Lehrbuch Rechtsphilosophie [Reprint 2020 ed.]
 9783112342565, 9783112342558

Table of contents :
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungen
Einleitung
Erstes Buch. Der Begriff des Rechtes
Erster Abschnitt. Das Feststellen des Rechtsbegriffes
Erster Abschnitt. Das Feststellen des Rechtsbegriffes
Dritter Abschnitt. Das Verbinden
Vierter Abschnitt. Die Selbstherrlichkeit
Fünfter Abschnitt. Die Unverletzbarkeit
Zweites Buch. Das Werden des Rechtes
Erster Abschnitt. Das positive Recht
Zweiter Abschnitt. Wirtschaft und Recht
Dritter Abschnitt. Die Entstehung des Rechtes
Vierter Abschnitt. Das Gelten des Rechtes
Fünfter Abschnitt. Psychologie des Rechtes
Drittes Buch. Die Idee des Rechtes
Erster Abschnitt. Das Grundgesetz des Wollens
Zweiter Abschnitt. Die innere Lauterkeit
Dritter Abschnitt. Die Gerechtigkeit
Vierter Abschnitt. Der Einzelne und die Gemeinschaft
Fünfter Abschnitt. Das Recht des Rechtes
Viertes Buch. Die Behandlung des Rechtes
Erster Abschnitt. Die Kategorien des Rechtes
Zweiter Abschnitt. Das juristische Denken
Dritter Abschnitt. Die Rechtssätze
Vierter Abschnitt. Der rechtliche Ausdruck
Fünfter Abschnitt. Das Einteilen des Rechtes
Fünftes Buch. Die Bewährung des Rechtes
Erster Abschnitt. Praktische Rechtswissenschaft
Zweiter Abschnitt. Grundsätzlich erwägende Praxis
Dritter Abschnitt. Praxis des richtigen Rechtes
Vierter Abschnitt. Politik
Register
Nachträge
Berichtigungen

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Lehrbuch der

Rechtsphilosophie von

Rudolf Stammler P r o f e s s o r an der Universität

Berlin V e r e i n i g u n g

und L e i p z i g

Berlin

19 2 2

w i s s e n s c h a f t l i c h e r

V e r l e g e r

W a l t e r de Gruyter & C o . vormals Q. J. Qöschen'sche Verlagshandlung — J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — Karl J. Trübner — Veit & Comp.

Alle Rechte, insbesondere das Obersetzungsrecht, vorbehalten. Copyright by Vereinigung wissenschaftlicher Verleger Walter de Gruyter & Co., vormals G. J Göschen'sche Verlagshandlung — J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer - Karl J. Trübner - Veit & Comp. Berlin und Leipzig 1922.

DER TREUEN GEFÄHRTIN MEINES LEBENS

Vorwort. Das Studium der Rechtsphilosophie hat in den letzten Jahrzehnten einen starken Aufschwung genommen. Das Interesse an den allgemeinen Fragen des Rechtes, des Staates, des sozialen Lebens hat sich weithin verbreitet und vertieft; und es liegt eine Fülle bemerkenswerter Ausführungen über diesen Gegenstand vor. Es fehlte aber bis jetzt an einer Zusammenfassung und übersichtlichen Darstellung für den, der sich über das Ganze der rechtsphilosophischen Lehre unterrichten möchte. Die damit gestellte Aufgabe stimmt in ihrer Art durchaus mit dem Plan überein, den zahlreiche ausgezeichnete Lehrbücher auf allen anderen Gebieten der Rechtswissenschaft verfolgen. Im besonderen kann hier immer vorbildlich die Weise bleiben, in der seiner Zeit W i n d s c h e i d sein unübertroffenes Lehrbuch des Pandektenrechtes bearbeitet hat. In gleichem Sinne will auch das folgende Lehrbuch zuvörderst jedem dienen, der mit der Rechtsphilosophie noch nicht vertraut ist und sich ihr nun überhaupt erst nähern will; aber doch auch demjenigen genauere Hilfe bieten, der eine eindringliche Untersuchung eines Problems wünscht. Die hierzu erforderlichen literarischen Angaben bereiten manche Schwierigkeit. Das rechtsphilosophische Schrifttum ist sehr verstreut. Manches wird dem Verfasser entgangen sein; und über die von ihm getroffene Auswahl wird nach Anführung und Berücksichtigung zuweilen Verschiedenheit der Ansichten herrschen können. Selbstredend aber war es angezeigt, tunlichst solche Bücher und Schriften anzugeben, aus denen der Leser weitere Nachweisungen erhält. Es könnte scheinen, als wenn rechtsphilosophische Erörterungen ohne unmittelbare praktische Bedeutung seien. Wer aber den Ausführungen unseres Lehrbuches folgt, wird bald gewahren, daß dem in Wahrheit nicht so ist. Eine folgerichtig durchdachte Lehre ist allenthalben nütze: bei Gericht, im Staatsleben, in all unserem gesellschaftlichen Dasein. Und manche trübe Erfahrung in öffentlichen Schicksalen hätte gespart werden können, wenn eine k r i t i s c h begründete Rechtsphilosophie, statt irreleitender Maximen, unterstützend und richtend eingegriffen hätte. Freilich steht es nicht so, daß Würde und Wert der Lehre von dem Begriffe und der Idee des Rechtes aus einzelnen Erfolgen her behauptet werden sollte. Ist es doch gerade umgekehrt: Die innere Berechtigung eines begrenzten Strebens und Tuns leitet sich ja von der einheitlichen

VI

Vorwort.

Auffassung ab, von der es in seiner Besonderheit geführt wird. So kommt es für jeden nachdenkenden Menschen darauf an, sich vor sich selbst über die grundsätzlich bestimmende Art und Weise klar zu werden, der er überall folgt, mag er es zunächst auch noch nicht überschauen. Wer aber entschlossen ist, seinem Leben den festen Halt zu geben, den nur jene kritische Aufklärung zu verleihen vermag, der kann an der Frage nach dem Rechte und dem gemeinschaftlichen Wollen nicht achtlos vorbeigehen. E s gilt, diese Frage in das Ganze einer unbedingt gültigen Grundlehre harmonisch einzufügen. Also zur Erlangung geistiger Freiheit beizutragen, ist das oberste Ziel, das dieses Buch hier entscheidend im Auge hat. B e r l i n , den 23. Mai 1921. R ud o 1 f Stammler.

I nhaltsverzeichnis. Einleitung. I. D i e A u f g a b e d e r Rechtsphilosophie. § 1. Von dem Begriffe dos Hechtes § 2. Von der Idee des Rechtes II. D e r G e g e n s t a n d d e r Rechtsphilosophie. § 3. Die reinen ¡Formen der Rechtsgedanken § 4. Unzulässigkeit eines Idealrechtes

Seite

1 2 4 7

III. D i e M e t h o d e d e r Rechtsphilosophie. § 5. Die kritische Methode § 6. Rechtsphilosophie und allgemeine Rechtslehre

9 10

IV. D i e B e d e u t u n g d e r Rechtsphilosophie. § 7. Grundsätzliche Entscheidung von Einzelfragen § 8. Das Recht in dem Ganzen des Geisteslebens

12 14

V. D i e G e s c h i c h t e d e r R e c h t s p h i l o s o p h i e . Die rechtsphilosophische Frage Die griechische Theorie des Rechtes Die Jurisprudenz der Römer Die Staatslehre des Mittelalters Die Rechtsbetraehtung der Übergangszeit Das Naturrecht . Das Vernunftrecht Die historische Rechtsschule Die materialistische Geschichtsauffassung Der juristische Empirismus

15 16 21 23 27 28 32 36 38 41

§ 9. § 10. §11. § 12. § 13. § 14. § 15. §16. § 17. §18.

Erstes Buch.

Der Begriff des Rechtes. Erster

Abschnitt.

Das Feststellen des Rechtsbegriffes. I. N i c h t - k r i t i s c h e Versuche. § 1 9 . Äußere Beschreibung des Rechtes § 20. Unmittelbares Erfassen des Rechtsgedankens § 21. Induktives Suchen des Rechtsbegriffes

46 47 48

II. K r i t i k d e s Rechtsbegriffes. § 22. Das Wesen des Rechtes § 23. Der Reehtsgedanke in dem Grundriß möglicher Wissenschaft § 24. Die unbedingte Gültigkeit des Rechtsbegriffes

50 52 52

VIII

Inhaltsverzeichnis. Zweiter

Abschnitt.

Das Wollen. R e i c h der Zwecke.

I. D a s § 25. Ursachen und Zwecke § 26. Die Eigenart des Wollens § 27. Der Gedanke der Wahl

Seite 54 55 56

II. D i e Z w e c k w i s s e n s c h a f t . § 28. Die wissenschaftliche Behandlung des Wollens § 29. Der Aufbau der Zweckwissenschaft § 30. Das Recht: eine Art des Wollens Dritter

59 61 63

Abschnitt.

Das Verbinden. I. D a s g e t r e n n t e Wollen. § 31. Grundlegende Einteilung des Wollens § 32. Das Innenleben § 33. Mehrdeutigkeit des Wortes sittlich

66 68 69

II. D a s v e r b i n d e n d e § 34. Der Naturzustand § 35. Die Gesellschaft § 36. Das Recht: ein verbindendes Wollen

70 72 76

Vierter

Wollen.

Abschnitt.

Die Selbstherrlichkeit. I. D i e K o n v e n t i o n a i r e g e l . § 37. Sitte und Recht § 38. Wechsel und Wandel sozialer Regeln § 39. Versuche einer Begriffsbestimmung der Konventionalregel

. . .

77 79 80

II. D a s s e l b s t h e r r l i c h v e r b i n d e n d e Wollen. § 40. Der Begriff der Selbstherrlichkeit § 41. Das R e c h t : ein selbstherrlich verbindendes Wollen § 42. Die Herrschaft des Rechtes über die Konventionalregel . . . .

82 83 84

Fünfter

Abschnitt.

Die Unverletzbarkeit. I . [D i e W i l l k ü r . § 43. Gewalttätige Anordnungen '§ 44. Die Legitimität . § 45. Inhaltliche Verschiedenheit des selbstherrlichen Wollens . . . .

85 86 87

II. D a s u n v e r l e t z b a r v e r b i n d e n d e W o l l e n . § 46. Der Begriff der Unverletzbarkeit § 47. Das Recht: das unverletzbar selbstherrlich verbindende Wollen § 48. Grenzfragen zwischen Recht und Willkür

88 89 90

Inhaltsverzeichnis.

IX

Zweites B u c h .

Das Werden des Rechtes. Erster I. § 49. § 50. § 51.

Abschnitt.

Das positive Recht. Die positiven Besonderheiten Rechtsbegriff und positives R e c h t Positives R e c h t und richtiges R e c h t Vom Werden des Rechtes im allgemeinen

II. S c h ö p f e r d e s p o s i t i v e n § 52. Göttlich gesetztes R e c h t § 53. Der willkürlich freie Gesetzgeber § 54. Der Wille des Volkes Zweiter

Seite

eines

Rechtes.

Rechtsstoffes.

94 96 97 99 101 103

Abschnitt.

Wirtschaft und Recht. I. D i e s o z i a l e W i r t s c h a f t . § 55. Die Materie des sozialen Lebens § 56. Verhältnis von Wirtschaft und R e c h t § 57. Einheitswirtschaft und freie Beiträge

105 111 115

II. D i e w i r t s c h a f t l i c h e n Erscheinungen. § 58. Der Begriff einer wirtschaftlichen Erscheinung § 59. Einteilung sozialer Massenerscheinungen § 60. Negative soziale Phänomene

120 123 126

Dritter I. § 61. Das § 62. Die § 63. Der

Abschnitt.

Die Entstehung des Rechtes. Die Gründe rechtlicher Änderungen. erste Auftreten des Rechtes Änderungen geschichtlicher Zustände Kreislauf des sozialen Lebens

I I . D i.e R e c h t s q u e l l e n . § 64. Rechtlich bestimmtes R e c h t § 66. Gesetz und Gewohnheit § 66. Ursprüngliche Rechtsentstehung Vierter

133 136 139

Abschnitt.

Das Gelten des Rechtes. I. D a s P r o b l e m d e s r e c h t l i c h e n § 67. Positives Recht und geltendes R e c h t § 68. Begriff und Geltung des Rechtes § 69. Die Bedingungen des rechtlichen Geltens II. R e c h t § 70. Die Eigenart der Macht § 71. Schwaches R e c h t § 72. Verwerfliche Macht

127 128 .130

und

Macht.

Geltens.

143 144 146 147 149 151

Inhaltsverzeichnis.

X

Fünfter

Abschnitt.

Psychologie des Rechtes. I.

Die

Aufgabe

der

Seite

Rechtspsycliologie.

§ 73. K r i t i s c h e und psychologische Art der R e c h t s b e t r a c h t u n g § 74. B e s c h r e i b e n d e Sozialpsychologie § 75. E r k l ä r e n d e Sozialpsychologie

. . . 153 155 156

I I . D i e D u r c h f ü h r u n g d e r R e c h t s p y c Ii o l o g i e . § 76. Psychologische Rückführung des R e c h t s b e g r i f f e s § 77. Psychologie des rechtlichen Geltens § 78. Unsicherheit über die Geltung eines R e c h t e s

160 162 164

Drittes Buch.

Die Idee des Rechtes. E r s t e r

Abschnitt.

Das Grundgesetz des Wollens. I. R i c h t i g e s Wollen. § 79. D e r Gedanke der R i c h t i g k e i t § 80. D i e Methode des R i c h t e n s § 81. Absolute und o b j e k t i v e R i c h t i g k e i t

167 J69 171

II. R e i n e s § 82. Begriff und Idee § 83. Idee und Wirklichkeit § 84. Von der F r e i h e i t

174 176 178

Zweiter

Wollen.

Abschnitt.

Die innere Lauterkeit. I. Tugendlehre. § 85. Die zwei Aufgaben des gesetzmäßigen Wollens § 8 6 . Harmonie i m Innenleben § 87. E t h i k und Ä s t h e t i k

181 183 184

II. R i c h t i g e Moral. § 88. Das Gewissen § 89. Die Grundsätze einer richtigen Moral § 90. P r a k t i s c h e Morallehre

187 189 190

Dritter

Abschnitt.

Die Gerechtigkeit. I. D a s s o z i a l e Ideal. § 9 1 . R e c h t und Gerechtigkeit § 92. R e i n e Gemeinschaft § 93. Abweichende Beschreibungen der Rechtsidee

194 197 "201

II. R i c h t i g e s Recht. § 94. Die R i c h t i g k e i t eines R e c h t e s § 95. Die Grundsätze eines richtigen R e c h t e s § 96. Rechtsidee und bedingte M a ß s t ä b e

205 207 210

Inhaltsverzeichnis.

XI

Vierter Abschnitt. Der Einzelne und die Gemeinschaft. I. D e r Einzelne. § 97. Der Subjektivismus § 98. Die Gültigkeit der Sittengesetze § 99. Pflichten gegen sich selbst

Seite

212 215 217

II. D i e G e m e i n s c h a f t . § 100. Gesellschaft u n d Gemeinschaft § 101. Der Träger des gemeinschaftlichen Wollens § 102. Der Kampf u m das R e c h t

218 220 222

Fünfter Abschnitt. Dag Recht des Rechtes. I. D i e A n z w e i f l u n g d e s Rechtszwanges. § 103. Dynamische Gründe f ü r d e n Rechtszwang § 104. Der Krieg aller gegen alle § 105. Rechtszwang und Sittlichkeit

224 226 227

II. D i e

N o t w e n d i g k e i t der rechtlichen Gemeinschaft. § 106. Die Einheit der sozialen Richtigkeit § 107. Das R e c h t als Bedingung sozialer Gesetzmäßigkeit § 108. Recht u n d Kirche

229 230 232

Viertes Buch.

Die Behandlung des Rechtes. Erster

Abschnitt.

Die Kategorien des Rechtes. I. D i e e i n f a c h e n G r u n d b e g r i f f e § 109. Grundbegriffe des Rechtes § 110. Feststellung der rechtlichen Grundbegriffe § 1 1 1 . Tafel der rechtlichen Grundgebriffe

des

Rechtes.

II. D i e a b g e l e i t e t e n G r u n d b e g r i f f e des § 112. Die zusammengezogenen Grundbegriffe des R e c h t e s § 113. Die einreihenden Grundbegriffe des R e c h t e s § 114. Die Grundaufgaben des R e c h t e s

235 236 237 Rechtes. 239 241 242

Zweiter Abschnitt. Das juristische Denken. I. D i e j u r i s t i s c h e Begriffsbildung. § 115. Reine u n d bedingte Rechtsbegriffe § 1 1 6 . Das Bilden der Rechtsbegriffe § 117. Die Geschlossenheit der R e c h t s b e t r a c h t u n g

244 247 249

II. D i e j u r i s t i s c h e Konstruktion. § 118. Die E i n h e i t im R e c h t e § 119. Die rechtliche N a t u r eines Wollens § 120. Die Lehrsätze der juristischen K o n s t r u k t i o n .

252 253 254

Inhaltsverzeichnis.

XII

Dritter

Abschnitt.

Die Rechtssätze. I. D e r B a u d e r Rechtssätzc. § 121. Rechtssatz und Rechtsbegriff § 122. Die Arten der Rechtssätze § 123. Rechtssatz und Definition

Seite

255 256 257

II. D i e A u s f ü h r u n g d e r Rpchtssütze. § 124. Rechtsvoraussetzungen und Rechtsfolgen § 125. Die sogenannten juristischen Fiktionen § 126. Rechtssatz und Rechtseinrichtung

258 259 261

Vierter Abschnitt. Der rechtliche Ausdruck. I. D i e j u r i s t i s c h e Technik. § 127. Geformtes und auszuwählendes Recht § 128. Kasuistisches und abstraktes Recht § 129. Juristische Hermeneutik

262 264 266

II. D i e E r g ä n z u n g d e s § 130. Die juristische Induktion § 131. Der juristische Analogieschluß § 132. Lücken im Recht

268 270 271

Fünfter

geformten

R o c h t es.

Abschnitt.

Das Einteilen de6 Rechtes. I. D i e j u r i s t i s c h e S y s t e m a t i k. § 133. Die reinen Einteilungen des Rechten § 134. Der Begriff einer Rechtsordnung § 135. Die bedingten Rechtssysteme § 136. R e c h t und Staat § 137. Staatloses R e c h t § 138. Das Weltrecht

II.

Der

S t a a t.

272 274 276 278 280 281

Fünftes Buch.

Die Bewährung des Rechtes. Erster

Abschnitt.

Praktische Rechtswissenschaft. I. D a s j u r i s t i s c h e Schließen. § 139. Die Ar^en des juristischen Schlusses § 140. Obersatz, Untersatz, Schlußfolgerung § 141. Der unmittelbare juristische Schluß II. D a s a n z u w e n d e n d e Recht. § 142. Die praktische Bedeutung der Idee des Rechtes § 143. Das richterliche Ermessen § 144. Möglicher Zwiespalt im R e c h t e

286 287 287 289 . 291 293

xni

Inhaltsverzeichnis. Zweiter Abschnitt. Grundsätzlich erwägende Praxis. I. D a s A u s w ä h l e n d e s r i c h t i g e n Obersatzes. § 145. Die Möglichkeit d e s richtigen W ä h l e n s § 146. N a t ü r l i c h e s Rechtsgefiihl § 147. Soziologische J u r i s p r u d e n z II. D e r B e r u f d e r j u r i s t i s c h e n Praxis. § 148. Theorie u n d P r a x i s § 149. P r a k t i s c h e B r a u c h b a r k e i t eines r e c h t l i c h e n Wollens § 150. Selbständigkeit des Urteil ens Dritter I. R § 151. § 152. § 153.

Seite 296 298 300 302 303 305

Abschnitt.

Praxis des richtigen Rechtes. echtsausführung durch rechts hohe Arten grundsätzlicher Rechtspraxis V o r r e c h t e u n d Privilegien D i e Gnade

II. U r t e i l e n n a c h b i l l i g e m § 154. D a s Wesen der Billigkeit § 155. U n b e s t i m m t h e i t einer L e i s t u n g § 156. Schadloshaltung a u s Billigkeit

Gewalten. 307 309 310

Ermessen. 312 313 314

III. G r u n d s ä t z l i c h r i c h t i g e R e c h t e u n d § 157. Allgemeine B ü r g e r p f l i c h t e n § 158. Sittliche P f l i c h t e n im Sinne d e s R e c h t e s § 159. E i n e auf den A n s t a n d zu n e h m e n d e R ü c k s i c h t

Pflichten. 315 316 317

IV. D i e G r e n z e n d e r Vertragsfreiheit. § 160. Die V e r t r a g s f r e i h e i t § 161. R e c h t s g e s c h ä f t e gegen ein gesetzliches Verbot § 162. R e c h t s g e s c h ä f t e gegen die g u t e n S i t t e n

318 318 320

V. R i c h t i g e s A u s f ü h r e n v o n Rechtsverhältnissen. § 163. A u s ü b u n g der A u s s c h l i e ß u n g s r e c h t e 322 § 164. L e i s t u n g n a c h T r e u u n d G l a u b e n 323 § 165. Vermeidung des Mißbrauches bei F a m i l i e n r e c h t e n 324 VI. B e g r ü n d e t e s E n d e v o n Rechtsverhältnissen. § 166. Notwendiger V e r l u s t d e s E i g e n t u m s 325 § 167. Lösung d a u e r n d e r V e r t r a g s p f l i c h t e n 327 § 168. Die B e g r ü n d u n g des E r b r e c h t e s 331 Vierter

Abschnitt.

Politik. I. D i e R i c h t l i n i e n d e r § 169. D a s politische E n d z i e l § 170. Mehrheit u n d R i c h t i g k e i t § 171. Gleichheit u n d Gerechtigkeit

Politik.

II. P r a k t i s c h e Politik. § 172. Die Bedingtheit politischer M a ß n a h m e n § 173. D i e Mittel der P o l i t i k § 174. Die politischen P a r t e i e n

334 339 341 346 349 353

Inhaltsverzeichnis.

XIV

Fünfter

Abschnitt.

Der geschichtliche Fortschritt.

Seite

I. D i e Geschichte. § 175. Die Art der geschichtlichen Forschung § 176. Die Geschichte als Lehrmeisterin § 177. Die Einheit der Geschichte

355 358 360

II. D e r Fortschritt. § 178. Der Begriff des F o r t s c h r i t t s § 179. Der Sieg des R i c h t i g e n § 180. Das Suchen nach dem vollkommenen Abschluß

363 366 368

Register . Nachträge Berichtigungen

••

373 391 . . 392

Abkürzungen. Folgende Werke sind nur mit dem N a m e n ihrer Verfasser a n g e f ü h r t : Naturrecht oder Philosophie des Rechtes u n d des Staates. 6. Aufl. 1870. BLUNTSCHU Geschichte der neueren Staatswissenschaft. 3. Aufl. 1881. B R U N N E R Grundzüge der deutschen Rechtsgeschichte. 7. Atifl. von H E Y AHRENS

MANN.

1919.

Geschichte u n d System der Rechtsphilosophie in Grundzügen. 1863. H I L D E N B R A N D Geschichte u n d System der Rechts- u n d Staatsphilosophie. I. Bd. Das klassische A l t e r t u m . 1860. HINRICHS Geschichte der Rechts- u n d Staatsprinzipien seit der Reformation. 3 Bände. 1848—52. H U G O Lehrbuch des Naturrechts als einer Philosophie des positiven Rechts. 4. Aufl. 1819. • L A S S O N System der Rechtsphilosophie. 1882. M O H L Die Geschichte u n d Literatur der Staatswissenschaften. 3 Bände. 1855 f. R O S S B A C H Die Perioden der Rechtsphilosophie. 1842. S C H M A U S S Neues System des R e c h t s der N a t u r 1754. S C H R Ö D E R Lehrbuch der deutschen Rechtsgeschichte. 5 . Aufl. 1 9 0 7 ; 6 . Aufl. von K Ü N S S B E R G , E r s t e H ä l f t e 1917. S T A H L Die Philosophie des Rechts. 3 Bände. 3. Aufl. 1854. S T I N T Z I N G Geschichte der deutschen Rechtswissenschaft. 4 Bände. 1880 ff., vom zweiten Bande an von L A N D S B E R G . Ü B E R W E G Grundriß der Geschichte der Philosophie. Erster Teil. 1 0 . Aufl. von P R A E C H T E R 1 9 0 9 ; zweiter Teil 1 0 . Aufl. von B A U M G A R T N E R 1 9 1 5 ; d r i t t e r T e i l 1 1 . Aufl. von F R I S C H E I S E N - K Ö H L E R 1 9 1 4 ; vierter Teil 1 1 . Aufl. GEYER

von

ÖSTERREICH

1916.

K a r l , Geschichte der Philosophie. 2 Bände. 5. Aufl. 1 9 1 9 . V O R L Ä N D E R Franz, Geschichte der philosophischen Moral, Rechts- u n d Staatslehre der Engländer u n d Franzosen 1855. W A R N K Ö N I G Rechtsphilosophie als Naturlehre des Rechts 1 8 3 9 . W I N D S C H E I D Lehrbuch des Pandektenrechts. 3 Bände. 9 . Aufl. v. K I P P VORLÄNDER

1906.

ZOEPFL Grundriß zu Vorlesungen über Rechtsphilosophie 1878. Von den Schriften des Verfassers dieses Lehrbuches sind nachstehende mit diesen Abkürzungen zitiert: R R . = Die Lehre von d e m richtigen Rechte. 1902. R S t . = Rechts- und Staatstheorien der Neuzeit. 1917. TR. = Theorie der Rechtswissenschaft. 1911. WR. = Wirtschaft und Recht nach der materialistischen Geschichtsauffassung. 4. Aufl. 1921. I m übrigen sind regelmäßig die Vorschläge des deutschen Juristentags für die A r t der Anführung von Rechtsquellen, Entscheidungen u n d wissenschaftlichen Werken, 2. Ausg. 1910, befolgt.

Einleitung. I . D i e A u f g a b e der Rechtsphilosophie. § 1. Von dem Begriffe des

Rechtes.

Unter R e c h t s p h i l o s o p h i e verstehen wir die Lehre von dem, was sich in rechtlichen Erörterungen m i t u n b e d i n g t e r A l l g e m e i n g ü l t i g k e i t aufstellen l ä ß t 1 . Alle Rechtsfragen treten in b e g r e n z t e n Erlebnissen auf. Sie erscheinen als b e s o n d e r e Bestrebungen im Fordern oder im Verweigern, angelehnt an bestimmte Sätze und Einrichtungen. Und was immer an rechtlichem Begehren und Anordnen erscheint, ist g e s c h i c h tl i c h b e d i n g t . E s entsteht aus beschränkt gegebener Lage, ist dem Wandel und Wechsel unterworfen und nach abgelaufener Frist dem Untergange geweiht 2 . Aber allen so eingeführten Betrachtungen ist d e r B e g r i f f d e s R e c h t e s gemeinsam. Er verleiht ihnen ihre gleichmäßige Eigenart 1 Der Ausdruck Rechtsphilosophie scheint auf HUGO zurückzugehen; s. seinen zivilistischen Kursus, bes. Bd. 2 Lehrbuch des Naturrechts als einer Philosophie des positiven Rechts 1797. Vorher n a h m m a n die sachliche Richtung eines Buches in seinen Titel auf oder nannte als Thema nur das natürliche Recht. CONRING sprach von civilis philosophia (vgl. HUGO Lehrbuch des römischen Rechts seit J u s t i n i a m (3) 1830 S. 382; STINTZING I I S. 177). KANT (§ 15 N. 11) verwandte Metaphysik der Sitten: 1. Teil. Rechtslehre. SCHMALZ gab der 4. Auflage seines Reinen Naturrechts 1807 den Titel Handbuch der Rechtsphilosophie, nachdem schon FRIES 1803 eine philosophische Rechtslehre, WEISS 1804 ein Lehrbuch der Philosophie des Rechts verfaßt hatten. S. auch

W A R N KÖNIG § 2 S . 4 . — V g l . T R .

I

8.

2

Die Darlegung d e r B e s o n d e r h e i t e n in den geschichtlich gegebenen Rechtsordnungen ist Sache d e r t e c h n i s c h e n Jurisp r u d e n z . Ihr liegt ob die übersichtliche u n d genaue Reproduktion eines gegebenen Rechtsinhaltes. Sie h a t das vordem rechtlich Gewollte aus den Quellen wiederherzustellen. T R . IV 19; STAMMLER Begriff u n d Bedeutung der Rechtsphilosophie, ZRPhilos. 1, 1 ff. — Jede juristische Arbeit sollte darum sich selbst die Vorfrage vorlegen: Sind deine Ausführungen als W i e d e r g a b e d e r B e s o n d e r h e i t e n eines begrenzten, geschichtlichen Rechtes gemeint, oder können sie unabhängig davon a l l g e m e i n g e l t e n ? — B e a c h t e n s w e r t ist zu diesem Thema noch immer FEUERBACH Über Philosophie u n d Empirie in ihrem Verhältnisse zur positiven Rechtswissenschaft 1804. S t a m m l e r . Rechtsphilosophie.

1

§ 1.

Von d e m Begriffe des R e c h t e s .

und fügt sie zu einer Einheit zusammen. Durch ihn grenzt sich d a s rechtliche Wollen von anderen typischen Möglichkeiten ab, von dem Naturgeschehen so gut, wie von Moral und Sitte oder von willkürlicher Gewalt. Sonach i s t d e r B e g r i f f d e s R e c h t e s ein Gedanke von u 11 bedingter Allgemeingültigkeit3. E r bedeutet d i e s i c h g l e i c h b l e i b e n d e A r t eines Teiles menschlicher Bestrebungen. E r begleitet sie in ihrem jeweiligen Auftreten; aber er besagt nicht wieder eine sich mit ihnen ändernde Einzelheit, sondern ist im Gegenteil d i e e i n h e i t l i c h e B e d i n g u n g ihres gleichmäßigen Erfassens 4. Damit ist die eine Aufgabe der R e c h t s p h i l o s o p h i e zum Ausdrucke gebracht. Sie hat d e n B e g r i f f d e s R e c h t e s zu entwickeln und sein Auftreten in dem Leben der Menschen darzulegen.

§ 2. Von

der

Idee

des

Rechtes.

Die zweite Aufgabe der R e c h t s p h i l o s o p h i e Lehre von der G e r e c h t i g k e i t 1 .

bildet

die

D e r B e g r i f f des Rechtes ist eine Teilvorstellung. E r bezeichnet die eine Art von menschlichem Wollen gegenüber anderen Klassen des letzteren: dem moralischen, dem konventionalen, dem gewalttätigen 3

Die A 1 1 g e in e i n g ü 1 t i g k e i t besagt eine E i g e n a r t bes t i m m t e r Gedanken. Diese r i c h t e n sich entweder auf begrenzte u n d vorübergehende Erlebnisse, oder sie wollen u n a b h ä n g i g von allen beschränkten Besonderheiten sein. Wenn sie d i e s e l e t z t e E i g e n s c h a f t besitzen, so sind sie a l l g e m e i n g ü l t i g . Dagegen k a n n diese durchgreifende Unterscheidung von bedingt u n d u n b e d i n g t b e d e u t s a m e n Gedanken n i c h t i n d e r Z a h 1 der Personen liegen, die jene Gedanken hegen u n d billigen. Vgl. § 9 0 N . 2 . W e n n z . B . SlMMEL Philosophie des Geldes (2) 1907 S. 379 s a g t : Was wir die objektive Bedeutung der Dinge nennen, das ist in praktischer Hinsicht ihre Gültigkeit für einen größeren Kreis von Subjekten, so wird d a s der hier eingesetzten grundlegenden U n t e r s c h e i d u n g nicht gerecht. Sie wird dabei m i t t e l b a r v e r n e i n t und doch wieder verwendet, denn der a n g e f ü h r t e Satz soll doch wohl a l l g e m e i n g ü l t i g sein ? — S. a u c h §§ 79—81 ; 101. 4 Der Begriff d e s R e c h t e s ergibt sich, sobald m a n die E i n h e i t des Bewußtseins e r w ä g t u n d die Möglichkeit des gleichmäßigen Ordnens von Geschehnissen — in ihrer bloßen Möglichkeit als solcher (vgl. § 21 N . 5) — klarstellt. In diesem Sinne gehört er zu den allgemeingültigen Gedankengängen, unter deren Bedingung die mannigfaltigen Einzelheiten einheitlich b e s t i m m t werden k ö n n e n (§ 8). Uber die zu seiner E r k u n d u n g nötige Methode der U n t e r s u c h u n g s. § § 5 ; 22. 1 Cuius boni et aequi discernentes, ixhor'atione «jfcctantes.

merito quis nos sacerdotes appe.llet: iustitiam namque colimus et notitiam pro/itemur, aequum ab iniquo separantes, licitum ab illicito bonos hon solum metu poenarum, verum etiam praemiorum quoque efficere cupientes, veram nisi jallor philosophiam, non simulatam ULPIANUS libro primo institutionum, D. I 1, 1 § 1. S. § 11 zu N. f>.

§ 2.

Von der Idee des Rechtes.

3

Wollen. Diese verschiedenen Begriffe sind zuvörderst n a c h l o g i s c h e n A r t m e r k m a l e n festzustellen und gegeneinander abzugrenzen. Hinter und über dieser Aufgabe erhebt sich dann die weitere Frage: ob ein so beobachtetes und eingeteiltes Wollen in seinem Inhalte auch g r u n d s ä t z l i c h b e r e c h t i g t ist. Diese Frage fällt mit der vorhin genannten Zerlegung der Willensinhalte in verschiedene, begrifflich bestimmte Klassen keineswegs zusammen. Man kann beispielsweise den Unterschied der rechtlichen Satzungen und der Gebote der Höflichkeit und äußeren Bräuche nicht so wiedergeben, daß das eine sachlich begründet, das andere unrichtig sei; und ebensowenig geht dies etwa bei der Gegenüberstellung von Recht und Sittlichkeit an, oder auch bei der von rechtlichen und von gewalttätigen Anordnungen 2. Es können vielmehr alle Arten des Wollens in ihrem besonderen Auftreten sowohl innerlich gerechtfertigt, als auch verwerflich sein 3 . Der Gedanke der R i c h t i g k e i t und seines Gegenteils durchschneidet den mannigfachen Inhalt von menschlichem Wollen in anderer Weise, als die begriffliche Zerlegung, von der bis jetzt die Rede war. Er gründet sich auf die Möglichkeit, a l l e jemals denkbaren Bestrebungen i n u n b e d i n g t e r H a r m o n i e miteinander vorzustellen. Dies ist nur eine I d e e , das heißt: die Vorstellung d e s G a n z e n aller je möglichen Erlebnisse. D a s G a n z e ist aber nicht selbst wieder ein begrenzt vorzustellender Gegenstand. Mit ihm wird eine Aufgabe gesetzt, ein jedes besondere Streben nach dem Zusammenstimmen mit der Allheit der denkbaren Einzelheiten zu beurteilen. So bildet die Idee den Leitstern der bedingten Erfahrung, ohne selbst in der empfindbaren Wirklichkeit jemals restlos vorzukommen 4. 2 Damit widerlegt sich die Behauptung von R. LOENING Über Wurzel und Wesen des Rechtes 1907 S. 21 : daß die Begriffe Recht und richtig ein und dasselbe wären. Denn es ist in dieser Behauptung übersehen, daß die Feststellung d e s R e c h t s b e g r i f f c s seine Abgrenzung von den anderen Arten des Wollens bedeutet, daß man aber nicht wohl sagen kann, daß das Recht das r i c h t i g e Wollen umfasse, und die anderen (im Texte vorläufig angeführten) Klassen des Wollens in ihrem Inhalte u n r i c h t i g seien. Vgl. R S t . § 8 IV. 3 Selbst bei w i l l k ü r l i c h e r Gewalt kann im besonderen Fall das Bestreben auf ein r i c h t i g e s Ergebnis gerichtet sein, das bei strenger Wahrung des gerade geltenden R e c h t e s in dieser bedingten Sachlage fraglich oder sogar sicher ausgeschlossen erscheint. Man denke an die Bitte, die Bassanio im Kaufmann von Venedig dem Richter vorträgt: Die Bosheit drückt die Redlichkeit. Ich bitt' euch, Beugt Einmal das Oesetz nach eurem Ansehn: Tut kleines Unrecht um ein großes Recht. § 106 N. 1. — T R . VI 13; vgl. 16. 4 Die verschiedenen Bestrebungen, die b e g r i f f l i c h als r e c h t l i c h e s Wollen zu bestimmen sind, würden in ihrem Inhalt zerstreut und zufällig sein, wenn sie nicht unter dem Blickpunkte eines unbedingt leitenden, einheitlichen Gedankens zusammengefaßt würden. Die verschiedenen Klassen des menschlichen Wollens, so auch dessen r e c h t l i c h e Art, sind nun in d a s G a n z e des Reiches der Zwecke wieder einzusetzen und nach seinem Grundgesetz zu richten (§§ 79 ff.). — Umgekehrt setzt jede Erörterung d e r



4

§ 3.

Die reinen F o r m e n der Rechtsgedanken.

Es tritt hier also eine weitere wissenschaftliche Erwägung auf, die über die Klarlegung d e s B e g r i f f e s von dem R e c h t e hinausführt 5 . Es handelt sich nun um d e n i d e a l e n E n d z w e c k , nach dem jedes r e c h t l i c h e Begehren in seiner besonderen Lage zu richten und zu leiten ist, wenn anders es g r u n d s ä t z l i c h r i c h t i g dastehen soll6. Man kann diese andere r e c h t s p h i l o s o p h i s c h e Aufgabe auch in die Frage kleiden: Worin besteht begründetermaßen d i e I d e e d e s R e c h t e s ? Wie ist sie praktisch zu bewähren, und welches ist ihre Bedeutung für die Geschichte der Menschheit?

II. Der Gegenstand der Rechtsphilosophie. § 3.

Die reinen Formen der R e c h t s g e d a n k e n . Der Gegenstand der r e c h t s . p h i l o s o p h i s c h e n Untersuchung kann hiernach näher angegeben werden als d a s S y s t e m d e r r e i n e n F o r m e n , in denen wir r e c h t l i c h d e n k e n 1 . Sobald man ein gewisses Streben als ein r e c h t l i c h e s Wollen auffaßt, oder dieses als g e r e c h t behauptet oder bestreitet, so ist ein bedingter Stoff des Sehnens und Drängens i n e i n e r u n b e d i n g t g l e i c h m ä ß i g e n A r t bedacht. Denn die Gedanken von R e c h t und G e r e c h t i g k e i t sind einheitliche Weisen, irgend ein Begehren zu bestimmen und zu richten. Sie kehren in diesem ihrem ordnenden Tun übereinstimmend immer wieder 2. G e r e c h t i g k e i t selbstredend d e n B o g r i f f d e s R e c h t e s voraus. W e n n STAHL I S. 1 definiert: Rechtsphilosophie ist die Wissenschaft des Oerechten, so ist das in der Fassung zu eng. I n der Ausführung seiner R e c h t s u n d Staatslehre geht denn auch STAHL I I S. 191 ff. in grundlegender Absicht auf d e n B e g r i f f des Rechtes u n d sein Verhältnis zur Moral in k a t, e g o r i a 1 e r u n d nicht in i d e a l e r Hinsicht ein. 5 S. noch über Begriff u n d Idee § 82. 6 MARTENS Der Dialog m i t dem Anarchisten 1912, bes. S. 145 ff. D a s Bemühen des Verfassers, zu einem festen H a l t zu gelangen, ist f ü r die hier eingeführte Fragestellung interessant. ' Der I n h a l t eines Gedankens ist die ihm eigene Besonderheit. E s ist die Eigenart, d u r c h die er sich von einen anderen unterscheidet. Eine solche Eigenart besitzt jeder Gedanke: Inhalt leere G e d a n k e n g i b t es ü b e r h a u p t n i c h t . Vgl. §§ 25 N . 1; 92 N . 8. I n dem I n h a l t e lassen sich F o r m u n d S t o f f unterscheiden: die bedingende Art u n d Weise u n d das durch sie Bestimmte, z. B. der allgemeingültige Begriff d e s R e c h t e s und e i n e e i n z e l n e Rechtse i n r i c h t u n g , wie die des Mietvertrages, des Vermächtnisses, des Staatsamtes. E s ist also nicht genau. Form u n d Inhalt in erschöpfenden Gegensatz zu bringen. J e n e ist e i n T e i l d e s I n h a l t e s , gegenüber dessen stofflich bedingten Bestandteilen. E s gibt aber auch Bewußtseinsinhalte, deren Eigenart darin besteht, d a ß sie n i c h t s a l s methodische Ordnungsweisen ( = r e i n e F o r m e n ) sind. 2 Die Unterscheidung von F o r m u n d S t o f f ist f ü r die klare Erfassung unseres geistigen Besitzes von entscheidender Bedeutung. Man halte immer

§ 3.

Die reinen Formen der Rechtsgedanken.

5

Dieses einheitliche Ordnen vollzieht jeder d e n k e n d e Mensch, gleichviel, o b er sich dessen b e w u ß t ist oder nicht 3 . E s vollendet sich in einer R e i h e r e i n e r B e g r i f f e u n d G r u n d s ä t z e , die als A u s s t r a h l u n g e n d e s R e c h t s g e d a n k e n s a u f t r e t e n u n d als n o t w e n d i g e B e d i n g u n g e n d e s juristischen D e n k e n s — i m Begreifen, Urteilen, Schließen — sich herausschälen lassen 4 . D a b e i s i n d diese reinen F o r m e n der R e c h t s g e d a n k e n n i c h t e t w a angeboren5. Sie führen ü b e r h a u p t keine abgetrennte E x i s t e n z für sich. Sie k o m m e n nur innerhalb d e s geschichtlich b e d i n g t e n R e c h t s i n h a l t e s vor u n d e n t s t e h e n für j e d e n E i n z e l n e n in seinen besonderen rechtlichen Erlebnissen 6. fest, daß es sich u m die l o g i s c h b e d i n g e n d e n Elemente e i n e s G e d a n k e n s gegenüber den dadurch l o g i s c h b e s t i m m t e n Bestandteilen gerade dieses zusammengesetzten Gedankens handelt. Vgl. hierzu W R . § 2 2 . NATORP Piatos Ideenlehre. Eine Einführung in den Idealismus, 1903, bes. S. 5 ff.; 2 6 ff. — Danach ist das Wort formal in unserer Sprache mit bedingend wiederzugeben. D a s Einsetzen dieses deutschen Ausdruckes, an Stelle des oft unerwogen gebrauchten formal, ist zur Förderung begrifflicher Klarheit geeignet. 3 E s verhält sich nach altem Vergleich hier ähnlich wie mit der. Grammatik der Muttersprache. Die b e d i n g e n d e n (formalen) Elemente besonderer Gedanken können f ü r s i c h a l l e i n wissenschaftlich behandelt werden; die d a d u r c h b e s t i m m t e n (materialen) Bestandteile lassen sich selbstredend nur unter der Rücksichtnahme auf jene Bedingungen betrachten. So ist Physik als Wissenschaft ntir in mathematischer Form möglich, Mathematik aber mag für sich gesondert betrieben werden ( § 5 N . l ) . N u r i n s o f e r n läßt sich die R e c h t s p h i l o s o p h i e m i t der Stellung der Mathematik vergleichen. Die Parallele schwindet bei der Einzeldurchführung, da es jene nicht, wie diese, mit den Formen der Anschauung in Raum und Zeit zu tun hat. Statt dessen bietet sich die Gleichheit der Aufgabe in der reinen Naturwissenschaft (Kausalitätsgesetz, Beharrung der Substanz usf.); wobei wiederum mit der Fest-s Stellung des gleichen Suehens nach r e i n e n B e g r i f f e n u n d G r u n d s ä t z e n das Zusammengehen mit der Rechtsphilosophie beendet ist. — Vgl. § 56 N . 6; auch § 35 N . 8. 5 Der alte Streit über das Bestehen angeborener Vorstellungen kann seit K A N T im allgemeinen als erledigt gelten. S. dazu C O H E N Kants Theorie der Erfahrung 1871 S. ] , (2) 1885. bes. S. 30; 41. In der sozialwissenschaftlichen Literatur finden sich aber noch immer Anklänge a n die frühere Bejahung jener Frage. A R N O L D Kultur und Rechtsleben 1865 S. 90 ff. unterscheidet die drei Gebiete der Wirtschaft, des Rechtes und des Staates und lehrt, daß jedes Gebiet zunächst auf einem besonderen uns angeborenen Triebe ruht, daneben aber zugleich auf denjenigen, die je die zwei anderen zunächst beherrschen und bestimmen-, das wirtschaftliche auf der Selbstliebe, das rechtliche auf dem Rechtssinn, das politische auf dem, Gemeinsinn. Diese Triebe oder Anlagen seien etwas allgemein Menschliches, aber doch national verschieden. — PÖZL Über den Rechtssinn, Münch. Rekt. Rede 1868, versteht unter diesem Worte die Achtung vor dem Gesetze, als der Triebfeder des Handelns, läßt deren Herkunft aber als offene Frage stehen. — S. auch § 75 N. 2; § 76 a. E . und § 146. s Nur die Anlage zum Erwerbe einheitlich bestimmter Vorstellungen kann man angeboren nennen, der Vorstellungsinhalt ist immer erst bedingt

6

§ 3.

D i e reinen F o r m e n der R e c h t s g e d a n k e n .

