Lessing’s Werke: Band 3 [Reprint 2021 ed.]
 9783112413388, 9783112413371

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Lessings Werke. Dritter Band.

Stuttgart. G. I. Göschen'sche Verlagshandlung. 1880.

Druck von G. Lemppennu in Ltuttgart.

Inhalt. Sophokles..........................................................

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Laokoon oder über die Grenzen der Malerei und Poesie.................................................66 Die Erziehung de- Menschengeschlechts............................................................................. 197 Briefe, antiquarischen Inhalts.........................................

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Sophokles. Erstes Buch.

Bon dem Leben des Dichters. 1760. Bayle, der in seinem „kritischen Wörterbuchs" sowohl dcmAeschyluS als dem Euripides einen besondern Artikel gewidmet hat, über­ geht den Sophokles mit Stillschweigen. Verdiente Sophokles weniger gekannt zu werden? War weniger Merkwürdiges von ihm zu sagen, als von jenen schien Mitbewerbern um den tragischen Thron? Gewiß nicht. Aber bei dem AeschyluS hatte Baylcn: Stanley; bei dem Euripides hatte ihm Barnes vorgearbeitet. Diese Männer hatten für ihn gesammelt, für ihn berichtigt, für ihn verglichen. Voll Zuversicht auf seinen angenehmeren Vortrag, setzte er sich eigen­ mächtig in die Rechte ihres Fleißes. Und diesem Fleiße den Staub abzukehren, den Schweiß abzutrocknen, ihn mit Blumen zu krönen: war seine ganze Arbeit. Eine leichte und angenehme Arbeit! Hingegen als ihn die Folge der Buchstaben auf den Sophokles brachte, vergebens sah er sich da nach einem Stanley oder Barnes um. Hier hatte ihm niemand vorgearbeitet. Hier mußte er selbst sammeln, berichtigen, vergleichen. Ware es schon sein Werk gewesen, so erlaubte es ihm jetzt seine Zeit nicht, und Sophokles blieb weg. Die nämliche Entschuldigung muß man auch seinem Fortsetzer, dem Herrn Chaufcpie, leihen. Auch dieser fand noch keinen Vor­ arbeiter, und Sophokles blieb abermals weg. — Man gewinne aber einen alten Schriftsteller nur erst lieb, und die geringste Kleinigkeit, die ihn betrifft, die einige Beziehung auf ihn haben kann, hört auf uns gleichgültig zu seyn. Seitdem ich es bedauere, die Dichtkunst des Aristoteles eher studirt zu haben als die Muster, aus welchen er sie abstrahirte, werde ich bei dem Namen Sophokles, ich mag ihn finden, wo ich will, aufmerksamer als bei meinem eigmen. Und wie vielfältig habe ich ihn mit Vorsatz gesucht! Wie viel Unnützes habe ich seinetwegen gelesen! Nun denke ich: keine Mühe ist vergebens, die einem andern Mühe ersparen kann. Ich habe das Unnütze nicht unnützlich gelesen, wenn es von nun an dieser oder jener nicht weiter lesen darf. Ich kann nicht bewundert werden; aber ich werde Dank verdienen. Und die Vorstellung, Dank zu verdienen, muß eben so angenehm seyn, als Lesftng, Werke, in. 1

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Sophokles.

die Vorstellung bewundert zu werden, oder wir hätten keine Gram­ matiker, keine Literatoren. Mit mehrerm Wortgepränge will ich dieses Leben meines Dichters nicht einführen. Wenn ein Kenner davon urtheilt, ^Bar­ nes würde es gelehrter, Bayle würde es angenehmer geschrieben haben/ so hat mich der Kenner gelobt.

Leber» der Sophokles. „Vor allen Dingen muß ich von meinen Quellen Rechenschaft geben (A). Diesen zufolge war Sophokles von Geburt ein Athenienser und zwar ein Koloniale (B). Sein Vater hießSophilus (0). Nach der gemeinsten und wahrscheinlichsten Meinung ward er in dem 2ten Jahre der 7lsten Olympias geboren (D). „Er genoß eine sehr gute Erziehung. Die Tanzkunst und die Muflk lernte er bei dem LampruS, und brachte es in dieser letztem wie auch im Ringen so weit, daß er in beiden den Preis erhielt (E). Er war kaum 16 Jahre alt, als er mit der Leier um die Tropäen, welche die Athenienser nach dem Salaminischen Siege errichteten, tanzte und den Lobgesang anstimmte. Und das zwar nach einigen nackt und gesalbt; nach andern aber bekleidet (F). In der tragischen Dichtkunst soll Aeschylus sein Lehrer gewesen seyn; ein Umstand, an welchem ich aus verschiedenen Gründen zweifle (G). Ist er unter­ dessen wahr, so hat schwerlich ein Schüler das Uebertriebene seines Meisters, worauf die Nachahmung immer am ersten fällt, besser ein­ gesehen und glücklicher vermieden, als Sophokles. Ich sage dieses mehr nach der Vergleichung ihrer Stücke, als nach einer Stelle des Plutarchs (H). „Sein erstes Trauerspiel fällt in die 77ste Olympias. Das sagt Eusebius, das sagt auch Plutarch, nur muß man das Zeug­ niß dieses letztem recht verstehen; wie ich denn beweisen will, daß man gar nicht nöthig hat, die vermeinte Verbesserung anzunehmeu, welche Samuel Petit darin angegeben hat (I). „Damals war der dramatische Dichter auch zugleick der Schau­ spieler. Weil aber Sophokles eine schwache Stimme hatte, so brachte er diese Gewohnheit ab. Doch blieb er dämm nicht ganz von dem Theater (K). „Er machte in seiner Kunst verschiedene Neuerungen, wodurch er sie allerdings zu einer höheren Staffel der Vollkommenheit er­ hob. Es gedenken derselben zum Theil Aristoteles (L); zum Theil Suidas (M); zum Theil der ungenannte Biograph (N). „Mit der Aufnahme seiner „Antigone" hatte Sophokles ohne Zweifel die meiste Ursache vergnügt zu seyn. Denn die Athmienser wurden so entzückt davon, daß sie ihm kurz darauf die Würde eines Feldherrn ertheilten. Ich habe alles gesammelt, was man von diesem

