu ihrer Schwesternschaft und dem Rechtsverhältnis zu einem nicht von der Schwesternschaft betriebenen fremden > Krankenhaus. Bei der Beurteilung der Frage, welcher Art die rechtlichen Bindungen sind, ist auf die jeweiligen Verhältnisse im Einzelfall abzustellen (ausführlich zum ganzen Teich, aaO. S. 93ff., 160ff. ; Brosius, aaO. S. 68 ff., 123 ff.). aa) Nach Auffassung des BAG besteht kein Arbeitsverhältnis zwischen der Schwesternschaft vom Roten Kreuz und der einzelnen Rote-Kreuz-Schwester, sofern diese in einem von der Schwesternschaft selbst betriebenen Krankenhaus tätig wird. Das Rechtsverhältnis zwischen der Schwesternschaft und ihren Mitgliedern erschöpft sich in diesen Fällen mangels Abschlusses eines besonderen Arbeitsvertrages in den vereinsrechtlichen Pflichten und Rechten (BAG v. 3. 6. 1975 - 1 AZR 98/74 AP Nr. 1 zu § 5 BetrVG 1972 „Rotes Kreuz"; BAG v. 18. 2. 1956, AP Nr. 1 zu § 5 ArbGG 1953; a.A. v. Rehren, aaO. S. 72ff., 90). Etwas anderes gilt für sog. Gastschwestern, die ohne Mitglied der DRKSchwesternschaft zu sein, für diese tätig werden und deren Satzung als für sich verbindlich anerkennen. Die typischen Vereinbarungen, durch die sich solche Gastschwestern gegenüber der DRK-Schwesternschaft verpflichten, in einem von dieser besetzten Krankenhaus gegen Entgelt zu arbeiten, sind Arbeitsverträge, die Arbeitsverhältnisse zur DRK-Schwesternschaft begründen (BAG v. 4. 7. 1979 - 5 AZR 8/78 -).

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bb) Ein Arbeitsverhältnis besteht auch nicht zwischen der einzelnen RoteKreuz-Schwester und dem Krankenhaus, in dem die Schwester aufgrund eines sog. GestellungsvertTages mit der DRK-Schwesternschaft tätig wird. Die von der DRK-Schwesternschaft gestellten Pflegekräfte sind keine Leih-Arbeitnehmer, sondern ihre Erfüllungsgehilfen. Der Gestellungsvertrag der DRK-Schwesternschaft ist deshalb auch kein Arbeitnehmer-Überlassungsvertrag i.S. von Art. 1 § 1 Abs. 1 AÜG (BAG v. 4. 7. 1979 - 5 AZR 8/78 - m.w.Nachw.; diese Entscheidung betrifft eine Gastschwester, die Urteilsbegründung gilt jedoch auch für Mitglieder der DRK-Schwesternschaft; zur Rechtsnatur der Schwesterngestellungsverträge der einzelnen Verbände eingehend Teich, aaO. S. 188 ff.). 2. Die Frage der Versicherungspflicht des hier in Rede stehenden Personenkreises in der gesetzlichen Rentenversicherung, der Krankenversicherung, der Arbeitslosenversicherung und in der gesetzlichen Unfallversicherung richtet sich nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 AVG, § 172 Abs. 1 Nr. 6 RVO, §§ 168 Abs. 1, 169 Nr. 1 Satz 1 AFG, § 541 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 RVO (ausführlich dazu Teich, aaO. S. 266ff.). VI. Für das Krankenpflegepersonal gilt als öffentlichrechtliche Arbeitszeitregelung noch die KrAZO, die eine wöchentliche Höchstarbeitszeit von 60 Stunden vorsieht (näher dazu Rieger, Die Arbeitszeit in Krankenanstalten, S. 9ff., > Bereitschaftsdienst Rz 348). VII. Das Krankenpflegepersonal unterliegt der strafrechtlichen Schweigepflicht nach § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB (> S c h w e i g e p f l i c h t Rz 1619).

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VIII. Haftung. > B e h a n d l u n g s f e h l e r Rzn. 317ff. ; vgl. auch Teich, DtKrankenpflZ 1974, 413ff. ; ders., aaO. S. 243ff. ; zu den Sorgfaltspflichten des Krankenpflegepersonals bei der Pflege eines beinamputierten Patienten vgl. OLG Düsseldorf v. 18. 7. 1974, DMW 1976, 1234). IX. Zum Weisungsrecht des Chefarztes > Chefarzt Rz 523 X. Der Mißbrauch einer im Inland staatlich anerkannten oder genehmigten Berufstracht oder eines Berufsabzeichens der Krankenpflege wird gem. § 126 OWiG als Ordnungswidrigkeit geahndet.

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I. Begriff. Im Bereich der gesetzlichen > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g (Rz 1103) versteht man darunter einen von der Krankenkasse oder einer von ihr beauftragten Stelle (meist Arbeitgeber) ausgestellten > B e h a n d l u n g s a u s w e i s , der für einen bestimmten Zeitraum (meist ein Kalendervierteljahr) den Versi-

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cherten und seine anspruchsberechtigten Angehörigen berechtigt, ärztliche oder zahnärztliche Behandlung kostenlos in Anspruch zu nehmen (Liebold; aaO. „Krankenschein"). II. Rechtsgrundlage für den Bereich der RVO-Kassen und der > Ersatzkassen sind § 188 RVO und § 8 AEKV. Seit 1. 1. 1984 wird dem Versicherten für jedes Kalenderviertel)ahr grundsätzlich nur ein Krankenschein ausgestellt („Quartalsbindung" > K r a n k e n h a u s - K o s t e n d ä m p f u n g s g e s e t z Rz 1055; vgl. auch § 11 Abs. 2 u. 3 BMV-Ä). III. Rechtsnatur. ( > B e h a n d l u n g s a u s w e i s Rz 304). 1. Der von einem Arzt ausgefüllte Krankenschein ist ein > G e s u n d h e i t s z e u g n i s i.S. des § 2 7 8 StGB (BGH, NJW 1954, 1334). 2. Krankenscheine sind i.d.R. Dateien i. S. des § 2 Abs. 3 Nr. 3 BDSG und der entsprechenden Bestimmungen in den Landesdatenschutzgesetzen. Sie sind zur Weitergabe an Dritte (Kostenträger) bestimmt und werden im allgemeinen in automatisierten Verfahren verarbeitet (§ 1 Abs. 2 BDSG), so daß die Vorschriften des Datenschutzes in vollem Umfang Anwendung finden (vgl. Hollmann, ArztR 1980, 65, 67 > D a t e n s c h u t z , > K r a n k e n u n t e r l a g e n Rz 1078).

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IV. Eine Versicherung gegen den Verlust von Krankenscheinen durch Brand, Diebstahl usw., wie sie von verschiedenen Versicherungsgesellschaften angeboten wird, kann angesichts der Rechtsnatur des Krankenscheines nicht dazu dienen, dem Arzt seine Honoraransprüche gegen Kostenträger zu erhalten, sondern lediglich dazu, sich gegen den mit der Nachweisführung anhand von Aufzeichnungen verbundenen erhöhten Arbeitsaufwand zu schützen (näher dazu Rieger, diagnostik 1969, 441).

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V. Die Anmahnung eines Krankenscheines auf offener Postkarte durch den Arzt ist unter dem Gesichtspunkt der ärztlichen > S c h w e i g e p f l i c h t grundsätzlich nicht zu beanstanden. Unzulässig sind jedoch Zusätze, die Einzelheiten aus dem Behandlungsverhältnis bezeichnen (z.B. „betr. Pillen-Rezept"). Verboten ist die Verwendung offener Postkarten dort, wo allgemein davon ausgegangen werden kann, daß der Patient allein schon die Tatsache der Konsultation eines bestimmten > G e b i e t s a r z t e s nicht offenbart wissen will. Dies wird insbesondere bei Psychiatern und Frauenärzten der Fall sein (vgl. Kirchhoff, Nieders. ÄB1. 1983, 88).

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V. Zur Beschlagnahme von Krankenscheinen im Strafverfahren > K r a n k e n u n t e r l a g e n Rz 1102.

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I. Begriff. Man versteht darunter die Summe aller Daten, die der Arzt und seine Hilfspersonen zur Erfüllung der ärztlichen Aufgabenstellung im Wege der Übermittlung durch den Patienten oder durch eigene Erhebung ermittelt oder selbst erzeugt haben (Lilie, aaO. S. 122; Eberle bei Kilian-Porth, aaO. S. 114). Dazu gehören u.a.: >Krankengeschichten mit allen Anamneseformen (Diagnose, Verlaufsberichte, Prognose, Epikrise), Untersuchungsbefunde, Karteikarten ( > Patientenkartei), > Arztbriefe, Operations- und Transfusionsberichte, Anästhesieprotokolle, Röntgenfilme, Blutproben, EKG, EEG, aus dem Körper des Patienten entfernte Fremdkörper, Audiogramme, Szintigramme, Patientenfotos, Tonbandaufnahmen, histologische Präparate, Sektionsprotokolle (vgl. Jäckel, bei Mergen, aaO. Bd. II S. 164; Lilie, aaO. S. 120f.).

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II. Rechtsnatur. 1. Krankenunterlagen können Urkunden im strafrechtlichen Sinne (§§ 267, 274 StGB) sein (näher dazu Jäckel, aaO. S. 177ff.). Sie unterliegen wie alle übrigen Patientengeheimnisse der ärztlichen > Schweigepflicht. 2. Streitig ist, ob Krankenunterlagen dem > Datenschutz unterliegen. Dies wird bei Krankenunterlagen, die in herkömmlicher Form geführt werden, also vor allem bei Krankenunterlagen niedergelassener Ärzte, bereits deshalb zu verneinen sein, weil diese keine „Dateien" sondern Akten oder Aktensammlungen i. S. des § 2 Abs. 3 Nr. 3 BDSG (und der entsprechenden Vorschriften in den Landesdatenschutzgesetzen) sind, die nicht durch automatisierte Verfahren umgeordnet oder ausgewertet werden können. Der Inhalt solcher Krankenunterlagen beschränkt sich in aller Regel nicht auf Daten in kompakter Form, die zur Auswertung in schematisierten Verfahren geeignet oder bestimmt sind, sondern besteht aus einer chronologisch geordneten Dokumentation aller während der Behandlung angefallener Unterlagen wie z.B. >Arztbriefe, > Gutachten, fremde Untersuchungsbefunde, Bescheide von Behörden usw. (vgl. hierzu Auernhammer, aaO. § 2 Rz 27; Grell, aaO. § 4, Anm. 41; a.A. Lilie, aaO. S. 157, der in Verkennung der tatsächlichen Verhältnisse annimmt, daß sich die Krankenunterlagen des niedergelassenen Arztes in einem „Vordruck in Form von faltbaren Karteikarten" erschöpfen > Patientenkartei; ähnlich Kilian in: Kilian-Porth, aaO. S. 127f.). Darüber hinaus sind Krankenunterlagen im allgemeinen weder zur Übermittlung an Dritte noch zur Verarbeitung in automatisierten Verfahren bestimmt (§ 1 Abs. 2 S. 2 BDSG; vgl. Hollmann, ArztR 1980, 65ff.), sondern dienen intern der Erfüllung der dem Arzt im Verhältnis zum Patienten obliegenden > Dokumentationspflicht. Diese Zweckbestimmung wird nicht schon dadurch aufgehoben, daß bestimmte Daten im Einzelfall an Stellen übermittelt werden müssen, die in das Behandlungsgeschehen im Interesse des Patienten einbezogen sind (z. B. an Sozialversicherungsträger sowie mitbehandelnde Arztkollegen; vgl. hierzu auch Grell, aaO. § 1, Anm. 7 ; a.A. Lilie, aaO. S. 161). Sonach finden die Datenschutzgesetze auf Krankenunterlagen nur dann An-

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Wendung, wenn sie insgesamt oder Teile daraus in automatisierten Verfahren verarbeitet werden (§ 1 Abs. 2 S. 2 BDSG; im Ergebnis ebenso Hollmann, aaO. S. 67; Schaefer, DÄ 1980, 2427ff.). Dies trifft besonders für Krankenhäuser zu, wo vor allem zu Abrechnungszwecken aus den hierfür von den Krankenhaus'ärzten an die Krankenhausverwaltung gemeldeten Patientendaten Teildateien gebildet werden (so zutreffend Kilian, aaO. > Krankenhaus Rz 1022). Eine Verarbeitung von Teilen von Krankenakten erfolgt z. B. auch im betriebsärztlichen Dienst (>Betriebsarzt Rzn. 431 ff.). Ausnahmslos unter das Datenschutzrecht fallen > Krankenscheine (Rz 1074). Im übrigen ist zu beachten, daß für eine extensive Anwendung des Datenschutzrechts auf ärztliche Krankenunterlagen deshalb keine Notwendigkeit besteht, weil die darin enthaltenen Patientendaten durch die ärztliche > Schweigepflicht, die in jedem Falle datenschutzrechtlichen Bestimmungen vorgeht ( > Datenschutz Rz 544), ausreichend geschützt sind. III. Es besteht eine Pflicht des Arztes zur Führung von Krankenunterlagen aufgrund der ärztlichen > Dokumentationspflicht, die auch Inhalt und Form der ärztlichen Aufzeichnungen bestimmt. Für Krankenhäuser ergibt sich eine Dokumentationspflicht aus dem > Krankenhausaufnahmevertrag, wenn das Krankenhaus hiernach auch die ärztliche Behandlung schuldet ( > Krankenhausaufnahmevertrag Rzn. 1033, 1035, > Dokumentationspflicht Rz 570; vgl. auch unten Rz 1086).

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IV. Die Dokumentationspflicht des Arztes bzw. des Krankenhauses umfaßt auch die Pflicht zur Aufbewahrung der im Rahmen einer Behandlung angefallenen Krankenunterlagen (vgl. Baumgärtel in: Gedächtnisschr. f. R. Bruns, S. 93, 99.). 1. Regelungen über die Aufbewahrungspflicht finden sich in zahlreichen Einzelvorschriften. a) Nach der ärztlichen > Berufsordnung (vgl. § 11 Abs. 2 Satz 1 MuBO) sind ärztliche Aufzeichnungen zehn Jahre nach Abschluß der Behandlung aufzubewahren, soweit nicht nach anderen gesetzlichen Vorschriften eine längere Aufbewahrungspflicht besteht. Eine längere Aufbewahrungsfrist gilt z.B. in folgenden Fällen: aa) In Berlin sind Krankenunterlagen einschließlich Röntgenaufnahmen in Krankenanstalten nach § 5 der Verordnung über die Führung und Aufbewahrung von Krankengeschichten v. 1.7. 1952 (GVBl. S. 557) 30 Jahre aufzubewahren. bb) Nach der > Röntgenverordnung und der > StrahlenschutzverOrdnung (§ 29 Abs. 4 RöV, § 43 Abs. 3 StrlSchV) sind Aufzeichnungen über entsprechende Behandlungen 30 Jahre nach der letzten Behandlung, Aufzeichnungen über Untersuchungen 10 Jahre nach der letzten Untersuchung aufzubewahren. Zu den Aufzeichnungen über Röntgenbehandlungen gehören auch die Bestrahlungsprotokolle, zu den Aufzeichnungen über Röntgenuntersuchungen auch die Röntgenfilme (vgl. Richtlinien über die Durchführung der

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RöV v. 15. 3. 1974, Absch. C Ziff. 5.1 u. 5.2, BGesuBl. 1974, 119, 122; a.A. bezüglich Röntgenfilmen Narr, aaO. Rz 948). Die Aufbewahrung von Röntgenaufnahmen braucht nicht notwendig durch den Röntgenarzt zu erfolgen. Dieser kann vielmehr die bei ihm angefallenen Unterlagen z. B. dem überweisenden Allgemeinarzt überlassen oder an ein Zentralarchiv abgeben (§ 29 Abs. 5 Satz 2 RöV, § 43 Abs. 4 Satz 2 StrlSchV. Der überweisende Arzt ist nicht verpflichtet, aber berechtigt, auf Verlangen des Radiologen Röntgenaufnahmen bei sich aufzubewahren (näher dazu Rieger, DMW 1978, 996). cc) Gem. C 4 der Richtlinien für die Bestellung von Durchgangsärzten i.d.F.v. 1. 4. 1982 (abgedr. bei Noeske-Hamacher-Franz, aaO, Erl. zu Ltnr. 21, S.I/250 ist der freipraktizierende C> D u r c h g a n g s a r z t verpflichtet, alle Unterlagen über das Durchgangsarztverfahren einschließlich Röntgenbilder mindestens 15 Jahre aufzubewahren. Zur Aufbewahrungsfrist für Krankenhäuser bei Zulassung zum Verletzungsartenverfahren vgl. unten Rz 1086. dd) Eine längere Aufbewahrung als zehn Jahre ist auch dann erforderlich, wenn sie nach ärztlicher Erfahrung geboten ist (vgl. § 11 Abs. 2 Satz 2 MuBO). Dies kann z.B. dort der Fall sein, wo mit Spätfolgen nach > A r b e i t s u n f ä l l e n und > Beruf s k r a n k h e i t e n zu rechnen ist. b) Für den > K a s s e n a r z t enthält § 5 Abs. 2 BMV-Ä eine dem § 11 Abs. 2 MuBO entsprechende Regelung der Aufbewahrungspflicht. Durchschriften von > Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen soll der Kassenarzt ein Jahr aufbewahren (§ 21 Abs. 2 BMV-Ä). c) Aufzeichnungen bei der Behandlung von Geschlechtskranken sind nach §2 Abs. 3 der 1. DVO zum GeschlkrG 5 Jahre aufzubewahren. d) Für die Aufbewahrung der Formblätter von Betäubungsmittelrezepten gilt nach § 5 Abs. 5 BtMW[ > B e t ä u b u n g s m i t t e l r e c h t ) eine dreijährige Aufbewahrungsfrist. e) Die aufgrund des > A r z t v e r t r a g e s und des > K r a n k e n h a u s a u f n a h m e v e r t r a g e s bestehende Aufbewahrungspflicht (vgl. oben Rz 1079 > D o k u m e n t a t i o n s p f l i c h t Rz 570) wird hinsichtlich ihrer Dauer durch die vorstehend beispielhaft genannten Vorschriften konkretisiert. Soweit im Einzelfall eine Aufbewahrungspflicht aufgrund mehrerer Vorschriften mit verschiedenen Aufbewahrungsfristen besteht, gilt die längste Aufbewahrungsfrist. So geht z. B. die zehnjährige Aufbewahrungsfrist nach der ärztlichen > Berufso r d n u n g der fünfjährigen Aufbewahrungsfrist nach § 2 Abs. 3 der 1. DVO zum GeschlKrG vor. Die nach einzelnen Vorschriften bestehenden Aufbewahrungsfristen lassen die gesetzlichen Verjährungsfristen unberührt. Im Hinblick darauf, daß Schadensersatzansprüche von Patienten regelmäßig erst in 30 Jahren verjähren, kann es ungeachtet im Einzelfall vorgeschriebener kürzerer Aufbewahrungsfristen zweckmäßig sein, Krankenunterlagen während dieses Zeitraums aufzubewahren. 2. Einzelfragen a) Die vertragliche und berufsrechtliche Aufbewahrungspflicht des Arztes besteht unabhängig davon, ob ein Arztkollege ebenfalls zur Aufbewahrung der betreffenden Unterlagen verpflichtet ist. Der Pathologe

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oder Laborarzt z.B. muß Durchschriften von Aufzeichnungen über durchgeführte Untersuchungen aufbewahren, auch wenn er das Original an den behandelnden Arzt sendet,, dem diesbezüglich ebenfalls eine Aufbewahrungspflicht obliegt (näher dazu Rieger, DMW 1976, 558). b) Sofern die Herstellung von Aufzeichnungen unter Einsatz der modernen Technik zulässig ist (z. B. Mikroverfilmung, Aufzeichnungen auf elektronische Datenträger!, genügt unter bestimmten Voraussetzungen die Aufbewahrung dieser Unterlagen nach Vernichtung der Originale. Dies gilt auch für die Aufbewahrung von Röntgenaufnahmen ( > D o k u m e n t a t i o n s p f l i c h t Rz 573). c) Die Vorschriften über die Aufbewahrungspflicht gelten auch für die Aufbewahrung von Unterlagen Verstorbener (vgl. Kierski, BGesuBl. 1975, 321) und zwar auch dann, wenn hierüber ein schriftlicher Befundbericht vorliegt. Unzulässig ist daher z.B. die Vernichtung von EKG-Kurven und Röntgenfilmen, auch wenn hierüber ein schriftlicher Befundbericht vorliegt (Rieger, DMW 1973, 2097; vgl. aber LG Berlin, Landarzt 1954, 711 [zitiert nach Jäckel bei Mergen aaO. Bd. II S. 169], wonach der Arzt keine Beweisnachteile erleiden soll, wenn er nach einer Behandlung mit anschließendem Tod des Patienten das Krankenblatt vernichtet).

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d) Bei der Aufbewahrung von Krankenunterlagen bei Institutionen (z.B. Krankenhäuser, Sozialversicherungsbehörden, Gesundheitsämter) ist zu unterscheiden zwischen der Aufbewahrungspflicht der Institution als solcher und der Aufbewahrungspflicht der bediensteten Ärzte. Im ersten Fall sind die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen oder Verwaltungsvorschriften maßgebend (z. B. 3jährige Aufbewahrung für Krankengeschichten nach den Richtlinien des Min. f. Wiss. u. Forschung des Landes Nordrh.-Westf. gem. RdErl. v. 17. 2. 1978 - ZA 7 - 2023.0; 15jährige Aufbewahrungsfrist für Hamburger Krankenhäuser gem. Verwaltungsvorschrift der Gesundheitsbehörde, vgl. Vogel, MMW 1979, 735; 30jährige Aufbewahrungsfrist für Krankenhäuser bei Zulassung zum berufsgenossenschaftlichen Verletzungsartenverfahren gem. Ziff. 5.2. der „Anforderungen an Krankenhäuser für die Zulassung zum Verletzungsartenverfahren", Ausgabe August 1978, abgedr. bei Noeske-Hamacher-Franz, aaO. Erl. zu Ltnr. 44 S.1/474ff.). Unabhängig davon unterliegen die angestellten und beamteten Ärzte den berufsrechtlichen Bestimmungen über die Aufbewahrung von Krankenunterlagen, ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse (dazu unten Rzn. 1088f.). Der Dienstherr ist aufgrund seiner beamtenrechtlichen oder arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht gehalten, dem Arzt die Einhaltung der auch zu seinem Schutze erlassenen berufsrechtlichen Vorschriften über die Aufbewahrungspflicht zu ermöglichen. Entgegenstehende Weisungen (z. B. Vernichtung von Unterlagen nach Abschluß eines RentenVerfahrens) braucht der angestellte oder beamtete Arzt nicht zu befolgen (näher dazu Rieger, DMW 1972, 2018).

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Nach § 47 Abs. 2 der 3. DVO zum GesVereinhG hat der > A m t s a r z t in den seiner Beaufsichtigung unterliegenden Krankenanstalten mindestens einmal jährlich die ordnungsgemäße Führung und Aufbewahrung der Krankenunter-

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lagen zu überprüfen. Die Prüfungspflicht erstreckt sich jedoch nur auf die Formalien, nicht auf den Inhalt der Krankenunterlagen (Schulz, aaO. S. 30). e) Im Falle der Praxisaufgabe muß der Arzt dafür Sorge tragen, daß die vorhandenen Krankenunterlagen in gehörige Obhut gegeben werden (vgl. § 11 Abs. 4 MuBO). Er darf daher nur diejenigen Unterlagen vernichten, für die die Aufbewahrungsfrist nach der Berufsordnung oder anderen einschlägigen Vorschriften bereits abgelaufen ist (vgl. Narr, aaO. Rz 939). Nach § 29 Abs. 4 Satz 2 RöV und § 43 Abs. 3 Satz 2 StrlSchV kann die zuständige Behörde bei Praxisaufgabe verlangen, daß die Aufzeichnungen unter Wahrung der ärztlichen Schweigepflicht bei einer von ihr bestimmten Stelle zu hinterlegen sind. Hiervon wurde z. B. in Bayern Gebrauch gemacht. Teilweise werden Krankenunterlagen nach Praxisaufgabe von den > Ä r z t e k a m m e r n in Verwahrung genommen, ohne daß hierzu nach den Kammer- und Heilberufsgesetzen eine Rechtspflicht besteht. Die Überlassung der Rrankenunterlagen an einen anderen niedergelassenen Arzt im Einzugsbereich der aufgegebenen Praxis dürfte im Hinblick auf die ärztliche Schweigepflicht unter dem Gesichtspunkt der mutmaßlichen Einwilligung ( > Schweigepflicht Rzn. 1648ff.) jedenfalls dann zulässig sein, wenn dem Arzt eine weitere Aufbewahrung mit jederzeitiger Zugriffsmöglichkeit nicht zumutbar ist (z. B. bei Verlegung des Wohnsitzes ins Ausland, Aufnahme in ein Altersheim) und Patienteninteressen nicht erkennbar entgegenstehen. f) Die aufgrund des > Arztvertrages bestehende, durch die berufsrechtlichen Vorschriften insbesondere hinsichtlich ihrer Dauer konkretisierte Aufbewahmngspflicht (vgl. oben Rz 1083, > D o k u m e n t a t i o n s p f l i c h t Rz 570) ist nicht höchstpersönlicher Natur und geht daher im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge (§ 1922 BGB) auf die Erben des Arztes über (näher dazu Rieger, ABl. Bad.-Wttbg. 1972, 232). 3. Rechtsfolgen bei Verletzung der Aufbewahrungspflicht > D o k u m e n t a t i o n s p f l i c h t Rzn 574 f. V. Die Eigentumsverhältnisse an Krankenunterlagen richten sich nach den allgemeinen Vorschriften des BGB. 1. Danach erwirbt bei der Behandlung in der > Arztpraxis grundsätzlich nicht der Patient, sondern der Arzt Eigentum an den angefallenen Krankenunterlagen (vgl. Narr, aaO. Rz 947 m. Nachw.; Jäckel bei Mergen, aaO. Bd. II S. 171 f.). Daß der Patient oder sein Kostenträger hierfür an den Arzt Gebühren entrichtet, ist für die Frage des Eigentumserwerbs ohne Bedeutung. Dies gilt auch für Röntgenaufnahmen. So bestimmt z.B. § 5 Nr. 13 AEKV ausdrücklich, daß „Filme usw . . . . Eigentum des die Leistung ausführenden Arztes (bleiben)". Nach Abschn. C Ziff. 5.1. der Richtlinien über die Durchführung der RöV (BGesuBl. 1974, 119, 122 bleiben „die Röntgenaufnahmen . . . im Eigentum des Herstellers" (näher dazu Rieger, NJW 1975, 2239; a.A. AG Ludwigsburg, NJW 1974, 1431). 2. Bei der Herstellung von Krankenunterlagen im > K r a n k e n h a u s oder in einer sonstigen Institution kommt es für die Frage, ob der angestellte oder

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> beamtete Arzt oder der Dienstherr Eigentum erwirbt, darauf an, wer von beiden als „Hersteller" i. S. des § 950 BGB anzusehen ist. Die Entscheidung richtet sich danach, für wen nach der Lebensanschauung die Herstellung der Krankenunterlagen bewirkt ist, wobei es wesentlich auf ihre Zweckbestimmung ankommt (BGH, NJW 1952, 661). Soweit die Herstellung der Unterlagen Ausfluß des Dienstverhältnisses zwischen dem Arzt und der betreffenden Einrichtung ist, ist der Dienstherr Hersteller und damit Eigentümer. Dies ist auch bei im Rahmen der stationären Behandlung von Wahlleistungspatienten angefertigten Unterlagen der Fall, sofern die Behandlung dieses Personenkreises - wie heute i.d.R. bei angestellten > C h e f ä r z t e n - zu den Dienstaufgaben des Chefarztes gehört (> C h e f a r z t Rz 506, > L i q u i d a t i o n s r e c h t Rz 1155], Wo die Herstellung von Krankenunterlagen außerhalb der Dienstaufgaben erfolgt, erwirbt der Arbeitgeber oder Dienstherr trotzdem Eigentum, sofern die Unterlagen nach ihrer Zweckbestimmung in den Betrieb der Einrichtung eingegliedert und unabhängig vom Wechsel des Arztes, als Archivmaterial für die Weiterbehandlung der Patienten verwendet werden. Dies trifft beispielsweise zu für Krankenunterlagen > b e a m t e t e r Ärzte und ärztlicher > H o c h s c h u l l e h r e r im stationären und ambulanten Bereich ( > N e b e n t ä t i g k e i t Rz 1239, > L i q u i d a t i o n s r e c h t Rz 1156) sowie für die bei der ambulanten Tätigkeit angestellter Chefärzte anfallender Krankenunterlagen (> C h e f a r z t Rzn. 510, 527 ff.). Dagegen ist der angestellte oder beamtete Arzt als Hersteller und Eigentümer anzusehen, wenn die Unterlagen lediglich für seine privaten Forschungsarbeiten bestimmt sind, selbst wenn er sich zur Anfertigung der von seinem Arbeitgeber oder Dienstherrn bezahlten ärztlichen und nichtärztlichen Hilfskräfte bedient (BGH, aaO. S. 662 ; Jäckel bei Mergen, aaO. Bd. II S. 172). 3. > Betriebsarzt Rz 423 VI. Dem Arzt kann an den von ihm angefertigten Krankenunterlagen ein Urheberrecht zustehen, wenn diese die für den Urheberrechtsschutz (§ 2 UrhRG) erforderliche individuelle Prägung aufweisen, was in der Praxis allerdings selten der Fall sein wird (vgl. Ost, DMW 1976, 1504, 1505; Jäckel bei Mergen, aaO. S. 173f., Lilie, aaO. S. 181 ff. ; Rieger, DMW 1979, 649, 650). Regelmäßig kein Urheberrecht besteht vor allem an mit Hilfe technischer Apparate hergestellten Krankenunterlagen wie z.B. Röntgenaufnahmen, CT-Aufnahmen und EKG-Aufzeichnungen. Der Entstehung des Urheberrechts in der Person des Arztes steht nicht entgegen, daß dieser durch Dienstvertrag oder aufgrund eines Beamtenverhältnisses zur Herstellung der schutzfähigen Krankenunterlagen verpflichtet ist (BGH, NJW 1952, 661).

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VII. Herausgabe von Krankenunterlagen zur Einsicht an Dritte. Eine Pflicht zur Überlassung von Krankenunterlagen an Dritte kann grundsätzlich nur im Rahmen der ärztlichen > S c h w e i g e p f l i c h t bestehen. 1. Dies gilt auch für die Herausgabe an Gerichte und Verwaltungsbehörden, es sei denn, daß die Voraussetzungen der strafprozessualen > Beschlag-

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n ä h m e vorliegen (dazu unten Rzn. 1100f.). Grundsätzlich ist der Arzt auch dann nicht zur Vorlage seiner Behandlungsunterlagen an das Gericht verpflichtet, wenn ihn der Patient von der > Schweigepflicht entbunden hat. Er ist dann nur zur Auskunft als Zeuge verpflichtet (Schulz, aaO. S. 327; Jessnitzer, aaO. S. 190 > Z e u g n i s v e r w e i g e r u n g s r e c h t Rz 1982). Etwas anderes gilt nur, wenn eine sachgerechte Aufklärung des Sachverhalts nur durch Einsichtnahme in die Krankenunterlagen möglich ist. a) Im Sozialgerichtsverfahren begründet die Vorschrift des § 106 Abs. 3 Nr. 2 SGG, wonach der Vorsitzende zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Krankenunterlagen beiziehen kann, keine selbständige Herausgabepflicht. Die Vorschrift dient vielmehr nur der Prozeßvereinfachung; dies setzt voraus, daß die Preisgabe des Patientengeheimnisses durch einen allgemein anerkannten Rechtfertigungsgrund, z.B. das ausdrückliche oder stillschweigende Einverständnis des Patienten gedeckt ist (vgl. Narr, aaO. Rz 784; Rieger, DMW 1973, 1307; Schulz, aaO. S. 325; Jessnitzer, aaO. S. 175; a.A. Peters-Sautter-Wolff, aaO. § 106 Anm. 4b > A u s k u n f t s p f l i c h t Rz 288). Allgemein zur Bedeutung von Krankenunterlagen im Sozialrechtsstreit aus der Sicht des Juristen und des Mediziners vgl. Reblin u. Thermann, Med. Sach. 1983, 38ff., 41 f.). b) Entsprechendes gilt für die Beiziehung von Krankenunterlagen im Verfahren der Kriegsopferversorgung. Nach § 12 Abs. 2 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung i.d.F.v. 6. 5. 1976 (BGBl. S. 1171) und c) im Entschädigungsverfahren nach §192 BEG. d) Die gem. § 1543d Abs. 1 RVO bestehende > A u s k u n f t s p f l i c h t (Rz 288) gegenüber Unfallversicherungsträgem begründet keine Pflicht des Arztes zur Herausgabe von Krankenunterlagen an Unfallversicherungsträger. Gleiches gilt für die Auskunftspflicht gegenüber Sozialleistungsträgern nach § 100 SGB X. e) > J u g e n d a r b e i t s s c h u t z u n t e r s u c h u n g e n Rz 917. f) Zur Herausgabe von Krankenunterlagen Strafgefangener an die Anstaltsleitung > Anstaltsarzt i m Justizvollzugsdienst Rz 62 g) Die in § 373 Abs. 2 Satz 3 RVO normierte Pflicht der Krankenhausärzte zur Vorlage von Krankenunterlagen an Prüfungsausschüsse ist mit der ärztlichen > Schweigepflicht nicht vereinbar (> A u s k u n f t s p f l i c h t Rz 288). h) Der > Kassenarzt ist zur Vorlage von Krankenunterlagen an die > Kassenärztliche Vereinigung zur Durchführung der > W i r t s c h a f t l i c h k e i t s p r ü f u n g (Rz 1947) und der > Q u a l i t ä t s k o n t r o l l e verpflichtet (für den Ersatzkassenbereich vgl. § 5 Nr. 13 AEKV; näher dazu Narr, DMW 1983, 1610ff.). 2. Auch die Überlassung von Krankenunterlagen an andere Ärzte ist grundsätzlich nur unter Wahrung der ärztlichen Schweigepflicht zulässig. Begehrt der Patient vom Arzt Herausgabe der über ihn geführten Behandlungsunterlagen an einen mit- oder nachbehandelnden Arzt, so entbindet er hiermit den erstbehandelnden Arzt durch schlüssiges Handeln von seiner Schweigepflicht mit der Folge, daß dieser zur Herausgabe aufgrund des > Arztvertrages (Rz

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221) verpflichtet ist, sofern nicht eine Information durch > Arztbrief oder Telefon genügt, um eine sachgerechte Weiterbehandlung oder > Mitbehandlung sicherzustellen (zum letzteren Gesichtspunkt näher Rieger, DMW 1979, 1694). Im Einzelfall kann auch eine Pflicht zur Herausgabe eines Operationsberichtes gegeben sein ( > Operation Rz 1331; vgl. auch OLG Celle, NJW 1978, 1200, Ziff. 3 der Urteilsgründe). Für den Bereich der Ersatzkassen verpflichtet § 5 Nr. 13 AEKV den behandelnden Arzt ausdrücklich, anderen an der Behandlung eines Ersatzkassenpatienten beteiligten Ärzten auf Verlangen Einsicht in Röntgenbilder usw. zu gewähren. Bei der > Krankenhauseinweisung (Rz 1050) verpflichtet Nr. 3.4 der Krankenhauspflege-Richtlinien den einweisenden > Kassenarzt, alle für die stationäre Behandlung des Patienten bedeutsamen Unterlagen hinsichtlich Anamnese, Diagnostik und ambulanter Therapie beizufügen. Hierfür kann, sofern keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorliegen, das stillschweigende Einverständnis des Patienten unterstellt werden ( > Schweigepflicht Rzn 1635, 1639). 3. Zur Herausgabe von Krankenunterlagen Verstorbener > Schweigepflicht Rz 1637. VIII. Informationsanspruch des Patienten. Bei der Frage, ob der Patient einen Anspruch auf Unterrichtung bezüglich der über ihn festgehaltenen Daten hat, ist zu unterscheiden zwischen dem Informationsanspruch gegenüber dem behandelnden Arzt oder > Krankenhaus und dem Informationsanspruch gegenüber Verwaltungsbehörden und Privaten Institutionen oder Personen, die die Unterlagen in Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben verwahren. 1. Informationsrecht gegenüber dem behandelnden Arzt oder Krankenhaus. Als Formen der Information des Patienten über die ihn betreffenden Krankenunterlagen kommen Herausgabe, Einsichtgewährung und Auskunft an den Patienten selbst, einen anderen (meist weiter- oder mitbehandelnden) Arzt oder einen bevollmächtigten Nichtarzt (z.B. Rechtsanwalt) in Betracht. Dabei ist darauf hinzuweisen, daß der Informationsanspruch des Patienten sich immer nur auf die Unterlagen erstreckt, die der Arzt, gegen den der Anspruch geltend gemacht wird, selbst hergestellt hat. Informationsrechte bezüglich fremder Unterlagen sind gegen deren Hersteller unmittelbar geltend zu machen ( > Arztbrief Rz 128; Rieger, DMW 1979, 570). a) Ausgeschlossen ist zunächst ein Anspruch auf Herausgabe der Originalunterlagen zum endgültigen Verbleib beim Patienten. Dies ergibt sich bereits aus dem Zweck der Dokumentation (Lilie, aaO. S. 166) sowie vor allem daraus, daß nicht der Patient, sondern der Arzt oder das Krankenhaus Eigentümer der im Rahmen der Behandlung angelegten Krankenunterlagen wird (vgl. Narr, aaO. Rz 947 m. Nachw.; Rieger, N]W 1975, 2239). Dies gilt auch für Röntgenaufnahmen (vgl. oben Rzn. 1088f.). Im Abschnitt C Ziff. 5.1 der Richtlinien über die Durchführung der RöV heißt es ausdrücklich: „Eine Übereignung der Filme an Patienten zur Aufbewahrung wird nicht für statthaft gehalten". Der

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Patient hat jedoch gem. § 29 Abs. 3 RöV gegen den Arzt bzw. das Krankenhaus einen Anspruch auf Aushändigung eines Duplikates, dessen Herstellungskosten nicht von der gesetzlichen oder privaten > Krankenversicherung, sondern vom Patienten selbst zu tragen sind (vgl. Kierski, BGesuBl. 1975, 320; Rieger, NJW 1975, 2239). Möglich - wenn auch in der Praxis nicht üblich - ist eine leihweise Überlassung der Originalaufnahmen an den Patienten. Zur leihweisen Herausgabe von Originalunterlagen und zur Aushändigung von Ablichtungen im übrigen vgl. Rz 1096. b) In der Praxis spielt vor allem die Frage eine Rolle, ob ein Einsichtsrecht des Patienten in „seine" Krankenunterlagen besteht. Die Instanzgerichte haben mit der neueren Tendenz im Schrifttum einen mehr oder weniger uneingeschränkten Einsichtsanspruch überwiegend bejaht (vgl. zuletzt LG Limburg, NJW 1979, 607; LG Göttingen, NJW 1979, 601 m. zust. Anm. Ahrens; OLG Köln, NJW 1982, 704; KG, NJW 1981, 2521; OLG Bremen, NJW 1980, 644). Der BGH hat diese Rechtsentwicklung jetzt in zwei Grundsatzentscheidungen v. 23. 11. 1982 (NJW 1983, 328, 330 m. Anm. Wachsmuth-Schreiber, JZ 1983, 307) nur teilweise gebilligt (vgl. dazu auch die kritischen Beiträge von Nüßgens, Karlsruher Forum [Beilage zum VersR], 1983, 175 ff. u. Ahrens, NJW 1983, 2609ff.). aa) Der BGH bejaht ein grundsätzliches Einsichtsrecht des Patienten bezüglich der ihn betreffenden „naturwissenschaftlich objektivierbaren Befunde!' und „Behandlungsfakten" (BGH, aaO. S. 329). Hierzu gehören z.B. Fieberkurven, EKG-, EEG und Computeraufzeichnungen, Röntgenaufnahmen, die Bestimmung von Werten in Körperflüssigkeiten und -ausscheidungen durch chemische, physikalische oder vergleichbare Messungen, Aufzeichnungen über Medikation sowie Operationsberichte ( > O p e r a t i o n Rz 1331). Soweit die Krankenunterlagen Aufzeichnungen subjektiver (wertender) Natur enthalten, hat der BGH ein Einsichtsrecht des Patienten verneint. Zu den nicht „bewertungsneutralen" Eintragungen gehören z.B. die Anamnese, Notizen über persönliche Eindrücke sowie die aufgrund der „physikalisch objektivierten Befunde" (BGH, aaO. S. 331) vom Arzt gestellte Diagnose, bei der „subjektive Beurteilungselemente in den Vordergrund treten" (BGH, aaO. S. 331). Dies gilt erst recht für die bloße Verdachtsdiagnose. Wesentliche Einschränkungen muß das Einsichtsrecht des Patienten nach Auffassung des BGH deshalb besonders bei der psychiatrischen Behandlung erfahren, wo subjektive Bewertungen, die auch das Verhältnis des behandelnden Psychiaters zum Patienten betreffen, notwendig im Vordergrund stehen, so daß der Arzt seinerseits schutzwürdig erscheint. Zu respektieren ist auch die Besorgnis des Arztes, daß der Patient durch die Einsicht in die während seiner psychiatrischen Erkrankung entstandenen Unterlagen Schaden nehmen kann, so daß die Entscheidung über ihre Offenlegung der ärztlichen Gewissensentscheidung überlassen werden muß (vgl. aber unten bb)). Schließlich kann nicht außer acht bleiben, daß in der Krankenakte vielfach Berichte von Angehörigen enthalten sind; selbst bei deren Zustimmung zu der Einsichtnahme

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kann zweifelhaft sein, ob sie sich über die Bedeutung einer Offenlegung ihrer Angaben im klaren sind (BGH, NJW 1983, 330) bb) Die Gefahr der Selbstschädigung steht dem Einsichtsrecht des Patienten in dem vorstehend skizzierten Umfang grundsätzlich nicht entgegen. Der BGH räumt allerdings ein, „daß es besondere Situationen geben kann, in denen der Arzt dem Patienten aus therapeutischen Gründen gewisse Erkenntnisse vorenthalten darf und muß, was in nicht ganz glücklicher Weise als therapeutisches ,Privileg' bezeichnet worden ist. . . . Das ist in der Rechtsprechung selbst hinsichtlich der rechtfertigenden Aufklärung über die Risiken eines Eingriffs anerkannt (BGHZ 29, 46, 57 und ständig). Ebenso wie dort ( > Aufklärungspflicht Rz 264) sind die Grenzen für solche Ausnahmefälle aber auch hinsichtlich der Offenlegung von Befunden sehr eng zu ziehen, da die Gefahr einer mitunter gutgemeinten ärztlichen Zurückhaltung sonst den grundsätzlichen Anspruch des Patienten untergraben kann." cc) Hinsichtlich der Form der Einsichtsgewährung geht das Urteil davon aus, 1096 daß die Einsichtnahme durch den Patienten im Regelfall im Rahmen eines Arztgespräches erfolgt, billigt jedoch darüber hinaus dem Patienten einen Anspruch auf Überlassung der Aufzeichnungen zum selbstständigen Studium zu, wobei an die Stelle der Originale Ablichtungen treten können, deren Kosten der Patient dem Arzt zu erstatten hat. Sofern - der heutigen Übung entsprechend - (offenbarungspflichtige) objektive Patientendaten und (nicht offenbarungspflichtige) Aufzeichnungen-mit subjektivem Einschlag nicht getrennt geführt werden, kann die Pflicht zur Einsichtgewährung notfalls dadurch erfüllt werden, daß in den für den Patienten gefertigten Ablichtungen die nicht Offenbarungspflichtigen Stellen abgedeckt werden, wobei allerdings die Abdeckung als solche erkennbar bleiben muß. Zuvor soll der Arzt jedoch prüfen, ob überhaupt ein Anlaß besteht, dem Patienten die Einsichtgewährung zu verweigern. Das wird bei vielen Fällen somatischer Behandlung nicht der Fall sein. So wird z. B. selten ein Grund bestehen, dem Patienten die Anamnese, auf die sich nach Obigem sein außerprozessuales Einsichtsrecht regelmäßig nicht erstreckt, vorzuenthalten. Andernfall mag zunächst die gütliche Einigung auf einen neutralen Arzt empfehlenswert sein, der aber die Befugnis haben sollte, die Einsicht des Patienten nach pflichtgemäßem Ermessen zu beschränken. Erst wenn diese Vorprüfung zu keinem Ergebnis geführt hat, soll sich der Patient mit der Überlassung teilweise abgedeckter Unterlagen begnügen müssen. dd) Es erscheint fraglich, ob der vom BGH jetzt hergestellte Kompromiß in der bisherigen Auseinandersetzung „alles oder nichts" sich als praktikabel erweist und zu allseits befriedigenden Ergebnissen führen wird. Bedenken ergeben sich zunächst in den Fällen, in denen bereits die Einsicht in objektive Befunde und Berichte über Behandlungsmaßnahmen zu Gesundheitsschädigungen beim Patienten führen kann. Hier sollen nach dem Urteil des BGH für die Offenbarungspflicht des Arztes die zum sog. „therapeutischen Privileg" bei der ärztlichen Aufklärungspflicht entwickelten Grundsätze entsprechend Anwendung finden. Diese Auffassung wird dem ärztlichen Berufsethos nicht gerecht.

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Die Pflicht des Arztes zur Offenlegung der Krankenunterlagen muß bereits dort ihre Grenze haben, wo hiergegen schwere psychisch indizierte Bedenken bestehen ( > Aufklärungspflicht Rz 265). Zu Schwierigkeiten in der Praxis wird die Rechtsprechung des BGH in den Fällen führen, in denen der Arzt sich - im Einklang mit den vorstehenden Grundsätzen - nicht dazu entschließen kann, dem Patienten die vollständigen Unterlagen zur Einsichtnahme zu überlassen. Hier läuft der Arzt Gefahr, beim Patienten Mißtrauen hervorzurufen, das in Einzelfällen so weit gehen kann, daß der Patient versucht, durch eine Strafanzeige mit der Folge der Beschlagnahme der gesamten Krankenunterlagen (vgl. unten Rz 1101) sein Ziel zu erreichen. Gegen eine solche Maßnahme kann der Arzt sich auch nicht dadurch schützen, daß er alle Eintragungen, die subjektive Beurteilungselemente enthalten, auf getrennten Blättern vornimmt (vgl. Lilie, aaO. S. 192, 195). Bei dieser Sachlage können das Interesse des Arztes an der Vermeidung (unberechtigter) strafrechtlicher Ermittlungsverfahren gegen sich und das Interesse an der Vermeidung gesundheitlicher Gefahren für den Patienten in Widerstreit treten. Trotzdem wird die vom BGH für möglich erachtete getrennte Führung der Krankenunterlagen in aller Regel der Erhaltung des Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient weit eher förderlich sein, als wenn der Arzt bei einem Einsichtsbegehren des Patienten gezwungen wird, durch die Vorlage teilweise abgedeckter Ablichtungen unnötigerweise Mißtrauen hervorzurufen. Dies gilt um so mehr, wenn der Arzt sich dazu entschließt, in den offenbarungspflichtigen „bewertungsneutralen" Teil der Krankenakte zusätzlich solche Eintragungen mit subjektivem Einschlag vorzunehmen, deren Offenbarung der Patient bei Ausübung seines Einsichtsrechts einerseits erwartet und deren Kenntnis ihm andererseits nach ärztlicher Voraussicht nicht schaden kann. Im übrigen ist dem Arzt - gleichgültig ob er sich künftig für die „duale Dokumentation" entscheidet oder seine Krankenunterlagen in der herkömmlichen Form weiterführt - im Interesse einer optimalen Erhaltung und Förderung des Arzt-Patienten-Verhältnisses dringend anzuraten, dem Patienten auf dessen Verlangen seine Aufzeichnungen über den jetzt vom BGH festgelegten Umfang hinaus so weit zu offenbaren, wie dies unter ärztlichem Gesichtspunkt noch vertretbar erscheint. c) Das Einsichtsiecht des Patienten kann ganz oder teilweise auf die Eiben odei mit diesen nicht identischen Angehörigen übergehen. Soweit jedoch von der ärztlichen Schweigepflicht her gegen die Einsichtnahme Bedenken bestehen, kommt der Wahrung des Arztgeheimnisses der Vorrang zu (BGH, NJW 1983, 2627 > Schweigepflicht Rz 1637). d) Nicht zu den Krankenunterlagen, an denen dem Patienten unter den vorstehend genannten Voraussetzungen ein Einsichtsrecht zusteht, gehört ein von einem Arzt im Auftrag eines Dritten erstattetes ärztliches Gutachten (OLG Köln, NJW 1983, 2641; vgl. auch unten Rz 1099 > G u t a c h t e n Rz 740).

e) > Auskunftspflicht Rz 288, > Datenschutz Rz 543

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2. Einsichtsrecht gegenüber Verwaltungsbehörden und privaten Stellen: a) Im Sozialleistungsbereich kann der betreffende Leistungsträger den bei Vorliegen eines rechtlichen Interesses grundsätzlich bestehenden Anspruch des Leistungsberechtigten auf Akteneinsicht dann, wenn die Akten Gesundheitsdaten enthalten, auch dadurch erfüllen, daß er den Akteninhalt dem Betreffenden durch einen Arzt vermitteln läßt. Diese Möglichkeit besteht vor allem in den Fällen, in denen zu befürchten ist, daß die Kenntnisnahme des vollständigen Akteninhalts dem Betroffenen erhebliche Nachteile für seine Gesundheit zufügen würde (§ 25 Abs. 2 SGB X). b) Im Beieich der allgemeinen Verwaltung gewährt § 29 Abs. 1 VwVfG (entsprechende Vorschriften finden sich in den Landesverwaltungsverfahrensgesetzen) den Beteiligten bei Vorliegen eines rechtlichen Interesses grundsätzlich ein Recht auf Akteneinsicht, wobei auch hier Einschränkungen analog § 25 Abs. 2 SGB X gerechtfertigt erscheinen ( > G u t a c h t e n Rz 741). c) Besondere Probleme ergeben sich bei Informationsbegehren von Strafgefangenen. Diese haben auch unter dem Gesichtspunkt der Einsicht in behördliche Akten keinen generellen Anspruch auf Einsichtnahme in die von der Vollzugsbehörde über sie geführten Krankenunterlagen. § 29 VwVfG und die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften gelten nicht für den Strafvollzug (vgl. § 2 Abs. 3 Nr. 1 VwVfG; näher dazu Haß, NJW 1980, 466). Andererseits kann dort, wo nach allgemeinen Grundsätzen ein Einsichtsrecht besteht, dieses grundsätzlich nicht mit dem Hinweis auf die Strafgefangeneneigenschaft verneint werden (ebenso Molketin, MDR 1980, 544, der jedoch von einem generellen Einsichtsrecht auch des Strafgefangenen ausgeht). Im Einzelfall kann aber das Interesse eines geordneten Strafvollzugs das Interesse des Strafgefangenen an der Einsichtnahme überwiegen und daher die Behörde zur Ablehnung des Einsichtsverlangens berechtigen (im Ergebnis ebenso Haß, NJW 1980,466; Lilie, aaO. S. 185ff.). Keinesfalls kann die Einsichtnahme mit der Begründung verweigert werden, daß die Krankenunterlagen im ausschließlichen Eigentum der Vollzugsbehörde stehen (so aber LG Augsburg, NJW 1980, 465, kritisch dazu Schlüchter, ArztR 1980, 216). Unzulässig ist auch eine Verweigerung der Einsichtnahme mit dem Hinweis, daß die Krankenakte Bestandteil der Personalakte des Gefangenen sei, in die dieser nur nach Ermessen der Anstaltsleitung Einsicht nehmen könne. Die ärztliche > Schweigepflicht gebietet eine getrennte Führung von Personal- und Krankenakte (so mit Recht Zieger bei Heim, Zwangsernährung, S. 83 f.).

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d) Das Informationsrecht des Patienten gegenüber privaten Stellen, die ihn betreffende Krankenunterlagen im Rahmen der ihnen übertragenen Aufgaben verwahren, richtet sich in erster Linie nach den zugrundeliegenden privatrechtlichen Rechtsbeziehungen. Im übrigen gilt fentsprechendes wie bei ärztlichen > G u t a c h t e n (Rz 742). Der bei einer privaten > Krankenversicherung (Rz 1107) versicherte Patient, der von der Versicherungsgesellschaft zu einer ärztlichen Nachuntersuchung bestellt worden ist, hat keinen Anspruch auf Einsicht in den hierüber angefertigten Arztbericht zu dem Zweck, mit Hilfe des Gutachtens Ansprüche gegen eine Haftpflichtversicherung durchzusetzen (LG Hamburg, VersR 1982, 997).

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IX. Aus dem besonderen Grundrechtsschutz ; den Krankenunterlagen genießen (vgl. BVerfG, NJW 1972, 1123; OLG Celle, NJW 1965, 362) ergeben sich notwendig Beschränkungen für ihre Beschlagnahme im Strafverfahren 1. § 97 Abs. 1 StPO enthält ein Beschlagnahmeverbot für Krankenunterlagen, die ein Arzt über einen in einem späteren Strafverfahren beschuldigten Patienten errichtet hat, sofern sich die Unterlagen noch in seinem Gewahrsam, im Gewahrsam seines Praxisnachfolgers (BVerfG, NJW 1972, 1123), einer Krankenanstalt oder einer anerkannten Beratungsstelle nach § 218 b Abs. 2 Nr. 1 StGB ( > Schwangerschaftsabbruch Rz 1594) befinden (§ 97 Abs. 2 StPO). Nach einem Beschluß des OLG Celle v. 30. 9. 1964 (NJW 1965, 362) und einem Beschluß des LG Hildesheim v. 29. 10. 1981 (NStZ 1982, 394) gilt dieses Beschlagnahmeverbot nur für die Beschlagnahme in Strafverfahren, die sich gegen den Patienten als Beschuldigten richten, obwohl der Wortlaut des § 97 Abs. 1 Nr. 3 StPO einer solchen Beschränkung entgegensteht. Nach Auffassung des OLG Celle kann in Fällen, in denen der Patient nicht als Beschuldigter in Betracht kommt, ein Beschlagnahmeverbot nur aus Art. 1, 2 GG hergeleitet werden. Diese Auslegung der strafprozessualen Vorschriften über die Beschlagnahmefreiheit begegnet Bedenken. Es widerspricht dem den Schutz des Patienten bezweckenden Norm des § 97 Abs. 1 StPO, das > Zeugnisverweigerungsrecht zwar hinsichtlich aller Patienten zu bejahen (vgl. § 53 Abs. 2 StPO > Z e u g n i s v e r w e i g e r u n g s r e c h t Rz 1981), die Beschlagnahmefreiheit aber nur beim beschuldigten Patienten zu achten (Kohlhaas, Anm. zum Beschluß des OLG Celle v. 30. 9. 1964, JR 1965, 109, 110). Jedenfalls verlangt die verfassungskonforme Auslegung des § 97 Abs. 1 Nr. 3 StPO, alle beim Arzt vorhandenen Rrankenunterlagen dem strafprozessualen Beschlagnahmeverbot zu unterwerfen ohne Rücksicht auf die Beschuldigteneigenschaft eines Patienten. Etwas anderes gilt nur dann, wenn es - wie in dem vom OLG Celle (im Ergebnis zutreffend) entschiedenen Fall - nicht um die Wahrung der Interessen des Patienten gegenüber der Strafverfolgungsbehörde geht, sondern die Berufung auf das Beschlagnahmeverbot dazu dient, den einer Straftat (z.B. eines > Behandlungsfehlers) verdächtigen Arzt zu decken (Kohlhaas, aaO. S. 110).

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2. Das Beschlagnahmeverbot gilt nach h. M. nicht, wenn der Arzt selbst Beschuldigter in einem Strafverfahren oder der Teilnahme Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig ist (§ 97 Abs. 2 Satz 3 StPO; LG Koblenz, NJW 1983, 2100 [Zahnarzt]; teilweise a.A. Siegmund-Schultze, ArztR 1973, 43; Narr, aaO. Rz 784). Richtiger Ansicht nach muß eine Beschlagnahme von Krankenunterlagen in einem gegen den Arzt allein gerichteten Strafverfahren unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit jedenfalls so lange als unzulässig erachtet werden, als eine Sachverhaltsaufklärung durch andere Beweismittel möglich ist (vgl. LG Dortmund, NJW 1972, 1533). 3. Streitig ist, ob die Beschlagnahme dann uneingeschränkt zulässig ist, wenn der Beschuldigte den Arzt der beschlagnahmenden Behörde gegenüber von der Schweigepflicht entbunden hat (vgl. die Nachweise bei Jessnitzer, aaO. S. 189 Anm. 11). Richtiger Ansicht nach dürfen Krankenunterlagen in diesen Fällen nur dann beschlagnahmt werden, wenn keine zwingenden ärztlichen

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Gründe oder Geheimnisse Dritter entgegenstehen (vgl. Narr, aaO. Rz 784 m. w. Nachw.). Da Erben keine wirksame Entbindungserklärung abgeben können (> S c h w e i g e p f l i c h t Rzl637), sind die Krankenunterlagen Verstorbener dem Zugriff im Strafverfahren entzogen (vgl. Lilie, DÄ 1982/38, S. 61, 65). 4. Unter den Voraussetzungen des § 73 SGB X ist die Offenbarung von Sozialdaten für Strafverfolgungszwecke auf richterliche Anordnung zulässig; eine zwangsweise Durchsetzung ist indes nicht vorgesehen. § 73 SGB X ist lex specialis zu den strafprozessualen Beschlagnahmevorschriften, die daneben weder zwecks Erlangung zusätzlicher Sozialdaten noch bei einer Ablehnung des Auskunftsbegehrens angewandt werden dürfen (Schatzschneider, MDR 1982, 6, 8 f. ; a.A. LG Regensburg v. 21. 1. 1983 - 2 Qa 124/82 - [Beschlagnahme von > K r a n k e n s c h e i n e n , Rezepten und Patientenbefragungsbogen einer AOK bei einer KV im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen einen > K a s s e n a r z t wegen Betrugsverdacht] ).

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X. Zielt eine im Strafprozeß beantragte Beweiserhebung auf die Verwertung von Krankenakten ab, erfordert diese aber zunächst, einen großen Bestand von Krankenakten daraufhin durchzusehen, ob einzelne Akten bestimmte Merkmale aufweisen, so handelt es sich um eine unzulässige Beweisermittlung (BGH, NStZ 1982, 296).

Krankenversicherung 1. Gesetzliche Krankenversicherung. 1. Die gesetzliche Krankenversicherung nach der RVO als Zweig der Sozialversicherung deckt die Risiken ab, die sich im Krankheitsfall in Form von Behandlungskosten und Einkommensausfall ergeben (> K r a n k e n h i l f e , > K r a n k e n p f l e g e , > K r a n k e n h a u s p f l e g e ) . Die Regelleistungen umfassen ferner Maßnahmen zur Früherkennung (> F r ü h e r k e n n u n g s u n t e r s u c h u n g e n ) und Verhütung ( > V o r s o r g e u n t e r s u c h u n g e n Rz 1858) von > K r a n k h e i t e n , > M u t t e r s c h a f t s h i l f e und sonstige Hilfen (> S c h w a n g e r s c h a f t s a b b r u c h Rz 1610, > Sterilisat i o n Rz 1741|, Sterbegeld und Familienhilfe (vgl. § 179 Abs. 1 u. 2 RVO, § 21 SGB I). Eine subsidiäre Leistungspflicht besteht in bezug auf Leistungen zur > R e h a b i l i t a t i o n (Rz 1480). Im Rahmen der Arbeiten am > S o z i a l g e s e t z b u c h wird seit geraumer Zeit die Kodifizierung des Krankenversicherungsrechts vorbereitet. Dabei soll das gesamte Recht der gesetzlichen Krankenversicherung überarbeitet und in einer verständlichen und rechtssystematisch befriedigenden Form in das Sozialgesetzbuch eingearbeitet werden, das dann die RVO ablösen soll. 2. Die Versicherungspflichtigen ergeben sich aus §§ 165 ff. RVO, die Versicherungsberechtigten aus §§ 176 ff. RVO. 3. Träger der gesetzlichen Krankenversicherung sind die Krankenkassen als öffentlichrechtliche Selbstverwaltungskörperschaften (§ 29 SGB IV). Diese

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sind untergliedert in a) die RVO-Kassen, d.h. die Orts-, Betriebs- und Innungskrankenkassen; b) die See-Krankenkassen; c) die Landwirtschaftlichen Krankenkassen; d) die > B u n d e s k n a p p s c h a f t und e) die > Ersatzkassen (§ 21 Abs. 2 SGB I; §§ 226ff. RVO ; §§ 245 ff. RVO ; §§ 250ff. RVO ; §§ 1375, 476ff. RVO; §§ 44 f. KVLG; §§ 7 f. RKnG; §§ 504 ff. RVO). 4. Für die Leistungserbringung der gesetzlichen Krankenversicherung gilt das Sachleistungsprinzip (vgl. § 11 Sozialgesetzbuch I, §§ 179, 182 Abs. 1 u. 2, 184 RVO). Dies bedeutet, daß die Krankenkassen medizinische Hilfen grundsätzlich in Form von Naturalleistungen zu gewähren haben und der Versicherte keinen Anspruch auf Kostenersatz für selbstbeschaffte Leistungen hat (vgl. dazu Unger, SGb 1983, 340ff.). Aus dem Sachleistungsprinzip folgt z.B. auch, daß ein Versicherter, der die ärztliche Behandlung im > K r a n k e n h a u s als Wahlleistung in Anspruch nimmt ( > Krankenhausaufnahmevertrag Rz 1037, > L i q u i d a t i o n s r e c h t Rz 1157), nicht verlangen kann, daß die Krankenkasse die Krankenhauspflegekosten in Höhe des > Arztkostenabschlags übernimmt, so daß nur die Differenz vom Versicherten zu tragen wäre (BSG, SGb 1980, 203 m. Anm. Gitter; vgl. aber BSGE 42, 117, 120, wonach es zulässig ist, daß die Krankenkasse dem Versicherten die Benutzung einer höheren als der allgemeinen Pflegeklasse ermöglicht, jedoch nur die Kosten der allgemeinen Pflegeklasse trägt). Eine Ausnahme vom Sachleistungsgrundsatz besteht in Notfällen sowie dann, wenn die Krankenkasse den Antrag des Versicherten auf Gewährung einer Sachleistung zu Unrecht abgelehnt und ihn dadurch zur Behandlung auf eigene Kosten gezwungen hat, oder wenn der Versicherte die Leistung nicht beantragt hat, sie ihm aber im Falle der Antragstellung rechtswidrig verweigert worden wäre (BSG, VersR 1983, 654). Für freiwillig versicherte Mitglieder kann die Kasse in der Satzung einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Behandlung durch einen Nichtkassenarzt vorsehen, wenn daneben die Wahlmöglichkeit bestehen bleibt, einen > Krankenschein in Anspruch zu nehmen (BSG, VersR 1982, 751; kritisch dazu Maydell, ZfS 1982, 221 ff. ; Fischwasser, BKK 1982, 74ff. ; Wanner, DOK 1982, 116ff. ; Fries/Trenk-Hinterberger, SGB 1983, 94ff. ; zustimmend Rehkopf, ErsK 1982, 472ff.). Bei der Erstattung privat bezahlter Arzneikosten darf die Kasse ihrem Mitglied vom Gesamtbetrag den Rabatt abziehen, den sie bei unmittelbarer Bezahlung an die > Apotheke als Krankenkassenrabatt ( > Apotheke Rz 69) erhalten hätte (BSG, SGb 1980, 154). Die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung besteht i.d.R. nur innerhalb des Bundesgebietes. Auf ärztliche Behandlung im Ausland besteht grundsätzlich kein Rechtsanspruch (vgl. BSG v. 28. 6. 1983 - 8 RK 22/81 -). 5. Zwischen den Krankenkassen und den Kassenärzten und > Vertragsärzt e n (Rz 1848) bestehen keine unmittelbaren Rechtsbeziehungen ( > Kassenarzt Rz 931, > Ersatzkasse Rz 591). 6. Zu den Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern > K r a n k e n h a u s Rz 1020 7. Für die Leistungspflicht bei der Behandlung durch nahe Angehörige gilt entsprechendes wie bei den > Ersatzkassen (Rz 593). Die von einem Arzt

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Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz (KVKG)

im Rahmen einer Selbstbehandlung gemachten Aufwendungen gehören nicht zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung. II. Private Krankenversicherung 1. Der Versicherer gewährt hier dem Versi- 1107 cherten bei > K r a n k h e i t (Rz 1114) Ersatz der Heilungskosten nach Maßgabe des privatrechtlichen Versicherungsvertrages, dem u. a. die Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Privaten Krankenversicherung - AVK - sowie die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung - MBKK - (abgedr. bei Prölss-Martin, aaO. S. 1123ff., 1145ff.) als Musterbedingungen zugrunde liegen; im übrigen finden die Vorschriften des W G Anwendung. Im Unterschied zur gesetzlichen Krankenversicherung gilt also das Kostenerstattungsprinzip. Danach hat der Versicherte Anspruch auf Erstattung der Kosten für die „medizinisch notwendige > H e i l b e h a n d l u n g " (§ 1 Abs. 2 MBKK; näher zu diesem Begriff J. Schmid, NJW 1981, 2504; Hof, NJW 1982, 687; K. Müller, MDR 1980, 881; Bach, VersR 1979, 792, BGH, VersR 1979, 221; OLG Hamm, VersR 1983, 385; OLG Hamburg, MedR 1983, 27). Bei Zweifeln an der medizinischen Notwendigkeit und damit an der Kostenübernahme durch die private Krankenversicherung trifft den Arzt eine Aufklärungspflicht (BGH, NfW 1983, 2630). Zum Versicherungsschutz bei stationärer Heilbehandlung vgl. Bach, aaO. > Selbsteinweisung Rz 1687. 2. Keine Leistungspflicht der privaten Krankenkassen besteht grundsätzlich 1108 bei der Behandlung durch Ehegatten, Eltern oder Kinder (vgl. § 5 Abs. 1 g) MBKK). Soweit der Versicherungsvertrag keine abweichenden Vorschriften enthält gilt für die Leistungspflicht bei der Behandlung durch nahe Angehörige entsprechendes wie im > Beihilferecht (Rz 333). Nicht erstattungsfähig sind auch die vom Arzt im Rahmen einer Selbstbehandlung gemachten Aufwendungen. Teilweise werden jedoch die Kosten für Medikamente sowie Sachkosten übernommen (vgl. dazu DDA 1980/11, S. 40; 1981/1, S. 35). III. Besondere Einrichtungen der KrankenfUrsorge bestehen im öffentlichen Dienst (> Beihilferecht, > K r a n k e n Versorgung der B u n d e s b a h n b e a m t e n , > P o s t b e a m t e n k r a n k e n k a s s e > Freie Heilfürsorge).

Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz (KVKG) Das Gesetz zur Dämpfung der Ausgabenentwicklung und zur Strukturverbes- 1109 serung in der gesetzlichen Krankenversicherung (Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz - KVKG -) v. 27. 6. 1977 (BGBl. S. 1069), meist kurz als „Kostendämpfungsgesetz" oder auch „Erstes Kostendämpfungsgesetz" (im Gegensatz zum OKostendämpfungs-Ergänzungsgesetz) bezeichnet, brachte u.a. folgende einschneidende Änderungen des bis dahin geltenden

Krankenverslcherungs-Kostendämpfungsgesetz (KVKG)

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Krankenversicherungs- und Kassenarztrechts (vgl. zum folgenden Hess, DÄ 1977, 1837ff. ; Heinemann-Liebold, aaO. Überbl. A 55ff.). 1. Umstellung der Verordnungsblattgebühr auf 1 D M je verordnetes Mittel (§ 182 a RVO; inzwischen überholt, > Rezeptgebühr),• 2. Begrenzung der Kosten für Zahnersatz auf einen Zuschuß von höchstens 80%, nur in Härtefällen noch volle Kostenübernahme (§ 182 c RVO; inzwischen überholt, > K o s t e n d ä m p f u n g s - E r g ä n z u n g s g e s e t z ) ; 3. Umstellung der Hauspflege von der Kann-Leistung zur Pflichtleistung der Krankenkassen (§ 185 RVO); 4. Einbeziehung der Zahntechniker in gesetzliche Normen des Kassenarztrechts (§§ 368, 368g, 368 i RVO); 5. Beteiligung anderer Krankenhausärzte außer den > C h e f ä r z t e n an der kassenärztlichen Versorgung (§ 368 a RVO); 6. Änderung des Vergütungssystems, u. a. Möglichkeit eines Festbetrages, einer Plafondierung, ausdrückliche Nennung einiger zu berücksichtigender Veränderungskoeffizienten (§368 f. Abs. 2 und 3 RVO); 7. Jährliche Empfehlungen über eine angemessene Veränderung der > Ges a m t v e r g ü t u n g auf Bundesebene (§ 368 f Abs. 4, § 405 a RVO > Konzertierte Aktion); 8. Höchstbegrenzung der Ausgaben für > A r z n e i m i t t e l (> A r z n e i m i t t e l h ö c h s t b e t r a g ) , verschärfte Bedingungen für > A r z n e i r e g r e s s e (§368f Abs. 6 RVO) und jährliche Empfehlungen über die Veränderung der Arzneimittelhöchstbeträge (§ 368 f Abs. 7 RVO); inzwischen teilweise geändert durch das > K o s t e n d ä m p f u n g s - E r g ä n z u n g s g e s e t z ; 9. Bildung von Bewertungsausschüssen zur Festlegung einheitlicher Bewertungsmaßstäbe (EMB) gemeinsam für RVO-Kassen und > Ersatzkassen (§§ 368 g Abs. 4, 368 i Abs. 8-10 RVO > B e w e r t u n g s m a ß s t a b - Ä r z t e Rz 448, > E r s a t z k a s s e n - G e b ü h r e n o r d n u n g ) ; 10. Sicherstellung der ärztlichen Versorgung für Personen, die Anspruch auf freie Heilfürsorge haben, zu den Vergütungssätzen für Ortskrankenkassen durch die > K a s s e n ä r z t l i c h e n bzw. Kassenzahnärztlichen V e r e i n i g u n g e n (§ 368 n Abs. 2 RVO > Freie H e i l f ü r s o r g e Rz 648); 11. Paritätische Besetzung der Prüfinstanzen mit wechselndem Vorsitz (§ 368 n Abs. 5 RVO > W i r t s c h a f t l i c h k e i t s p r ü f u n g Rz 1945); 12. Spezielle Bestimmungen über die wirtschaftliche Erbringung medizinisch-technischer Leistungen (§ 368 n Abs. 8 RVO); 13. Aufstellung von > Preisvergleichslisten für Arznei- und > Heilm i t t e l im Rahmen der > A r z n e i m i t t e l - R i c h t l i n i e n (§ 368 p Abs. 1 RVO); 14. Festlegung von > Arzneimitteln oder Arzneimittelgruppen, Verbandund > Heilmitteln, die nicht oder nur bei Vorliegen besonderer Voraussetzungen noch zu Lasten der Krankenkassen verordnet werden dürfen (§ 368 p Abs. 8 RVO, aufgehoben durch Art. 1 Nr. 18 b > Kosten dämpf ungs-Ergänzungsgesetz [ > Negativliste]);

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Krankenversorgung der Bundesbeamten (KVB)

15. Weitgehende Gleichschaltung der > E r s a t z k a s s e n mit den RVO-Kassen (Rz 1104) im Vertrags- und Vergütungsrecht (§ 525 c Abs. 2 RVO); 16. die Landesverbände der Krankenkassen können mit den Landesverbänden der Krankenhäuser Verträge über eine zeitlich begrenzte > vorstation ä r e D i a g n o s t i k / n a c h s t a t i o n ä r e B e h a n d l u n g im Krankenhaus auf > Ü b e r w e i s u n g durch den > K a s s e n a r z t abschließen (§ 372 RVO).

Krankenversicherungs-Weiterentwicklungsgesetz Das Gesetz zur Weiterentwicklung des Kassenarztrechts v. 28. 12. 1976 KVWG - (BGBl. S. 3871) hat das traditionelle Kassenarztrecht fortentwickelt, ohne seine Strukturen zu ändern. Das Gesetz brachte u. a. folgende Änderungen (zum folgenden eingehend Bösche, NJW 1977, 327): 1. Einführung einer > B e d a r f s p l a n u n g für die kassenärztliche Versorgung (§ 368 Abs. 3-5 RVO); 2. Verstärkte Möglichkeiten von Zulassungsbeschränkungen (§§15, 16 ZO-Ä i.d.F. des Art. 1 Nr. 4 der Verordnung v. 20. 7. 1977, BGBl. S. 1332); 3. Gesetzliche Festlegung der Möglichkeit zur Ermächtigung von Ärzten als dritte Form der Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung (§§ 368 a Abs. 1, 368c Abs. 2 Nrn. 12, 14 RVO > K a s s e n a r z t Rz 928); 4. Möglichkeit der unmittelbaren Beteiligung von > C h e f ä r z t e n an der kassenärztlichen Versorgung bei Bedarf (bisher nur Beteiligung auf > Ü b e r w e i s u n g , § 368 a Abs. 8 Satz 1 RVO); 5. Einschaltung psychiatrischer Krankenhäuser und Krankenhausabteilungen in die ambulante kassenärztliche Versorgung (§ 368 n Abs. 6 Satz 2 RVO); 6. Bindung der vertragsärztlichen Tätigkeit für Ersatzkassen an die Zulassung als Kassenarzt (§ 525 c Abs. 1 RVO > E r s a t z k a s s e Rz 591, > Vertragsarzt Rz 1848), 7. Einführung einer besonderen Fortbildungspflicht für Kassenärzte (§ 368 m Abs. 5 RVO > F o r t b i l d u n g Rz 631).

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Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten (KVB) I. Die Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten (KVB) ist eine für den Bereich der Deutschen Bundesbahn als Körperschaft des öffentlichen Rechts betriebene Sozialeinrichtung, die an die Stelle der sonst im öffentlichen Dienst gewährten Beihilfe tritt ( > Beihilferecht). Die Mitgliedschaft in der KVB ist freiwillig. Aufnahmeberechtigt sind die bei der Deutschen Bundesbahn beschäftigten Beamten und nichtkrankenversiche-

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Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten (KVB)

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rangspflichtigen Angestellten einschließlich der hauptamtlichen Ärzte ( > Bahnarzt| nebst ihrer Familienangehörigen. Für die ambulante ärztliche Versorgung der Mitglieder der Beitragsklassen I, II und III (Beamte der Besoldungsgruppen A 1 bis A 10, zu denen auch die Versorgungsempfänger und Hinterbliebenen sowie ihre mitversicherten Angehörigen gehören) besteht gem. § 368 n Abs. 2 Satz 3 RVO ein Vertrag mit der > Kassenärztlichen Bundesvereinigung (derzeitige Fassung abgedr. in DÄ 1983/39, S. 62 ff. ). Danach haben diese Mitglieder gegen Vorlage einer Mitgliedskarte freie Wahl unter den > Kassenärzten und denjenigen Nichtkassenärzten, die den Vertrag mit der KVB gegenüber der für ihren Praxissitz zuständigen > Kassenärztlichen Vereinigung als für sich verbindlich anerkannt haben. Sie sind Selbstzahler zu den im Vertrag festgelegten Honorarsätzen ( > G e b ü h r e n o r d n u n g für Ä r z t e Rz 680) mit einem Erstattungsanspruch von i.d.R. 90% bei ambulanten ärztlichen Leistungen und 80 % bei Wahlleistungen im Krankenhaus gegen die KVB. Die Abrechnung erfolgt nicht über die KV. Die KVB ist berechtigt, aber nicht verpflichtet, Zahlungen für Rechnung des Mitglieds unmittelbar an den Rechnungsaussteller zu leisten. Bundesbahnbeamte höherer Beitragsgruppen (Beitragsklasse IV) und nichtkrankenversicherungspflichtige Angestellte, für die der vorgenannte Vertrag nicht gilt, werden als Privatpatienten mit Kostenerstattungsanspruch gegen die KVB zu den Sätzen der GOÄ '82 behandelt. Sie erhalten ebenfalls 90 % bzw. 80 % auf das vom Arzt bei korrekter Anwendung der GOÄ liquidierte Honorar von der KVB erstattet. Gleichartige Regelungen gibt es für die zahnärztliche Behandlung. Daneben besteht ein weiterer Vertrag zwischen dem Vorstand der Deutschen Bundesbahn und der KBV über die Heilbehandlung der durch Dienstunfall verletzten Bundesbahnbeamten (näher zum Ganzen vgl. Schröder, aaO. S. 275 ff. ). 1112

II. Die Bundesbahnbetriebskiankenkasse als Körperschaft des öffentlichen Rechts und Betriebskrankenkasse i. S. der §§ 245 ff. RVO ist zuständig für die krankenversicherungspflichtigen Arbeiter und Angestellten der Bundesbahn.

Krankheit 1113

I. Weder die Medizin noch das Recht kennt einen einheitlichen Krankheitsbegriff. Der Begriffsinhalt muß vielmehr jeweils nach Entstehungsgeschichte und Zweck der Vorschrift, um deren Anwendung es sich im Einzelfall handelt, gesondert ermittelt werden (BGH, NJW 1981, 1316, 1317, BGHSt 11, 304, 309). Vereinzelt vorhandene gesetzliche Begriffsbestimmungen (vgl. z. B. § 1 Abs. 3 Satz 2 ZHG) sind stets auf den speziellen Bereich des jeweiligen Gesetzes zugeschnitten und erlauben daher keine Verallgemeinerung (vgl. Peters, Hdb. d. Krankenvers. § 182 Anm. 3c) aa); BGH, ZÄM 1968, 564). Gleiches gilt bei Begriffsdefinitionen durch Rspr. und Literatur, die auf den jeweiligen Normzweck abgestellt sind und daher nicht auf andere Rechtsgebiete übertra-

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Krankheit

gen werden können (zum medizinischen und juristischen Krankheitsbegriff vgl. auch Gottschick; ÄM 1963, 1264ff., 1303ff.). II. Die Medizin versteht unter Krankheit eine bestimmte Erkrankung gemäß der ihr zugrunde liegenden Ursache, ohne dann allerdings das Wort „Erkrankung" hinreichend definieren zu können. Die Medizin hat daher keinen allgemeinen Krankheitsbegriff (Peters, Hdb. d. Krankenvers. § 182 Anm. 3c) aa); ein solcher hätte auch für die praktische und wissenschaftliche Medizin keinerlei normative Bedeutung (näher dazu Schaefer-Blohmke, aaO. S. 327; Viefhues, ZfS 1976, 394ff.). III. Definitionen des juristischen Krankheitsbegriffs in einzelnen Rechtsgebieten. 1. In der gesetzlichen > Krankenversicherung (Rz 1103) ist Krankheit „ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand, der Behandlungsbedürftigkeit und/oder > A r b e i t s u n f ä h i g k e i t zur Folge hat" (BSGE 13, 134, 136; 28, 114, 115; 35, 10, 12; eingehend dazu Peters, aaO. § 182 Anm. 3c) aa); zur Weiterentwicklung und Ausweitung des krankenversicherungsrechtlichen Krankheitsbegriffs vgl. Krasney, ZfS 1976, 411ff. ; zum Krankheitsbegriff und den Leistungsgrenzen in der gesetzlichen Krankenversicherung vgl. Thiemeyer, ZfS 1976, 402ff.). 2. Im Arbeitsrecht versteht man unter Krankheit einen regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand, der die Fähigkeit des Arbeitnehmers, seine ihm vertragsmäßig obliegende oder eine dieser vergleichbaren Arbeit zu verrichten, aufhebt; bloße Behandlungsbedürftigkeit ist im Gegensatz zum krankenversicherungsrechtlichen Krankheitsbegriff nicht ausreichend (vgl. BAG, NJW 1982, 712 > A r b e i t s u n f ä h i g k e i t Rz 98). 3. Im Rentenversicherungsrecht ist unter Krankheit ebenfalls ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand zu verstehen, bei dem es jedoch anders als im Krankenversicherungsrecht nicht erforderlich ist, daß Behandlungsbedürftigkeit und/oder > A r b e i t s u n f ä h i g k e i t vorliegt. Entscheidend ist allein, daß der regelwidrige Körper- oder Geisteszustand eine Einschränkung der Erwerbsfähigkeit ( > Beruf sunfähigkeit, > Erwerbsunfähigkeit, > M i n d e rung der Erwerbsfähigkeit) zur Folge hat (BSG v. 25. 5. 1961, Medizin im Sozialrecht B 70/22). 4. Für das Gebiet der privaten > Krankenversicherung (Rz 1107) bestimmt § 1 Abs. 2 AVK: „Krankheit im Sinne der Versicherungsbedingungen ist ein nach ärztlichem Urteil anormaler körperlicher oder geistiger Zustand" (näher dazu Prölss-Martin, aaO. § 1 AVK Anm. 2 ; LG Köln, VersR 1983, 388). 5. Strafrecht, a) Eine die Schuldfähigkeit ausschließende „krankhafte seelisehe Störung" i. S. des § 20 StGB liegt vor, wenn es sich um eine qualitative, d.h. nicht mehr im Rahmen eines sinnvollen Erlebniszusammenhangs liegende seelische Abnormität handelt, die auf einem nachweisbaren oder doch mit guten Gründen postulierbaren, noch anhaltenden oder bereits abgeschlossenen Organprozeß beruht (Schönke-Schröder-Lenckner, aaO. § 20 Rz 9 m. Nachw.).

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Krankheit

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b) Unter „Krankheit" i. S. des Straftatbestandes der Aussetzung (§ 221 Abs. 1 StGB) ist weitergehend als in der gesetzlichen t> Krankenversicherung jeder pathologische Zustand zu verstehen. Danach können auch Bewußtlosigkeit oder starke Berauschung (RGSt 5, 393; BGHSt 26, 36 ; OLG Hamm, VRS 19, 431) ebenso wie der Geburtsakt (RGSt 54, 273) als Krankheit angesehen werden. 6. Im Sinne des ArzneimitteLrechts (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG) gilt als Krankheit jede, also auch eine nur unerhebliche Störung der normalen Beschaffenheit oder der normalen Tätigkeit des Körpers, die geheilt, d. h. beseitigt oder gelindert werden kann und die nicht nur eine normale Schwankung der Leistungsfähigkeit, der jeder Körper ausgesetzt ist, darstellt (BGHSt 11, 304, 315; Sander-Scholl, aaO. Erl. 10 zu § 2 AMG). 7. Dem Begriff der Krankheit i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 2 > Heilmittelwerbegesetz kann der zum Arzneimittelrecht entwickelte Krankheitsbegriff zugrundegelegt werden, jedoch - dem Zweck, umfassender > S e l b s t m e d i k a t i o n entgegenzuwirken entsprechend - mit der Einschränkung, daß als geringfügig und daher dem Krankheitsbegriff nicht zuzurechnen jedenfalls solche Fälle anzusehen sind, die schon nach Auffassung der von der Werbung angesprochenen Verkehrskreise wegen geringer Normabweichung nicht der Behandlung bedürfen (BGH, NJW 1981, 1316 [Dickleibigkeit]; vgl. auch BGH, VersR 1979, 221).

IV. Zu Rechtsproblemen bei der „selbstverschuldeten" Krankheit in den einzelnen Rechtsgebieten vgl. Hennies, Med. Sach. 1983, 2 ff.

Krebsregister 1116

I. Man versteht darunter Einrichtungen der Krebsforschung, deren Aufgabe es ist, fortlaufend statistische Daten über das Entstehen, das Auftreten und den Verlauf bösartiger Geschwulsterkrankungen (insbesondere Karzinome, Sarkome, Leukosen, Präkanzerosen) zu erheben, zu bearbeiten und für die wissenschaftliche Bearbeitung spezieller Probleme bereitzustellen ( > T u m o r z e n t r u m ) . Dabei werden drei Arten von Einrichtungen mit jeweils verschiedenen Aufgaben unterschieden (vgl. Wagner in: Kilian-Porth, aaO., S. 71): 1. Das regionale oder nationale Gebietsregister. Es dient vorwiegend epidemiologisch-statistischen Zwecken, indem es Daten über möglichst alle an Krebs erkrankten und verstorbenen Personen in einer definierten Population sammelt, speichert, statistisch aufbereitet und fortlaufend veröffentlicht. 2. Das klinische Nachsorgeregister, das die in einer Klinik behandelten Krebskranken im Sinne eines Konsiliardienstes erfaßt und für eine zentrale, organisierte und koordinierte Nachsorge bei diesen Patienten sorgt (> N a c h s o r g e p a ß ) . Die dabei gesammelten Informationen dienen primär dem Wohl des einzelnen Krebskranken; darüber hinaus sind die erfaßten Daten aber auch für die Ermittlung von Überlebenszeiten sowie für eine grobe Beurteilung des Erfolges therapeutischer Maßnahmen wichtig.

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Krebsregister

3. Das patho-anatomische Spezialiegister dient der Erweiterung der wissenschaftlichen Erkenntnisse, indem hier klinisches und bioptisches Material über jeweils eine bestimmte Tumorform gesammelt und von Experten untersucht wird. Primäres Ziel dieses Registers ist die Diagnosehilfe in unklaren Fällen. II. Eine Rechtsgrundlage gibt es bis jetzt nur im Saarland, wo die Einrichtung eines Krebsregisters durch das Gesetz über das Rrebsregister v. 17. 1. 1979 SKRG (ABl. S. 105) geregelt ist. Da die dem Krebsregister zugrundeliegende Statistik sich lediglich auf den regionalen Bereich des Saarlandes bezieht, wird die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 73 Nr. 11 GG hierdurch nicht berührt. Im übrigen folgt die Gesetzgebungskompetenz des Landes aus Art. 72 Abs. 1 i.V.m. Art. 74 Nr. 13 GG.

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Das SKRG kennt keine allgemeine Meldepflicht für Ärzte. Nach § 9 Abs. 1 SKRG sind jedoch Ärzte und Zahnärzte, in ihrem Auftrag handelnde Angehörige anderer Heilberufe, der in § 203 Abs. 3 Satz 1 StGB genannte Personenkreis sowie Leiter von Krankenanstalten, medizinischen Institutionen und Laboratorien zur Meldung der nach dem Gesetz erforderlichen Tatsachen auf einem Formblatt auch ohne Einwilligung des Patienten berechtigt. § 9 Abs. 2 SKRG stellt ausdrücklich fest, daß diese Meldeerkubnis nicht standeswidrig ist. § 2 Abs. 7 MuBO findet daher keine Anwendung. Ferner enthält das SKRG einzelne datenschutzrechtliche Bestimmungen über Inhalt, Anonymisierung und Übermittlung der zu erhebenden Daten (§§ 4-6 SKRG|. Da das saarländische Krebsregister ständig „personenbezogene Daten für eine durch Rechtsvorschrift angeordnete statistische Erhebung" i. S. des § 24 Abs. 1 des Saarländischen Datenschutzgesetzes (SDSG) verarbeitet, besteht ein Auskunftsrecht der Betroffenen nicht (vgl. amtl. Begründung zum Regierungsentwurf des SKRG, LT-Drucks. 7/1384, Abschnitt D). Zur fachlichen und wissenschaftlichen Beratung der das Krebsregister führenden Stelle und zur Durchführung des Gesetzes sieht § 11 SKRG einen wissenschaftlichen Beirat vor, dem u. a. ein Vertreter der > Ä r z t e k a m m e r , fünf ärztliche Vertreter der Universität, ärztliche Vertreter von Krankenhäusern und der Landesbeauftragte für Datenschutz angehören. Das BMJFG hat jetzt den Entwurf eines Mustergesetzes über ein Krebsregister vorgelegt, das den Landesgesetzgebern als Vorlage dienen soll. Eines der Hauptziele des Mustergesetzes ist es, die Belange des Datenschutzes und die ärztliche Schweigepflicht in Einklang zu bringen mit den Erfordernissen der epidemiologischen Forschung (näheres dazu unten Rz 1120).

III. Solange Landesgesetze über Krebsregister noch nicht erlassen sind, unterliegt die Arbeit bestehender Krebsregister den allgemeinen Grundsätzen der ärztlichen > S c h w e i g e p f l i c h t (Rz 1659) in der medizinischen Forschung und dem Datenschutzrecht ( > D a t e n s c h u t z Rz 542). 1. Im Hinblick auf die ärztliche Schweigepflicht wird bei Zweifeln über den für die Wahrung des Geheimnisschutzes erforderlichen Grad der Anonymisierung die Übermittlung von Patientendaten i.d.R. jedenfalls dann zulässig sein, wenn die Nennung des Namens unterbleibt und der Arzt den Patienten über seine Krankheit aus wohlerwogenen Gründen nicht informiert hat. In diesen

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Fällen wird der Arzt die Zustimmung des Patienten unter dem Gesichtspunkt der mutmaßlichen Einwilligung regelmäßig unterstellen dürfen (> S c h w e i g e p f l i c h t Rzn. 1650, 1659). 2. a) Im Datenschutzrecht kommen weder die Grundsätze der mutmaßlichen Einwilligung noch die Prinzipien der Güterabwägung zum Tragen. Vielmehr ist dort, wo es an einer ausdrücklichen Einwilligung des Krebspatienten in die Verarbeitung seiner Daten fehlt (vgl. § 3 Nr. 2 BDSG), allein entscheidend, welchen Grad die Anonymisierung der Patientendaten erreicht haben muß, damit seinen schutzwürdigen Belangen im Sinne des Datenschutzrechts Rechnung getragen wird (> D a t e n s c h u t z Rz 542). Diese Frage ist teilweise umstritten. Nach Auffassung der LÄK Baden-Württemberg sind Meldungen zum Krebsregister bereits dann anonym, wenn sie nicht ohne weiteres und im Regelfall erkennen lassen, wer sich hinter den Angaben verbirgt (vgl. Zweiter Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz in Bad.-Wttbg., LT-Drucks. 8/2220 v. 31. 12. 1981, S. 38f.). Mag auch diese Auffassung als zu weitgehend erscheinen, so ist eine ausreichende Anonymisierung i. S. des Datenschutzrechts jedenfalls dann anzunehmen, wenn eine Identifizierung der Person nur mit Hilfe zusätzlicher Informationen möglich ist, die nur durch strafbare oder zumindest pflichtwidrige Handlungen beschafft werden können (z. B. Erfragung des Patientennamens durch Mitarbeiter des Krebsregisters über die Krankenblattnummer beim Krankenhaus; anders, viel zu eng, Leuze, Öff. Gesundh.-Wesen 1981, 524, 525 f. sowie Zweiter Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz in Bad.-Wttbg., LT-Drucks. 8/2220 v. 31. 12. 1981, S. 35ff. ; dagegen Beck, öff. Gesundh.-Wesen 1981, 647ff.). b) Bezüglich der im Krebsregister gespeicherten Daten besteht grundsätzlich ein unbeschränktes Auskunftsrecht des Krebspatienten (vgl. § 13 Abs. 1 BDSG; §§ 6, 12 LDSG Bad.-Wttbg.; gegen diese Regelung mit Recht Hollmann in: Kilian-Porth, S. 34ff., 44f. ; dies., NJW 1977, 2110; vgl. zu dieser Problematik auch Böhm-Wagner, DÄ 1981, 1977, 1981). Anders ist die Rechtslage z.B. im Saarland (oben Rz 1117). 3. Nach dem Entwurf eines Mustergesetzes über ein Krebsregister des BMJFG (oben Rz 1117| sind Meldungen von Ärzten und Zahnärzten an das Krebsregister unabhängig von der Einwilligung des Patienten zulässig; der Patient soll lediglich über die Meldung unterrichtet werden, soweit ihm nicht dadurch ein gesundheitlicher Nachteil entstehen könnte (§2 Abs. 1). Auch für die von strengen Voraussetzungen abhängige Übermittlung personenbezogener Daten aus dem Krebsregister für bestimmte Forschungsvorhaben wird die Einwilligung des Patienten nicht vorgeschrieben. Die Datenübermittlung bedarf jedoch in allen Fällen der behördlichen Genehmigung (§ 9). Die Einwilligung wird aber dann vorgeschrieben, wenn für das Forschungsvorhaben die Befragung des Patienten oder von Dritten zu Einzelheiten möglicher Ursachen, zur Vorgeschichte und zum Verlauf der Erkrankung erforderlich ist (§§ 10, 11). Durch diese Regelung wird den Erfordernissen der epidemiologischen Forschung in begrenztem Umfang Vorrang vor dem Schutz des Persönlichkeitsrechts der an Krebs erkrankten Patienten eingeräumt. Diese Wertentscheidung ist zum Teil auf heftige Kritik gestoßen; sie steht im Widerspruch zur bisher einhellig vertretenen Auffassung, daß die Forschung im Interesse der Allgemeinheit niemals Vorrang genießen kann gegenüber dem Geheimhaltungsinteresse

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des Einzelnen (zu verfassungsrechtlichen Bedenken vgl. Scherer, ZRP 1982, 291 > S c h w e i g e p f l i c h t Rz 1659, > S o z i a l g e h e i m n i s Rz 1707). Auch die Datenschutzbeauftragten der Länder haben sich übereinstimmend gegen eine Übermittlung medizinischer Daten an Krebsregister ohne Einwilligung der Patienten ausgesprochen, nicht zuletzt unter Hinweis darauf, daß aus Sachverständigenkreisen der Ärzteschaft erhebliche Zweifel am Nutzen medizinischer Register geäußert worden seien. Ebenso hat sich der Vorstand der BÄK gegen den Gesetzentwurf ausgesprochen (DÄ 1 9 8 3 / 9 , S. 17). Vor einer gesetzlichen Regelung bedarf es in jedem Falle der sorgfältigen Klärung, ob sich der Forschungszweck nicht - ähnlich wie bei der Erfassung von Patientendaten im Rahmen der programmierten Tumornachsorge durch die KV Bayern - mit Hilfe anonymisierter Daten (Registernummern) oder überhaupt auf andere, die Rechte des Patienten weniger verletzende Weise erreichen läßt (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit). Auch wenn dies nicht der Fall ist, wird man die Offenbarung personenbezogener Daten für Forschungszwecke allenfalls im Rahmen der vom > W i s s e n s c h a f t l i c h e n B e i r a t der Bundesärztekammer 1981 beschlossenen Empfehlungen für zulässig erachten dürfen ( > S c h w e i g e p f l i c h t Rz 1659).

Künstliche (Artifizielle) Insemination I. Man versteht darunter die mit Hilfe med.-technischer Mittel durchgeführte Übertragung männlicher Samenzellen in die Fortpflanzungsorgane einer Frau mit dem Ziel der Herbeiführung einer Schwangerschaft. Die normalerweise durch Beiwohnung geschaffene Möglichkeit des Zusammentreffens von Samen und Eizelle wird hier durch einen technischen Vorgang ersetzt, während die Befruchtung selbst auf dem natürlichen Vorgang beruht. Deshalb rechnet die Verpflanzung eines schon befruchteten Eies in den Organismus einer Frau nicht zur künstlichen Insemination (vgl. Brenner, Arzt und Recht, S. 132 > R e t o r t e n k i n d ) . Als Arten der künstlichen Samenübertragung unterscheidet man die homologe Insemination, bei der unter Ehegatten der Samen des Ehemannes auf die Frau übertragen wird und die heterologe Insemination, die eine Samenübertragung bei einer unverheirateten Frau oder bei einer Ehefrau mit Samen eines anderen als des Ehemannes bezeichnet. Eine neue medizinische Methode der künstlichen Samenübertragung ist die In-vitro-Befruchtung ( > R e t o r t e n k i n d Rz 1488).

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II. Rechtliche Zulässigkeit der künstlichen Insemination. 1. Das ärztliche Berufsrecht enthält keine ausdrückliche Bestimmung über die künstliche Insemination. Die einverständliche homologe Insemination wird nach heute überwiegender Auffassung arztethisch für vertretbar erachtet. Der 73. Deutsche Ärztetag 1970 bekannte sich zur berufsrechtlichen Zulässigkeit auch der einverständlichen heterologen Insemination, wies aber gleichzeitig darauf hin, daß ihre Vornahme wegen der zahlreichen damit verbundenen rechtlichen Probleme noch nicht empfohlen werden könne (vgl. Tätigkeitsbericht der BÄK 1970/71, S. 67).

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Künstliche (Artifizielle) Insemination

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2. Verfassungsrechtlich bedenklich ist die heterologe Insemination mit gewollter Anonymität des Samenspenders. Sie verstößt gegen die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG ; vgl. Maunz-Dürig-Herzog, aaO. Art. 1 Rz 39 m. Nachw.). 3. Nach dem geltenden Strafrecht ist die künstliche Insemination nur relevant, wenn sie ohne oder gegen den Willen der Frau vorgenommen wird. In Betracht kommen die Straftatbestände der §§ 185, 223 ff., 239, 240 StGB (näher dazu Hanack bei Mergen, aaO. Bd. III, S. 192). Für die im Entwurf eines Strafgesetzbuches von 1962 (E 1962) in § 203 vorgesehene Strafbarkeit der einverständlichen heterologen Insemination besteht nach heute ganz überwiegender Auffassung kein Bedürfnis (Hanack, aaO. S. 179 m. Nachw.). 4. Zivilrechtlich kann die ohne Einwilligung der Frau vorgenommene künstliche Samenübertragung eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellen (Laufs, Arztrecht Rz 127). 1123

III. Rechtsstellung des durch künstliche Samenübertragung gezeugten Kindes (vgl. zum folgenden Zimmermann, FamRZ 1981, 929ff.). 1. Das durch homologe Insemination gezeugte Kind ist ehelich mit allen sich daraus ergebenden Rechtsfolgen (§ 1591 Abs. 1 BGB; vgl. A. Hess, DÄ 1970, 2641; Hanack, aaO. S. 183). 2. a) Auch das bei bestehender Ehe auf Wunsch beider Ehegatten im Wege der heterologen Insemination gezeugte Kind ist aufgrund der gesetzlichen Vermutung in § 1591 Abs. 1 BGB formal-rechtlich ehelich. Die in Wirklichkeit bestehende (materiell-rechtliche) Unehelichkeit kann erst geltend gemacht werden, wenn die Ehelichkeit angefochten und die Nichtehelichkeit rechtskräftig festgestellt ist (§ 1593 BGB). Zur Anfechtung berechtigt sind der Ehemann (nach dessen Tod die Eltern, §§ 1594, 1595 a BGB) und das Kind (§§ 1596ff. BGB). Auf das Anfechtungsrecht kann der Ehemann auch für den Fall der späteren Scheidung der Ehe nicht rechtswirksam verzichten (BGH, NJW 1983, 2073 u. dazu Coester-Waltjen, NJW 1983, 2059f.). b) Das außerhalb bestehender Ehe im Wege der heterologen Insemination gezeugte Kind hat von vornherein die Rechtsstellung eines nichtehelichen Kindes mit allen sich hieraus ergebenden familienrechtlichen, unterhaltsrechtlichen und erbrechtlichen Folgen.

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IV. Haftung des Arztes bei der heterologen Insemination. 1. Strafrechtlich macht sich der Arzt, der dem Kind die Bekanntgabe des Namens des Samenspenders verweigert oder dessen Feststellung durch Verwendung eines Samengemisches unmöglich macht, einer Personenstandsfälschung nach § 169 StGB schuldig. Auf die ärztliche > S c h w e i g e p f l i c h t kann sich der Arzt hier nicht berufen (näher dazu Hanack, aaO. S. 188; A. Hess, aaO. S. 2644). 2. Zivilrechtlich kann sich der Arzt Schadensersatzansprüchen aussetzen (vgl. zum folgenden Zimmermann, FamRZ 1981, 929 ff.), a) Eine vertragliche und/oder deliktische Schadensersatzpflicht gegenüber dem Samenspender, der nach Feststellung der Vaterschaft mit allen sich hieraus ergebenden Unter-

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Künstliche (Artffizielle) Insemination

halts- und erbrechtlichen Folgen belastet wird, kommt dann in Betracht, wenn der Arzt ihn vorher nicht über diese Rechtsfolgen aufgeklärt hat (vgl. A. Hess, aaO. S. 2645f.). b) Gegenüber der Frau kann der Arzt aus dem > Arztvertrag (zur Rechtswirksamkeit vgl. Giesen, aaO. S. 116f. ; Vertragsmuster bei Ockel, DÄ 1967, 1533, 1534f.) oder aus unerlaubter Handlung haften, wenn die künstliche Samenübertragung wegen mangelnder Aufklärung ohne wirksame Einwilligung vorgenommen wurde oder wenn dem Arzt bei der Auswahl des Spermas Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist (z. B. Verwendung eines mit einer Erbkrankheit infizierten Spermas oder des Spermas eines Spenders, der einer völlig anderen Menschenrasse angehört als der Ehemann; vgl. Giesen, aaO. S. 118). c) Eisatzansprüche des Kindes können sich aus dem mit der Mutter bestehenden > Arztvertrag (§328 BGB) und aus unerlaubter Handlung ergeben, wenn die heterologe Insemination contra legem artis vorgenommen wurde und das Kind dadurch einen Schaden erleidet (z. B. Infektion mit Syphilis; vgl. Giesen, aaO. S. 118f.). Darüber hinaus können Schadensersatzansprüche des Kindes dann bestehen, wenn der Arzt den Namen des Samenspenders verschweigt oder seine Feststellung durch Verwendung eines Samengemisches erschwert, so daß das Kind seine Unterhaltsansprüche nicht realisieren kann (näher dazu A. Hess, aaO. S. 2642f.). d) Manche Autoren bejahen eine deliktische Schadensersatzpflicht (Schmerzensgeld) des Arztes gegenüber dem Ehemann, wenn dessen Ehefrau sich ohne seine Einwilligung einer heterologen Insemination unterzieht (vgl. Giesen, aaO. S. 119 m. Nachw.). e) Möglich ist ein vertraglicher Ausschluß der Haftung für Vermögensschäden beim Samenspender und bei der Frau als Folge einer künstlichen Insemination. Hinsichtlich gesundheitlicher Schädigungen kann die Haftung des Arztes nicht rechtswirksam ausgeschlossen werden. ( > Haftungsausschluß Rz 793). Ansprüche des Kindes können durch Vereinbarung mit den Ehegatten nicht ausgeschlossen werden, da es sich insoweit um einen Vertrag zu Lasten Dritter handeln würde, der unserem Recht fremd ist. Der Arzt kann mit den Ehegatten jedoch vereinbaren, daß diese ihn von möglichen Ansprüchen des Kindes freistellen (vgl. das Vertragsmuster bei Ockel, aaO. S. 1535). V. Die Kosten für die Durchführung der künstlichen Insemination gehören grundsätzlich nicht zur Leistungspflicht der gesetzlichen und privaten > Krankenversicherung. Eine Kostenübernahme durch die Krankenkasse erfolgt nur ausnahmsweise, wenn die Unfruchtbarkeit bei Mann oder Frau psychische Ursachen hat, die sich durch eine Schwangerschaft und die > Geburt eines Kindes günstig beeinflussen lassen. Im > Beihilferecht werden die Aufwendungen für die künstliche Insemination i.d.R. als beihilfefähig angesehen (vgl. Schröder, aaO. S. 301).

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Kunsttherapeut

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Kunsttherapeut 1127

I. Der Kunsttherapeut hat die Aufgabe, mit Hilfe künstlerischer Mittel zu erziehen, zu bilden und zu heilen. Er setzt neben den erlernten künstlerischen Disziplinen (Malerei, Plastik, Grafik) auch Methodik und Didaktik auf pädagogischem, therapeutischem sowie psychotherapeutischem Gebiet ein, um unterstützend und ergänzend zu anderen Maßnahmen, vor allem medizinischer Behandlung, positiv auf Klärungs- und Heilungsprozesse einzuwirken (näher dazu R.-M. und S. Pütz, BerufskBl. 2 - II A 29, S. 1 ff.). Die Berufsausübung erfolgt im Angestelltenverhältnis (vor allem in > Krankenhäusern psychiatritschen Kliniken, Rehabilitationszentren, > Sanatorien) oder selbständig in freier Praxis. Auch im letzteren Fall vollzieht sich die Tätigkeit des Kunsttherapeuten auf Anordnung und unter Kontrolle des Arztes. II. Rechtsgrundlage. Das Berufsbild ist nicht gesetzlich geregelt. Die Berufsbezeichnung „Kunsttherapeut" ist nicht geschützt. Die Ausbildung erfolgt meist in privaten Ergänzungsschulen. Die Ausbildungsdauer beträgt mindestens 4 Jahre. Das Abschlußzeugnis wird aufgrund vorgelegter schriftlicher Abschlußarbeiten und eines Abschlußgespräches ausgestellt; es bescheinigt dem Absolventen die Eignung zur Ausübung des Berufs als Kunsttherapeut. Der Kunsttherapeut unterliegt der strafrechtlichen > S c h w e i g e p f l i c h t nach § 203 Abs. 3 StGB.

Kurarzt 1127a

Es handelt sich um eine > Zusatzbezeichnung nach der > W e i t e r b i l d u n g s o r d n u n g , die nach Erfüllung der vorgeschriebenen Voraussetzungen von der zuständigen Ärztekammer auf Antrag verliehen wird (vgl. Anl. II Nr. 2 zur MuWO). Im übrigen - auch bezüglich der Durchführung der kurärztlichen Behandlung als Teil der kassenärztlichen Versorgung - gilt entsprechendes wie beim > B a d e a r z t .

Kurierfreiheit 1128

Kurierfreiheit bedeutet, daß grundsätzlich jedermann ohne Rücksicht auf seine fachliche Eignung die > H e i l k u n d e gewerbsmäßig ausüben darf. Dieser Rechtszustand bestand in Deutschland seit Inkrafttreten der Gewerbeordnung des Norddeutschen Bundes v. 21. 6. 1869. Des Nachweises der Befähigung zur Ausübung heilkundlicher Tätigkeit in Form einer > A p p r o b a t i o n bedurfte nur, wer sich die Bezeichnung > „ A r z t " oder eine arztähnliche Bezeichnung beilegen wollte.

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Kurkrankenhaus (Kurklinik)

Das Heilpraktikergesetz v. 17. 2. 1939 (> Heilpraktiker) bezweckte die Abschaffung der allgemeinen Kurierfreiheit, indem es die Ausübung der Heilkunde durch Personen, die nicht approbierte Ärzte waren, erlaubnispflichtig machte und gleichzeitig Vorsorge dagegen traf, daß der Beruf des nichtärztlichen Heilbehandlers Nachwuchs erhielt. Durch die mit Inkrafttreten des Grundgesetzes geänderte Verfassungswirklichkeit hat sich dieses Ziel jedoch in sein Gegenteil verkehrt, so daß heute praktisch wieder Kurierfreiheit besteht (vgl. dazu eingehend Bockelmann, aaO. S. lff.; Narr, aaO., Rz 23). Das Gebiet der Zahnheilkunde wurde jedoch durch § 6 Abs. 1 HPG aus dem Anwendungsbereich des Heilpraktikergesetzes ausgeklammert, so daß hier weiterhin Kurierfreiheit bestand bis zum Inkrafttreten des > Z a h n h e i l k u n degesetzes v. 31. 3. 1952.

Kurkrankenhaus (Kurklinik) 1. Es gibt keinen allgemeingültigen Begriff des Kurkrankenhauses oder der Kurklinik. 1. Der Begriff findet sich in § 4 Abs. 3 Nr. 7 KHG, wobei jedoch eine Begriffsdefinition fehlt. Man versteht darunter ein > K r a n k e n h a u s , in dem > K r a n k h e i t e n , Leiden oder Körperschäden durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistungen „kurmäßig" behandelt werden (BVerwG, DVB1. 1981, 259). Unter den Begriff der Kurbehandlung fallen sämtliche therapeutischen Maßnahmen, die zur Erhaltung und Wiederherstellung der Arbeitskraft, zur Erholung, zur Kräftigung, zur Vorbeugung und zur endgültigen Ausheilung einer überstandenen Erkrankung dienen (LG Osnabrück, VersR 1979, 437). Im Gegensatz zum > K r a n k e n h a u s im engeren Sinne (Rzn. 1012f.) dient das Kurkrankenhaus vordergründig nicht der Behandlung von Akutkranken, sondern der Vorsorgebehandlung oder der an eine Akutbehandlung anschließenden Nachsorgebehandlung. Dabei treten die ärztlichen Hilfeleistungen im allgemeinen gegenüber den pflegerischen Hilfeleistungen zurück. Auch spielen bei einem Kurkrankenhaus im allgemeinen natürliche Heilfaktoren (z. B. klimatische Gegebenheiten, Ernährungsweise, Heilquellen, Liegekuren) eine größere Rolle als die begleitende ärztliche Betreuung (vgl. BVerwG, aaO.). Die Übergänge zum Begriff des Sanatoriums sind fließend (> S a n a t o r i u m Rz 1564). Zur Abgrenzung eines Kurkrankenhauses von einem > Sonderkrank e n h a u s vgl. BVerwG, aaO. Kurkrankenhäuser sind von der Förderung nach dem KHG ausgeschlossen. 2. Der RVO ist der Begriff des Kurkrankenhauses fremd. § 184 a RVO verwendet die Begriffe „Kureinrichtung" und „Spezialeinrichtung". Der Begriff „Kureinrichtung" dürfte sich im wesentlichen mit dem Begriff des Kurkrankenhauses decken; mitunter kann auch die „Spezialeinrichtung" darunterfallen. Im einzelnen ergeben sich hier Abgrenzungsschwierigkeiten (vgl. dazu BVerwG, aaO.; zur Abgrenzung der Begriffe „Krankenhaus", „Kureinrichtung", „Spezialeinrichtung" i.S. der §§ 184, 184 a RVO eingehend Peters, Hdb. d. Krankenvers. § 184 Anm. 2b, § 184a Anm. 3).

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Kurkrankenhaus (Kurklinik)

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3. Zum Begriff des Kurkrankenhauses in der privaten Krankenversicherung > K r a n k e n h a u s Rz 1016. 4. Das Beihilferecht verwendet den Begriff der „Heilkur" (vgl. Nr. 7 BhV). 1130

II. Unter den Unfallversicherungsschutz der Patienten einer Kurklinik nach § 539 Abs. 1 Nr. 17 a RVO fallen auch Unfälle bei Spaziergängen während eines Kuraufenthaltes, auch wenn eine ärztliche Anordnung nicht vorliegt, sofern der Spaziergang der Genesung förderlich war (BSG v. 31. 10. 1978 - 2 RU 50/78 -). Ebenso besteht Versicherungsschutz auf dem Weg des Patienten zu einer Kurklinik, um dort den Beginn einer ihm von der LVA bewilligten stationären Behandlung zu besprechen oder möglichst sogleich damit zu beginnen (BSG v. 29. 10. 1980, SGb 1980, 538).

Laborgemeinschaft 1131

I. Begriff. Die ärztliche Laborgemeinschaft ist ein Zusammenschluß von Ärzten gleicher oder verschiedener Fachrichtung zur gemeinsamen Nutzung von Laboreinrichtungen und Personal innerhalb oder außerhalb der eigenen Praxisräume zwecks Erbringung der in der eigenen Praxis anfallenden Laboratoriumsuntersuchungen. II. Rechtsgrundlagen. 1. Die Laborgemeinschaft ist eine besondere Erscheinungsform der > P r a x i s g e m e i n s c h a f t . Die in Laborgemeinschaften erbrachten Leistungen werden nicht von der Laborgemeinschaft als Institution, sondern von den dort zusammengeschlossenen Ärzten als ärztliche Leistungen erbracht und gegenüber dem Patienten, der KV oder gegenüber einem sonstigen Kostenträger abgerechnet. Dabei gelten für den Bereich der RVO-Kassen ( > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g Rz 1104) die Vorschriften im Abschnitt M II 3 BMÄ 78, für den Ersatzkassensektor § 14 E-GO. Die Abrechnung gegenüber Privatpatienten richtet sich nach der GOÄ (> A r z t h o n o r a r Rz 161).

1132

III. Pflichten der Mitglieder der Laborgemeinschaft. 1. Als ärztliche Leistungen müssen die in der Laborgemeinschaft erbrachten Laborleistungen grundsätzlich dem im ärztlichen Berufsrecht, im Kassenarztrecht und im ärztlichen Gebührenrecht gleichermaßen geltenden Erfordernis der persönlichen Leistungserbringung entsprechen (vgl. § 17 Abs. 1 MuBO, § 32 Abs. 1 ZO-Ä, § 1 Abs. 2 GOÄ). Für den Bereich des Kassenarztrechts gelten die aufgrund des § 368 n Abs. 8 RVO beschlossenen „Richtlinien über die Arbeitsweise und die medizinischen Erfordernisse bei der Erbringung von Laboratoriumsuntersuchungen" v. 11. 5. 1982 (DÄ 1982/22, S. 75 mit Erläuterungen von Flatten, aaO. S. 19; im folgenden: Richtlinien), die mit ihrem wesentlichen Inhalt durch entsprechende Beschlüsse von den > K a s s e n ä r z t l i c h e n V e r e i n i g u n g e n der Länder übernommen wurden. Für den Bereich der > Ersatzkassen sind diese Richtlinien gem. § 14 E-GO unmittelbar verbindlich.

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Laborgemeinschaft

Die an der Laborgemeinschaft teilnehmenden Ärzte haben eine kontinuierliche, für alle Leistungsbereiche qualifizierte ärztliche Aufsicht zu gewährleisten (vgl. Abschn. M II 3 a) aa) der Allgemeinen Bestimmungen BMÄ/E-GO, § 14 Nr. 1 E-GO). Sie müssen zur Abklärung von Zweifelsfragen für das Laborpersonal persönlich erreichbar sein. Dies setzt die räumliche Nähe des Praxissitzes zum Sitz der Laborgemeinschaft voraus (vgl. Abschn. II Nr. 1 der Richtlinien). 2. Da es sich bei den Laborleistungen in Laborgemeinschaften um eigene Leistungen der teilnehmenden Ärzte handelt, können diese nur solche Leistungen in Laborgemeinschaften erbringen, die in ihr in der > Weiterbildungsordnung definiertes Fachgebiet fallen (vgl. Abschn. II Nr. 2 der Richtlinien). 3. Zu Rechtsfragen bei > Gemeinschaftspraxen als Gesellschafter von Laborgemeinschaften vgl. Weidner, Gruppenpraxis 1983/1, S. 4ff. IV. Werbung. Als > P r a x i s g e m e i n s c h a f t unterliegt die Laborgemeinschaft dem berufsrechtlichen Verbot der Ankündigung als „Praxisgemeinschaft" oder unter einer sonstigen auf den Zusammenschluß hinweisenden Bezeichnung, z.B. „Laborgemeinschaft am Wolfstor". Erlaubt sind derartige Bezeichnungen jedoch im internen Verkehr mit den Mitgliedern. Darüber hinaus bestehen unter dem Gesichtspunkt des berufsrechtlichen > W e r b e v e r b o t e s keine Bedenken, wenn Laborgemeinschaften andere Ärzte ihres Umkreises auf ihre Existenz, auf Beitrittsmöglichkeiten und -bedingungen aufmerksam machen, sofern dies nicht werbend, sondern lediglich unterrichtend geschieht (vgl. §21a MuBO > W e r b e v e r b o t Rz 1905). Jedoch dürfen auch Mitteilungen rein informativen Charakters nicht „unlauter" sein (vgl. § 15 Abs. 1 Unterabs. 2 MuBO). Unlauter wäre z.B. ein Vergleich der eigenen Leistungen und Bedingungen mit dem Leistungsangebot anderer Laborgemeinschaften oder offensichtliche Lockangebote. Keinesfalls zulässig sind Verlautbarungen in Tageszeitungen, da die einschlägigen Vorschriften in den ärztlichen Berufsordnungen (vgl. § 26 MuBO) insoweit abschließende Regelungen enthalten (näher dazu Weidner, Gruppenpraxis 1982/4, S. 18f. ; ders., Arzt u. Wirtschaft 1983/2, S. 20ff.).

1133

V. Für die Arbeit in Laborgemeinschaften gilt die Unfallverhütungsvorschrift „Gesundheitsdienst" (VBG 103) v. 1. 10. 1982, die die U W „Medizinische Laboratoriumsarbeiten" (VBG 114) v. 1. 10. 1956 abgelöst hat.

1134

VI. > Berufshaftpflichtversicherung Rz 381 a. E. VII. 1. Die Leistungen der Laborgemeinschaften an ihre ärztlichen Mitglieder unterliegen nicht der > Umsatzsteuer (§4 Nr. 14 Satz 2 UStG). Gleiches gilt für die Leistungen gewerblicher Analyseunternehmen an Ärzte (§ 4 Nr. 16 c UStG > P r a x i s g e m e i n s c h a f t Rz 1394). 2. Die ärztlichen Laborgemeinschaften werden mangels Gewinnerzielungsabsicht auch nicht zur Gewerbesteuer herangezogen (Schreiben d. BMF v.

Laborgemeinschaft

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27. 4. 1978 - IV B 7 - G 1401 - 3 / 7 8 ; zur steuerlichen Behandlung ärztlicher Laborgemeinschaften und Laborvereine ausführlich Kröger, DStR 1979, 220ff.) > A r z t Rz 124.

Landesarzt 1135

I. Landesärzte sind von den Ländern nach § 126 a BSHG im Rahmen der Eingliederung Behinderter zu bestellende Ärzte mit besonderen Erfahrungen in der Hilfe für > B e h i n d e r t e . Zu ihren Aufgaben gehören vor allem (§ 126 a Abs. 2 BSHG): Unterstützung der > G e s u n d h e i t s ä m t e r und Personensorgeberechtigten bei der Einrichtung und Durchführung von Sprechtagen zur Beratung Behinderter; Erstattung von > G u t a c h t e n für die zuständigen Landesbehörden und Sozialleistungsträger; Unterrichtung der zuständigen Landesbehörden über den Erfolg der Erfassungs-, Vorbeugungs- und Bekämpfungsmaßnahmen in der Hilfe für Behinderte. II. Rechtsstellung. Landesärzte sind einmal > b e a m t e t e Ä r z t e . Daneben werden für einzelne einschlägige Fachgebiete (z.B. Orthopädie, HNO) auch nebenberuflich auf freiberuflicher Basis tätige Ärzte (häufig Krankenhauschefärzte und Klinikdirektoren) zu Landesärzten bestellt. III. Die zivilrechtliche Haftung der Landesärzte richtet sich nach Amtshaftungsgrundsätzen ( > H a f t u n g Rz 785).

Landesversicherungsanstalt (LVA) 1136

I. Die Landesversicherungsanstalten sind als Selbstverwaltungskörperschaften des öffentlichen Rechts Träger der Rentenversicherung der Arbeiter und der selbständigen Handwerker. Zur Zeit bestehen in der Bundesrepublik 18 regional gegliederte Landesversicherungsanstalten (§ 1326 RVO). Sie sind grundsätzlich zuständig für die in ihrem Bezirk Beschäftigten, die nicht bei einer Sonderanstalt (z.B. Seekasse, §§ 1360, 1375 RVO; Bundesbahn-Versicherungsanstalt, § 26 BundesbahnG] pflichtversichert sind (§ 1329 Satz 1 RVO). Als Rentenversicherungsträger sind die Landesversicherungsanstalten gleichzeitig Träger der > R e h a b i l i t a t i o n . Als Gemeinschaftsaufgabe der Krankenversicherungsträger obliegt ihnen außerdem die Durchführung des > V e r trauensärztlichen Dienstes. II. Bei den Landesversicherungsanstalten besteht - getrennt vom Vertrauensärztlichen Dienst - ein mit beamteten und angestellten Ärzten besetzter ärztlicher Dienst unter Leitung eines ärztlichen Dezernenten (Medizinaldezernent).

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Lehrkrankenhaus

Daneben werden auch niedergelassene Ärzte und Krankenhausärzte zur Begutachtung herangezogen (> G u t a c h t e n Rz 746). III. Für schuldhafte Pflichtverletzungen ihrer Ärzte haftet die LVA nach Amtshaftungsgrundsätzen; es gilt entsprechendes wie beim > Versorgungsarzt.

Landgerichtsarzt > Gerichtsarzt

Landpraxis I. Nach § 3 Abs. 3 Satz 3 ZO-Ä i.d.F. der Zweiten Änderungsverordnung v. 24. 7. 1978 wurden Zeiten, die im Rahmen der kassenärztlichen Vorbereitungszeit in einer von der > Kassenärztlichen Vereinigung als „Landpraxis" anerkannten Kassenarztpraxis abgeleistet wurden, doppelt gezählt. Diese Vergünstigung ist mit Inkrafttreten der Dritten Änderungsverordnung v. 14. 12. 1983 (BGBl. I S. 1431) entfallen (> Kassenarzt Rz 926).

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II. Zur Ermittlung des ideellen Wertes einer Landpraxis > Praxisveräußerung Rz 1411.

Lehrkrankenhaus I. Man versteht darunter ein Krankenhaus außerhalb der HochschulkUniken, in dem die praktische Ausbildung von Studenten im letzten Jahr des > Medizinstudiums (> Praktisches Jahr) durchgeführt wird. Die akademischen Lehrkrankenhäuser werden von den Hochschulen im Einvernehmen mit den zuständigen Landesgesundheitsbehörden bestimmt (§ 3 Abs. 2 AOÄ). II. Die Rechtsbeziehungen zwischen den akademischen Lehrkrankenhäusern und dem Land als Ausbildungsträger richten sich nach den jeweils getroffenen vertraglichen Vereinbarungen (vgl. hierzu die Empfehlung der DKG v. 21. 7. 1976, Krankenhaus 1976, 321 ff.; Mustervereinbarung der ständigen Konferenz der Kultusminister und der DKG v. 31. 8. 1972; vgl. auch LiebhardtSpann-Marx, MMW 1977, 1354). Darin werden der Umfang der Beteiligung des Krankenhauses am Lehrbetrieb und die Kostenübernahme durch das Land für zusätzliche Maßnahmen (z.B. Schaffung von Personalstellen, bauliche Maßnahmen) im einzelnen festgelegt. Die Verträge enthalten außerdem u. a.

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Lehrkrankenhaus

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Regelungen über die Freistellung des Lehrkrankenhauses von Schadensersatzansprüchen Dritter, die durch schuldhaftes Fehlverhalten von Medizinstudenten entstanden sind ( > P r a k t i s c h e s J a h r Rz. 1388). 1139

III. Zwischen Lehrkrankenhaus und Medizinstudenten entstehen keine unmittelbaren Rechtsbeziehungen. Dies ist von Bedeutung für die zivilrechtliche Haftung der Studierenden (vgl. Bodenburg, VersR 1979, 308, 311 f. > P r a k t i s c h e s J a h r Rz 1388). IV. Rechtsbeziehungen zwischen den ausbildenden Ärzten und dem Land. Die leitenden Ärzte des Lehrkrankenhauses, welche die praktische Ausbildung durchführen, erhalten einen Lehrauftrag, der nicht von der Habilitation abhängig ist und vom Land besonders vergütet wird. Hierdurch werden die Ärzte nicht zu Verrichtungsgehilfen des Landes nach § 831 BGB. Die durch Erteilung des Lehrauftrags begründete weisungsunabhängige Ausbilderposition steht dem Begriff des Verrichtungsgehilfen entgegen (Bodenburg, aaO. S. 312 m. Nachw.).

Lehrpraxis 1140

I. Man versteht darunter eine > A r z t p r a x i s , in der ein > F a m u l u s zur Ausbildung oder ein > A s s i s t e n t zur > Weiterbildung tätig wird. II. Ein Hinweis auf die Ausbildungs- oder Weiterbildungstätigkeit des Praxisinhabers durch die Bezeichnung „Lehrpraxis" auf dem > P r a x i s s c h i l d verstößt gegen die berufsrechtlichen Vorschriften über die Ankündigung auf Praxisschildern sowie gegen das berufsrechtliche > W e r b e v e r b o t . Zulässig ist dagegen ein entsprechender Aushang im Wartezimmer mit dem gleichzeitigen Hinweis, daß der Patient eine Behandlung in Anwesenheit des Arztes allein erbitten kann. Selbst wenn man in einem solchen Wartezimmeraushang eine Werbung sähe (Anschein einer höheren Qualifikation des Praxisinhabers), so wäre diese aus überragenden Gründen einer geordneten Praxisführung nach den Grundsätzen der Güterabwägung gerechtfertigt, weil der Patient, der die Behandlung nur durch den Praxisinhaber erwartet, Aufklärung darüber verlangen kann, welche Personen außer dem Praxisinhaber und dem nichtärztlichen Assistenzpersonal sonst noch in der Praxis tätig oder anwesend sind (so zutreffend LÄK Bad.-Wttbg. ; a.A. BÄK, Tätigkeitsbericht 1976, 103).

Leibesfrucht 1141

I. Man versteht darunter allgemein das sich im Mutterleib entwickelnde Leben. In Rechtsvorschriften findet sich keine Begriffsdefinition. Es gibt keinen einheitlichen Rechtsbegriff der Leibesfrucht. Der Begriffsinhalt richtet sich

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Leiche

vielmehr nach dem in den einzelnen Rechtsgebieten unterschiedlichen Zeitpunkt, in dem der rechtliche Schutz der Leibesfrucht beginnt. II. Rechtsstellung. 1. Zivilrechtlich ist die ungeborene Leibesfrucht als solche nicht rechtsfähig i.S. des § 1 BGB, für den Fall der späteren Lebendgeburt ( > Geburt) aber durch Sonderbestimmungen geschützt (z. B. Ersatzanspruch bei Tötung des Unterhaltspflichtigen, §844 Abs. 2 Satz 2 BGB; Erbfähigkeit, § 1923 Abs. 2 BGB; Möglichkeit der Pflegerbestellung zur Wahrung der künftigen Rechte, § 1912 Abs. 1 BGB], Bei Schädigung der Leibesfrucht stehen dem krankgeborenen Kind Schadensersatzansprüche nach § 823 BGB zu (vgl. BGH, NJW 1972, 1126; vgl. auch BSG, NJW 1963, 1078, 1080 [zur analogen Anwendung des § 1 BVG auf den nasciturus] ). Ein solcher Anspruch besteht nach h. M. auch bei Keimzellenschäden der Eltern, wie sie besonders durch ionisierende Strahlen im Bereich der Medizin hervorgerufen werden können (vgl. Gitter in: Münch.Komm. § 1 Rz 38 m.Nachw. > Röntgenverordnung, > Strahlenschutzverordnung, > Atomgesetz). Der zivilrechtliche Schutz der Leibesfrucht setzt mit der Verschmelzung der Keimzellen ein (Erman-Westermann, aaO. § 1 Rz 2). Dieser Zeitpunkt ist nach freier Beweiswürdigung zu bestimmen (Staudinger-Coing-Habermann, aaO. § 1 Rz 21). 2. Strafrechtlich versteht man unter Leibesfrucht das durch Nidation (etwa 1142 14 Tage nach der Empfängnis) in die Gebärmutterschleimhaut eingenistete Ei. Ihrem Schutz dient das Verbot des > Schwangerschaftsabbruches in §218 StGB ( > Retortenkind Rz 1490). Mit dem Beginn der > Geburt, d.h. mit dem Einsetzen der Eröffnungswehen, wird die Leibesfrucht zum Menschen i.S. der Tötungsdelikte (BGH v. 7. 12. 1983 - 1 StR 665/83 OGeburt Rz 685, >Schwangerschaftsabbruch Rz 1591). 3. Die Leibesfrucht genießt nach § 555 a RVO Versicherungsschutz in der ge- 1143 setzlichen Unfallversicherung (näher dazu Wolber, Sozialversicherung 1982, 210ff.). 4. Die Grundrechtsfähigkeit der Leibesfrucht ist umstritten (vgl. Gitter in: Münch. Komm. § 1 Rz 21 m. Nachw.).

Leiche Die Rechtsnatur der menschlichen Leiche und ihrer Bestandteile ist umstritten (zur rechtlichen Einordnung des Körpers des lebenden Menschen und seiner Bestandteile > Körperbestandteile). 1. In zivilrechtlicher Hinsicht gelten folgende Grundsätze: a) Nach überwiegender Auffassung ist die Leiche eine herrenlose Sache, an der Eigentum grundsätzlich nicht begründet werden kann (vgl. Palandt-Heinrichs, aaO. Vorbem. 4 b vor § 90 m. Nachw.; a.A. Brunner, NJW 1953, 1173, der Eigentum der Erben annimmt). Den nächsten Familienangehörigen stehen die sich aus dem Recht zur Totenfürsorge ergebenden Befugnisse zu ( > Sektion Rz 1677). Die mit der Leiche fest verbundenen künstlichen Körperteile (z. B. Goldplom-

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ben, > Herzschrittmacher) teilen das rechtliche Schicksal der Leiche für die Zeit der Verbindung (Palandt-Heinrichs, aaO.; a.A. in bezug auf > Herzs c h r i t t m a c h e r Görgens, JR 1980, 140, 141, der Eigentumsübergang auf die Erben im Zeitpunkt des Todes - also bereits vor der Entnahme aus der Leic h e - annimmt). Das ausschließliche Aneignungsrecht steht den Erben zu ; seine Ausübung ist jedoch von der Zustimmung der Angehörigen abhängig, sofern diese nicht mit den Erben identisch sind (str.; vgl. Palandt-Keidel, aaO. § 1922 Anm. 3 d m . Nachw.). Dritten (z.B. Krankenhausärzten und Krankenhausverwaltungen) steht ein Aneignungsrecht nach § 958 BGB nur zu, wenn die Einwilligung der Erben und ggf. der von diesen verschiedenen Angehörigen vorliegt ( > H e r z s c h r i t t m a c h e r Rzn. 858f.). Für die Frage, wer Eigentümer der aus der Leiche entnommenen Teile wird, gilt entsprechendes wie bei der Entnahme von Teilen aus dem Körper des lebenden Menschen ( > Körperbestandteile Rz 973). b) Als normale dem Rechtsverkehr zugängliche und daher eigentumsfähige Sachen sind Leichen und deren natürliche und künstliche Bestandteile anzusehen, soweit sie in befugter Weise zu medizinischen oder sonstigen wissenschaftlichen Zwecken verwendet werden (z. B. für anatomische > S e k t i o n e n Rz 1684 oder Organe für Transplantationszwecke). Gleiches gilt für Leichen und Leichenteile, die insbesondere wegen Zeitablaufs nicht mehr Gegenstand der Totenehrung sind (vgl. Holch in Münch. Komm. §90 Rz 31 m. Nachw.; Palandt-Heinrichs, aaO. vor § 90 Anm. 4b). c) Sowohl das Aneignungsrecht der Erben als auch fremde Aneignungsrechte stehen wie jede nachfolgende Verfügung über den Leichnam ( > S e k t i o n Rz 1648) unter dem Vorbehalt der guten Sitten (§ 138 BGB). Die Zulässigkeit einer Verfügung über Leichenteile wird maßgeblich durch ihre Zwecke bestimmt (vgl. Eichholz, NJW 1968, 2275). Eine Entfernung von Körperteilen kann u.U. trotz Zustimmung des Verstorbenen oder seiner Angehörigen sittenwidrig sein, wenn der verfolgte Zweck zu mißbilligen ist. Dies gilt z. B. für eigennützige, ausschließlich auf Gewinnerzielung gerichtete Verfügungen (vgl. Eichholz, aaO.), wobei das sittenwidrige Motiv sowohl auf Seiten des Arztes als auch auf Seiten der Angehörigen vorliegen kann. In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, daß den Hinterbliebenen wirtschaftlich verwertbare Ansprüche bezüglich der dem Toten entnommenen Teile nicht zustehen mit der Folge, daß sie ihre Zustimmung nicht von einer Bezahlung abhängig machen dürfen (vgl. Brenner bei Mergen, aaO. Bd. IS. 133; Rieger, DMW 1978,290,291). Für die Frage der Sittenwidrigkeit bei der Überlassung von Leichenteilen an die pharmazeutische Industrie zur Gewinnung therapeutischer Substanzen gilt entsprechendes wie für die Verfügung über Teile des lebenden Körpers ( > Körperbestandteile Rz 975). 2. Strafrechtlich steht die Leiche unter dem Schutz des § 168 StGB. Die Entnahme von Leichenteilen mittels > S e k t i o n im Krankenhaus erfüllt nach herrschender, allerdings nicht unbestrittener Meinung keinen denkbaren Straftatbestand (vgl. Bockelmann, Strafrecht des Arztes, S. 104 ff. ; Geilen, JZ 1971, 41, 43f. > S e k t i o n Rz 1676).

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Leichenschau

Leichenschau 1. Begriff. Die Leichenschau ist die äußere Untersuchung einer menschlichen > Leiche zur Feststellung des Todes, der Todesart, der Todesursache und des Todeszeitpunktes. Sie ist zu unterscheiden von der inneren Leichenschau ( > Sektion). II. Rechtsgrundlagen. 1. Die allgemeine Leichenschau für jeden Todesfall ist in den Bestattungsgesetzen der einzelnen Bundesländer und den dazu ergangenen Durchführungsverordnungen (vollständig abgedr. bei Gaedke, aaO. S. 359ff. ; vgl. z.B. §20ff. BestG Bad.-Wttbg. und §§ 8ff. BestattungsVO; zu dem seit 1. 1. 1981 in Nordrhein-Westf. geltenden Leichenschaurecht vgl. Staak-Saternus, Rhein. ÄBl. 1981, 195ff.) geregelt. Danach obliegt die Durchführung der Leichenschau ausschließlich den Ärzten (eine Ausnahme gilt nur für Inseln in Schleswig-Holstein nach § 3 Abs. 2 der LandesVO über das Leichenwesen, GVB1. 1975, 337 > Heilpraktiker Rz 838). Vielfach besteht eine öffentlichrechtliche persönliche Pflicht zur Durchführung der Leichenschau auf Verlangen für jeden niedergelassenen Arzt, und zwar nicht nur bei eigenen Patienten. Bei Krankenhaus- und Anstaltsärzten ist diese Pflicht auf Todesfälle im > Krankenhaus bzw. in der Anstalt beschränkt. Ausgenommen von der Leichenschaupflicht muß jedoch ein Arzt sein, bei dessen Eingriff [z.B. >Operation) der Patient verstorben ist; andernfalls könnte wegen der meist bestehenden Meldepflicht bei > Behandlungsfehlern (vgl. unten Rz 1149) der Arzt im Einzelfall in einen unzumutbaren Gewissenskonflikt geraten. Diesem Gesichtspunkt wird in Art. 2 Abs. 3 des Bay. BestG Rechnung getragen, wonach der Arzt die Leichenschau verweigern darf, wenn sie ihn der Gefahr der Strafverfolgung aussetzen würde. Gleiches muß aber auch dort gelten, wo eine entsprechende ausdrückliche Regelung fehlt (vgl. Uhlenbruck, ArztR 1975, 182, 184f.). Eine Berechtigung des Arztes zur Durchführung der Leichenschau besteht jedoch stets auch in diesen Fällen (vgl. Händel, Med. Klinik 1970, 2118, 2219). Zum Teil besteht eine Pflicht zur Durchführung der Leichenschau auch nur für > b e a m t e t e Ärzte des zuständigen >Gesundheitsamts (so z.B. in Niedersachsen und im Saarland). 2. Die Vornahme der Leichenschau durch die Staatsanwaltschaft und den Richter bei Verdacht eines nicht natürlichen Todes oder bei Auffinden der Leiche eines Unbekannten richtet sich nach § 87 Abs. 1 StPO (i.V.m. Nr. 33 RiStBV). 3. Die Leichenschau vor der Feuerbestattung ist - mit Ausnahme von BadenWürttemberg, Bayern und Berlin - in allen Bundesländern in § 3 FeuerbestG geregelt ( > Feuerbestattung). Danach bedarf die Feuerbestattung der schriftlichen Genehmigung der Polizeibehörde des Einäscherungsortes, die neben anderen Voraussetzungen nur erteilt werden darf, wenn eine nach der Leichenschau ausgestellte, mit Angabe der Todesursache versehene amtsärztliche Bescheinigung vorgelegt wird, aus der hervorgeht, daß sich ein Verdacht eines

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Leichenschau

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nicht natürlichen Todes nicht ergeben hat (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 FeuerbestG; näher dazu Spann, DMW 1980, 1376). III. Zu den Aufgaben des Leichenschauarztes im einzelnen sowie zu rechtlichen und praktischen Fragen bei der Durchführung der Leichenschau näher Janssen, Hamburger ÄBl. 1979, 286; Mallach-Barz-Mattern, Med. Welt 1977, 1905; Brettel-Wagner, DÄ 1982/40, S. 39ff.). 1149

IV. Anzeigepflichten des Leichenschauarztes bei Tod im Zusammenhang mit ärztlichen Maßnahmen. 1. Eine Meldepflicht gegenüber Polizei und Staatsanwaltschaft besteht nach den landesrechtlichen Vorschriften über die Leichenschau teilweise dann, wenn Anhaltspunkte für einen „nicht natürlichen Tod" vorliegen (vgl. z.B. §22 Abs. 3 BestG Bad.-Wttbg.; Art. 18 Abs. 1 Nr. 3 Bay. BestG i.V.m. § 4 Abs. 1 BestattungsVO v. 9. 12. 1970). Da eine Begriffsdefinition ebenso wie in § 159 StPO (Anzeigepflicht der Polizei- und Gemeindebehörden gegenüber der Staatsanwaltschaft bei Vorliegen von Anhaltspunkten, daß jemand eines „nicht natürlichen Todes" gestorben ist) fehlt, ist der Begriff „nicht natürlicher Tod" jeweils aus dem Zweck der einschlägigen Vorschrift zu bestimmen, der vor allem darin besteht zu verhindern, daß wesentliche straf- oder zivilrechtliche Tatbestände unbeachtet bleiben (vgl. Spann, aaO. S. 206). Deshalb ist zwar der im Zusammenhang mit kunstgerecht durchgeführten ärztlichen Maßnahmen eingetretene Tod kein „nicht natürlicher" Tod im Sinne der Vorschriften des Bestattungsrechts, wohl aber der Tod als Folge eines > Behandlungsfehlers. Es kann für die Meldepflicht des ärztlichen Leichenschauers keinen Unterschied machen, ob die strafbare Handlung (fahrlässige Tötung) z. B. von einem Kraftfahrer im Straßenverkehr oder von einem Arzt durch eine fehlerhafte > Operation begangen wurde. Deshalb ist der durch eine ärztliche Sorgfaltspflichtverletzung herbeigeführte Tod ein „nicht natürlicher Tod" i. S. der Leichenschaubestimmungen (im Ergebnis ebenso Händel, Med. Klinik 1970, 2218, 2222; Gubernatis, JZ 1982, 363, 365; Spann, DMW 1980, 1705; a.A. Narr, aaO. Rz 966; Uhlenbruck, ArztR 1975, 182, 186f.). Die Gegenansicht übersieht u.a., daß der Begriff des „nicht natürlichen Todes" i. S. der Vorschriften über die Leichenschau keinen anderen Inhalt haben kann als bei der strafprozessualen Anzeigepflicht nach § 159 StPO, die ärztliche > Behandlungsfehler mit umfaßt (vgl. Maiwald, NJW 1978, 561, 563; Kleinknecht, aaO. § 159 Rz 2, a.A. Kohlhaas, MMW 1973, 1932; speziell zur Meldepflicht des Pathologen bei nicht natürlichen Todesfällen vgl. Schneider, DBÄ 1982, 1016ff.). Gegen die hiernach bestehende Meldepflicht des Leichenschauarztes bestehen verfassungsrechtliche Bedenken unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes (Art. 3 GG) zunächst in den Fällen, in denen der Leichenschauarzt an der Fehlbehandlung selbst beteiligt war. Hier kommt die Meldepflicht einer Pflicht zur Selbstanzeige nach begangener Straftat gleich, die sonst keiner anderen Berufsgruppe auferlegt wird. Unter demselben grundrechtlichen Aspekt bedenklich ist die Anzeigepflicht auch dort, wo eine Beteiligung des die Lei-

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chenschau durchführenden Arztes an der Fehlbehandlung nicht in Betracht kommt. Zwar kann es keinem Zweifel unterliegen, daß das Strafverfolgungsinteresse des Staates auch dort mit allen im Rechtsstaat zur Verfügung stehenden Mitteln durchgesetzt werden muß, wo die strafbaren Handlungen in fehlerhaften ärztlichen Behandlungsmaßnahmen bestehen. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, daß eine allgemeine Anzeigepflicht für begangene Straftaten unserem Recht fremd ist. Dies folgt eindeutig aus dem Umkehrschluß aus der Strafbestimmung des § 138 StGB, der nur von der Nichtanzeige im einzelnen genannter drohender Verbrechen spricht und dabei den Arzt sogar noch privilegiert (§ 139 Abs. 3 StGB; vgl. Kohlhaas, DMW 1967, 1933, 1934). Damit hat der Gesetzgeber eine generelle Wertentscheidung zugunsten eines überwiegenden Interesses des Staates an der Strafverfolgung und eine darin begründete Anzeigepflicht für begangene Delikte eindeutig nicht getroffen. Für die Begründung einer entsprechenden Sonderpflicht für bestimmte Berufsgruppen durch die hier fraglichen Leichenschauvorschriften ist daher kein Raum. Es ist geradezu widersinnig, wenn der Staat dem Arzt in § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB einerseits eine erhöhte Pflicht zur Verschwiegenheit auferlegt, ihn aber gleichzeitig unter Androhung einer Strafe oder Geldbuße zur Offenbarung auch solcher Tatsachen und Umstände zwingt, die jeder andere ungestraft für sich behalten darf, obwohl das Interesse des Staates an der Bekanntgabe des Sachverhalts dort nicht minder groß ist. Abgesehen davon erscheint es auch im Hinblick auf die in § 1 Abs. 2 BÄO garantierte Freiheit des Arztberufs ( > A r z t Rz 123) bedenklich, wenn der Arzt durch die Anzeigepflicht gezwungen wird, einen Verdacht gegen Arztkollegen mit der Folge der Einleitung von Strafverfolgungsmaßnahmen zu äußern, obwohl er seiner Sache keineswegs sicher ist (ähnlich Kohlhaas, DMW 1967, 1934; vgl. auch Uhlenbruch ArztR 1975, 186f. ; Janssen, Anästh. Inform. 1978, 137ff.). 2. Gegenüber den Angehörigen eines Verstorbenen besteht keine Anzeigepflicht, wenn der die Leichenschau durchführende Arzt einen eigenen oder fremden > Behandlungsfehler feststellt (vgl. Uhlenbruck, ArztR 1975, 186), wohl aber ein Recht zur Information (Narr, aaO. Rz 966). Hiervon unberührt bleibt die Pflicht des Leichenschauarztes zu wahrheitsgemäßen Angaben im Leichenschauschein (vgl. unten Rz 1151). Im übringen gelten die Grundsätze für die Offenbarungspflicht des Arztes bei Fehlbehandlung gegenüber Lebenden (> A r z t v e r t r a g Rz 220).

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V. Die Dokumentation der Leichenschau erfolgt im Leichenschauschein (Todesbescheinigung) nach amtlichem Muster. Rechtsgrundlage sind die landesrechtlichen Durchführungsverordnungen zu den Bestattungsgesetzen (vgl. z.B. § 12 BestattungsVO Bad.-Wttbg.). Danach zerfällt der Leichenschauschein i.d.R. in einem nicht vertraulichen Teil, der ordnungsbehördlichen und polizeilichen Zwecken dient und weitgehend Angaben zur Person enthält, und einen vertrauhchen Teil, der Grundlage für die amtliche Todesursachenstatistik ist und medizinische Angaben enthält. Der nicht vertrauliche Teil wird den Angehörigen bzw. dem Bestatter ausgehändigt, der vertrauliche Teil des Lei-

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chenschauscheines ist vom Arzt direkt an das für den Sterbeort zuständige > G e s u n d h e i t s a m t zu senden ( > A m t s a r z t Rz 51 ; zum Berliner Leichenschauschein eingehend Sturzbecher, DBÄ 1982, 580ff.). Die Überlassung des vertraulichen Teils des Leichenschauscheines an den Bestatter zur Weitergabe an das > G e s u n d h e i t s a m t verstößt gegen die ärztliche > Schweigep f l i c h t (zu medizinischen und rechtlichen Einzelfragen beim Ausstellen des Leichenschauscheines vgl. Brettel, DÄ 1982/40, S. 36ff.). Eine Verletzung der dem Arzt bei Ausstellung der Todesbescheinigung obliegenden Sorgfaltspflichten kann zivilrechtliche, strafrechtliche und berufsgerichtliche Maßnahmen auslösen (vgl. BerufsG f. Heilberufe beim VG Köln v. 19. 3. 1981, Rhein. ABl. 1981, 528 [berufsgerichtliche Verwarnung eines > praktischen Arztes, der aufgrund von Angaben eines > Heilpraktikers, in dessen Praxis eine Patientin nach einer intravenösen > Injektion verstorben war, einen natürlichen Tod attestiert hatte,- das vorausgegangene Strafverfahren wegen Strafvereitelung, § 258 StGB, war eingestellt worden] ). Die Bejahung eines natürlichen Todes trotz konkreter Anhaltspunkte für einen > Beh a n d l u n g s f e h l e r kann den Straftatbestand der mittelbaren Falschbeurkundung (§271 StGB) erfüllen (Uhlenbruck, ArztR 1975, 186). 1152

VI. Soweit Offenbarungspflichten nach den einschlägigen Vorschriften nicht bestehen, unterliegt der die Leichenschau durchführende Arzt hinsichtlich aller von ihm getroffenen Feststellungen, insbesondere der im vertraulichen Teil des Leichenschauscheines enthaltenen Angaben, der ärztlichen > Schweigepflicht (vgl. Mikat, ÄM 1963, 820; ders., DÄ 1965, 20 ; Händel, Med. Klinik 1970, 2218, 2222; Mikat-Wandt, ÄM 1962, 16; Georg Schmidt, DMW 1974, 312). VII. Die Kosten der Leichenschau fallen i.d.R. demjenigen zur Last, der die Bestattungskosten zu tragen hat, also regelmäßig den Erben (§ 1968 BGB). Die Abrechnung erfolgt nach Nr. 45 GOÄ. Die Durchführung der Leichenschau gehört nicht zu den Leistungen der gesetzlichen > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g (Rz 1103).

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Vili. 1. Streitig ist die Frage, ob die Leichenschau im Krankenhaus den angestellten Krankenhausärzten als Dienstaufgabe übertragen oder nur als > N e b e n t ä t i g k e i t durchgeführt werden kann. Nach der Rspr. des BAG (Urt. v. 4. 2. 1981, AP Nr. 30 zu § 611 BGB Ärzte, Gehaltsansprüche (Chefärzt); Urt. v. 30. 10. 1981, AP Nr. 32 zu §611 BGB Ärzte Gehaltsansprüche [Assistenzarzt]) entscheiden hierüber allein die zwischen Arzt und Krankenhausträger getroffenen Vereinbarungen. Eine Vereinbarung, wonach die Vornahme der Leichenschau und die Ausstellung der dazu gehörenden Bescheinigungen zu den Dienstaufgaben des Krankenhausarztes gehören, verstößt nach Auffassung des BAG nicht gegen SR 2 c Nr. 5 BAT (BAG v. 30. 10. 1981 aaO.). Diese Rspr. ist mit Recht auf Kritik gestoßen (vgl. Narr, DMW 1981, 959). Sie geht auf die allein entscheidende Frage, ob nämlich dem Arbeitgeber für Tätigkei-

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ten, die sich als öffentlichrechtliche persönliche Verpflichtung unmittelbar aus dem Gesetz ergeben, überhaupt eine vertragliche Dispositionsbefugnis zusteht, überhaupt nicht ein. Dies erstaunt um so mehr, als der 4. Senat des BAG in einem Urteil v. 11. 12. 1974 (NJW 1975, 1477 [Leits.]) die ähnlich gelagerte - inzwischen durch das >Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz überholte (> Assistenzarzt Rz 236) - Frage, wem die Vergütung für die Durchführung der U 1- und U 2-Untersuchungen im Krankenhaus zusteht, zugunsten der Krankenhausärzte entschieden hatte mit der Begründung, diese Untersuchungen seien Bestandteil der kassenärztlichen Versorgung und damit den Ärzten als öffentlichrechtliche Aufgabe durch Gesetz direkt zur Durchführung übertragen (> F r ü h e r k e n n u n g s u n t e r s u c h u n g e n Rz661). Der öffentlichrechtlichen, persönlichen Verpflichtung zur Durchführung der Leichenschau entspricht das Recht der betreffenden Krankenhausärzte, die hierfür anfallenden Gebühren zu liquidieren (so richtig LArbG München v. 10. 7. 1978, DMW 1979, 341). Bei Assistenzärzten, die unter den Geltungsbereich des BAT fallen, verstößt die Einbeziehung der Leichenschau zudem - entgegen der Auffassung des BAG - gegen SR 2c Nr. 5 BAT, wonach u.a. gutachtliche Äußerungen, die von einem Dritten angefordert und vergütet werden, zur Nebentätigkeit des Arztes gehören. Das BAG räumt zwar ein, daß die Leichenschau eine gutachtliche Äußerung darstellt (> G u t a c h t e n Rz 734), meint jedoch, diese werde nicht von einem „Dritten" i. S. der genannten Bestimmung, sondern - über den leitenden Arzt - vom Krankenhausträger als Arbeitgeber angefordert, mit dem der Assistenzarzt die Abgabe der gutachtlichen Äußerung als arbeitsvertragliche Verpflichtung vereinbart habe. Diese Auffassung verkennt eindeutig Sinn und Zweck der Bestimmung der SR 2 c Nr. 5 u. Nr. 3 Abs. 3 BAT, die dahin gehen, eine Vergütung für gutachtliche Äußerungen, die von einem Dritten (hier i.d.R. den Erben) gezahlt wird, ganz oder teilweise dem angestellten Arzt zukommen zu lassen. Dieser Wille der Tarifsvertragsparteien kann nicht dadurch umgangen werden, daß man die Abgabe einer von einem Dritten vergüteten gutachtlichen Äußerung zur arbeitsvertraglichen Verpflichtung erklärt (vgl. auch Narr, DMW 1979, 343). 2. Eine Unkostenerstattung nach SR 2 c Nr. 5 Abs. 3 BAT wird i.d.R. nicht in Betracht kommen, weil Einrichtungen, Personal und Material des Krankenhausträgers bei Durchführung der Leichenschau im allgemeinen nicht in Anspruch genommen werden (Narr, DMW 1979, 343). VII. Zur Durchführung der Leichenschau im > N o t f a l l d i e n s t und > Rett u n g s d i e n s t > N o t f a l l a r z t Rz 1268, > N o t a r z t Rz 1262

Liquidationsrecht I. Begriff. Man versteht darunter das Recht der leitenden (angestellten oder beamteten) Krankenhausärzte (> Chefarzt) und ärztlichen > H o c h s c h u l lehrer (Klinikdirektoren), unter Inanspruchnahme von Personal- und Sach-

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mittein des > K r a n k e n h a u s e s , bzw. der Klinik selbstzahlende Patienten stationär zu behandeln und hierfür von diesen oder dem für sie eintretenden Kostenträger eine Vergütung zu verlangen (vgl. Lüke-Walendy, JZ 1977, 657ff.). Abweichend hiervon wird das Liquidationsrecht z.T. allgemein definiert als das Recht der leitenden Krankenhausärzte, „für erbrachte ärztliche Verrichtungen von den Patienten eine Vergütung beanspruchen zu können", ohne daß dabei zwischen dem stationären und dem ambulanten Bereich unterschieden wird (so z.B. Luxenburger aaO. S. 1, 107, 129). 1155

II. Rechtsgrundlagen. 1. Rechtsgrundlage für das Liquidationsrecht der angestellten Chefärzte ist der Anstellungsvertrag mit dem Krankenhausträger (> C h e f a r z t Rz 505). Für die Ausübung des Liquidationsrechts gegenüber den Patienten sind verschiedene Rechtsformen denkbar: Chefarzt und Krankenhausträger können vereinbaren, daß der Chefarzt berechtigt sein soll, gegenüber den Patienten in vertragliche Beziehungen zu treten (gespaltener Krankenhausaufnahmevertrag oder totaler Krankenhausaufnahmevertrag mit Arztzusatzvertrag > K r a n k e n h a u s a u f n a h m e v e r t r a g Rzn. 1034, 1035). Möglich ist aber auch, daß der Patient nur zum Krankenhausträger in Vertragsbeziehungen tritt (totaler Krankenhausaufnahmevertrag > K r a n k e n h a u s a u f n a h m e v e r t r a g Rz 1033) und dem Chefarzt ein Liquidationsrecht durch einen vom Krankenhausträger mit den Patienten gemäß § 328 BGB abgeschlossenen Vertrag zugunsten Dritter eingeräumt wird (vgl. LG Flensburg, NJW 1978, 2342). Schließlich kann der Krankenhausträger dem Chefarzt ohne Gewährung eines eigenen Liquidationsrechts eine Gläubigerstellung gegenüber dem Patienten dadurch verschaffen, daß er die beim Krankenhausträger verbleibenden künftigen Ansprüche gegen die Patienten auf Vergütung der ärztlichen Leistungen im voraus an den Chefarzt abtritt. An diesen rechtlichen Möglichkeiten der Begründung des Liquidationsrechts gegenüber Selbstzahlern im Chefarztvertrag haben das KHG und die BPflV nichts geändert (vgl. Küchenhoff, Med. Klinik 1974, 115, 117; Luxenburger aaO. S. 180ff. ; Diederichsen, aaO. S. 81). Auch aus dem Theorienstreit um die Rechtsnatur des Liquidationsrechts als „originäres" oder „derivatives" Recht der leitenden Krankenhausärzte läßt sich ein bestimmter Typenzwang für die Gestaltung des Liquidationsrechts gegenüber dem Patienten nicht herleiten (vgl. dazu Luxenburger, aaO. S. 90ff. ; Diederichsen, aaO. S. 69f.). Richtiger Ansicht nach richtet sich die Rechtsform, in der das Liquidationsrecht gegenüber selbstzahlenden Patienten ausgeübt werden soll, grundsätzlich danach, wie die drei Beteiligten (Krankenhausträger, Chefarzt und Patient) im Rahmen der Vertragsfreiheit unter Beachtung des neuen Krankenhausrechts ihre rechtlichen Verhältnisse zueinander ordnen (> K r a n k e n h a u s a u f n a h m e v e r t r a g Rz 1037). In den heute abgeschlossenen Chefarztverträgen überwiegen eindeutig Formulierungen, wonach der Krankenhausträger dem Chefarzt, dem die Behandlung aller Kranken seiner Abteilung (also auch der Selbstzahler) als Dienstaufgabe obliegt, das Liquidationsrecht gegenüber selbstzahlenden Patienten als besondere Form der Vergütung neben dem Festgehalt einräumt.

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Nach st. Rspr. des 5. Senats des BAG hat das Liquidationsrecht der leitenden Krankenhausärzte auch dort Vergütungscharakter, wo der Chefarztvertrag solche ausdrücklichen Formulierungen nicht enthält, soweit sich aus dem Chefartzvertrag im Einzelfall nicht etwas anderes ergibt (vgl. BAG AP Nr. 4 zu §611 BGB Arzt-Krankenhaus-Vertrag; NJW 1980, 1912, 1915; BAG v. 4. 5. 1983 - 5 AZR 389/80 a.A. BAG, NJW 1981, 646 [7. Senat]). Im Einklang mit dieser Regelung des Liquidationsrechts stehen die dem Patienten bei der Aufnahme vorgelegten Aufnahmeformulare, in denen die gesondert berechenbaren ärztlichen Leistungen neben anderen Wahlleistungen in einer Reihe aufgeführt werden und sich somit für den Patienten als Angebot des Krankenhausträgers im Rahmen eines totalen Krankenhausaufnahmevertrags darstellen, bei dem die Liquidationsberechtigten Ärzte keinen Vergütungsanspruch aufgrund eigener vertraglicher Beziehungen zum Patienten, sondern nur gemäß § 328 BGB oder aufgrund Vorausabtretung erlangen (vgl. Luxenburger, aaO. S. 225ff.). Solche Regelungen sind dann bedenklich, wenn sie die ausschließliche Form für die Gestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten darstellen. Der Vorrang freier Vertragsgestaltung bedeutet nicht, daß es im freien Belieben des Krankenhausträgers steht, welche Verträge er den Chefärzten und den Patienten anbietet ( > Krankenhausaufnahmevertrag Rz 1037). 2. a) Rechtsgrundlage für das Liquidationsrecht der ärztlichen > Hochschullehier (Klinikdirektoren) sind die landesrechtlichen Hochschulnebentätigkeitsverordnungen und/oder die in den einzelnen Bundesländern bestehenden Erlasse bzw. Verwaltungsvorschriften über die Nebentätigkeit der Hochschullehrer (vgl. z.B. §§7ff. HNtV Nordrh.-Westf. > N e b e n t ä t i g k e i t Rz 1236). Daneben enthalten auch die Berufungsvereinbarungen ( > Hochschullehrer Rz 879) z.T. Regelungen über das Liquidationsrecht. Für die leitenden Krankenhausärzte im Beamtenverhältnis ( > Chefarzt Rz516f.) fehlt es im allgemeinen an entsprechenden ausdrücklichen Vorschriften (Ausnahme z.B. §§7 Abs. 2, 14 Abs. 2 NtV Nordrh.-Westf.). Ihnen wird das Liquidationsrecht durch öffentlichrechtlichen Vertrag oder durch Verwaltungsakt eingeräumt (näher dazu Luxenburger, aaO. S. 43 ff. ; Neufei der-Wollenschläger, NJW 1974, 1415, 1416). b) Die Gewährung des Liquidationsrechts durch den Dienstherrn verstößt nicht gegen das Verbot, einem Beamten eine höhere als die ihm nach dem Besoldungsrecht zustehende Besoldung zu verschaffen (vgl. § 50 Abs. 2 BRRG, § 183 BBG, § 2 Abs. 2 BBesG und die entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen > Nebentätigkeit Rz 1239). c) Zwischen den ärztlichen Hochschullehrern bzw. den beamteten Krankenhauschefärzten und den im Rahmen der Nebentätigkeit behandelten Selbstzahlern besteht ein > Arztvertrag ( > Krankenhausaufnahmevertrag Rz 1036). 3. Der Vorstand der BÄK hat am 6. 6. 1975 „Grundsätze zum Liquidationsiecht der Krankenhausärzte'' beschlossen (DÄ 1975, 2959). 4. Wo den liquidationsberechtigten Ärzten das Liquidationsrecht aus eige-

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nem Recht zusteht, können sie dem Krankenhausträger eine Einziehungsermächtigung erteilen, die diesen berechtigt, die Liquidationserlöse für sie einzuziehen, ohne daß dadurch ihr Gläubigerrecht berührt wird. 1157

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III. 1. Die neue Krankenhausgesetzgebung (> K r a n k e n h a u s r e f o r m g e setze) hat das Liquidationsrecht herkömmlicher Prägung in seiner Substanz nicht verändert. Es wurde im Gegenteil durch das KHG und die BPflV ausdrücklich bestätigt (vgl. § 17 Abs. 2 KHG, §§ 3 Abs. 2 Satz 2, 6 Satz 4 und 18 Abs. 6 BPflV; näher dazu Weissauer, BayÄBl. 1974, 363 ff. ; Baur-Hess, Krankenhausarzt 1973, 369ff. ; Luxenburger, aaO. S. 180ff.). Unabdingbare Voraussetzung für die gesonderte Berechnung „ärztlicher Leistungen" i. S. des § 6 Satz 4 BPflV ist die > A p p r o b a t i o n als > A r z t . Dies ergibt sich auch aus § 17 Abs. 2 KHG und § 4 Abs. 3 Satz 3 BPflV, wonach im Krankenhaus neben gesondert berechenbaren Nebenleistungen nach § 5 BPflV nur ärztliche Leistungen sowie Leistungen einer freiberuflich tätigen > Hebamme gesondert berechnet werden können. Deshalb kann z. B. ein Biochemiker, auch wenn er Leiter eines Krankenhauszentrallabors ist, seine Leistungen nicht liquidieren. Entgegenstehende Vereinbarungen mit den Patienten im > K r a n k e n h a u s a u f n a h m e v e r t r a g sind unwirksam (LG Köln v. 17. 1. 1977 - 5 0 270/77 -). 2. Wenngleich das Liquidationsrecht der leitenden Krankenhausärzte durch das neue Krankenhausrecht in seiner Substanz erhalten geblieben ist, so wurde es doch in einigen wesentlichen Punkten modifiziert. a) Die gesonderte Berechnung von Arztkosten ist nur zulässig, wenn dies der zuständigen Behörde mitgeteilt und mit dem Krankenhaus vereinbart worden ist, und wenn außerdem die allgemeinen Krankenhausleistungen hierdurch nicht beeinträchtigt werden (§ 6 Satz 2 BPflV). b) Nach § 6 Satz 3 BPflV ist es in Zukunft nicht mehr möglich, das Liquidationsrecht der Chefärzte automatisch an die gesondert berechenbare Unterbringung in einem Ein- oder Zweibettzimmer zu koppeln. Das Liquidationsrecht wird vielmehr ausschließlich davon abhängig gemacht, daß der Patient die persönliche Behandlung durch den leitenden Arzt (Wahlleistung „Arzt") ausdrücklich wünscht (sog. „einseitige" oder „Weine" Entkoppelung). Er kann daher die gesonderte Unterbringung in einem Ein- oder Zweibettzimmer wählen, ohne gleichzeitig verpflichtet zu sein, auch die Wahlleistung „Arzt" in Anspruch zu nehmen. Dagegen ist die umgekehrte Frage, ob die persönliche Behandlung von der Inanspruchnahme einer gesondert berechenbaren Unterkunft abhängig gemacht werden darf oder der Patient auch ohne Inanspruchnahme einer solchen Unterbringung die persönliche Behandlung durch den Chefarzt wählen kann (sog. „beiderseitige!' oder „große" Entkoppelung), in der BPflV nicht geregelt. Sofern die > K r a n k e n h a u s r e f o r m g e s e t z e keine abweichenden Regelungen enthalten (vgl. z.B. § 13 Abs. 4 LKG Berlin; § 3 Abs. 2 Satz 2 KHG Nordrh.-Westf. ; § 18 Abs. 4 Satz 2 KRG Rheinl.-Pf.) steht es dem Krankenhausträger daher frei, ob er die Wahl der gesondert berechenbaren ärztlichen Behandlung von einer gleichzeitigen Vereinbarung über eine geson-

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dert berechenbare Unterkunft abhängig machen oder die gesondert berechenbaren ärztlichen Leistungen auch dem Patienten im Mehrbettzimmer anbieten will (vgl. Baur-Hess, Krankenhausarzt 1973, 369, 371 f.; Luxenburger, aaO. S. 240ff.). c) § 6 Satz 4 BPflV bestimmt, daß der Patient die Wahlleistung „Arzt" nur insgesamt in Anspruch nehmen und seine Wahl nicht auf einzelne liquidationsberechtigte Ärzte beschränken kann (sog. „Bündelung"). Dies ist insbesondere von Bedeutung für leitende > Funktionsärzte, die i.d.R. keinen unmittelbaren Kontakt zum Patienten haben. Hat der Patient z. B. die persönliche Behandlung durch den Chirurgen gewählt, so gilt dies automatisch auch für die Leistungen der mitbehandelnden Ärzte (z. B. Pathologen, Radiologen, Anästhesisten, Laborärzte; vgl. Weissauer, BayÄBl. 1974, 71, 72). Der Patient, der die persönliche Behandlung durch den > C h e f a r z t als gesondert berechenbare Leistung in Anspruch nimmt, kann diese Erklärung nicht mit der Begründung anfechten, er habe nicht gewußt, daß er dadurch auch zur Honorarzahlung gegenüber den mitbehandelnden liquidationsberechtigten Ärzten verpflichtet werde (LG Lübeck v. 1.2. 1980, Anästh. Inten sivmed. 1981, 169). d) Streitig ist, inweiweit § 6 Satz 5 BPflV, wonach die Erfüllung von vor dem 1. 7. 1972 abgeschlossenen Verträgen (sog. „Altverträge") unberührt bleibt, einen Bestandsschutz für Liquidationsrechte gewährt, die vor diesem Zeitpunkt begründet wurden (vgl. aus jüngerer Zeit die ausführliche Kritik an der Rspr. bei Ulsenheimer, Arzt u. Krankenhaus 1982, 97ff.). Dabei ist zu unterscheiden zwischen dem Liquidationsrecht gegenüber solchen selbstzahlenden Patienten, die die gesondert berechenbare Unterbringung in einem Ein- oder Zweibettzimmer (entsprechend der früheren ersten und zweiten Pflegeklasse) in Anspruch nehmen wollen, und solchen Patienten, die nur die Unterbringung im Rahmen der allgemeinen Krankenhausleistungen in Drei- oder Mehrbettzimmern (entsprechend der früheren dritten Pflegeklasse) wünschen. aa) Nach höchstrichterlicher Rspr. schützt § 6 Satz 5 BPflV nicht das automatische Liquidationsrecht bei Selbstzahlern im Drei- oder Mehibettzimmer der früheren dritten Pflegeklasse. Das Liquidationsrecht im Mehrbettzimmer besteht vielmehr nur bei ausdrücklicher Wahl der Chefarztbehandlung durch den Patienten, vorausgesetzt, daß der Krankenhausträger die ärztliche Behandlung als gesondert berechenbare Leistung auch im Mehrbettzimmer anbietet (vgl. oben Rz 1158; BAG, NJW 1980, 1912; NJW 1978, 1699; BGH, VersR 1982, 363; a.A. Siegmund-Schultze, ArztR 1976, 330; Baur-Hess, KHA 1973, 369, 373). Sofern bei angestellten Chefärzten das Liquidationsrecht - wie i.d.R. - Teil der vertraglich vereinbarten Vergütung ist, kann der Krankenhausträger jedoch verpflichtet sein, Einnahmeverluste des Chefarztes durch Anpassung der vereinbarten Festvergütung auszugleichen (BAG, NJW 1980, 1912; zu den Voraussetzungen eines solchen Ausgleichsanspruchs im einzelnen und der Berechnung des Einnahmeverlusts vgl. Baur, Arzt u. Krankenhaus 1982, 71; ArbG Bayreuth v. 3. 10. 1980 - 1 Ca 329/80 - [kein Ausgleichsanspruch des Chefarztes bei 5 % Einkommensverlust aus stationärer Tätigkeit, weil die Be-

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rufsgenossenschaften ihren Versicherten seit 1. 4. 1974 nur noch die allgemeinen Krankenhausleistungen unter Wegfall des bisherigen Liquidationsrechts gewähren]). Bei beamteten Chefärzten wird ein solcher Ausgleichsanspruch von der Rspr. nicht anerkannt (vgl. BVerwG, NJW 1980, 654, 655 f. ; BVerfG, NJW 1980, 1327, 1330f. ; vgl. unten Rz 1166). bh) Hinsichtlich des automatischen Liquidationsrechts gegenüber Selbstzahlern in Ein- oder Zweibettzimmern der früheren ersten und zweiten Pflegeklasse schließt § 6 Satz 5 BPflV eine automatische Anpassung der vor dem 1.7. 1972 begründeten Liquidationsrechte aus. Andererseits gewährt diese Vorschrift keinen absoluten Bestandsschutz in dem Sinne, daß der Krankenhausträger in jedem Falle verpflichtet wäre, Verträge nach altem Recht weiterhin zu erfüllen. Der Verordnungsgeber wollte nur die Möglichkeit der Erfüllung nicht versperren (BVerfG, NJW 1980, 1327, 1331 f., dagegen Ulsenheimer, Arzt u. Krankenhaus 1982, 97ff.). Die rechtliche Tragweite der Bestimmung ist bei angestellten und beamteten Ärzten (einschließlich ärztlicher > H o c h s c h u l l e h r e r ) unterschiedlich. bba) Bei angestellten Ärzten stellt die Änderungskündigung für den Krankenhausträger ein an sich geeignetes Gestaltungsmittel zur Anpassung von Altverträgen an das neue Recht dar. Ihre Wirksamkeit richtet sich nach den vertraglichen Möglichkeiten unter Berücksichtigung des Kündigungsschutzgesetzes. Allein aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung, insbesondere einer einfacheren und kostengünstigeren Abrechnung ist eine Änderungskündigung sozial noch nicht gerechtfertigt, solange keine außergewöhnliche Verbesserung i. S. der zu fordernden sparsamen Wirtschaftsführung vorliegt. Werden die Ziele des KHG, nämlich die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen Krankenhäusern, wegen des Fortbestands des Liquidationsrechts von Altverträgen konkret beeinträchtigt, so kann dies im Einzelfalle bei Abwägung der Interessenlage eine Änderungskündigung rechtfertigen (BAG, NJW 1979, 1948; 1981, 646). Als weitere arbeitsvertragliche Anpassungsmöglichkeiten kommen insbesondere die Ausübung eines vertraglichen Widerrufsvorbehalts, der Ausspruch einer vertraglich vorgesehenen Teilkündigung (> C h e f a r z t Rz 510), der Abschluß eines Änderungsvertrages, sowie das Rechtsinstitut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 242 BGB) in Betracht. Zum Abschluß eines Änderungsvertrages kann der Chefarzt aufgrund einer in Altverträgen enthaltenen Änderungsklausel verpflichtet sein (BAG, NJW 1979, 1948; NJW 1981, 646). Einen Widerruf des Liquidationsrechts kann der Krankenhausträger in keinem Fall nach freiem Belieben, sondern immer nur nach billigem Ermessen ausüben (§315 Abs. 1 BGB; BAG, NJW 1978, 1699, 1700; vgl. auch LArbG Düsseldorf, ArztR 1975, 289). Die Wirksamkeit des Widerrufs hängt i.d.R. davon ab, daß der Krankenhausträger einen den Umständen nach angemessenen finanziellen Ausgleich anbietet (BAG, NJW 1978, 1699; 1980, 1912). Ensprechendes muß für andere arbeitsvertragliche Anpassungsmöglichkeiten gelten, sofern das Liquidationsrecht Teil der vertraglichen Vergütung des Chefarztes ist.

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Anders als eine auf das Liquidationsrecht bezogene Widerrufsklausel rechtfertigen sog. Entwicklungsklauseln in Chefarztverträgen, die nach ihrem Sinn und Zweck nur einer Veränderung der rein organisatorischen Verhältnisse im Krankenhaus Rechnung tragen wollen, keinen Eingriff in das Liquidationsrecht (BAG, NJW 1980, 1915; Baur-Hess, Krankenhausarzt 1973, 373 ; Narr, aaO. Rz 997). Soweit Liquidationsrechte aufgrund von Altverträgen nach dem Vorstehenden erhalten bleiben, ist der Krankenhausträger verpflichtet, seine Aufnahmebedingungen entsprechend der vertraglichen Situation zu gestalten (im einzelnen dazu Narr, aaO. Rz 997,• Hanisch, ArztR 1975, 33ff.). Er darf das fortbestehende Liquidationsrecht nicht dadurch unterlaufen, daß er dem liquidationsberechtigten Arzt „Konkurrenz" macht, indem er den Patienten durch seine Aufnahmepraxis die Möglichkeit gibt, die Wahlleistung „Raum" ohne die Wahlleistung „Behandlung durch den Chefarzt" in Anspruch zu nehmen. Der Chefarzt kann jedoch im Einzelfall nach § 242 BGB gehalten sein, auf Wünsche des Krankenhausträgers nach einer Ablösung des Liquidationsrechts zu vertretbaren und zumutbaren Bedingungen einzugehen (BAG, NJW 1980, 1915, 916f.). bbb) Bei der Frage des Bestandsschutzes des Liquidationsrechts beamteter Ärzte und ärztlicher > H o c h s c h u l l e h r e r ist zu unterscheiden, ob das Liquidationsrecht durch öffentlichrechtlichen Vertrag oder durch Verwaltungsakt eingeräumt wurde. Hat der Dienstherr dem beamteten Arzt das Liquidationsrecht durch öffentlichrechtlichen Vertrag vor dem 1. 7. 1972 gewährt, so scheitert eine automatische Anpassung des Liquidationsrechts ebenfalls an der Vorschrift des § 6 Satz 5 BPflV, die nicht danach unterscheidet, welchem Rechtsgebiet der jeweilige Vertrag zuzurechnen ist (Luxenburger, aaO. S. 313 m. Nachw.,- ausdrücklich offengelassen bei BVerfG, NJW 1980, 1327, 1331 f.). Die Möglichkeiten einer Vertragsanpassung richten sich nach den einschlägigen Verwaltungsverfahrensgesetzen in den einzelnen Bundesländern (die im wesentlichen dem § 60 VwVfG entsprechen) und ergänzend nach den zivilrechtlichen Vorschriften (vgl. § 62 Satz 2 VwVfG). Das bedeutet, daß die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (vgl. oben Rz 1163) auch hier Anwendung finden (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 1,1. Altern. VwVfG). Eine Änderungskündigung ist dann zulässig, wenn eine Vertragsanpassung nicht möglich oder dem Dienstherrn nicht zuzumuten ist oder wenn die Kündigung notwendig ist, um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 1, 2. Altern, und Satz 2 VwVfG). Als Ausnahmen von dem Grundsatz der Vertragstreue sind diese Vorschriften eng auszulegen (vgl. Stelkens-Bonk-Leonhardt, aaO. § 60 Rzn 14, 16ff.). Im wesentlichen dürften die Grundsätze über die Möglichkeiten einer Änderungskündigung bei angestellten > C h e f ä r z t e n (Rz 1162) auch hier als Maßstab bei der Interessenabwägung dienen (im Ergebnis ebenso Luxenburger, aaO. S. 313). In den Fällen der Einräumung des Liquidationsrechts durch Verwaltungsakt kommt eine analoge Anwendung des § 6 Satz 5 BPflV richtiger (aber bestritte-

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ner) Ansicht nach nicht in Betracht (die Frage ist ausdrücklich offengelassen bei BVerwG, NJW 1980, 654, 655). Eine Anpassung des Liquidationsrechts an das neue Recht kann nur nach den beamtenrechtlichen Vorschriften über den Widerruf einer Nebentätigkeitserlaubnis erfolgen, wenn durch die Ausübung des Liquidationsrechts in der bisherigen Form „dienstliche Interessen" beeinträchtigt werden, wobei als „dienstliche Interessen" auch öffentliche Interessen anzusehen sind, die durch die Verpflichtung des Beamten gegenüber dem Wohl der Allgemeinheit berührt werden (vgl. Luxenburger, aaO. S. 313 ff. > N e b e n t ä t i g k e i t Rz 1241). Bei der hierbei vorzunehmenden Abwägung der Interessenlage dürften wiederum die Grundsätze für die arbeitsvertragliche Änderungskündigung bei Chefärzten (Rz 1162) von Bedeutung sein. Nach einem Urteil des Hess. VGH v. 19. 11. 1978 - 1 OE 23/75 - ist der Dienstherr zwecks Realisierung der Vorschriften über die > M i t a r b e i t e r b e t e i l i g u n g nach den Vorschriften des Hess. KHG verpflichtet, entgegenstehende Nebentätigkeitsgenehmigungen wegen der Beeinträchtigung dienstlicher Interessen zu widerrufen (§§ 79 Abs. 2 Satz 1 HBG). Ein dienstliches Interesse in diesem Sinne ist nach Auffassung des Hess. VGH dann gegeben, wenn der Krankenhausträger in die öffentliche Förderung nur einbezogen wird, wenn er die Verpflichtung nach dem Hess. KHG zur Sicherstellung der Mitarbeiterbeteiligung erfüllt oder die Förderung wieder verliert, wenn er dieser Verpflichtung nicht nachkommt.

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Ein sehr weitgehendes Eingriffsrecht in bestehende Liquidationsrechte beamteter Ärzte gesteht das BVerfG dem Gesetzgeber zu, wenn sich seine Ziele im Zuge der Krankenhausreform nur auf diese Weise verwirklichen lassen, und wenn er dabei die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit beachtet. Es gibt keinen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums, nach dem der Dienstherr dem im Beamtenverhältnis stehenden Arzt die Einkünfte aus einer Nebentätigkeit ungeschmälert belassen müßte. Art. 14 GG und der Grundsatz des Vertrauensschutzes scheiden hier als Prüfungsmaßstab ebenso aus wie das Grundrecht aus Art. 12 GG. Somit kommt ein Ausgleichsanspruch bei Einnahmeverlusten für beamtete Ärzte grundsätzlich nicht in Betracht. Dieser im Vergleich zu den angestellten Chefärzten geringere Besitzstandschutz für beamtete Ärzte folgt aus der Natur des Beamtenverhältnisses und verletzt daher nicht Art. 3 GG (BVerfG, NJW 1980, 1327, 1331; dagegen Ulsenheimer, Arzt u. Krankenhaus 1982, 97ff.). e) Ein besonderes Problem bildet der Wegfall des Liquidationsrechts für Leistungen eines angestellten Chefarztes für Kassenpatienten auf Belegabteilungen. Diese Leistungen konnte der Chefarzt bis zum Inkrafttreten der BPflV aufgrund eines Ermächtigungsvertrages mit der > Kassenärztlichen Vereinigung (> Kassenarzt Rz 928) dieser gegenüber abrechnen. Seit 1. 4. 1974 ist dies nicht mehr möglich, da es sich nicht um Leistungen eines > Belegarztes i. S. des § 3 Abs. 2 Satz 1 BPflV, sondern um Leistungen des Krankenhauses handelt, die mit dem vollpauschalierten > Pflegesatz gem. § 3 Abs. 1 BPflV abgegolten sind. Die Frage ist vor allem bei der Tätigkeit leitender Anästhesisten auf Belegabteilungen von praktischer Bedeutung. Eine Abrechnungsmöglich-

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keit gegenüber der KV besteht hier nur dann, wenn die Versorgung von Belegpatienten nach dem Dienstvertrag zur > N e b e n t ä t i g k e i t des Chefarztes gehört und nicht durch Änderungskündigung in die Dienstaufgaben einbezogen werden kann, und wenn außerdem ein dringendes, auf andere Weise nicht zu befriedigendes Bedürfnis nach einer Beteiligung des Chefarztes an der stationären Versorgung der auf einer Belegabteilung untergebrachten Patienten besteht (BSGE 44, 245; BAG v. 4. 5. 1983, ArtzR 1983, 208). Die Zuordnung der betreffenden Leistungen zum Nebentätigkeitsbereich im Dienstvertrag ist auch nach dem 1. 1. 1974 möglich (SG Hannover v. 27. 6. 1979 - S 10 Ka 69/77 Andreas-Siegmund-Schultze, ArztR 1979, 203, a.A. das dort zitierte Urt. des SG Dortmund v. 17. 5. 1978]. Der Chefarzt hat jedoch bei Nichtbestehen eines entsprechenden Bedürfnisses gegen die KV auch dann keinen Anspruch auf Erteilung einer entsprechenden Ermächtigung, wenn ihm die Versorgung auf Belegabteilungen im Dienstvertrag als Nebentätigkeit gewährt worden ist. Denn nach dem KHG und der BPflV ist es Sache des Krankenhausträgers, die Anästhesieleistungen als Krankenhausleistungen bereitzustellen (anders bei einem reinen > Belegkrankenhaus, BSG v. 7. 10. 1981 - 6 RKa 7/78 dazu Weissauer, Anästh. Intensivmed. 1983, 189ff.). Die Erteilung einer Ermächtigung ist auch nicht deshalb erforderlich, weil der leitende Krankenhaus-Anästhesist es aufgrund seines Dienstvertrages mit dem Krankenhausträger ablehnt, Anästhesieleistungen als Dienstaufgabe zu erbringen (BSG v. 7. 10. 1 9 8 1 - 6 RKa 5/78 - ; dazu Weissauer, Anästh. Intensivmed. 1982, 124ff. ; ausführlich zum Ganzen Narr, aaO. Rzn. 481 ff.). Wo nach dem Chefarztvertrag die Liquidationsmöglichkeit für Leistungen in der allgemeinen Pflegeklasse auf Belegabteilungen einen Teil der vertraglich geschuldeten Vergütung bildet (vgl. oben Rz 1155), ist der Krankenhausträger nach Wegfall des Liquidationsrechts nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verpflichtet, dem Chefarzt für den daraus resultierenden Einkommensverlust einen angemessenen Ausgleich in Form einer höheren Festvergütung zu gewähren; ein Anspruch auf Schadensersatz in Form eines vollen Ausgleichs der entgangenen kassenärztlichen Honorareinnahmen besteht nicht (BAG v. 4. 5. 1983; ArztR 1983, 214; vgl. auch Andreas, ArztR 1982, 36 44; Weissauer, Anästh. Intensivmed. 1982, 291). Beamteten Ärzten steht nach den Grundsätzen der Entscheidung des BVerfG v. 7. 11. 1979 (NJW 1980, 1327) ein solcher Ausgleichsanspruch nicht zu (vgl. zum Ganzen Andreas, ArztR 1982, 36; Weissauer, Anästh. Intensivmed. 1982, 124). f) Zusammentreffen von Alt- und Neuverträgen. Führt ein Arzt mit einem vor dem 1.7. 1972 geschlossenen „Altvertrag", für den nach § 6 Abs. 5 BPflV die Entkoppelung nicht gilt, die Behandlung eines gesondert untergebrachten Patienten zusammen mit Ärzten durch, bei denen die Entkoppelung nach neuem Recht zum Zuge kommt, stellt sich die Frage, ob wegen des Grundsatzes der „Bündelung" (oben Rz 1159) auch die Ärzte mit „Neuverträgen" liquidieren können, oder ob das Entkoppelungsprinzip Vorrang hat. Richtiger Ansicht nach besteht der Zweck des § 6 Satz 5 BPflV ausschließlich darin, bestehende Rechte von Chefärzten mit Altverträgen in bestimmtem Umfang

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zu bewahren und nicht darin, Chefärzten mit Neuverträgen zusätzliche Rechte einzuräumen. Das bedeutet, daß Chefärzte mit Verträgen nach dem 1. 7. 1972 in diesen Fällen nicht liquidieren dürfen (Luxenburger, aaO. S. 321 f. ; ArbG Weiden v. 3. 10. 1977, mitgeteilt von Siegmund-Schultze, ArztR 1980, 302, 303; vgl. auch LArbG Bad.-Wttbg. v. 22. 1. 1981, ArztR 1981, 284 ; a.A. Weissauer, BayÄBl. 1974, 71, 79). 1169

IV. Durch die Wahl der gesondert berechenbaren ärztlichen Leistung gem. § 6 BPflV erwirbt der Patient einen Anspruch auf persönliche Behandlung durch den > Chefarzt entweder direkt nach § 6 Satz 1 BPflV oder, sofern der Chefarzt zum Patienten in Vertragsbeziehungen tritt, gem. § 613 Satz 1 BGB (vgl. Luxenburger, aaO. S. 227f.; Weissauer, NJW 1978, 2342f.) mit der Folge, daß der Patient von der Verpflichtung zur Zahlung des > Arzthonorars frei wird, wenn der Chefarzt die von ihm persönlich erwartete Leistung an ärztliche Mitarbeiter delegiert. Das heißt allerdings nicht, daß der Chefarzt jeden Handgriff persönlich ausführen muß. Der leitende Arzt erbringt eine Leistung persönlich, wenn er die grundlegenden Entscheidungen über die Therapie aufgrund eigener Untersuchung selbst trifft und die Behandlungsmaßnahmen entweder selbst durchführt oder zumindest überwacht. Im einzelnen ist streitig, in welchem Umfang eine Heranziehung ärztlicher Mitarbeiter zulässig ist. Richtiger Ansicht nach kommt es darauf an, inwieweit die Vertragspartner unter Berücksichtigung von Treu und Glauben und der Verkehrssitte (§§ 157, 242 BGB) von der höchstpersönlichen Leistungserbringung durch den Chefarzt ausgehen dürfen (Luxenburger, aaO. S. 229). Dabei ist zu unterscheiden zwischen der Zuziehung von > Assistenzärzten zur Unterstützung des Chefarztes bei seinen Verrichtungen und der Vertretung des Chefarztes bei der Erbringung der Leistung während seiner Abwesenheit. Die Grenzen können im Einzelfall fließend sein (vgl. Weissauer, aaO.). Im einzelnen bestehen im Schrifttum und in der Rspr. z. T. erhebliche Meinungsverschiedenheiten (vgl. die Nachweise bei Luxenburger, aaO.). Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß der leitende Arzt solche Aufgaben an Mitarbeiter delegieren darf, die diese aufgrund ihrer Qualifikation ebensogut ausführen können wie der leitende Arzt selbst. Dabei sind u. a. die Schwierigkeit der ärztlichen Verrichtung und das Risiko des Eingriffs von Bedeutung. Beispielsweise darf der Patient, der eine gesondert berechenbare ärztliche Behandlung wünscht, wegen des besonderen Anästhesierisikos vom leitenden Anästhesisten grundsätzlich erwarten, daß dieser die Narkoseleistungen ( > Narkose) selbst erbringt (Luxenburger, aaO. S. 230f. ; OLG Celle, NJW 1982, 2129 u. dazu Weissauer-Hirsch, Anästh. Intensivmed. 1982, 295, 297f. ; Siegmund-Schultze, ArztR 1977, 6, 10; Anästh. Inform. 1978, 97, 100).

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Eine persönliche Leistungserbringung kann grundsätzlich nicht angenommen werden, wenn für den wegen Urlaubs, Krankheit, Teilnahme an einem Kongress usw. abwesenden Chefarzt nachgeordnete Ärzte in vollem Umfang die Entscheidung über die Behandlung treffen und diese durchführen (Weissauer, NJW 1978, 2343). Trotzdem kann auch in diesem Fall eine ordnungsge-

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mäße Vertragserfüllung unter Aufrechterhaltung des Liquidationsrechts des Chefarztes anzunehmen sein. I.d.R. rechnet der Patient mit der Behandlung durch den Vertreter, wenn der Chef wegen Krankheit, Urlaub oder wegen dringender anderer Verpflichtungen verhindert ist. Schließt er den > Krankenhausaufnahmevertrag ohne zu erkennen zu geben, daß er in jedem Falle vom Chefarzt persönlich behandelt werden möchte, so nimmt er die Behandlung durch dessen Vertreter in den genannten Fällen regelmäßig in Kauf. Das stillschweigende Einverständnis gilt insbesondere dann, wenn der Patient bei der Aufnahme ins Krankenhaus weiß, daß der leitende Arzt an der persönlichen Leistung verhindert ist oder wenn er in Kenntnis der Abwesenheit des Chefarztes die Behandlung durch seinen Vertreter stillschweigend hinnimmt (LG Flensburg, NJW 1978, 2342; Weissauer, NJW 1978, 2343; Hirsch-Weissauer, BayÄBl. 1977, 978 ; Siegmund-Schultze/Andreas, ArztR 1977, 6 ; 1978, 272; dies., Krankenhausarzt 1978, 53; a.A. AG Aachen, NJW 1976, 1797; Luxenburger, aaO. S. 234f.). Eine Delegationsbefugnis ist dagegen dann zu verneinen, wenn der Chefarzt ohne besonderen Grund (Urlaub, Krankheit usw.), sondern nur deshalb nicht tätig geworden ist, weil es Samstag oder Feiertag war und er keinen Dienst hatte (OLG Celle, NJW 1982, 2129). Zur Vermeidung von Rechtsunsicherheit ist eine Regelung der Vertretung der Chefärzte bei den ärztlichen Wahlleistungen im > K r a n k e n h a u s a u f n a h m e v e r t r a g dringend anzuraten. V. Nachgeordnete Ärzte haben regelmäßig kein Recht zur Eigenliquidation. Ausnahmen gibt es vor allem im Hochschulbereich (vgl. z.. § 5 Abs. 2 Nr. 1 HNTVO Bad.-Wttbg., wonach auch anderen Ärzten als den Leitern von Abteilungen der unmittelbaren und mittelbaren Krankenversorgung „aus dienstlichen Gründen oder mit Rücksicht auf örtliche fachliche Belange die Ausübung einer privatärztlichen Tätigkeit... dauernd oder auf Zeit" genehmigt „und insoweit die Liquidationsbefugnis" erteilt werden kann). Im übrigen besteht die Möglichkeit, daß der liquidationsberechtigte leitende Arzt seine Honorarforderungen gegenüber den Patienten an einen ärztlichen Mitarbeiter abtritt, der dann im eigenen Namen bei selbstzahlenden Patienten liquidieren darf (vgl. Siegmund-Schultze, ArztR 1975, 77, Narr, aaO. Rz 999). Eine solche „offene" Liquidation im eigenen Namen ist grundsätzlich auch im Bereich der Universitätskliniken zulässig, sofern nicht beamtenrechtliche Vorschriften in den einzelnen Bundesländern entgegenstehen. Gleiches gilt für die „versteckte" Liquidation nachgeordneter Ärzte unter Verwendung von Rechnungsformularen des liquidationsberechtigten Arztes, in denen der Patient zur Zahlung des Honorars an den nachgeordneten Arzt aufgefordert wird (näher dazu Luxenburger, aaO. S. 62ff.). Auch ohne eine solche Abtretung sind die Mitarbeiter aufgrund der > K r a n k e n h a u s r e f o r m g e s e t z e und der ärztlichen > B e r u f s o r d n u n g e n am Liquidationserlös der leitenden Ärzte angemessen zu beteiligen (> M i t a r b e i t e r b e t e i l i g u n g Rz 1211). VI. Aufgrund entsprechender Regelungen im Dienstvertrag und im Beamtenrecht (> N e b e n t ä t i g k e i t Rz 1236) sind die liquidationsberechtigten

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Liquidationsrecht

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Arzte verpflichtet, an den Krankenhausträger für dessen Aufwendungen im liquidationsberechtigten Bereich ein > Nutzungsentgelt zu entrichten.

Logopäde 1172

I. Aufgaben. Die Tätigkeit des der Gruppe der > m e d i z i n i s c h e n Assis t e n z b e r u f e zuzurechnenden Logopäden umfaßt in erster Linie die Mitwirkung bei der Behandlung von Hör-, Stimm- und Sprachkrankheiten aufgrund ärztlicher Diagnose (zum Berufsbild vgl. Korbmann, ErsK 1979, 70ff. ; näher zum Aufgabengebiet Knebusch u.a., BerufskBl. 2 - II A 25, S. 2ff.). Der Logopäde arbeitet zusammen mit Ärzten, > K r a n k e n g y m n a s t e n und Angehörigen anderer Gesundheitsberufe sowie Pädagogen, > P s y c h o l o g e n und anderen in der > R e h a b i l i t a t i o n tätigen Berufen. Er wird dabei im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses oder selbständig in eigener Praxis tätig. Als Nichtarzt darf er jedoch keine > H e i l k u n d e ausüben. Deshalb ist die Diagnose und die Anordnung einer logopädischen Therapie dem Arzt vorbehalten. Der Logopäde ist jedoch befähigt, einen Behandlungsplan im Rahmen ärztlicher Anweisungen selbständig zu gestalten (vgl. die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes über den Beruf des Logopäden, BT-Drucks. 8/741, Allgem. Teil S. 5. Es ist jedoch zumindest mißverständlich, wenn es dort gleichzeitig heißt, daß die Tätigkeit des Logopäden „die Erkennung und Behandlung" der hier einschlägigen Krankheiten umfaßt; die Diagnose und Therapie einer Krankheit sind Ausübung der Heilkunde, die dem Arzt vorbehalten ist). II. Rechtsgrundlage ist das Gesetz über den Beruf des Logopäden v. 7. 5. 1980 - LogG - (BGBl. S. 529) und die dazu ergangene Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Logopäden v. 1. 10. 1980 - LogAPrO - (BGBl. IS. 1892). Danach wird die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Logopäde" erteilt nach Ablegen einer staatlichen Prüfung im Anschluß an eine dreijährige Ausbildung. Die Bemfsbezeichnung ist geschützt (§ 7 LogG). III. Der Logopäde unterliegt der strafrechtlichen > Schweigepflicht nach § 203 Abs. 1 Nr. 1. StGB.

Marburger Bund 1173

I. Der im Jahr 1946 gegründete Marburger Bund - Verband der angestellten und beamteten Ärzte Deutschlands e.V. - ist die einzige tariffähige Gewerkschaft der angestellten Ärzte sowie seit den sechziger Jahren die Interessenvertretung der > b e a m t e t e n Ä r z t e (zur Gründungsgeschichte vgl. Stobrawa,

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Masseur/Masseur und medizinischer Bademeister

aaO. S. 71 f.). Möglich ist auch eine Mitgliedschaft von Medizinstudenten. Die Mitgliederzahl beträgt zur Zeit ca. 46000. Der Bundesverband mit Sitz in Köln besteht aus 10 Landesverbänden. Verbandsorgan ist die Zeitschrift „der arzt im krankenhaus und im gesundheitswesen". II. Zu den Aufgaben des Verbandes gehören u.a.: Abschluß von Tarifverträgen, Mitarbeit bei der > ä r z t l i c h e n A u s b i l d u n g , > W e i t e r b i l d u n g und > Fortbildung; Beratung der Mitglieder in berufsrechtlichen, arbeitsrechtlichen, sozialversicherungs- und beamtenrechtlichen Fragen. Der Marburger Bund hatte maßgeblichen Anteil an der Entwicklung von Reformvorstellungen im Gesundheitswesen (näher dazu Stobrawa, aaO. S. 73). III. Der Marburger Bund (Bundesverband) ist eine Spitzenorganisation von Berufsverbänden und somit eine Spitzenorganisation von Gewerkschaften i. S. der Landespersonalvertretungsgesetze (OVG Münster, N]W 1972, 1156).

Masseur/ Masseur und medizinischer Bademeister I. Aufgaben Der „Masseur" und der „Masseur und medizinische Bademeister" stellen je für sich einen selbständigen, zu den > m e d i z i n i s c h e n Assis t e n z b e r u f e n gehörenden Beruf dar. Die Schwerpunkte ihrer Tätigkeit liegen in der Massage, der Heilgymnastik und - vor allem beim Masseur und medizinischen Bademeister - im medizinischen Badewesen als fester Bestandteil ärztlicher Verordnungen (zum Berufsbild vgl. Klopstock, BerufskBl. 2 - II A 12, S. 1 ff.; Korbmann, ErsK 1978, 198ff.). Die Berufsausübung kann im Angestelltenverhältnis vor allem in > Krankenhäusern, Spezialkliniken, > Sanatorien, medizinischen Badeanstalten oder auch selbständig in eigener Praxis erfolgen. Auch im letzteren Fall arbeitet der Masseur nach ärztlicher Verordnung und Anweisung. Die Durchführung chiiopiaktischer Behandlungen (> Chiropraktik) ist dem Masseur nicht erlaubt, da es sich hierbei um Ausübung der > Heilk u n d e handelt (BVerwG, NJW 1970, 1987). II. Rechtsgrundlagen sind das Gesetz über die Ausübung der Berufe des Masseurs, des Masseurs und medizinischen Bademeisters und des Krankengymnasten v. 21. 12. 1958 - MBKG - (BGBl. I S. 985) sowie die Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Masseure und für Masseure und medizinische Bademeister v. 7. 12. 1960 (BGBl. I S. 880). Beide Berufsbezeichnungen sind nach § 14 i.V.m. § 1 des Gesetzes geschützt. III. Die Ausbildung gliedert sich in einen Lehrgang in einer staatlich anerkannten Lehranstalt mit abschließender staatlicher Prüfung und eine daran

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Masseur/Masseur und medizinischer Bademeister

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anschließende praktische Tätigkeit in einer zur Ausbildung ermächtigten Anstalt. Der Lehrgang dauert für beide Berufe einheitlich je ein Jahr. Die praktische Tätigkeit dauert für den Masseur ebenfalls ein Jahr ; für den Masseur und medizinischen Bademeister ist ein Praktikum von 18 Monaten vorgeschrieben. IV. Die Angehörigen beider Berufe unterliegen der > Schweigepflicht nach § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB. V. Im Rahmen der gesetzlichen > Krankenversicherung (Rz 1103) führt der selbständig in eigener Praxis tätige Masseur/Masseur und medizinische Bademeister eine ärztliche Heilmittelverordnung aus (§ 368 Abs. 2 RVO), die er aufgrund eines Vertrages mit der zahlungspflichtigen Krankenkasse vergütet erhält (Heinemann-Liebold, aaO. §368 C 29 > H e i l m i t t e l Rz 830). 1175

VI. Ein staatlich geprüfter Masseur übt eine dem > K r a n k e n g y m n a s t e n ähnliche heilberufliche Tätigkeit aus, wenn er überwiegend als Heilmasseur tätig wird. Ist diese Voraussetzung erfüllt, so kann er für seine Vergütungssätze aus der Tätigkeit als Heilmasseur Befreiung von der > Umsatzsteuer nach § 4 Nr. 14 UStG beanspruchen. Unter der Tätigkeit als Heilmasseur ist vornehmlich die eigene Massagetätigkeit zu verstehen. Nach Auffassung des BFH ist jedoch auch die Verabreichung medizinischer Bäder durch einen Masseur seiner Massagetätigkeit zuzurechnen, soweit diese Bäder eine Hilfstätigkeit zur Heilmassage darstellen. Für die Anwendung des § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG sind Unterwassermassagen und Fangopackungen zwar als Heilbäder anzusehen. Aus therapeutischer Sicht handelt es sich jedoch bei der Unterwassermassage um eine bestimmte Form der Massage und bei der Fangopackung um eine > H e i l b e h a n d l u n g durch Wärme. Es erscheint daher vertretbar, die Verabreichung für die Unterwassermassagen und Fangopackungen durch staatlich geprüfte Masseure als begünstigte Umsätze i.S. des § 4 Nr. 14 UStG anzusehen (Erlaß des FinMin. Nordrh.-Westf. v. 18. 10. 1979 S 7170-22-VC-2, NWB 1980, 69).

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VII. Die Führung eines Schildes mit der Bezeichnung „Praxis für Physikalische Therapie" unter näherer Angabe der Tätigkeitsbereiche durch einen Masseur und medizinischen Bademeister verstößt weder gegen § 14 des Ordnungsbehördengesetzes Nordrh.-Westf. i.d.F.v. 28. 10. 1969 (GVBl. Nordrh.-Westf. S. 732) i.V.m. §§ 1 u. 2 MBKG noch gegen § 3 Nr. 3 a HWG (VG Arnsberg v. 27. 11. 1979, GewArch. 1980, 351).

Medikamentenbuch 1177

I. Das von der KV Hessen herausgegebene Medikamentenbuch hat vor allem den Zweck, unverträgliche oder überflüssige Arzneiverordnungen zu vermeiden. Es befindet sich im Besitz des Patienten und enthält Eintragungen der be-

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Medizinaluntersuchungsamt

handelnden Ärzte über verordnete Medikamente in chronologischer Reihenfolge sowie Vermerke über medizinische Risikofaktoren (z. B. Allergien, Diabetes, Anfallsleiden]. II. Hinsichtlich der Haftung des Aiztes für Falscheintragungen gilt entsprechendes wie beim > Notfallausweis (Rz 1270).

Medizinalassistent Die > Bestallungsordnung für Ärzte verstand darunter eine Person, die nach Beendigung des > Medizinstudiums und bestandener > Ärztlicher Prüfung eine zweijährige praktische Vorbereitungszeit - meist an Universitätskliniken und dazu ermächtigten Krankenhäusern - als Voraussetzung für die Erteilung der > Bestallung ( > Approbation) absolvierte. Nach Einbeziehung der praktischen Ausbildung in das letzte Studienjahr ( > Praktisches Jahr) und einer übergangsweisen Verkürzung auf ein Jahr durch die AOÄ 1970 (§§37 ff. > Approbationsordnung) ist die Medizinalassistentenzeit seit dem Jahr 1981 ganz entfallen (§ 38 Abs. 6, § 40 Abs. 2 AOÄ). Die Rechtsstellung des Medizinalassistenten war umstritten. Er war rechtlich noch kein > A r z t , andererseits aber - im Unterschied zu dem Studierenden im > Praktischen Jahr - auch nicht mehr Student (näher dazu Narr, aaO. Rzn. 260ff.). Der jetzt vorliegende Referentenentwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung der Bundesärzteordnung sieht nach Beendigung des sechsjährigen Medizinstudiums die Einführung einer zweijährigen Praxisphase vor, die als „Arzt im Praktikum" abgeleistet werden soll ( > Ärztliche Ausbildung Rz 30a).

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Medizinaluntersuchungsamt I. Begriff. Die Medizinaluntersuchungsämter - teilweise auch als Hygiene-Institute bezeichnet - sind staatliche Untersuchungsanstalten, die mit mikrobiologischen und serologischen Methoden die Erkennung und Behandlung von Infektionskrankheiten unterstützen und im Rahmen der Seuchenbekämpfung eng mit anderen Gesundheitsbehörden zusammenarbeiten (näher zum Aufgabenkreis Wohlrab in: Daniels-Hagen, u.a. aaO. Bd. II, S. 512ff.). Ein Medizinaluntersuchungsamt besteht i.d.R. in jedem Regierungsbezirk. Zum Teil werden die Aufgaben eines Medizinaluntersuchungsamtes auch von den Hygiene-Instituten oder Zentren für Hygiene an den Universitäten wahrgenommen. II. Rechtsgrundlage ist das > Bundes-Seuchengesetz, das nach seinem gesamten Aufbau und Inhalt die Institution der Medizinaluntersuchungsäm-

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Medizinaluntersuchungsamt

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ter voraussetzt (Wohlrab, aaO. S. 511). In § 9 Abs. 1 BSeuchG sind Medizinaluntersuchungsämter ausdrücklich erwähnt, ebenso in § 8 der 1. DVO zum GesVereinhG.

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HI. 1. Die Medizinaluntersuchungsämter stehen unter der Leitung eines > beamteten Arztes, der über besondere Kenntnisse und Erfahrungen in Bakteriologie, Serologie und allgemeiner Hygiene verfügt (vgl. Wohlrab, aaO. S. 519). 2. Nach einem Urteil des OLG Bremen v. 28. 10. 1 9 8 0 - 2 BA 20 + 28/79 sollen die für die Nebentätigkeit der Krankenhauschefärzte von der Rspr. entwickelten Grundsätze ( > Chefarzt Rz 516, > Nebentätigkeit Rz 1239) auf die Leiter von Hygieneinstituten und Medizinaluntersuchungsämtern keine Anwendung finden, da sich deren Stellung nach Ansicht des OVG Bremen schon rein tatsächlich nicht mit der eines Chefarztes an einem Krankenhaus gleichsetzen läßt und eine Rechtsentwicklung, wie sie das Bundesverfassungsgericht (NJW 1980, 1327) für Krankenhausärzte dargestellt hat, für die Leiter von Hygiene-Instituten und Medizinaluntersuchungsämtern nicht feststellbar ist. Diesen soll daher eine Nebentätigkeit gegen Vergütung nur in beschränktem Umfang gestattet sein. Diese Auffassung ist nicht unbedenklich. Auch bei Leitern von Medizinaluntersuchungsämtern handelt es sich um fachlich hochqualifizierte Ärzte, die bei Ausübung ihres Berufes in freiberuflicher Stellung ein Mehrfaches der besoldungsrechtlich vorgesehehen Einnahmen erzielen könnten und daher i.d.R. nur durch die Einräumung einer Möglichkeit zur Erzielung zusätzlicher Einnahmen für ihr Amt gewonnen werden können. 3. Der Leiter eines Medizinaluntersuchungsamtes unterliegt der Meldepflicht nach § 9 BSeuchG. IV Haftung. Die Tätigkeit der Medizinaluntersuchungsämter ist der schlichten Hoheitsverwaltung zuzurechnen. Bei Fehlleistungen haftet das Land nach Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB (vgl. BGH, VersR 1963, 856 [chemisches Untersuchungsamt]). V. Die Medizinaluntersuchungsämter erheben Gebühren und Auslagen aufgrund landesrechtlicher Verordnungen (vgl. z.B. für Bad.-Wttbg. die VO des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Sozialordnung und des Kultusministeriums über die Gebühren der Staatlichen Medizinaluntersuchungsämter v. 30. 3. 1976, GBl. S. 449).

Medizinische Assistenzberufe 1182

I. Unter dem Begriff „medizinische Assistenzberufe" - auch als Heilhilfsberufe bezeichnet - werden die Berufe zusammengefaßt, die bei der Erbringung ärztlicher Leistungen mitwirken, wobei es nicht darauf ankommt, ob die Be-

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Medizinische Assistenzberufe

rufsausübung in abhängiger Stellung oder freiberuflich erfolgt. Davon zu unterscheiden sind die Berufe, die den Arzt nur bei der im Rahmen seiner Tätigkeit am Patienten anfallenden Verwaltungsarbeit unterstützen ( > M e d i z i nisch-kaufmännische Assistentin/Helferin/Arztsekretärin, > M e d i z i n i s c h e r D o k u m e n t a t i o n s a s s i s t e n t ) sowie die > H e i l e r g ä n z u n g s b e r u f e , die durch ihre Tätigkeit die ärztlichen Leistungen ergänzen. Ü. Für die medizinischen Assistenzberufe fehlt es bisher an einer einheitlichen Rechtsgrundlage. Der > B u n d e s g e s u n d h e i t s r a t hat die Zusammenfassung berufsrechtlicher Regelungen in einem gemeinsamen Gesetz für alle medizinischen Assistenzberufe grundsätzlich bejaht und vorgeschlagen, folgende Berufsgruppen den medizinischen Assistenzberufen zuzurechnen (vgl. Beschluß v. 12. 12. 1978, BGesuBl. 1979, 274f.]: Krankenschwestern/-pfleger, Kinderkrankenschwestern, Krankenpflegehelfer ( > K r a n k e n p f l e g e p e r s o nal), > H e b a m m e n , > M a s s e u r e / M a s s e u r e u n d m e d i z i n i s c h e Bademeister, > Krankengymnasten, > Beschäftigungs- u n d Arbeitstherapeuten, > Logopäden, > Medizinisch-technische Assistent e n und > D i ä t a s s i s t e n t e n . Darüber hinaus wird man vor allem auch folgende weiteren Berufe den medizinischen Assistenzberufen zuordnen müssen: > R e t t u n g s s a n i t ä t e r , > O r t h o p t i s t e n , > Z y t o l o g i e a s s i s t e n ten, > Kunsttherapeuten, > Musiktherapeuten, > Altenpfleger, > Neuro-Otologische Assistenten. Das > B u n d e s g e s u n d h e i t s a m t hat mit Recht darauf hingewiesen, daß in Anbetracht der berufsspezifischen Unterschiede keine Einteilung voll befriedigen kann. III. Zur Abgrenzung der Aufgaben- und Verantwortungsbereiche zwischen Arzt und medizinischem Assistenzpersonal und der daraus resultierenden zivilrechtlichen und strafrechtlichen Haftung > B e h a n d l u n g s f e h l e r Rzn. 317ff., > H e i l k u n d e Rz 825, O I n j e k t i o n Rz 894ff., O l n f u s i o n , > B l u t e n t n a h m e Rz 451, > H a f t u n g Rzn. 769, 774, 775, 776, 777, 778, 783, 784, 786. IV. > Schweigepflicht Rz 1619 V. > Zeugnisverweigerungsrecht Rzn. 1988 f. VI. Eine selbständige Beteiligung freiberuflich tätiger Angehöriger der medizinischen Assistenzberufe (z.B. > K r a n k e n g y m n a s t e n , > M a s s e u r e ) an der kassenärztlichen Versorgung ist nach geltendem Recht grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. aber BSG v. 9. 8. 1974, BSGE 38, 73 > M e d i z i n i s c h - t e c h n i s c h e r A s s i s t e n t Rz 1202). Die von ihnen erbrachten Leistungen fallen jedoch unter die Leistungspflicht der gesetzlichen > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g (Rz 1103), wenn sie als > H e i l m i t t e l von einem > K a s s e n a r z t verordnet werden (§368 Abs. 2 RVO, § 122 RVO ; BSG 43, 16, 17 ; kritisch hierzu See-

1183

Medizinische Assistenzberufe

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wald, NJW 1981, 2493, 2497; vgl. auch LSG Bremen v. 10. 7. 1980 - L 1 Kr 15/79 u.a., sowie v. 10. 9. 1981 - L 1 Kr 2/80 und L 1 Kr 15/79 >Psyc h o t h e r a p i e Rz 1469, > Psychologe Rz 1462). Nach den bestehenden Verträgen mit den Kassen verbänden (> H e i l m i t t e l Rz 830) rechnen die zur Leistungserbringung berechtigten Berufsangehörigen direkt mit den Krankenkassen ab. 1184

VII. Für zahlreiche medizinische Assistenzberufe wird aufgrund der Verordnung über die Ausbildungsförderung für den Besuch von Ausbildungsstätten für Heilhilfsberufe - HeilhilfsberufeV - v. 2. 11. 1970 (BGBl. I S. 1504) Ausbildungsförderung nach dem BAföG gewährt. Es handelt sich hierbei u. a. um folgende Berufe: Krankenpflegeberufe (> Krankenpflegepersonal), > Medizinisch-technische Assistenten, > Diätassistenten, > K r a n k e n g y m n a s t e n , > Beschäftigungs- u n d A r b e i t s t h e r a p e u t e n , > Logopäden, > O r t h o p t i s t e n , > Zytologieassistenten, > Masseure, > G e s u n d h e i t s a u f s e h e r , sprachtherapeutische Assistenten, > H e b a m men.

Medizinischer Dokumentationsassistent 1185

I. Aufgaben. Der medizinische Dokumentationsassistent ist Mitarbeiter des Arztes bei allen Problemen der Informationsbewältigung. Ihm obliegt die Erfassung, Dokumentation, Bereitstellung und Auswertung medizinischer Daten, z. B. im Krankenhaus, in Einrichtungen der medizinischen Forschung, in der pharmazeutischen Industrie und bei Ärzteorganisationen (näher zum Aufgabenbereich Versel, BerufskBl. 2 I F 14, S. lff.) > M e d i z i n i s c h e r Informatiker. II. Rechtsgrundlagen. Das Berufsbild ist nur teilweise durch besondere Rechtsvorschriften geregelt (z. B. in Hessen durch die „Vorschrift über die Ausbildung, Prüfung und staatliche Anerkennung von medizinischen Dokumentationsassistenten" v. 12. 1. 1979, StAnz. S. 266). HI. Ausbildung. Soweit besondere Rechtsvorschriften nicht vorhanden sind, entspricht der Ausbildungsgang den Vorschlägen der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Dokumentation und Statistik. Danach beträgt die Ausbildungsdauer insgesamt 3 fahre (2 Jahre theoretische Ausbildung in Vollzeitschulen, daran anschließend ein berufspraktisches Jahr). Die schulische Ausbildung schließt ab mit einer Prüfung. IV. Der medizinische Dokumentationsassistent unterliegt der strafrechtlichen > Schweigepflicht nach § 203 Abs. 3 StGB.

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Medizinischer Sektions- und Präparationsassistent

Medizinischer Informatiker I. Aufgabe des Medizinischen Informatikers ist es, in den verschiedenen AnWendungsgebieten der Medizin den Informationsfluß zu ordnen, das Angebot und den Bedarf an Informationen zu prüfen, geeignete Medien und Organisationsformen zur Informationssammlung, -speicherung und -Verteilung einzusetzen sowie statistische Methoden zu entwickeln, um die medizinische Aussagekraft neuartiger technischer Diagnostik und der Therapie zu sichern (Informationen zum Studiengang Medizinische Informatik, hrsg. von der Fachhochschule Heilbronn, Stand Juni 1979). Der Medizinische Informatiker findet sein Tätigkeitsfeld vor allem im Krankenhausbereich, aber auch in der Forschung und Ausbildung.

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II. Die Ausbildung erfolgt während eines Studiums von 8 Semestern an der Fachhochschule Heilbronn. Der Studiengang setzt die allgemeine Hochschulreife voraus und schließt ab mit der Verleihung des akademischen Grades „Diplom-Informatiker der Medizin" („Dipl.-Inform. Med.") durch die Fakultät für Theoretische Medizin an der Universität Heidelberg, die den Studiengang zusammen mit der Fachhochschule Heilbronn trägt. Neuerdings besteht die Möglichkeit der anschließenden Promotion zum „Dr. sc.hum." ( > Doktortitel Rz 568). III. Der medizinische Informatiker unterliegt der strafrechtlichen > Schweigepflicht nach § 203 Abs. 3 StGB. IV. Ärzte können aufgrund entsprechender > Weiterbildung die > Zusatzbezeichnung „Medizinische Informatik" erwerben (vgl. Anl. II Nr. 8 MuWO).

Medizinischer Sektionsund Präparationsassistent I. Der medizinische Sektions- und Präparationsassistent ist Mitarbeiter des Arztes auf den Gebieten der Anatomie, Pathologie und Rechtsmedizin. Zu seinen Aufgaben gehören insbesondere die Mitwirkung bei > Sektionen sowie die technische Betreuung der Präparierkurse an den anatomischen Hochschulinstituten. II. Rechtsgrundlagen. Der Beruf befindet sich zur Zeit im Stadium der staatlichen Neuordnung. Eine staatliche Anerkennung des Berufsbildes besteht z. B. in Berlin (Allgemeine Anweisung über die Ausbildung, staatliche Prüfung und Anerkennung von medizinischen Sektions- und Präparationsassistenten v. 18. 9. 1979, ABl. S. 1842). Die staatlich geregelte schulische Ausbildung dauert im allgemeinen ein bis zwei Jahre. Im übrigen findet noch eine betriebliche, meist dreijährige Ausbildung statt.

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Medizinischer Sektions- und Präparationsassistent

III. Der medizinische Sektions- und Präparationsassistent unterliegt der strafrechtlichen > Schweigepflicht nach § 203 Abs. 3 StGB.

Medizinisch-kaufmännische Assistentin/Helferin/Arztsekretärin 1188

I. Die Aufgabe der medizinisch-kaufmännischen Assistentin/Helferin/ Arzt-sekretärin besteht vor allem in der Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben in der > A r z t p r a x i s . Darüber hinaus findet sie ein Tätigkeitsfeld in öffentlichen und privaten Institutionen des Gesundheitswesens. II. Das Berufsbild ist staatlich nicht anerkannt. Die i.d.R. einjährige Ausbildung erfolgt in Privatschulen, die staatlich anerkannt sind. Sie ist rein schulischer Natur, so daß das BBiG keine Anwendung findet. Die Ausbildung hat auch medizinische Inhalte; der Schwerpunkt liegt jedoch im kaufmännischen Bereich. Nach Abschluß der Ausbildung in der Privatschule besteht - meist unter der Voraussetzung eines anschließenden halbjährigen bis einjährigen Praktikums in einer > A r z t p r a x i s - regelmäßig nach § 40 Abs. 3 BBiG die Möglichkeit der Ablegung der Abschlußprüfung als Arzthelferin vor der > Ärztekammer ( > A r z t h e l f e r i n Rz 141). III. Die Bezeichnung „medizinisch-kaufmännische Arztsekretärin" ist nicht geschützt.

Assistentin/Helferin/

IV. Die medizinisch-kaufmännische Assistentin unterliegt der strafrechtlichen > Schweigepflicht nach § 203 Abs. 3 StGB.

Medizinisch-psychologische Untersuchungsstelle 1189

I. Die Aufgabe der medizinisch-psychologischen Untersuchungsstelle besteht hauptsächlich in der Begutachtung von Personen in bezug auf ihre Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen (zur Arbeitsweise der medizinisch-psychologischen Untersuchungsstellen im einzelnen Krieger, DVBl. 1964, 410ff.). n. Rechtsgrundlagen sind § 3 Abs. 2 Nr. 2, § 9a Abs. 3 Nr. 4, § 12, § 15b Abs. 2 Nr. 2, § 15 c Abs. 3 StVZO. Durch die vom Bundesverkehrsministerium erlassenen „Richtlinien für die amtliche Anerkennung von medizinisch-psychologischen Untersuchungsstellen" v. 7. 10. 1969 (VBl. S. 637, im folgenden: Richtlinien) wurden gewisse Mindestanforderungen an die Besetzung und Ausstattung der Untersuchungsstellen festgelegt. Danach muß u. a. jede Untersuchungsstelle mindestens mit

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Medizinisch-psychologische Untersuchungsstelle

einem festangestellten Arzt und einem festangestellten Diplom-Psychologen besetzt sein. Außerdem muß ihr für Bedarfsfälle ein Diplom-Ingenieur zur Verfügung stehen, der die Voraussetzungen als Kfz-Sachverständiger erfüllt. Durch räumliche und organisatorische Ausgestaltung der Untersuchungsstellen muß die enge Zusammenarbeit von Ärzten, > Psychologen und Ingenieuren gewährleistet sein. Träger der Untersuchungsstellen sind regelmäßig die Technischen Überwachungsvereine (TÜV). III. Die Rechtsbeziehungen zwischen der medizinisch-psychologischen Un- 1190 tersuchungsstelle und den zu begutachtenden Personen sind rein privatrechtlicher Natur. Die Einholung von Eignungsgutachten durch die Straßenverkehrsbehörde geschieht nicht von Amts wegen. Die Verwaltungsbehörde ordnet vielmehr lediglich die „Beibringung" des > G u t a c h t e n s durch den Probanden an, der frei darüber entscheiden kann, ob er sich überhaupt begutachten lassen will. Die beim TÜV angestellten Eignungsgutachter üben daher keine hoheitliche Tätigkeit aus. Zwischen Proband und medizinisch-psychologischer Untersuchungsstelle besteht vielmehr ein Gutachtervertrag, der nach h.M. als Werkvertrag (§§ 631 ff. BGB) anzusehen ist (vgl. hierzu und zum folgenden Menken, aaO. S. 8ff.). Besteller des Gutachtens ist der Proband; nur ihm - nicht der Verwaltungsbehörde - ist der ärztliche und psychologische Gutachter bzw. die medizinisch-psychologische Untersuchungsstelle verpflichtet. Im einzelnen ergeben sich u.a. folgende gegenseitigen Rechte und Pflichten: 1. Gemäß den Richtlinien haben die Gutachter ihre > G u t a c h t e n unabhängig und in eigener Verantwortung zu erstatten. Zur Wahrung der Unabhängigkeit gehört auch, daß der Gutachter nicht gleichzeitig behandelnder > A r z t oder behandelnder > Psychologe des Probanden ist. 2. Als Vertragspartner hat der zu Begutachtende einen Anspruch auf ausreichende vorherige Information über den Hergang der Untersuchung, damit er sich auf sie vorbereiten und einstellen kann. Er hat nach § 642 BGB eine Mitwirkungspflicht, die dann problematisch werden kann, wenn der psychologische Gutachter rechtlich umstrittene Persönlichkeitstests anwenden will (vgl. dazu Himmelreich, DAR 1976, 197 ff. und die Nachweise bei Menken, aaO. S. 34 Anm. 91 ff.). Nach dem Vertragsinhalt hat sich das Gutachten auf die Aspekte zu beschränken, die im Zusammenhang mit den konkret aufgetretenen Bedenken gegen die Fahreignung stehen. 3. Die vom Untersuchten für das Gutachten zu entrichtende Vergütung richtet sich nach der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr v. 26. 6. 1970 (BGBl. I S. 865). Ein über den Untersuchungsanlaß hinausgehendes Gutachten braucht nicht vergütet zu werden. 4. Nach dem Vertragsinhalt hat der Proband bezüglich des Gutachtens ein Einsichtsrecht (> G u t a c h t e n Rz 742,- vgl. auch unten IV). IV. Schweigepflicht. Die in den medizinisch-psychologischen Untersuchungsstellen tätigen Arzte und Psychologen unterliegen im Verhältnis zu

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Medizinisch-psychologische Untersuchungsstelle

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dem zur Untersuchung erschienenen Probanden der beruflichen > S c h w e i g e p f l i c h t (§ 203 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 StGB > P s y c h o l o g e Rz 1461). Sie dürfen die Ergebnisse der Begutachtung grundsätzlich nur dann an die Verwaltungsbehörde, die die Begutachtung veranlaßt hat, weitergeben, wenn sie von der Schweigepflicht entbunden sind. Eine wirksame Entbindung setzt voraus, daß dem Betroffenen die Möglichkeit eingeräumt wird, das Gutachten vorher zur Kenntnis zu nehmen, bevor er sich mit der Weiterleitung an die Verwaltungsbehörde einverstanden erklärt. Wird der Gutachter nicht rechtswirksam von der Schweigepflicht befreit, so hat er die Akten ohne jeden Kommentar an die Verwaltungsbehörde zurückzugeben. Zu irgendwelchen Auskünften an die Verwaltungsbehörde ist er nicht berechtigt. Eine Verschwiegenheitspflicht der Ärzte und Psychologen besteht jedoch dann nicht, wenn der Pioband zur Begutachtung überhaupt nicht erschienen ist, weil in diesen Fällen zwischen Arzt bzw. Psychologe und Proband zu keinem Zeitpunkt eine Vertrauensbeziehung bestand, die Voraussetzung für die Anwendung des § 203 StGB ist (vgl. Samson, SK § 203 Rz 30 ; a.A. Menken, aaO. S. 54). Deshalb ist hier die Mitteilung an die Verwaltungsbehörde zulässig, daß der Proband zur Untersuchung nicht erschienen ist.

Medizinisch-technische Geräte 1192

I. Sicherheitsvorschriften. 1. Im Hinblick auf das Ziel einer möglichst lükkenlosen Sicherheit im Bereich der Medizintechnik hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes über technische Arbeitsmittel und der Gewerbeordnung v. 13. 8. 1979 (BGBl. I S. 1432) die Voraussetzungen geschaffen, die Sicherheit medizinisch-technischer Geräte im Verordnungswege näher zu regeln. a) Der in das Gerätesicherheitsgesetz v. 24. 6. 1968 (BGBl. I S. 717) durch das Änderungsgesetz v. 13. 8. 1979 eingefügte § 8 a ermächtigt den Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, daß medizinisch-technische Geräte nur in den Verkehr gebracht oder ausgestellt werden dürfen, wenn sie bestimmten Anforderungen oder Auflagen entsprechen. Das Gesetz sieht eine flexible Anordnung von Sicherheitsmaßnahmen vor, die auf die von den einzelnen Gerätearten ausgehenden Gefährdungsmöglichkeiten abgestellt werden können. Darüber hinaus ist durch das Änderungsgesetz v. 13. 8. 1979 der Katalog der überwachungsbedürftigen Anlagen in § 24 Abs. 3 GewO um die medizinischtechnischen Geräte erweitert worden. Damit ist die Bundesregierung jetzt ermächtigt, durch Rechtsverordnung u. a. auch Vorschriften über die Unterhaltung und den Betrieb dieser Geräte zu erlassen (§ 24 Abs. 3 Nr. 10 GewO). b) Ferner wurde der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung in § 24 c Abs. 6 GewO ermächtigt, der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Unfallforschung die Aufgabe der Sammlung, Koordinierung und Weitergabe von Er-

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Medizinisch-technische Geräte

kenntnissen bei der Prüfung, Wartung und Überwachung medizinisch-technischer Geräte zu übertragen. 2. Auf den vorgenannten Ermächtigungsgrundlagen basiert der noch aus der 9. Legislaturperiode stammende Referentenentwurf einer Verordnung über die Sicherheit medizinisch-technischer Geräte (vgl. dazu Bölke, Krankenhaus 1983, 144ff.). Er stellt an die Hersteller, Importeure und Betreiber medizinisch-technischer Geräte eine Reihe z.T. neuartiger Sicherheitsanforderungen. Der Anwendungsbereich der Verordnung erstreckt sich auf medizinisch-technische Geräte, die dazu bestimmt sind, in der Medizin am Menschen für diagnostische oder therapeutische Zwecke angewendet zu werden. Dazu gehören auch Laborgeräte und Gerätekombinationen (§ 1 Abs. 1). Die medizinisch-technischen Geräte werden entsprechend ihrem unterschiedlichen Gefährdungsgrad in drei Gruppen eingeteilt, an die sich in besonderen Vorschriften unterschiedliche Sicherheitsanforderungen knüpfen (§ 2 ; danach gehören zu Gruppe 1 mit dem höchsten Gefährdungsgrad u.a. > D e f i b r i l l a t o r e n , > H e r z s c h r i t t m a c h e r und Dialysegeräte [ > Hämodialyse] |. Von den besonderen Vorschriften für den Betreiber (i.d.R. das > Krankenhaus oder der niedergelassene Arzt) sind insbesondere zu nennen die Pflicht zur gründlichen Einweisung des Personals (§11) sowie zur Durchführung regelmäßiger sicherheitstechnischer Kontrollen bei den Geräten der Gruppe 1 (§ 15). Für diese Geräte ist vom Betreiber ein Gerätebuch anzulegen, in das alle für den sicheren Betrieb der Geräte erforderlichen Daten eingetragen werden müssen (z. B. Zeitpunkt der Funktionsprüfung, Zeitpunkt der Einweisungen sowie Namen der eingewiesenen Personen, Zeitpunkt der Durchführung sicherheitstechnischer Kontrollen; § 17). Ein beim BMA zu bildender Ausschuß für medizinisch-technische Geräte hat die Aufgabe, den Minister über Fragen im Zusammenhang mit medizinisch-technischen Geräten, insbesondere über solche der Herstellung und Anwendung zu beraten und ihm dem jeweiligen Stand von Wissenschaft und Technik entsprechende Vorschriften vorzuschlagen sowie Sicherheitsregeln zu ermitteln (§ 25). Verstöße gegen die Verordnung werden als Ordnungswidrigkeiten geahndet (§ 20). Übergangsvorschriften sehen vereinfachte Sicherheitsmaßnahmen für Geräte vor, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung bereits betrieben werden. Insgesamt wird der Referentenentwurf von den beteiligten Kreisen, insbesondere der Ärzteschaft, wegen seiner in Details zu weitgehenden und zu perfektionistischen Regelungen abgelehnt (näher dazu Schäfer, Arzt u. Wirtschaft 1981/22, S. 63ff.). 3. Nach § 3 der Unfallveihtttungsvorschrift „Gesundheitsdienst" ( > B e r u f s g e n o s s e n s c h a f t Rz 365) darf der Unternehmer mit der Bedienung von medizinischen Geräten, die bei ihrer Anwendung zu einer Gefährdung von Beschäftigten oder Patienten führen können, nur Personen beschäftigen, die in der Bedienung des jeweiligen Gerätes unterwiesen und über die dabei möglichen Gefahren und deren Anwendung ausreichend unterrichtet sind. 4. Der sicheren Anwendung medizinisch-technischer Geräte dient außerdem eine Reihe von DIN-Normen ( > D I N - N o r m e n i n d e r M e d i z i n ) und VDE-Richtlinien (näher dazu Theobald, Med. Welt 1982, 40, S. 3). 5. Für einzelne Bereiche der Medizin bestehen Empfehlungen der jeweiligen Fachgesellschaften, so z.B. die Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Anästhesie und Intensivmedizin (DGAI) zur Sicherheit medizinisch-technischer Geräte beim Einsatz in der Anästhesiologie (abgedr. in Anästh. Intensivmed. 1981, 303) > Behandlungsfehler Rz 307.

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Medizinisch-technische Geräte

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II. Zu den ärztlichen Sorgfaltspflichten beim Einsatz medizinisch-technischer Geräte > B e h a n d l u n g s f e h l e r Rz 312; Deutsch, Krankenhaus 1980, 266; Weissauer, Anästh. Intensivmed. 1982, 396). 1194

III. Beim Umbau eines medizinisch-technischen Gerätes obliegen der Fachfirma dem sie beauftragenden > Kassenarzt gegenüber auch ohne besondere dahingehende Vereinbarungen Hinweis- und Beratungspflichten, die sich darauf erstrecken, ob das Gerät den Richtlinien der > Kassenärztlichen Vereinigung noch entspricht. Bei Verletzung dieser Pflichten haftet die Firma auf Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung (OLG Frankfurt, NJW 1980, 2756). Den Arzt soll jedoch ein Mitverschulden treffen, wenn er es versäumt hat, die Fachfirma auf die Notwendigkeit der Prüfung, ob das Gerät den genannten Richtlinien noch entspricht, hinzuweisen (OLG Frankfurt, aaO.; dagegen mit Recht Uhlenbruck, Rhein.ÄBl. 1981,633).

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I. Der medizinisch-technische Assistent (MTA) ist als Angehöriger der > m e d i z i n i s c h e n A s s i s t e n z b e r u f e Mitarbeiter des Arztes in medizinisch-technischen Laboratorien und bei der Anwendung ionisierender Strahlen und radioaktiver Stoffe. Er hat sein Tätigkeitsfeld vor allem in den Laboratorien und Strahleninstituten von Krankenhäusern, diagnostischen Instituten und Untersuchungsämtern, bei niedergelassenen Ärzten, in der pharmazeutischen Industrie und in Forschungseinrichtungen. II. Rechtsgrundlage sind das Gesetz über technische Assistenten in der Medizin (MTA-G) v. 8. 9. 1971 (BGBl. S. 1515) sowie die Ausbildungs- und Prüfungsordnung für technische Assistenten in der Medizin v. 20. 6. 1972 - MTA - APrO - (BGBl. I S. 929). Das MTA-G unterscheidet im Bereich der Humanmedizin zwischen dem „medizinisch-technischen Laboratoriumsassistenten/ in" (§ 1 Nr. 1 MTA-G) und dem „medizinisch-technischen Radiologieassistenten/in" (§ 1 Nr. 2 MTA-G). Die Führung dieser Berufsbezeichnungen bedarf der staatlichen Erlaubnis. Eine Erlaubnis nach § 1 des Gesetzes über die Ausübung des Berufs der medizinisch-technischen Assistentin v. 21. 12. 1958 gilt als Erlaubnis i. S. des § 1 Nrn. 1 und 2 MTA-G. Die Inhaber einer solchen Erlaubnis führen weiterhin die Berufsbezeichnung „medizinisch-techniche(r) Assistent(in)",- § 13 Abs. 1 MTA-G. Die unberechtigte Führung der vorgenannten Berufsbezeichnungen stellt eine Ordnungswidrigkeit dar (§ 1 i.V.m. § 12 MTA-G). > Medizinisch-technische Gehilfin III. Die Ausbildung als Voraussetzung für die Erteilung der Erlaubnis zur Führung einer der zwei genannten Berufsbezeichnungen ist in der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für technische Assistenten in der Medizin v. 20. 6. 1972 geregelt.

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Medizinisch-technischer Assistent

1. Zulassungsvoraussetzung für die Ausbildung an einer staatlich anerkannten Lehranstalt ist in beiden Fachrichtungen der erfolgreiche Abschluß der Realschule oder eine andere gleichwertige Ausbildung (§ 7 Abs. 2 MTA-G). Ein Mindestalter ist im Gesetz nicht vorgeschrieben, jedoch erlauben die Strahlenschutz- und Unfallverhütungsvorschriften vor Vollendung des 18. Lebensjahres nur eine begrenzte Ausbildung. 2. Die Dauer der Ausbildung beträgt für beide Fachrichtungen einheitlich zwei Jahre, wobei die Grundausbildung im ersten Halbjahr inhaltlich übereinstimmt (§ 2 Nr. 3 MTA-G, § 1 Abs. 1 Nrn. 1 u. 2 MTA-APrO). Die Ausbildung besteht in theoretischem und praktischem Unterricht. Für medizinisch-technische Laboratoriumsassistenten und Radiologieassistenten ist außerdem der Nachweis eines sechswöchigen Krankenpflegepraktikums mit einer Ausbildung in Erster Hilfe erforderlich (§ 1 Abs. 2 MTA-APrO). Die Ausbildung schließt ab mit einer staatlichen Prüfung (§§ 4 ff. MTA-APrO). 3. Eine vom MTA-G und der MTA-APrO abweichende Ausbildung kann auf die Ausbildung angerechnet werden, soweit Gleichwertigkeit gegeben ist (§ 7 Abs. 4 MTA-G). Eine im Ausland erworbene abgeschlossene Ausbildung gilt als Ausbildung i. S. des MTA-G, wenn die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes nachgewiesen ist (§ 4 MTA-G). 4. Für die Ausbildung wird Ausbildungsförderung nach dem BAföG gewährt ( > M e d i z i n i s c h e A s s i s t e n z b e r u f e Rz 1184). IV. Der vielfältige Aufgabenkreis des medizinisch-technischen Assistenten läßt sich wie folgt skizzieren (vgl. zum folgenden H. Schmidt, BerufskBl. 2 - 1 F 10, S. 1 f. ; Krämer, BerufskBl. 2 - I F 13, S. 1 ff.): 1. Medizinisch-technischer Laboratoriumsassistent a) Klinische Chemie: Nachweis des Vorhandenseins oder Bestimmung der Konzentration medizinisch bedeutsamer Stoffe in Körperflüssigkeiten und Ausscheidungsprodukten; b) Hämatologie: Mikroskopische Untersuchung von Blutzellen und Zellen blutbildender Organe; Durchführung immunhämatologischer Untersuchungen wie z.B. Blutgruppenbestimmungen (vgl. unten Rz 1198) und Verträglichkeitstests zur > B l u t t r a n s f u s i o n (Rzn. 479 ff. u. unten Rz 1198); Bestimmung des Ablaufs und der Faktoren der Blutgerinnung; c) Histologie: Anfertigung von gefärbten Schnittpräparaten zur mikroskopischen Untersuchung von Gewebe aus Operations- oder Sektionsprobeentnahmen; Anfertigung von gefärbten Zellausstrichen und Vorbewertung dieser Präparate (Zytologie); Anwendung spezieller Methoden wie z.B. Mikrofotografie oder Elektronenmikroskopie; d) Mikrobiologie: Anwendung von verschiedenen Methoden der Anzüchtung von Krankheitserregern auf dem Gebiet der Bakteriologie, Virologie oder Mykologie; diagnostische Verfahren der weiteren Parasitenidentifizierung; Nachweis und Bestimmung von Abwehrstoffen gegen Krankheitserreger in den Körperflüssigkeiten. 2. Der medizinisch-technische Radiologieassistent ist vor allem in folgenden

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Bereichen tätig: a) Röntgendiagnostik: Herstellung von Röntgenaufnahmen auf Anforderung des Arztes; Unterstützung des Arztes in der Anwendung der technisch z.T. sehr komplizierten Untersuchungsgeräte bei röntgendiagnostischen Funktions- und Spezialuntersuchungen (z.B. Kontrastmitteluntersuchungen); b) Strahlentherapie: Mitwirkung bei der Feststellung von Lage und Größe der Geschwulst mit Hilfe röntgendiagnostischer Methoden bei der Anwendung von Röntgenstrahlen; Einstellung des Bestrahlungsgerätes aufgrund des vom Arzt und Physikers erarbeiteten Behandlungsplanes; c) Nuklearmedizin: Registrierung von Mengen radioaktiver Substanzen im Körper der Patienten mit Hilfe hochempfindlicher strahlenphysikalischer Meßverfahren; Durchführung spezieller Laboruntersuchungen mit mechanisierten und automatisierten Geräten; d) Radiophysik, Dosimetrie und Strahlenschutz; e) Klinische Chemie; f) Elektrodiagnostik: Messung und Registrierung bioelektrischer Ströme (z. B. EKG oder EEG) sowie Untersuchungen zur Atmungs- und Kreislaufdiagnostik (Spiroergometrie); g) Röntgenfotografie. 1197

V. Abgrenzung der Aufgaben- und Verantwortungsbereiche von Arzt und MTA. Bei den vorstehend unter IV beschriebenen Tätigkeiten des M T A handelt es sich durchweg um unterstützende Verrichtungen im Aufgaben- und Verantwortungsbereich des Arztes ( > H e i l k u n d e Rz 825; vgl. auch BFHE 104, 16 = D A 1973, 2272). Dies schließt nicht aus, daß der Arzt - wie auch sonst beim arbeitsteiligen Zusammenwirken mit dem medizinischen Assistenzpersonal ( > I n j e k t i o n Rzn. 894ff.) - einzelne Verrichtungen einem M T A zur selbständigen Ausführung, u . U . sogar in selbständiger Berufstätigkeit (vgl. unten Rz 1202), übertragen darf. Die Delegationsfähigkeit hat jedoch dort ihre Grenzen, wo die betreffenden Verrichtungen ärztliches Fachwissen erfordern und deshalb dem Bereich der > H e i l k u n d e zuzurechnen sind. Dies versucht § 9 Abs. 3 MTA-G, allerdings durch eine wenig glückliche Formulierung (so mit Recht Schleicher, aaO. § 9 Anm. 2) klarzustellen (vgl. hierzu auch die amtliche Begründung zu § 9 des Entwurfes eines MTA-G, BTDrucks. VI/385). Welche Aufgaben im einzelnen der Arzt dem M T A übertragen darf, richtet sich nach den von Rspr. und Rechtslehre entwickelten allgemeinen Grundsätzen für die Arbeitsteilung in der Medizin ( > Behandlungsfehler Rzn. 317 ff.). Ihre Anwendung auf die Zusammenarbeit zwischen Arzt und M T A führt zu folgenden Ergebnissen: 1. Allgemein darf der Arzt einem M T A grundsätzlich alle Aufgaben übertragen, die nach dem MTA-G und der MTA-APrO Gegenstand der Ausbildung und Prüfung sind. Voraussetzung ist allerdings, daß der Arzt sich vorher vergewissert, daß der M T A tatsächlich über die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen sowie über die notwendige charakterliche Zuverlässigkeit verfügt. Die Tatsache, daß es sich u m einen staatlich geprüften M T A handelt, reicht

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Medizinisch-technischer Assistent

für sich allein nicht aus für den Nachweis der erforderlichen fachlichen Qualifikation und charakterlichen Zuverlässigkeit (vgl. Spielmann, DMW 1972, 170, Dahr, DMW 1959, 47 ; Krieger, DMW 1964, 47). Die in § 9 Abs. 1 MTA-G im einzelnen aufgezählten Tätigkeiten sind grundsätzlich dem MTA vorbehalten und dürfen deshalb nur an ihn delegiert werden. Eine Übertragung dieser Tätigkeiten an einen Nicht-MTA ( > medizinisch-technischen Gehilfen, Laboranten) ist aber nach § 10 Abs. 1 Nr. 6 MTA-G dann zulässig, wenn der Betreffende unter unmittelbarer Aufsicht und Verantwortung eines Arztes (oder eines sonstigen in § 10 Abs. 1 Nr. 1 MTA-G genannten Berufsangehörigen, z. B. auch eines Diplom-Biochemikers als Leiter eines klinisch-chemischen Labors) gleichsam als dessen „verlängerter Arm" tätig wird. Diese Regelung ist wenig glücklich; sie führt praktisch zu einer Aufhebung der Vorbehalte in § 9 Abs. 1 MTA-G. 2. Für die Tätigkeit der medizinisch-technischen Laboratoriumsassistenten 1198 bei der Blutgruppenbestimmung und > Bluttransfusion folgt aus den unter 1. dargelegten Grundsätzen: a) Blutgruppenbestimmung. aa) Die Blutgruppenbestimmung ist eine Tätigkeit, die zum Aufgaben- und Verantwortungsbereich des Arztes gehört (Ziff. 2.1.1. der Richtlinien zur Blutgruppenbestimmung und Bluttransfusion, DÄ 1979, 277 ff., im folgenden: Richtlinien). Dies schließt nicht aus, daß die technische Durchführung von Arbeiten bei der Blutgruppenbestimmung delegiert werden darf, sofern nicht wegen der besonderen Umstände im Einzelfall ärztliches Fachwissen für eine sachgemäße Durchführung der Blutgruppenbestimmung erforderlich sind. Da die Durchführung von Blutgruppenbestimmungen Gegenstand der Ausbildung und Prüfung des MTA ist (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. c MTA-G), darf dem MTA grundsätzlich die Durchführung der normalen Blutgruppenbestimmung einschließlich Ablesung des Ergebnisses und Protokollierung des Befundes übertragen werden (Spielmann, DMW 1972, 170). Erforderlich ist jedoch, daß der Arzt sich davon überzeugt, daß der MTA tatsächlich über die notwendigen Kenntnisse der Blutgruppenserologie verfügt, um Blutgruppenbestimmungen einwandfrei und richtig durchzuführen. Ist der Arzt selbst nicht aufgrund einer ausreichend langen Ausbildung in der Lage, die fachliche Eignung des MTA für die infrage kommenden Untersuchungen zu beurteilen, so kann er die Beurteilung auch aufgrund eines Zeugnisses des ärztlichen Institutsleiters vornehmen, in dem neben einer entsprechend langen Tätigkeit an einem serologischen Institut auch die erforderlichen blutgruppenserologischen Kenntnisse und Fähigkeiten bescheinigt werden (Dahr, DMW 1959, 47). Eine eigenhändige Tätigkeit des Arztes bei der Blutgruppenbestimmung ist abgesehen von den Fällen, in denen die Richtlinien dies ausdrücklich verlangen (z.B. Ziff. 2.2.3.3. [Spezifizierung irregulärer Antikörper]) immer dort erforderlich, wo im Einzelfall Schwierigkeiten auftreten, für deren Lösung die Ausbildung eines MTA nicht ausreicht (z.B. sehr schwache Ausbildung der Blutgruppeneigenschaften der Blutkörperchen oder der Serumeigenschaften, so daß eine exakte Feststellung der Blutgruppe Schwierigkeiten bereitet; Blutkörpereigenschaften und Serumeigenschaften stimmen nicht überein).