Ihre Kennzeichnung als reine Gedanken bezieht sich also nicht auf ihre H e r k u n f t , sondern auf ihren G e l t u n g s w e r t ' . Sie sind nicht nur zum klärenden Bearbeiten gewisser begrenzter Sonderfragen berufen, sondern zählen zu den ordnenden Weisen j e d e s jemals möglichen Bewußtseinsinhaltes8. Das bewußte Betätigen dieser Ordnungsprinzipien bei der Behandlung des Rechtes erhebt die Jurisprudenz zur W i s s e n s c h a f t®. erworben. I n ihm k a n n dann durch kritische Analyse d i e "ordnende F o r m ( = b e d i n g e n d e Methode) v o n d e m g e o r d n e t e n S t o f f ( = bes t i m m t e r B e s o n d e r h e i t ) u n t e r s c h i e d e n wei d e n . S. § 5. 7 D i e e r s t e u n d v o r n e h m s t e F r a g e f ü r die Ü b e r s i e h t u n d B e h e r r s c h u n g u n s e r e r G e d a n k e n w e l t ist die e r k e n n t n i s k r i t i s c h e E r w ä g u n g u n d n i c h t die p s y c h o l o g i s c h e B e t r a c h t u n g . J e n e g e h t auf d a s S e i n , die z w e i t e auf d a s W e r d e n . D i e eine stellt die b e d i n g e n d e n Gedankeng ä n g e f e s t , u n t e r d e n e n die e i n h e i t l i c h e E r f a s s u n g des Geschehens v e r s t ä n d l i c h ist, die a n d e r e s u c h t die V e r k n ü p f u n g solcher begrifflich b e s t i m m t e n I n h a l t e m i t gewissen M e n s c h e n d e u t l i c h zu m a c h e n . Die l e t z t e r e T ä t i g k e i t s e t z t d a s Vorliegen d e r zuerst g e n a n n t e n v o r a u s u n d e r g ä n z t sie. W i r h a b e n r s d a m i t im Tl. B u c h e zu t u n . Vgl. zu d e m g e n a n n t e n U n t e r s c h i e d § § 2 2 ; 28 N . 4 ; 80 u n d 83 ; zu d e r p s y c h o l o g i s c h e n F r a g e im be sonderen §§ 73 ff. — I n der Ges c h i c h t e der P h i l o s o p h i e t r i t t d e r g e n a n n t e U n t e r s c h i e d a l s ri iartv u n d 7t yiyvmn v o r a l l e m b e i P L A T O N u n d A R I S T O T E L E S h e r v o r ; eine Gegenübers t e l l u n g , v o n der G O E T H E e i n m a l sagt, d a ß jeder Mensch eine gewisse Vorliebe gerade fiir die eine dieser m ö g l i c h e n E r ö r t e r u n g e n , gegenüber der a n d e r e n , hege. S. § 10. 8 E s gibt r e i n e u n d b e d i n g t e F o r m e n . J e n e sind G e d a n k e n , die v o n keinen a n d e r e n logisch a b h ä n g e n , s o n d e r n die letzten B e d i n g u n g e n f ü r d a s O r d n e n u n s e r e s B e w u ß t s e i n s sind. Sie n e h m e n n i c h t an, d a ß schon gewisse E i n d r ü c k e u n d B e g e h r u n g e n g e o r d n e t sind, setzen v i e l m e h r n i c h t s voraus, als d i e M ö g l i c h k e i t des e i n h e i t l i c h e n Ordnens u n s e r e s Geisteslebens ü b e r h a u p t . Der Gegensatz der bedingten F o r m e n ergibt sich d a n a c h v o n selbst. So ist d e r Begriff des Erben eine b e d i n g t e A r t des O r d n e n s , der des Rechtssubje.ktes eine r e i n e F o r m (vgl. §'21 N . 5): N u r v o n d e n r e i n e n F o r m e n u n s e r e s D e n k e n s v e r m a g es e i n a b g e s c h l o s s e n e s S y s t e m zu geben. D e n n d a s S y s t e m ist eine e r s c h ö p f e n d gegliederte E i n h e i t (§ 133). Die d a z u n ö t i g e V o l l s t ä n d i g k e i t k a n n d e m u n a b g e s c h l o s s e n e n S t o f f der E i n d r ü c k e u n d Streb u n g e n a l s s o l c h e m n i e m a l s z u k o m m e n ( § 2 8 N . 1). T R . I 3 ^ 5 . Vgl. § 115, bes. N . 2 u n d 3. 9 Der j u r i s t i s c h e n B e t ä t i g u n g ist m a n c h m a l der C h a r a k t e r möglicher W i s s e n s c h a f t l i c h k e i t bestritten worden. Besonders e i n d r i n g l i c h v o n K I R C H M A N N Die W e r t l o s i g k e i t der J u r i s p r u d e n z a l s Wissens c h a f t 1848. E r e r h e b t drei E i n w ü r f e : D e r Stoff des R e c h t e s sei i m m e r verä n d e r l i c h ; es sei n i c h t b l o ß i m W i s s e n , s o n d e r n a u c h im F ü h l e n ; es b e r u h e auf e i n e m p o s i t i v e n Setzen. — Diese P o l e m i k ist u n g e n ü g e n d . Sie ü b e r s i e h t , d a ß die A r t d e r W i s s e n s c h a f t g e r a d e n i c h t v o n d e m S t o f f a b h ä n g t , d e n sie b e a r b e i t e t , s o n d e r n v o n d e r F o r m , m i t d e r sie j e n e n b e h e r r s c h t . W i s s e n s c h a f t besagt das Ordnen unserer Gedankenwelt n a c h unb e d i n g t e i n h e i t l i c h e m P l a n . Man k a n n also b e r e c h t i g t e r m a ß e n n u r f r a g e n , ob solches f ü r die r e c h t l i c h e n V o r s t e l l u n g e n möglich ist. Die r e c h t s p h i l o s o p h i s c h e D a r l e g u n g g i b t eine k r i t i s c h b e g r ü n d e t e B e j a h u n g dieser F r a g e . — Ü b e r K I R C H M A N N S . S T A H L Rechtswissen-

§ 4.

Unzulässigkeit eines Idealrechtes.

Unzulässigkeit

§ 4. eines

7

Idealrechtes.

E s ist wohl versucht worden, gegenüber d e m geschichtlich gewordenen R e c h t , d a s sich m a n g e l h a f t und wandelbar erwies, ein vollkommenes Gesetzbuch m i t Gültigkeit für alle Völker u n d Zeiten auszuführen. D a s ist unmöglich. D e n n der Inhalt eines solchen Idealrechtes m ü ß t e die Regelung von menschlichem Begehren enthalten. Der Stoff dieses Begehrens bezieht sich aber auf begrenzte Bedürfnisse und auf die Art ihrer Befriedigung. Dadurch ist er unvermeidlich bedingt und endlich und steter Veränderung unterworfen 1 . Die besondere Ordnung des Zusammenwirkens, das auf jene Bedürfnisbefriedigung gerichtet ist, kann darum auch nur wechselnd und bloß von relativer Allgemeinheit sein Es ist kein schaft oder Volksbewußtsein ? 1848. SCHÖNSTEDT Die B e d e u t u n g der Jurisprudenz als W i s s e n s c h a f t 1848. STERNBERG I. H . v. K i r c h m a n n u n d seine K r i t i k der Rechtswissenschaft 1908. S. a u c h § 49 N. 2 . — W e i t e r e L i t e r a t u r : WINDSCHEID R e c h t und Rechtswissenschaft, Greifswald 1854; DERS. Rede a n die Studierenden, München, 1867; DERS. Die Aufgaben der Rechtswissenschaft, Leipzig 1884. EXNER Die praktische Aufgabe der romanistischen Wissenschaft ( § 1 1 N. 7). C. ERDMANN Über die Stellung der Rechtswissenschaft vor dem Richterstuhl der Laien und der Schwesterwissenschaften. D o r p a t 1875. LORENZ v. STEIN Gegenwart u n d Z u k u n f t der Rechts- und Staatswissenschaft Deutschlands 1876, bes. S. 104 ff (s. auch § 35 N. 1). BRINZ, Rechtswissenschaft u n d Rechtsgesetzgebung, München 1877, abg e d r u c k t in Allg. Ztg. 1877 Nr. 210 Beil., 211; (§ 123 N. 3). OFNER Studien sozialer J u r i s p r u d e n z 1894, I. Die J u r i s p r u d e n z als soziale Technik S. 1 ff. L. SAVIGNY Die Stellung der Rechtswissenschaft zur U n i v e r s i t ä t , FreiburgSchweiz, 1895. H . O. LEHMANN Die S y s t e m a t i k der W i s s e n s c h a f t e n und die Stellung

der

Jurisprudenz

1897.

SCHWANN

DJZ.

7,513 ff.

HABRUCKER

(§115 N. 3). KUHLENBECK Die Rechtswissenschaft, in ihren Beziehungen zu anderen Wissenschaften 1905. LEONHARD S t i m m e n des Auslands über die Z u k u n f t der R e c h t s w i s s e n s c h a f t 1906. RUMPF Volk u n d R e c h t 1910 S. 86 ff. I s t J u r i s p r u d e n z eine W i s s e n s c h a f t ? NUSSBAUM Über Aufgaben u n d Wesen d e r J u r i s p r u d e n z , ZSozialW. 9,1 ff. GAREIS Moderne Bewegungen in der Wissenschaft des deutschen P r i v a t r e c h t s , München 1912. STAMMLER Die Z u k u n f t s a u f g a b e n des R e c h t e s u n d der Rechtswissenschaft, in K u l t u r der Gegenwart: Systematische R e c h t s w i s s e n s c h a f t (2) 1913 S. 551 ff. KRETSCHMAR Über die Methode der P r i v a t r e c h t s w i s s e n s c h a f t 1914; DERS. Grundfragen der P r i v a t r e c h t s m e t h o d i k , in J h e r i n g s J . 67, 233 ff. JOERGES R e c h t s u n t e r r i c h t u n d R e c h t s s t u d i u n i (§74 N . 1), bes. S. 140 ff.; 159 ff. HUCH Der Begriff W i s s e n s c h a f t im K a n t i s c h e n Sinne 1917. Bozi I m K a m p f u m ein erfahrungswissenschaftliches R e c h t 1917; d a r ü b e r BOVENSIEPEN in SchmollersJ. 41, 1601 ff., D R i c h t Z . 1918, S. 88. MARX Der W i s s e n s c h a f t s c h a r a k t e r der J u r i s p r u d e n z 1918. SALOMON Grundlegung zur Rechtsphilosophie 1919 S. 13 ff. BINDER Der W i s s e n s c h a f t s c h a r a k t e r der Rechtswissenschaft, K a n t Studien 25, 321 ff. 1 S. hierzu W R , § 32: U n m ö g l i c h k e i t eines absolut gültigen Rechtsinhaltes. — U n t e n §§ 14; 15. 2 Freilich wird es v o r k o m m e n , d a ß gewisse Lehren der Weltweisheit einen E i n f l u ß auf rechtliche E i n r i c h t u n g e n u n d juristische E r ö r t e r u n g e n gewinnen. U n d eine k r i t i s c h begründete Lehre von d e r I d e e d e s R e c h t e s soll d a s ja auch t u n . D a n n k a n n eine s p ä t e r e P r ü f u n g d a s auflösen und d>e Quelle

8

§ 4.

Unzulässigkeit eines Idealrechtes.

e i n z i g e r R e c h t s s a t z m ö g l i c h , der in der B e s o n derheit seines Inhaltes unbedingt richtig feststände3. Es gibt hiernach immer nur geschichtlich bedingtes Recht. Auch eine frei erdichtete U t o p i e knüpft an die seitherige Erfahrung an und ist aus dieser hervorgegangen (§ 53). Soweit sie stofflich bedingte Rechtssätze und Einrichtungen vorbringt, besitzt sie k e i n e u n b e d i n g t e Allgemeingültigkeit4. Eine solche kann n u r d e n f o r m a l e n R i c h t l i n i e n des rechtlichen Begreifens und Urteilens zukommen6. einzelner Satzungen u n d Doktrinen eines bestimmten Rechtes klarlegen. So die Erörterungen von G Ö P P E R T Über einheitliche, zusammengesetzte und Gesamtsachen nach röm. R. 1871 u n d S O K O L O W S K I Die Philosophie im Privatrecht. Sachbegriff und Körper in der klassischen Jurisprudenz und der modernen Gesetzgebung 1902, dazu R A B E L in V J S c h r . f. wiss. Philosophie und Soziologie 1904 S. 108 ff., über den Einfluß der stoischen u n d anderer griechischen Philosophie auf die Lehre von der rechtlichen Behandlung der Sachen im römischen Recht. Aber das zieht sich im ganzen auf eine Betrachtung von begrenzten Einzelfragen zurück, die den K e r n der r e c h t s p h i l o s o p h i s c h e n Aufgabe u n b e r ü h r t l ä ß t . 3 Dagegen ist es möglich, zufolge der im Nachstehenden zu entwickelnden Lehre von der Gerechtigkeit (§§ 91 ff.) b e s t i m m t e Grenzen aufzuweisen, außerhalb deren ein besonderes R e c h t g r u n d s ä t z l i c h u n r i c h t i g sein muß. S. § 8 1 N . 2. 4 Die U t o p i e n sind Dichtwerke, die einen Musterstaat schildern; sie geben E n t w ü r f e für eigentümliche Rechtseinrichtungen an und schildern deren Folgen. Zuerst: T H O M A S M O R U S De optimo rei publicae statu deque novo, insula Utopia (1516). E r lehnte sich an P L A T O N S unvollendeten Dialog an: Kritias oder Athen u n d Atlantis 9000 J a h r e vor Solon. (Aber nicht a n P L A T O N S Staat, s. § 10 N. 10). Seitdem ist das oft wiederholt worden, besonders in der Neuzeit. R S t . § 3. Von einem gewöhnlichen Reformvorschlag der praktischen Politik unterscheidet sich die Utopie nur dadurch, daß sie bestimmte Eigenschaften der von ihr geschilderten Menschen ersinnt und gewisse technologische Möglichkeiten der Lebensführung frei erdichtet. Wegen dieser willkürlichen Erfindung eines gar nicht vorliegenden Stoffes geht ihr der w i s s e n s c h a f t l i c h e W e r t ab. — S. § 53 zu N. 3; ferner § 172, auch §§ 17 u n d 57 N . 6. 5 Hiergegen h a t sich C A T H R E I N Recht, Naturrecht, positives Recht (2) 1909 S. 164ff. erklärt. E r f ü h r t als Beispiele b e s o n d e r e r Rechtssätze von a b s o l u t e r Geltung a n : Du sollst jedem, das Seine geben oder Man soll kein Unrecht tun. Aber das sind gar keine Rechtssätze im Sinne b e d i n g ter Paragraphen. Solche praktischen Urteile, wie jener Schriftsteller sie nennt, wiederholen nur das Problem: daß jedes besondere rechtliche Wollen im Sinne grundsätzlicher Richtigkeit geleitet werden soll. Sie drücken den Wunsch u n d die Frage nach einer einheitlichen Gesetzmäßigkeit aus, die als d i e I d e e d e s R e c h t e s d a n n näher zu bestimmen sein wird. N i m m t m a n dagegen als Unterlage f ü r das Seine eine besondere Eigentumsordnung oder f ü r das Unrecht eine b e s t i m m t e Gesetzgebung, so h a t m a n g e s c h i c h t liche Rechtseinrichtungen, die wandelbar sind u n d in ihrem positiven Inhalt keineswegs o priori feststehen. Sie bilden d e n b e d i n g t e n S t o f f , der nach f o r m a l e n R i c h t l i n i e n der Gedanken von u n b e d i n g t e r Gültigkeit zu richten und zu leiten ist. Diesem Grund-

§ 5.

Die kritische Methode.

9

III. Die Methode der Rechtsphilosophie. Die

§ 5. kritische

Methode.

Die rechtlichen Vorstellungen sind z u s a m m e n g e s e t z t e Gedanken. Sie lassen sich in Bestandteile auflösen. Diese zerfallen in zwei Klassen: 1. Die Besonderheiten, die gerade diesem rechtlichen "Wollen zu eigen sind, im Unterschied von anderen rechtlichen Begehrungen. 2. Die übereinstimmenden Elemente, die in ihnen gleichmäßig enthalten sind. Mit den letzteren hat es d i e R e c h t s p h i l o s o p h i e zu tun. Die a l l g e m e i n e n und die b e s o n d e r e n Elemente einer rechtlichen Vorstellung liegen aber nicht, so zu sagen, äußerlich und mechanisch nebeneinander, sondern sind unter sich im Verhältnisse der B e d i n g u n g und des dadurch B e s t i m m t e n verschmolzen1. Die so bedingenden (formalen) Bestandteile führen in unserer Aufgabe auf d e n R e c h t s g e d a n k e n zurück. Sie sind einheitliche Weisen des Ordnens von mannigfaltigem Streben. Also werden wir sie dadurch erhalten, daß wir uns d i e M ö g l i c h k e i t der einheitlichen Erfassung von beliebigem Rechtsstoff klar machen. Die Methode der Untersuchung ist hier d i e k r i t i s c h e Selbstbesinnung. Wir fragen nach den Begriffen und Grundsätzen, die unerläßlich sind, um E i n h e i t u n d O r d n u n g in allen jemals denkbaren Rechtsfragen zu haben2. gedanken s t i m m t L . S A V I G N Y Das Naturrechtsproblem und die Methode seiner Lösung in SchmollersJ. 25, 407 ff. zu. 1 Die Abhängigkeit der einzelnen Bestandteile eines Gedankens untereinander ist die einer l o g i s c h e n Bedingtheit. Dagegen treten sie nicht etwa in einer z e i t l i c h e n Reihenfolge a u f , oder gar in einer k a u s a l e n Verknüpfung. Der zusammengesetzte Gedankeninhalt k o m m t in seinen Teilen g l e i c h z e i t i g zur Welt. Wir können, sagt K A N T K r i t i k der reinen Vern u n f t I I 1, 2, 2 § 15, uns nichts als im, Objekte verbunden vorstellen, ohne es vorher selbst verbunden zu haben; jede Analysis setzt eine vorliegende Synthesis voraus. — W e n n wir aber d a n n eine kritische Auflösung vornehmen, so läßt sich wie oben § 3 N. 4 hervorgehoben, von der F o r m , den logisch bedingenden Bestandteilen, eine eigene Lehre f ü r sich geben, w ä h r e n d der S t o f f , d a s formal Bestimmte, n u r in seiner besonderen B e s t i m m t h e i t vorgestellt werden k a n n u n d bei dem Wegdenken jeder F o r m nur als eine wirre, chaotische Masse angenommen werden könnte, von der a u c h als solcher gar keine deutliche Vorstellung bestände, ohne eine formale Bestimmung des Gedankens vorzunehmen. S. die wichtige Anwendung hiervon bei dem Begriffe sozial in § 35; ferner f ü r die Möglichkeit des richtigen Wählens in § 145 zu N. 3. 2 Die Möglichkeit des einheitlichen Ordnens ist freilich als l o g i s c h e r A n f a n g jeder kritischen E r w ä g u n g vorausgesetzt. Sie gibt die letzte Formel f ü r die A u f k l ä r u n g unseres Erkenneris ab. Wollte man sie wieder a n anderen Gedanken messen u n d davon abhängen lassen, so würde m a n auch diese wieder e i n h e i t l i c h z u o r d n e n h a b e n . Dem widerspricht es nicht, d a ß wir die genannte Möglichkeit in ihrer Eigenart uns d u r c h kritische Selbstbesinnung deutlich machen

]0

§ 6.

Rechtsphilosophie u n d allgemeine. Rechtslehre.

Bei dem Aufsuchen und Darstellen der notwendigen Bedingungen eines einheitlichen Bestimmens und Richtens ist alles zu vermeiden, was von n u r b e d i n g t e r Bedeutung ist3. Wir gehen also zwar von der Tatsache d e s g e s c h i c h t l i c h g e g e b e n e n R e c h t e s aus, aber nicht von diesen oder jenen rechtlichen Besonderheiten. Die Methode der r e c h t s p h i l o s o p h i s c h e n Untersuchung richten wir auf das Zergliedern m ö g l i c h e r R e c h t s f r a g e n überhaupt. Es ist darum der ordnende Grundriß für unser Geistesleben soweit aufzunehmen, daß darin die Vorstellung d e s R e c h t e s , und danach der r e c h t l i c h e n Einzelfragen als solcher, einen verständlichen Sinn erhält4. Wir nennen die Rechtsphilosophie, die in der hier dargelegten Weise auf ihre Aufgabe, ihren Gegenstand und ihre Methode sich besinnt, d i e k r i t i s c h e R e c h t s t h e o r i e\ § 6.

Rechtsphilosophie

und

Die R e c h t s p h i l o s o p h i e m e i n e n R e c h t s 1 e h r el.

allgemeine

Rechtslehre.

ist verschieden von der

allge-

können. — D a n a c h e r h ä l t auch erst der Gedanke einer Notwendigkeit seinen festen Sinn. N o t w e n d i g k e i t ist die Ü b e r e i n s t i m m u n g einer Einzelheit m i t einem grundlegend einheitlichen Verfahren des Ordnens. T R . E 5. S. § 34 zu N . 3. 3 V g l noch S C H E I N Unsere Rechtsphilosophie u n d J u r i s p r u d e n z 1889. WALLASCHEK Studien zur Rechtsphilosophie 1880. D E L V E C C H I O I presupposti filosofici della nozione del diritto, Bologna 1905: d a r ü b e r R E I C H E L , K r V J S c h r . 3 F. 11, 209 ff. 4 E s ist selbstverständlich, d a ß die einheitlich bedingenden Methoden des rechtlichen D e n k e n s — also die reinen Grundbegriffe u n d G r u n d s ä t z e des Rechtes — nur i n n e r h a l b dès geschichtlichen E r l e b e n s a u f t r e t e n u n d n u r in ihm e n t d e c k t werden können. D a s Bedenken, d a ß m a n e t w a s a u ß e r h a l b d e r ü b e r h a u p t d e n k b a r e n E r f a h r u n g n i c h t ableiten könne, ist in sich u n k l a r . I n diesem Sinne gibt es eine ungeschichtliche F o r s c h u n g ü b e r h a u p t n i c h t . Von einem E r k e n n e n aus reiner Vernunft her ist also bei der hier befolgten Methode keine Rede. E s h a n d e l t sich vielmehr u m die k r i t i s c h e Analyse der geschichtlichen E r f a h r u n g . Die E i g e n s c h a f t der R e i n h e i t gewisser G e d a n k e n i n h a l t e b e t r i f f t n i c h t ihre H e r k u n f t , sondern ihren G e l t u n g s w e r t (§ 3). S. a u c h § 2 1 N . 5 ; § 2 4 N. 3; § 110 bes. N. 3 f. ; § 115 N. 4. 5 Zur Methode der k r i t i s c h e n R e c h t s t h e o r i e : T R . E 8. L E O N H A R D D L i t Z . 33, 1221. N A T O R P K a n t - S t u d i e n 18, 1 ff. T E S A R Z S t W . 34. 2 5 6 f f . W I E L A N D Die historische u n d die k r i t i s c h e Methode in der R e c h t s w i s s e n s c h a f t 1910. SCHEPPER N i e u w - k a n t i a a n s c h e Rechtsbeschouwing, H a a r l e m 1917. VORLÄNDER II §72 N r . 3. — Von den Schriften des Verfassers dieses Buches s. a u ß e r den oben h i n t e r d e m I n h a l t s v e r z e i c h n i s u n t e r Abkürzungen genannten W e r k e n noch die N a c h w e i s e in §§ 15 N. 13: 18 N. 3 u n d 14; 37 N. 3 ; 103 N . 2 ; 141, N . 2 ; 143 N . 1. Vgl. § 94 N. 1, a u c h § 115 N . 3. 1 K O R N F E L D Allgemeine Rechtslehre u n d J u r i s p r u d e n z 1920. E . HUBER R e c h t und R e c h t s v e r w i r k l i c h u n g . P r o b l e m e der Gesetzgebung u n d der Rechtsphilosophie 1 9 2 1 , S . 1 0 ff. — Über A D . M E R K E L s. § 1 8 N . 2 ff.

§ 6.

Rechtsphilosophie und allgemeine Rechtslehre.

][

Mit dem letzten Ausdruck bezeichnet man die Darstellung rechtlicher Einrichtungen, die sich nicht bloß an einem einzigen Punkt der Geschichte gezeigt haben, sondern mehreren Rechtsordnungen in r e l a t i v e r Allgemeinheit zu eigen sind, z. B. gewisse Arten staatlicher Verfassungen 2 . Es werden dabei einzelne regelmäßig wiederkehrende Fragen aufgeworfen, und die dafür von bestimmten Rechten erteilten Antworten miteinander verglichen3. Jene F r a g e n können a l l g e m e i n g ü l t i g bestehen, z. B. die nach dem Eigentum, als dem letzten Wort bei Verfügungen über eine Sache; oder die nach Ehe und Familie, als der Frage nach dem Verhältnisse der Geschlechter zueinander und zu der Nachkommenschaft 4 . Es kann aber auch sein, daß sie erst u n t e r d e r V o r a u s s e t z u n g a n d e r e r b e s o n d e r e r R e c h t s e i n r i c h t u n g e n auftreten, die in den fraglichen Rechtsordnungen gerade übereinstimmen, z. B. das Hypothekenwesen in den Ländern, die Geldwirtschaft und Grundbücher haben 4 . Auch in dem ersten Falle sind jedoch nur die F r a g e n von allgemeiner Bedeutung : die darauf erteilten A n t w o r t e n sind überall verschieden und wandelbar (§ 114). Darum handelt es sich bei solcher R e c h t s v e r g l e i c h u n g , mag sie ü b e r e i n s t i m m e n d e oder verschiedenartige Einrichtungen nebeneinander halten, unter allen Umständen lediglich um die Bearbeitung von s t o f f l i c h b e d i n g t e m Rechtsinhalt. E s ist möglich, durch vergleichende Rechtswissenschaft die miteinander verglichenen Rechte in ihrem Sinne und ihrer Bedeutung besser kennen zu lernen, als wenn man auf die Betrachtung des einen von ihnen sich zurückzieht 6 . Es kann durch sie ein Hilfsmittel bei gesetzlichen Reformabsichten gewonnen werden. Auch wird manchmal daraus geradezu die 2 E i n e Allgemeine Staatslehre i s t v e r ö f f e n t l i c h t w o r d e n v o n HENSCHEL 1 8 9 0 , BORNHAK 1 8 9 4 , REHM 1 8 9 9 (DERS. i n S a m m l u n g G ö s c h e n 1907), JELL1NEK 1 9 0 0 , (3) 1 9 1 4 ; RICH. SCHMIDT 1 9 0 1 — 0 3 . S. a u c h EDG. LOENING

in HandW. d. StaatsW. (3) VII S. 726. PILOTY in Stengels StaatsWörterb. ( 2 ) III 1 9 1 4 S. 4 6 4 . 3 Der am größten angelegte Versuch dieser Art ist MONTESQUIEU De l'esprit des lois (1748). S. dazu BLUNTSCHLI S. 298 ff. Ferner die Materialien bei MEITZEL, in HandW, d. StaatsW. (3) VI S. 775. 4 Dabei ist auch auf eine gewisse Gleichheit der verglichenen Rechtsordnungen nach ihren geschichtlichen Bedingungen und Schicksalen Gewicht zu legen. Etwas weiter geht FE HR Hammurapi und das salische Recht 1910. Vgl. KOSCHAKER Rechtsvergleichende Studien zur Gesetzgebung Hammurapis 1917. — S. ferner: CROME Les similitudes du code civil allemand et du code civil français (Extrait du livre du centenaire du code civil 1904). RABEL Die Verfügungsbeschränkungen des Verpfänders besonders in den Papyri 1909, S. 1 ff. 5 E. M. ARNDT Versuch in vergleichender Völkergeschichte (2) 1844. BERNHÖFT

in

ZVerglR.

1 (1878) 1 ff.

POST

Bausteine

für eine

allgemeine

Rechtswissenschaft auf vergleichender ethnographischer Basis, 2 Bde. 1880 f. DERS. Über die Aufgaben einer allgemeinen Rechtswissenschaft 1891. ACHELIS

N a t u r u n d K u l t u r , in G r e n z b o t e n 43, 375 ff. (1884).

SEYDEL

Ver-

12

§ 7.

Grundsätzliche E n t s c h e i d u n g von Einzelfragen.

Anregung zur Aufstellung einer neuen Rechtsordnung fließen, sei es, daß diese an die Stelle der seither geltenden gesetzt werden soll, sei es, daß sie über den verglichenen Rechten für den internationalen Verkehr zu treten hat, wie das ius gentium, der Römer6. Niemals aber gelangt man auf dem Wege der V e r g l e i c h u n g und der V e r a l l g e m e i n e r u n g von bedingtem Rechtsinhalt zu der Einsicht d e r u n b e d i n g t g ü l t i g e n Gedankenrichtung e n , unter deren Wahrung die w i s s e n s c h a f t l i c h e Rechtsbetrachtung ü b e r h a u p t e r s t m ö g l i c h ist7. IV. Die Bedeutung der Rechtsphilosophie. § 7.

G r u n d s ä t z l i c h e E n t s c h e i d u n g von

Einzelfragen.

Die r e c h t s p h i l o s o p h i s c h e Arbeit macht eine W i s s e n s c h a f t von dem Recht möglich (§3). Das gibt nicht nur für die lehrende Darstellung den Ausschlag, sondern erweist sich auch bedeutsam für die Praxis des Rechtes. Bei jeder praktischen Rechtsfrage stellen sich zwei Richtungen der Gedanken ein. 1. Man erkundet sich zunächst nach positiven Satzungen, die auf den zur Entscheidung stehenden Fall anzuwenden seien. Das sind die Paragraphen der Gesetzbücher und der verschiedenen Verordnungen, die Verfassungsartikel, auch wohl verhärtete Normen des Gewohnheitsrechtes. Hier hat d i e R e c h t s p h i l o s o p h i e die Technik des Ausdrucks gleichende Rechtswissenschaft, in Münch. NN. 1 8 8 9 Nr. 9 3 . H E N T I G Rechtsvergleichung u n d Politik, in BIVerglR. I I I ( 1 9 0 7 ) 1 9 ff. D E L V E C C H I O Süll' idea di u n a scienza deldirittouniversale comparato 1 9 0 9 ; darüber H O L L D A C K in K r V J S c h r . 3 . F . X V I I 4 4 0 ff. H O L L D A C K : Vom Wesen u n d von den Grenzen der Rechtsvergleichung 1 9 1 2 . D E L V E C C H I O Die Idee einer vergleichenden universalen Rechtswissenschaft 1914. 6 Eine ähnliche Aufgabe h a t t e n die neuzeitlichen Kodifikationen in L ä n dern mit partikular zersplittertem Recht zu leisten. S. als anschauliches Beispiel Mot. z. BGB. IV. 133 ff. über eheliches Güterrecht. Allgemein: E r läuterungen zum Vorentwurf des Schweiz. ZGB. (von H U B E R — 2 . Ausg. B e r n 1914). — Cf. § 11 N. 11. 7 Bei jeder Betrachtung eines Rechtes, das mit anderen verglichen u n d verallgemeinert wird, sind die notwendigen Bedingungen ( = r e i n e F o r m e n ) seiner w i s s e n s c h a f t l i c h e n E r f a s s u n g selbstverständlich schon vorausgesetzt. E s sind eben zwei verschiedene Aufgaben: D i e kritische K l ä r u n , g der Möglichkeit einer RsohtsWissenschaft ü b e r h a u p t u n d d i e allgemeine Beschreibung gesellschaftlicher Zustände u n d der sie bsdingsndsn Rsshtseinrichtungen. F ü r das letztere s. in ausgezeichneter Weise: W. H . R I E H L (1823—1897) Die Naturgeschichte des Volkes als Grundlage einer deutschen Sozialpolitik. 4 Bde., seit 1853: I. L a n d u n d Leute (11) 1908. I I . Die bürgerliche Gesellschaft (10) 1907. I I I . Die Familie (12) 1904. IV. W a n d e r b u c h (4) 1903. G U S T A V F R E Y T A G (1816—1895) Bilder a u s der deutschen Vergangenheit. 5 Bde., seit 1859.

§ 7,

Grundsätzliche Entscheidung von Einzelfragen.

13

zu erörtern, die Abhilfe gegen mögliche Mängel und Lücken zu zeigen, die Kunst der Rechtssetzung vorzustellen; dann aber auch eine Lehre von dem juristischen Schließen, also dem Einfügen eines Tatbestandes unter eine Regel, zu geben. Denn alles dieses sind Fragen, die aus der bloßen Wiedergabe von geschichtlichem Rechtsinhalt nicht erledigt werden können, sondern a l l g e m e i n g ü l t i g für alle Rechtsbetrachtung aufzunehmen und zu beantworten sind. 2. Nun ist aber jeder Paragraph nur ein Versuch, im voraus anzugeben, was einen späteren Streit r i c h t i g entscheiden würde. Da kann immer das Bedenken auftreten, ob ihm seine Absicht gelungen sei. Er unterliegt einem Zweifel in dieser Hinsicht vielleicht in seiner ganzen Aufstellung, oder doch bei seinem Ergreifen des gerade fraglichen Falles. Er wird gemessen an einem x, das sich über den technisch geformten Rechtssätzen erhebt. Nicht selten geht darum die Rechtsordnimg so vor, daß sie für gewisse Fragen auf genau gefaßte Paragraphen verzichtet und die Parteien, die Berater, die Urteiler anweist, in einem kommenden Streitfalle selbst zu suchen und zu finden, wie in der dann gegebenen Lage r i c h t i g zu entscheiden sei (§ 127). Man hat für dieses Vorgehen in unserer Gesetzgebung viele Ausdrücke: Treu und Glauben, Billigkeit, sittliche Pflicht, Vermeiden des Mißbrauchs, gute Sitten, wichtiger Grund u. a. m.1. Alle haben aber einen und denselben Sinn: es soll der Rechtssatz a u s g e w ä h l t werden, der alsdann die g r u n d s ä t z l i c h g e r e c h t f e r t i g t e Entscheidimg liefert2. Welches ist nun jenes x, das den Maßstab für die prinzipielle Berechtigung eines vorbestimmten oder auszuwählenden Rechtssatzes abgibt ? Die Antwort kann nur von d e r R e c h t s p h i l o s o p h i e erteilt werden. Sie soll nach dieser Seite der Erwägung eine Methode lehren und üben, nach der sich b e w e i s e n läßt: daß einem bestimmten Rechtssatze in einer aufgegebenen Einzelfrage die Eigenschaft d e r g r u n d s ä t z l i c h e n R i c h t i g k e i t zukommt3. 1 Entsprechende zahlreiche Ausdrücke finden sich bei den römischen Juristen: bonum et aequum, bona fides, aequitas, ius naturale s. naturalis ratio, boni mores s. mos, benevolentia, humanitas, pudor, pietas s. officium pietatis, iusta causa, arbitrium boni viri, iustitia, etc. — Über neuere Partikulargesetzgebungen s. R R . S. 47. 2 Ganz zutreffend sagt P A P I N I A N U S : Generaliter observari convenit bonaefidei iudicium non recipere praestationem, quae contra bonos mores desideretur (D. X X I I 1,5). 3 Uber die Berufung auf das Anstandsgefühl, auf die billig und gerecht Denkenden, oder auf das natürliche Rechtsgefühl s. § 146. Die bloße Verweisung auf den Takt oder das freie Ermessen des Richters befriedigt nicht: jenes könnte höchstens die persönliche Gabe in d e m F i n d e n des Richtigen besagen, nicht aber d a s b e d i n g e n d e M e r k m a l des letzteren angeben ; und das zweite würde übersehen, daß der Richter keineswegs frei nach s u b j e k t i v e m Belieben entscheiden, vielmehr sein Urteil o b j e k t i v b e g r ü n d e n soll (§ 143). So darf von dem Fortschritt der r e c h t s p h i l o -

§ 8.

14

Das

D a s R e c h t in d e m G a n z e n d e s Geisteslebens.

R e c h t

in

dem

§ 8 Ganzen

des

Geisteslebens.

Da d i e R e c h t s p h i l o s o p h i e d a s R e c h t in seiner E i n h e i t g e s c h l o s s e n a u f n i m m t , so g e l a n g t sie folgerichtig zu der weiteren E r w ä g u n g , wie sich d a s R e c h t n u n in d a s G a n z e d e s M e n s c h e n d a s e i n s einfügt 1 . H i e r r i c h t e t sich der B l i c k auf d i e u n e n d l i c h e Menge v o n Erlebnissen, in d e n e n d i e Geschicke der Menschen in unübersehbarer R e i h e sich abrollen. D i e s f ü h r t zu der F r a g e n a c h d e m B e g r i f f der Geschichte. E s ist der G r u n d g e d a n k e f e s t z u s t e l l e n , n a c h d e m sich d a s historische G e s c h e h e n in seiner M a n n i g f a l t i g k e i t einheitlich erfassen läßt. D a m i t verbindet sich d a s B e d e n k e n , o b d i e geschichtliche E n t w i c k l u n g in gesicherter W e i s e als e i n F o r t s c h r i t t z u m B e s s e r e n a n g e s p r o c h e n werden darf 2 . I m n o t w e n d i g e n W e i t e r g e h e n aber leitet diese Ü b e r l e g u n g , die v o n d e r R e c h t s p h i l o s o p h i e ihren A u s g a n g n i m m t , zu d e m S u c h e n n a c h d e m v o l l k o m m e n e n A b s c h l ü s s e . E s b r i n g t u n s zu der E i n s i c h t u n d H i n g e b u n g a n d a s , w a s m i t Grund ein W e l t b i l d h e i ß e n m a g . zu d e m B e s i t z e einer durchgreifenden Lebensauffassung3. s o p Ii i s e Ii e ii A a s b i l d u n g in d e r g e n a n n t e n H i n s i e h t noch m a n c h e s e r w a r t e t werden. 1 Von u m g e k e h r t e r Seite h e r k o m m t F E C H N E R Die p r a k t i s c h e Philos o p h i e u n d ihre B e d e u t u n g f ü r die R e c h t s s t u d i e n 1888. 2 S. u n t e n §§ 178 ff. 3 N a c h E r l e d i g u n g der e i n l e i t e n d e n E r ö r t e r u n g e n wird unserer D a r s t e l lung d e r R e c h t s p h i l o s o p h i e folgende A n o r d n n n g z u g r u n d e gelegt: I. D e r Begriff des R e c h t e s . I I . D a s W e r d e n des Rechtes. I I I . Die I d e e des R e c h t e s . IV. Die B e h a n d l u n g des R e c h t e s . V. Die B e w ä h r u n g d e s R e c h t e s . Zu I. I n A u f n a h m e d e r oben ( § 1 ) gestellten A u f g a b e ist die E i g e n a r t des R e c h t s g e d a n k e n s a u f z u w e i s e n u n d seine A b g r e n z u n g gegenüber d e m N a t u r e r k e n n e n , d e r ' M o r a l , S i t t e u n d willkürlichen G e w a l t v o r z u n e h m e n . Zu I I . D e m f ä l l t d a s A u f t r e t e n des R e c h t s b e g r i f f e s bei der O r d n u n g m e n s c h licher B e s t r e b u n g e n zu. E s ist d a s G e l t e n u n d d a s E n t s t e h e n des R e c h t e s zu b e t r a c h t e n u n d die Psychologie des R e c h t e s zu e n t w e r f e n . D a z u k o m m t die E r w ä g u n g des V e r h ä l t n i s s e s v o n der S o z i a l w i r t s c Ii a f t zu d e m R e c h t e . Zu I I I . H i e r ist d i e L e h r e v o n d e r G e r e c h t i g k e i t ausz u f ü h r e n u n d die Möglichkeit eines b e g r ü n d e t e n U r t e i l s ü b e r objektive R i c h t i g k e i t einer r e c h t l i c h e n B e s t r e b u n g darzulegen. Zu IV. Auf d e m G r u n d e alles dessen k a n n sich eine j u r i s t i s c h e M e t Ii o d e n l e h r e e r h e b e n . Sie g e h t a u s v o n d e n G r u n d b e g r i f f e n des R e c h t e s u n d v o n d e r Möglichkeit einer j u r i s t i s c h e n K o n s t r u k t i o n . D a r a n schließt sich die L e h r e von d e m R e c h t s s a t z e , s o d a n n die v o n seiner T e c h n i k , a l s d e m r e c h t l i c h e n A u s d r u c k u n d d e r K u n s t u n d den M ä n g e l n bei d e m F o r m e n des R e c h t e s ; endlich die E r ö r t e r u n g d e s r e c h t l i c h e n Systematisierens. Zu V. D e n B e s c h l u ß m a c h t die T h e o r i e d e r juristischen Praxis. Sie h a t die E i g e n a r t d e s j u r i s t i s c h e n Sehließens d a r z u l e g e n u n d die W e i s e einer g r u n d s ä t z l i c h e r w ä g e n d e n P r a x i s zu e r ö r t e r n . E s ist zu zeigen, wie in S t r e i t f ä l l e n d e r r i c h t i g e R e c h t s s a t z u n t e r den verschiedenen Möglich-

§ 9.

Die rechtsphilosophische Frage.

ir>

V. Die Geschichte der Rechtsphilosophie, Die

§ 9. rechtsphilosophische

Frage.

Die r e c h t s p h i l o s o p h i s c h e Frage ist die Frage nach dem B e g r i f f e und nach der I d e e des R e c h t e s . Sie forscht nach dem Wesen von R e c h t und Gerechtigkeit, nach ihrem Auftreten in der Geschichte, nach ihrer Behandlung und Bewährung 1 . Diese Frage ist immer und überall e i n e u n d d i e s e l b e . Sie war allezeit da und wird in ihrer einheitlichen Art sich stets einfinden, wo Menschen leben und über ihr Dasein nachdenken 2 . Andere Aufgaben, • als diese fünf Ausstrahlungen der rechtsphilosophischen F r a g e gibt es in u n b e d i n g t allgemeingültiger Art in rechtlichen Dingen nicht. Denn wenn eine Lehre die Eigenschaft a b s o l u t e r A l l g e m e i n h e i t besitzen soll, so m u ß es eine e i n heitlich bedingende Methode sein; nur einer solchen kann jene a l l g e m e i n g ü l t i g e Beschaffenheit zukommen. Somit erschöpft sich die Möglichkeit rechtlicher Einsicht von absoluter Bedeutung in den reinen Formen des Begreifens und des Beurteilens von rechtlichem Wollen, in der bedingenden Weise seines Entstehens und Geltens, in der methodischen Art seiner wissenschaftlichen Erkenntnis und seiner praktischen Betätigung (§ 81). Auf die also feststehende rechtsphilosophische Frage sind nun aber im Laufe der Zeiten mannigfache Antworten erteilt worden. Die Abweichung der so entstandenen Lehren voneinander zeigt sich in zweifacher Weise. Manchmal besteht eine Unsicherheit über die F r a g e s t e l l u n g , keiten ausgewählt weiden kann, und wie eine wissenschaftlich geleitete Politik möglich ist. Daran fügt sich die.Einstellung des Rechtis in das Ganze der Geschichte der Menschheit. 1 S. die Anordnung der Darstellung dieses Werkes in § 8 N. 3. 2 A. M. ist S P I E G E L in SchmollersJ. 43, 64 ff. Er weist darauf hin, daß eine überwältigende Fülle von Forschungen in der Geschichte der Rechts- und Staatsphilosophie vorliege; und daß man sich zum Zwecke ihrer Darstellung in fremde Subjektivitäten versenken und einfühlen müsse. Aber er spricht doch auch davon, daß es sich überall darum handele, die juristischen und politischen Grundfragen zu beantworten. In der Tat wäre es gar nicht möglich, die Verschiedenheit der einzelnen Auffassungen miteinander zu vergleichen, wenn nicht eine gemeinsame Aufgabe einheitlich zugrunde läge. Sämtlich suchen sie nach R e c h t u n d G e r e c h t i g k e i t . Daß sie das jeweils in eigenartiger Weise tun und von ihrer Zeit und den sie begleitenden Umständen abhängig sind, ist selbstverständlich. Das sieht schließlich jedeimann, und solche geringe Erkenntnis stark zu betonen, ist nicht sehr nötig. Wohl aber besteht für die w i s s e n s c h a f t l i c h e Erwägung ein dringender Anlaß, in all der Mannigfaltigkeit der Betrachtungen d e n E i n h e i t s g e d a n k e n sich klar vor Augen zu halten, ohne den man nichts als einen Wirrwarr von Einzelheiten haben würde.

§ 10.

16

Die griechische Theorie des Rechtes.

die hier notwendig ist. Die rechtsphilosophische Frage, die oben zusammengefaßt wurde, liegt freilich jedem Nachdenken, das sich hier versucht, unvermeidlich in eherner Weise zugrunde. Aber nicht immer kommt sie in ihrer wesentlichen Eigenart dem Suchenden zum Bewußtsein; leicht wird nur die eine Seite ihres Forschens betont oder gar ausschließlich hervorgehoben, möglicherweise ihre Abgrenzung von der Untersuchung der Einzelheiten geschichtlich bedingten Stoffes nicht ausreichend getroffen. Es kann jedoch auch sein, daß die rechtsphilosophische Frage im wesentlichen richtig erkannt ist, ihre Verfolgung aber zu verschiedenen Ergebnissen geführt hat. Dann besteht eine Getrenntheit der Meinungen über die zur Lösung einzusetzende M e t h o d e des Bestimmens und Richtens rechtlicher Gedanken. Die G e s c h i c h t e d e r R e c h t s p h i l o s o p h i e 3 hat auf beide Möglichkeiten des Schwankens — sei es in der Fragestellung oder in der Methode — acht zu haben. Es hat seinen eigenen Wert, dem zu folgen. Das Beobachten der Betrachtungen, die führende Geister vordem gepflogen haben, wird sich als gutes Mittel zur Klärung der eigenen Gedankenwelt bewähren. Hiernach ist die Aufgabe dieses Abschnittes darin erschöpft, jeweils die allgemeine Richtung darzulegen, in der sich die Gedanken über den B e g r i f f und die I d e e d e s R e c h t e s innerhalb eines größeren Zeitraums bewegt haben. Es sind die grundlegenden Merkmale herauszuarbeiten, nach denen sich die Eigenart der verschiedenen Antworten auf die einheitliche Frage der Rechtsphilosophie bestimmend kennzeichnet. Das kann sich an den Verlauf der Geistesgeschichte im ganzen anschließen, mag immer die eine oder andere Antwort im Gange der Entwicklung gleichmäßig oder etwas verändert wiederkehren. § 10.

Die g r i e c h i s c h e

Theorie des

Rechtes.

Die systematische Betrachtung des rechtlichen Lebens im Staate, im Sinne einer allgemeingültigen Theorie, beginnt im Altertume mit der griechischen Philosophie1. In dieser gelang die Entdeckung des Begriffes Die älteren Bücher über Geschichte der Rechtsphilosophie sind bei Lehrbuch der philosophischen Rechtswissenschaft oder des Naturrechts (6) 1841 S. 20 aufgeführt (vgl. M O H L 1, 217 ff.). Die wichtigsten neueren s. unter Abkürzungen hinter dem Inhaltsverzeichnis. Dazu noch R I V A L T A Diritto naturale e positivo. Saggio storico, Bologna 1899. W U N D T Völkerpsychologie, 9, Bd. Das Recht 1918, S. 52—218 (§§26 N. 4 ; 31 N. 4 ; J9 N. 3; 75 N. 3). 1 In unwillkürlicher Weise zeigt sich die rechtsphilosophische Frage (§ 9) ihrem sachlichen Gehalte nach selbstverständlich überall. A H REHS I § 5. Aber eine w i s s e n s c h a f t l i c h e Besinnung auf sie fehlt in allen uns bekannt gewordenen Auslassungen des Altertums außerhalb der griechischen Philosophie. ÜBERWEG § 6. V O R L Ä N D E R I Einl. Nr. 3. — 3

GROS

§ 10. Die griechische Theorie des Rechtes.