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Punkte bei den Alten findet, die stdj in mehr als einem Umstande widersprechen (O). Viel Ehre scheint er als Feldherr nicht einge­ legt zu haben (P). „Die Zahl aller seiner Stücke wird sehr groß angegeben (Q). Nur sieben find davon bis ans uns gekommen; und von den an­ dern ist wenig mehr übrig als die Titel. Doch auch diese Titel werden diejenigen nicht ohne Nutzen studiren, welche Stoffe zu Trauerspielen suchen (R). „Den Preis hat er öfters davon getragen (8). Ich führe die vornehmsten an, mit welchen er darmn gestritten hat (T). „Mit dem Euripides stand er nicht immer in dem besten Vernehmen (U). Ich kann mich nicht enthalten eine Anmerkung über den Vorzug zu machen, welchen Sokrates dem Euripides er­ theilte. Er ist der tragischen Ehre des Sophokles weniger nachthcilig, als er es bei dem ersten Anblicke zu seyn scheint (X). '„Verschiedene Könige ließen ihn zu fich einladen; allein er liebte seine Athenienser zu sehr, als daß er fich freiwillig von ihnen hätte verbannen sollen (Y). „Er ward sehr alt und starb in dem 3ten Jahre der 93sten OlynrPiaS (Z). Die Art seines Todes wird verschiedentlich ange­ geben. Die eine, welche ein altes Sinngedicht zum Grunde hat, wollte ich am liebsten allegorisch verstanden wissen (AA). Ich muß die übrigen alten Sinngedichte, die man auf ihn gemacht hat, nicht vergessen (BB). Sein Begräbniß war höchst merkwürdig (CC). „Er hinterließ den Ruhm eines weisen, rechtschaffenen Mannes (DD); eines geselligen, munteren und scherzhaften Mannes (EE); eines Mannes, den die Götter vorzüglich liebten (FF). „Er war em Dichter; kein Wunder, daß er gegen die Schönheit ein wenig zu empfindlich war (GG). ES kann leicht seyn, daß cS mit dell verliebten Ausschweifungen, die man ihm Schuld giebt, seine Nichtigkeit hat. Allein ich möchte mit einem neuen Scribenten nicht sagen, daß sein moralischer Charakter dadurch zweifelhaft würde (HH). „Er hinterließ verschiedene Söhne, wovon zwei die Bahn ihres Vaters betraten (II). Tue gerichtliche Klage, die fie wider ihn er­ hoben, mag vielleicht triftigere Ursachen gehabt haben, als ihr Cicero giebt (KK). „Außer seinen Tragödien führt man auch noch andere Schrif­ ten und Gedichte von ihm an (LL). „Die völlige Entwerfung seines Charakters als tragischer Dichter muh ich bis in die umständliche Untersuchung seiner Stücke verspüren. Ich kann jetzt bloß einige allgemeine Anmerkungen voraussenden, zu welchen mich die Urtheile, welche die Alten von ihm gefällt haben (MM), und verschiedene Beinamen, die man ihm gegeben hat (NN), veranlassen werden. „Ich rede noch von dem gelehrtenDiebstahle, den man ihm Schuld

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giebt (00). Endlich werfe ich alle kleinere Materialien, die ich noch nicht anbringen können, in eine Anmerkung zusammen (PP); deßgleichen auch die Fehler, welche die neueren Literatoren in Er­ zählung seines Lebens gemacht haben (QQ)."

Ausführung. Es wird Mühe kosten, dieses Gerippe mit Fleisch und Nerven zu bekleiden. Es wird fast unmöglich seyn, es zu einer schönm Gestalt zu machen. Die Hand ist angelegt.