Medizinisch-technischer Assistent

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Der für die Blutgruppenbestimmung verantwortliche Arzt muß den MTA im Rahmen der laufend durchzuführenden praktischen Fortbildung über typische Fehler, insbesondere Ablesefehler, eingehen^ belehren, ihn mit allen Sicherheitsmaßnahmen vertraut machen und darüber informieren, wann eine Abweichung vom Regelfall vorliegt, welche die Zuziehung eines Arztes erfordert. Die Notwendigkeit der Zuziehung eines Arztes ist um so mehr gegeben, je geringer die theoretischen Kenntnisse des MTA in der Blutgruppenserologie und je schwieriger die Untersuchungen sind. Beispielsweise sollte die Bestimmung irregulärer Antikörper und der Antiglobulintest (Coombs-Test) grundsätzlich nicht ohne ärztliche Mitwirkung vorgenommen werden. bb) Die Organisation der Blutgruppenbestimmung zur Vermeidung von Fehlleistungen, insbesondere Verwechslungen, obliegt dem Arzt (vgl. hierzu Ziff. 2.1.5. ff. der Richtlinien), cc) Die Ausfertigung von Begleitscheinen erfolgt „unter Verantwortung des zuständigen Arztes" (Ziff. 2.1.5.2.2. der Richtlinien). Das bedeutet nicht eigenhändige Ausfertigung durch den Arzt. Der Arzt kann sich vielmehr eines MTA bedienen, von dessen Zuverlässigkeit er sich überzeugt hat. dd) In Befundmitteilungen sind Eintragungen vom verantwortlichen Arzt auf ihre Richtigkeit zu überprüfen und zu unterzeichnen (Ziff. 2.1.5.3.1. der Richtlinien). ee) In Notfällen, in denen ein Arzt nicht erreichbar ist, kann der MTA alle Arbeiten ausführen, die sonst dem Arzt vorbehalten sind (vgl. Ziff. 2.1.5.1.5. der Richtlinien). b) Zur Abgrenzung der Aufgaben- und Verantwortungsbereiche bei der Bluttransfusion t> B l u t t r a n s f u s i o n Rz 480, bei der Blutentnahme > B l u t e n t n a h m e Rz 451 und bei der Durchführung von Injektionen > I n j e k t i o n Rzn. 894 ff. 3. Für die Tätigkeit des medizinisch-technischen Radiologieassistenten erfolgt aus den Darlegungen unter 1. u.a.: Der medizinisch-technische Radiologieassistent ist für die Qualität der von ihm im Auftrag des Arztes hergestellten Röntgenaufnahmen verantwortlich. Er darf im Bereich der Strahlentherapie keine Therapie von sich aus ansetzen oder ändern, wohl aber muß er in der Lage sein, atypische Reaktionen eines Patienten zu erkennen und diese Beobachtungen an den Arzt weiterzugeben (vgl. Krämer, BerufskBl. 2 - I F 13, S. 2f.). Die Auswertung von EKG und EEG ist eine ausschließlich ärztliche Aufgabe. 1199

VI. Haftung. Nach dem Prinzip der Eigenverantwortung bei der ärztlichen Teamarbeit haftet der MTA für eine Sorgfaltspflichtverletzung zivilrechtlich und strafrechtlich überall dort allein oder neben dem Arzt, wo ihm von diesem eine Aufgabe zulässigerweise übertragen worden ist ( > Behandlungsf e h l e r Rz 317).

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VII. Arbeitsrechtliche Fragen. 1. Von der haftungsrechtlichen Frage, ob der Arzt eine bestimmte Verrichtung einem MTA übertragen darf, ist die arbeits-

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Medizinisch-technischer Assistent

rechtliche Frage zu unterscheiden, ob der MTA zur Ausführung einer an ihn delegierten Tätigkeit verpflichtet ist. Eine solche Pflicht ist grundsätzlich dann zu bejahen, wenn die betreffende Verrichtung Gegenstand der Ausbildung und Prüfung des MTA ist oder zum praktizierten Aufgabenbereich eines hierfür besonders ausgebildeten MTA gehört. Insoweit gilt entsprechendes wie bei der > I n j e k t i o n Rz 902). 2. Wird eine MTA als Lehrassistentin gleichzeitig mit Leitungsaufgaben der Lehranstalt unter der Verantwortung des Leiters der Anstalt beauftragt, ist sie Erste Lehrassistentin i.S. der VergGr. IV b, Fallgruppe 14, BAT i.V.m. der Protokollnotiznummer 4. Nach den tariflichen Bestimmungen können auch mehrere Lehrassistentinnen als Erste Lehrassistentin beschäftigt werden; der Tarifvertrag sieht keine Beschränkung auf eine Lehrassistentin für die jeweilige Anstalt vor (BAG v. 4. 7. 1979 - 4 AZR 7 8 2 / 7 7 -). „Erste Lehrkräfte" können nur dann Vergütung nach VergGr. IVb BAT Fallgruppe 14 beanspruchen, wenn ihnen Leitungsaufgaben für die gesamte Lehranstalt übertragen worden sind. Leitungsaufgaben in einzelnen Abteilungen oder Fachrichtungen reichen nicht aus. Entscheidend ist die jeweilige Organisation des Schulbetriebes und der Verwaltung. Außerdem müssen die Leitungsaufgaben der „Ersten Lehrkraft" durch ausdrückliche Anordnung übertragen worden sein. Eine besondere Form ist dafür nicht vorgeschrieben (BAG v. 24. 2. 1982 - 4 AZR 3 8 7 / 7 9 -). 3. Zum Begriff des „besonders hohen Maßes von Verantwortlichkeit" (VergGr IVb, Fallgruppe 15) einer medizinisch-technischen Assistentin, die als Hilfskraft bei wissenschaftlichen Forschungsaufgaben eingesetzt wird vgl. LArbG Frankfurt v. 30. 7. 1981 - 9 Sa 8 1 2 / 8 0 - . 4. Zum Bewährungsaufstieg medizinisch-technischer Assistenten vgl. BAG v. 14. 7. 1982 - 4 AZR 1083/79 - . VIII. Weiterbildung. Das Deutsche Institut zur Weiterbildung MedizinischTechnischer Assistentinnen e. V. mit Sitz in Berlin führt Aufbaulehrgänge für Spezialgebiete und berufsbegleitende Lehrgänge für die Qualifikation als Fachassistentin für die verschiedenen Arbeitsgebiete durch. Eine staatliche und tarifrechtliche Anerkennung dieser Qualifikation in allen Bundesländern fehlt bis jetzt noch. Der Senator für Gesundheit und Umweltschutz des Landes Berlin führt in Zusammenarbeit mit der Landeslehranstalt für Technische Assistenten in der Medizin Berlin sechsmonatige Lehrgänge zur Heranbildung medizinisch-technischer Lehrassistenten durch. IX. Der MTA unterliegt der beruflichen Abs. 1 StGB.

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> Schweigepflicht nach § 203

X. Eine Beteiligung medizinisch-technischer Assistenten mit eigenem Labor an der Kassenärztlichen Versorgung kraft Ermächtigung ist über die Regelung des § 122 Abs. 1 RVO hinaus ausnahmsweise möglich, wenn die sachgemäße

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Medizinisch-technischer Assistent

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ärztliche Versorgung der Versicherten dies verlangt und nur, soweit zu den betreffenden Verrichtungen ärztliche Sachkunde nicht erforderlich ist, also insbesondere die Diagnose dem Arzt vorbehalten bleibt. Über den Beteiligungsantrag der MTA hat nicht der Träger der Krankenversicherung, sondern die KV durch Verwaltungsakt zu entscheiden. Für die Anfechtung einer ablehnenden Entscheidung ist der Rechtsweg zum Sozialgericht gegeben (BSGE 38, 73; vgl. dazu Delitz, NJW 1975, 1536; Schimmelpfeng, NJW 1976, 2293ff. ; Schneider, SGb 1982, 181 ff.).

Medizinisch-technische Gehilfin 1202 a

I. Die Ausübung des Berufs der medizinisch-technischen Gehilfin war in der aufgrund des Gesetzes zur Ordnung der Krankenpflege vom 28. 9. 1938 erlassenen Ersten und Zweiten Verordnung über die Berufstätigkeit und Ausbildung medizinisch-technischer Gehilfinnen und medizinisch-technischer Assistentinnen vom 17. 2. 1940 (RGBl. I S. 371, 378) geregelt. Das an ihre Stelle getretene Gesetz über die Ausübung des Berufes der medizinisch-technischen Assistentin vom 21. 12. 1958 schaffte - bei Wahrung des Besitzstandes der Berufsangehörigen - den Beruf der medizinisch-technischen Gehilfin ab. Seine Wiedereinführung wurde bei den Beratungen zum Gesetz über technische Assistenten in der Medizin vom 8. 9. 1971 - MTA-G - ( > M e d i z i n i s c h t e c h n i s c h e r Assistent) wiederholt, jedoch mit negativem Ergebnis erörtert. In § 16 Abs. 1 MTA-G wurde lediglich eine Vorschrift zur Besitzstandswahrung aufgenommen. Die Absätze 2 und 3 dieser Vorschrift legen die Voraussetzungen fest, unter denen medizinisch-technische Gehilfinnen eine Erlaubnis nach dem MTA-G erwerben können (näher zum Ganzen Schleicher, aaO. S. 2 f., 6 f., 43) II. Zur veTgütungsiechtlichen Eingmppiemng einer mit der Vornahme serologischer Untersuchungen betrauten medizinisch-technischen Gehilfin nach dem BAT \gl BAG v. 2. 4. 1 9 8 0 - 4 AZR 306/78 - .

Medizinphysiker 1203

I. Aufgabe des Medizinphysikers ist die Unterstützung des Arztes bei der Anwendung komplizierter > m e d i z i n i s c h - t e c h n i s c h e r Geräte, insbesondere in den Gebieten Radiologie, Nuklearmedizin, Kardiologie, Labormedizin und in der Intensivpflege ( > Intiensivmedizin). II. Obwohl sich der > Bundesgesundheitsrat bereits 1974 der Empfehlung der > W e l t g e s u n d h e i t s o r g a n i s a t i o n angeschlossen hat, den Beruf des Medizinphysikers einzuführen, ist das Berufsbild bisher noch nicht anerkannt.

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Medizinstudium

Für die Ausbildung bestehen Richtlinien auf der Grundlage der Empfehlungen der > W e l t g e s u n d h e i t s o r g a n i s a t i o n und der internationalen Atom-Energie-Behörde. Danach erfolgt nach abgeschlossenem Studium der Physik oder der Ingenieurwissenschaften eine vierjährige Fachausbildung, die entweder als Aufbaustudium an einer Hochschule oder unter Anleitung eines zur Ausbildung befähigten Fachphysikers durchgeführt wird. Nach Ableistung dieser Fachausbildung soll die Anerkennung als Fachphysiker für Medizinische Physik (FMP) durch eine Kommission beantragt werden können. Die FU Berlin bietet seit dem Sommersemester 1980 im Modellversuch „Medizinische Physik" als weiterbildendes Studium für Physiker an. Dieses Studium umfaßt 360 Unterrichtsstunden, die in einem Zeitraum von 3 Jahren berufsbegleitend absolviert werden können (näher zum Berufsbild und zur Ausbildung des Medizinphysikers Peleny, BGesuBl. 1978, 152ff.|. III. Der Medizinphysiker unterliegt der strafrechtlichen > Schweigepflicht nach § 203 Abs. 3 StGB.

Medizinstudium I. Das Medizinstudium an einer wissenschaftlichen Hochschule bildet den Hauptteil der > ärztlichen Ausbildung. Sein Inhalt richtet sich nach der > A p p r o b a t i o n s o r d n u n g für Ärzte. Danach beträgt die Dauer des Medizinstudiums 6 Jahre, von denen das letzte Jahr in einer zusammenhängenden praktischen Ausbildung im > K r a n k e n h a u s (> P r a k t i s c h e s Jahr) besteht (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 AOÄ). Das Studium schließt ab mit der > Ä r z t l i c h e n Prüf u n g , die in drei Abschnitten abzulegen ist.

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II. 1. Möglich ist die Anrechnung eines ausländischen Medizinstudiums so- 1205 wie eines fachverwandten Studiums im Inland oder Ausland, sofern Gleichwertigkeit gegeben ist (§ 12 Abs. 1 AOÄ). Über die Gleichwertigkeit ist im Einzelfall vom zuständigen Landesprüfungsamt zu entscheiden. a) Zur Frage der Gleichwertigkeit ausländischer Studienzeiten wird meist ein Gutachten der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen in Bonn eingeholt (vgl. dazu Hollmann, DÄ 1974, 3755). Im Ausland erbrachte Studienleistungen im Studiengang Medizin können auf das inländische Medizinstudium nur dann angerechnet werden, wenn die im ausländischen Studium vorgesehenen Prüfungen nach dem dortigen Ausbildungs- und Prüfungssystem mit Erfolg abgelegt worden sind. Es genügt nicht, daß der Bewerber an der ausländischen Universität lediglich eine bestimmte Zeit als Student der Medizin eingeschrieben war und bestimmte Vorlesungen und Übungen des medizinischen Studienganges regelmäßig besucht hat (BayVGH v. 31. 3. 1980 - Nr. 7.B - 1717/79 OVG Münster NJW 1983, 1389 [Anrechnung des Medizinstudiums in Belgien nur auf der Grundlage offizieller Hochschulzeugnisse über das Bestehen der Jahresabschlußprüfungen]).

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Medizinstudium

b) Zeiten, in denen der in einem fachfremden Studiengang an einer deutschen Hochschule eingeschriebene Student aufgrund der Studierfreiheit an medizinischen Unterrichtsveranstaltungen teilnimmt („faktisches Medizinstudium" oder „Schwarzstudium"), sind in entsprechender Anwendung des § 12 Abs. 1 Nr. 1 AOÄ auf das Medizinstudium anzurechnen (BVerwG, NJW 1981, 2017 [Medizinstudium während der Immatrikulation in den Studiergängen Geographie und Chemie]; VGH Mannheim, NJW 1979, 1263 [Medizinstudium während der Immatrikulation im Studiengang Mathematik]; a.A. OVG Hamburg, NJW 1979, 1947). c) Für deutsche Bewerber besteht bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Rechtsanspruch auf Anrechnung. Bei ausländischen Bewerbern liegt die Entscheidung über die Anrechnung im Ermessen der Behörde (§ 12 Abs. 3 AOÄ]. Für den europäischen Raum enthält das Gesetz zu dem Europäischen Übereinkommen v. 14. 12. 1959 über die akademische Anerkennung von akademischen Graden und Hochschulzeugnissen v. 23. 10. 1969 (BGBl. II S. 2057; 1970, 207) besondere Vorschriften über die gegenseitige Anerkennung ausländischer Studienleistungen (vgl. dazu Vontz, DÄ 1970, 1336ff.). 2. Zuständig für die Entscheidung über die Anrechnung ist das Landesprüfungsamt des Landes, in dem der Bewerber eingeschrieben ist. Für Bewerber, die noch nicht im Studiengang Medizin immatrikuliert sind, ist das Landesprüfungsamt des Bundeslandes zuständig, in dem der Antragsteller geboren ist. Ergibt sich hiernach keine Zuständigkeit, ist das Landesprüfungsamt des Landes Nordrhein-Westfalen zuständig (§12 Abs. 4 AOÄ). 3. Die Anrechnung ausländischer Studienzeiten enthält nicht die Berechtigung zur Fortsetzung des Medizinstudiums im Inland. Der Bewerber gilt vielmehr als Studienanfänger im Vergabeverfahren bei der ZVS (> n u m e r u s clausus). III. Zur Rz 1621.

Schweigepflicht

des

Medizinstudenten

IV. Zur sozialversicherungsrechtlichen > Praktisches Jahr Rz 1384. 1206

> Schweigepflicht

Stellung des

Medizinstudenten

V. Zur Frage der Teilnahmepflicht an Tierversuchen während des Medizinstudiums > T i e r v e r s u c h Rz 1758. VI. Für das Medizinstudium bestehen derzeit noch Zulassungsbeschränkungen (> n u m e r u s clausus). VII. 1. Die früher gegebene Möglichkeit der vorläufigen Befreiung von Medizinstudenten vom Grundwehrdienst besteht seit 1. 7. 1983 nicht mehr (> W e h r d i e n s t Rz 1862). 2. Wegen der Möglichkeit der Zurückstellung von Medizinstudenten vom Zivildienst > Zivildienst Rz 1990.

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Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE)

Vni. Zur Zulässigkeit politischer Betätigung von Medizinstudenten auf dem Universitätsgelände vgl. VGH Kassel, NJW 1980, 661. IX. Ausbildungsförderung nach dem BAföG. 1. Ein Anspruch auf Ausbil- 1206a dungsförderung nach § 7 Abs. 3 BAföG kann im Einzelfall auch für ein Medizinstudium bestehen, das erst nach Abbruch eines vorangegangenen „Parkstudiums" nach Zulassung durch die ZVS ( > N u m e r u s clausus Rz 1296) begonnen wurde, sofern der Bewerber für das „Parkstudium" keine Leistungen nach dem BAföG erhalten hat |OVG Hamburg, NJW 1983, 2654). 2. Für ein Medizinstudium kann Ausbildungsförderung nach § 7 Abs. 3 BAföG geleistet werden, wenn der Bewerber eine vorausgegangene Krankenpflege-Ausbildung nach Zulassung zum Medizinstudium, um das er sich schon seit Beginn der Krankenpflege-Ausbildung bemüht hat, abbricht (OVG Hamburg, NJW 1981, 2023 Leits.). 3. Zur Frage der elternunabhängigen Ausbildungsförderung nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BAföG für ein Medizinstudium, das nach einer Ausbildung zum > m e d i z i n i s c h - t e c h n i s c h e n A s s i s t e n t e n aufgenommen wird vgl. OVG Münster, NJW 1983, 2654.

Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) I. Begriff. Die Feststellung der „Minderung der Erwerbsfähigkeit" (MdE) ist nach einer Reihe von Gesetzen aus dem Bereich der sozialen Sicherung (z. B. §§ 30, 31 BVG, §§ 580, 581, 1236 Abs. 1 Satz 1 RVO, §§ lff. SchwbG [ > S c h w e r b e h i n d e r t e n g e s e t z Rzn. 1670f.], § 35 Abs. 2 BeamtVG) Voraussetzung für viele unterschiedliche Leistungen und Vergünstigungen für > Beh i n d e r t e . Darüber hinaus spielt die MdE auch im Steuerrecht eine Rolle (vgl. z.B. §§ 9 Abs. 2, 33b Abs. 2 u. 3 EStG). Der Begriff „MdE" ist ein juristischer, kein medizinischer Begriff. Er bezeichnet die Auswirkungen einer Behinderung oder Schädigungsfolge in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Die MdE ist ein Maß für die Auswirkungen eines Mangels an funktioneller Intaktheit, also für einen Mangel an körperlichem, geistigem oder seelischem Vermögen. Die MdE gibt damit den Grad der Behinderung wieder. Aus dem Grad der MdE ist nicht auf das Ausmaß der Leistungsfähigkeit zu schließen. Die MdE ist grundsätzlich unabhängig vom ausgeübten oder angestrebten Beruf zu beurteilen, es sei denn, daß bei Begutachtungen im sozialen Entschädigungsrecht ein besonderes berufliches Betroffensein berücksichtigt werden muß (vgl. z. B. § 30 Abs. 2 BVG; Anhaltspunkte S. 23f.). Die Anerkennung von > B e r u f s - oder > E r w e r b s u n f ä h i g k e i t durch einen Rentenversicherungsträger oder die Feststellung einer > D i e n s t u n f ä h i g k e i t oder > A r b e i t s u n f ä h i g k e i t erlauben somit grundsätzlich keine Rückschlüsse auf den Grad der MdE, wie umgekehrt aus dem Grad der MdE nicht auf die genannten Leistungsvoraussetzungen anderer Rechtsgebiete geschlossen werden kann (Anhaltspunkte, S. 24).

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Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE)

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Da der Begriff der MdE sich sonach nicht nur auf die Auswirkungen einer Behinderung im allgemeinen Erwerbsleben bezieht, sondern der Grad der MdE in Wirklichkeit das Maß der Beeinträchtigung der gesundheitlichen Unversehrtheit angibt, wird er mit Recht als irreführend bezeichnet. Der Begriff der MdE sollte deshalb z. B. durch den Begriff „Grad der Behinderung" ersetzt werden (vgl. Rauschelbach in: Dialog zwischen Arzt und Jurist, S. 62f.). II. Die Festlegung der MdE erfolgt in Prozentsätzen. Es handelt sich um eine Schätzung entsprechend § 287 ZPO. Dabei gibt es zwei verschiedene Maßstäbe der MdE-Bewertung. Der eine gilt in der gesetzlichen Unfallversicherung, der andere im Versorgungswesen und in allen übrigen Rechtsgebieten einschließlich des > Schwerbehindertengesetzes. Meist liegt die MdE im Versorgungsrecht etwas höher als in der Unfallversicherung (zu den Ursachen dieses mit Recht als unbefriedigend empfundenen Rechtszustandes vgl. Rauschelbach aaO. S. 55, 56ff.). Für die Feststellung der MdE im Versorgungsrecht enthalten § 30 Abs. 1 und 2 BVG und die dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften detaillierte Regelungen. Die Beurteilung der MdE ist eine juristische Aufgabe, die der Verwaltungsbehörde oder dem Gericht obliegt, i.d.R. unter Zuziehung eines ärztlichen > Sachverständigen. Es gilt hier entsprechendes wie bei der Feststellung der > B e r u f s u n f ä h i g k e i t (Rz 394) und der > Erwerbsunfähigkeit (Rz 598). Für den ärztlichen Sachverständigen gibt es die vom BMA herausgegebenen „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz," 1983. Diese Anhaltspunkte sind keine Rechtsnormen; es handelt sich vielmehr um eine Zusammenstellung von Aussagen medizinischer Sachverständiger, von denen bei Vorliegen besonderer Gründe abgewichen werden kann. Die Anhaltspunkte können auch im Recht der Unfallversicherung unter Beachtung der Besonderheiten dieses Rechtsgebiets herangezogen werden. Im übrigen sind die in der Rspr. und im versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum entwickelten Erfahrungssätze zur Feststellung der MdE zu berücksichtigen (vgl. Schmeling, aaO. „Minderung der Erwerbsfähigkeit").

Missionsarzt 1208

I. Der Missionsarzt ist ein > Arzt, der in einem Entwicklungsland, das mit Ärzten unterversorgt ist, im Rahmen der Missionsaibeit der Kirche ärzthch tätig ist. II. Aufgaben. Der Einsatz erfolgt sehr häufig in kleineren ländlichen Krankenhäusern, aber auch in der präventiven Medizin (z. B. Impfprogramme, Vorsorgeprogramme für Säuglinge) und im > ö f f e n t l i c h e n Gesundheitsdienst. Oft sind Verwaltungsaufgaben und ärztliche Tätigkeit am Patienten

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Mitarbeiterbetelligung

miteinander gekoppelt. Notwendiges Rüstzeug für den Missionsarzt sind vor allem Erfahrungen in der inneren Medizin, der Gynäkologie und Geburtshilfe, der Chirurgie sowie Kenntnisse in der Tropenmedizin (näher zum Aufgabengebiet vgl. Koberstein, aaO. S. 16ff.). III. Rechtsstellung. Missionsärzte werden von den dafür zuständigen Diensten der beiden Kirchen (für die evangelische Kirche „Dienste in Übersee - Arbeitsgemeinschaft evangelischer Kirchen in Deutschland e.V.", Gerokstraße 17, 7000 Stuttgart 1; für die katholische Kirche „Verein für ärztlichen Dienst in Übersee - Missionsärztliches Institut Würzburg", Salvatorstraße 7, 8700 Würzburg) in Entwicklungsländer vermittelt. Zwischen dem vermittelten Arzt und der anfordernden Institution in Übersee wird ein Arbeitsverhältnis begründet. Mit dem betreffenden krichlichen Dienst besteht meist ein Zusatzvertrag, in dem der kirchliche Dienst gegenüber dem Arzt dafür die Gewähr übernimmt, daß er die ihm nach dem Arbeitsvertrag mit der Institution in Ubersee zustehenden Leistungen erhält; darüber hinaus werden meist noch zusätzliche soziale Leistungen übernommen (Krankenversicherung, Unfallversicherung, Haftpflichtversicherung, Übernahme von Beiträgen zur Altersversorgung). Wo die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen, schließt der vermittelnde kirchliche Dienst mit dem Arzt einen Entwicklungsdienstvertrag nach § 4 EhfG mit der Folge, daß die Anstellungsbedingungen und sozialen Sicherungen nach dem EhfG eingreifen. Die Tätigkeit als Missionsarzt ist dann Entwicklungsdienst, der eine Zurückstellung oder Befreiung vom > W e h r dienst (§ 13b WPflG) oder Zivildienst (§ 14a ZDG) rechtfertigt. Ein Arbeitsvertrag besteht jedoch auch in diesem Falle nur mit dem überseeischen Anstellungsträger. Trotzdem sind für Rechtsstreitigkeiten mit dem kirchlichen Dienst als Träger der Entwicklungshilfe kraft ausdrücklicher Zuweisung in § 2 Nr. 7 ArbGG die Arbeitsgerichte zuständig.

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IV. Eine Anrechnung der Tätigkeit als Missionsarzt auf die ärztliche > Weiterbildung kann grundsätzlich nur in den seltenen Fällen erfolgen, in denen der Arzt unter Anleitung und Verantwortung eines leitenden Arztes des betreffenden Gebietes, Teilgebietes oder Bereiches im Entwicklungsland tätig war.

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M i t a r b e i t e r b e t e i Ii g u n g I. Man versteht darunter die Beteiligung der ärztlichen Mitarbeiter am Liquidationserlös des leitenden Arztes (> Liquidationsrecht). II. Rechtsgrundlagen. 1. Die ärztlichen > Berufsordnungen verpflichten den liquidationsberechtigten Arzt, die im Liquidationsbereich tätigen ärztlichen Mitarbeiter an den Einnahmen angemessen zu beteiligen (vgl. § 15 Abs. 2

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Mitarbeiterbeteiligung

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MuBO). Diese berufsrechtliche Pflicht zur Mitarbeiterbeteiligung dürfte auch für > C h e f ä r z t e gelten, deren Verträge Bestandsschutz nach den > Krankenhausreformgesetzen genießen ( > L i q u i d a t i o n s r e c h t Rzn. 1160 ff. ). 2. a) In den > Krankenhausreformgesetzen der Länder Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz wurden erstmals gesetzliche Grundlagen für die Mitarbeiterbeteiligung geschaffen, deren Einzelregelungen z.T. sehr unterschiedlich sind (vgl. die Übersicht bei Andreas/Siegmund-Schultze, BB 1977, 1545ff. ; dies., Krankenhausarzt 1977, 820ff. ; dies., DMW 1979, 707; Luxenburger, aaO. S. 361 ff. ; Lippert, NJW 1980, 1884ff.). Sie betreffen nur den stationären Bereich mit Ausnahme von Rheinland-Pfalz, wo auch der ambulante Sektor in die Abgabenregelung einbezogen ist. In Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz haben die liquidationsberechtigten Ärzte von ihren Einnahmen einen nach der Höhe der Gesamteinnahmen gestaffelten Anteil an einen beim Krankenhaus zu bildenden Fonds (Pool) abzuführen. Die dort angesammelten Mittel sind nach bestimmten Maßstäben zu verteilen. In Nordrhein-Westfalen ist lediglich festgelegt, daß der Krankenhausträger eine angemessene Beteiligung der ärztlichen Mitarbeiter an den Einkünften der gesondert berechneten ärztlichen Tätigkeit sicherzustellen hat. Offen bleibt, ob ein institutioneller Honorarpool zu errichten ist und wer diesen ggf. verwaltet. Die mehr oder minder ausführlichen gesetzlichen Regelungen der Mitarbeiterbeteiligung werden in den einzlnen Krankenhäusern durch Poolordnungen ergänzt (zum Muster einer Poolordnung der Bad.-Wttbg. Krankenhausgesellschaft kritisch Siegmund-Schultze, ArztR 1979, 93ff.). Während in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen auch liquidationsberechtigte ärztliche > H o c h s c h u l l e h r e r (unter dem Vorbehalt zusätzlicher Sonderregelungen) abgabepflichtig sind, klammert die Regelung in Nordrhein-Westfalen die ärztlichen Hochschullehrer ausdrücklich aus. > Belegärzte sind in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz in den Kreis der Abgabepflichtigen ausdrücklich einbezogen, wobei jedoch in Rheinland-Pfalz die Abgaben nicht an den Pool, sondern nach freier Vereinbarung unmittelbar an die ärztlichen Mitarbeiter zu entrichten sind. In allen vier Bundesländern besteht ein Bestandsschutz für Verträge vor Inkrafttreten des jeweiligen Krankenhausreformgesetzes > Liquidationsrecht Rzn. 1160 ff.). b) Auf Ärzte in konfessionellen Krankenhäusern oder diesen gleichgestellten Einrichtungen sind die Vorschriften über die Mitarbeiterbeteiligung in den > K r a n k e n h a u s r e f o r m g e s e t z e n nicht anwendbar (BVerfG, NJW 1980, 1895). Hier entscheiden nur die Vereinbarungen zwischen dem nachgeordneten Arzt und dem Krankenhausträger darüber, ob und wie der Arzt an einem zugunsten der ärztlichen Mitarbeiter eingerichteten Pool beteiligt wird (BAG v. 14. 1. 1981, BB 1981, 1095 [Leits.]). c) Soweit die Mitarbeiterbeteiligung in den Krankenhausreformgesetzen geregelt ist, sind Poolvereinbarungen zwischen > C h e f ä r z t e n und ärztlichen Mitarbeitern unwirksam (LG Marburg, NJW 1980, 2759; Urt. v. 5. 11. 1980, DMW 1981, 440 m. Anm. Faecks).

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Mitarbeiterbeteiligung

3. Wo gesetzliche Regelungen fehlen, erfolgt die Mitarbeiterbeteiligung aufgrund freier Vereinbarung unmittelbar oder ebenfalls durch Einrichtung eines Mitarbeiter-Pools. Sofern der Krankenhausträger untätig bleibt, sind die liquidationsberechtigten Ärzte aufgrund der berufsrechtlichen Pflicht zur Mitarbeiterbeteiligung (oben Rz 1211) zum Abschluß entsprechender Vereinbarungen mit ihren ärztlichen Mitarbeitern verpflichtet (Mustervertrag bei Rieger, Verträge zwischen Ärzten und Krankenhausträgern, S. löff.j. Beteiligt ein liquidationsberechtigter Arzt seine ärztlichen Mitarbeiter über einen längeren Zeitraum nach einem bestimmten Verteilungsschlüssel am Liquidationserlös, ohne daß eine schriftliche Vereinbarung besteht, so entsteht dadurch eine rechtsgeschäftliche Bindung, wenn die Zahlungen ohne den Vorbehalt der Freiwilligkeit geleistet worden sind und für die Zahlungsempfänger einen wesentlichen Teil ihrer Einkünfte bilden. Dies schließt nicht aus, daß der Verteilungsschlüssel bei Vorliegen sachlicher Gründe (z. B. Hinzukommen weiterer nachgeordneter Ärzte) vom leitenden Arzt unter Beachtung der Grundsätze des §315 Abs. 3 BGB (analog) einseitig geändert werden kann (BGH v. 2. 12. 1976 - II ZR 60/75).

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III. Rechtsnatur des Pools. Der Mitarbeiter-Pool ist keine eigene Rechtspersönlichkeit. Er ist auch keine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (vgl. Kleinewefers-Boujong in: Festschr. f. Reimer Schmidt 1976, S. 69, 76), sondern ein treuhänderisch gebundenes Zweckvermögen des Krankenhausträgers. Es handelt sich um einen Fall der sog. uneigennützigen (fremdnützigen) Veiwaltungstreuhand, bei der das Eigentum an den verwalteten Mitteln formell dem Krankenhausträger, wirtschaftlich jedoch den nachgeordneten und leitenden Ärzten zusteht (vgl. Kleinewefers-Boujong, aaO. S. 76, Anm. 14; a.A. Lippert, NJW 1980, 1887, 1888 und Siegmund-Schultze/Andreas, Krankenhausarzt 1977, 820, 823f., die davon ausgehen, daß der Krankenhausträger zu keinem Zeitpunkt Eigentümer der Poolgelder wird; das BAG nimmt in einem Urteil v. 3. 8. 1 9 8 3 - 5 AZR 306/81 - [betr. das Hess. KHG) zwar eine Treuhänderstellung des Krankenhausträgers an, läßt jedoch die Frage offen, in wessen Eigentum die Fondsbeträge, die „ein eigenes Vermögen bilden", stehen; vgl. auch unten Rz 1217). Der Übergang des Eigentums an den Poolgeldern vom Krankenhausträger auf die nachgeordneten Ärzte vollzieht sich nach § 929 BGB, wobei die Einigungserklärungen durch die Beschlußfassung der zuständigen Organe des Krankenhausträgers ersetzt werden.

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Da der ungeteilte Pool zwar nicht rechtlich, aber wirtschaftlich zum Vermögen der berechtigten Chefärzte und ärztlichen Mitarbeiter gehört, haben diese bei der Zwangsvollstreckung durch Gläubiger des Krankenhausträgers ein Widerspruchsrecht (§ 771 ZPO). Im Konkurs des Krankenhausträgers steht ihnen ein Aussonderungsrecht nach § 4 3 KO zu (vgl. BGH, NJW 1959, 1224). Der Krankenhausträger kann Interventionsklage erheben, wenn ein nicht zu dem Kreis der anspruchsberechtigten Ärzte gehörender Gläubiger die Zwangsvollstreckung in das Pool-Vermögen betreibt (Kleinewefers-Boujong, aaO. S. 76 Anm. 14).

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IV. Die Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten lassen sich im wesentlichen wie folgt skizzieren: 1. Angestellte Ärzte. Die gesetzlichen Regelungen über die Mitarbeiterbeteiligung sind öffentlichrechtlicher Natur (vgl. BAG v. 3. 8. 1983). Die auf ihrer Grundlage getroffenen privatrechtlichen Vereinbarungen des Krankenhausträgers mit den Chefärzten und den nachgeordneten Ärzten ergänzen deren Arbeitsverträge. a) Rechtsbeziehungen zwischen Chefarzt und Krankenhausträgei. aa) Neben den einzelvertraglichen Regelungen gelten die Vorschriften über die Geschäftsbesorgung bzw. Auftragsregeln, (§ 675 BGB). Das Krankenhaus hat gegen die liquidationsberechtigten Ärzte einen einklagbaren Anspruch auf Abführung der im Gesetz vorgesehenen Beträge. Die liquidationsberechtigten Ärzte ihrerseits können verlangen, daß der Krankenhausträger die abgeführten Liquidationsanteile nach den gesetzlichen Vorschriften verwaltet und an die nachgeordneten Ärzte auszahlt. Sie haben zwar keine Nachschußpflicht, wenn das Krankenhaus die Gelder nicht ordnungsgemäß an die ärztlichen Mitarbeiter weiterleitet. Trotzdem haben die liquidationsberechtigten Ärzte ein eigenes rechtliches Interesse, daß die abgeführten Beträge ihren Mitarbeitern zufließen; denn sie erfüllen damit zugleich die ihnen durch das ärztliche Berufsrecht (vgl. § 15 Abs. 2 MuBO) auferlegte Pflicht der Beteiligung ihrer Mitarbeiter am Liquidationserlös (vgl. oben Rz 1211). Für schuldhafte Pflichtverletzungen haftet der Krankenhausträger dem Chefarzt aus dem Geschäftsbesorgungs- bzw. Auftragsverhältnis, ggf. unter dem Gesichtspunkt der Schlechtleistung. bb) Eine Auskunftspflicht des Chefarztes gegenüber dem Krankenhausträger besteht nur dort, wo die Krankenhausgesetze oder der Chefarztvertrag eine solche vorsehen (z.B. § 20 Abs. 4 KHG Bad.-Wttbg.; § 20 Abs. 5 KRG Rheinl.Pf., § 5 Abs. 2 DVO zu § 17 Hess. KHG). cc) Umgekehrt ist der Kiankenhausträgei den abgabepflichtigen Chefärzten zur Rechenschaft über die Verwendung der Poolmittel verpflichtet (§§ 675, 666 BGB). dd) Auch wo die Geltung der sechsmonatigen Ausschlußfrist nach § 70 BAT im Chefarztvertrag vereinbart ist, gilt diese nicht für Ansprüche des Krankenhausträgers gegen einen Chefarzt auf Leistung seiner Abgaben an den Mitarbeiterpool (BAG v. 19. 10. 1983 - 5 AZR 64/81 -). b) Rechtsbeziehungen zwischen nachgeordneten Ärzten und Krankenhausträger. aa) Die Tätigkeit der nachgeordneten Ärzte im stationären und ambulanten liquidationsberechtigten Bereich des Chefarztes erfolgt i.d.R. in Erfüllung ihrer Pflichten aus dem Arbeitsvertrag mit dem Krankenhausträger mit der Folge, daß ihr Arbeitgeber auch insoweit nicht der Chefarzt, sondern der Krankenhausträger ist (str., wie hier FG Bad.-Wttbg. v. 2. 2. 1978, Arzt u. Krankenhaus 1979,69; Beker, Arzt u. Krankenhaus 1979, 31; a.A. Andreas/Siegmund-Schultze BB 1977,1545,1548; dies., DMW 1979, 708; Lippert, NJW 1980,1884,1888). Eine Arbeitgeberstellung des Chefarztes kommt nur dort in Betracht, wo die hier fragliche Tätigkeit ausnahmsweise nicht zu den Dienstaufgaben der nachgeordneten Ärzte aus dem Arbeitsvertrag mit dem Krankenträger gehört. Dies ist

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dann der Fall, wenn der Chefarzt und seine ärztlichen Mitarbeiter aufgrund ihnen jeweils erteilter Nebentätigkeitsgenehmigung (> N e b e n t ä t i g k e i t Rz 1241) tätig werden (> A s s i s t e n z a r z t Rz 236). bb) Als Treuhänder ist der Krankenhausträger verpflichtet, die von den liquidationsberechtigten Ärzten abzuführenden Beträge einzuziehen, ihrem Verwendungszweck entsprechend zu verwalten und nach den Beschlüssen der Verteilungsgremien an die Berechtigten zu verteilen. Die gesetzlichen Vorschriften geben den ärztlichen Mitarbeitern keinen unmittelbaren Anspruch gegen den Krankenhausträger auf die gesetzlich vorgesehenen Zahlungen aus dem Pool. Zur Begründung solcher Ansprüche bedarf es besonderer vertraglicher Abreden zwischen Krankenhausträger und nachgeordneten Ärzten, die entweder einzelvertraglich oder durch eine Poolordnung (oben Rz 1211), auf die im Arbeitsvertrag Bezug genommen wird, getroffen werden können. Die Konkretisierung dieser Ansprüche der Höhe nach erfolgt durch die Entscheidung der zuständigen Verteilungsgremien; Kleinewefers-Boujong, aaO. S. 74 ; Luxenburger, aaO. S. 386f.). Die Höhe richtet sich nach den in der Praxis angewandten Verteilungsschlüsseln (vgl. dazu Schlüpers-Oehmen, NJW 1979,2345). Der Krankenhausträger hat dafür zu sorgen, daß die liquidationsberechtigten Ärzte ihre Abgaben zum Pool vollständig entrichten. Der ärztliche Mitarbeiter kann vom Krankenhausträger so lange keine Auszahlung eines (höheren) Anteils verlangen, wie der von den Chefärzten geschuldete Poolbeitrag noch nicht eingegangen ist. Bei nicht ordnungsgemäßer Einziehung, Verwaltung und Mängeln im Verteilungsverfahren haben die nachgeordneten Ärzte gegenüber dem Krankenhausträger einen Schadenersatzanspruch wegen Schlechterfüllung (vgl. BAG v. 3. 8.1983 - 5 AZR 306/81 -). Für eine Inanspruchnahme der Verteilungsgremien bzw. deren Mitglieder gibt es, abgesehen von dem Fall des § 826 BGB, keine Rechtsgrundlage. Die Anspräche der nachgeordneten Ärzte gegen den Krankenhausträger auf Auszahlung der auf sie entfallenden Beträge sind, auch wenn ihre Höhe im einzelnen noch nicht feststeht, abtretbar und pfändbar. Der Anspruch eines nachgeordneten Arztes auf Auszahlung der ihm zustehenden Beträge aus dem Pool sowie der Anspruch des Krankenhausträgers gegen einen nachgeordneten Arzt auf Rückzahlung überzahlter Anteile fallen nicht unter die sechsmonatige Ausschlußfrist nach § 70 BAT {BAG v. 19. 10. 1983 - 5 AZR 64/81 -). c) Rechtsbeziehung zwischen Chefarzt und nachgeordneten Ärzten, aa) Der Chefarzt ist i.d.R. nicht Arbeitgeber der im stationären und ambulanten liquidationsberechtigten Bereich eingesetzten nachgeordneten Ärzte (vgl. oben Rz 1217). Zwischen einem nachgeordneten Arzt und dem liquidationsberechtigten Chefarzt bestehen daher im allgemeinen keine vertraglichen Beziehungen. Der Chefarzt schuldet seine Liquidationsabgaben nicht einem einzelnen nachgeordneten Arzt. Aufgrund von Vereinbarungen in den Chefarztverträgen über die finanzielle Beteiligung der ärztlichen Mitarbeiter am Liquidationserlös ist lediglich der Krankenhausträger berechtigt, von den Chefärzten Leistung von Abgaben an den Pool zu verlangen. Die nachgeordneten Ärzte haben keinen unmittelbaren Anspruch gegen den Chefarzt auf Zahlung an den

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Pool, da es sich hier nicht um Verträge zugunsten Dritter (§ 328 BGB) handelt (Kleinewefers-Boujong, aaO. S. 74; Luxenburger, aaO. S. 386; BAG v. 3. 8. 1 9 8 3 - 5 AZR 306/81 -). 2. Bei > beamteten Ärzten wurzelt die in den > K r a n k e n h a u s r e f o r m g e setzen oder in Vereinbarungen mit dem Krankenhausträger verankerte Pflicht zur Abführung von Liquidationsanteilen im Beamtenverhältnis und ist daher öffentlichrechtlicher Natur. Bei vertraglichen Abmachungen handelt es sich um öffentlichrechtliche Verträge beamtenrechtlichen Inhalts (Kleinewefers-Boujong, aaO. S. 75). Für das Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten (Krankenhausträger, leitender Arzt, nachgeordnete Ärzte) gilt das Nebentätigkeitsrecht der Beamten. Den beamteten nachgeordneten Ärzten, die an den Liquidationseinnahmen der leitenden Ärzte beteiligt werden sollen, muß - wegen des Verbotes nach § 50 Abs. 2 BRRG - die Mitwirkung bei der Behandlung von Selbstzahlern als > N e b e n t ä t i g k e i t genehmigt werden (Luxenburger, aaO. S. 375; Lippert, NJW 1980,1887 > L i q u i d a t i o n s r e c h t Rz 1156). Auf die Erteilung einer solchen Nebentätigkeitserlaubnis haben die beamteten nachgeordneten Ärzte grundsätzlich einen Rechtsanspruch, wenn die gesetzliche Regelung über die Beteiligung nachgeordneter Ärzte an den Einnahmen des Chefarztes einen Sinn haben soll (so richtig Lippert, NJW 1980, 1887). Nach einem Urteil des Hess. VGH v. 29. 11. 1978 - 1 OE 23/75 - verstößt die Heranziehung leitender Krankenhausärzte im Beamtenverhältnis zu Abgaben an einen Mitarbeiterpool nach § 17 Hess. KHG nicht gegen das Grundgesetz. 3. Soweit bei der Errechnung der Mitarbeiterbeteiligung nach den > Krank e n h a u s r e f o r m g e s e t z e n oder Poolordnungen (oben Rzl211) die zur Erzielung des Liquidationserlöses erforderlichen Aufwendungen vom Bruttoliquidationserlös abgezogen werden dürfen (vgl. z.B. §20 Abs. 1 KHG Bad.-Wttbg.), muß es sich um unmittelbar durch die Erbringung der Wahlleistung „Arzt" bedingte zusätzliche Aufwendungen handeln. Aufwendungen, die dem Arzt auch ohne >Liquidationsrecht in gleichem Umfang entstünden, wie z.B. Kraftfahrzeugkosten, und Kosten für > Fortbildung, sind nicht abzugsfähig (a.A. Siegmund-Schultze, ArztR 1979, 93, 95, 263). Nicht absetzbar sind auch freiwillige Leistungen des > C h e f a r z t e s an ärztliche Mitarbeiter (vgl. auch BAG v. 3. 8. 1983 - 5 AZR 306/81 - : kein Abzug von Aufwendungen von den Liquidationseinnahmen nach dem Hess. KHG). 4. Rechtsweg bei Streitigkeiten, a) Bei Streitigkeiten mit dem Krankenhausträger über die Abgabeverpflichtung angestellter > Chefärzte und über die Beteiligung nachgeordneter angestellter Ärzte an den Poolmitteln ist der Rechtsweg zum Arbeitsgericht gegeben (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 a) ArbGG). b) Für Rechtsstreitigkeiten zwischen öffentlichrechtlichen Krankenhausträgern und beamteten Chefärzten sowie beamteten nachgeordneten Ärzten ist der Verwaltungsrechtswegeröiiri£t{§ 126 Abs. 1 und 2 BRRG). Für Rechtsstreitigkeiten zwischen beamteten Chefärzten und angestellten Ärzten sind die ordentlichen Gerichte zuständig (LG Marburg, Urt. v. 5. 11. 1980, DMW1981,440). c) Soweit die Krankenhausgesetze (Rheinland-Pfalz und Hessen) die Einrichtung von Schiedsstellen oder Schiedsausschüssen zur Beilegung von Streitigkei-

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ten zwischen den Beteiligten vorsehen (vgl. § 21 Abs. 2 KRG Rheinl.-Pf. ; § 8 DVO zu § 17 Hess. KHG), handelt es sich nicht um Schiedsgerichte i.S. der §§ 1025 ff. ZPO. Diese Einrichtungen stellen lediglich interne Instanzen zur Schlichtung von Streitigkeiten dar, so daß eine gerichtliche Klage auch ohne deren vorherige Anrufung direkt erhoben werden kann (näher dazu Kleinewefers-Boujong aaO. S. 76ff. ; Luxenburger, aaO. S. 393ff.). V. Die steuerrechtliche Behandlung der Mitarbeiterbeteiligung richtet sich nach den individuellen vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Beteiligten. Überwiegend handelt es sich um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die der Lohnsteuerpflicht unterliegen. Zur Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer ist i.d.R. der Krankenhausträger als Arbeitgeber verpflichtet. Dies gilt auch dann, wenn die Vergütungen nicht vom Krankenhausträger gezahlt werden oder dieser nicht in die Auszahlung eingeschaltet ist. In diesem Fall handelt es sich um Lohnzahlungen Dritter i.S. des § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG, für die der Krankenhausträger als Arbeitgeber zusammen mit dem dienstvertraglichen Arbeitslohn die Lohnsteuer einzubehalten und abzuführen hat. Dabei ist es unerheblich, ob die Vergütungen vom liquidationsberechtigten Arzt aufgrund einer besonderen Verpflichtung oder freiwillig erbracht und ob sie direkt oder aus einem Mitarbeiterpool gewährt werden. Soweit der Krankenhausträger die Vergütungen nicht selbst ermitteln kann und sie ihm auch nicht vom liquidationsberechtigten Arzt mitgeteilt werden, hat sie der ärztliche Mitarbeiter dem Krankenhausträger mitzuteilen (Abschn. 73 Abs. 2 Satz 3 - 5 LStR). Steuerrechtlich besteht keine Auskunftspflicht des > C h e f a r z t e s und der ärztlichen Mitarbeiter gegenüber dem Krankenhausträgerbzw. dessen Gehaltsabrechnungsstelle bezüglich der Höhe und der Empfänger der Zuwendungen. Gegenüber dem Finanzamt ist der Chefarzt auskunftspflichtig, wenn er die Mitarbeitervergütungen steuerlich einkommensmindernd abgeführt hat (Beker, Arzt u. Krankenhaus 1979,31, 34). Besteht gegenüber dem Krankenhausträger keine Verpflichtung zur Mitarbeit im Liquidationsbereich, weil der ärztliche Mitarbeiter ausschließlich aufgrund einer Vereinbarung mit dem Chefarzt im Liquidationsbereich tätig wird, sind der Chefarzt als Arbeitgeber zur Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer aus den ausbezahlten Liquidationsanteilen und die betreffenden ärztlichen Mitarbeiter zur Vorlage einer zweiten Lohnsteuerkarte gem. § 39 Abs. 1 Satz 2 EStG verpflichtet (Schreiben des BMFi v. 2 7 . 4 . 1 9 8 2 , BStBl. 11982,530 ; Beker aaO. S. 33ff. ; FG Bad.-Wttbg. v. 2. 2. 1978 - IV 284/77 Arzt u. Krankenhaus 1979, 69; a.A. Siegmund-Schulze/Andreas, Krankenhausarzt 1980, 654, 656 f. ; dies., DMW 1979,708; Lippert, NJW 1980,1888). Entsprechendes gilt bei Chefärzten und nachgeordneten Ärzten im Beamtenverhältnis.

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VI. Nach Auffassung der Spitzen verbände der Kranken- und Renten versieherungsträger sowie der Bundesanstalt für Arbeit gehören die Vergütungen aus der Mitarbeiterbeteiligung zum Arbeitsentgelt i.S. der Sozialversicherung. Sofern die Auszahlung nicht monatlich, sondern in größeren Zeitabständen erfolgt, ist für die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge eine gleichmäßige

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Verteilung der Vergütungen auf die entsprechenden Monate vorzunehmen (BB 1980, 994).

Mitbehandlung 1224

I. Begriff. Man versteht darunter die selbständige und eigenverantwortliche diagnostische und therapeutische Tätigkeit eines vom erstbehandelnden Arzt zugezogenen anderen Arztes aufgrund eines selbständigen > A r z t v e r t r a g e s (Rz 218) zwischen Patient und mitbehandelndem Arzt ( > U b e r w e i s u n g ) . Die Mitbehandlung ist vom Konsilium, das lediglich die Diagnose und die Beratschlagung über die Diagnose, aber keine Behandlung umfaßt, streng zu unterscheiden (vgl. > K o n s i l i u m Rz 982). Bei der Zuziehung eines Kollegen gleicher Fachrichtung, dessen Tätigkeit sich auf Diagnose und Beratschlagung beschränkt, liegt regelmäßig ein Konsilium vor, während es sich bei der Einschaltung eines Arztes anderer Fachrichtung meist um eine Mitbehandlung handeln wird (näher dazu Andreas/Siegmund-Schultze, ArztR 1977, 244f.). Die Mitbehandlung unterscheidet sich auch von der > A u f t r a g s l e i s t u n g , die gezielt auf die Erbringung genau umgrenzter ärztlicher Leistungen gerichtet ist. II. Die Überweisung zur Mitbehandlung begründet keine Rechtsbeziehungen zwischen erstbehandelndem und mitbehandelndem Arzt ( > O b e r w e i s u n g Rz 1792). Zur Bindung an den Überweisungsauftrag bei der Überweisung zur Mitbehandlung > Ü b e r w e i s u n g Rz 1794. III. Für die zivilrechtliche und strafrechtliche > Haftung im Verhältnis zwischen erstbehandelndem und mitbehandelndem Arzt gelten die Grundsätze über die ärztliche Teamarbeit > B e h a n d l u n g s f e h l e r Rz 315).

Musiktherapeut 1225

I. Aufgaben. Musiktherapie ist die Anwendung von musikalischen Elementen oder Musik i.S. von Kunst oder Spiel zu therapeutischen Zwecken. Sie ist eine vom > A r z t verordnete und überwachte, andere Therapieformen unterstützende Methode der Behandlung von bestimmten Krankheiten. Die Musiktherapie hilft der > P s y c h o t h e r a p i e im weiteren Sinne bei der Behandlung von Psychosen, autistischen Kindern, psychosomatischen Erkrankungen einerseits und ist andererseits integriert in sonderpädagogische Maßnahmen bei der Erziehung, Bildung und Behandlung von behinderten und verhaltensgestörten Kindern (näher dazu Willms, BerufskBl. 2 II A 30, S. 1 ff.). Der Beruf des Musiktherapeuten gehört zu den > m e d i z i n i s c h e n A s s i s t e n z b e r u f e n . Die Berufsausübung erfolgt vorwiegend im Angestelltenverhältnis in psychiatrischen und psychosomatischen Kliniken, geriatrischen Abteilungen, kinderpsychiatrischen Einrichtungen und Rehabilitationseinrichtungen für > B e h i n d e r t e .

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Musterungsarzt

II. Das Berufsbild ist nicht gesetzlich geregelt. Die Berufsbezeichnung „Musiktherapeut(in)" ist daher nicht geschützt. III. Die Ausbildung erfolgt teilweise in besonderen Studiengängen innerhalb staatlicher Musikhochschulen. Daneben gibt es private berufsbegleitende Ausbildungsstätten. Die Ausbildungsregelungen sind in den einzelnen Ausbildungsstätten unterschiedlich. Zum Teil wird der Studiengang an den staatlichen Musikhochschulen als einjähriges Zusatzstudium im Anschluß an eine dreijährige Musiklehrerausbildung angeboten. IV. Der Musiktherapeut unterliegt der strafrechtlichen > Schweigepflicht nach § 203 Abs. 3 StGB.

Musterungsarzt I. Aufgabe des Musterungsarztes ist die Untersuchung der Wehrpflichtigen auf ihre Wehrdiensttauglichkeit ( > Wehrdienst). Rechtsgrundlage hierfür ist § 17 Abs. 4-7 WPflG. Ergänzend sind die fachdienstlichen Richtlinien des BMV zu beachten. Die Entscheidung, ob der Wehrpflichtige für den Wehrdienst zur Verfügung steht, kann der Musterungsarzt nicht treffen. Diese Entscheidung obliegt vielmehr dem Musterungsausschuß aufgrund des Ergebnisses der Untersuchung durch den Musterungsarzt, dem damit die Rolle eines > Sachverständigen zukommt (§ 18 WPflG).

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II. Rechtsstellung. Musterungsärzte sind > beamtete Ärzte oder angestellte (hauptberuflich oder nebenberuflich tätige) Ärzte (Musterungsvertragsärzte). Eine Tätigkeit in freiberuflicher Stellung kommt i.d.R. nicht in Betracht (BVerwG v. 29. 6. 1970 - VI C 41.66 BFHE 76, 460 ; BFH, NJW 1969, 2303). Deshalb unterliegen auch nebenberuflich tätige Musterungsärzte der Lohnsteuer- und Sozialversicherungspflicht. Das Anstellungsverhältnis wird aufgrund eines Mustervertrages des BMV begründet. Danach gelten die §§611-630 BGB. Die Vorschriften des BAT finden keine Anwendung. Lediglich die Vergütung erfolgt in Anlehnung an den BAT (VergGr. IIa/Ib ; näher dazu DÄ 1980, 1753; Arzt im Krankenhaus 1980, 400). In Bezug auf seine rein ärztliche Tätigkeit ist der Musterungsarzt wie jeder andere Arzt in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis weisungsfrei ( > Arzt Rz 123).

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III. Der Umfang der Untersuchungspflicht des Mustemngsaiztes und der Duldungspflicht des Wehipfhchtigen richten sich nach § 17 Abs. 4 u. 7 WPflG ( > Zwangsbehandlung Rz 2005). IV. Das Ergebnis der Untersuchung und der festgestellte Tauglichkeitsgrad sind dem Musterungsausschuß vorzulegen und fallen daher nicht unter die

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Musterungsarzt

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ärztliche > Schweigepflicht. Darüber hinausgehende Feststellungen muß der Musterungsarzt für sich behalten. Dritten gegenüber, zu denen auch der Hausarzt und andere behandelnde Ärzte gehören, ist der Musterungsarzt in vollem Umfang schweigepflichtig (vgl. Narr, aaO. Rz 749). Im übrigen gilt entsprechendes wie beim ärztlichen > S a c h v e r s t ä n d i g e n (Rz 1537). V. Haftung. Bei der Untersuchung durch beamtete und angestellte Musterungsärzte handelt es sich um Ausübung hoheitlicher Tätigkeit. Wird ein nicht Wehrdienstfähiger zu Unrecht als tauglich gemustert und erleidet er durch die Ableistung des Wehrdienstes feinen Gesundheitsschaden, so kann er Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung verlangen (Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB). Die Bewahrung des nicht Wehrdiensttauglichen vor sonstigen Schäden, die er durch die Heranziehung zum Wehrdienst erleidet (z.B. weil sich seine Ausbildung und sein Eintritt in das Erwerbsleben verzögern), gehört dagegen nicht zu den Amtspflichten, die dem Musterungsarzt im Rahmen der Musterung obliegen. Solche Schäden kann der Wehrpflichtige daher weder unter dem Gesichtspunkt der Amtshaftung noch nach Aufopferungsgrundsätzen ersetzt verlangen (BGH, NJW 1976, 186) > H a f t u n g Rzn. 785f.

Mutterschaftshilfe 1228 a

Man versteht darunter alle Unterstützungen, die die gesetzliche > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g (Rz 1103) ihren weiblichen Mitgliedern bzw. den weiblichen Familienangehörigen ihrer männlichen Mitglieder (§ 205 a RVO) vor und nach der Niederkunft gewährt (vgl. Peters, Hdb. d. Krankenvers. § 195 Anm. 6 a). Was im einzelnen als Leistungen der Mutterschaftshilfe gilt, ergibt sich aus §§ 195 ff. RVO ( > V o r s o r g e u n t e r s u c h u n g e n Rz 1875, > H e b a m m e Rz 801).

Nachsorgepaß 1229

I. Der erstmals in Nordrhein-Westfalen im Jahr 1980 eingeführte Nachsorgepaß dient der Verbesserung der Krebsnachsorge. Er enthält Formblätter für die Befunde zu Beginn der Nachsorge und bei den folgenden Nachsorgeuntersuchungen mit jeweils zwei Durchschlägen. Davon ist einer für die Kartei des ausfüllenden Arztes, der andere für die mitbehandelnde Klinik oder das > T u m o r z e n t r u m bestimmt (bzw. umgekehrt). Auf den Formblättern können die Diagnose (offen oder umschrieben), Laborbefunde, die Ergebnisse von radiologischer und sonstiger Diagnostik, Blutbild und weitere Angaben eingetragen werden. Der Nachsorgepaß soll sicherstellen, daß jeder Arzt, den der Patient Einsicht nehmen läßt, Uber alle mitbehandelnden Ärzte und über alle Befunde im Verlauf der Erkrankung informiert ist (vgl. DÄ 1980, 2275f. ; Rhein. ÄBl. 1983, 203ff.).

567 II. Für die Haftung bei Falscheintragungen > N o t f a l l a u s w e i s (Rz 1270).

Narkose gilt entsprechendes wie beim

Narkose I. Begriff. Als (Voll-)Narkose bezeichnet man gewöhnlich eine reversible Betäubung des Organismus mit zentraler Schmerz- und Bewußtseinsausschaltung durch Zuführung von Betäubungsmitteln (Duden, „Narkose"). Neben der Allgemeinnarkose kommen in der Medizin heute zahlreiche andere Betäubungsverfahren zur Anwendung (z. B. Periduralanästhesie). Von der Vollnarkose ist die Lokalanästhesie zu unterscheiden, bei der nur eine Betäubung einzelner Körperpartien oder Körperstellen erfolgt (Duden, „Lokalanästhesie"). Die Narkose beginnt mit der Einleitung und endet mit dem Erwachen des Patienten, so daß der Zeitpunkt von Operations- und Narkoseende nicht zusammenfallen (Uhlenbrock, NJW 1972, 2201, 2202). Obwohl nur mittelbar Heilzwecken dienend, fällt die Narkose unter den Begriff der > H e i l b e h a n d l u n g (Uhlenbrock, aaO. S. 2202).

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II. Voraussetzung für die rechtliche Zulässigkeit der Narkose ist die rechtswirksame Einwilligung des Patienten ( > H e i l b e h a n d l u n g Rzn. 805ff.) nach vorausgegangener Aufklärung ( > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t Rzn. 253ff.). 1. Bei operativen Eingriffen ( > O p e r a t i o n ) darf der Arzt regelmäßig davon ausgehen, daß der Patient ein Betäubungsverfahren voraussetzt und die Einwilligung in die Operation deshalb auch die Einwilligung in ein Betäubungsverfahren umfaßt (Weissauer-Frey, DMW 1978, 724, 726). Im Einzelfall kann indes fraglich sein, ob der Patient sich zutreffende Vorstellungen von der Art des Betäubungsverfahrens macht. Wer eine Lokalanästhesie erwartet und unter dieser Annahme in die Operation einwilligt, erklärt damit nicht ohne weiteres sein Einverständnis mit einer Vollnarkose. Im Zweifel empfiehlt sich eine ausdrückliche Unterrichtung des Patienten. Gleiches m u ß dort gelten, wo der Patient möglicherweise überhaupt kein Betäubungsverfahren erwartet, wie etwa bei Eingriffen zu diagnostischen Zwecken. Grundsätzlich erscheint es ratsam, den Patienten eine Einwilligungserklärung unterschreiben zu lassen, auf der die Art des Betäubungsverfahrens bezeichnet ist (vgl. Weissauer-Frey, aaO. S. 726). 2. Die Aufklärung muß sowohl die Risiken erfassen, die mit der gewählten Art des Betäubungsverfahrens schlechthin verbunden sind, als auch spezielle Risiken, die sich aus dem Zustand des Patienten und der Schwere des Eingriffs ergeben. (Weissauer-Frey, aaO. S. 727). Hat der Narkosearzt die Wahl zwischen mehreren Narkosearten mit unterschiedlichen Risiken und beabsichtigt er, diejenige mit dem größeren Risiko anzuwenden, so hat er den Patienten auch hierüber aufzuklären (Uhlenbrock, N | W 1972, 2202). Entschließt sich der Arzt bei einem chirurgischen Eingriff am Zwölffingerdarm anstelle der

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Narkose

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Allgemeinnarkose zu einer Periduralanästhesie, dann hat er i.d.R. den Patienten auch über diesen Eingriff und über dieses Verfahren aufzuklären (BGH, NJW 1974, 1422). Die sachgerechte Unterrichtung des Patienten erfordert ein Zusammenwirken von Operateur und Narkosearzt bei der Aufklärung (näher dazu Weissauer-Frey, aaO. S. 727). 1232

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III. Ärztliche Sorgfaltspflichten (zum folgenden ausführlich Uhlenbruck, aaO. S. 2201 ff. ; Weissauer, Anaesthesist 1962, 239ff. ; 1964, 385ff. ; ders., in: Weissauer-Opderbecke, Anaesthesist und Krankenhaus S. 87 ff., 93ff., 98ff.; Opderbecke-Weissauer, ebenda S. 110ff. ; Weissauer-Frey, DMW 1978, 724 ff.). 1. Der für die Narkose verantwortliche Arzt hat eine Prüfungspflicht, ob er für das beabsichtigte Betäubungsverfahren ausreichend qualifiziert ist, d. h. ob er die Technik dieses Verfahrens und die Zwischenfalltherapie ausreichend beherrscht und ob die hierfür erforderlichen Hilfsmittel verfügbar sind. 2. Der narkoseführende Arzt hat die Pflicht, das unter Berücksichtigung aller Umstände optimale Verfahren auszuwählen. Er verstößt gegen die ihm obliegende Sorgfaltspflicht, wenn er diejenige Narkoseart wählt, die für den Patienten mit einem größeren Risiko oder mit größeren Schmerzen verbunden ist. 3. Bei der Narkose handelt es sich um eine Leistung, die zum Aufgaben- und Verantwortungsbereich des Arztes gehört. Der narkoseführende Arzt ist verantwortlich für die Überwachung, Aufrechterhaltung und Wiederherstellung der vitalen Funktionen. Eine Delegation einzelner Aufgaben auf ärztliche Mitarbeiter und Angehörige des medizinischen Assistenzpersonals ist nach den für die ärztliche Teamarbeit geltenden allgemeinen Grundsätzen zulässig ( > B e h a n d l u n g s f e h l e r Rzn. 313ff.; speziell zur Aufgabendelegierung bei der Narkose vgl. insbes. Weissauer-Opderbecke, aaO. S. 110 ff. ; Weissauer, Anaesthesist 1964, 385ff. ; Uhlenbruck, NJW 1972, 2203f.). 4. Zu den Anforderungen an das Wissen des Narkosearztes um die Funktionsweise eines Narkosegerätes und zur Pflicht, dieses auf seinen technisch einwandfreien Zustand selbst zu überprüfen > B e h a n d l u n g s f e h l e r Rz 312. 5. Die gleichzeitige Durchführung mehrerer Narkosen durch einen Arzt (Parallelnarkosen) ist nur ausnahmsweise in personellen Notsituationen (auf die der leitende Anästhesist den Krankenhausträger möglichst frühzeitig hinzuweisen hat > C h e f a r z t Rz 525) unter bestimmten Voraussetzungen zulässig (näher dazu Weissauer-Opderbecke, aaO. S. 115f.; Weissauer-Frey, DMW 1978, 725ff. ; gegen die Zulässigkeit von Parallelnarkosen Uhlenbruck, aaO. S. 2205). Nach Auffassung des BGH muß der narkoseführende Anästhesist bei der „ohnehin bedenklichen Parallelnarkose" sicherstellen, „daß er jederzeit einspringen und die Narkose rechtzeitig selbst weiterführen" kann, „wenn . . . Unregelmäßigkeiten in der Beatmung des Patienten auftreten". Zu diesem Zweck „ist grundsätzlich Blick- oder wenigstens Rufkontakt zu dem Fachanästhesisten zu fordern, wenn ausreichende Aufsicht an beiden Operations-

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Nebentätigkeit

tischen gewährleistet sein soll". Der die Narkose leitende Arzt muß „von vornherein klar festlegen, daß, wann und wo er bei auftretenden Komplikationen geholt werden" soll (BGH, VersR 1983, 244 ff. und dazu Weissauer-Opderbecke, Anästh. Intensivmed. 1983, 214ff. ; NJW 1974, 1424). 6. Für die Aufgabenabgrenzung zwischen Narkosearzt und Chirurg oder sonstigen an dem Eingriff beteiligten Ärzten > O p e r a t i o n Rzn. 1326 f. ; Weissauer, Anästhesist 1962, 239ff.; ders., Anaesthesist und Krankenhaus S. 87ff., 93 ff. ; Vereinbarungen zwischen den Fachgebieten Chirurgie, Urologie und HNO-Heilkunde einerseits und Anästhesie andererseits über die Aufgabenabgrenzung und die Zusammenarbeit in der Intensivmedizin, abgedr. bei Weissauer-Opderbecke, aaO. S. 97ff., 104f., 107). 7. Die > Dokumentationspflicht des Narkosearztes verlangt die Führung eines Narkoseprotokolls über die Art des Betäubungsverfahrens, die verwendeten Medikamente nach Dosis und Konzentration einschließlich der Prämedikation, die Ergebnisse der Kreislaufkontrollen sowie Komplikationen und die dabei angewandte Therapie (Weissauer-Frey, DMW 1978, 726).

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Nebentätigkeit I. Begriff. Nebentätigkeit ist jede von einem Beamten oder Angestellten ausgeübte Tätigkeit, die nicht zum Hauptamt bzw. zu den im Arbeitsvertrag festgelegten Aufgaben gehört. Im Beamtenrecht ist Nebentätigkeit der Oberbegriff für die Ausübung eines Nebenamtes oder einer Nebenbeschäftigung. Nebenamt ist ein nicht zu einem Hauptamt gehörender Kreis von Aufgaben, der aufgrund eines öffentlichrechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses wahrgenommen wird. Nebenbeschäftigung ist jede sonstige, nicht zu einem Hauptamt gehörende Tätigkeit innerhalb oder außerhalb des öffentlichen Dienstes (§ 1 Abs. 1-3 BNV). Eine Nebentätigkeit kann sowohl beim Dienstherrn des Hauptamtes bzw. beim Hauptarbeitgeber als auch bei einem Dritten übernommen werden.

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II. 1. Nebentätigkeit beamteter Ärzte a) Rechtsgrundlagen, aa) Es gelten die Regelungen über die Nebentätigkeit der Beamten im BRRG, im BBG, in den Landesbeamtengesetzen sowie den als Ausführungsbestimmungen dazu ergangenen Nebentätigkeitsverordnungen und Richtlinien. Während die bundesund landesgesetzlichen Nebentätigkeitsvorschriften in ihren wesentlichen Punkten übereinstimmen, enthalten die landesrechtlichen Verordnungen und Richtlinien teilweise sehr unterschiedliche Regelungen (vgl. §42 BRRG; §§ 64ff. BBG, §§ 82ff. LBG Bad.-Wttbg.; BNV i.d.F.v. 28. 8. 1974, BGBl. S. 2117; LNTVO Bad.-Wttbg. v. 28. 12. 1972, GBl. 1973, 57). bb) Für die Nebentätigkeit der ärztlichen > H o c h s c h u l l e h r e r gelten z. T. besondere Vorschriften (vgl. z.B. §§ 25, 52 HRG; § 63 UG Bad.-Wttbg. i.d.F.v. 4. 6. 1982, GBl. S. 177; vgl. im übrigen die [z.T. inzwischen veralteten] Nachweise bei Luxenburger, aaO. S. 42 Anm. 135). Die Ständige Konferenz der Kul-

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tusminister hat im Jahr 1979 Empfehlungen zur Vereinheitlichung des Nebentätigkeitsiechts im Hochschulbereich unterbreitet (Mitt. HV 1979, 160ff.). Auf der Grundlage dieser Empfehlungen haben inzwischen Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg Hochschulnebentätigkeitsverordnungen erlassen (HNtV Nordrh.-Westf. v. 11. 12. 1981, GVB1. S. 726; HNTVO Bad.-Wttbg. v. 30. 6. 1982, GBl. S. 388). Subsidiär finden die Nebentätigkeitsverordnungen für Beamte Anwendung, cc) Für die im Bereich der Bundeswehr tätigen Ärzte gilt die Vorschrift des §20 SoldG. ( > A r z t d e r B u n d e s w e h r ; > S a n i t ä t s o f f i z i e r Rz 1569). b) Die Abgrenzung der Nebentätigkeit von den Dienstaufgaben bereitet in der Praxis häufig Schwierigkeiten. In den beamtenrechtlichen Vorschriften sind die Dienstaufgaben des Beamten nicht im einzelnen konkretisiert; sie ergeben sich vielmehr aus der Zuweisung eines bestimmten Amtes durch den Dienstherrn kraft seiner Dienst- und Organisationsgewalt. Dabei hat der Beamte kein Recht auf Beibehaltung des ihm übertragenen Aufgabenbereichs. Der Dienstherr ist grundsätzlich nicht gehindert, das Aufgabengebiet im Hauptamt durch Übertragung neuer, der Ausbildung und Befähigung des beamteten Arztes entsprechenden Aufgaben zu erweitem (vgl. Wolff-Bachof, Verwaltungsrecht II, S. 516; Rieger, DMW 1977, 173). Eine Grenze besteht nur dort, wo die Zuweisung neuer Aufgaben zu einer übermäßigen Inanspruchnahme des Arztes und damit zu einem Verstoß gegen die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht führen würde. Hierbei ist jedoch zu beachten, daß die Zuweisung bestimmter Aufgaben zum Hauptamt nur insoweit durch die Organisationsgewalt des Dienstherrn gedeckt ist, als es sich um Aufgaben handelt, die dem Dienstherrn durch Gesetz oder Vertrag übertragen sind und deren Wahrnehmung zum allgemeinen Berufsbild eines beamteten Arztes der betreffenden Einrichtung gehören. So wird z. B. ein Krankenhausträger den Dienstaufgaben eines Krankenhausarztes grundsätzlich alles zuweisen dürfen, was ihm zur Erfüllung gesetzlicher oder vertraglicher Pflichten aufgetragen wird, sofern sich die übertragenen Aufgaben im allgemeinen Berufsbild des Krankenhausarztes unterbringen lassen (vgl. Braun, aaO. S. 9). Der letztere Gesichtspunkt ist vor allem von Bedeutung für die Heranziehung von Krankenhausärzten zum > R e t t u n g s d i e n s t (Rzn. 1498, 1501). Aufgaben, die nach den kassenarztrechtlichen Vorschriften der RVO primär zur kassenärztlichen Versorgung gehören, können nicht durch eine rangniedrigere Norm, z. B. eine landesrechtliche Rechtsverordnung, zu Dienstaufgaben von Krankenhausärzten erklärt werden. Rechtsunwirksam wegen Verstoßes gegen höherrangiges Bundesrecht ist daher § 1 Nr. 1 c der Verordnung des Kultusministeriums über die Dienstaufgaben bei medizinisch-theoretischen Instituten der Landesuniversitäten in Bad.-Wttbg. v. 2. 1. 1978 (GBl. S. 109), der die im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung durchzuführenden pathologisch-histologischen und zoologischen Untersuchungen von Einsendungen aus dem Bereich der KV, in dem das Institut liegt, den Universitäten als Dienstaufgabe überträgt. Nicht zur Nebentätigkeit, sondern zu den Dienstaufgaben gehören - sofern die Hochschulnebentätigkeitsverordnungen keine gegenteiligen Regelungen

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enthalten - auch wissenschaftliche Veröffentlichungen von t> Hochschullehrern, so daß bei Inanspruchnahme von Personal- und Sachmitteln für solche Publikationen ein Anspruch des Dienstherrn auf > Nutzungsentgelt nicht entsteht (VG Berlin, NJW 1978, 848). Das Autorenhonorar für solche Publikationen steht dem Hochschullehrer zu (vgl. Dallinger-Bode-Dellian aaO. § 52 Rz 2). Gleichfalls Dienstaufgabe ist die Unterweisung von Medizinstudenten während des > Praktischen Jahres (vgl. Uttlinger-Breier-Kiefer, aaO., Erl. zu SR 2 c Nr. 5, Hinweis Ziff. 2). Seit Inkrafttreten des KVEG gehört auch die Durchführung von > Früherkennungsuntersuchungen bei Neugeborenen im Krankenhaus nicht mehr zum Nebentätigkeitsbereich (> Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz). > Assistenzarzt Rz 236, > Klinische Arzneimittelprüfung Rz 958, > B l u t e n t n a h m e Rz 454, > G u t a c h t e n Rz 738. Fraglich ist, ob es dem Dienstherrn kraft seiner Organisationsgewalt möglich ist, dem Hauptamt des beamteten Arztes nur einen Teil der geforderten ärztlichen Tätigkeit zuzuweisen und den weiteren Teil zum Inhalt einer besonders vergüteten Nebentätigkeit zu machen, oder ob hierin eine unzulässige Umgehung des Verbotes einer über das Besoldungsrecht hinausgehenden Vergütung zu erblicken ist (vgl. § 50 Abs. 2 BRRG, § 183 Abs. 1 BBG, § 2 Abs. 2 BBesG und die entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen). Die Rspr. erachtet den Dienstherrn grundsätzlich für befugt, einem beamteten Krankenhauschefarzt nur die Behandlung von Kassenpatienten als Hauptamt mit der diesem Amt entsprechenden Besoldung zuzuweisen und ihm die Behandlung der Selbstzahler als Nebentätigkeit mit besonderer Vergütung, die auch in der Einräumung des > Liquidationsrechts bestehen kann, zu gestatten. Die Ausgestaltung als Nebentätigkeit kann dadurch erfolgen, daß die betreffende ärztliche Tätigkeit zum Inhalt eines dem Arzt übertragenen Nebenamtes im öffentlichen Dienst oder zum Inhalt einer von dem Arzt verrichteten nicht zum Hauptamt gehörenden Nebenbeschäftigung innerhalb oder außerhalb des öffentlichen Dienstes gemacht wird (vgl. § 1 Abs. 1-3 BNV; BVerwG, NJW 1970, 1248; NJW 1974, 1440; BVerfG, NJW 1980, 1327f.). Diese Befugnis des Dienstherrn wird von der Rspr. als notwendig angesehen, da es angesichts der Einkommensverhältnisse hochqualifizierter freiberuflich tätiger Ärzte den öffentlichrechtlichen Krankenhausträgern nicht möglich ist, leitende Ärzte ohne Einräumung des Liquidationsrechts zu gewinnen. Das Recht zur Eigenliquidation gehört deshalb zu den hergebrachten Grundsätzen des Beamtenrechts der leitenden Krankenhausärzte, soweit es an entgegenstehenden, mit Art. 33 Abs. 5 GG übereinstimmenden speziellen Rechtsvorschriften fehlt (BVerfG, NJW 1980, 1327, 1328). Die Zuweisung einer an sich zum dienstlichen Aufgabenkreis gehörenden ärztlichen Tätigkeit zur Nebentätigkeit muß jedoch stets ausdrücklich und eindeutig erfolgen; Unklarheiten zu Lasten des Chefarztes können im Einzelfall Schadensersatzansprüche gegen den Dienstherrn auslösen (vgl. OVG Münster v. 25. 9. 1980 - 12 A 1539/78 -). Zur Umdeutung eines öffentlichrechtlichen Vertrages, nach dem ein beamteter > Chefarzt Teile seiner Liquidationseinnahmen für die seinem Hauptamt

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zugewiesene stationäre Untersuchung und Behandlung von Selbstzahlern an den Dienstherrn abzuführen hat, in die Vereinbarung eines > Nutzungsentgelts für die Ausübung einer genehmigten Nebentätigkeit vgl. OVG Münster, NJW 1981, 1328, 1329. Fraglich ist, ob diese Grundsätze auch für beamtete Ärzte in leitender Stellung außerhalb des Krankenhauses gelten (bejahend für den leitenden Arzt eines Bäderwissenschaftlichen Instituts - allerdings ohne auf die Problematik einzugehen - OVG Münster, aaO.; verneinend für beamtete ärztliche Leiter Staatlicher Hygieneinstitute OVG Bremen v. 28. 10. 1980 - 2 BA 20 + 28/79 - [ > Medizinaluntersuchungsamt Rz 1180]). Dies wird überall dort zu bejahen sein, wo nach den gegebenen Verhältnissen das Liquidationsrecht erforderlich ist, um „den besonderen Dienstleistungsbedingungen" und „der außergewöhnlichen Verantwortungslast des Amtes Rechnung (zu) tragen, das vor allem in der gesetzlich vorgesehenen festen besoldungsrechtlichen Einstufung nicht in hinreichendem Maße seine beamtenrechtliche Entsprechung findet" (BVerfG aaO. S. 1328). Damit dürfte z. B. auch bei ärztlichen Leitern von Staatlichen Hygieneinstituten und Medizinaluntersuchungsämtern eine „Aufspaltung" des dienstlichen Aufgabenkreises in Hauptamt und Nebentätigkeit grundsätzlich zulässig sein. c) aa) Zur Übernahme einer Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst ist der Arzt auf Verlangen seines Dienstherrn grundsätzlich verpflichtet (vgl. § 64 BBG, § 82 LBG Bad.-Wttbg.). Im übrigen erfordert die Ausübung einer Nebentätigkeit innerhalb oder außerhalb des öffentlichen Dienstes grundsätzlich die vorherige Genehmigung des Dienstherrn. Auf die - widerrufliche - Genehmigung besteht im Hinblick auf Art. 2 Abs. 1 GG ein Rechtsanspruch, sofern nicht aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles die konkrete Gefahr besteht, daß durch die Nebentätigkeit dienstliche Interessen beeinträchtigt werden. Die Genehmigung ist zu erteilen, „wenn nach den besonderen Umständen des Falles die Gefahr der Beeinträchtigung dienstlicher Interessen fern liegt oder die zu besorgende Beeinträchtigung nur verhältnismäßig geringfügige Interessen des öffentlichen Dienstes betrifft" (BVerwG, NJW 1970, 1313, 1314; BAG, NJW 1975, 1477 [Leits.]). Im übrigen gelten die einschlägigen beamtenrechtlichen Vorschriften über die Versagung einer Nebentätigkeitsgenehmigung (vgl. z. B. § 65 Abs. 2 BBG). Es besteht also kein freier Ermessensspielraum des Dienstherrn. Bei beamteten Ärzten wird die Gefahr der Beeinträchtigung dienstlicher Interessen regelmäßig dort nicht gegeben sein, wo die Ausübung der Nebentätigkeit außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit erfolgt (vgl. Rieger, DMW 1973, 1680) oder wo der beamtete Arzt hinsichtlich seiner Arbeitszeit keinen Vorschriften unterliegt (wie z. B. ärztliche > Hochschullehrer Rz 880). Die Nebentätigkeitsgenehmigung bedarf keiner besonderen Form,- sie kann auch stillschweigend erteilt werden (VGH Bad.-Wttbg., ZBR 1964, 83). Eine erteilte Nebentätigkeitserlaubnis ist zu widerrufen, wenn sich eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen später ergibt (vgl. z. B. § 65 Abs. 2 Satz 2 BBG).

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bb) Eine Ausnahme von der Genehmigungspflicht besteht für die Gutachtertätigkeit ärztlicher > H o c h s c h u l l e h r e r und > b e a m t e t e r Ärzte an wissenschaftlichen Instituten und Anstalten ( > G u t a c h t e n Rz 739). cc) Im Gegensatz zu dem grundsätzlich bestehenden Rechtsanspruch auf Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung steht die Gestattung der Inanspruchnahme von Räumen, Einrichtungen, Personal und Material für die genehmigte oder nicht genehmigungspflichtige Nebentätigkeit sowie der Widerruf der Gestattung im freien Ermessen des Dienstherrn. Die Ausübung des Ermessens darf jedoch nicht rechtsmißbräuchlich sein und nicht gegen die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht verstoßen. Dies ist der Fall, wenn einem Direktor eines Pathologischen Institutes die jahrelang gewährte Benutzung universitätseigener Einrichtungen für seine Nebentätigkeit im Rahmen einer kassenarztrechtlichen Ermächtigung ( > Kassenarzt Rz 928) plötzlich untersagt wird mit dem Ziel, diese Nebentätigkeit ohne Rechtsgrundlage in den Kreis der Dienstaufgaben einzubeziehen. d) Die durch die Ausübung der Nebentätigkeit entstehenden Unkosten hat der beamtete Arzt seinem Dienstherrn zu erstatten ( > Nutzungsentgelt). 2. Angestellte Ärzte im öffentlichen Dienst. Eine Nebentätigkeit kann in abhängiger Stellung oder aufgrund eines freien Dienstvertrages sowohl beim Hauptarbeitgeber als auch bei einem Dritten übernommen werden. a) Die Nebentätigkeit der Krankenhauschefärzte ist in aller Regel im Chefarztvertrag besonders geregelt ( > C h e f a r z t Rz 510). b) Für angestellte Ärzte im Geltungsbereich des BAT, also vor allem für > Assistenzärzte im Krankenhaus gelten die unter Ziff. 1 dargestellten Grundsätze für beamtete Ärzte über die Verweisungsnorm des § 11 BAT entsprechend. Ergänzende Bestimmungen finden sich in SR 2 c Nr. 5 BAT. (> Assistenzarzt Rz 236, > G u t a c h t e n Rz 739). 3. Angestellte Ärzte außerhalb des öffentlichen Dienstes. Soweit vorhanden, gelten für diesen Personenkreis die einschlägigen tariflichen Regelungen ( > Privatkrankenanstalt Rz 1448). Im übrigen finden die allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätze über die Zulässigkeit einer Nebentätigkeit Anwendung (vgl. Schaub, aaO. S. 170ff.). Danach bedarf die Ausübung einer Nebentätigkeit grundsätzlich nicht der Genehmigung des Arbeitgebers.

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III. Haftung. Für angestellte und > b e a m t e t e Ä r z t e gelten auch im Nebentätigkeitsbereich die allgemeinen Haftungsgrundsätze. Bei beamteten Ärzten kommt eine Haftung des Dienstherrn für ein Verschulden bei einer Nebentätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes nicht in Betracht.

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IV. Unfallversicherung. 1. Beamtete Ärzte erhalten Unfallfürsorge nach §§30 ff. BeamtVG, wenn die Nebenbeschäftigung, bei der sich der Unfall ereignet hat, im öffentlichen Dienst auf Verlangen des Dienstherrn oder aber in dessen Interesse ausgeübt wurde und der beamtete Arzt verpflichtet gewesen wäre, sie auf Verlangen des Dienstherrn zu übernehmen (vgl. StegmüllerSchmalhofer-Bauer, aaO. § 31 Rz 6). Kein Unfallschutz besteht hingegen wäh-

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Nebentätigkeit

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rend einer privaten Nebentätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes, auch wenn diese der Haupttätigkeit förderlich ist (BayVGH, BayBZ 1967, 126). Beispiele: {1) Kein Anspruch bei Durchführung einer auswärtigen > S e k t i o n im Auftrag einer Berufsgenossenschaft oder privaten Versicherungsgesellschaft durch den Leiter eines Pathologischen Instituts; Anspruch auf Unfallfürsorge besteht dagegen für die dabei mitwirkenden nachgeordneten beamteten Ärzte, wenn sie dadurch eine Pflicht gegenüber ihren Dienstherrn erfüllen. (2) Anspruch auf Unfallfürsorge besteht für beamtete Chefärzte auch bei der Behandlung von Privatpatienten, sofern der Chefarzt hierzu im Nebenamt verpflichtet ist (vgl. BVerwG v. 26. 3. 1970 - I I C 5 0 / 6 5 - , BVerwG, ZBR 1970, 229, 360).

Die Unfallfürsorge erfaßt neben Personenschäden auch Sachschäden, insbesondere auch Schäden am privateigenen PKW (§ 32 BeamtVG). Im einzelnen gelten die einschlägigen Erlasse in den einzelnen Bundesländern. 2. Angestellte Ärzte sind bei Ausübung einer Nebentätigkeit in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert, sofern es sich um eine Tätigkeit im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses handelt (§ 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO). Dies ist dann der Fall, wenn der Arzt zur Übernahme der Nebentätigkeit verpflichtet wurde ( > A s s i s t e n z a r z t Rz 236, > G u t a c h t e n Rz 739). Im Gegensatz zur Regelung im Beamtenrecht umfaßt die Entschädigung in der gesetzlichen Unfallversicherung nur Personenschäden.

„Negativliste" 1246

I. Der Sprachgebrauch bezeichnet damit die Gesamtheit der üblicherweise bei geringfügigen Gesundheitsstörungen („Befindlichkeitsstörungen") vom Arzt verordneten > Arznei- und >Heilmittel, die nach § 182f RVO i.d.F. des Haushaltsbegleitgesetzes 1983 (BGBl. 1982, 1857) von der Leistungspflicht der gesetzlichen > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g (Rz 1103) ausgeschlossen sind. Nach § 182 f Abs. 1 u. 2 RVO dürfen für über 16 Jahre alte Versicherte Arzneimittel gegen Erkältungskrankheiten und grippale Infekte, Mund- und Rachentherapeutika, Abführmittel sowie Arzneimittel gegen Reisekrankheiten ab 1.4. 1983 nicht mehr zu Lasten der Krankenkasse verordnet werden. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung wird ermächtigt, darüber hinaus weitere „Bagatellaizneimittel" aus der Leistungspflicht der Krankenkassen herauszunehmen (§ 182f Abs. 3 RVO). Eine Ausnahme gilt nur für Härtefälle (§ 182f Abs. 1 Satz 3 RVO). § 368g Abs. 5 Satz 2 RVO i.d.F. des Haushaltsbegleitgesetzes 1983 ermächtigt die Vertragsparteien des > B u n d e s m a n t e l v e r t r a g e s — Ä r z t e (BMV-Ä), als Bestandteil dieses Vertrages eine enumerative Auflistung der betreffenden Präparate zu erstellen. Zu einer solchen Liste wird es nach Übereinstimmung der Vertragsparteien vorerst nicht kommen. Die Parteien des BMV-Ä haben angesichts der erheblichen Auslegungsschwierigkeiten des § 182f Abs. 2 RVO am 3. 3. 1983 eine erste Erklärung zur Anwendung der betreffenden Vorschriften abgegeben (DÄ 1983/11, S. 23, vgl.

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Niederlassung

auch D Ä 1983/19, S. 27). Danach handelt es sich bei stärker ausgeprägter Symptomatik sowie Verdacht auf Komplikationen nicht mehr u m „Befindlichkeitsstörungen" mit der Folge, daß die in diesen Fällen als medizinisch notwendig erachteten Grippe-, Schnupfen- oder Hustenmittel weiter wie bisher auf Kassenrezept verordnet werden dürfen. Für die > E r s a t z k a s s e n enthält § 525 c Abs. 2 a RVO i.d.F. des Haushaltsbegleitgesetzes 1983 entsprechende Regelungen. II. Der Ausschluß von der Leistungspflicht bezieht sich nicht auf die Kosten der mit den betreffenden Beschwerden verbundenen ärztlichen Behandlung und der ggf. erforderlichen > Verschreibung (§ 182 f Abs. 1 Satz 2 RVO).

Neuro-otologischer Assistent I. Aufgabe des zu den > m e d i z i n i s c h e n A s s i s t e n z b e r u f e n gehörenden neuro-otologischen Assistenten ist die Unterstützung des Arztes bei der Stellung der Diagnose bei Erkrankungen des Hör-, Gleichgewichts-, Riech- und Geschmacksorgans, der Gesichtsnerven, der Nasen- und Lungenventilationsleistung sowie bei der Betreuung hörbehinderter Patienten.

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II. Das Berufsbild ist in Hamburg gem. § 25 BBiG staatlich anerkannt (VO über die Berufsausbildung zum Neuro-otologischen Assistenten/zur Neurootologischen Assistentin v. 1 . 2 . 1983, GVBl. I S. 37). Die Ausbildungsdauer beträgt 3 Jahre. III. Der neuro-otologische Assistent unterliegt der strafrechtlichen > Schweigepflicht gem. § 203 Abs. 3 StGB.

Niederlassung I. Begriff. Man versteht darunter die Einrichtung einer mit den notwendigen räumlichen, sachlichen und personellen Mitteln ausgestatteten Sprechstelle zur Ausübung ärztlicher Tätigkeit an einem freigewählten Ort unter gleichzeitiger Ankündigung gegenüber dem Publikum (vgl. auch Narr, aaO. Rz 911) II. Das Niederlassungsrecht folgt aus der ärztlichen > A p p r o b a t i o n . Es bedarf daher keiner besonderen Niederlassungserlaubnis ( > N i e d e r l a s s u n g s f r e i h e i t ) . Die Niederlassung ausländischer Ärzte aus Ländern außerhalb der EG in der Bundesrepublik scheitert i.d.R. an der fehlenden > B e r u f s e r l a u b n i s (Rz 359). Für EG-Ausländer besteht im Bereich der EG > N i e d e r l a s s u n g s f r e i h e i t (Rzn. 1252 ff.).

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Niederlassung

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III. Berufsrecht und Kassenarztrecht. 1. Die Niederlassung ist nach ärztlichem Berufsrecht Voraussetzung für die Ausübung des Aiztberufes in eigener Praxis (vgl. § 9 MuBO). Dies bedeutet andererseits nicht, daß die Durchführung der ambulanten ärztlichen Behandlung nur durch niedergelassene Ärzte erfolgen darf, wenngleich das geltende Kassenarztrecht die ambulante ärztliche Versorgung grundsätzlich den niedergelassenen > Kassenärzten überträgt ( > Sicherstellungsauftrag). Außerhalb der kassenärztlichen Versorgung sowie in den im Kassenarztrecht zugelassenen Ausnahmen ( > Institutsleistung, > Poliklinik) können auch Ärzte im Anstellungsverhältnis Patienten ambulant behandeln ( > Heilbehandlung Rz 813). 2. Die Niederlassung ist durch ein > Praxisschild kenntlich zu machen. Ort und Zeitpunkt der Niederlassung sowie jede Veränderung hat der Arzt der > Ärztekammer unverzüglich mitzuteilen (vgl. § 9 Abs. 1 MuBO). 3. Der Arzt ist bei der Berufsausübung grundsätzlich an den Niederlassungsort gebunden (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 1 MuBO > Zweigpraxis). Die Tätigkeit als Kassenarzt ist durch § 368 a Abs. 2 RVO örtlich gebunden ( > Kassenarztsitz, > Präsenzpflicht, > Residenzpflicht). Die Bindung ärztlicher Tätigkeit an einen bestimmten, vom Arzt frei gewählten Ort ist zur Sicherung der Qualität ärztlicher Leistungen sachlich geboten und verstößt daher nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG (vgl. Narr, aaO. Rzn. 911, 924 m. Nachw.). 4. Für Zeitungsanzeigen über die Niederlassung enthält die > Berufsordnung besondere Vorschriften (vgl. § 26 MuBO). Die darin enthaltenen Beschränkungen darf der Arzt nicht durch Veröffentlichung von Stellenangeboten umgehen, deren Inhalt mit den betreffenden Bestimmungen in der Berufsordnung nicht vereinbar ist (BezirksberufsG für Ärzte in Freiburg v. 26. 1. 1978 bei Luyken u.a., aaO. Nr. A 2.13 Nr. 2.8).

Niederlassungsfreiheit 1251

I. Man versteht darunter das Recht des Arztes zur freiberuflichen Ausübung, seines Berufes am Ort seiner Wahl ( > Niederlassung!. > Zahnarzt Rz 1964, > Z a h n h e i l k u n d e g e s e t z . > Apotheker Rz 75 II. Rechtsgrundlage ist Art. 12 Abs. 1 GG. Bis zu dem Urteil des BVerfG v. 23. 3. 1960 (NTW 1960, 715) war die Niederlassungsfreiheit dadurch (verfassungswidrig) stark eingeschränkt, daß die Zulassung zur Kassenpraxis nur bei entsprechendem Bedarf für einen ausgeschriebenen > Kassenarztsitz erfolgte. Seitdem kann sich jeder Arzt, der die persönlichen Zulassungsvoraussetzungen erfüllt, am Ort seiner Wahl als > Kassenarzt niederlassen. Nur im Rahmen der > Bedarfsplanung sind örtlich und zeitlich begrenzte Zulassungsbeschränkungen möglich.

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Niederlassungsfreiheit

III. Freizügigkeit in den Ländern der EG. 1. Ärzte aus einem EG-MitgliedStaat genießen innerhalb der EG hinsichtlich ihrer Rechte und Pflichten die gleiche Rechtsstellung wie die Berufsangehörigen im Aufnahmestaat. Rechtsgrundlagen hierfür sind die Richtlinie des Rates der EG v. 16. 6. 1975 für die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise des Arztes und für Maßnahmen zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des Niederlassungsrechts und des Rechts auf freien Dienstleistungsverkehr (75/362/EWG - Anerkennungsrichtlinie, ABl. EG Nr. L 167/1 v. 30. 6. 1975) und die Richtlinie v. 16. 6. 1975 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Tätigkeiten des Arztes (75/363/EWG - Koordinierungsrichtlinie, ABl. EG Nr. L 167/14 v. 30. 6. 1975], beide i.d.F. der Änderungsrichtlinie v. 26. 1. 1982 (82/76/EWG, ABl. EG Nr. L 43/21 v. 15. 2. 1982]. In den Anwendungsbereich dieser Richtlinien sind neben den freiberuflich tätigen Ärzten auch die angestellten Ärzte einbezogen worden (vgl. Art. 24 Anerkennungsrichtlinie und Art. 6 Koordinierungsrichtlinie > A s s i s t e n z a r z t Rz 242). Für Ärzte griechischer Staatsangehörigkeit gelten die vorgenannten Richtlinien zunächst beschränkt auf die freiberufliche ärztliche Berufsausübung. Auf angestellte griechische Ärzte finden die Vorschriften über die Freizügigkeit erst ab 1. 1. 1988 Anwendung, es sei denn, daß sie bereits am 1. 1. 1981 in der Bundesrepublik oder einem der übrigen Mitgliedstaaten der EG als Angestellte tätig waren (näher dazu Narr, aaO. Rz 398 > W e i t e r b i l d u n g Rz 1893). Das EG-Recht wurde durch das Änderungsgesetz zur > B u n d e s ä r z t e o r d n u n g v. 16. 8. 1977 (BGBl. I S. 1581) in innerstaatliches Recht umgesetzt. 2. Recht auf freie Niederlassung, a) Innerhalb der EG-Mitgliedstaaten erfolgt eine gegenseitige Anerkennung der in einem Mitgliedstaat erworbenen Ausbildungsabschlußzeugnisse (Arztdiplome, Prüfungszeugnisse und sonstige Befähigungsnachweise) und > A r z t b e z e i c h n u n g e n (Art. 2f., 4ff. Anerkennungsrichtlinie). Sie gewährt einen Rechtsanspruch auf freie Niederlassung im Bereich der EG. In der Bundesrepublik erfolgt die Anerkennung des in einem EG-Mitgliedstaat erworbenen Arztdiploms durch Erteilung der deutschen > A p p r o b a t i o n gemäß § 3 Abs. 1 BÄO. Sie ist Voraussetzung für die Anerkennung einer im EG-Raum erworbenen > A r z t b e z e i c h n u n g durch die zuständige > Ä r z t e k a m m e r , die hierüber eine entsprechende Urkunde wie für deutsche Bewerber ausstellt (> W e i t e r b i l d u n g Rz 1893). Die Anerkennung eines von einem anderen Mitgliedstaat erteilten vorläufigen Prüfungszeugnisses, das nicht in dem Verzeichnis der Diplome in Art. 3 Anerkennungsrichtlinie enthalten ist, kann ein Mitgliedstaat ablehnen (Antwort der EG-Kommission auf eine schriftliche Anfrage, ABl. EG 1980 Nr. C 160/35). Zu beachten ist, daß ein Deutscher, der seine Universitätsausbildung im Ausland außerhalb eines EG-Mitgliedstaats abgeschlossen und daraufhin die deutsche Approbation erhalten hat, sich nicht in einem anderen Land der EG niederlassen kann, da Gegenstand der gegenseitigen Anerkennung nicht die Approbation, sondern das Ausbildungsabschlußzeugnis ist, über das der Be-

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Niederlassungsfreiheit

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treffende nicht verfügt (Hess, DÄ 1977, 57, 65 ; Winkel, D M W 1976, 1366, 1367|. Ebenso ist ein Arzt, der zwar über einen Universitätsabschluß in einem EG-Land verfügt, jedoch nicht Staatsangehöriger eines EG-Mitgliedstaats ist, an der Niederlassung im EG-Raum gehindert. Ein Staatsangehöriger eines EG-Mitgliedstaats, der in einem anderen Mitgliedstaat ein in Art. 3 Anerkennungsrichtlinie aufgeführtes Diplom erworben hat und deshalb in diesem Mitgliedstaat als selbständiger > p r a k t i s c h e r A r z t tätig sein kann, ist berechtigt, sich auch in dem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehöriger er ist, als praktischer Arzt niederlassen, selbst wenn dieser Mitgliedstaat bei Personen, die Arztdiplome auf seinem eigenen Hoheitsgebiet erworben haben, den Zugang zum Arztberuf von zusätzlichen Ausbildungsanforderungen abhängig macht (EuGH v. 6. 10. 1981, NfW 1982, 502 > Kass e n a r z t Rz 926). 1255

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b| Die Berufsbezeichn ung > „ A r z t " , unter der die ärztliche Tätigkeit ausgeübt wird, muß in der Form und Sprache des Aufnahmestaates geführt werden, sofern dort entsprechende Vorschriften bestehen (Art. 18 Abs. 1 Anerkennungsrichtlinie). Gleiches gilt für die Führung einer > G e b i e t s - oder > T e i l g e b i e t s b e z e i c h n u n g (Art. 18 Abs. 2 Anerkennungsrichtlinie). Dies bedeutet, daß ein in der Bundesrepublik tätiger ausländischer Arzt auf dem > P r a x i s s c h i l d die Bezeichnung „Arzt" und ggf. die deutsche > G e b i e t s b e z e i c h n u n g führen muß und keine ausländische Berufsbezeichnung oder Gebietsbezeichnung daneben oder anstelle der deutschen Bezeichnungen führen darf. In der Sprache des Heimat- oder Herkunftslandes dürfen nur akademische Grade geführt werden (Art. 10 Abs. 1 Anerkennungsrichtlinie > D o k t o r t i t e l Rz 567, > P r o f e s s o r t i t e l Rz 1451). In bezug auf die Berufs- und Gebietsbezeichnung enthält Art. 18 Anerkennungsrichtlinie gegenüber Art. 10 eine Sonderregelung. c) Art. 11 und 13 Anerkennungsrichtlinie enthalten Vorschriften über die Vorlage von Zuverlässigkeitsnachweisen und Gesundheitszeugnissen im Aufnahmestaat. Art. 12 Anerkennungsrichtlinie sieht einen Informationsaustausch über Berufsvergehen und Strafdelikte zwischen Herkunftsland und Aufnahmestaat vor (Einzelheiten bei Hess, DÄ 1977, 66f.). d) Nach Erhalt der deutschen > A p p r o b a t i o n haben Ärzte aus einem EGMitgliedstaat einen Rechtsanspruch auf Zulassung als > Kassenarzt an einem Ort ihrer Wahl, sofern sie die für einen deutschen Arzt vorgeschriebenen Voraussetzungen erfüllen. Die für deutsche Bewerber vorgeschriebene 18monatige Vorbereitungszeit als Voraussetzung für die kassenärztliche Tätigkeit ( > K a s s e n a r z t Rz 926) darf von Bewerbern, die ein nach den EG-Richtlinien anerkanntes Diplom in einem anderen EG-Mitgliedstaat erworben haben, nicht mehr verlangt werden (§ 3 Abs. 4 ZO-Ä i.d.F. der Dritten Änderungsverordnung v. 14. 12. 1983, BGBl. I S . 1431; Art. 21 Anerkennungsrichtlinie). e) Die Kenntnis der Sprache des Aufnahmelandes ist als Voraussetzung für die freie Niederlassung bzw. die Zulassung als > K a s s e n a r z t nicht zwingend vorgeschrieben. Die Mitgliedstaaten sollen lediglich dafür Sorge tragen, daß die betreffenden Ärzte in ihrem Interesse und im Interesse ihrer Patienten die

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Niederlassungsfreiheit

Sprachkenntnisse erwerben, die sie für die Ausübung ihrer Berufstätigkeit im Aufnahmeland brauchen (Art. 20 Abs. 3 Anerkennungsrichtlinie). U.U. können jedoch mangelnde Sprachkenntnisse die Ungeeignetheit des ausländischen Arztes für die Ausübung der Kassenpraxis (§ 21 ZO-Ä) begründen. Die Ablegung einer Sprachprüfung kann jedoch in keinem Fall verlangt werden. 3. Recht auf Erbringung von Dienstleistungen. a| Neben der Niederlassung können Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der EG im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats auch Dienstleistungen i. S. des Art. 60 EWG-Vertrag erbringen (§§ 2 Abs. 3, 10a BÄO). Unter Dienstleistung ist jede freiberufliche ärztliche Tätigkeit zu verstehen, die nicht in Verbindung mit einer Niederlassung im Aufnahmestaat erbracht wird. Voraussetzung ist daher, daß der betreffende Arzt im Herkunftsland ansässig bleibt oder dort zumindest der Schwerpunkt seiner ärztlichen Tätigkeit liegt. Wo dies nicht der Fall ist, liegt eine Niederlassung in dem betreffenden fremden Mitgliedstaat vor (zum allgemeinen Begriff der Dienstleistung vgl. Wohlfahrt-Everling-Glaesner, aaO. Erl. zu Art. 60).

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Beispiele (vgl. Hess, DÄ 1977, 68; Winkel, DMW 1976, 1367; ders., NJW 1976, 446): (1) Der Arzt begibt sich über die Grenze zum Patienten und umgekehrt (> Grenzarzt). (2) Ärztliche Hilfeleistung im Notfall durch einen sich zufällig in einem EG-Mitgliedstaat aufhaltenden Arzt eines anderen EG-Mitgliedstaates. (3) Es findet eine telefonische Konsultation über die Grenze statt (weitere Beispiele bei Hess, aaO. S. 68). Abgrenzungsschwierigkeiten können sich bei der Vertretung eines Arztes durch einen Arzt aus einem anderen EG-Mitgliedstaat ergeben. Die Unterscheidung zwischen Niederlassung und Dienstleistung ist deshalb von praktischer Bedeutung, weil die letztgenannte Form der Berufsausübung an geringere Anforderungen geknüpft ist. Eine gelegentliche kurzfristige Praxisvertretung ( > P r a x i s v e r t r e t e r ) bei Aufrechterhaltung aller berufsmäßigen Bindungen an den Herkunftsstaat kann i.d.R. als Dienstleistung angesehen werden. Dies trifft z. B. zu für Urlaubs- und Krankheitsvertretungen, wenn diese den Zeitraum von 4-6 Wochen nicht überschreiten. Eine Niederlassung liegt dagegen vor, wenn ein Arzt aus einem anderen EG-Mitgliedstaat seine ärztliche Tätigkeit so gestaltet, daß er jeweils an verschiedenen Stellen hintereinander Praxisvertretungen über einen längeren Zeitraum hinweg macht oder wenn er gar seine Existenz auf einer Vertretertätigkeit in einem anderen EG-Mitgliedstaat aufbaut. In diesen Fällen dürfte die Zuständigkeit derjenigen >Ärztekammer anzunehmen sein, in deren Bereich der Arzt zuerst tätig wurde. Zur Zulässigkeit des Betreibens einer Zweigpraxis in einem anderen EG-Mitgliedstaat > Z w e i g p r a x i s Rz 2021. b) Der Dienstleistungserbringer bedarf keiner > B e r u f s e r l a u b n i s nach § 10 BÄO und keiner Aufenthaltserlaubnis (EuGH, NJW 1976, 2065). Der Aufnahmestaat kann jedoch für den Dienstleistungserbringer eine Anzeigepßcht gegenüber den zuständigen Behörden vorschreiben, sofern die Dienstleistung einen vorübergehenden Aufenthalt in dem betreffenden Aufnahmeland erforderlich macht. Die Anzeige hat vorher zu erfolgen; nur in Notfällen

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genügt eine Anzeige nach Erbringung der Dienstleistung (Art. 16 Abs. 2 Anerkennungsrichtlinie) § 10a Abs. 2 BÄO). Daneben kann der Aufnahmestaat eine Bescheinigung verlangen, aus der hervorgeht, daß der Dienstleistungserbringer den ärztlichen Beruf im Herkunftsstaat rechtmäßig ausübt und daß er die hierfür erforderlichen Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise besitzt (Art. 16 Abs. 3 Anerkennungsrichtlinie; § 10 a Abs. 2 Satz 3 BÄO). c) Der Dienstleistungserbringer hat grundsätzlich die gleichen Rechte und Pflichten wie die Staatsangehörigen des Aufnahmestaates und unterliegt bei der Erbringung der Dienstleistung bei entsprechender innerstaatlicher Regelung der Aufsicht der zuständigen Stellen des Aufnahmestaates (Art. 16 Abs. 1, Unterabs. 2 Anerkennungsrichtlinie; § 10a Abs. 3 BÄO). Die Mitgliedstaaten können sogar eine vorübergehende Proforma-Mitgliedschaft bei den > Ärztekammern vorsehen (Art. 16 Abs. 1 Unterabs. 3 der Anerkennungsrichtlinie i.d.F. der Änderungsrichtlinie v. 26. 1. 1982). In einigen Kammergesetzen (Heilberufsgesetzen) finden sich ausdrückliche Regelungen für Dienstleistungserbringer (vgl. z. B. Art. 36 Abs. 2 u. 3 Bay.KammerG; § 2 Abs. 2 Nr. 2 Berl.KammerG; § 49 Abs. 2 u. 3 BremerHeilbG; § 1 Abs. 4 HeilbG Rheinl.-Pf.); die übrigen Gesetze bedürfen insoweit noch der Ergänzung. Die Aufnahme einer Vorschrift entsprechend §30 MuBO in die > B e r u f s o r d n u n g e n der Landesärztekammern bedarf der vorherigen Schaffung einer gesetzlichen Grundlage in den Kammer- bzw. Heilberufsgesetzen. Wo solche Regelungen bestehen, unterliegt der Arzt auch der Berufsgerichtsbarkeit (> Berufsgericht). Unabhängig davon hat der Aufnahmestaat den Herkunftsstaat über Berufspflichtverletzungen des Dienstleistungserbringers zu unterrichten (Art. 16 Abs. 1, Unterabs. 3 ; § 10 a Abs. 3 Satz 2 BÄO). Eine > A r z t b e z e i c h n u n g hat der Dienstleistungserbringer in der Form und Sprache des Aufnahmelandes zu führen (Art. 18 Anerkennungsrichtlinie). Dies setzt in der Bundesrepublik die Anerkennung der Bezeichnung durch die > Ärztekammer voraus, die aber wiederum nur möglich ist, sofern Kammermitgliedschaft besteht. Insoweit bestehen zur Zeit noch Regelungslücken. Die Erbringer von Dienstleistungen erhalten auf Antrag von der > Kassenä r z t l i c h e n V e r e i n i g u n g eine Ermächtigung zur Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung (§ 368 c Abs. 2 Nr. 14 RVO i.V.m. § 31 Abs. 4 ZO-Ä u. § 17 BMV-Ä), durch die der Dienstleistungserbringer den kassenarztrechtlichen Vorschriften einschließlich dem Disziplinarrecht (> D i s z i p l i n a r v e r f a h r e n Rz 563) unterstellt wird. Entsprechendes gilt gemäß § 5 a AEKV für den Ersatzkassensektor. 4. Art. 20 Anerkennungsrichtlinie sieht die Einrichtung von Informationsstellen vor, um zu gewährleisten, daß der Arzt aus einem EG-Mitgliedstaat, der sich in einem anderen EG-Mitgliedstaat niederlassen oder dort eine Dienstleistung erbringen will, sich über die im Aufnahmeland geltenden nationalen Bestimmungen unterrichten kann. In der Bundesrepublik besteht eine zentrale Informationsstelle bei der > B u n d e s ä r z t e k a m m e r . Uber sie können auch deutsche Ärzte, die sich in einem EG-Mitgliedstaat niederlassen

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Notarzt

oder Dienstleistungen erbringen wollen, nähere Informationen, insbesondere über die zuständigen Behörden und die erforderlichen Bescheinigungen einholen (Hess, DÄ 1977, 69). 5. Der Entwurf eines Vorschlages für eine Richtlinie des Rates der EG über die Weiterbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin v. 31. 3. 1981 (III/D/129/1/81 - DE) sieht ab 1. 1. 1985 eine stufenweise Änderung des Rechts der Freizügigkeit und des Weiterbildungsrechts in der EG in drei Stufen vor ( > Pflichtweiterbildung).

Notarzt I. Der Begriff wird im Sprachgebrauch und im Rechtsleben nicht einheitlich verwendet. Teilweise wird damit sowohl der am allgemeinen ärztlichen > N o t f a l l d i e n s t teilnehmende Arzt (> N o t f a l l a r z t ) als auch der im > R e t t u n g s d i e n s t eingesetzte Arzt bezeichnet; für letzteren soll nach einem Beschluß des Vorstandes der BÄK v. 15. 7. 1983 künftig die Bezeichnung Rettungsarzt oder Rettungsdienstarzt gewählt werden. Da sich dieser Begriff bisher noch nicht allgemein durchgesetzt hat, wird hier weiter die Bezeichnung Notarzt gebraucht und darunter ausschließlich der Arzt im Rettungsdienst verstanden, während der am allgemeinen ärztlichen Notfalldienst teilnehmende Arzt als > „ N o t f a l l a r z t " bezeichnet wird. Der Notarzt im hier verstandenen Sinne „leistet im Rahmen des durch Landesgesetz eingerichteten Rettungsdienstes bei Notfallpatienten am Notfallort erste ärztliche Hilfe im Sinne von lebensrettenden Sofortmaßnahmen, stellt die Transportfähigkeit des Notfallpatienten her und hält während des Krankentransports die vitalen Lebensfunktionen des Notfallpatienten aufrecht" (Definition der BÄK für den Rettungs(dienst)arzt, DÄ 1984, 266).

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II. Haftung. > R e t t u n g s d i e n s t Rzn. 1504 f. Zur ärztlichen O A u f k l ä r u n g s p f l i c h t im Notfalleinsatz vgl. Weissauer, BayÄBl. 1980, 34, 37. III. Die Durchführung der > Leichenschau gehört grundsätzlich nicht zu den Aufgaben des Notarztes. Dadurch würde er von seiner eigentlichen Aufgabe der Lebensrettung in nicht vertretbarer Weise abgehalten (näher dazu Mallach-Narr, DMW 1980, 1560, 1561; a.A. Stürzbecher, DBÄ 1982, 580, 583, teilweise abweichend auch Brettel, Hess.ÄBl. 1981, 178, 180).

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IV. Zur > Schweigepflicht des Notarztes vgl. Lippert, Notfallmedizin 1981, 738 ff. V. Zu den Rechten und Pflichten des Notarztes bei Strafverfolgungsmaßnahmen vgl. Lippert, Notfallmedizin 1/1981, 91 ff. VI. Hinsichtlich der Einhaltung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften durch den Notarzt gilt entsprechendes wie beim > N o t f a l l a r z t (Rz 1268).

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Notarztdienst

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Notarztdienst 1264

Der Notarztdienst ist Bestandteil des > R e t t u n g s d i e n s t e s . Aufgabe des Notarztdienstes ist es, im organisierten Zusammenwirken mit dem > Rett u n g s d i e n s t Notfallpatienten durch notfallmedizinisch ausgebildete Ärzte ärztlich Hilfe zukommen zu lassen (Lippert; NJW 1982, 2089, 2090). Als Träger des Notarzt- und Rettungsdienstes kommen verschiedene Organisationen in Betracht (> R e t t u n g s d i e n s t Rz 1495).

Notfall 1265

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I. 1. Von dem Notfallbegriff im allgemeinen Sprachgebrauch ist der Notfall im kassenarztrechtlichen Sinne zu unterscheiden, der die Behandlung durch einen Nichtkassenarzt rechtfertigt (§ 368 d Abs. 1 Satz 2 RVO). Er liegt dann vor, wenn ein Kassenpatient nach Lage des Falles unter Berücksichtigung aller Umstände eine erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit oder Arbeitsfähigkeit annehmen muß, wenn nicht bald ein bestimmter Arzt zugezogen wird und ein an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmender Arzt (> Kassenarzt) nicht rechtzeitig gerufen oder erreicht werden kann. Dieser Definition entspricht der Begriff des „dringenden Falles" in § 2 Abs. 2 a BMV-Ä, da durch Vertrag der gesetzlich fixierte Umfang nicht geändert werden kann [vgl. Heinemann-Liebold, aaO. §368d C 214 m. Nachw. ; BSG v. 8. 6. 1982 - 6 RKa 11/80 -). 2. Zur kassenärztlichen Notfallbehandlung sind alle approbierten > Ä r z t e berechtigt, auch wenn sie nicht in eigener Praxis niedergelassen sind, also z. B. auch > beamtete Ärzte. Diese Ärzte haben für die von ihnen ausgeführten Leistungen einen Honoraranspruch gegenüber der > K a s s e n ä r z t l i c h e n V e r e i n i g u n g . Bei der Notfallbehandlung in den Krankenhausambulanzen steht der Vergütungsanspruch dem Krankenhaus als Institution zu, wenn die angestellten Ärzte die Behandlung im Rahmen ihrer Dienstpflichten durchführen und ihnen die Liquidation der im Krankenhaus ausgeführten ärztlichen Leistungen nicht gestattet ist (BSG, NJW 1962, 700, 701 f. t> C h e f a r z t Rz 530). Ein Anspruch des Krankenhauses auf Zahlung einer Vergütung in gleicher Höhe wie für niedergelassene Ärzte besteht nicht (BSG, SGb 1983, 163 m. Anm. Lüke). Die durch die Notfallbehandlung zwischen dem Nichtkassenarzt bzw. dem Krankenhausträger und der Kassenärztlichen Vereinigung entstehenden Rechtbeziehungen sind öffentlichrechtlicher Natur (BSG, NJW 1962, 700). Für Streitigkeiten zwischen Nichtkassenarzt bzw. Krankenhausträger und KV ist der Rechtsweg zum Sozialgericht gegeben (§51 Abs 1 u. Abs. 2 SGG; BSG, NJW 1962, 700f.). II. Zum Sorgfaltsmaßstab bei der Behandlung von Notfallpatienten > Beh a n d l u n g s f e h l e r Rz 321. Zu medizinischen und rechtlichen Aspekten der

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Notfallarzt/Notfalldienstarzt

Beherrschung von Notfällen im > K r a n k e n h a u s vgl. Dick-Lippert, Anästh. Intensivmed. 1981, 123 ff.

Notfallarzt/Notfalldienstarzt I. Der Begriff wird in der Praxis nicht einheitlich verwendet. Teilweise wird damit der am allgemeinen ärztlichen > N o t f a l l d i e n s t teilnehmende Arzt, teilweise auch der im > R e t t u n g s d i e n s t eingesetzte Arzt ( > Notarzt) bezeichnet. In diesem Buch wird der Begriff „Notfallarzt" ausschließlich für den Arzt im Notfalldienst gebraucht, während der Arzt im Rettungsdienst als „Notarzt" bezeichnet wird. Der Notfallarzt (z. T. auch „Notfalldienstarzt" genannt) „stellt im Rahmen des durch die > Ä r z t e k a m m e r n und/oder die > Kassenärztlichen Vereinigungen organisierten ambulanten Notfalldienstes die ambulante ärztliche Versorgung bei dringenden Behandlungsfällen in solchen Zeiträumen sicher, in denen die in freier Praxis niedergelassenen Ärzte üblicherweise keine Sprechstunden abhalten. Dazu gehört auch die ärztliche Hilfe bei einem Notfallpatienten am Notfallort, wobei ein erforderlicher Krankentransport durch Einschaltung des Rettungsdienstes sicherzustellen ist" (Definition der BÄK, DÄ 1984, 265f.). Soweit es die erste Hilfe am Notfallort und lebensrettende Sofortmaßnahmen betrifft, tritt eine Überschneidung mit den Aufgaben des > N o t a r z t e s ein.

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II. Haftung. Der Notfallarzt hat eine Garantenstellung gegenüber der Bevölkerung und damit die Pflicht zur Übernahme einer notwendigen Behandlung (Kurz, ÄBI. Bad.-Wttbg. 1979, 694, 698 > B e s u c h s p f l i c h t Rz 402, > N o t falldienst Rz 1288). III. Der Notfallarzt kann als niedergelassener Arzt zur Vornahme der > Leichenschau verpflichtet sein (näher dazu Mallach-Narr, DMW 1980, 1561 ff.). IV. Grundsätzlich ist auch der Arzt im Notfalleinsatz zur Einhaltung der Vorschriften der Straßenverkehrsordnung (StVO) verpflichtet. Wo jedoch für den Patienten Lebensgefahr oder die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung besteht, darf der Notfallarzt sich unter dem Gesichtspunkt des rechtfertigenden Notstandes (§ 16 OWiG) über die Bestimmungen der StVO einschließlich Halte- und Parkverbot ( > Parkerleichterungen für Ärzte) hinwegsetzen (näher dazu Rieger, Hippokrates 1968, 224 ff. ; zur Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit in Ortschaften vgl. OLG Düsseldorf, VRS 30, 445). Darüber hinaus darf gem. § 52 Abs. 6 StVZO an Kraftfahrzeugen, in denen ein Arzt zur Hilfeleistung in Notfällen unterwegs ist, während des Einsatzes ein Schild mit der in schwarzer Farbe auf gelbem Grund versehenen Aufschrift „Arzt Notfalleinsatz" auf dem Dach angebracht werden, das gelbes Blinklicht ausstrahlt. Die Genehmigung hierzu erteilt auf Antrag die Zulassungsstelle

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Notfallarzt/Notfalldienstarzt

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nach Anhörung der zuständigen > Ärztekammer. Der Notfallarzt hat die entsprechende Bescheinigung während der Einsatzfahrt mitzuführen. Ein Privatfahrzeug, das ein Arzt im Notfalleinsatz benutzt, fällt nicht unter die in § 52 Abs. 3 StVZO aufgeführten Fahrzeuge, die mit einer Kennleuchte für blaues Blinklicht und dazugehöriges Einsatzhorn (§ 55 Abs. 3 StVZO) ausgestattet werden dürfen. Nach § 70 Abs. 1 Nr. 1 StVZO kann jedoch die höhere Verwaltungsbehörde im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens Ausnahmen zulassen und damit auch bei Privatwagen von Ärzten die Führung der genannten Zusatzeinrichtungen gestatten. Allerdings müssen solche Ausnahmen auf einige wenige, ganz besonders gelagerte Fälle beschränkt bleiben (VG Stade, DAR 1982, 238). V. Zu den Rechten und Pflichten des Notfallarztes gegenüber der > Ärztekammer und der > Kassenärztlichen Vereinigung vgl. > N o t f a l l d i e n s t Rzn. 1288 f.

Notfallausweis 1269

I. Der Notfallausweis dient der Information des Arztes bei der Notfallversorgung. Er enthält Eintragungen über medizinische Daten und Risikofaktoren, die für eine richtige Behandlung seines Inhabers im Notfall von Bedeutung sind (z.B. Blutgruppe und Rh.-Faktor, Unverträglichkeiten, Diabetes, Anfallsoder Nervenleiden, >Herzschrittmacher, Glaukom usw.). Die heute verwendeten Muster wurden von den obersten Gesundheitsbehörden der Länder unter Federführung des BMJFG erarbeitet.

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II. Die Eintragung der maßgeblichen medizinischen Daten muß vom Arzt vorgenommen werden. Für Schäden, die durch Falscheintragungen entstehen, hat der Arzt zivilrechtlich und strafrechtlich einzustehen (zur zivilrechtlichen Haftung vgl. Burkardt, Med. Klinik, 1975, 869). Für Fehler seines Personals bei der Gewinnung oder Übertragung von Daten haftet er nach §§ 278, 831 BGB; eine strafrechtliche Verantwortlichkeit besteht nur dann, wenn er die Fehlleistung eines Mitarbeiters durch Mängel in der Leitung, Organisation und Beaufsichtigung erleichtert oder ermöglicht hat. Bei der Eintragung von Daten, die von einem anderen Arzt herrühren, darf der eintragende Arzt sich grundsätzlich auf deren Richtigkeit verlassen (Vertrauensgrundsatz). Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Unrichtigkeit der fremden Daten für einen gewissenhaften Arzt offensichtlich ist oder wenn sich ihm unter den gegebenen Umständen Zweifel aufdrängen müssen. In diesen Ausnahmefällen haftet der die Eintragung vornehmende Arzt zusammen mit dem Arzt, der die Daten beim Patienten erhoben hat, als Gesamtschuldner. Im übrigen gelten die für die Sorgfaltspflichten bei der Arbeitsteilung in der Medizin maßgebenden Grundsätze (> B e h a n d l u n g s f e h l e r Rzn. 313 ff.

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Notfalldienst 1. Begriff. Der ärztliche Notfalldienst ist organisierte Hilfe zur Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung in dringenden Fällen außerhalb der üblichen Sprechstundenzeiten (vgl. Nellessen, NJW 1979, 1919, 1920; Martens, NJW 1970, 494, 495; Weissauer, Arzt u. Krankenhaus 1979, 275, 276). Vom Notfalldienst wird keine optimale Versorgung erwartet. Es genügt die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung mit den typischen Mitteln des niedergelassenen Arztes. Dadurch unterscheidet sich der ärztliche Notfalldienst vom > Rettungsdienst (vgl. Weissauer aaO. S. 276; Nellessen aaO. S. 1920; BSG, NJW 1978, 1213, 1214; vgl. auch Eberle, NJW 1973, 2225; Martens aaO. S. 495f. ; Narr aaO. Rz 1157). Die Terminologie ist nicht einheitlich; teilweise werden die Begriffe „Notfalldienst", „Notdienst" und > „Bereitschaftsdienst" synonym verwendet. Das BSG spricht teils von „Bereitschaftsdienst", teils von „Notfalldienst" (vgl. z.B. BSG, NJW 1973, 357).

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II. Rechtsgrundlagen. 1. Die Pflicht zur Teilnahme am allgemeinen ärztlichen Notfalldienst ergibt sich für alle niedergelassenen Ärzte aus den neuen Kammer(Heilberufs)gesetzen (vgl. z.B. § 30 Abs. 2 KammerG Bad.-Wttbg.) und den auf ihrer Grundlage erlassenen > Berufsordnungen (vgl. § 20 MuBO). Für die > Ä r z t e k a m m e r besteht die Pflicht zur Einrichtung eines solchen Notfalldienstes aufgrund der in den Kammer(Heilberufs)gesetzen normierten Pflicht zur Mitwirkung bei der öffentlichen Gesundheitspflege (Bay. VGH, NJW 1979, 614, 615). 2. Für Kassenärzte folgt die Teilnahmepflicht aus § 368 a Abs. 4 RVO. Mit der Zulassung zur Kassenpraxis unterwirft sich der Kassenarzt freiwillig einer Reihe von Einschränkungen seiner ärztlichen Berufsausübung, die mit der Einbeziehung in ein öffentlich-rechtliches Versorgungssystem notwendig verbunden sind. Dazu gehört auch die Pflicht zur Teilnahme am Notfalldienst, ohne den eine ausreichende kassenärztliche Versorgung der Versicherten nicht gewährleistet ist (BSG, NJW 1978, 1213, 1214). Ein Arzt ist als >Kassenarzt i.d.R. ungeeignet, wenn er zwar einen Teil seiner kassenärztlichen Pflichten erfüllt, andere Aufgabenbereiche wie die Teilnahme am Notfalldienst jedoch wegen Auslastung seiner Arbeitskraft infolge umfangreicher nebenberuflicher (u.a. berufspolitischer) Tätigkeit nicht wahrnehmen kann oder will (LSG Nordrh.-Westf. v. 15. 7. 1981 - L 1 Ka 37/80 -). Für die KV ergibt sich die Pflicht zur Einrichtung eines kassenärztlichen Notfalldienstes aus dem > Sicherstellungsauftrag (§ 368 Abs. 3 RVO, § 6 Abs. 6 BMV-Ä; BSG, NJW 1978, 1213). 3. Die Zuständigkeiten von > Ärztekammer und > Kassenärztlicher Vereinigung zur Einrichtung eines ärztlichen Notfalldienstes bestehen selbständig nebeneinander (BSG, NJW 1973, 1437). Um Überschneidungen zu vermeiden, haben die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Ärztekammern in fast allen Bereichen im Bundesgebiet im Rahmen ihrer Satzungsautonomie gemeinsame Notfalldienstordnungen beschlossen, in denen die technische Durchfüh-

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rang des Notfalldienstes sowie die Rechte und Pflichten des > Notfallarztes geregelt werden (vgl. z.B. Notfalldienstordnung der Bezirksärztekammer Nordbaden und der KV Nordbaden v. 24. 11. 1982, ABl. Bad.-Wttbg. 1983, 257). Gegen die rechtliche Zulässigkeit solcher Regelungen bestehen keine Bedenken, sofern sie keine Kompetenzübertragungen von der einen auf die andere Organisation enthalten (BVerwG, NJW 1983, 1387, 1388; vgl. auch Martens, NJW 1970, 495). Zulässig ist jedoch die Übertragung der organisationsrechtlichen Befugnis von der > Ä r z t e k a m m e r auf die > Kassenärztliche Vereinigung, auch Nichtkassenärzte zum Notfalldienst einzuteilen (vgl. BVerwG aaO. u. Beschl. v. 1. 6. 1983 - 3 B 89.82 Narr, aaO. Rz 1168, zweifelnd BSG, NJW 1972, 357, dagegen mit Recht Martens i.d.Anm. dazu). Eine gemeinsame Notfalldienstordnung bedarf, soweit sie den kassenärztlichen Notfalldienst betrifft, nicht der Genehmigung der Aufsichtsbehörde (BSG, NJW 1978, 1213; anders in bezug auf die Notfalldienstordnung der Ärztekammer). Ein Nichtkassenarzt kann seine Teilnahme am kassenärztlichen Notfalldienst nicht von der Bezahlung höherer Gebühren als für Kassenärzte abhängig machen (VG Kassel v. 10. 2. 1981 - VE 245/78 - ; OVG Lüneburg v. 27. 5. 1983 - 8 OVGA 1/82 -). Ein Nichtkassenarzt, der wegen der Befreiung eines > Kassenarztes häufiger zum ärztlichen Notfalldienst durch die Ärztekammer herangezogen wird, kann die Befreiungsbescheide gegenüber der KV anfechten. Macht er von diesem Recht keinen Gebrauch, so kann er sich auf die angebliche Rechtswidrigkeit der Befreiung nicht mit Erfolg berufen (BVerwG, NJW 1983, 1388). 4. a) Die grundsätzliche Teilnahmeverpflichtung aller Ärzte am ärztlichen Notfalldienst verstößt nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG, soweit der Arzt hierzu geeignet und ihm die Teilnahme im Einzelfall zumutbar ist (BVerwG, NJW 1973, 576, 578). Die Eignung des Arztes, deren Vorliegen individuell geprüft werden muß, ist ungeschriebene tatbestandliche Voraussetzung für die Pflicht zur Teilnahme am Notfalldienst, die Nichteignung mithin ein Umstand, der eine Befreiung von diesem Dienst rechtfertigt (BSG, NJW 1978, 1213, 1214; NJW 1972, 357, 359). Die berufsrechtlichen und kassenarztrechtlichen Vorschriften, die grundsätzlich jeden niedergelassenen Arzt zur Teilnahme am ärztlichen Notfalldienst verpflichten, reichen deshalb zur Begründung einer Teilnahmepflicht allein nicht aus, sondern stehen unter dem Vorbehalt der Eignung des Arztes (LSG Nordrh.-Westf. v. 9. 2. 1977 - L 1 Ka 11/76 -). Die Heranziehung eines Arztes für Naturheilverfahren zum ärztlichen Notfalldienst ist kein Eingriff in dessen > Therapiefreiheit und für den Betroffenen daher auch nicht unzumutbar (BVerwG v. 1. 6. 1983 - 3 B 89.82 -). Eine generelle Teilnahmepflicht besteht bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen im Hinblick auf Art. 3 GG auch für Ärztinnen (OVG Münster, DÄ 1971, 2970). b) Der Teilnahmeverpflichtung des Arztes entspricht ein Recht zur Mitwirkung am kassenärztlichen Notfalldienst nur im Rahmen des weitgespannten Ermessens der KV. Ein Anspruch, im Notfalldienst tätig zu werden und Ein-

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künfte zu erzielen, läßt sich aus Art. 12 Abs. 1 GG nicht ableiten (BSG v. 24. 1. 1974 - 6 RKa 30/73 - ; DMW 1974, 1272, Bay. VGH, NJW 1979, 614). 5. > G e m e i n s c h a f t s p r a x i s (Rz 698), > Z w e i g p r a x i s Rz 2022 III. Befreiung vom Notfalldienst. Ein Arzt kann vom Notfalldienst ganz, teilweise oder vorübergehend befreit werden, wenn schwerwiegende Gründe einer Beteiligung entgegenstehen. Ggf. müssen Ärztekammer oder KV, ohne daß der Arzt einen entsprechenden Antrag stellt, von sich aus von einer Heranziehung absehen (Martens, NJW 1970, 496). Die Voraussetzungen für die Befreiung von der Teilnahmepflicht sind in den > B e r u f s o r d n u n g e n und den Notfalldienstordnungen festgelegt, die als Ausnahmeregelungen eng auszulegen sind (LSG Nordrh.-Westf. v. 22. 2. 1978 - L 1 Ka 14/74 vgl. auch die Richtlinien der BÄK für den ärztlichen Notfalldienst, DÄ 1978, 1681 ff., im folgenden: Richtlinien). In welchem Umfang und in welcher Weise ein Arzt von der Teilnahme am Notfalldienst zu befreien ist, unterliegt dem weitgespannten Ermessen der einteilenden Stelle. Die Befreiung kann z.B. auf den Besuchsdienst beschränkt werden (vgl. LSG Nordrh.-Westf. v. 9. 2. 1977 - L 1 Ka 11/76; LSG Nordrh.-Westf. v. 27. 9. 1978 - L 1 Ka 36/77 - [Heranziehung zu „Sitzbereitschaft" in der eigenen Praxis)). Als Befreiungsgründe kommen insbesondere in Betracht (vgl. § 20 Abs. 1 MuBO): 1. Mangelnde körperliche Eignung wegen Gebrechlichkeit, Alter, Krankheit, Trunksucht oder Rauschgiftsucht. Bei einem auf Krankheit gestützten Befreiungsantrag braucht sich die heranziehende Stelle nicht auf ein privatärztliches Attest zu verlassen; sie kann vielmehr eine Untersuchung des Antragstellers durch einen von ihr bestimmten ärztlichen Gutachter verlangen (OVG Münster, DÄ 1965, 2560; vgl. auch unten Rz 1286). Die Berufung auf eine bestehende > M i n d e r u n g d e r E r w e r b s f ä h i g k e i t bildet für sich allein keinen Befreiungsgrund; denn sie besagt nichts über die tatsächliche Beeinträchtigung des Leistungsvermögens bei der ärztlichen Berufsausübung (Martens, NJW 1970, 496). Häufig wird hier die über die KV abgerechnete Scheinzahl ein wichtiges Indiz für die Begründetheit eines Befreiungsantrages sein. Liegt die Honorarabrechnung im Durchschnitt der Fachgruppe, wird man grundsätzlich auch eine Teilnahme am ärztlichen Notfalldienst verlangen können. Die Auslastung der Arbeitskraft eines Arztes infolge erheblich überdurchschnittlicher Praxistätigkeit steht seiner Heranziehung zum Notfalldienst nicht entgegen. Eine die Befreiung von der Teilnahme am Notfalldienst rechtfertigende Einschränkung der Arbeitskraft eines Arztes liegt nur dann vor, wenn dieser ohne Gefährdung seiner Gesundheit nur eine Praxis betreiben könnte, die wesentlich unter dem durchschnittlichen Umfang vergleichbarer Praxen liegen würde (LSG Nordrh.-Westf. v. 22. 2. 1978 - L 1 Ka 14/74 Narr, aaO. Rz 1158; Martens, aaO. S. 496). 2. Mangelnde fachliche Eignung für den Notfalldienst kann nur ausnahmsweise zu einer Befreiung führen. Es ist davon auszugehen, daß jeder Arzt aufgrund seiner Ausbildung in aller Regel geeignet ist, am Notfalldienst teilzunehmen (Martens, NJW 1970, 358). Dies gilt vollends für > Kassenärzte,

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gleichgültig ob es sich um Allgemeinärzte oder spezialisierte > G e b i e t s ä r z t e handelt (BSG, NJW 1978, 1213, 1214; BSG v. 15. 4. 1980, DÄ 1981, 489). Die Befähigung zur Teilnahme am allgemeinen ärztlichen Notfalldienst gehört zu den Voraussetzungen, die im Rahmen der Kassenzulassung zu prüfen sind (LSG Nordrh.-Westf. v. 9. 2. 1977 - L 1 Ka 11/76). Macht ein zum Notfalldienst eingeteilter Arzt geltend, er habe seine Eignung für den allgemeinen ärztlichen Notfalldienst dadurch verloren, daß er nach der > Approbation nur als Gebietsarzt tätig gewesen sei, so trägt er insoweit die Darlegungs- und Feststellungslast. Ein nachträglicher Verlust der Eignung ist auch bei einer längeren ausschließlichen Tätigkeit in einem bestimmten Fachgebiet nicht ohne weiteres zu vermuten (BSG, NJW 1978, 1213, 1215; LSG Nordrh.-Westf. v. 19. 3. 1980 - L 11 S 15/79 -). Vielmehr muß in jedem Fall die Eignung des betreffenden Arztes individuell geprüft werden. Es ist nicht möglich, mangelnde Eignung für den Notfalldienst aufgrund der bloßen Zugehörigkeit zu einer bestimmten Fachgruppe (z. B. Augenärzte, Nervenärzte, Laborärzte) zu unterstellen (BSG, NJW 1973, 1213 mit Anm. Martens; BSG, NJW 1978, 1214). Im einzelnen hat die Rspr. hierzu eine reichhaltige Kasuistik entwickelt (vgl. den Überblick bei Narr, aaO. Rz 1174). Die Berufung des Arztes darauf, daß er sich infolge langjähriger Spezialisierung auf sein Fachgebiet den Anforderungen des ärztlichen Notfalldienstes nicht mehr gewachsen fühle und daher durch die Heranziehung zum Notfalldienst in einen Gewissenskonflikt gerate, vermag für sich allein eine Befreiung vom Notfalldienst nicht zu begründen. Die Anerkennung von Gewissensgründen setzt vielmehr voraus, daß „objektive, konkrete Anhaltspunkte dargetan und erwiesen sind, die. . . eine echte Gewissensnot bei dem betreffenden Arzt zu motivieren vermögen" (BVerwG, NJW 1973, 576, 578; BSG, NJW 1972, 357). Neuerdings sind der Einwand der generellen fachlichen Ungeeignetheit und die hierzu von der Rspr. entwickelten Grundsätze durch die Einführung einer berufsrechtlichen und kassenarztrechtlichen Fortbildungspflicht speziell für den ärztlichen Notfalldienst weitgehend gegenstandslos geworden (vgl. BSG v. 15. 4. 1980, DÄ 1981, 489; BSGE 44, 252, 258; OVG Münster, NJW 1982, 2137 [Kieferorthopäde]; BSG, NJW 1978, 1213, 1215 > F o r t b i l d u n g Rz 633). Zwar kommt es für die Teilnahmepflicht allein darauf an, ob der Arzt für den Notfalldienst objektiv geeignet ist und nicht darauf, ob er diese Eignung bei ordnungsgemäßer Erfüllung seiner Fortbildungsverpflichtung erlangt hätte. Von einem Arzt, der nicht über die objektive Befähigung zur Teilnahme am Notfalldienst verfügt, kann jedoch erwartet werden, daß er sich in angemessener Zeit die entsprechenden Kenntnisse verschafft. Eine Befreiung vom Notfalldienst kann daher allenfalls vorübergehend bis zur Nachholung der einschlägigen Kenntnisse in Betracht kommen (einschränkend LSG Nordrh.Westf. v. 9. 2. 1977 - L 1 Ka 11/76 - , wonach die Aneignung der für den Notfalldienst erforderlichen Kenntnisse jedenfalls jüngeren Ärzten „zumutbar" ist. Indessen handelt es sich bei der > F o r t b i l d u n g für den ärztlichen Notfalldienst nicht um ein Problem der Zumutbarkeit, sondern um die Erfüllung einer Berufspflicht, die ältere wie jüngere Ärzte gleichermaßen trifft). Auch

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die für die Ausübung des allgemeinen ärztlichen Notfalldienstes fehlende Praxiseinrichtung stellt keinen Befreiungsgrund dar (OVG Münster, NJW 1982, 2137, 2138). 3. Höheres Lebensalter. Ein Rechtsanspruch auf Befreiung wegen Erreichens der Altersgrenze besteht nicht; maßgebend sind vielmehr die Umstände des Einzelfalles (Narr, aaO. Rz 1158). Auch hier ist die Honorarabrechnung ein wichtiges Indiz. Eine Befreiung nur aus Altersgründen kann regelmäßig nicht erfolgen, wenn der Arzt noch volle Kassenzulassung besitzt und seine Praxis noch in vollem Umfang ausübt (so z. B. ausdrücklich § 3 Nr. 3 der Notfalldienstordnung der Bezirksärztekammer Nordbaden und der KV Nordbaden vom 24. 11. 1982, ÄB1. Bad.-Wttbg. 1983, 257). 4. Unzumutbarkeit der Teilnahme wegen besonderer familiärer Verpflichtungen (z.B. Inanspruchnahme durch Kinder oder pflegebedürftige Angehörige; vgl. Martens, NJW 1970, 497; Richtlinien IV lb). Die Doppelbelastung einer Ärztin durch Führung des Haushalts und Betreuung minderjähriger Kinder begründet keinen Anspruch auf Befreiung vom Notfalldienst (SG Stuttgart v. 17. 1. 1979 - S 14 Ka 2256/17 -). Zu den Einschränkungen, denen sich eine Kassenärztin durch ihre Zulassung zur Kassenpraxis freiwillig unterwirft, gehört u.a., daß sie ihren Kindern nicht in dem Maße zur Verfügung stehen kann wie eine nicht berufstätige Mutter (LSG Nordrh.-Westf. v. 27. 9. 1978 L 1 Ka 36/77 -). 5. Teilnahme an einem klinischen Bereitschaftsdienst mit Notfallversorgung- Dieser Befreiungsgrund kommt vornehmlich für Belegärzte in Betracht. Die > Ä r z t e k a m m e r darf einen > Belegarzt nicht zum allgemeinen ärztlichen Notfalldienst heranziehen, wenn der Arzt an Wochenenden und Feiertagen im Rahmen eines klinischen > B e r e i t s c h a f t s d i e n s t e s Notfälle zu versorgen hat und dadurch für die Notfallversorgung der Bevölkerung in vergleichbarer Weise in Anspruch genommen wird wie zum ambulanten Notfalldienst verpflichtete Ärzte. Der Nachweis über den Umfang der Inanspruchnahme im klinischen Bereitschaftsdienst ist vom Belegarzt zu führen (BVerwG, NJW 1973, 576; Bedenken gegen die Praktikabilität dieser Auffassung bei Eberle, NJW 1973, 2227). Diese Rspr. kann nicht ohne weiteres auf die Heranziehung zum kassenärztlichen Notfalldienst übertragen werden, da die freiwillige Mitgliedschaft bei der KV mit besonderen - gesteigerten Pflichten verbunden ist (BSG v. 15. 9. 1977 - 6 RKa 12/77 NJW 1978, 1215 [Leits.]). Da die stationäre Tätigkeit des Kassenarztes gegenüber der ambulanten Praxis von untergeordneter Bedeutung sein muß (> Belegarzt Rz 340), darf die Belegarzttätigkeit auch die Erfüllung der Pflichten aus der ambulanten kassenärztlichen Versorgung nicht beeinträchtigen. Die Rspr. hält daher einen > K a s s e n a r z t , der zugleich als Belegarzt an einem Krankenhaus tätig ist, grundsätzlich ohne Einschränkung für verpflichtet, am kassenärztlichen Notfalldienst teilzunehmen (vgl. LSG Celle v. 24. 11. 1976 - L 5 Ka 15/73 - und v. 21. 6. 1978 - L 5 Ka 1/76 SG Hannover v. 28. 11. 1973, Breithaupt 1974, 563, Rieger, DMW 1974, 2190). Diese Grundsätze gelten erst recht für einen Arzt, der eine stationäre Tätig-

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keit außerhalb seiner Kassenpraxis ausübt. Ein Kassenarzt, der, ohne als Belegarzt anerkannt zu sein, zusammen mit anderen Ärzten eine Privatklinik ( > P r i v a t k r a n k e n a n s t a l t ) betreibt und am > B e r e i t s c h a f t s d i e n s t dieser Klinik teilnimmt, kann nicht allein deswegen beanspruchen, vom kassenärztlichen Notfalldienst befreit zu werden (BSG v. 15. 9. 1977 - 6 RKa 12/77 - , aaO.|. 6. Inanspruchnahme durch eine öffentliche Tätigkeit im Interesse der Allgemeinheit, vor allem ehrenamtliche berufspolitische Arbeit (Martens, NJW 1970, 497; Narr, aaO. Rz 1178, a.A. BSG v. 15. 4. 1980, DÄ 1981, 489 (Tätigkeit im Vorstand der Ärztekammer ist kein Befreiungsgrund]). Zum Teil sehen die Notfalldienstordnungen eine Befreiung vom Notfalldienst wegen berufspolitischer Tätigkeit ausdrücklich vor, sofern die örtlichen Verhältnisse die Befreiung gestatten. In diesen Fällen ist im Rahmen der „örtlichen Verhältnisse" u. a. zu berücksichtigen, welche Mehrbelastung für die übrigen am regionalen Notfalldienst teilnehmenden Ärzte durch die Befreiung entsteht; dabei kommt es wesentlich auf die Arztdichte in dem betreffenden Bereich an. Deshalb ist die nach Verlegung der Praxis in einen anderen Bereich zuständig gewordene KV und/oder Ärztekammer an eine frühere Befreiung nicht gebunden, sondern muß unter Berücksichtigung aller Umstände neu entscheiden (LSG Nordrh.-Westf. v. 15. 7. 1981 - L 11 Ka 37/80 -). 7. Sanitätsoffiziere der Bundeswehr sind aufgrund Erlasses BMVg - InSan II 2 - Az. 42-11-20 v. 27. 6. 1978 zur Teilnahme am ärztlichen Bereitschaftsdienst der Bundeswehr im Standort verpflichtet; ihnen ist daher, auch soweit sie privatärztliche Nebentätigkeit ausüben, zur Vermeidung von Interessenkonflikten untersagt, sich am Notfalldienst der niedergelassenen Ärzte zu beteiligen. Dieser Erlaß bildet einen Befreiungsgrund. 8. Die Befreiung vom Notfalldienst ist ein begünstigender Verwaltungsakt. Ein Widerruf der Befreiung ist daher nur im Rahmen der Grundsätze zum Widerruf begünstigender Verwaltungsakte möglich (vgl. § 49 Abs. 2 VwVfG; Narr, aaO. Rz 1173; Rieger, DMW 1973, 1991 und das dort besprochene Urteil des SG Karlsruhe v. 14. 7. 1971 - 4 Ka 518/71 -). Ein Wechsel der Zuständigkeit zur Entscheidung über Befreiungen vom Notfalldienst für sich allein macht den Widerruf früher erteilter Befreiungen nicht erforderlich und damit zulässig; der Widerruf muß vielmehr aus sachlichen Gründen erforderlich sein (OVG Münster v. 17. 7. 1978 - X B 395/78 - [Widerruf der Befreiung durch Ärztekammer nach Übergang der Zuständigkeit von Ärztekammer auf KV nach Erlaß einer gemeinsamen Notfalldienstordnung]). IV. Organisation des Notfalldienstes. 1. Die organisatorische Gestaltung des Notfalldienstes im einzelnen steht im pflichtgemäßen Ermessen der > Ä r z t e k a m m e r und der > K a s s e n ä r z t l i c h e n V e r e i n i g u n g (BVerwG, NJW 1968, 218|. Eine Beschränkung der Teilnahme auf Allgemeinärzte ist unzulässig (a.A. Martens, NJW 1970, 497). Der ärztliche Notfalldienst ist eine von der gesamten Ärzteschaft zu erfüllende Gemeinschaftsaufgabe, die mit ihm verbundene Last ist daher möglichst gerecht und gleichmäßig auf die dafür in Be-

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tracht kommenden Ärzte zu verteilen (BVerwG, NJW 1973, 576, 579). Der einzelne Arzt hat einen Anspruch darauf, nicht in stärkerem Maße als andere Ärzte in gleicher Lage herangezogen zu werden. Dieser Anspruch kann dadurch verletzt sein, daß ihm die Freistellung vom allgemeinen Notfalldienst verweigert wird, obwohl er an einem regionalen gebietsärztlichen Notfalldienst teilnimmt (BSG v. 15. 4. 1980 - 6 R Ka 8/78 -). Bei entsprechendem Bedarf können Notfalldienste für bestimmte Fachgebiete eingerichtet werden (Narr, aaO. Rz 1162; Martens, NJW 1970, 497). 2. Tonbandaufzeichnungen von Telefonanrufen, die bei der Leitstelle eines ärztlichen Notfalldienstes zu Beweiszwecken sowohl im Interesse der Anrufer als auch im Interesse des > Notfallarztes hergestellt werden, erfüllen nach einer Auskunft des Justizministeriums Bad.-Wttbg. v. 9. 8. 1979 regelmäßig nicht den Tatbestand des § 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB, sondern sind unter dem Gesichtspunkt der mutmaßlichen Einwilligung oder der Sozialadäquanz gerechtfertigt, sofern keine besonderen Umstände vorliegen, die ein überwiegendes Interesse des Anrufers am Unterbleiben der Aufnahme begründen. Besondere Umstände liegen z. B. dann vor, wenn der Anrufer erkennen läßt, daß er auf eine vertrauliche Behandlung seines Anrufes Wert legt, oder wenn er sich mit einem Anliegen meldet, das seine Persönlichkeitssphäre oder die dritter Personen berührt.

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3. Bei begründetem Verdacht, daß ein > Kassenarzt wegen seines Gesundheitszustandes zur Mitwirkung am Notfalldienst nicht geeignet ist, ist die KV berechtigt, eine Untersuchung durch einen von ihr bestimmten ärztlichen Gutachter zu verlangen. Im Falle der Verweigerung der Untersuchung kann die KV die Suspendierung vom Notfalldienst als vorläufige Maßnahme anordnen (BSG v. 24. 1. 1974, Breithaupt 1974, 1010). 4. a) Die Heranziehung zum Notfalldienst ist ein Verwaltungsakt, gegen den der Widerspruch zulässig ist. Über die nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens zu erhebende Klage ist bei Heranziehung durch die Ärztekammer der Rechtsweg zum Verwaltungsgericht, bei Heranziehung durch die KV der Rechtsweg zum Sozialgericht gegeben. Dies gilt auch dann, wenn die Heranziehung zum Notfalldienst aufgrund einer gemeinsamen Notfalldienstordnung erfolgt (BSG, NJW 1973, 1437). b) Widerspruch und Klage gegen die Heranziehung zum Notfalldienst durch die > Ä r z t e k a m m e r haben aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 1 VwGO), sofern nicht gem. § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung angeordnet ist (VG Gelsenkirchen v. 14. 1. 1981 - 7 K 240/78 - [zahnärztlicher Notfalldienst]). Gegen die Heranziehung durch die > Kassenärztliche Vereinigung kann der betroffene Arzt beim Sozialgericht in entsprechender Anwendung von § 123 VwGO vorläufige Befreiung vom Notfalldienst beantragen, wobei jedoch bei der Prüfung der Begründetheit des Antrags strengere Anforderungen zu stellen sind als sie nach dem Wortlaut des § 123 VwGO zu erfüllen wären (vgl. BVerfG, NJW 1978, 693). Ein Anordnungsgrund ist jedoch nicht gegeben, wenn der Betroffene die Möglichkeit hat, für den Übergangszeitraum bis

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zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren für jeden Fall der Heranziehung einen Vertreter zu bestellen (LSG Nordrh.-Westf. v. 19. 3. 1980 - L 11 S 15/79). c) Der Gegenstandswert für eine Klage auf Befreiung vom Notfalldienst beträgt nach Auffassung des SG München 10000,— DM (Beschluß v. 15. 9. 1977 - S 31/Ka 257/76 -). 1288

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V. Rechte und Pflichten des > Notfallarztes (vgl. zum folgenden Wagner,

DÄ 1982/32 S. 34ff.]. 1. Die Einrichtung eines Notfalldienstes entbindet den behandelnden Arzt weder berufsrechtlich (vgl. § 20 Abs. 3 MuBO) noch haftungsrechtlich von seiner Verpflichtung, für die Betreuung seiner Patienten in dem Umfang Sorge zu tragen, wie es der Krankheitszustand erfordert ( > Besuchspflicht). 2. Der zum Notfalldienst eingeteilte > Kassenarzt hat das Recht, einen Vertreter zu benennen, der auch Nichtkassenarzt sein kann (BSG v. 24. 1. 1974, DMW 1974, 1272). 3. Der zum Notfalldienst eingeteilte Arzt muß ständig erreichbar sein (vgl. hierzu im einzelnen Richtlinien VIII 1). In aller Regel muß der Notfalldienst vom Praxisort aus wahrgenommen werden. Der Notfallarzt muß in seiner Praxis oder zumindest über seine Praxis telefonisch erreichbar sein. Die Mitteilung der Privatnummer allein durch die öffentliche Presse oder gar die Einschaltung eines automatischen Anrufbeantworters mit der Privatnummer reichen hierzu nicht aus (LSG Bad.-Wttbg. v. 19. 3. 1980, DMW 1980, 1408). Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn der Notfallarzt nur auf Abruf außerhalb seiner Praxis zum Einsatz kommt, wie dies häufig in Großstädten der Fall ist, wo besondere Notfallambulanzen eingerichtet sind und > Gebietsärzte nur zum sog. „Hintergrunddienst" eingeteilt sind. Hier genügt es, daß der Diensthabende während des Notfalldienstes jederzeit erreichbar ist, wobei der Ort, an dem er abgerufen werden kann, nicht entscheidend ist. Wichtig ist nur, daß der Notfallarzt sich im wesentlichen in dem Bereich aufhält, für den er eingeteilt ist, damit im Notfall keine unnötigen Zeitverluste entstehen. Innerhalb dieser räumlichen Grenzen kann er seinen Aufenthaltsort frei wählen; er kann sich in der Praxis, aber auch in seiner mehrere Kilometer entfernten Wohnung oder bei einer gesellschaftlichen Veranstaltung aufhalten, sofern gewährleistet ist, daß er dort jederzeit telefonisch erreichbar ist. 4. Der Notfallarzt darf einen Notfallpatienten, der bereits in Behandlung eines anderen Arztes steht, nicht weiterbehandeln. Er muß vielmehr den Kollegen nach der Notfallbehandlung baldmöglichst unterrichten und ihm die weitere Behandlung überlassen (vgl. § 16 Abs. 2 MuBO; Richtlinien IX 3). 5. Der zum Notfalldienst eingeteilte Arzt hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Vergütung gegen die den Notfalldienst organisierende Stelle (BVerwG v. 14. 11. 1973, DMW 1974, 1271 = DÄ 1974, 349). Kassenärzte rechnen die während des Notfalldienstes erbrachten Leistungen gegenüber der KV ab. Nichtkassenärzte haben ebenfalls einen Honoraranspruch gegen die KV nur in Höhe der den Kassenärzten jeweils zustehenden Honorarsätze (vgl. OVG Lüneburg v. 27. 5. 1983 - 8 OVG A 1/82 VG Kassel v. 10. 2. 1981 - VE

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245/78 -). Dieser Anspruch folgt unmittelbar aus § 368 d Abs. 1 Satz 2 RVO. Die Abrechnung erfolgt über Notfallschein (Muster 19 und 20 der Vordruckvereinbarung > Behandlungsausweis Rz 303). Mit diesen Gebühren sind auch die besonderen Erschwernisse, die der ärztliche Notfalldienst mit sich bringt (z.B. dringender Nachtbesuch, Sonntagsbesuch) abgegolten. Dies schließt indes nicht aus, daß die > Kassenärztlichen Vereinigungen mit den Verbänden der Krankenkassen eine zusätzliche Unkostenbeteiligung vereinbaren oder daß sie ihren Mitgliedern für die Durchführung des Notfalldienstes an Sonn- und Feiertagen neben den ärztlichen Gebühren eine zusätzliche Unkostenpauschale zum Ausgleich erhöhter Lohnkosten für die Beschäftigung nichtärztlicher Mitarbeiter im Notfalldienst vergüten (näher zu diesen Fragen Narr, aaO. Rz 1170f.). Bei Mißbrauch des ärztlichen Notfalldienstes hat der > Notfallarzt Anspruch auf Erstattung seiner Aufwendungen gegen den Anrufer (vgl. auch Paschke, DMW 1969, 2061). 6. Die unberechtigte Verweigerung der Teilnahme am Notfalldienst kann zu Disziplinarmaßnahmen der KV (vgl. Hess. LSG v. 4. 10. 1967, DÄ 1968, 1570 > Disziplinarverfahren Rz 563) und zur Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens ( > Berufsgericht) führen. VI. Häftling. 1. Der Notfallarzt hat für eine schuldhafte Pflichtverletzung (vgl. oben V 1) zivil- und strafrechtlich einzustehen. Über die Pflicht zur Einweisung eines später verstorbenen Patienten ins Krankenhaus vgl. OLG Düsseldorf, NJW 1975, 2247. Für Fehlleistungen eines Vertreters im Notfalldienst ist der vertretene Arzt weder strafrechtlich noch zivilrechtlich verantwortlich. Der Vertretene kann allenfalls für die sorgfältige Auswahl des Vertreters zivilrechtlich haftbar gemacht werden (LSG Essen v. 19. 3. 1980 - L 11 S 15/79) -). 2. Für ein Verschulden bei der Organisation des Notfalldienstes hat die einteilende Stelle (Ärztekammer und/oder KV) nach Amtshaftungsgrundsätzen einzustehen (Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB). Eine Haftung tritt z. B. dann ein, wenn der beim Patienten entstandene Schaden darauf zurückzuführen ist, daß der > Notfallarzt für den Notfalldienst fachlich nicht geeignet war (vgl. oben Rz 1275). Die Pflicht zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung mit geeigneten Mitteln besteht auch gegenüber der Bevölkerung. Angesichts der für alle Ärzte, also auch für > Gebietsärzte bestehenden grundsätzlichen Pflicht zur Teilnahme am ärztlichen Notfalldienst mit entsprechender Fortbildungsverpflichtung ( > Fortbildung Rz 633) wird die einteilende Stelle jedoch die Geeignetheit eines Kassenarztes gleich welcher Fachrichtung für den Notfalldienst regelmäßig unterstellen dürfen, wenn der Arzt nicht seine Ungeeignetheit geltend macht. Dabei ist zu beachten, daß der Einwand der mangelnden fachlichen Eignung zugleich das Zugeständnis der Nichterfüllung der Fortbildungsverpflichtung für den Notfalldienst enthält (vgl. auch oben Rz 1278).

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VII. Versicherungsschutz. Die Gewährleistung eines ausreichenden Versieherungsschutzes für die Tätigkeit im organisierten Notfalldienst ist nicht Sache

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der Träger des Notfalldienstes, sondern der betreffenden Ärzte selbst (Hencke, Rhein. ÄB1. 1978, 887). Die mit der Organisation des Notfalldienstes betraute Stelle hat lediglich bei den am Notfalldienst teilnehmenden Ärzten auf den Abschluß entsprechender Versicherungen hinzuwirken (Richtlinien XIII). 1. Die für die Praxis eines niedergelassenen Arztes bestehende > Berufshaftpflichtversicherung umfaßt auch die Risiken im Rahmen des organisierten Notfalldienstes einschließlich der Haftung des Praxisinhabers für > Behandlungsfehler eines Vertreters im Notfalldienst. Dagegen wird die persönliche Haftpflicht des Vertreters im Notfalldienst von der Haftpflichtversicherung des Praxisinhabers grundsätzlich nicht gedeckt. Für den Vertreter ist deshalb der Abschluß einer eigenen Berufshaftpflichtversicherung notwendig. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß eine vom Krankenhausträger abgeschlossene Krankenhaus-Haftpflichtversicherung, bei der die persönliche Haftpflicht der Krankenhausärzte aus der dienstlichen Tätigkeit mitversichert ist, die Risiken aus der Teilnahme am allgemeinen ärztlichen Notfalldienst als Vertreter eines niedergelassenen Arztes (> Praxisvertreter) nicht deckt. Bei Bestehen einer Arzthaftpflicht-Versicherung für die dienstliche Tätigkeit des Krankenhausarztes ist die gelegentliche Teilnahme am Notfalldienst im Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit (z. B. als Vertreter eines niedergelassenen Arztes| in den Versicherungsschutz einbezogen, nicht dagegen eine ständige Beteiligung nach vorher festgelegtem Dienstplan (> B e r u f s h a f t p f l i c h t v e r sicherung Rz 381). Abweichende Regelungen in den Versicherungsbedingungen einzelner Versicherer sind möglich. 2. In der gesetzlichen Unfallversicherung besteht für den niedergelassenen Arzt auch bei der Tätigkeit im Notfalldienst Versicherungsfreiheit gemäß § 541 Abs. 1 Nr. 4 RVO. Die Tätigkeit im Notfalldienst führt auch nicht Uber § 539 Abs. 1 Nr. 9a RVO zum Versicherungsschutz (BSGE 35, 212, 215). Versicherungsschutz besteht daher nur, wenn der Arzt sich freiwillig gegen das berufliche Unfallrisiko während des Notfalldienstes versichert. Die > Berufsg e n o s s e n s c h a f t für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege bietet Ärzten eine solche freiwillige Unfallversicherung ausschließlich für die Teilnahme am organisierten Notfalldienst an (näher dazu Gatz, Anästh. Intensivmed. 1980, 147, 149 f.). Ebenso sind angestellte und > beamtete Ärzte, die als Vertreter eines niedergelassenen Arztes am Notfalldienst teilnehmen, i.d.R. gegen Unfälle nicht in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Ein Versicherungsschutz nach § 539 Abs. 1 Nr. 7 RVO kommt nicht in Betracht, da Ärzte nach § 541 Abs. 1 Nr. 4 RVO von der gesetzlichen Unfallversicherung ausgenommen sind, sofern sie - wie regelmäßig bei der Vertretung im Notfalldienst - ihre berufliche Tätigkeit nicht in einem Beschäftigungsverhältnis ausüben (vgl. Gatz, aaO. S. 148).

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Numerus Clausus (N. C.)

Nürnberger Codex Der Nürnberger Codex enthält in 10 Punkten zusammengefaßt internationale Grundsätze Uber die medizinische Forschung am Menschen ( > Klinis c h e A r z n e i m i t t e l p r ü f u n g , > H e i l v e r s u c h , > K l i n i s c h e s Experiment). Diese Grundsätze wurden bei den sog. Nürnberger Nachfolgeprozessen gegen Ärzte und Ärztefunktionäre des ehemaligen Dritten Reiches 1947 aufgestellt. Sie tragen deutlich den Stempel ihrer Entstehung. Das Dokument kennt im Gegensatz zur > D e k l a r a t i o n v o n H e l s i n k i keinen Unterschied zwischen Heilversuch und klinischem Experiment (näher dazu Deutsch, JZ 1980, 289, 291; ders., VersR 1978, 289, 293; ders., NJW 1978, 570, 572ff.).

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Numerus Clausus (N.C.) I. Im Hochschulzulassungsrecht versteht man darunter die Beschränkung des Zugangs zu den Hochschulen durch Festsetzung einer bestimmten Zahl der zuzulassenden Bewerber in den einzelnen Studiengängen [externer oder absoluter numerus clausus). Davon zu unterscheiden sind Teilnahmebeschränkungen für einzelne Lehrveranstaltungen nach Aufnahme des Studiums (interner numerus clausus). Die folgende Darstellung behandelt ausschließlich den externen numerus clausus.

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II. Rechtsgrundlagen. Absolute Zulassungsbeschränkungen für Studienanf'änger sind nur dann mit dem in Art. 12 Abs. 1 GG gewährleisteten Recht auf freie Wahl der Ausbildungsstätte i.V.m. dem allgemeinen Gleichheitssatz und dem Sozialstaatsprinzip vereinbar, wenn sie in den Grenzen des unbedingt Erforderlichen unter erschöpfender Nutzung der vorhandenen Ausbildungskapazitäten angeordnet werden, und wenn Auswahl und Verteilung der Bewerber nach sachgerechten Kriterien mit einer Chance für jeden an sich hochschulreifen Bewerber und unter möglichster Berücksichtigung der individuellen Wahl des Ausbildungsortes erfolgen (BVerfG, NJW 1975, 1561). Auf der Grundlage dieser Rspr. enthalten §§ 29 ff. des Hochschulrahmengesetzes v. 26. 1. 1976 - HRG - (BGBl. I S. 185) Grundsätze über die Ermittlung und Festsetzung der Ausbildungskapazitäten an den Hochschulen und über das Verfahren bei der Vergabe von Studienplätzen. Die näheren Einzelheiten sind in dem von allen Ländern der Bundesrepublik geschlossenen Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen v. 23. 6. 1978 (vgl. z.B. GBl. Bad.-Wttbg. 1979, S. 224) sowie in den auf ihm basierenden, im wesentlichen gleichlautenden landesrechtlichen Verordnungen, insbesondere den Kapazitätsverordnungen KapVO - (vgl. für Bad.-Wttbg. KapVO V v. 26. 3. 1980, GBl. S. 274), den Vergabeverordnungen - VergabeVO - (vgl. z. B. für Bad.-Wttbg. VergabeVO ZVS v. 25. 6. 1980, GBl. S. 369) und den Zulassungszahlenverordnungen - ZZVO (vgl. z.B. ZZVO Bad.-Wttbg. v. 27. 6. 1980, GBl. S. 421) geregelt.

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Numerus Clausus (N.C.) 1296

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III. Verfahren bei der Studienplatzvergabe. 1. Die Vergabe der Studienplätze in den Studiengängen Medizin, Zahnmedizin und Pharmazie an Studienanfänger erfolgt auf Antrag der Bewerber für das Bundesgebiet zentral nach einheitlichen Auswahlkriterien durch die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen fZVSJ in Dortmund. a) In den stark Uberfüllten Studiengängen Medizin und Zahnmedizin sowie Tiermedizin erfolgt die Zulassung seit Wintersemester 1980/81 bis einschließlich Sommersemester 1986 in einem sog. Übergangsverfahren zum besonderen Auswahlverfahren (vgl. z.B. §§23ff. VergabeVO ZVS Bad.-Wttbg.). Danach werden die vorhandenen Studienplätze nach Abzug von Sonderquoten (z.B. Ausländer, Bewerber für den > ö f f e n t l i c h e n G e s u n d h e i t s d i e n s t und Sanitätsoffizier-Anwärter [ > S a n i t ä t s o f f i z i e r Rz 1572], Härtefälle, Zweitstudienbewerber| nach folgenden Kriterien vergeben: aa| nach einer Kombination aus Qualifikation aufgrund des Reifezeugnisses und des Ergebnisses eines Testes im Verhältnis 55:45 sowie allein nach dem Testergebnis (Abitur/Test-Quote). Auf diese Quote entfallen pro Semester jeweils insgesamt 1200 Studienplätze, davon im Wintersemester: 950 für Medizin, 120 für Zahnmedizin, 100 für Tiermedizin, im Sommersemester: 1050 für Medizin und 150 für Zahnmedizin. Von den genannten 1200 Studienplätzen werden 9 0 % aufgrund einer Wertzahl vergeben, die zu 55% aus dem Grad der Qualifikation (Abiturdurchschnittsnote) und zu 45 % aus dem Testergebnis gebildet wird; 10% werden allein nach dem Testergebnis vergeben. Auf die Zulassung zum Testverfahren hat der Studienbewerber grundsätzlich keinen Rechtsanspruch (OVG Münster, NJW 1981, 643); bb) nach dem Grad der Qualifikation aufgrund des Reifezeugnisses (Quote für die Abiturbesten; 10% der Studienplätze); cc) im Wege einer leistungsgesteuerten Verlosung, bei der Bewerber mit besserer Durchschnittsnote im Reifezeugnis eine höhere Zulassungschance haben als Bewerber mit schlechterer Durchschnittsnote (Quote für das leistungsgesteuerte Losverfahren, ca. 50% der Studienplätze). Eine Auswahlchance des Studienbewerbers besteht für jede der vorgenannten Quoten, für die er die Voraussetzungen erfüllt. Eine Zulassungsmöglichkeit nach Wartezeit für solche Bewerber, die ihre Hochschulzugangsberechtigung bis spätestens 30. 9. 1978 erhalten haben (sog. Altwarter), sieht das Übergangsverfahren seit dem Wintersemester 1983/84 nicht mehr vor. Die frühere Beschränkung der Teilnahmemöglichkeit am Vergabeverfahren wurde inzwischen aufgehoben. Damit können auch Bewerber, die ihren Zulassungsantrag in Medizin und Zahnmedizin bereits siebenmal gestellt haben, weiterhin mit demselben Studienwunsch am Vergabeverfahren teilnehmen. Die Kultusminister und -Senatoren der Länder haben sich auf ihrer Sitzung am 29./30. 9. 1983 über die wesentlichen Grundzüge einer Neuregelung des Zulassungsveifahrens zu den medizinischen Studiengängen geeinigt. Im wesentlichen hat diese Neuregelung, die vom Wintersemester 1986/87 an das derzeitige Übergangsverfahren ablösen wird, folgenden Inhalt: Die Studienplätze in Medizin, Zahnmedizin und Tiermedizin sollen

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Numerus Clausus (N. C.)

neben einer Voiab-Quote von 10% für Ausländer, Härtefälle usw. nach 4 unterschiedlichen Kriterien (Quoten] vergeben werden: - 45 % über eine Kombination von Abitur und Test im Verhältnis 55:45 (Abitur/Testkombination); - 10% für die Testbesten unabhängig vom Abiturdurchschnitt allein aufgrund des Testergebnisses; - 15% auf der Grundlage eines Auswahlgespräches an den einzelnen Hochschulen. Die Bewerber dazu werden durch ungewichtetes Los ermittelt; - 20% nach einer qualifizierten Wartezeit. Dabei sollen bestimmte Faktoren (z.B. Abschluß einer Berufsausbildung oder eines Studiums sowie berufliche Tätigkeiten nach diesen Abschlüssen; Wehrdienst; Ersatzdienst; Entwicklungshilfedienst; freiwilliges soziales Jahr| zugunsten des Bewerbers besonders berücksichtigt werden. Das vor allem von der WRK und der Ärzteschaft (Sozialpolitische Vorstellungen, S. 114) geforderte obligatorische Praktikum vor der Bewerbung wurde von der KMK abgelehnt. Die Realisierung dieser Neuregelung erfordert eine entsprechende Änderung des Hochschulrahmengesetzes und des Staatsvertrages der Länder über die Vergabe von Studienplätzen.

b) Im Studiengang Pharmazie erfolgt die Vergabe der nach Abzug von Sonderquoten (Ausländer, Härtefälle usw.) noch verbleibenden Studienplätze nach Qualifikation aufgrund des Reifezeugnisses und Wartezeit im Verhältnis 60:40 (vgl. z.B. §§ 12ff. VergabeVO ZVS Bad.-Wttbg.). 2. Die Zulassung zu höheren Fachsemestern erfolgt nicht zentral durch die ZVS, sondern auf entsprechenden Antrag durch die jeweilige Hochschule nach besonderen landesrechtlichen Vorschriften (vgl. z.B. §§3, 4 ZZVO Bad.Wttbg.). Studienanfänger i.S. des geltenden Zulassungsrechts ist ein Bewerber, der im Studiengang Medizin oder Zahnmedizin noch nicht an einer deutschen Hochschule eingeschrieben war (§ 14 Abs. 4 Satz 2 Staatsvertrag). Als Studienanfänger gelten mithin auch Bewerber, die durch ein einschlägiges Teilstudium im Ausland oder ein fachverwandtes Studium im Inland auf das Medizin- oder Zahnmedizinstudium anrechenbare Leistungen erbracht haben (> M e d i z i n s t u d i u m Rz 1205). Sie können sich jedoch im sogenannten „Quereinstieg" direkt bei der Universität um die Zulassung in ein höheres Fachsemester bewerben. Zu Rechtsproblemen beim Quereinstieg in Numerus-Clausus-Studiengängen vgl. Becker, DÖV 1981, 277ff. ; BVerfGE 42, 34ff.

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IV. Ansprüche der Bewerber wegen unzureichender Nutzung von Ausbildungskapazität sind gegen die jeweilige Hochschule (in Bayern gegen das Land) zu richten (vgl. BVerfG, NJW 1975, 1501 ff.). Im übrigen ist die ZVS in Dortmund Anspruchsgegner. Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Ausbildungskapazitäten an den einzelnen Hochschulen (vgl. dazu Brehm-Breinersdorfer-de Lazzer, JZ 1978, 458ff. ; BVerwG, NJW 1980, 2766) haben in den vergangenen Jahren zu zahlreichen verwaltungsgerichtlichen Klagen auf Zulassung zum Studium der Medizin und Zahnmedizin wegen nicht ausgelasteter Ausbildungskapazität geführt (sog. „Kapazitätsklagen"). Ein Individualanspruch des Studienbewerbers auf Schaffung oder Erweiterung von Ausbildungs-

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Numerus Clausus (N. C.)

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einrichtungen ist grundsätzlich nicht anzuerkennen. Bedenken gegen die Annahme eines solchen Anspruchs bestehen vor allem unter dem Gesichtspunkt der Gewaltenteilung (vgl. dazu Bay. VGH v. 30. 6. 1981 - 7 CE 81 B. 87 u.a. -). Zur Entwicklung des Hochschulzulassungsrechts bis 1982 vgl. den Überblick bei Becker-Hauck, NVwZ 1983, 77 ff., 204ff., 328 ff.

Nutzungsentgelt 1300

I. Begriff. Man versteht darunter das von angestellten und beamteten Ärzten zu entrichtende Entgelt für die Inanspruchnahme von Einrichtungen, Personal und Material des Dienstherrn (meist Krankenhausträger) bei Ausübung einer liquidationsberechtigten ärztlichen Tätigkeit (> Liquidationsrecht). Zum Teil wird der Begriff entsprechend seiner Herkunft aus dem Nebentätigkeitsrecht der Beamten in einem engeren Sinne nur auf > b e a m t e t e Ä r z t e bezogen und das von angestellten Ärzten zu entrichtende Entgelt als „Unkostenerstattung", „Chefaiztabgabe" oder „Honoiaiabgabe" bezeichnet (vgl. Luxenburger, aaO. S. 323ff., 335ff.). Die > K r a n k e n h a u s r e f o r m g e s e t z e verwenden den Begriff dagegen wie hier in einem weiteren Sinne (vgl. § 20 Abs. 1 KHG Bad.-Wttbg.; § 14 LKG Berlin; § 17 Abs. 3 Hess. KHG). Die folgende Darstellung beschränkt sich auf das Nutzungsentgelt bei der stationären und ambulanten Tätigkeit von ärztlichen > H o c h s c h u l l e h r e r n und liquidationsberechtigten Krankenhausärzten.

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II. Beamtete Chefärzte und ärztliche Hochschullehrer. 1. Rechtsgrundlagen für die Pflicht zur Abführung eines Nutzungsentgelts an den Dienstherrn sind für diesen Personenkreis - unabhängig von der z.T. in den >Krankenhausreformgesetzen festgelegten Pflicht zur Entrichtung eines Nutzungsentgelts an den Krankenhausträger (vgl. oben Rz 1300) - die einschlägigen Vorschriften in den jeweiligen Landesbeamtengesetzen mit den hierzu ergangenen Nebentätigkeitsverordnungen und Erlassen bzw. Verwaltungsvorschriften sowie die Hochschul-Nebentätigkeitsverordnungen (vgl. z.B. für Baden-Württemberg § 87 LBG; §§ 10-12 LNTVO; §§ 11 ff. HNTVO). Die im Jahr 1979 ausgesprochenen Empfehlungen der Kultusministerkonferenz zur Vereinheitlichung des Nebentätigkeitsrechts im Hochschulbereich der Länder (> N e b e n t ä t i g k e i t Rz 1236) wird in absehbarer Zeit zu einer Vereinheitlichung der zur Zeit noch bestehenden z.T. sehr unterschiedlichen Regelungen in den einzelnen Bundesländern (vgl. die Nachweise bei Luxenburger, aaO. S. 337, Anm. 60, 61) führen. In Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg wurden auf der Grundlage dieser Empfehlungen bereits neue Hochschul-Nebentätigkeitsverordnung erlassen (HNtV Nordrh.-Westf. v. 11. 12. 1981, GVBl. S. 726; HNTVO Bad.-Wttbg. v. 30. 6. 1982, GBl. S. 388). 2. Bemessung des Nutzungsentgelts (vgl. zum folgenden Weissauer-Hirsch, aaO. S. 8ff.; Lecheler, NJW 1983, 1359ff.). Die Bemessung des Nutzungsentgelts bedarf keiner Regelung durch Gesetz oder Verordnung, sondern kann der

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Nutzungsentgelt

gesetzanwendenden Behörde überlassen bleiben, die eine Regelung im Erlaßweg treffen kann (BVerwG, NJW 1974, 1443; BVerfG v. 25. 6. 1974 - 2 BvR 4 4 3 / 7 4 - [Verfassungsbeschwerde gegen das vorzitierte Urteil des BVerwG]). Das frühere „Bettengeld" wird im neueren Nebentätigkeitsrecht zunehmend durch eine Abgabe nach Prozentsätzen der Bruttoliquidationseinnahmen ersetzt ( > B e t t e n g e l d ; Bedenken dagegen bei Lecheler, der in der Einführung des Maßstabes der Bruttoeinnahmen eine unzulässige Umfunktionierung des Nutzungsentgelts in eine Sondersteuer sieht). Dabei bleibt nach den derzeitigen Regelungen meist im Unklaren, welches Bemessungsprinzip den festgesetzten Prozentsätzen zugrunde liegt. Es besteht ein grundsätzlicher Meinungsstreit darüber, ob der beamtete Arzt nur die dem Dienstherrn konkret erwachsenen Unkosten zu ersetzen hat (Kostendeckungsprinzip), oder ob er auch die ihm durch die Inanspruchnahme der personellen und sächlichen Mittel seines Dienstherrn zufließenden weiterreichenden Vorteile ausgleichen muß (Vorteilsausgleichsprinzip). Nach den Empfehlungen der Kultusministerkonferenz aus dem Jahr 1979 (vgl. oben Rz 1301) schließen sich das Kostendeckungsprinzip und das Vorteilsausgleichsprinzip nicht aus, sondern ergänzen einander. Dementsprechend bestimmt § 15 Abs. 1 Satz 2 der aufgrund dieser Empfehlungen erlassenen HNtV Nordrh.-Westf., daß das Nutzungsentgelt mindestens kostendeckend zu bemessen ist und den besonderen Vorteil berücksichtigen soll, der dem Beamten durch die Inanspruchnahme entsteht. § 1 7 HNtV Nordrh.-Westf. pauschaliert dann das Nutzungsentgelt in der Weise, daß in der unmittelbaren (stationären und ambulanten) Krankenversorgung 2 0 % (zuzüglich Sachkosten), in der mittelbaren Krankenversorgung und im Bereich der medizinisch-theoretischen Institute 35 % der Bruttovergütungen (einschließlich Sachkosten) an den Dienstherrn abzuführen sind. Eine ähnliche Regelung trifft § 11 Abs. 1 u. 3 HNTVO Bad.-Wttbg., ohne daß allerdings das Bemessungsprinzip in der HNTVO Ausdruck findet, a) Nach dem Eostendeckungsprinzip hat der beamtete Arzt dem Dienstherrn nur diejenigen Aufwendungen zu ersetzen, die diesem durch die liquidationsberechtigte Tätigkeit des beamteten Arztes tatsächlich entstehen und die der Dienstherr nicht von Dritten erstattet erhält. Bei der Frage, inwieweit dem Dienstherrn durch die Inanspruchnahme von Personal- und Sachmitteln durch beamtete Ärzte ungedeckte Kosten verbleiben, ist zu unterscheiden zwischen dem stationären und dem ambulanten Bereich, aa) Soweit das Krankenhaus bei der stationären Behandlung von Wahlleistungspatienten entgegen § 3 Abs. 2 Satz 2 BPflV den allgemeinen („großen") Pflegesatz berechnet, sind damit sämtliche dem Dienstherrn durch die liquidationsberechtigte Tätigkeit entstandenen Sach- und Personalkosten (Betriebskosten) abgegolten ( > P f l e g e s a t z Rz 1354). Nicht gedeckt durch den Pflegesatz sind nur die Investitionskosten (Gebäude, Einrichtungen), die jedoch durch öffentliche Fördermittel nach dem KHG bzw. dem Hochschulbauförderungsgesetz v. 1. 9. 1969 (BGBl. I S. 1556) aufgebracht werden. Ein Anspruch des Dienstherrn auf Erstattung von ungedeckten > Sachkosten besteht daher nach dem Kostendeckungsprinzip nicht. Soweit in den einzelnen Bundesländern

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der „mittlere" Pflegesatz (d. h. um den > A r z t k o s t e n a b s c h l a g reduzierte Pflegesatz] eingeführt ist (> Pflegesatz Rz 1354), sind damit ebenfalls alle Unkosten des Dienstherrn mit Ausnahme der Kosten für die Inanspruchnahme des nachgeordneten ärztlichen Dienstes und der Arztschreibkräfte gedeckt (es sei denn, daß die nachgeordneten Ärzte nicht im Rahmen ihrer Dienstaufgaben, sondern in genehmigter > N e b e n t ä t i g k e i t mitarbeiten; in diesem Fall entstehen dem Dienstherrn aus der Mitarbeit der nachgeordneten Ärzte im liquidationsberechtigten Bereich keine Arztpersonalkosten; gleiches gilt nach der konkreten Pflegesatzgestaltung in Nordrhein-Westfalen für dieses Bundesland, vgl. Weissauer-Hirsch, aaO. S. 23). Es bleibt daher eine vom Arzt an das Krankenhaus zu erstattende Differenz in Höhe des Arztkostenabschlags (Luxenburger, aaO. S. 339f.; Narr, aaO. Rz 1041). Vergleichsberechnungen haben ergeben, daß der Erstattung des Arztkostenabschlags etwa ein Betrag von 20% der Bruttoliquidationseinnahmen entspricht. Dabei ist jedoch weiter zu berücksichtigen, daß der Arztkostenabschlag von allen mitbehandelnden liquidationsberechtigten Ärzten nur einmal zu entrichten ist. Da die nicht bettenführenden leitenden Ärzte ihrerseits Abgaben an den Krankenhausträger leisten, braucht der bettenführende Arzt den Arztkostenabschlag nicht in voller Höhe zu erstatten (vgl. die Anmerkungen zu dem Mustervertrag für leitende Krankenhausärzte in ArztR 1983, 332, Andreas, Anm. zum Beschluß des VGH Bad.-Wttbg. v. 9. 7. 1976 [NJW 1976,2314j, ArztR 1976,45). Nach Inkrafttreten der GOÄ'82 war streitig, ob das in § 4 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 1 GOÄ verankerte Verbot der unmittelbaren Erhebung von > Sachkos t e n bei Privatpatienten durch den Krankenhausträger und die daraus resultierende Pflicht der liquidationsberechtigten Ärzte zur Einziehung der Sachkosten mit dem Arzthonorar und Abführung an den Krankenhausträger (> A j r z t h o n o r a r Rz 188) nur im ambulanten Nebentätigkeitsbereich der liquidationsberechtigten Krankenhausärzte oder auch im stationären liquidationsberechtigten Bereich Anwendung findet. Von der ganz überwiegenden Meinung im Schrifttum wurde die Anwendbarkeit dieser Regelung auf den stationären Bereich mit überzeugenden Argumenten verneint (vgl. statt vieler Hess, DÄ 1982/48, S. 19, 21 f.; Opderbecke-Weissauer, Anästh. Intensivmed. 1983, 458ff. ; Baur, MedR 1983, 161 ff.). Dessenungeachtet hat der Verordnungsgeber jetzt auf dem Weg über die Verlängerung der Übergangsfrist in § 14 Abs 2 GOÄ für den stationären Kiankenhausbereich bis 1. 1. 1985 durch die Erste Änderungsverordnung zur GOÄ v. 20. 12. 1983 (BGBl. I S. 1500) „klargestellt, daß § 4 Abs. 3 und 4 GOÄ im stationären Krankenhausbereich angewendet werden muß", mit der Folge, daß die liquidationsberechtigten Krankenhausärzte künftig auch im stationären Bereich von dem > Arzthonorar im Innenverhältnis > Sachkosten an das Krankenhaus erstatten müssen. Während der bis 1. 1. 1985 erstreckten Übergangsfrist hat der Arzt die vom Krankenhaus unmittelbar erhobenen Sach- und Personalkosten von seinem Honorar abzuziehen und in der Rechnung den Umfang der Minderung bei den einzelnen Leistungen anzugeben (Begründung zum Verordnungsentwurf, BR-Drucks. 488/83 v. 9. 11. 1983).

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Die Einbeziehung des stationären Bereichs in die Regelung über die Sachkostenberechnung ist in keiner Weise sachgerecht und begegnet erheblichen Rechtsbedenken. Die Anwendung der hier fraglichen Vorschriften im stationären Bereich ist jedenfalls so lange nicht gerechtfertigt, als der Krankenhausträger nach der > B u n d e s p f l e g e s a t z v e r o r d n u n g auch Selbstzahlern sämtliche Sach- und Personalkosten im > Pflegesatz gesondert in Rechnung stellt. Um die vorzitierten Vorschriften des § 4 Abs. 3 u. 4 GOÄ realisieren zu können, wäre zunächst eine Änderung der Bundespflegesatzverordnung dahin erforderlich, daß der > Pflegesatz bei Wahlleistungspatienten um die Sachund Personalkosten entlastet wird und diese Kosten dann ausschließlich mit dem > Arzthonorar dem Patienten in Rechnung gestellt werden. Hinzu kommt, daß der Begriff der Praxiskosten i. S. des § 4 Abs. 3 Satz 1 GOÄ nicht identisch ist mit den dem Krankenhaus aus der liquidationsberechtigten stationären Tätigkeit des Chefarztes entstehenden Sach- und Personalkosten. Dies ergibt sich aus der niedrigen Bewertung krankenhaustypischer Leistungen in der GOÄ'82 (vgl. z.B. Nrn. 440, 3075 und 3085 GOÄ), die nur den Schluß zuläßt, daß die ausgewiesenen Vergütungssätze jeweils nur die rein ärztliche Leistung abgilt (vgl. dazu Opderbecke-Weissauer, Anästh. Intensivmed. 1983, 458ff. ; Opderbecke, Anästh. Intensivmed. 1983, 412f. ; etwas anderes gilt für die Gebührensätze bei Röntgen- und Laborleistungen, deren Sachkostenanteil unabhängig davon ist, ob sie für stationäre oder ambulante Patienten erbracht werden). Im übrigen würde die Einbeziehung von Sachkosten in den Pflegesatz und die Einbeziehung derselben Kosten in den Liquidationsanspruch des Arztes bei dem Zahlungspflichtigen zu einer Doppelbelastung führen, die durch § 4 Abs. 3 und 4 GOÄ gerade vermieden werden soll (Hess, DÄ 1982/48, S. 22; soweit Sachkosten im Arzthonorar enthalten sind, wie vor allem bei den Röntgen- und Laborleistungen, hat der liquidationsberechtigte Arzt dies bei der Anwendung des Multiplikators bei der Rechnungserstellung zu berücksichtigen). Sonach ist der durch die Erste ÄnderungsVO zur GOÄ v. 20. 12. 1983 geschaffene Rechtszustand mehr als verworren. Bei der Frage, welche Angaben liquidationsberechtigte beamtete Ärzte und ärztliche Hochschullehrer seit Inkrafttreten der GOÄ'82 an ihren Dienstherrn zu leisten haben, ist zunächst von dem jeweiligen Inhalt der (durch Verwaltungsakt erteilten) Nebentätigkeitsgenehmigung oder dem jeweiligen öffentlichrechtlichen Vertrag zwischen Dienstherr und liquidationsberechtigtem Arzt auszugehen. Soweit die Pflicht zur Abführung eines Nutzungsentgelts auf öffentlichrechtlichem Vertrag beruht und dem Arzt nach Abführung des Nutzungsentgelts, der > Mitarbeiterbeteiligung und der Sach- und Personalkosten an das Krankenhaus eine angemessene Vergütung für seine Leistungen nicht mehr verbleibt, ist mit Inkrafttreten der GOÄ'82 die Geschäftsgrundlage entfallen mit der Folge, daß die vertraglichen Vereinbarungen insoweit ihre Verbindlichkeit verlieren (zur Anwendung der zivilrechtlichen Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage auf öffentlichrechtliche Vertragsverhältnisse vgl. § 60 VwVfG und die entsprechenden Vorschriften in den Landesverwaltungsverfahrensgesetzen; Wolff-Bachof, Verwaltungsrecht I S. 353). Bei einseitiger Regelung der Kostenerstattung in der Nebentätigkeitsgenehmigung oder bei unmittelbarer Anwendbarkeit der Vorschriften über die Kostenerstattung im Nebentätigkeitsrecht

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(z.B. in den Hochschulnebentätigkeitsverordnungen) bedarf es in diesen Fällen einer Anpassung nach den vom BVerwG im Urteil v. 31. 1. 1974 entwickelten Grundsätzen (NJW 1974, 1440, 1443). Dementsprechend hat auch der Bundesrat in einer Entschließung anläßlich seiner Zustimmung zur Ersten ÄnderungsVO u. a. die Anpassung des Nebentätigkeitsrechts an die neue Rechtslage gefordert. Für die Ubergangszeit bis zum 1. 1. 1985 (§ 14 Abs. 2 Satz 2 GOÄ) haben sich Vertreter der privaten > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g und der > B u n d e s ä r z t e k a m m e r anläßlich einer Besprechung im BMA Ende Januar 1984 auf folgenden Kompromiß geeinigt: Führt der liquidationsberechtigte Arzt bisher schon mindestens 35 % des Einfachsatzes der GOÄ als Nutzungsentgelt an den Krankenhausträger ab, braucht er seine Liquidation nicht zu mindern, da sich das Nutzungsentgelt über § 18 Abs. 6 BPflV unmittelbar pflegesatzmindernd auswirkt. Liegt das bisher entrichtete Nutzungsentgelt unter 35% des Einfachsatzes der GOÄ, muß er die Differenz zwischen der tatsächlichen Abgabe und den 35 % von seiner Honorarrechnung abziehen. In beiden Fällen hat der Arzt in der Rechnung anzugeben, in welcher Höhe er dem Krankenhausträger Sach- und Personalkosten erstattet. Er erscheint zweifelhaft, ob es dem Gesetzgeber - wie in der vorzitierten Entschließung des Bundesrates gefordert - in der ihm bis zum 1. 1. 1985 verbleibenden Zeit gelingt, das geltende Recht zu harmonisieren und an die neue Rechtslage anzupassen.

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bb) Durch die ambulante Behandlung im Krankenhaus im Rahmen der ambulanten > N e b e n t ä t i g k e i t ( > C h e f a r z t Rz 510) erwachsen dem Dienstherrn die allgemeinen Praxiskosten einschließlich der durch die Anwendung von Instrumenten und Apparaten entstehenden Kosten (§ 4 Abs. 3 GOÄ > A r z t h o n o r a r Rz 163). bba) Bei der Behandlung von Privatpatienten sind diese Kosten im > Arzthonorar enthalten und daher vom Arzt zu erstatten. Die früher weitgehend übliche direkte Erhebung der > S a c h k o s t e n bei Privatpatienten durch das Krankenhaus bei der Erbringung ambulanter ärztlicher > Sachleistungen ist seit 1.1. 1984 nicht mehr möglich, so daß hier jetzt die Sachkosten vom Arzt mit dem Honorar einzuziehen und intern an den Dienstherrn abzuführen sind (§§4 Abs. 3 und 4, 14 Abs. 2 Satz 1 GOÄ'82, > A r z t h o n o r a r Rz 188). Für die Höhe des Sachkostenanteils bei den einzelnen ärztlichen Leistungen bietet die GOÄ keinen Anhalt. Der Umfang der von den beamteten Chefärzten und ärztlichen > H o c h s c h u l l e h r e r n an den Dienstherrn abzuführenden Sachkosten richtet sich nach dem jeweiligen Nebentätigkeitsrecht und den auf seiner Grundlage erteilten Nebentätigkeitsgenehmigungen bwz. abgeschlossenen öffentlichrechtlichen Verträgen, wobei zu beachten ist, daß der Sachkostenbegriff auch hier nicht einheitlich verwendet wird (vgl. Baur, MedR 1983, 162, 165 > Sachkosten). Soweit nach diesen Regelungen, die sich vielfach nicht am Kostendeckungsprinzip orientieren, dem liquidationsberechtigten Arzt nach Inkrafttreten der GOÄ'82 kein angemessenes Honorar mehr verbleibt, gilt entsprechendes wie im stationären Bereich (vgl. oben Rz 1302; sofern die Sachkostenberechnung bisher nach dem > D K G - N T vorzunehmen war, gelten die Ausführungen unten Rz 1308 entsprechend). bbb) Bei der ambulanten Behandlung von Kassenpatienten durch beamtete leitende Krankenhausärzte erhält der Krankenhausträger bei der Ausführung ärztlicher Sachleistungen die Sachkosten auch künftig direkt von der KV

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| > Sachleistung Rz 1531, > KBV-NT). Durch diese Sätze auch gedeckt sind die Kosten für Arztschreibkräfte, nicht aber die Kosten für die Inanspruchnahme des nachgeordn. ärztl. Dienstes. Bei der Erbringung rein ärztlicher Leistungen für Kassenpatienten erhält der Arzt mit seinem Honorar von der KV auch die allgemeinen Praxiskosten, die er an seinen Dienstherrn weiterzugeben hat (näher dazu Narr, aaO. Rzn. 1035 ff. ; Schwaiger, Saarl. ÄBl. 1978, 51, 52). Hieran hat sich durch das Inkrafttreten der neuen GOÄ am 1. 1. 1983 nichts geändert. Diese Regelung gilt nicht für Universitätskliniken und sonstige landeseigenen Kliniken. Dort erhalten die an der kassenärztlichen Versorgung beteiligten oder ermächtigten Ärzte von der KV das gesamte Honorar einschließlich des Sachkostenanteiles, der dann im Innenverhältnis an den Dienstherrn abgeführt wird. bbc) Der beim Krankenhausträger verbleibende ungedeckte Kostenanteil aus der ambulanten kassenärztlichen und privatärztlichen Tätigkeit der liquidationsberechtigten Krankenhausärzte betrug nach früheren Erfahrungswerten zwischen 10% und 20% der Bruttoeinnahmen (vgl. Narr, aaO. Rz 1044). Durch den Wegfall der Möglichkeit der direkten Abrechnung von Sach- und Personalkosten gegenüber Privatpatienten ist eine entsprechende Erhöhung dieses Satzes in Zukunft gerechtfertigt. b) Das BVerwG hat sich zum Vorteilsausgleichsprinzip bekannt. Nach seiner Auffassung ist das Nutzungsentgelt „ein Ausgleich für die Vorteile, die der Beamte dadurch genießt, daß er Einrichtungen, Material und Personal, deren Inanspruchnahme für seine Nebentätigkeit erforderlich ist,,vorfindet' und sich ohne eigenes wirtschaftliches Risiko nutzbar machen kann" (BVerwG, NJW 1974, 1440,1443; ebenso OVG Bremen v. 2 9 . 6 . 1 9 8 2 - 2 BA 84/80 + 85/80 -). Dabei geht das Gericht davon aus, daß ein so verstandenes Nutzungsentgelt die Gesamtheit der Aufwendungen des Krankenhauses nicht übersteigt und somit „keine Rede davon sein könne", daß der Krankenhausträger „sich seine Leistungen zweimal bezahlen lasse" (BVerwG, aaO. S. 1443). Diese Auffassung verkennt indessen den durch das KHG und die BPflV eingetretenen Rechtszustand, wonach öffentliche Fördermittel für Investitionskosten nicht als Subventionen, sondern in Erfüllung öffentlicher Aufgaben gewährt (vgl. §§ 4 ff. KHG) und daneben vom Patienten kostendeckende Pflegesätze entrichtet werden (vgl. oben Rz 1302; Narr, aaO. Rz 1041). Gegen ein nach dem Vorteilsausgleichsprinzip ohne Rücksicht auf die vom Arzt tatsächlich verursachten Kosten bemessenes Nutzungsentgelt, das u. a. zu einer doppelten Abrechnung von Kosten - einmal über den > Pflegesatz und einmal gegenüber dem Arzt - führen kann, werden mit Recht Bedenken erhoben (Narr, aaO. Rz 1041; Weissauer-Hirsch, aaO. S. 38ff., 58ff. ; Schwaiger, Saarl. ÄBl. 1978, 52 m. w. Nachw. Anm. 8). So wird u. a. zutreffend darauf hingewiesen, daß ein nicht an den tatsächlichen Unkosten orientiertes Nutzungsentgelt im praktischen Ergebnis zu einer sachlich nicht zu rechtfertigenden und daher verfassungsrechtlich bedenklichen Beteiligung des Staates an den Einnahmen der liquidationsberechtigten Ärzte führt (näher dazu Schwaiger, aaO. S. 52 f.). Diese Bedenken können nicht einfach mit dem Hinweis dar-

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auf abgetan werden, daß die ihnen zugrundeliegende Betrachtungsweise zu formal sei und das Nutzungsentgelt letztlich eine „Benutzungsgebühr" darstelle, für die das Kostendeckungsprinzip kein Wesensmerkmal sei (so Luxenburger, aaO. S. 341, der sich auch mit den weiteren Bedenken gegen die derzeitige Nutzungsentgeltregelung ausführlich, im Ergebnis aber nicht überzeugend auseinandersetzt, S. 343f.). Abgesehen davon, daß der Gesetzgeber das Nutzungsentgelt nicht dem öffentlichen Gebührenrecht unterstellt, sondern gesondert im Rahmen des Beamtenrechts geregelt hat, können Gebühren nur von denjenigen erhoben werden, auf deren Veranlassung oder in deren Interesse die Inanspruchnahme erfolgt (Wolff-Bachof, Verwaltungsrecht I S. 308). Die stationäre Krankenversorgung gehört nach den geltenden Hochschul- und Krankenhausgesetzen zu den öffentlichen Aufgaben (vgl. z. B. § 3 Abs. 8 UG Bad.-Wttbg.; § 2 KRG Rheinl.-Pf.). Die Benutzung von Personal- und Sachmitteln für die Krankenversorgung erfolgt deshalb in Wahrnehmung dieser Aufgaben auf Veranlassung dessen, dem diese Aufgabe obliegt und im Interesse der Patienten, keinesfalls aber auf Veranlassung und im Interesse der liquidationsberechtigten Krankenhausärzte. Auch bei der Bemessung nach dem Vorteilsausgleichsprinzip muß das Nutzungsentgelt der Höhe nach angemessen sein und „in einer ausgewogenen Relation zu der aus der Nebentätigkeit gezogenen Vergütung stehen . . . , wobei auch ein Vomhundertsatz dieser Vergütung nur dann in diesem Sinne angemessen ist, wenn ei dem Beamten den eindeutig überwiegenden Teil des aus der Nebentätigkeit gewonnenen wirtschaftlichen Nutzens beläßt (die Nebentätigkeit muß für den Klinikdirektor hinreichend verlockend' bleiben...). Durch das Entgelt darf der Dienstherrn dem Beamten nicht gleichsam mit der linken Hand wieder nehmen, was er diesem mit der rechten in Gestalt der gesetzlichen oder behördlichen Gestattung der Nebentätigkeit und der Gestattung, sich hierbei des behördlichen Apparats zu bedienen, gegeben h a t . . . " (BVerwG, NJW 1974, 1440, 1443; vgl. auch VGH Bad.-Wttbg., NJW 1976, 2314, 2316). Wenn auch nach dem geltenden Nebentätigkeitsrecht bei der Berechnung des Nutzungsentgelts nach einem Vomhundertsatz die gesamten Bruttoeinnahmen der leitenden Ärzte ohne Abzug der Honorarabgaben an den nachgeordneten ärztlichen Dienst (> M i t a r b e i t e r b e t e i l i g u n g ) zugrundezulegen sind, so sind diese Abgaben bei der Frage, ob dem Arzt der eindeutig überwiegende Teil seiner Einkünfte aus der Nebentätigkeit verbleibt, doch insofern zu berücksichtigen, als das Nutzungsentgelt und der für die Mitarbeiterbeteiligung aufzubringende Betrag insgesamt unter 50% der Bruttoeinnahmen aus der Nebentätigkeit liegen muß. Dies gilt jedenfalls insoweit, als die Mitarbeiterbeteiligung gesetzlich vorgeschrieben ist oder, wo gesetzliche Regelungen fehlen, die an die ärztlichen Mitarbeiter freiwillig geleisteten Zahlungen sich im Rahmen der bestehenden gesetzlichen Vorschriften über die Mitarbeiterbeteiligung bewegen (ähnlich Luxenburger, aaO. S. 355f.). 3. Ansprüche des Dienstherrn auf Abführung von Nutzungsentgelt verjähren in 4 Jahren (analog § 197 BGB; OVG Münster, NJW 1981, 1328).

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m. Angestellte Chefärzte und sonstige liquidationsberechtigte Ärzte im 1308 Anstellungsverhältnis. 1. Rechtsgrundlage für die Pflicht zur Entrichtung eines Nutzungsentgelts bei angestellten > C h e f ä r z t e n ist der Chefarztvertrag. Für sonstige liquidationsberechtigte Ärzte im Geltungsbereich des BAT gilt SR 2 c Nr. 5 Abs. 3 BAT, wonach ein Arzt, der für eine Nebentätigkeit Räume, Einrichtungen, Personal oder Material des Arbeitgebers in Anspruch nimmt, dem Arbeitgeber die Kosten hierfür zu erstatten hat, soweit sie nicht von anderer Seite zu erstatten sind. Die zu entrichtenden Kosten können in einer Nebenabrede zum Arbeitsvertrag pauschaliert werden. Diese Vorschrift stellt gegenüber dem durch Verweisung in § 11 BAT geltenden Beamtenrecht eine vorrangig geltende Sonderregelung dar (Braun, aaO. S. 21). Danach gilt für angestellte Ärzte im Geltungsbereich des BAT das Kostendeckungsprinzip mit der Folge, daß die Rspr. des BVerwG zum Nutzungsentgelt, soweit sie auf dem Vorteilsausgleichsprinzip beruht, keine Anwendung findet. Im übrigen gelten die Grundsätze für > beamtete Ärzte entsprechend (Braun, aaO.). Auch für angestellte Chefärzte sowie sonstige liquidationsberechtigte Ärzte außerhalb des Geltungsbereichs des BAT ist aus den bei beamteten Ärzten dargelegten Gründen (oben Rz 1304) am Kostendeckungsprinzip festzuhalten mit der Folge, daß ein Nutzungsentgelt nur für die durch den > Pflegesatz oder sonstigen Zahlungen von dritter Seite nicht gedeckten tatsächlichen Unkosten aus der liquidationsberechtigten Tätigkeit des Chefarztes verlangt werden kann (vgl. z.B. auch § 17 Abs. 3 Hess. KHG, wonach die Krankenhausträger Anspruch auf ein „kostendeckendes Nutzungsentgelt" haben). Andererseits wird man grundsätzlich nicht so weit gehen können, vertragliche Vereinbarungen, die zu einer höheren Abgabe führen, generell als sittenwidrig und nichtig anzusehen (§ 138 BGB; BGHZ 7, 1, 28f. ; OLG Celle, NJW 1963, 1676; ausführlich dazu Luxenburger, aaO. S. 328 ff. ; a.A. Nipperdey, Krankenhausarzt 1949, 4, 16; Busse, aaO. S. 113 D> L i q u i d a t i o n s r e c h t Rz 1155). Ausnahmen können sich im Einzelfall insbesondere aus der Höhe und dem Motiv der Abgabeverpflichtung ergeben (vgl. BGHZ 7, 1, 29). So dürfte z.B. die vertragliche Festlegung eines Nutzungsentgelts in Höhe von 70% der Bruttoeinnahmen grundsätzlich nach § 138 BGB nichtig sein. Der von der Rspr. für das Beamtenrecht entwickelte Grundsatz, daß dem liquidationsberechtigten Arzt, der „eindeutig überwiegende Teil" der Liquidationseinnahmen verbleiben muß (vgl. oben Rz 1305), muß für angestellte Ärzte entsprechend gelten. Dies folgt aus der arbeitsvertraglichen Fürsorgepflicht, die es dem Arbeitgeber verbietet, den angestellen Arzt schlechter zu stellen als > beamtete Ärzte in vergleichbarer Stellung. 2. Wegen der Frage, welche ungedeckten Kosten dem Krankenhausträger im stationären und ambulanten Bereich bei Anwendung des Kostendeckungsprinzips verbleiben, wird zunächst auf die Ausführungen oben unter Rzn. 1302 f. verwiesen. a) Bezüglich der Sachkostenerstattung der Chefärzte im stationären Bereich nach der GOÄ'82 gilt entsprechendes wie für > beamtete Ärzte, deren Pflicht

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zur Abführung eines Nutzungsentgelts durch öffentlichrechtlichen Vertrag geregelt ist (vgl. oben Rz 1302). b) Die Sachkostenerstattung im ambulanten Bereich ist in den Chefarzt Verträgen überwiegend dahin geregelt, daß der Chefarzt bei der Erbringung ärztlicher > S a c h l e i s t u n g e n Sachkosten nach den Sätzen des > D K G - N T , Spalte 6, an das Krankenhaus abzuführen hat (manche Chefarztverträge verwenden den weiteren Sachkostenbegriff, der sich auch auf die rein ärztlichen Leistungen erstreckt; vgl. Baur, MedR 1983, 164 > S a c h k o s t e n , > Sachleistung). Mit Inkrafttreten der GOÄ'82 ist die Geschäftsgrundlage für diese Regelungen entfallen. Denn die neue GOÄ bringt - insbesondere für die medizinisch-technischen Leistungen - eine völlig neue Gebührenstruktur und neue Gebührensätze, so daß dem liquidationsberechtigten Arzt bei Zugrundelegung des DKG-NT als Abrechnungsmaßstab für die Sachkosten kein angemessenes Honorar mehr verbleibt. Der liquidationsberechtigte Arzt kann daher nach den von der Rspr. entwickelten Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage insoweit vom Krankenhausträger eine Vertragsanpassung verlangen, wobei sich als gerechteste Grundlage für die Berechnung der Sachkosten der > K B V - N T anbietet (vgl. Hess, DÄ 1982/48, S. 19, 21; Siegmund-Schultze, ArztR 1983, 278f. ; Schlauß, Nieders.ÄBl. 1983, 806; aus der Fünten, Arzt u. Krankenhaus 1983, 53, 54; zur Anwendung des KBV-NT vgl. auch Opderbecke, Anästh. Intensivmed. 1983, 412, 413; a.A. Abshoff, Krankenhaus 1983, 329, 332f.). Im übrigen läßt sich die Frage der Sachkostenerstattung bei der nichtstationären Nebentätigkeit nach Inkrafttreten der GOÄ'82 nicht generell, sondern stets nur auf der Grundlage des einzelnen Chefarztvertrages beantworten. Ist z. B. im Chefarztvertrag vereinbart, daß mit der Abgabe eines bestimmten Prozentsatzes von den Bruttohonorareinnahmen alle dem Krankenhausträger entstehenden Kosten einschließlich der Kosten für Personal, Einrichtungen und Material abgegolten sind, so entfällt auch künftig eine zusätzliche interne Sachkostenerstattung (näher dazu Baur, MedR 1983, 161, 164f.). 1309

IV. Einzelfragen. 1. Aus der Tatsache, daß das Nutzungsentgelt nur von Einnahmen aus einer Tätigkeit erhoben werden kann, für die der Arzt Einrichtungen seines Dienstherrn in Anspruch nimmt, ergibt sich für die Anfertigung von > G u t a c h t e n im Rahmen einer > Nebentätigkeit zwingend, daß dann, wenn das Gutachten in mehrere Teile mit und ohne Inanspruchnahme von Personal- und Sachmitteln des Dienstherrn zerlegt werden kann und diese Gutachtenteile auch gebührenmäßig durch den Ansatz verschiedener Gebührenziffern abgrenzbar sind, ein Nutzungsentgelt nur für die Teile eines Gutachtens berechnet werden kann, für die eine Nutzung von Einrichtungen und Personal des Dienstherrn tatsächlich stattgefunden hat. 2. Bei Inanspruchnahme eigener Einrichtungen und eigenen Personals durch die liquidationsberechtigten Ärzte (wie dies vielfach bei den Leitern der medizinisch-theoretischen Institute, z. B. Pathologen, der Fall ist), muß dies bei der Bemessung des angemessenen Entgelts durch entsprechende Abzüge berücksichtigt werden (vgl. Rieger, DMW 1975, 2364).

Obergutachten

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3. Zur Auskunfts- und Rechenschaftspflicht gegenüber dem Krankenhausträger > C h e f a r z t Rz 519. 4. Zum Anspruch des ärztlichen Sachverständigen gegen die Staatskasse auf Erstattung des Nutzungsentgelts > S a c h v e r s t ä n d i g e r Rz 1558.

Oberarzt I. Der Oberarzt ist der ständige Vertreter des > Chefarztes. Bei dessen Dienstabwesenheit nimmt er die Funktion des Letztverantwortlichen wahr. Der Oberarzt ist in aller Regel > G e b i e t s a r z t . Zu seinen wesentlichen Aufgaben gehören die Beratung und Überwachung der in seinem Verantwortungsbereich meist in der > Weiterbildung tätigen Ärzte (näher dazu Hoffmann-Jeute-Baur, Arzt u. Krankenhaus 1981, 22).

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II. Rechtsstellung. Der Oberarzt ist meist angestellter Arzt, selten > beamteter Arzt. Als angestellter Arzt unterliegt er dem BAT. Oberärzte erhalten außer den Tarifbezügen nach dem BAT häufig außertarifliche Zuwendungen. Zu Gehaltsanpassungsklauseln bei Vereinbarung solcher Zuwendungen vgl. Kirchhoff, arzt im krankenhaus 1981, 680. III. Für die zivilrechtliche und strafrechtliche Haftung des Oberarztes gelten die allgemeinen Grundsätze für die Haftung angstellter und beamteter Ärzte ( > B e h a n d l u n g s f e h l e r , > H a f t u n g ) . Zu den Sorgfaltspflichten eines Oberarztes bei der Überwachung eines in der > W e i t e r b i l d u n g stehenden > A s s i s t e n z a r z t e s bei der Operation > O p e r a t i o n Rz 1328. IV. Wegen der Erteilung von Weiterbildungsermächtigungen > W e i t e r b i l d u n g Rz 1884.

an Oberärzte

V. Eine Beteiligung von Oberärzten an der kassenärztlichen Versorgung kann bei Erfüllung der Voraussetzungen in § 368 a Abs. 8 RVO erfolgen (> C h e f a r z t Rz 527).

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Obergutachten I. Begriff. Im medizinischen Bereich versteht man darunter ein > Gutachten eines ärztlichen > Sachverständigen, der hinzugezogen wird, um kraft besonderer Autorität Zweifel zu klären, die durch gegensätzliche Auffassungen von mindestens zwei vor ihm gehörter Sachverständiger entstanden sind. Eine solche Autorität können z.B. in Anspruch nehmen: ein > G e b i e t s a r z t , wenn bisher nur Allgemeinärzte gehört wurden oder ein ärztlicher Direktor einer Universitätsklinik, dem Hilfsmittel zur Verfügung stehen, die den bisher ge-

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Obergutachten

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hörten niedergelassenen Ärzten fehlten (vgl. Jessnitzer, aaO. S. 247 f.). Ein Obergutachten muß schon nach seinem Zustandekommen so gewichtig sein, daß es widersprechende Auffassungen medizinischer Sachverständiger zu klären vermag. Ein von einer Universitätsklinik abgegebenes Obergutachten muß ersehen lassen, ob und wie weit sich der Leiter der Klinik oder dessen ständiger Vertreter den Inhalt zu eigen gemacht hat, wenn es von einem Stationsarzt oder einem anderen leitenden Arzt angefertigt worden ist (BVerwG, NJW 1957, 155 > Sachverständiger Rz 1540). 1313

II. Für die Entschädigung des gerichtlichen Obergutachters besteht keine besondere Regelung im ZSEG. Wegen des Grades der erforderlichen Fachkenntnis und der besonderen Schwierigkeit der Leistung muß jedenfalls der dem Obergutachter nach § 3 Abs. 2 ZSEG zuzubilligende Stundensatz den dem Vorgutachter gewährten Betrag i.d.R. deutlich überschreiten und häufig den Höchstsatz erreichen (vgl. Gebhardt, aaO. S. 32).

öffentlicher Gesundheitsdienst 1314

I. Begriff, öffentlicher Gesundheitsdienst ist die Wahrnehmung öffentlichrechtlicher Aufgaben auf dem Gebiet des > Ö f f e n t l i c h e n Gesundheitswesens durch die dafür zuständigen Behörden. Der öffentliche Gesundheitsdienst bildet neben der ambulanten und stationären Krankenversorgung die dritte Säule im System der gesundheitlichen Sicherung.

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II. Rechtsgrundlage ist in den meisten Bundesländern noch das ehemals als Reichsgesetz erlassene, jetzt als Landesrecht weitergeltende Gesetz über die Vereinheitlichung des Gesundheitswesens v. 3. 7. 1934 - GesVereinhG (RGBl. IS. 531) mit seinen drei Durchführungsverordnungen aus dem Jahre 1935 (1. DVO v. 6. 2. 1935, RGBl. I S. 177; 2. DVO v. 22. 2. 1935, RGBl. I S. 215; 3. DVO v. 30. 3. 1935, RMBl. S. 327 = BGBl. III 2120 - 1 - 3). In Berlin und im Land Schleswig-Holstein wurde dieses Gesetz inzwischen durch ein neues Gesundheitsdienst-Gesetz (GDG) abgelöst (Berlin: GDG v. 28. 7. 1980, GVB1. S. 1495; Schleswig-Holstein: GDG v. 26. 3. 1979, GVBl. S. 244; vgl. dazu Sankowsky, BGesuBl. 1981, 9). Grundlage für diese Neuregelungen war die von der Konferenz der für das Gesundheitswesen zuständigen Minister und Senatoren der Länder am 14. 12. 1972 beschlossene „Richtlinie für Ländergesetze über das Gesundheitswesen" (vgl. Hopf, aaO.). In den meisten übrigen Bundesländern steht eine Neuordnung des öffentlichen Gesundheitsdienstes auf der Basis der vorgenannten Richtlinie bevor. III. Aufgabe des öffentlichen Gesundheitsdienstes ist es, unter Berücksichtigung der medizinischen und medizinisch-technischen Entwicklung die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen und zu fördern (vgl. § 1 Abs. 1 GDG

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Öffentliches Gesundheitswesen

Schlesw.-Holst.). Dazu gehören vor allem: gesundheitliche Aufklärung und Gesundheitsernährung; vorbeugende Gesundheitshilfe, gesundheitliche Beratung und Betreuung; Hinwirken auf hygienische Verhältnisse zur Vermeidung von Gesundheitsgefährdungen; Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten; Überwachung des Verkehrs mit Lebensmitteln, > Arzneimitteln und giftigen Stoffen; Aufsicht über Berufe und Einrichtungen des Gesundheitswesens; Ausstellung amtlicher Bescheinigungen und Erstattung von Gutachten (vgl. § 1 Abs. 2 GDG Schlesw.-Holst.). IV. Träger des öffentlichen Gesundheitsdienstes sind außer den > G e s u n d h e i t s ä m t e r n die Gesundheitsfachverwaltungen in Bund und Ländern. Sie können zur Durchführung ihrer Aufgaben besondere Untersuchungsanstalten und sonstige Facheinrichtungen unterhalten. 1. In den einzelnen Bundesländern obliegt die Durchführung des öffentlichen Gesundheitsdienstes auf der unteren Verwaltungsebene in den Landkreisen und kreisfreien Städten den > G e s u n d h e i t s ä m t e r n , auf der mittleren Verwaltungsebene dem Regierungspräsidenten (Bezirksregierung) und auf Landesebene dem für das Gesundheitswesen zuständigen Minister (Senator). Der Schwerpunkt liegt bei den Gesundheitsämtern. Zum öffentlichen Gesundheitsdienst gehören auch die > M e d i z i n a l u n t e r s u c h u n g s ä m t e r und die Lebensmitteluntersuchungsämter. 2. Auf Bundesebene nimmt das BMJFG Aufgaben des öffentlichen Gesundheitsdienstes wahr. Zu seinem Geschäftsbereich gehören u. a. das > B u n d e s g e s u n d h e i t s a m t in Berlin-Dahlem, das Paul-Ehrlich-Institut in Frankfurt, die > B u n d e s z e n t r a l e f ü r G e s u n d h e i t l i c h e A u f k l ä r u n g in KölnMerheim und das Deutsche Institut für medizinische Dokumentation in Köln. 3. Aufgaben des öffentlichen Gesundheitsdienstes auf internationaler Ebene werden von der > W e l t g e s u n d h e i t s o r g a n i s a t i o n wahrgenommen.

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V. Die im öffentlichen Gesundheitsdienst tätigen Ärzte können die > G e bietsbezeichnung „Öffentliches Gesundheitswesen" nach den Vorschriften der > W e i t e r b i l d u n g s o r d n u n g erwerben (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 20 MuWO i.V.m. Anl. I Nr. 20 MuWO und hierzu Meseberg-Sankowsky, BGesuBl. 1981, 331).

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Öffentliches Gesundheitswesen I. Das öffentliche Gesundheitswesen umfaßt die dem Staat auf dem Gebiet des Gesundheitswesens obliegenden Aufgaben, nämlich den Gesundheitsschutz, die Gesundheitsvorsorge und die Gesundheitshilfe. Einen wichtigen Bestandteil des öffentlichen Gesundheitswesens bildet der > ö f f e n t l i c h e G e s u n d h e i t s d i e n s t . Weiterhin gehören zum öffentlichen Gesundheitswesen die ärztlichen Dienste der Sozialleistungsträger ( > Vertrauensarzt, > Ver-

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öffentliches Gesundheitswesen

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sorgungsarzt, > Landesversicherungsanstalt), der gewerbeärztliche Dienst ( > Gewerbearzt), die ärztlichen Dienste bei der Bundeswehr (>Arzt der Bundeswehr, > Sanitätsoffizier > Truppenarzt), beim Bundesgrenzschutz ( > Grenzschutzsanitätsoffizier), bei der Polizei ( > Polizeiarzt) und der Justizverwaltung ( > Anstaltsarzt im Justizvollzugsdienst); vgl. Jung, aaO. S. 210. 1319

II. Rechtsgrundlagen. 1. Das Recht des öffentlichen Gesundheitswesens gehört zur konkurrierenden Gesetzgebung, d. h. die Länder können auf dem Gebiet des öffentlichen Gesundheitswesens Gesetze erlassen, solange und soweit der Bund von seinem Gesetzgebungsrecht keinen Gebrauch macht (Art. 72 Abs. 1 GG). Es handelt sich hier um folgende Bereiche: Gesundheitsfürsorge als Bestandteil der öffentlichen Fürsorge (Art. 74 Nr. 7 GG); Maßnahmen gegen gemeingefährliche und übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, Verkehr mit Arzneien, Heil- und Betäubungsmitteln und Giften (Art. 74 Nr. 19 GG); Schutz beim Verkehr mit Lebens- und Genußmitteln sowie Bedarfsgegenständen (Art. 74 Nr. 20 GG). Wegen der engen Verflechtung mit dem Gesundheitsrecht gehören außerdem hierher: der Schutz gegen Gefahren, die bei Freiwerden von Kernenergie oder durch ionisierende Strahlen entstehen (Art. 74 Nr. I I a GG); das Arbeitsschutzrecht, sowie das Sozialversicherungsrecht (Art. 74 Nr. 12 GG ; vgl. zum folgenden Daniels u.a., aaO. Bd. I, Teil A, S. 47ff.). 2. Zu den Rechtsvorschriften, die die normativen Grundlagen des öffentlichen Gesundheitswesens bilden, gehören u. a. folgende Gesetze und Verordnungen: > B u n d e s - S e u c h e n g e s e t z , Gesetz zur Bekämpfung der > Ges c h l e c h t s k r a n k h e i t e n , > A r z n e i m i t t e l g e s e t z , Betäubungsmittelgesetz ( > B e t ä u b u n g s m i t t e l r e c h t ) , Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz v. 15. 8. 1974, > H e i l m i t t e l w e r b e g e s e t z , Gesetz über das Apothekenwesen, Apothekenbetriebsordnung ( > A p o t h e k e ) , Gesetze über die Zulassung zu den ärztlichen und nichtärztlichen Heilberufen ( > B u n d e s ä r z t e o r d n u n g , > Z a h n h e i l k u n d e g e s e t z , Heilpraktikergesetz [ > H e i l p r a k t i k e r Rz 836], > m e d i z i n i s c h e A s s i s t e n z b e r u f e Rz 1182), > A t o m g e s e t z , > R ö n t g e n v e r o r d n u n g , > S t r a h l e n s c h u t z v e r o r d n u n g , Gesetz über die Vereinheitlichung des Gesundheitswesens ( > ö f f e n t l i c h e r G e s u n d h e i t s d i e n s t Rz 1315), Mutterschutzgesetz, Jugendarbeitsschutzgesetz ( > Jug e n d a r b e i t s s c h u t z u n t e r s u c h u n g e n Rz 915), > A r b e i t s s c h u t z g e s e t z , > Bundesversorgungsgesetz, > Bundessozialhilfegesetz.

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III. Internationale Einrichtungen auf dem Gebiet des öffentlichen Gesundheitswesens sind die > W e l t g e s u n d h e i t s o r g a n i s a t i o n und der Europarat, dessen Aufgabe auf dem Sektor des Gesundheitswesens vor allem darin besteht, Erkenntnisse im Bereich der Gesundheitspflege mit den nationalen Gegebenheiten seiner Mitglieder in Einklang zu bringen und Empfehlungen für die Mitgliedstaaten auszusprechen.

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IV. Akademien für öffentliches Gesundheitswesen bestehen in Düsseldorf und München. Ihre Aufgaben liegen vor allem auf dem Gebiet der Aus-, Weiter- und Fortbildung für die Berufe im öffentlichen Gesundheitswesen (näher dazu Kröger, öff. Gesundh.-Wesen 1979, 601 ff. > A m t s a r z t Rz 46). V. Zum Begriff „Öffentliches Gesundheitswesen" als > Gebietsbezeichnung nach dem ärztlichen Weiterbildungsrecht > Ö f f e n t l i c h e r G e s u n d h e i t s d i e n s t Rz 1317.

Operation I. Man versteht darunter jeden von einem > A r z t zu Heilzwecken vorgenommenen (blutigen oder unblutigen) Eingriff in die körperliche Substanz eines Menschen als besondere Form der > H e i l b e h a n d l u n g (Rz 802); vgl. Pschyrembel, aaO. „Operation".

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II. Der zwischen Arzt und Patient geschlossene > Arztvertrag über die Durchführung einer Operation ist regelmäßig Dienstvertrag (§§611 ff. BGB), nicht Werkvertrag. Die Operation zielt auf einen Heilerfolg ab, der Arzt schuldet aber nicht diesen Erfolg selbst. Die Operation ist nur ein Glied der Kette von Bemühungen des Arztes, einen von unzähligen Unwägbarkeiten abhängigen Heilungserfolg zu erreichen. Etwas anderes gilt nur in dem Ausnahmefall, daß der Arzt ein Erfolgsversprechen abgibt (vgl. Soergel in: Münch. Komm. §631 Rz 49 > Kosmetische B e h a n d l u n g Rz 1000). III. Wie jeder Heileingriff setzt die Rechtmäßigkeit der Operation eine rechtswirksame Einwilligung des Patienten nach vorangegangener Aufklärung voraus (> H e i l b e h a n d l u n g Rzn. 804ff., > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t Rzn. 253 ff.). 1. Der Aufklärung über die Person des Operateurs bedarf es nur in den Fällen, in denen der Patient die Zustimmung zur Operation nicht (wie i.d.R. der Kassenpatient) einem Team von Krankenhausärzten erteilt, sondern (wie der Wahlleistungspatient > K r a n k e n h a u s a u f n a h m e v e r t r a g Rz 1037) erwartet, von einem bestimmten Arzt behandelt zu werden (vgl. OLG Celle, NJW 1982, 706, wo die Eigenschaft als Privatpatient oder Kassenpatient generell als Entscheidungskriterium angesehen wird; kritisch hierzu Deutsch, NJW 1982, 2585, 2586f.). 2. Der Umstand, daß eine Operation durch einen noch nicht ausreichend erfahrenen > Assistenzarzt in der > Weiterbildung durchgeführt wird, bildet i.d.R. kein Aufklärungsproblem; vielmehr steht in diesem Falle ein ärztlicher Behandlungsfehler in Frage (BGH v. 27. 9. 1983 - VI ZR 230/81 - > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t Rz 260, > B e h a n d l u n g s f e h l e r Rz 318; vgl. auch unten Rz 1328). 3. Ein besonderes Problem bildet die Operationserweiterung nach begönne-

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ner Operation. Es kommt nicht selten vor, daß der Arzt erst während des Eingriffs unter Narkose erkennt, daß weitere (tiefergreifende oder andersartige), nicht vorgesehene und damit vom Patienten nicht gebilligte Maßnahmen erforderlich werden. Hier gelten folgende Grundsätze (vgl. zum folgenden Mertens in: Münch. Komm. § 823 Rz 455 m. Nachw.; Uhlenbruck, VersR 1968, 1108; OLG Frankfurt, NJW 1981, 1322): a) War die Erweiterung des Eingriffs für den Arzt vorhersehbar, muß er den Patienten hierauf hinweisen und vorsorglich seine Zustimmung einholen. Dies gilt auch dann, wenn das Risiko der erforderlich werdenden Ausdehnung sehr selten, aber für einen Eingriff der betreffenden Art typisch ist. b) Waren die bei einem Eingriff aufgetretenen Komplikationen bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt nicht vorhersehbar, ist der Arzt zur Durchführung weitergehender Maßnahmen, die zur Lebensrettung oder zur Abwendung gesundheitlicher Nachteile erforderlich sind, nicht nur berechtigt, sondern aufgrund seiner vertraglichen und deliktsrechtlichen Fürsorgepflicht sogar verpflichtet (vgl. Schlund, VersR 1977, 498, Anm. 53 m. Nachw., OLG Frankfurt, aaO. S. 1323). Bei der Entscheidung der Frage, ob die Operation ohne Gefährdung des Patienten abgebrochen werden kann, darf der Operateur sich auf das sich später als falsch erweisende Ergebnis einer von einem anderen Arzt durchgeführten Untersuchung verlassen (LG Mannheim, VersR 1981, 761 [Schilddrüsentotalentfernung aufgrund einer Schnellschnittdiagnose durch einen Pathologen]). c) Ist die Operationserweiterung nicht vital indiziert, andererseits aber mit erhöhten Gefahren verbunden, so ist der Arzt grundsätzlich verpflichtet, den Eingriff abzubrechen, um die Einwilligung des Patienten einzuholen, wenn der Abbruch ohne Gefährdung für den Patienten möglich ist (BGH, NJW 1977, 337; kritisch hierzu Tempel, NJW 1980, 609, 613). d) Ausnahmsweise kann der Arzt die Einwilligung des Patienten zu einer Operationserweiterung dann voraussetzen, wenn entweder die Erweiterung nicht gefährlich ist oder aber der Abbruch der Operation den Patienten mindestens ebenso gefährden würde wie das Risiko, das in der Fortsetzung des Eingriffs liegt, oder wenn der Sachverhalt so gelagert ist, daß von dem Patienten unter Berücksichtigung der Belastung, die ein wiederholter Eingriff für ihn bringen könnte, selbst bei Kenntnis des erhöhten Risikos vernünftigerweise keine andere Entscheidung als die Zustimmung zur Ausdehnung des Eingriffs erwartet werden kann (BGH, NJW 1977, 337, 338 ; RG, DR 1940, 684). 1325

e) Nach diesen Grundsätzen erfolgt eine Ausdehnung der Operation auf miterkrankte und für den Patienten unwichtige Organe in folgenden Ausnahmefällen im mutmaßlichen Einverständnis des Patienten (vgl. Uhlenbruck, VersR 1968, 1107): aa) wenn die Beseitigung des gesunden Organs zur Durchführung der vereinbarten Operation unumgänglich notwendig ist (z. B. Entfernung des Blinddarms, um an den Krankheitsherd zu gelangen); bb) wenn das gesunde mit dem kranken Organ verwachsen und die Beseitigung des gesunden unbedingt zur Durchführung des vereinbarten Eingriffs erforderlich ist; cc) wenn mit Rücksicht auf die Vernarbung oder Verwachsung nach der Operation eine

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spätere Operation des unwichtigen Organs (z.B. Blinddarm) ganz außergewöhnliche Schwierigkeiten und Gefahren bedingen würde und es nach dem Vertragsinteresse unverantwortlich erscheint, den Patienten der Gefahr einer späteren Erkrankung auszusetzen. Reine Zweckmäßigkeitserwägungen (z.B. Ausdehnung des Eingriffs unter dem Gesichtspunkt der Vorsorge) rechtfertigen eine Erweiterung des Eingriffs ohne ausdrückliche Zustimmung des Patienten nicht. 4. Zur Aufklärungspflicht über mehrere zur Wahl stehende Operationsmethoden vgl. BGH, NJW 1982, 2121. IV. Haftungsfragen. 1. Abgrenzung der Verantworthchkeit zwischen Chirurg und Anästhesist. Für die Zusammenarbeit zwischen beiden Ärzten gilt der Vertrauensgrundsatz, d. h. jeder darf sich grundsätzlich darauf verlassen, daß der Partner mit dem ihm zugeordneten Pflegepersonal seine Tätigkeit mit der erforderlichen Qualifikation und Sorgfalt ausübt (vgl. BGH, NJW 1980, 649; Weissauer, Anaesthesist 1962, 240 ff. ; vgl. auch die „Vereinbarung zwischen dem Berufsverband Deutscher Anästhesisten und dem Berufsverband der Deutschen Chirurgen über die Zusammenarbeit bei der operativen Patientenversorgung", MedR 1983, 21 f. m. Nachw. über frühere Vereinbarungen > Beh a n d l u n g s f e h l e r Rz 313). a) In der präoperativen Phase obliegt dem Anästhesisten nicht nur die präoperative Versorgung des Patienten, sondern auch die Bestimmung des Narkoseverfahrens unter Einschluß der Wahl der Narkosemittel und der anzuwendenden Techniken (näher dazu Weissauer, Anästhesist u. Krankenhaus, S. 93 ff.). Zu den von ihm zu treffenden Vorbereitungen gehört auch, sich von der Nüchternheit des Patienten zu überzeugen und bei nicht gegebener Nahrungskarenz von 6 bis 8 Stunden die naheliegende Gefahr einer Aspiration zu vermeiden. Dem Chirurgen obliegt verantwortlich die Entscheidung darüber, ob, wo und wann operiert werden soll, wobei er das allgemeine Operationsrisiko abzuwägen hat und dabei zumindest auch das allgemeine Narkoserisiko mit einkalkulieren muß (vgl. BGH, NJW 1980, 649, 650). Wird ein Einvernehmen zwischen dem Chirurgen und dem Anästhesisten nicht erreicht, so verbleibt es bei der verantwortlichen Entscheidung des Chirurgen. Der Anästhesist kann seine Mitwirkung nur verweigern, wenn er das besondere Narkoserisiko gegenüber dem Chirurgen dargelegt hat und das Narkoserisiko größer ist als das Operationsrisiko (LArbG Bad.-Wttbg. v. 26. 6. 1981, ArztR 1982, 153). b) Für die nachoperative Phase bildet sich aus der täglichen Zusammenarbeit zwischen Chirurg und Anästhesist in jedem Krankenhaus eine Zuständigkeitsverteilung heraus. Regelmäßig gilt: solange sich der frischoperierte Patient in der Aufwacheinheit befindet, fällt die Überwachung und Aufrechterhaltung der vitalen Funktionen in den Verantwortungsbereich des Anästhesisten. Nach dem Vertrauensgrundsatz darf sich der Operateur darauf verlassen, daß er vom Anästhesisten gerufen wird, falls operationsspezifische Komplikationen sein Eingreifen erforderlich machen. In den Zuständigkeitsbereich des

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Anästhesisten fällt auch die Durchführung von Reanimationsmaßnahmen, wenn es wegen der Wirkung der > N a r k o s e zu gestörten Atmungsverhältnissen kommt. Komplikationen, die sich aus der Operation selbst ergeben (wie z. B. Nachblutungen), fallen in erster Linie in den Kompetenzbereich des Chirurgen (OLG Celle v. 1. 12. 1980 - 1 U 13/79 -). Mit der Verlegung des Patienten von der Aufwacheinheit auf eine Normalpflegeeinheit gehen Zuständigkeit und Verantwortung für die weitere Überwachung auf den Operateur und seine Mitarbeiter über (vgl. die vom Deutschen Krankenhausinstitut, dem Institut für Krankenhausbau an der TU Berlin und der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin entwikkelten „Grundsätze für Organisation und Einrichtung von Aufwacheinheiten in Krankenhäusern", abgedr. in Arzt u. Krankenhaus 1982, 443). Die vorstehend skizzierte Zuständigkeitsverteilung schließt nicht aus, daß zwischen Chirurg und Anästhesist allgemein oder im Einzelfall abweichende Absprachen über die Zuständigkeit in der nachoperativen Phase getroffen werden, die auch zu einer jeweiligen Mitverantwortlichkeit führen können (BGH, NJW 1980, 650, 651; zum Ganzen eingehend Weissauer, Anaesthesist 1962, 240 ff.). 2. Die Durchführung von Operationen durch > Assistenzärzte in der Weiterbildung ohne Anwesenheit des > C h e f a r z t e s oder des > O b e r a r z t e s ist grundsätzlich zulässig. Das Maß der dem Assistenzarzt zu gewährenden Selbständigkeit richtet sich nach dem Fortschritt der > W e i t e r b i l d u n g . Stellt sich im Schadensfall heraus, daß der Assistenzarzt dem Eingriff nach seinem Kenntnis- und Erfahrungsstand nicht gewachsen war, ist der Chefarzt zivilrechtlich und strafrechtlich haftbar (vgl. BGH v. 27. 9. 1983 - VI ZR 230/81 oben Rz 1323; Rieger, DMW 1980, 113). Ein mit der Überwachung des in der > W e i t e r b i l d u n g stehenden operierenden > A s s i s t e n z a r z t e s betrauter > O b e r a r z t muß sich ein sicheres eigenes Bild vom behandlungsbedürftigen Operationsfeld machen. Er kann insoweit weder die Angaben des von ihm überwachten Arztes noch die eines Angehörigen des nichtärztlichen Assistenzpersonals ungeprüft übernehmen (LArbG Frankfurt v. 10. 12. 1981 - 12 Sa 671/81 -). 3. Das Zurücklassen von Fremdkörpern (z.B. Tupfer, Bauchtücher, Instrumente) in der Operationswunde stellt nicht in jedem Fall eine Sorgfaltspflichtverletzung dar; entscheidend sind die Umstände des Einzelfalles. Die Rspr. verlangt in jedem Falle, daß der verantwortliche Operateur die erforderlichen organisatorischen Sicherungsvorkehrungen trifft. Im einzelnen hat die Rspr. eine reiche Kasuistik entwickelt (vgl. die Nachweise bei Hanau in: Münch.Komm. § 276 Rz 162, Anm. 538; Petersen, DRiZ 1962, 194; aus neuerer Zeit vgl. BGH, VersR 1981, 462; OLG Hamm, VersR 1978, 332; LArbG Berlin, VersR 1983, 937; OLG Düsseldorf, VersR 1979, 845). > Beweislast Rz 445, > H a f t u n g Rz 778. V. Im Unterschied zum Privatpatienten (> L i q u i d a t i o n s r e c h t Rzn. 1169f.| hat dei Kassenpatient grundsätzlich keinen Anspruch, vom Chefarzt

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persönlich operiert zu werden. Ausnahmsweise kann ein solcher Anspruch dann gegeben sein, wenn der Kassenpatient im Einzelfall die Operation durch den Chefarzt ausdrücklich wünscht und wenn er vom Chefarzt oder einem bevollmächtigten Vertreter des Krankenhausträgers eine entsprechende bindende Zusage erhält (OLG Celle v. 2. 3. 1981, DMW 1981, 1235). VI. Im Rahmen seiner > D o k u m e n t a t i o n s p f l i c h t ist der Operateur verpflichtet, einen Operationsbericht zu fertigen, der den Hergang der Operation möglichst vollständig wiedergibt. Wo die genaue Kenntnis des Operationsablaufs und der aufgetretenen Komplikationen in allen Details unabdingbare Voraussetzung für eine erfolgreiche Nachbehandlung ist, ist der operierende Arzt verpflichtet, den Operationsbericht im Original oder in Kopie dem nachbehandelnden Arzt zur Einsichtnahme zu überlassen; die bloße Auskunftserteilung auf gezielte Fragen in einem > A r z t b r i e f ist hier nicht ausreichend (näher dazu Rieger, DMW 1979, 1694).