17

der W i s s e n s c h a f t . Es geschah nach manchen unzulänglichen Versuchen 8 in der Lehre des SOKRATES (470—399)». Er überwand die Zweifel der Sophisten4 und den bloßen Subjektivismus, der nichts als ein unzusammenhängendes Erleben von lauter Einzelheiten zuließ, in wirrer Masse und unselbständig getrieben von Fall zu Fall5. Die Durchführung des Gedankens dagegen von der Möglichkeit eines Ordnens der einzelnen Vorkommnisse n a c h u n b e d i n g t einheitlicher Methode mußte auch zu der rechtsphilosophischen Frage führen. Dabei trat bei den Griechen die Frage nach dem Begriffe und dem Gelten des Rechtes zurück. Sie vertieften sich in die Politik und in die Führung des Staates®. Das vollendete sich in glänzender Weise bei P L A T O N (427—347)7, vor allem in seinem Dialog von dem Staate8. P L A T O N war durch das niederdrückende Geschick seiner Vaterstadt Athen zu einem überzeugten Gegner der Massenherrschaft geworden. In tiefem NachMit besonderer S t ä i k e b e t o n t d a s A l t e T e s t a m e n t den W e r t u n d die W ü r d e d e s R e c h t e s (Ps. 94, 15). E s stellt seine E i g e n a r t , ohne ihr kritisch n a c h zugehen, willkürlicher Gewalt gegenüber u n d preist die treue B e w ä h r u n g d e s R e c h t e s in e r h e b e r d e n W o r t e n . Vornehmlich in den Schriften der Prop h e t e n , u n d liier n a m e n t l i c h bei J e s a i a s ; s. bes. K a p . 9 u n d 3 2 . G U T H E D a s Z u k u n f t s b i l d des J t t a j a 1807. Ob die I d e e der Richtigkeit eines R e c h t e s d a r i n e n t h a l t e n ist, bleibt zweifelhaft. 'Vgl. dazu B R E U E R Die rechtsphilosophischen G r u n d l a g e n d e s jüdischen u n d des modernen R e c h t s , J a h r b . d . jüd.-lit. Ges. 8 , 1 ff. A u c h S T R A C K Einl. in d. T a l m u d ( 2 ) 1 8 9 4 . W E I S MANN T a l i o n u n d öffentliche S t i a f e im mosaischen Rechte, in Festschr. f. W a c h 1 9 1 3 . — S. f e r n e r h i n Z E N K E R Soziale Moral in China u n d J a p a n 1915. I n t e r e s s a n t ist auch H E A R N Lafcadio, K y ü s h ü , T r ä u m e u n d Studien a u s d e m neuen J a p a n 1908. 2

SCHMAUSS

S.

10;

HUGO

§ 9;

GEYER

S.

8;

HILDENBRAND

S.

41 ff.;

I S. 36. — F L Ü G E L Die Idee des R c c h t s u n d der Gerechtigk e i t bei H o m e r u n d Hesiod 1909. H E R 0 D _ 0 T I I I 38,; V I I 104. Vgl. a u c h R R . S. 219. — H I R Z E L Vduoç r,yga;oç, Sachs. Ges. d. Wiss. Hist.-phil. K l . 20. Bd., 1900. — Ü B E R W E G I § 2 8 . V O R L Ä N D E R I, § 104. M E N Z E L P r o t a g o n s , d e r ä l t e s t e Theoret iker d e r D e m o k r a t i e , ZPolit. 3, 205 (vgl. § 170 N . 6). AHRENS

3

— H.

SCHMAUSS

§ 4 ;

HUGO

§10;

GEYER

S . 9 f.

HILDENBRAND

S. 81 ff.

Sokrat.es. Sein W e r k u n d seine geschichtliche Stellung 1 9 1 3 . B U S S E Sokrates 1 9 1 4 . V O R L Ä N D E R I § § 1 3 ff. Ü B E R W E G I §33. ED. MEYER Geschichte des A l t e r t u m s 4 , 4.")f> ff. ; 5 , 1 2 5 ff. M E N Z E L U n t e r s u c h u n g e n z u m Sokratoi-Piozesso 1902. 4 HILDENBRAND S. 66ff.; SALOMON D e r Begriff des N a t u r r e c h t s bei den Sophisten. Z R G (R) 32, 129 ff. — P L A T O N S Dialog Sophistes, übers, u . erl. von A P E L T in Philos. Bibl. 1914. 5 Vgl. hierüber u n t e n § 97. * S. a u c h T E S A R Staatsidoe u n d S t r a f r e c h t . I . T e i l : Das griechische Recht- u n d die griechische Lehre bis Aristoteles 1914. ' SCHMAUSS § 5 ; H U G O § 1 1 f.; G E Y E R § 4 ; HILDENBRAND S. 98ff.; ROSSBACH § § 4 — 7 ; STAHL I S . 8 ff. ; A H R E N S I S . 3 7 f f . ; L A S S O N S . 5 0 f f . 8 T e x t a u s g a b e v o n H E R M A N N bei Teubner. Die Dialoge des P i a t o n sind m e h r f a c h in d a s D e u t s c h e ü b e r t r a g e n , so bestens von F R I E D R . L E O P . G R A F zu S T O L B E R G . S C H L E I E R M A C H E R u n d n e u e s t e n s von A P E L T . — M O H L L 2 2 0 . — N A T O R P Piatos Ideenlohre. E i n e E i n f ü h r u n g in den Idealismus 1 9 0 3 . S t a m m l e r , Rechtsphilosophie, 2 MAIER

18

§ 10.

Die griechische Theorie des Rechtes.

denken gelangte er zu dem Gegensatze, der in der Idee des G u t e n einerseits und in dem bloßen Z u s a m m e n z ä h l e n bedingter Interessen andererseits gelegen ist. Gegenüber der verderbten Wirklichkeit der athenischen Demokratie, die nur durch radikale Umänderung der maßgeblichen Grundsätze überwunden werden konnte, schuf er das Bild des idealen Staates durch Aufzeigen der f o r m a l e n R i c h t l i n i e n , denen das Gemeinwesen folgen müsse, um in seinen dann bedingt einsetzenden Ordnungen g r u n d s ä t z l i c h r i c h t i g zu sein. In diesem Sinne unterschied er im Staate die Herrscher, die Krieger, die Geschäftsleute. Nur die beiden ersten Gruppen sollten es, jede in ihrer Aufgabe, mit dem öffentlichen Leben zu tun haben, die große übrige Menge damit gar nicht, sondern nur mit ihren privaten Angelegenheiten beschäftigt sein. Dafür sollen jene allen bedingten Interessen ferne stehen und weder Familie noch Vermögen haben. Besondere Beachtung erfährt dabei die erste Gruppe der Herrscher, die man sich im Sinne P L A T O N S wohl in sehr kleiner Anzahl zu denken hat. Sie wird aus besonders dazu Erzogenen in ihren reiferen Jahren durch das Los gebildet. Der platonische Idealstaat ist nicht ein bloßer persönlicher Einfall 8 ; er ist keine Utopie, denn es fehlt das besondere Merkmal eines solchen Phantasiestückes: daß es die bedingten Möglichkeiten, die nach Recht und Gerechtigkeit zu ordnen sind, f r e i e r f i n d e t 10 . Noch weniger will der Entwurf des P L A T O N etwa eine vernunftrechtliche Verfassung darstellen, die für alle Zeiten und Völker in dem Sinne Geltung hätte, daß sie als eine Summe begrenzter Paragraphen beliebig überall eingeführt werden könnte. P L A T O N S Staatsgebilde ist ein System f o r m a l e r G e d a n k e n . Seine ganze Schilderung liefert nur bedingende Richtlinien, als Angabe der notwendig führenden Gedanken, wenn in einer besonderen Aufgabe, die ganz dahingestellt bleibt, ein gerechtfertigtes Ergebnis erzielt werden soll. Die f o r m a l e n R i c h t l i n i e n entstammen aber der Idee des G u t e n , wie P L A T O N sie auffaßte. Sie gliedern sich nach den drei Tugenden, die jenem Urbilde entstrahlen: der W e i s h e i t , die das grundsätzlich richtige Wollen im gegebenen Falle herausfindet; der T a p f e r k e i t , die in der Bewährung des für recht Erkannten besteht; endlich der S e l b s t b e h e r r s c h u n g , die das eigene Begehren dem gesetz9 BURCKHARDT Individuum und Allgemeinheit in Piatons Politeia 1913. M. WUNDT Plato und sein Werk 1914. ANDERHUB Piatons Politeia und die kritische Rechtsphilosophie, ZRPhilos. 3, 89 ff. WILAMOWITZ-MÖLLENDORF Der griechische und der platonische Staatsgedanke 1919. STERNBERG, Moderne Gedanken über Staat und Erziehung bei Piaton 1920. — NATORP Piatos Staat und die Idee der Sozialpädagogik 1895 (s. § 132). DE RS. Piaton,

i n G r o ß e D e n k e r , 1, 9 3 ff. ÜBERWEG I § § 3 9 f f . , b e s . § 44. § § 1 9 ff. SALIN P i a t o n u n d d i e g r i e c h i s c h e U t o p i e 1 9 2 1 . —

Piaton, Handw. d. Staatsw. (3) VI 1043 ff. 10 S. hierzu §§ 4 N . 4; 53; auch 172; und 92.

VORLÄNDER I WINDELBAND

§ 10.

D i e griechische Theorie des R e c h t e s .

19

mäßig haltbaren Wollen unterordnet. Und da der Staat in seinem Aufbau den Anforderungen an den einzelnen Menschen entsprechen soll11, so ergeben sich danach die drei Stände, die oben beschrieben wurden, von denen jeder gerade die ihm zufallende Tugend besonders zu pflegen hätte. Zusammengeschlossen aber wird dieses durch die höchste Tugend der G e r e c h t i g k e i t , welche die drei anderen Tugenden zusammenfasse, jeder aus ihrer Stellung her das rechte Verhältnis zu den andern anweise und so eine vollendete Harmonie des Geistes erstrebe12. Von großem Interesse ist die Fortsetzung, welche jener mächtige Gedankenbau des PLATON 13 durch die allezeit erstaunliche Arbeit des ARISTOTELES (384—322) gefunden hat 14 . Sein Werk ist als Ganzes nicht in gleicher Weise, wie das seines Lehrers, einheitlich abgeschlossen15. Er streitet, wie bekannt, gegen die Herrschaft der platonischen Idee. Iii dem groß angelegten Werke der Politik geht er davon aus, daß der Staat ein Naturprodukt sei, früher als der Einzelne und die Familien, die seine Teile sind 16 . Danach gibt er eine allgemeine Staatslehre17, mit eindringenden Beobachtungen über die Arten der Staaten, über deren Umwälzungen, 11 E s dürfen nicht die Sonderinteresseii und subjektiven Begehrungen herrschen, auch nicht nach ihrer quantitativen Mehrheit (§ 170), sondern der unbedingt leitende Gedanke der Gerechtigkeit. K e i n begrenztes Ziel k a n n ihn, wie das I. B u c h vom S t a a t e zeigt, vollkommen ausfüllen. S. auch Hep. I V 427 C ff. — Die Idee des G u t e n wird nur durch die Philosophie erkannt. Daher der berühmte Ausspruch : Wenn nicht entweder die Philosophen Könige werden in den S t a a t e n oder die Gewalthaber wahrhaft und gründlich philosophieren, eher gibt es keine Erholung von dem Übel für die Staaten und auch nicht für das menschliche Geschlecht. Rep. V 473 D. — Über den Reformversuch des P L A T O N bei Dionysius I I . von Syrakus s. die überaus anziehende Schilderung bei E D . M E Y E R ( N . 3) 5, 500 ff. 12 Dazu bes. R e p . I V 433. HILDENBRAND S. 1 2 7 . 13 Über die Dialoge von den Gesetzen s. H U G O § 1 3 ; H I L D E N B R A N D S. 1 7 5 ff.; G E Y E R S. 1 5 f. R I T T E R Darstellung des Inhaltes mit Anmerkungen 1896. PÖHLMANN Geschichte des antiken Kommunismus und Sozialismus S. 477 ff. — Über Kriton s. unten § 4 8 ; über den Staatsmann § 143. 14

SCHMAUSS

§

7;

HUGO

§

14;

ROSSBACH

§§

8 ff. ;

HILDENBRAND

2 5 0 f f . ; S T A H L ! S . 2 1 f f . ; A H R E N S I S . 40 f f . ; L A S S O N S . 55 ff. Ü B E R W E G I § § 4 6 ff., bes. § 5 2 . VORLÄNDER I §§ 27 ff. — L U T O S L A W S K I Erhaltung und Untergang der Staatsverfassungen nach Plato, Aristoteles und Machiavelli 1888. R . L O E N I N G Die Zurechnungslehre des Aristoteles 1 9 0 3 . SZANTO Aristoteles, Handw. d. Staatsw. (3) I 1224 ff. 15 Hierher gehört vor allem die Politik in 8 Büchern, Ausg. mit Übersetzung von STA HR, 1839; übers, in Philos. Bibl. vonROLFES 1912. Ferner die Nikomachische Ethik, Textausg. b. Teubner, von S U S E M I H L und A P E L T ; übers, in Philos. Bibliothek von K I R C H M A N N 1 8 7 6 und R O L F E S 1 9 1 1 . — Mo HL 1 2 2 0 . 16 Pol. I 1, 6 ff. Genau anschließend der Begründer der neuzeitlichen Staatsrechtslehre BODIN S i x livres de la république 1577, Bd. I c. 1. SAden VIGNY S y s t e m des heutigen römischen R e c h t s 1840, I S. 343 f.: In Familien nun sind die Keime des Staats enthalten, und der ausgebildete Staat hat die Familien, nicht die Individuen unmittelbar zu Bestandteilen. " S. oben § 6. S.

2*

20

§ 10.

Die griechische Theorie des Rechtes.

aber auch schon über die Frage nach der besten Staatsverfassung; sodann eine Fülle von Klugheitsregeln für die Politik und das Erziehungswesen. Immer aber wird auch ARISTOTELES auf die Notwendigkeit eines einheitlich bedingenden Zweckes für das r e c h t l i c h e Wollen hingeführt. Und wie der Mensch von Natur ein geselliges Wesen sei, so bedeute die G e r e c h t i g k e i t eine Aufgabe, die mit dem Staate gesetzt ist 1 8 . ARISTOTELES teilt die G e r e c h t i g k e i t in die a u s t e i l e n d e , die zur Sache des Gesetzgebers gehört, und die a u s g l e i c h e n d e , die vom Richter gehandhabt wird. Nach jener sind die Anteile der Einzelnen an den äußeren Gütern und den politischen Rechten zu bemessen. Das hat nach geometrischer Proportion zu geschehen: wie sich der eine Bürger zum andern verhalte, so sei jener Anteil festzustellen. Das Verhältnis aber des einen Bürgers zu dem andern ist der W e r t des Bürgers, der sich, in den einzelnen Staaten verschieden, nach dem Vermögen, nach Geburt und Familie, nach der Tüchtigkeit bestimme. Für die Praxis des Rechtes führte ARISTOTELES die Unterscheidung von g e r e c h t e n Satzungen und b i l l i g e m Ermessen ein19. Das erste sind die Paragraphen, die der Gesetzgeber nach bester Erfahrung in dem Wunsche, richtiges Recht zu geben, in technischer Fassung aufstellt; das zweite ist das Urteilen unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des dortigen Falles, geleitet natürlich von dem gleichen idealen Bestreben, wie jenes. Die Bemühungen um die Klärung der Idee des Rechtes setzten demnächst die S t o i k e r (seit etwa 314 v. Chr.) in allgemeiner Weise entscheidend fort 2 0 . Sie betonen besonders stark die grundlegende Gegenstellung des nach der N a t u r und nach der S a t z u n g Gerechten. Sie suchten nach dem einen obersten G e s e t z e , dem mit allem übrigen auch die Ordnung von Staat und Recht zu unterstehen habe, und nannten es: d i e N a t u r . Es gelte, der Natur gemäß zu leben21. In ihrer Anleitung für den einzelnen Menschen für sich hatten sie praktisch großen Erfolg. Sie lehrten die A p a t h i e , die Freiheit von Leidenschaften, die Gleichgültigkeit gegenüber der Einzelheit und Äußerlichkeit. Dagegen wissen wir bei ihnen nichts von einer theoretischen Begründung. Es blieb zweifelhaft, was die Natur eigentlich sei. Für die Rechtsphilosophie war damit der Grund für die spätere Scheidung des Naturrechtes (§ 14) von dem Vernunftrechte (§ 15) gegeben, je nachdem man auf die Natur des M e n s c h e n oder des R e c h t e s zurückging. Mit dem allgemeinen Niedergang der griechischen Philosophie sank auch die dortige Theorie des Rechtes. Die Lustlehre des EPIKUR (341 Pol. I 1, 12. E t h . Nie. V. Buch mit der Unterscheidung der tntiixH«. — S. unt. §§ 127 u. 143. 18

d'iytuoolvri und der

18

2 0

SCHMAUSS

ÜBERWEG 21

I

§58.

§ 9 ;

HILDENBRAND

VORLÄNDER

I

Entsprechend die Kyniker.

S. 5 0 5 f f . ;

§ 38. HILDENBRAND

GEYER

§6;LASSON

S. 499 ff.

ÜBERWEGI

S.

67;

§59.

§ 11.

Die Jurisprudenz der Römer.

21

bis 270) führte zu dem vergeblichen Versuche, Sinn und Bedeutung des Rechtes auf den N u t z e n zu gründen 22 . In der Schule der S k e p t i k e r (bes. seit etwa 200 v. Chr.) 2 3 aber schwand jeder Glaube an die Möglichkeit von Wahrheit und Gerechtigkeit überhaupt dahin 24. § 11.

Die

Jurisprudenz

der

Römer.

In dem römischen Reiche gelangte d a s R e c h t zu der ihm zukommenden eigenartigen Stellung. Es erscheint nun als eine genau abgegrenzte Art und Weise des menschlichen Wollens mit einer besonders hervorgehobenen Aufgabe. In glänzender Eingebung handhabten die Römer solches in der Staatskunst und im Privatleben. Selbst in den späteren Zeiten ihrer sinkenden Größe wurde der formale Gegensatz von R e c h t und von W i l l k ü r von ihnen empfunden und als solcher zum Ausdrucke g e b r a c h t u n d bei den Römern war es, daß deutlich festgehalten wurde: daß die Berufung auf boni mores, auf aequitas, auf bona fides und andere Wendlingen eine Berufung auf R e c h t s s ä t z e ist. Nur sind es R e c h t s s ä t z e mit der besonderen Beschaffenheit, daß sie die g r u n d s ä t z l i c h e Aufgabe des Rechtes. gerade in ihrem Inhalt w e s e n t l i c h übernehmen und nach dieser ihrer Eigentümlichkeit im besonderen Streitfalle a u s g e s u c h t w e r d e n 2 . Eine Zergliederung des R e c h t s b e g r i f f e s nach seinen logisch bedingenden Merkmalen und in seinem Gegensatze zu den anderen Arten der Willensinhalte findet sich bei den römischen Juristen nicht 3 . Und ihre Bemerkungen über Gesetz und Gewohnheitsrecht und über die Notwendigkeit 'der rechtlichen Ordnung sind dürftig und nicht ausreichend 4. Eine hohe Meinung haben sie von dem Berufe dessen, der dem Rechte, seiner Lehre und seiner Bewährung, sich widmet. Das Recht ist nach 22

SCHMAUSS

§11;

GEYER

§ 6

II;

HILDENBRAND

S.

514 ff.;

LASSON

S. 617 ff. Ü B E R W E G I §§ 60 ff. bes. § 63. V O R L Ä N D E R I § 21. — S. unten § 93 Nr. 1. 23 Besonders bei K A R N E A D E S (213—129). Er führte in Rom an einem Abend in einer . Rede das Lob der Gerechtigkeit aus und suchte am nächsten Abend entsprechend darzulegen, daß es überhaupt keine Gerechtigkeit gebe. L A C T A N T I U S Div. instit. (ed. B R A N D T im Corp. Script, eccles. latin. X I X S.444ff.) V 14, 3ff. 16, 1 ff. 17, 9; 14. Vgl. S C H M A U S S § 12. — Z E L L E R Philosophie der Griechen 1844, (4) 1892, I I I 1, 518 ff.; 530 f.; C H R I S T . SCHMID Geschichte der griechischen Literatur, (4) I I 1, 43. HILDENBRAND

§121.

ÜBERWEG

I

§65,

S . 4 9 3 f.

ff.; L A S S O N S . 7 0 . — Die Neuplatoniker sind für die rechtsphilosophische Frage ohne besondere Bedeutung. S. über sie unten § 11 N. 15. 1 Besonders scharf und deutlich C. I 14, 4. Vgl. WR. S. 501. 24

2

3 4

HILDENBRAND

Cf.

PAPINIANUS,

S.

D.

518

X X I I

1,

5.



S.

§

7

N.

1;

§ 94

N.

4.

J. I 1 und D. I 1: De iustitia et iure. D. I 3, 32 § 1; cf. J. I 2: De iure naturali et gentium et civili.

22

§ 11.

D i e Jurisprudenz der Römer.

ihnen d i e K u n s t d e s G u t e n u n d d e s G e r e c h t e n , die von den ihm ergebenen Männern wie von P r i e s t e r n zu pflegen und zu üben ist 5 ; und großartig ist ihre Fähigkeit, vor allem in der hierfür klassischen Zeit des zweiten Jahrhunderts unserer Zeitrechnung, in den rechtlichen Streitigkeiten der Bürger d a s g r u n d s ä t z l i c h R i c h t i g e zu treffen. So viel sie auch in kommentierender Bearbeitung der Gesetze ausgeführt haben, so liegt doch der Grundzug ihres Wesens nicht in der Wahrung der Paragraphen als solcher. Wohl sind sie zuweilen von prozessualen Formeln abhängig, aber sie gehen im Ganzen ihres Wirkens in solchen Einzelfragen keineswegs auf 6 . Und niemals würden sie eine unweigerlich bleibende Bedeutung in der Geistesgeschichte erlangt und bewahrt haben, wenn wirklich nur ihre wissenschaftliche Begabung in der technischen Jurisprudenz hervorzuheben wäre. Gewiß sind sie Meister in dem Herausarbeiten der einzelnen Rechtsbegriffe und von schöpferischer Kraft im systematischen Ordnen der schier unübersehbaren rechtlichen Erscheinungen. Aber ihre schönste und größte Leistimg entsprang doch der Gabe, in zweifelhaften Fragen das alsdann r i c h t i g e R e c h t zu erwählen 7. Dagegen gibt es eine ausgeführte Überlegung und Erörterung der I d e e d e s R e c h t e s im Römertum fast gar nicht 8 . I). 1 1 pr. u. § 1 (ob. § 2 N . 1). — § 91 N . 8. Über ins und aequitas s. K R Ü G E R Geschichte der Quellen und Literatur des römischen Rechts (2) 1912 § 17. KIPP Geschichte der Quellen des römischen Rechts (4) 1919 § 2 . — B E K K E R Über römische und moderne aequitas, J V R W . 1. Bd. 1896. ' Uber W e r t und Bedeutung des römischen Rechts über die Zeit seiner praktischen Geltung hinaus sind zahlreiche Eiöiteiungen vorgebracht worden. Gegenüber sehr absprechenden Äußerungen von Schriftstellern des 18. Jahrhunderts, w i e B E C C A R I A der von Überresten der Gesetze eines Eroberervolkes sprach, trat im 19. Jahrhundert eine gerechtere Würdigung ein. Doch gehen die Ansichten im einzelnen auseinander. G L Ü C K Pandekten I 7 9 f f . WINDSCHEID § 6. JHERING Geist des röm. R . ( 2 ) 1 8 6 6 , I § 1 . STAHL I I 5 0 9 ff. — O . M Ü L L E R Die Stellung der Wissenschaft des röm. R . an den deutschen Hochschulen der Gegenwart, 1 8 5 2 . E X N E R Die praktische A u f gabe der romanistischen Wissenschaft in Staaten mit kodifiziertem P r i v a t recht 1869. FRANKEN Romanisten und Germanisten 1 8 8 2 . FRESE Das volkserziehüche Grundprinzip der römischen Rechtsbildung und die Bedeutung desselben für den Begriff und Zweck des Rechts 1 9 0 1 . LEONH A R D Stimmen des Auslands über die Zukunft der Rechtswissenschaft 1 9 0 6 . SCHÖLTEN De waarde v a n h e t romeinsche recht, Zwoüe 1 9 0 7 . — T R . S. 1 6 4 . — Lehrreiches Einzelbeispiel heutiger Stellungnahme zu der römischen Jurisprudenz: K Ü B L E R Das Utilitätsprinzip als Giund der Abstufung bei der Vertragshaftung im klassischen römischen Recht, S.-A. aus Festg. für Gierke, 5

6

1910.

DERS.

in

Z R G

( R )

38,

73 ff.

Die Römer der Republik wehrten sich gegen das Eindringen der griechischen Philosophie. Unter dem Einflüsse des älteren C A T O wurden mehrere Senatsschlüsse erlassen, die den griechischen Rhetoren den Aufenthalt in R o m verboten. Es war vergebens und erfolglos. Bedeutsam wurde die Gesandtschaft, die Athen 155 v. Chr. in seinem Streite mit der böotischen Stadt Oropos nach Rom abordnete. Es waren der Peripatetiker K R I T O L A O S , der Stoiker D I O G E N E S und der Akademiker K A R N E A D E S (§ 10 N . 23). Von da ab ließ 8

§ 12.

D i e S t a a t s l e h r e d e s Mittelalters.

23

CICERO (106—43) bietet hierüber noch die größte geschlossene Darlegung 9. Er geht mit der Lehre der Stoa von der N a t u r im Sinne des G e s e t z e s aus und unterscheidet von dem ins civile das ius naturale, nach dem jede Beschädigung anderer zu unterlassen und jedem das Seinige zu geben sei. Indem er dann mit ARISTOTELES die Entstehung des Staates als einen natürlichen Vorgang von der Familie her beschreibt, nimmt er offenbar eine eigene rechtliche Anlage in der Menschennatur an. Zur vollen Klarheit gelangt das um so weniger, als er, wie ihm mit Grund öfter vorgeworfen wurde, in seine Beweisführung Ansichten anderer griechischer Philosophen eklektisch einmengt. Die Juristen der Kaiserzeit kennen gleichfalls das ius naturale 10 und meinen damit die rechtlichen Einrichtungen, die sich bei allen Völkern gleichmäßig finden 11 und darum auf einen Grundzug der Natur bei allen Menschen zurückzuführen sei 12 . Das wurde von ihnen jedoch weder theoretisch vertieft noch auch innerhalb der praktischen Anwendung des Rechtes erheblich verwertet 13 . Das Ende der antiken Philosophie auf dem Boden des Römerreiches war für die rechtsphilosophische Frage ohne Bedeutung 14. Die N e u p l a t o n i k e r befaßten sich mit ihr nicht 15 . § 12.

Die S t a a t s l e h r e des

Mittelalters.

Es ist nicht zweifelhaft, daß in dem weiten Zeiträume, den wir mit s i c h der Siegeszug der griechischen Denker im Römerreiehe nicht mehr aufhalten. — P L U T A R C H Cato c. 2 2 f . . — S C H A N Z Geschichte der römischen Literatur, I 1 1909, S. 2 4 2 f. C I C H O R I U S U n t e r s u c h u n g e n zu Lucilius 1908, S. 4 6 ff. 9

SCHMAUSS

GEYER

§

7

VORLÄNDER 10

I.; I

§ 10;

ROSSBACH

AHRENS § 45.



I

S.

MOHL

46; 1,

§§

17

f.;

LASSON

221

u.

37 S.

f.; 71

HILDENBRAND

f.;

ÜBERWEG

S. I

S.

537

ff.;

496

ff.

223.

Zitate bei K I P P ( N . 6) S . 6 u n d 7 . Sie n e n n e n es auch ius gentium,, als Inbegriff des R e c h t e s , quod peraeque apud omnes gentes c.ustoditur. D o c h bedeutet jener Ausdruck auch das R e c h t , d a s i m Misch verkehr der cives u n d peregrini, w e l c h e letzteren n a c h ihrem eigenen Zivilrecht lebten, zur A n w e n d u n g k a m u n d im wesentlichen der edizierenden A m t s t ä t i g k e i t des praetor peregrinvs seine E n t s t e h u n g verdankte. U n d d a n n flössen aus d i e s e m eigenen R e c h t e m a n c h e I n s t i t u t e und S ä t z e in das spezifisch römische R e c h t über. J. I 2: de iure naturali et g e n t i u m et civili. 12 E i n e Sondei-ansicht bei U L P I A N U S in D . I 1, 1 § 3. 13 SCHMAUSS § 9 , S . 3 9 f f . ; H U G O § § 1 5 ; 16; H I L D E N B R A N D S. 5 9 3 f f . ; 11

GEYER

§ 7

11;

ZÖPFL

S.

13 ff.;

AHRENS

I

S. 73 ff.;

STAHL I

S. 4 7 ff.

VOR-

I § 46. — D i e r ö m i s c h e n J u r i s t e n berufen sich selbst auf die Stoa in D . 1 3 , 2 ; auf P L A T O in D . L 11,1. — R E I T Z E N S T E I N W e r d e n u n d Wesen der H u m a n i t ä t i m A l t e r t u m 1907. 14 J U S T I N I A N verbot 5 2 9 , d a ß in A t h e n v o n irgend j e m a n d e m Philososophie gelehrt w e r d e ; H I L D E N B R A N D § 1 5 6 . Ü B E R W E G I S . 6 5 9 . K R Ü G E R (N. 6) § 47 N . 8. — I n J. I 2 § 11 erklärte er das natürliche R e c h t in seiner Ü b e r e i n s t i m m u n g bei allen Völkern a u s der divina quadam Providentia her. Vgl. auch G ö S C H E L H a n d - u n d H i l f s a k t e n eines Juristen I I , 1 8 3 5 . S . 1 6 ; 4 7 7 . LÄNDER

15

HILDENBRAND

S.

6 3 4 ff.

VORLÄNDER

I

§§

47ff.

ÜBERWEG

I

§§78

ff.

§ 12.

24

Die Staatslehre des Mittelalters.

Mittelalter zu bezeichnen pflegen, unsere Vorfahren ein vielgestaltiges und reiches geistiges Leben geführt haben Aber es bleibt richtig, d a ß alles Mannigfaltige des damaligen Seins und Tuns, die bunte Art und Menge des äußeren Treibens, wie die verschiedene Weise des Herrschens und des Strebens nach Gewalt, daß all das Kämpfen und Raufen mit seiner wilden Unruhe in letzter Linie von dem einen einigen Gedanken bestimmt war: der Verwirklichung des göttlichen Willens im Sinne des Christentums zu dienen 2. Dieser höchsten Einheit war selbstredend nun auch Recht und Staat zu unterstellen. Ein selbständiges Erwägen der I d e e d e r G e r e c h t i g k e i t gab es nicht. Sie fiel zusammen mit der göttlichen Satzung, wie sie in ihrem Inhalte aus der Bibel und aus den weiteren Quellen der kirchlichen Lehre-zu entnehmen war. Hiernach aber ward systematisch und eindringlich geforscht, und verschiedene Lehrmeinungen traten in bedeutsamer Weise hervor 3 . AUGUSTINUS (354—430) führte das dahin aus, daß der G o t t e s Staat, civitas dei, die ausgebildete katholische Kirche dem S t a a t e , der civitas terrena, s c h l e c h t h i n übergeordnet sei 4 . Damit führte er einen vollendeten Dualismus in dem I n h a l t e des mannigfaltigen menschlichen Wollens und aller seiner Pflichten ein 5. Die niederen Aufgaben, die ausschließlich dem irdischen Dasein entspringen, hat der weltliche Staat zu besorgen, — alles, was sich auf das Seelenheil der Christen bezieht, untersteht dem Gesetze der Kirche. Und da jenes erste als Ganzes sich von selbst dem zweiten unterordnet, so kommt dem weltlichen Staate Geschichte der Philosophie dos Mittelalters, 3 Bde. 1 8 6 4 ff.. Geschichte der mittelalterlichen Philosophie im chr istlichen Abendlande; D E R S . Honorius Augustodunorisis, Beitrag zur Geschichte des geistigen Lebens im 1 2 . Jahrhundert. 1 9 0 6 . D E W Ö L F Geschichte der mittelalterlichen Philosophie, übersetzt von E L S L E R 1 9 1 3 . V E R W E Y E N Die Philosophie des Mittelalters 1 9 2 1 . — S C H I L L I N G Naturrecht und Staat nach der Lehre der alten Kirche 1 9 1 4 . — M O H L ] , 2 2 4 ff. 2 E I C K E N Geschichte und System der mittelalterlichen Weltanschauung (3)1917. N A T O R P Die Weltalter des Geistes 1918, bes. S. 109 ff. — B E R N H E I M Mittelalterliche Zeitanschauungen in ihrem Einflüsse auf Politik und Geschichtsschreibung. S C H O L Z Die Publizistik zur Zeit Philipps des Schönen. Ein Beitrag zur Geschichte der politischen Anschauungen des Mittelalters, 1903. — G R A B M A N N Der Gegenwartswert der geschichtlichen Erforschung der mittelalterlichen Philosophie 1913. Auch F. J. S C H M I D T in Neue Zeit 38, 1, 553. 3 L A C T A N T I U S Inst. div. s. S C H M A U S S S. 7 3 ff.; R O S S B A C H §58. Über AMBROSIUS De offieiis: S C H M A U S S , S . 7 9 ff.; R O S S B A C H , § 5 9 . A H R E N S I S. 60ff. J. HUBER Die Philosophie der Kirchenväter 1 8 5 9 S . 3 0 4 ff. 4 A U G U S T I N I de civitateDei l i b r i X X I I , übers, von S C H R Ö D E R 1 9 1 4 , 3 Bde. 1

STÖCKL

ENDRES



ÜBERWEG

II

S.

149

ff.

VERWEYEN

(N.

1)

S. 2 2 ff.

HERMELINK

Die

civitas terrena bei Augustin, in Festg. f. Harnack, 1921. 5 S T A N G E Luther und das sittliche Ideal 1919, 2 . Kap.: Der Dualismus der mittelalterlichen Weltanschauung.

§ 12.

D i e Staatslehre des Mittelalters.

25

vor allem die Bestimmung zu, die äußere Verteidigung der Kirche zu übernehmen und ihre Anordnungen zu vollstrecken 6. Nach manchen Ausführungen a n d e r e r ' vollendet sich das System auch der Staatslehre des Mittelalters bei dem großen Scholastiker THOMAS VON AQUINO (f 1274) 8 . E r unterscheidet das p o s i t i v e und das n a t ü r l i c h e Recht. Jenes entspringt der menschlichen Satzung, verschieden bei den einzelnen Völkern. Das natürliche Recht kann nur ein Ausfluß des allgemeinen n a t ü r l i c h e n G e s e t z e s sein; und •dieses wiederum ist des ewigen, göttlichen Gesetzes Äußerung im Menschen. D a s e w i g e G e s e t z aber ist der Wille Gottes in seiner Vollkommenheit. An ihm nimmt der Mensch teil, zufolge der Begabung mit der Vern u n f t durch Gott. Allein die Bedingtheit des menschlichen Daseins bewirkt es, daß der göttliche Funke vernunftgemäßen Wollens nur beschränkt zum Ausdrucke kommen kann. Immer aber bleibt die so auf Gott zurückführende vernünftige Erwägung der Maßstab für das grundsätzlich gerechtfertigte Wollen und Tun, auch in dem Rechte und Staate. Daraus ergeben sich eine Reihe grundlegender Einrichtungen, die nach der Lehre des THOMAS den Inhalt des Naturrechtes bilden und als solche ewige und unveränderliche Bedeutung besitzen 8. Neben diesen Untersuchungen erfuhr das Mittelalter eine rechtsphilosophische Betrachtung noch nach einer anderen Seite hin 10. E s 6

SCHMAUSS

S. 8 8 ff. ; ROSSBACH

S. 25. ; AHRENS I 7

PETRUS

SCHMAUSS 8

S.

25 f.;



(F

VORLÄNDER

S.

100—147;

LASSON

§§ 4 8 ,

VORLÄNDER!

LOMBARDUS

S. 98.

SCHMAUSS

GEYER

S. 6 4 f.

1164) I

§62,



NATORP

Sontentiarum Nr.

ROSSBACH

S. 79 ff.

0 2 ff. ; STAHL I

§ 56.

S. 5 0 ff. ; ( N . 2),

libri

GEYER

S. 18 ff.

Daraus

IV.

2. §§ 4 8 ;

ÜBERWEG

68 II

ff.;

STAHL

§39.

I

S. 5 6

VORLÄNDER

ff.; I

Die Staatslehre des h. Thomas von Aquino 1 8 7 3 . Nachtrag dazu 1 9 0 9 . KOLB Kurzer Abriß der Tugendlehre nach Thomas von Aquino 1 9 1 8 . — B O N U C C I La derogabilità del diritto naturale nella scolastica. Perugia 1 9 0 6 . V E R W E Y E N D a s Problem der Willensfreiheit in der Scholastik 1909. D E R S . (N. 1 ) S. 2 3 7 f f . ; 2 6 3 ff. K U H L M A N N Der Gesetzesbegriff bei d e m Heil. Thomas von Aquino i m Lichte des R e c h t s s t u d i u m s seiner Zeit 1912. SCHILLING Der v e r m i t t e l n d e Charakter der thomistischen Staatslehre, in Festg. f. Knöpfler 1 9 1 7 , S. 2 9 0 ff. G R A B M A N N T h o m a s v o n Aquin. Eine Einführung in seine Persönlichkeit u n d Gedankenwelt ( 3 ) 1 9 1 7 . — BRANDT Über die Strafrechtsphilosophie des T h o m a s von Aquino, ZVerglR. 18, 76 ff. §65.



BAUMANN

9 Über die Rechtslehre gleichzeitiger Scholastiker, bes. B O N A V E N T U R A (f 1274) und D U N S S C O T U S (f 1308) s. S C H M A U S S S . 147 ff. Über spätere Anhänger dieser R i c h t u n g S C H M A U S S § 2 9 ; R O S S B A C H § § 7 2 ff ; G E Y E R S. 27 f. SCHREIBER Die volkswirtschaftlichen Anschauungen der Scholastik seit Thomas von Aquino 1913; darüber A U B I N ZRPhilos. 2, 270 ff. 10

Eine eigene Stellung n i m m t in rechtsphilosophischer Hinsicht D A N T E ein. S. die Schrift: Über die Monarchie, übers, von H U B A T S C H . Hierüber S T A H L I S . 6 2 ff. ; C A S S I R E R E r i c h , N a t u r - u n d Völkerrecht im Lichte der Geschichte u n d der systematischen Philosophie 1919, S. 61 ff. VERW E Y E N (N. 1 ) , S. 2 7 1 . — K O S T A N E C K I D a n t e s Philosophie des Eigentums, ArchRPhilos. 4, 35 ff. ; 243 ff. ; 422 ff. (1265—1321)

§ 12.

26

Die Staatslehre des Mittelalters.

betraf die Begründung des dort geltenden Rechtes durch das L e l i n s wesen".

Nach ihm sandte Gott neben dem geistlichen auch das weltliche Schwert auf die Erde zu beschirmen die Christenheit. Er verlieh dieses dem Kaiser, nach den Einen unmittelbar, nach anderer Auffassung durch den Papst, als Stellvertreter Gottes auf dem Stuhle Petri ,2 . Der Kaiser belehnte- weiter die Großen des Reiches, diese dann ihre Vasallen, die es an ihre Lehnsträger weiter gaben, und so fort. Zusammengehalten aber wurde dieses alles — Lehnsherr, Vasallen, Lehnsgut — durch das B a n d der Treue13. Es bildète den Grundgedanken des mittelalterlichen Staatswesens und überdauerte dieses, im Ganzen an tausend Jahre geltend, dem Sinne nach bis zu dem Ende des alten deutschen Reiches 14. Es lohnt die Frage : wie sich diese beiden Gedankengänge — der des G o t t e s s t a a t e s und der des L e h n s w e s e n s — zueinander verhalten. Ihre Untersuchung lehrt, daß ein grundsätzlicher Widerstreit in der Sache zwischen ihnen nicht vorlag. Auch das Lehnswesen ward auf göttliche Satzung zurückgeführt. Es beanspruchte, in seiner Weise dem ius naturale zu entsprechen, und wollte keineswegs eine bloße menschliche Einrichtung sein. In der Tat baute es sich auf den Instituten auf, die auch die Vertreter der kirchlichen Lehre als natürliches Recht aufstellten, vor allem auf Eigentum und Vertragstreue. Sein Grundgedanke der treuen Hingebung bis zum Letzten widersprach keineswegs den ethischen Pflichten der christlichen Lebensauffassung 15. So konnten die beiden an sich gut nebeneinander bestehen und harmonisch zusammenstimmen. Sie gingen von der gleichen Grundlage aus und erfüllten nur verschiedene Aufgaben bei deren Ausbau. Der Gedanke des Lehnswesens ging auf die Frage des G e 11 e n s eines bestimmten Rechtes, dessen begriffliche Möglichkeit dabei vorausgesetzt war, und auf die A u s g e s t a l t u n g der besonderen Pflichten und Rechte, die 11 Über das Lehnrecht s. die Nachweise bei G E R B E R Deutsches Privatrecht, §§ 1 0 3 ff.; S C H R Ö D E R bes. § § 2 4 ; 4 0 ; 5 7 ; H Ü B N E R Grundzüge des deutschen Privatrechts ( 2 ) 1 9 1 3 , S . 2 9 7 ff. ; S C H W E R I N Deutsche Rechtsgeschichte ( 2 ) 1 9 1 5 , S . 9 0 ff.; B R U N N E R § § 2 0 ; 2 5 ; 3 4 ; 3 6 ; 3 9 . 12

13

Ssp.

W.

I,

1;

III,

63,

§1.



BLUNTSCHLI

S. 9 ff.

Geschichte der niederdeutschen Literatur 1920, S. 9f. — EICKEN (N. 2), bes. S. 223 ff. F R E Y T A G Bilder aus der deutschen Vergangenheit, 2. Bd. G G . M Ü L L E R Das Recht in Goethes Faust 1912, S. 100; 110 ff.; 199. V E D E L Ritterromantik, 1911; H E I L Die deutschen Städte und Bürger im Mittelalter, 1906; G E R D E S Geschichte des deutschen Bauernstandes 1910. — Über Lehnsfelonie in einem heutigen Rechtsfalle s. DJZ. 22, 743. 14 SCHLOSSER Briefe über die Gesetzgebung 1789, S . 14 ff. T O C Q U E V I L L E L'ancien régime et la révolution (2) 1856 (deutsch von O E L C K E R S 1867) bes. I. 5 und II, 1. — S A N D E R Feudalstaat und bürgerliche Verfassung 1906. 15 S . auch F E H R Die Staatsauffassung Eikes von Reggau 1 9 1 6 , S.-A. aus ZRG (G) 3 7 , 1 ff., bes. S. 6 7 ; 7 9 ; 9 1 ff. ; 1 0 8 ff. STAMMLER

§ 13.

Die Rechtsbetrachtung der Übergangszeit.

27

auch eine Begründung nach dem natürlichen Rechte der kirchlichen Lehre besaßen. Dagegen lieferte die Kirche ihrerseits die genauere Erwägung von dem E n d z w e c k e alles Rechtes und die Einordnung des danach gerichteten rechtlichen Wollens in das G e s a m t g e f ü g e einer allgemeingültigen Weltauffassung 16. § 13. Die R e c h t s b e t r a c h t u n g

der

Übergangszeit.

In dem Zeitalter der Reformation bereitete sich die Auffassung vor, welche das Recht als eine eigene Art des menschlichen Wollens nimmt, dem eine göttlich gesetzte Aufgabe vorsteht 1 . Theologen 2 und Juristen 3 betonen zwar in alter Weise das ius naturale als das Gesetz, das Gott dem Menschen in das Herz geschrieben, und sie handeln die ihm entsprechenden Pflichten nach der Ordnung und Art der zehn Gebote ab. Aber sie werden doch dazu geführt, dem r e c h t l i c h e n Wollen in seiner Wegeleitung nach jenem Grundgedanken eine s e l b s t ä n d i g e Bedeutung zuzugestehen, die folgerichtiger Weise eine Klärung dieser seiner e i g e n a r t i g e n Beschaffenheit nach B e g r i f f und I d e e f o r d e r t 4 . In der nun immer stärker werdenden Beschäftigung mit dem römischen und dem kanonischen Rechte, und teilweise im Kampfe mit ihnen, besonders dem letztgenannten 5, setzte sich diese Selbständigkeit des R e c h t s g e d a n k e n s mehr unwillkürlich und nicht klar bewußt, doch tatkräftig 16

Das ganze Gebiet der in diesem Paragraphen besprochenen Lehre bietet einen Gegenstand überaus lohnender Forschung dar. Im besonderen ist das kanonische Recht in seiner Bedeutung für die Rechtsphilosophie bis jetzt fast ganz unberücksichtigt geblieben. S C H M A U S S § 1 7 . Wenig bietet T H I KÖTTER Die metaphysische Grundlage des hierarchisch - jesuitischen . . Systems 1891.—TROELTSCH Die Sozialphilosophie des Christentums, Jahrb. des Freien deutschen Hochstifts, 1911, S. 31 ff. Eine gute Einführung in das neue Gesetzbuch der katholischen Kirche bietet S T U T Z Der Geist des Codex iuris canonici 1918. — H U G E L M A N N Die deutsche Königswahl im Corpus iuris canonici, in Gierkes Untersuchungen, 98. Heft, 1909. P. H O H E N L O H E O. S. B. Beiträge zum Einfluß des kanonischen Rechts auf Strafrecht und Prozeßrecht 1919. — Vgl. §52 N. 1. 1

2

STAHL

I

S.

74ff.;

AHRENS

§13f.;

I

ÜBERWEG

3

BLUNTZSCHLI

S. 72;

SCHMAUSS

S.

173

ff.;

I

S.

99

III

§8.

1 1 ff. ; S T A H L I ff.; 2 8 3 ff. — Über Zwingli s. B L U N T S C H L I S. 7 3 f. K R E U T Z E R Zwingiis Lehre von der Obrigkeit 1 9 0 9 . DRESKE Zwingli und das Natuirecht, Hall. Diss. 1 9 1 1 . M E Y E R Zwingiis Soziallehren, Zürich. Diss. 1 9 2 1 . — Über Calvin s. B L U N T S C H L I S. 7 5 ; A N E M A Calvinisme en rechtswetenschap, Amsterdam 1897. S. 7 5 ;

Über Melanchthon s.

STINTZING

HINRICHS

OLDENDORP ( 1 4 8 0 — 1 5 6 1 ) , HEMMING ( 1 5 1 3 — 1 6 0 0 ) ,

SCHMAUSS

S.

178

ff.;

WARNKÖNIG

S.

34;

I

WINKLER(1579—1648):

ROSSBACH

§§

81 ff.;

HINRICHS

ff. VON DER BLEEK Die protestantische Staatsidee 1 9 1 9 . — K A F T A N Das Verhältnis der lutherischen Kirche zur sozialen Frage 1 8 9 9 . T R O E L T S C H Die Bedeutung des Protestantismus für die Entstehung der modernen Welt, Vortrag, 1906. I

19ff.;

STAHLI

S. 7 6 ;

GEYER

4

5

STINTZING

I

273

ff.

S.

29f.;

STINTZING

I

311

28

§14.