(A) Don den Quellen.) Diese sind Suidas und ein Unbe­ kannter, der seinen Scholien über die Trauerspiele des Sophokles ein Leben des Dichters vorgesetzt hat. Suidas und ein Scholiast: Quellen! So gefallt es der verheerenden Zeit! Sie macht aus Nach­ ahmern Originale, und giebt Auszügen einen Werth, den ehedem kaum die Werke selbst hatten. Der Artikel „Sophokles" ist bei dem ersten sehr kurz. Es ist auch nicht dabei angcmerkt, woher er entlehnt worden. Niemand hat sich verdienter um ihn gemacht als I. Mcursius,1 der ihn mit An­ merkungen erläutert hat,' die ich mehr als einmal anführen werde.

Das Leben des Scholiasten ist etwas umständlicher, und es zieht ältere Währmänner an, für die man alle Hochachttmg haben muß, den Aristorenus, den Jster, den Satyrus. Unter dem ersten versteht er ohne Zweifel den AristoxenuS von Tarent, den bekannten Schüler des Aristoteles, von dessen vielen Schriften uns nichts als ein kleiner musikalischer Tractat übrig geblieben ist. Ammoniuö3 führt von ihm ein Werk „Don den tragischen Dichtern" an; und in diesem ohne Zweifel wird das gestanden haben, was der Scholiast, den Sophokles betreffend, aus ihm anführt. Jster ist der Schüler des KallimachuS, dessen Diogenes LaertiuS, AthenäuS, Suidas und andere gedenkm.3 Was für einen SatyruS er hingegen meine, will ich nicht bestimmen. Vielleicht den Peripatetiker dieses Namens,4 unter dessen Leben be­ rühmter Männer auch ein Leben des Sophokles seyn mochte. Aber hätte ich nicht lieber die zerstreuten Stellen bei dem Plato, Aristoteles, DiodoruS SiculuS, Pausanias, AthenäuS, Philostrat, Strabo, Aristides, Cicero, Plinius rc., die den Sophokles betreffen, die Quellen nennen sollen? Doch sie gedenken seiner nur im Vorbeigehen. 1 In seiner Schrift: Aeschylus, Sophocles, Euripides, sive de Tragcediig eorum libri in. Lugduni Batav. 1619. Don Seite 87 bis 94. Sie ist dem lOtcn Theile des „Gronov'schen Thesaurus- etnverleibt worden. 8 IIeql ofioimv uat SiatpoQCov Xe^ecdv; unter $veg&ou uat &QVE(föcL i; &V T(O ÄQGOTto TgaytoSoitOUDV ICEQi VEtDTSQCOy OVTCO QpTjGL KOtTCt

u. s. v,.

» Vosslus de Hist. Gr. lib. IV. c. 12. < Jonsius lib. II. de script. Hist. Philos. c< 11.

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Und auch der Bäche, die mich zum Theil zu den Quellen gewiesen haben, kann ich ohne Undankbarkeit nicht vergessen. Wmn ich aber den Gyraldus,1 den Meurfius,8 und den Fabric'ius8 nenne, so hab ich sie alle genannt. Das sind die einzigen, bei welchen ich mehr zu lernen, als zu verbessern gefunden habe. Bei allen andern war es umgekehrt. (B) Ein Athenienser und zwar ein Koloniale.) SuidaS: Soaiog. Und der ungenannte Biograph: ’E/eveto, ovv 6 XotponXTjg to yEVog’Athyvaiog, öt](lov KoXcovti&ev. Dergleichen der Grammatiker, von welchem der eine Inhalt des „OedipuS auf Kolonos" ist: y«Q KoXcovo&ev.4

Auch Cicero 6 bestätigt es: Tanta vis admonitionis inest in loois, nt non sine causa ex his memori® ducta eit disciplina. Tum Quintus, est plane, Piso, ut dicis, inqnit, nam me ipsum huo modo venientem convertebat ad sese Coloneus ille locus,6 cu­ jus incola Sopbocles ob oculos versahatur: quem scis quam admirer, quamque eo delecter: me quidem ad altiorem memoriam Oedipodis huc venientis, et illo mollissimo carmine, qu®nam essent ipsa h®c loca, requirentis, species quedam commovit, inanis scilicet, sed commovit tarnen. Das atheniensische Volk ward wie bekannt in Was ist nun leichter zu vermengen als KoXcovirai und KoXcovtarat^ Sophokles aber, und folglich auch sein Vater, war ein KoXtoviav-qg. So fanden ihn Aristoxenus und Jster genannt, und lasen es für KoXövtvqg und machten ihn zu einem Manne, der für Lohn arbeitet. Meine Vermuthung wird dadurch belito8r)Tctt vno ’^gtgotpavoug

1 3n den Lebensbeschreibungen der zehn Redner, unter welchen daS Leben deS JsokrateS daS vierte ist. a Wie Xylander anstatt tov ap^tEpscoc; mit vollkommenem Grunde lirSt. 3 Histor. Hat. lib. XXXVII. 8ect XL §. 1. Edit. Hard. Ich gedenke dieser Stelle deS PliniuS unter (X) mit mehreren. 4 SuidaS unter diesem Worte: Ovrcog covo[iot£ov zovg [tiGÖajTOVg' ItcslSt] itEQi

tov

KoXcovov EbgrpiEGaV) 6g igi nXT\Gtov vqg ayopag.