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VII. Eine Pflicht zur Duldung einer Operation kann sich insofern ergeben, als der Patient, der sein Einverständnis verweigert, Rechtsnachteile erleidet ( > H e i l b e h a n d l u n g Rz 812). 1. Für das Recht der Sozialleistungen nach dem SGB lassen sich die bisherigen Ergebnisse der Rspr. wie folgt zusammenfassen: Die Duldung der Operation kann verlangt werden, soweit diese nicht mit einer erheblichen Gefahr für Leben und Gesundheit verbunden ist, die Operation nicht einen erheblichen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit bedeutet, der Gesundheitszustand nach ärztlicher Beurteilung aller Voraussicht nach keine Komplikationen erwarten lassen muß und die Operation nach gefestigten wissenschaftlichen Erkenntnissen im gerade anstehenden Falle eine Wiederherstellung der Gesundheit oder wenigstens eine grundlegende Besserung erwarten läßt (vgl. Peters, Hdb. d. Krankenvers. § 192 Anm. 10g) m. Nachw.). Bei der Abwägung zwischen dem durch die Operation erstrebten Heilerfolg und dem mit dem operativen Eingriff mit Sicherheit verbundenen irreparablen Körperschaden ist zu berücksichtigen, wie der Betroffene selbst den Heilerfolg und den Körperschaden bewertet. Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Vorstellung des Betroffenen allein maßgebend sein (BSG, SGb 1982, 313 m. Anm. Zerndt; BSG v. 19. 5. 1983 - 2 RU 17/82 -). 2. Zur Duldung einer Operation im Rahmen der allgemeinen Schadensmindemngspßcht nach § 254 Abs. 2 BGB vgl. RGZ 129, 398, 399; BGHZ 10, 18, 19; BGH, VersR 1961, 1125; OLG Düsseldorf, NJW 1975, 1031; OLG Oldenburg, NJW 1978, 1260; Staudinger-Werner, aaO. § 254 Rz 58.

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vni. Ambulantes Operieren. 1. Für die Durchführung von Operationen durch niedergelassene Arzte gilt der Grundsatz, daß der Schutz von Leben und Gesundheit des Patienten Vorrang hat vor der angestrebten Kosteneinsparung. Vor der Entscheidung, ob ein Eingriff ohne Risikoerhöhung für den Patienten ambulant durchgeführt werden kann, muß der Arzt sorgfältig prüfen, ob seine

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Praxis über die erforderliche Mindestausstattung und er selbst über die erforderliche fachliche Qualifikation verfügt. Bei operativen Leistungen, die typischerweise von Spezialisten erbracht werden, können im Interesse des Patienten an den Allgemeinarzt keine geringeren Anforderungen gestellt werden als an den Spezialisten. Ein besonderes Problem in diesem Zusammenhang bildet die > N a r k o s e . Maßgebend sind stets die Umstände des Einzelfalles; einen Katalog der Eingriffe, die ambulant durchgeführt werden können, kann es naturgemäß nicht geben (näher dazu Weissauer, Anästh. Intensivmed. 1982, 325). Zur ärztlichen > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t (Rzn. 253ff.) bei ambulanten Operationen vgl. Till, BayÄBl. 1983, 491. 2. Im RVO- und Ersatzkassenbereich erhält der Arzt bei ambulanter Durchführung bestimmter operativer Leistungen seit 1. 1. 1981 Zuschläge zu den Gebühren für die einzelnen Leistungen nach Maßgabe der Nrn. 100-102 BMÄ/E-GO (vgl. DÄ 1980, 3033ff. ; Siegmund-Schultze, ArztR 1981, 213ff.). Ob die dort als grundsätzlich durch Zuschläge honorierfähig aufgezählten Leistungen im Einzelfall ambulant ausgeführt werden können, hat der Arzt nach den vorgenannten Kriterien jeweils zu prüfen (kritisch zu dem Katalog in den genannten Gebührenziffern die vom > Marburger Bund eingesetzte Kommission „Ambulantes Operieren", arzt im krankenhaus 1983, 128ff.).

Organspenderausweis 1334

I. Der Organspenderausweis ist ein schriftliches Dokument für die Bereitschaft seines Inhabers, im Falle seines Todes Organe seines Körpers für eine > Transplantation zur Verfügung zu stellen. Eine Registrierung der Bereitschaft zur Organspende oder die Speicherung irgendwelcher Daten des Ausweisinhabers erfolgt bisher nicht. Der Entschluß zur Organspende kann daher jederzeit durch Vernichtung des Ausweises widerrufen werden. II. Die Erklärung der Bereitschaft zur Organspende ist formfrei. Es handelt sich nicht um eine testamentarische Verfügung, die der Form des § 2247 BGB bedarf; denn die erbrechtlichen Vorschriften des BGB regeln nur den Ubergang vermögenswerter Gegenstände auf die Erben (vgl. Lilie, MedR 1983, 131, 133). Am meisten verbreitet ist bisher der vom „Arbeitskreis Organspende", dem u. a. die BÄK, der ADAC und das Deutsche Rote Kreuz angehören (Anschrift: Postfach 462, 6078 Neu-Isenburg), herausgegebene Organspenderausweis, der zum Einlegen in den Personalausweis bestimmt ist. Er hat folgenden Text: „Ich bin Organspender für Transplantationen Name: Straße: PLZ/Ort: Geburtsdatum:

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Im Falle meines Todes bitte umgehend Nachricht geben an die Organisationszentrale Nierentransplantation, Telefon (Tag und Nacht]: (06102) 39999" III. Die Hinterbliebenen sind an den geäußerten Willen des Verstorbenen zur Organspende gebunden und können die Explantation daher nicht verhindern (näher dazu Lilie, MedR 1983, 131 f., > S e k t i o n Rz 1684).

Orthoptist I. Aufgaben. Der Orthoptist ist als Angehöriger der > m e d i z i n i s c h e n Assistenzberufe Helfer des Augenarztes, der sich speziell mit der Diagnostik und Therapie des Schielens, der Schwachsichtigkeit und des Augenzitterns befaßt. Er wirkt mit bei der Untersuchung und Behandlung der Patienten des Augenarztes. Die Patienten sind überwiegend Kinder (vgl. Adelstein, Beruf skBl. 2 - IIa 26, S. 1, 2ff.).

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II. Rechtsgrundlagen. Das Berufsbild ist teilweise landesrechtlich geregelt (z. B. Hamburg: VO über die Berufsausbildung zum Orthoptisten/Orthoptistin v. 18. 1. 1983, GVBl. I S. 17; Hessen: Vorschriften über Ausbildung, Prüfung und staatliche Anerkennung von Orthoptisten v. 19. 9. 1980, StAnz. S. 1907; Nordrhein-Westfalen: Vorschriften über die Ausbildung, Prüfung und staatliche Anerkennung von Orthoptistinnen v. 8. 8. 1967, MBl. S. 1528; Saarland: Erlaß über die Ausbildung, Prüfung und staatliche Anerkennung von Orthoptisten v. 7. 2. 1977, GMBl. 1977, S. 158). Wo solche Regelungen fehlen, erfolgt die Ausbildung aufgrund von Ausbildungsordnungen nichtstaatlicher Lehranstalten. III. Die Dauer der Ausbildung beträgt im allgemeinen 2-2 Vi Jahre. Anschließend findet vor einem staatlichen Prüfungsausschuß oder bei nichtstaatlichen Schulen vor einer Kommission der Deutschen Ophtalmologischen Gesellschaft die Abschlußprüfung statt. Im Anschluß daran ist ein sechsmonatiges Praktikum unter Aufsicht einer staatlich anerkannten Lehrorthoptistin an einer Stelle abzuleisten, der eine staatlich anerkannte Lehranstalt angegliedert oder die dazu ermächtigt ist. IV. Der Orthoptist unterliegt der strafrechtlichen > Schweigepflicht nach § 203 Abs. 3 StGB.

Ovulationshemmer I. Orale Ovulationshemmer sind Hormonpräparate zur Empfängnisverhütung („Anti-Baby-Pille"). Sie fallen als hochwirksame Substanzen mit zahlreichen Nebenwirkungen unter den Begriff des > A r z n e i m i t t e l s .

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Ovulationshemmer

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n. Die Verabreichung oder O V e r s c h r e i b u n g von Ovulationshemmern durch den Arzt stellt einen Eingriff in die körperliche Integrität dar, der nur rechtmäßig ist, wenn die Patientin nach entsprechender Aufklärung eingewilligt hat ( > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t Rzn. 253ff.). Grundsätzlich muß der Arzt die Patientin über die Gefahren unterrichten, die einerseits durch die regelmäßige Einnahme von Ovulationshemmern, andererseits durch den Eintritt einer Schwangerschaft unter den gegebenen Umständen entstehen und ihr dazu die Entscheidung überlassen. Auch wenn mit der Schwangerschaft die Gefahr einer Depression oder Erbkrankheit verbunden ist, darf der Arzt i.d.R. nicht ohne weiteres auf die Aufklärung verzichten in der Annahme, daß die Patientin als „verständiger Mensch" i.S. der Rspr. des BGH ( > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t Rz 254) sich für die Einnahme der „Pille" entscheiden würde (a.A. Grömig, NJW 1971, 233, 234). 1337

III. Die wichtigsten Sorgfaltspflichten des Arztes bei der > V e r s c h r e i b u n g von Ovulationshemmern sind in den vom > W i s s e n s c h a f t l i c h e n B e i r a t d e r B Ä K herausgegebenen „Leitsätzen zur Verordnung oraler Ovulationshemmer" (DÄ 1970, 2908) niedergelegt. Es muß davon ausgegangen werden, daß die Rspr. diese Leitsätze als „ärztliche Kunstregeln" anerkennen und zum Maßstab der zivilrechtlichen und strafrechtlichen Arzthaftung machen wird ( > B e h a n d l u n g s f e h l e r Rz 307). Zu den ärztlichen Sorgfaltspflichten gehört auch der Hinweis, daß eine Dauereinnahme von Ovulationshemmern nicht ungefährlich ist, und daher nur unter ständiger ärztlicher Aufsicht erfolgen darf (Grömig, NJW 1971, 234).

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IV. Besondere Probleme ergeben sich bei der Verordnung von Ovulationshemmern an minderjährige unverheiratete Frauen. 1. Die hierzu im Jahr 1970 bekanntgegebenen Empfehlungen der BÄK (DÄ 1970, 2907 f.) bestimmen im wesentlichen folgendes: a) Grundsätzlich muß es dem Arzt überlassen bleiben, ob er überhaupt Ovulationshemmer an minderjährige unverheiratete Frauen verordnet; b) Mädchen unter 16 Jahren sollen Ovulationshemmer nicht erhalten; c) Minderjährigen zwischen dem 16. und 18. Lebensjahr soll der Arzt Ovulationshemmer nur verschreiben, wenn die Einwilligung der Eltern oder der Sorgeberechtigten vorhegt. Diese starre Altersgrenze erscheint indes nicht haltbar. Hat nämlich die Minderjährige die nötige Einsichts- und Urteilsfähigkeit, um die Tragweite der Einnahme von Ovulationshemmern zu erkennen und ist die Verordnung medizinisch vertretbar, so wird die Einwilligung der Eltern bzw. Sorgeberechtigten gegenstandslos, weil dann die Minderjährige in die Einnahme von Ovulationshemmern selbst wirksam einwilligen kann ( > H e i l b e h a n d l u n g Rz 806; vgl. Hollmann, D M W 1978, 1258; Narr, aaO. Rz 871). Die Schwierigkeit für den Arzt liegt aber darin, daß er die Einwilligensfähigkeit im Einzelfall feststellen muß und daß es für diese Feststellung keine eindeutigen Maßstäbe gibt (vgl. Schewe, M M W 1980, 923). Keinesfalls darf er ungeprüft den Weisungen der gesetzlichen Vertreter folgen (Spann, M M W 1980,

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Packungsbeilage

949). Im übrigen sind die Empfehlungen der BÄK schon wegen der zwischenzeitlich erfolgten Herabsetzung der Volljährigkeitsgrenze auf 18 Jahre überarbeitungsbedürftig. Wo die Einwilligungsfähigkeit nach Auffassung des Arztes nicht gegeben oder zumindest zweifelhaft ist, muß der Arzt die Zustimmung der gesetzlichen Vertreter einholen oder die Verordnung ablehnen. Der Einholung der Zustimmung der gesetzlichen Vertreter kann die ärztliche Schweigepflicht entgegenstehen. Sofern die Voraussetzungen für eine rechtswirksame Einwilligung der Minderjährigen in die Verschreibung von Ovulationshemmern vorliegen, ist der Arzt gegenüber den Eltern bzw. den Sorgeberechtigten schweigepflichtig (>Schweigepflicht Rzn. 1623, 1656f., > A u s k u n f t s p f l i c h t Rz 286). 2. Unabhängig von ihrer Einwilligungsfähigkeit ist die Minderjährige bei der Konsultation des Arztes wegen Verschreibung empfängnisverhütender Mittel im allgemeinen nicht in der Lage, rechtswirksam einen Arztvertrag abzuschließen ( > Arztvertrag Rz 216; vgl. auch Mück, MMW 1980, 1077). V. Die ärztliche Beratung in Fragen der Empfängnisverhütung und die VerOrdnung von Ovulationshemmern gehören zu den Leistungen der gesetzlichen >Krankenversicherung [Rz 1103] (§200e RVO), die Kosten des verordneten Mittels jedoch nur dann, wenn die Schwangerschaftsverhütung erforderlich ist, um von der Patientin schwerwiegende gesundheitliche Schäden abzuwenden (näher dazu Peters, Hdb. d. Krankenvers. § 2 0 0 e Anm. 5 ; Matzke-Schirmer, BKK 1975, 293ff.). Nur im letzteren Fall sind Arztkosten und Kosten für Medikamente im Rahmen der privaten > Krankenversicherung (Rz 1107) und des > B e i h i l f e r e c h t s erstattungsfähig.

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Packungsbeilage I. Die Packungsbeilage („Beipackzettel") ist ein Informationsträger für Verbraucher und Ärzte, der zur Gewährleistung einer sachgerechten Anwendung von > A r z n e i m i t t e l n diesen vom Hersteller beigegeben wird. II. Rechtsgrundlagen. Nach § 11 Abs. 1 AMG dürfen Fertigarzneimittel i. S. des § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 AMG nur mit einer Packungsbeilage in den Verkehr gebracht werden, die die Überschrift „Gebrauchsinformation" trägt und eine Reihe von Angaben enthalten muß, u. a. über Anwendungsgebiete, Gegenanzeigen und Nebenwirkungen. Diese Vorschrift ist eine Konkretisierung der allgemeinen Gefahrenabwendungspflicht des Herstellers (Produzentenhaftung, §823 Abs. 1 BGB) für den pharmazeutischen Bereich ( > Verschreibung Rzn. 1827, 1830 f.). Für Arzneimittel, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des AMG (1. 1. 1978) bereits im Verkehr waren, gilt noch bis zum Ablauf der Übergangsfrist (31. 12. 1990; Art. 3 § 11 Abs. 2 i.V.m. § 7 Abs. 3 der Überleitungsvorschriften) die

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Packungsbeilage

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„Richtlinie über Packungsinformationen" des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie v. 25. 5. 1973 i.d.F. vom 22. 11. 1974 (abgedr. bei Sander-Scholl, aaO. Anh. n/8), die in § 7 u.a. auch Angaben Uber Anwendungsgebiete und Nebenwirkungen in der Packungsbeilage verlangt. 1341

III. Die Pflicht zur Angabe des Anwendungsgebietes und der Nebenwirkungen (es müssen grundsätzlich alle Nebenwirkungen, auch solche leichterer Art, genannt werden; Sander-Scholl, aaO. § 11, Erl. 8) kann zu schwerwiegenden Eingriffen in das yerhältnis Arzt - Patient und u. U. zu einer Vereitelung des Therapieerfolges führen (Problem der non-complinace; vgl. hierzu Aumiller, MMW 1978, 1078; MMW 1978, 91). Beispiele: (1) Der Patient muß aus den Angaben über die Anwendungsgebiete eines Medikaments schließen, daß er an einer lebensgefährlichen Erkrankung leidet, was der Arzt ihm aus medizinischen Gründen verschweigen wollte. (2) Der Patient nimmt ein vom Arzt verordnetes Medikament aus Angst vor den in der Packungsbeilage aufgeführten möglichen Nebenwirkungen nicht ein, ohne den Arzt hiervon zu unterrichten.

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Die vorzitierte „Richtlinie über Packungsinformationen" des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie bestimmt daher in § 5: „Soweit durch eine umfassende Information die Therapie gefährdet wird, darf von der Richtlinie abgewichen werden (z. B. bei Cytostatika oder Psychopharmaka)". Der Gesetzgeber hat eine solche Bestimmung trotz Kenntnis der Situation nicht in das AMG 1976 aufgenommen (Sander-Scholl, aaO. § 11 Erl. 6). Es gilt daher die grundsätzliche Regelung, daß die Packungsbeilage die in § 11 AMG vorgeschriebenen Angaben enthalten muß. Eine Ausnahme besteht lediglich insofern, als die für die Zulassung von Arzneimitteln zuständige Behörde anordnen kann, daß bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ( > V e r s c h r e i b u n g s p f l i c h t ) bestimmte Anwendungsgebiete entfallen, wenn zu befürchten ist, daß durch deren Angabe der therapeutische Zweck gefährdet wird (§ 28 Abs. 2 Nr. 3 AMG). Bezüglich der Angaben über Nebenwirkungen fehlt eine entsprechende Vorschrift. Der sich aus der umfassenden lnformationspfächt des Arzneimittelherstellers ergebende Konflikt mit dem Therapieerfolg ist auf der Grundlage des geltenden Rechts kaum zu lösen. Danach haften Arzneimittelhersteller und Arzt für die Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten gegenüber dem Patienten zivilrechtlich und strafrechtlich selbständig nebeneinander ( > V e r s c h r e i b u n g Rzn. 1827ff.). Die dem Hersteller in § 11 AMG auferlegten Pflichten werden nicht dadurch aufgehoben oder beschränkt, daß der behandelnde Arzt eine umfassende Information des Patienten im Einzelfall unter medizinischen Gesichtspunkten nicht für vertretbar hält. Andererseits würde der Sinn der Gefahrenabwendungspflicht des Produzenten in sein Gegenteil verkehrt, wenn sich aus der Erfüllung dieser Pflicht noch schwerwiegendere Gefahren für Leben und Gesundheit des Patienten ergäben. Inwieweit diese Gefahr besteht, kann nur im Einzelfall entschieden werden (ein Patient ist weniger ängstlich und daher be-

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Parkerleichterungen für Ärzte

züglich seines Verhaltens bei der Einnahme eines verordneten Medikamentes weniger beeinflußbar als der andere). Demgegenüber können die Informationspflichten des Arzneimittelherstellers in ihrem Umfang nur generell festgelegt werden. Ein möglicher Ausweg aus diesem Dilemma könnte darin liegen, daß man eine Pflicht zur „stufenweisen" Information des Patienten einführt dergestalt, daß der Arzneimittelhersteller verpflichtet ist, dem Patienten in der (nur noch für ihn bestimmten) Packungsbeilage eine Basisinformation zu vermitteln, die nicht über alle möglichen Nebenwirkungen Auskunft geben muß, während der Arzt getrennt hiervon umfassend informiert wird. In Erkenntnis des unterschiedlichen Informationsbedürfnisses von Heilberufen und Patienten hat die Bundesregierung die Einführung einer getrennten Arzneimittelinformation für Fachkreise auf der Grundlage des von der EGKommission vorgeschlagenen technischen Merkblatts neben der Gebrauchsinformation für Patienten befürwortet (vgl. Bericht über Erfahrungen mit dem Arzneimittelgesetz, BT-Drucks. 9/1355 v. 12. 2. 1982, S. 11). Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie hat inzwischen eine in Aufbau und Format standardisierte „Gebrauchsinformation für Fachkreise" entwickelt und seinen Mitgliedsfirmen zur Verwendung empfohlen. Auf Antrag des Verbandes wurde diese Gebrauchsinformation vom Bundeskartellamt in das Register für Wettbewerbsregeln eingetragen und damit für die Mitgliedsfirmen verbindlich. Auch diese Trennung von Arzt- und Patienteninformation vermag indes das non-compliance-Problem wegen der mitunter sehr weitgehenden > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t des Arztes nur teilweise zu lösen (näher dazu Nicola-Werner, DÄ 1982/6, S. 75, 78f.).

Parkerleichterungen für Ärzte I. Parkerleichterungen für Ärzte im Notfalleinsatz ergeben sich zunächst bei Vorliegen eines rechtfertigenden Notstandes gem. §16 OWiG (> N o t f a l l arzt Rz 1268, > N o t a r z t Rz 1263). Auf diese Vorschrift kann sich der Arzt berufen, wenn er z.B. anläßlich eines Hausbesuches bei einem lebensgefährlich erkrankten Patienten gegen Park- und Halteverbote verstößt. Nach der vom Bundesminister für Verkehr erlassenen Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur StVO v. 22. 7. 1976 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 (VB1. 1976, 473ff.) erhalten Ärzte, die von der Ausnahmevorschrift des § 16 OWiG häufig Gebrauch machen müssen, von der zuständigen > Ä r z t e k a m m e r ein Schild mit der Aufschrift „Arzt - Notfall - Name des Arztes. .. Landesärztekammer ...", das im Notfalleinsatz gut sichtbar hinter der Windschutzscheibe anzubringen ist. Weitere Einzelheiten sind in der Verwaltungsvorschrift nicht geregelt, so daß die zuständige Ärztekammer darüber entscheidet, ob die Voraussetzungen für die Erteilung eines solchen Schildes gegeben sind (vgl. Hollmann, DMW 1977, 1070).

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Parkerleichterungen für Ärzte

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II. In Ergänzung der bundeseinheitlichen Verwaltungsvorschrift v. 31. 7. 1976 haben die Innenminister der Länder z.T. weitere Verwaltungsvorschriften gemäß § 46 Abs. 2 StVO erlassen. So regelt z. B. die Verwaltungsvorschrift des Innenministers Baden-Württemberg - StVO - zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 v. 11. 6. 1981 (GABI. 1981, 729, 805 f.) außer dem Parken von Kraftfahrzeugen vor der Wohnung von Patienten u. a. das Parken vor oder in der Nähe der > Arztpraxis. Danach können Arzte, die häufig von ihrer Praxis aus zur Soforthilfe in die Wohnung eines Patienten oder zu dringenden Eingriffen in einem > Krankenhaus und dergleichen abberufen werden, für das Abstellen ihres Kraftfahrzeugs im eingeschränkten Halteverbot (Zeichen 286 StVO) vor oder in unmittelbarer Nähe ihrer Praxis unter bestimmten Voraussetzungen eine (höchstens auf ein Jahr befristete, aber jederzeit verlängerbare) Ausnahmegenehmigung erhalten. Zusammen mit dem Genehmigungsbescheid erteilt die Straßenverkehrsbehörde dem Arzt ein Schild mit der Aufschrift „Arzt, Rufbereitschaft. Bezeichnung der Straßenverkehrsbehörde, Genehmigungsnummer, amtliches Kennzeichen". Dieses Schild ist bei Personenkraftwagen am Halter des Innenspiegels anzubringen. Für die Ausnahmegenehmigung und ihre Verlängerung wird i.d.R. eine Gebühr von 100 DM erhoben. Diese Regelung setzt voraus, daß der Arzt „Anwohner" ist, d. h. in der in Betracht kommenden Straße tatsächlich wohnt und dort amtlich gemeldet ist. Wo dies nicht der Fall ist, besteht nach den Straßengesetzen der Länder die Möglichkeit der Teilentziehung eines bestimmten Straßenbereiches mit dem Ziel der Schaffung abschrankbarer Arztparkplätze und Erteilung einer entsprechenden Sondernutzungserlaubnis durch den Träger der Straßenbaulast auf Antrag eines Arztes (vgl. z.B. §§ 7, 18 StrG Bad.-Wttbg.).

Patientenfürsprecher 1346

I. Das Amt des Patientenfürsprechers wurde im Zuge der Krankenhausreform ( > Krankenhausreformgesetze) z. T. in öffentlichen Krankenhäusern eingeführt (vgl. z.B. § 15 KRG Rheinl.-Pf. nebst DVO v. 6. 12. 1973, GVBl. S. 409; die Einführung von Patientenfürsprechern wird u.a. in den „Vorschlägen zur inneren Ordnung der Krankenhäuser" des Medizinisch-Juristischen Arbeitskreises Saar e.V. gefordert; vgl. Saarl. ÄBl. 1983, 72, 76). Es handelt sich um ein Ehrenamt. Die Wahl erfolgt für eine bestimmte Dauer durch das kommunalrechtlich zuständige Gremium. II. Die Aufgabe des Patientenfürsprechers besteht darin, Anregungen und Beschwerden der Patienten zu prüfen und deren Anliegen gegenüber dem Krankenhaus zu vertreten. Eine selbständige Entscheidungsbefugnis steht ihm nicht zu.

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Patiententestament

Patientenkartei I. Man versteht darunter das Verzeichnis der Namen und Anschriften der Patienten eines freipraktizierenden Arztes sowie die Notierung der Daten, an denen Behandlungen erfolgt sind (Uhlenbrock, ArztR 1971, 100, 104). Die Patientenkartei ist Bestandteil der > K r a n k e n u n t e r l a g e n . II. Zu den Eigentumsverhältnissen lagen Rzn. 1088.

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an Patientenkarteien > K r a n k e n u n t e r -

HI. Bei der > Praxisveräußerung (Rzn. 1404, 1414) wird die Patientenkartei mitveräußert ( > Schweigepflicht Rz 1649).

Patiententestament I. Begriff. Man versteht darunter heute allgemein eine an die behandelnden Ärzte gerichtete schriftliche Erklärung einer Person, daß sie bei Eintritt eines bestimmten Krankheits- oder Unfallzustandes eine ärztliche Intensivbehandlung ( > Intensivmedizin) nicht wünscht, sondern nur noch eine Milderung ihres Leidens im Sinne passiver > S t e r b e h i l f e (Rz 1719). Die (weil es sich nicht um eine letztwillige Verfügung i. S. des § 1937 BGB handelt) bessere Bezeichnung „Patientenbrief" hat sich in der Praxis nicht durchgesetzt (vgl. Uhlenbrock, NJW 1978, 566, 568; ders., DMW 1978, 1902; ders., MedR 1983, 16; Spann, MedR 1983, 13).

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II. Die Frage der Verbindlichkeit des Patiententestaments für den Arzt ist umstritten. Einigkeit besteht insofern, als wegen der jeweiligen Widerruflichkeit der Erklärung sich das Problem der Verbindlichkeit nur insoweit stellt, als bei einem nicht mehr willensfähigen Patienten ein nicht widerrufenes „Testament" vorliegt. Richtiger Ansicht nach kann in diesen Fällen nicht davon ausgegangen werden, daß der darin festgelegte Patientenwille die Ärzte rechtlich in der Weise bindet, daß jede unter schuldhafter Nichtbeachtung dieses Willens erfolgende therapeutische Maßnahme strafrechtlich und zivilrechtlich eine Körperverletzung darstellt (§ 223 StGB, § 823 BGB), weil es an der Zustimmung des Patienten fehlt (so aber Uhlenbrock, aaO.). Entscheidend ist allein der gegenwärtige mutmaßliche Wille des Patienten, der nur aufgrund einer sorgfältigen Abwägung aller Umstände des Einzelfalles ermittelt werden kann, wobei jedoch das Patiententestament ein gewichtiges Indiz abgeben kann. Der Arzt muß prüfen, ob Anhaltspunkte vorliegen, daß der Patient angesichts der zwischenzeitlich eingetretenen Umstände an dem im Patiententestament erklärten Willen festhalten würde. Dabei hat er auch dem Patienten nahestehende Personen anzuhören. Die letzte Entscheidung muß allerdings - nicht zuletzt wegen der zwangsläufigen Unsicherheit ärztlicher Prognosen in bezug

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Patiententestament

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auf die Irreversibilität einer bestehenden Bewußtlosigkeit und die Wahrscheinlichkeit schwerer Dauerschädigungen (näher dazu Spann, aaO. S. 15f.) - beim Arzt liegen, der bei Anwendung aller zur Lebenserhaltung notwendigen ärztlichen Maßnahmen trotz des im Patiententestament erklärten Verbots weder straf- noch zivilrechtlich zur Verantwortung gezogen werden kann (Spann, aaO. S. 15; Kommentar der BÄK zu den „Richtlinien für die Sterbehilfe", DÄ 1979, 958 > S t e r b e h i l f e Rz 1723). 1350

III. Geeignete Muster für ein Patiententestament finden sich bei Uhlenbruck, aaO. (zu beziehen beim Verlag Klaus Vahle, Berlin 41, Postfach 410644). Für die Erklärung genügt Schriftform; die Einhaltung der Formvorschriften für Testament und Erbvertrag ist weder erforderlich noch zweckmäßig (Palandt-Keidel, aaO. § 1937 Anm. 6).

Patientenversicherung 1351

Die Patientenversicherung ist ein in der Diskussion befindliches, in Schweden bereits praktiziertes Modell einer Versicherung gegen das Risiko einer mißlungenen > Heilbehandlung, ohne Rücksicht darauf, ob das Mißlingen des Eingriffs und die dadurch eingetretene Schädigung des Patienten vom Arzt verschuldet ist oder nicht. Ziel dieses Versicherungsmodells ist es, den geschädigten Patienten auch in den Fällen einen Celdausgleich zu gewähren, in denen der Arzt nicht aus Verschulden haftet, weil dieses entweder nicht vorlag oder nicht bewiesen werden kann.

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Für die rechtliche Ausgestaltung des Versicherangsverhältnisses im einzelnen bestehen teilweise unterschiedliche Vorstellungen. Versicherungsnehmer ( = Vertragspartner des Versicherungsunternehmens und damit Prämienschuldner) soll nach überwiegender Auffassung der Arzt bzw. das Krankenhaus, Versicherter der Patient sein, dem Ansprüche nicht gegen den Arzt, sondern gegen den Versicherer ( = Versicherungsunternehmen) zustehen, was wesentlich zur Entlastung des Arzt-Patient-Verhältnisses beitragen würde (vgl. Dinslage, VersR 1981, 310, 312). Zum Teil wird vorgeschlagen, daß die Patientenversicherung erst eingreift, wenn eine Verschuldenshaftung des Arztes nicht besteht (vgl. Klingmüller, VersR 1980, 694). Es würde indessen eine unzumutbare Erschwernis für den Patienten bedeuten, wenn er vom Patientenversicherer zunächst auf die Verfolgung seiner Ansprüche gegen den Arzt wegen dessen Verschuldenshaftung verwiesen werden könnte (so richtig Dinslage, aaO. S. 311; wegen weiterer Einzelheiten vgl. Dinslage, aaO. S. 310ff. ; Klingmüller, aaO. 1980, 694 ff. ; ausführlich zum gegenwärtigen Stand der Diskussion und zu möglichen Alternativen zur Patientenversicherung vgl. Baumann, fZ 1983, 167ff.). Der 52. Deutsche Juristentag 1978 hat angeregt, beim BMJ eine gemischte Kommission, bestehend aus Vertretern der Ärzteschaft, der Patienten, der Versicherungswirtschaft und der Sozialversicherungen zu bilden, um zu untersuchen, ob und ggf. in welcher Weise eine obligatorische Versicherung der Patienten gegen Risiken ärztlicher Behandlung eingeführt werden kann (vgl. NJW 1978, 2185, 2193).

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Pflegesatz

Pflegesatz I. Nach der Legaldefinition in § 2 Nr. 4 KHG sind „Pflegesätze die Entgelte der Benutzer oder ihrer Kostenträger für stationäre und teilstationäre Leistungen des > K r a n k e n h a u s e s " . Durch den Pflegesatz werden alle bei der Erbringung der allgemeinen Krankenhausleistungen entstehenden Kosten mit Ausnahme der Investitionskosten abgegolten ( > K r a n k e n h a u s f i n a n z i e rungsgesetz). Die Bemessung der Pflegesätze hat nach den Grundsätzen einer sparsamen Wirtschaftsführung zu erfolgen (§ 17 Abs. 1 Satz 2 KHG).

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II. Je nach dem Umfang der für den Benutzer vom Krankenhaus erbrachten ärztlichen Leistungen unterscheidet man folgende Arten von Pflegesätzen: 1. den allgemeinen Pflegesatz (Regelpflegesatz) nach § 3 Abs. 1 BPflV (sog. „großer Pflegesatz"), den die Krankenkasse für die stationäre Behandlung von Kassenpatienten an das Krankenhaus entrichtet ( > Krankenhausaufnahmevertrag Rzn. 1033, 1036). Durch ihn werden alle unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses medizinisch zweckmäßigen und ausreichenden Krankenhausleistungen abgegolten. Zu diesen allgemeinen Krankenhausleistungen gehören nach § 2 Nr. 5 BPflV die gesamten ärztlichen Leistungen, Pflege, Verpflegung, Unterkunft, Nebenleistungen und sonstige stationäre und halbstationäre Leistungen des Krankenhauses einschließlich der Leistungen von nicht am Krankenhaus angestellten Konsiliarärzten ( > K o n s i l i u m Rz 985) und > B e l e g ä r z t e n |Rz 339) sowie die Leistungen fremder Untersuchungsstellen; 2. den sog. „kleinen Pflegesatz", d. h. den bei der Behandlung auf einer Belegabteilung um die Kosten für die ärztlichen Leistungen des > B e l e g a r z t e s gekürzten Regelpflegesatz. Dieser heute durch § 3 Abs. 2 Satz 1 BPflV zwingend vorgeschriebene „kleine Pflegesatz" ist jedoch nicht identisch mit dem „kleinen Pflegesatz" nach der früheren Bundespflegesatzverordnung v. 31. 8. 1954, in dem keinerlei Arztleistungen enthalten waren, während nach der Rspr. des BSG heute im Pflegesatz nach § 3 Abs. 2 Satz 1 BPflV die Leistungen von Konsiliarärzten ( > K o n s i l i u m ) und > C h e f ä r z t e n von Anstaltsabteilungen berücksichtigt sind (näher dazu Siegmund-Schultze/Andreas, ArztR 1978, 175, 176 > L i q u i d a t i o n s r e c h t Rz 1167). Im „kleinen Pflegesatz" nicht enthalten sind die Kosten für den nachgeordneten ärztlichen Dienst (vgl. Luxenburger, aaO. S. 191 m. Nachw.) ; 3. den zwischen dem „großen" und dem „kleinen" Pflegesatz liegenden sog. „mittleren Pflegesatz" bei der Behandlung von Wahlleistungspatienten nach § 6 BPflV (§ 3 Abs. 2 Satz 2 BPflV > Krankenhausaufnahmevertrag Rz 1037). Der allgemeine Pflegesatz ist hier nicht um die gesamten Kosten des ärztlichen Dienstes gekürzt, sondern nur um die anteiligen Arztpersonalkosten, die der gesondert berechenbaren ärztlichen Leistung ( = persönliche Behandlung durch den liquidationsberechtigten Arzt einschließlich der dabei erbrachten Leistungen der ärztlichen Mitarbeiter) zuzurechnen sind, während die Kosten für die durch den nachgeordneten ärztlichen Dienst zu erbringende ärztliche

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Pflegesatz

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Grundversorgung (wie z.B. der > B e r e i t s c h a f t s d i e n s t und die > R u f b e reitschaft), die allen Patienten in gleicher Weise zur Verfügung steht, Teil der allgemeinen Krankenhausleistungen und damit Bestandteil des Pflegesatzes bleibt (näher dazu Weissauer-Hirsch, aaO. S. 21 f. m. Nachw.; Weissauer, BayÄBl. 1974, 363, 376 > N u t z u n g s e n t g e l t Rz 1302). 4. Die vorstehend vorgenommene rechtliche Unterscheidung verschiedener Arten von Pflegesätzen schließt nicht aus, daß für Patienten in Belegabteilungen tatsächlich der „mittlere Pflegesatz" und für die Behandlung in Anstaltsabteilungen der „kleine Pflegesatz" berechnet wird oder daß für beide Abteilungen gleiche Pflegesätze festgelegt werden. In Ausnahmefällen sind Abweichungen vom vorstehenden Schema in den landesrechtlichen Regelungen ausdrücklich vorgesehen (z.B. in Bayern und Nordrhein-Westfalen; näher dazu Weissauer-Hirsch, aaO. S. 21 f.; Luxenburger, aaO. S. 195f.). Aus solchen Abweichungen ergeben sich Konsequenzen für die Unkostenerstattung der liquidationsberechtigten Ärzte an den Krankenhausträger (> Belegarzt Rz 337, > N u t z u n g s e n t g e l t Rz 1302). § 17 Abs. 2 Satz 1, Halbs. 1 KHG i.V.m. § 3 Abs. 2 Satz 2 BPflV stellt die Einführung des „mittleren" Pflegesatzes für Wahlleistungspatienten nicht in das Ermessen der zum Erlaß einer entsprechenden Rechtsverordnung ermächtigten Stelle, sondern enthält einen verbindlichen Regelungsauftrag, weil anderenfalls Patienten, denen die Arztkosten gesondert in Rechnung gestellt werden, doppelt belastet würden (str.; vgl. die Nachweise bei BGH, NJW 1979, 597; wie hier Weissauer, aaO. S. 375; Siegmund-Schultze, ArztR 1978, 176, Luxenburger, aaO. S. 192f.). Trotzdem wurde der mittlere Pflegesatz nicht in allen Bundesländern eingeführt (z.B. nicht in Hessen, Berlin, Bremen und Hamburg > Arztkostenabschlag). Auch wo entsprechende Regelungen fehlen, darf der Krankenhausträger den Patienten, welche die ärztliche Behandlung nicht als Leistung des Krankenhauses, sondern aufgrund eines selbständigen Vertrages mit den liquidationsberechtigten Ärzten in Anspruch nehmen, nur den „mittleren Pflegesatz" berechnen (OVG Hamburg v. 17. 8. 1982 - OVG Bf VI 46/81 u. 47/81 -). 5. Besondere Pflegesätze gelten für die allgemeinen Krankenhausleistungen in Sondereinrichtungen, die der Versorgung chronisch Kranker oder Langzeitkranker, der Nachsorge oder der Erbringung halbstationärer Leistungen dienen (§ 4 BPflV). 1355

III. 1. Die Bemessung der Pflegesätze erfolgt nach den Selbstkosten eines sparsam wirtschaftenden, leistungsfähigen und bedarfsgerechten Krankenhauses (Selbstkostendeckungsgrundsatz; § 17 Abs. 1 Satz 2 KHG; zur Berechnung der Pflegesätze vgl. OVG Bremen, MedR 1983, 235; zu den berücksichtigungsfähigen Kosten bei der Ermittlung von Pflegesätzen vgl. VGH Mannheim, NJW 1982, 2624 [zur Frage der Anrechnung von Krankenpflegeschülern im Rahmen der Selbstkostenermittlung > Krankenhaus-Kostendämpfungsgesetz Rz 1055) m. Anm. Schneider, MedR 1983, 99f. ; VGH Mannheim, DVBl. 1982, 1008). Dabei spielen u.a. die DKG-Empfehlungen „Anhaltszahlen für

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Pflichtweiterbildung

die Besetzung der Krankenhäuser mit Ärzten und Pflegekräften" eine Rolle (> Chefarzt Rz 525). Nach dem KHG nicht öffentlich geförderte Krankenhäuser (zu denen u.a. Hochschulkliniken gehören) dürfen von Sozialleistungsträgern und anderen öffentlichrechtlichen Kostenträgern keine höheren Pflegesätze fordern als sie an öffentlich geförderte Krankenhäuser zu entrichten sind (§ 17 Abs. 5 Satz 1 KHG). Dieser „Vergleichspflegesatz" soll nach einem Gesetzentwurf des Bundesrates (BT-Drucks. 10/491 v. 14. 10. 1983) nicht für die Pflegesätze für Hochschulkliniken gelten. Zur Berechnung des Pflegesatzes bei einem nur teilweise nach dem KHG geförderten > Krankenhaus vgl. VG Freiburg; NJW 1981, 2530. Durch § 18 Abs. 1 KHG i.d.F. des > K r a n k e n h a u s - K o s t e n d ä m p f u n g s g e s e t z e s wurde das bisherige Festsetzungsverfahien durch das Pflegesatzverfahren ersetzt (bis zum Inkrafttreten der geplanten Neufassung der BPflV gilt § 18 KHG in der bisherigen Fassung weiter; Art. 1 Nr. 25 KKG > Krankenhausaufnahmevertrag Rz 1042). Danach werden die Pflegesätze nicht mehr von der zuständigen Behörde festgesetzt, sondern grundsätzlich zwischen Krankenhausträger und Krankenkassen vereinbart und von der zuständigen Landesbehörde genehmigt. Lediglich für den Fall der Ablehnung der Genehmigung oder der Nichteinigung der Beteiligten ist auch künftig die Festsetzung durch die Behörde vorgesehen; hierbei handelt es sich um einen Verwaltungsakt. 2. Durch die Festsetzung zu hoher (und damit gegen § 17 KHG verstoßender) Pflegesätze für andere Krankenhäuser kann der Träger eines Krankenhauses in seinem durch Art. 2 GG garantierten Recht auf Teilnahme am freien Wettbewerb verletzt werden (BVerwG, NJW 1980, 2764). Durch eine zu hohe Festsetzung des Pflegesatzes können gesetzliche Krankenkassen in ihren rechtlich geschützten Interessen verletzt sein (VG Münster, NJW 1982, 710; zur Nachprüfung von Pflegesätzen im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren vgl. OVG Bremen, NJW 1983, 1390 [Leits.]). 3. Wegen der öffentlichrechtlichen Natur der Pflegesatzgestaltung sind die Pflegesätze sowohl hinsichtlich der Berechtigung einer rückwirkenden Erhöhung (> Krankenhausaufnahmevertrag Rz 1042) als auch hinsichtlich der Angemessenheit des Preis-Leistungsverhältnisses (OLG Köln, VersR 1982, 677) nur im Verwaltungsrechtsweg überprüfbar.

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Pflichtweiterbildung I. Dieser Begriff stammt aus der seit 1978 heftig geführten Diskussion um die Frage der Einführung einer obligatorischen > W e i t e r b i l d u n g von bestimmter Dauer nach Erhalt der ärztlichen > A p p r o b a t i o n als Zulassungsvoraussetzung für die Aufnahme einer Tätigkeit als > K a s s e n a r z t (vgl. Jachertz, DÄ 1981, 967, 973). Der 86. >Deutsche Ärztetag 1983 hat sich

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Pflichtweiterbildung

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nachdrücklich für eine baldige Realisierung des von der EG-Kommission vorgeschlagenen Entwurfes eines Vorschlages für eine Richtlinie für die Allgemeinmedizin eingesetzt, welche u.a. die Einführung einer mindestens zweijährigen Weiterbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin als Zulassungsvoraussetzung für die Ausübung des ärztlichen Berufes im System der sozialen Sicherheit zum 1.1. 1990 vorsieht, sofern der Arzt nicht ein sonstiges Gebietsarztdiplom ( > Gebietsarzt) besitzt. Spätestens am 1. 1. 1995 soll dann der EG-Rat beschließen, ob der Zugang zum ärztlichen Beruf und dessen selbständige Ausübung generell vom Besitz eines Weiterbildungsdiploms abhängig gemacht werden soll (vgl. DÄ 1983/21, S. 51 f.). Hiergegen bestehen erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken (ausführlich dazu Hess, DÄ 1983/42, S. 53ff.). Die vom >Deutschen Ärztetag geforderte Reform ist mit dem in der Bundesrepublik bestehenden Aus- und Weiterbildungsrecht nicht vereinbar. Sie würde, da der frei praktizierende Arzt in aller Regel seinen Beruf wirtschaftlich gesehen ohne Kassenzulassung nicht erfolgreich ausüben kann, zu einem unzulässigen Eingriff in das durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Recht auf freie Berufsausübung führen, das der Arzt mit der > A p p r o b a t i o n erwirbt (vgl. BVerfG, NJW 1960, 715, 716 K a s senarzt Rz 926 a.E., > N i e d e r l a s s u n g s f r e i h e i t Rz 1251). Die ärztliche Weiterbildung ist begrifflich durch Freiwilligkeit gekennzeichnet ( > W e i t e r bildung Rz 1870). Danach kann jeder Arzt frei entscheiden, ob er eine Weiterbildung mit allen sich daraus ergebenden Pflichten für die anschließende Berufsausübung ( > G e b i e t s a r z t Rzn. 673ff.) absolvieren oder seinen Beruf allein auf der Grundlage der > Approbation ausüben will. Nur auf dieser Rechtsbasis hat das BVerfG das ärztliche Weiterbildungsrecht als Berufsausübungsregelung angesehen und damit in die Gesetzgebungskompetenz der Länder gegeben ( > W e i t e r b i l d u n g Rz 1871, > G e b i e t s a r z t Rz 672, > A r z t Rz 122). Eine für jeden Arzt bestehende Pflicht zur Weiterbildung müßte zwangsläufig dazu führen, daß diese Pflichtweiterbildung Bestandteil der > ä r z t l i c h e n A u s b i l d u n g wird und damit in die Regelungskompetenz des Bundes fällt (Art. 74 Nr. 19 GG). Die im vorgenannten Entwurf einer EGRichtlinie vorgesehene Weiterbildung zum Allgemeinarzt als Voraussetzung für die selbständige Berufsausübung ließe sich daher in der Bundesrepublik nur durch eine Reform des Ausbildungsrechts erreichen. II. Zur „Pflichtweiterbildung" in der DDR > W e i t e r b i l d u n g Rz 1891

Pharmaberater 1358

I. Nach der Legaldefinition des § 75 Abs. 1 AMG ist Pharmaberater eine Person, die die vorgeschriebene Sachkenntnis besitzt und von einem pharmazeutischen Unternehmen beauftragt ist, hauptberuflich Angehörige der Heilberufe aufzusuchen, um diese über > A r z n e i m i t t e l i. S. des § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 AMG fachlich zu informieren.

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Pharmaberater

Die erforderliche Sachkenntnis besitzen nach § 75 Abs. 2 AMG 1. > A p o t h e k e r oder Personen mit einem Zeugnis über eine nach abgeschlossenem Hochschulstudium der Pharmazie, der Chemie, der Biologie, der Human- oder der Veterinärmedizin abgelegte Prüfung, 2. > A p o t h e k e r a s s i s t e n t e n sowie Personen mit einer abgeschlossenen Ausbildung als technische Assistenten in der Pharmazie ( > P h a r m a z e u t i s c h - t e c h n i s c h e r A s s i s t e n t ) , der Chemie, der Biologie, der Human- oder Veterinärmedizin, 3. Personen, deren Ausbildung oder Weiterbildung durch Rechtsverordnung als ausreichend anerkannt ist ( > P h a r m a r e f e r e n t ) . Personen, die am 1. 1. 1978 die Tätigkeit eines Pharmaberaters nach § 7 5 Abs. 1 AMG ausgeübt haben, bedürfen nach der Übergangsvorschrift des Art. 3 § 18 zum AMG des Ausbildungsnachweises nach § 75 Abs. 2 AMG nicht.

II. Die Bezeichnung Pharmaberater ist keine Berufsbezeichnung, sondern eine Tätigkeitsbezeichnung. Sie stellt den Oberbegriff für alle Personen dar, die nach dem AMG oder einer Verordnung nach § 75 Abs. 3 AMG zur Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit berechtigt sind (Sander-Scholl, aaO. § 75, Erl. 2). Diese Tätigkeit muß in der fachlichen Information über Arzneimittel bestehen. Der kaufmännische Außendienst fällt nicht unter den Begriff des Pharmaberaters, da hier die fachliche Information nur eine begleitende Maßnahme darstellt (Sander-Scholl, aaO. § 75, Erl. 3],

1359

III. Selbständige Pharmaberater sind keine Handelsvertreter i. S. der §§ 84 ff. HGB, da sie nicht damit betraut sind, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen (LG Münster, MDR 1978, 230).

IV. Die Pflichten eines Pharmaberaters ergeben sich aus § 76 AMG. Der Pharmaberater hat Mitteilungen von Angehörigen der Heilberufe über Nebenwirkungen und Gegenanzeigen oder sonstige Risiken bei Arzneimitteln schriftlich aufzuzeichnen und dem Auftraggeber schriftlich mitzuteilen. Außerdem obliegen ihm bestimmte Pflichten bei der Abgabe von > Ä r z t e m u s t e r n (Rz 20).

V. Bei Ärzten als Pharmaberater gebietet das ärztliche Berufsrecht z. T. eine Beschränkung der Tätigkeit auf die fachliche Information und verbietet ausdrücklich, bei > A p o t h e k e n , Händlern oder anderen Nichtärzten um Bestellung zu werben (vgl. § 24 Abs. 6 MuBO). In einer solchen Vorschrift wird teilweise ein Verstoß gegen > W e t t b e w e r b s r e c h t gesehen.

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Pharmakant

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Pharmakant 1361

I. Der Beruf des Pharmakanten ist ein staatlich anerkannter Ausbildungsberuf i. S. des § 25 BBiG. Rechtsgrundlage ist die Verordnung über die Berufsausbildung zum Pharmakanten/zur Pharmakantin v. 25. 7. 1979 (BGBl. S. 1305). Die Berufsbezeichnung ist nicht geschützt. II. Die Aufgabe des Pharmakanten besteht im wesentlichen in der fachgerechten, sterilen Herstellung von > A r z n e i m i t t e l n bei gleichbleibender Qualität und deren sachgemäße Verpackung und Lagerung. III. Die Ausbildung dauert drei Jahre.

Pharmareferent 1362

I. Der Beruf des Pharmareferenten ist ein Fortbildungsberuf i. S. des § 4 6 Abs. 2 BBiG. Rechtsgrundlage ist die Verordnung über die berufliche Fortbildung zum Geprüften Pharmareferenten v. 2. 5. 1978 (BGBl. IS. 600]. Die nach den Vorschriften dieser Verordnung vor dem Prüfungsausschuß einer Industrie- und Handelskammer erfolgreich abgelegte Prüfung führt zum anerkannten Abschluß „Geprüfter Pharmareferent" (§ 2 Abs. 3 der VO). Es handelt sich hier um eine Berufsbezeichnung, die zwar nicht ausdrücklich geschützt ist, deren Führung jedoch unter dem Gesichtspunkt der falschen oder mißbräuchlichen Verwendung von Bezeichnungen im Rechtsverkehr eine Rechtsverletzung darstellen kann (z. B. Verletzung des Arbeitsvertrages, unlauterer Wettbewerb; vgl. Sander-Scholl, aaO. § 75 Erl. 15). Personen, die die Prüfung zum Geprüften Pharmareferenten bestanden haben, besitzen nach der Anerkennungsverordnung v. 5. 5. 1978 (BGBl. I S. 606) die für die Tätigkeit als > P h a r m a b e r a t e r erforderliche Sachkenntnis. II. Die Aufgaben und Befugnisse eines Geprüften Pharmareferenten entsprechen in vollem Umfang denen des Pharrflaberaters nach §§ 75, 76 AMG (amtl. Begründung zu § 2 Abs. 2 der VO v. 2. 5. 1978, BR-Drucks. 124/78 v. 3. 3. 1978).

Pharmazeutisch-technischer Assistent 1363

I. Der pharmazeutisch-technische Assistent gehört nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 ABO zum pharmazeutischen Personal, das unter Aufsicht eines > A p o t h e k e r s pharmazeutische Tätigkeiten i. S. des § 2 Abs. 2 ABO ausübt (näher zum Aufgabengebiet Wehle, BerufskBl. 2 - IF 12, S. 1 ff. > A p o t h e k e r a s s i s t e n t ) .

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Placebo

Rechtsgrundlagen sind das Gesetz über den Beruf des pharmazeutisch-technischen Assistenten v. 18. 3. 1968 - PTAG - (BGBl. I S. 228) und die Ausbildungs- und Prüfungsordnung für pharmazeutisch-technische Assistenten v. 12. 8. 1969 - PTAPrO - (BGBl. I S. 1200). Die Berufsbezeichnung „pharmazeutisch-technischer Assistent" ist geschützt (§§ 1, 10 PTAG). II. Die Ausbildung besteht aus einem zweijährigen Lehrgang an einer staatlich anerkannten Lehranstalt und einer daran anschließenden halbjährigen praktischen Ausbildung in einer > Apotheke. Sie schließt ab mit der staatlichen Prüfung.

Physiotherapeut I. Es handelt sich um eine im Sprachgebrauch mitunter verwendete Sammelbezeichnung für die physiotherapeutische Mittel anwendenden nichtärztlichen Heilberufe des > Masseurs/Masseurs und medizinischen Bademeisters und des > Krankengymnasten. Einen gesetzlich definierten und in seinem Aufgaben- und Tätigkeitsbereich gesetzlich geregelten Beruf des „Physiotherapeuten" gibt es in Deutschland nicht.

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II. Die Bezeichnung „Physiotherapeut" ist geeignet, bei der Allgemeinheit den irreführenden Eindruck zu erwecken, der Betreffende sei zur Ausübung des ärztlichen oder eines arztähnlichen Berufes berechtigt (LG Hamburg v. 30. 12. 1974, DMW 1976, 28, bestätigt durch OLG Hamburg mit Beschl. v. 28. 11. 1975 - 2 W 13/75 -). Ihre Führung kann daher bei vorsätzlichem Handeln eine Strafbarkeit nach § 132 a Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 2 StGB begründen (vgl. Rieger, DMW 1976, 28f.). Entsprechendes gilt für die Führung der Bezeichnung „Sportphysiotherapeut" durch einen Nichtarzt (Erl. d. Min. f. Arbeit, Gesundheit und Sozialordnung Bad.-Wttbg. v. 8. 11. 1976 - VI 8385/76 -).

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Placebo I. Unter einem Placebo versteht man ein Scheinmedikament (Leerpräparat) im Gegensatz zu einem pharmakologisch wirksamen > Arzneimittel (Verum, Standardpräparat). Placebos werden sowohl zur Diagnose und Therapie im Rahmen der > Heilbehandlung als auch bei der kontrollierten > klinischen Axzneimittelprüfung eingesetzt. II. 1. Zur Diagnose und Therapie im Rahmen der t> Heilbehandlung dienen

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Placebo

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Placebos insbesondere im Bereich der Psychiatrie und der Behandlung aller Erkrankungen, die von einer psychischen Erkrankung des Patienten herrühren. Das Leerpräparat, das in Aussehen und Geschmack einem echten Arzneimittel gleicht, kann z. B. verabreicht werden, um zu erkennen, ob die vom Patienten behaupteten Beschwerden nur eingebildet sind und aufgrund der reinen Suggestion des Scheinmedikaments weichen (vgl. Kohlhaas, Medizin und Recht, S. 103; Giesen, aaO. S. 85 f. ; zum Placebo-Effekt vgl. Kuschinsky, DÄ 1975, 663). Die Pflicht des Arztes, den Patienten darüber aufzuklären, daß er mit Placebos behandelt wird, ist insoweit eingeschränkt, als dies im Interesse des Patienten geboten ist (näher dazu Giesen, aaO. S. 85f., 88f., m. Nachw.],• Schulz u. Barnikel, MMW 1975, 1177, Giesen, aaO. S. 86], 2. Im Bereich der > klinischen Arzneimittelprüfung wird das zu prüfende neue Präparat u. a. mit Placebos verglichen, um so die Wirkungen des neuen Medikaments zu untersuchen. Dies kann in einem einfachen Blindversuch oder in einem sog. > D o p p e l b l i n d v e r s u c h geschehen (vgl. Giesen, aaO. S. 85 f. Hier bedarf es grundsätzlich einer umfassenden Aufklärung der Versuchspersonen (> K l i n i s c h e s E x p e r i m e n t Rz 967). III. Haftung. > D o p p e l b l i n d v e r s u c h Rz 577. Die Empfänger von Placebos im Rahmen einer klinischen Arzneimittelprüfung sind in den Versicherungsschutz der gesetzlichen Probandenversicherung einbezogen (Stellungnahme des HUK-Verbandes Hamburg, DÄ 1982/51/52, S. 16 > K l i n i s c h e A r z n e i m i t t e l p r ü f u n g Rz 956).

Poliklinik 1369

I. Man versteht darunter eine > K l i n i k oder die einer Klinik angegliederte Abteilung zur ambulanten Krankenbehandlung. Die Universitäts-Polikhniken dienen in erster Linie der ärztlichen Wissenschaft und Forschung. II. Nach §§ 368 d Abs. 1 Satz 3, 368 n Abs. 3 Satz 3 RVO schließen die > K a s s e n ä r z t l i c h e n V e r e i n i g u n g e n mit den Hochschulen (öffentlichrechtliche) Verträge über die Behandlung von Versicherten in den poliklinischen Einrichtungen. Solche Verträge dienen nicht der Beseitigung einer Versorgungslücke in der kassenärztlichen Versorgung (> S i c h e r s t e l l u n g s a u f trag), sondern verfolgen den Zweck, den Universitäts-Polikliniken das für die Durchführung von Lehre und Forschung benötigte Krankengut zur Verfügung zu stellen (Vgl. Heinemann-Liebold, aaO. § 368d C 215f. ; Narr, aaO. Rz 425). Deshalb können > F r ü h e r k e n n u n g s u n t e r s u c h u n g e n den UniversitätsPolikliniken nicht übertragen werden (vgl. Narr, aaO. Rz 425 m. Nachw.). Andererseits gehören auch die aufgrund von poliklinischen Verträgen durchgeführten Untersuchungen zur kassenärztlichen Versorgung und dürfen daher

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Polizeiarzt

nicht ausschließlich dem Zweck der Forschung und Lehre dienen (BSG v. 8. 6. 1982 - 6 RKa 11/80 -]. Wo für bestimmte Leistungen im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung eine Versorgungslücke besteht, kann die KV der Poliklinik eine entsprechende Institutsermächtigung erteilen (> I n s t i t u t s l e i s t u n g , > Institutsvertrag|. Die Höhe der Vergütung für die in den poliklinischen Einrichtungen erbrachten Leistungen beträgt 80 % der für gleiche Leistungen von > K a s s e n ä r z t e n im Bereich der zuständigen KV maßgeblichen Einzelfallvergütung. Es kann auch eine Pauschalvergütung pro Behandlungsfall vereinbart werden (§ 368 n Abs. 3 Satz 5 u. 6 RVO > K r a n k e n h a u s - K o s t e n d ä m p f u n g s g e s e t z Rz 1055). Die Zahl der abrechnungsfähigen Fälle ist i.d.R. durch die Verträge mit den Kassenärztlichen Vereinigungen begrenzt. Die in den Polikliniken erbrachten ärztlichen Leistungen unterliegen nicht der > W i r t s c h a f t l i c h k e i t s p r ü f u n g durch die Prüfgremien der KV. III. Bei der Behandlung von Kassenpatienten in einer Universitäts-Poliklinik kommt ein > A r z t v e r t r a g mit den behandelnden Ärzten nicht zustande. Es besteht vielmehr ein bürgerlichrechtlicher Vertrag über ambulante ärztliche Behandlung mit dem Träger der poliklinischen Einrichtung, also mit dem Land (§§611 ff., 328 BGß), dem auch allein der Vergütungsanspruch gegen die KV zusteht. Die Frage, ob Kassenpatienten mit einem > K r a n k e n s c h e i n direkt eine Poliklinik in Anspruch nehmen können oder nur mittels eines vom > Kass e n a r z t ausgestellten > Ü b e r w e i s u n g s s c h e i n e s , ist in den bestehenden Verträgen im Bundesgebiet unterschiedlich geregelt.

1370

IV. Da Polikliniken in erster Linie der ambulanten ärztlichen Versorgung dienen, können sie i.d.R. nicht als Weiterbildungsstätte zugelassen werden (vgl. Narr, aaO. Rz 355 > Weiterbildung Rz 1882).

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Polizeiarzt 1. Der Begriff wird nicht einheitlich verwendet. 1. Man versteht darunter einmal einen Arzt, der für die ärztliche Betreuung von Polizeiangehörigen, teilweise auch deren Familienangehörigen, bestellt ist. 2. Als Polizeiarzt wird auch ein Arzt im Bundesgrenzschutz bezeichnet (> G r e n z s c h u t z s a n i t ä t s o f f i z i e r ) . II. Rechtsstellung. Der Polizeiarzt steht meist im Beamtenverhältnis. Zum Teil erfolgt die Beschäftigung auch aufgrund eines privatrechtlichen Anstellungsvertrages. Sofern hauptberufliche Polizeiärtze nicht in genügendem Umfang zur Verfügung stehen, werden vor allem frei praktizierende Ärzte nebenberuflich als > Vertragsarzt (Rz 1849) tätig, wobei es sich meist um einen

1372

Polizeiarzt

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Vertrag über eine freiberufliche Tätigkeit, nicht um ein Anstellungsverhältnis handelt. Ärzte im Bundesgrenzschutz sind durchweg > beamtete Ärzte. In rein ärztlichen Angelegenheiten ist der Polizeiarzt weisungsfiei. 1373

III. Aufgaben. 1. Zu den Aufgaben des polizeiärztlichen Dienst gehören vor allem: ärztliche Betreuung und Behandlung der Polizeiangehörigen, in einzelnen Bundesländern auch deren Familienangehörigen ( > f r e i e H e i l f ü r s o r g e ) sowie die Durchführung von > Vorsorgeuntersuchungen; Hygieneüberwachung in Diensträumen und Unterkünften; arbeitsmedizinische Betreuung, u. a. Beurteilung der Dienstfähigkeit ( > Dienstunfähigkeit) und Durchführung von Eignungsuntersuchungen bei Bewerbern für den Polizeidienst; vertrauensärztliche Untersuchung der Polizeiangehörigen im Krankheitsfall. Darüber hinaus obliegt dem Polizeiarzt die ärztliche Versorgung von Polizeihäftlingen und die Beurteilung ihrer Haftfähigkeit sowie die Wahrnehmung verkehrsmedizinischer Aufgaben (z. B. Durchführung von > Blutentnahmen zur Feststellung des Blutalkoholgehalts). 2. Zu den Aufgaben der Polizeiärzte im Bundesgrenzschutz > Grenzschutzsanitätsoffizier.

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IV. Schweigepflicht. 1. Soweit der Polizeiarzt nicht als behandelnder Arzt der Polizeiangehörigen tätig wird, gilt für seine Schweigepflicht entsprechendes wie für den > T r u p p e n a r z t (Rz 1781) 2. Als behandelnder Arzt unterliegt der Polizeiarzt in vollem Umfang der ärztlichen > S c h w e i g e p f l i c h t . Es gilt entsprechendes wie beim > T r u p p e n a r z t (Rz 1780). Insbesondere darf auch der Polizeiarzt bei ein und demselben Polizeiangehörigen nicht gleichzeitig als behandelnder Arzt und als Gutachter tätig werden.

1375

V. Haftung. 1. Der Polizeiarzt handelt sowohl bei Wahrnehmung seiner Aufgaben als behandelnder Arzt wie auch bei Erfüllung seiner übrigen Dienstaufgaben in Ausübung hoheitlicher Tätigkeit. Für > B e h a n d l u n g s f e h l e r , falsche > G u t a c h t e n und sonstige Fehlleistungen haftet daher der Dienstherr nach Amtshaftungsgrundsätzen (Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB), gleichgültig ob es sich um beamtete, angestellte oder > V e r t r a g s ä r z t e (Rz 1849) handelt ( > H a f t u n g Rz 785). 2. Bei > Ü b e r w e i s u n g an einen Zivilarzt gilt entsprechendes wie beim > T r u p p e n a r z t (Rz 1782). VI. Eine Zulassung hauptberuflicher Polizeiärzte als Kassenarzt kommt i.d.R. nicht in Betracht ( > K a s s e n a r z t Rz 926).

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Postarzt

Postarzt 1. Aufgaben. Dem Postarzt obliegt in erster Linie die betriebsärztliche Betreuung des Personals der Deutschen Bundespost einschließlich Gesundheitsaufklärung. Darüber hinaus gehören zu seinen Aufgaben vor allem die Mitwirkung bei der Durchführung beamtenrechtlicher Vorschriften (Einstellungs-, Eignungs- und Dienstunfähigkeitsuntersuchungen) und die Wahrnehmung vertrauensärztlicher Aufgaben (Aufgabe gutachterlicher Stellungnahmen in Beihilfeangelegenheiten). Die > H e i l b e h a n d l u n g gehört nicht zu den Aufgaben des postärztlichen Dienstes (vgl. zu den Aufgaben des Postarztes im einzelnen die Arbeitsanweisung für den postbetriebsärztlichen Dienst, hrsg. vom Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen, 1980).

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II. Rechtsstellung. Die hauptberuflich im Dienst der Deutschen Bundespost stehenden Ärzte sind Angestellte im öffentlichen Dienst aufgrund eines privatrechtlichen Dienstvertrages, der inhaltlich dem Dienstverhältnis vergleichbarer Beamter der Deutschen Bundespost entspricht. Neben den hauptamtlichen Postärzten sind niedergelassene Ärzte neben- und freiberuflich als > Vertragsärzte (Rz. 1849) tätig. III. Zur > Schweigepflicht des Postarztes vgl. Brauns-Packenius, ZPF 1957, 400 ff. ; Hauptmann, ZPF 1969, 624 ff. > Schweigepflicht Rz 1625, > Beamteter Arzt Rz 299. IV. Haftung. 1. Bei der Erledigung von Aufgaben nach beamtenrechtlichen Vorschriften und bei der vertrauensärztlichen Tätigkeit handelt es sich um hoheitliche Tätigkeit; für dabei begangene Fehler haftet die Bundesrepublik nach Amtshaftungsgrundsätzen (> H a f t u n g Rz 785). Dies gilt auch für nebenberuflich tätige > Vertragsärzte (vgl. Brauns-Packenius, ZPF 1957, 400, 401). 2. Bei der Wahrnehmung betriebsärztlicher Aufgaben wird der Postarzt rein privatrechtlich tätig, so daß die allgemeinen zivilrechtlichen Haftungsgrundsätze Anwendung finden (> Haftung Rzn. 767 ff., 784).

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V. Postärzte können auf Antrag zur Weiterbildung für das Gebiet „Arbeitsmedizin" und den Bereich „Betriebsmedizin" ermächtigt werden. Für welche Dauer eine solche Weiterbildungseimächtigung in Betracht kommt, ist jeweils im Einzelfall zu prüfen. Bei den übergeordneten ärztlichen Dienststellen der Oberpostdirektionen werden die Voraussetzungen für eine volle Ermächtigung im Gebiet „Arbeitsmedizin" i.d.R. vorliegen. Dabei ist jedoch grundsätzlich zu beachten, daß der ermächtigte Arzt und der weiterzubildende Arzt an ein und derselben Arbeitsstätte (Dienststelle) tätig sein müssen (> W e i t e r b i l d u n g Rz 1872). Bei den ärztlichen Dienststellen der Deutschen Bundespost wird es sich im allgemeinen um „geeignete Betriebe" i. S. der Anl. II Nr. 3 MuWO handeln, in denen eine zweijährige Tätigkeit für den Erwerb der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin" absolviert werden kann.

1378

Postarzt

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VI. Hauptamtliche Postärzte erhalten auf Antrag die Genehmigung zur Ausübung einer Privatpraxis in > Nebentätigkeit außerhalb der Dienstzeit. Eine Zulassung zur Kassenpraxis kommt nicht in Betracht ( > Kassenarzt Rz 926).

Postbeamtenkrankenkasse 1379

I. Die Postbeamtenkrankenkasse ist eine als Körperschaft des öffentlichen Rechts organisierte Krankenfürsorgeeinrichtung für die Beamten der Deutschen Bundespost. Sie unterscheidet folgende Mitgliedergruppen: 1. Beamte des einfachen Dienstes (Besoldungsgruppe AI bis A5) und Postjungboten (Mitgliedergruppe A). Diese Mitglieder erhalten im Krankheitsfall freie ambulante und stationäre Behandlung wie in der gesetzlichen > Krankenversicherung (Rz 1103). Ein zusätzlicher Anspruch auf Beihilfe ( > Beihilferecht Rz 331) besteht nur in Ausnahmefällen (z.B. bei > H i l f s m i t t e l n und Zahnersatz). Für die ambulante ärztliche Behandlung dieses Personenkreises besteht gem. § 368 n Abs. 2 Satz 3 RVO ein Vertrag mit der > Kassenärztlichen Bundesvereinigung (abgedr. in DÄ 1983/39, S. 53ff.). Danach haben die A-Mitglieder gegen Vorlage eines > Behandlungsausweises die Wahl unter den am Vertrag beteiligten Ärzten, die ihre Leistungen zu den im Vertrag festgelegten Honorarsätzen über die für sie zuständige > Kassenärztliche Vereinigung abrechnen. 2. Die Beamten der übrigen Besoldungsgruppen sowie Angestellte, die nicht der Krankenversicherungspflicht unterliegen (Mitgliedergruppe B). Diese sind bei der ambulanten und stationären ärztlichen Behandlung Selbstzahler nach den Gebührensätzen der > Gebührenordnung für Ärzte mit Anspruch auf teilweise Kostenerstattung gegen die Postbeamtenkrankenkasse sowie Anspruch auf Beihilfe gegen den Dienstherrn. Beide Ansprüche führten unter der Geltung der GOÄ' 65 im wesentlichen zur vollen Kostendeckung. Seit Inkrafttreten der GOÄ '82 ist dies nicht mehr der Fall. Gleichartige Regelungen gibt es für die zahnärztliche Behandlung. Daneben besteht ein weiterer Vertrag zwischen der KBV und dem Bundespostministerium über die Heilbehandlung der durch Dienstunfall verletzten Postbeamten.

Präsenzpflicht 1380

I. Man versteht darunter die Pflicht des > Kassenarztes, für die ärztliche Versorgung der Versicherten am Niederlassungsort zur Verfügung zu stehen ( > Kassenarztsitz). Die Präsenzpflicht besteht auch außerhalb der Sprechzeiten, sofern kein > Notfalldienst eingerichtet ist oder nicht ein Kollege die Vertretung übernimmt (vgl. § 24 Abs. 2 Satz 1 ZO-Ä, § 6 Abs. 2 BMV-Ä). Sie ist zu unterscheiden von der > Residenzpflicht.

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Praktisches Jahr

II. Für den Nichtkassenarzt ist eine entsprechende Verpflichtung nicht ausdrücklich normiert. Auch er kann jedoch unter bestimmten Voraussetzungen einer Präsenzpflicht unterliegen ( > B e s u c h s p f l i c h t Rzn. 400ff.).

Praktischer Arzt I. Man versteht darunter einen in freier Praxis niedergelassenen, auf dem Gebiet der Allgemeinmedizin tätigen > Arzt, der mangels einer entsprechenden > Weiterbildung nicht die > Gebietsbezeichnung „Allgemeinarzt" oder „Arzt für Allgemeinmedizin" führen darf.

1381

II. Die Bezeichnung „praktischer Arzt" ist nicht geschützt; sie kann von jedem in Anspruch genommen werden, der die > Approbation als Arzt besitzt. Es handelt sich auch nicht um eine Berufsbezeichnung, die in § 2 a BÄO abschließend geregelt ist (Narr, aaO. Rz 330 > Arzt Rz 122); ihre Führung auf dem > Praxisschild ist zulässig. Die Führung der Bezeichnung „praktischer Arzt" hat seit Einführung der Gebietsbezeichnung „Allgemeinarzt" keine sachliche Berechtigung mehr. Der 83. Deutsche Ärztetag 1980 hat daher zu Recht die Abschaffung dieser Bezeichnung beschlossen (vgl. DÄ 1980, 1500). Der Umstand, daß der Begriff „praktischer Arzt" in den Kammer- und Heilberufsgesetzen enthalten ist (vgl. z.B. § 40 Abs. 3 KammerG Bad.-Wttbg.), steht seiner Abschaffung nicht entgegen. Durch die Beseitigung der Bezeichnung wird auch nicht in geschützte Rechtspositionen eingegriffen (Narr, aaO.; a.A. Tätigkeitsbericht der BÄK 1981, S. 313). Nach § 27 der > Berufsordnung der Ärztekammer Niedersachsen dürfen Ärzte, die sich nach dem 1. 8. 1980 in Niedersachsen niedergelassen haben, die Bezeichnung „praktischer Arzt" nicht mehr führen.

1382

III. Zur geplanten Änderung des Rechtes der nicht weitergebildeten Ärzte auf Freizügigkeit innerhalb der EG > Niederlassungsfreiheit Rz 1260.

Praktisches Jahr I. Der Sprachgebrauch bezeichnet damit den einjährigen praktischen Ausbildungsabschnitt im letzten (6.) Jahr des > Medizinstudiums nach Bestehen des Zweiten Abschnitts der > ärztlichen Prüfung. Er umfaßt eine zusammenhängende praktische Ausbildung von 48 Wochen in Krankenanstalten der Hochschule oder in > Lehrkrankenhäusern. Nach Beendigung dieser praktischen Ausbildung, in deren Mittelpunkt die Ausbildung am Krankenbett steht, findet der Dritte Abschnitt der Ärztlichen Prüfung statt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 4, § 3 AOÄ > Ärztliche Prüfungen Rz 31).

1383

Praktisches Jahr

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II. Die Rechtsstellung der Studierenden während des Praktischen Jahres ist teilweise umstritten. 1. Die Studierenden im Praktischen Jahr stehen weder in einem Arbeitsverhältnis noch in einem Praktikantenverhältnis. Die praktische Ausbildung in der Krankenanstalt ist vielmehr Teil des Studiums und damit Unterrichtsveranstaltung. Infolgedessen finden auf die Absolventen des Praktischen Jahres arbeitsrechtliche Normen (z.B. Bundesurlaubsgesetz, Mutterschutzgesetz) keine Anwendung. Zwischen dem Krankenhaus und dem Studenten bestehen keine Rechtsbeziehungen. Deshalb besteht auch unabhängig von der Frage, ob die Ausbildung an Hochschulen zur Berufsausbildung i. S. des BBiG gehört (verneinend BAGE 26, 199, 203f.) kein Anspruch auf Vergütung nach § 19 BBiG i.V.m. § 10 Abs. 1 BBiG. Denn die Anwendung dieser Bestimmungen setzt voraus, daß zwischen dem Krankenhaus und dem Studenten vertragliche Beziehungen bestehen (BAG, NJW 1981, 2534). 2. Sozialversicherungsrechtliche Stellung (allgemein zur sozialversicherungsrechtlichen Stellung von Studenten vgl. Schneider, BB 1983, 1350ff.), a) Die Studierenden im Praktischen Jahr sind gem. § 165 Abs. 1 Nr. 5 RVO in der gesetzlichen (studentischen) > Krankenversicherung (Rz 1103) pflichtversichert (vgl. hierzu und zum folgenden eingehend Dünisch, DÄ 1979, 3314 ff.

> Studenten-Krankenversicherung).

b) Versicherungsschutz besteht auch in der gesetzlichen Unfallversicherung gem. § 539 Abs. 1 Nr. 14d RVO (Schreiben des Bundesversicherungsamtes v. 9. 3. 1976, BArbBl. 1977, 177). c) Keine Versicherungspflicht besteht in der Angestelltenversicherung und in der Arbeitslosenversicherung, weil der Studierende im Praktischen Jahr nicht „zu (seiner) Berufsausbildung beschäftigt" ist (§ 1227 Abs. 1 Nr. 2, 2. Altern. RVO; § 2 Abs. 1 Nr. 1, 2. Altera. AVG; § 168 Abs. 1 Satz 1, 2. Altern. AFG). Ist der Medizinstudent jedoch nach Abschluß des Medizinstudiums arbeitslos, so hat er nach §§ 134 ff. AFG Aussicht auf die Gewährung von Arbeitslosenhilfe, sofern er bedürftig ist. Da Zeiten einer Hochschulausbildung nur bis zur Höchstdauer von 5 Jahren als sog. „Ausfallzeit" anrechenbar sind (§ 1259 Abs. 1 Nr. 4b RVO; § 36 Abs. 1 Nr. 4 b AVG), geht dem Medizinstudenten für einen etwaigen künftigen Rentenanspruch ein Versicherungsjahr verloren. Dies wird mit Recht als Ungleichbehandlung im Verhältnis zu anderen vergleichbaren Studiengängen empfunden, deren Mindestdauer durchweg erheblich kürzer ist. 1385

III. Haftung. 1. Der Student im Praktischen Jahr darf nicht selbständig ärztlich tätig werden, sondern nur entsprechend seinem Ausbildungsstand unter Anleitung, Aufsicht und Verantwortung des ausbildenden Arztes einzelne ihm zugewiesene ärztliche Verrichtungen durchführen (so jetzt ausdrücklich Art. 1 Nr. 3b) aa) des Entwurfs einer Fünften VO zur Änderung der AOÄ > Ärztliche Ausbildung Rz 30 a). Dies entbindet ihn indes nicht von der zivilrechtlichen und strafrechtlichen Verantwortung bei Ausführung der ihm

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Praktisches Jahr

übertragenen Aufgaben. Analog den Grundsätzen über die Arbeitsteilung in der Medizin gilt auch im Verhältnis zwischen ausbildenden Ärzten und Studenten das Prinzip der Eigenverantwortung ( > Behandlungsfehler Rz 317). Die Aufgaben der Studierenden im Praktischen Jahr sind im wesentlichen die gleichen wie früher die Aufgaben des > Medizinalassistenten nach der früheren Bestallungsordnung ( > Bestallung). Ebenso wie früher der Medizinalassistent soll der Student im Praktischen Jahr nach der AOÄ sowohl in diagnostischer als auch in therapeutischer Hinsicht ein selbständiges Urteilsvermögen gewinnen mit dem Ziel, ihn auf die selbständige Ausübung des Arztberufes nach Beendigung der praktischen Ausbildung und Bestehen des Dritten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung vorzubereiten (vgl. dazu auch die Empfehlungen des Wissenschaftsrates zum Medizinstudium, zitiert bei Liebhardt-SpannMarx, MMW 1977, 1355 f. Anm. 16). Dies ist nur dadurch möglich, daß der Student im Praktischen Jahr - ebenso wie früher der Medizinalassistent - voll in den Krankenhausbetrieb einbezogen wird und ihm Tätigkeiten am Krankenbett übertragen werden, die seinen jeweiligen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechen. In entsprechender Anwendung des § 65 Abs. 1 Satz 2 der früheren Bestallungsordnung darf auch der Absolvent des Praktischen Jahres ein seinen Leistungen und seinem Ausbildungsstand entsprechendes Maß an Selbständigkeit erhalten, um das Ziel der Ausbildung zu erreichen (näher zum Ganzen Rieger, DMW 1978, 12f.). Die gegen diese Gleichstellung der Aufgaben des Studenten im Praktischen Jahr mit den Aufgaben des Medizinalassistenten von Narr (aaO. Rz 187) vorgebrachten Bedenken sind nicht überzeugend. Aus der Tatsache, daß in der AOÄ eine der Vorschrift des § 65 Nr. 1 Satz 2 Bestallungsordnung für Ärzte entsprechende ausdrückliche Vorschrift fehlt, kann entgegen der Ansicht von Narr nicht geschlossen werden, daß dem Studenten im Praktischen Jahr kein seinen Leistungen und seinem Ausbildungsstand entsprechendes Maß an Selbständigkeit übertragen werden darf. Niemand ist bisher je auf den Gedanken gekommen, dem Arzt die Übertragung der technischen Durchführung von Injektionen auf entsprechend qualifiziertes nichtärztliches Assistenzpersonal zu verbieten, nur weil es hierfür an entsprechenden ausdrücklichen Vorschriften fehlt. Die für die Zusammenarbeit zwischen Arzt und medizinischem Assistenzpersonal entwickelten Grundsätze (>Behandlungsfehler Rzn. 317ff.) müssen im Verhältnis zwischen Arzt und Medizinstudent im Praktischen Jahr entsprechend gelten. Das bedeutet, daß die Anordnung therapeutischer und diagnostischer Maßnahmen ausschließlich dem Arzt vorbehalten ist, während ihre Durchführung im Rahmen der ärztlichen Anordnung dem Medizinstudenten im Praktischen Jahr übertragen werden darf, wenn er nach seinem Ausbildungsstand hierzu ausreichend qualifiziert ist. So darf der Student niemals die Verabreichung einer bestimmten > Injektion oder > Infusion anordnen,- ihm darf jedoch die selbständige Durchführung dieser vom Arzt angeordneten Maßnahme übertragen werden, wenn er die hierfür erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen besitzt und nicht besondere Umstände (z. B. besondere Gefährlichkeit eines Medikamentes oder schlechter Gesundheitszu-

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stand des Patienten) das persönliche Handeln oder wenigstens die persönliche Anwesenheit des Arztes erfordern. Bei der Durchführung von Punktionen wird man wegen des Gefährlichkeitsgrades dieser Eingriffe die Anwesenheit des Arztes im allgemeinen für erforderlich halten müssen. Gleiches gilt für das Einspritzen von Röntgenkontrastmitteln; auch hier können für den Patienten gefährliche Situationen entstehen, denen nur der anwesende Arzt durch rasches Eingreifen begegnen kann (vgl. hierzu auch Brenner, Med. Welt 1972, 236 > I n j e k t i o n Rz 900). Verschlossen ist dem Medizinstudenten auch die selbständige Ausübung der nur approbierten Ärzten vorbehaltenen Tätigkeiten, beispielsweise in der Geburtshilfe (vgl. § 4 HebG) und in der Geschlechtskrankenbehandlung (vgl. § 9 GeschlKrG). Im Rahmen seines so umrissenen Aufgabenkreises hat der Student im Praktischen Jahr für schuldhafte Fehlleistungen zivilrechtlich (§§823ff. BGB) und stiafiechthch (§§ 223, 230, 222 StGB) einzustehen. Dabei kann ihm jedoch nicht der objektiv-typische Sorgfaltsmaßstab eines voll ausgebildeten Arztes abverlangt werden. Der objektive Sorgfaltsmaßstab, der im Zivilrecht und im Strafrecht der gleiche ist, richtet sich vielmehr nach der jeweiligen Gruppe, der der Schädiger angehört (vgl. auch BGH, NJW 1979, 864; Hanau in: Münch. Komm. § 276 Rz 88 > B e h a n d l u n g s f e h l e r Rz 305, 308). Im vorliegenden Fall kommt es deshalb auf die Beachtung derjenigen Sorgfalt an, die der Verkehr von einem pflichtgetreuen, zuverlässigen Studenten im Praktischen fahr mit durchschnittlichen Fähigkeiten erwartet (a.A. Bodenburg, VersR 1979, 308, 309f., der dem Medizinstudenten im Praktischen Jahr wegen des gebotenen Schutzes des Patienten und dessen in die ärztliche Tätigkeit gesetzten Vertrauens den „objektiv-typisierten Sorgfaltsstandard eines ausgebildeten Arztes bzw. sogar des jeweils als Ausbilder fungierenden Facharztes" abverlangt; diesen berechtigten Interessen des Patienten kann nur dadurch Rechnung getragen werden, daß man an die Anleitungs- und Überwachungspflicht des ausbildenden Arztes strenge Anforderungen stellt > Behandlungsfehler Rzn. 317 ff.; wie hier im Ergebnis auch Narr, aaO. Rz 187). 2. Der Medizinstudent, der von einem Patienten auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird, hat gegen den Krankenhausträger einen Freistellungsanspruch nach den von der Rspr. entwickelten Grundsätzen über gefahrgeneigte Arbeit ( > Haftung Rz 778). Wenn auch der Dienst am Patienten, insbesondere die ärztliche Tätigkeit nicht generell gefahrgeneigte Arbeit darstellt (BAG v. 10. 6. 1969, AP Nr. 47 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers m. Anm. Rieger), so wird man doch wegen der besonderen Verhältnisse bei den Studierenden im Praktischen Jahr (Tätigwerden des Studenten in einer Situation, in der wegen Unerfahrenheit ein Versehen nur allzu menschlich ist; wegen der gesetzlich vorgeschriebenen Pflicht zur Ausbildung keine freie Entscheidung darüber, ob er einem solchen Risiko ausgesetzt sein will oder nicht) diesen das Haftungsprivileg nach den Grundsätzen der schadensgeneigten Arbeit zukommen lassen müssen (so zutreffend Bodenburg, aaO. S. 310). Das bedeutet im Endergebnis, daß der Student im Praktischen Jahr für Schäden nur

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Praktisches Jahr

bei grober Fahrlässigkeit und - was in der Praxis kaum von Bedeutung ist - bei Vorsatz haftet. 3. Wo der Krankenhausträger für ein schuldhaftes Fehlverhalten des Studenten im Praktischen Jahr zusammen mit diesem als Gesamtschuldner haftet (dies trifft überall dort zu, wo - wie im Regelfall - ein sog. totaler > Krankenhausaufnahmevertrag (Rzn. 1033, 1036] abgeschlossen wird), kann er, wenn er den geschädigten Patienten befriedigt hat, den Schädiger im Regreßweg über die Ausgleichsvorschrift des § 426 BGB in Anspruch nehmen, wobei der Regieß des Krankenhausträgers auch hier auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz beschränkt ist. Voraussetzung für einen solchen Regreßanspruch ist allerdings, daß die Ausbildung im Praktischen Jahr in der Universitätsklinik erfolgt, so daß Krankenhausträger und Ausbildungsverpflichteter zusammenfallen. Fallen - wie bei der Ausbildung in akademischen > Lehrkrankenhäusern - Krankenhausträgerschaft und Ausbildungsträgerschaft auseinander, so wird der Krankenhausträger aufgrund vertraglicher Vereinbarung seine gesamten Schadensersatzaufwendungen vom Land ersetzt bekommen. Das Land kann in diesem Fall jedoch nur dann im Regreßweg gegen den Studenten vorgehen, wenn es sich die Ansprüche des Trägers des Lehrkrankenhauses abtreten läßt (näher zum Ganzen Bodenburg, aaO. S. 311 f.). 4. Haftpflichtversicherung. Wenngleich nach den vorstehenden Ausführungen die zivilrechtliche Haftung des Medizinstudenten im Praktischen Jahr eingeschränkt ist, so ist doch der Abschluß einer Haftpflichtversicherung dringend zu empfehlen, sofern die persönliche Haftpflicht des hier in Rede stehenden Personenkreises nicht bereits in die Haftpflichtversicherung des Krankenhausträgers eingeschlossen ist, was bei Universitätskliniken in aller Regel nicht der Fall ist (ebenso Bodenburg, aaO. S. 312; a.A. die Bundesregierung in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage, wonach für eine Haftpflichtversicherung für Studenten während des Praktischen Jahres keine Notwendigkeit besteht, weil eine Eigenhaftung des betreffenden Personenkreises nicht in Betracht kommt; vgl. dazu Rieger, DMW 1978, 13; widersprüchlich Narr, aaO. Rz 187, der den Abschluß einer eigenen Haftpflichtversicherung für Absolventen des Praktischen Jahres ebenfalls nicht für erforderlich hält, gleichzeitig jedoch davon ausgeht, daß der Student „für solche Schäden einzustehen hat, die er bei Anwendung seiner bereits erlernten Fertigkeiten und unter Berücksichtigung der erworbenen Erfahrungen und der Einsichtsfähigkeit in die mit jedem Arbeitsvorgang natürlicherweise verbundenen Gefahren vermeiden konnte" |. IV. Die Medizinstudenten im Praktischen Jahr sind verpflichtet, sich nach Maßgabe der für die einzelnen Krankenanstalten geltenden UnfallverhUtungsvorschriften vor und nach der praktischen Ausbildung einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen.

Praxisgemeinschaft

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Praxisgemeinschaft 1390

I. Begriff. Die Praxisgemeinschaft ist eine Erscheinungsform der ärztlichen > Gruppenpraxis. Man versteht darunter den begrenzten Zusammenschluß von zwei oder mehreren Ärzten gleicher und/oder verschiedener Fachrichtung zur gemeinsamen Nutzung von Praxisräumen und/oder Praxiseinrichtungen und/oder zur gemeinsamen Inanspruchnahme von Praxispersonal bei sonst selbständiger Praxisführung mit eigener Klientel und eigener Patientenkartei. Im Gegensatz zur > Gemeinschaftspraxis hat die Praxisgemeinschaft nicht die gemeinsame, jederzeit austauschbare ärztliche Tätigkeit an gemeinsamen Patienten zum Ziele, sondern ausschließlich die Einsparung von Praxisunkosten unter Beibehaltung von selbständiger Praxisführung (vgl. Henke, NJW 1974, 2035; Narr, aaO. Rz 1144 m.w.Nachw.). Deshalb ist im Unterschied zur > Gemeinschaftspraxis (Rz 694) eine Piaxisgemeinschaft im weiteren Sinne grundsätzlich auch zwischen einem Arzt und. einem Nichtaizt (z. B. einer > Krankengymnastin) möglich. Eine partielle Praxisgemeinschaft stellen die > Apparategemeinschaft und die > Laborgemeinschaft dar.

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II. Soweit der Zusammenschluß der Partner der Praxisgemeinschaft reicht, liegt die Rechtsform der BGB-Gesellschaft (§§ 705 ff. BGB) vor. Für die Errichtung einer Praxisgemeinschaft gibt es verschiedene Musterverträge (vgl. Vertragsmuster in DDA 1977/3. ; Britz, Gruppenpraxis 1975/1 S. 14ff.; Ohl, Gruppenpraxis 1975/3 S. 30ff.; Rieger, Verträge zwischen Ärzten in freier Praxis, S. 32ff.). 1. Im Gegensatz zur Gemeinschaftspraxis handelt es sich stets um eine Innengesellschaft. Der Patient tritt nur in Vertragsbeziehungen zu dem einzelnen Arzt, der in eigenem Namen und auf eigene Rechnung liquidiert. Die Gesellschaft als solche tritt nur bei Entfaltung ihrer Tätigkeit im Rahmen des Gesellschaftszwecks (Beschaffung, Einrichtung und Unterhaltung der Gemeinschaftseinrichtungen, Einstellung des gemeinschaftlichen Personals usw.) nach außen im Rechtsverkehr auf. Sie arbeitet auf Selbstkostenbasis. Die für den Betrieb der Praxisgemeinschaft erforderlichen Mittel werden durch Umlage aufgebracht. 2. Dementsprechend trifft die zivilrechtliche Haftung für > Behandlungsfehler nicht die Gemeinschaft, sondern den jeweiligen Arzt. Eine gesamtschuldnerische Haftimg kommt nur für Handlungen oder Unterlassungen im Rahmen des Gesellschaftszwecks in Betracht (z. B. Verletzung der Verkehrssicherungspflicht in den gemeinsam gemieteten Praxisräumen; vgl. Uhlenbruck, ArztR 1969, 151 > Berufshaftpflichtversicherung [Rz 381]). 3. > Privatkrankenanstalt Rz 1447.

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HI. Die Errichtung einer Praxisgemeinschaft zwischen Kassenärzten und Nichtkassenärzten ist nach Kassenaiztrecht uneingeschränkt zulässig (§33 Abs. 1 ZO-Ä; Weidner in: Gruppenmedizin, aaO. S. 90). Sowohl kassenarzt-

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Praxisklinik

rechtlich als auch nach dem ärztlichen Berufsrecht sind die Partner einer Praxisgemeinschaft Inhaber einer selbständigen Einzelpraxis. Daraus folgt: 1. Eine gegenseitige Vertretung ist nur wie bei anderen selbständigen Praxen zulässig (vgl. § 17 Abs. 3 MuBO, § 32 Abs. 1 ZO-Ä). Es stellt einen Verstoß gegen kassenärztliche Pflichten dar, wenn zwei Ärzte einer Praxisgemeinschaft zu den von ihnen angegebenen Sprechstundenzeiten nicht auch regelmäßig anwesend sind, sondern ein Teil der angekündigten Sprechstunden im Wechsel nur von einem der beiden Partner der Praxisgemeinschaft wahrgenommen wird und die gleichzeitig in Vertretung für den abwesenden Arzt erbrachten Leistungen über Vertreterschein abgerechnet werden. Diese Pflichtverletzungen sind jedoch nicht so schwerwiegend, daß sie eine Entziehung der Kassenzulassung rechtfertigen (Berufungsausschuß der KV Schlesw.-Holst, v. 23. 11. 1982, Schlesw.-Holst. ÄBl. 1983, 74, 77). 2. Die > Mitbehandlung oder Weiterbehandlung eines Patienten eines Partners der Praxisgemeinschaft durch einen anderen Partner bedarf dessen konsiliarische Beiziehung ( > K o n s i l i u m ) oder der > Ü b e r w e i s u n g des Patienten an ihn (Narr, aaO. Rz 1144). 3. Die Honorarabrechnung gegenüber der KV erfolgt nicht gemeinsam, sondern einzeln durch jeden Partner, der auch bei > H o n o r a r k ü r z u n g e n durch die KV allein haftet ( > W i r t s c h a f t l i c h k e i t s p r ü f u n g ) . 4. Die Ankündigung einer Praxisgemeinschaft auf > Praxisschildern, Briefbogen, Rezeptvordrucken, Stempeln ist nicht zulässig (vgl. LBerufsG f. die Heiiber, beim BayObLG, BayÄBl. 1973, 618 > Ärztehaus). IV. Steuerliche Aspekte. Die Praxisgemeinschaft unterliegt wegen fehlender Gewinnerzielungsabsicht nicht der Gewerbesteuer. Einkommensteuerrechtlich sind die Beiträge der Praxisinhaber zu den Kosten der Praxis Betriebsausgaben der einzelnen Praxen. Nach § 4 Nr. 14 Satz 2 UStG sind Praxisgemeinschaften jeder Größenordnung von der > U m s a t z s t e u e r befreit. Das BVerfG (NJW 1977, 1101) hat hierin eine gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Bevorzugung gegenüber gewerblichen Analyseunternehmen gesehen. Dieser Entscheidung wurde jetzt durch § 4 Nr. 16 c UStG 1980 Rechnung getragen. Danach sind u. a. Leistungen von gewerblichen Einrichtungen ärztlicher Diagnostik und Befunderhebung umsatzsteuerfrei, wenn sie unter ärztlicher Aufsicht erbracht werden und im vorangegangenen Kalenderjahr mindestens 40 v. H. Sozialversicherten, Sozialempfängern oder Versorgungsberechtigten zugute gekommen sind ( > L a b o r g e m e i n s c h a f t Rz 1134).

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Praxisklinik I. Dieser Begriff wird nicht immer einheitlich verwendet. Der > Deutsche Ärztetag versteht darunter eine Einrichtung, „die es in einer > Gruppenpraxis zusammengeschlossenen Ärzten durch Angliederung stationärer oder

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Praxisklinik

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halbstationärer Behandlungsmöglichkeiten an die Praxis ermöglicht, Patienten im Rahmen der Grund- und Regelversorgung zu behandeln und hier Eingriffe vorzunehmen, die keiner längeren stationären Behandlung und Krankenpflege bedürfen" (vgl. Gesundheitspolitische Vorstellungen, S. 57 f., 72 > Kooperatives Belegarztwesen). Es handelt sich um eine Ergänzung des gegliederten Systems der Krankenhäuser und Hochschulkliniken für die stationäre Patientenversorgung (vgl. Fromm-Jeute, DÄ 1973, 1025). 1396

II. Rechtsnatur. Praxiskliniken sind Krankenhäuser i.S. des § 2 Nr. 1 KHG ( > Krankenhaus Rz 1011). Sie unterliegen daher der Finanzierungsregelung des > Krankenhausfinanzierungsgesetzes. III. Berufsrechtlich handelt es sich bei der Praxisklinik um eine Form gemeinsamer Berufsausübung i.S. des § 19 MuBO. Die Praxisklinik ist eine „Klinik" i. S. der berufsrechtlichen Vorschriften über das Werbeverbot (§21 Abs. 2 MuBO; vgl. LBerufsG f. d. Heilberufe beim BayObLG v. 15. 11. 1978, ArztR 1979, 243).

Praxisschild 1397

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I. Mit dem Praxisschild zeigt der Arzt seine > Niederlassung in eigener Praxis der Bevölkerung an. II. Das ärztliche Berufsrecht enthält Vorschriften über die Ausgestaltung und Anbringung von Praxisschildern (vgl. §§ 27, 28 MuBO). 1. Das Praxisschild muß den Namen, die Bezeichnung als Arzt oder eine > Arztbezeichnung nach der > Weiterbildungsordnung sowie eine Ankündigung der Sprechstunden enthalten. Weitergehende Zusätze sind grundsätzlich nur im Rahmen der > Berufsordnung zulässig (vgl. § 27 Abs. 1 Satz 2 u. 3 und Abs. 3 MuBO). Als zulässige Ankündigung von Sprechstundenzeiten gilt der Hinweis > „Vorsorgeuntersuchungen nach Vereinbarung" oder die Ankündigung von Vorsorgeuntersuchungen in Verbindung mit den Sprechstundenzeiten (vgl. z.B. § 27 Abs. 1 BO Bad.-Wttbg.; Tätigkeitsbericht der BÄK 1974/75, S. 76). Soweit Vorsorgeuntersuchungen im Kassenarztrecht normiert sind, ist auch ein Hinweis auf die Art der Vorsorgeuntersuchungen zulässig (z.B. Vorsorgeuntersuchungen für Schwangere. > „Durchgangsarzt" (Rz 585). Nicht erlaubt sind z.B. folgende Zusätze: „Röntgen" (OVG Münster, NJW 1974, 1444; der übrige Teil der Entscheidung, der sich mit der Ankündigung der Röntgendiagnostik im Anschluß an den Hinweis auf die Zulassung zu den Krankenkassen befaßt, ist durch die im Jahr 1976 erfolgte Änderung der Beruf sordnung der Ärztekammer Nordrhein zwischenzeitlich überholt); „Röntgeninstitut", „Medizinisch-diagnostisches Institut" o.a. (diese Bezeichnungen

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Praxisschild

waren früher nach § 36 der „Berufsordnung für die Deutschen Ärzte v. 5. 11. 1937 erlaubt; soweit sie von Ärzten nach altem Recht zulässigerweise geführt wurden, wird die Weiterführung von den >Ärztekammern z.T. geduldet); „H-Arzt" (> H e i l b e h a n d l u n g s a r z t ) ; > U n f a l l a r z t (vgl. Schmeicher, DMW 1966, 1988); „EKG"; „für Notfälle auch außerhalb der Sprechzeiten" (Koch bei Kuhns, aaO. S. 1/930; Herold, DMW 1962, 562); Anzeige der anerkannten > W e i t e r b i l d u n g , wenn der Arzt in dem betreffenden Gebiet, Teilgebiet oder Bereich nicht (mehr) tätig ist (§ 21 Abs. 3 MuBO); > „Praxisgemeinschaft"; „Ärztekollegium" bei > P r a x i s g e m e i n s c h a f t e n (BerufsG f. d. Heilberufe beim BayObLG v. 22. 3. 1973, BayÄBl. 1973, 618); „Kosmetische Chirurgie"; „Anpassung von > Kontaktlinsen"; „Sehschule". Nach dem Wortlaut der > B e r u f s o r d n u n g unzulässig ist auch die Ankündigung einer in der Praxis nicht ausgeübten Tätigkeit (z.B. „Keine Unfallchirurgie" auf dem Praxisschild eines Chirurgen). Da die Vorschriften über die Gestaltung von Praxisschildern ihren sachlichen Grund jedoch in erster Linie in dem berufsrechtlichen > W e r b e v e r b o t haben und eine Werbung durch derartige Negativhinweise nicht möglich ist, wird man jedenfalls in Ausnahmefällen, in denen eine sachliche Information der Bevölkerung beabsichtigt und wünschenswert ist, entsprechende Negativankündigungen für zulässig erachten dürfen. Möglich ist danach auch der Zusatz „Keine Kassen" oder „Privatpraxis". Nichtmedizinische akademische Grade dürfen nur in Verbindung mit der Fakultätsbezeichnung genannt werden. Erlaubt ist daher z.B. die Bezeichnung „Diplom-Psychologe" auf dem Praxisschild. Die Bezeichnung „Professor" darf nur geführt werden, wenn sie auf Vorschlag der medizinischen Fakultät (Fachbereich) durch das entsprechende Landesministerium verliehen worden ist (§ 27 Abs. 2 MuBO). Zur Führung eines im Ausland erworbenen Professortitels > P r o f e s s o r t i t e l Rzn. 1451 f. Nicht ausdrücklich zugelassen, aber erlaubt ist auch die Angabe von DienstBezeichnungen für staatliche oder kommunale Amter, z. B. Medizinalrat, Sanitätsrat, > C h e f a r z t , Privatdozent (zu dieser Bezeichnung vgl. VG Köln v. 30. 3. 1977 - 9 K 3108/76 -). Bei > b e a m t e t e n Ä r z t e n ergibt sich dies aus den einschlägigen Beamtengesetzen. Ruhestandsbeamte dürfen ihre Amtsbezeichnung mit dem Zusatz „a.D." führen (vgl. z.B. § 105 Abs. 2 LBG Bad.Wttbg.). Die Dienstbezeichnung „Chefarzt" darf nur so lange geführt werden, wie der Arzt die entsprechende Dienststellung innehat (vgl. BerufsG für Ärzte im Regierungsbezirk Koblenz v. 6. 12. 1961 bei Kallfelz, aaO. Bd. I S. 139; Narr, aaO. Rz 1180). 2. Wegen des > Werbeverbotes darf das Praxisschild nicht in aufdringlicher Form gestaltet und angebracht sein und das übliche Maß (etwa 35 x 50 cm) nicht übersteigen (vgl. § 28 Abs. 1 MuBO). Zur Anpassung an andere Schilder an einem gewerblich genutzten Gebäude dürften auch andere Maße als 35 x 50 cm zulässig sein, wenn der Gesamtflächeninhalt des Schildes dadurch nicht oder nicht nennenswert überschritten wird (z.B. 25 x 70 cm). Bei > G e m e i n s c h a f t s p r a x e n ist eine angemessene Überschreitung dieser Größen zulässig und bei drei und mehr Partnern wohl auch nicht zu umgehen.

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Praxisschild

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Ein Praxisschild kann aufdringlich sein wegen des gewählten Materials, der graphischen Gestaltung (Narr, aaO. Rz 1212) oder der Art der Anbringung. Maßstab für ein angemessenes Praxisschild ist allein das Interesse des Publikums an sachgerechter Information. Die Beleuchtung eines Praxisschildes bei Nacht ist für sich allein jedenfalls bei Ärzten solcher Fachgebiete nicht zu beanstanden, die für die ärztliche Versorgung der Bevölkerung in Notfällen in Betracht kommen. 3. Die Anbringung eines zweiten Schildes oder weiterer Schilder ist nur bei Vorliegen besonderer Umstände (z.B. bei versteckt liegenden Praxiseingängen) mit Zustimmung der > Ärztekammer zulässig (vgl. § 28 Abs. 2 MuBO). 4. Bei Verlegung der Praxis kann der Arzt an dem Haus, aus dem er fortgezogen ist, bis zur Dauer eines halben Jahres ein Schild mit einem entsprechenden Vermerk anbringen (vgl. § 28 Abs. 3 MuBO > Arztpraxis Rz 200). 5. Die Ausübung einer > Gemeinschaftspraxis ist mit dem Zusatz „Gemeinschaftspraxis" auf dem Arztschild anzuzeigen (§ 27 Abs. 4 MuBO). 6. Die Weiterfühlung des Namens eines verstorbenen Arztes auf dem Praxisschild ist in der ärztlichen > B e r u f s o r d n u n g - im Gegensatz zu der Regelung in §71 der „Grundsätze des anwaltlichen Standesrechts", Stand: 1. 3. 1982 (Zulässigkeit der Weiterführung für die Dauer von 5 Jahren) - nicht vorgesehen. Im Interesse der Patienten dürfte jedoch das Belassen des Praxisschildes für die Dauer von sechs Monaten nach dem Tod des Praxisinhabers nicht zu beanstanden sein. 7. Auch das im Fahrstuhl des Praxisgebäudes neben dem Druckknopf für das betreffende Stockwerk befindliche, auf die > Arztpraxis hinweisende Schild darf keinen Zusatz enthalten, wie er für ein Praxisschild untersagt ist (LBerufsG beim BayObLG v. 17. 10. 1978, BayÄBl. 1979, 147 [„Rheumatologie", Leits.j). III. Die berufsrechtlichen Vorschriften über Praxisschilder gelten entsprechend für die Gestaltung von Briefbogen, Rezeptvordrucken und Stempeln (vgl. § 29 Satz 1 MuBO).

Praxistausch 1403

Ebenso wie der Praxisverkauf ( > Praxisveräußerung) ist auch der gegenseitige Tausch einer > Arztpraxis zulässig (BGH, NJW 1955, 337; NJW 1959, 1584). Nach § 515 BGB finden die Vorschriften über den Kauf entsprechend Anwendung. Bezüglich > Patientenkartei, Mängelhaftung und Rückkehrverbot gelten die Grundsätze für den Praxisverkauf entsprechend ( > Praxisv e r ä u ß e r u n g Rzn. 1407, 1414, 1415, 1417).

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Praxisveräußerung

Praxisveräußerung 1. 1. Die entgeltliche Veräußerung einer > A r z t p r a x i s wird entgegen der früheren Rspr., die vor allem standesrechtliche Bedenken erhoben hatte, heute allgemein für zulässig gehalten. Dies gilt auch für die Veräußerung einer Arztpraxis durch die Erben des bisherigen Inhabers (vgl. LG Mannheim, NJW 1961, 2064 [Leits.]; Uhlenbruck, ArztR 1971, 100 und die dortigen Nachw.). 2. Gegenstand der Piaxisveräußening ist die Praxiseinrichtung einschließlich > P a t i e n t e n k a r t e i als Sachgesamtheit aller der ärztlichen Berufsausübung dienender Gegenstände (Sachwert) sowie der ideelle Praxiswert (goodwill) als „die Zusammenfassung aller Möglichkeiten, Chancen und Beziehungen einer gut eingeführten, allgemein bekannten Arztpraxis mit festem Patientenstamm und einer gut geführten Patientenkartei" (Uhlenbruck, ArztR 1978, 231). Bei der Praxisveräußerung besteht der ideelle Praxiswert in dem wirtschaftlichen Wert der dem Übernehmer gewährten Chance, die Patienten des Veräußerers für sich zu gewinnen und den vorhandenen Bestand als Grundlage für den weiteren Ausbau der Praxis zu verwenden (vgl. BGH, NJW 1973, 98, 100 ; Uhlenbruck, ArztR 1971, 100, 101; ders., ArztR 1978, 231, Berensmann-Winter, ÄM 1960, 2144). Daneben umfaßt der goodwill aber auch die Gewinnaussichten der Praxis (vgl. Uhlenbruck, ArztR 1978, 231).

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Zulässig ist auch die teilweise Veräußerung einer Arztpraxis (z.B. Abgabe der Kassenpraxis unter Fortführung der Privatpraxis). Eine teilweise Praxisveräußerung liegt auch in der Errichtung einer > G e m e i n s c h a f t s p r a x i s durch Aufnahme eines Partners in eine bestehende Einzelpraxis. Möglich ist auch die Veräußerung von Anteilen an einer Gemeinschaftspraxis, sofern der Gesellschaftsvertrag in Abweichung von § 717 BGB die Übertragung von Gesellschaftsanteilen zuläßt (zu vertraglichen Formulierungen vgl. Rieger, Verträge zwischen Ärzten in freier Praxis, S. 30f.). 3. Keine veräußerbare Einheit von Sachwerten und ideellen Werten stellt die Ambulanz eines Chefarztes im > K r a n k e n h a u s dar. Abgesehen davon, daß die der Ausübung der ambulanten Tätigkeit des Chefarztes dienenden Apparate und Einrichtungen einschließlich der für die Schaffung eines goodwill wesentlichen > P a t i e n t e n k a r t e i i.d.R. nicht im Eigentum des Chefarztes stehen ( > K r a n k e n u n t e r l a g e n Rz 1089), vermag die jederzeit widerrufliche Beteiligung oder Ermächtigung zur Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung ( > C h e f a r z t Rz 532, > K a s s e n a r z t Rz 928) einen ideellen Wert als bleibende Chance für den Nachfolger im Amt des Chefarztes, die Patienten seines Vorgängers für sich zu gewinnen, nicht zu begründen, ganz abgesehen davon, daß hierfür keine praktische Notwendigkeit besteht.

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II. Rechtsnatur. Der Vertrag über die Praxisveräußerung ist i.d.R. ein Kaufvertrag i. S. der §§ 433 ff. BGB, in seltenen Fällen ein Tauschvertrag ( > P r a x i s t a u s c h ) . Es gelten daher auch die Vorschriften der §§ 459 ff. BGB über Mängelhaftung (vgl. BGH, NJW 1959, 1584, 1585). Der Praxisübernahmevertrag als solcher bedarf keiner besonderen Form. Wird zusammen mit der Praxis das

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Praxisveräußerung

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Grundstück mitveräußert, so steht der Praxisübernahmevertrag i.d.R. in innerem Zusammenhang mit dem Grundstückskaufvertrag mit der Folge, daß auch der Praxisübernahmevertrag der notariellen Beurkundung (§313 BGB) bedarf (vgl. Palandt-Heinrichs, aaO. § 313 Anm. 8 a m. Nachw.). Sofern die zu veräußernde Praxis im wesentlichen das gesamte Vermögen des Veräußerers darstellt, sind die §§ 311, 419, 1365, 1366 BGB zu beachten (Uhlenbruck, ArztR 1971, 104). 1408

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III. Ermittlung des Kaufpreises. 1. Keine Schwierigkeiten ergeben sich im allgemeinen bei der Ermittlung des Wertes der Praxiseinrichtung (Sachwert). Vielfach werden Unternehmen, die Arztpraxen einrichten, mit der Schätzung des Zeitwertes des Praxisinventars beauftragt. Dabei ist davon auszugehen, daß die Werte für die einzelnen Einrichtungsgegenstände bei Fortführung der Praxis höher anzusetzen sind als für den Fall der Liquidation. 2. Weit schwieriger ist die Ermittlung des ideellen Praxiswertes (goodwill). Der wirtschaftliche Wert der dem Erwerber gewährten Chance, die Patienten des Veräußerers für sich zu gewinnen und auf dem vorhandenen Patientenstamm weiter aufzubauen, hängt davon ab, in welchem Umfang die Patienten das dem Veräußerer entgegengebrachte Vertrauen unter den gegebenen Umständen schätzungsweise auf den Erwerber übertragen werden (vgl. Uhlenbruck, ArztR 1978, 231). Hierbei müssen betriebswirtschaftliche Aspekte außer Betracht bleiben (vgl. Uhlenbruck, aaO. S. 233; Narr, aaO. Rz 1148). Nach Ansicht des Ausschusses „Berufsordnung" der BÄK sind betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte bei der Bewertung des goodwill einer Arztpraxis auch unter Berücksichtigung der Änderung des Charakters einzelner Praxen hin zur gewerblichen Ausrichtung (z. B. Labor, Röntgen) bedeutungslos mit der Folge, daß für die Bestimmung des ideellen Praxiswertes nach wie vor die von der Ständigen Konferenz der Rechtsberater der BÄK erarbeiteten Grundsätze (mitgeteilt von Nalop-Koch, Nieders. ÄBl. 1962, 400ff.), nach denen die Wertermittlung nach der Umsatzmethode erfolgt, allein maßgebend sind (ebenso Narr, aaO. Rz 1148). Die Bestimmung des ideellen Praxiswertes nach diesen inzwischen durch Literatur (vgl. insbesondere Narr, aaO. Rz 1148; ders., Arzt u. Wirtschaft 1979/19, 12ff.) und Praxis ergänzten und modifizierten Grundsätze erscheint vom Ansatz her durchaus sachgerecht. Andere Bewertungsmethoden, insbesondere die Berechnung des goodwill auf der Grundlage des Gewinns (Gewinnmethode), haben sich in der Praxis bisher kaum durchgesetzt (zu anderen Bewertungsmethoden vgl. Spann, aaO. S. 79; Uhlenbruck, ArztR 1971, 100, 101 f.; Berensmann-Winter, ÄM 1960, 2144; Schade, Arzt u. Wirtschaft 1982/11, S. 22, 24ff.). Bei der Ermittlung des ideellen Praxiswertes auf der von der BÄK für zutreffend erachteten Umsatzmethode ist im einzelnen folgendes zu beachten: a) Ein ideeller Wert ist grundsätzlich nur bei eingeführten Praxen anzusetzen. Praxen, die weniger als 3 Jahre am selben Ort bestehen, haben i.d.R. keinen ideellen Wert. b) Die Höhe des ideellen Praxiswertes sollte grundsätzlich so gering wie mög-

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Praxisveräußerung

lieh veranschlagt werden, da dieser ideelle Wert gerade im Arztberuf, der innerhalb der freien Berufe wie kein anderer von dem persönlichen Band zwischen Berufsträger und Patient getragen wird, einer starken Verflüchtigung unterliegt. Als Regelbetrag für den ideellen Praxiswert werden 25% des Jahresbruttoumsatzes (Kassen und privat) im Durchschnitt der letzten 5 Jahre, mindestens jedoch der letzten 3 Jahre angesetzt. In der Praxis stellt dieser Regelbetrag im allgemeinen zugleich einen Höchstbetrag dar, der nur in Ausnahmefällen überschritten werden kann. Beispiel:

Gesamtbruttoumsatz v. 1. 1. 1978-31. 12. 1982 Daraus ergibt sich ein durchschnittlicher Jahresumsatz von 1300 0 0 0 , 0 0 : 5 Der ideelle Praxiswert beträgt 25 % hiervon (Zum gleichen rechnerischen Ergebnis führt die von Spann, aaO. Formel, wonach der ideelle Praxiswert 5 % des Gesamtumsatzes der betragen soll].

1300000DM = 2 6 0 0 0 0 DM = 6 5 0 0 0 DM S. 79 empfohlene letzten fünf Jahre

c) Der Regelbetrag verändert sich nach unten oder (selten) nach oben je nach den im Einzelfall gegebenen objektiven und subjektiven Bewertungsmerkmalen. Dabei gilt allgemein: je persönlichkeitsgebundener eine Praxis ist, desto schwieriger ist es für den Nachfolger, seine Chance wahrzunehmen, desto niedriger muß auch ihr ideeller Wert angesetzt werden, d. h. desto höher sind die Abzüge vom Höchstbetrag anzusetzen. Umgekehrt gilt: je allgemeiner in der > Schulmedizin eine Praxis ausgeübt wird, desto größer ist die Chance des übernehmenden Arztes, den Patientenstamm auf sich zu überführen und desto größer daher ihr ideeller Wert (vgl. zum folgenden Berensmann-Winter, aaO.; Narr, Arzt u. Wirtschaft 1979/19, S. 15; 1981/18, S. 43, 46). Eine relativ geringe Verflüchtigung des ideellen Praxiswertes tritt i.d.R. bei eingeführten und gut ausgestatteten Röntgen- und Laborpraxen ein, die im wesentlichen auf > Überweisung von Patienten durch andere Ärzte arbeiten, so daß das persönliche Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient eine untergeordnete Rolle spielt, und bei denen zudem der persönlichen ärztlichen Leistung nicht dasselbe Gewicht zukommt wie bei den behandelnden Ärzten. Deshalb ist bei derartigen Praxen der Ansatz eines ideellen Wertes von 50% des Bruttoumsatzes, in Einzelfällen auch darüber, durchaus üblich und angemessen. aa) Objektive Bewertungsmerkmale sind u.a.: (1) Örtliche Lage der Praxis (Großstadt, Kleinstadt, Landpraxis, „Laufpraxis"). Je höher der Bedarf an ärztlichen Leistungen, desto geringer ist der ideelle Praxiswert. Bei einer konkurrenzlosen > Landpraxis oder einer „Laufpraxis" liegt der ideelle Praxiswert i.d.R. erheblich unter dem Höchstbetrag, weil in diesen Fällen die Notwendigkeit schwindet, die Startchancen durch Übernahme einer Praxis zu verbessern. Immerhin kann auch hier die Übernahme einer gutgeführten Patientenkartei die Praxisaufnahme nicht unbedeutend erleichtern (vgl. Narr, Arzt u. Wirtschaft, 1979/19, S. 14).

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(2) Starke oder geringe Aiztdichte (auch in bezug auf bestimmte Fachgebiete) im Praxisbereich. Je stärker die Arztdichte, desto schwieriger ist die Einrichtung einer neuen Praxis und daher um so erstrebenswerter die Übernahme einer schon bestehenden Praxis, deren goodwill-Betrag dann an der oberen Grenze liegt. (3) Struktur der Praxis hinsichtlich der Zusammensetzung der Patienten. Je höher der Anteil der Privatpatienten, desto geringer ist der ideelle Praxiswert, weil die persönliche Bindung zum Arzt bei Privatpatienten im allgemeinen enger ist als bei Kassenpatienten. Ein weit über dem Durchschnitt liegender Anteil an Privatpatienten (z.B. 35%) muß zu erheblichen Abstrichen vom Höchstbetrag führen. Ein hoher Anteil von Stammpatienten dürfte sich auf den ideellen Praxiswert regelmäßig günstig auswirken. (4) Übernahme der Praxisräume bzw. Eintritt in langfristige Mietverträge. Je länger der Erwerber die Möglichkeit hat, in den Räumen seines Vorgängers zu praktizieren, desto größer ist - im Normalfall - die Chance, den erworbenen Patientenstamm zu erhalten. Mietverträge mit verhältnismäßig kurzer Laufzeit wirken daher wertmindernd. 1412

bb) Subjektive Bewertungsmerkmale sind z.B.: (1) Allgemeine Qualifikation des Veräußeiers. Je höher die fachliche Qualifikation, desto persönlichkeitsgebundener ist i.d.R. die Praxis und desto geringer ist ihr ideeller Wert. Wo sich der Veräußerer spezieller Behandlungsmethoden bedient, die vom Erwerber nicht weitergeführt werden, kann der ideelle Praxiswert gleich Null sein. (2) Alter und Ruf der Praxis. Je besser die Praxis eingeführt ist, desto eher besteht die Chance, daß der Patientenstamm einem Nachfolger treu bleibt. (3) Gesundheitszustand des Veräußerers. Abnahme des ideellen Praxiswertes mit der Dauer der Zeit, in der die Praxis verwaist ist oder durch Vertreter weitergeführt wird. (4) Dauer der Zeit vom Tod des Praxisinhabers bis zur Praxisübernahme durch den Nachfolger. Der ideelle Praxiswert sinkt mit der Dauer der Zeit vom Todeszeitpunkt bis zur Praxisübernahme ; er wird bei Übernahme erst nach einem Jahr gleich Null sein. (5) Nebenberufliche Tätigkeit des Veräußerers aufgrund von Dauerverträgen (z.B. Belegarztvertrag, Vertrag über Tätigkeit als > B e t r i e b s a r z t oder > H e i m a r z t oder Tätigkeit aufgrund besonderer fachlicher Qualifikation, z.B. Tätigkeit als > D u r c h g a n g s a r z t ) . Sofern der Erwerber nicht die Möglichkeit hat, in solche Verträge einzutreten, vermindert sich der Höchstbetrag um den aus der Vertragstätigkeit fließenden Anteil an den Gesamtbruttoeinnahmen des Veräußerers. (6) Befristete Mitarbeit des Veräußerers in der Praxis des Erwerbers. Je länger der Veräußerer in irgendeiner Form noch in der Praxis des Erwerbers mitarbeitet, desto geringer ist die „Verflüchtigung" des goodwill und desto höher daher sein Wert anzusetzen. (7) Vorhandensein einer gut geführten > Patientenkartei. Der Praxiserwerber kann nur dann auf der bisherigen Arbeit des Veräußerers aufbauen und so die

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Chance der Überführung der Patienten auf sich realisieren, wenn er die von diesem begonnene Behandlung durch verwertbare Unterlagen sinnvoll weiterführen kann. (8) Vorausgegangene Tätigkeit des Erwerbers in der Praxis des Veräußerers. Je länger der Erwerber schon vorher in der Praxis des Veräußerers tätig war, desto höher ist der vom Erwerber geschaffene Anteil am ideellen Praxiswert im Zeitpunkt der Praxisübernahme und desto mehr vermindert sich daher der Höchstbetrag des goodwill (vgl. für Anwaltspraxen Strohm, AnwBl. 1977, 389, 391). In der praktischen Handhabung der Festsetzung des ideellen Praxiswertes darf man die Bedeutung der vorstehend beispielhaft aufgeführten Bewertungsmerkmale nicht überschätzen (insoweit zutreffend Narr, aaO. Rz 1148). 3. Der ideelle Praxiswert ist bei der Ermittlung des Zugewinnausgleichs (§ 1378 BGB) zu berücksichtigen, auch wenn der Praxisinhaber nicht beabsichtigt, die Praxis zu veräußern und dadurch den goodwill zu realisieren (BGH, FamRz 1977, 40). Der Auskunftsanspruch des anderen Ehegatten nach § 1379 BGB umfaßt daher auch die Vorlage der Einnahmen-Überschuß-Rechnung des Praxisinhabers für die vergangenen 5 Jahre (OLG Koblenz, FamRz 1982, 280 [Zahnarztpraxis]). IV. Einzelheiten der Vertragsgestaltung. 1. Einen wesentlichen Bestandteil des Kaufgegenstandes beim Praxiskauf bildet die > Patientenkartei (Uhlenbruck, ArztR 1971, 104); ihre Überlassung an den Käufer verstößt grundsätzlich nicht gegen die ärztliche > Schweigepflicht (Rz 1649). Entsprechendes gilt für sonstige > K r a n k e n u n t e r l a g e n (BGH, NJW 1974, 602 ; str., a.A. Laufs, NJW 1975, 1435f. ; ders. Arztrecht Rz 142f. m. Nachw.). 2. Hinsichtlich des Kaufpreises kann Zahlung der gesamten Summe bei Abschluß des Kaufvertrages, Ratenzahlung oder Zahlung auf Rentenbasis (Zeitrente oder Leibrente, vgl. unten Rz 1420) vereinbart werden. Bei Zahlung in Raten bzw. auf Rentenbasis ist die Vereinbarung einer Wertsicherungsklausel nach § 3 WährG sowie eines Eigentumsvorbehalts an der Praxiseinrichtung angebracht. Da sich der Eigentumsvorbehalt nur auf körperliche Gegenstände beziehen kann, so daß eine Absicherung hinsichtlich des ideellen Praxiswertes nicht möglich ist, empfiehlt sich eine Vereinbarung dahin, daß alle vom Erwerber geleisteten Zahlungen zunächst auf den Kaufpreis für den ideellen Praxiswert anzurechnen sind. Die bei anderen freiberuflichen Praxen mitunter anzutreffende Vereinbarung eines festen Prozentsatzes des durchschnittlichen Jahresumsatzes oder einer prozentualen Beteihgung an den Honoraren des Erwerbers für eine Reihe von Jahren als Übernahmepreis ist für die Veräußerung einer Arztpraxis abzulehnen (vgl. Uhlenbruck, ArztR 1971, 103; Narr, aaO. Rz 1151 a.E.). 3. Jeder Praxisübernahmevertrag sollte ein sog. „Rückkehrverbot" enthalten, das dem Praxisveräußerer verbietet, am selben Ort wieder ärztlich tätig zu werden ( > K o n k u r r e n z k l a u s e l Rz 978). Ohne ein solches Verbot könnte dem Erwerber der Praxis das durch die Bezahlung des goodwill erworbene aus-

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schließliche Nutzungsrecht an der Praxis nachträglich zumindest teilweise wieder entzogen werden (so auch Narr, aaO. Rz 1150). Die Rspr. hält die Vereinbarung eines Rückkehrverbotes für zulässig, wenn es gleichzeitig eine „maßvolle örtliche und zeitliche Begrenzung" enthält und das Interesse der Öffentlichkeit an einer ausreichenden ärztlichen Versorgung nicht verletzt (BGH, NJW 1955, 337, 338], Für die Dauer des Rückkehrverbotes läßt sich kein bestimmter Zeitraum festlegen. Entscheidend sind vielmehr die Umstände des Einzelfalles. Der BGH hatte in dem entschiedenen Fall ein Rückkehrverbot von zwei bis drei Jahren seit dem vollzogenen > Praxistausch ohne weiteres für zulässig angesehen. Die Vereinbarung eines Rückkehrverbotes bis zur Dauer von 5 Jahren dürfte i.d.R. nicht zu beanstanden sein. Die Vereinbarung eines zeitlich unbegrenzten Rückkehrverbotes wäre jedoch in jedem Falle unwirksam. Gleiches gilt für die Berufsausübung hinsichtlich bestimmter Behandlungsarten (vgl. Uhlenbruck, ArztR 1971, 105, der als Höchstgrenze für die zeitliche Rückkehrbeschränkung einen Zeitraum von zehn Jahren für zulässig hält). Die Einhaltung eines vereinbarten Rückkehrverbotes kann durch Festlegung einer Vertragsstrafe abgesichert werden, ohne daß hiergegen berufsrechtliche Bedenken bestehen (> K o n k u r r e n z k l a u s e l Rz 981). 4. Für die Vertragsgestaltung im einzelnen gibt es eine Reihe von Musterverträgen (vgl. Narr, aaO. Rz 1220; ders., Arzt u. Wirtschaft, 1979/19, S. 12, 19f. ; Uhlenbruck, ArztR 1971, 149 ff. ; Rieger, Verträge zwischen Ärzten in freier Praxis, S. 11 ff.).

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V. Mängelhaftung. Zu den Eigenschaften, deren Fehlen einen Mangel i.S. der §§ 459 ff. BGB begründen können, gehören u. a. der Umfang der Praxis und ein Rückgang des Umsatzes in der letzten Zeit vor der Praxisveräußerung sowie die Möglichkeit, Belegbetten und sonstige Verträge mit Einrichtungen (z. B. Verträge über eine Tätigkeit als > B e t r i e b s a r z t oder > H e i m a r z t ) auf den Nachfolger überzuleiten (vgl. BGH, NJW 1959, 1584; Narr, aaO. Rz 1152). Eine Anfechtung des Praxisübernahmevertrages durch den Erwerber nach § 119 Abs. 2 BGB wegen Irrtums über den Verkehrswert der Praxis kommt nicht in Betracht (LG Mannheim, NJW 1961, 2064 [Leits.]). Bei Übernahme der vorhandenen Praxiseinrichtung ist davon auszugehen, daß der für die Einrichtungsgegenstände vereinbarte und geschätzte Wert dem entspricht, was die übernommenen Sachen bei ihrem weiteren Gebrauch in der Praxis unter billiger Berücksichtigung ihres Zustandes und Alters wert sind, so daß der Übernehmer das Risiko für ihre Verkäuflichkeit und einen geringeren Verkaufserlös trägt. Unterläßt es der Ubergeber, den Praxisübernehmer auf diese Wertbemessung hinzuweisen so liegt darin keine Täuschungshandlung i.S. des § 123 BGB (LG Mannheim, NJW 1961, 2064).

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VI. Berufsrecht. 1. Nach den Vorschriften der ärztlichen > B e r u f s o r d n u n g (vgl. § 10 Abs. 2 MuBO) sind Verträge über eine ärztliche Tätigkeit vor ihrem Abschluß der zuständigen > Ärztekammer vorzulegen, damit geprüft

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werden kann, ob die beruflichen Belange gewahrt sind. Hierunter fallen auch Praxisübernahmeverträge. Etwaige Beanstandungen der Ärztekammer sind auf die Rechtswirksamkeit des Vertrages ohne Einfluß. 2. Die Anzeige einer Praxisübernahme in der Zeitung ist im Rahmen der Anzeige über die > N i e d e r l a s s u n g zulässig (§ 26 Abs. 1 MuBO), obwohl es im Gegensatz zu den anwaltlichen Standesrichtlinien (vgl. § 69 Abs. 1 der „Grundsätze des anwaltlichen Standesrechts", Stand: 1. 3. 1982] an einer entsprechenden ausdrücklichen Erlaubnis in der ärztlichen Berufsordnung fehlt. VII. Steuerrecht (vgl. zum folgenden Kühr, D M W 1981, 1591 ff. ; ders., ArztR 1981, 245; Langenmayr, BayÄBl. 1983, 539 ff., Schade, Arzt u. Wirtschaft 1982/11, S. 22 ff.). 1. Steuerfolgen beim Veräußerer, a) Einkommensteuer. Der aus einer Praxisveräußerung erzielte Gewinn unterliegt als Veräußerungsgewinn - nach Abzug der gesetzlichen Freibeträge - der Einkommensteuer (§§18 Abs. 3, 16 EStG). Veräußerungsgewinn ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten (z. B. Kosten für Anwalt und Steuerberater) den Buchwert des für den Veräußerungszeitpunkt ermittelten Praxisvermögens übersteigt. Für die Ermittlung des Praxisvermögens m u ß eine Schlußbilanz aufgestellt werden. Dies gilt auch für die überwiegende Zahl derjenigen Ärzte, die bisher den jährlichen Gewinn aus der Praxis durch eine Gegenüberstellung der Praxiseinnahmen und -ausgaben ermittelt haben. Wird bei dem Praxisverkauf ein Gebäude mitveräußert, das teilweise zu Praxiszwecken und teilweise zu privaten Wohnzwecken genutzt wird, so ist nur der zum Praxisvermögen gehörende Gebäudeteil bei der Berechnung des Veräußerungsgewinns zu berücksichtigen. Von dem zu versteuernden Veräußerungsgewinn wird ein Freibetrag von 30000 DM in voller Höhe abgezogen, wenn der Veräußerungsgewinn 100000 D M nicht übersteigt. Diese Regelung bedeutet gleichzeitig, daß Veräußerungsgewinne bis 30 000 D M von der Einkommensteuer befreit sind. Bei höheren Veräußerungsgewinnen ermäßigt sich der Freibetrag um den Betrag, um den der Gewinn 100 000 DM übersteigt, das heißt, der Freibetrag entfällt bei einem Veräußerungsgewinn von 130000 D M und mehr. Hat der Arzt im Zeitpunkt der Praxisveräußerung das 55. Lebensjahr vollendet oder erfolgt die Praxisveräußerung wegen dauernder > Berufsunfähigkeit, so erhöht sich ab 1.1.1984derFreibetragvon 60000 D M auf 120000 DM und die Freibetragsgrenze von bisher 200000 D M auf 300000 D M (§ 16 Abs. 4 EStG 1983). Beispiel: A., 65 Jahre alt, verkauft am 1.1. 1984 seine Praxis an B. zum Gesamtpreis (einschließlich ideeller Praxiswert) von '/. Veräußerungskosten (für Anwalt, Steuerberater) '/. Buchwert des Praxisvermögens am 1. 1. 1984 Veräußerungsgewinn '/. Freibetrag zu versteuernder Gewinn demnach

250000 DM 10000 DM 80000 DM

90000 160000 120000 40000

DM DM DM DM

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Dieser Gewinn ist gemäß § 34 EStG tarifbegünstigt, d. h. die Einkommensteuer wird nur mit dem halben durchschnittlichen Steuersatz erhoben.

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Die auf den Veräußerungsgewinn entfallende Einkommensteuer ist sofort zu entrichten, wenn der Kaufpreis sofort in einer Summe gezahlt wird. Vereinbaren die Parteien Ratenzahlung, so gilt der Veräußerungsgewinn dennoch im Zeitpunkt der Veräußerung als entstanden und ist damit sofort steuerpflichtig. Der vom Erwerber zu zahlende Preis ist aber in diesem Fall zu kapitalisieren, d. h. bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinnes ist der Veräußerungserlös um die in den Raten enthaltenen Stundungszinsen zu mindern. Freibetrag und Tarifermäßigung sind zu berücksichtigen. In den folgenden Jahren, in denen die vereinbarten Ratenzahlungen eingehen, muß der Veräußerer die jeweiligen Zinsanteile als Einnahme aus Kapitalvermögen der Einkommenssteuer unterwerfen. Erfolgt die Veräußerung der Praxis gegen Zahlung einer Zeitrente (Teilzahlungen über mehr als 10 Jahre) oder einer Leibrente (Teilzahlungen bis zum Lebensende) zur Sicherstellung der Versorgung des Veräußerers, so hat der Veräußerer ein Wahlrecht, entweder den Veräußerungsgewinn sofort zu versteuern oder die Einkommensteuer während der Laufzeit der Rente zu entrichten (vgl. Abschn. 139 Abs. 10 EStR und BFH v. 30. 1. 1974, BStBl. II S. 452; FG Düsseldorf EFG 1980, 124). Die dem Vater vom Sohn zugesagten Rentenzahlungen für die Übernahme einer Praxis können nur in Ausnahmefällen - als betriebliche Veräußerungsrente - nach § 4 Abs. 4 EStG als Betriebsausgabe von den steuerpflichtigen Einkünften des Sohnes abgesetzt werden. Voraussetzung ist die Gleichwertigkeit der Rente zur übernommenen Praxis. Dies muß dem Finanzamt gegenüber substantiiert vorgetragen werden (BFH v. 22. 9. 1982 - IV R 154/79 —, näher dazu Mertens, Arzt u. Wirtschaft 1983/8, S. 14ff. ; Kühr, ArztR 1983, 134ff.). b) Umsatzsteuer: aa) Die Veräußerung der Praxiseinrichtung ist seit 1. 1. 1980 umsatzsteuerfrei, da sie ausschließlich der umsatzsteuerfreien heilberuflichen Tätigkeit gedient hat (§ 4 Nrn. 14 u. 28 UStG). bb) Der ideelle Praxiswert gehört demgegenüber nach Auffassung des BMFi (Schreiben v. 4. 2. 1980) und der Finanzminister (Finanzsenatoren) der Länder nicht zu den Gegenständen, die ausschließlich für die umsatzsteuerfreie heilberufliche Tätigkeit verwendet worden sind, so daß nach der derzeitigen Praxis der Finanzverwaltung eine Befreiung von der Umsatzsteuer insoweit nicht in Betracht kommt. Die Ansicht der Finanzverwaltung ist jedoch umstritten (vgl. Kühr, ArztR 1981, 246; ders., DMW 1981, 1591, 1592 m. Nachw.; Langenmayr, BayÄBl. 1983, 539, 544), so daß mit einer höchstrichterlichen Entscheidung zu rechnen ist. Falls die Auffassung der Finanzverwaltung richtig wäre, würde jedoch in der weit überwiegenden Zahl der Fälle Umsatzsteuerfreiheit nach § 19 Abs. 1 UStG eintreten (näher dazu Linden, Allgemeinarzt 1981, 554; Kühr, DMW 1981, 1592; Schade, Arzt u. Wirtschaft 1982/11, S. 22 ff.).

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c) Der durch die Veräußerung einer > Arztpraxis durch die Witwe des Praxisinhabers erzielte Gewinn unterliegt den Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG| und nicht den Einkünften aus selbständiger Arbeit (§ 18 Abs. 3 EStG; BFH, NJW 1981, 2535, 2536 > Gnaden Vierteljahr Rz 727). 2. Steuerfolgen beim Erwerber. Der Erwerber der Praxis muß den Kaufpreis aufteilen in den Preis für den Erwerb des Anlagevermögens und den Preis für den ideellen Praxiswert. Diese Aufteilung ist zweckmäßigerweise bereits im Kaufvertrag vorzunehmen. Der Erwerber kann das Anlagevermögen und den ideellen Praxiswert in den Folgejahren abschreiben und diese Abschreibungsquoten mindern dann die entsprechenden Jahresgewinne. Die Anschaffungskosten für das Anlagevermögen sind zu verteilen auf die voraussichtliche Nutzungsdauer, wobei die zukünftige Dauer der möglichen Nutzung durch den Erwerber zu schätzen ist. Der ideelle Praxiswert kann dagegen relativ schnell innerhalb eines Zeitraums von drei bis fünf Jahren abgeschrieben werden. Im Falle von Ratenzahlungen ist (wie beim Veräußerungsgewinn) der Kaufpreis entsprechend zu kapitalisieren (näher dazu Kühr, DMW 1981, 1593). Die Veräußerung einer Teilpraxis ist i.d.R. nicht steuerbegünstigt, weil es im allgemeinen an der erforderlichen Selbständigkeit der veräußerten Teilpraxis fehlen wird (vgl. FG Rheinl.-Pf., EFG 1969, 235 [keine Steuerbegünstigung nur bei Veräußerung der Kassenpraxis]; FG Hamburg, EFG 1975, 256 [keine Steuerbegünstigung, wenn Arzt bei einheitlichem Patientenkreis Praxis und Klinik nebeneinander betreibt und nur die Klinik veräußert]). 3. Zu Steuerfragen bei Veräußerung eines Anteils an einer > Gemeinschaftspraxis vgl. Bürger, Rhein. ÄBl. 1973, 747.

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Praxisverpachtung Die Verpachtung einer > Arztpraxis nach §§ 581 ff. BGB kommt als weitere mögliche Rechtsform für die Abgabe einer Praxis neben der > Praxisveräußerung in Betracht. Sie unterscheidet sich von der Praxisvermietung (§§ 535 ff. BGB) dadurch, daß im Mietvertrag lediglich der Gebrauch einer Sache, vor allem der Praxisräume gewährt wird, während der Pachtvertrag den Pächter darüber hinaus zur selbständigen wirtschaftlichen Nutzung aller zur Arztpraxis als Unternehmenseinheit gehörenden Sachen und Rechte, vor allem des goodwill der Praxis ( > Praxisveräußerung Rz 1404) berechtigt. Die Praxisverpachtung hat sich im Rechtsverkehr nicht durchgesetzt. Der Grund hierfür liegt nicht zuletzt darin, daß die Frage der angemessenen Berücksichtigung des goodwill bei der Höhe des Pachtzinses kaum lösbar erscheint. Schwierigkeiten bereitet vor allem die Verteilung der Höhe des goodwill auf die Laufzeit des Pachtvertrages (vgl. Narr, Arzt u. Wirtschaft 1983/7, S. 22, 24f.).

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Praxisvertreter

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Praxisvertreter 1426

I. Begriff. Man versteht darunter einen Arzt, der eine > Arztpraxis während einer vorübergehenden Verhinderung des Praxisinhabers in dessen Namen, auf dessen Kosten und dessen Rechnung selbständig weiterführt. Gründe für die Verhinderung des Praxisinhabers werden meist Urlaub, Krankheit oder Teilnahme an Fortbildungskongressen sein. Jedoch können auch ein Ruhen der > Approbation oder die Verhängung eines strafrechtlichen > Berufsverbots (§ 70 StGB) eine Vertretung im vorstehenden Sinne auslösen (näher dazu Narr, aaO. Rz 1069 m. Nachw.). Im Gegensatz zum Assistenten, der neben dem Praxisinhaber und gleichzeitig mit ihm tätig wird ( > Assistent Rz 228], schließt die Vertretung die gleichzeitige Tätigkeit mit dem vertretenen Arzt aus. Von der eigentlichen Praxisvertretung im vorstehenden Sinne ist die kollegiale gegenseitige Vertretung niedergelassener Ärzte im Rahmen der Berufspflicht zu unterscheiden (vgl. § 17 Abs. 2 MuBO, unten Rz 1433). Zur Fortführung der Praxis eines verstorbenen Arztes > Praxisverweser, > Gnadenvierteljahr.

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II. Rechtsverhältnis zwischen Praxisinhaber und Vertreter. 1. Es handelt sich i.d.R. um ein freies Dienstverhältnis (§§611 ff. BGB), kein Arbeitsverhältnis i. S. des § 622 BGB. Der Vertreter steht regelmäßig nicht in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis, sondern übt eine selbständige Berufstätigkeit aus (vgl. BSGE 10, 41). Hieran ändert auch nichts die gegenüber dem Praxisinhaber bestehende Verpflichtung, die Praxis in der gewohnten oder ausdrücklich vereinbarten Weise in den Räumen und mit den Instrumenten des Vertretenen zu den von diesem festgelegten Sprechstundenzeiten gegen ein festes Entgelt fortzuführen. Entscheidend ist, daß der Vertreter bei der eigentlichen Behandlungstätigkeit selbständig und eigenverantwortlich handelt und nicht den Weisungen des Praxisinhabers unterworfen ist (vgl. BSG v. 27. 5. 1959, ÄM 1959, 1633; Herold, DMW 1967, 129; Schulz, aaO. S. 477; a.A. Fibelkorn, ZÄBl. Bad.-Wttbg., 1978, 282, der die in einem Urteil des BAG v. 15. 3. 1978 [BB 1978, 760] für eine Autorin und Regisseurin beim Fernsehen entwickelten Grundsätze zu Unrecht auf die ärztliche Tätigkeit überträgt). 2. Die Vergütung des Vertreters richtet sich nach den vertraglichen Vereinbarungen. Bei Vereinbarung einer Pauschalvergütung (für die gesamte Vertretungszeit oder pro Monat) sollte gleichzeitig klargestellt werden, ob damit auch die Teilnahme am ärztlichen > Notfalldienst abgegolten ist. Bei Vereinbarung einer bestimmten Vergütung pro Kalendertag können Zweifel entstehen, ob damit auch Sonn- und Feiertage sowie Samstage erfaßt sind. Die Gewährung eines Zuschlags auf den vereinbarten Tagessatz für die Arbeit an diesen Tagen ist nicht allgemein üblich und kann daher nur bei ausdrücklicher Vereinbarung verlangt werden (OLG Frankfurt v. 20. 9. 1973, DMW 1974, 542, 543). Eine im Vertretervertrag vereinbarte freie Unterkunft und Verpflegung ist dagegen auch ohne ausdrückliche Vereinbarung über das Wo-

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chenende und an Feiertagen zu gewähren (vgl. Rieger; Verträge zwischen Ärzten in freier Praxis, S. 11). Wo keine Pauschalvergütung vereinbart wird, empfiehlt es sich, das Honorar nach Arbeitstagen zu bemessen. 3. Da der Vertreter keine Tätigkeit in einem abhängigen Arbeitsverhältnis ausübt, handelt es sich bei seinen Bezügen um Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit, die der Einkommensteuerpflicht unterliegen. Lohnsteuerpflichtig ist die Vertretervergütung (einschließlich etwaiger Sachbezüge) nur dann, wenn der Vertreter im Hauptberuf in einem Anstellungs- oder Beamtenverhältnis steht, wie z. B. der angestellte oder beamtete Krankenhausarzt. Der Praxisinhaber ist dann zur Einbehaltung und Abführung der Steuer an das Finanzamt verpflichtet. 4. Es gehört zu den vertraglichen Nebenpflichten des Praxisvertreters, AufZeichnungen über Befunde und Hausbesuche zu fertigen und sie dem Praxisinhaber für die Weiterbehandlung und Abrechnung zur Verfügung zu stellen. Die Nichtbeachtung dieser Pflicht kann Schadensersatzansprüche auslösen (OLG Frankfurt, DMW 1974, 543 ; Rieger, DMW 1980, 546). 5. Eine weitere vertragliche Nebenpflicht des Vertreters ist die Wahrung der ärztlichen > Schweigepflicht, auch nach Beendigung der Vertretung. Die Schweigepflicht gilt jedoch nicht gegenüber dem Praxisinhaber, es sei denn, daß der Patient ausdrücklich etwas anderes bestimmt. 6. Die vertragliche Vereinbarung einer > Konkurrenzklausel im Vertretervertrag ist in den Grenzen der für Wettbewerbsverbote zwischen Ärzten allgemein geltenden Grundsätze zulässig (vgl. auch Narr, aaO. Rz 1076, der jedoch zu Unrecht die für Arbeitnehmer geltende Rechtsprechung und Literatur auf den Praxisvertreter als freiberuflich Tätigen überträgt). Danach ist ein berechtigtes Interesse an einer solchen Klausel grundsätzlich nur anzuerkennen, wenn der Vertreter längere Zeit in der Praxis tätig ist. Bei einer kurzfristigen Vertretung kommt ein Wettbewerbsverbot nicht in Betracht ( > Konkurrenzklausel Rz 978). Die früher in den Berufsordnungen der Landesärztekammern enthaltenen Niederlassungsverbote für Praxisvertreter am Ort ihrer Vertretertätigkeit waren wegen Verstoßes gegen Art. 12 Abs. 1 GG nichtig (VGH Bad.Wttbg., NJW 1975, 2264). 7. Sofern nichts anderes vereinbart ist, ist eine Kündigung des Vertreterverträges durch den Praxisinhaber jederzeit ohne Einhaltung einer Frist möglich (§ 627 Abs. 1 BGB). Für den Vertreter gilt das Verbot der Kündigung zur Unzeit, d. h. er darf nur in der Weise kündigen, daß sich der Praxisinhaber rechtzeitig Ersatz beschaffen kann, es sei denn, daß ein wichtiger Grund für die unzeitige Kündigung vorliegt. Kündigt er ohne solchen Grund zur Unzeit, so hat er dem Praxisinhaber den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen (§ 627 Abs. 2 BGB; zur Kündigung eines Praxisvertretervertrages durch den Vertreter vor Dienstantritt vgl. LG Mannheim, VersR 1973, 1175). 8. Schäden, die dem Praxisinhaber durch > Arzneiregresse oder > Honorarkürzungen der KV wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise des Vertreters entstehen (vgl. dazu unten Rz 1434), können unter dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung geltend gemacht werden (näher dazu Rieger, DMW 1980, 546).

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9. Für den Abschluß von Verträgen mit Praxisvertretern gibt es Musterverträge (vgl. Narr, Der Arzt als Arbeitgeber, S. 46ff.; Rieger, Verträge zwischen Ärzten in freier Praxis, S. 7 ff.). 10. Ist der Praxisinhaber > Durchgangsarzt, so kann für ihn nur ein Vertreter bestellt werden, der die gleichen Voraussetzungen erfüllt wie der Praxisinhaber (Nr. 22 BG-Abkommen). 1432

III. 1. Als freier Mitarbeiter unterliegt der Vertreter nicht der Sozialversicherungspflicht. Er wird auch durch eine für den Praxisinhaber nach § 545 RVO bestehende freiwillige Unfallversicherung nicht in den Versicherungsschutz einbezogen. Der Praxisvertreter hat jedoch die Möglichkeit, sich selbst freiwillig für die Vertretertätigkeit bei der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege zu versichern (> B e r u f s g e n o s s e n s c h a f t ) . Dies gilt auch für angestellte Krankenhausärzte, die nebenberuflich eine Vertretertätigkeit ausüben, weil der für die Krankenhaustätigkeit bestehende Unfallversicherungsschutz die > N e b e n t ä t i g k e i t nicht umfaßt (vgl. DÄ 1978, 1684). 2. Die Haftpflicht des Praxisinhabers für > Behandlungsfehler des Vertreters ist in die für die Praxis bestehende > Berufshaftpflichtversicherung (Rz 381) eingeschlossen. Ausgeschlossen ist dagegen die persönliche gesetzliche Haftpflicht des Vertreters, der deshalb eine eigene Haftpflichtversicherung benötigt (näher dazu Hollmann, Nieders. ÄBl. 1978, 157).

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IV. 1. Berufsrecht, a) Vor Bestellung eines Vertreters muß der Praxisinhaber sich darüber vergewissern, daß die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Vertretung in der Person des Vertreters erfüllt sind (vgl. § 17 Abs. 4 MuBO). Diese Bestimmung ist auch haftungsrechtlich von Bedeutung (dazu unten Rz 1435). Die Prüfungspßcht des Praxisinhabers umfaßt die persönliche und fachliche Eignung des Vertreters. Der Praxisinhaber muß sich die Approbationsurkunde und ggf. Urkunden über die Anerkennung einer > G e b i e t s - , > Teilgebiets- o d e r > Z u s a t z b e z e i c h n u n g vorlegen lassen. Bei ausländischen Ärzten bedarf es zusätzlich der Vorlage der Erlaubnis nach § 10 BÄO, die sich ausdrücklich auf die Tätigkeit in der Praxis des Vertretenen erstrecken muß (> B e r u f s e r l a u b n i s Rz 359; im übrigen gilt hier das für Assistenten Gesagte entsprechend > A s s i s t e n t Rz 230). Darüber hinaus wird man den Praxisinhaber für verpflichtet halten müssen, sich vom Vertreter eine ausreichende > Fortbildung nachweisen zu lassen, insbesondere dann, wenn der Erwerb der Approbation oder der Gebiets-, Teilgebiets- oder Zusatzbezeichnung schon längere Zeit zurückliegt. Schließlich muß der Vertretene, wenn die Struktur seiner Praxis die Durchführung von Behandlungen erfordert, die das Grundwissen des betreffenden Fachgebiets übersteigen, sich darüber vergewissern, daß der Vertreter die hierfür erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen besitzt (vgl. im übrigen zur Prüfungspflicht des Praxisinhabers bei der Bestellung eines Vertreters und zu den Folgen ihrer Nichterfüllung, eingehend Narr, aaO. Rz 1067. b) Die Beschäftigung eines Vertreters in der Praxis ist der > Ärztekammer

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anzuzeigen, sofern die Verhinderung, die die Vertretung auslöst, insgesamt länger als drei Monate im Kalenderjahr dauert (vgl. § 17 Abs. 3 MuBO). Nicht anzeigepflichtig ist die kurzfristige gegenseitige Vertretung niedergelassener Ärzte im Rahmen der Berufspflicht (vgl. § 17 Abs. 2 MuBO|. c) Der Vertretervertrag ist der zuständigen Ärztekammer zur Prüfung vorzulegen (vgl. § 10 Abs. 2 MuBO). 2. Kassenarztrecht, a) In der Kassenpraxis ist die Beschäftigung eines Vertreters bei Krankheit, Urlaub, Teilnahme an ärztlicher > Fortbildung oder an einer Wehrübung innerhalb von zwölf Monaten bis zur Dauer von drei Monaten ohne besondere Genehmigung der KV zulässig (§ 32 Abs. 1 Satz 2 ZO-Ä). Bei länger als eine Woche dauernder Vertretung besteht eine Anzeigepflicht gegenüber der KV unter Benennung des Vertreters (§ 32 Abs. 1 Satz 3 ZO-Ä, § 6 Abs. 7 BMV-Ä). Eine über drei Monate dauernde Vertretung ist nur mit Genehmigung der KV möglich (§ 32 Abs. 2 Satz 2 ZO-Ä). Die Genehmigung ist zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für die Vertretung nicht mehr vorliegen (näher dazu Narr, aaO. Rz 1070). Vertreter eines Kassenarztes kann nur ein anderer Kassenarzt oder ein Arzt sein, der eine einjährige Tätigkeit als > Assistent eines Kassenarztes oder in einem > Krankenhaus nachweisen kann |§ 32 Abs. 1 Satz 4 ZO-Ä i.d.F. der Dritten ÄnderungsVO v. 14. 12. 1983, BGBl. I S. 1431). b) Der > Kassenarzt hat seinen Vertreter zur Erfüllung der kassenäiztlichen Pflichten anzuhalten (§ 32 Abs. 4 ZO-Ä). Zu Beweiszwecken empfiehlt sich die Aufnahme eines entsprechenden Hinweises im Vertretervertrag (vgl. Rieger, DMW 1980, 547). Der Praxisinhaber haftet für die Erfüllung dieser Pflichten durch den Vertreter in gleichem Umfang wie für die eigene Tätigkeit (§ 4 Abs. 1 BMV-Ä). In besonderen Fällen kann die KV auch Disziplinarmaßnahmen ergreifen (näher dazu Rieger, DMW 1980, 546 t> Disziplinarverfahren RZ 563). V. Haftung für > Behandlungsfehler. 1. a) Der Vertreter schließt den > Arztvertrag mit dem Patienten nicht im eigenen Namen, sondern im Namen des Praxisinhabers als dessen Vertreter. Er haftet daher dem Patienten nur aus unerlaubter Handlung (§§ 823 ff. BGB), während der Praxisinhaber für Fehlleistungen des Vertreters nach §§611 ff., 278, 831 BGB einzustehen hat (vgl. BGH, NJW 1956, 1834; zu den Sorgfaltspflichten bei der Auswahl des Vertreters vgl. oben Rz 1433). b) Für Fehlleistungen des Vertreters im ärztlichen > Notfalldienst haftet der Praxisinhaber weder zivilrechtlichen noch strafrechtlich; er ist lediglich für die sorgfältige Auswahl des Vertreters verantwortlich (LSG Nordrh.-Westf. v. 19. 3. 1980 - L 11 S 15/79 LSG NW -). VI. Eine Tätigkeit als Praxisvertreter wird als Weiterbildungszeit auch dann nicht anerkannt, wenn der Praxisinhaber zur > Weiterbildung in seinem Gebiet ermächtigt ist; denn der Praxisinhaber, der während der Vertretungszeit von der Praxis abwesend ist (andernfalls läge eine Assistententätigkeit vor, vgl.

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Praxisvertreter

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oben Rz 1426), kann seiner Pflicht, die Weiterbildung persönlich zu leiten und zu Uberwachen (vgl. § 5 Abs. 3 MuWO) nicht nachkommen. 1436

VII. Von Praxisvertretern ausgestellte Rezepte müssen den Namen und die Berufsbezeichnung des Vertreters tragen; der Zusatz „i.V." genügt nicht den Anforderungen des §2 Abs. 1 Nr. 1 AMVerschrV (> Verschreibung Rz 1825; die Angabe der Anschrift ist nicht erforderlich, da sich aus dem Eindruck im Rezept ergibt, in welcher > Arztpraxis der Vertreter tätig ist). Dieser Formvorschrift wird am besten dadurch genügt, daß der Praxisvertreter sich einen entsprechenden Stempel anfertigen läßt. VIII. Zur Praxisvertretung durch einen Arzt aus einem EG-Mitgliedstaat > Niederlassungsfreiheit Rz 1257.

Praxisverweser 1437

I. Man versteht darunter einen > Arzt, der eine > Arztpraxis nach dem Tod des Praxisinhabers während des > „ Gnadenviertel jähr es" für Rechnung der Hinterbliebenen fortführt. Dieser Arzt ist nicht > Praxisvertreter, da die Praxisvertretung begrifflich voraussetzt, daß der Praxisinhaber noch lebt und nur vorübergehend an der Praxisausübung verhindert ist. II. Fraglich ist, ob bei vom Praxisverweser veranlaßten > Honorarkürzungen oder > Arzneiregressen dieser persönlich haftet oder ob dessen Verhalten dem verstorbenen Praxisinhaber zuzurechnen ist; letzteres dürfte zutreffend sein.

Preisvergleichsliste 1438

I. Die Preisvergleichsliste ist eine nach Wirkstoffen geordnete Zusammenstellung von > Arzneimitteln nach Preisen und Verordnungsmengen gem. Nr. 24 der > Arzneimittel-Richtlinien, deren Bestandteil sie ist (erstmals veröffentlicht im BAnz. Nr. 235a v. 15. 12. 1978). Sie wird vom Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen herausgegeben, halbjährlich aktualisiert und über die > Kassenärztlichen Vereinigungen allen an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten übermittelt. Die Preisvergleichsliste ist nicht zu verwechseln mit der > Transparenzliste. II. Rechtsgrundlage ist § 368 p Abs. 1 Satz 2 RVO.

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Privat-Adgo

III. Die nach Wirkstoffen geordnete Preisvergleichsliste hat die Aufgabe, dem Arzt den Preisvergleich und die Auswahl therapiegerechter Verordnungsmengen zu ermöglichen. Sie enthält keine Angaben über die Qualität und Bioverfügbarkeit der in Preis und Menge verglichenen Präparate. Zum Aufbau der Preisvergleichsliste im übrigen vgl. Schwartz, DÄ 1979, 105, 108ff.). IV. Rechtsnatur. Die Preisvergleichsliste ist verbindliche Informationsquelle für den > Kassenarzt. Andererseits erschöpft sich ihre Verbindlichkeit in dieser Information; sie läßt die Freiheit des Arztes in seiner Entscheidung für oder gegen ein bestimmtes Präparat unberührt ( > Therapiefreiheit). Aus der Preisvergleichsliste ergibt sich für den Arzt nicht die Verpflichtung, von den dort angegebenen Präparaten der gleichen Wirkstoffgruppen jeweils nur das billigste zu verordnen. Sie läßt vielmehr den Grundsatz der > Arznei mittel-Richtlinien, wonach vor dem Preis der therapeutische Nutzen ausschlaggebend ist, ausdrücklich unberührt (vgl. Kimbel-Hess, DÄ 1979, 403, 408).

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Preugo Als „Preugo" wurde die frühere „Preußische Gebührenordnung für approbierte Ärzte und Zahnärzte" v. 1.9. 1924 |VMBl. S. 371 zuletzt i.d.F. der Preisrechts-Verordnung des BMWi v. 8. 7. 1957 [Preisrechts-Verordnung Nr. 10/57]) bezeichnet. Sie war eine amtliche Gebührenordnung, galt jedoch als Taxe (gemäß § 80 Abs. 2 GewO v. 26. 7. 1900) nur subsidiär in den Fällen, in denen der Arzt mit dem Patienten eine Vereinbarung über die ärztliche Vergütung nicht getroffen hatte. Die Preugo wurde durch die Gebührenordnung für Ärzte v. 18. 3. 1965 (GOÄ '65) und die Gebührenordnung für Zahnärzte v. 18. 3. 1965 (GOZ '65) abgelöst. An die Stelle der GOÄ '65 trat am 1. 1. 1983 die neue amtliche Gebührenordnung für Ärzte v. 12. 11. 1982 ( > Gebührenordnung für Ärzte [ G O Ä '82)) > Arzthonorar ; zur Entwicklung des ärztlichen Gebührenrechts von der Preugo zur GOÄ '82 vgl. Nienhaus, DÄ 1982/48, S. 47ff. ; DÄ 1982/49, S. 50ff. ; Wichmann, NJW 1965, 1064ff. ; Weissauer, NJW 1966, 382ff.|.

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Privat-Adgo Als „Privat-Adgo" wird die vom > H a r t m a n n b u n d herausgegebene „Allgemeine Deutsche Gebührenordnung" v. 1. 1. 1928 bezeichnet. Sie sollte die Mängel der damaligen amtlichen Gebührenordnung ( > Preugo) korrigieren, deren Sätze durchweg niedriger lagen. Die Privat-Adgo enthält Rahmengebühren, die bis zum Zwanzigfachen des Einfachsatzes betragen. Sie hatte zu kei-

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Privat-Adgo

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nem Zeitpunkt den Charakter einer amtlichen Gebührenordnung. Die Liquidation nach der Privat-Adgo bedurfte stets der ausdrücklichen Vereinbarung mit dem Patienten. Seit Inkrafttreten der neuen amtlichen > G e b ü h r e n o r d n u n g f ü r Ä r z t e am 1. 1. 1983 sind Honorarvereinbarungen auf der Grundlage der Privat-Adgo nicht mehr möglich ( > A r z t h o n o r a r Rz 175).

Privatärztliche Verrechnungsstelle 1442

I. Die privatärztlichen Verrechnungsstellen sind Vereine des bürgerlichen Rechts mit freiwilliger Mitgliedschaft. Mitglieder sind ausschließlich Ärzte. II. Aufgabe der privatärztlichen Verrechnungsstellen ist die Einziehung von Honorarforderungen aus der privatärztlichen Tätigkeit ihrer Mitglieder. Die Wahrnehmung dieser Aufgabe verstößt nicht gegen Vorschriften des Rechtsberatungsgesetzes (OLG Düsseldorf, NJW 1969, 2289).

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III. Die ärztliche > Schweigepflicht besteht auch gegenüber privatärztlichen Verrechnungsstellen trotz der strafrechtlichen Schweigepflicht ihrer Bediensteten nach § 203 Abs. 1 Nr. 6 StGB. Die Weitergabe von Patientendaten einschließlich Diagnose an privatärztliche Verrechnungsstellen bedarf daher der Einwilligung des Patienten. Es erscheint zweifelhaft, ob eine gefestigte Verkehrsanschauung besteht, wonach dem Patienten bekannt sein muß, daß der Arzt seine Honorare durch eine privatärztliche Verrechnungsstelle einziehen läßt und daher von der mutmaßlichen Einwilligung des Patienten in die Mitteilung seiner Daten an die privatärztliche Verrechnungsstelle ausgegangen werden kann, wenn er nicht ausdrücklich widerspricht (vgl. Schönke-Schröder-Lenckner, aaO. § 203 Rz 27). In Anbetracht der unsicheren Rechtslage ist dem Arzt zu raten, durch Wartezimmeraushang an gut sichtbarer Stelle auf die Einschaltung der privatärztlichen Verrechnungsstelle bei der Honorarabrechnung hinzuweisen. Zum Teil wird die Weitergabe von Patientendaten an privatärztliche Verrechnungsstellen unter dem Gesichtspunkt der Wahrnehmung eigener berechtigter Interessen für zulässig erachtet (so z.B. Narr, aaO. Rz 771; DreherTröndle, aaO. § 203 Rz 30). Dem kann nicht zugestimmt werden. Wenn Narr seine Ansicht damit begründet, daß was für den Einzug der Honorarforderung im Klageweg gilt, erst recht für die nicht zwangsweise Beitreibung privater Liquidationen gelten müsse, so wird hier übersehen, daß die gerichtliche Geltendmachung der Honorarforderung das letzte und einzige Mittel ist, um dem Arzt zu seinem berechtigten Anspruch zu verhelfen, während der außergerichtliche Honorareinzug auch ohne weiteres durch eigenes Personal erfolgen kann.

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Privatkrankenanstalt (Privatkllnlk)

IV. Das Bundesdatenschutzgesetz findet auf die Weitergabe von Patientendaten an die privatärztlichen Verrechnungsstellen nur beschränkt Anwendung [ > K r a n k e n u n t e r l a g e n Rz 1078). In keinem Fall liegt in der Weitergabe der Patientendaten an die privatärztliche Verrechnungsstelle durch den Arzt eine „Übermittlung an Dritte"i. S. des § 2 Abs. 3 Nr. 2 BDSG, da die Verarbeitung durch die privatärztliche Verrechnungsstelle im Auftrag erfolgt (§37 i.V.m. § 3 1 Abs. 1 Nr. 3 BDSG) > D a t e n s c h u t z .

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Privatkrankenanstalt (Privatklinik) 1. Begriff. 1. Allgemein versteht man unter einer Privatkrankenanstalt eine Krankenanstalt, deren Rechtsträger eine natürliche oder juristische Person des Privatrechts ist. Im Sprachgebrauch wird der häufiger verwendete Ausdruck „Privatklinik" dem Begriff „Privatkrankenanstalt" gleichgesetzt (vgl. Landmann-Rohmer, aaO. § 30 Rz 3 > K l i n i k ) . 2. Nach § 30 Abs. 1 GewO bedürfen Unternehmer von „Privatkranken-, Privatentbindungs- und Privatnervenkliniken" einer Konzession (Erlaubnis) der zuständigen Behörde. Der Begriff „Privatkrankenanstalt" ist in der GewO nicht definiert; er muß daher in zeitgerechter Auslegung der seit 1869 unveränderten Rechtsvorschrift ermittelt werden (VG Hannover, GewArch. 1978, 56). Hierbei kann an den Krankenhausbegriff des § 2 Nr. I KHG angeknüpft werden ( > K r a n k e n h a u s Rz 1011). Letztlich entscheidend für die Bestimmung des gewerberechtlichen Begriffs „Privatkrankenanstalt" ist jedoch der Zweck des § 30 GewO, der darin besteht, die Allgemeinheit vor den Gefahren zu schützen, die eine nicht ordnungsgemäße Führung, Einrichtung oder Lage einer Privatkrankenanstalt für andere mit sich bringen kann (BVerwG, DÖV 1967, 495; VG Hannover, aaO. S. 57). Hierbei ist wesentlich, inwieweit beim Betrieb der Anstalt Gefahren auftreten können, denen durch eine Überprüfung unter den in § 30 Abs. 1 Nrn. 1 - 4 GewO aufgeführten Gesichtspunkten vorgebeugt werden soll (OLG Frankfurt, NJW 1979, 2361 [„Gynäkologische Tagesklinik" als Privatkrankenanstalt]). Nicht begriffsnotwendig ist, daß die Insassen bettlägrig krank sind oder der behandelnde Arzt ausschließlich der Anstalt zur Verfügung steht. Wesentlich ist hingegen, daß die Anstalt nur solchen Personen offensteht, bei denen vom ärztlichen Standpunkt aus ein Bedürfnis besteht, daß sie unter ständiger ärztlicher Überwachung stehen, vom

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Arzt selbst und nach seinen Weisungen behandelt werden und ihre Lebensweise medizinisch begründeten Beschränkungen unterworfen ist (vgl. BVerwG aaO.). Zum Begriff der „Anstalt" gehört das Vorhandensein geeigneter Räumlichkeiten zur längeren Unterbringung von Kranken zum Zwecke ihrer Heilung oder Pflege (a.A. OLG Frankfurt, NJW 1979, 2361), wobei es - ebenso wie beim Krankenhausbegriff i. S. des § 2 Nr. 1 KHG - keinen Unterschied macht, ob



Privatkrankenanstalt (Privatklinik)

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Patienten lediglich zur Erlangung der Diagnose oder zur Nachschau untergebracht sind (BayVGH, GewArch. 1976, 162, 163). Es ist auch nicht erforderlich, daß die Insassen während der Nacht beherbergt werden oder am Tage ununterbrochen anwesend sind. Es genügt vielmehr, wenn die Räume der Anstalt den örtlichen Mittelpunkt bilden, zu dem die Kranken stetig zurückkehren und wo ihre Lebensweise nach der betreffenden Heilmethode geregelt und überwacht wird (VG Hannover, aaO.; RGSt 32, 255; Landmann-Rohmer, aaO. § 30 Rz 10). 3. Abgrenzung von ähnlichen Einrichtungen. Nach der vorstehenden Begriffsdefinition, die weniger auf die Bettenbereitstellung und Verweildauer, sondern auf die Notwendigkeit und Intensität der ärztlichen Beaufsichtigung und Betreuung abstellt, fallen nicht unter § 30 GewO gewöhnliche Altersheime, Erholungsheime, Kosmetik- und Fitnesszentren u. ä.. Bei > Sanatorien, „Badeanstalten"u.ä. ist darauf abzustellen, ob dort der Erholungs- oder der Heilungs- und Genesungszweck im Vordergrund steht, ob also das Leben in diesen Einrichtungen primär von ärztlichen Anforderungen getragen ist oder ob die ärztliche Betreuung lediglich eine Zusatzleistung darstellt (Fröhler-Kormann, aaO. § 30 Rz 1, > K u r k r a n k e n h a u s Rz 1129). Beim Betrieb von ärztlichen Einrichtungen neben einer > Arztpraxis kommt es darauf an, ob die Einrichtung nach Art und Umfang wesentlich über den Betrieb einer normalen Praxis hinausgeht und an sie deshalb hinsichtlich der Hygiene, der medizinischen und technischen Einrichtungen sowie der ärztlichen Betreuung besondere Anforderungen zu stellen sind (OLG Frankfurt, NJW 1979, 2361). Der Begriff der Privatkrankenanstalt wird bejaht für eine neben einer gynäkologischen Praxis betriebene „Gynäkologische TageskJinik" (OLG Frankfurt aaO.) und für Dialysestationen in Arztpraxen (VG Hannover, aaO. > H ä m o d i a l y s e Rz 757). 4. Zu den Begriffen der „Privatentbindungsanstalt" und „Privatnervenkhnik" i.S. des §30 Abs. 1 GewO vgl. Landmann-Rohmer, aaO. § 3 0 Rzn. 12, 13). II. Konzessionspflicht. 1. Die Erlaubnispflicht besteht nicht für die Anstalt als Einrichtung, sondern für deren Unternehmer in Person, der auch Pächter sein kann. Die Erlaubnis kann sowohl natürlichen als auch juristischen Personen und nicht rechtsfähigen Personengemeinschaften erteilt werden (Landmann-Rohmer, aaO. § 3 0 Rzn. 5, 7). Der Unternehmer kann - muß aber nicht - Arzt sein. Der Unternehmer ist nicht identisch mit dem ärztlichen Leiter. Der Umstand, daß der ärztliche Beruf kein Gewerbe ist (§ 1 Abs. 2 BÄO), schließt nicht aus, daß auch Ärzte im Einzelfall neben ihrer freiberuflichen Tätigkeit als „Unternehmer", d. h. selbständige Gewerbetreibende i. S. des § 30 GewO tätig sein können. Der freiberuflich in eigener Praxis tätige Arzt wird zum Gewerbetreibenden, wenn und soweit er eine Privatkrankenanstalt einrichtet und unterhält, wenn diese ein selbständiges Mittel ist, neben und unabhängig von der Praxis dauernde Einnahmen zu erzielen. Bei Bestehen einer ärztlichen > G e m e i n s c h a f t s p r a x i s oder > Praxisgemeinschaft bedarf jeder Partner als „Unternehmer" der Er-

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Privatkrankenanstalt (Privatklfnik)

laubnis nach § 30 GewO. Im Falle des Wechsels des Unternehmers oder bei Hinzukommen weiterer Partner in einer Gemeinschaftspraxis oder Praxisgemeinschaft ist stets eine neue Erlaubnis erforderlich. 2. Der Erlaubnispflicht unterliegen nur Privatkrankenanstalten, die gewerbsmäßig, d. h. mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden. Ob eine Einrichtung in diesem Sinne gewerbsmäßig betrieben wird, hängt allein von den tatsächlichen Verhältnissen ab. Die Bestimmungen in der Satzung der Einrichtung, wonach sie gemeinnützig arbeitet, stehen daher einer Konzessionspflicht allein noch nicht entgegen. Desgleichen ist es unbeachtlich, ob das zuständige Finanzamt den Betrieb als gemeinnützig anerkannt hat. Eine Gewinnerzielungsabsicht liegt auch dann vor, wenn das Unternehmen so geführt wird, daß es Gewinne für einen „dahinterstehenden" Dritten erwirtschaften soll, der sich selbst dadurch gewerblich betätigt. „Dritter" in diesem Sinne kann auch der Vermieter des jeweiligen Krankenhauses sein (VGH Mannheim, GewArch. 1978, 371). Nicht erlaubnispflichtig sind nicht mit Gewinnerzielungsabsicht betriebene, sondern lediglich gemeinnützigen, wohltätigen oder wissenschaftlichen Zwekken dienende Privatkrankenanstalten, auch wenn sie Pflegegelder erheben. Dies wird regelmäßig bei Krankenanstalten von Religionsgemeinschaften und Stiftungen der Fall sein (Landmann-Rohmer, aaO. § 30 Rz 9). 3. Auf die Erteilung der Erlaubnis besteht ein Rechtsanspruch, wenn kein Versagungsgrund gemäß § 30 Abs. 1 Nrn. 1-4 GewO gegeben ist. Nach § 30 Abs. 1 Nr. 1 GewO kann die Erlaubnis wegen Unzuverlässigkeit des Unternehmers in Beziehung auf die Leitung der Verwaltung der Anstalt versagt werden. Der nichtärztliche Unternehmer muß einen geeigneten Arzt als ärztlichen Leiter der Privatkrankenanstalt bestellen. Möglich ist auch die Bestellung eines > H e i l p r a k t i k e r s (Rz 842). Der ärztliche oder nichtärztliche Unternehmer einer Privatkrankenanstalt ist verpflichtet, Gefahren vom Patienten abzuwenden, die durch unsachgemäß gewonnene > Arzneimittel oder andere Behandlungspräparate entstehen können. Die Verletzung dieser Pflicht kann zur Versagung der Erlaubnis nach § 30 Abs. 1 Nr. 1 GewO und zur Untersagung der Fortführung des Betriebes nach § 15 Abs. 2 GewO führen (BayVGH, GewArch. 1976, 162, 163 > F r i s c h z e l l e n b e h a n d l u n g , Rz 656). III. Die Arbeitsverhältnisse der Ärzte und des nichtärztlichen Personals in privaten Krankenanstalten mit Ausnahme der > C h e f ä r z t e und der zu Ausbildungszwecken beschäftigten Personen wird durch den Bundesmanteltarifvertrag Nr. 8 v. 28. 8. 1981 zwischen dem Bundesverband Deutscher Privatkrankenanstalten und der Gewerkschaft ÖTV geregelt. Er enthält u.a. Bestimmungen über > B e r e i t s c h a f t s d i e n s t und > R u f b e r e i t s c h a f t der Ärzte und des medizinischen Assistenzpersonals. Die hauptsächlichen Tarifbestimmungen stimmen mit den einschlägigen Regelungen im BAT überein, in Einzelheiten bestehen jedoch Abweichungen. Teilweise findet auch in Privatkrankenanstalten der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) kraft Vereinbarung durch Einzelarbeitsvertrag Anwendung.

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Privatkrankenanstalt (Privatklinik)

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IV. 1. Das berufsrechtliche Werbeverbot gilt auch für Ärzte als Inhaber einer Privatkrankenanstalt (BayObLG v. 29. 3. 1978, BayVBl. 1978, 543 > Werbeverbot Rz 1909). Als solche sind sie auch als Unternehmer i.S. des GWB anzusehen (vgl. Dünisch, BayVBl. 1982, 102, 103 m. Nachw.) > Frischzellenbehandlung Rz 655 2. a) Nichtärztliche Inhaber einer Privatklinik unterliegen nicht der ärztlichen > Berufsordnung und damit auch nicht dem berufsrechtlichen Werbeverbot. Trotzdem dürfen auch nichtärztliche Unternehmer nicht unbegrenzt nach rein kommerziellen Gesichtspunkten werben. Sie sind zwar nicht schlechthin auf die nach der Standesauffassung der Ärzte üblichen Ankündigungen beschränkt, sondern können grundsätzlich eine darüber hinausgehende werbende Tätigkeit entfalten. Eine solche Werbung darf jedoch nicht über eine sachgemäße Aufklärung hinausgehen. Eine weitergehende, den Eindruck einer geschäftlichen Reklame erweckende Werbung ist unlauter i. S. des § 1 UWG (vgl. BGH, GRUR 1959, 35 [Werbebeschränkung für Zahnprothetiker]; KG v. 2. 2. 1976 - Kart 32/74 - , insoweit nicht abgedr. in NJW 1976, 1798; Narr, aaO. Rz 1188; Hess, DÄ 1972, 2658, a.A. Doepner, aaO. § 12 Rz 37; ders., WRP 1977, 318, 324, der eine Übertragung der Rspr. des BGH für Zahnprothetiker auf das Wettbewerbsverhältnis zwischen Arzt und einem auf dem Gebiet der > Heilkunde tätigen Gewerbetreibenden wegen der unterschiedlichen Berufsstruktur nicht für möglich hält). > Heilpraktiker Rz 846. b) Der Hinweis „Staatlich konzessionierte Privatkrankenanstalt" in einer Zeitungsanzeige ist nach § 3 UWG unzulässig (OLG Karlsruhe v. 24. 5. 1973, DMW 1974, 419). V. Steuerfragen. Für Privatkrankenanstalten bestehen Steuervergünstigungen nach §§ 64, 67 AO. VI. Fragen der privaten > Krankenversicherung (Rz 1107) > Krankenhaus Rz 1016, > Sanatorium Rz 1563.

Professortitel 1450

I. Die Bezeichnung „Professor" wird in verschiedener rechtlicher Bedeutung gebraucht. Sie kann Amts- oder Dienstbezeichnung, eine akademische Würde oder bloßer Ehrentitel sein (vgl. LG Saarbrücken, NJW 1976, 1160; Bischoff, DVBl. 1965, 665ff.).

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II. Die Führung ausländischer Professorentitel unterliegt nicht der Genehmigungspflicht nach dem Gesetz über die Führung akademischer Grade v. 9. 6. 1939 - GFaG - (RGBl. IS. 985, i.d.F.v. 2. 3. 1974, BGBl. IS. 469) sofern der Ti-

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Professortitel

tel nach dem Recht des betreffenden Landes (wie generell nach deutschem Recht) nicht akademischer Grad, d.h. Abschluß einer Hochschulausbildung ist, sondern einem außerhalb der Hochschule Stehenden zuerkannt worden ist. Anderenfalls ist die Führung der im Ausland erworbenen Bezeichnung nach dem GFaG genehmigungspflichtig (BayObLG, NJW 1978, 2348 m. Nachw.). Sofern der ausländische Professortitel einem deutschen Staatsangehörigen als Ehrentitel verliehen wurde, bedarf seine Führung im Inland der Genehmigung durch den Bundespräsidenten nach § 5 Abs. 2 OrdenG (vgl. LG Saarbrücken, NJW 1976, 1160). Für bestimmte Länder gilt die Genehmigung nach der Bekanntmachung v. 26. 5. 1975 (BGBl. IS. 1302) als allgemein erteilt. Für ausländische Staatsangehörige gilt die Genehmigungspflicht nach § 5 Abs. 2 OrdenG nicht; sie dürfen einen im Ausland als Ehrentitel erworbenen Professortitel in der Bundesrepublik ohne weiteres führen. Die Befugnis zum Führen des als Amts- oder Dienstbezeichnung oder als akademische Würde im Ausland verliehenen Professortitels richtet sich allein nach § 132 a StGB. Nach dem Schutzzweck dieser Vorschrift liegt eine unbefugte Titelführung i.d.R. dann nicht vor, wenn Verfahren zur Erlangung sowie notwendige Qualifikation bei in- und ausländischen Bezeichnungen zumindest annähernd vergleichbar sind. Ein Indiz dafür ist die staatliche Anerkennung der verleihenden ausländischen Institution mit Vermutung eines Mindestmaßes an Kontrolle und Qualität der betreffenden Einrichtung. Weitere Voraussetzungen sind die ordnungsgemäße Verleihung sowie die Berechtigung zur Führung nach der betreffenden ausländischen Rechtsordnung. „Unbefugt" i.S. des § 132 a StGB ist die Führung eines von einer persönlich nicht entsprechend qualifizierten Person gegen finanzielle Leistungen von einer ausländischen privaten Institution erworbenen Professortitels. Fraglich ist, ob zur Vermeidung einer Verwechslungsgefahr i.S. des § 132a Abs. 2 StGB dem Inhaber eines ausländischen Professortitels zur Auflage gemacht werden kann, den Titel in der ausländischen Schreibweise (z. B. „profesor" oder „profesor visitante" bei einem in Guatemala erworbenen Professortitel) oder in der deutschen Form „Professor" mit einem Hinweis auf die verleihende ausländische Institution (wie bei ausländischen Doktortiteln > D o k t o r t i t e l Rz 567) zu führen. Diese Auffassung in ihrer ersten Alternative vertritt offenbar das BayObLG in seiner Entscheidung v. 20. 4. 1977 (NJW 1978, 2348), wonach die Führung der Bezeichnung „Professor" und die entsprechende Abkürzung „Prof." dem deutschen > Hochschullehrer jedenfalls dann vorbehalten bleiben soll, wenn eine Verwechslungsgefahr i.S. des § 132a Abs. 2 StGB besteht. Eine ähnliche Auffassung vertritt der Niedersächsische Minister für Wissenschaft und Kunst in einem Schreiben v. 4. 9. 1979. Dieser Ansicht ist grundsätzlich zuzustimmen. Das bedeutet, daß die Führung eines ausländischen Professortitels dann nur in der ausländischen Originalform zulässig ist, wenn die deutsche Übersetzung die Gleichwertigkeit mit dem von einer deutschen Institution verliehenen Titel vortäuschen würde. Dies ist z. B. der Fall bei der Führung des Titels „Professor" (oder abgekürzt „Prof.") durch

Professortitel

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einen Arzt; dem die Universität in Guatemala im Rahmen einer Gastprofessur die Bezeichnung „profesor visitante" zuerkannt hat. 1452

III. Nach ärztlichem Berufsrecht darf die Bezeichnung „Professor" auf dem > Praxisschild, auf Briefbogen, Rezeptvordrucken und Stempeln nur geführt werden, wenn sie auf Vorschlag einer medizinischen Fakultät durch das zuständige Landesministerium verliehen worden ist. Dasselbe gilt für die von einer ausländischen medizinischen Fakultät einer wissenschaftlichen Hochschule verliehenen Bezeichnung „Professor", wenn sie nach amtlicher deutscher Auskunft der deutschen Bezeichnung gleichwertig ist, wobei der ausländische Professortitel in der Fassung der ausländischen Verleihungsurkunde zu führen ist (§§ 27 Abs. 2 u. 3, 29 MuBO i.d.F. der Beschlüsse des 86. Deutschen Ärztetages 1983).

Psychagoge 1453

I. Die Aufgabe des Psychagogen (mitunter auch als „Kindel- und ¡ugendlichen-Psychotheiapeut" bezeichnet) besteht in der Mitwirkung bei der ärztlichen Behandlung seelischer Störungen und/oder seelisch bedingter körperlicher Störungen bei Kindern und Jugendlichen (näher zum Aufgabenbereich Schmid, BerufskBl. 2 - II B 31, S. 1). II. Das Berufsbild ist derzeit noch nicht gesetzlich geregelt. Die Bezeichnung „Psychagoge" ist nicht geschützt. In einigen Bundesländern (z. B. Berlin und Niedersachsen) ist der Beruf jedoch staatlich anerkannt. Die Ausbildung ist durch die Ständige Konferenz der Ausbildungsstätten für analytische Kinder- und Jugendpsychotherapeuten in der Bundesrepublik Deutschland und Westberlin e.V. in ihren Grundzügen festgelegt (zu den Ausbildungsinhalten vgl. Schmid, aaO. S. 7f.). Die Ausbildungsdauer beträgt mindestens vier Jahre. Vorausgesetzt wird eine abgeschlossene Ausbildung als > Sozialarbeiter (grad.), Sozialpädagoge (grad.), Diplom-Pädagoge oder als Lehrer und i.d.R. eine mindestens 3jährige erfolgreiche Tätigkeit in einem dieser Berufe. Die Ausbildung schließt ab mit einer institutseigenen Prüfung.

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III. Abgrenzung zur ärztlichen Tätigkeit. Der Psychagoge kann als Angestellter in Krankenanstalten, Heimen, Erziehungsberatungsstellen usw. oder in freier Praxis tätig sein. Die Indikation zur Anwendung tiefenpsychologisch fundierter oder analytischer Psychotherapie wird vom Arzt gestellt, der dann die Durchführung der psychotherapeutischen Maßnahmen unter seiner allgemeinen ärztlichen Verantwortung an den Psychagogen delegiert ( > Psychot h e r a p i e Rz 1469). Der Psychagoge ist dann gehalten, über den Behandlungsverlauf dem delegierenden Arzt zu berichten, so daß eventuell notwendig werdende ärztlich-therapeutische Maßnahmen von diesem veranlaßt werden können (Schmid, aaO. S. 2).

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Psychiatrisches Landeskrankenhaus

IV. Der Psychagoge unterliegt als berufsmäßig tätiger Gehilfe des Arztes der strafrechtlichen > Schweigepflicht nach § 203 Abs. 3 StGB. Für die Schweigepflicht zwischen Arzt und Psychagoge gelten die Grundsätze über die Schweigepflicht zwischen mit- und weiterbehandelnden Ärzten entsprechend (> S c h w e i g e p f l i c h t Rz 1644).

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V. Für die steuerliche Behandlung der Berufseinnahmen gilt entsprechendes wie für nichtärztliche Psychotherapeuten (Schreiben des BMFi v. 29. 12. 1980, BStBl. 1981, 29 > P s y c h o t h e r a p e u t Rz 1464).

Psychiatrisches Landeskrankenhaus I. Aufgaben. In den unter der Trägerschaft der einzelnen Bundesländer stehenden Psychiatrischen Landeskrankenhäusern werden neben der Versorgung Schwerkranker im Akutbereich, die auf geschlossenen Wachstationen (häufig aufgrund unterbringungsrechtlicher Vorschriften > U n t e r b r i n g u n g ) untergebracht sind, vor allem Langzeitkranke (z. B. Schizophrene und Alkoholiker) im Rahmen langfristiger Therapieprogramme behandelt. Die Psychiatrischen Landeskrankenhäuser unterscheiden sich von sonstigen psychiatrischen Krankenhäusern und psychiatrischen Abteilungen an Krankenhäusern i.d.R. dadurch, daß ihnen ein bestimmtes Versorgungsgebiet zugewiesen ist, für welches eine Aufnahmeverpflichtung besteht, so daß eine Selektion des Krankengutes nicht stattfindet.

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II. Haftung. Im Gegensatz zu sonstigen Krankenhäusern (> K r a n k e n h a u s a u f n a h m e v e r t r a g Rz 1031) sind die Rechtsbeziehungen zwischen dem Psychiatrischen Landeskrankenhaus als geschlossene Anstalt und seinen Patienten i.d.R. öffentlichtrechtlicher Natur, auch wenn die Einweisung nicht aufgrund unterbringungsrechtlicher Vorschriften erfolgt ist (> U n t e r b r i n g u n g , > Z w a n g s b e h a n d l u n g ) . Eine privatrechtliche Ausgestaltung des Benutzerverhältnisses ist jedoch nicht grundsätzlich ausgeschlossen (BGHZ 38, 49; anders bei offenen psychiatrischen Kliniken öffentlichrechtlicher Träger, vgl. BGH v. 19. 1. 1984 - III ZR 172/82 -). Bei öffentlichrechtlich ausgestaltetem Benutzerverhältnis haftet das Land für Schäden aus ärztlichen Sorgfaltspflichtverletzungen und Verletzung der Aufsichtspflicht gegenüber den Patienten nach Amtshaftungsgrundsätzen (Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB; BGHZ 38, 49 > H a f t u n g Rz 785). Ein in ein Psychiatrisches Landeskrankenhaus eingewiesener Geisteskranker hat grundsätzlich keinen Anspruch darauf, daß über die allgemein zu fordernden SicherungsVorkehrungen hinaus sichere Vorsorge gegen jede Art von Schädigung durch Mitpatienten getroffen wird. Läßt sich eine solche Schädigung bei Anwendung der nach Sachlage generell gebotenen Maßnahmen nicht vermeiden, so kann eine Haftung des Landes weder aus dem Gesichtspunkt der Amtspflichtverletzung noch aus dem Rechtsgedanken der Aufopferung

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Psychiatrisches Landeskrankenhaus

670

hergeleitet werden (OLG Frankfurt, VersR 1965, 598). > Selbstmord Rz 1691. 1458

III. Bei der > Weiterbildung zum Nervenarzt oder Psychiater sind mindestens 6 Monate der Gesamtweiterbildungszeit in einem Psychiatrischen Landeskrankenhaus oder einer „vergleichbaren Einrichtung" abzuleisten (vgl. Anl. I Nrn. 16 und 24 zur MuWO). Die Vergleichbarkeit einer Einrichtung ist dann zu bejahen, wenn erwartet werden kann, daß sie für den Bereich der > Krankenhauspflege i.S. des § 184 RVO das gesamte Spektrum der psychischen Krankheiten ohne Beschränkung auf bestimmte Diagnosen oder Verweildauer abdeckt, unabhängig davon, ob ihr darüber hinaus noch weitere Versorgungsaufgaben übertragen sind (z.B. Vollzug der Maßregeln der Besserung und Sicherung i.S. von §§63, 64 StGB > U n t e r b r i n g u n g Rz 1808). Nicht entscheidend für die Vergleichbarkeit mit einem Psychiatrischen Landeskrankenhaus ist auch die Übernahme einer besonderen Verpflichtung zur psychiatrischen Gesamtversorgung eines bestimmten Gebietes und im Zusammenhang hiermit die Versorgung psychiatrischer Pflegefälle. Sonach können auch Universitätskliniken und psychiatrische Abteilungen an Allgemeinkrankenhäusern „vergleichbare Einrichtungen" i. S. des Weiterbildungsrechts sein (a.A. VG Stuttgart v. 7. 11. 1980 - VRS 5 K 93/80 -).

Psychologe 1459

I. Aufgaben. Der Psychologe beschäftigt sich mit den Erscheinungen und Zuständen des bewußten und unbewußten Seelenlebens des Menschen. Die in abhängiger oder freiberuflicher Stellung ausgeübte Tätigkeit des Psychologen gliedert sich heute in zahlreiche Berufsfelder. Die weitaus stärkste Gruppe der praktisch tätigen Psychologen stellt die Klinische Psychologie. Als weitere Tätigkeitsfelder, in denen eine Zusammenarbeit mit Ärzten erfolgt, sind vor allem die Betriebspsychologie und die Verkehrspsychologie ( > Medizinischpsychologische Untersuchungsstelle) zu nennen (näher zu den einzelnen Berufsfeldern Graf Hoyos, BerufskBl. 3 - II B O 1, S. 12ff.).

1460

II. Abgrenzung zur ärztlichen Tätigkeit. Ausübung der Psychologie als solche ist nicht Ausübung der > Heilkunde, so daß auch der Psychologe kein Angehöriger eines Heilberufes ist. Nach geltendem Recht kann der Psychologe auf dem Gebiet der Heilkunde, wozu auch die > Psychotherapie (Rz 1467) gehört, ( > Heilkunde Rz 826) entweder nur unter ausschließlicher Verantwortung und Aufsicht von Ärzten oder mit einer Erlaubnis als > Heilpraktiker tätig werden (BVerwG v. 10. 2. 1983 - 3 C 21/82 BayObLG v. 10. 8. 1982, ArztR 1983, 18). Der mit einem Psychologen ohne Heilpraktikererlaubnis abgeschlossene Behandlungsvertrag über die Durchführung einer psychotherapeutischen Behandlung in eigener Verantwortung ist daher gem. § 134 BGB

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Psychologe

nichtig (vgl. aber LG Saarbrücken, VersR 1981, 585 f., das zwar einerseits davon ausgeht, „daß die Vornahme einer psychotherapeutischen Behandlung Ausübung der Heilkunde darstellt, andererseits jedoch - wie sich aus dem Leitsatz dieser Entscheidung ergibt - wohl irrtümlich annimmt, daß auch diplomierte Psychologen zur Ausübung der Heilkunde berechtigt seien). Eine Änderung dieser Rechtslage soll durch das geplante Psychotherapeutengesetz erfolgen ( > P s y c h o t h e r a p e u t Rz 14-65). ID. Die Ausbildung zum Psychologen erfolgt im Rahmen eines achtsemestrigen Hochschulstudiums auf der Grundlage der von der Kultusministerkonferenz am 13. 2. 1973 beschlossenen Rahmenordnung für die Diplomprüfung in der Psychologie (abgedr. bei Graf Hoyos, aaO. S. 29ff.). Aufgrund der bestandenen Diplomprüfung wird der akademische Grad „Diplom-Psychologe" („Dipl.-Psych.") verliehen, der nach § 132a StGB geschützt ist. (OPraxisschild Rz 1399). IV. Berufspsychologen mit staatlich anerkannter Abschlußprüfung (Diplom- 1461 prüfung an einer deutschen Hochschule oder Promotion im Hauptfach Psychologie) unterliegen der strafrechtlichen > Schweigepflicht nach § 203 Abs. 1 Nr. 2 StGB. Berufspsychologe ist nur, wer auf mindestens einem der hauptsächlichen Berufsfelder der Psychologie (oben Rz 1459) hauptberuflich tätig ist, nicht dagegen, wer eine psychologische Tätigkeit lediglich aus Liebhaberei oder als Hilfswissenschaft neben oder bei einem anderen Hauptberuf ausübt (Schönke-Schröder-Lenckner, aaO. § 203 Rz 36). Zur Schweigepflicht der Berufspsychologen und Mitbestimmung des Betriebsrates bei psychologischen Einstellungsuntersuchungen vgl. Scholz, NJW 1981, 1987. Zur Schweigepflicht des Psychologen bei Medizinisch-Psychologischen Unteisuchnngsstellen > Medizinisch-psychologische Untersuchungsstelle Rz 1191. Zur innerbehördlichen Schweigepflicht von Psychologen vgl. Kühne, NJW 1977, 1478. > Z e u g n i s v e r w e i g e r u n g s r e c h t Rzn. 1988 f. V. Als gerichtlicher Sachverständiger trifft den Psychologen grundsätzlich die Pflicht zur Gutachtenerstattung (§§ 75, 76 StPO, §§ 407, 408 ZPO; vgl. Menken, aaO. S. 43 m. Nachw.). VI. Die von Diplom-Psychologen erbrachten Leistungen gehören nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen und privaten > Krankenversicherung (vgl. z.B. BSG, NJW 1980, 1919 [Durchführung testpsychologischer Untersuchungen bei einem Kind auf Anraten eines Nervenarztes]). Dies gilt erst recht für die von einem Diplom-Psychologen - unter Verstoß gegen das geltende Recht (vgl. oben Rz 1460) - selbständig durchgeführte psychotherapeutische Behandlung. Auch ein Diplom-Psychologe, der im Besitz einer Heilpraktikererlaubnis

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Psychologe

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ist ( > Heilpraktiker Rz 837), hat keinen Anspruch auf selbständige Erbringung von Kassenleistungen. Das Krankenversicherungsrecht sieht eine Beteiligung von Diplom-Psychologen an der psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten nur in Unterordnung unter die Tätigkeit von Ärzten vor (BSG v. 2. 2. 1983 - 3 RK 37/81 -). Dieser Rechtszustand begegnet nach Vorlagebeschlüssen des LSG Bremen v. 10. 7. 1980 - L 1 Kr 15/79 u.a. - (SGb 1982, 116) verfassungsrechtlichen Bedenken ( > Psychotherapie Rz 1469). 1463

VII. Zur Aufklärungspflicht des Psychologen bei psychologischen Experimenten vgl. Eberbach-Schuler, JZ 1982, 356.

Psychotherapeut 1464

I. Der Sprachgebrauch bezeichnet damit eine Person, die psychische und körperliche Erkrankungen durch systematische Beeinflussung des Seelenlebens des Patienten behandelt ( > Psychotherapie Rz 1466), ohne daß dabei zwischen ärztlichen und nichtärztlichen Psychotherapeuten unterschieden wird. Die selbständige und eigenverantwortliche Ausübung der Psychotherapie ist Ausübung der > Heilkunde (Rz 826) und daher > Ärzten und > Heilpraktikern vorbehalten; nichtärzliche Psychotherapeuten können nur unter deren Verantwortung und Aufsicht tätig werden ( > Psychologe Rz 1460, > Psychotherapie Rz 1469). II. Schweigepflicht > Psychotherapie Rz 1470 III. > Zeugnisverweigerungsrecht Rzn. 1988 ff. IV. Steuerfragen. Nichtärztliche Psychotherapeuten, die mit einer Heilpraktikererlaubnis selbständig tätig werden, sind nach §4 Nr. 14 UStG umsatzsteuerfrei. Gleiches gilt, wenn sie ohne eine solche Erlaubnis, aber „aufgrund einer Zuweisung durch einen Arzt und unter dessen Verantwortung" tätig werden (Schreiben des BMFi v. 29. 12. 1980, BStBl. 1981, 29).

1465

Im Jahr 1981 hat das BMJFG den „Entwurf eines Gesetzes über den Beruf des Psychotherapeuten" vorgelegt, durch das der Beruf des Psychotherapeuten als neuer Heilberuf neben dem > A r z t und dem > H e i l p r a k t i k e r geschaffen werden soll. Der Gesetzentwurf macht die Ausübung des Berufs des Psychotherapeuten von einer Berufserlaubnis abhängig, die zur Führung der Berufsbezeichnung „Psychotherapeut(in)" berechtigt. Diese Berufsbezeichnung wird durch das Gesetz geschützt, indem ihr Gebrauch durch Personen ohne Berufserlaubnis als Ordnungswidrigkeit geahndet wird. Voraussetzung für die Erteilung der Berufserlaubnis ist eine dreijährige Ausbüdung an einer von der zuständigen Landesbehörde ermächtigten Ausbildungsstätte. Die Ausbildung schließt ab mit der staatlichen Prüfung. Zulassungsvoraussetzung für die Ausbildung ist ein abgeschlossenes Hochschulstudium der Psychologie mit schwerpunktmäßiger Ausrichtung auf die Klinische Psychologie ( > P s y c h o l o g e Rz 1459).

673

Psychotherapie

Der Entwurf enthält eine detaillierte Regelung des Tätigkeitsbereiches des Psychotherapeuten und damit zugleich eine Begrenzung der Berufseilaubnis auf einen Teilbeieich der > Heilkunde. Im übrigen steht der Psychotherapeut nach wie vor unter dem Verbot des Heilpraktikergesetzes ( > Psychologe Rz 1460). Durch eine entsprechende Vorschrift wird darüber hinaus ausdrücklich sichergestellt, daß Patienten, bei denen eine > Krankheit oder Störung festgestellt oder vermutet wird, für deren Behandlung die auf die > Psychotherapie beschränkte fachliche Kompetenz des Psychotherapeuten nicht ausreicht, der notwendigen ärztlichen Behandlung zugeführt werden (näher zu dem Gesetzentwurf Schulte/Treutz-Hinterberger, ZRP 1978, 287 ; Hollmann, DMW 1979, 44).

Psychotherapie I. Begriff. Man versteht darunter die Behandlung psychischer und körperlieher Erkrankungen durch systematische Beeinflussung des Seelenlebens des Patienten (vgl. Duden, aaO. „Psychotherapeut"). Als Behandlungsmethoden kommen in Betracht die sog. „Kleine Psychotherapie" in Form von klärenden Aussprachen, Suggestion und Hypnose, sowie die Psychoanalyse als sog. „Große Psychotherapie" (vgl. Pschyrembel, „Psychotherapie"; unten Rz 1469). Die Ubergänge von der Psychotherapie zur psychologischen Beratung sind fließend (vgl. Pribilla, DÄ 1980, 2250).

1466

II. Die Bezeichnung „Psychotherapie" ist nicht geschützt. Ärzte dürfen sie jedoch nur als > Z u s a t z b e z e i c h n u n g nach Genehmigung durch die zuständige > Ä r z t e k a m m e r führen. III. Rechtsnatur. Die selbständige und eigenverantwortliche Ausübung der Psychotherapie ist nach herrschender, aber nicht unbestrittener Ansicht Ausübung der > H e i l k u n d e (Rz 826). Trotzdem gibt es heute eine große Zahl von > Psychotherapeuten, insbesondere Diplom-Psychologen, die weder Ärzte noch Heilpraktiker sind ( > Psychologe). Um diesen unbefriedigenden Zustand zu beseitigen, soll die Ausübung der nichtärztlichen Psychotherapie in einem Gesetz über den Beruf des Psychotherapeuten geregelt werden ( > Psychotherapeut Rz 1465). Für die psychotherapeutische Behandlung gelten die Rechtsgrundsätze über die > H e i l b e h a n d l u n g (vgl. Pribilla, DÄ 1980, 2250, Kroitzsch, VersR 1978, 396ff.).

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IV. Besondere Probleme ergeben sich bei der ärztlichen > Aufklärungspflicht, die auch bei der psychotherapeutischen Behandlung grundsätzlich anerkannt werden muß (Kroitzsch, aaO. S. 400, Pribilla, aaO. S. 2250f.). Sehr häufig dürfte zu erwarten sein, daß eine psychotherapeutische Behandlung nicht mehr möglich ist, wenn der Patient über die angewendeten Methoden und ihre Gefahren aufgeklärt wird; denn dadurch würde von vornherein die

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Psychotherapie

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für die Übertragung notwendige suggestive Wirkung entfallen (eingehend dazu Kroitzsch, aaO. S. 400f.). In diesen Fällen wird vielfach der Verzicht auf Aufklärung gerechtfertigt sein (> A u f k l ä r u n g s p f l i c h t Rz 264; vgl. auch Schünemann; VersR 1981, 306, 309f.). Mitunter wird aber ein Hinweis auf mögliche Folgen einer Persönlichkeitsumstrukturierung des Patienten als Ergebnis einer Behandlung geboten sein (z. B. Hinweis auf die Möglichkeit des Entschlusses zur Ehescheidung; vgl. Pribilla, aaO. S. 2251). Aufklärungsprobleme ergeben sich auch aus der in der Psychiatrie bestehenden großen Methodenvielfalt. Grundsätzlich ist der Arzt verpflichtet, den Patienten über die Möglichkeiten und Grenzen der einzelnen Methoden und die in den eigenen Kenntnissen liegenden Einschränkungen zu unterrichten (Pribilla, aaO. S. 2314). 1469

V. Kassenarztrecht. Die Psychotherapie gehört als ärztliche Aufgabe zu den Leistungen der gesetzlichen > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g (Rz 1103) im Rahmen des § 182 RVO. Ein Arzt, der nicht berechtigt ist, die > Zusatzbez e i c h n u n g „Psychotherapie" zu führen, ist auch nicht berechtigt, im Verhältnis zu den Krankenkassen Psychotherapie durchzuführen |LSG Mainz, NJW 1976, 390; zu den Voraussetzungen für die Abrechnung psychotherapeutischer Leistungen in der Kassenpraxis vgl. Kamps, MedR 1983, 128ff.). Eine Beteiligung nichtärztlicher Psychotherapeuten ist nach geltendem Recht nur unter Aufsicht und Verantwortung des Arztes im Rahmen des sog. Delegationsverfahrens möglich, wie es in den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über tiefenpsychologisch fundierte und analytische Psychotherapie in der kassenärztlichen Versorgung i.d.F.v. 27. 1. 1976 (Psychotherapie-Richtlinien) und in der sog. Psychotherapie-Vereinbarung zur Durchführung dieser Richtlinien zwischen den Spitzenverbänden der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung und der KBV i.d.F.v. 11. 6. 1976 (beide abgedr. bei Heinemann-Liebold, aaO. Q lff.) im einzelnen geregelt ist (BSG, SozR 2200 §368 Nr. 4 ; BSGE 48, 258; BSG v. 28. 11. 1979 - 3 RK 64/77 ausführlich zur neueren Rspr. des BSG zu nichtärztlichen Psychotherapeuten Bieback, SGb 1982, 12ff., 52ff. Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) findet auf die Psychotherapie-Vereinbarung keine Anwendung, da der darin geregelte Komplex dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist [Schreiben des Bundeskartellamts v. 19. 3. 1975]). Diese Regelungen beziehen sich allerdings nur auf den Bereich tiefenpsychologisch fundierter und analytischer Psychotherapie (sog. „Große Psychotherapie"). Der vom Arzt herangezogene nichtärztliche Therapeut (meist Diplom-Psychologe [ > Psychologe Rz 1460] oder OPsychagoge) darf nicht eigenverantwortlich, sondern nur in Unterordnung unter die Tätigkeit des Arztes tätig werden. Für den Ersatzkassensektor besteht eine entsprechende Regelung in der Anlage 5 zum AEKV (abgedr. bei Heinemann-Liebold, aaO. Q 24 ff.). Darüber hinaus ist hier noch seit 1. 10. 1980 die Verhaltenstherapie (sog. „Kleine Psychotherapie") in die Kassenleistung einbezogen (Anlage 5 a zum AEKV, abgedr. bei Heinemann-Liebold, aaO. Q 101 ff.).

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Psychotherapie

Die Abrechnung der Leistungen nichtäiztlichei Psychotherapeuten gegenüber der KV erfolgt durch den Arzt, der Honoraranteile an den nichtärztlichen Psychotherapeuten weiterleitet. Mit Zustimmung des Arztes kann die Vergütung an den nichtärztlichen Psychotherapeuten z.T. auch direkt erfolgen. Nach Auffassung des LSG Bremen bestehen gegen den Ausschluß selbständiger und eigenverantwortlich tätiger Diplom-Psychologen von der psychotherapeutischen, speziell verhaltenstherapeutischen Behandlung der Versicherten verfassungsrechtliche Bedenken. Das Gericht hat deshalb durch Vorlagebeschlüsse v. 10. 7. 1980 - L 1 Kr 15/79, L 1 Kr 1/80, L 1 Kr 2/80 und L 1 Kr 3/80 - (SGb 1982, 116), bestätigt durch Vorlagebeschluß v. 10. 9. 1980 - L 1 Kr 2/80 die Verfahren ausgesetzt und die Frage dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. VI. Der strafrechtlichen > Schweigepflicht unterliegen außer den ärztlichen 1470 Psychotherapeuten der > P s y c h o l o g e mit staatlich anerkannter wissenschaftlicher Abschlußprüfung (§ 203 Abs. 1 Nr. 2 StGB > Psychologe Rz 1461) sowie andere Personen, sofern sie in einer Beratungsstelle nach § 203 Abs. 1 Nr. 4 StGB tätig sind. Im übrigen sind die im Rahmen des Delegationsverfahrens tätigen nichtärztlichen Psychotherapeuten berufsmäßig tätige Gehilfen des Arztes i. S. des § 203 Abs. 3 StGB. Probleme können sich hinsichtlich der Schweigepflicht im Rahmen des Delegationsverfahrens und bei gruppentherapeutischen Verfahren innerhalb der Gruppe ergeben (näher dazu Pribilla, aaO. S. 2252ff. >Schweigepflicht Rz 1620). Für die Schweigepflicht zwischen Arzt und nichtärztlichem Therapeuten gelten die Grundsätze Uber die Schweigepflicht zwischen mit- und weiterbehandelnden Ärzten entsprechend (> S c h w e i g e p f l i c h t Rz 1644). > Z e u g n i s v e r w e i g e r u n g s r e c h t Rzn. 1988 f. VII. Haftung. Für die zivilrechtliche und strafrechtliche Verantwortlichkeit des Psychotherapeuten gelten die allgemeinen Grundsätze über > B e h a n d l u n g s f e h l e r . Hierbei ist hervorzuheben, daß bereits die Erregung oder Steigerung einer psychischen Störung eine Gesundheitsschädigung sein kann (Schönke-Schröder-Eser, aaO. § 223 Rz 6). Erhöhte Anforderungen an die Sorgfaltspflicht des Psychotherapeuten entstehen beim Übergang von bewährten Methoden zu > A u ß e n s e i t e r m e t h o d e n . Ein Behandlungsfehler kann auch darin liegen, daß der Arzt nicht über die erforderliche > W e i t e r b i l d u n g verfügt; dies gilt auch für die sog. „Kleine Psychotherapie" (oben Rzn. 1466, 1469; vgl. Pribilla, aaO. S. 2315). Bei der Verabreichung von Psychopharmaka ist zu berücksichtigen, daß bestimmte Medikamte zur Abhängigkeit führen können. Im Hinblick auf mögliche kardiale Nebenwirkungen oder die Gefahr der Aktualisierung latenter Suizidimpulse muß im Einzelfall auch geprüft werden, ob eine ambulante Behandlung ohne den Vorwurf der Sorgfaltspflichtverletzung durchgeführt werden kann. Dies gilt insbesondere auch bei der Überwachung des im Delegationsverfahren mitwirkenden > P s y c h o l o g e n , da dieser die rein ärztli-

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Psychotherapie

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chen Risiken nicht übersehen kann. Im übrigen gelten im Verhältnis zwischen Arzt und nichtärztlichem Therapeuten die Haftungsgrundsätze für die Arbeitsteilung in der Medizin entsprechend (> B e h a n d l u n g s f e h l e r Rzn. 317ff. ; zu Haftungsfragen bei der psychotherapeutischen Behandlung eingehend Pribilla; aaO. S. 2314ff. ; Kroitzsch, VersR 1978, 396ff., der für eine generelle Umkehr der > Beweislast bei der psychotherapeutischen Behandlung zugunsten des Patienten eintritt). 1472

VID. Im Rahmen des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG) bedarf die psychotherapeutische Behandlung der vorherigen Zustimmung der Entschädigungsbehörde nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 der 2. DVO zum BEG (BGH v. 21.6. 1979 - I X ZR 119/75 -].

Qualitätskontrolle 1473

Im medizinischen Bereich versteht man darunter die Überwachung der Qualität ärztlicher Leistungen durch Selbstkontrolle (interne Qualitätskontrolle) oder Fremdkontrolle (externe Qualitätskontrolle > R i n g v e r s u c h e Rz 1514). Die Qualitätskontrolle bildet einen wesentlichen Teil der > Q u a l i t ä t s s i c h e rung.

Qualitätssicherung 1474

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I. Begriff. 1. Im medizinischen Bereich versteht man unter Qualitätssicherung im weitesten Sinne alle Maßnahmen des Gesetzgebers und der ärztlichen Selbstverwaltung, durch welche die Qualität der ärztlichen Behandlung positiv beeinfluß wird (Hess in: Schwartz-Selbmann, aaO. S. 18). Hierzu gehören u.a. die ärztliche > W e i t e r - u n d > F o r t b i l d u n g , die Einführung besonderer Fachkundenachweise für bestimmte ärztliche Leistungen (> B e t r i e b s a r z t Rzn. 417 ff., > R ö n t g e n v e r o r d n u n g Rz 1517, > S t r a h l e n s c h u t z v e r o r d n u n g Rzn. 1745 f., > R e t t u n g s d i e n s t Rz 1502, > D u r c h g a n g s a r z t Rz 579, Fachkundenachweis zur Erbringung und Abrechnung ärztlicher > S a c h l e i s t u n g e n nach §§ 24-27 BMV-Ä), Anforderungen an die Qualität > m e d i z i n i s c h - t e c h n i s c h e r G e r ä t e ( > E i c h p f l i c h t Rz 587). Als Mittel der Qualitätssicherung dient auch die Durchführung von > S e k t i o n e n (zur Bedeutung der Qualitätssicherung für das ärztliche Handeln vgl. Deneke, DÄ 1983/3, S. 49ff.). 2. Im engeren Sinne versteht man unter Qualitätssicherung Maßnahmen, die gezielt der Sicherung der Qualität der einzelnen vom Arzt erbrachten Leistungen dienen (Hess, aaO. S. 18f.). Solche Maßnahmen werden heute von den > K a s s e n ä r z t l i c h e n V e r e i n i g u n g e n vor allem für den Bereich der

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Radiologie-Richtlinien

ärztlichen > Sachleistungen in Form von Qualitätskontrollen durchgeführt. II. Qualitätssicherung im engeren Sinne. 1. Rechtsgrundlagen sind die gem. §§ 24—27 BMV-Ä erlassenen Richtlinien der KBV (> Radiologie-Richtlin i e n , > Zytologie-Richtlinien, > C o m p u t e r - T o m o g r a p h i e Rz 539) sowie die einschlägigen Satzungsbestimmungen der einzelnen > Kassenärztlic h e n Vereinigungen (> Sicherstellungsauf tagtrag) und die darauf basierenden oder in Ergänzung der Richtlinien der KBV erlassenen Richtlinien (> Son o g r a p h i e Rz 1699). Für die Qualitätssicherung von Laborleistungen gelten die Qualitätssicherungsrichtlinien der BÄK v. 12.7.1971 nebst Ausführungsbestimmungen v. 16.2.1974 (> R i n g v e r s u c h e Rz 1514) sowie die von den einzelnen Kassenärztlichen Vereinigungen in Anlehnung an diese Vorschriften auch für die Erbringung von Laborleistungen mit geeichten Volumenmeßgeräten erlassenen Qualitätssicherungs-Richtlinien für Laborleistungen [vgl. z. B. die Richtlinien der KV Nordrhein v. 14.9.1977, abgedr. bei Heinemann-Liebold,aaO. V18 ff.). 2. Im Rahmen der Qualitätskontrolle nach den vorgenannten Vorschriften besteht die Pflicht der überprüften Ärzte zur Vorlage von > Krankenunterlagen (z. B. Röntgenaufnahmen und die dazugehörigen Befunde) an Sachverständigenausschüsse der KV. Dieser Vorlagepflicht steht die ärztliche > Schweig e p f l i c h t nicht entgegen (näher dazu Narr, DMW 1983, 1610, 1611 f.). 3. Die Nichterfüllung der kraft Satzungsrechts der > Kassenärztlichen V e r e i n i g u n g e n aufgestellten Qualitätsanforderungen kann eine Einschränkung oder gar den Ausschluß der Abrechnungsfähigkeit der betreffenden Leistungen zur Folge haben (> H o n o r a r b e r i c h t i g u n g Rz 885, > Ringversuc h e Rz 1515; näher dazu Hess, aaO. S. 20f.). EI. Einen wesentlichen Teil der Qualitätssicherung bildet die > Qualitätskontrolle (> Ringversuche).

Radiologie-Richtlinien I. Es handelt sich hier um die in der Praxis gebräuchliche Kurzbezeichnung 1476 für die aufgrund des § 24 BMV-Ä erlassenen „Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für Radiologie und Nuklearmedizin" v. 8. 12. 1979 (DÄ 1980, 81 ff. ; vgl. dazu Hess, DÄ 1980, 235) i.d.F. v. 18. 5. 1981 (Neufassung der nuklearmedizinischen Apparaterichtlinien, DÄ 1981, 1313ff., mit Erläuterungen S. 1282; §§ 9 u. 10 i.d.F.v. 1. 2. 1984, DÄ 1984, 133 ff. mit Erläuterungen von Effer, DÄ 1984, 96f.). Sie dienen der > Q u a l i t ä t s s i c h e r u n g (Rz 1475) und enthalten Vorschriften über die fachlichen und apparativen Voraussetzungen für die Erbringung und Abrechnungsfähigkeit von Röntgenleistungen und nuklearmedizinischen Leistungen. Die Richtlinien sind für alle Kassenärzte unmittelbar verbindlich.

Radiologie-Richtlinien

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II. Das Verfahren zur Durchführung der Richtlinien sieht u.a. die Bildung von Röntgenkommissionen zur Beratung der zuständigen Gremien der > Kassenärztlichen Vereinigungen vor. 1477

III. Bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von Röntgenleistungen in der Kassenpraxis obliegt den Organen der > Kassenärztlichen Vereinigung gegenüber den Antragstellern die Amtspflicht gem. § 839 BGB, die Genehmigung zu erteilen (OLG Düsseldorf, VersR 1983, 62 > Kassenärztliche Vereinigung Rz 924).

Regreßschutzversicherung 1478

Die von einzelnen privaten Versicherungsgesellschaften angebotene Regreßschutzversicherung soll den Arzt vor Inanspruchnahme durch die > Kassenärztliche Vereinigung wegen UnWirtschaftlichkeit schützen. Dabei wird jedoch nicht die gesamte kassenärztliche Tätigkeit in den Versicherungsschutz einbezogen. Zum versicherten Risiko gehören nur Regresse wegen unwirtschaftlicher Verordnungsweise ( > Arzneiregreß), unwirtschaftlicher Überweisung zu > Auftragsleistungen und fehlerhafte Berechnung des Datums der Niederkunft einer werdenden Mutter. Nicht versichert sind Honorarkürzungen wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise ( > W i r t s c h a f t l i c h keitsprüfung; mit Recht kritisch zu dieser Versicherungsart Schlauß, DDA 1981/6, S. 39).

Rehabilitation 1479

I. Unter diesem Begriff werden alle Maßnahmen verstanden, die darauf gerichtet sind, körperlich, geistig oder seelisch behinderten oder von einer solchen Behinderung bedrohten Menschen ( > Behinderte) zu helfen, ihre Fähigkeiten und Kräfte zu entfalten und einen angemessenen Platz in der Gesellschaft zu finden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Behinderung angeboren ist oder ihre Ursache in einem äußeren Ereignis (z. B. Unfall, Kriegsverletzung) oder einer schicksalhaften Erkrankung hat. Voh der Behandlung der Behinderten in der Klinik über die Vorbereitung auf den Beruf durch Anlernung, Ausbildung, Anpassung und Umschulung bis zur Vermittlung eines Arbeitsplatzes und zur nachfolgenden Betreuung unterscheidet man mehrere Phasen, insbesondere die medizinische, die berufliche und die soziale Phase der Rehabilitation. Die Grenzen zwischen den einzelnen Phasen sind jedoch fließend (vgl. Peters, Hdb. d. Krankenvers., RehaAnglG, Anh. 1.02 Vor § 1).

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II. Rechtsgrundlagen. 1. Der allgemeine Anspruch auf Rehabilitationsmaß-

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Rehabilitation

nahmen ist in §§ 10, 29 SGB I verankert. Die Gewährung von Leistungen und Maßnahmen zur Rehabilitation ist nicht einem eigenständigen Zweig der sozialen Sicherung übertragen. Die Rehabilitation ist vielmehr eingebettet in das Leistungssystem der verschiedenen Zweige der sozialen Sicherung. Die Gewährung von Leistungen und Maßnahmen zur Rehabilitation richtet sich daher zunächst nach den für die verschiedenen Leistungsträger geltenden gesetzlichen Vorschriften (vgl. z.B. §§ 184a, 193, 1236-1243 RVO, §§ 13-19a AVG; §§ 56-62 AFG; §§ 10ff., 26 BVG). Das Rehabilitations-Angleichungsgesetz RehaAnglG - v. 7. 8. 1974 (BGBl. S. 1881) brachte eine Harmonisierung und Angleichung des bislang sehr unterschiedlichen Leistungsrechts der verschiedenen Rehabilitationsträger, ohne das gegliederte System der Rehabilitation mit unterschiedlichen Rehabilitationsträgern aufzugeben. Es erweiterte im Gegenteil den Kreis der bisherigen Rehabilitationsträger um die gesetzliche > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g (Rz 1103), was bedeutet, daß ihre Versicherten und Mitversicherten im Falle einer eingetretenen oder drohenden Behinderung Anspruch auf Rehabilitationsmaßnahmen haben, sofern andere Träger der Sozialversicherung diese Leistungen nicht gewähren können. Im übrigen beschränkt sich das RehaAnglG auf die Normierung allgemein gültiger Verfahrensvorschriften und die Schaffung eines einheitlichen Leistungsrahmens, der in die Einzelgesetze transformiert wird, die weiterhin ihre eigenständige Bedeutung behalten. Die Leistungspflicht richtet sich im einzelnen nach den für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Rechtsvorschriften. Sehen diese z. B. keine medizinischen Leistungen zur Rehabilitation vor, so können solche auch nicht nach § 10 RehaAnglG beansprucht werden (Peters, aaO. Anm. zu §§9 u. 10 RehaAnglG). Mit der Einbeziehung der gesetzlichen > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g (Rz 1103) in den Kreis der Rehabilitationsträger verbunden war die Einfügung des § 368 s (früher § 368 r) in die RVO. Nach dieser Bestimmung haben die Bundesverbände der Krankenkassen und die KBV durch Verträge sicherzustellen, daß > B e h i n d e r t e über die Möglichkeiten der Leistungen zur Rehabilitation beraten und die gebotenen Maßnahmen von den Rehabilitationsträgern frühzeitig eingeleitet werden. In den Verträgen ist auch zu regeln, unter welchen Voraussetzungen von den Ärzten Mitteilungen über Behinderte an die Kassen zu machen sind ( > Schweigepflicht Rz 1639 a.E.). Für den Abschluß solcher Verträge hat der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen gemäß §368p Abs. 4 Satz 2 RVO die sog. „Rehabilitations-Richtlinien" v. 17. 12. 1975 (DÄ 1976, 1254 mit Erläuterungen S. 1210 ; vgl. dazu auch Hollmann, DMW 1976, 1661) beschlossen. Der derzeit geltende RehabihtationsVertiagnach § 368s RVO trat am 1. 7. 1979 in Kraft (DÄ 1979, 1925). Für den Bereich der > Ersatzkassen gilt die ab 1. 10. 1979 gültige RehabilitationsVeieinbamng v. 2. 10. 1979 (abgedr. bei Heinemann-Liebold, aaO. R 13ff.). Zur Abgrenzung zwischen > K r a n k e n h i l f e und medizinischer Rehabilitation hinsichtlich der Kostenübernahme durch Krankenkasse oder Rentenversicherungsträger vgl. LSG Bremen v. 27. 6. 1980 - L 1 J 31/78 —, Tiedt-Lorenz, DRV 1975, 74 ff.

Rehabilitation

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2. § 372 Abs. 3 RVO überträgt den Regelungsgehalt des § 368 s RVO auf die Beziehungen zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern. 3. Beamte und beamtenähnliche Personen mit entsprechendem Versorgungsanspruch haben keinen Anspruch auf Rehabilitationsmaßnahmen aus der gesetzlichen Rentenversicherung, da dieser Personenkreis im Rahmen des > Beihilferechts entsprechende Leistungen erhält (BSG v. 10. 6. 1980 - 11 RA 110/79 -). 1481

III. Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistungen zur Rehabilitation richten sich nach den für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden besonderen Rechtsvorschriften, wobei die §§ 10-20 RehaAnglG für alle Rehabilitationsträger eine einheitliche Ausrichtung der Leistungen gewährleisten (Peters, aaO. Anm. zu § 9 RehaAnglG). Da die einzelnen Phasen der Rehabilitation ineinandergreifen (vgl. oben Rz 1479), unterscheidet das RehaAnglG bei der Aufzählung der einzelnen Leistungen nicht zwischen der medizinischen, beruflichen und sozialen Rehabilitation, sondern spricht von medizinischen, bemfsföidemden und ergänzenden Maßnahmen (vgl. im einzelnen die Leistungskataloge in §§ 10-12 RehaAnglG; zu beruflichen Rehabilitationsmaßnahmen eingehend Pflaum, DÄ 1980, 1685ff., 1733ff.). Zu den ergänzenden Leistungen gehört u.a. der > B e h i n d e r t e n s p o r t (§12 Nr. 5 RehaAnglG; § 1237b Abs. 1 Nr. 4 RVO, § 14b AVG). Für die berufliche Rehabilitation besteht Unfallversicherungsschutz nach § 539 Abs. 1 Nr. 17 b u. c RVO (näher dazu Godau, ASP 1982, 103f.).

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IV. Mitwirkung von Kassenärzten und Vertragsärzten. 1. Die ambulanten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation fallen unter den > Sicherstellungsauftrag der KV. Daraus folgt, daß die in § 10 RehaAnglG aufgeführte ärztliche Behandlung und Verordnung ambulant nur durch > Kassenärzte sowie > Vertragsärzte (Rz 1848) erfolgen darf (vgl. Hess, DPA 1977, 2383, 2384 f. ; zu den Aufgaben des Kassenarztes speziell bei der beruflichen Rehabilitation vgl. Pflaum, aaO.; vgl. auch das Merkblatt der KBV zur Anregung von Rehabihtationsmaßnahmen, abgedr. bei Heinemann-Liebold, aaO. R 32ff.). 2. Nach dem durch § 368 s Satz 2 RVO eingeführten Mitteilungsverfahren hat der Arzt den Krankenkassen Patienten mit eingetretenen oder drohenden Behinderungen mitzuteilen, damit die erforderlichen Rehabilitationsmaßnahmen unverzüglich eingeleitet werden können. Art und Umfang der Mitteilungspflicht sind in den Rehabilitations-Richtlinien, im Rehabilitations-Vertrag und der Rehabilitations-Vereinbarung (vgl. oben Rz 1480) näher geregelt. Die Mitteilung ist nicht davon abhängig, daß die gesetzliche > K r a n k e n v e r sicherung (Rz 1103) in dem betreffenden Fall auch Rehabilitationsträger ist. Die Krankenkassen sind vielmehr zentrale Anlaufstelle für alle im Rahmen der kassenärztlichen und vertragsärztlichen Versorgung festgestellten Behinderungsfälle. Es sind jedoch nur solche Behinderungsfälle mitzuteilen, für die kassenärztliche Behandlung allein nicht ausreicht, sondern die darüber hinausgehende Rehabilitationsmaßnahmen erforderlich machen. Voraussetzung

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Rentenneurose

für die Mitteilung ist in jedem Falle die Zustimmung des Patienten (vgl. § 4 Abs. 1 RehaAnglG, § 4 Abs. 3 Rehabilitations-Vertrag/Rehabilitations-Vereinbarung). Das Mitteilungsverfahren gilt nicht bei der Feststellung von Behinderungsfällen im Rahmen einer stationären Krankenhausbehandlung oder einer betriebsärztlichen Betreuung (> Betriebsarzt Rz 441). Dies wird mit Recht als Mangel empfunden (Hess, DPA 1977, 2386). Dem Arzt obliegt außerdem die Pflicht, den Behinderten - in Zusammenarbeit mit der Krankenkasse und anderen Rehabilitationsträgern - zu beraten (§ 3 Rehabilitations-Vertrag:Rehabilitations-Vereinbarung). V. Die Rechtsbeziehungen zwischen den am Rehabilitationsverhältnis Beteiligten sind noch nicht abschließend geklärt (näher dazu Unger, SGb 1982, 344 ff.). Den Behinderten, der Rehabilitationsleistungen erhält, trifft eine Mitwirkungspflicht, deren Verletzung den Rehabilitationsträger zum Entzug der Leistungen berechtigt (§§66, 63, 64, SGB I > H e i l b e h a n d l u n g Rz 812).

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Reittherapie Bei der Reittherapie (Hippotherapie) handelt es sich um eine - von der > Schulmedizin noch nicht allgemein anerkannte - physiotherapeutische Methode zur Behandlung (> H e i l b e h a n d l u n g ) von bewegungsgestörten Kindern und Erwachsenen (z.B. Sitz-, Halte- und Bewegungsübungen auf dem Pferderücken unter Anleitung; Pschyrembel, aaO. „Hippotherapie"; BSG, SGb 1980, 357 m. Anm. Getrost; BSG, SozR 2200 Nr. 14). Zu Streitigkeiten zwischen Versicherten, Krankenkasse und Sozialhilfeträger wegen Kostenübernahme vgl. BSG, SGb 1982, 104.

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Rentenneurose Im bürgerlichen Schadensersatzrecht versteht man unter diesem Begriff die auf einer psychischen Fehlhaltung beruhende (auch unterbewußte) Flucht des Geschädigten in die Vorstellung, der Schädiger müsse eine Rente zahlen, weshalb es sich nicht lohne, die Schadensfolgen zu überwinden (vgl. Grunsky in: Münch.Komm. vor § 249 Rz 70). In diesen Fällen verneint die Rspr. eine Ersatzpflicht, wobei es unerheblich ist, ob die Begehrensneurose auf einem Verschulden des Geschädigten beruht (vgl. BGHZ 20, 137, 142 und die Nachw. bei Grunsky, aaO. Anm. 227). Ausgeschlossen ist die > H a f t u n g aber nur bei offenkundig unangemessener Verarbeitung des Schadensfalles, nicht dagegen bei anderen, noch erlebnisadäquaten neurotischen Fehlhaltungen, jedoch kann den Geschädigten ein

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Rentenneurose

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Mitverschulden treffen (§ 254 BGB), sofern er die Möglichkeit hat, die Neurose - erforderlichenfalls unter Anwendung geeigneter medizinischer Maßnahmen - zu Uberwinden (BGH, VersR 1968, 397; 1970, 272 ; OLG Hamburg, VersR 1981, 787). Ob es sich im Einzelfall um eine Rentenneurose handelt, kann nur ein medizinischer > Sachverständiger beurteilen (vgl. hierzu Teusch, SGb 1982, 480ff. ; vgl. zum Ganzen auch Witter, NJW 1958, 245ff. und die Nachw. bei Palandt-Heinrichs, aaO. Vorbem. v. § 249 Anm. 5 d) cc)).

Residenzpflicht 1486

I. Man versteht darunter die in § 2 4 Abs. 2 Satz 2 ZO-Ä normierte Pflicht des > Kassenarztes, seine Wohnung so zu wählen, daß er für die ärztliche Versorgung der Versicherten an seinem > Kassenarztsitz zur Verfügung steht, d. h. bei dringenden Behandlungen auch außerhalb der Sprechstunde kurzfristig seine Praxis aufsuchen oder Besuche im Gebiet seines Kassenarztsitzes ausführen kann (vgl. Liebold, aaO. „Residenzpflicht"]. Die Residenzpflicht ist nicht identisch mit der > Präsenzpflicht. Unter welchen Voraussetzungen der Kassenarzt bei Verschiedenheit von Wohnort und Praxisort für die ärztliche Versorgung der Versicherten i. S. des § 24 Abs. 2 Satz 2 ZO-Ä zur Verfügung steht, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Starre Kilometergrenzen lassen sich hier nicht festlegen. Beispielsweise kann ein Arzt, der seine 10 km von der Wohnung entfernte Praxis über eine Schnellstraße erreichen kann, ebenso schnell zur Stelle sein wie ein Arzt, der von seiner am Stadtrand gelegenen Wohnung nur 4 km zu seiner im Zentrum einer Großstadt gelegenen Praxis fahren muß. Außer den Verkehrsverhältnissen im konkreten Fall spielt auch das Fachgebiet eine Rolle (vgl. Narr, aaO. Rz 725).

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II. Für den Nichtkassenarzt besteht eine entsprechende Verpflichtung grundsätzlich nicht. Auch er muß jedoch seinen Wohnsitz so wählen, daß er in dringenden Fällen für seine Patienten kurzfristig zur Verfügung steht ( > Besuchspflicht). Dies gilt auch für den ärztlichen > N o t f a l l d i e n s t (vgl. Rieger, DMW 1974, 261).

Retortenkind 1488

I. Ein sog. Retortenkind („Retortenbaby") entsteht durch Befruchtung einer weiblichen Eizelle außerhalb des Mutterleibes - im Labor („Retorte") - mit männlichen Samenzellen (In-vitro-Befruchtung; zum gegenwärtigen Stand der Möglichkeiten vgl. Reilly, DÄ 1981, 621 ff., 687ff.). Dabei sind verschiedene Fallgruppen zu unterscheiden:

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Retortenkind

I. Entnahme einer Eizelle von einer Ehefrau, In-vitro-Befruchtung mit dem Sperma des Ehemannes und nachfolgender Einpflanzung des befruchteten Eies in die Gebärmutter der Ehefrau (homologe Befruchtung); 2. Entnahme einer Eizelle von einer Spender-Frau, In-vitro-Befruchtung mit Sperma eines Mannes und nachfolgende Übertragung des befruchteten Eies auf dessen Ehefrau (heterologe Befruchtung); 3. Entnahme einer Eizelle von einer Frau, In-vitro-Befruchtung mit dem Sperma ihres Ehemannes und nachfolgende Einpflanzung des befruchteten Eies in eine andere Frau („Ersatzmutter"), die das Kind austrägt und es nach der Geburt den genetischen Eltern zurückgibt (weitere Fallgruppen bei Giesen, aaO. S. 121 f. ; Brenner, Arzt und Recht, S. 134f.). II. Die rechtlichen und ethischen Grundlagen der In-vitro-Befruchtung sind noch nicht gesichert (vgl. zum folgenden Spann, MMW 1983, 357ff.). 1. Da die mit der In-vitro-Befruchtung zusammenhängenden ärztlichen Verrichtungen Versuche am Menschen bedeuten (Giesen, aaO. S. 122), richtet sich ihre Zulässigkeit nach den für das > Klinische Experiment (Rz 967) geltenden Grundsätzen. Die Eigewinnung bei der Frau ist als ärztlicher Eingriff nicht als sittenwidrig anzusehen (§ 226 a StGB; § 138 BGB analog > H e i l b e h a n d l u n g Rz 809) unter der Voraussetzung, daß das Ziel des Experimentierens strengen wissenschaftlichen Kriterien standhält (Spann-Tröger, Ärztl. Praxis 1983,3). 2. Die Zusammenfügung von Ei und Samenzelle in vitro wird vom Strafrecht nicht erfaßt. Eine Tötung (§212 StGB) kommt nicht in Betracht, da diese nur am Menschen und nicht an der > L e i b e s f r u c h t (Rz 1142) begangen werden kann ( > G e b u r t Rz 685). Ob in Analogie zur Entwicklung der Leibesfrucht in utero auch am in vitro befruchteten und sich in vitro entwickelnden Ei von einer Leibesfrucht und Schwangerschaft ausgegangen werden kann, ist bisher offen. Da das Zustandekommen einer Individuation mit der Folge eines eigenständigen Lebensrechts durch die In-vitro-Befruchtung im Augenblick nur eine Denkmöglichkeit darstellt, wird man jedenfalls nach derzeitigem Stand davon ausgehen dürfen, daß ein Abbruch der experimentellen Entwicklung keinen > S c h w a n g e r s c h a f t s a b b r u c h darstellt. 3. Die rechtlichen Folgen der homologen und heterologen Befruchtung in den Fällen I 1 und I 2 entsprechen im wesentlichen denen bei der homologen und heterologen Insemination ( > K ü n s t l i c h e [artifizielle] I n s e m i n a tion). 4. Solange es an gesicherten ethischen und rechtlichen Grundsätzen für die exkorporale Befruchtung fehlt, dürfte die ärztliche Hilfeleistung bei der Zeugung von Retortenkindern nur ausnahmsweise mit ärztlichem Standesrecht vereinbar sein (noch weitergehend Brenner, Arzt und Recht, S. 185, der annimmt, daß die Mitwirkung des Arztes bei dieser Erzeugungsmethode generell standesrechtlichen Vorschriften widerspricht; Bedenken vor allem in ethischer Hinsicht auch bei Giesen, aaO. S. 122 f.). In jedem Fall ist dem Arzt dringend anzuraten, vor der Durchführung eines entsprechenden Vorhabens die Stellungnahme einer > E t h i k k o m m i s s i o n einzuholen.

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Retortenkind 1492

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III. Die Kosten für die Durchführung einer In-vitro-Befruchtung gehören grundsätzlich nicht zur Leistungspflicht der gesetzlichen und privaten > Krankenversicherung (vgl. SG Würzburg v. 4. 7. 1983 - S 6/Kr 18/83 —, a.A. SG Gelsenkirchen v. 8. 9. 1983 - S 17 Kr 2 5 / 8 3 - > K ü n s t l i c h e [ a r t i f i z i e l l e ] I n s e m i n a t i o n Rz 1126). Auch im > Beihilferecht besteht kein Leistungsanspruch.

