Leitfaden zum praktischen Betriebe der landwirtschaftlichen Geflügelzucht in Bayern: Preisschrift 9783486727876, 9783486727869

153 60 1MB

German Pages 24 Year 1892

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Leitfaden zum praktischen Betriebe der landwirtschaftlichen Geflügelzucht in Bayern: Preisschrift
 9783486727876, 9783486727869

Table of contents :
Inhalt
Die Bedeutung der Geflugehucht im Haushalte der Landwirtschaft
Auswahl der Geflügelart
Auswahl der Nutzgeflügelrassen
Die Fortpflanzung des Hausgeflügels
Pflege und Ernährung des Geflügels
Die Mast des Geflügels
Maßregeln in Krankheitsfällen
Absatzquellen für den Verkauf der Produkte der Geflügelzucht

Citation preview

zum

praktischen Aietrieöc bet

landwirtschaftlichen KeMgelzucht tu Sayern.

^rreis schrrift. Gearbeitet von

Wilhelm Vrovst, fliibt. Zahlmeister und ©elretnr des bayer. Landesgeflügelzncht-BereinS.

Herausgegeben von dem

Kanertschrn Landrrgeflüüchncht-Kereia tn München unter dem Vrotentorate Zr. Kgl. Allheit Krinz Kudmig von Kayern. Mvtto:

Ächte das Meine und du wirst es zu Grcßem Uingtii.

München. Druck und Verlag von R. Oldenbourg 1892.

Inhalt. Seite

Iie Aedeutung der Heflügekzucht im Kaushatte der Landwirtschaft 5 Auswahl der Heflügelart..................................................................... 6 Auswahl der Zluhgeffügetraffen:

a) Hühnerzucht................................................................. 7 b) Entenzucht.................................................................... 10 c) Gänsezucht.................................................................... 11 Pie Aortpflanzung des Kausgeflügets................................................ 11 Pflege und Ernährung des Heflügeks:

a) Junggeflügel................................................................ 15 b) Altgeflügel.................................................................... 17 c) Stallungen.................................................................... 19 Die Mast des Heffügels........................................................................20 Maßregeln in Krankheitsfällen..........................................................21 Avfahquellen für den Verkauf der Produkte der Keflügetzucht 23

Die Bedeutung der GeMgehucht im Haus­ halte der Landwirtschaft. Unter den Nebencinnahmen in der Landwirtschaft spielt der Ertrag der Geflügelzucht selbst nach dem Ausspruche prak­ tischer Landwirte eine wesentliche Nolle. Durch die Erhebungen des bayerischen Landesgcflügelzucht-Vereins im Jahre 1889 wurde festgestcllt, daß der Ertrag des in Bayern ständig gehaltenen Hausgeflügels oder besser der Erlös für Eier, Schlachtgeflügel und Bettfcdern jährlich 31 Millionen Mark beziffert und das kaiserlich statistische Amt in Berlin hat nachgewiesen, daß in demselben Jahre für ca. 70 Millionen Mark Produkte der Geflügelzucht mehr nach Deutschland ein- als ausgeführt worden sind. Österreich hat int Jahre 1888 nach amtlicher Berech­ nung für ausgcführte Eier, Geflügel, Federn rc. 26 Millionen Gulden oder 44 Millionen Mark eingenommen, somit mehr, als für alle ausgeführten Tiere, wie Rindvieh, Schafe, Ziegen und Pferde. Wohl in den meisten Familien der Landleute werden die kleinen, häuslichen Ausgaben durch das sogenannte Eiergcld bestritten. Die Zusammenzählung des Erlöses am Jahres­ schlüsse würde ergeben, daß durch denselben die Einnahmen wesentlich vermehrt werden, hauptsächlich im Frühjahre, wo andere Produkte nicht zum Verkauf gebracht werden können. Abgesehen davon braucht die Familie selbst Eier als Nahrungs­ mittel, namentlich im Sommer als teilweisen Ersatz für Fleisch­ speisen. Millionen von Eiern werden zu gewerblichen Zwecken verwendet und das Schlachtgeflügel findet zu allen Jahreszeiten leichten Absatz. Trotz dieser Vorteile wird die Geflügelzucht in der Land­ wirtschaft noch oft als ein notwendiges Übel betrachtet und doch

6 kann auf dem Lande allein dem Geflügel ohne Kostenaufwand ein freier Laufplatz eingeräumt werden; viele Abfälle, die ohne das Hausgeflügel keinen Nutzen bringen, nimmt dasselbe als Nahrung auf und beschränkt dadurch das zu reichende Futter auf ein geringeres Maß. Die Anschaffungskosten sind klein und kommen im Vergleich zu denen für größere Viehgattungen nicht in Betracht. Verluste sind selten und leichter zu ertragen, die Stallungen erfordern nur geringe Anlagen, die Pflege, welche meist von weiblichen Kräften besorgt wird, verursacht keine besonderen Kosten und Geflügeldünger hat für den Ge­ müsebau ebenfalls Wert. Jeder Bauer re. hält, wenn auch nicht gerne, eine Anzahl Hühner, Enten oder Gänse oder alle Gattungen zugleich, je nachdem das Klima, die Bodenbeschaffeuheit, der Körnerreichtum oder die Nähe des Wassers dies begünstigt. Wenn er nun bei Auswahl des Zuchtgeflügels nach den Grundsätzen verfährt, welche für die Tierzucht im allgemeinen gelten, wenn er auch dem Federvieh entsprechende Wart und Pflege angedeihen läßt, dann wird sich auch der Ertrag wesent­ lich höher stellen.

Auswahl der Geflügelart. Die Wahl der Geflügelart wird durch die Bodenverhält­ nisse, durch nahe gelegene Bäche und Weiher, durch den Ab­ fall an Körnerfutter und durch passende Weideplätze beeinflußt. In Gegenden mit reichem Körnerbau und trockenem Boden werden Hühner mit mehr Vorteil zu halten sein, als in wal­ digen, gebirgigen Bezirken. Die Entenzucht ist zu empfehlen, wenn dem Geflügelhalter nahe am Anwesen ein Bach oder Weiher zur Verfügung steht. Finden sich in solchen Gewässern viele Wasserpflanzen und wird kein Schaden inbezug auf Fischzucht angerichtet, dann wäre die Vernachlässigung der Entenzucht ein wirtschaftlicher Fehler. Gänse beanspruchen weniger Wasser als die Enten, jedoch kann man eine größere Anzahl derselben mit Vorteil nur dann halten, wenn ausreichende Weideplätze zur Verfügung stehen. Je mehr Gras und Weidefutter diese Tiere in der Freiheit finden, desto geringer sind ihre Ansprüche an die Stall­ ernährung.