SuidaS hat hier den Harpocration ausgeschrieben, welcher die nämlichen Worte aus einer Rede des Hyperideö anführt.

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stärkt, daß sie weder unter einander, noch mit sich selbst einig sind, welches Handwerk Sophiluö eigentlich getrieben habe. Denn ein KoIcovittis konnte ein Zimmermann, ein Schmied und ein Schwertfegcr seyn. Will man mir über dieses KoXamvrig noch eine grammati­ kalische Grille erlauben? Ich halte die Silbe 777$ hier für etwas mehr, als für die bloße Endung, welche verschiedene Gentilia bekommen. Ich halte sie für das Nennwort #775, welches einen Arbeiter um Lohn bedeutet. *Otl 6 aXXotg, merkt Photiuö aus den Chrestomathiecn des HelladiuS an,1 [ug&ov SovXevcov, -9*775 naXHTCU) 77 ita^ct to dtivai 6 ötjXol to %eqGlv iQya^EcO’cti HCU ItOlEIV — Tj HCtTCt [iETa&EGLV TOD T hg TO 9** TO yOCQ ItE vEG&ai xat TTjraoftcu tov ßiov, olov 5EQEG&ait avayxa^Et noXXovg to. SovXcov TtQccTTEiv. Nun weiß ich zwar Wohl, daß #775 in der mehrern Zahl ftrirsg hat, lntb daß es also nach Verwand­ lung dcö -9* in das vielleicht rlrsprüngliche r KoXcovtT^TEg heißen müßte, und nicht KoXcdvitcu; ich weiß aber auch, daß der gemeine Gebrauch, welcher die Abänderung der Wörter in seiner Gewalt hat, sich wenig um die Herleitung bekümmert. DaS ^Etvat in der angeführten Stelle ist unser thun.

In dem 2tcn Jahre der Tlten Olympias geboren.) Der ungenannte Biograph: rE-vv-r$Tp>cu 8e clvtov tpacLv Ißdo^«0577 TtQtoTT) oXvpntctöi y.ccxa to öevteqov ^Tog, im 9Aq%ovtog ’a&tjvtjgi tinXinnov. Mit ihm stimmt der Ungenannte, von welchem wir ein kurzes historisches Verzeichnis; der Olympiaden('0Lv/t7rL«Swv dvayQacpyv) haben,2 aus das genaueste überein. Er schreibt unter dem 2teil Jahre OA. OA. ^tXvititog. 27o xat, ogx'HSt* H7]v SEdiSaypEvog xat fiovotxrjv txi itaig cov srapa vla/tTtpro, [LETa yovv T7]v iv SaXafuvt, vavfia%tav ueql xponatov yvpvog aX-qXqjqjiEvog e^oq^vge pExa Xvgag* o! 8e Iv I/iaxtoo cpaat. Und damals, sage ich, war Sophokles noch nicht 16 Jahr. Denn es war das Iste Jahr der 75sten Olympias, alo XcrreS der griechischen Freiheit den Untergang drohte. Die Athenienser wollten dem Rathe des ThemistokleS, die Stadt zu verlassen und ihr Glück zur See zu wagen, lange nicht folgen. Endlich als Leonidas und seine Spartaner bei Thermopylä ihr Lebm vergebens ausgeopfert hatten, als Phocis von den Feinden überschwemmt und verheert war, als sie ihm ihr Attica von ihren Bundesgenossen, die sich nach PelopounesuS zogen, preisgegeben sahen, zwang sie die äußerste Noth zu dem Entschlüsse: T7]v fiEv noXtv tragaxaxad’Eoftat x^’^^va rrf Afriyvauov {ie8eov6]j , xovg 8* fcv TjXtxia navxag Eftßaivsiv iig Tag xqltjqEig, itai8ag 8e xat yvvatxag xat avSganoSa acofcEtv Ixagov tag 8vvatov. Xylander nnb Kind übersetzen in dieser Stelle deö PlutarchS:^ Tovg iv TjXtxia nicht zum besten durch Juventus, junge Mann­ schaft. Denn eS ist hier gparevmpog, fiaxipag jjXixta, nicht die Jugend, sondem das zn Kriegsdiensten fähige Alter zu verstehen, 1 2 1 4

Im ProlaaoraS. In seiner Abhandlung von der WhifU. Lib. I. p. m. 20. Im Leben beS ThemiÜokleS.

Sophokles.