Rettungsarzt/Rettungsdienstarzt > Notarzt

Rettungsdienst 1493

I. Aufgabe des Rettungsdienstes ist es, bei Notfallpatienten am Unfallort Maßnahmen zur Erhaltung des Lebens oder zur Vermeidung gesundheitlicher Schäden einzuleiten, sie transportfähig zu machen und unter sachgerechter Betreuung in ein für die weitere Versorgung geeignetes Krankenhaus zu befördern (vgl. § 3 RDG Bad.-Wttbg.; Lippert, NJW 1982, 2089; Nellessen, NJW 1979, 1919, 1920 > N o t a r z t Rz 1261). Im Unterschied hierzu umfaßt der ärztliche > N o t f a l l d i e n s t die mit den typischen Mitteln des niedergelassenen Arztes zu erreichende Erstversorgung im ambulanten Bereich, die keineswegs notwendig in eine Einweisung in stationäre Behandlung ( > Krankenhauseinweisung) mündet. Streitig ist, ob es sich bei der ärztlichen Versorgung am Unfallort um eine vorgelagerte stationäre Behandlung handelt (so z. B. noch Lippert, DMW 1978, 1944, 1945; Nellessen, aaO. S. 1920) oder ob der Rettungsdienst seiner Natur nach dem ambulanten Bereich zuzuordnen ist und damit dem > S i c h e r s t e l l u n g s a u f t r a g der > K a s s e n ä r z t l i c h e n V e r e i n i g u n g e n unterfällt mit der Folge, daß der am Rettungsdienst teilnehmende > Notarzt hierfür ein Honorar aus der > Gesamtvergütung durch Abrechnung mittels > Behandlungsausweis verlangen kann (so Weissauer, BayÄBl. 1979, 1011, 1014; WeissauerOpderbecke, D M W 1979, 493; Lippert, NJW 1982, 2089, 2090, ders., MedR 1983, 167 ff.). Zuzustimmen ist der erstgenannten Auffassung, die im Notarzteinsatz eine vorgelagerte stationäre Behandlung sieht. Der in § 368 Abs. 3 RVO als Bestandteil des > S i c h e r s t e l l u n g s a u f t r a g s erwähnte, „ausreichende Not- und Bereitschaftsdienst" dient der Fortsetzung der bedarfsgerechten und gleichmäßigen ärztlichen Versorgung in den sprechstundenfreien Zeiten und ist deshalb etwas qualitativ anderes („aliud") als der Notarzteinsatz im Rettungsdienst (vgl. auch unten Rz 1495).

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Rettungsdienst

II. Rechtsgrundlage sind die Rettungsdienstgesetze in den einzelnen Bundesländern: Baden-Württemberg: Gesetz über den Rettungsdienst i.d.F. v. 1. 9. 1983 (GBl. S. 573); Bayern: Bayerisches Gesetz über den Rettungsdienst v. 11. 1. 1974 (GVBl. S. 1); Nordrhein-Westfalen: Gesetz über den Rettungsdienst v. 26. 11. 1974 (GVBl. S. 1481); Rheinland-Pfalz: Landesgesetz über den Rettungsdienst v. 17. 12. 1974 (GVBl. S. 625); Saarland: Gesetz Nr. 1029 über den Rettungsdienst v. 24. 3. 1975 (ABl. S. 545); Schleswig-Holstein: Rettungsdienstgesetz v. 24. 3. 1975 (GVBl. S. 41) ; VO zur Durchführung des Rettungsdienstgesetzes v. 2. 6. 1978 (GVBl. S. 172). Die Stadtstaaten haben entsprechende Regelungen in ihren Feuerschutzgesetzen verankert (Nachweise bei Lippert, NJW 1982, 2089, Fußn. 3). In Hessen ist die Durchführung des Krankentransportes und des Rettungsdienstes durch eine öffentlichrechtliche Vereinbarung v. 10. 2. 1978 geregelt. In Niedersachsen gelten die Richtlinien für den Rettungsdienst (MinBl. Nr. 43 v. 31. 10. 1974).

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Die Rettungsdienstgesetze sind überwiegend reine Organisationsgesetze. Sie umschreiben die Aufgaben des Rettungsdienstes (vgl. z.B. § 2 Abs. 1 RDG Bad.-Wttbg.) und enthalten neben verwaltungsrechtlichen Organisationsnormen Vorschriften über die Trägerschaft. Die Häger des Rettungsdienstes (Gebietskörperschaften, Rettungszweckverbände) werden ermächtigt, die Durchführung des Rettungsdienstes auf hierzu bereite Hilfsorganisationen (z.B. Deutsches Rotes Kreuz, Arbeiter-Samariter-Bund, Malteser-Hilfsdienst) zu übertragen (vgl. z. B. Art. 3 Bay. RDG; § 4 Rheinl.-Pf. RDG; § 7 Saarl. RDG; in Bad.-Wttbg. wird die Durchführung des Rettungsdienstes bereits auf Landesebene den Hilfsorganisationen übertragen, vgl. § 3 Abs. 1 RDG Bad.-Wttbg.).

III. Die Organisation und Durchführung des Rettungsdienstes erfolgt entweder durch dessen Träger selbst (meist durch seine Feuerwehren; vgl. die Nachweise bei Lippert, NJW 1982, 2089 Anm. 8) oder aufgrund Delegation (vgl. oben Rz 1494) durch Hilfsorganisationen. Privatunternehmer benötigen für die Teilnahme am Transport von Notfallpatienten einer Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz (VG Schleswig, MedR 1983, 238). Als > N o t ä r z t e kommen vorwiegend Krankenhausärzte, aber auch niedergelassene Ärzte in Betracht. Wo der Träger des Rettungsdienstes diesen nicht mit eigenen angestellten oder beamteten Ärzten durchführt, wird der Rettungsdienst und der > N o t a r z t d i e n s t von verschiedenen Rechtsträgern wahrgenommen. Dies gilt auch bei der Durchführung des Rettungsdienstes durch Hilfsorganisationen, die in aller Regel über keinen eigenen Notarztdienst verfügen. Der Einsatz von Krankenhausärzten ist in der Weise möglich, daß der Krankenhausträger den Notarztdienst als dessen Träger selbst organisiert oder seine Ärzte der den Rettungsdienst durchführenden Hilfsorganisation als Träger des Notarztdienstes zur Verfügung stellt. Träger des Notarztdienstes durch niedergelassene Ärzte können vor allem die > K a s s e n ä r z t l i c h e n V e r e i n i g u n g e n , aber auch privatrechtliche Zusammenschlüsse von Ärzten (z. B. in Form eines nicht rechtsfähigen Vereins oder einer BGB-Gesellschaft) sein (nä-

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her dazu Weissauer, Arzt u. Krankenhaus, 1979, S. 276, 278 f. und BayÄBl. 1979, 1012f., 1014ff., der die Kompetenz der KV zur Durchführung des Notarztdienstes aus dem > Sicherstellungsauftrag der KV ableitet und damit der KV eine Vorrangstellung einräumt. Dieser Auffassung kann nicht beigetreten werden, weil der Sicherstellungsauftrag die KV nur zu Maßnahmen verpflichten kann, die mit den typischen Mitteln des niedergelassenen Arztes durchführbar sind; vgl. oben Rz 1493). 1496

IV. Pflichten der Träger des Rettungs- und Notarztdienstes (vgl. zum folgenden Lippert, NJW 1982, 2089, 2090f.). 1. Zu den Pflichten der Träger des Rettungsdienstes und der ihn durchführenden Hilfsorganisationen gehört es, dafür zu sorgen, daß geeignete, mit den benötigten Geräten und Medikamenten ausgestattete Fahrzeuge nebst einer für das Rettungswesen besonders ausgebildeten Besatzung zum Einsatz zur Verfügung stehen. 2. Der Träger des > Notarztdienstes muß dafür Sorge tragen, daß nur entsprechend qualifizierte Ärzte zum Einsatz kommen, von deren Qualifikationsstand er sich in regelmäßigen Abständen überzeugen muß (vgl. unten Rzn. 1499, 1502). 3. Für die Zusammenarbeit zwischen der den Rettungs- und Notarztdienst durchführenden Organisationen gilt der bei der Arbeitsteilung in der Medizin heute allgemein anerkannte Vertrauensgrundsatz ( > Behandlungsfehler Rz 313). Das bedeutet, daß bei Verschiedenheit der Träger des Rettungsdienstes und des Notarztdienstes jede Organisation sich darauf verlassen darf, daß die andere die Aufgaben in ihrem Bereich mit der erforderlichen Sorgfalt erfüllt (Lippert, NJW 1982, 2091).

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V. Verpflichtung angestellter und beamteter Ärzte bei der Mitwirkung im Rettungsdienst. 1. Angestellte Ärzte, a) Für angestellte Ärzte im Geltungsbereich des BAT gehört die Teilnahme am Rettungsdienst nach SR 2 c Nr. 3 Abs. 2 BAT zu den Dienstaufgaben, gleichgültig ob der Krankenhausträger den > Notarztdienst selbst organisiert und mit eigenen Mitteln (Notarztwagen) durchführt oder die angestellten Ärzte nur einem fremden Träger des Notarztdienstes (z. B. dem Deutschen Roten Kreuz) zur Verfügung stellt (kritisch hierzu Opderbecke, Anästh. Intensivmed. 1980, 33). Eine Heranziehung zur Teilnahme am Rettungsdienst darf grundsätzlich nicht erfolgen, sofern dem Arzt der Einsatz im Rettungsdienst aus persönlichen oder fachlichen Gründen nicht zumutbar ist (Nr. 3 der Protokollnotiz zu SR 2 c Nr. 3 Abs. 2 BAT; zur mangelnden fachlichen Qualifikation vgl. unten Rz 1502). Für jeden Einsatz im Rettungsdienst erhält der Arzt einen nicht gesamtversorgungsfähigen Einsatzzuschlag in Höhe von 15,- DM, der sich jeweils entsprechend der Stundenvergütung der VergGr. IIa bzw. II verändert (zum Wegfall dieses Zuschlags unter bestimmten Voraussetzungen vgl. Nr. 5 der Protokollnotiz zu SR 2c Nr. 3 Abs. 2 BAT); vgl. zum Ganzen Lippert, DMW 1980, 432 f.

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b) Außerhalb des Geltungsbereichs des BAT ist streitig, ob der Krankenhausträger seinen Ärzten die Mitwirkung im Rettungsdienst kraft seines Direktionsrechts als Dienstaufgabe zuweisen kann (vgl. Andreas/SiegmundSchultze, Krankenhausarzt 1979, 265 ff. ; Opderbecke, Anästh. Inform. 1975, 159; Rieger, DMW 1974, 2535; 1975, 1409). Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß zu den arbeitsvertraglich vereinbarten Dienstpflichten des Krankenhausarztes alles gehört, was ihm zur Erfüllung gesetzlicher oder vertraglicher Verpflichtungen des Krankenhausträgers aufgetragen wird, sofern sich die übertragene Aufgabe im allgemeinen Berufsbild des Arztes unterbringen läßt (vgl. Braun, aaO. S. 9). Die Einbeziehung von Aufgaben in die Dienstaufgaben aufgrund des Direktionsrechts des Arbeitgebers findet jedoch dort seine Grenzen, wo die Änderung des Dienstaufgabenbereichs dem Arzt nach Treu und Glauben nicht mehr zugemutet werden kann. Dabei sind die beiderseitigen Interessen gegeneinander abzuwägen. Auf Seiten des Arbeitgebers besteht zweifellos ein Bedürfnis, die Arbeitsverhältnisse den durch die rasche Entwicklung im Gesundheitswesen bedingten wechselnden Gegebenheiten ständig anzupassen, ohne daß es jedesmal einer vorherigen Änderungskündigung und des Abschlusses eines neuen Anstellungsvertrages bedarf. Andererseits kann das Interesse des angestellten Arztes an der Beibehaltung seines bisherigen Tätigkeitsbereichs zumindest bis zu einem gewissen Grade schutzwürdig sein (näher dazu und zum folgenden Rieger, DMW 1974, 2535). Danach wird man grundsätzlich davon ausgehen müssen, daß der Einsatz im vom Krankenhausträger organisierten und mit eigenen Mitteln durchgeführten Notarztdienst im Rahmen der Dienstaufgaben des Krankenhausarztes möglich ist, sofern die damit verbundene Änderung des Tätigkeitsbereichs für den Arzt im konkreten Fall nicht unzumutbar ist. Dies gilt unabhängig von der Entscheidung der Streitfrage, ob der Rettungsdienst seiner Natur nach der ambulanten Krankenversorgung zuzurechnen ist, oder ob man in der ärztlichen Versorgung des Patienten am Unfallort eine vorweggenommene stationäre Behandlung sieht und damit eine originäre Zuständigkeit der Krankenhäuser für den Rettungsdienst annimmt (vgl. oben Rz 1493). Entscheidend ist allein, ob die Durchführung des Rettungsdienstes dem Rrankenhausträger durch Rechtsvorschriften oder vertragliche Vereinbarung übertragen ist (anders noch Rieger, DMW 1974, 2536; a.A. Opderbecke-Weissauer, Anästh. Inform. 1975, 159, 160f., die darauf abstellen, ob die Mitwirkung im Rettungsdienst zu den typischen Aufgaben des Krankenhauses gehört). Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit ist auch hier zunächst von Bedeutung, ob der Arzt für den Dienst im Notarztwagen ausreichend fachlich qualifiziert ist (vgl. dazu unten Rz 1502). Im übrigen ist bei der planmäßigen Heranziehung zum Rettungsdienst davon auszugehen, daß der Arzt im Notarztwagen im Vergleich zum stationären Dienst im Krankenhaus einem ungleich höheren Gefahrenrisiko (Unfall- und Haftpflichtgefahr) ausgesetzt ist, das den Notarztdienst praktisch zu einer andersartigen Tätigkeit gegenüber dem üblichen Stationsdienst macht (vgl. Holzapfel, Hess. ÄBl. 1979, 552, 555). Deshalb wird

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der Einsatz im Notarztwagen als Dienstaufgabe dem Krankenhausarzt grundsätzlich nur insoweit zumutbar sein, als er gegenüber seiner sonstigen Tätigkeit nicht maßgeblich ins Gewicht fällt (wie z. B. im Vertretungsfall oder bei planmäßiger Heranziehung ein bis zweimal im Monat). Sofern der Einsatz im Rettungsdienst einen wesentlichen Teil der Tätigkeit des angestellten Krankenhausarztes bildet, kann eine Heranziehung nur auf freiwilliger Basis im Rahmen einer genehmigungspflichtigen, besonders zu vergütenden > Nebentätigkeit erfolgen. Regelmäßig unzulässig ist die Heranziehung des Krankenhausarztes zum Dienst im Notarztwagen auch dann, wenn das Krankenhaus schon längere Zeit den Notarztdienst als eigene Aufgabe durchgeführt hat, ohne den Arzt zur Mitwirkung zu verpflichten. In diesem Fall hat der Arbeitsvertrag des Krankenhausarztes durch langjährige Übung eine Konkretisierung in der Weise erfahren, daß die Arbeitspflicht sich auf den Dienst im Krankenhaus beschränkt mit der Folge, daß es dem Krankenhausträger verwehrt ist, einseitig in das Vertragsverhältnis zum Nachteil des betroffenen Arztes einzugreifen (vgl. Rieger, DMW 1974, 2536; a.A. ArbG Kassel v. 3. 5. 1954 - 4 Ca 97/74 und dazu Rieger, DMW 1975, 1409). Gleiches wird dann gelten müssen, wenn der Krankenhausarzt seinen Dienst in einem Zeitpunkt begonnen hat, in dem nicht damit zu rechnen war, daß der Krankenhausträger den Rettungseinsatz als eigene Aufgabe übernimmt (Opderbecke-Weissauer, Anästh. Inform. 1975, 159, 161). Keine Verpflichtung zur Mitwirkung beim Rettungsdienst besteht dort, wo der Krankenhausträger nicht selbst Träger des > Notarztdienstes ist, sondern einem anderen öffentlichrechlichen oder privaten Rechtsträger (z.B. anderes Krankenhaus, Arbeiter-Samariter-Bund, Deutsches Rotes Kreuz) lediglich Ärzte für den Einsatz im Rettungsdienst zur Verfügung stellt. Die Übernahme einer Tätigkeit als „Leiharbeiter" gehört nicht zu den Pflichten des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis (näher dazu Rieger, DMW 1974, 2536; a.A. ArbG Kassel, aaO.). Insoweit kommt nur eine Mitwirkung im Rahmen einer von der fremden Trägerorganisation besonders zu vergütenden > Nebentätigkeit in Betracht. Der Einsatz von Krankenhausärzten in Rettungshubschraubern dürfte ohne Rücksicht auf die Häufigkeit generell nur mit Zustimmung des Krankenhausarztes möglich sein, da das Risiko eines tödlichen Unfalls hier - wie die bisherigen Erfahrungen gezeigt haben (vgl. hierzu Andreas/Siegmund-Schultze, Krankenhausarzt 1979, 265, 266) - so erheblich ist, daß eine Heranziehung im Rahmen der Dienstaufgaben gegen die Fürsorgepflicht des Dienstherrn sowie gegen Art. 2 Abs. 1 GG verstieße. 2. Bei > beamteten Ärzten ist eine Pflicht zur Mitwirkung im Rettungsdienst im Rahmen der Dienstaufgaben grundsätzlich zu bejahen. Eine Grenze besteht nur dort, wo die Zuweisung neuer Aufgaben zu einer übermäßigen Inanspruchnahme des Arztes und damit zu einem Verstoß gegen die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht führen würde. Für die Frage der Zumutbarkeit der Heranziehung beamteter Ärzte zum Ret-

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tungsdienst, insbesondere auch für den Einsatz in Rettungshubschiaubem gilt entsprechendes wie für angestellte Ärzte außerhalb des Geltungsbereichs des BAT (vgl. oben Rz 1500). Wo nicht das Krankenhaus selbst, sondern eine andere öffentlichrechtliche Einrichtung Träger des Notarztdienstes ist, kann der Einsatz in Notarztwagen im Rahmen einer Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst erfolgen, zu deren Übernahme der beamtete Krankenhausarzt auf Verlangen seines Dienstherrn verpflichtet ist, sofern sie ihn nicht über Gebühr in Anspruch nimmt (vgl. § 64 BBG und die im wesentlichen gleichlautenden Vorschriften im Landesbeamtenrecht > N e b e n t ä t i g k e i t Rz 1241). Ein Anspruch auf eine besondere Vergütung besteht in diesen Fällen regelmäßig nicht. Eine Mitwirkung im Notarztdienst privater Trägerorganisationen kommt auch für beamtete Ärzte nicht als Dienstpflicht, sondern nur aufgrund einer genehmigungspflichtigen Nebentätigkeit in Betracht (Rieger, DMW 1974, 2535). 3. Soweit nach dem Vorstehenden für angestellte und beamtete Krankenhausärzte eine Dienstpflicht zur Mitwirkung im Rettungsdienst grundsätzlich besteht, dürfen nur solche Ärzte herangezogen werden, die neben der allgemeinen klinischen Erfahrung über die erforderlichen notfallmedizinischen Kenntnisse verfügen (vgl. Braun, arzt im krankenhaus 1980, 7, 9). Anderenfalls würde der Krankenhausträger unter Verstoß gegen seine Fürsorgepflicht den Arzt in Gewissenskonflikte bringen und ihn darüber hinaus der Gefahr einer Strafverfolgung aussetzen. Die fachliche Qualifikation des > Notarztes ist jeweils für seine Person festzustellen. Eine einjährige klinische Tätigkeit als Regelvoraussetzung (so Protokollnotiz Nr. 2 zu SR 2 c Nr. 3 Abs. 2 BAT) ist für sich allein kein geeignetes Kriterium für die Tauglichkeit (so richtig Braun, aaO. S. 10; vgl. auch Opderbecke, Anästh. Intensivmed. 1980, 34). Der Vorstand der BÄK hat den > Ä r z t e k a m m e r n empfohlen, ab 1. 1. 1984 einen Fachkundenachweis „Rettungsdienst" einzuführen und als Voraussetzung hierfür zu verlangen: a) mindestens ein fahr klinische Tätigkeit nach der > Approbation, b) Nachweis der Teilnahme an interdisziplinären Kursen über spezielle und allgemeine Notfallbehandlung, c) Ableistung eines Einsatzpraktikums im Notarztwagen unter Leitung eines erfahrenen Notarztes im Rahmen der einjährigen klinischen Tätigkeit nach Buchst, a). Zum Erwerb spezifischer Kenntnisse für den Rettungsdienst ist der sonst auf einem völlig anderen Gebiet (z. B. Laboratoriumsmedizin, Pathologie) ärztlich tätige Krankenhausarzt nicht verpflichtet. Die in den > Krankenhausreformgesetzen und ärztlichen > Berufsordnungen normierte Pflicht zur > Fortbildung (vgl. § 20 Abs. 4 MuBO, § 30 Abs. 2 Satz 2 KammerG Bad.-Wttbg.) betrifft den ärztlichen > Notfalldienst, nicht den Rettungsdienst. Für Ärzte, die in Gebieten tätig sind, die Erfahrungen mit dem Akuteinsatz ärztlicher Behandlung vermitteln (z. B. Anästhesie, Innere Medizin, Chirurgie), wird man dagegen eine Fortbildungspflicht aufgrund des Arbeitsvertrages grundsätzlich bejahen müssen, soweit die Heranziehung zum Notarzteinsatz Dienstaufgabe ist.

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VI. Zusammenwirken von Notarzt und nichtärztlichem Personal. 1. Für die Abgrenzung der Aufgabenbereiche zwischen > N o t a r z t und > Rettungssan i t ä t e r gelten die allgemeinen Grundsätze bei der Arbeitsteilung in der Medizin (>Behandlungsfehler Rzn. 317 ff., t> I n j e k t i o n Rzn. 894ff.). Der Notarzt darf, solange keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorhanden sind, darauf vertrauen, daß der Träger des Rettungs- und Notarztdienstes ihm entsprechend qualifiziertes Personal zur Verfügung stellt (näher dazu Lippert, NJW 1982, 2091, 2092). 2. Der direkten Verantwortung des Notarztes für die Rettung des Verletzten entspricht das alleinige fachhch-ärztliche Weisungsrecht. Nur der Arzt kann im Einzelfall über die Angemessenheit und Notwendigkeit der einzuleitenden ärztlichen Maßnahmen und Transportmaßnahmen (wie, in welches Krankenhaus und mit welchen Transportmitteln der Verletzte befördert wird) entscheiden (vgl. Holzapfel, Hess. ÄBl. 1979, 555). Arbeitsrechthche Weisungen können dem nichtärztlichen Personal dagegen nur vom jeweiligen Träger des Rettungs- oder > Notarztdienstes erteilt werden (näher dazu Lippert, NJW 1982, 2092).

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VII. Haftungsfragen. 1. Zum Sorgfaltsmaßstab im Notfalleinsatz > Behandlungsfehler Rz 321; Weissauer, BayÄBl. 1980, 34, 37. 2. Mit seiner Eingliederung in einen planmäßigen Rettungsdienst übernimmt der > Notarzt - ebenso wie der > Notfallarzt (Rz 1267) im allgemeinen ärztlichen > Notfalldienst - eine Garantenstellung, die im Falle der Untätigkeit zu einer zivilrechtlichen und strafrechtlichen > H a f t u n g wegen fahrlässiger Körperverletzung oder fahrlässiger Tötung führen kann (vgl. Weissauer, BayÄBl. 1980, 34; 1979, 1162). 3. Stehen dem Krankenhausträger für die Durchführung des Notarztdienstes nicht genügend fachlich qualifizierte Ärzte zur Verfügung, so liegt ein etwaiges Organisationsverschulden nicht beim Arzt, sondern beim Krankenhausträger, wenn dieser von dem für die Organisation des Notarztdienstes verantwortlichen Arzt hierauf ausdrücklich hingewiesen wurde (vgl. Braun, arzt im krankenhaus 1980, 7, 12; Opderbecke-Weissauer, Anästh. Inform. 1975, 159, 162). 4. Im übrigen richtet sich die Frage, wer für eine schuldhafte Fehlleistung eines Beteiligten zivilrechtlich einzustehen hat nach der Organisationsform des Rettungsdienstes im konkreten Fall (vgl. zum folgenden Lippert, NJW 1982, 2092 f. m. Nachw.). a) Liegen Rettungs- und > Notarztdienst in einer Hand (vgl. oben Rz 1495), so kommt zwischen dem Träger des Rettungs- und Notarztdienstes und dem Notfallpatienten ein „totaler" Rettungsvertrag zustande, sofern die Mitwirkung im Rettungsdienst für die Notärzte Dienstaufgabe ist. Für die vertragliche und deliktische Haftung gilt dann entsprechendes wie beim totalen >Krankenhausaufnahmevertrag ( O H a f t u n g Rzn. 773f.). Gehört der Einsatz im Rettungsdienst zur > N e b e n t ä t i g k e i t der Notärzte, werden sie selbst

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Vertragspartner des Notfallpatienten mit allen sich daraus ergebenden haftungsrechtlichen Folgen (> H a f t u n g Rzn. 767 ff.). b) Sind Träger des Rettungs- und Notarztdienstes verschiedene Organisationen, wird mit dem Notfallpatienten ein „gespaltener" Rettungsvertrag geschlossen: mit dem Träger des Notarztdienstes - bei genehmigter Nebentätigkeit mit dem einzelnen Notarzt - kommt ein Vertrag über die notfallmedizinische Versorgung, mit der den Rettungsdienst durchführenden Organisation ein Transportvertrag (Werkvertrag) zustande. Für die vertragliche und deliktische Haftung des Trägers des Notarztdienstes bzw. des Notarztes gelten die allgemeinen Haftungsnormen. c) Mit dem bewußtlosen Notfallpatienten kommt kein Vertragsverhältnis zustande. Hier richtet sich die Haftung nach den Regeln über die berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB). Nach § 680 BGB ist die Haftung für eingetretene Schäden auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt. Die Anwendung dieser für den spontan Hilfeleistenden gedachten Vorschrift im organisierten Rettungswesen ist nicht unproblematisch (näher dazu Lippert NJW 1982, 2093 m. Nachw. Fußn. 56). d) Neben Schadensersatzansprüchen aus dem Behandlungsvertrag können dem Geschädigten Ansprüche aus der Halter- und Fahrerhaftung nach dem StVG sowie nach dem LuftVG zustehen (vgl. Lippert, DMW 1978, 1945). 5. Das hohe Haftpflichtrisiko des angestellten oder > beamteten Arztes im Rettungsdienst (Notwendigkeit schnellen ärztlichen Zugriffs und rascher Entscheidungen am Einsatzort, ohne auf ältere und erfahrene Kollegen zurückgreifen zu können) macht die Tätigkeit des Notarztes generell zur gefahrgeneigten Tätigkeit (so richtig Holzapfel, Hess. ÄBl. 1979, 555; Lippert, NJW 1982, 2093; vgl. auch Opderbecke, Arzt und Krankenhaus 1979, 399, 400). Daraus ergibt sich für den Arbeitgeber die Pflicht zur Haftungsfreistellung nach den von der Rspr. entwickelten Grundsätzen (> H a f t u n g Rz 778). Dementsprechend sind für Ärzte im Geltungsbereich des BAT die Fälle grober Fahrlässigkeit in die Haftungsfreistellung nicht einbezogen (Protokollnotiz Nr. 4 zu SR 2 c Nr. 3 Abs. 2 BAT). Entsprechendes gilt für beamtete Notärzte (> H a f t u n g Rz 780). > R e t t u n g s s a n i t ä t e r Rz 1511 6. Für Schäden aus ärztlichen Fehlleistungen im Rettungsdienst besteht Versicherungsschutz in der t> B e r u f s h a f t p f l i c h t v e r s i c h e r u n g nach allgemeinen Grundsätzen. Es gilt hier entsprechendes wie beim ärztlichen > N o t f a l l d i e n s t (Rz 1291). Abweichende Regelungen in den Versicherungsbedingungen einzelner Versicherer sind aber auch hier möglich. VIII. Unfallversicherung. 1. Für angestellte und > beamtete Ärzte besteht während des Einsatzes im Rettungsdienst als Dienstaufgabe Unfallversicherungsschutz (§ 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO ; § 30 BeamtVG; näher dazu Lippert, DMW 1978, 1944f. ; Gatz, Anaesth. Intensivmed. 1980, 147, 148f.|. Gleiches gilt, wenn die Teilnahme an dem vom Krankenhausträger organisierten und durchgeführten > Notarztdienst zwar Dienstaufgabe ist, der Arzt jedoch gleichzeitig das > L i q u i d a t i o n s r e c h t für seine dabei erbrachten Leistungen

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bzw. das Recht erhält, im Rahmen einer kassenärztlichen Ermächtigung tätig zu werden. In diesem Fall ist seine Rechtsstellung im Verhältnis zum Krankenhausträger mit der eines leitenden Krankenhausarztes vergleichbar. Für die Unfallversicherung erbringt er seine Leistungen im Rahmen seiner Dienstaufgaben und damit als Arbeitnehmer bzw. Beamter (vgl. Weissauer, BayÄBl. 1979, 1165). Dieser gesetzliche Unfallversicherungsschutz erscheint jedoch i.d.R. nicht ausreichend, um die besonderen Risiken des Arztes im Rettungsdienst abzudecken (zum Umfang der Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung und der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge im einzelnen vgl. Gatz, aaO. S. 149f.). Dies gilt vor allem im Hinblick darauf, daß zum Rettungsdienst vorwiegend junge Ärzte herangezogen werden, die noch am Anfang ihres Berufslebens stehen und sich eine ausreichende Grundlage für die Versorgung im Invaliditäts- und Todesfall noch nicht erarbeitet haben. Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn gebietet daher die Sicherstellung einer angemessenen Zusatzversorgung. 2. Kein gesetzlicher Unfallversicherungsschutz besteht bei der Mitwirkung angestellter und beamteter Ärzte im Rettungsdienst als > N e b e n t ä t i g k e i t auf freiberuflicher Basis. Die Vorschriften des § 539 Abs. 1 Nrn. 7, 8 u. 9 a RVO finden hier keine Anwendung (anders bei Begründung eines nebenberuflichen Anstellungsverhältnisses bei einer Hilfsorganisation als Träger des Notarztdienstes, vgl. Gatz, aaO. S. 148). 3. Auch der aufgrund eines unabhängigen Dienstvertrages im Rettungsdienst tätige niedergelassene Arzt ist nicht in den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung einbezogen (vgl. VersR 1979, 821). 1508

IX. Die Kosten des Rettungsdienstes sollen grundsätzlich durch Benutzungsentgelte gedeckt werden (vgl. z.B. § 14 RDG Bad.-Wttbg. und die aufgrund dieser Vorschrift erlassene VO der Landesregierung v. 24. 11. 1981 (GBl. S. 601). Im einzelnen sind die Regelungen in den Bundesländern unterschiedlich. X. Fahrzeuge des Rettungsdienstes sind von den straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften der StVO befreit, wenn zur Rettung von Menschenleben höchste Eile geboten ist ( > N o t a r z t Rz 1263, > N o t f a l l a r z t Rz 1268). Bei solchen Fahrten ist blaues Blinklicht zusammen mit dem Einsatzhorn zu verwenden (§35 Abs. 5 a StVO).

Rettungssanitäter 1509

I. Man versteht darunter einen im > Rettungsdienst (meist hauptamtlich) tätigen Sanitäter mit besonderer Ausbildung in der Notfallmedizin. II. Der Beruf des Rettungssanitäters ist bisher nicht bundesgesetzlich geregelt. Der von der Bundesregierung im Jahr 1973 vorgelegte „Entwurf eines Ge-

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Rettungssanitäter

setzes Uber den Beruf des Rettungssanitäters" (BT-Drucks. 7/822 v. 18. 6. 1973), der eine zweijährige Ausbildung vorsah, ist nicht verabschiedet worden (vgl. hierzu Bericht in: Öff. Gesundh.-Wesen 1980, 672; Arzt u. Krankenhaus 1982, 243). Landesrechtliche Regelungen bestehen in Bayern (VO über die Tätigkeit als Rettungssanitäter v. 26. 10. 1978, GVBl. S. 780, abgedr. bei Theobald-Erdle, aaO. Nr. 70.3.2) und Hessen (Mindestausbildungsprogramm für das in Hessen im Krankentransport- und Rettungsdienst tätige Personal, Erlaß d. Hess. Sozialministers v. 13. 2. 1981, StAnz. Nr. 11, S. 606, abgedr. bei Theobald-Erdle, aaO. Nr. 70.3.6). III. Aufgabe des Rettungssanitäters ist „das Einleiten und Durchführen lebensrettender Maßnahmen bei der Übernahme von Notfallpatienten, die Beurteilung und Herstellung der Transportfähigkeit sowie die Beobachtung und Aufrechterhaltung der lebenswichtigen Körperfunktionen während des Transportes ins Krankenhaus" (amtliche Begründung zu § 1 des Entwurfs eines Gesetzes über den Beruf des Rettungssanitäters, aaO.). Dabei ergibt sich das Problem der Abgrenzung gegenüber dem ärztlichen Aufgabenbereich. Bei der Vorbereitung zum Transport darf der Rettungssanitäter alle Maßnahmen ergreifen, die kein ärztliches Fachwissen erfordern (z. B. sachgerechte Lagerung, provisorische Blutstillung, Wiederbelebung bei Atmungsstillstand, Abdecken offener Wunden und Ruhigstellung verletzter Knochen und Gelenke). Alle Tätigkeiten, deren Ausführung ärztliches Fachwissen erfordert und den Notfallpatienten gefährden würden, wenn sie nicht von einem Arzt vorgenommen werden, sind als Ausübung der > H e i l k u n d e dem Arzt vorbehalten (vgl. Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage, BT-Drucks. 8/3537 v. 27. 12. 1979). Ist kein Arzt anwesend, kann eine Hilfeleistung des Rettungssanitäters unter dem Gesichtspunkt der Notkompetenz geboten sein (näher dazu Lippert, Notfallmedizin 1981, 207ff.).

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IV. Ausbildung. Zur Vermittlung einer Mindestqualifikation hat der Bund/ Länderausschuß „Rettungswesen" ein Ausbildungsprogramm über 520 Stunden erarbeitet, das von allen Bundesländern anerkannt wird. Die Ausbildung wird vom Deutschen Roten Kreuz und anderen Hilfsorganisationen durchgeführt. V. Zur Anwendbarkeit der AZO, insbeondere bezügUch der Ruhezeiten, auf Rettungssanitäter beim Roten Kreuz vgl. OLG Karlsruhe, NStZ 1981, 397. VI. Haftung. 1. Schadensersatzansprüche gegen den Rettungssanitäter können nach §§ 823ff., 680 BGB bestehen. Zum Sorgfaltsmaßstab im Notfalleinsatz > Behandlungsfehler Rz 321. 2. Im Schadensfall besteht grundsätzlich Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Haftungsfreistellung unter dem Gesichtspunkt gefahrgeneigter Arbeit (vgl. Lippert, NJW 1982, 2089, 2094; ebenso wohl Antwort der Bundesregierung aaO. > H a f t u n g Rz 778).

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Rettungssanitäter

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VII. Für Rettungssanitäter besteht Unfallversicherungsschutz nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO. VIII. In der Renten- und > Krankenversicherung ist der Rettungssanitäter den Angestellten zuzurechnen (BSG v. 6. 12. 1978 - 8 RK 3 / 7 8

Rezept > Verschreibung

Rezeptgebühr 1512

I. Dieser Ausdruck hat sich für die in § 182 a RVO geregelte „Verordnungsblattgebühr" in der Praxis eingebürgert. Nach dieser Vorschrift i.d.F. des HaushBG 1983 hat der über 16 Jahre alte Versicherte bei der Abnahme a) von > Arznei- und Verbandmitteln für jedes verordnete Mittel 2 DM, b) von > Heilmitteln 4 D M je Verordnung, c) von Brillen 4 DM, jedoch nicht mehr als die tatsächlich entstandenen Kosten an die abgebende Stelle zu zahlen. Diese Regelung bezweckt eine Kostensenkung im Interesse der Leistungsfähigkeit der Krankenkassen. Der Begriff „Gebühr" ist daher unrichtig; denn eine Gebühr ist ihrem Wesen nach eine Gegenleistung für die tatsächliche besondere Inanspruchnahme von Leistungen der Verwaltung (Peters, Hdb. d. Krankenvers. § 182a Anm. 2b). Nicht unter diese Regelung fällt der > S p r e c h s t u n d e n b e d a r f . II. In Härtefällen kann die Krankenkasse von der Rezeptgebühr Befreiung erteilen (§ 182 a Satz 3 RVO). In einigen Fällen besteht eine Befreiung kraft Gesetzes (vgl. z.B. § 197 Satz 2 RVO ; § 205 Abs. 1 Satz 4 RVO).

Rezeptsammelstelle 1513

I. Nach der Legaldefinition in § 11 Abs. 1 Satz 1 ABO versteht man darunter eine von dem Inhaber einer > A p o t h e k e außerhalb der Apothekenbetriebsräume unterhaltene „Einrichtung zum Sammeln von > Verschreibungen". II. 1. Rezeptsammelstellen dürfen nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde unterhalten werden, wenn dies zur ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung von abgelegenen Orten oder Ortsteilen erforderlich ist (§ 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 ABO; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift vgl. BVerwG,

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Ringversuche

NJW 1974, 2065; 1979, 611 ; vgl. auch BVerfG, NJW 1975, 1455). Es handelt sich hier um eine Ausnahmeregelung von dem im Apothekenrecht (§ 1 Abs. 3 ApG, § 10 Abs. 1 ABO) enthaltenen Grundsatz der persönlichen Abgabe von Arzneimitteln in den Apothekenbetriebsräumen an Patienten. Daraus folgt, daß bei der Frage, ob ein Ort als „abgelegen" zu beurteilen ist, enge Maßstäbe anzuwenden sind. Als Richtmaß für die Beurteilung der Abgelegenheit wird von der Rspr. eine Entfernung von ca. 6 km zugrundegelegt (vgl. BVerwG, NJW 1974, 2065; VG Würzburg v. 20. 2. 1980 - W 1424 II 78 - m. Nachw.). Besondere Verhältnisse, insbesondere die Verkehrsverhältnisse können jedoch die Einrichtung einer Rezeptsammelstelle auch in kürzerer Entfernung rechtfertigen. Bei einer Entfernung von 3 km ist jedoch das Richtmaß von 6 km so erheblich unterschritten, daß in jedem Falle schon aus Gründen der geringen Entfernung eine Abgelegenheit i. S. des § 11 Abs. 1 ABO nicht gegeben ist (VG Würzburg, aaO.). Zur Erteilung einer Rezeptsammelstellenerlaubnis an mehrere Apothekeninhaber vgl. Bay. VGH, NJW 1982, 2134. Das Einsammeln von Rezepten durch Ärzte und Apotheker stellt einen Verstoß gegen § 11 ABO dar ( > A p o t h e k e r Rz 80, > V e r s c h r e i b u n g Rz 1834). 2. Für die organisatorische Ausgestaltung einer Rezeptsammelstelle enthält § 11 Abs. 3 ABO besondere Vorschriften.

Ringversuche 1. Ringversuche dienen der objektiven Überwachung der Richtigkeit von Ergebnissen quantitativer ärztlicher Laboruntersuchungen unter Vergleichsbedingungen. Sie sind ein Mittel der > Qualitätssicherung ärztlicher Tätigkeit durch externe > Qualitätskontrolle. II. Rechtsgrundlage. 1. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 der Eichpflicht-Ausnahmeverordnung v. 15. 12. 1982 (BGBl. I S. 1745) kann die Eichpflicht für die Verwendung nicht geeichter Volumenmeßgeräte, deren Verwendung in geeichter Form technisch nicht möglich oder nur mit einem zu großen Aufwand zu bewerkstelligen ist, durch den Nachweis der ständigen Überwachung der Analysen nach den Methoden der statistischen (internen) > Q u a l i t ä t s k o n t r o l l e sowie der Teilnahme an Ringversuchen für die mit solchen Geräten durchgeführten Laborleistungen ersetzt werden ( > E i c h p f l i c h t Rz 5871. Die Durchführung der statistischen Qualitätskontrolle und der Ringversuche richtet sich gem. § 5 Abs. 2 Satz 2 Eichpflicht-Ausnahmeverordnung nach den „Richtlinien der Bundesärztekammer zur Durchführung der statistischen Qualitätskontrolle und von Ringversuchen im Bereich der Heilkunde" v. 12. 7. 1971 (DÄ 1971, 2228) nebst Ausführungsbestimmungen und Erläuterungen v. 16. 2. 1974 (DÄ 1974, 959ff., 961 ff.). 2. Eine Pflicht zur Teilnahme an Ringversuchen aufgrund der vorgenannten

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Ringversuche

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Ausführungsbestimmungen des Eichgesetzes besteht nur bei Erbringung von Laborleistungen mit nicht geeichten Volumenmeßgeräten. Die > Kassenärztlichen Vereinigungen haben jedoch in Anlehnung an diese Rechtsvorschriften darüber hinaus durch Satzungsrecht die > Qualitätssicherung für Laborleistungen auch insoweit vorgeschrieben, als Laborleistungen mit geeichten Volumenmeßgeräten erbracht werden. Diese erweiterte Qualitätssicherung beschränkt sich jedoch auf die an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte (näher dazu Hess in: Schwartz-Selbmann, aaO. S. 19). 1515

III. Die Durchführung der Ringversuche ist heute durchweg den > Kassenärztlichen Vereinigungen übertragen. Die Teilnahme an Ringversuchen ist kostenpflichtig. Jeder Teilnehmer, der die vorgeschriebenen Anforderungen erfüllt, erhält hierüber ein Zertifikat, das ein Jahr Gültigkeit hat. Die Nichteinhaltung der Ausführungsbestimmungen des Eichgesetzes hat für den Arzt die Konsequenz, daß seine Laborgeräte der Eichpflicht unterliegen, bei deren Nichtbefolgung ihm ein Bußgeld droht. Die Abrechnungsfähigkeit der von ihm erbrachten Laborleistungen wird hierdurch nicht berührt. Dagegen kann die Nichterfüllung der von den Kassenärztlichen Vereinigungen für ihre Mitglieder zusätzlich erlassenen Vorschriften über die Teilnahme an Ringversuchen und statistische Qualitätskontrolle die Einschränkung oder den Ausschluß der Abiechnungsfähigkeit zur Folge haben.

Röntgenverordnung 1516

I. Die aufgrund der §§ 11, 12, 54 AtG ( > Atomgesetz) erlassene Verordnung über den Schutz vor Schäden durch Röntgenstrahlen - Röntgenverordnung (RöV) - v. 1.3. 1973 (BGBl. I. S. 173) regelt den Strahlenschutz für Röntgeneinrichtungen, bei denen die Beschleunigung der Elektronen auf eine Energie von mehr als 3 Megaelektronenvolt nicht möglich ist (näher zum sachlichen Geltungsbereich der RöV vgl. § 1 RöV > Strahlenschutzverordnung). Sie enthält u. a. Vorschriften über die Voraussetzungen für den Betrieb von Röntgeneinrichtungen, Verhaltensmaßregeln beim Betrieb von Röntgeneinrichtungen, besondere Schutzvorschriften für die Anwendung von Röntgenstrahlen auf den lebenden Menschen, Vorschriften über Strahlenschutzkontrolle und ärztliche Überwachung beruflich strahlenexponierter Personen. Ergänzend zu den Vorschriften der RöV gelten die Richtlinien zur Durchführung der R o y (1. und 2. Bek. des BMJFG und des BMA v. 2. 1. 1974 und 15. 3. 1974, BGesuBl. 1974, 113ff., 141 ff.) sowie die „Grundsätze für die ärzthche Überwachung von beruflich strahlenexponierten Personen" von 1978 (abgedr. bei Schmatz-Nöthlichs, aaO. Nr. 8657). Für den Bereich der EG bestehen die EURATOM-Grundnormen für den Ge-

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sundheitsschutz der Bevölkerung und der Arbeitskräfte gegen die Gefahren ionisierender Strahlungen in der überarbeiteten Fassung der Richtlinie des Rates v. 15. 7. 1980 (ABl. EG Nr. L 246/1 v. 17. 9. 1980, abgedr. bei SchmatzNöthlichs, aaO. Nr. 8631). Der Verwirklichung dieser Grundsätze im medizinischen Bereich dient der Richtlinienvorschlag des Rates zur Festlegung der grundlegenden Maßnahmen für den Strahlenschutz bei ärztlichen Untersuchungen und Behandlungen (EG-Dok.-Nr. 4188/81, BT-Drucks. 9/1078; vgl. unten Rz 1520). II. 1. Das grundsätzliche Erfordernis staatlicher Genehmigung für den Betrieb einer Röntgeneinrichtung (§ 3 Abs. 1 RöV) wird in der Praxis regelmäßig durch das vereinfachte Anzeigeverfahren (§ 4 RöV) ersetzt. 2. Voraussetzung für das an die Stelle der Genehmigung tretende Anzeigeverfahren ist u. a. der Nachweis der Fachkunde im Strahlenschutz der für die Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebs verantwortlichen > Ä r z t e und t> Z a h n ä r z t e . Dieser wird durch Vorlage einer Bescheinigung der nach Landesrecht zuständigen Stelle (regelmäßig die > Ä r z t e k a m m e r ) über die Teilnahme an einer Veranstaltung über den Strahlenschutz bei der Anwendung von Röntgenstrahlen erbracht (§ 4 Abs. 2 RöV). Der Inhalt dieser Strahlenschutzkurse ist in den „Richtlinien über den Erwerb der Fachkunde und der Kenntnisse im Strahlenschutz nach der Röntgenverordnung" (1. Bek. des BMJFG und des BMA v. 2. 1. 1974; Abschnitt C ; BGesuBl. 1974, 141, 146ff.) geregelt. Der Fachkundebescheinigung bedarf es nicht, wenn Ärzte oder Zahnärzte nachweisen, daß sie ihre Ausbildung nach den neuen Prüfungsordnungen abgeschlossen haben, in denen der Strahlenschutz berücksichtigt ist (§ 4 Abs. 2 RöV). Danach müssen Ärzte die Prüfung aufgrund des 4. oder 6. Abschnitts der AOÄ abgelegt haben. Nach § 39 Abs. 5 AOÄ hatten erstmals die sich am 1. 1. 1970 im vorklinischen Studium befindlichen Medizinstudenten bei der Meldung zur > Ä r z t l i c h e n Prüfung einen Radiologie-Kurs unter besonderer Berücksichtigung des Strahlenschutzes nachzuweisen. Ärzte, die nicht mehr unter diese Übergangsvorschrift fallen, können der für die Ausstellung der Fachkundebescheinigung zuständigen Stelle (Ärztekammer) einen Nachweis darüber vorlegen, daß die Lernziele der in einem während des Studiums erworbenen Praktikumsschein aufgeführten Kurse inhaltlich den Forderungen der Anlage 1 der Richtlinie über den Erwerb der Fachkunde und der Kenntnisse im Strahlenschutz nach der RöV entsprechen. Zahnärzte sind von der Beibringung des Fachkundenachweises befreit, wenn sie die zahnärztliche Prüfung aufgrund der Prüfungsordnung für Zahnärzte i.d.F. des § 48 RöV abgelegt haben. 3. Kenntnisse - keine „Fachkunde" - im Strahlenschutz müssen Angehörige der > medizinischen Assistenzberufe nachweisen, die unter ständiger Aufsicht und Verantwortung eines Arztes Röntgenstrahlen am Menschen anwenden. Es genügt eine entsprechende Unterweisung (Ziffer 2.2.1 und 3.6.1 der Richtlinie; Narr, ÄB1. Bad.-Wttbg. 1975, 150). Die Ausstellung formeller Bescheinigungen über erworbene Kenntnisse ist nicht vorgesehen.

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III. Von den zahlreichen Schutzvorschriften für den Betrieb einer Röntgeneinrichtung sind hervorzuheben: Vorschriften über Kontrollbereich und Überwachungsbereich (§§ 15, 17, 18 RöV); Verpflichtung zur Regelung des Betriebsablaufs und zur Messung der Dosisleistung (§§ 12, 13, 32-40 RöV ; Richtlinien zur Durchführung der RöV, 2. Bek. des BMJFG und des BMA v. 15. 3. 1974, Abschnitte A, B und D ; BGesuBl. 1974, 113 ff.); Belehrungspflicht gegenüber den bei der Anwendung von Röntgenstrahlen beteiligten Personen (§ 41 RöV); Pflicht zur ärztlichen Überwachung beruflich strahlenexponierter Personen durch ermächtigte (§§ 42 ff. RöV). 1519

IV. Für den Strahlenschutz Verantwortlicher ist nicht nur, wer eine Röntgeneinrichtung selbst betreibt, sondern auch derjenige, der vom Betreibenden (z.B. >Krankenhaus) für die Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebes als Verantwortlicher bestellt wird (§§ 11 Abs. 1 Nr. 2 RöV). In Krankenhäusern läßt sich die erforderliche Zahl der für den Strahlenschutz Verantwortlichen nicht generell festlegen. Sie richtet sich nach Art, Umfang und räumlicher Unterbringung des Betriebs (vgl. Narr, ÄBl. Bad.-Wttbg. 1975, 148). Angesichts der Vorschrift des § 11 Abs. 2 RöV, wonach den als Verantwortliche für den Strahlenschutz bestellten Personen die ihnen durch die RöV auferlegten Pflichten jeweils nur im Rahmen ihres innerbetrieblichen Entscheidungsbereichs obliegen, bedarf es klarer und eindeutiger Kompetenzfestlegungen. V. Zur Anwendung von Röntgenstrahlen auf den lebenden Menschen berechtigte Personen sind generell > Ä r z t e , und > Z a h n ä r z t e sowie > Heilp r a k t i k e r , sofern sie die für die Anwendung von Röntgenstrahlen erforderliche Fachkunde im Strahlenschutz durch eine Prüfung nachgewiesen haben, ferner medizinisch-technische Radiologieassistenten oder Personen, die zur Führung der Berufsbezeichnung t> m e d i z i n i s c h - t e c h n i s c h e r A s s i s t e n t (Rz 1195) berechtigt sind; andere Personen nur dann, wenn sie unter ständiger Aufsicht und Verantwortung eines Arztes oder Zahnarztes tätig sind und die erforderlichen Kenntnisse im Strahlenschutz besitzen (§ 20 Abs. 1 RöV). „Unter ständiger Aufsicht und Verantwortung" bedeutet, daß während der Anwendung ein Arzt bzw. Zahnarzt zugegen sein muß, der die Tätigkeit der Hilfskräfte überwacht (Kierski, BGesuBl. 1975, 321). Keine ständige Anwesenheit des Arztes wird bei Röntgenreihenuntersuchungen verlangt (§ 20 Abs. 2 RöV). Von der generellen Anwendungsbefugnis ist das Anordnungsrecht für die Anwendung von Röntgenstrahlen am einzelnen Patienten zu unterscheiden, das gem. § 21 Abs. 2 RöV auf Ärzte und Zahnärzte beschränkt ist. Dies folgt u.a. aus der amtlichen Begründung zu dieser Vorschrift und der Entstehungsgeschichte der RöV (vgl. BR-Drucks. 550/72, S. 23ff.). Das bedeutet, daß > H e i l p r a k t i k e r n eine selbständige Röntgentätigkeit nicht erlaubt ist (vgl. Narr, aaO. Rz 25).

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VI. § 2 9 RöV begründet für den Arzt die Pflicht zur Dokumentation mit dem Ziel, unvertretbare Strahlenbelastungen zu vermeiden. Diese >Doku-

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Rote Liste

mentationspflicht umfaßt die Pflicht zur Befragung des Patienten nach früheren Anwendungen von ionisierenden Strahlen vor jeder Röntgenuntersuchung oder -behandlung und zur Aufzeichnung der Angaben des Patienten (§ 29 Abs. 1 RöV) sowie die Pflicht zur Anfertigung von Aufzeichnungen über die Strahlenanwendung nach näherer Maßgabe des § 29 Abs. 2 RöV und der Richtlinien über die Aufzeichnungen nach § 29 der Röntgenverordnung (2. Bek. des BMJFG und des BMA v. 15. 3. 1974, Abschnitt C, BGesuBl. 1974, 119 ff.). Über die Pflicht des Arztes zur Aufbewahrung und Herausgabe von Aufzeichnungen > K r a n k e n u n t e r l a g e n Rzn. 1080ff., 1091 ff. In Erfüllung des Anliegens des Richtlinienvorschlags für den Bereich der EG (vgl. oben Rz 1516) hat der Deutsche Bundestag empfohlen, bei der Novellierung der RöV ein Strahlennachweisheft zur Aufzeichnung über die Strahlenexposition des Patienten einzuführen und außerdem sicherzustellen, daß bei > Ü b e r w e i s u n g des Patienten an einen anderen Arzt die Röntgenunterlagen mitgegeben werden (vgl. BT-Drucks. 9/1078). VII. Allgemeine Grundsätze für die Sorgfaltspflichten bei der Anwendung von Röntgenstrahlen enthält § 22 RöV. Darüber hinaus sind in §§ 23-28 RöV ins einzelne gehende Verhaltensregeln formuliert, von denen nur aus zwingender ärztlicher Indikation abgewichen werden darf. Es handelt sich hier um Schutzgesetze i.S. des § 823 Abs. 2 BGB (Narr, ÄBl. Bad.-Wttbg. 1975, 150). Bei der > Ü b e r w e i s u n g eines Patienten zur Röntgenuntersuchung oder -behandlung darf sich der auf Überweisung tätige Radiologe nach dem für die Arbeitsteilung in der Medizin geltenden Vertrauensgrundsatz ( > Behandl u n g s f e h l e r Rz 313) regelmäßig auf die Überweisungsdiagnose verlassen. Er ist jedoch für die Entscheidung verantwortlich, ob nach der Überweisungsdiagnose die Anwendung von Röntgenstrahlen tatsächlich indiziert, insbesondere im Verhältnis von Nutzen und Risiko vertretbar ist (Kierski, BGesuBl. 1975, 321).

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VIII. Die RöV enthält in § 52 Bußgeldvorschriften, die dann zur Anwendung kommen, wenn gegen wesentliche Bestimmungen der RöV verstoßen wurde. War das Betreiben einer nicht genehmigungspflichtigen Röntgeneinrichtung rechtzeitig nach § 52 Nr. 1 c RÖV angezeigt, so ist die nicht fristgerechte Beibringung des Nachweises der Fachkunde nicht bußgeldpflichtig (OLG Köln v. 2. 9. 1977, DPA 1978, 733).

Rote Liste I. Die „Rote Liste" ist das Verzeichnis der von den Mitgliedern des BundesVerbandes der Pharmazeutischen Industrie hergestellten Fertigarzneimittel. Dieses seit 1935 erscheinende (rot eingebundene) Werk wird u.a. allen prakti-

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Rote Liste

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zierenden Ärzten, Apotheken und Krankenhäusern unentgeltlich zugesandt. Das Verzeichnis der Fertigarzneimittel ist nach Stoffen bzw. Indikationsgruppen gegliedert, so daß der Arzt sämtliche für eine bestimmte Indikation in Frage kommenden Präparate rascher finden und das therapeutisch, aber auch preislich geeignetste > A r z n e i m i t t e l auswählen kann. Es enthält die Preise, Kontraindikationen und Anwendungsbeschränkungen. Neben diesem am stärksten verbreiteten deutschen Arzneimittelverzeichnis gibt es die Liste Pharmaindex. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang auch das von den Mitgliedern der > A r z n e i m i t t e l k o m m i s s i o n der deutschen Ärzteschaft herausgegebene Taschenbuch „Arzneiverordnungen" (Deutscher Ärzteverlag Köln, 14. Aufl. 1981), das Empfehlungen für eine praxisbezogene Arzneitherapie enthält. II. Zum Anspruch von Nichtmitgliedern des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie auf Aufnahme von deren Produkten in die „Rote Liste" nach §§ 25 Abs. 3 Nr. 1, 26 Abs. 2 GWB vgl. BGH, NJW 1981, 634.

Rufbereitschaft 1523

I. Begriff. In Anknüpfung an die Rspr. (vgl. BAG AP Nr. 5 zu § 7 AZO m. Anm. Böhm und die Nachweise bei Fechner, aaO. S. 25; Frey, aaO. S. 23ff. ; BAGE 21, 348, 352, 355) definiert der BAT die Rufbereitschaft als die Verpflichtung des Arbeitnehmers, „sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer dem Arbeitgeber anzuzeigenden Stelle aufzuhalten, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen . . . " , wobei „der Arbeitgeber Rufbereitschaft nur anordnen (darf), wenn erfahrungsgemäß lediglich in Ausnahmefällen Arbeit anfällt" (SR 2 a Nr. 6 B Abs. 6, SR 2 c Nr. 8 Abs. 6 BAT). Im Gegensatz zum > B e r e i t s c h a f t s d i e n s t bestimmt bei der Rufbereitschaft nicht der Arbeitgeber, sondern der Diensthabende selbst den Aufenthaltsort. Diese Definition der Rufbereitschaft ist über den Geltungsbereich des BAT hinaus heute im Arbeitsrecht allgemein anerkannt. Sie hat inzwischen auch Eingang in das Beamtenrecht gefunden (vgl. OVG Bremen, ZBR 1980, 285; BVerwG, DVBl. 1980, 450, 454). Nach § 75 BBG (und den im wesentlichen gleichlautenden Landesbeamtengesetzen (vgl. z.B. § 9 3 LBG Bad.Wttbg.) kann der Beamte, „wenn besondere dienstliche Verhältnisse es erfordern . . . angewiesen werden, sich während der dienstfreien Zeit in erreichbarer Nähe seines Dienstortes aufzuhalten". Rufbereitschaft fällt vor allem für t> O b e r ä r z t e in Krankenhäusern sowie für bestimmte Gruppen der > m e d i z i n i s c h e n A s s i s t e n z b e r u f e an.

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II. Arbeitszeitrechtliche und vergütungsrechtliche Bewertung der Rufbereitschaft als Arbeitszeit, (zu dieser Unterscheidung > B e r e i t s c h a f t s d i e n s t Rzn. 346, 349). 1. Arbeitszeitiechtlich gehört die Rufbereitschaft im Arbeits-

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Rufbereitschaft

recht- ebenso wie der Bereitschaftsdienst - nach der Rspr. der Arbeitsgerichte und dem überwiegenden Teil des Schrifttums nicht zur Arbeitszeit, sondern zur Ruhezeit (näher dazu Denecke-Monjau-Neumann, aaO. § 7 Rzn. 23ff. ; Rieger, MedR 1983, 222). Demgegenüber stellt die verwaltungsgerichtliche Rspr. bei der Frage der arbeitszeitrechtlichen Bewertung einer Inanspruchnahme als Arbeitszeit im Beamtenrecht nicht auf die Präsenz des Beamten an der Arbeitsstelle ab; entscheidend sind vielmehr Umfang, Inhalt und Intensität der tatsächlichen Inanspruchnahme des Bediensteten im konkreten Fall (BVerwG, ZBR 1974, 263; ebenso OVG Bremen, ZBR 1980, 285). Damit wird - völlig zutreffend, jedoch im Gegensatz zur Rspr. des BAG - im Einzelfall auch eine Bewertung der Rufbereitschaft als Arbeitszeit ermöglicht ( > B e r e i t s c h a f t s d i e n s t Rz 348). 2. Vergütungsrechtliche Bewertung, a) Bei angestellten Ärzten und dem medizinischen Assistenzpersonal im Geltungsbereich der BAT wird die Zeit der Rufbereitschaft mit 12,5% als Arbeitszeit gewertet und mit der Überstundenvergütung vergütet. Hinzu kommt die Überstundenvergütung für die tatsächliche Inanspruchnahme einschließlich Wegezeit (vgl. hierzu und zum folgenden SR 2c Nr. 8 Abs. 6 u. SR 2a Nr. 6 B Abs. 6 BAT). Die Vergütung kann durch Nebenabrede zum Arbeitsvertrag pauschaliert werden (näher zu Vergütungsfragen bei der Rufbereitschaft Hollmann, DMW 1977, 1135). Die Anordnung von Rufbereitschaft ist weder zulässig, wenn in der fraglichen Zeit überhaupt kein Arbeitseinsatz zu erwarten ist, noch wenn mit einer gewissen Sicherheit mit Arbeitsanfall zu rechnen ist. Die Grenzen lassen sich abstrakt nicht näher festlegen. Wurde Rufbereitschaft angeordnet, obwohl nach den Erfahrungen nicht nur in Ausnahmefällen mit einem tatsächlichen Arbeitseinsatz zu rechnen war, kann der Diensthabende Bereitschaftsdienstvergütung verlangen. Nimmt die Häufigkeit der tatsächlichen Inanspruchnahme zu, so ist die Anordnung von Rufbereitschaft nicht mehr zulässig, sobald die neueren Erfahrungen die Inanspruchnahme während der Rufbereitschaft nicht mehr als Ausnahme erscheinen lassen (Rundschreiben des Finanzministeriums Bad.-Wttbg., GABI. 1978, 1033, 1037 f.). Nach dem BAT darf Rufbereitschaft grundsätzlich nicht mehr als zwölfmal im Monat angeordnet werden ( > B e r e i t s c h a f t s d i e n s t Rz 349 a.E.). b) Nach § 8 Abs. 2 des am 1. 1. 1982 in Kraft getretenen Manteltarifvertrages für Arzthelferinnen in den Praxen niedergelassener Ärzte ( > A j z t h e l f e r i n Rz 153) wird die (ebenso wie im BAT definierte) Rufbereitschaft mit 15% als Arbeitszeit bewertet. Für Arzthelferinnen im Geltungsbereich des BAT gilt SR Nr. 2 a Nr. 6 B Abs. 6 BAT. c) Beamtete Ärzte erhalten nur die Zeiten der tatsächlichen Inanspruchnähme während der Rufbereitschaft vergütet, sofern ein Freizeitausgleich nicht möglich ist (vgl. BVerwG, DVBl. 1980, 454, 455 ; BVerwG, DVBl. 1980, 450). Diese im Vergleich zur Regelung im BAT nachteiligere Regelung verstößt wegen der unterschiedlichen rechtlichen Ausgestaltung des Beamtenverhältnisses und des Arbeitsverhältnisses nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot (BVerwG, DVBl. 1980, 454, 455).

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Rufbereitschaft

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III. Einzelfragen. 1. Der Aufenthaltsort ist vom Diensthabenden stets so zu wählen, daß die ordnungsgemäße Versorgung der Patienten nicht gefährdet ist. Es gilt hier entsprechendes wie bei der Bestimmung des Aufenthaltsortes während des > B e r e i t s c h a f t s d i e n s t e s (Rz 352). 1528

2. Für die Heranziehung von angestellten und beamteten > Chefärzten sowie ärztlichen > H o c h s c h u l l e h r e r n zur planmäßigen („ersten") Rufbereitschaft gilt entsprechendes wie beim > Bereitschaftsdienst (Rzn. 354 f.). Nach einem Urteil des ArbG Wilhelmshaven v. 26.3.1982 (MedR 1983,234) muß ein Chefarzt, dem zur Zeit des Abschlusses des Dienstvertrages nur ein > O b e r a r z t zur Verfügung steht, damit rechnen, daß er sich die anfallenden Rufbereitschaftsdienste mit diesem teilen m u ß mit der Folge, daß die Verpflichtung zur Leistung von durchschnittlich 15 Rufbereitschaftsdiensten im Monat stillschweigend Bestandteil des Dienstvertrages wird. Für alle darüber hinausgehenden Rufbereitschaftsdienste kann der Chefarzt eine besondere Vergütung analog § 612 Abs. 1 BGB verlangen. In dem vom ArbG Wilhelmshaven entschiedenen Fall hatte der klagende Chefarzt der geburtshilflich-gynäkologischen Abteilung eines Krankenhauses über einen Zeitraum von knapp drei Jahren teils allein, teils jede zweite Nacht Rufbereitschaft geleistet. Das Gericht nimmt hier an, daß „eine Verpflichtung zur Erbringung von bis zu 30 bzw. 31 Rufbereitschaftsdiensten pro Monat ohnehin unwirksam (wäre), da sie für den Kläger eine in jeder Hinsicht unzumutbare Belastung dargestellt hätte und gegen die guten Sitten verstoßen hätte". Dem Chefarzt wurde daher mit Recht eine zusätzliche Vergütung als quasivertraglicher Anspruch aus einem faktischen Arbeitsverhältnis zugesprochen. Im Gegensatz hierzu vertritt der 5. Senat des BAG in seinem Urteil vom 17. 3. 1982 (NJW 1982, 2139) im Rahmen der Prüfung des Vergütungsanspruchs des Chefarztes unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage die Auffassung, daß die tägliche Inanspruchnahme eines Chefarztes durch Rufbereitschaft über einen ununterbrochenen Zeitraum von 10 Monaten wegen Nichteinstellung eines Oberarztes kein Umstand ist, der den Schluß rechtfertigt, der Krankenhausträger „habe seine Arbeitskraft in einer unzumutbaren Weise in Anspruch genommen". Es liegt auf der Hand, daß ein solcher Standpunkt mit den arbeitszeitschutzrechtlichen Erwägungen des 4. Senats des BAG in seiner Entscheidung vom 24. 2. 1982 (NfW 1982, 2140), insbesondere mit der Forderung nach „Ermöglichung einer individuellen menschlichen Privatsphäre", nicht vereinbar ist (näher dazu Rieger, MedR 1983,222 ff.).

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3. Haftungsrechtlich gilt im Verhältnis zwischen dem > B e r e i t s c h a f t s d i e n s t leistenden Arzt und dem Arzt in Rufbereitschaft, sofern nicht besondere Umstände vorliegen, der Vertrauensgrundsatz ( > B e h a n d l u n g s f e h l e r Rz 313). Das bedeutet, daß der in Rufbereitschaft befindliche > O b e r a r z t oder > C h e f a r z t grundsätzlich von der Richtigkeit der ihm vom diensthabenden Arzt gemachten Angaben ausgehen und darauf vertrauen darf, daß seine Anweisungen befolgt und ihm jede Verschlechterung der Blut- und Kreislaufwerte des Patienten mitgeteilt werden (BGH v. 2. 2. 1983, D M W 1983, 1571).

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Sachkosten

Sachkosten I. Der aus dem Kassenarztrecht stammende und dort auf ärztliche > S a c h l e i s t u n g e n bezogene Begriff der Sachkosten wird nicht einheitlich verwendet (vgl. zum folgenden Baur, MedR 1983, 161 ff.). 1. Im Gegensatz zu früheren ärztlichen Gebührenordnungen findet sich der Sachkostenbegriff jetzt erstmals in der Übergangsbestimmung des § 14 Abs. 2 GOÄ '82. Eine Definition fehlt indessen. Aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich, daß die GOÄ'82 unter Sachkosten die mit der Erbringung rein ärztlicher Leistungen und ärztlicher Sachleistungen verbundenen allgemeinen und besonderen Kosten versteht mit Ausnahme der Personalkosten, die in § 14 Abs. 2 GOÄ'82 besonders erwähnt sind. Zu den allgemeinen Kosten gehören grundsätzlich die allgemeinen Praxiskosten einschließlich der durch die Anwendung von Instrumenten und Apparaten entstehenden Kosten. Besondere Kosten sind z. B. Kosten für Verbandmittel, Anästhesiemittel sowie Kosten für Materialien, die der Patient zur weiteren Verwendung erhält oder die mit einer einmaligen Anwendung verbraucht sind. Diese Sachkosten sind überwiegend im Arzthonorar enthalten; nur ein relativ kleiner Teil von ihnen ist neben dem Honorar als Auslagen gesondert berechnungsfähig ( > A r z t h o n o r a r Rzn. 163 ff.). 2. Der > DKG-NT versteht unter Sachkosten ebenfalls die bei der gesamten ärztlichen Leistungserbringung (rein ärztliche Leistungen und ärztliche Sachleistungen) entstehenden allgemeinen und besonderen Kosten, jedoch - im Unterschied zur GOÄ'82 - mit Einschluß der Personalkosten, ausgenommen die Kosten des ärztlichen Dienstes einschließlich Arztschreibkräfte (vgl. § 4 i.V.m. § 3 der Allgemeinen Tarifbestimmungen). 3. Ebenso umfaßt der Sachkostenbegriff im Nebentätigkeitsrecht der beamteten Ärzte und ärztlichen > Hochschullehrer i.d.R. sowohl die rein ärztlichen Leistungen als auch die ärztlichen Sachleistungen unter Einschluß der Personalkosten mit Ausnahme der Kosten für den ärztlichen Dienst und der Arztschreibkräfte (vgl. z. B. die Legaldefinition in § 1 Abs. 4 Satz 1 der niedersächsischen Hochschulnutzungsentgeltverordnung Medizin v. 27. 12. 1983, GVB1. S. 326). 4. Von einem anderen, gegenüber dem > D K G - N T und dem Nebentätigkeitsrecht der Beamten eingeschränkten Sachkostenbegriff gehen der > KBV-NT und die auf seiner Grundlage von den einzelnen > K a s s e n ä r z t l i c h e n V e r e i n i g u n g e n mit den jeweiligen Landeskrankenhausgesellschaften vereinbarten Sachkostentarife aus. Sie umfassen nur die allgemeinen und besonderen Kosten für ärztliche > S a c h l e i s t u n g e n . Dieser engere Sachkostenbegriff wird überwiegend auch in den Chefarztverträgen ( > C h e f a r z t Rz 505) verwendet (vgl. Baur, MedR 1983, 164 > N u t z u n g s e n t g e l t Rz 1308). II. Zur Sachkostenberechnung im Krankenhaus > N u t z u n g s e n t g e l t Rzn. 1302f., 1308, > S a c h l e i s t u n g Rz 1531.

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Sachleistung

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I. Der Begriff ist mehrdeutig. 1. Im Sozialrecht versteht man darunter Sozialleistungen; die vom Leistungsträger in Natur zu gewähren sind (vgl. § 11 SGB I). Dazu gehören vor allem die Leistungen der gesetzlichen > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g (Rz 1105). 2. Bei der ärztlichen Sachleistung handelt es sich um eine Form der ärztlichen Leistungserbringung. Ärztliche Sachleistungen sind Leistungen, die - im Unterschied zu den rein ärztlichen Leistungen - vom Arzt nicht ohne Einsatz von Apparaturen und anderen technischen Einrichtungen und nicht ohne Mithilfe von nichtärztlichen Mitarbeitern erbracht werden können (z.B. Röntgenleistungen, Laborleistungen, EKG, EEG, Bestrahlungen u.a.; vgl. Schmatz-Goetz-Matzke, aaO. § 14 Anm. 5). Für das Kassenarztrecht sieht § 25 BMV-Ä den Abschluß einer Vereinbarung vor, in der festgelegt werden soll, welche Verrichtungen unter den Begriff „ärztliche Sachleistung" fallen. Da eine solche Vereinbarung bisher noch aussteht, gilt zur Zeit noch die Vereinbarung Uber die Einbeziehung der ärztlichen Sachleistungen in die kassenärztliche Gesamtvergütung v. 22. 11. 1944 (teilweise abgedr. bei Nienhaus-Hess, aaO. § 43 BMV-Ä Anm. 2). Danach zählen zu den ärztlichen Sachleistungen u.a.: Röntgenuntersuchungen und -behandlungen, Radiumbestrahlungen, Elektrokardiogramme, alle Laboratoriumsuntersuchungen, Kurzwelle, Massage, Krankengymnastik, Bäder, Ultraschalluntersuchungen (> Sonographie), Elektroschockbehandlungen, Heißluftbehandlungen.

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II. 1. Die Unterscheidung zwischen rein ärztlichen Leistungen und ärztlichen Sachleistungen ist vor allem von Bedeutung für die Berechnung des > A r z t h o n o r a r s (Rzn. 163ff., 188) und die Unkostenerstattung durch > C h e f ä r z t e im ambulanten Bereich (> N u t z u n g s e n t g e l t Rzn. 1303, 1308). 2. Im Kassenarztrecht braucht die Vergütung ärztlicher Sachleistungen, die von Nichtkassenärzten ausgeführt werden, nicht in die > Gesamtvergüt u n g einbezogen zu werden (§ 368 f Abs. 5 RVO). Bei der Ausführung ambulanter ärztlicher Sachleistungen im > Krankenh a u s hat der Krankenhausträger gegen die KV Anspruch auf Erstattung des Sachkostenanteils entsprechend den gem. § 368 n Abs. 3 Satz 1 RVO aufgrund des > K B V - N T geschlossenen Vereinbarungen der > Kassenärztlichen Vereinigungen mit den Landesverbänden der DKG. Dies gilt nicht für Universitätskliniken (> Nutzungsentgelt Rz 1303). III. > Q u a l i t ä t s s i c h e r u n g Rz 1475.

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Sachverständiger

Sachverständiger I. Begriff. Ärztlicher Sachverständiger ist ein >Arzt, der gegenüber einem öffentlichen oder privaten Auftraggeber eine Beurteilung abgibt, indem er aus Tatsachen oder Zuständen, die er selbst oder ein Dritter wahrgenommen hat, aufgrund seiner besonderen Sachkunde Schlüsse zieht ( > Gutachten Rz 733). Er unterscheidet sich damit vom > sachverständigen Zeugen, der lediglich von ihm beobachtete Tatsachen oder Zustände bekundet. Diese Unterscheidung ist von praktischer Bedeutung vor allem wegen der unterschiedlichen Regelungen der Vereidigung und der Ablehnung von Zeugen und Sachverständigen in den Prozeßgesetzen sowie wegen der unterschiedlichen Regelung der Entschädigung.

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II. Die Rechtsstellung des Sachverständigen ist verschieden, je nachdem ob er für einen privaten oder einen öffentlichen Auftraggeber tätig wird (zur Rechtsstellung des Sachverständigen vgl. Pieper in: Gedächtnisschr. f. R. Bruns, S. 167ff. ; vgl. in diesem Zusammenhang auch Rauschelbach, Med. Sach. 1979, 22). 1. Rechtsverhältnis zwischen Auftraggeber und Sachverständigen, a) Die Rechtsbeziehungen zwischen privaten Auftraggebern und ärztlichen Sachverständigen richten sich nach Werkvertragsrecht (§§631 ff. BGB; BGH, NJW 1967, 719). b) Rechtsverhältnis zwischen öffentlichrechtlichen Auftraggebern und Sachverständigen. aa) Die Rechtsbeziehungen eines vom Gericht ernannten ärztlichen Sachverständigen zum Gericht sind öffentlichrechtlicher Natur, ohne daß der Sachverständige allerdings hoheitliche Aufgaben wahrnimmt (BGH, NJW 1973, 554; NJW 1954, 1411; OLG München, VersR 1977, 482). Es besteht ein öffentlichrechtliches Vertragsverhältnis besonderer Art, auf das neben den prozessualen Vorschriften und den Vorschriften über die Sachverständigenentschädigung ergänzend die Vorschriften über öffentlichrechtliche Verträge in den Verwaltungsverfahrensgesetzen (vgl. §§ 54 ff. VwVfG) entsprechend Anwendung finden (vgl. LG Stuttgart, NJW 1954, 1411; OLG München, NJW 1971, 257; BGH, NJW 1973, 554). Auch die von einer Verwaltungsbehörde beauftragten ärztlichen Sachverständigen werden aufgrund eines öffentlichrechtlichen Vertrages mit der Behörde tätig, für den die Vorschriften in den Verwaltungsverfahrensgesetzen unmittelbar gelten. Im Unterschied zum gerichtlichen Sachverständigen übt der von einer Verwaltungsbehörde beauftragte Sachverständige mitunter hoheitliche Befugnisse aus (vgl. unten Rz 1549, > Amtsarzt Rzn. 53f., > Arbeitsamtsarzt Rz 95, > Versorgungsarzt Rz 1840, > Vertrauensarzt Rz 1856). 2. Rechtsverhältnis zwischen Sachverständigen und Probanden, a) Sachverständige privater Auftraggeber. Bei direkter Beauftragung des Sachverständigen durch den Probanden gilt Werkvertragsrecht (§§631 ff. BGB; Bremer, aaO.

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Sachverständiger

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S. 31). Ist der private Auftraggeber eine juristische Person (z.B. Versicherungsgesellschaft), entstehen keine Rechtsbeziehungen zwischen dem Probanden und dem Sachverständigen, auch nicht über § 328 BGB (vgl. OLG München, VersR 1977, 482). b) Auch zwischen dem gerichtlichen Sachverständigen und der zu untersuchenden Person bestehen keine Rechtsbeziehungen. Aus dem zwischen dem Sachverständigen und dem Gericht bestehenden öffentlichrechtlichen Vertrag ergeben sich keine vertraglichen Schutzpflichten zugunsten der Prozeßparteien (vgl. OLG München, VersR 1977, 482 ; LG Stuttgart, NJW 1957, 1411). Entsprechendes gilt grundsätzlich bei der Sachverständigentätigkeit im Auftrag einer Verwaltungsbehörde (vgl. Jessnitzer, aaO. S. 360). c) Zur Auskunftspflicht des Sachverständigen gegenüber der untersuchten Person und zu deren Einsichtsrecht in Gutachten > G u t a c h t e n Rzn. 741 ff., > A m t s a r z t Rz 56. 3. a) Es besteht keine allgemeine Pflicht des Arztes zur Erstattung von Sachverständigengutachten. Eine Pflicht zur Gutachtenerstattung besteht nur, wenn sie durch Rechtsvorschrift ausdrücklich vorgesehen ist. Dies ist z. B. der Fall bei Ersuchen des Gerichtes und der Staatsanwaltschaft. Einem gerichtlichen Auftrag hat der ärztliche Sachverständige grundsätzlich Folge zu leisten (näher dazu unten Rz 1538). Ebenso ist er verpflichtet, auf Ladung vor der Staatsanwaltschaft zu erscheinen und ein > G u t a c h t e n mündlich oder auch schriftlich zu erstatten (§§ 161 a, 82 StPO). Eine Mitwirkungspflicht des ärztlichen Sachverständigen besteht auch im förmlichen Verwaltungsverfahren nach den Verwaltungsverfahrensgesetzen (vgl. z. B. § 65 VwVfG) sowie im Verwaltungsverfahren nach dem > S o z i a l g e s e t z b u c h unter den Voraussetzungen des § 21 Abs. 3 SGB X. Gutachtenersuchen der Polizei oder einer sonstigen Behörde darf der Arzt ebenso ablehnen wie Aufträge von privaten Versicherungsgesellschaften, Anwälten und sonstigen öffentlichen und privaten Stellen. Sofern die zu untersuchende Person früher bei dem mit der Erstattung des Gutachtens beauftragten Arzt in Behandlung stand, kann sich eine Begutachtungspflicht als nachwirkende Nebenpflicht aus dem > A r z t v e r t r a g (Rzn. 220f.) ergeben (zu Fragen der Annahme oder Ablehnung eines Gutachtenauftrags aus ärztlicher Sicht in diesen Fällen vgl. Küchle-Mewe, MMW 1979, 447f.). b) Bei der Anfertigung des Gutachtens obliegen dem ärztlichen Sachverständigen u.a. folgende Pflichten (vgl. zum folgenden auch Friederichs, NJW 1972, 1113 ff.): Allgemein ist zu beachten, daß der ärztliche Sachverständige nicht entscheidende Instanz ist, seine Aufgabe sich vielmehr darin erschöpft, die entscheidende Instanz (Gerichte, Verwaltungsbehörden, private Versicherungsgesellschaften usw.) bei der Ableitung rechtlicher Folgerungen zu unterstützen. Deshalb muß sich der ärztliche Sachverständige jeglicher rechtlicher Wertungen in seinem > G u t a c h t e n enthalten (zur Stellung des ärztlichen Sachverständigen in bezug auf diese Frage im Verfahren der einzelnen Rentenversicherungs- und Versorgungsträger vgl. Ziegelmayer, LebVersMed. 1982, 114 ff.).

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Sachverständiger

c) Der Verwertung fremder Arztunterlagen im Gutachten kann im Einzelfall das Urheberrecht des Arztkollegen entgegenstehen (dazu näher Rieger, DMW 1979, 649, 650 > G u t a c h t e n Rz 744). d) Der Sachverständige muß sich die für die Erstattung des Gutachtens notwendigen Gesetzeskenntnisse aneignen (näher dazu Könnecke, Med. Klinik 1972, 1603). 4. Berufsrechtlich hat der ärztliche Sachverständige „mit der notwendigen Sorgfalt zu verfahren und nach bestem Wissen seine ärztliche Überzeugung auszusprechen" (vgl. § 12 Satz 1 MuBO). Die Pflicht des Arztes zu kollegialem Verhalten (vgl. § 15 MuBO) ändert nichts an der Verpflichtung des Sachverständigen, > Behandlungsfehler anderer Ärzte objektiv und wahrheitsgetreu darzustellen (vgl. jetzt § 15 Abs. 1 Satz 2 MuBO; Narr, Med. Sach. 1978, 75, 76; DÄ 1976, 3285; Laufs, Arztrecht Rz 216; vgl. auch Dunz, Med.Sach. 1976, 74; Carstensen-Kuhlendahl, Med. Sach. 1976, 76).

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III. Die Grundsätze der ärztlichen Schweigepflicht gelten mit den naturgemäß gebotenen Einschränkungen auch für den Arzt als Sachverständigen ( > S c h w e i g e p f l i c h t Rz 1625). Was der Sachverständige aus einer früheren Behandlung weiß - sei es aufgrund eigener Untersuchungen, sei es aufgrund beigezogener fremder Arztunterlagen - darf er in seinem Gutachten nur verwerten, wenn der Proband ihn von der Schweigepflicht entbindet.

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IV. Besondere Probleme ergeben sich bei der Tätigkeit des Arztes als gerichtlicher Sachverständiger. 1. a) Ärzte trifft grundsätzlich eine Gutachterpflicht, auch wenn sie ihren Beruf nicht ausüben (§ 75 StPO, § 407 ZPO). Gleiches gilt für Inhaber einer ärztlichen > Berufserlaubnis nach § 10 BÄO. b) Der vom Gericht bestellte Sachverständige kann im Einzelfall aus denselben Gründen, die einen Zeugen zur Zeugnisverweigerung berechtigen, das > G u t a c h t e n verweigern (§§408 Abs. 1 ZPO, 76 Abs. 1 StPO). Ein Gutachtenverweigerungsrecht kann daher u. a. aufgrund der ärztlichen > S c h w e i g e p f l i c h t (Rz 1625) gegeben sein. Kein Gutachten- bzw. Aussageverweigerungsrecht besteht insoweit, wie der dem Sachverständigen erteilte Auftrag die Mitteilung von Tatsachen und Umständen an das Gericht notwendig voraussetzt (ausführlich dazu K. Müller, Med. Sach. 1975, 52ff. ; Kühne, JZ 1981, 647ff. ; > Z e u g n i s v e r w e i g e r u n g s r e c h t Rz 1987). Wo dem Arzt nach den prozessualen Vorschriften ein Weigerungsrecht nicht zusteht, kann das Gericht ihn aus anderen Gründen nach seinem Ermessen auf Antrag oder von Amts wegen von der Gutachterpflicht entbinden (§§ 408 Abs. 1 Satz 2 ZPO, § 76 Abs. 1 Satz 2 StPO). Solche Gründe sind u.a. Arbeitsüberlastung und frühere Behandlung des Probanden (vgl. Kleinknecht, aaO. § 76 Anm. 2 ; über weitere Entbindungsgründe vgl. Friederichs, Med. Sach 1975, 78, 80). Lehnt das Gericht im letzteren Fall die Entbindung von der Gutachterpflicht ab, so steht dem Arzt richtiger Ansicht nach ein Gutachtenverweigerungsrecht aufgrund der ärztlichen Schweigepflicht zu, es sei denn, daß der Proband ihn in bezug

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auf das, was er aus der früheren Behandlung weiß, von der Schweigepflicht entbindet, oder wenn der Arzt sich dieses für das Gutachten benötigte Wissen unabhängig von den vorhandenen Kenntnissen nunmehr als vom Gericht beauftragter Sachverständiger neu beschaffen kann (vgl. Jessnitzer, aaO. S. 160 m. Nachw.). Verweigert der vom Gericht bestellte Sachverständige die Übernahme des Auftrags ohne berechtigten Grund oder liefert er das Gutachten nicht fristgerecht ab, so kann gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden; im erstgenannten Fall hat er zusätzlich die durch seine Weigerung verursachten Kosten zu ersetzen (§§ 409 Abs. 1,411 Abs. 2 ZPO; § 77 StPO ; vgl. ausführlich zu diesen Fragen Friederichs, Med. Sach. 1975, 78 ff.). Ist es dem beauftragten Sachverständigen wegen Arbeitsüberlastung nicht möglich, alsbald nach seiner Beauftragung mit der Bearbeitung zu beginnen, so muß er ggf. einen ärztlichen Mitarbeiter mit den Vorbereitungsarbeiten betrauen oder mit Zustimmung des Gerichts auch zur Ausarbeitung des Gutachtens heranziehen. Ist ihm die Übernahme des Gutachtenauftrags wegen Überlastung oder aus anderen triftigen Gründen in absehbarer Zeit überhaupt nicht möglich, so muß der Sachverständige diesen Umstand dem Gericht nach seiner Beauftragung unverzüglich mitteilen, damit das Gericht ohne Zeitverlust einen anderen Sachverständigen ernennen kann. Ein Verstoß gegen diese Pflichten kann eine Ordnungsstrafe begründen (OLG Celle, NJW 1972, 1524). 1539

2. a) Der vom Gericht namentlich beauftragte Sachverständige ist grundsätzlich verpflichtet, das > Gutachten persönlich zu erstatten. Er darf den Auftrag nicht von sich aus an einen anderen Sachverständigen weiterleiten oder einen ärztlichen Mitarbeiter mit seiner eigenverantwortlichen Durchführung betrauen. Denn die Auswahl des Sachverständigen steht nur dem Gericht zu (§§ 404 ZPO, 73 StPO; vgl. BSG, NJW 1973, 1438; NJW 1965, 368; Friederichs, Med. Sach. 1974, 74; ders., NJW 1965, 1100; ders., SGb 1979, 297, 298ff. m. Nachw.,- Jessnitzer, aaO. S. 121, 147 f. ; LSG Essen, NJW 1983, 360 [Leits.]). Dies kann im Einzelfall zu Schwierigkeiten führen bei der ärztlichen Weiterbildung (näher dazu Kohlheim, Rhein. ÄBl. 1982, 1122 > W e i t e r b i l d u n g Rz 1887). Der vom Gericht beauftragte Sachverständige ist daher auch nicht befugt, von sich aus bei anderen Ärzten > Z u s a t z g u t a c h t e n einzuholen (Friederichs, NJW 1972, 1114, 1115; ders., SGb 1979, 297, 298ff. ; Kohleiss, SGb 1979, 489, 490 f. ; a.A. Gitter-Schröder, SGb 1978, 413 ff. [radiologische Zusatzgutachten)). Zulässig ist jedoch grundsätzlich die Heranziehung von geeigneten und zuverlässigen Hilfskräften, sofern der vom Gericht beauftragte Sachverständige kraft seiner Sachkunde erkennbar die Verantwortung für das Gesamtergebnis übernimmt und übernehmen kann (vgl. BGH, NJW 1969, 196; OLG Frankfurt, ArztR 1978, 244; BSG, NJW 1973, 1438; OLG Düsseldorf, VersR 1981, 1147). Welche Aufgaben der beauftragte Sachverständige delegieren darf und welche er selbst ausführen muß, kann nur aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalles entschieden werden (z. B. Notwendigkeit eigener Tätigkeit des Sachverständigen bei der Feststellung der Einengung der Beweglichkeit, Fest-

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Stellung einer Simulation oder Aggravation sowie bei neurologischen und psychiatrischen Beobachtungen; vgl. dazu Jessnitzer, aaO. S. 199f.; Hanack, NJW 1961, 2041, 2044f.). Ein vom Gericht als Sachverständiger ernannter ärztlicher Leiter einer Klinik kann nach der Rspr. die Verantwortung für ein von einem > Assistenzarzt oder > O b e r a r z t angefertigtes und unterzeichnetes Gutachten dadurch übernehmen, daß er es unter Anbringung von Vermerken wie „Nach eigener Kenntnis und Beurteilung", „Einverstanden aufgrund persönlicher Untersuchung und Urteilsbildung", „Mit Befund und Beurteilung einverstanden", mitunterzeichnet (vgl. Jessnitzer, aaO. S. 235 f. m. Nachw.; BGH, VersR 1963, 655; BVerwG, NJW 1969, 1591). Nicht ausreichend soll dagegen der Vermerk „Gesehen und einverstanden" sein (vgl. Hanack, NJW 1961, 2041, 2044). Für unzureichend wird auch die bloße Mitunterzeichnung ohne einen der vorgenannten Zusätze gehalten (offengelassen in der Entscheidung BSG, NJW 1973, 1438). Gegen diese Praxis werden mit Recht Bedenken erhoben (vgl. Stern, NJW 1969, 2259, 2260; Kohlhaas, DMW 1969, 237; Friederichs, NJW 1970, 1991 f., ders., NJW 1972, 1114, 1116; Sarstedt, NJW 1968, 177, 180). Die heutige Wirklichkeit im Klinikbetrieb (wissenschaftliche Leistungen werden mehr als früher in Teamarbeit erbracht, wobei die nachgeordneten Ärzte auf Spezialzweigen des einschlägigen Fachgebiets häufig besondere Kenntnisse besitzen und daher zur Bearbeitung von Teilen des Gutachtens besser befähigt sind als der Klinikdirektor selbst; vgl. OLG München, NJW 1968, 611, 612) und das gesetzliche Erfordernis der persönlichen Gutachterpflicht lassen sich dadurch in Einklang bringen, daß alle an der Erstattung des Gutachtens Beteiligten zu gerichtlichen Sachverständigen ernannt werden (vgl. Friederichs, NJW 1970, 1992; Sarstedt, NJW 1968, 180). Eine nachträgliche (stillschweigende) Ernennung der an der Gutachtenerstattung tatsächlich beteiligten Ärzte ist nicht zulässig, da die Ernennung zum gerichtlichen Sachverständigen besondere Pflichten begründet, denen der Ernannte bereits bei Erstattung des Gutachtens unterworfen sein muß (BSG, NJW 1968, 223). b) Die Beauftragung einer Klinik oder einer sonstigen Institution ohne BeZeichnung eines bestimmten Arztes ist mit der in § 404 ZPO und den auf diese Vorschrift zurückgreifenden Verfahrensvorschriften (vgl. z. B. § 46 Abs. 2 ArbGG, § 118 Abs. 1 SGG, §98 VwGO, § 15 FGG) normierten persönlichen Gutachterpflicht nicht vereinbar (Jessnitzer, aaO. S. 111; Laufs, Arztrecht Rz 220; Friederichs, Med. Sach. 1974, 74 ; ders., SGb 1979, 297, 298ff., OLG München, NJW 1968, 202). Die Rspr. ist jedoch z.T. großzügiger. Das BSG (Beschl. v. 4. 8. 1965, DMW 1965, 2030) geht davon aus, daß dann, wenn ein Gericht eine Klinik ohne weiteren Hinweis auf die Person des Gutachters um ein Gutachten ersucht, damit der ärztliche Leiter der Klinik zum Sachverständigen bestellt wird und im Falle seiner Verhinderung sein Vertreter im Amt. Das BVerwG (NJW 1969, 1591) sieht keinen Verstoß gegen § 404 ZPO in dem Fall, daß ein Gericht eine Klinik mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt und es der Klinikleitung überläßt, den Gutachter zu bestimmen (ebenso

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Hanack, NJW 1961, 2041). Dieses Verfahren der Bestellung eines Sachverständigen „durch Vermittlung der Klinikleitung" ist abgesehen davon, daß es der eindeutigen Regelung in § 404 ZPO widerspricht, vor allem deshalb bedenklich, weil die Verfahrensbeteiligten nicht erkennen können, wer das Gutachten erstatten wird, so daß vor allem ein Ablehnungsgrund nicht rechtzeitig geltend gemacht werden kann (vgl. dazu Friederichs, DRiZ 1971, 312; ders., NJW 1972, 1114, 1115f.; ders., SGb 1979, 297, 298ff. ; Laufs, Arztrecht Rz 220; zu den Bedenken aus medizinisch-fachlicher Sicht Stern, NJW 1969, 2259; Jessnitzer, aaO. S. 121 mit ausführlichen Nachw. Fußn. 4). Der als Sachverständiger beauftragte Klinikdirektor ist nicht verpflichtet, zu prüfen, ob die ihm vom Gericht eröffnete Möglichkeit der Delegation in seinem Haus rechtens ist; er handelt pflichtgemäß, wenn er den Auftrag wie erteilt erledigt (Laufs, aaO. Rz 220; Jessnitzer, aaO. S. 148). Die Erstattung eines Gutachtens durch einen nicht vom Gericht ernannten Sachverständigen führt zur Unverwertbarkeit dieses Gutachtens im Gerichtsverfahren und zum Verlust des Entschädigungsanspruchs (vgl. unten Rz 1560). Teilweise andere Grundsätze gelten im Strafverfahren. Hier kann außer natürlichen Personen auch eine „Fachbehörde" zum Sachverständigen bestellt werden (§ 83 Abs. 3 StPO). Darunter fällt zwar die Fakultät oder der Fachbereich, nicht aber eine Universitätsklinik (OLG München, NJW 1968, 202; Kleinknecht, aaO. § 83 Rz 2) oder ein > K r a n k e n h a u s unter öffentlichrechtlicher Trägerschaft. Nach § 256 Abs. 1 StPO kann ein Gutachten einer „öffentlichen Behörde" in der Hauptverhandlung verlesen werden; die Rspr. rechnet hierzu u. a. Krankenanstalten der öffentlichen Hand (OLG Karlsruhe, NJW 1973, 1426). 3. Für die Beschaffung des Tatsachenstoffes bedarf es eines gründlichen Aktenstudiums. Bei psychiatrischen Gutachten ist das sorgfältige Studium der Vorstrafakten von besonderer Bedeutung. Allerdings dürfen Verurteilungen, die im Bundeszentralregister getilgt oder zu tilgen sind, grundsätzlich nicht mehr zum Nachteil des Betroffenen verwertet werden; näher hierzu Bresser, NJW 1973, 537; Götz, NJW 1973, 1408; Schlüter, NJW 1973, 2246). Im übrigen ist es Sache des Gerichts, das für die Gutachtenerstattung notwendige Tatsachenmaterial zu beschaffen und ggf. > K r a n k e n u n t e r l a g e n von behandelnden Ärzten oder anderen Stellen beizuziehen (vgl. Jessnitzer, aaO. S. 188). 4. Für die Ablehnung des ärztlichen Sachverständigen wegen Befangenheit gelten die allgemeinen prozessualen Vorschriften (vgl. § 406 ZPO, § 74 StPO). Als Ablehnungsgründe kommen u. a. eine frühere Behandlung einer Prozeßpartei oder die Erstattung eines privaten Gutachtens in derselben Sache in Betracht (vgl. dazu Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, aaO. § 406 Anm. 2B). Die frühere Tätigkeit eines Klinikleiters für eine Versicherungsgesellschaft in einer Sache reicht jedoch für sich allein nicht aus, im Rechtsstreit der Gesellschaft beim Gegner die berechtigte Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen hervorzurufen (OLG Karlsruhe, VersR 1973, 865; Jessnitzer, DMW 1973, 2315f.). Zur Ablehnung eines medizinischen Sachverständigen im sozialgerichtlichen Verfahren vgl. Heinecke, DRV 1974, 172.

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5. Die Überprüfung medizinischer Sachverständigengutachten durch Gerichtsärztliche Ausschüsse (> G e r i c h t s a r z t ) verstößt nicht gegen rechtsstaatliche Grundsätze. Sie stellt weder eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Sachverständigen noch einen Eingriff in dessen Grundrecht aus Art. 5 Abs. 3 GG dar (OVG Münster v. 28. 10. 1981 - 1 A 900/79 -).

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V. Haftung. Bei der Frage, inwieweit der ärztliche Sachverständige für schuldhafte Pflichtverletzungen strafrechtlich und zivilrechtlich einzustehen hat, ist jeweils zu unterscheiden zwischen Fehlleistungen bei der Vorbereitung des > G u t a c h t e n s und Fehler bei der Erstattung des Gutachtens. 1. Strafrechtlich kommt bei der Gutachtenvorbereitung ein Verstoß gegen §§ 223, 230 StGB in Betracht (z.B. Infektion bei der > B l u t e n t n a h m e aufgrund mangelnder Sorgfalt des Sachverständigen). Die vorsätzliche oder fahrlässige Erstattung eines falschen ärztlichen Gutachtens kann den Tatbestand der §§ 153-156, 163, 263 StGB erfüllen (vgl. im einzelnen dazu Jessnitzer, aaO. S. 307 ff.). 2. Bei der zivilrechtlichen Haftung des ärztlichen Sachverständigen (vgl. dazu Pieper in: Gedächtnisschr. f. R. Bruns, S. 167ff.) ist zu unterscheiden, ob Auftraggeber eine private Stelle oder eine öffentlichrechtliche Institution ist. In beiden Fällen kann ein Schaden auf zweierlei Weise entstehen: einmal durch unmittelbare Schadenszufügung infolge Fehlleistungen des Sachverständigen bei einer das Gutachten vorbereitenden Untersuchung; ferner mittelbar dadurch, daß aufgrund eines falschen Gutachtens zum Nachteil eines Betroffenen eine falsche Entscheidung (z. B. ein falsches Gerichtsurteil) getroffen wird. a) Der für eine Privatperson oder eine private Einrichtung tätige Sachverständige haftet seinem Auftraggeber für Schäden aus einem falschen Gutachten nach den Regeln über die Gewährleistung für Mängel beim Werkvertrag (§§ 633ff. BGB; vgl. BGH, NJW 1967, 719; Jessnitzer, aaO. S. 311). Für Fehlleistungen bei der Gutachtenvorbereitung hat er unter dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung einzustehen. Daneben kommt in beiden Fällen eine Haftung aus unerlaubter Handlung (§ 823 BGB) in Betracht. b) Für Schäden aus Verschulden des von einem Gericht oder einer sonstigen öffentlichrechtlichen Institution bestellten Sachverständigen kommt mangels vertraglicher Beziehungen zwischen dem Sachverständigen und der zu untersuchenden Person (vgl. oben Rz 1534) nur eine Haftung des Sachverständigen aus unerlaubter Handlung in Frage. Eine Haftung des öffentlichrechtlichen Auftraggebers nach Amtshaftungsgrundsätzen (Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB > H a f t u n g Rz 785) scheidet regelmäßig aus, weil der für eine öffentlichrechtliche Institution tätige Sachverständige i.d.R. keine öffentliche Gewalt für seinen Auftraggeber ausübt (vgl. oben Rz 1533). Dieser für gerichtliche Sachverständige von der Rspr. anerkannte Grundsatz muß entsprechend für den von einer Verwaltungsbehörde bestellten Sachverständigen gelten (vgl. Jessnitzer, aaO. S. 360). Eine Ausnahme besteht jedoch bei der Begutachtung im Rahmen von Zwangsmaßnahmen (> B l u t e n t n a h m e Rz 457,

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> Z w a n g s b e h a n d l u n g Rz 2007) sowie in bestimmten Fällen der Mitwirkung ärztlicher Sachverständiger bei Verwaltungsmaßnahmen, bei denen eine besonders enge Verknüpfung mit den hoheitlichen Aufgaben der Behörde vorliegt (BGH, NJW 1973, 555 > A m t s a r z t Rzn. 53 f., > Arbeitsamtsarzt Rz 95; > Versorgungsarzt Rz 1840, > Vertrauensarzt Rz 1856), ferner dann, wenn ein > b e a m t e t e r A r z t von einer fremden Behörde persönlich zum Sachverständigen bestellt ist und die Erstattung des Gutachtens zu seinen Dienstaufgaben gehört (vgl. Jessnitzer, aaO. S. 318). In diesen Fällen tritt ausnahmsweise Amtshaftung ein. aa) Für ein schuldhaftes Fehlverhalten bei der Gutachtenvorbereitung ist der Sachverständige grundsätzlich nach § 823 Abs. 1 und Abs. 2 BGB ersatzpflichtig (vgl. BGH, NJW 1973, 556; zur Haftung des von einem gerichtlichen Sachverständigen beauftragten ärztlichen Mitarbeiters vgl. LG Bremen, VersR 1979, 632). Amtshaftung tritt ausnahmsweise dann ein, wenn der ärztliche Sachverständige zur Vorbereitung eines Gutachtens für ein Gericht oder die Staatsanwaltschaft Zwangsmaßnahmen durchführt ( > B l u t e n t n a h m e Rz 452), da er hierbei ein öffentliches Amt i. S. des Art. 34 GG ausübt (vgl. Jessnitzer, aaO. S. 318; ders., DMW 1974, 542). bb) Bei der Schadenszufügung durch falsche Gutachten kommt eine Haftung des ärztlichen Sachverständigen nach § 823 Abs. 1 und 2 sowie § 826 BGB in Betracht. bba) § 823 Abs. 1 BGB setzt die schuldhafte Verletzung eines absoluten Rechts des Geschädigten voraus. Dieser Fall kann z. B. gegeben sein, wenn einem Beschuldigten in einem Strafverfahren aufgrund eines unrichtigen medizinischen Sachverständigengutachtens durch gerichtliche Entscheidung zu Unrecht die Freiheit entzogen wird. Der BGH hatte in einem derartigen Fall die Haftung des Sachverständigen sowohl bei leichter als auch bei grober Fahrlässigkeit verneint, im wesentlichen mit der Begründung, daß die Stellung des Sachverständigen als Gehilfe des Richters mit der hierfür notwendigen inneren Unabhängigkeit dagegen spreche, dem Sachverständigen ein so weitgehendes Haftungsrisiko aufzuerlegen (BGH, NJW 1974, 312 m. Anm. Hellmer, NJW 1974, 556). Auf die Verfassungsbeschwerde des Klägers gegen diese Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht durch Beschluß v. 11. 10. 1978 (NJW 1979, 305 = JZ 1979, 60 m. Anm. Starck) festgestellt, daß ein Schadensersatzanspruch der begutachteten Person gegen den ärztlichen Sachverständigen bei schuldhafter Falschbegutachtung nach § 823 Abs. 1 BGB jedenfalls dann besteht, wenn der Sachverständige grob fahrlässig gehandelt hat und der Schaden in einer Verletzung der persönlichen Freiheit des Betroffenen besteht. Dabei kann die Abgrenzung der groben Fahrlässigkeit in der Praxis Schwierigkeiten bereiten. Man wird davon ausgehen können, daß nicht nur leicht, sondern grob fahrlässig handelt, wer die Sorgfaltspflichten eines Gutachters in besonderem Maße verletzt, d. h. wer Fehler nicht vermeidet, die jedem anderen Gutachter in vergleichbarer Situation aufgefallen wären (vgl. Schreiber, Chirurg 1979, 202ff., 207). Im übrigen dürften die vom BGH für das Vorliegen eines „schweren" oder „groben" Behandlungsfehlers entwickelten Kriterien

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( > B e h a n d l u n g s f e h l e r Rz 306) hier entsprechend gelten. Ein grob fahrlässiges Verhalten kann auch darin liegen, daß ein ärztlicher Sachverständiger widerspruchslos einen Gutachtenauftrag übernimmt, obwohl er weiß, daß ihm die hierfür erforderliche Sachkunde fehlt (vgl. Weimar, VersR 1955, 263). bbb) Ein vorsätzlich falsches uneidliches oder eidliches sowie ein fahrlässig falsches eidliches Gutachten, ferner ein unrichtiges Gutachten, dessen Richtigkeit vorsätzlich oder fahrlässig an Eides Statt versichert worden ist, verpflichten den Sachverständigen gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 153, 154, 156, 163 StGB in vollem Umfang zum Schadensersatz, also auch zum Ersatz des Vermögensschadens. bbc) Sofern der Sachverständige eine Rechtsgutverletzung aufgrund eines unrichtigen Gutachtens billigend in Kauf genommen hat, kann er nach § 826 BGB schadensersatzpflichtig sein (BGH, NJW 1974, 315). c) Eine Haftung des ärztlichen Sachverständigen nach § 826 BGB kann auch bei Nichterstattung oder verspäteter Erstattung des Gutachtens eingreifen (näher dazu Jessnitzer, aaO. S. 316). 3. Der ärztliche Sachverständige hat gegenüber der untersuchten Person keine Garantenstellung in dem Sinne, daß er bei bewußter Unterlassung der Feststellung eines für den Untersuchten zwar wesentlichen, für die Beantwortung der gutachtlichen Frage jedoch irrelevanten Befundes zivilrechtlich oder strafrechtlich haftbar wäre (z.B. Nichterwähnung einer für das Gutachten irrelevanten Körperveränderung; vgl. hierzu Gramberg-Danielsen, DÄ 1979, 2677 f.). VI. Entschädigung der Sachverständigen. Die Rechtsgrundlagen für die EntSchädigung des ärztlichen Sachverständigen sind verschieden je nachdem, wer Auftraggeber ist. 1. Bei privaten Auftraggebern richtet sich die Vergütung des ärztlichen Sachverständigen nach der > G e b ü h r e n o r d n u n g für Ä r z t e (GOÄ'82) mit der Möglichkeit, durch Vereinbarung eine höhere Vergütung festzulegen (§ 2 GOÄ > Arzthonorar Rzn. 174ff. ; > Gutachten Rz 746). 2. Der vom Gericht oder der Staatsanwaltschaft beauftragte ärztliche Sachverständige erhält eine Entschädigung nach dem Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen i.d.F.v. 1. 10. 1969 - ZSEG - (BGBl. I S. 1756). Für Sachverständige, die von der Polizei beauftragt werden, gilt das ZSEG nicht, auch wenn die Polizei dabei im Auftrag der Staatsanwaltschaft tätig wird; die Entschädigung richtet sich hier nach dem für die Polizei in den einzelnen Bundesländern geltenden Sondervorschriften, wobei z. T. das ZSEG für anwendbar erklärt wird (vgl. Meyer-Höver, aaO. § 1 Rz 10). Wo solche speziellen Vorschriften fehlen, richtet sich die Vergütung nach § 11 GOÄ. Zur Entschädigung ärztlicher Sachverständiger im sozialgerichtlichen Verfahren vgl. Louven, MMW 1983/10, S. 84ff. ; 1983/12, S. 84ff. a) Sachverständige, bei denen die Erstattung des angeforderten Gutachtens zu ihren Dienstaufgaben gehört, haben keinen Entschädigungsanspruch (§ 1 Abs. 3 ZSEG). Bei ärztlichen > H o c h s c h u l l e h r e r n und sonstigen Ärzten an

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Universitätskliniken oder öffentlichen Krankenanstalten gehört die Erstattung von Gutachten für Gerichte und Staatsanwaltschaft mangels besonderer abweichender Vereinbarungen nicht zu den Dienstaufgaben (Meyer-Höver, aaO. Rz 62f.); wohl aber bei Ärzten der > G e s u n d h e i t s ä m t e r (vgl. LG Braunschweig NdsRpfl. 1983, 185 [Erstattung von Gutachten in Entmündigungsverfahren] ). Zur Gutachtertätigkeit der Ärzte in psychiatrischen Anstalten vgl. Meyer-Höver, aaO. Rz 64 ff. > G e r i c h t s a r z t . b) Die Sachverständigen-Entschädigung nach dem ZSEG umfaßt die Leistungsentschädigung (§§ 3ff.) sowie den Ersatz der zur Vorbereitung und Erstattung des Gutachtens erforderlichen Aufwendungen (§8). Darüber hinaus werden Fahrtkosten (§ 9), der durch eine notwendige Terminswahrnehmung verursachte Mehraufwand (§ 10) sowie sonstige notwendige bare Auslagen, zu denen auch die Kosten einer notwendigen Vertretung gehören (§ 11), erstattet. aa) Nach § 3 Abs. 2 ZSEG beträgt die Leistungsentschädigung des Sachverständigen für jede Stunde der erforderlichen Zeit 20 bis 50 DM. Für die Bemessung des Stundensatzes sind der Grad der erforderlichen Fachkenntnisse, die Schwierigkeit der Leistung, ein nicht anderweitig abzugeltender Aufwand für die notwendige Benutzung technischer Vorrichtungen und besondere Umstände maßgebend, unter denen das Gutachten zu erarbeiten war (dazu im einzelnen Meyer-Höver, aaO. Rzn. 158ff. ; Gebhardt, aaO. S. 50ff.). Für den Grad der erforderlichen Fachkenntnisse ist nicht entscheidend, über welche fachliche Qualifikation der ärztliche Sachverständige allgemein verfügt; vielmehr kommt es allein darauf an, welche Fachkenntnisse für die Erstattung des Gutachtens im Einzelfall erforderlich sind (OLG Zweibrücken, NJW 1971, 259; OLG Koblenz, VersR 1983, 467; Meyer-Höver, aaO. Rz 159). Unzulässig ist deshalb eine Abstufung der Entschädigungen nach Arztgruppen (z. B. > p r a k t i s c h e Ä r z t e , > G e b i e t s ä r z t e , ärztliche > H o c h s c h u l l e h r e r ; vgl. LSG München v. 20. 3. 1963, Medizin im Sozialrecht B 20 b/14; Gebhardt, aaO. S. 52). Allerdings ist zu beachten, daß die Gerichte bereits bei der Auswahl des ärztlichen Sachverständigen die voraussehbare fachliche Qualifikation im Einzelfall berücksichtigen. Unter dieser Voraussetzung hat das OLG Zweibrücken im Jahr 1977 (NJW 1977, 1501, 1502) bei jeweils durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad folgende Stundensätze für angemessen erachtet: Praktische Ärzte 37,50 DM, Gebietsärzte 41,50 DM, Hochschulprofessoren und Ärzte mit mehr als einer > G e b i e t s b e z e i c h n u n g 50 DM. Diese Abstufung erscheint trotzdem nicht unbedenklich, weil sie dazu verleitet, die Bemessung der Höhe der Entschädigung an der allgemeinen Qualifikation des Sachverständigen auszurichten (vgl. auch Gebhardt, aaO. S. 52). Da medizinische Gutachten erheblich über dem Durchschnitt liegende Fachkenntnisse erfordern, wird heute ein durchschnittlicher Stundensatz von 40 DM als angemessen angesehen (vgl., Gebhardt, S. 52; die Rspr. setzt die durchschnittliche Entschädigung für medizinische Gutachten ohne besonderen Schwierigkeitsgrad im oberen Drittel des Rahmensatzes an ; vgl. LSG Darmstadt, Medizin im Sozialrecht B 20b/21 ; LG Konstanz, NJW 1971, 259). Die Zubilligung des Höchstsatzes von 50 DM setzt eine außergewöhnliche

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schwierige gutachterliche Tätigkeit voraus, die ein hervorragendes Maß an fachlichen Kenntnissen verlangt. Sie steht auch dem besonders qualifizierten Sachverständigen nur in Ausnahmefällen zu (OLG Stuttgart, NJW 1977, 1502). Diese Sätze können unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 ZSEG bis zu 50% überschritten werden, so daß sich im Höchstfall ein Stundensatz von 75 DM ergibt. Abweichend von der Vergütung nach Stundensätzen erhält der ärztliche Sachverständige für bestimmte Verrichtungen feste Entschädigungssätze oder Rahmensätze nach der Anlage zu § 5 ZSEG (zur Entschädigung eines zum Sachverständigen bestellten Krankenhausarztes nach diesen Bestimmungen vgl. VGH München, NJW 1973, 1429). Diese Regelung führt in vielen Fällen zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung der betroffenen Ärzte und ist daher verfassungsrechtlich bedenklich (näher dazu Diemer, SGb 1982, 338, 341). Insgesamt zwingt das vorstehend skizzierte Kostenrecht heute einen nicht unbeträchtlichen Teil der medizinischen Sachverständigen dazu, für die Gerichte unter Selbstkostenpreis zu arbeiten. Auch hiergegen bestehen erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken (näher dazu Diemer, aaO. S. 339f.). Bei der Heranziehung ausländischer Ärzte zu Sachverständigen können abweichend von §§ 3 - 5 ZSEG nach billigem Ermessen höhere Entschädigungen gewährt werden (§ 6 ZSEG; vgl. dazu Diemer, aaO. S. 341 f.; a.A. Wiesner, SGb 1983, 434f.). Allgemeine Kostensteigerungen können bei der Festsetzung der Entschädigung nach § 3 Abs. 2 ZSEG nicht berücksichtigt werden. Es ist vielmehr Sache des Gesetzgebers, die Entschädigungen jeweils an die wirtschaftliche Entwicklung anzupassen (OLG Zweibrücken, NJW 1976, 383; NJW 1977, 1501, 1502). bb) Die dem Sachverständigen zu ersetzenden Aufwendungen umfassen die für die Vorbereitung und Erstattung des Gutachtens aufgewendeten Kosten einschließlich der notwendigen Aufwendungen für ärztliche und nichtärztliche Hilfskräfte sowie Schreibauslagen und ggf. > U m s a t z s t e u e r (§ 8 Abs. 1 ZSEG). Nach h. M. gehören nicht hierher die anteiligen allgemeinen Praxisunkosten (vgl. Meyer-Höver, aaO. Rz 244; LSG Stuttgart, NJW 1969, 576, a.A. Gebhardt, aaO. S. 72). Zu den nach § 8 ZSEG zu erstattenden notwendigen Aufwendungen gehört auch das > N u t z u n g s e n t g e l t (LSG Berlin v. 18. 10. 1973, Medizin im Sozialrecht B 2 0 b / 2 5 ; KG, Rpfleger 1976, 70; Gebhardt, aaO. S. 80 ; Rieger, DMW 1973, 456; a.A. LSG Stuttgart v. 15. 7. 1977 - L 9 Ko 17/76-3 - • differenzierend Meyer-Höver, aaO. Rz 243, der dem Sachverständigen Ersatz des Nutzungsentgelts zubilligt, soweit es für die Inanspruchnahme von Personal und Material für die Gutachtertätigkeit entrichtet werden muß). Bei der stationären Begutachtung können im Geltungsbereich der O B u n d e s p f l e g e s a t z v e r o r d n u n g neben dem allgemeinen > P f l e g e s a t z nach § 7 BPflV nur solche Leistungen in Rechnung gestellt werden, die in Ausführung des Gutachtenaufträges im Einzelfall erbracht worden sind und die bei stationärer Aufnahme zur Behandlung oder Diagnosestellung nicht erforderlich ge-

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Sachverständiger

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wesen wären. Hierzu gehören in jedem Falle alle mit der Erstattung des Gutachtens verbundenen Leistungen des ärztlichen Sachverständigen (näher zu diesen Fragen Kohleiss, SGb 1979, 489ff. ; dies., DMW 1975, 2360ff. ; LSG Berlin, Med. Sach. 1976, 59; LSG Stuttgart, NJW 1976, 391; OLG Zweibrücken, JurBüro 1983, 107). Die gesamten im Zusammenhang mit der stationären Aufnahme entstandenen Kosten können grundsätzlich nur von dem gerichtlichen Sachverständigen geltend gemacht werden, wenngleich in der Praxis eine unmittelbare Ersatzleistung an den Krankenhausträger weitgehend üblich ist (vgl. Kohleiss, DMW 1975, 2360). c) Der vom Gericht bestellte ärztliche Sachverständige verliert seinen Entschädigungsanspruch u. a., wenn er den Gutachtenauftrag eigenmächtig an einen anderen Arzt zur eigenverantwortlichen Erledigung überträgt (OLG Frankfurt, ArztR 1978, 244 ; Jessnitzer, DMW 1978, 449; oben Rzn. 1539, 1542). Zum Verlust des Entschädigungsanspruches in anderen Fällen vgl. Meyer-Höver, aaO. Rzn. 130 ff. m. Nachw. ; Hesse, NJW 1969,2263 ff., LG Bremen, NJW 1977,2126; OLG Frankfurt, NJW 1977,1502 > Z u s a t z g u t a c h t e n Rz 2001). d) Der ärztliche Sachverständige kann sich gegenüber dem Anspruch der Staatskasse auf Rückzahlung zuviel gezahlter Entschädigung nicht auf den Wegfall der Bereicherung nach § 818 Abs. 3 BGB berufen (OLG Hamm, NJW 1973, 574). 3. Bei der Erstattung von Gutachten für Behörden im Verwaltungsverfahren gilt das ZSEG teilweise entsprechend, z. T. bestehen aber auch besondere Vorschriften oder Vereinbarungen. Eine entsprechende Anwendung des ZSEG ist z. B. vorgesehen im allgemeinen Verwaltungsverfahren (vgl. § 26 Abs. 3 Satz 2 VwVfG), in der Kriegsopferversorgung und im Verwaltungsverfahren nach dem > S o z i a l g e s e t z b u c h (§21 Abs. 3 Satz 3 SGB X ; entsprechend der hier vorgesehenen Möglichkeit haben die > Bundesärztekammer und der Verband Deutscher Rentenversicherungsträger eine Gebührenvereinbarung getroffen > Gutachten Rz 746). Die Entschädigung für ärztliche Gutachten für Berufsgenossenschaften ist in den Leitnummern 82 ff. des BG-Abkommens geregelt (vgl. hierzu Noeske-Hamacher-Franz, aaO. Erl. zu Ltnrn. 81 ff.). Besondere Regelungen bestehen auch für die Erstattung ärztlicher Gutachten für Arbeitsämter (näher dazu Gebhardt, aaO. S. 124f.). 4. Der Vergütungsanspruch des ärztlichen Sachverständigen verjährt in zwei Jahren (§ 196 Abs. 1 Nr. 17 BGB).

Sachverständiger Zeuge 1562

I. Begriff. Ein sachverständiger Zeuge ist ein Zeuge, der darüber aussagt, was er an vergangenen Tatsachen oder Zuständen aufgrund seiner besonderen Sachkunde wahrgenommen hat (Spann, aaO. S. 305). Daß die Wahrnehmun-

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Sanatorium

gen ihm nur aufgrund seiner besonderen Fachkenntnisse möglich waren, macht ihn noch nicht zum Sachverständigen, der aus (selbst oder von einem Dritten wahrgenommenen) Tatsachen Schlüsse zieht (> S a c h v e r s t ä n d i g e r Rz 1532). Er bleibt vielmehr Zeuge. Maßgebend für die Abgrenzung ist, ob der Betreffende unersetzbar ist (dann ist er sachverständiger Zeuge) oder ob er auswechselbar ist (dann ist er Sachverständiger; vgl. Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, aaO. § 414 Anm. 2). Beispiel: Ein Arzt, der über Art und Umfang der von ihm bei einem Unfall festgestellten Verletzungen einer Person aussagt, ist sachverständiger Zeuge. Wird dagegen von ihm ein Urteil über die infolge der Verletzung eingetretene Erwerbsminderung und die Heilungsaussichten abgegeben, so beschränkt sich seine Aussage nicht auf die Wiedergabe von Wahrnehmungen, sondern stellt eine fachkundige Beurteilung der wahrgenommenen Tatsachen aufgrund von Schlußfolgerungen dar ; in diesem Fall ist der Arzt Sachverständiger.

II. Rechtsgrundlagen. Auf den sachverständigen Zeugen finden die prozessualen Vorschriften über Zeugen Anwendung (> Z e u g n i s v e r w e i g e r u n g s recht). Er erhält Zeugengebühren und keine Sachverständigenentschädigung (vgl. § 414 ZPO, § 85 StPO). In der gerichtlichen Praxis kommt es häufig vor, daß derselbe Arzt sowohl als Zeuge wie auch als Sachverständiger gehört wird. In diesem Fall wird er für die gesamte Dauer seiner Vernehmung als Sachverständiger entschädigt (Meyer-Höver, aaO. Rz 80 m. Nachw.). Zum behandelnden Arzt als sachverständiger Zeuge im Sozialgerichtsverfahren vgl. Hoffmann, ÄM 1962, 277.

Sanatorium I. Der Begriff des Sanatoriums findet sich weder im KHG noch in der RVO. 1563 Er hat Bedeutung im Bereich der privaten > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g Rz 1107), wo die Kosten für einen Sanatoriumsaufenthalt nicht zum normalen Leistungsumfang gehören (> K r a n k e n h a u s Rz 1016). Im > Beihilfer e c h t werden diese Kosten nur unter bestimmten Voraussetzungen als beihilfefähige Aufwendungen anerkannt (vgl. Nr. 6 BhV). Sowohl nach ärztlicher Auffassung wie auch nach allgemeinem Sprachgebrauch versteht man unter einem Sanatorium „eine unter (fach-)ärztlicher Leitung stehende, klimatisch günstig gelegene, meist einer speziellen Zielrichtung gemäß ausgestattete stationäre Einrichtung zur Behandlung und Betreuung genesender und/oder chronisch Kranker, bei denen kein Krankenhausaufenthalt (mehr) erforderlich ist. Die Patienten werden dort durch spezielle Heilanwendungen, z. B. Ernährungs- und physikalische Therapie, behandelt, wobei ihre Herauslösung aus der gewohnten Umwelt als wichtiger Heilfaktor hinzukommt" (BGH, NJW 1983, 2088). Eine scharfe Abgrenzung zum l> Krankenhaus bzw. zur Piivatklinik ( > Privatkrankenanstalt) ist nicht immer möglich. Auf die tatsächliche Be-

Sanatorium

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Zeichnung kommt es nicht an ; maßgebend sind die Umstände des Einzelfalles. Auch für einen Sanatoriumsaufenthalt ist es charakteristisch, daß er der Behandlung einer > K r a n k h e i t und nicht - wie z.T. fälschlicherweise angenommen wird - lediglich der Festigung der Gesundheit dient (BGH, aaO.). Ein Krankenhaus dient i.d.R., aber nicht immer der Behandlung von akuten Krankheiten. Die Patienten werden meist unmittelbar nach der Erkrankung aufgenommen und vielfach bereits vor der vollständigen Genesung entlassen. Sie sind meist bettlägerig und haben keine Möglichkeit, das Haus zu Spaziergängen, Ausflügen etc. zu verlassen. Daß die Kranken von Ärzten und ausgebildetem Krankenpflegepersonal betreut werden, macht noch nicht das Wesen eines Krankenhauses aus ; denn auch in Sanatorien und Kuranstalten werden Ärzte und Krankenpflegekräfte beschäftigt. In Krankenhäusern findet jedoch, verglichen mit Sanatorien, ein weitaus intensiverer Einsatz des medizinischen Personals statt. Charakteristisch ist vor allem die ständige ärztliche Überwachung des Heilungsverlaufs, insbesondere durch die täglichen Visiten des Arztes. Bei der Behandlung stehen physikalische und chemische Mittel im Vordergrund. Im Gegensatz dazu werden in Sanatorien Patienten aufgenommen, die entweder an einer leichteren chronischen Krankheit leiden, oder solche, die bereits einen Krankenhausaufenthalt oder eine sonstige > Heilbehandlung hinter sich haben, einer weiteren Krankenhausbehandlung nicht mehr bedürfen, jedoch noch nicht völlig wiederhergestellt sind. Der Heilerfolg wird in erster Linie von einer geregelten Lebensweise, einer zweckmäßigen Diät, der Herausnahme aus der gewohnten Umgebung und der Fernhaltung störender Umwelteinflüsse (Lärm, Luftverschmutzung) erwartet. Die Sanatoriumspatienten sind meist nicht bettlägerig; sie haben daher auch die Möglichkeit, das Sanatorium zu Spaziergängen zu verlassen. Da die natürlichen Heilfaktoren zu ihrer Wirksamkeit längere Zeit benötigen, kommt im Sanatorium dem Zeitfaktor besondere Bedeutung zu (vgl. OLG Celle, VersR 1958, 79; LG Osnabrück, VersR 1951, 266; Platz, VersR 1964, 1121). 1564

Mit dem Begriff des > K u r k r a n k e n h a u s e s besteht weitgehend Deckungsgleichheit (vgl. OLG Karlsruhe, VersR 1978, 615, 616, BGH aaO.). Ein - für die Praxis kaum bedeutsamer - Unterschied dürfte insofern bestehen, als im Kurkrankenhaus dem Erholungszweck mehr Gewicht zukommt als im Sanatorium (vgl. auch Schröder-Beckmann-Keufer-Hellstern, aaO. § 6 Anm. 12). Wesentliches Indiz für ein Sanatorium ist die Werbung mit Prospekten über das Haus und seine Einrichtungen (vgl. Prölss-Martin, aaO. § 15 AVK Anm. 5). II. Die Werbung durch Sanatorien kann außer gegen UWG und ärztliches Standesrecht ( > P r i v a t k r a n k e n a n s t a l t Rz 1449, > W e r b e v e r b o t Rzn. 1908ff.) auch gegen das > H e i l m i t t e l w e r b e g e s e t z verstoßen (vgl. BGH, NJW 1982, 702 [Werbung mit der Bezeichnung „vegetative Dystonie"]; NJW 1970, 1967).

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Sanitätsoffizier

III. Steuerrecht. Betreibt ein Arzt ein Sanatorium, in dessen Rahmen er ärztliehe Leistungen erbringt, so gehören alle bei dem Betrieb erzielten Einkünfte einschließlich denen aus ärztlicher Leistung zu den Einnahmen aus Gewerbebetrieb (BFH v. 12. 11. 1964, BStBl. 1965 III S. 90, näher dazu M. Beker, aaO. S. 33; anders beim Betrieb einer Privatklinik > U m s a t z s t e u e r Rz 1803).

1565

Sanitätsoffizier I. Begriff. Sanitätsoffizier ist ein im Sanitätsdienst der Bundeswehl tätiger > A r z t , > Z a h n a r z t , > A p o t h e k e r oder Tierarzt, der durch Ernennungsurkunde hierzu ernannt ist.

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II. Rechtsstellung. Der ärztliche Sanitätsoffizier unterliegt als Arzt und Soldat sowohl den seinen dienstrechtlichen Status regelnden Vorschriften, insbesondere dem Soldatengesetz, als auch dem ärztlichen Berufsrecht. Aus dieser Doppelfunktion ergeben sich verschiedene Probleme, vor allem in beamtenrechtlicher, disziplinarrechtlicher und wehrrechtlicher Hinsicht (dazu Henneberger, aaO. S. 18ff., 28ff., 37ff.). Sanitätsoffiziere, die innerhalb von höheren oder höchsten militärischen Führungsstäben die fachliche Leitung des Sanitätsdienstes haben, bekleiden die Stellung eines leitenden Sanitätsoffiziers (vgl. Bock bei Kuhns, aaO. S. 1/ 763; Henneberger, aaO. S. 51 ff.). Zur Rechtsstellung von > V e r t r a g s ä r z t e n (Rz 1849), die anstelle von Sanitätsoffizieren für die Bundeswehr tätig werden > T r u p p e n a r z t Rz 1779. > G e b i e t s ä r z t e , die anstelle von Sanitätsoffizieren in Bundeswehrkrankenhäusern tätig werden, erhalten z. Zt. folgende Pauschalvergütungen: für eine oder die erste Doppelstunde 105,00 DM, für die zweite Doppelstunde 70,DM, als Tagespauschale 260,- DM. Zur Rechtsstellung des Sanitätsoffiziers im Verteidigungsfall (vgl. Henneberger, aaO. S. 93ff.).

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III. Aufgaben. Ärztliche Sanitätsoffiziere sind in erster Linie im Truppensanitätsdienst der Teilstreitkräfte ( > T r u p p e n a r z t ) oder in Bundeswehrkrankenhäusern, Instituten und Untersuchungsstellen tätig. Neben der kurativen Medizin betreiben sie auch Vorsorgemedizin und arbeiten auf speziellen Gebieten der Wehrmedizin (z.B. Flugmedizin, Tauchermedizin). Ein Teil der Sanitätsoffiziere ist mit organisatorischen Führungs- und Ausbildungsaufgaben betraut. IV. Sanitätsoffiziere sind Pflichtmitglieder der > Ärztekammer (BVerwG, VerwRspr. 23, 786; Henneberger, aaO. m. Nachw.; G. Müller, Nieders. ÄBl. 1963, 289). Wegen der sich daraus ergebenden Heranziehung zum Kammerbeitrag steht ihnen gegen ihren Dienstherrn ein Erstattungsanspruch weder nach

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Sanitätsoffizier

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Besoldungsrecht noch aufgrund der dem Dienstherrn obliegenden Fürsorgepflicht zu (BVerwG, NJW 1983, 2102 [Leits.]). Bei den ärztlichen > Versorgungswerken (Rzn. 1842f.) besteht im allgemeinen keine Pflichtmitgliedschaft. 1569

V. Zur Ausübung einer > Nebentätigkeit, z.B. einer Privatpraxis, bedarf der Sanitätsoffizier der Genehmigung seines Disziplinarvorgesetzten (§ 20 Abs. 1 SoldG). Diese darf entsprechend der Regelung in § 65 Abs. 2 BBG nur versagt werden, wenn zu befürchten ist, daß die Nebentätigkeit die dienstlichen Leistungen oder andere dienstliche Belange beeinträchtigen würde (§ 20 Abs. 2 SoldG). In der Praxis wird wegen der häufigen dienstlichen Abwesenheit des Soldaten vom Standort von der Möglichkeit zur Ausübung einer Privatpraxis nur relativ selten Gebrauch gemacht. Eine Nebentätigkeit wird jedoch i.d.R. von den leitenden Abteilungsärzten in Bundeswehrkrankenhäusern ausgeübt (näher dazu Henneberger, aaO. S. 62ff., 66). Die einem Sanitätsoffizier erteilte allgemeine Genehmigung zur Ausübung einer privatärztlichen Nebentätigkeit erstreckt sich nicht auf eine Nebentätigkeit als > K a s s e n a r z t . Die Nebentätigkeit als Kassenarzt ist mit den Aufgaben eines Sanitätsoffiziers als Berufssoldat und den sonstigen dienstlichen Belangen nicht vereinbar (BVerwG, NJW 1979, 1261). Im übrigen steht § 2 0 Abs. 1 ZO-Ä der Zulassung eines Sanitätsoffiziers als Kassenarzt regelmäßig entgegen, da der Sanitätsoffizier wegen seiner dienstlichen Verpflichtungen für die Versorgung der Versicherten persönlich nicht in erforderlichem Maße zur Verfügung steht (BayLSG v. 15. 3. 1980, ArztR 1981, 5 ; ebenso die Antwort des Bundesverteidigungsministeriums auf eine parlamentarische Anfrage; DÄ 1980, 2338 > K a s s e n a r z t Rz 926, > Z a h n a r z t Rz 1972). Zur Teilnahmepflicht von Sanitätsoffizieren am allgemeinen ärztlichen Notfalldienst > N o t f a l l d i e n s t Rz 1283.

1570

VI. Der Sanitätsoffizier unterliegt der ärztlichen > Schweigepflicht (§203 Abs. 1 StGB > T r u p p e n a r z t Rzn. 1780f.) sowie der Verschwiegenheitspflicht in seiner Eigenschaft als Amtsträger (§ 203 Abs. 2 StGB > S c h w e i g e p f l i c h t Rz 1618 a.E.).

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VII. Haftung. Für > Behandlungsfehler bei Soldaten der Bundeswehr haftet der Staat nach Amtshaftungsgrundsätzen (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG > H a f t u n g Rz 785). Bei der Behandlung von Zivilisten handelt es sich dagegen nicht um hoheitliche Tätigkeit mit der Folge, daß der Sanitätsoffizier gegenüber dem Patienten nach Deliktsrecht (§ 839 BGB) haftet, allerdings nur, wenn der Patient nicht auf andere Weise, vor allem vom Bund (aus Vertrag, Geschäftsführung ohne Auftrag oder unerlaubter Handlung) Ersatz zu erlangen vermag (§ 839 Abs. 1 Satz 2 BGB). Muß der Bund dem geschädigten Patienten im ersteren Fall Schadensersatz leisten, ist der für den Schaden verantwortliche Sanitätsoffizier dem Dienstherrn im Innenverhältnis nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit regreßpflichtig (§ 24 Abs. 2 SoldG). Wegen der Konkur-

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Schiffsarzt

renz von Unfallfürsorgeansprüchen nach dem SVG und Schadensersatzansprüchen > Wehrdienst Rz 1868 Da der Bund als Dienstherr keine Haftpflichtversicherungsverträge zugunsten der Soldaten abschließt, empfiehlt sich auch für Sanitätsoffiziere grundsätzlich der Abschluß einer Berufshaftpflichtversicherung für das Risiko einer direkten Inanspruchnahme nach § 839 BGB. Das Risiko der Regreßhaftung gegenüber dem Bund ist nicht versicherbar ( > B e r u f s h a f t p f l i c h t v e r s i c h e r u n g Rz 380). VIII. Der Eintritt in die Laufbahn des Sanitätsoffiziers ist auf folgenden Wegen möglich: 1. Einstellung als Sanitätsoffizier-Anwärter. Einstellungsvoraussetzungen sind u. a.: Alter mindestens 17 Jahre und höchstens 25 Jahre ; Nachweis einer Schulbildung, wie sie für die Zulassung zur Prüfung nach der AOÄ, der AOAp oder der Prüfungsordnung für > Zahnärzte (Rz 1963) erforderlich ist; Nachweis eines Studienplatzes in der Medizin oder Zahnmedizin, sofern dem Bewerber nicht ein Studienplatz durch das Bundesministerium der Verteidigung zugewiesen werden kann. Nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 des Staatsvertrages über die Vergabe von Studienplätzen v. 23. 6. 1978 i.V.m. § 27 Abs. 1 Nr. 3 VergabeVO werden 1,3% der verfügbaren Studienplätze im Studiengang Medizin und 2 % im Studiengang Zahnmedizin an Sanitätsoffizier-Anwärter bevorzugt vergeben ( > n u m e r u s c l a u s u s Rz 1296). Die Einstellung des Bewerbers hängt ab vom Ergebnis einer Annahmeprüfung. Sanitätsoffizier-Anwärter müssen sich unwiderruflich für die Dauer von 15 Jahren als Soldat auf Zeit verpflichten (§ 24 Abs. 1 SLV). Sie erhalten bei Beurlaubung zum Studium außer unentgeltlicher truppenärztlicher Versorgung ein Ausbildungsgeld (§§ 30 Abs. 2,11 Satz 2 SoldUrlVO). 2. Einstellung von bereits approbierten Ärzten und Zahnärzten als Sanitätsoffizier auf Zeit oder als Berufssanitätsoffizier (§ 26 Abs. 1 SLV).

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Schiffsarzt I. Man versteht darunter einen Arzt, der Besatzung schiffen ärztlich betreut.

und Passagiere auf See-

II. Rechtsgrundlage. Nach § 15 Abs. 1 der Verordnung über die Krankenfürsorge auf Kauffahrteischiffen v. 25. 4. 1972 - KrFürsKSchV - (BGBl. I S. 734) sind Schiffe mit mehr als 75 Personen bei Reisen in der Mittleren und Großen Fahrt sowie bei Probefahrten mit einem Schiffsarzt zu besetzen. Unter bestimmten Voraussetzungen muß ein zweiter Schiffsarzt an Bord sein (§ 15 Abs. 2 KrFürsKSchV). III. Rechtsstellung. Der Schiffsarzt ist angestellter Arzt, der zur Ausübung des ärztlichen Berufes in der Bundesrepublik oder in Westberlin berechtigt

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Schiffsarzt

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sein und über ausreichende Kenntnisse für die Tätigkeit als Schiffsarzt, d. h. insbesondere über Kenntnisse in Chirurgie, Gynäkologie und Innerer Medizin einschließlich Tropenkrankheiten verfügen muß. Er hat sich vor der Anmusterung rechtzeitig bei der nach Landesrecht zuständigen Behörde vorzustellen und seinen Berechtigungsnachweis sowie das Zeugnis nach § 81 SeemG vorzulegen (§ 15 Abs. 3 KrFürsKSchV, § 1 Abs. 4 Nr. 3 DVO zum GesVereinhG v. 30. 3. 1935, RMBl. S. 327). Der Schiffsarzt unterliegt der Angestelltenversicherungspflicht (§ 3 Abs. 1 Nr. 7 AVG) und der Krankenversicherungspflicht (§ 165 b Abs. 1 Nr. 7 RVO). 1574

IV. Zu den Pflichten des Schiffsarztes gehören u.a.: Unterrichtung des Kapitäns über die gesundheitlichen Verhältnisse an Bord (§ 3 Abs. 1 KrFürsKSchV), Führung eines Krankenbuches und eines Gesundheitstagebuches (§17 KrFürsKSchV), Unterschreiben von Eintragungen in das Betäubungsmittelbuch (§ 22 Abs. 3 KrFürsKSchV; zur > Verschreibung und Abgabe von Betäubungsmitteln für die Ausrüstung von Kauffahrteischiffen vgl. § 8 B t M W > B e t ä u b u n g s m i t t e l r e c h t ) , Verantwortung für die Verwaltung von > A r z n e i m i t t e l n für die Versorgung der Mannschaften und Fahrgäste (sog. „Schiffsapotheke", bei denen es sich nicht um > A p o t h e k e n , sondern lediglich um Abgabestellen handelt, §§19, 23 KrFürsKSchV; vgl. SchiedermairPieck, aaO. § 1 Rz 36).

Schlichtungsstelle für ärztliche Behandlungsfehler 1575

I. Die Schlichtungsstellen für ärztliche Behandlungsfehler sind Einrichtungen der > Ärztekammern zur außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten zwischen Ärzten und Patienten wegen behaupteter > Behandlungsfehler unter Beteihgung des Haftpflichtversicherers des betroffenen Arztes. Das andere heute praktizierte Modell zur außergerichtlichen Durchsetzung von Haftpflichtansprüchen wegen fehlerhafter ärztlicher Behandlung sind die > G u t a c h t e r k o m m i s s i o n e n (Gutachterstellen) für ärztliche Behandlungsfehler. Im Gegensatz zu diesen erstellen die Schlichtungsstellen nicht nur ein Gutachten über das Vorliegen eines Behandlungsfehlers, sondern unterbreiten darüber hinaus einen Schlichtungsvorschlag. Durch das Verfahren vor der Schlichtungskommission wird der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen.

1576

II. Rechtsgrundlage. Die Schlichtungsstellen beruhen - anders als die Gutachterkommissionen - nicht auf Satzungen der Ärztekammer, sondern auf Verträgen („Geschäfts- und Verfahrensordnungen") der jeweiligen Ärztekammern mit dem Verband der Haftpflicht-, Unfall- und Kraftverkehrs-Versicherer (HUK-Verband). Schlichtungsstellen gibt es bei der Bayerischen Landesärz-

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Schlichtungsstelle für ärztliche Behandlungsfehler

tekammer und in Hannover für die Bereiche der fünf norddeutschen Ärztekammern Berlin, Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen (beide „Geschäfts- und Verfahrensordnungen" sind abgedr. bei Henschel, aaO. S. 247 ff.). III. Zusammensetzung. Die Schlichtungsstelle besteht in Bayern aus vier, bei den fünf norddeutschen Ärztekammern aus fünf Mitgliedern unter Vorsitz eines Arztes und unter Beteiligung je eines von dem Patienten und dem betroffenen Arzt benannten Arztes oder Juristen sowie eines > G e b i e t s a r z t e s des durch den konkreten Sachverhalt angesprochenen Gebietes; bei den norddeutschen Ärztekammern tritt noch ein Jurist mit Befähigung zum Richteramt als ständiges Mitglied hinzu. Die Mitglieder der Schlichtungsstellen sind bei Wahrnehmung ihrer Aufgaben unabhängig und an Weisungen nicht gebunden. IV. Verfahren. 1. Beteiligte des Verfahrens vor der Schlichtungsstelle sind Patient, Arzt und Haftpflichtversicherer. Darüber hinaus können auch Krankenhausträger, die für die Tätigkeit ihrer Ärzte in Anspruch genommen werden, Verfahrensbeteiligte sein. Gegenwärtig können nur solche Ärzte und Krankenhausträger an den Verfahren vor den Schlichtungsstellen teilnehmen, die privat bei einer Versicherungsgesellschaft des HUK-Verbandes haftpflichtversichert sind. Krankenanstalten mit öffentlich-rechtlicher Trägerschaft (zu einigen Ausnahmen für Berlin vgl. Vogel, Nieders.ÄBl. 1979, 546) sind von der Teilnahme ausgeschlossen (vgl. Bodenburg, VersR 1980, 996, 997). 2. Die im Verfahren vor der > G u t a c h t e r k o m m i s s i o n (Rz 750) bestehenden Verfahrenshindernisse kennt das Schlichtungsverfahren nicht. Im übrigen ist das Verfahren vor der Schlichtungsstelle dem vor der Gutachterkommission weitgehend angeglichen (näher dazu die Übersicht bei Bodenburg, aaO. S. 997, 998; > G u t a c h t e r k o m m i s s i o n Rz 750). Insbesondere gelten die Prinzipien der Freiwilligkeit und Unverbindlichkeit auch hier. 3. Die Schlichtungsstelle schließt ihre Tätigkeit mit einem Schlichtungsvorschlag, der sich zur Frage der Haftpflicht dem Grunde nach gutachtlich äußert und einen Vorschlag zur Streitbeilegung enthält. 4. Auch das Verfahren vor den Schlichtungsstellen ist gebührenfrei.

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V. 1. Für die Rechtsbeziehungen zwischen Verfahrensbeteiligten und Schlichtungsstellen, insbesondere für die Haftung und das Recht auf Akteneinsicht gilt entsprechendes wie bei den > G u t a c h t e r k o m m i s s i o n e n (Rzn. 751 ff.).

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VI. Einzelfiagen. Hier gilt entsprechendes wie für die bei der Gutachterkommission behandelten Fragen mit Ausnahme der Verjährungshemmung im Verhältnis zu dem in Anspruch genommenen Krankenhausträger, der bei den Schlichtungsstellen Verfahrensbeteiligter sein kann, so daß die Anwendung

Schlichtungsstelle für ärztliche Behandlungsfehler

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des § 852 Abs. 2 BGB in Betracht kommt (vgl. auch Eberhardt, NJW 1983, 2613, 2615f. >Gutachterkommission Rz 753). VII. Anschriften der Schlichtungsstellen. Schlichtungsstelle bei der Bayerischen Landesärztekammer Mühlbauerstraße 16, 8000 München 80. Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Ärztekammern Berliner Allee 20, 3000 Hannover 1 (Ärztekammern Berlin, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein],

Schularzt 1579

I. Der Schularzt ist ein in der- zum Aufgabenbereich der > G e s u n d h e i t s ä m t e r gehörenden - Schulgesundheitspflege tätiger Arzt (vgl. § 4 Abs. 6 der 1. DVO zum GesVereinhG). II. Rechtsstellung. Zum Schularzt können neben > b e a m t e t e n Ä r z t e n auch andere Ärzte, z. B. niedergelassene Ärzte bestellt werden (§ 4 Abs. 6 der 1. DVO zum GesVereinhG). Dies geschieht meist durch Anstellung dieser Ärzte als nebenberufliche > H i l f s ä r z t e , die in dieser Eigenschaft der Dienstaufsicht des > A m t s a r z t e s unterstehen (§58 Abs. 1 Satz 1 der 3. DVO zum GesVereinhG).

1580

III. Aufgabe des Schularztes ist die laufende gesundheitliche Überwachung der Schulkinder. Dazu gehören vor allem Reihenuntersuchungen, insbesondere bei der Einschulung und Entlassung; besondere Überwachung der Schüler, deren Gesundheitszustand eine fortlaufende Kontrolle erforderlich macht; schulärztliche Sprechstunden für Eltern, Schüler und Lehrer; Herbeiführung gesundheitsfürsorgerischer Maßnahmen für die Schüler; Beratung und Belehrung der Lehrer in Fragen der Gesundheitspflege; Mitarbeit bei der Bekämpfung übertragbarer Krankheiten in den Schulen (§ 58 Abs. 2 der 3. DVO zum GesVereinhG). Danach obliegen dem Schularzt auch gesundheitsfürsorgerische und gesundheitserzieherische Maßnahmen bei der Bekämpfung des Drogenmißbrauchs (näher dazu Rieger, DMW 1972, 1165). Nicht zu den Aufgaben des schulärztlichen Dienstes gehört die ärztliche Behandlung der Schulkinder (§ 4 Abs. 6 der 1. DVO zum GesVereinhG).

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IV. Der Schularzt unterliegt als Arzt den allgemeinen Grundsätzen der ärztlichen >Schweigepflicht. Daraus folgt u.a., daß er, sofern nicht gesetzliche Meldepflichten (z. B. nach dem > Bundes-Seuchengesetz) eingreifen, nicht befugt ist, Einzelbefunde oder sonstige Feststellungen, die er bei schulärztlichen Untersuchungen trifft, ohne Einverständnis der Erziehungsberechtigten und u.U. der betroffenen Schüler selbst ( > S c h w e i g e p f l i c h t Rz 1623) unter Na-

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Schulmedizin

mensnennung anderen Behörden (z.B. Jugendamt) mitzuteilen. Eine Ausnahme gilt bei der Feststellung von Kindesmißhandlungen ( > S c h w e i g e p f l i c h t Rz 1652; Schulz, Med.Klinik 1963, 539f.). VertTauenslehrer und Kontaktschüler, die den Schularzt im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Bekämpfung des Drogenmißbrauches unterstützen, gehören zum Kreis der Schweigepflichtigen nach § 203 Abs. 3 StGB ( > S c h w e i g e p f l i c h t Rz 1619; Rieger, DMW 1972, 1165f.). Zum Kreis der Schweigepflichtigen im schulärztlichen Dienst bei der Bekämpfung des Drogenmißbrauchs gehören auch Kontaktpersonen. V. Die Anwesenheit von Lehrern und Angestellten der Schulverwaltung bei schulärztlichen Untersuchungen verstößt gegen ärztliches Berufsrecht (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 2 MuBO und die entsprechende Entschließung des Deutschen Ärztetages 1982, DÄ 1982/21, S. 39). VI. Haftung. Die Wahrnehmung von Aufgaben im schulärztlichen Dienst ist Ausübung hoheitlicher Tätigkeit. Für Fehlleistungen des Schularztes haftet daher der Dienstherr nach Amtshaftungsgrundsätzen (Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB; vgl. BGHZ 9, 145, 149 > H a f t u n g Rz 785f.), gleichgültig, ob es sich um > beamtete Ärzte oder um nebenberuflich tätige niedergelassene oder sonstige Ärzte ( > Hilfsarzt) handelt. Zu den Sorgfaltspflichten des Schularztes bei der gesundheitlichen Überwachung zur Vermeidung ansteckender Krankheiten vgl. OLG Neustadt a.d.W. v. 17. 11. 1964, DMW 1965, 1539.

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Schulmedizin 1. Der Begriff ist mehrdeutig. 1. Meist versteht man darunter die „allgemein oder weitaus überwiegend anerkannten Regeln der ärztlichen Wissenschaft' (RGSt 67, 12, 16f.) im Gegensatz zu den > A u ß e n s e i t e r m e t h o d e n (in diesem Sinne BGH, NJW 1960, 2253 [Anwendung der biologischen Heilmethode bei Krebsbehandlung] und BGH v. 10. 6. 1955, LM Nr. 6 zu § 230 StGB [Behandlung mit homöopathischen Mitteln anstelle der Anwendung der im vorliegenden Fall allein wirksamen allopathischen Methode)). 2. Mitunter wird mit dem Begriff der Schulmedizin die auf den Universitäten gelehrte medizinische Wissenschaft in Gegensatz gestellt zu dem Wissen der nichtärztlichen Heilbehandler (> Heilpraktiker). II. Wenngleich die Schulmedizin grundsätzlich keinen absoluten Vorrang vor den Methoden ärztlicher Außenseiter genießt, so darf sich der Arzt doch nicht über ihre Erfahrungen hinwegsetzen und nur aus sachlichen, wohlerwogenen Gründen von anerkannten Regeln abweichen (vgl. RGSt 67, 12, 21 ; BGH, NJW 1960, 2253; Schreiber, Med. Sach. 1976, 71, 72 m. w. Nachw. > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t Rz 257, > B e h a n d l u n g s f e h l e r Rz 307).

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Schutzimpfung

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Schutzimpfung 1584

I. Man versteht darunter die vorbeugende Immunisierung gegen epidemisch auftretende Infektionskrankheiten durch Einimpfen inaktiver lebender oder abgetöteter Erreger (aktive Schutzimpfung) oder durch > Injektion von abgeschwächtem Serum immunisierter Tiere (passive Schutzimpfung; Duden, aaO. „Schutzimpfung"). Schutzimpfungen gibt es vor allem gegen Tuberkulose, Diphterie, Tetanus, Pertussis, Poliomyelitis, Masern, Mumps, Röteln, Influenza ( > Grippeschutzimpfung) und Tollwut.

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II. Rechtsgrundlagen. 1. Allgemeine Impfpflicht, a) Eine Impfpflicht bestand früher für die Pockenschutzimpfung aufgrund des Impfgesetzes vom 8. 4. 1874 (BGBl. III 2126-5). Das Gesetz über Pockenschutzimpfung v. 18. 5. 1976 (BGBl. I S. 1216) beschränkte die Pockenschutzpflichtimpfung auf vier Personengruppen (Wiederimpfung Zwölfjähriger; ärztliches und nichtärztliches Krankenhauspersonal; Personen, die in Laboratorien mit Viren der PoxGruppe arbeiten; Personen, die im Pockenalarmplan erfaßt sind). Durch das Gesetz zur Aufhebung des Gesetzes über die Pockenschutzimpfung v. 24. 11. 1982 (BGBl. I S. 1529) wurde die allgemeine Pockenschutzimpfpflicht ersatzlos aufgehoben. b) § 14 Abs. 1 BSeuchG ermächtigt den BMJFG zur Anordnung bestimmter Schutzimpfungen durch Rechtsverordnung bei besonderer Seuchenlage. Solange von dieser Ermächtigung kein Gebrauch gemacht wird, sind die Länder zum Erlaß entsprechender Rechtsverordnungen befugt (§ 14 Abs. 2 BSeuchG). 2. Freiwillige Schutzimpfungen können die obersten Landesgesundheitsbehörden gemäß § 14 Abs. 3 BSeuchG öffentlich empfehlen. Von dieser Ermächtigung haben die obersten Landesgesundheitsbehörden in entsprechenden Rechtsvorschriften mit unterschiedlichem Inhalt Gebrauch gemacht. Eine in allen Bundesländern einheitliche Impfempfehlung besteht für Tetanus, Poliomyelitis und Influenza ( > Grippeschutzimpfung). Einige Schutzimpfungen werden grundsätzlich für alle Bevölkerungskreise, andere nur für besonders gefährdete Personenkreise (z. B. Hepatitis-B-Schutzimpfungen > Berufsgenossenschaft Rz 366 a.E.) oder Angehörige bestimmter Altersgruppen empfohlen (vgl. die Synopse bei Pöhn-Weise, BGesuBl. 1979, 145, 146f.). 3. In welchem Umfang Schutzimpfungen im internationalen Reiseverkehr gefordert werden, ergibt sich aus den Internationalen Gesundheitsvorschriften (Bekanntmachung der Neufassung v. 10. 4. 1975, BGBl. II S. 456 nebst Durchführungsverordnungen vom 11. 11. 1971, BGBl. I S. 1809 mit Änderungsverordnungen) vgl. auch unten Rz 1589. 4. Vorschriften über die Herstellung, das Inverkehrbringen und die Prüfung von Seren und Impfstoffen (§ 28 BSeuchG) finden sich in der Verordnung über Sera und Impfstoffe nach den §§ 19b und 19d AMG v. 14. 11. 1972 (BGBl. I S. 2088), im Gesetz über die Errichtung eines Bundesamtes für Sera und Impfstoffe („Paul-Ehrlich-Institut") v. 7. 7. 1972 (BGBl. I S. 1163), im AMG 1976 und in einigen Richtlinien (vgl. z.B. BAnz. Nr. 206 v. 5. 11. 1975).

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Schutzimpfung

DI. Haftung. 1. Eine zivilrechtliche und strafrechtliche Haftung des Arztes besteht für Schäden, die auf einer Sorgfaltspflichtverletzung bei Durchführung der Schutzimpfung beruhen. Eine Sorgfaltspflichtverletzung kann auch darin liegen, daß der Arzt die Vornahme der Impfung an das medizinische Assistenzpersonal ( > M e d i z i n i s c h e Assistenzberufe) delegiert. Die Vornahme der Impfung gehört zum ausschließlichen Aufgaben- und Verantwortungsbereich des Arztes ( > Behandlungsfehler Rz 319). Zu den Sorgfaltspflichten des Impfarztes gehört u.a. die Beachtung der Kontraindikationen einer Impfung. Zur Feststellung solcher Kontraindikationen bedarf es häufig einer Befragung des Patienten, den ein Mitverschulden am Schadenseintritt treffen kann (§ 254 BGB), wenn er dem Arzt für die Beurteilung der Indiziertheit der Impfung wesentliche Umstände verschweigt.

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Daneben kommt eine Haftung wegen Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht in Betracht. Da es sich bei der Schutzimpfung um einen nur vorbeugenden, nicht dringlichen Eingriff handelt, ist grundsätzlich eine intensive Aufklärung geboten ( > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t Rz 255). Zu den Umständen, die für die Entscheidung des Patienten für oder gegen eine bestimmte Schutzimpfung von Bedeutung sind, gehört vor allem die Kenntnis der Nutzen-Risiko-Relation. Der Patient muß wissen, mit welcher Sicherheit die Impfung den Ausbruch der betreffenden Krankheit verhindern kann, welche Impfschäden möglicherweise auftreten können und welche Folgen die wegen unterlassener Impfung möglicherweise ausbrechende Krankheit haben kann (z.B. Möglichkeit eines tödlichen Verlaufs von Masern und Wundstarrkrampf, hohe Wirksamkeit der Masern- und Tetanusimpfung bei gleichzeitig geringer Komplikationsfrequenz; Fraglichkeit der Wirksamkeit von > Grippes c h u t z i m p f u n g e n und Keuchhustenimpfung bei nicht ganz seltener Gefahr schwerer Schädigungen). Uber die Gefahr schwerer, irreparabler Schäden oder eines tödlichen Ausgangs muß der Arzt den Patienten in jedem Falle aufklären, auch wenn diese Risiken sich nur extrem selten realisieren, die durch die Impfung erzielte Schutzwirkung praktisch vollkommen ist und die Folgen der zu verhindernden Krankheit tödlich sein können.

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2. Eine Haftung des Landes tritt nach §§ 51 Abs. 1, 59 Abs. 2 BSeuchG ein bei Impf Schäden aus einer aufgrund des § 14 Abs. 1 und 2 BSeuchG angeordneten oder von der zuständigen Behörde öffentlich empfohlenen und in ihrem Bereich vorgenommenen oder aufgrund der Verordnungen zur Ausführung der Internationalen Gesundheitsvorschriften (oben Rz 1586) durchgeführten Impfung. Schutzimpfungen im internationalen Reiseverkehr gehören nicht zu den öffentlich empfohlenen Schutzimpfungen. An das Tatbestandsmerkmal der „öffentlichen Empfehlung" sind strenge Maßstäbe anzulegen. Ausschließlich die von der Landesregierung nach Maßgabe des > Bundes-Seuchengesetzes bestimmte Behörde (das kann das Gesundheits-, das Sozial- oder das Innenministerium sein) ist für rechtsverbindliche Empfehlungen zuständig. Empfehlungen von Ärzten gehören demgegenüber in den Bereich der privaten Behandlung. Dem Tatbestand einer öffentlich empfohlenen Impfung kann je-

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doch der von der zuständigen Behörde verursachte Rechtsschein einer solchen Empfehlung gleichzusetzen sein (BSG v. 29. 5. 1980, SGb 1982, 35). Es handelt sich hier um einen gesetzlich geregelten Sonderfall des Aufopferungsanspruchs. Die Vorschriften des > B u n d e s v e r s o r g u n g s g e s e t z e s finden entsprechend Anwendung. Ein entschädigungspflichtiger Impfschaden ist ein über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehender Gesundheitsschaden (§ 52 Abs. 1 Satz 1 BSeuchG). § 52 Abs. 1 Satz 2 BSeuchG gewährt einem Kind, das als > L e i b e s f r u c h t durch eine Embryopathie nach einer Rötelnschutzimpfung einen Schaden erlitten hat, einen Entschädigungsanspruch (vgl. amtl. Begründung zum Entwurf eines 4. Gesetzes zur Änderung des Bundes-Seuchengesetzes, BT-Drucks. 8 / 2 4 6 8 v. 15. 1. 1979, S. 31 f.). Für die Abwicklung der Impfschadensbegutachtung und Entschädigung sind die > V e r s o r g u n g s ä m t e r zuständig (§ 55 BSeuchG). Für Streitigkeiten über Entschädigungsansprüche ist der Rechtsweg zum Sozialgericht gegeben (§ 61 Abs. 2 BSeuchG). 3. Zur Haftung des Impfstoffherstellers vgl. OLG Celle, VersR 1983, 1143 (schwere Krankheitsfolgen bei Kleinkind nach Tbc-Impfung). 1590

IV. Schutzimpfungen mit rein vorbeugendem Charakter gehören nicht zu den Pflichtleistungen der gesetzlichen > Krankenversicherung [Rz 1103] (anders bei Tetanusimpfungen im Zusammenhang mit einer akuten Verletzung, sofern kein anderer Kostenträger vorhanden ist). Entsprechendes gilt für die private > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g (Rz 1107). Im > B e i h i l f e r e c h t sind die Aufwendungen für Schutzimpfungen dagegen beihilfefähig (vgl. Nr. 3 Abs. 1 Ziff. 5 BhV ; § 2 Abs. 1 Nr. 1 BVO Bad.-Wttbg.).

Schwangerschaftsabbruch 1591

I. Strafrecht. 1. a) § 218 StGB stellt den Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich unter Strafe. Unter Schwangerschaftsabbruch versteht man einen Eingriff, der während der Schwangerschaft, also vor Beginn der > G e b u r t (Rz 685) mit dem Ziel vorgenommen wird, das Absterben der > L e i b e s f r u c h t (Rz 1142) zu verursachen und der diesen Erfolg auch erreicht (vgl. Lackner, NJW 1976, 1233, 1235). Ein strafbarer Schwangerschaftsabbruch ist sowohl in Form des Fremdabbruchs durch einen Dritten (Arzt oder Nichtarzt) als auch in Form des Selbstabbruchs durch die Schwangere möglich. Die Schwangere wird jedoch gemäß § 2 1 8 Abs. 3 StGB in mehrfacher Hinsicht privilegiert. Zum Schwangerschaftsabbruch einer Ärztin an sich selbst vgl. Laufhütte-Wilkitzki, JZ 1976, Anm. 44 ; Gössel, JR 1976, 2). b) Handlungen, deren Wirkung vor der strafrechtlichen Existenz einer Leibesfrucht, d. h. vor Abschluß der Einnistung des befruchteten Eies in der Gebärmutter eintritt ( > L e i b e s f r u c h t Rz 1142), gelten nicht als Schwangerschaftsabbruch (§219d StGB). Eingriffe und die Anwendung von Mitteln,

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Schwangerschaftsabbruch

welche die Nidation verhindern (z. B. intrauterine Pessare, vorsorgliche Ausschabung) sind daher straffrei. Straflos bleibt auch eine fahrlässige Verletzung der Leibesfrucht durch tätige Einwirkung oder die pflichtwidrige Unterlassung einer medizinisch angezeigten Maßnahme vor Beginn der Geburt, wenn das Kind als Folge davon tot zur Welt kommt; denn der Gesetzgeber hat einen fahrlässigen Schwangerschaftsabbiuch aus wohlerwogenen Gründen nicht unter Strafe gestellt (BGH, NJW 1983, 2097 [fahrlässiges Nichterkennen einer bestehenden Schwangerschaft und Nichtvornahme der erforderlichen geburtshilflichen Maßnahmen, so daß das Kind tot geboren wurde]). > R e t o r t e n k i n d Rz 1490. 2. Der Schwangerschaftsabbruch ist unter folgenden Voraussetzungen rechtmäßig und daher straflos: a) Vorliegen einer Indikation. Nach § 218 a StGB ist der Schwangerschaftsabbruch zulässig, wenn aa) der Abbruch der Schwangerschaft unter Berücksichtigung der gegenwärtigen und zukünftigen Lebensverhältnisse der Schwangeren nach ärztlicher Erkenntnis angezeigt ist, um eine Gefahr für das Leben oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren abzuwenden, und die Gefahr nicht auf eine andere für sie zumutbare Weise abgewendet werden kann (medizinisch-soziale Indikation, § 218 a Abs. 1 Nr. 2 StGB). Eine zeitliche Befristung sieht das Gesetz nicht vor; bb) nach ärztlicher Erkenntnis dringende Gründe für die Annahme sprechen, daß das Kind infolge einer Erbanlage oder schädlicher Einflüsse vor der Geburt an einer nicht behebbaren Schädigung seines Gesundheitszustandes leiden würde, die so schwer wiegt, daß von der Schwangeren die Fortsetzung der Schwangerschaft nicht verlangt werden kann (eugenische Indikation, § 218 a Abs. 2 Nr. 1 StGB). Seit der Empfängnis dürfen nicht mehr als 22 Wochen verstrichen sein (§ 218a Abs. 3 StGB); cc) an der Schwangeren eine rechtswidrige Tat nach den §§ 176-179 StGB begangen worden ist und dringende Gründe für die Annahme sprechen, daß die Schwangerschaft auf der Tat beruht (ethische oder kriminologische Indikation, § 218 a Abs. 2 Nr. 2 StGB). Seit der Empfängnis dürfen nicht mehr als 12 Wochen verstrichen sein (§ 218 a Abs. 3 StGB); dd) der Abbruch der Schwangerschaft angezeigt ist, um von der Schwangeren die Gefahr einer Notlage abzuwenden, die so schwer wiegt, daß von der Schwangeren die Fortsetzung der Schwangerschaft nicht verlangt werden kann, und nicht auf eine andere für die Schwangere zumutbare Weise abgewendet werden kann (allgemeine Notlagenindikation oder soziale Indikation, § 218 a Abs. 2 Nr. 3 StGB; zu den vom Arzt zu beachtenden Gesichtspunkten eingehend Hollmann, ArztR 1981, 205ff.). Der Eingriff ist innerhalb einer Frist von 12 Wochen seit der Empfängnis durchzuführen (§ 218 a Abs. 3 StGB). Zur Problematik dieser Indikationsfeststellung eingehend Schönke-SchröderEser, aaO. §218a, Rzn. 41 ff. ; Hirsch-Weissauer, aaO. S. 37f.). b) Indikationsfeststellung durch einen Arzt. Weitere Zulässigkeitsvoraussetzung für den Schwangerschaftsabbruch ist die schriftliche Feststellung des In-

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dikationsgrundes nach § 218 a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1-3 StGB durch einen > A r z t , der zwar mit dem beratenden Arzt (unten Rz 1595), nicht aber mit dem abbrechenden Arzt (unten Rz 1596) identisch sein darf (§219 Abs. 1 StGB). Zur Indikationsfeststellung berechtigt ist jeder zur Ausübung seines Berufes berechtigte Arzt, gleichgültig ob es sich um einen niedergelassenen, beamteten oder angestellten Arzt handelt. Es ist nicht erforderlich, daß das Vorliegen einer Indikation positiv festgestellt wird. Der den Eingriff vornehmende Arzt ist an die Feststellung der Indikation seines Kollegen nicht gebunden. Er kann trotz positiver Feststellung zu dem Ergebnis kommen, daß der Abbruch nicht indiziert oder die Frist überschritten ist und umgekehrt. Die Feststellung des anderen Arztes soll für den den Abbruch durchführenden Arzt lediglich Entscheidungshilfe sein. Dieser trägt die volle Verantwortung dafür, daß die gesetzlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen vorliegen (Hirsch-Weissauer, aaO. S. 23f.). Der Arzt, der wider besseres Wissen eine unrichtige Feststellung über die Voraussetzungen einer Indikation trifft, macht sich nach § 219 a StGB strafbar. 1594

c) Soziale Beratung, aa) Die Schwangere muß mindestens 3 Tage vor dem Eingriff (vor oder nach der Indikationsfeststellung) wegen der Frage des Abbruchs ihrer Schwangerschaft an einer Beratung teilgenommen haben und dabei über die zur Verfügung stehenden öffentlichen und privaten Hilfen für Schwangere, Mütter und Kinder beraten worden sein, insbesondere über solche Hilfen, die die Fortsetzung der Schwangerschaft und die Lage von Mutter und Kind erleichtern (§ 218 b Abs. 1 Nr. 1 StGB). Eine solche Beratung kann erfolgen durch eine anerkannte Beratungsstelle (vgl. Schwangerschaftskonfliktberatung, Verzeichnis der anerkannten Beratungsstellen nach § 218b StGB, hrsg. von der > Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung, Postfach, 5000 Köln 100), oder durch einen Arzt, der nicht selbst den Schwangerschaftsabbruch vornimmt, jedoch entweder als Mitglied einer anerkannten Beratungsstelle mit der Sozialberatung betraut ist oder als Berater durch eine zuständige öffentliche Stelle anerkannt ist oder sich durch Beratung mit einem Mitglied einer anerkannten Beratungsstelle oder mit einer Sozialbehörde oder auf andere geeignete Weise über die im Einzelfall zur Verfügung stehenden Hilfen unterrichtet hat (§ 218 b Abs. 2 Nr. 2 StGB; näher zu den Voraussetzungen für die Sozialberatung durch Ärzte Kirchhoff, Nieders.ÄBl. 1981, 123). Über die Voraussetzungen für die Anerkennung als Beratungsstelle und die Anerkennung von Ärzten als Berater bestehen unterschiedliche Richtlinien in den einzelnen Bundesländern (vgl. die Übersicht bei Schönke-SchröderEser, aaO., § 218b Rz 2). Der die Sozialberatung durchführende Arzt kann mit dem die Indikationsfeststellung vornehmenden Arzt identisch sein. Stets ist zu beachten, daß die Aufnahme von Kontakten mit anderen Stellen und Bezugspersonen im Rahmen der Sozialberatung nach den Grundsätzen der ärztlichen > Schweigep f l i c h t grundsätzlich nur mit Zustimmung der Schwangeren möglich ist. Dies gilt auch bei der Beratung Minderjähriger; die ärztliche Schweigepflicht

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Schwangerschaftsabbruch

besteht insbesondere auch gegenüber den Eltern und dem Partner der minderjährigen Schwangeren ( > Schweigepflicht Rzn. 1623, 1656f.). bb) Zum Inhalt der Beratung vgl. Barley-Hollmann, Merkblatt des Hartmann-Bundes zu § 218 StGB, 3. Aufl. 1981 S. 2 f. cc) Eine bestimmte Form der Beratung ist im Gesetz nicht vorgeschrieben. Streitig ist, ob die Beratung einer schriftlichen Bestätigung bedarf. Nach der wohl h.M. ist der Berater zur Ausstellung einer schriftlichen Bescheinigung über eine durchgeführte Beratung berechtigt, aber nicht verpflichtet. Dies hat zur Folge, daß der abbrechende Arzt sich mit glaubwürdigen Beratungszusicherungen der Schwangeren zufriedengeben darf (Schönke-Schröder-Eser, aaO. § 218b Rz 8 m. Nachw.). Demgegenüber sehen die landesrechtlichen Richtlinien teilweise die Erteilung einer schriftlichen Bestätigung vor, daß eine Beratung stattgefunden hat. dd) Die Durchführung der Sozialberatung ist nicht erforderlich, wenn der Schwangerschaftsabbruch angezeigt ist, um von der Schwangeren eine durch körperliche Krankheit oder Körperschaden begründete Gefahr für ihr Leben oder ihre Gesundheit abzuwenden (§ 218b Abs. 3 StGB|. ee) Die soziale Beratung erfolgt kostenlos (vgl. unten Rz 1610], d) Ärztliche Beratung. Unabhängig von der Sozialberatung muß sich die Schwangere von einem Arzt (der mit dem den Eingriff vornehmenden Arzt identisch sein kann) über die ärztlich bedeutsamen Gesichtspunkte des Abbruchs beraten lassen (§ 218b Abs. 1 Nr. 2 StGB). Diese Beratung ist nicht identisch mit der zur Wirksamkeit der Einwilligung in den Schwangerschaftsabbruch erforderlichen ärztlichen Aufklärung (unten Rz 1598). Sie muß sich vielmehr darüber hinaus auf alle Gesichtspunkte beziehen, die aus ärztlicher Sicht für das Austragen oder Abbrechen der Schwangerschaft von Bedeutung sind (z. B. Hinweis auf Entwicklungsstadium des zu vernichtenden menschlichen Lebens, Kontraindikationen und Risiken des Schwangerschaftsabbruchs für spätere gewünschte Schwangerschaften; näher dazu Hirsch-Weissauer, aaO. S. 20f., 66f.). In der Praxis wird die ärztliche Beratung vielfach mit der ärztlichen Aufklärung zusammenfallen. Auf die ärztliche Beratung kann die Schwangere nicht rechtswirksam verzichten (Hirsch-Weissauer, aaO. S. 67). e) Der Schwangerschaftsabbrach muß durch einen >Aizt vorgenommen werden, der jedoch nicht Frauenarzt oder Chirurg zu sein braucht. Auch ein Arzt, der einem EG-Staat angehört und im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs in der Bundesrepublik tätig wird ( > Niederlassungsfreiheit Rz 1257) oder ein Arzt mit einer > Berufserlaubnis nach § 10 BÄO darf einen solchen Eingriff vornehmen. Ausgeschlossen ist nur ein Arzt, der die soziale Beratung durchgeführt (oben c) oder schriftliche Feststellungen über die Indikation getroffen hat (oben b). f) aa) Für die in § 218 a Abs. 1 Nr. 1 StGB ausdrücklich vorgeschriebene Einwilligung der Schwangeren in den Abbruch gelten grundsätzlich die allgemeinen Regeln über die Einwilligung in ärztliche Eingriffe (Hirsch-Weissauer,

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aaO. S. 50; Schönke-Schröder-Eser, aaO. § 218 a Rz 58 t> H e i l b e h a n d l u n g Rzn. 804ff.). bb) Besondere Probleme können sich bei der Einwilligung minderjähriger Schwangerer ergeben. Nach den allgemeinen Einwilligungsgrundsätzen kann die minderjährige Schwangere allein in den Eingriff einwilligen, wenn sie die erforderliche Urteils- und Einsichtsfähigkeit ( = Einwilligungsfähigkeit) besitzt. Auf das Einverständnis der Eltern kommt es in diesen Fällen nicht an (dagegen bleibt die Rechtswirksamkeit des > Arztvertrages auch hier von der Einwilligung der Eltern abhängig; vgl. LG München, NJW 1980, 646 t> Heilbehandlung Rzn. 805f.). Für die Beurteilung der Einwilligungsfähigkeit erscheint folgende Differenzierung sachgerecht: Bei Schwangeren unter 14 Jahren kann die Fähigkeit, Wesen, Bedeutung und Tragweite eines Schwangerschaftsabbruches voll zu erfassen, generell nicht angenommen werden. Der Einwilligung der Eltern bedarf es hier schon deshalb, weil in diesen Fällen eine kriminologische Indikation vorliegt (§ 218 a Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 176 StGB; vgl. Hirsch-Weissauer, aaO. S. 51, 52). Bei Schwangeren zwischen 14 und 18 Jahren ist die Urteils- und Einsichtsfähigkeit von dem den Schwangerschaftsabbruch vornehmenden Arzt in jedem Einzelfall zu prüfen. Kriterien sind dabei u. a., ob die Schwangere schon im Berufsleben steht, selbständige Entscheidungen treffen muß oder bereits in einer festen Partnerschaft lebt. Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen wird bei über 16jährigen Schwangeren die Einwilligungsfähigkeit im allgemeinen zu bejahen sein (vgl. auch LG München, NJW 1980, 646). Bei noch nicht 16 Jahre alten Schwangeren erscheint es grundsätzlich ratsam, jedenfalls bei der Notlagenindikation die Einwilligung der gesetzlichen Vertreter einzuholen, weil hier die Feststellung der Einsichtsund Urteilsfähigkeit besonders schwierig ist (vgl. Barley-Hollmann, Merkblatt des Hartmann-Bundes zu § 218 StGB, 3. Aufl. 1981, S. 4). Will die Minderjährige im Gegensatz zu den Personensorgeberechtigten das Kind austragen, so ist dieser Wille unabhängig vom Alter und der Einwilligungsfähigkeit der Schwangeren grundsätzlich zu respektieren, es sei denn, daß durch die Fortsetzung der Schwangerschaft der Frau die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung droht (vgl. Hirsch-Weissauer, aaO. S. 58; Laufhütte-Wilkitzky, JZ 1976, 598). Diese Beurteilung ergibt sich aus der höchstpersönlichen Natur der Entscheidung über den Schwangerschaftsabbruch. § 1626 a des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung der elterlichen Sorge, wonach bei der > Heilbehandlung die Eltern anstelle des einwilligungsfähigen Minderjährigen die Einwilligung erteilen können, kann auf den Schwangerschaftsabbruch keine Anwendung finden, weil es hier auch bei der medizinischen Indikation nicht allein um die Einwilligung in eine Heilbehandlung, sondern auch um die Einwilligung in die Tötung der > Leibesfrucht geht (Hirsch-Weissauer, aaO., S. 53, 58). Der Einholung der nach den vorstehenden Grundsätzen erforderlichen Einwilligung der Personensorgeberechtigten kann im Einzelfall die ärztliche Schweigepflicht entgegenstehen ( > Schweigepflicht Rz 1623). cc) Weitere Wirksamkeitsvoraussetzung für die Einwilligung ist wie bei je-

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dem ärztlichen Eingriff eine sachgemäße Aufklärung durch den Arzt nach den Grundsätzen der ärztlichen > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t . Als rechtsgutbezogene Aufklärung muß sie sich sowohl auf die Körperintegrität der Schwangeren als auch auf die Abtötung der > Leibesfrucht beziehen und sich vor allem auf die zur Anwendung kommende Methode, das Mortalitätsrisiko, die möglichen Frühkomplikationen (z. B. Verletzung der Gebärmutter) und Spätkomplikationen (z. B. Unterleibsentzündungen und Blutungen, u. U. Fortpflanzungsunfähigkeit), die seelischen Folgen eines Schwangerschaftsabbruches, Art und Wirkung des Eingriffs, Reifegrad der Leibesfrucht, Vorliegen einer Indikation erstrecken (näher dazu Hirsch-Weissauer, aaO., S. 61 ff.). g) Der Schwangerschaftsabbruch darf nur in einem > Krankenhaus oder ei-

ner dafür zugelassenen Einrichtung vorgenommen werden (Art. 3 Abs. 1 des 5. StrRG i.d.F. d. 15. StÄG v. 18. 5. 1976, BGBl. I S. 1213). Hiernach können auch geeignete > A r z t p r a x e n für Schwangerschaftsabbrüche zugelassen werden. Die Zulassungsverfahren und die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen für die Zulassung sind in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich geregelt (vgl. die Übersicht über die landesrechtlichen Richtlinien bei Schönke-Schröder-Eser, aaO. § 218b Rz 2). Durch die vorgenannte gesetzliche Regelung hat das berufliche Betätigungsfeld des niedergelassenen Gynäkologen eine Erweiterung erfahren, die als Teil seiner Berufsausübung anzusehen ist. Daraus folgt, daß Regelungen über die Durchführung ambulanter Schwangerschaftsabblüche, soweit sie die Berufsausübung des Arztes berühren, nicht durch Richtlinien, sondern nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes möglich sind (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG). In materieller Hinsicht verstößt eine Regelung, welche die Zulassung einer t> Arztpraxis zur Durchführung ambulanter Schwangerschaftsabbrüche davon abhängig macht, daß hierfür wegen mangelnder Bettenkapazität in den Krankenhäusern ein Bedarf besteht, gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit (VG Hannover v. 21. 1. 1982 - 5 VG A 202/80 -). 3. Der Schwangerschaftsabbruch einer Deutschen im Ausland muß, um straffrei zu bleiben, die in § 218 a StGB vorgesehenen Voraussetzungen erfüllen, auch wenn er nach dem Recht des Tatorts straflos ist. Es genügt jedoch, daß ein am Tatort nach dortigem Recht zugelassener Arzt den Eingriff vornimmt; die > Approbation nach deutschem Recht ist nicht Voraussetzung für die Straflosigkeit (§ 5 Nr. 9 StGB; Schönke-Schröder-Eser, aaO. Rz 35 vor §218).

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Ein Arzt, der einer Schwangeren Adressen ausländischer Kliniken, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, vermittelt, ohne daß er sich über das Vorliegen einer Indikation und die sonstigen Voraussetzungen für einen legalen Schwangerschaftsabbruch vergewissert hat, kann sich wegen Anstiftung oder Beihilfe strafbar machen (zu weiteren Fragen vgl. Schönke-SchröderEser, aaO., § 5 Rz 17, Rzn. 35 ff. vor § 218). II. Zivilrecht. 1. Der Schwangerschaftsabbruch erfolgt aufgrund eines > Arztvertrages oder/und > K r a n k e n h a u s a u f n a h m e v e r t r a g e s . Hat

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der Arzt es schuldhaft unterlassen, die Schwangere darüber aufzuklären, daß mit der > Geburt eines behinderten Kindes zu rechnen ist und hat die Schwangere deshalb keine Möglichkeit, sich für den Abbruch der Schwangerschaft aus eugenischen Gründen (oben Rz 1592) zu entscheiden, so haftet der Arzt bzw. der Krankenhausträger vertraglich den Eltern auf Ersatz der durch die Behinderung bedingten Mehraufwendungen, da der erhöhte Unterhaltsaufwand für ein behindertes Kind in den Schutz des Arzt- bzw. Krankenhausaufnahmevertrages fällt. Ein Ersatzanspruch des Kindes besteht nicht (kein Schadensersatzanspruch aus dem Rechtsgrund „wrongful life"; BGH, NJW 1983, 1371; Fischer, NJW 1981, 1991; Schünemann, JZ 1981, 574, Rechtstatsächliches zu dieser Entscheidung bei Plum, VersR 1982, 722). 2. Zur zivilrechtlichen Bedeutung der Verweigerung der Mitwirkung bei Schwangerschaftsabbrüchen durch Ärzte, medizinisches Assistenzpersonal und Krankenhäuser vgl. unten Rzn. 1603 ff. 1602

III. Das ärztliche Berufsrecht folgt bezüglich der Zulässigkeit des Schwangerschaftsabbruches den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen. Der Arzt kann nicht gegen sein Gewissen gezwungen werden, einen Schwangerschaftsabbruch vorzunehmen (vgl. § 5 MuBO).

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IV. Ablehnung des Schwangerschaftsabbruchs durch Ärzte, medizinisches Assistenzpersonal und Krankenhäuser. Nach der „Weigerungsklausel" in Art. 2 Abs. 1 und 2 des 5. StrRG i.d.F. des 15. StrÄG (BGBl. 1974, 1297, 1976, 1213) ist niemand verpflichtet, an einem Schwangerschaftsabbruch mitzuwirken, es sei denn, daß die Mitwirkung notwendig ist, um von der Frau eine anders nicht abwendbare Gefahr des Todes oder einer schweren gesundheitlichen Schädigung abzuwenden. Dies gilt nicht nur für eine Weigerung aus Gewissensgründen, sondern für jede Weigerung, unabhängig vom Motiv (Maier, NJW 1974, 1404, 1406 unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien). Die Weigerungsklausel gilt nicht nur für den Bereich des Strafrechts; ihre hauptsächliche Bedeutung liegt vielmehr auf dem Gebiet des Zivilrechts, des Arbeitsrechts und des öffentlichen Rechts, wo sie unmittelbare Rechtswirkungen entfaltet (Maier, NJW 1974, 1405f.). Sie kommt überall dort zum Tragen, wo zunächst einmal - aus welchen Gründen auch immer - eine rechtliche Verpflichtung zur Mitwirkung am Schwangerschaftsabbruch besteht. In Übereinstimmung hiermit steht § 5 Satz 3 MuBO (vgl. oben Rz 1602, vgl. zum folgenden Hirsch-Weissauer, aaO. S. 71 ff.). 1. Für freipraktizierende Privatärzte ergibt sich eine Pflicht zur Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen nicht aus dem OArztvertrag (Hollmann, DMW 1975, 65, 66). Eine Rechtspflicht zur Mitwirkung kann jedoch bestehen a) aufgrund der strafrechtlichen Hilfeleistungspflicht ( > U n t e r l a s s e n e Hilfeleistung), wenn durch die Schwangerschaft eine akute Lebens- und Gesundheitsgefahr für die Frau ausgelöst wird, die nur durch einen Schwangerschaftsabbruch beseitigt werden kann. Erforderlich ist die akute Gefahr einer

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„schweren Gesundheitsschädigung" i. S. des Art. 2 Abs. 2 des 5. StrRG; die (weniger konkretisierbare) „Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes" i.S. des erheblich weiteren Begriffs in § 218 a Abs. 1 Nr. 2 StGB macht den Schwangerschaftsabbruch zwar zulässig, jedoch ist niemand zur Mitwirkung dazu verpflichtet (Maier, NJW 1974, 1405); b) aufgrund einer Garantenstellung, wie sie z.B. der > N o t a r z t und der Arzt, der vertraglich die Behandlung einer Schwangeren übernommen hat, innehaben. Eine Mitwirkungspflicht des Arztes besteht in diesen Fällen ebenfalls nur unter den Voraussetzungen des Art. 2 Abs. 2 des 5. StrRG („anders nicht abwendbare Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung"). Sind diese Voraussetzungen gegeben, so macht sich der Arzt u. U. eines Körperverletzungs- oder Tötungsdelikts durch Unterlassen schuldig (§ 13 StGB), wenn er den Schwangerschaftsabbruch nicht vornimmt; c) aufgrund besonderer Vereinbarung mit der Schwangeren. Der Arzt kann sich vertraglich zur Mitwirkung an zulässigen Schwangerschaftsabbrüchen verpflichten. Er hat jedoch grundsätzlich das Recht, die Erfüllung dieser Verpflichtung aus Gewissensgründen nachträglich zu verweigern, es sei denn, der Eingriff ist gemäß Art. 2 Abs. 2 des 5. StrRG medizinisch indiziert. Sofern jedoch - wie wohl im Regelfall - der Vorwurf begründet ist, daß er die Verpflichtung zum Schwangerschaftsabbruch leichtfertig ohne zureichende Gewissensprüfung übernommen hat, tritt eine Haftung des Arztes aus dem Gesichtspunkt der culpa in contrahendo ein. Verweigert der Arzt die Mitwirkung aus anderen als Gewissensgründen, greifen die allgemeinen haftungsrechtlichen Folgen der Nichterfüllung vertraglicher Pflichten ein (Hirsch-Weissauer, aaO. S. 77 f.). 2. Für Kassenärzte besteht nach Einbeziehung des rechtmäßigen Schwangerschaftsabbruchs in die kassenärztliche Versorgung (unten Rz 1610) über die Mitwirkungspflichten für privat niedergelassene Ärzte hinaus (oben Rz 1604) grundsätzlich die Pflicht, bei rechtmäßigen Schwangerschaftsabbrüchen die ärztliche Versorgung sicherzustellen. Diese Pflicht besteht jedoch ebenfalls nur im Rahmen des Art. 2 des 5. StrRG, der in vollem Umfang auch für den > K a s s e n a r z t gilt. Die Ablehnung eines Schwangerschaftsabbruchs nach dieser Vorschrift ist als „begründeter Fall" i. S. des § 4 Abs. 6 BMV-Ä anzusehen (Hollmann, DMW 1975, 66 ; Maier, DA 1974, 353, 383ff. > B e h a n d l u n g s p f l i c h t Rz 325). Wo wegen der Weigerung von Kassenärzten keine ausreichenden Möglichkeiten zur Durchführung von rechtmäßigen Schwangerschaftsabbrüchen bestehen, haben die > Kassenärztlichen Vereinigungen im Rahmen ihres > Sicherstellungsauftrags die Verwirklichung dieser Ansprüche der Versicherten auf andere Weise sicherzustellen (§§ 368 a Abs. 1, 368 n Abs. 6 RVO ; vgl. HirschWeissauer, aaO. S. 82f.). 3. Krankenhausärzte, a) aa) Eine einseitige Erweiterung der Leistungspflichten angestellter und beamteter Krankenhausärzte durch Einbeziehung medizinisch nicht indizierter Schwangerschaftsabbrüche in die Dienstaufgaben durch

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den Krankenhausträger ist ausgeschlossen. Die freie Entscheidung des Krankenhausarztes, ob er an einem nicht durch eine Notlage nach Art. 2 Abs. 2 des 5. StrRG medizinisch indizierten Schwangerschaftsabbruch teilnehmen will oder nicht (nur die medizinische Indikation in diesem - engeren - Sinne steht hier zur Diskussion, nicht die medizinisch-soziale Indikation i.S. des § 218 a Abs. 1 Nr. 2 StGB; vgl. Hirsch-Weissauer, aaO. S. 86f.), hat den absoluten Vorrang vor dem Organisations- und Direktionsrecht des Arbeitgebers (Hirsch-Weissauer, aaO. S. 85f. ; Hollmann, DMW 1975, 66). Die berechtigte Weigerung der Mitwirkung an Schwangerschaftsabbrüchen ist kein wichtiger Grund, der eine fristlose Kündigung nach § 626 BGB rechtfertigt. Auch eine ordentliche Kündigung ist im Hinblick auf das Kündigungsschutzgesetz grundsätzlich ausgeschlossen (Hirsch-Weissauer, aaO. S. 91; Hollmann, DMW 1975, 66). bb) Für die vereinbarte Erweiterung der Dienstaufgaben durch Verpflichtung zur Mitwirkung bei medizinisch nicht indizierten Schwangerschaftsabbrüchen im Dienstvertrag und die nachträgliche Weigerung gelten die Ausführungen oben 1 c) entsprechend. Hier kann indes unter bestimmten Umständen eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein (z.B. wenn in einer Spezialklinik für den sich weigernden Arzt keine anderweitige Verwendungsmöglichkeit besteht; vgl. Hirsch-Weissauer, aaO. S. 91; Maier, NJW 1974, 1410). b) Eine Verlängerung des Arbeitsvertrages wird einem Arzt, der die Mitwirkung an Schwangerschaftsabbrüchen im Rahmen des Art. 2 des 5. StrRG verweigert, nicht ohne stichhaltige Begründung versagt werden dürfen (näher dazu Hirsch-Weissauer, aaO. S. 89). c) Neuabschluß von Arbeitsverträgen. Einem privaten Krankenhausträger, der eine Spezialklinik betreibt, wird grundsätzlich die Berechtigung nicht abgesprochen werden können, die Einstellung eines Arztes von seiner Bereitschaft zur Mitwirkung an Schwangerschaftsabbrüchen abhängig zu machen. Demgegenüber wird es einem öffentlichrechtlichen Krankenhausträger verwehrt sein, ohne konkrete Notwendigkeit bei der Einstellung des Arztes zu verlangen, daß sich dieser zur Mitwirkung auch an medizinisch nicht indizierten Schwangerschaftsabbrüchen verpflichtet. Umgekehrt wird es zumindest einem privaten Krankenhausträger nicht verboten sein, bei der Einstellung von dem Bewerber eine Erklärung des Inhalts zu verlangen, daß er an Schwangerschaftsabbrüchen (abgesehen von Notfällen i.S. des Art. 2 des 5. StrRG) nicht teilnimmt (Hirsch-Weissauer, aaO. S. 88 f.). d) Art. 2 des 5. StrRG führt schließlich zu einer Einschränkung des Weisungsrechts des Chefarztes. Wenn sich der > Chefarzt für die Vornahme medizinisch nicht indizierter Schwangerschaftsabbrüche entscheidet, so kann er dennoch die nachgeordneten Ärzte nicht durch entsprechende Anordnung zur Mitwirkung zwingen, auch wenn er selbst die volle Verantwortung übernimmt. Lehnt der Chefarzt umgekehrt medizinisch nicht indizierte Schwangerschaftsabbrüche ab, so ist der Krankenhausträger grundsätzlich berechtigt, die Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen hierzu bereiten nachgeordneten Ärzten zu übertragen, wenn dadurch der Gesamtbetrieb der Abtei-

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lung, die Versorgung der Kranken und der dem Chefarzt dienstvertraglich zustehende Aufgabenbereich nicht beeinträchtigt werden (Hirsch-Weissauer, aaO. S. 101 f. ; Hess, DÄ 1974, 2401, 1405; a.A. Hollmann, DMW 1975, 67, nach der das Weisungsrecht des Chefarztes einer solchen Lösung entgegensteht). 4. Die vorstehenden Ausführungen unter 3 gelten für das medizinische Assistenzpersonal in Krankananstalten entsprechend. 5. Krankenhausträger, a) Private (einschließlich freie gemeinnützige) Krankenhausträger können ihr Leistungsangebot völlig frei bestimmen. Sie können daher die Durchführung von medizinisch nicht indizierten Schwangerschaftsabbrüchen ablehnen, ohne daß es hierfür eines Rückgriffs auf Art. 2 Abs. 1 des 5. StrRG bedarf. Ärzte und medizinisches Assistenzpersonal sind an diese Entscheidung gebunden (Hirsch-Weissauer, aaO. S. 99f.; Hollmann, DMW 1975, 67). b) Streitig ist das Ablehnungsrecht öffentlichrechtlicher Krankenhausträger. Richtiger Ansicht nach besteht auch für diese unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt eine Verpflichtung zur Aufnahme medizinisch nicht indizierter Schwangerschaftsabbrüche in ihr Leistungsangebot, so daß es auch hier des Rückgriffs auf das in Art. 2 des 5. StrRG enthaltene Weigerungsrecht nicht bedarf. Dabei ist zu beachten, daß medizinisch nicht indizierte Leistungen von der allgemeinen Zweckbestimmung der Krankenhäuser (vgl. § 2 Nr. 1 KHG, § 2 Nr. 1 BPflV) nicht umfaßt werden (näher dazu Hirsch-Weissauer, aaO. S. 103, 105 f. ; teilweise wird ein Ablehnungsrecht staatlicher und kommunaler Krankenhäuser jedenfalls dann bejaht, wenn die Durchführung medizinisch nicht indizierter Schwangerschaftsabbrüche schwerwiegende Personal- und Finanzierungsprobleme hervorrufen würde oder zur Folge hätte, daß echte Krankheitsfälle nicht aufgenommen werden könnten; so Maier, NJW 1974, 1408; Hollmann, DMW 1975, 67. Grupp, NJW 1977, 329, 332ff. bejaht grundsätzlich einen Anspruch gegen öffentlichrechtliche Krankenhausträger auf Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen und will den Krankenhausträgern ein Ablehnungsrecht ausnahmsweise nur dann zugestehen, wenn die personellen oder sächlichen Voraussetzungen für die Durchführung des Eingriffs nicht gegeben sind). Sofern eine Pflicht zur Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen grundsätzlich bejaht wird, können sich die öffentlichen Krankenhausträger ungeachtet ihrer Motive auf das gesetzliche Weigerungsrecht berufen (Hirsch-Weissauer, S. 106 ff. m. Nachw.; a.A. Grupp, NJW 1977, 331 f.; Narr, aaO. Rz 816). V. Krankenversicherung und Beihilferecht. 1. a) In der gesetzlichen >Krankenversicherung (Rz 1103) besteht Anspruch auf Übernahme der im Zusammenhang mit einem „nicht rechtswidrigen" Schwangerschaftsabbruch entstehenden Kosten im Rahmen der §§ 179 Abs. 1 Nr. 4, 200f RVO und § 1 Nr. 4g AEKV i.V.m. Anl. 12 zum AEKV (näher dazu Henke, NJW 1976, 1773ff. ; Matzke-Schirmer, BKK 1975, 293 ff. ; dies., DÄ 1975, 3405 ff. ; krit. Esser, MedR 1983, 57 ff.; vgl. auch die Sonstige Hilfen-Richtlinien des Bundesaus-

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schusses Ärzte und Krankenkassen i.d.F. v. 19. 9. 1980, abgedr. bei Heinemann-Liebold, aaO. P 201 ff.). Die soziale Beratung (vgl. oben Rz 1594) ist von den anerkannten Beratungsstellen kostenlos durchzuführen. Auch der niedergelassene Arzt kann sie grundsätzlich nicht über > Krankenschein abrechnen (Narr, aaO. Rz 799; a.A. Franz, NJW 1977, 1085, 1087f.). Nach Auffassung des SG Dortmund (Vorlagebeschluß v. 29. 9. 1981, NJW 1983, 360 [Leits.]) ist die Leistungsgewährung durch Krankenkassen bei nicht medizinisch indizierten Schwangerschaftsabbrüchen mit dem Grundgesetz (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 und Art. 4 GG) nicht vereinbar. b) Die ärztliche Beratung (vgl. oben Rz 1595) über die Erhaltung und den Abbruch der Schwangerschaft nach § 200 f Satz 2 RVO kann durch hierzu von der KV ermächtigte Nichtkassenärzte ( > K a s s e n a r z t Rz 928), insbesondere bei anerkannten Beratungsstellen (vgl. oben Rz 1594) erfolgen. Bei der im Rahmen des Ermächtigungsverfahrens von der KV vorzunehmenden Prüfung, ob eine Versorgungslücke besteht, dürfen nur die Kassenärzte berücksichtigt werden, die unter Berücksichtigung des Gebotes der Gebietsbeschränkung ( > Gebietsarzt Rz 673) hierzu berechtigt sind; das sind nur Frauenärzte und Allgemeinärzte bzw. > praktische Ärzte, sowie andere > Gebietsärzte, sofern sie als Berater i.S. von § 218 b Abs. 2 StGB anerkannt sind (vgl. oben Rz 1594). Weiter muß konkret festgestellt werden, ob die vorhandene Zahl der berechtigten Kassenärzte auch bereit ist, Leistungen nach § 2 0 0 f RVO zu erbringen. Eine Versorgungslücke i.S. von § 31 Abs. 1 ZO-Ä bzw. § 5 Nr. 3 AEKV kann auch dann bestehen, wenn zwar genügend (berechtigte) Kassenärzte vorhanden sind, aber ein Teil von ihnen nicht bereit ist, Beratungen nach § 2 0 0 f RVO durchzuführen (SG Berlin v. 21. 4. 1982 - S 71 Ka 43/81 -). Ein > Kassenarzt, der für einen rechtmäßigen Schwangerschaftsabbruch neben den ihm zustehenden kassenärztlichen Honoraren von den Patienten eine Zusatzzahlung verlangt mit der Begründung, daß die Krankenkasse seine Leistungen nicht angemessen honoriere, macht sich eines Berufsvergehens schuldig (LBerufsG für Ärzte Bad.^ttbg. v. 11. 4. 1981, ÄBl. Bad.-Wttbg. 1981, 609; dazu Narr, DMW 1981, 1310). Darüber hinaus liegt eine Verletzung kassenärztlicher Pflichten vor, die zum Entzug der Kassenzulassung führen kann ( > Kassenarzt Rz 935). 2. Die Kostenübernahme durch die private > Krankenversicherung (Rz 1107) richtet sich nach dem Umfang des nach dem Versicherungsvertrag bestehenden Versicherungsschutzes, der bei den einzelnen Versicherungsgesellschaften verschieden sein kann. Eine Erstattungspflicht besteht bei der medizinischen Indikation. Bei der eugenischen Indikation erfolgt eine Kostenübernahme meist auf freiwilliger Basis. Die Kosten für einen Abbruch aus sozialer Indikation gehören nicht zu den Kosten einer „medizinisch notwendigen Heilbehandlung... wegen Krankheit oder Unfallfolgen" i. S. des § 1 Abs. 2 MBKK (LG Bremen v. 10. 4. 1978 - 10 S 666/77 c LG Berlin, VersR 1983, 1180). Insoweit ist der Versicherungsschutz enger als in der gesetzlichen Krankenversicherung. 3. Im > Beihilferecht werden die Kosten für rechtmäßige Schwangerschafts-

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abbrüche nach Nr. 9 a Abs. 1 Ziff. 1 c) u. 2 BhV übernommen. In der Beihilfe für Landesbeamte gelten unterschiedliche Regelungen. Teilweise ist der Schwangerschaftsabbruch nur bei Vorliegen einer Krankheit i. S. der gesetzlichen >Krankenversicherung (>Krankheit Rz 1114] beihilfefähig (so z.B. nach der BVO Bad.-Wttbg., vgl. VG Freiburg, MedR 1983, 159, im Ergebnis bestätigt durch VGH Bad.-Wttbg. v. 22. 7. 1983 - 4 5 1035/83 -). VI. Der den Schwangerschaftsabbruch durchführende Arzt ist verpflichtet, alle im Rahmen der > Dokumentationspflicht erforderlichen Aufzeichnungen zu machen. Dazu gehören vor allem (vgl. Barley-Hollmann, Merkblatt des Hartmann-Bundes zu § 2 1 8 StGB, 3. Aufl. 1981, S. 5): die eigene Feststellung der Indikation, Aufklärung nach den Grundsätzen der ärztlichen > Aufklärungspflicht (Rzn. 253ff.), ärztliche und ggf. soziale Beratung, Einsichts- und Urteilsfähigkeit bei Minderjährigen bzw. Zustimmung der Eltern oder Sorgeberechtigten, die ausdrücklich erklärte Einwilligung, Angaben der Schwangeren über den Zeitpunkt der Empfängnis bzw. den ersten Tag der letzten Menstruation, Untersuchungsbefunde über den Zeitpunkt der Schwangerschaft und etwaige Besonderheiten. Weiterhin sind der > P a t i e n t e n k a r t e i die schriftliche Feststellung einer Indikation durch einen anderen Arzt sowie die schriftliche Bestätigung beizufügen, daß eine Sozialberatung stattgefunden hat.

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VII. Anzeigepflicht des Arztes. Über die legalen Schwangerschaftsabbrüche wird beim Statistischen Bundesamt eine Bundesstatistik geführt. Nach Art. 4 des 5. StrRG ist jeder Arzt, der unter den Voraussetzungen des § 218 a StGB einen Abbruch vornimmt, verpflichtet, dies bis zum Ende des laufenden Kalenderjahres dem Statistischen Bundesamt anzuzeigen und hierüber im einzelnen vorgeschriebene Angaben zu machen (vgl. dazu Christian, DÄ 1976, 2956).

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Schweigepflicht I. Rechtsgrundlagen der ärztlichen Schweigepflicht als der Pflicht des Arztes, über alle ihm in beruflicher Eigenschaft bekannt gewordenen Tatsachen und Umstände Stillschweigen zu bewahren, sind 1. die allgemeine Strafvorschrift des § 203 StGB (früher § 300 StGB); 2. die in den ärztlichen > Berufsordnungen verankerte Pflicht zur Wahrung des Berufsgeheimnisses (vgl. § 2 MuBO). Es handelt sich hier im wesentlichen um die Fixierung des geltenden Strafrechts für die in der Praxis wichtigsten Einzelfälle; 3. der Arztvertrag. Der Rechtsverkehr kann davon ausgehen, daß ein gewissenhafter Arzt die Behandlung unter Beachtung seiner Pflichten aufgrund der ärztlichen Berufsordnung durchführt. Die ärztliche Schweigepflicht folgt daher als Nebenpflicht aus dem > A r z t v e r t r a g [Rz 221] (vgl. K. Müller bei Mergen, aaO. Bd. II S. 99);

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4. das Grundrecht des Patienten auf Achtung der Intimsphäre (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG ; vgl. BVerfG; NJW 1972; 1123). Zum Verhältnis der ärztlichen Schweigepflicht zum Datenschutzrecht > D a t e n s c h u t z Rz 544. 1618

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II. 1. Die strafrechtliche Schweigepflicht. Der strafrechtlichen Schweigepflicht unterliegen a) außer den > Ä r z t e n > Z a h n ä r z t e und > A p o t h e k e r sowie die Angehörigen der nichtärztlichen Heilberufe mit staathch geregelter Ausbildung, z.B. Krankenschwestern ( > K r a n k e n p f l e g e p e r s o n a l ) , > H e b a m m e n , > Masseure, > Diätassistenten, > Krankengymnasten, > medizinisch-technische Assistenten, > Beschäftigungs- u n d Arbeitsther a p e u t e n , > L o g o p ä d e n , nicht dagegen > H e i l p r a k t i k e r (§ 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB); b) weitere Berufsgruppen, die Einblick in das ärztliche Berufsgeheimnis erhalten, z. B. Berufspsychologen ( > Psychologe), Ehe-, Erziehungs- und Jugendberater, Berater für Suchtfragen in einer anerkannten Beratungsstelle, Mitglieder einer anerkannten Beratungsstelle für die Sozialberatung vor dem > S c h w a n g e r s c h a f t s a b b r u c h (§ 218b Abs. 2 Nr. 1 StGB), > S o z i a l a r b e i t e r und Sozialpädagogen, sowie Angehörige eines Unternehmens der Kranken-, Unfall- oder Lebensversicherung oder einer > P r i v a t ä r z t l i c h e n Verr e c h n u n g s s t e l l e (§ 203 Abs. 1 Nrn. 2, 4, 4a, 5, 6 StGB; vgl. hierzu Becker, MDR 1974, 888; Rieger, DMW 1975, 1865f.). Die Bediensteten der > K a s s e n ä r z t l i c h e n V e r e i n i g u n g e n und der Krankenkassen sind für den öffentlichen Dienst besonders verpflichtet und daher nach § 203 Abs. 2 Nr. 2 StGB schweigepflichtig (vgl. Rieger, DMW 1975, 1866). c) Amtsträger und Angehörige des öffentüchen Dienstes unterliegen zusätzlich der Schweigepflicht nach § 203 Abs. 2 Nrn. 1 u. 2 StGB. Bei gleichzeitiger Verletzung des § 203 Abs. 1 und Abs. 2 StGB liegt nur eine Tat nach § 203 StGB vor (Schönke-Schröder-Lenckner, aaO. § 203 Rz 43 > B e a m t e t e r A r z t Rz 299); d) die „berufsmäßig tätigen Gehilfen" der vorgenannten Berufsangehörigen und die „Personen, die bei ihnen zur Vorbereitung auf den Beruf tätig sind" (§ 203 Abs. 3 Satz 1 StGB). aa) Zu den berufsmäßig tätigen Gehilfen des Arztes gehört jeder, der innerhalb des beruflichen Wirkungsbereichs des Arztes eine auf dessen berufliche Tätigkeit bezogene unterstützende Tätigkeit ausübt, die ihrer Natur nach mit der Möglichkeit der Kenntnisnahme von fremden Geheimnissen verbunden ist, auch wenn die Tätigkeit nicht als Beruf ausgeübt wird und z. B. nur aushilfsweise erfolgt (z.B. > A r z t h e l f e r i n , Arztsekretärin, > m e d i z i n i s c h technische Assistentin, > Krankenpflegepersonal, > Krankeng y m n a s t ; nicht dagegen z.B. Reinigungspersonal und Chauffeur, weil deren Tätigkeit nicht die notwendige innere Beziehung zur ärztlichen Berufsausübung aufweist; vgl. Schönke-Schröder-Lenckner, aaO. § 203 Rz 64). Dabei ist

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nicht erforderlich, daß der Betreffende zum Arzt in einem Arbeitsverhältnis steht oder in anderer Weise ihm gegenüber weisungsgebunden ist. Daher gehören z.B. auch die in der Praxis aushelfende > A r z t e h e f r a u sowie DialyseTechniker ( > Hämodialyse), die im Auftrag eines Service-Unternehmens Dialysegeräte regelmäßig warten, zum Kreis der Schweigepflichtigen nach §203 Abs. 3 Satz 1 StGB (vgl. Rieger, DMW 1979, 1733), ebenso Vertrauenslehrer und Kontaktschüler, die den > Schularzt (Rz 1581) im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Bekämpfung des Drogenmißbrauchs unterstützen (vgl. Rieger, DMW 1972, 1165). Nicht der Schweigepflicht unterliegen dagegen Personen, die nicht für längere Zeit, sondern nur fallweise mit dem Patientengeheimnis in Berührung kommen (z.B. >Arztehefrau nimmt nachts Anrufe von Patienten entgegen,vgl. Samson, SK § 203 Rz 15). Ebenso scheiden Mitpatienten bei der Gruppentherapie aus dem Kreis der Schweigepflichtigen aus (vgl. dazu Vogel, NJW 1972, 2209). Zu den berufsmäßig tätigen Gehilfen des Krankenhausarztes gehören auch die Angestellten der Krankenhausverwaltung, soweit sie eine im unmittelbaren inneren Zusammenhang mit der ärztlichen Behandlung stehende Tätigkeit entfalten. Dies trifft insbesondere für die mit der Erfassung von Patientendaten zu Abrechnungszwecken befaßten Angestellten zu (OLG Oldenburg, NJW 1982, 2615, 2616; Kleinewefers-Wilts, NJW 1964, 428; Schönke-Schröder-Lenckner, aaO. § 203 Rz 64); in öffentlichen Krankenanstalten sind diese Personen nach § 203 Abs. 2 Nr. 2 StGB schweigepflichtig. bb) Zum Kreis der zur Vorbereitung auf den Beruf tätigen Personen gehören neben auszubildenden Arzthelferinnen, Schwesternschülerinnen usw. auch Medizinstudenten. Demgegenüber wird aus dem Wortlaut „tätig sind" in § 203 Abs. 3 Satz 1 StGB z.T. geschlossen, daß der Gesetzgeber damit auf die aktive Teilnahme des Studenten an der ärztlichen Tätigkeit zum Zwecke der Berufsausbildung abgestellt hat mit der Folge, daß nur die im Krankenhaus beschäftigten Studenten und die Teilnehmer an klinischen Kursen, nicht dagegen die Hörer klinischer Vorlesungen schweigepflichtig sind (so Braun, DMW 1976, 1298). Diese Unterscheidung ist indes mit dem Schutzzweck des § 203 Abs. 3 StGB nicht vereinbar. Wie bei der Gruppe der berufsmäßig tätigen Gehilfen kann es auch für die Schweigepflicht der Medizinstudenten nur darauf ankommen, ob der Student durch seine Präsenz im ärztlichen Berufskreis zwangsläufig in das Patientengeheimnis eingeweiht wird. Die Schweigepflicht besteht daher unabhängig davon, ob der Student aktiv oder nur passiv an Lehrveranstaltungen teilnimmt (ebenso schon für das frühere Recht nach § 300 StGB Schulz, aaO. S. 138; Kohlhaas bei Kuhns, aaO. S. 1/780). cc) Weder zu den berufsmäßig tätigen Gehilfen noch zu den Personen, die zur Vorbereitung auf den Beruf an der ärztlichen Tätigkeit teilnehmen, gehören Schüler, die zur Vorbereitung auf die Berufswahl und Studenten (nicht Medizinstudenten, z. B. Lehramtsstudenten), die während ihres Studiums als Praktikant bei einem Arzt tätig sind ( > Arztpraxis Rz 202). e) § 203 Abs. 3 Satz 2 StGB erstreckt die Schweigepflicht nach dem Tod eines

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nach § 203 Abs. 1 oder Abs. 3 Satz 1 StGB Schweigepflichtigen auf diejenigen Personen, die das Geheimnis von dem zur Geheimhaltung verpflichteten Verstorbenen oder aus dessen Nachlaß erlangt haben (näher dazu Schönke-Schröder-Lenckner, § 203 Rzn. 66ff.). 2. Auch zivilrechtlich (vgl. oben I 3, Rz 1617) besteht die Schweigepflicht nicht nur für den Arzt, Zahnarzt und Apotheker, sondern auch für ihre nichtärztlichen Mitarbeiter und alle sonstigen (berechtigten) Mitwisser des Patientengeheimnisses insofern, als das allgemeine Persönlichkeitsrecht als „sonstiges Recht" i. S. des § 823 Abs. 1 BGB Stillschweigen gegenüber Dritten gebietet (vgl. K. Müller bei Mergen, aaO. Bd. II S. 65, 96ff.). 3. Die in den ärztlichen t> Berufsordnungen verankerte Schweigepflicht begründet keine persönliche Schweigepflicht für die nichtärztlichen (berechtigten) Mitwisser des Patientengeheimnisses. Der Arzt ist jedoch verpflichtet, seine Gehilfen und die Personen, die zur Vorbereitung auf den Beruf an der ärztlichen Tätigkeit teilnehmen, über ihre strafrechtliche Schweigepflicht zu belehren und dieses schriftlich festzuhalten (vgl. § 2 Abs. 3 MuBO). III. Reichweite der ärztlichen Schweigepflicht. 1. Gegenstand der ärztlichen Schweigepflicht sind Tatsachen und Umstände, die nur einem beschränkten Personenkreis bekannt sind und an deren Geheimhaltung der Betroffene ein bei Berücksichtigung seiner persönlichen Situation - sachlich begründetes Interesse hat, ohne daß es darauf ankommt, ob das Geheimhaltungsinteresse positiv oder negativ zu bewerten ist. Wo dem Geheimnisgeschützten die Existenz des Geheimnisses selbst nicht bekannt ist, kommt es auf sein mutmaßliches Interesse an der Geheimhaltung an. Dabei ist zu beachten, daß auch Minderjährige ein schutzwürdiges Interesse an Geheimhaltung haben können. Hat der Minderjährige das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet, wird der Arzt grundsätzlich berechtigt sein, die Eltern in vollem Umfang zu unterrichten. Ausnahmsweise kann die Wahrung der Schweigepflicht auch in diesen Fällen geboten sein; denn es gibt kindliche Geheimnisse, die die Kinder nur dem Arzt, nicht aber ihren Eltern anvertrauen wollen (vgl. Barnikel, DMW 1978, 754). Bei Minderjährigen über 14 Jahren hat der Arzt das Patientengeheimnis regelmäßig zu respektieren (näher dazu Rieger, Hippokrates 1966, 145; ders., diagnostic 1969, 149). Die Unterrichtung der Sorgeberechtigten kann jedoch durch den Erziehungszweck gerechtfertigt sein (dazu unten Rz 1656). Im übrigen ist der geschützte Geheimbereich weit zu ziehen. Zu ihm gehören nicht nur diejenigen Tatsachen und Umstände, die sich auf den Gesundheitszustand des Patienten beziehen (z. B. Diagnose, angewandte Therapie, Prognose, ärztliche Aufzeichnungen, Röntgenaufnahmen, Untersuchungsbefunde; vgl. auch § 2 Abs. 1 MuBO), sondern alle Gedanken, Meinungen, Empfindungen, Handlungen, familiären, finanziellen und beruflichen Verhältnisse, an deren Geheimhaltung der Patient oder ein Dritter, auf den sich das Geheimnis bezieht (Drittgeheimnis; z.B. Patient erzählt dem Arzt, daß sein Nachbar sich einer Entziehungskur wegen Alkoholabhängigkeit unterzogen

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habe, vgl. unten Rz 1635 a.E.), erkennbar ein Interesse hat. Ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse kann schon in bezug auf den Namen des Patienten sowie die Tatsache anzunehmen sein, daß jemand überhaupt einen Arzt konsultiert hat (LG Köln, NJW 1959, 1958; Laufs, Arztrecht Rz 141). Dies ist u.a. von Bedeutung bei der schriftlichen Einbesteilung von Patienten durch offene Postkarten (z.B. durch den Psychiater; vgl. Schulz, aaO. S. 127; vgl. im übrigen zum Umfang des geschützten Geheimbereichs eingehend Schönke-SchröderLenckner, aaO. §203 Rzn. 5ff. ; Narr, aaO. Rz 747 ; Eb. Schmidt bei Ponsold, aaO. S. 26ff. ; Kohlhaas bei Kuhns, aaO. S. 1/780ff.). 2. Das Geheimnis muß dem Arzt in seiner beruflichen Eigenschaft anvertraut oder bekanntgeworden sein, a) Hierfür ist nicht erforderlich, daß die geheimzuhaltende Tatsache dem Arzt während der Ausübung seines Dienstes zur Kenntnis gelangt. Auch Mitteilungen bei Gelegenheitskonsultationen (z. B. zufälliges Zusammentreffen des Arztes mit dem Patienten auf der Straße oder in Gesellschaft) unterliegen der ärztlichen Schweigepflicht (vgl. Bockelmann bei Ponsold, aaO. S. 12 Fußn. 19; Gaisbauer, DMW 1975, 1944; Schönke-Schröder-Lenckner, aaO. § 203 Rz 14). b) Das ärztliche Berufsgeheimnis beschränkt sich nicht auf bewußt mitgeteilte Tatsachen. Vielmehr werden auch Tatsachen mitumfaßt, von denen der Arzt im Rahmen oder bei Gelegenheit seiner Berufsausübung zufällig oder aufgrund seiner besonderen Sachkunde erfährt (z.B. Diagnostizierung einer bisher unbekannten Krankheit, Beobachtungen während eines Hausbesuches; vgl. Müller-Dietz, Saarl. ABl. 1980, 356, 358). c) Weiter kommt es nicht darauf an, ob ein freiwillig gewähltes, besonderes Vertrauensverhältnis zum Arzt vorliegt. Die > freie Arztwahl ist nicht der tragende Grund für den durch das ärztliche Schweigegebot begründeten gesetzlichen Vertrauensschutz. Geschützt wird vielmehr die Intimsphäre des Patienten, die er jedem Arzt gegenüber öffnet (vgl. Kreuzer, NJW 1975, 2232, 2234). Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 203 StGB ist nur, daß eine tatsächliche Beziehung zwischen Arzt und Patient überhaupt zu irgendeinem Zeitpunkt bestand ( > Medizinisch-Psychologische Untersuchungsstelle Rz 1191). Die ärztliche Schweigepflicht gilt daher grundsätzlich auch für ärztliche t> Sachverständige (Rz 1537) sowie für beamtete und angestellte Ärzte, die der zu begutachtenden oder zu untersuchenden Person in Wahrnehmung ihrer Dienstaufgaben gegenübertreten ( > Amtsarzt Rz 51, > Anstaltsarzt i m Justizvollzugsdienst Rz 61, > Bahnarzt, > Arbeitsamtsarzt, > Musterungsarzt Rz 1228, > Polizeiarzt Rz 1374, > Postarzt Rz 1376, > Truppenarzt Rz 1781, > Versorgungsarzt, > Vertrauensarzt Rz 1855). Soweit die Untersuchung jedoch nicht freiwillig erfolgt, ermächtigt die Rechtsnorm, die die Untersuchung und Begutachtung anordnet, gleichzeitig den ärztlichen Gutachter, alle für den verfolgten Untersuchungszweck erforderlichen Mitteilungen an den Auftraggeber zu machen (vgl. Bockelmann bei Ponsold, aaO. S. 14). Wahrnehmungen hingegen, die der Sachverständige „nebenbei" gemacht hat oder die sich auf freiwillige, mit dem Gutachten in keinem Zusammenhang stehende Mitteilungen der untersuch-

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ten Person stützen und unter der (stillschweigenden) Voraussetzung der Geheimhaltung gemacht worden sind, unterliegen in vollem Umfang der ärztlichen Schweigepflicht. (Beispiel: Der vom Gericht mit der Erstattung eines Gutachtens in einem Abstammungsprozeß beauftragte ärztliche Sachverständige darf von einer ihm bei der Untersuchung zur Kenntnis gelangten Drogenabhängigkeit des Untersuchten nicht das > Gesundheitsamt verständigen).

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Aus den Vorschriften des Beamtenrechts ergibt sich keine Einschränkung der ärztlichen Schweigepflicht gegenüber dem Dienstherrn (vgl. C. Müller, NJW 1966, 1152; Schulz, aaO. S. 132f. ; Dyes, NJW 1961, 2050; Karstadt, NJW 1961, 2051; a.A. Schuegraf, NJW 1961, 961). Sofern sich der Untersuchte der Untersuchung durch den Sachverständigen freiwillig stellt, wird darin häufig die stillschweigende Einwilligung in die Verwertung des Untersuchungsergebnisses liegen (vgl. K. Müller bei Mergen, aaO. Bd. II. S. 78). Diese Annahme ist jedoch dann nicht zwingend, wenn der Untersuchte in Unkenntnis seiner Rechte irrtümlich eine Mitwirkungspflicht annimmt. In diesem Fall bedarf es einer Aufklärung des Patienten über seine Rechte (vgl. Müller-Dietz, Saarl. ÄB1. 1980, 356, 361 f. ; Kühne, JZ 1981, 647 ff.). Eine Verletzung der Schweigepflicht liegt auch in der Mitteilung der zur Erfüllung des Auftrags getroffenen Feststellungen an eine andere als die von Rechts wegen zur Kenntnisnahme berufene Stelle (RGSt 61, 384; K. Müller bei Mergen, aaO. Bd. II S. 78f., 90; Bockelmann bei Ponsold, aaO. S. 14 ; BGH, NJW 1964, 449; Stern, Med. Klinik 1978, 481, 485; im Ergebnis ebenso Schönke-Schröder-Lenckner, aaO. § 203 Rz 16). 3. Zeitlich dauert die ärztliche Schweigepflicht nach dem Tod des Patienten in dem gleichen Umfang fort, wie sie zu seinen Lebzeiten bestanden hat (§ 203 Abs. 4 StGB; Schönke-Schröder-Lenckner, aaO. § 203 Rz 70; Bay. LSG, NJW 1962, 1789; teilweise abweichend OLG Düsseldorf, NJW 1959, 821; LG Augsburg, NJW 1964, 1187 > Z e u g n i s v e r w e i g e r u n g s r e c h t Rz 1983). Dies gilt auch für Drittgeheimnisse (oben Rz 1623; vgl. Müller-Dietz, Saarl. ÄBl. 1980, 359; zur Entbindung von der Schweigepflicht nach dem Tod des Patienten vgl. unten Rz 1637). Nach seinem Schutzzweck bezieht sich das strafrechtliche Schweigegebot auch auf Feststellungen, die der Arzt (z. B. Pathologe) am Körper eines Toten trifft (str.; a.A. Bockelmann bei Ponsold, aaO. S. 15, 32; wie hier: SchönkeSchröder-Lenckner, aaO. § 203 Rz 70; Naser, Öff. Gesundh.-Wesen 1982, 226, 227 m. Nachw. > L e i c h e n s c h a u Rz 1152). Die gegenteilige Auffassung widerspricht dem Wortlaut des § 203 StGB; denn auch der Pathologe ist Arzt i. S. dieser Bestimmung, dem durch seine ärztliche Tätigkeit bei der > S e k t i o n bestimmte Tatsachen „bekannt werden". Der Arzt ist deshalb grundsätzlich nicht berechtigt, den Hinterbliebenen Auskunft über den Sektionsbefund zu erteilen (a.A. Gucht, ArztR 1974, 264). Ausnahmen können unter dem Gesichtspunkt der Güterabwägung gerechtfertigt sein (dazu unten Rzn. 1652 ff.).

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4. Die Schweigepßcht endet nicht mit der Berufstätigkeit. Vielmehr müssen Arzt und Hilfspersonen über das, was ihnen in ihrer beruflichen Eigenschaft bekannt geworden ist, bis zu ihrem Tode schweigen (Müller-Dietz, Saarl. ÄBl. 1980, 359]. IV. Unbefugte Offenbarung des Berufsgeheimnisses. 1. Eine Offenbarung des Berufsgeheimnisses liegt dann vor, wenn der Schweigepflichtige es an eine Person preisgibt, die nicht dem Kreis der zum Wissen Berufenen angehört. Mitteilungen über das Geheimnis innerhalb dieses Kreises sind keine „Offenbarung" (vgl. Bockelmann bei Ponsold, aaO. S. 14). Die Geheimnisoffenbarung kann auch durch Unterlassen erfolgen, z. B. wenn der Arzt die Einsichtnahme in > Krankenunterlagen durch Dritte nicht verhindert (vgl. Schönke-Schröder-Lenckner, aaO. § 203 Rz 20 u. § 13 Rz 31 ; K. Müller bei Mergen, aaO. Bd. II S. 72), was auch dadurch geschehen kann, daß er sein Personal, das die Unterlagen an einen Unbefugten herausgegeben hat, entgegen seiner in § 2 Abs. 3 MuBO verankerten Berufspflicht vorher nicht über seine Geheimhaltungspflicht belehrt hat. a) Zum Kreis der befugten Mitwisser des Berufsgeheimnisses gehören die Mitarbeiter des Arztes, die notwendig an dem geschützten Vertrauensverhältnis teilnehmen (z. B. Arztsekretärin, > K r a n k e n p f l e g e p e r s o n a l , > A r z t h e l f e r i n ) . Dabei ist jedoch zu beachten, daß nicht der gesamte Mitarbeiterkreis des Arztes in gleichem Maße zum Wissen berufen ist. Die Berechtigung zur Mitwisserschaft ist relativ. Den Mitarbeitern darf jeweils nur das zugänglich gemacht werden, was sie zur Erledigung ihrer jeweiligen Aufgaben wissen müssen (vgl. Bockelmann bei Ponsold, aaO. S. 14). Deutlich abgestuft ist die Berechtigung zur Mitwisserschaft beispielsweise beim Postversand. Es ist nicht zu umgehen, daß der Bote, der Briefe des Arztes an Patienten zur Post bringt, die Anschriften liest und damit weiß, daß bestimmte Personen sich in ärztlicher Behandlung befinden. Vermeidbar ist aber, daß dem Boten auch die auf den versandten Rechnungen angegebenen Diagnosen bekannt werden. Ärztliche Mitteilungen, die Befunde und Diagnosen enthalten, dürfen daher niemals unverschlossen (z.B. auf Postkarten) versandt werden. Die Sendungen sind von den engsten Mitarbeitern des Arztes zu verschließen. Nur so läßt sich erreichen, daß ein Geheimnis nicht Personen bekannt wird, die zum Mitwissen nicht berechtigt sind (näher dazu Rieger, DMW 1976, 90 ; ders., diagnostik 1970, 25). Entsprechende Grundsätze gelten für die Postöffnung, die so zu organisieren ist, daß der Kreis der Mitwisser möglichst begrenzt bleibt. Post, die an eine Einrichtung „zu Händen" eines dort beschäftigten Arztes adressiert ist, darf nach dem Willen des Absenders regelmäßig nur von diesem Arzt oder seinen engsten Mitarbeitern geöffnet werden. Zur Postöffnung im Krankenhaus vgl. Hirsch, Informationen des Berufsverbands der Deutschen Chirurgen 1980, 170. b) Dementsprechend muß auch die Weitergabe von Arztunterlagen innerhalb einer Behörde oder privaten Einrichtung so organisiert sein, daß der Kreis

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der Mitwisser entsprechend der Aufgabenverteilung abgestuft und so eng wie möglich begrenzt ist. Der Arzt ist nicht berechtigt, Untersuchungsbefunde und Diagnosen einem ihm nicht bekannten, ständig wechselnden Kreis von Bediensteten zugänglich zu machen, der seinem organisatorischen Einflußbereich entzogen ist und dessen Überwachung hinsichtlich der Wahrung der Schweigepflicht ihm daher nicht möglich ist. Bedenken bestehen daher gegen die Bearbeitung von Arztpost in zentralen Schreibbüros einer Einrichtung. Kann der Arzt nicht selbst organisatorische Maßnahmen treffen, so muß er seinen Dienstherrn auf Bedenken bezüglich der Wahrung der ärztlichen Schweigepflicht nachdrücklich hinweisen, wenn er nicht Gefahr laufen will, sich einer Verletzung der Schweigepflicht durch Unterlassen schuldig zu machen (näher dazu Rieger, DMW 1978, 884 ; 1976, 90 ; 1979, 1552, 1553; a.A. Klaffus, DMW 1979, 444 und dazu Bleifeld, DMW 1979, 1111). Aus dem Bereich des ärztlichen und sozialen Dienstes einer Behörde oder privaten Institution dürfen nur solche Unterlagen zu den Personalakten gelangen, die für Zwecke der Personalverwaltung unbedingt erforderlich sind (näher dazu Wiese, DÄ 1982/39, S. 88ff. ; 1982/40, S. 72ff. ; ders., Datenschutz und Datensicherung 1980/1, S. 17 > B e t r i e b s a r z t Rzn. 424ff.). c) Die vorstehenden Grundsätze müssen auch für die Überlassung von > Krankenunterlagen an Dienstvorgesetzte, Aufsichtsbehörden und Krankenhausverwaltungen gelten. Diese Stellen dürfen nur insoweit Einblick in das Patientengeheimnis erhalten, als dies für die Erfüllung ihrer Aufgaben unbedingt erforderlich ist. So besteht z.B. grundsätzlich kein Recht des Landrats als Dienstvorgesetzter des > Chefarztes eines Kreiskrankenhauses auf Einsichtnahme in Krankenakten, da sich Dienstaufsicht und Weisungsbefugnis nicht auf die Durchführung von Behandlungsmaßnahmen erstrecken; ein Einsichtsrecht besteht ausnahmsweise z. B. in dem Fall, daß der Landkreis wegen eines > B e h a n d l u n g s f e h l e r s des Chefarztes auf Schadensersatz verklagt wird. Die Krankenhausverwaltung hat kein Recht, von den liquidationsberechtigten Ärzten ohne Zustimmung der Patienten die Herausgabe von ärztlichen Aufzeichnungen zu verlangen, um aufgrund der darin enthaltenen Angaben mit den Kostenträgern abzurechnen (vgl. OVG Lüneburg, NJW 1975 2263 > Chefarzt Rz 519). Die Übermittlung von Patientendaten an die Verwaltung m u ß sich auf diejenigen Daten beschränken, die zur Leistungsabrechnung unbedingt notwendig sind (vgl. Norden, Krankenhaus 1982, 1, 3 f. > A u s k u n f t s p f l i c h t Rz 288). Insoweit kann i.d.R. das stillschweigende Einverständnis des Patienten angenommen werden (vgl. dazu unten Rz 1647). Eine generelle Pflicht zur Vorlage von Krankenunterlagen an Dienstvorgesetzte ergibt sich auch nicht aus dienstrechtlichen Vorschriften des Beamtenrechts, die kein Recht zum Eingriff in die Rechtsgüter unbeteiligter Dritter gewähren können (vgl. Kreuzer, NJW 1975, 2235; OVG Lüneburg, NJW 1975, 2263; Rieger, DMW 1976, 1578). Schließlich folgt auch aus dem Eigentumsrecht des Dienstherrn an Krankenunterlagen (Rz 1089) keine Offenbarungspflicht oder Offenbarungsbefugnis (OVG Lüneburg, aaO. ; Kühne, NJW 1977, 1478, 1480f.; Sommer, Arzt u. Krankenhaus 1982, 20). Diese Grundsätze gel-

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ten auch für das Verhältnis zwischen Ärzten eines > G e s u n d h e i t s a m t s und der Aufsichtsbehörde bei amtsärztlichen Untersuchungen ( > A m t s a r z t Rz 51), sowie für die Einsichtnahme der Leiter von Strafvollzugsanstalten in Krankenunterlagen von Gefangenen | > A n s t a l t s a r z t i m J u s t i z v o l l z u g s d i e n s t Rzn. 61 f.). Etwas anderes gilt nur dort, wo dem angestellten oder > beamteten Arzt ein fremdes Geheimnis nicht „als Arzt", d. h. aufgrund einer „typischerweise auf Vertrauen beruhenden Sonderbeziehung" (Samson, SK, § 203 Rz 30), sondern in seiner Eigenschaft als Funktionsträger bekannt geworden ist. Hier ist - in Abweichung zum ärztlichen Berufsgeheimnis - die Weitergabe innerhalb derselben Behörde auf dem dafür vorgesehenen Weg zulässig, weil das Geheimnis grundsätzlich nicht einem Funktionsträger in seiner Person aufgrund einer personalen Vertrauensbeziehung, sondern als Repräsentant seiner Behörde zur Kenntnis gelangt (Schönke-Schröder-Lenckner, aaO. § 203 Rz 45; Kreuzer, NJW 1975, 2232, 2234 > A m t s a r z t Rz 51). d) Auch die Weitergabe von Arztunterlagen an andere Behörden ist nur im Rahmen der ärztlichen Schweigepflicht zulässig, die auch durch die gegenseitige Pflicht zur Amtshilfe (Art. 35 GG und den diese lediglich konkretisierenden gesetzlichen Bestimmungen (vgl. z.B. §§ 5ff., 30 VwVfG, §§ 4, 68 SGB X) nicht beseitigt werden kann (C. Müller, NJW 1966, 1153; VG Berlin, NJW 1960, 1410; Walter, NJW 1978, 868, 869). Bloße Verwaltungsvorschriften bilden keinen Rechtfertigungsgrund für die Weitergabe von Arztunterlagen (näher zu diesen Fragen Schönke-Schröder-Lenckner, aaO. § 203 Rz 53 m. w. Nachw.). Die Vorschrift des § 203 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbs. StGB enthält keine Freistellung von der ärztlichen Schweigepflicht im Behördenverkehr (vgl. Kreuzer, NJW 1975, 2234, Rieger, D M W 1976, 1577 f. ; zustimmend Narr, aaO. Rz 756). Etwas anderes gilt jedoch hinsichtlich solcher Tatsachen, deren Erhebung und Weiterleitung zur Erfüllung der dem beamteten oder angestellten Arzt übertragenen Aufgaben notwendig ist. So besteht z. B. für den Bereich der Sozialverwaltung eine Offenbarungsbefugnis im Rahmen der §§ 67, 69 ff. SGB X ( > S o z i a l g e h e i m n i s Rzn. 1706ff., > A u s k u n f t s p f l i c h t Rz 288). e) Die ärztliche Schweigepflicht besteht grundsätzlich auch gegenüber anderen Ärzten, die der Patient nicht konsultiert hat (vgl. Narr, aaO. Rz 775 m. Nachw.; Laufs, NJW 1975, 1433, 1434f. und die dortigen Nachw. Fußn. 22; Hollmann, Nieders. ÄBl. 1980, 684f. ; Entschließung des 85. Deutschen Ärztetages, DÄ 1982/21, S. 39f.; über Ausnahmen vgl. unten Rzn. 1644f.). f) Auch im Bereich der medizinischen Forschung ist der Arzt grundsätzlich an die ärztliche Schweigepflicht gebunden (vgl. § 2 Abs. 7 MuBO; näher dazu unten Rz 1659). g) Auch gegenüber Familienangehörigen des Patienten ist der Arzt zur Geheimhaltung verpflichtet, wenn nicht ein besonderer Rechtfertigungsgrund vorliegt (vgl. BGH, NJW 1983, 2627 m. Nachw. ; unten Rzn. 1655ff.). Deshalb dürfen z. B. Privatliquidationen, in denen Diagnosen enthalten sind, stets nur an den Patienten direkt gerichtet werden. Dies gilt auch dann, wenn der Arzt

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bei der Behandlung einer Ehefrau davon ausgeht, daß der Ehemann als Hauptversicherter die Rechnung seiner privaten > Krankenversicherung (Rz 1107) einreicht (vgl. Hollmann, DMW 1982, 192). Zur Einsichtnahme in > Krankenunterlagen durch Angehörige verstorbener Patienten vgl. unten Rz 1637. h) Selbstverständlich besteht die Geheimhaltungspflicht auch gegenüber den eigenen Familienangehörigen des Arztes. Dies wird in § 2 Abs. 2 MuBO ausdrücklich hervorgehoben. 2. Die Offenbarung des Geheimnisses muß unbefugt erfolgen. Befugt, also zulässig ist die Offenbarung, wenn der Patient den Arzt ausdrücklich oder stillschweigend durch schlüssiges Handeln von der Schweigepflicht entbindet (a), wenn von der mutmaßlichen Einwilligung des Patienten ausgegangen werden kann (b), wenn die Geheimnisoffenbarung in Erfüllung einer gesetzlichen Meldepflicht erfolgt oder eine gesetzliche Vorschrift sie erlaubt (c) oder wenn die Offenbarung zum Schutz eines höherwertigen Rechtsguts erforderlich ist (d).

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a) Entbindung von der Schweigepflicht, aa) Die ausdrückliche oder stillschweigende Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht kann sich nur auf solche Tatsachen und Umstände erstrecken, die dem Einwilligenden bekannt sind. Deshalb darf der Arzt Wahrnehmungen über Umstände, die er im Laufe der Untersuchung oder Behandlung macht und von denen der Patient nichts weiß (z. B. einen vom Arzt verschwiegenen Krebsbefund) grundsätzlich nicht an Dritte weitergeben (vgl. Laufs, Arztrecht Rz 146; Narr, aaO. Rz 764). Dies ist vor allem bei Aussagen vor Gericht von Bedeutung ( > Zeugnisverweigerungsrecht Rz 1982). Zur Entbindung berechtigt ist nur der Geheimnisträger, i.d.R. also der Patient, nicht ein Dritter, der den Arzt zugezogen oder beauftragt hat (z. B. Beauftragung eines Arztes mit der Untersuchung einer Person durch eine Versicherungsgesellschaft; vgl. OLG Karlsruhe, NJW 1960, 1932). Sind Geheimnisträger und Patient verschiedene Personen (vgl. oben Rz 1623), kann nur der erstere den Arzt rechtswirksam von der Schweigepflicht entbinden (str.; wie hier Narr, aaO. Rz 765 m. Nachw.; Laufs, Arztrecht Rz 145; a.A. Bockelmann bei Ponsold, S. 16 Fußn. 36; Müller-Dietz, Saarl. ÄBl. 1980, 356, 360f.). Unerheblich ist, ob der Patient seinerseits aus einem gesetzlichen oder vertraglichen Rechtsgrund gegenüber einem Dritten verpflichtet ist, seine Einwilligung zur Offenbarung des Geheimnisses zu erteilen; weder entbindet ein solcher Rechtsgrund aus dem Verhältnis des Patienten zu einem Dritten den Arzt von seiner Schweigepflicht, noch ist es Aufgabe des Arztes, den Patienten vor den Folgen eines gesetz- oder vertragswidrigen Verhaltens zu bewahren (vgl. Wiese, DÄ 1982/39, S. 88, 90f.). Voraussetzung für die Rechtswirksamkeit der Entbindungserklärung ist stets die Freiheit der Entscheidung. Hieran kann es bei typischen Abhängigkeitsverhältnissen fehlen (z.B. bei Strafgefangenen > Anstaltsarzt im Justizvollzugsdienst Rz 61). bb) Die Entbindungserklärung ist kein Rechtsgeschäft; sie kann deshalb auch von Minderjährigen abgegeben werden, soweit sie die notwendige Urteils- und Einsichtsfähigkeit haben. In diesem Fall ist allein die Entscheidung

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des Minderjährigen maßgebend. Andernfalls müssen die gesetzlichen Vertreter den Axzt von der Schweigepflicht entbinden. Wo für den Patienten ein Vormund oder Pfleger bestellt ist, obliegt diesem die Entscheidung über die Abgabe der Entbindungserklärung (vgl. Rieger, Hippokrates, 1966, 145; Narr, aaO. Rz 757; Bockelmann bei Ponsold, S. 16 Fußn. 36). cc) Die Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht, die auch nach dem Tod des Patienten fortbesteht (vgl. oben Rz 1626), ist ein höchstpersönliches Recht des Geheimnisträgers, das nicht auf die Angehörigen oder Erben übergeht. Diese können deshalb den Arzt nicht von der Schweigepflicht entbinden (vgl. Eb. Schmidt, NJW 1962, 1745, 1748; BGH, NJW 1983, 2627, LG Augsburg, NJW 1964, 1186; LG Hanau, NJW 1979, 2357). Daher verstößt die Erteilung von Auskünften an Erben, Angehörige oder sonstige Dritte oder die Herausgabe von Krankenunterlagen Verstorbener an sie zur Einsicht gegen die ärztliche Schweigepflicht, sofern nicht ein sonstiger Rechtfertigungsgrund (unten 2b)—d) vorliegt (> K r a n k e n u n t e r l a g e n Rz 1097, > A t t e s t Rz 248; unten Rz 1648). Über das Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes (mit Ausnahme des Rechtfertigungsgrundes unter 2 c) und damit über die Berechtigung zur Offenbarung entscheidet der Arzt selbst „in letzter Instanz". Seine Gewissensentscheidung hinsichtlich der Offenbarung des Patientengeheimnisses ist einer gerichtlichen Nachprüfung nicht zugänglich, weil diese von vornherein die Preisgabe des möglicherweise schutzbedürftigen Geheimnisses bedingen würde. Allerdings muß dem Arzt die Darlegung zugemutet werden, daß und unter welchem allgemeinen Gesichtspunkt er sich durch die Schweigepflicht gehindert sieht. Er wird z. B. zu erklären haben, daß bei einem jedenfalls nicht auszuschließenden Geheimhaltungsinteresse des Verstorbenen gegenüber den Hinterbliebenen bzw. Erben der Inhalt der Unterlagen nichts ergeben kann, was dem Anliegen der die Einsicht Begehrenden dienlich wäre, daß die (ggf. volle) Einsicht in die Krankenunterlagen den Hinterbliebenen Erkenntnisse vermitteln müßte, die der Verstorbene ihnen vermutlich vorenthalten wollte, oder daß ein Wille des Verstorbenen zur Geheimhaltung auch gegenüber den Hinterbliebenen positiv geäußert worden ist (BGH, NJW 1983, 2627). Eine Offenbarungsbefugnis gegenüber den Erben besteht ausnahmsweise dann, wenn das Geheimnis ausschließlich Vermögensgüter betrifft, weil der Erbe mit dem Erwerb des Vermögens zugleich Geheimnisträger wird (vgl. Schönke-Schröder-Lenckner, aaO. § 203 Rz 25). dd) Besondere Fragen der Entbindung von der Schweigepflicht können sich im EamiHenrecht ergeben. So kann z. B. der an einer Geschlechtskrankheit erkrankte Ehegatte verpflichtet sein, den behandelnden Arzt von der Schweigepflicht zu entbinden, um dem anderen Ehegatten zuverlässige Kenntnis von seiner Krankheit zu verschaffen (OLG 3, 245). Der geschiedene Ehegatte, dem das Personensorgerecht für das gemeinsame Kind nicht zusteht, kann von dem sorgeberechtigten Elternteil nicht verlangen, daß dieser die das Kind behandelnden Ärzte von der ärztlichen Schweigepflicht ihm gegenüber entbindet (OLG Schleswig v. 30. 5. 1978 - 10 U f 31/1978).