7 Truthühner, auch Puter, Welschhuhn und Indian genannt, werden mit Vorteil nur auf größeren Höfen gehalten. Auf­ merksame Pflege darf in der Jugend nicht fehlen, da die Tiere ungemein weich und für Kälte und Nässe empfindlich sind. Bei guter Fütterung werden die Jungen nach 6—8 Monaten reif für die Schlachtung und liefern einen feinen Braten. Vor­ zügliche Dienste leistet das Truthuhn als Brüterin für Hüh­ ner, Enten und Gänse. Tauben werden in der Landwirtschaft einen eigentlichen Nutzen nur selten einbringen, aber auch keinen nennenswerten Schaden verursachen. Selbstverständlich sind hiebei Tauben ge­ meint, welche gerne und fleißig feldern und in der offenen Zeit sich zum größten Teile selbst ernähren. Schaden können die Tauben bringen, wenn sie frisch gesäte Samenkörner aufuehmen, weshalb ihr Ausflug während der Saatzeit polizeilich verboten ist; nützlich werden sie durch Vertilgung großer Mengen Un­ krautsamen. Zu den Nutztauben werden alle Arten von Feld-, Farben- und Brieftauben gezählt; diese alle brüten fleißig, die Jungen entwickeln sich rasch und finden immer Abnehmer gegen gute Bezahlung.

Auswahl der Nutzgeflügelrassen. a) Kühnerzucht. Für den ländlichen Geflügelzüchter in Bayern können nur Hühnerarten in Frage kommen, welche an die klimatischen und Bodenverhältnisse dieses Landes gewöhnt, also nach Möglich­ keit gegen Frost und naßkaltes Wetter abgehärtet sind oder sich leicht an unser Klima gewöhnen, geringe Ansprüche in Rücksicht auf Wart und Pflege erheben und durch fleißiges Suchen nach Nahrung nur eine mäßige Fütterung verlangen. Außerdem müssen die Hühner des Landwirtes fleißig Eier legen und letztere möglichst groß sein, die Jungen sich rasch befiedern und leicht aufziehen lassen; endlich koinmt auch noch der Fleisch­ ansatz in Betracht. Ganz werden diese Voraussetzungen von keiner Hühner­ rasse erfüllt, doch kommen einige den billigen Anforderungen der Nutzgcflügelzüchter ziemlich nahe. Was die Abhärtung gegen das rauhe Klima, die Auspruchlosigkeit inbezug auf Wart und Pflege, dann auf

8 Nahrung und das leichte Aufziehen der Jungen betrifft, so steht unser Landhuhn oder die sogenannte Bauernhenne obenan. Keine andere Rasse kommt ihr in dieser Richtung gleich; dabei legt sie fleißig und bleibt meist von Krankheiten verschont. Diesen Vorteilen stehen übrigens auch Nachteile gegenüber. Die Bauernhenne ist infolge fortgesetzter Inzucht klein und deshalb als Fleischhuhn wenig zu gebrauchen; auch legt sie kleine Eier, Eigenschaften, deren Beseitigung angestrebt werden muß, wenn das Landhuhn dem Geflügelzüchter größeren Er­ trag abwerfen soll. Gleichwohl wird vorerst die Hebung der Geflügelzucht noch unter Benützung des Landhuhns in der Weise anzustrcben sein, wie solche seit einer Reihe von Jahren von den verschiedenen Geflügelzucht-Vereinen versucht wird. Eine Verbesserung des Landhuhns wird herbeigcführt, wenn für die Zucht nur die schönsten Tiere, keines unter P/a oder über 3 Jahre alt, gleich in Form und Farbe ausgesucht werden, ein gleich alter, nicht blutsverwandter Hahn dazugcstellt und fortgesetzt, d. h. von Jahr zu Jahr nach diesen Grundsätzen verfahren wird. Die Jungen eines solchen Zuchtstammes er­ erben die guten Eigenschaften der Eltern, entwickeln sich meist kräftiger als diese und werden demzufolge auch für die Schlach­ tung wertvoller, die Eier werden größer und der Fleiß im Legen nachhaltiger. Grundsätze für die Form und Farbe des gewöhnlichen Landhuhns lassen sich nicht aufstellen, da die Einheit in der Rasse durch Mischungen der verschiedensten Art längst verloren gegangen ist. Beschleunigen läßt sich die Verbesserung des Landhuhns wenn statt eines gewöhnlichen Hahnes ein Italiener-, Langshan-, La Fitehe - oder Brahma-Hahn dem ausgewählten Stamme Landhühner beigegcben wird. Die Blutvermischung bewirkt, daß die Nachzucht schon im Anfänge sich kräftiger ent­ wickelt» demzufolge in der ersten Generation schon größere Eier legt, als Fleischhuhn leichter verkäuflich ist und den Fleiß im Eierlegen steigert. Nach dem Landhuhn und den vorerwähnten Kreuznngen eignet sich das italienische Laudhuhn am besten für die länd­ liche Geflügelzucht. Dasselbe ist etwas größer, wie das erstere, legt sehr fleißig schöne und große Eier, verträgt unser Klima leicht uud erhebt inbezug auf Fütterung und Pflege ebenfalls nur geringe Ansprüche.

Rasserein soll das Jtalienerhuhn eine

— s stolze, aufrechte Haltung haben, der Schnabel und die Füße sollen gelb, letztere außerdem federlos sein. Bei den Hähnen wird ein großer, regelmäßig gezackter, aufrechtstehender Kamm, bei den Hennen ein umliegender Schlvtterkamm verlangt. Tiere, welche diesen Anforderungen entsprechen, haben eine gelbe Haut und sind deshalb als Schlachtgeflügel nicht beliebt und schwer verkäuflich. Der ländliche Geflügelzüchter muß mit Rücksicht hierauf auf diese ausgeprägten Rassemcrkmale verzichten und Italiener mit dunklem Schnabel und dunklen Beinen — so­ genannte Lamotta — halten. Die allmähliche Verkleinerung des Kammes ist anzustreben, weil ein großer Kamm das eine Auge des Huhns verdeckt und im Winter leicht erfriert. Ein gutes Jtalienerhuhn legt vom ersten bis zum vierten Jahre im Durchschnitt jährlich 100—140 Eier im Gewichte von 55—70 g, unser Landhuhn nicht viel weniger, das Gewicht derselben ist jedoch nicht höher als auf 40—50 g zu schätzen. Beide sind gute Winterlegerinnen, wenn sie von Frühbruten stammen, warme Ställe haben und gut gefüttert werden. Zum Brntgeschäft sind Jtalienerhühner selten zu gebrauchen, während das Landhuhn sich hierin vortrefflich erweist und als Führerin der Jungen alle Mutterpflichten erfüllt. Die Geflügelzucht-Vereine in Bayern und insbesondere der bayerische Landesgeflügelzucht-Verein sind bei ihren langjährigen Versuchen zu der Überzeugung gekommen, daß die vorbcschriebenen Jtalienerhühner den Vorzug vor allen andern als Leg­ hühner verdienen, und daß die Kreuzung derselben mit einem Langshan- oder La Llöollo-Hahn ein sehr brauchbares Fleisch­ huhn ergiebt, das auch im Legen vieler und großer Eier dem reinen Jtalienerhuhn fast gleichkommt. Jn denKreisenOberbayern und Schwaben-Neuburg sind die letztbeschriebenen Kreuzungen vielfach eingcführt und ihre Vorzüge stehen außer allem Zweifel. Es kann somit die Einführung derselben allen jenen Ge­ flügelzüchtern aufs wärmste empfohlen werden, welche die Ver­ besserung ihrer Haushühner in Verbindung mit dem höheren Ertrag aus der Federviehhaltung erstreben. Wenn in jeder Gemeinde nur ein richtig zusammengestellter Zuchtstamm sich befindet, kann im Laufe weniger Jahre das ganze Hühnervolk durch die beschriebenen Kreuzungsrassen ersetzt und bezw. er­ neuert werden. Alle andern Hühnerarten, so insbesondere die orientalischen Rassen und die Haubenhühner, dann jene mit großen Schlotter-

