Leitfaden zur Therapie der Herzrhythmusstörungen 9783110804652, 9783110162134

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Leitfaden zur Therapie der Herzrhythmusstörungen
 9783110804652, 9783110162134

Table of contents :
Herzrhythmusstörung: Ursache, Diagnostik, Form, Befund
1. Ursache, Häufigkeit
2. Diagnostik
2.1 Nichtinvasiv
2.2 Invasiv
3. Bradykarde Herzrhythmusstörung: Definition, Form
3.1 Sinusknotensyndrom
3.2 Karotissinussyndrom
4. Tachykarde Herzrhythmusstörung: Definition, Form
4.1 Supraventrikuläre Arrhythmie
4.2 Ventrikuläre Arrhythmie
Therapie bei Herzrhythmusstörung
5. Therapieindikation
6. Tachykarde Herzrhythmusstörung: Antiarrhythmika
6.1 Antiarrhythmika
6.2 Sinustachykardie, supraventrikuläre Tachykardien, Tachyarrhythmien
6.3 Ventrikuläre Extrasystole, Rhythmen, Tachykardien
6.4 Richtlinie des Bundesgesundheitsamtes (10/93)
6.5 Therapiekontrolle
7. Tachykarde Herzrhythmusstörung: Elektrotherapie, chirurgische Ablation, Transplantation
7.1 Programmierte Stimulation
7.2 Akuttherapie
7.3 Langzeittherapie: Schrittmacher, ICD
7.4 Chirurgische Ablation, Herztransplantation
8. Bradykarde Herzrhythmusstörung: Pharmaka, Elektrotherapie
8.1 Pharmaka
8.2 Elektrotherapie: passagere, permanente Schrittmacher (SM)
8.3 Karotissinussyndrom, Bradykardie-Tachykardie-Syndrom
8.4 Bradyarrhythmie bei Myokardinfarkt
9. Spezielle Herzrhythmusstörung
9.1 Akuter Myokardinfarkt
9.2 Aortenklappenfehler, Belastungsarrhythmie, Hyperthyreose
9.3 Kardiomyopathie, rechtsventrikuläre Dysplasie
9.4 Mitralklappenfehler, -prolapssyndrom, Myokardinsuffizienz
9.5 Myokarditis
9.6 Präexzitationssyndrom, QT-Syndrom (Torsade de pointes)
9.7 Schwangerschaft, Kindesalter
9.8 Sinusknotensyndrom, arterielle Hypertonie
9.9 Elektrolytstörung: Kalium, Calcium, Natrium
Notfalltherapie bei Herzrhythmusstörung
10. Tachy-, Brady-, Myokardinfarktarrhythmie
10.1 Notfalldiagnostik, Pathophysiologic, Therapieindikation
10.2 Tachykarde Herzrhythmusstörung
10.3 Bradykarde Herzrhythmusstörung
10.4 Myokardinfarkt-Arrhythmie
10.5 Rhythmusstörung bei ICD

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Leitfaden zur Therapie der Herzrhythmusstörungen

H. Gülker W. Haverkamp G. Hindricks L. Ulbricht

Leitfaden zur Therapie der Herzrhythmusstörungen 3., völlig überarbeitete Auflage

W G DE

Walter de Gruyter Berlin · New York · 1998

Prof. Dr. med. Hartmut Giilker Herzzentrum Wuppertal Medizinische Klinik Β Heusnerstr. 40 42283 Wuppertal Dr. med. Wilhelm Haverkamp Medizinische Klinik und Poliklinik Innere Medizin C Albert-Schweitzer-Str. 33 48149 Münster

Die Deutsche Bibliothek -

Dr. med. Gerd Hindricks Herzzentrum Leipzig Russenstr. 19 04289 Leipzig Priv.-Doz. Dr. med. Ludger Ulbricht Marienhospital Bottrop Abteilung für Kardiologie Josef-Albers-Str. 70 46236 Bottrop

CIP-Einheitsaufnahme

Leitfaden zur Therapie der Herzrhythmusstörungen / H. Gülker... - 3., völlig Überarb. Aufl. - Berlin ; New York : de Gruyter, 1998 Bis 2. Aufl. u.d.T.: Gülker, Hartmut: Leitfaden zur Therapie der Herzrhythmusstörungen ISBN 3-11-016213-X

© Copyright 1998 by Walter de Gruyter G m b H & Co., D-10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Der Verlag hat für die Wiedergabe aller in diesem Buch enthaltenen Informationen (Programme, Verfahren, Mengen, Dosierungen, Applikationen etc.) mit Autoren und Herausgebern große Mühe darauf verwandt, diese Angaben genau entsprechend dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes abzudrucken. Trotz sorgfältiger Manuskriptherstellung und Korrektur des Satzes können Fehler nicht ganz ausgeschlossen werden. Autoren bzw. Herausgeber und Verlag übernehmen infolgedessen keine Verantwortung und keine daraus folgende oder sonstige Haftung, die auf irgendeine Art aus der Benutzung der in dem Werk enthaltenen Informationen oder Teilen davon entsteht. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen und dergleichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, daß solche Namen ohne weiteres von jedermann benutzt werden dürfen. Vielmehr handelt es sich häufig um gesetzlich geschützte, eingetragene Warenzeichen, auch wenn sie nicht eigens als solche gekennzeichnet sind. Konvertierung: deutsch-türkischer fotosatz, Druck: Gerike GmbH, Berlin - Buchbinderische Verarbeitung: Reinhart & Wasser GmbH, Berlin — Umschlagentwurf: Rudolf Hübler, Berlin. Printed in Germany.

Vorwort zur 3. Auflage In der Therapie der Herzrhythmusstörungen hat sich in diesem Jahrzehnt ein grundsätzlicher Wandel vollzogen. Die medikamentöse Therapie ist zunehmend in den Hintergrund getreten, während nicht-medikamentöse Therapieverfahren immer weiter standardisiert, optimiert und in ihrem klinischen Stellenwert definiert wurden. Dieser grundsätzliche Wandel in der Therapie wird aus dem Vergleich der jetzt vorliegenden 3. Auflage mit den beiden vorausgegangenen Auflagen des Leitfadens zur Therapie der Herzrhythmusstörungen ganz deutlich: Während in der 1. Auflage nicht-medikamentöse Behandlungsmaßnahmen bei Herzrhythmusstörungen nur im Rahmen der therapiebedürftigen Bradykardien einen festen Platz einnahm und darüberhinaus ausschließlich im Sinne klinisch-experimentieller Therapieentwicklungen behandelt wurden, liegt der Schwerpunkt der jetzt vorliegenden Ausgabe sowohl bei bradykarden als auch bei tachykarden Arrhythmien im Bereich der nicht-pharmakologischen Therapie. Die Autoren haben versucht, den Erkenntnisfortschritt der letzten Jahre in der vorliegenden Auflage adäquat zu erfassen und dem Leser zu vermitteln. Sie sind sich bewußt, daß nach wie vor bedeutsame Unsicherheiten und Unklarheiten bezüglich Therapieentscheidungen bestehen, dies gilt besonders für die Therapie des Vorhofflimmerns, aber auch für die Behandlung seltener Formen tachykarder Vorhofrhythmusstörungen wie den verschiedenen Formen ektoper atrialer Tachykardien, für die Behandlung nicht-anhaltender und anhaltender ventrikulärer Tachykardien bei bedeutsamen Koronar- und/oder Myokarderkrankungen, für Tachykardien im Rahmen von QT-Anomalien und für die Frage der prophylaktischen Implantation von Kardiovertern-Defibrillatoren. Die Autoren werden die Entwicklung auf diesen Gebieten besonders im Auge behalten und die sich daraus ergebenden Therapieentscheidungen bei einer Neuauflage berücksichtigen. Leser und Nutzer dieses Buches werden gebeten, bei Fehlern und Mißverständnissen mit den Autoren in einen Dialog zu treten. Unser Ziel ist eine zunehmende Optimierung dieses Leitfadens in überarbeiteten Neuauflagen.

Wuppertal, Münster, Leipzig, Bottrop im August 1998

Hartmut Gülker Wilhelm Haverkamp Gerd Hindricks Ludger Ulbricht

Inhalt Herzrhythmusstörung: Ursache, Diagnostik, Form, Befund

1

1.

Ursache, Häufigkeit

1

2. 2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.1.4 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.2.1 2.2.2.2 2.2.2.3 2.2.3 2.2.3.1 2.2.3.2 2.2.3.3 2.2.3.4 2.2.3.5 2.2.4

Diagnostik Nichtinvasiv EKG, Ösophagus-EKG Langzeit-EKG: Telemetrie, Holter-Monitoring Spätpotential, spektrale Turbulenz Herzfrequenzvariabilität, Baroreflex-Sensitivität Invasiv Intrakardiales EKG Elektrophysiologische Untersuchungen Apparat Gefäßzugang Refraktärzeit bei programmierter Stimulation Indikation Bradyarrhythmie Supraventrikuläre Tachyarrhythmie Ventrikuläre Tachyarrhythmie Synkope, Kreislaufstillstand Pharmakologische Funktionsprüfung Grenzen

4 4 4 4 9 11 12 12 15 17 19 19 21 21 23 23 24 24 25

3. 3.1 3.2

Bradykarde Herzrhythmusstörung: Definition, Form Sinusknotensyndrom Karotissinussyndrom

27 29 30

4. 4.1 4.1.1 4.1.2

Tachykarde Herzrhythmusstörung: Definition, Form Supraventrikuläre Arrhythmie Ersatzrhythmus Extrasystole (ES), Sinustachykardie, erhöhte Sinusknotenautomatie, Sinusknoten-Reentry-Tachykardie AV-Knoten-Reentry-Tachykardie Klinik, EKG Elektrophysiologie AV-Reentry-Tachykardie Klinik, EKG Elektrophysiologie Ektope Vorhoftachykardie, intraatriale Reentry-Tachykardie, Vorhofflattern, -flimmern Klinik, EKG Elektrophysiologie

32 32 32

4.1.3 4.1.3.1 4.1.3.2 4.1.4 4.1.4.1 4.1.4.2 4.1.5 4.1.5.1 4.1.5.2

32 34 34 37 38 38 40 43 43 44

VIII

Inhalt

4.1.6 4.2 4.2.1 4.2.2 4.2.3

Atriale, multifokale Tachyarrhythmie Ventrikuläre Arrhythmie Ersatzrhythmus, Extrasystole Idioventrikuläre Tachykardie Tachykardie, Torsade de pointes, katecholaminsensitive Tachykardie

45 46 46 49 50

Therapie bei Herzrhythmusstörung

54

5.

Therapieindikation

54

6. 6.1 6.1.1 6.1.1.1 6.1.1.2 6.1.1.3 6.1.2 6.1.2.1 6.1.3 6.1.3.1 6.1.3.2 6.1.4 6.1.4.1 6.1.4.2 6.1.4.3 6.1.5 6.1.6 6.1.6.1 6.1.6.2 6.1.6.3 6.2

Tachykarde Herzrhythmusstörung: Antiarrhythmika Antiarrhythmika Antiarrhythmika der Klasse I Klasse-I-a-Antiarrhythmika Klasse-I-b-Antiarrhythmika Klasse-I-c-Antiarrhythmika Klasse-II-Antiarrhythmika: Betasympatholytika Präparat, Wirkungsmechanismus, Pharmakokinetik, Dosierung Klasse-III- Antiarrhythmika Amiodaron Sotalol Klasse-IV-Antiarrhythmika: Calciumantagonisten Diltiazem Gallopamil Verapamil Antiarrhythmika-Kombination Proarrhythmische Effekte Vorhof-, AV-Knoten-Proarrhythmie Ventrikuläre Proarrhythmie, CAST-Studie Plötzlicher Herztod Sinustachykardie, supraventrikuläre Tachykardien, Tachyarrhythmien Ventrikuläre Extrasystole, Rhythmen, Tachykardien Richtlinie des Bundesgesundheitsamtes (10/93) Therapiekontrolle

59 59 61 61 66 69 77 77 80 80 84 85 85 89 90 91 92 92 93 95

6.3 6.4 6.5 7. 7.1 7.1.1 7.1.2 7.1.2.1 7.1.2.2 7.1.2.3 7.1.2.4 7.1.2.5

Tachykarde Herzrhythmusstörung: Elektrotherapie, chirurgische Ablation, Transplantation Programmierte Stimulation Kardioversion, Defibrillation, ICD-Generator Perkutante Katheterabiation: Definition, Form Hochfrequenzstrom-Katheterablation: Biophysik, Generator, Katheter His-Bündel-Ablation Akzessorische AV-Leitungsbahn AV-Knoten-Reentry-Tachykardie Vorhofflattern

..

96 102 104 105 107 107 108 120 122 128 130 135 137

Inhalt 7.1.2.6 7.1.2.7 7.1.2.8 7.1.2.9 7.1.2.10

IX

7.1.2.14 7.2 7.2.1 7.2.2 7.2.3 7.2.4 7.3 7.4

Vorhofflimmern Ventrikuläre Tachyarrhythmien Idiopathische ventrikuläre Tachykardie Bundle-Branch-Reentry-Tachykardie (BBRT) Ventrikuläre Tachykardien nach Myokardinfarkt bei KHK und bei arrhythmogener rechtsventrikulärer Erkrankung Katheterabiation nach ICD-Implantation Aktuelle Probleme bei ventrikulären Tachykardien Behandlungsrichtlinie zur Katheterabiation,Qualitätskontrolle elektropysiologischer Diagnostik Komplikationen Akuttherapie Supraventrikuläre Tachyarrhythmie Ventrikuläre Tachyarrhythmie AV-Knoten-, AV-Reentry-Tachykardie bei WPW-Syndrom Kammertachykardie Langzeittherapie: Schrittmacher, ICD Chirurgische Ablation, Herztransplantation

145 151 153 153 153 153 154 154 159

8. 8.1 8.1.1 8.1.2 8.2 8.2.1 8.2.2 8.2.3 8.2.4 8.2.5 8.2.6 8.2.7 8.2.8 8.3 8.4

Bradykarde Herzrhythmusstörung: Pharmaka, Elektrotherapie . . . Pharmaka Parasympatholytika Sympathomimetika Elektrotherapie: passagere, permanente Schrittmacher (SM) Schrittmachernomenklatur NeueSchrittmacher Schrittmachertechnik Hämodynamik und Schrittmacher Schrittmacherimplantation Schrittmacherkomplikationen Externer Schrittmacherstörfaktor Schrittmacherkontrolle Karotissinussyndrom, Bradykardie-Tachykardie-Syndrom Bradyarrhythmie bei Myokardinfarkt

161 161 161 162 162 165 169 170 174 174 175 189 193 193 194

9. 9.1 9.1.1 9.1.2 9.2 9.3 9.4 9.5 9.6 9.7 9.8 9.9

Spezielle Herzrhythmusstörung Akuter Myokardinfarkt Bradykarde, supraventrikuläre Arrhythmie bei Infarkt Ventrikuläre, Reperfusionsarrhythmie bei Infarkt Aortenklappenfehler, Belastungsarrhythmie, Hyperthyreose Kardiomyopathie, rechtsventrikuläre Dysplasie Mitralklappenfehler, -prolapssyndrom, Myokardinsuffizienz Myokarditis Präexzitationssyndrom, QT-Syndrom (Torsade de pointes) Schwangerschaft, Kindesalter Sinusknotensyndrom, arterielle Hypertonie Elektrolytstörung: Kalium, Calcium, Natrium

195 195 195 196 197 198 199 199 200 201 204 204

7.1.2.11 7.1.2.12 7.1.2.13

139 139 142 143 144 144 145

X

Inhalt

Notfalltherapie bei Herzrhythmusstörung

208

10. 10.1 10.2 10.2.1 10.2.2 10.3 10.4 10.4.1 10.4.2 10.5

208 208 209 209 212 215 216 217 217 218

Tachy-, Brady-, Myokardinfarktarrhythmie Notfalldiagnostik, Pathophysiologie, Therapieindikation Tachykarde Herzrhythmusstörung Supraventrikuläre Tachykardie Ventrikuläre Tachykardie (VT) Bradykarde Herzrhythmusstörung Myokardinfarkt-Arrhythmie Brady-, supraventrikuläre Arrhythmie Ventrikuläre, Reperfusionsarrhythmie Rhythmusstörung bei ICD

Herzrhythmusstörung: Ursache, Diagnostik, Form, Befund 1.

Ursache, Häufigkeit

Rhythmusstörungen entstehen aus Erregungsbildungs-, Erregungsausbreitungsund -rückbildungsstörungen des Herzens; sie sind unspezifische Symptome kardialer und extrakardialer Erkrankungen (s. u.: Übersicht). Organische Herzkrankheiten sind die häufigste Ursache: • Koronare Herzkrankheit (KHK) mit Gefäßstenosierung, Ischämie und Nekrosen ist häufigste Einzelursache. • Strukturelle Herzkrankheiten gehen mit Arrhythmien einher, die mit dem Schweregrad der Erkrankung korrelieren. • Akute Herzkrankheiten (Myokardischämie, Infarkt, Entzündungen) führen oft zu einer elektrischen Instabilität des Herzens. Extrakardiale Ursachen: metabolische- und Stof f Wechselstörungen, Dysionämien, Pharmaka, Intoxikationen. Auslösende Faktoren: • Änderungen der Herzfrequenz mit Abschwächung bzw. Verstärkung der Arrhythmien bei Brady-oder Tachykardie, Hypoxämien bei ischämischen Arrhythmien, Sympatho- und Parasympathotonie Der erhöhte Sympathikotonus fördert ektope und tachykarde Arrhythmien. Parasympathotonie begünstigt bradykarde Rhythmusstörungen, z. T. auch Vorhofflimmern, vermehrte Inhomogenität der Erregungsausbreitung im Vorhofmyokard).

• Rhythmusstörungen treten auch bei Jugendlichen auf (Tab. 1-1, 2).

und

Hochleistungsportlern

Übersicht: Ursachen und auslösende Faktoren (1) Kardiale Ursachen: • akute und chronische Erkrankungen von Herzmuskel und -kranzgefäßen: Koronarsklerose, akute Myokardischämie, Präinfarktsyndrom, transmurale Myokardnekrose (HerzTab. 1-1: Häufigkeit tachykarder Herzrhythmusstörungen bei herzgesunden (n = 100)

supraventrikuläre Extrasystolen supraventrikuläre Tachykardien ventrikuläre Extrasystolen komplexe ventrikuläre Extrasystolen

Jugendlichen

24 h-EKG

Belastungs-EKG

%

/o 9,0

47,1 4,3 47,1 2,8

-

22,0 2,0

2

Ursache, Häufigkeit

Tab. 1-2: Häufigkeit tachykarder Herzrhythmusstörungen bei (n = 100) 24 h-EKG supraventrikuläre Extrasystolen supraventrikuläre Tachykardien ventrikuläre Extrasystolen komplexe ventrikuläre Extrasystolen

% 56,6 8,3 43,4 3,8

Hochleistungssportlern Belastungs-EKG % 19,0 1,0 29,0 3,0

infarkt), Koronarspasmen, insbesondere Prinzmetalangina, alle Formen der Kardiomyopathien einschließlich der rechtsventrikulären Dysplasie • Erkrankungen der Herzklappen • Druck- bzw. Volumenbelastungen des Herzens, Herzfehler • elektrische Instabilität, ζ. B. bei akzessorischen Leitungsbahnen und QT-Syndromen • Tumoren, Komplikationen nach Implantation von Herzschrittmachern, Defibrillatoren. (2) Extrakardiale bzw. systemische Ursachen: • Dysionämien, insbesondere von Kalium, Calcium und Magnesium, generalisierte Hypoxämie, Azidose und Alkalose • endokrine Erkrankungen, insbesondere Schilddrüsen- und Stoffwechselerkrankungen • Rechtsherzbelastung, ζ. B. bei Lungenembolie, Kollagenosen, Sarkoidose, • schwere Infektionen, insbesondere Sepsis, • schwere Organerkrankungen, ζ. B. Pankreatitis, Hirndrucksteigerung, Amyloidose, • iatrogen, ζ. B. Herzkatheteruntersuchung, Elektrotherapie, • elektrischer Unfall, ζ. B. Blitzschlag, Stromunfall. (3) Medikamente, Toxine: Antiarrhythmika, Digitalis, Sympathomimetika, Phosphodiesterasehemmer, trizyklische und tetrazyklische Antidepressiva, Diuretika, Elektrolytinfusionen, Narkotika (ζ. B. Halothan), Laxanzien, Antihistaminika. (4) Neurovegetative Ursachen: • erhöhter Sympathikotonus bzw. erhöhte Ansprechbarkeit auf sympathische Stimulation • erhöhter Parasympathikotonus • bei hormonaktiven Tumoren, insbesondere Phäochromozytomen. (5) Nahrungsmittel, Genuß- und Rauschgifte: Koffein, Nikotin, Alkohol, Kokain, Amphetamine, Nahrungsmittel, die bei übermäßigem Genuß Dysionämien verursachen. Einteilung: Ventrikuläre Arrhythmien werden nach Lown klassifiziert: Stadium 0: keine ventrikulären Arrhythmien Stadium I: vereinzelt monomorphe Extrasystolen ( < 30/h) Stadium II: gehäuft monomorphe ventrikuläre Extrasystolen ( > 30/h) Stadium III a: polymorphe ventrikuläre Extrasystolen Stadium III b: ventrikulärer Bigeminus Stadium IV a: ventrikuläre Couplets Stadium IV b: 3 konsekutive ventrikuläre Ektopien (außer ventrikulären Ersatzrhythmen) Stadium V: R - auf T-Phänomene. Häufigkeit (Tab. 1-3). Neuerkrankungen nehmen mit dem Lebensalter zu. Im höherem Alter ( > 7 0 Jahre) sind Rhythmusstörungen auch bei Herzgesunden fast regel-

Ursache, Häufigkeit

3

haft. AV-Reentry- und AV-Knoten-Reentry-Tachykardien treten häufiger in jüngeren Jahren auf. Tab. 1-3: Häufigkeit tachykarder ventrikulärer Herzrhythmusstörungen nach Herzinfarkt (a) und bei dilatativer Kardiomyopathie (b) (a) 24-Std.-EKG keine ventrikulären Arrhythmien ventrikuläre Extrasystolie Lown I ventrikuläre Extrasystolie Lown II ventrikuläre Extrasystolie Lown III a ventrikuläre Extrasystolie Lown III b ventrikuläre Extrasystolie Lown IV a ventrikuläre Tachykardie Lown IV b ventrikuläre Extrasystolie Lown V

% 11 26 2 49 12 31 35 4

(b) 24-Std.-EKG % 15 15 15 23 -

15 44 -

2.

Diagnostik

Der rhythmologischen Diagnostik dienen invasive und nichtinvasive Verfahren: Nichtinvasive Untersuchungen: • 12-Kanal-EKG der Körperoberfläche (unter Einschluß der Brustwandableitungen), • Ösophagus-, Langzeit-EKG (Holter-Monitoring) • hoch verstärktes Signalmittelungs-EKG (Spätpotentiale) • Belastungs-EKG, Herzfrequenz-Variabilität, Baroreflex-Sensitivität, zusätzlich pharmakologische Funktionsprüfungen (ζ. B. bradykardisierende Pharmaka, Sympathomimetika, Antiarrhythmika ) • ST-Streckenanalyse, QTC-Messung. Invasive Untersuchungen: • intra-/epikardiales EKG • intra-/epikardiales EKG-Mapping • programmierte Stimulation, Pace-Mapping, ζ. T. mit pharmakologischen Funktionsprüfungen (ζ. B. Vagolytika, Sympathomimetika, bradykardisierende Pharmaka, Antiarrhythmika).

2.1

Nichtinvasiv

2.1.1 EKG, Ösophagus-EKG EKG: Ein 12-Kanal-Oberflächen-EKG mit Brustwandableitungen ist Standard, mit dem oft eine Diagnose aus dem zeitlichen Ablauf von Vorhof- und Kammererregungen sowie der Orientierung des ventrikulären Hauptvektors möglich ist. Die Dokumentation von paroxysmalen Arrhythmien sollte versucht werden. Die Ösophagus-EKG beruht auf der Ableitung von EKG-Signalen aus dem Ösophagus in Herzhöhe über spezielle Sonden (Abb. 2-1), die ca. 35 cm tief eingeführt werden (Technik: wie Magensonde). Aus Abb. 2-2 wird deutlich, daß Vorhofsignale mit größerer Verstärkung als im Oberflächen-EKG erfaßt werden. • Indikation: unklare Vorhofsignale im konventionellen EKG; intrakardiales EKG soll nicht erfolgen.

2.1.2 Langzeit-EKG: Telemetrie, Holter-Monitoring Eine Langzeit-Rhythmusbeobachtung kann telemetrisch oder als ring durchgeführt werden. Telemetrieanlagen bestehen aus Sender und Empfangsteil.

Holter-Monito-

Nichtinvasiv

ι

I

Γe-Ü ρ τιν 4«. I i

/ 1¡ Abb. 2-2:

1 i

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M ι

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4

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Ösophagus-EKG (oben: Oe-EKG, I) im Vergleich zu den tungen II und III, A: Vorhofsignal; V: Kammersignal

1/ >UUW r

1 i1 Standard-EKG-Ablei-

Technik: An der Körperoberfläche angebrachte Elektroden führen das EKG-Signal einem batteriebetriebenen transportablen Sender zu, den der Patient trägt. Reichweite: wenige Meter bis zu 20 km. Die Beobachtung des Signals über ein Empfangsteil deckt intermittierende Arrhythmien auf, bei lebensbedrohlichen Arrhythmieformen kann sofort eingegriffen werden. Die Ergebnisse werden auf Papier oder Magnetband dokumentiert. Holter-Monitoring ist Schwerpunkt der Langzeit-EKG-Diagnostik! Technik: Das EKG-Signal wird mit einem tragbaren Aufnahmegerät kontinuierlich oder intermittierend mittels Bandrekorder aufgenommen oder auf einem Chip gespeichert. Dabei soll das Aufnahmegerät eine Registrierdauer von mindestens 2 4 Std. bei kompletter Erfassung des EKG, außerdem die Aufzeichnung von mindestens 2 der EKG-Ableitungen sowie 1 getrennte zusätzliche Aufzeichnung einer Zeitmarkierung ermöglichen. Weitere Forderungen sind: Frequenzbereich 0 , 0 5 - 2 5 Hz, lineare Registrierung im Amplitudenbereich von ± 5 M V Das E K G wird über ein Wiedergabegerät einer Analyseeinheit zugeführt. Die Analyse kann

6

Diagnostik

i-mtHiitttTWitlwtH^ -Hi-mrH-i-ri^-m-vv^

Hi-H-H^^^H^

ri-i-Hrtft-^H-v^m^+H-vv

19:36

19:39

Abb. 2-3a: Miniaturisierte Komplettausschreibung des Langzeit-EKG (Ausschnitt). Registrierung von supraventrikulären Extrasystolen (SVES: Pfeil), ventrikulären Extrasystolen (VES: Pfeil) und einer nichtanhaltenden supraventrikulären Tachykardie (SVT: Pfeil, Schreibgeschwindigkeit: 10 mm/s)

dabei in Echtzeit, zeitgerafft, unterstützt durch ein Computersystem bzw. miniaturisiert, durch Komplettausschreibung des EKG erfolgen (Abb. 2-3). Bedeutung: Das Langzeit-EKG ist für Diagnostik und Therapiekontrolle unentbehrlich, da Herzrhythmusstörungen eine enorme Spontanvariabilität aufweisen, beeinflußt z. B. durch autonomes Nervensystem, hämodynamische Parameter, biologische Rhythmen. Praxishinweis: Das 24-Std.-Holter-EKG deckt die jeweils relevanten Arrhythmien in 50-70 % auf, wird 48 Std. abgeleitet, erkennt man 70-90 %. Verwertbar sind nur dokumentierte Rhythmusstörungen. Negative Ergebnisse schließen paroxysmale Tachykardien nicht aus. Therapiekontrolle: Vor allem bradykarde Rhythmusstörungen und Tachykardien mit hoher Ereignisfrequenz können gut überwacht werden.

Nichtinvasiv

7

vyrmT-mritnv-vnvi^-m^

Abb. 2 - 3 b :

Gleicher Patient wie in Abb. 2 - 3 a, jetzt Dokumentation von paroxysmalem Kammerflattern (Pfeil), welches in Kammerflimmern (Doppelpfeil) übergeht. Reanimation und Defibrillation mit Wiederherstellung eines regelmäßigen Rhythmus

Die ESVEM-Studie zeigt, daß dem 48-Std. n-Holter-EKG bei ventrikulären Tachykardien mit hoher Ereignisinzidenz mindestens gleiche Bedeutung wie den invasiven Stimulationsverfahren im Hinblick auf Prognose und antiarrhythmische Behandlung zukommt.

Auswertung: Die Qualität von Langzeit-EKG ist von der Anlage- und Ableitungstechnik abhängig: Hautvorbereitung, Elektrodenauswahl, -Positionen, Befestigung von Elektroden und zuführenden Leitungen. Eine zeitgeraffte Analyse ist nicht empfehlenswert, da die Korrelation zum Echtzeitbefund ungünstig ist. Bei computerisierter Analyse ist die Genauigkeit der Systeme, gemessen an positiver Korrektheit bzw. Sensitivität zu berücksichtigen, ζ. B.: Extrasystoliequote, Häufigkeit von Asystolien. Eine vollautomatische Auswertung

8

Diagnostik

Tab. 2-1: Langzeit-EKG-Rekordereigenschaften und Hersteller Registrier- Registriermedium modus Chip

Besondere Eigenschaften

kontinuierlich ST-Strecken-Analyse HerzfrequenzVariabilität

Band und kontinuierlich ST-Strecken-Analyse Chip QT-Analyse HerzfrequenzVariabilität Band und kontinuierlich Chip

Band und kontinuierlich Chip

ST-Strecken-Analyse QT-Analyse T-Wellen-Alternans HerzfrequenzVariabilität ST-Strecken-Analyse QT-Analyse T-Wellen-Alternans HerzfrequenzVariabilität

Band und kontinuierlich Chip

ST-Strecken-Analyse QT-Analyse HerzfrequenzVariablität

Band und kontinuierlich Chip

ST-Strecken-Analyse QT-Analyse HerzfrequenzVariabilität

Band und kontinuierlich Chip

ST-Strecken-Analyse QT-Analyse T-Wellen-Alternans HerzfrequenzVariabilität

Band und kontinuierlich Chip

ST-Strecken-Analyse

Hersteller

Custo med GmbH Heilighofstr. 1 D-81377 München Tel.: 089-7109800 Fax: 089-7109810 ELA Medical GmbH Stefan-George-Ring 8 D 81929 München Tel.: 0 89-9 93 55 40 Fax: 089-99355430 Hellige GmbH Munzingerstraße D-79111 Freiburg Tel.: 07 61-4 01 10 Fax: 07 61-4 01 14 46 Kontron-Instruments GmbH Werner-von-Siemens Str. 1 D-85375 Neufahrn Tel.: 0 81 65-9 22-0 Fax: 0 81 65-9 22-2 03 Marquette Deutschland GmbH Oststr. 41-43 D-22844 Norderstedt Tel.: 0 40-5 26 20 83 Fax: 0 40-67 34 33 Medset Medizintechnik GmbH Lohbrügger Landstr. 112 D-21031 Hamburg Tel.: 0 40-7 39 20 10 Fax: 040-7392011 Oxford Instruments GmbH Kreuzberger Ring 38 D-65205 Wiesbaden Postfach 4509 Tel.: 06 11-7 64-0 Fax: 0611-764-100 Reynolds Medizinische Elektronik GmbH Schwabacher Str. 34 Postfach 1213 D-90537 Feucht Tel.: 0 91 28-9 16-0 Fax: 0 91 28-9 16-1 2 7 Siemens AG Bereich Med. Technik Henkestr. 127 Postfach 3260 D-91052 Erlangen Tel.: 0 91 31-84-0 Fax: 0 91 31-84-68 25

Nichtinvasiv

Registrier- Registriermedium modus

Besondere Eigenschaften

Hersteller

Band und kontinuierlich Chip und Festplatte

ST-Strecken-Analyse QT-Analyse T-Wellen-Alternans HerzfrequenzVariabilität Spätpotentiale kontinuierlich

Sonotron GmbH Medizinelektronik Kreuzberger Ring 46 a D-65041 Wiesbaden D-65205 Wiesbaden-Postfach 5128

Band

9

Space Labs Medical GmbH Justus-Liebig-Str. 3 D-41564 Kaarst Tel.: 0 21 31-92 67-0 Fax: 0 21 31-92 67-21

(Arrhythmiecomputer) wird nicht empfohlen. Statt dessen ist eine Kontrolle durch den Untersucber unerläßlich, am besten durch miniaturisierte Komplettausschreibung, ergänzt durch zusätzliche Echtzeitanalysen unklarer Befunde. Auswahl: Tab. 2-1 gibt einen Überblick über die wichtigsten kontinuierlich registrierenden Rekorder. Über die Hersteller sind Produktinformationen zu erhalten. Diskontinuierlich aufzeichnende Geräte sind ungeeignet. Indikationen: Angezeigt ist das Langzeit-EKG bei: 1. symptomatischen Rhythmusstörungen (Diagnostik, Therapiekontrolle) 2. asymptomatischen Rhythmusstörungen, sofern paroxysmale lebensbedrohliche Rhythmusstörungen vermutet werden, ggf. kombiniert mit invasiven Untersuchungen 3. Kontrolle der Herzschrittmachertherapie 4. differentialdiagnostisch bei neurologischen Symptomen ('rhythmologische Suchdiagnostik): ζ. B. Schwindelattacken, Synkopen 5. ST-Strecken-Analyse zur Erfassung intermittierender Myokardischämien.