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ee) Die Entbindung von der ärztl. Schweigepflicht ist jederzeit widerruflich. 1638

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Beispiele: (1| Schweigepflicht gegenüber Sozialleistungsträgern. Die ärztliche Schweigepflicht besteht grundsätzlich auch gegenüber Sozialleistungsträgern (§§ 12, 18-29 SGB I ; vgl. LSG Celle, NJW 1980, 1352 m. abl. Anm. Sendler, NJW 1980, 2776, vgl. auch Sendler, SGb 1981, 97ff.). Gemäß §60 Abs. 1 Nr. 1 SGB I entsteht jedoch eine gesetzliche Verpflichtung der Versicherten zur Entbindung von der Schweigepflicht bei der Inanspruchnahme von Leistungen der Sozialversicherungsträger. Nach dieser Vorschrift hat derjenige, der Sozialleistungen beantragt, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte (z.B. Ärzte] zuzustimmen. Die Zustimmung erfolgt im allgemeinen durch schlüssiges Handeln (Antragstellung). Hiermit korrespondiert die grundsätzliche Verpflichtung des Arztes nach § 100 Abs. 1 SGB X, dem Leistungsträger im Einzelfall auf Verlangen Auskunft zu erteilen, soweit es für die Durchführung von dessen Aufgaben erforderlich und die Auskunftserteilung gesetzlich zugelassen ist (> Auskunftspflicht Rz 288). Bei diesen korrespondierenden Pflichten handelt es sich nicht um eine gesetzliche Offenbarungspflicht des Betroffenen und seines behandelnden Arztes, sondern nur um eine Pflicht des Antragstellers zur Vermeidung der Folgen des § 66 SGB I (a.A. Sendler, NJW 1980, 2776 u. neuerdings BSG v. 22. 6. 1983 - 6 RKa 10/82, dagegen mit Recht F. Baur, ArztR 1984, 93ff.|. Will der Patient im Einzelfall die Preisgabe des Geheimnisses gegenüber dem zuständigen Sozialleistungsträger verhindern, steht es ihm frei, auf Leistung zu verzichten und beispielsweise den Arzt selbst zu honorieren (vgl. Narr, aaO. Rz 758). Deshalb ist der Arzt nach wie vor berechtigt und verpflichtet, im Einzelfall bei begründeten Zweifeln beim Patienten Rückfrage zu halten und falls dieser sein Einverständnis zur Offenbarung verweigert, Angaben gegenüber Sozialleistungsträgern zu unterlassen. (a) Wer Leistungen der gesetzlichen > Krankenversicherung (Rz 1103) in Anspruch nimmt, gibt mit der Ubergabe des > Krankenscheines an den Arzt oder indem er sich zur stationären Behandlung ins > Krankenhaus begibt, regelmäßig zu erkennen, daß er mit der Weitergabe aller für die Feststellung der Leistungspflicht der Krankenkasse erforderlichen Tatsachen, zu denen i.d.R. auch die Diagnose gehört, einverstanden ist (vgl. auch § 5 Nr. 3 des Vertrages zwischen der > Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten und der KBV, wonach die Arztrechnung zusätzlich zu den nach § 12 Abs. 2 GOÄ geforderten Angaben die Diagnose enthalten muß > Arzthonorar Rz 173). Die Offenbarung muß sich jedoch auf das für diesen Zweck unbedingt Notwendige beschränken („. . . soweit es für die Durchführung von dessen Aufgaben nach diesem Gesetz erforderlich .. . ist", § 100 Abs. 1 SGB X). Unzulässig ist deshalb grundsätzlich die Vorlage vollständiger ärztlicher Aufzeichnungen (z.B. > Arztbriefe, Krankenblätter, Entlassungsberichte) an Sozialversicherungsträger (Rieger, DMW 1979, 1552, 1553; LSG Celle, ÄM 1965, 2421). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 100 Abs. 1 Satz 1 SGB X, das den Arzt nur verpflichtet, „Auskunft zu erteilen". Die Auskunfterteilung setzt begrifflich eine gezielte Fragestellung voraus. Die Herausgabe vollständiger Krankenunterlagen ist deshalb durch die genannte Vorschrift nicht gedeckt (vgl. auch Hollmann, DMW 1983, 1772 > Auskunftspflicht Rz 288). Im übrigen steht der Überlassung vollständiger Arztunterlagen an die genannten Stellen auch der Umstand entgegen, daß die Aufzeichnungen häufig Drittgeheimnisse enthalten, bezüglich derer eine Entbindung von der Schweigepflicht nicht erfolgt (vgl. oben Rz 1623). Nicht erlaubt ist auch die Auskunftserteilung an eine Krankenkasse über die Krankheitsvorgeschichte zur Durchsetzung von Regreßansprüchen gegenüber dem Schädiger (LSG Celle, NJW 1980, 1352 m. abl. Anm. Sendler, NJW 1980, 2776, vgl. auch F. Baur, ArztR 1981, 233ff.). Für die Feststellung

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der Leistungspflicht der Kasse nicht erforderlich sind regelmäßig auch umfangreiche Angaben über das Therapiekonzept sowie über Art und Häufigkeit ärztlicher Visiten, wie sie z. T. von den Krankenkassen vom Arzt durch Ausfüllen entsprechender Fragebogen verlangt werden. Unwirksam sind Erklärungen in formularmäßigen > Krankenhausaufnahmeverträgen, durch die die behandelnden Ärzte pauschal von der Schweigepflicht gegenüber Sozialversicherungsträgern entbunden werden (näher dazu Rieger, DMW 1979, 1553). > A u s k u n f t s p f l i c h t Rz 288. Der kranke Arbeitnehmer, der Lohnfortzahlung nach dem LohnFG erhält, ist, sofern er keinen entgegenstehenden Willen zum Ausdruck bringt, damit einverstanden, daß der behandelnde Arzt gemäß § 368 Abs. 2 Satz 2 RVO, § 2 Nr. 3 AEKV, § 3 Abs. 1 Satz 3 LohnFG der Krankenkasse eine Bescheinigung über die > A r b e i t s u n f ä h i g k e i t mit Angaben über den Befund übersendet ( > A r b e i t s u n f ä h i g k e i t s b e s c h e i n i g u n g ) . Nicht gedeckt durch diese Vorschriften und daher unzulässig ist die Vorlage vollständiger ärztlicher Aufzeichnungen (z.B. Entlassungsberichte > A r z t b r i e f ) an Kostenträger (vgl. Rieger, DMW 1973, 909). Entsprechendes gilt für die Mitteilungspflicht der behandelnden Ärzte zwecks Einleitung von Rehabilitationsmaßnahmen nach § 368 s Satz 2, § 372 Abs. 3 Satz 2 RVO ( > R e h a b i l i t a t i o n Rz 1482). (b) Die vorstehenden Grundsätze gelten auch bei der Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung. Die Auskunftspflicht gegenüber dem Unfallversicherungsträger nach § 1543d Abs. 1 RVO besteht richtiger Ansicht nach nur im Rahmen der ärztlichen Schweigepflicht (str.; wie hier Kohlhaas, Medizin und Recht, S. 26f. ; Schönke-Schröder-Lenckner, aaO. §203 Rz 29; Stern, Med. Klinik 1978, 481). Hieran hat sich durch die Einführung einer allgemeinen Auskunftspflicht des Arztes und der Angehörigen anderer Heilberufe durch § 100 SGB X nichts geändert. Wo der Arzt Anlaß hat, an dem (stillschweigenden) Einverständnis des Patienten zu zweifeln, ist er verpflichtet, die ausdrückliche Einwilligung des Patienten einzuholen oder die Erteilung der verlangten Auskunft abzulehnen unter Hinweis darauf, daß der Patient ihn nicht von der Schweigepflicht entbinde (a.A. BSG v. 22. 6. 1983, oben Rz 1638). Soweit eine Auskunftspflicht des Arztes nach § 1543 d Abs. 1 RVO besteht, beinhaltet diese nicht die Vorlage der > Krankengeschichte (vgl. Grüter, ÄM 1957, 67 ; str.). (c) > V e r s o r g u n g s a m t Rz 1838. (2) Schweigepflicht gegenüber privaten Versicherungsgesellschaften, (a) Private Krankenkassen verlangen meist im Versicherungsantrag eine generelle Entbindung aller behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht gegenüber der Versicherungsgesellschaft, um sich die für die Beurteilung des Risikos und später für die Prüfung der Leistungspflicht benötigten ärztlichen Angaben beschaffen zu können. Gegen die Rechtswirksamkeit solcher globaler Entbindungserklärungen werden jedoch mit Recht Bedenken erhoben, weil dem Antragsteller im Zeitpunkt der Abgabe der pauschalen Entbindungserklärung weder die Geheimnisse, zu deren Preisgabe die Ärzte ermächtigt werden sollen, noch der Kreis der Ärzte oder sonstigen Stellen, die zur Auskunft ermächtigt werden, bekannt sind (vgl. hierzu auch die Entschließung des 85. Deutschen Ärztetages 1982, DÄ 1982/21, S. 39). Es wird auch darauf hingewiesen, daß der Patient sich an die vor Jahren abgegebene globale Entbindungserklärung vielfach nicht mehr erinnern, sondern darauf vertrauen wird, daß der Arzt zum Schweigen verpflichtet ist und daher auch den möglichen Widerruf der Entbindung nicht in Betracht ziehen wird (vgl. Weissauer, DMW 1973, 1409 m. Nachw.; Hollmann, ArztR 1974, 77; dies., NJW 1978, 2332; dies., DMW 1981, 592). Zu weitreichende Ermächtigungen sind nach dem AGBG unwirksam (§9 AGBG; vgl. Hollmann, NJW 1978, 2332; a.A. Schütte, NJW 1979, 592, der das AGBG auf die hier fraglichen Klauseln im Antragsformular nicht für anwendbar hält,

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weil sie keine rechtsgeschäftliche Willenserklärung, sondern die tatsächliche Gestaltung eines Eingriffs in Persönlichkeitsrecht enthalten. Demgegenüber ist allgemein anerkannt, daß das AGBG nach seinem Schutzzweck auch auf einseitige Erklärungen ohne rechtsgeschäftlichen Charakter Anwendung findet, wenn diese mit einem Vertrag zwischen Verwender und Kunden in Zusammenhang stehen; vgl. Ulmer-Brandner-Hensen, aaO. § 1 Rz 11, Heinrichs, NJW 1977, 1506; Löwe-Graf v. Westphalen-Trinkner, aaO. § 1 Rz 7; Stürner, JZ 1977, 639). Dem Arzt ist nicht zuzumuten, in jedem Einzelfall Ermittlungen darüber anzustellen, ob der Patient mit der von der Versicherung gewünschten Auskunftserteilung tatsächlich einverstanden ist. Er darf daher jedenfalls bei Routineanfragen auf die Mitteilung der Gesellschaft vertrauen, daß der Patient ihn von der Schweigepflicht entbunden habe (ebenso Narr, aaO. Rz 763; Kohlhaas, Medizin und Recht, S. 25; Hollmann in: Schweigepflicht u. Schweigerecht, aaO. S. 58). Der Arzt darf aber auch hier nur solche Auskünfte erteilen, die mit dem konkreten Versicherungsfall unmittelbar in Zusammenhang stehen. Er muß stets sorgfältig prüfen, ob eine auf den konkreten Fall bezogene Entbindung von der Schweigepflicht vorliegt (vgl. Kohlhaas, Medizin und Recht, S. 25; Kleinewefers-Wilts, ÄM 1963, 1875). Die Vorlage vollständiger > Krankenunterlagen wie > Arztbriefe und Entlassungsberichte an private Krankenkassen verbietet sich regelmäßig aus denselben Gründen wie bei den gesetzlichen Krankenkassen. Auch der Wortlaut der von den privaten Krankenkassen verwendeten Schweigepflichtentbindungserklärungen, wonach der Versicherungsnehmer die behandelnden Ärzte ermächtigt, dem Versicherer alle erforderlichen „Auskünfte zu erteilen", gibt keine Handhabe für die Überlassung vollständiger Krankenunterlagen zur Einsichtnahme (vgl. oben Rz 1639). In keinem Fall begründet die pauschale Entbindungserklärung eine Pflicht, sondern immer nur ein Recht des Arztes zur Auskunftserteilung. Hat er Zweifel, ob der Patient die Entbindung von der Schweigepflicht im konkreten Fall aufrechtzuerhalten wünscht, sollte er beim Patienten rückfragen. In besonders gelagerten Fällen wird man sogar eine Pflicht des Arztes zu einer solchen Rückfrage annehmen müssen (z. B. eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens leidet an einer psychischen Erkrankung; im Ergebnis ebenso Hollmann, DMW 1981, 592). Verbietet der Patient (Versicherungsnehmer) dem Arzt, Auskunft zu erteilen oder ein Gutachten zu erstellen, so widerruft er spätestens damit seine im Versicherungsantrag abgegebene pauschale Entbindungserklärung (Hollmann, DMW 1981, 593). 1642

(b) Bei Untersuchungen vor Abschluß einer privaten Lebensversicherung kann das Einverständnis des Patienten mit der Weitergabe des Befundes an die Versicherungsgesellschaft durch schlüssiges Handeln angenommen werden (Hollmann in: Schweigepflicht u. Schweigerecht, aaO. S. 59; Laufs, Arztrecht Rz 146). Ausnahmen sind jedoch auch hier denkbar.

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(3) Schweigepflicht gegenüber dem Arbeitgeber oder Dienstherrn des Patienten ( > Betriebsarzt Rzn. 424 ff., > A m t s a r z t Rz 51). Neuerdings gehen Unternehmen teilweise dazu über, Arbeitnehmer bei Krankmeldungen generell eine Erklärung unterschreiben zu lassen, wonach sie alle behandelnden Ärzte sowie die Krankenkasse von der Schweigepflicht entbinden und den Arbeitgeber ermächtigen, Auskünfte über die Art der Erkrankung sowie über deren voraussichtliche Dauer und künftige Entwicklung einzuholen. Solche Entbindungserklärungen, die vom Arbeitnehmer in aller Regel nur deshalb abgegeben werden, weil er fürchtet, im Weigerungsfall seinen Arbeitsplatz zu verlieren oder zumindest zu gefährden, sind im allgemeinen unter dem Gesichtspunkt der Ausnutzung einer Machtstellung sittenwidrig und damit nichtig (§ 138 BGB). Etwas an-

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deres gilt nur dann, wenn der Arbeitgeber an der Auskunftserteilung unter den gegebenen Umständen ein anerkennenswertes Interesse hat. Dies ist z. B. der Fall bei lang andauernder > Arbeitsunfähigkeit oder bei häufiger Krankmeldung in verhältnismäßig kurzem Zeitraum. (4) Schweigepflicht zwischen Ärzten bei Mit-, Weiter- und Nachbehandlung, (a) Soweit in diesen Fällen wegen der erforderlichen Koordination der einzelnen ärztlichen Maßnahmen für den Patienten erkennbar ein Informationsaustausch zwischen den beteiligten Ärzten unumgänglich ist, kann das stillschweigende Einverständnis des Patienten hierzu vorausgesetzt werden mit der Folge, daß das grundsätzlich auch zwischen Ärzten bestehende Schweigegebot (vgl. oben Rz 1633) insoweit aufgehoben ist ( > K r a n k e n u n t e r l a g e n Rz 1092). Dieser Rechtslage entspricht § 2 Abs. 6 MuBO, wonach mehrere Ärzte untereinander von der Schweigepflicht befreit sind, wenn sie gleichzeitig oder nacheinander denselben Patienten behandeln, es sei denn, daß der Patient etwas anderes bestimmt, sich also beispielsweise einer Mitbehandlung, Weiterbehandlung oder Nachbehandlung generell widersetzt oder einem behandelnden Aizt die Weitergabe bestimmter Tatsachen an einen mitbehandelnden Kollegen ausdrücklich verbietet (a.A. Schönke-Schröder, § 203 Rz 27; diese Ansicht ist indes lebensfremd). Im letzteren Fall kann der Arzt in eine Konfliktsituation geraten, wenn durch das Verschweigen bestimmter Tatsachen gegenüber mitbehandelnden Ärzten die Gefahr besteht, daß der Patient schwere gesundheitliche Nachteile erleidet (näher dazu Rieger, DMW 1977, 1785). (b) Innerhalb des Krankenhausbetriebes ist die gegenseitige Unterrichtung aller am Behandlungsgeschehen beteiligter Ärzte einer Abteilung oder verschiedener Abteilungen grundsätzlich zulässig. Bei der Behandlung durch > Oberärzte und > Assistenzärzte sind auch > Chefärzte und Abteilungsleiter in den Kreis der befugten Mitwisser einbezogen, da sie im Rahmen ihrer Uberwachungspflicht in Einzelbehandlungen eingreifen dürfen und müssen (vgl. Kreuzer, NJW 1975, 2235; Schulz, aaO. S. 135f.; VG Münster v. 5. 10. 1983 - 4 K 1028/82 -). (c) Einem Konsiliararzt (> K o n s i l i u m ) darf der behandelnde Arzt nur das Notwendigste mitteilen, was mit der Behandlung in direktem Zusammenhang steht. Mitteilungen über die Intimsphäre des Patienten, die für das zu behandelnde Leiden keine Bedeutung haben, sind zu unterlassen (vgl. Grömig, NJW 1970, 1209, 1213). (d) Eine stillschweigende Einwilligung des Patienten in den Informationsaustausch nach den vorstehenden Grundsätzen setzt voraus, daß der Patient von der Einschaltung anderer Ärzte in die Behandlung weiß, wobei die Kenntnis des Namens des zugezogenen Arztes regelmäßig nicht erforderlich ist. Es genügt z. B., wenn der Patient weiß, daß Untersuchungsmaterial einem Laborarzt oder Pathologen zur Untersuchung übersandt wird. Hierüber hat der behandelnde Arzt den Patienten nach § 4 Abs. 5 GOÄ zu unterrichten (> A r z t h o n o r a r Rz 189). Wo der behandelnde Arzt den Patienten von der Zuziehung eines Kollegen nicht informiert, kann die Geheimnisoffenbarung unter dem Gesichtspunkt der mutmaßlichen Einwilligung gerechtfertigt sein (dazu unten Rz 1650). (e) Der > B e t r i e b s a r z t ist kein am Behandlungsgeschehen beteiligter Arzt. Die Weitergabe von Informationen, insbesondere > K r a n k e n u n t e r l a g e n an ihn ist daher nur in Ausnahmefällen durch das stillschweigende Einverständnis des Patienten gedeckt (vgl. Rieger, DMW 1973, 847). (5) Mitteilungen an Privatäiztliche Verrechnungsstellen > Privatärztliche Verr e c h n u n g s s t e l l e Rz 1443. (6) Schweigepflicht gegenüber der Krankenhausverwaltung. Angesichts der arbeitsteiligen Organisation eines Krankenhauses muß der Patient damit rechnen, daß die Verwaltung, die die Behandlung finanziell abwickelt, Kenntnis von Patientendaten erhält, die zur Leistungsabrechnung unbedingt notwendig sind mit der Folge, daß die Überlassung von > Krankenunterlagen an die Krankenhausverwaltung insoweit durch stillschwei-

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gende Einwilligung des Patienten gerechtfertigt ist. (VG Münster v. 5. 10. 1983 - 4 K 1028/82 vgl. auch OVG Münster v. 1. 2. 1982, Krankenhaus 1983, 39; OVG Münster v. 7. 3. 1983, Rhein. Äbl. 1983, 1166). Bedenklich ist jedoch, wenn das VG Münster in der genannten Entscheidung darüber hinaus auch die Herausgabe von Aufzeichnungen der Bereitschaftsdienst leistenden Ärzte mit Angaben u. a. der Art der Behandlung bei namentlich bezeichneten Patienten zum Zwecke der vergütungsrechtlichen Bewertung des > Bereitschaftsdienstes (Rz 349) ebenfalls durch stillschweigende Einwilligung der Betroffenen gedeckt ansieht. Nicht zu den für die Abrechnung unbedingt notwendigen Angaben gehören i.d.R. Diagnosen. (7) Entbindung von der Schweigepflicht im Arzthaftungsprozeß > Zeugnisverweigerungsrecht Rz 1982. 1648

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b) Eine unter dem Gesichtspunkt der mutmaßlichen Einwilligung befugte Geheimnisoffenbarung liegt vor aa) wenn das Einverständnis des Patienten oder des verfügungsberechtigten Dritten nicht oder nicht rechtzeitig (bei Tod oder Bewußtlosigkeit) oder nicht ohne Gefährdung ihrer Interessen eingeholt werden kann, bei objektiver Beurteilung jedoch davon ausgegangen werden kann, daß sie im Falle ihrer Befragung mit der Geheimnisoffenbarung einverstanden wären; bb) wenn der Verfügungsberechtigte zwar gefragt werden könnte, jedoch unter den gegebenen Umständen ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, daß er bereits hierauf keinen Wert legt, was freilich voraussetzt, daß sein mangelndes Interesse an der Einhaltung der Schweigepflicht offen zutage liegt (vgl. Schönke-Schröder-Lenckner, aaO. § 2 0 3 Rz 27; Schlund, JR 1977, 266). Beispiele: (1) Der ^4rzt informiert die Angehörigen eines bewußtlosen Unfallverletzten. (2) Der behandelnde Arzt eines Verstorbenen bestätigt bei den anschließenden Streitigkeiten zwischen den Angehörigen wegen der Gültigkeit des Testaments, daß der Erblasser voll geschäftsfähig war. Von der mutmaßlichen Einwilligung des Verstorbenen kann dort nicht ausgegangen werden, wo die Aussage des Arztes zur Unwirksamkeit des Testaments führen würde (vgl. LG Hanau, NJW 1979, 2357). In diesen Fällen der Offenbarung des Arztgeheimnisses nach dem Tod des Patienten unter dem Gesichtspunkt des mutmaßlichen Einverständnisses des Verstorbenen hat der Arzt „gewissenhaft zu prüfen . . ., ob Anhaltspunkte dafür bestehen, daß der Verstorbene die ganze oder teilweise Offenlegung der Krankenunterlagen gegenüber seinen Hinterbliebenen bzw. Erben mutmaßlich mißbilligt haben würde"; dabei „wird auch das Anliegen der die Einsicht begehrenden Person (Geltendmachung von Ansprüchen, Wahrung nachwirkender Persönlichkeitsbelange des Verstorbenen) eine entscheidende Rolle spielen müssen . . . " (BGH, NJW 1983, 2627; zu möglichen Einschränkungen des Geheimhaltungsinteresses nach dem Tod des Patienten vgl. Schünemann, ZStW 90, 11, 59ff.; vgl. auch oben Rz 1637). (3) Die Ubergabe der Patientenkartei an Praxisnachfolger ist unter dem Gesichtspunkt der mutmaßlichen Einwilligung zulässig (BGH, NJW 1974, 602 ; vgl. auch BVerfG, NJW 1972, 1123, 1124). Die Kritik an dieser Rechtsprechung (vgl. Kuhlmann, JZ 1974, 670; Schönke-Schröder-Lenckner, aaO. §203 Rz 27; Laufs, NJW 1975, 1434f.) erscheint überzogen. Allerdings darf nicht übersehen werden, daß es von dem vom BGH unter-

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stellten „Regelfall" Ausnahmen gibt, bei denen der Patient für den Arzt erkennbar ein besonderes Geheimhaltungsinteresse hat mit der Folge, daß der Arzt die vorhandenen Unterlagen nicht ohne das ausdrückliche Einverständnis des Patienten veräußern darf (z. B. eine bekannte Persönlichkeit des öffentlichen Lebens befindet sich in Behandlung bei einem niedergelassenen Psychiater, der seine Praxis nunmehr veräußert, vgl. hierzu Rieger, DMW 1969, 733). (4) Die unter (3| dargelegten Grundsätze gelten entsprechend für die Mitbenutzung der Patientenkartei bei Gründung einer Gemeinschaftspraxis mit einem neu hinzukommenden Kollegen (vgl. Narr, aaO. Rz 761). (5) Mitteilungen an Privatärztliche Verrechnungsstellen >Privatärztliche Verrechnungsstelle Rz 1443. (6) Die Einschaltung anderer Ärzte in die Behandlung ohne Wissen des Patienten ist unter dem Gesichtspunkt der mutmaßlichen Einwilligung gerechtfertigt, wenn dies den objektiven Interessen des Patienten entspricht (vgl. Narr, aaO. Rz 775; oben Rz 1646). In diesem Fall liegt das mangelnde Interesse des Patienten an der Einhaltung der Schweigepflicht offen zutage (a.A. Schönke-Schröder-Lenckner, aaO. Rz 27, die in diesen Fällen die Zustimmung des Patienten verlangen). Vorsicht ist aber geboten bei der Einschaltung von Institutionen in die Mitbehandlung. Hier wird man im Zweifel die ausdrückliche Zustimmung des Patienten verlangen müssen. (7) Die Weiterleitung von Angaben des Patienten über seine Konfession bei der Krankenhausaufnahme an Pfarrämter zwecks Ausübung der Krankenhausseelsorge ist nicht durch das mutmaßliche Einverständnis des Patienten gedeckt (vgl. dazu Schlesinger, Krankenhaus 1969, 483; Rieger, DMW 1978, 1546). (8) > Krebsregister Rz 1118. c) Die Offenbarung des Patientengeheimnisses ist ferner zulässig aa) wenn sie zur Erfüllung einer gesetzlichen Meldepflicht erfolgt. Beispiele: §§12, 13 GeschlKrG (Meldung von Geschlechtskrankheiten an das > Gesundheitsamt; zur Meldung gegenüber den Erziehungsberechtigten bei Minderjährigen oder Entmündigten vgl. unten Rz 1656); §§ 3-5, 6 Abs. 4, 8, 9 BSeuchG; Art. 4 des 5. StrRG v. 18. 6. 1974 (Angaben gegenüber dem Statistischen Bundesamt bei Schwangerschaftsabbrüchen; vgl. hierzu Christian, DÄ 1976, 2956 > Schwangerschaftsabbruch Rz 1616); Auskunftspflichten für statistische Zwecke und gegenüber Sozialleistungsträgern ( > Auskunftspflicht Rzn. 288f.); §§ 138, 139 Abs. 3 StGB (Meldepflicht in bezug auf geplante - nicht bereits begangene - schwere Verbrechen); § 3 Abs. 2 Nr. 2 FeuerbestG (Angabe der Todesursache in der amtsärztlichen Bescheinigung > L e i c h e n s c h a u Rz 1148); Eintragungen in den Leichenschauschein (vgl. dazu Georg Schmidt, DMW 1974, 312; ders. Therapiewoche 1970, 3424 > Leichenschau Rz 1151) und Meldepflichten gegenüber der Polizei sowie Auskunftspflichten gegenüber dem die Leichenschau vornehmenden Arzt aufgrund der Bestattungsvorschriften der Länder (z.B. § 22 Abs. 2 und 3, § 23 BestG Bad.-Wttbg. i.V.m. § 17 BestVO v. 10. 12. 1970 - GBl. S. 521 sowie Art. 18 Abs. 1 Nrn. 3 und 5; vgl. Händel, Med. Klinik 1970, 2218, 2222 > Leichenschau Rz 1149); § 17 Abs. 1 Nr. 3 PStG (Anzeigepflicht bei der Geburt gegenüber dem Standesamt > Totgeburt, > Fehlgeburt). bb) wenn eine gesetzliche Vorschrift - ohne eine Auskunfts- oder Meldepflicht zu begründen - die Offenbarung des Berufsgeheimnisses erlaubt. Beispiele: §35 Abs. 2 SGB I i.V.m. §§ 75, 76 SGB X > Sozialgeheimnis Rz 1707); § 9 SKRG (Meldeerlaubnis für das > Krebsregister Rz 1117).

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d) Die Offenbarung des Geheimnisses ist auch dann befugt, wenn sie zum Schutz eines höherwertigen Rechtsguts erforderlich ist. In diesen Fällen ist der Arzt zur Preisgabe des Patientengeheimnisses berechtigt, aber nicht verpflichtet. Wann ein höherwertiges Interesse den Bruch der Schweigepflicht rechtfertigt, kann nur aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalles unter Zugrundelegung der Vorschrift des § 34 StGB über den rechtfertigenden Notstand entschieden werden (vgl. Schönke-Schröder-Lenckner, aaO. § 203 Rzn. 30 ff.). Beispiele: (1) Trifft der Arzt anläßlich der Behandlung eines Kindes Feststellungen, die auf eine Kindesmißhandlung hindeuten, so darf er im Interesse des Kindes am Schutz vor weiteren körperlichen und seelischen Schäden, welches das Interesse der Eltern am Unentdecktbleiben der Tat regelmäßig überwiegt, die Polizei oder das Jugendamt benachrichtigen (näher dazu Rieger, DMW 1974, 211; vgl. auch die Entschließung des 85. Deutschen Ärztetages DÄ 1982/21, S. 40). (2) Das Interesse an der Abwehr drohender Gefahren für Leib, Leben und Freiheit ist gegenüber dem Geheimhaltungsinteresse des Patienten regelmäßig als höherwertig anzusehen. Deshalb kann der Arzt z. B. berechtigt sein, die Angehörigen eines Patienten vor einer von diesem ausgehenden Ansteckungsgefahr zu warnen (vgl. Schönke-SchröderLenckner, aaO. § 203 Rz 31) oder die Verwaltungsbehörde zu benachrichtigen, wenn ein Patient als Kraftfahrer am Straßenverkehr teilnimmt, obwohl er wegen einer bestehenden Erkrankung (z. B. Epilepsie, Psychose) dabei sich und andere gefährdet (vgl. BGH, NJW 1968, 2288 m. Anm. Händel NJW 1969, 555). Erforderlich ist jedoch in beiden Fällen, daß der Arzt vorher auf den Patienten ohne Erfolg eingewirkt hat, um ihn zur Ergreifung der notwendigen Maßnahmen von sich aus zu veranlassen (näher dazu Händel, DAR 1977, 36). > Genetische Beratung Rz 706. (3) Das Strafverfolgungsinteresse bei begangenen Straftaten rechtfertigt die Verletzung der Schweigepflicht nur in Ausnahmefällen, z. B. wenn es sich um schwerste Taten gegen Leib, Leben, Freiheit oder die innere oder äußere staatliche Sicherheit handelt und Wiederholungsgefahr besteht (vgl. Schönke-Schröder-Lenckner, aaO. § 203 Rz 32; Rieger, DMW 1982, 352). (4) Auch zum Schutz fremder Vermögensinteressen ist die Durchbrechung der ärztlichen Schweigepflicht nur ausnahmsweise bei Gefahr besonders schwerwiegender Folgen erlaubt (vgl. Schönke-Schröder-Lenckner, aaO. §203 Rz 31). Indessen verdient der Patient, der die Konfliktsituation durch eigenes Verschulden herbeigeführt hat, auch dann keinen besonderen Schutz, wenn es vorwiegend nur um die Wahrung von Vermögensinteressen geht. Hat der Patient durch falsche Angaben und Simulation einer Erkrankung auf Kosten der Allgemeinheit Vorteile erschlichen, so darf der Arzt die zuständigen Stellen verständigen ( > Schwerbehinderten-Ausweis Rz 1668). Auch die Mitteilung an Kollegen kann in diesen Fällen berechtigt sein (vgl. Rieger, DMW 1975, 467; zustimmend Narr, aaO. Rz 768 u. Laufs, Arztrecht Rz 139). Bloße finanzielle Interessen einer Versicherungsgesellschaft, die bei genauer Kenntnis der Todesursache die Versicherungssumme an Angehörige nicht auszahlen müßte, rechtfertigen auf keinen Fall den Bruch der ärztlichen Schweigepflicht (vgl. auch Naser, Öff. Gesundh.-Wesen 1982, 226, 228). (5) Nach dem Tod des Patienten kann das Interesse der Angehörigen an der Offenbarung des Arztgeheimnisses höher zu veranschlagen sein als das Geheimhaltungsinteresse des Verstorbenen, z. B. wenn es gilt, Rentenansprüche durchzusetzen oder wenn der Ver-

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storbene an einer vererblichen Krankheit litt. In diesen Fällen ist eine besonders gewissenhafte Güterabwägung durch den Arzt zu fordern (vgl. Narr, aaO. Rz 770; LG Hanau NJW 1979, 2357; BGH, NJW 1983, 2627; vgl. auch oben Rzn. 1634, 1637). (6) Bei der Behandlung Minderjähriger muß der Arzt im Einzelfall das elterliche Sorgerecht gegen das Interesse des Minderjährigen an Geheimhaltung sorgfältig abwägen und gewissenhaft prüfen, welches der widerstreitenden Interessen den Vorzug verdient. Einen gesetzlich geregelten Fall einer solchen Güterabwägung enthält § 11 Abs. 2 GeschlKrG, wonach der behandelnde Arzt die Eltern von dem Krankheitsfall unterrichten und über dessen Ausheilung belehren soll, wenn dies zur Inanspruchnahme oder Fortsetzung der ärztlichen Behandlung notwendig erscheint und der Unterrichtung keine anderen schwerwiegenden Gründe nach pflichtgemäßem Ermessen des Arztes entgegenstehen (vgl. auch Weimar, Med. Klinik 1982/6, S. 6; vgl. allgemein zum Geheimhaltungsinteresse Minderjähriger oben Rz 1623). Eine Geheimhaltungspflicht besteht regelmäßig nicht, wenn eine erfolgreiche Behandlung nur im Zusammenwirken mit den Eltern des Minderjährigen gewährleistet ist. Hier hat das Wohl des Minderjährigen und damit zugleich das Erziehungsrecht der Eltern den Vorrang vor allen anderen Überlegungen. Bei Minderjährigen, die persönlich und wirtschaftlich nicht selbständig sind, sondern noch unter der vollen Obhut der Erziehungsberechtigten stehen, wird der Arzt das Erziehungsrecht grundsätzlich höher einstufen müssen als das Interesse des Patienten an Geheimhaltung. Umgekehrt wird in Fällen, in denen der Minderjährige nicht mehr in häuslicher Gemeinschaft mit den Eltern lebt, sondern persönlich und wirtschaftlich selbständig ist, meist das Geheimhaltungsinteresse des Minderjährigen dem Erziehungsrecht überzuordnen sein. Denn hier wird es i.d.R. an der tatsächlichen Einwirkungsmöglichkeit und damit an einem berechtigten Interesse der Erziehungsberechtigten fehlen, über die Krankheit ihres Kindes unterrichtet zu werden. In beiden Fällen sind Ausnahmen denkbar (näher dazu Rieger, Hippokrates 1966, 145, 149; ders., diagnostik 1969, 149, 150). Ein Recht der Personensorgeberechtigten auf Information über die Behandlung des Minderjährigen besteht auch dann nicht, wenn sie selbst Vertragspartner des Arztes sind (dazu Rieger, Hippokrates 1966, 145). Auch in diesem Fall kann der minderjährige Patient, der die für die Einwilligung in den ärztlichen Eingriff erforderliche Urteils- und Einsichtsfähigkeit besitzt, dem Arzt die Aussage über das, was er ihm anvertraut hat, untersagen, auch wenn die Eltern diese Auskunft wünschen. Dies ist vor allem bei der Verordnung von Ovulationshemmern für Minderjährige von praktischer Bedeutung (dazu Hollmann, DMW 1978, 1258; Laufs, Arztrecht Rz 145; a.A. Schulz, aaO. S. 126 > A u s k u n f t s p f l i c h t Rz 286, > O v u l a t i o n s h e m m e r Rz 1338). (7) Bei der Behandlung von Prominenten ist das Geheimhaltungsinteresse der Patienten regelmäßig höher zu bewerten als das Interesse der Öffentlichkeit an Information. Mitteilungen des Arztes über den Gesundheitszustand dieser Personen bedürfen daher in jedem Falle deren Zustimmung (vgl. auch Appert, DÄ 1979, 31 ff.). (8) Das Forschungsinteresse kann nicht a priori höherwertig angesehen werden als das Geheimhaltungsinteresse des Patienten. Die Übermittlung von Patientendaten zu Forschungszwecken bedarf daher grundsätzlich der Zustimmung des Betroffenen (vgl. im einzelnen die vom > W i s s e n s c h a f t l i c h e n B e i r a t der B u n d e s ä r z t e k a m m e r beschlossene „Empfehlung zur Beachtung der ärztlichen Schweigepflicht bei der Verarbeitung personenbezogener Daten in der medizinischen Forschung", DÄ 1981, 1443 mit Kommentar von Deneke, DÄ 1981, 1441, sowie Ziff. 7 der Empfehlung des 85. Deutschen Ärztetages 1982 zur Beachtung der ärztlichen Schweigepflicht bei der Verarbeitung personenbezogener Daten in der ärztlichen Berufsausübung, DÄ 1982/21, S. 20ff.).

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(a) Weniger Probleme ergeben sich dort, wo die Forschung sich mit anonymisierten Krankheitsdaten begnügen kann. In der Mitteilung von Tatsachen in anonymisierter Form liegt kein „Offenbaren" i. S. des § 203 StGB, so z. B. wenn bei wissenschaftlichen Vorträgen und Veröffentlichungen Gesichtspartien verändert und Namen von Patienten weggelassen werden, wenn die Leser oder Zuhörer nicht aus sonstigen Umständen erraten können, wer der Patient ist (näher dazu Kohlhaas, Medizin und Recht, S. 23 f. sowie die Nachweise bei Schönke-Schröder-Lenckner, aaO. §203 Rz 19). Im einzelnen ist streitig, wann Anonymität, d.h. Nichtidentifizierbarkeit der Person anzunehmen ist. Die Identifizierbarkeit ist jedenfalls dann zu verneinen, wenn die Aufdeckung der Identität der betroffenen Person erst durch die zusätzliche Mitwirkung des mitteilenden Arztes selbst oder pflichtwidrig handelnder Dritter möglich wäre. Diese Frage ist von praktischer Bedeutung vor allem bei der Meldung von Patientendaten an > Krebsregister (Rzn. 1118£.). > D a t e n s c h u t z Rz 542. (b) Schwieriger gestaltet sich die Rechtslage dort, wo die medizinische Forschung personenbezogene, nichtanonymisierte Patientendaten beansprucht. Hier kommt eine Offenbarung nur nach den Grundsätzen der vorzitierten Empfehlungen des > Wissenschaftlichen Beirats der BÄK in Betracht. Danach ist die Preisgabe medizinischer Daten ohne Einwilligung des Patienten u. a. nur dann erlaubt, wenn die zu bearbeitende Forschungsproblematik nur durch die Verarbeitung personenbezogener Daten geklärt werden kann und wenn außerdem schutzwürdige Belange der Patienten hierdurch nach menschlichem Ermessen nicht beeinträchtigt werden (die Notwendigkeit der namentlichen Erfassung von Patientendaten für die epidemiologische Forschung wird z.T. bestritten; vgl. Ringwald, NJW 1982, 2593 gegen Blohmke-Kniep, NJW 1982, 1324). Eine entsprechende Anwendung der in § 75 Abs. 1 SGB X getroffenen weitergehenden Regelung ( > Sozialgeheimnis Rz 1707) allgemein für den Bereich der medizinischen Forschung kommt wegen des Ausnahmecharakters dieser Vorschrift nicht in Betracht. (9) Uber die Zulässigkeit der Vorlage von Attesten durch den Hausarzt im Unterbringungsverfahren > Unterbringung Rz 1811. (10) Die Offenbarung einer Drogensucht des Patienten ist grundsätzlich nicht nach § 34 StGB gerechtfertigt. Weder das Interesse an der Gewährleistung oder Wiederherstellung der inneren Ordnung eines Krankenhauses noch das Interesse, den Drogensüchtigen einer Therapie nach § 64 StGB zuzuführen, noch das Interesse der Allgemeinheit an der Vermeidung weiterer Straftaten durch verbotswidrigen Erwerb von > Betäubungsmitteln (§ 11 BtMG) oder durch Beschaffungskriminalität stellen ein im Vergleich zum Geheimhaltungsinteresse des Drogensüchtigen höherwertiges Interesse dar (Kauder, DÄ 1981, 2087ff.). e) Schließlich kann auch die Wahrnehmung eigener berechtigter Interessen des Arztes die Geheimnisoffenbarung rechtfertigen. So darf der Arzt z. B. Angaben über die Behandlung eines Patienten machen, soweit dies für die gerichtliche Durchsetzung von Honoraransprüchen oder zur Verteidigung in einem gegen ihn gerichteten Strafverfahren oder berufsgerichtlichen Verfahren unerläßlich ist (vgl. Bockelmann bei Ponsold, S. 17; Narr, aaO. Rz 771). Hierher gehört auch der Fall, daß der wegen eines > Behandlungsfehlers auf Schadensersatz in Anspruch genommene Arzt seiner Berufshaftpflichtversicherung den Sachverhalt mitteilt (vgl. Rieger, DMW 1970, 591).

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V. Schweigepflicht gegenüber Behörden. 1. Keine besondere Aussagepflicht besteht gegenüber Polizei und Staatsanwaltschaft. Mitteilungen an diese Stel-

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len unterliegen in vollem Umfang den Grundsätzen der ärztlichen Schweigepflicht (vgl. Baader, DMW 1975, 442; Rieger, DMW 1982, 352). 2. Zur Schweigepflicht gegenüber Sozialversicherungsträgern vgl. oben Rzn. 1638 ff. 3. Die allgemeine Pflicht gegenüber den Finanzbehörden zur Erteilung von Auskünften und Vorlage von Belegen wird für Ärzte durch das in § 102 Abs. 1 Nr. 3 c AO gewährte Auskunftsverweigerungsrecht eingeschränkt. Danach kann der Arzt die Auskunft über das verweigern, was ihm in seiner Eigenschaft als Arzt anvertraut worden oder bekanntgeworden ist. Das gleiche Recht steht seinen nichtärztlichen Mitarbeitern und den Personen zu, die zur Vorbereitung auf den Beruf an seiner berufsmäßigen Tätigkeit teilnehmen (§ 102 Abs. 2 AO). Das Auskunftsverweigerungsrecht erlischt bei Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht (§ 102 Abs. 3 AO). Das Recht zur Auskunftsverweigerung besteht auch bei Betriebsprüfungen in der > A r z t p r a x i s . Hier darf der Arzt die Einsichtnahme in die Patientenkartei und sonstige Aufzeichnungen insoweit verweigern, als darin Eintragungen enthalten sind, auf die sich sein Recht zur Auskunftsverweigerung erstreckt (BGH, NJW 1958, 646; v. Haxthausen, DMW 1974, 2586, A. Hess, ÄM 1958, 284). Das Recht zur Auskunftsverweigerung entfällt nach Entbindung von der Schweigepflicht (§§ 102 Abs. 3, 104 AO). Im übrigen gelten die Grundsätze über das strafprozessuale > Z e u g n i s v e r w e i g e r u n g s r e c h t (Rzn. 1981 ff.) hier entsprechend. 4. Die ärztliche Schweigepflicht ist auch bei der Rechnungsprüfung im Krankenhaus durch besondere Prüfungsanstalten (Gemeindeprüfungsanstalten, Gemeindeverbände) im Rahmen der Kommunalaufsicht zu wahren. Die liquidationsberechtigten Ärzte sind grundsätzlich nicht berechtigt, Honorarrechnungen mit der Diagnose oder andere ärztliche Aufzeichnungen, auf die sich ihre Schweigepflicht erstreckt, den Prüfern vorzulegen (näher dazu Rieger, DMW 1978, 1986; oben Rz 1630). VI. Rechtsfolgen bei Verletzung der Schweigepflicht. 1. Ein Verstoß gegen die strafrechtliche Schweigepflicht wird nach § 203 Abs. 1 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein (§ 205 StGB). 2. Zivilrechthch kommen deliktische Schadensersatzansprüche nach § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 GG) und nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 203 Abs. 1 StGB (dazu Kleinewefers-Wilts, NJW 1963, 2345) sowie Unterlassungsklage (analog § 1004 BGB) in Betracht. Vertragliche Schadensersatzansprüche können unter dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung gegeben sein. Dabei können auch Schäden Dritter geltend gemacht werden, die in den Schutzbereich des Arztvertrages einbezogen sind (näher dazu K. Müller bei Mergen, aaO. Bd. II S. lOOf.). Durch die > B e r u f s h a f t p f l i c h t v e r s i c h e r u n g des Arztes im Rahmen der

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Schweigepflicht

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Deckungssumme für Vermögensschäden gedeckt sind nur Schäden aus fahrlässiger Schweigepflichtverletzung, die durch § 203 StGB nicht erfaßt wird (§ 4 II Nr. 1 AHB). 3. Berufsrechtlich stellt die Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht eine berufsunwürdige Handlung dar, die durch das > Berufsgericht geahndet werden kann.

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Der Begriff wird im Sprachgebrauch nicht einheitlich verwendet. 1. Zunächst wird das Schweigerecht in Gegensatz gestellt zur Verpflichtung des Arztes, Tatsachen und Umstände zu offenbaren, die ihm in beruflicher Eigenschaft bekanntgeworden sind. Mit einer Rechtspflicht zur Mitteilung des Patientengeheimnisses kann der Arzt sich insbesondere in folgenden Fällen konfrontiert sehen (vgl. zum folgenden K. Müller bei Mergen, aaO. Bd. II. S. 102 ff.): a) Bei der Vernehmung als Zeuge oder Sachverständiger vor Gericht nach Entbindung von der ärztlichen > Schweigepflicht ( > Zeugnisverweigerungsrecht Rz 1982, > Sachverständiger Rz 1546); b) bei Auskunftsersuchen von Verwaltungsbehörden, insbesondere Sozialleistungsträgern und Finanzbehörden ( > Auskunftspflicht Rzn. 288f., > Schweigepflicht Rzn. 1638 ff., 1662); c) bei Aufklärungs- und Auskunftspflichten aufgrund des Arztvertrages oder aufgrund besonderer Rechtsvorschriften ( > Arztvertrag Rzn. 220f., > Auskunftspflicht Rz 285, > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t Rzn. 279 ff., > Datenschutz Rz 543). Ein Schweigerecht des Arztes besteht hier in den jeweils genannten Ausnahmefällen. 2. Von einem Schweigerecht des Arztes wird auch in den Fällen gesprochen, in denen eine Mitteilungspflicht des Arztes nicht besteht, der Arzt jedoch das Patientengeheimnis zum Schutz eines höherwertigen Interesses offenbaren darf, sich aber dann doch für die Geheimhaltung entscheidet (vgl. Kohlhaas, Medizin u. Recht, S. 5, > Schweigepflicht Rz 1652).

Schwerbehinderten-Ausweis 1667

I. Rechtsgrundlage. 1. Nach § 3 Abs. 5 SchwbG stellt das zuständige > Versorgungsamt auf Antrag eines > Behinderten aufgrund einer unanfechtbar gewordenen Feststellung der Behinderung ( > Schwerbehindertengesetz Rz 1671) einen Ausweis über die Eigenschaft als Schwerbehinderter, den Grad der > Minderung der Erwerbsfähigkeit und ggf. über weitere ge-

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sundheitliche Merkmale aus. Der Ausweis dient dem Nachweis für die Inanspruchnahme von Rechten und Vergünstigungen, die Schwerbehinderten nach dem SchwbG oder nach anderen Vorschriften zustehen (> Schwerbeh i n d e r t e n g e s e t z Rz 1672). II. 1. Die Gültigkeitsdauer des Ausweises ist befristet. Der Ausweis ist zu berichtigen oder einzuziehen, wenn die Voraussetzungen für die Anerkennung als Schwerbehinderter irrtümlich angenommen wurden oder später weggefallen sind. Die Berichtigung oder Einziehung erfolgt von Amts wegen, sobald die Behörde von den sie rechtfertigenden Umständen Kenntnis erlangt (WilrodtNeumann, aaO. § 3 Rz 24). 2. Für Streitigkeiten Uber die Ausstellung, Berichtigung oder Einziehung des Ausweises ist der Rechtsweg zum Sozialgericht gegeben (§ 3 Abs. 6 SchwbG).

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III. Der Arzt, der bei der Behandlung eines Inhabers eines Schwerbehinderten-Ausweises feststellt, daß die Schwerbehinderteneigenschaft nicht oder nicht mehr vorliegt, ist aus Gründen der ärztlichen Schweigepflicht grundsätzlich gehindert, das > V e r s o r g u n g s a m t hiervon zu unterrichten. Ein Recht (keine Pflicht!) zur Offenbarung besteht jedoch unter dem Gesichtspunkt der Güterabwägung (§ 34 StGB) ausnahmsweise dann, wenn der Patient die Ausstellung durch falsche Angaben und Simulation einer Erkrankung erschlichen hat (näher dazu Rieger, DMW 1978, 1032 > Schweigepflicht Rz 1654).

Schwerbehindertengesetz I. Das Gesetz zur Sicherung der Eingliederung Schwerbehinderter in Arbeit, Beruf und Gesellschaft (Schwerbehindertengesetz - SchwbG) i.d.F.v. 8. 10. 1979 (BGBl. I S. 1649) verfolgt als Hauptziele die Eingliederung des Schwerbehinderten in das Arbeitsleben durch Beschaffung und Schutz des Arbeitsplatzes gegen ungerechtfertigten Verlust, sowie den Schutz des Schwerbehinderten im Arbeitsverhältnis und in der Gesellschaft durch Steigerung der arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht und Gewährung besonderer Vergünstigungen.

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II. Schwerbehinderte i.S. des Gesetzes sind „Personen, die körperlich, geistig oder seelisch behindert und infolge ihrer Behinderung in ihrer Erwerbsfähigkeit nicht nur vorübergehend um wenigstens 50 v. H. gemindert sind (> Beh i n d e r t e , > Erwerbsunfähigkeit, > M i n d e r u n g der Erwerbsfähigkeit), sofern sie rechtmäßig im Geltungsbereich des Gesetzes wohnen, sich gewöhnlich aufhalten oder eine Beschäftigung als Arbeitnehmer ausüben" (§ 1). Ihnen können weitere Personen unter den Voraussetzungen des §2 SchwbG gleichgestellt werden. Der geschützte Personenkreis ist nicht mehr wie im Schwerbehindertengesetz v. 16. 6. 1953 auf schwerbehinderte Kriegs-, Wehrdienst- und Arbeitsopfer beschränkt, sondern erfaßt darüber hinaus alle > Behinderten ohne Rücksicht auf Art und Ursache ihrer Behinderung.

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Schwerbehindertengesetz

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III. Die Feststellung der Behinderung erfolgt auf Antrag des Behinderten durch das > V e r s o r g u n g s a m t nach Maßgabe des § 3. Hinsichtlich der Mitwirkung ärztlicher > S a c h v e r s t ä n d i g e r bei der Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft gilt entsprechendes wie bei der Feststellung der > Ber u f s u n f ä h i g k e i t (Rz 394). Grundlage für die medizinische Beurteilung der MdE sind die „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz aaO. (zu den Grundzügen der ärztlichen Begutachtung nach dem SchwbG vgl. Grimm, Hess. ÄBl. 1981, 862 > M i n d e r u n g d e r E r w e r b s f ä h i g k e i t ) . Das Feststellungsverfahren schließt ab mit einem schriftlichen Bescheid, gegen den der Rechtsweg zum Sozialgericht gegeben ist (§ 3 Abs. 6). Die Eigenschaft als Schwerbehinderter wird in einem besonderen Ausweis bescheinigt ( > Schwerbehinderten-Ausweis).

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IV. Als Schutz- und Fördermaßnahmen für Schwerbehinderte sieht das Gesetz vor allem vor: Beschäftigungspflicht der Arbeitgeber oder Zahlung einer Ausgleichsabgabe (§§ 4-8), Gewährung von Zusatzurlaub (§ 44), besonderer Kündigungsschutz (§§ 12-19), Wahl eines Vertrauensmannes zur Wahrung der Interessen im Betrieb (§§ 20-26). Der Anspruch Schwerbehinderter auf unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Personenverkehr (§§ 57ff.) hat durch die Änderung der §§ 57 ff. SchwbG durch Art. 20 HaushBG 1984 Einschränkungen erfahren. Weitere Vergünstigungen bestehen aufgrund besonderer Vorschriften, u.a. im Steuerrecht (vgl. z.B. § 9 Abs. 2, § 10 Abs. 6 Nr. 2c, § 3 3 a Abs. 3 Nr. 2, § 3 3 b EStG) und im Straßenverkehr (Parkerleichterungen nach der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur StVO v. 22. 7. 1976 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11, VBl. 1976, 472ff.). V. Die Durchführung des SchwbG obliegt, soweit seine Verpflichtungen nicht durch freie Entschließung der Arbeitgeber erfüllt werden und nicht die Zuständigkeit des > V e r s o r g u n g s a m t e s nach § 3 gegeben ist, den Hauptfürsorgestellen in Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt für Arbeit (§ 27). Gegen die Entscheidungen der Hauptfürsorgestelle ist nach Durchführung des Widerspruchsverfahrens der Rechtswegzu den Verwaltungsgerichten gegeben (§§ 37 ff.).

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IV. Zu den Gebühren für die zur Durchführung des SchwbG von der Versorgungsverwaltung herangezogenen Ärzte > V e r s o r g u n g s a m t Rz 1838 (vgl. auch die Tabelle über „Gutachtergebühren nach dem Schwerbehindertengesetz", der niedergelassene arzt, 1979/21, S. 42f.).

Sektion 1674

I. Unter Sektion (Obduktion, Autopsie) versteht man die lege artis durchgeführte pathologisch-anatomische Leichenöffnung (innere Leichenschau im Gegensatz zur äußeren > Leichenschau (Rz 1147).

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Sektion

II. Entsprechend dem Zweck der Leichenöffnung unterscheidet man vor allem folgende Sektionsarten (vgl. zum folgenden Brugger-Kühn, aaO. S. 10ff.): 1. Gesetzlich vorgeschriebene Sektionen sind vor allem a) die bei Verdacht auf einen nicht natürlichen Tod auf Veranlassung des Richters oder Staatsanwalts nach der Strafprozeßordnung durchzuführende Leichenöffnung (§§ 87 ff. StPO; Nrn. 33ff. RiStBV > L e i c h e n s c h a u Rz 1147 a.E.) ; b| die Obduktion aus seuchenpolizeilichen Gründen zur Feststellung, ob eine infektiöse Krankheit vorgelegen hat (§ 32 Abs. 3 BSeuchG); c| die Sektion für die Erteilung der Genehmigung zur Feuerbestattung (§ 3 Abs. 2 FeuerbestG und die diese Bestimmung ersetzenden oder ergänzenden Vorschriften in den Bestattungsgesetzen der Länder > L e i c h e n s c h a u Rz 1148). 2. Gesetzlich nicht geregelte Sektionsarten sind z. B. a) die klinische Sektion, b) Sektionen in Verbindung mit der gesetzlichen und privaten Unfallversicherung, c) die Verwaltungssektion, d) die Privatsektion, e) die anatomische Sektion. Diese Obduktionsarten ohne gesetzliche Grundlage sind im folgenden näher zu erörtern. III. Klinische Sektion. 1. Die klinische Sektion dient der Feststellung von Todesursachen, Krankheitsursachen und -zusammenhängen oder der Überprüfung der ärztlichen Behandlung ( > Q u a l i t ä t s k o n t r o l l e , > Q u a l i t ä t s s i c h e r u n g Rz 1474). 2. Ihre rechtliche Zulässigkeit ist umstritten (vgl. die Nachw. bei Zimmermann, NJW 1979, 569). Trotz der dadurch notwendig bedingten Rechtsunsicherheit hat der Gesetzgeber von einer gesetzlichen Regelung bisher bewußt Abstand genommen (vgl. Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Vorbereitung einer gesetzlichen Regelung der Transplantation und Sektion, Bonn 1976, S. 16 > T r a n s p l a n t a t i o n s g e s e t z Rz 1772). Grundsätzliche verfassungsrechtliche und ethische Bedenken ( > A r z t e t h i k ) stehen der klinischen Sektion nicht entgegen (Laufs, Arztrecht Rz 128). a) Strafrechtlich ist die klinische Sektion nach h.M. nicht erfaßbar. Sie erfüllt weder den Tatbestand des § 168 StGB (unbefugte Wegnahme der Leiche) noch den Tatbestand der Sachbeschädigung (§ 303 StGB; OLG München, NJW 1976, 1805 m. Anm. Linck, NJW 1976, 2310; OLG Stuttgart v. 29. 3. 1977 - 4 Ws 67 - und OLG Karlsruhe v. 29. 4. 1977, DMW 1978, 683 sowie die Nachw. bei Zimmermann, NJW 1979, 570 Fußn. 11). b) Schwieriger gestaltet sich die zivilrechtliche Beurteilung. Auf der Grundläge der überwiegenden Ansicht in Literatur und Rspr. läßt sich die gegenwärtige Rechtslage wie folgt skizzieren: aa) Es ist davon auszugehen, daß die Sektion einen objektiv unerlaubten Eingriff darstellt, der erst dadurch zu einem erlaubten werden kann, daß der Ver-

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storbene zu Lebzeiten oder seine nächsten Angehörigen nach seinem Tode ihre Einwilligung geben. Das Verbot der Leichenöffnung ohne Zustimmung des Verstorbenen folgt aus dessen nachwirkendem Persönlichkeitsrecht, das verlangt, daß das Recht auf körperliche Unversehrtheit auch über den Tod hinaus geachtet wird (Zimmermann, NJW 1979, 573 m. Nachw. Fußn. 57). Fehlt es an einer ausdrücklichen Willensäußerung des Verstorbenen, tritt an ihre Stelle die Zustimmung des erreichbaren nächsten Angehörigen (der nicht mit dem Erben identisch zu sein braucht). Dieses Zustimmungserfordernis ergibt sich aus dem umfassenden Totensorgerecht der Angehörigen als „sonstiges Recht" i.S. des § 823 Abs. 1 BGB (vgl. LG Bonn, JZ 1971, 56, 58 ; JW 1928, 2294ff. ; Holch in: Münch. Komm. § 90 Rz 31). Nächste Angehörige sind der Reihe nach Ehegatte, volljährige Kinder, Eltern, Großeltern, volljährige Enkelkinder, volljährige Geschwister. Der Arzt darf sich grundsätzlich darauf verlassen, daß die Personen, die den Verstorbenen ins Krankenhaus eingeliefert und dort besucht haben, die ihm nächststehenden gewesen sind (Kohlhaas, Medizin und Recht aaO. S. 118). Eltern können das Bestimmungsrecht über die Leiche eines Kindes grundsätzlich nur gemeinsam ausüben. Voraussetzung für eine wirksame Einwilligung ist stets eine umfassende Aufklärung der Angehörigen über den Verlauf der Sektion (LG Saarbrücken, MedR 1983, 154). Weicht der von den Angehörigen geäußerte Willen von der vom Verstorbenen zu Lebzeiten getroffenen Entscheidung ab, so geht der Wille des Verstorbenen grundsätzlich vor (Holch in: Münch. Komm. § 90 Rz 31 m. Nachw.; Roesch, Med. Klinik 1978, 1709; str., vgl. die Nachw. über abweichende Ansichten bei Lilie, MedR 1983, 131, Fußn. 10ff). Ausnahmsweise kann der Wille der Angehörigen vorrangig sein, z. B. wenn das Sektionsverbot durch den Verstorbenen in Schädigungsabsicht ausgesprochen wurde (näher dazu Uhlenbruck, Med. Klinik 1972, 1159, 1160). Sind Angehörige des Verstorbenen nicht vorhanden oder innerhalb der erforderlichen Zeit nicht erreichbar, kann die Sektion nur unter dem Gesichtspunkt der Güter- und Pflichtenabwägung gerechtfertigt sein (dazu unten Rz 1679). bb) Die Zustimmung des Verstorbenen und der nächsten Angehörigen zur Vornahme der Sektion ist formlos und jederzeit widerruflich. Die formularmäßigen > Krankenhausaufnahmeverträge von öffentlichen und privaten Krankenhäusern enthalten meist eine sog. Sektionsklausel. Danach ist eine Sektion zulässig, wenn die Feststellung der Todesursache von dringendem ärztlichen Interesse oder auf andere Weise nicht einwandfrei möglich ist. Die Sektion unterbleibt, wenn der Patient ausdrücklich widerspricht oder wenn sich die nächsten Angehörigen innerhalb eines gewissen Zeitraums (meist 12-24 Stunden) nach Übermittlung der Todesnachricht gegen eine Obduktion gewandt haben. Gegen die Rechtswirksamkeit solcher Klauseln werden mit Recht Bedenken erhoben. Abgesehen davon, daß meist ein Verstoß gegen § 2 Abs. 1 und § 3 AGBG vorliegen wird (vgl. Zimmermann, NJW 1979, 569), kann in dem bloßen Schweigen des Patienten zu der Sektionsklausel im > Krankenhausaufnahmevertrag regelmäßig schon deshalb keine wirk-

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same Einwilligung gesehen werden, weil ein ins Krankenhaus Eingelieferter aufgrund des Ausnahmezustandes, in dem er sich befindet, vielfach gar nicht mehr in der Lage ist, von der Klausel Kenntnis zu nehmen und sich ein Urteil zu bilden. Die daher i.d.R. notwendige Einwilligung der Angehörigen durch schlüssiges Schweigen kann nur dann angenommen werden, wenn diese von der Sektionsklausel Kenntnis haben und damit von den möglichen Folgen ihres Schweigens nach Erhalt der Todesnachricht wissen. Dies setzt voraus, daß die Aufnahmebedingungen den Angehörigen bei Einlieferung des Patienten ins Krankenhaus ausgehändigt werden oder daß ihnen bei Übermittelung der Todesnachricht ausdrücklich angekündigt wird, daß eine Sektion vorgenommen wird, falls innerhalb einer bestimmten Frist kein Einspruch erfolgt (vgl. Gucht, JR 1973, 234, 235; Bedenken gegen die Rechtswirksamkeit von Sektionsklauseln auch bei Eb. Schmidt, Krankenhausarzt 1952, 209, 212; Kohlhaas, DMW 1969, 1202, 1203; a.A. Schulz, aaO. S. 421; vgl. auch § 2 Abs. 2 des Entwurfes eines > T r a n s p l a n t a t i o n s g e s e t z e s Rz 1773). cc) Lebhaft umstritten ist die Frage, ob eine Sektion ohne oder sogar gegen den Willen des Verstorbenen oder seiner Angehörigen zu Forschungszwecken vorgenommen werden darf (verneinend z.B. Forkel, JZ 1974, 593, 597ff. ; LG Bonn, JZ 1971, 56, 58; bejahend Eb. Schmidt bei Ponsold, aaO. S. 73; ders., Krankenhausarzt 1952, 213f. ; Kohlhaas, Medizin und Recht, S. 118; ausführliche Nachw. bei Zimmermann, NJW 1979, 569, 572). Bei der Lösung dieser Frage erscheint eine differenzierende Betrachtungsweise angebracht: Wo der Verstorbene sich zu Lebzeiten ausdrücklich gegen eine Sektion ausgesprochen hat, kann das medizinische Forschungsinteresse grundsätzlich keinen Vorrang haben gegenüber dem Selbstbestimmungsrecht des Verstorbenen. Fehlt es dagegen an einer Willensäußerung des Verstorbenen, muß das - im Vergleich zum nachwirkenden Selbstbestimmungsrecht des Verstorbenen schwächere Totensorgerecht der Angehörigen hinter das höherwertige Interesse der Allgemeinheit an Vervollkommnung der medizinischen Erfahrungen zurücktreten mit der Folge, daß die klinische Sektion unter dem Gesichtpunkt der Güterund Pflichtenabwägung auch ohne Befragen der Angehörigen oder sogar gegen deren Willen rechtmäßig ist. Allerdings muß die Abwägung in diesen Fällen stets sehr vorsichtig erfolgen (Kohlhaas, Medizin und Recht, S. 118; im Ergebnis ebenso Zimmermann, NJW 1979, 569, 572 f., der das Recht des Verstorbenen, sich für oder gegen die Sektion zu entscheiden, auf Art. 4 Abs. 1 GG als lex specialis stützt).

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dd) Keinen Rechtfertigungsgrund für die Sektion bildet die drohende haftungsrechtliche Inanspruchnahme des Arztes. Wird jedoch die Sektion von den Angehörigen trotz eingehenden ärztlichen Hinweises abgelehnt, so geht der wegen nicht durchgeführter Leichenöffnung hervorgerufene prozessuale Beweisnotstand des Arztes zu ihren Lasten (Uhlenbruck, Med. Klinik 1972,

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ee) Grundsätzlich besteht kein Anspruch der Angehörigen gegen den Arzt oder das Krankenhaus auf Auskunft über den Sektionsbefund, auch dann

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nicht, wenn die Leichenöffnung rechtswidrig ohne Zustimmung des Verstorbenen oder der Angehörigen erfolgt ist ( > Schweigepflicht Rz 1626). ff) Folgen rechtswidriger Sektionen, ffa) Sofern für eine Sektion nach den vorstehenden Grundsätzen kein Rechtfertigungsgrund vorliegt, haben die Angehörigen gegen den Arzt einen (vorbeugenden) Unterlassungsanspruch (analog §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB), der erforderlichenfalls durch Erlaß einer einstweiligen Verfügung (§§935 ff. BGB) durchsetzbar ist (Zimmermann, NJW 1979, 571, 575). Ein Schadensersatzanspruch nach § 847 BGB besteht nur in dem seltenen Fall, daß ein Angehöriger bei der rechtswidrig durchgeführten Sektion einen seelischen Schock erleidet (vgl. Zimmermann, aaO. S. 574 m. Nachw.). Im übrigen ist ein Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens analog § 847 BGB abzulehnen. Ein solcher Anspruch würde einer bedenklichen Kommerzialisierung der erteilten oder verweigerten Einwilligung Vorschub leisten (Palandt-Thomas, aaO. §823 Anm. 15B) e) m. Nachw.; BGH, NJW 1974, 371; a.A. LG Bonn, JZ 1971, 56, 61 f., vgl. zum Ganzen Deutsch, VersR 1970, 715; Roesch, VersR 1970, 1084; ders., Med. Klinik 1978, 1709; Laufs, VersR 1972, 1, 6; ders., Arztrecht Rz 96). Zu beachten ist, daß Ansprüche der Angehörigen wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht durch die ärztliche > Berufshaftpflichtversicherung (Rz 382) gedeckt sind, da insoweit kein > Behandlungsfehler vorliegt, der zu einem Personenschaden oder Vermögensschaden i.S. des § 1 Nr. 1 AHB geführt hat (vgl. Kohlhaas, VersR 1970, 385). Im übrigen wäre der Versicherungsschutz wegen vorsätzlicher Schadensherbeiführung nach § 4 II Nr. 1 AHB ausgeschlossen. ffb) Als rechtswidrige Handlung kann die Sektion bei > beamteten Ärzten Disziplinarmaßnahmen auslösen. Bei angestellten Ärzten kann eine unrechtmäßige Sektion arbeitsrechtliche Folgen haben (näher dazu Eb. Schmidt, Krankenhausarzt 1952, 210). Schließlich kann eine berufsgerichtliche Ahndung in Betracht kommen ( > Berufsgericht). IV. Sektionen im Rahmen der gesetzlichen und privaten Unfallversicherung dienen meist der Klärung des Ursachenzusammenhangs zwischen dem Tod und einem vorausgegangenen Unfallereignis ( > Arbeitsunfall, > Berufskrankheit). 1. Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung ermächtigt § 1559 Abs. 4 RVO zwar zur > Blutentnahme (Rz 459), nicht aber zu weitergehenden Eingriffen an der Leiche. Eine Leichenöffnung kann deshalb auch hier grundsätzlich nur mit Zustimmung der Angehörigen (nach den unter III entwickelten Grundsätzen) vorgenommen werden, die allerdings einen möglichen Rentenanspruch verlieren, wenn sie der Obduktion widersprechen (RVA v. 15. 4. 1941 - Ia 1777/40, zitiert bei Schulz, aaO. S. 421; SG Trier v. 26. 5. 1954, SozSich. - Kartei 1954 Nr. 315). Die Zulässigkeit der Sektion unter dem Gesichtspunkt des §34 StGB dürfte zu verneinen sein, nachdem nunmehr § 1559 Abs. 4 RVO ausdrücklich nur die Blutentnahme von der Leiche gestattet.

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2. Sektionen in Verbindung mit privaten Unfallversicherungen werfen in der Praxis kaum Probleme auf, da die Versicherungsverträge regelmäßig eine Sektionsklausel enthalten (vgl. § 15 II Abs. 2 AUB). V. Die Verwaltungssektion ist begrifflich nicht klar umgrenzt. Meist werden darunter gesetzlich empfohlene Sektionen bei plötzlichem Tod aus natürlicher Ursache oder bei bestimmten Todesumständen verstanden. Verwaltungssektionen dienen im wesentlichen der exakten Aufklärung der Todesursachen zur Erarbeitung einer soliden Basis für die Mortalitätsstatistik (näher dazu Brugger-Kühn, aaO. S. 11 ff.).

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VI. Privatsektionen werden auf privaten Wunsch der Angehörigen eines Verstorbenen in deren Auftrag und auf ihre Kosten vorgenommen (BruggerKühn, aaO. S. 16). Sofern der vom Verstorbenen zu Lebzeiten geäußerte Wille dem entgegensteht, gilt Gleiches wie bei der klinischen Sektion (oben Rz 1677). VII. Anatomische Sektion. 1. Die Aufgabe der anatomischen Sektion besteht im Wesentlichen darin, dem Studierenden der Medizin die räumliche Vorstellung vom Bau des menschlichen Körpers zu vermitteln und ihn mit den wichtigsten der hier in Betracht kommenden Varianten vertraut zu machen (Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Vorbereitung einer gesetzlichen Regelung der Transplantation und Sektion, Bonn 1976, S. 17). 2. a) Die Einwilligung des Verstorbenen kann zu Lebzeiten durch Vertrag erteilt werden (Reimann, NJW 1973, 2240 m. Nachw.). Ausreichend ist aber auch eine einseitige formlose Erklärung. Verfügungen einer Person über ihre Leiche sind nicht erbrechtlicher Natur und unterliegen daher nicht den Formvorschriften für Testament und Erbvertrag (Lehner, NJW 1974, 593, PalandtKeidel, aaO. § 1922 Anm. 3d m. Nachw.,- a.A. Reimann, NJW 1973, 2240 > L e i c h e Rz 1145). Die Hinterbliebenen sind an den Willen des Verstorbenen gebunden, auch wenn sie in der Überlassung der Leiche an die Anatomie eine Verletzung des Pietätsgefühls sehen (str., vgl. die Nachw. über die gegenteilige Ansicht bei Lilie, MedR 1983, 131, 132, Fußn. lOff). Streitig ist, ob die Einwilligung des Verstorbenen oder seiner Angehörigen in die Überführung der Leiche an ein anatomisches Institut gegen Entgelt zulässig ist oder ob eine solche Verfügung wegen Verstoßes gegen die guten Sitten gemäß § 138 BGB nichtig ist. Zum Teil wird angenommen, daß zwar dem Verstorbenen, nicht aber seinen Hinterbliebenen eine entgeltliche Verfügung über den Leichnam möglich ist (vgl. Oertmann, LZ 1925, 514). Nach anderer Auffassung ist die Zustimmung zur Verwertung der Leiche für den anatomischen Unterricht gegen Entgelt ausnahmslos sittenwidrig und daher nichtig (vgl. LG Bonn, JW 1928, 2294; Staudinger-Coing, aaO. § 90 Rz 5). Eine dritte Meinung schließlich hält die Einwilligung gegen Entgelt generell für erlaubt (vgl. Brunner, NJW 1953, 1173; Reimann, aaO. S. 2241, Kaiser bei Mergen, aaO. Bd. I S. 39). Die letztere Ansicht dürfte den Vorzug verdienen, zumal dann, wenn

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Sektion

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das geforderte Entgelt einem wohltätigen Zwecke zugeführt werden soll (vgl. auch Rieger, DMW 1975, 495). b) Teilweise bedenklich sind bestehende landesrechtliche Vorschriften über die Verwendung von Leichen für die Ausbildung von Medizinstudenten (vgl. z.B. für Bad.-Wttbg. den „Erlaß des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Sozialordnung über die Ablieferung von Leichen an die anatomischen Institute der Landesuniversitäten" v. 16. 5. 1974, GABI. 1974, 656 und dazu Rieger, DMW 1975, 495, 496). c) Im übrigen gelten die Grundsätze über die Rechtmäßigkeit der klinischen Sektion entsprechend. Bei der Rechtfertigung der Anatomie-Sektion unter dem Gesichtspunkt der Güter- und Pflichtenkollision muß die Abwägung mit besonderer Vorsicht erfolgen; es darf nicht versucht werden, dem Mangel an Leichen für Ausbildungszwecke auf diese Weise abzuhelfen (vgl. Kohlhaas, Medizin u. Recht S. 118). Etwas anderes dürfte jedoch dann gelten, wenn der Mangel an Leichen auf Dauer so erheblich ist, daß die wissenschaftliche Ausbildung des ärztlichen Nachwuchses und damit eine ausreichende ärztliche Versorgung der Bevölkerung nicht mehr gewährleistet ist (dazu Rieger, DMW 1975, 495f.). 1685

VIII. Sektionsleistungen sind jetzt nach der neuen > Gebührenordnung für Ärzte als ärztliche Leistungen abrechenbar (Nrn. 6000-6018 GOÄ).

Selbsteinweisung 1686

I. Man versteht darunter die ohne Einweisung eines niedergelassenen Arztes ( > K r a n k e n h a u s e i n w e i s u n g ) durch das > K r a n k e n h a u s bzw. durch seine angestellten Ärzte oder durch im Krankenhaus tätige > Belegärzte veranlaßte stationäre Behandlung (> K r a n k e n h a u s p f l e g e ) solcher Patienten, die der stationären Krankenhausbehandlung nicht bedürfen. II. Begibt sich ein Patient im Rahmen einer Selbsteinweisung in stationäre Behandlung, so geht das sich aus der Nichterforderlichkeit der Krankenhausbehandlung ergebende Kostenrisiko zu seinen Lasten (zu den Rechtsbeziehungen bei der Selbsteinweisung vgl. Robbers, Krankenhaus 1983, 455ff.). 1. In der gesetzlichen > Krankenversicherung (Rz 1103) ist die aufgrund einer Selbsteinweisung durchgeführte Krankenhausbehandlung nicht erforderlich i.S. der §§ 184 Abs. 1, 182 Abs. 2 RVO mit der Folge, daß diese Behandlung nicht zur Leistungspflicht der Krankenkasse gehört und der Krankenhausträger gegen die Kasse daher keinen Kostenerstattungsanspruch hat (SG Würzburg v. 20. 1. 1983 - S 6/Kr 60/82 -). Ein Zahlungsanspruch des Krankenhauses gegen den Patienten scheidet dann aus, wenn der Aufnahmearzt die Nichterforderlichkeit der stationären Behandlung schuldhaft nicht erkannt hat (§§ 611, 278, 254 BGB). Zur Selbsteinweisung von Kassenpatienten ausführlich Hanisch, SGb 1984, 101 ff.

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Selbstmord

2. In der privaten >Krankenversicherung (Rz 1107) handelt es sich bei der nach einer Selbststeinweisung durchgeführten Krankenhausbehandlung nicht um eine „medizinisch notwendige Heilbehandlung" i. S. der §§ 1 Abs. 2, 4 Abs. 4 MBKK (vgl. hierzu Walther, NJW 1982, 2592), so daß der Patient gegen die Versicherung keinen Anspruch auf Kostenerstattung hat. Für den Zahlungsanspruch des Krankenhauses gegen den Patienten gilt Gleiches wie bei Kassenpatienten.

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Selbstmedikation I. Man versteht darunter die Selbstbehandlung mit nicht verschreibungsPflichtigen ( > Verschreibungspflicht) > Arzneimitteln ohne Inanspruchnahme eines Arztes.

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II. Die Selbstbehandlung ohne Einschaltung eines Arztes ist ein verfassungsrechtlich (Art. 2 Abs. 1 GG) geschütztes Recht jedes Bürgers, der andererseits die Risiken hinsichtlich der Nebenwirkungen und Kontraindikationen selbst zu tragen hat. Der Verbraucher hat daher ein Recht auf sachliche Aufklärung über die Risiken einer Selbstmedikation (vgl. Jung, aaO. S. 117 > Apotheker Rz 77). Einer unsachgemäßen Selbstmedikation soll das Heilmittelwerbegesetz (HWG) entgegenwirken (vgl. BGH, NJW 1981, 1316, 1317. § 11 Nr. 10 HWG verbietet die Werbung mit Schriften, die zur Selbstbehandlung anleiten > Heilmittelwerbegesetz Rz 832). III. Zur Entlastung der Kostenträger im Gesundheitswesen durch Selbstmedikation vgl. Jung aaO. S. 196; DOK 1979, 154.

Selbstmord I. Rechtsstellung des Arztes gegenüber Suizidpatienten. 1. Strafrecht (zum

folgenden ausführlich Schönke-Schröder-Eser, aaO. Vorbem. §§211 ff. Rzn. 33ff.). Bei der Frage, ob der Arzt verpflichtet ist, die Durchführung eines Suizids zu verhindern, ist zu unterscheiden, ob das Suizidvorhaben auf einer freiverantwortlichen Willensentschließung beruht oder ob es an der Freiverantwortlichkeit fehlt, a) Bei Freiverantwortlichkeit des Willens ist davon auszugehen, daß die freiwillige Selbsttötung eines Menschen als solche nach unserem Recht keine Straftat und die vorsätzliche Teilnahme daran (durch Anstiftung oder Beihilfe) daher grundsätzlich straflos ist ( > Sterbehilfe Rz 1722). Nach der Rspr. des BGH soll eine Pflicht zur Suizidverhinderung erst ab dem Zeitpunkt bestehen, in dem der Selbstmörder seine Tötungshandlung beendet hat und handlungs-

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Selbstmord

770

unfähig geworden ist (BGH, NJW 1960, 1821; ebenso BayObLG, NJW 1973, 565). aa) Bei bestehender Garantenstellung des Arztes in diesen Fällen (> Bes u c h s p f l i c h t Rzn. 400 ff., > N o t f a l l a r z t Rz 1267, > R e t t u n g s d i e n s t Rz 1504) führt das Nichteingreifen zur Bestrafung wegen Tötung durch Unterlassen (§§ 212, 13 StGB). Hält der Arzt, der zu einem wegen eines Selbstmordversuchs bewußtlosen Patienten gerufen wird, die sofortige Einweisung in ein Krankenhaus für erforderlich, und widerspricht die Ehefrau der Einweisung, so ist ihr Wille unbeachtlich. Unterläßt der Arzt dennoch die Einweisung und wird dadurch der Tod oder eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes verursacht, so macht er sich wegen fahrlässiger Tötung strafbar (BayObLG, NJW 1973, 565). bb) Ist der Arzt nicht Garant, macht er sich nach §323c StGB strafbar, da dann ein „Unglücksfall" i.S. dieser Bestimmung vorliegt (BGHSt 6, 147; 13, 162 und die Nachweise bei Schönke-Schröder-Eser, aaO. § 323 c Rz 7 > U n t e r l a s s e n e H i l f e l e i s t u n g Rz 1814). b) Wo es an der Freiverantwortlichkeit fehlt (wie regelmäßig bei Kindern und Jugendlichen mangels Einsicht in die Tragweite des Suizids; vgl. SchönkeSchröder-Eser, aaO. Vorbem. §§ 211 ff. Rz 36 ; a.A. BGHSt 19, 135 bei 16jährigem Mädchen), liegt bei aktiver Unterstützung des Selbstmordes eine Tötung in mittelbarer Taterschaft vor, während das bloße Geschehenlassen der Selbsttötung bei bestehender Garantenstellung eine Strafbarkeit wegen Tötung durch Unterlassen (§§ 212, 13 StGB), andernfalls wegen unterlassener Hilfeleistung (§ 323 c StGB) begründet. c) Das überwiegende Schrifttum sieht in dieser Rspr. ein Unterlaufen der Straflosigkeit der Suizidteilnahme (vgl. die Meinungsübersicht bei Wagner, aaO., S. 25ff. ; vgl. zur Kritik auch Bringewatt, NJW 1973, 540). Indessen ist die weite Ausdehnung der ärztlichen Hilfeleistungspflicht durch die Rspr. im Ergebnis gerechtfertigt, wenn man die medizinischen Gegebenheiten mit in die Betrachtung einbezieht. Zahlreiche medizinische Untersuchungen haben ergeben, daß bei Selbstmordhandlungen eine weitgehende Beeinträchtigung der Willensfreiheit vorliegt, die eine freiverantwortliche Entscheidung ausschließt (vgl. die Nachweise bei Spann-Liebhardt-Braun in: Festschr. f. P. Bokkelmann, aaO. S. 490 Fußn. 22 ; Geilen, JZ 1974, 145; vgl. auch BAG, BB 1979, 1243, wo davon ausgegangen wird, daß bei Suizidhandlungen „die Freiheit der Willensbestimmung. . . zumindest partiell erheblich eingeschränkt ist", was eine strafrechtliche Hilfeleistungspflicht sowohl nach §§212, 13 StGB als auch nach § 323c StGB auslöst (ebenso Spann-Liebhardt-Braun, aaO. S. 491 f., allerdings beschränkt auf die Hilfeleistungspflicht nach § 323 c StGB). Der Suizid ist jedenfalls im Stadium der Bewußtlosigkeit und Handlungsunfähigkeit des Selbstmörders als eine Art „Krankheit" aufzufassen mit der Folge, daß die ärztliche Übernahme und Rettungspflicht nicht anders zu beurteilen ist als bei einem „Normalpatienten" (Bringewatt, NJW 1973, 543f.). Eine Rettungspflicht des Arztes nach §§212, 13 StGB bzw. § 323 c StGB besteht unstreitig dann, wenn der Selbstmörder seinen Entschluß widerruft, sich

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Selbstmord

aber nicht mehr selbst helfen kann (vgl. Schönke-Schröder-Eser, aaO. §§ 211 ff. Rz 44 mit Nachw.; Kreuzer bei Mergen, aaO. Bd. II S. 235). 2. Zivilrecht. Der Arzt, der einen Selbstmord verhindert, hat Ansprüche gegen den Geretteten auf das übliche Honorar analog den Vorschriften über Geschäftsführung ohne Auftrag (§§677 ff., 683 BGB). Der entgegenstehende Wille des Selbstmörders ist unbeachtlich (h.M.; vgl. Palandt-Thomas, aaO. § 679 Anm. 3).

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II. Die Gefahr von Selbstmord kann die Zwangsunterbringung der betreffenden Person nach den landesrechtlichen Unterbringungsvorschriften rechtfertigen ( > Unterbringung Rz 1810). III. Beider > Unterbringung oder freiwilligen Einweisung suizidgefährdeter Patienten ins Krankenhaus haben der Krankenhausträger sowie die behandelnden Ärzte und das Pflegepersonal alle Sicherungsvorkehrungen zu treffen, um die Ausführung eines Selbstmordes zu verhindern (vgl. OLG München, VersR 1960, 69; OLG Düsseldorf, VersR 1983, 739; Perret, aaO. S. 170ff.). Jedoch brauchen auch bei einem Patienten, der vor seiner stationären Aufnahme bereits einen Selbstmordversuch begangen hat, Türklinken, Sicherungsflügel an Fenstern oder ähnliche Einrichtungen regelmäßig nicht beseitigt zu werden; es genügt die Mitteilung an das Personal, daß der Patient suizidgefährdet ist und die Anordnung häufigerer Überwachung (OLG Hamm, VersR 1983, 43). Da bei endogenen Depressionen grundsätzlich mit einer Suizidgefährdung zu rechnen ist, muß der Patient, wenn seine Unterbringung nicht in einer Klinik mit einer geschlossenen Abteilung erfolgt, jedenfalls in besonderer Weise überwacht und am Verlassen der Klinik gehindert werden (OLG Frankfurt, VersR 1965, 598, 1979, 451, 452; vgl. zum ganzen auch Möllhoff bei Bergener, aaO. S. 97 ff. m.w. Nachw.).

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IV. Arbeitsrecht. Der Arbeitgeber ist in aller Regel auch dann zur LohnfortZahlung (nach § 616 Abs. 1 BGB, § 1 Abs. 1 Satz 1 LohnFG, § 63 Abs. 1 Satz 1 HGB, § 133 c Satz 1 GewO) verpflichtet, wenn die > Arbeitsunfähigkeit die Folge eines mißglückten Selbstmordversuchs ist (BAG, BB 1979, 1243; die frühere Rspr. BAG 24, 472 wurde damit aufgegeben; kritisch dazu Bresser, VersR 1981, 297, 300f.).

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V. Versicherungsrecht. 1. In der gesetzlichen > Krankenversicherung (Rz 1103) kann die Kasse > Krankengeld versagen, wenn sich der Versicherte die Krankheit vorsätzlich zugezogen hat und wenn die Satzung der Kasse einen Leistungsausschluß für diesen Fall vorsieht (§ 192 RVO). In der Praxis gehen die Krankenkassen davon aus, daß der Versicherte, der einen Selbsttötungsversuch unternimmt, wegen Ausschlusses der freien Willensbestimmung nicht vorsätzlich i.S. dieser Bestimmung handelt (vgl. BAG, BB 1979, 1243). 2. In der gesetzlichen Rentenversicherung wird der Anspruch des Versicherten nicht ausgeschlossen, wenn die eingetretene > Berufs- oder > Erwerbs-

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Unfähigkeit auf einen mißglückten Selbstmordversuch zurückzuführen ist. Hinterbliebenenrente erhalten auch die Angehörigen eines Selbstmörders. 3. In der gesetzlichen Unfallversicherung wurde ein Selbstmord früher nur dann als > A r b e i t s u n f a l l anerkannt, wenn der Freitod im Zustand der Unzurechnungsfähigkeit begangen und diese auf einen Arbeitsunfall zurückzuführen war (vgl. die Nachweise bei Lauterbach, aaO. § 553 Rz 7 Nr. 2). Diese strenge Rspr. wurde durch zwei Urteile des BSG aus dem Jahr 1962 und 1963 (BSGE 18, 163; Berufsgenossenschaft 1963, 378) aufgelockert (näher dazu Lauterbach, aaO. m. w. Nachw.). Nach einem Urteil des BSG v. 24. 11. 1982 (VersR 1983, 633) kann eine Selbsttötung auch dann durch einen Arbeitsunfall verursacht sein, wenn - bei fehlender Willensbeeinträchtigung - die Folgen des Arbeitsunfalles alleiniger Beweggrund für die Selbsttötung gewesen sind. 4. Zum Selbstmord in der KriegsopfeiveTsorgung vgl. Medizin im Sozialrecht B 320/1 ff.). 5. In der privaten Lebensversicherung ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn die Person, auf die die Versicherung genommen wurde, Selbstmord begangen hat, es sei denn, daß die Tat in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit begangen worden ist (§ 169 W G ; § 10 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Kapitalversicherung auf den Todesfall schließt jedoch nach fünfjähriger Wartezeit den Selbstmord ein ; vgl. auch OLG Hamm, VersR 1977, 928).

Sicherstellungsauftrag 1694

I. Man versteht darunter die Pflicht der > Kassenärztlichen Vereinigungen, die ambulante ärztliche Versorgung der Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung sicherzustellen. Diese Verpflichtung besteht nicht gegenüber den Versicherten, sondern gegenüber den Krankenkassen (Gewährleistungspflicht > Kassenärztliche Vereinigung Rz 923), denen als Träger der gesetzlichen > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g (Rz 1104) die ärztliche Versorgung ihrer Versicherten obliegt (§ 368 n Abs. 1 RVO, § 1 Abs. 17 u. 18 AEKV). II. Die Sicherstellung umschließt sowohl die zeitliche ( > Notfalldienst, > Präsenzpflicht, > Residenzpflicht) als auch die räumliche ( > Bedarfsplanung) Möglichkeit zur Inanspruchnahme der ärztlichen Versorgung in dem durch das Krankenversicherungs- und Kassenarztrecht festgelegten Umfang. Darüber hinaus umfaßt der Sicherstellungsauftrag die Durchführung von Maßnahmen zur > Qualitätssicherung. Die Kassenärztlichen Vereinigungen erfüllen ihren Sicherstellungsauftrag in erster Linie mit ihren Mitgliedern, also den zur Kassenpraxis zugelassenen oder an ihr beteiligten Ärzten. Daneben können sie andere Ärzte zur Mitwir-

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Sl-Einheiten

kung ermächtigen und heranziehen ( > Kassenarzt Rzn. 926ff.). Notfalls bleibt den Kassenärztlichen Vereinigungen nach § 368 n Abs. 7 Satz 2 RVO als letzte Möglichkeit, die ärztliche Versorgung zumindest zeitweise durch Betreiben eigener ärztlicher Einrichtungen sicherzustellen. Damit hat der Gesetzgeber die ambulante ärztliche Versorgung der Versicherten (rund 95% der Bevölkerung, vgl. Liebold in: Häußler-Liebold-Narr, aaO. S. 36) nicht den > Krankenhäusern oder ähnlichen Einrichtungen, sondern grundsätzlich den niedergelassenen Ärzten übertragen („Präponderanz des niedergelassenen Arztes", BSG v. 14. 12. 1982, SGb 1983, 64 ; BVerfGE 16, 286, 298). Eine Ausnahme bilden > Institutsleistungen, die Behandlung in der > Poliklinik sowie die > vorstationäre Diagnostik/nachstationäre Behandlung. > Heilbehandlung Rz 813 III. Aus der Sicherstellungspflicht der > Kassenärztlichen Vereinigungen ergeben sich notwendig Uberwachungspflichten und Disziplinarrechte (§ 368 n Abs. 2 Satz 2 RVO > Kassenarzt Rz 932, > Disziplinarverfahren Rz 563).

Sl-Einheiten 1. Begriff. Die Abkürzung „SI" steht für „Système international d'Unités" als das international anerkannte System der Meßgrößen und Einheiten, das im Verlauf eines Jahrhunderts auf der Basis eines metrischen Systems entwickelt wurde. Es wurde 1960 von der Conférence Général des Poids et Messures (CGPM| beschlossen und 1971 um das Mol als 7. Grundeinheit erweitert (vgl. hierzu und zum folgenden, Hess, DÄ 1980, 249ff.).

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II. 1. Rechtsgrundlagen für die Anwendung des Sl-Systems in der Bundesrepublik Deutschland sind das Gesetz über Einheiten im Meßwesen vom 2. 7. 1969 (BGBl. I S. 709) und die hierzu ergangene Ausführungs- Verordnung vom 26. 6. 1970 (BGBl. I S. 981) mit späteren Änderungen. Die sieben Grundeinheiten des Sl-Systems sind in § 3 des Gesetzes über Einheiten im Meßwesen als Basiseinheiten festgelegt. Sowohl die Meßeinheiten für Massenkonzentrationen als auch die Meßeinheiten für die Stoffmengenkonzentrationen sind Sl-Einheiten. Im Laborbereich können sowohl die weitgehend gebräuchlichen Massenkonzentrationen weiterverwandt als auch die Stoffmengenkonzentration eingeführt werden (vgl. Hess, DÄ 1981, 737). 2. Nach § 1 des Gesetzes über Einheiten im Meßwesen sind die Anwendung des Sl-Systems und die Verwendung der darin festgelegten Meßgrößen „im geschäftlichen Verkehr" und im „amtlichen Verkehr" zwingend vorgeschrieben. Die Frage, ob hierunter auch die berufliche Tätigkeit des Arztes fällt, ist streitig. Zum Teil wird die Auffassung vertreten, daß zum geschäftlichen Verkehr die geschäftliche Betätigung im weitesten Sinne gehöre und deshalb auch die berufliche Tätigkeit des Arztes einzubeziehen sei. Nach Ansicht des zuständi-

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gen Bundesministeriums für Wirtschaft ist der geschäftliche Verkehr i. S. der genannten Vorschrift im Bereich dei Medizin auf Lehre und Gutachtertätigkeit beschränkt mit der Folge, daß nur insoweit eine Verpflichtung zur Anwendung des Sl-Systems besteht. Unter den gegebenen Umständen wird man davon ausgehen müssen, daß die SI-Einheiten unabhängig von einer bestehenden Rechtspflicht mit der Zeit in die ärztliche Berufsausübung eingehen werden (vgl. Hess, DÄ 1980, 249, 250). 3. Der Rat der Europäischen Gemeinschaften hat neue Richtlinien zur Angleichung der Rechtsvorschriften der EG-Mitgliedstaaten über die Einheiten im Meßwesen beschlossen (EG-Richtlinie über Einheiten im Meßwesen v. 20. 12. 1979, ABl. EWG Nr. 39/40 v. 15. 2. 1980). Durch sie wurde die bisherige Richtlinie 71/354 EWG abgelöst. Danach können die Mitgliedstaaten in ihrem Hoheitsgebiet neben der Verwendung der SI-Einheiten die Zweitangabe bestehender nationaler Einheiten bis zum 31. 12. 1985 bzw. bei den in der Richtlinie selbst genannten nationalen Einheiten bis zum 31. 12. 1989 gestatten (> Blutdruckmessung). 4. Zur Anwendung der SI-Einheiten in den einzelnen medizinischen Bereichen vgl. DÄ 1980, 252 ff.

Sonderkrankenhaus 1697

Der Begriff findet sich in § 2 Nr. 3 BPflV. Man versteht darunter ein > Krank e n h a u s zur Behandlung von Kranken bestimmter Personengruppen (z.B. Altersgruppen) oder mit bestimmten, meist chronischen > K r a n k h e i t e n die eine meist längere Behandlungsdauer erforderlich machen (z.B. Behandlung von Tuberkulose und Alkoholabhängigkeit,- vgl. Schlauß-Bölke, aaO. § 2 BPflV Anm. 3 ; zur Abgrenzung eines Sonderkrankenhauses [für Alkoholabhängige) von einem > K u r k r a n k e n h a u s vgl. BVerwG, DVBl. 1981, 259). > T r i n k e r h e i l a n s t a l t , O K r a n k e n h a u s Rzn. 1012f., > F a c h k r a n k e n haus.

Sonographie 1698

I. Man versteht darunter die Ortung und Aufzeichnung krankhafter Veränderungen im Organismus mit Hilfe von Ultraschallwellen nach dem Echolotprinzip als Mittel der ärztlichen Diagnose (Duden, aaO. „Sonographie"). II. Eine Zuordnung der Sonographie zu einzelnen Gebieten der > Weiterb i l d u n g s o r d n u n g (z. B. der Radiologie) mit der Folge, daß sonographische Untersuchungen wegen des Grundsatzes der Gebietsbeschränkung nur von den entsprechenden Gebietsärzten durchgeführt werden dürften (> Gebietsarzt Rz 673) ist nicht möglich. Vielmehr handelt es sich bei der Sonographie

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Sozialarbeiter

um ein diagnostisches Mittel, das in verschiedenen Gebieten Anwendung finden kann; einen Anhaltspunkt bilden die Richtlinien über den Inhalt der Weiterbildung (> Weiterbildungsordnung]. III. Für die Durchführung sonographischer Untersuchungen in der Kassenpraxis hat die KBV Sonographie-Richtlinien geschaffen, die die fachlichen und apparativen Voraussetzungen für die Abrechnungsfähigkeit ultraschalldiagnostischer Leistungen festlegen (abgedr. bei Heinemann-Liebold, aaO. V 301 ff.). Im Gegensatz zu den > R a d i o l o g i e - R i c h t l i n i e n und den > ZytologieR i c h t l i n i e n handelt es sich bei ihnen um unverbindliche Empfehlungen. Auf der Grundlage dieser Sonographie-Richtlinien haben die einzelnen > Kassenärztlichen Vereinigungen inzwischen (verbindliche) eigene Sonographiebzw. Ultraschall-Richtlinien erlassen (teilweise abgedr. bei Heinemann-Liebold, aaO. V 309 ff.). Die Sonographie-Richtlinien dienen gleichzeitig der > Qualitätssicherung.

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Sozialärztlicher (Sozialmedizinischer) Dienst I. Man versteht darunter die ärztlichen Dienste bei den verschiedenen Sozialleistungsträgern, insbesondere den > V e r t r a u e n s ä r z t l i c h e n D i e n s t der gesetzlichen > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g (Rz 1103), die ärztlichen Gutachterdienste der Rentenversicherungsträger, den versorgungsärztlichen Dienst (> V e r s o r g u n g s a r z t , > V e r s o r g u n g s a m t ) und den ärztlichen Dienst in der Arbeitsverwaltung (> A r b e i t s a m t s a r z t ) .

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Bei den Krankenversicherungsträgern bestehen Bestrebungen zur stufenweisen Schaffung eines gemeinsamen sozialäizthchen Dienstes. Der „Entwurf einer Verwaltungsvereinbarung über den Aufbau eines einheitlichen sozialmedizinischen Dienstes für die Versicherten der Kranken- und Rentenversicherung" sieht die Auflösung der bisher selbständigen vertrauensärztlichen Dienste der gesetzlichen Krankenversicherung und der ärztlichen Gutachterdienste der gesetzlichen Rentenversicherung vor, um sie in einen vereinheitlichten sozialmedizinischen Dienst einzugliedern. Gedacht ist an die Errichtung einer „Bundesarbeitsgemeinschaft für den sozialmedizinischen Dienst" in der Form eines nichteingetragenen Vereins. Der > D e u t s c h e Ä r z t e t a g 1978 ist diesen Plänen entgegengetreten (Gesundheits- und sozialpolitische Vorstellungen, aaO. S. 89f.).

Sozialarbeiter I. Der Aufgabenbereich des Sozialarbeiters erstreckt sich auf verschiedene Tätigkeitsfelder. Im Beieich des Gesundheitswesens hat der Sozialarbeiter die Aufgabe, persönliche und soziale Probleme des Kranken oder > B e h i n d e r t e n , die im Zusammenhang stehen mit der Erkrankung oder Behinderung

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Sozialarbeiter

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und deren Auswirkungen auf sein Leben und das seiner Bezugspersonen, aufzugreifen und zu einer angemessenen Lösung beizutragen (vgl. die Richtlinien der Deutschen Vereinigung für den Sozialdienst im Krankenhaus e.V., Mainz, v. 4. 3. 1977). Im Gegensatz zu den > m e d i z i n i s c h e n A s s i s t e n z b e r u f e n wirkt der Sozialarbeiter - von Ausnahmen abgesehen (vgl. unten Rz 1702) nicht bei der Erbringung ärztlicher Leistungen mit; seine Tätigkeit besteht vielmehr in der sinnvollen Ergänzung der ärztlichen Tätigkeit bei der sozialen und psychosozialen Betreuung Kranker und Behinderter ( > Heilergänzungsberufe). Im wesentlichen übernimmt der Sozialarbeiter fürsorgerische Aufgaben. Sozialarbeiter werden vor allem in speziellen ambulanten Dienstleistungsbereichen, wie z. B. den psychosozialen Diensten der > Gesundheitsä m t e r oder in der Erziehungs-, Schwangerschafts-, in der Eheberatung und in > Sozialstationen, aber auch im Sozialdienst in > K r a n k e n h ä u s e r n , Einrichtungen für psychisch Kranke und Suchtkranke o.ä. eingesetzt (näher hierzu und zum folgenden Pfaffenberger, BerufskBl. 2 - IV A 30, S. 1 ff.). Im einzelnen sind folgende Aufgaben hervorzuheben: 1. Hilfestellung bei sozialrechtlichen Problemen und in der Kommunikation mit Leistungsträgern (z.B. Mitwirkung bei der Beschaffung des t> Schwerbehinderten-Ausweises,Beratung über medizinische Rehabilitationsmaßnahmen; Vermittlung von > Hilfsmitteln; Abklärung des Arbeitsfeldes am alten Arbeitsplatz; Ermittlung des Kostenträgers der jeweiligen Maßnahme; Ermittlung und Einleitung der jeweiligen Ansprüche auf > Krankengeld, Rente usw.; Vermittlung von ärztlich verordneten Kuren usw.); 2. Ermittlung psychosozialer Probleme zur Unterstützung der ärztlichen Differentialdiagnose und Therapie sowie Hilfestellung bei der Erfassung des sozialen Um- und Vorfeldes eines Kranken oder > B e h i n d e r t e n , der Beratung des Patienten und seiner Angehörigen und der Kommunikation zwischen Patient und Arzt; 3. Einüben ärztlich verordneter Therapie zur Selbständigkeit und Selbstbehauptung sowie eines angepaßten SozialVerhaltens; 4. praktische Hilfestellung bei der ärztlichen Notfallversorgung (Krisenintervention). Für die Abgrenzung der Aufgaben- und Verantwortungsbereiche zwischen Arzt und Sozialarbeiter gelten die allgemeinen Grundsätze für die Arbeitsteilung in der Medizin (>Behandlungsfehler Rzn. 317 ff.). II. Für das Berufsbild des Sozialarbeiters besteht keine einheitliche Rechtsgrundlage. Dementsprechend ist auch die Ausbildung in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich geregelt. Die Ausbildung erfolgt an Fachhochschulen und Gesamthochschulen (vgl. die Liste bei Pfaffenberger, aaO. S. 34ff.). Mindestzulassungsvoraussetzung ist durchweg Fachhochschulreife oder eine gleichwertige Vorbildung. Die Dauer der Ausbildung beträgt i.d.R. 4 Jahre (6 Studiensemester und 2 Praxissemester, die sich unterschiedlich verteilen). Nach abgeschlossener Ausbildung wird die staathche Anerkennung erteilt (näher zu Dauer und Inhalt der Ausbildung vgl. Pfaffenberger, aaO. S. 24ff.).

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Sozialgeheimnis

HI. Im Gegensatz zur Regelung bei den > m e d i z i n i s c h e n A s s i s t e n z b e r u f e n (Rz 1183) konnte die Einbeziehung der Leistungen des Sozialarbeiters in die Leistungspflicht der gesetzlichen > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g (Rz 1103) bisher nicht erreicht werden.

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IV. Der Sozialarbeiter unterliegt der strafrechtlichen > Schweigepflicht gem. § 203 Abs. 1 Nr. 5 StGB.

V. > Zeugnisverweigerungsrecht Rzn. 1988 f.

Sozialgeheimnis I. Begriff. Nach § 3 5 SGB I hat jeder, der von einem Leistungsträger nach dem > Sozialgesetzbuch (SGB) Sozialleistungen begehrt, „Anspruch darauf, daß Einzelangaben über seine persönlichen und sachlichen Verhältnisse (personenbezogene Daten) von den Leistungsträgern als Sozialgeheimnis gewahrt und nicht unbefugt offenbart werden" (§ 35 Abs. 1 Satz 1 SGB I). Zu den personenbezogenen Daten in diesem Sinne gehören vor allem auch Gesundheitsdaten. Das Sozialgeheimnis soll garantieren, daß jeder zum Arzt, ins > Krankenhaus oder zu einer Sozialbehörde gehen kann, ohne befürchten zu müssen, daß diese Tatsache Außenstehenden bekannt wird oder daß ihm daraus Nachteile entstehen (vgl. Erster Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz, BT-Drucks. 8 / 2 4 6 0 , S. 37). § 35 SGB I stellt für das Sozialrecht die verwaltungsrechtliche Parallele zu § 203 StGB dar (Peters, SGB I § 35 Anm. 2-, zum Schutz der Sozialdaten nach dem SGB ausführlich Pappai, KrV 1980, 255ff. ; Wiese, DAngVers 1980, 4 4 9 f f . ; Mallmann-Walz, NJW 1981, 1020ff.j Schatzschneider, M D R 1982, 6ff.).

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II. 1. Eine Offenbarung des Sozialgeheimnisses ist grundsätzlich nur unter den Voraussetzungen der §§ 6 7 - 7 7 SGB X zulässig (§ 35 Abs. 2 SGB I ; vgl. zum folgenden Schatzschneider, aaO. ; zum Sozialdatenschutz in den medizinischen Gutachterdiensten der Sozialversicherung vgl. Sendler, Med. Sach. 1982, 66). Außer der (grundsätzlich an die Schriftform gebundenen) vorherigen Einverständniserklärung ( = „Einwilligung"; vgl. Schatzschneider, aaO. S. 7 m. Nachw. Fußn. 13a) des Betroffenen (§ 67) sind vor allem die folgenden gesetzlichen Offenbarungsbefugnisse hervorzuheben, die ohne Rücksicht auf die Einwilligung des Betroffenen bestehen: a) die Offenbarung zwischen den Sozialversicherungsträgern, soweit sie zur Erfüllung gesetzlicher Aufgaben dient (§ 69). § 96 SGB X erlaubt den Austausch von ärztlichen Untersuchungsergebnissen zwischen den Sozialleistungsträgern ohne Zustimmung des Versicherten. Diese Regelung, die der Vermeidung überflüssiger Mehrfachuntersuchungen dienen soll, ist nicht unbedenklich. Das Ziel des Gesetzgebers läßt sich auch dadurch erreichen, daß der Versicherte seine Einwilligung für die Weitergabe der bei der Erstuntersu-

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Sozialgeheimnis

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chung erhobenen Befunde und deren Auswertung an andere Leistungsträger ausdrücklich erteilt. b) die Offenbarung im Rahmen der Durchführung des Arbeitsschutzes. Sie ist auch dann zulässig, wenn sie zwar schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt, das öffentliche Interesse an der Durchführung des Arbeitsschutzes das Geheimhaltungsinteresse des Betroffenen jedoch erheblich überwiegt (§70); c) die Offenbarung zur Erfüllung gesetzlicher Mitteilungspflichten u. a. nach § 138 StGB sowie nach dem > Bundes-Seuchengesetz und dem > Ges c h l e c h t s k r a n k h e i t e n g e s e t z (§71 Abs. 1 Nrn. 1 u. 2). d) Die Offenbarung personenbezogener Daten zur Aufklärung von Straftaten auf richterliche Anordnung ist unter den Voraussetzungen des § 73 SGB X zulässig. Diese Vorschrift ist lex specialis zu den strafprozessualen Beschlagnahmevorschriften (> K r a n k e n u n t e r l a g e n Rz 1102). e) Die Offenbarung für die Forschung und Planung. Nach § 75 Abs. 1 Satz 1 ist eine Offenbarung personenbezogener Daten zulässig, soweit sie erforderlich ist für die wissenschaftliche Forschung im Sozialleistungsbereich oder für die Planung im Sozialleistungsbereich durch eine öffentliche Stelle im Rahmen ihrer Aufgaben und schutzwürdige Belange des Betroffenen nicht beeinträchtigt werden oder das öffentliche Interesse an der Forschung oder Planung das Geheimhaltungsinteresse des Betroffenen erheblich überwiegt. Unter dieser Voraussetzung ist wie bei der Offenbarung für die Durchführung des Arbeitsschutzes (oben Rz 1706) die Offenbarung auch dann zulässig, wenn sie schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt. Die Offenbarung ist nur dann nicht erlaubt, wenn es zumutbar ist, die Einwilligung des Betroffenen nach § 67 einzuholen oder den Zweck der Forschung oder Planung auf andere Weise zu erreichen (§ 75 Abs. 1 Satz 2). Die Offenbarung bedarf der vorherigen Genehmigung durch die zuständige oberste Bundes- oder Landesbehörde (kritisch dazu Hollmann, DMW 1981, 123f.). Diese Regelung steht im Widerspruch zur bisher einhelligen Auffassung, daß die Forschung im Interesse der Allgemeinheit niemals höher bewertet werden kann als das Geheimhaltungsinteresse des einzelnen. Keinesfalls kann die vom Gesetzgeber in § 75 SGB X getroffene Wertentscheidung als Ausdruck eines „allgemeinen Rechtsgedankens" auf andere Bereiche übertragen werden; entsprechende Tendenzen sind bei der Schaffung von Rechtsgrundlagen für > Krebsregister (Rz 1120) erkennbar (> Schweigepflicht Rz 1659). f) Eine eingeschränkte Offenbarungsbefugnis besteht für personenbezogene Daten, die einem Sozialleistungsträger von einem Arzt oder einem Angehörigen des in § 203 Abs. 3 StGB erfaßten nichtärztlichen Personals zugänglich gemacht worden sind. Die Weitergabe solcher Daten ist nur zulässig, wenn auch der Arzt oder die in § 203 Abs. 3 StGB genannten Personen offenbarungsbefugt wären (§ 76 Abs. 1). Diese Beschränkung gilt nach § 76 Abs. 2 nicht für personenbezogene Daten, die im Zusammenhang mit einer Begutachtung zugänglich gemacht worden sind, die wegen der Gewährung von Sozialleistun-

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gen oder der Ausstellung einer Bescheinigung durchgeführt worden ist (näher dazu Casselmann-Grundlach, SGb 1981, 92, 95; Maier, SGb 1983, 89ff.). g) Die Verpflichtung der staatlichen Behörden zur Amtshilfe (Art. 35 Abs. 1 GG) begründet keine materiellrechtliche Offenbarungsbefugnis der betroffenen Stellen; diese richtet sich ausschließlich nach den §§ 67 ff. SGB X (vgl. Schatzschneider, aaO. S. 7; zur Kollision von Amtshilfe und Sozialgeheimnis vgl. Marburger, ZfS 1981, 263ff.). h) Abgesehen von den gesetzlichen Offenbarungsbefugnissen nach §§ 67-77 SGB X muß die Offenbarung des Sozialgeheimnisses aufgrund Güterabwägung (analog § 3 4 StGB) ausnahmsweise auch dann für zulässig erachtet werden, wenn zwingende öffentliche Interessen sie erfordern (z.B. Erschleichen von Sozialleistungen in Betrugsabsicht; Feststellung einer die Eignung zur Führung von Kraftfahrzeugen ausschließenden Sehbehinderung im Rahmen einer vertrauensärztlichen Untersuchung; vgl. Peters, SGB I § 35 Anm. 8 ; OVG Hamburg, DVB1. 1980, 887; ausführlich zu diesen Fragen Casselmann-Grundlach, SGb 1981, 92ff. ; > S c h w e i g e p f l i c h t Rzn. 1652ff.). 2. Soweit eine Offenbarung des Sozialgeheimnisses nicht zulässig ist, besteht keine > A u s k u n f t s p f l i c h t , keine Zeugnispflicht ( > Zeugnisverweigerungsrecht) und keine Pflicht zur Vorlage oder Herausgabe von Schriftstükken, Akten und Datenträgern (§ 35 Abs. 3 SGB I). III. Der Schutz des Sozialgeheimnisses bei der Datenverarbeitung ist in §§ 79-85 SGB X besonders geregelt. Danach ist für Sozialleistungsträger grundsätzlich das BDSG maßgebend. Wo sich Kollisionen mit § 35 SGB I ergeben, geht diese Bestimmung vor (§ 45 Abs. 1 Nr. 1 BDSG). § 79 Abs. 2 SGB X beseitigt die bisher nach § 7 BDSG bestehende Privilegierung der in öffentlichrechtlicher Trägerschaft betriebenen Krankenhäuser und Einrichtungen zur Eingliederung Behinderter. Dadurch ergeben sich Kollisionen mit den in verschiedenen > K r a n k e n h a u s r e f o r m g e s e t z e n enthaltenen weitergehenden Bestimmungen zum Schutz vor Datenmißbrauch, die auf diese Weise durch bundesrechtliche Vorschriften ersetzt werden (näher dazu Schatzschneider, aaO. S. 10).

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IV. Der Sozialdatenschutz erstreckt sich auch auf im Ausland lebende Personen, unabhängig von einer bestimmten Staatsangehörigkeit (BSG, MDR 1979, 347).

Sozialgesetzbuch Das Sozialgesetzbuch (SGB) ist die beabsichtigte und teilweise realisierte umfassende Kodifikation des bis jetzt in zahlreichen Einzelgesetzen zersplitterten Sozialrechts mit dem Ziel, das Sozialrecht für den Bürger transparenter zu machen und die Rechtsanwendung durch Verwaltung und Rspr. zu erleichtern (amtl. Begründung zum SGB I, BT-Drucks. 7/868, S. 19f.). Es soll folgende Be-

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reiche umfassen: Ausbildungsförderung, Arbeitsförderung einschließlich der besonderen Förderung Schwerbeschädigter, Sozialversicherung ( > Krankenversicherung, Unfallversicherung und Rentenversicherung einschließlich Altershilfe für Landwirte), soziale Entschädigung bei Gesundheitsschäden (insbesondere Kriegsopferrecht), Kindergeldrecht, Wohngeldrecht, Jugendhilfe, Sozialhilfe. Von den insgesamt zehn vorgesehenen Büchern des SGB sind bisher in Kraft getreten: Das SGB I - Allgemeiner Teil - v. 11. 12. 1976 (BGBl. I S. 3015), das SGB IV - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - v. 23. 12. 1976 (BGBl. I S. 3845) und das SGB X - Verwaltungsverfahren - erstes und zweites Kapitel v. 18. 8. 1980 (BGBl. I S. 1469), drittes Kapitel v. 4. 11. 1982 (BGBl. S. 1450). Die in Art. II § 1 SGB I genannten Gesetze gelten bis zu ihrer Einordnung in das SGB als besonderer Teil des SGB.

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I. Sozialstationen sind Zentralen für ambulante Pflegedienste eines bestimmten örtlichen Einzugsbereichs, wobei der Einsatz der Pflegedienste von der Zentrale aus erfolgt, während die eigentliche pflegerische Tätigkeit i.d.R. im häuslichen Kreis der zu betreuenden Personen stattfindet (vgl. Stellungnahme der BÄK und der KBV, DÄ 1975, 2290). Träger sind in erster Linie die Verbände der freien Wohlfahrtspflege, die Kirchen, Krankenpflegevereine und Gemeinden.

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Das Aufgabengebiet von Sozialstationen umfaßt Altenpflege, Krankenpflege, Haus- und Familienpflege. Einrichtung und Tätigkeit von Sozialstationen dienen nicht nur der Versorgung der Sozialversicherten, sondern der Gesamtbevölkerung. Die Leistungen der Sozialstationen im Bereich der Krankenpflege sind daher vom Empfängerkreis her gesehen nicht deckungsgleich mit der nach § 185 RVO durch die Krankenkassen gewährten häuslichen Krankenpflege. In Sozialstationen werden keine ärztlichen Leistungen erbracht. Bei den durch Sozialstationen ausgeführten Verrichtungen handelt es sich vielmehr um rein unterstützende Pflegemaßnahmen außerhalb der kassenärztlichen oder privatärztlichen Versorgung. Dementsprechend darf das Leistungsangebot der Sozialstationen nur solche Verrichtungen umfassen, die nicht ärztliches Fachwissen und ärztliche Erfahrung voraussetzen und daher dem Pflegepersonal überlassen werden dürfen, z.B.: Verbandwechsel bei großen und kleinen Verbänden; Einreibungen und Wickel; Pflege von versorgten Wunden; Durchführung (nicht Anordnung) subkutaner oder intramuskulärer, einfach gelagerter > I n j e k t i o n e n , z.B. Insulin; Wechsel von Harnblasenkathedern (Verweilkathedern) in hierfür geeigneten Fällen; Bestrahlungen; Blutdruckkontrollen; Einläufe; Übungsbehandlung; Massagen; Umschläge und Wickel; De-

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kubitusbehandlung bzw. -prophylaxe ; Spülungen, Inhalationen (vgl. KV Nordrhein, Rhein. ÄB1. 1980, 52). Zum Teil haben die > Ä r z t e k a m m e r n mit Sozialstationen in ihrem Bereich Richtlinien über die Zusammenarbeit dei niedergelassenen Ärzte mit Sozialstationen vereinbart (vgl. z. B. die Vereinbarung der Liga der freien Wohlfahrtspflege Bad.-Wttbg. mit der LÄK Bad.-Wttbg., ÄBl. Bad.-Wttbg. 1981, 320). III. In den meisten Bundesländern bestehen Richtlinien über die Förderung von Sozialstationen. Sie enthalten Vorschriften über Aufgaben, Trägerschaft, personelle Ausstattung und Finanzierung (vgl. z. B. die Richtlinien des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Sozialordnung Bad.-Wttbg. i.d.F.v. 16. 2. 1982, GABI. 1983, 847). IV. Haftungsfragen. 1. Der Träger der Sozialstationen haftet für Fehlleistungen der bei ihm angestellten Pflegekräfte aus Vertrag und unerlaubter Handlung (§§611, 278, 823, 831 BGB). Bei der Inanspruchnahme häuslicher Krankenpflege durch Kassenpatienten (§ 185 RVO) entstehen Vertragsbeziehungen zum Träger der Sozialstation entsprechend den für den totalen Krankenhausaufnahmevertrag entwickelten Grundsätzen ( > Krankenhausaufnahmevertrag Rz 1036; vgl. Schiaus, Forum Sozialstation 1980/11, S. 17, 18). Eine Haftung aus unerlaubter Handlung kommt vor allem bei Verletzung der Aufsichtspflicht und bei Organisationsmängeln in Betracht. Die Leitung der Sozialstation hat in erster Linie die Fachkräfte richtig auszuwählen und einzusetzen sowie die Vertretung zu regeln, Dienstbesprechungen abzuhalten und für einen allgemeinen Erfahrungsaussttausch zu sorgen (Schiaus, aaO. S. 19f.j. 2. Die Pflegepersonen haften für Verschulden auch persönlich nach § 823 BGB. Wo die schadenverursachende Tätigkeit im Einzelfall gefahrgeneigt i. S. der Rspr. gewesen ist, besteht im Innenverhältnis ein Freistellungsanspruch gegen den Träger der Sozialstation (Schiaus, aaO. S. 20 > H a f t u n g Rz 778). 3. Eine Haftung des Arztes gem. §§ 278, 831 BGB für Fehler bei der Durchführung der von ihm angeordneten Pflegemaßnahmen kommt grundsätzlich nicht in Betracht. Die Pflegekräfte der Sozialstationen werden als Angestellte des Trägers der Sozialstationen nicht im räumlichen und fachlichen Verantwortungsbereich des Arztes tätig; sie sind daher nicht als Hilfspersonal anzusehen, dessen sich der Arzt zur Durchführung ärztlicher Verrichtungen bedient. Eine Anleitung und Überwachung der Pflegekräfte durch den Arzt ist angesichts ihrer Tätigkeit in teilweise großer Entfernung zur > Arztpraxis nicht möglich. Dies gilt auch für die Durchführung von > I n j e k t i o n e n durch Pflegekräfte der Sozialstationen. Das Pflegepersonal wird insoweit eigenverantwortlich tätig mit der Folge, daß es allein (§ 823 BGB) oder neben dem Träger (§§ 278, 831 BGB) die Verantwortung für die ordnungsgemäße Ausführung der vom Arzt angeordneten Maßnahmen trägt (vgl. auch Narr, aaO. Rz 890 a. E.). Für die Richtigkeit der Anordnung ist der Arzt verantwortlich. Er hat auch vor jeder Anweisung zu prüfen, ob eine ausreichende Betreuung des Patienten

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durch die im Rahmen der häuslichen Krankenpflege möglichen Leistungen gewährleistet ist. Dies gilt vor allem bei risikoreicheren Eingriffen. Dabei hat der Arzt zu beachten, daß eine Sozialstation i.d.R. von medizinischen Laien geleitet wird, die nicht nur über den Einsatz des Personals im Einzelfall, sondern auch über dessen Einstellung entscheiden. Er darf sich nicht ohne weiteres darauf verlassen, daß der Träger der Sozialstation nur erfahrene und bewährte Kräfte einstellt (vgl. RGZ 139, 258 f. [betr. Krankenhäuser ohne ärztliche Leitung]; Schiaus, aaO. S. 20). Die Auswirkungen der Pflegeleistungen der Sozialstationen auf den Gesundheitszustand des Patienten muß der Arzt in angemessenen Zeitabständen kontrollieren (vgl. Stellungnahme BÄK/KBV, DÄ 1975, 2291). Das Pflegepersonal hat Fehler des Arztes grundsätzlich nicht zu vertreten (Schiaus, aaO. S. 20). 1716

V. Die Abrechnung der von Sozialstationen erbrachten Leistungen der häuslichen Krankenpflege (§ 185 RVO) erfolgt ausschließlich gegenüber den Krankenkassen aufgrund der zwischen den Trägern der Sozialstationen und den Landesverbänden der Krankenkassen abgeschlossenen Rahmenvereinbarungen.

Sportarzt 1716a

Die Anerkennung als „Sportarzt", die mit der Verleihung eines Diploms verbunden war, erfolgte früher durch den Deutschen Sportärztebund e. V. auf Vorschlag des zuständigen Landesverbandes nach Erfüllung bestimmter Voraussetzungen (näher dazu Redeker u. Pürckhauer bei Kuhns, aaO. S. 1/383, 832); sie ist heute durch die Einführung der > Zusatzbezeichnung „Sportmedizin" (vgl. Anl. II Nr. 14 zur MuWO) hinfällig geworden. Das Diplom des Deutschen Sportärztebundes wurde jedoch beibehalten. Da es sich nicht um eine > Arztbezeichnung nach der > Weiterbildungsordnung handelt, ist die Führung der Bezeichnung „Sportarzt" auf dem > Praxisschild, auf Briefbogen, Rezeptvordrucken und Stempeln nach der ärztlichen > Berufsordnung nicht erlaubt (vgl. §§ 27 Abs. 1, 29 MuBO).

Sprechstundenbedarf 1717

I. Begriff. Man versteht darunter > Arzneimittel, Verbandmittel und Materialien, die in der > Arztpraxis am Patienten zur Anwendung kommen und die ihrer Art nach bei mehr als nur einem Patienten Verwendung finden oder bei Notfällen für mehr als einen Kranken zur Verfügung stehen müssen.

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II. 1. Der > Kassenarzt erhält die Kosten für Sprechstundenbedarf nach den Vereinbarungen der > Kassenärztlichen Vereinigung mit den Kassenverbänden über die kassenärztliche Verordnung von Sprechstundenbedarf in natura ersetzt. Danach kann der Kassenarzt Sprechstundenbedarf - i.d.R. vierteljährlich - zur Ersatzbeschaffung auf Rezept verordnen. Was im einzelnen als Sprechstundenbedarf verordnungsfähig ist, ist für den Bereich der RVO-Kassen in den Gesamtverträgen der einzelnen KV-Bezirke z.T. sehr unterschiedlich geregelt (vgl. die tabellarische Übersicht in: der niedergelassene arzt 1980/5, S. 110ff.; 1980/6, S. 106ff.). Für den Beieich der > Ersatzkassen besteht mit Ausnahme Bayerns (dort zusammen mit RVO-Kassen) eine bundeseinheitliche Sprechstundenbedarfsregelung (abgedr. in: der niedergelassene arzt 1980/25, S. 61 ff.). Die Verordnung von Sprechstundenbedarf unterliegt der > W i r t s c h a f t l i c h k e i t s p r ü f u n g (BSGE 26, 16; zur Prüfung im Bereich der Ersatzkassen vgl. § 17 Nr. 3 AEKV). 2. Der nach der > G e b ü h r e n o r d n u n g f ü r Ä r z t e (GOÄ'82) liquidierende Arzt kann nach § 10 Abs. 1 GOÄ die Kosten für Sprechstundenbedarf neben den Gebühren für die ärztlichen Leistungen gesondert berechnen.

Stationsarzt I. Man versteht darunter einen > Assistenzarzt, dem die Leitung und Be- 1718 aufsichtigung einer Station und die Erledigung der dort anfallenden Arbeiten obliegt. Er untersteht der Aufsicht des für die Station zuständigen > Oberarztes, dessen Weisungen er zu befolgen hat. Der Stationsarzt befindet sich i.d.R. in einem fortgeschrittenen Stadium der > Weiterbildung. II. Zur ärztlichen Aufklärungspflicht des Stationsarztes > Aufklärungspflicht Rz 270 III. Für die zivilrechtliche und strafrechtliche Haftung des Stationsarztes gilt das gleiche wie für den > Assistenzarzt (Rz 240). Zur Verantwortung des Stationsarztes bei Personalmangel vgl. Rieger, DMW 1973, 2047.

Sterbehilfe I. Begriff. Unter Sterbehilfe (Euthanasie) versteht man ein Handeln, das bestimmt und geeignet ist, den leichten und schmerzlosen Tod eines unheilbar kranken Menschen zu ermöglichen. Dabei wird unterschieden zwischen der Hilfe beim Sterben durch bloße Schmerzlinderung ohne Lebensverkürzung

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und der Hilfe zum Sterben als gezielte Tötung durch aktives Handeln (aktive Sterbehilfe) oder Unterlassen (passive Sterbehilfe).

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II. Die Rechtslage ist trotz des fast nicht mehr überschaubaren Schrifftums noch nicht in allen Punkten geklärt. Meinungsverschiedenheiten bestehen nicht nur im juristischen Lager, sondern vor allem auch zwischen Ärzten und Juristen (vgl. den umfassenden Überblick über den gegenwärtigen Stand der Diskussion bei v. Dellingshausen, aaO.; ferner Bockelmann, aaO. S. 24 ff. ; Eid-Frey, aaO; Weissauer-Opderbecke, BayÄBl. 1973, 9 ff., 98ff. ; Heigert, JR 1976, 45; Kuhlendahl, NJW 1974, 1419; Schara, MMW 1975, 1429; Sax, JZ 1975, 137; Schmitt, JZ 1979, 462; Trockel, NJW 1975, 1440; Zimmermann, NJW 1977, 2101; Rüping, DMW 1976, 1332; Kaufmann, MedR 1983, 121 ff., sowie die Literaturhinweise bei Schönke-Schröder-Eser, aaO. Vorbem. §§211 ff. vor Rz 21). An Stellungnahmen von Ärzteverbänden zur Sterbehilfe sind vor allem zu nennen: „Richtlinien für die Sterbehilfe" der Bundesärztekammer (DÄ 1979, 957ff.) ; „Richtlinien der Schweizerischen Akademie der medizinischen Wissenschaften zur Sterbehilfe" (DÄ 1977, 1933); „Resolution der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie zur Behandlung Todkranker und Sterbender" (abgedr. bei Mertens in: Münch. Komm. § 823 Rz 378). Aufgrund des gegenwärtigen Meinungsstandes ist im wesentlichen von folgenden Grundsätzen auszugehen (vgl. zum folgenden Schönke-Schröder-Eser, aaO. Vorbem. §§ 211 ff. Rzn. 21 ff.): 1. Zulässig ist die ärztliche Hilfe beim Sterben durch bloße Schmerzlinderung ohne Lebensverkürzung. Dies gilt selbst dann, wenn dies zu einer Bewußtseinsstörung führen kann (Verwandeln des Todeskampfes in ein sanftes „Hinüberschlummern"). Unter Umständen kann die Unterlassung geeigneter Maßnahmen zur Strafbarkeit wegen Körperverletzung durch Unterlassen oder nach § 323 c StGB und zur Schadensersatzpflicht führen (> B e h a n d l u n g s pflicht, > Unterlassene Hilfeleistung). 2. Grundsätzlich unzulässig ist jede aktive Sterbehilfe i. S. einer gezielten Lebensverkürzung. a) Dies gilt uneingeschränkt für die sog. „Vernichtung lebensunwerten Lebens". b) Auch wo die aktive Tötung als Mittel zur Schmerzbeseitigung i.S. einer Hilfe zum Sterben oder zwecks Erlösung von einem sinnlos gewordenen Leben erfolgt, ist sie rechtswidrig, und zwar wegen des strafrechtlichen Verbotes der Tötung auf Verlangen (§216 StGB) selbst dann, wenn der zum Tod führende Eingriff auf ausdrückliches und ernstliches Verlangen des Patienten vorgenommen wird. Für den Arzt straflose Beihilfe zum > S e l b s t m o r d liegt dagegen vor, wenn der Patient noch einsichtsfähig ist und das zum Tode führende Geschehen in der Hand hat (z. B. Überlassen von Tabletten, die der Patient selbst einnimmt). Beherrscht der Arzt das Geschehen, macht er sich wegen aktiver Sterbehilfe strafbar (z. B. wenn er einem Sterbenden Medikamente injiziert. Im einzelnen können die Grenzen fließend sein (vgl. Rüping, DMW 1976, 1334).

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c) Wird der den Tod herbeiführende Eingriff primär zur Schmerzlinderung oder Schmerzbeseitigung vorgenommen und tritt als unbeabsichtigte Nebenfolge zugleich eine Lebensverkürzung ein, so hält die heute überwiegende Meinung den Arzt unter dem Gesichtspunkt des rechtfertigenden Notstandes für straflos (vgl. Rüping, D M W 1976, 1333; weitere Nachw. bei Schönke-Schröder-Eser, aaO. Rz 26). 3. Für die Praxis von besonderer Bedeutung ist das „Sterbenlassen" durch Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen, wo die Weiterbehandlung aussichtslos erscheint und nur die Wirkung hätte, den Patienten neuen Qualen auszusetzen (passive Sterbehilfe). In diesen Fällen kann strafrechtlich eine Tötung durch Unterlassen (§§211, 13 StGB) in Betracht kommen, wenn durch Aufnahme oder Fortführung der Behandlung der Todeseintritt noch weiter hätte hinausgezögert werden können und dem Arzt als Garant i. S. des § 13 StGB eine entsprechende Erfolgsabwendungpflicht oblag (BÄK, Kommentar zu den Richtlinien für die Sterbehilfe, DÄ 1979, 960, vgl. oben Rz 1720, > B e h a n d l u n g s p f l i c h t Rzn. 326f., > B e s u c h s p f l i c h t Rzn. 400ff., > N o t a r z t Rz 1261, > N o t f a l l a r z t Rz 1267).

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a) Eine Pflicht zur Fortsetzung der Behandlung besteht in allen Fällen, in denen der Patient dies ausdrücklich verlangt. b) Wird der Aizt vom Patienten gebeten, die Behandlung nicht fortzusetzen, gilt folgendes: aa) Ist der Patient noch einsichts- und urteilsfähig und sich nach Aufklärung durch den Arzt der Folgen seiner Entscheidung voll bewußt, bleibt der Arzt, der den Patientenwillen respektiert, nach heute überwiegender Meinung straflos. Das Verbot der Berücksichtigung des Willens des Getöteten in § 216 StGB greift hier nicht Platz; es ist von vornherein auf die aktive Tötung durch einen anderen beschränkt (Schönke-Schröder-Eser, aaO. Rz 28, § 216 Rz 10 ; die Begründungen für diese Auffassung sind verschieden). Der Arzt darf sich in diesen Fällen dem Wunsch des Patienten entsprechend darauf beschränken, nur noch leidenmildernde Mittel zu geben. bb) Kann die Einsichts- und Urteilsfähigkeit des Patienten nicht mehr bejaht werden (weil z. B. eine akute Depression oder eine generelle Beeinträchtigung der Zurechnungsfähigkeit zum Verlangen des Patienten nach passiver Sterbehilfe geführt hat [vgl. Resolution der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie, oben Rz 1720, Ziff. III 2]), darf der Arzt den Willen des Patienten nicht berücksichtigen (Rüping, DMW 1976, 1334). Es gelten dann die Ausführungen unten c). c) Kann sich der Sterbende nicht mehr äußern, so wird die Pflicht des Arztes zivilrechtlich nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB) bestimmt, wobei die Vorschriften über die Bestellung eines Pflegers (§ 1910 BGB) zu beachten sind (vgl. BÄK, DÄ 1979, 960). aa) Kommt es nicht (mehr) zur Pflegerbestestellung, so hat der Arzt entsprechend dem mutmaßlichen Willen des Patienten zu handeln, bei dessen Feststellung er auch dem Patienten nahestehende Personen anhören muß. Je nach-

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dem, welcher mutmaßliche Wille ermittelt wird, gilt das oben unter a] oder b) Gesagte. Maßgebend ist stets der mußmaßliche Wille in der gegenwärtigen Siutation, der nur aufgrund einer sorgfältigen Abwägung aller Umstände des Einzelfalles ermittelt werden kann. Liegt dem Arzt eine frühere schriftliche Erklärung des Patienten vor, wonach dieser auf jede künstliche Lebensverlängerung verzichtet, so ist diese für sich allein für den Arzt noch nicht rechtsverbindlich (> P a t i e n t e n t e s t a m e n t Rz 1349). bb) Läßt sich ein mutmaßlicher Wille nicht ermitteln, so besteht heute im wesentlichen Übereinstimmung darüber, daß eine künstliche Leidens- und Lebensverkürzung um jeden Preis nicht Inhalt der ärztlichen > Behandlungsp f l i c h t ist (Rüping, DMW 1976, 1334). bba) Bricht der Arzt die Behandlung ab, um damit dem Sterbenden weitere Schmerzen zu ersparen, so ist die Bevorzugung des Schmerzlinderungsinteresses gegenüber dem noch verbleibenden Lebensrest unter dem Gesichtspunkt der Pflichtenkollision gerechtfertigt (Schönke-Schröder-Eser, aaO. Rz 29). bbb) Besteht kein Schmerzlinderungsbedürfnis, ist ein Verzicht auf Weiterbehandlung nach allgemeinen Unterlassungsgrundsätzen dann zulässig, wenn weitere Lebensverlängerungsmaßnahmen entweder tatsächlich unmöglich oder dem Arzt nicht zumutbar sind. Die Unzumutbarkeit ist aus der Zielsetzung des ärztlichen Auftrags herzuleiten. Danach findet die Lebenserhaltungspflicht des Arztes dort ihre Grenze, wo dem Menschen aufgrund unwiderruflichen Verlustes jeglicher Reaktions- und Kommunikationsfähigkeit jede Möglichkeit weiterer Selbstwahrnehmung und Selbstverwirklichung genommen ist. Dies ist spätestens bei irreversiblem Bewußtseinsverlust anzunehmen. Daher ist jedenfalls von diesem Zeitpunkt an passive Sterbehilfe zulässig (Schönke-Schröder-Eser, aaO. Rz 29). Ein Behandlungsverzicht ist schließlich auch dort rechtmäßig, wo weitere Lebensverlängerungsmaßnahmen gegen die Menschenwürde verstoßen würden. Dies ist z. B. der Fall, wenn die Hinauszögerung des Todeseintritts allein durch finanzielle Interessen der Angehörigen (z. B. Erhaltung des Rentenanspruchs) bestimmt ist. Hier hat der Arzt nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht zum Behandlungsabbruch (näher zum Ganzen Auer-Menzel-Eser S. 119ff.). d) Ist nach den vorstehenden Grundsätzen eine Pflicht zur künstlichen Lebensverlängerung zu verneinen, so ist es gleichgültig, ob das Sterbenlassen schon durch Nichtaufnahme oder erst durch Abbruch einer bereits begonnenen Behandlung erfolgt. Dabei ist der technische Behandlungsabbruch (z.B. Abschalten von Reanimatoren) dem medikativ-therapeutischen Behandlungsabbruch gleichzusetzen (Schönke-Schröder-Eser, aaO. Rz 31 f.). Zur Praxis des Behandlungsabbruchs in der t> I n t e n s i v m e d i z i n vgl. Schara, DÄ 1976, 587 ff. e) Noch weitgehend ungeklärt ist die Frage, inwieweit ein einseitiger Behandlungsabbruch wegen UnVerhältnismäßigkeit von wirtschafthchem Aufwand und potentiellem Erfolg zulässig ist (vgl. dazu Schönke-Schröder-Eser, aaO. Rz 30 m.Nachw.).

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Sterilisation I. Begriff. Die Sterilisation ist ein medizinischer Eingriff, der die Zeugungsfähigkeit von Männern (durch Samenstrangunterbrechung| und die Empfängnisfähigkeit von Frauen (durch Eileiterunterbrechung| auf die Dauer aufhebt, ohne jedoch das sexuelle Empfinden und die Fähigkeit zum Geschlechtsverkehr zu unterbinden (Brenner, Geburtsh. u. Frauenheilk. 1982, 226; Quambusch, aaO. S. 67). Für diesen Eingriff stehen verschiedene medizinische Methoden zur Verfügung (vgl. dazu Schmiedt, Geburtsh. u. Frauenheilk. 1976, 200). Die Sterilisation kann im Rahmen einer > Heilbehandlung erforderlich sein (vgl. unten Rz 1741) oder ausschließlich eine Schwangerschaftsverhütung bezwecken. II. Die rechtliche Zulässigkeit der ohne medizinische Indikation vorgenommenen freiwilligen Sterilisation ist angesichts des Fehlens einer klaren gesetzlichen Regelung umstritten (vgl. zum folgenden auch Brenner, Geburtsh. u. Frauenheilk. 1982, 226ff.). 1. Das ärztliche Berufsrecht hält eine Sterilisation nur dann für erlaubt, wenn sie aus medizinischen, genetischen oder sozialen Gründen vorgenommen wird (vgl. § 6 MuBO). Standeswidrig ist danach die sog. „Gefälligkeitssterilisation". 2. Hinsichtlich der ziviliechtlichen und strafrechtlichen Beurteilung sind die Meinungen kontrovers. Während nach einem Urteil des BGH aus dem Jahr 1964 (NJW 1965, 355) die freiwillige Sterilisation strafrechtlich mangels besonderer Strafdrohung schon gar nicht tatbestandsmäßig ist, stellt der Eingriff nach der im Schrifttum vorherrschenden Auffassung eine Körperverletzung dar, die nur bei Vorliegen einer bestimmten Indikation nicht sittenwidrig i. S. von §226a StGB ist. Als sittlich gerechtfertigt wird nach bestrittener, aber überwiegender Auffassung die Sterilisation aus medizinischer, medizinisch-sozialer, rein sozialer und eugenischer Indikation angesehen (dazu im einzelnen Schönke-Schröder-Eser, aaO. § 223 Rz 61 und die dortigen Nachweise; Narr, aaO. Rzn. 820ff.). Problematisch bleibt die sog. „Gefälligkeitssterilisation", die lediglich bezweckt, jegliches Schwangerschaftsrisiko auszuschalten (vgl. die Übersicht der gegensätzlichen Meinungen bei Schönke-Schröder-Eser, aaO. §223 Rz 61). Angesichts dieser Meinungsvielfalt kann die Gefälligkeitssterilisation im gegenwärtigen Zeitpunkt ein generelles und so eindeutiges sittliches Verdikt, wie es für die Unbeachtlichkeit der Einwilligung nach § 226 a StGB erforderlich wäre, nicht begründen. Dem steht auch das ärztliche Berufsrecht nicht entgegen (vgl. oben unter 1); denn das Standesrecht ist kein letztverbindlicher Maßstab für das gesamtgesellschaftliche Rechtsbewußtsein (Schönke-Schröder-Eser, aaO.). Nicht zuletzt im Hinblick auf das vorzitierte Strafurteil des BGH, das sich bei aller Kritik an seiner rechtlichen Begründung im Ergebnis heute weitgehend durchgesetzt hat, ist ein Strafverfolgungsrisiko heute praktisch ausgeschlossen (Schönke-Schröder-Eser, aaO. Rz 62).

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Ziviliechtlich hängt die Frage, ob die nicht zu Heilzwecken vorgenommene freiwillige Sterilisation trotz Einwilligung wegen Sittenwidrigkeit rechtswidrig ist (§ 138 BGB analog), von den Umständen des Einzelfalles ab. Der BGH (NJW 1976, 1790; vgl. dazu auch Rieger, DMW 1977, 666) geht davon aus, „daß in unserer Gesellschaft eine gesicherte Grundlage für ein sittliches Verdikt über eine freiwillige Sterilisation, die nicht schon genetisch (eugenisch), kriminologisch oder medizinisch indiziert ist, nicht besteht" mit der Folge, daß die Entscheidung, ob eine freiwillige Sterilisation ohne bestimmte Indikation sittlich zu mißbilligen ist, nur aufgrund einer Abwägung der Umstände des Einzelfalles getroffen werden kann, solange es an einer verbindlichen Regelung durch den Gesetzgeber fehlt. Nach Auffassung des BGH handelt ein Arzt nicht sittenwidrig und daher rechtmäßig, wenn er eine 34jährige verheiratete Frau und Mutter von drei Kindern unfruchtbar macht, wenn sie das wünscht, weil sie keinen weiteren Nachwuchs haben will. Im übrigen kann bei der Abwägung der für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit eines Eingriffs maßgebenden Umstände der Regierungsentwurf eines 5. Gesetzes zur Reform des Strafrechts (StrRG) aus dem Jahr 1972 (BT-Drucksache VI/3434; DÄ 1972, 733) als Orientierungshilfe dienen. Nach § 226b dieses Entwurfs ist die Zulässigkeit der freiwilligen Sterilisation nicht mehr an eine bestimmte Indiaktion gebunden, wenn der Betroffene das 25. Lebensjahr vollendet hat. Bei Personen unter 25 ist die Zulässigkeit des Eingriffs an die medizinische oder eugenische (genetische) Indikation oder an das Vorhandensein von 4 Kindern geknüpft (vgl. hierzu die Stellungnahme der BÄK, DÄ 1972, 730f. ; Rieger, DMW 1973, 1781; Schlund, Geburtsh. u. Frauenheilk. 1978, 587). Damit dürfte sich nach heutiger Rechtsanschauung eine Gefälligkeitssterilisation bei jüngeren, noch unverheirateten oder kinderlosen Frauen i.d.R. verbieten (Laufs, Arztrecht Rz 109), ohne daß jedoch der Arzt, der den Eingriff trotzdem vornimmt, mit einer Strafverfolgung rechnen muß (vgl. oben Rz 1727 a.E.). Die Sterilisation braucht nicht unbedingt bei dem Ehegatten vorgenommen zu werden, in dessen Person die rechtfertigende Indikation vorliegt; zulässig ist auch der Eingriff beim anderen Ehepartner (vikariierende Indikation; vgl. § 226b Abs. 2 Nr. 4 des Entwurfes eines 5. StrRG; Narr, aaO. Rz 823 m. Nachw.). 3. Als ärztlicher Eingriff in die Körperintegrität muß die Sterilisation durch eine wirksame Einwilligung des Patienten gedeckt sein. a) Im Hinblick auf die meist eintretende Irreversibilität der Unfruchtbarkeit und deren möglichen psychischen Auswirkungen setzt die Rechtswirksamkeit der Einwilligung eine umfassende Aufklärung über Bedeutung und Folgen der Sterilisation voraus (BGH, NJW 1976, 1791; zu der von dieser Selbstbestimmungsaufklärung zu unterscheidenden Aufklärung über die Erfolgssicherheit einer Sterilisationsmethode vgl. unten Rz 1734). Die Aufklärung muß sich auch auf die - allerdings seltene - Möglichkeit einer Rekanalisation der Samenleiter erstrecken (vgl. Roesch, Med. Klinik 1977, 2094, 2098; Herbrand,

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Geburtsh. u. Frauenheilk. 1978, 699, 704). Die Aufklärungspflicht besteht auch gegenüber Patienten, die unter Amtsvormundschaft stehen (BGH, DRiZ 1981, 310 [Sterilisation auf Veranlassung eines > Amtsarztes, der dazu die schriftliche Einwilligung der Patientin und ihres Amtsvormundes vorlegt]). b) Minderjährige werden regelmäßig noch nicht in der Lage sein, den Eingriff in seiner vollen Tragweite abzuschätzen. Andererseits ist die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters für sich allein nicht ausreichend, um einen so höchstpersönlichen Eingriff zu rechtfertigen, wenn dieser nicht ausnahmsweise zur Abwehr einer lebensbedrohenden Gefahr oder schweren Gesundheitsgefahr geboten erscheint (vgl. Schönke-Schröder-Eser, aaO. § 223 Rz 62, die jedoch bei nicht voller Einsichtsfähigkeit des Minderjährigen „ergänzend" die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters genügen lassen wollen; wie hier wohl Laufs, Arztrecht Rz 110). Dies muß im Grundsatz auch für die Sterilisation geistig Behinderter gelten. Würde man die Entscheidung für den Eingriff allein in die Hand des gesetzlichen Vertreters (Pflegers) legen, ließe sich die Gefahr nicht ausschließen, daß für seine Willensbildung - bewußt oder unbewußt - auch sachfremde Aspekte bedeutsam werden (z. B. Interesse der Angehörigen, Aufwendungen für den Unterhalt künftiger Nachkommen einzusparen). Gegen die alleinige Entscheidungsbefugnis des gesetzlichen Vertreters spricht auch der Gesichtspunkt, daß bei manchen Formen des Schwachsinns mit dem Fortschritt der Medizin für die Zukunft Besserung zu erhoffen ist und die Entscheidung für die Sterilisation eine später dem Behinderten selbst mögliche Entscheidung vorwegnehmen würde. Vor allem aus diesen Erwägungen sollte nach den Regierungsentwürfen BT-Drucks. VI/3434 und 7 / 4 4 3 (§ 226b, § 226c) die Sterilisation nicht Einwilligungsfähiger praktisch ausgeschlossen werden (Ausnahme: Notwendigkeit des Eingriffs zur Abwendung einer erheblichen Gefahr für Leben und Gesundheit des Betroffenen). Andererseits hat die Begründung des Regierungsentwurfs BT-Drucks. VI/3434 nicht verkannt, daß gewichtige Argumente gegen eine solche Lösung sprechen können. Im Schrifttum und in der Rspr. sind die Meinungen bis heute geteilt (für die Zulässigkeit der Sterilisation z. B. Hanack, aaO. S. 289; Quambusch, aaO. S. 68; LG Berlin, FamRZ 1971, 668; dagegen Hirsch, LK § 2 2 6 a Rz 41; Schwalm bei Wendt, aaO. S. 91; OLG Hamm, NJW 1983, 2095 m.w. Nachw. Uber die gegensätzlichen Meinungen; Horn, ZRP 1983, 265 f.). Die bei der Kastration für die Fälle zwischen voller und fehlender Einsichtsfähigkeit in § 3 Abs. 3 KastrG getroffene Sonderregelung ( > Kastration Rz 944) ist wegen der eng begrenzten Zweckrichtung des KastrG einer Ausdehnung im Wege der Analogie auf die hier fraglichen Fälle nicht fähig (OLG Hamm, aaO. S. 2096). In allen Fällen, in denen eine wirksame Einwilligung vorliegt, hat der Arzt zu prüfen, ob im konkreten Fall nicht der Einsatz milderer Mittel, namentlich eine praktikable andere Form der Empfängnisverhütung, in Betracht kommt (Quambusch, aaO. S. 68f.). Der zusätzlichen Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bedarf es in keinem Fall (AG Kaiserslautern, MDR 1981, 229; vgl. auch OLG Hamm, aaO.). c) Bei Verheirateten braucht sich der Arzt nicht auch der Einwilligung des

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Ehepartners ::u versichern. Nach Auffassung des BGH entspricht es „allerdings . . . gutem ärztlichen Brauch, den Ehegatten zu befragen und sich bei dessen Weigerung - je nach den von ihm ins Feld geführten Gründen - zurückzuhalten' (NJW 1976, 1790, 1791; vgl. auch Kohlhaas, DMW 1968, 2288). Der Ehepartner kann daher bei Rechtsmäßigkeit der Sterilisation gegen den Arzt keine Ersatzansprüche unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (§§ 823 Abs. 1, 847 BGB) stellen. Solche Ansprüche sind allenfalls dann denkbar, wenn der Eingriff (wegen Sittenwidrigkeit oder Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht; vgl. Roesch, Med. Klinik 1977, 2094, 2098) als rechtwidrig anzusehen ist. d) Obwohl es keiner schriftlichen Einwilligungserklärung bedarf, um den Betroffenen vor übereilten Entschlüssen zu bewahren, so ist die Schiiftform doch dem Arzt aus Beweisgründen anzuraten (BGH aaO. S. 1791). Für die Verwendung von Formularen gilt entsprechendes wie bei der > Aufklärungsp f l i c h t (Rz 272). 4. Ein Soldat verstößt nicht gegen seine Pflicht zur Gesunderhaltung (§17 Abs. 4 SoldG), wenn er sich sterilisieren läßt, um eine für die Gesundheit seiner Ehefrau riskante weitere Schwangerschaft zu verhindern (BVerwG, DÖV 1982, 951 [Leits.]). 1733

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III. 1. Der mit dem Arzt geschlossene Vertrag über die Vornahme einer Sterilisation ist wie jeder andere > Arztvertrag i.d.R. ein Dienstvertrag, kein Werkvertrag (BGH NJW 1980, 1450, 1452; vgl. auch OLG Düsseldorf, NJW 1975, 595 und dazu Rieger, DMW 1975, 2657; Narr, aaO. Rz 826; Spann, Geburtsh. u. Frauenheilk. 1978 591; a.A. Bamikel, Geburtsh. u. Frauenheilk. 1976, 888). a) Dem Arzt steht deshalb ein Honoraranspruch grundsätzlich auch dann zu, wenn die mit dem Eingriff bezweckte Unfruchtbarkeit nicht eintritt. Der Patient kann jedoch mit Schadensersatzansprüchen aufrechnen, wenn das Mißlingen des Eingriffs auf eine Sorgfaltspflichtverletzung des Arztes zurückzuführen ist. Ein Werkvertrag liegt nur in dem - praktisch kaum vorkommenden, weil im Widerspruch zu den medizinischen Möglichkeiten stehenden (vgl. Spann aaO.) - Ausnahmefall vor, daß der Arzt den Eintritt der Unfruchtbarkeit garantiert. b) Zu den vertraglichen Pflichten des Arztes gehört es u.a., diejenige Methode auszuwählen, die unter den gegebenen Umständen am besten geeignet ist, die dauernde Zeugungsunfähigkeit herbeizuführen (OLG Düsseldorf v. 31. 1. 1974, DMW 1975, 2657f. ; vgl. auch LG Darmstadt, VersR 1981, 1062; OLG Frankfurt, VersR 1983, 879). Darüber hinaus obliegt dem Arzt die Pflicht zur Aufklärung Uber die Erfolgssicherheit der geplanten Sterilisationsmethode, weil die Frau nur dadurch in die Lage versetzt wird zu beurteilen, ob sie diese Methode anderen vorziehen will, die vielleicht belastender, dafür aber erfolgssicherer sind; auch ist eine solche Information unerläßlich für ihre Entscheidung darüber, ob sie sich ggf. mit der vorhandenen Sicherheitsquote begnügen oder aus besonderer Vorsicht noch zusätzliche Verhütungsmaßnahmen an-

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wenden will. Es handelt sich hier um eine als vertragliche Nebenpflicht geschuldete Sicherungsaufklärung i. S. einer Beratungspflicht, die von der Selbstbestimmungsaufklärung zu unterscheiden ist und für deren Nichterfüllung grundsätzlich der Patient beweispflichtig ist (BGH, NJW 1981, 630, 631 f.; u. dazu Ströfer, VersR 1981, 796ff. ; BGH, VersR 1981, 730, 731, OLG Bremen, VersR 1982, 959; OLG Frankfurt, VersR 1983, 879 > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t Rz 280). Für den Arzt, der eine Sterilisation aus Gründen der Familienplanung vornimmt, liegt es jedoch angesichts der heutigen Bedeutung und der mehrfach hervorgetretenen Fehlschläge von Sterilisationen so nahe, sich einen Hinweis auf die Versagerquote schriftlich bestätigen zu lassen, daß die Unterlassung dieser Vorsichtsmaßnahme ein Beweisanzeichen dafür bilden kann, daß ein solcher Hinweis versäumt worden ist (BGH, VersR 1981, 731). Hat der Eingriff nicht zu der bezweckten Zeugungsunfähigkeit geführt, so kann nicht schon nach den Regeln des Anscheinbeweises angenommen werden, daß die Operation schuldhaft falsch ausgeführt worden ist (OLG Düsseldorf aaO.). Sofern bei dem vom Arzt vorgenommenen Eingriff eine Samenkontrolle nach der Operation notwendig wird, ist der Arzt verpflichtet, den Patienten hierüber aufzuklären und ihn zu belehren, inwieweit seine Mitwirkung zum Eintritt der mit der Operation beabsichtigten Unfruchtbarkeit erforderlich ist (OLG Düsseldorf, aaO. [insoweit nicht abgedruckt]; vgl. Rieger, DMW 1975, 2658). c) Der Vertrag über die Sterilisation hat Schutzwirkung zugunsten des Ehegatten (BGH, NJW 1980, 1450, OLK Karlsruhe, NJW 1979, 599; vgl. unten IV lb) aa)). d) Der Verstoß der Gefälligkeitssterilisation gegen das Berufsrecht (oben Rz 1726) führt grundsätzlich nicht zur Sittenwidrigkeit des > Arztvertrages (BGH, NJW 1976, 1790, 1791).

IV. Haftung. 1. Zivilrecht, a) Die Herbeiführung einer ungewollten Schwangerschaft bei einer Frau durch einen fehlerhaften Sterilisationseingriff stellt zivilrechtlich eine Körperverletzung i. S. des § 823 Abs. 1 BGB dar, die einen Schmerzensgeldanspruch der Frau selbst dann auslösen kann, wenn die ungewollte Schwangerschaft ohne pathologische Begleiterscheinungen verläuft (BGH, NJW 1980, 1452ff. ; BGH, VersR 1982, 730). Eine Schadensersatzpflicht des Arztes kann auch dann gegeben sein, wenn die mit dem Eingriff bezweckte Zeugungsunfähigkeit nicht eintritt, ohne daß es jedoch zu einer Schwangerschaft kommt (näher dazu Rieger, DMW 1979, 932). Die nach dem Fehlschlagen einer Sterilisation des Ehemannes schwanger gewordene Ehefrau hat gegen den Arzt Anspruch auf Schmerzensgeld wegen der bei der Schwangerschaftsunterbrechung erlittenen Schmerzen (OLG Braunschweig, NJW 1980, 643). b) Die im Schrifttum und in der bisherigen Rspr. der Instanzgerichte umstrittene Frage, ob der Unterhaltsaufwand für ein nach mißlungener Sterilisation geborenes Kind einen ersatzfähigen Schaden i.S. der §§ 249 ff. BGB dar-

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stellt, hat der BGH inzwischen durch zwei Urteile v. 18. 3. 1980 (NJW 1980, 1450ff., 1452ff.) wie folgt entschieden: aa) Die durch eine schuldhaft-fehlerhafte Sterilisation herbeigeführte ungewollte Schwangerschaft stellt eine Schlechterfüllung des > Arztvertrages dar (§§611, 276, 278, 249 BGB). Hieraus ergeben sich nicht nur Ersatzansprüche für die Ehefrau, bei der der Eingriff vorgenommen wurde, sondern auch für den Ehemann, ohne Rücksicht darauf, ob der > Arztvertrag auch mit ihm geschlossen wurde. Dies gilt gleichermaßen für Privatpatienten wie für Kassenpatienten. bb) Die mit der Geburt des ungewollten Kindes verbundene Unterhaltslast ist ein Vermögensnachteil, den der Arzt wegen Vertragsverletzung den Eltern zu gleichen Teilen zu ersetzen hat (a.A. - mit überzeugender Begründung OLG Frankfurt, NJW 1983, 341). cc) Die Höhe der Schadensersatzleistungen bemißt sich danach, was nach durchschnittlichen Anforderungen für das Auskommen des Kindes erforderlich ist. Als Anhalt dienen hier die Sätze der Regelunterhaltsverordnung für nichteheliche Kinder v. 27. 6. 1970 (BGBl. I S. 1010) in der jeweiligen Fassung zuzüglich eines angemessenen Zuschlags für den Wert der Dienstleistung des die Kinder betreuenden Elternteils. Nicht maßgebend für die Höhe des Schadensersatzanspruches der Eltern ist der Unterhalt, den diese dem Kind konkret (z. B. bei wirtschaftlich gehobenem Lebenszuschnitt) schulden. Eine weitergehende Ersatzpflicht des Arztes kann sich ausnahmsweise dann ergeben, wenn besondere Umstände besondere Aufwendungen erfordern (z. B. bei genetisch oder perinatal geschädigten Kindern). Der so errechnete Entschädigungsbetrag muß dann um denjenigen Kindergeldbetrag vermindert werden, der gerade durch die Geburt des ungewollten Kindes ausgelöst worden ist. dd) Der Ersatzanspruch der Eltern besteht nur für die Zeit, bis das Kind das 18. Lebensjahr vollendet hat.

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ee) Die Ersatzpflicht des für eine planwidrige Geburt verantwortlichen Arztes umfaßt nicht Unterhaltskosten des Ehemannes für seine inzwischen von ihm geschiedene Ehefrau, auch wenn diese auf der Geburt des ungewollten Kindes ursächlich beruhen (BGH, NJW 1981, 630). ff) Es stellt kein anspruchsminderndes oder sogar -ausschließendes Mitverschulden (§ 254 BGB) dar, wenn die werdende Mutter die unerwünschte Schwangerschaft (trotz einer Indikation i.S. des § 218a StGB) nicht abbrechen läßt ( > S c h w a n g e r s c h a f t s a b b r u c h Rz 1592) oder wenn die Eltern es ablehnen, das geborene Kind zur Adoption freizugeben (BGH, NJW 1980, 1450, 1452; NJW 1980, 1452, 1454). gg) Die vorstehenden Grundsätze des BGH, die ausschließlich die Frage der ungewollten Geburt eines gesunden ehelichen Kindes zum Gegenstand haben, dürften auch auf genetisch und perinatal geschädigte eheliche Kinder sowie gesunde und geschädigte nicht ehelich geborene Kinder anzuwenden sein (Schlund, Geburtsh. u. Frauenheilk. 1980, 893, 894). hh) Die Ersatzpflicht für Schäden aus dem Nichteintritt des mit dem Eingriff erstrebten Erfolges kann durch Vereinbarung eines Haftungsverzichts ausge-

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schlössen werden (vgl. Eser-Koch, DÄ 1981, 1673, 1676f. ; Schlund, Geburtsh. u. Frauenheilk. 1977, 906, 908). Die Rechtswirksamkeit des Verzichts erfordert indes eine umfassende Aufklärung über die Tragweite des Haftungsverzichts, der von beiden Ehegatten erklärt werden muß. Ein Haftungsausschluß für > B e h a n d l u n g s f e h l e r anläßlich des Eingriffs kommt nicht in Betracht ( > H a f t u n g s a u s s c h l u ß Rzn. 790 ff.). ii) In bezug auf die > B e r u f s h a f t p f l i c h t v e r s i c h e r u n g des Arztes ist nach den beiden oben (IV 1 b) zitierten Urteilen des BGH zweifelhaft, ob es sich bei der durch einen fehlerhaften Sterilisationseingriff verursachten Unterhaltsbelastung um die Folge eines Personenschadens gem. § 1 AHB handelt, so daß der in Anspruch genommene Arzt im Rahmen der bestehenden Personenschaden-Deckungssumme geschützt wäre, oder ob bei Ersatzansprüchen der hier vorliegenden Art reine Vermögensschäden anzunehmen sind, für die die Deckungssumme im Versicherungsvertrag üblicherweise auf 2 5 0 0 0 - 5 0 0 0 0 DM begrenzt ist. Um allen Eventualitäten vorzubeugen, ist dem Arzt anzuraten, die Vermögensschaden-Deckungssumme von 25 000 D M auf mindestens 100000 D M anzuheben (vgl. die Stellungnahme des HUK-Verbandes, Arzt u. Krankenhaus 1981, 115).

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2. Strafrecht, a) Der mit wirksamer Einwilligung des Betroffenen vorgenommene Eingriff bleibt auch dann straffrei, wenn er erfolglos geblieben ist (vgl. Eser-Koch, DÄ 1981, 1675). b) Hat die fehlgeschlagene Sterilisation zu einer Schwangerschaft geführt, so liegt hierin allein nach h.M. keine Körperverletzung i. S. der §§ 223 ff. StGB. Eine solche ist erst dann gegeben, wenn die gescheiterte Sterilisation medizinisch indiziert war und Schwangerschaft bzw. Geburt einen krankhaft anormalen Verlauf genommen haben und den Arzt bezüglich des verletzungsauslösenden Eingriffs ein Schuldvorwurf trifft (Eser-Koch, DÄ 1981, 1675f.).

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V. Krankenversicherungs- und Beihilferecht. 1. Auch die nicht zu Heilzwekken, sondern ausschließlich zum Zwecke der Schwangerschaftsverhütung nach den vorstehenden Grundsätzen rechtmäßig vorgenommene Sterilisation fällt nach § 200 f RVO unter die Leistungspflicht der gesetzlichen > Krankenversicherung (Rz 1103). Das bedeutet, daß eine von einem Arzt mit Einwilligung eines volljährigen Versicherten durchgeführte Sterilisation regelmäßig ohne weitere Prüfung als rechtmäßig anzusehen ist. Rechtswidrig ist lediglich eine ohne wirksame Einwilligung des Versicherten (z. B. Verletzung der ärztlichen > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t ) vorgenommene Sterilisation mit der Folge, daß eine Leistungspflicht nicht entsteht (näher dazu Henke, NJW 1976, 1773ff. ; Matzke-Schirmer, BKK 1975, 293ff.). 2. In der privaten > Krankenversicherung (Rz 1107) ist auch die rechtmäßige Sterilisation kein Versicherungsfall i. S. einer „medizinisch notwendigen Heilbehandlung . . . wegen Krankheit oder Unfallfolgen" (§ 1 Abs. 2 MBKK) mit der Folge, daß eine Leistungspflicht nicht besteht (vgl. AG Köln, VersR 1982, 844). Vielfach erfolgt eine Leistung jedoch auf freiwilliger Basis; dies gilt vor allem bei Sterilisationen aus eugenischer Indikation. Eine Sterilisation kann

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dann „Heilbehandlung wegen Krankheit" sein, wenn die Furcht vor einer möglicherweise problematischen Schwangerschaft und/oder Schädigung des Kindes akut und derart gravierend ist, daß sie zu einem krankheitswertigen psychischen Zustand der Patientin führt und die Sterilisation die einzig mögliche Maßnahme ist, diesen Zustand zuverlässig zu beheben (LG Köln, VersR 1983, 1180).

3. Im > Beihilferecht sind Aufwendungen für eine nicht rechtswidrige Sterilisation i.d.R. erstattungsfähig (vgl. z. B. für Bundesbeamte Nr. 2 Abs. 1 Ziff. 6 BhV). Der Nachrang der Beihilfe gegenüber dem Anspruch eines Soldaten auf > freie H e i l f ü r s o r g e (> Beihilferecht Rz 331) greift nicht ein, wenn die Sterilisation dazu dient, das mit einer Schwangerschaft für seine Ehefrau verbundene erhebliche gesundheitliche Risiko zu vermeiden; denn die freie Heilfürsorge nach § 69 Abs. 2 BBesG umfaßt nur solche Maßnahmen, die zur Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit des Soldaten selbst erforderlich sind (BVerwG, DÖV 1982, 951 [Leits.]; vgl. auch oben Rz 1732 a.E.). Im übrigen kann ein Soldat nicht verlangen, im Rahmen der ihm zustehenden freien Heilfürsorge auf seinen Wunsch sterilisiert zu werden, wenn der Eingriff nicht der Erhaltung oder Wiederherstellung seiner Wehrdienstfähigkeit dient (BVerwG, BayVBl. 1982, 442).

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I. 1. Die aufgrund der §§ 10-12 und 54 AtG (> Atomgesetz) erlassene „Verordnung über den Schutz vor Schäden durch ionisierende Strahlen (Strahlenschutzverordnung - StrlSchV) v. 13. 10. 1976 - (BGBl. I S. 2905) regelt umfassend den Strahlenschutz beim Umgang mit offenen und umschlossenen radioaktiven Stoffen, beim Betrieb von Anlagen zur Erzeugung ionisierender Strahlen mit einer Energie oberhalb 3 Megaelektronenvolt (Beschleuniger- und Plasmaanlagen) sowie beim Betrieb von Röntgeneinrichtungen im Zusammenhang mit dem Unterricht in Schulen. Im übrigen bleibt der Strahlenschutz bei der Anwendung von Röntgenstrahlen der > R ö n t g e n v e r o r d n u n g vorbehalten. Die StrlSchV 1976 löste die Erste Strahlenschutzverordnung i.d.F.v. 15. 10. 1965 und die Zweite Strahlenschutzverordnung v. 18. 7. 1964 ab. Sie enthält u. a. Vorschriften über die Voraussetzungen für den Umgang mit radioaktiven Stoffen, die Errichtung und den Betrieb von Anlagen zur Erzeugung ionisierender Strahlen und die dabei zu beachtenden Verhaltensmaßregeln, besondere Schutzvorschriften für die Anwendung radioaktiver Stoffe und ionisierender Strahlen im Bereich der > H e i l k u n d e und der > Z a h n h e i l k u n d e , sowie Vorschriften über Strahlenschutzkontrolle und die Überwachung beruflich strahlenexponierter Personen. 2. Ergänzend zur StrlSchV gelten die vom Länderausschuß für Atomkernenergie - Strahlenschutz - erarbeitete „Richtlinie Strahlenschutz in der Medizin" (GMBl. 1979, 638 ff., im folgenden: Richtlinie) und die „Grundsätze für

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die ärztliche Überwachung von beruflich strahlenexponierten Personen" ( > R ö n t g e n v e r o r d n u n g Rz 1516). 3. Zu den Vorschriften im Bereich der EG > R ö n t g e n v e r o r d n u n g Rz 1516 II. 1. Die Genehmigung für den Umgang mit radioaktiven Stoffen und den Betrieb von Anlagen zur Erzeugung ionisierender Strahlen im Zusammenhang mit der Ausübung der > H e i l k u n d e oder > Z a h n h e i l k u n d e am Menschen darf nur erteilt werden, wenn der antragstellende Unternehmer oder der von ihm bestellte Strahlenschutzbeauftragte (vgl. unten Rz 1747) die Erlaubnis zur Ausübung des ärztlichen oder zahnärztlichen Berufes und die für den Strahlenschutz erforderliche Fachkunde besitzt (§§6 Abs. 2, 3 Abs. 1, §§ 19 Abs. 2, 16). Die Genehmigung für den Betrieb von Anlagen setzt zusätzlich die Bestellung eines besonders ausgebildeten Physikers oder einer hinreichend ausgebildeten sonstigen Person als Strahlenschutzbeauftragter voraus. Die in Betracht kommenden Genehmigungsarten sind in Ziffer 2 der Richtlinie abschließend aufgezählt. Ein nach § 3 Abs. 1 genehmigungsbedürftiger Umgang mit radioaktiven Stoffen ist nicht genehmigungsfähig, wenn diese Stoffe nach § 7 Abs. 1 AMG nicht in den Verkehr gebracht werden dürfen und ihre Abgabe an den Antragsteller auch nicht durch eine Ausnahme nach § 7 Abs. 2 AMG zugelassen worden ist (BVerwG, NJW 1980, 1910). Die Genehmigung ist durch den Krankenhausträger, den Träger einer sonstigen medizinischen Einrichtung oder den Inhaber der > Arztpraxis bei der nach Landesrecht zuständigen Behörde (Gewerbeaufsichtsamt) zu beantragen. 2. Keiner Genehmigung nach der StrlSchV bedarf es für die medizinische in-vitro-Anwendung, also für den Umgang mit offenen radioaktiven Stoffen ausschließlich in der Laboratoriums-Diagnostik ohne Anwendung am Menschen (Umkehrschluß aus Ziffer 1 der Richtlinie).

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III. Voraussetzung für den Erwerb der nach §§ 6 Abs. 2, 19 Abs. 2 erforderlichen Fachkunde durch Ärzte und Zahnärzte ist eine entsprechende > W e i terbildung (außerhalb der > Weiterbildungsordnung) durch Kurse im Strahlenschutz und eine praktische Tätigkeit von jeweils unterschiedlicher Dauer für die einzelnen Anwendungsgebiete. Einzelheiten sind in Anlage 1 der Richtlinie geregelt. Da es sich nicht um Weiterbildung nach der > W e i terbildungsordnung handelt, kommt eine Weiterbildungsermächtigung nach den Kammergesetzen und den Weiterbildungsordnungen aus formalen Gründen nicht in Betracht. Einzelne > Ä r z t e k a m m e r n haben jedoch Richtlinien für die Vermittlung der medizinischen Fachkunde im Strahlenschutz beim Umgang mit offenen radioaktiven Stoffen erlassen (vgl. z.B. die Richtlinie der Ärztekammer Nordrhein, Rhein.ÄBl. 1981/2, S. 38). Die Fachkundebescheinigung erteilt die nach Landesrecht zuständige Stelle (meist die > Ärztekammer). Nähere Vorschriften über den Erwerb der Fachkunde durch Strahlenschutzbeauftragte, die nicht Ärzte oder Zahnärzte sind, enthält Anlage 2 der Richtlinie.

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Die Fachkundebescheinigung wird in diesen Fällen nicht von der Ärztekammer, sondern von einer nach Landesrecht zuständigen staatlichen Behörde erteilt. Medizinisch-technische Radiologieassistenten (> medizinisch-technis c h e r A s s i s t e n t Rzn. 1195 f.) müssen als „sonst tätige Personen" i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 4 und § 19 Abs. 1 Nr. 4 „die notwendigen Kenntnisse über die mögliche Strahlengefährdung und die anzuwendenden Schutzmaßnahmen besitzen". Eine entsprechende Grundausbildung erhalten sie i.d.R. während ihrer Berufsausbildung. Sie erstreckt sich jedoch im allgemeinen nicht auf therapeutische Maßnahmen an Beschleunigern. Diese Ausbildung muß daher meist entsprechend Anlage 6 der Richtlinie nachgeholt werden. Die Ausstellung formeller Bescheinigungen zum Nachweis der erworbenen Kenntnisse ist nicht vorgesehen. 1747

IV. Strahlenschutzverantwortlicher ist der Unternehmer, also z.B. der Rrankenhausträger oder Inhaber einer > A r z t p r a x i s , der eine im > A t o m g e s e t z oder in der StrlSchV genannte Tätigkeit entweder durch seine Arbeitnehmer oder sonst unter seiner Aufsicht stehende Personen (§21) oder selbst ausübt (§ 29 Abs. 1). Er hat, soweit dies erforderlich ist, für die Leitung und Beaufsichtigung der in Betracht kommenden Tätigkeiten die erforderliche Anzahl von Strahlenschutzbeauftragten schriftlich zu bestellen und deren innerbetrieblichen Entscheidungsbereich schriftlich festzulegen (§ 29 Abs. 2). Die Bestellung ist der zuständigen Behörde unverzüglich anzuzeigen (§ 29 Abs. 3). Die besonderen Pflichten der Strahlenschutzverantwortlichen und Strahlenschutzbeauftragten sind in § 31 festgelegt. V. In den §§ 4 9 - 5 6 enthält die StrlSchV Vorschriften zum Schutz beruflich strahlenexponierter Personen. Die §§ 67-71 regeln die ärztliche Überwachung dieses Personenkreises durch ermächtigte Ärzte. Bestimmungen über Strahlenschutzbereiche und physikalische Schutzkontrolle finden sich in §§ 57 ff. und §§62 ff.

1748

VI. § 4 3 begründet für den Arzt die Pflicht zur Dokumentation mit dem Ziel, unvertretbare Strahlenbelastungen zu vermeiden. Die Vorschrift entspricht weitgehend der Vorschrift des § 29 RöV ( > Röntgenverordnung Rz 1520, > Dokumentationspflicht Rz 570, > K r a n k e n u n t e r l a g e n Rz 1081). Sie wird ergänzt durch Ziffer 5.2 der Richtlinie. Danach ist der Patient u. a. bei allen diagnostischen und therapeutischen Anwendungen im Rahmen der dem Arzt obliegenden allgemeinen > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t auch über mögliche Folgen der Strahlenanwendung zu unterrichten.

1749

VII. Haftung. § 42 Abs. 2 enthält besondere Vorschriften zum Schutz des Patienten; Satz 2 gebietet dem Arzt, die durch die ärztliche Untersuchung bedingte Strahlenexposition und Inkorporation radioaktiver Stoffe so weit ein-

797

Studenten-Krankenversicherung

zuschränken ; wie dies mit den Erfordernissen der medizinischen Wissenschaft zu vereinbaren ist. Diese Vorschriften werden ergänzt durch die Generalklausel des § 28, die als Auffangtatbestand sowie als Interpretationsmaxime für alle strahlenschutzrechtlichen Vorschriften dient (amtl. Begründung zu § 28 StrlSchV, BRDrucks. 375/76 v. 3. 6. 1976, S. 33), sowie durch Ziffer 5.1 der Richtlinie. Bei §§ 28, 42 Abs. 2 und den übrigen Schutzvorschriften des 1. Kapitels im Dritten Teil der StrlSchV handelt es sich um Schutzgesetze i. S. des § 823 Abs. 2 BGB. Für die Haftung bei > Ü b e r w e i s u n g eines Patienten zur Anwendung radioaktiver Stoffe und ionisierender Strahlen nach der StrlSchV gilt entsprechendes wie bei der Anwendung von Röntgenstrahlen (> R ö n t g e n v e r o r d n u n g Rz 1521). VIII. In § 81 finden sich eingehende Bußgeldvorschriften.

Studenten-Krankenversicherung 1. Das Gesetz über die Krankenversicherung der Studenten v. 24. 6. 1975 (BGBl. I S. 1536) erweiterte die Versicherungspflicht in der gesetzlichen > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g (Rz 1103) auf eingeschriebene Studenten der staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen sowie Personen, die eine in Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit verrichten (§ 165 Abs. 1 Nrn. 5 und 6 RVO). Die früheren besonderen studentischen Krankenversicherungseinrichtungen sind damit entfallen. Mit Ausnahme des Anspruchs auf > K r a n k e n g e l d gibt es bei der Studentenversicherung keine Unterschiede zu den sonstigen Versicherten.

1750

II. 1. Auf Antrag wird nach § 173 d RVO Befreiung von der Versicherungspflicht gewährt, wenn der antragsberechtigte Student oder Praktikant bei einem privaten oder öffentlichrechtlichen Krankenversicherungsunternehmen versichert ist und für sich und seine Angehörigen, für die ihm Familienkrankenpflege zusteht, Versicherungsleistungen erhält, die ihrer Art nach den Leistungen der Krankenhilfe in der gesetzlichen Krankenversicherung entsprechen. Eine Befreiung ist nicht nur bei Studienbeginn, sondern auch nach dem Studium eines oder mehrerer Semester möglich (BSG v. 24. 9. 1981 - 12 RK 77/79 -). Über die Voraussetzungen der Befreiung bei entgeltlicher Nebenarbeit während des Studiums vgl. LSG Hamburg, VersR 1982, 895. 2. Die Unternehmen der privaten Krankenversicherung (Rz 1107) bieten z.T. Studenten-Sondertarife an. Danach werden die Kosten der ambulanten ärztlichen und stationären belegärztlichen Behandlung bis zum l,3fachen Satz der GOÄ'82 übernommen. Bei Arztrechnungen bis zu dieser Höhe erfolgt die Abrechnung unmittelbar zwischen Arzt und Krankenversicherungsunternehmen. Bei Überschreitung des l,3fachen Satzes ist die Rechnung an den Studenten selbst zu richten, der sie seiner privaten Krankenkasse zur Erstattung ein-

1751

Studenten-Krankenversicherung

798

reicht. Der Student weist sich gegenüber dem Arzt durch Vorzeigen des von seinem Krankenversicherungsunternehmen ausgestellten Behandlungsausweises und des Studentenausweises aus. Bei stationärer Krankenhausbehandlung werden bei Inanspruchnahme der allgemeinen Krankenhausleistungen die Kosten voll übernommen.

Stufenplan 1751a

Im Arzneimittelrecht versteht man darunter die gem. § 63 AMG vom BMJFG erlassene allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Beobachtung, Sammlung und Auswertung von Arzneimittelrisiken v. 20. 6. 1980 (BAnz. Nr. 114 v. 26. 6. 1980, abgedr. u. erläutert bei Sander-Scholl, aaO. Anh. 1/63). Zuständig für die Erfassung der Arzneimittelrisiken ist das > B u n d e s g e s u n d h e i t s a m t im Zusammenwirken mit anderen Stellen, insbesondere den obersten Landesgesundheitsbehörden, den Arzneimittelkommissionen der Kammern der Heilberufe ( > A r z n e i m i t t e l k o m n i i s s i o n der d e u t s c h e n Ärzteschaft) und der Heilpraktikerschaft, den Bundesverbänden der pharmazeutischen Industrie, dem Deutschen Krebsforschungszentrum, den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften und den Dienststellen der > W e l t g e s u n d h e i t s organisation.

Subspezialisten-Verzeichnis 1752

Man versteht darunter ein von verschiedenen Landesärztekammern herausgegebenes Verzeichnis von Ärzten, die besondere diagnostische und therapeutische Verfahren anwenden, die nicht ohne weiteres aus den geführten > Gebiets-, > Teilgebiets- oder > Z u s a t z b e z e i c h n u n g e n zu entnehmen sind. Soweit solche Verzeichnisse nur der Unterrichtung von Ärzten dienen, greifen die berufsrechtlichen Vorschriften über das Werbeverbot hier nicht ein (> W e r b e v e r b o t Rz 1905). Im übrigen handelt es sich um „amtliche Verzeichnisse" i.S. des § 26 Abs. 4 MuBO (Narr, aaO. Rz 1211). Bedenken bestehen jedoch gegen eine Herausgabe solcher Verzeichnisse durch gewerbliche Unternehmen (vgl. Tätigkeitsbericht der BÄK 1974/75, S. 76).

Teilgebietsbezeichnung 1753

I. Begriff. Man versteht darunter eine > A r z t b e z e i c h n u n g , die darauf hinweist, daß in einem rechtlich und tatsächlich verselbständigten Teilgebiet innerhalb eines medizinischen Hauptgebietes (> Gebietsbezeichnung) besondere Kenntnisse vorhanden sind (vgl. z.B. §32 Abs. 1 KammerG Bad.-

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Therapiefreiheit

Wttbg.). Hiervon ist die > Z u s a t z b e z e i c h n u n g zu unterscheiden, die auf zusätzlich erworbene Kenntnisse in Bereichen hinweist, die selber keine medizinischen Gebiete oder verselbständigte Teilgebiete sind. II. 1. Die Anerkennung einer Teilgebietsbezeichnung erfolgt auf Antrag des Arztes durch die zuständige > Ä r z t e k a m m e r aufgrund des Nachweises einer entsprechenden > Weiterbildung in einem in den > W e i t e r b i l d u n g s o r d n u n g e n der Landesärztekammern festgelegten Teilgebiete (vgl. § 2 Abs. 1 Nrn. 5, 9, 10, 21, 22, 23 und 25 MuWO], 2. Die Führung einer Teilgebietsbezeichnung ist nur zusammen mit der Bezeichnung des Hauptgebietes zulässig, dem die Teilgebietsbezeichnung zugehört. Für ein Gebiet dürfen nicht mehr als zwei Teilgebietsbezeichnungen nebeneinander geführt werden (vgl. § 4 Abs. 3 MuWO). Diese Regelung steht im Widerspruch zu § 17 Abs. 1 MuWO, wonach wer eine Teilgebietsbezeichnung führt, im wesentlichen - d. h. mehr als die Hälfte - nur in dem betreffenden Teilgebiet tätig werden darf. Demnach könnte der Arzt jeweils nur eine Teilgebietsbezeichnung führen. Ein Arzt, der eine Teilgebietsbezeichnung führt, ohne in dem betreffenden Teilgebiet tätig zu sein, verstößt gegen das berufsrechtliche > W e r b e v e r b o t (§ 21 Abs. 3 MuBO). 3. Der bloße Erwerb einer Teilgebietsbezeichnung ist auch dann möglich, wenn eine Betätigung in dem betreffenden Teilgebiet nicht erfolgt.

Therapiefreiheit Der Begriff ist doppeldeutig. 1. Therapiefreiheit bedeutet einmal, daß kein Arzt zu einer seinem ärztlichen Gewissen widersprechenden Behandlungsmethode oder zu einer bestimmten Arzneimitteltherapie gezwungen werden kann, gleichgültig ob die ärztliche Tätigkeit freiberuflich oder in abhängiger Stellung ausgeübt wird (vgl. Narr, aaO. Rz 39 m. Nachw.; BGH, NJW 1978, 589, 591). Die Therapiefreiheit in diesem Sinne hat ihren Rechtsgrund in der Freiheitsgarantie des § 1 Abs. 2 BÄO ( > A r z t Rz 123). Sie gilt auch für den > Kassenarzt, der ebenfalls die Möglichkeit haben muß, bei seinen Patienten neue oder von denen seiner Kollegen abweichende Behandlungsmethoden anzuwenden, allerdings unter Beachtung des Gebots der Wirtschaftlichkeit (BSG v. 1. 3. 1979 - 6 RKa 4/78 KVRS 6100/53 > W i r t s c h a f t l i c h k e i t s p r ü f u n g Rz 1932). Dies schließt nicht aus, daß es im Einzelfall zu einer Kollision zwischen Therapiefreiheit und Wirtschaftlichkeitsgebot kommen kann. Die Therapiefreiheit des Kassenarztes enthält als Kehrseite die Verpflichtung, das für notwendig Erachtete auch dann zu tun, wenn wegen entgegenstehender kassenärztlicher Richtlinien (> A r z n e i m i t t e l - R i c h t l i n i e n ) Schwierigkeiten bei der Abrechnung mit der KV zu befürchten sind; denn der Kassenarzt darf eine Behandlung, die er für medizinisch notwendig hält, nicht mit der Begründung ablehnen, nach den kassenärztlichen Richtlinien sei sie verbo-

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Therapiefreiheit

1755

800

ten (vgl. W. Schmitt, DDA 1981/22; S. 4, 8 > Wirtschaf tlichkeitsprüfung Rz 1932]. Therapiefreiheit besteht auch im Krankenhaus. Sie ist verletzt, wenn die Krankenhausverwaltung, die nach der RVO ebenfalls zur wirtschaftlichen Behandlungsweise verpflichtet ist (> Wirtschaftlichkeitsprüfung Rz 1929), sich bei der Beschaffung von Medikamenten über medizinische Bedenken der Krankenhausärzte hinwegsetzt und sich für das billigste Präparat entscheidet (näher dazu Rieger, DMW 1978, 2027). Mit dem Grundsatz der Therapiefreiheit unvereinbar ist auch die Anweisung des Krankenhausträgers an seine Ärzte, Medikamente einer bestimmten Herstellerfirma nicht anzuwenden, es sei denn, daß diese durch Präparate eines anderen Herstellers ohne weiteres ersetzt werden können. 2. Der Begriff der Therapiefreiheit bezeichnet ferner die Freiheit der Wahl der ärztlichen Behandlungsmethode unter haftungsrechtlichen Gesichtspunkten ( > A u ß e n s e i t e r m e t h o d e Rz 291, > Behandlungsfehler Rz 307). Zu den strafrechtlichen Grenzen ärztlicher Therapiefreiheit vgl. Siebert, aaO.; ders., MedR 1983, 216ff.).

Tierversuch 1756

I. Der Tierversuch dient der Erprobung neuer Heilmethoden im Rahmen der medizinischen Forschung. Die Frage der sachlichen Notwendigkeit und des Nutzens von Tierversuchen ist umstritten (vgl. dazu die Stellungnahme des > Wissenschaftlichen Beirats der BÄK, DÄ 1981, 2219). II. Rechtsgrundlagen. 1. Nach § 22 Abs. 2 Nr. 1-3 AMG sind bei der Anmeldung eines neuen > Arzneimittels zur Zulassung durch das > Bundesgesundheitsamt im einzelnen genannte Prüfungsunterlagen vorzulegen, die nur aufgrund der Erprobung des neuen Arzneistoffes am Tier gewonnen werden können. 2. In § 40 AMG wird die Prüfung eines neuen Arzneistoffes am Menschen (> klinische Arzneimittelprüfung) davon abhängig gemacht, daß dieser Stoff zuvor sorgfältig und ausreichend am Tier geprüft worden ist (§ 40 Abs. 1 Nr. 5-7 AMG). Durch den Tierversuch müssen auch solche Schädigungen des Menschen ausgeschlossen werden, die nur selten vorkommen (LG Aachen v. 18. 12. 1970 - 4 KMs 1/68, 15 - 115/67 [Conterganprozeß]). 3. Die vom BMJFG gemäß § 26 AMG erlassene Richtlinie über die Prüfung von Arzneimitteln v. 11. 6. 1971 (abgedr. bei Sander-Scholl, aaO. Anh. 1/26 a) legt den Rahmen für Tierversuche zur Sicherung der Anwendung eines neuen Stoffes am Menschen fest. Sie beschreibt, welche Wirkungen und Risiken eines Wirkstoffes durch Tierversuche zu klären sind. 4. Unabhängig von den vorstehend genannten Rechtsvorschriften richtet sich die Zulässigkeit von Tierversuchen nach §§7-10 TierSchG.

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Todeszeitpunkt

Der interfraktionell eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes |BT-Drucks. 9/1970) beinhaltet schwerpunktmäßig u.a. einschränkende Vorschriften für Tierversuche (u. a. Verbot der Zuführung von Reizmitteln zur Steigerung der Leistung für sportliche Wettkämpfe; Verbot der Verhinderung von Laut- und Schmerzensäußerungen durch Zerstören der Stimmorgane oder auf andere Weise; Ausdehnung des Genehmigungsverfahrens auch auf wirbellose Tiere und generelle Befristung der Genehmigung von Tierversuchen; direkter Nachweis, daß der angestrebte Versuch notwendig ist); näher dazu sowie zu den Gesetzentwürfen des Bundesrates (BT-Drucks. 9/246) und des „Bonner Arbeitskreises für Tierschutzrecht" (AusschußDrucks. 9/39) vgl. Bässler-Daxer, ZRP 1982, 197 f.; zu dem Entwurf 1983 dieses Arbeitskreises vgl. Lorz, ZRP 1983, 289 ff.

III. Arztethische Grundlagen. Notwendigkeit und Grenzen der Durchführung von Tierversuchen ergeben sich aus der Abwägung der ethischen Verantwortung des Arztes für Gesundheit und Leben des Menschen einerseits und des Tieres andererseits. Leben und Gesundheit des Menschen sind gegenüber der Unversehrtheit der Tiere das höhere zu schützende Rechtsgut (Stellungnahme des > W i s s e n s c h a f t l i c h e n Beirats der B Ä K , DÄ 1981, 2219, 2220). Die > D e k l a r a t i o n v o n T o k i o verbietet dem Arzt u.a., neue Arzneistoffe am Menschen anzuwenden, wenn er sich nicht zuvor davon überzeugt hat, daß diese Stoffe am Tier ausreichend erprobt worden sind.

1757

IV. Für Medizinstudenten besteht kein Anspruch auf Freistellung von der Teilnahme an Tierversuchen im Rahmen eines nach der > Approbationsordnung für Ärzte vorgeschriebenen Praktikums. Die danach bestehende Pflicht zur Durchführung von Tierversuchen verletzt nicht die durch Art. 4 Abs. 1 GG geschützte Gewissensfreiheit, die am Grundrecht der Lehrfreiheit des Lehrveranstaltungsleiters (Art. 5 Abs. 3 GG) ihre Grenze findet. Bei der Frage, ob ein Tierversuch zur Erreichung des Lernzieles notwendig ist, steht dem verantwortlichen > Hochschullehrer ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Die Prüfung des Gerichts hat sich darauf zu beschränken, ob allgemeine Bewertungsgrundsätze mißachtet wurden oder sachfremde Erwägungen maßgebend waren (VG Karlsruhe v. 22. 6. 1981 - 7 K 73/81 VGH Bad.-Wttbg. v. 15. 11. 1983 - 9 S 959/82 -).

1758

Todeszeitpunkt I. Der Begriff des Todes und des Todeszeitpunktes im Rechtssinne ist nirgends gesetzlich definiert. Im Gegensatz zum früheren, an Herz- und Atmungsstillstand ausgerichteten Todesbegriff wird heute als maßgeblicher Todeszeitpunkt allgemein der Eintritt des Hirntodes, d. h. des irreversiblen Verlustes aller Hirnfunktionen (Hirnrinde und Hirnstamm) angesehen (vgl. Begründung zum Entwurf eines > T r a n s p l a n t a t i o n s g e s e t z e s , BT-Drucks. 8/2681, S. 11; Schönke-Schröder-Eser, aaO. Rz 16ff. vor § 211). Der Organtod des Hirns tritt bei komplettem Sauerstoffmangel bereits vor dem Herztod ein.

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Todeszeitpunkt

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Die moderne > Intensivmedizin kann den Kreislauf auch noch nach Eintritt des Hirntodes für eine geraume Zeit durch Reanimationsmaßnahmen künstlich aufrechterhalten. Dies ist von besonderer Bedeutung für die Transplantationsmedizin ( > T r a n s p l a n t a t i o n Rz 1768). Da beim Hirntod der wirkliche Zeitpunkt des Eintritts des Todes nicht eindeutig feststellbar ist, wird der Zeitpunkt, zu welchem die endgültigen diagnostischen Feststellungen getroffen werden, dokumentiert ( > Transplantation Rz 1768). II. Während die Todesfeststellung nach allgemeinem Kreislauf- und Atemstillstand allerorts und durch jeden Arzt erfolgen kann, ist die Feststellung des Hirntodes an besondere unumgängliche Bedingungen und eine Reihe von Befunden gebunden. Der > Wissenschaftliche Beirat der Bundesärztekammer hat Kriterien zur Feststellung des Hirntodes erarbeitet (DÄ 1982/14, S. 45 ff.).

Totgeburt 1760

I. Begriff. Eine Totgeburt liegt nach § 24 PStG i.V.m. § 29 PStV vor, wenn bei dem Kind nach der Scheidung vom Mutterleib weder das Herz geschlagen noch die Nabelschnur pulsiert noch die natürliche Lungenatmung eingesetzt hat, wenn sein Gewicht jedoch mindestens 1000 g beträgt (die bis zum 30. 6. 1979 geltende Vorschrift sah statt eines Gewichts von mindestens 1000 g eine Länge von mindestens 35 cm vor). Als Totgeburt gilt auch das während des Geburtsvorgangs („in der Geburt" i. S. des § 24 Abs. 1 PStG) verstorbene Kind (vgl. Massfeller-Hoffmann, aaO. § 24 Rz 2). Von der Totgeburt ist die > Fehlgeburt zu unterscheiden. II. Die Totgeburt ist dem Standesbeamten spätestens am folgenden Werktag anzuzeigen (§ 24 Abs. 1 PStG). Hinsichtlich des anzeigepflichtigen Personenkreises gilt entsprechendes wie bei der Lebendgeburt ( > Geburt Rz 686). Die Eintragung wird nur im Sterbebuch vorgenommen (§ 24 Abs. 2 PStG).

Transparenzkommission 1761

I. Man versteht darunter einmal die im Rahmen der Bemühungen der Bundesregierung um die Senkung des Arzneimittelpreisniveaus vom BMJFG eingesetzte unabhängige Sachverständigenkommission mit der Aufgabe, für Fertigarzneimittel eine pharmakologisch-therapeutische und preisliche Transparenz herbeizuführen und zu diesem Zweck Übersichten Uber alle wesentlichen apo-

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Transparenzliste

thekenpflichtigen > A r z n e i m i t t e l ( > Apothekenpflicht), nach Indikationen geordnet, aufzustellen ( > T r a n s p a r e n z l i s t e ) . Rechtsgrundlage ist der Beschluß des Bundeskabinetts über Eckwerte zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes v. 15. 10. 1975 und die Entschließung des Deutschen Bundestages v. 1. 7. 1976 bei der Verabschiedung des AMG (vgl. Eingang der Geschäftsordnung der Transparenzkommission v. 13. 7. 1977, BAnz. Nr. 135 v. 23. 7. 1977, S 2, BT-Drucks. 7/5373, S. 5). Für die Aufgaben der Transparenzkommission besteht eine Bundeskompetenz (VG Berlin v. 25. 5. 1981 - VG 14A 356.79 -). Die Transparenzkommission arbeitet in der Zusammensetzung von je vier Sachverständigen aus dem Bereich der > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g und aus der Ärzteschaft, drei Sachverständigen aus dem Bereich der Arzneimittelherstellung und je einem Sachverständigen aus der Apothekerschaft und aus der Verbraucherschaft. Die Kommissionsmitglieder und ihre Stellvertreter sind unabhängig und nicht an Weisungen gebunden. Die Transparenzkommission hat ihre Geschäftsstelle beim > B u n d e s g e sundheitsamt. II. Ferner wird als Transparenzkommission die aufgrund einer EmpfehlungsVereinbarung der Bundesverbände der RVO-Kassen ( > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g Rz 1104) und der KBV aus dem Jahr 1980 geschaffene Kommission zur Schaffung einer besseren Transparenz auf dem Gebiet der kassenärztlichen Verordnung bezeichnet. Sie hat die Aufgabe, Empfehlungen zur Information der > K a s s e n ä r z t e über ihr Verordnungsverhalten zu erarbeiten und ihnen vierteljährlich statistische Daten zu den Bereichen > A r z n e i m i t t e l , O H e i l - und > H i l f s m i t t e l sowie > K r a n k e n h a u s e i n w e i s u n g e n zur Verfügung zu stellen ( > A r z n e i m i t t e l i n d e x ) .

1762

Transparenzliste I. Die Transparenzlisten der beim > B u n d e s g e s u n d h e i t s a m t eingerichteten Sachverständigenkommission (> Transparenzkommission Rz 1761) sind nach Indikationsgebieten gegliederte Informationsquellen Uber die auf dem Arzneimittelmarkt befindlichen Fertigarzneimittel mit dem Ziel, der Ärzteschaft eine zweckmäßige und kostenbewußte Therapieentscheidung zu erleichtern. Weitergehend als die > P r e i s v e r g l e i c h s l i s t e , bei der der Preis einziges Ordnungskriterium ist, will die Transparenzliste dem Arzt eine umfassende und objektive fachliche Information über die medizinischen und pharmazeutischen Merkmale der auf dem Markt befindlichen Fertigarzneimittel geben, wobei der Preisvergleich eingeschlossen ist. Die Transparenzlisten enthalten deshalb im Gegensatz zur Preisvergleichsliste auch Angaben über die pharmazeutische Qualität und Bioverfügbarkeit der in ihr aufgeführten Arzneimittel (zum Aufbau der Transparenzlisten im übrigen vgl. KimbelHess, DÄ 1979, 403, 406ff.). Bisher wurden sechs Transparenzlisten für die In-

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Transparenzliste

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dikationsgebiete Herzmuskelinsuffizienz, Herzrhythmusstörungen, Angina pectoris, arterielle Hypertonie, Kreislaufinsuffizienz (Hypotonie und Schock) und periphere arterielle Durchblutungsstörungen (BAnz. Nr. 7 a v. 11. 1. 1979, Nr. 205 v. 30. 11. 1979; Nr. 223 v. 28. 11. 1981; Nr. 44a v. 5. 3. 1982; Nr. 102a v. 4. 6. 1983; Nr. 169 v. 9. 9. 1983) erstellt. Die Listen weisen für jedes aufgeführte > A r z n e i m i t t e l neben der Packungsgröße und ihrem Preis so weit wie möglich auch einen Kostenvergleich der mittleren Tagesdosen aus. 1764

II. Rechtsgrundlage. Im Gegensatz zur > Preisvergleichsliste beruht die Transparenzliste nicht auf formal gesetzlicher Grundlage, sondern auf dem Beschluß des Bundeskabinetts über Eckwerte zur Neuordnung des Arzneimittelmarkts v. 15. 10. 1975 ( > T r a n s p a r e n z k o m m i s s i o n Rz 1761). III. Rechtsnatur. Die Transparenzliste ist keine rechtlich verbindliche Informationsquelle wie die > Preisvergleichsliste als Teil der > A r z n e i m i t tel-Richtlinien. Sie dient lediglich der neutralen fachlichen Information über Preis, Qualität und sonstige Merkmale der auf dem Markt befindlichen > A r z n e i m i t t e l , die sich der Arzt auch auf andere Weise beschaffen kann. Andererseits kann sich der Arzt bei der > W i r t s c h a f t l i c h k e i t s p r ü f u n g nicht auf die mangelnde Beachtlichkeit berufen, wenn er Arzneimittel verordnet, die zwar in der Transparenzliste oder ähnlichen allgemein zugänglichen Listen, nicht aber in der Preisvergleichsliste aufgeführt sind. Denn nach Nr. 24 der Arzneimittel-Richtlinien gehört zur wirtschaftlichen Verordnungsweise auch die Verpflichtung des Arztes, sich im Rahmen des Möglichen über die Preise der von ihm verordneten Arzneimittel zu unterrichten (GerdelmannKirstgen-Westphal, aaO. 702 S. 8f.).

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IV. Vor Veröffentlichung der Listen wird den Herstellern der betreffenden Präparate Gelegenheit gegeben, sich zu den Beurteilungen der > Transpar e n z k o m m i s s i o n bezüglich der Qualität zu äußern. Macht ein Hersteller von seinem Äußerungsrecht keinen Gebrauch und erfolgt die Veröffentlichung über das betreffende Arzneimittel mangels nachprüfbarer Unterlagen daher ohne Qualitätskennzeichen, so liegt hierin kein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb und auch kein Verstoß gegen Grundrechte (Art. 14 Abs. 1, 12 Abs. 1, 3 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) des Herstellers (VG Berlin v. 25. 5. 1981 - VG 14 A 356.79 —, a.A. im einstweiligen Anordnungsverfahren OVG Berlin v. 22. 4. 1980, ArztR 1980, 300). Selbst negative Aussagen über die Qualität eines > A r z n e i m i t t e l s sind grundsätzlich nicht geeignet, die geschützten Rechte des pharmazeutischen Unternehmers zu verletzen, wenn keine unzutreffenden Behauptungen verbreitet werden (vgl. Bericht der Bundesregierung über Erfahrungen mit dem Arzneimittelgesetz, BT-Drucks. 9/1355 v. 12. 2. 1982, S. 32).

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Transplantation

Transplantation I. Rechtsgrundlagen. Die Transplantation von menschlichen Organen (z.B. Herz, Nieren) und Gewebeteilen (z. B. Augenhornhaut, Knochenmark, Gehörknöchelchen) ist in Deutschland bisher nicht gesetzlich geregelt ( > T r a n s p l a n t a t i o n s g e s e t z ) . Es gelten daher die von Rspr. und Rechtslehre entwikkelten Grundsätze, wobei wesentliche Fragen nach wie vor streitig sind (vgl. zum folgenden Carstens, aaO.). 1. Was zunächst die Entnahme von Körperteilen betrifft, so ist hier zu unterscheiden zwischen lebenden und toten Spendern (vgl. zum folgenden Giesen, aaO. S. lOOff., Laufs, Arztrecht, Rzn. 87ff. ; Rüping, GA 1978, 135ff.). a) Da die Entnahme vom lebenden Spender keine > H e i l b e h a n d l u n g darstellt ( > H e i l h i l f e ) , muß sich der Arzt mit besonderer Sorgfalt der Einwilligung des Transplantatgebers vergewissern; ihre Rechtswirksamkeit setzt eine umfassende Aufklärung voraus, die sich auf die Gefahren der > O p e r a t i o n für den Spender, die Erfahrungen der medizinischen Wissenschaft mit dem Eingriff, die Prozentrate des Gelingens und die Erfolgsaussichten für den Empfänger zu erstrecken hat (Giesen, aaO. S. 103). Soweit sich der Spender durch die Entnahme eines lebenswichtigen Organs einer schweren Eigengefährdung aussetzen würde, wäre seine Einwilligung gemäß § 226 a StGB unwirksam mit der Folge, daß der Chirurg wegen Körperverletzung strafbar und schadensersatzpflichtig würde (Schönke-Schröder-Eser, aaO. § 2 2 3 Rz 50 a.E. ; Giesen, aaO. S. 103f.). Minderjährige und Geisteskranke kommen grundsätzlich nicht als Spender in Betracht, da es bei ihnen an der für solche Eingriffe notwendigen Einwilligungsfähigkeit in aller Regel fehlen wird und der gesetzliche Vertreter mangels Vorliegens eines Heileingriffs keine Verfügungsmacht besitzt ( > Heilbehandlung Rz 805, >Heilhilfe; im Ergebnis ebenso Carstens, aaO. S. 36ff.). Ebenso scheiden Strafgefangene als Transplantatgeber aus, wenn sie sich damit Vorteile im Strafvollzug sichern wollen; in diesem Fall fehlt es an der Freiwilligkeit der Einwilligung (Giesen, aaO). Bei Ablehnung der Explantation durch den vorgesehenen Spender kann der Eingriff niemals unter dem Gesichtspunkt des rechtfertigenden Notstandes (§ 34 StGB) erlaubt sein (Laufs, Arztrecht Rz 68). Zu den Eigentumsverhältnissen bezüglich der entnommenen Körperteile > Körperbestandteile b) Die Entnahme vom toten Spender wirft vor allem zwei Probleme auf: aa) Das Problem der Feststellung des > T o d e s z e i t p u n k t e s . Dieser Gesichtspunkt ist deshalb von besonderer Bedeutung, weil die Transplantation um so erfolgversprechender ist, je früher das Transplantat dem Spender nach dessen Tod entnommen werden kann (vgl. dazu die amtliche Begründung zum Entwurf eines Transplantationsgesetzes, BT-Drucks. 8/2681, S. 11 > T r a n s p l a n t a t i o n s g e s e t z Rz 1773; Schönke-Schröder-Eser, aaO. Rz 16 ff. vor §211). Um einem etwaigen Interessenkonflikt der an der Transplantation beteiligten Ärzte vorzubeugen (Gefahr einer durch das Transplantationsinteresse

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Transplantation

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übereilten Todesfeststellung) erscheint die Forderung nach schriftlicher Bestätigung des Hirntodes durch zwei an der Transplantation nicht beteiligte Ärzte entsprechend der Vorschrift des § 2 Abs. 5 des Entwurfes eines Transplantationsgesetzes angebracht (Laufs, Arztrecht Rz 89 a. E.). bb| Größere Schwierigkeiten bereitet das weitere Problem der Zustimmung des Verstorbenen oder seiner Angehörigen zu der beabsichtigten Transplantatentnahme. Insoweit gelten bis zu einer gesetzlichen Regelung zunächst die für die > S e k t i o n (Rzn. 1677ff.) entwickelten Rechtsgrundsätze (zum folgenden ausführlich Hilchenbach, aaO. S. 68ff.; vgl. auch Roesch, Med. Klinik 1978, 1708ff. ; Samson, NJW 1974, 2030ff.). Darüber hinaus gewinnt bei der Transplantation vom toten Spender der Gesichtspunkt des rechtfertigenden Notstandes (§ 34 StGB) erhebliche Bedeutung (vgl. LG Bonn, JZ 1971, 56). Fehlt es an der Einwilligung des Verstorbenen und seiner Angehörigen zur Transplantatentnahme (ausdrückliche Ablehnung oder bloße Nichtäußerung), so kann der ärztliche Eingriff noch unter dem Gesichtspunkt des rechtfertigenden Notstandes gedeckt sein. Erfolgt die Explantation zur Rettung des Lebens oder zur Abwendung schwerer gesundheitlicher Nachteile des Empfängers, so handelt der Operateur rechtmäßig, weil Leben und Gesundheit des Transplantatempfängers höher einzustufen sind als das nachwirkende Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen oder das Totensorgerecht seiner Angehörigen („Der Lebende hat Recht"; vgl. Laufs, Arztrecht Rz 92; Giesen, aaO. S. 113; Roesch, Med. Klinik 1978, 1711, 1713). Mit der h.M. ist zu fordern, daß der Arzt in jedem Fall im Rahmen des Möglichen den Versuch unternommen haben muß, das Einverständnis der nächsten Angehörigen zur Transplantatentnahme einzuholen, bevor er sich auf rechtfertigenden Notstand berufen kann, weil anders keine Kollision zweier gegeneinander abzuwägender Rechtsgüter herbeigeführt werden kann (Laufs, Arztrecht Rz 93 m. Nachw.; Roesch, aaO. S. 1712; LG Bonn, JZ 1971, 60).

1769

Nicht gedeckt durch § 34 StGB ist der Eingriff, wenn er mit dem Ziel erfolgt, die entnommenen Körperteile einer Organbank zu weiteren Bevorratung zuzuführen. In diesem Falle fehlt es an einer „gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr" (Laufs, Arztrecht Rz 94; Roesch, aaO. S. 1713). Für die Explantation zu wissenschaftlichen Zwecken gilt entsprechendes wie bei der > S e k t i o n (Rz 1679; a.A. Laufs und Roesch, aaO.). cc) Die Folgen einer rechtswidrigen Transplantatentnahme sind die gleichen wie bei der > S e k t i o n (Rz 1681). dd) Zur Entnahme von Körperteilen nach Unfalltod im Hinblick auf die Anzeigepflicht nach § 159 StPO vgl. Langenberg, NJW 1972, 320. ee) Zu den Eigentumsverhältnissen bezüglich der vom toten Spender entnommenen Körperteile > Leiche Rzn. 1144 f. 2. Die Implantation der vom lebenden oder toten Spender entnommenen Körperteile beim Empfänger stellt für diesen eine > H e i l b e h a n d l u n g dar. Insoweit gelten daher die von der Rspr. hierfür entwickelten Grundsätze über die Einwilligung (Rzn. 805ff.) und Aufklärung ( > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t Rz 253 ff. ; Laufs, Arztrecht Rz 88; Giesen, aaO. S. 104).

807

Transplantationsgesetz

H. Die Transplantation gehört zum Leistungsumfang der gesetzlichen > Krankenversicherung. (Rz 1103). Die Kosten für die ambulante oder stationäre Behandlung des Spenders fallen der Krankenkasse des Organempfängers zur Last (BSGE 35, 102). Entsprechendes gilt für die private Krankenversicherung (Rz 1107) und das > Beihilferecht (vgl. Nr. 4 Ziff. 11 BhV).

1770

III. Verträge über die Entnahme von Körperteilen zu Transplantationszwekken sind nach § 138 BGB nichtig, wenn sie in Gewinnerzielungsabsicht gegen Entgelt geschlossen werden. Entsprechendes gilt für die Abgabe von Einwilligungserklärungen durch den Spender zu Lebzeiten oder nach seinem Tod durch seine nächsten Angehörigen (vgl. Giesen, aaO. S. 113 m. Nachw.; Geilen, JZ 1971, 42, 45 Anm. 32b ; Eichholz, NJW 1968, 2272, 2275; Peuster, Med. Klinik 1972, 683; ausführlich zur Entgeltfrage Carstens, aaO. S. 68 ff. > Körperbestandteile Rz 975). Unwirksam sind letztwillige Verfügungen über Körperteile ( > Körperbestandteile Rz 976).

1771

Transplantationsgesetz I. Die Bundesregierung hat im Jahr 1979 den „Entwurf eines Gesetzes über Eingriffe an Verstorbenen zu Transplantationszwecken (Transplantationsgesetz)" beschlossen (BT-Drucks. 8/2681). Seinem Inhalt nach beschränkt sich dieser Entwurf auf die Regelung der Entnahme von Körperteilen Verstorbener einschließlich des Blutes zum Zwecke der sofortigen oder späteren Transplantation oder zum Anschluß an den Kreislauf eines Menschen (§ 1 ). Nicht erfaßt werden die Transplantation unter Lebenden und die > S e k t i o n . Es hat den Anschein, daß der Gesetzgeber seine Pläne für eine sondergesetzliche Regelung der Transplantation vorerst nicht weiterverfolgt.

1772

II. Bei der Frage der Einwilligung des Verstorbenen in die Transplantaientnähme hat der Entwurf von den zur Diskussion stehenden Lösungsmodellen der sog. Widerspruchslösung den Vorzug gegeben (§ 2 Abs. 2). Danach bedarf es nicht der positiven Einverständniserklärung des Verstorbenen oder seiner Angehörigen; der Eingriff ist vielmehr - unter eng begrenzten Voraussetzungen im übrigen - schon dann zulässig, wenn dem Arzt ein entgegenstehender Wille des Verstorbenen nicht bekannt geworden ist und der Arzt sich vergewissert hat, daß dem nach dem Inkrafttreten des Gesetzes ausgestellten Personalausweis kein Widerspruch zu entnehmen ist. Demgegenüber hat sich der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum Entwurf der Bundesregierung für die Zustimmungslösung ausgesprochen, welche die Zulässigkeit einer Transplantatentnahme davon abhängig machen will, daß entweder der Verstorbene zu Lebzeiten eingewilligt hatte oder - bei Fehlen einer Willensäußerung - die nächsten Angehörigen ihr Einverständnis erklärt haben (zu den Vor- und

1773

Transplantationsgesetz

808

Nachteilen beider Lösungsmodelle eingehend Vogel, NJW 1980, 625; Deutsch, ZRP 1982, 174, 177). III. Weitere Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Transplantatentnahme sind: 1. Der Eingriff muß von einem Arzt oder unter Leitung eines Arztes vorgenommen werden (§ 2 Abs. 1 Nr. 2). 2. Seit dem endgültigen Stillstand des Kreislaufs des Verstorbenen müssen mindestens drei Stunden verstrichen sein (§ 2 Abs. 1 Nr. 3). Vor Ablauf dieser Frist ist der Eingriff dann zulässig, wenn dem Arzt vor Beginn des Eingriffs eine Bescheinigung vorgelegen hat, in der zwei an dem Eingriff nicht beteiligte Ärzte den Tod unter Angabe der ihrer Feststellung zugrunde liegenden Tatsachen bestätigt haben (§2 Abs. 5). Eine Definition des >Todeszeitpunkts ist dem Entwurf nicht enthalten. 3. Sofern eine Einwilligung des Verstorbenen nicht vorliegt, also die Widerspruchslösung Platz greift, ist außerdem Voraussetzung für die Zulässigkeit der Transplantatentnahme, daß sie angezeigt ist, um Leben zu erhalten oder eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes des Empfängers abzuwenden (§ 2 Abs. 2 Nr. 1). 4. Eine rechtswirksame Einwilligung liegt nach dem Entwurf nicht vor, wenn sie lediglich durch Anerkennung von Aufnahme- und Vertragsbedingungen erklärt worden ist (§2 Abs. 2). IV. Eine Strafvorschrift (§4) sieht bei unzulässigen Eingriffen eine Bestrafung mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe vor.

Transsexuellengesetz 1774

I. Das am 1. 1. 1981 in Kraft getretene Gesetz Uber die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen (Transsexuellengesetz - TSG) v. 10. 9. 1980 (BGBl. I S. 1654) regelt die Probleme solcher Personen, die sich aufgrund ihrer transsexuellen Prägung nicht mehr dem in ihrem Eintrag im > Geburtenbuch angegebenen Geschlecht als zugehörig empfinden und unter dem Zwang stehen, ihren Vorstellungen entsprechend zu leben. Auf andere Entwicklungen und Erkrankungen, bei denen gelegentlich ebenfalls der Wunsch nach „Geschlechtsumwandlung" mit allen Folgen eintreten kann, insbesondere die Homosexualität und den Tiansvestitismus, findet das TSG keine Anwendung (zur Abgrenzung dieser Erscheinungsformen vgl. Sigusch, NJW 1980, 2740, 2743f. ; LSG Stuttgart, NJW 1982, 718). Unmittelbarer Anlaß für das Gesetz war der Beschluß des BVerfG v. 11. 10. 1978 (NJW 1979, 595). Das Gesetz enthält eine sog. kleine Lösung und eine sog. große Lösung. 1. Nach der sog. kleinen Lösung (§§ 1-7) sind die Vornamen einer Person, die sich aufgrund ihrer transsexuellen Prägung dem anderen Geschlecht als zugehörig empfindet und seit mindestens drei Jahren unter dem Zwang steht, ih-

809

Transsexuellengesetz

ren Vorstellungen entsprechend zu leben, auf Antrag vom Gericht zu ändern. Voraussetzung für die gerichtliche Änderung ist u.a., daß die antragstellende Person mindestens 25 Jahre alt ist und sich ihr Zugehörigkeitsempfinden zum anderen Geschlecht mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr ändern wird (§ 1 Abs. 1 TSG). 2. Nach der sog. großen Lösung besteht die Möglichkeit der Feststellung der 1775 Geschlechtszugehörigkeit im Wege der Personenstandsänderung, wenn die Voraussetzungen für die Änderung des Vornamens (§ 1 Abs. 1 Nrn. 1-3) vorliegen, die antragstellende Person nicht verheiratet und dauernd fortpflanzungsunfähig ist und sich einem ihre äußeren Geschlechtsmerkmale verändernden operativen Eingriff unterzogen hat, durch den eine deutliche Annäherung an das Erscheinungsbild des anderen Geschlechts erreicht worden ist (§ 8 Abs. 1). Diese Vorschrift ist, soweit sie die Personenstandsänderung trotz Durchführung einer geschlechtsumwandelnden Operation und Erfüllung der übrigen gesetzlichen Voraussetzungen an die starre Altersgrenze von 25 Jahren bindet, wegen Verstoßes gegen Art. 3 GG nichtig (BVerfG, NJW 1982, 2061). Ab Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung richten sich die aus der Geschlechtszugehörigkeit folgenden Rechte und Pflichten des Betroffenen grundsätzlich nach dem neuen Geschlecht (Ausnahmen bestehen z. B. nach § 11 für das Eltern-Kind-Verhältnis und nach § 12 für Rentenansprüche). Die Änderung der Geschlechtszugehörigkeit durch Gerichtsbeschluß führt zur Eintragung eines entsprechenden Randvermeiks in das > G e b u r t e n b u c h durch den Standesbeamten (§ 30 Abs. 1 Satz 1 PStG i.d.F. des § 15 TSG). 3. Zuständig für die Entscheidungen nach dem TSG sind ausschließlich die 1776 Amtsgerichte. Das gerichtliche Verfahren unterliegt den Vorschriften des FGG (§§ 2-4, 6 u. 9 Abs. 3 TSG). Das Gericht darf einem Antrag nur stattgeben, nachdem es die Gutachten von zwei unabhängig voneinander tätig werdenden Sachverständigen eingeholt hat, die mit den besonderen Problemen des Transsexualismus ausreichend vertraut sind (§§ 4 Abs. 3, 9 Abs. 3). II. Die nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 TSG vorzunehmende genitalverändernde > O p e r a t i o n , die mit einer > Kastration einhergeht, bedarf trotz des Wortlauts des § 2 Abs. 1 Nr. 2 KastrG nicht zuvor der Bestätigung der Gutachtersteile nach § 5 KastrG. Dies folgt daraus, daß der genitalverändernde Eingriff nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 TSG nicht der Beseitigung eines abnormen Geschlechtstriebs mit krimineller Relevanz (vgl. § 1 KastrG), sondern der Verwirklichung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG dient (vgl. BVerfG, NJW 1979, 595). HI. Die Transsexualität stellt eine > Krankheit i.S. der gesetzlichen und privaten > Krankenversicherung dar (LSG Stuttgart, NJW 1982, 718; Stellungnahme des > W i s s e n s c h a f t l i c h e n Beirates d e r B u n d e s ä r z t e k a m m e r , zitiert im Tätigkeitsbericht der BÄK 1981, 179; Spengler, NJW 1978, 1192). Gleiches muß für das > Beihilferecht gelten.

1777

Trinkerheilanstalt

810

Trinkerheilanstalt 1778

I. Eine Trinkerheilanstalt ist eine offene oder geschlossene Einrichtung zur Behandlung des chronischen Alkoholismus. Sie kann sowohl > S o n d e r k r a n k e n h a u s i. S. des § 2 Nr. 3 BPflV als auch > K u r k r a n k e n h a u s i. S. des § 4 Abs. 3 Nr. 7 KHG oder Kureinrichtung i.S. der §§ 184 a, 1236, 1237 RVO sein. Ein Sonderkrankenhaus ist regelmäßig bei der stationären Behandlung schwerer Formen der Alkoholsucht durch ärztliche Hilfeleistung in geschlossenen Anstalten gegeben, während es sich bei offenen Trinkerheilanstalten, in denen i.d.R. nur Entziehungskuren" stattfinden, bei denen die ärztliche Hilfeleistung gegenüber den im Vordergrund stehenden psychologischen, psychotherapeutischen und pflegerischen Leistungen völlig zurücktreten, im allgemeinen um eine mit einem Kurkrankenhaus vergleichbare Einrichtung handeln wird (vgl. BVerwG, DVBl. 1981, 259). II. Eine zwangsweise Unterbringung in einer Trinkerheilanstalt kann nach § 64 StGB sowie nach den Unterbringungsgesetzen der Länder erfolgen ( > U n t e r b r i n g u n g Rz 1808).

Truppenarzt 1779

I. Der Truppenarzt ist > Sanitätsoffizier oder - soweit der Bedarf an Truppenärzten nicht durch Sanitätsoffiziere gedeckt werden kann - aufgrund eines privatrechtlichen Dienstvertrages nebenberuflich als > Vertragsarzt (Rz 1849) im Sanitätsdienst der Bundeswehr tätiger freipraktizierender Arzt. II. Der Truppenarzt hat vor allem folgende Aufgaben: ärztliche Behandlung im Rahmen der > f r e i e n H e i l f ü r s o r g e , Einstellungs- und Entlassungsuntersuchungen, allgemeine Gesundheitsüberwachung der Soldaten, Hygieneüberwachung, Erstellung ärztlicher Sachverständigengutachten (z. B. zur Feststellung der Wehrdienstfähigkeit, Verwendungsfähigkeit, Wehrdienstbeschädigung), Beratung der Truppenführung in fachdienstlichen Fragen (näher dazu Henneberger, aaO. S. 46). III. Trotz des Anspruchs des Soldaten auf > f r e i e H e i l f ü r s o r g e besteht grundsätzlich das Recht auf > freie Arztwahl. Es steht jedem Soldaten frei, einen privaten Arzt seiner Wahl aufzusuchen; damit verzichtet er aber auf die unentgeltliche truppenärztliche Versorgung. Bei stationärer Behandlung bedarf der Soldat außerdem i.d.R. einer Genehmigung lies Truppenarztes (vgl. BDH Wehrdienstsenat, NJW 1963, 409; Henneberger, aaO. S. 84f.). Dadurch ist die freie Arztwahl jedenfalls faktisch eingeschränkt.

1780

IV. Schweigepflicht (vgl. zum folgenden Henneberger, aaO. S. 72ff. ; Richtlinien über die Wahrung der ärztlichen Schweigepflicht bei der Untersuchung,

811

Truppenarzt

Behandlung oder Begutachtung von Soldaten der Bundeswehr v. 18. 10. 1979, VMB1. 1979, 267, im folgenden: Richtlinien). 1. Als behandelnder Arzt unterliegt der Truppenarzt grundsätzlich wie ein ziviler Arzt der ärztlichen Schweigepflicht (vgl. BDH Wehrdienstsenat, NJW 1963, 409]. Für die Befugnis zur Offenbarung des Patientengeheimnisses gelten die allgemeinen Grundsätze ( > Schweigepflicht Rzn. 1635ff.). Eine Offenbarungsbefugnis unter dem Gesichtspunkt des rechtfertigenden Notstandes (§ 34 StGB) kommt z. B. in Betracht, wenn konkrete Anhaltspunkte bestehen, daß ein Soldat wegen einer Gesundheitsstörung eine ernsthafte Gefährdung gesundheitlicher oder sonstiger Art für die Truppe oder andere Personen darstellt, oder daß die Dienstfähigkeit eines Soldaten, bezogen auf seine vorgesehene Verwendung (z.B. als Flugzeugführer oder Kommandeur), wegen einer Beeinträchtigung seiner Gesundheit in Frage gestellt ist (vgl. Ziff. 7 a) u. b) der Richtlinien). In diesen Fällen besteht nach den Richtlinien nicht nur ein Offenbarungsrecht des Truppenarztes; seine dienstliche Funktion bedingt vielmehr eine Offenbarungsp/frcAf, die auch der behandelte Soldat aufgrund seiner Dienstpflicht als Eingriff in seinen Persönlichkeitsbereich hinnehmen muß (BDH, Wehrdienstsenat, NfW 1963, 409, 410). Bedenken bestehen indes gegen Ziff. 7 c der Richtlinien, wonach ein Offenbarungsrecht und eine dienstliche Offenbarungspflicht auch dann besteht, wenn sich ein Soldat durch Selbstverstümmelung zum > Wehrdienst untauglich gemacht hat oder eine Krankheit vortäuscht, um sich dem Wehrdienst zu entziehen. In diesen Fällen sind die Voraussetzungen des § 34 StGB eindeutig nicht gegeben. Über die Grenzen des Geheimbereichs und damit über das, was er im Rahmen seiner Dienstpflichten offenbaren muß, hat der Truppenarzt im Einzelfall nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Ärztliche Unterlagen dürfen der für die Beurteilung der Dienstfähigkeit ( > Dienstunfähigkeit zuständigen Dienststelle nur insoweit zugänglich gemacht werden, als sie für deren Entscheidung unverzichtbar sind. Wird die Entscheidung des Truppenarztes im konkreten Fall als pflichtwidrige Auskunftsverweigerung beanstandet, so kann er gerichtlichen Schutz in Anspruch nehmen (BDH, Wehrdienstsenat, NJW 1963, 410). 2. Für die Schweigepflicht des Truppenarztes als ärztlicher Gutachter und im übrigen Aufgabenbereich (z. B. als Berater der Truppenführung sowie bei Einstellungs- und Entlassungsuntersuchungen) gilt entsprechendes wie beim ärztlichen > Sachverständigen (Rz 1537) und beim > A m t s a r z t (Rz 51). Für die praktisch bedeutsame Frage der Bekanntgabe der Diagnose und des Untersuchungsbefundes bei Untersuchungen auf Dienstfähigkeit finden die Grundsätze für > B e t r i e b s ä r z t e (Rzn. 424f.) entsprechend Anwendung. Informationen, die der Truppenarzt als behandelnder Arzt erhalten hat, darf er grundsätzlich nicht bei der Wahrnehmung von Aufgaben für seinen Dienstherrn (z.B. als Gutachter) verwerten (höchst bedenklich daher Ziff. 12 der Richtlinien, wo der Truppenarzt als Gutachter verpflichtet wird, dem Dienstherrn auch solche Feststellungen mitzuteilen, die er früher als behandelnder Arzt getroffen hat, soweit dies zur Begründung des von ihm zu erstattenden

1781

Truppenarzt

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Gutachtens unumgänglich ist). Auch wo im Einzelfall eine Offenbarungsbefugnis oder gar eine Offenbarungspflicht nach Güterabwägungsgrundsätzen besteht (vgl. oben Rz 1780) würde der Truppenarzt in der Doppelfunktion als behandelnder Arzt und Gutachter für den gemeinsamen Dienstherm einer unzumutbaren Konfliktsituation ausgesetzt. Deshalb schließen sich beide Funktionen ihrem Wesen nach notwendig aus (davon geht im Grundsatz auch Ziff. 11 der Richtlinien aus ; vgl. auch Henneberger, aaO. S. 81, der einen Ausschluß beider Funktionen wohl nur bezüglich gerichtlicher Gutachter anerkennt; die Konfliktsituation besteht jedoch ebenso, wenn der Truppenarzt im Rahmen seiner Dienstaufgaben für seinen Dienstherrn tätig wird). Stellt sich ein Soldat einer Untersuchung durch den Truppenarzt, weil eine andere Behörde ein Gesundheitszeugnis ( > A t t e s t ) von ihm verlangt, so entbindet er den Arzt konkludent von der Schweigepflicht, wenn er der Weiterleitung an die anfordernde Behörde zustimmt (Henneberger, aaO. S. 80). 3. Zu den befugten Mitwissern des Arztgeheimnisses ( > Schweigepflicht Rz 1628) gehört das dem Truppenarzt zugeordnete Sanitätspersonal (nicht aber z.B. der Fahrer), das gemäß § 203 Abs. 3 StGB ebenfalls der Schweigepflicht unterliegt. Nicht dazu zählen der Disziplinarvorgesetzte (Kommandeur) sowie Truppen- oder Verwaltungsdienststellen (Henneberger, aaO. S. 75 > Schweigepflicht Rzn. 1629f.). Ziff. 14 der Richtlinien verpflichtet die zuständigen Fachvorgesetzten, das im Sanitätsdienst der Bundeswehr tätige Hilfspersonal beim erstmaligen Dienstantritt über die Geheimhaltungspflicht mündlich zu belehren und die Belehrung in Abständen von 12 Monaten zu wiederholen. 1782

V. Haftung. 1. Der Truppenarzt handelt sowohl in seiner Eigenschaft als behandelnder Arzt wie auch bei Erfüllung seiner sonstigen Aufgaben (z.B. als Gutachter) in Ausübung hoheitlicher Tätigkeit. Das Recht des Soldaten auf > f r e i e H e i l f ü r s o r g e beruht auf der öffentlichrechtlichen Fürsorgepflicht des Dienstherrn (BDH, Wehrdienstsenat, DÖV 1961, 309). Für schuldhafte Fehlleistungen haftet daher die Bundesrepublik nach Amtshaftungsgrundsätzen (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG > H a f t u n g , Rz 785). 2. Bei > Ü b e r w e i s u n g an einen Zivilarzt (Privat- oder > K a s s e n a r z t ) richtet sich das Verhältnis zwischen diesem und dem Soldaten nach bürgerlichem Recht. Es gelten dann die allgemeinen Haftungsgrundsätze ( > Haftung Rzn. 769ff., > Überweisung Rz 1800). Für Rechtsstreitigkeiten, die sich daraus ergeben, daß ein Dienstvorgesetzter befiehlt, bei Überweisungen in die freie Arztbehandlung einen bestimmten Arzt nicht aufzusuchen, ist nicht der Zivilrechtsweg, sondern der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet (BGH, JZ 1976, 35).

1783

VI. Weiterbildung. Nach einer Empfehlung der BÄK wird die Hälfte der Zeit einer truppenärztlichen Tätigkeit, längstens jedoch 12 Monate, auf die geforderte 15monatige Tätigkeit im Rahmen der Weiterbildung zum Allgemeinarzt angerechnet. VII. Nebentätigkeit > Sanitätsoffizier Rz 1569

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Tumorzentrum

Tuberkulosehilfe (Tbc-Hilfe) I. Unter diesem Begriff werden die Sozialleistungen zusammengefaßt, die bei einer Erkrankung an Tuberkulose (Tbc) - gleich aufgrund welcher Rechtsgrundlage und durch welchen Leistungsträger - gewährt werden. Die Tuberkulosenhilfe bezweckt die Heilung Tbc-Kranker und den Schutz ihrer Umgebung vor Ansteckung (näher zum Ganzen Schmeling, aaO. S. 367 ff.).

1784

II. Rechtsgrundlagen. Das > B u n d e s s o z i a l h i l f e g e s e t z (BSHG) enthält in den §§ 48-66 Vorschriften über die Gewährung von Tbc-Hilfe innerhalb der Sozialhilfe. Für die Tbc-Hilfe außerhalb der Sozialhilfe (z.B. öffentlicher Dienst, Sozialversicherungsträger, Versorgungsempfänger nach dem BVG) enthalten §§ 127-137 BSHG allgemeine Vorschriften. Für den Bereich der Rentenversicherung brachte das HaushBG 1984 insofern eine Änderung, als Leistungen zur Heilbehandlung von Tbc-Erkrankungen, für die bisher die Rentenversicherungsträger aufkamen, künftig von den Krankenversicherungsträgern im Rahmen der für sie geltenden Vorschriften erbracht werden. Die > R e h a b i l i t a t i o n des Erkrankten wird dagegen wie bisher nach den allgemeinen Vorschriften von den Rentenversicherungsträgern durchgeführt. Für eine Ubergangszeit bis zum 31. 12. 1985 wird auch die Tbc-Behandlung noch nach dem Rentenversicherungsrecht und in den Sanatorien der Rentenversicherungsträger zu Lasten der > Krankenversicherung durchgeführt. Die Tuberkulose ist auch > B e r u f s k r a n k h e i t . III. Leistungsumfang. Die Tbc-Hilfe umfaßt: > H e i l b e h a n d l u n g , Hilfe zur Eingliederung ins Arbeitsleben, Hilfe zum Lebensunterhalt, Sonderleistungen (z.B. Zuschüsse für Ersatzkraft im Haushalt oder Kleinbetrieb), vorbeugende Hilfe, Beratung und Aufklärung. IV. Für die im Rahmen der Tbc-Hilfe zu gewährende > H e i l b e h a n d l u n g besteht für den Erkrankten > freie Arztwahl unter den Ärzten, die sich zur ärztlichen Behandlung zu der Vergütung bereiterklärt haben, welche die Ortskrankenkasse in dem jeweiligen Bereich für ihre Mitglieder zahlt (§ 37 Abs. 3 BSHG).

Tumorzentrum I. Begriff. Man versteht darunter einen regionalen Zusammenschluß verschiedener Kliniken mit dem Ziel, durch Kooperation in Diagnostik, Therapie und Nachsorge eine optimale ärztliche Versorgung Krebskranker in der jeweiligen Region zu erreichen und darüber hinaus durch detaillierte Dokumentation und Registrierung des Auftretens und des Verlaufs von Krebserkrankungen zur Krebsforschung beizutragen ( > K r e b s r e g i s t e r ; vgl. Böhm-Wagner, DÄ 1981, 1977). Teilweise sind an den Zusammenschlüssen auch Forschungs-

1785

Tumorzentrum

814

einrichtungen beteiligt, so z.B. das Deutsche Krebsforschungszentrum beim Tumorzentrum Heidelberg/Mannheim (vgl. die von dort herausgegebene Dokumentation „Tumorzentrum Heidelberg/Mannheim", 1982). Die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren (ADT) hat im Jahr 1980 ein Konzept der regionalen onkologischen Versorgung vorgelegt, das zu einem Verbund zwischen niedergelassenen Ärzten, Krankenhäusern und Tumorzentren führen soll (sog. „ADT-Papief). 1786

II. Aus der Aufgabenstellung der Tumorzentren ergeben sich verschiedene Datenschutzprobleme (näher dazu Böhm-Wagner, aaO.). 1. Da die Träger der einem Tumorzentrum angehörenden Kliniken überwiegend juristische Personen des öffentlichen Rechts sind, die nicht am wirtschaftlichen Wettbewerb teilnehmen, finden die jeweiligen Landesdatenschutzgesetze und nicht das BDSG Anwendung ( > Datenschutz Rz 541). 2. Die Weitergabe von Patientendaten durch die Klinik, in der der Patient behandelt wird, an andere Kliniken oder Forschungseinrichtungen ist grundsätzlich nur im Rahmen des Datenschutzrechts möglich, wobei jedoch zu beachten ist, daß die Einwilligung in die Übermittlung von Daten, die der ärztlichen > Schweigepflicht unterliegen, nicht nur schriftlich (vgl. z. B. § 5 Abs. 2 LDSG Bad.-Wttbg.), sondern auch mündlich oder konkludent erfolgen kann ( > Datenschutz Rz 544). Auch in diesem Falle ist die Einwilligung indes problematisch, weil sie eine Aufklärung über den dem Patienten u. U. verschwiegenen wahren Charakter der Krankheit notwendig macht, was in vielen Fällen medizinisch äußerst bedenklich ist (vgl. Böhm-Wagner, aaO. S. 1980 f. > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t Rzn. 264f.).

Überbetrieblicher arbeitsmedizinischer Dienst 1787

I. Rechtsgrundlagen. 1. Nach § 19 ASiG kann der Arbeitgeber seine Pflicht zur Bestellung eines > Betriebsarztes auch dadurch erfüllen, daß er einen „überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten" zur Wahrnehmung der betriebsärztlichen Aufgaben verpflichtet (zur Beteiligung des Betriebsrates bei dieser Entscheidung > Betriebsarzt Rz 419; zu rechtlichen Problemen bei überbetrieblichen arbeitsmedizinischen Diensten umfassend J. Deneke, aaO.; J. Deneke-Maas, ASP 1982, 206). 2. Nach § 719 a RVO können auch die > B e r u f s g e n o s s e n s c h a f t e n überbetriebliche arbeitsmedizinische Dienste einrichten. Das Nähere bestimmt die jeweilige Satzung. Die Satzung kann u. a. einen Anschlußzwang für diejenigen Unternehmen vorsehen, die nicht durch Bescheinigung der zuständigen Behörde (i.d.R. das Gewerbeaufsichtsamt) nachweisen, daß sie ihre Pflichten aus dem ASiG auf andere Weise erfüllt haben.

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Überbetrieblicher arbeitsmedizinischer Dienst

II. Da die Organisation solcher überbetrieblichen Einrichtungen im AsiG nicht geregelt ist, kommen die verschiedensten Rechtsträger und Rechtsformen in Betracht, z.B. eingetragene Vereine (vgl. OLG Oldenburg, RPfleger 1976, 11 = NJW 1976, 374 [Leits.]), Gesellschaften mit beschränkter Haftung, BGB-Gesellschaften (§§ 705 ff. BGB). Auch mehrere freipraktizierende Ärzte, die über die erforderliche arbeitsmedizinische Fachkunde nach § 4 ASiG verfügen (> B e t r i e b s a r z t Rzn. 417 f.], können einen überbetrieblichen arbeitsmedizinischen Dienst errichten, z.B. in Form einer >Gemeinschaftspraxis (vgl. Rieger, Verträge für Betriebsärzte, aaO. S. 19ff.). Die vom Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften herausgegebenen „Grundsätze über Ärzte, Hilfspersonal, Räume, Einrichtungen, Geräte und Mittel für überbetriebliche arbeitsmedizinische Dienste" (Carl Heymanns Verlag Köln) enthalten Mindestanforderungen für die personelle und sachliche Ausstattung in Form von Hilfen, nicht von verbindlichen Anweisungen.

1788

III. Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten. 1. Überbetriebliche arbeitsmedizinische Dienste können sowohl angestellte als auch freiberuflich tätige Betriebsärzte beschäftigen (vgl. das Vertragsmuster für einen Anstellungsvertrag bei Rieger, Verträge für Betriebsärzte, aaO. S. 18f.). 2. Zwischen dem bei einem überbetrieblichen arbeitsmedizinischen Dienst angestellten Betriebsarzt und dem Unternehmen, in dem er betriebsärztlich tätig wird, besteht kein Vertragsverhältnis. Eine zivilrechtliche > H a f t u n g der in einer überbetrieblichen Einrichtung tätigen Betriebsärzte kommt daher nur nach § 823 BGB gegenüber den einzelnen Arbeitnehmern in Betracht. Auf die in einem überbetrieblichen arbeitsmedizinischen Dienst angestellten Betriebsärzte findet im Verhältnis zum Unternehmen, in dem sie betriebsärztlich tätig sind, § 8 ASiG entsprechend Anwendung (Unabhängigkeit bei der Anwendung der Fachkunde, Unterstellung unter den Leiter des Betriebes, unmittelbares Vorschlagsrecht, Pflicht zur schriftlichen Begründung der Ablehnung eines Vorschlags des Arztes, vgl. Krebs, ASiG § 19 Anm. IV). 3. Der Vertrag zwischen einem überbetrieblichen arbeitsmedizinischen Dienst und dem einzelnen Unternehmen über die Wahrnehmung der betriebsärztlichen Aufgaben nach dem ASiG ist ein Dienstvertrag (§§ 611 ff. BGB).

1789

IV. Haftung. Als selbständiger Rechtsträger haftet der überbetriebliche arbeitsmedizinische Dienst dem auftraggebenden Unternehmen für Verschulden seiner Ärzte aus positiver Vertragsverletzung und unerlaubter Handlung nach §§ 278, 831 BGB. Im übrigen richtet sich die Haftung des überbetrieblichen Dienstes nach den für die jeweilige Rechtsform geltenden besonderen Vorschriften.

1790

V. Die leitenden Ärzte eines überbetrieblichen arbeitsmedizinischen Dienstes können auf Antrag von der zuständigen > Ärztekammer zur > Weiterbildung im Gebiet Arbeitsmedizin oder Betriebsmedizin ermächtigt werden. Eine ordnungsgemäße Weiterbildung setzt jedoch voraus, daß sich die Arbeitsplätze

Überbetrieblicher arbeitsmedizinischer Dienst

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des ermächtigten und des weiterzubildenden Arztes in ein und derselben Dienststelle befinden. Ausgeschlossen ist daher eine „Fernweiterbildung" eines in einer Außenstelle tätigen Arztes durch den in der Zentrale des überbetrieblichen Dienstes tätigen ermächtigten Arzt (> W e i t e r b i l d u n g Rz 1872).

Überweisung 1791

I. Begriff. Überweisung ist die von einem Arzt veranlaßte Durchführung einer ambulanten Untersuchung oder Behandlung durch einen anderen Arzt. Man unterscheidet die Überweisung zur > Mitbehandlung, zur Weiterbehandlung, zur Konsiliaruntersuchung (> Konsilium) und zur > Auftragsleistung. Von der Überweisung ist die Einweisung in ein > K r a n k e n h a u s zur stationären Behandlung (> K r a n k e n h a u s e i n w e i s u n g ) zu unterscheiden.