10 kämmen können zur Reinzucht dem ländlichen Geflügelzüchter nicht empfohlen werden. Die ersteren sind zwar sehr groß, setzen viel Fleisch an und brüten vorzüglich, aber sie legen nicht viel und im Verhältnis zu ihrer Größe kleine Eier und ver­ langen eine reichliche Fütterung, weil sie zu faul sind, der Nahrung nachzugehen; ihr Fleisch ist nicht fein und zart. Die französischen Nassen sind als Eierlcger sowohl wie als Tafelhühner Mustertiere, aber für unser Klima viel zu weich, und die Jungen sehr empfindlich in der Aufzucht. Haubcnhühner und solche mit Schlotterkämmen thun sich schwer im Suchen von Nahrung und übersehen die ihnen von Raub­ tieren drohende Gefahr.

b) Entenzucht. Unsere gewöhnliche Hausente, die selten ein Gewicht von über 3 Pfund erreicht, ist ein ruheloses, stets gefräßiges Tier, mit nicht zu bekänipfender Neigung znm Streunen und zum Verlegen der Eier und deshalb deren Zucht wenig ein­ träglich. Die Peking-Ente ist ein aus China eingeführtes, den Körper mehr aufrecht tragendes Tier mit rötlich-gelbem Schnabel, das eine bedeutende Größe erreicht und sicher einen Braten im Fleischgewicht von 3—4 Pfund liefert. Dieselbe ist weiß befiedert, leicht aufzuziehen, mit wenig Wasser zufrieden und legt fleißig Eier. Die gleichen guten Eigenschaften sind der aus England stammenden Aylesbury-Ente nachzurühmcn. Sie trägt ihren Körper mehr wagrecht und hat einen rötlich-weißen Schnabel; die Federn sind weiß. Bei fortgesetzter Inzucht geht die Rasse leicht zurück und es muß deshalb öfter für Blutauffrischung gesorgt werden. Die Aufzucht der Jungen erfordert mehr Sorgfalt als jene der Peking-Enten. Die Rouen-Ente und die verschiedenen sonstigen Enten­ arten können für die ländliche Geflügelzucht nicht empfohlen werden; teils, weil die dunklen Federn weniger Wert haben, teils, weil die Aufzucht der Jungen Schwierigkeiten bereitet. Durch die Kreuzung unserer Hausente mit der Peking­ oder Aylesbury-Ente wird dieselbe größer und ertragsfähiger, so daß diese Blutmischung allen ländlichen Geflügelzüchtern dringend empfohlen wird.

11

c) Gänsezucht. Die eingangs aufgezählten Voraussetzungen für vorteil­ hafte Gänsezucht bringen es mit sich, daß wir dieselbe in ein­ zelnen Bezirken Bayerns hochentwickelt vorfinden, in anderen stark vernachlässigt sehen. Ihr bedeutender Nuyen wird auch von den Bauern anerkannt. Die Gänsezucht, nach Art der Nieser Bevölkerung betrieben, liefert nachweisbar hohen Ertrag. In der Hauptsache ist selbst bei ausgedehnter Zucht die gewöhnliche Landgans, teils mehr, teils weniger groß entwickelt, in Verwendung. Ein weit größeres Gewicht erreicht die Emdener- und die pommerische Gans. Erstere hat ein weißes, letztere ein weißes oder scheckiges Gefieder. Ein gutes Nutz­ tier ist auch die italienische Gans. Sie ist reinwciß, seltener scheckig und paßt sich unserem Klima leicht an; sie legt nach vollständiger Entwickelung im Jahre 60—80 Eier und eignet sich deshalb vorzüglich zu Kreuzungen mit unserer Landgans. Ein dem Verfasser bekannter Bauer erzielte von einem Paar italienischer Gänse während einjähriger Legzcit 70 Stück Eier, die er durch Hühner ausbrülcn ließ. Hievon sind 55 Stück Jnnge ausgckommen. Dieselben wurden von den Glucken im Hofe und in den Straßengräben geführt, wobei sie bestens ge­ diehen, sich rasch befiederten und täglich an Gewicht zunahmen. Die im März ausgcschlüpften Tiere wurden im Juni schon mit 5 Mark das Stück gerne bezahlt.

Die Fortpflanzung des Hausgeflügels. Für die Fortpflanzung des Hausgeflügels hat die Natur Schranken gezogen, deren Beobachtung die erste Sorge des Züchters sein muß. Nur vollentwickclte Tiere, welche alle guten Eigenschaften einer Rasse in sich vereinigen, vererben dieselben auch auf die Nachzucht. Dies gilt von der Rindvieh- und Pferdezucht ebenso, wie von der Geflügelzucht. Die Steigerung der Ertragsfähigkeit hängt wesentlich davon ab, daß der Fort­ pflanzung eine immerwährende Aufmerksamkeit zugewendct wird. Selbst der schönste Stamm Hühner, Enten oder Gänse geht im Laufe der Jahre zurück, wenn nicht die Fürsorge des Züchters dies verhütet. Klar muß sich derselbe darüber sein, welchen Zweck er mit seiner Zucht verfolgen will. Ist es ihm darum zu thun, Hühner zu bekommen, die fleißig und große Eier legen, dann muß er seine besten Leghühner zur Nachzucht verwenden; will er