2.1.3 Spätpotential, spektrale Turbulenz Ventrikuläre Spätpotentiale (Abb. 2-4) sind niederamplitudige fraktionierte Signale im terminalen Anteil des QRS-Komplexes, die mit Hilfe der Signalmittelungstechnik aus dem EKG erkannt werden. Prinzip: Sie scheinen Ausdruck einer über das Ende des QRS-Komplexes hinaus verzögerten Erregungsausbreitung zu sein, i. a. in Randgebieten eines früheren Infarktes, welche das arrhytbmogene Substrat für Erregungen (reentry) darzustellen scheinen. Technik: Spätpotentiale registrieren verschiedene Techniken. Besondere Verstärkervorrichtungen und Filterungen sind notwendig. Dabei ist die Trennung zwischen Signalen und Rauschen wichtig. Eine sorgfältige Untersuchungstechnik ist erforderlich, um ein optimales Signal-Rausch-Verhältnis zu erreichen. In der Regel werden zwischen 150-300 QRS-Komplexe registriert und elektronisch übereinander projiziert. Hochpaßfilter werden eingesetzt, um

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Diagnostik

Patient File : C: \ART40\TRANS\4B062519.R^. Name M B · · ECG Oata 09.05.9S Ιβ : 4Θ062519 ECG Time 13: 23 . . :1 °BUOn V V 7 Ρ Signal Averaged 152 CycleaΛ, Y , L Cu /eC t O r Standard Unfiltered 0C-250HZ

DC-250HI lOOnm/s

lQmm/mv

0.10mm/uV

Age Gender Height weight nace

: 46 Interi., ¿tatlon : Hale : : : Cauceelan

FIR Filter 50-250HZ

100mm/g 1.00mm/uV

or Magnitude Butterworti ι 25-250HZ

200mm/s

1.OOmm/u ι

Ouratlona (me) : Std ORS 102 Total QRS 143 Under 40UV 73 RMS Voltages (uV): Total ORS 105.a Last 40ms 19.2 SO of Noise 1.14 Mean Noise 2.5θ

Abb. 2-4:

Spätpotential

nach Hinterwandinfarkt

den Anteil niedriger Frequenzen in der abfallenden Flanke des ST-Segmentes und der T-Welle auszufiltern. Dadurch wird es möglich, die verbleibenden Komponenten mit höherer Frequenz der Spätpotentiale besser aufzulösen und zu verstärken.

a) Spätpotentialanalyse in der Zeitdomäne: Die Messungen in der Zeitdomäne erfolgen in kombinierten orthogonalen Ableitungen (X-, Y-, Z-Ableitungen, ähnlich den Frank-Ableitungen), wobei die Amplituden als „Vektor-Magnitude" angegeben werden. Für die Hochpaßfilterung werden Grenzwerte von 25, 40 und 50 Hz benutzt. Ein Beispiel für ein Spätpotential ist in Abb. 2-4 wiedergegeben. Ein pathologischer Befund liegt vor (40 Hz, biderektionales Hochpaßfilter), wenn die Dauer des gefilterten QRS-Komplexes mindestens 120 ms, die gemittelte Amplitude der terminalen 40 ms des QRS-Komplexes < 40 pV beträgt oder die Dauer des terminalen QRS-Komplexes < 40 pV (LAS 40) länger als 39 s ist. Ein abnormer Befund liegt vor, wenn mindestens 2 Parameter pathologisch ausfallen. b) Spätpotentialanalyse in der Frequenzdomäne: Die Analyse in der Frequenzdomäne erfolgt mit Hilfe der Fast-Fourier-Transformation (FFT). Durch sie läßt sich ein Signal harmonischer Schwingungen in Teilfrequenzen zerlegen und in Abhängigkeit von der Amplitude als Kurve darstellen. Die durch ein arrhythmogenes Substrat hervorgerufenen elektrischen Nachschwankungen am Ende des QRS-Komplexes weisen zwar niedrige Amplituden auf, doch sind die Frequenzen höher als im normalen QRS-Komplex. Eine Erkennung dieser hochfrequen-

Nichtinvasiv

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ten, niederamplitudigen Signalanteile des Elektrokardiogramms ist mit der FFTAnalyse möglich. c) Spätpotentialanalyse durch spektrotemporales Mapping: Beim spektrotemporalen Mapping werden zahlreiche Segmente des Oberflächen-EKG nach Signalmittelung mittels FFT analysiert. Die Ähnlichkeit benachbarter Spektren wird bestimmt. Die Analyse spektraler Turbulenzen beruht auf der Vorstellung, daß die Aufteilung der elektrischen Erregungsfront durch ein arrhythmogenes Substrat zu rapiden Änderungen im Frequenzgehalt des hochverstärkten EKG-Signals führt, wobei diese Änderungen nicht nur am Ende, sondern auch im QRS-Komplex auftreten. Deshalb wird der QRS-Komplex in die Analyse einbezogen. Es gilt, Homogenitäten im Frequenzkurvenverlauf benachbarter FFT-Spektren zu erkennen. Eigenständiger Risikofaktor: In prospektiven Untersuchungen wird gezeigt, daß Infarktpatienten mit abnormem hochverstärktem EKG (Analyse in der Zeitdomäne) eine erhöhte Wahrscheinlichkeit haben, einen akuten Herztod zu erleiden oder Kammertachykardien zu entwickeln. Es zeigte sich, daß die Befunde des hochverstärkten EKG in ihrer prognostischen Aussagefähigkeit (ünabhängig von Häufigkeit und Komplexität spontaner ventrikulärer Arrhythmien im Langzeit-EKG und vom Ausmaß der linksventrikulären Dysfunktion) ein eigenständiger Risikoindikator sind. Myokardinfarktpatienten mit Spätpotential erleiden in 14-29 % eine anhaltende ventrikuläre Tachykardie innerhalb des ersten Jahres; ohne Spätpotential: 0,8-4,5 %.

Indikation: Die prospektive Bedeutung des hochverstärkten EKG ist gleichwohl gering, da viele Patienten trotz pathologischer Befunde weder Tachyarrhythmien entwickeln noch einen plötzlichen Herztod erleiden. Praxishinweis: Die Spätpotentialanalyse hat sich als diagnostische Methode nicht durchgesetzt und ist nur im Einzelfall, ζ. B. im Rahmen einer kompletten Risikoprofilanalyse zu empfehlen.

2.1.4 Herzfrequenzvariabilität, Baroreflex-Sensitivität Verminderte Herzfrequenzvariabilität: Schwere Herzkrankheiten (ζ. B. chronische Linksherzinsuffizienz nach ausgedehntem Infarkt) gehen mit verminderter Frequenzvariabilität einher. • Messungen: Quotient aus minimalem und max. RR-Abstand bzw. aus der Differenz dieser Parameter. Darüber hinaus sind komplizierte Messungen mittels Spektralanalyse, Einsatz aufwendiger Rechenverfahren sowie Untersuchung der RR-Intervall-Verteilungen möglich. • Indikation. Belegt ist, daß eine fehlende Frequenzvariabilität bei chronischer Linksherzinsuffizienz nach ausgedehntem Infarkt mit dem Risiko des plötzlichen Herztodes korreliert. Darüber hinaus ist der Stellenwert der Analyse nicht eindeutig definiert: Individuelle Prognosen und Therapieindikationen sind nicht abzuleiten!

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Diagnostik

Baroreflex-Sensitivität: Nach einem Myokardinfarkt ist der Sympathikotonus gesteigert und kann zu ventrikulären Tachyarrhythmien mit plötzlichem Herztod führen. Umgekehrt hat Parasympathikotonie (tierexperimentell) einen protektiven Effekt. Adrenerge Stimulation. Die Baroreflex-Sensitivität wird analysiert, indem Blutdruck und Herzfrequenz unter adrenerger Stimulation erfaßt werden. Hierzu wird Phenylephrin (100-200 pg) i. v. injiziert; der Druckanstieg (20-30 mmHg) folgt reaktiv. Frequenz, Blutdruckwerte und RR-Intervalle werden graphisch dokumentiert und Regressionsgrade errechnet. Die Anstiegssteilheit, die in ms/mmHg bestimmt wird, ist Indikator der vagalen Aktivität. Patientenkollektive mit einer Anstiegssteilheit < 3 ms/mmHg sind verstärkt vital bedroht. Indikation: Der Stellenwert ist nicht endgültig definiert; vor Einführung der Methodik in die klinische Routinediagnostik sollten die Ergebnisse der ATRAMI-Studie („Autonomie tone and reflexes after myocardial infarction") abgewartet werden.

2.2

Invasiv

Definition: Invasive Untersuchungen sind intrakardiale EKG-Ableitungen über spezielle Elektrodenkatheter mit oder ohne Myokardstimulation. Indikationen: Diagnostik und Therapiekontrolle von Herzrhythmusstörungen, wenn konventionelle Verfahren versagen: unklare und schwere Symptomatik (s. u.), supra- und ventrikuläreTachykardien, ungeklärte Synkopen, überlebter plötzlicher Herztod, vor ablativer Therapie. 2.2.1 Intrakardiales EKG Die Ableitung des EKG kann von einzelnen Leitungsstrukturen (ζ. B. His-Bündel, Abb. 2-5) oder von multiplen Myokardarealen (EKG-Mapping, Abb. 2-6) simultan oder sequentiell erfolgen. Intrakardiale EKG-Ableitungen dienen der • Aufdeckung, Analyse von Leitungsstörungen, ζ. B. der Vorhof-Kammer-Überleitung • Erfassung von Ursprung und Ausbreitungswegen. Sie sind i. d. R. mit einer Stimulation des Herzens zur Aufdeckung frequenzabhängiger Phänomene oder Provokation von Tachykardien zu verbinden. His-Bündel-EKG: Untersuchungsgang: 1 mehrpoliger Elektrodenkatheter wird über die V femoralis eingeführt und im Bereich des septalen Segels der Trikuspidalklappe so piaziert, daß die Elektroden dem Ventrikelseptum anliegen. Die Ableitungen erfolgen simultan mit dem Körperoberflächen-EKG. Erfaßt werden Vorhofpotentiale (Α-Spike), im Abstand von 60-100 ms ein His-Signal (Η-Spike), nach weiteren 30-50 ms eine Gruppe von Potentialen, die den Beginn der Kammererregung entsprechen (V-Spike). Gemessen werden: PA- (25-50 ms), AH- (60-100 ms) und HV-Zeit (30-50 ms).

Invasiv

Abb. 2-5:

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His-Bündel-EKG zur Analyse der atrioventrikulären Überleitung, AH: suprahisische, HV infrahisische Erregungsleitung

EKG Abi. ! iz, IZ 2

IZ, IZ*

IZ 5

IZ

IZ 7 IZ 8 IZ, IZio

Abb. 2-6:

Epikardiales EKG-Mapping bei regionaler Ischämie des Herzens, verzögerte Erregungsleitung, -Blockierung und kontinuierliche elektrische Aktivität als Basis ventrikulärer Kreiserregungen

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Diagnostik

Untersuchungsergebnisse: • paranodale atrioventrikuläre Querverbindungen: z. B. LGL-, WPW-Syndrom (s. Kap. 3.1.6) werden erfaßt • Lokalisierung, Charakterisierung von Leitungsstörungen • Definition supraventrikulärer Rhythmen • Differenzierung ventrikulärer Arrhythmien von aberrierenden atrialen Erregungen • Interpretation und Prognose von AV-Block- und Schenkelblockbildern. AV-Knoten-EKG: Die elektrophysiologischen Eigenschaften des AV-Knotens werden durch AY-Knoten-Leitungszeit, Wenckebach-Punkt und Refraktärzeit des AVKnotens bestimmt. Die AV-Knoten-Leitungszeit entspricht der AH-Zeit im HisBündel-EKG. Als Wenckebach-Frequenz wird diejenige spontane oder stimulierte Herzfrequenz bezeichnet, bei der ein AV-Block II. Grades, Typ-Wenckebach, auftritt. Praxishinweis: Für die AV-Knoten-Reentry-Tachykardie A ist charakteristisch, daß Stimulationsfrequenzen > 200/min 1:1 übergeleitet werden, während die AH-Zeit kurz ist und bei Frequenzbelastung nur gering ansteigt. Dabei können Leitungsbahnen mit unterschiedlichen Leistungscharakteristiken (fast und slow pathway) unterschieden werden.

His-Purkinje-System: Die elektrophysiologischen Eigenschaften des His-PurkinjeSystems können durch die HV-Zeit im His-Bündel-EKG, intra- bzw. infrahisische Leitungsverzögerungen oder -blockierungen und durch die Refraktärzeiten des His-Purkinje-Systems charakterisiert werden. Intra- bzw. infrahisische Leitungsstörungen sind häufig nur bei ausgeprägtem Befund darstellbar, da bei Vorhofstimulation im allgemeinen vor Erreichen der erforderlichen Stimulationsfrequenz eine suprahisische Leitungsblockierung auftritt. Auch die Bestimmung der Refraktärzeiten ist hierdurch eingschränkt. Hinsichtlich Leitungszeiten, Definition der Refraktärperioden und Leitungsblockierungen s. Kap. 5 . 2 . 1 0 .

Diagnostische Elektrostimulation: Über Elektrodenkatheter werden elektrische Impulse nach Stimulationsprotokollen auf Myokardareale appliziert. Indikationen: • Unter starrfrequenter oder vorzeitiger Stimulation des Herzens können Reizbildungs- und Erregungsleitungsstörungen analysiert werden, auch unter pharmakologischem Einfluß. • Auf kreisenden Erregungen beruhende Rhythmusstörungen werden durch programmierte Elektrostimulation induziert, terminiert (Beispiel: Abb. 2-7) und in ihrer pharmakologischen und physiologischen Beeinflußbarkeit überprüft. • Durch Pace-Mapping kann die Lokalisationsdiagnostik von Rhythmusstörungen verbessert werden (Abb. 2-8).

Invasiv

Abb. 2-7:

15

Terminierung einer Kammertachykardie durch ventrikuläre Überstimulation (*). Die Zykluslänge der Tachykardie beträgt 4 0 0 ms, durch den 3. Stimulationsimpuls (ausgefüllter *) capture der Tachykardie mit Verkürzung der Zykluslänge entsprechend dem Stimulationsintervall von 370 ms, danach Sinusrhythmus

Extrasystole weitgehend überein

2.2.2 Elektrophysiologische Untersuchungen Untersuchungsvoraussetzung: Antiarrhythmika müssen abgesetzt sein (mindestens 5 Halbwertszeiten), abgesehen von Untersuchungen zur Erfolgskontrolle einer antiarrhythmischen Therapie. Belastungsuntersuchungen sollten vorausgehen: Fahrradergometrie, Streßechokardiographie, Myokardszintigraphie, der Koronarstatus (bei KHK) sollte bekannt sein Basisuntersuchung bei tachykarden Rhythmusstörungen ist die EPU (elektrophysiologische Untersuchung). Hierbei werden in Lokalanästhesie wahlweise von der rechten oder linken V. femoralis nach Einlegen von insgesamt 3 Einführungsschleusen (2 X 6 F und 1 X 5 F) 3 Katheter piaziert (EPU III):

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Diagnostik

• 2poliger Katheter an der Spitze des rechten Ventrikels • 2- oder 4poliger Katheter im Bereich des rechten Vorhofohrs oder stabil an der Lateralwand • 4poliger Katheter über dem His-Bündel. Der Anschluß des Aufzeichnungsgerätes erfolgt mit Belegung des obersten Kanals durch das Signal des rechten Vorhofes, des mittleren Kanals mit dem His-Signal und des distalen Kanals mit dem Signal aus dem rechten Ventrikel. Reizschwelle, retrograde Leitung: Die Reizschwelle wird im rechten Ventrikel und rechten Vorhof bestimmt. Die Stimulation erfolgt mit der doppelten Reizschwelle. Darüber hinaus wird die retrograde Leitung durch fixfrequente atriale Stimulation analysiert, beginnend mit 500 ms Periodendauer über 430, 370, 330 und 300 ms ggf. tiefer (270 und 250 ms). Sinusknotenerholungszeit: Danach Bestimmung der Sinusknotenerholungszeit durch atriale Stimulation. Hierzu wird 1 Min. lang fixfrequent stimuliert, beginnend mit 500 ms Periodendauer, über 430, 370, 330 bis zu 300 ms. Abstellen der Stimulation nach 1 Min., Errechnen der Sinusknotenerholungszeit. Bestimmung der Leitungszeiten vom basalen Vorhof zum His- und vom His-Bündel zum Ventrikel im letzten Schlag vor Stimulationsende. Wenckebach-Punkt: Danach Bestimmung des Wenckebach-Punktes der ÄV-Überleitung durch ein IAP (incremental atrial pacing). Hierbei wird der Funktionsknopf high rate des Stimulationsgerätes benutzt und die Vorhofpacing-Frequenz solange gesteigert, bis eine Wenckebach-Periodik in der AV-Überleitung auftritt. Diese Stimulation sollte 2 mal durchgeführt werden, um den Wert reproduzieren zu können. Vorhofrefraktärzeiten, Karotissinus-Druckversuch: Die Bestimmung der Vorhofrefraktärzeiten schließt sich an: zunächst wird im Sinusrhythmus ein vorzeitiger atrialer Impuls gesetzt, die Ankopplungszeit sukzessive um je 10 ms gesenkt, bis keine Überleitung in den Ventrikel mehr erfolgt; das gleiche Vorgehen bei einer Grundstimulation von 9 Schlägen (8 Intervallen) und einer Grundzykluslänge von 500, dann 430, 370, danach 330 ms. Fällt bei einer sukzessiven Senkung des vorzeitigen Impulses zunächst 1 AV-Überleitung aus, so ist die effektive Refraktärperiode (ERP) des AV-Knotens erreicht, fällt bei weiterer Senkung zusätzlich die Vorhofkontraktion fort, ist die Refraktärzeit des Atriums erreicht. Genaue Protokollierung. Im Anschluß Karotissinus-Druckversuch rechts und links. Die Ventrikelstimulation schließt sich an. Ventrikuläre Stimulation: a) Katheter in loco typico: Der Katheter liegt im Bereich der rechtsventrikulären Spitze. Zunächst Applikation eines vorzeitigen Impulses (S2) während Sinusrhythmus. Sukzessive Erniedrigung der Ankoppelungszeit bis zum Erreichen der ventrikulären Refraktärität. Heraufsetzen des Ankoppelungsintervalls um 20 ms. Dieses wird fix belassen. Ankoppelung eines zweiten vorzeitigen Pulses (S3). Sukzessive Verkürzung der Ankopplungszeit um jeweils 10 ms bis zum Erreichen der Refraktärität des Ventrikels auf diesen zweiten vorzeitigen Impuls. Grundstimulation mit einer Zykluslänge von 500 ms über 8 Zyklen (= 9 Schläge) und Ankoppeln eines vorzeitigen Intervalls (S2). Verfahren wie im Sinusrhythmus beschrieben.

Invasiv

17

Dieses Procedere wird nun auf den Grundstimulationsstufen 500 ms (für Sl-Sl), 430 ms, 370 ms, 330 ms und 300 ms durchgeführt. Falls sich bis zu dieser Stufe noch keinerlei Tachykardien auslösen lassen, Stimulation mit einem dritten vorzeitigen Impuls (S4) bei Grundstimulation von 500 ms über 8 Intervalle, mit 2 angekoppelten vorzeitigen Impulsen, die jeweils 20 ms über der Refraktärzeit liegen sollen, die bei dieser Stimulation bereits gemessen worden ist. Im Anschluß Ankoppelung des dritten vorzeitigen Impulses und sukzessive Reduktion der Zykluslänge bis zum Erreichen der Refraktärzeit. b) Katheterdislozierung: Wenn auch bis zu diesem Punkt keinerlei Arrhythmien ausgelöst werden konnten, Verlagerung des Katheters in den rechtsventrikulären Ausflußtrakt. Hier Durchführung des gleichen ventrikulären Stimulationsprotokolls wie o. a. Die Morphologie des stimulierten Ventrikel-EKG muß die Konfiguration steil bis rechts und LSB aufweisen. Durchführung des o. a. Ventrikelstimulationsprotokolls. c) Katheterrepositionierung, Katecholamine: Wenn auch hiernach keinerlei Arrhythmien auslösbar sind, Repositionieren des Ventrikelkatheters in den Bereich der rechtsventrikulären Spitze. Katecholamine: Orciprenalin in NaCl 0.9 % Lösung als Tropf, titriert auf eine Sinusgrundfrequenz von 110-120/min. Durchführung des bekannten Ventrikelstimulationsprotokolls, beginnend ab 430 ms (da die Eigenfrequenz unter Katecholaminen bereits eine Zykluslänge von 500 ms aufweist). Ggf. Verlagerung des RV-Katheters in den rechtsventrikulären Ausflußtrakt. d) Druckverband: Nach Untersuchungsende sofortiges Entfernen der venösen Schleusen, Anlegen eines Druckverbandes. Dieser sollte bei venöser Dreifachpunktion 4 - 6 Std. in loco bleiben. Verfahren der programmierten Stimulation sind: • starrfrequente Stimulation • Stimulation mit stufenlos ansteigender oder absteigender Frequenz (Incremental/Decremental-Pacing), • vorzeitige Einzel- und Mehrfach-Impuls-Stimulation bei Sinusrhythmus • vorzeitige Einzel- und Mehrfach-Impuls-Stimulation bei stimuliertem Grundrhythmus. Eine ausführliche Darstellung der Methodik einschließlich möglicher Komplikationen findet sich bei (Schmitt C. Intracardiale Elektrophysiologie Springer Verlag 1996). Der programmierten Stimulation sollte grundsätzlich ein strenges Stimulationsprotokoll entsprechend den Empfehlungen zur Qualitätskontrolle elektrophysiologischer Untersuchungen, herausgegeben durch die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie-Herz- und Kreislaufforschung, zugrunde liegen (s. Anhang).

2.2.2.1 Apparat Der Umfang der Untersuchungen legt die apparativen Voraussetzungen fest. Generell werden 1 EKG-Registrierung und 1 Stimulationssystem benötigt. Ohne EKG-Mapping: Die EKG-Dokumentation erfolgt durch mehrkanalige EKGSchreiber, verbunden mit einer visuellen Kontrolle über Monitore.

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Diagnostik

EKG-Mapping (Ableitung hochfrequenter EKG-Signale, ζ. B. His-Bündel). Erforderlich sind Apparate mit unterer Frequenzbegrenzung von 2 0 - 5 0 Hz und einem bereich von > 500 Hz. Praktisch wichtig ist eine Selektorschaltung für die Auswahl beliebiger Ableitungen. Darüber hinaus sollte eine fortlaufende Erfassung des Untersuchungsablaufs durch geeignete Magnetbandsysteme erfolgen. Bei endokardialem Mapping ist eine biplane Durchleuchtungseinrichtung notwendig. Programmierte Stimulation: Die Stimulationseinrichtungen sind in Tab. 2-2 zusammengestellt. Die Stimulation wird bipolar mit Rechteckstromimpulsen von 1 - 2 ms bei zweifacher diastolischer Schwellenreizstromstärke durchgeführt. Die meisten Stimulatoren besitzen eine Batteriestromversorgung. Voraussetzungen sind die Auslösbarkeit von mindestens 3 konsekutiven vorzeitigen Herzaktionen mittels Extrastimulus-Technik bei Pacing- und Spontanrhythmus sowie eine stufenlose Änderung der Stimulationsfrequenz {incremental!decremental pacing). Die Vorzeitigkeit der Extrastimuli sollte mit einer Genauigkeit von 1 - 2 ms übereinstimmen. Tab. 2-2: Elektrophysiologische Aufzeichnungs-

und

Stimulationssysteme

I. Stimulatoren Hersteller

Bezeichnung

Bard

MicroPace EPS 320 Cardiac Stimulator, PC gestütztes Stimulationsgerät, frei programmierbar

Biotronik Digital Cardiovascular Instruments Inc. (Vertrieb: Medtronic) Medtronic

Universal-Herzstimulator

UHS 20

Stimulator Modell EP-2 (E) Programmierbare Stimulationsgeräte Modell 5326 und Modell 5328

II. Aufzeichnungssysteme Elektrophysiologische Aufzeichnungs- und Analysesysteme sind komplett bzw. in Teilkomponenten zu erwerben. Die Gerätespezifikationen unterliegen einem raschen Wandel; für aktuelle Informationen wird dementsprechend auf die Hersteller (Adresse s. u.) verwiesen. Herstellerübersicht: C. R. BARD GmbH Angiomed Wachhausstr. 6 76227 Karlsuhe

Biotronik GmbH & Co. Woermannkehre 1 12359 Berlin

Dr. Osypka GmbH Baseler Str. 109 79639 Grenzach-Wyhlen

Dia Medic Massener Hellweg 2 59427 Unna

Hellige GmbH Munzingerstr 79007 Freiburg

Siemens AG Med. Technik Zeche Katharina 4 45307 Essen

Dr. Kaiser Medizintechnik GmbH Obere Frauenstraße 7 36251 Bad Hersfeld

Medtronic GmbH Am Seestern 24 40547 Düsseldorf

Invasiv

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Katheter. Man verwendet meist 2-4-polige Katheter mit einem Elektrodenabstand von 0,5-1 cm. 2.2.2.2 Gefäßzugang Der Zugang (s. Kap. 8.2) erfolgt über die V. oder A. femoralis; bei ausschließlicher Stimulation im rechten Vorhof, Ventrikel kann auch die V. basilica gewählt werden. Zur Ableitung und Stimulation des linken Herzens wird die A. femoralis punktiert. Der Sinus coronarius kann am besten über die linke V. brachialis oder die rechte V. jugularis interna erreicht werden. Der linke Vorhof wird ggf. direkt über ein offenes Foramen ovale erreicht; ist dies nicht möglich, können Potentiale des linken Vorhofs oft vom Tr. pulmonalis bzw. über die A. pulmonalis dextra abgeleitet werden. Ggf. ist eine transseptale Punktion durchzuführen. Die Einführung der Elektrodenkatheter erfolgt mit der Seldinger-Technik. Dabei können in den Femoralvenen 2 - 3 Schleusen piaziert werden. Die Positionierung der Katheter erfolgt röntgenologisch. Die Anzahl der einzuführenden Katheter richtet sich nach der Fragestellung. Ein Beispiel für eine Katheterplazierung für eine elektrophysiologische Diagnostik im Rahmen eines Präexzitationssyndroms und zusätzlich zur Durchführung einer ablativen Therapie zeigt Abb. 2 - 9 .

2.2.2.3 Refraktärzeit bei programmierter Stimulation 51, Al, Hl, VI: Stimulus Artefakt, Vorhof-, His-, Kammer-EKG-Signal bei Basisstimulationsfrequenz; 52, A2, H2, V2: Stimulus Artefakt, Vorhof-, His-, Kammer-EKG-Signal bei vorzeitiger Aktion. Vorhof: Als effektive Refraktärzeit des Vorhofs (ERP) wird das längste Sl-S2-Intervall definiert, bei welchem kein A2-Signal ausgelöst wird. Als funktionelle Refraktärzeit (FRP) wird das kürzeste A1-A2-Intervall bei Sl-S2-Stimulation verstanden. Als relative Refraktärzeit (RRP) ist das längste Sl-S2-Intervall definiert, bei welchem S2-A2 länger wird als Sl-Al. AV-Knoten: Als effektive Refraktärzeit (ERP) des AV-Knotens wird das max. AlA2-Intervall gemessen, das nicht von einem H2-Signal gefolgt wird. Als funktionelle Refraktärzeit (FRP) ist das kürzeste Hl-H2-Intervall bei Al-A2-Stimulation definiert. Als relative Refraktärzeit (RRP) gilt dasjenige A1-A2-Intervall, bei dem A2H2 länger wird als Al-Hl. His-Purkinje-System: Als effektive Refraktärzeit (ERP) des His-Purkinje-Systems gilt das max. Hl-H2-Intervall ohne V2-Signal. Die funktionelle Refraktärzeit (FRP) ist das kürzeste Vl-V2-Intervall bei Al-A2-Stimulation. Die relative Refraktärzeit (RRP) ist als Hl-H2-Intervall definiert, bei dem H2-V2 erstmals eine Verzögerung der Leitung zeigt. Kammer: Die effektive Refraktärzeit (ERP) der Kammer ist das längste Sl-S2-Inter-

Diagnostik

. 2-9:

Röntgenologische Plazierwig der Elektrodenkatheter bei Präexzitationssyndrom: 1 rechtes Herzohr, 2 = His-Bündel-Position, 3 Spitze re. Ventrikel, 4 = Koronarsinus, mittlerer Teil; 5 Ablationskatheter Ii. posterior

Invasiv

21

vali ohne V2-Signal. Als funktionelle Refraktärzeit (FRP) der Kammer gilt das kürzeste Vl-V2-Intervall bei Sl-S2-Stimulation. Als relative Refraktärzeit (RRP) ist das längste Sl-S2-Intervall definiert, bei dem S1-V2 länger wird als Sl-Vl Retrograde (VA-) Leitung: Als effektive Refraktärzeit (ERP) des His-PurkinjeSystems bei retrograder Leitung wird das längste S1-S2- oder VI-V2-Intervall bezeichnet, bei welchem S2 oder V2 unterhalb des His-Bündels blockieren. Die funktionelle Refraktärzeit ist das kürzeste S1-H2 oder Hl-H2-Intervall bei V1-V2Stimulation. Die effektive Refraktärzeit (ERP) des AV-Knotens bei retrograder Leitung ist das längste S1-H2 bzw. Hl-H2-Intervall, bei welchem H2 nicht auf den Vorhof übergeleitet wird. Die funktionelle Refraktärzeit (ERP) des ventrikuloatrialen Leitungssystems wird das längste Sl-S2-Intervall bezeichnet, bei dem keine Überleitung auf den Vorhof erfolgt. Als funktionelle Refraktärzeit (FRP) dieses Systems ist das kürzeste Al-A2-Intervall bei Sl-S2-Stimulation im Ventrikel definiert. Die relative Refraktärzeit (RRP) des ventrikuloatrialen Leitungssystems ist das längste Sl-S2-Intervall, bei dem S2-V2 länger wird als Sl-Vl.

2.2.3 Indikation 2.2.3.1 Bradyarrhythmie Praxishinweis: Elektrophysiologische Methoden sind bei Bradyarrhythmien nur selten indiziert. Untersucht werden: • SKEZ: Sinusknotenerholungszeit • SALZ: sinuatriale Leitungszeit • His-Bündel-EKG mit programmierter Vorhof Stimulation. Die SKEZ beruht auf einer Hemmung der Sinusknotenautomatie durch schnelle atriale Stimulation > 30 Sek. Sie ist das Zeitintervall zwischen der letzten stimulusinduzierten Vorhoferregung und der ersten, vom Sinusknoten ausgehenden Vorhofaktion (Abb. 38). Dabei werden die atrialen Stimulationsfrequenzen stufenweise um jeweils 10-20 von 100 bis auf 180 Schläge/min erhöht. Die frequenzkorrigierte SKEZ ist die Differenz zwischen max. SKEZ und spontaner Periodendauer vor Stimulationsbeginn. Praxishinweis: Die SKEZ-Verlängerung korreliert oft, aber nicht regelmäßig mit dem Schweregrad der Sinusknotenfunktionsstörung und ist nur bei pathologischen Werten verwertbar. Sensitivität: ca. 65 %, Spezifität > 90 %. SALZ: Gemessen werden die postextrasystolischen Zeitintervalle nach vorzeitiger atrialer Stimulation, um Leitungsstörungen im sinuatrialen Grenzgewebe aufzudecken. Entgegen früherer Ansicht kommt der SALZ kein eigenständiger diagnostischer Wert zu, erkannt werden kann eine fälschlich zu niedrige SKEZ.

22

Diagnostik

His-Biindel-EKG: Die Diagnostik der AV-Knoten-Leitungsstörungen schließt die Bestimmung des Wenckebach-Punktes sowie die His-Bündel-Leitungszeiten bei Spontanrhythmus (Abb. 2-10) und unter Vorhofstimulation ein. Im Regelfall treten unter ansteigenden Stimulationsfrequenzen mit Erreichen der Wenckebach-Frequenz Leitungsblockierungen im suprahisischen Abschnitt auf, da hier die längste Refraktärzeit vorliegt. Selten können Leitungsblockierungen zuerst im distalen Gewebeabschnitt (intra- bzw. infrahisisch) beobachtet werden. Bei Stimulationsfrequenzen < 100/min ist dieser Befund immer pathologisch; bezogen auf den Einzelfall muß die Therapiebedürftigkeit erwogen werden. Zu berücksichtigen ist, daß die Meßergebnisse bei Sinus- bzw. AV-Knoten-Funktionsstörungen durch das autonome Nervensystem beeinflußt werden. Funktionsprüfungen sollten pharmakologische Testungen (s. Kap. 2.2.3.5) einschließen.

Indikationen: • asymptomatische AV-Blockierungen I. Grades mit intraventrikulärer Leitungsstörung, linksanteriorem Hemi- und Rechtsschenkelblock • symptomatische intermittierende Bradykardien ohne EKG-Nachweis: Schwindelanfälle, Synkopen und gleichzeitiger AV-Block I. oder II. Grades Typ Wenckebach. Unter Vorhofstimulation ist eine intra- bzw. infrahisische Leitungsverzögerung bzw. -blockierung nachzuweisen • asymptomatischer AV-Block II. Grades, Typ Mobitz II.

Abb. 2-10: Bestimmung der Sinusknotenerholungszeit. Wiedereinsetzen des Sinusrhythmus ca. 1 sec. nach Beendigung der festfrequenten Vorhofstimulation (160/min.): RVA: re. Ventrikel/Apex, HBE: His-Bündel-Ableitung, HRA: oberer re. Vorhof

Invasiv

23

2.2.3.2 Supraventrikuläre Tachyarrhythmie Praxisbinweis: Die Diagnose ist meist nichtinvasiv zu stellen: 12-Kanal-, zusätzlich Ösophagus-EKG, sofern die Arrhythmie dokumentierbar ist.

evtl.

Differentialdiagnostisch helfen elektrophysiologische und pharmakodynamische Untersuchungen (einschl. EKG-Mapping, s. Kap. 3.1.72): Indikationen: Untersuchungsvoraussetzungen sind Symptomatik und therapeutische Konsequenzen: • sporadische Tachykardien bzw. -arrhythmien, deren EKG-Dokumentation nicht gelingt • supraventrikuläre Tachyarrhythmien bei Präexzitationssyndrom (s. Kap. 3.1.6) zur Charakterisierung der AV-Überleitungswege: Die Erfassung der max. anterograden AV-Überleitungsfrequenz der akzessorischen Bahn und deren Refraktärzeit erlaubt eine Prognose über Kammerfrequenzen tachykarder intraatrialer Arrhythmien. Bei kurzer Refraktärzeit und hoher Leitungsgeschwindigkeit muß behandelt werden • rezidivierende supraventrikuläre Tachykardien mit regelmäßiger 1:1 AV-Überleitung: Ausschluß einer ventrikulären Präexzitation (meist durch retrograd leitende akzessorische Bahn), Differentialtherapie (medikamentös, Hochfrequenzstrom-Ablation von AV-Knoten-Leitungswegen bzw. akzessorischen Bahnen) • therapierefraktäre supraventrikuläre Tachykardien, bei denen eine ablative Therapie vorgesehen ist (s. Kap. 10.6.4). • Differentialdiagnose von supra- und ventrikulären Tachykardien mit breitem QRS-Komplex. Hier versagt das 12-Kanal-EKG oft. 2.2.3.3 Ventrikuläre Tachyarrhythmie Man unterscheidet langsame Tachykardien mit Frequenzinterferenz von Sinus- und Kammerrhythmus (s. Kap. 3.2.3, 3.2.4) von schnellen Tachykardien ohne Frequenzinterferenz. Für eine ventrikuläre Tachykardie sprechen AV-Dissoziation und, bei langsamen Formen, Fusionsschläge mit schmalem Kammerkomplex. Indikationen der programmierten Stimulation sind: • generell anhaltende ventrikuläre Tachykardien (s. Kap. 5.2.6, 6.4) • nichtanhaltende ventrikuläre Tachyarrhythmie, abhängig von Symptomatik und Herzkrankheit • Die sporadische ventrikuläre Tachykardie bei KHK ist im Langzeit-EKG oft nicht nachweisbar. Ist sie unter programmierter Stimulation nicht auszulösen, ergibt sich eine günstigere Prognose bezogen auf Arrhythmierezidiv und plötzlichen Herztod • bei schwerer Symptomatik: überlebter plötzlicher Herztod, Synkopen • vor interventioneller Behandlung: Festlegung eines Stimulationsprotokolls bei ICD-Implantation (s. Kap. 10.10.5-6, 10.11.1.4).

