Lehrbuch der allgemeinen Botanik [Reprint 2022 ed.]
 9783112620045, 9783112620038

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HERMANN VON GUTTENBERG LEHRBUCH DER ALLGEMEINEN BOTANIK

LEHRBUCH D E R ALLGEMEINEN BOTANIK

VON

H E R M A N N VON G U T T E N B E R G o. Professor der Botanik an der Universität Rostock

M I T 630 A B B I L D U N G E N I M T E X T UND 6 TAFELN

1951

AKADEMIE-VERLAG

• BERLIN

Copyright 1951 by Akademie-Verlag GmbH., Berlin Alle Rechte vorbehalten

Erschienen im Akademie -Verlag GmbH., Berlin N W 7y Schiffbauerdamm 19 Lizenz Nr. 156 • 64-20/40-8005/49 Satz und Druck: Pierersche Buchdruckerei, Altenburg/Thür. Bestell- und Verlagsnummer: 5037

VORWORT Vor einer Reihe von J a h r e n erging ein mich die Aufforderung, das „ L e h r b u c h der Allgemeinen Botanik" von WARMING-JOHANNSEN n e u herauszugeben. I n der T a t fehlte ein solches L e h r b u c h damals gänzlich. I n keinem der vorhandenen W e r k e w u r d e der Gesamtstoff dieser Wissenschaft gleichmäßig u n d in der Ausführlichkeit behandelt, wie sie der Unterricht an Hochschulen erfordert. Diese Lücke w u r d e auch später nicht geschlossen. D i e n e u erschienenen L e h r bücher widmeten sich in einseitiger Weise der Pflanzenphysiologie, u n d hier wieder w u r d e die Reizphysiologie gegenüber der des Stoffwechsels stark vernachlässigt. W e n n n u n auch in der Forschung h e u t e physiologische Probleme i m Vorderg r u n d e stehen, so m u ß ein L e h r b u c h doch auch die gesamte Morphologie in gleicher Ausführlichkeit behandeln. Das w a r der Vorzug des Buches von.WARMINGJOHANNSEN gewesen, u n d deswegen w u r d e es i m m e r wieder verlangt. Eine Neubearbeitung dieses Werkes konnte h e u t e nicht m e h r in Frage k o m m e n . Dazu liegt die Zeit seines Erscheinens schon zu weit zurück. Doch hielt ich es f ü r richtig, ein entsprechendes L e h r b u c h n e u zu verfassen, u m so m e h r , als die Klagen ü b e r den M a n g e l geeigneter Studienbücher i m m e r lauter w u r d e n . D e r Plan, der mich bei der Abfassung des Buches leitete, w u r d e oben schon Eingedeutet. Es sollte die Hauptabschnitte der Allgemeinen Botanik, nämlich Zellen- u n d Gewebelehre, die Morphologie der ä u ß e r e n Gestalt sowie die verschiedenen Abschnitte der Physiologie möglichst paritätisch behandeln. Es lag daher n a h e , von den eigenen Vorlesungen auszugehen, die den Studierenden das Ausm a ß a n Stoff zu bieten versuchen, das i m allgemeinen als ausreichend f ü r i h r e Abschlußprüfungen betrachtet wird. W e r sich freilich ganz der Botanik w i d m e n will, m u ß schon w ä h r e n d der Studienzeit zu H a n d b ü c h e r n greifen. Bei der Darstellung des Stoffes b e m ü h t e ich mich möglichster Einfachheit u n d Klarheit, u m das Buch auch d e m Anfänger zugänglich zu machen. Jeder Abschnitt w u r d e in der Form dargestellt, von der ich glaube, daß sie a m besten zum Verständnis gerade dieses Stoffes f ü h r t . Meine Absicht war, ein L e h r b u c h zu schreiben, das gleichzeitig auch ein , , L e r n b u c h " ist, u n d dieser Zweck wird meines Erachtens nicht erreicht, w e n n der Verfasser von einer betont subjektiven Einstellung ausgeht. D a m i t w ü r d e das Buch zwar origineller, aber k a u m nützlicher. D e r riesige U m f a n g des Stoffes zwang zu Einschränkungen, die ja auch i m Unterricht unvermeidlich sind. An welchen Stellen mein solche v o r n e h m e n soll, d a r ü b e r w e r d e n die Ansichten i m m e r geteilt sein. Ich bin der Meinung, daß m a n Grenzen besonders da zu ziehen hat, wo ein Verständnis ohne H e r a n z i e h u n g anderer Wissenschaften nicht m e h r erzielt werden k a n n . Das gilt besonders f ü r

Vorwort

VI

die physiologische Chemie, deren botanischer Teil in einem besonderen Lehrbuch behandelt werden müßte, das uns leider fehlt. Auch die Genetik konnte nur kurz dargestellt werden, um so mehr, als hierfür verschiedene Lehrbücher zur Verfügung stehen. Möglichste Reichhaltigkeit und Sorgfalt wurde bei der Bebilderung des Buches angestrebt. Vorhandene, in jeder Hinsicht einwandfreie Abbildungen wurden übernommen, da hier Neuzeichnungen überflüssig und zum Teil aus Materialmangel gar nicht möglich waren. Ich danke besonders Herrn Prof. Dr. TROLL für die freundliche Erlaubnis, aus seiner „Vergleichenden Morphologie der höheren Pflanzen" Bildmaterial entnehmen zu dürfen. Daß ich im Sinne meiner verstorbenen Lehrer G. HABERLANDT und R. V. WETTSTEIN handelte, wenn ich aus ihren klassischen Werken Abbildungen auswählte, darf ich als sicher annehmen. Eigene Bilder fertigte ich überall dort an, wo mir passende Darstellungen bisher zu fehlen schienen. Ich versuchte ferner, durch teilweise Umzeichnung eine möglichst einheitliche Bebilderung zu erreichen und dabei frühere Fehler zu verbessern. Daß der Verlag die hohen Kosten nicht scheute, die dieses Verfahren mit sich brachte, verpflichtet mich ihm gegenüber zu ganz besonderem Dank. Von einem besonderen Literaturverzeichnis nahm ich Abstand, da es kaum mehr möglich ist, aus der Fülle der Arbeiten eine auch nur einigermaßen objektive Auswahl zu treffen. Überdies wäre ein sehr großer Teil davon den Studenten heute gar nicht zugänglich. Ich beschränkte mich daher darauf, bei den Hauptabschnitten auf Handbücher und zusammenfassende Referate hinzuweisen, die über die Originalarbeiten Auskunft geben. So übergebe ich das Buch den Studierenden der Biologie, Pharmazie, Landwirtschaft und Medizin in der Hoffnung, eine brauchbare Unterlage für ihr Studium geschaffen zu haben, und mit dem Wunsche, daß es manchen unter ihnen zu späterer eigener Forschung anrege. Den Fachkollegen bin ich für eine kritische Beurteilung nur dankbar; andererseits erbitte ich aber auch ihre Nachsicht in Anbetracht der ungemein schwierigen Umstände, unter denen dieses Buch zustande kam. Rostock im Januar 1950 HERMANN VON GUTTENBERG

INHALTSVERZEICHNIS Seite

Vorwort Inhaltsverceichnis Einleitung

V VII 1 Erster Teil : MORPHOLOGIE :

Aufgaben und Möglichkeiten der morphologischen Forschung Erster Abschnitt: Zellenlehre (Zytologie) A. Allgemeines B. Der Bau der Zelle I. Zellgröße und Zellform II. Das Protoplasma und seine Einschlüsse 1. Das Zytoplasma 2. Der Zellkern 3. Der Chemismus des Zellkerns 4. Die Piastiden 5. Alloplasmatische Gebilde 6. Der Chemismus des Protoplasmas 7. Die Feinstruktur des Protoplasmas und seine physikalischen Eigenschaften III. Die Kern- und Zellteilung 1. Die Kernteilung (Mitosis) 2. Der Feinbau der Chromosomen 3. Die Kernteilung bei Algen und Pilzen 4. Die Meiosis (Reduktionsteilung) 5. Die Zellteilung 6. Freie Kernteilung 7. Freie Zellbildung 8. Zellabschnürung und Sprossung 9. Plasmodesmen und Zellfusionen IV. Die ergastischen Gebilde 1. Die Stärkekörner 2. Die Kristalle 3. Die Fette . 4. Die Chondriosomen V. Die Vakuolen VI. Die Zellmembran 1. Bau und Wachstum der Membran 2. Die chemische Natur der Zellmembran 3. Die Feinstruktur der Zellulosemembran und deren physikalische Eigenschaften

5 10 10 13 13 14 14 16 19 20 26 27 29 31 31 37 38 38 44 47 47 48 48 50 50 52 55 56 56 60 60 64 69

Zweiter Abschnitt: Gewebelehre (Histologie) A. Kolonien und Gewebe

73 73

VIII

Inhaltsverzeichnis Seite

B. Die Gewebesysteme I. Die Bildnngsgewebe (Meristeme) II. Das Hautsystem a) Die äußeren Häute 1. Die Epidermis 2. Die Trichome 3. Das Korkgewebe 4. Die Exodermis (Interkutis) b) Die inneren Häute 1. Die Endodermis III. Das Absorptionssystem 1. Die Rhizodermis 2. Die Durchlaßzellen 3. Das Velamen 4. Die Absorptionshaare der Laubblätter 5. Die Haustorien 6. Die Absorptionseinrichtungen niederer Pflanzen IV. Das Assimilationssystem V. Das Sekretionssystem 1. Die Hydathoden 2. Die Verdauungsdrüsen 3. Die Nektarien 4. Die öl-, Harz- und Gummidrüsen a) Innere Drüsen b) Äußere Drüsen c) Milchröhren 5. Die Kristallbehälter VI. Das Speichersystem VII. Das Durchlüftungssystem VIII. Das mechanische System 1. Die Bastzellen 2. Die Libriformfasern 3. Die Kollenchymzellen 4. Die Sklerenchymzellen IX. Das Leitungssystem 1. Die Elemente der Wasserleitung 2. Die Elemente der Stoffleitung . ; 3. Die Gefäßbündel a) Zentrische Bündel b) Kollaterale Bündel c) Radiale Bündel 4. Die physiologische Bedeutung der Bündeltypen X. Das Bewegungssystem XI. Das Perzeptionssystem

78 78 80 80 80 83 85 89 90 90 92 92 94 94 95 97 99 100 104 105 107 108 109 109 113 114 116 117 119 128 129 131 131 133 134 135 139 141 144 145 148 150 151 151

Dritter Abschnitt: Morphologie der äußeren Gestalt

153

A. Die Symmetrieverhältnisse der Pflanzen B. Thallus und Kormus C. Der Thallus I. Die Tallophyten II. Die Bryophyten

153 154 155 155 161

Inhaltsverzeichnis

IX Seite

D. Der Kormus (Die Kormophyten) 1. Kapitel: Die Entwicklung und Gestaltung der vegetativen Organe I. Der Embryo II. Die Keimpflanze III. Der Sproß 1. Entwicklungsgeschichte 2. Das primäre Dickenwachstum und die Streckung 3. Die Anatomie der Achse 4. Das sekundäre Dickenwachstum des Sprosses a) Der Kambiumring und seine Elemente b) Die Bildung der Markstrahlen c) Die sekundäre Rinde d) Der Holzkörper a) Die Elemente des Holzes ß) Die Anordnung der Elemente im Holzkörper y) Der Jahresring 8) Kernholz und Splint e) Das anomale Dickenwachstum f ) Das Dickenwachstum der Monokotyledonen IV. Das Blatt 1. Die Laubknospe 2. Die weitere Entwicklung des Blattes 5. Einteilung und Gliederung des Blattes 4. Das Oberblatt a) Die Blattspreite b) Primär- und Folgeblätter. Heterophyllie c) Der Blattstiel 5. Das Unterblatt 6. Die Anatomie des Laubblattes 7. Die Blattnerven 8. Das Niederblatt 9. Das Hochblatt V. Die Gestaltung des vegetativen Sproßsystems 1. Die Symmetrieverhältnisse und die Lage im Raum 2. Die Blattstellung 3. Anisophyllie und Blattmosaik 4. Die Verzweigung der Sproßachse 5. Der Einfluß der Intemodienlänge auf die Wuchsform 6. Verschiebungen (Kongenitale Verwachsung) VI. Die Metamorphosen des Sprosses -. 1. Der Stengel a) Phyllokladien b) Speichersprosse a) Rhizome ß) Knollen c) Sproßdornen d) Sproßranken 2. Das Blatt a) Speicherblätter (Zwiebeln) b) Schlauch- und Kannenblätter c) Blattdornen d) Blattranken e) Phyllodien

164 164 165 171 176 176 182 184 J. 95 195 199 200 202 202 204 206 208 209 209 210 210 211 214 214 214 221 223 223 224 227 230 232 234 234 236 241 242 248 251 254 255 255 257 257 259 262 263 265 265 267 269 270 271

Inhaltsverzeichnis

X

Seite

VII. Der Blütensproß 1. Die Blüte . . . . 2. Die Blütenstände (Infloreszenzen) VIII. Die Wurzel 1. Die verschiedenen Wurzeltypen 2. Der Vegetationspunkt der Wurzel 3. Die Anlage der Seitenwurzeln, Beiwurzeln und Wurzelsprosse 4. Die Verzweigung der Wurzel 5. Die Anatomie der Wurzel 6. Der Übergang des Wurzelbündels in das Hypokotyl 7. Das sekundäre Dickenwachstum der Wurzel 8. Die Metamorphose der Wurzel a) Speicherwurzeln b) Stützwurzeln c) Wurzeldornen und Nestwurzeln d) Haft- und Kletterwurzeln e) Assimilationswurzeln f ) Atemwurzeln IX. Ökologische Pflanzentypen 1. Der Einfluß von Klima und Standort 2. Hygrophyten 3. Tropophyten 4. Xerophyten 5. Hydrophyten 6. Epiphyten 7. Kletterpflanzen (Lianen) 8. Carnivore Pflanzen 9. Parasiten 10. Saprophyten 2. Kapitel: Die Organe der Fortpflanzimg I. II. III. IV. V.

Übersicht Ungeschlechtliche Fortpflanzung Geschlechtliche Fortpflanzung Kernphasen- und Generationswechsel Die Fortpflanzung der Bryophyten, Pteridophyten und Anthophyten 1. Biyophyten 2. Pteridophyten 3. Gymnospermen 4. Angiospermen 5. Sonderfälle der Embryonalentwicklung . 6. Die Bestäubung der Blüte VI. Frucht und Samen VII. Die Verbreitung von Frucht und Samen Zweiter der Pflanzenphysiologie

Erster Abschnitt: Stoffwechsel A. Einteilung der Stoffwechselvorgänge B. Die stoffliche Zusammensetzung der Pflanzen I. Der Wassergehalt

332 334 337 340 350 351 354 359 362 367 370 373 377

Teil:

PHYSIOLO Aufgaben und Einteilung

273 273 279 283 283 284 289 291 292 294 295 297 297 298 299 300 301 302 304 304 305 306 . 308 314 315 318 320 324 330 332

GlE: 387

389 389 390 390

Inhaltsverzeichnis

XI Seite

II. Die Trockensubstanz 1. Die organischen Verbindungen a) Stickstofffreie organische Verbindungen b) Stickstoffhaltige organische Verbindungen 2. Die Pflanzenasche

390 390 390 392 394

C. Der Wasserhaushalt I. Die Aufnahme des Wassers 1. Die Wasseraufnahme der Zelle a) Diffusion und Osmose . . . . b) Die Osmose der Zelle c) Die Gewebespannung d) Die Bestimmung des osmotischen Druckes und die Plasmolyse . . . . e) Die osmotisch wirksamen Stoffe und die Turgorregulation f ) Die physiologische Bedeutung der Osmose g) Die Quellung h) Die Wasserstoffionenkonzentration i) Die Permeabilität des Protoplasmas 2. Die Wasseraufnahme der Organe a) Die Wasseraufnahme der Wurzel a) Die aufgenommenen Wassermengen ß) Der Wurzeldruck und das Bluten der Pflanzen b) Die Wasseraufnahme durch oberirdische Organe II. Die Transpiration 1. Die physikalische Komponente der Transpiration 2. Die physiologische Komponente der Transpiration 3. Die kutikuläre Transpiration 4. Die stomatäre Transpiration 5. Der Tagesverlauf der Transpiration 6. Methoden der Transpirationsbestimmung 7. Die Wasserbilanz der Pflanzen 8. Die Wasserökologie einiger Pflanzentypen 9. Die physiologische Bedeutung der Transpiration und die Guttation. . . III. Die Leitung des Wassers 1. Die Wege der Wasserleitung 2. Die Kohäsionstheorie des Wassertransportes

395 395 395 3 9 5 399 401 401 403 404 . 404 406 408 409 409 .412 413 415 415 415 416 416 416 421 421 422 • 422 . 423 424 424 426

D. Die Nährsalze I. Die Elemente 1. Nährlösungen 2. Die Bedeutung der einzelnen Elemente 3. Die Spurenelemente II. Die Aufnahme der Nährsalze 1. Das Speicher- und Wahlvermögen 2. Die Adsorptionstheorie 3. Die Bodenadsorption 4. Die Bodenarten 5. Die Bodenazidität 6. Die Düngung

429 429 429 431 432 433 433 433 434 435 438 438

E. Die Assimilation des Kohlenstoffes I. Autotrophie und Heterotrophic II. Die Photosynthese 1. Nachweismethoden 2. Die Bildung der Assimilate

439 439 440 441 443

. . .

XII

Inhaltsverzeichnis Seite

3. 4. 5. 6. 7.

Der Nachweis von Stärke und Zucker Die Menge der Assimilate Das Licht als Energiequelle Der Chemismus der Photosynthese Der Einfluß äußerer Faktoren . a) Der Einfluß der Lichtintensität b) Der Einfluß der Temperatur c) Der C0 2 -Gehalt der Luft 8. Der Einfluß der Spaltöffnungen 9. Der Tagesverlauf der Assimilation 10. Die Photosynthese der Purpurbakterien I I I . Die Chemosynthese F. Die Assimilation des Stickstoffes I. Die Stickstoffquellen der autotrophen Pflanzen II. Die Bildung der Aminosäuren und der Eiweißstoffe G. Die Ernährung der heterotrophen Pflanzen I . Saprophyten II. Symbiosen 1. Flechten 2. Die Mykorrhiza 3. Bakteriensymbiosen

444 444 445 447 448 449 450 451 451 452 452 455 454 454 455 456 456 458 458 459 463

I I I . Die Carnivoren

464

IV. Parasiten

465

H. Der Transport der Baustoffe I. Die Mobilisierung der Reservestoffe und die Enzyme II. Ursachen und Wege der Stoffwanderung J . D;e Dissimilation I. Die Bedeutung der Dissimilation II. Die Atmung der autotrophen chlorophyllhaltigen Pflanzen 1. Nachweismethoden 2. Das Ausmaß der Atmung 3. Die Aufnahme des Sauerstoffs 4. Der Einfluß der Außenfaktoren 5. Die veratmeten Substanzen 6. Die intramolekulare Atmung

466 467 470 472 472 472 473 474 475 475 476 477

I I I . Die Atmung der autotrophen Bakterien

478

IV. Die reduzierenden Bakterien

480

V. Die Dissimilation der heterotrophen Pilze und Bakterien 1. Die Gärungen a) Die Alkoholgärung b) Der Ablauf der alkoholischen Gärung und die Gärungsfermente c) Oxydation und Dehydrierung d) Weitere Gärungen e) Die Gärungs- und Atmungsfermente VI. Der Kreislauf der Stoffe

480 480 481 . . . 482 484 484 485 487

VII. Der Energieumsatz in der Pflanze

488

V i n . Die Endprodukte des Stoffwechsels

490

Inhaltsverzeichnis

XIII Seite

Zweiter Abschnitt: Formwechsel

491

1. Kapitel: Das Wachstum

491

A. Wachstum und Entwicklung

491

B. Die Phytohormone

492

C. Das embryonale Wachstum

493

I. Art und Verteilung des embryonalen Wachstums XI. Die Hormone des Plasmawachstums und der Zellteilung

493 493

D. Das Streckungswachstum

495

I. Registriermethoden

495

I I . Die Wachstumszonen

496

I I I . Die Streckung der Zelle

497

IV. Die Hormone des Streckungswachstums (Auxine) 1. Nachweismethoden und Chemismus 2. Die Bedeutung der Wuchsstoffkonzentration 3. Die Wirkungsweise des Auxins 4. Die Bildungsstätten und der Transport des Auxins 5. Weitere Wuchsstoffe V. Die Beeinflussung des Streckungswachstums durch äußere Faktoren

497 497 498 498 499 500 501

2. Kapitel: Die Entwicklung A. Die embryonale Entwicklung I . Die Polarität 1. Die Beeinflussung der Polarität durch äußere Faktoren II. Korrelationen und WuchsstoffVerteilung I I I . Die Restitution IV. Die Morphosen 1. Photomorphosen 2. Weitere Morphosen V. Die Periodizidität von Wachstum und Entwicklung 1. Der Photoperiodismus 2. Die Vernalisation VI. Der Abschluß der Entwicklung und die Lebensdauer

501 502 503 504 505 507 509 509 511 512 514 515 516

3. Kapitel: Die Vererbung

517

A. Die Modifikationen

517

B. Die Erbanlagen

518

C. Die M e n d e l ' s e h e n Vererbungsgesetze I. Die Uniformitätsregel I I . Die Spaltungsregel I I I . Die Unabhängigkeitsregel IV. Faktorenkoppelung

520 520 523 526 528

D. Die Geschlechtsbestimmung I. Die phänotypische Geschlechtsbestimmung II. Die genotypische Geschlechtsbestimmung

529 530 531

E . Die plasmatische Vererbung

534

F. Die Mutationen I. Die verschiedenen Mutationstypen II. Die Bedeutung der Mutationen

535 536 538

G . Zur Physiologie der Vererbung

539

XIV

Inhaltsverzeichnis Seite

Dritter Abschnitt: Ortwechsel (Bewegung)

543

A. Übersicht über die Bewegungen der Pflanzen

543

B. Die hygroskopischen Mechanismen

544

C. Die Kohäsionsmechanismen

549

D. Die Turgor-Explosionsmechanismen I. Spritzmechanismen II. Schleudermechanismen

551 551 553

E . Die Reizbewegungen

557

I. Der Reizbegriff

557

II. Die Tropismen 1. Der Einfluß der Reizrichtung 2. Variations- und Nutationsbewegungen 3. Reaktionszeit und Präsentationszeit 4. Das Zusammenwirken der Reize 5. Der Geotropismus a) Die Schwerkraft als Reizanlaß b) Der Verlauf der Bewegung c) Die Suszeption des Schwerereizes d) Der Perzeptionsort e) Der Einfluß von Reizintensität und Reizungsdauer f) Der Einfluß der Neigungslage g) Der Einfluß der Längskraft h) Verschiedene Formen des Geotropismus i) Umschaltung des Geotropismus k) Die ökologische Bedeutung des Geotropismus 1) Die Wuchsstofftheorie des Geotropismus 6. Das Winden der Pflanzen 7. Der Phototropismus a) Einteilung und Mechanik der phototropen Bewegungen b) Der Reizanlaß und die Suszeption des Lichtes c) Der Perzeptionsort d) Die Abhängigkeit von Reizintensität und Reizungsdauer e) Die phototrope Stimmung (Der Phototonus) f) Die phototrope Umschaltung g) Der Transversalphototropismus h) Die Wuchsstofftheorie des Phototropismus 8. Der Thigmotropismus 9. Weitere Tropismen I I I . Die Nastien 1. Allgemeine Charakteristik 2. Die Mechanik der Bewegungen 3. Seismonastie a) Mimosa pudica a) Der Bewegungsvorgang ß) Die Bewegungsmechanik y) Die Reizleitung b) Dionaea muscipula c) Reizbare Staubblätter und Narben 4. Thigmonastie a) Die Droseratentakel 5. Photo-, Geo- und Thermonastie

559 559 559 560 561 561 561 563 564 566 567 568 569 569 572 572 573 574 576 576 577 578 578 580 580 581 582 583 585 586 586 587 588 588 588 . 589 590 590 592 593 593 596

Inhaltsverzeichnis

XV Seite

6. Nyktinastie (Die Schlafbewegung) a) Die Rhythmik der Schlafbewegungen b) Die Mechanik der Schlafbewegungen 7. Die Schließbewegung der Spaltöffnungen IV. Die autonomen Organbewegungen V. Die freie Ortsbewegung 1. Frei bewegliche Organismen 2. Die Taxien 3. Die Plasmaströmung 4. Die Bewegungen von Zellkernen und Piastiden

596 596 598 599 599 600 600 602 603 604

EINLEITUNG Das Studium der Botanik besteht in der wissenschaftlichen Beschäftigung mit Pflanzen. Es kann mit sehr verschiedener Zielsetzung erfolgen, da die Fülle der wissenschaftlichen Probleme eine außerordentlich große ist. Vor allem kann man eine spezielle und eine a l l g e m e i n e B o t a n i k unterscheiden, die sich klar gegeneinander abgrenzen. Aufgabe der s p e z i e l l e n B o t a n i k ist es, das gesamte Pflanzenmaterial zu beschreiben und nach bestimmten Prinzipien zu ordnen. Das Ergebnis dieser Bemühungen war die Aufstellung eines Systems des Pflanzenreiches, weshalb die spezielle Botanik auch S y s t e m a t i k genannt wird. Als Ordnungsprinzip gilt heute ausschließlich die n a t ü r l i c h e V e r w a n d t s c h a f t der Pflanzen, als Endziel die Aufstellung von S t a m m b ä u m e n , die die verwandtschaftlichen Verhältnisse darstellen. Man geht dabei von der Überzeugung aus, daß die Pflanzen eine h i s t o r i s c h e E n t w i c k l u n g durchlaufen haben, während welcher aus ersten einfachsten Formen die höchstorganisierten Gewächse entstanden sind. Sofern sich die spezielle Botanik vorwiegend mit dieser Stammesgeschichte (Phylogenie) befaßt, nennt man sie auch p h y l o g e n e t i s c h e B o t a n i k . Die Erforschung der Pflanzendecke der Erde vermittelte auch die Kenntnis der geographischen Verbreitung der einzelnen Arten, Gattungen und Familien und schuf so das Arbeitsgebiet der P f l a n z e n g e o g r a p h i e . Das Studium ortsgebundener Pflanzenverbände ist Gegenstand der P f l a n z e n s o z i o l o g i e ; unter F l o r i s t i k versteht man die Beschäftigung mit der Flora eines lokalen Gebietes. Während die s p e z i e l l e B o t a n i k von den U n t e r s c h i e d e n der einzelnen Pflanzenarten ausgeht, stellt sich die a l l g e m e i n e B o t a n i k die Aufgabe, das allen Pflanzen G e m e i n s a m e zu behandeln. Bei aller äußerer Verschiedenheit läßt eine nähere Betrachtung viele gemeinsame Züge sowohl des Baues als auch der Lebensäußerungen der Pflanzen erkennen. Gemeinsam ist allen Pflanzen, ja allen Organismen überhaupt, daß sie aus einer oder aus vielen Z e l l e n bestehen. Diese stellen die F o r m e l e m e n t e und E l e m e n t a r o r g a n e von Tier und Pflanze dar. Sie zeigen bei allen Lebewesen so viele Gemeinsamkeiten des Baues und der Funktion, daß sich schon daraus ein schlagender Beweis für die Verwandtschaft der gesamten Organismenwelt ergibt. Die Wissenschaft, die sich mit diesen Bausteinen der Lebewesen befaßt, ist die Zellenlehre oder Zytologie. Bei den höheren Pflanzen sind die Zellen zu Verbänden vereint, die man G e w e b e nennt. Ihr Studium ist Aufgabe der Gewebelehre oder Histologie. Vielfach wird in der Botanik dafür auch der Ausdruck A n a t o m i e verwendet, da eine so klare Trennung von Histologie und Anatomie, wie sie bei höher organisierten Tieren vorliegt, bei den Pflanzen nicht möglich ist. Trotzdem soll die Trennung der Begriffe im folgenden durchgeführt werden, und zwar so, daß unter Histologie die Beschreibung der Gewebe, unter Anatomie deren Anordnung in den 1 v. G u t t e n b e r g , Lehrbuch der allgemeinen Botanik

Einleitung

Organen verstanden wird. Die Gewebe aller Pflanzen tragen viele gemeinsame Züge und unterliegen allgemeinen Gesetzen; ihre Behandlung ist also Aufgabe der allgemeinen Botanik. Das gleiche gilt für die P f l a n z e n o r g a n e besonders der höheren Pflanzen. Schon die Tatsache, daß bei diesen ganz regelmäßig Stamm, Blatt und Wurzel zu unterscheiden sind, ist ein allgemeines Merkmal. Betrachten wir diese Organe im fertigen Zustand, so fallen selbst bei Formen, die verwandtschaftlich weit getrennt sind, auffällige Gemeinsamkeiten auf. Solche finden wir auch dann, wenn wir ihre Entwicklungsgeschichte ( O n t o g e n i e ) untersuchen. Die Lehre von den Pflanzenorganen bezeichnet man als Morphologie d e r ä u ß e r e n G e s t a l t oder auch als Organographie. Man kann den Ausdruck Morphologie auch in einem noch weiteren Sinn verwenden. Dann umfaßt er die gesamte Gestaltung, gleichgültig, ob es sich u m makro- oder mikroskopisch wahrnehmbare Teile handelt. Die der F o r t p f l a n z u n g dienenden Einrichtungen bedürfen einer besonderen Besprechung. Wieder sind bei aller Verschiedenheit im einzelnen weit reichende gemeinsame Züge unverkennbar vorhanden. Alle bisher geschilderten Teile der allgemeinen Botanik befassen sich mit der äußeren Form und Gestalt der Pflanzen, behandeln also m o r p h o l o g i s c h e Probleme. Die Physiologie stellt sich ganz andere Aufgaben, und ihre Darstellung bildet somit einen zweiten Hauptabschnitt. Z i e l d e r P f l a n z e n p h y s i o l o g i e i s t d i e k a u s a l e E r k l ä r u n g d e r L e b e n s v o r g ä n g e d e r P f l a n z e n , das Studium jener chemischen und physikalischen Prozesse, die diesen zugrunde hegen. Sie untersucht nicht r ä u m l i c h e Beziehungen, sondern z e i t l i c h e V o r g ä n g e . Gemeinsam ist allen Pflanzen, daß sie sich e r n ä h r e n und a t m e n ; allen kommt die Fähigkeit zu, zu w a c h s e n , sich zu e n t w i c k e l n und f o r t z u p f l a n z e n . Bew e g u n g e n sind weitverbreitet, und überall beobachten wir ein der tierischen E m p f i n d u n g entsprechendes Vermögen, Außenreize wahrzunehmen. Diese klar gegeneinander abgegrenzten Funktionen ergeben trotz der ungeheuren Mannigfaltigkeit der Vorgänge eine natürliche Einteilung des Stoffes der Pflanzenphysiologie. Viele Ergebnisse der allgemeinen Botanik lassen sich praktisch verwerten. Dies ist Aufgabe der a n g e w a n d t e n B o t a n i k . In erster Linie ist dabei an die Landund Forstwirtschaft zu denken, die ihren heutigen hohen Stand i m wesentlichen der Pflanzenphysiologie einschließlich der Vererbungslehre (Genetik) zu verdanken haben. Vor allem hegen der Pflanzenzüchtung und dem Pflanzenschutz botanische Probleme zugrunde. Von hoher Bedeutung ist auch die technische Verwendung verschiedener pflanzlicher Materialien, so insbesondere der Zellulose, die die Pflanzenfasern aufbaut. Faser- und Holzkunde stellen wichtige Zweige der Technologie dar. Anschließend kann die Gärungsphysiologie in ihrer Anwendung für das Bäckereiwesen, die Milchverwertung und die Alkoholerzeugung genannt werden. Die Pflanze bietet uns nicht nur die große Menge der Nährstoffe, sondern auch viele unentbehrliche Wirkstoffe und Heilmittel, deren Studium Aufgabe der Pharmakognosie und der Pharmakologie ist. Diese kurzen Hinweise dürften genügen, u m zu zeigen, daß Kenntnisse auf dem Gebiet der allgemeinen Botanik nicht nur für den Biologen, sondern auch für den Landwirt, Technologen, Pharmazeuten und Mediziner unentbehrlich sind.

AUFGABEN UND MÖGLICHKEITEN DER MORPHOLOGISCHEN FORSCHUNG M o r p h o l o g i e ist die Lehre von der Gestalt der Organismen, in der Botanik also die von der Gestalt der Pflanzen. In einem umfassenderen Sinne gehören auch Zellenlehre und Gewebelehre dazu, in einem engeren wird darunter nur die Lehre von der äußeren Gestalt verstanden. Im zweiten Fall spricht man auch von O r g a n o g r a p h i e , sofern man besonders die Leistungen der einzelnen Pflanzenteile im Auge hat; doch paßt diese Bezeichnung schlecht für die Gestaltungsverhältnisse der niederen Organismen. Wir wollen unseren Ausführungen die weitere Bedeutung des Begriffes zugrunde legen. Damit ergibt sich nämlich eine natürliche Zweiteilung des ganzen Stoffes. Die Morphologie umfaßt dann alle räumlichen Beziehungen, die Physiologie die Vorgänge, die sich in der Zeit abspielen. Die Morphologie kann sich verschiedene Aufgaben stellen. Als erstes Ziel galt es, eine Übersicht über die Fülle von Formen zu gewinnen und diese zu beschreiben. Eine vergleichende Betrachtung des Materials ergab dann, daß bei aller Verschiedenheit im einzelnen viele Gemeinsamkeiten festzustellen sind. Diese zu erkennen und für ihre Existenz eine Erklärung zu finden, ist Aufgabe der v e r g l e i c h e n d e n M o r p h o l o g i e . Dabei ergibt sich die Frage, was als gleichwertig im morphologischen Sinn zu betrachten ist. Um auf diese Frage die richtige Antwort geben zu können, müssen wir etwas weiter ausholen. Nach der heute in der Biologie allgemein anerkannten Abstammungslehre (Deszendenztheorie) gibt es eine Stammesgeschichte der Pflanzen ( P h y l o g e n i e ) , in welcher sich von einfachen ersten Formen aus die einzelnen Zweige des Pflanzenreiches zu immer höherer Organisation entwickelten. So besitzt jede Pflanze ein Erbgut, das ihre Gestalt in großen Zügen bedingt, einen Bauplan, der zähe festgehalten wird. Gemeinsamkeit dieses Planes kennzeichnet miteinander verwandte Organismen. So ist für alle höheren Pflanzen charakteristisch, daß sie sich in Stamm, Blatt und Wurzel gliedern. Wir bezeichnen diese Teile als G r u n d f o r m e n , und es ließ sich zeigen, daß alle Glieder höherer Pflanzen sich auf sie zurückführen lassen. Das gelingt auch dann, wenn die Glieder einander nicht zu gleichen scheinen. Denn es ist nicht so sehr die äußere Form als der Anlageort (die Stellung am Ganzen) und die Entwicklungsgeschichte (Ontogenie), die uns die morphologischen Gemeinsamkeiten erkennen lassen. Pflanzenglieder, die zu einer gemeinsamen Grundform gehören, nennt man h o m o l o g , mögen sie im einzelnen auch noch so verschieden aussehen. Alle Merkmale, die sich auf diese stammesgeschichtliche Grundgestalt beziehen, bezeichnen wir als O r g a n i s a t i o n s merkmale.