1792

II. Rechtsnatur. Die Überweisung in ihren verschiedenen Erscheinungsformen läßt keine Rechtsbeziehungen zwischen dem überweisenden und dem auf Überweisung tätigen Arzt entstehen. Dieser ist nicht Erfüllungs- oder Verrichtungsgehilfe des überweisenden Arztes. Vielmehr kommt zwischen dem Patienten und dem auf Überweisung tätigen Arzt ein weiterer selbständiger Arztvertrag zustande (> Arztvertrag Rz 218). Wegen des Zustandekommens eines selbständigen Arztvertrages zwischen Überweisungsadressat und Patient besteht zwischen dem überweisenden und dem auf Überweisung tätigen Arzt auch kein Auftragsverhältnis (§§662 ff. BGB), das ein Tätigwerden in fremdem Interesse voraussetzt (die frühere abweichende Meinung in DMW 1979, 570 wird nicht mehr aufrechterhalten; vgl. aber unten Rz 1794 a.E.).

1793

III. Rechte und Pflichten des Uberweisenden und des auf Überweisung tätigen Arztes. 1. Der überweisende Arzt hat die Pflicht zur Unterrichtung des Patienten über die Einschaltung eines anderen Arztes sowie über den sich für diesen daraus ergebenden Honoraranspruch (§4 Abs. 5. GOÄ > A r z t h o n o rar Rz 189). Wo sich der Patient persönlich zu dem auf Überweisung tätigen Arzt (z. B. Radiologen) begibt, bedarf es eines ausdrücklichen Hinweises durch den überweisenden Arzt nur bezüglich des Entstehens des weiteren Honoraranspruchs. Einer ausdrücklichen Unterrichtung über beides bedarf es dagegen dann, wenn der Patient mit dem auf Überweisung tätigen Arzt nicht in persönlichen Kontakt kommt, wie z.B. bei der Einsendung von Untersuchungsmaterial an Laborärzte (> Arztvertrag Rz 218). 2. Aus den mit dem überweisenden und dem auf Überweisung tätigen Arzt geschlossenen Arztverträgen folgt als Nebenpflicht die Verpflichtung beider Ärzte zur gegenseitigen Information in dem für die Herbeiführung des Heilerfolges erforderlichen Umfang. Diese Informationspflicht ist gleichzeitig Berufspflicht (vgl. § 3 Abs. 3 MuBO) und kassenärztliche Pflicht (§ 19 Abs. 2

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Überweisung

Satz 3 u. 4 BMV-Ä). Zum Umfang der Informationspflicht des Uberweisenden Arztes im > Arztbrief vgl. Uhlenbrock, ArztR 1977, 79, 75 f. 3. Der auf Überweisung tätige Arzt ist aufgrund des zwischen ihm und dem Patienten bestehenden > Arztvertrages an den Überweisungsauftrag gebunden. Er ist nicht berechtigt, ohne das vorherige Einverständnis des überweisenden Arztes über den Rahmen des Überweisungsauftrags hinaus weitere Untersuchungs- oder Behandlungsmaßnahmen durchzuführen. Andernfalls würde er in die Behandlung des Arztes eingreifen, der vom Patienten als behandelnder Arzt gewählt worden ist ( > Auftragsleistung Rz 282). Eine Weiterüberweisung ist dem Überweisungsempfänger nur im Rahmen des ihm erteilten Auftrags gestattet (so ausdrücklich § 19 Abs. 2 BMV-Ä für Kassenärzte). Der auf Überweisung tätige Konsiliararzt ( > Konsilium) ist berechtigt, in dem Umfang, in dem er zur Durchführung einer konsiliarischen Beratung ergänzende Leistungen (z. B. Laborleistungen, Röntgenuntersuchungen) benötigt und selbst nicht erbringen kann, eine weitere Überweisung vorzunehmen. Bei der Uberweisung zur > M i t b e h a n d l u n g umfaßt der Überweisungsauftrag die Befugnis, in dem Umfang weitere Überweisungen an andere Ärzte vorzunehmen, in dem dies zur Mitbehandlung einer Erkrankung erforderlich ist. Bei der Überweisung zur Weiterbehandlung kann der die Weiterbehandlung durchführende Arzt alle Überweisungen vornehmen, die zur weiteren Behandlung des Patienten erforderlich sind und zwar - anders als bei der Überweisung zur Mitbehandlung - auch wegen anderer auftretender Erkrankungen (vgl. Hess, DÄ 1978, 2763, 2764). Die Bindung des Überweisungsauftrages erstreckt sich i.d.R. nicht auf die Art und Weise der Leistungserbringung (z. B. die Bestimmung der Strahlendosis bei einer Bestrahlungsserie). Der auf Überweisung tätige Arzt kann die erbetene Leistung teilweise oder ganz ablehnen, wenn die ihm obliegende Sorgfalt dies gebietet. Er kann auch auf eine Erweiterung des Überweisungsauftrages hinwirken, wenn er weitere Untersuchungs- oder Behandlungsmaßnahmen für erforderlich hält. Der auf Überweisung tätige Arzt ist in analoger Anwendung des § 665 BGB berechtigt, von den Weisungen des überweisenden Arztes abzuweichen, wenn er den Umständen nach annehmen darf, daß dieser bei Kenntnis der Sachlage die Abweichung billigen würde. Er hat jedoch auch in diesem Fall vor der Abweichung dem erstbehandelnden Arzt Anzeige zu machen und dessen Entschließung abzuwarten, wenn nicht mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist (BSG v. 8. 7. 1981 - 6 RKu 3 / 7 9 - und dazu Narr, DMW 1981, 1756). 4. Der auf Überweisung tätige Arzt hat nach Ausführung des Überweisungsauftrages grundsätzlich die vertragliche Pflicht zur Rücküberweisung (Uhlenbruck, aaO. S. 74). Dies ist gleichzeitig Berufspflicht (vgl. § 16 Abs. 5 MuBO; zur Rücküberweisungspflicht und dem Verbot der Wiedereinbestellung des Patienten nach Entlassung aus stationärer Behandlung vgl. § 16 Abs. 3 MuBO > C h e f a r z t Rz 526). Darüber hinaus besteht auch eine kassenärztliche Verpflichtung zur Rücküberweisung (vgl. Narr, DMW 1981, 1757). 5. Der auf Überweisung tätige Arzt hat gegen den überwiesenen Patienten ei-

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nen eigenen Honoraranspruch aufgrund des durch die Überweisung zustandekommenden neuen Arztvertrages. Der Kassenarzt kann seine aufgrund > Überweisungsscheines erbrachten Leistungen unmittelbar mit der > Kassenärztlichen Vereinigung abrechnen. 6. Wegen des Grundsatzes der > f r e i e n A r z t w a h l grundsätzlich unzulässig ist die Überweisung an einen namentlich bezeichneten Arzt. Für > Kassenärzte ist dies ausdrücklich in § 19 Abs. 4 BMV-Ä geregelt, wonach bei Überweisungen nur die > Gebietsbezeichnung des auf Überweisung tätigen Arztes angegeben werden soll, nicht jedoch dessen Name (vgl. hierzu auch Häussler, DMW 1973, 32). Eine Ausnahme gilt für die Überweisung an einen an der kassenärztlichen Versorgung beteiligten > Chefarzt (Rz 528) sowie bei der Überweisung an hochspezialisierte niedergelassene Ärzte (z.B. Überweisung zur > Computer-Tomographie). 7. Der überweisende > Kassenarzt hat stets zu prüfen, ob die Überweisung unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit erforderlich ist (Narr, DMW 1981, 1757 > W i r t s c h a f t l i c h k e i t s p r ü f u n g ; vgl. auch unten Rz 1798). Ausgeschlossen in der Kassenpraxis ist eine Überweisung zur Untersuchung für wissenschaftliche Zwecke (> C h e f a r z t Rz 530). 8. Überweisungspflicht, a) Eine Pflicht zur Uberweisung kann für den erstbehandelnden Arzt aufgrund des > Arztvertrages einmal dann bestehen, wenn die Diagnosefindung und Therapie die Beteiligung eines weiteren Arztes in einer der oben (Rz 1791) genannten Formen voraussetzt. Dies ist immer dann der Fall, wenn er erkennbar an die Grenzen seiner eigenen diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten gerät (dazu eingehend Uhlenbruck, ArztR 1972, 69ff. ; ders., DMW 1978, 406; Kohlhaas, DMW 1960, 2251; vgl. auch OLG Braunschweig v. 29. 11. 1973 - 1 U 19/73 - [Pflicht der Leitenden Ärztin der Kinderchirurgischen Abteilung eines Städt. Krankenhauses zur Überweisung eines an einer Knochenmarksvereiterung erkrankten Kindes an eine Universitätsklinik]). In diesen Fällen muß die Überweisung notfalls auch gegen den Willen des Patienten erfolgen. Aufgrund des Arztvertrages ist der Arzt verpflichtet, alles in seinen Kräften stehende zu tun, um den Patienten dazu zu bringen, die Überweisung zu befolgen. Es gilt hier entsprechendes wie bei der > Krankenhauseinweisung [Rz 1049] (vgl. BGH v. 10. 1. 1955, mitgeteilt von Burmester, aaO. S. 181) > B e h a n d l u n g s f e h l e r Rz 310. b) Eine Überweisungspflicht aufgrund des Arztvertrages ist ferner i.d.R. dann zu bejahen, wenn der Patient oder (bei fehlender Willensfähigkeit) seine Angehörigen die Uberweisung an einen anderen Arzt ausdrücklich verlangen. Diese Verpflichtung ergibt sich aus dem Weisungsrecht des Patienten, das ihm in bezug auf nichtärztliche Maßnahmen zusteht (Uhlenbruck, aaO. S. 72; vgl. zum folgenden auch Rieger, DMW 1982, 33ff.). Dabei kann es regelmäßig nicht darauf ankommen, ob das Verlangen des Patienten objektiv gerechtfertigt ist; es muß vielmehr genügen, wenn das Begehren des Patienten unter den gegebenen Umständen subjektiv verständlich ist. Man denke z. B. an den Fall, daß eine endgültige Diagnose nach der ersten Untersuchung auch bei Anwendung aller gebotenen Sorgfalt noch nicht möglich ist und der Arzt dem Patien-

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Überweisung

ten erklärt, daß eine abschließende Beurteilung des Krankheitsbildes erst im weiteren Verlauf der Erkrankung möglich ist. Hier mag es subjektiv verständlich sein, wenn der Patient in der Hoffnung, bei einem anderen Arzt rascher Klarheit zu erhalten, die Überweisung an diesen zur Konsiliaruntersuchung wünscht und sei es auch nur unter dem Gesichtspunkt, daß „vier Augen mehr sehen als zwei". Einschränkungen bestehen jedoch wegen des Gebots der Wirtschaftlichkeit (oben Rz 1796) für Überweisungen in der Kassenpraxis. Der > Kassenarzt darf nur dann einen > Überweisungsschein ausstellen, wenn er die fraglichen diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen nicht genau so gut in der eigenen Praxis durchführen kann und die Einschaltung eines weiteren Arztes in die Behandlung objektiv geeignet ist, zur möglichst raschen diagnostischen Klärung und Heilung der Krankheit beizutragen. Dies ist im vorstehenden Beispiel nur dann der Fall, wenn der Arzt, an den der Patient überwiesen werden möchte, auf dem einschlägigen Gebiet über größere Erfahrungen oder über eine bessere apparative Ausstattung verfügt als der erstbehandelnde Arzt. Andernfalls ist die Überweisung nicht „erforderlich" i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 BMV-Ä und daher unwirtschaftlich mit der Folge, daß der behandelnde Kassenarzt nicht nur berechtigt, sondern in Befolgung des Wirtschaftlichkeitsgebots sogar verpflichtet ist, das Überweisungsbegehren des Patienten zurückzuweisen. Beharrt der Patient auch nach Aufklärung über die Rechtslage durch den Arzt auf seiner Forderung nach Überweisung, wird in aller Regel das notwendige Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient derart gestört sein, daß der Arzt nach § 4 Abs. 6 BMV-Ä zur Ablehnung der Weiterbehandlung und damit auch zur Ablehnung der Überweisung berechtigt ist. Dies gilt erst recht, wenn der Patient bereits von sich aus einen anderen Arzt aufgesucht hat und nunmehr vom erstbehandelnden Arzt eine rückwirkende Überweisung verlangt. Der Nichtkassenarzt kann die Weiterbehandlung nach § 627 Abs. 2 BGB ablehnen, ohne daß ein „begründeter Fall" im Sinne des § 4 Abs. 6 BMV-Ä vorzuliegen braucht.

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Schließlich darf sowohl der Kassenarzt als auch der Nichtkassenarzt das Verlangen nach Überweisung dann ablehnen, wenn es bei der gegebenen Sachlage weder objektiv gerechtfertigt noch subjektiv verständlich ist, also jeder sachlichen Grundlage entbehrt. Dies ist z. B. der Fall, wenn der Patient ohne jeden Anhaltspunkt für eine nicht sachgemäße Behandlung, sondern lediglich aufgrund eines allgemeinen Mißtrauens gegen die fachliche Qualifikation niedergelassener Ärzte die Überweisung an einen an der kassenärztlichen Versorgung beteiligten > C h e f a r z t zwecks Durchführung von Kontrolluntersuchungen verlangt. In diesen Fällen kann der Arzt auch die Weiterbehandlung ablehnen. c) Eine Überweisungspflicht besteht grundsätzlich auch nach ärztlichem Berufsrecht (vgl. § 3 Abs. 2, Unterab. 2 MuBO). Die sich aus dem Kassenarztrecht ergebenden Einschränkungen der Überweisungspflicht (vgl. oben Rz 1798) werden durch diese Regelung nicht berührt. Für die Grenzen der berufsrechtli-

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Überweisung

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chen Uberweisungspflicht gilt entsprechendes wie bei der vertraglichen Uberweisungspflicht (oben Rzn. 1797 f.). 1800

IV. Haftung. 1. Für eine Verletzung der Überweisungspflicht hat der Arzt zivilrechtlich und strafrechtlich einzustehen. 2. Der überweisende und der auf Überweisung tätige Arzt haften für Schäden, die der Patient aufgrund unvollständiger oder unrichtiger Angaben bei der gegenseitigen Information erleidet (> Arztbrief Rz 130; vgl. Uhlenbruch aaO. S. 76; oben Rz 1793). 3. Für die zivilrechtliche und strafrechtliche Haftung des überweisenden Arztes für Fehlleistungen des auf Uberweisung tätigen Arztes und umgekehrt gelten die allgemeinen Grundsätze für die Arbeitsteilung in der Medizin ( > B e h a n d l u n g s f e h l e r Rzn. 313ff.).

Überweisungsschein 1801

Man versteht darunter einen speziellen, vom behandelnden > Kassenarzt ausgestellten > B e h a n d l u n g s a u s w e i s zum Zwecke der Weiterbehandlung, > Mitbehandlung, Konsiliaruntersuchung oder Ausführung einer > Auftragsleistung durch einen anderen Kassenarzt nach Muster 6 der Vordruckvereinbarung gem. §31 BMV-Ä (abgedr. bei Buschmann-Wilken, aaO. Kz 106 > U b e r w e i s u n g Rz 1791).

Umsatzsteuer 1802

I. Nach § 4 Nr. 14 UStG sind u. a. die Umsätze aus der Tätigkeit als > Arzt, > Z a h n a r z t , > Heilpraktiker, > K r a n k e n g y m n a s t , > H e b a m m e oder aus einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG steuerfrei (näher dazu M. Beker, aaO. S. 172, ff.). Zu den umsatzsteuerbefreiten Tätigkeiten des Arztes gehören außer der eigentlichen Tätigkeit am Patienten u. a. die Einnahmen aus ärztlichen > Guta c h t e n (Rz 747), Untersuchungen nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz ( > Jugendarbeitsschutzuntersuchungen), Reihenuntersuchungen, > S c h u t z i m p f u n g e n , Untersuchungen von Körperflüssigkeiten und menschlichem Gewebe sowie Gutachten über die Verträglichkeit und Wirkungen von Medikamenten (> Klinische A r z n e i m i t t e l p r ü f u n g Rz 958). Unter die Steuerbefreiung für Laborärzte können auch die Umsätze von Laborärzten fallen, die der Gewerbesteuerpflicht unterliegen (Schreiben des BMFi v. 24. 3. 1980, BB 1980, 564, Römermann, BB 1979, 1399). > A r z t Rz 124. II. Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Leistungen von Gruppenpraxen > L a b o r g e m e i n s c h a f t Rz 1134, > Praxisgemeinschaft Rz 1394.

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Unfallarzt

III. Die Umsätze eines Arztes aus dem Betrieb eines > Krankenhauses sind nach § 4 Nr. 14 UStG insoweit steuerfrei, als es sich um ärztliche Leistungen handelt. Voraussetzung ist, daß der Betrieb des Krankenhauses einkommensteuerrechtlich als freiberufliche Tätigkeit anerkannt wird (Schreiben des BMFi v. 7. 11. 1980, DStR 1980, 717). Dies ist dann der Fall, wenn das Krankenhaus ein notwendiges Hilfsmittel für die ärztliche Tätigkeit darstellt und aus seinem Betrieb ein besonderer Gewinn nicht angestrebt wird (näher dazu M. Beker, aaO. S. 32f. m.Nachw.).

1803

IV. Umsatzsteuerpflichtig sind 1. ärztliche Tätigkeiten, die nicht als heilberuß che Tätigkeiten i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG anzusehen sind, z.B. Vaterschaftsfeststellungen durch Blutgruppenuntersuchungen, erbbiologische Gutachten, Blutuntersuchungen bei Alkoholdelikten, der Berufsfindung dienende Tauglichkeitsuntersuchungen, schriftstellerische Tätigkeiten sowie Vortragsund Lehrtätigkeiten; 2. Hilfsgeschäfte, z.B. Lieferung von > K o n t a k t l i n s e n (Rz 988b] durch Augenärzte (steuerfrei ist jedoch die Anpassung von Kontaktlinsen, auch wenn der Augenarzt diese selbst geliefert hat; Schreiben des Hessischen Finanzministeriums v. 16. 4. 1982, ArztR 1983, 34), Veräußerung von Praxisgegenständen oder der gesamten > Arztpraxis ( > Praxisveräußerung Rz 1421).

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V. Zur umsatzsteuerlichen Behandlung nichtärztlichei Psychotherapeuten und Psychagogen > Psychotherapeut Rz 1464 >Psychagoge Rz 1455.

Unfallarzt I. Begriff. Unfallarzt ist ein als Chirurg oder Orthopäde zugelassener Kassenarzt oder als solcher an der kassenärztlichen Versorgung beteiligter oder ermächtigter Arzt ( > Kassenarzt Rzn. 926-928), der nach § 3 des Vertrages über das > U n f allheil verfahren in der kassenärztlichen Versorgung berechtigt ist, Unfallverletzte zu behandeln. II. Voraussetzung für die Anerkennung als Unfallarzt ist der Nachweis gegenüber der KV, daß der Bewerber sich zwei Jahre unfallchirurgisch weitergebildet hat und regelmäßig unfallchirurgisch tätig ist (§ 3 Abs. 1 des Vertrages über das Unfallheilverfahren). Außerdem muß die Praxis des Arztes über eine bestimmte unfallchirurgische Mindestausstattung verfügen (§ 6 des Vertrages über das Unfallheilverfahren). III. Der Unfallarzt hat abgesehen von den sich aus dem Vertrag über das Unfallheilverfahren ergebenden Besonderheiten die Rechtsstellung eines Kassen-

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Unfallarzt

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arztes bzw. eines an der kassenärztlichen Versorgung beteiligten oder ermächtigten Arztes ( > Kassenarzt Rzn. 926-928). IV. > Praxisschild Rz 1398.

Unfallheilverfahren 1806

Man versteht darunter das durch den „Vertrag über das Unfallheilverfahren in der kassenärztlichen Versorgung" zwischen der KBV und den Bundesverbänden der RVO-Kassen i.d.F.v. 21. 5. 1976 (abgedr. bei Heinemann-Liebold, aaO. J 101 ff.) geregelte besondere Verfahren mit dem Zweck, bei Unfallverletzungen möglichst bald nach dem Unfall oder nach dem erneuten Auftreten von Unfallfolgen a) zu klären, ob wegen Art, Schwere oder Dauer der Unfallfolgen besondere Heilmaßnahmen erforderlich sind und b) sicherzustellen, daß diese Heilmaßnahmen alsbald eingeleitet und wirksam ausgeführt werden. Das Unfallheilverfahren gilt nicht bei solchen Unfällen, die als Arbeits-, Schul- und Wegeunfälle in das berufsgenossenschaftliche Heilverfahren fallen ( > Durchgangsarzt, > Heilbehandlungsarzt). Es findet auch keine Anwendung bei Unfallverletzten, die Anspruchsberechtigte einer > Ersatzkasse sind (näher dazu Töns, aaO.; Narr, aaO. Rzn. 534ff.).

Unterbringung 1807

I. Begriff. Man versteht darunter die mit Freiheitsentziehung verbundene Einweisung einer Person gegen oder ohne ihren Willen in ein > Psychiatrisches Landeskrankenhaus, ein sonstiges psychiatrisches > Krankenhaus, eine Entziehungsanstalt für Suchtkranke oder eine sonstige geschlossene therapeutische Anstalt zur Abwendung von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, zur Vermeidung der Selbstgefährdung oder zwecks Beobachtung auf den Geisteszustand oder - bei Jugendlichen - auf den Entwicklungsstand.

1808

II. Die Rechtsgrundlagen sind je nach dem Zweck der Unterbringung verschieden. Als wichtigste sind zu nennen: 1. Die strafrechtliche Unterbringung als Maßnahme der Besserung und Sicherung nach §§ 63-65, 71 Abs. 1 StGB und § 9 StVollzG; 2. Die strafprozeßrechtüche Unterbringung nach §§81, 81a StPO (vgl. dazu Hahn, GA 1977, 65), § 126 a StPO, §73 JGG ( > Zwangsbehandlung Rz 2004); 3. die Unterbringung im Rahmen der Personensorge nach §§ 1631b, 1800 BGB; §§ 64äff. FGG;

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Unterbringung

4. die Unterbringung im Entmündigungsverfahren zur Feststellung des Geisteszustandes des zu Entmündigenden nach § 656 ZPO; 5. die Unterbringung von Seuchen- und Geschlechtskranken nach §37 BSeuchG und §§ 3 Abs. 1 Nr. 2, 4 Abs. 2, §§ 17, 18 GeschlKrG. Das Verfahren richtet sich nach dem Gesetz über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehungen v. 29. 6. 1956 (BGBl. I S. 599); 6. Die Unterbringung gemeingefährlicher oder selbstgefährlicher psychisch Kranker und Suchtkranker nach den Unterbringungsgesetzen der einzelnen Bundesländer. Baden-Württemberg: Gesetz über die Unterbringung psychisch Kranker - UBG - v. 11.4. 1983 (GBl. S. 133); Bayern: Gesetz über die Unterbringung psychisch Kranker und deren Betreuung - UnterbrG - v. 20. 4. 1982 (GVB1. S. 202); Berlin: Gesetz über die Unterbringung von Geisteskranken und Süchtigen - UntGes - v. 5. 6. 1958 (GVB1. S. 521); Bremen: Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten PsychKG - v. 9. 4. 1979 (GBl. S. 123); Hamburg: Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten - HmbPsychKG - v. 22. 9. 1977 (GVB1. S. 261); Hessen: Gesetz über die Entziehung der Freiheit geisteskranker, geistesschwacher, rauschgift- oder alkoholsüchtiger Personen - FreihEntzG - v. 19. 5. 1952 (GVBl. S. 111); Niedersachsen: Gesetz über Hilfen für psychisch Kranke und Schutzmaßnahmen NdsPsychKG - v. 30. 5. 1978 (GVBl. S. 443); Nordrhein-Westfalen: Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten - PsychKG - v. 2. 12. 1969 (GVBl. S. 872); Rheinland-Pfalz: Landesgesetz über die Unterbringung von Geisteskranken und Suchtkranken - UntGes - v. 19. 2. 1959 (GVBl. S. 91); Saarland: Gesetz Nr. 896 über die Unterbringung von psychisch Kranken und Süchtigen v. 10. 12. 1969 (ABl. 1970, 22); Schleswig-Holstein: Gesetz über psychisch Kranke - PsychKG - v. 26. 3. 1979 (GVBl. S. 251).

III. Soweit ausdrückliche gesetzliche Regelungen fehlen, erlaubt die Unterbringung als solche grundsätzlich nur die Freiheitsentziehung und nicht auch die Durchführung von Behandlungs- und Untersuchungsmaßnahmen ohne Einwilligung des Betroffenen (vgl. Baumann, NJW 1980, 1873ff. ; Göppinger, FamRZ 1980, 856, 858ff. >Zwangsbehandlung; unten Rz 1812).

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IV. Einzelfragen bei der Unterbringung nach den Unterbringungsgesetzen der Länder. Die Regelungen in den vorzitierten Landesgesetzen weisen z. T. erhebliche Unterschiede auf (näher dazu Baumann, NJW 1980, 1873ff. ; Göppinger, FamRZ 1980, 856ff.). 1. Voraussetzung für die Unterbringung ist nach allen Landesgesetzen, daß der Unterzubringende eine erheblich Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung herbeiführt, die nicht anders als durch zwangsweise Unterbringung abgewendet werden kann. Nach einigen Landesgesetzen bildet darüber hinaus die Selbstgefährdung einen eigenständigen Unterbringungsgrund (vgl. z.B. § 1 Abs. 4 UBG Bad.-Wttbg.j § 1 Abs. 1 Berl.UntGes; § 1 Abs. 2 Hess. FreihEntzG > Selbstmord Rz 1690). Dies ist verfassungsrechtlich unbedenklich , jedoch ist der Richter in diesen Fällen zu einer besonders sorgfältigen Prüfung der Unterbringungsvoraussetzungen verpflichtet. Dabei darf er nicht

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Unterbringung

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immer die Begriffswelt des ärztlichen > Sachverständigen übernehmen, die teils weiter, teils aber auch enger sein kann als die juristischen Begriffe (BVerfG, NJW 1982, 691; NJW 1983, 2627; OLG Stuttgart, NJW 1974, 2052; Justiz 1970, 109; a.A. Neumann, NJW 1982, 2588ff. ; zu den Voraussetzungen der Unterbringung Suchtkranker vgl. Sommer, Arzt u. Krankenhaus 1981, 199; zur Unterbringung wegen Trunksucht zum Schutz gegen Selbstgefährdung vgl. BVerfG, NJW 1983, 2627). Eine nach dem krankhaften Verhalten nicht anders als durch Unterbringung abwendbare gegenwärtige Gefahr kann z. B. auch angenommen werden, wenn die an einer Psychose erkrankte Person sich erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt, indem sie infolge der geistigen Erkrankung einen Diabetes nicht behandeln läßt und dadurch die Gefahr eines Komas heraufbeschwört (OLG Hamm, NJW 1976, 378). 2. Die Unterbringung kann als Freiheitsentziehung in jedem Fall nur aufgrund richterlicher Anordnung (Art. 104 Abs. 2 GG) und nach vorheriger Anhörung des Betroffenen erfolgen (BVerfG, NJW 1982, 691). Zuständig ist das Amtsgericht, das auf Antrag der zuständigen Verwaltungsbehörde entscheidet. 3. Vor der gerichtlichen Anordnung der Unterbringung ist ein ärtzliches > Gutachten über den Zustand des Betroffenen einzuholen. Die diesbezüglichen Regelungen in den Ländergesetzen sind teilweise sehr unterschiedlich (näher dazu Rieger, DMW 1979, 833; Hübener, DMW 1979, 1284; beide Beiträge sind durch die inzwischen erfolgten Neuregelungen teilweise überholt). In keinem Fall darf der ärztliche Gutachter sich auf die Diagnose eines Kollegen verlassen, sondern muß selbst eingehende Untersuchungen anstellen (AG Langenfeld, NJW 1982, 2609). Fraglich kann sein, ob der Hausarzt des Unterzubringenden > A t t e s t e vorlegen darf, die Einweisungsgrundlage werden. Die hierin liegende Offenbarung des Patientengeheimnisses kann unter dem Gesichtspunkt des Schutzes des höherwertigen Interesses gerechtfertigt sein (> S c h w e i g e p f l i c h t Rzn. 1652 ff.). In den „unteren Gefahrenbereichen" (wo also nur erhebliche Verwahrlosung gesundheitsgefährdender Art droht) hat der Arzt besonders sorgfältig zu prüfen, ob das Geheimhaltungsinteresse des Patienten als nachrangig anzusehen ist. In jedem Falle ist auch hier die Zweckbindung der Offenbarung durch den Arzt zu beachten, d. h. der Hausarzt darf keine für die Frage der Erforderlichkeit der Unterbringung nicht notwendigen Angaben machen (z.B. keine Mitteilung über Krebserkrankung, sofern sie nicht eine psychische Pflegebedürftigkeit ergänzend stützt; vgl. Koch, NJW 1973, 545). Für die Klage auf Berichtigung eines im Unterbringungsverfahren von der Ordnungsbehörde vorgelegten und nach Einstellung des Verfahrens aufbewahrten amtsärztlichen Gutachten ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben (BVerwG, NJW 1970, 1990). 4. Die Anordnung der Unterbringung durch das Gericht umfaßt nicht zugleich die Durchführung von Zwangsbehandlungsmaßnahmen. Hierfür bedarf es vielmehr grundsätzlich einer speziellen gesetzlichen Ermächtigung (vgl. Göppinger, FamRZ 1980, 858f. m.Nachw. Rüping, JZ 1982, 744ff.). Die Unterbringungsgesetze enthalten heute überwiegend mehr oder weniger ausführ-

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Unterbringung

liehe Vorschriften über den zulässigen Umfang ärztlicher Zwangsbehandlung Untergebrachter (vgl. z.B. §18 Abs. 2 - 4 UBG Bad.-Wttbg.; §30 Brem. PsychKG; §§ 35, 36 HmbPsychKG; § 26 NdsPsychKG; § 26 Nordrh. Westf. PsychKG; § 22 RheinlPf. UntGes, § 19 Saarl. UnterbringG; § 26 Schlesw.Holst. PsychKG). Diese Regelungen unterscheiden sich in Einzelheiten z. T. beträchtlich (eingehend dazu Göppinger, aaO. S. 859ff.; vgl. auch Hübener, NJW 1981, 620; Kloppenborg bei Heim, aaO. S. 90f.). Zulässig ist in jedem Falle nur eine Behandlung, die auf der Anwendung erlaubter Mittel beruht und nicht zu erheblichen und damit unzumutbaren Gefahren für das Leben und die Gesundheit des Untergebrachten führt. Es gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Den Ärzten obliegt bei der Prüfung dieser Voraussetzungen eine große Verantwortung. Denn alle Maßnahmen, die mit den erwähnten Gefahren verbunden sind, bedürfen grundsätzlich der vorherigen Einwilligung des Untergebrachten oder ggf. seines gesetzlichen Vertreters. Die vorherige Zustimmung ist nur dann nicht erforderlich, wenn der mit ihrer Einholung verbundene Aufschub Leben oder Gesundheit des Untergebrachten erheblich gefährden würde (zum Ganzen eingehend Göppinger, aaO. S. 860f. ; Rüping, aaO.). Wo ausdrückliche Vorschriften über die Vornahme zwangsweiser Untersuchungs- und Behandlungsmaßnahmen fehlen, sind solche Eingriffe mangels einer gesetzlichen Grundlage grundsätzlich unzulässig. Die Behandlung bedarf dann der Einwilligung des Untergebrachten oder seines gesetzlichen Vertreters, ggf. eines Pflegers (vgl. Göppinger, aaO. S. 862; OLG Stuttgart, NJW 1981, 638). Ohne Einwilligung des Untergebrachten sind jedoch solche Behandlungsmaßnahmen erlaubt, ohne die eine ordnungsgemäße Unterbringung nicht durchgeführt werden könnte, wie z. B. eine erforderliche Fixierung oder Sedierung des Untergebrachten. Solche Maßnahmen sind der Unterbringung immanent und werden daher von der Rechtfertigung der Unterbringung mitumfaßt (KG, NJW 1971, 1091; vgl. auch Rieger, DMW 1981, 377). Im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtseinheitlichkeit wäre ein Eingreifen des Gesetzgebers dringend geboten (eingehend dazu Baumann, NJW 1980, 1873, 1874 ff.). 5. Die Unterbringungsgesetze ermöglichen auch die Unterbringung Drogenabhängiger zum Zwecke der Entziehung (Beseitigung der körperlichen Abhängigkeit von der Droge). Für eine Unterbringung zum Zwecke der Entwöhnung (Umstrukturierung der Persönlichkeit) bietet das Unterbringungsrecht der Länder dagegen i.d.R. keine ausreichende Rechtsgrundlage, weil die danach zulässige Freiheitsentziehung aus rechtsstaatlichen Gründen zeitlich begrenzt ist und die Voraussetzungen der Unterbringung (Gefahr des Untergebrachten für sich oder andere) jedenfalls nicht für die gesamte Dauer der Entwöhnungsbehandlung zu bejahen sind. Für diese Fälle bedarf es daher der Schaffung einer besonderen gesetzlichen Grundlage (Stellungnahme des Justizministeriums Bad.-Wttbg. zu einem Antrag der Abg. Dr. Hopmeier u.a., LT-Drucks. 7/6819 v. 15. 1. 1980, S. 2ff.).

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Unterlassene Hilfeleistung 1814

I. Unterlassene Hilfeleistung ist die Bezeichnung für den Straftatbestand des § 323c StGB (früher § 330c|. Diese Strafvorschrift gilt für jedermann. Sie begründet keine Sonderpflichten für Ärzte, ist jedoch für diese wegen ihrer medizinischen Kenntnisse und therapeutischen Möglichkeiten von besonderer Bedeutung (vgl. BGHSt 2, 297; Hollmann, DMW 1978, 1469; Schönke-Schröder-Cramer, aao. § 323 c Rz 25 a). Nach ihr wird bestraft, wer bei Unglücksfällen oder bei gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl diese erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist (zum folgenden ausführlich Kreuzer, aaO., S. 41 ff. ; ders. bei Mergen, aaO. Bd. II, S. 227ff.]. Diese allgemeine strafrechtliche Hilfeleistungspflicht ist nicht zu verwechseln mit der ärztlichen > B e h a n d l u n g s p f l i c h t (vgl. dazu Hollmann, DMW 1978, 1469] und der Hilfeleistungspflicht aufgrund einer Garantenstellung ( > B e s u c h s p f l i c h t Rz 400 ff., > N o t f a l l a r z t Rz 1267, > R e t t u n g s d i e n s t Rz 1504). 1. Unter einem „Unglücksfall" i. S. des § 323 c StGB versteht man nach der Rspr. des BGH „jedes mit einer gewissen Plötzlichkeit eintretende Ereignis, das eine erhebliche Gefahr bringt oder zu bringen droht (BGHSt 6, 147, 152). Dieses kann auch durch die Fortentwicklung einer > K r a n k h e i t begründet werden, sofern sie eine plötzliche und sich rasch verschlimmernde Wendung nimmt" (BGH, NJW 1983, 350 m. umfassenden Nachw.). Beispiele: aj Sich steigernde und unerträglich werdende Schmerzen in der Bauchhöhle bei Krankenhauspatient (OLG Hamm, NJW 1975, 604; vgl. auch AG Groß-Gerau, NJW 1982, 709); b) plötzlich auftretende Symptome, die neben anderen Möglichkeiten auch auf diejenige eines sich anbahnenden Myokardinfarktes hindeuten (OLG München v. 20. 12. 1978 - 1 Ws 376/77 - ); c) vom Patienten absichtlich herbeigeführte Gefahrenlage (> Selbstmord Rz 1689, > B l u t t r a n s f u s i o n Rz 474 a. E., > Zwangsernähr u n g Rz 2009).

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2. Erforderlich ist die Hilfeleistung, wenn ohne sie die Unglückssituation fortbesteht oder sich ausweitet (Narr, aaO. RZ 740). Maßgebend ist die Beurteilung ex ante. Der an eine Unglücksstelle gerufene Arzt, der dem Hilferuf nicht Folge leistet, verletzt die ihm nach § 3 2 3 c StGB obliegende Hilfeleistungspflicht grundsätzlich auch dann, wenn er bei Ankunft an der Unglücksstelle nicht mehr helfen kann. Es genügt, daß Hilfe in dem Zeitpunkt, in dem er von dem Hilferuf Kenntnis erlangte, für einen unbefangenen Beobachter aussichtsreich erscheint (BGH, NJW 1962, 1212; Kreuzer bei Mergen, aaO. Bd. II S. 232). In einem aussichtslosen Fall kann sich die Hilfeleistungspflicht auch allein auf die Linderung von Qualen beschränken (OLG München v. 20. 12. 1978 - 1 Ws 376/77 -). Nicht erforderlich ist die Hilfeleistung, wenn von anderen Ärzten bereits wirksam Hilfe geleistet wird. Der Arzt darf sich indes nicht auf die Hilfeleistung von Kollegen verlassen, wenn er selbst wirksamer und rascher helfen könnte (Schönke-Schröder-Cramer, aaO. § 3 2 3 c Rz 16 m. Nachw.). Deshalb

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Unterlassene Hilfeleistung

kann es im Einzelfall nicht damit getan sein, einen Krankenwagen zu bestellen oder den > N o t a r z t anzurufen (Narr, aaO. Rz 740). Bei mehreren gleichermaßen zur Hilfeleistung befähigten Ärzten darf sich der eine nicht auf die Hilfeleistung des anderen verlassen (BayObLG, N]W 1957, 354 ; Schönke-Schröder-Cramer, aaO. § 323c Rz 16). Nach Auffassung des BGH (NJW 1983, 350) ist ein beratender Arzt, der nach Feststellung einer akut lebensgefährlichen Erkrankung bei einem Patienten die erforderliche ärztliche Hilfe selbst nicht erbringen kann, verpflichtet, die nächsten Angehörigen oder den Hausarzt des Patienten vom Ergebnis der Untersuchung zu verständigen und die erstgenannten auf die bestehende akute Lebensgefahr und die Notwendigkeit stationärer Behandlung hinzuweisen, wenn sich der Patient trotz eingehender Belehrung über die Folgen der Nichtbehandlung der Einweisung in die Klinik widersetzt. Diese Entscheidung ist unter dem Gesichtspunkt des Selbstbestimmungsrechtes des Patienten bedenklich, auch wenn der BGH eine „Zwangsbehandlung" vom Arzt nicht verlangt. Richtiger Ansicht nach muß in einem solchen Fall die Hilfeleistungspflicht des Arztes - und damit seine Pflicht zur Unterrichtung der Angehörigen oder des Hausarztes des Patienten - nach den gleichen Grundsätzen entfallen, die für die unterlassene Hilfeleistung beim > S e l b s t m o r d (Rz 1689) gelten (vgl. Schönke-Schröder-Cramer, aaO. § 323 c Rz und die zutreffende Kritik an dem vorzitierten Urteil des BGH von Geiger, JZ 1983, 153f.; vgl. auch die Urteilsbesprechung von Weissauer, Frauenarzt 1983/2, S. 64f. ; Ulrich, MedR 1983, 137). Zur Hilfeleistung durch Hausbesuch > B e s u c h s p f l i c h t Rzn. 405 ff. 3. Ob eine nach § 323 c StGB gebotene Hilfeleistung dem Arzt zumutbar ist, richtet sich nach dem allgemeinen Sittlichkeitsempfinden. Dabei sind die Gefahren der Unglückssituation und die eigenen Interessen des Arztes in Beziehung zu setzen und nach ethischen Maßstäben gegeneinander abzuwägen (Schönke-Schröder-Cramer, aaO. § 3 2 3 c StGB Rz 20). Allgemein gilt: jeder Arzt ist hilfspflichtig, der nach seinen Fähigkeiten und Hilfsmitteln ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung wichtiger Pflichten rascher und wirksamer Hilfe leisten kann als ein anderer Arzt (BGHSt 2, 296). Die Zumutbarkeitsfrage ist vor allem von Bedeutung für die > Besuchspflicht des Arztes. Die dort (Rzn. 406f.) dargelegten Grundsätze gelten allgemein für die Hilfeleistungspflicht nach § 323 c StGB (zum Problem der Zumutbarkeit eingehend Kreuzer, aaO., S. 93ff.). 4. Inhalt und Umfang der Hilfeleistungspflicht. Es genügt nicht, daß der zur Hilfeleistung verpflichtete Arzt irgendetwas tut. Er muß vielmehr - im Rahmen des Erforderlichen (oben Rz 1815) - die ihm nach seinen ärztlichen Fähigkeiten zumutbare bestmögliche Hilfe leisten (BGHSt 21, 50, 54). Beispiele: a) Bei Vorliegen von Krankheitssymptomen, die neben einer angina pectoris u. a. auch einen sich anbahnenden oder bereits eingetretenen Myocardinfarkt als nicht ausschließbare Möglichkeit in Betracht kommen lassen, darf sich der Arzt nicht mit einer einfachen körperlichen Untersuchung oder Überprüfung der Herz-Kreislaufverhält-

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nisse begnügen, sondern muß ggf. auch ein EKG erstellen (OLG München v. 20. 12. 1978 - 1 Ws 3 7 6 / 7 7 -). b] Der zunächst zugezogene Allgemeinarzt genügt seiner Hilfeleistungspflicht dadurch, daß er einen Verunglückten behelfsmäßig untersucht, sachgerechte vorläufige Maßnahmen trifft und seine Einweisung ins Krankenhaus veranlaßt (BGH, NJW 1966, 1172, 1173, Kreuzer, NJW 1967, 278, 281). c) Zur Hilfeleistungspflicht des Arztes bei Ablehnung der Behandlung durch den Patienten vgl. oben Rz 1815.

5. Die Straftat der unterlassenen Hilfeleistung kann nur vorsätzlich begangen werden, wobei bedingter Vorsatz genügt. Verkennt der objektiv zur Hilfeleistung verpflichtete Arzt aufgrund fachlicher Mängel oder aus mangelnder Sorgfalt das Vorliegen eines „Unglücksfalles" (oben Rz 860) und der Erforderlichkeit einer durch ihn zu erbringenden Hilfeleistung (oben Rz 1814), so scheidet eine Strafbarkeit nach § 323 c StGB mangels Vorsatz aus (OLG München v. 20. 12. 1978 - 1 Ws 3 7 6 / 7 7 -). 1817

II. 1. Eine Hilfeleistungspflicht nach den vorstehenden Grundsätzen trifft vor allem niedergelassene Äizte in Form der Verpflichtung zur Durchführung von Hausbesuchen ( > B e s u c h s p f l i c h t Rzn. 405ff.), gleichgültig ob sie eine > Gebietsbezeichnung führen oder nicht. 2. Bezüglich der Hilfeleistungspflicht von Krankenhausärzten ist zu unterscheiden: a) Ein Tätigwerden außerhalb des Krankenhauses ist dem Krankenhausarzt regelmäßig nicht zuzumuten. Seine Verantwortung beschränkt sich grundsätzlich auf das Krankenhaus, wo ständig mit Neueinlieferungen oder Verschlechterungen im Befinden stationärer Patienten gerechnet werden muß (vgl. Kohlhaas, DMW 1966, 1660). Eine Ausnahme gilt jedoch - sofern kein niedergelassener Arzt erreichbar ist - dann, wenn der Notfall sich in nächster Nähe des Krankenhauses ereignet, der Arzt vom Krankenhaus aus jederzeit sofort erreichbar ist und erforderlichenfalls binnen kürzester Frist wieder für akute Behandlungsfälle im Krankenhaus zur Verfügung steht, oder wenn der herbeigerufene Krankenhausarzt kurzfristig entbehrlich ist; letzteres hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab (vgl. Kreuzer, aaO., S. 98; Rieger, D M W 1973, 518 m. Nachw.). Das AG Aschaffenburg hatte einen zu einem Verkehrsunfall gerufenen Bereitschaftsdienstarzt ( > B e r e i t s c h a f t s dienst) eines Krankenhauses wegen unterlassener Hilfeleistung verurteilt, weil er sich geweigert hatte, das Krankenhaus zu verlassen, obwohl er durch den > Oberarzt abgelöst worden wäre, wenn er dem Hilferuf Folge geleistet hätte (Urt. v. 26. 3. 1970 - Cs 992/1969, mitgeteilt von Vogel, ÄBl. Bad.Wttbg. 1971, 151).

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b) Innerhalb des Krankenhauses wird die allgemeine Hilfeleistungspflicht meist durch die Garantenstellung des Krankenhausarztes gegenüber den Insassen des Krankenhauses überlagert, so daß § 323 c StGB gegenüber einem unechten Unterlassungsdelikt nach §§ 222, 230, 13 StGB nur subsidiär zum Zuge kommt (vgl. Schönke-Schröder-Cramer, aaO. § 3 2 3 c Rz 34 ; OLG Hamm, NJW 1975, 604; AG Groß-Gerau, NJW 1982, 709). Keine Garantenschaft

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dürfte i.d.R. für die Ärzte einer bestimmten Fachabteilung hinsichtlich der Patienten einer anderen Fachabteilung bestehen, so daß hier nur der Tatbestand der unterlassenen Hilfeleistung in Betracht kommt. Beispiel: Der Chefarzt der gynäkologischen Abteilung eines Krankenhauses fühlt sich einem von ihm vermuteten Strangulationsileus nicht gewachsen und ruft den Chirurgen herbei. Diesen trifft dann nur eine Hilfeleistungspflicht nach § 3 2 3 c StGB (vgl. Kohlhaas, DMW 1966, 1660, 1661 f.).

c) Der Aufnahmeaizt eines Krankenhauses ist in erster Linie Garant im Verhältnis zu den mit dem Krankenwagen eingelieferten Patienten. Dies folgt nunmehr eindeutig aus den > Krankenhausreformgesetzen der einzelnen Bundesländer, soweit solche bestehen. § 11 KHG Bad.-Wttbg. bestimmt z.B., daß derjenige, der der stationären Versorgung bedarf, Anspruch auf Aufnahme in ein geeignetes > Krankenhaus hat und das Krankenhaus seinerseits im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit zur Aufnahme verpflichtet ist. Eine Garantenpflicht des Aufnahmearztes ist aber auch dort anzunehmen, wo keine entsprechenden gesetzlichen Vorschriften bestehen. Daraus folgt, daß der Aufnahmearzt wegen eines durch die Verweigerung der Aufnahme beim Patienten entstandenen Schadens zivilrechtlich und strafrechtlich einzustehen hat (§§ 222, 230 StGB; § 823 BGB). Läßt sich später nicht feststellen, daß die Gesundheitsschädigung oder der Tod des Patienten bei rechtzeitiger Aufnahme ins Krankenhaus vermieden worden wäre, kommt eine subsidiäre Haftung wegen unterlassener Hilfeleistung nach § 323 c StGB in Betracht, sofern im Zeitpunkt des Aufnahmebegehrens für einen unbefangenen Beobachter ärztliche Hilfe noch aussichtsreich erschien (vgl. Kreuzer, aaO., S. 81, 105f.). Die Unglücksfallsituation i.S. des § 323 c StGB ist nicht lokal beschränkt auf den ursprünglichen Unglücksort. Der Unglücksfall dauert so lange fort, wie noch eine Rettungschance besteht (BGH, NJW 1966, 1171, 1173; Kreuzer, aaO., S. 99). Der Abtransport des Verletzten vom Unglücksort steht einer Hilfeleistungspflicht des Aufnahmearztes also nicht entgegen (Kreuzer, aaO., S. 100; vgl. aber OLG Köln, NJW 1957, 1609). Diese Verpflichtung beschränkt sich indes auf die Leistung Erster Hilfe zur Wahrung bestehender Rettungschancen. § 323 c StGB statuiert keine Pflicht zur ärztlichen Nachuntersuchung und Nachbehandlung. Demgegenüber hat der BGH (NJW 1966, 1172) die Verurteilung eines Krankenhauschirurgen wegen unterlassener Hilfeleistung für rechtens erachtet, der es unterlassen hatte, eine mit einer Schenkelhalsfraktur eingelieferte, zuvor jedoch vom einweisenden Arzt versorgte Patientin sogleich als Spezialist persönlich zu untersuchen. Diese Entscheidung führt zu einer unzulässigen Ausweitung des Begriffs „Unglücksfall" und ist daher im Schrifttum mit Recht auf Ablehnung gestoßen (vgl. Kreuzer, NJW 1967, 278; Narr, aaO. Rz 739). Ob die Krankenhausaufnahme ausnahmsweise verweigert und der Patient an ein anderes Krankenhaus verwiesen werden darf, beurteilt sich im Einzelfall nach Zumutbarkeitsgesichtspunkten. Der Hinweis auf eine bestehende Überbelegung wird in einem kleinen Krankenhaus eher erlaubt sein als in einem

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großen (vgl. hierzu und zu weiteren Abweisungsgründen Kreuzer, aaO., S. 100). Die Überbelegung der Unfallabteilung berechtigt nicht zur Abweisung, wenn in der Intensivstation noch Betten zur Verfügung stehen (LG Koblenz v. 3. 6. 1980 - 101 Js 1950/78 - 9 Ns -). Nach der Rspr. trifft den Aufnahmearzt in jedem Fall eine Untersuchungspflicht. Die Abweisung darf nur erfolgen, „wenn der über die Aufnahme entscheidende Arzt sich die Gewißheit verschafft hat, daß im Augenblick Hilfe nicht erforderlich und der Weitertransport zu verantworten ist. Diese Gewißheit kann sich der Arzt nur verschaffen, wenn er selbst den Zustand des Angelieferten prüft" (OLG Köln, NJW 1957, 1609, 1610; LG Koblenz aaO. ; OLG München v. 20. 12. 1978 - 1 Ws 3 7 6 / 7 7 -). Zum Teil wird eine solche Untersuchungspflicht auch aus den Landeskrankenhausgesetzen gefolgert (vgl. z.B. Narr, aaO. Rz 728; gegen eine ausnahmslose Untersuchungspflicht Kreuzer, aaO. S. 120, der mit Recht darauf hinweist, daß dem Arzt in Nothilfesituationen ein gewisser Spielraum in der Auswahl der besten Hilfsmaßnahmen zugestanden werden muß). 1819

III. Der Arzt genießt auch im Notfalleinsatz grundsätzlich keine Sonderrechte im Straßenverkehr. Er kann jedoch unter dem Gesichtspunkt des rechtfertigenden Notstands (§ 34 StGB; § 16 OWiG) berechtigt sein, sich über straßenverkehrsrechtliche Bestimmungen hinwegzusetzen (näher dazu Rieger, Hippokrates 1968, 224 ; 42 > N o t f a l l a r z t Rz 1268). IV. Unfallversicherung. 1. Der hilfspflichtige Arzt ist gegen Personenschaden, den er bei der Hilfeleistung erleidet, in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert (§ 539 Abs. 1 Nr. 9 a RVO). Dieser kraft Gesetzes eintretende Versicherungsschutz ist allerdings subidiär gegenüber einer daneben bestehenden Berufsunfallversicherung (z. B. als angestellter Arzt) oder freiwilligen Versicherung bei der > B e r u f s g e n o s s e n s c h a f t (Rz 364a.E.). Daneben steht dem Arzt ein Anspruch gegen den Verunglückten zu (§§ 683, 670 BGB), der jedoch auf den Träger der gesetzlichen Unfallversicherung insoweit übergeht, als dieser Leistungen gewährt (§116 SGB X). 2. Sachschäden und Vermögensschäden, die der Arzt beim Notfalleinsatz erleidet, kann er unter dem Gesichtspunkt des Aufwendungsersatzes nach §§ 683, 670 BGB ersetzt verlangen. Ist der Verunglückte in der gesetzlichen > Krankenversicherung (Rz 1103) versichert, so richtet sich der - im ordentlichen Rechtsweg verfolgbare - Anspruch gegen diese (BGH, NJW 1961, 359). Kann der Arzt auf diesem Wege keinen Ersatz erhalten, so hat er gegen den Staat einen Aufopferungsanspruch (Vogel, ÄBl. Bad.-Wttbg. 1971, 151, 154).

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V. Aus der Notfallbehandlung erwächst dem Arzt ein Vergütungsanspruch, der sich im Fall der Behandlung eines in der gesetzlichen > Krankenversicherung (Rz 1103) Versicherten gegen die KV richtet, auch wenn es sich um einen Nichtkassenarzt handelt (§368d Abs. 1 Satz 2 RVO > Chefarzt Rz 530, > Notfall Rz 1266, > Notfalldienst Rz 1289).

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Verhandlungsfähigkeit

VI. Die Verletzung der Hilfeleistungspflicht nach §323c StGB begründet keine zivilrechtliche Schadensersatzpflicht nach § 823 Abs. 2 BGB, weil § 323 c StGB nach h. M. kein Schutzgesetz i. S. dieser Bestimmung ist (vgl. Dütz, NJW 1970, 1822).

Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands (NAV) I. Der aus dem im Jahr 1949 gegründeten „Verband der niedergelassenen Nicht-Kassenärzte Deutschlands" hervorgegangene Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands e.V. (NAV) vertritt die Interessen der niedergelassenen Ärzte gegenüber Parlamenten, Regierungen, Parteien, Behörden und sonstigen Organisationen in der Bundesrepublik und dem Ausland (zur Gründungsgeschichte vgl. Stobrawa, aaO. S. 73f.). Zu seinen Aufgaben gehört auch die Beratung seiner Mitglieder in allen Fragen im Zusammenhang mit der Berufsausübung sowie in wirtschaftlichen Angelegenheiten. Publikationsorgan ist die Zeitschrift „der niedergelassene arzt".

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II. Der Bundesverband mit Sitz in Köln ist in Landesverbände aufgegliedert. Er zählt heute über 14000 Mitglieder (zur Organisationsstruktur im übrigen vgl. Stobrawa, aaO. S. 74f.).

Verhandlungsfälligkeit I. Im Strafprozeß versteht man darunter die Fähigkeit des Beschuldigten, seine Interessen vernünftig wahrzunehmen, Prozeßerklärungen abzugeben und entgegenzunehmen. Der Beschuldigte muß aufgrund seiner physischen und psychischen Verfassung in der Lage sein, der Verhandlung zu folgen, die Bedeutung des Verfahrens sowie der einzelnen Verfahrensakte zu erkennen und zu würdigen und sich sachgerecht zu verteidigen (BGH v. 13. 2. 1976 2 StR 585/73 OLG Karlsruhe v. 12. 7. 1977, DMW 1979, 240). Die Verhandlungsfähigkeit setzt nicht > G e s c h ä f t s f ä h i g k e i t voraus, sondern nur einen genügenden Reifegrad sowie Freiheit der Willensentschließung und Willensbetätigung. Unter dieser Voraussetzung kann auch ein Geisteskranker oder ein in der Entwicklung gehemmter Jugendlicher verhandlungsfähig sein. Verhandlungsunfähigkeit ist ein Verfahrenshindernis, das zur vorläufigen oder endgültigen Einstellung des Verfahrens führt (§§ 205, 206 a StPO; Kleinknecht, aao. Einl. 94). Ob Verhandlungsfähigkeit gegeben ist, kann der Richter häufig nur mit Hilfe eines ärztlichen > S a c h v e r s t ä n d i g e n klären. Welche Kriterien dabei für den Sachverständigen maßgebend sind, hat das OLG Karlsruhe in seinem vor-

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Verhandlungsfähigkeit

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zitierten Beschluß anschaulich dargelegt. Verhandlungsunfähigkeit kann auch vorliegen, wenn konkrete Anhaltspunkte für die Befürchtung bestehen, der Beschuldigte werde bei Fortführung des Verfahrens, namentlich der Hauptverhandlung, sein Leben einbüßen oder schwerwiegende Dauerschäden für seine Gesundheit erleiden (BVerfGE 51, 324, 346). 1823

II. Eine andere Bedeutung hat der Begriff der Verhandlungsfähigkeit im Zivilprozeß; er ist dort gleichbedeutend mit dem Begriff der Postulationsfähigkeit, d. h. der Fähigkeit, in eigener Person wirksam mit dem Gegner und dem Gericht im Prozeß zu verhandeln. An der Postulationsfähigkeit fehlt es in Verfahren, für die Anwaltszwang besteht (vgl. §§ 78 ff. ZPO). Die Verhandlungsfähigkeit (Postulationsfähigkeit) ist zu unterscheiden von der Prozeßfähigkeit als der Fähigkeit, wirksame Prozeßhandlungen vorzunehmen und einen Prozeßbevollmächtigten zu bestellen. Die Prozeßfähigkeit setzt > G e s c h ä f t s f ä h i g k e i t voraus (Prozeßfähigkeit = prozessuale Geschäftsfähigkeit).

Verschreibung 1824

I. Begriff. Eine ärztliche Verschreibung (Rezept, ärztliche Verordnung, Ordination) ist die persönlich von einem > A r z t ausgestellte schriftliche Anweisung an einen > A p o t h e k e r auf Überlassung eines genau bezeichneten > A r z n e i m i t t e l s an einen Patienten oder an den Arzt selbst für den Bedarf in seiner Praxis [ > S p r e c h s t u n d e n b e d a r f ] (vgl. Schulz, aaO. S. 467 f. ; RGSt 62, 284; Kohlhaas bei Kuhns, aaO. S. 1/292). II. 1. Wichtigste Rechtsgrundlagen sind: §§48, 49 AMG; Verordnung über verschreibungspflichtige Arzneimittel v. 31. 10. 1977 - AMVerschV —, Verordnung über die automatische > V e r s c h r e i b u n g s p f l i c h t v. 26. 6. 1978 AutVerschrV - ; § 13 BtMG und die Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung v. 16. 12. 1981 - B t M W ( > B e t ä u b u n g s m i t t e l r e c h t ) . 2. Verschreibungsfähig ist jedes > A r z n e i m i t t e l , gleichgültig ob es freiverkäuflich, apothekenpflichtig ( > A p o t h e k e n p f l i c h t ) oder verschreibungspflichtig ( > V e r s c h r e i b u n g s p f l i c h t ) ist. 3. Das Verschreibungsrecht steht allen approbierten Ärzten zu ; es ist nicht an die > N i e d e r l a s s u n g in eigener Praxis geknüpft. Daher sind auch angestellte und > beamtete Ärzte zur Ausstellung von Rezepten berechtigt. > H e i l p r a k t i k e r dürfen nur Arzneimittel verschreiben, die nicht der > V e r s c h r e i b u n g s p f l i c h t unterliegen.

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III. Form der Verschreibung. 1. Die Verordnung verschreibungspflichtiger Arzneimittel muß enthalten (§ 2 Abs. 1 AMVerschrV): a) Name, Berufsbezeichnung (die nicht durch den Titel „Dr. med." ersetzt

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Verschreibung

werden kann > A r z t Rz 122) und Anschrift des verschreibenden Arztes (> Praxisvertreter Rz 1436); b) Datum der Ausfertigung; c) Name des Patienten; d) abzugebende Menge des verschriebenen Arzneimittels (bei fehlenden Angaben gilt die kleinste im Handel befindliche Packung als verschrieben, § 2 Abs. 3 AMVerschrV); e) Gebrauchsanweisung bei Arzneimitteln, die in der > Apotheke hergestellt werden sollen; f) Gültigkeitsdauer der Verschreibung (bei fehlender Angabe gilt die Verschreibung 6 Monate, § 2 Abs. 4 AMVerschrV). g) Die wiederholte Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ist nur zulässig, wenn das Rezept einen Wiederholungsvermerk trägt. Bei Wiederholungsvermerken ohne nähere Angaben darf das Medikament nur einmal wiederholt abgegeben werden (§ 3 AMVerschrV). Wird vom Arzt mehrmalige Wiederholung gewünscht, so muß er Häufigkeit und Dauer angeben. Grundsätzlich unzulässig sind Wiederholungsvermerke auf Kassenrezepten (vgl. Nr. 23 der > Arzneimittel-Richtlinien). h) Das Rezept muß mit der eigenhändigen Unterschrift des Arztes versehen werden. Die Verwendung eines Namensstempels genügt nicht. Die vorgenannten Angaben brauchen dagegen nicht vom Arzt selbst oder handschriftlich geschrieben zu sein. Vielmehr kann der Arzt sich hierzu seines Hilfspersonals bedienen. Berufsrechtlich nicht erlaubt ist aber die Verwendung von Gummistempeln für bestimmte Arzneimittel, wenn diese Stempel dem Arzt von der Herstellerfirma zur Verfügung gestellt werden (vgl. ÄM 1964, 2332; Schulz, aaO. S. 469; BayObLG, ÄM 1963, 926). 2. Berufsrechtlich und kassenarztrechtlich unzulässig ist auch die Ausstel- 1826 lung von Blanko-Rezepten durch einen Arzt, und zwar auch dann, wenn es sich nur um ein Blanko-Rezept zur Wiederholung gängiger Rezepturen handelt (LSG Darmstadt, ÄM 1959, 1370; Schulz, aaO. S. 469 m. w. Nachw.J. In der Ausstellung eines Blanko-Rezepts liegt eine verbotene Delegation ärztlicher Tätigkeit an Nichtärzte. Außerdem liegt ein Verstoß gegen § 24 Abs. 3 MuBO vor. Strafrechtlich können Anstiftung oder Beihilfe zur verbotenen Ausübung der > Heilkunde (§ 5 HPG) in Betracht kommen (Narr, aaO. Rz 27). 3. Kassenärzte haben zusätzlich die Vorschrift der Nr. 3 der > Arzneimittel-Richtlinien zu beachten (Pflicht zur leserlichen Ausstellung von Rezepten und zur erneuten Unterzeichnung mit Datumsangabe bei Änderungen und Ergänzungen). IV. Rechtsnatur. Das Rezept ist eine Urkunde i. S. des § 267 StGB, so daß das unbefugte Ausstellen eines Rezeptes durch einen Nichtarzt eine Urkundenfälschung darstellt (Schulz, aaO. S. 468 unter Berufung auf RG v. 18. 4. 1 9 4 2 - 5 D 164/42 -).

Verschreibung

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V. Haftung des Arztes und des Arzneimittelherstellers (vgl. zum folgenden

auch Köster, aaO.|. Für Schäden, die der Patient durch eine sorgfaltswidrige Verschreibung von Medikamenten erleidet, haftet der Arzt zivilrechtlich (§§611 ff., 276, 823 BGB) und strafrechtlich (§§230, 222 StGB). Daneben kommt eine Haftung des Arzneimittelherstellers in Betracht, wenn die Gefahr, die zu dem Schadenseintritt geführt hat, seinem durch Gesetz und Rspr. festgelegten Verantwortungsbereich zuzurechnen ist. Insoweit gelten die Grundsätze über die Produkthaftung (vgl. dazu Mertens in: Münch. Komm. § 823 Rzn. 279ff.). Im Einzelfall können sich Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben. Grundsätzlich bestehen Verschulden und Haftung des Arztes und des Arzneimittelherstellers selbständig nebeneinander. Der Verantwortungsbereich des Arztes kann jedoch durch bestimmte Sorgfalts- und Aufklärungspflichten (Hinweispflichten) des Herstellers eingeschränkt sein (näher dazu Hasskarl, BB 1973, 120; ders., BB 1976, 165; Franz, Anm. zum Urt. des BGH v. 11. 7. 1972, NJW 1972, 2218; Rieger, DAZ 1981, 703ff.). 1. Dem Arzt obliegen insbesondere folgende Sorgfaltspflichten (vgl. zum folgenden Uhlenbruck, Med. Klinik 1974, 445; Roesch, ZfV 1971, 476; Rieger, DAZ 1981, 703 ff.; Trube-Becker, Med. Klinik 1967, 156): a) Eine Infoimations- und Fortbildungspflicht. Der Arzt muß sich durch einschlägiges Informationsmaterial (Fachliteratur, > R o t e Liste, Veröffentlichungen der > Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft in Fachzeitschriften, Arztprospekte, > Packungsbeilagen, Direktinformationen der Hersteller [z. B. Rote-Hand-Briefe, Anzeigenwerbung]) über Kontraindikationen, Dosierung und Nebenwirkungen vergewissern. Insbesondere beim Rezeptieren von ihm noch unbekannten Spezialitäten muß er sich erst genau über die vom Hersteller in Literatur und Packungsbeilagen angegebenen Kontraindikationen informieren, wenn er sich nicht der Gefahr aussetzen will, durch die Medikation eben solcher Mittel Nebenwirkungen hervorzurufen (vgl. Roesch, ZfV 1971, 476, 478 > Behandlungsfehler Rz 322, > Fortbildung Rz 632). b) Die Verschreibung muß lesbar, vollständig und inhaltlich richtig sein (RGZ 125, 374). Etwa verwendete Abkürzungen müssen klar und eindeutig sein. Der Arzt haftet auch für Unrichtigkeiten durch Schreibfehler (näher dazu Schulz, aaO. S. 468ff.). c) Eine Uberwachungs-, Instruktions- und Aufklärungspflicht gegenüber

dem Patienten. Bei Verordnung eines nicht ungefährlichen Medikaments muß der Arzt dessen nicht gefährdende Anwendung und ärztliche Überwachung sicherstellen (vgl. BGH, VersR 1970, 324; OLG Zweibrücken, VersR 1983, 935; Rieger, DMW 1973, 1008 [Verordnung phenacetinhaltiger Medikamente]; LG Köln, MDR 1962, 899 [Pflicht des Arztes zur Erkundigung über Empfindlichkeit des Patienten gegen allergische Nebenwirkungen], dazu Schulz, aaO. S. 471). Er muß den Patienten über die Gefährlichkeit des Medikaments belehren, Sicherungen gegen eine mißbräuchliche Anwendung treffen und sich ständig vergewissern, ob seine Anordnungen befolgt werden. In diesem Zusammenhang ist vor allem auf die Pflicht zur Aufklärung des Patienten über

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die Wirkungen von Medikamenten bei Benutzung eines Kraftfahrzeugs hinzuweisen ( > Aufklärungspflicht Rz 281). Da auch die Verabreichung von Medikamenten einen Eingriff darstellt, der nur bei Vorliegen einer entsprechenden Einwilligung des Patienten gerechtfertigt ist ( > Heilbehandlung Rz 802], ist der Arzt verpflichtet, den Patienten über mögliche Nebenwirkungen aufzuklären, sofern diese für einen „verständigen Patienten" bei seinem Entschluß, in die Medikation einzuwilligen, ins Gewicht fallen können. Hierbei kommt es darauf an, welcher Art die möglichen Nebenwirkungen sind, wie groß im konkreten Fall die Gefahr ihres Eintritts ist und wie schwer sie im Verhältnis zu den Folgen ist, die für den Patienten im weiteren Ablauf seiner Erkrankung zu erwarten wären, wenn die vorgesehene Medikation unterbliebe. Auf Nebenwirkungen, die sich so selten verwirklichen und deren Hervortreten auch im Fall des Patienten so wenig wahrscheinlich ist, daß sie bei einem verständigen Menschen in seiner Lage für den Entschluß, in die Behandlung einzuwilligen, nicht ernsthaft ins Gewicht fallen, braucht der Patient nicht hingewiesen zu werden (vgl. hierzu BGH, VersR 1963, 232, 233; NJW 1982, 697; Schewe, MMW 1979, 628 > Auf klärungspf licht Rzn. 256 ff.). Die Aufklärungspflicht obliegt dem rezeptierenden Arzt grundsätzlich auch dann, wenn er auf Ratschlag eines Kollegen handelt. Eine andere Beurteilung kann dann gelten, wenn der empfehlende Arzt davon ausgehen muß, daß der rezeptierende, dem er die Empfehlung erteilt, über schädliche Nebenwirkungen und Kontraindikationen nicht hinreichend unterrichtet ist (OLG Köln v. 10. 1. 1983 - 7 U 163/81 -). Stellt der Arzt im Verlauf einer Behandlung bisher nicht bekannte Nebenwirkungen und Kontraindikationen fest, so muß er das Medikament absetzen. Nach § 24 Abs. 7 MuBO ist er verpflichtet, in diesen Fällen, die > Arzneim i t t e l k o m m i s s i o n der Deutschen Ärzteschaft zu unterrichten. d) Die Pflicht, den Patienten im Rahmen der von ihm gewählten Therapie keinen veimeidbaren Risiken auszusetzen. Dies gilt u.a. bei der erstmaligen Anwendung einer neuartigen Entziehungstherapie mit einem gefährlichen Medikament, das in größerer als der für die einmalige Anwendung notwendigen Dosis in die Hand von Rauschgiftabhängigen und damit erfahrungsgemäß besonders unberechenbaren Patienten gegeben wird (BGH v. 18. 7. 1978 1 StR 209/78 [Verschreibung von 5 Ampullen eines morphinhaltigen Medikaments zur Selbstinjektion mit der Anweisung, jeweils nur eine Ampulle zu injizieren] ). e) Eine Güterabwägungspflicht. Ergibt sich für den Arzt die Notwendigkeit, unter mehreren gefährlichen Medikamenten eine Auswahl zu treffen, so muß er sich für dasjenige entscheiden, welches die Gefahr irreversibler ototoxischer Schädigungen hervorruft und auf das Mittel verzichten, das zur Gefahr neurotoxischer Schädigungen führen kann, die zwar voll behebbar sind, aber auch tödlich verlaufen können (OLG Frankfurt v. 15. 1. 1976 - 6 U 128/74 -). f) Bei der Verschreibung neuer Medikamente kann der Arzt sich bei solchen Mitteln, die von der Arzneimittelindustrie hergestellt und in > Apotheken verkauft werden, auf die Angaben des Herstellers über Zusammensetzung, An-

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Wendungsbereich und Dosierung grundsätzlich verlassen. Vorsicht ist jedoch geboten, wenn das Mittel noch nicht in Apotheken erhältlich ist, der Arzt von einem solchen Mittel z.B. durch eine Fachzeitschrift Kenntnis erlangt hat. Hier müssen vor der Verschreibung die angegebene Zusammensetzung sowie das Indikationsgebiet genau überprüft werden, erforderlichenfalls anhand von Lehrbüchern (vgl. Gaisbauer, VersR 1976, 214, 218 m. Nachw.). g) Grundsätzlich gebietet die ärztliche Sorgfaltspflicht, nur solche Medikamente zu verschreiben, die nach den Regeln und Erfahrungen der medizinischen Wissenschaft zur Behandlung des vom verschreibenden Arzt festgestellten Krankheitszustandes und zur Bewahrung des Patienten vor körperlichen Schäden erforderlich sind. Der Arzt darf sich regelmäßig nicht auf die Angaben des Patienten verlassen. Er ist auch nicht verpflichtet, sich spezifischen Wünschen des Patienten in bezug auf das Medikament zu beugen (Uhlenbruck, Rhein. ABl. 1981, 674, 676; LG München, ArztR 1981, 240). Beharrt der Patient auf seiner Forderung, ohne daß die Verschreibung sachlich begründet ist, kann der Arzt die Weiterbehandlung ablehnen (> B e h a n d l u n g s p f l i c h t Rz 325). 1830

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2. Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit des Arzneimittelherstellers richtet sich nach den Grundsätzen über die Produkthaftung. Die Sorgfaltspflicht des Herstellers gebietet u.a., daß er >Arzneimittel, die die Verkehrstüchtigkeit einschränken können, daraufhin von verkehrsmedizinischer Seite untersuchen läßt, um in Arztinformation und > P a c k u n g s b e i l a g e entsprechende Hinweise geben zu können (näher zum Ganzen Rieger, DAZ 1981, 703; zur Warn- und Produktbeobachtungspflicht des Herstellers von Pflanzenschutzmitteln (vgl. BGH v. 17. 3. 1981 - VI ZR 286/78 - , dessen grundsätzliche Ausführungen auch für den Arzneimittelhersteller gelten; vgl. Andreas, ArztR 1982, 128; BGH, NJW 1981, 2514). Der Arzneimittelhersteller haftet nach § 84 AMG auch ohne Verschulden unter dem Gesichtspunkt der > G e f ä h r d u n g s h a f t u n g (vgl. hierzu Kullmann, Pharma-Recht 1981, 112; Jannott, VersR 1983 - Karlsruher Forum S. 129ff.). 3. Haftungsverteilung zwischen Arzt und Arzneimittelhersteller. Trifft sowohl den Arzt als auch den Hersteller nach den vorstehenden Grundsätzen eine haftungsrechtliche Verantwortung für schädliche Nebenwirkungen, so haftet grundsätzlich jeder selbständig neben dem anderen für den Schaden als Gesamtschuldner (§ 840 Abs. 1 BGB; Franz, Anm. zum Urt. des BGH v. 11.7. 1972, NJW 1972, 2218). Im Innenverhältnis kann die Haftung des Arztes jedoch durch die Sorgfaltspflichten des Herstellers eingeschränkt sein. Dies kann im Einzelfall sogar dazu führen, daß diesen im Verhältnis zum Arzt die alleinige Haftung trifft (§§ 426 Abs. 1, 254 Abs. 1 BGB). So hat der BGH in der Entscheidung vom 11. 7. 1972 (NJW 1972, 2219) dem Verschulden des Herstellers an der „bewußten" Unterlassung vollständiger Aufklärung (fehlender Hinweis auf irreparable Folgen bei Injektionen des Kurznarkosemittels „Estil" in die Arterie) größere Bedeutung beigemessen als dem fahrlässigen Fehler des Arztes bei Anwendung des Präparates (versehentliche intraarterielle Injektion), und zwar in der Weise, daß er den Hersteller im Verhältnis zum Arzt allein

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haften ließ. Dies deshalb, weil das Fehlverhalten des Arztes durch die Unterlassung des Herstellers erst ermöglicht wurde (vgl. Franz, aaO.). Diese Grundsätze werden auch dann gelten müssen, wenn der Hersteller ohne Verschulden lediglich unter dem Gesichtspunkt der Gefährdungshaftung (§ 84 AMG) für schädliche Nebenwirkungen einzustehen hat. Nach dem im Rahmen des § 426 Abs. 1 BGB entsprechend anwendbaren Rechtsgrundsatz des § 254 BGB (Palandt-Heinrichs, aaO. § 426 Anm. 3b) entscheidet bei der Haftungsverteilung zwischen mehreren Ersatzpflichtigen in erster Linie das Maß der beiderseitigen Verursachung und erst in zweiter Linie das Verschulden. Wo der Hersteller durch sein Tun oder Unterlassen das Fehlverhalten des Arztes erst ermöglicht, wird sein Beitrag zur Verursachung des schädlichen Erfolges regelmäßig so überwiegen, daß die Mitverantwortlichkeit des Arztes demgegenüber nicht mehr ins Gewicht fällt mit der Folge, daß der Hersteller für den Schäden allein haftet. 4. Mitverschulden des Patienten. Grundsätzlich ist auch der Patient verpflichtet, die Instruktionen des Arztes und die Hinweise des Arzneimittelherstellers in der > Packungsbeilage zu befolgen. Verhält er sich nicht entsprechend, so trifft ihn im Schadensfall ein Mitverschulden. Bei der Abwägung der Verantwortlichkeit nach dem Maß der jeweiligen Verursachung im Rahmen des § 254 Abs. 1 BGB ist jedoch davon auszugehen, daß der Arzt „immer Herr der Behandlung bleibt" (BGH, NJW 1972, 2220) und der Patient darauf vertrauen darf, daß der Arzt nicht nur die Zusammensetzung und Wirkung eines zu verabreichenden Arzneimittels im allgemeinen, sondern auch dessen Nebenwirkungen kennt (LG Köln, VersR 1963, 296 [Leits.]). Der Patient darf sich deshalb regelmäßig darauf verlassen, daß der verschreibende Arzt die Frage der Nebenwirkungen und Kontraindikationen geprüft hat. Ihn trifft jedoch beispielsweise dann ein Verschulden, wenn er dem Arzt auf dessen Frage eine kontraindizierende Tatsache verschwiegen hat (vgl. Uhlenbrock, Med. Klinik 1974, 448). In diesem Fall dürfte der Schaden dem Patienten allein zuzurechnen sein, so daß eine Haftung des Arztes überhaupt nicht eintritt. Eine hälftige Schadensteilung zwischen Arzt und Patient dürfte z. B. dann Platz greifen, wenn der Arzt bei Verordnung eines Medikamentes, bei dessen Überdosierung schädliche Nebenwirkungen auftreten können, es unterläßt, den Patienten ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß die Dosierung streng nach den Angaben in der > Packungsbeilage oder nach Verordnung des Arztes zu erfolgen habe. Der Arzt darf hier die Dosierung nicht dem Patienten in der stillschweigenden Erwartung überlassen, dieser werde sich schon nach der Dosierungsanleitung des Herstellers richten (Roesch, aaO. S. 479).

VI. Die vorstehenden Grundsätze gelten auch für die Anwendung von Medikamenten im klinischen Bereich. Die Verordnung erfolgt hier meist nicht schriftlich in Form eines Rezeptes, sondern durch Anordnungen an die ärztlichen und nichtärztlichen Mitarbeiter. Unzulässig ist die Verabreichung von Medikamenten durch das > Krankenpflegepersonal ohne Wissen des Arztes.

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Dies zu verhindern gehört zu den Sorgfaltspflichten des verantwortlichen Krankenhausarztes (vgl. Rieger, DMW 1977, 585). VII. Der Arzt hat für eine diebstahlsichere Aufbewahrung von Rezeptformularen Sorge zu tragen. Für Schäden aus einer von ihm verschuldeten Entwendung von Vordrucken hat er zivilrechtlich und strafrechtlich einzustehen. 1834

VIII. Die Übergabe von Rezepten durch den verschreibenden Arzt an > Apotheken kann als Verstoß gegen § 1 UWG i.V.m. §§ 1, 11, 12 ApG und die ärztliche > B e r u f s o r d n u n g (vgl. § 24 Abs. 4 MuBO) Schadensersatzansprüche auslösen (BGH v. 17. 10. 1980, DMW 1981, 690 ; BerufsG f. Heilberufe beim VG Köln v. 30. 3. 1979, Rhein. ÄBl. 1979, 488; weitere berufsgerichtliche Entscheidungen bei Luyken u.a., aaO. A 2.14 Nrn. 1.1 ff.). Dies gilt auch dann, wenn die Rezepte vom Arzt nur auf Wunsch von alten, kranken und gehbehinderten Patienten zur Apotheke gegeben werden, um ihnen den Weg zur Apotheke zu ersparen und sie rascher in den Besitz der verordneten Medikamente zu bringen (OLG Frankfurt, NJW 1979, 1254 m. Anm. Pieck, PharmZtg. 1978, 1524). Der > A p o t h e k e r , der solche Rezepte entgegennimmt, handelt ebenfalls wettbewerbswidrig (OLG Frankfurt aaO. S. 1255 f. > A p o t h e k e r Rz 80, > R e z e p t s a m m e l s t e l l e ) . IX. Verschreibungen durch > K a s s e n ä r z t e unterliegen der > Wirtschaft lichkeitsprüfung (> A r z n e i r e g r e ß ) . X. Orientierungshilfen für den Arzt bei der Verschreibung von Arzneimitteln sind u.a. die > R o t e Liste, die Liste Pharmaindex, die > P r e i s v e r gleichsliste, die > T r a n s p a r e n z l i s t e , der > A r z n e i m i t t e l i n d e x und das von der > A r z n e i m i t t e l k o m m i s s i o n der deutschen Ärzteschaft herausgegebene Taschenbuch „Arzneiverordnungen" (Deutscher Ärzteverlag Köln, 14. Aufl. 1981).

Verschreibungspflicht 1835

Man versteht darunter die Beschränkung der Abgabe bestimmter > A r z n e i m i t t e l , die nur nach Vorlage einer ärztlichen, zahnärztlichen oder tierärztlichen > V e r s c h r e i b u n g an Verbraucher abgegeben werden dürfen. Dabei sind drei Arten der Verschreibungspflicht zu unterscheiden: 1. Die normale Verschreibungspflicht nach §48 Abs. 1 AMG auf unbestimmte Zeit und die auf seiner Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen (> V e r s c h r e i b u n g Rz 1824). 2. Die automatische Verschreibungspflicht nach § 49 Abs. 1 AMG regelmäßig für die Dauer von 5 Jahren und die auf seiner Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen (> V e r s c h r e i b u n g Rz 1824).

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Versorgungsamt

3. Die Betäubungsmittel-Verschreibungspßcht aufgrund der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung v. 16. 12. 1981 ( > B e t ä u b u n g s m i t t e l r e c h t Rz 408). Verschreibungspflichtige Arzneimittel unterliegen grundsätzlich auch der > A p o t h e k e n p f l i c h t (Rz 73).

Versehrtenleibesübungen I. Versehrtenleibesübungen sind Teil der Versorgungsleistungen nach dem >Bundesversorgungsgesetz (§§9 Nr. 1, I I a BVG). Der Sache nach handelt es sich um > B e h i n d e r t e n s p o r t . Ziel der Versehrtenleibesübungen ist es, durch ärztlich geleitete Übungen, die auf die Art und Schwere der Schädigungsfolgen und den gesundheitlichen Allgemeinzustand des Beschädigten abgestellt sind, die körperliche Leistungsfähigkeit des Beschädigten zu erhalten oder wiederzugewinnen.

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II. Die Verordnung zur Durchführung des § 11 a des > Bundesversorgungsgesetzes v. 29. 7. 1981 (BGBl. I S. 779) bezweckt die Sicherstellung der Durchführung der Versehrtenleibesübungen durch Abschluß von Verträgen zwischen der Versorgungsverwaltung und Versehrtensportorganisationen. Für die Abrechnung der Durchführungskosten ist ein pauschales Vergütungssystem vorgesehen.

Versorgungsamt I. Die Versorgungsämter sind Dienststellen der Versorgungsverwaltung, denen hauptsächlich die Durchführung der Kriegsopferversorgung nach dem > Bundesversorgungsgesetz obliegt. Dazu gehört insbesondere die Gewährung von > H e i l b e h a n d l u n g [Rz 803] (§§ lOff. BVG), soweit diese nicht den gesetzlichen Krankenkassen übertragen ist (§18cff. BVG; näher dazu Fehl, SGb 1980, 469 ff.). Darüber hinaus sind die Versorgungsämter zuständig für die Gewährung von Leistungen insbesondere nach folgenden Gesetzen: Bundesentschädigungsgesetz, > Schwerbehindertengesetz, Soldatenversorgungsgesetz, Zivildienstgesetz, Häftlingshilfegesetz, > Bundes-Seuchengesetz, Gesetz über die Enntschädigung für Opfer von Gewalttaten. II. Organisation. Die Versorgungsämter sind Länderbehörden, die den Landesversorgungsämtern unterstehen. Die Aufsicht führen die Arbeits- und Sozialminister (bzw. die entsprechenden Senatoren) der Länder. Je nach Bedarf bestehen neben den Versorgungsämtern orthopädische Versorgungsstellen, versorgungsärztliche Untersuchungsstellen, Versorgungskrankenhäuser, -kuranstalten und -heilstätten.

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Versorgungsamt

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Bei den Versorgungs- und Landesversorgungsämtern besteht ein „Ärztlicher Dienst" unter Leitung eines ärztlichen Dezernenten. Neben den angestellten und > beamteten Ärzten werden auch niedergelassene Ärzte und Krankenhausärzte zur Untersuchung und Begutachtung herangezogen (> Versorgungsarzt). 1838

III. Nach § 12 Abs. 2 KOVwVfG kann das Versorgungsamt von Krankenhäusern, Sozialversicherungsträgern und behandelnden Ärzten mit Einverständnis der Betroffenen Krankenunterlagen und Sektionsbefunde beiziehen und Auskünfte einholen (vgl. Rieger, DMW 1981, 314, Möllhoff, DMW 1981, 1316 > K r a n k e n u n t e r l a g e n Rz 1091, > A u s k u n f t s p f l i c h t Rz 288, > S c h w e i g e p f l i c h t Rz 1637). Öffentliche Krankenanstalten werden dabei im Rahmen der Amtshilfe unentgeltlich tätig (§31 Abs. 1 KOVwVfG). Freien gemeinnützigen und privaten Krankenanstalten ( > K r a n k e n h a u s Rz 1017) sowie niedergelassenen Ärzten werden die ihnen hierdurch entstandenen notwendigen baren Auslagen nach Maßgabe der landesrechtlichen Vorschriften erstattet (§ 31 Abs. 2 KOVwVfG, W Nr. 2 zu § 31). Dabei wird es sich regelmäßig um Porto- und Versandkosten sowie um Unkosten handeln, die durch Schreibarbeiten oder das Anfertigen von Ablichtungen entstanden sind. Der mit dem Heraussuchen und Wiedereinordnen verbundene Arbeitsaufwand wird nicht zusätzlich vergütet. IV. Die Abrechnung der ärztlichen Leistungen für die Versorgungsberechtigten erfolgt mittels > Bundesbehandlungsschein über die > Kassenärztlic h e n V e r e i n i g u n g e n , die wiederum mit den Krankenkassen und diese mit den Versorgungsämtern abrechnen. Die Vergütung bemißt sich nach dem > B e w e r t u n g s m a ß s t a b — Ä r z t e 1978 (Rz 449) bzw. der > Ersatzkass e n - G e b ü h r e n o r d n u n g (§ 18c Abs. 4 BVG, vgl. dazu Fehl, SGb 1980, 471 ff.). V. Sofern Äizte vom Versorgungsamt als > Sachverständige zur Erstattung von > G u t a c h t e n und Befundberichten herangezogen werden, erhalten sie eine Entschädigung nach dem ZSEG (§30 KOVwVfG). Die Festsetzung der Entschädigung erfolgt durch Verwaltungsakt, der mit den üblichen Rechtsbehelfen angefochten werden kann. Gegen die Kostenfestsetzung des Versorgungsamtes ist der Antrag auf gerichtliche Festsetzung der Kosten durch das Sozialgericht nicht möglich (Gebhardt, aaO. S. 123).

Versorgungsarzt 1839

I. Man versteht darunter einen bei einem > V e r s o r g u n g s a m t oder Landesversorgungsamt und den diesen unterstellten ärztlichen Dienststellen tätigen Arzt.

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Versorgungswerk

II. Zu den Aufgaben des Versorgungsarztes gehören vor allem Gutachtertätigkeit und Durchführung der > Heilbehandlung (Rz 803) in den bei der Versorgungsverwaltung bestehenden Einrichtungen (zur Gutachtertätigkeit vgl. Anhaltspunkte, aaO.). Zu den Auswirkungen der Neuregelung des Verwaltungsverfahrens in SGB X auf die versorgungsärztliche Begutachtung vgl. Hennies, Med. Sach. 1981, 64. III. Rechtsstellung. Die Versorgungsärzte stehen im Angestellten- oder Beamtenverhältnis. Darüber hinaus werden z.T. niedergelassene Ärzte und Krankenhausärzte im Auftrag des > Versorgungsamtes nebenberuflich - meist freiberuflich - tätig. Die ärztlichen Dezernenten der Versorgungs- und Landesversorgungsämter haben als Leitende Ärzte das Recht, den ärztlichen Beamten und Angestellten in medizinisch-fachlicher Hinsicht (nicht in den die Verwaltung betreffenden Angelegenheiten) Weisungen zu erteilen. Sie tragen dem Leiter des Amtes gegenüber die Verantwortung dafür, daß der gesamte ärztliche Dienst im Bereich des Versorgungsamtes nach einheitlichen und versorgungsärztlich einwandfreien Gesichtspunkten ausgeübt wird. Dieses Weisungsiecht darf indes nicht dazu führen, daß die Freiheit der Berufsausübung ( > A r z t Rz 123) der dem Leitenden Arzt unterstellten Ärzte in unzulässiger Weise eingeschränkt wird. Es umfaßt nicht das Recht, Anweisungen für die Beurteilung eines Einzelfalles zu erteilen. Die Weisungsbefugnis beschränkt sich auf Anweisungen allgemeiner Art, z. B. in bezug auf die Abfassung von > Gutachten, die Beachtung medizinischer Veröffentlichungen usw. (näher dazu Grosse bei Kuhns, aaO. S. 1/907). IV. Haftung. Der Versorgungsarzt wird bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben hoheitlich tätig. Für Schäden, die einem Versorgungsempfänger durch ein unrichtiges versorgungsärztliches > Gutachten oder durch Pflichtverletzungen des Versorgungsarztes bei der Anordnung und Durchführung versorgungsrechtlich notwendiger Untersuchungen entstehen, haftet das Land nach Amtshaftungsgrundsätzen (Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB), gleichgültig, ob die Untersuchungen von Versorgungsärzten oder anderen Ärzten (z.B. niedergelassenen Ärzten oder Krankenhausärzten) im Rahmen eines ihnen vom > Versorgungsamt erteilten Auftrags durchgeführt werden (vgl. BGH, NJW 1961, 969).

1840

V. Eine Zulassung von Versorgungsärzten ab Kassenarzt kommt i.d.R. nicht in Betracht ( > Kassenarzt Rz 926).

Versorgungswerk I. Die ärztlichen Versorgungswerke sind eigenfinanzierte Einrichtungen des Berufsstandes mit der Aufgabe, die Berufsunfähigkeits-, Alters- und Hinterbliebenenversorgung der Ärzte und deren Angehöriger sicherzustellen (zum

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Versorgungswerk

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Wesen der berufsständischen Versorgungswerke vgl. die Selbstdefinition der Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen v. 20. 6. 1981, Saarl. ÄBl. 1981, 367; zu den berufsständischen Versorgungswerken als versorgungsrechtliche Alternative zur gesetzlichen Rentenversicherung vgl. Ruland, NJW 1982, 1847; vgl. zum folgenden Kirchhoff/Reusch/SchulteMattler, aaO. S. 11 ff.). II. Die ärztlichen Versorgungswerke haben eine landesgesetzliche Rechtsgrundlage. Sie haben durchweg öffentlichrechtlichen Charakter; ihre Verfassungsmäßigkeit ist in der Rspr. anerkannt (vgl. HessVGH v. 25. 6. 1974 V OE 22/72 -). Im einzelnen bestehen z.T. sehr unterschiedliche Regelungen (vgl. die Synopse bei Kirchhoff/Reusch/Schulte-Mattler, aaO. S. 28ff.). Überwiegend sind die ärztlichen Versorgungswerke Eigeneinrichtungen der > Ä r z t e k a m m e r n , d.h. unselbständige Rechtspersönlichkeiten, aber verselbständigte Sondervermögen mit eigenen Organen und eigenen Rechnungslegungsvorschriften der sie tragenden Ärztekammern (Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein, teilweise Rheinland-Pfalz, Saarland, Schleswig-Holstein und Westfalen-Lippe; vgl. z.B. § 10 Abs. 2 Nieders. KammerG i.V.m. der Alterssicherungsordnung der Ärztekammer Nieders.). Die übrigen Ärzteversorgungen sind durch besondere Landesgesetze körperschaftsrechtlich oder anstaltsrechtlich mit eigener Rechtspersönlichkeit organisiert (baden-württembergische Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte sowie bayerische Ärzteversorgung - einschließlich Pfalz und Rheinhessen des Landes Rheinland-Pfalz - in der Bayerischen Versicherungskammer (vgl. für Bad.-Wttbg. das Gesetz über die Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte i.d.F.v. 28. 7. 1961, GBl. S. 299). 1842

III. Mitgliedschaft. 1. Bei allen ärztlichen Versorgungswerken besteht Pflichtmitghedschaft. Grundsätzlich ist jeder seinen Beruf ausübende Arzt Mitglied im Versorgungswerk seiner Ärztekammer oder in der Ärzteversorgung einer anderen Ärztekammer, der er früher pflichtmäßig angehörte und in der er seine Mitgliedschaft aufrechterhalten hat. Zu den Pflichtmitgliedern gehören nicht nur die Ärzte in freier Praxis, sondern auch die in der Angestelltenversicherung versicherten angestellten Ärzte (vgl. BVerwG, NJW 1983, 2650), > P r a x i s v e r t r e t e r , wissenschaftliche Mitarbeiter in der Forschung und in der Industrie, in den meisten Kammern auch die > b e a m t e t e n Ä r z t e auf Widerruf oder auf Probe und die > S a n i t ä t s o f f i z i e r e als Soldaten auf Zeit. Ärzte ausländischer Staatsangehörigkeit werden teils wie deutsche Ärzte als Pflichtmitglieder, teils nur auf Antrag aufgenommen, in einigen Ländern sind sie von der Mitgliedschaft ausgeschlossen. 2. Das Prinzip der Pflichtmitgliedschaft ist durch Ausnahme- und Befreiungsmöglichkeiten durchbrochen. a) Ausgenommen von der Pflichtmitgliedschaft sind meist Beamte auf Lebenszeit und Sanitätsoffiziere als Berufssoldaten sowie Ärzte, die bei Zuzug in den Bereich einer Ärztekammer das 45. Lebensjahr vollendet haben.

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Versorgungswerk

b] Befreiungsmöghchkeiten von der Pflichtmitgliedschaft haben Ärzte, die der Ärzteversorgung in einem anderen Landesärztekammerbereich angehören und dort freiwillig versichert bleiben (eine Ausnahme besteht in Baden-Württemberg für niedergelassene Ärzte, die sich vor dem 45. Lebensjahr niederlassen und freiwillig Mitglied einer anderen Versorgungseinrichtung bleiben,- sie werden von der Teilnahmepflicht in Baden-Württemberg nicht entbunden). Ferner können sich Ärzte aufgrund dienstvertraglich zugesicherter Ansprüche auf Ruhegeld und Hinterbliebenenversorgung befreien lassen. Schließlich sind die Beamteneigenschaft auf Widerruf oder auf Probe oder die Eigenschaft als > S a n i t ä t s o f f i z i e r im Zeitsoldatenverhältnis in den meisten Versorgungswerken Befreiungsgründe. Befreiungsanträge sind regelmäßig an Fristen gebunden, die entweder mit der Aufnahme der beruflichen Tätigkeit im Bereich des Versorgungswerkes oder mit dem Eintritt des Befreiungsgrundes zu einem späteren Zeitpunkt zu laufen beginnen. Die Mitgliedschaft in der Angestelltenversicherung bildet keinen Befreiungsgrund. Der Arzt hat jedoch die Möglichkeit, sich gem. § 7 Abs. 2 AVG von der Versicherungspflicht dort befreien zu lassen. Ein in freier Praxis tätiger Arzt kann nicht Befreiung von einer selbst beantragten Pflichtversicherung in der Angestelltenversicherung wegen gleichzeitig bestehender Pflichtmitgliedschaft bei einem ärztlichen Versorgungswerk verlangen (BSG v. 9. 12. 1982 - 12 RK 15/80 -). 3. Alle Versorgungswerke geben den bei ihnen Versicherten die Möglichkeit, bei Fortzug aus dem Kammerbereich oder bei Eintreten eines Ausnahmegrundes die Mitgliedschaft freiwillig fortzusetzen. Voraussetzung ist regelmäßig, daß der Arzt die freiwillige Mitghedschaft innerhalb bestimmter Fristen nach Beendigung der Pflichtmitgliedschaft schriftlich beantragt. Er hat dann in der Versorgungseinrichtung, in deren Bereich er zuzieht, die Möglichkeit der Befreiung von der Pflichtmitgliedschaft. (Ausnahme Bd.-Wttbg., vgl. oben) Macht er hiervon keinen Gebrauch, werden im Versorgungsfall sodann die Leistungen aus beiden Versorgungseinrichtungen ohne gegenseitige Kürzung oder Anrechnung nebeneinander gezahlt.

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IV. Beiträge. Die Versorgungswerke erheben Beiträge (Versorgungsabgaben), die sich nach der Art der Berufstätigkeit und unterschiedlich auch nach der Höhe des Berufseinkommens des Mitglieds richten. 1. Niedergelassene Ärzte entrichten in einigen Versorgungswerken Beiträge, die in Prozent der Berufseinnahmen bemessen werden (z.B. Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein). In anderen Kammerbereichen beläuft sich der Beitrag wie bei den angestellten Ärzten auf den jeweiligen höchsten Pflichtbeitrag zur Angestelltenversicherung (z.B. Berlin und Hessen). In den meisten Versorgungswerken wird der Beitrag der niedergelassenen Ärzte nach einem bestimmten Berechnungsmodus jährlich neu festgesetzt, wobei er ebenfalls in der Größenordnung des höchsten Pflichtbeitrages der Angestelltenversicherung liegt (z.B. Niedersachsen, Nordrhein, Westfalen-Lippe, Saarland).

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Versorgungswerk

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2. Angestellte Ärzte, die von der Pflicht zur Zahlung an die BfA befreit sind, zahlen überall eine Versorgungsabgabe in gleicher Höhe wie zur Angestelltenversicherung. Angestellte Ärzte, die die Pflichtversicherung in der Angestelltenversicherung aufrechterhalten haben, entrichten zur Ärzteversorgung ermäßigte Abgaben unterschiedlicher Art bis herunter auf drei Zehntel des BfA-Beitrages. In ähnlicher Weise bemessen sich die Beiträge der freiwilligen Mitglieder (z.B. Beamte, Sanitätsoffiziere und Versicherte ohne ärztliche Berufsausübung). 3. Bei Wechsel der Berufstätigkeit (z. B. Niederlassung des bisher angestellten Arztes oder Wechsel eines bisher niedergelassenen Arztes in ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis) erfolgt mit dem neuen Status auch eine Veranlagung nach der neuen Beitragsgruppe. 4. Ärzte, die aus dem Beamten- oder Soldatenverhältnis ausscheiden, um eine eigene Praxis zu gründen oder im Angestelltenverhältnis tätig zu sein, werden auf Antrag nachversichert. Die Nachversicherung ist innerhalb eines Jahres nach Ausscheiden aus einem solchen Dienstverhältnis beim ehemaligen Dienstherrn zu beantragen (Ausschlußfrist). Bei zeitlich unmittelbar aufeinanderfolgenden Dienstverhältnissen ist der Begriff des „Ausscheidens" i. S. des § 124 Abs. 6 a u. 6 b AVG nur als endgültiges Ausscheiden gemeint, so daß es ausreicht, wenn die Nachversicherung innerhalb eines Jahres nach dem Ausscheiden aus der letzten versicherungsfreien Beschäftigung beantragt wird (BSG v. 18. 8. 1983 - 11 RA 47/82 SG Mannheim v. 25. 7. 1979 - 5 An 1488/78 -). 5. Während des Grundwehrdienstes werden Beiträge zur Ärzteversorgung nach Maßgabe der §§ 14a, 14b ArbPlSchG i.d.F. des Art. 25 HaushBG 1984 weiterentrichtet oder erstattet, wenn der Arzt am Tage vor seiner Einberufung Pflichtmitglied einer Ärzteversorgung und von der Versicherungspflicht in der Angestelltenversicherung befreit ist oder vor der Wehrdienstleistung in einem Zweig der gesetzlichen Rentenversicherung freiwillig versichert war ( > Wehrdienst Rz 1865). 6. Im Falle der Arbeitslosigkeit erhält der Arzt gem. § 166 b AFG die Beiträge zur Ärzteversorgung erstattet, wenn er von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist und Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe oder Unterhaltsgeld bezieht. Der Antrag ist beim zuständigen Arbeitsamt zu stellen. 7. Eine Erstattung von Beiträgen zur Ärzteversorgung für Zeiten des Mutterschaftsurlaubs bei Ärztinnen, die von der Angestelltenversicherung gem. § 7 Abs. 2 AVG befreit sind, findet seit 1.1. 1982 nicht mehr statt (vgl. Art. 7 Abs. 4 des Gesetzes zur Einführung eines Mutterschaftsurlaubes v. 25. 6. 1979, BGBl. I S. 797). 8. Bei Fortzug in einen anderen Kammerbereich werden, sofern der Arzt sich nicht für die freiwillige Mitgliedschaft beim bisherigen Versorgungswerk entscheidet (vgl. oben III 3), auf seinen Antrag die Versorgungsabgaben vom bisherigen Versorgungswerk auf die neu zuständige Ärzteversorgung ungekürzt und kostenfrei übertragen, wobei der Uberleitungsantrag innerhalb von 6 Mo-

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Vertragsarzt

naten nach Wechsel des Arbeitsplatzes bzw. von 3 Monaten nach erstmaliger > Niederlassung in freier Praxis zu stellen ist. 9. Bei Ausscheiden aus der Ärzteveisorgung vor einer bestimmten Altersgrenze gewähren die meisten Versorgungswerke eine Erstattung von 60 % der geleisteten Versorgungsabgaben. 10. Versorgungsabgaben sind Sonderausgaben i.S. des Lohn- und Einkommensteuerrechts (näher dazu Kirchhoff/Reusch/Schulte-Mattler, aaO. S. 24 f.). V. Versorgungsleistungen. Die ärztlichen Versorgungswerke gewähren Altersrente (regelmäßig mit Vollendung des 65. Lebensjahres), Berufsunfähigkeitsrente ( > Berufsunfähigkeit), Witwen-, Witwer- und Waisenrente, Kinderzuschüsse, Sterbegeld (bei etwa der Hälfte der Versorgungswerke), sowie Zuschüsse zu Rehabilitationsmaßnahmen (wegen der Unterschiede bei den einzelnen Versorgungswerken vgl. die Synopse bei Kirchhoff/Reusch/ Schulte-Mattler, aaO. S. 28 ff.). VI. Zu Fragen des Versorgungsausgleichs nach Ehescheidung bei Mitgliedschaft in ärztlichen Versorgungseinrichtungen vgl. Kirchhoff/Reusch/ Schulte-Mattler, aaO. S. 20ff. ; Kirchhoff, DÄ 1981, 1931 ff. Zu den Auswirkungen der Entscheidung des BVerfG v. 27. 1. 1983 (FamRZ 1983, 342) und des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich vom 21. 2. 1983 (BGBl. I S. 105) auf die ärztlichen Versorgungswerke vgl. v. Maydell, ArztR 1983, 205 ff.

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III. Die Tätigkeit eines Mitglieds des Verwaltungsausschusses einer von einer > Ärztekammer betriebenen Ärzteversorgung ist nicht als Leistung öffentlicher Dienste i. S. des § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG anzusehen, da die Ärzteversorgung ein Betrieb gewerblicher Art i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG ist (BFHE 112, 481).

Vertragsarzt Der Begriff ist mehrdeutig. 1. a) In der gesetzlichen > Krankenversicherung (Rz 1103) versteht man unter Vertragsarzt einen an der ärztlichen Versorgung der Anspruchsberechtigten der > Ersatzkassen beteiligten vorwiegend niedergelassenen Arzt. Die Beteiligung als Vertragsarzt erfolgt auf Antrag des Arztes durch die bei der örtlich zuständigen > Kassenärztlichen Vereinigung gebildete Beteiligungskommission (§§ 5 ff. AEKV). Vertragsarzt kann nur werden, wer gleichzeitig nach § 368 a Abs. 1 RVO als zugelassener, beteiligter oder ermächtigter Arzt an der kassenärztlichen Versorgung teilnimmt ( > Kassenarzt Rzn. 926 ff. ; § 525 c Abs. 1 RVO), es sei denn, daß der Arzt bereits am 1. 1. 1977 Vertragsarzt war oder sich als solcher beworben hatte (Art. 2 § 6 KVWG, Hess. LSG v. 25. 6. 1980 - L 7 Ks 482/79 u. 507/79 -). In diesem Fall

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Vertragsarzt

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ist es auch - abweichend von § 525 c Abs. 1 RVO - möglich, unter Verzicht auf die Zulassung zu den RVO-Kassen die Ersatzkassenpraxis beizubehalten (BSG v. 6. 10. 1981, SGb 1981, 542). Im Umkehrverhältnis besteht diese Bindung nicht. Die Voraussetzungen für die Beteiligung als Vertragsarzt entsprechen im wesentlichen denen bei der Zulassung als > Kassenarzt. Zur Frage der Beteiligung angestellter Ärzte an der Ersatzkassenpraxis vgl. BSG v. 16. 3. 1973, DMW 1973, 1581. Entsprechend der Beteiligung von Krankenhausärzten bei den RVO-Kassen ( > Kassenarzt Rz 927) können auch leitende (nicht auch nachgeordnete) Krankenhausärzte Vertragsarzt werden und auf Antrag an der ambulanten Versorgung der Versicherten der Ersatzkassen beteiligt werden (§ 5 Nr. 6 AEKV). Desgleichen kann die KV Nichtvertragsärzte und ärztlich geleitete Einrichtungen zur Durchführung bestimmter ärztlicher Leistungen ermächtigen (§ 5 Nr. 3 AEKV). b) In einem weiteren Sinne werden auch Ärzte als Vertragsarzt bezeichnet, die Anspruchsberechtigte anderer Kostenträger zu deren Bedingungen behandeln (z. B. Vertragsärzte der > Postbeamtenkrankenkasse; vgl. § 3 des Vertrages dieser Kasse mit der KBV, DÄ 1983/39, S. 53). 2. Als Vertragsarzt werden ferner Ärzte bezeichnet, die für eine Behörde oder private Einrichtung aufgrund eines freien Dienst- oder Arbeitsvertrages meist nebenberuflich - regelmäßig tätig werden ( > Anstaltsarzt im Justizvollzugsdienst Rz 57, > Freie Heilfürsorge Rz 648, > Hilfsarzt Rz 867, > M u s t e r u n g s a r z t Rz 1227, > Polizeiarzt Rz 1372, > T r u p p e n a r z t Rz 1779). Solche Ärzte sind, sofern sie Aufgaben für eine Behörde wahrnehmen, im haftungsrechtlichen Sinne hoheitlich tätig ( > H a f t u n g Rz 785).

Vertrauensärztlicher Dienst 1850

I. Der Vertrauensärztliche Dienst ist eine den > Landesversicherungsanstalten übertragene Gemeinschaftaufgabe der gesetzlichen > K r a n k e n versicherung (Rz 1103) einschließlich der > Ersatzkassen. Die Landesversicherungsanstalten sind Träger der Krankenversicherung für solche Aufgaben, die zweckmäßig gemeinsam für ihren Bezirk durchgeführt werden. Als Gemeinschaftsaufgabe ist der Vertrauensärztliche Dienst losgelöst von der Einzelkasse mit der Folge, daß der > Vertrauensarzt von der Einzelkasse unabhängig ist. Bei jeder LVA ist ein Landesvertrauensarzt tätig, der den Einsatz der haupt- und nebenberuflich tätigen Vertrauensärzte leitet und fachlich beaufsichtigt (näher zu den Aufgaben, Organisation und rechtliche Stellung des Vertrauensärztlichen Dienstes Sendler, Med.Sach. 1982, 22ff.). Ein eigener Vertrauensärztlicher Dienst besteht bei den Arbeitsämtern und den Versorgungsämtern ( > Arbeitsamtsarzt, > Versorgungsamt).

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II. Rechtsgrundlage. Für die Organisation und Durchführung des Vertrauensärztlichen Dienstes gelten noch die Verordnung v. 18. 12. 1934 (RGBl. I

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Vertrauensarzt

S. 1266] und die Bestimmungen über den Vertrauensärztlichen Dienst in der Krankenversicherung des RAM v. 30. 3. 1936 (AN 1936, S. 107) sowie die Bestimmungen des RVA über Anstellung, Besoldung und Dienstverhältnisse der Versorgungsärzte v. 15. 7. 1936 (AN 1936, S. 230) i.d.F. v. 3. 11. 1937 (AN 1937, S. 336) u. 29. 12. 1938 (AN 1939, S. 40 ; zur Rechtsnatur dieser Vorschriften eingehend Peters, Hdb. der Krankenvers. § 369b Anm. 1, 12). III. Zum Sozialdatenschutz im Vertrauensärztlichen Dienst vgl. Sendler, Med.Sach. 1982, 66ff. > S o z i a l g e h e i m n i s .

Vertrauensarzt 1. Der Begriff wird nicht einheitlich verwendet. 1. Einmal versteht man unter Vertrauensarzt einen im > V e r t r a u e n s ä r z t l i c h e n D i e n s t einer > L a n d e s v e r s i c h e r u n g s a n s t a l t für die gesetzlichen Krankenkassen ( > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g Rz 1103) begutachtend tätigen Arzt. 2. Ferner wird als Vertrauensarzt auch ein Arzt bezeichnet, der für eine private Institution, insbesondere eine Versicherungsgesellschaft, begutachtend tätig wird (z.B. Begutachtung bei Eingehung einer Lebensversicherung). 3. Schließlich führen auch die im eigenen vertrauensärztlichen Dienst der Arbeitsämter und Versorgungsämter tätigen Ärzte die Bezeichnung „Vertrauensarzt" ( > A r b e i t s a m t s a r z t , > V e r s o r g u n g s a r z t ) . Die nachstehenden Ausführungen betreffen nur den Vertrauensarzt i. S. der Definition unter 1).

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II. Rechtsgrundlage für den Vertrauensarzt i. S. der gesetzlichen Krankenversicherung ist § 3 6 9 b RVO i.V.m. der Verordnung v. 18. 12. 1934 (RGBl. I S. 1266) und den Bestimmungen über den Vertrauensärztlichen Dienst in der Krankenversicherung des RAM (Vertrauensärztlicher Dienst Rz 1851).

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III. Die Aufgaben des Vertrauensarztes sind in § 369 b Abs. 1 RVO festgelegt. Danach obliegt dem Vertrauensarzt 1. die Nachprüfung der Verordnung von Versicherungsleistungen in den erforderlichen Fällen; 2. die Begutachtung der > Arbeitsunfähigkeit auf Veranlassung der Krankenkasse, wenn es zur Sicherung des Heilerfolges oder zur Beseitigung von begründeten Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit erforderlich erscheint oder wenn der Arbeitgeber dies unter Darlegung begründeter Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit verlangt (§ 369b Abs. 1 Nr. 2 RVO i.d.F. des HaushBG 1983); 3. die Begutachtung bei der Einleitung von Rehabilitationsmaßnahmen ( > Rehabilitation). Soweit es zur sachgemäßen Wahrnehmung dieser Aufgaben erforderlich ist, hat der Vertrauensarzt das Recht, bei der Begehung von Krankenhäusern Krankengeschichten einzusehen (Kierski, Med. Sach. 1961, 64). Eine Pflicht der

Vertrauensarzt

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Krankenhausärzte zur Einsichtgewährung besteht jedoch nur im Rahmen der ärztlichen Schweigepflicht ( > K r a n k e n u n t e r l a g e n Rz 1092, > Schweigep f l i c h t Rz 1633; näher zu den Aufgaben des Vertrauensarztes Sendler, Med. Sachv. 1982, 22, 23f.). 1854

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IV. Rechtsstellung. 1. Im Verhältnis zur Landesversicherungsanstalt gelten noch die Bestimmungen des früheren RVA ( > V e r t r a u e n s ä r z t l i c h e r D i e n s t Rz 1851). Danach ist der Vertrauensarzt Beamter oder Angestellter im öffentlichen Dienst der Landesversicherungsanstalt. Die Bestellung zum Vertrauensarzt kann hauptamtlich oder nebenamtlich erfolgen. Der Leiter des Vertrauensärztlichen Dienstes ist der Landesvertrauensarzt. Der Vertrauensarzt ist bei Ausübung seiner ärztlichen Tätigkeit unabhängig. Er hat > Gutachten nur nach pflichtgemäßem Ermessen und nach seiner ärztlichen Überzeugung zu erstatten. Der Vertrauensarzt hat keinen Rechtsanspruch auf Erteilung der Genehmigung zur Ausübung einer > N e b e n t ä t i g k e i t in den Diensträumen und während der Dienstzeit (OVG Münster v. 21. 7. 1960, ÄM 1961, 350). Eine Zulassung hauptamtlicher Vertrauensärzte als Kassenarzt kommt i.d.R. nicht in Betracht ( > K a s s e n a r z t Rz 926). 2. Im Verhältnis zu den Kassenmitgliedern, die er auf Veranlassung einer Krankenkasse untersucht, übt der Vertrauensarzt hoheitliche Tätigkeit aus. Er hat ihnen gegenüber die Amtspflicht zu sorgfältiger, sachgemäßer Untersuchung und zu einer richtigen Begutachtung sowie zur Mitteilung des erhobenen Befundes an den > K a s s e n a r z t und die Krankenkasse (RGZ 131, 67, 71; 165, 91, 96ff., 103; BGH, NJW 1968, 2293; BGH, VersR 1978, 252). Dem Kassenmitglied selbst hat er das Ergebnis der Begutachtung - aber auch nur dieses - mitzuteilen (§ 369b Abs. 2 Satz 2 RVO). Angaben über den Befund darf er ihm nicht machen (vgl. Peters, Hdb. d. Krankenvers. § 3 6 9 b Anm. 10b ; zur Frage eines Einsichtsrechts des Patienten in das vertrauensärztliche Gutachten gegenüber der Krankenkasse > G u t a c h t e n Rz 741). 3. Im Verhältnis zum behandelnden Kassenarzt ist der Vertrauensarzt nicht „Vorgesetzter". Er ist daher nicht berechtigt, in die Behandlung des Kassenarztes einzugreifen, und ihm Weisungen zu erteilen (§ 369 b Abs. 2 Satz 1 RVO). Der Vertrauensarzt hat dem Kassenarzt die erforderlichen Angaben über den Befund mitzuteilen (§ 369 b Abs. 2 Satz 2 RVO > S c h w e i g e p f l i c h t Rz 1638). Der Kassenarzt seinerseits ist verpflichtet, dem Vertrauensarzt diejenigen Auskünfte zu erteilen, die dieser zur Durchführung seiner Aufgaben benötigt (§ 21 Abs. 7 BMV-Ä). Bestehen zwischen dem Kassenarzt und dem Vertrauensarzt Meinungsverschiedenheiten über das Vorliegen von > Arbeitsu n f ä h i g k e i t oder in anderer Hinsicht, so soll der Kassenarzt unter Darlegung seiner Gründe die Krankenkasse unterrichten, die das weitere veranlaßt. Der Kassenarzt kann die Entscheidung durch ein Obergutachten beantragen (§ 21 Abs. 9. BMV-Ä). 4. Im Verhältnis zur Krankenkasse ist der Vertrauensarzt deren Berater, der der Krankenkasse gutachtlich hilft (Peters, Hdb. d. Krankenvers. § 369 b Anm.

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Vorsorgeuntersuchungen

10 c). Er hat der Kasse die zur Feststellung ihrer Leistungspflicht erforderlichen Angaben über den Befund - aber auch nur diese - mitzuteilen (§ 369 b Abs. 2 Satz 2 RVO > Schweigepflicht Rz 1639). V. Haftung. 1. Für Sorgfaltspflichtverletzungen eines in ihren Diensten stehenden Vertrauensarztes hat die > Landesversicherungsanstalt nach Amtshaftungsgrundsätzen einzustehen ( > H a f t u n g Rz 785). Ein gleichzeitig bestehender Schadensersatzanspruch gegen den behandelnden > Kassenarzt bildet eine andere Ersatzmöglichkeit i. S. des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB, für deren Ausschluß der Geschädigte jedoch nur darzulegen braucht, daß die Inanspruchnahme des behandelnden Arztes keine Aussicht auf Erfolg verspricht, weil sich nicht alle Anspruchs Voraussetzungen nachweisen lassen; der Beweis für das Nichtbestehen der Anspruchsvoraussetzungen kann dem Geschädigten nicht abverlangt werden (BGH, VersR 1978, 252). Fällt dem Vertrauensarzt Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last, kann die Landesversicherungsanstalt gegen ihn Regreß nehmen (Art. 34 Satz 2 GG). 2. Für Schäden, die der Vertrauensarzt seinem Dienstherrn unmittelbar zufügt, haftet er auch bei einfacher Fahrlässigkeit.

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VI. Zum Sozialdatenschutz im Vertrauensärztlichen Dienst > Sozialgeh e i m n i s ; Sendler, Med. Sach. 1982, 66.

Vorsorgeuntersuchungen I. Begriff. Vorsorgeuntersuchungen sind dazu bestimmt, Maßnahmen gegen zu befürchtende Erkrankungen, gegen die Entwicklung von Krankheitskeimen und gegen die Verschlimmerung von Krankheiten einzuleiten (Peters, Hdb. d. Krankenvers. § 196 Anm. 8 c). Diese der KrankheitsveiAütiing dienenden Untersuchungen sind zu unterscheiden von > F r ü h e r k e n n u n g s u n t e r s u c h u n g e n , die der möglichst frühzeitigen Erkennung einer vorhandenen Krankheit dienen. II. Rechtsgrundlage. Zu den Vorsorgeuntersuchungen in der gesetzlichen > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g (Rz 1103) gehören beispielsweise die Mutterschaftsvorsorge nach §§ 196, 205 a RVO und die Regelungen in den Mutterschafts-Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen i.d.F.v. 26. 2. 1982 (abgedr. bei Heinemann-Liebold, aaO. P 101 ff.), die Untersuchungen nach §§32 ff. JArbSchG sowie arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen durch ermächtigte Ärzte (vgl. z.B. § 708 Abs. 1 Nr. 3 RVO, §§ 16, 17 ArbStoffV > B e t r i e b s a r z t Rzn. 420, 424f.). III. Für gebietsübeischieitende Vorsorgeuntersuchungen wie bei > Früherkennungsuntersuchungen (Rz 660).

gilt entsprechendes

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Vorsorgeuntersuchungen

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IV. > A u f k l ä r u n g s p f l i c h t Rz 255 V. Nach § 29 ZO-Ä beteiligte Kiankenhausärzte (> C h e f a r z t Rz 527) können im Rahmen ihres Gebietes Leistungen der Mutterschaftsvorsorge auch ohne > U b e r w e i s u n g erbringen (§15 Abs. 1 BMV-Ä). Nicht zugelassene und nicht an der kassenärztlichen Versorgung beteiligte Ärzte bedürfen zur Durchführung von Mutterschaftsvorsorgeuntersuchungen einer besonderen Ermächtigung (>Kassenarzt Rz 928). VI. > Praxisschild Rz 1397 VII. Die Kosten für Vorsorgeuntersuchungen gehören i.d.R. nicht zur Leistungspflicht der privaten > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g (Rz 1107) und der staatlichen Beihilfe (> Beihilferecht; vgl. zu Nr. 9 BhV Schröder, aaO. „Vorsorgeuntersuchungen", Anm. 3).

Vorstationäre Diagnostik/nachstationäre Behandlung 1858

I. Nach §372 Abs. 4 RVO können die Landesverbände der Krankenkassen mit den Krankenhäusern Verträge schließen über „zeitlich begrenzte vorstationäre Diagnostik und nachstationäre Behandlung im > K r a n k e n h a u s , die bei > K r a n k e n h a u s p f l e g e auf Einweisung durch einen > Kassenarzt erforderlich sind". Mit dem Begriff „Kassenarzt" ist hier nur ein zur kassenärztlichen Versorgung zugelassener Arzt (i. S. der Definition unter Rz 925 I 4) gemeint. Aus der Formulierung „auf Einweisung durch einen Kassenarzt" ergibt sich, daß vorstationäre Diagnostik und nachstationäre Behandlung nur im Zusammenhang mit kassenärztlich verordneter > Krankenhauspflege (> Krank e n h a u s e i n w e i s u n g ) zulässig sind und der Patient das Krankenhaus daher nicht direkt aufsuchen kann (Peters, Hdb. d. Krankenvers., aaO.). Nach einer (bereits vor Schaffung der vorgenannten Bestimmung durch das KVKG [Rz 1109, Nr. 16]) zwischen der DKG und den Spitzenverbänden der gesetzlichen Krankenkassen geschlossenen „Empfehlungsvereinbarung über Modellversuche zur vorstationären Diagnostik und nachstationären Behandlung" v. 15. 7. 1975 (DOK 1975, 752) umfaßt die vorstationäre Diagnostik alle medizinischen Maßnahmen zur Klärung der Notwendigkeit und der Vorbereitung einer stationären Behandlung; sie ist auf 7 Tage begrenzt. Die nachstationäre Behandlung umfaßt alle zur Sicherung des Behandlungserfolges notwendigen Maßnahmen des Krankenhausarztes, soweit sie sich auf einen Zeitraum von höchstens 14 Tagen nach Beendigung der stationären Behandlung erstrecken. II. Beide Leistungsformen gehören zur ambulanten ärztlichen Versorgung (formell sind sie der > K r a n k e n h a u s p f l e g e zugeordnet). Sie bedeuten eine

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Waffenschein

Ausnahme von dem das Kassenarztrecht beherrschenden Grundsatz, daß die ambulante ärztliche Versorgung den Kassenärzten (im weitesten Sinne > Kassenarzt Rz 925) übertragen ist ( > Sicherstellungsauftrag) und damit zugleich einen Eingriff in die Rechtsposition der > Kassenärztlichen Vereinigungen (näher dazu Peters, Hdb. d. Krankenvers. § 372 Anm. 5b) ee)). Die Regelung bezweckt die Lösung von Finanzierungsproblemen im Krankenhausbereich. Hinsichtlich der Tauglichkeit der Mittel werden mit Recht Bedenken erhoben (vgl. Grünenwald, DOK 1982, 579, 585).

Waffenschein I. Der Erwerb und der Besitz von Schußwaffen i. S. der Begriffsdefinition in § 1 Abs. 1 WaffG bedürfen der Erlaubnis der zuständigen Behörde, die durch eine Waffenbesitzkarte erteilt wird (§ 28 Abs. 1 WaffG). Ein Arzt, der eine Schußwaffe außerhalb seiner Praxis oder Wohnung führen will, benötigt hierfür eine weitere Erlaubnis in Form eines Waffenscheines (§§ 35 Abs. 1, 4 Abs. 4 WaffG). II. Die Erteilung einer Waffenbesitzkarte oder eines Waffenscheins setzt voraus, daß hierfür ein Bedürfnis i. S. des § 32 WaffG besteht (§§ 30 Abs. 1 Nr. 3, 36 Abs. 1 WaffG). Die Ansichten in Literatur und Rspr. zur Bedürfnisfrage bei Erteilung eines Waffenscheines an Ärzte sind nicht einheitlich (vgl. PotrykusSteindorf, aaO. § 32 Anm. 6 m. zahlreichen Nachw.; Apel, aaO. § 32 Anm. 5 ; Hinze, aaO. § 32 Anm. 5 S. 20b u. 20d ; Gaisbauer, DMW 1977, 907 ff.). Nach § 32 Abs. 1 Nr. 3, § 36 Abs. 1 WaffG liegt ein Bedürfnis u. a. dann vor, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, wesentlich mehr als die Allgemeinheit durch Angriffe auf Leib oder Leben gefährdet zu sein und der Erwerb bzw. das Führen von Schußwaffen geeignet ist, diese Gefährdung zu mindern. Ein Bedürfnis kann auch vorliegen, wenn Angriffe auf andere Rechtsgüter, insbesondere die persönliche Freiheit, das Eigentum oder den Besitz zu befürchten sind (BVerwG, NJW 1975, 2258, 2259).Erforderlich ist, „daß der Antragsteller auf Grund besonderer Umstände nach den Erfahrungen wesentlich mehr als der Durchschnitt der Bevölkerung mit der von ihm befürchteten Verletzung von Rechtsgütern rechnen muß". Unter Umständen kann sich die überdurchschnittliche Gefährdung des Antragstellers „aus seiner Zugehörigkeit zu einem Personenkreis ergeben, der nach allgemeiner Lebenserfahrung wegen seiner beruflichen Tätigkeit oder wegen anderer besonderer Umstände wesentlich mehr als die Allgemeinheit gefährdet ist" (BVerwG, aaO. S. 2260). Ein Gefühl allgemeiner Unsicherheit oder eine allgemeine Zunahme der Kriminalität begründet noch kein Bedürfnis für Waffenbesitz (BVerwG, aaO.). Im Rahmen der Bedürfnisprüfung bedarf es jeweils einer Interessenabwägung zwischen dem persönlichen Interesse des Antragstellers an der Verbesserung seiner Sicherheit durch den Besitz einer Schußwaffe und dem öffentlichen Interesse daran, daß möglichst wenige Waffen „ins Volk" kommen. Maßgebend sind

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Waffenschein

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stets die gesamten Umstände des einzelnen Falles. Ein Bedürfnis liegt nicht vor, wenn nach den Umständen des einzelnen Falles die Waffe zur Minderung der Gefährdung nicht erforderlich oder nicht geeignet ist. Sie ist nicht erforderlich, wenn die Gefährdung sich auf andere zumutbare Weise verhindern oder ebenso mindern läßt wie durch eine Schußwaffe (BVerwG, aaO.). Nach diesen Grundsätzen ist ein Bedürfnis zur Führung einer Schußwaffe und damit ein Rechtsanspruch auf Erteilung eines Waffenscheines im allgemeinen bei solchen Ärzten ohne weiteres anzunehmen, die nächtliche Krankenbesuche unter Mitnahme von rauscherzeugenden Medikamenten sowie von Rezeptblocks und Stempeln, die der Beschaffung solcher Mittel dienen können, durchzuführen haben. Dies gilt nicht nur für den Einsatz von Landärzten in einsamer Gegend, sondern auch für Ärzte in der Stadt, die ebenfalls Anreize für Überfälle bieten, wenn sie wenig belebte und unsichere Viertel in der Stadt und an deren Peripherie aufsuchen müssen. Es kann einem Arzt nicht zugemutet werden, seinen verantwortungsvollen Beruf bei nächtlichen Einsätzen mit der Befürchtung ausüben zu müssen, wehrlos der Gefahr eines etwaigen Überfalls ausgesetzt zu sein. Ein erhöhtes Sicherheitsrisiko im Vergleich zur übrigen Bevölkerung ergibt sich für den Arzt vor allem auch aus dem Umstand, daß er aufgrund seiner ärztlichen Berufspflichten ( > Besuchspflicht, > Unterlassene Hilfeleistung, > Notfalldienst) grundsätzlich gehalten ist, zu jeder Tages- und Nachtzeit fernmündlichen Besuchsanforderungen - möglicherweise auch fingierten - Folge zu leisten (so zutreffend OVG Hamburg v. 27. 11. 1970 - OVG Bf I 25/70 im Ergebnis ebenso OVG Lüneburg v. 31. 3. 1970 - II OVG A 117/79 vgl. auch VG Neustadt a. d. Weinstr. v. 19. 11. 1981 - Nr. 2 K 95/80 - , wo ein Bedürfnis für Waffenbesitz bei einem Landarzt im Randbereich des Raumes Kaiserslautern wegen der konkreten Gefährdung durch die dortige durch die zahlreiche Stationierung von US-Soldaten bestehende, im Vergleich zu anderen Gebieten intensivere Drogenszene bejaht wird unter gleichzeitiger Verneinung eines generellen Bedürfnisses bei Landärzten). Der Arzt kann in diesen Fällen nicht darauf verwiesen werden, für die Ausführung von Krankenbesuchen um polizeilichen Schutz nachzusuchen. Abgesehen davon, daß es vorkommen kann, daß sämtliche in der Nähe erreichbaren Streifenwagen im Einsatz sind, würde die Anforderung von Polizeischutz in vielen Fällen zu nicht vertretbaren Verzögerungen führen. Auch die in den Ablehnungsbescheiden der zuständigen Behörden häufig enthaltene Verweisung auf Gaspistolen und Schreckschußwaffen stellt in den genannten Fällen keinen wirksamen Schutz dar. Waffen dieser Art sind nur auf verhältnismäßig kurze Entfernung wirksam und werden, wenn der Arzt von mehreren Personen angegriffen wird, spätestens nach Abgabe eines Schusses als nicht scharfe Waffe erkannt (OVG Hamburg v. 27. 11. 1970 - OVG Bf I 25/70 -). Die Bedürfnisfrage bei Ärzten hat in jüngster Zeit durch verschiedene Berichte über Gewalttaten gegen Ärzte einen neuen Aspekt erhalten. Daß gerade Ärzte bei ihrer beruflichen Tätigkeit im Vergleich zur übrigen Bevölkerung einer überdurchschnittlichen Gefährdung ausgesetzt sind, zeigt besonders an-

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Wehrdienst

schaulich die Entführung und Ermordung des Landarztes Dr. Welsche im süddeutschen Raum im Sommer 1981, der unter dem Vorwand eines Notfalls bei Nacht durch einen Anrufer aus seiner Wohnung gelockt wurde (vgl. ÄBl. Bad.-Wttbg. 1981, 427). Durch diesen Vorfall ist nunmehr auch die vom BayVGH in seinem Urteil v. 21. 2. 1968 (BayVBl. 1969, 67) erhobene Forderung, daß für die Annahme eines Bedürfnisses zumindest ein tatsächlicher, den Verhältnissen des Antragstellers entsprechender Vergleichsfall nachgewiesen werden muß (a.A. OVG Lüneburg v. 31. 3. 1970), jedenfalls für die Berufsgruppe der Ärzte erfüllt. Demgegenüber hat der BayVGH in einem Beschluß v. 1. 7. 1983 - Nr. 21. B 83 A. 53 - eine überdurchschnittliche konkrete Gefährdung eines nachtdienstleistenden HNO-Arztes allein wegen der Mitführung von Opiaten verneint und den Hinweis des klagenden Arztes auf spektakuläre Überfälle auf nachtdienstleistende Ärzte in Hessen und in der Pfalz in jüngster Zeit damit abgetan, das hieraus nicht geschlossen werden könne, „daß die aus der dortigen Bevölkerungsstruktur entstandene erhöhte Gefahr von Überfällen durch Personen, die auf Opiate aus sind, auch in dem rein ländlich strukturierten Nachtdienstgebiet des Klägers gegeben ist". Selbst wenn die Behauptung des Klägers, daß sich in den letzten drei Jahren vor 1982 über 100 Überfälle auf notdienstleistende Ärzte in verschiedenen Teilen der Bundesrepublik zugetragen hätten, zugunsten des Klägers als wahr unterstellt würde, besagt dies nach Auffassung des BayVGH „noch nichts über die allein maßgeblichen konkreten Verhältnisse im Nachtdienstbereich des Klägers". Damit sind die Anforderungen an den Nachweis des überdurchschnittlichen Gefährdungsgrades, auch wenn man die verhältnismäßig strengen Maßstäbe des BVerwG in seiner Entscheidung v. 24. 6. 1975 zugrundelegt, eindeutig überspannt.

Wehrdienst I. Wehrdienst zur Erfüllung der allgemeinen Wehrpflicht wird vor allem in Form von Grundwehrdienst und von Wehrübungen geleistet (§ 4 Abs. 1 Nrn. 1 u. 3, §§ 5, 6 WPflG). Wehrpflichtige, die während des Grundwehrdienstes militärfachlich als Ärzte oder Zahnärzte verwendet werden, können statt nur bis zum 28. Lebensjahr bis zum 32. Lebensjahr zum Grundwehrdienst herangezogen werden (§ 5 Abs. 1 Satz 1 WPflG). Bei der Einberufung solcher Ärzte hat das Kreiswehrersatzamt die Einberufungsrichtlinien zu beachten, die das Auswahlermessen der Behörde einschränken (VG Kassel v. 1. 11. 1973, DMW 1974,917). > Z i v i l d i e n s t .

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II. Wehrdienstausnahmen, Beurlaubung. 1. Eine Zurückstellung vom Wehrdienst erfolgt auf Antrag des Wehrpflichtigen, wenn die Heranziehung zum Wehrdienst für ihn wegen persönlicher, insbesondere häuslicher, wirtschaftlicher oder beruflicher Gründe eine besondere Härte bedeuten würde (§ 12 Abs. 4 WPflG).

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Wehrdienst

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a) Eine besondere Härte liegt regelmäßig u.a. dann vor, wenn die Einberufung einen bereits weitgehend geförderten Ausbildungsabschnitt unterbrechen würde (§12 Abs. 4 Nr. 3 a WPflG). Dies ist grundsätzlich der Fall nach Absolvierung eines > Medizinstudiums von mindestens vier Semestern. Der frühere Erlaß des BMV, wonach Studierende der Medizin und Zahnmedizin oder Studienbewerber für diese Studiengänge, die innerhalb eines Jahres nach abgelegter Reifeprüfung einen Studienplatz nachweisen konnten, erst nach Abschluß ihres Studiums zum Grundwehrdienst einberufen wurden, gilt seit 1. 7. 1983 nur noch für angehende Zahnmediziner. b) Nach der Rspr. ist auch die > Weiterbildung zum > Gebietsarzt „Ausbildung" i.S. des § 12 Abs. 4 Nr. 3a WPflG (BVerwG, NJW 1982, 1340; kritisch dazu Steinlechner, NJW 1983, 320). Wo die Weiterbildung noch nicht „weitgehend gefördert" i. S. dieser Vorschrift ist, d. h. wo der wehrpflichtige Arzt noch nicht mindestens ein Drittel der vorgeschriebenen Mindestweiterbildungszeit absolviert hat, kann eine die Zurückstellung rechtfertigende besondere Härte auch dann gegeben sein, wenn die Einberufung zum Verlust der Assistentenstelle an einer besonders qualifizierten Weiterbildungsstelle führen würde und die Weiterbildung nach Beendigung des Grundwehrdienstes nicht ohne größeren Zeitverlust fortgesetzt werden könnte (VG Karlsruhe v. 26. 7. 1971, ÄBl. Bad.-Wttbg. 1971, 672). 2. Eine Unabkömmlichstellung des wehrpflichtigen Arztes kann nach § 13 WPflG erfolgen, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt und wenn und solange der Wehrpflichtige für die von ihm ausgeübte Tätigkeit nicht entbehrt werden kann. Diese Voraussetzung ist z. B. dann gegeben, wenn im Falle der Einberufung des Wehrpflichtigen die ordnungsgemäße Krankenversorgung gefährdet wäre. Über die Unabkömmlichstellung entscheidet die Wehrersatzbehörde auf Vorschlag der zuständigen Verwaltungsbehörde (§ 13 Abs. 2 WPflG). Welche Behörden vorschlagsberechtigt sind, ist in der Verordnung der Bundesregierung v. 24. 7. 1962 (BGBl. I S. 524) und den auf ihrer Grundlage erlassenen landesrechtlichen Verordnungen (vgl. z.B. für Bad.-Wttbg. die VO v. 21. 2. 1983, GBl. S. 109) geregelt. Danach liegt das Vorschlagsrecht bei angestellten und beamteten Ärzten meist beim Dienstherrn oder dessen Aufsichtsbehörde; bei niedergelassenen Ärzten ist meist die höhere Verwaltungsbehörde (in Bad.-Wttbg. das Regierungspräsidium) vorschlagsberechtigt. 3. Eine Heranziehung zum Wehrdienst unterbleibt ferner nach näherer Maßgabe der §§ 13 a, 13 b WPflG bei Wehrpflichtigen, die sich zum Dienst als Helfer im > Zivilschutz, im > Katastrophenschutz oder zur Leistung von Entwicklungsdienst ( > Missionsarzt Rz 1209) verpflichtet haben. 4. Sanitätsoffiziers-Anwärter können bei Erhalt eines Medizinstudienplatzes gemäß § 11 SoldUrlVO unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge beurlaubt werden. III. Durch die Einberufung zum Grundwehrdienst oder zu einer Wehrübung werden bestehende Arbeitsverhältnisse nicht beendet. Das Arbeitsverhältnis ruht während des Wehrdienstes und lebt danach wieder auf |§ 1 ArbPlSchG).

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Eine Kündigung durch den Arbeitgeber ist nur aus wichtigem Grund möglich (§ 2 ArbPlSchG). IV. Die Versorgung der wehrpflichtigen Ärzte während des Wehrdienstes richtet sich nach dem Unterhaltssicherungsgesetz i.d.F.v. 9. 9. 1980 - USG (BGBl. I S. 1685). 1. Wehrpflichtige, die während des Grundwehrdienstes als > S a n i t ä t s o f f i z i e r e militärfachlich verwendet werden, erhalten Leistungen nach § 12 a USG i.V.m. § 2 Nr. 2 USG. Diese Leistungen betragen derzeit für Ledige monatlich 1600 DM, für Verheiratete (unabhängig von der Kinderzahl) 2050 DM. Ärzte mit eigener Praxis (seit mindestens 12 Monaten im Zeitpunkt der Einberufung), die während des Grundwehrdienstes keinen > P r a x i s v e r t r e t e r beschäftigen, erhalten neben den Leistungen nach § 12 a USG Ersatz der Aufwendungen für Praxismiete sowie der sonstigen unabwendbaren Aufwendungen zur Sicherung der Fortführung der Praxis (§ 12a Abs. 2 i.V.m. § 7b Abs. 1 u. 3 USG). Wird die Praxis während des Grundwehrdienstes von einem Vertreter weitergeführt, besteht nur Anspruch auf die Leistungen zur Unterhaltssicherung. Unabhängig von den Leistungen nach dem USG erhält der grundwehrdienstleistende Arzt Geld- und Sachbezüge nach dem Wehrsoldgesetz. 2. Bei der Heranziehung zu Wehrübungen wird Verdienstausfallentschädigung nach näherer Maßgabe des § 13 USG gewährt. Ärzten im öffentlichen Dienst hat der Arbeitgeber während einer Wehrübung Arbeitsentgelt wie bei einem Erholungsurlaub zu zahlen (§ 1 Abs. 2 ArbPlSchG). Ärzte mit eigener Praxis, die während der Wehrübung einen > Praxisvert r e t e r beschäftigen, erhalten nach § 13 Abs. 2 USG statt einer Verdienstausfallentschädigung eine Erstattung der angemessenen Aufwendungen für den > P r a x i s v e r t r e t e r bis zu dem in § 13 Abs. 1 USG festgelegten Höchstbetrag. Wird die Praxis nicht durch einen Vertreter weitergeführt, erhält der wehrpflichtige Arzt neben der Verdienstausfallentschädigung nach § 13 Abs. 1 USG auf entsprechenden Nachweis Ersatz der Aufwendungen für Praxismiete sowie für die übrigen Betriebsausgaben i. S. des EStG (§ 13 Abs. 3 USG). Bei Wehrübungen von nicht länger als drei Tagen richten sich die Leistungen nach § 13a USG.

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V. Angestelltenversicherung und Ärzteversorgung. 1. Ist der Arzt im Zeitpunkt der Einberufung in der Angestelltenveisicherung, so wird er dort vom Bund durchversichert (§112 Abs. 3 d) i.V.m. Abs. 4d) AVG; zur Erstattung von freiwilligen Beiträgen zur Angestelltenversicherung und Beiträgen für eine freiwillige Höherversicherung vgl. §§ 14a Abs. 4, 14b Abs. 2-4 ArbPlSchG i.d.F. des Art. 25 HaushBG 1984. 2. Beiträge zur Äizteveisoigung werden auf Antrag erstattet, wenn der Arzt am Tage vor seiner Einberufung Pflichtmitglied eines ärztlichen > Versorg u n g s w e r k e s ist und von der Versicherungspflicht in der Angestelltenversicherung befreit ist oder vor der Wehrdienstleistung in einem Zweig der gesetz-

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liehen Rentenversicherung freiwillig versichert war. Bei Ärzten, die in einem Arbeitsverhältnis stehen und bei denen das Arbeitsverhältnis während des Wehrdienstes fortbesteht, sind die Beiträge zur Ärzteversorgung vom Arbeitgeber weiter zu entrichten (Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Anteil); §§ 14a, 14b ArbPlSchG. 1866

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VI. Weiterbildung. Eine ärztliche Tätigkeit während des Wehrdienstes ist als Weiterbildungszeit unter dem Gesichtspunkt der Gleichwertigkeit (vgl. § 14 MuWO) anrechnungsfähig, wenn sie ganztägig in einem als Weiterbildungsstätte zugelassenem Bundeswehrkrankenhaus unter Anleitung eines zur Weiterbildung ermächtigten Arztes abgeleistet wird und auch sonst alle für die Anrechnung einer Tätigkeit als Weiterbildungszeit notwendigen Voraussetzungen vorliegen. Auf den Umstand, daß es sich bei der Ableistung des Wehrdienstes nicht um eine Tätigkeit „in hauptberuflicher Stellung" i. S. des Weiterbildungsrechts (vgl. § 3 Abs. 5 Satz 1 MuWO) handelt, ist bei Vorliegen aller sonstigen Voraussetzungen ohne Bedeutung (ebenso Narr, aaO. Rz 386 > Ziv i l d i e n s t Rz 1991). 2. Bei der ärztlichen > W e i t e r b i l d u n g handelt es sich ebenso wie beim > M e d i z i n s t u d i u m um eine „Fachausbildung" i.S. des § 46 Abs. 3 Satz 1 SoldG, auch wenn sie nicht abgeschlossen wurde (BVerwG v. 21. 4. 1982 BVerwG 6 C 3.81 -). Daraus folgt, daß ein Arzt, der während seiner Zugehörigkeit zur Bundeswehr ein Medizinstudium oder eine ärztliche Weiterbildung absolviert hat, erst nach einer sich daran anschließenden Dienstzeit, die der dreifachen Dauer des Studiums oder der Weiterbildung entspricht, längstens jedoch nach 10 Jahren („Stehzeit"), seine Entlassung aus der Bundeswehr verlangen kann, es sei denn, daß das Verbleiben im Dienst für ihn eine besondere Härte bedeuten würde. Im letzteren Fall hat er regelmäßig der Bundeswehr das ihm als Sanitätsoffizier-Anwärter (> Sanitätsoffizier Rz 1572) gewährte Ausbildungsgeld sowie die durch seine Weiterbildung entstandenen Kosten zu erstatten (§ 46 Abs. 3, § 49 Abs. 4 SoldG). Entsprechendes gilt für Soldaten auf Zeit (§§ 55 Abs. 3, 56 Abs. 4 Nrn. 1 u. 2 SoldG). Diese Regelung enthält eine - unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 GG bedenkliche - Schlechterstellung der Ärzte im Dienst der Bundeswehr gegenüber denjenigen > b e a m t e t e n Ä r z t e n im zivilen Bereich, die im Rahmen der im Staatsvertrag für die Vergabe von Studienplätzen vorgesehenen Sonderquote die Möglichkeit erhalten, Medizin zu studieren (> n u m e r u s c l a u s u s Rz 1296) und anschließend eine Weiterbildung zu absolvieren, ohne einer Entlassungssperre zu unterliegen. VII. Zur zivilrechtlichen Haftung von Ärzten für Fehlleistungen während des Wehrdienstes > S a n i t ä t s o f f i z i e r Rz 1571. VIII. Für die Zeit des Wehrdienstes besteht Anspruch auf > f r e i e H e i l f ü r sorge (§§ 1, 30 Abs. 1 SoldG).

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IX. Die Verweigerung des Wehrdienstes durch einen Arzt mit der Begründung, die Beteiligung an der Waffenanwendung sei mit der Aufgabe des Arz-

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tes, Leben zu erhalten, nicht vereinbar, kann die Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen nach Art. 4 Abs. 3 GG i.V.m. den Vorschriften des Kriegsdienstverweigerungs-Neuordnungsgesetzes (KDVNG) rechtfertigen (vgl. BVerwG v. 20. 4. 1977, Buchholz 448.0, § 26 Nr. 29; VG Koblenz v. 20. 12. 1982 - 7 K 82/81 die in diesen unter der Geltung des früheren Rechts ergangenen Entscheidungen entwickelten Grundsätze gelten erst recht für das vereinfachte Anerkennungsverfahren nach dem KDVNG).

Weiterbildung I. Begriff. Ärztliche Weiterbildung ist die Vertiefung und Erweiterung der durch die > ärztliche Ausbildung erworbenen allgemeinen ärztlichen Kenntnisse und Fertigkeiten auf einem bestimmten Gebiet im Rahmen einer Berufstätigkeit unter Anleitung dazu ermächtigter Ärzte nach Erteilung der > Approbation auf freiwilliger Basis ( > Pflichtweiterbildung). Sie ist keine Ausbildung mit eigenem Berufsabschluß und eigenständiger Berufsbezeichnung ( > A r z t Rz 122], sondern führt lediglich zu einer Vertiefung und Spezialisierung des ärztlichen Basiswissens ( > Gebietsarzt Rz 672; Narr, aaO. Rz 431). Die Weiterbildung schließt ab mit der Anerkennung einer > Gebietsbezeichnung, > Teilgebietsbezeichnung oder > Zusatzbezeichnung ( > Arztbezeichnung). Von der ärztlichen Weiterbildung und der ärztlichen Ausbildung ist die ärztliche > Fortbildung zu unterscheiden.

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II. Rechtsgrundlage sind die Kammergesetze (Heilberufsgesetze) der einzelnen Bundesländer ( > Ä r z t e k a m m e r Rz 2) und die auf ihrer Grundlage von den Landesärztekammern als Satzung erlassenen > Weiterbildungsordnungen. Das BVerfG hat in seinem sog. „Facharztbeschluß" v. 9. 5. 1972 (NJW 1972, 1504, 1507) die Regelungsbefugnis zwischen Gesetzgeber und Satzungsgewalt der Ärztekammer dahin abgegrenzt, daß „jedenfalls die ,statusbildenden' Normen, d.h. etwa diejenigen Regeln, welche die Voraussetzungen der Facharztanerkennung, die zugelassenen Facharztrichtungen, die Mindestdauer der Ausbildung [richtig: Weiterbildung], das Verfahren der Anerkennung, die Gründe für eine Zurücknahme der Anerkennung sowie endlich auch die allgemeine Stellung der Fachärzte innerhalb des gesamten Gesundheitswesens betreffen, in den Grundzügen durch ein förmliches Gesetz festgelegt werden müssen. Die dann noch erforderlichen ergänzenden Regelungen können nach Ermessen des Gesetzgebers dem Satzungsrecht der Ärztekammern überlassen bleiben." Soweit das Weiterbildungsrecht danach einer Regelung durch den Gesetzgeber bedarf, besteht eine ausschließliche Zuständigkeit der Länder. Die Tätigkeit als Arzt in einem bestimmten Gebiet ist nur eine besondere Form der Berufsausübung innerhalb des einheitlichen Arztberufes (BVerfG, aaO. S. 1507). Die Anerkennung einer > Gebiets-, >Teilgebiets-

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oder > Z u s a t z b e z e i c h n u n g ist somit keine Zulassung zu einem eigenen Beruf (des > Gebietsarztes), für die dem Bund nach Art. 74 Nr. 19 GG die konkurrierende Gesetzgebung zusteht. 1872

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III. Durchführung der Weiterbildung. 1. Die Weiterbildung erfolgt in den durch die Weiterbildungsordnungen im einzelnen festgelegten Gebieten, Teilgebieten und Bereichen (vgl. § 2 MuWO). 2. Mit der Weiterbildung kann erst nach der > Approbation als Arzt oder bei abgeschlossener Berufsausbildung - nach der Erteilung einer > B e r u f s e r l a u b n i s begonnen werden (§ 3 Abs. 1 Satz 1 MuWO; OVG Koblenz, NJW 1981, 2532). Bei Ärzten mit einer Bestallung nach § 2 RÄO i.V.m. der Bestallungsordnung 1939 sind Tätigkeiten bereits ab Erhalt der Bestallungsurkunde (nicht erst ab Anbringung des Ergänzungsvermerks) auf die Weiterbildung anrechenbar (> Bestallung). Die Weiterbildung muß unter peisönlichei Anleitung und Überwachung eines für das betreffende Gebiet oder Teilgebiet (soweit ausdrücklich vorgeschrieben auch für den betreffenden Bereich, z.B. Allergologie) von der > Ä r z t e k a m m e r ermächtigten Arztes in Einrichtungen der Hochschulen, in zugelassenen Krankenhausabteilungen oder in anderen zugelassenen Einrichtungen (dazu unten Rz 1882) abgeleistet werden (§ 5 Abs. 1 u. Abs. 3 MuWO). Innerhalb der vorgeschriebenen Weiterbildung für ein Gebiet (nicht Teilgebiet oder Bereich) soll mindestens ein Jahr unter Leitung eines Arztes abgeleistet werden, der in vollem Umfang zur Weiterbildung ermächtigt ist (§ 3 Abs. 9 MuWO). Hiervon kann nur abgewichen werden, wenn es mit den Zielen der Weiterbildung vereinbar ist. Zeiten ärztlicher Tätigkeit, in denen auch eigene Praxis ausgeübt wird, sind für Gebiete und Teilgebiete (nicht Bereiche) nicht anrechnungsfähig (§ 3 Abs. 7 MuWO). Die Weiterbildung unter persönlicher Anleitung und Überwachung des zur Weiterbildung ermächtigten Arztes setzt eine kontinuierliche Zusammenarbeit zwischen diesem und dem Weiterzubildenden an ein und derselben Arbeitsstätte voraus. Eine den Vorschriften der Weiterbildungsordnung entsprechende Weiterbildung ist deshalb z. B. nicht möglich, wenn die Arbeitsplätze des weiterbildenden und des weiterzubildenden Arztes räumlich getrennt sind (t> U b e r b e t r i e b l i c h e r a r b e i t s m e d i z i n i s c h e r D i e n s t Rz 1790, > A r b e i t s a m t s a r z t Rz 96, > P o s t a r z t Rz 1378). 3. Dauer und Inhalt der Weiterbildung richten sich nach den Bestimmungen der Anlage zur Weiterbildungsordnung sowie den von den Ärztekammern erlassenen Richtlinien über den Inhalt der Weiterbildung (> W e i t e r b i l d u n g s ordnung). a) Die dort angegebenen Weiterbildungszeiten sind Mindestzeiten (§ 3 Abs. 3 MuWO). Daraus folgt, daß die Erfüllung der vorgeschriebenen Weiterbildungszeiten allein keinen Anspruch auf Anerkennung der betreffenden > Arztbezeichnung gewährt (vgl. unten Rz 1879). b) Tätigkeitsabschnitte unter sechs Monaten können nur in besonders geregelten Ausnahmefällen auf die Weiterbildungszeit angerechnet werden. Eine Unterbrechung der Weiterbildung infolge Krankheit, Schwangerschaft, Son-

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derbeurlaubung, > Wehrdienst usw. von mehr als einem Monat oder von insgesamt mehr als sechs Wochen im Kalenderjahr kann grundsätzlich nicht auf die Weiterbildungszeit angerechnet werden (§ 3 Abs. 3 MuWO). Nicht geregelt in der Weiterbildungsordnung ist die Frage, wie lange eine einmal begonnene Weiterbildung ohne einen der vorgenannten Gründe unterbrochen werden darf ; damit sie bei einer späteren Fortsetzung der Weiterbildung als Weiterbildungszeit berücksichtigt werden kann (vgl. dazu unten Rz 1879). c) Die Weiterbildung in den Gebieten und Teilgebieten (nicht in den Bereichen > Z u s a t z b e z e i c h n u n g ) ist grundsätzlich ganztägig und in hauptberuflicher Stellung, d. h. im Rahmen eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses mit dem Träger der Weiterbildungsstätte durchzuführen (über Ausnahmen > G a s t a r z t Rz 671, > W e h r d i e n s t Rz 1866, > Z i v i l d i e n s t Rz 1991). Wenn eine ganztägige Weiterbildung aus persönlichen Gründen unzumutbar ist, kann die Weiterbildung für eine Zeit von höchstens vier Jahren halbtägig erfolgen, wobei diese Zeit bis zur Hälfte anrechnungsfähig ist. Eine weitergehende Anrechnung ist auch dann nicht möglich, wenn die Weiterbildung nicht in einer Halbtagsstelle, sondern beispielsweise in einer Dreivierteltagsstelle abgeleistet wird. Eine ganztägige Weiterbildung ist aus persönlichen Gründen insbesondere dann unzumutbar, wenn sie für den weiterzubildenden Arzt aus zwingenden familiären Gründen eine besondere Härte bedeuten würde. Darüber hinaus wird man eine Teilzeitweiterbildung z. B. auch dann für zulässig erachten müssen, wenn ein Bewerber bis zum Freiwerden einer vollen Assistenzarztstelle in einem Krankenhaus zunächst nur eine Halbtagsstelle erhält. Eine Teilzeitweiterbildung kann nur dann angerechnet werden, wenn sie vorher der zuständigen > Ärztekammer angezeigt und von dieser als anrechnungsfähig bestätigt worden ist (§ 3 Abs. 5 MuWO). Danach ist eine Ableistung der gesamten Weiterbildung in Teilzeitbeschäftigung nicht möglich. d) Ein wenigstens einmaliger Wechsel der Weiterbildungsstätte und des weiteibildenden Arztes während der gesamten Weiterbildungszeit hat in den Gebieten zu erfolgen, für die die Weiterbildungsordnung dies vorschreibt. Die Ärztekammer kann im Einzelfall auf Antrag Ausnahmen von dieser Verpflichtung zulassen, wenn es mit den Zielen der Weiterbildung vereinbar ist und der Wechsel für den Weiterzubildenden eine besondere Härte bedeuten würde (§ 3 Abs. 6 MuWO). Diese Vorschrift geht davon aus, daß eine gründliche und umfassende Weiterbildung (vgl. § 3 Abs. 2 MuWO) verlangt, daß nicht die gesamte Weiterbildungszeit an einer einzigen Weiterbildungsstätte abgeleistet wird, sondern der weiterzubildende Arzt auch andere Weiterbildungsstätten mit anderen wissenschaftlichen Methoden kennenlernt. Davon kann im Einzelfall nur dann abgesehen werden, wenn eine Weiterbildungsstätte neben der persönlichen und fachlichen Qualifikation des ermächtigten Arztes auch das Krankengut und die sonstigen Voraussetzungen aufweist, die zur Ableistung der Weiterbildung an ein und derselben Weiterbildungsstätte erforderlich sind. Diese Voraussetzungen können insbesondere bei Universitätskliniken vorliegen, sind aber auf sie nicht beschränkt (näher dazu Narr, aaO. Rz 320).

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4. Der zur Weiterbildung ermächtigte Arzt hat dem in Weiterbildung befindlichen Arzt über die unter seiner Verantwortung abgeleistete Weiterbildungszeit ein Zeugnis auszustellen, das die erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten darlegt und zur Frage der fachlichen und persönlichen Eignung ausführlich Stellung nimmt (§ 7 Abs. 1 MuWO). Auf die Erteilung dieses Zeugnisses, das einen Verwaltungsakt darstellt, hat der weiterzubildende Arzt einen Rechtsanspruch (Narr, aaO. Rz 362, Siegmund-Schultze, DMW 1977, 98, 100), der notfalls im Wege der Verpflichtungsklage beim Verwaltungsgericht durchsetzbar ist. Gegen ein inhaltlich unrichtiges Zeugnis kann der weiterzubildende Arzt mit der Anfechtungsklage vorgehen, verbunden mit der Verpflichtungsklage auf Neuerteilung des Zeugnisses in bestimmter Form (a.A. VG Köln v. 30. 5. 1979 - 9 K 4108/78 - , welches das Vorliegen eines Verwaltungsaktes zu Unrecht verneint). In beiden Fallen ist die Klage - nach Durchführung des Widerspruchsverfahrens - nicht gegen die Ärztekammer, sondern gegen den ermächtigten Arzt persönlich zu richten (OVG des Saarlandes v. 6. 5. 1976, ArztR 1978, 123). Dieser wird bei der Beurteilung der Eignung zum > Gebietsarzt (schlicht)hoheitlich tätig, jedoch nicht als Vertreter der > Ärztekammer, sondern als „Beliehener" i.S. des Verwaltungsrechts (so richtig Siegmund-Schultze, DMW 1977, 98, 99f. ; a.A. Narr, aaO. Rz 362, der den zur Weiterbildung ermächtigten Arzt als Vertreter der Ärztekammer ansieht, jedoch - inkonsequent - nicht diese, sondern den Arzt für passiv legitimiert hält). Auf Antrag des Weiterzubildenden hat der weiterbildende Arzt nach Ablauf eines jeden Jahres ein Zwischenzeugnis auszustellen, das inhaltlich den Anforderungen der Weiterbildungsordnung entspricht (§ 7 Abs. 2 MuWO). Dem vom weiterbildenden Arzt ausgestellten Qualifikationszeugnis kommt nach dem neuen Weiterbildungsrecht echte Tatbestandswirkung in dem Sinne zu, daß die Ärztekammer im Anerkennungsverfahren an den Inhalt des Zeugnisses gebunden ist (§ 8 Abs. 2 MuWO). Die entgegengesetzte Entscheidung des OVG Münster (NJW 1972, 2241) ist durch die zwischenzeitlich eingetretene Rechtsentwicklung überholt. Das Weiterbildungszeugnis ist von dem vom Arbeitgeber auszustellenden Arbeitszeugnis zu unterscheiden. Die arbeitsrechtlichen Grundsätze über die Ausstellung von Zeugnissen finden daher auf das Weiterbildungszeugnis keine Anwendung mit der Folge, daß Leistungsmängel darin zum Ausdruck gebracht werden dürfen und ggf. auch müssen. 5. Die erfolgreich absolvierte Weiterbildung schließt ab mit der Anerkennung einer > Gebiets-, > T e i l g e b i e t s - oder > Z u s a t z b e z e i c h n u n g ( > Arztbezeichnung) durch die zuständige > Ärztekammer. Das Anerkennungsverfahren ist aufgrund der Ermächtigungsgrundlagen in den Kammeroder Heilberufsgesetzen in den > W e i t e r b i l d u n g s o r d n u n g e n im einzelnen geregelt (vgl. §§ 8 ff. MuWO). Danach entscheidet über die Anerkennung die zuständige Ärztekammer aufgrund der vorgelegten Zeugnisse und einer sie ergänzenden mündlichen Prüfung (in Bad.-Wttbg. „Fachgespräch"; vgl. §36 KammerG Bad.-Wttbg.; §§8ff. WO Bad.-Wttbg.). Abweichend hiervon wird

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die Anerkennung als „Arzt für Öffentliches Gesundheitswesen" nur aufgrund des Zeugnisses über das Bestehen der staatsärztlichen Prüfung (> A m t s a r z t Rz 46) erteilt (§ 8 Abs. 2 Satz 2 MuWO > Ö f f e n t l i c h e s G e s u n d h e i t s w e sen). Die Anerkennung einer > Z u s a t z b e z e i c h n u n g erfolgt grundsätzlich ohne Prüfung (Fachgespräch) allein aufgrund der vorgelegten Zeugnisse und Nachweise (§ 8 Abs. 3 MuWO). Im übrigen richtet sich das Anerkennungsverfahren nach den Landesverwaltungsverfahrensgesetzen (vgl. z.B. LVwVfG Bad.-Wttbg. v. 21. 6. 1977, GBl. S. 227), die für Leistungs-, Eignungs- und ähnlichen Prüfungen von Personen - und damit für die Prüfungen (Fachgespräche) aufgrund der > Weiterbildungsordnungen - nur teilweise anwendbar sind (vgl. § 2 Abs. 3 Nr. 2 LVwVfG Bad.-Wttbg. und die entsprechenden Vorschriften in den übrigen Landesverwaltungsverfahrensgesetzen). a) Zuständig ist die > Ä r z t e k a m m e r , bei der der Bewerber im Zeitpunkt der Antragstellung Kammermitglied ist. Bei fehlender Kammermitgliedschaft (Tätigkeit und Wohnsitz im Ausland) war bisher aufgrund einer Vereinbarung der Landesärztekammern die Ärztekammer Nordrhein für das Anerkennungsverfahren zuständig. Nachdem die Rspr. gegen diese Regelung Bedenken geäußert hat (vgl. Tätigkeitsbericht der BÄK 1976, S. 85), ist jetzt die Begründung oder Aufrechterhaltung eines Zweitwohnsitzes in der Bundesrepublik erforderlich. Denkbar erscheint jedoch auch die Zuständigkeit der Ärztekammer, bei der der Antragsteller zuletzt Mitglied war (Narr, aaO. Rz 366). Bei Wechsel der Kammerzugehörigkeit während des Anerkennungsverfahrens bleibt die bisherige Kammer für die Entscheidung über den Antrag weiter zuständig, wenn die nunmehr zuständige Ärztekammer zustimmt (vgl. § 3 Abs. 3 LVwVfG Bad.-Wttbg. und die entsprechenden Vorschriften in den übrigen Landesverwaltungsverfahrensgesetzen). Zwar ist diese (mit § 3 Abs. 3 VwVfG identische] Vorschrift im Anerkennungsverfahren nach der Weiterbildungsordnung nicht anwendbar. Indes dürfte es sich hier um einen allgemeinen Rechtsgrundsatz handeln, der auch im Verhältnis der Ärztekammern untereinander gilt. Anderenfalls wäre der Antragsteller gezwungen, auch in Fällen, in denen das Anerkennungsverfahren bei der früher zuständigen Ärztekammer im Zeitpunkt seines Wegzuges aus dem Kammerbereich kurz vor dem Abschluß steht, bei der jetzt für ihn zuständigen Kammer ein neues Verfahren in Gang zu bringen. Hierdurch würde für ihn ein unzumutbarer Zeitverlust entstehen. Darüber hinaus würde eine solche Handhabung gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Verwaltung verstoßen (vgl. Wolff-Bachof, Verwaltungsrecht III § 163 Rz 17). Unter diesen Umständen wäre aus Gründen der Rechtssicherheit dringend zu wünschen, daß die Landesärztekammern in den hier fraglichen Fällen dem Abschluß des Anerkennungsverfahrens bei der bisher zuständigen Ärztekammer durch eine gegenseitige Vereinbarung generell zustimmen. b) Die Ärztekammer (Vorstand) entscheidet aufgrund der vorgelegten Zeugnisse und sonstigen Nachweise über die Zulassung zur Prüfung bzw. zum Fachgespräch (§ 10 MuWO, § 10 WO Bad.-Wttbg.). Die Uberprüfung durch die Ärztekammer muß sich vor allem darauf erstrecken, ob die in der > W e i t e r -

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bildungsordnung vorgeschriebenen Mindestweiterbildungszeiten erfüllt sind. Dabei ist eine generelle Nichtberücksichtigung länger zurückliegender Weiterbildungszeiten (z.B. 10 Jahre) nicht zulässig, aber auch nicht erforderlich, da die während der Weiterbildung erworbenen Kenntnisse im Rahmen der Prüfung bzw. des Fachgesprächs überprüft werden (vgl. § 11 Abs. 3 Satz 2 MuWO). Andererseits ist die bloße Erfüllung der Mindestweiterbildungszeit dann nicht ausreichend für die Zulassung zur Prüfung (Fachgespräch), wenn die nach der Weiterbildungsordnung und den Richtlinien über den Inhalt der Weiterbildung zu erfüllenden Inhalte der Weiterbildung nicht nachgewiesen sind. Bei langer Unterbrechung der Weiterbildung wird es für den Nachweis der Erfüllung der Weiterbildungsinhalte insbesondere darauf ankommen, wie rasch die Entwicklung der Medizin in dem betreffenden Gebiet verlaufen ist. Die Versagung der Zulassung ist nach vorausgegangenem Widerspruchsverfahren mit der Klage beim Verwaltungsgericht anfechtbar. c) Zur Durchführung der Prüfung bzw. des Fachgespräches bestehen bei den Ärztekammern Prüfungsausschüsse (bzw. „Fachgesprächsausschüsse", in Bad.Wttbg. als „Weiterbildungsausschüsse" bezeichnet) in der Besetzung mit drei Ärzten, von denen zwei die Anerkennung für das zu prüfende Gebiet, Teilgebiet oder den Bereich besitzen müssen; die Aufsichtsbehörde kann ein weiteres Mitglied entsenden (vgl. §§9-12 MuWO; §§9-12 WO Bad.-Wttbg.). Sie sind keine Exekutivorgane, sondern reine Gutachtergremien, an deren Vorschläge (Mitteilung des Ergebnisses der Prüfung bzw. des Fachgespräches an die Ärztekammer, vgl. § 12 Abs. 1 MuWO) die Ärztekammer nicht gebunden ist (Narr, aaO. Rz 379). Die Ärztekammer hat in angemessener Frist nach der Zulassung im Einvernehmen mit dem Vorsitzenden des Prüfungs(Fachgesprächs)ausschusses den Termin der mündlichen Prüfung (des Fachgesprächs) zu bestimmen. „Angemessen" ist i.d.R. eine Frist von höchstens 3 Monaten, da nach Ablauf dieser Frist die Untätigkeitsklage zulässig ist (§ 75 VwGO). Die Prüfungen (Fachgespräche) sind nicht öffentlich (vgl. § 30 LVwVfG Bad.-Wttbg.). Die Prüfungsentscheidung (bzw. die Entscheidung des Ausschusses über das Ergebnis des Fachgesprächs) ist ein Verwaltungsakt (vgl. OVG Lüneburg, VerwRspr. 28, 282; Narr, aaO. Rz 381), der nach Durchführung des Widerspruchsverfahrens (§§ 68 ff. VwGO) mit der Klage beim Verwaltungsgericht anfechtbar ist. Die Grundsätze des allgemeinen Prüfungsrechts gelten hier entsprechend. d) Bei Bestehen der Prüfung (bzw. nach erfolgreicher Teilnahme am Fachgespräch) stellt die Ärztekammer nach erfolgter Anerkennung der beantragten > A r z t b e z e i c h n u n g durch Vorstandsbeschluß dem Antragsteller eine Urkunde über das Recht zum Führen der Bezeichnung aus (vgl. § 12 Abs. 2 MuWO; § 12 Abs. 2 WO Bad.-Wttbg.). Dieser Vorstandsbeschluß hat konstitutive Wirkung in dem Sinne, daß die Eigenschaft als > Gebietsarzt nicht schon mit der Erfüllung der Mindestweiterbildungszeiten oder dem Datum der Prüfung (Fachgespräch), sondern erst mit dem Datum des Beschlusses über die Anerkennung (ex nunc) entsteht. Die Urkunde über die Anerkennung ei-

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ner > G e b i e t s b e z e i c h n u n g kann deshalb nur mit dem Datum des Vorstandsbeschlusses, nicht mit dem Datum der Erfüllung der Mindestweiterbildungszeit ausgestellt werden. Wo das Weiterbildungsrecht einer > Ärztekammer auf das Datum der Prüfung (Fachgespräch) abstellt, ist dieses einzusetzen. Das Recht zum Führen der Gebietsbezeichnung entsteht erst mit Aushändigung der Urkunde. Entsprechendes gilt für die Anerkennung einer > T e i l g e b i e t s - und > Z u s a t z b e z e i c h n u n g . Bei Nichtbestehen der Prüfung (bzw. nicht erfolgreicher Teilnahme am Fachgespräch) erteilt die Ärztekammer dem Antragsteller einen schriftlichen Bescheid mit Begründung einschließlich der beschlossenen Auflagen (§§12 Abs. 3 M u W O und WO Bad.-Wttbg.). Er m u ß sich dann nochmals der Prüfung bzw. dem Fachgespräch unterziehen (§ 13 MuWO; § 11 Abs. 4 WO Bad.Wttbg.). Der Bewerber hat auch die Möglichkeit, seinen Antrag auf Anerkennung der betreffenden > Arztbezeichnung bei einer anderen Landesärztekammer erneut zu stellen. Diese hat die Voraussetzungen für die Anerkennung selbständig zu prüfen; eine Bindung an den Ablehnungsbescheid und die darin enthaltenen Auflagen der ersten Landesärztekammer tritt nicht ein. Aus den in den Kammergesetzen enthaltenen Bestimmungen, wonach eine in einem Bundesland erteilte Anerkennung für alle übrigen Bundesländer Gültigkeit hat (vgl. z.B. § 42 KammerG Bad.-Wttbg.) kann nicht geschlossen werden, daß eine Bindung auch bezüglich einer negativen Entscheidung besteht. Die Anerkennung einer Gebiets-, Teilgebiets- oder Zusatzbezeichnung ist ein begünstigender Verwaltungsakt, der zurückgenommen werden kann, wenn die für die Anerkennung erforderlichen Voraussetzungen nicht gegeben waren (§16 Abs. 1 MuWO). Vor der Entscheidung der Ärztekammer sind der Prüfungsausschuß (bzw. der Fachgesprächsausschuß) zu hören. Bei unterlassener Anhörung ist die Rücknahme aus formellen Gründen unwirksam (Narr, aaO. Rz 406). Im übrigen gelten die allgemeinen Grundsätze über die Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsaktes (vgl. § 4 8 LVwVfG Bad.-Wttbg.; Wolff-Bachof, Verwaltungsrecht I, S. 449ff.). e) Ein Arzt, dessen Antrag auf Anerkennung einer Bezeichnung nach der Weiterbildungsordnung abgelehnt wurde, hat grundsätzlich ein Recht auf Akteneinsicht (vgl. § 29 LVwVfG Bad.-Wttbg.). 6. a) Eine von den vorstehenden Grundsätzen abweichende Weiterbildung kann auf Antrag von der Ärztekammer vollständig oder teilweise als gleichwertig anerkannt werden, wenn sie insgesamt gleichwertig ist (§ 14 Abs. 1 MuWO). Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalles, wobei jedoch zu beachten ist, daß es sich hier um eine Ausnahmevorschrift handelt, die stets eng auszulegen ist (vgl. OVG Bremen v. 11. 10. 1983 - 1 BA 75/82 -). Gleichwertig ist eine Weiterbildung nur dann, wenn sie hinsichtlich der Dauer, des Inhalts und der Qualität mit den essentiellen Anforderungen vergleichbar ist, die in den Kammer(Heilberufsjgesetzen ( > Ärztekammer Rz 2), den Weiterbildungsordnungen und den Richtlinien über den Inhalt der Weiterbildung (> Weiterbildungsordnung) aufgestellt sind (näher dazu Narr, aaO. Rzn. 384 ff.).

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Beispiele: (1) Die Nichterfüllung des Operationskatalogs in einem Bereich kann u. a. durch eine Übererfüllung des Katalogs in einem anderen Bereich kompensiert werden. (2) Ein unterlassener Wechsel der Weiterbildungsstätte (vgl. oben Rz 1875), Weiterbildungsabschnitte unter 6 Monaten und Unterbrechung der Weiterbildung länger als 6 Wochen im Kalenderjahr (vgl. oben Rz 1873] können im Einzelfall hingenommen werden, wenn diesem Weniger ein Mehr in anderen Punkten gegenübersteht.

Eine nach ihren Inhalten erfüllte, jedoch nicht von einem zur Weiterbildung ermächtigten Arzt überwachte und geleitete ärztliche Tätigkeit kann niemals als gleichwertig anerkannt werden (VG Sigmaringen v. 22. 3. 1982 - 1 K 954/81 weitergehend soll nach dem vorzitierten Urteil des OVG Bremen Gleichwertigkeit einer Weiterbildung auch dann angenommen werden können, wenn der leitende Arzt zwar nicht zur Weiterbildung ermächtigt, jedoch auf dem fraglichen Gebiet ausschließlich und umfassend tätig ist; widersprüchlich Narr, aaO. Rz 386, der einerseits davon ausgeht, daß eine Tätigkeit bei einem nicht ermächtigten Arzt schon begrifflich keine anrechnungsfähige Weiterbildungszeit sein kann, andererseits jedoch sogar die Anrechnung eines biochemischen Studiums nach der > A p p r o b a t i o n auf die Weiterbildung zum Laborarzt im Einzelfall für möglich hält). Zu beachten ist auch, daß das Weiterbildungsrecht keine allgemeine Härteklausel kennt, die es ermöglichen würde, unter Verzicht auf die geforderten Weiterbildungsnachweise eine Tätigkeit als gleichwertig anzuerkennen (Narr, aaO Rz 386 a.E.). b) Zur Gleichwertigkeit einer Weiterbildung im Ausland vgl. unten Rz 1892 c) > G a s t a r z t Rz 671, > W e h r d i e n s t Rz 1866, > Z i v i l d i e n s t Rz 1991 1882

IV. Ermächtigung zur Weiterbildung und Zulassung von Weiterbildungsstätten. 1. Im Gegensatz zum früheren Recht, wonach die persönliche Ermächtigung des die Weiterbildung leitenden Arztes durch die Ärztekammer genügte, bedarf es nunmehr - mit Ausnahme der Hochschulen, z. T. auch von > Arztp r a x e n (z.B. in Bad.-Wttbg.) - zusätzlich der Zulassung einer Einrichtung als Weiterbildungsstätte durch die zuständige staatliche Behörde im Einvernehmen mit der > Ärztekammer. Rechtlich liegt ein mehrstufiger Verwaltungsakt vor, wobei die Versagung des Einvernehmens durch die Ärztekammer mangels Außenwirkung keinen selbständig anfechtbaren Verwaltungsakt darstellt (vgl. Wolff-Bachof, Verwaltungsrecht I, S. 382f. ; Narr, aaO. Rz341). Die Zulassung erfolgt auf Antrag des Inhabers der betreffenden Einrichtung nach Prüfung ihrer Eignung durch die zuständige staatliche Behörde. Eignungskriterien sind in den Kammergesetzen (Heilberufsgesetzen) (vgl. z. B. § 41 Abs. 4 KammerG Bad.-Wttbg.) und den dazu erlassenen Richtlinien über die Zulassung von Weiterbildungsstätten (vgl. z. B. Erlaß d. Min. für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrh.-Westf. v. 29. 12. 1975, Rhein. ÄBl. 1976/3) festgelegt. Die Zulassung ist regelmäßig zeitlich unbefristet. Die Zulassung als Weiterbildungsstätte muß der Ermächtigung zeitlich vorausgehen (Narr, aaO. Rz 347).

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2. a) Über die Ermächtigung zur Weiterbildung entscheidet auf Antrag der Vorstand der Ärztekammer nach Prüfung der fachlichen und persönlichen Eignung des Antragstellers (vgl. § 5 Abs. 2 u. 4 MuWO sowie die Muster-Richtlinien der BÄK über die Ermächtigung zur Weiterbildung, DÄ 1979, 113ff.). Die persönliche Eignung ist grundsätzlich auch dann zu bejahen, wenn der Antragsteller nicht die > A p p r o b a t i o n , sondern nur eine > B e r u f s e r l a u b n i s nach § 10 BÄO besitzt. Möglich ist die gemeinsame Ermächtigung mehrerer Ärzte (vgl. § 5 Abs. 3 Satz 2 MuWO). Die Ermächtigung kann nur für das Gebiet oder Teilgebiet erteilt werden, dessen Bezeichnung der Arzt führt (§ 5 Abs. 2 Satz 4 MuWO). Eine Weiterbildungsermächtigung kann jedoch grundsätzlich nur für ein Gebiet oder ein Teilgebiet erteilt werden, auch wenn die betreffenden Bezeichnungen nebeneinander geführt werden dürfen (Verbot der Doppelermächtigung, § 5 Abs. 2 Satz 5 MuWO). Möglich ist aber die gleichzeitige Ermächtigung für ein Gebiet und einen Bereich oder für ein Teilgebiet und einen Bereich. Diese Regelung basiert auf der Annahme, daß der weiterbildende Arzt, der ständig Uber den neuesten Stand der Medizin in seinem Gebiet oder Teilgebiet unterrichtet sein muß, nicht gleichzeitig umfassende Kenntnisse und Erfahrungen in einem zweiten Gebiet oder Teilgebiet erwerben und weitervermitteln kann (teilweise a.A. Narr, aaO. Rz 350, der eine Doppelermächtigung für ein Gebiet und ein Teilgebiet insoweit zulassen will, als die Ableistung der Weiterbildung für das Teilgebiet innerhalb des Hauptgebietes nach der Weiterbildungsordnung zulässig ist, z.B. gleichzeitige Ermächtigung für Innere Medizin und ein Jahr Kardiologie).

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b) Ermächtigt werden können Ärzte in Einrichtungen der Hochschulen, zugelassener Krankenhausabteilungen, zugelassenen Instituten oder in anderen zugelassenen Einrichtungen (§ 5 Abs. 1 Satz 1 MuWO). Regelmäßig wird es sich dabei um > C h e f ä r z t e handeln. Möglich ist aber auch die Ermächtigung eines > O b e r a r z t e s oder eines sonstigen in seiner Dienststellung unselbständigen Arztes als selbständiger Leiter einer entsprechenden Abteilung, die jedoch organisatorisch nicht verselbständigt ist, wie dies in der Praxis häufig bei den > T e i l g e b i e t e n der Fall ist (der Oberarzt ist z. B. Leiter der organisatorisch unselbständigen Abteilung „Unfallchirurgie"). Nicht möglich ist die Ermächtigung von nichtärztlichen Leitern einer Einrichtung (z.B. Chemiker als Leiter eines Rrankenhauslabors oder nichtärztliche Pharmakologen). Die Ermächtigung eines niedergelassenen Arztes ist möglich im Gebiet „Allgemeinmedizin" sowie in Gebieten, auf die sich das Recht der Europäischen Gemeinschaften (EG) nicht bezieht (z. B. Laboratoriumsmedizin, Rechtsmedizin, Nuklearmedizin; vgl. Art. 4 u. 7 der Anerkennungsrichtlinien > Niederlassungsfreiheit Rz 1252). Für Gebiete, auf die sich das Recht der EG bezieht, kommt eine Ermächtigung insoweit in Betracht, als die nach der Weiterbildungsordnung festgesetzte Mindestweiterbildungszeit die nach dem Recht der EG geforderte Weiterbildungszeit übersteigt (§ 5 Abs. 1 Unterabs. 2 MuWO). Das bedeutet, daß ein niedergelassener Arzt in folgenden Gebieten maximal

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bis zur Dauer eines Jahres ermächtigt werden kann: Chirurgie, Neurochirurgie, Innere Medizin, Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Kinderheilkunde, Pathologie, Pharmakologie, Radiologie, Anaesthesie, Augenheilkunde, Hals-Nasen-Ohrenheilkunde (vgl. Art. 4 u. 5 der Koordinierungsrichtlinie > Niederlassungsfreiheit Rz 1252). Für die Gebiete Orthopädie und Urologie z.B kommt eine Weiterbildungsermächtigung für niedergelassene Ärzte nicht in Betracht. > Belegarzt Rz 343 c) Die Ermächtigung zur Weiterbildung erfolgt in dem Umfang, in dem an der betreffenden Weiterbildungsstätte die in der Anlage zur Weiterbildungsordnung an den Inhalt der Weiterbildung in dem Gebiet, Teilgebiet oder Bereich gestellten Anforderungen erfüllt werden können (§ 5 Abs. 4 MuWO). Danach kann neben einer Weiterbildungsermächtigung für die volle Zeit (z. B. vier Jahre im Gebiet Anaesthesie) auch eine zeitlich beschränkte Ermächtigung (z. B. für zwei Jahre) erteilt werden. Für die Festlegung der Dauer der Weiterbildungsermächtigung spielt auch die Bettenzahl eine Rolle. Sie ist jedoch nicht allein entscheidend. Maßgebend ist der Patientendurchgang in der betreffenden Abteilung, der nicht von der Bettenzahl, sondern von der durchschnittlichen Verweildauer abhängig ist (vgl. z.B. die Richtlinien der LÄK Bad.-Wttbg. v. 29. 11. 1980, ABl. Bad.-Wttbg. 1981, 113). Auch bei einer vollen Ermächtigung bleibt es bei der Verpflichtung zum Wechsel der Weiterbildungsstätte, wo ein solcher Wechsel in der Anlage zur Weiterbildungsordnung vorgeschrieben ist (vgl. oben Rz 1875). d) Der ermächtigte Arzt ist verpflichtet, die Weiterbildung persönlich zu leiten, sowie zeitlich und inhaltlich entsprechend der > Weiterbildungsordn u n g und den Richtlinien über den Inhalt der Weiterbildung zu gestalten (§ 5 Abs. 3 Satz 1 MuWO). Aus der Pflicht zur persönlichen Leitung der Weiterbildung folgt, daß die Zahl der bei einem Arzt gleichzeitig in Weiterbildung befindlichen Ärzte nicht unbeschränkt sein kann. Andererseits fehlt es derzeit an einer gesetzlichen Grundlage für eine regelmäßige Begrenzung der weiterzubildenden Ärzte (näher dazu Narr, aaO. Rz 349). Soweit im Rahmen der Weiterbildung die Anfertigung von > G u t a c h t e n für Gerichte usw. verlangt wird (wie z. B. in den Gebieten Pathologie, Nervenheilkunde, Innere Medizin, Rechtsmedizin), erfordert der Grundsatz der persönlichen Leitung der Weiterbildung durch den ermächtigten Arzt, daß die Gutachtenaufträge diesem und nicht einem anderen Arzt des Krankenhauses erteilt werden (näher dazu Kohlheim, Rhein. ÄBl. 1982, 1122 > Sachverständiger Rz 1539). e) Die Weiterbildungsermächtigung ist zu widerrrufen, wenn ihre Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind (vgl. im einzelnen § 6 MuWO). Nicht ausdrücklich geregelt ist die Rücknahme einer rechtswidrig erteilten Weiterbildungsermächtigung. Hierfür sind die Grundsätze über die Rücknahme eines rechtswidrig begünstigenden Verwaltungsaktes zu beachten (§ 48 LVwVfG Bad.-Wttbg.; Wolff-Bachof, Verwaltungsrecht I, S. 449ff.). Danach wirkt die Rücknahme i.d.R. nur für die Zukunft, nicht für die Vergangenheit (Narr, aaO. Rz 358).

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V. Rechtsstellung des Arztes in der Weiterbildung. 1. Die Rechtsbeziehungen zum Kiankenhaustiägei oder einem sonstigen Arbeitgeber richten sich nach dem Arbeitsvertrag. Sofern dieser - wie i.d.R. - Bestimmungen über die Durchführung der Weiterbildung nicht enthält, hat der weiterzubildende Arzt gegen seinen Arbeitgeber keine Ansprüche in bezug auf die Durchführung und inhaltliche Gestaltung der Weiterbildung. Wegen der privatrechtlichen Natur des Rechtsverhältnisses ist für das Begehren auf Zulassung zur ärztlichen Weiterbildung der Verwaltungsrechtsweg nicht gegeben. Dies hat das OVG Münster (NJW 1983, 1390) in bezug auf eine privatrechtlich organisierte Institution (Deutsche Psychoanalytische Vereinigung) zutreffend festgestellt. Gleiches muß für öffentlichrechtliche Einrichtungen, insbesondere Krankenhäuser gelten, es sei denn, daß sie in der ärztlichen Weiterbildung im konkreten Fall eine Monopolstellung einnehmen. 2. Die Rechtsbeziehungen zwischen dem zur Weiterbildung ermächtigten Arzt und dem weiterzubildenden Arzt sind öffentlichrechtlicher Natur (a.A. OVG Münster, NJW 1983, 1390, 1391). Maßgebend sind die ärztliche >Ber u f s o r d n u n g und die > W e i t e r b i l d u n g s o r d n u n g . Aus der Verpflichtung des ermächtigten Arztes zur persönlichen Leitung der Weiterbildung und ihrer inhaltlichen Gestaltung entsprechend den weiterbildungsrechtlichen Vorschriften (vgl. oben Rz 1887) folgt, daß der weiterbildende Arzt dem Weiterzubildenden die Möglichkeit geben muß, alle inhaltlichen Voraussetzungen nach der Weiterbildungsordnung (z. B. Zahl der Operationen, fachgebundene Röntgendiagnostik) zu erfüllen. Die Verletzung dieser Pflicht stellt einen durch das ärztliche > Berufsgericht zu ahndenden Verstoß gegen das ärztliche Berufsrecht dar (vgl. § 4 MuBO). Darüber hinaus verletzt der ermächtigte Arzt eine ihm dem weiterzubildenden Arzt gegenüber obliegende öffentlichrechtliche Pflicht. Die Erfüllung dieser Pflicht kann durch Verpflichungsklage gegen den ermächtigten Arzt beim Verwaltungsgericht, ggf. verbunden mit einem Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung, erzwungen werden. 3. Der Umstand, daß ein Arzt sich noch in der Weiterbildung befindet, führt nicht zu einer Minderung der zivilrechtlichen > Haftung. Der Patient hat einen Anspruch darauf, mit der erforderlichen Sorgfalt eines voll weitergebildeten Arztes des betreffenden Gebietes behandelt zu werden (OLG Celle v. 1. 12. 1980 - 1 U 13/79 > B e h a n d l u n g s f e h l e r Rzn. 310, 319, > Assistenzarzt Rz 240). Für die strafrechtliche Verantwortlichkeit kann die geringere Erfahrung des noch in der Weiterbildung stehenden Arztes dagegen relevant werden (> Haft u n g Rz 787). VI. Weiterbildung außerhalb des Bundesgebietes. 1. Weiterbildung in der DDR. Rechtsgrundlage ist die Anordnung über die Weiterbildung der Ärzte und Zahnärzte - Facharzt-/Fachzahnarztordnung - v. 11.8. 1978 (GBl. DDR I S. 286; zum folgenden eingehend Narr, aaO. Rz 389f.). Im Gegensatz zur Rechtslage in der Bundesrepublik handelt es sich um eine Pflichtweiterbildung, die nach der > A p p r o b a t i o n (> Diplom-Mediziner) beginnt und

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einheitlich für alle Fachrichtungen mindestens vier und höchstens fünf Jahre beträgt. Sie schließt ab mit einem Kolloquium und der staatlichen Anerkennung als „Facharzt f ü r . . . " . Der Abschluß der Weiterbildung zum Facharzt ist Voraussetzung für eine weiterführende Subspezialisierung nach der Anordnung über die weiterführende Spezialisierung von Fachärzten und Fachzahnärzten - Subspezialisierungsordnung - v. 13. 6. 1983, GBl. DDR IS. 185 (näher dazu Narr, aaO. Rz 389). Eine Facharztanerkennung aus der DDR wird nicht automatisch in eine Anerkennung der entsprechenden > Arztbezeichnung in der Bundesrepublik umgewandelt; vielmehr ist nach Vorlage der einzelnen Zeugnisse über die abgeleistete Weiterbildung in der DDR durch die > Ärztekammer zu prüfen, ob eine gleichwertige Weiterbildung vorliegt (vgl. § 14 MuWO). Die Gleichwertigkeitsprüfung, die grundsätzlich im Rahmen einer mündlichen Prüfung bzw. eines Fachgesprächs erfolgt, hat sich auch darauf zu erstrecken, ob der Antragsteller wenigstens in den Grundzügen mit den für die Ausübung des ärztlichen Berufs bedeutsamen Rechtsvorschriften in der Bundesrepublik, insbesondere den berufsrechtlichen, sozialversicherungsrechtlichen und arzneimittelrechtlichen Bestimmungen vertraut ist (Narr, aaO. Rz 390).

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Bei Feststellung der Gleichwertigkeit der Weiterbildung in der DDR besteht ein Rechtsanspruch auf Anerkennung dieser Weiterbildung, ohne daß zuvor, wie bei Ausländern, in jedem Falle eine zwölfmonatige Weiterbildung im angestrebten Gebiet in der Bundesrepublik verlangt werden darf. Eine rückwirkende Gebietsarztanerkennung auf den Zeitpunkt der Antragstellung oder gar den Zeitpunkt der Facharztanerkennung in der DDR ist wegen der ex-nuncWirkung der Anerkennung nicht möglich (oben Rz 1880). Wird die Gleichwertigkeit der Weiterbildung in der DDR verneint, hat der PrüfungsjFachgesprächsjausschuß festzulegen, ob und ggf. welche zusätzliche Weiterbildungszeiten noch abzuleisten sind und welche besonderen Anforderungen an die verlängerte Weiterbildung zu stellen sind. 2. Weiterbildung im Ausland. Bei der Anrechnung von Weiterbildungszeiten, die im Ausland erbracht wurden, ist zunächst zu unterscheiden, ob die Weiterbildung im Ausland außerhalb oder innerhalb eines Mitgliedstaates der EG abgeleistet wurde. Bei der Weiterbildung innerhalb eines EG-Mitgliedstaates kommt es weiter darauf an, ob der Bewerber Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates ist oder nicht. a) Eine Weiterbildung im Ausland außerhalb eines Mitgliedstaates der EG kann angerechnet werden, soweit sie gleichwertig ist und eine Weiterbildung von mindestens zwölf Monaten in dem angestrebten Gebiet, Teilgebiet oder Bereich in der Bundesrepublik abgeleistet wurde (§ 15 Abs. 3 Satz 1 MuWO). Dabei hat ein deutscher Bewerber mit gleichwertiger Weiterbildung im Ausland trotz der Formulierung in § 15 Abs. 3 Satz 1 MuWO („kann . . . angerechnet werden") einen Rechtsanspruch auf Anrechnung der ausländischen Weiterbildungszeit. Dieser Anspruch ergibt sich aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG (so richtig Narr, aaO. Rz 402). Trotzdem muß auch ein deutscher Bewerber, dessen Weiterbildung im Ausland in vollem Umfang als gleichwertig anerkannt

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wurde, zusätzlich eine mindestens 12monatige Weiterbildung bei einem ermächtigten Arzt in dem angestrebten Gebiet, Teilgebiet oder Bereich in der Bundesrepublik ableisten (§15 Abs. 3 Satz 1 MuWO). Diese Regelung, die dazu dient, den Bewerber mit der Praxis der Krankenversorgung und den maßgebenden arztrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften vertraut zu machen (vgl. VG Köln v. 23. 8. 1979 - 9 K 568/78 -), ist als subjektive Zulassungsvoraussetzung mit Art. 12 GG vereinbar (Narr, aaO. Rz 403). b) Weiterbildung in einem EG-Mitgliedstaat, (aa) Wer als Staatsangehöriger eines Mitgüedstaates der EG ein in einem Mitgliedstaat erworbenes fachbezogenes Diplom, ein Prüfungszeugnis oder einen sonstigen Befähigungsnachweis für ein Gebiet, Teilgebiet oder einen Bereich besitzt, erhält in einem anderen EG-Mitgliedstaat auf Antrag die Anerkennung, soweit nach der Weiterbildungsordnung in diesem Gebiet, Teilgebiet oder Bereich eine entsprechende Anerkennung möglich ist (§ 15 Abs. 1 Satz 1 MuWO). Eine Ausnahme gilt für griechische Staatsangehörige, die nach dem 1. 1. 1981 von Griechenland oder einem anderen EG-Mitgliedstaat zum Zwecke der Aufnahme einer ärztlichen Tätigkeit im Angestelltenverhältnis einreisen. Diese Personen haben erst ab 1.1. 1988 Anspruch auf Erteilung einer entsprechenden Anerkennung, da auf sie erst ab diesem Zeitpunkt die Bestimmungen über die Freizügigkeit im EGBereich Anwendung finden (> Niederlassungsfreiheit Rz 1252). Die Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise müssen von den zuständigen Behörden oder Stellen, die in Art. 5 Abs. 2 der Anerkennungsrichtlinie (> Niederlassungsfreiheit Rz 1252) für jeden Mitgliedstaat einzeln genannt sind, ausgestellt sein. Angesichts der unterschiedlichen Verhältnisse in den einzelnen EG-Mitgliedstaaten gibt es keine gegenseitige Anerkennung aller Diplome in allen Mitgliedstaaten. Es ist vielmehr zu unterscheiden zwischen Diplomen, die allen Mitgliedstaaten gemeinsam sind (Anaesthesie, Chirurgie, Neurochirurgie, Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Innere Medizin, Augenheilkunde, HalsNasen-Ohrenheilkunde, Kinderheilkunde, Lungen- und Bronchialheilkunde, Urologie, Orthopädie; vgl. Art. 5 Abs. 3 der Anerkennungsrichtlinie) und solchen, die nur in mindestens zwei oder mehreren Mitgliedstaaten gegenseitig anerkannt werden (Art. 6, 7 der Anerkennungsrichtlinie). Im letzteren Fall beschränkt sich die Anerkennung von Diplomen, Prüfungszeugnissen und sonstigen Befähigungsnachweisen auf die Mitgliedstaaten, in denen die betreffenden Fachrichtungen bestehen (vgl. hierzu die Übersicht bei Narr, aaO. Rz 396). Der Entwurf eines Vorschlages für eine Richtlinie des Rates der EG über die Weiterbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin (Dokument III/D/129/1/81-DE ) beabsichtigt die Einführung der Weiterbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin in allen EG-Mitgliedstaaten mit einer Mindestweiterbildungszeit von zwei Jahren zum 1. 1. 1985 > P f l i c h t weiterbildung).

Die vorstehende Regelung basiert auf der Annahme, daß jeweils die Mindestdauer der Weiterbildung nach der Koordinierungs-Richtlinie (> Niederlas-

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sungsfreiheit Rz 1252) erfüllt wurde. Ist dies nicht der Fall, gilt die der Wahrung des Besitzstandes dienende Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 2 MuWO, die auf Art. 9 Abs. 2 der Anerkennungsrichtlinie basiert. Durch Art. 1 u. 2 der Richtlinie v. 14. 12. 1981 (81/1057/EWG [ÄBl. EG Nr. L 385/25 v. 31. 12. 1981] wurde eine erweiterte Anerkennung gebietsärztlicher Diplome und Befähigungsnachweise eingeführt [näher dazu Narr, aaO. Rz 398]). Die von einem Staatsangehörigen eines EG-Mitgliedstaates in einem anderen Mitgliedstaat abgeleisteten Weiterbildungszeiten, die noch nicht zu einem Diplom, Prüfungszeugnis oder einem sonstigen Befähigungsnachweis geführt haben, sind unter dem Gesichtspunkt der Gleichwertigkeit (§ 14 Abs. 2 MuWO) auf die Weiterbildung in der Bundesrepublik ganz oder teilweise anrechenbar (§ 15 Abs. 2 MuWO). (bb) Sofern die Weiterbildung in einem Mitgliedstaat der EG von einem Arzt abgeleistet wurde, der nicht Staatsangehöriger eines EG-Mitgliedstaates ist, gilt gleiches wie unter a) (§15 Abs. 3 Satz 2 MuWO). Die vorstehend skizzierte unterschiedliche Regelung der Anrechnung einer ausländischen Weiterbildung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (VG Köln v. 23. 8. 1979 - 9 K 568/78 -). VII. Die Weiterbildung stellt eine „Fachausbildung" i. S. des § 46 Abs. 3 Satz 1 SoldG dar (BVerwG v. 21. 4. 1982 - 6 C 3.81 - > W e h r d i e n s t Rz 1867.

Weiterbildungsordnung 1895

Die ärztlichen Weiterbildungsordnungen sind auf gesetzlicher Ermächtigung in den Kammer- oder Heilberufsgesetzen ( > Ä r z t e k a m m e r Rz 2) beruhende autonome Satzungen der > Ärztekammern zur Regelung des Inhalts und des Verfahrens der ärztlichen > Weiterbildung. Sie beruhen - mit Abweichungen in Einzelpunkten - auf der vom 79. > D e u t s c h e n Ärztetag 1976 als Empfehlung an die Landesärztekammern beschlossenen Musterweiterbildungsordnung - MuWO - (i.d.F. der Beschlüsse des 81. und 83. Deutschen Ärztetages 1978 u. 1980, StenWoBer. S. 652ff., hier abgedr. in Anh. 2) und sind daher in den einzelnen Bundesländern im wesentlichen gleichlautend. Die Weiterbildungsordnungen der Landesärztekammern werden ergänzt durch die von den Ärztekammern erlassenen Richtlinien über den Inhalt der Weiterbildung, bei denen es sich nicht um Satzungen, sondern lediglich um eine nähere Interpretation der jeweiligen Weiterbildungsinhalte durch die Ärztekammern handelt (vgl. z.B. die Richtlinien der Landesärztekammer Bad.Wttbg. v. 29. 11. 1980 [ÄBl. Bad.-Wttbg. 1981, 227ff.).

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Weltgesundheitsorganisation (WHO)

Weltärztebund (WMA) I. Der Weltärztebund (World Medical Association, abgekürzt: WMA) ist eine im Jahr 1946 als Nachfolgeorganisation der seit 1926 bestehenden internationalen Ärztevereinigung (APIM) gegründete Vereinigung zur Förderung der Zusammenarbeit der ärztlichen Organisationen der ganzen Welt mit Sitz in New York.

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II. Der Weltärztebund verfügt über eine Satzung, in der Ziele, Aufgaben und Organisation geregelt sind. Hauptaufgaben sind: Herstellung enger Beziehungen zwischen den Ärzten der Welt; gemeinsame Diskussionen medizinischer Probleme von internationaler Bedeutung; Erreichung des höchsten internationalen Standards > ärztlicher Ausbildung, medizinischer Wissenschaft, ärztlicher Kunst und medizinischer Ethik; Sicherstellung der Gesundheitsfürsorge für alle Menschen der Welt. Die Mitgliedschaft steht den nationalen ärztlichen Berufsvertretungen offen, die je zwei stimmberechtigte Delegierte in die Versammlung entsenden können. Seit 1979 können auch einzelne Ärzte Mitglied werden. Zur Zeit sind mehr als 50 ärztliche Berufsorganisationen im Weltärztebund zusammengeschlossen (aus dem Ostblock ist nur noch Jugoslawien Mitglied). Die deutsche Ärzteschaft wurde im Jahr 1951 in den Weltärztebund aufgenommen und wird dort seitdem von der > Bundesärztekammer vertreten. Organe des Weltärztebundes sind die Generalversammlung und der Vorstand. III. Der Weltärztebund hat bisher insbesondere folgende Entschließungen gefaßt: Das > „Genfer Gelöbnis", die > Deklaration von Helsinki, die Deklaration von Sydney über die Definition des Todeszeitpunktes (DÄ 1968, 1865), die Deklaration von Oslo zum Thema > Schwangerschaftsabbruch (DÄ 1971, 3181), die > Deklaration von T o k i o und die > Deklaration von Lissabon.

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Weltgesundheitsorganisation (WHO) I. Die Weltgesundheitsorganisation (World Health Organisation, abgekürzt: WHO) ist eine der Sonderorganisationen der Vereinigten Nationen mit Hauptquartier in Genf. Sie konstituierte sich im Jahr 1948 als Nachfolgeorganisation des 1907 gegründeten Internationalen Gesundheitsamts in Paris und der 1921 entstandenen Hygiene-Kommission des Völkerbundes in Genf. II. Die von den Vertragsstaaten beschlossene Satzung ist Bestandteil der Rechtsordnung der betreffenden Länder (vgl. für die Bundesrepublik Deutschland die Satzung der Weltgesundheitsorganisation - Übersetzung - v. 22. 7.

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Weltgesundheitsorganisation (WHO)

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1946 i.d.F. d. Bek. v. 22. 1. 1974, BGBl. II S. 43 mit Änderung gemäß Bek. v. 19. 6. 1975, BGBl. II S. 1103). Danach ist Ziel der WHO der Schutz und die Förderung der Gesundheit der Völker aller Länder (Art. 1). Zur Erreichung dieses Zieles hat die WHO vor allem folgende Aufgaben (vgl. Art. 2): Internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Organisation des > ö f f e n t l i c h e n G e s u n d h e i t s w e s e n s , insbesondere der Seuchenbekämpfung; Verbesserung von Ernährung und Umwelthygiene; Unterstützung junger Staaten beim Aufbau nationaler Gesundheitsdienste; Koordinierung der Gesundheitsforschung; Abgabe von Empfehlungen über internationale Gesundheitsfragen; Gesundheitsaufklärung) Aufstellung von Nomenklaturen von Krankheiten und Todesursachen; Verbesserung der Ausbildungsvorschriften für Berufe im Gesundheitswesen. Die Mitgliedschaft in der WHO steht allen Staaten offen (Art. 3). Organe der WHO sind die Weltgesundheitsversammlung (Art. 10ff.), der Exekutivrat (Art. 24ff.) und das Sekretariat (Art. 30ff.). 1899

III. Die von der WHO herausgegebenen Empfehlungen sind nach ihrer Rechtsnatur keine völkerrechtlichen Übereinkommen und bedürfen daher zu ihrer Rechtsverbindlichkeit der Umsetzung in nationales Recht. Die Empfehlungen sind jedoch in jedem Falle insoweit rechtlich beachtlich, als sie eine nähere Konkretisierung ärztlicher Sorgfaltspflichten enthalten ( > Behandlungsfehler Rz 307).

Werbeverbot 1900

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A. Eigenwerbung für den Arzt.

I. Rechtsgrandlagen. 1. Nach der ärztlichen > Berufsordnung (vgl. §21 Abs. 1 MuBO) ist dem Arzt jegliche Werbung und Anpreisung untersagt. Dieses umfassende strenge Werbeverbot dient dem Schutz der Volksgesundheit und des individuellen Gesundheitsinteresses und entspricht außerdem der Natur des ärztlichen Berufes als freier Beruf, für den der Verzicht auf Werbung eines der Wesensmerkmale darstellt (vgl. Doepner, WRP 1977, 318, 322 m. Nachw.). Mittelbar dient das ärztliche Werbeverbot zugleich dem Schutz der Wettbewerbsposition der Kollegen als Mitbewerber (Doepner, aaO. S. 322). Bei den berufsrechtlichen Vorschriften über das Werbeverbot handelt es sich um Berufsausübungsregelungen i.S. des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG, die verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sind (BerufsG beim OVG Münster, NJW 1974, 1444; BVerfG, NJW 1980, 633 [Werbung durch Apotheker); BerufsG beim OLG München, WRP 1978, 743; BerufsG beim BayObLG, BayVBl. 1978, 543; für eine Liberalisierung des berufsrechtlichen Werbeverbots, insbesondere im Hinblick auf die Meinungs- und Pressefreiheit setzt sich neuerdings Jarass ein [NJW 1982, 1833, 1836f., 1838ff.]). 2. Ein Verstoß gegen das berufsrechtliche Werbeverbot stellt regelmäßig zu

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Werbeverbot

gleich einen Verstoß gegen Wettbewerbsrecht § § 1 , 3 UWG dar (vgl. z. B. BGH, NJW 1971, 1889; BGH v. 14. 10. 1977, Krankenhausarzt 1979, 581, OLG Hamburg v. 21. 9. 1978, DÄ 1980, 582 [Leits.j; OLG Frankfurt, NJW 1975, 599). Im übrigen geht das ärztliche Berufsrecht dem allgemeinen Wettbewerbsrecht grundsätzlich rar (vgl. Dünisch, BayVBl. 1982, 102 ff. > W e t t b e w e r b s r e c h t Rz 1921). 3. Darüber hinaus kann eine nach der ärztlichen Berufsordnung verbotene Werbung gleichzeitig Vorschriften des > Heilmittelwerbegesetzes verletzen (vgl. BGH, NJW 1971, 1889). II. Allgemeine Grundsätze. 1. a) Der Begriff der Werbung i.S. der Berufsordnung wird von der Rspr. definiert als „eine Tätigkeit, die dazu bestimmt ist, bei dem Angesprochenen einen Mangel an Bereitschaft zu überwinden..., Vertrauen zu erwecken und gleichzeitig zu ,imponieren', um den Umworbenen zu einem bestimmten Verhalten zu bewegen" (BerufsG beim OVG Münster, NJW 1970, 535, 536). Dabei ist es unerheblich, mit welchen Mitteln die Beeinflussung erfolgt. Unzulässig ist eine Werbung durch Ton, Wort, Bild oder Schrift, gleichgültig ob sie vom Arzt selbst ausgeht (unmittelbare Werbung, unten Rz 1906) oder von Dritten für ihn durchgeführt wird (mittelbare Werbung, unten Rz 1907). Es kommt auch nicht darauf an, ob die Werbung subjektiv vom Arzt beabsichtigt ist; entscheidend ist allein die objektive Werbewirkung in der Öffentlichkeit. Dem neben dem Begriff der Werbung in § 21 Abs. 1 MuBO verwendeten Begriff der „Anpreisung" kommt keine selbständige Bedeutung zu; er bezeichnet lediglich eine besonders nachdrückliche Form der Werbung (Hess, Kommentar zur Berufsordnung der LÄK Bad.Wttbg. Sonderbeilage zum ÄBl. Bad.-Wttbg. 1972/5, S. II; Doepner, WRP 1977, 323. Das ärztliche Werbeverbot richtet sich an den Arzt als Person, nicht an die Ärzteschaft in ihrer Gesamtheit (vgl. Hess, aaO.). Es gilt grundsätzlich auch nicht für juristische Personen (z.B. eingetragene Vereine, handelsrechtliche Gesellschaften; vgl. dazu Kirchhoff, Nieders. ÄBl. 1979, 482ff.). Etwas anderes muß aber dann gelten, wenn ein Arzt zur Umgehung des berufsrechtlichen Werbeverbotes eine Gesellschaft gründet (z. B. eine GmbH). Hier müssen die formal von der juristischen Person vorgenommenen, gegen das Werbeverbot verstoßenden Handlungen dem Arzt jedenfalls dann zugerechnet werden, wenn er selbst an der Geschäftsführung der juristischen Person oder wenigstens als Kapitalgeber maßgeblich beteiligt ist. Der Rechtsgedanke des §21 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 MuBO muß hier entsprechend Anwendung finden. Der Arzt, der das berufsrechtliche Werbeverbot verletzt, kann sich nicht darauf berufen, daß auch andere Ärzte unerlaubte Werbung betreiben und die > Ärztekammern dagegen nicht gleichmäßig einschreiten (keine Berufung auf „tu quoque"; BerufsG beim OLG München, v. 18. 9. 1968, Kallfelz Bd. II, S. 442). b) Von der Werbung zu unterscheiden ist die sachlich notwendige Information und Aufklärung, die auch dann erlaubt ist, wenn mit ihr ein etwaiger

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Werbe-Nebeneffekt verbunden ist, der so geringfügig ist, daß er weit hinter das Informationsinteresse zurücktritt (vgl. dazu BGH, NJW 1971, 1889, 1890; BGH, WRP 1979, 193, VersR 1982, 900, 901 ; Eglin, DMW 1974, 1787; von einem weitergehenden Werbebegriff, der auch die informative Werbung umfaßt, geht Doepner, WRP 1977, 323 aus). Der sachlichen Information dienen eine nach abgeschlossener > W e i t e r b i l d u n g erworbene > Gebietsbez e i c h n u n g , > T e i l g e b i e t s b e z e i c h n u n g oder > Z u s a t z b e z e i c h n u n g sowie die nach §§ 26-29 MuBO zugelassenen Angaben in Anzeigen und Verzeichnissen, auf > P r a x i s s c h i l d e r n , Briefbogen, Rezeptvordrucken und Stempeln. Seinem Sinn und Zweck entsprechend gilt das ärztliche Werbeverbot grundsätzlich nicht für Verlautbarungen innerhalb von Fachkreisen, durch die Gesundheitsinteressen der Bevölkerung nicht berührt werden. Der Informationsund Erfahrungsaustausch innerhalb der Ärzteschaft ist für den Fortschritt der Medizin unabdingbar (vgl. Kurz, DMW 1975, 2233). Nach §21 a MuBO dürfen daher Ärzte andere Ärzte über ihr Leistungsangebot informieren. So bestehen z. B. keine Bedenken, wenn ein Allgemeinarzt, der sich neu niederläßt, die in seinem Einzugsbereich niedergelassenen Internisten in einem sachlich gehaltenen Schreiben davon unterrichtet, daß er Venenverödungen vornimmt, oder wenn ein neu niedergelassener Laborarzt allen Krankenhäusern in seinem Bereich sowie den niedergelassenen Internisten und Frauenärzten mitteilt, daß er neuartige und relativ seltene Untersuchungen ausführt. Auch der Informationsaustausch zwischen Ärzten kann jedoch im Einzelfall die Grenzen des Erlaubten überschreiten. Nach § 21 a Satz 2 MuBO muß die Information von Arztkollegen räumlich auf ein angemessenes Einzugsgebiet um den Ort der Niederlassung begrenzt und auf eine Ankündigung der eigenen Leistungsbereitschaft sowie des Leistungsangebotes beschränkt sein; jede werbende Herausstellung der eigenen Tätigkeit ist untersagt. Derartige Hinweise dürfen grundsätzlich nicht häufiger als einmal im Jahr erfolgen (§ 21 Satz 3 MuBO). Gegen diese Grundsätze wird z. B. verstoßen, wenn die Mitteilung in ihrer äußeren Aufmachung und Form anpreisend wirkt, bei permanenter Wiederholung gleichartiger Informationen in kurzen Zeitabständen, bei Anstellung vergleichender Werbung (z. B. „Untersuchungsbefunde nicht erst wie üblich in zwei Tagen, sondern noch am selben Tag") sowie dann, wenn es sich um das Angebot ärztlicher Leistungen handelt, die zum Standard des betreffenden Fachgebietes gehören. In diesen Fällen gelten die Vorschriften über das ärztliche Werbeverbot ebenso wie für jede sonstige ärztliche Werbung (näher dazu Kurz, DMW 1975, 2233). Darüber hinaus ist die Handlungsweise „unlauter" i.S. des §15 Abs. 1 Unterabs. 2 MuBO (> L a b o r g e m e i n s c h a f t Rz 1133). 2. Bei den in den Berufsordnungen aufgeführten Fällen der unmittelbaren Werbung (vgl. § 21 Abs. l a und b MuBO) handelt es sich nur um besonders eklatante Beispiele des umfassenden ärztlichen Werbeverbotes. Danach ist dem Arzt u.a. verboten, >Arzneimittel, >Heilmittel oder Verfahren der Krankheitserkennung und -behandlung durch Veröffentlichungen in Wort

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und Ton, Schrift und Bild in einer Weise zu behandeln, die geeignet ist, für die eigene Praxis zu werben. Wissenschaftliche Darstellungen, insbesondere in Fachzeitschriften über neue Heil- und Behandlungsmethoden stellen keine unerlaubte Werbung nach § 21 Abs. l b MuBO dar (Narr, aaO. Rz 1181). Anders ist es, wenn ein Arzt sich (z.B. durch Anzeigen in Fachzeitschriften) an Kollegen wendet, um ihnen allgemein in sein Gebiet fallende ärztliche Leistungen (z. B. zytologische Untersuchungen) anzubieten (vgl. oben Rz 1905 a.E.). Weitere Beispiele unzulässiger Werbung: a) Einbestelluag von Patienten zu Kontroll- und Nachuntersuchungen (VG Berlin, Kammer für Heilberufe v. 24. 11. 1975, Kallfelz Bd. II, S. 424 ; vgl. auch Merkblatt der Bezirksärztekammer Nordwürttemberg, ÄB1. Bad.-Wttbg. 1977, 418). Ausnahmsweise kann jedoch die ärztliche Sorgfaltspflicht die Wiedereinbestellung des Patienten gebieten ( > B e h a n d l u n g s f e h l e r Rz 320). In diesen Fällen empfiehlt sich jedoch ein Zusatz auf dem Anschreiben an die Patienten, daß die erforderliche Untersuchung auch von jedem anderen Arzt durchgeführt werden kann (vgl. Rieger, DMW 1979, 1224, 1225). b) Veranstaltung eines Empfangs mit entsprechender Presseberichterstattung anläßlich der > Niederlassung oder aus sonstigem Grund (Merkblatt der Bezirksärztekammer Nordwürttemberg, ÄB1. Bad.-Wttbg. 1977, 418). c) Gemäldeausstellung in der eigenen Praxis (vgl. Merkblatt der Bezirksärztekammer Nordwürttemberg, aaO.). d) Veröffentlichung von Leserbriefen über eigene Erfahrungen mit einer bestimmten Behandlungsmethode in Illustrierten (BerufsG beim OLG München v. 14. 7. 1967, Kallfelz Bd. n, S. 431 [Frischzellenbehandlung]). e) Kostenlose Beförderung von Patienten zur Arztpraxis. Weitere Beispiele bei Narr, aaO. Rz 1182, Kallfelz Bd. II, S. 411 ff. ; Luyken u.a., aaO. A 2.13 Nrn. 1-3.

3. Verbotene mittelbare Werbung liegt dann vor, wenn der Arzt Dritte zur Werbung für sich veranlaßt oder eine solche ohne sein Zutun erfolgende Werbung duldet. Ein besonderer, in § 21 Abs. 2 MuBO geregelter Fall ist die mittelbare Werbung durch > S a n a t o r i e n , > P r i v a t k r a n k e n a n s t a l t e n und ähnliche Unternehmen (dazu unten Rzn. 1908ff.). Ein weiterer praktisch wichtiger Fall der mittelbaren Werbung ist die werbende Berichterstattung durch Presse, Film, Funk und Fernsehen (§21 Abs. 4 MuBO, dazu unten Rzn. 1913ff.). Schließlich stellt auch die Aufnahme in Sonderverzeichnisse (§26 Abs. 4 MuBO) einen Fall der mittelbaren Werbung dar (dazu unten Rzn. 1917 f.).

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HI. Werbung durch Sanatorien, Privatkliniken, Institute, ärztliche Laboratorien und ähnliche Unternehmen. 1. Publikumswerbung, a) Als Angestellter eines gewerblichen Unternehmens auf dem Gebiet der > H e i l k u n d e betreibt ein Arzt verbotene mittelbare Werbung, wenn er eine Einrichtung der vorgenannten Art veranlaßt, unter seinem oder unter Hinweis auf seinen Namen für ihre > Heilmittel, Heilmethoden oder Heilerfolge zu werben. Wo eine solche Werbung ohne sein Zutun erfolgt, ist der Arzt verpflichtet, auf das betref-

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fende Unternehmen einzuwirken, damit nach der ärztlichen Berufsordnung unzulässige Werbung unterbleibt (§ 21 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 2 MuBO). Der Arzt m u ß mit allem Nachdruck der unzulässigen Werbung entgegentreten, notfalls unter Androhung des letzten zumutbaren Mittels, der Einstellung seiner ärztlichen Tätigkeit (Doepner, WRP 1977, 325 m. Nachw.|. Keine unerlaubte mittelbare Werbung stellen solche Anzeigen und Ankündigungen dar, in denen ein t> S a n a t o r i u m , eine Klinik, ein Institut oder ein ähnliches Unternehmen neben dem Hauptindikationsgebiet lediglich den leitenden Arzt (der gleichzeitig Inhaber der Klinik sein kann) mit seinem Namen und seiner Arztbezeichnung angibt (§21 Abs. 2 Unterabs. 2 MuBO). Streitig ist, was unter dem Begriff „Hauptindikationsgebiet" zu verstehen ist. Zum Teil wird angenommen, daß damit nur die in den > Weiterbildungsordnungen der Landesärztekammern enthaltenen Gebiete gemeint sind (z. B. Chirurgie, Innere Medizin, Orthopädie usw., so BerufsG beim OLG München v. 20. 1. 1971, DÄ 1971, 1283). Diese Ansicht läßt jedoch unberücksichtigt, daß die im Bereich der mittelbaren Werbung erfolgte Auflockerung gerade bezweckt, eine Information des Publikums über einen Tätigkeitsbereich in einer Klinik usw. zu ermöglichen, für den sich (noch) keine > G e b i e t s - , > T e i l g e b i e t s oder > Z u s a t z b e z e i c h n u n g herausgebildet hat. Deshalb wird man über die Angabe der Gebietsbezeichnung hinaus auch die Erwähnung des Haupttätigkeitsbereichs für zulässig halten dürfen, zumal sich in vielen Fällen die Erwähnung des Anwendungsgebietes von der Erwähnung der Behandlungsmethoden kaum scharf trennen läßt (Doepner, WRP 1977, 325 ; vermittelnd Hess, aaO. S. IV, der Sanatorien usw., deren Ärzte keine > Gebietsbezeichnungen führen, zugesteht, daß sie den Haupttätigkeitsbereich besonders anzeigen). Verboten ist jedoch jede Anhäufung von Indikationsangaben, Angaben über Heilmethoden, besondere medizinische Ausstattung der Einrichtung in Verbindung mit dem Namen des leitenden Arztes (Doepner, aaO.). Beispiele: (1) Zulässig sind danach folgende Ankündigungen in Verbindung mit dem Namen des leitenden Arztes: „Rheumaklinik (Rheumabehandlung)"; „Asthma-Klinik (Asthmabehandlung)"; „Kneippbehandlung"; „Klinik für Kosmetische Chirurgie" (vgl. Doepner, aaO. S. 325, einschränkend Hess, aaO. S. IV); „Frischzellenbehandlung" (BerufsG beim BayObLG v. 22. 3. 1973, BayÄBl. 1973, 696; Urt. v. 29. 3. 1978, BayÄBl. 1978, 782 [auch in Verbindung mit „Abnützungserkrankungen aller Organe"]; Doepner, aaO. S. 325; BerufsG des Regierungsbezirks Pfalz v. 24. 1. 1964, Kallfelz Bd. I, S. 346; a.A. BerufsG beim OLG München v. 20. 1. 1971, DÄ 1971, 1283; unentschieden BGH v. 14. 10. 1977, Krankenhausarzt 1979, 581); „Alterserscheinungen" oder „Abbauerscheinungen" (BerufsG beim BayObLG v. 22. 3. 1973, aaO.); „Klinik für Schlaftherapie" (Doepner, aaO. S. 325). (2) Unzulässig sind folgende Angaben in Verbindung mit dem Namen des leitenden Arztes: (a) „Operationslose Heilung von Hämorrhoiden, Darmvorfall" usw.; „Frischzellenbehandlung, biologisch-naturgemäße Ganzheitsheilmethoden" (BerufsG beim OLG München v. 12. 12. 1972, Bay. ÄBl. 1973, 405); (b) Zusätzlicher Hinweis „eigens gezüchteter Bergschafe" oder „Frischschlachtung nur eigens gezüchteter Bergschafe" (BerufsG beim BayObLG v. 22. 3. 1973 aaO.; vgl. dazu

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auch Rieger, DMW 1973, 1580) oder „nach Professor Niehans" bei der (für sich allein zulässigen) Ankündigung „Frischzellenbehandlung" (vgl. LG Konstanz v. 12. 5. 1976 - 2 HO 67/76 - , zitiert nach Narr, aaO. Rz 1185; Doepner, aaO. S. 325); (c) „Akupunktur, Neuraltherapie, Ozontherapie, Heilfasten" (Narr, aaO. Rz 1185); (d) „Spezialklinik für Erkrankungen von Nieren, Blase, Prostata, Spezialklinik" (BGH, NJW 1971, 1889); (e) „Privatsanatorium für Frischzellenbehandlung . . . bei allen Abnutzungserscheinungen, Verschleißerkrankungen usw. 6-Tage-Kur" (BGH v. 14. 10. 1977, Krankenhausarzt 1977, 581); (f| „Besondere Kuren und Kureinrichtungen, Fachabteilungen für allgemeine Chirurgie, Anästhesie, Innere Medizin, Unfallnachbehandlung" (LG Konstanz v. 12. 7. 1974); (g) Unzulässig ist auch die Erwähnung einer der in der Anlage zu § 12 HWG enthaltenen Krankheiten in Ankündigungen. Deshalb stellt z. B. die Ankündigung „Krebsklinik" oder „Klinik für Tumortherapie" durch eine Privatklinik einen Verstoß gegen die Anlage A Nr. 2 zu § 12 HWG dar (Doepner, HWG § 12 Rz 37). Weitere Beispiele bei Luyken u.a., aaO. A 2.13 Nrn. 5.1 ff.

b) Der Arzt unterliegt auch als Inhaber eines gewerblichen Unternehmens 1909 auf dem Gebiet der Heilkunde dem berufsrechtlichen Werbeverbot, sofern er das Unternehmen unter seinem Arztnamen betreibt. Eine Werbung ist daher nur zulässig, wenn sie sich im Rahmen der Vorschriften der ärztlichen Berufsordnung hält (vgl. §21 Abs. 2, Unterabs. 2 Satz 1 MuBO; BGH, NJW 1971, 1889; WRP 1978, 874; BerufsG beim BayObLG v. 29. 3. 1978, BayVBl. 1978, 543; BerufsG beim OLG München v. 12. 12. 1972, BayÄBl. 1973, 405). Anderenfalls handelt es sich um verbotene unmittelbare Werbung. > Privatkrankenanstalt Rz 1449 Grundsätzlich erlaubt ist die Werbung für das Unternehmen, wenn der Name des Arztes bei der Werbemaßnahme nicht in Erscheinung tritt (> Priv a t k r a n k e n a n s t a l t Rz 1449), es sei denn, daß das Publikum aus dem sonstigen Text der Anzeige (z. B. Anschrift und Telefonnummer; Hinweis auf eine bestimmte, nach dem Arzt benannte Therapiemethode) entnehmen kann, von wem die Werbung ausgeht und daß es sich hierbei um einen Arzt handelt (LBerufsG beim BayObLG v. 22. 3. 1973, BayÄBl. 1973, 696). c) Die Versendung von Werbeprospekten einer Klinik, in denen neben dem 1910 Indikationsgebiet, den Einrichtungen und Behandlungsmethoden auch der Name des leitenden und/oder behandelnden Arztes genannt ist, verstößt auch dann gegen das berufsrechtliche Werbeverbot und - bei Handeln im Wettbewerb - gegen § 1 UWG, wenn sie an Adressaten erfolgt, die gezielt nach diesen Behandlungsmethoden angefragt und/oder ihre Anfrage direkt an den leitenden oder behandelnden Arzt gerichtet haben. Erlaubt ist jedoch, dem gezielt nach dem Arztnamen und nach bestimmten Indikationen, Heilmethoden und Einrichtungen eines Sanatoriums oder einer Klinik fragenden Interessenten in sachlich-informatorischer Form eine individuell formulierte erschöpfende Auskunft zu erteilen (BGH, NJW 1982, 2605, 2606). Eine verbotene unmittelbare Werbung des ärztlichen Inhabers und Leiters eines Sanatoriums liegt auch dann vor, wenn die Versendung von Werbematerial ohne Wissen des Arztes durch seine Angestellten erfolgt. In diesen Fällen

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muß der Arzt dafür Sorge tragen oder durch entsprechende Anweisungen an sein Personal sicherstellen, daß eine Versendung unterbleibt (BerufsG beim BayObLG v. 29. 3. 1978, BayÄBl. 1978, 782). d) Unzulässige Werbung liegt auch dann vor, wenn eine Ankündigung zwar der Vorschrift des § 21 Abs. 2, Unterabs. 2 Satz 1 MuBO entspricht, aus den Umständen des Einzelfalles sich jedoch ergibt, daß der Arzt die Bezeichnung als Sanatorium, Klinik usw. nur zum Zwecke der Umgehung des Werbeverbotes für seine Tätigkeit benutzt (§ 21 Abs. 2, Unterabs. 2 Satz 2 u. 3 MuBO; LBerufsG beim BayObLG v. 15. 11. 1978, BayÄBl. 1979, 351 [Werbung mit den Bezeichnungen „Spezialklinik", „Klinik" und > „Praxisklinik" trotz Erlöschen der Konzession für eine Privatklinik]; VG Schleswig v. 11. 8. 1978 BG II 1/74 - [Werbung mit der Bezeichnung „Kurheim"]). Eine Umgehung des berufsrechtlichen Werbeverbots kann auch dann vorliegen, wenn der Arzt ein Unternehmen auf dem Gebiet der Heilkunde zwar in eigener Rechtsform (z. B. GmbH) betreibt, die Trennung dieses Unternehmens von der > Arztpraxis jedoch nur aus rein formalen Gründen zum Zwecke der Umgehung des Werbeverbots erfolgt ist. Dies dürfte i.d.R. dann anzunehmen sein, wenn der Arzt die in seinem Therapieinstitut erbrachten Leistungen gegenüber der KV abrechnet und insoweit eine von der Zulassung als Kassenarzt getrennte Institutsermächtigung nicht besteht ( > Institutsleistung Rz 906). Ferner kann der ärztliche Inhaber einer Einrichtung das Werbeverbot dadurch umgehen, daß er abwechselnd mit und ohne Angabe seines Namens wirbt (sog. „Wechselwerbung"; vgl. BGH, WRP 1978, 874). 2. Werbung in Fachkreisen. Ein großzügigerer Maßstab bei der Beurteilung der Frage, ob verbotene Werbung vorliegt, ist bei Ankündigungen von Sanatorien usw. innerhalb von Fachkreisen (vgl. oben Rz 1905) anzuwenden. Nach h.M. dürfen Anzeigen in ärztlichen Fachzeitschriften und sonstigen Veröffentlichungen, die der Unterrichtung von Ärzten dienen, über das Hauptindikationsgebiet und die bei der Publikumswerbung zulässigen Hinweise hinaus alle für die Information der Ärzte notwendigen Einzelangaben enthalten. Aber auch hier muß alles unterbleiben, was marktschreierischen Charakter hat (vgl. Hess, aaO., S. II; Narr, aaO. Rz 1187); § 21 a MuBO gilt entsprechend. Zur Laboratoriumswerbung in Fachkreisen vgl. Kurz, DMW 1975, 2233). IV. Werbung durch Presse, Film, Funk und Fernsehen. Einschlägig sind hier die Regelungen in § 21 Abs. 4 u. 5, § 22 MuBO sowie die vom Vorstand der BÄK beschlossenen „Richtlinien für die publizistische Tätigkeit von Ärzten" (DÄ 1979, 112). 1. a) Hinsichtlich der aktiven Mitwirkung von Ärzten an Veröffentlichungen medizinischen Inhalts und bei Interviews mit Ärzten ist davon auszugehen, daß die Sache und nicht die Person im Vordergrund zu stehen hat (Richtlinien der BÄK, aaO.). Daraus folgt, daß die Bekanntmachung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse grundsätzlich über die medizinische Fachliteratur zu erfolgen hat (Doepner, aaO. S. 326 m. Nachw.). Ange-

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sichts des zunehmenden Bedürfnisses einer fachlich einwandfreien Information und Aufklärung der Bevölkerung in Gesundheitsfragen ist aber auch eine Mitarbeit von Ärzten in den Massenmedien notwendig und nach dem ärztlichen Berufsrecht auch zulässig, wenn und soweit diese Mitwirkung auf sachliche Informationen begrenzt und die Person des Arztes nicht werbend herausgestellt wird (§ 22 MuBO). Der Arzt muß dafür Sorge tragen, daß jeder Eindruck einer reklamehaften Anpreisung und einer unangemessenen Herausstellung seiner Person gegenüber der von ihm vertretenen Sache unterbleibt (vgl. Hanseatisches OLG v. 21. 9. 1978, ArztR 1980, 104). Dabei sind vor allem folgende Grundsätze zu beachten (vgl. Richtlinien der BÄK, aaO.): Die Erwähnung des Namens des Arztes, seiner Wirkungsstätte und der nach der > Berufsordnung zulässigen Bezeichnung ist erlaubt, hingegen ist die wiederholte, betonte oder auffällige Nennung des Namens untersagt (Nr. 1 der Richtlinien aaO.). Die Verwendung des Bildes des ärztlichen Autors ist nur dann gestattet, wenn es zur Art des Mediums gehört oder wenn es aus anderen Gründen sachlich gerechtfertigt ist. Ärztliche Leistungen dürfen nicht werbend herausgestellt werden. Äußerungen in herabsetzender Form über Kollegen, ihre Tätigkeit und über medizinische Methoden sind zu unterlassen; erlaubt ist hingegen sachliche Kritik (vgl. § 15 Abs. 1 MuBO und hierzu Jarass, NJW 1982, 1833, 1837, 1839, der standesrechtliche Beschränkungen kritischer Veröffentlichungen über Berufstand und Kollegen für verfassungswidrig hält, soweit sie über das allgemeine Recht, vor allem das Straf recht, hinausgehen). Vor Veröffentlichungen soll der Arzt sich das Recht vorbehalten (auch bei Funk- und Fernsehsendungen), Einsicht zu nehmen und Korrekturen anzubringen. Die endgültige Form der Veröffentlichung ist nach Möglichkeit zu überprüfen. Bei Life-Sendungen und Magnetaufzeichnungen ist im Hinblick darauf, daß nachträgliche Korrekturen nicht mehr möglich sind, besondere Sorgfalt geboten (Ziffer 6 u. 7 der Richtlinien aaO.). Bei Beachtung dieser Grundsätze bestehen gegen eine Mitwirkung als ärztlieher Ratgeber in Publikumszeitschriften grundsätzlich keine Bedenken (Jarass, NJW 1982, 1839). Eine andere Beurteilung dürfte bei der Beantwortung von Leseranfiagen geboten sein (a.A. Jarass, aaO.; Maunz, ArztR 1982, 233, 236). Grundsätzlich unbedenklich ist auch die Unterzeichnung eines politischen und sonstigen Aufrufs mit Name und Berufsangabe zusammen mit zahlreichen anderen Bürgern (Jarass, aaO.). b) Einen Verstoß gegen das Werbeverbot kann der Arzt auch durch Unterlassen begehen, indem er Veröffentlichungen mit werbendem Charakter über seine Person und seine ärztliche Tätigkeit duldet (vgl. § 21 Abs. 4 MuBO). Der Arzt ist verpflichtet, alles ihm Zumutbare zu tun, um eine Werbung für sich zu verhindern. Die Pflicht zum Tätigwerden ergibt sich für ihn immer dann, wenn er damit rechnet oder damit rechnen muß, daß entsprechende Berichte über ihn erscheinen könnten (LBerufsG beim BayObLG v. 17. 10. 1978, ArztR 1979, 131). Diese Gefahr ist insbesondere gegeben, wenn der Arzt etwa anläßlich seiner > Niederlassung, der Errichtung einer Klinik, eines ärztlichen Kongresses o. ä. auf seine Person bezogene Interviews gibt und das Fotografie-

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ren seiner Person und seiner Praxisräume zuläßt. Der Gefahr, daß ein über ihn erscheinender Artikel werbenden Charakter trägt, sieht sich der Arzt in um so stärkerem Maße ausgesetzt, je mehr er aus irgendwelchen Gründen - sei es etwa im Hinblick auf eine ihm zuteil gewordene Ehrung, in seiner Eigenschaft als Leiter eines gerade stattfindenden Kongresses oder schon angesichts seiner besonderen ärztlichen Tätigkeit (z. B. Schönheitschirurg) - damit rechnen muß, daß sich ihm das Interesse des breiten Publikums zuwendet. Welche Maßnahmen der Arzt treffen muß, um das Erscheinen eines Berichtes mit werbendem Charakter zu verhindern, richtet sich nach den Erfordernissen des Einzelfalles; das Verlangen nach Vorlage des Manuskripts der geplanten Veröffentlichung kann ebenso dazu gehören wie das Verbot, ein Interview überhaupt zu veröffentlichen. Vor allem aber muß sich der Arzt, ehe er sich interviewen läßt, vergewissern, in welcher Zeitung oder Zeitschrift der Bericht erscheinen soll und welchen Zuschnitt dieses Blatt hat. Handelt es sich etwa um eine große Tageszeitung, so wird der Arzt eher davon ausgehen dürfen, daß sich der Berichterstatter einer sachlichen Darstellungsweise befleißigen werde als wenn der Artikel für ein Boulevard-Blatt vorgesehen ist. Vielfach wird der Arzt sich genötigt sehen müssen, ihn interviewende Journalisten ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß es ihm berufsrechtlich untersagt ist, die Veröffentlichung von Berichten mit werbendem Charakter zu dulden. Der Arzt, der der Presse Informationen liefert, wird es im allgemeinen ablehnen müssen, ihn selbst, seine Klinik, seine Praxis, sein Wohnhaus o. ä. darstellende Fotos mitzuliefern oder solche Aufnahmen durch Reporter anfertigen zu lassen. Denn die Gefahr, daß solche Bilder - sei es auch in gutem Glauben - für werbliche Zwecke verwendet werden, ist besonders naheliegend (LBerufsG beim BayObLG, NJW 1980, 653; BerufsG beim OLG Nürnberg v. 6. 5. 1981, BayÄBl. 1982, 226; demgegenüber hält Jarass, NJW 1982, 1833, 1838, bei leistungsbezogenen Veröffentlichungen die bloße Lieferung von Informationen an Journalisten, ohne den Artikel selbst zu verfassen oder zu initiieren, wegen des Vorrangs des Informationsinteresses der Öffentlichkeit grundsätzlich für unbedenklich, wenn nicht die Mitwirkung an der Veröffentlichung mit einer Gegenleistung verknüpft ist). 1916

2. Die Abgrenzung zwischen sachlicher Information und verbotener Werbung nach den vorstehenden Grundsätzen kann im Einzelfall erhebliche Schwierigkeiten bereiten. Beispiele für Anzeichen einer unzulässigen Werbung (vgl. zum folgenden Doepner, aaO. S. 326): a) Zusätzliche Adressenangabe zum Autorennamen (BerufsG beim OLG München, Kallfelz Bd. I, S. 335, 336 ; BerufsG beim OLG Nürnberg, Kallfelz Bd. II, S. 48, 52); b) Blickfangmäßige Hervorhebung des Arztnamens (BerufsG beim OLG München, Kallfelz Bd. I, S. 322; BerufsG beim OLG München, NJW 1966, 1170, 1171) oder wiederholte Namensnennung (BerufsG beim OLG München, BayÄBl. 1976, 332), häufige Einblendung des Namens in Fernsehsendungen (Nr. 1 der Richtlinien der BÄK); c) Abbildung eines Arztes im Arztkittel bei der Behandlung von Patienten oder der Rezeptierung (BerufsG beim OLG Nürnberg, Kallfelz, Bd. II, S. 48, 52; BerufsG beim OLG München, BayÄBl. 1976, 332);

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d) Schilderung des beruflichen Werdeganges, insbesondere Hinweise auf eine ungewöhnlich vielseitige Ausbildung, ausgezeichnete Examina, Ausbildung bei hervorragenden Ärzten (BerufsG beim OLG München, Kallfelz Bd. I, S. 322, 323; BerufsG beim OLG München, NJW 1966, 1170, 1171), langjährige Weiterbildung, ein Lehr- und Forschungsinstitut (BerufsG beim OLG München, BayÄBl. 1976, 322), Darstellung als besonders erfahrener Spezialist auf einem bestimmten Fachgebiet (BerufsG beim OLG München, Kallfelz Bd. I, S. 322, 323); e) Wiedergabe von Dankschreiben (BerufsG beim BayObLG, BayÄBl. 1973, 696) und Angabe über Heilerfolge, insbesondere unter Anführung von Erfolgsquoten (BerufsG beim OLG München, NJW 1966, 1170, 1171; BerufsG beim BayObLG, BayÄBl. 1973, 696); f) Hinweise auf besonders zahlreiche Indikationen und angewandte Heilverfahren (BerufsG beim BayObLG, BayÄBl. 1973, 696); g) Hervorhebung einer technischen Ausstattung, über die andere Ärzte nicht verfügen (BerufsG beim BayObLG, BayÄBl. 1974, 701); h) Schilderung von Erfolgen bei der Behandlung eines prominenten Patienten in Zeitschrifteninterview und Anpreisung bestimmter Behandlungsmethoden und ihrer Erfolge (BerufsG beim OLG München, BayÄBl. 1976, 332); i) > Hämodialyse Rz 758 Weitere Beispiele einer unzulässigen Werbung durch Interviews und Zeitungsartikel finden sich bei Luyken u.a., aaO. A 2.13 Nrn. 3.1 ff. und 4.1 ff.

V. Eintragung in Sonderverzeichnisse mit werbendem Charakter. 1. Nach § 26 Abs. 4 MuBO dürfen sich Ärzte, abgesehen von amtlichen Verzeichnissen, nicht in Sonderverzeichnisse mit werbendem Charakter aufnehmen lassen. Dieses Verbot besteht z.B. in folgenden Fällen: Eintragung in Adreßbücher privater Adreßbuch vertage; Eintragung in das Clubmagazin des Diners Club Deutschland (LBerufsG beim OLG München v. 11. 11. 1971, ArztR 1972, 8 [Zahnarzt]; Eintragung in das Verzeichnis „Who ist Who in medicine" (Narr, aaO. Rz 1211). 2. Nicht unter das Werbeverbot fallen Eintragungen von Ärzten in a) amtliche Fernsprechbücher, Branchen-Fernsprechbücher und örtliche Fernsprechbücher. Grundsätzlich erlaubt ist auch der Fettdruck des Arztnamens innerhalb der alphabetischen Namensreihe. Es handelt sich hier lediglich um eine optische Hervorhebung ohne werbenden Inhalt, da der Patient in der alphabetischen Reihenfolge nicht irgend einen Arzt, sondern einen bestimmten Arzt sucht und der Fettdruck ihm daher lediglich das Auffinden erleichtert, ohne den Gesuchten gegenüber anderen Ärzten hervorzuheben. Dagegen ist ein Namenseintrag in Fettdruck dort nicht möglich, wo alle Ärzte in einem besonderen Verzeichnis für Ärzte aufgeführt werden (z.B. Ärzteverzeichnis im örtlichen Fernsprechbuch). Der Benutzer eines solchen Sonderverzeichnisses sucht i.d.R. einen für ihn geeigneten und nicht wie im amtlichen Telefonverzeichnis einen bestimmten Arzt. Nicht zu beanstanden ist die Eintragung von Ärzten im amtlichen Fernsprechbuch unter einer Rubrik „Zytologische Laboratorien". Hierbei handelt es sich um eine Information an Berufskollegen ohne werbenden Charakter gegenüber Patienten. Erlaubt ist auch ein Eintrag von Ärzten unter der Rubrik

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„Psychotherapeuten", und zwar selbst dann, wenn dort auch Nichtärzte verzeichnet sind. Grundsätzlich zulässig ist auch die mehrfache Eintragung eines Arztes im Ärzte-Branchenverzeichnis des amtlichen oder örtlichen Fernsprechbuches (z. B. Eintragung unter der Rubrik „Internisten" und der Rubrik „Psychotherapeuten"). b) Ärzteadreßbücher, die von den > Ärztekammern und den > Kassenärztlichen Vereinigungen herausgegeben werden; c) Verzeichnisse der > Kassenärzte, die in den Geschäftsstellen der Krankenkassen ausliegen; d) > Subspezialistenverzeichnisse.

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B. Fremdwerbung für gewerbliche Unternehmen.