24

Diagnostik

Hochfrequenzstrom-Katheterablation und chirurgische Ablation erfordern Erkenntnisse über Ursprung und Ausbreitung der Arrhythmie (s. Kap. 10.7). Beurteilt werden: Arrhythmieformen, Auslösemechanismen, max. Frequenzen, Hämodynamik, Akzeleration bzw. Termination der Tachykardien, Prognose, besonders im Hinblick auf die pharmakologische Beeinflußbarkeit, Chancen einer interventionellen Behandlung. Die Bedeutung der programmierten Kammerstimulation bei Kardiomyopathien „gesundem" Herzen ist noch unklar, auch hinsichtlich der Therapiekontrolle.

oder bei

2.2.3.4 Synkope, Kreislaufstillstand Definition: Synkope (sog. Ohnmacht) ist ein kurzdauernder Bewußtseinsverlust (Sek. bis Min.), dem verschiedene Ursachen zugrunde liegen: • Kardiale rhythmogene Synkope: Bewußtlosigkeit von kurzer Dauer (Sek. bis Min.) mit plötzlichem Beginn. • Weitere Synkopen: transitorisch ischämische Attacken, Synkopen infolge Blutdruckabfalls (ζ. B. Aortenklappenstenose), Subclavian-Steal-, Basilaris-, Karotissinussyndrom, Husten- und Miktionssynkopen, Epilepsie. Praxishinweis: Die häufigsten Differentialdiagnosen der rhythmogenen Synkope sind orthostatische Dysregulationen, im höheren Lebensalter die maligne vagovasale Dysregulation.

Diagnostik: • Nichtinvasiv: Kreislauffunktionsprüfungen (ζ. B. Schellong-Test) und Orthostase-Tests (ζ. B. Kipptisch-Versuche mit und ohne pharmakologische Stimulation); neurologische, otorhinolaryngo-, ophthalmologische, ggf. orthopädische Untersuchungen. • Invasiv: Die programmierte Vorhof- und Kammer Stimulationen erreicht in bis zu 30 % der Fälle eine Klärung; insbesondere bei KHK und struktureller Herzkrankheit.

2.2.3.5 Pharmakologische Funktionsprüfung Pharmakologische Funktionsprüfungen werden singulär oder kombiniert mit elektrophysiologischen eingesetzt: Parasympatholytika, Sympathomimetika, Pharmaka mit leitungsverzögernder und erregungshemmender Wirkung. Der Atropintest ist im Rahmen von Sinusknotenfunktionsprüfungen (s. Kap. 3.1) indiziert.

Invasiv

25

Praxishinweis: 0 , 5 - 2 mg (0,02 mg/kg Körpergewicht) Atropin werden i. v. appliziert und Spontanfrequenz, Sinusknotenerholungszeit, sinuatriale I^eitungszeit gemessen. Die Herzfrequenz steigt um mehr als 50 % an: • Frequenzanstieg < 2 5 % bzw. ein fehlender Anstieg auf > 90/min weisen auf ein Sinusknotensyndrom hin.

Sympathomimetika (selten erforderlich) provozieren Tachyarrhythmien, die durch alleinige elektrophysiologische Stimulation nicht auslösbar sind: Orciprenalin dosieren, bis die Sinusfrequenz um ca. 25/min ansteigt. Pharmaka mit leitungsverzögernder bzw. erregungshemmender Wirkung werden für Funktionsprüfungen des Sinus- und AV-Knotens angewandt: ζ. B. Betasympatholytika, Calciumantagonisten vom VerapamilTDiltiazem-Typ. So kann ein behandlungsbedürftiges Syndrom des kranken Sinusknotens demaskiert werden. Kontrolliert werden die Spontanfrequenz, Sinusknotenerholungszeit, SA-Leitungszeit und AV-Überleitung vor und nach Applikation. Einschränkend ist festzustellen, daß standardisierte Untersuchungsverfahren nicht zur Verfügung stehen.

Adenosin und Adenosintriphosphat (ATP) entfalten bei rascher i. v.-Injektion Effekte wie Calciumantagonisten vom Typ Verapamil/Diltiazem: Verlangsamung der Sinusknotenfrequenz und der AV-Überleitung, ζ. T. entstehen AV-Blockierungen II. und III. Grades. Im Unterschied zu Calciumantagonisten ist die Wirkung wegen des raschen Abbaus auf einige Sekunden begrenzt. Praxishinweis: Mit dem ATP-Test beurteilt man die retrograde ventrikuloatriale Leitung: akzessorische Bahnen versus schnell leitender AV-Knoten. • Retrograde AV-Leitung: Tritt unter konstanter ventrikulärer Stimulation eine transiente Blockierung der retrograden Leitung auf, ist eine AV-Leitung erwiesen. • Akzessorische Bahn. Die fehlende Blockierung macht eine akzessorische Bahn wahrscheinlich. Überdies hilft der Test bei der Differentialdiagnose von supraventrikulären Tachykardien mit breitem QRS-Komplex und Kammertachykardien.

2.2.4

Grenzen

Bei einigen häufigen (Vorhofflimmern) bzw. gefährlichen (ventrikuläre Tachyarrhythmien) Rhythmusstörungen sind elektrophysiologische Untersuchungen nicht indiziert oder uneindeutig: • Tachykarde Vorhofarrhythmien. Die Einflüsse des autonomen Nervensystems sind elektrophysiologisch weder reproduzier- noch erfaßbar.

Diagnostik Vorhofflimmern, die häufigste Rhythmusstörung, ist elektrophysiologisch z. Zt. n o c h nicht zu bewerten. Akute ventrikuläre Tachyarrhythmien auf d e m Boden intermittierender Ischämien - die häufigste lebensbedrohliche Tachyarrhythmie - werden nicht erfaßt (s. Kap. 3 . 2 . 4 , 71). Rezidivierendes Vorhofflattern wird invasiv nur analysiert, wenn eine Hochfrequenzstrom-Ablation erwogen wird. Es finden sich immer wieder Patienten mit AV-Knoten-Reentryoder AV-Reentry-Tachykardien mit spontaner Arrhythmie, die invasiv nicht induzierbar sind und umgekehrt. Nach den Ergebnissen der ESVEM-Studie ist nur bei sporadischen ventrikulären Tachykardien eine programmierte Stimulation (Therapiekontrolle) indiziert.

3.

Bradykarde Herzrhythmusstörung: Definition, Form

Definition: Bradykarde Rhythmusstörungen (Pulsfrequenz < 60/min) resultieren aus funktionellen oder organischen Störungen von Sinusknotenfunktion und AVKnotenüberleitung, selten aus Extrasystolien. Sinusknoten (Sinoatrialknoten = SA-Knoten). Funktionsstörungen beruhen auf einer Störung von Automatie oder sinuatrialer Leitung. Unterschieden werden Sinusbradykardien (Sinusfrequenz < 60/min.), Sinusarrhythmien (teilweise respiratorisch), Sinusstillstand und SA-Blockierungen: I. Grades, periodische Blockierungen II. Grades Typ Wenckebach oder Typ Mobitz II und totale SA-Blockierungen. Die genannten Störungen sind aus dem EKG, teilweise (ζ. B. SA-Block I. Grades) nur durch intrakardiale Stimulation bzw. Potentialableitung zu erkennen. Atrioventrikularknoten: Funktionsstörungen führen zu einer Verlangsamung der AV-Überleitung in Ruhe und unter Belastung. Dabei werden AN-Blockierungen I. Grades (PQ > = 0,20 Sek.), II. Grades Typ Wenckebach bzw. Mobitz II und der totale AV-Block (Grad III) unterschieden (Abb. 3-1). Die Überleitungsstörung kann proximal (im eigentlichen AV-Knoten bzw. der proximalen oder distalen Verbindungszone), im His-Bündel (mittlerer Abschnitt), distal in den beiden TawaraSchenkeln oder den 3 Faszikeln der intraventrikulären Erregungsausbreitung liegen (Abb. 3-2, 3-3). Proximale Blockierungen sind suprahisische, mittlere intra- und distale infrahisische Blockierungen.

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AV-Block III. Grades mit ventrikulärem Ersatzrhythmus·. EKG und intrakardiale Ableitung aus dem hohen rechten Vorhof ( H R A ) und dem rechten Ventrikel (RVA). Vorhoffrequenz 140/min, Kammerfrequenz 33/min (25 mm/sec.)

28

Bradykarde Herzrhythmusstörung: Definition, Form

AH Abb. 3-2:



AV-Überleitungsstörungen, Leitungsverzögerung

a. suprahisische, b. intrahisische, c. infrahisische

Der AV-Block II. Grades Typ Wenckebach ist meist ein suprahisischer Block, Typ Mobitz II meist eine Überleitungsstörung in His-Bündel, Tawara-Schenkel oder im trifaszikulären Leitungssystem. Teilweise ist das gesamte His-PurkinjeSystem betroffen.

Prognose: Suprahisische Leitungsstörungen haben eine gute Prognose, intra- und infrahisische Überleitungsstörungen können in einen Herzstillstand übergehen. • Totaler AV-Block. Ist er angeboren, liegt eine suprahisische, bei erworbenem meist eine intra-Hnfrahisische Überleitungsstörung in den 3 intraventikulären Faszikeln vor. Erregungsleitungsstörungen unterhalb des His-Bündels sind: Rechts- bzw. Linksschenkelblock und linksanteriorer (LAHB) bzw. -posteriorer (LPHB) Hemiblock. LAHB: nach linksgerichteter Hauptvektor von Q R S (zwischen -30° und -70°) und ein Q-l/S-III-Typ, Q R S < 0,12 Sek. LPHB (selten): nach rechts gerichteter Hauptvektor von Q R S in der Frontalebene (+110°) und einer S-I/Q-III-Konstellation ohne wesentliche Verspätung der Ventrikelerregung (QRS < 0,12 Sek.). Differentialdiagnose. Die Diagnose LPHB verlangt den Ausschluß anderer Ursachen einer Abweichung des Hauptvektors von QRS nach rechts: ζ. B. Lateralinfarkt, akute oder chronische Rechtsherzbelastung. Intraatriale Überleitungsstörungen verlängern die atrialen Leitungszeiten und können so Bradykardien verursachen. Ein kompletter intraatrialer Block ist sehr selten.

Sinusknotensyndrom

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Abb. 3-3b

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Abb. 3-3c Abb. 3-3:

3.1

Intrakardiale Elektrogramme bei AV-Überleitungsstörungen, a. suprahisischer, b. intrahisicher (split-His), c. infrahisischer Leitungsblock

Sinusknotensyndrom

Definition: Reizbildungs- und Erregungsleitungsstörungen von Sinusknoten, Vorhof und AV-Knoten werden unter Syndrom des kranken Sinusknotens zusammengefaßt (Synonyma: Sinusknotensyndrom, -krankheit). Der Begriff wurde 1968 von Ferrer als Sick-Sinus-Syndrom in die Literatur eingeführt und unter dem Bild einer atrial disease Störung von Reizbildungs- und Erregungsleitungsstrukturen des Vorhofs als ein einheitliches Krankheitsbild zusammengefaßt. Das Sinusknotensyndrom umfaßt: • permanente Sinusbradykardie,

30

Bradykarde Herzrhythmusstörung: Definition, Form

• unzureichender Frequenzanstieg des Sinusknotens unter Belastung, • Aussetzen der Sinusknotendepolarisation mit heterotopen Vorhof- oder Knotenrhythmen als Ersatzrhythmen, • SA-Blockierungen sowie Perioden von Sinusknotenstillstand ohne Ersatzautomatien, • Paroxysmen von Vorhofflimmern bei Sinusbradykardie/Asystolie bzw. permanentes Vorhofflimmern nach Sinusbradykardie oder -stillstand, • irreguläre Sinusknotenautomatie nach Kardioversion von Vorhofflimmern. Ursachen: • Epi-, Perikarditis. Der Sinusknoten reicht bis zu 1 mm an das Epikard heran. Entzündungen von Epi- und Perikard können den Sinusknoten erfassen. • Ischämie (häufig). Die Blutversorgung des Sinusknotens wird durch eine Sinusknotenarterie gewährleistet, welche meist aus dem Ostium der A. coronaria dextra oder aus dem R. circumflexus (ca. 30 %, A. coronaria sinistra) entspringt. Histologische Studien zeigen, daß Reizbildungs- und Erregungsleitungszellen im Sinusknoten altersabhängig abnehmen. Eine manifeste Störung tritt bei einem Zellverlust > 9 0 % auf.

• Druck- und Volumenbelastung. Weitere Ursachen des Sinusknotensyndroms ergeben sich aus einer erhöhten Druck- und Volumenbelastung des Herzens. Die erhöhte Druckbelastung, die zu einer Vergrößerung und Dehnung des Vorhofgewebes führt, wird besonders deutlich bei arterieller Hypertonie. Nahezu 50 % der Hypertonie-Patienten weisen Paroxysmen von Vorhofflimmern auf. • Toxische Ursachen werden z. B. als fortgeschrittene Alkoholschädigung oder als Folgezustand nach Diphtherie erkennbar. Klinik: Die Symptomatik hängt von der Herzkrankheit und der konkreten Rhythmusstörungen ab und ist außerordentlich variabel, anfangs häufig Beschwerdefreiheit. Oft stellt sich Vorhofflimmern ein, das möglicherweise durch frühzeitige Implantation von Vorhof-Kammer-Schrittmachern hinausgezögert werden kann. Symptome: Schwindel, Synkopen, rhythmogene Herzinsuffizienz. Die Implantation eines bifokalen SM kann nicht nur Vorhofflimmern verhindern, sondern provoziert in 6 - 2 7 % der Fälle einen Übergang in chronisches Vorhofflimmern.

Das Bradykardie-Tachykardie-Syndrom ist eine spezielle Form des Syndroms des kranken Sinusknotens: Nach tachyarrhythmischen Phasen treten ohne Übergang symptomatische Bradykardien mit Pausen auf. Therapeutisch ergeben sich hier Besonderheiten (s. Kap. 8.3).

3.2

Karotissinussyndrom

Definition: Die Diagnose wird gestellt, wenn ein hyp ersensitiv er Karotissinus mit entsprechender Symptomatik vorliegt. Nur die Kombination erlaubt die Diagnosestellung. Karotissinus-Druckversuch. Beinahe jeder zweite Proband im höheren Lebensalter reagiert mit Pausen (Asystolien) von bis zu 2 Sek. während Karotissinus-Druckversuch. Bei jedem vierten sind sogar Pausen bis 3 Sek. nachzuweisen. Werden neben

Karotissinussyndrom

31

den Pausen ^ 3 Sek.) auch Symptome (Schwindel, Präsynkopen, Synkopen) provoziert, so ist zu behandeln. Das Karotissinussyndrom stellt eine Fehlfunktion des an der Karotisgabel gelegenen Karotissinus in Verbindung mit dessen „Erfolgsorgan" Sinusknoten dar. Die Hypersensitivität der Karotissinus-Rezeptoren bewirkt bei Stimulation eine abrupte Verlangsamung der Sinusknotendepolarisation, die bis hin zum Herzstillstand führen. Für das Syndrom ist in der Hälfte der Fälle eine Kombination von Hypersensitivität des Karotissinus mit erhöhter Ansprechbarkeit des Sinusknotens ursächlich. Eine seltene Verlaufsform liegt vor, wenn zusätzlich eine erhöhte Sensibilität der peripheren Gefäßrezeptoren existiert, so daß bei Karotissinus-Druckversuch Herzfrequenz und Vasokonstriktion abnehmen, so daß auch der arterielle Blutdruck absinkt. Die Behandlung ist hier nur teilweise effektiv.

Diagnostik. Wegweisend ist eine symptomatische Pause im EKG (Herzstillstand) > 3 Sek. bei Karotissinus-Druckversuch verbunden mit Schwindel, Synkope, Blutdruckabfall. Die provozierte sollte der spontanen Symptomatik ähnlich sein. Therapie: s. Kap. 8.3, S. 193 Extrasystolien: Selten werden Bradykardien durch Extrasystolen vorgetäuscht, die durch Leitungsstörungen blockiert sind (Abb. 4-2). Ein Beispiel hierfür sind blockierte His-Biindel-Extrasystolen, die eine höhergradige AV-Blockierung imitieren.

4.

Tachykarde Herzrhythmusstörung: Definition, Form

4.1

Supraventrikuläre Arrhythmie

4.1.1

Ersatzrhythmus

Definition: Vorhofersatzrhythmen können bei Verlangsamung der Sinusknotenfunktion entstehen. EKG: ventrikuläre Aktionen mit schmalem Kammerkomplex mit oder ohne Ankopplung an Vorhoferregungen. Die Erregungsbildungszentren liegen meist im AV-Knoten oder in dessen Nähe (Verbindungszonen). AV-junktionaler Rhythmus: In der älteren EKG-Literatur sind die Begriffe des oberen, mittleren und unteren AV-Knoten-Rhythmus eingeführt. Diese Terminologie kann nicht aufrecht erhalten werden, da eine Zuordnung des Erregungsursprungs mit Hilfe der P-Wellen-Morphologie nicht zuverlässig ist; der Erregungsablauf in den Vorhöfen wird nicht nur vom Erregungsursprung, sondern auch von den Leitungseigenschaften des Myokards beeinflußt. Nach heutiger Nomenklatur spricht man von AV-junktionalem Rhythmus und verwendet den Begriff AV-KnotenRhythmus nicht mehr. Wandernde Schrittmacher sind wechselnde Vorhofersatzrhythmen, die eine Frequenzinterferenz mit dem Sinusknoten aufweisen (Abb. 4-1). AV-Block: Bei totalem AV-Block wird die Schrittmacherfunktion bei suprahisischer Blockierung durch das His-Bündel übernommen; EKG: schlanke Kammerkomplexe, Ruhefrequenz 40-60/min, wird durch Atropin, Betasympathomimetika und körperliche Belastung stimuliert. Bei intrahisischer Leitungsblockierung sind die Kammerkomplexe des Ersatzrhythmus in einem Teil der Fälle ebenfalls schmal, Frequenz: < 40/min, deren Steigerung durch Stimulation (s. o.) ist nicht möglich. 4.1.2 Extrasystole (ES), Sinustachykardie, erhöhte Sinusknotenautomatie, Sinusknoten-Reentry-Tachykardie Vorhofextrasystolen können sinusknotennah, im AV-Knoten (einschließlich des His-Bündels), AV-knotennah sowie im Arbeitsmyokard entstehen. Eine Differenzierung ermöglicht das EKG nicht; allerdings geben die Form der P-Welle sowie die zeitliche Koordination des Kammerkomplexes oft Hinweise auf den Entstehungsort. Vorhofextrasystolen, die im Vorhofmyokard bzw. AV-knotennah entstehen, werden meist von einer nicht vollkompensierenden Pause gefolgt; der konsekutive Kammerkomplex ist i. d. R. nicht verbreitert. Die postextrasystolische Pause nach His-Bündel-Extrasystolen ist meist kompensatorisch, da die Vorhöfe nicht retrograd erregt werden. Schenkelblockartige Komplexe (aberrierende Leitungen) sind selten, häufig den rechten Tawara-Schenkel betreffend, dessen effektive Refraktär-

Supraventrikuläre Arrhythmie

ι _J

33

L—JL-JL_JL_-JL_JL_-JL

Abb. 4-1:

AV-junktionaler

Rhythmus

bzw. wandernder Schrittmacher (Pfeil) im EKG

Abb. 4-2:

Blockierte atriale Extrasystolen (Pfeil), infolge Vorzeitigkeit keine atrioventrikuläre Überleitung, Imitation einer Sinusbradykardie (50 mm/sec.)

zeit länger ist als die des linken. Bei frühem Einfall der supraventrikulären ES bzw. bei erheblichen AV-Leitungsstörungen folgt der Vorhoferregung o f t kein Kammerkomplex; es liegt eine blockierte supraventrikuläre ES vor (Abb. 4-2). Morphologische Einteilung: Man unterscheidet mono- und polymorphe supraventrikuläre ES, Couplets, supraventrikulärer Bigeminus, supraventrikuläre und supraventrikuläre Salven. Dieser Einteilung kommt keine prognostische oder therapeutische Bedeutung zu.

34

Tachykarde Herzrhythmusstörung: Definition, Form

Gesteigerte Sinusknotenautomatie: Hauptursachen sind kompensatorische Frequenzanhebung bei Herzinsuffizienz und hyp er kinetischem Herzsyndrom. Praxishinweis·. Die gesteigerte Sinusknotenautomatie ist die häufigste Form der Sinustachykardien (Ruhefrequenzen >/= 100/min); sie beginnt und endet stufenlos, nicht abrupt. Sinusknoten-Reentry-Tachykardie: Selten ist differentialdiagnostisch die Sinusknoten-Reentry-Tachykardie in Betracht zu ziehen, die Formabweichungen der P-Welle zeigt; eine sichere EKG-Abgrenzung gegenüber der Sinusknotenautomatiesteigerung ist nicht möglich. Kennzeichen sind abrupter Beginn und plötzliche Terminierung.

4.1.3

AV-Knoten-Reentry-Tachykardie

Die AV-Knoten-Reentry-Tachykardie ist die häufigste Form der supraventrikulären Tachykardien ohne intermittierende AV-Blockierungen. Frequenz: 160-210/min. Einteilung: Zugrunde liegt eine funktionelle Dissoziation der Leitungsbahnen im AV-Knoten bzw. AV-knotennahen Gewebe: die Bahnen sind unterschiedlich refraktär und leitungsfähig, hierdurch können kreisende Erregungen entstehen. Man unterscheidet die typische (häufig: 95 %) und atypische Form (selten: 5 %).

4.1.3.1 Klinik, EKG Typische Form: Im EKG können wechselnde PQ-Zeiten bei supraventrikulären Extrasystolen mit gleichem Koppelungsintervall auf unterschiedliche Leitungswege hinweisen. Klinik: Tachykardiesymptome, „Pochen im Nacken", wohl Folge der Vorhofpfropfung bei typischer Form der AV-Knoten-Tachykardie. Diagnostisch wegweisend sind die plötzliche Zunahme des PR-Intervalls bei Arrhythmiebeginn sowie das Fehlen von P-Wellen (bzw. Auftreten von P-Wellen am Ende des QRS-Komplexes). Der Kammerkomplex ist schmal, selten - bei aberrierender Leitung - verbreitert (Abb. 4-3). In einem Teil der Fälle ist elektrophysiologisch zu untersuchen. Atypische Form. Nach dem EKG ist eine Unterscheidung von der AV-Reentry-Tachykardie nicht möglich (Abb. 4-4).

Reentry-Kreise: Über die anatomischen Beziehungen potentieller Reentry-Kreise informiert Abb. 4-5. Im AV-Knoten- und AV-knotenahen Gewebe werden langsam leitende Bahnen mit kurzer Refraktärzeit (Alpha-) und schneileitende mit langer Refraktärzeit (Beta-Bahnen) unterschieden. Die elektrophysiologisch differenten Leitungsbahnen münden distal in das His-Bündel (common final pathway):

Supraventrikuläre Arrhythmie

35

Abb. 4-3 a: AV-Knoten-Reentry-Tachykardie; „typische Form". P-Wellen sind infolge nahezu gleichzeitiger Erregung von Vorhöfen und Kammern nicht erkennbar. RVA: EKG-Ableitung rechtsventrikuläre Spitze; HBE: His-Bündel-EKG: His-Potential (Pfeil) geht der Kammererregung voraus; HRA: EKG hoher rechter Vorhof (50 mm/sec.)

HBEJ

Abb. 4-3b: AV-Knoten-Reentry-Tachykardie; „typische Form". Rechtsschenkelblockartige Deformierung der QRS-Komplexe (Abkürzungen s. Abb. 4-3 a; 100 mm/sec.) a) Slow-fast-Form. Bei der typischen AV-Knoten-Reentry-Tachykardie verläuft die Kammererregung über die Alpha-Bahn, die Vorhöfe werden über die schnelle Beta-Bahn erregt (Slow-fast-Form). His-Bündel-EKG: nahezu simultane Erregung von Vorhöfen und Kammern. b) Fast-slow-Form. Bei der atypischen Form (fast slow) erfolgt die Kammererregung über die schnelle Bahn, die Vorhoferregung über die langsame. His-Bündel-EKG: VA-Intervall verlängert, so daß im EKG P-Wellen nach Ende des QRSKomplexes erscheinen! Hier ist eine Abgrenzung gegenüber retrograd leitenden akzessorischen Bahnen notwendig. Stimulation: Wie alle Kreiserregungen lassen sich auch AV-Knoten-Reentry-Tachykardien durch Stimulation (besonders atriale) auslösen und terminieren. Bei pro-

36

Tachykarde Herzrhythmusstörung: Definition, Form

Abb. 4-4:

AV-Knoten-Reentry-Tachykardie; „atypische Form". P-Wellen sind mit fester zeitlicher Kopplung zum QRS-Komplex erkennbar (Pfeil) und in den Ableitungen II, III negativ (Abkürzungen s. Abb. 4-3 a;100 mm/sec.) Bereich der schnellen Leitungsbahn (fast pathway)

AV - Knoten

Bereich der langsamen Trikuspidalklappe Leitungsbahnen (slow pathway)

Abb. 4-5:

AV-Knoten-Reentry-Tachykardie.

Topographie von slow und fast pathway

grammierter atrialer Stimulation läßt sich häufig eine sprunghafte Verlängerung des AH-2-Intervalls nachweisen, die zu Echoschlägen oder Tachykardie führt. Die Auslösung einer AV-Knoten-Reentry-Tachykardie ist demzufolge von einer kritischen Vorzeitigkeit des initiierenden Impulses abhängig. In seltenen Fällen kann eine AV-Knoten-Reentry-Tachykardie im Rahmen der elektrophysiologischen Diagnostik erst nach Applikation von Atropin bzw. Katecholammen induziert werden.

Supraventrikuläre Arrhythmie

37

4.1.3.2 Elektrophysiologie Intranodale Kreiserregung: Aktuellen Modellvorstellungen entsprechend beruht die AV-Knoten-Tachykardie auf einer intranodalen Kreiserregung, deren Voraussetzung die funktionelle Längsdissoziation des AV-Knotens selbst ist; es wird eine „doppelte AV-Knoten-Leitung" angenommen: Die eine Bahn leitet langsam (aBahn) und hat eine kurze Refraktärzeit, die andere Bahn leitet schnell (ß-Bahn) und weist ein lange Refraktärzeit auf. Entscheidend für die Auslösung von AV-KnotenReentry-Tachykardien ist eine unidirektionale Blockierung in einer dieser Bahnen. Bei der programmierten atrialen Stimulation findet sich bei kritischer Vorzeitigkeit des Extrastimulus eine sprunghafte Verlängerung der AH-Zeit, die in der Regel mit Echoschlägen bzw. mit einer AV-Knoten-Reentry-Tachykardie einhergeht. Bei weiterer Verkürzung des Extrastimulus-Kopplungsintervalls bleibt die Tachykardie meist bis zum Erreichen der effektiven Refraktärzeit des AV-Knotens induzierbar. Bei einem Teil der Patienten gelingt die Induktion der Tachykardie nur mittels programmierter Ventrikelstimulation. Andere benötigen relativ hohe Grundfrequenzen. Entscheidend ist das Erreichen einer kritischen AV-nodalen Leitungsverzögerung. Letzteres kann gelegentlich nur durch Vagolytika oder Sympathomimetika erreicht werden. Andererseits können diese Substanzen die Tachykardieauslösung aber auch erschweren oder verhindern. Differentialdiagnose: Die elektrophysiologischen Befunde der Tachykardie sind differentialdiagnostisch zu verwerten: a) Slow-fast-Form. Bei der üblichen Form der AV-Knoten-Tachykardie (slow fast) erfolgt die retrograde Vorhoferregung nahezu simultan mit der antegraden Ventrikeldepolarisation. Der basale Vorhof wird kurz vor, während oder hinter dem Ventrikelpotential registriert. Dies schließt eine retrograde, akzessorische Leitung vom Ventrikel zum Vorhof aus. b) Fast-slow-Form. In selteneren Fällen erfolgt die retrograde Vorhoferregung deutlich nach dem Kammer komplex. Hier kann es sich um eine „reverse" Form der AV-Knoten-Tachykardie (fast slow) handeln. Hierbei erfolgt die antegrade Erregungsleitung über die schnelle ß- und die retrograde Leitung über die langsamere α-Bahn. Eine differentialdiagnostische Abgrenzung gegenüber einer Leitung über eine retrograd leitende akzessorische Bahn muß erfolgen. Praxishinweis: Grenzwert für eine AV-Knoten-Tachykardie ist ein VA-Intervall von 61 ms, eine HA-Zeit von 85 ms und ein V-HRA-Intervall von 95 ms. Ist das VA-Intervall länger, kann es sich um die „reverse" Form der AV-Knoten-Tachykardie oder eine retrograd leitende akzessorische Bahn handeln. Terminierung. Die Unterbrechung der Rhythmusstörung folgt am einfachsten durch atriale Einzelstimulation. Es gilt hier durch frühzeitige Stimulation die „erregbare Lücke" zu schließen und damit die kreisende Erregung zu blockieren. Läßt sich die Rhythmusstörung durch Einzelstimulation nicht beenden, können

38

Tachykarde Herzrhythmusstörung: Definition, Form

eine Mehrfachstimulation sowie hochfrequente Vorhofstimulation oder auch programmierte Ventrikelstimulation eingesetzt werden.

4.1.4

AV-Reentry-Tachykardie

AV-Reentry-Tachykardien entstehen auf dem Boden akzessorischer nen zwischen Vorhof- und Kammermyokard (s. Abb. 4-6, 7, 8).

Leitungsbah-

4.1.4.1 Klinik, EKG Orthodrome Reentry-Tachykardie: Der QRS-Komplex ist schmal (Abb. 4-6); Ausnahmen stellen vorbestehende intraventrikuläre Leitungsstörungen bzw. frequenzabhängige intraventrikuläre Leitungsblockierungen dar. Bei antidromen Reentry-Tachykardien mit antegrader Leitung über die akzessorische Bahn ist der QRS-Komplex meist verbreitert und deformiert (Abb. 4-7; Ausnahme: AV-knotennahe akzessorische Bahnen). Bei Vorhofflattern/Vorhofflimmer-Arrhythmien ist typisch, daß Kammerkomplexe mit schmalem und verbreitertem QRS-Komplex regellos abwechseln; hervorgerufen durch unregelmäßige anterograde Leitungen über AV-Knoten bzw. akzessorische Bahn (Abb. 4-9).

(Abkürzungen s. Abb. 4-3) erscheint die Vorhoferregung (A) zwischen den Kammerkomplexen. Cs I, II: 2 Ableitungspunkte im Koronarsinus nahe der akzessorischen Bahn (100 mm/sec.)

ι·

Abb. 4-7:

Antidrome AV-Reentry-Tachykardie bei WPW-Syndrom mit breitem Kammerkomplex bei antegrader Leitung über die akzessorische Bahn (Abkürzungen s. Abb. 4-3, 6; 100 mm/sec.)

Abb. 4-8:

WPW-Syndrom mit δ-Welle. Kent-Potential (Pfeil) im Halsbereich eines Koronarsinus-Aneurysmas (Abkürzungen s. Abb. 4-3, 6; 100 mm/sec.)

40

Tachykarde Herzrhythmusstörung: Definition, Form

merkomplexen bei antegrader Erregungsleitung über die akzessorische Bahn; (Abkürzungen s. Abb. 4-3; 50 mm/sec.)

Bei AV-Reentry-Tachykardie ohne Vorhofflattern/Vorhofflimmern sind P-WellenÄquivalente mit fester zeitlicher Koppelung zum QRS-Komplex zu dokumentieren; das für die AV-Knoten-Reentry-Tachykardie typische „Pochen im Nacken" fehlt. Beim Wolff-Parkinson-White-Syndrom (WPW-Syndrom) ist der QRS-Komplex auf Kosten des AV-Intervalls verbreitert (δ-Welle, Abb. 4-8), allerdings ist die Präexzitation aus dem EKG nur in einem Teil der Fälle und oft nur intermittierend erkennbar. Häufig erfolgt die elektrische Leitung über die akzessorische Bahn ausschließlich in ventrikuloatrialer Richtung, was im EKG nicht zu erkennen ist. Nach dem EKG unterscheidet man 2 Formen (Rosenbaum, Abb. 4-10): • Typ A: sternal positiv; meist linksseitiger atrioventrikulärer Bypass • Typ B: sternal negativ; meist rechtsseitiger AV-Bypass. Um akzessorische Bahnen (s. Abb. 4-10) nichtinvasiv zu lokalisieren, wurden Algorithmen entwickelt (Abb. 4-11), die eine hohe Trefferquote aufweisen.

Praxishinweis: Bei symptomatischen AV-Reentry-Tachykardien ist eine elektrophysiologische Diagnostik indiziert: Sie sichert die Diagnose und ist Voraussetzung für eine Hochfrequenzstrom-Ablation.