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Erster Teil. Morphologie

Einige Beispiele sollen das Gesagte erläutern. Wenn wir von einem Blatt sprechen, denken wir zunächst an das Laubblatt. Diesem sind aber alle Blütenblätter, auch die Staub- und Fruchtblätter, homolog, ferner vielfach Dornen, Ranken und andere Gebilde. Bewiesen wird dies durch die Entwicklungsgeschichte, den Anlageort und durch Übergangsbildungen. Laubblätter können eine sehr verschiedene Anordnung am Sproß besitzen. Es ist ein O r g a n i s a t i o n s m e r k m a l , daß sie bei den Labiaten paarig gekreuzt (dekussiert) auftreten, ein Organisationsmerkmal der Kompositen ist es, daß sie ihre Blüten in köpfchenförmigen Blütenständen anordnen. Die Gestalt einer Pflanze muß ferner so beschaffen sein, daß sie die Existenz des Orgeinismus garantiert. Dazu ist notwendig, daß ihre Teile alle lebenswichtigen F u n k t i o n e n erfüllen, was nur bei einer bestimmten Gestaltung möglich ist. Auch muß die Pflanze den Bedingungen und Ansprüchen des L e b e n s r a u m e s , in dem sie sich befindet, entsprechen. Mein bezeichnet alle Baueigentümlichkeiten, die mit diesen beiden Erfordernissen zusammenhängen, als A n p a s s u n g e n . Durch Anpassung an eine "bestimmte Aufgabe wird ein Pflanzenglied zu einem Werkzeug des Ganzen, zu einem Organ. Eine morphologische Betrachtung, die diesen Gesichtspunkt in den Vordergrund rückt, wird dementsprechend als O r g a n o g r a p h i e oder als physiologische Morphologie bezeichnet. Diese Anpassungen drücken sich nicht nur im äußeren, sondern auch im inneren Bau aus; somit können wir auch von einer p h y s i o l o g i s c h e n P f l a n z e n a n a t o m i e sprechen. Zu den früher genannten Organisationsmerkmalen kommen also Anp a s s u n g s m e r k m a l e . Eine scharfe Grenze ist oft nicht zu ziehen. So sind z. B. die wirtelige und die zerstreute Blattanordnung Organisationsmerkmale gewisser Pflanzen, doch können sie insofern auch als Anpassungen betrachtet werden, als in beiden Fällen eine gegenseitige Beschattung der Blätter vermieden wird. Organe, die der gleichen Funktion dienen, nennt man a n a l o g , gleichgültig, welche morphologische Wertigkeit sie haben. So wird man zunächst geneigt sein, jedes flächenhafte grüne Seitenorgan einer Achse als Laubblatt anzusprechen. Es kann sich aber auch um Seitenachsen handeln, die die Aufgabe und damit auch die Form von Laubblättern übernommen haben. Solche P h y l l o k l a d i e n (S. 255) verraten ihre Homologie mit Sproßachsen dadurch, daß sie in der Achsel eines Schupperiblattes entstehen, selbst wieder Blättchen und in deren Achsel Blüten tragen können. Das sind aber typische Organisationsmerkmale einer Sproßachse. Ein echtes Blatt entspringt frei an der Achse und trägt selbst weder weitere Blätter noch Blüten. H o m o l o g i e n sind es, die die Verwandtschaftsverhältnisse der Pflanzen klarlegen, während A n a l o g i e n die Übereinstimmung in der Aufgabe verraten. Pflanzen, die in gleicher Umwelt, besonders in gleichen Klimazonen wachsen, werden einander durch verschiedene Analogien in der Gesamtgestalt ähnlich. Dann spricht man von K o n v e r g e n z , für die später manche Beispiele angeführt werden sollen. Beim Studium einer Pflanzenfamilie hingegen, erscheint uns ein gemeinsamer Organisationsplan, bedingt durch übereinstimmende Organisationsmerkmale. Im vorhergehenden wurden zwei Methoden wissenschaftlicher morphologischer Betrachtung, nämlich die vergleichend entwicklungsgeschichtliche und die physio-

Aufgaben und Möglichkeiten der morphologischen Forschung

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logische, kurz erläutert. Es fragt sich nun, inwieweit diese unser Bedürfnis nach einer E r k l ä r u n g des G e s t a l t p r o b l e m s befriedigen können. Dazu muß bemerkt werden, daß die exakte Naturforschung nur eine Art der Erklärung gelten läßt, und zwar die k a u s a l e . Es ist klar, daß die physiologische Betrachtung eine solche Erklärung nicht geben kann. Sie geht vom Begriff der Zweckmäßigkeit aus und ist daher eine f i n a l e oder teleologische Deutung. Die einzelnen Teile des Organismus werden als Organe betrachtet, die den Zweck haben, dem Ganzen zu dienen und die diesem Zwecke angepaßt erscheinen. Trotzdem ist diese physiologische Betrachtung, wenn richtig angewandt, von großem heuristischem Wert, auch steht sie mit der kausalen nicht in Widerspruch. Die Frage nach dem Zweck hat die Forschung außerordentlich angeregt, indem sie eine Fülle von Problemen aufdeckte. Die physiologische Morphologie behauptet nicht, daß die Gestalt eines Organismus oder seiner Teile Naturzweck ist, vielmehr ist auch sie der Ansicht, daß die bestehenden Formen sich kausal erklären lassen. Es sind eben nur jene Reihen kausaler Vorgänge von Bestand gewesen, welche lebensfähige und uns deshalb zweckmäßig erscheinende Organismen lieferten. Die Zweckmäßigkeit setzt Anpassung an Aufgabe und Umwelt voraus. Wie ist diese zustande gekommen? Wir müssen dabei nochmals daran erinnern, daß die Organismen eine geschichtliche Entwicklung durchlaufen haben und daß sie ihre Eigenart auf die Nachkommen vererben. LAMARCK begründete 1809 die Lehre, daß die Organismen sich direkt an ihre Umwelt anpassen können. Außenfaktoren sollen Tier und Pflanze veranlassen, nützliche Einrichtungen für neue Bedingungen und Aufgaben zu entwickeln. Diese direkten Anpassungen sollten dann vererbt werden. Die große Bedeutung der LAMARCKschen Theorie lag darin, daß sie den Glauben an die Unveränderlichkeit der Arten erschütterte. Es ist aber bis heute nicht gelungen, für diese Auffassung einwandfreie experimentelle Beweise zu liefern. Wohl haben die Pflanzen eine mehr oder minder weitgehende Fähigkeit, sich in verschiedener Umwelt verschieden zu entwickeln; so können manche im Wasser und am Lande leben und dabei eine sehr verschiedene Gestalt annehmen. Man spricht in solchen Fällen von M o d i f i k a t i o n e n . Diese sind aber nicht als solche vererbbar, die Samen einer Wasserform z. B. bilden nicht etwa nur solche Formen aus, vielmehr entsteht eine Nachkommenschaft, die selbst wieder zu beiderlei Gestaltung befähigt ist. Es wird also nicht eine neue Form, sondern nur die Fähigkeit zu Modifikationen vererbt. Neuerdings sind russische Forscher (MlTSCHURIN, LYSSENKO) wieder für eine Abhängigkeit der Erblichkeit von der Umwelt eingetreten, wobei sie der Gedanke leitete, auf diesem Wege erwünschte Züchtungserfolge zu erzielen. Über ihre Arbeiten und die daraus zu ziehenden Schlüsse wird an späterer Stelle (S. 540) näheres mitgeteilt werden. DARWIN ging bei der Begründung seiner Lehre (1853) von der Tatsache aus, daß die Arten nicht im strengsten Sinne konstant sind, vielmehr eine gewisse V a r i a b i l i t ä t besitzen. Auch finden sich in der Nachkommenschaft eines Elters gelegentlich Individuen, die sich von diesem in irgendeiner Eigenschaft erheblich unterscheiden. Solche spontan auftretenden abweichenden Formen bezeichnet man heute als M u t a t i o n e n . Die neu entstandenen Merkmale werden vererbt;

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Erster Teil : Morphologie

sie entstehen richtungslos, d. h. sie können nützlich, schädlich oder auch belanglos sein. Das Überleben der Formen mit nützlichen Eigenschaften erklärt DARWIN durch die Auslese des Passendsten, durch die n a t ü r l i c h e Zuchtwahl. Erfahrungsgemäß werden sehr viel mehr neue Keime gebildet, als unter den beschränkten Raum- und Nahrungsverhältnissen heranwachsen können. Es kommt zu einem „Kampf ums Dasein", bei dem der bestangepaßte Organismus die beste Chance hat, sich durchzusetzen. Neue Eigenschaften, die nützlich sind, müssen diese Chance erhöhen, das Besteingepaßte muß erhalten bleiben. Da das Neuerworbene vererbt wird, kann in wiederholten Schritten eine immer höhere Vollkommenheit der Anpassung erreicht werden. Der Darwinismus geht im Gegensatz zum Lamarckismus von erwiesenen Tatsachen aus und zieht aus diesen logische Schlüsse. Daß durch ihn aber das Problem der Anpassung bereits vollkommen gelöst wäre, kann nicht behauptet werden. Hier sei dazu nur kurz folgendes bemerkt. Der Organismus ist in seiner frühesten Jugend zweifellos am meisten gefährdet. Nur wenige Keimlinge einer natürlichen Aussaat kommen zur Entwicklung. Von ihnen setzt sich der Teil durch, der zufällig den günstigsten Platz erhalten oder die meisten Reserven mitgebracht hat. Erst im fertigen Zustand auftretende nützliche Eigenschaften können ihm also keinesfalls helfen, höchstens ein besseres physiologisches Funktionieren. Ferner kann eine Mutation nur dann selektiven Wert haben, wenn sie bereits vollkommen ist, nicht aber, wenn sie nur den ersten Schritt zu einer nützlichen Einrichtung darstellt. Schließlich ist die Mannigfaltigkeit der Formen zweifellos sehr viel größer als die Mannigfaltigkeit der Umweltsbedingungen. Wäre die -Entwicklung also nur von diesen reguliert worden, so wäre eine sehr viel größere Uniformität zu erwarten. Daraus zog der bedeutende Morphologe GOEBEL den Schluß, daß man ohne die Annahme eines nicht weiter zu erklärenden inneren „Bildungstriebes" nicht auskommen könne. Daß bei aller morphologischer Betrachtung immer noch ein irrationaler Rest bleibt, geht auch aus folgendem hervor. Man kann das morphologische Problem auch noch von einer ganz anderen Seite her betrachten, indem man es zum Gegenstand exakter kausaler Forschung macht. Man kann das in der Weise versuchen, daß man die Pflanze experimentell den verschiedensten Bedingungen, natürlichen und unnatürlichen, unterwirft, und beobachtet, wie die Pflanze darauf reagiert. Mit solchen Versuchen begibt man sich bereits auf das Gebiet der Physiologie. Dabei gewinnt man Ergebnisse, die erheblich über das hinausgehen, was wir früher unter Modifikationsfähigkeit verstanden. Die e x p e r i m e n t e l l e Morphologie hat z. B. nachweisen können, daß Fortpflanzung und die dazu erforderlichen Einrichtungen nur unter gegebenen Bedingungen zustande kommen. Schließlich kann man die chemisch-physikalischen Prozesse und Bedingungen aufzudecken versuchen, die der Formbildung zugrunde liegen und sich die Frage vorlegen, ob sich aus diesen Bedingungen die Form erklären läßt. Diesen wichtigen Zweig der Naturforschung nennt man E n t w i c k l u n g s p h y s i o l o g i e oder Entwicklungsmechanik. Sie hat in letzter Zeit zu vielen neuen und überraschenden Ergebnissen geführt. Aber auch hier kommt man über eine gewisse Grenze nicht hinaus. Selbst wenn es gelänge, das ganze chemisch-physikalische Geschehen zu

Aufgaben und Möglichkeiten der morphologischen Forschung

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durchschauen, als dessen Ergebnis schließlich ein bestimmtes Organ resultiert, so würde dieser Weg nur dazu verhelfen, eine Kopie herzustellen, und die Frage, warum die Natur gerade dieses und kein anderes Gebilde schuf, bliebe als irrationaler Rest übrig. Gestalt kann immer nur vom Gestalter voll verstanden werden, so z. B. eine Uhr nur vom Menschen, der ihren Mechanismus für seine Zwecke schuf. Übrigens bietet ja auch die anorganische Natur Probleme, die wohl irrational sind. So entzieht es sich z. B. völlig unserem Verständnis, warum Wasser ganz andere Eigenschaften besitzt als die Elemente, die es aufbauen. Schließlich wäre noch kurz auf die i d e a l i s t i s c h e M o r p h o l o g i e einzugehen. Sie geht von einer postulierten „Urpflanze" aus, als deren Manifestationen die Einzelformen der höheren Pflanzen aufzufassen seien. Die Urpflanze stellt den T y p u s der höheren Pflanzen dar. Der Typus wird als eine „Idee" Eingesehen und nicht als eine sich beim Vergleich der Formen ergebende Abstraktion. Damit wird der Boden exakter Naturforschung verlassen und das Problem in das Metaphysische verschoben. Mit einer solchen Betrachtungsweise ist der Wissenschaft aber weniger gedient, als wenn man offen zugibt, daß unserer Erkenntnis gewisse Grenzen gesetzt sind.

ERSTER

ABSCHNITT

ZELLENLEHRE

(ZYTOLOGIE)

A. ALLGEMEINES A l l e höher differenzierten Organismen sind aus kleinsten strukturellen Einheiten aufgebaut, die man als Z e l l e n bezeichnet. Ihre Entdeckung war an die des Mikroskops gebunden und erfolgte in der zweiten H ä l f t e des 17. Jahrhunderts fast gleichzeitig durch ROBERT HOOKE (1665), MARCELLO MALPIGHI (1675) und NEHEMIAH G R E W (1682). Diese beobachteten, daß feine Schnitte durch Pflanzenteile bei entsprechender Vergrößerung einen Aufbau aus kleinen wabenartigen Kämmerchen (cellae, cellulae) erkennen lassen. Daneben fanden sie noch röhrenartige Elemente (vasa = G e f ä ß e ) , die sich später gleichfalls als aus Zellen entstanden erwiesen. Der Zellbegriff war also ursprünglich ein rein morphologischer, die Zellen wurden als die F o r m e l e m e n t e oder „Bausteine" der Pflanzen erkannt. Daß sie mit einer schleimigen Flüssigkeit erfüllt sind, war schon den ersten Beobachtern aufgefallen, daß diese Substanz aber der Lebensträger der Organismen ist, wurde erst viel später klar. Zunächst sah BONAVENTURA CORTI (1772), daß die Inhaltsflüssigkeit sich in manchen Zellen aus eigenem Antrieb bewegt. Daran schlössen sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Beobachtungen, aus denen hervorging, daß die Zellen wachsen und sich durch Teilung vermehren. Eigenbewegung, Wachstum und Fortpflanzung gehören aber zu den Eigenschaften, die die lebendige Substanz vor der toten Materie auszeichnen. HUGO VON MOHL führte 1846 für den Zellinhalt den Namen P r o t o p l a s m a ein (heute oft abgekürzt Plasma genannt), und JOHANNES VON HANSTEIN (1880) bezeichnete das Protoplasma einer einzelnen Zelle als ihren Protop l a s t e n . Der ursprüngliche Zellbegriff erfuhr durch diese Erkenntnisse eine Wandlung. Die Zelle war nun nicht mehr das zuerst entdeckte Membrangehäuse, sondern eine abgegrenzte Protoplasmamasse mit ihrem von ROBERT BROWN (1831) entdeckten Zellkern. Daß die Membran nicht das Wesentliche der Zelle ausmache, wurde aus dem Vergleich mit der nackten tierischen „Sarkode" klar, ferner daraus, daß man membranlose Pflanzenzellen kennenlernte. Besonders lehrreich

w a r die Beobachtung WILHELM UNGERS, daß aus membranbedeckten Algen-

fäden membranlose Schwärmsporen austreten können, ein Vorgang, der zur Zeit seiner Entdeckung so auffallend erschien, daß UNGER geradezu von der ,,Pflanze im Momente der Tierwerdung" (1845) sprach (Abb. 447, S. 555).

A.

Allgemeines

11-

Nachdem das Protoplasma als Lebensträger erkannt worden war, wurde klar, daß die Zelle auch die funktionelle Einheit der Organismen darstellt, daß sie ein E l e m e n t a r o r g a n ist. Auf Grund dieser Erkenntnis mußte sich die Zellforschung nach zwei Richtungen hin spalten: die eine, rein m o r p h o l o g i s c h e Betrachtungsweise, studierte die Zellformen und die sichtbaren Zellinhalte, die andere, p h y s i o l o g i s c h e Forschungsrichtung, untersuchte das Protoplasma auf seine Lebensfunktionen hin und suchte diese chemisch-physikalisch, also kausal, zu erklären. Eine solche Zweiteilung scheint zunächst leicht durchführbar zu sein; in Wirklichkeit aber muß auch die chemisch-physikalische Betrachtung von Strukturen ausgehen, die sich nur durch ihre besondere Kleinheit der direkten Beobachtung entziehen. So hat die Erfindung des Elektronenmikroskops heute schon Vorgänge anschaulich gemacht, die früher nur erschlossen werden konnten.

Abb. 1. Caulerpa

prolifera,

Nat. Gr. Nach W E T T S T E I X .

Wenn wir die Zellen als die elementaren Bausteine und Organe der Lebewesen betrachten, so ergibt sich die Frage, inwieweit sie als s e l b s t ä n d i g e E i n h e i t e n oder als T e i l e e i n e s G a n z e n aufzufassen sind. Man hat den Organismus oft einen „ Z e l l e n s t a a t " genannt. Diese Bezeichnung kann aber leicht zu der Vorstellung führen, als ob die Zehen mehr oder minder unabhängige Lebewesen wären, die zusammen den Organismus bilden. In der Tat hat die auf M. I. SCHLEIDEN (1838) und TH. SCHWANN (1839) zurückgehende „ Z e l l t h e o r i e " eine solche Auffassung vertreten. In Wirklichkeit liegen die Dinge aber umgekehrt. Ein einheitlicher Organismus, ein Gesamtplasma, hat eine Aufteilung in Zellen erfahren. Diese Gliederung machte es möglich, im Rahmen eines Ganzen Unterabteilungen zu schaffen, die eine physiologische A r b e i t s t e i l u n g gestatten. Einzelne Zellen oder Zellverbände erfüllen spezielle Funktionen und erfahren dazu eine diesen entsprechende, uns zweckmäßig erscheinende Ausgestaltung. D a diese Anschauung den Organismus als eine protoplasmatische G a n z h e i t betrachtet, wird sie als „ P l a s m a " - o d e r ' „ O r g a n i s m e n t h e o r i e " bezeichnet. Für sie läßt sich eine Reihe von Tatsachen ins Feld führen. So hat zuerst E. TANGL (1879) gezeigt, daß die Zellen einer Pflanze untereinander durch feinste Plasmafäden (Plasmodesmen) verbunden sind. Ferner gibt es Pflanzen mit ausgesprochener Organdifferenzierung, die nicht zellig gebaut, vielmehr von einer vielkernigen

A. Allgemeines

12

gemeinsamen Plasmamasse erfüllt sind. Das auffälligste Beispiel eines solchen „Zönozytiums" bietet uns die Algengattung Caulerpa aus der Ordnung der Schlauchalgen oder Siphonales. Der ansehnliche Algenkörper (Abb. 1) gliedert sich in blatt-, sproß- und wurzelähnliche Teile, die ungekammert sind, somit ein vielkerniges Gesamtplasma enthalten. Zur Erhaltung der Form sind die Wände innen durch Zellulosebalken miteinander verbunden. Unter den Pilzen, deren Vegetationskörper aus fadenförmigen Schläuchen (Hyphen) bestehen, besitzen die Phycomyceten ein ungeteiltes Plasma (Abb. 2), die Myxomyceten bilden durch Verschmelzen nackter Einzelzellen einheitliche Plasmodien oder „Synzytien" (Abb. 3). Bedeutungsvoll ist, daß auch bei höheren Pflanzen zönozytische Stadien vorkommen können. So besitzen die jungen Embryonen der Cycadeen (s. S. 167) zunächst ein vielkerniges Gesamtplasma, das sich erst später durch Zellwände kammert; die gleiche Erscheinung beobachten wir vielfach bei der Bildung des Endosperms (s. S. 46,

A b b . 2.

Saprolegnia

sp. (Phycomycet). Teil einer Hyphe, die Verteilung des Protoplasm a s und der Zellkerne zeigend.Nach G E I T L E I t .

Abb. 3. Plasmodium eines Myxomyceten, das sich auf eil er Glasplatte in der durch den Pfeil angegebenen Eichtling fortbewegt. Etwas vergr. Nach einem Präparat von J A H N .

Abb. 41) der Gymnospermen und Angiospermen. Das alles weist darauf hin, daß der zellige Bau das Ergebnis einer sekundären Differenzierung ist. Die Aufteilung in membranumkleidete Zellen ermöglicht bei den Pflanzen überhaupt erst den Aufbau größerer aufrechter Formen. Im Wasser sind noch nichtzellige größere Pflanzen, wie die schon erwähnte Caulerpa, existenzfähig. Beim Übergang zum Landleben mußte aber ein Gerüst geschaffen werden, das fest genug war, u m das Gewicht des Organismus zu tragen und dem Angriff des Windes zu widerstehen. Diese Festigung, verbunden mit Elastizität, wurde dadurch erreicht, daß der flüssige Zellinhalt von Zellmembranen umschlossen wurde. Wie sehr die Zellen einer Pflanze im Dienste des Gesamtorganismus stehen, erhellt besonders deutlich daraus, daß viele von ihnen diesem nur durch ihre festen Membrangehäuse dienen,

I. Zellgröße und Zellform

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selbst aber absterben, wie z. B. die Bastzellen und die Korkzellen. Andererseits ist es gelungen, aus höheren Pflanzen einzelne Zellen oder Zellgruppen zu entnehmen und isoliert zu kultivieren. Diese können wochen-, ja monatelang am Leben bleiben. Sie leben jetzt ähnlich wie einzellige Organismen, sind aber nicht in der Lage, sich wie diese zu vermehren. Kommt es in solchen Kulturen überhaupt zu Zellteilungen, so resultieren zunächst regellose Zellhaufen, die schließlich durch Anlage von Sprossen und Wurzeln den Gesamtorganismus wieder aufbauen.

B. DER BAU DER ZELLE An einer typischen Pflanzenzelle lassen sich folgende drei Teile unterscheiden: die Z e l l m e m b r a n , das P r o t o p l a s m a und der Z e l l s a f t . Die Zellmembran kann fehlen; solche nackte Zellen sind z. B. die Ei- und Spermazellen sowie die Schwärmsporen vieler Algen und Pilze. Die Membranbildung erfolgt hier erst später vom Protoplasma aus. Auch bei der Zellteilung wird klar, daß die Membran ein Produkt des Plasmas ist. Ferner gibt es Zellen ohne Zellsaft. Dies trifft für die meisten jugendlichen Zellen zu, die dann im Laufe ihrer weiteren Entwicklung diesen Saft in sogenannte V a k u o l e n abscheiden können. Plasmafreie Zellen sind tote Membrangehäuse; solche werden von der höheren Pflanze reichlich für Zwecke der Festigung, Wasserleitung und andere Aufgaben ausgebildet.

I. Zellgröße und Zellform Die G r ö ß e der P f l a n z e n z e l l e n ist eine sehr verschiedene. Die kleinsten Zellen finden wir bei Bakterien; manche Kokken erreichen mit etwa 0,2 fi 1 ) die Grenze der mikroskopischen Sichtbarkeit. Die Gewebe der höheren Pflanzen bauen sich aus Zellen auf, deren Durchmesser oft zwischen 20 und 100 fi schwankt, aber auch größer werden kann. Bei Lupenvergrößerung sind größere Zellen schon deutlich zu unterscheiden. Werden sie langgestreckt-faserförmig, wie z. B. die Bastzellen, so sind Längen von mehreren Zentimetern nicht selten. Baumwollhaare und Leinfasern können bis 5 cm lang werden, Ramiefasern sogar bis 22 cm. Einen Sonderfall bedeuten die Milchsaftzellen der Euphorbiaceen und einiger anderer Pflanzenfamilien. Sie durchwachsen ungeteilt ganze Organe und können dabei meterlang werden. Die großen vielkernigen Schlauchalgen haben wir als nichtzellig gebaut bezeichnet; die Gattung Acetabularia indessen (vgl. S. 519, Abb. 559) besitzt in einem gewissen Entwicklungsstadium nur einen Riesenkern, obwohl die Pflanze aus einem mehrere Zentimeter langen Stiel und einem Hut von etwa 1 cm Durchmesser besteht. Die Z e l l f o r m ist eine sehr wechselnde und steht in innigem Zusammenhang mit der Aufgabe, die die Zelle zu erfüllen hat. Sind die Zellen behäutet, so wird ihre Form durch die Zellmembran bedingt. Wir werden die verschiedenen Zellformen an späteren Stellen, besonders in der Gewebelehre, kennenlernen. ljjL = 0,001 mm = 10~ 4 cm lmji = 0,001 (i =10"7cm Die Vergrößerungen der mikroskopischen Bilder werden im folgenden nicht einzeln angeführt. Als Maßstab kann dienen, daß für histologische Bilder meist Vergrößerungen zwischen 200—500 angewendet werden, für zytologische Einzelheiten (Zellkerne usw.) solche zwischen 1000—2500.

\/t

II. Das Protoplasma imd seine Einschlüsse

II. Das Protoplasma und seine Einschlüsse Das Protoplasma besteht aus einer Grundsubstanz, dem Z y t o p l a s m a , in dem sich mehr oder minder zahlreiche Einschlüsse befinden. Viele davon erscheinen unter dem Mikroskop als kleine Tröpfchen, die chemisch von sehr verschiedener, im einzelnen schwer feststellbarer Natur sind, und die den Sammelnamen M i k r o s o m e n erhalten haben. Im wesentlichen dürfte es sich um tote, im Wasser nicht oder schwer lösliche Stoffwechselprodukte handeln. Alle höheren Pflanzen enthalten ferner zweierlei lebende Plasmaeinschlüsse, den meist in der Einzahl vorhandenen Z e l l k e r n und zahlreiche P i a s t i d e n . D a diesen Körpern bestimmte Zellfunktionen übertragen sind, werden sie als P l a s m a o r g a n e bezeichnet. Sie entstehen niemals neu aus dem Plasma, sondern nur durch Teilung aus ihresgleichen. Dadurch unterscheiden sie sich von den a l l o p l a s m a t i s c h e n O r g a n e n , die fallweise für bestimmte Aufgaben gebildet und dann wieder abgestoßen oder rückverwandelt werden. Zu diesen gehören besonders die Z i l i e n oder G e i ß e l n , mit denen sich viele freie Zellen bewegen. Eine noch nicht geklärte Bedeutung kommt den besonders in jugendlichen Zellen oft reichlich vorhandenen C h o n d r i o s o m e n (Mitochondrien) z u ; doch sind es vermutlich leblose Reservestoffe für besondere Zwecke. Sollte sich dies bewahrheiten, so wären sie den e r g a s t i s c h e n G e b i l d e n zuzurechnen. Als solche bezeichnen wir die im Plasma und seinen Organen auftretenden Stoffwechselprodukte, wie Stärkekörner, Kristalle, Fetttropfen usw. Das folgende Schema gibt eine Übersicht über die Bestandteile der Zellen einer höheren Pflanze.

lebend

tot

1. Zellwand 2. Protoplasma a) Zytoplasma b) Plasmaorgane entstehen nur aus ihresgleichen a Zellkern durch Teilung ß Piastiden y Alloplasmatische entstehen fallweise Organe durch Neubildung c) Ergastische Gebilde 5. Zellsaft

Dieses Schema entspricht dem praktischen Bedürfnis der Übersichtlichkeit. Man muß sich dabei aber darüber klar sein, daß sowohl die Zellmembran als auch der Zellsaft Plasmaprodukte sind, somit in einem weiteren Sinne auch zu den ergastischen Gebilden gehören. l. D a s Z y t o p l a s m a Die plasmatische Grundsubstanz, das Z y t o p l a s m a , ist da, wo alle Einschlüsse fehlen, wasserklar durchsichtig. Alle Versuche, an ihm eine mikroskopisch oder auch ultramikroskopisch nachweisbare Struktur festzustellen, waren vergeblich, es ist o p t i s c h l e e r . Besonders in jugendlichen Zellen erscheint das Protoplasma allerdings oft wabig, so daß man ihm eine „Alveolarstruktur" zuschrieb. Es

1. Das Zytoplasma

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handelt sich bei diesen „Waben" aber sicher um nichts anderes, als um kleine Bläschen oder Vakuolen, die Substanzen von etwas abweichender Lichtbrechung einschließen. Wo uns das Plasma fädig erscheint („Filarstruktur"), wie z. B. in der Kernspindel, liegen fallweise gebildete, wieder rückgängig zu machende Strukturen vor. Von einer Grundstruktur des Zytoplasmas kann aber in beiden Fällen nicht die Rede sein. Die optische Homogenität des Plasmas beweist indessen noch nicht, daß dieses eine strukturlose Substanz ist, vielmehr nur, daß in ihm keine Verschiedenheiten auftreten, die optisch nachweisbar wären. Reines, einschlußfreies Zytoplasma wird auch als H y a l o p l a s m a bezeichnet. Es findet sich selten; hyaloplasmatisch sind z. B. die schon früher erwähnten Zilien, ferner zeigen besonders manche Einzeller an der Peripherie eine hyaloplasmatische Zone (Ektoplasma). Die Hauptmasse des Protoplasmas ist durch Mikrosomen mehr oder weniger getrübt (Körner- oder P o l i o p l a s m a ) . Von großer Bedeutung sind die äußersten plasmatischen Grenzschichten, die P l a s m a h ä u t e . Die äußere Plasmahaut, das P l a s m a l e m m a , ist von einer mikroskopisch nicht mehr nachweisbaren Zartheit, etwas derber ist die innere Haut (der T o n o p l a s t ) , die die Grenze zwischen Plasma und Zellsaft bildet. Man kann sie als ein besonderes alloplasmatisches Organ betrachten. Die Durchlässigkeit des Plasmalemmas ist dafür entscheidend, welche Stoffe von außen in das Plasma eindringen ( I n t r a b i l i t ä t ) , die Vakuolenwände regeln Ein- und Austritt von Stoffen des Zellsaftraums ( P e r m e a b i l i t ä t ) . Wie später näher auszuführen sein wird, sind die Plasmahäute semipermeabel, d. h. nur für bestimmte Stoffe, so vor allem für das Wasser, durchlässig, für gelöste Substanzen aber nur mit Auswahl. Die Grenzschichten können bei Bedarf neu gebildet werden, so z. B. auch nach Verletzungen, und ähneln darin den Oberflächenmembranen toter, kolloidaler Systeme. Das Zytoplasma besitzt alle Fähigkeiten der lebenden Substanz. Es kann körperfremde Stoffe aufnehmen und zu körpereigenen verarbeiten (Assimilation, Ernährung). Im Zusammenhange damit kann es wachsen und sich vermehren, ferner kann es durch Abbau von Stoffen die zur Durchführung von Lebensfunktionen erforderliche Energie produzieren (Dissimilation, Atmung). Schließlich besitzt es die Fähigkeit, sich zu bewegen und auf Außeneinflüsse (Reize) in der verschiedensten Weise zu reagieren. Dem pflanzlichen Plasma kommt also gleich dem tierischen ein Empfindungsvermögen zu, es ist reizbar. Wenn hier von Empfindung gesprochen wird, so ist darunter nur eine physiologische Sensibilität zu verstehen, nicht aber eine Bewußtseinserscheinung. An solche Vorgänge ist bei den Pflanzen schon deshalb kaum zu denken, weil ihnen ein Nervensystem fehlt. Manche Plasmafunktionen sind den Plasmaorganen übertragen und können ohne diese gar nicht oder nur unvollkommen erfüllt werden. Die V e r t e i l u n g des Z y t o p l a s m a s im Räume (Lumen) der Zelle ist eine verschiedene. In ihrer ersten Jugend sind die Zellen ganz von Plasma erfüllt. Später treten kleine Vakuolen in ihm auf, die sich allmählich vergrößern. Dieser Zustand bleibt nur selten zeitlebens erhalten, so z. B. in Zellen, die als Drüsen Stoffe bereiten und ausscheiden. Meist fließen die kleinen Vakuolen zu wenigen größeren zusammen, oder es entsteht durch die Vereinigung aller ein zentraler

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I I , Das P r o t o p l a s m a u n d seine E i n s c h l ü s s e

Z e l l s a f t r ä u m . Die erwachsene Zelle besitzt dann n u r m e h r einen wandständigen, oft sehr zarten Protoplasten. I n anderen Fällen durchziehen Plasmafäden den Zellsaftraum, oder dieser wird durch Plasmaplatten in einzelne Vakuolen unterteilt (Abb. 4 u. 9). D a sich das Plasma vielfach in strömender Bewegung befindet, kann seine Verteilung in der Zelle wechseln. Ist es ausschließlich wandständig, so fließt es meist einheitlich u m die Vakuole h e r u m u n d m a n spricht von R o t a t i o n . Sind aber Plasmaplatten oder -fäden vorhanden, so läßt sich eine oft sehr komplizierte Z i r k u l a t i o n beobachten, ein Strömen von und zu der Mitte, nicht selten verbunden m i t einer Verschiebung der Stränge, wodurch sich die Verteilung ändert. Die Strömung n i m m t nicht n u r die Mikrosomen, sondern oft auch die Piastiden oder auch den Zellkern mit. I n R u h e bleibt n u r die periphere Plasmaschichte, was f ü r deren zähere Natur spricht. 2. D e r Z e l l k e r n D e r Z e l l k e r n oder N u k l e u s ist ein in der Regel kugeliges, eiförmiges, nicht selten aber auch linsen- oder spindelförmiges Gebilde. Seltener sind gewundene oder gelappte Formen (Abb. 5). Die Größe des Kernes schwankt zwischen ziemlich weiten Grenzen. Bei den höheren Pflanzen ist er ansehnlich, so daß er schon in der lebenden Zelle leicht zu sehen ist; bei vielen Pilzen u n d manchen Algen sind die ZellAbb.4.Tradescantiavir- kerne so klein, daß sie erst nach künstlicher Färbung sicht-

ainica (Commelinacee), , . . , .. ar Zelle eines Staubfaden- " werden. Line solche ist auch notwendig, u m den Fembau haares. Das Protoplasma , homologe -Uie iNuKIeoien w e r d e n

Chromosomen. Nach NAWASCHIN aus GEITLER. Vergr. 2500. 2 Uvularia grandifiora (n = 7). Erste Mitose des Pollenkorns, haploide Äquatorialplatte im Flächenbild. Alle Chromosomen (außer d) sind an der Spindelansatzstelle abgeknickt. Die beiden Arme verschiedener Chromosomen sind absolut und relativ verschieden lang; / und g SAT-Chromosomen mit achromatischem Faden, an dem das chromatische Chromosomenende als Knopf hängt, Vergr. 1500 nach GEITLEB.

,

Ende ,

schon

der Prophase .

all-

mählich substanzärmer; in der Metaühase sind sie verschwun"

den. Diese Phase ermöglicht j

ü e n

D e s t e n

TThprKürk rlii» UDerDilCK U D e r d i e

Form und die Anzahl der Chromosomen. Man sieht, daß sie verschieden geformt sind, doch sind in den Körperzellen vieler Organismen, die sich geschlechtlich fortpflanzen, je zwei einander gleich. D i e Z a h l d e r C h r o m o s o m e n i s t f ü r j e d e A r t k o n s t a n t , es werden somit bei jeder somatischen Kernteilung gleich viele Chromosomen angetroffen. Ihre Zahl schwankt bei den verschiedenen Arten außerordentlich. Blütenpflanzen zeigen in Körperzellen mindestens sechs Chromosomen (Crepis capillaris = C. virens) (Abb. 27), Schachtelhalme und andere Pteridophyten so viele, daß ihre Zahl nur noch geschätzt werden kann (200 und mehr), einige Pilze aber nur vier. Manche miteinander verwandte Organismen zeigen die gleiche Chromosomenzahl; bei einigen Blütenpflanzen wurde gefunden, daß die Arten einer Gattung ein wechselndes Vielfaches einer Grundzahl besitzen (Abb. 28),

1, Die Kernteilung (Mitosis)

35

doch gibt es auch Fälle, wo dies durchaus nicht zutrifft. Diese Feststellungen sind für die Systematik von hoher Bedeutung. Die Tatsache, daß je zwei Chromosomen sich gleichen, läßt schon erkennen, daß in der somatischen Metaphase in jedem Kern zwei Chromosomensätze auftreten. Die Ursache dieser Erscheinung

Abb. 28. Somatische Metaphasenplatten verschiedener Bosenarten. Die Zahl der Chromosomen ist stets ein Mehrfaches der Zahl 7. aRosa webblana(2n = 14), 2>R.chlnensis(2n = 21), CR. „Conrad Ferdinand Meyer" (2n = 28), d R. tomentosa cuspidatoides (2n = 35), e R. nutkana (2n = 42), / oktoploider Bastard (2n = 56). Nach TÄCKHOLM.

liegt, wie später noch näher auszuführen sein wird, in der Entstehung dieser Organismen aus Ei- und Spermazelle. Kerne mit doppeltem Chromosomensatz nennt man diploid, solche mit nur einem Satz haploid. Unter Umständen kann es zu weiterer Vermehrung kommen, wofür die Bezeichnungen triploid, tetraploid bis polyploid gelten. c) Die

Anaphase

Der nunmehr eintretende Vorgang ist von größter Bedeutung. Wie schon früher erwähnt, ist an den Chromosomen mehr oder minder deutlich eine L ä n g s s p a l t u n g zu erkennen, die sie in zwei Chromatiden zerlegt. Schon in der Metaphase sieht man ferner, daß nun b e i d e r s e i t s Spindelfasern an der Einschnürungsstelle ansetzen. Von dieser Stelle aus beginnen sich jetzt die Spalthälften voneinander zu trennen, als ob sie von den ansetzenden Fasern nach entgegengesetzten Richtungen auseinandergezogen würden. Dies ist der Beginn der Anaphase. Je nach der L a g e der Ansatzstelle, entstehen bei der Wanderung zu den Polen verschiedene Bilder, da die Ansatzstelle vorauseilt und die Schenkel nachzieht. Die C h r o m a t i d e n sind zunächst halb so dick wie die Chromosomen, von welchen sie abstammen, können aber jetzt schon eine neue Längsspaltung erkennen lassen. Daß die Teilung der Chromosomen in der Längsrichtung erfolgt, ist, wie später klar werden wird, von größter Bedeutung dafür, daß eine gleichmäßige Verteilung der in den Chromosomen vorhandenen Substanzen und damit auch der Erbanlagen auf die Töchterkerne erfolgt. 3*

36 d) Die

III. Die Kern- und Zellteilung Telophase

S i n d die n e u e n C h r o m o s o m e n a n den S p i n d e l p o l e n a n g e l a n g t , so b i l d e n sie hier, b e s o n d e r s w e n n sie U - oder Y - f ö r m i g g e s t a l t e t sind, je eine S t e r n f i g u r ( D i a s t e r ) . N u n m e h r e r f o l g t e i n e R ü c k u m w a n d l u n g d e r C h r o m o s o m e n in die F o r m , die sie i m R u h e k e r n besitzen, die T e l o p h a s e ist g e w i s s e r m a ß e n eine U m k e h r u n g der P r o p h a s e . A u c h e r s c h e i n e n jetzt w i e d e r N u k l e o l e n u n d eine n e u e K e r n m e m b r a n . I m T e l o p h a s e n b i l d sind die C h r o m o s o m e n in d e n zunächst k l e i n e n T o c h t e r k e r n e n erst so dicht z u s a m m e n g e b a l l t , daß die A n a l y s e d e r sich a b s p i e l e n d e n V o r g ä n g e s e h r s c h w i e r i g w a r . E r s t die K e n n t n i s des F e i n b a u e s d e r C h r o m o s o m e n h a t hier K l a r h e i t g e s c h a f f e n . Von d i e s e m w i r d g l e i c h zu s p r e c h e n sein. Während die Morphologie der Kernteilung heute im wesentlichen als geklärt betrachtet werden kann, ist die Frage nach der B e w e g u n g s m e c h a n i k noch völlig ins Dunkle gehüllt. Schon die Entstehung und das Wesen der „Achromatischen Figur", d. h. des Fasersystems der Polkappen und Spindeln, sind noch sehr umstrittene Probleme. In der lebenden Zelle sieht man wohl die Kernspindel, nicht aber ihre Faserstruktur. Andererseits wird man an der Realität der Fasern nach dem oben Gesagten nicht zweifeln wollen; sie könnten sich im Lebendzustand ja lediglich deshalb der Betrachtung entziehen, weil sie hier aufgequollen sind, und die zur Wahrnehmung notwendigen Lichtbrechungsunterschiede fehlen. Man hat sie einerseits lediglich als fixierte Strömungslinien betrachten wollen, andererseits von einem besonderen „Kinoplasma" gesprochen, das für alle plasmatischen Bewegungsvorgänge verantwortlich sein und z. B. auch die Zilien bilden soll. Die zweierlei Fasern, die in der Spindel zu beobachten sind, hat STRASBURGER. als „Zug- und Stützfasern" bezeichnet, was nur dann zulässig wäre, wenn erwiesen würde, daß die an die Chromosomen ansetzenden und die durchlaufenden Fasern diese Funktionen erfüllen. Wie wir später hören werden, vermehren sich aber die Fasern bei der Zellteilung, ohne daß hier an eine dieser Aufgaben gedacht werden könnte. Auch ist nicht einzusehen, wie das eine, frei im Plasma endende Fadenende als Stützpunkt für eine Zugwirkung der Fasern dienen könnte. Man hat daher auch daran gedacht, daß der in der Anaphase zwischen den Chromosomenhälften liegende Teil der Spindel als eine Art Stemmkörper diene. Schon lange •war die große Ähnlichkeit zwischen der achromatischen Figur und den Kraftlinien eines elektro magnetischen Feldes aufgefallen. Es ist indessen nicht gelungen, experimentelle Beweise für die Annahme zu bringen, daß elektrische -Kräfte bei der Bewegung mit im Spiel sind. Immerhin ist es möglich, daß durch entgegengesetzten Ladungssinn der Chromatiden einerseits und der Spindel,pole andererseits entsprechende Bewegungen zustande kommen.

Abb. 29. Tradescantia virginica. Chromosomen des 1. Teilungsschrittes der Meiosis. Man sieht die Großspiralen, die aus den beiden (Ineinandergeschobenen Großspiralen der Chromatiden bestehen. Frei nach einer Mikrophotographie von S H I N K E .