Das Naturrecht.

durch. Die Unterstellung der von unten her, durch menschliche Tat aufzubauenden rechtlichen Ordnung unter das göttliche Walten, als alles vereinigenden und beherrschenden Abschlusses, blieb unbezweifelt angenommen 6 . Eine ausreichende kritische Analyse der b e g r i f f l i c h e n Vorstellung von d e m R e c h t e , gegenüber den anderen Arten des menschlichen Wollens, zeigt sich jetzt freilich noch nicht; sein Gegensatz zu der w i l l k ü r l i c h e n Gewalt hebt sich noch am stärksten in praktischen politischen Erwägungen hervor 7 , sein Unterschied von der M o r a l oder gar von der äußeren S i t t e bleibt unausgetragen. Eindringlicher beschäftigte man sich mit der Frage nach der Notwendigkeit der rechtlichen Ordnung. Sie wird in bewußter Art bejaht 8 . Der Einfluß des Römerbriefes (13. Kap.) ist unverkennbar. Aber der neu gewonnene Standpunkt von der damit dem Rechte gesetzten eigenen Aufgabe drückt dieses selbst zunächst etwas herunter. LUTHER legt an mehreren Stellen das Hauptgewicht darauf, daß ohne das Recht die schlechten Menschen den guten Übles antun würden 9. In treffenden Ausführungen wird die Bewährung einer grundsätzlichen R'chtigkeit innerhalb des Rschtes von LUTHER bei verschiedenen Anlässen vorgenommen 10 . Und noch in seinen letzten Tagen hatte er Gelegenheit, von der Notwendigkeit einer gefesteten Methode, nach der man schwebende Streitigkeiten nach billigem Ermessen entscheiden könne, sich zu überzeugen. Zu einer von ihm selbst gewünschten zusammenfassenden Bearbeitung ist es dann nicht gekommen

Das

§ 14. Naturrecht.

Seit dem Beginn des 17. Jahrhunderts tritt d i e r e c h t s p h i l o s o p h i s c h e F r a g e mit der ihr genau gestellten Aufgabe (§ 9) immer 6 S. auch I H R I N G E R der Schuldbsgriff bei denMystikern der Reformationszeit, Bern 1912. 7 So in den Schriften L U T H E R S aus Anlaß des Bauernkrieges, über den Wucher, über den gemeinen Kasten. S. auch H O L L Luther und das landesherrliche Kirchenregiment 1911; DERS. Luther und die mittelalterliche Zunftverfassung, Mitt. d. Luther-Ges. 1919, S. 22. 8 L U T H E R Von weltlicher Obrigkeit, wie weit man ihr Gehorsam schuldig sei, 1523. Ob Kriegsleute auch in seligem Stande sein können, 1526. 9 Besonders in den Tischreden. Vgl. R R . S. 222. — S. auch § 102 N. 2 und § 108 N. 5, sowie § 180 N. 3. 10 W A R D Darstellung und Würdigung der Ansichten Luthers von dem Staate und seinen wirtschaftlichen Aufgaben 1 8 9 8 . — H O L L Luther als Erneuerer des christlichen Gemeinschaftsgedankens, Deutsch-Evangelisch, Monatsbl., 8 , 2 4 1 ff. — S T A N G E Die ältesten ethischen Disputationen Luthers 1 9 0 4 (s. oben § 1 2 N . 5 ) . - H I N R I C H S I 6 ff.; S T A H L I 7 9 ; B L U N T S C H L I S . 5 7 ff. 11 STAMMLER Luther im Schiedsgericht der Grafen von Mansfeld, in der Sammlung: Was Luther uns heute noch ist, 1917, S. 129 ff. — R R . S. 103; 307 f.

§14.

Das Natur recht.

29

deutlicher hervor 1. Der große Krieg und die schweren Erlebnisse der damaligen Zeit ließen eine Fülle praktischer Zweifel und Bedenben aufkommen, die durch bloße Anlehnung an begrenzte positive Satzungen nicht zu lösen waren 2 ; das Erstarken der Staatsgewalt, das in jenen Tagen überwältigend einem jeden fühlbar wurde, regte zu grundsätzlichem Besinnen eindringlich an. Es fand sich in den drei Hauptfragen zusammen : W i e es mit dem Gedanken d e s R e c h t e s gegenüber der G e w a l t , aber auch gegenüber der M o r a l stehe ; in welcher Weise seine verpflichtende Art a l l g e m e i n z u b e g r ü n d e n sei; nach w e l c h e m R i c h t m a ß e man den Inhalt eines Rechtsgebotes prinzipiell r i c h t e n u n d r e c h t f e r t i g e n könne ? Und nun suchte man nach e i n e r G r ö ß e , aus deren Eingreifen her sich alle drei Fragen i n einer e i n z i g e n F o r m e l beantworten ließen 3. Dieser letztgenannte Versuch ist dann auch aller anderen Rechtsphilosophie bisher eigentümlich geblieben. In dem hier eingeführten Zeitalter ging pian dabei auf d i e N a t u r d e s M e n s c h e n zurück. Es wurde der Ausdruck der Natur nicht mehr für den Gedanken des G e s e t z e s selbst gebraucht, sondern unmittelbar für eine Beschaffenheit des Sehnens und Strebens verwendet, die allen Menschen zu eigen wäre. Was mit ihr übereinstimme, sei Rechtens und in diesem seinem Auftreten sachlich begründet 4 . Etwa hundert Jahre lang wandte man die gröte Aufmerksamkeit der Frage zu : Welches denn d i e a l l g e m e i n menschliche N a t u r eigentlich sei ? Der berühmte Niederländer HUGO G R O T I ü S (1583—1645) behauptete für den Menschen — allgemein, aber auch alleinig unter allen Geschöpfen — den appetitus societatis. Er verstand darunter den Trieb nach einem ruhigen und einsichtig geordneten Zusammenleben mit seinesgleichen 6 . Dem 1 Liber Vorläufer dieser Zeit: W A R N K Ö N I G §17; K A L T E N B O R N Die Vorläufer des Hugo Grotius 1848; F . V O R L Ä N D E R S. 83 ff. S T A H L I 82 ff. ; AHRENS I §15; L A S S O N S. 84ff.; B L U N T S C H L I S. 7 6 ff. ; F R A N C K Réformateurs et publicistes de l'Europe X V I I siècle, Paris 1881, S. 13 ff. ; G I E R K E , Althusius (§107 N. 1). C A S S I R E R (§12 N. 10) S. 69 ff. V O R L Ä N D E R I Übergangsperiode §6. — Verh. des ersten Soziologentages 1910, S. 166 ff.: TROELTSCH Das stoisch-christliche Naturrecht und das moderne profane Naturrecht. 2 S . hierzu auch unten § 5 0 . — G I E R K E Naturrecht und deutsches Recht 1883. FRANK Naturrecht, geschichtliches Recht und soziales Recht 1 8 9 1 . 3 Es fehlte also die Einsicht von dem Gegensatze des B e g r i f f e s und der I d e e (§ 82), sowie von dem Verhältnis der zweiten Frage als Vorbedingung zur praktischen Ausführung der dritten (§ 107). RR. S. 111 ff. 1 Einzelfrage: S T E R N B E R G Die Begnadigung bei den Naturrechtslehrern, Berl. Diss. 1899. Vgl. § 153. 5

SCHMAUSS

RICHS I ZÖPFL

60 f f .

§§21, STAHL

S. 1 6 f .

22. I

W A R N KÖNIG S. 163 f f .

STINTZING (N.

1)

III S.

S.

253 ff.

§

28.

GEYER 1 ff.

S.

ROSSBACH 30ff.

LASSON

CASSIRER

S.

( § 12

S.

120 f f .

AHRENS 87 N.

f. 10)

I

HEN-

S. 93 f f .

BLUNTSCHLI

S. 8 9 f f .

FRANCK

CATHREIN

Ist Grotius der Begründer des Naturrechts ?, ArchRPhilos.

S. 9 6 f f . 4, 3 8 7



ff.

§, 14.

30

Das Naturrecht.

widersprach der Engländer HOBBES (1588—1679), der als Grundzug der menschlichen Natur die Furcht des einen vor dem andern erklärte; so daß bei dem Wegdenken der rechtlich geordneten Gesellschaft ein Krieg aller gegen alle als notwendiger Zustand angenommen werden müsse 6. Auch bei den deutschen Naturrechtslehrern jener Zeit, auf welche die Führung dieser Rechtsphilosophie dann überging, fand sich eine Verschiedenheit der Ansichten. PüFENDORF (1632—1694) stellte als den natürlichen Zustand des Menschen die Schwäche und Hilflosigkeit (mibecilitas) hin, aus der das oberste Gesetz durch vernünftige Betrachtung der menschlichen Natur zu folgern sei Dagegen lehrte iHOMASIUS (1655 bis 1728), daß das natürliche Streben jedes Menschen darauf gerichtet sei, möglichst lange und glücklich zu leben. Bei der Begünstigung dieses Strebens würden sich drei Arten von Vernunftgeboten ergeben: a) honestum, das Ehrbare, andern zu tun, was sie sich antun sollen; b) decorum, das Wohlanständige, andern zu tun, was man von ihnen wünscht; c) iustum, das Gerechte, andern nicht zuzufügen, was sie einem nicht zufügen sollen. THOMASIUS nannte das erste die E t h i k , die auf das Innere wirke und das höchste Gut erschaffe; dag zweite die P o l i t i k , als mittleres Gut, das Freunde verschaffe, aber für die Gesinnung gleichgültig sei; das dritte das N a t u r r e c h t , das geringste Gut. das aber das größte Übel abhalte, weil es die Feindschaft hindere. Damit war das Bemühen, den R e c h t s b e g r i f f deutlich zu erkennen und im besondern von der M o r a l abzuscheiden, bemerkenswert vorgerückt 8.

S

s.

SCHMAUSS

HINRICHS S. 3 3 f.

I

AHRENS

S. 8 8 f.

226

S . 1 4 0 ff. S.

BLUNTSCHLI

ff.

W A R N KÖNIG

STAHL

I

S . 1 7 5 ff.

9 8 ff.

ZÖPFL

S.

ff.

119

S.

17

S.

F. ff.

4 5 ff.

ROSSBACH

VORLÄNDER STINTZING

FRANCK (N.

1)

S. 3 6 7

ff.

S.

§

3 5 2 ff.

III

S.

9.

ÜBERWEG

HS.

GEYER LASSON III

§14.

I I §§ 5 ff. V A L . M E Y E R Thomas Hobbes. Darstellung und Kritik seiner philosophischen, staatsrechtlichen und kirchenpolitischen Lehren, 1 8 8 4 . T Ö N N I E S Hobbes, der Mann und der Denker ( 2 ) 1 9 1 2 . D E R S . Hobbes' Naturrecht, ArchRPhilos. 4 , 3 9 5 ff. C A S S I R E R ( § 1 2 , N . 1 0 ) , S . 1 3 8 ff. — LOUIS Über den Individualismus bei Hobbes, Hall. Diss. 1 8 9 1 . — FEUERBACH Anti-Hobbes, 1 7 9 8 (s. § 4 8 N. 6 u. § 1 4 4 ) . VORLÄNDER

'

SCHMAUSS

ROSSBACH S.

3 4 ff.

S. 3 3 3 ff. S.

§§

S.

120

AHRENS

256ff. ff.

I

WARNKÖNIG

HINRICHS I I

S. 1 0 1 ff.

BLUNTSCHLI

S.

S.

S.

STINTZING I I I

1 3 6 ff.

50ff.

1 ff. S.

LASSON

S.

W A R N KÖNIG

S.

GROS

STAHL 11 ff,

9 1 ff.

I

( § 9

S.

N.

182

3 3 3 ff.

§ 68.

3)

f.

GEYER

FRANCK

CASSIRER



N.

12

N.

§§

127

1, 10)

154 ff. 8

SCHMAUSS

HINRICHS ZÖPFL

III

S. 2 2 .

s.

S.

273

122ff.

ff.

STAHL I

STINTZING I I I

S.

S.

7 1 ff.

1 8 3 f. FRANCK

54

ff.

GEYER (N.

1)

ROSSBACH S.

3 7 f.

AHRENS

S.

3 4 4 ff.

ff. §18.

BLUNTSCHLI

ff. A H R E N S I S . 9 4 . — N L C O L A D O N L Chr. Thomasius. Ein Beitrag zur Geschichte der Aufklärung, 1 8 8 8 . LANDSBERG Zur Biographie von Chr. Thomasius, Bonner Festschr. 1 8 9 4 . KRAHMER Ein Colleg bei Chr. Thomasius 1905. S. 2 1 5

§ 14.

Das Naturrecht.

31

Aber zur vollen Lösung fand T H O M A S I U S vorerst keinen Nachfolger 9 . Andererseits drängte der fehlende Erfolg, die menschliche Natur als allgemeine Größe zu bestimmen, die darauf verwandten Bestrebungen etwas zurück 10 , ließ sie freilich bis heute niemals ganz untergehen l l . In der Tat ist das Suchen nach einer allgemeingültigen menschlichen Natur, als einer d a s G r u n d g e s e t z d e s m e n s c h l i c h e n W o 11 e n s bestimmenden Größe, unvermeidlich zum Mißerfolge verurteilt 1S. Wenn man diesen Gang der Gedanken einschlägt, so bleibt gegenüber der Mannigfaltigkeit in den Eigenschaften und Trieben, wodurch sich die Menschen in der Erfahrung zweifellos unterscheiden, als E i n h e i t nur der Mensch als N a t u r w e s e n übrig. Als solches kommt er zur Welt. Bei dem Beharren in dieser Betrachtung gelangt man daher immer nur zu einer Gleichmäßigkeit in k ö r p e r l i c h e n Funktionen, aber nie zu einem Richtmaße für die rechte Art der Z w e c k setzung.

Der einheitliche Blickpunkt für prinzipiell begründetes W o l l e n kann dem n a t ü r l i c h e n T r i e b l e b e n nicht entnommen werden. Denn nun handelt es sich um das Ordnen des I n h a l t e s natürlich entstehender Begehrungen. Das wüchse an sich wild und wirr durcheinander. Eine gewisse Allgemeinheit, die man dann vergleichsweise in dem wirklichen Vorkommen des menschlichen Strebens beobachten mag, wird immer mit Ausnahmen behaftet sein und so viele Möglichkeiten anderer gelegentlich übereinstimmender Züge neben sich belassen, daß es nicht angeht; jene als u n b e d i n g t h ö c h s t e s G e s e t z zu erklären. Auch die Eigenliebe tritt ja überall in verschiedener Weise und Stärke auf. Die e i n h e i t l i c h e A r t , menschliches Streben in seinem unendlich verschiedenem I n h a l t e übereinstimmend zu richten und danach die g r u n d s ä t z l i c h e B e r e c h t i g u n g eines besonderen Wollens darzutun, liegt eben gar nicht in seinem w i r k l i c h e n e i n z e l n e n A u f t r e t e n , auch wenn solches in bestimmter Lage bei bestimmten Menschen sich einmal in verhältnismäßiger Gleichheit wiederholen sollte. Diese e i n h e i t l i c h e A r t des Richtens kann nur als ein S o l l e n , im Sinne einer idealen Gesetzmäßigkeit, aufgestellt werden lS . • Über S.

S.

296

ff.

das

Naturrecht

WARNKÖNIG

S.

nacli 59—62.

Pufendorf

und

ROSSBACH

§§

Thomasius: 131 f.

SCHMAUSS

HINRICHS

III

Auch S T L N T Z I N G I I I S. 1 1 2 ff. 1 0 E i g e n a r t i g ist der Versuch des C H A R L E S F O U R I E R , auf oiner Analyse der psychologischen Triebe des Menschen eine sozialistische Utopie zu gründen. Nachweise in Handw. d. S t a a t s w . s. v. Fourier (3) I V S. 441. Hervorzuheben L O R . S T E I N Der Sozialismus und K o m m u n i s m u s des heutigen F r a n k reich (2) 1848, S. 2 9 9 ff. " So SCHÄFER Die U n v e r e i n b a r k e i t des sozialistischen Zukunftsstaates mit der m e n s c h l i c h e n N a t u r (2), 1890. Vgl. W R . § 3 2 A n m . 117 ff. B Über Gegner des N a t u r r e c h t s ü b e r h a u p t s. Ü A Y M A N N Rousseau» Sozialphilosophie 1898, S. 343 ff., 351, 384 ff. — STAHL I S. 111 ff. 13 S. § 80 bes. N. 8. — D E L V E C C H I O II c o n c e t t o della n a t u r a e il principio del diritto, Turin 1908. D e r Verf. n i m m t a n , d a ß allerdings aus der 305—356.

§ 15.

Das

Das Vernunftrecht.

§ 15. Vernunftrecht.

Es war ein Fortschritt für die r e c h t s p h i l o s o p h i s c h zu lösende Aufgabe, daß seit dem Zeitalter der Aufklärung nach einem N a t u r r e c h t e gesucht wurde, das nicht sowohl aus der Natur d e s M e n s c h e n , als vielmehr aus der Natur d e s R e c h t e s zu begründen war. Denn nun wurde nach dem Sinne und der Bedeutung d e s R e c h t e s selbst gefragt, dessen Bestimmung und Endziel in das Auge gefaßt Per Begriff, wie die Idee des Rechtes erschien jetzt als Gebot der V e r n u n f t und hatte in seiner positiven Ausgestaltung dieser zu folgen '-. Die ersten Ansätze dazu standen unter dem Banne des philosophischen Dogmatismus jener Zeit 3 . CHRISTIAN WOLF (1679—1754) gab seine persönlichen Einfälle als vernünftige Gedanken heraus. Er ging davon aus, daß jeder so handeln solle, daß die Vollkommenheit des Menschen und seines Zustandes befördert werde; das sei in natürlichen Pflichten gegen sich selbst, gegen den Nächsten und gegen Gott zu üben 4. Die Möglichkeit dieses Gedankens nach seinen notwendigen Bedingungen wurde von ihm kritisch nicht erwogen; und die Klärung des Rechtsbegriffes, im besonderen gegenüber der Moral, erfuhr dadurch keine Förderung. Die englische und französische Rechtstheorie jener Zeit nahm als empirischen N a t u r des Menschen kein N a t u r r e c h t gefolgert werden könne, woh! aber aus der intelligibeln N a t u r des Menschen (§50 N. 2). — S. auch NATORP H e r b a r t , Pestalozzi u n d die heutigen Aufgaben der Erziehungslehre 1006, S. 138 (auch in seinen Ges. Ablidlgen I (1907) S. 330). 1 L O T M A R Vom R e c h t e , d a s mit u n s geboren ist, Vortrag, 1 8 9 3 . D a r ü b e r STAMMLER A r c h S o z G e s G . 6 , 6 1 5 ff. H E R T Z Vom R e c h t e , d a s mit u n s g e b o r e n ist, ZRPhilos. 1, 95 ff. — R R . I I I 1 S. 93 ff. 2 FRIEDRICHS Klassische Philosophie u n d W i r t s c h a f t s w i s s e n s c h a f t . U n t e r s u c h u n g e n zur Geschichte des d e u t s c h e n Geisteslebens im 19. Jahrli. 1913. L E W K O W I T Z Die klassische Recjitsu n d Staatsphilosophie von Montesquieu bis Hegel 1 9 1 4 . S Y D O W Der G e d a n k e des Idealreiches in der idealistischen Philosophie von K a n t bjs Hegel 1914. S. a u c h § 50. 3 Ü b e r L E I B N I Z ' Rechtsphilosophie s. W A R N KÖNIG S. 6 2 ff. R O S S BACH

§ 133.

HINRICHS

S. 2 3 ff. FRANCK § 18.

(§14

VORLÄNDER

III N . 1)

II

S.

1 ff.

AHRENS

I

S.

S. 4 8 5 ff. BLUNTSCHLI

§§ 12 f f . ,

bes.

§ 14,

Nr.

4.

109 ff.

STINTZING

III

S. 1 6 5 ff. ÜBERWEG

III

CASSIRER

10)



12

N.

S. 2 0 0 ff. — M O L L A T Rechtsphilosophisches a u s Leibnizens u n g e d r u c k t e n Schriften, 1 8 8 5 . HARTMANN Leibniz als J u r i s t u n d Rechtsphilosoph 1892. R U C K Die Leibnizsche Staatsidee 1 9 0 9 . 4

SCHMAUSS

RICHS I I I S. 198 ff.

§35.

S. 357 ff. BLUNTSCHLI

WARNKÖNIG

STAHL 1

S.

S. 6 5 ff.

186 ff.

S . 2 4 8 ff. LASSON

ROSSBACH

AHRENS I S. 9 4 f.

S.

114 ff.

ÜBERWEG

§ § 1 3 4 ff.

HIN-

STINTZING III

§ 30.

III

VOR-

LÄNDER I I § 2 8 . R S t . § 7 . — F R A N K Die Wolffsche Strafreehtsphilosophio u n d ihr V e r h ä l t n i s zur kriminalpolitisehen A u f k l ä r u n g im 18. J a l n h . 188". F L S C H L Der E i n f l u ß der Aufklärungsphilosophie auf die E n t w i c k l u n g des S t r a f r e c h t s 1913. — PlUR Studien zur spracht. W ü r d i g u n g Chr. Wolfs, H a l l . Diss. 1903.

§ 10.

Das V e m u n f t r e c h t .

33

angeblichen Grundgedanken des Rechtes das G l ü c k der Rechtsangehörigen auf 5 . BENTHAM (1748—1832) meint, d*ß der Begriff gut dann erfüllt sei, wenn eine Handlung zur persönlichen Glückseligkeit führe; danach müßte das Endziel des Rechtes der Nutzen aller oder doch wenigstens das größte Glück der größten Zahl sein. Schärfer durchdacht war die Lehre des ROUSSEAU (1712—1778). Nach ihm ist die rechtliche Ordnung im Sinne eines contrat social, das ist eines Gesellschaftsvertrages unter gleichberechtigten Teilhabern aufzufassen; und der Zweck dieser Gesellschaft sei die volonté générale, das ist ein Wille, der auf das Glück aller Menschen gerichtet sei Die k r i t i s c h e P h i l o s o p h i e KANTS (1724—1804) räumte mit dem Dogmatismus auf 7. Die Kritik der reinen Vernunft (1781) erneuerte die Methode des SOKRATES (§ 10). Sie bestand auf der grundlegenden Aufgabe, daß man vor dem Aufstellen allgemeiner Lehrsätze deren s a c h l i c h e M ö g l i c h k e i t erst darlegen müßte, und daß es darum vor allem nötig sei, die n o t w e n d i g e n B e d i n g u n g e n des wissenschaftlichen Erkennens klar einzusehen, denen, als f o r m a l e n R i c h t l i n i e n des einheitlichen Ordnens, allein eine a l l g e m e i n g ü l t i g e Bedeutung und ein a b s o l u t e r Geltungswert zukommen könne8. Die Kritik der -praktischen Vernunft (1788) vernichtete die Lehre 6 WARNKÖNIG §§ 3 9 f f . M O H L 3, 5 9 3 f f . F . VORLÄNDER b e s . S . 5 2 2 ff A H R E N S I S. 1 3 3 ff. — R S t . § 9 . — H E N T I G Fouché. E i n B e i t r a g zui

Technik der politischen Polizei in nachrevlutionären Perioden 1919, S. 11 ff. — L E V Y Steuergerechtigkeit u n d englische Sozialphilosophie im 1 7 . u n d 18. J a h r h . , ZRPhilos. 2, 142 ff. • W A R N KÖNIG § § 4 1 f f . S T A H L I S. 2 9 9 ff. GEYER • S. 4 7 ff. F . VOR. LÄNDER S . 6 4 5 f f . AHRENS I S. 124 ff. BLUKTSCHLI S. 3 3 4 ff. LASSON S. 90ff.;CASSIRER ( § 1 2 N . 10) S. 2 2 5 ff. ÜBERWEG I I I § 2 9 . VORLÄNDER I I § 26. — H A Y M A N N (§ 14 N. 12). L I E P M A N N Die Rechtsphilosophie des Rousseau 1898. Über diese beiden J U N G , Zeitschr. f. f r a n z . Sprache 21 198 ff. D E L V E C C H I O Su la teoria del c o n t r a t t o sociale, Bologna 1906 D a r ü b e r R E I C H E L , K a n t - S t u d i e n 15, 296. S T A M M L E R Notion et portée dt

la volonte générale chez Rousseau, R e v u e d e métaphysique e t de morale 1912 S. 383 ff. D E L V E C C H I O Über einige G r u n d g e d a n k e n der Politik Rousseau* 1 9 1 2 . D a r ü b e r H A Y M A N N , ZRPhilos. 3 , 8 5 ff. S A K M A N N J . J . Rousseau, 1913. P E R E T I A T K O W I C Z Rechtsphilosophie des Rousseau 1 9 1 6 . NATORP Rousseaus Sozialphilosophie, Z R P h i l o s . 2, 1 ff. R S t . § 10. — S. a u c h §§ 94 N . 2; 1 7 1 f. 7 I n t e r e s s a n t ist die B e o b a c h t u n g der Rechtsphilosophie u n t e r dem Einflüsse K a n t s , a b e r vor dessen eigener Rechtslehre. H U G O § 26. W A R N KÖNIG § 48. G E Y E R § 7. S T I N T Z I W G I I I S. 511 ff. — D a z u bes. ABICHI Kritische Briefe über die Möglichkeit einer wahren wissenschaftlichen Moral, Theologie, Rechtslehre 1793. F E U E R B A C H K r i t i k des natürlichen Rechte 1796. ( S . § 1 N. 2. F L E I S C H M A N N A . V. F e u e r b a c h , Der J u r i s t als Philo soph. D Ö R I N G F e u e r b a c h s S t r a f t h e o r i e n u n d ihr Verhältnis zur Kantischen Philosophie, E r g . - H e f t d. K a n t s t . N r . 3, 1907.) M E L L I N Grundlegung zur Metaphysik der R e c h t e 1796. F I C H T E (N. 13) Grundlage des N a t u r rechts n a c h Prinzipien der Wissenschaftslehre 1796. 8 Die G r u n d g e d a n k e n des k r i t i s c h e n I d e a l i s m u s sind ir. den drei H a u p t w e r k e n K A N T S niedergelegt: K r i t i k der reinen V e r n u n f t S t a m m l e r , Rechtsphilosophie. 3

§ IS.

34

Das Vernunftrecht.

des Eudämonismus, die den fatalen Widerspruch enthält, daß ein n u r s u b j e k t i v gültiges Lustbegehren o b j e k t i v r i c h t i g sei". Aber KANT hat in seiner Rechtslehre die kritische Methode selbst nicht voll durchgeführt. Er blieb bei dem Fehler aller Anhänger des natürlichen Rechtes stehen, daß der B e g r i f f und die I d e e des Rechtes zusammengelegt wurden. Der R e c h t s b e g r i f f aber bedeutet eine bestimmte Art des menschlichen Wollens, die sich von anderen Arten des Wollens nach festen Merkmalen unterscheidet, so daß diese k a t e g o r i a 1 e Einteilung jedesmal, so oft ein rechtliches Wollen auftritt, r e s t l o s e r f ü l l t i s t . Dagegen besagt die R e c h t s i d e e die Aufgabe, in der Allheit der also begrifflich bestimmten Willensinhalte nach unbedingter Harmonie zu streben: ein i d e a l e r Gedanke, der sich n i e m a l s v o l l e n d e t v e r w i r k l i c h e n l ä ß t 1 0 . Durch die Yermengung der beiden Fragen, deren Trennung gerade durch das Befolgen der k r i t i s c h e n M e t h o d e geboten war, kam keine von ihnen zu ihrem Rechte. Und es führte das zu dem weiteren unhaltbaren Unternehmen, ein angeblich vernunftgemäßes Rechtsbuch mit fest gefügten Institutionen und Paragraphen zu entwerfen und den unmöglichen Versuch stets auf das Neue zu wiederholen: ein Idealrecht auszuarbeiten, dessen b e d i n g t e Satzungen von u n b e d i n g t e r Gültigkeit sein sollten (§ 4) Die rechtsphilosophischen Nachfolger KANTS gingen gleichfalls 1781, (2) 1787. K r i t i k der praktischen Veruunft 1788. Kritik der Urteils k r a f t 1790. Zur E i n f ü h r u n g in die Philosophie K a n t s ist immer ein Studium seiner Prolagomena zu einer jeden künftigen Metaphysik, die als Wissens c h a f t wird a u f t r e t e n können (1783) anzuempfehlen; bes. zu beachten dort §§ 36—38 (s. auch § 98 N. 1). HUGO schrieb in seinem zivilistischen Kursus als 5. Bd. eine philosophische Enzyklopädie f ü r Juristen, die eine vortreffliche Darstellung der Kantischen Lehre gab. H e u t e k a n n der Anfänger namentlich hingewiesen werden auf STANGE Der Gedankengang der Kritik der reinen Vernunft. Ein Leitfaden f ü r die Lektüre. (3) 1907. STADLER K a n t s Teleologie 1874 S. 1—20; DERS. die Grundsätze der reinen Erkenntnistheorie in der Kantischen Philosophie 1876. — F ü r die Rechtsphilosophie k o m m t u n m i t t e l b a r in B e t r a c h t : KANT Metaphysik der Sitten. E r s t e r Teil. Metaphysische Anfangsgründe der Rechtslehre 1797, (2) 1798 (N.

11).

• S. hierüber § 93 Nr. 1; auch §§ 96; 149; 171. 10 S. § 82: Begriff u n d Idee. 11 KANT schrieb 1785 eine Grundlegung zur Metaphysik dt, Sitten, worin der so b e r ü h m t gewordene Ausdruck vom kategorischen Impt rativ a u f t r i t t . Die R e c h t s l e h r e behandelte er systematisch aber erst in dem Buche Metaphysik der Sitten. Erster Teil, 1797, (2) 1798 (N. 8). Kleinere Schriften KANTS, die für die Rechtsphilosophie von Interesse sind, werden in der Darstellung dieses Lehrbuches geeigneten Ortes bemerkt werden. Die L i t e r a t u r über die Kantische Rechtslehre läßt noch manches o f f e n . H U G O § 2 7 . WARNKÖNIG S. 127 f f . ROSSBACH S . 1 5 7 f f . STAHL I S . 1 9 3 f f . GEYER S . 4 9 f f . AHRENS S. 1 3 6 f f . ZÖPFL S. 2 2 f f . STINTZING I I I S . 5 0 3 f f . BLUNTSCHLI S. 3 7 2 f f . LASSON S. 9 7 f f . CASSIRER (§ 1-2 X . 1 0 ) S. 2 6 4 f f . ÜBERWEG I I I § 3 9 . VORLÄNDER I I § 4 1 . R S t . § 1 0 . —

$ 15.

Das Vernunftrecht.

nach den beiden, eben gekennzeichneten Richtungen weiter vor". Zu bemerken ist FICHTE (1762—1814) mit seinem utopischen Entwürfe vom geschlossenen Handelsstaat (1800) W . Des weiteren sind hervorzuheben SCHELLING (1775—1854) U , F R I E S ( 1 7 7 3 — 1 8 4 3 ) 1 S , K R A U S E (1781—1832) SCHLEIERMACHER (1768 b i s 1834) H E R B A R T (1776—1841) >8, S C H O P E N H A U E R (1788—1860) >». Von besonderem Einflüsse war H E G E L (1770—1831), der in seiner Rechts-

philosophie ebenfalls ein Lehrbuch fester rechtlicher Einrichtungen als K r i t i k d e r reinen r e c h t l i c h - g e s e t z g e b e n d e n V e r n u n f t oder K a n t s R e c h t s p h i l o s o p h i e 1806. BARGMANN D e r F o r m a l i s m u s in K a n t s R e c h t s p h i l o s o p h i e , Leipz. Diss. 1902. WlLBRANDT K a n t u n d d e r Z w e c k d e s S t a a t e s , S c h m o l l e r s J . 28, 903 ff. K A L I S C H E R K a n t s S t a a t s p h i l o s o p h i e 1904. M E T Z G E R U n t e r s u c h u n g e n z u r S i t t e n - u n d R e c h t s l e h r e K a n t s u n d F i c h t e s 1912. B A U C H D a s R e c h t s p r o b l e m in d e r K a n t i s c h e n P h i l o s o p h i e , Z R P h i l o s . 3, 1 f f . — S E E G E R Die S t r a f r e c h t s t h e o r i e K a n t s u n d seiner N a c h f o l g e r i m V e r h ä l t n i s zu den a l l g e m e i n e n G r u n d s ä t z e n d e r k r i t i s c h e n P h i l o s o p h i e , in F e s t g . f. B e r n e r 1892. ELEUTHEROPULOS

» W A R N KÖNIG S . 1 3 4 , AGUILERA L'idée du droit Paris 1 8 9 3 . Dazu FRANK

137 ff.

ROSSBACH

S.

184 ff.

GEYER

en Allemagne depuis K a n t jusqu'à in Z S t W . 2 0 , 3 6 2 f f .

S.

60 ff.

nos j o u r s ,

1S HUGO § 28. W A R N KÖNIG S. 135 ff. ROSSBACH S. 172—184. STAHL I S. 2 2 0 ff. GEYER S. 55 ff. AHRENS I S. 150 ff. BLUNTSCHLI S. 3 9 5 ff. LASSON S. 100 ff. ÜBERWEG I V §3. VORLÄNDER I I § 4 8 . — SCHNEIDER F i c h t e als Sozialpolitiker, H a l l . Diss., 1 8 9 4 . M E S S E R F i c h t e u n d ' M a c h i a v e l l i , K a n t - S t u d . 2 4 , 1 1 6 ff. P E T R O N E LO stato mercantile c h i u s o di F i c h t e , N e a p e l 1 9 0 4 ; d a z u D E L V E C C H I O , R i v i s t a I t a l . di sociol. Roma 1905. STAMMLER Sozialismus und Christentum 1 9 2 0 , S. 4 7 ff. 14 W A R N KÖNIG S. 1 4 8 f. ROSSBACH S. 227. STAHL I S. 3 7 7 ff. GEYER S. 6 6 ff. AHRENS I S. 180 ff. BLUNTSCHLI S. 5 9 7 ff. ÜBERWEG IV, § 4 . V O R L Ä N D E R § § 5 0 ff. Vgl. L O E N I N G ; § 1 6 , N . 3 a. E . ) . — An Schelling s c h l o ß sich B A A D E R a n . D a r ü b e r R E I C H E L Die Sozietätsphilosopliie B a a d e r s ,

Z S t a a t s W . 57, 193 ff. 11

Über

LÄNDER I I

FRIES

§ 45

S.

unten

§ 20

X.

I . — ÜBERWEG

IV

§ 12.

VOR-

N r . 5, S. 2 6 7 f f .

GEYER S. 80 ff. ÜBERWEG GINER y CALDERÓN Resumen de

IV

§ 8.

VORLÄNDER

II

§ 52,

Nr.

8.

filosofia del d e r e c h o , M a d r i d 1898; D I E S . Zur V o r s c h u l e d e s R e c h t s . K u r z g e f a ß t e G r u n d s ä t z e des N a t u r r e c h t s , übers, v. R ö d e r , h r s g . v. H o h l f e l d u n d W ü n s c h e 1907. — K R A U S E G r u n d l a g e n des N a t u r r e c h t s , 2. A b t . A u s d. h a n d s c h r . N a c h l a ß d. Verf. hrsg. v. Mollat 1890. "

STAHL

I

S.

5 2 1 ff.

GEYER

S.

85 ff.

VORLÄNDER

II

§

s. 109 ff., der die L e h r e H e r b a r t s g e r a d e z u als

56.

das S y s t e m der H e c h t s p h i l o s o p h i e v o r t r ä g t . Ü B E R W E G I V §§ 1 3 , 2 0 . V O R L Ä N D E R I I § 5 8 . F L Ü G E L D a s I c h u n d die s i t t l i c h e n I d e e n im Leben der Völker ( 3 ) 1 8 9 6 ; DERS. D i e P r o b l e m e der P h i l o s o p h i e ( 2 ) 1 8 8 8 . — Z I L L E R A l l g e m e i n e philosophische E t h i k 1 8 8 0 — Vgl. N A T O R P ( § 1 4 N . 1 3 ) . — Ü b e r B E N E K E 18

GEYER

R. Ü B E R W E G

IV

§

15.

VORLÄNDER

II

§

59.

II, § 61. DAMM Schopenhauers Hechts- u n d S t a a t s p h i l o s o p h i e , H a l l . Diss. 1 9 0 0 . B O V E N S I E P E N Die R e c h t s und S t a a t s p h i l o s o p h i e S c h o p e n h a u e r s , Z S t a a t s W . 7 1 , 1 8 5 ff. V. D. P F O R D T E N S t a a t u n d R e c h t bei S c h o p e n h a u e r 1 9 1 6 . — H O L S T E I N D i e S t a a t s p h i l o sophie R i c h a r d W a g n e r s , A r c l i R P h i l o s . 9, 398 ff. ÜBERWEG

IV,

§

11.

VORLÄNDER

3*

§ 16. Die historische Reohtsschule.

36

unbedingt anzunehmenden Entwurf darbot: über Eigentum, Vertrag, Unrecht; einen Abschnitt über Moralität, der vor allem die Schuldlehre aufnahm; eine Erörterung über Familie, Gesellschaft, Staat8®. Noch ist in diesem Zusammenhange zu erwähnen, daß von katholischer. Seite im 19. Jahrhundert die Rechtsphilosophie bemerkenswert gepflegt wurde. Sie ging zumeist von der Grundlage der Scholastik ans (§ 12), versäumte aber nicht, die Betrachtungen des Naturrechtes (§ 14) und des Vernunftrechtes (§ 15) systematisch einzuarbeiten21. § 16.

Die h i s t o r i s c h e

Rechtsschule.

Die allgemeine Richtimg der Romantik, die sich vor mehr als hundert Jahren, namentlich in Deutschland, verbreitete, ergriff auch die Betrach20

GEYER

W A R N KÖNIG S. 150 ff. S. 70 ff. AHRENS I S.

ÜBERWEG I V

ROSSBACH S . 1 8 3 f f . ZÖPFL

§ 7. VORLÄNDER I I

§ 55.

232 ff. STAHL I S . 2 5 f . LASSON

GIELLE L a

dottrina

S. S.

414 ff. 103 ff.

dello

stato

d i Hegel, P a v i a 1880. MAYER-MOREAU Hegels Sozialphilosophie 1910. ROSENZWEIG Hegel u n d der S t a a t 1920. BÜLOW Die E n t w i c k l u n g der Hegeischen Sozialphilosophie 1920. R S t . § 15 I I . — SYDOW, Die B e d e u t u n g des Volkes im System Hegels, ZRPhiios. 1,188 ff. — EBBINGHAUS, R e l a t i v e r u n d absoluter Idealismus. Historisch-systematische U n t e r s u c h u n g ü b e r d e n W e g von K a n t zu Hegel, 1910. DERS. Benedetto Croces Hegel, K a n t - S t u d i e n 16, 54 ff. HAMMACHER Die B e d e u t u n g der Philosophie Hegels f ü r die Gegenwart 1911. SCHOLZ Die B e d e u t u n g der Hegeischen Philosophie f ü r d a s philosophische Denken der Gegenwart, Philos. Vortr. d. K a n t - G e s . Nr. 26, 1921. — I n den F o r m e n der Hegeischen Philosophie geht vor ZENTHÖFER D a s s u b j e k t i v e R e c h t n a c h allgemeinen Grunds ä t z e n u n t e r Berücksichtigung der bestehenden Gesetze u n d des E n t w u r f e s eines B G B . 1891. "

DE MAISTRE

DU p a p e ,

3 B d e . , 1817.

TROXLER

Rechtslehre

der

T H . MEYER D i e G r u n d s ä t z e

der

N a t u r u n d des Gesetzes m i t R ü c k s i c h t auf die Irrlehren der Liberalität u n d Legitimität

1820.

ROSSBACH

S.

300 f f .

Sittlichkeit u n d des R e c h t s . N a c h Maßgabe der im Syllabus § V I I verzeichneten I r r t ü m e r 1868. HERTLING Zur B e a n t w o r t u n g der Göttinger J u b i l . - Rede 1887. DE RS. Naturrecht und Sozialpolitik 1893. DERS. Über Ziel u n d Methode der Rechtsphilosophie, Philos.J a l i r b . 1895, S. 117 ff. PESCH Liberalismus, Sozialismus u n d christliche Gesellschaftsordnung, 3 Bde., 1898 ff. HARING Der Rechts- u n d Gesetzesbegriff in der katholischen K i r c h e 1899. SCHERER Sittlichkeit u n d R e c h t , N a t u r r e c h t u n d richtiges R e c h t , Philos. J a h r b . 1905 S. 1 ff. AUG. MÜLLER Die s t a a t l i c h e n Gesetze in ihrer Beziehung zur sittlichen W e l t o r d n u n g . Aus d. Festsclir. zum Bischofsjubiläum, 1906. HERTLING R e c h t , S t a a t u n d Gesellschaft, 1906. CATHREIN Moralphilosophie. Eine wissenschaftliche Darlegung der sittlichen, einschließlich der rechtlichen Ordn u n g (5), 1911. DERS. R e c h t , N a t u r r e c h t u n d positives R e c h t (§ 4 N. 5). MAUSBACH Die katholische Moral u n d ihre Gegner (4) 1918. DERS. N a t u r r e c h t u n d Völkerrecht 1918. HOHENLOHE, OSB., Die natürlichen R e c h t s g r u n d s ä t z e im Lichte der christlichen W a h r h e i t e n , Vortrag, A r c h R P h i l o s . 11, (§ 4

312 f f . ;

N. 5 ) .

12,

37 f f .



L.

SAVIGNY

Das

Naturrechtsproblem

§16.

Die historische Rechtsschule.

37

tung rechtlicher Fragen. Ihr Kennzeichen lag hierbei in der Annahme des Volkes als eines b e s e e l t e n N a t u r d i n g e s . Der V o l k s g e i s t , der durch alle Generationen hindurchgehe und sie zu einer Einheit verbinde, sei ein zwar bedingter, aber unveränderlicher Gegenstand. Er errege in den einzelnen Gliedern einer Gemeinschaft gewisse g e m e i n s a m e Ü b e r z e u g u n g e n , und wenn sich eine solche auf rechtliche Fragen beziehe, so sei sie, die gemeinsame Überzeugung, eben das Recht1. Die historische Rechtsschule trat zuerst 1814 genauer hervor, als (1779—1861), ihr anerkannter Führer, seine viel beachtete Schrift Vom Beruf unserer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft veröffentlichte2. Für die R e c h t s b i l d u n g wurde dabei die Folgerung gezogen, daß das Gewohnheitsrecht der Gesetzgebung vorzuziehen sei, weil jenes die Meinung des Volksgeistes sicherer wiedergebe. Für die E r f o r s c h u n g des R e c h t s i n h a l t e s käme es namentlich auf die geschichtliche Betrachtung an, da nur aus ihr das Walten jener Größe sich genau erkennen lasse. Vor allem aber folgte daraus, daß d i e r e c h t s p h i l o s o p h i s c h e F r a g e in dem hier verfolgten Sinne (§ 9) mindestens in ihrem zweiten Teile — der Frage nach der I d e e des Rechtes — überhaupt abzulehnen sei. Es könnte danach nur geschehen, daß der Gesetzgeber das Diktat des Volksgeistes vielleicht falsch verstanden oder ungenau aufgezeichnet habe; aber eine selbständige Erwägung aus einer idealen Aufgabe her, die dem rechtlichen Wollen der Menschen gesetzt wäre, -vermag im Sinne jener Lehre überhaupt nicht zu bestehen 3. S A V I G N Y

1

S.

W A R N KÖNIG

166

ff.

S.

STINTZING

1 6 0 f. I I I

STAHL S.

' 496

I ff.

S.

5 7 0 ff.

GEYER

BLUNTSCHLI

S.

S.

AHRENS

99.

622

ff.

I

LASSON

S. 18 f.; 313. W I N D S C H E I D §§ 9 f. R S t . § 11. — Vgl. unten N. 5. 2 Die Schrift S A V I G N Y S ist noch 1840 in dritter Auflage erschienen. Eine neue Ausgabe hat 1914 S T E R N veranstaltet, zusammen mit der Abhandlung von T H I B A U T , die jene Schrift veranlaßt hatte. Außerdem kommt namentlich in B e t r a c h t S A V I G N Y , Z. f. gesch. R W . (1815) 1, 1 ff. — B R I N Z Festrede zu Savignys 100 jährigem Geburtstage, München 1879. FITTING Festrede zu Savignys 100 jährigem Geburtstage, Halle 1879. ENNECCERUS F . C. Savigny und die Richtung der neueren Rechtswissenschaft. 1879. M A N I G K Savigny und der Modernismus im Recht 1914. ANASTASIADOY Savigny Jhering Bergson, Athen 1916. 3 Aus den kritischen Erörterungen zu derTheorie der historischen Rechtsschule sind hervorzuheben: L E N Z Über die geschichtliche Entstehung des Rechts 1 8 5 4 . MEJER Die Romantiker und das Recht, Vortrag, 1 8 6 9 . B E K K E R Uber den Streit der historischen und der philosophischen Rechtsschule, Heidelberger Rede 1 8 8 6 . OFNER Rechtstheorie und historische Schule 1 8 8 8 . S T A M M L E R Über die Methode der geschichtlichen Rechtstheorie 1 8 8 8 . F R A N K (§ 1 4 N. 2) 1 8 9 1 . BERGBOHM Jurisprudenz und Rechtsphilosophie 1 8 9 2 . SEITZ Die prakitsche Rechtsschule im Entwicklungskampfe mit den bisherigen doktrinären, historischen und NaturRechtsschulen (2) 1 8 9 5 . SALLEILLES École historique et droit naturel d'après quelques ouvrages récents, Revue trimestrielle de droit civil 1902,

38

§ 17.

Die materialistische Geschichtsauffassung.

Diese rechtsphilosophische Doktrin, in ihrer konsequenten Ausgestaltung, steht und fällt mit ihrer romantischen Grundlage. Die aber ist vag und mystisch und trägt einen Widerspruch in sich. Denn wenn der Volksgeist als eine eigenartige und selbständig existierende Erscheinung; die U r s a c h e für andere bedingte Erscheinungen, so auch für gemeinsame Überzeugungen in den Gliedern eines Volkes, sein soll, so muß er doch auch dem K a u s a l i t ä t s g e s e t z dahin unterliegen, daß er selbst wieder die W i r k u n g von anderen vorausgegangenen U r s a c h e n ist. In solcher Weise sind denn auch die nationalen Eigentümlichkeiten, eines Volkes grundsätzlich wohl verständlich, als verhältnismäßig übereinstimmende Eigenschaften, die im Laufe der Zeiten bedingt entstehen, aber auch sich wandeln und verändern 4. Die historische Rechtsschule hat ihre Herrschaft in der deutschen Juristenwelt bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts behauptet und ist dann allmählich zurückgetreten 5.

Die

§ H. materialistische Geschichtsauffassung.

Das Streben, für die rechtliche Ordnung des sozialen Lebens eine feste und allgemeine Grundlage zu gewinnen, führte auch zu dem Versuche, die Methode des M a t e r i a l i s m u s hilfreich h e r a n z u z i e h e n S o entstand in den vierziger Jahren des letzten Jahrhunderts eine später sehr einflußreiche Lehre, die sich selbst mit dem in der Überschrift genannten Ausdrucke bezeichnet 2 . Nach ihr ist die Produktion und nächst ihr der Umsatz ihrer Produkte die Grundlage aller Gesellschaftsordnung. Was dem Materialisten in der S. 1 ff. DOHNA D i e Problemstellung der kritischen Rechtstheorie in ihrem Gegensatz zum Naturrecht und zur historischen Rechtsschule, Internat. Woclischr. I, 1199 ff. (1907). ATARD La escuela histórica del derecho, Madrid 1908. BRIE Der Volksgeist bei Hegel und in der historischen Rechtsschule 1909. EDG. LOENING Die philosophischen Ausgangspunkte der rechtshistorischen Schule, Internat. Wochschr. 4, 65 ff. (1910). WIELAND (§ 5 N. 5), — § 30 N.3. 4 KANT Anthropologie 1798, Zweiter Teil C: Der Charakter des Volkes. — S. auch §§ 54; 100; 138. 5

Vgl. ÜBERWEG I V § 1 0 :

Die romantische

Schule.