4.1.4.2 Elektrophysiologie Kurze Refraktärzeit: Mit der Herzfrequenz nimmt die ventrikuläre Präexzitation zu, weil die Erregungsleitung im AV-Knoten (frequenzabhängig) abnimmt und die Leitungsgeschwindigkeit der akzessorischen Bahn unverändert bleibt: Das H-

Supraventrikuläre Arrhythmie

41

AV - Knoten

Atrium

Ii. Tawara Schenkel

Ventrikel

re. Tawara Schenkel

Abb. 4-10: Leitungsbahnen bei Präexzitationssyndromen: 1 atrioventrikuläre Bündel (Kent), 2 nodoventrikuläre Bündel (Mahaim), 3 Attio-His-Umgehungstrakte, 4 faszikuloventrikuläre bzw. atriofaszikuläre Trakte Mahaim, 5 Intranodalbahnen (James)

Potential des His-Bündel-EKG wandert in den V-Komplex hinein. Bei kurzer Refraktärzeit der akzessorischen Bahn kann die Frequenz solange gesteigert werden, bis in dieser ein Leitungsblock auftritt, so daß nur noch ein Teil der Stimulationsimpulse auf die Kammer übergeleitet wird. Lange Refraktärzeit: Die Erregungsleitung kann mit zunehmender Stimulationsfrequenz über die akzessorische Bahn blockiert werden: Die Überleitung erfolgt nur noch über den AV-Knoten. Dies wird an einer plötzlichen Normalisierung des QRS-Komplexes mit Verschwinden der ventrikulären Präexzitation erkennbar. Diese Zykluslänge entspricht der antegraden Refraktärzeit der akzessorischen Bahn. Gleiche Effekte lassen sich mit programmierter atrialer Einzelstimulation erzielen. Ventrikelstimulation: AV-Reentry-Tachykardien können häufig durch ventrikuläre Stimulation induziert, und die retrograden Leitungseigenschaften sowie die Lokalisation der akzessorischen Bahn können analysiert und lokalisiert werden. Geprüft wird die retrograde Leitung mit festfrequenter Stimulation: Erfolgt die ventrikuloatriale Erregung über den AV-Knoten, so nimmt die Leitungszeit mit der Frequenz zu; gegenteilig verhält sich die akzessorische Leitung. Häufig leitet die akzessorische Bahn in ventrikuloatrialer Richtung besser als der AV-Knoten. Eine plötzliche Unterbrechung der Leitung ohne vorherige Abnahme der Leitungsgeschwindigkeit zeigt einen Block der akzessorischen Bahn an. Die Stimulations-Zykluslänge korreliert mit der mittels atrialer Einzelstimulation bestimmten retrograden Refraktärzeit der akzessorischen Bahn.

42

Tachykarde Herzrhythmusstörung: Definition, Form

Q oder isoelektrische Delta-Welle in I, aVL oder V6

t

nein

ja

_L

/

LSB

ja

Q oder isoelektrische Delta-Welle in 2 der Ableitungen II, III oder aVF

\

nein

I

nein

ja

RAS

LL

I

LSB

Rs oder RS in V1, V2, oder V3

J

ja

I

PS

J

I

1 RL I ja

I

RAS Abb. 4-11:

nein

ja

nein

I

I

nein 1

ja

RL

LL

t

1

i

nein I

1

nicht bestimmbar

Algorithmen zur EKG-Lokalisation akzessorischer Leitungsbahnen (nach Milstein). Voraussetzung ist eine starke Präexzitation: LSB: LinksschenkelblockMuster; QRS (90 ms in I und rS in V I und V2; RAS: rechts anteroseptal; L L : links lateral; PS: posteroseptal; RL: rechts lateral

Lokalisationsdiagnostik der akzessorischen Bahn: Hierzu werden multiple atriale Ableitungen benötigt. Bei links gelegener akzessorischer Bahn (WPW-Syndrom, Typ A) wird ein multipolarer Katheter im Koronarsinus piaziert. Die Bahn wird durch das kürzeste Intervall zwischen Ventrikel- und Koronarsinuspotential während ventrikulärer Stimulation bestimmt. Dabei liegt der Katheter möglichst an der Mündung der Bahnen im Bereich der Vorhöfe. Genauer als bei ventrikulärer Stimulation ist dasselbe Vorgehen während laufender AV-Reentry-Tachykardie. Dabei richtet sich der Untersucher nach der Lage, besonders bei nicht links gelegenen akzessorischen Leitungsbahnen. Die Hochfrequenzstrom-Katheterablation erfordert eine exakte Lokalisation (s. Kap. 10.5.1).

Supraventrikuläre Arrhythmie

43

4.1.5 Ektope Vorhoftachykardie, intraatriale Reentry-Tachykardie, Vorhofflattern, -flimmern Diagnostisch wegweisend ist das EKG: schmaler QRS-Komplex rende AV-Blockierungen.

und intermittie-

4.1.5.1 Klinik, EKG Vorhofflattern ist eine regelmäßige Aufeinanderfolge elektrischer und mechanischer Vorhofaktionen, Frequenz: 200-320/min. Man unterscheidet (Abb. 4-12): • Typ I mit negativen P- Wellen in II, III und AVF • Typ II mit positiven P- Wellen in II, III und AVF. Übergänge von Typ II nach Typ I (ζ. B. unter Vorhofstimulation) sind möglich. Bei Vorhofflimmern (Flimmerbewegung der Vorhöfe, die nahezu in diastolischer Stellung verharren, Frequenz: 320—450/min) sind Aktionen mit verbreitertem QRSKomplex als Folge aberranter Leitung vergleichsweise häufig. Die Differentialdiagnose gegenüber Ektopien ist schwierig und aus dem EKG nur teilweise möglich. Dabei spricht ein verbreiterter QRS-Komplexes - vor allem bei RSB-Morphologie mit kurzem RR-Intervall zur vorausgehenden Aktion mit schmalem Kammerkomplex für eine aberrierende Leitung, insbesondere, wenn das vorhergehende RRIntervall lang ist: Lange RR-Intervalle prolongieren die Refraktärzeiten des ventrikulären Reizleitungssystems; ein früh übergeleiteter Vorhofimpuls trifft auf ein partiell refraktäres ventrikuläres Reizleitungssystem. Die RSB-Morphologie ist durch

Abb. 4-12a: Typ-I-Vorhofflattern.

Sägezahnartige negative P-Wellen in Ableitungen II, III, aVF

44

Tachykarde Herzrhythmusstörung: Definition, Form

Abb. 4-12b: Typ-II-Vorhofflattern,

positive P-Wellen in Ableitungen II, III, aVF

Abb. 4-13: Ashman-Fhänomen bei Vorhofflimmern. Elektrophysiologisch nachgewiesene aberrante atrioventrikuläre Überleitung (keine ventrikuläre Tachykardie)

die im Vergleich zum linken Schenkel längere Refraktärzeit des rechten TawaraSchenkels bedingt (Ashman-Phänomen, Abb. 4-13). 4 . 1 . 5 . 2 Elektrophysiologie Vorhofflattern: Indikationen zur invasiven Diagnostik ergeben sich aus dem Ziel, die Rhythmusstörung mittels Überstimulation zu terminieren bzw. durch Hochfrequenzstrom-Katheterablation zu beseitigen (s. Kap. 71.2.6). Bei intrakardialer Ableitung läßt sich über bipolare Katheter eine hochfrequente elektrische Aktivität dokumentieren. Im Unterschied zu Vorhofflimmern sind dabei einzelne Elektrogramme voneinander abzugrenzen. Insbesondere im Bereich des unteren rechten Vorhofes, in AV-knotennahen Arealen und im Bereich des Koronarsinus-Ostiums

Supraventrikuläre Arrhythmie

45

lassen sich oft stark fraktionierte Elektrogramme ableiten, teilweise mit biphasischer Morphologie. Atriales Mapping. Die atriale Erregungssequenz wird durch atriales Mapping bestimmt. Hierbei werden an 10-15 Stellen im Bereich des rechten Vorhofs (bei offenem Foramen ovale auch aus dem linken Vorhof) Elektrogramme abgeleitet; die zeitliche Verzögerung zwischen dem Beginn der lokalen Elektrogramme und dem Einsetzen der negativen Komponente der Flatterwellen im Körperoberflächen-EKG wird bestimmt. Praxishinweis: Am häufigsten läßt sich die früheste atriale Erregung nahe dem Koronarsinus-Ostium (unterer Vorhof) und im AV-Knoten-Bereich registrieren. Von hier aus breiten sich die Erregungswellen zum linken Vorhof und oberen Anteil des rechten Vorhofes aus. Bei Typ-l·Vorhofflattern stellt das Gewebe zwischen dem Trikuspidalklappenring und der unteren Hohlvene einen kritischen Bereich für die Aufrechterhaltung der Rhythmusstörung dar (s. Kap. 71.2.6, Abb. 70).

Vorhofflimmern ist z. Zt. eine nur im Rahmen klinisch-experimenteller Studien akzeptable Indikation für eine invasive Untersuchung. Werden intrakardiale Signale aus dem rechten Vorhof abgeleitet, so findet sich eine „chaotische" elektrische Aktivität; distinkte Elektrogramme sind nicht abgrenzbar. In einer Minderzahl von Fällen kann eine „fokale" Form von Vorhofflimmern mit versprengtem Vorhofgewebe in der A. pulmonalis diagnostiziert weden. Vereinzelt wurde versucht, mittels Hochfrequenzstrom-Applikation Vorhofflimmern zu beseitigen (s. Kap. 71.2.7). Dies könnte für die „fokalen" Formen erfolgreich sein. 4.1.6 Atriale, multifokale Tachyarrhythmia Beide Formen sind selten: Bei atrialen Tachykardien lassen sich aus dem Vorhof isolierte elektrokardiographische Potentiale ableiten. Die Differenzierung zum Vorhofflattern (s. o.) erfolgt durch die Frequenz. Der atrialen Tachykardie liegt meist eine abnorme Automatie zugrunde, seltener handelt es sich um Wiedereintrittsmechanismen: • Tachykardien, die auf einer abnormen Automatie beruhen, lassen sich durch programmierte Stimulation nicht auslösen. Vereinzelt gelingt ihre Provokation durch Katecholamine i. v. • Auf Wiedereintritt beruhende atriale Tachykardien können dagegen programmiert induziert und terminiert werden. Dies gelingt gelegentlich erst nach Applikation von Katecholaminen. Im Rahmen eines atrialen Mappings kann ggf. der Ursprung der Tachykardie identifiziert werden, so daß ablative Verfahren anwendbar werden. Atriale Tachykardien entstehen ubiquitär. O f t findet sich der Ursprung in mittleren bis oberen Anteilen des rechten Vorhofs. Selten entstehen sie im Bereich des Mitralbzw. Trikuspidalklappen-Anulus.

46

Tachykarde Herzrhythmusstörung: Definition, Form

Multifokale atriale Tachykardien. Die Vorhofpotentiale sind wechselnde Elektrogramme, die ausgeprägt fraktioniert sind. Die Zykluslänge variiert. Die Elektrogramme sind im Gegensatz zu Vorhofflimmern eindeutig voneinander abgrenzbar. Keine Indikation, invasiv zu untersuchen. Unaufhörliche Arrhythmie: Eine seltene Form der supraventrikulären Tachykardie ist die Incessant-Arrhythmie, bei der die Tachykardie - unablässig wiederkehrend - nur von einzelnen regelrecht geleiteten Sinusaktionen unterbrochen wird.

4.2

Ventrikuläre Arrhythmie

4.2.1 Ersatzrhythmus, Extrasystole Unter ventrikulären Ersatzrhythmen werden tertiäre Automatiezentren der Ventrikel verstanden, die die Schrittmacherfunktion übernehmen, wenn übergeordnete Schrittmacherzentren ausgefallen sind oder der AV-Knoten höhergradig blockiert ist. Der QRS-Komplex ist deutlich verbreitert (Abb. 4-14). Die Frequenz der Ersatzrhythmen beträgt 20-30/min; selten resultiert bei infrahisischer Leitungsblockierung ein Kammerstillstand. Ventrikuläre ES weisen eine grobe Deformierung des Kammerkomplexes auf mit QRS-Verbreiterung > 0,12 s und schenkelblockartigen Bildern. Man unterscheidet: • monomorphe und polymorphe ES • Ektopien treten als Einzelsystolen oder als Kette mit unterschiedlichen Kopplungsintervallen auf (Couplet, Triplet etc., Abb. 4-15 bis 18) • nach der Einordnung in die Herzschlagfolge differenziert man zwischen interponierten und kompensierten E S. Der vorzeitigen Ventrikeldepolarisation kann eine retrograde Vorhoferregung folgen, diese bleibt häufig im Kammerkomplex der ES verborgen. • Kombinationssystole. Erfolgt die Erregung der Kammer partiell nach der Vorhoferregung, partiell aus spät auftretenden ventrikulären Ektopien, so spricht man von Kombinationssystolen. • Nach der Form werden rechts- und linksventrikulär, septal, basal oder apikal entstehende ES unterschieden. Für linksventrikuläre ES ist das Bild eines Rechtsschenkelblocks, für rechtsventrikuläre ein Linksschenkelblock typisch. ES mit Ursprungsort direkt unterhalb des His-Bündels weisen oft nur geringe QRSDeformierungen und keine Veränderungen des Kammerendteils auf. Praxishinweis: Das EKG gibt keine eindeutigen Hinweise auf den Entstehungsort, oft ergeben sich Fehlinterpretationen. Differentialdiagnose: Von ventrikulären ES müssen ektope ventrikuläre Ersatzrhythmen, supraventrikuläre ES mit aberrierender Leitung sowie intermittierende

Ventrikuläre Arrhythmie

47

II

HRA HBE RVA

Abb. 4-14: Ventrikulärer Ersatzrhythmus bei AV-Block III. Grades (Abkürzungen s. Abb. 4-3; 100 mm/sec.)

Abb. 4-15: Monomorphe ventrikuläre Extrasystolie, ventrikulärer Bigeminus (25 mm/sec.)

aberrante Leitungen bei Vorhofflimmern abgegrenzt werden. Dabei ist insbesondere bei Vorhofflimmern eine sichere EKG-Unterscheidung oft nicht möglich (s. o.). Weitere Differentialdiagnosen: AV-Arrhythmien mit Einbeziehung akzessorischer Leitungsbahnen bei intermittierendem Vorhofflimmern und anterograder Leitung über die akzessorische Bahn sowie die Parasystolic, eine Sonderform der ventrikulären E S. Diagnose. Das His-Bündel-EKG differenziert zuverlässig, da bei Vorhofflimmern der Kammeraktion ein His-Bündel-Signal vorausgeht (s. u.). Im EKG spricht ein

48

Tachykarde Herzrhythmusstörung: Definition, Form

Abb. 4-16: Monomorphe ventrikuläre Extrasystolie, Kopplungsintervall (50 mm/sec.)

ζ. T. paarweise mit relativ langem

Abb. 4-17: Monomorphe ventrikuläre Extrasystolie mit kurzem Kopplungsintervall (290 ms), AV-Block I. Grades. Frühstadium eines akuten Hinterwandinfarktes (50 mm/sec.)

Abb. 4-18: Ventrikuläre Salvenextrasystolie mit max. 8 konsekutiven Aktionen (nichtanhaltende ventrikuläre Tachykardie; 10 und 50 mm/sec.)

Ventrikuläre Arrhythmie

49

langes RR-Intervall vor einem verbreiterten QRS-Komplex für aberrierend geleitete Aktionen. Einteilung nach Lown (s. Tab. 1-3). Die Bestimmung von Häufigkeit und Stadium ventrikulärer ES erlaubt unter Berücksichtigung der Herzkrankheit ggf. prognostische Aussagen. Die prognostische Bedeutung der Lown-Graduierung ist in der Vergangenheit erheblich überbewertet worden.

4.2.2 Idioventrikuläre Tachykardie Definition: Idioventrikuläre Rhythmen (accelerated ventricular rhythm oder slow ventricular tachycardia) sind durch einen spätdiastolischen Beginn der Arrhythmie, Frequenzinterferenzen mit dem Sinusrhythmus, fusion beats und capture beats am Ende der Tachykardien charakterisiert (Abb. 4-19). Der Arrhythmie liegt ein spätdiastolischer Einfall ventrikulärer Erregungen zugrunde. Der Kammerrhythmus wird durch einen Fusions-Schlag mit verkürztem HV-Intervall eingeleitet. Ursache: Die Arrhythmie resultiert aus einer konkurrierenden Impulsbildung von Sinusknoten bzw. Vorhofschrittmacher und einem ventrikulären Schrittmacher mit pathologischer Automatie. Die ventrikulären Rhythmen werden häufig - besonders bei Einfall nur weniger aufeinanderfolgender Aktionen - als ventrikuläre ES fehlgedeutet. Idioventrikular-Arrhythmien treten bei organischen Herzkrankheiten auf, sie sind typische Reperfusionsarrhythmien, die mit der Reperfusion passager okkludierter Koronarstromgebiete entstehen.

thmus, hierdurch fusion (fb) und capture beats (cb) am Ende der Tachykardien

50

Tachykarde Herzrhythmusstörung: Definition, Form

4.2.3 Tachykardie, Torsade de pointes, katecholaminsensitive Tachykardie (1) Ventrikuläre Tachykardien: 3 oder mehr konsekutive Erregungen ventrikulären Ursprungs sind als Kammertachykardie definiert, wobei die Kriterien der idioventrikulären Tachykardie (s. o.) nicht zutreffen. Man unterscheidet: • Die anhaltende ventrikuläre Tachykardie dauert mindestens 30 Sek. oder bedarf vorher der notfallmedizinischen Intervention wegen hoher, hämodynamisch wirksamer Frequenzen • Nicht anhaltende ventrikuläre Tachykardie. Nach dem EKG differenziert man zwischen mono- und polymorphen ventrikulären Tachykardien. Monomorphe sind durch eine einheitliche Aktivierungssequenz der QRS-Komplexe in Extremitäten- und Brustwandableitungen charakterisiert (Abb. 4-20,21). Differentialdiagnose: Meist wird die Tachykardie durch eine ventrikuläre ES ausgelöst. Im EKG ist die Differentialdiagnose tachykarder Arrhythmien mit breitem QRS-Komplex zu stellen: • supraventrikuläre Tachykardien mit breitem Kammerkomplex als Folge aberrierender Leitung • akzessorische atrioventrikuläre Leitungen. Praxishinweis: Vor allem der Nachweis von P-Wellen mit AV-Dissoziation (ohne konstante zeitliche Beziehung zum QRS-Komplex) ist differentialdiagnostisch von Bedeutung. Nicht immer kann auf eine invasive Diagnostik verzichtet werden. Eine seltene Sonderform der ventrikulären Tachykardie ist ihr Auftreten als

drehter Linkstyp, Rechtsschenkelblock; 50 mm/sec.)

Incessant-Arrhy-

Ventrikuläre Arrhythmie

51

Abb. 4-21: Langsame nichtanhaltende Kammertachykardie mit AV-Dissoziation. Zwischen den Kammeraktionen sind P-Weilen (Kreis) ohne regelmäßige Zuordnung zu den QRS-Komplexen erkennbar (50 mm/sec.) thmie, bei der die Tachykardie, unablässig wiederkehrend, nur von einzelnen regelrecht geleiteten Sinusaktionen unterbrochen wird (Abb. 4-22).

Kammerflattern, -flimmern: Hochfrequente Tachykardien, bei denen keine scharfe Trennung zwischen Kammeranfangsgruppe und -endteil möglich ist, werden als Kammerflattern bezeichnet, monomorphe, gleichgeformte, regelmäßig einfallende Aktionen, Frequenz 220-300/min. Kammerflimmern: völlig irregulär einfallende Wellen, Frequenz: > 300-500/min. Elektrophysiologische Befunde: Overdrive-Stimulation: Anhaltende ventrikuläre Tachykardien, die hämodynamisch stabil sind, können durch Overdrive-Stimulation terminiert werden. Hierzu wird ein Elektrodenkatheter an der Spitze des rechten Ventrikels piaziert. Die Terminierung erfolgt durch Abgabe einzelner Stromimpulse oder durch Überstimulation mit einer Frequenz, die ca. 10-30 Schläge oberhalb der Tachykardiefrequenz liegt. Elektrodenkatheter sind einzusetzen. 1 Katheter wird in der rechtsventrikulären Spitze, 1 in His-Biindel-Position piaziert. Letzterer dient insbesondere dem Nachweis von Bundle-

Branch-Reentry-Tachykardien. Die Induktion anhaltender ventrikulärer Tachykardien gelingt bei KHK-Patienten mit dokumentierten ventrikulären Tachykardien in > 90 %. Langsame Tachykardien sind leichter zu induzieren als schnelle, indem weniger Extrastimuli notwendig sind. Bei aggressiver Stimulation (ζ. B. 3 konsekutive Extrastimuli) werden häufig schnelle ventrikuläre Tachykardien mit fehlender hämodynamischer Toleranz ausgelöst. Bei Rhythmusstörungen, die bevorzugt unter körperlicher Belastung auftreten, ist häufig die Gabe von Katecholaminen notwendig, um eine Auslösbarkeit im elektrophysiologischen Labor herzustellen. Solche Maßnahmen erhöhen die Sensitivität des Verfahrens, während die Spezifität abnimmt.

(2) Torsade de pointes: Eine Sonderform der Kammertachykardie stellt die Torsade-de-pointes-Arrhythmie dar (s. Abb. 9-1). Sie ist durch ein periodisches Anund Abschwellen der QRS-Amplituden im Wechsel von 10-20 Kammeraktio-

52

Tachykarde Herzrhythmusstörung: Definition, Form

Ventrikuläre Arrhythmie

Abb. 4-23: Katecholaminsensitive (Auszug), unten: EKG

ventrikuläre

Tachykardie.

53

Oben: Holter-Monitoring

nen charakterisiert und tritt im Z u s a m m e n h a n g mit verlängerten QT-Syndromen auf (s. Kap. 9.6, 9.9). (3) Katecholaminsensitive ventrikuläre Kammertachykardien (Abb. 4-23) treten ausschließlich bzw. überwiegend unter vermehrter adrenerger Stimulation des Herzens auf. Synonyme: Kammertachykardie bei normalen Herzkranzarterien, rechtsventrikuläre Tachykardie bzw. belastungsinduzierte ventrikuläre Tachykardie ohne ischämische Herzkrankheit. Da diese Tachykardien auch ohne körperliche Belastung auftreten, sollte von katecholaminsensitiven Kammertachykardien gesprochen werden. M a n unterscheidet: • Typ-I-Tachykardien ohne K H K , ohne bzw. mit nachweisbarer Kardiomyopathie (Typ I a, b). O b in Fällen o h n e nachweisbare K o r o n a r e r k r a n k u n g bei Typ I a eine Kardiomyopathie im Frühstadium vorliegt, ist unklar. • Typ-II-Arrhythmien bei dokumentierter stenosierender KHK. • Katecholaminsensitive ventrikuläre Tachykardien treten bevorzugt im jüngeren und mittleren Lebensalter auf. Die pathophysiologischen Mechanismen sind noch ungeklärt. Katecholamine erhöhen die Depolarisationsrate bei gesteigerter bzw. abnormer Automatie. Darüber hinaus werden die Auslösebedingungen für eine getriggerte Aktivität begünstigt. Für Automatiemechanismen als Ursache der Arrhythmie spricht u. a. die nur seltene Induzierbarkeit durch programmierte Kammerstimulation. Denkbar sind auch Wiedereintrittsmechanismen aufgrund von katecholamininduzierter inhomogener Repolarisation gerade bei Patienten mit struktureller oder koronarer Herzkrankheit (Typen I b, II).

Therapie bei Herzrhythmusstörung 5.

Therapieindikation

Praxishinweis: Herzrhythmusstörungen sind ein häufiges und unspezifisches Symptom. Sie treten auch bei Gesunden auf und werden im höheren Lebensalter fast regelhaft festgestellt. Nicht jede Rhythmusstörung ist behandlungsbedürftig! Ob behandelt werden muß, hängt ab von: • Symptomatik und Hämodynamik • der Prognose.

in Ruhe und unter Belastung

Symptomatik: Die subjektiven Beschwerden sind außerordentlich variabel, häufig sind: Herzklopfen, -rasen, -stolpern, -jagen, Pochen im Nacken, Kloßgefühl, kräftiger Herzschlag, Aussetzen des Herzschlags. Ebenso: Schwächegefühl, Unruhe, Angst·, weiterhin Stenokardien, Angina pectoris, Dyspnoe, Präsynkopen, Schwindel, Bewußtlosigkeit. Praxishinweis: Nur 50 % der Rhythmusstörungen sind symptomatisch. Der Schweregrad der Arrhythmie korreliert nur teilweise mit den Beschwerden. Die Hämodynamik wird bestimmt durch: • Frequenz der Arrhythmie und linksventrikuläre Funktion • Entstehungsort und Ausbreitungsweg der Arrhythmie • Vorhof- und Kammersequenz während der Rhythmusstörung • Gefäßregulation. Arrhythmiefrequenz: Für Therapieentscheidungen sind Minimal- bzw. Maximalfrequenzen in Ruhe und unter Belastung von Bedeutung. Bei den Grenzfrequenzen < 40 und > 160/min werden die Autoregulation des Schlagvolumens außer Kraft gesetzt (Frank-Starling-Kurve) und das Herzzeitvolumen (HZV) reduziert. Bei Linksherzinsuffizienz ist dieser Grenzbereich auf die „optimale" Herzfrequenz eingeengt (Abb. 5-1). Ventrikelfunktion: Die hämodynamischen Konsequenzen von Frequenzänderungen werden bei Unter- oder Überschreiten der Grenzfrequenz entscheidend durch das Myokard, v. a. die linksventrikuläre Funktion, beeinflußt. Linksherzinsuffizienz. Bei schwerer Funktionsstörung variiert die optimale Herzfrequenz innerhalb eines schmalen Spektrums: 20-30/min! In solchen Fällen können bereits „langsame" ventrikuläre Tachykardien (100-120/min) zu Kreislaufdepression oder Lungenödem führen.

Therapieindikation

30 50 70 SO HH MhctaOH*· WUMaw m fgnwan vwMulMdian Abb. 5-1:

55

110 130 ISO HF 1/min

Herzzeitvolumen (HZV) und Herzfrequenz und Linksherzinsuffizienz (vorne)

(HF) bei Herzgesunden (hinten)

100 80

HZV/BP

60

% 40 20 0

100 AV-

Intervall (ms) Abb. 5-2:

100 150 VAIntervall (ms)

* ρ < 0,05

Vorhof- und Kammerstimulation (verschiedene AV- und VA-Intervalle) und Auswirkungen auf Herzzeitvolumen (HZV: hintenj und arteriellen Blutdruck (BP: vornej

Entstehungsort der Arrhythmien: Vorbofarrhythmien beeinflussen die Hämodynamik geringer als ventrikuläre Rhythmusstörungen; eine fehlende Vorhof-KammerKoordination (ζ. B. AV-Knoten-Reentry-Tachykardie) verwischt diese Unterschiede allerdings teilweise. Besonders ungünstig ist die Vorhofpfropfung, bei der Vorhöfe und Kammern (nahezu) gleichzeitig kontrahieren (Abb. 5-2). Praxishinweis: Langsame ventrikuläre Tachykardien ( < 130/min) mit schwerer Symptomatik (Kreislaufdepression) trotz ausreichender linksventrikulärer Funktion sind verdächtig auf Vorhofpfropfung (s. Kap. 4.2.1).

56

Therapieindikation

0,50

1

2

5

10

Jahre

Abb. 5-3:

Hl

medikamentöse Therapie

Ig

Schrittmacher-Therapie

Überlebensrate bei AV-Block III. Grades unter Schrittmachermedikamentöser Behandlung (vorne)

(hinten) und

η "=98

VT nicht mehr

VT auslösbar

auslösbar η =34

η = 64

§

Abb. 5-4:

ohne Rezidiv

g

VT Rezidiv

¡gj

Plötzlicher Herztod

Prognose ventrikulärer Tachykardien (VT) bei KHK mit wirksamer (links) und ineffektiver medikamentöser Einstellung (rechts). Elektrophysiologische Therapiekontrolle.

Periphere Gefäßregulation: Die hämodynamischen Auswirkungen werden durch Vasokonstriktion und -dilatation mitbestimmt. So kann eine Kreislaufdepression bei Brady- und Tachykardie durch Orthostase verschlimmert werden. Andererseits werden auch hochfrequente Tachykardien ((200/min) bei guter Kreislaufadaptation toleriert.

Therapieindikation

57

Prognostische Aspekte haben für Therapieentscheidungen ausschlaggebende Bedeutung: • Bradykardien. Antibradykarde Stimulationssysteme beugen einem kritischen Herzfrequenzabfall mit deletären Folgen durch Pausenbildungen vor (Abb. 5-3), • inkompletter trifaszikulärer Block, bestehend aus AV-Block I. Grades, linksanteriorem Hemi- und Rechtsschenkelblock. Antibradykarde Stimulationssysteme beugen einer vollständigen Leitungsblockierung (Folge: Herzstillstand) vor, • tachykarde supraventrikuläre Arrhythmien gehen gelegentlich mit einem erhöhten Risiko plötzlicher Todesfälle einher, besonders bei schwerer Ventrikelfunktionsstörung: akute kardiale Dekompensation, Lungenödem, akutes Rechts-, Linksherzversagen. • Präexzitationssyndrome. Eine hochfrequente anterograde Vorhof-KammerÜberleitung über akzessorische Bahnen kann (selten) in eine gleichfrequente ventrikuläre Tachykardie übergehen. 100

Placebo (η = 725) Encainid / Flecainid (n = 730) 85

Ρ = 0.0006

r . -Η 50

1

100

1

150

1

200

1—

250

300

350

400

450

500

Tage nach Randomisierung

Abb. 5-5a: CAST-I-Studie: Überlebensrate von 1455 Patienten bei Einnahme von Encainid bzw. Flecainid bzw. Placebo

Abb. 5-5b: CAST-II-Studie: Überlebensrate und Vergleich Moricizin- versus PlaceboBehandlung

58

Therapieindikation

Praxishinweis: Absolut behandlungsinduziert sind anhaltende ventrikuläre Tachykardien, erst recht bei KHK oder struktureller Herzkrankheit, weil ein plötzlicher Herztod droht.

Seltene Arrhythmien werden elektrophysiologisch (Abb. 5-4), häufige nichtinvasiv (Langzeit-EKG) kontrolliert. Auch andere Formen komplexer ventrikulärer Arrhythmien können, insbesondere bei KHK, in einen plötzlichen Herztod übergehen, sofern diese häufig auftreten, besonders bei Postinfarktpatienten während des ersten Jahres. Problematisch ist eine Therapie mit Antiarrhythmika: • Klasse-I-Antiarrhythmika (CAST I und Ii-Studie, Abb. 5-5): Trotz effektiver Suppression extrasystolischer Arrhythmien wird keine Verbesserung der Prognose erreicht; vielmehr muß unterstellt werden, daß die Rate plötzlicher kardialer Todesfälle und die kardiale Gesamtletalität zunehmen. • Reine Antiarrhythmika der Klasse III (SWORD-Studie, Abb. 5-6): Die Inzidenz plötzlicher kardialer Todesfälle und die gesamtkardiale Letalität war ebenso wie in CAST I, II gegenüber Placebo erhöht. • Antiarrhythmika mit sympatholytischem Effekt (d/l-Sotalol bzw. Amiodaron): Man vermutet eine Prognoseverbesserung. O b dies auch für Patienten mit häufigen ventrikulären Ektopien bei organischer Herzerkrankung zutrifft, ist nicht zweifelsfrei belegt. • Plötzlicher Herztod: Patienten mit überlebtem plötzlichen Herztod außerhalb einer akuten Myokardischämie bedürfen prophylaktischer antifibrillatorischer Behandlungsmaßnahmen. Die Therapie besteht in der Implantation eines Kadioverter/Defibrillators (ICD).

Zeit seit Randomisierung (Tage) Abb. 5-6:

SWORD-Studie:

Überlebensrate und Vergleich d-Sotalol versus Placebo

6.

Tachykarde Herzrhythmusstörung: Antiarrhythmika

Therapie der Grundkrankheit: Antiarrhythmische Therapie heißt zunächst Behandlung der Grundkrankheit (s. Kap. 9): • KHK, Herzinsuffizienz (Rekompensation), akut entzündliche Erkrankungen (Myokarditis) • Elektrolytstörungen ζ. B. bei chronischer Niereninsuffizienz, Pharmakaeffekte (ζ. B. Digitalis), endokrinologische Erkrankungen (z. B. Hyper-, Hypothyreose). Die antiarrhythmische Behandlung erfolgt mit Antiarrhythmika (s. Kap. 6.1), elektrisch (s. Kap. 7) oder kombiniert (s. Kap. 9, 10), selten chirurgisch (s. Kap. 7.4).

6.1 Antiarrhythmika Die Einteilung der Antiarrhythmika erfolgt nach Vaughan Williams und basiert auf der Beeinflussung transmembranärer Ionenströme. Klasse-I-Antiarrhythmika (Lokalanästhetika) hemmen den transmembranären Natriumeinstrom (Natriumkanal-Blocker) mit negativ bathmotroper (automatiehemmend) und negativ dromotroper (leitungsverzögernd) Wirkung. Wirkort sind v. a. die Arbeitsmuskulatur und die schneileitenden Anteile des Reizeitungssystems, nämlich: Arbeitsmyokard von Vorhöfen und Kammern, intra-/infrahisisches Leitungssystem und Purkinje-Fasern. Natriumkanal-Blocker beeinflussen auch die Aktionspotentialdauer; weshalb eine weitere Unterteilung in die Klassen I a-c erfolgt. Die klinische Bedeutung dieser Einteilung ist begrenzt. Praxishinweis: Für die Klinik ist eher zwischen Lokalanästhetika ohne (Klasse I b) und mit (Klasse l a, c) bedeutsamer intraventrikulärer Leitungsverzögerung zu unterscheiden. Klasse-II-Antiarrhythmika (Betasympatholytika) blockieren oder reduzieren adrenerge Effekte, die ihrerseits mit den transmembranären Ionenströmen interferieren (ζ. B. verminderter Calciumeinstrom durch Reduzierung der cAMP-Bildung). Bei chronischer Anwendung wird eine zusätzliche Klasse-III-Aktivität diskutiert. Antiarrhythmisch wirken alle Betasympatholytika unabhängig von zusätzlichen Eigenschaften: membranstabilisierend, kardioprotektiv, Hydrophilie oder Lipophilic, sympathomimetische Eigenwirkung.

60

Tachykarde Herzrhythmusstörung: Antiarrhythmika

Praxishinweis: Z u r Prophylaxe kardialer Todesfälle bei Postinfarktparienten sind Betasympatholytika ohne sympathomimetische Eigenwirkung einzusetzen.