Abb. SO. Modell eines Chromosoms während der somatischen Metaphase. In der Matrix trennen sich die beiden Spiralen des Chromonemas. An der verdünnten Umbiegungsstelle (Kommissur, Zentromer) setzt die „Zugf a s e r " an. Am Ende des kürzeren Schenkels tritt ein heterochromatischer Satellit (Trabant) auf. Original.

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2. Der Feinbau der Chromosomen

2. D e r F e i n b a u der C h r o m o s o m e n Der Verlauf der Mitose wird eist dann voll verständlich, wenn wir nunmehr den Bau der Chromosomen näher betrachten. Erst in letzter Zeit ist es gelungen, durch die S p i r a l t h e o r i e des C h r o m o s o m e n b a u e s darüber eine klare und einheitliche Vorstellung zu gewinnen. Feinere Strukturen hat man zuerst bei den Veränderungen erkannt, die die Chromosomen während der Mitose und während eines anderen, noch zu besprechenden Teilungsvorgangs, der Meiose, erfahren. In gewissen Stadien wird hier bei bestimmten Fixierungs- und Färbemethoden deutlich, daß das Chromosom aus einer S p i r a l e , dem C h r o m o n e m a , besteht, das von einer Hülle (Matrix) umgeben ist (Abb. 29, 30). Die Deutlichkeit, mit der die Spirale sichtbar wird, hängt hauptsächlich von der Dichte der Matrix ab. Sie ist in der Telophase am geringsten, somit der Spiralbau hier am besten zu erkennen. Die Spirale ist nicht einheitlich, sondern besteht aus zwei gleichartigen, ineinander geschobenen Spiralbändern (Chromonemahälften) (Abb. 29, 30), die manchmal voneinander getrennt, manchmal aber zu einer Einheit verbunden erscheinen. Diese Spiralnatur der Chromoso/V rv> men erklärt weitgehend deren Verhalten " O s t während der Kernteilung; Spiralisierung und Entspiralisierung bedingen die jeweilige Form des Chromosoms. Im Arbeitskern haben wir uns die Spirale zu einem mehr oder minder langen Faden ausgezogen zu w denken. In der Prophase kommt es zu fortschreitender Spiralisierung. Dadurch, daß die Spiralwindungen sich einander bis zur schließlichen Berührung nähern, wird das Abb. 31. Trillium erecium. Prophase des ersten Teilungsschrittes der Meiosis (der ReduktionsChromosom kürzer und dicker. Früher oder teilung). a Leptonema, b Zygonema. Man sieht in b, daß sich bei der Paarung der homologen später wird der Doppelbau der Spirale durch Chromosomen gleichartige Chromomeren anAuseinandertreten der beiden Chromonema- einanderlegen. Nach HUSKINS und SMITH. hälften deutlich, bis sich die Chromatiden in der Meta- und Anaphase völlig voneinander trennen. Nachdem diese so frei geworden sind, spalten sie ihrerseits ihr Chromonema, das sich auch schon in der Prophase verdoppelte, wieder auf. In der Telophase erfolgt rückläufig die Entspiralisierung, die zum Arbeitskern überführt. Dabei kann es vorkommen, daß ein Teil der Spirale eng gewunden bleibt und daher im Ruhekern als deutlich sichtbarer Körper erscheint. Diese Gebilde kennt man schon lange unter dem Namen P r o c h r o m o s o m e n (Abb. 5,3, S. 17). Man nennt sie so, weil ihre Anzahl oft der Chromosomenzahl entspricht. Den im Ruhekern unaufgelockerten Teil der chro-

t/M hl

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III. Die Kern- lind Zellteilung

matischen Substanz hat man auch als H e t e r o c h r o m a t i n dem ausziehbaren E u c h r o m a t i n entgegengestellt. Bei starker Streckung der Chromosomen wird deutlich, daß das Chromonema noch eine letzte mikroskopisch sichtbare Feinstruktur aufweist. Es besteht nämlich aus perlschnurartig aneinander gereihten, ungleich großen Körperchen, die durch schwächer färbbare Zwischenzonen getrennt sind. Diese Körperchen werden C h r o m o m e r e n genannt (Abb. 31). D a sie voneinander verschieden sind, wird klar, daß nur durch eine Längsspaltung der Chromosomen eine qualitativ gleichmäßige Substanzverteilung an die Tochterkerne erfolgen kann. Diese qualitativ gleiche Versorgung ist aber deshalb von so großer Bedeutung, weil jedes Chromomer der Sitz von Genen ist, d. h. diejenigen Stoffe enthält, die bewirken, daß bestimmte Merkmale des Organismus zustande kommen. Einige Bemerkungen sind noch über die E n t s t e h u n g d e r N u k l e o l e n zu machen. Wie wir hörten, verschwinden diese am Ende der Prophase, u m in der Telophase wieder deutlich zu werden. Es ließ sich zunächst feststellen, daß die meist sehr geringe Anzahl von Nukleolen (1 bis etwa 4) mit der Zahl von Chromosomen übereinstimmt, die ein besonderes, bisher unerwähntes Merkmal zeigen. Sie besitzen an einem Ende ein kleines, S a t e l l i t genanntes Anhängsel und werden danach meist als SAT-Chromosomen (Abb. 27) bezeichnet. Es hat sich nun ergeben, daß der zarte Verbindungsfaden zwischen Chromosom und Satellit die Stelle ist, an der die Neubildung von Nukleolen einsetzt. 3. D i e K e r n t e i l u n g b e i A l g e n u n d P i l z e n Die Mitose niederer pflanzlicher Organismen ist von der der höheren Pflanzen nicht wesentlich verschieden. Schon erwähnt wurde, daß bei Algen und Pilzen Zentrosomen auftreten, die sich vor jeder Kernteilung durch Spaltung verdoppeln (Abb. 32). Bei verschiedenen Protisten erscheint die Kernhöhlung fast leer, bis auf einen stark färbbaren Körper, der einem Nukleolus ähnelt und als K a r y o s o m bezeichnet wird. Dieses streckt sich bei der Kernteilung, die hier ohne Auflösung der Kernmembran vor sich geht, in die Länge und wird schließlich in zwei Teile durchschnürt; auch die Zentrosomen oder Blepharoplasten nehmen aus ihm ihren Ursprung. Die eigentliche Natur des Karyosoms ist noch unAbb. 32. Fucus sp., Metaphase der somatischen bekannt, doch ist nicht anzunehmen, daß es ein Kernteilung. An den Spindelpolen liegt je ein Centrosom, von dem eine Polstrahlung ausgeht, und Bildungsort von Chromosomen ist; vielmehr entan dem der Spindelpol ansetzt. Die Spindel ist stehen diese auch hier in der Kernhöhle, wobei intranukleär. Die schwarzgehaltenen Körper sind sie allerdings dem Karyosom angelagert sein Phaeoplasten. Nach YAMANOUCHI. können, was zu Verwechslungen Anlaß gegeben hat. Abweichend ist das Auftreten der Kernspindel innerhalb der erhalten bleibenden Kernmembran. In der Telophase erfolgt die Zweiteilung des Mutterkernes dann durch eine Durchschnürung.

4. D i e M e i o s i s ( R e d u k t i o n s t e i l u n g ) Bei allen Organismen, die eine geschlechtliche Fortpflanzung besitzen, kommt es dadurch, daß ein Spermakern mit einem Eikern verschmilzt, zu einer Ver-

4. Die Meiosis (Reduktionsteilung)

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doppelung des Chromosomensatzes. Das Verschmelzungsprodukt der Keimzellen, die Z y g o t e , enthält also einen Satz väterlicher und einen Satz mütterlicher Chromosomen, sie ist d i p l o i d im Vergleich zu den h a p l o i d e n Zellen, aus denen sie entstanden ist. Alle Chromosomen einer Geschlechtszelle sind untereinander oft schon morphologisch, stets aber in ihren Erbanlagen verschieden; ein solcher Satz wird als G e n o m bezeichnet. Ei- und Spermakern der gleichen reinen Art enthalten gleiche Chromosomensätze. Somit finden sich i m Verschmelzungskern und in dessen Abkömmlingen zwei Sätze h o m o l o g e r Chromosomen. Es ist ohne weiteres einzusehen, daß der Verdoppelungsvorgang bereits in wenigen Generationen eine schon räumlich unmögliche Chromosomenzahl zur Folge haben m ü ß t e ; spätestens bei der Bildung der Keimzellen muß also der Doppelsatz durch Halbierung wieder auf die Ausgangszahl reduziert werden. Dies erfordert eine besondere Art der Kernteilung, die als Meiosis oder auch als allotypische Teilung bezeichnet wird. Wir wollen sie an einer Stelle verfolgen, die sich für die Untersuchung besonders eignet, nämlich in der Anthere einer Blütenpflanze. Schon in einem sehr frühen Stadium der Entwicklung fällt hier im Inneren (vgl. S. 365) ein Komplex großkerniger Zellen auf, der sich deutlich vom restlichen Gewebe abhebt und a l s A r c h e s p o r , sporogenes Gewebe oder Sporenmutterzellenschicht (Abb. 479, S. 363) bezeichnet wird, weil aus ihm die Pollenkörner ( = Mikrosporen, vgl. S. 363) hervorgehen. Nachdem sich dieses Gewebe durch normale Mitosen, die man auch somatische Teilungen nennt, bis zu einer bestimmten Zellenzahl vermehrt hat, beginnt in allen Sporenmutterzellen gleichzeitig ein von der Mitose in vielen Punkten abweichender Teilungsprozeß (Abb. 33,34B). Wieder gibt es e i n e P r o p h a s e , i n der sich deutliche Chromosomen differenzieren. Schon der Ausgangskern zeigt ein zartes Kerngerüst, dementsprechend sieht man zuerst weit ausgezogene, nicht spiralisierte dünne Fäden, deren Gesamtheit man das Lcptonema oder Leptotaen nennt. Dieses Fadenwerk neigt zur Verknäuelung, die an fixierten Stadien häufig dazu führt, daß das Fadensystem, völlig kontrahiert, an einer Stelle der Kernhöhle liegt, während der Nukleolus frei hervortritt. Diesen Bildern, die wohl nur künstlich zustande kommen, hat man den Namen Synapsis oder Synizesis gegeben. Nun folgt ein äußerst wichtiger Vorgang. Je zwei Fäden des Knäuels lagern sich parallel zueinander. Dabei fällt auf, daß diese Fäden die gleiche Länge und den gleichen Chromomerenbau besitzen. Wenn wir uns darein erinnern, daß von den Chromosomen dieser Zellen ein Satz väterlichen, der andere Satz mütterlichen Ursprungs ist, so wird klar, d a ß s i c h j e t z t d i e g l e i c h g e a r t e t e n h o m o l o g e n C h r o m o s o m e n a u s b e i d e n S ä t z e n z u s a m m e n f ü g e n . Die „Anziehung" erfolgt offenbar von den Chromomeren aus, denn auch bei ungünstiger Fadenlage herrscht die Tendenz vor, gleichartige Chromomeren zusammenzuführen. Dieses Stadium wird Zygoncma (Zygotaen) genannt, die Paarung selbst als P a r a s y n d e s e bezeichnet. Nun setzt eine sehr weitgehende Verkürzung und Verdickung der Fadenpaare ein, womit das Pachynema- (Pachytaen-) Stadium erreicht wird. Diese Veränderung wird durch eine extreme Kontraktion der Chromonemaspiralen bewirkt, es kommt sogar noch zu einer weiteren Verkürzung dadurch, daß der Faden der G r o ß s p i r a l e sich selbst wieder in kleine Spiralwindungen ( K l e i n s p i r a l e ) einrollt. Bei einfacher Fixierung erscheinen

Abb. 33. Gallonia candicans (südafrikanische Liliacee). — Keduktionsteilung und Tetradenbildung im Pollensack. — 1 junge Archesporzelle im Leptotaen-Stadium. — 2 das gleiche, P a a r u n g der homologen Chromosomen (Parasyndese). — 3 P a c h y t a e n m i t Geminibildung, zuunterst ein Chiaema. — 4 Diakinese m i t 8 Gemini. — 5 Metaphase. — 6 Anaphase, Chromosomen in Chromatiden gespalten. — 7 F r ü h e Telophase. — 8 Späte Telophase. — ä Dyade. — 10 Metaphase der homoiotypischen Teilung. — 11 Telophase dieser Teilung. — 12 J u n g e Tetrade. — 13 Fertige Tetrade, 2 Pollenkörner in der Aufsicht, 2 im Querschnittsbild. I n den Stadien 5—12 haben sich die Zellen m i t einer gelatinösen Wand umgeben, die alten Zellwände lösen sich allmählich auf, in 13 ist die Wand der Pollenzellen entstanden. — Original.

Abb. 34. Schematische Darstellung der Zernteilung. A Mitosis ( = typische, somatische oder karyokinetische Kernteilung). 1 Metaphase,»Betrachtung vom Spindelpol her. E s ist die Haploidzahl n = 3 angenommen, somit sind in der diploiden Knrperzelle drei väterliche (schwarze) und drei ihnen homologe mütterliche (weiße) Chromosomen vorhanden. 2 Beginnende Anaphase, Seitenansicht. Die Spaltung der sechs Chromosomen in ihre Chromatiden ist vollzogen. 3 Als Endergebnis erscheinen zwei Zellkerne mit dem Chromosomensatz der Mutterzelle. B Meiosis (allotypische Kernteilung) bei P r a e r e d u k t i o n . 1 Die homologen Chromosomen der Sporenmutterzellen (Gonotokonten) haben sich zu Gemini gepaart. 2 Meta-, Anaphase des ersten Teilungsschrittes (der heterotypischen oder Reduktionsteilung). Die Gemini liegen in der Äquatorialebene und sind in ihre beiden Chromatiden gespalten. Die Lage der väterlichen und mütterlichen Chromosomen ist zufällig die im Bilde dargestellte. Der Spalt zwischen den Chromosomen (B = Reduktionsspàlt) liegt in der äquatorialen Ebene, somit erfolgt sofortige Reduktion. 3 Metaphase des zweiten TeilungsschritteB (der homoiotypischen oder Äquationsteilung). Die Chromatiden trennen sich im Äquationsspalt (A). Die Sporen (Gonen) einer Tetrade enthalten zweierlei Chromosomensätze. C Meiosis bei P o s t r e d u k t i o n . 1 gleich / in B. 2 Meta-, Anaphase. Nunmehr liegt der Äquationsspalt (A) in der äquatorialen Ebene, der Reduktionsspalt (i?) steht senkrecht dazu; somit trennen sich in der Anaphase Chromatidenpaare, die aus zwei verschiedenen Chromatiden bestehen (Äquationsteilung). 3 MetaphaBe des zweiten Teilungsschrittes. Die Chromosomen spalten sich im Reduktionsspàlt zu 4 Chromatiden (Reduktionsteilung). 4 Die Sporen einer Tétrade enthalten viererlei Chromosomensätze. Original.

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III. Die Kern- und Zellteilung

daher schließlich die Chromosomen als dicke, oft sehr kurze, ja kugelige Gebilde, die paarweise an der Kernperipherie nebeneinander liegen. Dieses Stadium nennt man Diakinese .• die gepaarten Chromosomen heißen G e m i n i oder auch bivalente Chromosomen. W i e bei der mitotischen Teilung wird aber vielfach deutlich, daß jedes Chromosom in zwei Chromatiden gespalten ist. Es liegen dann Vierlinge oder C h r o m a t i d e n t e t r a d e n vor. In anderen Fällen wird die Spaltung erst im Laufe der Meta- oder Anaphase klar erkennbar, doch enthalten auch hier die Chromosomen schon vorher je zwei Chromatiden. Nun kommt es zur Auflösung der Kernwand und der Bildung einer Kernspindel, wobei gleichzeitig die Nukleolen verschwinden. Die Gemini wandern in den Spindeläquator, und zwar liegen ihre Partner hier meist so über- oder nebeneinander, daß bei Betrachtung vom Pol her ein Satz den andern deckt, somit nur die halbe Chromosomenzahl zu sehen ist (Metaphasc). An jedes Chromosom setzt sich eine sehr deutliche „Zugfaser" an und in der nun eintretenden Anaphase w e i c h e n d i e G e m i n i p a r t n e r a u s e i n a n d e r , so daß zu jedem Spindelpol e i n Satz univalenter Chromosomen wandert. Jeder dieser beiden Sätze enthält jetzt aber väterliche und mütterliche Chromosomen in wechselnder Mischung. Das kommt daher, daß die Orientierung der Gemini in der Äquatorialplatte keine geregelte ist. Vielmehr entscheidet der Zufall darüber, welcher von den beiden homologen Geminipartnern auf der einen und welcher auf der anderen Seite liegt. Sind die homologen Chromosomen einander völlig gleich, so werden auch die Tochterkerne dieser Mischung erbgleich sein. Sind jene aber mehr oder weniger verschieden, so werden diese erbungleich (vgl. S. 524). Die an den Spindelpolen angelangten Chromosomen werden rasch in eine Kernmembran eingeschlossen. Gegenüber der Telopliase einer somatischen Mitose besteht aber der Unterschied, daß jedes Chromosom noch seine b e i d e n Chromatiden enthält. Man sieht diese jetzt deutlich, manchmal klaffen sie sogar auseinander. So ist es verständlich, daß nun die Längsspaltung der Chromosomen in einem z w e i t e n T e i l u n g s s c h r i t t nachgeholt wird. Die eben erst gebildete Kernmembran wird wieder aufgelöst und es entsteht eine neue Spindel. Wie bei einer typischen Mitose wandern nun die Chromosomen erst in die äquatoriale Ebene und dann ihre S p a l t h ä l f t e n anaphasisch zu den Polen, wo sie neue Kerne bilden, die je einen Satz normal gebauter Chromosomen besitzen. Wie man sieht, ist die zweimalige Teilung deshalb notwendig, weil beim ersten Teilungsschritt sich u n g e s p a l t e n e Chromosomen trennen, somit die ersten Telophasenkerne je Chromosom z w e i Chromatiden enthalten, die erst getrennt werden müssen, u m den Normalzustand herzustellen. Darum weicht die Telophase des ersten Teilungsschrittes völlig von einer normalen ab und verdient kaum diesen Namen; es liegt vielmehr ein besonderer Fall von Interkinese (Interphase) vor. Im hier geschilderten Fall erfolgt die Reduktion der Chromosomenzahl im e r s t e n Teilungsschritt, der dann entsprechend als R e d u k t i o n s t e i l u n g oder h e t e r o t y p i s c h e Teilung bezeichnet wird. Der z w e i t e Schritt ist der Mitose ähnlich. Wie bei dieser liegt eine Ä q u a t i o n s t e i l u n g vor, d. h. eine Teilung, die gleichartiges Material voneinander trennt. Da aber der zweite Teilungsschritt

4. Die Meiosis (Reduktionsteilung

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der typischen Mitose nur ähnlich ist, hat man ihn als h o m ö o t y p i s c h e Teilung bezeichnet. Beide Teilungsschritte zusammen werden als a l l o t y p i s c h e der typischen (somatischen) Kernteilung gegenübergestellt. In dem gewählten Beispiel der Meiosis erfolgt die Trennung der väterlichen und mütterlichen Chromosomen im e r s t e n Teilungsschritt ( P r ä r e d u k t i o n ) ; sie kann aber auch erst im z w e i t e n eintreten ( P o s t r e d u k t i o n ) . Daß dies möglich ist, ergibt sich daraus, daß die Gemini in Wirklichkeit C h r o m a t i d e n - T e t r a d e n sind. Jede Tetrade besitzt einen Spalt zwischen den beiden homologen Chromosomen ( R e d u k t i o n s s p a l t ) und einen, der die Chromatiden innerhalb der Chromosomen trennt ( Ä q u a t i o n s s p a l t ) . Liegt der Reduktionsspalt p a r a l l e l zur Äquatorebene, so erfolgt die Trennung in diesem; es werden also die Geminipartner von denZugfasern erfaßt, und es wandern g l e i c h a r t i g e Chromatidenpaare zu den Polen (Abb. 34C). Für die Postreduktion ist erforderlich, daß der Reduktionsspalt s e n k r e c h t zur Äquatorebene steht. Dann erfolgt die Trennung im Äquationsspalt, und die Zugfaser fuhrt z w e i e r l e i Chromatiden zum Pol, von denen jedes aus einem andern Chromosom stammt. Erst im zweiten Teilungsschritt trennen sich diese Chromatiden im Reduktionsspalt. Bei der Präreduktion werden also die väterlichen und mütterlichen Chromosomen schon im ersten Teilungsschritt getrennt, der zweite verdoppelt sie nur; bei der Postreduktion ist die erste Teilung äquationeil, d. h. es trennen sich die Geminichromatiden, während der zweite Teilungsschritt reduktionell ist, indem er die Chromatiden verschiedener Konstitution scheidet.

Nachzutragen ist noch, daß die sich paarenden homologen Chromosomen besonders im Zygo- und Pachynemastadium häufig um35. Scheinatische Barstellung der schlungen erscheinen, wobei Berührungspunkte Abb. Chiasmatyple. — a Zwei homologe Chro( C h i a s m a t a ) zwischen je zwei Chromatiden mosomen (Chromatidenpaare) bilden ein (C). — 6 Die Chromatiden lösen entstehen, die zu einer lokalen Verschmelzung Chiasma sich voneinander, ein weißes (mütterliches) führen können. Bei der Spaltung kann dann das nnd ein schwarzes (väterliches) Chromatid ist durchgebrochen und hat sich mit dem Chiasma zerbrechen, worauf sich die Bruch- andersartigen verbunden. Die beiden andestücke der Chromatiden an ihren Enden mit- ren Chromatiden bleiben ganz. — c Die resultierenden viererlei Chromatiden. — einander verbinden (Segmentaustausch, C h i a s Original. m a t y p i e , Abb. 35). Wenn — bei Bastarden — die Chromatiden erbungleich sind, so ist damit ein Genaustausch verbunden (crossing over, vgl. S. 529). Als Schlußergebnis der Meiosis erscheinen vier haploide Kerne, die eine T e t r a d e bilden. Da den Kernteilungen eine Wandbildung folgt, entstehen vier Zellen, in unserem Beispiele aus jeder Sporenmutterzelle vier Pollenkörner (Abb. 33). Die Mutterzelle wird auch G o n o t o k o n t genannt, die vier Enkelzellen heißen dann Gonen. Die Meiosis erfolgt bei den verschiedenen Organismen in einem verschiedenen Zeitpunkt und an verschiedenen Stellen ihres Entwicklungsganges, worüber später (S. 340) Näheres mitgeteilt werden wird. Doch sei schon hier bemerkt, daß man den Wechsel zwischen dem haploiden Zustand (Haplophase) und dem diploiden Zustand ( D i p l o p h a s e ) als K e r n p h a s e n w e c h s e l bezeichnet, und daß die Rolle, die beiderlei Phasen im Entwicklungsgang einer

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III. Die Kern- und Zellteilung

Pflanze spielen, eine sehr verschiedene sein kann. Erfolgt z. B. die Reduktion gleich nach der Befruchtung (schon in den Zygoten), so besitzt der neue Organismus in allen Körperzellen nur e i n e n Chromosomensatz, er ist h a p l o i d . Tritt andererseits die Meiosis knapp vor der Bildung der Geschlechtszellen auf, so ist der Körper der Pflanze, die diese Gameten produziert, d i p l o i d . Es gibt also H a p l o n t e n und D i p l o n t e n . Schließlich kann zwischen Befruchtung und Reduktionsteilung eine größere Spanne hegen, woraus verschiedene, miteinander wechselnde Generationen resultieren, eine haploide und eine diploide. Dann hegt ein G e n e r a t i o n s w e c h s e l vor. Über die Bedeutung der Meiosis für die Vererbung wird im Abschnitt „Genetik" zu sprechen sein. 5. D i e Z e l l t e i l u n g Bei den höheren Pflanzen erfolgt die Zellteilung im Anschluß an die Kernteilung und im Zusammenhang mit dieser. Sobald die Telophase erreicht ist, kommt es zunächst zu einer Umgestaltung der Kernspindel. Der Vorgang beginnt

Abb. 36. Fritillaria imperialis. 1 Wandbelag des Embryosackes (Endosperm). Telophase vor der Zellwandbildung. Phragmoplast mit deutlicher Zellplatte, die Chromonemata spiralisiert. — 2 Die Wandbildung hat begonnen, der Phragmoplast löst sich in der Mitte auf und wird an den Rändern ergänzt. Rechts bereits fertiggestellte Wand. — Original.

damit, daß diese unter Anlegung neuer Verbindungsfasern anschwillt und so den tonnenförmigen P h r a g m o p l a s t e n bildet (Abb. 2 5 , 5 6 ) . In der Kernnähe beginnt die Faserung allmählich zu verschwinden, während sie gegen den Äquator zu besonders deutlich wird. In größeren Zellen verbreitert sich der Phragmoplast hier durch weitere kurze Fäden so lange, bis er an die Wände der Mutterzelle stößt. Es kommt nunmehr zu einer Spaltung des Protoplasten in der Äquatorialebene unter Ausscheidung winziger Tröpfchen oder Körnchen, die zur sogenannten Z e l l p l a t t e verschmelzen. Aus oder in dieser Platte wird fast in der ganzen Fläche gleichzeitig die junge Scheidewand ausgebildet ( s i m u l t a n e T e i l u n g ) (Abb. 36). Enthält die Zelle größere Vakuolen, so kann es auch zu einer s u k z e d a n e n

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5. Die Zellteilung

T e i l u n g kommen. In diesem Fall wandert entweder der Phragmoplast von der einen Mutterzellwand zur gegenüberliegenden (Abb. 37), oder es beginnt die Wandbildung in der Zellmitte und setzt sich unter Verbreiterung der Zellplatte allmählich bis an die Peripherie fort (wie z. B. in den sich längsteilenden Kambiumzellen, Abb. 38). An Stelle der Zellplatte kann bei Algen eine reiche Plasmaansammlung auftreten. Die im Tierreich allgemein verbreitete F u r c h u n g , d. i. Zellteilung infolge Durchschnürung des Plasmas, ist bei höheren Pflanzen nur in einigen Fällen der Bildung von Tetrasporen und Pollentetraden (Abb. 39) beobachtet worden. Die ur-

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Abb. 37. Epipactis palustris. Sukzedane Bildung der Zellwand. Nach T R E U B .

2

3

Abb. 38. Pinus Sirobus. Kambiumzellen in Teilung. Bei 1 Kernspindel mit Zellplatte, die parallel zu den Längswänden orientiert ist. 2 Entstehung der Zellwand, die mittleren Spindelfasern sind verschwunden. 3 Späteres Stadium, in dem die Wandbildung durch neu angelegte Fasern weiter geführt wird. E t w a s schematisiert. N a c h B A L E Y .

Abb. 39. 1 Delesseria sanguinea, Sporentetrade nach vollendeter Kernteilung; die Zellteilung erfolgt durch Furchung. 2 Chrysanthemum sp., Follentetrade nach vollendeter Kernteilung; die Zellteilung erfolgt durch Einschnürung. 1 nach S V E D E L I U S , 2 nach TAHAK.A.

sprünglichen Spindeln zeigen dann wohl Zellplatten, doch lösen sich diese wieder auf. Es können daraufhin neue entstehen, die alle Kerne miteinander verbinden. Aber auch sie haben nichts mit der Zellteilung zu tun. Diese beginnt vielmehr damit, daß sich von der Peripherie der Pollenmutterzellen her Furchen so

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III. Die Kern- und Zellteilung

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vm Abb. 40. 1 Zellteilung von Spirogyra sp., i» neue Zellwand, n Zellkern nach Teilung, ch Chloropiasten. 2 Zellteilung von Cladophora glomerata. Die zahlreichen Zellkerne sind an der Teilung unbeteiligt. 3 und 4 sukzessive Stadien der Querwandbildung. 1, 2 nach S T R A S B U R G E S , 3, i nach BRAND.

Abb. 41. Iris sp., Protoplasmatischer Wandbelag des Embryosacks mit nukleärer Endospermbildung. Es findet erst eine „progressiv-synchrone" rege Kernteilung ohne Wandbildung statt. Anschließend entstehen zusätzliche Fasersysteme (Phragmoplasten), von denen jedes eine Zellplatte bildet, so daß last simultan freie Zellbildung stattfindet. Nach J Ü N G E R S .

lange vorschieben, bis sie sich in der Mitte treffen. So wird der Gesamtprotoplast in vier einkernige Zellen zerlegt. In die Furchen dringt von der Peripherie her eine eigenartige Membransubstanz ein, die die vier Plasmaportionen zunächst einhüllt. Erst später bilden diese die eigentliche ' Pollenmembran aus. Viel häufiger erfolgt die Tetradenbildung durch Anlage von Zellplatten, so daß zuerst eine Dyade und später eine Tetrade entsteht. Entsprechende Beobachtungen sind auch bei der Bildung von Sporentetraden niederer Pflanzen gemacht worden (Abb. 39). Verschiedene Arten der Furchung treten besonders bei Algen auf. Die Gattung Cladophora z. B. besitzt Zellfäden, die sich aus mehrkernigen Zellen aufbauen. Zu Beginn der Teilung wird in der Mitte der Zelle ein peripherer Membranring angelegt, der sich außen mit der alten Wand verbindet, während er sich innen nach Art einer Irisblende vorschiebt, bis die neue Wand sich schließt (Abb. 40, 2 ). Die Zellkerne

6. Freie Kernteilung — 7. Freie Zellbildung

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haben hier mit dem Teilungsvorgang nichts zu tun. Bei der einkernigen Konjugate Spirogyra hingegen, die sich ähnlich teilt, bestehen Zusammenhänge zwischen Wandbildung und Spindel (Abb. 40,!). Bei den einkernigen Kieselalgen (Diatomeen) kommt es bei jeder Kernteilung zu einer typischen Furchung, die den Organismus in zwei Längshälften spaltet. Die neuen Plasmaflächen bilden dann neue Kieselschalen aus, die sich in die schon vorhandenen Schalenhälften einfügen. 6. F r e i e K e r n t e i l u n g Die Vielkernigkeit mancher Thallophyten entsteht durch wiederholte Kernteilung ohne Wandbildung. Auch bei den höheren Pflanzen kommt Ein manchen Stellen eine solche f r e i e K e r n t e i l u n g mit nachträglicher Wandbildung vor. Ein

1 Abb. 42. Synchytrium decipiens (Phycomycet). Freie Kernteilung (Vielzellbildung oder Furchung). In der ursprünglich einkernigen Dauerspore haben zahlreiche Kernteilungen stattgefunden. Nachträglich werden Flasmaportionen mit einigen Kernen durch Furchen voneinander getrennt, die von der Oberfläche gegen das Innere vorrücken. Aus jeder Portion entstehen später einkernige Zoosporen. Bin Restplasma ist nicht vorhanden. a Querschnitts-, b Oberflächenbild. Nach HAE.PER.

Beispiel dafür sind die Embryonen mancher Gymnospermen (Cycadeen, Gingko) sowie deren junge Prothallien und manche Endosperme der Angiospermen. Bei diesen teilt sich der befruchtete Endospermkern (s. S. 366) in rascher Folge zu einer oft riesigen Anzahl von Kernen, die sich in regelmäßigen Abständen im Wandplasma des Embryosackes gruppieren. Schließlich setzen sich die Kerne nochmals mit neuen Spindeln allseits in Verbindung, es werden überall Zellplatten und in diesen Membranen gebildet (Abb. 41). In solchen Fällen spricht man auch von V i e l z e l l b i l d u n g . Diese findet sich sehr häufig in den Sporangien von Algen und Pilzen (Abb. 42), bei der Bildung von Zellkolonien und noch in anderen Fällen. 7. F r e i e Z e l l b i l d u n g Bei der besprochenen Vielzellbildung entstehen zusammenhängende Zellverbände und es wird dabei das g e s a m t e Plasma aufgebraucht. Es gibt aber

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III. Die Kern- und Zellteilung

auch Fälle, wo erst eine Kernvermehrung auftritt, worauf sich um jeden Kern eine Zytoplasmamasse bildet, die dann eine Wand ausscheidet. Ein bekanntes Beispiel dafür ist bei den Pilzen die Bildung der Ascosporen in den Sporenschläuchen (Asci) der Ascomyceten (vgl. S. 543). Aus einem Anfangskern bilden sich zunächst meist acht Kerne. Es gibt keine Phragmoplasten, vielmehr entsteht aus jedem Kern, gewissermaßen als Ersatz, eine Zentrosomenstrahlung, die allmählich in Form einer Hohlkugel eine Plasmaportion aus dem Ascus herausschält und später eine Wand ausscheidet (Abb. 43). Freie Zellbildung ohne Mernbrananlage finden wir ferner im Embryosack der Angiospermen bei der Bildung des Eiapparates und der Antipoden A b b . 43. Erysibe sp. (Ascomycet). Freie Zellbildung (Sporen(S. 565). bildung) im Ascus (vgl. S. 343). Der einkernige Ascus ist durch wiederholte Kernteilungen achtkernig geworden. Nunmehr erscheint an jedem K e r n ein Fortsatz, von dem eine „kinoplasmatische" Strahlung (kf>) ausgeht (A). Diese setzt sich glockenförmig um den K e r n f o r t (II) und isoliert bo eine Plasmaportion (C), die erst von einer Plasmahaut (D), später v o n der Sporenmembran umgeben ist. Außen bleibt ein Ektoplasma übrig. Nach HARPEP* aus K Ü S T E R .

8. Z e l l a b s c h n ü r u n g und Sprossung Die Bildung von freien Sporen oder Konidien der Pilze erfolgt in der Regel in der Weise, daß am Hyphenende ein Bläschen entsteht, das nur mit einem engen Kanal mit der Hyphe verbunden bleibt. Nachdem die so entstandene Spore eine bestimmte Größe erreicht hat, wird die Verbindungsstelle geschlossen und schließlich aufgelöst. Die S p r o s s u n g der Hefe ist ein ähnlicher Vorgang. Die Kernteilung tritt hier erst nach Anlage der Knospe ein (Abb. 44). Ein Tochterkern zwängt sich a b C d durch den Kanal, worauf die Abb. 44. Saccharomgces cerevisiae. Sprossung der Hefezellen, Lücke geschlossen wird. n Zellkern. Nach GUILLEKMOND. 9. P l a s m o d e s m e n u n d Z e l l f u s i o n e n Wie schon eingangs erwähnt wurde, sind die Protoplasten benachbarter Zellen häufig, vielleicht sogar immer, durch allerfeinste Plasmafäden ( P l a s m o d e s m e n ) miteinander verbunden. Ihr Nachweis ist schwierig, und ihre Zartheit läßt genauere Beobachtungen nicht mehr zu. Allem Anschein nach sind sie hyalo-

9. Plasmodesmen und Zellfusionen

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Abb. 45. Steinendosperme mit Tüpfeln und Plasmodesmen; die verdickten Zellwände sind weiß gehalten. 1 Nipa fruticans (Palme); 2 Diospyros Kaki (trop. Ebenacee). Nach W. H. BROWN.

plasmatisch, wonach sie als Bestandteile des peripheren Ektoplasmas aufzufassen wären. Besonders häufig finden sie sich in den Schließhäuten von Tüpfeln, doch können sie auch ein behebigen Stellen die Membran durchsetzen, u n d zwar auch dann, wenn diese sich später stark verdickt. Dies beobachtet m a n vor allem in den Steinendospermen mancher Pflanzen, wo sie sogar besonders deuthch sind (Abb. 45). Manchmal verbreitern sie sich, u n d n u n kann auch das Polioplasma in sie eintreten. Das ist insbesondere in den Siebröhren zu beobachten, deren Siebplatten (vgl. S. 139) von leicht wahrnehmbaren Plasmasträngen durchzogen werden (Abb. 156, S. 138). In diesem Falle spricht man von einer Z e l l f u s i o n . Noch viel ausgiebiger erfolgt die Zellverschmelzung bei der Bildung von Tracheen (Wasserleitungsröhren) u n d von gegliederten Milchröhren (vgl. S. 116). Hier werden meist die ganzen Querwände aufgelöst, worauf sich die Protoplasten entweder n u r ber ü h r e n (z. B. in Tracheen) (Abb. 46), oder zu einer Einheit verschmelzen (so in den Milchröhren). Oft bleibt eine ringförmige Bandzone der Querwand erhellten. In schrägen Wänden können auch mehrere übereinanderliegende Löcher entstehen, so daß sich leiterartige Platten bilden. Die Bedeutung der Plasmodesmen kann auf allen Gebieten hegen, die eine Kontinuität des pflanzlichen Plasmas voraussetzen. Insbesondere wird mein dabei an die Übertragung von Beizen denken, auch wird der Stoffverkehr von Zelle zu Zelle, wenigstens bei derberen Plasmodesmen, eine Förderung erfahren. Die Fusionierung dient diesem Zwecke noch viel besser; der geinze oder teilweise Fortfall der Querwände scheifft Böhrensysteme, die f ü r eine Massenbewegung von Flüssigkeiten geeignet sind. 4 v. G u t t e n b e r g , Lehrbuch der allgemeinen Botanik

Abb. 46. Zea Mays, junges Gefäß aus der Keimwurzel. Die plasmolysierten Protoplasten sind nicht miteinander verschmolzen. Nach HABERLANDT.