I n VORLÄNDERS

Geschichte der Philosophie ist die historische Rechtsschule gar nicht erwähnt. 1

FRIEDR. ALB. LANGE

(1828—1875)

Geschichte

des

Materialismus

und Kritik seiner Bedeutung für die Gegenwart (3) 1876, bei Reclam 1905, herausgeg. von ELLISSEM. Dazu VORLÄNDER II S. 420 ff. — Unten §§ 35 N. 5 ; 5 8 N. 2 ; 1 8 0 N. 5. 2 MARX Zur Kritik der politischen Ökonomie 1859. MARX und ENGELS Das kommunistische Manifest 1848. ENGELS Herrn Eugen Dührings Umwälzung der Wissenschaft 1878; hieraus drei Kapitel in Sonderausgabe unter dem Titel: Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft. ENGELS Ludwig Feuerbach und der Ausgang der klassischen deutschen Philosophie 1888.

| 17. Die materialistische Geschichtsauffassung.

39

herkömmlichen Bedeutung die Materie in der Natur und die Bewegung jener Materie ist, das soll dem sozialen Materialisten d i e g e s e l l s c h a f t l i c h e W i r t s c h a f t sein. Durch das Aufkommen besonderer ö k o n o m i s c h e r P h ä n o m e n e und durch die Tendenz ihrer Entwicklung werde das Schicksal einer jeden Gesellschaft bestimmt. Über der sozialen Wirtschaft eines Gemeinwesens erhebe sich ein r e c h t l i c h e r und p o l i t i s c h e r Ueberbau. Er sei natürlich abhängig von seiner Unterlage. Wenn diese sich wandle, so müsse das der Ueberbau auch tun. Es sei also die soziale Geschichte im letzten Grunde als eine Bewegung der s o z i a l e n W i r t s c h a f t aufzufassen. Sie vollziehe sich mit N a t u r n o t w e n d i g k e i t . Die Ideen seien nur Spiegelbilder der sich in solchem naturnotwendigen Prozesse entwickelnden wirtschaftlichen Erscheinungen. Für die Politik komme es also nicht darauf an, eine g e r e c h t e Ordnung des Zusammenwirkens zu erstreben, sondern den naturgesetzlichen Gang der sozialen Wirtschaft zu beobachten und zu begünstigen. Daraus ergebe sich ein Hineinwachsen, in die kommenden gesellschaftlichen Verhältnisse. Die Lehre der materialistischen Geschichtsauffassung ist u n f e r t i g und n i c h t a u s g e d a c h t 3 . Die durch d i e r e c h t s p h i l o s o p h i s c h e F r a g e geforderte Klarstellung des B e g r i f f e s von dem R e c h t e wird von jener Lehre noch nicht einmal in Angriff genommen. Im besonderen bleibt ganz unausgetragen, durch welches bestimmende Merkmal sich die r e c h t l i c h e Satzung von einer w i l l k ü r l i c h e n Gewalttat unterscheidet. Das Verhältnis aber von W i r t s c h a f t und R e c h t wird in der genannten Theorie geradezu auf den Kopf gestellt. In Wahrheit gibt es keine einzige wirtschaftliche Beobachtung, die nicht durch das Bestehen einer r e c h t l i c h e n Einrichtung l o g i s c h b e d i n g t ist (§ 56). Dieser s W R . 1896, (4) 1921. S. a u c h H a n d w . d. S t a a t s w . Materialistische Geschichtsauffassung (3) VI S. 623 ff., das. S. 635 Ä u ß e r u n g e n zu vorstehendem Buche. Der in jenem B u c h e ausgiebig zitierten L i t e r a t u r k a n n noch zugefügt werden H O L L I T S C H E R D a s historische Gesetz. Zur K r i t i k der matorialist. Geschichtsauffassung, 1901. BRANDENBURG Die materialistische Geschichtsauffassung 1902. R I E K E S Die philosophische Wurzel des Marxismus, Z S t a a t s W . 1906, S. 407. ERDMANN Die philosophischen Voraussetzungen der materialistischen Geschichtsauffassung, Schmollers .T. 31, 919 ff. HAMMACHER D a s philosophisch-ökonomische System des Marxismus 1909. V O R L Ä N D E R Marx u n d K a n t , 1911. PLENGE, Marx u n d Hegel 1911. A D L E R Der soziologische Sinn der Lehre von Marx 1914. B Ü C K L I N G Die E l e m e n t e der Hegeischen Geschichts- u n d Rechtsphilosophie im Marxismus, Schmollers J . 43, 983 ff. VORLÄNDER Marx, Engels u n d Lassalle als Philosophen 1920. D E G E N FELD Die Motive des wirtschaftlichen H a n d e l n s u n d der deutsche M a r x i s m u s 1920. S T A M M LER Sozialismus u n d C h r i s t e n t u m 1920, S. 58 ff. DERS. Die materialistische Geschichtsauffassung, Studien des apolog. Sem. in Wernigerode, 4. H e f t 1921. H E I C H E N N e u m a r x i s m u s , Neue Zeit 39, 2, 201 ff. — S. a u c h §§ 55 ff., hes. § 57 N. 7; ferner § 63 N. 5; § 173 N. 9.

40

§17.

Die materialistische Geschiehtsauff4 » sung.

Fehler der materialistischen Geschichtsauffassung erklärt sich durch den .Mangel der kritischen Einsicht, daß es sich bei dem s o z i a l e n Leben überall um menschliche B e s t r e b u n g e n handelt, und daß deshalb die letzte Weise der für es möglichen w i s s e n s c h a f t l i c h e n Erkenntnis nicht im Sinne einer Betrachtung n a t ü r l i c h e r Vorg ä n g e , sondern als Erwägung d e s I n h a l t e s v o n Z w e c k e n einzusetzen ist. Was aber das Problem der I d e e d e s R e c h t e s angeht, so verwechselt die besprochene Geschichtsauffassung die Betrachtung der B e s o n d e r h e i t e n , die jemand als gerecht behauptet oder verneint, mit dem bedingenden Gedanken der G e r e c h t i g k e i t selbst. Die auf b e s o n d e r e F r a g e n gerichteten Urteile können im Laufe der Geschichte wechseln und sind in der Tat bei den verschiedenen Menschen und Ständen und Völkern untereinander und zu verschiedenen Zeiten selbst verschieden und im Wandel und in der Veränderung begriffen; aber alle werden sie doch nach dfer einen einheitlichen Methode geordnet, daß sie eine feste Eigenschaft — eben die der G e r e c h t i g k e i t , das ist der g r u n d s ä t z l i c h e n R i c h t i g k e i t — zuerkannt oder abgesprochen erhalten. Wenn sie nicht diese u n b e d i n g t gleichm ä ß i g e F r a g e in ihrer Verschiedenheit g e m e i n s a m hätten, würde man sie gar nicht in der genannten Hinsicht miteinander vergleichen können 4 . Auch der soziale oder geschichtliche Materialismus kann selbstverständlich dem nicht ausweichen, daß er besondere geschichtliche Vorkommnisse von materialer Verschiedenheit i n e i n e r unbedingt e i n h e i t l i c h e n W e i s e als gerecht kennzeichnet. Aber er begnügt sich, darauf hinzuweisen, daß diese g l e i c h m ä ß i g e Kennzeichn u n g einem verschiedenartigen Inhalte menschlicher Bestrebungen tatsächlich zuteil wird. Und er richtet sein ganzes Augenmerk darauf, wie die Verschiedenheiten, die von ihm g l e i c h m ä ß i g g e k e n n z e i c h n e t werden, im Laufe der Geschichte e n t s t e h e n , — verwechselt also die g e n e t i s c h e Frage nach der H e r k u n f t eines Erlebnisses mit der s y s t e m a t i s c h e n Frage nach der s a c h l i c h e n B e 1 CUNOW Die Notwendigkeit des Umlernens, Neue Zeit 38, 2, 289 ff. sagt: Vernünftig ist nur das, was sich im Entwicklungsgang der Menschheit aus den gesellschaftlichen Verhältnissen heraus mit innerer Notwendigkeit vollzieht. (Vgl. auch das. 363) Aber er sagt nicht, w o r a n man eigentlich erkennen könne, ob eine i n n e r e N o t w e n d i g k e i t vorliege. Was heißt überhaupt innere Notwendigkeit ? Nun macht er doch einen Unterschied zwischen Ansichten und Bestrebungen, die vernünftig sind, oder denen diese Beschaffenheit fehlt. Und er sucht nach einer a l l g e m e i n g ü l t i g e n W e i s e d e r K e n n z e i c h n u n g für die (selbstverständlich! — s. auch daselbst S. 411) d e m S t o f f e n a c h immer veränderlichen Meinungen und Begehrungen. So bleibt bei dem b l o ß e n u n d b e s c h r ä n k t e n Haften an der Betonung der Veränderlichkeit material begrenzter Anschauungen der Vorwurf, daß er n i c h t ausgedacht sei, gegen den sozialen Materialismus immer bestehen. — S. auch § 81 N. 5.

§ 18. Der juristische Empirismus.

41

r e c h t i g u n g , die einer Bestrebung in ihrer gegebenen Lage zukommt. Darum handelt es sich nun vor allem um die kritische Untersuchung der Art und Möglichkeit jener g l e i c h m ä ß i g e n Kennzeichnung s e l b s t , die soeben als notwendig betont wurde. Diese Aufgabe, wie sie oben (§ 2) einleitend eingeführt wurde, bleibt nach der materialistischen Geschichtsauffassung offen 5 .

Der

§ 18. juristische Empirismus.

Die e m p i r i s t i s c h e Art meint, bei der w i s s e n s c h a f t l i c h e n Bearbeitung d e s R e c h t e s damit auskommen zu können, daß man d i e s t o f f l i c h b e d i n g t e n B e s t a n d t e i l e von bestimmtem r e c h t l i c h e n Wollen untersucht und auf diese Untersuchung s i c h b e s c h r ä n k t . Diese Richtung hat wohl zu keiner Zeit ganz gefehlt 1 . Sie ist aber als geschlossene Ansicht gerade in der neueren Zeit nicht selten wahrzunehmen. Es lassen sich dabei verschiedene Schattierungen beobachten. Manchmal findet sich geradezu eine gewisse Scheu vor der r e c h t s p h i l o s o p h i s c h e n F r a g e überhaupt. Die letztere wird dann aus dem Arbeitsplan, den man sich macht, ausdrücklich ausgeschieden. Aber das bleibt ja lediglich eine persönliche Maxime ohne weitere sachliche Bedeutung. Anders steht es mit dem ernsten Versuche, den in dieser Hinsicht namentlich A D O L F M E R K E L (1836—1896) unternommen h a t 2 . Hiernach sollen die Fragen nach d e m B e g r i f f e und nach d e r I d e e d e s 1 5 Es ist freilich nicht nach s t o f f l i c h b e d i n g t e n Normen zu suchen, d i e e i n f ü r a l l e m a l und in a b s o l u t e r Art gerecht wären. Das Sehnen nach einem i n h a l t l i c h a u s g e f ü h r t e n Idealrechte ist notwendig allezeit v e r f e h l t ( § 4 ) . Die kritische Frage lautet vielmehr: Was heißt es überhaupt, wenn man irgendeine der stets veränderlichen und bedingten Bestrebungen als gerecht behauptet oder verneint. D i e s e e i n h e i t l i c h b e d i n g e n d e W e i s e des Ordnens der unabgeschlossenen und immer wechselnden Bestrebungen muß klar gestellt werden, wenn man nicht bloß ein Chaos ungeordneter Einzelheiten haben will. Und ihre Einsicht ist dann von maßgeblicher Bedeutung für das w i s s e n s c h a f t l i c h richtende Urteil über die in natürlichem Werdegange auftretende Materie des sozialen Lebens, — nicht umgekehrt, wie der Materialismus es wähnt (§§ 79 ff. Auch oben N. 1). 1 R S t . § 17. Unt. §§ 80; 94; 97. — Der letzte philosophische Vertreter des Empirismus von Bedeutung war LAAS Idealismus und Positivismus, 1879 ff. DERS. Vergeltung und Zurechnung, ZWissPhilos. 5. Bd. in einer Reihe von Artikeln. S. auch unt. § 49 N. 3. 2 GrünhutsZ. 1, 1 ff.; 202 ff.; in Holtzendorffs Enc. d. Rwiss. (5) S. 89 ff.; Die deutschen Universitäten, hrsg. v. Lexis, 1893, I S. 406. Gesammelte Abhandlungen aus dem Gebiete der allgemeinen Rechtslehre und des Strafrechts 1899. Der Fehler lag darin, daß er die allgemeine Rechtslehre nicht z u r S e i t e , sondern a n d i e S t e l l e der Rechtsphilosophie setzen wollte. S. § 6.

42

§ 18.

Der juristische Empirismus.

R e c h t e s nicht abgelehnt, aber a u s s c h l i e ß l i c h mit einer Bezugnahme auf b e s o n d e r e rechtliche Vorstellungen und b l o ß durch Beachtung von b e d i n g t e n Erlebnissen der Rechtsgeschichte beantwortet werden. — Allein dann bleibt es ungelöst, wie denn eine f o r m a l e M e t h o d e des Ordnens, wie sie in der rechtsphilosophischen Frage aufgegeben ist, gerade a u s d e r b e g r e n z t e n E i g e n t ü m l i c h k e i t von methodisch geordneten Besonderheiten eingesehen werden könnte, ohne sich über jene b e d i n g e n d e W e i s e des Begreifen» und Urteilens a l s s o l c h e Gedanken zu machen. Mit Grund sind darum gegen jene Aufstellung von juristischer 3 , wie von philosophischer Seite 1 durchschlagende Einwendungen erhoben worden. Andererseits verdankt die rechtsphilosophische Lehre eine starke Anregung den ausgezeichneten Leistungen, welche die spezifisch juristische Erörterung in der Neuzeit aufzuweisen hat. Bei der Untersuchung einzelner Rechtsprobleme wird die w i s s e n s c h a f t l i c h e Erwägung notwendig zu immer allgemeineren Betrachtungen getrieben-, sie ruhen aber unvermeidlich auf gefesteten a l l g e m e i n g ü l t i g e n Methoden, denen die Eigenschaft r e i n e r F o r m e n (§3) zukommt. J e eindringlicher jene Untersuchungen unternommen werden, um so stärker wird der Blick auf d e n E i n h e i t s g e d a n k e n gelenkt, der das Merkmal aller W i s s e n s c h a f t ist, und damit auf das System reiner Ordnungsarten, unter denen sich auch d e r B e g r i f f und d i e I d e e d e s R e c h t e s finden. Von solchen rechtswissenschaftlichen Ausführungen bleibenden Wertes sind für die hier betonte Aufgabe besonders THÖL (1807—1884) und BlNDING (1841—1920) hervorzuheben5. Auch fehlt« es niemals an allgemeinen Betrachtungen, die namentlich in Gestalt besonders veranlaßter Reden und Aufsätze auftraten Den Übergang zur neueren Rechtsphilosophie bildet JHERING (1818—1892). Er hat das Verdienst, gegen die theoretische Auffassung 1 STAMMLER Über die Methode dev geschichtlichen Rechtstheorie 1888 S. 20 ff. L L E P M A N N Die Bedeutung Ad. Merkels für Strafrecht und Rechtsphilosophie, Z S t R . 17, 638 ff. * Bes. S C H U P P E , der mit M E R K E L einige polemische Abhandlungen gewechselt hat. Über ihn s. P A G E L Beiträge zur philosophischen Rechtslehre, zugleich eine kritische Würdigung der rechtsphilosophischen Bedeutung W . Schuppes, 1 0 1 4 . — H E R T L I N G Über Ziel und Methode der Rechtsphilosophie (§ 15 N. 21). 5 Des Näheren gehört hierher von THÖL: Einleitung in das deutsche Privatrecht 1851 ( S T I N T Z I N G I I I 625 ff.); von B l N D I N G sein Hauptwerk: Die Normen und ihre Übertretung, 4 Bde., seit 1872 (die beiden ersten in 2. Aufl.). Einzelne Abhandlungen B l N D I N G S werden in diesem Buche an geeigneter Stelle Berücksichtigung finden. • S. die in § 3 N. 9 angeführte Literatur. Außerdem K U N T Z E Der Wendepunkt der Rechtswissenschaft; ein Beitrag zur Orientierung über den gegenwärtigen Stand und Zielpunkt derselben 1856. STINTZING Wendungen und Wandlungen der deutschen Rechtswissenschaft 1879. L. S A V I G N Y Die Stellung der Rechtswissenschaft zur Universität 1895.

§18.

Der j u r i s t i s c h e E m p i r i s m u s .

43

der historischen Schule (§ 16) von der Entstehung des Rechtes aufgetreten zu sein 7 und zugleich das bloße Haften an Einzelfragen in ihrer Begrenztheit verworfen zu haben. Er begann, die allgemeinen Züge des römischen Rechtes als dessen Geist auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung darzulegen (seit 1852), blieb aber darin stecken, als er erkannte, daß jede geschichtliche Erörterung einer gefesteten systematischen Grundlage bedürfe. Der Wunsch, sie zu erhalten, förderte das Werk Der Zweck im Rechte (1877 [4] 1901) zutage, das nach dem Einfügen des Rechtes in das Reich der Zwecksetzung suchte. JHERING ist mit keiner seiner Bestrebungen zu Ende gekommen 8. Seine Forschung und Darstellung ist deskriptiv 9. Er gibt in geistreicher Weise verallgemeinernde Beschreibungen. Die kritische Methode ist ihm fremd. Eine Zerlegung des Gedankeninhaltes nach seinen einheitlich bedingenden Elementen und den jeweils dadurch bestimmten Bestandteilen nimmt er nicht vor. Darum gelangte er nicht zu Erkenntnissen von u n b e d i n g t e r Gültigkeit, und er scheiterte in der r e c h t s p h i l o s o p h i s c h e n Frage durch das Fehlen der Unterscheidung von r e i n e n und b e d i n g t e n Rechtsbegriffen 10. ' B e s o n d e r s in d e r S c h r i f t : D e r K a m p f u m s R e c h t 1872, (19) 1919. 8. d a z u § 102. 8 Ü b e r seine S t e l l u n g z u m r ö m i s c h e n R e c h t u n d seiner W i s s e n s c h a f t h a t sich J H E R I N G a m S c h l ü s s e seines L e b e n s selbst a u s g e s p r o c h e n in S c h e r z u n d E r n s t in der J u r i s p r u d e n z 1885, bes. S. 359 ff. 9 DAHN D i e V e r n u n f t im R e c h t . G r u n d l a g e n d e r R e c h t s p h i l o s o p h i e , 1879. KRAUS R e c h t s p h i l o s o p h i e u n d J u r i s p r u d e n z , Z S t W . 23, 763 ff. BAHNSEN D e r W i d e r s p r u c h im W i s s e n u n d W e s e n d e r W e l t , 2 B d e . , 1882. S P I N D L E R , J h e r i n g s T h e o r i e des S i t t l i c h e n , V J S c h r . d. j u r . Ver. in P r a g , 25, 121 ff. S O M M E R e b e n d a S . 153 ff. B O N G r u n d z ü g e d e r wissens c h a f t l i c h e n u n d t e c h n i s c h e n E t h i k 1896 ( s t i m m t J h e r i n g s geschichtlichg e s e l l s c h a f t l i c h e r T h e o r i e zu). H U R W I C Z J h e r i n g u n d die d e u t s c h e R e c h t s w i s s e n s c h a f t 1911. S T I N T Z I N G I I I 788 ff. V o n d e n N a c h r u f e n auf J h e r i n g s i n d h e r v o r z u h e b e n d e r v o n ECK Z u r F e i e r d e s G e d ä c h t n i s s e s v o n W i n d scheid u n d J h e r i n g 1893; L E O N H A R D E i n N a c h r u f f ü r J h e r i n g u n d W i n d scheid 1893. — § 6 N . 7. 10 D i e B e d e n k e n gegen J h e r i n g s G r u n d a u f f a s s u n g lassen sich d a h i n z u s a m m e n f a s s e n : 1. Der Z w e c k ist n i c h t der Schöpfer d e s R e c h t e s , s o n d e r n das Recht i s t eine b e s o n d e r s g e a r t e t e Z w e c k s e t z u n g (§ 30). 2. D e r Z w e c k ist n i c h t eine psychologische Kausalität, s o n d e r n a l s eine eigene W e i s e des O r d n e n s v o m B e w u ß t s e i n s i n h a l t zu n e h m e n ( § § 2 6 ; 30 N . l ) . 3. D e r B e g r i f f d e s R e c h t e s darf n i c h t auf d a s G e r a t e w o h l a u s e i n z e l n e n A n n a h m e n , d a ß Recht v o r l i e g e , e i n g e s e t z t w e r d e n , s o n d e r n v e r l a n g t seine K l ä r u n g in k r i t i s c h e r A n a l y s e a l s eine eigene b e d i n g e n d e W e i s e f ü r die E i n h e i t d e s B e w u ß t s e i n s (§§ 5 ; 22). 4. D a s R e c h t ist seiner I d e e n a c h n i c h t die Politik der Gewalt (§ 91 N . 4). Die R e c h t s i d e e ist n i c h t n a c h d e m Nutzen zu b e s t i m men, sondern im Sinne des r e i n e n W o l l e n s , als richtender Gedanke reiner G e m e i n s c h a f t (§92). 5. D i e j u r i s t i s c h e B e g r i f f s b i l d u n g und K o n s t r u k t i o n k a n n nicht m i t naturwissenschaftlichen Bildern, im Sinne c h e m i s c h e r S c h e i d e k u n s t , b e s c h r i e b e n w e r d e n , s o n d e r n will n a c h k r i t i s c h e r Methode m i t der Unterscheidung r e i n e r u n d b e d i n g t e r Formen erledigt w e r d e n (§ 115 N . 6). — M E Z G E R Sein u n d Sollen im R e c h t 1920 S. 93.

§ 18.

44

Der juristische Empirismus.

Inzwischen Hatte die Bearbeitung der in r e c h t s p h i l o s o p h i s c h e r Fragestellung und Methode zu lösenden Aufgabe erneut eingesetzt u . Es entwickelte sich eine an Zahl und Bedeutung wachsende Literatur hierüber. Sie ging in verschiedener Weise vor: bald als Kritik der Meinungen anderer Autoren 12, bald als ausgeführte Darstellung der eigenen rechtsphilosophischen Ansicht13. Manchmal wird nur Begriff Die gegenwärtige Bewegung in der Rechtswissenschaft, La fase recentissima della filosofia del diritto in Germania, Pisa 1 8 2 5 ; darüber S T A M M L E R , K r V J S c h r . 3 . F . 5 , 3 4 7 ff. ; F R A N K ZStW. 2 0 , 3 6 2 ff. L A S K Rechtsphilosophie, S.-A. aus Festschr. f. K . Fischer: Die Philosophie im Beginn des 2 0 . Jahrh., 1 9 0 5 . M Ü N C H Die wissenschaftliche Rechtsphilosophie der Gegenwart in Deutschland, Zeitschr. der deutsch, philos. Gos. I . Bd., 1918. — Vgl. oben § 5 N. 5. 1! BLUNTSPHLI Die neueren Rechtsschulen der deutschen Juristen 1862. KOHNAST, Kritik moderner Rechtsphilosophie 1887; darüber STAMMLER Philos. Monatsh. 2 5 , 4 9 8 f. LABRIOLA Revisione critica delle più recenti teorie su le origini del diritto, Rom 1 9 0 1 . C A R L O Saggi critici di filosofia del diritto Palermo 1913. DERS.Ardigo und Stammler, ArchRPhilos. 3, 210 ff. ( § 49 N. 3. Auch in weiteren Abhandlungen über italienische Rechtsphilosophen). B Ä U M E R Die soziale Idee in der Weltanschauung des 1 9 . Jahrh. 1 9 1 0 . BINDER Rechtsbegriff und Rechtsidee. Bemerkungen zur Rechtsphilosophie Rudolf Stammlers, 1 9 1 5 . Dazu E M G E in Kant-Studien 2 1 , 4 4 8 ff. (§ 1 1 0 N. 3 ) . S C H E P P E R ( § 5 N. 5 ) . Über W I E L I K O W S K L s. § 2 5 N. 6 . F L E I N E R Entstehung und Wandlung moderner Staatstheorien in der Schweiz 1 9 1 6 . B I N D E R Über kritische und metaphysische Rechtsphilosophie, ArchRPhilos. 9 , 1 8 ff.; 1 4 2 ff; 2 6 7 ff. K A U F M A N N Kritik der neukantischen Rechtsphilosophie 1921 (s § 115 N. 4). 18 KNAPP System der Rechtsphilosophie 1857. BIERLING Zur Kritik der juristischen Grundbegriffe, 2 Bde., 1877. B A U M A N N Handbuch der Moral nebst Abriß der Rechtsphilosophie 1879. S C H U P P E Grundzüge der Ethik und Rechtsphilosophie 1881 (s. oben N. 4). L A S S O N System der Rechtsphilosophie 1882; darüber: Lassons System der Rechtsphilosophie in seinen Grundzügen beurteilt. Philos. Vorträge hrsg. von der philos. Ges. zu Berlin. Neue Folge, 5. Heft, 1883. BYK Rechtsphilosophie 1882. MIRAGLIA Filosofia del diritto, Neapel 1885. BEAUSIRE Lea principes du droit, Paris 1888. H A R M S Begriff, Formen und Grundlegung der Rechtsphilosophie 1889. BIERLING Juristische Prinzipienlehre, 5 Bde. 1894 ff. B E R O L Z H E I M E R System der Rechts- und Wirtschaftsphilosophie, 5 Bde. 1904 ff. S T U R M Die psychologische Grundlage des Rechts 1910. D E R S . Die Form des Rechts 1911. D E R S . Die Materie des Rechts 1911. Weitere Veröffentlichungen in seiner § 70 N. 1 angeführten Schrift S. 49 f. (§ 75 N. 2). N I C O L - S P E Y E R Der allgemeinen Rechtslehre erster (morphologischer) Teil 1911. J U N G Das Problem des natürlichen Rechts 1912. Ri V E R A P A S T O R Logica de la Libertad. Principios de la doctrina del derecho, Madrid 1913 (§ 115N. 3). R A D B R U C H Grundzüge der Rechtsphilosophie 1914. S T A M M L E R Wesen des Rechtes und der Rechtswissenschaft (§ 141 N. 2). K O H L E R Lehrb. der Rechtsphilosophie (2) 1917. SOMLO Juristische Grundlehre 1917; dazu F R I E D R I C H , ZRPhilos. 3, 70 ff. W U N D T Das Recht ( § 9 N . 3). S A L O M O N Grundlegung zur Rechtsphilosophie, 1919. H A N K O Dissoziativismus. Eine genealogische Erkenntnistheorie, intellektualistische Ethik, individualistische Rechts- und Staatsphilosophie etc. 1920. 11

1882.

PACHMANN PETRONE

§ 18.

Der juristische Empirismus.

45

u n d Bedeutung der Rechtsphilosophie erwogen 1 4 ; häufig finden sich einzelne Probleme monographisch bearbeitet 1 5 . D a s Kennzeichen dieser neu erblühten Forschung ist das Suchen nach a l l g e m e i n g ü l t i g e r E i n s i c h t 1 6 in rechtlichen und sozialen Dingen 17. D a s führt von selbst u n d unausweichlich zu der r e c h t s p h i l o s o p h i s c h e n Frage, wie sie auch in dieser Einleitung näher aufgeworfen ist (§ 9). Gegenstand und Ziel der Arbeit werden dadurch gemeinsam, auch wenn die Antworten auf die einheitlich gestellte Frage allgemein oder in besonderen Lösungen verschieden ausfallen; und es ermöglicht sich so eine übereinstimmende Unterlage, auf der sich das geschlossene System rechtsphilosophischer Betrachtung, mit voller Zusammengehörigkeit der zu erledigenden Lehren, ausführen läßt. 14 S . §§ 3 N. 9; 5 N. 3 u n d 5. Dazu noch F R A G A P A N E I criteri d ' u n a limitazione positiva della filosofia del diritto, R o m a 1897. J . S T E R N Rechtsphilosophie u n d Rechtswissenschaft 1904; darüber D O H N A Deutsche LtZ. 1905 S . 748 ff. (s. a u c h D O H N A § 16 N. 3). F R A N C O Provas de direito, Bello Horizonte, 1907. R A V Ä I cömpiti della filosofia di f r o n t e al diritto, R o m a 1907. — S T A M M L E R Begriff u n d B e d e u t u n g der Rechtsphilosophie, ZRPhilos. 1, 1 ff. M Ü N C H K u l t u r u n d R e c h t , ZRPhilos. 1,

345

ff.

SOMLO

(N.

13)

S.

13 ff.

SALOMON

(N.

13)

S.

101

ff.

EMGE

in

Philos. u. R e c h t 1920 S . 1 ff. H U B E R ( § 6 N. 1) S . 25 ff. 15 Sammelwerke: Archiv f ü r Rechts- u n d Wirtschaftsphilosophie, seit 1908, hrsg. v. Kohler u. Berolzheimer; darüber R a d b r u c h , Z S t W . 30, 685. Zeitschrift f ü r Rechtsphilosophie in Lehre u. Praxis, seit 1914, hrsg. von Holldack, Joerges u. Stammler. Philosophie u. R e c h t , seit 1920/21, hrsg. von Emge. 16 Eine besondere E r ö r t e r u n g h a t der sog. Relativismus hervorgerufen. ÜBERWEG IV §42: LIFSCHITZ Zur Kritik des Relativismus, Arch. f. syst. Phil. 1 4 , 3 5 3 ff. H I L L E R Der Relativismus in der Rechtsphilosophie u n d seine Ü b e r w i n d u n g durch die Restitution des Willens, Wochenschr. D. S t u r m , 1 9 1 1 , Nr. 5 9 f. MÜLLER-ERZBACH Die R e l a t i v i t ä t u n d ihre Begrenzung d u r c h den Zweck des Gesetzes 1 9 1 3 ; d a r ü b e r J O E R G E S , ZR.Philos. 1 , 2 2 5 ff. B E N D I X Das Problem der Rechtssicherheit. Zur Einf ü h r u n g des R e l a t i v i s m u s in die Rechtsanwendungslehre 1 9 1 4 . R A D B R U C H (N. 13); d a z u G R Ü N H O L Z Lit. Beil. z. Köln. VZtg. 2 0 . 1 . 1 6 . EMGE Über das G r u n d d o g m a des rechtsphilosophischen R e l a t i v i s m u s 1 9 1 6 . S A L O MON (N. 13) S. 67 ff. DE RS., K a n t - S t u d i e n 23, 365. Vgl. a u c h § 97. 17 Über die freirechtliche R i c h t u n g s. § 143. Über soziologische Jurisp r u d e n z § 147.

46

Erstes Buch.

Der Begriff des Rechtes. E r s t e r

Abschnitt.

Das Feststellen des Rechtsbegriffes. I. Nicht-kritische Versuche. § 19. B e s c h r e i b u n g

Äußere

des

Rechtes.

Zu der F e s t s t e l l u n g d e s B e g r i f f e s Recht g e n ü g t e s nicht, eine gewisse äußere B e s c h r e i b u n g v o n R e g e l n zu versuchen, d i e i m großen und g a n z e n als rechtliche Sätze bezeichnet werden l . H i e r m ü ß t e s o n s t zuvor eine Art v o n V e r a b r e d u n g d a r ü b e r s t a t t haben, w a s nun a l s rechtliches Wollen beschreibend zu schildern sei -. Da es aber gerade zweifelh a f t sein kann, o b ein besonderes Begehren d e m R e c h t e oder einer anderen Klasse d e s Wollens zuzuteilen sei, so wird auf d e m W e g e einer ungefähren Deskription eine begründete und vollständige Abgrenzung d e s R e c h t s g e d a n k e n s nicht erreicht3. 1

Über

das Wort Recht s. deii Artikel im deutschen Wörterbuch von

GRIMM 8. B d . 1 8 8 6 1 Vgl. unten § 3

v.

HEYNE.



WUNDT

(§ 9

N. 3),

S.

24

ff.

109. Juristische Handbücher und Kommentare versuchen es häufig m i t einer vorangestellten Definition d e s R e c h t e s , von der nicht deutlich erscheint, in welcher Methode sie sich als zutreffend begründen will. D a s führt auf althergebrachte Gepflogenheit zurück (cf. D. I 1, 1 pr.), hängt aber für die heutige Zeit sicherlich mit der Richtung des Empirismus überhaupt zusammen. S. § 18. Sie äußert sich darum auch in rechtswissenschaftlichen Ausführungen, die ihrem Auftreten nacli gerade auf die Klarlegung des Rechtsbegriffes als solchen abgestellt sind. Übersicht der Literatur bei GLÜCK Erläuterung der Pandekten (2) 1797 I 2 ff. W L N D S C H E I D § 3 7 . GAREIS Rechtsenzyklopädie (5) 1921 § 5 . — Als charakteristisch für die jetzt hier besprochene R i c h t u n g sind hervorzuheben: W E L C K E R Die letzten Gründe von R e c h t , Staat und Strafe 1813. K I E R U L F F Theorie de6 gemeinen Zivilrechts 1839, S . 1 — 6 . W Ä C H T E R Württemb. PrivR., 1842 I I 1 f f . ; DERS. P a n d e k t e n 1880 I 1—8. LOR. S T E I N (§ 3 J I . 9 ) , S. 88—104. T H O N Rechtsnorm und subjektives Recht 1878. BURCK-

§ 20.

U n m i t t e l b a r e s Erfassen des Rechtsgedankens.

47

§ 20.

Unmittelbares

Erfassen

des

Rechtsgedankens.

Man darf nicht hoffen, die Vorstellung d e s R e c h t e s einer unmittelbaren Erkenntnis zu verdanken, etwa deshalb, weil wir dabei einer zwingenden geistigen Anlage unserer Natur folgten. Die Möglichkeit von Unklarheit und irriger Zusammenfassung unserer Vorstellungen wird durch eine solche Hypothese nicht ausgeschlossen 1. HARD D a s R e c h t 1883. HAGENS S t a a t , R e c h t u n d Völkerrecht 1890. KLOEPPEL Gesetz u n d Obrigkeit 1891. FRENZEL Rocht u n d R e c h t s s ä t z e 1892. HÖLDER Über objektives und subjektives Recht 1893; DERS. Über die N a t u r des Rechtes, E r l . Rede 1891. BBODMNN Vom Stoffe des R e c h t s u n d seiner S t r u k t u r 1897. HOLD V. FERNECK Die Rechtswidrigkeit, 1903, S . 1 1 — 2 0 8 ; d a z u DOHNA in Z S t W . 24, 53. GUTHERZ in S c h w e i z Z S t . 20, 3 4 8 ( 1 9 0 7 ) . H . A. FISCHER D i e R e c h t s w i d r i g k e i t 1911. BINDER Rechts-

norm u n d R e c h t s p f l i c h t 1912. GIESKER-ZELLER Die Rechtsanwendbarkeitsnormen 1914, S. 61 ff. SOHM Weltliches u n d geistliches R e c h t 1914, S. 5 ff. R. SCHMIDT E i n f ü h r u n g in die R e c h t s w i s s e n s c h a f t 1921. 1 H i e r z u ist auf die Lehre von FRIES (1773 —1843) hinzuweisen (s. § 15 N. 15). E r meint, die kritische E r w ä g u n g der Methode f ü r das u n b e d i n g t einheitliche Ordnen des Bewußtseins ersetzen zu können durch unmittelbare Erkenntnisse der Vernunft. Die höchsten Kriterien der E r k e n n t n i s m ü ß t e n ihren G r u n d in E r k e n n t n i s s e n haben, die selbst nicht mehr erkennbar sind. Wenn KANT warnend geschrieben h a t t e : Die erste Regel ist also diese-. Iceine transzendentalen Beweise zu versuchen, ohne zuvor überlegt und sich desfalls gerechtfertigt zu haben, woher man die Grundsätze nehmen wolle, auf welche man sie zu errichten gedenkt, und mit welchem Rechte man von ihnen den guten Erfolg der Schlüsse erwarten könne (Krit. d. r. V. 2 A. S. 814), — so stellte FRIES a u f : Die Entscheidung über Recht und Unrecht muß also zuletzt einzig von unserer eigenen freien Selbsttätigkeit im Nachdenken abhängen (Philosophische Rechtslehre 1803, N e u d r u c k 1914 p. VI). Dabei will er die Grundlagen seiner politischen Lehre den allgemeinsten Gesetzen der -psychischen Anthropologie entnehmen. Politik oder wissenschaftliche Staatslehre, hrsg. v. APELT 1848, S. 36; s. d a n n bes. S. 217 ff. Aber d a m i t durchquert er die hier notwendige objektiv-logische Klarstellung möglicher Einheit der Gedanken mit subjektiv-psychologischen Sätzen u n d vermengt die systematische F r a g e m i t der genetischen. Die psychologischen Grundlagen von FRIES setzen aber a u c h d i e M ö g l i c h k e i t eines wissenschaftlichen E r k e n n e n s ü b e r h a u p t v o r a u s ; sie können d i e s e M ö g l i c h k e i t n i c h t von sich aus geben, d a s geht nur d u r c h kritische S e l b s t b e s i n n u n g , die auf d i e n o t w e n d i g e n Bedingung e n unbedingter Vereinheitlichung gerichtet ist. FRIES k o m m t denn auch in seiner Rechtslehre n u r zu der Aufstellung der Idee der Rechtsgesetzgebung (a. a. O. p. XV). Den Begriff d e s v e r b i n d e n d e n Woll e n s u n d d a n a c h d e n B e g r i f f des R e c h t e s (unten §§ 31; 36) k e n n t er n i c h t ; u n d seine Ausführungen über d i e G e r e c h t i g k e i t bleiben in Ansätzen stecken, ohne sich zu einer abgeschlossenen Theorie der Rechtswissenschaft auszubauen u n d zur A n w e n d u n g geschickt d u r c h z u f ü h r e n . — I n der neueren Zeit h a t er erneut Anhänger gefunden. Abhandlungen der Fries'schen Schule erscheinen seit 1904. D a r a u s hier zu betonen KASTIL Fries' Lehre von der u n m i t t e l b a r e n E r k e n n t n i s (1912; — will jene Lehre von dem S t a n d p u n k t der modernen Urteilspsychologie aus prüfen). Vgl. K a n t - Studien 17, 391; 18, 366. Dagegen: MARCUS Die Beweisführung

§21.

48

I n d u k t i v e s Suchen des Rechtsbegriffes.

Dazu ist hervorzuheben, daß der Gedanke eines r e c h t l i c h e n Wollens, das von anderem Wollen unterschieden ist, kein Phänomen ist, das in seinem Wesen durch unmittelbare Erschauung erkannt werden könnte § 21.

Induktives

Suchen

des

Rechtsbegriffes.

Es ist ungeeignet, d e n B e g r i f f des Rechtes aus einer Anzahl rechtlicher Erscheinungen herausziehen zu wollen. Dann schwebt vor, in der K r i t i k der reinen V e r n u n f t . Mit B e r ü c k s i c h t i g u n g des Fries-Nelsonschen Systems. 1914. (Er weist d a s U n g e n ü g e n d e u n d Widerspruchsvolle der Fries'schen philosophischen Grundlegung n a c h u n d widerlegt dessen Anthropologie). E L S E N HANS Fries u n d K a n t 1 9 0 6 . F ü r die Fries'sche R e c h t s lehre ist eingetreten F R A E N K E L , Die kritische Rechtsphilosophie bei Fries u n d bei S t a m m l e r 1 9 1 2 . D a z u : T E S A R in Z S t W . 3 4 , 2 7 4 . W R . A n m . 2 4 7 . — Von Interesse ist hier a u c h N E L S O N Die Rechtswissenschaft ohne R e c h t . K r i t i s c h e B e t r a c h t u n g e n über die G r u n d l a g e n des Staats- u n d Völkerrechts, insbes. ü b e r die Lehre voji der S o u v e r ä n i t ä t 1917. — Zu dem G a n z e n der dabei b e d e u t s a m e n F r a g e n : G A E D E Über d e n Anteil der Logik, Methodologie u n d E r k e n n t n i s t h e o r i e a n den theoretischen.Wissenscliaften, Hall. Diss. 1912. 2

Als Vertreter einer entgegengesetzten Ansicht k a n n R E I N A C H Die apriorischen Grundlagen des bürgerlichen R e c h t e s 1913 a n g e f ü h r t werden. E r geht von der Methode aus, die H I / S S E R L I d e e n zu einer reinen P h ä n o menologie u n d phänomenologischen Philosophie (1913) entwickelt h a t . S. hierüber Ü B E R W E G I V § 46. E W A L D in K a n t - Studien 20, 38 f . ; u n d die Auseinandersetzung von E L S E N HANS u n d L I N K E e b e n d a 20, 2 2 4 ; 21, 163; 22, 243. A u d i L I N K E G r u n d f r a g e n der W a h r n e h m u n g s lehre 1918 — hier im bes. S. 64 N. 2. R E I M E R , K a n t - S t u d i e n 23, 269 ff. Die Möglichkeit r e c h t l i c h e r E r ö r t e r u n g e n ist bei H U S S E R L nicht e r w ä h n t (s. aber K a n t - S t u d i e n 23, 149). REINACH sagt d a z u , d a ß die rechtlichen Gebilde, z. B. A n s p r ü c h e u n d Verbindlichkeiten, ein Sein besitzen, so gut wie Zahlen, Bäume oder Häuser; daß dieses Sein unabhängig davon ist, ob es Menschen erfassen oder nicht, daß es insbesondere unabhängig ist von allem positiven Rechte. . . . Indem wir uns in das Wesen dieser Gebilde vertiefen, erschauen wir, was streng gesetzlich von ihnen gilt. — E s ist merkwürdig, d a ß R E I N A C H glaubt, apriorische Sätze v o n rechtlichen Gebilden aufstellen zu können, o h n e auf d e n B e g r i f f des Rechtes im geringsten einzugehen. D a ß z. B. ein A n s p r u c h d u r c h einen A k t des Verzichtes erlösche, g r ü n d e im Wesen des Anspruches. Der Satz ist jedoch in dieser Allgemeinheit n i c h t zuzugeben. E s k o m m t auf die H a n d l u n g s f ä h i g k e i t des Verzichtenden, auf gesetzliche F o r m a l i t ä t e n , auf etwaige Zus t i m m u n g anderer usw. an. I n jedem F a l l e aber ist der Satz ein r e c h t licher Satz. I n einer bloßen k o n v e n t i o n a l e n Gemeinschaft ( § 3 8 ) würde er n i c h t gelten: folglich ist die B e d i n g u n g a u c h f ü r jene rechtliche Aufstellung d e r B e g r i f f des Rechtes. E r s t von i h m lassen sich Grundbegriffe — a l s b e d i n g e n d e M e t h o d e n d e s O r d n e n s — ableiten, die n i c h t bloß R e p r o d u k t i o n besonderer S a t z u n g e n sind, sondern u n a b h ä n g i g von ihnen gelten (§§ 109; 115). U n d alles d a s h a t durch erkenntniskritische A n a l y s e , u n d nicht d u r c h vertiefendes Erschauen zu geschehen. S . u n t e n § 22. — Über Reinach s. SALOMON (§ 18 N. 13), S. 59 f f . ; S. 81 N. 2. R U N K E L , ZRPhilos. 2, 384 ff.

§ 21.

Induktives Suchen des Rechtsbegriffes.

49

d a ß man viele Rechtserfahrungen aus dem Leben verschiedener Völker und Zeiten nebeneinander stellt und nun den darin gemeinsam enthaltenen Rechtsbegriff bestimmt. In der T a t ist aber eine jede von ihnen bereits durch ihre Kennzeichnung als rechtliche Tatsache dem gesuchten Begriffe unterstellt1. Sie setzt ihn daher logisch v o r a u s 2 . D a s Gleiche gilt, wenn jemand versuchen wollte, d e n Begriff des Rechtes durch eine Darlegung von Ereignissen zu bestimmen, die Recht verursacht haben. Auch hier ist in jedem Falle, d a man die E n t s t e hung von Recht in ihrem ursächlichen Zusammenhang erkennt, der Begriff Recht für jene gehäufte Zusammenstellung vorweggenommen und in ihr bereits bedingend verwendet 3 . S t a t t dessen ist es nötig, das Ganze der s o z i a l e n — nicht: der rechtlichen — Erfahrung zu untersuchen, in dem der Rechtsgedanke auft r i t t 4 . Dort sind die Bedingungen festzustellen, unter denen die Abteilung des R e c h t e s von anderen Arten des menschlichen Wollens einen verständlichen Sinne gewinnt 5 . 1 Diesem notwendigen Schlüsse entgeht man nicht eftwa durch ein Zurückverlegen der Betrachtung rechtlicher Zustände in kulturell unentwickelte Zeiten. Sofern man dort rechtliche Normen und Einrichtungen beobachtet, vielleicht gegenüber willkürlichen Zwangsbefehlen, so ist bei aller Eigentümlichkeit ihres Inhaltes d e r B e g r i f f des Rechtes ebenso gut vorweggenommen, wie es in verfeinerten rechtlichen Ordnungen besteht. Immer bleibt die F r a g e : W o r a n e r k e n n t m a n ü b e r h a u p t , ob ein besonderes Wollen Recht ist. Vgl. W R . §§ 2 ; 87. 2 E s ist das l o g i s c h e Prius von dem k a u s a l e n Prius zu unterscheiden. Die einzelne rechtliche Erscheinung t r i t t als ein Ganzes g l e i c h z e i t i g in das Leben. Aber in ihr vermag die kritische Analyse den f o r m a l e n Bestandteil des rechtlichen Bestimmens von der m a t e r i a l e n Besonderheit gerade dieser Erscheinung zu sondern (§ 5 N. 1). J e n e r kehrt als einheitlich bedingende Methode des l o g i s c h e n Bestimmens überall wieder: dadurch werden die stofflich verschiedenen Strebungen gleichmäßig geordnet. Aber er v e r u r s a c h t dieses stofflich bedingte Begehren n i c h t . Das geschieht auf ganz andere Weise, die p s y c h o l o g i s c h darzulegen ist (§ 77). 3 Das trifft auf alle Möglichkeiten zu, da man die Entstehung von Recht u n t e r s u c h t : auf die Abänderung einer bestimmten Rechtsordnung nach deren Verfassung, oder auf allgemeinere Lehren über mögliche Veränderungen irgend eines Rechtes, oder auch bei der Annahme einer vollständigen Neuentstehung von R e c h t gegenüber einem Zustande ohne alles R e c h t . 4 BlERLING (§ 18 N. 13) K r i t i k I S. 153 f f . ; Prinzipienlehre I S. 19 ff. — A. Levi P e r un programma di filosofia del diritto, Turin 1905. 5 Das methodische Verfahren der I n d u k t i o n betrifft immer nur die verhältnismäßige Verallgemeinerung einzelner Vorgänge. E s setzt, so zu sagen, i n d e r M i t t e der rechtswissenschaftlichen Erwägung ein. Seine Arbeit begreift d i e Besonderheiten, hier: des bedingten Stoffes von geschichtlichem Rechtsinhalt. An ein Ende gelangt d i e j u r i s t i s c h e I n d u k t i o n aber nie. D i e allgemeingültigen Ordnungsprinzipien, die für alles jemals denkbare R e c h t bedingend eingreifen, werden von ihr vorausgesetzt; sie vermag vor allem den überall untergelegten R e c h t s g e d a n k e n selbst

S t a m m l e r, Rechtsphilosophie.