Klasse-III-Antiarrhythmika haben keinen Einfluß auf den Natriumtransport, sondern verlängern selektiv die Repolarisationsphase, also die Aktionspotentialdauer, die im E K G als QT-Zeit erfaßt wird. Der ionale Mechanismus ist nicht endgültig geklärt; als wichtiger Faktor wird u. a. die Beeinflussung des transmembranären repolarisierenden Kaliumausstroms diskutiert. Dabei gibt es eine Reihe verschiedener Substanzen (ζ. B. Triamteren), die die Repolarisationsphase (QTZeit) verlängern, ohne daß dies mit einem antiarrhythmischen Effekt verbunden ist.Reine Antiarrhythmika der Klasse ΠΙ stehen für die Therapie nicht zur Verfügung. Nach den negativen Ergebnissen der SWORD-Studie (s. o.) ist nicht zu erwarten, daß solche Substanzen einsetzbar werden. Amiodaron und d/i-Sotalol sind „Mischsubstanzen" (s. Kap. 6.1.3.1). Klasse-IV-Antiarrhythmika sind (herzwirksame) Calciumantagonisten vom Verapamil-/Diltiazemtyp: Sie vermindern den (langsamen) Calciumeinwärtsstrom bei Beginn der Erregungsausbreitung im Myokard mit langsamen Aktionspotentialen (Sinusknoten, AV-Knoten). Dabei werden Reizbildung und Erregungausbreitung Tab. 6-1: Klasse-l-a-Antiarrhythmika:

Strukturformeln, Handelsnamen und Hersteller

Klasse I a Substanz

Strukturformel

Ajmalin

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Chinidin H0-CH-OH

ts

Detajmiumbitartrat

Disopyramid

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Procainamid

H-C-OH H-C-OH COOH

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Handelsnamen

Hersteller

Gilurytmal® Tachmalin®

Giulini Pharma Arzneimittelwerke Dresden

Chinidin-Duriles® Chinidin retard Isis® Galactoquin® Optochinidin® retard

Astra Chemicals Isis Pharma Mundipharma Boehringer/ Mannheim

Tachmalcor®

Arzneimittelwerke Dresden

Diso-Duriles® Disonorm® Norpace® S/mite/ retard Rythmodul® -200®/ retard/i. v.

Astra Chemicals Giulini Pharma Heumann

Neo-Gilurytmal®

Procainamid Duriles®

Albert-Roussel Giulini Pharma

Astra Chemicals

Antiarrhythmika

61

gehemmt. Auch Rhythmusstörungen, die in der Arbeitsmuskulatur entstehen, können selten unterdrückt werden. Wahrscheinlich werden spezielle Arrhythmiemechanismen beeinflußt, ζ. B. „getriggerte Aktivität" bzw. bei Myokardischämie unspezifische kardioprotektive Mechanismen.

6.1.1

Antiarrhythmika der Klasse I

Klasse-I-Antiarrhythmika sind in Tab. 6-1, 2, 3, 4 zusammengestellt.

6.1.1.1 Klasse-I-a-Antiarrhythmika (Ajmalin, Chinidin) Praxishinweis: Von praktischem Interesse sind lediglich Ajmalin und Chinidin (s. Tab. 6-1 bis 4). Ajmalin (Gilurytmal® Tachmalin®, s. Tab. 6-1 bis 4). Pharmakokinetik: Ajmalin wird ausschließlich i. v. verabreicht und in wenigen Min. vollständig an Eiweiß gebunden. Wirkdauer: kurz (10-15 Min.), Elimination: hepatisch, < 10 % renal. Indikationen: (1) Supraventrikuläre Tachyarrhythmien bei Präexzitationssyndrom (s. Kap. 4.1, 9.6): verlangsamt die Leitungsgeschwindigkeit der akzessorischen Bahn und verlängert dosisabhängig deren Refraktärzeit. Bei Vorhofflimmern und schneller akzessorischer Erregungsüberleitung wird eine Verlangsamung der ventrikulären Antwort erzielt. (2) Ventrikuläre Tachykardien (ζ. B. spontane oder bei Myokardinfarkt). Dosierung. Einzelmaximaldosis: 5 0 - 7 5 mg (= I-IV2 (Amp. Gilurytmal®). Injektionsdauer: 10 mg/min, bei latenter Linksherzinsuffizienz länger (50 mg bis zu 15-20 Min.), bei rezidivierenden Tachykardien Infusionsspritzenpumpe: max. 6 0 0 - 8 0 0 mg/24 h. UAW: Ajmalin wirkt negativ dromo- und inotrop, Vorsicht bei intraventrikulären Leitungs- und Störungen der linksventrikulären Funktion (z. B. Herzinsuffizienz). Frequenzabnahme und QRS-Verbreiterung > 25 % können auf eine Überdosierung hinweisen. Kontraindikationen: manifeste Herzinsuffizienz, behandlungsbedüftige Bradykardie, QRS- und QT-Verlängerung Extrakardiale Nebenwirkungen: Hitzegefühl, Übelkeit, Kopfschmerzen, sonstige zentralnervöse Symptome (Lichtempfindlichkeit, Augenflimmern, Doppeltsehen, Geschmacksstörungen). Auch Appetitlosigkeit, Diarrhoen neben Obstipation, Erbrechen wurden beschrieben.

62

Tachykarde Herzrhythmusstörung:

Antiarrhythmika

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> α 99 %. Amiodaron hat einen großen Verteilungsraum, „Multikompartment-Modell", weil es sich in zahlreichen Geweben anreichert. Die Verteilungsgeschwindigkeit ist außerordentlich unterschiedlich, die Halbwertzeit im Myokard beträgt ca. 30 Min., in der Leber ca. 80 Tage! Die Eliminationshalbwertzeit umfaßt nach p. o.-Einnahme in den ersten Tagen nach Absetzen ca. 4-10, endgültig 30-120 Tage. Therapeutische Serumspiegel in der i. v.-Aufsättigungsphase (s. u.) betragen 2 - 3 , in der Dauertherapie 1-2 pg/ml, toxischer Bereich: > 2,5 pg/ml. Die Abbauwege sind nicht geklärt. Nur 36 % der im Serum nachweisbaren Jodverbindungen bestehen aus Amiodaron und DiaethylAmiodaron, die übrigen 64 % sind als Metabolite bisher nicht identifiziert. Hauptausscheidungsweg (80-85 %): Leber, Galle. Dosierung. Man unterscheidet: Initial- und Dauertherapie; i. v.- (Infusion) und p. o.-Applikation. • I. v. Mit einer 20minütigen Kurzinfusion wird eingeleitet: 2,5 pg/kg. Um einen wirksamen Serumspiegel (1,5-2,5 pg/ml) in den ersten 24 Std. zu erreichen, werden 300 mg in 15 Min. (Schnellinfusion) bzw. 1200 mg/h (12 Std.) verabfolgt (mit den früheren Dosierungen von 600 mg/24 h wird kein therapeutischer Serumspiegel erreicht). Die Sättigungsdosis (bis 1200 mg/die) wird über 10-12 Tage verabreicht, danach wird auf eine Erhaltungsdosis (variabel 2 0 0 - 6 0 0 mg/die) umgestellt. Die Therapie wird beurteilt nach: Klinik, QT-ZeitAnderungen, Serumspiegel. • Erfolgt die Sättigungsbehandlung p. o., so ist ein ähnliches Vorgehen zu wählen (Einzelheiten s. Herstellerangaben). Bei Dauerbehandlung ohne Sättigung werden therapeutische Serumkonzentrationen mit erheblicher zeitlicher Verzögerung erreicht. Erfolgt eine p. o.-Dauerbehandlung mit Einzeldosen von 6 0 0 mg/die ohne vorhergehende Sättigung, so ist zu erwarten, daß der untere therapeutische Serumspiegel nach ca. 5 - 1 0 Tagen, der mittlere therapeutische Bereich nach durchschnittlich 3 0 Tagen und das steady state noch später erreicht werden. Tab. 6 - 2 1 : Klasse-III-Antiarrhythmika: Substanz

Strukturformel

Amiodaron

Sotalol

Strukturformel, Handelsnamen, Hersteller

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Handelsnamen

Hersteller

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Durachemie Knoll Giulini Pharma Rentschier Bristol Myers

82

Tachykarde Herzrhythmusstörung:

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Antiarrhythmika

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u u 3 '5. 90 % der Substanzen werden metabolisiert, < 5 % werden in unveränderter Form renal eliminiert. Die Elimination der Metabolite geht zu 60 % über die Faeces und zu 40 % über die Nieren. UAW: Diltiazem hat - ebenso wie andere herzwirksame Calciumantagonisten -

86

Tachykarde Herzrhythmusstörung: Antiarrhythmika

negativ ino- und chronotrope Wirkungen. Diltiazem beschleunigt die Leitung akzessorischer Bahnen (bei Präexzitation mit Vorhofflimmern nicht anwenden!). Extrakardiale UAW sind dosisabhängig und resultieren aus der peripheren arteriellen Vasodilatation: Blutdrucksenkung, Orthostase. Seltener sind: Erythromelalgie, allergische Exantheme, Muskel- und Gelenkschmerzen, Schwindel, Benommenheit, Kopfschmerzen, Müdigkeit und Nervosität, Parästhesien, Übelkeit, Knöchelödeme. Transaminasen oder alkalische Phosphatase können erhöht sein. Erythema multiforme. Tab. 6 - 2 4 : Klasse-IV-Antiarrhythmika (Calciumantagonisten): Strukturformeln, Handelsnamen und Hersteller Substanz

Strukturformel

Diltiazem

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CHj-CH2-N(CHJIJ

Gallopamil

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Verapamil

CH,

PCHJ

C-CHJ-CHJ-CHF-N-CHI-CH, - / ^ V O C H J & CH, CH]

Hersteller

Corazet Diltiazem 60/ 120 retard Diltiazem AWD 90/ 120/180 Diltiazem retardAdenylchemie Dilti-Essex 120 uno/ 180 uno/240 uno Diltiuc retard/120 retard/180 retard Dilzem/retard/120 retard/180 retard/ lO/25/lOOmg parent. Procorum/-senior /-retard

Mundipharma

Cardibeltin Cardioprotect 40/ -80/-120 Dignover 40/80 durasoptin Falicard 40/-80 -120/-long Isoptin/-mite/-80/ -120/-KHK retard/-RR Jenapamil 40/-80 Veradurat 40/-80/-120 Veramex Injektionslsg./-40/-80/-120/ -retard 2 4 0

Schwarz Pharma Brenner-Efeka

Arzneimittelwerke Dresden Adenylchemie Essex Pharma Durachemie/ Lederle Goedecke

Knoll

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Handelsnamen

Veranorm 40mg/80mg/ -retard 120 & 240mg Verapamil 40/80 /120-Riker Verapamil-Wolff 40/ -80/-120

Luitpold Durachemie Arzneimittelwerke Dresden Knoll Jenapharm Pohl Sanofi-Winthrop

Schwarz Pharma 3 M Medica Wolff

Antiarrhythmika 87 o ¿

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Ph < H tí tí < tí Uh < o s ¿H fi< s 6 Monate zurück, so ist die Wirksamkeit der Behandlung nur durch Auslaßversuche zu klären. c) Belastungs-EKG: Die hohe Spontanvariabilität schränkt dessen Bewertung ein.

der

Rhythmusstörungen

d) Nach der ESVEM-Studie sind das Langzeit-EKG genauso wie die elektrophysiologische Untersuchung geeignet, die Behandlung bei ventrikulären Tachykardien zu beurteilen, wenn eine ausreichend hohe Ereignisfrequenz gegeben ist. e) Elektrophysiologisch werden kontrolliert (s. Kap. 2.2.3): • symptomatische paroxysmale disch auftreten

supraventrikuläre

Tachykardien, wenn sie spora-

• supraventrikuläre Tachyarrhythmien und Präexzitationssyndrome, wenn eine hochfrequente AV-Überleitung via akzessorisches Bündel erfolgt oder dieses eine kurze Refraktärzeit hat • sporadische, anhaltende ventrikuläre Tachykardien, insbesondere bei KHK.

106

Tachykarde Herzrhythmusstörung: Antiarrhythmika

Qualitätsmaßstab der Behandlung ist, daß die Tachykardie nicht mehr oder erschwert auslösbar und deren Frequenz reduziert sind: • Nicht mehr auslösbar ist die Tachykardie, wenn sie bei keinem der üblichen Stimulationsmodi induzierbar ist. • Erschwerte Auslösbarkeit: Die Tachykardie tritt nur bei Steigerung des Stimulationsprotokolls (ζ. B. Applikation von 2 vorzeitigen Stimuli anstelle der Einfach-Impulsstimulation; Zunahme der erforderlichen Stimulationsgrundfrequenz (40 %) auf. • Unverändert auslösbare Tachykardien erfordern eine nichtmedikamentöse Behandlung. Serumkonzentration von Antiarrhythmika: Die Wirksamkeit von Antiarrhythmika kann durch Konzentrationsbestimmungen mitbeurteilt werden. Bei den meisten Antiarrhythmika der Klassen I und IV besteht eine Korrelation zwischen Serumspiegel und Leitungsverzögerung. Amiodaron und Betasympatholytika weisen ζ. T. keine streng linearen Beziehungen auf. Indikation zur Blutspiegelbestimmung: • Mißverhältnis zwischen verabreichter Dosis und Befunden • Störungen oder Besonderheiten der Pharmakokinetik, ζ. B. bei Niereninsuffizienz • Verdacht auf Intoxikation • Antiarrhythmika mit geringer therapeutischer Breite • Schwangerschaft. Praxishinweis: Die Blutspiegelbestimmungen werden durch spezialisierte Labors und durch Antiarrhythmika-Hersteller gewährleistet.

7.

Tachykarde Herzrhythmusstörung: Elektrotherapie, chirurgische Ablation, Transplantation

Für die Akut- und Langzeittherapie stehen zur Verfügung: programmierte Stimulation, Hochfrequenz-Stromablation, Kardioversion bzw. Defibrillation sowie automatische antitachykarde Schrittmacher bzw. Kardioverter/Defibrillatoren (ICD) und die chirurgische Therapie. Die Hochfrequenzstrom-Katheterablation und die Defibrillator-Therapie stehen in der Langzeittherapie im Vordergrund.

7.1

Programmierte Stimulation

Initiierung (s. Kap. 2.2) und Terminierung von Tachykardien sind möglich, wenn es sich um Arrhythmien auf dem Boden kreisender Erregungen im Sinne eines „macro-reentry" handelt: Vorhofflattern, AV-Knoten-Reentry-, atrioventrikuläre Tachykardien bei WPW-Syndrom, Kammertachykardien. Ziel: Leitungszeiten und Refraktärverhalten der Kreisbahn durch gezielte Stimulation beeinflussen. Stimulationsverfahren: Extrastimuli, underdrive pacing, overdrive pacing, burst & ramp pacing. Terminierung von Vorhofflattern (neben Antiarrhythmika, Kardioversion): Positionierung des Stimulationskatheters im rechten hohen Vorhof: • Kamp-Technik. Atriale Stimulation mit einer Frequenz, die ca. 10 Schläge oberhalb der spontanen Flatterfrequenz liegt. Bei gewöhnlichem Vorhofflattern (negative Flatterwellen in Ableitungen II, III) läßt sich das Einfangen (capture) des Vorhofes erkennen: Positivierung der Flatterwellen in II. Die Stimulationsfrequenz wird langsam erhöht und für 10-30 Sek. fortgeführt, danach abrupt beenden oder langsam vermindern. Bei Erfolglosigkeit wiederholen mit unterschiedlichen Frequenzen und verlängerter Stimulationsdauer. • Festfrequente atriale Stimulation. Stimulationsfrequenz: 20-30 % oberhalb der Eigenfrequenz des Vorhofflatterns. Dauer: 15-30 Sek. bzw. bis die Vorhofaktionen in Ableitung II positiv werden. Bei Erfolglosigkeit Stimulationsfrequenz um 5-10 Schläge erhöhen. Reizstromstärken: meist reichen 10 mA, gelegentlich sind höhere erforderlich. Ösophageale Stimulation: 30 mA (Dauer 8-10 ms). • Extrastimuli terminieren ebenso Vorhofflattern. Terminierung von AV-Knoten-Reentry- und AV-Reentry-Tachykardien bei WPWSyndrom: Vorzuziehen ist die Ventrikelstimulation, da bei hochfrequenter Reizung des Vorhofs nicht selten Vorhofflimmern auftritt: Overdrive-Stimulation mit 10-20 Impulsen oberhalb der Spontanfrequenz oder programmierte Einzelstimulation sind in gleicher Weise erfolgreich.

108

Tachykarde Herzrhythmusstörung

Terminierung von Kammertachykardien ermöglichen alle Stimulationsverfahren, die solche auch initiieren. Bei hämodynamischer Intoleranz muß der Elektrotherapie der Vorzug gegeben werden: DC-Kardioversion, DC-Defibrillation. Praxishinweis: Alle tachykarden Arrhythmien können unter Stimulation akzelerieren und hei Kammertachykardie in KammerfUmmern übergehen. Die programmierte Stimulation ist insbesondere bei sehr häufigen ventrikulären Tachykardien indiziert: ζ. B. auf Intensivstation, erfolgloser Prävention durch mehrere Antiarrhythmika, bei ICD-Programmierung.

7.1.1 Kardioversion, Defibrillation, ICD-Generator Definition: Elektroschock ist die Terminierung tachykarder Rhythmusstörungen durch eine Gleichstromkondensatorentladung mit (Kardioversion) oder ohne (Defibrillation) R-Zacken-Triggerung. Durchführung: Kurznarkose (sofern Bewußtsein erhalten ist, Tab. 7-1), ausnahmsweise nach 10-20 mg Diazepam i. v.: Der Stromstoß wird über Elektrodenplatten appliziert, die extrathorakal über Herzspitze und -basis positioniert sind und mit Elektrodenpaste versehen wurden. Energie: 100-400 J; mit niedrigen Energiestufen beginnen. Die Kardioversion bei Kammertachykardien kann bereits mit Stromstößen von 20-40 J erfolgreich sein. Elektive Kardioversion: ggf. Hypokaliämie behandeln, keine Digitalisierung. Indikationen: tachykarde supraventrikuläre Arrhythmien (s. o.); notfallmäßig oder elektiv: > Kardioversion: Kammertachykardien mit ausreichender hämodynamischer Toleranz (s. o.). • Defibrillation: Kammertachykardien mit hämodynamischer Kompromittierung, Kammerflattern/-flimmern. Komplikationen: lokale Hautirritationen bis zu Verbrennungen, Muskelkontrakturen mit Anstieg der muskelspezifischen Enzyme, Arrhythmien einschl. Kammerflimmern, Asystolien (besonders bei Sinusknotensyndrom) und arterielle EmboliAntitachykarde Schrittmacher ohne back up eines Defibrillators sind heute bei ventrikulären Tachykardien obsolet. Sie sind als Zwischenentwicklungsstufe zum ICD zu betrachten. Bei automatischer Tachykardiebeendigung durch underdrive und overdrive pacing im Ventrikel muß ein Defibrillator-back-up-System verfügbar sein, falls eine Akzeleration der Tachykardie zu höheren Frequenzen bzw. Kammerflattern/-flimmern erfolgt; deswegen wurden früher antitachykarde Schrittmacher und Defibrillatoren kombiniert implantiert.

Automatische implantierbare Kardioverter/Defibrillatoren (ICD):

ICD-Entwicklung: Die ICD-Generatoren der ersten Generation verfügten lediglich über eine Schockfunktion; sie waren nicht programmierbar. Funktionen und Cut-off Frequenz wurden individuell im Herstellerwerk vorgegeben. Eine Antibradykardiefunktion war nicht verfügbar. Die ICD-Generatoren der zweiten Generation konnten telemetriseli programmiert werden, sie verfügten aber nicht über Antibradykardie- bzw. -taehykardiefunktionen. Aus die-

Programmierte Stimulation

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20 Sek. ist eine Z u n a h m e zu beobachten. Nach experimentellen Daten führen Applikationszeiten > 90 Sek. zu keiner weiteren Läsionsvergrößerung.

Abb. 7-16: Ausmaß der Myokardläsion in Abhängigkeit von Dauer und Stärke des Hochfrequenzstroms

Programmierte Stimulation

127

Temperaturgesteuerte Hochfrequenzstrom-Katheterablationen haben an Bedeutung gewonnen. Hier wird anstelle der Ausgangsleistung eine Zieltemperatur am Generator vorgegeben, gemessen durch ein in die Katheterspitze integriertes Thermoelement bzw. einen Thermistor. Der Generator steuert die Leistung während des Koagulationsvorganges in Abhängigkeit von der Katheterspitzentemperatur. Mit der Energieabgabe werden, sofern ein guter Kontakt zwischen der Elektrode und dem Myokard vorliegt, relativ hohe Leistungen appliziert; mit steigender Katheterspitzentemperatur wird die Leistung herunterreguliert, so daß die Zieltemperatur konstant bleibt. Vorzuwählende Katheterspitzentemperaturen: 70-80° C. Vorteil: Bei Ablation tritt eine zu hohe Leistungsabgabe mit Impedanzanstieg und Überhitzung der Katheterelektroden deutlich seltener auf. Darüber hinaus kann Dr.-Ing, ..£, Osypka GnbH ¡Start

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(T) bei Hochfre-

128

Tachykarde Herzrhythmusstörung

aus dem Verhältnis von abgegebener Leistung und Katheterspitzentemperatur der Kontakt zwischen Elektrode und Zielgewebe abgeschätzt werden (Abb. 7-17).

7.1.2.2 His-Bündel-Ablation Definition: Komplette Durchtrennung der AV-Überleitung (= His-Bündel-Ablation) mit dem Ziel, die Hämodynamik durch Senkung der Kammerfrequenz zu verbessern. Folge ist ein totaler AV-Block, der postablativ eine Herzschrittmacherimplantation erfordert. Indikation: paroxysmales oder permanentes Vorhofflimmern mit schneller VorhofKammer-Überleitung, wenn durch Antiarrhythmika kein stabiler Sinusrhythmus erzielt wird bzw. die AV-Knotenüberleitung nicht zu bremsen ist. Die Rhythmusstörung an sich wird nicht beseitigt; im Gegensatz hierzu ist die Ablation bei WPW-Syndrom kausal.

Supraventrikuläre Tachykardien (ektope atriale Tachykardien, Vorhofflattern) werden nur noch ausnahmsweise durch His-Bündel-Ablation behandelt. Therapie der Wahl ist heute die direkte Ablation. before ablation

Abb. 7-18: Hochfrequenzstrom-Katheterablation der AV-Überleitung. Der komplette Rechtsschenkelblock während der Ablation zeigt, daß der Katheter zu weit ventrikelwärts vorgeschoben war. Keine weitere Energieabgabe bei Rechtsschenkelblock, da kaum erfolgversprechend

Vorgehen (Abb. 7-18): (1) Methode der Wahl ist der rechtsatriale Z u g a n g zum His-Bündel, der in 98 % erfolgreich ist. 1 Elektrodenkatheter wird a m anteroseptalen Trikuspidalklap-

Programmierte Stimulation

129

pen-Anulus piaziert, 1 weiterer in der rechtsventrikulären Spitze zur postablativen Kammerstimulation. Der Katheter wird über die V femoralis eingeführt und am atrialen Trikuspidalklappen-Anulus, inferior und proximal zum Referenzkatheter, in His-Bündel-Position vorgeschoben. Die Position ist erreicht, wenn ein hochamplitudiges atriales Signal, eine proximale His-Bündel-Deflektion und ein in Relation zum atrialen Signal von der Amplitude her kleineres ventrikuläres Potential registriert werden. Die Stabilität der Katheterlage wird anhand der lokalen Elektrogramme beurteilt. Die Energieabgabe erfolgt in unipolarer Elektrodenkonfiguration; Leistungen von 20-30 W über 30 Sek. sind für eine permanente Durchtrennung ausreichend. Erfolg. Junktionale Rhythmen gehen während der Ablation in wenigen Sekunden in einen kompletten AV-Block über. Mißerfolg. Erfolglose Ablationen sind selten und werden durch ein lokales endokardiales Ödem hervorgerufen, welches das Zielgewebe „schützt". Der Zeitpunkt der Stromabgabe orientiert sich nach den lokalen Elektrogrammen. In einigen Fällen kann die Ablation durch einen unzureichenden Kontakt der Ablationselektrode zum Zielgewebe unmöglich sein. Durch vorsichtige Manipulation des Katheters während der Energieabgabe läßt sich meist ein Behandlungserfolg erzielen. Maßstab ist die Katheterspitzentemperatur: Anstieg bedeutet guter Kontakt zum Zielgewebe, kein Anstieg trotz max. Energieabgabe weist auf eine Dislokation hin. (2) Retrograder arterieller Zugang zur anteroseptalen Region: Katheter retrograd über die Aortenklappe einführen und so positionieren, daß ein stabiles His-Bündel-Potential abzuleiten ist.

Praxishinweis: Die Ablationsstellen werden durch lokale Elektrogramme identifiziert, was am besten bei Sinusrhythmus gelingt. Bei permanentem Vorhofflimmern ist die „elektrische" Positionierung erheblich erschwert, so daß die Orientierung anatomisch-topographisch erfolgen muß. Komplikationen: Thromboembolien, Schrittmacherkomplikationen, Einzelfälle von postablativen Kammertachykardien (Torsade des pointes), die bradykardieassoziiert auftreten können (ventrikuläre Stimulation nach Ablation mit hoher Frequenz durchführen!). Schwere Komplikationen sind selten. (3) Antegrade Modifikation der Vorhof-Kammer-Uberleitung. N e b e n der vollstän-

digen ist auch eine unvollständige Durchtrennung der AV-Überleitung möglich: antegrade Modifikation der Vorhof-Kammer-Überleitung. Ziel, Indikation: Verminderung der max. Überleitungsfrequenz des AV-Knotens, kein totaler AV-Block. Dieses Verfahren ist vorzuziehen, wenn die Beschwerden weniger arrhythmie- als tachykardiebedingt sind. Vorteile: Herzschrittmacher nicht notwendig, da die AV-Überleitung ζ. T. erhalten ist, Verbesserung der Hämodynamik. 2 Techniken: a) Präferiert wird die Ablation der langsam leitenden Anteile des AV-Knotens wie bei AV-Knoten-Reentry-Tachykardie. Diese Anteile zeichnen sich durch eine

130

Tachykarde Herzrhythmusstörung

kurze Refraktärzeit aus; dementsprechend wurde vermutet, daß durch Ablation derselben eine Reduktion der Kammerfrequenzen bei Vorhofflimmern erzielt wird. Vorgehen: Ablationskatheter im posteroseptalen rechten Vorhof piazieren, konsekutive Stromapplikationen unter stufenweiser Annäherung an mitseptale Bereiche bei Vorhofflimmern. Der Behandlungserfolg kann an der Änderung der Kammerfrequenzen während bzw. nach Stromabgabe abgelesen werden. Ergebnisse: In vielen Fällen gelingt eine deutliche Reduktion der Überleitungskapazität des AV-Knotens. Die Kammerfrequenzen bei Vorhofflimmern nehmen auf etwa 80-100/min ab. Die Rezidivrate scheint gering zu sein; Daten zur sicheren Beurteilung des Langzeitverlaufs stehen aus. Komplikation: kompletter AV-Block in 10-20 %. Im Vergleich zur AV-KnotenReentry-Tachykardie-Behandlung sind häufigere Stromapplikationen notwendig, so daß die Modulation der antegraden AV-Knotenleitung weniger auf eine selektive Ablation der langsam leitenden Anteile als auf einer direkten Schädigung des zentralen Körpers des AV-Knotens zurückzuführen ist. AV-Blockierungen werden deutlich häufiger als bei AV-Knoten-Reentry-Tachykardie-Behandlung induziert. Bewertung: Insgesamt ein erfolgversprechender Ansatz, um eine Verbesserung der Hämodynamik zu erzielen, ohne dabei einen kompletten AV-Block zu induzieren. b) Ablation der schneileitende Anteile des AV-Knotens: Stromapplikation im anteroseptalen rechten Vorhof. Die Behandlungsergebnisse waren insgesamt enttäuschend, eine langfristige Reduktion der max. Überleitungskapazität des AV-Knotens bei intakter AV-Überleitung konnte nur bei wenigen Patienten erzielt werden.

7.1.2.3 Akzessorische AV-Leitungsbahn Indikationen: • Symptomatische AV-Reentry-Tachykardie (= Therapie der Wahl), auch wenn eine medikamentöse Arrhythmieprophylaxe gelingt. Säuglinge, Kleinkinder. AV-Reentry-Tachykardien werden auch im Säuglings- und Kleinkindalter registriert; bei symptomatischen Tachykardien ist ebenfalls die Hochfrequenzstrom-Katheterablation zu erwägen. Diese Altersgruppe sollte spezialisierten Zentren zugewiesen werden (in Deutschland: Prof. Kuck, Allgemeines Krankenhaus St. Georg, Hamburg).$pe

• • •

Rezidivierende Synkopen. Nach Reanimation. Asymptomatisches WPW-Syndrom. gen.

Hierzu existieren kontroverse Beurteilun-

Von einem Teil der Zentren werden unter Hinweis auf hohe Erfolgsraten und eine geringe Komplikationshäufigkeit auch asymptomatische Patienten behandelt. Dabei wird darauf verwiesen, daß eine Abschätzung des individuellen Risikos nur unzureichend gelingt und die klinische Erstmanifestation lebensbedrohlich sein kann. In anderen Zentren wird diese Therapieindikation verneint. In jedem Fall sind individuelle Kriterien mitbestimmend: Alter und Lebenssituation, Beruf, individuelles Risiko, Erfahrung des behandelnden Zentrums/Arztes.

Vorgehen. Die Methodik ist von der Lokalisation nen abhängig:

der akzessorische

Leitungsbah-

Programmierte Stimulation

131

(1) Linksseitige Bahnen: 2 Techniken: • am häufigsten wird der retrograde transaortale Zugang zur ventrikulären Insertion genutzt. Der Ablationskatheter wird über die V femoralis eingeführt und retrograd über die Aortenklappe in den linken Ventrikel eingebracht. Die Lokalisation der Bahn erfolgt durch Mapping des ventrikelseitigen MitralklappenAnulus • transseptaler Zugang: ein Führungskatheter wird nach Punktion des interatrialen Septums über die Vorhofscheidewand im linken Vorhof piaziert. Über diesen gelangt der Ablationskatheter zur Lokalisation der atrialen Insertion der Bahn in den linken Vorhof. Bewertung: Präferenzen für eine der beiden Methoden hängen von der Erfahrung des Untersuchers ab. In seltenen Fällen gelingt die Ablation der atrialen bzw. ventrikulären Insertion einer akzessorischen Bahn aufgrund anatomischer Besonderheiten nicht, so daß die Ablation der jeweils alternativen Insertionsstelle anzustreben ist. Hier hat der retrograde transaortale Zugang den Vorteil, daß eine Lokalisationsdiagnostik im linken Vorhof nach Passage der Mitralklappe möglich ist. Demgegenüber m u ß bei transseptalem Zugang und ineffektivem Ablationsversuch der atrialen Insertion ein kompletter Wechsel des Ablationsbestecks zur arteriellen Seite erfolgen. Praxishinweis: Vor Ablation 1 Elektrodenkatheter im hohen rechten Vorhof, 1 in der rechtsventrikulären Spitze piazieren, um die Leitungseigenschaften der akzessorischen Bahn zu analysieren.

Eine Plazierung des Elektrodenkatheters im Koronarvenensinus zum Mapping des Mitralklappen-Anulus ist bei offener akzessorischer Bahn meist nicht erforderlich; es sollte auf die Fälle beschränkt werden, in denen sich die Ablation besonders schwierig gestaltet. Auch die Ablation verborgener akzessorischer Leitungsbahnen kann der Erfahrene ohne M a p p i n g im Koronarvenensinus durchführen. (2) Rechtsseitige Bahnen: Ablation der atrialen Insertion. Der Ablationskatheter wird über die V femoralis (falls anatomisch unmöglich: Vv. subclavia sive jugularis) in den rechten Vorhof eingeführt. Ablationskriterien sind: 1. Offene akzessorische Leitungsbahnen werden primär durch das 12-Kanal-EKG diagnostiziert. Die Analyse der Präexzitation ermöglicht eine relativ exakte Lokalisation. M a n geht nach Algorithmen vor, sofern eine deutliche Präexzitation vorhanden ist (Abb. 4-11). Die anschließende elektrophysiologische Diagnostik umfaßt: • •

Bestimmung der ante- und retrograden Leitungseigenschaften von AV-Knoten und akzessorischer Bahn Induzierbarkeit von Tachykardien durch programmierte Vorhof- und Ventrikelstimulation prüfen. Vorhof Stimulation verstärkt die Präexzitation und verbessert die EKG-Analyse.

132

Tachykarde Herzrhythmusstörung

• Retrograde Leitungszeit. In allen Fällen, in denen durch programmierte Stimulation orthodrome AV-Tachykardien induzierbar sind, kann die retrograde Leitungszeit zum hohen rechten Vorhof (VA-Intervall) weitere Hinweise auf die Lage der Bahn liefern. Linke Leitungsbahnen zeichnen sich durch eine längere Leitungszeit ( > 100 ms) während orthodromer Reentry-Tachykardie aus als rechte. Lokalisation der akzessorischen Bahn. Unter Sinusrhythmus bzw. atrialer Stimulation wird die Präexzitation verstärkt. Der Ablationskatheter wird EKG-abhängig in den vermuteten Bereich piaziert, um die lokalen Elektrogramme zu analysieren. Praxishinweis: Die Verstärkung des lokalen Signals sollte um 1 - 3 cm/mV liegen und die gesamte Amplitude aller Komponenten des lokalen EKG aufzeichnen und vermessen! Abb. 7-19 zeigt beispielhaft ein Elektrogramm mit unterschiedlichen Signalverstärkungen. Die Frequenzfilter an der Verstärkereinheit sollten bei etwa 4 0 und 500 Hz gesetzt werden. Neben der Ableitung des bipolaren Elektrogramms, das vom distalen Elektrodenpaar des Ablationskatheters erhalten wird, wird empfohlen, auch eine Aufzeichnung eines unipolaren Elektrogramms von der distalen Katheterelektrode vorzunehmen. Man kann sich dabei des ungefilterten unipolaren Elektrogramms bedienen, welches von der Spitze des Ablationskatheters abgeleitet und mit der Elektrode einer nicht mit dem Patienten verbundenen Thoraxableitung registriert wird. Die Verstärkung des so aufgezeichneten unipolaren EKG sollte etwa 10 mV/cm betragen. Die Verstärkung der lokalen Signale sollte mit Augenmaß und nicht nach dem Motto erfolgen „möglichst viel sehen" zu wollen, weil die Analyse des lokalen EKG erschwert wird.