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IV. Die Ergastischen Gebilde

IV. Die Ergastischen Gebilde i. D i e S t ä r k e k ö r n e r Die wichtigsten ergastischen Gebilde der Pflanzen sind die S t ä r k e k ö r n e r , die auf Grund direkter Assimilation in den Chlorophyllkörnern und aus zugeleiteten Zuckern in den Leukoplasten entstehen. Die Chlorophyllkörner bilden meist nur kleine Stärkekörnchen ( A s s i m i l a t i o n s s t ä r k e ) , die Leukoplasten sehr viel größere ( R e s e r v e s t ä r k e ) . Diese nehmen sehr verschiedene Formen an, die für manche Pflanzen so charakteristisch sind, daß man die Herkunft verschiedener Handelsstärken leicht feststellen kann (Abb. 47). Stärkereiche Organe

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Abb. 47. Stärkekörner. — 1 Weizenstärke, links von der Fläche, rechts von der Kante gesehen. — 2 Haferstärke zusammengesetztes Korn. — 3 Kartoffelstärke (a = großes Einzelkorn, b = ganz zusammengesetztes, c = halb zusammengesetztes Zwillingskorn). — 4 Bohnenstärke. — 5 Haisstärke. — Original.

sind vor allem viele Samen sowie unterirdische Rhizome und Knollen; im Fruchtfleisch dagegen ist Stärke seltener zu finden (z. B. in der Banane). Morphologisch sind die Stärkekörner vor allem durch das Auftreten einer S c h i c h t u n g gekennzeichnet, die zu einer teils zentrischen, teils exzentrischen Formbildung führt. In den Leukoplasten erscheinen die Körner erst als winzige Punkte, die allmählich bis zu einer für die Pflanze charakteristischen Größe heranwachsen. Zu den größten Körnern gehören die der Kartoffel (70—100 ju) (Abb. 47,3). Je nachdem im Leukoplasten ein oder mehr Bildungspunkte auftreten, sind die Stärkekörner e i n f a c h oder durch schließliches Aneinanderstoßen von Teilkörnern z u s a m m e n g e s e t z t . Es kann auch vorkommen, daß Zwillings- oder Drillingskörner schließlich von gemeinsamen Schichten umhüllt werden (halb z u s a m m e n -

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1. Die Stärkekömer

g e s e t z t e Stärkekömer). Liegt das wachsende Korn im Zentrum des Leukoplasten, so erfolgt seine Schichtung z e n t r i s c h , liegt die Hauptmasse des Piastiden als Kalotte einer Seite des Kornes an, so entstehen e x z e n t r i s c h e Körner. Nach neueren Untersuchungen besteht kein Zweifel darüber, daß die Körner durch A p p o s i t i o n , d. h. durch Auflagerung neuer Schichten, wachsen. Die Schichtung selbst erklärt sich aus verschiedenem Wassergehalt. Die wasserarmen dichteren Schichten sind stärker lichtbrechend als die wasserreichen. Demzufolge verschwindet die Schichtung bei völliger Entwässerung. Es ist möglich, daß die Schichtbildung dem Tagesrhythmus folgt und tagsüber dichtere, nachts weniger dichte Schichten apponiert werden. Der Leukoplast umhüllt stets das ganze Korn, so daß alle Schichten ringsum laufen, wenn sie auch bei exzentrischen Körnern auf der Abb. 48. Schema der submikroskopischen Struktur einer Schicht aus dem Stärkekoni. einen Seite äußerst dünn werden können. Die a äußere Partie locker, schwächer lichtPiastidenhülle kann freilich bei großen Körbrechend, wenig vernetzt, i innere Partie dichter, höher lichtbrechend, stärker vernetzt. nern so zart werden, daß sie sich der direkNach FREY-WYSSLING. ten Beobachtung entzieht. Die Stärkekörner sind, sphärokristallinisch gebaut. Zwischen den radial verlaufenden Strukturelementen ist Wasser eingelagert (Abb. 48), die Körner sind also quellbar und färbbar. Entsprechend ihrem mikrokristallinen Bau erscheinen sie im polarisierten Licht doppeltbrechend: man sieht ein vom Bildungsmittelpunkt ausstrahlendes schwarzes Kreuz. Der Feinbau der Körner hängt eng mit der Molekularstruktur der Stärke zusammen. Das Stärkemolekül — (C 6 H 10 O 5 ) n — besteht aus einer Kette glukosidisch miteinander verbundener Glukosereste.

0^0'H CH2OH

CH20H

-0'

a Glukose

CH 2 OH

>

CH 2 OH

0'

a Maltose

CH2OH

CH 2 OH

CH 2 0H

Teilkette eines Stärkemoleküls Abb. 49.

Dabei repräsentieren je zwei aufeinanderfolgende Reste ein Molekül Maltose (Abb. 49), woraus das Auftreten dieses Disaccharids bei der Hydrolyse verständlich wird (S. 468). Der Polymerisationsgrad (die Zahl n) ist sehr hoch, er wird mit 600 bis über 900 angegeben; dabei sind die Ketten aber auffallend kurz, viel kürzer als die Zelluloseketten (vgl. S. 64) mit gleichviel Glukosegliedern. Daraus und aus anderen Beobachtungen hat man erschlossen, daß die Stärkeketten stark verzweigt sind und lange gleichartige Seitenketten besitzen. Ob im Stärkekorn, ähnlich wie bei der Zellulose, die Amyloseketten zu Paketen (Mizelle, Trichite) vereint sind, ist noch unentschieden. Ihre radiale Orientierung bedingt den sphärokristallinischen Bau. In 4*

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IV. D i e Ergastischen Gebilde

der Tat treten z. B. bei den Stärkekörnern der Kartoffel, wenn sie gepreßt werden, Risse auf, die vom Zentrum aus radial, senkrecht zu den Schichten ausstrahlen, so daß feder- oder springbrunnenartige Figuren entstehen. Der Feinbau m u ß diesen Kurven parallel verlaufen.

Das gebräuchlichste Reagens f ü r Stärke sind wässerige Jodlösungen. Es kommt in solchen zu einer intensiven Blau- oder Violettfärbung, wobei es sich u m eine Adsorption von Jodmolekülen handeln dürfte. Auffällig ist, daß die Farbe beim Erhitzen reversibel verschwindet. Manche Stärkearten färben sich mit Jod rot, m a n n e n n t diese Modifikation Amyloeiythrin (Klebereis, Klebehirse). Die Stärke löst sich in Wasser erst bei Temperaturen von etwa 50—60° an unter zunehmender Verquellung (Stärkekleister). Es läßt sich dabei feststellen, daß besonders die äußerste Grenzschicht der Körner der Quellung widersteht. Sie besteht aus dem mit Jod violett färbbaren Amylopektin ( = /3-Amylose); die quellbare Substanz, die die Hauptmasse ausmacht, u n d die der Träger der Blaufärbung ist, heißt a-Amylose. Daneben enthält die Stärke Spuren von Phosphorsäure, die mit Kalium verbunden ist. In verdünnter Kalilauge verquillt die Stärke schon bei niederer Temperatur, wobei die Jodfärbung verloren geht. Bei der Verquellung, noch m e h r bei weiterer Auflösung, etwa in mit Salzsäure Eingesäuertem kochendem Wasser, unterliegt die Stärke einem fortschreitenden hydrolytischen Abbau. Es entstehen zunächst die noch kolloidalen Dextrine (Klebemittel), die durch Jodlösungen teils rot, teils nicht m e h r gefärbt werden. Das nächste Zerfallsprodukt ist die Maltose, und diese wieder liefert je Molekül zwei Moleküle Glukose. I n der Pflanze wird Auf- u n d Abbau von Stärke durch besondere Fermente, die Amylasen oder Diastasen, bewirkt, wobei die gleiche Abbaufolge zu beobachten ist (s.S. 468). Äußerlich macht sich der Stärkeabbau entweder in einem Abschmelzen der Körner von der Peripherie her (Kartoffel) bemerkbar, oder es entstehen in ihnen erst Korrosionskanäle, die zum Zerbröckeln f ü h r e n (z. B. Weizenstärke). Echte Stärke gibt es n u r bei g r ü n e n Algen und bei den höheren Pflanzen. Die Piastiden der Braunalgen vermögen sie nicht zu bilden u n d bei den Rotalgen tritt eine besondere Art von Stärke auf. Es handelt sich hier u m Scheiben- oder kegelförmige Gebilde, die den Rhodoplasten außen aufsitzen (Florideenstärke). Bei manchen Grünalgen — besonders deutlich bei den Formen m i t großen Chloroplasten — ist die Stärkebildung zum Teil an die Gegenwart der schon f r ü h e r genannten Pyrenoide gebunden. Pilzen, Cyanophyceen und Bakterien fehlt echte Stärke, wenn auch gelegentlich jodbläuende Substanzen in ihnen nachzuweisen sind. Als Ersatz f ü r die Stärke tritt hier das im Tierreich verbreitete zähflüssige G l y k o g e n auf, bei den Braunalgen Laminarin. 2. D i e K r i s t a l l e Die Mehrzahl der in pflanzlichen Geweben auftretenden Kristalle besteht aus K a l z i u m o x a l a t . Dieses tritt je nach der Menge des Kristallwassers in zwei Modifikationen auf: ( C 0 2 ) 2 C a - 1 H 2 0 und ( C 0 2 ) 2 C a - 3 H 2 0 . Das Monohydratkristallisiert nach dem monoklinen, das Trihydrat nach dem tetragonalen System, so daß einerseits rhomboederähnliche oder stab- und nadeiförmige Kristalle, andererseits Doppelpyramiden (Oktaeder), oft kombiniert mit Prismen usw., auftreten. All-

2. Die Kristalle

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gemein kann man unterscheiden: Kristallsand, Einzelkristalle, Zwillinge, Drusen und Sphärite. Im Kristallsand sind infolge der Kleinheit der Teilchen bestimmte Kristallformen kaum mehr zu erkennen. Stabförmige Einzelkristalle heißen Styloide. Sie sind meist monoklin (Abb. 50), was stets für die R h a p h i d e n gilt, worunter man Kristallnadeln versteht, die, zu größeren Paketen vereint, in einer Schleimvakuole auftreten. Drusen sind mehr oder weniger kugelige Kristallaggregate, die in der Mitte einen kleinen organischen Kern aufweisen (Abb. 51). Sphärite bestehen aus feinen, radiär Eingeordneten Nadeln. Der oxalsaure Kalk wird wohl immer im Plasma gebildet und kann dann sekundär in Vakuolen ausgeschieden werden. Von mancher Seite wird aber auch eine direkte Entstehung in Vakuolen angenommen. Gelegentlich können Oxalatkristalle auch in Zellwänden auftreten, so z.B. in den äußerst verdickten mechanischen Zellen (Spikularzellen) von Welwitschia. Die Rhaphiden, die nur wenigen Pflanzenfamilien fehlen, bilden sich im Plasma ganz junger Zellen. Jede Nadel des Paketes besitzt eine plasmatische Hülle, insgesamt liegen sie zuerst in einer zentralen Plasmabrücke. Die erst kleinen, schleimhaltigen Vakuolen, die diese umgeben, verschmelzen allmählich zu einer großen Schleimblase, in der schließlich das Nadelpaket hegt (Abb. 52). Die Umhüllung des Kalziumoxalats durch besondere Plasmahäute scheint allgemein zu sein. Häufig erfolgt von diesen aus früher oder später die Bildung einer Zellulosehülle, die sich mit ein oder mehr Balken an die Zellwand anfügt (Abb. 53).

Abb. 50. Pontederia (Eichhornia) speciosa. Kristallzelle (Kalziumoxalat) aua dem Airenchym. Der Kristall (Styloid) liegt in der geschrumpften Zelle, so daß die spitzen Enden die hier verdünnte Membran leicht durchbohren können. Nach ItOTHERT.

Abb. 61. Bheum sp. Große Kalzium- Abb. 52. Hyacinf/ius-Wurzelmeristem. Entstehung der Bhaphiden. oxalatdruse K zwischen Parenchym- ^ Anlage des Nadelpaketes i n j einer meristematischen Zelle. B Auszellen P des ßhizoms. Nach KOCH, bildung der Schleimvakuole, in der das Paket schließlich liegt, n Zellkern, r Rhaphiden. — Nach KOHL.

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IV. Die Ergastischen Gebilde

Dies k o m m t bei Einzelkristallen u n d D r u s e n , n i c h t aber bei R h a p h i d e n vor. Häufig sind die kristallhaltigen Zellen besonders geformt (Idioblasten), w o r ü b e r i m Abschnitt Histologie Näheres berichtet w e r d e n wird. Von a n d e r e n Kristallbildungen lassen sich Oxalatkristalle d u r c h i h r e Unlöslichkeit in Essigsäure u n d Löslichkeit in verd ü n n t e n Metallsäuren unterscheiden. Die Umstände, die zur Ausfällung des Kalzium oxalates f ü h r e n , sind noch w e n i g b e k a n n t . I m allgemeinen läßt sich sagen, d a ß die verschiedenen Kristallformen typisch f ü r die Pflanzen sind, in denen sie v o r k o m m e n . Es sind also wohl, i m einzelnen verschiedene, zellphysiologische Prozesse, die die Ausfällung bedingen u n d regeln. Oxalsäure der von einer Zellulosetasche umgeben und an die k o m m t in den Pflanzen auch an Kali geZellwand angeheftet wurde. Die junge Kristallb u n d e n oder f r e i vor u n d k a n n somit n i c h t Zelle liegt zunächst in der ersten Palisadenschichtc und rückt im Laufe der Blattentwicklung durch ohne weiteres als schädlich bezeichnet Spitzenwachstum der Strecke abcd in die Epiw e r d e n . E h e r ist an eine Bindung ü b e r dermis vor. Nach GUTTENBERG. schüssigen Kalziums zu denken, dessen E n t f e r n u n g aus dem Plasma erforderlich sein k a n n , w e n n zu h o h e r Gehalt das Ionengleichgewicht (s. S. 451) bedroht. Es hat n i c h t an Versuchen gefehlt, besonders die R h a p h i d e n als ein Schutzmittel der Pflanze gegen T i e r f r a ß , vor allem gegen Schnecken, hinzustellen. D a ß sie bei reichlichem Vorkommen auf der menschlichen Z u n g e ein „ B r e n n e n " verursachen, ist Tatsache, sichere Beweise d a f ü r , daß T i e r e raphidenhaltige Pflanzen meiden, k o n n t e n aber n i c h t e r b r a c h t w e r d e n . D i e E i n h ü l l u n g der Kristalle in plasmatische oder Zellulosescheiden m a g das Zellplasma vor Verletzungen schützen ; vielleicht regeln die H ü l l e n Abb. 54. Epiphyllum spec. (Cactacee). — Eiweißgehilde aber auch die Ausfällung. der Epidermis. — Nach MOLISCH. K i e s e l s ä u r e (Si0 2 ) k o m m t teils in der M e m b r a n (vgl. S. 63), teils i m Zellraum vor. Solche a m o r p h e Kieselkörper f ü l l e n d a n n oft das L u m e n der abgestorbenen Zellen völlig aus. So gibt es m i t Kieselsäure angefüllte Zellen in Grasepidermen (Kurzzellen, s. S. 81), eigenartig verzweigte Kieselkörper in der Epidermis von Callisia usw.. Linsen- oder kegelförmige Gebilde finden sich in besonderen Zellreihen, die die mechanischen Fasern von P a l m e n , Orchideen, Scitamineen u . a. Pflanzen be-

5. Die Fette

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gleiten (Deckzellen oder S t e g m a t a ) . Auch in Hohlräumen können Kieselsäureausscheidungen auftreten, so in den Stengelhöhlungen der Bambusen (Tabaschir). Die Bedeutung dieser Ausscheidungen ist noch ebenso unklar wie ihre Bildung. Andersartige anorganische Ausscheidungen im Zellumen sind selten. Schwefelkörnchen finden sich in manchen Schwefelbakterien (z. B. bei Beggiatoa), Gipskriställchen treten in den Vakuolen von Closteriwn auf. E i w e i ß k r i s t a l l e kommen sowohl in den Proteinkörnern (vgl. S. 58, Abb. 58) als auch frei in Pflanzenzellen vor. Auffällig ist z. B. ihr Auftreten in der Epidermis mancher Kakteen (Abb. 54); bekannt sind ferner die würfelförmigen Kristalle in den äußeren Schichten der Kartoffelknolle. Häufig sind sie in Leukoplasten, seltener in Chloro- und Chromoplasten zu finden (Abb. 15), auch Zellkerne (so bei vielen Farnen) können solche enthalten. Durch ihre Quellbarkeit, die zur Abrundung führt, unterscheiden sie sich von echten Kristallen, weshalb man sie auch als Eiweißkristalloide bezeichnet hat. 5. Die F e t t e Die Fette treten meist in feinster tröpfchenförmiger Verteilung im Plasma auf, die Tropfen können aber auch eine Größe erreichen, bei der sie als deutliche Emulsion erscheinen (Abb. 55). Einige fettreiche Palmenfrüchte (z. B. Elaeis guineensis) besitzen massenhaft gebüschelte Fettkristalle im Endosperm. Von ,,Elaeoplasten" spricht man dann, wenn sich lokal größere Fetttröpfchen zu-

Abb. 56. Nymphaea alba. Einkernige Tapetenzelie mit großem Zellkern und Chondriosomen im schaumigen Plasma. Nach MEVES.

Abb. 55. Cocos nucifera, Schnitt durch das Endop a r a l l e i z u d e s s e n Oberfläche. Die größeren Tropfen sind Ol, die kleinen Proteinkörner, Nach W . H. BROWN.

sperm

sammenballen. Da aber keine besonderen Bildner (Plasten) vorliegen, ist die Bezeichnung irreführend. Die sogenannten Elaeoplasten der Lebermoose enthalten kein fettes öl, sondern ein den ätherischen Ölen nahestehendes Exkret. Größere Öltropfen erscheinen durch Plasmahäute abgegrenzt; man kann dann auch von Ölvakuolen sprechen. Ein Sonderfall ist das Auftreten des sogenannten Balanophorins in den Zellen parasitischer Balanophoraceen. Hier liegen tatsächlich

56

V. Die Vakuolen

Vakuolen vor, die das wachsartige Balanophorin enthalten. Die Substanz kommt so reichlich vor, daß getrocknete Balanophorastücke als Kerzen Verwendung finden können. 4. D i e C h r o n d r i o s o m e n E i n e verhältnismäßig spät entdeckte G r u p p e von Plasmaeinschlüssen w u r d e u n t e r dem N a m e n C h o n d r i o s o m e n oder Mitochondrien z u s a m m e n g e f a ß t . Da diese Körperchen s e h r verschiedene Gestalt besitzen (Kugeln, Stäbchen, Hanteln usw.) (Abb. 56), haben sie im einzelnen noch verschiedene Bezeichnungen erhalten. Sie k o m m e n in pflanzlichen u n d tierischen Zellen vor, und zwar besonders dann, wenn diese sehr plasmareich sind. Es handelt sich u m eiweißund lipoidhaltige Gebilde, von denen noch nicht klar ist, ob sie als tote Reservestoffe oder als Plasmaorgane anzusprechen sind. E i n e Zeitlang wurde von m a n c h e n Seiten die Ansicht vert r e t e n , daß sich die Piastiden aus Chondriosomen entwickeln. Die Tatsache aber, daß die großen Algenchloroplasten niemals Chondriosomen gleichen, und sehr genaue Studien ü b e r die Entwicklung der Leukoplasten haben gezeigt, daß n u r eine Verwechslung vorlag. I n jungen Zellen sind n ä m l i c h die Piastiden in Form und G r ö ß e schwer von Chondriosomen zu u n t e r scheiden. Ob diese fallweise neu aus d e m Plasma entstehen oder sich lediglich d u r c h Teilung v e r m e h r e n , ist noch unentschieden. M i t Chromosomen, Piastiden und Viren haben sie gemeinsam, daß sie Nukleoproteide enthalten.

Y. Die Vakuolen Vakuolen treten in so gut wie allen Pflanzenzellen auf, ihre Gesamtheit wird auch als das Vakuom der Zelle bezeichnet. Die jugendlichen Zellen der höheren Pflanzen enthalten zahlreiche winzige Bläschen, die das Plasma schaumig erscheinen lassen. Manchmal bleibt diese Struktur erhalten (so besonders in Drüsenzellen), in der Regel vereinen sich aber die allmählich anschwellenden Hohlräume

Abb. 57. Zea Maus. — Längsschnitt durch die Wurzelspitze. 1 junge Meristemzellen aus dem (links) Dermatogen und (rechts) Periblem. — 2 ältere Periblemzelle. — 3 ausgewachsene Zelle des Periblems. Die kleinen Vakuolen sind zu drei großen zusammengeflossen. — Original.

V. Die Vakuolen

57

zu wenigen größeren Vakuolen (Abb. 57) oder es entsteht ein einziger großer Z e l l s a f t r ä u m . In diesem Falle tritt n u r noch ein wandständiger Plasmasaum auf, der so d ü n n werden kann, daß er n u r noch bei Abhebung des Plasmas von der Membran (Plasmolyse, s. S. 402) erkennbar ist. Sämtliche Vakuolen sind durch Plasmahäute abgegrenzt, deren besondere Beschaffenheit (Semipermeabilität, vgl. S. 408) den Aus- und Eintritt von Stoffen zwischen Zellsaft und Plasma regelt. Ob diese, T o n o p l a s t e n genannten Häute fallweise entstehen oder sich wenigstens zum Teil wie Plasmaorgane durch Teilung vermehren, ist noch unentschieden, doch spricht sehr vieles f ü r die erste Annahme. Welche chemisch-physikalischen Vorgänge die Flüssigkeitsausscheidung aus dem Plasma bewirken, ist noch u n bekannt. Es liegt offenbar ein Entmischungsvorgang (eine Entquellung) vor, die insofern zweckmäßig ist, als das reichliche Wasser, das die Pflanze benötigt, nicht im Plasma gespeichert werden könnte, ohne dieses völlig dünnflüssig zu machen. Bei manchen Einzellern gibt es kontraktile Vakuolen, die sich rhythmisch zusammenziehen und gleich wieder erweitern. Da im Zellsaft vorwiegend molekulardispers gelöste Stoffe auftreten, erscheint er als ein Speicherraum f ü r diese. Es handelt sich dabei sowohl u m anorganische, als auch u m organische Verbindungen, u n t e r denen Salze, Säuren u n d lösliche Kohlehydrate vorherrschen. An Salzen treten vor allem Nitrate, Sulfate, Phosphate einerseits, Malate, Zitrate, Oxalate und Tartrate andererseits auf, die zugehörigen Basen können Kalium, Natrium, Kalzium, Magnesium, Ammonium u. a. sein. In Sonderfällen werden einzelne Salze bis zu hoher Konzentration gespeichert, so Kochsalz von den Meerstrandspflanzen (Halophyten). In erwachsenen Zellen reagiert der Zellsaft meist neutral bis leicht sauer. I m zweiten Fall herrschen saure Salze vor, während freie Säuren meist n u r in Spuren auftreten. Von Zuckern finden sich ganz allgemein Glukose und Fruktose, gelegentlich kommt auch Rohrzucker in größerer Menge vor (im Zuckerrohr iO bis 18%, in der Zuckerrübe 12—20%). An Polysacchariden findet sich bei vielen Kompositen I n u l i n , das in absolutem Alkohol Sphärokristalle bildet (z. B. Schwarzwurzel, Scorzonera hispanica). Der sechswertige Alkohol Mannit tritt als Reservestoff bei den Oleaceen, Sorbit bei Äpfeln, Birnen usw. auf. Pilze u n d Bakterien besitzen an Stelle von Stärke Glykogen in Vakuolen. Weitere im Zellsaft oft zu findende organische Stoffe sind Aminosäuren, Amide (z. B. Asparagin), lösliche Eiweißstoffe und Lipoide. F ü r manche Pflanzengruppen ist das Auftreten von S c h l e i m i m Zellsaft charakteristisch, so f ü r viele Sukkulenten (Kakteen, Aizoaceen, Crassulaceen u. a.) und zahlreiche monokotyle Pflanzen (Salepschleim der Orchideenknollen); es handelt sich wohl stets u m Polysaccharide. Kommen i m Zellsaft hochpolymere oder schwer lösliche Stoffe vor, so gewinnt er m e h r u n d m e h r den Charakter einer kolloidalen Lösung und er kann dabei eine beträchtliche Viskosität erreichen. Eine sehr weite Verbreitung haben Gerbstoffe im Zellsaft. Sie verleihen diesem eine starke Lichtbrechung. Gerbstoffzellen finden sich an den verschiedensten Stellen der Pflanzen, besonders reichlich in Rinden. Beim Absterben der Zellen verwandeln sie sich unter Oxydation in sogenannte Phlobaphene, die dann auch die Zellwände infiltrieren und diesen eine dunkelbraune Farbe verleihen. Unter

58

V. Die Vakuolen

Gerbstoffen versteht man eine Gruppe von aromatischen Verbindungen, für die charakteristisch ist, daß sie einen herben (adstringierenden) Geschmack besitzen, mit Eisensalzen (Fe"1"1") blauschwarze oder grüne Färbungen geben, Eiweißstoffe fällen, Leder gerben usw. Manche Gerbstoffe sind Glykoside, bei deren Spaltung saure Verbindungen, so Gallussäure, Catechin, Tannin und die Ellagsäure entstehen. In der Praxis spielen Gerbstoffe bei der Herstellung von Tinten und in der Gerberei eine wichtige Rolle. Verwendet werden u. a. Eichenrinde, Eichengalläpfel, Akazienrinde. Braunalgen enthalten gerbstoffartige Fucosanbläschen. Ein sehr häufiger Inhaltsstoff des Zellsaftes sind die Glykoside. Diese haben ihren Namen daher, daß bei ihrer Spaltung Glukose und sehr verschiedene organische Verbindungen (Aglykone) entstehen, daß sie also Zuckerderivate sind. Über sie wird an späterer Stelle (s. S. 391) noch ausführlicher gesprochen werden. Dasselbe gilt für die Alkaloide. Diese kompliziert gebauten stickstoffhaltigen Pflanzenbasen sind für einige Pflanzenfamilien, so die Papaveraceen, Solanaceen, Ranunculaceen, einige Rubiaceen u. a. charakteristisch. Der Zellsaft ist oft gefärbt, und zwar besonders häufig in allen Abstufungen zwischen rot, violett und blau. Hierbei handelt es sich um Farbstoffe, die den Namen AnthoAbb. 58. Rhicinus communis. Teil einer Kndoapermzelle nach Behandlung mit absolutem Alkohol. In Wasser aufcyane führen. Ihr Farbcharakter gehellt. Aleuronkörner mit körperlich dargestellten Eihängt zum Teil von der Reaktion weißkristallen und Globoiden. Bas Protoplasma ist schaumig, in den Vakuolen befanden sich Öltröpfchen. des Zellsaftes ab: ist diese sauer, so Vergr. ca. 2000. — Nach A. MEYER. herrschen rote Töne vor, bei neutraler Reaktion weinrote bis violette und bei schwach basischer blaue, wie z. B. bei der Kornblume. Da der Zellsaft seinen Säuregrad im Laufe der Entwicklung nicht selten ändert, kann anfänglich blaue Farbe in rote umschlagen (z. B. Lungenkraut, Pulmonaria officinalis). Chemisch betrachtet liegen Glykoside vor. An Glukose sind sogenannte Anthocyanidine gebunden (z. B. das violette Cyanidin in der Kornblume, das rote Pelargonin in der Rose und Pelargonie, sowie das purpurne Delphinidin im Rittersporn). Auch blaßgelbe Farbstoffe können gelöst im Zellsaft auftreten, so im gemeinen Löwenmaul, im Leinkraut, in der Königskerze, dem gelben Fingerhut, dem Himmelschlüssel usw. Man hat diese Substanzen, die den Anthocyanidinen chemisch nahestehen, als Flavone (auch Anthochlore) bezeichnet. Eine besondere Stellung nehmen die Eiweiß Vakuolen ein, die in Reservestoffbehältern, besonders in Samen, große Verbreitung haben. Sie verlieren bei der Samenreife so lange Wasser, bis sie zu gelartig festen, meist kugeligen Gebilden werden, die mein A l e u r o n - oder P r o t e i n k ö r n e r nennt (Abb. 58, 59). Besonders groß werden diese in fetthaltigen Samen, bekannte Beispiele sind die Endospermzellen des Rizinussamens und die der Paranuß (Bertholletia excelsa). Bei den Getreidefrüchten treten viele kleine Körner in der Aleuron- oder Kleberschicht, der äußersten Lage des Nährgewebes, auf (Abb. 59); in großer Anzahl finden

V. Die Vakuolen

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sie sich in den Kotyledonen der Leguminosen. Die großen Aleuronkörner enthalten oft quellbare E i w e i ß k r i s t a l l e , daneben kleinste, m a n c h m a l traubenförmig m i t einander verbundene Körnchen, die m a n G l o b o i d e n e n n t . Es sind amorphe Gebilde, die aus Inositphosphorsäure, gebunden an Ca u n d M g bestehen. Bei der S a m e n k e i m u n g b e w i r k t die reiche W a s s e r a u f h a h m e eine Verflüssigung der Aleuronkörner, sie schwellen an u n d vereinigen sich zu größeren Vakuolen. Schließlich treten auch quellbare Lipoide i m Zellsaft m a n c h e r Pflanzen auf. Als V o l u t i n bezeichnet m a n ein Glukoproteid, das i n Bakterien u n d Diatomeen vorkommt. Die B e d e u t u n g der Vakuolen liegt, je nach ihrem Inhalt, auf sehr verschiedenen Gebieten. Der Zellsaftraum ist zunächst ein Depot aller leicht in Wasser löslichen Substanzen. Infolge der Semipermeabilität (s. später S. 408) des Tonoplasten wirken diese osmotisch und führen so zu einer Wasseraufnahme, die die Zellwände spannt. Dieser Turgor genannte

B Abb. 59. A Peripherer Teil eines Querschnittes durch ein ruhendes Weizenkoni, s Frucht- und Samenschale, kl Kleberschichte mit Aleurohkörnern, z Stärkehaltige Speicherzellen des Endosperms. B Querschnitt durch die Frucht- und Samenschale sowie die Kleberschichte eines keimenden Boggenkorns. Nach HABERLANDT.

Spannungszustand ist für die Festigkeit krautiger Pflanzenteile von größter Bedeutung. Von den gelösten Stoffen sind die Salze, die organischen Säuren, die Kohlehydrate und die Eiweiße wichtige Beservestoffe. Das gleiche gilt vom Fett der Ölvakuolen. Glykoside, Gerbstoffe und Farbstoffe sind wenigstens zum Teil als Exkrete zu betrachten, d. h. als Abfallstoffe, die nicht mehr in den Stoffwechsel einbezogen werden. Die glykosidische Bindung ist vielleicht eine Form der Unschädlichmachung giftiger Stoffe. Freie Gerbsäuren schädigen das Plasma, treten •daher als solche nicht auf. Die Gerbstoffe besitzen antiseptische, also bakterienhemmende Wirkung. Sekundär sind sie sicher in diesem Sinne für die Pflanze wichtig. Sie verhindern die Fäulnis von Rinden, Kernholz und anderen Pflanzenteilen, auch mag ihr herber Geschrrfack «inen gewissen Schutz gegen Tierfraß bedeuten. Alkaloide verhindern diesen durch ihre Giftigkeit. Die blauroten und gelben Farbstoffe können, wie die Karotine, in Blüten und Früchten als Lockfarben für Tiere gedeutet werden. Anthozyan kann auch durch Lichtabsorption Erwärmung herbeiführen, was für jugendliche Pflanzenorgane in kälterem Klima ein Vorteil sein mag. Doch gibt es bekanntlich auch unterirdische rote Organe (z. B. die rote Rübe), was klar zeigt, daß primär der Farbstoff nur ein zufälliger Begleiter bestimmter Stoffbildungsvorgänge ist. Diese sind noch nicht näher bekannt; man weiß nur, daß das Auftreten des Anthozyans einerseits mit extrem hoher Zuckeranhäufung verbunden ist, andererseits auch bei N und P Entzug beobachtet werden kann. Da dies alles Umstände sind, die eine Hemmung der Assimilation bewirken, so mag eine solche wenigstens zum Teil die Ursache der Anthozyanbildung sein. Auch der f ü r manche Pflanzen so charakteristische Milchsaft ist als Zellsaft

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VI. Die Zellmembran

aufzufassen, denn er ist in den röhrenförmigen Elementen, die ihn enthalten, gegen das wandständige Plasma deutlich durch einen Tonoplasten abgegrenzt. Sein milchähnliches Aussehen wird dadurch bedingt, daß, wie in der tierischen Milch Fetttröpfchen, hier zahlreiche Kautschuk- oder Guttaperchakügelchen neben Harz-, Fett- und anderen Tröpfchen emulgiert sind. Daneben enthält der Milchsaft noch wie andere Zellsäfte Salze, Zucker, Gerbstoffe, manchmal auch Alkaloide und Fermente. Uberraschend ist das Vorkommen von teils spindel-, teils hanteiförmigen Stärkekörnern im Milchsaft der Euphorbiaceen. Es ist wahrscheinlich, daß sie aus dem Plasma in die Vakuolen einwandern, was nach neueren Beobachtungen auch für die Kautschuktröpfchen gilt, die vielleicht in eigenen Bildnern entstehen (Abb. 60). Über die B e d e u t u n g des M i l c h s a f t e s sind die Meinungen sehr geteilt. Dies kommt hauptsächlich daher, daß der Saft einerseits typische Stoffwechselendprodukte (Exkrete), zu denen vor allem der Kautschuk gehört, enthält, Abb. 60. Entstehung des Kautschuks andererseits Stoffe, die noch verwendbar sind, wie die Kohlein den Milchröhren von Ficus Carica. hydrate, Eiweiß und andere. Den ganzen Milchsaft als Abn spindelförmige Zellkerne, chs Chonfallstoff zu bezeichnen, geht daher nicht an, auch ließ sich driosomen (weiß), k Kautschukkügelzeigen, daß in dauernd verdunkelten und infolgedessen chen (schwarz), l Latex, in der Vakuole mit großen Kautschukteilchen. hungernden Milchsaftpflanzen der Saft dünner und durchNach FREY-WYSSLING. sichtiger wird; es werden also offensichtlich Stoffe aus ihm entnommen und weiter verarbeitet. An der Luft kommt es zur Entmischung des Saftes, die emulgierten Tröpfchen verkitten miteinander, und es ist anzunehmen, daß der nach Verletzung der Pflanze austretende und rasch gerinnende Milchsaft sich als Wundverschluß gut eignet. Da die Säfte bitter schmecken und durch ihren Alkaloidgehalt oft giftig sind, kommen sie auch als Schutzmittel gegen Tierfraß in Frage.

Ä t h e r i s c h e Öle kommen bei einigen Pflanzenfamilien in vakuolenartigen plasmatischen Hüllen im Protoplasma vor. Über diese Einrichtungen und ihren Inhalt wird in anderem Zusammenhange (s. S. 109) berichtet werden.

VL Die Zellmembran i. Bau und W a c h s t u m der M e m b r a n Die Z e l l m e m b r a n ist ein Produkt der Hautschichte des Protoplasmas. So scheidet z. B. die nackte Eizelle erst nach der Befruchtung eine Membran ab, und bei der Zellteilung entsteht diese an den Spaltflächen des geteilten Protoplasten der Mutterzelle. Die Zellwand ist in jungen Zellen außerordentlich dünn und wird später verstärkt, wobei nicht selten eine mikroskopisch unmittelbar wahrnehmbare oder durch Quellungsmittel nachweisbare S c h i c h t u n g auftritt (Abb. 147, S. 129). Es gibt also ein D i c k e n wachs t u m der Membranen, dasindessen

1. Bau und Wachstum der Membran

61

erst dann voll einsetzt, wenn die Zelle ihre definitive Größe erreicht hat, was ein F l ä c h e n w a c h s t u m voraussetzt. Die Zellformen der Pflanzen werden im wesentlichen durch die Besonderheiten dieses Flächenwachstums festgelegt. Es erfolgt nicht an allen Stellen der Zelloberfläche gleichmäßig. Die in der Regel fast isodiametrischen, würfelförmigen oder polyedrischen jungen Zellen strecken sich meist bevorzugt in einer Richtung, wodurch sie zylindrisch, prismatisch, tafel- oder faserförmig werden können. Von S p i t z e n w a c h s t u m spricht man, wenn sich Zellen von einem oder von zwei gegenüberliegenden Endpunkten aus schlauchförmig verlängern. I n t e r k a l a r heißt das Wachstum, wenn sich mittlere Zonen, die zwischen schon ausgewachsenen liegen, strecken. Es können aber auch mehrere distinkte Partien im Flächenwachstum gegenüber anderen bevorzugt werden, und dann entstehen Zellen, die verzweigt oder sternförmig erscheinen. Schon jetzt sei bemerkt, daß langgestreckte, faserförmige Zellen als p r o s e n c h y m a t i s c h e , mehr oder minder isodiametrische als p a r e n c h y m a t i s c h e bezeichnet werden, und dementsprechend ihre Verbände P r o s e n c h y m e und P a r e n c h y m e heißen. Das F l ä c h e n w a c h s t u m einer jungen Zelle wird zunächst dadurch ermöglicht, daß die Membran durch einen vom Zellinhalt ausgehenden Innendruck gespannt wird, und daß sich unter dem Einfluß gewisser Stoffe (s. S. 498) ihre elastische Dehnbarkeit erhöht. Das führt zu einer passiven Dehnung und Vergrößerung, die mit einer Verdünnung verbunden sein müßte, wenn nicht gleichzeitig neue Membranteilchen im Inneren der Wand ausgeschieden würden. Diesen Vorgang hat man als I n t u s s u s z e p t i o n bezeichnet. Beim D i c k e n w a c h s t u m der Membran, das schon während des Flächenwachstums einsetzen kann, bei stärkerer Verdickung aber erheblich länger anhält, kommt es zur Auflagerung von Membransubstanz, also zu einer A p p o s i t i o n . Neu apponierte Schichten können ihrerseits sich wieder durch Intussuszeption verdicken. Die Schichtung wird dadurch oft sehr auffallend, daß stärkere Lichtbrechungsunterschiede zwischen den einzelnen Lamellen auftreten. Diese Erscheinung erklärt sich zum Teil dadurch, daß die Dichte der einzelnen Lamellen eine wechselnde ist. Die Zellmembran ist in der lebenden Pflanze stets mit Wasser imbibiert. Schichten höheren Wassergehaltes erscheinen unter dem Mikroskop dunkler als solche, die wasserärmer und dafür substanzreicher sind. Ferner können auch chemische Verschiedenheiten die Ursache deutlicher Schichtung sein. Die Verdickung der Zellwand kann ein sehr verschiedenes Ausmaß annehmen und in extremen Fällen so weit fortschreiten, daß der Innenraum (das Lumen) der Zelle verdrängt wird. D a die Zellwände das mechanische Gerüst der Pflanze darstellen, hängt die Festigkeit eines Organes vom Ausmaß der Verdickung aller oder bestimmter Zellen ab. Dünne Wände können nur dann mechanisch wirksam sein, wenn sie durch den Innendruck elastisch gespannt sind. Für den besonderen Zweck der Festigung dienen dickwandige Elemente, die indessen noch einer bestimmten Feinstruktur bedürfen, u m ihre Aufgabe voll zu erfüllen. Bei stärkerer Verdickung der Zellwand bleiben oft Stellen ausgespart, die man als Tüpfel bezeichnet. I m Flächenbild erscheinen sie kreisförmig oder elliptisch bis spaltenförmig. Der Tüpfel stellt einen kurzen oder längeren Kanal dar, wobei

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VI. Die Zellmembran

die Kanäle benachbarter Zellen sich Ein der Mittellamelle der Membran treffen (Abb. 61). Diese bleibt stets erhalten und wird hier als S c h l i e ß h a u t bezeichnet. Verläuft der Kanal zylindrisch, so spricht man von e i n f a c h e n Tüpfeln, wird er gegen die Schließhaut zu konisch verbreitert, so entstehen sogenannte H o f t ü p f e l (Abb. 61). Der Name erklärt sich daraus, daß jetzt bei Betrachtung von der Fläche her der Eingang in den Kanal als kleiner Kreis oder als schmale Spalte erscheint, während die Kanalverbreiterung an der Schließhaut als großer Kreis den ersten umschließt, also sozusagen einen Hof bildet. Besitzen die Tüpfel auf jeder Seite der Schließhaut einen Hof, so liegen d o p p e l t g e h ö f t e T ü p f e l vor, z. B. überall da, wo zwei getüpfelte Gefäße aneinanderstoßen. Grenzt aber an das Gefäß eine Parenchymzelle, so fehlt auf deren Seite der Hof (einfach g e h ö f t e a

b

c

Abb. ö l . Hoftüpel schematisch, a von oben gesehen, b im Querschnitt, c schräg perspektivisch im Querschnitt; t Torus, m Margo. Nach W E X T .