Neben der Eigenwerbung verbietet die ärztliche > Berufsordnung dem Arzt auch die Werbung für gewerbliche Unternehmen in der in § 25 MuBO beschriebenen Form. 1. Danach ist u.a. verboten die Erstellung von ärztlichen > G u t a c h t e n oder Zeugnissen zur Laienwerbung, d. h. zur absatzfördernden Beeinflussung des medizinisch nicht vorgebildeten Laien. Zulässig ist dagegen die Ausstellung von Gutachten und Zeugnissen im Interesse einer fachmännischen Begutachtung von Produkten, an der Hersteller ein legitimes Interesse haben können (z.B. klinische Tests von > A r z n e i m i t t e l n oder Körperpflegemitteln; vgl. Narr, aaO. Rz 1206). Die Verwendung eines so zulässigerweise erstatteten Gutachtens für die LaienWerbung muß der Arzt dem Empfänger ausdrücklich untersagen (§ 25 Abs. 1 Satz 2 MuBO). Wird vom Hersteller eines Produktes zulässigerweise auf ein Gutachten oder Zeugnis Bezug genommen, muß auf eine soziale Abhängigkeit des Verfassers, auf ein der Veröffentlichung zugrundeliegendes Auftragsverhältnis oder ähnliche Umstände hingewiesen werden (BGH v. 14. 7. 1961, ÄM 1961, 276). 2. § 25 Abs. 2 MuBO verbietet dem Arzt, seinen Namen in Verbindung mit einer ärzthchen Berufsbezeichnung (z.B. Bezeichnung als >Arzt, >Gebietsarzt, > Chefarzt, „Medizinalrat", „Sanitätsrat", „Professor", „Dr. med."; vgl. Narr, aaO. Rz 1207) in unlauterer Weise für gewerbliche Zwecke, z.B. für einen Firmentitel oder zur Bezeichnung eines Mittels herzugeben. Die Führung der Bezeichnung „Dr. med." im eigenen Firmentitel ist dann als standeswidrig anzusehen, wenn der Arzt dadurch mit Tätigkeiten in Verbindung gebracht werden kann, die mit dem Ansehen und der Würde des Arztes nicht vereinbar sind (Narr, aaO. Rz 1207). Die Hergabe des Titels „Dr. med." für einen Dritten zu Wettbewerbszwecken ist schlechthin standeswidrig (BGH, DB 1961, 268). Auch bei der Fremdwerbung ergibt sich in jedem Einzelfall das Problem der Abgrenzung zwischen zulässiger sachlicher Information und unzulässiger Werbung, die stets und vorrangig den Verkaufserfolg erstrebt und dabei die objektive Sachaufklärung über das Produkt vernachlässigt (näher dazu Narr, aaO. Rz 1204).

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Wettbewerbsrecht

Wettbewerbsrecht I. Rechtsgrundlagen. Wenn auch die Ausübung des Arztberufes nach § 1 Abs. 2 BÄO kein Gewerbe darstellt ( > Arzt Rz 123), so kann der Arzt doch sowohl als Angehöriger eines freien Berufes wie auch als Angestellter Wettbewerbsregeln unterliegen. Als solche kommen vor allem das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), das > Heilmittelwerbegesetz (HWG), das Recht der unerlaubten Handlung (§§823 ff. BGB) sowie vertragliche Konkurrenzverbote ( > Konkurrenzklausel) in Betracht. Ein nach diesen Regeln wettbewerbswidriges Verhalten kann zugleich eine berufsunwürdige Handlung nach dem ärztlichen Berufsrecht darstellen (vgl. § 15 Abs. 1 Unterabs. 2 MuBO). Im Verhältnis zwischen allgemeinem Wettbewerbsrecht und ärztlichem Standesrecht können keine Kollisionen entstehen, da dem Bund in bezug auf das Wettbewerbsverhalten der freien Heilberufe eine Regelungskompetenz fehlt. Deshalb kann auch der Grundsatz des Vorrangs von Bundesrecht gegenüber Landesrecht (Art. 31 GG) nicht zur Anwendung kommen. Vielmehr geht nach h. M. das ärztliche Berufsrecht dem UWG ebenso vor wie dem HWG ( > Heilmittelwerbegesetz Rz 833) und dem GWB (vgl. Dünisch, BayVBl. 1982, 102, 106 m.w. Nachw.; unten Rz 1926; a.A. mit wenig überzeugender Begründung Maunz, ArztR 1982, 233, 234ff.).

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II. Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) erfaßt auch niedergelassene Ärzte. Es ist anerkannt, daß der niedergelassene Arzt im Rahmen des UWG ebenso wie die Angehörigen anderer freier Berufe am geschäftlichen Verkehr teilnimmt und Ansprüche aus dem Gesetz verfolgen kann, aber auch gegen sich gelten lassen muß (KG, NJW 1976, 1798 m. Nachw.; Harms, NJW 1976, 1289 m. Nachw.; Hitzler, GRUR 1981, 114 m. Nachw.). 1. Unlauterer Wettbewerb zwischen Ärzten, a) Ein Verstoß gegen § 1 UWG liegt insbesondere dann vor, wenn ein Arzt durch sein Verhalten Vorschriften der ärztlichen > B e r u f s o r d n u n g verletzt und sein standeswidriges Verhalten auch vom Standpunkt der Allgemeinheit aus zu mißbilligen ist. Damit ist nicht jedes standeswidrige Verhalten zugleich unlauter i.S. des § 1 UWG (Baumbach-Hefermehl, aaO. § 1 Rz 563).

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Beispiele: Unlauterer Wettbewerb ist zu bejahen in folgenden Fällen: (1) Verstoß gegen das berufsrechtliche > Werbeverbot; zur Frage, wann Äußerungen eines Arztes im Rahmen einer Fernsehsendung über kosmetische Operationen gegen § 1 UWG verstoßen vgl. OLG Frankfurt, NJW 1971, 1900). (2) Unterschreitung der Honorarsätze nach der GOÄ (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 3 MuBO und dazu Till, DMW 1982, 1249 > A r z t h o n o r a r Rz 170). (3) Je nach den Umständen des Einzelfalles können z.B. auch Verstöße gegen § 16 Abs. 3 MuBO (Wiedereinbestellung von Patienten zur ambulanten Behandlung durch Krankenhausärzte ohne Zustimmung des behandelnden Arztes) und § 16 Abs. 5 MuBO (unterlassene Rückiiberweisung an überweisenden Arzt) zugleich einen Verstoß gegen § 1 UWG darstellen. Unlauterer Wettbewerb liegt in diesen Fällen jedenfalls dann vor,

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wenn der Arzt an den Patienten gleichzeitig die ausdrückliche Aufforderung richtet, den überweisenden Arztkollegen nicht mehr aufzusuchen (vgl. Schulz, aaO. S. 488). Unlauterer Wettbewerb ist zu verneinen in folgenden Fällen: |1) Verstoß gegen das berufsrechtliche Verbot der Gebietsüberschreitung durch Krankenhausärzte (Baumbach-Hefermehl, aaO. § 1 Rz 563 > Gebietsarzt Rz 673). [2) Anmietung von Praxisräumen in einem Gebäude, in dem bereits eine > Arztpraxis gleicher Fachrichtung geführt wird oder im Nachbargebäude (BGH, NJW 1976, 2301). Ein Verstoß gegen § 1 UWG kann jedoch dann gegeben sein, wenn der Mietvertrag mit dem Erstmieter eine Konkurrenzklausel enthält und der Zweitmieter hiervon Kenntnis hat oder mit der Möglichkeit eines Vertragsbruches des Vermieters rechnet und diese bewußt in Kauf nimmt. (3) Eintreten für eine bestimmte Heilmethode (z.B. > Akupunktur) und damit verbundene Kritik an fremden Behandlungsmethoden, wenn persönliche Angriffe gegen Kollegen vermieden werden.

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b) Ein Verstoß gegen § 3 UWG und damit i.d.R. zugleich ein Verstoß gegen das berufsrechtliche > W e r b e v e r b o t liegt z. B. vor, wenn ein Belegarzt seine Belegarztpraxis als „Klinik" bezeichnet (OLG Frankfurt, NJW 1975, 599 > Belegarzt Rz 342). 2. a) Unlauterer Wettbewerb kann auch zwischen Ärzten und nichtärztlichen Mitbewerbern auf dem Gebiet der > Heilkunde nach § 1 UWG gegeben sein ( > Heilpraktiker Rz 846, > P r i v a t k r a n k e n a n s t a l t Rz 1449). b) Unlauterer Wettbewerb zwischen Ärzten und gewerblichen Unternehmen auf dem Gebiet der > Heilkunde kommt z. B. in Betracht bei der Einbehaltung und Übergabe von Rezepten durch den verschreibenden Arzt an Apotheken > V e r s c h r e i b u n g Rz 1834, > A p o t h e k e r Rz 80, bei der Verweisung von Patienten an bestimmte Orthopädiegeschäfte wegen des Bezugs von Fertigwaren (BGH, NJW 1981, 2007; anders beim Bezug von handwerklich zu fertigenden oder zu bearbeitenden orthopädischen > Hilfsmitteln, dazu unten Rz 1928) sowie bei der Verweisung von Patienten an bestimmte Optiker [dazu Rieger, DMW 1981, 1110; Bockelmann, NJW 1982, 2111). c) Der Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG kann außer von Verbänden zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs, zu denen auch die > Ärztek a m m e r n gehören (Rz 11), von jedem Arzt geltend gemacht werden, der sich durch die unlautere Werbung eines Dritten beeinträchtigt fühlt (§13 UWG). Der Nachweis einer tatsächlichen Beeinträchtigung durch eine unlautere Werbung eines nichtärztlichen Mitbewerbers ist nicht erforderlich (Baumbach-Hefermehl, aaO. § 13 Rz 10) > Ä r z t e k a m m e r Rz 11. 3. Unlauterer Wettbewerb zwischen Ärzteverbänden und gewerblichen Unternehmen auf dem Gebiet der > Heilkunde. > Ä r z t e k a m m e r n und > Kassenärztliche Vereinigungen können gegen § 1 UWG verstoßen, indem sie den Wettbewerb ihrer Mitglieder fördern (BGH, NJW 1976, 1941). Ein wettbewerbswidriges Verhalten liegt jedoch z.B. nicht vor, wenn sie ihre Mitglieder durch Rundschreiben darauf hinweisen, daß Laboruntersuchungen durch sogenannte Service-Firmen wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung nicht gegenüber der KV abgerechnet werden können (BGH, NJW 1977,1103).

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III. Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) ist gegenüber dem ärztlichen Standesrecht subsidiär, d. h. es gilt nur dann, wenn eine entgegenstehende Standesregel nicht besteht (eingehend hierzu Dünisch, BayVBl. 1982, 102ff. ; oben Rz 1921). 1. Danach findet das GWB vor allem Anwendung auf niedergelassene Ärzte, soweit sie mit Dritten im Leistungswettbewerb stehen (KG, NJW 1976, 1798; BGH, GRUR 1977, 741 > K o n k u r r e n z k l a u s e l Rz 979). Aus der Tatsache, daß Ärzte durch standesrechtliche Bestimmungen an einem optimalen Einsatz der Wettbewerbsparameter gehindert sind, kann kein Anspruch erwachsen, von der Anwendung solcher gesetzlicher Bestimmungen ausgenommen zu werden, die gerade den Schutz Dritter bezwecken, wie es bei den §§ 1, 25, 26 GWB der Fall ist (KG, NJW 1976, 1798f. [Wettbewerb zwischen Laborärzten und gewerblichen Unternehmen, die Laborleistungen im medizinischen Bereich anbieten]). Niedergelassene Ärzte sind als „Unternehmen" i. S. der §§ 25, 26 GWB anzusehen, soweit sie Leistungen nachfragen, die ein gewerbliches Unternehmen auf dem Gebiet der >Heilkunde (z.B. Autoanalyser-Unternehmen) erbringt und soweit sie derartige Leistungen selbst erbringen (z.B. Laborarzt). Daraus folgt, daß > K a s s e n ä r z t l i c h e V e r e i n i g u n g e n und > Ä r z t e k a m m e r n „Vereinigungen von Unternehmen" i.S. der genannten Bestimmungen sind, soweit sie in der dort genannten Weise zugunsten ihrer Mitglieder den mit gewerblichen Unternehmen bestehenden Wettbewerb beeinträchtigen (BGH, NJW 1976, 1941; kein Verstoß gegen §§ 25, 26 GWB liegt jedoch in dem Fall BGH, NJW 1977, 1103 [oben Rz 1924] vor) > Ä r z t e k a m m e r Rz 11. 2. Im Verhältnis zu den Berufsangehörigen findet das GWB keine Anwendung, soweit das ärztliche Berufsrecht Wettbewerbsbeschränkungen (z.B. > W e r b e v e r b o t , Verbot der Unterschreitung der Mindestsätze der GOÄ [ > A r z t h o n o r a r Rz 170]) festlegt. Insoweit gehen die berufsrechtlichen Regelungen dem privaten Wettbewerbsrecht vor mit der Folge, daß die Kartellbehörden nicht befugt sind, gegen Ärztekammern einzuschreiten, wenn diese wegen standeswidriger Werbung gegen ihre Mitglieder vorgehen (vgl. Dünisch, aaO. S. 107; zur Tendenz der Rspr., die freien Berufe in das Kartellrecht einzubeziehen vgl. Harms, NJW 1976, 1289, 1294ff.).

IV. Ansprüche aus unerlaubter Handlung. 1. Wo spezifische WettbewerbsVorschriften nicht eingreifen, können subsidiär Ansprüche des Arztes in analoger Anwendung der Grundsätze über den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (§§ 823 Abs. 1, 1004 BGB) in Betracht kommen, wenn bei sachgerechter Abwägung aller Umstände die wettbewerbsrechtlich entstandene Lücke einer Regelung bedarf (str.; > A r z t p r a x i s Rz 197). Bei Äußerungen von Ärzten in der Öffentlichkeit ist hierbei vor allem das Recht auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 GG) zu beachten. Dieses Recht steht einem Arzt z. B. dann zur Seite, wenn seine Äußerungen im Allgemeininteresse verlautbart werden und einen Beitrag zur Meinungsbildung über

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eine in der Öffentlichkeit umstrittene > O p e r a t i o n darstellen (OLG Frankfurt, NJW 1971, 1900 [Schönheitsoperationen]). Bei der Verweisung von Patienten durch Orthopäden an bestimmte Orthopädiegeschäftebesteht grundsätzlich kein Schadensersatzanspruch der Konkurrenzgeschäfte gegen den Arzt unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, sofern es sich um den Bezug von handwerklich zu fertigenden oder zu bearbeitenden orthopädischen > Hilfsmitteln handelt (BGH, NJW 1981, 2007). Entsprechendes dürfte für die Verweisung \on Patienten durch Augenärzte an bestimmte Optiker gelten (Rieger, DMW 1981, 1110; kritisch dazu Bockelmann, NJW 1982,2111,2112). 2. Ansprüche aus unerlaubter Handlung bei Wettbewerbshandlungen können sich auch aus § 823 Abs. 2 BGB i. V.m. berufsrechtlichen Vorschriften ergeben (vgl. LG Oldenburg v. 25. 1. 1957, DMW 1958, 471). Das berufsrechtliche Gebot der Gebietsbeschränkung (> Gebietsarzt Rz 673) ist kein Schutzgesetz i. S. des § 823 Abs. 2 BGB zugunsten der > Gebietsärzte (BGH, NJW 1965, 2007). Ebenso sind die dem § 24 Abs. 4 MuBO entsprechenden Vorschriften in den ärztlichen > B e r u f s o r d n u n g e n keine Schutzgesetze zugunsten von Konkurrenzunternehmen. Bei Verweisung von Patienten durch Orthopäden an bestimmte Orthopädiegeschäfte besteht daher kein deliktischer Unterlassungsanspruch eines Konkurrenzgeschäftes gem. § 823 Abs. 2 i.V.m. § 24 Abs. 4 BO, sofern es sich um den Bezug von handwerklich zu fertigenden oder zu bearbeitenden orthopädischen > Hilfsmitteln handelt. Ebenso scheidet in diesen Fällen ein Anspruch nach § 826 BGB aus (BGH NJW 1981, 2007; vgl. oben Rz 1923). V. Eine Regelung des Wettbewerbs zwischen Ärzten kann auch durch vertragliche Konkurrenzverbote erfolgen ( > Konkurrenzklausel).

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I. Man versteht darunter die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungs- und Verordnungsweise des > Kassenarztes durch die Prüfinstanzen der

> Kassenärztlichen Vereinigung. Von der Wirtschaftlichkeitsprüfung ist die rechnerisch-sachliche (gebührenordnungsmäßige) Prüfung der Abrechnungen der > Kassenärzte ( > H o n o rarberichtigung) sowie die Honorarbegrenzung wegen übermäßiger Ausdehnung der kassenärztlichen Tätigkeit („Honorarverteilungskürzung" > Hon o r a r v e r t e i l u n g s m a ß s t a b Rz 889) zu unterscheiden. Die mit dem > K r a n k e n h a u s - K o s t e n d ä m p f u n g s g e s e t z eingeführte Prüfung der Wirtschaftlichkeit bei der Erbringung von > Krankenhauspflege (§§ 372 Abs. 1, 373 RVO) ist nicht Gegenstand der folgenden Darstellung (vgl. hierzu Grünenwald, DOK 1982, 579ff. ; zur Verfassungsmäßigkeit einzelner Regelungen vgl. Hinderer, Krankenhaus 1983, 45ff.).

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II. Rechtsgrundlagen sind für den Bereich der RVO-Kassen (>Krankenversicherung Rz 1104) §§368e, 368 n Abs. 5 RVO, die einschlägigen Richtlinien der Bundesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen gem. § 368 p Abs. 1 RVO (vgl. die Aufzählung bei Heinemann-Liebold, aaO. § 368 p, Anm. 2 ; zur Rechtsnatur dieser Richtlinien > A r z n e i m i t t e l - R i c h t l i n i e n Rz 119) sowie die Prüfungsvereinbarungen zwischen den Parteien des > Gesamtvertrages. Für den Ersatzkassenbereich (> Ersatzkasse) gelten die §§ 1 Nr. 5, 2 Nr. 2 u. §§ 14ff. AEKV sowie die Auswahlrichtlinien für die Einleitung von Prüfverfahren (abgedr. bei Hess, aaO., S. 114ff.).

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III. Begriff der Wirtschaftlichkeit. 1. Eine Legaldefinition findet sich - allerdings in negativer Form - zunächst in § 368 e Satz 2 RVO. Nach dieser Bestimmung kann der Versicherte Leistungen, die für die Erzielung des Heilerfolges nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, nicht beanspruchen, der an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt darf sie nicht bewirken oder verordnen. Positiv ausgedrückt bedeutet dies: Der Versicherte hat Anspruch auf die ärztliche Versorgung, die zur Heilung oder Linderung nach den Regeln der ärztlichen Kunst zweckmäßig und ausreichend ist. Die kassenärztlichen Leistungen müssen nach den Regeln der ärztlichen Kunst objektiv geeignet sein, zur diagnostischen Klärung des Krankheitsbildes beizutragen oder der Heilung oder Besserung einer Krankheit oder der Linderung von Beschwerden zu dienen. Sie müssen ferner im engeren Sinne wirtschaftlich sein; der von ihnen erwartete Erfolg muß also in einem angemessenen Verhältnis zum Aufwand stehen, ein in etwa gleichwertiger Erfolg darf nicht auf einem anderen, weniger aufwendigen Weg erzielbar sein. Schließlich müssen die Leistungen der Zahl nach notwendig gewesen sein (BSG v. 1. 3. 1979 - 6 RKa 4/78, KVRS 6100/53). 2. Aus dem so definierten Wirtschaftlichkeitsbegriff folgt u.a. (näher zum folgenden Hess, aaO. S. 24 ff.): a) die geforderte objektive Eignung einer Untersuchungs- oder Behandlungsmethode für den angestrebten Heilerfolg schließt aus, daß in ihrem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen wissenschaftlich nicht gesicherte Methoden zu Lasten der gesetzlichen > Krankenversicherung (Rz 1103) angewandt werden dürfen (vgl. hierzu auch LSG Hamburg, DÄ 1965, 2229); b) die unter dem Gesichtspunkt der Effizienz geforderte Kosten-Nutzenrelation verlangt vom Arzt vor allem aa) eine kostenbewußte Auswahl unter mehreren geeigneten Behandlungsmethoden, wobei aber nicht nur auf den Preis der in Frage kommenden Maßnahmen abgestellt werden darf. Weitere Kriterien sind vielmehr u. a.: unterschiedlicher Zeitaufwand bzw. unterschiedliche Zeitdauer der in Betracht kommenden Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden (z.B. Auswirkungen auf > Arbeitsunfähigkeit, Lohnfortzahlung); unterschiedliche Belastung für den Patienten (Zumutbarkeitsgrenze); unterschiedliche Verträglichkeit verschiedener Maßnahmen für den Patienten;

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bb) eine gezielte Ausrichtung der ärztlichen Maßnahmen auf den angestrebten und vom Leistungsrecht der gesetzlichen > Krankenversicherung gedeckten Erfolg. Ungezielt auf eine Ausschlußdiagnostik gerichtete Untersuchungsmaßnahmen sind mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot nicht vereinbar. c) Der so konkretisierte Wirtschaftlichkeitsbegriff berührt grundsätzlich nicht die > T h e r a p i e f r e i h e i t des Arztes. Unzulässige Einschränkungen der Therapiefreiheit können sich jedoch im Einzelfall durch eine zu schematische Prüfpraxis bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung ergeben (vgl. BSG v. 1.3. 1979 6 RKa 4 / 7 8 , KVRS 6100/53); zum Spannungsfeld von Wirtschaftlichkeitsgebot und Therapiefreiheit vgl. die Beiträge von Spielmeyer, Rehkopf, R. Hess, Löwenstein, Andreas, Droste, Ferber beim 4. Symposium über Sozialmedizin für Juristen und Ärzte, aaO. S. 19ff. ; vgl. auch unten Rzn. 1940f.). 3. Der Wirtschaftlichkeitsbegriff ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der in vollem Umfang der richterlichen Nachprüfung unterliegt (BSGE 11, 102, 117; 17, 79, 84; 19, 123, 127). IV. Grundsätze für die Wirtschaftlichkeitspriifung. Wann ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot vorliegt und wie dieser konkret geahndet werden soll, ist weder im Gesetz noch im BMV-Ä, im AEKV oder in den Richtlinien im einzelnen geregelt. Es war deshalb Aufgabe der Rspr., insbesondere des BSG, praxisbezogene Kriterien zu schaffen. Die in ständiger Rspr. entwickelten Grundsätze werden nachstehend skizziert (näher dazu Hess, aaO., S. 61 ff.). 1. Für die Wirtschaftlichkeitsprüfung der kassenärztlichen Behandlungsweise und der Verordnungstätigkeit des > K a s s e n a r z t e s gelten im wesentlichen die gleichen Grundsätze (BSGE 46, 145). 2. Für die Durchführung der Honorarprüfung auf Wirtschaftlichkeit kommen drei Prüfmethoden in Betracht: a) Soweit eine Honorarprüfung anhand einzelner Behandlungsfälle ohne unverhältnismäßige Schwierigkeiten und Aufwendungen durchgeführt werden kann, haben die Prüfinstanzen die Wirtschaftlichkeit der Behandlungs- und Verordnungsweise grundsätzlich in dieser Weise zu prüfen (BSGE 11, 102). Bei dieser reinen Einzelfallprüfung muß dem Arzt anhand der im einzelnen Behandlungsfall abgerechneten Leistungspositionen die UnWirtschaftlichkeit seiner Maßnahmen nachgewiesen werden. Bei den betreffenden Leistungspositionen nach dem BMÄ bzw. der E-GO werden dann von den Prüfungseinrichtungen betragsmäßig (nicht pauschal) festgelegte > H o n o r a r k ü r z u n g e n vorgenommen. Die Einzelfallprüfung stellt praktisch die Ausnahme dar, weil sie angesichts der großen Zahl der abgerechneten kassenärztlichen Leistungen und der Unmöglichkeit der späteren Klärung abgeschlossener Behandlungsfälle die Möglichkeiten der Prüfgremien überschreitet (LSG Schleswig v. 25. 3. 1960, Saarl. ÄBl. 1961, 301). b) In der Praxis bildet deshalb die Prüfung der Behandlungs- und Verordnungsweise des Kassenarztes im ganzen anhand von statistischen Durchschnittswerten der von anderen Ärzten mit vergleichbaren Praxen abgerechne-

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ten Leistungen („Fachgruppendurchschnitt") die Regel, wobei sich die anzuwendende Prüfmethode nach der Höhe der Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts im Gesamtfallwert oder bei einzelnen Leistungsgruppen im Einzelfall richtet. aa) Das BSG geht davon aus, daß jede Durchschnittsbetrachtung eine angemessene Streuung und demgemäß eine entsprechende Abweichung nach oben oder unten noch als zulässig gelten lassen muß mit der Folge, daß erst außerhalb dieser Grenzen überhaupt von einer Überschreitung i.S. einer Abweichung von der Norm gesprochen werden kann (BSGE 19, 123, 12,8). Im Bereich der normalen Streubreite ist für eine irgendwie geartete statistische Vergleichsprüfung kein Raum. Zulässig ist nur die Einzelfallprüfung anhand der vom Kassenarzt abgerechneten Leistungen. „Zwischen dem Bereich einer normalen Streuung und dem einer offensichtlichen UnWirtschaftlichkeit liegt eine Übergangszone, die - wäre eine Abweichung von den Durchschnittswerten bis zu 20 % als normal anzusehen - von hier bis zur Grenze der offensichtlichen UnWirtschaftlichkeit reicht. Liegen die Behandlungs- oder Verordnungskosten des Kassenarztes in dieser Übergangszone, so braucht zur Feststellung eines unwirtschaftlichen Verhaltens nicht, wie im Bereich der normalen Streuung, eine Prüfung nach Einzelfällen stattzufinden, andererseits darf allein aus der Überschreitung der Durchschnittswerte noch nicht ohne weiteres auf UnWirtschaftlichkeit geschlossen werden. Erforderlich, aber im allgemeinen auch ausreichend ist vielmehr, daß die Unwirtschaftlichkeit anhand einer die Behandlungs- oder Verordnungsweise des Kassenarztes genügend beleuchtenden Zahl von Beispielen nachgewiesen wird" (BSGE 46, 136, 138; beispielhafte Einzelfallprüfung bei erheblicher Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts). Die rechtlich zulässige Anwendung dieser statistischen Methode setzt jedoch u. a. voraus, daß die Fallkostendifferenz nicht (nur) anhand der Gesamtleistungen des geprüften Arztes, sondern anhand spezieller Leistungssparten (z.B. Laborleistungen) ermittelt wird (BSGE 17, 79; BSG v. 18. 5. 1983 - 6 RKa 18/80 -). Der Umfang der unwirtschaftlichen Behandlungs- und Verordnungskosten ( > Arzneiregreß) wird i.d.R. im Wege der Schätzung aufgrund der beispielhaften Einzelfallprüfung durch die Prüfinstanzen ermittelt, die dann entsprechende prozentuale > H o n o r a r k ü r z u n g e n oder prozentuale Arzneiregresse aussprechen. Dabei steht den Prüfinstanzen ein weiter Ermessensspielraum zu ; in jedem Fall ist jedoch der Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten (BSG v. 1.3. 1979 - 6 R Ka 4/78 KVRS 6100/5). Das BSG hat eine Abgrenzung der drei Bereiche (normale Streuung, Ubergangszone, offensichtliche UnWirtschaftlichkeit) durch Angabe fester Prozentsätze stets abgelehnt. Herkömmlich werden Abweichungen bis zu 20% von den Durchschnittswerten der betreffenden Fachgruppe noch dem Bereich der „normalen Streuung" zugeordnet. Bei einer Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts um 100% liegt nach der Rspr. des BSG i.d.R. ein offensichtliches Mißverhältnis, d.h. offensichtliche UnWirtschaftlichkeit vor, während bei einer Überschreitung bis zu 40% offensichtliche UnWirtschaftlichkeit re-

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gelmäßig nicht anzunehmen ist (BSGE 46, 136, 140; 19, 123, 128). Bei Überschreitungen zwischen 40% und 100% kann im Einzelfall ebenfalls offensichtliche UnWirtschaftlichkeit anzunehmen sein. Dies gilt insbesondere bei entsprechend hohen Überschreitungen über mehrere Quartale (offensichtliche UnWirtschaftlichkeit wurde von der Rspr. z. B. in folgenden Fällen angenommen: BSGE 46; 130, 139f.: Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts bei Arzneimittelverordnung um 53% jedenfalls dann, wenn in anderen Quartalen ähnlich hohe Uberschreitungen bestehen; LSG Darmstadt v. 30. 6. 1971 - L 7/Ka - 326/66 u. L 7/Ka - 793/68 - : Überschreitungen um 30% und 66% in 328 Fällen über einen Zeitraum von 12 Quartalen; LSG Schleswig v. 8. 9. 1972 - L 3 Ka 12/71 - : Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts um 57,7 %; LSG Essen v. 25. 4. 1973 - L 1 Ka 40/72 - : Überschreitungen von 72% und 85%; LSG Stuttgart v. 4. 12. 1974 - 20 b Ka 286/73 - : Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts in den strittigen Quartalen nacheinander um 40 %, 50%, 69%, 115% und 67%). Abweichend von dieser herkömmlichen Methode der Vergleichsberechnung werden von einigen > Kassenärztlichen Vereinigungen und den zuständigen Landessozialgerichten (vgl. die Nachweise bei Hess, aaO., S. 73) der Bereich der normalen Streuung, die Übergangszone und das Vorliegen eines offensichtlichen Mißverhältnisses mit Hilfe der Gauß'schen Noimalverteilungsformel ermittelt (näher dazu Heinz, DÄ 1979, 1251 ff.). Schwierigkeiten macht in der Praxis häufig die Bildung von Veigleichsgiuppen. Es ist davon auszugehen, daß Vergleichbarkeit nicht Übereinstimmung in jeder Beziehung bedeutet, sondern nur Übereinstimmung in den wesentlichen und typischen Praxismerkmalen. Dies schließt nicht aus, daß der Vergleichsmaßstab möglichst verfeinert, d.h. individuell sein soll (BSGE 11, 102, 115; 17, 79, 85). Eine solche Verfeinerung muß aber dort ihre Grenze haben, wo sie wegen der mit jeder weiteren Differenzierung verbundenen Einengung der Vergleichsbasis ihren repräsentativen Charakter und damit ihren Aussagewert verliert (vgl. LSG Nordrh.-Westf. v. 15. 3. 1972 - L 1 Ka 7/71 -• LSG Rheinl.Pfalz v. 21. 5. 1976 - L 6 Ka 3/75 BSG v. 22. 4. 1983 - 6 RKa 14/80 Clever, der niedergelassene arzt 1980/13, S. 80, 88). Grundsätzlich bieten sich als Vergleichsgruppen die in der > W e i t e r b i l d u n g s o r d n u n g festgelegten medizinischen Gebiete (> Gebietsarzt) an. Bei ausreichend großer Grundgesamtheit kommen auch die jeweils zugehörigen > Teilgebiete für die Bildung von Vergleichsgruppen in Betracht (vgl. BSG v. 27. 4. 1982 - 6 R Ka 20/80 -). Die Bildung engerer Vergleichsgruppen kann zweckmäßig sein, wenn sie eine hinreichend große Anzahl von Ärzten umfaßt, die sich durch eine wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode in erheblicher Weise von Ärzten mit anderen Behandlungsarten unterscheiden. Diese Voraussetzung kann dann als erfüllt angesehen werden, wenn die besondere Behandlungsmethode nach ärztlichem Berufsrecht zum Führen einer > Z u s a t z b e z e i c h n u n g berechtigt. Andererseits folgt hieraus nicht, daß jede Behandlungsrichtung (z. B. eine weltanschaulich bedingte) die Bildung einer engeren Vergleichsgruppe erfordert (BSGE 50, 84 = SGb 1981, 359 m. Anm. Lüke). In der Praxis führt we-

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niger die Anwendung einer besonderen Behandlungsmethode zur Bildung engerer Vergleichsgruppen als die besondere Lage (Stadt, Stadtrand-, Landgebiet) und eine besondere Ausstattung der Praxis (Labor, Röntgen usw.). Besondere Behandlungsmethoden werden i.d.R. als Praxisbesonderheiten bei der Prüfung des besonderen Einzelfalles individuell beurteilt (vgl. unten Rz 1938). Die besondere Ausstattung und örtliche Lage einer Praxis spielen vor allem bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung der Honoraranforderungen von Allgemeinärzten und > P r a k t i s c h e n Ä r z t e n eine Rolle (vgl. hierzu Hess, aaO., S. 76ff.). In mehreren Sozialgerichtsverfahren war die Frage streitig, ob ein Allgemeinarzt mit einer Praxisausstattung, die der eines Internisten entspricht, die Einbeziehung in die Vergleichsgruppe der Internisten verlangen kann. Einen solchen Anspruch hat die Rspr. bisher stets abgelehnt (vgl. SG Hannover v. 28. 6. 1978, Nieders. ÄBl. 1978, 736; LSG Bad.-Wttbg. v. 12. 11. 1980 - L 10 Ka 1344/79 - , kritisch hierzu Hess, aaO. S. 77f.). Wenngleich die angebliche internistische Ausrichtung einer Allgemeinpraxis für sich allein kein Rechtsgrund dafür sein kann, den betreffenden Arzt an den Durchschnittswerten der Internisten zu messen, so verlangt die vom BSG geforderte individuelle Prüfung (BSGE 11, 102, 116; 17, 79, 85) doch grundsätzlich die Bildung engerer statistischer Vergleichsgruppen, bezogen auf eine besondere Praxisausstattung, unter zwei Voraussetzungen: (1) innerhalb der betreffenden Fachgruppe muß eine genügend große Zahl von Ärzten mit entsprechenden Merkmalen vorhanden sein, um überhaupt einen statistischen Vergleich auf wissenschaftlich anerkannter Basis zu ermöglichen; (2) die betreffende Gruppe von Ärzten muß in sich homogen, d.h. hinsichtlich der Praxisausstattung vergleichbar sein (Hess, aaO. S. 78f.). Beispielsweise kann ein Allgemeinarzt, der ein großes Labor einsetzt, in diesem Leistungsbereich nicht mit der Gruppe aller Allgemeinärzte im Bereich einer KV verglichen werden, wenn ihr Allgemeinärzte angehören, die keine Laborausstattung haben oder nur über ein kleines Labor verfügen (LSG Rheinl.-Pfalz v. 13. 11. 1972, ArztR 1974, 20). Allgemeinärzte, die ein sog. Großes Labor unterhalten, sind bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht mit der Gruppe der Allgemeinärzte insgesamt, sondern nur mit einer entsprechend ausgewählten Teilgruppe von Allgemeinärzten zu vergleichen (SG Hannover, NJW 1979, 2368). bb) Das Ergebnis der nach den vorstehenden Grundsätzen durchzuführenden Wirtschaftlichkeitsprüfung kann sich im Einzelfall durch Berücksichtigung von Besonderheiten der betreffenden > Arztpraxis zugunsten des Arztes verändern. Zu den berücksichtigungsfähigen Praxisbesonderheiten gehören insbesondere die Größe der Praxis, die Anwendung besonderer Behandlungsmethoden und die Zusammensetzung des Krankengutes (BSGE 11, 102 und die Übersicht über die einschlägige Rspr. bei Heinemann-Liebold, aaO. C 262 ff. ; zur Berücksichtigung der besonderen Lage und Ausstattung einer Praxis vgl. oben Rz 1937). Als berücksichtigungsfähig wird auch ein gegenüber vergleichbaren Praxen erhöhter Rentneranteil sowie der Umstand angesehen, daß ein Arzt neu zur Kassenpraxis zugelassen oder an der vertragsärztlichen Tätigkeit ( > Vertragsarzt Rz 1848) beteiligt worden ist, wenn nicht seine Be-

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handlungsweise offensichtlich unwirtschaftlich war (BSGE 46, 145, 150]. Eine zur Überschreitung des Fachgruppendurchschnittes berechtigende Praxisbesonderheit kann auch darin liegen, daß der Anteil der Uberweisungsfälle eines Internisten ( > Oberweisung) das Mehrfache des Anteils der Vergleichsgruppe beträgt (LSG Rheinl.-Pfalz v. 18. 1. 1980, SGb 1980, 460 [Leits.]). Grundsätzlich nicht als Praxisbesonderheit sind weltanschaulich bedingte (z.B. anthroposophische| Behandlungsweisen anzuerkennen (BSG v. 15. 4. 1980, SGb 1980, 295) > Belegarzt Rz 343. Bei aufgrund beispielhafter Einzelfallprüfung nachgewiesener UnWirtschaftlichkeit in einer oder mehreren Leistungsarten ist eine Kompensation mit Mindeiaufwendungen in anderen Leistungssparten grundsätzlich nicht möglich (BSGE 17, 79, 86f. ; anders bei offensichtlicher UnWirtschaftlichkeit, vgl. unten Rz 1943). cc) Die vorstehend skizzierten Grundsätze gelten nicht nur bei einer Überprüfung der Behandlungs- und Verordnungsweise des Kassenarztes im ganzen, sondern auch bei dem mit dem Ziel einer verfeinerten Wirtschaftlichkeitsprüfung in zunehmendem Maße vorgenommenen Vergleich der Fallwerte von Leistungsgruppen oder von einzelnen Leistungsarten. Hier liegt es nahe, eine erforderliche > Honorarkürzung nicht pauschal durch einen prozentualen Abstrich vom Gesamthonorar vorzunehmen, sondern gezielt auf diejenigen Leistungsgruppen oder -arten zu beschränken, in denen UnWirtschaftlichkeit festgestellt worden ist. Ein derartiger Einzelvergleich darf andererseits nicht dazu führen, daß der Arzt in der Freiheit bei der Wahl seiner Untersuchungsund Behandlungsmethoden über die durch das Wirtschaftlichkeitsgebot gezogenen Grenzen eingeschränkt wird (vgl. oben Rz 1932, > Therapiefreiheit Rz 1754; BSG v. 1. 3. 1979 - 6 R Ka 4/78 - , KVRS 6100/53, BSGE 17, 79, 87). dd) Bestehen ernstzunehmende Meinungsverschiedenheiten über die medizinische Erforderlichkeit bestimmter Untersuchungen, so dürfen die Prüfeinrichtungen nicht allein von den Durchschnittswerten der jeweiligen Vergleichsgruppe ausgehen, sie müssen vielmehr solche Meinungsverschiedenheiten abklären und ihre Auffassung dazu in nachprüfbarer Weise begründen (BSG v. 1. 3. 1979 - 6 R Ka 4/78 - , KVRS 6100/53). c) Wo die Behandlungs- oder Verordnungskosten des geprüften Arztes nach den vorstehenden Grundsätzen (oben Rzn. 1935ff.) in einem offensichtlichen Mißverhältnis zu den Durchschnittswerten seiner Fachgruppe stehen, ergibt sich die UnWirtschaftlichkeit der Behandlungs- oder Verordnungsmaßnahmen i.d.R. schon aus dem bloßen Vergleich mit den Durchschnittswerten, ohne daß es - wie bei (nur) erheblicher Überschreitung des Fachgruppendurchschnittes im Bereich der „Übergangszone" (vgl. oben Rz 1935) - des Nachweises der UnWirtschaftlichkeit anhand einer repräsentativen Zahl von Beispielsfällen bedarf (statistische Vergleichsprüfling bei offensichtlichem Mißverhältnis zur Fachgruppe; BSGE 11, 102, 112, 46, 136, 138; BSG, SozR 2200 §368 n Nr. 3). Die Annahme eines offensichtlichen Mißverhältnisses der Honoraranforderung zum Fachgruppendurchschnitt begründet eine durch den Arzt widerlegbare Vermutung der UnWirtschaftlichkeit seiner Behandlungs- oder Ver-

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ordnungsweise, die sich sowohl auf die Gesamthonoraranforderung als auch auf einzelne Leistungssparten beziehen kann. Diese Vermutung kann widerlegt werden durch substantiierte Darlegung (Umkehr der Darlegungslast), aa) daß die Überschreitung entweder auf Piaxisbesondeiheiten basiert (vgl. oben Rz 1938), oder bb) daß der in einer Leistungssparte festgestellte unwirtschaftliche Mehiaufwand durch einen Mindeiaufwand in einer anderen Leistungssparte kompensiert wird, wobei zwischen Mehraufwendungen und Minderaufwendungen ein Kausalzusammenhang bestehen muß (BSGE 17, 79, 86 f. ; NJW 1974, 2071; BSG v. 9. 11. 1982 - 6 RKa 23/82 BSG v. 18. 5. 1983 - 6 RKa 18/80 -). Eine Aufklärung durch die Prüfinstanzen von Amts wegen ist dann geboten, wenn sich bereits aus den Abrechnungsunterlagen des Arztes Anhaltspunkte für eine Praxisbesonderheit bzw. für einen ursächlichen Ausgleich zwischen Mehr- und Minderaufwendungen ergeben (vgl. Hess, aaO. S. 83). Im Falle eines durch die vorstehenden Besonderheiten nicht erklärbaren Mißverhältnisses der Honoraranforderung des Arztes zu seiner Vergleichsgruppe ist in aller Regel die Höhe des unwirtschaftlichen Mehraufwandes zu schätzen, wobei sich die Schätzung auf einen prozentualen Abstrich von der Gesamthonoraranforderung oder einen prozentualen Abstrich in einzelnen Leistungssparten beziehen kann und auch in einem Bereich möglich ist, der unterhalb der Grenze der offensichtlichen UnWirtschaftlichkeit liegt, wenn nur der Bereich der normalen Streuung durch die Kürzung noch nicht erfaßt wird (BSGE 46, 136, 139). cc) Schließlich kann die gesetzliche Vermutung der UnWirtschaftlichkeit dadurch widerlegt werden, daß der Arzt die Wirtschaftlichkeit seiner Behandlungs- und Verordnungsweise in allen Einzelfällen substantiiert darlegt und damit eine Grundlage für die gerichtliche Überprüfung schafft (LSG Nordrh.Westf. v. 10. 11. 1982 - L 11 (1) Ka 17/77 -). Die offensichtliche UnWirtschaftlichkeit kann grundsätzlich getrennt nach einzelnen Kassen geprüft werden, soweit der Arzt ihnen gegenüber Behandlungsfälle in einer für einen statistischen Vergleich erforderlichen Anzahl abrechnet (BSG v. 9. 11. 1982 - 6 RKa 23/82 -). d) Wo eine Vergleichsmöglichkeit mit statistischen Durchschnittswerten der Fachgruppe des überprüften Arztes fehlt, kann die UnWirtschaftlichkeit der Tätigkeit des Arztes nur aufgrund einer Einzelfallprüfung (oben Rz 1934) festgestellt werden (SG Berlin v. 16. 5. 1979, ArztR 1980, 215). e) Verfassungsrechtliche Normen, insbesondere das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG), werden durch die vorstehend skizzierten Grundsätze der Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht verletzt (BVerfG, Beschlüsse v. 24. 2. 1978 - 1 BvR 935/77 - und 29. 5. 1978 - 1 BvR 951/77 - [Verfassungsbeschwerden eines Kassenarztes und eines Kassenzahnarztes gegen pauschale Honorarkürzungen]). V. Prüfinstanzen. 1. a) Zuständig für die Durchführung der Wirtschaftlichkeitsprüfung sind im Bereich der RVO-Kassen (>Krankenversicherung Rz

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1104) die Prüfungsausschüsse und die Beschwerdeausschüsse (§368n Abs. 5 RVO, § 33 Abs. 2 BMV-Ä). Ihnen gehören Vertreter der Ärzte und Krankenkassen in gleicher Zahl an, wobei den Vorsitz jährlich wechselnd ein Vertreter der Ärzte oder ein Vertreter der Krankenkassen führt, dessen Stimme bei Stimmengleichheit den Ausschlag gibt. b) Im Bereich der > E r s a t z k a s s e n entscheiden die Prüfungs- und Beschwerdekommissionen über die Wirtschaftlichkeit der ärztlichen Behandlungs- und Verordnungstätigkeit. Sie bestehen aus mindestens 3, höchstens 5 > V e r t r a g s ä r z t e n [Rz 1848] (oder Ärzten, die Vertragsärzte waren) und einem Vertreter des VdAK mit beratender Stimme. Anstelle eines Vertragsarztes kann in beiden Kommissionen von der KV auch ein Mitglied bestellt werden, das nicht Vertragsarzt ist (z.B. Jurist; vgl. § 15 Nr. 2a)—c) AEKV). 2. Zu den Aufgaben der Prüfinstanzen gehört außer der Durchführung der Wirtschaftlichkeitsprüfung auch die Beratung des Arztes hinsichtlich seiner Behandlungs- und Verordnungsweise (§34 Abs. l b BMV-Ä, § 14 Nr. 1 AEKV i.V.m. den Auswahl-Richtlinien/Ersatzkassen [abgedr. bei Hess, aaO. S. 114ff.], Abschn. I 4.1, Abschn. II 1.) sowie die Feststellung eines „sonstigen Schadens", den der > K a s s e n a r z t infolge schuldhafter Verletzung kassenärztlicher Pflichten einer Krankenkasse verursacht hat (vgl. § 34 Abs. 3 BMV-Ä; z. B. nicht gerechtfertigte > Ü b e r w e i s u n g , Uberzahlung von > K r a n k e n g e l d aufgrund schuldhaft falsch ausgestellter ärztlicher Bescheinigung; näher dazu Hess, aaO. S. 43 f. > K a s s e n ä r z t l i c h e V e r e i n i g u n g Rz 924). Nicht zu den Aufgaben der Prüfungskommission gehört die sachlich-rechnerische Prüfung der Abrechnung des Arztes ( > H o n o r a r b e r i c h t i g u n g ) und die Festsetzung von Schadensersatzansprüchen außerhalb der Wirtschaftlichkeitsprüfung (anders für den Bereich der RVO-Kassen § 34 Abs. 2 Satz 2 u. Abs. 3 BMV-Ä). VI. Die Durchführung des Prüfverfahrens im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit der Behandlungs- und Verordnungsweise erfolgt nach Prüfung der vom Arzt eingereichten Quartalsabrechnung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit ( > H o n o r a r b e r i c h t i g u n g ) . 1. Rechtsgrundlage für das Prüfverfahren im Bereich der RVO-Kassen sind die nach § 368 Abs. 5 Satz 3 RVO von den einzelnen > K a s s e n ä r z t l i c h e n V e r e i n i g u n g e n mit den Landesverbänden der Krankenkassen abgeschlossenen Prüfvereinbarungen (teilweise abgedr. bei Heinemann-Liebold, aaO. S. 250ff.), die durch die Vorschriften des X. Buches des > S o z i a l g e s e t z b u c h e s ergänzt werden (insbes. §§ 13, 16, 17, 24-27, 63 SGB X). Im einzelnen ist auf folgendes hinzuweisen: a) Die Prüfungsausschüsse entscheiden aufgrund mündlicher Verhandlung in nicht öffentlicher Sitzung. I.d.R. erfolgt die Entscheidung nach Aktenlage in Abwesenheit des betroffenen Arztes. Eine Pflicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 24 SGB X) besteht nicht, weil auch im Falle einer > Honorarkürzung wegen UnWirtschaftlichkeit nicht in schon bestehende Rechte des > Kassenarztes eingegriffen wird (BSG v. 1. 3. 1979 - 6 RKa 17/77, USK 7942; vgl. unten Rz 1949).

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Die Ermittlung des Sachverhalts erfolgt von Amts wegen. Den betroffenen Arzt trifft jedoch eine Mitwirkungspflicht bei der Aufklärung des Sachverhalts. Dies gilt insbesondere in bezug auf die Vorlage der für die Prüfung notwendigen Unterlagen (§ 33 Abs. 5 BMV-Ä) und die substantiierte Darlegung von Praxisbesonderheiten sowie eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen Mehr- und Minderaufwendungen (vgl. oben Rzn. 1938, 1943, BSGE 11, 102, 115f.; BSGE 17, 79, 87 f.). Die Vorlage der für die Wirtschaftlichkeitsprüfung erforderlichen Krankenunterlagen verstößt nicht gegen die ärztliche >Schweigepflicht (näher dazu Narr, DMW 1983, 1610f. >Krankenunterlagen Rz 1091). Zu den Anforderungen an die schriftliche Begründung eines Prüfbescheides gehört es u.a., daß die von dem Prüfgemium gewählte Prüfungsmethode (Einzelfallprüfung oder statistische Vergleichsprüfung) deutlich herausgestellt wird (BSG v. 18. 5. 1983 - 6 RKa 18/80 -). b) Gegen den Prüfbescheid des Prüfungsausschusses kann der geprüfte Arzt, ein Landesverband der Krankenkasse oder die KV innerhalb eines Monats nach Zustellung Widerspruch beim Prüfungsausschuß einlegen, über den im Falle der Nichtabhilfe durch den Prüfungsausschuß der Beschwerdeausschuß entscheidet. Nach den meisten Prüfvereinbarungen ist der betroffene Arzt zur Verhand- 1948 lung vor den Beschwerdeausschuß zu laden (Mündlichkeitsprinzip). Eine Pflicht zur (mündlichen oder schriftlichen) Anhörung des Arztes nach § 24 SGB X besteht nur dann, wenn der Beschwerdeausschuß zu Ungunsten des Arztes von der Entscheidung des Prüfungsausschusses abweichen möchte. Die im Verwaltungsverfahren unterbliebene Anhörung kann im gerichtlichen Verfahren nicht mehr nachgeholt werden (BSG v. 1. 3. 1979 - 6 R Ka 17/77 USK 7942). c) Nach § 368 n Abs. 5 Satz 6 RVO hat der Widerspruch gegen Entscheidun- 1949 gen des Prüfungsausschusses aufschiebende Wirkung. Für Honorarkürzungen bedeutet dies, daß der Vergütungsanspruch des Arztes, soweit es die Höhe des Abstriches an der Honorarforderung betrifft, offenbleibt. Die aufschiebende Wirkung führt nicht dazu, daß dem Arzt die geltend gemachte Honorarforderung zunächst auszuzahlen und bei Bestätigung des Prüfbescheids im Widerspruchsverfahren der überzahlte Betrag von ihm zurückzuzahlen wäre; denn das Prüfverfahren dient der Festsetzung der vergütungsfähigen Leistungen auf der Grundlage der Honoraranforderung des Arztes unter Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsgebotes. Solange das Prüfverfahren nicht rechtskräftig abgeschlossen ist, besteht daher kein Anspruch des Arztes auf einen bestimmten Honorarbetrag; er erhält vielmehr zunächst eine Abschlagszahlung auf seine Honoraranforderung (Hess, aaO. S. 50; a.A. Andreas ArztR 1981, 9, 14). Dies gilt auch in dem Falle, daß das Honorar in der vom Arzt angeforderten Höhe zunächst ausbezahlt wird und später vorgenommene Honorarkürzungen mit in Folgequartalen entstandenen Honoraransprüchen verrechnet werden (a.A. Andreas, ArztR 1982, 21). Für Prüfbescheide, die gegen den Arzt einen Regreß wegen unwirtschaftlicher Verordnungsweise aussprechen (> Arzneiregreß), bedeutet die aufschie-

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bende Wirkung, daß der Regreßbetrag nicht gem. § 35 BMV-Ä mit Honoraranforderungen des Arztes verrechnet werden darf (vgl. Hess, aaO. S. 49f.). Zur aufschiebenden Wirkung im sozialgerichtlichen Verfahren vgl. unten Rz 1953. d) Streitig ist, ob im Widerspruchsverfahren das Verbot der Schlechterstellung (reformatio in peius) gilt, wenn nur der Arzt Widerspruch eingelegt hat (z. B. Erhöhung der vom Prüfungsausschuß vorgenommenen Honorarkürzungen von 10% auf 20%; bejahend: BSGE 53, 284; Heinemann-Liebold, aaO. § 3 6 8 n C 773; verneinend: Peters, Hdb. d. Krankenvers. § 3 6 8 n Anm. 9 m. Nachw.). Nach Auffassung des BSG aaO. folgt aus der grundsätzlichen Geltung des Verbotes der Schlechterstellung auch im Verfahren vor den Prüfinstanzen der KV jedoch nicht, daß es der Beschwerdekommission (Beschwerdeausschuß) in jedem Falle verwehrt wäre, Kürzungen bei den einzelnen Gebührenziffern (Leistungsarten) zu erhöhen oder erstmals festzusetzen. Zumindest dann, wenn die Prüfungskommission (Prüfungsausschuß) die Feststellung der UnWirtschaftlichkeit nicht auf bestimmte Leistungsarten beschränkt hat, darf die Beschwerdekommission (Beschwerdeausschuß) die gesamte Behandlungstätigkeit des Arztes in ihre Überprüfung einbeziehen. Sie ist in diesem Falle auch berechtigt, Kürzungen bei den einzelnen Gebührenziffern im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens anders vorzunehmen als die Prüfungskommission (Prüfungsausschuß). Sie ist lediglich gehalten, bei der Entscheidung über einen nur vom Arzt eingelegten Widerspruch den von der Prüfungskommission (Prüfungsausschuß) für ein Abrechnungsquartal festgesetzten Gesamtbetrag der Kürzungen nicht zu überschreiten. e) Der geprüfte Arzt hat das Recht, sich im Prüfverfahren durch einen Bevollmächtigten (insbesondere Rechtsanwalt) vertreten zu lassen oder zu Verhandlungen mit einem Beistand zu erscheinen (§ 13 SGB X). 2. Das Prüfverfahren im Ersatzkassenbereich richtet sich nach §§ 15 ff. AEKV und den diese Vorschriften ergänzenden Auswahl-Richtlinien/Ersatzkassen. Es unterscheidet sich vom Prüfverfahren im Bereich der RVO-Kassen vor allem in folgenden Punkten (näher zum folgenden Hess, aaO. S. 56ff.): a) Die Auswahl der in ein Prüfverfahren einzubeziehenden Ärzte ist in den vorzitierten Auswahl-Richtlinien verbindlich festgelegt; b) Honorarkürzungen oder Regresse wegen UnWirtschaftlichkeit dürfen nur beschlossen werden, wenn der > Vertragsarzt (Rz 1848) zuvor über seine Behandlungs- oder Verordnungsweise zweimal schriftlich informiert worden ist, es sei denn, daß die Quartalsabrechnung des Arztes in einem offensichtlichen Mißverhältnis zu den Durchschnittswerten seiner Fachgruppe steht (vgl. hierzu SG Dortmund v. 26. 8. 1980 - S 22 Ka 3 9 / 7 9 - ) ; c) die Frist zur Einlegung von Widersprüchen gegen Entscheidungen der Prüfungskommission wegen UnWirtschaftlichkeit der Behandlungsweise beträgt zwei Monate (§15 Nr. 6 AEKV; bei der Prüfung der Verordnungsweise bleibt es bei der Widerspruchsfrist von einem Monat, § 17 Nr. 5 AEKV); d) das Verfahren vor der Besch werdekommission ist schriftlich. Die Beschwerdekommission kann jedoch die persönliche Anhörung des betroffenen Arztes

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beschließen. Eine Vertretung in der persönlichen Anhörung ist ausgeschlossen (§ 15 Nr. 8 AEKV). 3. Gegen die Widerspruchsbescheide des Beschwerdeausschusses und der Beschwerdekommission ist die Klage zum Sozialgericht gegeben (§ 368 n Abs. 5 Satz 7 RVO, § 15 Nr. 7 AEKV, § 51 Abs. 2 SGG). a) Da den Prüfinstanzen bei der Beurteilung, ob die Honoraranforderung bei festgestellter UnWirtschaftlichkeit zu kürzen ist und ggf. in welchem Umfang ein Ermessensspielraum zusteht, beschränkt sich die richterliche Uberprüfung darauf, ob die Prüfinstanzen von ihrem Ermessen pflichtgemäß Gebrauch gemacht haben und keine Ermessensüberschreitung vorliegt, d. h. ob die Prüfinstanzen die Schätzungsgrundlagen richtig festgestellt und alle wesentlichen in Betracht kommenden Umstände hinreichend gewürdigt haben, und ob die Schätzung nicht selbst auf falschen oder unsachlichen Erwägungen beruht. In keinem Fall darf das Sozialgericht sein eigenes Ermessen anstelle des Ermessens der Prüfinstanzen setzen (vgl. BSGE 11, 102, 117; 19, 123, 127; LSG Rheinl.-Pfalz v. 13. 11. 1972 - L 1 Ka 1/72 -). Zu den Grenzen des gerichtlich nicht nachprüfbaren Beurteilungsspielraumes der Prüfinstanzen vgl. BSG v. 9. 6. 1982 - 6 RKa 1/81 - . b) Die Klage gegen einen Widerspruchsbescheid hat - anders als der Widerspruch selbst (vgl. oben Rz 1949) - keine aufschiebende Wirkung (§ 97 Abs. 1 SGG; Peters, Hdb. d. Krankenvers. § 368 n Anm. 10; Heinemann-Liebold, aaO. § 3 6 8 n C 778). Etwas anderes gilt nach einem Beschluß des LSG Nordrh.Westf. v. 27. 5. 1981 (ArztR 1982, 15 ff.) und des LSG Bremen (Breithaupt 1969, 258f. ; NJW 1968, 1208) bei der Rückforderung tatsächhch (zu viel) erhaltener Leistungen. Hier soll der Klage gegen den Erstattungsbescheid nach § 97 Abs. 1 Nr. 2 SGG aufschiebende Wirkung zukommen in dem Sinne, daß die Rückzahlung erst bei rechtskräftiger Feststellung des Erstattungsbetrages im sozialgerichtlichen Verfahren erfolgen muß (a.A. Hess, aaO. S. 49 f., 93). c) Die Zulässigkeit der Berufung gegen Urteile des Sozialgerichts richtet sich nach § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG. Das bedeutet, daß in Fällen, in denen sich das Urteil nur auf ein Abrechnungsquartal bezieht, die Berufung unzulässig ist (BSGE 11, 102, 107). Etwas anderes gilt nur bei wesentlichen Verfahrensmängeln (§ 150 Nr. 2 SGG). VII. Die Bekanntgabe von Beanstandungen der Priifinstanzen an Patienten kann dem Arzt im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG nicht verboten werden (BVerfG, NJW 1980, 1900 = SGb 1982, 240 m. Anm. Schnapp). VIII. Permanente Verstöße gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit können zu Disziplinarmaßnahmen, u. U. sogar zum Entzug der Kassenzulassung führen (näher dazu Koch, SGb 1983, 387ff. ; Hoffmann, ArztR 1979, 231 > D i s ziplinarverfahren Rz 563, > Kassenarzt Rz 936).

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Es handelt sich um einen Ausschuß der > B u n d e s ä r z t e k a m m e r mit der Aufgabe, den Vorstand der Bundesärztekammer in Grundsatz- und Einzelfragen der medizinischen Wissenschaft ( > A k u p u n k t u r , > Frischzellenbehandlung, > Defibrillator, > B l u t t r a n s f u s i o n Rz 476) zu beraten. Der Beirat erarbeitet u. a. Grundlagen für die Meinungsbildung zu Gesetzentwürfen und zur Durchführung von Gesetzen auf dem Gebiet der Gesundheitsund Sozialpolitik, befaßt sich mit dem > ö f f e n t l i c h e n Gesundheitswesen und behandelt Fragen der Arzneimitteltherapie sowie der beruflichen > Fortbildung der Ärzte. Daneben äußert sich der Beirat ständig gegenüber Behörden und Gerichten, Fachgesellschaften und Berufsverbänden, Institutionen und Einzelpersonen zu Fragen der medizinischen Wissenschaft (vgl. die Ubersicht über die vom Wissenschaftlichen Beirat in den letzten Jahren behandelten Themen in den Tätigkeitsberichten der Bundesärztekammer 1979, 140 ff. ; 1980, 122 ff. ; 1981, 178ff. ; 1982, 156 ff.; 1983, 178 ff.). Dem Wissenschaftlichen Beirat gehören gegenwärtig 45 Mitglieder aus allen wichtigen Gebieten und > Teilgebieten der Medizin an. Sie werden jeweils für 3 Jahre vom Vorstand der Bundesärztekammer berufen. Für die einzelnen Sachfragen bestehen besondere Arbeitskreise.

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I. Im Bereich der Hochschulmedizin versteht man hierunter > Ärzte, denen wissenschaftliche Dienstleistungen sowie Tätigkeiten in der Kiankenveisorgung obliegen (§ 53 Abs. 1 HRG und die entsprechenden Bestimmungen im Hochschulrecht der einzelnen Bundesländer, z.B. §72 UG Bad.-Wttbg.). Es handelt sich nach den > Hochschullehrern und > Hochschulassistenten um die dritte Kategorie des wissenschaftlichen Stammpersonals an Hochschulen nach dem HRG. II. Rechtsstellung. Die Länder sind in der Ausgestaltung des dienstrechtlichen Verhältnisses als Beamten- oder Angestelltenverhältnis frei. Es kommen Beamtenverhältnisse auf Probe, auf Zeit und auf Lebenszeit in Betracht (Einstufung als „Akademischer Rat" nach den Besoldungsgruppen A 13-A 16 gem. § 20 BBesG i.V.m. Anl. I). Für Angestellte wird i.d.R. der BAT unmittelbar gelten (vgl. Dallinger-Bode-Dellian, aaO. § 5 3 Rz 15; näher dazu UttlingerBreier-Kiefer, aaO. § 3 Erl. zu Buchst, g), S. 31 c/31 d). Anderenfalls kann die Anwendung des BAT einzelvertraglich vereinbart werden (LArbG Berlin v. 1. 2. 1979, ArztR 1979, 245). Als Vergütungsgruppen kommen die Gruppen IIa—I BAT in Betracht. > B e a m t e t e r A r z t Rz 298

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DI. Für die zivilrechtliche und strafrechtliche Haftung gelten die allgemeinen Grundsätze ( > H a f t u n g Rzn. 772ff., > Assistenzarzt Rz 240). IV. Den wissenschaftlichen Mitarbeitern dienst- und mitgliedschaftsrechtlich i.d.R. gleichgestellt sind diejenigen ärztlichen Bediensteten der Hochschule, die keine „wissenschaftlichen" Dienstleistungen (i. S. einer Unterstützung der Forschungs- und Lehrtätigkeit der ärztlichen > Hochschullehrer und > Hochschulassistenten) erbringen, sondern - vergleichbar der Tätigkeit von > Assistenzärzten an > Krankenhäusern - i.d.R. im Rahmen einer > Weiterbildung schlicht medizinische Versorgungsaufgaben einer Universitätsklinik wahrnehmen (§ 54 HRG; § 75 UG Bad.-Wttbg.j vgl. DallingerBode-Dellian, aaO. § 53 Rz 13 u. § 54 Rzn. 2ff.).

„Wissenschaftlichkeitsklausel" I. Man versteht darunter den gesetzlichen oder vertraglichen Ausschluß der Übernahme von Heilbehandlungskosten durch Kostenträger bei Anwendung wissenschaftlich nicht anerkannter Behandlungsmethoden und > Arzneimittel. II. Rechtsgrundlagen. 1. In der privaten > Krankenversicherung (Rz 1107) sind Aufwendungen für „wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden und Arzneimittel" von der Leistungspflicht ausgeschlossen (§ 5 Abs. 1 f) MBKK). Hierbei können sich Kollisionen mit dem AGBG ergeben. Die „Wissenschaftlichkeitsklausel" schränkt wesentliche Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so ein, daß die Erreichung des Vertragszwecks (umfassender Versicherungsschutz in Krankheitsfällen) gefährdet ist (§ 9 AGBG). Eine Benachteiligung des Versicherungsnehmers entgegen den Geboten von Treu und Glauben tritt insbesondere dadurch ein, daß dieser über die angeblich wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode zunächst im unklaren gelassen wird und erst bei Einreichung der Honorarrechnungen von der Versicherungsgesellschaft erfährt, ob die Kosten erstattet werden. Darüber hinaus muß die „Wissenschaftlichkeitsklausel" als unklarer und nicht allgemein präzisierbarer Rechtsbegriff zum Nachteil der Versicherungsgesellschaft ausgelegt werden (§ 5 AGBG; ausführlich hierzu Demel, BiolMed. 1978, 38ff.). Der BGH hat in einem bemerkenswerten (nicht aufgrund des AGBG ergangenen) Urteil v. 2. 12. 1981 (VersR 1982, 285) entschieden, daß es eine wissenschaftlich allgemein anerkannte > H e i l b e h a n d l u n g von Multipler Sklerose (MS) bisher überhaupt nicht gibt und deshalb in der von der > Schulmediz i n überwiegend abgelehnten Ultraschall-Behandlung für die beklagte Krankenversicherung „kein größeres Risiko einer experimentellen Therapie liegt als in der überwiegend angewandten, beim Kläger bisher jedoch erfolglosen Be-

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Handlungsweise mit der Folge, daß ein Leistungsausschluß der beklagten Versicherungsgesellschaft für die Ultraschall-Therapie nicht gerechtfertigt ist." Eine andere Entscheidung würde nach Ansicht des BGH „dazu führen, daß die Beklagte Leistungen für die Behandlung von MS überhaupt nicht zu erbringen hätte, bis - vielleicht erst in weiter Zukunft - ein allgemeiner Konsens in der Wissenschaft hergestellt sein wird." 2. In der gesetzlichen > Krankenversicherung (Rz 1103) hat der Versicherte Anspruch auf die ärztliche Versorgung, die zur Heilung oder Linderung nach den Regeln der ärztlichen Kunst zweckmäßig und ausreichend ist (§ 368 e Satz 1 RVO). „Die Grenzen der ärztlichen Kunst werden durch die ärztliche Wissenschaft nach ihrem jeweiligen Stand gezogen. Das Handeln des Arztes darf nicht gegen die anerkannten Grundsätze der herrschenden medizinischen Lehrmeinung verstoßen" (LSG Rheinl.-Pf., Breithaupt 1977, 399, 400). 3. Auch das > Beihilferecht schließt i.d.R. Aufwendungen für „eine Behandlung nach einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methode von der Beihilfefähigkeit aus" (vgl. z.B. § 4 Abs. 2 BVO Bad.-Wttbg. sowie Rundschreiben des Finanzministers v. 22. 11. 1976, GABI. 1977, 173, 179; Nr. 4 Ziff. 1 Satz 2 BhV). Die Entscheidung, ob eine Behandlungsmethode wissenschaftlich anerkannt ist oder nicht, unterliegt uneingeschränkter gerichtlicher Überprüfung. Der Beihilfestelle steht daher kein Ermessen zu (OVG Münster v. 10. 11. 1977 - VI A 1429/75 -). Für das > B e i h i l f e r e c h t der Beamten hat das OVG Münster in einem Urteil v. 24. 11. 1976 (RiA 1977, 159; ebenso Urt. v. 10. 11. 1977 - VI A 1429/75 - ) zum Begriff „wissenschaftlich anerkannt" in § 4 Nr. 7 Satz 2 BVO Nordrh.-Westf. ausgeführt: „Wissenschaftlich anerkannt ist ein Heilmittel, wenn es von Wissenschaftlern, die in dem durch die zu behandelnde Krankheit und die Art des Heilmittels gekennzeichneten Fachbereichs tätig sind, auf Grund . . . wissenschaftlicher Erkenntnisse als für eine Behandlung der Krankheit wirksam angesehen wird. Die Überzeugung von der Wirksamkeit muß freilich nicht in jedem Falle von der Fachwelt uneingeschränkt und einhellig geteilt werden. Das würde der Vielfalt wissenschaftlich begründeter Standpunkte und Erkenntnisse und der darauf gestützten Behandlungsmethoden nicht gerecht werden. Das Merkmal der wissenschaftlichen Anerkennung setzt aber doch eine weitgehende Zustimmung der in dem Fachbereich tätigen Wissenschaftler voraus und ist jedenfalls dann nicht gegeben, wenn eine größere Anzahl namhafter Autoritäten oder wichtige wissenschaftliche Gremien die Behandlung mit dem Heilmittel auf Grund wissenschaftlicher Erkenntnisse als nicht wirksam ansehen. Daß mit einer solchen Regelung dem Urteil der sog. Schulmedizin im Gegensatz zu Außenseitern bei wenig vertretenen oder noch unerprobten Behandlungsmethoden in vielen Fällen eine entscheidende Bedeutung zukommt, ist einzuräumen . . . " Das Urteil enthält allerdings eine nicht unwesentliche Einschränkung: ist ein Medikament wissenschaftlich nicht anerkannt, so bedeutet dies nicht, daß es in jedem Fall „erwiesenermaßen unwirksam ist, also eine Behandlung mit diesem Mittel keinen Erfolg haben kann". Das Gericht räumt vielmehr ein, daß

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Wochenpflegerin

es Fälle gibt, in denen ein wissenschaftlich nicht anerkanntes Medikament erfolgreich angewandt worden ist, nachdem wissenschaftlich anerkannte Mittel ohne Erfolg eingesetzt worden waren. In solch einem Ausnahmefall wäre es nach Auffassung des Gerichts mit der Fürsorgepflicht des öffentlichrechtlichen Dienstherrn unvereinbar, die Gewährung von Beihilfe für die Fortsetzung der - erfolgreichen - Behandlung zu versagen. Demgegenüber weist der 12. Senat des OVG Münster in einer Entscheidung v. 6. 7. 1982 - 12 (6) A 1734/80 mit Recht darauf hin, daß die Gewährung von Beihilfe unter dem Vorbehalt des Erfolges unpraktikabel und für die beihilfeberechtigten Patienten unzumutbar ist. Der Senat hat daher erwogen, ob § 4 Nr. 7 Satz 2 BVO Nordrh.-Westf. nicht dahin ausgelegt werden kann, daß zumindest diejenigen Außenseitermittel beihilfefähig sind, die in Kreisen der Wissenschaftler von einer gewichtigen Minderheit als therapiewirksam angesehen werden (die Frage brauchte nicht entschieden zu werden, weil nach Auffassung des Gerichts das Krebsmittel „Iscador" jedenfalls ein „noch nicht wissenschaftlich anerkanntes Mittel" i. S. des § 4 Nr. 7 Satz 3 BVO Nordrh.-Westf. ist, das bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen dieser Vorschrift dann als beihilfefähig angesehen werden muß, wenn die wissenschaftlich anerkannten Mittel ohne Erfolg angewandt worden sind). Dem ist zuzustimmen. Die abweichende Meinung in den vorzitierten Urteilen des OVG Münster führt im praktischen Ergebnis dazu, daß der Kostenträger im wissenschaftlichen Meinungsstreit in letzter Instanz Partei ergreifen und Entscheidungen treffen muß, die auch denjenigen Wissenschaftlern gegenüber verbindlich sind, die eine abweichende wissenschaftliche Meinung vertreten. Darin liegt jedenfalls für den Bereich der öffentlichrechtlichen Kostenträger ein Eingriff in die Freiheit von Forschung und Wissenschaft und damit eine Verletzung von Art. 5 Abs. 3 GG ; denn der Staat darf sich nicht mit wissenschaftlichen oder anderen umstrittenen geistigen Standorten identifizieren (Kriele, NJW 1976, 355, 357; vgl. zum Ganzen Küchenhoff, Phys. Med. u. Reh. 1980, 569ff.). III. Im Prozeß darf das Gericht nach der nicht unbedenklichen Rspr. des BSG allein aufgrund gutachterlicher Äußerungen von Vertretern der > S c h u l m e d i z i n entscheiden (BSG v. 14. 3. 1975 - 3 RK 3 8 / 7 3 - , KVRS 2210/15).

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Wochenpflegerin I. Aufgabe der Wochenpflegerin ist die Pflege von Wöchnerinnen, Neugeborenen und Säuglingen, und zwar sowohl in Anstalten wie in der Wohnung. Verrichtungen, die nach geltendem Recht > H e b a m m e n und dem > K r a n k e n p f l e g e p e r s o n a l vorbehalten sind, darf die Wochenpflegerin nicht ausführen. II. Rechtsgrundlage ist die Verordnung über Wochenpflegerinnen v. 7. 2.

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Wochenpflegerin

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1943 - WochPflV - (RGBl. I S . 87) nebst Ausführungserlaß - RdErl. d. RMdl v. 20. 2. 1943 - (MinBl. S. 311). III. Die Ausbildung erfolgt in einem sechsmonatigen Lehrgang an einer staatlichen anerkannten Wochenpflege. Sie schließt ab mit der staatlichen Wochenpflegeprüfung; nach deren Bestehen erteilt die zuständige Behörde die Anerkennung als Wochenpflegerin. Diese Berufsbezeichnung ist durch § 7 WochPflV geschützt. Der Entwurf eines Gesetzes über den Beruf der Hebamme und des Entbindungspflegers

( > H e b a m m e Rz 797) sieht eine ersatzlose Aufhebung des Berufsbildes vor, allerdings unter Fortgeltung der aufgrund des bisherigen Rechts erteilten Anerkennungen.

Zahnarzt 1962

I. Man versteht darunter eine Person, die aufgrund der > A p p r o b a t i o n als Zahnarzt oder > A r z t oder aufgrund einer > Berufserlaubnis oder als Dienstleistungserbringer ( > Zahnheilkundegesetz) zur Ausübung der > Z a h n h e i l k u n d e unter der Berufsbezeichnung „Zahnarzt" berechtigt ist (§ 1 Abs. 1 u. 2, §§ 13, 13a ZHG). Die Berafsbezeichnung „Zahnarzt" („Zahnärztin") ist durch § 132 a Abs. 1 Nr. 2 StGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 2 ZHG geschützt. Die tatsächliche Ausübung des zahnärztlichen Berufs ist nicht Voraussetzung für die Berechtigung zur Führung der Berufsbezeichnung.

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II. Die Berufszulassung ist aufgrund von Art. 74 Nr. 19 GG im Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde ( > Z a h n h e i l k u n d e g e s e t z ) und in der Prüfungsordnung für Zahnärzte v. 26. 1. 1955 (BGBl. I S. 37) bundeseinheitlich geregelt (vgl. zum folgenden auch Günther: Zahnarzt, Recht und Risiko, 1982). 1. Die Ausbildung zum Zahnarzt ( > n u m e r u s c l a u s u s ) erfordert ein Hochschulstudium von mindestens zehn Semestern, das sich aus einem vorklinischen und einem klinischen Teil von je fünf Semestern zusammensetzt. Nach mindestens zwei Semestern Studium kann die naturwissenschaftliche Vorprüfung, nach weiteren drei Semestern die zahnärztliche Vorprüfung und nach weiteren fünf Semestern die zahnärztliche Prüfung abgelegt werden. Nach Bestehen der zahnärztlichen Prüfung wird auf Antrag von der zuständigen staatlichen Behörde die Approbation als Zahnarzt erteilt (§ 2 Abs. 1 ZHG). 2. Wer ohne im Besitz einer deutschen > A p p r o b a t i o n als Zahnarzt den zahnärztlichen Beruf in der Bundesrepublik ausüben will, bedarf entsprechend der Regelung bei Ärzten ( > B e r u f s e r l a u b n i s ) einer Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung der > Z a h n h e i l k u n d e nach § 1 Abs. 1 Satz 3, § 13 ZHG. 3. Sowohl innerhalb der Bundesrepublik als auch im Bereich der Europäi-

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Zahnarzt

sehen Gemeinschaft besteht > N i e d e r l a s s u n g s f r e i h e i t entsprechend der Regelung bei Ärzten (> Z a h n h e i l k u n d e g e s e t z ) . III. Für die Berufsausübung gelten die landesrechtlichen Kammer- oder Heilberufsgesetze (> Ärztekammer Rz 2) sowie die auf ihrer Grundlage erlassenen > B e r u f s o r d n u n g e n und > W e i t e r b i l d u n g s o r d n u n g e n . Entsprechend der Regelung bei den übrigen akademischen Heilberufen (> Arzt, > Apotheker) besteht auch für Zahnärzte Pflichtmitgliedschaft bei der Zahnärztekammer, sowie eine eigene Berufsgerichtsbarkeit (> Berufsgericht).

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IV. Die Vorschriften des Kassenarztrechts gelten entsprechend für den Kassenzahnarzt (§ 368 Abs. 1 Satz 4 RVO > Kassenarzt). Die Zulassung als Kassenzahnarzt richtet sich nach der Zulassungsordnung für Kassenzahnärzte 28. 5. 1957 - ZO-Z - BGBl. I S. 582, i.d.F. der Vierten Änderungsverordnung v. 14. 12. 1983 (BGBl. I S. 1433). Voraussetzung für die Zulassung ist u.a. eine zweijährige Vorbereitungszeit, die jedoch für Zahnärzte aus einem EG-Mitgliedsstaat ab. 1. 7. 1986 entfällt (§ 3 Abs. 2 u. 4 ZO-Z). Gem. § 368 p RVO bestehen u.a. die Richtlinien des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche kassenzahnärztliche Versorgung (BAnz. 1963 Nr. 116), sowie die Richtlinien über Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen (BAnz. 1977 Nr. 230). Durch das > K o s t e n d ä m p f u n g s - E r g ä n z u n g s g e s e t z (KVEG) wurde die zahnärztliche Leistung bei Zahnersatz und Zahnkronen in das Sachleistungssystem der gesetzlichen > K r a n k e n v e r s i c h e r u n g (Rz 1105) einbezogen mit der Folge der vollen Kostenübernahme durch die Krankenkasse und der Einbeziehung der zahnärztlichen Vergütung in die > G e s a m t v e r g ü t u n g . Der von der Kasse zu entrichtende, auf höchstens 60% begrenzte Zuschuß für zahntechnische Leistungen wird jetzt allein für die zahntechnischen Labor- und Materialkosten gewährt (§ 182 Abs. 1 Nr. ld) u. g), § 182 c RVO (ausführlich hierzu und zu verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese Neuregelung B. Tiemann, SGb 1982, 275ff.). Der Zahnarzt hat dem Patienten die Kosten der zahntechnischen Leistungen und der zahnärztlichen Behandlung bei der Versorgung mit Zahnersatz mitzuteilen. Wählt der Patient aufwendigeren Zahnersatz als notwendig, hat er die Mehrkosten selbst zu tragen; hierüber ist vor Beginn der Behandlung eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Kassenzahnarzt und dem Patienten zu treffen (§ 182 c Abs. 4 u. 5 RVO). Über die beabsichtigten Heilmaßnahmen und deren voraussichtliche Kosten bei Neuherstellung von Zahnersatz, kieferorthopädischer Behandlung und Parodontosebehandlung hat der Zahnarzt einen Heil- und Kostenplan auf besonderem Formular zur Genehmigung durch die Krankenkasse aufzustellen. Bei ungerechtfertigter Beanstandung durch die Krankenkasse und dadurch verursachten Zahnarztwechsel besteht für den Zahnarzt eine Schadensersatzmöglichkeit nach Amtshaftungsgrundsätzen (BGH, NJW 1981, 636). Für die Zahlungsklage eines Kassenzahnarztes gegen die Krankenkasse auf

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Zahnarzt

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Zahlung des Zuschusses für eine zahnpiothetische Behandlung nach Genehmigung des Heil- und Kostenplanes und nach Abtretung des Anspruchs des Patienten gegen die Krankenkasse ist der Rechtsweg zum Sozialgericht gegeben (§ 51 Abs. 2 SGG; str., vgl. Schimmelpfeng-Schütte ; NJW 1981, 2505; a.A. LG Frankfurt, NJW 1979, 1940 m. abl. Anm. Wiethardt). 1967

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V. 1. Die Rechtsbeziehungen zwischen Zahnarzt und Patient richten sich grundsätzlich nach Dienstvertragsrecht (§§ 611 ff. BGB; h.M. ; zur Rechtsnatur des Zahnarztvertrages eingehend Roesch, VersR 1979, 12). Dies gilt auch für die zahnprothetische Behandlung sowie dann, wenn die Zahnarztbehandlung nicht Heilzwecken dient, sondern nur zur Verschönerung des Gebisses erfolgt (OLG Zweibrücken, NJW 1983, 2094). Soweit aber eine spezifische zahnärztliche > H e i l b e h a n d l u n g nicht vorliegt, sondern es sich nur um die technische Anfertigung einer Prothese handelt, findet das Gewährleistungsrecht des Werkvertrages Anwendung (BGH, NJW 1975, 305; a.A. Jakobs, NJW 1975, 1437; LG Hannover, NJW 1980, 1340). Ob dies auch für das Anpassen und Eingliedern von Zahnprothesen gilt, ist streitig (vgl. einerseits OLG Karlsruhe, NJW 1967, 1512, 1513, andererseits OLG Zweibrücken, NJW 1983, 2094; LG Bremen, NJW 1965, 2015). Auch bei solchen Verrichtungen des Zahnarztes dürfte der dienstvertragliche Charakter des Vertrages im Vordergrund stehen (vgl. Soergel in: Münch. Komm. § 611 Rz 46, § 631 Rz 51 m. Nachw.). Der Kassenzahnarzt ist nach § 242 BGB gehalten, den Patienten auf die Möglichkeit eines zu erstattenden Selbstkostenanteils hinzuweisen, sofern die voraussichtlichen Behandlungskosten den Erstattungsbetrag der Krankenkasse übersteigen (AG Köln, NJW 1980, 2756). Die Vergütung des Zahnarztes bei der Behandlung von Privatpatienten richtet sich noch nach der Gebührenordnung für Zahnärzte v. 18. 3. 1965 - GOZ (BGBl. I S. 123). Eine Neuregelung des zahnärztlichen Gebührenrechts steht unmittelbar bevor. Zum Vergütungsanspruch nach Abbruch der Behandlung vgl. LG Frankfurt, NJW 1982, 2610. Ein Zahnarztvertrag besteht auch zwischen Kassenzahnarzt und Kassenpatient. Es gilt entsprechendes wie beim > K a s s e n a r z t (> A r z t v e r t r a g Rz214 ; str., wie hier Söllner in: Münch. Komm. §611 Rz 50; a.A. Heinemann-Liebold, aaO. § 368 d C 240 ff. und S. Tiemann, aaO. S. 8, die einen privatrechtlichen Behandlungsvertrag nur für den Bereich der zahnprothetischen Leistungen annehmen). 2. Die Rechtsbeziehungen zwischen Zahnarzt und (selbständigem) Zahntechniker richten sich nach Werkvertragsrecht (§§631 ff. BGB). Dies gilt mit Ausnahme der Vergütung und der Rechnungsregelung nach einheitlichen Grundsätzen auch für Kassenzahnärzte, sofern die Regeln des Werkvertrages nicht durch Verträge zwischen den Zahntechnikerinnungen, den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen und den Landesverbänden der Krankenkassen abbedungen worden sind (§ 368 Abs. 6, 368g Abs. 5 a RVO). Die Ausführung zahntechnischer Arbeiten in dem praxiseigenen Labor eines Zahnarztes ausschließlich für dessen eigene Patienten ist keine Tätigkeit, de-

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Zahnarzt

ren Ausübung nach § § 1 , 3 Abs. 1 HandwO die Eintragung in die Handwerksrolle voraussetzt; sie verstößt auch nicht gegen > W e t t b e w e r b s r e c h t (BGH, NJW 1980, 1337; BVerwG, NJW 1980, 1349). 3. Zwischen Zahntechniker und Patient bestehen keine Rechtsbeziehungen (vgl. B. Tiemann, SGb 1982, 275, 279). Ansprüche des Patienten wegen Mängel bei zahntechnischen Leistungen können sich daher nur gegen den Zahnarzt richten. VI. Die Grundsätze der ärztlichen > Aufklärungspflicht gelten im wesentlichen auch für Zahnärzte. Die Aufklärungspflicht des Zahnarztes umfaßt vor allem auch den Hinweis auf Behandlungsalternativen (vgl. LG Hannover, NJW 1981, 1320 [Hinweispflicht, daß neben der Möglichkeit der Extraktion des Zahnes auch eine Wurzelbehandlung in Frage kommt]; Deutsch, VersR 1983, 993, 995). Zur Unwirksamkeit der Einwilligung in die Behandlung durch eine zahnärztliche Hilfskraft vgl. LG Frankfurt, NJW 1982, 2610.

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VII. Der Zahnarzt unterliegt der strafrechtlichen Schweigepflicht (§ 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB, § 10 MuBO für Zahnärzte). Die von der Rspr. zur ärztlichen Schweigepflicht entwickelten Grundsätze gelten entsprechend für Zahnärzte ( > Schweigepflicht). Zur Schweigepflicht gegenüber der Kassenzahnärztlichen Vereinigung und der Krankenkasse vgl. LSG Celle, NJW 1980, 1352 m. Anm. Sendler, NJW 1980, 2776; LBerufsG für Zahnärzte in Stuttgart v. 12. 5. 1979 - LQa 3/78 ZÄBl. Bad.-Wttbg. 1980, 40. VIII. Bei einem Sanitätsoffizier ist eine > N e b e n t ä t i g k e i t als Kassenzahnarzt mit den Dienstaufgaben nicht vereinbar (BVerwG, NJW 1979, 1261 [Leits.] > Sanitätsoffizier Rz 1569).

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IX. 1. Für die zivilrechtliche und strafrechtliche Haftung des Zahnarztes für Behandlungsfehler gelten die Grundsätze für Ärzte entsprechend (vgl. Deutsch, VersR 1983, 993ff. > B e h a n d l u n g s f e h l e r , OHaftung). Nach Auffassung des BGH erteilt ein Patient, der in laienhaftem Unverstand aufgrund einer unsinnigen selbstgestellten Diagnose eine umfassende Extraktion seiner Zähne wünscht, damit keine wirksame Einwilligung zu dem Eingriff. Der Zahnarzt muß deshalb von der Extraktion absehen, auch wenn der Patient nach eindringlicher Belehrung auf seinem Verlangen beharrt (BGH, NJW 1978, 1206 m. krit. Anm. Rogall, NJW 1978, 2344 > H e i l b e h a n d l u n g Rzn. 802, 809).

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Beispiele für Behandlungsfehler. Verletzung der Zunge eines Patienten wegen einer Schluckbewegung (OLG Celle, JW 1938, 947); Verletzung des Patienten durch Abrutschen einer rotierenden Separierscheibe wegen NichtVerwendung eines Scheibenschutzes (LG Bielefeld, VersR 1974, 66); Verwendung einer ungesicherten Nervennadel, die der Patient versehentlich schluckt (BGHZ, 8, 138, 141); zur Frage des Verschuldens eines Zahnarztes für eine mit Komplikationen verlaufende Extraktion eines Weisheitszahnes sowie zur Beweislastumkehr ( > Beweislast) zu Lasten des Zahnarztes für genügende

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Aufklärung und Beratung des Patienten über das Risiko des Eingriffs vgl. LG Frankfurt, VersR 1981, 1040; zu den Anforderungen an die Sorgfaltspflichten bei der Extraktion eines Zahnes und dem Einsetzen einer Brücke vgl. OLG Frankfurt, VersR 1982, 502.

2. Die Zahnärztekammern haben inzwischen ebenso wie die > Ärztekammern Gutachterstellen für zahnärztliche Behandlungsfehlei eingerichtet (> Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler). 1974

X. Steuerrecht. Nach § 4 Nr. 14 UStG sind die Umsätze aus der Tätigkeit als Zahnarzt umsatzsteuerfrei. Umsatzsteuerpflicht besteht jedoch für die Lieferung oder Wiederherstellung von Zahnprothesen und kieferorthopädischen Apparaten, soweit sie in praxiseigenen Laboratorien hergestellt oder wiederhergestellt werden. Dabei ist es unerheblich, ob die Arbeiten vom Zahnarzt selbst oder von angestellten Personen durchgeführt werden. Gleiches gilt, wenn der Zahnarzt Zahnprothesen in praxisfremden Laboratorien fertigen läßt, aber Material (z.B. Gold und Zähne) beistellt. Die Lieferung der Zahnprothesen durch den Zahnarzt ist daher hinsichtlich des beigestellten Materials umsatzsteuerpflichtig (§4 Nr. 14b UStG; Schreiben d. BMFi v. 7. 11. 1980, DStR 1980, 717; ausführlich hierzu M. Beker aaO. S. 174ff.|.

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XI. Grundsätzlich kann auch eine Zahnarztpraxis einen ideellen Wert (good will) haben, der bei der Ermittlung des Zugewinnausgleichs nach § 1376 BGB zu berücksichtigen ist (OLG Koblenz, FamRZ 1982, 280).

Zahnarzthelferin 1976

Der Beruf der Zahnarzthelferin ist wie der der > A r z t h e l f e r i n ein anerkannter Ausbildungsberuf mit den in den Ausbildungsordnungen der Zahnärztekammern festgelegten Aufgaben, zu denen vor allem gehören: Betreuung der Patienten, Unterstützung des > Z a h n a r z t e s bei der Behandlung, Wartung der Praxiseinrichtung, Durchführung der Verwaltungsarbeiten einer zahnärztlichen Praxis. Die Bezeichnung „Zahnarzthelferin" ist nicht geschützt. Die Ausbildung erfolgt wie bei der > A r z t h e l f e r i n (Rz 141) im dualen System nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) auf der Grundlage der Ausbildungsordnungen der Zahnärztekammern. Die Ausbildungszeit beträgt drei Jahre. Eine Zahnarztpraxis, in der neben zwei Zahnärzten zwei Zahnarzthelferinnen tätig sind, ist i.d.R. als Ausbildungsstätte jedenfalls für mehr als vier Auszubildende nicht geeignet (§ 22 Abs. 1 Nr. 2 BBiG; OVG Münster v. 3. 3. 1982 - 4 A 2141/80 - > A r z t h e l f e r i n Rz. 143). Der vorliegende „Entwurf einer Verordnung über die Berufsausbildung zum Zahnarzthelfer" bezweckt die Reform der Ausbildung unter gleichzeitiger staatlicher Anerkennung des Ausbildungsberufes.

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Zahnheilkundegesetz

Aufgrund der von den Zahnärztekammern gemäß § 46 BBiG erlassenen „Fortbildungsordnungen" (richtig „Weiterbildungsordnungen") ist eine Weiterbildung zur Zahnmedizinischen Fachhelfeiin an besonderen, von der Zahnärztekammer anerkannten Weiterbildungsstätten möglich.

Zahnheilkunde I. Begriff. „Ausübung der Zahnheilkunde ist die berufsmäßige auf zahnärztlieh wissenschaftliche Erkenntnisse gegründete Feststellung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten. Als Krankheit ist jede von der Norm abweichende Erscheinung im Bereich der Zähne, des Mundes und der Kiefer anzusehen, einschließlich der Anomalien der Zahnstellung und des Fehlens von Zähnen" (§ 1 Abs. 3 ZHG). Die Ausübung der Zahnheilkunde ist kein Gewerbe (§ 1 Abs. 4 ZHG). Die technische Anfertigung einer Zahnprothese stellt keine Ausübung der Zahnheilkunde dar, gleichgültig ob sie durch den behandelnden > Zahnarzt selbst oder mit Hilfe von in seinem praxiseigenen Labor angestellten Zahntechnikern erfolgt (BSG, NJW 1967, 317, 318, BVerwG, NJW 1980, 1349; BGH, NJW 1972, 1518; 1975, 305, 306).

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II. Die Berechtigung zur Ausübung der Zahnheilkunde ist an die Erlaubnis zur Ausübung des Berufes als > A r z t (Rz 122) oder > Zahnarzt (Rz 1962) geknüpft. Die Ausübung der Zahnheilkunde ohne eine solche Erlaubnis ist durch § 18 Nr. 1 ZHG unter Strafe gestellt. III. > Heilkunde

Zahnheilkundegesetz Das Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde v. 31. 3. 1952 - ZHG (BGBl. IS. 221) ist - entsprechend der > Bundesärzteordnung für Ärzte - ein Berafszulassungsgesetz gem. Art. 74 Nr. 19 GG. Es brachte eine grundlegende berufsrechtliche Neuordnung, indem es die > Kurierfreiheit beseitigte und die Ausübung der > Z a h n h e i l k u n d e solchen Personen vorbehielt, die im Besitz der > Approbation als > Zahnarzt oder > A r z t sind (§ 1 Abs. 1 ZHG). Gleichzeitig erfolgte eine Eingliederung der > Dentisten in den Beruf des Zahnarztes. Das Erste Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Ausübung der Zahnheilkunde v. 25. 2. 1983 (BGBl. I. S. 187) brachte eine Anpassung des ZHG an das EG-Recht. Durch die Umsetzung der Richtlinie 78/686/EWG des Rates v. 25. 7. 1978 (ABl. EG Nr. L 233, S. 1) für die gegenseitige Anerkennung der Di-

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Zahnheilkundegesetz

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plome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise des Zahnarztes und für Maßnahmen zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des Niederlassungsrechts und des Rechts auf freien Dienstleistungsverkehr sowie der Richtlinie 78/687/EWG gleichen Datums (ABl. EG Nr. L 233, S. 10) zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Tätigkeit des Zahnarztes in innerstaatliches Recht besteht entsprechend der Regelung bei Ärzten (>Niederlassungsfreiheit Rzn. 1252ff.) jetzt auch für Zahnärzte im Bereich der EG Niederlassungsfreiheit sowie die Befugnis zur Erbringung von Dienstleistungen. Außerdem sieht die Erste Änderungsverordnung nur noch eine beschränkte Anwendung der Übergangsregelungen für die Eingliederung der Dentisten in den Zahnärztestand vor (> Dentist). Schließlich wurden Aufbau und Systematik des ZHG, insbesondere hinsichtlich der Vorschriften über die Approbation als Zahnarzt, die Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung der > Zahnheilkunde und die Zuständigkeitsregelungen der > Bundesärzteordnung angeglichen.

Zentrale zur Bekämpfung der Unlauterkeit im Heilgewerbe 1979

Die Zentrale zur Bekämpfung der Unlauterkeit im Heilgewerbe ist eine von dem früheren > Amtsarzt Dr. med. Schüppert 1952 in Mainz gegründete und nach dessen Tod 1965 von Dr. G. Rose mit Unterstützung der > Bundesärztekammer und der Landesärztekammern mit Zustimmung des Innenministeriums Bad.-Wttbg. weitergeführte private Institution (Anschrift: Stefanienufer 18, 6800 Mannheim). Aufgabe dieser Einrichtung ist die Bekämpfung der unlauteren Heilmittelwerbung (> Heilmittelwerbegesetz), die Erstattung von Gutachten auf diesem Gebiet für Gerichte und Behörden sowie die Beratung von Presse, Rundfunk und Fernsehen bei der Aufklärung der Bevölkerung über Unlauterkeit im Heilgewerbe (näher dazu DÄ 1973, 3128).

Zeugnisverweigerungsrecht 1980

I. Man versteht darunter das Recht, bei der Vernehmung als Zeuge oder > s a c h v e r s t ä n d i g e r Z e u g e vor Gericht die Aussage zu verweigern (zum Aussageverweigerungsrecht des ärztlichen Sachverständigen > S a c h v e r s t ä n diger Rz 1546).

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II. Zeugnisverweigerungsrecht des Arztes. 1. Rechtsgrundlagen. Das Prozeßrecht trägt der materiellrechtlichen > S c h w e i g e p f l i c h t dadurch Rechnung,

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Zeugnisverweigerungsrecht

daß es dem Arzt in gleichem Umfang ein prozessuales > S c h w e i g e r e c h t in Form eines Zeugnisverweigerungsrechts gewährt (§ 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO, § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO; diese Regelungen gelten entsprechend für andere Gerichtszweige; vgl. § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG; § 118 Abs. 1 SGG; § 98 VwGO, § 15 FGG; § 84 FGO). Das Zeugnisverweigerungsrecht verpflichtet den Arzt nicht zur Verweigerung der Aussage; er ist nur hierzu berechtigt. Ob er schweigen will oder sich zur Aussage entschließt, obliegt allein seiner Entscheidung. Materiellrechtlich erstarkt das prozessuale Aussageverweigerungsrecht zu einer Aussageverweigerungspflicht, soweit der Berechtigte zugleich nach § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB schweigepflichtig ist (vgl. Kühne, JZ 1981, 647, 650 m. Nachw.). In diesem Fall ist der Arzt nur dann zur Aussage ausnahmsweise berechtigt, wenn die Geheimnisoffenbarung dem Schutz eines höherwertigen Rechtsguts dient (> S c h w e i g e p f l i c h t Rzn. 1652ff.). 2. Hat der Patient den Arzt von der Schweigepflicht entbunden, entfällt das Zeugnisverweigerungsrecht (§ 53 Abs. 2 StPO, § 385 Abs. 2 ZPO). In diesem Fall muß der Arzt wie jeder andere Zeuge vor Gericht aussagen, selbst wenn er der Auffassung ist, daß die damit verbundene Kenntnisnahme des Patienten medizinisch unverantwortlich ist (vgl. K. Müller bei Mergen, aaO. Bd. II S. 106). Eine Aussagepflicht besteht jedoch trotz der Entbindung von der Schweigepflicht nur insoweit, wie die Entbindung durch den Patienten reicht. Zur Offenlegung von Tatsachen und Umständen, von denen der Patient nichts weiß (z. B. Krebsbefund) kann der Patient den Arzt nicht wirksam ermächtigen (vgl. Narr, aaO. Rz 772 ; Lenckner, NJW 1965, 323; A. Kaufmann, NJW 1958, 272, Anm. zu OLG Nürnberg, ebenda; Göppinger, NJW 1958, 241; Eb. Schmidt bei Ponsold, aaO. 2. Aufl., S. 32 Anm. 2). Die gegenteilige Auffassung (vgl. z. B. Kohlhaas, Medizin und Recht, S. 39; Bockelmann bei Ponsold, aaO. 3. Aufl., S. 16; K. Müller bei Mergen, aaO. S. 106; OLG Hamburg, NJW 1962, 689) widerspricht dem Grundsatz, daß nicht Gegenstand einer prozessualen Pflicht sein kann, was nach materiellem Recht verboten ist (vgl. Lenckner bei Göppinger, Arzt und Recht, S. 192). > K r a n k e n u n t e r l a g e n Rz 1091. Eine Aussagepflicht des Arztes besteht nur bei ausdrücklicher Entbindung von der Schweigepflicht. Die mutmaßliche Entbindung (> Schweigepflicht Rz 1648) vermag eine Zeugnispflicht vor Gericht nicht zu begründen (vgl. Lenckner, NJW 1965, 321, 324; Narr, aaO. Rz 774). Eine verspätete Entbindung von der Schweigepflicht im Arzthaftungsprozeß durch den geschädigten Patienten kann sich zu dessen Nachteil wie eine Beweisvereitelung auswirken, falls die Zeugen wegen Erinnerungsmängeln zu einer hinreichenden Aussage nicht mehr in der Lage sind (OLG Frankfurt, NJW 1980, 2758). Die Entbindungserklärung ist auch im Prozeß jederzeit widerruflich. 3. Nach dem Tod des Patienten (oder des mit diesem nicht identischen Geheimnisträgers) besteht das Zeugnisverweigerungsrecht im gleichen Umfang wie zu seinen Lebzeiten fort (> S c h w e i g e p f l i c h t Rz 1626; BayLSG, NJW 1962, 1789). Eine Einschränkung des Umfangs des Zeugnisverweigerungsrechts etwa dahin, daß der Arzt die Aussage über den Geisteszustand des Erb-

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lassers zwecks Feststellung der Testierfähigkeit nicht verweigern dürfe, ist nicht anzunehmen (a.A. OLG Düsseldorf, NJW 1959, 821; LG Augsburg, NJW 1964, 1186, 1189 ff. m. abl. Anm. Lenckner). Da eine postmortale Entbindung von der Schweigepflicht wegen des höchstpersönlichen Rechts der Entbindung nicht in Betracht kommt ( > Schweigepflicht Rz 1637), hat der Arzt in diesen Fallen stets allein und eigenverantwortlich zu entscheiden, ob er aussagen will. Die Aussage kann nur unter dem Gesichtspunkt der mutmaßlichen Einwilligung des Verstorbenen oder nach Güterabwägungsgrundsätzen gerechtfertigt sein (vgl. LG Hamm, NJW 1979, 2357; BayLSG, NJW 1962, 1789). Die Frage, ob ein verstorbener Patient sein Einverständnis zu Aussagen des behandelnden Arztes gegenüber dem Nachlaßgericht erteilt hätte, kann letztlich nur beurteilt werden, wenn man den Inhalt der potentiellen Aussage kennt. Diesen Inhalt kennt aber wiederum nur der Arzt, der deshalb selbst „in letzter Instanz" über seine Berechtigung zur Offenbarung entscheidet ( > Schweigepflicht Rz 1637; LG Hanau, NJW 1979, 2357). 4. a) Der als Zeuge oder sachverständiger Zeuge im Strafprozeß geladene Arzt muß bei Meidung einer Ordnungsstrafe auch dann vor Gericht erscheinen, wenn nach seiner Ansicht ein Zeugnisverweigerungsrecht besteht; denn über das Bestehen eines solchen Rechts kann nur der Richter in der Verhandlung entscheiden (Kleinknecht, StPO §51 Rz 7). Ist der Richter der Auffassung, die betreffende Tatsache, über die der Arzt vernommen werden soll, falle nicht unter das Zeugnisverweigerungsrecht, muß der Arzt trotz seiner Bedenken aussagen, wenn er nicht die Verhängung eines Ordnungsgeldes (§ 70 StPO) in Kauf nehmen will. Bei schwerwiegenden Bedenken sollte er telefonisch Rat bei der zuständigen > Ä r z t e k a m m e r einholen und ggf. das Risiko einer Ordnungsstrafe eingehen. Erweist sich die Auffassung des Gerichts über das Bestehen eines Zeugnisverweigerungsrechts als unzutreffend, ist die Ordnungsstrafe auf die Beschwerde des Arztes wieder aufzuheben (vgl. zu einem solchen Fall LG Karlsruhe v. 22. 10. 1981, DMW 1982, 352). b) Im Zivilprozeß und denjenigen Prozeßsachen, in denen die ZPO entsprechend Anwendung findet (vgl. oben Rz 1981), kann der als Zeuge geladene Arzt schon vor dem Termin unter Angabe und Glaubhaftmachung der Gründe schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle des Gerichts erklären, daß er von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch mache. Hält das Gericht die Verweigerung des Zeugnisses für berechtigt, braucht der Arzt in dem zu seiner Vernehmung bestimmten Termin nicht zu erscheinen (§ 386 Abs. 3 ZPO); andernfalls bleibt die Pflicht zum Erscheinen und zur Aussage bei Gericht bestehen, es gilt dann entsprechendes wie im Strafprozeß (oben Rz 1984). Wird der Arzt nicht rechtzeitig vor dem Termin von der Auffassung des Gerichts über das Nichtbestehen eines Zeugnisverweigerungsrechts verständigt, muß er als genügend entschuldigt betrachtet werden. Anders als im Strafprozeß (vgl. oben Rz 1984) darf der vernehmende Richter im Zivilprozeß dem als Zeugen geladenen Arzt solche Fragen nicht stellen, die er nur unter Verletzung der ärztlichen > Schweigepflicht beantworten könnte (§ 383 Abs. 3 ZPO). Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Arzt

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Zeugnisverweigerungsrecht

und Richter über das Bestehen eines Zeugnisverweigerungsrechts besteht die entsprechende Situation wie im Strafprozeß (oben Rz 1984). c) In den Prozeßgesetzen ist eine Pflicht des Gerichts zur Belehrung des Arztes über sein Zeugnisverweigerungsrecht nicht vorgeschrieben. Die Rspr. anerkennt eine Belehrungspflicht allenfalls dann, wenn dem zu vernehmenden Arzt das Zeugnisverweigerungsrecht offensichtlich unbekannt ist (vgl. BGH bei Holtz, MDR 1980, 815; BGHSt 15, 200, 202; 18, 146, 147f.). Demgegenüber wird mit Recht darauf hingewiesen, daß der vernehmende Richter aufgrund der umfassenden prozessualen Fürsorgepflicht generell gehalten ist, den Arzt vor Beginn der Vernehmung auf die strafrechtlichen Konsequenzen einer Schweigepflichtverletzung hinzuweisen (vgl. Molketin, MDR 1982, 98, 100). 5. Zum Aussageverweigerungsrecht bei der Vernehmung des Arztes als Sachverständiger > Sachverständiger Rz 1538. Ein in einem Strafverfahren als Sachverständiger beteiligter Arzt hat bei der Vernehmung als Zeuge in einem späteren Zivilprozeß hinsichtlich des im Strafverfahren ermittelten Untersuchungsbefundes ein Zeugnisverweigerungsrecht nach allgemeinen Grundsätzen (BGH, NJW 1964, 449). 6. Das prozessuale Zeugnisverweigerungsrecht des Arztes wird in § 97 StPO durch ein ausdrückliches Beschlagnahmeverbot ergänzt, das der Strafverfolgungsbehörde den Zugriff auf Krankenunterlagen, die sich im Besitz des Arztes befinden, verwehrt ( > K r a n k e n u n t e r l a g e n Rzn. 1100f.). Abgesehen von der Beschlagnahme besteht eine Pflicht zur Herausgabe von Krankenunterlagen und Erteilung von Auskünften an Gerichte und Behörden nur im Rahmen der ärztlichen Schweigepflicht ( > K r a n k e n u n t e r l a g e n Rz 1091). 7. Das berufsrechtliche Gebot kollegialen Verhaltens (vgl. § 15 Abs. 1 MuBO) gibt dem Arzt kein Zeugnisverweigerungsrecht, es sei denn daß eine Äußerung ohne jeden inneren Zusammenhang mit dem Beweisthema steht oder als Formalbeleidigung abzusehen ist (Gerichtshof f.d. Heilberufe Niedersachsen v. 18. 4. 1983, MedR 1983, 185). III. Zeugnisverweigerungsrecht der Angehörigen nichtärztlicher Heilberufe. 1. Im Zivilprozeß und denjenigen Prozeßarten, in denen die ZPO entsprechend Anwendung findet (vgl. oben Rz 1981), gewährt § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO dem hier in Betracht kommenden Personenkreis ein selbständiges Zeugnisverweigerungsrecht ohne Rücksicht darauf, ob die betreffende Person selbständig (z.B. > H e b a m m e , > M a s s e u r , > K r a n k e n g y m n a s t oder im Rahmen der Behandlung durch einen Arzt unter dessen Anleitung und Verantwortung (z.B. > A r z t h e l f e r i n , > K r a n k e n p f l e g e p e r s o n a l ) tätig ist. Danach haben z. B. auch Berufspsychologen i. S. des § 203 Abs. 1 Nr. 2 StGB ( > Psychologe), > Sozialarbeiter (§ 203 Abs. 1 Nr. 5 StGB) und selbständige nichtärztliche Psychotherapeuten ein Zeugnisverweigerungsrecht (vgl. dazu Vogel, NJW 1972, 2209), nicht dagegen Mitpatienten einer Gruppentherapie. 2. Im Strafprozeß besteht ein Zeugnisverweigerungsrecht für Mitarbeiter des Arztes und die bei ihm zur Vorbereitung auf den Beruf tätigen Personen nach

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Zeugnisverweigerungsrecht

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§ 53a StPO ( > S c h w e i g e p f l i c h t Rzn. 1619ff.). Dabei handelt es sich jedoch nur um ein vom Zeugnisverweigerungsrecht des Arztes abgeleitetes Recht zur Zeugnisverweigerung. Entbindet der Patient den Arzt von der Schweigepflicht, muß auch der Mitarbeiter aussagen (§ 53 a Abs. 2 StPO). Gleiches gilt, wenn der nicht von der Schweigepflicht entbundene Arzt sich nach Güterabwägung zur Aussage entschließt. Im übrigen kann der Arzt über das Zeugnisverweigerungsrecht seines Personals selbst entscheiden, es sei denn, daß er dieses Entscheidungsrecht nicht mehr oder in absehbarer Zeit nicht ausüben kann (§ 53 a Abs. 1 Satz 2 StPO). Der Patient hat keinen Anspruch darauf, daß der Arzt einen Mitarbeiter nicht von der Schweigepflicht entbindet (BGHSt 9, 60 ; näher dazu Kohlhaas, Medizin und Recht, S. 42f.). Selbständig tätige Angehörige der nichtärztlichen Heilberufe haben ein Zeugnisverweigerungsrecht nur nach § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO. Danach können von den hier interessierenden Berufen nur > H e b a m m e n das Zeugnis verweigern. Psychologen und nichtärztliche Psychotherapeuten haben kein strafprozessuales Zeugnisverweigerungsrecht (vgl. Menken, aaO. S. 41 f. ; kritisch dazu Vogel, NJW 1972, 2209). Im Einzelfall kann ausnahmsweise und unter ganz besonderen strengen Voraussetzungen ein strafprozessuales Aussageverweigerungsrecht unmittelbar aus der Verfassung folgen (BVerfG, NJW 1972, 2214; dazu Blau, NJW 1973, 2234).

Zivildienst 1990

I. Rechtsgrundlagen. Der Zivildienst ist der von den anerkannten Kriegsdienstverweigerern in Erfüllung der allgemeinen Wehrpflicht anstelle des > W e h r d i e n s t e s zu leistende Ersatzdienst außerhalb der Bundeswehr (Art. 12 a Abs. 2 GG, § 25 Satz 1 WPflG), dessen Durchführung sich nach dem Gesetz über den Zivildienst der Kriegsdienstverweigerer (Zivildienstgesetz - ZDG -) i.d.F.v. 29. 9. 1983 (BGBl. I S. 1221) richtet. II. Eine Zurückstellung vom Zivildienst kann bei Studierenden der Medizin oder Zahnmedizin erfolgen, die bereits ein Drittel ihres Studiums abgeleistet haben (§11 Abs. 4 Nr. 3 a ZDG). Keinen Zurückstellungsgrund nach § 11 Abs. 4 Satz 1 ZDG bildet der Umstand, daß der Zivildienstpflichtige infolge der Einberufung zum Zivildienst das Studium der Medizin oder Zahnmedizin nicht aufnehmen kann. Nach § 34 HRG darf einem Studienbewerber aus der Erfüllung der Dienstpflichten nach Art. 12 a GG kein Nachteil entstehen. Zivildienstleistende, die von ihrer Zulassung zum Medizin- bzw. Zahnmedizinstudium wegen Erfüllung ihrer Zivildienstpflicht keinen Gebrauch machen konnten oder die eine Zulassung nachweislich von der ZVS erhalten hätten, werden daher nach § 13 Abs. 2 Nr. 3 VergabeVO ( > N u m e r u s clausus Rz 1295) für die genannten Studiengänge bevorzugt ausgewählt.

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Zivilschutz

III. Ärzte und Zahnärzte, die als anerkannte Kriegsdienstverweigerer aufgrund des ZDG in ihrer Beschäftigungsstelle eine ärztliche Tätigkeit ausüben, erhalten keine Unterhaltssicherungsleistungen entsprechend §§2 Nr. 2, 12 a USG, da diese Vorschriften auf den Zivildienst nicht entsprechend anwendbar sind (BVerwG v. 2. 3. 1977 - VIII C 82.75 -). IV. Eine ärztliche Tätigkeit während des Zivildienstes kann als Weiterbildungszeit unter dem Gesichtspunkt der Gleichwertigkeit (vgl. § 14 MuWO) anrechenbar sein. Es gilt hier entsprechendes wie beim > W e h r d i e n s t (Rz 1866). Der Umstand, daß Zivildienstleistende nicht zum Träger des Krankenhauses, sondern nur zur Bundesrepublik Deutschland in einem Dienstverhältnis stehen, ist für die Anrechnung als Weiterbildungszeit unerheblich, Sofern alle sonstigen Voraussetzungen vorliegen (ebenso Narr, aaO. Rz 386; a.A. VG Freiburg v. 9. 9. 1982 - 5 K 261/81 - ).

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V. Für die zivilrechtliche Haftung von Ärzten für Fehlleistungen während des Zivildienstes gilt entsprechendes wie bei Sanitätsoffizieren (Rz 1571).

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VI. Zivildienstleistende Ärzte und Zahnärzte erhalten > f r e i e H e i l f ü r sorge. Bei > A r b e i t s u n f ä l l e n besteht anstelle des Versicherungsschutzes in der gesetzlichen Unfallversicherung Anspruch auf Versorgung entsprechend den Vorschriften des > B u n d e s v e r s o r g u n g s g e s e t z e s (§ 47 ZDG).

Zivilschutz I. Der Zivilschutz hat die Aufgabe, die Zivilbevölkerung durch nichtmilitärisehe organisierte Hilfe vor Kriegseinwirkungen zu schützen. Hiervon zu unterscheiden ist die Krisenbewältigung im Frieden durch den > Katastrophenschutz.

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II. Rechtsgrundlagen. Die Regelung des Zivilschutzes fällt in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes (Art. 73 Nr. 1 GG). Gegenwärtig bestehen - soweit hier von Interesse - folgende Rechtsgrundlagen: Gesetz über den Zivilschutz i.d.F.v. 9. 8. 1976 - ZSchG - (BGBl. I S. 2109); Gesetz über die Erweiterung des Katastrophenschutzes v. 9. 7. 1968 - KatSG - (BGBl. I S. 776); Arbeitssicherstellungsgesetz v. 9. 7. 1968 (BGBl. I S. 787). Soweit die Aufgaben des Zivilschutzes nicht vom Bundesamt für Zivilschutz als Bundesoberbehörde (§ 6 ZSchG) und der Bundesanstalt für Arbeit wahrgenommen werden, werden sie im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung von den Ländern einschließlich der Gemeinden und Gemeindeverbände ausgeführt. III. 1. Die vorgenannten Gesetze enthalten ebenso wie die KatastrophenSchutzgesetze der einzelnen Bundesländer keine besonderen Regelungen über

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Zivilschutz

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die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung im Verteidigungsfall. In § 1 Abs. 3 Nr. 6 ZSchG heißt es lediglich, daß zum Zivilschutz u. a. „Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit" gehören. Als solche Maßnahmen werden die Anlage von Sanitätsmaterialvorräten und die Bereitstellung von > Hilfskrank e n h ä u s e r n genannt (§§ 14, 15 ZSchG|. Diesem mit Recht als unzureichend angesehenen Rechtszustand (vgl. Gesundheits- und sozialpolitische Vorstellungen, aaO. S. 47) soll durch Erlaß eines > Gesundheitssicherstellungsgesetzes abgeholfen werden (zu den erforderlichen Maßnahmen im Bereich des Gesundheitswesens im Zivilschutz vgl. Haedge in: Fortschritt und Fortbildung in der Medizin, Jahrbuch 1980/81 S. 89ff. ; Femmer-Mais, Öff. Gesundh.-Wes. 1981, 632ff.). 2. Die Rechtsverhältnisse von Ärzten und Angehörigen der > medizinis c h e n Assistenzberufe bei der freiwilligen Mitwirkung im Zivilschutz richten sich nach § 9 ZSchG, §§ 8, 9 KatSG. Soweit eine Bedarfsdeckung auf freiwilliger Grundlage nicht möglich ist, kann eine zwangsweise Dienstverpflichtung durch das Arbeitsamt nach dem Arbeitssicherstellungsgesetz erfolgen. Für eine allgemeine Registrierung des genannten Personenkreises für den Zivilschutz gibt es bisher keine Rechtsgrundlage. 1995

IV. Haftung. Für schuldhafte Fehlleistungen der beim Einsatz im Zivilschutz tätigen Personen haftet der Staat nach Amtshaftungsgrundsätzen ( > H a f t u n g Rz 785). V. Hinsichtlich des Versicherungsschutzes in der gesetzlichen Unfallversicherung der im Zivilschutz tätigen Ärzte und Angehörigen des medizinischen Assistenzpersonals gilt entsprechendes wie beim > K a t a s t r o p h e n s c h u t z (Rz 950). Die Bundesregierung beabsichtigt, in der laufenden Legislaturperiode den Entwurf eines neuen Zivilschutzgesetzes einzubringen. Darin sollen alle den Zivilschutz betreffenden Rechtsmaterialien zusammengefaßt, das Zivilschutzrecht unter Berücksichtigung der bisherigen Erfahrungen fortgeschrieben und die im Zivilschutz bestehenden Verwaltungsstrukturen soweit wie möglich vereinfacht werden. > G e s u n d h e i t s s i c h e r s t e l lungsgesetz

Zöliakie 1996

I. Die Zöliakie (bei Erwachsenen auch Sprue genannt) ist eine auf Unverträglichkeit des Klebers (Gluten) der Getreidesorten Weizen, Hafer, Gerste und Roggen beruhende chronische Erkrankung des Dünndarms mit charakteristischen Durchfällen und Störungen des Stoffhaushaltes.

1997

II. Die Behandlung der Zöliakie besteht allein in der strengen und ständigen glutenfreien Ernährung; sie ist die einzige für diese Erkrankung überhaupt

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Zusatzbezeichnung

mögliche und wirksame Therapie (näher dazu Grüttner, DÄ 1977, 482). Auf Erstattung der dadurch entstehenden Mehrkosten für glutenfreie Nahrungsmittel besteht in der gesetzlichen > Krankenversicherung (Rz 1103) wegen des dort geltenden Sachleistungsprinzips kein Anspruch der Versicherten (BSG v. 18.5.1978 - 3 RK 11 / I I -). Bedenklich ist jedoch, wenn das BSG einen Anspruch der Versicherten auf Gewährung von glutenfreier Kost als Sachleistung deshalb verneint, weil diese einer Diätkost vergleichbar sei und daher nicht als > „Arzneimitt e l " oder > „Heilmittel" angesehen werden könne. Diese Auffassung übersieht, daß § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG auch solche Stoffe zu den Arzneimitteln rechnet, die wie die speziellen Nahrungsmittel für Zöliakiekranke dazu bestimmt sind, den offenen Ausbruch einer Krankheit zu verhüten (a.A. Stamm, Die Leistungen 1976, 165, 231, der die Ansicht vertritt, daß es sich bei der Verordnung von Heilnahrung zur Behandlung einer angeborenen Enzym-Mangelkrankheit zwar um ein Arzneimittel handele, die glutenfreie Nahrung bei der Zöliakie jedoch nicht den Arzneimitteln oder Heilmitteln zugeordnet werden könne, weil der Kranke auf andere übliche Nahrungsmittel ausweichen könne; ähnlich BSG v. 23.3. 1983 - 3 RK 51 /81 - , SGb 1983,240. Diese Annahme ist indes unzutreffend. Ein Ausweichen auf andere übliche Nahrungsmittel ist nicht möglich. Der Zöliakiekranke benötigt vielmehr als Ersatz für die zu meidenden Nahrungsmittel eine mit Mehraufwendungen verbundene Spezialkost). III. In der Bundesrepublik besteht die Deutsche Zöliakie-Gesellschaft Ganzenstraße 13, 7000 Stuttgart 80, als Interessengemeinschaft.

e.V.,

Zusatzbezeichnung I. Begriff. Man versteht darunter eine > Arztbezeichnung, die darauf hinweist, daß in einem bestimmten Bereich, der selber kein medizinisches Gebiet oder Teilgebiet ist, besondere Kenntnisse vorhanden sind (vgl. § 32 Abs. 1 KammerG Bad.-Wttbg.). Die Zusatzbezeichnung ist von der > Teilgebietsbezeichnung zu unterscheiden. II. Die Anerkennung einer Zusatzbezeichnung erteilt auf Antrag die zuständige > Ärztekammer nach erfolgreich abgeschlossener > Weiterbildung in einem der in der > Weiterbildungsordnung festgelegten Bereiche (vgl. § 2 Abs. 2 MuWO). I.d.R. ist eine Prüfung oder die Teilnahme an einem Fachgespräch nicht erforderlich (vgl. § 8 Abs. 3 MuWO). Zusatzbezeichnungen dürfen nur zusammen mit der Berufsbezeichnung (>Arzt Rz 122) oder einer > Gebietsbezeichnung geführt werden und nur dann, wenn der Arzt auch in dem betreffenden Bereich tätig ist (vgl. § 4 Abs. 4 MuWO). Die Führung einer Zusatzbezeichnung ohne daß der Arzt in dem betreffenden Bereich tätig ist, verstößt außerdem gegen das berufsrechtliche > Werbeverbot (vgl. § 21 Abs. 3 MuBO).

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Zusatzbezeichnung

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Die in § 4 Abs. 4 Satz 3 MuWO weiter enthaltene Beschränkung, daß nicht mehr als zwei Zusatzbezeichnungen nebeneinander geführt werden dürfen, wurde nicht von allen Landesärztekammern übernommen (z.B. nicht in Bad.Wttbg.). Eine zahlenmäßige Beschränkung bei der Führung von Zusatzbezeichnungen ergibt sich aber stets aus dem Grundsatz der Gebietsbeschränkung (unten Rz 1999) sowie daraus, daß eine Zusatzbezeichnung nur geführt werden darf, wenn der Arzt in dem betreffenden Bereich tätig ist. 1999

HI. Die Anerkennung einer Zusatzbezeichnung läßt den für Gebietsärzte geltenden Grundsatz der Gebietsbeschränkung ( > G e b i e t s a r z t Rz 673) unberührt. Dies bedeutet, daß ein Gebietsarzt sich in dem Bereich, für den er die Anerkennung der Zusatzbezeichnung erhalten hat, nur insoweit betätigen darf, als er sein Gebiet nicht überschreitet. So darf z. B. ein Kinderarzt mit der Zusatzbezeichnung „Sportmedizin" auch in diesem Bereich grundsätzlich nur Kinder behandeln. Das Gebot der Gebietsbeschränkung hindert jedoch nicht den bloßen Erwerb der Zusatzbezeichnung (z.B. Erwerb der Zusatzbezeichnung „Plastische Operationen" durch einen Radiologen; näher zu diesen Fragen Eggstein, ArztR 1980, 237ff.). Eine abweichende Regelung besteht nur in Hamburg, wo § 4 Abs. 4 Hbg.ÄrzteG ausdrücklich vorsieht, daß der Arzt, der eine Zusatzbezeichnung führt, sich auch dann in dem betreffenden Bereich betätigen darf, wenn dieser nicht in das Gebiet fällt, dessen Bezeichnung er führt.

Zusatzgutachten 2000

I. Sofern der einem ärztlichen > S a c h v e r s t ä n d i g e n erteilte Auftrag in Teilfragen dessen Fachgebiet überschreitet, benötigt er ein Zusatzgutachten eines weiteren Sachverständigen des einschlägigen medizinischen Fachgebietes (z.B. Einholung eines röntgenologischen Zusatzgutachtens durch einen Neurologen als Hauptgutachter). Das Zusatzgutachten ist nicht zu verwechseln mit dem Ergänzungsgutachten, das bei dem ursprünglich beauftragten Sachverständigen zu neu auftauchenden Fragen oder Einwendungen der Beteiligten eingeholt wird.

2001

II. Rechtsbeziehungen zwischen Hauptgutachter, Zusatzgutachter und Auftraggeber. Der Zusatzgutachter ist nicht dem zuerst beauftragten Sachverständigen, sondern unmittelbar dem Auftraggeber gegenüber verantwortlich. Er unterscheidet sich damit von der ärztlichen Hilfskraft, die nach Anleitung und Weisung des alleinverantwortlichen Hauptgutachters handelt. 1. Bei gerichtlichen Gutachten muß der Zusatzgutachter vom Gericht ernannt sein. Die verbreitete Handhabung der Gerichte, es dem Sachverständigen zu überlassen, von sich aus andere Ärzte zur Zusatzbegutachtung heranzuziehen, begegnet Bedenken ( > S a c h v e r s t ä n d i g e r Rz 1539).

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Zwangsbehandlung

Demgegenüber unterstellt die Rspr. z. T. das stillschweigende Einverständnis des Gerichts zur Einholung eines Zusatzgutachtens durch den beauftragten Hauptgutachter mit der Folge, daß dem Zusatzgutachter dann auch ein unmittelbarer Anspruch auf Entschädigung nach dem ZSEG gegen die Staatskasse zusteht. Nach einer Entscheidung des LSG Nordrh.-Westf. v. 14. 5. 1979 - LS 16 S 93/78 - (auszugsweise veröffentlicht bei Narr, DMW 1979, 1588) kommt es für die Beurteilung, ob ein Arzt als Sachverständiger tätig geworden ist, nicht auf seine ausdrückliche Bestellung in dem Beweisbeschluß an, sondern darauf, ob er auf Veranlassung des Gerichts eine eigenständige und eigenverantwortliche ärztliche Leistung in Form eines > G u t a c h t e n s erbracht hat (dagegen Friedrichs, SGb 1981, 18). Die gegenteilige Auffassung führt dazu, daß der nur vom Hauptgutachter ohne förmliche Bestellung durch das Gericht herangezogene Zusatzgutachter regelmäßig nur gegenüber dem Hauptgutachter einen Anspruch auf Honorierung hat. Der Hauptgutachter muß diese Kosten gemäß § 8 ZSEG gegenüber der Staatskasse geltend machen und an den zugezogenen Kollegen weiterüberweisen. Um Unannehmlichkeiten zu vermeiden, empfiehlt sich für den vom Hauptgutachter mit der Erstellung eines Zusatzgutachtens beauftragten Spezialisten in jedem Falle, vor Beginn seiner Tätigkeit beim Gericht rückzufragen und seine formelle Ernennung zum Sachverständigen herbeizuführen (vgl. Gebhardt, aaO. S. 22). 2. Bei Gutachten im Auftrag von Verwaltungsbehörden und privaten Institutionen richtet sich die Zulässigkeit der Heranziehung von Zusatzgutachtern nach § 613 BGB, sofern nicht im Einzelfall abweichende Vereinbarungen oder Vorschriften bestehen.

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Zwangsbehandlung I. Man versteht darunter die - notfalls durch unmittelbaren Zwang durchsetzbare - Anwendung diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen durch einen > A r z t ohne oder gegen den ausdrücklichen Willen des Betroffenen, ohne Rücksicht darauf, ob der Eingriff zu Heilzwecken erfolgt (> Heilbeh a n d l u n g ) oder nicht (vgl. Kloppenborg bei Heim, Haftpflichtfragen aaO. S. 81 ff.). Von der Zwangsbehandlung ist der Fall zu unterscheiden, daß jemand Rechtsnachteile erleidet, wenn er es ablehnt, sich einer von ihm verlangten ärztlichen Behandlung oder Begutachtung zu unterziehen (> H e i l b e h a n d l u n g Rz 812, > O p e r a t i o n Rz 1332).

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II. Rechtsgrundlagen. Das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit ist durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG geschützt. In dieses Recht darf nur aufgrund eines Gesetzes eingegriffen werden. Entsprechende Gesetzesvorschriften finden sich in verschiedenen Rechtsgebieten. Dabei ist zu beachten, daß eine gesetzlich zulässige Unterbringung grundsätzlich nicht zugleich zur Durchfüh-

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Zwangsbehandlung

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rung von Zwangsmaßnahmen berechtigt ( > Unterbringung Rn. 1809, 1812). In allen Fällen ist der verfassungsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Nachstehend einige Beispiele (vgl. zum folgenden Kloppenborg, aaO. S. 83ff.): 1. Strafprozeßrecht a) Unterbringung und Beobachtung des Beschuldigten zur Vorbereitung eines Gutachtens über seinen psychischen Zustand nach § 81 StPO. Sie gestattet nur eine boebachtende Untersuchung, keine darüber hinausgehende Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit (Kloppenborg, aaO. S. 83). b) Körperliche Untersuchung des Beschuldigten nach § 81 a StPO, wenn kein Nachteil für seine Gesundheit zu befürchten ist. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sind besonders schwerwiegende Eingriffe nur bei schwerem strafrechtlichem Vorwurf und hohem Verdachtsgrad zulässig (Kloppenborg, aaO. S. 83). In Einzelfällen ist die Zulässigkeit des Eingriffs umstritten. Unbedenklich sind im allgemeinen die Entnahme einer Blutprobe, die Elektroencephalographie (EEG) und Elektrokardiographie (EKG), Magenausheberung, Röntgenaufnahmen und -durchleuchtung, Szintigraphie und > Computer-Tomographie (dazu Ostertag-Sternsdorff, NJW 1977, 1482ff.). Umstritten ist die Zulässigkeit gefährlicher Eingriffe wie Angiographien (Arteriographien), Liquorentnahmen, Hirnkammerluftfüllungen (dazu Kuhlmann, NJW 1976, 350ff.), Urinabnahme mittels Katheter (vgl. zum Ganzen Pelchen in: Karlsr. Komm. § 81a Rzn. 4ff.) Die Untersuchung anderer Personen als Beschuldigter ist unter den Voraussetzungen des § 81 c StPO zulässig. c) Zwangsbehandlung von Strafgefangenen nach § 119 Abs. 3 StPO, §§101, 178 Abs. 1 StVollzG. Eine besondere Erscheinungsform ist die > Zwangsernährung. d) Vollzug von Maßregeln der Besserung und Sicherung bei der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt ( > Unterbringung Rz 1808) nach §§ 136-138 StVollzG. Abzulehnen ist die z.T. vertretene Ansicht, daß die Anordnung der Freiheitsentziehung gem. §§ 63, 64 StGB gleichzeitig die Rechtsgrundlage zu zweckentsprechenden körperlichen Eingriffen enthält (so zutreffend Kloppenborg, aaO. S. 86 m. Nachw.). Es besteht hier eine ähnliche Problematik wie bei der Unterbringung nach den Unterbringungsgesetzen der einzelnen Bundesländer ( > Unterbringung Rn. 1809, 1812). 2. Zivilprozeßrecht, a) Unterbringung des zu Entmündigenden in einer Heilanstalt zur Feststellung seines Geisteszustandes nach § 656 ZPO. Für die Zulässigkeit von medizinischen Maßnahmen gilt hier entsprechendes wie bei der Unterbringung nach § 81 a StPO (vgl. oben Rz 2004). b) Untersuchungen zur Feststellung der Abstammung nach § 372a ZPO. 3. öffentliches Gesundheitsrecht, a) Untersuchungen, > Schutzimpfungen und Absonderung von Personen in einem Krankenhaus im Rahmen der Seuchenbekämpfung nach §§ 14, 15, 32 Abs. 2, 36 Abs. 2, 37 Abs. 3 BSeuchG. Uber die Zulässigkeit einer zwangsweisen ärztlichen Behandlung enthält das

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Zwangsbehandlung

> B u n d e s - S e u c h e n g e s e t z keine ausdrücklichen Bestimmungen; sie ergibt sich jedoch aus dem Zweck des Gesetzes (vgl. Maunz-Dürig-Herzog-Scholz, aaO. Art. 2 Rz 39). b) Untersuchungen nach dem Gesetz zur Bekämpfung von > Geschlechtskrankheiten (vgl. §§3 Abs. 1, 4 Abs. 2, 5 Abs. 2 i.V.m. §§ 17 Abs. 1, 18 GeschlRrG; näher dazu Kloppenborg, aaO. S. 89). Die zwangsweise Vorführung gem. § 18 GeschlKrG ist keine Freiheitsentziehung, die dem Richtervorbehalt nach Art. 104 Abs. 2 GG unterliegt (BGH, NJW 1982, 753). c) Zwangsbehandlung von Geisteskranken und Süchtigen im Rahmen der Unterbringung nach den einzelnen Unterbringungsgesetzen der Länder ( > U n t e r b r i n g u n g Rz 1812). 4. Wehrpflichtrecht. Ärztliche Untersuchungen im Rahmen der Musterung nach § 17 Abs. 4 ; 6 und 7 WPflG ( > M u s t e r u n g s a r z t Rz 1227). 5. Soldatenrecht. Der Soldat ist zur Duldung ärztlicher Maßnahmen verpflichtet, die der Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten dienen (§17 Abs. 4 Satz 3 SoldG). Andere ärztliche Eingriffe können dem Soldaten nicht aufgezwungen werden (BVerwG, DVBl. 1980, 448). 6. Zivildienstrecht. Anerkannte Kriegsdienstverweigerer sind zur Duldung ärztlicher Untersuchungen nach §§ 39 Abs. 2, 40 Abs. 2 ZDG verpflichtet. III. Die bei der Entscheidung über ärztliche Zwangsmaßnahmen erforderliche Prüfung, ob durch einen körperlichen Eingriff kein Nachteil für die Gesundheit des Betroffenen zu befürchten ist, obliegt demjenigen, der die Untersuchung anordnet, also dem Richter, Staatsanwalt oder Verwaltungsbeamten. Bei Zweifeln werden sie einen Arzt als > S a c h v e r s t ä n d i g e n zuziehen.

2006

IV. Haftung. 1. Für den Arzt als Sachverständigen im Rahmen einer Zwangsbehandlung gelten die allgemeinen Haftungsgrundsätze für ärztliche Sachverständige ( > S a c h v e r s t ä n d i g e r Rzn. 1547ff.). 2. Wird der Arzt behandelnd tätig (wie z. B. bei der Zwangsbehandlung von Strafgefangenen, bei der Behandlung nach dem BSeuchG und GeschlKrG|, gelten im Schadensfall Amtshaftungsgrundsätze (Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB > H a f t u n g Rz 785). Zur zivilrechtlichen Haftung bei fehlerhaften Maßnahmen nach §§ 81 a, 81 c StPO, insbesondere bei zwangsweisen > Blutentnahmen (Rz 457) vgl. Jessnitzer, Blutalkohol 1983, 301 ff. 3. Der mit der Durchführung der zwangsweisen Untersuchung oder Behandlung beauftragte Arzt braucht grundsätzlich nicht zusätzlich zu prüfen, ob auch nach seiner Ansicht durch die zu treffenden ärztlichen Maßnahmen kein Nachteil für die Gesundheit des Betroffenen zu befürchten ist. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die Anordnung offensichtlich von fehlerhaften medizinischen Voraussetzungen ausgeht (vgl. Kloppenborg, aaO. S. 84)

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Zwangsernährung

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Zwangsernährung 2008

I. Begriff. Man versteht darunter jede künstliche Zuführung fester oder flüssiger Lebensmittel (einschließlich bloßer Flüssigkeitszufuhr) oder der Ernährung dienender > Arzneimittel nach humanmedizinischen Verfahren gegen den Willen einer Person oder im Zustand ihrer Willenlosigkeit (Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafvollzugsgesetzes, BRDrucks. 4 4 9 / 1 / 7 7 v. 1. 2. 1978). Die Zwangsernährung ist eine besondere Form der > Z w a n g s b e h a n d l u n g .

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II. Von praktischer Bedeutung ist vor allem die - äußerst umstrittene - Frage der Zwangsernährung von Häftlingen in Vollzugsanstalten bei Hungerstreik. Dabei wird nicht immer hinreichend unterschieden zwischen der Verpflichtung des Staates bzw. der Vollzugsorgane und der Pflicht des Arztes zur Zwangsernährung (vgl. Schönke-Schröder-Eser, aaO. vor §§ 211 ff. Rz 45 und die dortigen Literaturnachweise). Eine Pflicht des Staates zur zwangsweisen Ernährung begründet nicht automatisch eine Rechtspflicht des Arztes zur Mitwirkung bei solchen Zwangsmaßnahmen. 1. Hinsichtlich der Verpflichtung des Staates ist zu unterscheiden zwischen der strafrechtlichen und der vollzugsrechtlichen Pflicht zur Zwangsernährung, a) Für die strafrechtliche Pflicht gelten die strafrechtlichen Grundsätze für die Suizidverhinderungspflicht entsprechend ( > S e l b s t m o r d Rz 1689; Herzberg, ZStrW 91, 560f.). Das bedeutet, daß bei freiverantwortlicher, in voller Kenntnis des möglicherweise tödlichen Risikos getroffener Willensentscheidung die Pflicht des Staates zum Eingreifen erst in dem Zeitpunkt der Bewußtlosigkeit und Handlungsunfähigkeit des Häftlings einsetzt. Eine Pflicht zur Ernährung mit Zwangsmitteln besteht von Anfang an, wo der Hungerstreik pathologisch oder durch Gruppenzwang bedingt ist, im übrigen sobald ein Sinneswandel des Häftlings erkennbar wird (näher dazu Schönke-Schröder-Eser, aaO. vor §§211 ff. Rz 45). b) Die vollzugsrechtliche Pflicht der Vollzugsbehörde zur Zwangsernährung von Häftlingen richtet sich nach § 1 1 9 Abs. 3 StPO, §§101, 178 Abs. 1 StVollzG. Danach darf der hungerstreikende Gefangene zwangsweise ernährt werden, d.h. die Zwangsernährung liegt im Ermessen der Vollzugsbehörde, wenn für ihn eine schwerwiegende Gesundheits- oder Lebensgefahr besteht (§ 101 Abs. 1 Satz 1 StVollzG). Er muß zwangsernährt werden, d.h. die Vollzugsbehörde ist zur Durchführung der Zwangsernährung verpflichtet, sobald der Gefangene seinen Willen nicht (mehr) frei bestimmen kann oder wenn ein freiverantwortlicher Wille zwar angenommen werden kann, für den Gefangenen jedoch akute Lebensgefahr besteht (§ 101 Abs. 1 Satz 2 StVollzG). In beiden Fällen ist der Zwangseingriff nur zulässig, wenn er für die Beteiligten zumutbar und für den Gefangenen nicht gefährlicher ist als seine Nichtvornahme (§101 Abs. 1 Satz 1, Halbsatz 2 StVollzG). Diese im Gesetzgebungsverfahren heftig umkämpfte Kompromißlösung ist im juristischen Schrifttum lebhaft umstritten (vgl. die Ubersicht bei Nöldeke-Weichbrodt, NStZ 1981,

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281 m. Nachw.|. Teilweise wird nicht nur eine Pflicht, sondern auch ein Recht des Staates zur Zwangsernährung gegenüber dem freiverantwortlichen Gefangenen verneint („englische Lösung", vgl. Wagner, ZRP 1976, 1 ff. ; zum Ganzen ausführlich Geppert bei Heim, Zwangsernährung, S. 55ff.). 2. Die Frage der Verpflichtung von Ärzten zur Zwangsernährung von Haftlingen richtet sich in erster Linie nach den einschlägigen beamtenrechtlichen und arbeitsrechtlichen Vorschriften. Daneben sind die Bestimmungen des allgemeinen Strafrechts maßgebend. a) Beamtenrecht und Arbeitsrecht. aa| Die Dienstpflichten der > beamteten Ärzte richten sich, sofern keine besonderen öffentlichrechtlichen Vereinbarungen mit dem Dienstherrn bestehen, nach den jeweiligen Vorschriften des Bundes- oder Landesbeamtenrechts. Danach sind die Dienstaufgaben des Beamten nicht im einzelnen konkretisiert; sie ergeben sich vielmehr aus der Zuweisung eines bestimmten Amtes. Der Beamte erlangt jedoch kein „Recht am Amt", d. h. auf Beibehaltung eines bestimmten Aufgabenbereichs. Daher darf der Dienstherr ihm jede seiner Laufbahn, Vorbildung und Befähigung entsprechende Tätigkeit zuweisen. Auch kann der Dienstherr das - in seinem Kern unveränderte - Aufgabengebiet des Beamten durch Zuweisung neuer, seiner Ausbildung und Befähigung entsprechender Tätigkeiten erweitern (vgl. Wolff-Bachof, Verwaltungsrecht II, S. 516f.). Eine Grenze besteht nur dort, wo das dem Beamten aufgetragene Verhalten für ihn erkennbar strafbar ist, die Würde des Menschen verletzt (§ 38 Abs. 2 Satz 2 BRRG) oder aus sonstigen Gründen einen Verstoß gegen die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht (vgl. § 79 BBG) darstellen würde (>Nebentätigkeit Rz 1237). bb) Beamtete > Anstaltsärzte im Justizvollzugsdienst haben grundsätzlich die dem Staat gegenüber den Häftlingen obliegenden Pflichten im Rahmen ihrer eigenen Dienstpflichten zu erfüllen. Sofern eine strafrechtliche und/oder vollzugsrechtliche Pflicht zur zwangsweisen Ernährung besteht (vgl. oben unter 1), wird man grundsätzlich davon ausgehen müssen, daß dem Anstaltsarzt gegen die Anordnung der Zwangsernährung kein Weigerungsrecht zur Seite steht. Der beamtete Arzt, der aus freiem Entschluß die Vollzugsanstalt als hauptberufliches Betätigungsfeld gewählt hat, ist verpflichtet, für das Leben und die Gesundheit der Gefangenen zu sorgen, soweit die Fürsorgepflicht seines Dienstherrn den Gefangenen gegenüber reicht (im Ergebnis ebenso Siegmund-Schultze, ArztR 1976, 37, 45). Etwas anderes wird jedoch in dem Ausnahmefall gelten müssen, daß der Anstaltsarzt bei Durchführung der angeordneten Zwangsmaßnahmen mit akuter Gefahr für sich selbst oder seine Angehörigen rechnen muß, ohne daß er eine solche Situation bei Übernahme seines Amtes voraussehen konnte (beispielsweise Drohung mit Repressalien oder Mord bei der Zwangsernährung von RAF-Häftlingen durch in Freiheit befindliche RAF-Angehörige). Hier wird man dem Anstaltsarzt unter dem Gesichtspunkt der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht und der sich daraus ergebenden Unzumutbarkeit das Recht zugestehen müssen, die von seinem Dienstherrn angeordnete Zwangsernährung abzulehnen. Wo dagegen eine Rechtspflicht des Staates zu Zwangsmaßnahmen nicht be-

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steht, die Entscheidung über die künstliche Ernährung mit Zwangsmitteln vielmehr im Ermessen der Vollzugsbehörde steht, kann auch eine rechtliche Verpflichtung des Anstaltsarztes zur Durchführung von Zwangsmaßnahmen gegen seinen Willen grundsätzlich nicht anerkannt werden. Dies folgt aus § 1 Abs. 2 BÄO i.V.m. der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht. Diese Bestimmung gewährleistet die Freiheit ärztlichen Tuns in seinem Kernbereich unabhängig davon, in welcher Form der Beruf ausgeübt wird ( > A r z t Rz 123], Aus der Sicht des Arztes unterscheidet sich die künstliche Ernährung nicht von einer sonstigen Behandlungsmaßnahme. Zwangsernährung ist daher hinsichtlich ihrer Zulässigkeitskriterien an die gleichen Voraussetzungen gebunden wie der normale ärztliche Eingriff (vgl. Tätigkeitsbericht der BÄK 1976, S. 113). Das bedeutet, daß dem Anstaltsarzt nicht verwehrt werden kann, die einschlägigen berufsethischen Grundsätze zu beachten, die das Präsidium des > Deutschen Ärztetages bereits im Jahr 1974 wie folgt formuliert hat (DÄ 1974, 3660f.): „Das Präsidium des Deutschen Ärztetages bekennt sich unverändert zu der Aufgabe des Arztes, das menschliche Leben mit allen ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu erhalten und zu retten. Diese Verpflichtung des Arztes muß jedoch dort ihre Grenze finden, wo ein eindeutiger, auf freier Willensbildung beruhender Entschluß des einzelnen Menschen vorliegt, die ärztliche Behandlung abzulehnen und sich ihr sogar aktiv zu widersetzen. Kein Arzt darf zu einer derartigen Zwangsbehandlung verpflichtet werden." Der Vorstand der BÄK hat diese Auffassung am 10. 4. 1981 erneut bestätigt (vgl. DÄ 1981, 802). Die Ausübung von Zwang zu entgegengesetztem ärztlichen Handeln wäre mit der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht des Dienstherrn völlig unvereinbar. Bei der normalen > Heilbehandlung wäre es ein rechtswidriger Eingriff in die Freiheit und Würde der menschlichen Persönlichkeit, wenn ein Arzt - und sei es auch aus medizinisch berechtigten Gründen - eigenmächtig und selbstherrlich eine folgenschwere > Operation bei einem Kranken, dessen Meinung rechtzeitig eingeholt werden kann, ohne dessen vorherige Billigung vornähme. Denn selbst ein lebensgefährlich Kranker kann triftige und sowohl menschlich als auch sittlich achtenswerte Gründe haben, eine Operation abzulehnen, auch wenn er durch sie und nur durch sie von seinem Leiden befreit werden könnte (BGH, NJW 1958, 267; 1974, 1422, 1423). Diese Grundsätze müssen für die Zwangsbehandlung von Gefangenen entsprechend gelten, vor allem wenn man berücksichtigt, daß mit der Zwangsernährung eines Widerstand leistenden Gefangenen erhebliche gesundheitliche Gefahren verbunden sind (vgl. hierzu Kutz, DBÄ 1981, 365, 368, DÄ 1981, 802). Zutreffend wird deshalb darauf hingewiesen, daß die nach § 101 StVollzG zulässigen oder gebotenen Zwangsmaßnahmen auch für die behandelnden Ärzte zumutbar sein müssen und daß bei der Frage der Zumutbarkeit „standesrechtliche Überlegungen eine Rolle spielen" können (Callies/Müller-Dietz, aaO. § 101 Rz 10; Boujong in: Karlsr. Komm. § 119 Rz 81; a.A. Weichbrodt, NJW 1983, 311 ff.). Interesse verdient in diesem Zusammenhang auch der im Jahr 1977 vom

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Land Baden-Württemberg eingebrachte Antrag auf Änderung des Strafvollzugsgesetzes. Aufgrund dieses Antrags hat der Bundesrat am 17. 2. 1978 eine Änderung des § 101 StVollzG beschlossen (BR-Drucks. 449/1/77). Danach soll die medizinische Ernährung gegen den freien Willen des Gefangenen grundsätzlich nicht mehr zulässig sein. Davon soll es nur zwei Ausnahmen geben: einmal soll die medizinische Ernährung zulässig sein, sobald und solange der Gefangene das Bewußtsein verloren hat, zum anderen dann, sobald und solange er sonst zu natürlicher Ernährung nicht in der Lage ist und keinen körperlichen Widerstand gegen die medizinische Ernährung leistet. Zusätzlich soll bestimmt werden, daß der Gefangene eingehend über die Gefahren und Folgen seines Verhaltens zu belehren ist (§ 101 a des Gesetzentwurfs!. Der Bundesrat hat jetzt beschlossen, diesen Gesetzentwurf unverändert im 10. Deutschen Bundestag erneut einzubringen (BR-Drucks. 107/83; ähnliche Reformvorstellungen bei Geppert in: Heim, Zwangsernährung S. 74ff.). cc) Bei externen Ärzten, z.B. beamteten Klinikärzten, die durch Verpflichtung zur Übernahme einer > N e b e n t ä t i g k e i t im öffentlichen Dienst zur Zwangsbehandlung von Häftlingen in Vollzugsanstalten verpflichtet werden, kann eine rechtliche Verpflichtung zur Zwangsernährung grundsätzlich auch in den Fällen nicht anerkannt werden, in denen nach dem oben Gesagten eine Rechtspflicht der Vollzugsbehörde zur Zwangsernährung besteht. Zwar ist der Beamte nach § 64 BBG und den im wesentlichen gleichlautenden Bestimmungen in den Landesbeamtengesetzen verpflichtet, auf Verlangen seines Dienstherrn eine Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst zu übernehmen, sofern diese Tätigkeit seiner Vorbildung oder Berufsausbildung entspricht und ihn nicht über Gebühr in Anspruch nimmt ( > Nebentätigkeit Rz 1241). Aus der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht des Dienstherrn (vgl. § 79 BBG) ergibt sich indes als selbstverständliche Voraussetzung, daß die Übernahme einer Nebentätigkeit dem Beamten zumutbar sein muß. Für einen Klinikarzt ist die Übernahme einer Nebentätigkeit nur dann zumutbar, wenn sie in unmittelbarer Beziehung zu seinem Hauptamt, also zu seiner Tätigkeit als Klinikarzt steht. Der ärztliche Einsatz in Vollzugsanstalten erfolgt unter anderen Voraussetzungen und mit anderen Mitteln und ist daher grundsätzlich dem Anstaltsarzt vorbehalten. Im Unterschied zum hauptberuflichen Anstaltsarzt konnte der Klinikarzt zu der Zeit, als er sich für die Ausübung seines Berufes in der Klinik entschied, regelmäßig nicht damit rechnen, daß er von seinem Dienstherrn eines Tages zur Zwangsbehandlung von Häftlingen herangezogen und dadurch in Gewissenskonflikt gebracht wird. Insofern erhält die Freiheitsgarantie des § 1 Abs. 2 BÄO (>Arzt Rz 123) für externe Ärzte noch erhöhtes Gewicht. Auch der Gesichtspunkt der Selbstgefährdung (Rachemaßnahmen durch in Freiheit befindliche RAF-Mitglieder) wiegt hier besonders stark (im Ergebnis ebenso Narr, aaO. Rz 40 ; Siegmund-Schultze, ArztR 1976, 37, 45 ; Baur, Arzt u. Krankenhaus 1982, 222, 224 ; a.A. VG Sigmaringen v. 31. 1. 1975, DMW 1975, 847; Weichbrodt, NJW 1983, 311 ff.). Entsprechendes gilt bei Abordnung des beamteten Klinikarztes durch den Dienstherrn (vgl. § 17 BRRG) zur Zwangsernährung von Häftlingen in Voll-

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zugsanstalten (näher dazu Baur ; aaO. S. 223f.; ders. bei Heim, Zwangsernährung, S. 89ff.). Dagegen wird man beamtete Klinikärzte zur rein konsiliarischen Beratung von Anstaltsärzten in speziellen Fragen der Zwangsernährung grundsätzlich für verpflichtet halten müssen, ohne daß es hierzu einer formellen dienstrechtlichen Verfügung bedarf (Baur, aaO. S. 225). dd) Für angestellte Ärzte im Geltungsbereich des BAT gilt über die Verweisungsnorm des § 11 BAT entsprechendes wie für > b e a m t e t e Ä r z t e , sofern man nicht schon die Anwendbarkeit der beamtenrechtlichen Bestimmungen über die Pflicht zur Übernahme einer Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst auf das Arbeitsverhältnis wegen der Eigenart des Beamtenverhältnisses überhaupt für unzulässig hält (so Baur, aaO. S. 225 m. Nachw.,- ders. bei Heim, Zwangsernährung, S. 95f.). Eine Abordnung von angestellten Krankenhausärzten im öffentlichen Dienst zur Durchführung der Zwangsernährung nach § 12 BAT ist dann nicht möglich, wenn im Arbeitsvertrag des Krankenhausarztes genau bestimmt ist, daß er als Arzt eines bestimmten Krankenhauses oder einer bestimmten Krankenhausabteilung angestellt wird (Baur, aaO. S. 225). 21 Angestellte Ärzte in Krankenhäusern außerhalb des öffentlichen Dienstes, also insbesondere in > P r i v a t k r a n k e n a n s t a l t e n können nicht zur Durchführung von Zwangsbehandlungsmaßnahmen dienstverpflichtet werden, es sei denn, daß der Anstellungsvertrag etwas anderes bestimmt (vgl. Baur, aaO. S. 223). b) Eine strafrechtliche Pflicht zur Zwangsernährung besteht aa) bei freiverantwortlicher Willensentscheidung vor Eintritt der Bewußtlosigkeit und Handlungsunfähigkeit für den Anstaltsarzt insoweit, als er im Rahmen seiner Dienstpflichten die Verpflichtung des Staates zu erfüllen hat, für das Leben und die Gesundheit der Gefangenen zu sorgen (vgl. oben Rz 2011). Insoweit befindet er sich gegenüber den Gefangenen in einer Garantenstellung, die ihn von Anfang an zur Abwendung der den Häftlingen durch den Hungerstreik drohenden Schäden für Leben und Gesundheit verpflichtet. Im Falle der Untätigkeit macht er sich wegen vorsätzlicher Körperverletzung oder vorsätzlicher Tötung durch Unterlassen strafbar (§§ 13, 223, 212 StGB). Soweit Zwangsmaßnahmen im Ermessen der Vollzugsbehörde stehen und eine Verpflichtung des Arztes zur Mitwirkung hierbei daher nicht besteht (vgl. oben Rz 2011), kann eine zur Strafbarkeit durch Unterlassen führende Garantenstellung des Anstaltsarztes nicht angenommen werden. Gleiches muß erst recht für Klinikärzte gelten, die durch Anordnung des Dienstherrn zur Zwangsernährung verpflichtet werden. Eine dem geltenden Recht widersprechende dienstliche Anordnung vermag eine strafrechtliche Garantenstellung nicht zu begründen. Den betroffenen Ärzten ist jedoch in diesen Fällen dringend zu raten, der Anordnung ihres Dienstherrn ausdrücklich - aus Beweisgründen am besten schriftlich - zu widersprechen. Anderenfalls könnte in dem Verhalten des Arztes unter Umständen eine tatsächliche Behandlungsübernahme gesehen werden, die ebenfalls eine Garantenstellung begründen würde (vgl. Schönke-Schröder-Stree, aaO. § 13 Rz 28).

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Soweit hiernach eine Garantenpflicht des Arztes zu verneinen ist, kann aber eine Bestrafung wegen > unterlassener Hilfeleistung (§ 323c StGB) in Betracht kommen. Hierbei ist jedoch zu beachten, daß ein Hungerstreik jedenfalls so lange kein „Unglücksfall" i. S. des § 323 c StGB ist, als das Verhalten durch den Häftling selbstverantwortlich gesteuert wird (näher dazu Baur, aaO. S. 226, der allerdings einen Unglücksfall beim Hungerstreik wegen der Vorhersehbarkeit des Eintritts akuter Lebensgefahr stets verneint). Die Hilfeleistungspflicht nach § 323 c StGB in Form der Einleitung von Zwangsmaßnahmen beginnt im Zeitpunkt des Eintritts der Bewußtlosigkeit und Handlungsunfähigkeit (vgl. oben II 1 a). Bei externen Ärzten ist jedoch zu beachten, daß die Hilfeleistung dann nicht „erforderlich" i. S. des § 323 c StGB ist, wenn ärztliche Hilfe anderweitig rascher zur Verfügung steht. bb) Wo der Entschluß zum Hungerstreik nicht auf freier Willensbildung des Häftlings beruht (vgl. oben II 1 a) oder wo der Anstaltsarzt oder Klinikarzt erst nach Eintritt der Bewußtlosigkeit und Handlungsunfähigkeit gerufen wird, ist nach den Grundsätzen der Rspr. zum > S e l b s t m o r d (Rz 1689) eine Verpflichtung des Arztes zur Anwendung von Zwangsmitteln anzunehmen. Der Anstaltsarzt hat in diesen Fällen kraft seines Amtes eine Garantenstellung, die bei Untätigbleiben zu einer Bestrafung nach §§ 13, 223, 212 StGB führen kann. Für den Klinikarzt begründet die Anordnung des Dienstherrn zur Durchführung der Zwangsernährung ebenfalls eine Garantenpflicht gegenüber den Häftlingen. c) Im übrigen muß eine beamtenrechtliche, arbeitsrechtliche oder strafrechtliche Pflicht zur Zwangsernährung überall dort ihre Grenze finden, wo die zwangsweise Durchführung der künstlichen Ernährung gesundheitsgefährdender oder sogar lebensbedrohender ist als die unmittelbar duch einen Hungerstreik eintretenden Folgen. In diesen Fällen würde der Eingriff gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen (Callies/Müller-Dietz, aaO. § 101 Rz 10 a.E. ; I. Linck, NJW 1975, 18, 21). d) Rechtsweg, aa) Beamtete Ärzte können gegen die Abordnung zur Durchführung der Zwangsernährung oder gegen die Verpflichtung zur Zwangsernährung im Rahmen einer > N e b e n t ä t i g k e i t im öffentlichen Dienst nach erfolgloser Einlegung des Widerspruchs Anfechtungsklage beim Verwaltungsgericht erheben. Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung, es sei denn, daß der Dienstherr die sofortige Vollziehung angeordnet hat (§ 80 Abs. 1 u. 2 Nr. 4 VwGO). bb) Angestellte Ärzte können gegen eine Abordnung zur Durchführung der Zwangsernährung den Klageweg zum Arbeitsgericht beschreiten und gleichzeitig eine einstweilige Verfügung beantragen mit dem Ziel, eine Aussetzung bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung zu erreichen. III. Zivilrechtliche Haftung bei unterlassener Zwangsemährung. Da das Rechtsverhältnis zwischen der Vollzugsanstalt bzw. dem Arzt und den Häftlingen öffentlichrechtlicher Natur ist, tritt bei Verletzung der Pflicht zur Zwangsernährung Amtshaftung ein (Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB > H a f -

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t u n g Rz 785). Die daraus resultierenden Ansprüche entfallen jedoch dann, wenn der Hungerstreik und seine Folgen auf der freien Willensentscheidung des Häftlings beruhen, weil der Schaden in diesen Fällen derart überwiegend von dem Geschädigten selbst verschuldet worden ist, daß eine Ersatzpflicht aus dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens (§ 254 BGB) vollständig entfällt (I. Linck-J. Link, M M W 1975, 933, 936).

Zweigpraxis 2018

I. Eine Zweigpraxis, (auch als Zweitpraxis, Zweigsprechstunde oder Filialsprechstunde bezeichnet) liegt vor, wenn ein freipraktizieiendei Arzt neben seiner Praxis am Niederlassungsort an einem anderen Ort in geringerem Umfang Praxistätigkeit ausübt. Die Zweigpraxis ist von der Tätigkeit als Konsiliararzt ( > K o n s i l i u m ) zu unterscheiden, bei der eine Ankündigung ärztlicher Leistungen am Ort der Konsiliararzttätigkeit nicht stattfindet ( > Niederlassung Rz 1248). Aus demselben Grund kann die Betreuung einer Limited-Care-Station ( > H ä m o d i a l y s e Rz 756) durch niedergelassene Ärzte oder Krankenhausärzte nicht als Ausübung einer Zweigpraxis angesehen werden. Die Dialysepatienten kommen nicht aufgrund einer Sprechstundenankündigung zur Limited-Care-Station, sondern werden dorthin aus einer vorangegangenen ambulanten oder stationären Behandlung von einem anderen Arzt eingewiesen.

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II. Berufsrecht und Kassenarztrecht. 1. Als Ausnahme von der Bindung der Ausübung ärztlicher Tätigkeit an den Niederlassungsort ( > Niederlassung Rz 1249) bedarf die Zweigpraxis der Genehmigung der > Ä r z t e k a m m e r . Die Genehmigung darf nur erteilt werden, soweit die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung die Einrichtung einer Zweigpraxis erfordert (vgl. § 9 Abs. 2 MuBO). Unbeachtlich sind hierbei persönliche und wirtschaftliche Interessen des Arztes (näher dazu Narr, aaO. Rz 925). Die Errichtung einer Zweigpraxis durch einen t> K a s s e n a r z t bedarf zusätzlich der Genehmigung der > Kass e n ä r z t l i c h e n V e r e i n i g u n g (nicht des Zulassungsausschusses), die hier im Rahmen ihres > S i c h e r s t e l l u n g s a u f t r a g e s entscheidet. Die Genehmigung oder Ablehnung der Zweigpraxis durch eine der beiden zuständigen Instanzen (Ärztekammer oder KV) bindet die andere Instanz, es sei denn, daß die Entscheidung grob fehlerhaft ist (vgl. Narr, aaO. Rzn. 926, 928f.).

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Bei Vorliegen der berufsrechtlichen und kassenarztrechtlichen Voraussetzungen hat der Arzt einen Rechtsanspruch auf Genehmigung der Zweigpraxis durch die Ärztekammer oder die KV (Narr, aaO. Rzn. 925f.). Die Genehmigung kann mit Auflagen versehen werden (z. B. Nachweis der erforderlichen räumlichen und instrumenteilen Ausstattung). 2. Die Genehmigung ist zu widerrufen, wenn ein Bedürfnis zur Ausübung einer Zweigpraxis nach dem ärztlichen Berufsrecht oder Kassenarztrecht nicht

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mehr vorliegt. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn sich am Ort der Zweigpraxis ein weiterer Arzt niederläßt. Es empfiehlt sich, die Genehmigung mit einem entsprechenden Widerrufsvorbehalt zu versehen (Narr, aaO. Rz 927). 3. Das berufsrechtliche Verbot der Ausübung einer Zweigpraxis ohne Genehmigung ist kein Schutzgesetz i. S. des § 823 Abs. 2 BGB (> K a s s e n a r z t sitz Rz 943). II. Problematisch ist die Zulässigkeit des Betreibens einer Zweigpraxis durch Staatsangehörige eines EG-Mitgliedstaates in einem anderen EG-Mitgliedstaat. Das einschlägige EG-Recht (>Niederlassungsfreiheit Rzn. 1252ff.) enthält hierzu keine ausdrücklichen Regelungen. Bei der Entscheidung dieser Frage wird man davon ausgehen müssen, daß der Sinn und Zweck des grundsätzlichen berufsrechtlichen Verbotes einer Zweigpraxis darin besteht, die bei unbeschränkter Zulassung von Sprechstundentätigkeit an verschiedenen Orten zwangsläufig eintretende Qualitätsverminderung ärztlicher Tätigkeit zu verhindern (vgl. Narr, aaO. Rz 924 m. Nachw. > Niederlassung Rz 1249 a.E.). Deshalb bleibt die Genehmigungspflicht auch dann bestehen, wenn ein deutscher Arzt in einem anderen EG-Mitgliedstaat eine Zweigpraxis eröffnen will, da auch in diesem Fall geprüft werden muß, ob die Eröffnung der Zweigpraxis die ärztliche Versorgung am Praxissitz durch den betreffenden Arzt beeinträchtigt. In dem umgekehrten Fall der Eröffnung einer Zweigpraxis durch einen ausländischen Arzt in der Bundesrepublik bedarf es der Genehmigung der für die Zweigpraxis zuständigen > Ärztekammer.

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IV. Der Arzt, der eine Zweigpraxis betreibt, ist grundsätzlich verpflichtet, im Bezirk jeder Praxis gesondert am allgemeinen ärztlichen > Notfalldienst teilzunehmen. Dies schließt eine Befreiung im Einzelfall wegen unzumutbarer Belastung durch die mehrfache Heranziehung nicht aus (OVG Münster, NfW 1983, 1388 [Zahnarzt]).

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Zytologieassistent I. Der Zytologieassistent ist als Angehöriger der > m e d i z i n i s c h e n Assis t e n z b e r u f e Helfer des Arztes bei zytologischen Untersuchungen. Seine Aufgabe besteht vor allem darin, Abstrich- oder Punktionsmaterialien, die auf Objektträger aufgebracht werden, in einem Laboratorium verschiedenartigen Färbevorgängen zu unterwerfen oder einzubetten, um sie dann mikroskopisch zu untersuchen (näher dazu Retsch, BerufskBl. 2 - If 15, S. 1). II. Rechtsgrundlagen sind landesrechtliche Vorschriften sowie Ausbildungsund Prüfungsordnungen der vorhandenen Ausbildungseinrichtungen. Eine staatliche Anerkennung des Berufsbildes besteht in Nordrhein-Westfalen (Be-

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Stimmungen über Ausbildung, Prüfung und staatliche Anerkennung von Assistenten in der Zytologie; RdErl. des Min. f. Arbeit, Gesundheit und Soziales v. 20. 7. 1971, MBl. S. 1318) und Schleswig-Holstein (Verwaltungsvorschriften über die Ausbildung, Prüfung und staatliche Anerkennung von Zytologie-Assistentinnen v. 11. 3. 1974, nicht veröffentlicht). III. Die Dauer der Ausbildung beträgt in Nordrhein-Westfalen ein Jahr, in den Schulen in Hannover, Mannheim, München, Tübingen und Ulm zwei Jahre. Allgemein gliedert sich sie Ausbildung in einen theoretischen und in einen praktischen Teil. Die theoretische Ausbildung erfolgt in den Lehranstalten, die praktische Ausbildung wird teilweise in ermächtigten Laboratorien oder in entsprechenden Instituten durchgeführt (zu den Ausbildungsinhalten im einzelnen vgl. Retsch, aaO. S. 3f.). Die Ausbildung schließt ab mit einer Prüfung, wobei an einigen Lehranstalten (z. B. bei der Zytologieschule Mannheim) die theoretische Prüfung bereits nach Abschluß des ersten Ausbildungsjahres erfolgt. 2024

IV. Weiterbildung. Im Rahmen jährlich stattfindender internationaler Fortbildungsveranstaltungen besteht die Möglichkeit des Erwerbs des internationalen Zertifikates nach Ablegung einer eintägigen Prüfung durch die Internationale Akademie für Zytologie. Dieses Zertifikat ist weltweit anerkannt und ermöglicht eine Tätigkeit auch in ausländischen Instituten.

Zytologie-Richtlinien 2025

I. Es handelt sich hier einmal um die in der Praxis gebräuchliche Kurzbezeichnung der aufgrund des § 26 BMV-Ä erlassenen „Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung über die Voraussetzungen zur Durchführung von zytologischen Untersuchungen im Rahmen der Krebsfrüherkennungsmaßnahmen bei Frauen" (DÄ 1980, 154; vgl. dazu Effer, DÄ 1980, 106). Sie dienen der > Q u a l i t ä t s s i c h e r u n g und enthalten Vorschriften über die fachlichen Voraussetzungen für die Erbringung zytologischer Leistungen. Die Zytologie-Richtlinien sind für den Kassenarzt unmittelbar verbindlich. Zu ihrer Durchführung ist die Bildung von Zytologie-Kommissionen vorgesehen. II. Neben den Richtlinien der KBV haben die einzelnen > Kassenärztlichen Vereinigungen z. T. eigene Zytologie-Richtlinien für die zytologischen Untersuchungen außerhalb von Früherkennungsmaßnahmen geschaffen.

Anhang

Berufsordnung für die deutschen Ärzte (Musterberufsordnung) i.d.F. der Beschlüsse des 86. Deutschen Ärztetages 1983 Gelöbnis Für jeden Arzt gilt folgendes Gelöbnis: „Bei meiner Aufnahme in den ärztlichen Berufsstand gelobe ich feierlich, mein Leben in den Dienst der Menschlichkeit zu stellen. Ich werde meinen Beruf mit Gewissenhaftigkeit und Würde ausüben. Die Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit meiner Patienten soll oberstes Gebot meines Handelns sein. Ich werde alle mir anvertrauten Geheimnisse wahren. Ich werde mit allen meinen Kräften die Ehre und die edle Überlieferung des ärztlichen Berufes aufrechterhalten und bei der Ausübung meiner ärztlichen Pflichten keinen Unterschied machen weder nach Religion, Nationalität, Rasse noch nach Parteizugehörigkeit oder sozialer Stellung. Ich werde jedem Menschenleben von der Empfängnis an Ehrfurcht entgegenbringen und selbst unter Bedrohung meine ärztliche Kunst nicht in Widerspruch zu den Geboten der Menschlichkeit anwenden. Ich werde meinen Lehrern und Kollegen die schuldige Achtung erweisen. Dies alles verspreche ich feierlich auf meine Ehre."

§ 1: Berufsausübung (1) Der Arzt dient der Gesundheit des einzelnen Menschen und des gesamten Volkes. Der ärztliche Beruf ist kein Gewerbe. Er ist seiner Natur nach ein freier Beruf. Der ärztliche Beruf verlangt, daß der Arzt seine Aufgabe nach seinem Gewissen und nach den Geboten der ärztlichen Sitte erfüllt. (2) Aufgabe des Arztes ist es, das Leben zu erhalten, die Gesundheit zu schützen und wiederherzustellen sowie Leiden zu lindern. Der Arzt übt seinen Beruf nach den Geboten der Menschlichkeit aus. Er darf keine Grundsätze anerkennen und keine Vorschriften oder Anweisungen beachten, die mit seiner Aufgabe nicht vereinbar sind oder deren Befolgung er nicht verantworten kann.

(3) Der Arzt ist verpflichtet, seinen Beruf gewissenhaft auszuüben und dem ihm im Zusammenhang mit dem Beruf entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen. (4| Der Arzt ist verpflichtet, sich über die für die Berufsausübung geltenden Vorschriften zu unterrichten und sie zu beachten. (5) Der Arzt darf seinen Beruf nicht im Umherziehen ausüben. Er darf individuelle ärztliche Beratung oder Behandlung weder brieflich noch in Zeitungen oder Zeitschriften noch im Fernsehen oder Tonrundfunk durchführen. (6) Der Arzt ist in der Ausübung seines Berufes frei. Er kann die ärztliche Behandlung ablehnen, insbesondere dann, wenn er der Uberzeugung ist, daß das notwen-

Anhang 1 dige Vertrauensverhältnis zwischen ihm und dem Patienten nicht besteht. Seine Verpflichtung, in Notfällen zu helfen, bleibt hiervon unberührt. (7| Ärzte sollen sich in der Regel nur durch Arzte des gleichen Gebietes vertreten lassen.

§ 2: Schweigepflicht (1| Der Arzt hat über das, was ihm in seiner Eigenschaft als Arzt anvertraut oder bekannt geworden ist, zu schweigen. Dazu gehören auch schriftliche Mitteilungen des Patienten, Aufzeichnungen über Patienten, Röntgenaufnahmen und sonstige Untersuchungsbefunde. (2) Der Arzt hat die Pflicht zur Verschwiegenheit auch seinen Familienangehörigen gegenüber zu beachten. (3) Der Arzt hat seine Mitarbeiter und die Personen, die zur Vorbereitung auf den Beruf an der ärztlichen Tätigkeit teilnehmen, über die gesetzliche Pflicht zur Verschwiegenheit zu belehren und dieses schriftlich festzuhalten. (4) Der Arzt ist zur Offenbarung befugt, soweit er von der Schweigepflicht entbunden worden ist oder soweit die Offenbarung zum Schutze eines höheren Rechtsgutes erforderlich ist. Gesetzliche Aussage- und Anzeigepflichten bleiben unberührt. (5) Der Arzt ist auch dann zur Verschwiegenheit verpflichtet, wenn er im amtlichen oder privaten Auftrag eines Dritten tätig wird, es sei denn, daß dem Betroffenen vor der Untersuchung oder Behandlung bekannt ist oder eröffnet wurde, inwieweit die von dem Arzt getroffenen Feststellungen zur Mitteilung an Dritte bestimmt sind. (6) Wenn mehrere Ärzte gleichzeitig oder nacheinander denselben Patienten untersuchen oder behandeln, so sind sie untereinander von der Schweigepflicht insoweit befreit, als das Einverständnis des Patienten anzunehmen ist. (7) Zum Zwecke der wissenschaftlichen Forschung und Lehre dürfen der Schwei-

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gepflicht unterliegende Tatsachen und Befunde nur soweit mitgeteilt werden, als dabei die Anonymität des Patienten gesichert ist oder dieser ausdrücklich zustimmt.

§ 3: Zusammenarbeit der Ärzte (1) Der Arzt ist zu kollegialer Zusammenarbeit mit denjenigen Ärzten verpflichtet, die gleichzeitig oder nacheinander denselben Patienten behandeln. (2) Der Arzt ist verpflichtet, einen weiteren Arzt hinzuzuziehen oder den Patienten an einen anderen Arzt zu überweisen, wenn dies nach seiner ärztlichen Erkenntnis angezeigt erscheint und der Patient einverstanden oder sein Einverständnis anzunehmen ist. Den Wunsch des Patienten oder seiner Angehörigen, einen weiteren Arzt zuzuziehen oder einem anderen Arzt überwiesen zu werden, soll der behandelnde Arzt in der Regel nicht ablehnen. (3) Überweist der Arzt den Patienten an einen anderen Arzt, so hat er ihm die erhobenen Befunde zu übermitteln und ihn über die bisherige Behandlung zu informieren, es sei denn, daß der Patient etwas anderes bestimmt. Dies gilt insbesondere auch bei der Krankenhauseinweisung und Krankenhausentlassung. Originalunterlagen sind zurückzugeben.

§ 4: Verpflichtung zur Weiterbildung Der zur Weiterbildung ermächtigte Arzt hat im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten einen ärztlichen Mitarbeiter unbeschadet dessen Pflicht, sich selbst um eine Weiterbildung zu bemühen, in dem gewählten Weiterbildungsgang nach Maßgabe der Weiterbildungsordnung weiterzubilden.

§ 5: Erhaltung des ungeborenen Lebens Der Arzt ist grundsätzlich verpflichtet, das ungeborene Leben zu erhalten. Der

Anhang 1

931 Schwangerschaftsabbruch unterliegt den gesetzlichen Bestimmungen. Der Arzt kann nicht gegen sein Gewissen gezwungen werden, einen Schwangerschaftsabbruch vorzunehmen.

§ 6: Sterilisationen Sterilisationen sind aus medizinischen, genetischen oder sozialen Gründen zulässig.

§ 7: Fortbildung (1) Der Arzt, der seinen Beruf ausübt, ist verpflichtet, sich beruflich fortzubilden und sich dabei über die für seine Berufsausübung jeweils geltenden Bestimmungen zu unterrichten. (2) Geeignete Mittel der Fortbildung sind insbesondere a| Teilnahme an allgemeinen oder besonderen Fortbildungsveranstaltungen (Kongresse, Seminare, Übungsgruppen, Kurse, Kolloquien), b) Klinische Fortbildung (Vorlesungen, Visiten, Demonstrationen und Übungen), c) Studium der Fachliteratur, d) Inanspruchnahme audiovisueller Lehr- und Lernmittel. (3) Der Arzt hat in dem Umfange von den aufgezeigten Fortbildungsmöglichkeiten Gebrauch zu machen, wie es zur Erhaltung und Entwicklung der zur Ausübung seines Berufes erforderlichen Fachkenntnisse notwendig ist. (4) Der Arzt muß eine den Absätzen (1) bis (3) entsprechende Fortbildung gegenüber der Ärztekammer in geeigneter Form nachweisen können.

§ 8: Haftpflichtversicherung Der Arzt ist verpflichtet, sich hinreichend gegen Haftpflichtansprüche im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit zu versichern.

§ 9: Ausübung der Praxis (1) Die Ausübung des ärztlichen Berufes in eigener Praxis ist an die Niederlassung gebunden. Diese ist durch ein Praxisschild entsprechend § 27 kenntlich zu machen. Ort und Zeitpunkt der Niederlassung sowie jede Veränderung hat der Arzt der Ärztekammer unverzüglich mitzuteilen. (2) Dem Arzt ist es nicht gestattet, an mehreren Stellen Sprechstunden abzuhalten. Die Ärztekammer kann, soweit es die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung der Bevölkerung erfordert, die Genehmigung für Zweigpraxis (Sprechstunde) erteilen. (3) Der Arzt ist verpflichtet, seine Sprechstunde nach den örtlichen und fachlichen Gegebenheiten seiner Praxis festzusetzen und die Sprechstunden auf einem Praxisschild bekanntzugeben.

§ 10: Verträge (1) Anstellungsverträge dürfen von Ärzten nur abgeschlossen werden, wenn die Grundsätze dieser Berufsordnung gewahrt sind. Sie müssen insbesondere sicherstellen, daß der Arzt in seiner ärztlichen Tätigkeit keinen Weisungen von Nichtärzten unterworfen wird. Sofern Weisungsbefugnis von Ärzten gegenüber Ärzten besteht, sind die Empfänger dieser Weisung dadurch nicht von ihrer ärztlichen Verantwortung entbunden. (2) Der Arzt ist verpflichtet, alle Verträge über seine ärztliche Tätigkeit vor ihrem Abschluß der Ärztekammer vorzulegen, damit geprüft werden kann, ob die beruflichen Belange gewahrt sind.

§11: Ärztliche Aufzeichnungen (1) Der Arzt hat über die in Ausübung seines Berufes gemachten Feststellungen und getroffenen Maßnahmen die erforderlichen Aufzeichnungen zu machen. Ärztliche Aufzeichnungen sind nicht nur Gedächtnisstützen für den Arzt, sie dienen auch dem Interesse des Patienten an einer ordnungsgemäßen Dokumentation.

Anhang 1

932

(2) Ärztliche Aufzeichnungen sind 10 Jahre nach Abschluß der Behandlung aufzubewahren, soweit nicht nach anderen gesetzlichen Vorschriften eine längere Aufbewahrungspflicht besteht. Eine längere Aufbewahrung ist auch dann erforderlich, wenn sie nach ärztlicher Erfahrung geboten ist. (3) Eine nach den Grundsätzen des § 2 zulässige Herausgabe von ärztlichen Aufzeichnungen, Krankenblättern, Sektionsbefunden, Röntgenaufnahmen und anderen Untersuchungsbefunden soll an nichtärztliche Stellen oder an Ärzte, die nicht an der Behandlung beteiligt sind, in Verbindung mit der Erstattung eines Berichts oder Gutachtens erfolgen, wenn es für das Verständnis dieser Unterlagen erforderlich ist. (4) Der Arzt soll dafür Sorge tragen, daß seine ärztlichen Aufzeichnungen und Untersuchungsbefunde nach Aufgabe der Praxis in gehörige Obhut gegeben werden. (5) Aufzeichnungen im Sinne des Absatzes (1| auf elektronischen Datenträgern oder anderen Speichermedien bedürfen besonderer Sicherungs- und Schutzmaßnahmen, um deren Veränderung, Vernichtung oder unrechtmäßige Verwendung zu verhindern.

§12: Ausstellung und Zeugnissen

von

Gutachten

Bei der Ausstellung ärztlicher Gutachten und Zeugnisse hat der Arzt mit der notwendigen Sorgfalt zu verfahren und nach bestem Wissen seine ärztliche Überzeugung auszusprechen. Der Zweck des Schriftstückes und sein Empfänger sind anzugeben. Gutachten und Zeugnisse, zu deren Ausstellung der Arzt verpflichtet ist oder die auszustellen er übernommen hat, sind innerhalb einer angemessenen Frist abzugeben. Dies gilt auch für die Ausstellung von Zeugnissen für Mitarbeiter und Ärzte in Weiterbildung.

§ 13: Ausbildung von Mitarbeitein Der Arzt hat bei der Ausbildung seiner Mitarbeiter die für die Berufsausbildung bestehenden gesetzlichen Vorschriften zu beachten.

§ 14: Ärztliches Honorar (1) Die Honorarforderang des Arztes muß angemessen sein. Für die Berechnung ist die Gebührenordnung die Grundlage. Der Arzt hat dabei die besonderen Umstände des einzelnen Falles, insbesondere die Schwierigkeit der Leistung, den Zeitaufwand sowie die örtlichen Verhältnisse nach billigem Ermessen zu berücksichtigen. Hierbei darf er die üblichen Sätze nicht in unlauterer Weise unterschreiten. Für den Fall der Abdingung dürfen auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Zahlungspflichtigen berücksichtigt werden. (2) Der Arzt kann Verwandten, Kollegen, deren Angehörigen und unbemittelten Patienten das Honorar ganz oder teilweise erlassen. (3) Der Arzt soll seine Honorarforderungen im allgemeinen mindestens vierteljährlich stellen und aufgrund seiner Aufzeichnungen aufgliedern, so daß eine Nachprüfung möglich ist. (4) Der Arzt darf ein Gutachten über die Angemessenheit der Honorarforderung eines anderen Arztes nur im amtlichen Auftrag oder mit Genehmigung der Ärztekammer abgeben. Auf Antrag eines Beteiligten gibt die Ärztekammer eine gutachterliche Äußerung über die Angemessenheit der Honorarforderung ab.

§15: Kollegiales Verhalten (1] Der Arzt hat seinen Kollegen durch rücksichtsvolles Verhalten Achtung zu erweisen. Die Verpflichtung des Arztes nach § 12 Satz 1, in einem Gutachten, auch soweit es die Behandlungsweise eines anderen Arztes betrifft, nach bestem Wissen

933

seine ärztliche Überzeugung auszusprechen, bleibt unberührt. Unsachliche Kritik an der Behandlungsweise oder dem beruflichen Wissen eines Arztes sowie herabsetzende Äußerungen über seine Person sind berufsunwürdig. Es ist berufsunwürdig, einen Kollegen aus seiner Behandlungstätigkeit oder als Mitbewerber durch unlautere Handlungsweise zu verdrängen. (2) Ärzte, die andere Ärzte zu ärztlichen Verrichtungen bei Patienten heranziehen, denen gegenüber nur sie einen Liquidationsanspruch haben, sind verpflichtet, diesen Ärzten eine angemessene Vergütung zu gewähren. (3| In Gegenwart von Patienten oder Nichtärzten sind Beanstandungen der ärztlichen Tätigkeit und zurechtweisende Belehrungen zu unterlassen. Das gilt auch für Ärzte als Vorgesetzte und Untergebene und für den Dienst in den Krankenanstalten. (4) Nachuntersuchungen arbeitsunfähiger Patienten eines Arztes dürfen von einem anderen Arzt hinsichtlich der Arbeitsfähigkeit nur im Benehmen mit dem behandelnden Arzt durchgeführt werden. Die Bestimmungen über den Vertrauensärztlichen Dienst in der Sozialversicherung oder amtsärztliche Aufgaben werden hiervon nicht berührt.

§16: Behandlung von Patienten anderer Ärzte (11 In seiner Sprechstunde darf der Arzt jeden Patienten behandeln. Wird der Arzt von einem Patienten in Anspruch genommen, der bereits in Behandlung eines anderen Arztes steht, so hat er darauf hinzuwirken, daß der vor ihm zugezogene Arzt durch den Patienten oder dessen Angehörige verständigt wird. (2) Wird ein Arzt in einem Notfall zu einem Patienten gerufen, der bereits in Behandlung eines anderen, nicht erreichbaren Arztes steht, so hat er nach der Notfallbehandlung diesen baldmöglichst

Anhang 1 zu unterrichten und ihm die weitere Behandlung zu überlassen. (3) Nach Entlassung aus stationärer Behandlung soll der Patient dem Arzt zurücküberwiesen werden, in dessen Behandlung er vor der Krankenhauseinweisung stand. Wiederbestellung zur ambulanten Behandlung oder Überwachung ist nur mit Zustimmung des behandelnden Arztes gestattet. (4) Der Arzt darf den von einem anderen Arzt erbetenen Beistand ohne zwingenden Grund nicht ablehnen. (5) Der Arzt soll Patienten, die ihm von einem anderen Arzt überwiesen worden sind, nach Beendigung seiner Behandlungstätigkeit wieder zurücküberweisen, wenn noch eine weitere Behandlung erforderlich ist. (6) Bei Konsilien sollen die beteiligten Ärzte ihre Beratung nicht in Anwesenheit des Patienten oder seiner Angehörigen abhalten. Sie sollen sich darüber einigen, wer das Ergebnis des Konsiliums mitteilt.

§17: Vertreter und ärztliche Mitarbeiter (1) Der Arzt muß seine Praxis persönlich ausüben. (2| Die Ärzte sollen grundsätzlich zur gegenseitigen Vertretung bereit sein ; übernommene Patienten sind nach Beendigung der Vertretung zurückzuüberweisen. (3) Die Beschäftigung eines Vertreters in der Praxis ist der Ärztekammer anzuzeigen, wenn die Behinderung, die die Vertretung auslöst, insgesamt länger als drei Monate innerhalb von 12 Monaten dauert. (4) Der Arzt, der sich vertreten lassen will, hat sich darüber zu vergewissern, daß die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Vertretung in der Person des Vertreters erfüllt sind. (5) Die Praxis eines verstorbenen Arztes kann zugunsten seiner Witwe oder eines unterhaltsberechtigten Angehörigen in der Regel bis zur Dauer von drei Monaten nach dem Ende des Kalendervierteljahres

Anhang 1 durch einen anderen Arzt fortgeführt werden. (6) Die Beschäftigung eines ärztlichen Mitarbeiters setzt die Leitung der Praxis durch den niedergelassenen Arzt voraus. Sie ist der Ärztekammer anzuzeigen.

§18: Verbot der Zuweisung gegen Entgelt Dem Arzt ist es nicht gestattet, für die Zuweisung von Patienten oder Untersuchungsmaterial ein Entgelt oder andere Vorteile sich versprechen oder gewähren zu lassen oder selbst zu gewähren.

§19: Gemeinsame Ausübung ärztlicher Tätigkeit Der Zusammenschluß von Ärzten zur gemeinsamen Ausübung des Berufes, zur gemeinschaftlichen Nutzung von Praxisräumen, diagnostischen und therapeutischen Einrichtungen ist der Ärztekammer anzuzeigen. Bei allen Formen gemeinsamer Berufsausübung muß die freie Arztwahl gewährleistet bleiben.

§ 20: Ärztlicher Notfalldienst (1) Der niedergelassene Arzt ist verpflichtet, am Notfalldienst teilzunehmen. Auf Antrag eines Arztes kann aus schwerwiegenden Gründen eine Befreiung vom Notfalldienst ganz, teilweise oder vorübergehend erteilt werden. Dies gilt insbesondere: 1. wenn er wegen körperlicher Behinderung hierzu nicht in der Lage ist, 2. wenn ihm aufgrund besonders belastender familiärer Pflichten die Teilnahme nicht zuzumuten ist, 3. wenn er an einem klinischen Bereitschaftsdienst mit Notfallversorgung teilnimmt. (2) Für die Einrichtung und Durchführung eines Notfalldienstes im einzelnen sind die von der Ärztekammer erlassenen

934 Richtlinien 1 maßgebend. Die Verpflichtung zur Teilnahme am Notfalldienst gilt für den festgelegten Notfalldienstbereich. (3) Die Einrichtung eines Notfalldienstes entbindet den behandelnden Arzt nicht von seiner Verpflichtung, für die Betreuung seiner Patienten in dem Umfange Sorge zu tragen, wie es deren Krankheitszustand erfordert. (4) Der Arzt hat sich auch für den Notfalldienst fortzubilden, wenn er gemäß Absatz (1) nicht auf Dauer von der Teilnahme am Notfalldienst befreit ist. § 7 gilt sinngemäß.

§21: Werbung und Anpreisung2 (1) Jegliche Werbung und Anpreisung ist dem Arzt untersagt. Insbesondere ist es standesunwürdig, a) öffentliche Danksagungen oder anpreisende Veröffentlichungen zu veranlassen oder zuzulassen, b) Arzneimittel, Heilmittel oder Verfahren der Krankheitserkennung und -behandlung durch Veröffentlichung in Wort und Ton, Schrift und Bild in einer Weise zu behandeln, die geeignet ist, für die eigene Praxis zu werben. (2) Dem Arzt ist auch jede mittelbare Werbung verboten, indem er Sanatorien, Institute, Kliniken oder andere Unternehmen veranlaßt, unter seinem oder unter Hinweis auf seinen Namen für ihre Heilmittel, Heilmethoden oder Heilerfolge zu werben. Der Arzt ist verpflichtet, bei derartiger Werbung, die ohne seine Mitwirkung erfolgt ist, auf das betreffende Un-

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Die Empfehlungen zu „Richtlinien für den ärztlichen Notfalldienst" wurden in Heft 29/78 des DEUTSCHEN ÄRZTEBLATTES vom 20. Juli 1978, auf den Seiten 1681-1684 veröffentlicht. Die „Richtlinien für die publizistische Tätigkeit von Ärzten" wurden in Heft 2/79 des DEUTSCHEN ÄRZTEBLATTES vom 11. Januar 1979, auf den Seiten 112-113 veröffentlicht.

Anhang 1

935 ternehmen einzuwirken, damit eine Werbung in der durch diese Berufsordnung für unzulässig erklärten Weise unterbleibt. Als mittelbare Werbung sind solche Anzeigen und Ankündigungen nicht anzusehen, in denen ein Sanatorium, Institut oder eine Klinik neben dem Hauptindikationsgebiet lediglich zutreffendenfalls den ärztlichen Inhaber oder den leitenden Arzt mit seinem Namen und seiner Arztbezeichnung angibt. Diese Ausnahme liegt nicht vor, wenn sich aus den Umständen des Einzelfalles ergibt, daß der Arzt die Bezeichnung als Sanatorium, Institut oder Klinik zum Zwecke der Umgehung des Werbeverbotes für seine Tätigkeit benutzt. Ein solches Verhalten ist verbotene Werbung nach Absatz 1 Satz 1. (3) Standesunwürdig ist es auch, eine anerkannte Weiterbildung in einem Gebiet, Teilgebiet oder Bereich auf dem Praxisschild anzuzeigen, wenn der Arzt in diesem Gebiet, Teilgebiet oder Bereich nicht tätig ist. (4) Der Arzt darf nicht dulden, daß Berichte und Bildberichte mit werbendem Charakter über seine ärztliche Tätigkeit angefertigt und mit Verwendung seines Namens oder seiner Anschrift veröffentlicht werden. (5) In Veröffentlichungen ist der Arzt zu verantwortungsbewußter Objektivität verpflichtet.

§ 21 a: Information unter Ärzten Ärzte dürfen andere Ärzte über ihr Leistungsangebot informieren. Die Information muß räumlich auf ein angemessenes Einzugsgebiet um den Ort der Niederlassung begrenzt und auf eine Ankündigung der eigenen Leistungsbereitschaft sowie des Leistungsangebots beschränkt sein; jede werbende Herausstellung der eigenen Tätigkeit ist untersagt. Derartige Hinweise dürfen grundsätzlich nicht häufiger als einmal im Jahr erfolgen. Für die Ankündigung nach Niederlassung oder Zulassung gilt § 26 Abs. 1 Satz 1 entsprechend.

§ 22: Arzt und Öffentlichkeit Die Mitwirkung des Arztes an aufklärenden Veröffentlichungen medizinischen Inhalts in Presse, Funk und Fernsehen ist zulässig, wenn und soweit die Mitwirkung des Arztes auf sachliche Information begrenzt und die Person des Arztes nicht werbend herausgestellt wird.

§ 23: Arzt und Nichtarzt (1) Dem Arzt ist nicht gestattet, zusammen mit Personen, die weder Ärzte sind noch zu seinen berufsmäßig tätigen Mitarbeitern gehören, zu untersuchen oder zu behandeln. Er darf diese auch nicht als Zuschauer bei ärztlichen Verrichtungen zulassen. Personen, welche sich in der Ausbildung zum ärztlichen Beruf oder einem medizinischen Assistenzberuf befinden, und Angehörige von Patienten, für deren Anwesenheit eine ärztliche Begründung besteht, werden hiervon nicht betroffen. (2) Ein unzulässiges Zusammenwirken im Sinne von Absatz 1 liegt nicht vor, wenn der Arzt zur Erzielung des Heilerfolges am Patienten nach den Regeln der ärztlichen Kunst die Mitwirkung des Nichtarztes für notwendig hält und die Verantwortungsbereiche von Arzt und Nichtarzt klar erkennbar voneinander getrennt bleiben. (3) Der Arzt darf sich durch einen Nichtarzt weder vertreten lassen noch eine Krankenbehandlung oder Untersuchung durch einen Nichtarzt mit seinem Namen decken.

§ 24: Verordnungen und Empfehlungen von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln (1) Dem Arzt ist es nicht gestattet, für die Verordnung von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln von dem Hersteller oder Händler eine Vergütung oder sonstige wirtschaftliche Vergünstigungen zu fordern oder anzunehmen.

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(2) Der Arzt darf Ärztemuster nicht gegen Entgelt weitergeben. (3) Der Arzt darf einer mißbräuchlichen Anwendung seiner Verschreibungen keinen Vorschub leisten. (4) Dem Arzt ist es nicht gestattet, Patienten ohne hinreichenden Grund an bestimmte Apotheken oder Geschäfte zu verweisen oder mit Apotheken oder Geschäften zu vereinbaren, daß Arznei-, Heil- oder Hilfsmittel unter Decknamen oder unklaren Bezeichnungen verordnet werden. Der Arzt soll bei der Verordnung von Heil- oder Hilfsmitteln ohne sachlich gebotenen Grund keine Erzeugnisse bestimmter Hersteller nennen. (5| Der Arzt soll an der Bekämpfung des Heilmittelschwindels mitwirken. (6| Die Tätigkeit ärztlich-wissenschaftlicher Mitarbeiter der Industrie soll sich auf eine fachliche Information von Ärzten über Wirkung und Anwendungsweise von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln beschränken. Es ist diesen Ärzten nicht gestattet, bei Apothekern, Händlern oder anderen Nichtärzten um Bestellungen zu werben. (7) Der Arzt soll ihm aus seiner Verordnungstätigkeit bekanntwerdende Arzneimittelnebenwirkungen der Arzneimittelkommission mitteilen.

§ 25: Begutachtung von Heil- und Hilfsmitteln

Arznei-,

(1) Dem Arzt ist es nicht gestattet, über Arznei-, Heil- und Hilfsmittel, Körperpflegemittel oder ähnliche Waren, Werbevorträge zu halten, Gutachten oder Zeugnisse auszustellen, die zur Werbung bei Laien verwendet werden sollen. Der Arzt hat eine solche Verwendung seiner Gutachten und Zeugnisse dem Empfänger ausdrücklich zu untersagen. (2) Dem Arzt ist es verboten, seinen Namen in Verbindung mit einer ärztlichen Berufsbezeichnung in unlauterer Weise für gewerbliche Zwecke, z.B. für einen Firmentitel oder zur Bezeichnung eines Mittels herzugeben.

§ 25 a: Arzt und Industrie (1) Soweit Ärzte Leistungen für die Hersteller von Arznei-, Heil-, Hilfsmitteln oder medizinisch technischen Geräten erbringen (z.B. bei der Entwicklung, Erprobung und Begutachtung) darf das hierfür bestimmte Honorar einen angemessenen Umfang nicht überschreiten und muß der erbrachten Leistung entsprechen. (2) Dem Arzt ist es untersagt, Werbegaben aller Art von solchen Herstellern entgegenzunehmen. Dies gilt nicht für solche Gegenstände, welche lediglich einen Gebrauchswert für die berufliche Tätigkeit des Arztes darstellen. (3) Bei Informationsveranstaltungen solcher Hersteller hat der Arzt zu berücksichtigen, daß alleine der Informationszweck im Vordergrund bleibt und ihm keine unangemessene Aufwendung für Bewirtung und vergleichbare Vorteile (z. B. Reiseaufwendungen) entgegengebracht werden.

§ 26: Anzeigen und Verzeichnisse (1) Anzeigen in Zeitungen über die Niederlassung oder Zulassung dürfen außer der Anschrift der Praxis nur die für die Schilder des Arztes gestatteten Angaben enthalten und nur dreimal in der gleichen Zeitung innerhalb der ersten 3 Monate nach der Niederlassung oder nach der Aufnahme der Kassenpraxis veröffentlicht werden. Weitere Veröffentlichungen über die Niederlassung oder Zulassung sind untersagt. (2) Im übrigen sind Anzeigen nur in den Zeitungen bei längerer Abwesenheit von der Praxis oder Krankheit sowie bei der Verlegung der Praxis und bei der Änderung der Sprechstundenzeit oder der Fernsprechnummer gestattet. Derartige Anzeigen dürfen höchstens zweimal veröffentlicht werden. (3) Form und Inhalt dieser Zeitungsanzeigen müssen sich nach den örtlichen Gepflogenheiten richten. (4) Ärzte dürfen sich, abgesehen von amtlichen Verzeichnissen, nicht in Ver-

937 zeichnisse mit werbendem Charakter aufnehmen lassen.

§ 27: Praxisschilder (1) Der Arzt hat auf seinem Praxisschild seinen Namen und die Bezeichnung als Arzt oder eine Arztbezeichnung nach der Weiterbildungsordnung anzugeben und Sprechstunden anzukündigen. Das Schild darf Zusätze Uber medizinische akademische Grade, ärztliche Titel, Privatwohnung und Fernsprechnummern sowie einen Zusatz über die Zulassung zu Krankenkassen enthalten. Andere akademische Grade dürfen nur in Verbindung mit der Fakultätsbezeichnung genannt werden. (2) Die Bezeichnung „Professor" darf geführt werden, wenn sie auf Vorschlag der medizinischen Fakultät (Fachbereich) durch das entsprechende Landesministerium verliehen worden ist. Dasselbe gilt für die von einer ausländischen medizinischen Fakultät einer wissenschaftlichen Hochschule verliehenen Bezeichnung „Professor", wenn sie nach amtlicher deutscher Auskunft der deutschen Bezeichnung gleichwertig ist. (3) Die nach Abs. 2 Satz 2 führbare im Ausland erworbene Bezeichnung ist in der Fassung der ausländischen Verleihungsurkunde zu führen. (4) Ärzte, die ihren Beruf in einer Gemeinschaftspraxis ausüben, haben dies mit dem Zusatz „Gemeinschaftspraxis" anzuzeigen. (5) Ärzte, welche Geburtshilfe ausüben, dürfen den Zusatz „Geburtshelfer" auf ihrem Praxisschild führen. (6) Das Führen anderer Zusätze ist untersagt.

§ 28: Anbringung der Schilder (1) Das Praxisschild soll der Bevölkerung die Praxis des Arztes anzeigen. Es darf nicht in aufdringlicher Form gestaltet und

Anhang 1 angebracht sein und das übliche Maß (etwa 35 x 50 cm) nicht übersteigen. (2) Bei Vorliegen besonderer Umstände, z.B. bei versteckt liegenden Praxiseingängen, darf der Arzt mit Zustimmung der Ärztekammer weitere Arztschilder anbringen. (3) Bei Verlegung der Praxis kann der Arzt an dem Haus, aus dem er fortgezogen ist, bis zur Dauer eines halben Jahres ein Schild mit einem entsprechenden Vermerk anbringen. (4) Schilder an der Privatwohnung des Arztes sollen den sonst bei Privatwohnungen üblichen Schildern entsprechen.

§ 19: Ankündigung auf Briefbogen, Rezeptvordrucken und Stempeln Für die Ankündigung auf Briefbogen, Rezeptvordrucken und Stempeln gelten die Bestimmungen des § 27 sinngemäß. Krankenhausärzte dürfen ihre Dienstbezeichnung auf Briefbogen, Rezeptvordrucken, Stempeln und Privatrechnungen angeben.

§ 30: Freier Dienstleistungsverkehr im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft Diese Berufsordnung gilt auch für Ärzte, die im Geltungsbereich dieser Berufsordnung nur vorübergehend Dienstleistungen in ihrem Beruf erbringen und Staatsangehörige eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft sind.

§31: Ubergangsbestimmungen Wer bei Inkrafttreten dieser Änderung die Bezeichnung „Professor" führt, darf dies auch weiterhin, wenn die Bezeichnung von einer deutschen Behörde verliehen worden ist. Für die im Ausland erworbene Bezeichnung „Professor" gilt die in § 27 (2) getroffene Regelung auch für die vor Inkrafttreten dieser Vorschrift geführten Bezeichnungen.

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Anhang 2

Weiterbildungsordnung Wortlaut nach den Beschlüssen des 79., 81. und 83. Deutschen Ärztetages § 1: Ziel der Weiterbildung Ziel der Weiterbildung ist es, Ärzten nach Abschluß ihrer Berufsausbildung im Rahmen einer mehrjährigen Berufstätigkeit unter Anleitung dazu ermächtigter Ärzte eingehende Kenntnisse und Erfahrungen in den Gebieten, Teilgebieten und Bereichen zu vermitteln, für die zur Ankündigung einer speziellen ärztlichen Tätigkeit besondere Arztbezeichnungen geführt werden dürfen.

§ 2: Gebiete, Teilgebiete und Bereiche der Weiterbildung (1] Der Arzt kann sich in folgenden Gebieten und Teilgebieten weiterbilden: 1. Allgemeinmedizin 2. Anästhesiologie 3. Arbeitsmedizin 4. Augenheilkunde 5. Chirurgie Teilgebiete: 5.1 Gefäßchirurgie 5.2 Kinderchirurgie 5.3 Plastische Chirurgie 5.4 Thorax- und Kardiovaskularchirurgie 5.5 Unfallchirurgie 6. Dermatologie und Venerologie 7. Frauenheilkunde und Geburtshilfe 8. Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde Teilgebiet: 8.1 Phoniatrie und Pädaudiologie 9. Innere Medizin Teilgebiete: 9.1 Endokrinologie 9.2 Gastroenterologie 9.3 Hämatologie 9.4 Kardiologie 9.5 Lungen- und Bronchialheilkunde 9.6 Nephrologie 9.7 Rheumatologie

10. Kinderheilkunde Teilgebiet: 10.1 Kinderkardiologie 11. Kinder- und Jugendpsychiatrie 12. Laboratoriumsmedizin 13. Lungen- und Bronchialheilkunde 14. Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie 15. Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie 16. Nervenheilkunde (Neurologie und Psychiatrie) 17. Neurochirurgie 18. Neurologie 19. Nuklearmedizin 20. Öffentliches Gesundheitswesen 21. Orthopädie Teilgebiet: 21.1 Rheumatologie 22. Pathologie: Teilgebiet: 22.1 Neuropathologie 23. Pharmakologie Teilgebiet: 23.1 Klinische Pharmakologie 24. Psychiatrie 25. Radiologie Teilgebiet: 25.1 Strahlentherapie 26. Rechtsmedizin 27. Urologie (2) In den folgenden Bereichen kann eine Weiterbildung zur Erlangung des Rechts auf Führung einer Zusatzbezeichnung erfolgen: 1. Allergologie 2. Balneologie und medizinische Klimatologie 3. Betriebsmedizin 4. Chirotherapie 5. Flugmedizin 6. Homöopathie 7. Medizinische Genetik 8. Medizinische Informatik

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9. Naturheilverfahren 10. Physikalische Therapie 11. Plastische Operationen 12. Psychoanalyse 13. Psychotherapie 14. Sportmedizin 15. Stimm-und Sprachstörungen 16. Transfusionsmedizin 17. Tropenmedizin (3) Inhalt und Umfang der Gebiete, Teilgebiete und Bereiche sind in der Anlage zur Weiterbildungsordnung festgelegt.

§ 3: Alt, Inhalt, Dauer und zeitlicher Ablauf der Weiterbildung (1] Mit der Weiterbildung kann erst nach der Approbation als Arzt oder - bei abgeschlossener Berufsausbildung - nach der Erteilung der Erlaubnis zur Ausübung des ärztlichen Berufes begonnen werden; der Beginn der Weiterbildung zum Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgen setzt auch die Bestallung als Zahnarzt oder die Erlaubnis zur Ausübung des zahnärztlichen Berufes voraus. (2] Die Weiterbildung muß gründlich und umfassend sein. Sie umfaßt insbesondere die Vertiefung der Kenntnisse und Fähigkeiten in der Verhütung, Erkennung und Behandlung von Krankheiten, Körperschäden und Leiden einschließlich der Wechselbeziehung zwischen Mensch und Umwelt sowie in der Begutachtung und den notwendigen Maßnahmen der Rehabilitation. (3] Dauer und Inhalt der Weiterbildung richten sich nach den Bestimmungen der Anlage zur Weiterbildungsordnung. Die dort angegebenen Weiterbildungszeiten sind Mindestzeiten. Tätigkeitsabschnitte unter sechs Monaten können nur dann auf die Weiterbildungszeit angerechnet werden, wenn dies in der Anlage zur Weiterbildungsordnung vorgesehen ist. Eine Unterbrechung der Weiterbildung infolge Krankheit, Schwangerschaft, Sonderbeurlaubung, Wehrdienst usw. von mehr als einem Monat oder von insgesamt mehr als sechs Wochen im Kalenderjahr kann

Anhang 2

grundsätzlich nicht auf die Weiterbildungszeit angerechnet werden. (4) Die Weiterbildung hat sich auf die Vermittlung und den Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten in den für das Gebiet, das Teilgebiet oder für den Bereich in der Anlage zur Weiterbildungsordnung festgelegten Tätigkeitsbereichen zu erstrecken. (5) Die Weiterbildung in den Gebieten und Teilgebieten ist grundsätzlich ganztägig und in hauptberuflicher Stellung durchzuführen. Wenn eine ganztägige Weiterbildung aus persönlichen Gründen unzumutbar ist, kann die Weiterbildung für eine Zeit von höchstens vier Jahren halbtägig erfolgen, wobei diese Zeit bis zur Hälfte anrechnungsfähig ist. Eine ganztägige Weiterbildung ist aus persönlichen Gründen insbesondere dann unzumutbar, wenn sie für den weiterzubildenden Arzt aus zwingenden familiären Gründen eine besondere Härte bedeuten würde. Eine Teilzeitweiterbildung kann nur dann angerechnet werden, wenn sie vorher der zuständigen Ärztekammer angezeigt und von dieser als anrechnungsfähig bestätigt worden ist. (6) In den in der Anlage zur Weiterbildungsordnung genannten Gebieten sind der Weiterbildende und die Weiterbildungsstätte während der vorgeschriebenen Weiterbildungszeit wenigstens einmal zu wechseln. Die Ärztekammer kann im Einzelfall auf vorherigen Antrag Ausnahmen von dieser Verpflichtung zulassen, wenn es mit den Zielen der Weiterbildung vereinbar ist und die Erfüllung der Verpflichtung für den Weiterzubildenden eine besondere Härte bedeuten würde. (7| Eine Zeit ärztlicher Tätigkeit, in welcher auch eigene Praxis ausgeübt wird, ist auf Weiterbildungszeiten für Gebiete und Teilgebiete nicht anrechnungsfähig. (8] Anrechnungsfähige Zeiten für ein Gebiet sollen in der Regel am Anfang der Weiterbildungszeit abgeleistet werden. Dementsprechend soll die Weiterbildung in einem Teilgebiet auch in der Regel auf der Weiterbildung im zugehörigen Gebiet

Anhang 2 aufbauen; sie kann nach Maßgabe der Anlage zur Weiterbildungsordnung teilweise in dem Gebiet durchgeführt werden, dem das Teilgebiet zugehört. (9) Innerhalb der vorgeschriebenen Weiterbildungszeit für ein Gebiet soll mindestens ein Jahr unter Leitung eines Arztes abgeleistet werden, der im vollen Umfang zur Weiterbildung ermächtigt ist.

§ 4: Arztbezeichnungen ( 1 ) Für die in § 2 genannten Gebiete werden die folgenden Arztbezeichnungen festgelegt: 1. Allgemeinarzt oder Arzt für Allgemeinmedizin 2. Anästhesist oder Arzt für Anästhesiologie 3. Arbeitsmediziner oder Arzt für Arbeitsmedizin 4. Augenarzt oder Arzt für Augenheilkunde 5. Chirurg oder Arzt für Chirurgie 6. Hautarzt oder Arzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten 7. Frauenarzt oder Arzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe 8. Hals-Nasen-Ohren-Arzt oder Arzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde 9. Internist oder Arzt für Innere Medizin 10. Kinderarzt oder Arzt für Kinderheilkunde 11. Kinder- und Jugendpsychiater oder Arzt für Kinder-Jugendpsychiatrie 12. Laborarzt oder Arzt für Laboratoriumsmedizin 13. Lungenarzt (Pneumonologe) oder Arzt für Lungen- und Bronchialheilkunde 14. Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurg oder Arzt für Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgie 15. Arzt für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie 16. Nervenarzt oder Arzt für Neurologie und Psychiatrie 17. Neurochirurg oder Arzt für Neurochirurgie

940 18. Neurologe oder Arzt für Neurologie 19. Nuklearmediziner oder Arzt für Nuklearmedizin 20. Arzt für öffentliches Gesundheitswesen 21. Orthopäde oder Arzt für Orthopädie 22. Pathologe oder Arzt für Pathologie 23. Pharmakologe oder Arzt für Pharmakologie 24. Psychiater oder Arzt für Psychiatrie 25. Radiologe oder Arzt für Radiologie 26. Rechtsmediziner oder Arzt für Rechtsmedizin 27. Urologe oder Arzt für Urologie. (2) Besitzt ein Arzt von einer Ärztekammer die Anerkennung zur Führung von Arztbezeichnungen für mehrere Gebiete, so darf er für die folgenden verwandten Gebiete diese Bezeichnungen nebeneinander führen: Allgemeinmedizin allein Anästhesiologie mit Chirurgie oder Innere Medizin oder Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie oder Pharmakologie Arbeitsmedizin mit Augenheilkunde oder Chirurgie oder Dermatologie oder Hals-Nasen-OhrenHeilkunde oder Innere Medizin oder Lungen- und Bronchialheilkunde oder Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie oder Neurologie oder Öffentliches Gesundheitswesen oder Orthopädie oder Pharmakologie Augenheilkunde mit Arbeitsmedizin oder Neurologie Chirurgie mit Anästhesiologie oder Arbeitsmedizin oder Frauenheilkunde und Geburtshilfe oder Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde oder Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie oder Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgie oder Neurochirurgie oder Orthopädie oder Radiologie oder Urologie Dermatologie und Venerologie mit Arbeitsmedizin oder Innere Medizin oder Kinderheilkunde oder Laboratoriumsmedizin oder öffentliches Gesundheitswesen

941 Frauenheilkunde und Geburtshilfe mit Chirurgie oder Radiologie oder Urologie Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde mit Arbeitsmedizin oder Chirurgie oder Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie oder Radiologie Innere Medizin mit Anästhesiologie oder Arbeitsmedizin oder Dermatologie und Venerologie oder Kinderheilkunde oder Laboratoriumsmedizin oder Lungen- und Bronchialheilkunde oder Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie oder Nervenheilkunde oder Neurologie oder Nuklearmedizin oder öffentliches Gesundheitswesen oder Pharmakologie oder Psychiatrie oder Radiologie Kinderheilkunde mit Dermatologie und Venerologie oder Innere Medizin oder Kinder- und Jugendpsychiatrie oder Laboratoriumsmedizin oder Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie oder Öffentliches Gesundheitswesen oder Pharmakologie oder Radiologie Kinder- und Jugendpsychiatrie mit Kinderheilkunde oder Nervenheilkunde oder Neurologie oder öffentliches Gesundheitswesen oder Pharmakologie oder Psychiatrie oder Rechtsmedizin Laboratoriumsmedizin mit Dermatologie und Venerologie oder Innere Medizin oder Kinderheilkunde oder Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie oder Nuklearmedizin oder öffentliches Gesundheitswesen Lungen- und Bronchialheilkunde mit Arbeitsmedizin oder Innere Medizin oder Öffentliches Gesundheitswesen oder Radiologie Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie mit Anästhesiologie oder Arbeitsmedizin oder Chirurgie oder Innere Medizin oder Kinderheilkunde oder Laboratoriumsmedizin oder Öffentliches Gesundheitswesen Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie mit Chirurgie oder Hals-Nasen-OhrenHeilkunde

Anhang 2 Nervenheilkunde mit Innere Medizin oder Kinder- und Jugendpsychiatrie oder Neurochirurgie oder Öffentliches Gesundheitswesen oder Pharmakologie oder Radiologie oder Rechtsmedizin Neurochirurgie mit Chirurgie oder Nervenheilkunde oder Neurologie oder Orthopädie oder Radiologie Neurologie mit Arbeitsmedizin oder Augenheilkunde oder Innere Medizin oder Kinderund Jugendpsychiatrie oder Neurochirurgie oder öffentliches Gesundheitswesen oder Pharmakologie oder Radiologie Nuklearmedizin mit Innere Medizin oder Laboratoriumsmedizin oder Radiologie Öffentliches Gesundheitswesen mit Arbeitsmedizin oder Dermatologie oder Innere Medizin oder Kinderheilkunde oder Kinder- und Jugendpsychiatrie oder Laboratoriumsmedizin oder Lungen- und Bronchialheilkunde oder Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie oder Nervenheilkunde oder Neurologie oder Orthopädie oder Psychiatrie oder Rechtsmedizin Orthopädie mit Arbeitsmedizin oder Chirurgie oder Neurochirurgie oder Öffentliches Gesundheitswesen oder Radiologie Pathologie mit Rechtsmedizin Pharmakologie mit Anästhesiologie oder Arbeitsmedizin oder Innere Medizin oder Kinderheilkunde oder Kinder- und Jugendpsychiatrie oder Nervenheilkunde oder Neurologie oder Psychiatrie oder Rechtsmedizin Psychiatrie mit Innere Medizin oder Kinder- und Jugendpsychiatrie oder Öffentliches Gesundheitswesen oder Pharmakologie oder Rechtsmedizin Radiologie mit Chirurgie oder Frauenheilkunde und Geburtshilfe oder Hals-Nasen-OhrenHeilkunde oder Innere Medizin oder Kin-

Anhang 2 derheilkunde oder Lungen- und Bronchialheilkunde oder Nervenheilkunde oder Neurochirurgie oder Neurologie oder Nuklearmedizin oder Orthopädie oder Urologie Rechtsmedi2in mit Kinder- und Jugendpsychiatrie oder Nervenheilkunde oder Öffentliches Gesundheitswesen oder Pathologie oder Pharmakologie oder Psychiatrie Urologie mit Chirurgie oder Frauenheilkunde und Geburtshilfe oder Radiologie Andere als die in Satz 1 genannten Arztbezeichnungen dürfen nicht nebeneinander geführt werden. Die Arztbezeichnung „Allgemeinarzt" oder „Arzt für Allgemeinmedizin" darf nicht neben einer anderen Arztbezeichnung geführt werden. Das gilt für das Führen der Bezeichnung „praktischer Arzt" entsprechend. (3| Teilgebietsbezeichnungen nach § 2 Abs. 1 dürfen nur zusammen mit der Bezeichnung des Gebietes geführt werden, dem die Teilgebiete zugehören. Für ein Gebiet dürfen nicht mehr als zwei Teilgebietsbezeichnungen nebeneinander geführt werden. Führt ein Arzt zwei Gebietsbezeichnungen, so darf er daneben für jedes dieser Gebiete nur eine Teilgebietsbezeichnung führen. (4| Die Zusatzbezeichnungen nach § 2 Abs. 2 dürfen nur zusammen mit der Berufsbezeichnung oder einer Gebietsbezeichnung geführt werden. Sie dürfen nur geführt werden, wenn der Arzt in diesem Bereich tätig ist. Es dürfen nicht mehr als zwei Zusatzbezeichnungen nebeneinander geführt werden.

§5: Ermächtigung zur Weiterbildung (1| Die Weiterbildung in den Gebieten und Teilgebieten wird unter verantwortlicher Leitung der von der Ärztekammer ermächtigten Ärzte in Einrichtungen der Hochschulen, in zugelassenen Krankenhausabteilungen, in zugelassenen Instituten oder in anderen zugelassenen Einrichtungen (Weiterbildungsstätten) durchge-

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führt. Die Ermächtigung zur Weiterbildung in Bereichen richtet sich nach der Anlage zur Weiterbildungsordnung. Die Weiterbildung im Gebiet „Allgemeinmedizin" sowie in Gebieten, auf die sich das Recht der Europäischen Gemeinschaften nicht bezieht, kann zu dem in der Anlage zur Weiterbildungsordnung festgelegten Umfang bei einem ermächtigten niedergelassenen Arzt erfolgen. Satz 2 gilt auch für diejenigen Gebiete, auf die sich das Recht der Europäischen Gemeinschaften bezieht, soweit die für sie festgesetzte Mindestweiterbildungszeit die nach dem Recht der Europäischen Gemeinschaften geforderte Weiterbildungszeit übersteigt. (2) Die Ermächtigung zur Weiterbildung kann nur erteilt werden, wenn der Arzt fachlich und persönlich geeignet ist. Der Arzt, der für ein Gebiet oder Teilgebiet oder einen Bereich zur Weiterbildung ermächtigt wird, muß auf seinem Gebiet, Teilgebiet oder in seinem Bereich umfassende Kenntnisse und Erfahrungen besitzen, die ihn befähigen, eine gründliche Weiterbildung zu vermitteln. Er soll diese Kenntnisse und Erfahrungen in langjähriger Tätigkeit nach Abschluß der Weiterbildung in verantwortlicher Stellung erworben haben. Die Ermächtigung kann nur für das Gebiet oder das Teilgebiet erteilt werden, dessen Bezeichnung der Arzt führt. Sie kann jedoch nur für ein Gebiet oder Teilgebiet erteilt werden. (3) Der ermächtigte Arzt ist verpflichtet, die Weiterbildung persönlich zu leiten sowie zeitlich und inhaltlich entsprechend dieser Weiterbildungsordnung zu gestalten. Wird die Ermächtigung mehreren Ärzten an einer Weiterbildungsstätte gemeinsam erteilt, so muß die ordnungsgemäße Durchführung und Überwachung der Weiterbildung durch die ermächtigten Ärzten sichergestellt sein. (4| Unbeschadet der in § 3 Abs. 6 für den in der Weiterbildung befindlichen Arzt festgelegten Verpflichtung, die Weiterbildungsstätte einmal zu wechseln, werden die Ärzte, bei denen die persönli-

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chen und fachlichen Voraussetzungen vorliegen, in dem Umfange zur Weiterbildung ermächtigt, in dem an der Weiterbildungsstätte, die in der Anlage zur Weiterbildungsordnung an den Inhalt der Weiterbildung in dem Gebiet, Teilgebiet oder Bereich gestellten Anforderungen erfüllt werden können. (5) Die Ermächtigung wird dem Arzt auf Antrag erteilt. Der antragstellende Arzt hat das Gebiet, Teilgebiet oder den Bereich und die Weiterbildungszeit, für die er die Ermächtigung beantragt, näher zu bezeichnen. Die Ärztekammer führt ein Verzeichnis der ermächtigten Ärzte, aus dem die Weiterbildungsstätte, das Gebiet, Teilgebiet oder der Bereich, für das sie zur Weiterbildung ermächtigt sind, sowie der Umfang der Ermächtigung hervorgehen.

§ 6: Widerruf der Ermächtigung (1) Die Ermächtigung zur Weiterbildung ist zu widerrufen, wenn ihre Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind. (2| Mit der Beendigung der Tätigkeit eines ermächtigten Arztes an der Weiterbildungsstätte erlischt seine Ermächtigung zur Weiterbildung. (3) Ändern sich die für die Erteilung der Weiterbildungsermächtigung maßgebend gewesenen Voraussetzungen, so ist der Umfang der Weiterbildungsermächtigung den geänderten Verhältnissen anzupassen. Der ermächtigte Arzt ist verpflichtet, der Ärztekammer Änderungen in der Struktur und Größe der Weiterbildungsstätte unverzüglich mitzuteilen.

§ 7: Erteilung von Zeugnissen über die Weiterbildung (1| Der ermächtigte Arzt hat dem in Weiterbildung befindlichen Arzt über die unter seiner Verantwortung abgeleistete Weiterbildungszeit ein Zeugnis auszustellen, das die erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten darlegt und zur Frage der Eignung ausführlich Stellung nimmt. Das

Anhang 2

Zeugnis muß im einzelnen Angaben enthalten über: 1. die Dauer der abgeleisteten Weiterbildungszeit sowie Unterbrechungen der Weiterbildung durch Krankheit, Schwangerschaft, Sonderbeurlaubung, Wehrdienst USW.; 2. die in dieser Weiterbildungszeit im einzelnen vermittelten und erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten, wobei bei deren Beurteilung die Richtlinien über den Inhalt der Weiterbildung zugrunde zu legen und die Durchführung der darin vorgeschriebenen ärztlichen Leistungen (z.B. Operationskatalog) nachzuweisen sind; 3. die fachliche und persönliche Eignung (2) Auf Antrag des in der Weiterbildung befindlichen Arztes oder der Ärztekammer ist nach Ablauf je eines Weiterbildungsjahres ein Zeugnis auszustellen, das den Anforderungen des § 7 Absatz 1 entspricht.

§ 8: Anerkennung von Arztbezeichnungen (1) Eine Gebiets-, Teilgebiets- oder Zusatzbezeichnung nach § 4 darf führen, wer nach abgeschlossener Weiterbildung die Anerkennung durch die Ärztekammer erhalten hat. Dem Antrag auf Anerkennung sind alle während der Weiterbildung ausgestellten Zeugnisse und Nachweise beizufügen. (2) Die Entscheidung über den Antrag auf Anerkennung einer Gebiets- oder Teilgebietsbezeichnung trifft die Ärztekammer aufgrund der vorgelegten Zeugnisse und einer sie ergänzenden Prüfung. Abweichend von Satz 1 wird die Anerkennung als Arzt für öffentliches Gesundheitswesen aufgrund des Zeugnisses über das Bestehen der staatsärztlichen Prüfung erteilt. (3) Die Anerkennung der in § 2 Abs. 2 festgelegten Zusatzbezeichnungen erfolgt grundsätzlich ohne Prüfung allein aufgrund der vorgelegten Zeugnisse und Nachweise. Bestehen aufgrund der Zeug-

Anhang 2 nisse Zweifel an der Eignung des Antragstellers, kann im Einzelfall die Durchführung einer Prüfung angeordnet werden.

§ 9: Prüfungsausschuß und Widerspruchsausschuß (1| Die Ärztekammer bildet zur Durchführung der Prüfung einen Prüfungsausschuß. Bei Bedarf sind mehrere Prüfungsausschüsse zu bilden. (2) Die Mitglieder des Prüfungsausschusses und ihre Stellvertreter bestellt die Ärztekammer; dabei ist die Reihenfolge der Stellvertreter festzusetzen. Der zuständige Fachminister kann ein weiteres Mitglied bestimmen. Der Prüfungsausschuß entscheidet in der Besetzung mit drei Ärzten, von denen zwei die Anerkennung für das zu prüfende Gebiet, Teilgebiet oder den Bereich besitzen müssen. Die Prüfung kann auch bei Abwesenheit des vom zuständigen Fachminister bestimmten Mitgliedes durchgeführt werden. (3) Die Ärztekammer bestimmt den Vorsitzenden des Prüfungsausschusses. (4) Der Prüfungsausschuß beschließt mit einfacher Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. (5) Die Mitglieder des Prüfungsausschusses entscheiden unabhängig und sind an Weisungen nicht gebunden. (6| Zur Beratung bei der Entscheidung über Widersprüche gegen Prüfungsentscheidungen wird bei der Ärztekammer ein Widerspruchsausschuß gebildet. Er beschließt in der Besetzung mit drei Ärzten, von denen zwei die Anerkennung für das geprüfte Gebiet, Teilgebiet oder für den Bereich haben müssen. Die Mitglieder, ihre Stellvertreter und den Vorsitzenden bestimmt die Ärztekammer. (7| Die Bestellung der Mitglieder und Stellvertreter des Prüfungsausschusses sowie der Mitglieder und Stellvertreter des Widerspruchausschusses erfolgt schriftlich für die Dauer der Wahlperiode der Ärztekammer.

944 §10: Zulassung zur Prüfung (1) Über die Zulassung zur Prüfung entscheidet die Ärztekammer. Die Zulassung wird ausgesprochen, wenn die Weiterbildung ordnungsgemäß abgeschlossen sowie durch Zeugnisse und Nachweise belegt ist. Eine Ablehnung der Zulassung ist dem Antragsteller mit Begründung schriftlich mitzuteilen. (2| Die Zulassung ist zurückzunehmen, wenn ihre Voraussetzungen zu Unrecht als gegeben angenommen waren.

§11: Prüfung (1) Die Ärztekammer setzt den Termin der Prüfung im Einvernehmen mit dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses fest. Die Prüfung soll in angemessener Frist nach der Zulassung stattfinden. Der Antragsteller ist zum festgesetzten Termin mit einer Frist von mindestens zwei Wochen zu laden. (2) Die Prüfung ist mündlich. Sie soll für jeden Antragsteller in der Regel dreißig Minuten dauern. Es sollen nicht mehr als vier Antragsteller gleichzeitig geprüft werden. (3) Inhalt, Umfang und Ergebnis der durchlaufenen Weiterbildungsabschnitte werden durch die vorgelegten Zeugnisse nachgewiesen. Die während der Weiterbildung erworbenen Kenntnisse werden in einem Fachgespräch durch den Prüfungsausschuß überprüft. Nach Abschluß der Prüfung entscheidet der Prüfungsausschuß aufgrund der vorgelegten Zeugnisse und der ergänzenden mündlichen Darlegungen des Antragstellers, ob der Antragsteller die vorgeschriebene Weiterbildung erfolgreich abgeschlossen und die vorgeschriebenen besonderen oder zusätzlichen Kenntnisse auf dem von ihm gewählten Gebiet, Teilgebiet oder Bereich erworben hat. (4) Kommt der Prüfungsausschuß mehrheitlich zu dem Ergebnis, daß der Antragsteller die vorgeschriebene Weiterbildung nicht erfolgreich abgeschlossen hat, so be-

945 schließt er, ob und gegebenenfalls wie lange die Weiterbildungszeit des Antragstellers zu verlängern ist und welche besonderen Anforderungen an diese verlängerte Weiterbildung zu stellen sind. (5) Wenn der Antragsteller der Prüfung ohne ausreichenden Grund fernbleibt oder sie ohne ausreichenden Grund abbricht, gilt die Weiterbildung als nicht erfolgreich abgeschlossen.

§12: Prüfungsentscheidung (1) Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses teilt der Ärztekammer das Ergebnis der Prüfung mit. (2] Bei Bestehen der Prüfung stellt die Ärztekammer dem Antragsteller eine Urkunde über das Recht zum Führen der Arztbezeichnung aus. (3| Bei Nichtbestehen der Prüfung erteilt die Ärztekammer dem Antragsteller einen schriftlichen Bescheid mit Begründung einschließlich der vom Prüfungsausschuß beschlossenen Auflagen. (4) Gegen den Bescheid der Ärztekammer nach Abs. 3 kann der Antragsteller Widerspruch nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung (§§ 68—73) einlegen. Uber den Widerspruch entscheidet die Ärztekammer nach Anhörung des Widerspruchsausschusses.

§13: Wiederholungsprüfung Eine nicht erfolgreich abgeschlossene Prüfung kann frühestens nach drei Monaten wiederholt werden. Für die Wiederholungsprüfung gelten die §§9-12 sinngemäß.

§ 14: Anerkennung bei gleichwertiger Weiterbildung (1) Wer in einem von § 3 abweichenden Weiterbildungsgang eine Weiterbildung abgeschlossen hat, erhält auf Antrag die Anerkennung durch die Ärztekammer, wenn die Weiterbildung gleichwertig ist.

Anhang 2

Auf das Verfahren der Anerkennung finden die §§9-12 entsprechende Anwendung. (2] Eine nicht abgeschlossene, von § 3 abweichende Weiterbildung kann unter vollständiger oder teilweiser Anrechnung der bisher abgeleisteten Weiterbildungszeiten nach den Vorschriften dieser Weiterbildungsordnung abgeschlossen werden. Über die Anrechnung der bisher abgeleisteten Weiterbildungszeiten entscheidet die Ärztekammer nach Anhörung des Prüfungsausschusses.

§15: Weiterbildung im Ausland (1) Wer als Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaften ein in einem Mitgliedstaat erworbenes fachbezogenes Diplom, ein Prüfungszeugnis oder einen sonstigen Befähigungsnachweis für ein Gebiet, Teilgebiet oder einen Bereich besitzt, erhält auf Antrag die Anerkennung, soweit nach dieser Weiterbildungsordnung in diesem Gebiet, Teilgebiet oder Bereich eine entsprechende Anerkennung möglich ist. Wenn dabei die Mindestdauer der Weiterbildung nach den Richtlinien der Europäischen Gemeinschaften nicht erfüllt worden ist, kann die Ärztekammer von dem Arzt eine Bescheinigung der zuständigen Stelle des Heimat- oder Herkunftstaates darüber verlangen, daß die betreffende ärztliche Tätigkeit tatsächlich und rechtmäßig während eines Zeitraumes ausgeübt worden ist, der der doppelten Differenz zwischen der tatsächlichen Dauer der Weiterbildung und der genannten Mindestdauer der Weiterbildung entspricht. (2) Die von den Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaften in einem der Mitgliedstaaten abgeleisteten Weiterbildungszeiten, die noch nicht zu einem Befähigungsnachweis gemäß Absatz 1 Satz 1 geführt haben, sind nach Maßgabe des § 14 Abs. 2 auf die im Geltungsbereich dieser Weiterbildungsordnung festgesetzten Weiterbildungszeiten anzurechnen.

Anhang 2 (3| Eine Weiterbildung im Ausland außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaften kann ganz oder teilweise angerechnet werden, wenn sie den Grundsätzen dieser Weiterbildungsordnung entspricht und eine Weiterbildung von mindestens 12 Monaten in einem angestrebten Gebiet, Teilgebiet oder Bereich in der Bundesrepublik abgeleistet wurde. Gleiches gilt für die Weiterbildung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften, wenn sie von einem Arzt abgeleistet wurde, der nicht Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates ist.

§16: Aberkennung der Arztbezeichnung (1) Die Anerkennung einer Arztbezeichnung kann zurückgenommen werden, wenn die für die Anerkennung erforderlichen Voraussetzungen nicht gegeben waren. Vor der Entscheidung der Ärztekammer über die Zurücknahme sind der nach § 9 gebildete Prüfungsausschuß und der Arzt zu hören. (2) In dem Zurücknahmebescheid ist festzulegen, welche Weiterbildungsabschnitte der betroffene Arzt ableisten muß, um eine ordnungsgemäßige Weiterbildung nachzuweisen. Für den Zurücknahmebescheid und das Verfahren finden im übrigen § 12 Abs. 3 und 4 entsprechende Anwendung.

§17: Pflichten der Ärzte (1) Wer eine Gebietsbezeichnung führt, darf grundsätzlich nur in diesem Gebiet, wer eine Teilgebietsbezeichnung führt, darf im wesentlichen nur in diesem Teilgebiet tätig werden. Ärzte, die mehr als eine Gebietsbezeichnung oder Teilgebietsbezeichnung führen, müssen in diesen Gebieten oder Teilgebieten tätig sein. (2) Programmierte Untersuchungen zur Vorsorge oder zur Früherkennung von Krankheiten, die in verschiedene Gebiete fallen, dürfen diejenigen Ärzte durchfüh-

946 ren, zu deren Gebieten wesentliche Teile des Programms gehören, wenn die Ärzte die notwendigen Kenntnisse, Erfahrungen und Einrichtungen auch für die Durchführung des übrigen Programms besitzen. Die Ärztekammer stellt für die einzelnen Untersuchungsprogramme fest, bei welchen Gebieten die Voraussetzungen nach Satz 1 gegeben sind.

§18: Übergangs- und Schlußbestimmungen (1) Die bisher ausgesprochenen Anerkennungen von Arztbezeichnungen bleiben gültig mit der Maßgabe, daß die in der Weiterbildungsordnung bestimmten entsprechenden Bezeichnungen zu führen sind. Die Umstellung der Bezeichnung ist innerhalb einer Frist von drei Jahren vorzunehmen. Kammerangehörige, die sich bei Inkrafttreten des Gesetzes . . . in der Weiterbildung befinden, können die Weiterbildung in diesem Gebiet oder Teilgebiet nach den bisher geltenden Bestimmungen abschließen; sie erhalten eine Arztbezeichnung nach dieser Weiterbildungsordnung. (2) Wer auf Grund der Berufsordnung vom . . . berechtigt gewesen ist, eine in dieser Weiterbildungsordnung nicht enthaltene Arztbezeichnung zu führen, behält die Berechtigung auch nach Inkrafttreten dieser Weiterbildungsordnung. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. (3) Wer bei Einführung einer neuen Bezeichnung in diese Weiterbildungsordnung in dem Gebiet, Teilgebiet oder Bereich für das bzw. für den diese Bezeichnung eingeführt worden ist, innerhalb der letzten acht Jahre vor der Einführung mindestens die gleiche Zeit regelmäßig tätig war, welche der jeweiligen Mindestdauer der Weiterbildung entspricht, kann auf Antrag die Anerkennung zum Führen dieser Bezeichnung erhalten. Abweichendes ist in der Anlage zur Weiterbildungsordnung für einzelne Gebiete, Teilgebiete oder Bereiche bestimmt.

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Anhang 2

Der Antrag kann nur innerhalb von zwei Jahren nach Einführung einer neuen Bezeichnung gestellt werden; bei der Entscheidung über den Antrag kann die Kammer auch Zeiten regelmäßiger Berufstätigkeit berücksichtigen, die innerhalb der Antragsfrist abgeleistet wurden. Der Antragsteller hat den Nachweis einer regelmäßigen Tätigkeit für die in Satz 1 angegebene Mindestdauer in dem jeweiligen Gebiet, Teilgebiet oder Bereich zu erbringen. Aus dem Nachweis muß hervorgehen, daß der Antragsteller in dieser Zeit überwiegend in dem betreffenden Gebiet, Teilgebiet oder Bereich tätig gewesen ist und dabei umfassende Kenntnisse und Erfahrungen in diesem Gebiet, Teilgebiet oder Bereich erworben hat. Wer bei Einführung der Teilgebietsbe-

zeichnung „Neuropathologie" in diese Weiterbildungsordnung in diesem Teilgebiet mindestens fünf Jahre regelmäßig tätig war, kann auf Antrag die Anerkennung zum Führen der Gebietsbezeichnung „Pathologie" nur in Verbindung mit der Teilgebietsbezeichnung „Neuropathologie" erhalten, auch wenn er auf Grund seiner abgeschlossenen Weiterbildung nicht zum Führen der Gebietsbezeichnung „Pathologie" berechtigt ist. In diesem Falle darf der Arzt die Gebietsbezeichnung nur im Zusammenhang mit der Teilgebietsbezeichnung führen. Der Arzt muß sich gegenüber der Ärztekammer verpflichten, die Berufsausübung in dem Gebiet der Pathologie auf das Teilgebiet der Neuropathologie zu beschränken.



Anlage zur Weiterbildungsordnung I. Gebiete und Teilgebiete 1. Allgemeinmedizin Definition: Die Allgemeinmedizin umfaßt den gesamten menschlichen Lebensbereich, die Krankheitserkennung und -behandlung sowie die Gesundheitsführung der Patienten, unabhängig vom Alter, Geschlecht und der Art der Gesundheitsstörung. Die wesentlichen Aufgaben des Allgemeinarztes liegen daher in der Erkennung und Behandlung jeder Art von Erkrankungen, in der Vorsorge und in der Gesundheitsführung, in der Früherkennung von Krankheiten, in der Behandlung lebensbedrohlicher Zustände, in der ärztlichen Betreuung chronisch kranker und alter Menschen, in der Erkennung und Behandlung von milieubedingten Schäden, in der Einleitung von Rehabilitationsmaßnahmen sowie in der Integration der medizinischen, sozialen und psychischen Hilfen

für die Kranken und in der Zusammenarbeit mit Ärzten anderer Gebiete, in Krankenhäusern und Einrichtungen des Gesundheitswesens. Weiterbildungszeit: 4 Jahre davon 1 lA Jahre Innere Medizin, angerechnet werden können 6 Monate Kinderheilkunde. 1 Jahr Chirurgie, angerechnet werden können bis zu 6 Monaten Weiterbildung in Frauenheilkunde; 3 Monate in einer Allgemeinpraxis; 1 Jahr 3 Monate in Allgemeinmedizin oder in einem anderen Gebiet nach freier Wahl, wobei auch Tätigkeitsabschnitte von mindestens 3 Monate angerechnet werden können. Inhalt der Weiterbildung: Vermittlung und Erwerb eingehender Kenntnisse und Erfahrungen in der allge-

Anhang 2 meinärztlichen Beratung. Diagnostik und Therapie, der Verhütung und Früherkennung von Krankheiten, der frühzeitigen Erkennung komplizierter Krankheitsverläufe, der Behandlung von Notfällen, der Integration medizinischer sozialer und psychischer Hilfen einschließlich der Rehabilitation.

2. Anästhesiologie Definition: Die Anästhesiologie umfaßt die allgemeine und lokale Anästhesie einschließlich deren Vor- und Nachbehandlung, die Aufrechterhaltung der vitalen Funktionen während operativer Eingriffe, die Wiederbelebung und die Intensivtherapie in Zusammenarbeit mit den für das Grundleiden zuständigen Ärzten. Weiterbildungszeit: 4 Jahre davon mindestens 3 Jahre im Stationsdienst an einer Universitätsklinik, einem zugelassenen Krankenhaus oder einer zugelassenen Krankenhausabteilung. Angerechnet werden können 6 Monate Weiterbildung entweder in Chirurgie, Innerer Medizin, Pharmakologie, Physiologie, Lungenfunktionsdiagnostik oder Blutgruppenserologie. Inhalt der Weiterbildung: Vermittlung und Erwerb eingehender Kenntnisse und Erfahrungen in der Durchführung von Narkosen unter Berücksichtigung sämtlicher einschlägigen Verfahren bei Eingriffen aller operativen Gebiete, der Lokal- und Leitungsanästhesie, den Maßnahmen zur Wiederbelebung und Schockbehandlung, der Dauerbeatmung mit maschinellen Respiratoren sowie der Transfusions- und Infusionstherapie einschließlich der medizinischen und theoretischen Grundlagen.

3. Arbeitsmedizin Definition: Die Arbeitsmedizin umfaßt die Wechselbeziehungen zwischen Arbeit, Beruf und

948 Gesundheit. Dazu gehört inbesondere die Verhütung von Unfällen sowie die Vorbeugung und Erkennung von Erkrankungen, die durch das Arbeitsgeschehen verursacht werden können, und die Mitwirkung bei der Einleitung der sich aus solchen Unfällen und Erkrankungen ergebenden medizinischen Rehabilitation sowie bei der Durchführung berufsfördernder Rehabilitation Weiterbildungszeit : 4 Jahre davon 2 Jahre Innere Medizin Angerechnet werden können bis zu einem Jahr Weiterbildung entweder in Allgemeinmedizin, Chirurgie, Dermatologie, Lungen- und Bronchialheilkunde, Neurologie und Psychiatrie, Orthopädie oder Unfallchirurgie, oder innerhalb dieses Jahres bis zu sechs Monaten Weiterbildung entweder in Laboratoriumsmedizin, Physiologie oder Toxikologie, und 2 Jahre praktische Tätigkeit in der „Arbeitsmedizin". In dieser Zeit ist ein dreimonatiger theoretischer Kurs über Arbeitsmedizin, der in höchstens drei Abschnitte geteilt werden darf, zu absolvieren. Abweichend von § 18 Absatz 3 gilt folgende Übergangsbestimmung: Ein Arzt, der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Weiterbildungsordnung als Betriebsarzt, als Gewerbearzt, als Arzt in einem arbeitsmedizinischen Hochschulinstitut, im ärztlichen Dienst der Bundesanstalt für Arbeit oder einer vergleichbaren Einrichtung mindestens vier Jahre hauptberuflich oder in besonders verantwortlicher arbeitsmedizinischer Stellung tätig ist und die Genehmigung zum Führen der Zusatzbezeichnung „Arbeitsmedizin" besitzt, erhält auf Antrag die Berechtigung, die Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin" zu führen. Hat er die Zusatzbezeichnung „Arbeitsmedizin" auf Grund der in der Anlage zur bisherigen Berufsordnung enthaltenen Übergangsregelung erhalten, muß er diese Zusatzbezeichnung bei Inkrafttreten dieser Weiterbildungsordnung mindestens zwei Jahre besitzen.