12 dagegen vorzugsweise Schlachtgeflügel erzielen, dann muß er für den Zuchtstamm kräftige, fleischige Tiere wählen. Welche von den beiden Zuchtrichtungcn die lohnendere ist, hängt von den gegebenen Absatzgebieten ab. Grundregel ist, daß zu Brutzwccken nur Eier verwendet werden dürfen, welche von zwei- und dreijährigen, vollkommen gesunden und fehlerlosen Tieren stammen und die außerdem, wie vorbemerkt, die gewünschten Eigenschaften in sich vereinigen. Aber auch der Hahn, der den zur Zucht gewählten Hühnern beigegcben ist, muß ein vollkommen gesundes, im gleichen Alter stehendes, mustergiltigcs Tier fein. Mehr als 10—12 Hühner sollen einem solchen Hahn nicht zugetcilt werden. Besitzen die eigenen Hühner eines Geflügelhalters die er­ forderlichen Eigenschaften nicht, oder nur in geringerem Maße, dann ist die Beschaffung eines entsprechenden Zuchtstammes auf verschiedene Weise möglich. Entweder man kaust sich einen Hahn und 2—3 Hennen, oder man erwirbt zu den eigenen Hühnern einen passenden jungen Hahn, oder endlich, man tauscht Brutcicr von guten Stämmen ei», um auf diese Weise eine entsprechende Nachzucht zu erzielen. Ist der Züchter im Besitze des Zuchtmaterials, dann hat er nur darauf zu achten, daß alle irgendwie fehlerhaften Tiere ausgeschiedcn, alle mehr als drei Jahre alten geschlachtet oder zum Schlachten verkauft werden und daß mindestens alle zwei Jahre ein neuer Hahn den Zuchttieren beigegcben wird, der jedoch mit den letzteren nicht blutsverwandt sein darf und nach Nasse, Form und Farbe zu den Hühnern passen muß. Es genügt nicht, die be­ schriebenen Grundsätze nur zwei oder drei Jahre zu beobachten, nein! Wer mit Erfolg Geflügel züchten und den Ertrag auf einmal erreichter Hohe erhalten will, muß nach denselben fort­ gesetzt verfahren. Wird eine der oben beschriebenen Hühner­ arten, resp. Kreuzungen in Aussicht genommen, dann muß der zur Zucht verwendete Hahn jeweils der ursprünglichen Rasse entstammen. Hat man z. B. Langshan- und Italiener-Kreuzung, so muß der Langshan-Hahn so lange reinrassig fein, bis die gewünschten Formen erzielt sind, ebenso bei der La Flecheund Italiener-Kreuzung. Erst wenn die Nachkömmlinge alle gleiche Nassenmcrkmale tragen, was nach 6—7 Jahren der Fall sein wird, können die Krcuzungsprodukte als eine neue, konstante Rasse betrachtet werden. Von da ab bedarf es der fremden Rasse nicht mehr und genügt es, alle zwei Jahre von

13 einem anderen Geflügelhofe mit gleicher Zucht einen jungen Hahn einzutauschcn, damit keine Blutsverwandtschaft entsteht. Sicht sich der Geflügelzüchter zur Anschaffung von Zucht­ tieren aus irgend welchem Grunde veranlaßt, so kaufe er nur bei Züchtern, deren Ncellität er kennt. Mit einer gewissen Gefahr ist der Einkauf bei Händlern und manchmal auch bei Nasscngcflügclzüchtern verbunden. Erstere vermögen keine Ge­ währ für gute Eigenschaften oder Gesundheit zu übernehmen, letztere suchen nicht selten für alte ausgcmcrzte Tiere hohen Preis zu erzielen. Ganz besonders werden die Käufer vor den verkappten Händlern gewarnt, deren Reklame auf eigene Zuckt schließen läßt, in Wirklichkeit aber nur den Handel mit minderwertigem Geflügel bezweckt. Ist der Geflügelhalter seiner Sache nicht sicher, dann wende er sich an den Vorstand eines landwirtschaftlichen oder Geflügelzucht-Vereins, um mit dessen Rat und Hilfe sein Zuchtmatcrial zusammcnzustcllen. Die gleiche Vorsicht ist bei Benützung fremder Bruteicr zu empfehlen. Letztere von weit her zu beziehen, ist gar nicht zu raten, denn der Transport, soweit er mit starken Erschütterungen des Kistchens verknüpft ist, zerstört in der Regel die Keimfähigkeit und Zeit und Geld sind verloren. Kostenlos könnten die Geflügelzüchter in einer Gemeinde in den Besitz des für die gegebenen Verhältnisse passenden Znchtmatcrials kommen, wenn ein verständiger Ortsbewohner sich znr Haltung eines Zuchtstammcs bereit finden ließe und diese seine Absicht der Vorstandschaft des Kreis- oder Landesgeflügclzucht-Vcrcins bekannt geben wollte. Diese Vereine haben Beziehungen zu allen rationellen Geflügelzüchtern und sind außerdem ab und zu in der Lage, Zuchtstämme auch unentgeltlich an ländliche Geflügelzüchter hinauszugcben, wenn diese sich verpflichten, die hievon erzielten Eier nach Abzug des Bedarfs für die eigene Nachzucht eins gegen zwei an die anderen Bewohner des Ortes zu vertauschen. Durchaus notwendig ist es, daß in einer Ortschaft, soweit es sich um Nutzgeflügel handelt, nur ein Schlag und bczw. eine Nasse, gleich in Form und Farbe, gehalten wird, weil sich auf dem Lande die Hühnervölker nicht so absondern lassen, daß nicht Vermischungen stattfänden, und gerade hierin liegt der Grund des bisherigen Durcheinander unter den Land­ hühnern. In Frankreich, woselbst die Hühnerzucht weit besser­ entwickelt ist wie bei uns, und der Ertrag auf 343 Millionen