T ü p f e l ) . Sind die Eingänge im ersten Fall spaltenförmig, so sind die Spalten beider Seiten oft zueinander gekreuzt. Manche Hoftüpfel, so besonders deutlich die der Koniferen (Abb. 61), besitzen in der Mitte der Schließhaut eine zentrale Verdickung, den T o r u s , um den dann der dünne Rand oder M a r g o liegt. Die Tüpfel dienen dem erleichterten Wasser- und Stofftransport von Zelle zu Zelle und zeigen in der Schließhaut oft Plasmaverbindungen (Plasmodesmen) (vgl. S. 49). Bei einseitigem Überdruck können sich die Schließhäute der Hoftüpfel so dehnen, daß der Torus den Tüpfeleingang schließt. Es liegt dann also eine ventilartige Einrichtung vor. Die Verdickung der Zellwände erfolgt durchaus nicht immer allseits gleichmäßig. Für die verschiedensten Aufgaben werden lokale Verdickungen angelegt, die im einzelnen im Abschnitt „Histologie" zu besprechen sein werden. Hier soll nur einiges allgemeine vorausgeschickt werden. Es gibt Zellen, die einerseits fest, andererseits aber durchlässig sein müssen, wie die Elemente der Wasserleitung und manche mechanische Zellen. Schon die Tüpfel stellen eine Einrichtung dar, die einen solchen doppelten Anspruch weitgehend befriedigen kann. Soll die Durchlässigkeit aber weiter erhöht werden, so treffen wir andere Konstruktionen

1. Bau und Wachstum der Membran

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an, wie sie besonders in den Wasserleitungsröhren (Tracheen) krautiger Pflanzen zu finden sind. Da diese tote Elemente sind, denen die Spannung durch Innendruck fehlt, ist ihre Aussteifung unerläßlich. Sie erfolgt in der mannigfaltigsten

Abb. 62. Cucurbita Pepo, Längsschnitt durch das Tracheensystem eines Gefäßbündels mit verschiedenen Formen zentripetaler Wandverdickung. Das Gefäß e besitzt Hoftüpfel und läßt die Zellfusion deutlich erkennen. Original.

Weise. Besonders in jugendlichen Organen werden die zylindrischen Röhren durch nach innen vorspringende Verdickungsringe oder -spiralen gefestigt (Abb. 62). Durch Gabelung und erneutes Zusammenschließen des Spiralbandes entstehen

Abb. 63. Pollenkörner von Allhaea rosea und Tragopogon pratensis als Beispiele zentrifugaler 'WandverdickungNach GIESENHAGEN.

netzförmig verdickte Formen, die zu den Tüpfeln überleiten. Solche z e n t r i p e t a l e n Ver dickungsleisten spielen auch bei den Kohäsionsmechanismen eine Rolle, wo sie ein geregeltes Schrumpfen von Zellen bei Wasserverlust bewirken (vgl. S. 547). Auch mechanische faserförmige Zellen können sich, und zwar in Längsstreifen,

VI. Die Zellmembran

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lokal nach innen zu verdicken (Kollenchymzellen) (S. 132). Ausgesprochene zentripetale Verdickung zeigen ferner viele Epidermisaußenwände (Abb. 65, 81). Neben den zentripetalen gibt es auch z e n t r i f u g a l e Wandverdickungen. Sie treten hauptsächlich Ein freien Außenflächen auf und sind besonders für viele Sporen und Pollenkörner (Abb. 63) charakteristisch. Diese nach außen vorspringenden Membranleisten, Warzen oder Stacheln ermöglichen einerseits ein Festhaften am jeweiligen Substrat, beim Pollen z. B. ein der Narbe, andererseits bieten sie dem Winde eine gute Angriffsfläche. Es Heß sich nachweisen, daß rauhe Pollenkörner über weitere Strecken verbreitet werden als glatte. Die Entwicklung dieser Sporenhäute geht in der Regel so vor sich, daß zunächst eine erste Haut,die spätere E x i n e , angelegt wird. Sie besteht zuerst aus Pektinen, dann aus Kutin, wobei Keimporen (so bei Pollenkörnern) ausgespart werden können. Später wird eine innere Zellulosehaut, die I n t i n e , gebildet. Da die Exine erst nach Anlage des inneren Häutchens fertiggestellt wird, müssen ihre Aufbaustoffe die Intine durchdringen; es liegt also Intussuszeptionswachstum vor. ¡2. D i e c h e m i s c h e N a t u r der Z e l l m e m b r a n Die Zellmembran besteht im wesentlichen aus Kohlehydraten. Ihr charakteristischer Baustoff ist bei den höheren Pflanzen das Polysaccharid Zellulose (C 6 H 10 O 6 ) n . Aus zwei Molekülen Glukose baut sich zunächst das Disaccharid Zellobiose unter Wasserabspaltung auf [ 2 ( C 6 H 1 2 0 6 ) — H 2 0 = C 1 2 H 2 2 O u ]. Zum Unterschied von der Stärke liegt hier aber eine yS-glukosidische Bindung vor, die y

0,H

OH

CH2OH -

\_o/ci Ch^OH /)-Glukose

H

CH2OH

\0H

H

CH2OH Abb. 64. Teilkette eines Zellulosemolcküls.

Glukosereste sind miteinander ,,verschraubt". In gleicher Weise verbinden sich dann viele Zellobiosemoleküle kettenförmig zu fadenförmig langgestreckten Zellulosemolekülen (Abb. 64). Der Polymerisationsgrad ist zweifellos sehr groß, d. h. es sind viele hundert, vielleicht sogar mehrere tausend Zellobiosereste in einem Zellulose-Fadenmolekül aneinandergekettet. Die Zellulose ist ein schwer' löslicher Körper, der selbst starken Säuren und Laugen in der Hitze widersteht. Ihre Lösung gelingt unter völligem Abbau zu Glukose in konzentrierter Schwefelsäure. Fast unverändert bleibt sie bei der Lösung in Kupferoxyd-Ammoniak (SCHWEIZERsches Reagens), aus dem sie mit Säuren, allerdings unter Verlust ihrer Feinstruktur, wieder ausgefällt werden kann.

2. Die chemische Natur der Zellmembran

65

Die Zellulose ist indessen nicht der einzige Membranbaustoff. Das läßt sich schon daraus erkennen, daß es nur wenig Zellwände gibt, die eine reine Zellulosereaktion geben. Als solche gilt vor allem die Blau- oder Violettfärbung der Membranen in wässerigen Jodlösungen nach Vorbehandlung mit gewissen Quellungsmitteln, wie z. B. verdünnter Schwefelsäure oder Chlorzink. Das meist gehrauchte Reagens ist eine Chlorzinkjodlösung. Vielfach werden die Membranen in diesem Reagens bräunlich-violett bis braun. Behandelt m a n sie indessen vorher mit L a u g e n , so erscheint eine reine Blaufärbung. Der durch die L a u g e herausgelöste Stoff ist in diesem Fall das sogenannte L i g n i n , ein aromatischer Körper, dessen Konstitution noch nicht völlig geklärt ist. Das Lignin kann bis 2 5 % der Membransubstanz ausmachen. Man bezeichnet es als eine I n k r u s t e , da es die Zellulosemoleküle oder -mizelle gewissermaßen einhüllt. Solche ligninhaltige Membranen nennt man v e r h o l z t , da sie in allen Zellen des Holzkörpers eines Baumes vorkommen. Die Verholzung ist durch verschiedene Reagenzien leicht nachweisbar; so werden verholzte Membranen durch Anilinsalze dottergelb, durch Phlorugluzin -f- Salzsäure kirschrot gefärbt. Eine spezifische Färbung ist auch durch Kobaltrhodanid zu erzielen, das in wässeriger Lösung eine rote Farbe besitzt, während sich verholzte Membranen damit grünblau färben. Die Verholzung macht die Zellwände unelastisch-brüchig. Daher stört sie die technische Verwendbarkeit der pflanzlichen Fasern f ü r gewisse Zwecke. Soll aus Holz reiner Zellstoff gewonnen werden, so muß erst das Lignin durch Sulfitlaugen herausgelöst werden. Zur direkten Verspinnung eignen sich nur m e h r oder minder unverholzte Zellen, wie z. B. die Baumwollhaare oder die Flachs- und Hanffasern. Die Zugfestigkeit von Fasern wird durch die Verholzung keineswegs erhöht, wohl aber wird die Druckfestigkeit gesteigert. Es entsteht ein dem Eisenbeton vergleichbares System, in dem zugfeste Zellulosemizelle mit druckfestem Lignin verkittet sind. D i e physiologische Bedeutung der Verholzung liegt wahrscheinlich nicht nur auf dem Gebiete der Festigkeit. Verholzte Membranen sind wenig quellbar, vermögen aber Wasser zäher festzuhalten als solche aus reiner Zellulose. Vielleicht steht das Auftreten verholzter Membranen i m Wasserleitungsgewebe und bei Xerophyten damit i m Zusammenhang. Weitere Membranstoffe sind die Hemizellulosen. Man versteht darunter hochpolymere Kohlehydrate, die schon durch schwache Säuren und durch bestimmte Fermente hydrolytisch spaltbar sind, worauf sie Mannose und Galaktose liefern. I n manchen Samen bauen sie harte, aber leicht lösliche Verdickungsschichten auf (Abb. 45), die als Reservestoff dienen. Ein bekanntes Beispiel sind die Früchte der Palme Phytelephas macrocarpa, deren Steinendosperm als ,,vegetabilisches Elfenb e i n " technische Verwendung findet. Weitere Beispiele sind die Kerne der Dattelpalme, die Samen von Convallaria, Tropaeolum, Cyclamen u. a. Neben den genannten Hexosanen (Kohlehydrate mit 6 C-Atomen), finden sich auch Pentosane, besonders in verholzten Zellwänden. Sie liefern beim Abbau Pentosen, wie z. B. die Arabinose (aus Gummiarten), Xylose (aus Holz und Stroh) u. a. Sehr wichtige Membranbausteme sind ferner die Pektine. Ihre gleichfalls fadenförmigen Makromoleküle sind Polymerisationsprodukte der Galakturon6 v. G u t t e n b e r g , Lehrbuch der allgemeinen Botanik

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VI. Die Zellmembran

säure, die den Hexosanen so nahe steht, daß die Pektine meist zu den Kohlehydraten gerechnet werden. Da sie aber COOH-Gruppen besitzen, sind sie zur Salzbildung befähigt. Besonders häufig tritt Ca-Pektat auf. Sehr charakteristisch für die Pektine ist ihre Fähigkeit, stark zu quellen und schließlich zu verschleimen. So bestehen z. B. die Außenflächen der Wurzelhaare aus solchen verschleimenden Ca-Pektaten; ferner bilden sie die Kittsubstanz zwischen den beiden Hälften der Zellwände. Durch ihre Auflösung kann mein daher Zellen voneinander trennen. Dies gelingt durch Behandlung der Gewebe mit HN0 3 + KCl (SCHULZE sches Mazerationsgemisch). Spontan tritt der Vorgang z. B. bei überreifen Früchten auf. Der „Röstprozeß", bei dem sich die Bastfasern des Flachses vom übrigen Gewebe und voneinander lösen, beruht auf der Auflösung des Pektins durch Bakterien. Pektine lassen sich dadurch nachweisen, daß sie gewisse Farbstoffe, wie Methylenblau und Rutheniumrot, intensiv speichern. Die pflanzlichen G u m m i a r t e n (nicht zu verwechseln mit Kautschuk!) sind pathologisch entstehende Membranumwandlungsprodukte, wie sie z. B. an Stämmen von Pflaumen, Kirschen (Kirschgummi) und Akazien (arabischer Gummi) bei Verletzung auftreten. Eine besondere Stellung nehmen die f e t t a r t i g e n Einlagerungen und Lamellen der pflanzlichen Membranen ein. Es gibt deren vorwiegend zweierlei: das Kutin und das Suberin. Beide sind Ester von Fettsäuren, so der Suberin- und der Phellonsäure. Das Kutin überzieht als äußerste, K u t i k u l a genannte Schicht alle typischen Epidermen und kann auch noch die darunter liegenden Zelluloseschichten imprägnieren (Abb. 65). Es bildet die äußere Haut (Exine) der Pollenkörner und vieler Sporen und ist hier besonders resistent. Das Suberin wird in manchen Zellen in Form gesonderter Lamellen abgelagert, so vor allem in den Korkzellen, in der Exo- und Endodermis und in einigen Abb. 65. Gasteria Armstrongii (Bukkul. Liliacee). Exkretbehältern (vgl. S. 110). Beide Stoffe Querschnitt {durch die Blattepidermis. Auf die werden vom Plasma gebildet, das Kutin Kutikula (schwarz) folgen Kulikularschichten (punktiert), die reichlich Kutin in pektinartiger wird in flüssigem Zustand durch die junge Grundsubstanz besitzen. Der Zelluloseanteil der Membran nach außen abgeschieden und Wand ist weiß gelassen. Nach K Ü S T E R . vielfach auch in Form sogenannter Kutikularschichten der Außenwand eingelagert, wobei oft Vorsprünge in die radialen Wände zu beobachten sind (Abb. 65). Auch sonst können wachsartige Stoffe in geringer Menge in Zellulosewänden auftreten. Kutin und Suberin speichern alle Fettfarbstoffe; am gebräuchlichsten ist heute die Färbung mit einer Lösung von Sudan in Alkohol + Glyzerin. Die physiologische Bedeutung der Fetteinlagerungen ist klar. Durch diese werden die Membranen weitgehend undurchlässig für Wasser, gelöste Substanzen und Gase. Somit eignen sich kutinisierte und verkorkte Membranen vorzüglich

07

2. Die chemische Natur der Zellmembran

als Abschlußeinrichtung nach außen, aber auch zur Abgrenzung von Zellinhalten oder ganzen Geweben im Inneren der Pflanze. Neben der Kutikula können Epidermen auch noch W a c h s ausscheiden, und zwar in Form kleiner Körnchen, feiner Stäbchen oder auch derberer Schuppen und Krusten. Am dicksten werden diese bei einigen Palmen ( C o p e r n i c i a cerith. f e r a ) , wo sie auch an Stämmen abgeschieden werden (Palmenwachs von Ceroxylon-Arten). Bekannt ist der als „ R e i f " bezeichnete zarte Wachsbelag von Pflaumen, Äpfeln, Weinbeeren und anderen Früchten. Ein Wachsbelag kann auch das Aufklettern von Insekten unter Umständen unmöglich machen (vgl. S. 521). Die Zellwand der höheren Pflanzen ist selten gefärbt. Sie kann es aber werden, wenn beim Absterben der Zellen Inhaltsstoffe in sie eintreten. So werden Zellwände oft durch Oxydationsprodukte von Gerbstoffen braun gefärbt, ein fast schwarzer Farbstoff dieser Art findet sich in Fammembranen. Das Kernholz vieler Bäume erhält seine Farbe teils durch Membranfarbstoffe, teils durch gefärbte gummöse Inhaltsmassen der Tracheen, so das rote Sandelholz (Pterocarpus

santalinus),

Mahagoni),

das schwarze Ebenholz (Diospyros

Mahagoniholz

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(Swietenia

das Gelbholz von Maclura aurantiaca u. a.. Bei Pilzen, Flechten und auch einigen Moosen kommen die verschiedensten Membranfarbstoffe vor; so sind rote, gelbe, violette und grüne Hutpilze allgemein bekannt. Ebenum),

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Wie schon früher erwähnt, können th sich die Membranen früher oder später Abb. 66. Pinnularia viridis (Diatomee = BacillaDie Wandung der Zelle besteht ans zwei schleimig verändern. Von solchen Pflan- riacee). verkieselten Panzerhälften (äußere Epitheca und zenschleimen wurden die Pektinschleime innere Hypotheca). 1 Schalenansicht (Valva). 2 Gürtelband- (Pleura-) Ansicht, „Deckel" (Epischon genannt. Es gibt aber auch Z e l l u - theca) und „Boden" (Hypotheca) zeigend. I „Längsachse", d. h. Achse in der die Zelle vor der Teilung l o s e s c h l e i m e . Zu diesen gehören z. B. wächst,m Mediane, t Transversale, gb Gürtelbänder, die Schleimschichten mancher Samen- r Kaphe, s Schalen, th Teilungsebene. In jeder schalen. Sie entstehen aus inneren Ver- Schale treten ein Mittelknoten und zwei Endknoten auf, die durch einen gebogenen Kaphenspalt verdickungsschichten der Samenepidermis bunden sind, der an den Enden in Polspalten überdiese Spalten kann Plasma austreten bei Wasserzutritt. Die dabei eintretende geht. Durch (vgl. Abb. 625). Nach PFITZER. Quellung sprengt die Epidermisaußenwand (Leinsamen). Manche niedere Organismen haben weitgehend verquellende oder verschleimte Wände. So bilden viele Bakterien durch Wandverschleimung sogenannte Kahmhäute, die Cyanophyceen oft Gallertklumpen; bei vielen Tangen verquellen die Mittellamellen schleimartig. Ostasiatische Rotalgen hefern die als Agar-Agar bekannte Membrangallerte, die ein vorzügliches Substrat für Bakterien-, Pilz- und Zellkulturen darstellt. Als Karraghen bezeichnet man die

68

VI. Die Zellmembran

quellbaren Membranen von Chondrus crispus (atlantische Rotlage). Die Zellwände der höheren Pilze bestehen aus C h i t i n , dessen Makromoleküle sich aus dem Aminozucker Glukosamin, verbunden mit Essigsäure, aufbauen. Schließlich sind manche Membranen mehr oder weniger mit anorganischen Substanzen, vor allem mit amorpher K i e s e l s ä u r e oder mit CaCOs imprägniert. Das erste trifft besonders für Gräser und Schachtelhalme zu und macht deren Membranen steif und brüchig. In manchen Membranen höherer Pflanzen kommt es zur Bildung lokaler Kieselsäureeinschlüsse, so in Epidermiszellen von CampanuLa-Arten und von Cyperaceen, in der Endodermis einiger Gräser usw. Auch Pflanzenhaare sind vielfach verkieselt, so die Kletterhaare des Hopfens und die Spitzen der Brennhaare der Brennessel (vgl. S. 85). Die Kieselalgen (Diatomeen) besitzen fast gänzlich aus Kieselsäure aufgebaute Membranen, die eine so große Resistenz aufweisen, daß fossile Diatomeen ihre feinen Struk-

Abb. 67. Lithothamnium fruiiculosum (Corallinacee). Nat. Gr. Nach WETTSTEIN.

Abb. 68. Momordlca Charantia (Cucurbitacee), Cystolithengruppe der Blattepidermis. Nach PENZIG.

turen unverändert erhielten. Wo sie in Mengen vorkommen, finden sie als Kieselgur technische Verwendung. Der Kieselpanzer dieser Algen ist aber der Zellmembran höherer Pflanzen nicht ohne weiteres vergleichbar. Das Zellplasma ist zwar von einer einheitlichen Pektinhaut umgeben, die Kieselschale besteht aber aus zwei Hälften, die sich wie Boden und Deckel einer Schachtel ineinander fügen (Abb. 66). K a l z i u m k a r b o n a t ist besonders häufig als Inkruste der Membranen von Wasserpflanzen anzutreffen, sehr reichlich z. B. bei den Characeen. Die Rotalgen aus der Familie der C o r a l l i n a c e e n scheiden so viel Membrankalk aus, daß sie völlig „versteinert" erscheinen (Abb. 67). Bei höheren Pflanzen findet sich Verkalkung vielfach in Haaren, die dann hart und brüchig werden, wie die vieler Boraginaceen und Cruciferen. Besonders auffällig sind die als C y s t o l i t h e n

3. Die Feinstruktur der Zellulosemembran und deren physikalische Eigenschaften

69

bekannten Kalkeinschlüsse, wie sie in den Blattepidermen von Moraceen (Ficusarten, Abb. 111, S. 103), Acanthaceen, Cucurbitacee (Abb. 68) und in anderen Familien auftreten. Bei Ficus elastica z. B. besteht der fertige Cystolith aus einem verkieselten Membranstiel, an den sich ein maulbeerartig geformter Körper anschließt. Daß dieser mit CaC03 imprägniert ist, ergibt sich aus seiner Lösung in verdünnter Essigsäure unter Auftreten zahlreicher Kohlensäurebläschen. Es hinterbleibt ein dicht wellig geschichtetes Zelluloseskelett mit radial zu den Warzenspitzen verlaufenden Strängen oder Kanälchen. Da bei Kalkmangel der Pflanze die Cystolithen ihren Kalk abgeben können, scheinen sie nicht nur Exkretbehälter zu sein. Die Cystolithen der Acanthaceen haben die Form warziger Spindeln. 3. Die F e i n s t r u k t u r der Z e l l u l o s e m e m b r a n und deren p h y s i k a l i s c h e E i g e n s c h a f t e n Wie wir hörten, erfüllt die Zellulosewand der Pflanzenzelle zwei Aufgaben: sie trennt die Protoplasten der einzelnen Zellen, und sie schafft das feste Kammergerüst, das zum Aufbau einer sich über dem Boden erhebenden Pflanze nötig ist. Um zu verstehen, wie die an sich weiche Zellulosesubstanz die Festigkeit des Pflanzenkörpers bewirken kann, ist die Kenntnis ihrer Feinstruktur unerläßlich. NÄGELI (1866) hatte auf Grund des Quellungsverhaltens der pflanzlichen Membran erkannt, daß diese anisotrop ist. Denkt man sich aus einer trockenen Zellwand eine winzige Kugel herausgeschnitten, und bringt man diese in Wasser, so entsteht bei der eintretenden Quellung nicht eine größere Kugel, sondern ein Ellipsoid. Die Substanz ist also in einer Richtung des Raumes stärker quellbar als in den beiden anderen. Diese Quellungsanisotropie bewirkt, daß sich z. B. eine trockene Flachsfaser bei Benetzung erheblich (etwa um 20%) in der Breitenrichtung, aber so gut wie gar nicht (0,1 %) in der Längsrichtung vergrößert. Ebenso wie es bei der Zellulose ein Quellungsellipsoid gibt, läßt sich ein solches auch für die Lichtbrechung konstruieren. In der Längsrichtung der Faser ist der Brechungsindex größer als in der Querrichtung, die Zellulose ist also doppelbrechend wie ein Kristall. Um diese Erscheinungen zu erklären, nahm NÄGELI Ein, daß die Zellwand aus optisch anisotropen länglichen Kristalliten aufgebaut sei, die er als M i z e l l e bezeichnete. Diese Mizellartheorie des Zellulosebaues konnte in neuester Zeit mit Hilfe der Durchleuchtung durch Röntgenstrahlen bestätigt werden. Die Zellwand besteht danach aus einer k r i s t a l l i n i s c h e n Phase und i n t e r m i z e l l a r e n R ä u m e n . Die Kristallite sind etwa zehnmal so lang wie breit, haben also die Form kleinster Stäbchen. Die Existenz von Zwischenräumen läßt sich dadurch beweisen, daß es gelingt, zwischen die Mizelle aus Lösungen Metallkriställchen, Jod, Kongorot und andere Farbstoffe einzulagern. Auf diese Weise ließ sich auch bestimmen, daß die intermizellaren Räume etwa die Breite der Mizelle besitzen. Die Pflanze selbst lagert in sie Wasser oder die schon genannten Inkrusten, wie Lignin, Wachse, Kieselsäure usw. ein. Es ergibt sich nun die Frage, wie sich diese Ergebnisse mit der erschlossenen fadenförmigen Struktur der Zellulosemakromoleküle vereinen lassen. W i r haben uns vorzustellen, daß eine

70

VI. D i e Z e l l m e m b r a n

g r ö ß e r e Anzahl (vielleicht fünfzig) p a r a l l e l g e r i c h t e t e r F a d e n m o l e k ü l e zu d e r h ö h e r e n E i n h e i t desMizells v e r b u n d e n sind, und solcheMolekülbiindel m i t e i n a n d e r e i n N e t z w e r k bilden (Abb. 69). Jedes solche Mizell e n t s p r i c h t e i n e m Kristalliten, d e r somit m i n d e s t e n s so lang wie die F a d e n m o l e k ü l e sein m ü ß t e . D a diese a b e r n i c h t g l e i c h l a n g u n d seitlich g e g e n e i n a n d e r verschoben sein können, h a t m a n sich die E n d f l ä c h e n d e r Kristalle offen zu d e n k e n , wobei v e r m u t l i c h h e r a u s r a g e n d e u n d w e n i g e r g e o r d n e t e F ä d e n des e i n e n Mizells in die des n ä c h s t f o l g e n d e n ü b e r g r e i f e n u n d so eine V e r b i n d u n g schaffen (Abb. 69).

Die Mizelle können in der Membran p a r a l l e l zueinander gelagert sein, also Mizellarreihen bilden oder mehr oder minder ungeordnet ( g e s t r e u t ) auftreten. Die Ausrichtung der Mizelle in einer Zellwand läßt sich in polarisiertem Licht leicht erkennen. Auch verrät die Richtung von Tüpfelspalten und Streifungen nicht selten die der Feinstruktur. Ihre Kenntnis ist von größter Bedeutung, da die Art der Festigkeit einer Membran von der Richtung der Mizellarreihen abhängt. Die Richtung der größten Quellbarkeit steht dazu senkrecht, so daß auch aus ihr die Art der Struktur erschlossen werden kann. Die Quellungsrichtung ist für das Funktionieren hygroskopischer Mechanismen entscheidend, worüber S. 544 Näheres berichtet werden wird.

Abb. 69. Schematische Darstellung des möglichen Übergreifens von Hauptvalenzketten (Fadenmolekülen) der Zellulose In andere Gitterbereiche. — Hauptvalenzketten: — ungestörte Gitterbereiche, den Mizellen entsprechend. Nach FBEY-WYSSLING.

' D i e M i z e l l a r r e i h e n k ö n n e n z u n ä c h s t q u e r zur L ä n g s r i c h t u n g e i n e r Zelle liegen. D a b e i sind n o c h zwei Fälle m ö g l i c h . E n t w e d e r v e r l a u f e n die R e i h e n r i n g f ö r m i g (also t a n g e n t i a l ) u m die Zelle h e r u m ( Q u e r - o d e r R i n g s t r u k t u r ) oder sie s t r a h l e n r a d i a l v o m Z e l l u m e n aus ( R a d i a l s t r u k t u r ) (Abb. 70). F ü r das e r s t e sind m a n c h e W a s s e r l e i t u n g s r ö h r e n ( T r a c h e e n ) ein Beispiel, f ü r das zweite die Schließzellen vieler Spaltöffnungen. V e r l a u f e n die R e i h e n g e n a u parallel zur L ä n g s achse d e r Zelle, so liegt r e i n e L ä n g s s t r u k t u r vor. D e r a r t kons t r u i e r t sind die m e i s t e n Bastfasern, doch v e r l a u f e n die R e i h e n i n d e r R e g e l n i c h t g e n a u achsenparallel, sondern etwas g e n e i g t , so d a ß eine steilschraubige F a s e r s t r u k t u x e n t s t e h t . E i n e solche f i n d e t sich z. B. b e i den F a s e r t r a c h e i d e n d e r Koniferen, bei d e n L i b r i f o r m f a s e r n , den Bastfasern d e r P a l m e n , B a u m w o l l h a a r e n u . a .

Q u e r s t r u k t u r i e r t e M e m b r a n e n sind i n d e r L ä n g s r i c h t u n g l e i c h t plastisch (irreversibel) d e h n b a r u n d weisen i n dieser R i c h t u n g eine g e r i n g e Festigkeit, a b e r h o h e Q u e l l b a r k e i t a u f . Sie k ö n n e n w o h l als d r u c k f e s t e , n i c h t a b e r als zugfeste E l e m e n t e f u n k t i o n i e r e n . L ä n g s s t r u k t u r i e r t e M e m b r a n e n h i n g e g e n sind ausgesprochen z u g f e s t . Bei n i e d e r e n S c h r a u b e n l i n i e n w e r d e n F a s e r n besonders elastisch (reversibel) d e h n b a r , da e i n Ausziehen wie bei S p i r a l f e d e r n m ö g l i c h ist. Solche E l e m e n t e stellen einen T y p u s dar, d e m sow o h l eine gewisse Zugfestigkeit als a u c h D r u c k f e s t i g k e i t z u k o m m t . E i n Vorteil d e r steils c h r a u b i g e n S t r u k t u r d ü r f t e a u c h d a r i n liegen, d a ß die M i z e l l a r r e i h e n bei Z u g b e a n s p r u c h u n g sich aneinanderpressen. Ä h n l i c h wie bei den F a s e r n eines Bindfadens w i r d d a d u r c h verh i n d e r t , d a ß die einzelnen E l e m e n t e a n e i n a n d e r vorbeigleiten.

N i c h t i m m e r sind alle Mizelle zueinander parallel g e o r d n e t , es k o m m e n bei allen T y p e n d u r c h S t r e u u n g Ü b e r g ä n g e vor. M a n s p r i c h t von R ö h r e n s t r u k t u r , w e n n die Ausr i c h t u n g d e r Mizelle n u r w e n i g von d e r r e i n e n Q u e r r i c h t i m g a b w e i c h t (so bei S i e b r ö h r e n , M i l c h r ö h r e n u . a.). M e c h a n i s c h w e n i g b e a n s p r u c h t e Zellen, wie die e i n f a c h e n P a r e n c h y m zellen, zeigen d e n geringsten O r d n u n g s g r a d d e r Mizelle ( F o l i e n s t r u k t u r ) . I m g a n z e n l ä ß t sich t a g e n , d a ß die A n o r d n u n g der Mizelle i n g e r a d e z u idealer W e i s e d e n jeweiligen A n f o r d e r u n g e n auf Festigkeit e n t s p r i c h t , i n d e m d i e M i z e l l e s t e t s p a r a l l e l z u r Z u g r i c h t u n g und senkrecht zur D r u c k r i c h t u n g verlaufen.

Die Feinstruktur der Zellulosemembran und deren physikalische Eigenschaften

71

Beim Aufbau geschichteter Fasermembranen kommt noch ein weiteres Prinzip des Feinbaues zur Durchführung, das die mechanischen Qualitäten weiter ver-

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b) Abb. 70. Mizellarstruktur von Zellwänden. a Faserstruktur; b faserähnliche Struktur; c Ringstruktur; d RöhrenStruktur; na, nß, ny = größter, mittlerer und kleinster Brechungsindex der Zellwand; i = isotrop, + = optisch positiv, — = optisch negativ. Nach FREY-WYSSLING.

bessert. Das erstgebildete Membranhäutchen besteht vorwiegend aus Pektinstoffen, die somit später die Membranen benachbarter Zellen zusammenkitten. Darauf entsteht durch zunehmende Einlagerung von Zellulosemolekülen eine primäre Wandschicht. Diese ist meist querstrukturiert, da bei ihrer Entstehung noch keine Zugfestigkeit erforderlich ist, vielmehr umgekehrt eine plastische Dehnbarkeit in der Hauptwachstumsrichtung erhalten bleiben muß. Die e) Flachs b) Nessel a) Hanf nun folgenden s e k u n d ä r e n Ver- Abb. 71. Verlauf der Mizellarreihen in aufeinanderfolgenSchichten von Bastfasern, a Hanf, primäre und d i c k u n g s s c h i c h t e n können weiter den sekundäre Membran links gewunden, die inneren Reihen querstrukturiert bleiben oder zeigen verlaufen steiler; b Nessel, äußere und innere Schicht rechts gewunden; c Flachs, äußere Schicht rechts, zentrale eine immer steiler werdende schrau- links gewunden. Nach REIMERS aus FREY-WYS SLIN G. bige Längsstruktur. Dabei ist die Windungsrichtung aufeinanderfolgender Schichten oft zueinander gekreuzt (Abb. 71). Der Vorteil der schraubigen Struktur ist der gleiche, wie er bei der Besprechung der Feinstruktur geschildert wurde. Zuletzt wird noch eine t e r t i ä r e

72

VI. Die Zellmembran

L a m e l l e , das sogenannte Innenhäutchen, angelegt, das mechanisch ohne Bedeutung ist. Bei verkorkten Zellen erscheint als erste Schicht der sekundären W a n d die S u b e r i n l a m e l l e . W i e es möglich ist, daß das Protoplasma derartig gerichtete Strukturen schafft, ohne selbst entsprechend gerichtet zu sein, ist noch unbekannt. Manche Beobachtungen sprechen dafür, daß die Richtung der Plasmaströmung m i t der der gebildeten Strukturen übereinstimmt, somit jene vielleicht f ü r diese bestimmend ist.

Literatur FREY-WYSSLING, A., Die Stoffausscheidung der höheren Pflanzen (Monographieen aus dem Gesamtgebiete der Physiologie 32), Berlin 1935. — FREY-WYSSLING, A., Submikroskopische Morphologie des Protoplasmas und seiner Derivate (Protoplasma-Monographieen 15), Berlin 1936. — GÄUMANN, E., Vgl. Morphologie der Pilze, Jena 1926. — GEITLER, L., Chromosomenbau (Protoplasma-Monographieen 14), Berlin 1938. — GEITLER, L., Grundriß der Cytologie, Berlin 1935. — HABERLANDT, G-, Physiologische Pflanzenanatomie, 6. Aufl., Leipzig 1924. — HARTMANN, M., Allgemeine Biologie, 3. Aufl., Jena 19+7. — KIESEL, A., Chemie des Protoplasmas (Protoplasma-Monographieen 4), Berlin 1930. — KÜSTER, E., Die Pflanzenzelle, Jena 1935. — LEPESCHKIN, W . , Kolloidchemie des Protoplasmas, 2. Aufl., Berlin 1938. —MEYER, A., Untersuchungen über die Stärkekörner, Jena 1895. — MEYER, A., Morphologische und physiologische Analyse der Zelle, 1. und 2., Jena 1920/1926. —OLTMANNS, F., Morphologie und Biologie der Algen, 2. Aufl., Jena 1922. — RUSKA, H., Virus, Potsdam 1950. — SHARP, L. W., Introduction to Cytology, 2. ed., 1926, Deutsche Ausgabe (R. JARETZKY), Berlin 1931. — STRASBURGER, E., und M. KOERNICKE, Das botanische Praktikum, 6. Aufl., Jena 1921. H a n d b u c h d e r P f l a n z e n a n a t o m i e , herausgegeben von K. LINSBAUER, folgende Artikel: LUNDEGÂRDH, H., Zelle und Cytoplasma, Berlin 1922. — MÖBIUS, M., Die Farbstoffe der Pflanzen, Berlin 1927. — NETOLITZKY, FR., Die Kieselkörper. Die Kalksalze als Zellinhaltskörper, Berlin 1929. —• TISCHLER, G., Allgemeine Pflanzenkaryologie, 2. Aufl., 1. und 2. Teil, Berlin 1934/1942. — WISSELINGH, C. VAN, Die Zellmembran, Berlin 1925. F o r t s c h r i t t e d e r B o t a n i k , herausgegeben von FR. VON WETTSTEIN: Bd. 1—12, Berlin 1932—1950.

ZWEITER

ABSCHNITT

G E W E B E L E H R E (HISTOLOGIE) A. KOLONIEN UND GEWEBE Die Zellverbände der höheren Pflanzen, aber auch die vieler niederer Formen pflegt m a n als G e w e b e zu bezeichnen. Sie kommen meist durch Zellteilung, seltener durch Verwachsung ursprünglich getrennter Zellen zustande. Auch typisch einzellige Pflanzen können, besonders wenn ihre Membranen verschleimen, längere Zeit verbunden , bleiben. So können z . B . Bakterien schleimige Häute bilden (Zoogloea) oder es bleiben die Zellen von Ä Ö ^^ ^^ Spaltalgen (Cyanophyceen) zu kleinen oder größeren ; fi^gg & © : Verbänden vereint. Solche Z e l l a g g r e g a t e unter' Ig C # ® d S ' scheiden sich schon dadurch von Geweben, daß ihre isf^s"® ' W/tf^CS* Einzelzellen jederzeit ohne Schaden getrennt werden können. D e n Geweben näher stehen schon die Z e l l 'Xff^J*^. ^ S g ;

Abb. 72. Gonium pectorale (Volvocale), schwimmende Kolonie, zi» Zellwand, g Gallertmasse. Nach MIGULA.

Abb. 73. Apiocyslis Brauniaixa (Volvocale), Koloniebildung in aufeinanderfolgenden Stadien. Nach NAEGELI.

k o l o n i e n (Coenobien) (Abb. 72—75). Diese sind nicht m e h r einfache Verbände von Einzellern, sondern bereits Orgeinismen einer höheren Ordnung. Das drückt sich teils in ihrem morphologischen Bau aus, teils wird es dadurch klar, daß der Verband als Ganzes funktioniert. Beispiele dafür liefern besonders die Algen. So gibt es unter den Volvocales neben einzelligen auch vielzellige Formen, bei welchen

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A. Kolonien und Gewebe

die Zellen zeitlebens verbunden bleiben u n d mit ihren Geißeln geordnete Bewegungen ausführen, wodurch ihre Ganzheit klar wird. Bei der Gattung Gonium z. B. sind 4—16 zweigeißlige Zellen zu einer flachen Scheibe verbunden, die sich gerichtet bewegen kann. Die Gattung Volvox bildet Hohlkugeln, die m e h r e r e tausend Zellen zählen können. D a hier aber Plasmodesmen auftreten, ferner manche Zellen rein vegetativ sind, während andere Geschlechtszellen bilden oder der vegetativen VerV m e h r u n g dienen, kann m a n hier schon von einer gewebebildenden Pflanze sprechen. Ähnliche Übergänge findet m a n bei den zu den Chlorophyceen gehörigen Protococcales. Auch hier gibt es Einzeller, deren bewegliche oder unbewegliche Fortpflanzungszellen (Zoosporen und Aplanosporen) sich voneinander trennen, neben Formen, bei welchen die Sporen sich, manchmal schon in der Mutterzelle, wieder vereinigen u n d so eine neue Kolonie bilden. Beispiele sind die Gattungen Scenedesmus, Pediastrum und Hydrodyction. Diese Pflanzen zeigen uns auch das Zustandekommen gewebeähnlicher Formen durch Verwachsung. Bei Pediastrum z. B. teilt sich der Inhalt einer Zelle in eine Anzahl von Plasmaportionen, die Geißeln entwickeln, aber nach kurzem Schwärmen in der Zellblase sich geordnet aneinander legen, wobei die Randzellen eine abweichende Gestalt einnehmen (Abb. 75). Ähnlich verhält sich das Wassernetz Hydrodyction utriculatum. I n gewissem Sinne gehören auch manche Jochalgen (Conjugatae) zu den Kolonien. Sie stellen Zellfäden dar, die aus einer gekammerten Röhre bestehen. Jede Zelle ist noch teilungsfähig u n d kann von sich aus einen neuen Faden bilden; doch schreiten alle Zellen gemeinsam u n d gleichzeitig zur Fortpflanzung. Auch die Verbände mancher Cyanophyceen können als Kolonien aufgefaßt werden. Abb. 74. Licmophora flabellata, Wie mein sieht, leitet die Vereinigung mehrerer Diatomeenkolonie mit verzweigten Gallertstielen. Nach SMITH. Zellen über die Koloniebildung allmählich zur Gewebebildung über. Echte Gewebe treten bei vielen Algen und bei allen höheren Pflanzen, nicht aber bei Pilzen auf. Diese besitzen fast immer fadenförmige Zellen oder Zellketten, die m a n als H y p h e n bezeichnet. Sie bilden vielfach n u r lose, filzige Rasen, die m a n M y c e l i e n (Abb. 76) nennt, aber auch, bei den sogenannten Hutpilzen, große Zellkörper. Diese kommen ausschließlich durch Verflechtung von Hyphen, die bis zur Verwachsung gehen kann, zustande. Man spricht dann von einem P l e k t e n c h y m oder auch von einem P s e u d o p a r e n c h y m , da Ein Querschnitten den echten, durch Zellteilung entstandenen Parenchymen ähnliche Bilder erscheinen (Abb. 77).