Auswertung: a) Amplitude

(Morphologie) und zeitliche Komponenten

des lokalen bi- sowie des

Abb. 7-19: Darstellung eines lokalen Elektrogramms mit unterschiedlichen Signalverstärkungen. Frequenzfilter an der Verstärkereinheit: 4 0 - 5 0 0 Hz

Programmierte Stimulation

QRSo

QRSo

UNI

/ \

•ID II

X

Í

/

J

133

. s K

ID / \ IIi y / *

s τ

j^-Vo K^jl jj^A-V^/

ABL ^ ^l i

,Va

/

,Va

I I 100 ms 1 mV

Abb. 7-20: Zuordnung der Komponenten eines bipolaren Elektrogramms mit Vermessung der Zeitintervalle unipolaren Elektrogramms werden zur Identifizierung erfolgreicher Ablationsareale beurteilt. Ein repräsentatives Beispiel für die Zuordnung der einzelnen Komponenten des bipolaren Elektrogramms sowie zur Vermessung der Zeitintervalle ist in Abb. 7-20 dargestellt. Kriterien für eine erfolgreiche Ablation: Nachweis von atrialer Komponente (um die Nähe des Ablationskatheters zum Klappen-Anulus sicherzustellen), Potential der akzessorischen Bahn und einer frühen ventrikulären Aktivierungszeit. Der Nachweis eines direkten Potentials der akzessorischen Bahn stützt sich auf morphologische, zeitliche und elektrophysiologische Kriterien. Dabei muß es sich um eine von der atrialen und ventrikulären Komponente des EKG deutlich abgrenzbare Deflexion handeln, die bei stabiler Katheterlage in allen Schlägen mit Präexzitation erkennbar ist, bei Schlägen ohne Präexzitation jedoch fehlt. Ggf. kann durch Applikation atrialer Extrastimuli ein Block der akzessorischen Bahn mit der Folge des Verschwindens des Kent-Potentials provoziert werden. Das Potential muß vor Einsetzen der Präexzitation im Körperoberflächen-EKG erkennbar sein. b) Stabilität der Elektrogramme. N u r wenn die Elektrogramme bei mehreren konsekutiven Schlägen gleicher Präexzitation in gleicher Morphologie und Amplitude aufgezeichnet werden können, ist ein hoher Ablationserfolg anzunehmen. Werden die atriale Deflexion oder ein Kent-Potential nicht evident, liegt kein Ablationserfolg vor. Der Beginn der ventrikulären Komponente des lokalen EKG hat keinen Einfluß auf den Ablationserfolg. Die o. a. Kriterien haben nur bei Ablation der ventrikulären Insertion linksgelegener akzessorischer Bahnen Gültigkeit. Wie ausgeführt, wird bei rechtsgelegenen Bahnen die Ablation der atrialen Insertion angestrebt. Dementsprechend verschiebt sich das Amplitudenverhältnis zwischen atrialer und ventrikulärer Komponente des lokalen EKG

134

Tachykarde Herzrhythmusstörung

zugunsten der atrialen Komponenten. Hinsichtlich des Nachweises eines direkten Potentials einer akzessorischen Bahn ergeben sich zwischen linksgelegenen und rechtsgelegenen Bahnen keine Unterschiede. Auch bei den rechtsgelegenen Bündeln ist die ventrikuläre Aktivierungszeit für die Identifikation erfolgreicher Ablationsstellen heranzuziehen, c) Unipolares Elektrogramm. Dessen Einsatz zur Lokalisation akzessorischer Leitungsbahnen wurde von Haissaguerre et al. eingeführt. Im unipolaren Elektrogramm können eine Vorhofkomponente (P), die intrinsische Deflexion, definiert als Ort der terminalen Negativitätsbewegung im Elektrogramm sowie eine ventrikuläre Komponente differenziert werden. In Abb. 7-21 sind unipolare Elektrogramme in unterschiedlicher Lokalisation zur akzessorischen Bahn dargestellt. Eine hohe Wahrscheinlichkeit eines Ablationserfolgs ist anzunehmen, wenn neben den oben dargestellten Kriterien, die intrinsische Deflexion im unipolaren EKG direkt aus dem atrialen Anteil des Elektrogramms hervorgeht und die intrinsische Deflexion zeitlich vor dem Einsetzen der Präexzitation liegt (sog. PQS-Komplex).

Τ

1

I

II

1

III

I

Vorhof

A B

1—

Ventrikel

IV

OberflächenEKG unipolare intrakardiale Ableitung Abb. 7-21: Unipolare Elektrogramme in unterschiedlicher Lokalisation zur akzessorischen Bahn: glatter Übergang von Vorhof- zu Ventrikelsignal an der Stelle des KentBiindels (AB: Ablationsstelle, I-IV: intrakardiale Ableitung-Lokalisation zur akzessorischen Bahn)

100 -

[ % ohne Rezidiv]

90 80 -

70 60 -

50 40 30 20

-

10 -

0 -I

I I I I I II I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I

1 5

10

IS

20

25

30

35

40

45

50

[Wochen nach Ablation]

Abb. 7-22: Rezidivrate

nach Ablationen von akzessorischen Bahnen

55

Programmierte Stimulation

135

Verborgene akzessorische Leitungsbahnen sind Bahnen, bei denen weder im Sinusrhythmus noch während Vorhofstimulation eine Präexzitation vorliegt. Hier wird die Lokalisationsdiagnostik bei induzierter orthodromer Reentry-Tachykardie oder - in Einzelfällen - bei ventrikulärer Stimulation durchgeführt. Kriterien interessierender Ablationsstellen sind: • kurze ventrikuloatriale Leitungszeiten bis hin zu kontinuierlichen Elektrogrammen, bei denen sich Kammer- und Vorhofkomponente nicht mehr trennen lassen, • Potential der akzessorischen Bahn. Die Identifizierung von Kent-Potentialen während orthodromer Tachykardie ist schwieriger als bei Sinusrhythmus.

Erfolgsquoten: > 90 % akzessorischer AV-Leitungsbahnen sind definitiv zu abladieren! Frustrane Ablationen ergeben sich bei epikardial verlaufenden akzessorischen Bahnen, solchen, die mit Koronarvenen-Sinus-Divertikeln einhergehen, Bahnen bei Vorhofflimmern und bei deren atypischem Verlauf. Der Prozentsatz der endgültig frustranen Ablationsversuche beträgt nur 2 - 5 %. Hier muß alternativ zur medikamentösen Therapie die operative Durchtrennung erwogen werden. Die Rezidivrate nach Ablation liegt bei etwa 10 %. Häufig treten Rezidive innerhalb der ersten 3 Monate auf (Abb. 7-22). Dabei sind Rezidive bei verborgenen Leitungsbahnen häufiger als bei offenen. Komplikationen. Kontrollierte multizentrische Langzeitstudien stehen noch aus. Hinsichtlich der Akutkomplikationen liegen ausreichende Daten vor. Nach den Ergebnissen des Multicenter European Radio Frequency Survey (MERFS) ist mit einer Häufigkeit von etwa 5 % zu rechnen, dabei treten schwerwiegende Komplikationen in ca. 2 % der Fälle auf: • kompletter AV-Block bei Ablation rechts anteroseptal gelegener akzessorischer Bahnen •

geringgradige, hämodynamisch nicht bedeutende Perikardergüsse; Perforationen und Perikardtamponaden, die einer perkutanen Drainage oder chirurgischen Intervention bedürfen, sind selten.

7.1.2.4 AV-Knoten-Reentry-Tachykardie Die Behandlung durch chirurgische Dissektion des perinodalen atrialen Gewebes wurde 1988 von Ross et al. erstmals beschrieben, womit das bis dahin gültige Konzept des intranodalen Reentry-Mechanismus in Frage gestellt wurde. Die ersten Befunde zur selektiven Modulation des AV-Knotens mittels Katheterabiation wurden 1989 von Haissaguerre et al. unter Anwendung der Gleichstromkatheterablation vorgestellt. Sie berichteten über ein Verfahren, bei dessen Anwendung die schneileitenden Anteile des AV-Knotens durch eine Gleichstromschockapplikation im Bereich des anteroseptalen rechten Vorhofs erfolgreich durchtrennt werden konnten. 1992 beschrieben Jackman et al. das Verfahren der Slow-pathwayAblation mittels Hochfrequenzstrom. Jackman et al. konnten zeigen, daß durch Hochfrequenzstromabgabe im posteroseptalen rechten Vorhof eine erfolgreiche Modulation des AVKnotens durch selektive Ablation der langsam leitenden Anteile des AV-Knotens möglich

136

Tachykarde Herzrhythmusstörung

war. Somit ergaben sich für die Behandlung 2 Möglichkeiten: Fast- und tion.

Slow-pathway-Abla-

Indikationen: Therapie der Wahl bei symptomatischen AV-Knoten-ReentryTachykardien ist die Ablation der langsam leitenden Bahnen des AV-Knotens (komplikationsärmer); die Fast-pathway-Ablation ist die Ausnahme. Fast-pathway-Ablation: Die Ablation der schnell leitenden Anteile des AV-Knotens sollte nur in Ausnahmefällen erfolgen. Ihr anatomischer „Ausgang" liegt an der Spitze des Koch-Dreiecks in enger topographischer Beziehung zur Herzbasis, wo auch His-Biindel und kompakter Körper (anterosuperior) des AV-Knotens beheimatet sind. Meist wird der Ablationskatheter zunächst in His-Bündel-Position piaziert und dann einige Millimeter atrialwärts disloziert. Stromabgabe wird beantwortet mit langsamer Z u n a h m e des PQ- bzw. AH-Intervals, kompletter Blockierung der retrograden ventrikuloatrialen Leitung über den AV-Knoten, zumindest mit deutlicher Abnahme der retrograden Überleitungskapazität. Die max. antegrade Überleitungskapazität des AV-Knotens bleibt unverändert, da diese durch die langsam leitenden Anteile des AV-Knotens mit kurzer Refraktärzeit bestimmt wird. Erfolgskriterien sind ein kleines His-Bündel Potential ( < 0 , 1 mV) und ein Quotient der Elektrogrammamplituden von atrialem und ventrikulärem Potential > 1. Komplikationen: inakzeptabel häufig komplette AV-Blockierungen, 5 - 1 0 % , nach anderen Studien bis zu 20 % . Modifikation der Methode: Kürzlich wurde eine Modifikation der o. g. Methode beschrieben. Danach wird der Ablationskatheter zunächst posterior und etwas superior zum O r t der max. His-Bündel-Deflektion positioniert und im Uhrzeigersinn in posteriore Richtung gedreht. Die lokalen Elektrogramme zeichnen sich in der angestrebten Position dadurch aus, daß die atriale Komponente wenigstens doppelt so hoch ist wie die ventrikuläre. Zusätzlich wird meist ein kleines proximales His-Bündel-Potential registriert. Selten übersteigt die Amplitude des HisBündel-Potentials, wohl bedingt durch anatomische Varianten des Reizleitungssystems, die Amplitude des in His-Bündel-Position piazierten Katheters. In diesen Fällen wird die Katheterdeflektion leicht zurückgenommen, und der Katheter wird durch Rotation in Uhrzeigerrichtung in eine posteriore Richtung bewegt. Vorteil: stabile Katheterposition am interatrialen Septum. Bei Ineffektivität des ersten Hochfrequenzstromimpulses wird die Ablationselektrode durch Katheterdeflektion schrittweise dem AV-Knoten in mittseptaler Richtung genähert. Endpunkte sind die Z u n a h m e der A-H-Leitungszeit um > 50 % oder ein vollständiger retrograder Leitungsblock bzw. eine ausgeprägte Verlangsamung der retrograden Leitung sowie die Nichtinduzierbarkeit von AV-Knoten-Reentry-Tachykardien. Slow-pathway-Ablation: Die Ablation der langsam leitenden Anteile des AV-Knotens wird in der Regel im postero- bis mittseptalen rechten Vorhof durchgeführt. 2 Methoden sind beschrieben worden: •

Anatomisch geleitete Ablationstechnik. Der Ablationskatheter wird im posteroseptalen rechten Vorhof trikuspidalklappennah positioniert; anschließend wird weitgehend unabhängig von den lokalen Elektrogrammen so stufenweise in anteroseptaler Richtung Hochfrequenzstromenergie abgegeben, bis keine anhal-

Programmierte Stimulation



137

tende AV-Knoten-Reentry-Tachykardie mehr induzierbar ist. Elektrophysiologisch geleitete Ablationstechniken. Spezifische hochfrequente Potentiale konnten im posteroseptalen rechten Vorhof, teilweise im Ostium des Koronarvenensinus registriert werden (Jackman et al. 1992). In Kontrast dazu wurden niederamplitudige und -frequente Potentiale gefunden, die überwiegend im mitt- bis posteroseptalen Bereich anterior des Koronarsinus-Ostiums festzustellen waren (Haissaguerre et al.). In beiden Studien war die Registrierung dieser Potentiale mit einem hohen Ablationserfolg verbunden.

Ursprung und Spezifität beider Potentiale werden zur Zeit kontrovers diskutiert. Die differenten Elektrogramme erklären sich durch die unterschiedliche Registrierung mit verschiedenen Filtern und möglicherweise auch durch die unterschiedlichen Areale innerhalb des rechten Vorhofs, in denen die Potentiale registriert wurden.

Junktionale Rhythmen während der Energieapplikation zeigen, daß das Erregungsleitungsgewebe erreicht ist: Sie sind Indikator für den Ablationserfolg.

Praxishinweis: Entscheidend ist die Analyse der retrograden Leitung der junktionalen Schläge: Tritt eine retrograde Blockierung junktionaler Rhythmen auf, ist die Stromapplikation zu unterbrechen; die anterograde Leitungseigenschaften des AV-Knotens könnten in Mitleidenschaft gezogen sein! Die Überwachung der antegraden AV-Knoten Leitungseigenschaften ist ebenso durch festfrequente Vorbofstimulation möglich, um die Energieabgabe bei PQZunahme bzw. höhergradiger AV-Blockierung sofort unterbrechen zu können. Ergebnisse: Fast- und Slow-pathway-Ablation haben hohe Erfolgsraten, > 90 %. Bezüglich der zu wählenden Zugänge existieren ebenso wenig Präferenzen wie für den Vergleich der anatomisch vs. elektrophysiologisch geführten Ablation für die langsamen Leitungsbahnen.

Komplikationen. Die Multicenter European Radio Frequency Survey (MERFS) zeigt, daß die Häufigkeit kompletter AV-Blockierungen nach Ablation der langsam leitenden Leitungsbahn mit 2,0 % signifikant niedriger waren als nach Ablation der schnellen (6,2 %).

7.1.2.5 Vorhofflattern Indikationen: Symptomatisches Typ-I-Vorhofflattern (sog. typisches Vorhofflattern) mit tachykarder Vorhof-Kammer-Überleitung. Pathophysiologisch zugrunde liegt ein intraatrialer Makro-Reentry-Mechanismus. Dabei wird das intraatriale Septum in kaudokranialer Richtung erregt mit negativen Flatterwellen in den inferioren EKG-Ableitungen II, III, AVF. Der Makro-Reentry-Kreis ist anatomisch und funktionell determiniert: Anatomische Leitungshindernisse bilden die Einmündung der oberen und unteren Hohlvene, funktionelle Leitungsblockierungen treten auf einer Linie zwischen der oberen und unteren

138

Tachykarde Herzrhythmusstörung

Hohlvene auf. Ein kritischer Isthmus im Makro-Reentry-Kreis ergibt sich im Bereich des posterioren bzw. posteroseptalen rechten Vorhofs. Der linke Vorhof ist für das gewöhnliche Vorhofflattern nicht von Bedeutung. Behandlungsziel ist die Unterbrechung der Kreisbahn durch kontinuierliche Läsionsstraßen im Isthmus: vom Ostium des Koronarsinus zur Einmündung der V cava inferior bzw. vom posterioren Trikuspidalklappen-Anulus zur V cava inferior (Abb. 7-23). Vorgehen. Die besten Ergebnisse werden durch Komplettierung der Linie vom Trikuspidalklappen-Anulus zur V cava inferior erzielt. 4 - 6 Sek. Stromapplikation bilden die Läsionsstraße. Die erste Läsion wird im Bereich des TrikuspidalklappenAnulus induziert. Die Lage des Ablationskatheters wird durch Anatomie und lokale Elektrogramme (relativ großes ventrikuläres Signal, von der Amplitude her kleineres atriales Signal) festgelegt. Nach der ersten Läsion wird der Ablationskatheter etwa 3 - 6 mm in Richtung V-cava-inferior-Mündung für die nächste Läsion zurückgezogen. Die Läsionsstaße ist abgeschlossen, wenn die distale Katheterelektrode die Einmündung der V cava inferior erreicht hat: Das Vorhofflattern terminiert während der Stromabgabe am Übergang zur V-cava-inferior-Mündung. Erfolgsraten. Das Typ-I-Vorhofflattern wird in 80-90 % der Fälle erfolgreich behandelt. Die Rezidivrate liegt im Langzeitverlauf bei etwa 20 %. Vorhofflimmern·. Nach Ablation kann rezidivierendes Vorhofflimmern auftreten. Bestand vor Behandlung bereits sporadisches Vorhofflimmern, so tritt dieses postablativ mit einer Wahrscheinlichkeit von ca. 5 0 % auf, war prätherapeutisch hingegen kein Vorhofflimmern zu dokumentieren, ist die Wahrscheinlichkeit < 2 0 %. Komplikationen scheinen bei der Ablation von Vorhofflattern nur selten aufzutreten; allerdings sind hier größere Patientenzahlen notwendig, um das definitive Risiko verläßlich einzuschätzen.

Abb. 7-23: Typische Ablationsstellen bei Hochfrequenzstrom-Katheterablation von Vorhofflattern zwischen Koronarsinus-Ostium, Einmündung der V cava inferior (VCI) bzw. posterioren Trikuspidalklappenanulus (TA)

Programmierte Stimulation

139

7.1.2.6 Vorhofflimmern Maze-Operation: Cox et al. entwickelten eine chirurgische Behandlungsmethode: multiple Atriotomien in beiden Vorhöfen (Maze-Operation). Neben einer elektrischen Isolation beider Herzohren und Isolation der Pulmonalvenen-Mündung werden Schnittlinien im hohen linken bzw. rechten Vorhof und zwischen V cava superior et inferior geführt. Erfolgsraten: in > 90 % läßt sich ein stabiler Sinusrhythmus erzielen. Langzeitergebnisse und Komplikationen sind unklar. Mit der direkten Hochfrequenzstrom-Ablation induziert man ausgedehnte Läsionsstraßen, ähnlich der chirurgischen Atriotomie. Die Katheterabiation bei Vorhofflimmern ist noch im klinisch-experimentellen Stadium. Tierexperimentelle Untersuchungen zeigen, daß diese Methode die Induzierbarkeit von Vorhofflimmern verhindert. Erste klinische Anwendungen ermutigen zur Weiterentwicklung der Methode, speziell bei „fokaler" Entstehung in versprengtem Vorhofgewebe in der A. pulmonalis.

7.1.2.7 Ventrikuläre Tachyarrhythmien Die Hochfrequenzstrom-Katheterablation befindet sich bei ventrikulären Tachykardien noch in einem frühen Entwicklungsstadium. Die Erfolgsraten sind bei selektierten Patienten hoch, > 80 %, besonders bei akuter Behandlung von idiopathischen ventrikulären, Bundel-brunch-Reentry-, unaufhörlichen Tachykardien (incessant ventricular tachycardia, s. Kap.10.1.2). Niedrige Erfolgsraten hat die Methode bei medikamentös therapierefraktären rezidivierenden ventrikulären Tachykardien: nach Myokardinfarkt, bei Kardiomyopathien. Behandlungsvoraussetzungen: Eine erfolgreiche Katheterabiation erfordert technische, operative sowie personelle Voraussetzungen und eine exakte Lokalisation (Mapping) des Tachykardieursprungs bzw. von Strukturen, die einen essentiellen bzw. kritischen Teil des Reentry-Kreises bilden. Folgende Voraussetzungen sind erforderlich: • monomorphe ventrikuläre Tachykardie. Bei polymorpher (instabiler) Arrhythmie-Morphologie ist eine Lokalisationsdiagnostik zu ungenau • singulare Tachykardie-Morphologie, die der klinisch dokumentierten Rhythmusstörung entspricht. In Einzelfällen ist die Katheterabiation auch bei Polymorphologien erfolgreich • provozierbare ventrikuläre Tachykardie mittels programmierter Stimulation • Provokationsbedingungen der ventrikulären Tachykardie müssen reproduzierbar sein • hämodynamisch stabile, über längere Zeit tolerable Tachykardie. Bei hämodynamischer Instabilität sollte sie leicht zu induzieren und terminieren sein, um ihre Registrierung (endokardiale EKG) an verschiedenen Orten und Stimulationsinterventionen zu ermöglichen. Antiarrhythmika verfälschen elektrophysiologische Befunde während der Lokalisationsdiagnostik und sollten nicht verabfolgt werden • Ablationskatheter muß den Ursprung der Tachykardie erreichen: wandständige Thromben im Bereich des Tachykardieursprungs sind auszuschließen, da eine

140

Tachykarde Herzrhythmusstörung

Embolie droht und ein Energietransfer zum Myokard unmöglich ist. Vorher echokardiographieren\ Lokalisation des Tachykardieursprungs: Hinweise auf Ursprung und Arrhythmiemechanismus gibt das 12-Kanal-EKG. Nach einem Infarkt ergeben sich jedoch nicht selten erhebliche Diskrepanzen zwischen dem EKG und Befunden der Katheterlokalisation. Die Lokalisationsdiagnostik umfaßt: • endokardiales Mapping bei Sinusrhythmus • Aktivierungs-Mapping: Mapping der endokardialen Aktivierung während anhaltender ventrikulärer Tachykardie • Pace-Mapping • Stimulation im Bereich der Zone der langsamen Erregungsleitung (u. a. Entrainment-Mapping). Endokardiales Mapping bei Sinusrhythmus: Im Randgebiet von Infarktnarben sind über Elektrodenkatheter verbreiterte und fraktionierte Elektrogramme mit verminderter Amplitude zu registrieren. Sie weisen auf eine verzögerte Erregungsleitung hin, sind jedoch unspezifisch und dienen der groben Orientierung zu Beginn des Mappings. Lokale Spätpotentiale sind ein weiterer Hinweis auf eine abnorme Erregungsleitung nach Ende des QRS-Komplexes. Verstärker- und Filtereinstellung: Bei Mapping-Elektrogrammen kommt der Verstärker- und Filtereinstellung eine besondere Bedeutung zu. Eine Bandpaßfilterung zwischen 30 und 50 Hz hat sich durchgesetzt. Zu berücksichtigen ist, daß Qualität und Morphologie der Elektrogramme auch von der Elektrodengröße und bei bipolarer Ableitung vom Abstand zwischen den Elektroden (üblicherweise: 0 , 5 - 3 cm) abhängen. Darüber hinaus kann eine Fraktionierung lokaler Elektrogramme durch Artefakte, die durch Katheterbewegungen oder einen geringen Kontakt mit dem Endokard entstehen, vorgetäuscht werden. Diese Gefahr besteht vor allem bei hohen Verstärkungen.

Aktivierungs-Mapping: Während der Tachykardie wird das (zeitliche) Auftreten lokaler endokardialer Elektrogramme bestimmt, die mittels des Ablationskatheters registriert werden. Referenzpunkt ist der Beginn des QRS-Komplexes der ventrikulären Tachykardie im Oberflächen-EKG. Bei Infarktpatienten läßt sich häufig eine präsystolische Aktivierung feststellen: die lokale endokardiale Erregung geht der ventrikulären Tachykardie im Körperoberflächen-EKG voraus. Diese Bereiche scheinen dem Austrittspunkt der elektrischen Erregung aus dem Reentry-Kreis (exit) zu entsprechen (Bereich A in Abb. 7-24). Die teilweise unbefriedigenden Ergebnisse der Katheterabiation an solchen Stellen werden darauf zurückgeführt, daß diese keinen für die Unterbrechung der Rhythmusstörung „kritischen" Teil des Reentry-Kreises darstellen. Entsprechend dem häufig relativ großen Areal, in dem eine präsystolische Aktivität registriert werden kann, scheinen diese Austrittspunkte mehrfach vorhanden zu sein. Eine größere Bedeutung scheint mittdiastolischen Potentialen zuzukommen (s. Abb. 7-24). Man ordnet diese Elektrogramme einer Aktivierung der Zone der langsamen Erregungsleitung im Reentry-Kreis (Zone Β in Abb. 7-24) zu. Unter guten Mapping-Bedingungen sind bei nur geringfügiger Veränderung der Katheterposition überall während der Diastole isolierte Elektrogramme zu registrieren.

Programmierte Stimulation

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I II

•ψ

fr

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Abb. 7-24: Mapping der endokardialen Aktivierung während anhaltender ventrikulärer Tachykardie (VT): Registrierung typischer Potentiale (näheres s. Text).

-420 mi—. .

420 m· —.

Abb. 7-25: Resetting einer anhaltenden monomorphen ventrikulären Tachykardie durch zeitlich abgeklärte Stimulationsimpulse (Einzelheiten s. Text).

Pace-Mapping: Eine ventrikuläre Stimulation, um die Morphologie der Tachykardie (Pace-Mapping) zu reproduzieren, ist seit langem Standard in der Lokalisationsdiagnostik. Die Übereinstimmung der Morphologie von stimulierten und spontanen QRS-Komplexen im 12-Kanal-EKG wird anhand von Scores bewertet. Resetting, Entrainment: Die Möglichkeit, anhaltende monomorphe ventrikuläre Tachykardien durch Stimulationsimpulse zurückzusetzen (resetting, Abb. 7-25) oder sie durch eine Serie von Stimulationsimpulsen kontinuierlich zu beschleunigen (entrainment) oder zu terminieren, spricht dafür, daß ein großer Teil der Tachykardien eine erregbare Lücke aufweist und somit auf einem Makro-Reentry beruht. Der Nachweis der erregbare Lücke ist Grundlage für die Stimulation beim Katheter-Mapping. Erfolgt sie während der Tachykardie außerhalb der Zone der langsamen Erregungsleitung, ergibt sich durch Fusion eine QRS- Morphologie, die von derjenigen der Tachykardie abweicht. Wird innerhalb der Zone der langsamen Erregungsleitung stimuliert, so entspricht die resultierende QRS-Morphologie der der spontanen Tachykardie (concealed entrainment). Darüber hinaus entspricht das Intervall zwischen dem Stimulationsartefakt und dem folgenden QRS-Komplex im EKG (abhängig von der Stimulationsfrequenz) dem Intervall zwischen einem

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Tachykarde Herzrhythmusstörung

spontanen lokalen Elektrogramm und dem Beginn des nächsten Tachykardie-QRSKomplexes. Nach Stimulationsende gleicht die Zeitspanne bis zum nächsten spontanen Elektrogramm (Return-Zyklus) derjenigen der Tachykardiezykluslänge. Concealed entrainment kann aber auch resultieren, wenn von einer Nebenschlußstelle (bystander) stimuliert wird. Allerdings ergeben sich dann Differenzen in den oben aufgeführten Intervallen. Insbesondere ist der Return-Zyklus länger als der Tachykardiezyklus. Die Interpretation solcher Stimulationsinterventionen ist während der Mapping-Untersuchung häufig schwierig. Nicht selten ist die zeitliche Festlegung der lokalen Aktivierung durch Fraktionierung der Elektrogramme oder niedrige Amplituden erschwert. Hierzu trägt auch der Umstand bei, daß Tachykardien häufig nicht nur auf einem Wiedereintrittsmechanismus anatomisch präformierter Leitungswege beruhen, sondern zusätzlich funktionelle Anteile aufweisen, die eine Tendenz zur Instabilität und Variabilität zeigen.

Effektivität der Hochfrequenzstrom-Katheterablation: Eine Beurteilung kann derzeit kaum erfolgen. Insbesondere fehlen Informationen über die Langzeiteffektivität. Die Erfolgsraten hängen von der Herzkrankheit und der Arrhythmogenese ab.

7.1.2.8 Idiopathische ventrikuläre Tachykardie Definitionsgemäß ist eine strukturelle Myokarderkrankung nicht nachzuweisen. Man unterscheidet 2 Formen: a) monomorphe Tachykardien mit linksschenkelblockartiger Konfiguration und inferiorer Ausrichtung der elektrischen Herzachse. Daneben finden sich häufig: ventrikuläre Extrasystolen, Salven und nichtanhaltende ventrikuläre Tachykardien mit gleicher QRS-Morphologie. Die Rhythmusstörung stammt überwiegend aus dem rechtsventrikulären Ausflußtrakt. b) Tachykardien mit rechtsschenkelblockartiger Konfiguration und häufig linkstypischer elektrischer Herzachse. Episoden derartiger Tachykardien und Extrasystolen sind hier selten. Anhaltende Tachykardien weisen eine relativ lange Episodendauer auf. Ihr Ursprung kann vielfach im Bereich der linksventrikulären Spitze sowie inferior und septal lokalisiert werden. Tachykardien idiopathischen Ursprungs treten bei jüngeren Erwachsenen auf, im Gegensatz zu Arrhythmien auf dem Boden einer KHK oder nach Infarkt. Die Symptomatik ist durch wiederholte Synkopen gekennzeichnet, plötzliche Herztodesfälle wurden beschrieben, so daß es sich nicht um eine benigne und damit prognostisch unbedeutsame Rhythmusstörung handelt. Indikationen zur Katheterabiation: Antiarrhythmikaversager (Betablocker, Lokalanästhetika, Antiarrhythmika mit aktionspotentialverlängernder Wirkung, Calciumantagonisten vom Verapamil-/Diltiazemtyp). Nicht selten ist der therapeutische Erfolg nur vorübergehend. Ein Teil der Tachykardien läßt sich nur unter Betasympathomimetika programmiert stimulieren. Ursache dürften divergente Tachykardiemechanismen sein: Die elektrophysiologiscWen Befunde sprechen für eine getriggerte Aktivität des Tachykardiemechanismus, der allein

Programmierte Stimulation

durch betaadrenerge Stimulation provozierbar ist (katecholaminsensitive Tachykardie).

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ventrikuläre

Ergebnisse: Nachdem initial erfolgreich Gleichstromschocks eingesetzt wurden, bevorzugt man heute die Katheterabiation. In mehreren Untersuchungen erwies sich ein akkurates Pace-Mapping (weitgehende Übereinstimmung der stimulierten QRS-Morphologie mit derjenigen der spontanen Tachykardie) als besserer Prädiktor einer erfolgreichen Impulsabgabe als die Frühzeitigkeit der lokalen Potentiale bei endokardialem Aktivierungs-Mapping. Letzteres unterscheidet sich häufig nicht an effektiven und ineffektiven Ablationsstellen. Erfolgsraten: 7 5 - 8 5 % . Bei rechtsventrikulärem Ursprung der Rhythmusstörung kann die Katheterabiation versucht werden, wenn keine anhaltende Tachykardie induzierbar ist, sondern nur ventrikuläre Extrasystolen oder Salven mit gleicher Morphologie vorliegen.

7.1.2.9 Bundle-Branch-Reentry-Tachykardie (BBRT) Definition: BBRT basieren auf einer kreisenden Erregung, die His-Bündel und Reizleitungssystem von Ventrikel und septalem Myokard einbezieht. Sie sind eine seltene Sonderform ventrikulärer Tachykardien: 6 - 8 % der induzierbaren Tachykardien. Ursache ist eine strukturelle Myokarderkrankung. Bei dilatativer Kardiomyopathie und ventrikulären Tachykardien soll die Häufigkeit dieser Tachykardie zwischen 36 und 47 % betragen. Linksventrikuläre Dysfunktion mit Einschränkung der Ejektionsfraktion und Herzinsuffizienz sind typisch. Diagnostik: Symptome: karderkrankung vor.

Synkopen und plötzlicher Herztod. Selten liegt keine Myo-

Folgende elektrokardiographischen Befunde sprechen für eine BBRT: • QRS-Komplex: schenkelblockartig konfiguriert. Dies entspricht einer Aktivierung des Myokards über das His-Bündel • His-Bündel- oder Potentiale des rechten oder linken Tawara-Schenkels gehen den ventrikulären Tachykardiepotentialen voraus • spontane Schwankungen der Tachykardiezykluslänge gehen mit Entsprechungen der H-H-Intervalle einher • Abhängigkeit der Tachykardieinduktion vom Erreichen einer kritischen Leitungsverzögerung im His-Purkinje-System. Das H-V-Intervall bei Sinusrhythmus ist verlängert • Terminierung der Rhythmusstörung geht mit spontanen oder induzierten Blockierungen im His-Purkinje-System einher • Induzierbarkeit der Tachykardie kann durch Ablation des rechten TawaraSchenkels unterbunden werden. Die Tachykardie wird bei linksschenkelblockartiger Konfiguration durch Ablation des rechten Tawara-Schenkels terminiert. Erfolgsraten: 7 0 - 8 5 % .

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Tachykarde Herzrhythmusstörung

7.1.2.10 Ventrikuläre Tachykardien nach Myokardinfarkt bei KHK und bei arrhythmogener rechtsventrikulärer Erkrankung Post-Myokardinfarkt-Status: Die Erfahrungen mit Hochfrequenzstrom sind noch begrenzt. Die akute Effektivität (fehlende Induzierbarkeit der ventrikulären Tachykardie am Ende der Ablationssitzung) beträgt ca. 70-80 %, ζ. T. ist die Tachykardie bereits 1 Woche nach Ablation wieder induzierbar. Die langfristigen Erfolgsraten liegen bei 3 0 - 4 0 %. Bei einem Teil der Patienten müssen zusätzlich Antiarrhythmika eingesetzt werden. Die arrhythmogene rechtsventrikuläre Erkrankung ist eine zunehmend beachtete Ursache ventrikulärer Tachyarrhythmien und des plötzlichen Herztodes im jüngeren Alter. Definition. Arrhythmogenes Substrat sind histomorphologisch nachweisbare dysplastische Veränderungen, die durch eine progrediente Fett- und Bindegewebeinfiltration charakterisiert sind. Prädilektionsstelle ist der rechte Ventrikel: Ein-, Ausflußtrakt, Spitze (triangle of RV-dysplasia). Diagnostik: Leitsymptome sind komplexe ventrikuläre Arrhythmien mit linksschenkelblockartiger Morphologie, die ζ. T. belastungsabhängig auftreten, rechtspräkordiale Erregungsrückbildungsstörungen im Ruhe-EKG sowie globale oder regionale Kontraktionsstörungen des rechten Ventrikels bei sonst „Herzgesunden". Invasiv erfolgt die Ursprungslokalisation: Aktivierungs-, Pace-Mapping und Versuche, Zonen langsamer Erregungsleitung mittels Stimulation zu lokalisieren. Differentialdiagnose: idiopathische rechtsventrikuläre Tachykardien. Therapie: Amiodaron bzw. Sotalol oder Katheterabiation, heute meist ICD. Ergebnisse

bei Katheterabiation:

Hohe akute Erfolgsraten:

7 0 - 8 0 %. Langfristige

Erfolgs-

raten: 3 0 - 4 0 % . Die niedrigere Effektivität im Vergleich zur idiopathischen Kammertachykardien ist am ehesten darauf zurückzuführen, daß ein größeres und mehr komplexes arrhythmogenes Substrat vorliegt. Die kontinuierliche Progression der Erkrankung dürfte für die relativ hohe Rezidivrate

verantwortlich sein.