4

§ 22.

50

Das Wesen des Rechtes.

II. Kritik des Rechtsbegriffes. Das

Wesen

§ 22. des Rechtes.

Das W e s e n eines Gegenstandes ist d i e E i n h e i t seiner Bedingungen1. Sonach kommt es für d a s W e s e n des R e c h t e s darauf an: Wodurch kennzeichnet sich d i e einheitl i c h e A r t d e s V o r s t e l l e n s , die als Recht bestehen kann ? Das ist nach der in der Einleitung (§ 5) genannten Methode zu lösen. Das R e c h t bedeutet e i n e e i g e n e A r t , menschliches Zusammenleben zu führen 2 . Sein Wesen ist sonach durch eine Kennzeichnung der bedingenden Gedankengänge klarzulegen, in deren Einheit die eigenvon sich aus n i c h t klarzustellen. — Andererseits ist d e r Unters c h i e d zwischen dem Verfahren der k r i t i s c h e n Fragestellung und Methode und zwischen dem der i n d u k t i v e n Weise des Forschens in sich klar. Die k r i t i s c h e «Fragestellung und Methode setzt nicht zur Aufgabe die Erkenntnis besonderer und bedingter Gegenstände, sondern die Einsicht in d a s e i n h e i t l i c h e O r d n e n des Bewußtseins ü b e r h a u p t . Sie will die Möglichkeit dieses e i n h e i t l i c h e n Ordnens in seinem sich stets gleichbleibenden Verfahren darlegen und besinnt sich darum auf das System r e i n e r F o r m e n ( § 3 ) , in denen das vor sich gehen kann und allein verständlich ist. Dahin gehört auch die Frage nach dem Begriffe des r e c h t l i c h e n Wollens und der Kategorien, die schlechterdings bei j e d e m d e n k b a r e n R e c h t e unerläßlich sind, uro es in unbedingt einheitlicher Weise zu ordnen. Die i n d u k t i v e Wsise des Forschens nimmt als Aufgabe die Erkenntnis stofflich b e d i n g t e r Gegenstände, also von Eindrücken und Strebungen als empfindbaren Erlebnissen. Sie richtet ihre Aufmerksamkeit auf solche Gegenstände i n i h r e r s t o f f l i c h e n B e d i n g t h e i t , z. B. allgemeine Vcrschriften bestimmter Zivil- und Strafgesetze. — In jeder der beiden Richtungen der Untersuchung bleibt es jedermann allezeit offen, durch genauere und mehr überzeugende Weise des Nachsinnens und Erkennens eire bessere Einsicht, als bisher zu erzielen (vgl. § 81 N. 8). Daß aber die Urterscheidung der so bestimmten und geübten k r i t i s c h e n und der i n d u k t i v e n Methode a l s U n t e r s c h e i d u n g an und für sich unösbare Schwierigkeiten biete, wie BINDER (§ 18 N. 12) S. 15 anzunehmen scleint, das ist nicht nötig. S. auch § 30 N. 1; 94 N. 3; § 110 N. 3 ; Iii N. 4. — Über juristische Induktion im allgemeinen s. unten § 130. — Bozi Untersuchungen über die Prinzipien des Rechts, Ann. d. Naturphlos. 5, 220. 1 Über die Möglichkeit des einheitlichen Ordnens des Bewußtseins als notwendigen l o g i s c h e n A n f a n g alles Erkennens s. § 5 N. 2. 2 LASSON Über die Natur des Rechtes, Philos. Monatsh. 6, 1 ff. (1870).

W.LLASCHEK

( § 5 N. 3) S . 64 ff.

AFFOLTER

Untersuchungen über

das

Wisen des Rechts, Solothurn 1889 (s. § 146). AMI RA Vom Wesen des Reshts, Beil. z. AllgZ. 1906, Nr. 284. NLCOL-SPEYER Allgemeine Reclitslelre (§ 18 N. 13). BREUER Der Rechtsbegriff auf grund der St ammler sclen Sozialphilosophie, ErgH. d. Kant-Studien Nr. 27, 1912; dazu WR. Ann.

61;

HAYMANN,

ZRPhilos.

3,

298 ff.

VAN

DER

VLUGT

Vragen

vai Methoden bij Volkenrechtsbeoefening, Rechtsgel. Mag. 1914, S. 130 ff.; 33: ff.

SOMLO ( § 1 8 N . 1 3 )

S . 1 2 8 ff.

H U B E R ( § 6 N . 1)

S. 27 f f . ; 49 ff.

§ 22.

Das Wesen des Rechtes.

51

artige Beschaffenheit gerade des r e c h t l i c h e n Wollens besteht. Sonach haben wir uns auf d i e M ö g l i c h k e i t g e r a d e d i e s e r V e r e i n h e i t l i c h u n g kritisch zu besinnen, wenn der b e g r i f f l i e h e Unterschied des R e c h t e s gegenüber anderen Weisen de» sozialen Lebens festgestellt werden soll3. Dagegen ist es abzulehnen, d a s W e s e n des Rechtsgedanken» damit klarlegen zu wollen, daß man auf sein W e r d e n acht hat. Mait hat in diesem Sinne nach der Quelle oder der Wurzel, nach dem geschichtlichen Ursprung und dem Entstehen des Rechtes gefragt \ Hier liegt eine Verwechselung der s y s t e m a t i s c h e n und der g e n e t i s c h e n Frage vor. Wenn die letztere das Entstehen und die Veränderimg einei Gegenstandes erörtern will, so muß sie den Begriff dieses Gegenstandes voraussetzen. So ist z. B. eine Geschichte d e s E i g e n t u m s nur unter der Voraussetzung möglich, daß ein bleibender Begriff d e s E i g e n t u m s besteht, dessen Wandlungen nun verfolgt werden. Die g e n e t i s c h e Betrachtung bezieht sich also auf den Wechsel von B e s o n d e r h e i t e n , die sich an einen e i n h e i t l i c h bestimmten Gegenstand anschließen. Sie beschäftigt sich mit seinen u n w e s e n t l i c h ein Schicksalen, denn s e i n W e s e n besteht ja gerade darin, daß es fest und unveränderlich ist; würde der fragliche Gegenstand in s e i n e m W e s e n geändert werden. so wäre eben er, als solcher, nicht mehr da, sondern ein anderer an seiner Stelle6. Schließlich geht es auch nicht an, d a s W e s e n des Rechtes etwa dadurch sich deutlich zu machen, daß man alle u n w e s e n t l i c h e n Zutaten wegläßt, die sich bei seinem Auftreten in besonderen geschichtlichen Erlebnissen zeigen. Denn hier würde jede Gewähr fehlen, daß man a l l e s Veränderliche hervorgehoben und gesammelt hat Es kann somit der allgemeingültige R e c h t s b e g r i f f seinem W e s e n nach nur d u r c h k r i t i s c h e B e s i n n u n g a u f d i e mögliche Vereinheitlichung unserer Gedankenw e l t festgestellt werden'. s Über das Verhältnis des R c c h t s b e g r i f f e s zu dem p o s i t i v e n Rechte s. § 49, zu dem G e l t e n eines Rechtes § 68. * Mit verschiedenen Auskünften über die dann maßgeblichen Faktoren: Frei waltender Gesetzgeber, Volksgeist, Macht und Gewalt, Rechtsgefühl der Unterstellten u. a. m. S. §§ 52 ff., auch oben §§ 16; 17. 6 Vgl. hierzu des weiteren § 177, sowie unten N. 7 Nr. 3. • Vielleicht wechselt außer dem seither als wandelbar Beobachteten noch ein Weiteres. Aus der unabgegrenzten und insofern zufälligen Erfahrung läßt sich das nicht bestimmen. 7 Die erkenntniskritische Methode, der wir folgen, kennzeichnet sich durch dreifache Richtung. Sie unterscheidet grundlegend: 1. F o r m u n d S t o f f (§§3; 5). 2. B e g r i f f u n d I d e e (§§ 1; 2; 82). 3. S y s t e m a t i s e h e u n d g e n e t i s c h e Erwägung (davon ist hier § 22 die Rede; s. noch §§ 28 N. 4 ; 55 N. 3; 80; 83. WR. Anm. 213. Vgl. auch M Ü N C H , ZRPhilos. 1, 120; 123 f.). Auch § 110 N. 3; 175 N. 4.

4*

52 § 23.

Der

Der Rechtsgedanke in dem Grundriß möglicher Wissenschaft.

§ 23.

E e ch t sge d a n ke in d e m G r u n d r i ß Wissenschaft.

möglicher

Die w i s s e n s c h a f t l i c h e Art des geistigen Lebens besteht darin, daß alle Erlebnisse n a c h e i n e r u n b e d i n g t e i n h e i t l i c h e n W e i s e g e o r d n e t w e r d e n 1 . Um das tun zu können, ist eine a b s o l u t g ü l t i g e M e t h o d e d e s O r d n e n s erforderlich2. Sie läßt sich als ein feststehender Grundriß beschreiben, über dem das Gebäude der Wissenschaft aufgeführt wird 8 . Nun zeigt sich bei dem Durchgehen dieses,Grundrisses, daß sich in ihm als ein notwendiges Glied a u c h d e r R e c h t s g e d a n k e findet. Die hier folgende Lehre hat das zu bewahrheiten und die ihm zukommende Stelle im genannten Grundriß möglicher Wissenschaft genau aufzuzeigen. Dabei ist es nötig, die Übersicht über den g e s a m t e n Grundriß in seiner allgemeinen Anlage zu geben, wenngleich nicht überall im einzelnen zu verfolgen. Die Seiten von ihm, die den Gegensatz zu der r e c h t l i c h e n Betrachtung bilden, haben wir nur in diesem ihrem Gegensatze aufzuweisen. Dadurch hebt sich erst der gesuchte Begriff, hier der d e s R e c h t e s , in seiner Eigenart deutlich heraus*.

Die u n b e d i n g t e

§ 24.

Gültigkeit

des

R e c h t s b e g r i f f e s.

Der Gedanke rechtlich bedeutet eine bedingende Art und Weise, gewisses Begehren grundlegend zu bestimmen. In seiner Vorstellung findet sich nichts von einem begrenzt abgeschlossenen Einzelziele und keine Abhängigkeit von bedingten Begriffen, mit deren Wegfall er selbst bedeutungslos würde. Der Rechtsbegriff bedeutet n i c h t s a l s e i n V e r Vgl. § 3 N. 9 ; § 57 i. A.: § 180 Nr. 2. Vgl. § 5 ; auch § 22 i. A. u. N. 7. 3 Dahin gehört die bedingende Art des Zählens und Messens, die Stärke des Grades einer Empfindung, das Bestimmen wahrgenommener Veränderungen nach Ursachen und Wirkungen (Kausalitätsgesetz) u. s. f.; aber auch das Einsetzen von Zwecken und Mitteln. Es handelt sich hier überall um das, was wir oben (§ 3) als reine Formen des Ordnens kennen gelernt haben, deren a u s g e f ü h r t e s S y s t e m , in seiner erkenntniskritischen Bestimmtheit, hier nun zur Erörterung steht. * Kein Begriff kann für sich allein bestimmt werden. Er bedarf zu seinem Verständnis der gegensätzlichen Art des Verknüpfens, mit der er zum Teil in der gleichen Richtung des Gedankens zusammengeht, um sich dann von ihm zu trennen und mit ihm verglichen und abgeschieden zu werden. 1

2

§ 24. fahren des Gültigkeit 2 .

Die unbedingte Gültigkeit des Rechtsbegriffes. Ordnens1.

53

In diesem Sinne ist er von unbedingter

Allein dieses ordnende Verfahren t r i t t natürlich bloß in geordneten Einzelfällen in Erscheinung. Soll es also in seiner Eigenart genau beschrieben werden, so sind geschichtliche Vorkommnisse zu beobachten, in denen es eine Anwendung gefunden hat. Die Feststellung des Rechtsbegriffes h a t sonach nicht aprioristisch zu geschehen 8 . Wir nehmen vielmehr allgemein erfahrene Möglichkeiten des Menschenlebens vor und fragen nach den bleibenden Bedingungen, unter denen sich jene Möglichkeiten unterscheiden und jeweils einheitlich bestimmen lassen 4 . 1 Man kann die Bedeutung des Rechtsbegriffes dahin zusammenfassen: E r befindet sich unter d e n r e i n e n F o r m e n (§ 3 bes. N. 4 u. 7), nach denen d e r b e d i n g t e S t o f f eines wandelbaren Strebens geordnet und bestimmt wird, während er selbst in seiner f o r m a l e n ( = bedingenden) Eigenart von keiner wandelbaren Besonderheit beherrscht wird. — E s ist hiernach in sich verfehlt, wenn gelegentlich nach einem verschiedenen Rechtsbegriff etwa nach griechischer oder nach germanischer Art gesucht worden ist. Der Rechtsbegriff ist immer ein und derselbe, es gibt nur eine größere oder geringere Klarheit über den Bewußtseinsinhalt, den jemand mit sich trägt, und in dem sich der Rechtsbegriff als reines Ordnungsprinzip findet. — Vgl. §§ 30 N. 1; 115 N. 4. 2 Die Vorstellung unbedingt oder absolut darf nicht als ein riesenhaftes Unding oder ein mystisches Etwas einer Weltseele oder eines Volksgeistes, überhaupt nicht als eine Größe dieses begrenzten Lebens genommen werden, die sich von anderen Größen durch eine weite, nebelhafte Ausdehnung unterschiede. Jene Vorstellung besagt einen Bewußtseinsinhalt, der die Eigenschaft des Bestimmens für andere, dadurch bestimmbare Vorstellungen ist, ohne selbst in gleicher Weise von bedingten Eindrücken und Strebungen abhängig zu sein. — Vgl. § 81 N. 8. * Unter einem aprioristischen Suchen und Finden haben manche ein solches gemeint, das außerhalb jeder Erfahrung geschehe. Das wurde dann als unzulässig verworfen. Zweifellos! Nur ist dabei festzustellen, daß kein Mensch jemals außerhalb jeder Erfahrung gelebt hat, «o daß er g e r a d e d o r t etwas hätte suchen und v o n d o r t h e r es hätte mitbringen können. Der genannte Ausdruck bezeichnet in ungeklärter Weise das Fehlen aller Erkenntnis überhaupt. Von einem Gegensatz zweier positiv auftretenden Möglichkeiten ist bei seinem Gebrauche gar keine Rede. S. auch § 5, N. 4 ; § 110 bes. N. 3 f . ; § 115 N. 4. 4 In der neueren Literatur macht man einen Unterschied zwischen P s y c h o k r i t i z i s m u s und H i s t o r i o k r i t i z i s m u s . E s käme darauf an, ob man die allgemeingültig bedingenden Einsichten einer Zergliederung der P s y c h e oder einer solchen der G e s c h i c h t e zu entnehmen habe. WINDELBAND Präludien I I 125 ff.; vgl. 107 ff.; MÜNCH, ZRPhilos. 1, 123; GOEPEL Über Stammlers Rechtsphilosophie und das Problem der Aufopferung, J e n . Diss. 1915, S. 24 f. Würde das erste so gemeint sein, daß man in den ordnenden Grundbegriffen und Grundsätzen psychologische Organisationen oder seelische Eigenschaften sehen wollte, so wäre das durchaus abzulehnen. Da es sich vielmehr um Denkelemente als bedingende Bestandteile von Bewußtseinsi n h a l t e n handelt, so müssen die letzteren in der geschichtlichen Erfahrung aufgetreten sein und können alsdann kritisch analysiert werden.

§ 25.

54

U r s a c h e n u n d Zwecke.

Zweiter

Abschnitt.

Das Wollen. I . D a s R e i c h der § 25. Ursachen und

Zwecke.

Zwecke.

D a s Ordnen d e s B e w u ß t s e i n s i n h a l t e s geschieht in der R i c h t u n g des W a h r n e h m e n s und i n der d e s W o l l e n s 1 . J e n e s n i m m t die Eindrücke auf, u m sie gegenständlich zu verarbeiten, —• dieses bedeutet d a s Setzen eines Gegenstandes, der z u b e w i r k e n ist. E i n solcher zu bewirkender Gegenstand heißt ein Z w e c k 2 . D e r Zusammenhang der beiden R i c h t u n g e n d e s B e w u ß t s e i n s liegt in der Art, Beziehungen u n t e r Gegenständen vorzustellen s . D i e n o t w e n d i g e B e d i n g u n g hierfür ist ihre B e s t i m m u n g in der Zeit. D a s k a n n dreifach sein: Feststellung d e s Wechselnden gegenüber einem Beharrlichen, Darlegung des Zugleichseins und E r w ä g u n g ihres B e s t i m m t s e i n s in der Folge 1

D e r o b e r s t e G e d a n k e f ü r alle W i s s e n s c h a f t bleibt also das, was KANT die transszende.nt.ale Einheit des Selbstbewußtseins n a n n t e (Krit.' d. rein. Vern. [2] 1787, S. 132), u n d w a s wir in u n s e r e r Sprechweise m i t Möglichkeit des einheitlichen Ord n en s überhaupt wiedergeben. Sie b r i n g t die N o t w e n d i g k e i t alsbaldiger Zerteilung der dabei eingreifenden O r d n u n g s p r i n z i p i e n m i t sich. J e n e o b e r s t e Einheit darf j a n i c h t als ein s t o f f l i c h b e d i n g t e r G e g e n s t a n d a u f g e f a ß t werden, der wieder nur n a c h e i n h e i t l i c h e r A r t a b g e g r e n z t wäre. Sie b e s a g t d i e a l l g e m e i n g ü l t i g e M ö g l i c h k e i t , die wir eben n a n n t e n (§ 5 N . 2); u n d diese k a n n n u r d a d u r c h g e w a h r t u n d a u s g e f ü h r t werden, d a ß m a n die F ä l l e der E r l e b n i s s e g r u n d l e g e n d e i n t e i l t u n d d a d u r c h o r d n e t u n d b e h e r r s c h t . — KÜBLER F r e i h e i t u n d R e c h t , E r l . R e d e , 1916, S. 16 f. m e i n t , d a ß der G e d a n k e des b e d i n g e n d e n O r d n e n s inhaltleer oder inhaltlos sei, gibt aber n i c h t an, was er u n t e r d e m Inhalte eines G e d a n k e n s verstehe. S. §§ 3 N. 1; 92 N. 8. 2 TRENDELENBURG Logische U n t e r s u c h u n g e n (3) 1870, I I S. 1 ff. HARTMANN Allgemeine F o r m des Z w e c k g e d a n k e n s , F r e i b . R e d e 1877. LASSON S. 143 ff. ERNST D e r Zweckbegriff bei K a n t u n d sein V e r h ä l t n i s zu d e n K a t e g o r i e n , E r g . H . d. K a n t - S t u d i e n , N r . 14, 1909. EISLER D e r Zweck, seine B e d e u t u n g f ü r N a t u r u n d Geist 1914. 3 D i e Begriffe M i t t e l u n d Z w e c k sind r e i n e F o r m e n des O r d n e n s v o n B e w u ß t s e i n s i n h a l t . E s sind u r s p r ü n g l i c h e (im logischen Sinne!) D e n k f o r m e n (vgl. § 30 N . 1). Sie s t e h e n g l e i c h b e r e c h t i g t n e b e n d e n B e g r i f f e n U r s a c h e u n d W i r k u n g , die j a a u c h w e i t e r n i c h t s sind, als o r d n e n d e W e i s e n k ö r p e r l i c h e r W a h r n e h m u n g e n . KANT ( § 1 5 N. 8) P r o l o g o m e n a §§ 36—38. K e i n e s v e r d r ä n g t d a s a n d e r e v o l l s t ä n d i g . I m b e s o n d e r e n bleibt die B e a r b e i t u n g d e r Z w e c k i n h a l t e als s e l b s t ä n d i g e A u f g a b e ü b e r a l l d a bestehen, wo eine a b s c h l i e ß e n d e E r k e n n t n i s w a h r g e n o m m e n e r V e r ä n d e r u n g e n in der K ö r p e r w e i t n i c h t b e s t e h t . — MENZER

Lebensworte

1919

S. 19.

§ 26.

Die Eigenart des Wollens.

55

der Z e i t 4 . Das Problem d e s B e w i r k e n s von Gegenständen gehört zu der an dritter Stelle genannten reinen Art des Ordnens. E s wird nämlich entweder das Gegenwärtige als notwendige W i r k u n g einer vorausgegangenen U r s a c h e erkannt, oder es ist als Das erste ordnet M i t t e l für ein zukünftiges Z i e l zu n e h m e n 6 . Wahrnehmungen in k a u s a l e r (dynamischer) Weise, das andere bestimmt den Inhalt des Bewußtseins in f i n a l e r (teleologischer) Absicht 6 . E i n d r i t t e s d a s neben der Bestimmung der Gegenwart entweder durch die Vergangenheit oder durch die Zukunft stände, gibt es n i c h t 8 .

§ 26. Die

Eigenart

des

Wollens.

Wenn der Gedanke d e s W o 11 e n s als eine eigene grundlegende Weise von dem W a h r n e h m e n unterschieden werden soll, so darf d a s W o l l e n nicht als eine Kraft genommen werden. Denn dieser Begriff bezeichnet das Verhältnis einer v e r u r s a c h e n d e n Substanz KANT Kritik der reinen Vernunft (2) S . 219. ' Dabei ist es natürlich gleichgültig, von wessen besonderer Lage aus die. beiden Möglichkeiten betrachtet werden. Wir können von dem Z w e c k e eines Gesetzes sprechen, das in seinem Auftreten einer längst vergangenen Zeit angehört hat und vermögen U r s a c h e n zu ergründen, die von uns aus gesehen einer fernen Zukunft zufallen würden. T R . I, 4. 6 Sehr hübsch novellistisch dargestellt von L A S S W I T Z Aspira, der Roman einer Wolke 1905. — W Y N E K E N Das Ding an sich und das Naturgesetz der Seele 1901 S. 335 ff. DERS. Wie ist die fortgehende Demokratisierung der Gesellschaft vom christlichen Standpunkte zu beurteilen ? 1904, S. 19. K E S S E L E R Die Lösung der Widersprüche des Daseins durch Kant und Eucken in ihrer religiösen Bedeutung 1909. — S. auch § 84. 7 Der gemeine Sprachgebrauch pflegt die beiden, einander entgegengesetzten Möglichkeiten zu vermengen und das Warum zweideutig einzusetzen, nämlich einmal für wodurch und zweitens für wozu. Schon in alter Zeit in Scherzfragen verwertet; z. B. S I M R O C K Das deutsche Rätselbuch I, 163; 2 7 0 ; 2 7 2 ; I I I , 396; 426. — Das A L R . (1794) I I 8, 669 sprach noch von Ursachen zur Ehescheidung, wofür wir heute den neutralen Ausdruck der Gründe gebrauchen. Bei der Gründung eines Vereins würde es sogar seltsam klingen, wenn die Satzung von der Ursache des Vereins reden wollte. Sonst aber verwendet man das Wort Ursache in wilder Weise, wo nur Z w e c k e und M i t t e l gemeint sind; z. B . Ursachen eines Krieges u. dergl. S. auch § 92 Nr. 2b. Das hat dann die üble Folge, daß eine Betrachtung, die ihrem sachlichen Sinn nach notwendig t e l e o l o g i s c h ist, in angeblicher Anlehnung an die naturwissenschaftliche Forschungsmethode vorgenommen wird. 8 WlELlKOWSKl Die Neukantianer in der Rechtsphilosophie 1914, S. 64 f. behauptet v i e r Grundarten im Ordnen unseres Geisteslebens: Wahrnehmen, Wollen, Sollen, Werten. Weshalb es gerade v i e r sein sollen, sagt er nicht. I n Wahrheit besagt Sollen nur ein r i c h t i g e s Wollen (§ 80 N. 7); und Werten heißt d a s Ü b e r l e g e n d e r Tauglichkeit eines gewissen Mittels für einen bestimmten Zweck (§ 97 N. 6). S T A M M L E R , ZRPhilos. 2, 157. 4

56

§ 27.

Der Gedanke der Wahl.

zu einer besonderen W i r k u n g 1 . Es handelt sich dabei um eine Anwendung einmal des Substanzbegriffes, zweitens des Ursachenbegriffes innerhalb räumlich wahrgenommener Erscheinungen. In solcher "Weise erscheint eine bestimmte H a n d l u n g als Veränderung in der KörperWelt 2 . Das W o l l e n aber besagt in seinem eigenartigen Sinn nicht eine physische Ursache, sondern e i n e R i c h t u n g d e s Bewußts e i n s , nämlich das Auswählen von M i t t e l n zur Verfolgung von Zwecken8. Dagegen kennzeichnen andere versuchte Ausdrücke — z. B. psychische Energie oder gar "psychologische Kausalität — die Eigenart des Wollens. gegenüber dem eindeutigen Bestimmtsein, nicht gut. Sie würden es nur als eine einzelne Erscheinung in der Erkenntnis d e s W e r d e n s von Gegenständen stehen lassen, es aber nicht dem letzteren g r u n d l e g e n d gegenüberstellen und es nicht als e i n e s e l b s t ä n d i g e M e t h o d e des Ordnens unseres Erlebens herausheben 4 .

Der

§ 27. Gedanke

der

Wahl.

Das bedingende Merkmal, durch das sich das Gebiet des W o 11 e u s von dem der W a h r n e h m u n g e n entscheidend trennt, ist der Gedanke der W a h l . Wir begreifen unter Z w e c k einen z u b e w i r k e n d e n Gegenstand (§25). unter einem M i t t e l eine a u s z u w ä h l e n d e Ursache 1 KANT Kritik der reinen Vernunft, (2) S . 245 ff.; 676 ff. D E R S . in der Streitschrift gegen Eberhard 1790, Ausg. v. Hartenstein I I I 362. 2 Das W o 11 e n ist von den eingreifenden Handlungen, als dem V o l l b r i n g e n , seinem Wesen nach zu unterscheiden. Rom. 7, 18 ff. — S. auch § 25 N. 7; ferner §29 N. 5; 76 N. 1. — B I N D I N G (§ 18 N. 5) Normen 2. Bd. § 71, S. 200 ff.; 5. Bd., § 295, S. 530 ff. — Über den Begriff des W u n s c h e s s. § 32 zu N. 3. — Das Recht als Art des Wollens: § 30 bes. N. 1. 3 Die literarischen Ausführungen über das W o l l e n , als das Ergreifen von M i t t e l n zur Verfolgung von Z w e c k e n lassen sich in zwei Klassen teilen: 1. P s y c h o l o g i s c h e Auffassung. Hierüber s. N. 4. 2. E r k e n n tn i s k r i t i s c h e Erwägung, a) Sie n i m m t entweder das Wollen a l s b a l d im Sinne einer I d e e auf, läßt also seine Eigenart mit der des freien (guten) Wollens zusammenfallen, b) Oder es werden zunächst die bedingten Bestrebungen b e g r i f f l i c h durchgegangen, um darauf d i e i d e a l e G e s e t z m ä ß i g k e i t des Wollens aufzubauen. Der letztere Standpunkt ist in diesem Buche eingenommen. S. § 27; und § 29 bes. N. 4. 4 Der H a u p t v e r t r e t e r der Meinung, daß ein Zweck eine psychologische Kausalität sei, ist J H E R I N G (§ 18 N. 10). S. dazu W R . § 63 S. 633 ff. Psychologisch orientiert sind auch Z I T E L M A N N I r r t u m und Rechtsgeschäft 1879 S. 34 ff.; 134 ff. W U N D T ( § 9 N . 3 ) ; hierzu B I E R M A N N W u n d t u n d die Logik der Sozialwissenschaft, ConradsJ. 3. F. 25, 50 ff. (s. auch § 29 N. 1); vgl. §§ 31; 73. — SOMLO (§ 18 N. 13) S. 219 ff. 1 Ein Motiv ist ein Z w e c k . Der Ausdruck bedeutet, genau erwogen, nicht einen p h y s i o l o g i s c h e n Vorgang, der n a t u r w i s s e ri -

§ 27.

Der Gedanke der Wahl.

57

Das W ä h l e n kommt in der geordneten Betrachtung wahrgenommener Erscheinungen nicht vor. W i r haben aber die Vorstellung der W a h l und kennen die Möglichkeit des W ä h l e n s 2 . Sie rechtfertigt sich durch das Unzureichende einer bloßen "Ursachenbetrachtung. Diese ist nicht imstande, s c h l e c h t e r d i n g s a l l e Bewußtseinsinhalte, die wir besitzen, methodisch zur Einheit zu bringen 3 . Wenn eine Vereinigung zum Z w e c k der Linderung von Kriegsschäden M i t t e l an Geld oder anderen Rechtsobjekten aufbringen will, Sammlungen veranstaltet und die Verteilung organisiert, so kann man Einheit und Ordnung h i e r b e i nicht einfach durch Verweisung auf d a s K a u s a l i t ä t s g e s e t z erlangen. Soll das einheitliche Ordnen dieser wichtigen Absichten und Verständigungen vor sich gehen, so haben wir den Gedanken d e s W o l l e n s aufzunehmen und seine Möglichkeiten in grundlegenden Methoden nach Z w e c k e n u n d M i t s c h a f t l i c h aufzuhellen wäre. Es ist ein Z i e l , zu dessen Erreichung M i t t e l ausgewählt werden. — KRAUS Das Motiv. Zur psychologischethischen Grundlegung des Strafrechts, ZStW. 17, 467 ff. FINGER Lehrb. d. Strafrechts 1912 § 24 N. 138. STAMPE Grundriß der Wertbewegungslehre 1912 S. 33 ff.; 60 ff.; 125 ff. LANDSBERG Zur Erforschung der Verbrechensmotive, BayerZ. 8, 1 ff. 2 Und die Tugend sie ist doch kein leerer Schall, Der Mensch kann sie üben im Leben, SCHILLER Die Worte des Glaubens. 3 Es ist also kein Widerspruch, neben der Betrachtung des ursächlichen Werdens eine weitere Art des einheitlichen Ordnens anzunehmen. K a u s a l i t ä t und E i n h e i t d e s B e w u ß t s e i n s ist nicht ein und dasselbe. Jene erfüllt gar nicht d a s G a n z e unseres geistigen Besitzes; z. B. das Rechnen, das Urteil über das Schöne, vor allem die Richtigkeit einer Wahl. Die kausale Betrachtung bezieht sich nur auf das Ordnen bedingter Wahrnehmungen. Sie ist nicht ein mystisches Unding, noch ein von selbst rollendes Wesen, sondern eine Methode des Ordnens, die vom Bewußtsein gehandhabt wird und außerhalb dieser Funktion überhaupt keinen Sinn hat. Und sie kann niemals den Anspruch erheben, alle Fragen, die einem gestellt werden, allein zu beantworten; denn um die Methode des kausalen Betrachtens einzusetzen, braucht man einen bedingten Stoff. Es hilft also nichts, wenn man sich vorstellt, daß alle Bestimmtheit, unter der die Veränderungen im Laufe der Zeit stehen, als eine einzige gedacht werden kann, denn diese eine einzige Art der Bestimmtheit werden wir nie vollendet sehen. Nicht nur aus menschlicher Schwäche, sondern weil es widerspruchsvoll wäre, das Ordnen der einzelnen bedingten Erscheinungen jemals u n b e d i n g t a b g e s c h l o s s e n zu haben. — Sonach bleibt allezeit die Möglichkeit des Gedankens von Z i e l e n und M i t t e l n . Es bedeutet aber, wie im Texte gesagt, die Eigenart der W a h l . Und es bleibt damit die Aufgabe, r i c h t i g zu wählen. Sie zeigt sich wiederum sowohl für die Zukunft, als auch für die Vergangenheit, wie in dem Gedanken der R e u e klar ist. Daß unrichtig gewählt war, bleibt bestehen; und es steht als s e l b s t ä n d i g e Erwägung n e b e n der Frage des ursächlichen Gewordenseins. Wenn jemand einen Rechenfehler gemacht hat, so wird das arithmetische Ergebnis nicht dadurch richtig, daß man etwa den kausalen Werdegang bei dem Irrenden erkennt. S. des Weiteren § 84. — Wie aber vereinigen sich die zwei verschiedenen Arten der Betrachtung wieder? Hierüber s. § 180: Das Suchen nach dem vollkommenen Abschluß.

58

§ 27. Der Gedanke der Wahl.

t e 1 n auszubauen. Das Zurückgehen auf k a u s a l zu erklärende p h y s i o l o g i s c h e V o r g ä n g e hilft zur Lösung j e n e r eigenen w i s s e n s c h a f t l i c h e n A u f g a b e gar nicht Dabei ist zu beachten, daß j e d e r b e s o n d e r e Z w e c k , den man verfolgt und erreicht, auch wieder e i n M i t t e l ist zur Bewirkung anderer bedingter Ziele. E r steht für die Aufgabe wissenschaftlicher Beherrschung auch nicht eindeutig bestimmt da, als eine Tatsache der äußeren Wahrnehmung, sondern bot sich m i t a n d e r e n M i t t e l n zu ferneren Zielen zur W a h l . Der Mensch w ä h l t sonach, genau genommen, niemals unter bestimmten Z w e c k e n , sondern immer nur u n t e r verschiedenen Mitteln5. Das Zweifeln und Fragen und Streiten, das unter den Beteiligten alsdann möglich ist, kann also nicht nach k a u s a l e r Erörterung erledigt werden, die den Gedanken d e r W a h l ausschlösse. E s hat die Betrachtung d e r m e n s c h l i c h e n B e s t r e b u n g e n nach der Methode f i n a l e r Erwägung, das ist: nach einer im einzelnen durchgeführten Ordnung des Reiches d e r M i t t e l u n d Z w e c k e , einzusetzen. So zeigte das vorhin angeführte Beispiel, daß wir zu einer klaren Überschau einer öffentlichen Sammlung und der dortigen Spendungen 4 BINDING Grundriß des deutsehen Strafrechts, Allg. Teil (7) 1907 p. X I : Wir nehmen guten Rat von Jedermann, natürlich auch von Seiten der Naturwissenschaften. Wir vergelten . . . mit dem guten-, sich freizuhalten von dem Dünkel, als könnten die Naturwissenschaften je die Schlüssel zum Verständnis des menschlichen Seelenlebens geben . . . — S. auch HEBBEL Julia I I I 2: O, unergründlich sind die Verschlingungen des Lebens! Die Bahnen der Menschen sind nicht die der Sterne. — JENTSCH Sozialauslese

1898.

5 N i c h t hierher zu stellen sind die Lehren der T e c h n o l o g i e . Sie geben nur die Erkenntnis kausal erwogener Natur Vorgänge. Wenn sie in hypothetisch gefaßten Sätzen auftreten, so betrifft das nicht das Wesen ihres Inhaltes. Der Unterschied zwischen ihnen und dem Einsetzen des a u s w ä h l e n d e n Strebens liegt darin, daß bei ihnen der bestimmende Gegenstand selbst e i n d e u t i g bestimmt ist. Es ist in ihnen also gar nichts anderes enthalten, als die Aussage über eine W i r k u n g , die auf eine Ursache erkanntermaßen folgt. — Dagegen bedeutet der Z w e c k , zu dessen Bewirkung M i t t e l jetzt a u s g e w ä h l t werden, selbst wieder e i n b e d i n g t e s M i t t e l für andere Ziele. E r ist also durch sein Bestehen k e i n e s w e g s e i n d e u t i g festgelegt, sondern selbst wieder davon abhängig, ob er gerade für einen weiterstehenden Zweck a l s M i t t e l a u s z u w ä h l e n sei. Und so weiter im bedingten Fortgang der menschlichenBestrebungen.—Daraus ergibt sich die Forderung nach einer e i g e n e n und s e l b s t ä n d i g e n wissenschaftlichen Bearbeitung für d e n I n h a l t des jemals möglichen Wollens. Einmal im Sinne d e r b e g r i f f l i c h e n K l ä r u n g der je denkbaren Möglichkeiten im Auftreten von Z w e c k e n N. 5; auch § 25 N. 8. 2 Es ist also u n r i c h t i g e s R e c h t möglich. Es entspricht d e m B e g r i f f e des Rechtes und ist in seinem besonderen Auftreten von allen Artmerkmalen des R e c h t s b e g r i f f e s — im Unterschied von Moral, Sitte, Willkür — r e s t l o s b e s t i m m t ; — aber es ist in seinem Inhalte nicht wesentlich entscheidend von d e r I d e e d e s R e c h t e s — in der Richtlinie nach dem Blickpunkte r e i n e r Gemeinschaft (§ 92) — geleitet. S. namentlich §§ 1 und 2; 82 bes. N. 3; 178 N. 3; nach besonderer Richtung § 81 N. 2; — auch § 15 zu N. 6. Die Parallele mit der Lehre der M o r a l , die — im genauen Sinne des Wortes sittlich (§ 33) — für das I n n e n l e b e n auftritt, ist auch hier streng festzuhalten (,§ 83). Man schätzt die verschiedenen moralischen Anleitungen, die in der Geschichte auftreten, gegeneinander ab und vergleicht sie miteinander : sie entsprechen alle d e m B e g r i f f e der Moral — gerade in seinem Unterschiede vom R e c h t s b e g r i f f e —, aber nicht ihrer I d e e . § § 8 6 ; 89. 3 R i c h t i g e s R e c h t ist also nicht dasselbe, wie s o z i a 1 e s I d e a l (§ 92), sondern klar und deutlich von diesem unterschieden. Jenes ist ein g e s c h i c h t l i c h g e g e b e n e s Recht, dem außer seinem b e g r i f f l i c h e n Merkmal des r e c h t l i c h e n Wollens auch noch d i e w e i t e r e f o r m a l e B e s c h a f f e n h e i t zukommt, daß es i n d e r R i c h t u n g des i d e a l e n Grundgedankens alles Rechtes g e l e i t e t i s t. Das s o z i a l e I d e a l bedeutet gerade diesen a l l g e m e i n gültigen Grundgedanken, nach dem ein besonderes Recht s i c h r i c h t e n kann, um für sich r i c h t i g zu sein. BINDER (§ 18 N. 12) wirft alles dieses in einer für seine Polemik verhängnisvollen Weise durcheinander. S. bes. in seinem Buche S. 70 ; 276 ; auch ArchRPhilos. 9, 271. Wenn er sagt, daß ein r i c h t i g e s R e c h t nach unserer Lehre der R e c h t s i d e e durchaus adäquat sei, so ist däs ein glatter Irrtum. Das Gegenteil seiner Behauptung trifft zu (TR. VT 21). Ein r i c h t i g e s Recht ist immer u n v o l l k o m m e n und von b e d i n g t e r Beden-

§ 95.

D i e Grundsätze eines richtigen Rechtes.

207

Hieraus folgt, daß die Verweisung einer Rechtsordnung auf Treu und Glauben, gute Sitten, Vermeiden des Mißbrauches u. dgl. (§ 7) nur einen Hinweis auf b e s o n d e r s g e a r t e t e Rechtssätze bedeutet. Es ist nicht gut, wenn man in jenen Ausdrücken ein mystisches ethisches Etwas n e b e n dem Rechte vermeinen würde 4. Vielmehr handelt es sich dabei um das A u s w ä h l e n desjenigen R e c h t s s a t z e s , der in der gegebenen Lage den Gedanken r e i n e r G e m e i n s c h a f t als leitende Idee bewahrt 6. Für die p r a k t i s c h e R e c h t s w i s s e n s c h a f t folgt hieraus, daß das Rechtsmittel der R e v i s i o n zulässig ist, wenn die Auswahl des befolgten Obersatzes Fehler aufweist Für die R e c h t s p h i l o s o p h i e aber ergibt sich die Aufgabe: eine Methode zu zeigen, nach der es möglich ist, den geforderten Rechtssatz — der die bedingende Eigenschaft der grundsätzlichen Richtigkeit besitzt — unter den mehreren, die sich jeweils anbieten, mit Gründen auszuwählen. Die

Grundsätze

§ 95. eines richtigen

Rechtes.

Wissenschaftliche Methoden pflegen zunächst an Einzelfragen tastend sich auszubilden. Das gilt auch von der methodischen Feststellung g r u n d s ä t z l i c h e r R i c h t i g k e i t in rechtlichen Fragen. Es werden Bilder und Vergleiche zu Hilfe genommen, z. B. der Eigentümer für die Ausübung seines Rechtes nicht nur auf die Paragraphen technisch geformter Gesetze, sondern darauf verwiesen, daß er sich als Verwalter des Gutes für Gott selbst zu erachten und zu führen habe. Oder man versucht es, sich persönlich in die Lage eines rechtlich Streitenden zu tung und e r f ü l l t in seiner B e s o n d e r l i e i t den u n b e d i n g t e n Gedanken reiner Gemeinschaft niemals. Es r i c h t e t sich mit den b e s c h r ä n k t e n Aufgaben in seiner b e g r e n z t e n Lage nach dem Blickpunkt der I d e e , wie nach einem Leitstern (§ 83 N. 6), aber es e r r e i c h t ihn schlechterdings n i c h t (§ 80 N. 5). Die I d e e des Rechtes ist von a b s o l u t e r Gültigkeit, die Richtigkeit eines gegebenen, p o s i t i v e n R e c h t e s vermag nur o b j e k t i v e Eigenart zu haben (§ 81). Von einer Verwirklichung. der R e c h t s i d e e innerhalb der g e s c h i c h t l i c h e n Bed i n g t h e i t e n ist keine Rede (§ 82 f.). Vgl. auch §§ 21 N. 5; 30 N. 1 ; 110 N . 3; 115 N . 4. 1 Über den Gedanken grundsätzlicher Richtigkeit im Strafrecht s. L I S Z T ZStW. 26, 553 ff. B E L I N G ebda. 693 ff. T H O M S E N ebda. 696 ff. J E L L I N E K Die sozialethische Bedeutung von Recht, Unrecht und Strafe (2) 1908. — § 91 N . 9 unter b); auch § 114 N. 9. 5 A. M. L O T M A R Der unmoralische Vertrag 1 8 9 6 . S T E I N B A C H Die Moral als Schranke des Rechtsverbots und der Rechtsausführung 1898; dazu W I T T M A Y E R Steinbach als Sozialphilosoph 1 9 0 7 . R U M E L I N Die Verweisungen des bürgerlichen Rechts auf das Sittengesetz, Schwab. Heimatg. f. Haerinfr 1 9 1 8 . — S. § 7 N . 3 und § 1 1 N . 2 ; § 1 6 2 zu N. 2; § 1 6 4 N. 2. 6 ZPO. 549 ff. LVG. 94.

208

§ 95.

Die Grundsätze eines richtigen

Rechtes.

versetzen und dessen Klagen als beschwerend und drückend oder als gleichgültig nachzuempfinden. Eine eigene methodische Art ist öfter bei der Teilung von gemeinschaftlichem Gute angewandt worden: Der ÄUere soll teilen, der Jüngere soll kiesen In Wahrheit ist aber jede rechtliche Streitfrage eine Auseinandersetzung unter G e m e i n s c h a f t e r n . Die bedingten Ziele und Bestrebungen gehen auseinander, aber sie sind in Gedanken doch als Mittel für das Grundziel des menschlichen Zusammenlebens aufzufassen. Ihr Inhalt, der verschiedenartig auftritt und unter sich vielleicht heftig streitet, ist unter der Idee einer vollendeten möglichen Harmonie zu führen, — das ist: im Sinne r e i n e r G e m e i n s c h a f t zu richten. Welche leitenden Gedanken bestehen aber in den Fällen, da konkrete Hilfsmittel, wie die obigen, versagen ? Wir werden sie klar vor uns sehen, sobald deutlich wird: in welcher allgemeinen Hinsicht ein b e d i n g t e s Streben von dem s o z i a l e n l d e a l überhaupt abweichen kann. Nun besagt das letztere die gedankliche Möglichkeit, die verbundenen Bestrebungen der Menschen in u n b e d i n g t e r W i d e r s p r u c h s l o s i g k e i t zu - ordnen. Dazu ist nötig, daß nicht das s u b j e k t i v e Belieben des einen Verbundenen das h ö c h s t e Gesetz für einen besonderen Streitfall werde. Das, was p e r s ö n l i c h begehrt wird, muß stets sein Gegengewicht haben, damit der so zu nehmende Ausgleich in dem Gedanken einer i d e a l v o r g e s t e l l t e n V e r b i n d u n g d e r Z w e c k e sein wesentlich bestimmendes Merkmal erhalte2. Die Nachweise in § 155 N. 2. Die im Texte nun folgenden Formulierungen der Grundsätze eines richtigen Rechtes .sind Beschreibungen der bedingenden Richtungen, in denen sich der eine einige Gedanken r e i n e r Gem e i n s c h a f t bedeutsam zeigen kann. Es kann möglich sein, diese formalen Gedankengänge, die man bei der Bewährung des sozialen Ideales (§ 92) unvermeidlich einschlägt, im Ausdruck e t w a s anders z u b e s c h r e i b e n , — aber sachlich wird es immer auf dasselbe hinauskommen: auf das Verneinen des einseitig subjektivistischen Begehrens als Gesetz. Man mache sich klar, daß die Aufgabe eben darin besteht: eine B e S c h r e i b u n g dieser formalen ( = logisch bedingenden) W e i s e n des N a c h d e n k e n s zu geben, in deren e i n h e i t l i c h e m Einsetzen der Begriff der Gerechtigkeit (§ 92 a. E . ) sich bewährt. S. § 83 N. 2. Daran schließt sich erst die weitere Aufgabe: unsere G r u n d s ä t z e , als Bedingungen des einheitlichen Richtens, i n n e r h a l b d e s s t o f f l i c h bedingten I n h a l t e s rechtlicher Erörterungen und Streitigkeiten w i e d e r z u e r k e n n e n . Dann sieht der kritisch geschärfte Blick, wie die eine der einander widerstreitenden Begehrungen als h ö c h s t e s Gesetz den Subjektivismus hegt, während das andere, ihr entgegengesetzte Verlangen in der Richtlinie der G e s e t z m ä ß i g k e i t für den Inhalt eines verbindenden Wollens sich bewegt, — geführt von den ordnenden Prinzipien, die in ihrer reinen Form in Wahrheit Grundsätze zu heißen verdienen. — Wie alsdann ein so geartetes e m p i r i s c h e s Begehren, das von den G r u n d s ä t z e n der Richtigkeit eines Rechtes b e d i n s e n d g e l e i t e t w i r d (§ 80 zu N. 5 f.), den O b e r s a t z des U r 1

2

§ 95.

Die Grundsätze eines richtigen Rechtes.