A. Kolonien und G e w e b e

75

Die Gewebe der höheren Pflanzen entstehen ausschließlich durch Z e l l t e i l u n g aus Bildungsgeweben oder Meristemen. Der ursprünglich lückenlose Verband

gebildeten Zellen gestalten sich zu Zoosporen um. C Die Zoosporen haben die Zilien abgeworfen und sich in Form einer neuen Scheibe gruppiert. Nach A. BRAUN. a

Abb. 76. Mucor sp. (Schimmelpilz), aus der in der Mitte befindlichen Spore (Anschwellung) hat sich auf dem Substrat ein reichverzweigtes Mycel entwickelt, das die Sporangienträger a, b, c nach oben entsendet. Nach KNY.

wird bald dadurch gelockert, daß sich die Zellen in ihren Mittellamellen mehr oder weniger voneinander trennen, wodurch ein schließlich zusammenhängendes System lufterfüllter I n t e r z e l l u l a r e n auf schizogenem Wege entsteht. Seltener bilden sich Lücken durch Auflösung von Zellen (lysigen) oder durch Zerreißen

76

A. Kolonien und

Gewebe

infolge Gewebespannung (rhexigen). Benachbarte Zellen zeigen vielfach korrespondierende Tüpfel und in deren Schließhäuten oder auch sonst Plasmodesmen. Durch Auflösung von Zellwänden können sich lebende Zellen untereinander verbinden ; man spricht dann von Zellfusionen, wie sie besonders in Leitgeweben vorkommen (Tracheen, Siebröhren, Milchröhren). Die Gewebe der höheren Gewächse sind vielgestaltig, was teils durch die morphologische Verschiedenheit der Elemente, teils durch deren verschiedene Anordnung bedingt wird. Je höher die Organisation einer Pflanze ist, um so weiter wird in ihr das P r i n z i p der A r b e i t s t e i l u n g durchgeführt und um so mannigfaltiger sind daher die Gewebe, die sie aufbauen. Die Arbeitsteilung weist jedem Gewebe eine F u n k t i o n zu und diese kann nur erfüllt werden, wenn Bau und Inhalt der Zellen sowie deren Anordnung der gegebenen Aufgabe entsprechen. Dieser innige Zusammenhang zwischen Bau und Funktion der Gewebe, der in der Regel gar nicht übersehen werden kann, hat den Anlaß gegeben, die Einteilung der Gewebe nach ihren Aufgaben zu treffen. Diese von SCHWENDENER (1874) und HABERLANDT (1884) begründete „ P h y s i o logische Pflanzenanatom i e " gibt ein viel anschaulicheres Bild vom Bau der Pflanzen als die bloße Betrachtung der räumlichen ZusamAbb. 77. Sclerotina Sclerotiorum, Querschnitt durch ein reifes Sklerotium mit mehrschichtigem Hautgewebe. Vergr. 375. menhänge, wie sie die ältere Nach D E B A R Y . „Topographische Anatomie" als Grundlage für eine Einteilung nahm. Da die Physiologische Anatomie die Gestaltung von Zellen und Geweben aus ihren Aufgaben, also aus ihren Zwecken zu verstehen sucht, erscheint sie als finale Erklärung, wobei die Frage zunächst ganz offen gelassen wird, wie man sich das Zustandekommen dieser Zweckmäßigkeiten deuten will. Eine kausale Erklärung dafür, wie es zur Ausbildung der verschiedenen Zell- und Gewebeformen kommt, ist uns noch keinesfalls möglich, auch würden solche entwicklungsmechanischen Erkenntnisse keine Einteilungsgrundlage bilden. Die physiologische Pflanzenanatomie betrachtet Zellverbände gleicher Funktion als Einheiten, geht also von A n a l o g i e n aus. Die entwicklungsgeschichtliche (ontogenetische) oder stammesgeschichtliche (phylogenetische) Herkunft der Gewebe ist für diese Betrachtimgsweise unwesentlich, doch muß sie, soweit bekannt, beschrieben werden. Ebensowenig, wie auf den Hinweis solcher Homologien, kann auf eine vergleichend anatomische Betrachtung verzichtet werden, die vielfach sogar als Stütze der hier gewählten Anordnung dienen kann. Die Erfahrung hat gezeigt, daß eine physiologische Betrachtungsweise aller Gewebearten möglich ist, d. h. daß man überall die Zusammenhänge zwischen Bau.

A. Kolonien und Gewebe

77

und Funktion erkennen kann. Funktionslose Gebilde sind selten und meist durch Funktionsverlust oder Funktionswechsel in der Ontogenie oder Phylogenie erklärlich. Die Notwendigkeit, die Aufgaben der Gewebe den lokalen Außenumständen anzupassen, führt zu sehr vielen Abwandlungen des jeweiligen Grundtypus. Man spricht dann von ökologisch bedingten Formänderungen. Nicht immer ist eine Aufgabe einem geschlossenen Gewebeverband zugeteilt. Eingestreut in einen solchen finden sich oft Einzelzellen mit besonderer Aufgabe, die man Idiob l a s t e n nennt. Manchmal bilden Zellen oder zellige Apparate gleicher Aufgabe keine räumlich zusammenhängenden Komplexe. So treten z.B. Spaltöffnungen und Drüsen einzeln auf und entsprechen somit nicht mehr wörtlich dem Begriffe eines Gewebes. Man pflegt aber diesen Ausdruck jetzt weiter zufassen, sofern man das Entscheidende nicht im örtlichen Zusammenhang, sondern in der gemeinsamen Funktion sieht. Von einem anatomischen System spricht man dann, wenn man die Gesamtheit aller Gewebe und Einrichtungen zusammenfaßt, die einer gemeinsamen Aufgabe dienen. Es lassen sich folgende anatomisch-physiologische Systeme unterscheiden: 1. Das B i l d u n g s s y s t e m (Urmeristem, primäre und sekundäre Meristeme). 2. Das H a u t s y s t e m (Epidermis, Kork, Borke, Exodermis, Endodermis). 5. Das A b s o r p t i o n s s y s t e m (Rhizodermis, Velamen, Absorptionshaare, Haustorien). 4. Das A s s i m i l a t i o n s s y s t e m (Palisadengewebe, Schwammparenchym u. a. Chlorophyllgewebe). 5. Das S e k r e t i o n s s y s t e m (Hydathoden, Nektarien, Schleim- und Verdauungsdrüsen, Harz- und Öldrüsen oder -gänge, Kristallzellen u.a.). 6. Das S p e i c h e r s y s t e m (Wassergewebe, Gewebe der Stoffspeicherung). 7. Das D u r c h l ü f t u n g s s y s t e m (Spaltöffnungen, Lentizellen, Interzellularen). 8. Das m e c h a n i s c h e S y s t e m (Bast, Libriform, Kollenchym, Sklerenchym). 9. Das L e i t u n g s s y s t e m (Leitparenchym, Gefäßbündel). 10. Das B e w e g u n g s s y s t e m (lebende und tote Bewegungsgewebe, Flug-, Schwimm- und Klettapparate). 11. Das P e r z e p t i o n s s y s t e m (Fühlborsten, Fühlpapillen usw., Statolithenapparate). In diese Gruppen lassen sich sämtliche bei Pflanzen auftretende Gewebe und lokalen Apparate sinngemäß einreihen. Da die Zellform im wesentlichen durch die Membrangestalt bedingt wird, spielt diese bei der Einteilung eine wichtige Rolle. Nicht minder von Bedeutung ist aber der Zellinhalt, und zwar sowohl das Plasma und seine Organe, als auch der Zellsaft mit seinen Stoffen. So ist z. B. das mechanische System, das zum größten Teil aus toten Zellen besteht, so gut wie ausschließlich durch seine Membranen charakterisiert, das Assimilationssystem dagegen vorwiegend durch seinen Gehalt an Chloroplasten. Jene Arbeitsrichtung, die sich besonders mit den Zellinhalten befaßt, hat man als „Protop l a s m a t i s c h e A n a t o m i e " bezeichnet. Das Hautgewebesystem dient dem Schutze und der Abgrenzung; das Absorptions- und Assimilationssystem bewirken die Stoffaufnahme und die Stoff-

78

I. Die Bildungsgewebe (Meristeme)

bereitung, an die sich die Leitung und Speicherung der Stoffe anschließt; das Durchlüftungssystem ermöglicht einen Gaswechsel und damit Assimilation, Atmung und Transpiration; das Sekretionssystem dient vorwiegend der Ausscheidung von Abfallstoffen; das mechanische System schafft das feste Gerüst; Perzeptionsorgane vermitteln die Aufnahme von Außenreizen, die oft zu Orientierungs- und anderen Bewegungen Anlaß geben. Weitere Bewegungen vermitteln Seimen- und Sporenverbreitung. Eine besondere Stellung nehmen die Bildungsgewebe ein, deren Aufgabe darin liegt, das Material für die Dauergewebe zu liefern. B. DIE GEWEBESYSTEME I. Die Bildungsgewebe (Meristeme) Aus der befruchteten Eizelle der höheren Pflanzen (der Zygote) entwickelt sich durch Teilungen ein Embryo, dessen Zellen einander zunächst sehr ähnlich sind. Bei weiterem Wachstum entstehen aus diesen embryonalen Elementen die Dauergewebe, doch bleibt an den sogenannten Vegetationspunkten, die meist den Orgeinspitzen entsprechen, ein Teil der Zellen unverändert erhalten. Nach ihrem Ursprung nennt mein sie e m b r y o n a l e und nach ihrer Fähigkeit, sich dauernd zu teilen, m e r i s t e m a t i s c h e Zellen (Abb. 57, S. 56). Für diese sind folgende Eigenschaften charakteristisch: Die Zellwände sind sehr zart und arm an Zellulose, ein dichtes Protoplasma füllt den ganzen Zellraum aus, der Zellkern ist im Verhältnis zum Zelldurchmesser groß, und als Piastiden treten kleine Leukoplasten auf; oft sind Chondriosomen vorhanden. Wie man sieht, befinden sich die Zellen in einem Zustand, der jede beliebige weitere Ausgestaltung ermöglicht und unbehinderte Teilungsmöglichkeit gestattet. Die Zellen sind miteinander zunächst lückenlos verbunden, von kubischer, prismatischer oder polyedrischer Gestalt und meist viel kleiner als die Dauerzellen. Dieses auch als U r m e r i s t e m bezeichnete Gewebe nimmt vielfach seine Entwicklung von Scheitelzellen aus, die in Einoder Mehrzahl im Scheitel der Vegetationspunkte ruhen. Indessen tritt die rascheste Teilungsfolge nicht in ihnen, sondern in ihren Abkömmlingen auf. Die neuen Wände sind meist ebenflächig und senkrecht zu denen der Mutterzelle gestellt; doch können sie, wenn dies der Organbau erfordert, auch schief in den Zellen liegen oder gewölbt sein. Sind sie senkrecht zur Orgeinoberfläche ausgerichtet, so nennt man sie a n t i k l i n oder radial, liegen sie zu dieser parallel, so heißen sie p e r i k l i n oder tangential. Sehr bald läßt sich eine1 Gliederung im Urmeristem erkennen. Ein äußerer Mantel umhüllt einen zentralen Gewebezylinder. Im Mantel wieder läßt sich eine äußerste Zellenlage, das Dermatogen oder Protoderm, von inneren Lagen unterscheiden, die P e r i b l e m oder Grundmeristem genannt werden. Im zentralen Teil, der als Plerom bezeichnet wird, kommt es bei der Mehrzahl der Zellen zu einer charakteristischen Veränderung. Während sich die Zellen des Dermatogens meist nur radial (eintiklin) und die des Periblems nach allen Richtungen des Raumes gleichmäßig teilen, treten im Plerom vorwiegend Längswände (perikline Wände) auf, so daß Bündel schmaler Zellen entstehen, die kettenweise miteinan-

I. Die Bildungsgewebe (Meristeme)

79

der verbunden sind. Diese Stränge nennt man das P r o k a m b i u m . Die ursprünglich rechtwinklig orientierten Querwände stellen sich in ihm vielfach bald schief und es kommt dann durch Spitzenwachstum zu einer Verkeilung der Zellen. Es hat den Anschein, als ob die Zellen dabei aneinander vorbeiglitten, was zur Annahme eines „gleitenden Wachstums" führte. Indessen kann das Bild auch dadurch zustande kommen, daß sich die Zellenden lokal stärker strecken als die übrigen Membranteile. Prokambiale Streifen treten nicht nur im Plerom, sondern vielfach auch im Periblem auf (Abb. 78). Über die Einzelheiten der weiteren Entwicklung wird in der Organlehre Näheres mitgeteilt werden.

A

Abb. 78. Die primären Meristeme. A, B Pandanus utilis. A Teil eines Querschnittes durch ein sehr junges B l a t t (Blattoberseite). B Teil eines radialen Längsschnittes. C Asplenium joecundum, Teil eines Querschnittes durch den jungen Blattstiel. I n sämtlichen Figuren bedeutet p das Protoderm (dessen Zellen sich in C tangential teilen), c das Prokambium, m das Grundmeristem (welches in C bereits zu chlorophyllführendem Parenchym wird). Nach H A B E R L A N D T .

Die aus dem Urmeristem hervorgehenden jugendlichen Gewebe, das Dermatogen, Periblem und Plerom werden auch als p r i m ä r e M e r i s t e m e oder Histogene bezeichnet (Abb. 78). Nicht immer werden ihre Zellen insgesamt in Dauergewebe verwandelt. An bestimmten Stellen behalten vielmehr größere oder kleinere Gewebepartien ihren meristematischen Charakter und dienen später der weiteren Ausgestaltung. So kann es dazu kommen, daß in einer mittleren oder basal hegenden Querzone des Organs teilungsfähiges Zellmaterial erhalten bleibt, und daß das Organ von diesen Stellen aus sich weiter entwickelt. Man spricht dann von i n t e r k a l a r e m Wachstum. Es können aber auch einzelne schmale Gewebestreifen ihre Teilungsfähigkeit bewahren. Wie wir später näher hören werden, besitzen die Gefäßbündel der Dikotyledonen und der Gymno-

80

II. Das Hautsystem

spermen solche als K a m b i u m bezeichneten Zellenlagen, die eine weitere Entwicklung gestatten. Den äußeren Abschluß des Pleroms bildet das meist einschichtige P e r i k a m b i u m , das, besonders in der Wurzel, später die verschiedensten Produkte liefern kann. Die Umwandlung der Meristeme zu Dauergeweben vollzieht sich langsam. Entscheidend ist daran zunächst ein Streckungsvorgang beteiligt, über den später (S. 495) Näheres berichtet werden wird. Die S t r e c k u n g besteht in einem ausgiebigen Flächenwachstum der Membran, und die spätere Zellform hängt weitgehend von der Art dieses Wachstumsvorganges ab. Während und nach dem Streckenwachstum erfolgt die im einzelnen sehr verschiedene Verdickung der Membran. Mit der Volumzunahme ist eine solche von Wasser verbunden, es entstehen die Vakuolen und der Zellsaftraum (Abb. 57). Die Plasmamenge nimmt meist nur mehr wenig zu, die Spezialisierung des Plasmas ist äußerlich nicht erkennbar, nur verschiedene Kerngrößen, Art und Zahl der Piastiden und anderer Einschlüsse können mikroskopisch wahrgenommen werden. Es gibt aber auch noch eine zweite Möglichkeit der späteren Entwicklung. Sie besteht darin, daß schon ausgewachsene Zellen einen Funktionswechsel erfahren, bei dem sie sich wieder in jugendliche Zellen verwandeln oder solche liefern. Mein spricht dann von s e k u n d ä r e n oder F o l g e m e r i s t e m e n . Die wichtigsten sind das aus peripheren Zellenlagen sich entwickelnde, den Kork erzeugende Phellogen (Abb. 86, 87) und das interfaszikuläre Kambium, das mit dem oben genannten faszikulären den Kambiumring bildet (s. S. 195, Abb. 225). Alle Dauergewebe, die sich unmittelbar aus den Vegetationspunkten, also aus dem Urmeristem entwickeln, heißen p r i m ä r e G e w e b e , die aus sekundären Meristemen gebildeten nennt mein s e k u n d ä r e G e w e b e . Rein histologisch betrachtet, bestehen sie aus gleichartigen Elementen, es ist daher nicht zweckmäßig, in der Gewebelehre von einer solchen Unterscheidung auszugehen. Dagegen spielt diese beim Organbau eine sehr wichtige Rolle, und demgemäß müssen in der Organographie der primäre und der sekundäre Bau getrennt behandelt werden.

II. Das Hautsystem a) Die äußeren

Häute

l. D i e E p i d e r m i s Alle oberirdischen Pflanzenorgane entwickeln aus dem Dermatogen eine schützende Oberhaut oder Epidermis. Ihre Aufgabe ist eine mehrfache, da die Schutzfunktion, der sie dient, auf mannigfaltige Einwirkungen abgestimmt sein muß. Zunächst ist ein mechanischer Schutz gegen den Angriff von Wind und Wetter sowie der Kleintierwelt erforderlich; fast noch wichtiger ist ein Schutz gegen zu weitgehenden Wasserverlust, gegen zu starke Transpiration. Der ersten Forderung wird die Epidermis durch eine gewisse Festigkeit, vor allem durch Verdickung der Zellaußenwände, gerecht, der zweiten dadurch, daß sie diese wasserundurchlässig macht, und daß sie einen lückenlosen Zellenverband darstellt. Die Epidermiszellen haben meist platten- oder tafelförmige Gestalt und er-

1. Die Epidermis

81

scheinen dann am Querschnitt niedrig, seltener sind sie zwecks reichlicher Wasserspeicherung hoch ausgebildet. Bei Flächenbetrachtung (Abb. 79, 80) sieht man, daß sie etwa isodiametrisch sind; an gestreckten Organen, z. B. bei den Laubblättern der Monokotyledonen und den Koniferennadeln, können sie aber auch in der Organrichtung gestreckt bis faserförmig sein. Nicht selten verlaufen die Begrenzungen wellig, wodurch eine mechanisch vorteilhafte Verzahnung und eine Vergrößerung der Diffusionsfläche bewirkt werden. Die A u ß e n w ä n d e sind mehr oder weniger verdickt, wobei deutliche Beziehungen zu Klima und Standort bestehen. Bewohner trockener Standorte, sogenannte Xerophyten, weisen oft

n

Abb. 79. Rhoeo discolor (Tropische CommeIlnacee). — Epidermiszellen der Blattoberseite. n-Zellkern, I — Leukoplasten, um den Zellkern gehäuft. — Neuzeichnung nach MOLISCH.

A Abb. 80. Epidermißzellen mit gewellten Seitenwinden, Oberflächenanslcht. A Impatiens parviflora, Blattunterseite. B Festuca ovina (Oraminee) Blattunterseite; z kieselsäurehaltige Kurzzellen. Nach HABERLANDT.

dickungen bestehen aus Zellulose, die oft schichtenweise abgelagert ist; manchmal tritt Verholzung auf, so besonders bei den mehrjährigen Laubblättern immergrüner Pflanzen. Den Hauptschutz gegen Verdunstung gewährt die aus Kutin bestehende K u t i k u l a , die als feines, spiegelglattes oder auch auffällig gewelltes Häutchen die Oberfläche lückenlos überzieht. Ein Teil der Außenwand kann überdies in die Zellulose eingelagertes Kutin besitzen. Man spricht dann von K u t i k u l a r s c h i c h t e n , die oft so mächtig sind, daß sie den größten Teil der Außenwand ausmachen (Abb. 65, 81). Besonders weitgehende Kutinisierung zeigen Wüsten-, aber auch Alpen- und Moorpflanzen; diese unterhegen im Winter, besonders durch das Gefrieren des Bodens, der Austrocknung. Eine Erhöhung des Transpirationsschutzes wird gelegentlich durch W a c h s ü b e r z ü g e bewirkt, wie sie schon früher (S. 67) beschrieben wurden. Sie bewirken überdies eine Unbenetzbarkeit der Epidermis, die vor Fäulnis, besonders bei Früchten, schützt. Auch läßt sich be6 v. Guttenberg, Lehrbuch der allgemeinen Botanik

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II. Das Hautsystem

obachten, daß Insekten, vor allem Ameisen, wachsbedeckte Stellen kaum überschreiten können. Verkieselung oder Verkalkung der Außenwand bedeutet ein Schutzmittel gegen Tierfraß, besonders gegen Schnecken. Die früher genannte Verholzung macht die Epidermen steif und verhindert so die Schrumpfung des Blattes bei Wasserverlust. Die O b e r f l ä c h e n b e s c h a f f e n h e i t der Epidermis ist noch für weitere Aufgaben von Bedeutung. Spiegelnd glatte Kutikularhäute reflektieren viel Licht und

Abb. 81. A Aloe acinacifolia, Epidermiszellen des Blattes. B Allium cepa, Epidermiszellen des Blattes, c Kutikula, CS Kutikularschichten, b Zelluloseschichten. Nach HABERLANDT.

verhindern so übermäßige Erhitzung der Blätter; sie finden sich daher vorwiegend bei Xerophyten (vgl. S. 308). Hygrophyten hingegen haben meist matte Epidermen. Diese oft samtartige Beschaffenheit beruht auf starker papillöser Vorwölbung der Zellen (Abb. 82). Sie kommt bei vielen Pflanzen des tropischen Regenwaldes vor, und es läßt sich zeigen, daß sich auf solchen Epidermen Wassertropfen durch Kapillarattraktion blitzschnell ausbreiten. Dadurch wird die Oberfläche rascher trocken, was in den Tropen, wo sich leicht kleine Algen usw. auf Blättern ansiedeln, von Bedeutung ist. Papillöse Epidermiszellen wirken gleich Sammellinsen lichtkonzentrierend. Damit wird im tiefen Urwaldschatten Abb. 82. Viola tricolor. Oberselts des Blumenblattes mit papillöser Epidermis. Die Papillen bedingen die samterreicht, daß das subepidermale grüne artige Beschaffenheit der Oberfläche. Nach WIESNER. Gewebe lokal erhöhte Lichtintensitäten erhält, was für die Assimilation von Bedeutung ist. Bei senkrechter Beleuchtung des Blattes liegen die durch die Strahlenkonzentration hervorgerufenen Lichtpunkte in der Zellmitte. Bei Schräglage des Blattes wandern die Punkte zur Seite. Damit ist, wie HABERLANDT ausführte, die Möglichkeit geboten, die Lichtrichtung wahrzunehmen und sich jeweils in die günstigste Lage einzustellen. Ob diese Möglichkeit der Wirklichkeit entspricht, ist indessen noch umstritten (Abb. 608, S. 582). Die R a d i a l - und I n n e n w ä n d e sind meist zart, wo sie dicker werden, reich

2. Die Trichome

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getüpfelt. Starke Verdickung bei oft dünner Außenwand findet sich nicht selten bei den Epidermen der Samenschalen, die auch sonst viele Eigenheiten von noch wenig bekannter Funktion aufweisen. Der Z e l l i n h a l t besteht im wesentlichen aus einem großen Zellsaftraum, der von einem oft kaum wahrnehmbar dünnen Plasmabelag umschlossen wird. Damit wird klar, daß die Zellen der Epidermis auch einen W a s s e r s p e i c h e r darstellen. Gelegentlich treten geradezu Wasserblasen auf, so z. B. beim Eiskraut Mesembryanthemum cristallinum. (Abb. 83). An Plastiden finden sich Leukoplaste ; Chlorophyllkörner kommen in der äußersten Zellenlage nur bei Wasserpflanzen und bei Farnen sehr feuchter Standorte vor. Nicht selten enthält der Zellsaft Anthozyan (z. B. Blutbuche, Bluthasel usw.), in Blüten sind hier auch gelbe Farbstoffe gelöst. Mehrschichtige Epidermen A b b 83_ Mesembryanthemum cryslallinum, epidennale'Wassersind selten. Entwicklungsge- blase des Stengels; l&ngsschnittanBicht. Nach HABERLANDT. schichtlich kann von solchen nur gesprochen werden, wenn das Dermatogen auch Wände parallel zur Oberfläche (perikline Wände) ausbildet; physiologisch betrachtet, können auch tiefere Zellenlagen, die die Funktion der Oberhaut unterstützen, unter den Begriff fallen. Besonders auffällig ist die verdoppelte Epidermis mancher Bromeliaceenblätter. Viele Blätter tropischer Pflanzen zeigen mehrschichtige Epidermen, die ausschließlich der Wasserspeicherung dienen und daher als Wassergewebe (vgl. S. 118) aufzufassen sind. 2. Die T r i c h o m e Als Pflanzenhaare oder T r i c h o m e bezeichnet man Anhangsgebilde der Epidermis, die aus einer oder mehreren Epidermiszellen ihren Ursprung nehmen. Sie sind außerordentlich verschieden gestaltet und erfüllen die verschiedensten Funktionen. Hier sollen daher nur jene Typen geschildert werden, die die Aufgaben der Oberhaut ergänzen' und unterstützen. Allgemein kann zunächst gesagt werden, daß die Haarbildung damit beginnt, daß sich eine Epidermiszelle papillös vorwölbt. Daraufhin kann sie zu einem Schlauch auswachsen, dieser kann sich mit oder ohne Wandbildung verästeln usw.. Den in die Epidermis eingeklemmten Teil nennt man das F u ß s t ü c k , das sich häufig durch eine Querwand abgliedert, worauf oft eine niedere Z w i s c h e n z e l l e folgt (Abb. 84, 1). An Stelle langer Haare können auch schuppenförmige Gebilde (Abb. 84, 3) entstehen, indem erst eine gewölbte breitere Endzelle auftritt, die radiale Teilungen erfährt,

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II. Das Hautsystem

bis schließlich die so entstandenen Tochterzellen parallel zur Blattfläche auswachsen. Viele Haare dienen dem T r a n s p i r a t i o n s s c h u t z , und zwar in direkter oder indirekter Hinsicht. Voraussetzung dafür ist, daß ihr Inhalt abstirbt und sie lufterfüllt sind; andernfalls würden sie durch Vergrößerung der Oberfläche die Transpiration fördern, und es ist nicht daran zu zweifeln, daß die vielen lebenden Haare tropischer Schattenpflanzen dieser umgekehrten Aufgabe dienen. Tote Haare erscheinen durch ihren Luftgehalt schneeweiß und bilden oft dichte Filze ('Stachys lanata besitzt 120 Haare je 1 mm 2 ). Es ist klar, daß ein solcher Filz nicht anders wirkt als ein Wattebausch in einem Reagenzglas. Dem Wasserdampf wird der Durchtritt verwehrt, so daß sich unter dem Filz ein dampfgesättigter Raum bildet. Darin besteht die direkte Wirkung. Die indirekte ist die, daß das auffallende Licht zerstreut und dadurch der Erhitzung des Blattes vorgebeugt wird. Der Haarfilz funktioniert dann also auch als Lichtschirm. Wir finden ihn entsprechend seinen Aufgaben vorwiegend bei Xerophyten und Hochgebirgspflanzen.

3. Das Korkgewebe

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Einen weiteren Schutz gewähren Haare, indem sie die Angriffe von Tieren abwehren helfen. Hierfür kommen vor allem steife Borstenhaare in Frage, wie sie z. B. bei Boraginaceen und Cruciferen auftreten. Ihre Festigkeit ;j A \ \ wird durch Verdickung der Membran, verbunden mit der Einlagerung von Kieselsäure oder Kalk, bewirkt. Sie wehren nicht nur kleinere Tiere, wie Schnecken und Raupen, sondern auch Weidetiere ab. Noch ausgiebigeren Schutz gewähren Dornen und Stacheln. Diese sind keine rein epidermalen Gebilde mehr, sondern sogenannteEmergenzen,die außen eine meist sehr stark verdickte und verholzte Epidermis besitzen und innen ein vom Periblem abstammendes derbes Füllgewebe enthalten. Einen Sonderfall stellen die sogenannten B r e n n h a a r e dar, die in überraschender Gleichartigkeit bei den Urticaceen, Loasaceen und der Euphorbiacee Jatropha angetroffen werden. Bei unserer Brennessel erhebt sich das einzellige Haar aus einem Postament. Im angeschwolleD i Abb. 85. Urtica dioica, Brennhaare. D Übersichtsbild, nen Basalteil (Bulbus) tritt der Zellschwach vergr. C Basis des Brennhaares (Bulbus). A das kern auf, dann verjüngt sich das Köpfchen des Haarendes, a—b präformierte (verdünnte) Bruchlinie. B Haarspitze nach Abbrechen des Köpfchens. Haar konisch und endet mit einem Nach HABERLANDT. seitlich vorragenden Köpfchen. An einer präformierten Stelle ist dessen verkieselte Wand so verdünnt, daß es bei der leisesten Berührung abbricht. Nunmehr entsteht eine schräge Ausflußöffnung mit spitzem Ende, das nach Art einer Einstichkanüle leicht in die Haut eindringt. Der Wanddruck der gespannten Zelle führt zur Ausspritzung des Inhaltes, der einen giftigen Eiweißkörper zu enthalten scheint, in die Wunde (Abb. 85). 3. Das K o r k g e w e b e Die Epidermis ist das typische Hautgewebe der Laubblätter und junger Stengel. In älteren Achsenorganen wird es durch ein s e k u n d ä r e s G e w e b e ersetzt. Das ist bei den Dikotylen und Gymnospermen schon deshalb notwendig, weil deren Sprosse und Wurzeln ein sekundäres Dickenwachstum zeigen, dem die Epidermis nicht zu folgen vermag. Moose und Farne, die sich nicht derart verdicken, entbehren daher auch dieser Einrichtung, und bei den Monokotyledonen kommt sie nur unvollkommen zur Ausbildung.

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II. Das Hautsystem

Die typischen sekundären Elemente des Hautsystems sind die K o r k z e l l e n . Wir wollen erst ihre Entwicklung schildern und dann auf die Eigenschaften eingehen, die sie für ihre Aufgabe geeignet machen. Bei den Gymnospermen und den Dikotyledonen sind die Korkzellen das Produkt eines F o l g e m e r i s t e m s . ' Den Ausgangspunkt für dessen Bildung bietet meist eine subepidermale Zellenlage, seltener die Epidermis selbst (Abb. 86, 87). Unter der Epidermis liegen bei Sprossen meist eine oder mehrere Zellschichten, die sich von den weiter innen hegenden dadurch unterscheiden, daß ihre Zellen lückenlos miteinander verbunden sind. Die topographische Anatomie bezeichnet solche Schichten als Hypoderme. Hier oder in der Epidermis beobachtet man — bei unseren Holzgewächsen im Spätsommer —, daß sich in den betreffenden Zellen das Plasma vermehrt und der Zellsaft entsprechend abnimmt. Es kommt rasch hintereinander zu zwei Teilungsschritten, die die Zelle, welche dabei radial wächst, in drei Etagen teilt. Die schmalen mittleren Zellen aller dieser Reihen bilden das Folgemeristem, das den Namen P h e l l o g e n trägt. Diese Zellenlage streckt sich nun während längerer oder kür-

Abb. 86. Plectranthus fruticosus (tropische Labiate). — Peridennbildung. A junges, B fertiges Stadium. E = Epidermis, K = Korkzellen, Phg = Phellogen. — Original.

zerer Zeit unter erneuten Tangentialteilungen immer wieder radial. So kommen regelmäßige Ketten tafelförmiger Zellen zustande (genetische Reihen), die einen immer breiter werdenden Gewebemantel bilden. Die Teilung verläuft zentripetal, d. h. so, daß die nach außen abgeschiedenen Zellen zu Dauerzellen werden, und zwar zu K o r k z e l l e n . Der innere Partner erneuert das Phellogen. Seltener und auch in geringerem Maße werden Zellen nach innen abgegliedert, die den darunter liegenden Rindenzellen gleichen und wie diese Interzellularen bilden. Diese Innenschichte heißt P h e l l o d e r m , das ganze System wird P e r i d e r m genannt (Abb. 88). In den Wurzeln der Dikotyledonen und Gymnospermen tritt peripherer Kork nur selten auf. In der Regel ist die Bildungsschichte das P e r i k a m b i u m , das einen Rest des Urmeristems darstellt. Infolge seiner Lage im Inneren der Wurzel kommt es nach Fertigstellung der Suberinlamellen dazu, daß das Außengewebe (die primäre Rinde) abstirbt, wodurch der Kork an die Oberfläche kommt. Diese Bildungsart wieder gibt es bei Sprossen nur ausnahmsweise.

3. Das Korkgewebe

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Die Korkzellen bleiben stets lückenlos verbunden. Sie erfahren folgende Veränderungen. Zunächst wird der primären Wand eine zarte S u b e r i n l a m e l l e aufgelagert und schließlich wird diese noch von einer tertiären Kohlehydratlamelle bedeckt, die bald zart, bald aber auch stark verdickt ist. Die primäre und tertiäre Membran können verholzen. Durch die Ausbildung der wasserundurchlässigen Suberinlamelle werden die Korkzellen aus dem Stoffwechsel ausgeschaltet, sie sterben ab und füllen sich mit Luft. Infolgedessen bildet ihre Gesamtheit, der Kork, nicht nur einen Transpirationsschutz, sondern auch einen Wärmeisolator, der gegen plötzlichen Frost schützt. Die weitgehende Undurchlässigkeit des Korkes für Wasser und Gase geht schon daraus hervor, daß er im Wasser, dauernd schwimmt, also, im Gegensatz zu Holz, ein Austausch von Luft und Wasser nicht stattfindet. Kork ist unelastisch; wenn trotzdem Flaschenkorke „elastisch" nachzugeben scheinen, so beruht dies nur darauf, daß sich die Zellwände bei Druck in Falten leB gen. Durch starke TerAbb. 87. Nerium Oleander (mediterrane Apocynacee). Peridermbildung aus der Epidermis. A junges Stadium, B fertiges Stadium. E — Epidermis, tiärlamellen kann der K = Korkzellen, Ph = Phellogen. Ko = Kollenchym. — Original. Kork erhebliche Festigkeit erlangen (Abb. 88). Seine braune Färbung verdankt er der Einlagerung von Gerbstoffen (Phlobaphenen), die als antiseptisch wirkende Substanzen die Fäulnis der Rinden verhindern. Die Dicke des Korkes und damit die Anzahl seiner Zellenlagen ist eine sehr wechselnde. Als Beispiel einer dünnen Korkhaut sei die

88

II. Das Hautsystem

Kartoffelschale genannt; technisch verwertbare dicke Korkkrusten liefert einzig die Korkeiche (Quercus Suber). Die Produktion von Kork hält hier jahrelang ein, wobei Jahresringe auftreten, da der Herbstkork niederere und derbere Zellen besitzt als der Frühjahrskork (Abb. 89). Bei stärkerem Dickenwachstum erhält der Kork oft radiale Risse. Solche Stellen werden dadurch „geflickt", daß die Phellogenzellen sich tangential strecken und radial teilen, wodurch neue Reihen entstehen. Bei Verletzung pflanzlicher Organe tritt unter den zerstörten Zellen W u n d k o r k auf, wobei entweder schon vorhandene Zellen eine Suberinlamelle erhalten oder die der Wunde angrenzenden Zellen ein Phellogen bilden. Die älteren F a r n s t ä m m e schützen sich lediglich dadurch, daß sie schwarzbraune, gerbstoffartige Schutzstoffe in die verdickten äußeren Zellschichten einlagern. Abb. 88. Cytisus Laburnum, Querschnitt durch das Periderm eines Zweiges (im Winter), e die Bei den M o n o k o t y l e d o n e n kommt der abgestorbene Epidermis (mit Pilzsporen), k die Kork meist in einfacherer Weise zustande. Korkzellagen, ph Phellogen, phd Fhelloderm. Nach HABERLANDT. Da das starke Dickenwachstum fehlt, genügt folgender Vorgang. Periphere Zellenlagen verlängern sich unter tangentialer Teilung radial, so daß kurze Zellketten entstehen, deren Elemente Suberinlamellen bilden. Man spricht dann von E t a g e n k o r k . Suberinlamellen können auch sonst an verschiedenen Stellen lokale Abschlüsse bewirken.

Abb.

Querschnitt durch Flaschenkork (Quercus Suber). j.g. Jahresringgrenze, links FrflhllDgskork, rechte Herbstkork. Nach WENT.