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welches über das 60ste Jahr reichte. Seinen Anfang aber nahn: es von dem 18ten, oder eigentlich von dem 20flcn Jahre. Denn ob sie schon von dem 18ten Jahre an dienen mußten, so wurden sie doch nicht gegen den Feind, sondern nur zur Bewachung der Stadt ge­ braucht, und hießen äeqiäoZou 1 In dem 20sten legten sie erst den Eid ab, 'VitEQp.axEtv «ZQ1- ^"avato-u zi]g ftgsipotpEvrjg. Unter dieser streitbaren Mannschaft konnte unser Sophokles also noch nicht seyn, sondern er gehörte unter die Kinder, die dre Väter so gut wie sie konnten in Sicherheit mußten bringen lasten. Aber gleich­ wohl ist er auf Salamis, und tanzt da um die Tropäen. Sollte man ihn jetzt nicht eher in Trözene suchen, wohin die meisten Athenienser ihre wehrlose Familie schickten? Ot nleisoi tcdv \4$hp>cu(ov, fährt Plutarch fort, 'üre^e^evto yovEagxaty-uvatxag EtgTQoi&]va,cpilQ-

Ti[L(og itctvv t(ov Tqoi£i]vi.a)v vno8E%o[iEva)v* xat yctQ TQEtpEW Etyr^iaavTo öijftoaia, 8vo oßoZovg hcofg'co dttfovre$, xat xqg oitcDQctg IccpßavELV xo-vg itoaöag E^stvat itavtaxo&sv, iti o vttEQ avrcov didotGxaZoig teZelv [ug&ovg. Doch Herodotuö sagt eS ausdrücklicher, daß Trözene nicht der einzige solche Zufluchtsort ge­ wesen sey, sondern daß einige ihre Kinder auf Aegina, einige auck auf Salamis geschickt fr eit ton:2 'Ev^ain;« ot p,tv rcZfts'ot Tqoi^v« aitE^EiXav (r« rtnva y.aiTOvg oixmrg), m ÖEEtg /hytvav, ol Öb ig SaXcquva. Der junge Sophokles war folglich nach diesem letztcru Orte in Sicherheit gebracht worden, wo es der tragischen Muse, alle ihre drei Lieblinge, in einer vorbildenden Gradation, zu versamnieltl beliebte. Der kühne AeschyluS half siegen; der blühende Sophokles tanzte um die Tropäen; und Euripides ward an dem Tage deö Sie­ ges auf eben der glücklichen Insel gefroren. Ich hätte vor allen Dingen anmerken sollen, daß die vorzügliche Schönheit des Sophokles ihn der Ehre würdig machte, der Anführer frei einer so glorreichen Feierlichkeit zu seyn: «Qog ro xaXog ysyei^tr&ciL T7]v coQttv, sagt Athenäuö. — Und dieses ist das erste Datum, aus welchem es wahrscheinlicher wird, daß unser Dichter in dem 2ten Jahre der 71sten, als in dem 3ten der 73sten Olympias gefroren worden. Als ein Kind von 6 Jahren würde er vielleicht zu Trözene Obst genascht, nicht aber auf Salamis um die Tropäen getanzt habest. (G) AeschyluS des Sophokles Lehrer in der tragischen Dichtkunst — Zweifel dawider.) Der ungenannte Biograph ist der einzige, der dieses sagt: Ha$ Ai

und dieser antwortet ihm: zlei-LOTTiTog xat vov&ECiag, ort ßsZriovg

te

uoiov/lev

Tovg av&Qtouovg iv vatg uoZeglv.

Die Stelle übrigens, wo Euripides von dem AeschyluS beschuldigt wird, daß er oaS Anständige in der Auszierung mit Fleiß ver, absäumt habe, ist aus eben diesem Auftritte der Frösche. Ich habe sie bereits angeführt, und kann die nähere Vergleichung dem Leser überlasten. (I) Sein erstes Trauerspiel fällt in die sieben und sieb­ zigste Olympias.) Und hierin, sage ich, kommen EusebiuS und Plutarch überein. JSocpoxZrjg TQaytodouotog uqcotov iuESEi^atomerkt jener unter dem zweiten Jahre dieser Olympias ausdrücklich an? Die lateinische Uebersetzung des Hieronymus bringt dm nämlichen Umstand unter dem ersten Jahre bei: Sophocles Tragoediarum Bcriptor primum ingenii sui opera publicavit. Sophokles wäre also vier oder fünfundzwanzig Jahr alt gewesen, da er sich als einen tragischm Dichter zuerst bekannt machte. Und in diesem Vor­ geben ist nichts, was der Natur der Sache widerspräche. —- Aber nun das Zeugniß des PlutarchS. — Das Orakel hatte dm Atheniensem befohlen, die Gebeine des TheseuS in ihre Stadt zu bringen, um ihn als einen Halbgott zu verehren. TheseuS lag auf ScyroS begraben. Als nun (Simon diese Insel erobert hatte, ließ er fein erstes seyn, das Begräbniß dieses alten athmimsischm Königs aufzusuchm, und dem 1 Wegen dieser Sehnlichkeit möchte ich auch nicht die LeSart annehmen, die in dieser Stelle deS AristophaneS aus au Tjihov ein einziges Wort aur^cov

(percolAM) macht, ob sie gleich dm EustathiuS zmn WSHrmanne hat. Man sehe dm Bisctus über dm 974. DerS. a Zelle 1040 u. f. 1 Brite 167 deS griechischen TerteS, benannter Au-gabe.