209

Hieraus ergeben sich nachstehende Richtlinien des Nachdenkens, welche d i e G r u n d s ä t z e eines richtigen Rechts heißen können ; 1. Grundsätze des Achtens. a) Es darf nicht der Inhalt eines Wollens der Willkür eines andern anheimfallen. b) Jede rechtliche Anforderung darf nur in dem Sinne geschehen, daß der Verpflichtete sich noch der Nächste sein kann. 2. Grundsätze des Teilnehmens. a) Es darf nicht ein rechtlich Verbundener nach Willkür von der Gemeinschaft ausgeschlossen sein. b) Jede rechtlich verliehene Verfügungsmacht darf nur in dem Sinne ausschließend sein, daß der Ausgeschlossene sich noch der Nächste sein kann 3 . Gegen den ersten grundsätzlichen Gedanken verstößt ein Begehren, welches ein fremdes Bestreben einseitig zu seinem Mittel nimmt, ohne den Gedanken des v e r b i n d e n d e n Wollens in unbedingt r e i n e r Art zu führen und n a c h i h m die eigenen Zwecke als Mittel des ihm Verbundenen einzusetzen; — gegen die zweite Art vergeht sich, wer die Grenzen der fraglichen V e r b i n d u n g in b l o ß s u b j e k t i v e r Weise stecken möchte 4 . Bei jeder der beiden Wendungen, in denen die I d e e d e s R e c h t e s richtend -auftritt, kann sie entweder die V o r a u s s e t z u n g e n eines besonderen Rechtsverhältnisses und rechtlichen Forderns ergreifen, oder die F o l g e n einer zweifellos bestehenden Rechtsbeziehung in Frage stellen. Das nähere Eingreifen dieser r e i n e n G r u n d s ä t z e ist in der Lehre von der Bewährung des Rechtes, sowohl in der Rechtsprechung, wie in der Politik, darzulegen (s. bes. §§151 ff.; 169 ff.). Schon jetzt ist hier zu betonen, d a ß jene Prinzipien n i c h t R e c h t s s ä t z e sind, unter die ein streitiges Wollen einzuordnen wäre. Für das letztere kommen immer n u r b e d i n g t e R e c h t s s ä t z e in Betracht 5 . Die Aufgabe besteht darin, unter verschiedenen bedingten Rechtssätzen, die sich als maßgeblich darbieten und im geschichtlichen Laufe der Dinge auftreten, den richtigen a u s z u w ä h l e n . Die Grundsätze teils in dein dortigen bedingten Drängen und Kämpfen abzugeben hat, ist in der Lehre von der P r a x i s d e s r i c h t i g e n R e c h t e s zu zeigen. S. unten N. 6 und in weiterer Ausführung § 141. 3 Einstweilige Beispiele zur Übung des Wiedererkennens der Grundsätze eines richtigen Rechtes in besonderen gesetzlichen Aufstellungen (die Grundsätze nach der im Texte angegebenen Reihenfolge mit Ziffern und Buchstaben bezeichnet): 1. a) B G B . 138; 826. 1. b) BGB. 242; ZPO. 721. "2. a) HGB. 74; ReichsG. v. 10. 6. 14. D. X V I I 2, 29, 2. 2. b) BGB. 904; 1020. 4 RR. S. 204 ff. — K A U F M A N N Das Wesen des Völkerrechts (§ 138 N.

2) 5

S.

2 0 6 ff.

GOEPEL



81

N.

2)

S.

17 f.

S. § 141: Der unmittelbare juristische Schluß. — Auch § 152 N. 5. S t a m m l e r , Rechtsphilosophie. 14

210

§ 96.

Rechtsidee und bedingte Maßstäbe.

eines richtigen Rechtes haben mithin nur die Bedeutung rn e t h o d idischer Denkrichtungen, die einem bei der Vornahme d i e s e r W a h l helfen sollen §96.

Rechtsidee

und b e d i n g t e

Maßstäbe.

Das letzte Ziel des R e c h t e s ist die G e r e c h t i g k e i t . Eine juristische Entscheidung ist nur dann g r u n d s ä t z l i c h richtig, wenn sie von der I d e e d e s R e c h t e s geleitet ist 1 . Statt dessen finden sich zuweilen Wendungen, wie die: daß Bedürfnisse des Lebens den Ausschlag zu geben haben, oder: daß ein gesunder Blick für die Anforderungen des Verkehrs nötig sei, oder: daß auf wirtschaftliche Anschauungen Rücksicht genommen werden müsse, u. a. m. — Das sind zunächst bloße Schlagworte. Das Leben usw. hat weder einen Standpunkt noch Meinungen oder Wünsche. Es fragt sich also, was sich hinter jenen a n s i c h u n d e u t l i c h e n Angaben verbirgt. Da zeigt sich, daß sie die Vorstellung von einem b e s o n d e r e n und b e g r e n z t e n Wollen bezeichnen, das unter b e d i n g t e n Einzelh e i t e n auftaucht und in solchen untergeht. Öb ein solches einzelnes Bedürfnis oder Anfordern b e s t i m m t e r M e n s c h e n nun aber i n n e r l i c h b e g r ü n d e t ist, will immer wieder k r i t i s c h e r w o g e n sein und führt dann notwendig auf das s o z i a l e Ideal als Maßstab zurück 2 . Bei der Auskunft, daß die R i c h t i g k e i t eines Rechtes nach seiner Zweckmäßigkeit zu bestimmen sei, ist n i c h t f o l g e r i c h t i g a u s g e d a c h t . Denn jenes besagt ja nur, daß ein besonderes rechtliches Wollen ein taugliches Mittel z u e i n e m begrenzten Z w e c k e sei. Ob es dann g r u n d s ä t z l i c h g e r e c h t f e r t i g t ist, hängt nun notwendig von der gleichen Frage für das angestrebte 6 D i e G r u n d s ä t z e der R i c h t i g k e i t eint'« R e c h t e s s i n d f o r m a l e Rieht l i n i e n d e r G e d a n k e n , a b e r keine V e r f a s s u n g s a r t i k e l , wie die sog. Grundrechte. D i e l e t z t e r e n gehören z u m positiven R e c h t e (§ 49). J E L L I N E K D i e E r k l ä r u n g der Menschen- u n d B ü r g e r r e c h t e (3) 1919. N e u e R e i c h s - V e r f . A r t . 109 f f . D a s Gleiche g i l t v o n den völkerrechtlichen G r u n d r e c h t e n . LISZT V ö l k e r r e c h t (6) 1910 § 19 I I . 1 D i e B e g r i f f s b e s t i m m u n g s. in § 92 a. E . M a n h a l t e f e s t , d a ß Gerechtigkeit d i e E i g e n s c h a f t eines r e c h t l i c h e n W o l l e n s ist, die d a r i n b e s t e h t , d a ß es n a c h der I d e e r e i n e r G e m e i n s c h a f t g e r i c h t e t ist. 2 Zur E r k e n n t n i s dieser W a h r h e i t k a n n die B e s c h ä f t i g u n g m i t MAND E V I L L E T h e f a b l e of t h e b e e s 1705 dienen. D e r g r u n d l e g e n d e F e h l e r dieser d r a s t i s c h e n S c h i l d e r u n g , der nicht auf den ersten B l i c k zu e n t d e c k e n ist, liegt in einem d o p p e l t e n . S i e n i m m t a l s h ö c h s t e s G e s e t z d e s Gemeinwesens d a s S a m m e l n v o n R e i c h t u m u n d einer d a r a u f g e g r ü n d e t e n M a c h t a n ; u n d s e t z t d a z u den zweiten I r r t u m , d a ß sie a l s G e g e n s a t z zu ihrem b e d i n g t e n M a ß s t a b die A s k e s e der Einzelnen annimmt. STAMMLER Mandevilles Bienenfabel. D i e letzten G r ü n d e einer w i s s e n s c h a f t l i c h geleit e t e n P o l i t i k 1917, m i t L i t e r a t u r S . 8. B O B E R T A G M a n d e v i l l e s Bienenfabel 1914/19.

§ 96.

211

Rechtsidee und bedingte Maßstäbe.

b e s o n d e r e Ziel ab. Ein fester Halt wird aber erst bei dem bewußten Einsetzen einer u n b e d i n g t e i n h e i t l i c h e n M e t h o d e des Ordnens erreicht. Das gleiche gilt von der Bezugnahme auf praktische Brauchbarkeit. Auch damit werden n u r b e d i n g t e Z i e l e als maßgeblich eingeführt: eine e n d g ü l t i g e n t s c h e i d e n d e R i c h t l i n i e ist mit jenem Hinweise nicht angegeben 3. Es ist eine in sich verkehrte Grundauffassung, die die Frage stellt: ob man mit der Einsicht in die grundlegenden Bedingungen der Richtigkeit nun auch etwas anfangen könne? D a s E i n z e l n e i s t in s e i n e m W e r t e n a c h dem G a n z e n abzuschätzen, n i c h t a b e r h ä n g t u m g e k e h r t die B e d e u t u n g der kritischen Aufklärung über die grundlegende E i n h e i t v o n i h r e m N u t z e n f ü r E i n z e l h e i t e n ab. Wer eine besondere Bestrebung, etwa die Rechtfertigung gewisser gesetzgeberischer Vorschläge, als festen Punkt nimmt und die Einsicht in die Bedingungen der Richtigkeit eines Wollens nur als dienendes Mittel für jene erachtet, müßte ja das begrenzte Wollen, das er voranstellt, auf Anfordern als richtig b e g r ü n d e n können, also die formale Möglichkeit dieses Begriffes und Beweises wieder notwendig voraussetzen4. Wie kommt es nun, daß sich so häufig der eigentlich leicht einzusehende Fehler zeigt: daß d i e e i n z e l n e A n w e n d u n g der Wissenschaft für wichtiger, als d i e W i s s e n s c h a f t selbst gehalten wird, und so d a s B e s t i m m b a r e als der Prüfstein für d a s n o t w e n d i g B e s t i m m e n d e erscheint? Es erklärt sich daraus, daß alsdann der E u d ä m o n i s m u s als Prinzip v e r s t e c k t z u g r u n d e l i e g t . Es ist die u n b e w u ß t angenommene Grundauffassung, daß d a s o b e r s t e G e s e t z des menschlichen Wollens d a s V e r s c h a f f e n von Lustgefühlen, d i e A b w e h r v o n U n l u s t sei 5 . In Wahrheit ist das H ö c h s t e , was der Mensch erreichen kann, die O b j e k t i v i e r u n g s e i n e r G e d a n k e n w e l t . Es gilt, all sein Bewußtsein r i c h t i g zu gestalten. Die Aufklärung über die notwendigen Bedingungen, unter denen das überhaupt erst möglich ist, trägt sonach ihren Sinn und Wert in sich selbst; und der Zweifel, wozu man solche aufklärende Arbeit brauchen könne, schwindet dann völlig in sich zusammen.

Über die praktische Brauchbarkeit eines rechtlichen Wollens s. § 149. SCHILLER Archimedes und der Schüler. •' HUBER Die Rechtsanschauungen in Jeremias Gotthelf's Erzählung Geld und Geist, S.-A. a. d. pol. .Jahrb. d. Schweiz. Eidgen. 1913. — § 93 Nr. 1. 1

14*

§ 97.

212

Der Subjektivismus.

Vierter

Abschnitt.

Der Einzelne und die Gemeinschaft. I. Der Einzelne. § 97.

Der

Subjektivismus.

Alles grundsätzliche Nachdenken geht schließlich auf die Frage nach dem Sinne des Lebens zurück. Welches ist die Bestimmung des Menschen, worin liegt der Endzweck seines Daseins? Die Erörterungen hierüber lassen sich in die zwei gegensätzlichen Arten teilen: in S u b j e k t i v i s m u s und in O b j e k t i v i t ä t . Jener nimmt als das Maß aller Dinge das einzelne Individuum in seiner bedingten Eigenart und zufälligen Beschaffenheit, die zweite Richtung unterwirft das Denken und Wollen unbedingt feststehenden Weisen des Ordnens. Der S u b j e k t i v i s m u s tritt wiederum in doppelter Gestalt auf: entweder sieht jemand die Möglichkeit eines o b j e k t i v r i c h t i g e n Erkennens und Strebens ein, allein er verwirft dieses und will n u r s u b j e k t i v g ü l t i g e Ziele als letzte Gesetze annehmen, — oder aber er möchte gerne o b j e k t i v r i c h t i g e Ergebnisse haben, sieht jedoch ihre Möglichkeit nicht ein und bleibt darum bei der Behauptung b l o ß s u b j e k t i v g ü l t i g e r Urteile, sei es im ganzen oder in begrenztem Umfange, stehen. 1. B e w u ß t e Verwerfung des Strebens nach objektiver Richtigkeit1. Diese Lebensauffassung ist in sich sinnlos und führt in das Lächerliche. Wenn das jeweilige Ich in seinem augenblicklichen Begehren die höchste Instanz für menschliches Tun und Treiben abgeben soll, so wäre die unerläßliche Folge für jeden Anhänger dieser Lehre eine impositio silentii. Zu niemandem könnte er sagen: Du hast dich geirrt, du hast unrecht, — denn er würde damit ja die Möglichkeit eines Urteils behaupten, das von dem persönlichen Meinen und Drängen unabhängig wäre und über diesem stände. So kann schon im praktischen Ergebnisse es keinem mit der Ablehnung gegenständlich geltender Überlegung ernst sein. Aber schärfer als das: Wenn jemand diese Ablehnung durchführen wollte, so würde er in einem unlöslichen inneren Widersprach befangen sein. Es käme die radikal zweifelnde Behauptung versteckt doch darauf hinaus, daß das ausschließliche Zurückgehen auf die n u r p e r s ö n l i c h gültigen Begehrungen d a s e i n z i g R i c h t i g e sei. Während er 1 Dahin geht STIRNER Der Einzige und sein Eigentum 1 8 4 5 (neu hrsg. bei Reelam). S. dazu W R . § 66 S. 358 ff. — In diesem Buche § 103.

§ 97.

Der

Subjektivismus.

213

vorgibt, das Streben nach o b j e k t i v richtigem Ergebnisse ü b e r h a u p t zu verwerfen, stellt er zugleich die Forderung auf, daß man in einer b e s t i m m t e r Hinsicht e i n e m s o l c h e n Streb e n zu folgen, habe 2. 2. Z w e i f e l a n d e r M ö g l i c h k e i t o b j e k t i v e r R i c h tigkeit. Dieser grundsätzliche S k e p t i z i s m u s kann sich auf alle Gebiete des menschlichen Geisteslebens erstrecken. Auch für die Erwägung des R e c h t e s und der G e r e c h t i g k e i t hat er sich eingestellt. Hier findet er sich in zweierlei Gestalt: a) Er zweifelt daran, daß man den Begriff und die Idee des Rechtes a l l g e m e i n g ü l t i g feststellen und danach o b j e k t i v g ü l t i g e Urteile fällen könne. Aber w i e will er d i e Unmöglichkeit jener Feststellung a priori beweisen ? Wenn er sie selbst in voller Allgemeinheit behaupten wollte, so müßte er den allgemeingültigen Satz aufstellen, daß man überhaupt keinen allgemeingültigen Satz aufstellen könnte, — sich also in einem regelrechten Zirkel bewegen. Sofern er seine Leugnung aber auf die r e c h t l i c h e Erörterung beschränkt, so kann er sogar durch die Tat widerlegt werden: durch das Aufzeigen der Möglichkeit, eine kritisch begründete Theorie der Rechtswissenschaft zu haben. 3 b) Neuere Zweifler wollen einen Unterschied zwischen Tatsachen des sozialen Lebens und zwischen Werturteilen machen. Nur über jene sei eine w i s s e n s c h a f t l i c h e Erörterung möglich. Außerdem bliebe es jedem Staatsbürger überlassen, sich über die Tauglichkeit von besonderen Mitteln zu einzelnen, begrenzten Zwecken zu vergewissern; über weitere Wertungen gebe es keine w i s s e n s c h a f t l i c h e Entscheidung 4. 3 SCHILLER Der philosophische Egoist, Ged. d. 3 Per. — Freilich wird die O b j e k t i v i t ä t im Gegensatze zum E g o i s m u s nicht gut m i t Altruismus ausgedrückt. Gu§TL Egoismus und Altruismus. Zur soziologischen Motivation des praktischen Wollens, Leipzig. Diss. 1903. Handw. d. Staatsw. (3) 1, 4 2 8 ff.; 7, 436 ff. 3 Dieser Skeptizismus geht in das griechische Altertum zurück. S. oben § 10 zu N. 4 f. u. N. 23. STÄUDLIN Geschichte und Geist des Skeptizismus vorzüglich in R ü c k s i c h t auf Moral und Religion, 2 B d e . 1794. KREIBIG Geschichte und K r i t i k des ethischen Skeptizismus 1896. Hierher gehört die b e r ü h m t e Darlegung v o n KANT in der Vorrede zur K r . d. rein. V. 1. Aufl. (§ 98 N. 1). Von m i t t e l b a r e m Interesse für die F r a g e n des T e x t e s ist G. E . SCHULZE Aenesidemus 1792, Neudruck 1911. — I n abgeschwächter Weise zeigt sich der grundsätzliche Skeptizismus im modernen E m p i r i s m u s . S. § 18 N. 1. Novellistisch: FRESKA Phosphor 1913. — Ü b e r Relativismus s. § 18 N. 16. 4 Bes. v e r t r e t e n von M. WEBER Die „ O b j e k t i v i t ä t " sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis, A r c h S o z W . 19, bes. S. 2 3 f f . ; Verh. d. Vereins f. Soz. Pol. 1909 S. 5 8 2 ; 6 0 3 ; A r c h S o z W . 24, 9 4 ff. D a z u W R .

Anm. 232

GOEPEL

(§ 8 1

des P r i v a t r e c h t s 1889.

-

N.

2)

S.

23.

Oben § 56 N r .



5.

GIERKE

Die

soziale

Aufgabe

214

§ 97.

Der Subjektivismus.

Diese Aufstellung scheitert vollständig dadurch, daß sie über den Begriff Tatsachen des sozialen Lebens im Unklaren bleibt. Etwas als eine Tatsache dartun. heißt: eine bedingte Besonderheit nach einer grundlegenden Methode einheitlich bestimmen. Die Eigenart einer Tatsache kann also nur angegeben werden, wenn die Methode, nach der sie einheitlich bestimmt ist, erkenntniskritisch eingesehen wird 6 . Nun ist das s o z i a l e L e b e n ein Z u s a m m e n w i r k e n , das ist ein Verbinden von Zwecken mehrerer Menschen als wechselseitiger Mittel füreinander. Folglich ist eine Tatsache des sozialen Lebens eine einheitlich bestimmte Z w e c k s e t z u n g im Sinne eines verbindenden Wollens. Es liegen nicht zunächst Tatsachen der N a t u r vor — was ja nur einheitlich bestimmte Wahrnehmungen von Körpern wären —, sondern es ist bei der s o z i a l e n Erörterung v o n v o r n h e r e i n gar nichts anderes gegeben, als Verbindungen von Z w e c k e n u n d M i t t e l n , bei deren Erwägimg nach ihrer Tauglichkeit der Gedanke des Wertes in zweiter Linie erscheint 6 . Wenn somit die gesamte Betrachtung des s o z i a l e n Lebens eine Z w e c k b e t r a c h t u n g ist, und wir es dabei mit dem Inhalte m e n s c h l i c h e r B e s t r e b u n g e n zu tun haben: so ist hierbei eine Zweiteilung von Tatsachen und Wertungen unbegründet. Die zu bearbeitenden Gegenstände sind von einer und derselben methodischen Art und durch die gleiche Weise begrifflicher Erfassung bestimmt. Die besprochene empiristische Richtung ist nun geneigt, einem Teile der Wertungen, aus denen, nach dem Gesagten, das s o z i a l e Leben überhaupt besteht, den Charakter o b j e k t i v e r Gültigkeit zuzugestehen, nämlich denjenigen, bei denen die Erwägung an b e g r e n z t e n Z w e c k e n haften bleibt. Wenn man einen solchen b e s o n d e r e n G e g e n s t a n d eines Strebens vor sich habe, so könne man die Berechtigung der dafür geeigneten Mittel an d i e s e m G e g e n s t a n d e messen; darüber hinaus erscheine alles unfaßbar und bloß s u b j e k t i v e m Urteilen zugänglich. In unserer Rechts- und Gesctzsp r ache wird häufig der Ausdruck Tatim Sinne der V o r a u s s e t z u n g einer Rechtsfolge gebraucht. So in der Lehre von den j u r i s t i s c h e n T a t s a c h e n im materiellen Recht und namentlich im Gebiete des gerichtlichen Verfahrens und des prozessualen Beweisrechtes. S. § 124. WINDSCHEID § 67 f. STEIN Komm. z. ZPO. zu § 282 N. 3. In besonderer Anwendung erscheint jenes Wort- als Voraussetzung der E h r e , das ist: des anerkannten Besitzes guter Eigenschaften. S t G B . 186; BGB. 824. F R A N K Komm. z. StGB., bes. zu § 263 I I 1). K A T T E N B U S C H Ehren und Ehre. Eine ethisch soziologische Untersuchung 1909. S A U E R Die Ehre und ihre Verletzung 1915. D E R S . Das Wesen der Ehre, Logos 9. 64 ff. E N G E L H A R D Die Ehre als Rechts gut im Strafrecht 1921. • G. R Ü M E L I N d. J . Werturteile und Willensentscheidungen im Zivil recht, Freib. Rede, 1 8 9 1 . S T A U D I N G E R Empirische und rationale Methode in der Philosophie, Areh. f. syst. Philos. 7. 295 ff. 4

sache

$ 98.

Die Gültigkeit der Sittengesetze.

215

Es ermangelt jene Lehre also vollständig des Begriffes von der g r u n d s ä t z l i c h e n Richtigkeit eines Wollens. Sie sieht nicht, daß dieser Begriff auf einem scharf umrissenen und feststehenden Gedanken fußt, nämlich auf der Möglichkeit einer v o l l e n d e t e n H a r m o n i e unter dem unendlich verschiedenen Inhalte menschlicher Bestrebungen. Wie das Mannigfache der äußeren sinnlichen Eindrücke in der Naturwissenschaft als eine E i n h e i t zu nehmen ist, mit der Aufgabe ihres v o l l k o m m e n e n Zusammenstimmens, so besitzen wir die Möglichkeit des w i s s e n s c h a f t l i c h e n Ordn e n s aller je vorkommenden Zweckinhalte durch ihre Bearbeitung im Sinne eines u n b e d i n g t e n E i n k l a n g e s . Dieser Einklang wird dadurch erzielt, daß die Zielstrebungen in ihrer stofflichen Verschiedenheit einer a b s o l u t g l e i c h m ä ß i g e n Art und Weise der Beurteilung unterworfen werden. Es kommt nur darauf an, die Idee des u n b e d i n g t e i n h e i t l i c h e n R i c h t e n s des menschlichen Wollens, in ihrer Eigenart als Idee der W i l l e n s r e i n h e i t , sich erkenntniskritisch deutlich zu machen und die Möglichkeit ihrer jeweiligen Anwendung auf gegebene Willensinhalte methodisch zu zeigen. Daß eine klärende Einsicht hierüber und ihre stete Bewährung ein für allemal und für jedermann unzugänglich sei, und es dafür nur individuelles Meinen geben könne, ist eine unbewiesene und unbeweisbare Behauptung 7.

Die

Gültigkeit

§98. der

Sittengesetze.

Das Streben nach einer O b j e k t i v i t ä t , deren Möglichkeit wir grundsätzlich einsehen, vollendet sich in der e i n h e i t l i c h e n B e a r b e i t u n g bedingt erwachsender Vorkommnisse. Wir versichern ' Die Behauptung bloß individuell bedeutsamer Werturteile darf nicht mit der Lehre von dem W e r t e verwechselt werden, die RICKERT gegeben hat. Er sieht in ihm eine neue grundlegende Einheit. S. sein Buch Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung 1902, (2) 1913; den Vortrag Kulturwissenschaft und Naturwissenschaft 1899, (4/5) 1921; und vor allem den Aufsatz Zwei Wege der Erkenntnistheorie, Kant-Studien 14, 169 ff. Dazu T R . V I 18 S. 536 ff. Sodann RICKERT Psychologie der Weltanschauungen und Philosophie der Werte, Logos 9, 1 ff. DERS. Die Philosophie des Lebens 1920. DERS. System der Philosophie. I. Teil. Allgemeine Grundlegung 1921. JASPER Psychologie der Weltanschauungen 1919. MÜLLER-FREIEN FELS Grundzüge einer neuen Wertlehre, Ann. d. Philos.

1, 319 ff.

— ÜBERWEG I V

§41;

vgl.

§ 43. REISCHLE W e r t u r t e i l e

und Glaubensurteile 1900. JANSSEN Das Wesen der Gesetzesbildung 1910. OSTWALD Die Philosophie der Werte 1913. HESSE Die Werturteile in der Nationalökonomie, ConradsJ. 3. F. 43, 179 ff. WIEDERHOLD Wertbegriff und Wertphilosophie, Erg. H. d. Kant-Studien Nr. 52, 1920. HORNEFFER Der moderne Individualismus, Kant-Studien 23, 406 ff. SCHMALENBACH Individualität und Individualismus, Kant - Studien 24. :?6R> ff. — HAERING Untersuchungen zur Psychologie der Wertung 1920.

216

§ 98.

Die Gültigkeit der

Sittengesetze.

uns einer unbedingt gültigen M e t h o d e d e s O r d n e n s (vgl. §§5; 80). Ihre erfolgreiche Anwendung auf besondere Fragen liefert o b j e k t i v r i c h t i g e Ergebnisse, wenngleich nicht a b s o l u t feststehende (§ 81). Eindrücke und Strebungen werden einem jeden persönlich gegeben und entstehen im geschichtlichen Verlaufe der Dinge, — aber sie treten einem als Aufgabe gegenüber. Es ist die Bestimmung des Menschen: daß er all sein Sinnen und Trachten nach einheitlich fester Weise ordne und beherrsche. Diese damit erneut in Erinnerung gerufene Wegeleitung gilt gleichermaßen für das W a h r n e h m e n , wie für das W o l l e n . Man hat das bestreiten wollen. Die Gesetze der Natur möchten unabhängig von der Erkenntnis des Menschen gültig sein, die Gesetze des Wollens aber könnten nur behauptet werden, sofern sie von den ihnen Unterstellten gebilligt würden. Keines von beiden ist begründet. Die N a t u r g e s e t z e sind e i n h e i t l i c h e E r f a s s u n g e n gegebener Wahrnehmungen. Sie fliegen nicht in der Luft umher, sondern sind eine Tat des menschlichen Erkennens. Sobald man von der Möglichkeit des letzteren Abstand nimmt, hat der Gedanke eines Naturgesetzen überhaupt keinen Sinn mehr. Er besteht nur durch unser Denken und als solches 1. Die S i t t e n g e s e t z e sind e i n h e i t l i c h e Erfassung e n gegebener Bestrebungen. Jedes von ihnen, das in besonderer Gestalt auftritt, ist ein Versuch, den Inhalt von bestimmtem Begehren im Einklang mit anderem Streben zu halten und eine formale Harmonie innerhalb des stofflich verschiedenen Wollens zu schaffen. So sind die Sittengesetze, in gleicher Weise wie die Naturgesetze, Schöpfungen des Nachdenkens über mögliche Ordnung und Einheit in dem unendlich mannigfachen Inhalte menschlichen Drängens und Trachtens. Und sie sind in der Frage ihrer g r u n d s ä t z l i c h e n R i c h t i g k e i t von der subjektiven Anerkennung eines besonderen Individuums ebenso unabhängig, wie das einheitliche Ordnen der äußeren Erscheinungen 2. Es ist eine Täuschimg, zu glauben, daß man für das letztere in dem Eindrucke d e r S i n n e eine größere Gewähr der G e s e t z m ä ß i g k e i t hätte, als für die Erwägung des S o 11 e n s. Denn die sinnliche Wahrnehmung verschafft keine Erkenntnis eines G e s e t z e s ; das tut nur der ordnende Verstand. Die höchste Instanz für d i e G ü l t i g k e i t eines g e s e t z m ä ß i g behaupteten Lehrsatzes ist also immer nur das kritisch geEntscheidend sind hier die oben (§ 15 N. 8) zitierten Ausführungen von Prolegomena zu einer jeden künftigen Metaphysik, die als Wissenschaft wird auftreten können 1883 §§ 36—38, im Zusammenhalt mit der Kritik der reinen Vernunft (1) 1781 S. 125 ff., (2) 1787 S. 163 ff. 2 L I E B E R T Das Problem der Geltung (§ 68 N. 5). DERS. Der Geltungswert der Metaphysik, Philos. Vortr. d. Kantges. Nr. 10, 1915. R L C K E R T Über logische und ethische Geltung, Kant-Studien 19, 182 ff. S T Ö R R I N G Die sittlichen Forderungen und die Frage ihrer Gültigkeit 1920. 1

KANT

§ 99. Pflichten gegen sich selbst..

217

leitete Nachdenken. Es gibt nur e i n e n e i n z i g e n B e g r i f f der Gültigkeit eines Gesetzes, nämlich: die erfolgreiche Anwendung des Gedankens unbedingter Einheit des Bewußtseins auf gegebene Erlebnisse. D i e s e r B e g r i f f der Gültigkeit ist e i n u n d d e r s e l b e für N a t u r g e s e t z e und für S i t t e n g e s e t z e .

Pflichten

§ 99. gegen sich

selbst.

Die G e s e t z m ä ß i g k e i t des Wollens ist die u n b e d i n g t gleichmäßige A r t , alle denkbaren Begehrungen zu richten. Ihr untersteht sonach auch das Wollen des v e r e i n z e l t e n Menschen. Dabei ist es gleichgültig, ob sich jemand in verhältnismäßiger Abgeschlossenheit für sich hält und einsam lebt, oder ob es sich um einen Menschen handelt, der — wie der Robinson — in vorübergehender Zeit gänzlich außerhalb der menschlichen Gesellschaft haust, oder endlich, ob man sich eine Person im Naturzustande vorstellt und ihr Auftreten phantasievoll ohne alle Berührung mit anderen Menschen in Gedanken ausmalt. In allen diesen Fällen bleibt die Frage bestehen, wie es sich mit der Möglichkeit eines g r u n d s ä t z l i c h r i c h t i g e n Wollens verhalte, wie also die Verantwortung und die Erwägung von Pflichten gegen sich selbst zur Aufgabe gestellt werden können Das macht keine Schwierigkeit, solange wir es mit der Ordnung der wünschenden Gedanken für sich zu tun haben (§ 32). Hier ist es die Harmonie des Sehnens, die methodisch bewirkt und durchgeführt werden soll: Es handelt sich nun um das I n n e n l e b e n des einzelnen Menschen, das nach der Idee unbedingter Reinheit zu ordnen und zu richten ist. Da diese Erwägung in ihrer wesentlichen Eigenart den Einzelnen g e t r e n n t f ü r s i c h aufnimmt, so ist es gleichgültig, ob für diesen Menschen außerdem noch eine s o z i a l e Betrachtung möglich ist. Seine durchgängige Verbindlichkeit besteht gegenüber d e m G r u n d g e s e t z der Willensreinheit überall in gleicher Weise. Durch die Beobachtung einer mehr oder weniger weitgehenden ä u ß e r e n V e r e i n z e l u n g kommt in der geschilderten Richtung weder etwas Neues hinzu, noch auch wird etwas ändernd hin weggenommen. Das gleiche Ergebnis, wie für die w ü n s c h e n d e n Gedank e n , erhält man aber auch für das H a n d e l n u n d Wirken eines vereinzelten Menschen. Freilich ist diese Vorstellung, wie früher (§ 34) ausgeführt, immer unvollendet. Sie ist notwendigerweise von vorläufigem Charakter und führt bei folgerichtigem Ausdenken unvermeidlich zu dem Gedanken des g e s e l l s c h a f t l i c h e n Lebens hin. Solange aber ein Einzelner in seinem äußeren Tun v e r e i n z e l t erwogen 1 NATORP Sozialpädagogik (4) 1920 § 10. — K O I G E N Einsamkeit. Ein sozialphilosophischer Entwurf, Arch. f. syst. Phil. 8, 456 ff. TR. VI 10 u. 11. Oben § 34 N. 4.

§ 100.

218

Gesellschaft und Gemeinschaft.

wird, ist aucli für ihn — in seiner Vereinzelung — das unbedingte Grundgesetz des Wollens durchzuführen 2 . Das ist näher so zu denken, daß er in seinen bedingten Antrieben und Begehrungen unter die Aufgabe widerspruchslosen Ordnens gestellt ist. Dem kann er nur gerecht werden, wenn er in dem Ganzen seiner Persönlichkeit sich niemals zum bloßen Mittel für begrenztes Drängen macht. Als der o b e r s t e Blickpunkt darf nicht ein b e s o n d e r e s Treiben und Trachten bestehen. Vielmehr ist das letztere allezeit so aufzufassen und zu leiten, daß es im Sinne reinen Ordnens beherrscht und in das Ganze des wollenden Bewußtseins harmonisch eingefügt wird. In diesem Sinne gibt es also auch für das äußere Wirken und Tun des Menschen P f l i c h t e n g e g e n s i c h s e l b s t . E r hat in sich den S e l b s t z w e c k , im Sinne des Trägers der I d e e , zu achteu und darf sich, als ein Ganzes, nicht an eine Einzelheit und an eine besondere Begierde als O b j e k t wegwerfen, noch ihr unterordnen. Einen Menschen, dem es gelingt, solches in selbständigem Entschlüsse aufzunehmen und es im Vereine mit richtigem sozialen Wollen zu bewähren, soviel nur angeht, bezeichnet man seit alten Zeiten auch als eine P e r sönlichkeit3. II. Die Gemeinschaft. Gesellschaft

§ 100. und Gemeinschaft.

Wir unterscheiden, im Interesse sachlicher Klarheit, die Ausdrücke Gesellschaft und Gemeinschaft. Unter Gesellschaft ist das V e r b i n d e n von Menschen in seiner b e g r i f f l i c h e n Möglichkeit zu verstehen. Es werden ihre Zwecke wechselseitig als Mittel für einander gesetzt (§§ 31; 35). Hierdurch bestimmt sich der Begriff des s o z i a l e n L e b e n s der Menschen, das dem g e t r e n n t e n I n n e n l e b e n eines jeden für sich gegenübersteht. E s handelt sich also bei diesem Begriffe der G e s e l l s c h a f t um die Zerlegung des menschlichen Wollens nach einem allgemeingültigen Merkmale, das sich in der Erfahrung voll verwirklichen läßt: jedesmal, wenn ein Verbinden von Zwecken mehrerer Menschen in der angegebenen 2 HILLER Das Recht über sich selbst. Studie 1908. 3

KANT K r .

d. prakt.

Eine strafrechtsphilosophische

V. (§ 80 N. 7) I 1,

3 a. E . ;

Religion

(§87N2)

S. 18 f. — Volk und Knecht und Ueberwinder Sie gestehn zu jeder Zeit: Höchstes Glück der Erdenkinder Sei nur die Persönlichkeit. GOETHE West-östlicher Divan, Buch Suleika (Cotta 4, 88). DEL VECCHIO Diritto e personalità umana nella storia del pensiero, Bologna 1904. NLEBERGALL Person und Persönlichkeit 1911. ROSIKAT Individualität und Persönlichkeit 1911. DITTRICH Individualismus, Universalismus, Personalismus, Philos. Vortr. d. Kantges. Nr. 14, 1917. MÜLLER-FREIENFELS Persönlichkeit und Weltanschauung 1918.

§ 100.

Gesellschaft und Gemeinschaft.

219

Art stattfindet, ist der Begriff der G e s e l l s c h a f t ohne allen Rest erfüllt. Dagegen ist die Gemeinschaft die Eigenschaft einer besonders gearteten Gesellschaft, nämlich einer solchen, deren verbindendes Wollen von der Idee reinen Wollens geleitet ist 1 . Diese Idee besagt aber den Gedanken eines unbedingten Einklanges unter allen jemals möglichen menschlichen Bestrebungen. Sie kann daher in der empfindbaren Wirklichkeit bedingter Erfahrung niemals restlos verwirklicht werden (§83). Der Gedanke einer r e i n e n Gemeinschaft bedeutet also einen m e t h o d i s c h e n B l i c k p u n k t , nach dem eine in der Erfahrung gegebene G e s e l l s c h a f t gerichtet werden muß, wenn ihr Auftreten g r u n d s ä t z l i c h r i c h t i g sein soll. Es ist danach abzulehnen, in der G e m e i n s c h a f t ein rätselhaftes Urding zu sehen, von weiter Ausdehnung und großer Stärke. Und sie bedeutet auch nicht ein w i r k l i c h e s Z i e l , das in späteren, vielleicht sehr entlegenen Zeiten einmal erreicht werden könnte. Sie ist ein l e i t e n d e r G e d a n k e für die besondere Erfahrung, tritt in diese aber niemals als bedingter Gegenstand ein. Ehe also der Gedanke der G e m e i n s c h a f t in die bedingte Wirklichkeit eingreifen kann, ist es nötig, daß ein besonderes v e r b i n d e n d e s W o l l e n , mit begrenztem Inhalte, vorliegt. Denn jener ideale Gedanke ist eine r e i n e F o r m des Leitens und Richtens. Wenn kein begrenztes soziales Begehren vorliegt, so bleibt er im Stande bloßer Möglichkeit, ohne eine greifbare Ausgestaltung gewinnen zu können. Für die Praxis des sozialen Lebens folgt hieraus vor allem, daß d i e I d e e d e r G e r e c h t i g k e i t , als der Gedanke reiner Gemeinschaft, den Stoff geschichtlicher Rechtsordnungen braucht, um in gegebener Lage überhaupt ausgeführt zu werden. Es ist gleichgültig, ob das dann im Innern dieser Gesellschaft geschieht, oder sich in ihrem Verhältnisse zu anderen rechtlichen Verbindungen bemerkbar macht. Dagegen läßt sich die Idee der Gemeinschaft n i c h t unverm i t t e l t etwa auf die gesamte Menschheit anwenden. Dazu wäre nötig, daß die letztere in einer bedingten Verbindimg nach positivem Rechte zusammengefaßt wäre; dann würde auf die Art dieser besonderen 1 E s wird sich kaum ein anderer Ausdruck als Gemeinschaft finden lassen, um die ideale Richtlinie auch für das äußere Zusammenleben der Menschen zu kennzeichnen. Freilich wird das genannte W o r t von gar verschiedener Seite, und dann jeweils m i t verschiedener Schattierung gebraucht, a) In der technischen Jurisprudenz für die gesetzliche Rechtsgemeinschaft im Privatrecht gegenüber dem Gesellschaftsvertrag. WINDSCHEID § 449. ENGLÄNDER Die regelmäßige Rechtsgemeinscliaft 1914. b ) I n der Sozialökonomie. TÖNNIES Gemeinschaft und Gesellschaft 1 8 8 7 , ( 3 ) 1 9 2 0 . Dazu S T A M M L E R , Philos. Monatsli 26, 347 ff. c ) I n der E t h i k . G Ö R L A N D ( § 3 2 N. 1 ; auch § 2 9 N. 1 ) . d) I n der Religion. L U T H E R Großer Katechismus 1 5 2 9 , dritter Artikel. Auch als Gemeinschaft mit Gott. L U T H E R Ein Sermon von dem Banne 1520. STANGE Hie Lehre von den Sakramenten 1920.

220

§ 101.

Der Träger des gemeinschaftlichen Wollens.

Verbindung die ideale Richtlinie des gemeinschaftlichen Wollens leitend einzusetzen sein. Für die geschichtliche Wirklichkeit hat dieser phantastische Entwurf natürlich keine Bedeutung 2. § 101.

Der

Träger

des

gemeinschaftlichen

Wollens.

Das Wesen des idealen Gedankens der G e m e i n s c h a f t besteht in einer formalen Eigenart eines sozialen Wollens. Ein gemeinschaftliches Wollen ist ein b e s o n d e r s g e a r t e t e s Wollen. Darum ist bei seiner Erwägung auch nicht gleich nach d e m T r ä g e r des gemeinschaftlichen Wollens gefragt worden. Diese Frage ist f ü r d i e E i g e n a r t des Gedankens vom g e m e i n s c h a f t l i c h e n Wollen gleichgültig. Und die Person, die diesen eigenartigen Gedanken besitzt und betätigt, kann nicht mit gleicher Allgemeingültigkeit angegeben werden, wie die beschriebene gedankliche Eigenart selbst. Es läßt sich nur sagen, daß der Geist des g e m e i n s c h a f t l i c h e n Wollens, wenn es mit rechten Dingen zugeht, von j e d e r m a n n gehegt und gepflegt werden soll, — ob es in Wirklichkeit geschieht, und ob es von dem geschieht, der des Rechtes zu walten hat, bleibt offene Frage des geschichtlichen Erlebens Darum ist das alte Problem vom Verhältnis des E i n z e l n e n zur G e m e i n s c h a f t in Wahrheit nicht so schwer zu nehmen, sobald man die G e m e i n s c h a f t als d i e i d e a l e Eigenart 2 Hierin liegt die theoretische Berechtigung des nationalen Gedankens, die innere Notwendigkeit für die Pflege der Vaterlandsl i e b e . E i n e entschlossene und bewußte Aufnahme dieses Gedankens gehört in Deutschland erst der neueren Zeit seit der Ausbildung der klassischen Literatur an. Nach den Oden und Gesängen von K L O P S T O C K , G R A F S T O L B E R G und anderen, der Darstellung der Hermannsschlacht von K L E I S T faßt es sich m i t hinreißender Wirkung in S C H I L L E R S Wilhelm Teil zusammen. Nach diesem ergriff es F I C H T E in Reden an die deutsche Nation 1808, besonders in der achten Rede. Aus der heutigen Literatur: MEINECKE Weltbürgertum und Nationalstaat (2) 1 9 1 1 . Verh. d. deutsch. Soziologentages 1 9 1 2 S . 21 ff.; 1 4 0 ff. B A U C H Vom Begriff der Nation, K a n t Studien 2 1 , 1 3 9 ff. N A T O R P Die Seele des Deutschen 1 9 1 8 . GÖTZ Das Wesen der deutschen Kultur 1 9 1 8 . F E L D K E L L E R Der Patriotismus. Eine kulturphilosophische Monographie. 1. Teil: Psychologie des patriotischen Denkens 1 9 1 8 . DERS. Vaterland 1919. STAMMLER Materialistische Geschichtsauffassung (§ 17 N. 3 a. E . ) S. 77 ff. 1 Man darf sich nicht die Gemeinschaft als ein selbständige» Ding denken, als ein großes Wesen. Sie gehört nicht zu den uns umgebenden Naturerscheinungen von einer vielleicht riesenhaften räumlichen Ausdehnung. Der ideale Gedanke r e i n e r G e m e i n s c h a f t bedeutet eine bedingende Richtung bei dem Setzen und Verfolgen menschlicher Zwecke. Das g e m e i n s c h a f t l i c h e Wollen ist e i n e Art des Wollens, die durch die Leitung nach der Idee der W i l l e n s r e i n h e i t (§ 80) für das v e r b i n d e n d e Wollen ( § 3 1 ) ausgezeichnet ist. S. auch §§ 16; 54. — G O L D S C H E I D E t h i k des Gesamtwillens 1902.

§ 101.

Der Träger des gemeinschaftlichen Wollens.

221

des verbindenden Wollens f a ß t 2 . Sobald das letztere in der Richtung des sozialen Ideales gelenkt wird, ist das genannte Problem befriedigend aufgelöst. E s ist dann nicht weiter von Bedeutung, ob wir die Frage von der Seite der Verbindung oder von der der verbundenen Willensinhalte her betrachten. U n d umgekehrt m u ß es notwendig zu peinlichem Zusammenstoße führen, sobald jenes Richten im Sinne reiner Gemeinschaft einem verbindenden Wollen fehlt 3 . Endlich ist zu beachten, d a ß auch die gemeinsame Verfolgung einer anderen Idee, als der der G e r e c h t i g k e i t , sich vielfach als innere Gemeinschaft dargestellt h a t . So schon als G e m e i n s c h a f t derer, die der N a t u r w i s s e n s c h a f t oder der K u n s t in einem gleichen Sinne anhängen; besonders aber in Dingen der Religion. Hier ist jedoch ein Unterschied gegenüber dem seither besprochenen Sinne von G e m e i n s c h a f t deutlich zu erkennen. Bei dem g e meinschaftlichen Wollen, als einem besonders gerichteten v e r b i n d e n d e n Wollen, besteht eine notwendige Trennung zwischen den Einzelnen und zwischen der A r t ihrer Verbindung; — bei der G e meinschaft in der jetzt neu hinzugefügten Bedeutung kann es 2 Das Verhältnis des Einzelnen zur Gesellschaft kann nach der Seite -ü d e s

R i c h t i g© e n .

Verschieden von der Frage, worin d e r B e g r i f f des Fortschrittes des Menschengeschlechtes bestehe, ist die ihr folgende Erwägung: Welche Gewähr liegt vor, daß jenem Gedanken auch wirklich Folge geleistetwerde ? Die -erste Voraussetzung hierfür besteht darin, daß ein Zustand d e s R e c h t e s überall durchgeführt ist. Denn die r e c h t l i c h e Art des die Menschen verbindenden Wollens ist die Bedingung zu möglicher sozialer Gesetzmäßigkeit (§ 107). Eine bloß k o n v e n t i o n a l e Weise des Zusammenlebens genügt nicht, und die w i l l k ü r l i c h e Gewalt widerspricht jenem Ziele ; beide bleiben in dem Banne eines n u r s u b j e k t i v beliebenden Begehrens und sind untauglich, eine o b j e k t i v b l e i b e n d e Ordnung zu erlangen, in deren rechtem Ausbau sich der Gedanke des F o r t s c h r i t t e s erst verwirklichen läßt. Dabei ist hier der Blick auf die Gesamtheit des Menschendaseins zu richten. Es genügt nicht, eine Anzahl von Rechtsordnungen g e s c h i e d e n nebeneinander zu stellen. Sie sind selbst wieder unter dem Rechtsgedanken zu verbinden, denn dieser trägt das Merkmal der Unbegrenztheit in sich und greift als Aufgabe überall ein, wo Menschen zusammentreffen (§ 138). An die Möglichkeit, überall den Begriff d e s R e c h t e s bewähren zu können, hat man die Hoffnung eines e w i g e n F r i e d e n s geknüpft Es ist jedoch von vornherein klar, daß auch bei voller Durchsetzung des R e c h t s g e d a n k e n s ein wirklicher Zustand äußerer Ruhe keineswegs unbedingt gewährleistet ist. Das vermag das r e c h t l i c h e Wollen, bloß in seiner Eigenschaft als besondere Klasse des 1 In Deutlichkeit trat die Frage während des dreißigjährigen Krieges hervor. Vgl. auch LEIBNIZ Mars Christianissimus lß°3, übers, v. RITTER (Reclam). Eine feste Gestalt erhielt das durch den Abbé SAINT-PIERRE Projet de la paix perpetuelle 1712. Im 18. Jahrh. wurde es oft beachtet und behandelt, besonders in der Schrift von KANT zum ewigen Frieden 1795, dann wieder in der neuesten Zeit (vgl. § 138 N . 6). LUDW. STEIN D a s Ideal des „ewigen Friedens" und die soziale Frage 1896. STEINBACH Zur Friedensbewegung 1899. DEL VECCHIO II fenomeno della guerra e l'idea della pace (2) 1911. VORLÄNDER Immanuel Kant Zum ewigen Frieden. Mit Ergänzungen aus Kants übrigen Schriften und einer ausführlichen Einleitung über die Entwicklung des Friedensgedankens (2) 1919. NATORP Krieg und Friede. Drei Reden 1915. PRUTZ Die Friedensidee, ihr Ursprung, anfänglicher Sinn und allmählicher Wandel 1917. STAMMLER Recht und Macht (§ 70 N. 1) S. 2 0 f f . STURM D a s Recht auf Frieden. DERS. Das Kriegsrecht, das Recht des Krieges und das Recht der Völker auf Frieden 1919.