4. Die Exodermis

89

Das Korkgewebe erfährt an vielen älteren Bäumen eine weitere Verstärkung durch die B o r k e n b i l d u n g . Die Borken sind Mischgewebe, die dadurch zustande kommen, daß das erste Phellogen seine Tätigkeit einstellt und in tieferen Schichten ein neues gebildet wird (Abb. 232, S. 200). Wird dieses wieder als Hohlzylinder angelegt, so fallen die durch das Dickenwachstum gesprengten äußeren Schichten als R i n g e l b o r k e ab (Weinrebe, Geißblatt). Häufiger sind die neuen Phellogene uhrglasförmig gewölbt, wodurch S c h u p p e n b o r k e n entstehen, so sehr auffällig bei der Kiefer und der Platane. Die zwischen den Korklagen befindlichen Zellen erfahren oft Veränderungen, besonders kommt es zur Ausbildung von Sklerenchymzellen (S. 135), die die Härte der Borke bewirken. Nicht selten treten hier auch Exkretbehälter auf. Alle eingeschlossenen Zellen müssen infolge mangelnder Wasserzufuhr absterben. Schließlich rückt die Borkenbildung bis in die sekundären Rindenschichten (vgl. S. 201) vor. Das Abfallen der äußersten Borkenschichten wird dadurch erleichtert, daß die Phellogene neben Korkzellen auch Lagen unverkorkter Zellen, sogenannte Trennungsphelloide, bilden. An diesen Stellen erfolgt in verschiedener Weise die Ablösung. 4. Die E x o d e r m i s ( I n t e r k u t i s ) W u r z e l n besitzen an ihren der Wasseraufnahme dienenden Enden keine Epidermis im anatomischphysiologischen Sinne, sondern eine zarte durchlässige Oberhaut, die R h i z o d e r m i s heißt. In einiger Entfernung von der Wurzelspitze wird dann aber ein Schutzgewebe ausgebildet, das nach dem Zugrundegehen der Außenzellen ein die Oberfläche tritt und E x o d e r m i s oder Interkutis genannt wird. Abb. 90. Asclepias syriaca. Jüngeres Stadium der Exodermis. D.Z. DurchEs gibt Exodermen, die aus einer oder mehreren laßzelle, Ex.Z. verkorkte Exodermishypodermalen Zellenlagen einfach dadurch ent- zellen, Ep Rhizodermis, i?p Kindenparenehym. Nach A. FRANCKE. stehen, daß deren Elemente Suberinlamellen einlegen. Diese sind aber durchlässiger als die des Korkes, was daraus hervorgeht, daß die Zellen am Leben bleiben. Einzelne Zellen oder Zellgruppen können während längerer Zeit unverkorkt bleiben; man bezeichnet sie als D u r c h l a ß z e l l e n . Ein vollkommenerer Typ der Exodermis wird schon im Vegetationspunkt als besondere einfache Schicht Eingelegt und ist dadurch charakterisiert, daß neben langgestreckten, bald verkorkenden Zellen einzelne K u r z z e l l e n auftreten (Abb. 90), die der Funktion als Durchlaßzellen besonders Eingepaßt sind, also Absorptionsorgane darstellen (vgl. S. 94). Solche Kurzzellen-Exodermen treten vorwiegend bei Monokotyledonen, und zwar insbesondere an Luftwurzeln auf. Durch tertiäre

90

II. Das Hautsystem

Lamellen, die besonders die Außenwände verstärken, können Exodermen einer Epidermis sehr ähnlich werden. Es gibt aber auch Fälle, in denen sich eine Mutterschicht mehrfach tangential teilt, worauf unter Verdickung und Verkorkung der Zellwände ein fester und undurchlässiger peripherer Mantel entsteht (z. B. bei Bromeliaceen).

b) Die inneren Häute 1. D i e E n d o d e r m i s Während die bisher geschilderten Hautgewebe den Abschluß nach außen bilden, sind die E n d o d e r m e n Häute, die eine Trennung von Rinde und Zentralzylinder bewirken. In der Regel ist es die innerste Schichte desPeriblems, die sich in eine Endodermis verwandelt. Die Umbildung erfolgt in drei Stufen, die indessen nicht immer aufeinanderfolgen müssen. Die p r i m ä r e E n d o d e r m i s (Abb. 91) entsteht dadurch, daß in jeder Zelle der Mutterschicht ein Streifen der radial gestellten Wände eine chemische Veränderung erfährt. Es handelt sich um Einlagerung von Stoffen, die teils zu den Fetten gehören, teils auf Verholzung hinweisen. Der so entstandene Ring stellt,

wie sich experimentell beweisen Heß, eine Sperre für Wasser und gelöste Stoffe dar. So sind Rinde und Zentralzylinder (vgl. S. 184) bestens gegeneinander abgegrenzt, denn die Protoplasten regulieren den Stoffdurchgang nach Maßgabe ihrer besonderen Permeabilität, während die radialen Wände ganz gesperrt sind. Am Querschnitt erscheint das Band als punktförmige oder elliptische Verdickung, die nach dem Entdecker „CASPARY scher Punkt" genannt wird. Dieser „Punkt" erklärt sich daraus, daß das unelastische Band bei der durch das Anschneiden bewirkten Entspannung der Zelle sich in zarte Falten legt. Diese sind an tangentialen Längsschnitten deutlich zu erkennen. Die s e k u n d ä r e E n d o d e r m i s (Abb. 92) kommt dadurch zustande, daß die große Mehrzahl der Zellen eine Suberinlamelle anlegt, wobei aber die Protoplasten am Leben bleiben. Die Durchlässigkeit wird trotzdem stark herabgesetzt. Ähnlich wie in der Exodermis bleiben lokal unverkorkte D u r c h l a ß z e l l e n erhalten, die den radialen Wasserverkehr aufrechterhalten. Ihre Aufgabe geht

1. Die Endodermis

91

klar daraus hervor, daß sie nur in der Nachbarschaft der Wasserleitungsröhren auftreten. Die Durchlaßzellen bilden keine kontinuierlichen Längsketten, sondern

Abb. 92. Aeschynanthus Lobbiana(Trichosporum) (Gesneriacee). Querschnitt durch einen jüngeren Laubsproß. En Sekundärendodermis, links zwei unverkorkte Primärzellen mit Caspary-Streifen an den Radialwänden. Pc Pericambium, L Leptom, H Hadrom. Original.

alternieren mit verkorkten Zellen. In älteren Organen können sie schließlich auch Suberinlamellen Einlegen, wodurch die Endodermis geschlossen wird, was häufig zum Absterben der außerhalb liegenden Rinde führt. Schließlich kann es noch durch Ausbildung von oft mächtigen Kohlehydratlamellen, die meist verholzen, zur Bildung t e r t i ä r e r E n d o d e r m e n kommen (Abb. 95). Diese dienen nun zusätzlich auch mechanischen Zwecken. Ihre Verdickung kann in den Zellen ringsum erfolgen (O-Scheiden) oder nur die Radial- und Innenwände betreffen (C- oder UScheiden). In diesem Falle ähneln sie umgekehrten Epidermiszellen. Das ist funktionell begründet; denn wähAbb. 93. Allium ascalonicum, Radiales pentarches Gefäßbündel der Wurzel mit tertiär verdickter Endodermis s, d Durchlafizellen rend Epidermen einem Außenüber dem HadromBtreifen, g zentrales Gefäß. druck standzuhalten haben, ist Nach HABERLANDT. es Aufgabe der verdickten Endodermis, den Zugkräften entgegenzuwirken, die dadurch zustande kommen, daß der Zentralzylinder bei starker Spannung des Füllwassers seiner Gefäße schrumpft (vgl. S. 428). Überdies erhöhen solche tertiären Scheiden die Zugfestigkeit der Wurzel.

92

III. Das Absorptionssystem

Die Endodermen treten ganz allgemein in den Wurzeln der Farne und der Blütenpflanzen auf, in den Stengelorganen sind sie seltener. Hygrophyten bilden meist primäre oder auch sekundäre Endodermen aus, die tertiären kommen fast nur in Monokotylenwurzeln, besonders bei Xerophyten und Epiphyten vor, den Farnen fehlen sie ganz.

III. Das Absorptionssystem Zum Absorptionssystem gehören alle Einrichtungen, die der -Aufnahme des Wassers oder gelöster Substanzen dienen. Das Wasser wird von den höheren Pflanzen fast ausschließlich durch die Wurzeln aufgenommen. Daneben sind nur wenige Apparate bekannt geworden, die auch den Blättern Wasseraufnahme ermöglichen. l. D i e R h i z o d e r m i s Die große Mehrzahl der Wurzeln nimmt das Wasser durch osmotische Saugung (vgl. S. 599) aus dem Boden auf; doch gibt es auch einige Fälle kapillarer Wasseraufnahme. Wir besprechen zunächst den typischen ersten Fall. Die reiche Ver-

Abb. 94. Querschnitt durch eine junge Wurzel, schwach vergr. An den Wurzelhaaren haften nach zahlreiche Erdteilchen. Nach F B A N K .

zweigung der Wurzeln führt dazu, daß ihre Gesamtheit eine sehr große Oberfläche besitzt. Es hat sich indessen gezeigt, daß nur eine recht kurze Zone jeder Wurzel zur Wasseraufnahme befähigt ist. Es ist jene Strecke, die zwischen den meristematischen Zellen des Vegetationspunktes und der fertiggestellten Exodermis hegt. In dieser Zone hat sich aus dem Dermatogen eine zarte Oberhaut, welche wir R h i z o d e r m i s nennen wollen, entwickelt, die meist nur von kurzer Lebensdauer ist. Die Rhizodermis besteht aus Zellen, die sich von denen der Blatt- oder Stengelepidermis völlig unterscheiden; gemeinsam ist nur die periphere Lage. Die Zellen sind langgestreckt-prismatisch und allseits von zarten Wänden umschlossen (Abb. 8, S. 18). Der Außenwand fehlt die Kutikula. An deren Stelle tritt

2. Die Durchlaßzellen

93

eine verschleimende Pektinlamelle auf, so daß die Wände durchlässig werden. Bei der großen Mehrzahl der Pflanzen bilden diese Zellen kurze oder längere Schläuche, die W u r z e l h a a r e , aus (Abb. 94). Diese vergrößern die absorbierende Oberfläche bis zum Achtzehnfachen, auch haben sie die Fähigkeit, sich an ihren Enden unter lappiger Verbreiterung an Bodenteilchen anzuschmiegen. Das Ankleben solcher Partikelchen führt dazu, daß vorsichtig aus lockerem Substrat gezogene Wurzeln in ihrer Haarzone von Bodenteilchen bedeckt sind (Wurzelhöschen). Es gibt Pflanzen, bei denen alle Rhizodermiszellen zu Wurzelhaaren auswachsen, wogegen bei anderen nur bestimmte präformierte Zellen, die T r i c h o b l a s t e n , zur Haarbildung befähigt sind. So wechselt auch die Haarzahl pro Quadratmillimeter sehr stark, im Maximum beträgt sie etwa 400. Die Rhizodermiszellen besitzen einen lebenden Protoplasten, der einen größeren Zellsaftraum umschließt. In diesem finden sich die Stoffe gelöst, die die osmotische Ansaugung des Bodenwassers bewirken.

Abb. 95. Hoya carnosa (kletternde Asclepladacee). — Querschnitt durch die Luitwurzel. Ep = Epidermis, als Velamen ausgebildet. Ex = Exodermls mit verkorkten Zellen (Exz) und Durchlaßzellen (DZ), Rp = Rindenparenchym. Die Außenwände der Durchlaßzellen sind verdickt und feinst perforiert. Nach FKANCKE.

Wie schon erwähnt, besitzt die Rhizodermis meist nur eine kurze Lebensdauer. In der Regel stirbt sie wenige Zentimeter hinter der Wurzelspitze ab, wobei es gleichzeitig zur Ausbildung der schützenden Exodermis kommt. Manchmal geht sie aber auch in ein Dauergewebe über, das selbst den Schutz nach außen übernimmt. In diesem Falle kommt es zu verschiedenen Veränderungen der Zellmembran. Entweder werden unter Verdickung in die Zellulosewände kutinähnliche Stoffe eingelagert oder es bilden sich andersartige undurchlässige Inkrusten, auch Verholzung kann auftreten. Soweit Wurzelhaare erhalten bleiben, erfahren sie dieselben Veränderungen.

94

III. Das Absorptionssystem

2. D i e D u r c h l a ß z e l l e n Wurzeln, deren Rhizodermis abgestorben ist, können Wasser n u r dann noch weiter a u f n e h m e n , wenn ihre Exodermis die schon S. 89 erwähnten D u r c h l a ß z e l l e n besitzt. Diese sind bei den sogenannten Kurzzellenexodermen ausgesprochene Absorptionseinrichtungen. Darauf weist ihr reicher Plasmagehalt hin, ferner das Fehlen der Suberinlamelle u n d das Auftreten von Tüpfeln. Sie besitzen vielfach eine stark verdickte, aber sehr __—mei—,— durchlässige Außenwand. Bei manchen Pflanzen| T V \ 1 I T I / 7 T ~ familien weist die Verdickung äußerst dicht ge\J W p j k ^ A ^ y H stellte kleinste Hohlräume auf, so daß sie punkV-^^AaAJM' / V i r \ - L J tiert erscheint (Abb. 95, 96). Es ist anzunehmen, i [VI H \ Y ~ \ ] L J als daß diese Struktur einen Saugkörper vorstellt. 'S—i T Andererseits können diese Membrankappen bei Wassermeingel einen lokalen Transpirationsschutz bewirken. Solche Durchlaßzellen eignen sich besonders f ü r Xerophyten, bei welchen Wurzelhaare während der Dürrezeit absterben m ü ß t e n .

--SI.

Abb. 96. Dischidia Rafflesiana (epiphytische Asclepiadacee). — Flächenbild der Exodermis einer Luftwurzel. Exodermiszellcn (Ex.Z.) und Durchlaßzellen (D.Z.) mit perforierten Außenwänden wechseln miteinander ab. Sl. «ifni

Abb. 218. Saccharum spontaneum (trop. Graminee), Querschnitt durch den Stamm. Die Gefäßbündel verlaufen einzeln und häufen sich an der Peripherie, deren Zellen verstärkt sind, so daß sie einen mechanischen Hohlzylinder bilden. Nach W. H. BROWN.

einer eigentlichen Verschmelzung der Bündel, wie bei den Dikotyledonen, kommt es hier aber nicht. Eine Komplikation ergibt sich bei den Palmen noch dadurch, daß im Abwärtsverlauf auch eine tangentiale Verschiebung eintritt, so daß langgezogene Schraubenlinien entstehen. Daß die gesamte Anordnung von hoher mechanischer Bedeutung ist, soll später noch betont werden. Obwohl die Bündelvereinigung der Dikotyledonen hier fehlt, ist doch die Wasserversorgung jedes Blattes weitgehend gesichert, da ja für jedes Blatt sehr viele Blattspurstränge bestehen.

191

III. Der Sproß

Der Palmentypus kommt in der geschilderten Form besonders in den Fällen vor, in welchen eine ausgiebige und rasche Verbreiterung des Vegetationspunktes auftritt. Dieser Vorgang hat zur Folge, daß die später gebildeten seitlichen Stränge immer weiter von der zentralen Längsachse abstehen. In h o h l e n S t e n g e l n , wie sie z. B. bei den Gräsern vorkommen, wird der Bündelverlauf notwendigerweise abgeändert. Man sieht sie jetzt am Querschnitt durch die Röhre i m ganzen kreisförmig angeordnet. In den Knoten treten reich verzweigte Queranastomosen auf, die durch die Diaphragmen ziehen und die längsverlaufenden Stränge miteinander verbinden. Einige phanerogame W a s s e r p f l a n z e n zeigen ein von. den beschriebenen Typen völlig abweichendes Bild. Bei ihnen tritt als einziges Bündel ein a x i l e r S t r a n g auf, so z. B. bei Ceratophyllum, Myriophyllum, Hippwis und Najas unter den Dikotyledonen und bei Helodea und Potamogeton bei den Monokotyledonen. Schon das Auftreten dieser Form in den beiden Klassen der Angiospermen weist darauf hin, daß hier eine sekundäre Anpassung vorliegt, die mit dem Wasserleben zusammenhängt. Dieses macht ein Wasserleitungssystem so gut wie überflüssig, da die Wasseraufnahme allseits von den Blättern aus erfolgen kann; andererseits werden flutende Sprosse nach Art von Wurzeln auf Zugfestigkeit beansprucht, bei denen gleichfalls ein zentrales Gefäßbündel zu finden ist. Die axilen Stränge sind vermutlich alle auf die zentrale Vereinigung peripherer Einzelbündel zurückzuführen. Bei verschiedenen Potamogeton-Arten ist diese Vereinigung noch ohne weiteres zu erkennen, bei anderen ist sie restlos vollzogen. Im extremen Fall, so z. B. bei Najas und Helodea, besteht das Bündel aus einem zentralen Kanal, der einem unentwickelten oder zugrunde Im gegangenen Gefäß entspricht, und der vonLeptomelementen o umgeben ist. Außen wird das Bündel stets von einer meist im Primärstadium verbleibenden Endodermis umschlossen, die hier offenbar wie in der Wurzel die Aufgabe hat, 1 einen wahllosen Übertritt von Stoffen zwischen Binde und Zentralzylinder zu verhindern. Die meist nur rudimentär an entwickelten Gefäßbündel der Blätter schließen sich dem w axilen Strang an. In weniger extremer Weise vereinigen sich Abb. 219. A Ein I-förmiger Träger, g obere, g' untere Gurtung, / Füllung in Rhizomen und Ausläufern von Gramineen, Cyperaceen des Trägers. B zusammengesetzter und Juncaceen die Gefäßbündel unter Verschmelzung ihrer Träger, auB drei I-förmigen kombiBastbeläge nahe der zentralen Achse zu einem Hohlzylinder. niert; a a \ bb', cc' die drei Gurtungs-

B

paare; durch o geht die gemeinschaftS c h l i e ß l i c h i s t n o c h d i e A n o r d n u n g der m e c h a liche neutrale Achse. Nach HABERnischen Zellverbände i m S t a m m e z u b e s p r e c h e n . LANDT. S i e e r f o l g t h i e r , w i e a u c h sonst i n d e n P f l a n z e n o r g a n e n , n a c h b e s t i m m t e n R e g e l n , d i e sich a u s d e r A r t d e r m e c h a n i s c h e n I n a n s p r u c h n a h m e e r g e b e n . D i e A c h s e stellt d a s T r a g g e r ü s t d e r P f l a n z e d a r , sie m u ß sich selbst a u f r e c h t e r h a l t e n u n d d i e L a s t d e r S e i t e n o r g a n e t r a g e n . S o m i t m u ß sie, g l e i c h einer Säule, d r u c k f e s t sein, da ja die Belastung in der R i c h t u n g der Längsachse w i r k t . I n W i r k l i c h k e i t i s t a b e r e i n e P f l a n z e n i e so r e g e l m ä ß i g g e b a u t , d a ß d e r D r u c k a n a l l e n Q u e r s c h n i t t s p u n k t e n d e r g l e i c h e i s t . V i e l m e h r w i r d es i m m e r z u e i n e r v o r w i e g e n d e n B e l a s t u n g e i n e r S e i t e k o m m e n u n d — w a s d a s W i c h t i g s t e ist — j e d e s e i t l i c h g r e i f e n d e L u f t s t r ö m u n g f ü h r t z u e i n e r V e r b i e g u n g d e r A c h s e ; es ist l e i c h t e i n z u s e h e n , d a ß s t ä r k e r e r W i n d a n d e r e n B i e g u n g s f e s t i g k e i t s e h r h o h e A n s p r ü c h e s t e l l t . Z u d i e s e r m u ß sich e i n e b e t r ä c h t l i c h e E l a s t i z i t ä t g e s e l l e n , d i e es e r m ö g l i c h t , d a ß d e r S t a m m w i e d e r i n s e i n e a u f r e c h t e S t e l l u n g zurückschnellt. W i e sehr die von den Pflanzen f ü r Zwecke der Festigung aus-

192

D. D e r Kormus (Die Kormophyten)

gebildeten Fasern diesen Anforderungen entsprechen, wurde in der Histologie ausgeführt. Nunmehr wird zu zeigen sein, daß auch ihre Anordnung im Stamm eine äußerst rationelle ist. Bei der Verbiegung eines zylindrischen Stabes wird die eine Seite verlängert und dabei gespannt, die Gegenseite verkürzt und dabei zusammengepreßt. In der Achse gehen Druck und Zug über eine ungespannte neutrale Faser ineinander über. Das M a x i m u m der S p a n n u n g e n h e r r s c h t an d e r P e r i p h e r i e , und es wird um so größer, je weiter diese von der Achse abliegt. Damit ist der Weg gewiesen, der zur Konstruktion eines biegungsfesten Balkens führt. Das widerstandsfähigste Material muß p e r i p h e r angebracht werden, während für die Verbindung schwächeres oder geringeres Material ausreicht. So ist die Eisenbahnschiene, die durch die Last des Zuges auf Biegungsfestigkeit beansprucht wird, im Querschnitt einem doppelten T ähnlich und wird daher als T - T r ä g e r bezeichnet (Abb. 219). Ihre peripheren Verstärkungen heißen G u r t u n g e n , der sie verbindende Steg wird F ü l l u n g genannt. Diese in gleicher Stärke B wie die Gurtungen auszuführen, wäre Materialverschwendung. Die Pflanze folgt dem gleichen ökonomischen P r i n z i p , wozu das Erfordernis beiträgt, im Stamm neben mechanischen auch andersartige Elemente unterzubringen. Ein Träger von der Art einer Eisenbahnschiene ist nur in e i n e r Bichtung biegungsAbb. 220. A Lamium album, schematischer Querschnitt durch ein Stengelinternodium; in den vier Kanten verfest. Für eine aufrechte b i e g u n g s laufen Kollenchymgurtungen, welche zwei kreuzweise f e s t e S ä u l e reicht dies nicht aus. kombinierte Träger bilden. Vergr. 12. B Colocasia antiquorum, Teil des Querschnittes durch einen Blattstiel; Sie muß mindestens zwei Träger in die Bastbündel werden von Geläßbttndeln begleitet, gekreuzter Stellung besitzen, besser Vg. 30. Die Querschnitte der Bast- und Kollenchymstränge sind schraffiert dargestellt. A Nach HABERLANDT, noch mehrere. Eine lückenlose KonB nach SCHWENDENER. struktion liegt vor, wenn die Gurtungen seitlich miteinander verschmolzen werden. Da dann gegenüberhegende Gurtungsteile in seitlicher fester Verbindung stehen, werden die Füllungen mehr und mehr überflüssig, und es entsteht durch deren Fortfall ein m e c h a n i s c h e r H o h l z y l i n d e r . Um dessen Einknicken zu verhindern, werden bei dünneren Bohren vorteilhaft gelegentliche feste D i a p h r a g m e n angebracht. Da, wie wir hörten, die festigende Wirkung mit der Entfernung von der Achse zunimmt, können flügelartig vorspringende feste Leisten die mechanische Wirkung noch erhöhen. Weil die Beanspruchung abwechselnd auf Druck und Zug erfolgt, ist

193

III. Der Sproß

auch eine Durchmischung zugfester und druckfester Elemente, wie sie z. B. im Eisenbeton vorliegt, vorteilhaft. Wie sehr der B a u des S t e n g e l s in Übereinstimmung mit den oben kurz geschilderten mechanischen Gesetzmäßigkeiten steht, mögen einige Beispiele erläutern. Den einfachsten Fall repräsentieren wohl die Labiaten (Abb. 220A). Ihr vierkantiger Stengel enthält in jeder Längsrippe einen Kollenchymstrang, so daß zwei g e k r e u z t e T r ä g e r resultieren. Zylindrische Achsen von Dikotyledonen besitzen oft subepidermale Kollenchymgürtel. Bei den Monokotyledonen werden die peripheren Stengelbündel von außen einhegenden Bastscheiden begleitet. Dadurch wird ein ganzes System peripherer Gurtungen geschaffen, so z.B. bei vielen Araceen (Abb. 220B). Cyperaceen besitzen eigene

Abb. 221. Cyperus alternifolius.— Querschnitt durch den grünen Stengel mit subepidermalem Bastbündel. — Original.

subepidermale Bastrippen (Abb. 221), zwischen welchen Streifen von Assimilationsparenchym auftreten, die hier eine günstige Lichtlage finden. Assimilierende Zellenlagen drängen oft auch m e c h a n i s c h e H o h l z y l i n d e r etwas von der Peripherie zurück. Solche besitzen viele, später verholzende Achsen dikotyler Bäume und Sträucher in ihren jungen Trieben. Sie gehen meist aus dem Perikambium hervor, stellen also einen P e r i z y k e l b a s t dar. Aber auch krautige Pflanzen können solchen besitzen, so die schon früher genannten Saxifragaceen usw.. Bei Monokotyledonen sind einem solchen mechanischen Hohlzylinder oft Leitbündel an- oder eingelagert, so bei Allium, Convallaria und manchen Gräsern (Abb. 222). Die GefäßAbb. 222. Bastringe von Monokotylen. A Convallaria verticillata, subkortikaler Bastring mit eingebetteten Gefäßbündeln. B Molinia coerulea, subkortikaler Bastring des Halmes, verstärkt durch subepidermale Bastrippen. Nach HABERLANDT. 13 v . G u t t e n b e r g , Lehrbuch der allgemeinen Botanik

Bündel finden dabei eine für sie wichtige Stütze. Bei j

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194

D. Der Kormus (Die Kormophyten)

dies d e n f r ü h e r e r w ä h n ten Flügeln entsprechende, mechanische Stränge vorhanden, die r a d i a l zur E p i d e r m i s a u s strahlen. Bei vielen Cyperaceen und Juncaceen kommt eine Komplikation dadurch zustande, daß neben subepidermalen Baststrängen am Querschnitt sichelförmige Bastscheiden sich an das Hadrom der Gefäßbündel anschließen. Liegen solche Bastsicheln den subepidermalen Strängen gegenüber, so bilden sie mit diesen Träger zweiter Ordnung, die als Ganzes eine Gurtung des Hauptträgers darstellen (Abb. 223). Solche Systeme können sich noch komplizieren, und dann ist auch an die früher erwähnte B Kombination druck- und zugAbb. 223. Subepidermale Träger. A Trichophorum germanicum, Hälfte des Querschnittes durch den Halm; die Füllungen zwischen den (schraffester Elemente nach Art fierten) Bastgurtungen bestehen nur aus Gefäßbündeln. BCyperus vegetus des Eisenbetons zu denken. Teil des Querschnittes durch den H a l m ; die Füllungen der Träger bestehen, Die in Rede stehenden aus Gefäßbündeln, an die sich die inneren Bastgurtungen sichelförmig anlegen, und aus Pareuchym (zwischen den Gefäßbündeln und den subepiSchäfte sind nämlich oft dermalen Gurtungen). Nach H A B E R L A N D T . hohl, und es werden dann zur seitlichen Verbindung der Gurtungen die zwischen diesen liegenden Parenchymzellen verstärkt. Bei den Palmen kommt das mechanische Prinzip schon ganz klar makroskopisch am Querschnittsbild zum Ausdruck. Außen liegen gedrängt und mit ihren gebräunten Bastbelägen miteinander verschmolzen die zahllosen Gefäßbündel, gegen die Mitte zu nimmt ihre Zahl rapide ab, und die Bastbeläge schwinden. In kleinerem Maßstab findet sich diese Anordnung im Maisstengel, dessen riesenhafte Vergrößerung die hohlen Stämme der Bambusen repräsentieren. U n t e r den P t e r i d o p h y t e n zeichnen sich die S c h a c h t e l h a l m e d u r c h außerordentliche V e r d i c k u n g u n d starke V e r k i e s e l u n g ihrer p e r i p h e r e n Z e l l e n aus. D i e B a u m f a r n e zeigen eine A r t W e l l b l e c h k o n s t r u k t i o n . D i e beschriebenen M e r i s t e l e n e r s c h e i n e n Abb. 224. Alsophila sp., Stammquerschnitt. L Leitbündel des den Stamm durchziehenden Hohlzylinders, l akzessorische Bündel im Mark, b i n die Blätter einlaufende Bündel. E t w a s verkl. Nach W E T T S T E I N .

195

III. Der Sproß

am Querschnitt wellig verbogen oder V-förmig gestaltet (Abb. 224). Es springen also allseitig Rippen vor, das Ganze gleicht eingerolltem Wellblech. Der mechanische Vorteil liegt auch hier darin, daß festes Material lokal in eine mehr periphere L a g e gebracht wird. Wirksam sind Scheiden aus mächtig verdickten Parenchymzellen, die die Gefäßbündel umgeben.

A b b . 225. Aristolochia Sipho, Querschnitt durch einen Stenge] zu Beginn des Dickenwachstums, m s Markstrahl, x H a d r o m , ph L e p t o m , / . c. faszikuläres, i. fc. interfaszikuläres K a m b i u m . N a c h W E N T .

Es gibt auch Fälle, in denen der Stengel Z u g w i r k u n g e n unterliegt. Dann ähnelt die Anordnung des mechanischen Materials der von Wurzeln, die im gleichen Sinne beansprucht werden. Das gilt besonders für flutende Wasserpflanzen, deren axiler Strang dann mechanische Elemente enthält, so z. B. bei Pota.mogeton-h.Tten. 4. Das a) Der Kambiumring

sekundäre

und seine

Dickenwachstum

des

Sprosses

Elemente

Bei der Besprechung der Anatomie von Sproß und Wurzel wurde bisher nur der p r i m ä r e innere B a u dieser Organe berücksichtigt und nur gelegentlich darauf hingewiesen, daß spätere Veränderungen zu einem s e k u n d ä r e n B a u führen können. Die primäre Anordnung ergibt sich unmittelbar aus der Ausgestaltung der in den Vegetationspunkten vorhandenen Meristeme und Histogene. Eine sekundäre Umwandlung setzt voraus, daß es neuerdings zu Zellteilungen kommt, die zu einer neuen Gewebebildung und damit zu einem andersartigen Aufbau führen. Die erwähnten Teilungen können entweder von Zellen ausgehen, die einen

196

D. Der Kormus (Die Kormophyten)

Rest des U r m e r i s t e m s darstellen, und die sich unverbraucht ihre Teilungsfähigkeit erhalten haben; oder es werden aus schon fertigen Zellen durch einen Verjüngungsprozeß F o l g e m e r i s t e m e entwickelt, von denen zum Teil schon früher (S. 80) die Rede war. Ein s e k u n d ä r e s D i c k e n w a c h s t u m von Stamm und Wurzeln finden wir bei allen Gymnospermen und sehr vielen Dikotyledonen. Bei den Monokotyledonen ist dieser Vorgang sehr selten, bei den rezenten Pteridophyten gibt es nur ganz vereinzelt Fälle solcher Verdickung (isoetesknolle, Ophioglossaceen). Bei den K o n i f e r e n und D i k o t y l e d o n e n verläuft der Prozeß gleichartig,

Abb. 226. Schematische Querschnitte durch einen Sproß vom Typus Aristolochia Sipho in verschiedener Höhe. — A Junges primäres Stadium. Unter einer Epidermis liegt die primäre Binde (pii), die mit der Stärkescheide (St) abschließt. Bs folgt ein Perikambium (PK), in dem bald ein Hohlzylinder mechanischer Zellen entsteht, dann der Gefäßbündelkreis (L = Leptom, H = Hadrom), den breite primäre Markstrahlen (piM) durchsetzen. C — Kambiumring, M — Mark. — B Sekundäres Stadium ( P d = Perlderm, pR = primäre Kinde, Pb = Perizykelbast, der ursprüngliche Ring gesprengt, Pp Abb. 236. Cytisus Laburnum, Teil eines Querschnittes t r a c h e i d e n vergrößern sich radial durch Holz und Binde eines zwölfjährigen Astes (Ende wenig und tangential gar nicht; nur Oktober), p Leitparenchym, b Bastplatte, 1 Leptom (die größeren Elemente Siebröhren), c Verdickungaring und in der Längsrichtung verkeilen sie Jungzuwachs, i/Libriform, m (rechts) Ersatzfaaern, Holzsichmitverschmälerten abgerundeten parenchym, Tracheiden und enge Gefäße des Herbstholzes, fh Frühlingsholz (mit großen Qefäßen), g Grenze zwischen Enden. Daraus ergibt sich, daß die Frühlingsholz und letztjährigem Herbstholz, m (links) Markstrahl. Nach HABEBLANDT. Tracheiden in radialen Reihen stehen, welche die des Kambiums unmittelbar fortsetzen. Ihre großen H o f t ü p f e l befinden sich, oft nur in einer Reihe, an den R a d i a l w ä n d e n . Der Q u e r s c h n i t t durch das Holz von Pinus ergibt folgendes Bild: die Reihen der Fasertracheiden zeigen an den Radialwänden quer durchschnittene Hoftüpfel. Die M a r k s t r a h l e n sind nur eine Zellenlage breit und bald so durchschnitten, daß man ihre Parenchymzellen sieht, bald sind ihre

205

III. Der Sproß

tracheidalen Elemente getroffen. Gelegentlich erscheinen sie ausgebaucht und enthalten an dieser Stelle einen H a r z g a n g . Solche Gänge finden sich auch, von Parenchymzellen umgeben, zerstreut zwischen den Tracheiden. Beide Systeme werden gelegentlich durch quere Anastomosen miteinander verbunden. Der L ä n g s s c h n i t t zeigt hier, wie in jedem Holz, zwei verschiedene Bilder, je nachdem er radial oder tangential geführt ist. Im ersten Fall erM

Verdickungsspiralen, M Teile von Markstrahlen, L Libriformfasern. Original.

scheinen die Markstrahlen als B ä n d e r , man erkennt, wie viele Zellenlagen sie hoch sind. Die Fasertracheiden kehren dem Beschauer das Flächenbild ihrer Hoftüpfel zu. Der tangentiale Schnitt zeigt die Markstrahlen quer durchschnitten, ihre Form ist schmal elliptisch, man erkennt jetzt ihre Höhe und Breite. Die in Aufsicht befindlichen Tangentialwände der Fasertracheiden sind frei von Tüpfeln, die durchschnittenen Radialwände zeigen solche im Querschnitt. Das Holz der D i k o t y l e d o n e n ist infolge der Verschiedenheit seiner Elemente komplizierter gebaut (Abb. 256, 237, 238). Die einzelnen Gewebearten werden oft schichtweise geliefert. So kann das Kambium etwa erst T r a c h e e n samt Holz-

206

D. Der Kormus (Die Kormophyten)

p a r e n c h y m , dann nur L i b r i f o r m f a s e r n oder auch nur T r a c h e i d e n liefern. Die Tracheen vergrößern ihren Durchmesser bedeutend, wodurch die radiale Reiheneinordnung gestört wird. Bei Tracheidenbildung bleibt sie erhalten; sind Fasern entstanden, so tritt wieder Verschiebung durch die Verkeilung ein. M a r k s t r a h l e n von verschiedener Breite und Höhe durchziehen das Holz. Der r a d i a l e L ä n g s s c h n i t t durch das Holz zeigt diese wieder als B ä n d e r , der t a n g e n t i a l e L ä n g s s c h n i t t als E l l i p s e n . Die radiär gebauten Elemente sehen auf beiderlei Schnitten gleich aus, nur sieht man am tangentialen die dachförmige Zuspitzung der Tracheiden. Eine genauere Beobachtung zeigt, daß alle gleichartigen Elemente miteinander verbunden sind. Das gilt auch für die Gefäße, die durch Verzweigung oder schrägen Verlauf miteinander in Verbindung treten und zum Teil auch zu den MarkHp L A_ strahlen führen. Diese Zusammenhänge sind von größter Bedeutung. Die aus der Binde durch die Markstrahlen eingewanderten Assimilate können sich so im ganzen Holzparenchym verteilen. In unserem Klima werden sie dann im Frühjahr mobilisiert und in das Gefäßsystem überführt, das sie mit dem Wasser rasch nach oben leitet. So stehen den Knospen rechtzeitig die für ihre Entwicklung nötigen Stoffe zur Verfügung. Die Elemente des Stammes sind ferner mit den gleichartigen sekundären der Hp Holzparenchym, M Markstrahl, beide mit Stärke erfüllt, L LibriWurzel verbunden, so daß formfasern. Original. auch hier der Stoff-U.Wassertransport ungestört verläuft.

y) Der Jahresring. Schon mit freiem Auge erkennt man auf Querschnitten der Hölzer unseres Klimas sehr deutliche Ringzonen, die dem Zuwachs eines Jahres entsprechen. Das Auftreten dieser J a h r e s r i n g e erklärt sich daraus, daß im Frühjahr andere Elemente geliefert werden als im Spätsommer und Herbst, und daß, nach der winterlichen Unterbrechung der Zellproduktion, beiderlei Zonen unmittelbar aneinandergrenzen. Bei den K o n i f e r e n (Abb. 235, 239) besteht der Unterschied darin, daß im Frühjahr weitlumige, relativ zartwandige Fasertracheiden mit vielen großen Hoftüpfeln entstehen. Gegen den Herbst zu werden sie niederer, ihre Wanddicke nimmt zu, die Tüpfelzahl ab. Auch sind die Tüpfel jetzt viel kleiner, ihre Eingänge sind steilschräge Spalten, was ihre Faserstruktur verrät. Sie sind tatsächlich erheblich zugfester als die Elemente des Frühjahrs, die wieder dem Wassertransport besser angepaßt erscheinen. Ökologisch ist diese Arbeitsteilung leicht verständlich. Die Anlage von Sprossen im Frühjahr fordert reichliche neue Wasserbahnen, die allmähliche Vergrößerung des Baumes wieder stellt höhere Anforderungen an die Biegungsfestigkeit.

III. Der Sproß

207

Bei den D i k o t y l e d o n e n gibt es F o r m e n , die i m F r ü h j a h r große G e f ä ß e produzieren. M a n sieht daher jeden Jahresring m i t solchen weiten Poren beginnen, wie das z. B. bei der Eiche klar h e r v o r t r i t t ( B i n g p o r i g k e i t ) . Z e r s t r e u t - p o r i g h e i ß e n die Hölzer, bei welchen die Breite der Gefäße ü b e r die ganze Breite eines Binges sich wenig ändert. I m m e r aber herrschen im F r ü h j a h r die Wasserleitungsbahnen samt P a r e n c h y m vor, später werden vorwiegend Tracheiden u n d Holzfasern entwickelt. Auch hier herrscht also die Tendenz, erst f ü r Wasserleitungsbahnen, später f ü r die Festigkeit zu sorgen. Die B r e i t e d e r J a h r e s r i n g e h ä n g t von klimatischen u n d Bodenverhältnissen ab. Je günstiger diese sind, u m so breiter werden die Binge, aus deren Anzahl m a n unschwer das Alter des Baumes U m berechnen k a n n . Kleine Fehler könn e n dadurch u n t e r l a u f e n , daß gelegentlich Laubverlust durch Frost, Insektenfraß usw. eintritt u n d Anlaß zur Bildung eines zweiten Jahresringes gibt. D a ß die rhythmische Bildung der Holzelemente nicht n u r von A u ß e n b e d i n g u n g e n abhängt, erk e n n t m a n daran, daß auch viele T r o p e n b ä u m e ähnliche Binge besitzen. D e r Jahresring ist n u r dann zentrisch gebaut, wenn die mechanische Beanspruchung und die Stoffzufuhr eine allseits gleichmäßige ist. S t ä m m e , die einer vorherrschenden W i n d r i c h t u n g ausgesetzt sind, v e r b r e i t e m i h r e n Durchmesser in dieser Richtung. Solche m i t einseitig entwickelter Laubkrone (z. B. a m Waldesrand) zeigen Abb. 239. Stück eines vierjährigen Kiefernstammes, im eine Förderung dieser Seite infolge einWinter geschnitten, q Querschnitts-, 1 radiale, / tangentiale Längsschnittsansicht, / Früh-, s Spätholz, m Mark, p priseitig besserer Stoffzufuhr. Aste sind a m märe Gefäßteile; 2 , 2 , 3 u n d 4 die vier aufeinanderfolgenden G r u n d e stets exzentrisch gebaut, was m i t Jahresringe des Holzkörpers, i Jahresgrenze, ms Marki h r e r bevorzugten Inanspruchnahme in der strahlen in der Querschnittsansicht des Holzkörpers, ms' in Vertikalebene zusammenhängt. Koniferen der radialen Längsschnittsansicht des Holzkörpere, ms" innerhalb der sekundären Rinde, m s ' " in der tangentialen fördern die Unterseite (Hypotrophie oder Längsschnittsansicht, c Kambiumring, b sekundäre Kinde, -tonie), die sich aus druckfestem Rotholz br B o r k e , h Harzgänge. Sechsmal vergr.. N a c h S C H E N K , a u f b a u t ; die viel dünnere Oberseite besteht aus Lehrb. d. B o t . aus zugfestem Weißholz. Die meisten Dikotyledonen verhalten sich u m g e k e h r t (Epitrophie oder -tonie); auf i h r e r Oberseite herrschen lange Holzfasern vor. Die jüngeren, höheren Teile eines Baumes besitzen n a t u r g e m ä ß entsprechend weniger Jahresringe. E i n gewisser Ausgleich erfolgt aber dadurch, daß die einzelnen Ringe breiter werden. Die Jahresringe des Stammes gehen in die der Äste über. W u r d e n solche abgeworfen, so werden ihre im S t a m m eingeschlossenen Stümpfe überwallt (Abb. 240). Die Überwallung g e h t h i e r und bei breiteren W u n d e n vom Kambium aus. Dieses bildet zunächst ein regelloses, K a l l u s genanntes Gewebe, das n a c h und nach von allen Seiten h e r wulstartig über die Lücke vorgeschoben wird. Außen produziert der Kallus Kork, i m Inneren bildet e r ein K a m b i u m , das sich an das alte anschließt.