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Orakel gemäß damit zu verfahren. Dieses erzählt Plutarch in dem Leben des Cimon und fährt fort/Eqp m xat fiaXiga itgog a-vtov TjÖFcog 6 S7](iog &g%ev Ittevco d* xZ§ (iviftiTiv avrov Kai rqv rvr, TQaycpScov xqiglv ovo^agi?? yevop,EV7]v. TTipcori?? yap diäacxaXtav TOD SotpoxXEO'vg &ct veov xa&EVTog,’ AapEtyicov 6 ap^ov, tptXovEiHtagovGTjgxainaQaTagEmgTmv&EaTtDVyXQtTagpEv o*uk ixX^QtoGE tov ayawog* cog Ar Kqtfov [lEta rcov sv^yar^ywv tzqoeX&cdv fZg To «O’Earpov ^rton/ffaro Tw H-rw rag vEvopiapEvag cnovSag, ovx äqnptEv aVTOvg aitEX^Eiv, aXX’ oQxcocag, ^vayxaof xathffai xaz KQivai Seha ovrag, atro tpvXjjg [uag ixa^ov. Ich füge hiervon die Ueberfetzung des Herrn Kind bei, weil ich in der Folge verschiedenes dawider zu erinnern haben möchte: „Das Volk gewann ihn deßwegen sehr lieb, und stellte zum Andenken dieser Begebenheit den bekannten Wettstreit unter den Tragödienspielern an, unter denen sich auch So­ phokles befand, der damals noch juna war, und dabei sein erstes Trauerspiel aufführte. Aphepsion der Archon getraute sich nicht, die Richter zu ernennen, die dem geschicktesten Dichter den Preis zuer­ kennen sollten, weil er sah, daß die Zuschauer bald für. diesen, bald für jenen eingenommen waren, und einige diesem, andere jenem den Preis zuerkannt wissen wollten. Er ließ deßwegen den Cimon, der auf den Schauplatz kam, und dem Gott und Vorsteher dieser Spiele das gewöhnlicheTr.inkopfe' brachte, mit seinen Unterfeldherren nicht eher Weggehen, sondern nöthigte sie, daß sie nach geleistetem Eide die zehn Richter werden, und den Ausspruch thun mußten, zumal da jeber dieser Feldherren aus einer der zehn Zünfte war." — In dieser Stelle sind zwei Data, aus welchen die Epoche des ersten Trauerspiels unsers Dichters bestimmt werden muß. Das eine: Aphepsion war Archon. Das andere: Cimon war von seinem Kriegszuge wider Scyros zurückgekommen. Aber diese beiden Data sollen sich wider­ sprechen. So urtheilt wenigstens Samuel Petit, dessen Kritik ich an­ führen muß:1 Corruptum est Pretoria Atheniensis nomen. Aphepsion Archon ßignavit Fas tos anni tertii Olympiadis septuagesimro quart®. At vero, sive natales Sophoclis adscribamus secundo anno Olympiadis septuagesimse prim®, nt pleraquo veterum auctorum pars e vero, nt nobis quidem videtur, scrip­ tum reliquit, qui annus Pretorem habuit Philippum, sive anno tertio Olympiadis septuagesim® terti®, ut alii volunt, per tota­ lem fabulas docere non potuit Sophocles. Anno primo Olym­ piadis septuagesimto septirn® primum drama a Sophoole comnussum fuisse narrat Eusebius. Quod si Plutarchum verbis laudatis audimuß, ut certe audiendus est, et assensum meretur, dicemus Sophoclem primum suum drama in scenam protuhsse anno tertio Olympiadis septuagesim® septirn®, Demotione Athenis Pretore. Eo enim anno a Cimone statuta sunt de victis Miscellancorum lib. III. cap. 18.

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Sopho kleS.

Peraia troproa, ut acribit Diodorua Siculus: a Cimono vero ex hoc bello reduci, ut narrat Plutarchua, cmteriaque Strategie, Judicium redditum eat de Tragicorum Poetarum victoria, fabulam tune primum docente Sophocle. Itaque apud Plutarchum avvL tov AcpEipuDv ßcribeudum est aut quod verius puto, legendum eat dvEtyiog 694q%oov. Nomen Archontia non adacribit Plutarchua, aed dielt eum fuiaae Sophoclis conaobrinum, qui ne videretur aliquid in Sophoclis gratiam comminieci, noluit judicea aortito capere, aed forte oblatoa decem atrategoa dedit: et eruditua aliquia librariua, qui putabat deaiderari Ar­ chontia nomen, et meminerat Aphepaionem circa illa tempora fuiaae Athenia prtBtorem, mutavit aiwpiog in'^lpk^Lwv. Diese Kritik ist so seicht, so nüchtern, und ich habe so viel dawider zu erin­ nern, daß ich kaum weiß, wo ich anfangen soll. Petit will den Namen des Archon durchaus verändert wissen. Warum? Weil in dem Jahre, da Aphepsion Archon gewesen, Sophokles Alters wegen noch kein Trauerspiel anfführen können; und weil der gedachte Kriegszug des Cimon nichts weniger als in dieses Jahr falle. — Ich will diese Gründe fürs erste gelten lassen. Gut; waS also? — Folglich müsse mtweder, anstatt Aphepsion, Demotion gelesen werden, oder, welches am wahrscheinlichsten sey, Plutarch habe den Archon gar nicht na­ mentlich nennen wollen, sondern bloß geschrieben dvsiptog 6 cn Inhalt-.