14 Franken jährlich geschätzt wird, trifft man viele Stunden weit nur Hühner von ein und derselben Nasse und Farbe. Ist der Zuchtstamm nach obiger Anleitung zusammen­ gestellt, so kann das Brutgeschäft seinen Anfang nchnicn. Je früher damit begonnen wird, desto größer wird der Erfolg sein. Die Frühbrutcn entwickeln sich bei aufmerksamer Pflege und Schutz vor rauhem und nassen Wetter viel kräftiger als Spätbrutcn. Für die jungen Hähne, deren Zahl ohnehin immer größer ist, als jene der Hühner, werden im Frühjahre bessere Preise bezahlt und die jungen Hühner fangen schon zu einer Zeit zu legen an, wo frische Eier den höchsten Preis haben. Im März, April und Mai, spätestens noch im Juni, aber ja nicht später, muß man untersetzen; wenn irgend möglich gleichzeitig, und soviel man zur Nachzucht bedarf, oder junge Tiere zu verkaufen die Absicht hat. Alle Geslügclhaltcr werden darauf aufmerksam gemacht, daß ein Huhn während seiner Leg,zeit etwa 60u Eier legt; davon treffen auf die ersten drei Jahre ca. 40ü Stück, der Nest auf das spätere Lebensalter. Daraus ist zu ermessen, warum die Abschlachtnng aller mehr als drei Jahre alten Hühner und deren Ersatz durch Junge dringend empfohlen wird. Die Bruteier sollen nicht länger als zwei Wochen gelegt, und ihre Form soll regelmäßig sein. Von den normalen Eiern werden die größeren ausgewühlt und dabei die glatte Schale bevorzugt. Aller Schmutz ist mit einem feinen Schwämmchen zu beseitigen. Als Bruthenne darf man nur ein ruhiges Tier wählen, das gut brütet und die Jungen mit Sorgfalt führt. Unter den gewöhnlichen Landhühncrn oder Kreuzungen werden sich immer einige brutlnstige Hennen finden, nicht so, wie schon oben gesagt, unter den Italiener-Hühnern. Einer Henne werden 10—15 Eier untcrgelcgt; ein Trut­ huhn, das alle guten Eigenschaften einer Bruthenne auf sich vereinigt, vermag deren 20—22 zu decken. Das Nest wird in einem wenig erleuchteten und wenig be­ tretenen Raume bereitet. Man wühlt hiezu am besten eine Kiste von entsprechender Größe, bedeckt den Boden mit einem gleich großen Stück ausgestochcnen Rasens oder mit Erde, macht in der Mitte eine mäßige Vertiefung und bettet hierauf etwas Heu, das glatt anliegen soll, damit sich kein Ei verschieben kann.

15 Die Glucke darf mit Ungeziefer nicht behaftet sein und ist durch Einstreucn von Holzasche oder Insektenpulver dafür zu sorgen, daß solches auch während der Brutzeit sich nicht einnistet. Findet eine Verunreinigung der Eier statt, so ist, wie oben schon angegeben, der Schmutz mit einem in warmes Wasser getauchten Schwämmchen zu beseitigen. Am 21. Tage sollen aus den Hühnereiern, am 28. Tage aus den Eiern der Enten, Gänse und Truthühner die Jungen entschlüpfen. Bei allenfallsiger Nachhilfe schlecht auskommen­ der Kücken ist jede Verletzung der Eihaut zu vermeiden; die geringste Blutung hat unbedingt den Tod des Tieres zur Folge. Erfahrungsgemäß bedürfen die Hühner beim Brutgeschäfte der menschlichen Hilfe nicht. Immerhin ist es vorteilhaft, die zuerst auskvmmenden Jungen, wenn sie trocken sind, so lange wegzunchmen, bis auch die letzten das Tageslicht erblickt habbn. Solche Junge werden auf die Dauer der Entfernung in einem mit Federn oder Wolle ausgelegten Gefäße nahe am warmen Ofen oder Herde aufbcwahrt. Mutterlose Junge versuche man einer andern Glucke unterzuschieben; erweist sich dies als un­ ausführbar, so erübrigt nur die künstliche Aufzucht. Dieselbe ist umständlich und schwer; die Tiere bedürfen, namentlich in den ersten Tagen, intensiver Wärme und der peinlichsten Reinlichkeit.

Pflege und Ernährung des Geflügels. a) Iunggeflügek. Dem jungen Geflügel ist in den ersten Tagen Wärme mehr als Nahrung, Es muß deshalb der Glucke mit ihrer Brut ein Raum zugewicsen werden, der den erforderlichen Schutz vor Kälte gewährt, der aber auch gesunder Luft und des Lichtes mit Sonnenschein nicht entbehrt. Glucke und Junge bedürfen der ständigen Überwachung. Bei trübem, kalten oder

gar regnerischen Wetter ist ihnen in der ersten Zeit der Aus­ lauf unbedingt zu versagen, dagegen an schönen, warmen Tagen immer zu gestatten. Jedes Naßwcrdcn der Jungen hat Er­ kältung zur Folge und bringt denselben den Tod. Deshalb darf man der Glncke des Morgens erst dann den Stall öffnen, wenn das Gras abgetrocknet ist.

16 Fe mehr die jungen Tiere bei guter Luft und warmem Sonnenschein im Freien sich bewegen, desto rascher werden sie sich entwickeln und abhärten. Obwohl die Sorglichkeit der Mutter die Jungen vor Kälte und Raubzeug nach Möglichkeit schützt, muß sie hierin doch unterstützt werden. Es ist dafür zu sorgen, daß ihr ein Sitzplatz mit warmer Unterlage zur Verfügung steht. Die Mehrzahl der jungen Hühner, Enten und Gänse gehen ein, weil sie sich auf dem Boden erkälten, davon Gicht und Durchfall bekommen, viele fallen den zahl­ reichen Feinden des Geflügels zum Opfer. Eine entsprechend große Kiste, auf der vorderen Seite mit einem Drahtgitter oder Lattenvcrsclilag abgeschlossen, auf dem Boden mit warmer Streu von Hcublumcn bedeckt, ist geeignet, solche Schäden zu verhüten. Nach 5—6 Wochen können die Jungen besonderer Schutz­ vorrichtungen entbehren, jedoch soll man ihnen die Fittiche der Glucke nicht ganz entziehen. Sitzstangen giebt man den jungen Hühnern erst nach 10—12 Wochen, weil das zu frühe Auf­ sitzen vielfach schuld an Verkrümmungen des Brustbeines ist. In der Hauptsache gelten die oben beschriebenen Regeln auch für das Wassergeflügel. Dasselbe ist in den ersten Tagen ebenso wie Hühner vor Nüsse und Kälte zu bewahren, und der Eintritt ins Wasser erst dann zu gestatten, wenn die Be­ fiederung etwas dichter geworden ist. Am ersten Tage be­ dürfen die Jungen keiner Fütterung; Ruhe und Wärme ist Alles, was sie notwendig haben. Künstliche Futtermittel braucht man nicht zu verabreichen. Harte Eier, altbackenes Brod, Hirse, fein zerriebenes oder geschrotcnes Körncrfutter mit etwas gut getrocknetem Dopfcn, dazu frische abgekochte Milch, reichen in den ersten Lcbenswochcn vollkommen für die Ernährung der Jungen aus. Fein gehacktes Fleisch giebt man denselben bloß dann, wenn schlechtes Wetter längere Zeit den Auslauf ver­ hindert, sonst finden sie die notwendige, animalische Nahrung auf den Tummelplätzen, die auf sandigem Boden hergerichtet sein sollen. Es empfiehlt sich, fein geschnittenen Salat und zu Mehl zerstoßene Eierschalen dem Wcichfutter beizumischcn. In den ersten Lebenstagen nehmen die Jungen bei der einzelnen Mahlzeit nur wenig auf, weshalb es notwendig ist, sie mindestens alle zwei Stunden zu füttern; je älter sie werden, desto mehr verlängern sich die Pausen, bis sie nach 8 bis 10 Wochen an den Mahlzeiten des Altgeflügels teilnehmen.