7.1.2.11 Katheterabiation nach ICD-Implantation Indikation: Frühzeitige Batterieerschöpfung infolge arrhythmiebedingter Aggregatentladungen. Eigenen Erfahrungen zufolge kann die Häufigkeit von Tachykardierezidiven durch Katheterabiation erheblich reduziert werden. Insbesondere werden neue cluster-förmige Schockhäufungen vermieden. Nach Katheterabiation ist eine Überprüfung der Integrität des Kardioverters/Defibrillators notwendig. Berichte über Gerätedefekte nach Ablation liegen nicht vor.

Programmierte Stimulation

145

7.1.2.12 Aktuelle Probleme bei ventrikulären Tachykardien Die Erfolgsrate der Katheterabiation hängt ganz wesentlich von der Herzkrankheit sowie den damit zusammenhängenden Arrhythmiemechanismen ab. Sie verhält sich umgekehrt proportional zur Komplexität des arrhythmogenen Substrats. Ein komplexes arrhythmogenes Substrat mit niedrigen Erfolgsraten ist besonders bei Kardiomyopathie und nach Myokardinfarkt anzutreffen. Dies spiegelt sich auch in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden wieder, denen im Rahmen der Lokalisationsdiagnostik zu begegnen ist. Auch bei exaktem Mapping kann die Arrhythmie nicht immer terminiert bzw. erfolgreich abladiert werden. Ursachen für Mißerfolge: • Nicht alle dokumentierten Tachykardien können wiederholt induziert werden; die Induktion weiterer klinischer Tachykardieformen gelingt erst nach Ablation einer anderen Tachykardie-Morphologie. • Ein großes arrhythmogenes Substrat mit ausgedehnter Zone langsamer Erregungsleitung ist nicht zu erfassen, die Gewebeschädigung ist unzureichend. • Unterschiedliche Tachykardiemorphologien: Identifizierung kritischer Areale gelingt nicht. • Tachykardieursprung bzw. Anteile des Reentry-Kreises liegen intra- oder epiund nicht endokardial. Der Ursprung ventrikulärer Tachykardien liegt in ca. 10 % epikardial. • Frührezidive aufgrund einer Progression der Myokarderkrankung. Die Neigung zur Erstmanifestation anhaltender Tachykardien nach Myokardinfarkt nimmt zwar mit der Zeit ab. Bei zahlreichen Patienten tritt die erste spontane Tachykardie jedoch erst Jahre nach dem Herzinfarkt auf. In den meisten Fällen liegt eine nicht faßbare Progression bzw. Modifikation des arrhythmogenen Substrats als Ursache vor.

7.1.2.13 Behandlungsrichtlinie zur Katheterabiation,Qualitätskontrolle elektropysiologischer Diagnostik Herausgegeben von der Kommission für Klinische Kardiologie, unter Mitwirkung der Arbeitsgruppe „Herzrhythmusstörungen" der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, Herzund Kreislaufforschung. Ζ Kardiol 83 ( 1 9 9 4 ) 8 7 0 - 8 7 6

Die Richtlinien geben einen Überblick über die Energiearten, theoretischen Grundlagen, Techniken und Ergebnisse in bezug auf AV-Knoten, Modifikation der AVKnotenüberleitung bei AV-Knoten-Tachykardien, Ablation von akzessorischen Leitungsbahnen und Kammertachykardien. Jedes Kapitel endet mit den Indikationen, zuletzt werden die räumlichen Anforderungen dargestellt. Ziel der Katheterabiation: Strukturveränderung tachykardieinduzierender intrakardialer Areale durch Elektrodenkatheter mit Hochfrequenzstrom, so daß Tachykardien nicht mehr entstehen. Voraussetzung: elektrophysiologische Untersuchung nach den Qualitätsrichtlinien.

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Tachykarde Herzrhythmusstörung

Energieformen: (1) Hochfrequenzenergie wird durch hochfrequenten Wechselstrom niedriger Leistung erzeugt. In Abhängigkeit von Applikation (uni-/bipolar), Frequenzbereich, Wellenform (un- oder gedämpfte Sinusschwingung) und Energie können unterschiedliche Effekte erreicht werden: vom elektrochirurgischen Schneiden bis zur Gewebeerhitzung ohne Koagulation. Die Koagulation führt zur Myokardnekrose durch Ohm-Wärme ohne Funkenbildung. Die Leistung beträgt 5 - 5 0 W, die von einem Wechselstromgenerator ( 3 5 0 - 7 5 0 kHz) geliefert wird. Vorteil gegenüber Gleichstromschock (s. u.): Energieabgabe ist titrierbar und die Nekrose damit auf eine umschriebene Fläche zu begrenzen. Der Frequenzbereich stimuliert weder Muskeln noch Nerven, so daß keine Allgemeinnarkose notwendig wird, kein Barotrauma. Hochfrequenzstrom ist sicherer als Gleichstromschock, vor allem bei dünnem Gewebe, ζ. B. Vorhofmyokard oder Koronarvenensinus. Im Gegensatz zum Gleichstromschock wurde ein Ruptur des Koronarvenensinus mit Hochfrequenzstrom bisher nicht beschrieben. Weiterhin wurden anhaltende Arrhythmien und Blutdruckänderungen während der Applikation bisher nicht berichtet. Perforationen sind äußerst selten. Hochfrequenzstromläsionen sind sehr klein und homogen. (2) Gleichstromschock: Bei der Gleichstromkatheterablation wird ein konventioneller Defibrillator verwendet, der mit einem Elektrodenkatheter im Herzen verbunden ist. Die distale Elektrode des Katheters ist die Kathode, eine Flächenelektrode Anode. Die Läsionen werden durch eine Kombination von Hitze und Druck erzeugt. Dabei kommt dem elektrischen Gradienten infolge der Entladung die größte Bedeutung zu. Gleichstromschocks können jedoch mit erheblichen Nebenwirkungen wie Kammerrhythmusstörungen und Perforation des Myokards einhergehen. D a Nebenwirkungen häufig sind und eine Allgemeinnarkose erforderlich ist, wird der Gleichstromschock nicht mehr eingesetzt. (3) Mikrowellenenergie: Die Anwendung elektromagnetischer Wellen im GHz-Bereich befindet sich derzeit noch im experimentellen Stadium und erfordert spezielle Katheter.

Katheterabiation des AV-Knotens Metbode: Ein multipolarer Elektrodenkatheter wird von der V femoralis über die Trikuspidalklappe geschoben, um die Vorhof-, His-Bündel- und Kammeraktivität zu registrieren. Normalerweise wird der Elektrodenkatheter so weit zurückgezogen, bis ein großes Vorhof- und nur noch ein kleines His-Bündel-Potential registriert werden. Während der ersten Sekunden treten meist junktionale Schläge auf. Nach Ablation besteht fast immer ein Ersatzrhythmus mit schmalem QRS-Komplex. Bei Versagen der Hochfrequenztechnik von rechts erfolgt die Katheterabiation vom linken Ventrikel. Hierzu wird ein multipolarer Elektrodenkatheter über die Aortenklappe an das Septum des linken Ventrikels vorgeführt und unterhalb der Aortenklappe am His-Bündel piaziert. Ergebnisse: Die AV-Überleitung wird in 7 0 - 9 5 % erfolgreich unterbrochen. Unter zusätzlicher linksseitiger Technik beträgt die Unterbrechung nahezu 100 % . Der totale AV-Block, dessen Ersatzrhythmus mit schmalem QRS-Komplex < 40/min liegt, macht immer einen Schrittmacher notwendig. Die Modulation der AV-Überleitung, d. h. Verlängerung von AV-Überleitungszeit und AV-Knoten-Refraktärzeit, zur Vermeidung eines Schrittmachers wird bei 3 5 %

Programmierte Stimulation

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der Patienten erreicht. Beschwerdefreiheit (ohne Schrittmacher) tritt jedoch nur bei 10 % ein. Komplikationen: extrem selten. Berichtet wurde von spätem plötzlichen Herztod und elektromechanischer Entkoppelung mit Todesfolge. Zu vermeiden ist die niedrigfrequente Schrittmacherstimulation. Plötzliche Todesfälle durch Torsade de pointes sind aufgetreten. Die AV-Knoten-Ablation mit Schrittmacherimplantation beeinflußt in ausgewählten Fällen die Lebensqualität und den funktionellen Status positiv. Praxishinweis: Die AV-Knoten-Ablation reduziert die Zahl der Krankenhausaufenthalte und die Medikamenteneinnahme und verbessert die Lebensqualität. Indikationen·. Vorhofflimmern und -flattern mit medikamentös refraktärer schneller AV-Überleitung sowie medikamentös refraktäre Vorhoftachykardien, deren Ursprungsort nicht direkt durch eine Ablation beseitigt werden können und die eine zu schnelle AV-Überleitung aufweisen. Modulation der AV-Knotenüberleitung bei AV-Knoten-Tachykardien: Die Tachykardien beruhen überwiegend auf einer kreisenden Erregung; die Region schneller Erregungsleitung ist antero- und die langsamer Erregungsleitung posteroseptal um das Ostium des Koronarvenensinus lokalisiert. Die atriale Insertion der langsamen Leitungsbahn wird durch direkte Ableitung von Aktivierungspotentialen identifiziert. Technik: AV-Knoten-Tachykardien werden mit 2 Techniken unterbrochen: (1) Die Ablation der schnellen Leitungsbahn erfolgt anteroseptal ähnlich der des AV-Knotens. Dabei wird der Katheter etwas weiter zurückgezogen, bis nahezu kein His-Potential, jedoch ein großes Vorhofpotential nachweisbar ist. Die Energie wird titriert, beginnend bei 10 W, bis junktionale Schläge während der Stromapplikation auftreten. Folgt den Schlägen keine retrograde Vorhofaktivierung (negatives Ρ in II, III), ist die Stromapplikation zu beenden, um höhergradige AV-Blockierungen zu vermeiden. (2) Die Ablation der langsamen Leitungsbahn erfolgt posteroseptal im Bereich des Ostiums des Koronarvenensinus. Die Plazierung des Ablationskatheters erfolgt entweder durch Potentialableitung von der atrialen Insertion der langsamen Leitungsbahn oder nach der Anatomie. Ziel der Stromapplikation ist die Nichtauslösbarkeit einer anhaltenden AV-Knoten-Tachykardie, selbst wenn noch einzelne AV-Knoten-Echoschläge auslösbar sind. Ergebnisse. Als erfolgreiche Modifikation der AV-Knoten-Region wird entweder eine komplette Ablation oder eine Modifikation der schnellen oder langsamen Leitungsbahn definiert. Ziel ist die Nichtauslösbarkeit einer AV-Knoten-Tachykardie. Bei Modifikation der langsamen Leitungsbahn können einzelne AV-KnotenEchoschläge weiterhin auftreten. Erfolgsrate insgesamt: 85-99 %, unabhängig von der Technik. Hauptkomplikation ist ein totaler AV-Block, bei Ablation der schnellen Leitungsbahn in 5-10, bei langsamen Leitungsbahnen in 1-3 %.

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Tachykarde Herzrhythmusstörung

Indikation·. Primäre Ablation der langsamen Bahn (totaler AV-Block seltener) bei • therapierefraktären AV-Knoten-Tachykardien, bezogen auf deren Häufigkeit, Dauer und Frequenz Nur im Einzelfall sollte bei asymptomatischen oder gering symptomatischen Patienten eine Modifikation der AV-Knotenüberleitung primär durchgeführt werden, ζ. B. in speziellen Berufssituationen (Pilot). Ablation von akzessorischen AV-Leitungsbahnen: Akzessorische atrioventrikuläre Leitungsbahnen finden sich überall entlang der AV-Klappenringe. Deren Ablation verhindert reziproke AV-Tachykardien und die schnelle Überleitung auf die Herzkammer bei Vorhofflimmern. Praxishinweis: Die Katheterabiation von akzessorischen Leitungsbahnen ist Therapie der Wahl. Mehrere Berichte haben die Wirksamkeit und Sicherheit chirurgischer Techniken zur Unterbrechung von AV-Leitungsbahnen aufgezeigt. Ebenfalls wurde mit Gleichstromablation eine Erfolgsrate von 96 % erzielt; jedoch traten bei 2 % der Patienten eine Tamponade, bei 2 % ein plötzlicher Herztod auf, bei einzelnen Patienten mußte ein Schrittmacher wegen eines totalen AV-Blockes implantiert werden.

Technik: Linksseitige Leitungsbahnen können vom linken Ventrikel unterhalb des AY-Ringes nach Punktion der A. femoralis und von der Vorhofseite nach transseptaler Punktion unterbrochen werden. Bei rechtsseitigen Bahnen erfolgt die Ablation überwiegend von der atrialen Seite, selten von der ventrikulären. Anteroseptale Bahnen können sowohl von der atrialen als auch von der ventrikulären Seite unterbrochen werden. Die Ablation posteroseptaler Bahnen erfolgt entweder von rechts oder links posteroseptal. Die Energien liegen zwischen 15 W (Koronarvenensinus, V cordis media), 25-30 W (linke freie Wand) bis zu 50 W (rechte freie Wand). Ergebnisse. Als erfolgreiche Ablation wird die vollständige ante- und retrograde Unterbrechung der Leitung über die akzessorische Bahn definiert. Die Erfolgsraten liegen bei 95-99 %. Komplikationen sind selten und liegen insgesamt unter 5 %: Herztamponade durch Myokardperforation, Koronararterienspasmus mit oder ohne Herzinfarkt, zerebrovaskuläre Insulte, periphere Embolien und AV-Blockierungen. Die Häufigkeit von prozedurbezogenen Todesfällen ist < 0,5 %. Ein Wiederauftreten der Leitung über die akzessorische Bahn findet sich im ersten Jahr bei 5-8 %. Unklar bleibt derzeit die Bedeutung der langen Durchleuchtungszeiten (30-60 min) für Patienten und Untersucher. Indikation: bei symptomatischen Patienten. Sind keine Symptome vorhanden, sollte im Einzelfall, ζ. B. in bestimmten Berufen (Piloten; Leistungssportler) eine Ablation erwogen werden.

Katheterabiation bei Kammertachykardien: Anhaltenden Kammertachykardien bei organischen Herzkrankheiten (ζ. B. nach einem Myokardinfarkt) liegen kreisende Erregungen zugrunde. Fehlt die Herzkrankheit, so beruhen die Kammertachykardien entweder auf einer verstärkten Automatie, einer getriggerten Aktivität oder einem Mikro-Reentry.

Programmierte Stimulation

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Die erste Katheterabiation bei Kammertachykardie wurde 1 9 8 3 mit Gleichstrom durchgeführt (Hartzler et al.). Die Erfolgsquote lag zwischen 12 und 8 5 % . Jedoch traten schwerwiegende Komplikationen in bis zu 10 % in Form plötzlicher Todesfälle, Perikardtamponaden, zerebraler und peripherer Embolien und peripherer Gefäßkomplikationen auf.

Technik. Folgende Techniken zur Auffindung des Entstehungsortes stehen zur Verfügung: • Identifikation des Ortes der frühesten endokardialen Erregung. Diese Technik wird empfohlen, wenn keine organische Herzkrankheit vorliegt. • Pace mapping: Stimulation der Herzkammer an verschiedenen Orten während Sinusrhythmus mit dem Ziel, den Ort zu identifizieren, wo der stimulierende QRS-Komplex mit dem der Kammertachykardie übereinstimmt. • Identifikation der Zone langsamer Leitung durch Nachweis eines langen Stimulus-QRS-Intervalls mit einem stimulierten QRS-Komplex, der mit dem intrinsischen QRS-Komplex während der Kammertachykardie übereinstimmt oder durch ein verborgenes Entrainment. Nach Identifikation des Gewebeareals wird Hochfrequenzstrom mit einer Energie von 2 0 - 4 0 W während der Tachykardie abgegeben. Ergebnisse. Als erfolgreiche Ablation wird die Nichtauslösbarkeit der Kammertachykardie angesehen. In der Regel sollte bei einer Kontrollstimulation vor der Krankenhausentlassung ebenfalls die klinisch dokumentierte Tachykardie nicht mehr auslösbar sein. Die Auslösbarkeit zusätzlicher, bisher nicht dokumentierter Tachykardien wird nicht als Endpunkt betrachtet. Die Erfolgsrate bei Kammertachykardien auf dem Boden einer organischen Herzkrankheit ist im Vergleich zur Ablation von supraventrikulären Tachykardien mit 4 0 - 7 5 % niedrig. Im Gegensatz dazu liegt die Erfolgsrate ohne organische Herzerkrankung um 90 %. Ebenfalls kann bei unaufhörlichen Kammertachykardien unabhängig von der zugrundeliegenden Herzkrankheit eine Terminierung der Tachykardie und damit eine akute Besserung in nahezu 90 % erreicht werden. Eine weitere Ausnahme stellt die hohe Erfolgsrate von nahezu 100 % bei Kammertachykardien auf dem Boden einer kreisenden Erregung innerhalb der Schenkel des HisPurkinje-Systems dar. Komplikationen sind bei Kammertachykardien mit Herzkrankheit häufig, da es sich oft um Schwerkranke handelt. In einer Übersicht lag die Anzahl von Todesfällen bei 6,7 %. Schwerwiegende Komplikationen sind: Hypotension, Lungenödem, zerebrosvaskuläre, pulmonale und periphere Embolien, Herzbeuteltamponade, infarkt, linksventrikuläre Thromben, Sepsis, Angina pectoris und Arrhythmien. Indikation: • Therapie der Wahl bei Kammertachykardien auf dem Boden einer kreisenden Erregung in den Schenkeln des His-Purkinje-Systems • medikamentöse Therapierefraktärität bei mapbaren (lokalisierbaren), langsamen, also hämodynamisch tolerablen Kammertachykardien, die reproduzierbar auslösbar oder unaufhörlich sind • Kammertachykardien ohne organische Herzkrankheit bei medikamentöser Therapierefraktärität

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Tachykarde Herzrhythmusstörung

Kontraindikationen·. • Mit Zurückhaltung ist die Katheterabiation bei Κammertachykardien auf dem Boden einer schweren KHK bzw. dilatativen Kardiomyopathie zu beurteilen, da die Langzeiterfolgsrate gering ist. • Bei medikamentöser Therapierefraktärität mit hämodynamisch instabilen Kammertachykardien ist i. d. R. ein ICD vorzusehen. Räumliche Anforderungen: Ablationen sollten in Herzkatheterräumen durchgeführt werden, wobei zwischen 2-12 Std. veranschlagt werden müssen. Wegen möglicher Komplikationen (Perforation, Perikardtamponade) muß ein herzchirurgischer Eingriff möglich sein. Apparative Ausstattung: Katheterabiationen erfordern: a) Biplane Röntgendurchleuchtung, zumindest monoplane Durchleuchtung mit variabler Projektionsmöglichkeit. Die Strahlenbelastung

reduziert am besten modernste Röntgentechnik, ζ. B. gepulste Durch-

leuchtung. Weiterhin sollten alle Möglichkeiten des passiven Strahlenschutzes gewährleistet sein. Die Durchleuchtungszeiten werden sorgfältig registriert. Eine Studie hat gezeigt, daß die höchste Röntgenbelastung mit im Mittel 7 Rem bei 4 4 Min. Röntgendurchleuchtung im Bereich des 9. Brustwirbels liegt. Diese geht mit einem geschätzten lebenslangen Risiko, an einer strahleninduzierten Krebserkrankung zu versterben, von 1 auf 1 0 0 0 Patienten pro Std. Durchleuchtung (0,1 % ) einher. Jede weitere Durchleuchtungsstunde erhöht dieses Risiko um 0,1 % .

b) Programmierbares Stimulationsgerät. c) Mehrkanalregistriergerät mit speziellen Filtern zur Abschirmung gegen Hochfrequenzstrom. d) EKG-Monitor mit Filtern zur Abschirmung gegen Hochfrequenzstrom. e) Generator. Anforderungen (VDE-Bestimmung 0107): • Hochfrequenzstromgenerator 3 0 0 - 7 5 0 kHz • unipolare und bipolare Stromabgabe • programmierbare Leistungseinstellung 5 - 5 0 W • programmierbare Zeiteinstellung 5 - 6 0 Sek. • Temperatureinstellung wünschenswert • direkte Registrierung von abgegebener Energie, Widerstand • Temperaturmessung wünschenswert • automatische Energieabschaltung bei Widerstandserhöhung a) medikamentöse und apparative Voraussetzungen zur Reanimation b) geeignete Elektrodenkatheter. Dokumentation: Anzahl, Art und Effekt der Hochfrequenzstromabgaben, Durchleuchtungszeiten und Prozedurdauer werden registriert. Personal: Ärzte: Vor Katheterabiation sollte eine mindestens 1jährige Ausbildung in elektrophysiologischen Untersuchungstechniken nachgewiesen werden einschl. Kathetermappings. Dabei sollte der Untersucher 500 diagnostische Eingriffe selbständig durchgeführt haben und als Hauptuntersucher bei mindestens 100 Katheterabla-

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tionen beteiligt gewesen sein. Darunter sollten Ablationen von mindestens 50 akzessorischen Leitungsbahnen und 50 Kammertachykardien sein. Mindestens 2 Ärzte mit Erfahrung in elektrophysiologischer Diagnostik, Katheterablation, Reanimation, Perikardpunktion und Koronarangiographie müssen ständig anwesend sein. Um den Qualitätsstandard des Untersuchers sicherzustellen, sollte er zumindest 50 Ablationen pro Jahr durchführen. Dabei sollte die Erfolgsrate für die Ablation des AV-Knotens, die Modifikation der AV-Knotenüberleitung bei AV-Knoten-Tachykardien und die Ablation von akzessorischen AV-Leitungsbahnen wenigstens 80 % betragen. Die Erfolgsrate bei Kammertachykardien sollte > 60 % betragen. Schwestern/medizinisch-technisches Personal: Im Katheterlabor sollte zumindest 1 Schwester (oder MTA) anwesend sein, die bei der Ablation assistiert und den Patienten während der Prozedur zusätzlich überwacht. Qualitätsrichtlinien für elektrophysiologische Untersuchungen (nach den Empfehlungen der Arbeitsgruppe „Klinische Arrhythmiediagnostik"): • Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, Herz- und Kreislaufforschung Empfehlungen zur Implantation von Defibrillatoren: Z. Kardiol. 82 (1993) 2 4 2 - 2 4 6 • Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, Herz- und Kreislaufforschung: Richtlinien zur Katheterabiation bei Patienten mit tachykarden Rhythmusstörungen: Z. Kardiol. 83 (1994) 870-876.

7.1.2.14 Komplikation Akute und perioperative Komplikationen der Hochfrequenzstrom-Katheterablation sind (nach: G. Hindricks on behalf of the MERFS-investigators: Complications of radiofrequency catheter ablation of arrhythmias. European Heart Journal 1993; 14: 1644-1653): Ablation atrialer Tachykardien und von Vorhofflattern: AV-Block III. Grades 0,71 % Transiente Myokardischämie 0,71 Perforation/Tamponade 0,71 Perikarderguß 1,42 venöse Thrombose 0,71 zerebrale Embolie 0,71

Gesamt Ablation des AV-Knotens (His-Bündel-Ablation): supraventrikuläre Tachykardie ventrikuläre Tachykardie/Kammerflimmern Perforation/Tamponade Perikarderguß venöse Thrombose Lungenembolie Trikuspidalinsuffizienz

5,0

%

0,44 % 0,44 0,14 0,44 1,0 0,22 0,11 %

152

Tachykarde Herzrhythmusstörung

Sepsis Katheterruptur Tod Gesamt

0,22 0,11 0,11 3,2 %

Modifikation des AV-Knotens bei AV-Knoten-Reentry-Tachykardie: supraventrikuläre Tachykardie 0,49 % ventrikuläre Tachykardie/Kammerflimmern 0,12 AV-Block III. Grades 5,07 • schnelle Leitungsbahn 6,2 • langsame Leitungsbahn 2,0 Blutung 0,24 Perforation/Tamponade 0,24 Perikarderguß 0,37 venöse Thrombose 1,11 Lungenembolie 0,24 zerebrale Embolie 0,12 Gesamt 8,0 % Ablation akzessorischer Bahnen: supraventrikuläre Tachykardie ventrikuläre Tachykardie/Kammerflimmern AV-Block III. Grades Blutungen Perforation/Tamponade Perikarderguß venöse Thrombose arterielle Thrombose Lungenembolie periphere arterielle Embolie zerebrale Embolie Endokarditis Pneumothorax Perforation eines Aortenaneurysmas Sepsis Katheterruptur Tod Gesamt

0,72 % 0,09 0,63 0,32 0,72 % 0,54 0,18 0,18 0,09 0,04 0,49 0,04 0,04 0,04 0,08 0,04 0,13 4,4 %

Ablation von Kammertachykardien: ventrikuläre Tachykardie/Kammerflimmern AV-Block III. Grades Blutungen Perforation/Tamponade Perikarderguß arterielle Thrombose Lungenembolie periphere arterielle Embolie zerebrale Embolie Tod Gesamt

2,53 % 0,31 0,63 0,31 0,63 0,31 0,63 0,63 1,26 0,31 7,5 %

Akuttherapie

7.2

Akuttherapie

7.2.1

Supraventrikuläre Tachyarrhythmie

153

Die programmierte Stimulation/Overdrive-Stimulation zur Akutterminierung ist angezeigt (primär, sekundär: Antiarrhythmikaversager) bei (1) supraventrikulären Reentry-Tachykardien • AV-Knoten-, AV-Reentry-Tachykardie (1) intraatrialer Reentry-Tachykardie

mit regelmäßiger l:l-Überleitung:

mit regelmäßiger Vorhofaktion:

• Vorhoftachykardie mit wechselnder AV-Blockierung • Vorhofflattern. Die Kardioversion zur Akutterminierung supraventrikulärer Tachyarrhythmien ist indiziert bei: (1) hämodynamischer Intoleranz, so daß eine unmittelbare Intervention angezeigt erscheint (2) Antiarrhytbmika-refraktärer schneller AV-Überleitung (Differentialindikation.· programmierte Stimulation).

7.2.2 Ventrikuläre Tachyarrhythmie Die programmierte Stimulation/Overdrive-Stimulation zur Akutterminierung ist indiziert bei (1) Idioventrikularrhythmen, falls erforderlich (s. Kap. 4.2.3). (2) ventrikulären Tachykardien mit hämodynamischer Toleranz. (3) primär als Alternative zu Antiarrhythmika. Die Kardioversion/Defibrillation zur Akutterminierung ist indiziert bei: (4) ventrikulären Tachykardien mit hämodynamischer Intoleranz. (5) Kammerflattern, -flimmern. (6) Torsade-de-pointes-Tachyarrhythmien mit Degeneration in Kammerflattern, flimmern.

7.2.3

AV-Knoten-, AV-Reentry-Tachykardie bei WPW-Syndrom

Die programmierte Stimulation zur Terminierung ist indiziert bei AV-KnotenReentry-Tachykardien und AV-Reentry-Tachykardien mit WPW-Syndrom durch • Vorhof stimulation (hochfrequente Reizung des Vorhofes kann Vorhofflimmern induzieren), zu bevorzugen ist die • Ventrikelstimulation: Stimulationsfrequenz ca. 10-20 Schläge oberhalb der Spontantachykardie-Frequenz (Alternative: programmierte Einzelstimulation).

154 7.2.4

Tachykarde Herzrhythmusstörung Kammertachykardie

Die programmierte Stimulation zur Akutterminierung ist indiziert ( Voraussetzung: hämodynamische Toleranz) bei • rezidivierenden Kammertachykardien, ζ. B. auf der Intensivstation, mehrmals täglich, schonendes Verfahren • Antiarrhythmika-resistenter Kammertachykardie Die Elektrotherapie (DC-Kardioversion, DC-Defibrillation) zur Akutterminierung ist indiziert bei • Kammertachykardien mit hämodynamischer Intoleranz Die Hochfrequenzstrom-Katheterablation zur Akutterminierung ist indiziert bei • ventrikulären Tachykardien vom Typ der unaufhörlichen Tachykardien (incessant ventricular tachycardia). Ein sicheres und wirksames Verfahren in der Notfallbehandlung. Erfolgsrate: dem Akutereignis muß meist antiarrhythmisch weiterbehandelt werden.

90 %. Nach

Lebensbedrohliche Tachykardie! Die Sterblichkeit ist besonders hoch, wenn sie unabhängig von transienten Ursachen (ζ. B. Antiarrhythmika, Ischämie) bei eingeschränkter linksventrikulärer Funktion auftritt, vielfach resultiert ein therapierefraktärer kardiogener Schock mit letalem Ausgang. Unter leitungsverzögernden Antiarrhythmika kann die Bedrohung vorübergehend sein und mit fallendem Antiarrhythmika-Plasmaspiegel abnehmen.

7.3

Langzeittherapie: Schrittmacher, ICD

Antitachykarde Schrittmacher s. S. 116) sind obsolet:

ohne

Defibrillationseigenschaften

(Tab.

7-1,



AV-Knoten-Reentry- und AV-Reentry-Tachykardien werden heute durch Hochfrequenzstrom-Katheterablation behandelt. • Die Voraussetzungen für den Einsatz antitachykarder Schrittmacher sind oft nicht gegeben: Die Tachykardie muß reproduzierbar, ca. 200/min sollte nicht überschritten Leitung kommt eine Überstimulation hythmie muß ein programmierbares Zeitverlauf stabil ist.

monomorph und frequenzstabil sein; die Frequenz von werden; bei akzessorischen Bündeln und anterograder nicht in Betracht; für die supraventrikuläre Tachyarr„Überstimulationsschema" gegeben sein, welches im

Diese Schrittmacher wurden bei ventrikulären Tachyarrhythmien, teilweise in Kombination mit implantierbaren Defibrillatoren der ersten und zweiten Generation (s. Abb. 7-1) eingesetzt. Auch dies ist obsolet.

Langzeittherapie: Schrittmacher, ICD

155

Der automatische implantierbare Kardioverter/Defibrillator (ICD) ist indiziert bei •therapierefraktären ventrikulären Tachyarrhythmien •paroxysmalem Kammerflimmern bzw. überlebtem plötzlichen Herztod. Voraussetzungen: • Die Arrhythmien steht nicht im Zusammenhang mit einem akuten transmuralen Myokardinfarkt (Rhythmusstörungen innerhalb der Akutphase, 4 8 - 7 2 h, werden für die Indikationsstellung nicht berücksichtigt); • Arrhythmien sind nicht anderweitig behandelbar, ζ. B. Ausschluß von Proarrhythmien, Dysionämien; sie gehen nicht auf eine Ischämie zurück, die zunächst zu behandeln wäre (interventionelle oder chirurgische Revaskularisation); • Ist eine chirurgische Behandlung oder die Katheterabiation vorzuziehen? Differentialindikationen : (1) Absolute (akzeptierte) Indikationen zur ICD-Implantation: • primäres Kammerflimmern • Herz-Kreislauf-Stillstand als Folge tachykarder Arrhythmien • ventrikuläre Tachykardien ohne hämodynamische Toleranz • ventrikuläre Tachykardien und medikamentöse Therapierefrakterität im Rahmen der elektrophysiologischen Testung • negative elektrophysiologische Diagnostik und linksventrikuläre Ejektionsfraktion < 40 % • nach elektrophysiologischen Kriterien „gute" medikamentöse Einstellung, jedoch klinisches Rezidiv. (2) Relative Indikationen zur ICD-Implantation: • Arrhythmie ist elektrisch nicht zu provozieren, linksventrikuläre Ejektionsfraktion > 40 % • antitachykarde Operation, Arrhythmien sind weiter elektrisch zu provozieren • Ischämie mit therapierefraktärer Ursache (diffuse Koronararterienerkrankung, aortokoronarer Bypass mit weiter bestehender Arrhythmieauslösung) • hämodynamisch tolerierbare ventrikuläre Tachykardie, die mit einfachem Stimulationsprotokoll überstimulierbar ist • Synkopen unklarer Genese, aber Auslösbarkeit einer ventrikulären Tachykardie ausschließlich im Rahmen der elektrophysiologischen Diagnostik. (3) Keine Indikationen bzw. Kontraindikationen zur ICD-Implantation: • o. g. Voraussetzungen sind nicht erfüllt • unaufhörliche Kammertachyarrhythmien (incessant ventricular tachycardia) oder sehr häufige ventrikuläre Tachykardien • asymptomatische anhaltende ventrikuläre Tachykardien bei guter medikamentöser Einstellbarkeit • nichtanhaltende ventrikuläre Tachykardien • akzelerierter Idioventrikularrhythmus • schwerwiegende, prognoselimitierende Zusatzerkrankungen. Komplikationen bei ICD-Implantation (s. Tab. 7-3): Die perioperative Sterblichkeit ist bei transvenöser Implantationstechnik < 1 %. Im Langzeitverlauf ist in ca. 2 % mit Infektionen zu rechnen, die die Tasche des Aggregates oder das gesamte Son-

156

Tachykarde Herzrhythmusstörung

densystem betreffen, darüber hinaus treten in 2 - 4 % Fehlfunktionen auf, die aus Sondendislokalisation oder einer Malfunktion des Defibrillators resultieren, die ζ. T. durch Neuprogrammierung des Aggregats zu beseitigen sind. Auswahl des ICD-Systems (Tab. 7-4): • Defibrillatoren mit Schock- und Antibradykardiefunktion bei paroxysmalem Kammerflimmern bzw. überlebtem plötzlichen Herztod (keine durch Stimulation beeinflußbare ventrikuläre Tachykardie) • Defibrillatoren mit Schock- und Antibradykardiefunktion und Programmen zur Elektro- und Über Stimulation (s. Tab. 7-4): indiziert bei (durch Überstimulation) supprimierbaren ventrikulären Tachykardien. Programmierung der ICD-Aggregate. Die Aggregate der dritten und vierten Generation sind multiprogrammierbar·. Option zur antibradykarden Stimulation, zum antitachykarden Pacing (Overdrive-Stimulation) und zur getriggerten Schockabgabe. Die Programmierung erfolgt individuell: • Die antibradykarde Interventionsfrequenz ist so einzustellen, daß hämodynamisch wirksame Pausen durch Schock vermieden werden, aber eine Aktivierung der Systemfunktion unter „Normalbedingungen" nicht oder nur ausnahmsweise auftritt. • Die Interventionsfrequenz zur Überstimulation von Tachykardien sollte 10-15 Schläge unterhalb der niedrigsten dokumentierten oder durch Stimulation provozierten Frequenz liegen. Üblich ist die Programmierung solcher bursts oder ramps, die während der Diagnostik ventrikuläre Tachykardien terminiert haben. Wie häufig man overdrive-stimuliert, hängt von der hämodynamischen Toleranz der Arrhythmie ab. • Bei Versagen der Überstimulation ist eine Schockabgabe zur Terminierung der Tachyarrhythmia zu programmieren. Schocks mit niedriger Energie vermögen Rhythmusstörungen zu induzieren, die ihrerseits durch höherenergetische Schocks u. U. nur schwer terminierbar sind, Niedrig-Energieabgaben sind zu vermeiden. Bei hochfrequenten ventrikulären Tachykardien bzw. paroxysmalem KammerflatternJ-iUmmern sollte die Energie des ersten Schocks um 10 J höher liegen als die intraoperativ ausgetestete Defibrillationschwelle. Bei konsekutiven Schocks ist die Energie stufenweise anzuheben. Je nach Gerätehersteller sind 4 - 7 repetitive Schockabgaben verfügbar. Inadäquate Schockabgaben treten je nach Programmierung in 1-4 % der Fälle auf. Ursächlich handelt es sich nur sehr selten um Geräte- bzw. Sondendefekte; in der Mehrzahl resultieren diese aus supraventrikulären Tachykardien bzw. paroxysmalem Vorhofflattern und -flimmern; die EKG-Kriterien dieser Arrhythmien sind bei der Programmierung des Aggregates nicht berücksichtigt worden. Inadäquate Schocks können durch Neuprogrammierung vermieden werden. Für die Programmierung wichtig sind: plötzlicher Beginn der Tachykardie und Arrhythmiestabilität. Hierbei sollen frequenzunabhängig nur solche Tachykardien als behandlungsbedürftig erkannt werden, die eine geringe Zykluslängenvariabilität aufweisen. ICD-Ambulanz: ICD-Patienten müssen in einer Spezialambulanz überwacht werden, die auch bei Notfallsituationen (ζ. B. Fehlfunktionen der Geräte) erreichbar ist: 24-Std.-Bereitschaft.