bemerkte Stelle! Ist sie das, diese Stelle des Philostratuö? Nichts weniger. Er selbst findet sie bereits vom Juniuö und Scheffer genutzt; aber freilich mag eö weder Junius noch Scheffer seyn, dem er ihre erste Nachweisung zu danken hat. Ich denke, ich kenne den rechten, dem Herr Klotz seinen kleinen Dank hier schuldig bleibt. Es ist unstreitig Du Soul; denn als er in der Reitzischen Ausgabe des Lucians jene Beschreibung von dem Gemälde des ZeuriS nachlas, fand er in den Anmerkungen dieses Gelehrten bei dem GHtacai, Stov nicht allein einen Ausfall wider die Perraults, als Verächter der alten Malerei, sondern auch die nämliche Stelle des PhilostrateS dabei angeführt.1 Nun schlug Herr Klotz selbst nach, und weil er das, was Du Soul nur der Seite nach citirt hatte, auch nach dem Capitel cititen zu können, für sich aufbehalten sah; so glaubte er Recht zu haben, etwas, das Er bisher noch nicht bemerkt hatte, überhaupt bisher unbemerkt nennen zu dürfen. Der Unterschied mag wohl so groß nicht seyn; ich fürchte nur, es wird ein dritter kommen, der auch Herr Klotzen die erste Bemerkung durch eine noch genauere Citation streitig macht. Denn so wie Herr Klotz die Anführung des Du Soul Philost. p. 71. durch Philost. Vit. Apollon, o. 20. p. 71. berichtigt, so läßt sich seine Anfühnlng, durch Einschiebung Lib. II. gleichfalls noch mehr berichtigen. Denn das Leben des ÄpolloninS hat acht Bücher, und es wäre schlimm, wenn der, welcher die Ausgabe des OleariuS nicht hat, in allen acht Büchern darnach suchen 'müßte. — Sie lachen über mich, daß ich mich bei solchen Kleinigkeiten aufhalten kann. — Ja wohl Kleinigkeiten! Wenn man denn nun aber einen Mann vor sich hat, der sich auf solche Kleinigkeiten brüstet? — Bisher unbemerkt! Von mir zuerst bemerkt! — Ist eS nicht gut, daß man diesem Manne zum Zeitvertreibe einmal weiset, daß er auch in solchen Kleinigkeiten daö nicht ist, waS er sich zu seyn einbildct? — Sogar Webb hat diese Stelle deö Philostratuö gebraucht.9

Zwölfter Srief. Wahrhaftig, Sie haben Recht: das hätte ich bedenken sollen. Allerdings ist Herr Klotz der erste, welcher die Stelle des Philostratus bemerkt hat; nicht zwar nach ihren Worten, aber doch nach ihrem geheimen Sinne. Denn wem ist eö vor ihm eingekommen, das geringste von Perspektiv darin zu finden? Juniuö, Scheffer, Du Soul, Webb, haben sie alle bloß von der Schattirung verstan­ den. Die guten Leute! Von der Perspektiv ist sie zu verstehen; Herr Klotz ist der erste, der dieses sagt, — und auch der letzte, hoff ich. 1 At, Ri PerraltoR audias, hoc pictorlbus antiqnis ne In in entern quidem venerat. V id. P h i 1 o 9 t. p. 71 et Junias de Piet. Vet. III. 3. * S. 100 beut, lleberf.