GOEDECKEMEYER

Die Idee v o m ewigen "Frieden

1920.

KRAUSE ( § 1 5 N . 1 6 )

Entwurf eines europäischen Staatenbundes (1814), neu hrsg. u. eingel. v. REICHEL

1920.

§ 179. Der Sieg des Richtigen.

367

menschlichen Wollens erwogen, von sich aus überhaupt nicht. Mit ihm ist vielmehr der Gedanke möglicher R e c h t s w i d r i g k e i t zugleich gesetzt (§111). Und in der Bedingtheit des menschlichen Daseirs kann er niemals vollständig außer Anwendung kommen; es werden sich immer wieder r e c h t s w i d r i g e Strebungen und Taten zeigen. Dann muß versucht werden, dem R e c h t e , das sie nicht haben will, Geltung zu verschaffen. Wieder zeigt sich, gerade auch bei weitester Ausdehnung des R e c h t s g e d a n k e n s , daß zu seiner Verwirklichung die M a c h t nötig ist (§70). Gesetzt nun, daß es einem besonderen W e 11 r e c h t e (§ 138) gelingt, sich machtvoll durchzusetzen, so ist eine Gewähr für den F o r t s c h r i t t des Menschengeschlechtes damit allein noch nicht gegeben. E s kann auch u n r i c h t i g e s Recht sein, das beispielsweise durch einen positiv ausgestalteten Völkerbund gepflegt und ausgeführt wird. So gibt der bloße Umstand, daß ein s o z i a l e r Zustand d e m B e g r i f f e des Rechtes entspricht, noch nicht eine Sicherheit dafür, daß er nach d e r I d e e des Rechtes geleitet i s t 2 . Dürfen wir darauf vertrauen, daß dieses letztere im Laufe der Geschichte fortlaufend sich verwirkliche ? Ein w i s s e n s c h a f t l i c h e r Beweis, mit dem die eben gestellte Frage bejaht würde, läßt sich n i c h t erbringen. Und es knüpfen sich hieran die verschiedenen Mutmaßungen des O p t i m i s m u s und des P e s s i m i s m u s . Jener ist der Glaube an den Sieg des Richtigen in der Geschichte, der andere ist sein Gegenteil. Manchmal findet sich auch die Meinimg, daß es aufwärts und dann wieder zurück geht und im Ganzen alles auf dem alten Fleck bleibt. E s liegt aber kein Grund vor, aus dem man an dem schließliehen Aufstieg zu immer häufigerem und stetig gesicherterem r i c h t i g e n W o l l e n der Menschen zu verzweifeln brauchte. Denn alle Beobachtung zeigt, daß nun einmal der Zug nach d e m R i c h t i g e n als eine allgemeine Erscheinung sich wiederholend überall hervortritt. E s will ein jeder doch vor sich selbst gerechtfertigt sein, er müht sich, gegenüber der Stimme des Gewissens sich in Schutz zu nehmen, sich zu reinigen vor den eigenen Gedanken, die sich entschuldigen und anklagen (§88). Und es möchte schließlich-jedermann nach außen hin r e c h t haben, im Sinne p r i n z i p i e l l e r Begründetheit. J a , falls er solches gegen besseres Wissen erheuchelt, so beugt er sich in der Tat am tiefsten vor dem Erfordernis g r u n d s ä t z l i c h e r R i c h t i g k e i t , das dem menschlichen Begehren als Blickpunkt vorgestellt ist. So spricht für einen gesamten Zug nach r i c h t i g e m Ergebnis die Vermutung. E r braucht nicht erst aus besonderen Taten einer ein2 Vgl. § 48 Nr. 5: Der Krieg eine Rechtseinrichtung. § 71: Schwaches Recht. — § 9 1 : Recht und Gerechtigkeit. §94: Die Richtigkeit eines Rechtes. — HIRSCH Deutschlands Schicksal. Staat, Volk und Menschheit im Lichte einer ethischen Geschichtsansicht 1920 (vgl. § 180 N. 3).

§ 180. Das Suchen nach dem vollkommenen Abschlüsse.

368

zelnen Person gezogen zu werden oder in abgegrenzten Ereignissen der Geschichte zu erscheinen, sondern bietet sich als überwiegendes Drängen im Ganzen des Menschenlebens dar. Wenn danach aber ein wahrer und gesicherter F o r t s c h r i t t nun werden soll, so kann er nur geschehen in B e r e i n i g u n g d e r G e d a n k e n und nach festem und immerwährendem W o l l e n . Es ist nötig die rückhaltlose H i n g e b u n g a n d a s R i c h t i g e . Hier wiederholt sich nun im Großen und für die Einheit der Geschichtc die Feststellung, daß alle w i s s e n s c h a f t l i c h e Aufklärung immer nur die M ö g l i c h k e i t des Richtigen zeigt, — daß man dem folgen m ü s s e , das vermag die Wissenschaft 11 i c h t zu beweisen. Für jene H i n g e b u n g und ihre Durchführung entsteht eine n e u e Aufgabe, deren Verfolgung und Lösung dem r e l i g i ö s e n Empfinden anheimfällt. Das führt abschließend zu einem weiteren nötigen Ausblick. Das

Suchen

nach

dem

§ 180. vollkommenen

Abschlüsse.

Die Stellung der R e l i g i o n zur s o z i a l e n Frage erschöpft sich nicht mit ihrem Eingreifen, als Lehre von der L i e b e , zur Verwirklichung dessen, was gerade o b j e k t i v r i c h t i g in einem besonderen Zusammenwirken i s t 1 . Die R e l i g i o n ist anderes und mehr, als nur ein Hilfsmittel zur Bewährung des rechten Verhaltens zum Nebenmenschen. Sie steht in ihrem Berufe eigenartig da und fordert darum eine genauere Betrachtung ihres Verhältnisses zu der R e c h t s p h i l o s o p h i e , als dem Grunde aller s o z i a l e n Wissenschaft. Dabei sind zwei Mängel und Irrtümer zu vermeiden. Manche wollen a l l e Sätze für das s o z i a l e Dasein der Menschen aus dem r e l i g i ö s e n Erleben hernehmen; sie bestreiten der R e c h t s p h i l o s o p h i e ihre selbständige Bedeutung. Andere möchten n u r eine s o z i a l e Theorie kennen und auf die Frage der R e l i g i o n ganz verzichten. 1. Die R e l i g i o n wendet sich in ihrer wesentlichen Eigenart an den e i n z e l n e n Menschen. Sie geht auf sein Verhältnis zu dem V o l l k o m m e n e n und H e i l i g e n , auf Fremdheit oder Gemeinschaft mit G o t t . Die s o z i a l e Frage dagegen hat es mit dem Verbinden der bedingten Zwecke v e r s c h i e d e n e r M e n s c h e n zu tun und betrifft eine eigene Art des Wollens, auf welches v e r b i n d e n d e Wollen die Aufgabe g r u n d s ä t z l i c h e r R i c h t i g k e i t anzuwenden ist. Wenn also jemand a u s s c h l i e ß l i c h an sein r e l i g i ö s e s Erleben denkt, so gelangt er zu der Vorstellung des s o z i a l e n Daseins der Menschen überhaupt nicht 2 . 1 2

Über G e r e c h t i g k e i t und L i e b e s. § 93 Nr. 2. So kam es, daß starke Weltverbesserer, die sich doch an religiös gegebene

§ 180.

Das Suchen nach dem vollkommenen Abschlüsse.

369

Der Begriff des s o z i a l e n Daseins ist aber ein n o t w e n d i g e r Gedanke. E r ist unvermeidlich mit der Tatsache gesetzt, d a ß mehrere Menschen nebeneinander bestehen. Dann ist es nicht zu umgehen, d a ß ihre Zwecke und die von ihnen ergriffenen Mittel in Beziehung zueinander gesetzt werden. Das ist notwendig, weil sonst in den gegebenen Fragen nicht ausgedacht ist (§ 34). Damit ist der Begriff des v e r b i n d e n d e n Wollens als u n e r l ä ß l i c h eingeführt ( § 3 1 ) . W e n n zuweilen gemeint worden ist, d a ß der Mensch aus L i e b e handeln könne und solle, ohne alle Organisation, so kann das verständlicherweise nur heißen, d a ß eine H i n g e b u n g im Sinne der Nächstenliebe stattfinden solle aus freiem Gehorsam gegen göttliches Gebot, ohne Druck und Zwang durch andere Menschen oder gar in Gemäßheit technisch geformter Paragraphen und äußerer Satzungen. Dagegen liegt jedesmal, da jemand in liebevoller Gesinnung dem Nebenmenschen Hilfe leistet (§ 9 3 Nr. 2), die Eigenart des v e r b i n d e n d e n oder s o z i a l e n Wollens vor. Da wir also dieser Richtung der Gedanken gar nicht ausweichen können, so ist es auch Pflicht, sich über ihre Eigenart klar zu werden und d a s für sie maßgebliche Grundgesetz richtigen s o z i a l e n Wollens kritisch zu erwägen 3 . Lehren zunächst anlehnen wollten, es einfach unternahmen, diese letzteren erst umzudeuten, um sie zur Stütze ihrer besonderen Bestrebungen zu machen. So SAINT-SIMON Le nouveau christianisme 1 8 2 5 . WEITLING Das Evangelium eines armen Sünders 1845. J e n e r nennt als Grundsatz: daß die Menschen sich gegenseitig als Brüder betrachten sollen. Das aber ist von christlicher Seite niemals geleugnet worden, daß die Liebe des Gesetzes Erfüllung sei ( § 9 3 N. 5 ) . Neu war bei SAINT-SIMON nur, daß sich die christliche Religion auf die Bruderliebe z u b e s c h r ä n k e n habe. Dagegen faßt der Kommunist WEITLING die Worte von Jesus überall so auf, daß es bei ihnen auf eine Besserung der s o z i a l e n Zustände abgesehen sei, nicht als eine\ Folgeerscheinung, sondern als der höchste Gedanke der christlichen Lehre. I h m erging es, wie manchem andern, der b l o ß u n d a u s s c h l i e ß l i c h an Einrichtungen und Beziehungen von b e d i n g t e r Bedeutung denkt. So auch G U Y O T et L A C R O I X Etüde sur les doctrines sociales du christianisme, Paris 1873, dtsch. 1876. D a ß die Sprüche der Bergpredigt nicht paragraphierte Anordnungen sind, sondern R i c h t l i n i e n der G e d a n k e n bleibt dann verschlossen. Die Warnung aber, b e d i n g t e Güter als h ö c h s t e s Ziel zu nehmen, sollte davor bewahren, a n d e r e b e d i n g t e Begehrungen, z. B . gewissen äußeren Lebensgenuß an jene o b e r s t e Stelle zu bringen, statt des Blickpunktes der V o l l k o m m e n h e i t (Matth. 5, 48). 3 Vgl. § 13 N. 9 f. — Zu beachten ist hier der christliche Sozialismus in England nach MAURICE, KINGSLEY, LUDLOW. Darüber BRENTANO SchmollersJ. 7, 737 ff. — T O D T , Der radikale deutsche Sozialismus und die christliche Gesellschaft (2) 1878. Dazu STAMMLER Sozialismus und Christentum (§ 15 N. 13) S. 88 f. — Aus der neuesten Zeit gehören hierher die Vertreter der sogenannten religiös-sozialen Richtung. Darüber HOLL Luthers Anschauung über das Evangelium, Krieg und Aufgabe der K i r c h e im Lichte des Weltkrieges, Flugschriften des deutschen Evangelischen Gemeindetages Nr. 7 S. 14 ff. A L T H A U S Religiöser Sozialismus. Grundfragen der clirist-

Stammler,

Rechtsphilosophie.

24

370

§ 180.

Das Suchen nach dem vollkommenen Absohlusse.

2. Die W i s s e n s c h a f t vom s o z i a l e n Leben geht auf die Einheit verbundener Bestrebungen und zielt auf deren inhaltliche H a r monie ab. Sie steht neben der Wissenschaft von der N a t u r , als der einheitlichen Erfassung der in R a u m und Zeit uns werdenden Erscheinungen. Gemeinsam ist ihnen der Zug nach E i n h e i t . Wie immer jedoch jedes von ihnen der E i n h e i t energisch zustrebt, so bleiben die beiden voneinander getrennt. Die Forschung mag in jedem von ihnen dem Warum nachgehen, aber stets deckt dieses Wort die zwei verschiedenen Fragen nach dem Wodurch und nach dem Wozu (§ 25). Das Sehnen und Drängen nach der v o l l k o m m e n e n E i n h e i t , welches der Urgrund aller W i s s e n s c h a f t ist, bleibt bei dem Beharren der Forschung nur in dem einen der beiden Gebiete ungestillt 4 . Und doch kann keines von ihnen für sich abgeschlossen das A 1 1 des menschlichen Betrachtens und Suchens ausfüllen. Alle Erörterung von Z w e c k e n sieht sich nach M i t t e l n u m ; und das M i t t e l ist eine a u s z u w ä h l e n d e Ursache. So geht eine vollendete Nichtachtung der Kausalitätsfrage keineswegs an. Falls aber einer sich nicht nur in notgedrungener Arbeitsteilung, sondern nach dem Grundsatze seines ganzen Wesens auf die Frage der u r s ä c h l i c h e n Veränderungen in den Erscheinungen b e s c h r ä n k e n möchte, so ist doch der W i l l e z u r W a h r h e i t von nöten; und mit dem eingeführten Gedankengange des menschlichen Wollens beginnt sofort die Aufgabe, über die Möglichkeit des Wollens und über die Gesetzmäßigkeit seines Inhaltes nachzudenken 6 . Hellen Sozialethik 1921. — Von Interesse ist feiner HIRSCH Die ReicliGottes-Begriffe des neueren europäischen Denkens. Ein Versuch zur Geschichte der Staats- und Gesellschaftsphilosophie 1921 (vgl. § 179 N. 2). Der Verfasser nennt als sein Ziel eine geschichtliche Analyse der ethisch-religiösen Gemeinschaftsideale, von denen die typischen Staats- und Gesellschaftsauffassungen des neueren europäischen Denkens bedingt sind. Seine Grundauffassung stimmt mit der hier gebotenen Darlegung zusammen. Denn der Gedanke von dem R e i c h e G o t t e s besagt gerade die Befolgung der Idee r e i n e r G e m e i n s c h a f t , betätigt in der L i e b e zum Nächsten, die dem G o t t e s g l a u b e n entspringt. 4 Die Beschränktheit der m a t e r i a l i s t i s c h e n Grundmeinung, die schon in der s o z i a l e n Betrachtung als solcher zu nichts, als zu Widersprüchen und Inkonsequenzen führt, vollendet sich in dieser selben Weise auch gegenüber dem r e l i g i ö s e n Problem. Vgl. § 58 N. 2 f. 5 Es würde andernfalls eine v o l l e n d e t e T r e n n u n g der s o z i a l e n und der r e l i g i ö s e n Frage behauptet sein. Für eine solche Behauptung können aus der Literatur wissenschaftlich beachtenswerte Äußerungen n i c h t angeführt werden, sofern man von den bloßen Behauptungen des M a t e r i a l i s m u s (N. 4) absieht. Dem letzteren entstammen die Programme, daß R e l i g i o n Privatsache sein solle. Vgl. dazu auch § 108. Wenn sich außerdem zuweilen die vulgäre Meinung findet, daß P o l i t i k und R e l i g i o n nichts miteinander zu tun hätten, so ist das, wie die Ausführungen des Textes ergeben, nicht konsequent durchdacht. Denn diese

§ 180. Das Suchen nach dem vollkommenen Abschlüsse.

371

Ja, auch das Abschließen der zwei getrennten Teile, einen jeden für sich genommen, vermag im Grunde nur Unvollkommenes zu liefern. Keine noch so exakte N a t u r f o r s c h u n g löst das Rätsel des Woher und Wohin für den Menschen; — alle genaue wissenschaftliche Erörterung möglicher G e s e t z m ä ß i g k e i t der Z w e c k e und Mittel verstummt vor der bangen Frage nach dem Ganzen des Wozu, das in dem Unglück und Leid oder auch bei ungerechtfertigter Lust anderer sich einstellt. Wem hier das Vertrauen auf ein v o l l k o m m e n e s Setzen und Lenken und Richten der Welt nach g ö t t l i c h e m Ratschlüsse fehlt, dessen Zug nach v o l l k o m m e n e r E i n h e i t seines Lebens und Seins bleibt zerrissen und gänzlich unbefriedigt 6 . Oder w i l l er als ein b l o ß e s O b j e k t begrenzter Gewa'teil sich fühlen, sich hin und her schleudern lassen, ohne den Versuch zu machen, sie zu m e i s t e r n und zu b e h e r r s c h e n ? Allein in dem ersten Teile eines derartigen Vorsatzes ist schon ein innerer Widerspruch in sich enthalten, da gleichzeitig das W o l l e n und das bloße W e r d e n genannt sind. Und da in Wahrheit niemand auf ein Zielen und ein Streben irgendwelcher Art verzichten mag: wie kann bei dem W o l l e n , das einer hat, ein V o l l b r i n g e n gefunden werden 7 ? Aus dieser Zwiespältigkeit rettet keine w i s s e n s c h a f t l i c h e Erwägung menschlicher Eindrücke und Strebungen. Die bloße Formel Du kannst, denn du sollst, oder auch ihre Umkehrung, löst den Zweifel nicht: sie wiederholt, genau genommen, nur die quälende Frage, obre sie zu beantworten. Wenn sonach die Geschichte den Menschen dahin gebracht hat, daß er von der M a t e r i e s e i n e s B e s t e h e n s den wissenschaftlichen Ausgang nimmt, dann aber zu der Aufgabe gelangt, den I n h a l t s e i n e s W o l l e n s für sich und im rechtlich bestimmten sozialen Leben gesetzmäßig zu gestalten, so kann er bei ernstem und folgerichtigem Nachdenken nicht dabei stehen bleiben.

beiden Richtungen des geistigen Tuns stehen nicht als zwei Größen nebeneinander, die jeweils absolut abgeschlossen für sich bleiben könnten, sondern es führt jeder in dem einen angeschlagene Gedankengang unvermeidlich zu dem andern hinüber, wobei sie in dem Verhältnis der Unter- und Überordnung stehen, welche letztere in dem hier behandelten Suchen nach dem vollkommenen Abschlüsse besteht. — D a s Gegenteil jener vulgären Meinung vertritt die § 15 N. 2 1 genannte Richtung. Ferner N A T H U S 1 U S die Mitarbeit der Kirche an der Lösung der sozialen Frage 1893 und 1895. Eigenartig: EßELING Kirchenpolitik, Sozialismus, Staatspolitik im Lichte der Bibel 1899. 6

FROEHLICH

Kant-Studien 7

13.

Der 337

Wille zur höheren Einheit 1 9 0 5 . Darüber J O E R G E S ff. S C H O L Z Paul Deußen, Kant-Studien 2 4 , 3 1 2 ff.

Vgl. §§ 26 N. 2; 86. 24*

372

§ 180-

Das Suchen nach dem vollkommenen Abschlüsse.

Je schärfer auch einer bemüht war, von allen Überlieferungen gläubigen Sinnes an geschichtliche Offenbarung sich frei zu machen, um so stärker wird er einsehen müssen, daß die dargelegte Wurzel der R e l i g i o n , als der Hingabe an eine v o l l k o m m e n e Fügung über den Geschicken der Menschen niemals auszurotten ist. Denn nur sie ist imstande, in der ihr eigenen Überlegung d i e b e d i n g u n g s l o s e E i n h e i t zu gewähren, die zu gewinnen er seinerzeit auszog 8 . Zu solchem Suchen nach dem vollkommenen A b s c h l ü s s e leitet darum auch die r e c h t s p h i l o s o p h i s c h e Lehre hin. Die ihr selbst zugefallene Aufgabe ist damit zu Ende gebracht. 8 KANT (§ 15 N. 8) Kritik der reinen Vernunft (2) S. 839 ff.; Kritik der praktischen Vernunft I, II, 2, 5 S. 233 f.

373

R

e

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.

Die größeren Ziffern bezeichnen die Paragraphen, die kleineren die Anmerkungen. Die Angaben des I n h a l t s v e r z e i c h n i s s e s (S. VIIff.) sind in das nachstehende R e g i s t e r n i c h t aufgenommen. Abänderbarkeit des Rechtes 48, 12. ¡ Vgl. 62; 172, 3. Abicht 15, 7. Abkürzende Formel 125 Abs. 3. Ableitung der Idee 92, 2. Vgl. 82, s. , Ablösung des Rechtes von den recht- ¡ setzenden Menschen 129, 1. Absolut, Eigenart dieser Vorstellung ; 24, 2 . Vgl. 9, 2 . Absolut richtig und objektiv richtig ; 81, 2 ff. ; 145, l; 168, 11; 169, 1. 1 Absolut unrichtig 81, 2. Absolute Freiheit 41, 4; 57, 1 f.; 84, 3 f. j Absolute Gültigkeit 81, 8; 135, 2; vgl. 3, 9 ; 10, 5 ; 23, 1; 79, 1; 147 Abs. 1. Absolute Moral 81, 5 f. Abweichung von allgemeinen Regeln : 50, 4; 152, ä. Adventisten 103, 1. Ähnlichkeit und Gleichheit 131, 1. Älterer soll teilen 95, l; 155, 2. Änderung von Aufgaben der Gerichts- ; praxis 62 Nr. 3; 147, 4. Aequitas 7, l; 11, 2 u. 6. Ätiologisch 103, 4. Äußere Gleichheit 171 Abs. 1 ff.; — i .. Politik 138, 8; 169, 3. Äußeres nicht wollen 90 Nr. 2. Africanus 167, 5. Aktenversendung 150, 2. Allein, Begriffsbestimmung für sich — : 23, 4. Allgemeine Elemente einer rechtlichen Vorstellung 5 Abs. 2. Allgemeine Rechtslehre 6, i; 18, 2. Allgemeine Rechtsverhältnisse 157 Absatz 1 ff. Allgemeine Staatslehre 6, 2; 10, 1 Allgemeine Teile der Rechtslehre 130, 2; 133, 4; 141, 4. Allgemeines Gesetz und Besonderheiten 1, 3; 5, Ii 80, 3; 92, 3; 99 Abs. 4. Allgemeines Recht 133, 4. Allgemeingültige Einteilung der Rechtssätze 122 Abs. 4; —r Maßstab 79, 8. Allgemeingültigkeit 1, 3; 4, 4; 9; 40 a, E.; 80, 4 f.; 81, l; 90, 2; 107, l; 115, 2.

Allgemeinheiten, relative 118, 2. Altes Testament 10, l; 52, l; 121, i . Althaus 180, 3. Altruismus 97, 2. Analyse der Urteil sfindung 140, l. Analytische Eigenart der sozialen Geschichte 175 Nr. 2; — Einteilung sozialer Massenerscheinungen 59 Nr. 1 Anarchie 48, 7. Anarchismus 37, ; 146, 2. Anthropologie 16, 4; 20, 1. An wen wendet sich das Recht ? 114, 1. Apathie 10, 16; 90, 2. Aprioristisches Suchen 24, 3. S. außerhalb der Erfahrung. Arbeit 56, 3; 90, 4; — als Grund des Eigentums 166, 3; 169, 10. Arbeiterfrage 63, 3. Arbeitslohn 152, 2. Arbitrium boni viri 7, 1. Ardigo 18, 12; 50, 3; 150, 6. Aristokratie 170, 6. Aristoteles 3, 7; 10, 14; 81, 8; 142, 2; 146, 3; 154, 1; 171, 2 . Arnold 3, 5; 37, 2; 48, 1. Atard 16, 3. Athenische Demokratie 10, 8 f. Auerbach 88, 3. Aufgaben, veränderte der Gerichtspraxis 62 Nr. 3; 147, 4. Aufrechnung 113, 2. Augenschein 146, 7. Augustinus 12, 4 ff.; 47, 3. Ausbeutung 162, 4. Ausbildung 172, 5.

374

Register.

Benevolentia 7, l. Bentham 15, 5; vgl. 93, l. Beobachten, vergleichen, zusammenschließen 116, 4. Berechtigende Rechtssätze 122, l. Bergpredigt 32,2; 85, 6; 86, 3; 180, 2. Berichtigung und Strafe 114, 10. Berichtigung von gesetztem R e c h t e 153, 10. Berkeley 127, l. I Beschränkende dingliche R e c h t e 119, 2; ! 166, 1; vgl. 29, 4. j Beschreibung, ungefähre des Rechtsgedankens 19, s. —, allgemeine, gesellschaftlicher Zustände 6, 7. | Besetztes Gebiet 78, 2. 1 Besonderheiten und allgemeines Gesetz j 1, 3 ; 5, 1; 80, 3 ; 92, 3 ; 99 Abs. 4. | Besonderes Recht 133 Nr. 4. ! Bestandteile, wesentliche 128, 4; vgl. 4,2. —, elementare desRechtsbegriffs 110,2. Ballot-Beaupré 129, 2. i Bestimmte Geldsumme 127 Abs. 5. Band der Treue 12, 13; 77, 4. Bevorzugte Gläubiger 152, 2. Barbarei und Wildheit 61, 2. Bewirken 25, 2. Baumgarten 93, l u. 9; 169, 12. Beziehungen des Lebens 37, 4. Bauerntum 74, 1. Baukunst, allgemein anerkannte Regeln Bierling 18, 13; 21, 4; 41, l; 42, 1; 66, 8 ; 111, 4 f . U . 8 ; 127, 3 ; 129, 3 ; 38, 6. 131, l; 132, l; 134, 3 ; 139, 2 . Bazard 168, 8. Biermann J . W. 26, 4; 29, l ; 35, 8; Beccaria 11, 7. Bedingende Elemente 3, 4; 35, 12; 41, 3. 56, 4 ; 75, 3; 84, 5 ; 103, 2. Bedingung und Bestimmtes 5, 1. Biermann, Joh. 41, l; 133, 5; 140, 2; 157, 3. Bedingte Begriffe 82, 2 ; 115, 2 ff.; 123 Abs. 3. — Formen 3, 8; — Ziele er- Billig und gerecht 7, 3; 146, 2 ff. fordern bedingte Mittel 171, 4; — 1 Billiges Ermessen 7, 1; 10, 19; 154, 3. Zwecke, Wissenschaft davon 29, 4. Billigkeitsurteil nach 829 d. B G B . 156, 3. Bedingtheit, geschichtliche 4, 4; 5, 4; Bindende Gesetzesauslegung 129, 3. Binder 3, 9; 18, 12; 19, 3; 21, 5; 30, 1; 10, 10; 53, 1 ff.; 172, 1 . 31, 4 ; 68, 4 ; 70, 1; 75, 3 ; 91, 4 , 94, 3 ; Bedingungslose Einheit 180, 8. 105. 3; 110, 3 ; 111, 4 f.: 115, 4 . Bedürfnisse des Lebens 55Nr.5 ; 96Abs.2. Binding 18, 5; 26, 2; 27, 4; 32, 3; 40, 2; Beerbung 168, 1 ff. 66, 5 U. 8 ; 73, 3 ; 84, 2 ; 114, 5 U . 1 0 ; Begnadigung 144, 3; 153, 1 ff. 136, 3. Begriff, sein Wesen 68, 3; 82 Abs. 3 ff. ; : 151, 1 . i Bismarck 44, 2; 54, 2. Begriff und Erscheinimg 116 Nr. 1; •— Bleibendes Verbinden 40, l; 46, 2; und Idee 1 u. 2 ; 14, 3; 31, 2;. 50, 3; 1 47, 3; 48, l i ; 107, 2; 179 Abs. 2. vgl. 49, 3. Blutumlauf im Wirtschaftskörper 56, 5. Begriff des Rechtes nicht aus der Idee Bodin 10, 16; 114, 8. her 82, 2. Börsengesetz 161, 4. Begriffsbestimmung bedarf des Gegen- Bona fides 7, l; 11, 2. Boni mores 7, l; 11, 2. satzes 23, 4. BegriffsentwickelndeRechtssätze 123, 1. Bonum et aequum 7, l; 11, 2. Bovensiepen 3, 9; 15, 19; 35, 8; 75, 2; Begriffshimmel 115, 6. Begründetheit, sachliche 68, 5. Siehe 103, 2 ; 158, 5 ; 164, 3 ; 167, 3 . Gesetzmäßigkeit; Richtigkeit. Brauchbarkeit, praktische 96, 3; 149, 2. Begründung des Eigentums 166, 3; Breuer 10, l; 22, 2; 82, 2; 105, 2; 125, 3. Brinz 3, 9; 16, 2; 64, 3; 123, 3; 138, 1. 168, 10. Brüderlichkeit 93 Nr. 3. Beharrlichkeit der Substanz 28, 1. Beispiele reiner Grundbegriffe 3, 8; Bürgerliche Rechtsordnung 57, 3; —s 111, 3 ; 112, 1; 113, 2 . R e c h t 134, 3. Bekker 11, 6; 16, 3; 30, 4; 109, l; 115, 6, Bürgerkrieg 78, 4. 126, 2 ; 128, 6 ; 133, 5 ; 144, 3 ; 171, 1- Burckhardt, W. 64, 4.

Ausdruck in der Sprache 37, 2; 127, 3ff. Ausführung des Rechtes und Gesetzgebung 151, l. Ausgleichen der Interessen 145, 4. Aushelfende Methoden 95, i; 145, 3; 155, 2. Auslegung, Anleitung dazu 129, 3 ff. ; — von Verträgen 167, 5. Auslegungsvorschriften 147, 3. Ausnahmezustand 48, 7. Aussteuer 132, 2. Ausübung eines Rechtes 163, I i . Auswanderung 59, 3. Auswählen der Mittel 27, ä; — des Obersatzes 141 Abs. 1 ff. ; — selbsttätiges 143 Abs. 4 ff. Außenwelt 32, 2 f. Außerhalb der Erfahrung 5, 4; 24, 3; vgl. 53, l (f.; 110, 4; vgl. Utopien.

Register.

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Dreigliederung des sozialen Organis(.'alker, F . 114, io ; 169, 4. mus 35, 11; 55, 1 0 ; 56, 1 2 . Calker, W . 137, l; 174, l. Druck des verbindenden Wollens 37, 8; Calvin 13, 2. vgl. 41, 4 ; 84, 3 f . Camorra 66, 7. Carlo 18, 12; 49, 3; 56, 13; 115, 3; Druck, mittelbarer und unmittelbarer 173 Nr. 4. 129, 3 ; 143, 7; 150, 6. Du kannst, denn du sollst 180 zu 7. Carlyle 177, 2. Duellfrage 37, 8; 42, 3 ; 106, 2. Cathrein 4, 5; 14, 5; 15, 2 1; Dynamisch und teleologisch 25, 6; 144, 5; 103, 4 . Cato 11, 8. Chikane 157, 4; 163, 3. i Egoismus 97, 2China, soziale Moral 10, l. Christentum und Kommunismus 171, 5. E h e 33, 8 ; 85, 4 ; 114, 6 ; 165, l. Christliche E t h i k 90, l; — Sitte 37, 3. E h r e 37, 2; 41, 3; 42, 3; 97, 5. — Wissenschaft 84, 7; —r Sozialis- Eidesverweigerer 103, l. j Eigenliebe 14, 13. mus in England 180, 4. Eigentum, Begriff 114, 9; 126, l; Cicero 11, 9; 93, 3; 144, 4. 138, 4; 166, l; — Entwicklung Clausula rebus sie stantibus 167, s. 61, 3; — Geschichte 22, 5; — B e Cohen 3, 5; 28, l; 29, 4; 85, 6. gründungsversuche 166, 3; 169, 10; Comte 49, 3. — Erwerbstatsachen 124 Abs. 3 ; Conscientious objectors 103, l. — Ausübung 163, 3; — notwendiges Contractas sui generis 147, 2. Ende 166, 6. Conventions 37, 2. 1 Einerleiheit als Gleichheit 171 Nr. 1. Cunow 17, 4; 173, a. Einfluß von Menschen auf Menschen 70, 3 . Dankwardt 147, s. Déclaration des droits de l'homme Einheit des Bewußtseins 1, 4; 5. >; 166, 4; 171, l i . Vgl. 95, o. 27, 3. Decretum Gratiani 47, 3. Vgl. 12,1«. Einheit, bedingungslose 180, 8: — Definitionen 19, 3; 123, 2 u. der sozialen Erfahrung 53, 5; — Dei gratia 52, 3. der sozialen Richtigkeit 42, 2; Dekalog 32, 2; vgl. 121, i. 106, lf. Del Vecehio 5, 3; 6. 5; 14, 13; 15, e u. Einheitliches Ordnen 3, 8; 5, 2; 22, l; 1 3 ; 41, 5 ; 49, 2 f . ; 50, 2 ; 99, 3; 145, a ; 25, l; 30, l; 145, l. S. auch unter 146, 4 ; 178, 2 U. 3; 179, 1. Möglichheit. Delegation der Gesetzgebung 64, 2. Einheitlichkeit des Rechtsbegriffes 71,3. Dem Übel nicht widerstreben 86, 3. Einladung an die zu Verbindenden Demokratie 10, 8f. ; 170, «. 40, 3 . Denken, scharfes und radikales 171, l. i Einsamkeit 34, 4; 99, l . S. auch Weltverbesserer. Einteilung der Rechtssätze 122 Abs. 4. Despotie 48, 2. Einwirkung zu richtiger Art 173, 4. Determinismus 84, 2. l Einzelne Entscheidungen als Maßstab Deuteronomium 52, l; vgl. 10, l. 162, 3. ; Einzelne vom Rechte zu Deutlich und klar 129, 4. verfolgende Deutsche Sprache 117, 4. Zwecke 30, 5. Diehl 48, 3; 56, 2 u. 4; 84, 5; 103, 2; Einzelner und Ganzes 101, 2f.; 166, 9. 171, 8. | Elemente, bedingende 3, 4; 41, 3; — des Begriffes Gesellschaft 35, 12. Dienstbarkeiten 120, i; 147, 2. E l e k t r i z i t ä t 117, 1. Diktatur 48, 3. Elterliche Gewalt 128, 3; 165, 3. Dienen 34, 7. Dingliche Rechte und Lasten 29, 3f.; E m g e 18, 12 u. 16; 79, 7. Empfindbare Wirklichkeit 35, 12. S. 50, 4 ; 119, 2; 166, 1 Diogenes 11, 8. auch empirisch. Dionysius I I . 10, 11. Empfinden des Schmerzes 58,1; vgl. Direkter Druck 173, .9. 85, 5; 146, 8; — soziales 147, 6. Dispens von Ehehindernissen 152, 3. Empirische und reine Begriffe 115, 4. Dohna 16, 3; 18, 14; 84, 2; 112, 8; Empirismus 18, l; 94 Abs. 3 ; 97, 3; 174, 2 . 114, l; 135, 2; 141, 2; 153, 1. Dolmetscher 117, 4. Ende des alten deutschen Reiches Domänen 57, 2. 12, 1 4 ; 66, 2. Drei Fragen dei Rechtsphilosophie 14, ä. 1 Endogame S t ä m m e 61, 3.

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Register.

Endzweck, idealer 2, 6 ; 12, 16; 80, 3ff. ; 96 a. E . ; 176, l ; 180, 6. Energie des Denkens 89 a. E . ; 150, 6; 171, 6. Vgl. 180,8. Engels 17, 2; 57, 6; 61, 3; 63, 3; 169, 10; 173, 2 Enteignung 118, 2; 152, 3. Entmündigung 128, 4. Entstehungsprozeß 146, 5. Entwicklungsgeschichte des Rechtes 61, l. Gnade Entziehung der königlichen 153, 5. Epikur 10, 22. E r b e 3, 8; 29, 4; 129, 6. Erbrecht 168, lff. Erbschaft 121 Abs. 2. Erbvertrag 168, l u. 14. Erdichtung 125, 2. Ergänzende Rechtssätze 143, s. Ergänzung des geformten Rechtes 130 Abs. 5. Erhaltende Politik 173, 8. Erkenntnisbedingungen der körperlichen und der sozialen Betrachtung 35, 8; s. auch naturwissenschaftlich. Erkenntniskritische Methode 3, 7; 22, 7; 26, 3 ; 36, 2 ; 41, 5 ; 69, 3 ; 70, 5 ; 72 i. A . ; 73, lff.; 77 a. E . ; 78, 4; 83, ä; 150, 9. Erlaubende Rechtssätze 122, lf. Eroberungen und Eroberungsrecht 66, io.

Erschaffen dem Stoffe nach 116, 3; vgl. schöpferisch und Idee. Erscheinung und Begriff 116 Nr. 1. Erwerbstatsachen des Eigentums 124 Abs. 3. Erwerb der Idee 81, 7. Erziehung 84 Nr. 3a; 172, ä. Erziehungsverträge unter Ehegatten 161, 8. "H»ti Xg^atä 162, l. Ethisches Etwas neben dem Rechte 94 zu 4. E t i k e t t e 37, 2; 38, 3. Eudämonismus 10, 22; 15, s u. 9; 93, 1 ; 96, 5 ; 149, 4 ; 170, 4 ; 171, 5 ; 173, 9; 174, 3. Ewiger Friede 169, l i ; 179, l. Exogame Stämme 61, 3. Experimentelle Eigenart der sozialen Geschichte 175 Nr. 3. Fallgesetz und Rechtssätze 30, 2; vgl. 58, l . Fahrende Stämme und Horden 136, 2; vgl. 39, l . Familienangehörige 129, 7. Familienverbände 136, 2; 168, 6. Familienwirtschaft 56, 8.

Faust des Gesetzes 43, 4. Faustrecht 48, 8. Fehdewesen 48, 8. Fehr 12, 15; 47, i. Feuerbach 1, 2; 14, 6; 15, 7; 48, 6; 138, 4; 144, 5; 151, 2. F i a t iustitia et pereat mundus 144, 4 . Fichte 15, 7 u. 13; 100, 2. Final und kausal 25, 6; 103, 4. Finden des Richtigen 7, 3; 141 Abs. 1 ff. ; 145, 2ff. Fingierte Zession 125, 4. Fiskus, Vorrechte 152, 2. Form und Stoff 3, lff.; 5, i ; 24, l; 30, l; 35, 12; 56, 3ff.; 145, l. Formen, reine 3, l; 4, 8; 6, 7; 23, 3; 24, l; 25, 3 ; 31, 6 ; 80, 4 ; 91, 11; 109, 2; 130, 3 ; 145, l; 162, 3 . Formal = bedingend 3, 2. Formale E l e m e n t e 3,4; 35, 12; 41, 3. Formale Methode 80, 2; 147 i. A. S. auch erkenntnishritieche und kritische Methode. Formaler Sinn eines verbindenden Wollens 39 a. E . ; 45 a. E . Formel, abkürzende 125, 4. Formel des Analogieschlusses 131, 2. Formel des mittelbaren juristischen Schlusses 140 Abs. 2. Formelles R e c h t 133, 6. Fortsclireiten zum Bessern 8,2; 178, 1. Fortschritt der Wissenschaft 81, 4. Fourier 14, 10. Frage, rechtsphilosophische 9, 2; — soziale 91, 10. Franz I I . 66, 2. Frau und Kinder in den Weistümern 47, 1. Frauenstimmrecht 103, 1. Frei vom Bedingten 80, 3. Freie Persönlichkeit 170 zu 5; 172 Nr. 2a. Vgl. 99, 3. Freies Belieben 7,3; vgl. 153, 7. Freiheit, unbedingte 41, 4; 57, 1; 84, 3f. Freiheit des Meeres 34, 5; 137, 1. Freiheit der Wissenschaft 84 Nr. 2b. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit 93 Nr. 3. Freiheitliche Rechtsordnung 57, 3. Freirechtliche Bewegung 143, 6ff. Freundschaft 37, 5. F r e y t a g 6,7; 12, i s ; 101, 2. Frieden des Gemütes 90, 5. Frieden, ewiger 169, i l ; 179, 1. Friedlosigkeit 34, 5. Fries 1, l; 15, 15; 20, l; 93, 2; 136, 3; 169, 2 ; 171, 8; V g l . 82, 3 . Fröhliches Herz 90 Nr. 3. F r u c h t im Rechtssinne 117,1.

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Gerechtigkeit, ihr Wesen 2, l; 4, 3; Fuchs 118, l ; 147, l u. 6; 161, 3. 43, 3; 57, 6; 76, 1; 83, 2; 92, lff.; Fungible Größen, die römischen Juri- I ! 146, 3. sten 171, l. Gerechtigkeit bei Piaton 10, 1 2 ; bei Aristoteles 10, l8f.; im Mittelalter Ganze, Das — des Bewußtseins 2, 4; 12,3; gegenüber dem Materialismus 8, 1; 169, 12; vgl. 88, 12. 17, 4 Ganze, Das — des sozialen Lebens Gerechtigkeit und Liebe 93 N r . 2; 42, l ; 62 Nr. 2b. 180, l . Ganze, Das — gegebener Zustände Gericht und Sitte 39, 4. 169, l ü ; 171, 10; 172, 5. Ganzes und Einzelnes 57, 8; 96, 4; Gerichtspraxis, Änderung ihrer Aufi gaben 62 N r . 3; 147, 4. 166, 9. i Gerlach 56, l. Garantievertrag 147, 2. Gastwirte, Haftung 152, 5. ; Gerland 88, 6; 93, 9; 114, l ; H l , 2. Gebietende Rechtssätze 122, l. i Germanischer Eigentumsbegriff 114, 9. Gebundenheit an den Stoff 115, ä; | Gesamtwille 31, 4; 101, 1. vgl. 172. S. auch schöpferisch. ! Geschäfte über Körper und Geist Geburt und T o d 124, 2. 162, 4. Geburtshelfer 57, 6. Geschichte, Bedeutung des W o r t e « Gedanke und Wille 129 Abs. 3. 175, 4. ! Geschichte, ihr Begriff 8, 2; 63 a. E . ; Gedankenfreiheit 84 N r . 3. Gefährlichkeit der Beispiele 162, 3. 177 Abs. 1 ff. .Gefühl 146, 4; 167, 4. | Geschichte der Menschheit 177, t Gegenstück eines Begriffes 23, 4. ! Geschichte der Rechtsphilosophie 9, 3. Gegner des Naturrechtes 14, 12. ; Geschichte des Eigentums 22, 5. Geisteswissenschaft 29, 1. I Geschichtlich bedingte Zustände 172 Greistiger Adel 90 N r . 4. Abs. 1. Geiz 59 a. E. Geschichtlich gegebenes Recht 5, 4; Geld 56, 3; 59, 4. 24, 3; 53, lff. Vgl. Außerhalb der Geldsumme bestimmte 127 Abs. 5. Erfahrung; Utopien. Gelten 36, 2; — Sprachgebrauch 67, 1. Geschlechter, ihr Verhältnis zueinGeltung und Gültigkeit 68, 5 ; 98 ander 114, 6. a. E. Geschmacksurteile 87, 1 • Geltungsanspruch und wirkliche Gel- 1 Geschriebenes Recht 127, 3. tung 41, l; vgl. auch 78. ! Gesellschaft, ihr Begriff 31, 6; 32, 2; 35, 1 2 . Geltungswert und Herkunft 3, 8; 5, 4; i 81, 7. ! Gesellschaft und Sitte 39, 1. Gemeiner Verstand 91, 15. ! Gesellschaftsform und Recht 56, 7. Gemeinsame Andacht 108, 2. I Gesellschaftliche Verhältnisse 58, 3; Gemeinsames geistiges Besitztum 62 N r . Ib. 37, 3. Gesetz der Freiheit 84, 8. Gemeinschaft, Bedeutung des Wortes Gesetz und Recht 123, 3. Gesetz und Verordnung 29, 4; 64, 5. 100, l; vgl. 101, 4. Gemeinschaft als Urding 100 Abs. 4; j Gesetze des gesellschaftlichen Lebens 101, 1. | 35, 7. Gemeinschaft frei wollender MenGesetze, historische 177, 1. schen 92 Abs. 6. Gesetzesanalogie 131 a. E. Gemeinschaft, reine, keine stofflich Gesetzgeber und Rechtsbegriff 123 bedingte A r t des Zusammenlebens Abs. 3. 169, 8. Gesetzgebung und Ausführung des Gemeinschaft und Menschheit 100, 2. Rechtes 151, 1. Gemeinschaftsgedanke 92, 3ff.; 145, 1. Gesetzkommission des preußischen Gemeinwohl 93, 8. Rechtes 150, 3. Gemischte Verträge 147, 2. Gesetzlichkeitsfehler 66, 5. Genetisch und systematisch 22, 5ff.; Gesetzmäßigkeit der Geschichte 63 28, 4; 41, 6; 55, 3; 81, 1; 83, 6; 110, 3; a. E . ; 177 Abs. 3. 115 Abs. 4; 146, 5; 175 Nr. 2. Gesetzmäßigkeit des Naturgeschehens GentilVerfassung 61, 3. 84, 2; 98, 1. Geny 129, 2; 143, 6. Gesetzmäßigkeit des Wollens 79, 3; Geographie als Wissenschaft 28, 5. 80, 2ff.; 85, 2; 86 i. A . ; 87 i. A . ; 8X Gerechtigkeit, Sprachgebrauch 91, 9. a. E. ; 99 i . A . ; 145, l; 180, G.

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Gesetzmäßigkeit und Endzweck 176, l. Gesetztes R e c h t 49, l. Gesinnungsgemeinheit 158, 4. Gesinnungsmoral 85, 6. Gesundes E m p f i n d e n 91, 15. Getrenntes Wollen 31, 3. Gewalt, tatsächliche im sozialen Leben 151, 3. Gewissenszwang 45, 2. Gewohnheitsmäßige Übung 65 Abs. I f f . ; 127> 5. Gewohnheitsrecht, Geschichte 65, 3ff. ; 127, 2. Gierke 14, lf.; 28, 2; 31, l; 69, 2; 97, 4; 107, l; 152, e. Giner 15, 16. Gleichartigkeit mehrerer Rechtsfragen 130 Abs. 2. Gleiche Verteilung von Annehmlichkeiten 171 Nr. 3. Gleichheit als Prinzip 57. ß; 93, 8; 171 Nr. 3. Gleichheit vor dem Gesetz 152, i>; 171 Nr. 6. Gleichheit und Ähnlichkeit 131, l. Gleichmäßigkeit im Abgabengesetz 152, ß. Glück 86, l: 90, 4f.; 93 Nr. 1; 171, ä. Gnade und richterliches Urteil 153, I2f. Goepel 24. 4; 81, 2; 94, 1; 95, 4: 97, 4; 112,

2.

(iörland 29, 1; 32, l; 100, l; 172, 4; 177, 4. Göschel 11, 14: 93, 4. Goethe 3,