Langzeittherapie: Schrittmacher, ICD 157 4-1 ε tíω 36 0 tí υ υ 3 4-> o &rtH'53 N JS , ( υ ^c 3 VH o lo PJ Ϊ" ,Ν HríJ-«tí "

reduzierte Auswurfleistung =i> arterieller Blutdruckabfall => Koronarminderperfusion => globale Myokardhypoxie. Therapie (s. Kap. 7.1.2.1): • Vorhoff lattern/-flimmern, permanent oder paroxysmal. Eine dauerhafte Stabilisierung des Sinusrhythmus gelingt wegen der vergrößerten Volumina und der erhöhten intrakardialen Drucke oft nicht. •

Bei Vorhofflattern hofflimmer-Rezidive

ist eine Hochfrequenzstrom-Ablation anzustreben. Vorverhindert am besten Amiodaron.



Kontraindikation: Klasse-I-Antiarrhythmika, insbesondere Chinidin (Proarrhythmieneigung). • Präexzitationssyndrome: Hochfrequenzstrom-Ablation • ventrikuläre Tachyarrhythmien sind bei hypertropher Kardiomyopathie besonders gefährlich (s. o.). Therapie: ablativ oder Amiodaron oder ICD oder Kombinationsbehandlung. Praxishinweis: DDD-Schrittmacher, Septuminfarzierung durch transcoronare Kathetertechniken und Morow-Operation (s. Kap. 8.2.1) sind bei hypertropher Kardiomyopathie mit hohen intraventrikulären Druckgradienten Behandlungsstandard.

Dilatative Kardiomyopathie. Ventrikuläre Tachyarrhythmien stellen mit ca. 20 % nach dem muskulären Pumpversagen die zweithäufigste Todesursache. Therapie: Amiodaron (unter Langzeit-EKG-Überwachung), ICD als Einzelfallentscheidung, Hochfrequenzstrom-Ablation. Nach vorläufigen Studien wird die Prognose ventrikulärer Arrhythmien unter Amiodaron verbessert. Als Antiarrhythmikum kommt nur Amiodaron in Frage, auch bei Vorhofflimmern mit schneller Überleitung, häufigen symptomatischen in Salven auftretende Extrasystolien. Kontraindikation: Antiarrhythmika der Klasse I (Häufige Proarrhythmien bei Linksherzinsuffizienz). Rechtsventrikuläre Dysplasie, s. Kap. 71.2.11.

Myokarditis

9.4

199

Mitralklappenfehler, -prolapssyndrom, Myokardinsuffizienz

Mitralklappenfehler: Am häufigsten tritt Vorhofflimmern auf, zunächst paroxysmal, später permanent, meist tachy-, in Spätphasen auch bradyarrhythmisch. Therapie: • Rhythmisierung in Frühstadien, in Spätstadien kontraindiziert • postoperativ (klappenchirurgische Maßnahmen), ggf. Rhythmisierung (Einzelfallentscheidung) • Antiarrhythmika zur Prophylaxe von Tachykardien, ζ. B. Betasympatholytika, Amiodaron (s. Kap. 8.1.2, 8.1.3) • Markumarisierung (bei Mitralklappenstenosen zwingend). Mitralklappenprolapssyndrom: Paroxysmales Vorhofflimmern und Extrasystolien sind die häufigsten Rhythmusstörungen, ventrikuläre Tachykardien sind selten. Therapie (erst zwingend, wenn ventrikuläre Tachykardien auftreten): • Prophylaxe von Vorhofflimmern (s. Kap. 4.1.5, 71.2.7) • bei Extrasystolen: Betasympatholytika: Systematische Untersuchungen sind nicht bekannt. Aus rhythmologischer Sicht liegt eine zwingende Behandlungsindikation erst bei ventrikulären Tachykardien vor (s. Kap. 4 . 2 . 4 , 7.2.2).

• chirurgische Klappenrekonstruktion: bei hämodynamisch bedeutsamer Mitralklappeninsuffizienz. Myokardinsuffizienz: Die manifeste Herzinsuffizienz geht fast immer mit supraund ventrikulären Herzrhythmusstörungen einher: Vorhofflimmern, ventrikuläre Ektopien und Kammertachykardien stehen im Vordergrund. Umgekehrt können brady- und tachykarde Rhythmusstörungen Herzinsuffizienzursache sein. Therapie: • myokardiale Rekompensation • Herzfrequenzsteigerung (bei Bradyarrhythmie), -Senkung (Bremsung der AVÜberleitung) bei Tachyarrhythmie • UAW der Herzinsuffizienztherapie antagonisieren: ζ. B. Kalium- und Magnesiumsubstitution unter Diuretikatherapie • Amiodaron bei schnellem Vorhofflimmern, ventrikulären Tachyarrhythmien (s. Kap. 6.1.3.1).

9.5

Myokarditis

Entzündungen des Myokards, einschließlich Endo- und Perimyokard, können mit elektrischer Instabilität von Vorhöfen und Kammern einhergehen, alle brady-, tachykarden und ektopen Arrhythmien sind möglich; unter prognostischen Aspekten stehen im Vordergrund: paroxysmale ventrikuläre Tachyarrhythmien einschließlich Torsade de pointes und primäres Kammerflimmern. Die kontinuierliche EKG-Überwachung ist unerläßlich.

200

Spezielle Herzrhythmusstörung

Therapie: Behandlungsindikationen ergeben sich unter hämodynamischen und prognostischen Aspekten: Intensivstation (ständige EKG-Überwachung).

9.6

Präexzitationssyndrom, QT-Syndrom (Torsade de pointes)

Präexzitationssyndrome: Paroxysmale Tachykardien bei ventrikulärer Präexzitation werden mit Ajmalin i. v. (Dosierung: s. Kap. 6.1.1.1) behandelt. Overdrive-Stimulation oder Kardioversion als nicht-pharmakologische Alternative (Einzelfallentscheidung!) (s. Kap. 7.1.1), Hochfrequenzstrom-Ablation bei chronisch rezidivierenden Tachykardien (s. Kap. 7.2.3). QTSyndrome: Das Syndrom des verlängerten QT-Intervalls ist eine kongenitale oder erworbene Verlängerung des frequenzkorrigierten QT-Intervalls (nach Bazett); es ist mit einer höheren Inzidenz des plötzlichen Herztodes belastet. Ursächlich sind überwiegende ventrikuläre Tachyarrhythmien vom Typ der Torsade de pointes. Kongenitale bzw. idiopathische QTSyndrome manifestieren

sich häufig in der Kindheit oder im frühen Erwachsenenalter. Sie gelten als eine der Ursachen des plötzlichen Kindstodes. Die familiäre Form des Syndroms ist das Romano-Ward-Syndrom (mit Pseudohypokaliämie); bei dem Jervell-Lange-Nielsen-Syndrom liegt gleichzeitig eine angeborene Innenohrschwerhörigkeit vor.

Symptomatik: paroxysmal Schwindel, Kollaps, Prä- und Synkopen: EKG (Abb. 9-1: Torsade de pointes): Die QRS-Komplexe weisen eine komplette Rotation der elektrischen Herzachse um 360° innerhalb von 5-15 Kammerkomplexen auf. Neben der verlängerten QT-Dauer treten charakteristische Veränderungen der T-Welle auf: häufig werden bei QT-Verlängerung zusätzliche U-Wellen bzw. T-U-Verschmelzungswellen registriert; in vielen Fällen kann eine abrupte Zunahme der Amplitude der U-Welle beobachtet werden, die der Rhythmusstörung unmittelbar vorangeht. Ventrikuläre Extrasystolen mit relativ langem Kopplungsintervall können bei verlängerter QT-Dauer als Warn-Arrhythmien betrachtet werden; sie

II

III Abb. 9-1:

Typische Form der Torsade de pointes-Arrhythmie

Schwangerschaft, Kindesalter

201

leiten in einer sog. Kurz-Lang-Kurz-Sequenz (short-long-short-cycle) eine Arrhythmieepisode ein. Die QT-Verlängerung ist permanent oder passager, ζ. B. bei erhöhter adrenerger Stimulation durch körperliche Belastung, psychischen Streß. Die Symptomatik geht mit verstärkter sympathischer Aktivierung parallel. Mortalitätsstatistiken zeigen eine ca. 20 %ige Inzidenz plötzlicher Todesfälle innerhalb 1 Jahres nach der ersten Synkope bei unbehandelten Patienten, daher früh diagnostieren, früh therapieren! Erworbene Syndrome mit verlängertem QTIntervall werden bei Herz-, ZNSErkrankungen beobachtet und durch Elektrolytstörungen und Pharmaka induziert. Pathophysiologie der Torsade de pointes: • Bei den erworbenen Formen werden vor allem frühe Nachdepolarisationen diskutiert, die vor Abschluß des Aktionspotentials während der Repolarisationsphase auftreten. Diese triggern bei Erreichen der Erregbarkeitsschwelle einzelne oder mehrere Aktionspotentiale (getriggerte Aktivität). Frühe Nachdepolarisationen lassen sich experimentell durch Antiarrhythmika der Klasse I a und III bei erniedrigtem Kaliumgehalt der Perfusionslösung und langsamer Stimulationsfrequenz induzieren.

• Bei angeborenem Syndrom scheint die erhöhte Dispersion der Erregungsrückbildung bedeutsam zu sein, welche die Basis für intraventrikuläre Reentry-Arrhythmien darstellt. Die Chinidin-Synkope ist ein Syndrom mit verlängertem QT-Intervall, erworben durch Antiarrhythmika. Unter Chinidin (s. Kap. 6.1.1.1) treten Torsade-de-pointes-Tachyarrhythmien mit einer Inzidenz von 0,8-8 % auf, unter Sotalol (s. Kap. 6.1.3.2): 1,5-2,4 %. Dagegen ist die Verlängerung des QT-Intervalls unter Klasse-I-c-Antiarrhythmika meist auf eine Zunahme der QRS-Dauer bei konstanter QT-Zeit zurückzuführen. Klinisch bedeutsam ist auch der Zusammenhang zwischen Bradykardien und Torsade de pointes: So werden Torsade de pointes nicht selten bei AV-Block III. Grades im höheren Lebensalter registriert.

9.7

Schwangerschaft, Kindesalter

Für die Behandlung von Rhythmusstörungen in der Schwangerschaft gilt eine strenge Indikation, die sich beschränkt auf: • Akuttherapie und Prophylaxe lebensbedrohender oder hämodynamisch gravierender Arrhythmien. Besonderheiten der Schwangerschaft ist Rechnung zur tragen (Tab. 9-1): Plazentapassage, Übertritt in die Muttermilch, Auswirkungen auf Schwangerschaft, Feten und organtoxische UAW; erhöhtes intra- und extravasales Flüssigkeitsvolumen, gesteigerte hepatische Enzymak-

202

Spezielle H e r z r h y t h m u s s t ö r u n g

C

ÖD e 3

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S T3

c

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-a

I
350/min, feinamplitudige Flimmerwellen, Kammerfrequenz 100-180/min unregelmäßige R-R-Abstände Komplikation: arterielle Embolien, gelegentlich als Erstmanifestation der Rhythmusstörung, Herzinsuffizienz. Therapieziel: Verlängerung der AV-Überleitung zur Senkung der Kammerfrequenz.

212

Tachy-, Brady-, Myokardinfarktarrhythmie

Akuttherapie: • Mittel der Wahl sind: Verapamil 2,5-10 mg oder Diltiazem 12,5-3^5 mg langsam, fraktioniert i. v. unter EKG- und Blutdruckkontrolle • Digitalis wirkt unterstützend, ζ. B. 0,5 mg ß-Acetyldigoxin i. v., Vormedikation mit Digitalis berücksichtigen.



Physikalische Maßnahmen wie Valsalva-Preßdruckversuch

sind hier zwecklos.

• Akut-Kardioversion stationär nach Ausschluß von Vorhofohr (LAA)-Thromben (transösophageale Echokardiographie) und unter Antikoagulation mit Heparin i. v. (Ziel: PTT 2fach verlängern). • Elektiv-Kardioversion: nach vorheriger Phenprocoumontherapie mit Herstellung therapeutischer INR-Werte über 4 - 6 Wochen. Vorhofflimmern bei Präexzitation: EKG: unregelmäßiger Rhythmus mit wechselnd schenkelblockartig verbreiterten Kammerkomplexen, extrem hoher Kammerfrequenz bis 300/min möglich. Akuttherapie: • Mittel der Wahl sind: Ajmalin 50-75 mg langsam i. v. unter den EKG-Kontrollen, bei Therapie Versagern: Flecainid ( 1 mg/kg) oder Propafenon (1 mg/kg) • Kardioversion: frühzeitig einsetzen. Kontraindikation (bei Präexzitationssyndromen, ζ. B. WPW-Syndrom): Verapamil, Diltiazem, Digitalis, weil sie die Überleitungsfrequenz bis zum Kammerflimmern beschleunigen können (anterograde Erregungsleitung über akzessorische Bahn mit hoher Leitungsgeschwindigkeit und kurzer Refraktärzeit). 10.2.2 Ventrikuläre Tachykardie (VT) Kammertachykardien bedrohen das Leben, weil sie unmittelbar in Kammerflimmern übergehen können, daher immer die Reanimation vorbereiten: Intubation/Beatmung, Defibrillator, kardiopulmonale Reanimation. Klinik: schlagartiger Beginn, hämodynamische Toleranz abhängig von Frequenz und Ventrikelfunktion. Monitor-EKG: monomorphe Tachykardien mit Linksschenkelblock (LSB) und RSB-artiger Verformung des QRS-Komplexes, Frequenz 140-250/min, AV-Dissoziation, capture beats und Fusions-Systolen.

Tachykarde Herzrhythmusstörung

213

(1) Anhaltende ( > 30 Sek.) VT mit hämodynamischer Toleranz werden primär medikamentös behandelt: • Mittel der Wahl: Ajmalin (Gilurytmal®) 50-100 mg langsam, fraktioniert i. v. unter Blutdruck- und EKG-Kontrolle • Magnesium (Magnorbin®) 1 - 2 g i. v. (1 Amp. 5 ml 20 % (1 g Mg-Ascorbat) • Lidocain (Lidocain Braun® 2 %, Xylocain Astra® 2120 %) kommt zur Primärbehandlung ausnahmsweise in Betracht bei akutem Myokardinfarkt: 100-200 mg (5-10 ml 2 %ige Lösung) als Bolus, danach Dauerinfusion 2 - 4 mg/kg/h (Alternative: nach dem Bolus 1 - 2 weitere Injektionen nach 10-30 min) vor einem Konversionsversuch mit Ajmalin i. v. empfiehlt sich ein Versuch mit Lidocain wegen kurzer effektiver H W Z von 3 0 - 6 0 min. (1) Rezidivierende VT: Metoprolol Beloc® 2,5-5 mg, Magnesium (Magnorbin®) 1 - 2 g i. v. (1 Amp. 5 ml 20 % = 1 g Mg-Ascorbat) und über Dauerinfusion 5 g/24 h. Therapieversager erfordern: • Elektrotherapie (s. Kap. 72.2): Kathetertechniken (Overdrive-Stimulation), alternativ: Kardioversion, Defibrillation • ultima ratio: • Flecainid (1 mg/kg) oder Propafenon (1 mg/kg), d/l-Sotalol (Sotalex®, 0,5 mg/kg) 2 0 - 4 0 mg fraktioniert i. v. • Amiodaron (Cordarex®) 150-300 mg, 1000 mg/d i. v. über Dauerinfusion. Aufsättigung 7-10 g über 7-10 Tage unter Kontrolle der frequenzkorrigierten QT-Zeit (QTC < 130 %).

Praxishinweis·. Aufeinanderfolgende Injektionen verschiedener Antiarrhythmika, z. B. bei Therapieversagern, können zu einer Akkumulation mit Pro- und therapierefraktären Arrhythmien führen - einzelne Antiarrhythmika mit einem Plan anwenden, frühzeitig elektrisch behandeln.

(3) Anhaltende ( > 30 Sek.) V T ohne hämodynamische Toleranz werden primär elektrisch behandelt: •

Akutterminierung durch DC-Kardioversion, DC-Defibrillation. Ein sicheres und wirksames Verfahren in der Notfallbehandlung. Erfolgsrate: > 9 0 %. Nach dem Akutereignis muß meist antiarrhythmisch weiterbehandelt werden s. rezidivierende VT.

(4) Die incessant ventricular tachycardia, unaufhörliche Tachykardie, rezidiviert nach wenigen regulären Herzaktionen mit hämodynamischen Konsequenzen wie bei permanenter Tachykardie. Ursächlich ist meist eine schwere linksventrikuläre Dysfunktion, auslösend sind häufig Antiarrhythmika, insbesondere solche der Klasse 1.

214

Tachy-, Brady-, Myokardinfarktarrhythmie

Akuttherapie: Eine medikamentöse Suppression ist meist nicht möglich, daher • Magnesiumascorbat-lnfusion (Dosierung s. o.) • Elektrostimulation sowie Hochfrequenzstrom-Katheterablation.

(4) Kammerflattern, -flimmern; Torsade de pointes. Monitor-EKG: Kammerflattern: fließender Übergang von VT, Frequenz 200-300/min, keine Repolarisation abgrenzbar, Kammerflimmern: Vektor und Amplitude unregelmäßig, Frequenz > 300/min, Torsade de pointes: rotierender Vektor um isoelektrische Linie, Frequenz 180-240/min. a) Kammerflattern, -flimmern (VF) erfordern: • kardiopulmonale Reanimation bis ein suffizienter Blutdruck aufgebaut ist, zeitgleich Defibrillation vorbereiten • sofortige, ggf. mehrfache (rezidivierend VF) Defibrillation 200 J, steigern auf 360 J • Ursache beseitigen: ζ. B. Hypoxämie, Dysionämie, meist Hypokaliämie, Azidoseausgleich, myokardiale Ischämie u. U. Koronarangiographie und -angioplastie unter Reanimationsbereitschaft • Amiodaron, hochdosiert oder d/l-Sotalol (s. Tab. 6-22, S. xx) oder Betasympatholytika. Die Behandlung ist eine Einzelfallentscheidung unter Berücksichtigung des kardiologischen Gesamtbefundes.

a) • • •

Torsade de pointes: Antiarrhythmikum absetzen, ggf. Dysionämie behandeln bei Degeneration in Kammerflimmern sofortige Defibrillation Bei Bradykardie (Auslösefaktor): Frequenzanhebung (auf 100-120/min): temporäre Stimulation über Schrittmachersonde mit möglicher Ventrikelüberstimulation bei VT, in Ausnahmefällen mit Orciprenalin oder Isoprenalin (positiv chronotrop)

Amiodaron scheint insofern eine Sonderstellung einzunehmen als die Inzidenz von Torsade de pointes geringer als bei anderen Klasse-III-Antiarrhythmika ist. Torsade de pointes, die unter Klasse-I-a-Antiarrhythmika in Erscheinung traten, sind u. U. unter Amiodaron nicht mehr nachweisbar.

(4) Torsade de pointes mit verlängertem QT-Intervall (Stufenplan der Akuttherapie: s. Tab. 6-28, S. xx, s. Kap. 9.6): • Magnesiumsulfat als Bolus (1-2 g), anschließend -infusion (sehr wirksam), auch bei normalem Serumspiegel oder: • Betarezeptorenblocker ohne sympathomimetische Aktivität (hochdosiert) i. v. (repetierte Langzeit-EKG-Aufzeichnungen erforderlich), ggf. in Kombination mit Magnesium (s. o.)

Bradykarde Herzrhythmusstörung

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• bei Bradykardie: temporärer SM ist besser als Katecholamininfusion (löst Herzrhythmusstörungen aus oder steigert Arrhythmieintensität) • Rezidive unter Betasympatholytika mit Synkopen: ggf. kardiothorakale Sympathektomie (sympathische Denervation des Herzens) oder permanenter SM mit Stimulationsfrequenz oberhalb der Sinusfrequenz • ICD (im Einzelfall, ζ. B. nach Reanimation). Die Erfahrungen mit I C D in dieser Patientengruppe sind begrenzt. Da Torsade de pointes häufig selbst terminieren, sollten Geräte eingesetzt werden, die automatisch überprüfen, ob die Arrhythmie persistiert (Aufschrift: „non committed shock"). Bei Spontanterminierung erfolgt eine Entladung des Generators gegen einen internen Widerstand.

10.3 Bradykarde Herzrhythmusstörung Sinusbradykardie: Monitor-EKG:

Sinusrhythmus, Frequenz < 60/min.

Akuttberapie (nur bei symptomatischer Bradykardie): • Atropin 0,5-1/2/3 mg i. v. • Absetzen von bradykardisierenden Pharmaka • Anlage eines passageren Schrittmachers. Bradyarrhythmia absoluta: Monitor-EKG: < 60/min.

absolute Arrhythmie, mittlere Frequenz

Akuttherapie (nur bei symptomatischer Bradyarrhythmia absoluta): • Atropin 0,5-1/2/3 mg i. v. • Absetzen von bradykardisierenden Pharmaka • Anlage eines passageren Schrittmachers. Anamnese: Medikation erfragen - Absetzten der bradykardisierenden Substanzen, Elektrolytverschiebungen ausgleichen, Hypothyreose? AV-Block III. Grades: Klinik: kräftiger langsamer Puls, Übelkeit, Erbrechen, Schwindel, bradykarde Dekompensation, Somnolenz, Synkopen usw. Monitor-EKG: AV-Dissoziation, bradykarder Kammerrhythmus. Frequenzen (20-60/min) und QRS-Morphologie variieren nach Lokalisation des Ersatzzentrums. Akuttherapie (bei symptomatischem AV-Block III. Grades): • Atropin 0,5-1/2/3 mg i. v. • Epinephrin (Suprarenin® 1 : 10000; 1 ml (0,1 mg) 0 , 1 - 2 mg • Anlage eines passageren Schrittmachers (s. Kap. 8.2) • ultima ratio: transdermale Elektrostimulation unter Analgesierung.

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Tachy-, Brady-, Myokardinfarktarrhythmie

Asystolie/elektromechanische Entkoppelung: Monitor-EKG: mit mehr oder weniger ausgeprägten Undulationen.

isoelektrische Linie

Akuttherapie: • kardiopulmonale Reanimation bis ein suffizienter Blutdruck aufgebaut ist, zeitgleich transdermalen Schrittmacher vorbereiten und ggf. anschließen • Ausschluß von Kammerflimmern: Ableitungen mit geringer Amplitude prüfen und wechseln, im Zweifel: Defibrillation 300 J • Adrenalin!Epinephrin (Suprarenin® l : 10000; 1 ml (0,1 mg) 1 - 5 mg/', v. • Atropin 2 - 4 mg i. v. in Abständen von 5 min • transdermalen Schrittmacher ggf. anschließen - Erfolgskontrolle nur über Karotis- oder Femoralispuls • Azidoseausgleich • passagerer transvenöser Schrittmacher (s. Kap. 8.2) frühzeitig anstreben, in der Klinik primär (s. u.). Fallstricke der Ventrikelstimulation sind: 1. Häufige Infektion der transdermalen Schleuse und der Sonde = > rasch definitive SM-Implantation anstreben bzw. Grunderkrankung behandeln. 2. Sondendislokation => Schrittmachersonde unter Röntgen-Durchleuchtung leicht an RV-Wand anstemmen, optimale Fixierung anstreben. Vv. jugulares bevorzugen, Vv. cubitales meiden. Verwendung eines sterilen Folienschutzschlauchs - erlaubt späteres Nachpositionieren der Sonde unter sterilen Bedingungen. 3. Ventrikelperforation = > Schrittmacherlage unter Durchleuchtung, Echokardiographiekontrolle, bei agitiertem Patienten Sedierung und Fixierung. Ultima ratio bei Asystolie und AV-Block ΙΠ. Grades mit Dekompensation (langsamer Ersatzrhythmus): • Elektrostimulation über perkutane Patchelektroden oder • über Ösophaguselektroden.

10.4 Myokardinfarkt-Arrhythmie Etwa 30 % aller Infarkttodesfälle resultieren aus primärem Kammerflimmern mit Sekundenherztod, welche im Laufe der ersten Stunden gehäuft auftreten oder Folge von koronarer Minderperfusion und, seltener, Reperfusion passager okkludierter Gefäße (Reperfusionsarrhythmien) sind.

Myokardinfarkt-Arrhythmie

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1 0 . 4 . 1 Brady-, supraventrikuläre Arrhythmie Die Bradyarrhythmie-Behandlung hängt von der lnfarktlokalisation ab: Hinterwandinfarkte haben meist eine gute Prognose, da sie auch bei höhergradigen AV-Blockierungen seltener in eine Asystolie übergehen: • Atropin. 0 , 5 - 1 / 2 mg i. v. • SM (passager, ggf. permanent) zur Frequenzanhebung. Vorderwandinfarkte haben eine eher ungünstige Prognose: • passagerer SM: Bradykardien sind oft Vorläufer schwerwiegender Erregungsleitungsstörungen • permanenter SM bei persistierender AV-Blockierung II., III. Grades. Supraventrikuläre Tachykardien. Paroxysmales Vorhofflimmern ist die häufigste Arrhythmie bei Infarkt und erfordert selten eine Notfallbehandlung.

1 0 . 4 . 2 Ventrikuläre, Reperfusionsarrhythmie Reperfusionsarrhythmien sind wegen der Spontanremission (innerhalb von 5 - 1 5 min) selten behandlungsbedürftig (Ausnahme: Kammertachykardie/Kammerflimmern). Rezidivierenden, hämodynamisch schwerwiegenden Formen begegnet man elektrotherapeutisch, ggf. mit Amiodaron (s. Kap. 9.1.2) Ventrikuläre Arrhythmien bei Infarkt werden wie folgt behandelt: (1) Elektrotherapie (Grundsätze: s. Kap. 7): großzügig einsetzen - Mittel der Wahl! (2) Ajmalin i. v. (s. Kap. 6.1.1.1) ist Mittel der zweiten Wahl: intensivmedizinische Kontrolle erforderlich (Proarrhythmien). (3) Amiodaron i. v. bei Therapierefrakterität und rezidivierenden Tachyarrhythmien (Dosierung: s. Kap. 6 . 1 . 3 . 1 . Herstellerangaben). (4) Magnesiumsulfat i. v., evtl. Kaliuminfusion (s. Kap. 9.9), Frequenzanhebung bei Bradykardien, wenn es sich um Torsade de pointes handelt (selten bei Infarkt). (5) Betasympatholytika wirken akutpräventiv, wenn sie früh in einschleichender Dosierung verabfolgt werden ζ. B.: Metoprolol Beloc® i. ν 2 , 5 - 5 mg (s. Kap. 6 . 1 . 2 , 6 . 3 , 7 . 2 . 2 ) . Kontraindikationen: Calciumantagonisten sind kontraindiziert (Nifedipin, Verapamil) oder eingeschränkt verwendbar (Diltiazem). Lidocain nicht prophylaktisch einsetzen, (s. Kap. 6.1.1.2, 9.1.2)!

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Tachy-, Brady-, Myokardinfarktarrhythmie

10.5 Rhythmusstörung bei ICD Dem ICD-Ausweis sind zu entnehmen: Indikation zur Implantation, Gerätetyp, Sonden (transvenös/epikardial) und Programmierung (Magnetbeeinflußbarkeit ein/aus). Sofern Abfrage- und Programmiergerät nicht zur Verfügung stehen, ist bei implantierten Kardiovertern/Defibrillatoren mit Fallstricken zu rechnen, die technische Ursachen haben oder sich aus der Herzkrankheit (Arrhythmien) ergeben. Technische Fallstricke können ausgehen vom antibradykarden System des Aggregates oder von der Antitachykardie-/Defibrillatorfunktion oder das gesamte System bei Sondendislokation oder Batterieerschöpfung betreffen. Antibradykardiesystem: Fehlfunktionen können Sensing- und Pacing-Defekte sein. Ohne Programmiergerät ist das ICD-Systems nicht zu beeinflussen. Akuttherapie: Transport in eine kardiologische Schwerpunktklinik im Rettungswagen. Praxishinweis:

Magnetauflage beeinflußt den ICD nicht!

Antitachykardie-/Defibrillatorfehlfunktion mit inadäquaten Schockabgaben entstehen häufig durch Sensing-Defekte oder Sondendislokation.

Akuttherapie bei inadäquatem Schock (ohne Programmiergerät) ist ein starker Permanentmagnet·. (1) Schockfunktion ausschalten: Magnetauflage auf den ICD für ca. 30 Sek. (während dieser Zeit gibt das Aggregat EKG-synchrone Signaltöne ab) inaktiviert die Schockfunktion - dies signalisiert ein Dauerton. (2) Der Magnet inhibiert die Antitachykardiefunktion, bis er wieder entfernt wird; es ertönen solange pulssynchrone Töne. (3) Magnetfixierung (Pflasterstreifen über dem Aggregat) inaktiviert den ICD für den Kliniktransport. Die antibradykarde Funktion bleibt erhalten. (4) Einige Geräte der 3. Generation sind so eingestellt, daß eine Magnetschaltung unmöglich ist — hier kann ohne Programmiergerät keine Intervention erfolgen. Sondendislokation, Batterieerschöpfung, Gerätedefekt: Funktionsstörungen die den gesamten ICD betreffen, unterbinden die antitachykarde oder Schocktherapie vollständig. Akuttherapie: externe Defibrillation. Praxishinweis: Die Faraday-Abschirmung implantierter epikardialer Flächenelektroden erfordert ggf. atypische Positionen der externen Defibrillator-Paddels: a. p. oder sagittal, dabei max. Leistung: 300 J.

Rhythmusstörung bei ICD

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ICD-Störungen durch Arrhythmien. Folgende 3 tachykarde Rhythmusstörungen verursachen ICD-Dysfunktionen: Rezidivierende Phasen von Tachyarrhythmia absoluta mit Frequenzen oberhalb der cut-off rate des ICD, insbesondere wenn nach ICD-Entladung kein Sinusrhythmus erreicht wird. Akuttherapie (Reihenfolge): ICD-Inhibition durch Magneten, Frequenzsenkung ζ. B. mit Diltiazem (Dilzem®) 25 mg fraktioniert i. v., Einweisung (Rettungswagen, Fachklinik). Anhaltende therapierefraktäre VT (incessant ventricular tachycardia). Wiederholte, adäquate ICD-Schocks nach erfolglosem antitachykarden Pacing und frustranen Schocks. Akuttherapie: • ICD-Inhibition durch Magneten, Rettungswagentransport in ein kardiologisches Zentrum • medikamentöse Rhythmisierung bei hämodynamischer Instabilität: Ajmalin (Gilurytmal®) ist Mittel der Wahl: 25-100 mg langsam, fraktioniert i. v. unter Blutdruck- und EKG-Kontrolle, alternativ oder zusätzlich Magnesium (Magnorbin®) 1-2 g i. v. (1 Amp. 5 ml 20 % = 1 g Mg-Ascorbat) alternativ oder zusätzlich Metoprolol (Beloc®) i. v. 2 , 5 - 5 mg • ggf. Kardioversion durch externen Defibrillator oder ICD unter Analgesierung. Praxishinweis: Bei medikamentöser Rhythmisierung Vormedikation berücksichtigen - meist Amiodaron - hier drohen in Kombination mit anderen Antiarrhythmika Proarrhythmien, daher strenge Indikationsstellung vor Rhythmisierung. Anhaltende rezidivierende V T bei kardialer Dekompensation oder Elektrolytverschiebungen mit häufigen adäquaten ICD-Schocks. Im Notfall ist die Genese der Rhythmusstörung nicht immer festzulegen - auch hier hat der Rettungswagentransport in die Klinik Vorrang.