949 Inhalt der Weiterbildung: Vermittlung und Erwerb eingehender Kenntnisse und Erfahrungen in den Grundlagen der Arbeitsmedizin einschließlich der Arbeitsphysiologie, der arbeitsmedizinischen Vorsorge und Diagnostik, der Arbeitspsychologie und der Arbeitspathologie. Vermittlung und Erwerb von Kenntnissen in der Sozialversicherungsmedizin, in der Arbeits- und Betriebssoziologie und in der Rehabilitation.

4. Augenheilkunde Definition: Die Augenheilkunde umfaßt die Erkennung, Behandlung, Prävention und Rehabilitation der anatomischen und funktionellen Veränderungen des Auges und seiner Adnexe sowie die plastisch-rekonstruktiven Operationen an den Schutzorganen des Auges. Weiterbildungszeit: 4 Jahre davon mindestens 3 Jahre im Stationsdienst an einer Universitätsklinik, einem zugelassenen Krankenhaus oder einer zugelassenen Krankenhausabteilung. Inhalt der Weiterbildung: Vermittlung und Erwerb eingehender Kenntnisse und Erfahrungen in der augenärztlichen Diagnostik und Differentialdiagnostik, in der konservativen und operativen Therapie des Gebietes, einschließlich der selbständigen Durchführung der üblichen ophthalmologischen Operationen, der Pleoptik und Orthoptik.

5. Chirurgie Definition: Die Chirurgie umfaßt die Erkennung, operative Behandlung von chirurgischen Erkrankungen, Verletzungen und Fehlbildungen sowie die entsprechenden Voruntersuchungen, konservativen Behandlungsverfahren und ihre Nachsorge. Weiterbildungszeit: 6 Jahre

Anhang 2 davon mindestens 5 Jahre im Stationsdienst an einer Universitätsklinik, einem zugelassenen Krankenhaus oder einer zugelassenen Krankenhausabteilung. Angerechnet werden können 6 Monate Weiterbildung entweder in Anatomie, Anästhesiologie, Neurochirurgie, Orthopädie, Pathologie oder Urologie. Die Anrechnungsfähigkeit entfällt, wenn insgesamt 2 Jahre der Weiterbildung in einem Teilgebiet des Gebietes der Chirurgie abgeleistet werden. Die Weiterbildung hat sich auch auf die Röntgendiagnostik des Gebietes einschließlich des Strahlenschutzes zu erstrecken. Die Weiterbildungsstätte und der Weiterbilder müssen einmal gewechselt werden. Auf die Mindestweiterbildungszeit werden Weiterbildungszeiten in den Teilgebieten Nr. 5.1 bis 5.5 von insgesamt nicht mehr als 2 Jahren angerechnet. Inhalt der Weiterbildung: Vermittlung und Erwerb eingehender Kenntnisse und Erfahrungen in der allgemeinen Diagnostik und Differentialdiagnostik, vor allen den instrumentellen Untersuchungsverfahren, der Indikationsstellung sowie der operativen und konservativen Behandlung chirurgischer Erkrankungen und Verletzungen einschließlich der selbständigen Durchführung aller üblichen Operationen, in der Röntgendiagnostik des Stütz- und Bewegungssystems, der röntgenologischen Notfalldiagnostik, der Schädel-, Brust- und Bauchöhle sowie in der intraoperativen Röntgendiagnostik und Fremdkörpersuche, in den Verfahren der Wiederbelebung und Schocktherapie sowie der Leitungs- und Lokalanästhesie. 5.1 Teilgebiet Gefäßchirurgie Weiterbildungszeit: 2 Jahre davon mindestens 1 Vi Jahre im Stationsdienst. Ein Jahr der Weiterbildung in dem Teilgebiet m u ß zusätzlich zur Mindestweiterbildungszeit im Gebiet abgeleistet werden. Für Anträge nach § 18 Absatz 3 ist eine

Anhang 2 mindestens dreijährige Tätigkeit im Teilgebiet nachzuweisen. Inhalt der Weiterbildung: Vermittlung und Erwerb spezieller Kenntnisse und Erfahrungen der diagnostischen, hyperämisierenden, resezierenden und rekonstruierenden Eingriffe am Gefäßsystem, Technik und Auswertung der Arterio-, Phlebo- und Lymphographie. 5.2 Teilgebiet Kinderchirurgie Weiterbildungszeit: 2 Jahre davon minstens 1 Vi fahre im Stationsdienst. Ein Jahr der Weiterbildung in dem Teilgebiet muß zusätzlich zur Mindestweiterbildungszeit im Gebiet abgeleistet werden. Inhalt der Weiterbildung: Vermittlung und Erwerb spezieller Kenntnisse und Erfahrungen in der neonatalen Chirurgie, der Chirurgie angeborener Mißbildungen, der Entfernung von Tumoren und der Traumatologie im Kindesalter. 5.3 Teilgebiet Plastische Chirurgie Weiterbildungszeit: 2 Jahre davon mindestens 1 Vi Jahre im Stationsdienst. Ein Jahr der Weiterbildung in dem Teilgebiet muß zusätzlich zur Mindestweiterbildungszeit im Gebiet abgeleistet werden. Für Anträge nach § 18 Absatz 3 ist eine mindestens dreijährige Tätigkeit im Teilgebiet nachzuweisen. Inhalt der Weiterbildung: Vermittlung und Erwerb spezieller Kenntnisse und Erfahrungen in konstruktiven, rekonstruktiven und anaplastischen operativen Eingriffen, die die sichtbare Form oder die sichtbare Funktion wiederherstellen oder verbessern. 5.4 Teilgebiet Thorax- und Kaidiovaskularchirurgie Weiterbildungszeit: 2 Jahre davon mindestens 1 Vi Jahre im Stationsdienst

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Ein Jahr der Weiterbildung in dem Teilgebiet muß zusätzlich zur Mindestweiterbildungszeit im Gebiet abgeleistet werden. Für Anträge nach § 18 Absatz 3 ist eine mindestens dreijährige Tätigkeit im Teilgebiet nachzuweisen. Inhalt der Weiterbildung: Vermittlung und Erwerb spezieller Kenntnisse und Erfahrungen in der operativen Behandlung von Erkrankungen, Mißbildungen und Verletzungen der Brustwand, der Lunge, des Mediastinums, des Herzens einschließlich seines Gefäßsystems. 5.5 Teilgebiet Unfallchirurgie Weiterbildungszeit: 2 Jahre davon mindestens 1 Vi Jahre im Stationsdienst. Ein Jahr der Weiterbildung in dem Teilgebiet muß zusätzlich zur Mindestweiterbildungszeit im Gebiet abgeleistet werden. Inhalt der Weiterbildung: Vermittlung und Erwerb spezieller Kenntnisse und Erfahrungen in der konservativen und operativen Behandlung von Verletzungen und ihrer Folgezustände, insbesondere des Stütz- und Bewegungssystems.

6. Dermatologie und Venerologie Definition: Die Dermatologie und Venerologie umfaßt die Erkennung, Behandlung, Prävention und Rehabilitation von Erkrankungen der Haut einschließlich der Unterhaut, der hautnahen Schleimhäute und der Hautanhangsgebilde, der Geschlechtskrankheiten und der nichtvenerischen Erkrankungen der äußeren Geschlechtsorgane, der chronisch-venösen Insuffizienz und des analen Symptomenkomplexes und die Andrologie. Weiterbildungszeit: 4 Jahre davon mindestens 3 Jahre an einer Universitätsklinik, einem zugelassenen Krankenhaus oder einer zugelassenen Krankenhausabteilung.

951 davon mindestens 2'/2jahre im Stationsdienst. Die Weiterbildung hat sich auch auf die Strahlentherapie des Gebietes einschließlich des Strahlenschutzes zu erstrecken. Inhalt der Weiterbildung: Vermittlung und Erwerb eingehender Kenntnisse und Erfahrungen in der Diagnostik, Differentialdiagnostik und Therapie der Erkrankungen der Haut und ihrer Anhangsgebilde, der sichtbaren Schleimhäute, des varikösen und analen Symptomenkomplexes, der Andrologie und Sexualstörungen, der Geschlechtskrankheiten und nichtvenerischen Erkrankungen der äußeren Geschlechtsorgane, der gebietsbezogenen Laboratoriumsdiagnostik, den Methoden zur Erkennung von Allergien und peripheren Durchblutungsstörungen, der Indikationsstellung und Durchführung der Hautchirurgie und Kryotherapie, der Strahlenbehandlung des Gebietes einschließlich der Anwendung ionisierender Strahlen.

7. Frauenheilkunde und Geburtshilfe Definition: Die Frauenheilkunde und Geburtshilfe umfaßt die Erkennung, Verhütung, konservative und operative Behandlung der Krankheiten der weiblichen Geschlechtsorgane und von krankhaften Zuständen und Komplikationen in der Schwangerschaft sowie die Vorbereitung, Leitung und Nachbehandlung normaler und pathologischer Geburten einschließlich der Vornahme geburtshilflicher Operationen. Weiterbildungszeit: 5 Jahre davon mindestens 4 Jahre im Stationsdienst an einer Universitätsklinik, einem zugelassenen Krankenhaus oder einer zugelassenen Krankenhausabteilung. Abzuleisten sind: Mindestens 2 Jahre in der Frauenheilkunde und mindestens 2 Jahre in der Geburtshilfe. Angerechnet werden können 6 Monate Weiterbildung entweder in Chirurgie,

Anhang 2 Kinderheilkunde, Pathologie oder Urologie. Die Weiterbildung hat sich auch auf die Röntgendiagnostik des Gebietes und Therapie mit radioaktiven Stoffen einschließlich des Strahlenschutzes zu erstrecken. Inhalt der Weiterbildung: Vermittlung und Erwerb eingehender Kenntnisse und Erfahrungen in der Diagnostik gynäkologischer Erkrankungen, der konservativen und operativen Behandlung einschließlich der selbständigen Durchführung der üblichen gynäkologischen Operationen sowie der Röntgendiagnostik des Gebietes, der Diagnostik und Differentialdiagnostik von Schwangerschaft und Schwangerschaftserkrankungen, der Leitung von normalen und regelwidrigen Geburten, der üblichen geburtshilflichen Operationen, der Wiederbelebungsmethoden des Neugeborenen. Vermittlung und Erwerb von Kenntnissen in den üblichen Narkose- und Anästhesieverfahren, der Schockbehandlung und Wiederbelebung, den zytologischen Untersuchungsverfahren sowie der Indikationsstellung zur gynäkologischen Strahlenbehandlung.

8. Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde Definition: Die Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde umfaßt die Erkennung, die konservative und operative Behandlung, die Prävention und Rehabilitation der Erkrankungen, Verletzungen, Frakturen, Fehlbildungen und Formveränderungen des äußeren, mittleren und inneren Ohres, des inneren Gehörganges sowie der hierzu führenden und daraus folgenden Erkrankungen, der inneren und äußeren Nase und des pneumatischen und stützenden Systems sowie der Weichteile des Gesichtsschädels (der Nasennebenhöhlen, ihrer knöchernen Wandungen und des Jochbeins] sowie der Schädelbasis, des Epi- und Mesopharynx einschließlich der Tonsillen, der Zunge und des Zungengrundes, des Mundbodens, der

Anhang 2 Glandula submandibularis und der Lippen, des Halses, des Hypopharynx und Larynx einschließlich der Halsabschnitte von Trachea und Ösophagus, des Lymphabflußgebietes des Kopfes und Halses, der Glandula parotis und des Nervus facialis innerhalb und außerhalb der Schädelbasis sowie der übrigen Hirnnerven im Bereich des Halses und des Kopfes außerhalb der Schädelbasis, der Hör- und Gleichgewichtsfunktionen und des Geruch- und Geschmacksinnes, einschließlich der Audiologie sowie der wiederherstellenden und plastischen Operation des Hals-Nasen-Ohren-Bereiches, die Endoskopie und endoskopische Therapie der tieferen Luft- und Speisewege und die Mediastinoskopie, die Phoniatrie, Logopädie und Pädaudiologie. Weiterbildungszeit: 4 Jahre davon mindestens 3 Jahre im Stationsdienst an einer Universitätsklinik, einem zugelassenen Krankenhaus oder einer zugelassenen Krankenhausabteilung. Die Weiterbildung hat sich auch auf die Röntgendiagnostik des Gebietes einschließlich des Strahlenschutzes zu erstrecken. Inhalt der Weiterbildung: Vermittlung und Erwerb eingehender Kenntnisse und Erfahrungen in der Diagnostik sowie der konservativen und operativen Therapie der HNO-Erkrankungen einschließlich der verschiedenen Untersuchungsmethoden und der selbständigen Durchführung der üblichen Operationen, der Röntgendiagnostik des Gebietes und der Anpassung von Hörgeräten. Vermittlung und Erwerb von Kenntnissen in der Phoniatrie, Logopädie und Pädaudiologie, den üblichen Narkoseverfahren, der Schockbehandlung und Wiederbelebung. 8.1 Teilgebiet Phoniatrie und Pädaudiologie Weiterbildungszeit: 2 Jahre

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Ein Jahr der Weiterbildung in dem Teilgebiet muß zusätzlich zur Mindestweiterbildungszeit im Gebiet abgeleistet werden. Für Anträge nach § 18 Absatz 3 ist eine mindestens dreijährige Tätigkeit im Teilgebiet nachzuweisen. Inhalt der Weiterbildung: Vermittlung und Erwerb spezieller Kenntnisse und Erfahrungen in der Ätiologie, Pathogenese, Pathophysiologie, Symptomatologie, Diagnostik, Differentialdiagnostik und Therapie der Sprachund Stimmstörungen sowie Hörbehinderungen im Kindesalter.

9. Innere Medizin Definition: Die Innere Medizin umfaßt die Erkennung und konservative Behandlung der Erkrankungen der Atmungsorgane, des Herzens und Kreislaufs, der Verdauungsorgane, der Nieren und ableitenden Harnwege, des Blutes und der blutbildenden Organe, des Stoffwechsels und der inneren Sekretion, der internen allergischen Erkrankungen, der internen Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates, der Infektionskrankheiten und Vergiftungen einschließlich der Intensivmedizin, der Prophylaxe und Rehabilitation. Weiterbildungszeit: 6 Jahre davon mindestens 5 Jahre an einer Universitätsklinik, einem zugelassenen Krankenhaus oder einer zugelassenen Krankenhausabteilung. davon mindestens 4 Jahre im Stationsdienst. In dieser Zeit sollen 6 Monate Weiterbildung in der Intensivmedizin enthalten und angemessene Gelegenheit zum Erwerb der notwendigen Laborkenntnisse gegeben sein. Die Weiterbildungsstätte und der Weiterbilder müssen einmal gewechselt werden. 1 Jahr Weiterbildung ist in der Röntgendiagnostik des Gebietes abzuleisten; diese

Anhang 2

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einjährige ganztägige Weiterbildung kann durch eine entsprechende Teilnahme an der Röntgendiagnostik des Gebietes während der gesamten internen Weiterbildungszeit ersetzt werden. Angerechnet werden können 6 Monate Weiterbildung entweder in Anästhesiologie, Arbeitsmedizin, Dermatologie, Immunologie, Kinderheilkunde, Medizinischer Chemie, Mikrobiologie, Nervenheilkunde, Nuklearmedizin, Pharmakologie und Toxikologie, Pathologie oder Physiologie; die Anrechnungsfähigkeit entfällt, wenn insgesamt 2 Jahre der Weiterbildung in mehreren Teilgebieten der Inneren Medizin abgeleistet werden. Auf die Mindestweiterbildungszeit werden Weiterbildungszeiten in den Teilgebieten Nr. 9.1 bis 9.7 von insgesamt nicht mehr als 2 Jahren angerechnet. Inhalt der Weiterbildung: Vermittlung und Erwerb eingehender Kenntnisse und Erfahrungen in der Ätiologie, Pathogenese, Pathophysiologie, Symptomatologie, der Diagnostik, Differentialdiagnostik und Therapie interner Erkrankungen, der einschlägigen Laboratoriumsdiagnostik und der Röntgendiagnostik des Gebietes. Vermittlung und Erwerb von Kenntnissen in der Diagnostik mit radioaktiven Substanzen, der Diagnostik und Therapie von Erkrankungen des Nervensystems, der Psychosomatik und Humangenetik. 9.1 Teilgebiet Endokrinologie Weiterbildungszeit: 2 Jahre davon mindestens 1 Vi Jahre im Stationsdienst. Ein Jahr der Weiterbildung in dem Teilgebiet m u ß zusätzlich zur Mindestweiterbildungszeit im Gebiet abgeleistet werden. Inhalt dei Weitelbildung: Vermittlung und Erwerb spezieller Kenntnisse und Erfahrungen in der Diagnostik und Therapie endokriner Erkrankungen und Stoffwechselleiden einschließlich der Intensivtherapie und der endokrinologischen Funktionsteste.

9.2 Teilgebiet Gastroenterologie Weiterbildungszeit: 2 fahre davon mindestens 1 Vi Jahre im Stationsdienst. Ein Jahr der Weiterbildung in dem Teilgebiet m u ß zusätzlich zur Mindesweiterbildungszeit im Gebiet abgeleistet werden. Inhalt der Weiterbildung: Vermittlung und Erwerb spezieller Kenntnisse und Erfahrungen in der Diagnostik und Therapie der Krankheiten der Verdauungsorgane einschließlich der Röntgendiagnostik des Teilgebietes und der Endoskopie. 9.3 Teilgebiet Hämatologie Weiterbildungszeit: 2 Jahre davon 1 Vi Jahre im Stationsdienst und Vi Jahr im hämatologischen Laboratorium. Ein Jahr der Weiterbildung in dem Teilgebiet m u ß zusätzlich zur Mindestweiterbildungszeit im Gebiet abgeleistet werden. Inhalt der Weiterbildung: Vermittlung und Erwerb spezieller Kenntnisse und Erfahrungen in der Physiologie und Pathophysiologie der Blutbildung, des Blutabbaues, der Blutgerinnung und der Fibrinolyse, der Ätiologie, Pathogenese, Symptomatologie, Diagnostik und Therapie der Erkrankungen der blutbildenden Organe, der zirkulierenden Blutzellen, der Bluteiweißkörper, der Lymphe und der Gerinnung. 9.4 Teilgebiet Kardiologie Weiterbildungszeit: 2 Jahre davon mindestens 1 Vi Jahre im Stationsdienst. Ein Jahr der Weiterbildung in dem Teilgebiet m u ß zusätzlich zur Mindestweiterbildungszeit im Gebiet abgeleistet werden. Inhalt der Weiterbildung: Vermittlung und Erwerb spezieller Kenntnisse und Erfahrungen in der Ätiologie, Pathogenese, Pathophysiologie, Symptomatologie, Diagnostik, Differen-

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tialdiagnostik und konservativen Therapie der Herz- und Kreislauferkrankungen einschließlich der Röntgendiagnostik des Teilgebietes sowie in der Indikationsstellung zu operativen Eingriffen. 9.5 Teilgebiet Lungen- und Bronchialheilkunde Weiterbildungszeit: 2 Jahre davon mindestens 1 Vi Jahre im Stationsdienst. Ein Jahr der Weiterbildung in dem Teilgebiet muß zusätzlich zur Mindestweiterbildungszeit im Gebiet abgeleistet werden. Inhalt der Weiterbildung: Vermittlung und Erwerb spezieller Kenntnisse und Erfahrungen in der Ätiologie, Pathogenese, Pathophysiologie, Symptomatologie, Diagnostik und Therapie der Krankheiten der Lunge, der Bronchien, des Mediastinums und der Pleura einschließlich der Indikationsstellung zur operativen und Strahlenbehandlung. Vermittlung und Erwerb von Kenntnissen in der Endoskopie, der Biopsie und der Lungenszintigraphie. 9.6 Teilgebiet Nephrologie Weiterbildungszeit: 2 Jahre davon mindestens 1 Jahr im Stationsdienst und 6 Monate Dialysetätigkeit. Ein Jahr der Weiterbildung in dem Teilgebiet muß zusätzlich zur Mindestweiterbildungszeit im Gebiet abgeleistet werden. Inhalt der Weiterbildung: Vermittlung und Erwerb spezieller Kenntnisse und Erfahrungen in Ätiologie, Pathogenese, Pathophysiologie, Symptomatologie, Diagnostik und Therapie der Nierenkrankheiten einschließlich der Röntgendiagnostik des Teilgebietes und der Indikationsstellung urologischer und gefäßchirurgischer Eingriffe sowie der Nierentransplantation. 9.7 Teilgebiet Rheumatologie Weiterbildungszeit: 2 Jahre

davon mindestens 1 Vi Jahre im Stationsdienst. Angerechnet werden können 6 Monate Weiterbildung entweder in einer orthopädischen oder physikalischen-therapeutischen Abteilung oder rheumatologischen Kinderabteilung. Ein Jahr der Weiterbildung in dem Teilgebiet muß zusätzlich zur Mindestweiterbildungszeit im Gebiet abgeleistet werden. Für Anträge nach § 18 Abs. 3 ist eine mindestens 3jährige Tätigkeit im Teilgebiet nachzuweisen. Inhalt der Weiterbildung: Vermittlung und Erwerb spezieller Kenntnisse und Erfahrungen in der Diagnostik und konservativen Therapie bei entzündlichen rheumatischen Erkrankungen. 10. Kinderheilkunde Definition: Die Kinderheilkunde umfaßt die Erkennung und Behandlung aller körperlichen und seelischen Erkrankungen des Kindes von der Geburt bis zum Abschluß seiner somatischen Entwicklung einschließlich Prävention, Schutzimpfungen, pädiatrische Intensivmedizin, Rehabilitation und Fürsorge im Kindesalter. Weiterbildungszeit: 5 Jahre davon 4 Jahre an einer Universitätsklinik, einem zugelassenen Krankenhaus oder einer zugelassenen Rrankenhausabteilung, davon mindestens 3 Vi Jahre im Stationsdienst. Angerechnet werden können 6 Monate Weiterbildung entweder in Anästhesiologie, Chirurgie, Dermatologie, Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Humangenetik, Immunologie, Innerer Medizin, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Medizinischer Chemie, Mikrobiologie, Orthopädie, Pharmakologie, Pathologie, Psychiatrie und Neurologie, Physiologie oder Radiologie. Die Anrechnungsfähigkeit entfällt, wenn

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955 insgesamt ein fahr im Teilgebiet Kinderkardiologie absolviert wird. Auf die Mindestweiterbildungszeit werden Weiterbildungszeiten in dem Teilgebiet Nr. 10.1 von nicht mehr als einem Jahr angerechnet. Die Weiterbildung hat sich auch auf die Röntgendiagnostik des Gebietes einschließlich des Strahlenschutzes zu erstrecken. Inhalt der Weiterbildung: Vermittlung und Erwerb eingehender Kenntnisse und Erfahrungen in der Beurteilung der körperlichen, sozialen, psychischen und intellektuellen Entwicklung des Kindes, der Ätiologie, Pathogenese, Pathophysiologic, Symptomatologie, Diagnostik, Differentialdiagnostik und Therapie der angeborenen und im Kindesalter auftretenden Störungen und Erkrankungen, der Behandlung von Früh- und Neugeborenen sowie in der Röntgendiagnostik des Gebietes. Vermittlung und Erwerb von Kenntnissen in speziellen diagnostischen Verfahren wie Elektroenzephalographie und Echoenzephalographie. 10.1 Teilgebiet Kinderkaidiologie Weiterbildungszeit: 2 Jahre davon mindestens 1 Vi Jahre im Stationsdienst. Ein Jahr der Weiterbildung in dem Teilgebiet muß zusätzlich zur Mindestweiterbildungszeit abgeleistet werden. Inhalt der Weiterbildung: Vermittlung und Erwerb spezieller Kenntnisse und Erfahrungen in der Ätiologie, Pathogenese, Pathophysiologie, Symptomatologie, Diagnostik, Differentialdiagnostik und konservativen Therapie der funktionellen und organisch bedingten Störungen des Herzens und des Kreislaufs, insbesondere der angeborenen Anomalien und entzündlichen Erkrankungen des Herzens und der großen Gefäße einschließlich der Röntgendiagnostik des Teilgebietes und der Indikationsstellung zu operativen Eingriffen.

11. Kinder- und Jugendpsychiatrie Definition: Die Kinder- und Jugendpsychiatrie umfaßt die Erkennung, nichtoperative Behandlung, Prävention und Rehabilitation bei psychischen, psychosomatischen und neurologischen Erkrankungen oder Störungen sowie bei psychischen und sozialen Verhaltensauffälligkeiten im Kindesund Jugendalter. Weiterbildungszeit: 4 Jahre an einer Universitätsklinik, einem zugelassenen Krankenhaus oder einer zugelassenen Krankenhausabteilung, davon 1 Jahr Kinderheilkunde, 1 Jahr Psychiatrie und Neurologie, 2 Jahre Kinder- und Jugendpsychiatrie, mindestens 1 Vi Jahre im Stationsdienst. Das letzte Jahr der Weiterbildung soll in der Kinder- und Jugendpsychiatrie abgeleistet werden. Inhalt der Weiterbildung: Vermittlung und Erwerb eingehender Kenntnisse und Erfahrungen in der Diagnostik, Differentialdiagnostik, den theoretischen Grundlagen und der klinischen Praxis psychiatrischer Erkrankungen des Kindes- und Jugendalters einschließlich neurologischer Untersuchungen, in der Differentialdiagnostik psychiatrischer und neurologischer Krankheitsbilder und Störungen, der Pharmako- und Somatotherapie psychiatrischer und neurologischer Krankheitsbilder, den Psychotherapiemethoden und der Indikationsstellung zur tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie.

12. Laboratoriumsmedizin Definition Die Laboratoriumsmedizin umfaßt die Beratung und Unterstützung der in der Vorsorge und in der Krankenbehandlung tätigen Ärzte bei der Erkennung von Krankheiten und ihren Ursachen, bei der Überwachung des Krankheitsverlaufes, bei der Bewertung therapeutischer Maß-

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nahmen durch die Anwendung und Beurteilung morphologischer, chemischer, physikalischer, immunologischer und mikrobiologischer Untersuchungsverfahren von Körpersäften, ihrer morphologischen Bestandteile sowie von abgeschiedenem und ausgeschiedenem Untersuchungsmaterial zur Erkennung physiologischer Eigenschaften und krankhafter Zustände sowie zur Verlaufskontrolle einschließlich der dazu erforderlichen Funktionsprüfungen und diagnostischen Eingriffe. Weiterbildungszeit: 5 Jahre davon 1 fahr Innere Medizin, angerechnet werden können 6 Monate Weiterbildung in Kinderheilkunde, 4 Jahre im Gebiet der Laboratoriumsmedizin, davon mindestens 1 Jahr in der medizinischen Mikrobiologie, 1 Jahr in der medizinischen Immunologie, 1 Jahr in der medizinischen Chemie. Inhalt der Weiterbildung: Vermittlung und Erwerb eingehender Kenntnisse und Erfahrungen in den theoretischen, medizinischen, physikalischen und chemischen Grundlagen des Gebietes, den Routineverfahren der medizinischen Chemie, der medizinischen Physik, der medizinischen Mikroskopie, der medizinischen Mikrobiologie, der medizinischen Immunologie und Blutgruppenserologie. Vermittlung und Erwerb von Kenntnissen in speziellen Untersuchungsmethoden der Laboratoriumsmedizin einschließlich nuklearmedizinischer Laboratoriumsuntersuchungen.

13. Lungen- und Bronchialheilkunde Definition: Die Lungen- und Bronchialheilkunde umfaßt die Erkennung, die konservative Behandlung, die Prävention und die Rehabilitation der Erkrankungen der Lunge und der Bronchien.

956 Weiterbildungszeit: 4 Jahre an einer Universitätsklinik, einem zugelassenen Krankenhaus oder einer zugelassenen Krankenhausabteilung, davon mindestens 3 Jahre im Stationsdienst. Abzuleisten sind: 1 Jahr Innere Medizin, 3 Jahre Lungen- und Bronchialheilkunde. Das letzte Jahr der Weiterbildung muß in der „Lungen- und Bronchialheilkunde" abgeleistet werden. Die Weiterbildung hat sich auch auf die Röntgendiagnostik des Gebietes einschließlich des Strahlenschutzes zu erstrecken. Inhalt der Weiterbildung: Vermittlung und Erwerb eingehender Kenntnisse und Erfahrungen in der Ätiologie, Pathogenese, Pathophysiologie, Symptomatologie, Diagnostik, Differentialdiagnostik und Therapie der Krankheiten der Lunge, der Bronchien, des Mediastinums und der Pleura einschließlich der Röntgendiagnostik des Gebietes in der Endoskopie und Biopsie der Pleura und der Lunge sowie in der Indikationsstellung zur operativen und Strahlenbehandlung. Vermittlung und Erwerb von Kenntnissen in der Lungenszintigraphie, der Zytologie und der Bakteriologie von Krankheitserregern der Atmungsorgane.

14. Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie Definition: Die Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie umfaßt die Laboratoriumsdiagnostik mikrobiell bedingter Erkrankungen und die Aufklärung ihrer epidemiologischen Zusammenhänge und Ursachen, die Unterstützung der in der Vorsorge, in der Krankenbehandlung und im öffentlichen Gesundheitsdienst tätigen Ärzte bei der Diagnose von Infektionskrankheiten, ihrer Prophylaxe und Bekämpfung sowie bei der mikrobiologischen Bewertung antimikrobieller Substanzen.

957 Weiterbildungszeit: 5 Jahre an einer Universitätsklinik, einem zugelassenen Krankenhaus, einer zugelassenen Krankenhausabteilung oder einer zugelassenen Einrichtung, davon 1 Jahr klinische Tätigkeit in der Chirurgie oder Inneren Medizin oder Pädiatrie. 4 Jahre Mikrobiologie, angerechnet werden kann bis zu einem Jahr Tätigkeit in Hygiene. Während der gesamten Weiterbildungszeit muß fortlaufende Zusammenarbeit mit den Ärzten der klinischen Abteilungen (Innere Medizin, Chirurgie, Pädiatrie, Intensivmedizin) gewährleistet sein. Inhalt der Weiterbildung: Vermittlung und Erwerb eingehender Kenntnisse und Erfahrungen in der Prophylaxe und Epidemiologie von Infektionskrankheiten, in den theoretischen Grundlagen und diagnostischen Verfahren der Bakteriologie, Virologie, Serologie/Immunologie von Infektionskrankheiten und der mikrobiologischen Bewertung therapeutischer desinfizierender Substanzen, in der Erkennung, Prophylaxe und Bekämpfung von Krankenhausinfektionen.

15. Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgie Definition: Die Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgie umfaßt die Erkennung, die konservative und chirurgische Behandlung, die Prävention und die Rehabilitation der Erkrankungen, Verletzungen, Frakturen, Fehlbildungen und Formveränderungen, die vom Zahn, vom Zahnhalteapparat, von den Alveolarfortsätzen und vom harten Gaumen ausgehen, der beiden Kiefer, einschließlich chirurgischer Kieferorthopädie, des Gaumens, der Lippen, des Naseneingangs, des Oberkiefers und des Jochbeins (Reposition und Fixation), des Unterkiefers einschließlich des Kiefergelenks, der vorderen % der Zunge, der Mundhöhlenwandungen, der Glandula submandibularis sowie der Weichteile des Gesichtsschä-

Anhang 2 dels, der Glandula parotis, der Lymphknoten, alles im Zusammenhang mit den vorgenannten Erkrankungen, Exhairese des Nervus infraorbitalis, alveolaris, mandibularis und lingualis, die Korrekturen des Mundes und des Mundbodens sowie der Biß- und Kaufunktion, die Eingliederung von Resektionsprothesen und anderer prothetischer und orthopädischer Hilfsmittel, die wiederherstellende und plastische Chirurgie der vorstehend aufgeführten Bereiche. Weiterbildungszeit: 4 Jahre davon 3 Jahre an einer Universitätsklinik, einem zugelassenen Krankenhaus oder einer zugelassenen Krankenhausabteilung, davon mindestens 2 Vi Jahre im Stationsdienst. Angerechnet werden können 6 Monate Weiterbildung entweder in Hals-NasenOhren-Heilkunde oder Anästhesiologie oder 1 Jahr Chirurgie. Die Weiterbildung hat sich auch auf die Röntgendiagnostik des Gebietes einschließlich des Strahlenschutzes zu erstrecken. Inhalt der Weiterbildung: Vermittlung und Erwerb eingehender Kenntnisse und Erfahrungen in der Entwicklungsgeschichte, Anatomie, Ätiologie, Symptomatologie, Diagnostik, Differentialdiagnostik und Therapie der Krankheiten des Gebietes einschließlich der Röntgendiagnostik des Gebietes, der speziellen Anästhesie und der selbständigen Durchführung der üblichen Operationen. Vermittlung und Erwerb von Kenntnissen in der Indikation und Anwendung chirurgisch-prothetischer und orthopädischer Hilfsmittel und Maßnahmen, in der Reanimation und Schockbehandlung.

16. Nervenheilkunde (Neurologie und Psychiatrie) Definition: Die Nervenheilkunde umfaßt die Erkennung, nichtoperative Behandlung, Präven-

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Anhang 2 tion, Rehabilitation und Begutachtung bei Erkrankungen des zentralen peripheren und vegetativen Nervensystems sowie der Muskulatur (Myopathien und Myositiden|; bei psychischen Krankheiten oder Störungen und bei psychischen und sozialen Verhaltensauffälligkeiten. Weiterbildungszeit: 5 Jahre an einer Universitätsklinik, einem zugelassenen Krankenhaus oder einer zugelassenen Krankenhausabteilung. Abzuleisten sind: mindestens 2 Jahre Neurologie, davon 1 Vi Jahre im Stationsdienst, mindestens 2 Jahre Psychiatrie, davon 1 Vi Jahre im Stationsdienst. Angerechnet werden können bis zu einem Jahr entweder in Innerer Medizin, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Neurochirurgie, Neuropathologie, Neurophysiologie oder Psychotherapie. Wenigstens 6 Monate der psychiatrischen Weiterbildung sind in einem psychiatrischen Landeskrankenhaus oder einer vergleichbaren Einrichtung abzuleisten. Die Weiterbildung in der Neurologie hat sich auf die Röntgendiagnostik des Gebietes einschließlich des Strahlenschutzes zu erstrecken. Inhalt der Weiterbildung: Vermittlung und Erwerb eingehender Kenntnisse und Erfahrungen in den theoretischen Grundlagen der Diagnostik, Differentialdiagnostik und Therapie neurologischer Krankheitsbilder und Defektzustände einschließlich der Neuroradiologie, der speziellen Laboratoriumsmethoden, der Elektroenzephalographie, der Echoenzephalographie und der Elektrodiagnostik. Vermittlung und Erwerb eingehender Kenntnisse und Erfahrungen in den theoretischen Grundlagen, der Diagnostik, Differentialdiagnostik und Therapie psychiatrischer Krankheitsbilder und Störungen, psychischer und sozialer Verhaltensauffälligkeiten einschließlich der Pharmako- und Somatotherapie, in der Anwendung der allgemeinen Psychotherapie und der Indikationsstellung zur tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie.

17. Neurochirurgie Definition: Die Neurochirurgie umfaßt die Erkennung, operative Behandlung von Erkrankungen, Verletzungen und Fehlbildungen des zentralen Nervensystems und seiner Hüllen, des peripheren und vegetativen Nervensystems sowie die entsprechenden Voruntersuchungen, konservativen Behandlungsverfahren und ihre Nachsorge. Weiterbildungszeit: 6 Jahre davon 5 Jahre an einer Universitätsklinik, einem zugelassenen Krankenhaus oder einer zugelassenen Krankenhausabteilung, davon mindestens 4 Jahre im Stationsdienst. Angerechnet werden können bis zu 1 Jahr Weiterbildung entweder in Neurologie, neurologischen Grundwissenschaften, Chirurgie oder Orthopädie oder 6 Monate Anästhesiologie, Augenheilkunde oder Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Die Weiterbildung hat sich auch auf die Röntgendiagnostik des Gebietes einschließlich des Strahlenschutzes zu erstrecken. Inhalt der Weiterbildung: Vermittlung und Erwerb eingehender Kenntnisse und Erfahrungen in der Neurologie, Neuroanatomie, Neuropathologie, Neurophysiologie und allgemeinen Psychopathologie, den spezifischen Untersuchungsmethoden des Gebietes einschließlich Elektroenzephalographie, Elektromyographie und Isotopendiagnostik, in der Diagnostik und Differentialdiagnostik von intrakraniellen und spinalen Mißbildungen und Erkrankungen, Verletzungen, Tumoren und anderen Erkrankungen der peripheren Nerven, des vegetativen Nervensystems und des endoktrinen Systems und der operativen Diagnostik, in der konservativen und operativen Behandlung neurochirurgischer Erkrankungen und Verletzungen einschließlich der selbständigen Durchführung der üblichen Operationen.

959 Vermittlung und Erwerb von Kenntnissen in der Strahlenbiologie, Strahlentherapie und Isotopendiagnostik, in der Neuroophthalmologie, Neurootologie und Neuroorthopädie sowie der speziellen Anästhesie.

18. Neurologie Definition: Die Neurologie umfaßt die Erkennung, nichtoperative Behandlung, Prävention und Rehabilitation bei Erkrankungen des zentralen, peripheren und vegetativen Nervensystems sowie der Muskulatur (Myopathien und Myositiden). Weiterbildungszeit : 4 Jahre an einer Universität, einem zugelassenen Krankenhaus oder einer zugelassenen Krankenhausabteilung, davon 1 Jahr Psychiatrie, 3 Jahre Neurologie, davon 2 fahre Stationsdienst. Angerechnet werden können auf die Weiterbildung in Neurologie bis zu 1 Jahr Weiterbildung entweder in Neurochirurgie, Neuropathologie, Neurophysiologie oder Innerer Medizin. Die Weiterbildung hat sich auch auf die Röntgendiagnostik des Gebietes einschließlich des Strahlenschutzes zu erstrecken. Inhalt der Weiterbildung: Vermittlung und Erwerb eingehender Kenntnisse und Erfahrungen in den theoretischen Grundlagen, der Diagnostik, Differentialdiagnostik und Therapie neurologischer Krankheitsbilder und Defektzustände einschließlich der Neuroradiologie, der speziellen Laboratoriumsmethoden, der Elektroenzephalographie, der Echoenzephalographie und der Elektrodiagnostik. Vermittlung und Erwerb von Kenntnissen im Gebiet der Psychiatrie.

19. Nuklearmedizin Definition: Die Nuklearmedizin umfaßt die Anwen-

Anhang 2 dung radioaktiver Substanzen in der Medizin zur Funktions- und Lokalisationsdiagnostik sowie offener Radionuklide in der Therapie und den Strahlenschutz. Weiterbildungszeit: 4 Jahre Angerechnet werden können bis zu insgesamt 1 Jahr Weiterbildung entweder in Innerer Medizin, Kinderheilkunde oder Radiologie. Inhalt der Weiterbildung: Vermittlung und Erwerb eingehender Kenntnisse und Erfahrungen in der Meßtechnik, elektronischen Ausrüstung, Befundanalyse und Datenverarbeitung, Radiochemie und Radiopharmakologie, Präparation und Markierung von körpereigenen Substraten, der Diagnostik- und Therapieplanung, Auswahl der Mittel zur Reduktion der Strahlenbelastung, Strahlenschutz des Personals, Strahlenschutzmeßtechnik und Abfallbeseitigung und der Anwendung aller nuklearmedizinischen diagnostischen und therapeutischen Methoden.

20. Öffentliches Gesundheitswesen Die Anerkennung für das Gebiet „Öffentliches Gesundheitswesen" wird nach Maßgabe der entsprechenden staatlichen Vorschriften erteilt.

21. Orthopädie Definition: Die Orthopädie umfaßt die Erkennung, Behandlung, Prävention und Rehabilitation von angeborenen und erworbenen Formveränderungen und Funktionsstörungen, Erkrankungen und Verletzungen der Stütz- und Bewegungsorgane. Weiterbildungszeit: 5 Jahre an einer Universitätsklinik, einem zugelassenen Krankenhaus oder einer zugelassenen Krankenhausabteilung. Abzuleisten sind: 1 Jahr Chirurgie, 4 Jahre Orthopädie, davon mindestens 3 Jahre im Stationsdienst.

Anhang 2 Die Weiterbildung in Chirurgie ist im ersten oder zweiten Jahr der Weiterbildung abzuleisten. Die Weiterbildung hat sich auch auf die Röntgendiagnostik des Gebietes einschließlich des Strahlenschutzes zu erstrecken. Inhalt der Weiterbildung: Vermittlung und Erwerb von Kenntnissen in der kleinen und mittleren Chirurgie, insbesondere der Unfallchirurgie, der Anästhesie, Wiederbelebung und Schockbehandlung. Vermittlung und Erwerb eingehender Kenntnisse und Erfahrungen in der Diagnostik und Therapie orthopädischer Krankheiten und ihrer Verlaufsformen, der Statik und Kinetik des Stütz- und Bewegungssystems einschließlich spezieller Untersuchungsverfahren und der Röntgendiagnostik des Gebietes, den konservativen Behandlungsmethoden, der physikalischen Therapie, der technischen Orthopädie und der selbständigen Durchführung der üblichen orthopädischen Operationen. 21.1 Teilgebiet Rheumatologie Weiterbildungszeit : 2 Jahre davon mindestens 1 Vi Jahre im Stationsdienst. Ein Jahr der Weiterbildung in dem Teilgebiet muß zusätzlich zur Mindestweiterbildungszeit im Gebiet abgeleistet werden. Für Anträge nach § 18 Abs. 3 ist eine mindestens 3jährige Tätigkeit im Teilgebiet nachzuweisen. Inhalt der Weiterbildung: Vermittlung und Erwerb spezieller Kenntnisse und Erfahrungen in der Diagnostik, konservativen und operativen Therapie bei entzündlichen rheumatischen Erkrankungen. 21.

Pathologie

Definition: Die Pathologie umfaßt die Beratung und Unterstützung der in der Vorsorge und in der Krankenbehandlung tätigen Ärzte bei

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der Erkennung von Krankheiten und ihren Ursachen, bei der Überwachung des Krankheitsverlaufes, bei der Bewertung therapeutischer Maßnahmen durch die Beurteilung übersandten morphologischen Untersuchungsguts oder durch Obduktion auch bei versicherungsmedizinischen Zusammenhangsfragen. Weiterbildungszeit: 5 Jahre, davon 4 Jahre an einer Universitätsklinik, einem zugelassenen Krankenhaus oder einer zugelassenen Krankenhausabteilung. Angerechnet werden können bis zu 1 Jahr Weiterbildung entweder in Anatomie oder Rechtsmedizin, oder bis zu 6 Monaten entweder in Chirurgie, Frauenheilkunde, Innerer Medizin, Kinderheilkunde oder Nervenheilkunde. Die Anrechnungsfähigkeit entfällt, wenn ein Jahr im Teilgebiet „Neuropathologie" absolviert wird. Auf die Mindestweiterbildungszeit werden Weiterbildungszeiten in dem Teilgebiet Nr. 21.1 von nicht mehr als einem Jahr angerechnet. Inhalt der Weiterbildung: Vermittlung und Erwerb eingehender Kenntnisse und Erfahrungen in der Obduktionstätigkeit, in der Herrichtung und diagnostischen Auswertung histologischer und zytologischer Präparate. 22.1 Teilgebiet Neuropathologie Weiterbildungszeit: 2 Jahre Ein Jahr der Weiterbildung in dem Teilgebiet muß zusätzlich zur Mindestweiterbildungszeit im Gebiet abgeleistet werden. Inhalt der Weiterbildung: Vermittlung und Erwerb spezieller Kenntnisse und Erfahrungen in der neuropathologischen Diagnostik einschließlich der Herrichtung und Auswertung histologischer und zytologischer Präparate. 23.

Pharmakologie

Definition: Die Pharmakologie umfaßt die Erfor-

961 schung von Arzneimittelwirkungen und von Vergiftungen im Tierexperiment und am Menschen einschließlich der Untersuchungen von Resorption, Verteilung, chemischen Veränderungen im Organismus und Elimination, die Mitarbeit bei der Entwicklung und Anwendung neuer Pharmaka sowie bei der Bewertung ihres therapeutischen Nutzens, die Beratung von Ärzten in der Arzneitherapie und bei Vergiftungsfällen, die Stellungnahme zu pharmakologischen und toxikologischen Fragen. Weiterbildungszeit: 5 fahre davon 4 Jahre an einer Universitätsklinik, einem zugelassenen Krankenhaus oder einer zugelassenen Krankenhausabteilung. Abzuleisten sind: 4 Jahre in dem Gebiet der experimentellen Pharmakologie und Toxikologie. Angerechnet werden können bis zu 1 Jahr die wissenschaftliche Tätigkeit in entweder Physiologie, Biochemie, Biophysik, Mikrobiologie, Pathologie, Chemie (einschließlich pharmazeutischer Chemie), Physikalische Chemie oder Physik sowie 6 Monate klinische Pharmakologie. 1 Jahr klinisch-pharmakologische Forschung. Inhalt der Weiterbildung: Vermittlung und Erwerb eingehender Kenntnisse und Erfahrungen in den theoretischen Grundlagen der tierexperimentellen Forschung zur Wirkungsanalyse von Arzneimitteln und Giften, der experimentellen Erzeugung von Krankheitszuständen beim Tier zur Wirkungsanalyse von Pharmaka, den biologischen Testund Standardisierungsverfahren, den gebräuchlichen Untersuchungsverfahren und Meßmethoden der Pharmakologie. Vermittlung und Erwerb von Kenntnissen in der Züchtung, Haltung und Ernährung von Laboratoriumstieren und der Isotopendiagnostik. 23.1 Teilgebiet Klinische Pharmakologie Weiterbildungszeit: 2 '/Ü Jahre

Anhang 2 Ein Jahr der Weiterbildung in dem Teilgebiet muß zusätzlich zur Mindestweiterbildungszeit im Gebiet abgeleistet werden. Mindestens 1 Vi Jahre dieser Zeit müssen in enger Verbindung mit klinischen Abteilungen absolviert werden. Für Anträge nach § 18 Abs. 3 ist eine mindestens 3jährige Tätigkeit im Teilgebiet nachzuweisen. Inhalt der Weiterbildung: Durchführung von Wirkungsanalysen von Arzneimitteln am Menschen und der klinischen Prüfung (Phase 1-4] einschließlich der Bewertung von Arzneimitteln gem. AMG in Zusammenarbeit mit dem behandelnden Arzt. Beratung in arzneitherapeutischen Fragen und bei Vergiftungen. Durchführung von Arzneimittelbestimmungen in Körperflüssigkeiten des Menschen zur Steuerung der Therapie und der Arzneimittelepidemiologie. Erfassung und Bewertung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen.

24. Psychiatrie Definition Die Psychiatrie umfaßt die Erkennung, nichtoperative Behandlung, Prävention und Rehabilitation, bei psychischen Krankheiten oder Störungen sowie bei psychischen und sozialen Verhaltensauffälligkeiten. Weiterbildungszeit: 4 Jahre an einer Universitätsklinik, einem zugelassenen Krankenhaus oder an einer zugelassenen Krankenhausabteilung, davon 1 Jahr Neurologie 3 Jahre Psychiatrie, davon 2 Jahre Stationsdienst. Angerechnet werden können auf die Weiterbildung in Psychiatrie bis zu 1 Jahr Weiterbildung entweder in Psychotherapie oder Kinder- und Jugendpsychiatrie oder 6 Monate in Neuropathologie oder Neurophysiologie. Wenigstens 6 Monate der psychiatrischen Weiterbildung sind in einem psych-

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Anhang 2

iatrischen Landeskrankenhaus oder einer vergleichbaren Einrichtung abzuleisten. Inhalt der Weiterbildung: Vermittlung und Erwerb eingehender Kenntnisse und Erfahrungen in den theoretischen Grundlagen, der Diagnostik, Differentialdiagnostik und Therapie psychiatrischer Krankheitsbilder und Störungen, psychischer und sozialer Verhaltensauffälligkeiten einschließlich der Pharmako- und Somatotherapie, in der Anwendung der allgemeinen Psychotherapie und der Indikationsstellung zur tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie. Vermittlung und Erwerb von Kenntnissen im Gebiet der Neurologie.

25. Radiologie Definition: Die Radiologie umfaßt die Erkennung und Behandlung von Erkrankungen mittels ionisierender Strahlen einschließlich derjenigen von radioaktiven Stoffen sowie den Strahlenschutz. Weiteibildungszeit: 5 Jahre davon 4 Jahre an einer Universitätsklinik, einem zugelassenen Krankenhaus oder einer zugelassenen Krankenhausabteilung, davon 2 Vi Jahre allgemeine Röntgendiagnostik, 1 Vi Jahre Strahlentherapie, 1 Jahr entweder in allgemeiner Röntgendiagnostik oder Strahlentherapie. Auf den strahlentherapeutischen Weiterbildungsabschnitt können 6 Monate Weiterbildung entweder in Nuklearmedizin oder einem der klinischen Gebiete angerechnet werden. Inhalt der Weiterbildung: Vermittlung und Erwerb eingehender Kenntnisse und Erfahrungen in der Röntgendiagnostik einschließlich röntgendiagnostischer Spezialverfahren und in der Strahlentherapie (Oberflächen-, Nachbestrahlungs-, Tiefen- einschließlich Megavolttherapie| sowie im Strahlenschutz.

Vermittlung und Erwerb von Kenntnissen in der Anwendung von Radionukliden. 25.1 Teilgebiet Strahlentherapie Die Strahlentherapie umfaßt die Behandlung von Erkrankungen mit ionisierenden Strahlen einschließlich derjenigen von radioaktiven Stoffen mit Schwerpunkt in der Onkologie. Der Inhalt der Weiterbildung erstreckt sich auf die Vermittlung und den Erwerb spezieller Kenntnisse und Erfahrungen in diesem Teilgebiet. Weiterbildungszeit: 2 Vi Jahre Auf diese Zeit kann eine Weiterbildung in der Nuklearmedizin oder einem der klinischen Gebiete nicht angerechnet werden. Ein Jahr der Weiterbildung in dem Teilgebiet muß zusätzlich zur Mindestweiterbildungszeit im Gebiet abgeleistet werden.

26. Rechtsmedizin Definition: Die Rechtsmedizin umfaßt die Anwendung und Beurteilung medizinischer und medizinisch-naturwissenschaftlicher Kenntnisse für die Rechtspflege. Weiterbildungszeit: 5 Jahre davon Vi Jahr Psychiatrie, 1 Jahr Pathologie, 3 Vi Jahre in einem Institut für Rechtsmedizin, angerechnet werden können 6 Monate Weiterbildung entweder in klinischer, theoretisch-medizinischer, allgemeinärztlicher Tätigkeit oder Tätigkeit im öffentlichen Gesundheitsdienst. Inhalt der Weiterbildung: Vermittlung und Erwerb eingehender Kenntnisse und Erfahrungen in der gerichtsärztlichen Tätigkeit einschließlich der gerichtsärztlichen Sektionstechnik und der Erstattung von schriftlichen und mündlichen Gutachten über Kausalzusammenhänge im Rahmen der Todeser-

Anhang 2

963 mittlung sowie zu forensisch psychopathologischen Fragestellungen. Vermittlung und Erwerb von Kenntnissen in der Asservierung von Spuren, der Beurteilung von Verletzungen bei Lebenden und Toten, der Beurteilung von Intoxikationen, der Rechtsstellung des Arztes und der rechtlichen Konsequenzen ärztlichen Handelns, der forensischen Serologie, der gerichtsmedizinischen Spurenkunde und der Versicherungsmedizin.

27. Urologie Definition: Die Urologie umfaßt die Erkennung, Behandlung, Prävention und Rehabilitation der urologischen Erkrankungen, der Fehlbildungen und Verletzungen des männlichen Urogenitalsystems und der weiblichen Harnorgane, einschließlich der UroTuberkulose und der Andrologie. Weiterbildungszeit: 5 Jahre an einer Universitätsklinik, einem zugelassenen Krankenhaus oder einer zugelassenen Krankenhausabteilung, davon 1 Jahr Chirurgie und 4 Jahre Urologie im Stationsdienst. Die Weiterbildung in Chirurgie ist im ersten oder zweiten Jahr der Weiterbildung abzuleisten. Die Weiterbildung hat sich auch auf die Röntgendiagnostik des Gebietes einschließlich des Strahlenschutzes zu erstrecken. Inhalt der Weiterbildung: Vermittlung und Erwerb von Kenntnissen in der allgemeinen Chirurgie, insbesondere der Chirurgie der Bauchorgane, der Anästhesie, Wiederbelebung und Schockbehandlung. Vermittlung und Erwerb eingehender Kenntnisse und Erfahrungen in der urologischen Anatomie, Physiologie, Pathologie und Pharmakologie, der Diagnostik und Therapie der urologischen Erkrankungen einschließlich der Röntgendiagnostik des Gebietes, der Indikationsstellung und selbständigen Durchführung der üblichen urologischen Operationen.

Vermittlung und Erwerb von Kenntnissen in der Indikationsstellung und Durchführung der Isotopendiagnostik des Gebietes.

II. Bereiche Für das Führen der nachstehend aufgeführten Zusatzbezeichnungen sind folgende Voraussetzungen zu erfüllen:

1. Bereich und Zusatzbezeichnung Allergologie Einjährige Tätigkeit an einer allergologischen Abteilung oder bei einem ermächtigten Arzt. Bis zu 6 Monaten kann die Tätigkeit an einem Institut für Immunologie angerechnet werden. Für Anträge nach § 18 Absatz 3 ist eine mindestens dreijährige Tätigkeit im Bereich nachzuweisen.

2. Bereich Balneologie und medizinische Klimatologie Zusatzbezeichnung: Badearzt oder Kurarzt 1. Teilnahme an einem einführenden allgemeinen Kurs für physikalische Medizin, Balneologie und Klimatologie von 3 Wochen Dauer und einem weiteren Kurs von 3 Wochen Dauer an einem Krankenhaus, einer Kurklinik oder einem Institut, welche geeignet sind, Kenntnisse über die Anwendung der physikalischen Medizin und der Balneologie zu vermitteln. 2. Mindestens einjährige überwiegend balneologische Tätigkeit in dem amtlich anerkannten Badeort oder Kurort, in dem der Arzt die Bezeichnung „Badearzt" oder „Kurarzt" führen will. Tätigkeiten in einem Heilbad mit gleicher oder ähnlicher Indikation können auf die vorgenannte Zeit angerechnet werden.

Anhang 2 Die Bezeichnung „Badearzt" oder „Kurarzt" darf nur geführt werden, wenn der Arzt in einem amtlich anerkannten Badeoder Kurort als Bade- oder Kurarzt tätig ist.

3. Bereich und Zusatzbezeichnung Betriebsmedizin 1. Teilnahme an einem dreimonatigen theoretischen Kurs über Arbeitsmedizin der in höchstens drei Abschnitte gestellt werden darf. 2. Zwölf Monate klinische oder poliklinische Tätigkeit auf dem Gebiet der Inneren Medizin. 3. Neun Monate praktische Tätigkeit in der Arbeitsmedizin bei einem ermächtigten Arzt. Bei denjenigen Ärzten, die einen Qualifikationsnachweis auf der Grundlage des § 3 Absatz 2 Nr. 2 der U W „Betriebsärzte" erworben haben bzw. die eine Bescheinigung nach § 3 Absatz 3 Nr. 3 vorweisen, gilt diese Voraussetzung als erfüllt, wenn sie eine mindestens zweijährige durchgehende regelmäßige Tätigkeit als Betriebsarzt in einem geeigneten Betrieb oder eine gleichwertige Tätigkeit (z. B. als Gewerbearzt) nachweisen. Die Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin" darf vom Arzt nur an der Stätte seiner arbeitsmedizinischen Tätigkeit im Betrieb geführt werden.

4. Bereich und Zusatzbezeichnung Chirotherapie 1. Teilnahme an einem Einführungskurs von mindestens zwölf Stunden Dauer über theoretische Grundlagen und Untersuchungsmethoden manueller Befunderhebung an der Wirbelsäule und Extremitätengelenken. 2. Teilnahme an einem einwöchigen klinischen Kurs bei einem hierzu ermächtigten Arzt in einer orthopädischen Abteilung. Diese Voraussetzung gilt bei Nachweis einer mindestens halbjährigen Weiterbildung in Orthopädie als erfüllt.

964 3. Teilnahme an einer Weiterbildung von 60 Studen über Untersuchungstechniken, Mobilisationen und Manipulationen an den Extremitätengelenken. 4. Teilnahme an drei Kursen von je 60 Stunden oder 6 Kursen von je 30 Stunden über Untersuchungsmethoden, Weichteiltechniken, Mobilisationen, gezielten Manipulationen und Übungsbehandlungen an allen Wirbelgelenken sowie der Röntgenologie unter chirotherapeutischen Gesichtspunkten. Die Kurse zu Ziffer 3 und 4 sollen in Abständen von mindestens 3 Monaten absolviert werden. Für Anträge nach § 18 Absatz 3 ist eine mindestens dreijährige Tätigkeit im Bereich nachzuweisen.

5. Bereich und Zusatzbezeichnung „Flugmedizin" 1. a) Zweijährige Weiterbildung in der Inneren Medizin oder b) fünfjährige Tätigkeit unter Leitung eines zur Weiterbildung ermächtigten Arztes an einem flugmedizinischen Institut. 2. Teilnahme an einem mindestens vierwöchigen Einführungslehrgang in die Flugmedizin. 3. Erwerb eines Luftfahrerscheines. 4. Cockpit-Erfahrungen in großen Verkehrsflugzeugen bei Flügen über mehrere Zeitzonen. Ärzte, die bei Inkrafttreten dieser Bestimmung der Weiterbildungsordnung mindestens 5 fahre Leiter einer fliegerärztlichen Untersuchungsstelle für Berufsflugzeugführer waren, können auf Antrag die Genehmigung zum Führen der Zusatzbezeichnung „Flugmedizin" erhalten.

6. Bereich und Zusatzbezeichnung Homöopathie 1. a) Eine theoretische oder praktische Beschäftigung mit dem homöopathischen Heilverfahren während der Dauer von mindestens 1 Vi fahren unter Anleitung eines ermächtigten Arztes

965 oder b) eine halbjährige Tätigkeit an einem Krankenhaus unter Leitung eines ermächtigten Arztes. 2. Die Teilnahme an drei anerkannten Fortbildungskursen oder wahlweise an einem anerkannten vierteljährigen Lehrgang in der homöopathischen Therapie.

7. Bereich und Zusatzbezeichnung Medizinische Genetik 1. Zweijährige Weiterbildung in dem Bereich der klinischen Genetik und genetischen Beratung an einem Institut für Humangenetik einer Universität bei einem ermächtigten Arzt. 2. Nachweis der selbständigen Durchführung der genetischen Beratung in mindestens 30 Fällen. Für Anträge nach § 18 Absatz 3 ist eine mindestens dreijährige Tätigkeit im Bereich nachzuweisen.

8. Bereich und Zusatzbezeichnung Medizinische Informatik Grundkenntnisse in der Biomathematik und der angewandten Informatik. 1 Vi Jahre Weiterbildung in Informatik. Dabei sind Kenntnisse in der Medizinischen Datenverarbeitung (Datenerfassung, Datenspeicherung, Datenpräsentation, Dialogsysteme, Biosignalverarbeitung und problemorientierte Sprache) zu erwerben. 6 Monate Weiterbildung im praktischen Einsatz fachbezogen auf ein Gebiet.

9. Bereich und Zusatzbezeichnung Naturheilverfahren 1. Teilnahme an drei Kursen über naturgemäße Heilweisen von je einer Woche Dauer. 2. Zwei Monate ärztliche Tätigkeit in anerkannten Krankenhäusern oder Sanatorien für naturgemäße Heilweise, in anerkannten Instituten für Kneippsche Heilweise oder bei Ärzten, die die Vorausset-

Anhang 2

zung zum Führen des Zusatzes „Naturheilverfahren" und entsprechende Einrichtungen besitzen. Die zweimonatige Tätigkeit kann auch in Abschnitten durchgeführt werden. Diese Voraussetzungen für das Führen der Zusatzbezeichnung „Naturheilverfahren" sind auch erfüllt, wenn der Arzt eine mindestens halbjährige Tätigkeit an einer der unter Nr. 2 genannten Einrichtungen nachweist.

10. Bereich und Zusatzbezeichnung Physikalische Therapie 1. a) Zwei Jahre Weiterbildung bei einem hierzu ermächtigten Arzt. Die Weiterbildung hat sich auch auf Aufgaben der medizinischen Rehabilitation zu erstrekken. b) Die im Rahmen der Weiterbildung für das Gebiet des Arztes nachgewiesene Tätigkeit in physikalischer Therapie kann bei Internisten und bei Orthopäden bis zu 1 Vi Jahren, bei Chirurgen bis zu 1 Jahr angerechnet werden. c| Teilnahme an einem Kurs über die Grundlagen und Techniken der Physikalischen Medizin unter Berücksichtigung der Prävention und Rehabilitation. 2. Das Recht zum Führen dieser Zusatzbezeichnung ist davon abhängig, daß in mindestens sechs der nachstehenden Therapieformen ausreichende Behandlungsmöglichkeiten mit entsprechender räumlicher und apparativer Ausstattung sowie qualifizierter personeller Besetzung vorhanden sind und die Behandlungen vom Arzt ständig überwacht werden: a) Krankengymnastik und Bewegungstherapie b| Massage c) Extensionsbehandlung d) Wärme- oder Kältebehandlung e) Elektrotherapie, Ultraschallbehandlung f) Hydrotherapie, Bäderbehandlung g) Lichttherapie h| Aerosoltherapie i] Klima- oder Überdruckbehandlung

Anhang 2 Bei der Auswahl der erforderlichen Behandlungsmöglichkeiten sollen die gebietsspezifischen Erfordernisse des Arztes berücksichtigt werden, ebenso eventuelle ortsgebundene Therapiemöglichkeiten an Kurorten oder Heilbädern.

11. Bereich und Zusatzbezeichnung Plastische Operationen 2 Jahre Weiterbildung in plastisch-chirurgischen Eingriffen des jeweiligen Gebietes bei einem ermächtigten Arzt. Für Anträge nach § 18 Absatz 3 ist eine mindestens dreijährige Tätigkeit im Bereich nachzuweisen.

12. Bereich und Zusatzbezeichnung „Psychoanalyse" 3 Vi Jahre Weiterbildung, davon 2 Vi Jahre klinische Tätigkeit in tiefenpsychologisch fundierter und analytischer Psychotherapie und 1 Jahr klinische Tätigkeit in der Psychiatrie bei einem mindestens zur 2jährigen Weiterbildung in der Psychiatrie ermächtigten Arzt. Erfolgt die Weiterbildung in der tiefenpsychologisch fundierten und analytischen Psychotherapie berufsbegleitend, so beträgt die Weiterbildungszeit hierfür 5 Jahre. Bei Ärzten mit mindestens 5jähriger praktischer Berufstätigkeit kann die vorgeschriebene Weiterbildung in der Psychiatrie durch den Nachweis des Erwerbs entsprechender psychiatrischer Kenntnisse ersetzt werden.

13. Bereich und Zusatzbezeichnung „Psychotherapie" 2 Vi Jahre Weiterbildung, davon 1 Vi Jahre klinische Tätigkeit in der Psychotherapie u n d / o d e r Psychosomatischen Medizin und 1 Jahr klinische Tätigkeit in der Psychiatrie bei einem mindestens zur 2jährigen

966 Weiterbildung in der Psychiatrie ermächtigten Arzt. Auf die Weiterbildung in der Psychiatrie kann Vi Jahr Weiterbildung in Kinderund Jugendpsychiatrie oder Psychotherapie angerechnet werden. Erfolgt die Weiterbildung in der Psychotherapie u n d / o d e r Psychosomatischen Medizin berufsbegleitend, so beträgt die Weiterbildungszeit hierfür drei Jahre. Bei Ärzten mit mindestens 5jähriger praktischer Berufstätigkeit kann die vorgeschriebene Weiterbildung in der Psychiatrie durch den Nachweis des Erwerbs entsprechender psychiatrischer Kenntnisse ersetzt werden.

14. Bereich und Zusatzbezeichnung Sportmedizin 1. Teilnahme an von der Ärztekammer anerkannten Einführungskursen in Theorie u n d Praxis der Leibesübungen von insgesamt mindestens 120 Stunden Dauer. Teilnahme an von der Ärztekammer anerkannten sportmedizinischen Kursen von insgesamt mindestens 120 Stunden Dauer und einjährige praktische sportärztliche Tätigkeit in einem Sportverein oder Sportbund oder 1. eine einjährige ganztägige Weiterbildung in einem sportmedizinischen Institut unter Leitung eines ermächtigten Arztes.

15. Bereich und Zusatzbezeichnung Stimm- und Sprachstörungen 1. Eine mindestens halbjährige Weiterbildung in der diagnostischen Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde bei einem ermächtigten Arzt in einer Abteilung für HalsNasen-Ohren-Krankheiten. 2. Eine halbjährige Weiterbildung bei einem ermächtigten Arzt in einer Abteilung f ü r Stimm- und Sprachstörungen.

Anhang 2

967

16. Bereich und Zusatzbezeichnung Transfusionsmedizin

rend der Weiterbildung im Gebiet absolviert wurde.

1. Von Ärzten, die nicht unter 2, 3 und 4, aufgeführt sind: Dreijährige Tätigkeit im Blutspendedienst bzw. in einer Abteilung für Transfusionsmedizin. Ein Jahr Weiterbildung in der Mikrobiologie und/oder Serologie kann angerechnet werden, sofern es während der jeweiligen Weiterbildung absolviert wurde. 2. Von einem Anästhesisten, Chirurgen, Frauenarzt, Internisten oder Kinderarzt: Eine dreijährige Tätigkeit im Blutspendedienst bzw. in einer Abteilung für Transfusionsmedizin. Eine sechsmonatige Weiterbildung in Blutgruppenserologie kann angerechnet werden, sofern diese während der Weiterbildung im Gebiet absolviert wurde. 3. Von einem Pharmakologen: Dreijährige Tätigkeit im Blutspendedienst bzw. in einer Abteilung für Transfusionsmedizin. Eine einjährige Weiterbildung in der Mikrobiologie und/oder Serologie kann angerechnet werden, sofern diese während der Weiterbildung im Gebiet absolviert wurde. 4. Von einem Laborarzt: Dreijährige Tätigkeit im Blutspendedienst bzw. in einer Abteilung für Transfusionsmedizin. Eine zweijährige Weiterbildung in der Mikrobiologie und/oder Serologie kann angerechnet werden, sofern diese wä-

17. Bereich und Zusatzbezeichnung Tropenmedizin 1. Teilnahme an einem Kurs über Tropenkrankheiten und medizinische Parasitologie an einem der Tropeninstitute in Hamburg, Amsterdam, Antwerpen, Basel, Liverpool, London und Marseille von mindestens drei Monaten Dauer. 2. Eine mindestens einjährige Tätigkeit außerhalb der Tropen in einem Tropenkrankenhaus, einer tropenmedizinischen Fachabteilung oder der klinischen Ambulanz eines Tropeninstituts. 3. Eine einjährige praktische Tätigkeit in den Tropen in einer klinischen Ambulanz auf einer allgemeinen Krankenstation oder auf einer Station für Innere oder Kinderkrankheiten soweit die Behandlung von Tropenkrankheiten dort einen wesentlichen Anteil der ärztlichen Tätigkeit ausmacht.

Übergangsbestimmungen: Bei Nachweis einer mindestens fünfjährigen ärztlichen Tätigkeit in tropischen Ländern kann die Genehmigung zum Führen der Zusatzbezeichnung „Tropenmedizin" im Zeitpunkt der Einführung dieser Fassung unter der Voraussetzung auch erteilt werden, wenn der tropenmedizinische Kurs nicht nachgewiesen werden kann. •

Sachregister Die Ziffern verweisen auf die Randzahlen

Ärztehaus 1 Ärztekammer 2 ff. Arbeitsstellen Vermittlung durch - 13 Aufgaben 3 f. Aufsicht 5 Begriff 2 Beitrag 14 ff. Datenverarbeitung durch - 12, 541 freiwillige Mitgliedschaft 6 Gebührenerhebung durch - 10 Insolvenzsicherung, Beitragspflicht 12 Kartellrecht 11 Klagerecht gegen berufsrechtliche Entscheidungen staatlicher Behörden 9 Konkursausfallgeld, Beitragspflicht 12 Maßnahmen gegen den Staat 3 Meldepflicht 7 Mitwirkung bei der Berufung von Chefärzten 3 Notfalldienstregelung 1272, 1273 ff. Organisation 5 Pflichtmitgliedschaft 6 ärztliche Hochschullehrer 6 ausländische Ärzte 7 beamtete Arzte 6 Sanitätsoffiziere 6, 1568 verfassungsrechtliche Zulässigkeit 7 politische Betätigung 4 Rechtsbeziehungen zu Mitgliedern 8 f. Rügerecht 9 Unfallversicherungsschutz für ehrenamtlich tätige Mitglieder 5 Untergliederungen 5 Vertreterversammlung 5

Vertretung von Mitgliedern in wirtschaftlichen Angelegenheiten 3 Vorstand 5 Wahl zur - 5 Wettbewerbsrecht 11, 1923 ff. GWB 1925 Klagebefugnis bei Wettbewerbsverstößen Dritter 11,1923 Klagebefugnis gegenüber Mitgliedern 11 Zuständigkeit Dienstleistungsverbringer innerhalb der EG 1257 f. Weiterbildung, Wechsel der Ärztekammerzugehörigkeit 1878 Ärztekammerbeitrag 14 ff. Abführung von Beitragsanteilen an Bundesärztekammer 18 Äquivalenzprinzip 17 Begriff 14 Gleichheitssatz 16, 17 niedergelassene Ärzte 17 Rechtsgrundlage 14 Sanitätsoffiziere 17, 1568 Stichtag für Beitragspflicht bei Wechsel in einen anderen Kammerbereich 18 theoretische Mediziner 17 Verjährung 18 zwangsweise Beitreibung 18 Ärztekollegium 1 Ärztemuster 19 ff. Abgabe an Ärzte 20 f. ausländische Ärztemuster zum Zwecke der Marktforschung 21 zahlenmäßige Beschränkung 21 Abgabe durch Arzt an Patienten gegen Bezahlung 23 Begriff 19 Haftung für Schäden durch mißbräuchliche Verwendung 24

Sachregister Spende von - 22 Steuerfragen 24 Umtausch in Apotheke 22 Vorratsergänzung mittels auf den Namen des Patienten ausgestellter Rezepte 23 Zollfreiheit 24 Ärztestreik 25 ff. angestellte Ärzte 28 Begriff 25 Erscheinungsformen 26 Kassenärzte 29 Krankenhausärzte 28 Privatärzte 29 Ärztetag > Deutscher Ärztetag Ärztezentrum 1 ärztliche Ausbildung 30 ärztliche Prüfungen 31 ff. ärztliche Vorprüfung 31,35 Bestehensregel 32 Errichtung eines eigenständigen Prüfungssystems durch die Hochschule 35 im Ausland 33 multiple-choice-Verfahren 31 Organisation des Prüfungswesens 32 Prüfungsentscheidung 33,35 Aufhebung im Hauptsacheverfahren 35 Aufhebung wegen Verfahrensmängel 35 Rechtsweg 33 Rechtsgrundlagen 31 f. Rücktritt 33 schriftliche Prüfung 31, 34 Wiederholungsprüfung 33 Ärztlicher Direktor 36 ff. Aufgaben 37 Begriff 36 Haftung 39 Rechtsstellung 38 ärztliche Sachleistungen 1530 f. Ärztliche Vorprüfung 31, 35 Akupunktur 40 f. Abrechenbarkeit nach der GOÄ 162 Ankündigung auf Praxisschild 42 Begriff 40 Beihilfe 41 Haftung 4

970 Heilkundeausübung 40 Krankenversicherung 41 wissenschaftlich anerkannte Untersuchungs- und Behandlungsmethode 40 Altenpfleger 43 f. Aufgaben 43 Ausbildung 44 Berufsbezeichnung 44 Injektionen 44, 894, 902 medizinischer Assistenzberuf 1182 staatliche Anerkennung 44 ambulantes Operieren 1333 Amtsarzt 45 ff. amtsärztliche Prüfung 46 Aufgaben 47 ff. Begriff 45 Bekanntgabe amtsärztlicher Gutachten an untersuchte Personen 56 betriebsärztliche Tätigkeit 49 Haftung 53 ff. bei Einstellungsuntersuchungen 54 bei Erstattung von Gutachten für andere Behörden im Rahmen einer Nebentätigkeit 55 bei fehlerhaften Formulierungen im amtsärztlichen Gutachten 53 bei Verwertung fremder Befunde im amtsärztlichen Gutachten 53 Kassenzulassung 52,926 Nebentätigkeit 52, 55 Pflichtmitgliedschaft bei der Ärztekammer 50 Rechtsstellung 46 Schweigepflicht 51 Weisungsfreiheit 46 Anhaltszahlen für Personalbemessung in Krankenhäusern 525, 1355 Anstaltsarzt im Justizvollzugsdienst 57 ff. Anspruch Gefangener auf kostenlose Behandlung durch - 59 Aufgaben 58 ff. freie Arztwahl 59 Haftung 64 Hilfeleistungspflicht niedergelassener Ärzte und Krankenhausärzte in Notfällen 64 Kassenzulassung 65

971 Leichenschau durch - 60 Rechtsstellung 57 Schweigepflicht 61 ff. gegenüber Anstaltsleitung 61 f. gegenüber Anstaltsbeirat 63 Zuziehung von Ärzten außerhalb der Anstalt durch - 59 Zwangsbehandlung 60,2004 Zwangsernährung 2011 ff. Anti-Baby-Pille > Ovulationshemmer Apotheke 66 ff. Abgabe von Arzneimitteln 67 Begriff 66 Bundeswehrapotheke 66 Dienstbereitschaft 70 Kontrahierungszwang 68 Krankenhausapotheke 66, 1029 f. Krankenkassenrabatt 69 Preisgestaltung 69 Rechtsgrundlagen 67 f. Übergabe von Rezepten durch verschreibenden Arzt an Apotheken 69 Apothekenhelfer 71 Apothekenpflicht 72 f. Apotheker 74 ff. Apothekerkammer 74 Aufgaben 76 ff. Aufklärungspflicht gegenüber Kunden 79 Ausbildung 74 Beraterfunktion 76 Berufsbezeichnung 74 Berufsgerichtsbarkeit 74 Berufsordnung 74 Einsammeln von Rezepten in Arztpraxis 80, 1923 Feststellung von Krankheiten durch - 78 gegenseitige Anerkennung der Diplome in der EG 76 Haftung 79 Heilkundeausübung 76 Information des Kunden bei Selbstmedikation 77 über Nebenwirkungen von Arzneimitteln 77, 79 kostenlose Abgabe apothekenpflichtiger Arzneimittel 80 Kritik an Verschreibung des Arztes 76

Sachregister Schweigepflicht 79 Substitionsverbot 76 Werbeverbot 80 Apothekerassistent 81 Apparategemeinschaft 82 f. Approbation 84 ff. Approbationsbehörde 91,92 Bindung an strafrechtliches Berufsverbot 91 Zuständigkeit 92 Begriff 84 Erteilung der - 84 ff. an Ausländer außerhalb der EG 86 ff. an DDR-Staatsbürger 85 an deutsche Staatsangehörige 84 f. an EG-Ausländer 84 f. „gespaltene" - nach den Vorschlägen des Wissenschaftsrates 92 Rücknahme 89 Ruhen 90 Verzicht 91 Widerruf 89 Wiedererteilung nach Rücknahme 91 Approbationsordnung für Ärzte 93 Aibeitsamtsaizt 94 ff. Aufgaben 94 Begriff 94 freie Arztwahl bei arbeitsamtsärztlichen Untersuchungen 96,644 Haftung 95 Kassenzulassung 96 Rechtsstellung 94 Weisungsfreiheit 94 Weiterbildung 96 Aibeitsschutzgesetz 97 Arbeitsunfähigkeit 98 f. Begriff 98 Begutachtung durch Vertrauensarzt 1853 Rechtsfolgen 99 Teilarbeitsunfähigkeit 98 Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung 100 ff. Ausstellung 101 durch angestellten Arzt 101 durch ausländischen Arzt 103 durch Ehegatten 101,102

Sachregister durch Heilpraktiker 101 durch Inhaber einer Berufserlaubnis 101 durch Kassenarzt ohne vorausgegangene Untersuchung 106 durch Nichtkassenarzt 101 Beweiswert 102 Diagnose i n - 101 Haftung bei Ausstellung einer unrichtigenkassenarztrechtliche Disziplinarmaßnahmen 106 strafrechtliche Verantwortlichkeit 105 zivilrechtliche Haftung 106 Honorar 107 kassenärztliche - 104 Rechtsgrundlagen 101 Rechtsnatur 100 Rückdatierung 102, 104 Arbeitsunfall 108 f. Begriff 108 bei Mißlingen eines ärztlichen Eingriffs im Rahmen stationärer Behandlung 109 Einleitung berufsgenossenschaftlicher Heilbehandlung 109,578 Arzneibuch 110 Arzneimittel 111 Abgabe durch Ärzte 72 durch Apotheken 67 durch Betriebsärzte 440 apothekenpflichtige - 72 Arzneimittelprüfung, klinische 952 ff. Begriff 111 Bekanntgabe von wissenschaftlichen Stellungnahmen und Gutachten über therapeutischen Nutzen von - an Kassenärzte 120 freiverkäufliche - 73 kostenlose Abgabe apothekenpflichtiger - 73 Registrierungspflicht 112 Verschreibung von - 1824 ff. verschreibungspflichtige- 1835 Zulassungspflicht 112 Arzneimittelgesetz 112 Arzneimittelhöchstbetrag 113

972 Arzneimittelindex 114 Arzneimittelkommission 115 Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft 116 Arzneimittelpreisverordnung 117 Arzneimittel-Richtlinien 118 ff. Inhalt 118 Rechtsnatur 119 Zweck 118 Arzneiregreß 121 aufschiebende Wirkung des Widerspruches gegen - 1949 Arzt 122 ff. Ausbildung 30 Berufsausübung 123 Berufsbezeichnung 122 Berufsbild 122 Berufserlaubnis 357 ff. EG-Recht 1252 ff. Gewerbesteuer 124,701,1134, 1394 Rechtsnatur des Arztberufes 123 Umsatzsteuer 124, 701, 1134, 1394, 1802 ff. Weisungsrecht des Dienstherrn 123 Arztausweis 125 Arztbesuch während der Arbeitszeit 246, 398 Arztbezeichnung 126 Aberkennung 1880 Anerkennung durch Ärztekammer 1880 Begriff 126 EG-Recht 1253, 1893 Führen mehrerer - 677, 1753, 1998 gegenseitige Anerkennung in der EG 1253, 1893 Gültigkeit in allen Bundesländern 678 im Ausland erworbene - 678 in der DDR erworbene - 678 Strafrechtsschutz 126,678 Tätigkeit im Gebiet, Teilgebiet oder Bereich als Voraussetzung des Rechts zur Führung einer - 675, 677 Urkunde über Anerkennung 1880 Arztbrief 127 ff. Begriff 127

973 Haftung für fehlende oder mißverständliche Angaben 130 Hinweis in - , daß aus Diagnose keine Schlüsse über Krankheitswert oder Grad der Behinderung gezogen werden dürfen 129 Herausgabe an Patienten zur Einsichtnahme 128 Übergabe an Patienten zwecks Weiterleitung an Arztkollegen 129, 130 Arzt der Bundeswehr 131 Arztehefrau 132 ff. Ansprüche nach Ehescheidung 136, 207, 1413 Gesellschaftsverhältnis mit Ehemann als Praxisinhaber 134 Gewinnbeteiligung in Arztpraxis des Ehemannes 134 Mitarbeit in Arztpraxis des Ehemannes 132 Heilkundeausübung 135 steuerliche Anerkennung 133 Unfallversicherungsschutz 136 Arzt-Ersatzkassenvertrag (AEKV) 137 Arztethik (Berufsethik) 138 Arztfachhelferin 139 Arzthelferin 140 ff. arbeitsrechtliche Stellung 153 ff. Ausbildung 141 ff. Abschlußprüfung 144 Aufgabe der Ärztekammer 141 Ausbildungsvertrag 145 ff. Ausbildungszeit 140, 142 bei niedergelassenen Ärzten 145 berufliche Umschulung 146,151 Berufsschulpflicht 141 Eignungsfeststellung des Ausbilders und der Ausbildungsstätte 145 Fehlzeiten 142 im dualen System 141 im Rahmen beruflicher Umschulungsmaßnahmen 151 in Einrichtungen des Gesundheitswesens 145 in Privatschulen 141 Mindestalter 141 Prüfungsunterlagen, Aufbewahrung und Einsichtsrecht 144 Zahl der gleichzeitig Auszubildenden 143

Sachregister Zwischenprüfung 144 Ausbildungsverhältnis 145 ff. Ausbildungsvergütung 146 Beendigung bei Tod des Praxisinhabers 149, 157 mit Bestehen der Abschlußprüfung 149 Fahrtkosten zur Berufsschule 147 Haftung der Auszubildenden 147 Jugendarbeitsschutzgesetz 148, 916 kostenlose Zurverfügungstellung von Ausbildungsmitteln 146 Kündigung 148 Probezeit 145, 148 Unfallversicherungsschutz 152 Urlaubsabgeltung 150 Vorsorgeuntersuchungen 151, 365 Vorvertrag 145 Zuschüsse für Praxisinhaber aus Sonderprogrammen zur Sicherung von Ausbildungsplätzen 152 Bereitschaftsdienst 155, 348, 350 Berufsbezeichnung 140 Berufsbild 140 Fortbildung 158 Gehaltstarifvertrag 153 Kündigung 155 f. Manteltarifvertrag 153 Probearbeitsverhältnis Kündigung nach dem MSchG 156 Rufbereitschaft 155, 1525 Tod des Praxisinhabers 157 Urlaub 155 Weihnachtsgeld 154 Weiterbildung 158 Arzthonorar 159 ff. Abtretung des Honoraranspruchs 188 analoge Bewertung 171 Arztrechnung 172 Aufklärungspflichtverletzung 223 Auslagen 165 Begründungsschwelle 167 Behandlungsmißerfolg 223 fehlgeschlagene Schönheitsoperation 1001

Sachregister Bemessung 159, 166 ff. Beteiligung an Honorareinnahmen eines anderen Arztes 191 Gebühren 163 Gebührenrahmen 166 Honorarvereinbarung 174 ff. Abdingung von Abrechnungsbestimmungen 177 Ablehnung durch Patient 186 Änderung des Punktwertes 175 Absprachen zwischen Ärzten 180 AGB-Gesetz 184 f. Bestimmtheitsgebot 178, 185 durch Arztsekretärin 185 durch Laborärzte, Pathologen und Radiologen 183 Empfehlungen von Berufsverbänden 180 Form 181 Formularvereinbarungen 184 f. generelle Abdingung 179 Höchstgrenze 178 innerhalb des Gebührenrahmens 176 Pauschalhonorar 17 5 prozentuale Zuschläge zu den Einfachsätzen 175 Vereinbarung einer anderen Gebührenordnung 17 5 Vermögensverhältnisse des Zahlungspflichtigen 166, 178 vor Leistungserbringung 182 Kosten durch Inanspruchnahme Dritter 164 medizinisch notwendige Leistungen 162 Mittelsatz (Mittelgebühr) 168 Nichterscheinen des Patienten zum Termin 224 persönliche Leistungserbringung 161 Pfändung 192 Praxiskosten 163 Rechtsgrundlagen 159, 214, 448f., 594 Reduzierung auf den Erstattungsbetrag der Beihilfe oder privaten Krankenversicherung 187 Regelspanne 167 Reiseentschädigung 165

974 Sachkosten 164, 188, 1303, 1530f. Schwellenwert 167 Steigerung der Lebenshaltungskosten 166 Überwachung durch Ärztekammer 194 Unterschreitung der Einfachsätze 170, 1922 Verjährung 193 Vermögensverhältnisse des Zahlungspflichtigen 166, 178 Verzicht auf den durch die Versicherung nicht gedeckten Anteil 187 Vorschußzahlungen 190 vorzeitige Kündigung des Arztvertrages 225 Wegegeld 165 Arzt im Praktikum 30a Arztkostenabschlag 195 Arztpraxis 196 ff. Abfallbeseitigung 205 Abgrenzung von anderen ärztlichen Einrichtungen 1446 Arbeitsstättenverordnung 198 Arbeitsstoff Verordnung 199 Auflösung nach Tod des Praxisinhabers 210 Aufstellen von Videogeräten im Wartezimmer 207 Auslegen von Zeitschriften im Wartezimmer 207 Begriff 196 Dialysestation in - 1446 Erwerbsgeschäft i. S. des § 1456 BGB 209 Feuerlöscher 367 goodwill 1409 Haftung bei mangelnden Hygienemaßnahmen 203 bei Unfällen 203 bei Verlust der im Wartezimmer abgelegten Garderobe 204 Hygienemaßnahmen 203 ideeller Praxiswert 1409 in Eigentumswohnung 201 Konkursausfallgeld 209 Krankenunterlagen Aufbewahrung nach Praxisaufgabe 1087

975 Datenschutz 541 ff., 1078 Kündigungsschutz in der 199 Mietvertrag über 200 f. Mietminderung bei Straßenlärm 200 Hinweisschild bei Praxisverlegung 200 Vermietung von zwei - im selben Gebäude 201, 1922 Parken v o r 209,1344 Praktikanten in 202 Rauchverbot 206 Rechtsnatur 197 Steuerfragen 208 Unfallverhütungsvorschriften 199, 365 ff. Unfallversicherungsträger 207,364 Verkehrssicherungspflicht 203 Verlust abgelegter Gegenstände im Wartezimmer 2 0 4 , 2 2 1 Zulassung als Weiterbildungsstätte 1882 Arztrechnung (s. auch Arzthonorar) 172 f. Anerkennung durch Weiterleitung an Krankenkasse 225 Ausschluß von der Kostenerstattung durch private Krankenversicherung 198 Begründung 173, 176 Diagnose a u f 173 Mindestinhalt 172 Transparenz 172 Überprüfung durch Ärztekammer 194 Arztrecht 211 Arztregister 212 Arztvertrag 213 ff. Form 215 Inhalt 219 ff. Arztpflichten 219 ff. Patientenpflichten 222 ff. Kassenpatient 214 Konsilium 983 Kontrahierungszwang 215 kostenlose Behandlung 215 Kündigung 226 künftige Regelung im BGB 214 minderjährige Patienten 216 f. Nebenpflichten 220 f.

Sachregister

Aufklärung über eigene und fremde Behandlungsfehler 220 Ausstellung von Attesten 221, 245 ff. Dokumentationspflicht 221, 569 ff., 1092 Informationspflichten 221 Meldepflichten 221, 1651 Schweigepflicht 1617 ff. persönliche Leistungserbringung 219 Rechtsnatur 213 f. Sittenwidrigkeit 215 Überweisung 218, 1792 Arztzusatzvertrag > Krankenhausaufnahmevertrag Assistent 227 ff. Anstellungsvertrag mit ausländischem 230 Anzeigepflicht gegenüber Ärztekammer 233 Begriff 227 Berufshaftpflichtversicherung 232, 381 ff. Beschäftigung eines - in der Kassenpraxis 233 Haftung 232 Konkurrenzklausel 229 Rechtsstellung 228 Unfall Versicherungsschutz 231 Vertretung eines Durchgangsarztes durch 580 Weisungsrecht des Praxisinhabers 228 Weiterbildungsassistent 233 Assistenzarzt 234 ff. Anstellungsvertrag 235 Befristung 239 Arbeitszeit 237 Arbeitszeitschutz 347 außerordentliche Gehaltszulagen 238 Begriff 234 Bereitschaftsdienst 347 Beteiligung an der kassenärztlichen Versorgung 242 Bewährungsaufstieg 237 Blutentnahme durch 454 Dienstaufgaben 236 Freizügigkeit innerhalb der EG 242

Sachregister Früherkennungsuntersuchungen bei Neugeborenen 236, 661 f. Gutachtenerstellung 739 Haftung 240 bei Verrichtungen auf Anordnung des Chefarztes 240, 310, 318 Kündigung 239 Leichenschau 1153 Meinungsfreiheit in konfessionellen Krankenhäusern 239 Mitarbeiterbeteiligung 1211 ff. Nebentätigkeit 236, 1243 Operation durch - 1323, 1328 Teilnahme am Rettungsdienst 1497 ff. Übernahmeverschulden 310,318 Überstundenvergütung 238 Vergütung 237 Verschreibung von Medikamenten durch- 241,1824 Weihnachtszuwendung 238 Atomgesetz 243 f. Deckungsvorsorge Erbringung durch Chefarzt 244 Haftung im medizinischen Bereich 244 Regelungsinhalt 243 Attest 245 ff. Begriff 245 Berufsrecht 248 Diagnoseangabe 247 Erscheinungsformen 245 Form 246 Gefälligkeitsattest 247,251 Honorar 249 f. für Bescheinigungen über ärztliche Untersuchung von Bewerbern um eine Fahrerlaubnis der Klasse 2 250 im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung 249 im privatärztlichen Bereich 250 Inhalt 247 Jugendarbeitsschutzuntersuchungen 915 ff. Leichenschau 1151 Rechtsfolgen bei Ausstellung eines unrichtigen - 251 f. Rechtsnatur 245 über Prüfungsunfähigkeit 247 über Verhandlungsunfähigkeit 247

976 über Verstorbene 248 Verpflichtung zur Ausstellung 246 Vordrucke 246 zur Entschuldigung des Ausbleibens von Zeugen 247 Aufklärungspflicht 253 ff. audiovisuelle Medien 273 Aufklärungsbroschüren 273 Aufklärungsverzicht 263 Aufsichtspflicht des Krankenhausträgers 276 Beweislast 278,447 diagnostische Eingriffe 255 Dialysebehandlung 760 Dienstanweisungen 267 Dokumentation 275 Dringlichkeit des Eingriffs 255 Eingriffsaufklätung 253 einwilligungsunfähige Patienten 268 Erfahrenheit des Operateurs 260, 1323 Form 272 Formulare 272 ff. Inhaltskontrolle nach dem AGBG 274 Grippeschutzimpfung 730 Haftung bei Verletzung der - 277 f. strafrechtliche Haftung 278 zivilrechtliche Haftung 277 höchstpersönliche Pflicht des Arztes 267, 270 Honoraranspruch bei Verletzung der 278,223 im Krankenhaus 270 klinische Arzneimittelprüfung 957, 959 klinisches Experiment 967 kosmetische Behandlung 255, 1002 Kritik an der Rspr. 265 f. minderjährige Patienten 261, 269 neue Behandlungsmethoden 259 Operationserweiterung nach Operationsbeginn 1324 f. pauschalierte Einwilligungserklärungen 273 psychisch Kranke 264, 268, 1468 Rechtsgrundlagen 253 Rechtzeitigkeit der Aufklärung 271 Risikoaufklärung 256

977 Schönheitsoperation 255, 1002 Schutzimpfung 1588 Selbstbestimmungsaufklärung 253 ff. Sicherungsaufklärung 280 f. Stil und Ausdrucksweise 271 Stufenaufklärung 265, 266, 272 therapeutische Aufklärung 280 „therapeutisches Privileg des Arztes" 264 Tonbandaufnahmen 275 umstrittene Behandlungsmethoden 259 Wegfall d e r - 262 ff. aus medizinischen Gründen 264, 1468 Zuziehung von Arztkollegen und Angehörigen des medizinischen Assistenzpersonals 275 Auftragsleistung 282 f. Abrechnung einer eingehenden, das gewöhnliche Maß übersteigende Untersuchung neben - 283 Begriff 282 eigenmächtige Überschreitung des Auftrages 283 Rechtsnatur 282, 1792 Ausbildungsstätte für medizinische Assistenzberufe mit den Krankenhäusern notwendig verbundene 1055 Auskunftspflicht 284 ff. Abgrenzung zur ärztlichen Aufklärungspflicht und zu gesetzlichen Mitteilungspflichten 284 ärztlicher Gutachter 285, 741 ff. behandelnder Arzt 285 Behandlungskosten 221 Betriebsarzt 433 f. Datenschutzrecht 543 des Krankenhausträgers bezüglich des Namens der behandelnden Ärzte 285 Fehlbildungen bei Geburt 289 gegenüber anderen Ärzten 287 gegenüber Behörden 288 f. gegenüber Eltern bei Behandlung Minderjähriger 286 gegenüber Patient 285 gegenüber Vertauensarzt 1855

Sachregister Leichenschauarzt 289 Sektionsbefund 289, 1680 Sozialgerichtsverfahren 289 Strafvollzug 61 f., 289 Wirtschaftlichkeitsprüfung bei Krankenhauspflege 288 Außenseitermethode 290 ff. Aufklärungspflicht 257, 259, 291 Begriff 290 Beihilferecht 292, 1959 Krankenversicherung 292, 1957 f.

Badearzt 292 a Bahnarzt 293 ff. Aufgaben 293 Ermächtigung zur Weiterbildung 295, 1378 Haftung 295 Nebentätigkeit 295 Rechtsstellung 294 Schweigepflicht 295 Zulassung als Kassenarzt 295, 926 Bayern-Vertrag 296 beamteter Arzt 297 ff. Arbeitszeit 298 Berufsrecht 297 Haftung 771,774,776,780, 784 ff. Mehrarbeitsvergütung 298 Notfallbehandlung 1266 Pflichtmitgliedschaft bei der Ärztekammer 299 Rechtsstellung gegenüber Dienstherr 298 Schweigepflicht 299, 1630 Tätigkeitsfelder 297 Weisungsrecht des Dienstherrn 123, 298, 518 Zulassung als Kassenarzt 299, 926 Bedarfsplanung 300 f. Rechtsnatur 301 Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung 300 Voraussetzung für Zulassungssperren 300 Befundbericht Abgrenzung vom Gutachten 733 f. Behandlungsausweis 302 ff.

Sachregister Arten 303 Begriff 302 Inhalt 303 Rechtsnatur 304 Behandlungsfehler 305 ff. anerkannte Regeln der medizinischen Wissenschaft 307 Anwendung von Arzneimitteln 319, 1827 ff. Arbeitsteilung 313 ff. Delegation von Aufgaben an nichtärztliche Mitarbeiter 319 Hinweispflicht auf Mängel im Krankenhausbetrieb 319 horizontale 313 Kooperation zwischen niedergelassenen Ärzten 315; zwischen niedergelassenen Ärzten und Krankenhausärzten 316 Prinzip der Eigenverantwortung 317 Überwachungs- und Weisungspflichten des leitenden Arztes 317 f. vertikale 317 Vertrauensgrundsatz 313,317 Zusammenarbeit zwischen einzelnen Fachabteilungen eines Krankenhauses 314 Aufklärung über eigene und fremde -

220

Auskunftsanspruch des Patienten gegen Krankenhausträger bezüglich des Namens der behandelnden Ärzte 285,322 Begriff 305 Diagnosestellung 311 Druckfehler 322 Einsatz medizinisch-technischer Geräte 312 erforderliche Sorgfalt 309 Fortbildung 319, 322, 630 Gruppenfahrlässigkeit 305,308 mehrdeutiges Krankheitsbild 311 mehrere gleich wirksame Behandlungsmethoden 308 Methodenfreiheit 307 neue Behandlungsmethoden 308 Nichterscheinen des Patienten nach Wiedereinbestellung 320

978 Notfall 321 „schwerer (grober) Behandlungsfehler" 306 Strafanzeige gegen Arzt 788 Ubernahmeverschulden 310 übliche Sorgfalt 309 Behandlungsfreiheit 323,324 Behandlungskosten Aufklärung über Höhe 221 Behandlungspflicht 324 ff. Begriff 324 Kassenarzt 325,326 - während Verfahrens über Antrag auf Ruhen der Zulassung 939 Rechtsfolgen bei Verletzung der - 327 Weiterbehandlungspflicht 326 f. Behandlungsvertrag > Arztvertrag Behinderte 328 f. Begriff 328 Eingliederung nach dem BSHG 329 Rechtsgrundlagen 329 Werkstätten für - 329 Behindertensport 330 Beihilferecht 331 ff. Beihilfefähigkeit von Aufwendungen 332 f. ärztliche Leistungen naher Angehöriger 333 Höhe der Beihilfe 334 Honorarvereinbarungen 332 Rechtsgrundlagen 331 Reform des - 324 Subsidiaritätsprinzip 331 Beipackzettel > Packungsbeilage Belegarzt 335 ff. ambulante Tätigkeit im Krankenhaus 341 Anerkennung durch die KV 340 Assistenzärtze auf Belegabteilungen 340 Begriff 335 Belegarztgrundsätze 336 Belegarztordnung 337 Belegarztvertrag 336 Besuchsgebühr 339 Bettenzahl 340 Bezeichnung einer Belegarztpraxis als „Klinik" 342 Haftung 339, 775, 1036

979 Honorar für belegärztliche Leistungen von Kassenärzten 339, 341 Kündigung 338 Mitarbeiterbeteiligung 337 Notfalldienst 342 Rechtsstellung 336 ff. gegenüber Krankenhausträger 336 ff. gegenüber KV 340 f. gegenüber Patient 339 Unfallversicherung 342 Unkostenerstattung an Krankenhaus 337 Vergütungsanspruch bei konsiliarischer Beratung und Behandlung von Patienten auf Anstaltsabteilungen 339 Weiterbildungsermächtigung 343, 1885 Werbung 342 Widerruf der Anerkennung 340 Wirtschaftlichkeitsprüfung 343 Belegkrankenhaus 344 Bereitschaftsdienst 345 ff. arbeitszeitrechtliche Bewertung 346 ff. angestellte Ärzte 347 beamtete Ärzte 348 medizinisches Assistenzpersonal 348 Aufenthaltsort 352 Begriff 345 Chefärzte, Heranziehung zum - 354 ff. angestellte 354 beamtete 355 fachübergreifender - 353 Hochschullehrer, Heranziehung zum - 355 Organisation 354 Pauschalvergütung, steuerliche Behandlung 351 Vergütung, Berücksichtigung bei der Errechnung des für die Krankenversicherungspflicht maßgeblichen Jahresarbeitsverdienstes 356 vergütungsrechtliche Bewertung 349 ff. angestellte Ärzte 349 Arzthelferinnen 350

Sachregister beamtete Ärzte 351 Visitenzeiten 353 Berufserlaubnis 357 ff. Ärzte aus Entwicklungsländern 358 Abschluß öffentlichrechtlicher Verträge bei Erteilung einer - 363 Arbeitserlaubnis 358 Assistenten 359 Asylberechtigte 361 Aufenthaltserlaubnis 358 ausländische Ärzte 358 Befristung 359 Beschränkung auf bestimmte Tätigkeiten und Beschäftigungsstellen 359 deutsche Staatsangehörige 358 Ermächtigung zur Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung 362 öffentlichrechtlicher Vertrag 363 Praxisvertreter 359 Rechtsgrundlage 357 Rechtsstellung nach Erteilung 362 türkische Ärzte 362 Verlängerung 360 im Interesse der ärztlichen Versorgung der Bevölkerung 361 mehrmalige 362 zum Erwerb einer zweiten Gebietsbezeichnung 360 zur Beendigung einer nicht abgeschlossenen Ausbildung im Ausland 362 Voraussetzungen für die Erteilung 357 ff. Widerruf 359 Berufsgenossenschaft 364 ff. für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BEGEWO) 364 Unfallverhütungsvorschriften 365 Unfallversicherungsträger 364 versicherter Personenkreis 364 Arztehefrau 364, 136 Haushaltspersonal 364 Zuständigkeit, sachliche 364 Berufsgericht 368 ff. Äußerungspflicht des Beschuldigten 375 Amtshilfeverfahren 377 Aufgaben 368 „berufsrechtlicher Überhang" 371

Sachregister Berufsverbot 372,374 Bindung an Entscheidungen von Strafgerichten oder Strafverfolgungsbehörden 372 Einsicht in Akten des - 376 Eintragung berufsgerichtlicher Strafen 374 Entziehung des aktiven und passiven Berufswahlrechts 374 Feststellung der Berufsunwürdigkeit 374 Geldbuße 374 Kammeranwalt 377 Organisation 375 Rechtsgrundlage 368 Rechtsnatur 369 Rügerecht 378 Sachverständigengutachten 375 Tilgung berufsgerichtlicher Strafen 374 Verbot der reformatio in peius 375 Verfahren 375 ff. Einleitung während eines Strafverfahrens 375 Einstellung 376 Kosten 377 NichtÖffentlichkeit 375 perpetutio fori 376 Rechtsmittel 375 Wiederaufnahme 377 Verhältnis zu anderen Verfahren 371 ff. beamtenrechtliche Disziplinarmaßnahmen 373 kassenarztrechtliche Disziplinarmaßnahmen 373 strafgerichtliche Maßnahmen 371 f. wettbewerbsrechtliche Maßnahmen 373 Vermittlungsverfahren 378 Veröffentlichung von Entscheidungen des - im Ärzteblatt 374 Verweis 374 Warnung 374 Zeugen 375 Berufshaftpflichtversicherung 379 ff. angestellte Ärzte 379,381, 382, 383 Assistenzärzte im liquidationsberechtigten Bereich des Chefarztes 383

980 beamtete Ärzte 379, 382, 383 Regreßhaftung 380 Behandlung naher Angehöriger 382 Berufsrecht 386 Betriebsärzte 438 Chefärzte 381 Deckungssumme 380 Erlöschen der - 385 Erste-Hilfe-Leistung 381 Gemeinschaftspraxis 381 Gutachtertätigkeit 381 Heilversuch 851 Herzschrittmacher, Wiederverwendung 856 klinische Arzneimittelprüfung 962 Konsiliararzt 381 Koronarsportgruppen 996 Laborgemeinschaft 381 Laserstrahlen 384 Nachhaftungs-Versicherung 385 nicht berufstätige Ärzte 385 niedergelassene Ärzte 381 Notfalldienst 381 Personenschaden 380 Praxisgemeinschaft 381 Praxisvertreter 381 Rechtsgrundlagen 379 ff., 386 Rettungsdienst 381 Röntgenapparate 384 Sachschaden 380 Schweigepflichtverletzung 1664 Sektion 1681 Sonderrisiken 384 staatliche Krankenhäuser 379 Sterilisation 386, 1739 Strahlenschäden 384 Verlust eingebrachter Sachen von Patienten 384 Vermögensschaden 380 Berufskrankheit 387 f. Begriff 387 Berufskrankheiten-Verordnung 387 Empfehlungen der EWG-Kommission 388 Gewerbearzt, Gutachtenerstattung 388 Meldepflicht 387 Berufsordnung 389 Berufspflichten 390 Berufsunfähigkeit 391 ff.

981 ärztliche Versorgungswerke 393 Begriff 391 Berufsunf'ähigkeits-Zusatzversicherung 393 Feststellung der - 394 Krankenversicherung 393 Rentenversicherung 392 Berufsunwüidige Handlung 370, 374 Berufsverbot 395 Berufsvergehen 370 Beschäftigungs- und Arbeitstherapeut 396 Aufgaben 396 Ausbildung 396 Berufsbezeichnung 396 medizinischer Assistenzberuf 1182 Rechtsgrundlage 396 Schweigepflicht 396 Bestallung 397 Bestellpraxis 398 Besuchspflicht 399 ff. Behandlungsübernahme 400 besondere Sachkunde 406 Erforderlichkeit des Hausbesuches 403, 405 Garantenpflicht 400 ff. Gebietsarzt 401,406 Gefahr für Person des Arztes 407 Haftung 404 Kassenarzt 401,404 Krankenhausarzt 402 nach Alkoholgenuß 407 niedergelassener Arzt 400 Notfallarzt 402 Uberweisungspraxis 401 unterlassene Hilfeleistung 405 Verweisung auf ärztlichen Notfalldienst 407 Verweisung auf näher erreichbaren Arzt 406 während der Sprechstunde 407 Zumutbarkeit 406 Betäubungsmittelrecht 408 ff. Begriff des Betäubungsmittels 408 Betäubungsmittelrezept Aufbewahrung 410 Ausgabe 410 Inhalt 410 Heilpraktiker 409

Sachregister Mitführen von Betäubungsmitteln im Notfallkoffer bei grenzüberschreitendem Dienstleistungsverkehr 411 Nachweis über Verbleib und Bestand von Betäubungsmitteln 410 Rechtsgrundlagen 408 StrafVorschriften 411 Überwachung durch zuständige Behörde 411 Verabreichung von Betäubungsmitteln 409 Vergünstigungen für betäubungsmittelabhängige Straftäter 411 Verschreibung von Betäubungsmitteln 409 zur Heilung einer Rauschgiftsucht 409 zur Wiederholung 409 Betriebsarzt 412 ff. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, Ausstellung durch - 422 Arzneimittelabgabe durch - 440 Aufgaben 412,420 Aufzeichnungen 423 Aufbewahrung 426 Auskunftsanspruch gegenüber - 434 behandelnde Tätigkeit 435 Berufshaftpflichtversicherung 438 Bestellung 412 Beteiligung des Betriebsrates 419 beamteter Ärzte 430 des Betriebsinhabers 412 Datenschutz im betriebsärztlichen Dienst 431 ff. Dokumentationspflicht 423 Durchgangsarzt, Bestellung zum - 435 Einsatzzeiten 412,415 Einsichtsrecht des Arbeitnehmers in Einstellungsfragebogen 421 Fachkundenachweis 417 ff. Fortbildung 439 Früherkennungsuntersuchungen 435 Gebietsbeschränkung 417 Gesundheitsakten des - 433, 434 Gesundheitsdaten, Weitergabe zu Forschungszwecken 432 Haftung 437 hauptberuflich angestellter - 413 f.

Sachregister Jugendarbeitsschutzuntersuchungen 435 Kassenzulassung 436 leitender Angestellter 414 Musterverträge 413,415 nebenberuflicher - 412,415,416, 417,419,435,437,439 Angestellter oder freier Mitarbeiter 415 Befreiung von der Angestelltenversicherung 416 Vergütung von Einstellungsuntersuchungen 415 Pflicht zur Duldung von Untersuchungen durch - 421 Rechtsstellung 413 ff. Rehabilitation, Mitwirkung des - 441 Schweigepflicht 424 ff. Einhaltung durch das nichtärztliche Personal 427 Entbindung des - im Arbeitsvertrag 427 gegenüber anderen Ärzten 429 gegenüber Arbeitgeber 424 ff. gegenüber Betriebsrat 428 gegenüber Sozialversicherungsträger 429 Sozialversicherung 416 strafrechtliche Verantwortlichkeit 438 Unterstellung unter den Leiter des Betriebes 413 Versetzung in einen anderen Betrieb 414 Vorsorgeuntersuchungen 435, 437 Weisungsfreiheit 413 Zusammenarbeit mit Betriebsrat 419 Bettengeld 442 Beweislast 443 ff. Anscheinsbeweis 444,445 Aufklärungspflichtverletzung 278, 447 Beweisverfahren, allgemeine Grundsätze im Arzthaftungsprozeß 444 Fehlen ärztlicher Aufzeichnungen 446, 574 medizinisch-technische Geräte 444

982 schwerer (grober| Behandlungsfehler 446 Umkehrung der - 446 Unterlassen ärztlicher Feststellungen 446 Vernichtung von Beweismitteln 446 Bewertungsmafistab-Ärzte 1978 (BMÄ'78) 448 f. Blankorezept 1826 Blindversuch > Doppelblindversuch Blutdruckmessung Heilkundeausübung 827 in Apotheken 450 Blutentnahme 451 ff. Blutspende 462 Feststellung der Abstammung im Zivilprozeß 458 Haftung 457 Leiche 459 medizinisches Assistenzpersonal 451,455 Notarzt 452 Pflicht des Arztes zur - 452 ff. angestellte Ärzte 454 beamtete Ärzte 454 niedergelassene Ärzte 453 Richtlinien des Bundesgesundheitsamtes 457 Strafverfahren 452 ff. Rechtsverhältnisse zwischen Blutentnahmearzt und Strafverfolgungsbehörde 456 Vergütung 460 Blutgruppenuntersuchung 461 Blutspende 462 ff. Aufklärungspflicht 462 Begriff 462 Einwilligung des Spenders 462 Haftung 465 ff. Blutspendedienst gegenüber Empfänger 467; gegenüber Spender 465, 470 Spender gegenüber Blutspendedienst 466,- gegenüber Empfänger 467 minderjährige Spender 462, 463 Prämie für - 463 Schweigepflicht 464 Strafgefangene 462

983 strafrechtliche Verantwortlichkeit des Spenders 467 Unfallversicherung 464 Blutspendedienst 468 ff. Aufgaben 469 Rechtsbeziehungen zwischen Empfänger des Blutes und Träger des - 468 Unfallversicherung für Beschäftigte in - des DRK 470 Blutspenderpaß 471 Haftung für Falscheintragungen 471 Bluttransfusion 472 ff. Aufklärungspflicht 473 Begriff 472 Blutgruppenbestimmung durch MTA 480,1198 Einwilligung 473 Haftung 483 Kreuzprobe, Vornahme durch MTA 480 Notfalltransfusion 482 Richtlinien 476 Sorgfaltspflichten 477 ff. Ärzte 479 ff. Krankenhausträger 478 medizinisches Assistenzpersonal 477,480 Verweigerung aus religiösen Gründen 474 durch Angehörige des Patienten 475 durch Eltern minderjähriger Patienten 475 Bräunungsstudio 484 f. Aufklärungspflicht 484 Haftung 484 Heilkundeausübung 484 Heilmittelwerbegesetz 485 Rechtsbeziehungen zu Besuchern 484 Werbung 485 Brustkorrekturen 826 Bundesäiztekammer 486 ff. Aufgaben 487 Ausschüsse 488 Kartellrecht 488 Organe 488 politische Betätigung 487 Rechtsform 486

Sachregister Rechtsstellung gegenüber Landesärztekammern 486 Wettbewerbsrecht 488, 1924f. Bundesärzteordnung 489 Bundesarztregister 212 Bundesbehandlungsschein 490 Bundesgesundheitsamt 491 ff. Aufgaben 491 Bundesoberbehörde 491 Einrichtungen des - 492 Erlaß von Richtlinien 493 Gebührenerhebung 492 Bundesgesundheitsrat 494 Bundesknappschaft 495 f. Aufgaben 495 Haftung 496 Rechtsgrundlage 495 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) 497 Bundespflegesatzverordnung 498 Bundes-Seuchengesetz 499 f. Bekämpfung übertragbarer Krankheiten 499 Bundesbahn 500 Bundeswehr 500 Bußgeldvorschriften 500 Entschädigungen bei Eingriffen aufgrund des - 499 Kosten für Maßnahmen nach dem - 500 meldepflichtige Krankheiten 499 Portokosten für Mitteilung 499 Strafvorschriften 500 Verhütungsmaßnahmen 499 Bundessozialhilfegesetz 501 Bundesvereinigung für Gesundheitserziehung 501a Bundesversorgungsgesetz 502 Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung 503

Chefarzt 504 ff. Abrechnung ambulanter Leistungen 533 Änderungskündigung 510 ärztliche Sachleistungen 188, 533, 1303 Arbeitnehmer 505

Sachregister Arbeitszeit 514,517 Auskunftspflicht gegenüber Krankenhausträger 519 beamteter- 516 f. Begriff 504 Bereitschaftsdienst 354 Berufsrecht 526 Beteiligung an der kassenärztlichen Versorgung 527 ff. auf Überweisung 528 Bedürfnisprüfung 527 Befristung 531 Einschränkung 532 Nachuntersuchung zu wissenschaftlichen Zwecken 530 persönliche Leistungserbringung 530 Rechtsanspruch 527 Rechtsgrundlagen 527 Umfang 529 Widerruf 532 Briefbogen eines ausgeschiedenen Weiterverwendung 520 Chefarztvertrag 505 befristeter 513 Dienstaufgaben 506 Entwicklungsklausel 509 Ermächtigung zur Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung 534 Früherkennungsuntersuchungen 529 Haftung 317ff. ( 525, 769ff. Honorar, Einzug durch Krankenhausverwaltung 534 Kündigung 510 Leichenschau 1153 Leistungen auf Belegabteilungen 343,1167 leitender Angestellter 505, 511 Liquidationsrecht 507, 1154 ff. Mehrarbeitsvergütung 354f., 514, 1528 Meinungsverschiedenheiten zwischen - und nachgeordneten Ärzten 522 Mindestf reizeitanspruch 514 Mitarbeiterbeteiligung 1211 ff. Mutterschaftsvorsorge 529 Nebentätigkeit 510, 737, 1236 ff. Notfallbehandlung, ambulante 530, 1266

984 Nutzungsentgelt 1300 ff. Probezeit 510 Rechnungslegungspflicht gegenüber Krankenhausträger 519 Rechtsstellung gegenüber anderen Chefärzten 521 Krankenhausträger 505 ff. nachgeordneten Ärzten 522 nichtärztlichem Personal 523 Patienten 1033 ff. Rufbereitschaft 1528 Sachkostenerstattung an Krankenhausträger 188, 1303 Stellenplan 508 Straftaten des Krankenhauspersonals, Einschaltung der Polizei durch - 520 Teilkündigung 510 Vergütung 507 Anhebung der Festvergütung unter Koppelung an Mitarbeiterbeteiligung 507 Vertretung bei Abwesenheit 508 Vorschußzahlungen auf Arzthonorar 190 Wechsel des Krankenhausträgers 515 Weihnachtszuwendung an Mitarbeiter, steuerliche Behandlung 524 Weisungsrecht des Krankenhausträgers 518 Weiterbeschäftigung während des Kündigungsschutzprozesses 512 Zurverfügungstellung von Mitarbeitern durch Krankenhausträger 508 Chefarztabgabe > Nutzungsentgelt Chefarztbeteiligung 527 ff. Chefarztnachfolgevertrag 535 Chefarztvertrag 505 Chiiopraktik 536 f. Begriff 536 Behandlungsfehler 307, 536 Durchführung durch Nichtärzte 537,1174 Heilkundeausübung 536 Merksätze der Deutschen Gesellschaft für Manuelle Medizin e.V. 536 unlauterer Wettbewerb 537 Zusatzbezeichnung 536

985 Chromosomenanalyse 826 Chiomosomenuntersuchung, pränatale 827 Computer-Tomographie 538 ff. Begriff 538 Empfehlungen der KBV 539 Entschädigung ärztlicher Sachverständiger 540 Großgeräte 538, 1054 Radiologie-Richtlinien 539 Zwangsbehandlung 539

Datenschutz 541 ff. Ärztekammern 12 Akteneinsicht 543 anonymisierte Daten 542 Auskunftsanspruch 543 Benachrichtigungspflicht 543 Betriebsarzt 431 ff., 541, 543 Empfehlung des Europarates über Vorschriften für automatisierte medizinische Datenbanken 541 Kassenärztliche Vereinigungen 541 Krankenhaus 541, 1022 Krankenschein 1074 Krankenunterlagen 1078 Krebsregister 541, 1119 medizinische Forschung 542 Rechtsgrundlagen 541 Schweigepflicht 542,544 Sozialdaten 541 Tumorzentren 541 überbetriebliche arbeitsmedizinische Zentren 541 Defibrillator 545 f. Begriff 545 Haftung des Arztes bei Nichtverfügbarkeit 546 Koronar(sport]gruppen 547,996 Deklaration von Helsinki 548 Deklaration von Lissabon 549 Deklaration von Tokio 550 Dentist 551 Deutscher Ärztetag 552 f. Beschlüsse, Rechtsnatur 553 Geschäftsordnung 552 Organ der Bundesärztekammer 488, 552

Sachregister Diätassistent 554f. Aufgaben 554 Ausbildung 555 Berufsbezeichnung 555 medizinischer Assistenzberuf 1182 Rechtsgrundlage 554 Schweigepflicht 555 Diagnoseaufklärung 279 Dialyse > Hämodialyse Dienstleistungserbringer in dei EG 1257 ff. Ärztekammermitgliedschaft 1258 Anzeigepflicht 1258 Arztbezeichnung Führung in der Sprache des Aufnahmelandes 1259 Begriff 1257 Berufsgerichtsbarkeit 1258 Hebammen 797 Krankenpflegepersonal 1064 Praxisvertretung 1257 Rechte und Pflichten 1258 f. Rechtsgrundlage 1257 Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung 1259 Zweigpraxis in einem anderen EG' Mitgliedstaat 1257 Dienstunfähigkeit 536 f. Begriff 556 dauernde - 556 Kosten für Dienstunfähigkeitsbescheinigung 557 Nachweis 557 vorübergehende - 556 DIN-Normen in der Medizin 558 f. Diplom-Informatiker der Medizin > Medizinischer Informatiker Diplom-Mediziner 560 Diplom-Psychologe 1460 Dispensieranstalt 1029 Dispensierrecht 561 Disziplinarverfahren 562 ff. beamtenrechtliches 373, 562 Gegenstandswert 563 kassenärztliches 563 Verhältnis zum berufsgerichtlichen Verfahren 564, zum Strafverfahren 564 DKG-NT 565 Doktortitel 566 ff.

Sachregister akademischer Grad 566 ausländischer 567 DDR 567 Medizinischer Informatiker 568 Österreich 567 Rechtsgrundlage 566 Schweiz 567 Sowjetzonenflüchtlinge 567 strafrechtlicher Schutz 566 Vertriebene 567 Dokumentationspflicht 569 ff. Aufbewahrungspflicht 1080 ff. Begriff 569 elektronische Datenträger 572 Inhalt 571 Kassenarzt 570, 575 Mikroverfilmung 573 Rechtsgrundlagen 570 Röntgenaufnahmen 573 Tonband 572 Umfang 571 Verletzung der - 574 f. Doppelblindversuch 576 f. Aufklärungspflicht 577 Begriff 576 Einwilligung 577 Uberkreuzbehandlung 576 Durchgangsarzt (D-Arzt) 578 ff. Aufgaben 580 Ausstattung 579 Begriff 578 Bestellung 579 Widerruf 583 Betriebsarzt 435 Dokumentationspflicht 581 Gemeinschaftspraxis 586 Haftung 584 persönliches Tätigwerden 580 Praxisgemeinschaft 586 Praxisschild 585 Rechtsgrundlagen 578 Rechtsstellung 579 ff. Streitigkeiten zwischen - und Berufsgenossenschaft 586 Vergütung 582 Vertreter 580 Durchstechen von Ohrläppchen durch Juwelier 827

986 Ehegattenbehandlung Beihilferecht 333 Ersatzkassenmitglieder 593 gesetzliche Krankenversicherung 1106 Krankenhausbehandlung 217, 1040 private Krankenversicherung 1108 Eichpflicht 587 f. Gebühren 588 Gegenstand der - 587 Rechtsgrundlagen 587 Verstoß gegen - 588 Eingriffsaufklärung 253 Elektroakupunktur 40 Entbindungspfleger 798 Entlassungsbericht Herausgabe an Kostenträger 1639, 1641 Ergotherapie 589 Ermächtigung zur Durchführung von Früherkennungsuntersuchungen 662 zur Durchführung von Untersuchungen nach der RöV 1518 nach der StrlSchV 1747 zur Durchführung von Vorsorgeuntersuchungen 1857 zur Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung 662, 928, 1857 zur Weiterbildung 1872, 1882 ff. Ersatzkasse 590 ff. Arzt-Ersatzkassenvertrag 591 Behandlung durch Familienangehörige 593 Kostenerstattung an freiwillig versicherte Mitglieder 592 Mitglieder 592 Sachleistungsprinzip 592 Selbstbehandlung 593 Träger der gesetzlichen Krankenversicherung 590 Vergütungssystem 591 Vertragsärzte 591, 1848 Ersatzkassen-Gebührenordnung (E-GO) 594 Erwerbsunfähigkeit 595 ff. Begriff 595 Bundesversorgungsgesetz 597 Einkommensteuergesetz 597

987 Feststellung der - 598 Lastenausleichsgesetz 597 Rentenversicherung 596 Ethikkommission 599 ff. Ärztekammern 500,605 Aufgaben 599 Besetzung 601 Haftung 602 ff. der Ärztekammer 605 des forschenden Arztes 602 der Hochschulen 606 der Mitglieder 603 ff. privater Einrichtungen als Träger 607 Hochschulen 600,606 klinische Arzneimittelprüfung 962 klinisches Experiment 967 Krankenhäuser 600 Rechtsgrundlagen 600 strafrechtliche Verantwortlichkeit der Mitglieder 602, 604, 607 Europäische Gemeinschaft Ärzte 1252, 1893 f. akademische Grade 1255 Anerkennungsrichtlinien 1252 Apotheker 75 Arztbezeichnungen 1253, 1893 Arztdiplome, gegenseitige Anerkennung 1253 Dienstleistungen 1257 ff. Anzeigepflicht 1258 Führung von Arztbezeichnungen 1259 Rechtsstellung des Dienstleistungserbringers 1258 Ermächtigung zur Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung 928, 1259 Freizügigkeit 1252 ff. Gesundheitszeugnisse 1255 griechische Staatsangehörige 1252, 1893 Hebammen 797 Informationsstellen 1260 Koordinierungsrichtlinie 1252 Krankenpflegepersonal 1064 praktischer Arzt 1254 Praxisvertretung 1257 Prüfungszeugnisse, gegenseitige Anerkennung 1253

Sachregister Richtlinie des Rates der EG über die Weiterbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin 1260, 1357, 1893 SI-Einheiten 1696 Sprachkenntnisse 1256 Weiterbildung 1893 f. Zahnärzte 1964, 1978 Zulassung als Kassenarzt 1256 Zuverlässigkeitsnachweis 1255 Zweigpraxis 2021

Facharzt 608 in der DDR 609,1891 Fachgespräch 1879 f. Fachkrankenhaus 610 Fachkunde arbeitsmedizinische 417 f. Rettungsdienst 1502 Röntgenverordnung 1517 Strahlenschutzverordnung 1745 f. Famulus 611 ff. Ableistung der Famulatur während der Unterrichtszeit eines Pflichtsemesters 612 Arbeitslosenversicherung 616 Aufteilung der Famulatur in mehrere Abschnitte 614 Begriff 611 Berufshaftpflichtversicherung 619 Einrichtungen zur Ableistung der Famulatur 613 Haftung 618 Inj ektionen durch - 615 Krankenversicherung 616 Lohnsteuerpflicht 616 Rechtsstellung 615 ff. Rentenversicherung 616 Schweigepflicht 617 Tätigkeit im Ausland 614 Unfallversicherung 616 Vergütung 616 Fehlgeburt 620 Fernbehandlung 621 ff. Begriff 621 Berufsrecht 622 Geschlechtskrankheiten 623 Notfall 623 Strafrecht 623

Sachregister Werbung 623 Zivilrecht 623 Feuerbestattung 624 f. Filialsprechstunde > Zweigpraxis Fixierung von Patienten 808 Fliegerärztliche Untersuchungsstelle 626 f. Arztpraxis als - 626 Haftung 627 Praxisschild 627 Qualifikation des Leiters 626 Flughafenarzt 628 Fortbildung 629 ff. ausländisches Schrifttum 633 Begriff 629 Fachzeitschriften 633 Fortbildungspflicht 632 Haftung wegen unterlassener - 322 kassenärztliche- 631 Katastrophenschutz 631 Nachweispflicht gegenüber Ärztekammer 634 Notfalldienst 633 Rauchverbot bei Fortbildungsveranstaltungen 635 Rechtsgrundlagen 630 steuerliche Behandlung 636 ff. Unfallversicherung 635 Freie Arztwahl 639 ff. Arbeitsamtsarzt 644 Arbeitsschutzuntersuchungen jugendlicher Beamter durch Gesundheitsamt 645,918 Einschränkung der - 640 ff. freie Heilfürsorge 647 Gemeinschaftspraxis 693 Gesundheitsabkommen mit der DDR 718 Gruppenpraxis 732 Heilverfahren 643 Heimarzt 645,853 Jugendarbeitsschutzuntersuchungen 916, 918 Knappschaftsarzt 972 Krankenversicherung gesetzliche - 640 private- 641 Rechtsgrundlage 639 Sozialhilfeempfänger 501 Strafgefangene 59,643

988 Unfallversicherung 642 Freie Heilfürsorge 646 ff. ambulante Behandlung 648 Begriff 646,648 Bundesgrenzschutz 646 Bundeswehr 646 Feuerwehr 646 freie Arztwahl 647 Kassenärztliche Vereinigung 848 Polizeivollzugsbeamte 646,648 Rechtsgrundlagen 646 Sachleistungsanspruch 646 stationäre Behandlung 648 Streitigkeiten zwischen Kassenarzt und Bundeswehr 649 Vergütung für Kassenärzte 648 Wehrpflichtige 646 Zivildienstleistende 646 Freizügigkeit in den Ländern der EG 1252 ff. Fremdarzt 650 Fremdenverkehrsabgabe 651 Fremdkasse 652 Frischzellenbehandlung 653 ff. Abgabe von Frischzellenmaterial an Arztkollegen gegen Honorarbeteiligung 656 Abrechenbarkeit nach der GOÄ 654 Anzeigen von Privatkliniken 655 Äußerungen über Unwirksamkeit und Gefährlichkeit 655 Begriff 653 Beihilfe 654 Krankenversicherung 654 Richtlinien über die Gewinnung von Frischzellenpräparaten 656 Steuerrecht 657 Werbeverbot 655 Früherkennungsuntersuchungen 658 ff. Amtsärzte 662 Assistenzärzte 236 Begriff 658 Beihilfe 663 Belegarzt 661 Betriebsärzte 662 Ermächtigung angestellter und beamteter Ärzte durch KV 662 Gebietsbeschränkung 660 kassenärztliche Versorgung 661

989 Krankenversicherung, private 663 Nebentätigkeit 236,662 Neugeborenen-Erst- und -Basisuntersuchungen 236, 661, 1238 niedergelassene Ärzte auf Belegabteilungen 661 Rechtsgrundlagen 659 Sorgfaltspflichten des behandelnden Arztes 663 Vertrauensärzte 662 Funktionsarzt 664 f. Begriff 664 Liquidationsrecht 1159 Nebentätigkeit 664 Nutzungsentgelt 665 Fußpfleger 666 ff. „ärztlich geprüfter" 668 Aufgaben 666 Gewerbe 667 Heilkundeausübung 666 Schweigepflicht 667 staatliche Anerkennung 667 Werbung 668

Gastarzt 669 ff. Angestelltenversicherung 670 Begriff 669 Krankenversicherung 670 Rechtsstellung 670 Unfallversicherung 670 Weiterbildung 671 Gebietsarzt 672 ff. Begriff 672 Besuchspflicht 401 Form der Ausübung des Arztberufes 672 Früherkennungsuntersuchungen 673 Grundsatz der Gebietsbeschränkung 673 Kassenarzt 674 Laboruntersuchungen 673 Vertretung 675 Vorsorgeuntersuchungen 673 Gebietsbezeichnung 676 ff. Aberkennung 1880 Anerkennung 676, 1877 f. Begriff 676

Sachregister Besitzstandswahrung für EG-Staatsangehörige 1893 Erwerb mehrerer - 677 Führen mehrerer - 677 Gültigkeit im Bundesgebiet 678 im Ausland außerhalb der EG erworb e n e - 1892 in der DDR erworbene 1891 in EG-Mitgliedstaat erworbene 1893 f. Strafrechtsschutz 678 Urkunde über Berechtigung zur Führung e i n e r - 1880 Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ'82) 679 ff. Abdingbarkeit 174 ff. Abrechnungsbestimmungen 682 Anwendungsbereich 680 Einheitlicher Bewertungsmaßstab 681 Formvorschriften für Rechnungstellung 682 Gebührenrahmen 682 juristische Personen 680 Regelung über den Inhalt des Arztvertrages 682 Strukturveränderungen 681 verfassungsrechtliche Bedenken 683 zwingendes Recht 682 Geburt 684 ff. Anwesenheit des Vaters 688 Anzeigepflicht 686 Begriff 684 Haftung 687 bei Irrtum über Geburtstermin 252, 687 „programmierte - " 687 Rechtswirkungen Personenstandsrecht 685 Strafrecht 685 Zivilrecht 685 Geburtenbuch 689 Gefährdungshaftung 691 Gefälligkeitsattest 251 Gefälligkeitssterilisation 1727 Gegenstandskataloge 905 Gelöbnis 692 Gemeinschaftspraxis 693 ff. Anzeigepflicht gegenüber Ärztekammer 698

Sachregister Auflösung 697 Begriff 693 Berufshaftpflichtversicherung 696 Betäubungsmittelrezepte 410 fachübergreifende 693 Gewerbesteuer 701 Haftung 696 Hinweisschild auf Wegzug ausgeschiedener Partner 697 ideeller Praxiswert 700 Kassenarztrecht 699 Konkurrenzklauseln 697 bei Auflösung einer - 979 Konzession für Privatklinik 1447 Krankentagegeldversicherung als Betriebsausgaben 702 Musterverträge 695 Praxisschild 698 Rechtsform 695 Teilhaber-Versicherung 697, 702 Überweisung innerhalb der - 699 Umsatzsteuer 701 Versorgungszusagen, steuerliche Behandlung 702 Vertretung innerhalb der - 699 zwischen Arzt und Nichtarzt 694 zwischen Ehegatten 699, 700 Genetische Beratung 703 ff. Aufgabe 703 Beihilfe 705 Beratungsstellen 708 Haftung 707 Heilkundeausübung 704 Honorar nach BMÄ/E-GO 705 Honorar nach der GOÄ 705 Krankenversicherung 705 Rechtsverhältnis zwischen Arzt und Ratsuchenden 704 Schweigepflicht 706 Weiterbildung 708 Genfer Gelöbnis 709 Gerichtsärztlicher Ausschuß 1545 Gerichtsarzt 710 Gesamtvergütung 711 Gesamtverträge 712 Geschäftsfähigkeit 713 Geschlechtskrankheiten 714 ff. Aufzeichnungen 715 Fernbehandlung 715 Gesetz zur Bekämpfung der - 714

990 Bußgeld 716 Heilpraktiker 714,838 Kosten für die Behandlung Geschlechtskranker 716 Meldepflicht 715 Minderjährige, Pflicht des Arztes zur Unterrichtung der Eltern 715 Portokosten für Mitteilungen an das Gesundheitsamt 716 Gesundheitsabkommen mit der DDR 714f. Berechtigungsscheine 718 freie Arztwahl 718 Honorar 718 Regelungsinhalt 717 Gesundheitsamt 719f. Aufgaben 720 Aufsichtsbehörde 720 Datenschutz 720 Leiter des - 720 Rechtsgrundlagen 719 Schweigepflicht 720 Gesundheitsaufklärung 720, 826 Gesundheitsaufseher 721 Gesundheitsberatung 826 Gesundheitsingenieur 722 Gesundheitssicherstellungsgesetz 723 Gewerbearzt 724 f. Aufgaben 725 Rechtsstellung 724 Weisungsrecht gegenüber ärztlichen Gutachtern 388 Zulassung als Kassenarzt 725 Gewinnbeteiligung nichtärztlicher Mitarbeiter 134, 191 Gnadenvierteljahr 726 f., 1422 Grenzarzt 727a Grenzschutzsanitätsoffizier 728 Grippeschutzimpfung 729 ff. Arbeitsunfall bei Impfschäden 731 Aufklärungspflicht 730 Haftung 730 öffentlich empfohlene Schutzimpfung 729 Zweck 729 Großgeräte, Anschaffung und Nutzung 538, 1005, 1054 Gruppenpraxis 732 Gutachten 733 ff.

991 Abgrenzung vom Befundbericht 733 f. angestellte Ärzte 739 beamtete Ärzte 738,1242 Begriff 733 ff. allgemeiner Rechtsbegriff 733 Chefarztverträge 737 Gebührenrecht 736 Krankenhausreformgesetze 737 Nebentätigkeitsrecht 735 Berufsrecht 740 Einkommensteuer 747 Einsichtsrecht des Probanden 741 ff. gegen Auftraggeber des - 741 f. gegen Gutachter 741 in Personalakten 743 Ergänzungsgutachten 2000 Haftung des Gutachters 745, 1547 ff. histologische Untersuchungen 734 Hochschullehrer 738, 1242 Honorar bei - für Gerichte 1553 ff. Polizei 1553 private Auftraggeber 746 Staatsanwaltschaft 1553 Versicherungsgesellschaften 746 Verwaltungsbehörden 1561 Leichenschau 734 Lohnsteuer 747 Nebentätigkeit 738,739 stationäre Begutachtung Honorar 1559 Überprüfung durch gerichtsärztliche Ausschüsse 1546 Umsatzsteuer 747 Urheberrechtsschutz 744 Verwertung durch andere Ärzte 744 Zusatzgutachten 2000 ff. zytologische Untersuchungen 734 Guuchterkommission (Gutachterstelle) für ärztliche Behandlungsfehlei 748 ff. Akteneinsichtsrecht 752 Aktenvorlage an Petitionsausschüsse 753 Anschriften 754 Aufgabe 748 Haftung 751 Kosten 750

Sachregister Mitwirkung von Krankenhausärzten Untersagung durch Krankenhausträger 753 Rechtsgrundlagen 749 Verfahren 750 Verfahrensbeteiligte 750 Verfahrenshindernisse 750 Verjährung 753 Zusammensetzung 749

Hämodialyse 755 ff. Arztpraxis Gewerbesteuer 757 Konzessionspflicht 757 Auf klärungspf licht 760 Begriff 755 Haftung 759 Heimdialyse 756 Honorar 763 Intensivdialyse 756 Krankenversicherung 761 f. Limited-care-Dialyse 756 Lohnfortzahlungsanspruch von Familienangehörigen während der Ausbildung am Dialysegerät 764 Peritonealdialyse 755 Richtlinie des Rates der EG über den Schutz der Dialysepatienten durch größtmögliche Verringerung der Aluminiumexposition 764 Richtlinien der Ärztekammern und Kassenärztlichen Vereinigungen 758 Sachkosten bei ambulanter Behandlung von Selbstzahlern 763 Self-care-Dialyse 756 Werbung „Dialyse" und „Dialyseinstitut" auf Praxisschild 758 Inserate für Feriendialyse 758 Zentrumsdialyse 756 Zusatzurlaub des Pflegepersonals auf Dialysestationen 764 Hafenarzt 765 Haftung 766 ff. Ärztlicher Direktor 39 ambulante Behandlung 769 ff. angestellter Arzt 240, 769 f., 774, 776

Sachregister Arbeitsteilung 313 ff. Assistent 232 außerhalb einer Heilbehandlung 784 beamteter Arzt 771, 774, 776, 780, 783 ff. Chefarzt 525, 770, 774 ff. gefahrgeneigte Arbeit 778 f., 783 beamtete Ärzte 780, 783 Berufshaftpflichtversicherung 780 Geschäftsführung ohne Auftrag 781 hoheitliches ärztliches Handeln 785 Regreßhaftung gegenüber dem Dienstherrn 786 Kassenarzt 769, 783, 924 Katastrophenfälle 768 kostenlose Behandlung 782 Krankenhausträger 525, 773, 775 ff. medizinisches Assistenzpersonal 769, 774, 775, 776, 777, 778, 783, 784, 786 Mitverschulden des Patienten 781 niedergelassener Arzt 769 Rechtsgrundlagen 767 Regreßhaftung gegenüber dem Dienstherrn 783 Schadensersatz 768,785 Schmerzensgeld 768,785 Sorgfaltspflichtverletzung, ob j ektive 767 strafrechtliche - 787 f. stationäre Behandlung 772 ff. Unfallversicherung 768 Ursächlichkeit 767 Verjährungsfrist 768 Verschulden 768 Haftungsausschluß 789 ff. Begriff 789 formularmäßiger - 792 individuell vereinbarter - 790 kosmetische Behandlung 793 kostenlose Behandlung 791, 1001 Sterilisation 793, 1738 Hartmannbund 794 Hausapotheke, ärztliche 561 Hausbesuch > Besuchspflicht Hebamme 795 ff. angestellte - 799 Aufgaben 795

992 Abgrenzung zur ärztlichen Tätigkeit 795 Ausbildung 798 Beleghebamme 799 Berufsbezeichnung 797 EG-Recht 797 Entbindungspfleger 798 freiberufliche - 799 Injektionen 798, 894 ff. Mindesteinkommen 801 Niederlassungserlaubnis 799 Pflicht zur Zuziehung einer - 799 Rechtsgrundlagen 796 f. Umsatzsteuer 801 Vergütung 801 Zusammenschluß mit Arzt zur gemeinsamen Berufsausübung 800 „Heckenschnitt" 889 Heilbehandlung (Heileingriff) 802 ff. Ablehnung durch Patient 474, 811, 1689 Begriff allgemeiner 802 in einzelnen Rechtsgebieten 803 Einwilligung 805 ff. Befragung der Angehörigen 808 Form 810 formularmäßige 810 Minderjährige 805 mutmaßliche 808 psychisch Kranke 807 Sittenwidrigkeit 809 Verweigerung durch Personensorgeberechtigte 475, 806 Widerruf 810 Erbringung durch juristische Personen 813 Fehlen medizinischer Indikation 809 mechanische Fixierung von Patienten 808 Pflicht zur Duldung 812 Rechtsnatur 804 Heilbehandlungsarzt (H-Arzt) 814ff. Begriff 814 Betriebsärzte 816 Haftung 816 Praxisschild Führen der Bezeichnung „HArzt" 816

993 Rechtsanspruch auf Beteiligung 815 Rechtsstellung 815 Wirtschaftlichkeitsprüfung 817 Heilergänzungsberufe 818 f. Begriff 818 Berufsgruppen 818 Beteiligung an der kassenärztlichen Versorgung 819 Heilerziehungspfleger 820 f. Heilhilfe 822 Heilhilfsberufe > Medizinische Assistenzberufe Heilkunde 823 ff. Akupunktur 40,826 Begriff Bundesärzteordnung 824 Heilpraktikergesetz 823 Behandlungsvertrag mit nicht zur Heilkundeausübung Berechtigten 828 Beschäftigte bei Heilpraktiker 837 Blutdruckmessung 827 Brustkorrekturen 826 Chiropraktiker 536,826 Chromosomenanalysen 826 Chromosomenuntersuchung, pränatale 827 Durchstechen von Ohrläppchen durch Juwelier 827 Gesundheitsaufklärung 826 Gesundheitsberatung 826 Heilkundeausübung 825 ff. Abgrenzungsprobleme 825 Erlaubnispflicht 825,837 Hörtest 827 klinisch-chemische Untersuchungen 826 Krankengymnastik 826 Laboruntersuchungen von Körperflüssigkeiten und -ausscheidungen 827 Leberfleckentfernung 826 Nasenkorrekturen 826 Ohrenkorrekturen 826 Psychotherapie 826, 1467 Raucherentwöhnung 827 Sehschärfenbestimmung durch Optiker 827 Unterdruckbehandlung Schwangerer 826

Sachregister Warzenentfernung 826 Wunderheiler 823 Heilmittel 829 ff. Abgabe durch Ärzte 831 Abgrenzung zu Arzneimitteln und Hilfsmitteln 829 Begriff 829 Begutachtung 831 Empfehlung 831 Heilmittel- und Hilfsmittel-Richtlinien 830 Krankenversicherung 829 f. Selbstabgabe durch Krankenkassen 831 Versorgung mit - durch nichtärztliche Heilberufe 830 Werbevorträge 831 Zeugnisse über - 831 Heilmittel- und Hilfsmittel-Richtlinien 830, 869 Heilmittelwerbegesetz 832 f. Regelungsinhalt 832 Verhältnis zu anderen Rechtsvorschriften 823 Heilpädagoge 834 f. Heilpraktiker 836 ff. Abfallbeseitigung in der Praxis 847 Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, Ausstellung durch - 101 Ausbildungsstätten 837 Ausbildungsvertrag als - 837 Beihilfe 843 Bekanntgabe kurzfristiger Abwesenheit von der Praxis 846 Berufsaufsicht 839 Berufsausübung als Arzt und - 845 Berufsbezeichnung 836,839 Berufsordnung 839 Berufsverbände 847 Betäubungsmittel, Verschreibung 838 Doktortitel 839 Erlaubnis 837 Fortbildung 839 freier Beruf 839 Geburtshilfe 838 Geschlechtskrankheiten 838 Haftung 841 Heilpraktikerkammer 839 Heilpraktikervertrag 840

Sachregister Heilpraktikerzusatzversicherung 843 Krankenversicherung 843 Leichenschau 838 meldepflichtige Krankheiten 838 nebenberufliche Tätigkeit als - 837 Privatkliniken, Leitung durch - 842 Rechtsgrundlage 836 Röntgentätigkeit 838, 1519 Schweigepflicht 839, 842, 1618 Umsatzsteuer 840 Unfallversicherung 847 Vergütung 840 verschreibungspflichtige Arzneimittel 838 Werbung 839, 846 Zahnheilkundeausübung 838 Zusammenarbeit mit Ärzten 844 Heilverfahren 847 a Heilversuch 848 ff. Aufklärungspflicht 850 Begriff 848 Berufshaftpflichtversicherung 851 Beweislast 850 Einwilligung 850 Haftung 849 Rechtsgrundlagen 849 Heimaizt 852 f. freie Arztwahl 853 hauptberuflicher - 852 nebenberuflicher - 852 Rechtsstellung 852 Heimdialyse 756 Heimgesetz 854 f. Herzschrittmacher 856 ff. Arbeitsunfall 109 Arzneimittel 857 Begriff 856 Eigentum 856 Feuerbestattung 864 Führen von Kraftfahrzeugen 866 Minderung der Erwerbsfähigkeit 866 Radionuklidquellen 857 Rechtsnatur 856 f. Schweigepflicht gegenüber Herstellerfirma 865 Wiederverwendung nach Tod des Patienten 858 Hilfsarzt 867

994 Hilfskrankenhäuser 868 Hilfsmittel 869 ff. Abgabe durch Ärzte 871 Abgrenzung gegenüber Heilmitteln 829 Begriff 869 Begutachtung 831,871 Empfehlung 831,871 Heilmittel- und Hilfsmittel-Richtlinien 830, 869 Krankenversicherung 870 Selbstabgabe durch Krankenkassen 871 Werbevorträge 831, 871 Hippokratischei Eid 872 Histologische Untersuchungen 734 Hochschulassistent 873 ff. Aufgaben 873 Haftung 876 Rechtsstellung 874 Hochschullehrer 877 ff. Ärztekammer, Pflichtmitgliedschaft 6, 883 Arbeitszeit 830 Aufgaben 877 Bereitschaftsdienst 355 Berufungsvereinbarung 879,882 Grundrecht auf Wissenschaftsfreiheit 881 Gutachten 738,739 Haftung 884 Hausrecht 883 klinische Arzneimittelprüfung 958 Liquidationsrecht 1156, 1160 f., 1165 f. Mitarbeiterbeteiligung 1211 Nebentätigkeit 830, 1236 ff. Nutzungsentgelt 1301 ff. Rechtsstellung 878 ff. Rufbereitschaft 355, 1528 Hörtest 827 Honorarberichtigung 885 f. Begriff 885 Rechtsgrundlage 885 Verwaltungsakt 886 Honorarkürzung 887 Honorarvereinbarung 174 ff. Honorarverteilungskürzung 1929 Honorarverteilungsmaßstab 888 ff.

995 Haftung der KV gegenüber Mitgliedern 890 „Heckenschnitt" 889 Inhalt 889 übermäßige Ausdehnung der Kassenpraxis 889 Hygieneinstitut > Medizinaluntersuchungsamt

Infusion 891 Injektion 892 ff. Altenpfleger 896 Arzthelferinnen 895 Aufklärungspflicht 903 Begriff 892 Dienstanweisung 899 Durchführung durch medizinisches Assistenzpersonal arbeitsrechtlicher Aspekt 902 haftungsrechtlicher Aspekt 894 ff. Gemeindeschwestern 898 Krankenpflegehelferinnen 895 Krankenpflegeschulerinnen 895 Krankenschwestern 895 Notfall 901 Röntgenkontrastmittel 900 Sozialstationen 898 Widerruf der Einwilligung 903 Institut für Medizinische und Pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP) 904 f. Institutsleistung 906 f. Institutsvertrag 907 a Intensivdialyse 756 Intensivmedizin 908 ff. Aufgabenabgrenzung Anästhesist und Chirurg 911 Arzt und nichtärztliche Mitarbeiter 912 Leitender Arzt der Intensiveinheit und leitender Abteilungsarzt 911 Aufwachraum 909 Begriff 908 Intensivbehandlungseinheit 909 Intensiveinheit 909 Rückverlegung des Patienten auf Fachabteilung 911

Sachregister Vergütung 913 Wachstation 909 Internationale Gesundheitsvorschriften (IGV) 914 internes Konsultationsverfahren 984, 988 In-vitro-Befruchtung 1488 ff.

Jugendarbeitsschutzuntersuchungen 915 ff. Amtsarzt 917 Arten 915 Aufsicht 917 Bußgeldvorschriften 917 Dokumentationspflicht 916 durch Gesundheitsämter 918 freie Arztwahl 916 jugendliche Beamte 915,918 Merkblätter für Ärzte 915 Mitteilungspflichten des Arztes 917 Rechtsgrundlage 915 Umsatzsteuer 917, 1802 Vergütung 917

Kammeranwalt 919 Kassenärztliche Bundesvereinigung 920 f. Kassenärztliche Vereinigung (KV) 920 ff. Aufgaben 923 Haftung 924,929 Mitgliedschaft 922 Organe 922 Organisationsform 922 Wettbewerbsrecht 1924 f. Kassenarzt 925 ff. Abrechnung von Leistungen für Familienangehörige 933 angestellte Ärzte 926 beamtete Ärzte 926 Begriff 925 Behandlungspflicht 325,326 während Antrag auf Ruhen der Zu' lassung 939 Besuchspflicht 401

Sachregister Beteiligung an der kassenärztlichen Versorgung 527 ff., 927, 929 Widerruf 935 Disziplinarmaßnahmen 563 f., 935 Dokumentationspflicht 934 Doppelzulassung 926 Eigentumsschutz 930 Ermächtigung zur Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung 928, 929 Arzte aus EG-Mitgliedstaaten 928 ausländische Ärzte außerhalb der EG 928 Widerruf 935,937 Fortbildungspflicht 934 Honorar 888 ff., 933 Pfändbarkeit 933 Kooperationsformen 941 Krankenhausärzte 927 Laboruntersuchungen durch ServiceFirmen 934 persönliche Leistungserbringung 934 Privatvergütung 940 Rechtsstellung 930 ff. gegenüber Krankenkasse 931 gegenüber KV 932 ff. gegenüber Patienten 940 Schwangerschaftsabbruch 1605 Forderung einer Zusatzzahlung 1612 teilzeitbeschäftigte Ärzte 926 Therapiefreiheit 1754 Vorbereitungszeit 926 Wirtschaftlichkeitsgebot 934 Zulassung als - 926 Entziehung 935 ff., Gegenstandswert im sozialgerichtlichen Verfahren 938 Interessenkollision 926 persönliche Mängel 926 Verzicht 939 Zurverfügungstellung von medizinisch-technischen Geräten in Gewinnerzielungsabsicht 941 Kassenarztsitz 942 f. Kastration 944 ff. Aufklärung 945 Begriff 944 Beihilfe 946

996 Einwilligung 944 Gutachterstellen 945 Krankenversicherung 946 Rechtsgrundlagen 944 f. stereotaktische Eingriffe 945 Katastrophenschutz 947 ff. Arzte, Mitwirkung im - 949 Begriff 947 DDR, - als Bestandteil der Zivilverteidigung 950 Fortbildungspflicht 948 Haftung 768,950 Kassenärztliche Vereinigungen, Aufgaben im - 948 Katastrophenschutzplan 948 medizinische Assistenzberufe, Mitwirkung im - 949 Rechtsgrundlagen 948 Registrierung von Ärzten und Angehörigen der medizinischen Assistenzberufe 949 Rettungsdienst 948 Unfallversicherung 950 KBV-NT 950 a Klinik 951 Klinische Arzneimittelprüfung 952 ff. Ablehnung gegen den Willen der Unternehmensleitung 958 Aufklärungspflicht 957,959 Begriff 952 bei Gesunden 955 ff. bei Kranken 959 ff. Berufshaftpflichtversicherung 962 Dokumentationspflicht 961 Einwilligung 955,959 Feldstudien 953 Gefährdungshaftung 962 Haftung zivilrechtliche 962 f. strafrechtliche 963 Honorar 958 Krankenversicherung 965 minderjährige Probanden 956 Nebentätigkeit 958,960 Phasen der Versuchsdurchführung 954 Probandenversicherung 956 Prüfmethoden 954 radioaktiv markierte Substanzen 953

997 Rechtsgrundlagen 953 Richtlinie über die Prüfung von Arzneimitteln 953 Risikoabwägung 955,959 Sorgfaltspflichten 957,959 Strafgefangene 955 Überwachung 964 Warenzeichen 965 Klinisch-chemische Untersuchungen 926 Klinisches Experiment 966 ff. Arzthonorar 968 Aufklärungspflicht 967 Begriff 966 Berufshaftpflichtversicherung 968 Dokumentationspflicht 968 ethische Maßstäbe 967 Geisteskranke 967 Haftung 968 Minderjährige 967 Nebentätigkeit 968 radioaktive Stoffe 967, 968 Rechtsgrundlagen 967 Überwachung 968 Vergütungen an Versuchspersonen, steuerrechtliche Behandlung 969 Knappschaftsarzt 970 ff. Begriff 970 freie Arztwahl 972 Haftung 972 Rechtsstellung 971 Körperbestandteile 973 ff. Gallensteine 973 künstliche Körperteile 973 mikroskopische Präparate 974 Pflicht des Arztes oder Krankenhauses nach Unfall zur Nachforschung über den Verbleib von - 976 Rechtsnatur 973 standesrechtliche Gesichtspunkte 976 Überlassung an pharmazeutische Industrie 975 Konkurrenzklausel 977 ff. angestellte Ärzte 980 freiberuflich tätige Ärzte 978 Gemeinschaftspraxis, Auflösung 979 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen 979

Sachregister Praxisveräußerung 978, 1415 f. Vertragsstrafe 981 Zulassung des Verpflichteten als Kassenarzt 981 Konsiliararzt > Konsilium Konsilium 982 ff. Abgrenzung von anderen Tätigkeitsformen 982 Begriff 982 Berufshaftpflichtversicherung 381 Berufsrecht 984 Formen des - 985 Gemeinschaftspraxis 982 internes Konsultationsverfahren 984, 988 Konsiliararzt Haftung 987 f. Pflicht zur Zuziehung 986 stationäre Behandlung 984 Kontaktlinsen 988 a, 988 b Abgabe durch Ärzte 988 b Anpassung durch Optiker 988 b Begriff 988 a Rechtsnatur 988 a Umsatzsteuer 988 b, 1804 Verordnung im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen 989 f. Aufgabe 989 Rechtsnatur 990 Zusammensetzung 990 Kooperatives Belegarztwesen 991 f. Begriff 991 Haftung 992 Mustervertrag 992 Organisation 992 Rechtsform 992 Koronar(sport)gruppen 993 ff. Abrechnung 996 Aufgabe 993 Aufklärungspflicht 994 Berufshaftpflichtversicherung 996 Defibrillator 996 Dokumentationspflicht 996 Haftung 994 ff. Nachuntersuchung durch behandelnden Arzt 995 Präventivgruppen 993 Selbsthilfegruppen 993

Sachregister Träger 993 Übungsleiter 993,995 Kosmetikerin 997 f. Aufgabe 997 Ausbildung 997 „Diplom-Kosmetikerin" Heilkundeausübung 997 Schweigepflicht 997 staatliche Anerkennung 997 Kosmetische Behandlung 999 ff. Aufklärungspflicht 1002 Beihilfe 1004 Haftungsausschluß 1001 Heilbehandlung 999 Heilkundeausübung 999 Honoraranspruch bei Mißlingen 1001 Krankenversicherung 1004 steuerliche Absetzbarkeit von Kosten f ü r - 1004 Vertrag über - 1000 Werbung 1003 Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz (KVEG) 1005 Kostendämpfungsgesetz > Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz Krankengeld 1006 Krankengeschichte 1007 Kostenerstattung > Nutzungsentgelt Krankengymnast 1008 Aufgaben 1008 Ausbildung 1009 Berufsbezeichnung 1009 Berufsordnung 1010 Berufsverband 1010 Krankenversicherung 1010 Rechtsgrundlage 1008 Schweigepflicht 1010 Umsatzsteuer 1010 Krankenhaus 1011 ff. Abfallbeseitigung 1028 Abgrenzung von sonstigen Einrichtungen 1012 Altenheim 1014 Diagnoseklinik 1014 Entbindungsheim 1014 Tag- und Nachtklinik 1014 Abweisung Schwerverletzter 1025 Anhaltszahlen für die Besetzung mit Ärzten und Pflegekräften 525

998 Begriff 1011 im engeren Sinne 1013 gesetzliche Krankenversicherung 1015 private Krankenversicherung 1016 Betriebsverfassungsrecht 1026 Datenschutz 1022 Eignungsuntersuchungen beim Krankenhauspersonal 1026 Empfehlungen für die Regelung des Aufnahmedienstes in den Krankenhäusern 1023 freies gemeinnütziger - 1017 Fund i m - 1027 gemischtes- 1016 Haftung 1024 f. Kontrahierungszwang im Verhältnis zu Benutzern 1032 im Verhältnis zu Krankenkassen 1020 Krankenhausabwässer 1025 Krankenhaus-Haftpflichtversicherung 1024 öffentliches- 1017 Personalvertretungsrecht 1026 privates- 1017 Rechtsbeziehungen zu Benutzern 1019 Rechtsbeziehungen zu Krankenkassen 1020 Rechtsbeziehungen zur KV 1021 Rechtsgrundlagen 1018 Schwangerschaftsabbruch 1599, 1609 Trägerschaft 1017 Umsatzsteuer 1803 Unfallverhütungsvorschriften 1026 Unfallversicherungsschutz für Patienten 1027 Wahlleistung 1037, 1157 ff., 1169 f. Weitergabe von Patientenanschriften 1022 Krankenhausapotheke 1029 f. Krankenhausaufnahmevertrag 1031 ff. AGB-Gesetz 1042, 1045 aufgespaltener - 1034, 1036, 1037 Ehegattenbehandlung 1040 Entbindung 1040 Haftungsausschlußklauseln 1044

999 Kontrahierungszwang 1032 Koppelung der Krankenhausaufnahme von Selbstzahlern mit Liquidationsrecht des Chefarztes 1045 minderjährige Patienten 1040 Nachberechnungsklauseln 1042 Nebenpflichten 1039 Rechtsnatur 1031 Religionszugehörigkeit, Frage im Aufnahmeformular 1041 rückwirkende Erhöhung von Ein- und Zweibettzimmerzuschlägen 1043 rückwirkende Pflegesatzerhöhung 1042, 1356 Sektionsklausel 1678 totaler- 1033,1036,1037 totaler - mit Arztzusatzvertrag 1035, 1037, 1038 Vertragstypen 1033 ff. Krankenhausbedarfsplan 1046 ff. bedingte Aufnahme in den - 1048 Befristung der Aufnahme in den - 1048 Begriff 1046 Rechtsnatur 1047 Widerrufsvorbehalt bei Aufnahme in den - 1048 Krankenhauseinweisung 1049 f. Kassenarztrecht 1050 Krankenhauspflege-Richtlinien 1050 Pflicht des Arztes zur - 1049 Sorgfaltspflichten 316, 1050 Weigerung des Patienten 1049, 1815 Kiankenhausfinanzierungsgesetz 1051 Krankenhausinfektion 1052 f. Krankenhaus-Kostendämpfungsgesetz (KKG) 1054 f. Krankenhauspflege 1056 Krankenhauspflege-Richtlinien 1050 Krankenhausreformgesetze 1057 f. Kiankenhilfe 1059 Krankenkassenrabatt 69 Krankenpflege 1060 Krankenpflegedienst 1061 f. Krankenpflegehelfer > Krankenpflegepersonal Krankenpflegepersonal 1063 ff. Arbeitslosenversicherung 1071 Arbeitszeit 1071

Sachregister Aufgaben 1063 Abgrenzung von der ärztlichen Tätigkeit 1063 Ausbildung 1067 f. im Ausland 1066 in der DDR 1066 Berufsabzeichen 1072 Berufsbezeichnungen 1065 Berufstracht 1072 EG-Recht 1064 Entwurf eines Krankenpflegegesetzes 1064, 1067 Gastschwestern 1070 Haftung 1072 Injektionen durch - 894 ff., 1068 Krankenversicherung 1071 Nachtdienst 1068 Rechtsgrundlagen 1064 religiöse Schwestern 1069 Rentenversicherung 1071 Rote-Kreuz-Schwestern 1069 Schweigepflicht 1071 Schwesterngestellungsverträge 1070 Unfallversicherung 1071 Weisungsrecht des Chefarztes 523 Wochenenddienst 1068 Krankenschein 1073ff. Anmahnung auf offener Postkarte 1076 Begriff 1073 Beschlagnahme im Strafverfahren 1102 Datenschutzrecht 1074, 1078 Quartalsbindung 1054, 1073 Rechtsgrundlagen 1073 Rechtsnatur 1074 Versicherung gegen Verlust 1075 Krankenunterlagen 1077 ff. Aufbewahrungsfristen 1080 ff. Verhältnis zu Verjährungsfristen 1083 Aufbewahrungspflicht 1080 ff. Berliner Krankenanstalten 1080 Berufsordnung 1080 Betäubungsmittelrezepte 1083 Durchgangsarzt 1082 Erben des Arztes 1087 Geschlechtskrankheitengesetz 1083 Institutionen 1086

Sachregister Kassenarzt 1083 mitbehandelnder Ärzte 1084 Praxisaufgabe 1087 Röntgenverordnung 1081 Strahlenschutzverordnung 1081 Verjährungsfristen 1083 Verletzung 1087 Verletzungsartenverfahren 1086 Begriff 1077 Beschlagnahme im Strafverfahren 1100 ff. Arzt als Beschuldigter 1101 - verstorbener Patienten Sozialdaten 1102 Datenschutzrecht 1078 Eigentumsrecht 1088 Krankenhausärzte 1089 niedergelassene Ärzte 1088 Einsichtsrecht des Patienten gegenüber behandelnden Ärzten 1093 ff. gegenüber Krankenhaus 1093 ff. gegenüber privaten Institutionen 1099 gegenüber Verwaltungsbehörden 1098 in psychiatrische - 1095 Einsichtsrecht von Strafgefangenen 1098 elektronische Datenträger 572, 1084 Herausgabe zur Einsicht Ablichtungen 1096 an andere Ärzte 1092 an Behörden 1091 an KV 1091 an Patient 1093 an Prüfungsausschüsse bei Wirtschaftlichkeitsprüfung im Krankenhaus 288 bei Jugendarbeitsschutzuntersuchungen 917 Kostenerstattung 1096 Informationsanspruch des Patienten 1093 Mikroverfilmung 573, 1084 Praxisaufgabe 1087 Röntgenaufnahmen 571, 573, 1085, 1087, 1088, 1093 Schweigepflicht 1078, 1091 f.

1000 Urheberrecht 1090 Urkundenqualität 1078 verstorbener Patient 1085,1101, 1637 Verwertung im Strafprozeß 1102 Krankenversicherung 1103 ff. gesetzliche- 1103 ff. Behandlung durch Angehörige, Leistungspflicht 1106 Behandlung im Ausland 1105 Kostenerstattungsanspruch bei freiwilliger Mitgliedschaft 1101 Regelleistungen 1103 Sachleistungsprinzip 1105 Selbstbehandlung, Leistungspflicht 1106 Träger 1104 private- 1107 f. Behandlung durch Angehörige, Leistungspflicht 1108 Kostenerstattungsprinzip 1107 medizinisch notwendige Heilbehandlung 1107 Selbstbehandlung, Leistungspflicht 1108 Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz (KVKG) 1109 Krankenversicherungs-Weiterentwicklungsgesetz 1110 Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten |KVB) l l l l f . Krankheit 1113 ff. Arbeitsrecht 1114 Arzneimittelrecht 1115 Begriff 1113 gesetzliche Krankenversicherung 1114 Heilmittelwerbegesetz 1115 medizinischer Krankheitsbegriff 1113 private Krankenversicherung 1114 Rentenversicherungsrecht 1114 selbstverschuldete - 1115 Strafrecht 1115 Krebsregister 1116 ff. Aufgabe 1116 Auskunftsrecht 117,1119 Datenschutz 1117,1119 Entwurf eines Mustergesetzes über e i n - 1120

1001 klinische Nachsorgeregister 1116 Meldeerlaubnis 1117 Meldepflicht 1117 nationale- 1116 patho-anatomische Spezialregister 1116 Rechtsgrundlage 1117 regionale- 1116 Schweigepflicht 1118 Kriegsdienstverweigerer Anerkennung von Ärzten als - 1869 Künstliche (artifizielle) Insemination 1121 ff. Begriff 1121 Beihilfe 1126 Berufsrecht 1122 Haftung des Arztes 1124 Haftungsausschluß 1125 heterologe- 1121,1123 homologe- 1121,1123 Krankenversicherung 1126 Rechtsstellung des Kindes 1123 Strafrecht 1122 Zulässigkeit 1122 Künstliche Niere > Hämodialyse Kunstfehler > Behandlungsfehler Kunsttherapeut 1127 Kurarzt 1127a Kurierfreiheit 1128 Kurkrankenhaus (Kurklinik) 1129 f. Begriff 1129 Beihilfe 1129 Unfallversicherungsschutz 1130

Laboigemeinschaft 1131 ff. Begriff 1131 Berufshaftpflichtversicherung 381 Gebietsbeschränkung 1132 Gemeinschaftspraxis als Gesellschafter 1132 Gewerbesteuer 1134 Kassenarztrecht 1132 Laborvereine, steuerliche Behandlung 1134 persönliche Leistungserbringung 1132

Sachregister Rechtsgrundlagen 1131 Richtlinien der KBV 1132 Umsatzsteuer 1134 Unfallverhütungsvorschriften 1134 Werbung 1133 Laboruntersuchungen 827 Landesarzt 1135 Landesgewerbearzt > Gewerbearzt Landesversicherungsanstalt (LVA) 1136,1850 Landesvertrauensarzt 1850, 1854 Landgerichtsarzt > Gerichtsarzt Landpraxis 1137 ideeller Praxiswert 1411 Leberfleckenentfernung 826 Lehrkrankenhaus 1138 f. Begriff 1138 Rechtsbeziehungen zum Land als Ausbildungsträger 1138 Rechtsbeziehungen zu Medizinstudenten 1139 Rechtsbeziehungen zwischen ausbildenden Ärzten und Land 1139 Lehrpraxis 1140 Leibesfrucht 1141 ff. Begriff 1141 Grundrechtsfähigkeit 1143 Rechtsstellung strafrechtliche 1141 zivilrechtliche 1142 Unfallversicherungsschutz 1143 Leiche 1144 ff. eigentumsfähige Sache 1145 Rechtsnatur 1144 Strafrechtsschutz 1146 Überlassung von Leichenteilen an die pharmazeutische Industrie 1146 Leichenschau 1147 ff. Aufgabe des Leichenschauarztes 1148 Begriff 1147 Dienstaufgabe 1153 Feuerbestattung 1148 Gutachten 734,1153 Kosten 1152 Meldepflicht bei „nicht natürlichem Tod" gegenüber Angehörigen 1150 gegenüber Polizei 1149

Sachregister Notarzt 1262 Notfallarzt 1268 Pflicht des Arztes zur Durchführung der 1147 bei Tod durch Behandlungsfehler 1147 Rechtsgrundlagen 1147 f. richterliche - 1147 Schweigepflicht 1152 seuchenpolizeiliche- 1148 staatsanwaltschaftliche- 1147 Unkostenerstattung 1153 Leichenschauschein 734,1151 Limited-Care-Dialyse 756 Liquidationsrecht 1154 ff. Altverträge 1160 Zusammentreffen von Alt- und Neuverträgen 1168 angestellte Chefärzte 1155 beamtete Chefärzte 1156 Begriff 1154 Bestandsschutz 1160 ff. angestellte Chefärzte 1160, 1162 ff. beamtete Chefärzte 1160, 1165, 1167 Bündelung 1159 Chemiker 1157 derivatives- 1155 Eingriffsrecht des Gesetzgebers 1166 Einziehungsermächtigung des Krankenhausträgers 1156 Entkoppelung 1158 Grundsätze der BÄK 1156 Hochschullehrer 1156 Mehrbettzimmer 1160 nachgeordnete Ärzte 1171 originäres- 1155 persönliche Behandlung durch liquidationsberechtigten Arzt 1169 f. Rechtsgrundlagen 1155 Wegfall des - angestellter Chefärzte auf Belegabteilungen 1167 Widerruf 1163 f., 1166 Liste Pharmaindex 1522 Logopäde 1172

1002 Maiburger Bund 1173 Masseur/Masseur und medizinischer Bademeister 1174 ff. Aufgaben 1174 Ausbildung 1174 Berufsbezeichnung 1174 chiropraktische Behandlung 1174 Krankenversicherung 1174 „Praxis für physikalische therapie" 1176 Rechtsgrundlagen 1174 Schweigepflicht 1174 Umsatzsteuer 1175 Medikamentenbuch 1177 Medizinalassistent 1178 Medizinaluntersuchungsamt 1179 f. ärztlicher Leiter 1179 Meldepflicht nach dem BSeuchG 1180 Nebentätigkeit 1180 Gebühren 1181 Haftung 1181 Rechtsgrundlage 1179 Medizinische Assistenzberufe 1182 ff. Abgrenzung zum Aufgabenbereich des Arztes 1183 Ausbildungsförderung 1184 Begriff 1182 Beteiligung an Arzthonorar 134, 191 Beteiligung an der kassenärztlichen Versorgung 1183 Blutentnahme 451 Haftung 317 ff., 769, 774-778, 783, 784, 786 Heilkundeausübung 825 Infusionen, Verabreichung durch Angehörige d e r - 891 Injektionen, Verabreichung durch Angehörige der - 894 ff. Krankenversicherung 1183 Rechtsgrundlage 1182 Schweigepflicht 1619 Sorgfaltspflichten 317 ff. Zeugnisverweigerungsrecht 1988 f. Medizinischer Dokumentationsassistent 1185 Medizinischer Informatiker 1186 Medizinischer Sektions- und Präparations-Assistent 1187

1003 Medizinisch-kaufmännische Assistentin/Helferin/ Arztsekietärin 1188 Medizinisch-psychologische Untersuchungsstelle 1189 ff. Aufgaben 1189 Einsichtsrecht des Probanden in Gutachten 1190 Rechtsbeziehungen zu den Probanden 1190 Rechtsgrundlagen 1189 Richtlinien des Bundesverkehrsministeriums 1189,1190 Schweigepflicht 1191 Vergütung 1190 Medizinisch-technische Geräte 1192 ff. DIN-Normen 1193 Empfehlungen der Fachgesellschaften 1193 Gerätesicherheitsgesetz 1192 Hinweis- und Beratungspflichten von Fachfirmen bei Umbau 1194 Referentenentwurf einer Verordnung über die Sicherheit - 1192 Sicherheitsvorschriften 1192 Sorgfaltspflichten beim Einsatz - 312,1193 Unfallverhütungsvorschriften 1193 VDE-Richtlinien 1193 Medizinisch-technischer Assistent 1195 ff. Abgrenzung zum Aufgabenbereich des Arztes 1197 f. Aufgaben 1196 Ausbildung 1195 Berufsbezeichnung 1195 Beteiligung an der kassenärztlichen Versorgung 1202 Bewährungsaufstieg 1200 Blutentnahme 451 Blutgruppenbestimmung 1198 Bluttransfusion 480 Erste Lehrkraft Eingruppierung nach BAT 1200 Fachassistent 1201 Haftung 1199 Hilfskraft bei wissenschaftlichen Forschungsaufgaben Eingruppierung nach BAT 1200 Injektionen 894 ff.

Sachregister Lehrassistent Weiterbildung 1201 Lehrassistent mit Leitungsaufgaben Eingruppierung nach BAT 1200 medizinisch-technischer Laboratoriumsassistent 1195 medizinisch-technischer Radiologieassistent 1195 Pflicht zur Durchführung vom Arzt delegierter Tätigkeiten 1200 Rechtsgrundlagen 1195 Schweigepflicht 1201 Weiterbildung 1201 Medizinisch-technische Gehilfin 1202 a, 1200 Medizinphysiker 1203 Medizinstudium 30, 31 ff., 1204ff., 1383 Anrechnung eines Auslandsstudiums 1205 Anrechnung eines fachverwandten Studiums im Inland 1205 Ausbildungsförderung nach dem BAföG 1206 a Befreiung vom Grundwehrdienst 1206, 1862 Europäisches Übereinkommen über Anerkennung akademischer Grade und Hochschulzeugnisse 1205 Medizinstudent politische Betätigung auf Universitätsgelände 1206 Schweigepflicht 1621 sozialversicherungsrechtliche Stellung 1384 numerus clausus 1294 ff. Praktisches Jahr 1383 ff. Quereinstieg 1298 „Schwarzstudium" Anrechnung 1205 Tierversuche Teilnahmepflicht 1758 Zulassungsbeschränkung 1294 ff. Zurückstellung vom Zivildienst 1206, 1990 Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) 1207 Missionsarzt 1208 ff.

Sachregister Aufgaben 1208 Rechtsstellung 1209 Wehldienst 1209 Weiterbildung Anrechnung einer Tätigkeit als - 1210 Zivildienst 1209 Mitarbeiterbeteiligung 1211 ff. Abzug von Aufwendungen 1220 Auskunftspflicht gegenüber Finanzamt 1222 gegenüber Krankenhausträger 1216, 1222 Ausschlußfrist nach § 70 BAT 1216, 1217 beamtete Ärzte 1219 Begriff 1211 Chefarztverträge mit Bestandsschutz 1211 freie Vereinbarung 1213 Höhe d e r - 1220 konfessionelle Krankenhäuser 1212 Lohnsteuer 1222 Pool 1211 Rechtsnatur 1214 Poolordnungen 1211, 1220 Rechtsbeziehungen zwischen Chefarzt und Krankenhausträger 1216 Chefarzt und nachgeordneten Ärzten 1218 nachgeordneten Ärzten und Krankenhausträger 1217 Rechtsgrundlagen 1211 Rechtsweg bei Streitigkeiten 1221 Schiedsausschüsse 1221 Schiedsstellen 1221 sozialversicherungsrechtliche Behandlung 1223 steuerrechtliche Behandlung 1222 Mitbehandlung 1224 Multiple-Choice-Verfahren 31 Musiktherapeut 1225 Musterungsaizt 1226 ff. Aufgaben 1226 Duldungspflicht des Wehrpflichtigen 1227, 2005 Haftung 1228 Rechtsstellung 1227 Schweigepflicht 1228

1004 Mutterschaftshilfe 1228 a Mutterschaftsvorsorgeuntersuchungen 1857 durch Chefärzte 529 Mutterschaftsrichtlinien 1857

Nachsorgepaß 1229 Narkose 1230 ff. Aufgabenabgrenzung zwischen Narkosearzt und Chirurg 1234, 1362 f. Aufklärungspflicht 1231 Begriff 1230 Dokumentationspflicht 1234 Einwilligung 1231 Narkoseprotokoll 1234 Parallelnarkose 1233 Sorgfaltspflichten 1232 Wahl zwischen mehreren Narkosearten 1231, 1232 Nasenkorrekturen 826 NAV- > Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands Nebentätigkeit 1235 ff. Ärztliche Leiter von Bäderwissenschaftlichen Instituten 1240 Hygieneinstituten 1180,1240 Medizinaluntersuchungsämtern 1180,1240 Abgrenzung von Dienstaufgaben 1237 ff. Unklarheiten zu Lasten des Arztes, Schadensersatzansprüche 1239 angestellte Ärzte 1243 Assistenzärzte 1243 beamtete Ärzte 1236 ff. Begriff 1235 Blutentnahme 454 Bundeswehr 1236, 1569 Empfehlungen zur Vereinheitlichung des Nebentätigkeitsrechts im Hochschulbereich 1236 Genehmigung des Dienstherrn 1241 Ausnahme 1242 Form 1241 Rechtsanspruch 1241

1005 Widerruf 1241 Gutachten 738 Haftung 1244 Hochschullehrer 1236, 1238 Inanspruchnahme von Räumen, Einrichtungen und Personal 1242 klinische Arzneimittelprüfung 958 Leichenschau 1153 Rechtsgrundlagen 1236, 1243 Unfallversicherung 1245 Unkostenerstattung 1242, 1300 ff. Verpflichtung zur Übernahme einer - 1241 „Negativliste" 1246 Neuro-otologischer Assistent 1247 Niederlassung 1248 ff. ausländische Ärzte 359,1248 im EG-Raum 1252 ff. Begriff 1248 Berufsrecht 1249 Kassenarztrecht 1249 Niederlassungsort 942 f., 1249 Praxisschild 1249 Zeitungsanzeigen 1250 Niederlassungsfreiheit 1251 ff. Arztbezeichnungen, gegenseitige Anerkennung 1253, 1893 Arztdiplome, gegenseitige Anerkennung 1253 EG-Raum 1252 ff. akademische Grade 1255 Arztbezeichnungen 1255 Berufsbezeichnungen 1255 Dienstleistungen 1257 ff. Gesundheitszeugnis 1255 griechische Staatsangehörige 1252 Informationsstellen 1260 Kassenzulassung 1256 Sprachkenntnisse 1256 Zuverlässigkeitsnachweis 1255 Rechtsgrundlagen 1251 f. Non-compliance 1341 Notarzt 1261 ff. Begriff 1261 Haftung 1261, 1504 ff. Leichenschau 1262 Rechte und Pflichten bei Strafverfolgungsmaßnahmen 1262 Schweigepflicht 1262

Sachregister straßenverkehrsrechtliche Vorschriften 1263 Weisungsrecht gegenüber nichtärztlichem Personal 1503 Notarztdienst 1264 Notfall 1265 f. Notfallarzt 1267 f. Begriff 1267 blaues Blinklicht 1268 Haftung 1267, 1290 Honoraranspruch 1289 Leichenschau 1268 Rechte und Pflichten 1288 f. Schild „Arzt Notfalleinsatz" 1268 straßenverkehrsrechtliche Vorschriften 1268 Notfallausweis 1269 f. Aufgabe 1269 Haftung bei Falscheintragungen 1270 Notfallbehandlung durch Chefarzt 530, 1266 Honoraranspruch 530, 1266 im Krankenhaus 1266 Sorgfaltsmaßstab 1266 Notfalldienst 1271 ff. Ärztinnen 1275 Befreiung 1276 ff. berufspolitische Tätigkeit 1282 familiäre Verpflichtungen 1280 fehlende Praxiseinrichtung 1278 Gewissensgründe 1278 höheres Lebensalter 1279 klinischer Bereitschaftsdienst 1281 mangelnde fachliche Eignung 1278 mangelnde körperliche Eignung 1277 Sanitätsoffiziere 1283 Widerruf 1284 Begriff 1271 Belegärzte 1281 Berufshaftpflichtversicherung 1291 Disziplinarmaßnahmen bei Verweigerung der Teilnahme 1289 Eignung des Arztes 1275 Fortbildungspflicht 633, 1278 gebietsärztlicher- 1285 Gemeinschaftspraxis 698

Sachregister Haftung 1290 Heranziehung zum - als Verwaltungsakt 1287 einstweilige Anordnung gegen - 1287 Klage gegen- 1287 aufschiebende Wirkung 1287 Gegenstandswert 1287 Rechtsweg 1287 Widerspruch 1287 Hintergrunddienst durch Gebietsärzte 1288 Honoraranspruch 1289 Kassenarzt 1272 Recht zur Mitwirkung 1275 Nichtkassenärzte 1273, 1274 Honoraranspruch 1289 Organisation durch Ärztekammer und KV 1273,1285 Rechtsgrundlagen 1272 ff. Suspendierung bei Nichteignung 1286 Teilnahmepflicht 1272 Tonbandaufzeichnungen von Telefonanrufen 1286 Unfallversicherungsschutz 1292 Vertreter 1288 Zumutbarkeit 1275, 1280 Zweigpraxis 2022 Notfalldienstarzt > Notfallarzt Notfalldienstordnung 1273 Notfallschein 1289 Nürnberger Ärztecodex 1293 numerus clausus (n. c.) 1294 ff. Altwarter 1296 Ausbildungskapazität Anspruch auf Erweiterung 1299 Ermittlung 1299 Auswahlgespräch 1296 externer- 1294 Härtefall 1296 interner- 1294 Kapazitätsklagen 1299 leistungsgesteuertes Losverfahren 1296 Quereinstieg 1298 Rechtsgrundlagen 1295 Studiengänge Medizin 1296 Pharmazie 1297

1006 Zahnmedizin 1296 Studienplatzvergabe 1296 Testverfahren 1296 Übergangsverfahren 1296 Wartezeit 1296 Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen 1296 Zweitstudienbewerber 1296 Nutzungsentgelt 1300 ff. ambulante Tätigkeit 1303 angestellte Chefärzte 1308 Auskunftspflicht gegenüber Krankenhausträger 519 beamtete Chefärzte 1301 ff. Begriff 1300 Bemessung 1302 ff. Gutachten 1309 Hochschullehrer 1301 ff. Inanspruchnahme eigener Personalund Sachmittel 1309 Kostendeckungsprinzip 1302, 1308 Rechtsgrundlagen 1301, 1308 Sachverständige Anspruch gegen Staatskasse auf Erstattung von - 1309 stationäre Tätigkeit 1302 Verjährung 1307 Vorteilsausgleichsprinzip 1304

Obduktion > Sektion Oberarzt 1310f. Aufgaben 1310 außertarifliche Zuwendungen 1310 Beteiligung an der kassenärztlichen Versorgung 1311 Haftung 1310 Rechtsstellung 1310 Sorgfaltspflichten bei der Überwachung von Assistenzärzten 1310, 1328 ständiger Vertreter des Chefarztes 1310 Weiterbildungsermächtigung 1310 Obergutachten 1312 f. Begriff 1312 Entschädigung 1313 öffentlicher Gesundheitsdienst 1314 ff.

1007 Aufgaben 1315 Begriff 1314 Rechtsgrundlagen 1315 Träger 1316 öffentliches Gesundheitswesen 1318 ff. Akademien für - 1320 Begriff 1318 Gebietsbezeichnung 1318 internationale Einrichtungen 1320 Rechtsgrundlagen 1319 Ohienkorrekturen 826 Operation 1321 ff. ambulantes Operieren 1333 Assistenzärzte in der Weiterbildung 260,318,1323,1328 Aufklärungspflicht 1322 ff. Erfahrung des Operateurs 260, 1323 mehrere zur Wahl stehende Operationsmethoden 1325 Operationserweiterung nach Operationsbeginn 1324 f. Person des Operateurs 1322 Begriff 1321 Dienstvertrag 1321 Dokumentationspflicht 1331 Duldungspflicht 1332 Einwilligung 1322 Haftung 1326 ff. Operationsbericht 1092, 1331 persönliche Durchführung durch Chefarzt 1330 Werkvertrag 1321 Zurücklassen von Fremdkörpern 1329 Optiker Abgabe von Kontaktlinsen 988 b Anpassung von Kontaktlinsen 988 b Verweisung von Patienten an bestimmte- 1923,1928 Organspenderausweis 1334 Orthoptist 1335 Ovulationshemmer 1336 ff. Aufklärungspflicht 1336 Beihilfe 1339 Krankenversicherung 1339 Sorgfaltspflichten 1337 Verordnung an Minderjährige 1338

Sachregister Packungsbeilage 1340ff. Gebrauchsinformation für Fachkreise 1342 für Patienten 1342 Informationspflicht des Arzneimittelherstellers 1342, 1830 f. Konflikt mit Therapieerfolg 1342 non-compliance 1341 Rechtsgrundlagen 1340 Parkerleichterungen für Arzte 1343 ff. Patientenbefragung 197 Patientenbrief > Patiententestament Patientenfürspiecher 1346 Patientenkartei 1347 Praxisveräußerung 1649 Patiententestament 1348 ff. Patientenversicherung 1351 f. Pflegesatz 1353 ff. Begriff 1353 Belegabteilungen 1354 Bemessung 1355 besondere - 1354 Festsetzungsverfahren 1355 Festsetzung zu hoher - 1356 großer - 1354 Hochschulkliniken 1355 kleiner- 1354 mittlerer - 1354 Pflegesatzverfahren 1355 rückwirkende Erhöhung 1042 gerichtliche Überprüfung 1356 Pflichtweiterbildung 1357 in der DDR 1891 Pharmaberater 1358 ff. Ärzte als - 1360 Bezeichnung 1359 Pflichten 1360 selbständige 1359 Pharmakant 1361 Pharmareferent 1362 Pharmazeutisch-technischer Assistent 1363 Physiotherapeut 1364 f. Placebo 1366 ff. Aufklärungspflicht 1367 Begriff 1366 Haftung 577, 1367 ProbandenVersicherung 1368 Pockenschutzimpfung 1585 Poliklinik 1369 ff.

Sachregister Begriff 1369 direkte Inanspruchnahme durch Kassenpatienten 1370 Früherkennungsuntersuchungen 1369 Rechtsbeziehungen bei Behandlung von Kassenpatienten 1370 Sicherstellungsauftrag 1369 Vergütung 1369 Verträge zwischen Hochschulen und Kassenärztlichen Vereinigungen 1369 Weiterbildungsstätte 1371 Wirtschaftlichkeitsprüfung 1369 Polizeiarzt 1372 ff. Aufgaben 1373 Begriff 1372 Haftung 1375 Rechtsstellung 1372 Schweigepflicht 1374 Überweisung an Zivilarzt 1375 Zulassung als Kassenarzt 1375 Postarzt 1376 ff. Aufgaben 1376 Haftung 1377 Nebentätigkeit 1378 Rechtsstellung 1376 Schweigepflicht 1376 Weiterbildungsermächtigung 1378 Postbeamtenkrankenkasse 1379 Präsenzpflicht 1380 Praktischer Arzt 676, 1381 f. Bezeichnung Abschaffung 1382 Führung auf Praxisschild 1382 Schutz 1382 Freizügigkeit innerhalb der EG 1382 Pflichtweiterbildung 1357 Richtlinienentwurf der EG über die Weiterbildung zum Allgemeinarzt 1260, 1357, 1893 Praktisches Jahr 1383 ff. Angestelltenversicherung 1384 Arbeitslosenversicherung 1384 Aufgabenstellung 1385 f. Einspritzen von Röntgenkontrastmitteln 1386 Geburtshilfe 1386 Haftpflichtversicherung 1389 Haftung 1395 ff.

1008 Freistellungsanspruch wegen gefahrgeneigter Tätigkeit 1388 Infusionen 1386 Injektionen 1386 Krankenversicherung 1384 Mutterschutz 1383 Punktionen 1386 Rechtsstellung der Studierenden während des- 1383 f. Regreß des Krankenhausträgers 1388 Unfallverhütungsvorschriften Pflicht zur Duldung ärztlicher Untersuchungen 1389 Unfallversicherung 1384 Urlaub 1383 Praxisgemeinschaft 1390ff. Begriff 1390 Berufsrecht 1393 Einkommensteuer 1394 Gewerbesteuer 1394 Haftung 1392 Honorarabrechnung 1393 Kassenarztrecht 1393 Konzession für Privatklinik 1447 Mitbehandlung 1393 Musterverträge 1391 Praxisschild 1393 Rechtsform 1391 Umsatzsteuer 1394 Vetretung 1393 Weiterbehandlung 1393 zwischen Arzt und Nichtarzt 1390 zwischen Kassenarzt und Nichtkassenarzt 1393 Praxiskauf > Praxisveräußerung Praxisklinik 1395 f. Praxiskosten 163 Praxisphase 30 a Praxisschild 1397 ff. Angaben auf dem - 1397 ff. unzulässige 1398 Beleuchtung bei Nacht 1401 Berufsrecht 1397 Dienstbezeichnungen 1400 Diplom-Psychologe 1399 Durchgangsarzt 585 Form 1401 Gemeinschaftspraxis 1401, 1402 H-Arzt 1398

1009 im Fahrstuhl des Praxisgebäudes 1402 mehrere Arztbezeichnungen Gebietsbezeichnungen 677 Teilgebietsbezeichnungen 1753 Zusatzbezeichnungen 1998 Negativankündigungen 1398 nichtmedizinische akademische Grade 1399 Praxisgemeinschaft 1393 Professortitel 1399 Sprechstundenzeiten 1397 Verlegung der Praxis 1402 Weiterführung des Namens eines verstorbenen Arztes 1402 zweites- 1401 Praxistausch 1403 Praxisübergabe > Praxisveräußerung Praxisübernahme > Praxisveräußerung Praxisveräußerung 1404ff. Ambulanz eines Chefarztes 1406 Anteil einer Gemeinschaftspraxis 1405, 1424 Belegbetten 1412, 1417 Berufsrecht 1404, 1418 durch Arztwitwe oder Erben 1404, 1422 Eigentumsvorbehalt 1414 Form 1407 Gegenstand 1404 goodwill 1409 ff., 1421 ideeller Praxiswert 1409 f f 1 4 2 1 Inventar 1408, 1417 Kaufpreis 1408 ff. prozentuale Beteiligung an Honoraren des Erwerbers 1414 Ratenzahlung 1414, 1420 Zahlung auf Rentenbasis 1414, 1420 Mängelhaftung 1417 Musterverträge 1416 Patientenkartei 1347, 1404, 1412, 1414, 1649 Rechtsnatur 1407 Rückkehrverbot 1415 Schlichtungsklausel Unzulässigkeit der Klage bei Vereinbarung einer - 1424 steuerliche Behandlung 1419 ff. Einkommensteuer 1419 f.

Sachregister Gemeinschaftspraxis 1424 Umsatzsteuer 1421 Veräußerung durch Arztwitwe 1422 teilweise- 1405,1425 Vertragsstrafe 1416 Wertsicherungsklausel 1414 Zeitungsanzeigen 1418 Zugewinnausgleich 1413 Praxisverpachtung 1425 Praxisvertreter 1426 ff. Anzeigepflicht des Praxisinhabers 1433, 1434 Arzt aus EG-Mitgliedstaat als - 1257 Begriff 1426 Berufshaftpflichtversicherung 1432 Berufsrecht 1433 Dokumentationspflicht 1429 Durchgangsarztpraxis 1431 Eignung des Prüfungspflicht des Praxisinhabers 1433 Einkommensteuer 1428 Genehmigung durch KV 1434 Haftung 1435 Honorarkürzungen wegen Verstoß des Vertreters gegen Wirtschaftlichkeitsgebot 1431 Kassenarztrecht 1434 Konkurrenzklausel 1430 Kündigung 1431 Lohnsteuer 1428 Musterverträge 1431 Rechtsstellung 1427 ff. Rezeptausstellung durch - 1436 Schweigepflicht 1429 Sozialversicherungspflicht 1432 Unfallversicherung 1432 Vergütung 1428 Weiterbildung 1435 Praxisverweser 1437 Preisvergleichsliste 1438 f. Preugo 1440 Privat- Adgo 1441 Privatärztliche Verrechnungsstelle 1442 ff. Aufgaben 1442 Datenschutz 1444 Rechtsform 1442

Sachregister Schweigepflicht 1443 Privatklinik > Privatkrankenanstalt Privatkrankenanstalt (Privatklinik) 1445 ff. Abgrenzung von ähnlichen Einrichtungen 1446 ärztlicher Leiter 1447 Begriff 1445 Bereitschaftsdienst 1448 Bundesmanteltarifvertrag 1448 Konzessionspflicht 1445, 1447 Leitung durch Heilpraktiker 842 private Krankenversicherung 1016, 1563 Rufbereitschaft 1448 Schwangerschaftsabbruch 1809 Steuerfragen 1449 Werbung Professortitel 1450 ff. akademische Würde 1450 f. akademischer Grad 1451 Amtsbezeichnung 1450 f. Berufsrecht 1452 Dienstbezeichnung 1450 f. Ehrentitel 1450 f. Erlaubnis zur Führung ausländischer - 1451 Psychagoge 1453 ff. Aufgaben 1453 Abgrenzung gegenüber ärztlicher Tätigkeit 1454 Ausbildung 1453 Berufsbild 1453 Schweigepflicht 1455 steuerliche Behandlung der Berufseinnahmen 1455 Psychiatrisches Landeskrankenhaus 1456 ff. Aufgaben 1456 Haftung 1457 Weiterbildung „vergleichbare Einrichtung" i. S. der WO 1458 Psychologe 1459 ff. Aufgaben 1459 Abgrenzung zur ärztlichen Tätigkeit 1460 Aufklärungspflicht bei Experimenten 1463 Ausbildung 1460

1010 Diplom-Psychologe 1460 Heilkundeausübung 1460 Krankenversicherung 1462 psychologische Einstellungsuntersuchungen Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates 1461 Schweigepflicht 1191,1461 Zeugnisverweigerungsrecht 1988 f. Psychotherapeut 1464 f. Begriff 1464 Entwurf eines Gesetzes über den Beruf d e s - 1464 Heilkundeausübung 1464 nichtärztlicher- 1464 Schweigepflicht 1470 Steuerfragen 1464 Zeugnisverweigerungsrecht 1988 f. Psychotherapeutengesetz Entwurf eines 1465 Psychotherapie 1466 ff. Abrechnung in der Kassenpraxis 1469 Aufklärungspflicht 1468 Begriff 1466 Bezeichnung 1466 Bundesentschädigungsgesetz 1472 Delegationsverfahren 1469 Haftung 1471 Heilkundeausübung 1467 „Kleine Psychotherapie" 1469 Krankenversicherung 1469 Psychotherapie-Vereinbarung 1469 Rechtsnatur 1467 Schweigepflicht 1470, 1620 Verhaltenstherapie 1469 Zeugnisverweigerungsrecht 1988 f.

Qualitätskontrolle 1473 Qualitätssicherung 1474 f. Begriff im engeren Sinne 1475 im weiteren Sinne 1474 Rechtsgrundlagen 1475 Vorlage von Krankenunterlagen an KV 1475

1011 Radiologie-Richtlinien 1476 f. Raucherentwöhnung 827 Regreßschutzversicherung 1478 Rehabilitation 1479 ff. Beamte 1480 Begriff 1479 Leistungen zur - 1481 Merkblatt zur Anregung von Rehabilitationsmaßnahmen 1482 Mitteilungsverfahren 1482 Mitwirkung von Kassenärzten 1482 Mitwirkungspflicht des Behinderten 1483 Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten 1483 Rechtsgrundlagen 1480 Rehabilitations-Richtlinien 1480 Rehabilitations-Vereinbarung 1480 Rehabilitations-Vertrag 1480 Rein ärztliche Leistungen 1530 f. Reittherapie 1484 Rentenneurose 1485 Residenzpflicht 1486 f. Kassenarzt 1486 Nichtkassenarzt 1487 Retortenbaby > Retortenkind Retortenkind 1488 f. Beihilfe 1492 Berufsrecht 1491 „Ersatzmutter" 1488 heterologe Befruchtung 1488 homologe Befruchtung 1488 Krankenversicherung 1492 Rechtsgrundlagen 1489 ff. Strafrecht 1490 Rettungsarzt > Notarzt Rettungsdienst 1493 ff. angestellte Ärzte 1497 ff. Dienstaufgabe 1497 f. Einsatz in Rettungshubschraubern 1500 Nebentätigkeit 1499 Zumutbarkeit der Mitwirkung im - 1497, 1499 Aufgabe 1493 Abgrenzung der Aufgabenbereiche zwischen Notarzt und Rettungssanitäter 1503 beamtete Ärzte Dienstaufgabe 1501

Sachregister Einsatz in Rettungshubschraubern 1501 Neben tätigkeit 1501 Zumutbarkeit der Mitwirkung 1501 Berufshaftpflichtversicherung 1506 Fachkundenachweis 1502 fachliche Qualifikation des Arztes 1502 Haftung 1504 f. Kosten 1508 Organisation und Durchführung 1495 Rechtsgrundlagen 1494 straßenverkehrsrechtliche Vorschriften, Einhaltung durch Notarzt 1263, 1268 Träger d e s - 1434 Pflichten 1496 Unfallversicherung 1507 Weisungsrecht des Notarztes 1503 Rettungssanitäter 1509 ff. Angestelltenversicherung 1511 Arbeitszeit 1510 Aufgaben 1510 Ausbildung 1510 Berufsbild 1509 Haftung 1511 Krankenversicherung 1511 Unfallversicherung 1511 Rezept > Verschreibung Rezeptgebühr 1512 Rezeptsammelstelle 1513 Ringversuche 1514 f. Aufgabe 1514 Kosten 1515 Rechtsgrundlagen 1514 Rechtsfolgen bei Nichtteilnahme an - 1515 Teilnahmepflicht 1514 Zertifikat 1515 Röntgenaufnahmen Aufbewahrungspflicht 1081 Eigentumsverhältnisse 1088 Herausgabepflicht 1093 Mikroverfilmung 573 Röntgenkommission 1476 Röntgenverordnung (RöV) 1516 ff. Anzeigeverfahren 1516

Sachregister Berechtigte zur Anwendung von Röntgenstrahlen 1519 Bußgeldvorschriften 1521 Dokumentationspflicht 1520 EG-Recht 1516 Fachkundenachweis 1517 Zahnärzte 1517 Geltungsbereich 1516 Genehmigungspflicht für den Betrieb von Röntgeneinrichtungen 1516 Grundsätze für die ärztliche Überwachung von beruflich strahlenexponierten Personen 1516 Heilpraktiker 1519 medizinische Assistenzberufe 1518, 1519 Regelungsinhalt 1516 Richtlinien zur Durchführung der RöV 1516 Sorgfaltspflichten bei Anwendung von Röntgenstrahlen 1521 Strahlennachweisheft 1520 Verantwortlicher für den Strahlenschutz 1519 Rote Liste 1522 Rufbereitschaft 1523 ff. angestellte Ärzte 1525 arbeitszeitrechtliche Bewertung 1524 Arzthelferinnen 1526 Aufenthaltsort 1527 beamtete Ärzte 1527 Begriff 1523 Chefärzte 1528 Haftung 1529 Hochschullehrer 1528 vergütungsrechtliche Bewertung 1525 RVO-Kassen 1104 ff.

Sachkosten Abrechnung gegenüber Patienten U.Kostenträgern 163 ff. Begriff 1529 a Berechnung durch Krankenhaus 188, 1303, 1531 Erstattung durch Chefärzte an Krankenhausträger 1302 f., 1308

1012 Sachleistung 1530 f. Sachverständiger 1532 ff. allgemeine Pflichten 1535 Auskunftspflicht gegenüber Probanden 741 ff., 1534 Begriff 1532 Berufsrecht Begutachtung von Behandlungsfehlern 1536 Sorgfaltspflichten 1536 Einsichtsrecht des Probanden in Gutachten 741 ff. gerichtlicher - 1534, 1538 ff. Ablehnung wegen Befangenheit 1544 Aussageverweigerungsrecht 1546 Beauftragung einer Klinik 1541 Beschaffung des Tatsachenstoffes 1544 Delegation an ärztliche Mitarbeiter 1539 f., 1541 f. an andere Sachverständige 1539, 1541 Entschädigung 1541, 1553ff. Rückzahlung zuviel gezahlter 1560 Verlust des Entschädigungsanspruches 1560 gerichtsärztliche Ausschüsse 1546 Gesetzeskenntnisse 1535 Gutachtenersuchen der Polizei 1535 Gutachtenverweigerungsrecht wegen Arbeitsüberlastung 1538 wegen früherer Behandlung des Probanden 1538 prozessuales- 1546 wegen Schweigepflicht 1538 Gutachterpflicht 1538 persönliche 1539 nachträgliche Ernennung als - 1540 Ordnungsgeld 1538 Haftung falsche Gutachten 1547,1548, 1550

1013

Gutachten Vorbereitung 1547, 548, 1549 Nichterstattung des Gutachtens 1551 Nichtfeststellung eines für den Probanden wesentlichen Befundes 1551 verspätete Gutachtenerstattung 1551 rechtliche Wertungen im Gutachten 1535 Rechtsbeziehungen zu Auftraggebern 1533 zu Probanden 1534 Rechtsstellung 1533 ff. Schweigepflicht 1537, 1625 Strafverfahren 1542 Vergütungsanspruch bei Tätigkeit für Arbeitsamt 1561 für Berufsgenossenschaft 1561 für Gericht 1553 ff. stationäre Begutachtung 1559 verfassungsrechtliche Bedenken gegen ZSEG 1556 für Polizei 1553 für Staatsanwaltschaft 15 53 ff. im Sozialgerichtsverfahren 1553 im Verwaltungsverfahren nach dem SGB 1561 in der Kriegsopferversorgung 1561 Verjährung 1561 Verwertung fremder Arztunterlagen 1535 SachverständigerZeuge 1562 Sanatorium 1563 ff. Begriff 1563 Steuerrecht 1565 Werbung 1564 Sanitätsoffizier 1566 ff. Ärztekammermitgliedschaft 1568 Aufgaben 1567 Begriff 1566 Berufshaftpflichtversicherung 1571 Haftung 1571 Kassenarztzulassung 926, 1569 Laufbahnrecht 1572

Sachregister Nebentätigkeit 1569, 1972 Notfalldienst 1283, 1569 Rechtsstellung 1567 Sanitätsoffiziers-Anwärter 1572, 1863 Vergabe von Studienplätzen 1296, 1572 Schweigepflicht 1570, 1780f. Versorgungswerk 1568 Schiffsarzt 1573 f. Schlichtungsstelle für ärztliche Behandlungsfehler 1575 ff. Akteneinsichtsrecht 752, 1578 Aktenvorlage an Petitionsausschüsse 753, 1578 Anschriften 1578 Aufgabe 1575 Haftung 751,1578 Kosten 1577 Mitwirkung von Krankenhausärzten Untersagung durch Krankenhausträger 753, 1578 Rechtsbeziehungen zwischen den Verfahrensbeteiligten 751 ff., 1578 Rechtsgrundlagen 1576 Schlichtungsvorschlag 1577 Verfahren 15 77 Verfahrensbeteiligte 1577 Verfahrenshindernisse 1577 Verjährung 753, 1578 Zusammensetzung 1576 Schularzt 1579 ff. Aufgaben 1579 f. Drogenmißbrauch 1580, 1581 Haftung 1582 Rechtsstellung 1579 schulärztliche Untersuchungen Anwesenheit von Lehrern und Angestellten der Schulverwaltung 1581 Schweigepflicht 1581 Schulmedizin 1583 Schutzimpfung 1584 ff. Aufklärungspflicht 1588 Begriff 1584 Beihilfe 1590 Empfehlung durch Ärzte 1589 freiwillige- 1586 Haftung Arzthaftung 1587

Sachregister Impfstoffhersteller 1589 Staatshaftung 1589 Hepatitis B - 366 internationaler Reiseverkehr 1586, 1589 Krankenversicherung 1590 öffentlich empfohlene - 1589 Rechtsgrundlagen 1585 Schwangerschaftsabbruch 1591 ff. Ablehnung durch Kassenärzte 1605 Krankenhausärzte 1606 ff. Weisungsrecht des Chefarztes 1608 Krankenhausträger 1609 medizinisches Assistenzpersonal 1608 Privatärzte 1604 ärztliche Beratung 1595 ambulanter- 1599 Anzeigepflicht gegenüber Statistischem Bundesamt 1616 Arztpraxis 1599 Arztvertrag 1601 Aufklärungspflicht 1598, 1601 Begriff 1591 Beihilfe 1614 Beratungsstellen 1594 Berufsrecht 1602 Dokumentationspflicht 1615 Einwilligung 1596 minderjährige Schwangere 1597 fahrlässiger- 1591 Haftung 1601 unterlassene Aufklärung über Möglichkeit der Geburt eines behinderten Kindes 1601 im Ausland 1600 Vermittlung von Adressen ausländischer Kliniken 1600 Indikationen 1592 Indikationsstellung 1593 Krankenhaus 1599 Krankenhausauf nahmevertrag 1601 Krankenversicherung gesetzliche 1610 ff. private 1613 Schweigepflicht 1594, 1597 Selbstabbruch durch Schwangere 1591

1014 Sozialberatung 1594 Strafbarkeit 1591 Vornahme durch Arzt 1596 „Weigerungsklausel" 1603 Weisungsrecht des Chefarztes 1608 zugelassene Einrichtung 1599 Schweigepflicht 1617 ff. Ärzte 1618 Amtsarzt 51, 1625 Amtshilfe 1632 Angestellte der Krankenhausverwaltung 1620 Anstaltsarzt im Justizvollzugsdienst 61, 1625 ansteckende Krankheit 1637, 1652 Apotheker 79, 1618 Arztehefrau 1619 beamtete Ärzte 299,1618,1625 Berater für Suchtfragen 1618 Berufshaftpflichtversicherung 1664 Berufspsychologen 1618 Berufsrecht 1622, 1664 Betriebsarzt 424ff., 1647 Betriebsprüfung in Arztpraxis 1663 Datenschutz 544 Dialyse-Techniker 1619 Drittgeheimnis 1623, 1626, 1635 Drogensucht 1660 Eheberater 1618 Entbindung 1635 ff. Arzthaftungsprozeß 1647, 1981 durch Ehegatten bei ansteckender Krankheit 1637 durch Erben 1637 durch sorgeberechtigten Elternteil nach Ehescheidung 1637 Widerruf 1637 Entlassungsberichte Herausgabe an Kostenträger 1639, 1641 Erziehungsberater 1618 Fahruntüchtigkeit des Patienten 1652 Familienangehörige 1634 Feststellungen bei Toten 1626 gegenüber anderen Ärzten 1633, 1644, 1646, 1650 Arbeitgebern 1643 Behörden 1652, 1662

1015 Berufshaftpflichtversicherung 1661 Erben 1097, 1626, 1637, 1982 Finanzbehörden 1662 Gemeindeprüfanstalten 1663 Krankenhausverwaltung 349, 1630, 1647 Krankenkassen 1639 Polizei 1662 privaten Versicherungsgesellschaften 1654 Sozialleistungsträgern 288, 1638 ff. Staatsanwaltschaft 1662 Unfallversicherungsträgern 1640 Versorgungsämtern 1639, 1668, 1838 Gegenstand 1623 Gelegenheitskonsultation 1624 genetische Beratung 706 Güterabwägung 1652 ff. Heilpraktiker 842, 1618 Honorarklage 1661 innerhalb des Krankenhausbetriebes 1645 fugendberater 1618 Kassenärztliche Vereinigungen 1618 Kindesmißhandlung 1652 Krankenhausverwaltung 1620 Krankenkassen 1618 Krebsregister 1118 medizinische Assistenzberufe 1619 medizinische Forschung 1633, 1659 Medizinstudenten 1621 Meldeerlaubnis 1651 Meldepflicht 1651 minderjährige Patienten 1623, 1636, 1656 Mitarbeiter 1618 ff. Mitbehandlung 1644 Mitpatient bei Gruppentherapie 1620 Musterungsarzt 1228, 1625 mutmaßliche Einwilligung in Geheimnisoffenbarung 1648 ff. nach Tod des Patienten 1097, 1626, 1637, 1655, 1982 nach Tod des Schweigepflichtigen 1621 Name des Patienten 1623

Sachregister Offenbarung des Berufsgeheimnisses 1627 ff. Pathologe 551 Patientenkartei Mitbenutzung bei Gründung einer Gemeinschaftspraxis 1649 Übergabe an Praxisnachfolger 1649 Polizeiarzt 1374, 1625 Postarzt 1376, 1625 Postkarten 1628 Postöffnung 1628 Postversand 1628 Praktikant 1621 Praxisveräußerung 1649 Privatärztliche Verrechnungsstellen 1443, 1618 Prominente 1658 Rechnungsprüfung im Krankenhaus 1663 Rechtsfolgen bei Verletzung der - 1664 Rechtsgrundlagen 1617 Sachverständige 1537, 1625 Schüler zur Vorbereitung auf die Berufswahl 1621 Schwerbehinderten-Ausweis Erschleichen durch Falschangaben 1668 Simulant 1654, 1668 Sozialarbeiter 1618 Strafantrag 1664 strafrechtliche - 1618 Straftat 1653, 1654 Truppenarzt 1781, 1625 Veröffentlichungen 1659 Versicherungsgesellschaften 1618 Vertrauensarzt 1625, 1855 Vorträge 1659 Wahrnehmung eigener berechtigter Interessen 1661 Weiterbehandlung 1644 Weitergabe von Arztunterlagen an andere Behörden 1632 an Dienstvorgesetzte 1630 an Krankenhausverwaltungen 1630 an Pfarrämter für Krankenhausseelsorge 1650 innerhalb einer Behörde 1629

Sachregister zu Personalakten 1629 zentrales Schreibbüro 1629 zivilrechtliche- 1622 Schweigerecht 1665 f. Schweibehinderten-Ausweis 1667 f. Schweigepflicht bei Erschleichung durch falsche Angaben 1668 Schwerbehindertengesetz 1669 ff. Begriff des Schwerbehinderten 1670 Durchführung 1672 Feststellung der Behinderung 1671 Gebühren für Arzte 1673 Schutz- und Fördermaßnahmen 1672 Ziel 1669 Sehschärfenbestimmung durch Optiker 827 Sektion 1674 ff. anatomische- 1674,1684 Einwilligung des Verstorbenen 1684 Bindung der Hinterbliebenen 1684 gegen Entgelt 1684 landesrechtliche Vorschriften 1684 Arzthonorar 1685 Begriff 1674 feuerbestattungsrechtliche- 1674 gerichtliche - 1674 klinische- 1674, 1675 ff. arbeitsrechtliche Folgen bei rechtswidriger- 1681 Aufklärungspflicht gegenüber Angehörigen 1677 berufsgerichtliche Ahndung rechtswidriger- 1681 Disziplinarmaßnahmen bei rechtswidriger- 1681 drohende Arzthaftung 1680 Einwilligung des Verstorbenen und der Angehörigen 1677 f. Mitteilung des Sektionsbefundes an Angehörige 1626, 1680 Schadensersatzanspruch gegen Arzt 1681 Sektionsklausel im Krankenhausaufnahmevertrag 1678, im Versicherungsvertrag 1682

1016 Unterlassungsanspruch gegen Arzt 1681 zu Forschungszwecken 1679 Zulässigkeit 1675 ff. Privatsektion 1674, 1683 seuchenpolizeiliche- 1674 unfallversicherungsrechtliche - 1674, 1682 Verwaltungssektion 1674, 1683 Selbstbestimmungsaufklärung 253 ff. Selbstbeteiligung > Krankenhauspflege Selbsteinweisung 1686 Selbstmedikation 1688 Selbstmord 1689 ff. Arbeitsrecht 1692 Krankenversicherung 1693 Kriegsopferversorgung 1693 Lebensversicherung 1693 Rechtsstellung des Arztes gegenüber Suizidpatienten 1689 ff. Strafrecht 1689 Zivilrecht 1690 Rentenversicherung 1693 Sicherungsvorkehrungen im Krankenhaus 1691 Unfallversicherung 1693 Zwangsunterbringung bei Gefahr von - 1690, 1810 Sichelstellungsauftrag 1694 Sicherungsaufklärung 280 f. Begriff 280 Entbehrlichkeit 280 Kombinationseffekt zwischen bestimmten Medikamenten und Alkohol 281 Kraftfahrwarnung 281 Mitverschulden des Patienten 281 Sterilisation 1734 SI-Einheiten 1695 f. Sonderkrankenhaus 1697 Sonographie 1698 f. Sonographie-Richtlinien 1699 Sozialärztlicher (Sozialmedizinischei) Dienst 1700 Sozialarbeiter 1701 ff. Abgrenzung zur ärztlichen Tätigkeit 1702 Aufgaben 1701 Berufsbild 1703 Krankenversicherung 1704

1017 Schweigepflicht 1704 staatliche Anerkennung 1703 Zeugnisverweigerungsrecht 1988 Sozialgeheimnis 1705 ff. Amtshilfe 1708 Austausch ärztlicher Untersuchungsergebnisse zwischen Sozialleistungsträgern 1706 Begriff 1705 Datenverarbeitung 1709 im Ausland lebende Personen 1709 Offenbarung des Rechtfertigungsgründe 1706 ff. Sozialgesetzbuch 1710 Sozialstation 1711 Abrechnung der Leistungen von - 1716 Aufgaben 1712 Begriff 1711 Haftung 1713 ff. Ärzte 1715 Pflegepersonen 1714 Träger d e r - 1713 Richtlinien über die Förderung von Sozialstationen 1712 Richtlinien über die Zusammenarbeit der niedergelassenen Ärzte mit Sozialstationen 1712 Sportarzt 1716a Sportphysiotherapeut 1365 Sprechstundenbedarf 1717 Sprengelarzt > Knappschaftsarzt Stationsarzt 1718 Sterbehilfe 1719 ff. aktive- 1722 Begriff 1719 Behandlungsabbruch 1725 Nichtaufnahme einer Behandlung 1725 ohne Lebensverkürzung 1721 passive- 1723 Stellungnahme von Ärzteverbänden 1720 UnVerhältnismäßigkeit von wirtschaftlichem Aufwand 1725 Sterilisation 1726 ff. Arztvertrag Schutzwirkung zugunsten des Ehegatten 1734 Aufklärungspflicht 1730

Sachregister über Erfolgssicherheit 1734 über Notwendigkeit einer postoperativen Samenkontrolle 1734 Begriff 1726 Beihilfe 1741 Berufshaftpflichtversicherung 1739 Beruf srecht 1726, 1734 Einwilligung 1730 des Ehegatten 1732 Formulare 1732 Schriftform 1732 freie Heilfürsorge 1741 Gefälligkeitssterilisation Berufsrecht 1726 Strafrecht 1727 Zivilrecht 1728 f., 1734 geistig Behinderte 1731 Haftung 1735 ff. Unterhaltsaufwand für Kind nach mißlungener - 1736 f. Haftungsverzicht 1738 Honoraranspruch bei Mißlingen des Eingriffes 1733 Krankenversicherung 1741 Methodenwahl 1734 Minderjährige 1731 Soldaten 1732 strafrechtliche Verantwortlichkeit bei Erfolglosigkeit der - 1740 bei Schwangerschaft nach mißlung e n e r - 1740 vikariierende Indikation 1729 Strahlenschutzverordnung 1742 ff. ärztliche Überwachung beruflich strahlenexponierter Personen 1748 Aufklärungspflicht 1748 Bußgeldvorschriften 1748 Dokumentationspflicht 1748 EG-Recht 1742 Fachkundenachweis 1745 für Nichtärzte 1746 Genehmigung nach der - 1743 Grundsätze für die ärztliche Überwachung von beruflich strahlenexponierten Personen 1742 Haftung 1749 Überweisung eines Patienten 1749 in-vitro-Anwendung 1744 Regelungsinhalt 1742

Sachregister Richtlinie Strahlenschutz in der Medizin 1742 Strahlenschutzbeauftragter 1743, 1747 Strahlenschutzverantwortlicher 1747 Studenten-Krankenversicherung 1750 f. Stufenplan 116,491,1751a Subspezialisten-Verzeichnis 1752

Teilgebietsbezeichnung 1753 Therapeutische Aufklärung 280 Therapiefreiheit 1754 f. Begriff 1754 im Krankenhaus 1755 Kollision mit Wirtschaftlichkeitsgebot 1754, 1932 Tierversuch 1756 ff. arztethische Grundlagen 1757 Medizinstudium Teilnahmepflicht an - 1758 Rechtsgrundlagen 1756 Todesbescheinigung 1151 Todeszeitpunkt 1759 Totgeburt 1760 Transparenzkommission 1761 f. aufgrund Empfehlungsvereinbarung der Bundesverbände der RVO-Kassen und der KBV 1762 Sachverständigenkommission der Bundesregierung 1761 Transparenzliste 1763 ff. Aufgabe 1763 negative Aussagen über Qualität von Arzneimitteln 1765 Rechtsgrundlage 1764 Rechtsnatur 1764 Veröffentlichung 1765 Transplantation 1766 ff. Beihilfe 1770 Eigentum an Transplantat 973, 1144 f., 1767, 1768 Entnahme beim Spender 1766 ff. gegen Entgelt 1771 Verträge mit Spendern 1771 Implantation beim Empfänger 1769

1018 Krankenversicherung 1770 Rechtsgrundlagen 1766 ff. Spender 1766 ff. Geisteskranke 1767 lebender 1766 Minderjährige 1767 Strafgefangene 1767 toter 1768 Transplantationsgesetz 1772 f. Transsexuellengesetz 1774ff. Beihilfe 1777 Geltungsbereich 1774 Kastration 1776 Krankenversicherung 1777 Regelungsinhalt 1774 Trinkerheilanstalt 1778 Truppenarzt 1779 ff. Aufgaben 1779 freie Arztwahl 1779 Haftung 1782 Überweisung an Zivilarzt 1782 Schweigepflicht 1780 f. als behandelnder Arzt 1780 als Gutachter 1781 im sonstigen Aufgabenbereich 1781 Weiterbildung 1783 Zulassung als Kassenarzt 1783 Tuberkulosehilfe (Tbc-Hilfe) 1784 Tumorzentrum 1785 f. ADT-Papier 1785 Begriff 1785 Datenschutz 1786

Uberbetrieblicher arbeitsmedizinischer Dienst 1787 ff. Grundsätze des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften 1788 Haftung 1790 Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten 1798 Rechtsformen 1788 Rechtsgrundlagen 1787 Weiterbildung 1790 Uberweisung 1791 ff. an namentlich bezeichneten Arzt 1796

1019 Auftragsleistung 1791 Auftragsüberschreitung 1794 Begriff 1791 Bindung an Überweisungsauftrag 1794 freie Arztwahl 1795 Haftung 1800 Honoraranspruch 1795 Konsiliaruntersuchung 1791 , 1794 Mitbehandlung 1791, 1794 Rechte und Pflichten der beteiligten Ärzte 1793 ff. Rechtsnatur 1792 Rücküberweisungspflicht 1795 Überweisungspflicht 1797 Berufsrecht 1799 Kassenarzt 1798 Unfallheilverfahren 1799 Untersuchung für wissenschaftliche Zwecke 1796 Weiterbehandlung 1791, 1794 Weiterüberweisung 1794 Wirtschaftlichkeitsgebot 1796 Überweisungsschein 1801 Umsatzsteuer Arzt 1802, 1804 Gutachten 1802 Hebamme 1802 Heilpraktiker 1802 Krankengymnast 1802 Krankenhausbetrieb 1803 Laborarzt 1802 Laborgemeinschaft 1134 Masseur 1175 Praxisgemeinschaft 1394 Psychagoge 1455, 1464 Psychotherapeut 1464 Zahnarzt 1802 Unfallarzt 1805 Unfallheilverfahren 1806 Unfallyerhütungsvorschrift „Betriebsärzte" 365, 417 f. Unfallyerhütungsvorschrift „Gesundheitsdienst" 365 ff., 1193 Arbeitsbereiche mit erhöhter Infektionsgefährdung 365 arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen 365 Geltungsbereich 365 Hepatitis B-Schutzimpfung 366 medizinisch-technische Geräte 1193

Sachregister Ordnungswidrigkeit bei Verstoß gegen - 367 Rückgriffsanspruch gegen Arbeitgeber bei Verstoß gegen - 367 Unkostenerstattung > Nutzungsentgelt Unterbringung 1807 ff. Arztgutachten 1811 amtsärztliches, Klage auf Berichtigung 1811 des Hausarztes 1811 Begriff 1807 Drogenabhängige 1813 gerichtliche Anordnung 1810 Rechtsgrundlagen 1808 Zwangsbehandlungsmaßnahmen während d e r - 1809,1812 Unterdruckbehandlung Schwangerer 826 Unterlassene Hilfeleistung 1814 ff. Erforderlichkeit der Hilfeleistung 1815 Hausbesuch 405 ff. Krankenhausärzte Aufnahmearzt 1818 außerhalb des Krankenhauses 1817 innerhalb des Krankenhauses 1818 Krankenhauseinweisung, Ablehnung durch Patient 1049,1815 niedergelassene Ärzte 1817 Straftatbestand 1814 straßenverkehrsrechtliche Vorschriften, Einhaltung im Notfalleinsatz 1268, 1508, 1819 Umfang der Hilfeleistungspflicht 1816 Unfallversicherung 1819 Unglücksfall 1814 Vergütungsanspruch 1820 zivilrechtliche Folgen 1820 Zumutbarkeit der Hilfeleistung 1816

Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands (NAV) 1821 Verhandlungsfähigkeit 1822 f. Strafprozeß 1822

Sachregister Zivilprozeß 1823 Verordnungsblattgebühr > Rezeptgebühr Verschreibung 1824 ff. angestellte Arzte 1824 beamtete Ärzte 1824 Begriff 1824 Blanko-Rezept 1826 Form 1825 Haftung 1827 ff. Arzneimittelhersteller 1830 Arzt 1827 ff. Haftungsverteilung zwischen Arzt und Arzneimittelhersteller 1831 Mitverschulden des Patienten 1832 Kassenarzt 1826, 1834 klinischer Bereich 1833 Krankenpflegepersonal Verabreichung von Medikamenten 1833 Namensstempel 1825 Orientierungshilfen 1834 Rechtsgrundlagen 1824 Rezeptformulare diebstahlsichere Aufbewahrung 1833 Ubergabe von Rezepten durch verschreibenden Arzt an Apotheken 1834 Wiederholungsvermerk 1825 Verschreibungspflicht 1835 Verschulden strafrechtliches 787 zivilrechtliches 768 Versehrtenleibesübungen 1836 Versorgungsamt 1837 f. Abrechnung ärztlicher Leistungen 1838 Ärztlicher Dienst 1837 Aufgaben 1837 Beiziehung von Krankenunterlagen 1091, 1637, 1838 Erstattung von Auslagen 1838 Einholung von Auskünften bei Ärzten 288, 1838 Krankenunterlagen Beiziehung durch 1091,1637, 1838 Organisation 1837

1020 Sachverständige im Auftrag des 1838 Versorgungsarzt 1839 f. Aufgaben 1839 Haftung 1840 Leitende Ärzte 1839 Weisungsrecht 1839 Rechtsstellung 1839 Zulassung als Kassenarzt 1840 Versorgungswerk 1841 ff. Aufgaben 1841 Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche Tätigkeit in steuerrechtliche Behandlung 1847 ausländische Ärzte 1842 beamtete Ärzte 1842,1843 Beiträge 1844 angestellte Ärzte 1844 Arbeitslosigkeit 1846 Fortzug aus Ärztekammerbereich 1843, 1846 freiwillige Mitglieder 1844 Grundwehrdienst 1845, 1865 Mutterschaftsurlaub 1846 niedergelassene Ärzte 1844 steuerrechtliche Behandlung 1846 Wechsel der Berufstätigkeit 1844 Beitragsrückerstattung bei Ausscheiden a u s - 1846 freiwillige Mitgliedschaft 1843, 1844 Nachversicherung bei Ausscheiden aus Beamten Verhältnis 1845 Pflichtmitgliedschaft 1842 Befreiung 1843 Fortzug aus dem Ärztekammerbereich 1843 Rechtsgrundlage 1841 Sanitätsoffizier 1842 Versorgungsausgleich nach Ehescheidung 1847 Versorgungsleistungen 1846 Vertragsarzt 1848 f. der Ersatzkassen 1848 für Behörde oder private Einrichtung regelmäßig tätiger Arzt 1849 Vertrauensärztlicher Dienst 1850 f. Vertrauensarzt 1852 ff.

1021 Aufgaben 1853 Begriff 1852 Haftung 1856 Neben tätigkeit 1854 Rechtsbeziehungen zu Kassenmitgliedern 1855 zu Krankenkassen 1855 zum behandelnden Kassenarzt 1855 zur LVA 1854 Rechtsgrundlage 1853 Sozialdatenschutz 1856 Zulassung als Kassenarzt 1854 Vorbereitungszeit für die Tätigkeit als Kassenarzt 30 a, 926 Vorsorgeuntersuchungen 1857 Vorstationäre Diagnostik/nachstationäre Behandlung 1858

Waffenschein Erteilung an Ärzte 1859f. Wahlleistung 1037, 1157ff., 1169 f. Warzenentfernung 826 Wehrdienst 1861 ff. Ärzteversorgung 1845, 1865 Angestelltenversicherung 1865 Arbeitsverhältnis Ruhen während des - 1863 Entwicklungsdienst 1863 freie Heilfürsorge 646 ff., 1868 Grundwehrdienst 1861, 1864 Haftung von Ärzten 1868 Katastrophenschutzdienst 1863 Kriegsdienstverweigerer 1869 Rechtsgrundlage für die Einberufung von Ärzten 1861 Sanitätsoffiziers-Anwärter 1863 Unabkömmlichstellung 1863 Versorgung während des - 1864 Wehrübungen 1861, 1864 Weiterbildung Anrechnung von Tätigkeiten während d e s - 1866 „Fachausbildung" i. S. des § 46 Abs. 3SoldG 1867 Zivilschutzdienst 1863 Zurückstellung vom - 1862 Ärzte in der Weiterbildung 1862

Sachregister Medizinstudenten 1862 Weisungsrecht des Chefarztes gegenüber nachgeordneten Ärzten 123, 522 gegenüber nichtärztlichen Mitarbeitern 523 des Dienstherrn 123 Haftung nachgeordneter Ärzte bei Ausführung ärztlicher Verrichtungen auf Weisung des Chefarztes 240, 310,318, 522 Haftung nichtärztlicher Mitarbeiter bei Ausführung ärztlicher Weisungen 319 Weiterbildung 1870 ff. Anerkennungsverfahren 1877 ff. Akteneinsicht 1880 ausländische- 1892 ff. außerhalb der EG 1892 innerhalb der EG EG-Staatsangehörige 1893 Nicht-EG-Staatsangehörige 1894 Beginn d e r - 1872 Begriff 1870 Bundeswehr 1866 Dauer 1873 D D R - 1891 Entwurf einer EG-Richtlinie über die Weiterbildung zum Allgemeinarzt 1893 Ermächtigung zur - 1872, 1883 ff. Bettenzahl 1886 Doppelermächtigung 1883 niedergelassene Ärzte 1885 Oberärzte 1884 Pflichten des ermächtigten Arztes 1889 Rücknahme 1887 Umfang 1886 Widerruf 1887 „Fachausbildung" i. S. des § 46 Abs. 3 SoldG Fachgespräch 1879 Nichtbestehen 1880 Gastarzttätigkeit 671 gleichwertige - 1881 Haftung des in Weiterbildung befindlichen Arztes 318,1890

Sachregister Inhalt 1873 persönliche Leitung durch ermächtigten Arzt 1887 Prüfung 1879 Nichtbestehen 1880 Qualifikationszeugnis 1876 Rechtsstellung des Arztes in der Weiterbildung gegenüber Krankenhausträger 1888 gegenüber Weiterbilder 1889 Rechtsgrundlagen 1871 Richtlinien über den Inhalt der - 1887, 1895 Teilzeitweiterbildung 1874 truppenärztliche Tätigkeit 1783 Unterbrechung 1873, 1879 Urkunde 1880 Weiterbildungsstätte räumliche Trennung von der Arbeitsstätte des Weiterbilders 1872 Wechsel 1875, 1886 Zulassung 1882 zahlenmäßige Begrenzung der Weiterzubildenden 1887 Zeugnis 1876 Zivildienst 1991 Weiterbildungsordnung 1895 Weltäiztebund (WMA) 1896 f. Weltgesundheitsorganisation 1898 f. Werbeverbot 1900 ff. Abgrenzung zu sachlich notwendiger Information 1904, 1916 Ärzteadreßbücher 1918 ärztliche Laboratorien 1908 ff. Apotheker 80 Begriff der Werbung 1902 Berufsrecht 1900, 1902 ff. Duldung von Veröffentlichungen 1915 Einbestellung von Patienten zur Nachuntersuchung 1906 Fachzeitschriften 1906 Fernsehen 1913 ff. Fernsprechbücher 1918 Eintragung des Arztnamens in Fettdruck 1918 Film 1913ff. Fremdwerbung für gewerbliche Unternehmen 1919f.

1022 Funk 1913 ff. Gutachten zur LaienWerbung 1919 Heilmittelwerbegesetz 832 f. Heilpraktiker 846 innerhalb von Fachkreisen 1905, 1912 Interviews 1913, 1915 Konkurrenz mit UWG 1901,1910, 1921, 1922, 1926 kostenlose Beförderung von Patienten zur Arztpraxis 1906 Leseranfragen, Beantwortung 1914 Leserbriefe 1906 mittelbare Werbung 1907 politische Aufrufe Unterzeichnung durch Ärzte 1914 Praxiseröffnung 1906, 1915 Presse 1913 ff. Privatkliniken 1449, 1908 ff. Publikumszeitschriften 1914 Rechtsgrundlagen 1900 f. Sanatorien 1564, 1908 ff. Sonderverzeichnisse Eintragung von Ärzten 1917 Subspezialistenverzeichnisse 1752 Titel „Dr. med." Hergabe zu Wettbewerbszwekken 1920 Umgehung des - 1903, 1911 vergleichende Werbung 1905 Verhältnis zum allgemeinen Wettbewerbsrecht 1901, 1910, 1921, 1922, 1926 Wechselwerbung 1911 Werbeprospekte Versendung durch Privatkliniken 1910 Werksarzt > Betriebsarzt Wettbewerbsrecht 1921 ff. Ärztekammern 1924 Äußerungen von Ärzten in der Öffentlichkeit 1927 Anmietung von Praxisräumen in Gebäude mit Arztpraxis gleicher Fachrichtung 1922 Belegarztpraxis Bezeichnung als „Klinik" 1922 Bundesärztekammer 1924 Fernsehsendungen 1922

1023 Gebietsüberschreitung 1922 GWB 1925 Kassenärztliche Vereinigungen 1924 Konkurrenzklauseln 977 ff. Kritik an fremden Behandlungsmethoden 1922 niedergelassene Ärzte 1922, 1925 Ratgeber in Publikumszeitschriften 1914 Rechtsgrundlagen 1921 Übergabe von Rezepten durch verschreibenden Arzt an Apotheken 80, 1834, 1923 unerlaubte Handlung 1927 unterlassene Rücküberweisung an behandelnden Arzt 1922 Unterlassungsanspruch 1923 Unterschreitung der Honorarsätze nach GOÄ 170,1922 UWG 1922 Verhältnis zum ärztlichen Standesrecht 1921 Verweisung von Patienten an bestimmte Optiker und Orthopädiegeschäfte 1923, 1928 Wiedereinbestellung von Patienten zur ambulanten Behandlung durch Krankenhausärzte 1922 Zahnarzt Ausführung zahntechnischer Arbeiten in praxiseigenem Labor 1969 zwischen Ärzten 1922 zwischen Ärzten und gewerblichen Unternehmen 1923 zwischen Ärzten und nichtärztlichen Mitbewerbern 1923 zwischen Ärzteverbänden und gewerblichen Unternehmen 1924 Wirtschaftlichkeitsprüfung 1929 ff. Allgemeinpraxis großes Labor 1937 internistische Ausrichtung 1937 Begriff der Wirtschaftlichkeit 1931 Begründungspflicht im Prüfbescheid 1947 Bekanntgabe von Entscheidungen der Prüfinstanzen an Patienten 1954 Belegarzt 343

Sachregister Berufung gegen Urteile der Sozialgerichte 1953 Disziplinarmaßnahmen 1954 Einzelfallprüfung 1934 Entziehung der Kassenzulassung 936 Fehlen von Vergleichsmöglichkeiten 1944 Gauß'sche Normalverteilungsformel 1936 getrennt nach einzelnen Krankenkassen 1943 Klage gegen Entscheidung der Prüfinstanzen 1952 keine aufschiebende Wirkung 1953 Kompensation von Mehraufwand durch Minderaufwand 1939, 1943 Leistungsarten 1940 Leistungsgruppen 1940 medizinische Erforderlichkeit bestimmter Untersuchungen 1941 Mitwirkungspflicht des betroffenen Arztes 1947 mündliche Verhandlung 1947 NichtÖffentlichkeit 1947 offensichtliche Unwirtschaftlichkeit 1935, 1936, 1942 Praxisbesonderheiten 1938, 1942 Prüfinstanzen 1945 Aufgaben 1946 Prüfmethoden 1934 ff. Prüfung anhand statistischer Durchschnittswerte 1935 ff. Prüfverfahren 1947 ff. Ersatzkassen 1945, 1951 RVO-Kassen 1945, 1947 ff. rechnerisch-sachliche Prüfung 1929 rechtliches Gehör 1947, 1948 Rechtsgrundlagen 1930 Rückforderung zuviel erhaltener Leistungen 1958 Schweigepflicht 1947 statistische Vergleichsprüfung bei offensichtlichem Mißverhältnis zur Fachgruppe 1942 f. Therapiefreiheit 1754, 1932 Verbot der Schlechterstellung (reformatio in peius) 1950 Vergleichsgruppen 1937

Sachregister Vertretung durch Bevollmächtigte 1950 Widerspruch gegen Entscheidungen der Prüfinstanzen 1949, 1951 aufschiebende Wirkung 1949 Wissenschaftlicher Beirat der Bundesärztekammer 1955 Wissenschaftlicher Mitarbeiter 1956 „Wissenschaftlichkeitsklausel" 1957 ff. Begriff 1957 Beihilferecht 1959 gesetzliche Krankenversicherung 1958 Gutachten von Vertretern der Schulmedizin 1960 private Krankenversicherung 1957 Rechtsgrundlagen 1957 Ultraschall-Behandlung bei multipler Sklerose 1957 Wochenpflegerin 1961

Zahnarzt 1962 ff. Aufklärungspflicht 1971 Ausbildung 1963 Berufsbezeichnung 1962 Berufserlaubnis 1964 Berufsgerichtsbarkeit 1965 EG-Recht 1964, 1978 Gutachterstellen für Behandlungsfehler 1973 Haftung 1973 Heil- und Kostenplan 1966 Kassenzahnarzt 1966, 1968, 1969 Rechtsbeziehungen zu Patient 1967 zu Zahntechniker 1969 Schweigepflicht 1971 Umsatzsteuer 1974 Vergütung 1968 Zahnärztekammer 1965 Zahnarztpraxis goodwill 1975 Zahnarzthelferin 1976 Zahnersatz 1966 Kostenübernahme durch Krankenkasse 1966

1024 Umsatzsteuer 1974 Zahnheilkunde 1977 Zahnheilkundegesetz 1978 Zahntechnische Leistungen Ausführung in praxiseigenem Labor 1969 Zuschuß der Krankenkasse 1966 Zentrale zur Bekämpfung der Unlauterkeit im Heilgewerbe 1979 Zentrumsdialyse 756 Zeugnisverweigerungsrecht 1980 ff. Begriff 1980 Belehrung über - 1986 Beschlagnahmeverbot 1987 des Arztes 1981 ff. Erscheinen vor Gericht trotz - 1984, 1985 Mitpatienten einer Gruppentherapie 1988 nach Entbindung von der Schweigepflicht 1982 nach Tod des Patienten 1983 nichtärztliche Heilberufe 1988 f. Ordnungsstrafe 1984 Pflicht zu kollegialem Verhalten 1987 Strafprozeß 1984 Zivilprozeß 1985 Vernehmung nach Aussage als Sachverständiger in früherem Strafverfahren 1987 Zivildienst 1990 ff. Arbeitsunfall 1992 freie Heilfürsorge 1992 Haftung für Fehlleistungen während d e s - 1992 Rechtsgrundlagen 1990 Unterhaltssicherung 1990 Weiterbildung Anrechnung einer ärztlichen Tätigkeit während des - 1991 Zurückstellung 1990 Zivilschutz 1993 ff. Aufgabe 1993 Entwurf eines Zivilschutzgesetzes 1995 gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung im Verteidigungsfall 1994 Haftung 1995

1025 Mitwirkung von Ärzten und Angehörigen der medizinischen Assistenzberufe 1994 Rechtsgrundlagen 1993 Registrierung von Ärzten und medizinischem Assistenzpersonal 1994 Unfallversicherung 1995 Zöliakie 1996 f. Erstattung von Mehrkosten für glutenfreie Nahrungsmittel durch Krankenversicherung 1997 Zugewinnausgleich Berücksichtigung des ideellen Praxiswertes (goodwilll bei Ermittlung des- 1413 Zusatzbezeichnung 1998 f. Anerkennung 1998 Begriff 1998 Führung mehrerer - 1998 Gebietsbeschränkung 1999 Strafrechtsschutz 126 Zusatzgutachten 2000 ff. Zwangsbehandlung 2003 ff. Begriff 2003 Entscheidung über - 2006 Haftung 2007 öffentliches Gesundheitsrecht 2005 Rechtsgrundlagen 2004 Soldatenrecht 2005 Strafprozeßrecht 2004 Wehrpflichtrecht 2005 Zivildienstrecht 2005 Zivilprozeßrecht 2005

Sachregister Zwangsernährung 2008 ff. Abordnung angestellter und beamteter Ärzte zur - 2012, 2013, 2014 Rechtsweg 2016 angestellte Ärzte 2013 Anstaltsärzte im Justizvollzugsdienst 2011, 2014 ff. beamtete Ärzte 2010, 2012, 2016 Begriff 2008 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit 2015 Haftung bei unterlassener - 2017 Krankenhausärzte 2012 ff., 2015 Nebentätigkeit 2012,2013 Pflicht zur des Arztes 2010ff., 2014f. des Staates 2009 Zweigpraxis 2018 ff. Begriff 2018 EG-Recht 2021 Genehmigung durch Ärztekammer und KV 2019 Auflagen 2020 Rechtsanspruch 2020 Widerruf 2020 Konsiliararzttätigkeit 2018 Limited-Care-Station 2018 Notfalldienst 2022 Zweigsprechstunde > Zweigpraxis Zweitpraxis > Zweigpraxis Zytologieassistent 2023 f. Zytologie-Richtlinien 2025 Zytologische Untersuchungen 734

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Walter de Gruyter Berlin-New York

Carl Bruno Bloemertz

Die Schmerzensgeldbegutachtung Leitfaden für Ärzte, Juristen und Versicherungsfachleute 4., neubearbeitete Auflage. Oktav. X, 190 Seiten. 1984. Gebunden. DM 82,Das hier angezeigte Werk ist seit fast 20 Jahren das einzige, das für das schwierige Problem, immaterielle Körperschäden zu beziffern, einen praktikablen Weg zeigt. Als Bewertungsmaßstab wird das Prozentsystem angewandt, so daß sich der gutachterlich tätige Arzt der ihm von der Begutachtung der Erwerbsminderung bei Körperschäden vertrauten Methoden bedienen kann. Aber auch Rechtsanwälte, Richter, Sachbearbeiter in den Versicherungen und Berufsgenossenschaften sind rasch in der Lage, ein Gutachten zu „lesen". Rechtsprechung und Praxis ermöglichen durch dieses System die Formulierung allgemeiner Grundsätze für die Basis und die Höhe des jeweils in Betracht kommenden Prozentsatzes; der Verfasser hat diese Erkenntnisse in einer Umrechnungstabelle zusammengeführt. Eingehende Begründungen machen die Grundlagen für die Prozentschätzung transparent, so daß Versicherungen Entschädigungsbeträge nach einheitlicheren Gesichtspunkten bemessen und Richter bei Ausübung ihres richterlichen Ermessens für die Festsetzung auf Vergleiche zurückgreifen können. Die nunmehr vorgelegte 4. Auflage berücksichtigt die seit Erscheinen der Vorauflage eingetretenen Gesetzesänderungen und die neue Rechtsprechung; der Verfasser hat ferner die Umrechnungstabellen und den umfänglichen vergleichenden Auslandsteil aktualisiert. Wiederum beigefügt ist eine Karte mit Erläuterungen der wichtigsten medizinischen Fachausdrücke. Aus einer Rezension der 3. Auflage: „Die Neuauflage dieses Buches.... läßt das besondere Interesse der Öffentlichkeit am Schmerzensgeldanspruch und der Schmerzensgeldbegutachtung erkennen. Es gibt zwar eine Fülle einschlägiger Einzelaufsätze, aber kein Werk, das so vollständig, übersichtlich und kritisch die Zusammenhänge darstellt, wie das vorliegende... Dieses Buch kann ohne Einschränkung allen gutachterlich tätigen Ärzten, Juristen und Versicherungsfachleuten empfohlen werden." Preisänderung vorbehalten

H. U. Gerbershagen (Mainz) ln: Der Anaesthesin