17 Das Futter ist täglich frisch zu bereiten, damit das Sauer­ werden verhütet wird. Um den Tieren das Verunreinigen und Zertreten des Futters unmöglich zu machen und auszuschlicßen, daß die Glucke den größeren Anteil vorwcgnimmt, empfiehlt es sich, einen Futtcrtrog aus Brettern und Stäben zu bauen, dessen obere Decke das Einsteigcn unmöglich macht. Als Ge­ tränk erhalten die jungen Tiere frische Milch und Wasser in einem flachen Gefäße vorgcstcllt. So wichtig wie die Fütterung ist die Reinlichkeit. Un­ geziefer darf man unter dem Geflügel nicht aufkommen lassen; zeigt sich solches, so ist persisches Insektenpulver oder Holz­ asche anzuwcndcn. Außerdem sind die Ausleerungen täglich beiseite zu schaffen und immer für reinliche Streu zu sorgen,

b) Mgcffüget. Nur ein gutgenährtcs Tier ist imstande, einen besseren Ertrag zu liefern, schlechtgeuährte Hühner legen wenig Eier, setzen kein Fleisch an und sind deshalb schwer verkäuflich. Das natürliche Futter ist für Hühner das Körnerfutter. Ausschließ­ lich angewcnder, würde dasselbe zu teuer kommen, und deshalb reicht man eine Mischung jener Futtermittel, welche am billig­ sten und bequemsten zur Verfügung stehen und doch die er­ forderlichen Nährstoffe enthalten. Gerade in dem Umstande, daß durch das Geflügel Abfälle ausgcnützt werden, die ohne dasselbe keine Verwendung finden könnten, liegt der Vorteil bei der Geflügelzucht. Fast alle Küchenreste, wie Fleisch- und Gemüscabfälle, Brodkrume und gekochte Kortoffcl, möglichst verkleinert und mit Kleie, Gelreideschrot oder Biehl gemischt, sind als Hühner­ futter verwendbar. Auch die Abfallprodukte der Molkerei lassen sich mit Vorteil als solches verwerten. Was man übrigens auch füttert, immer muß es frisch, nie darf es verdorben sein. Zur Ei- und Knochenbildung braucht das Geflügel Ei­ weißstoffe und Mineralsalze. Fleischabfälle und Insekten ent­ halten die ersteren, Kalk und Knochenmehl die letzteren. Nachdem die Tiere auf dem Lande in der Regel freien Auslauf haben, sorgen dieselben für die erforderlichen Stoffe in der Hauptsache selbst; immerhin ist es gut, ihnen alten Mörtel oder getrocknete Eierschalen re. zugänglich zu machen. Während deS Federwechsels bezw. der Mauser bedarf das

18 Federvieh insgesamt kräftigerer Nahrung , um den Übergang leichter durchzumachen. Körnerfutter wird in trockenem Zustande verabreicht. Frisches Wasser soll dem Geflügel stets bequem zugänglich sein. Auch für das Großgeflügel sollte ein ent­ sprechender Futtertrog aus Brettern zusammengenagelt werden. Selbstverständlich ist derselbe stets rein zu halten und öfter mit heißem Wasser auszubrühen und zu waschen. Das er­ wachsene Geflügel wird des Tages dreimal gefüttert, früh, mittags und abends. Auch bei Weichfütterung muß man abends den Tieren Körnerfutter verabreichen, weil dieses langsamer verdaut und der Magen der Tiere auf diese Weise, namentlich während der langen Winternächte, beschäftigt wird. Für die Enten braucht man ein besonderes Futter nicht herzurichten; sie fressen Alles, was man den Hühnern vorwirft, nur bedürfen sie zu ihrem Gedeihen mehr der Fleischkost, die sie übrigens beim Vorhandensein entsprechender Wasscrweide sich selbst suchen. Auch in Gärten und in Feldern ist die Ente eine fleißige Vertilgerin der Schnecken und Raupen, ohne sonst Schaden zu verursachen. Bei Wassermangel ist die Haltung der Ente nicht zu empfehlen. Die Gans ernährt sich fast ausschließlich von Pflanzen­ kost, ohne Schnecken und Würmer zu verschmähen. Mit Vor­ teil kann man die Gans nur dann halten, wenn sie in offener Zeit ihre Hauptnahrung auf der Weide findet. Die Gänse­ zucht blüht um„dessentwillen vorzugsweise in Gemeinden, welche im Besitze von Ödungen oder Moorgründen sind, die das herden­

weise Austreiben der Tiere gestatten. Auch auf Brachäckern, auf Getreidestoppelfeldern, auf abgeernteten Rübenäckern und Wiesen ernährt sich die Gans sehr gut. Obwohl ein Wasser­ vogel, verlangt sie doch keine größere Wasserweide, wenn ihr nur Gelegenheit zum baden gegeben ist und die Begattung im Wasser vor sich gehen kann. Solange die Weide gut ist und der Hirte seine Schuldigkeit thut, kann die Stallfütterung unterbleiben; wird die Weide mager, so reicht man den Tieren abends bei Heimkehr ein Gemisch von kleingehackten Rüben­ blättern, Rüben, gekochten Kartoffeln, mit etwas Kleie vermengt. Ergänzend sei hier eingeschaltet, daß die junge Gans, die ja vorzugsweise ihres Fleisches wegen gezüchtet wird, im Früh­ jahr den höchsten Preis hat. Wer etwas verdienen will, muß

19 deshalb spätestens im Laufe des Manats Januar das Brut­ geschäft vor sich gehen lassen. Das vielfach übliche Rupfen der Gänse ist ein wirtschaft­ licher Fehler, denn ein gerupftes Tier bleibt in der Entwick­ lung und bezw. in der Mast zurück, wodurch dem Züchter ein größerer Schaden zugeht, als die Federn ihm einbringen. Höchstens alten Gänsen kann man die leichtausgehenden Federn von Zeit zu Zeit nehmen, jedoch darf nie Gewalt angewendet werden.