Aberlassen Sie mich nicht vergessen, bei welcher Gelegenheit Herr Klotz die Ausschweifung über die Perspektiv der Alten in seinem Buche macht. Ohne Zweifel' bei der großen Menge geschnittener Steine, welche sie unwidersprechlich beweisen! Ja wohl, und wie viele meinen Sie, daß er deren anführt? In allen, Summa Summarum, rich­ tig gerechnet — einen. Und dieser eine ist gerade der, von wel­ chem Herr Lippert, auö dem er ihn anführt, ausdrücklich sagt: „daß er gewiß glaube, er sey der einzige in seiner Art; denn unter so vielen Tausenden, die er gesehen, habe er nichts ähnliches angetroffen, wo die Perspektiv so wäre beobachtet worden.„Ueberhaupt, sagt Herr Lippert,1 ist die Perspektiv bei den Alten sehr geringe. Es hat aber doch Leute gegeben, die solche als ein Wunderwerk an ihnen gelobt. Aber wie weit kann die Liebhaberei einen nicht treiben? Wenn ich die Beschreibung oder Erklärung eines alten Werks etwa in entern Bucke gelesen, worinnen von besten scköncr Perspektiv etwas gesagt toorben, habe ich auch allemal lachen müssen; denn das sonst accurate Kupfer bat mir allemal das Gegentheil ge­ zeigt. Denn ich konnte an dem Bilde nickt einen einzigen Zug, der nach den Regeln dieser Wiffenschaft gewesen wäre, erkennens aber wobl solche Fehler, die man auch einem Anfänger in dieser Wissen­ schaft nickt vergeben würde. Die Alten ahmten die Dinge so un­ gefähr nack, tote sie sich dem Ange darstellten, ebne die Regeln und Ursachen zu wissen, warum die entfernten Dinge im Äuge verkürzt oder kleiner erscheinen. ES ist aber etwas sehr gemeines, daß man von Sachen urtheilt, wovon man dock nichts versteht." Wie kömmt es, da Hr. Klotz sonst sich die Einsichten des Herrn Lippert so frei zu Nutze gemacht, daß er es nickt auch in diesem Punkte gethan? Hr. Lippert sagt nichts mehr, als was alle Künstler sagen. Er nicht allein, sie alle lachen, wenn ihnen der Gelehrte in den alten Kuttstwerken Perspektiv zeigen will. Aber Hr. Klotz hatte bereits seinen Entschluß genommen; seine Ehre war einmal ver­ pfändet; er halt bei der Stange. Der Künstler, denkt er, sind so wenige; laß sie lachen! Sie können dich doch nicht um dein Ansehen lachen, das sich auf den Beifall ganz anderer Leute gründet! — Und hat er nicht seinen CayluS zum Rückenhalter? Auch noch Einen solchen Mann möchte er sich gern dazu auSsparen. Aber ich fürchte, daß ihn dieser im Sticke läßt, denn dieser fand in der Folge das Perpektivische in den Herkulanischen Gemäldm nicht, welches er sich damals darin zu finden versprach, als er nicht so gar unverhörter Sache die Alten deßfalls verdammt wissen wollte.' Daß solches auch mehr geschehen zu seyn schien, als wirklich ge­ schehen war, zeigt sich nunmehr in den Nachrichten vonKünsti Daktyl. Sorbett(6t S. XVHI. i BIM. der sch« Disiensch und der fr. Ä. B. VI. Stück r. K. 676. verglich« mit S. 186 der Betrachtung über dir Malerei.

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Artest, antlquavlfäjen Inhast».

lern und Kunst fachen/ bcrrn öcrfoffrr ßcivisi nickt Proletarische Kenntnisse von beiden besitzt. Ich hätte daher gern den Hrn. Klotz an diesen Schriftsteller verwiesen. Aber seine deutscheBibliothekist mir zuvor gekommen,* und hat dielen Schriftsteller bereits an Herrn Klotzen verwiesen. Diesen Schriftsteller an Hrn. Klotzen! Nun das ist wahr: die deutsche Bibliothek verstellt sich darauf, welcher Gelehrte von dem andern noch etwas lernen könnte. Welch ein unwissender Mann ist dieser Schriftsteller, der uns auf einen Daniel Barbars, auf einen Lomazzo, auf einen Fonseca, ja gar auf den pedantischen Commentator eines wunderlichen Poeten wegen der Perspektiv der Alten verweist, und gerade die beiden Hanptabhandlungen des Sallier und Caylus in den grundgelehrten Werken der französischen Akademie der Inschriften, ans welcher Hr. Klotz seine Weisheit, wie aus der Quelle, geschöpft, gar nicht zu kennen scheint! Freilich ist das arg; aber doch, dächte ich, stellt sich die deutsche Bibliothek diesen Schriftsteller ein wenig gar zu unwissend vor. Weil er in das Berzeichniß der Kupferstiche nach dem Michel Angelo auch ein Blatt von dem so genannten Petschaftringe dieses Meisters bringt, so möchte sie lieber gar argwohnen: „er habe geglaubt, Michel Angelo sey der Verfertiger davon gewesen." Nein, das kann er wohl nicht geglaubt haben; denn drei Aeilen darauf fullrt er den Titel einer Schrift an, wo dieser Pctschaftring ausdrücklich nne Cornalinn antique, nommee le cachet de Nie.helange, heißt. Und so viel Französisch mag er doch wohl verstehen!

Dreizehnter ßrirf. Warum sollte der Liebhaber die Abbildung eines alten geschnit­ tenen Steines, den Michel Angelo so werth hielt, der mit unter die Antiken gehört, nach welchen Michel Angelo studirte, aus welchem Michel Angelo sogar Figuren entlehnte, nicht in eben das Portefeuille mit legen dürfen, in welchem er die Kupfer nach diesem Meister aushebt? Sind doch die Kupfer der ganzen ersten Elaste, welche die Bildnisse desselben vorstellen, eben sö wenig Kupfer nach Gemälden von ihm. Genug, daß sie eine so genaue Beziehung auf ibn Habern Das fühlt jeder: nur ein Kritikaster wie F. will es nicht fühlen. Denn hier oder nirgends kann er einen Brocken Weisheit wieder aus­ kramen, den er sich selbst erst gestern oder ehegestern einbetrelte. „Wie kömmt, fragt er, unter das Derzeichniß der Arbeiten dieses Künstlers das berühmte Cachet de Michelange?* Hat der Schriftsteller, den er zu Hofmeistern denkt, ein Derzeichniß der Arbeiten dieses Künst­ lers liefern wollen? Ich denke bloß ein Berzeichniß der Kupferstiche von verschiedenen Arbeiten destelben, und es fehlt viel, daß sie alle

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