c) Stallungen. Des Zusammenhanges wegen finden sich oben schon ab und zu Bemerkungen über die Behausungen des Federviehes und wollen wir in Kürze nur noch Folgendes bemerken. „Gut gewohnt ist halb gelebt" gilt auch für Hühner, Enten und Gänse. Luft und Licht und im Winter Schutz gegen Kälte ist für das Federvieh, wie für die übrigen Haus­ tiere unerläßlich. Die Einrichtung der Gcslügelstallung in einem Großviehstall hat viele Nachteile im Gefolge und ist nicht zu empfehlen. Wo es irgend möglich ist, einen andern Platz in einem gemauerten Gebäude ausfindig zu machen, soll aus diese Vereinigung verzichtet werden. Die Größe des Stalles be­ mißt sich nach der Zahl der zu haltenden Tiere; Überfüllung

ist ängstlich zu vermeiden, weil durch dieselbe leicht Krankheiten entstehen, die großen Schaden herbeiführen können. Der direkte Auslauf ins Freie ist notwendig; unter -j- 3° R. sollte die Temperatur im Winter im Stalle nicht herabgchen. Die Sitz­ stangen für die Hühner sind alle in gleicher Höhe anzubringen, damit das Drängen nach den oberen Sprossen vermieden wird. Als Streumaterial sind vorzugsweise Heublumen zu empfehlen. Dieselben stehen meist kostenlos zur Verfügung und geben dem Geflügel Beschäftigung. Übrigens leisten auch andere Streu­

materialien gute Dienste. Häufige Reinigung des Stalles und Erneuerung der Streu läßt das lästige Ungeziefer nicht leicht aufkommen. Alljährlich einmal soll der Stall mit Kalkfarbe frisch ausgetüncht und der letzteren etwas Karbolsäure bei­ gemischt werden. Holzfugen sind vorher mit Kalk oder Teer zu verstreichen; auch die Ausschwefclung leistet gute Dicuste. Ständig soll den Hühnern ein Sandbad zur Verfügung stehen; dasselbe kann aus Sand, trockener Erde und etwas Asche hergestellt werden.

20 Füchse, Marder, Iltisse, Wiesel und Ratten, dann auch Raubvögel werden dem Geflügel häufig schädlich. Durch fleißiges Abschließen des Stalles, durch Anbringen von Draht­ gittern an den Fenstern und durch Aufstellen von entsprechen­ den Fallen, kann solchen Verlusten meist vorgebeugt werden. Giftanwendung gegen Natten erheischt die äußerste Vorsicht, weil zu leicht auch das Geflügel Schaden erleidet. Den Hühnern ist Gelegenheit zum Legen durch Errichtung von Nestern zu geben und bei deren Anlage dafür zu sorgen, daß die legenden Hennen einander im Leggcschäft nicht zuviel stören. Das Nest ist mit Heu auszulegen und dieses des Un­ geziefers wegen öfter mit Holzasche oder Schwefelblüte zu be­ streuen. Öftere Erneuerung des Nestes erweist sich als vor­

teilhaft.

Die Mast des Geflügels. Dieselbe ist dem Geflügelzüchter auf dem Lande nur dann zu empfehlen, wenn sich Gelegenheit zum Verkaufe von Schlacht­ geflügel bietet und Preise für dasselbe bezahlt werden, die einen höheren Ertrag als die Eicrproduktion sichern. Die zum Flcischansatz neigenden Rassen sind oben schon des Näheren erwähnt. Selbst bei günstigem Absatz ist die ausschließliche Zucht für Zwecke der Mästung, für den ländlichen Geflügelhalter nicht lohnend, weil hiebei fortgesetzte Wart und Pflege durch eigene Hilfskräfte neben großen Futtermengcn erforderlich ist. Aber die Mästung der überzähligen Hähne, welche sich bei der Zucht im allgcnieinen ergeben, dann der Tiere einer Spätbrut und der auszumerzen den Hühner, endlich die Mästung der Enten und Gänse liefert bei richtiger Behandlung einen guten Ertrag. Tiere, welche für die Mast bestimmt sind, werden vom übrigen Geflügel isoliert, weil Ruhe die Mast begünstigt und eine stärkere Fütterung im Haufen nicht möglich wäre. Junge Hähne müssen im Alter von 3—4 Monaten, ehe sie die ge­ schlechtliche Reife erlangen, von den Hühnern getrennt werden. Durch diese Maßregel läßt sich das Kapaunieren, eine große Tierquälerei, ersparen. Das geeignetste Futter ist ein Teig von fein geschrotcnen Körnern, Weizen, Hafer, Mais re. oder ein Kartoffelbrei mit

21 Weizenkleie untermischt und mit etwas Salz versetzt. An Stelle des Wassers giebt man den stets durstigen Tieren eine nahr­ hafte Suppe von Brot oder Hafermehl oder von Bruchreis mit Milch oder süßer Molke gekocht. Bei dieser Fütterung, täglich dreimal wiederholt, erreichen die Hühner nach 15 bis 18 Tagen ein Gewicht, das den Anforderungen der Abnehmer in der Regel genügt. Den meisten Nutzen hat jener Züchter, der recht früh­ zeitig Mastgeflügel auf den Markt bringt; die Nachfrage ist meist groß und der Preis viel höher als bei massenhaftem Angebot. In der Hauptsache wird auch bei der Mast der Enten und Gänse nach den vorbeschriebenen Grundsätzen verfahren. Die Gänse erreichen in der Freimast meist jenes Gewicht, das deren Verkauf als Schlachtgeflügel ermöglicht. Vielfach er­ weist sich die Ablassung in ungemästetem Zustande an Händler als lohnend. In verschiedenen Gegenden Bayerns, insbesondere im Ries, werden die Tiere kaum drei Wochen alt zusammengekauft und von einzelnen Landleuten zur Aufzucht gebracht. Je früher solche Tiere als sogenannte Grasgänse schlachtreif werden, desto höher ist ihr Preis. Weit mehr als die Geflügelhalter und Bäuerinnen in der Regel ahnen, hängt der Preis des Schlachtgeflügcls von dessen Aussehen ab. Die Tiere sollten mit der Vorsicht geschlachtet werden, wie dies die Geflügelmäster und Händler thun. Es wäre darauf zu sehen, daß die Haut schön und appetitlich bleibt, und daß keine Stoppeln stehen bleiben. Ferner wäre von dem Einschieben des so­ genannten Gansjunges in die Bauchhöhle Umgang zu nehmen. Würde bei der Vorbereitung für den Verkauf nach diesen Grundsätzen verfahren und die Verpackung so besorgt, daß die einzelnen Schlachttiere voneinander entfernt bleiben, dann läßt sich das Schlachtgeflügel leichter und besser ver­ kaufen.

Maßregeln in Krankheitsfällen. Richtige Wart und Pflege ist das beste Vorbeugungs­ mittel gegen Krankheiten des Geflügels; Schutz gegen rauhe Witterung und freier Auslauf tragen am meisten dazu bei, dasselbe gesund zu erhalten.

22 Die Mehrzahl der Krankheiten entsteht durch Ansteckung, durch Erkältung, durch schlechte Ernährung, unzweckmäßige Unterbringung, Unreinlichkeit oder Verletzung. Während das gesunde Geflügel einen Hellen Blick, glattes, glänzendes Gefieder und hellroten Kamm aufweist, lassen kranke Tiere in der Regel Kopf und Flügel hängen, die Federn sind struppig, der Kamm dunkelrot oder blau, der Appetit fehlt oder die Freß- und Sauflust ist übergroß, sie sondern sich von den übrigen Tieren ab, sitzen traurig umher und gehen, je nach der Art der Krankheit, schnell oder langsam zu Grunde. In der Hauptsache sind dem ländlichen Geflügelhalter Heilversuche nicht zu empfehlen; die sofortige Tötung eines er­ krankten Tieres wird in vielen Fällen die Verwendung des Fleisches ermöglichen und allenfallsige Ansteckung verhüten. Insbesondere gilt diese Regel für das Junggcflügel, das, ein­ mal erkrankt, in den seltensten Fällen wieder ganz gesund wird. Die Krankheiten selbst scheiden sich in innere und äußere. Zu den inneren Krankheiten gehören: Der Pips oder Zipf (eine leichtere Art Katarrh), die Katarrhe der Atmungs- und Verdauungswerkzcuge, die Diphtheritis oder Diphtherie, die Schwindsucht oder Tuberkulose und die Hühnerpest oder Hühner­ cholera. Zu den äußeren Krankheiten zählt man alle Ver­ wundungen und an der Außenseite des Körpers auftretende Entzündungen; dann alle jene Krankheiten, welche durch Schmarotzertiere, wie Läuse, Milben u. dgl. entstehen. Kalkbeine und der weiße Kannn sind vorzugsweise hierunter zu rechnen. Von den inneren Krankheiten sind die schweren Katarrhe, die Diphtheritis,, die Tuberkulose und die Hühnercholera an­ steckend. Die Übertragung findet entweder durch die aus­ geworfenen Schleimklümpchen oder durch die Entleerungen statt, welche von dem übrigen Geflügel wieder ausgenommen werden. Die Entfernung einer solchen Krankheit aus einem Hühner­ hofe und die Verhütung der Übertragung auf benachbarte Hühnerhöfe ist nur durch Tötung aller kranken Tiere und gründliche, öftere Desinfektion nicht nur des Stalles, sondern auch der Laufplätze möglich. Tierärztlicher Rat sollte erholt werden, wenn eine gleichzeitige Erkrankung mehrerer Tiere und häufige Todesfälle stattfinden. Der einfache Katarrh oder Pips, soferne er durch un­ geeignetes Futter oder heiße Fütterung entstanden, ist heilbar.

23 Man sondert das davon befallene Tier von dem übrigen Volke ab, hält es warm und trocken, reicht kräftiges Wcichfutter und setzt dem Trinkwasser etwa 1 °/o Eisenvitriol zu, worauf baldige Heilung erfolgt. Das gewaltsame Ablösen der harten Haut an der Zungenspitze hat keinerlei heilende Wirkung und ist eine grobe Tierquälerei. Äußere Krankheiten werden durch desinfizierende Mittel bekämpft und geheilt. Einige Tropfen zweiprozentiger Karbol­ säure oder Kreolin wirken sicherer und besser als alle aus­ gebotenen teuren Geheimmittel. Die Schmarotzerkrankheiten werden durch Einstreuen von Holzasche oder Insektenpulver und Desinfektion der Ställe verhütet und bezw. beseitigt.

Absatzquellen für den Verkauf der Produkte der Geflügelzucht. In Süddeutschland und vorzugsweise in Bayern bringt bei der Hühnerzucht der Ertrag der Eier, bei der Wasser­ geflügelzucht der Ertrag der Federn und der Verkauf des Jung­ geflügels dem Landwirte mehr ein als die Mästung und Ver­ wertung als Schlachtgcflügel; Futter, Zeit und Arbeitskräfte werden durch diese Art der Geflügelzucht am wenigsten in An­ spruch genommen. Abnehmer der Produkte der Geflügelzucht sind in den weitaus meisten Füllen die Händler, die heutigen Tages überall von Haus zu Haus ziehen und die Preise für die landwirt­ schaftlichen Nebenprodukte durch ihre Einkäufe bestimmen. Diese Hausierer finden in größeren Städten der Provinz Käufer für Eier und Geflügel und erst von dort aus decken die Groß­ handlungen, nach beiden Gattungen ausgeschieden, ihren Bedarf. In der Nähe der Städte bringen auch die Bäuerinnen die Produkte der Geflügelzucht selbst zu Markt und erzielen damit in der Regel höhere Preise wie zu Hause, insbesondere dann, wenn die Eier groß und frisch sind und das Schlacht­ geflügel recht appetitlich aussieht. Um sicher zu sein, daß die Eier frisch sind, müssen dieselben Tag für Tag gesammelt und bezw. ans dem Neste entnommen werden, da sich nur auf diese Weise das Anbrüten verhüten läßt. Es versteht sich wohl von selbst, daß der Zwischenhandel einen guten Teil des Erlöses für sich in Anspruch nimmt, der

24 erspart werden könnte, wenn dem Geflügelzüchter der direkte Absatz möglich wäre. Die Anknüpfung direkter Beziehungen zu großen Eier­ handlungen könnte den Landwirten mancher Gemeinde vielen Vorteil bringen, wenn sie gemeinsam zu liefern sich ent­ schließen. Um so leichter wird dies möglich sein, wenn alle Hühnervölker einer Nutzrasse entstammen und ziemlich gleich­ mäßige Eier legen. Schlachtreife, junge Gänse werden in Gegenden mit aus­ gesprochener Gänsezucht schon seit langer Zeit in größeren Posten gehandelt und finden in den Großstädten immer willige Abnehmer. In der Umgebung dieser Städte sollte der Land­ mann seine Erzeugnisse immer selbst auf den Markt bringen; frische und gute Ware wird dort durchwegs mit entsprechenden Preisen bezahlt und von Landleuten lieber gekauft als von Händlern. Nur in seltenen Fällen geben sich die ländlichen Geflügel­ halter die Mühe, aufzuschreiben, wieviel sie des Jahres über für Eier und Schlachtgeflügel einnehmen und welche Futtermengen sie für den Geflügelhof verbrauchen. Wir möchten den Be­ teiligten dringend empfehlen, sich dieser Mühe zunächst nur ein Jahr lang zu unterziehen und Vergleiche mit dem Ertrage der Großviehzucht anzustellen; sicherlich würden diese Vergleiche nicht zu ungunsten des Geflügels ausfallen und beweisen, daß das unansehnliche Huhn, die Ente und die Gans, die auf­ gewendeten Futtermittel reichlich vergilt. Ein bayerischer Land­ wirt, der über die Einnahmen und Ausgaben seiner Wirt­ schaft genaue Ausschreibung führt, hat erst vor kurzer Zeit den Ausspruch „gethan: „Die Geflügel- und Schweinezucht tiefem in meiner Ökonomie nicht den schlechtesten Ertrag".

Möge diese Anschauung überall zum Durchbruch gelangen, dann wird die Geflügelzucht in Bayern wachsen, blühen und gedeihen.