208

D. Der Kormus (Die Kormophyten)

8) Kernholz und Splint. Bei vielen Bäumen zeigt ein Holzquerschnitt in der Mitte eine breite, dunklere Zone, die von einem schmalen hellen Rand umgeben wird. Diesen nennt man S p l i n t , jene K e r n h o l z . Das Kernholz ist tot, es wirkt nur mehr mechanisch, dient auch nicht mehr der Wasserleitung. Die Tracheen werden nämlich teils durch Thyllen, teils durch gummöse oder andersartige organische Substanzen verstopft. Diese sind häufig gefärbt und imprägnieren auch die Membranen. Solche F a r b h ö l z e r sind z. B. Hämatoxylon campechianum (enthält Hämatoxylin), Pterocarpus santalinus (Sandelholz Abb. 240. Schematischer Längsschnitt durch einen achtmit Santalin), Maclura auranthiaca jährigen Stamm, a das kegelförmige Ende eines Zweiges. (Gelbholz mit Morin), Diospyros b ein anderer Zweig, der nach drei Jahren abbrach und vom Mutterstamm durch Überwallung eingeschlossen Ebeman (Ebenholz) usw.. Häufig ist wurde, c überwallter Zweig im Querschnitt. R Binde, auch das Auftreten von G e r b s t o f H Holz, M Mark. Nach SAMSÖE L U N D . f e n , die die Fäulnis des Kernholzes verhindern, manchmal werden auch anorganische Substanzen, so kohlensaurer Kalk und Kieselsäure abgeschieden. Kernholzfreie Bäume werden im späteren Alter leicht hohl (Weiden, Pappeln), was deutlich darauf hinweist, daß die Kern-

Abb. 241. Bauhinia spec., Querschnitt eines Stammes. Die Holzstränge (a) sind punktiert, die dazwischen befindlichen Parenchym- und Eindengewebsmassen (6) sind weiß gelassen. % der natürlichen Gr. Nach S C H L E I D E N .

III. Der Sproß

209

holzbildung f ü r den Stamm vorteilhaft ist. Die Wasserleitung findet bevorzugt in den äußeren Teilen des Splintholzes statt, die Stoffspeicherung in den inneren. e) Das anomale

Dickenujachstum

Es gibt einige Fälle abweichenden Dickenwachstums, die sich vom normalen erheblich unterscheiden. Z u m Teil sind sie deutlich Anpassungen an eine abweichende Lebensweise, so besonders bei den L i a n e n , deren Stämme mechanisch eine ganz andere Aufgabe zu erfüllen haben als die aufrechter Pflanzen. Manchm a l handelt es sich aber u m Organisationsmerkmale. Einige Familien der Dikotyledonen, vor allem die Chenopodiaceen, Amaranthaceen und Aizoaceen bilden den sekundären Zuwachs zwar zuerst auch aus dem Kambiumring, später aber entstehen neue Ringe vorwiegend aus dem P e r i k a m b i u m . Zusätzlich kann sich dann neues sekundäres Material aus der s e k u n d ä r e n R i n d e entwickeln. L i a n e n s t ä m m e müssen, wie später (S. 520) n ä h e r ausgeführt werden wird, tauartig b i e g u n g s f ä h i g und z u g f e s t sein. D e m würde eine normale Holzstruktur widersprechen. So entstanden in Anpassung an diese mechanischen Erfordernisse besondere Formen des Dickenwachstums. Es gibt Fälle, in denen erst ein normaler Kambiumring entsteht, der aber später aufgeteilt wird. An einzelnen Stellen wird nämlich fast ausschließlich Holz gebildet, somit rückt hier das Kambium nach a u ß e n ; benachbarte Partien dagegen produzieren fast n u r Rinde, so daß hier das Kambium zurückbleibt. Es resultiert schließlich ein sternförmig zerklüfteter Holzkörper (Bignoniaceen, Malpighiaceen). Bei den gleichen Familien kann sich aber ein ursprünglich einheitlicher Holzkörper auch dadurch lockern, daß sein Holzparenchym zu w u c h e r n beginnt; so entstehen einzelne Holzstränge, die sich schließlich mit eigenen Peridermen abgrenzen können. Das Ergebnis ist ein Stamm, der einem dicken, ge-, flochtenen Tau gleicht (Abb. 241). Schließlich gibt es auch Fälle, wo von vornherein die Gefäßbündelverteilung eine abnorme, nämlich eine zerstreute ist. Nahe beieinanderliegende Bündel bilden zusammen einen Kambiumring, es wachsen also m e h rere Holzkörper heran. Dies kann auch dadurch entstehen, daß in der Rinde neue Gefäßbündel auftreten. I n allen diesen Fällen kommen schließlich verholzte Achsen zustande, die nicht m e h r starr, sondern flexibel sind. / ) Das der

MMchenumchstum Monokotytedonen

Unter den Monokotyledonen sind einige Vertreter der Liliiflorae baum-

Abb. 242. Dracaena marginata, Teil eines Querschnittes durch den Stamm; r Bindenparenchym, v Verdickungsring. Nach HABERLANDT. 14 v. Guttenberg, Lehrbuch der allgemeinen Botanik

210

IV. Das Blatt

artig entwickelt (Dracaena, Yucca, Aloe u. a.). Das sekundäre Dickemvachstum verläuft bei ihnen aber ganz anders als das der Dikotyledonen. Zunächst bildet sich eine sehr kräftige Achse von normalem Monokotylenbau. Dann entsteht früher oder später in den innersten Lagen der primären Rinde (also in der perikambialen Zone) ein V e r d i c k u n g s r i n g , in dem sich Zellen radial strecken und tangential teilen. Nach außen werden nur wenige Parenchymzellenlagen abgeschieden, die die primäre Rinde ergänzen, nach innen zu wird ein Holzkörper aufgebaut. Dieser besteht hier aber einerseits aus derben verholzten Parenchymzellen, andererseits aus n e u g e b i l d e t e n G e f ä ß b ü n d e l n . Ein oder mehrere Parenchymzellen, die in ihrer Gesamtheit Längsketten bilden, liefern durch passende Teilungen Prokambiumstränge. Aus diesen entstehen k o n z e n t r i s c h e B ü n d e l , die außen einen Ring verdickter Fasertracheiden, innen Leptomelemente enthalten (Abb. 242). IV. Das B l a t t 1. Die

Laubknospe

In der L a u b k n o s p e sind die Blattanlagen in Abb. 243. Knospenlage (Vernation). Das junge Blatt ist: A einfach gefaltet der verschiedensten Art (konduplikativ), B mehrfach gefaltet (plikativ), C zusammengerollt (konvolutiv), D zurückgerollt (revolutlv), E eingerollt (involutiv). Nach und Weise g e f a l t e t , WARMING. g e r o l l t usw. (Abb. 245). Im ersten Fall liegen entweder die beiden Spreitenhälften eines Blattes aufeinander (konduplikative Knospenlage oder V e r n a t i o n ) oder es findet eine mehrfache Faltung statt (plikative V.). Bei Blättern, in welchen größere Seiten-

Abb. 244. Populus canadensis. I, II Triebspitze mit Endknospe In verschiedener Ansicht. III,Querschnitt durch die Endknospe. N , und N, die Narben der beiden obersten Laubblätter, von denen nur die Stipeln (s besetzt, die radiären Blütensprosse sind zerstreut beblättert, ihre Blätter von ovaler oder rhombischer Form. In manchen Fällen solcher Distichie werden die Blattspreiten asymmetrisch, so z. B. bei der Ulme (Abb. 296). Jedes Blatt ist hier an der basiskopen Seite so ausgenommen, daß bei dichter Stellung die Wölbung des nachfolgenden Blattes sich in die Ausbuchtung des folgenden einfügt. Besonders auffällig sind die „Schiefblätter" der gleichfalls zweizeiligen Begonien. Bilateral symmetrische Sprosse sind stets zweizeilig beblättert; das auffälligste Beispiel ( P h y l l a n t h u s - k x t e n ) soll später besprochen werden. 3. Anisophyllie

und

Blattmosaik

W i r e r f u h r e n im letzten Abschnitt, daß in manchen Fällen durch Blattasymmetrie eine störende Deckung von Laubblättern vermieden wird. Noch vorteilhafter erfüllt diese Aufgabe die f ü r viele Pflanzen bekannte A n i s o p h y l l i e . Wir verstehen darunter das Vorkommen verschieden großer Blätter auf den verschiedenen Seiten eines Sprosses. So sind schon die f r ü h e r genannten „gescheitelten" Blätter von Tanne und Eibe nicht gleich groß, vielmehr die obert . seitigen kleiner als die der Unterseite /IM (Abb. 294). Sehr auffällig anisophyll j/f/\\ / sind viele Selaginella-Arten. Sie haben Ht/Af /) schief zueinander gekreuzte Blattpaare, von \\\yü/Jn Z ' i ^ e n e n d a s (oberseitige) Dorsalblatt V / / / viel kleiner ist als das Ventralblatt \\^OWM / (Abb. 297,2). Eine Reihe von Beispielen

Abb. 297. 1 Rhacopilum africanum (Laubmoos), Sproß von oben gesehen. Die auf der Lichtseite befindlichen Blätter sind viel kleiner als die der Schattenseite. 2 Selaginella Galeottii (Lycopodiacee), Sproßstiick von oben. Die auf der Oberseite stehenden Blätter sind kleiner als die auf der Unterseite (Anisophyllie), außerdem die Blätter asymmetrisch. Nach GOEBEL. 16 y. G u t t e n b e r g , Lehrbuch der allgemeinen Botanik

242

V. Die Gestaltung des vegetativen Sproß-Systems

liefern, wie schon früher (S. 164) erwähnt, die beblätterten Laub- und Lebermoose (Abb. 297,1). Von DLkotyledonen bieten besonders Goldfussia- und Centradema-Arten (Abb. 298) sowie manche Urticaceen auffällige Beispiele von Anisophyllie, oder auch die Deckblätter der Blütenregion der Tollkirsche (Anthokladien S. 283). | l\

\\ VvS \

Jj \ /1 /•'|\ //1 1 | // / Uli / i / / / \bJ v^vVVjf^ e^Jy /¡j 1 //h-lrf^X | ^fflgSst/^i/r

Ist die Anisophyllie nur an Seiten- ' sprossen zu beobachten und hier durch die Schräglage bewirkt, so nennt man sie l a t e r a l , andernfalls h a b i t u e l l . Eine besondere Art lateraler Anisophyllie kommt einigen dekussiert beblätterten Holzgewachsen, so z. B. beim Ahorn und bei Roßkastanie vor. Die dorsalen Blätter sind klein, die lateralen größer und einander gleich, das ventrale ist das größte (Abb. 299). Unterstützt wird die Bildung eines solchen B l a t t m o s a i k e s noch durch andere Faktoren. So fügen sich Kurz- und Langtriebe von Laubbäumen so ineinander, daß ihre Blattmassen „ r i c h t i g " zueinander passen; auch bei Bosetten- und Schopfpflanzen kommt das Prinzip der Darbietung großer ungestörter Assimilationsflächen deutlich zum Ausdruck. Weitere Lageverbesserungen werden durch laterale phototrope Bewegungen der Zweige und Blätter erreicht.

4. Die Verzweigung der Sproßachse Es gibt Pflanzen mit völlig unverzweigter Achse. Zu solchen hapaxanthen Formen gehören manche einjährige Pflanzen, die mit einer Endblüte abschließen, wie z. B. der Ackermohn. In einem weiteren Sinne rechnet man hierzu auch solche Annuelle, die sich zwar verzweigen, aber nach der Samenbildung Abb. 298. Cenlradenia inaequilateralis (trop. Melastomatacee). Die Blätter stehen in gekreuzten Paaren. Sie absterben. Ihre Verzweigungen besind sehr unsymmetrisch. In jedem Blattpaare ist außerzeichnet man dann als B e r e i c h e dem ein Blatt viel größer als das andere; nur das größere Blatt hat einen Achselsproß. Nach GOEBEL.. r u n g s s p r o s s e . Tulpen und andere Monokotyledonen sind gleichfalls einachsig, besitzen aber meist die Fähigkeit, nach dem Abblühen in den Achseln von Zwiebelschuppen oder basalen Laubblättern Seitensprosse Einzulegen. Durch diese E r n e u e r u n g s s p r o s s e werden sie mehrjährig, so daß sie genau genommen nicht hierher gehören. Fast alle Baumfarne sind unverzweigt, ebenso einige Cycadeen (z. B. Cycas revoluta). Die Palmen verzweigen sich fast ausnahmslos nur

4. Die Verzweigung der Sproßachse

243

Abb. 299. Aesculus Hippocastanum. Zum Horizont geneigter Zweig, von der Spitze her gesehen. Die Blätter Btehen wirtelig in Paaren (aa, bb, cc), sind aber, da keiner der Wirtel mit seiner Mediane in die Schwerkraftrichtung (Pfeil) fällt, sämtlich asymmetrisch. Außerdem herrscht Anisophyllie darin, daß die jeweils nach unten fallenden Wirtelblätter gefördert (+), die oberseitigen geschwächt (—) sind. Im obersten Wirtel kommt dies darin zum Ausdruck, daß nur das geförderte Blatt (c + ) noch laubig, das geminderte (c —) aber als Knospenschuppe entwickelt ist. Nach NOK.DHAUSEN.

Abb. 300. I Lycopodium clavatum, kriechende Achse mit anisotomer Verzweigung. K ruhende Astanlagen. II Lycopodium complanatum, aufrechter anisotom, verzweigter Gabelast: 1 ruhende Astanlage: 2 und 3 anisotom, i isotom gegabelte Äste. V—4' schwächere Gabeläste, die sich erst anisotom, nach dem Ende hin Isotom verzweigen. Nach TROLL.

244

V. Die Gestaltung des vegetativen Sproß-Systems

in ihren Blütenständen. Sind diese endständig, so stirbt der ganze vieljährige Palmenstamm nach der Fruchtreife ab, wofür Metroxylon- und Corypha- Arten Beispiele liefern (Tafel 4). Ähnliches gilt für Vertreter der Gattungen Agave und Fourcroya, die jahrzehntelang nur Blätter und schließlich einen riesigen endständigen Blütenstand entwickeln. Sie können sich aber vor dem Zugrundegehen durch basale Triebe erneuern. Viel häufiger als solche hapaxanthe Formen sind verzweigte ausdauernde(pollakanthe). Wir haben

Abb. 301. Lycopodium Selago. Junge, aus einer Brutknospe hervorgegangene Pflanze mit gekreuzt dichotomer Verzweigung. Nach T R O L L .

I

II

Abb. 303. Tilia cordala. I Zweigende im Frühjahr; 1—5 Laubblätter (teilweise abgeschnitten), k,—Je, Seitenknospen in den Achseln der Laubblätter, E Endknospe, B Blatt- und N Sproßnarbe am Ende des vorjährigen Triebes. II Zweigende im Herbst; kt—/c4-Knospen in den Achseln der Blätter B1—B, (von denen nur die Narben erhalten sind), B Blatt- und N Sproßnarbe am Ende des vorjährigen, N ' Sproßnarbe am Ende des diesjährigen Triebes. Verkl. Nach T R O L L .

Abb. 302. Aesculus Hippocaslanum, Zweigende nach dem Laubfall. 6 die Narbe des Blütenstandes, darunter seitlich die Narbem von zwei Laubblättern. Die Knospen in deren Achseln haben sich ausnahmsweise im gleichen Jahr zu kurzen Trieben entwickelt, die je zwei unvollkommene Blätter (Narben c) und ein" Endknospe entwickeln, a Blattnarbe mit Spuren von sieben Gefäßbündeln, die zu den sieben Teilblättern der Laubblätter liefen, darüber Achselknospe, d letzte Knospennarbe des Hauptsprosses, c' eines der beiden unvollkommenen Blätter, die den Trieb des Vorjahres abschlössen. Umzeichnung nach DOBNER-HOPPE.

4. Die Verzweigung der Sproßachse

245

die Hauptformen der Verzweigung schon kennengelernt: zunächst ist zwischen d i c h o t o m e r und s e i t l i c h e r Verzweigung zu unterscheiden. Die erste tritt unter den Kormophyten echt nur bei einigen Pteridophyten, so bei den Lycopodiaceen und Psilotaceen auf. Wir erfuhren schon (S. 179), wie sie bei Lycopodium durch eine Verbreiterung des apikalen Meristems eingeleitet wird. Die beiden neuen Vegetationspunkte liefern dann entweder zwei gleich starke Achsen (Isotomie) oder die eine Achse wird gegenüber /, : "X der anderen gefördert (Aniso/; ' 1 N t o m i e , A b b . 300,301). Drängt im zweiten Fall der stärkere H \ ; / v ^ C ^ f \\Y/ 1 Sproß den schwächeren zur Seite, so entsteht ein Bild, das seitliche (laterale) Verzweigung nach Art eines S y m p o d i u m s (siehe unten) vortäuscht. Die mannigfaltigen Verzweigungssysteme der Selaginella-Arten beruhen auf verschiedenen Formen von Anisotomie. Unter den höheren Pflanzen gibt es keine echte Dichotomie, nur die verzweigte YaXra&Hyphaene thebaica macht vielleicht eine Ausnahme. B e i s e i t l i c h e r Verzweigung muß man zunächst zwischen der axillären Verzweigung der Samenpflanzen und der Verzweigungsart der Pteridophyten unterscheiden. Wie die Abb. 304. Tilia cordata, Zweigstück im Frühjahr nach BedeB Triebes. E Endknospe, N und N' die Narben der letztgenannte zustande kommt, endigung Bndknospen an den Trieben der Jahre 1933 und 1934. Das Zweigwurde schon früher geschildert stück zwischen N und N' entspricht dem obersten Seitentrieb des Jahres 1934. Dieser war in der Achsel des Blattes entstanden, von und auch gesagt, daß sie nur dem die Narbe B herrührt. Der Endtrieb 1935 ist in derselben an im Boden oder epiphytisch Weise aus dem Zuwachs 1934 (Blattnarbe B") hervorgegangen. Bei R sind ruhende Knospen zurückgeblieben, über denen aus zwei kriechenden Rhizomen vor- weiteren Seitenknospen sich kürzere Laubtriebe gebildet haben. ist also kein Monopodium, sondern ein Monokommt (vgl. S. 177); auch die Die „Hauptachse" chasium (Sympodium). Nach TROLL. nichtaxilläre wirtelige Verzweigung der oberirdischen Schachtelhalmsprosse, die selbst wieder Erdsprossen entstammen, wurde schon erwähnt. Es gibt aber noch eine zweite Art der Einteilung, die besonders für die Samenpflanzen wichtig ist. Von m o n o p o d i a l e r V e r z w e i g u n g spricht man dann, wenn die Hauptachse unter Beibehaltung ihrer Richtung kräftiger als ihre Seitenachsen heranwächst. S y m p o d i a l e V e r z w e i g u n g dagegen Hegt dann vor, wenn ein gipfelnaher Seitentrieb das Ende der Hauptachse zur Seite drängt,

246

V. Die Gestaltung des vegetativen Sproß-Systems

diese in ihrer Richtung fortsetzt und etwa deren Stärke annimmt. Solche S y m podien können im ausgewachsenen Zustand oft M o n o p o d i e n sehr ähnlich

Abb. 305. Schematisierte Darstellung der Wuchsverhältnisse homoblastischer (/) und heteroblastischer Orchideen (II). Der sympodiale Wuchs ist durch die ihrer Reihenfolge nach mit arabischen Ziffern bezeichneten Pfeile verdeutlicht, ferner dadurch, daß der Beginn der Sympodialglieder jeweils dunkel gehalten ist. Ku K s , K, die in I aus mehreren Internodien, in II nur aus einem Stengelglied bestehenden Knollen, in denen die Sympodialglieder enden. Verändert nach PFITZER aus TROLL.

werden, doch läßt das Studium der Entwicklung in der Regel leicht erkennen, welcher von beiden Fällen vorhegt. Schwieriger wird die Deutung, wenn sogenannte kongenitale Verwachsung vorliegt, die später (S. 251) besprochen werden soll. Bei einer dritten Art der Verzweigung, die wir eine zymöse oder c h a s i a l e nennen, schließt die Hauptachse mit einer Endknospe ab, und es entwickeln sich knapp darunter zwei oder mehr Seitensprosse, die den Hauptsproß bald überragen. Verkümmert die Endknospe, und stehen sich zwei Seitensprosse genaugegenüber, so kommt es zu einer Gabelung, die eine Dichotomie vortäuscht. In Wirklichkeit hegt ein D i c h a s i u m vor. Derartige Verzweigungen kommen in der Blütenregion Abb. 306. Paris quadrifolia. Wuchsschema, drei Jahrgänge umfassend, deren Blütentriebe mit I—III bezeichnet sind. V Vorsehr häufig vor (vgl. S. 281), blätter der BlUtentriebe; S vegetativer Seitensproß; B das fortsie sind aber auch bei vielen wachsende Ende des Rhizoms. Nach A. BRAUN.

4. Die Verzweigung der Sproßachse Bäumen und Sträuchern

m i t paarig angeordneten Blättern

247 o f t zu

beobachten,

so z. B . s e h r d e u t l i c h b e i m F l i e d e r , b e i d e r R o ß k a s t a n i e ( A b b . 5 0 2 ) o d e r b e i d e r M i s t e l . M a n k a n n a u c h das S y m p o d i u m i n diese G r u p p e e i n r e i h e n , da j a a u c h b e i d i e s e m der G i p f e l t r i e b g e g e n ü b e r e i n e m S e i t e n t r i e b z u r ü c k b l e i b t , es l i e g t d a n n also e i n M o n o c h a s i u m vor. I m folgenden sollen einige Beispiele für monopodiale und sympodiale Verzweigung geschildert werden. Viele Nadelbäume, so z . B . Fichte und Tanne lassen ihren streng m o n o p o d i a l e n A u f b a u sofort erkennen. Die Hauptachse verlängert sich durch Jahrestriebe, die zerstreut beblättert sind und fast nur in der Achsel gipfelnaher Blätter einige Knospen anlegen. Aus diesen entstehen Seitensprosse, die erst aufrecht stehen und sich dann epinastisch senken, so daß sie radial ausstrahlen und einen Wirtel vortäuschen. Von Laubbäumen sind z.B. Esche und Eiche monopodial gebaut. Den s y m p o d i a l e n A u f b a u von Bäumen kann man nur an den jungen Trieben erkennen, am Stamm und an den Hauptästen ist er nicht mehr wahrzunehmen. Bei der Buche, Ulme, Linde (Abb. 305, 304) und Weide z. B. stirbt das Ende jedes Seitentriebes erster Ordnung ab, und die nächsterhaltene Knospe setzt im folgenden Jahr die Richtung der Mutterachse als Seitensproß zweiter Ordnung fort. Sehr deutlich tritt der Unterschied beider Verzweigungsarten bei den Stauden hervor, die horizontale Erdsprosse (Rhizome) besitzen. So richtet sich bei einigen von ihnen zu einem bestimmten Abb. 307. Linum ausiriacum. I junge, II blühende Pflanze. Zeitpunkt das Ende der Hauptachse u> Hauptwurzel, hy Hypokotyl, Tip Hauptsproß, co Kotyledonen, bogenförmig auf und bildet über cok Kotyledonarsprosse, k Hypokotylknospen bzw. -sprosse, wk Wurzelknospen. Nach RAUH. der Erde einen beblätterten Blütensproß. Damit ist das Wachstum dieser Achse abgeschlossen, sie stirbt oberirdisch ab; doch legt sie in der Achsel eines basalen Schuppenblattes einen Seitensproß an, der das Rhizom fortsetzt. Durch Wiederholung des Vorganges entstehen kettenförmige sympodiale Verbände (Beispiele Iris, Convallaria, Anemone nemorosa, Orchideen u. a., Abb. 305). Bei einer zweiten Gruppe, so bei der Einbeere, Paris quadrifolia, wächst das Rhizom monopodial im Boden weiter (Abb. 306) und bildet jährlich aus einer Schuppenblattachsel einen Seitensproß, der zum aufrechten beblätterten Blütentrieb wird. N i c h t i m m e r k o m m e n alle a n g e l e g t e n K n o s p e n zur E n t w i c k l u n g . D i e

End-

oder T e r m i n a l k n o s p e stirbt, w i e schon e r w ä h n t , v i e l f a c h a b ; i n a n d e r e n F ä l l e n d a g e g e n ist sie die b e s t e n t w i c k e l t e . V o n d e n A c h s e l k n o s p e n b l e i b e n oft die erst-

248

V. Die Gestaltung des vegetativen Sproß-Systems

angelegten, also basalen, unentwickelt. Bei Holzgewächsen werden sie dann im Verlaufe des sekundären Dickenwachstums (vgl. S. 207) überwallt und stellen „schlafende Augen" dar, die meist nur dann zu späterer Entwicklung kommen, wenn die Bäume beschnitten oder geköpft werden („Stockausschlag"). Die „Wurzelausschläge" werden uns noch später beschäftigen. Knospen können in solchen Fällen aber auch aus inneren, noch meristematischen Geweben des Stammes (also endogen) angelegt werden, man nennt sie und ihre Sprosse dann a d v e n t i v e . Mit ihrer Hilfe gelingen manche Stecklingskulturen, sogar isolierte Blätter sind manchmal für solche verwendbar (vgl. S. 505). An Hypokotylen können Knospen extraaxillär, teils exogen, teils endogen entstehen und Hypokotylsprosse bilden (Abb. 307). In den Fällen, in welchen mehrere Knospen übereinander (serial) in der Blattachsel auftreten (z. B. Lonicera, Abb. 308, Robinia, Gleditschia) kommt meist nur eine zur Entwicklung. Finden sie sich aber,, z. B. in der Achsel von Zwiebelschuppen, nebeneinander, so lösen sie sich später ab und dienen zur vegetativen Vermehrung.

Abb. 308. Lon icera Xglosteum. Stück einer Sproßachse im Winter mit Blattnarben (Ii), über denen eine in aufsteigender Richtung entstandene Reihe von Beiknospen steht. A Achse. Nach VELENOVSKY.

Abb. 309. Carlina acaulis, Blattrosette, in "der Mitte das Blütenköpfchen mit geschlossenen Hüllblättern. Umzeichnung nach TROLL.

S. Der Einfluß der Internodienlänge

auf die

Wuchsform

Durch wechselnde Länge der Internodien an Haupt- und Seitenachsen kommen sehr verschiedene Wuchsformen zustande, die an einigen Beispielen geschildert werden sollen. Treten an der Hauptachse nur kurze (gestauchte) Internodien auf, so rücken die Blätter zu einer grundständigen B l a t t r o s e t t e zusammen (Abb. 309). Besonders Bhizompflanzen, vor allem viele zweijährige, zeigen diesen Typus, wie z.B. der Fingerhut und die Königskerze, von vieljährigen die Primeln, der Wegerich (Abb. 292, S. 238) und andere. Dabei kann der Sproß dauernd kurz bleiben, und es entwickeln sich Blütenstände aus basalen Seitentrieben; oder er kann plötzlich ein laubblattloses gestrecktes Internodium, einen sogenannten S c h a f t bilden, der selbst oder an Seitenachsen Blüten trägt, wofür viele Zwiebelpflanzen Beispiele

5. D e r Einfluß der Internodienlänge auf die Wuchsform

249

bieten. Bei vielen Annuellen bildet die Hauptachse erst kurze, dann gestreckte, blatttragende Internodien aus (Halbrosettenpflanzen, wie z. B. das Hirtentäschel). Es kann aber auch umgekehrt eine Reihe kurzer Internodien einem langen aufsitzen, so daß die Blätter einen apikalen Schopf bilden (z. B. Cyperus-Arten). Die Blätter können dann manchmal geradezu Scheinwirtel bilden, so in mehreren Etagen beim Türkenbund u.a. (Abb. 310). S c h o p f b ä u m e entstehen dadurch, daß nur die jeweils apikalen Blätter erhalten bleiben, die tieferen abfallen (Palmen, Grasbäume [Xanthorrhoea] und andere baumformige Monokotyle, LobeliaArten usw.). Sehr häufig sind Fälle, in , • , welchen ein Rhythmus der Internodien^ — — ^ ^

Abb. 310. Polygonatum verliciUalum,Bl&ttci ta Tierzähligen Scheinwirteln angeordnet, mit Blüten in den Achseln. Neuzeichnung nach TROLL.

Abb. 811. Schematische Darstellung eines Laubtiiebee (Scheinsprosses) von Veratrwn. Nach TROLL.

länge zu beobachten ist; auf einige kurze folgen lange, auf diese wieder kürzere. Der Jahrestrieb vieler Bäume und Sträucher zeigt solche Verhältnisse, wobei die Kürze der ersten Internodien schon durch die Art der Rnospenbildung bedingt wird (Knospennarben). In diesen Fällen treten zuerst Knospenschuppen (Niederblätter) auf, denen später Laubblätter folgen. Besondere Verhältnisse entstehen, w e n n eine kurze gestauchte Achse durch lange Zeit nur Blätter m i t langen Scheiden liefert. Diese schließen dann, z. B. bei den Bananen, zu einem Scheinstamm zusammen. Schließlich treibt der Blütenstand durch die ganze Röhre hindurch, bis er über den Blattspreiten hervortritt. I m kleinen wiederholt das Maiglöckchen diese Ver-

250

V. Die Gestaltung des vegetativen Sproß-Systems

Abb. 312. Larix decidua mit zwei Kurztrieben k, welche in den Achseln von Laubblättefn ( b) auftreten, und von denen der obere ausnahmsweise in einem Langtrieb l auswächst. Nach WETTSTEIN.

hältnisse, doch besitzt es im Gegensatz zu den Bananen ein ausdauerndes Rhizom. Der Germer (Veratrum album, Abb. 511) bildet gleichfalls zuerst einen Scheinstamm aus Blattscheiden. Hier stirbt dieser aber im Winter ab, und erst nach einigen Jahren, wenn die Pflanze ausreichend erstarkt ist, wird ein langer, blattragender Sproß mit endständigem Bliitenstand entwickelt.

Von den Achsen zweiter Ordnung wächst oft nur ein Teil zu verlängerten Sprossen ( L a n g t r i e b e n ) aus; die anderen bleiben kurz ( K u r z t r i e b e ) . Eines der auffallendsten Beispiele zeigen die Kiefern und die Lärchen. Bei Pinus silvestris z. B. trägt die Hauptachse keine grünen Blätter, sondern nur zarte bräunliche Schuppen (Niederblätter), in deren Achsel knopfförmige Seitensprosse auftreten, die zwei Nadeln entwickeln. Eine Besonderheit liegt auch darin, daß diese Kurztriebe schon im ersten Jahre zur Entwicklung kommen, während sich sonst Knospen eines relativen Haupttriebes erst im folgenden Jahr entwickeln. Die Nadelbüschel der Lärchen (Abb. 312) fallen von ihren Kurztrieben jährlich im Herbste ab, worauf diese im nächsten Jahr neue bilden. Bei Laubbäumen sind die Kurztriebe weniger auffallend. Doch sind sie z. B. bei der Buche Ein der Basis des Jahrestriebes leicht zu erkennen. Sie bilden jedes Jahr nur 5—4 Laubblätter aus und sind durch die rasch aufeinanderfolgenden Blattnarben rauh. Erst die höheren Knospen erzeugen Langtriebe. Bei vielen Laubbäumen entwickeln nur die Kurztriebe Blüten, so sehr auffallend bei unseren Obstbäumen z. B. Apfel, Birne, Kirsche usw. Abb. 313. Dulongia acuminata Matt ^ i t ' Inflorrazenz^zirehnai vergr.. Nach GOEBEL.

An einem relativen Hauptsproß können die Verzweigungen vorwiegend zuoberst (akroton) oder auch zuunterst (basiton), schließlich auch in der Mitte (mesoton) auftreten. Bei der Fichte z - B. bleiben schließlich nur die geförderten sclieinwirteligen

6. Verschiebungen (Kongenitale Verwachsung)

251

akrotonen Seitentriebe erhalten, die mesotonen fallen später ab. Auch bei Laubbäumen kommt es zum Abwerfen der kleineren, mehr beschatteten Äste, wofür bei manchen besondere Trennungseinrichtungen vorgesehen sind, wie z. B. bei der Pappel. Daraus erklären sich die schließlich glatten, astlosen, hohen Baumstämme. Im Gegensatz zu den Bäumen werden bei den Sträuchern die basalen Triebe gefördert und erzeugen so die charakteristische Strauchform.

6. Verschiebungen

(Kongenitale

Verwachsung)

Viele zunächst schwer deutbare Stellungs- und Verzweigungsverhältnisse erklären sich daraus, daß Blatt- und Sproßanlagen sich nach ihrer ersten Anlage nicht trennen, sondern ein g e m e i n s a m e s W a c h s t u m beginnen. Man spricht dann von k o n g e n i t a l e r V e r w a c h s u n g , die wieder an Beispielen dargestellt werden soll. Sehr bekannt ist z. B., daß der Blüten- und Fruchtstand der Linde (Abb. 495, S. 374) aus dem langen Vorblatt entspringt; ein zweites bleibt klein und verkümmert. In solchfen Fällen ist die Achselknospe auf die Basis des Blattprimordiums verschoben, und es wächst jene schmale Zone stark heran, die zwischen der Achse und dem Höcker liegt (epiphylle Verschiebung, B e k a u l e s z e n z ) . Diese extrem

Abb. 314. Streptopus amplexi/olius. I Ende eines fruchtenden Sprosses von der Unterseite. II Vegetationskegel eines blühenden Sprosses. III Schema zur Erläuterung des Sproßaufbaues. V Vegetationspunkt; B,,BZ usw. Blätter bzw. Blattanlagen; Jlt Ji, Jt usw. die zugehörigen achselbürtigen Infloreszenzen bzw. Infloreszenzanlagen (in II und III schraffiert); b Braktee der Infloreszenz; P deren einzige Blüte bzw.Frucht. Nach TROLL.

basale Interkalarzone nimmt die Achselknospe sozusagen mit. Ähnliche Beispiele bieten die scheinbar aus Laubblättern entspringenden Blüten von Helwingia japónica und Phyllonoma ruseißora (Abb. 313). Es gibt dann auch Fälle, in denen die Knospe so sehr der Achse genähert ist, daß sie bei der weiteren Entwicklung von dieser mitgeführt, also vom Tragblatt entfernt wird. Handelt es sich dabei um einen seitlichen Blütensproß, so zweigt dieser dann viel höher ab. Er kann z. B. erst am nächsten Knoten frei werden und jetzt scheinbar nicht axillär einem Blatt gegenüberstehen. Man spricht dann von K o n k a u l e s z e n z , für die ein schönes Beispiel Streptopus amplexifolius (Abb. 314) bietet, oder auch die Gattung Symphytum. Schließlich kann das Tragblatt dem Seitensproß angewachsen sein

252

V. Die Gestaltung des vegetativen Sproß-Systems

u n d sich mit diesem von der Achse entfernen. Das ist sehr klar bei Samolus Valerandi und bei einigen Thesium-Arten zu beobachten (Abb. 515). Sehr eigentümliche Stellungsverhältnisse beobachtet m a n bei Solanaceen. Sie erklären sich aus einer Kombination von sympodialem Wachstum und von Verschiebungen. Die Abb. 316 erläutert solche „Ver^mt71 Schiebungen".

Abb. 315. Thesium pratense. I Blüte aus den höheren Teilen, II aus der Mitte der Infloreszenz. A Infloreszenzachse ;D Deckblatt, a und ß Vorblätter. Nach TROLL.

Abb. 316. Schema der „Verschiebung" (kongenitalen Verwachsung) des Deckblattes auf seinen Achselsproß (I, 2) und die Emporhebung des AchselsproSBes über sein Deckblatt (3, 4). Die sich streckende Zone ist jeweils schraffiert. Nach GOEBEL.

Abb. 317. Sproßstücke von Salicornia herbacea ( / ) und Salicornia prostrata ( I I ) . Freie Blattabschnitte rudimentär, das besonders in II stark sukkulente Berindungsgewebe die Internodien völlig umkleidend. Nach TROLL.

Eine große Rolle spielt die kongenitale Verwachsung bei der B e r i n d u n g von Sprossen durch Blattbasen. Die Ansatzstelle des Blattes, die sogenannte Blattinsertion, wächst mit d e m l n t e r n o d i u m heran und bedeckt dieses in Form von Leisten, Kissen, Rippen, Flügeln usw.. Sehr auffällige Beispiele liefern viele Sukkulente,

6. Verschiebungen (Kongenitale Verwachsung)

253

über die in einem besonderen Abschnitt gesprochen werden soll. Hier sei nur etwa ein den Queller ( S a l i c o r n i a herbacea) erinnert, der sich aus zylindrischen grünen Internodien aufbaut, Ein deren Knoten zwei kleine Höcker vorspringen.

Abb. 318. Sproßquerschnitte von Equisetum aruense (I) und Casuarina equiselifolia (II). Grundgewebe punktiert, Chlorenchym doppelt und sklerenchymatisches Gewebe einfach schraffiert. Hadrom der Leitbündel in II, deren äußerer Bing die Blattspurbündel darstellt, radial schraffiert. Außerdem bedeutet E Epidermis, M Markhöhle, V und C Vallekular- und Karinalhöhlen, En Endodermis. Stark vergrößert. Nach TROLL.

Diese sind die einzige Andeutung des Oberblattes, die Unterblätter bilden eine gemeinsame, mit der eigentlichen Achse völlig verwachsene Röhre (Abb. 317). Ein streifenförmiges Herablaufen von Blattbasen an Sprossen läßt sich vielfach beobachten, so bei Euphorbiaceen, Verordcaund Epüobium-Arten. Zu vollkommener Berindung kommt es bei den Equisetaceen. Die kleinen wirtelig angeordneten Blattzipfel sind nur der oberste Teil der / Blätter. Der ganze Rest berindet das Internodium vollständig (Abb. 318). Das gleiche gilt für die scheinbar blattlosen Casuarina- Arten, wo die Blätter im verwachsenen Teil als Rippen der Achse vorspringen, und ihre Gefäßbündel einen äußeren zweiten Kreis bilden. Lycopodium-Arten sind gleichfalls in dieser Form berindet. Polster förmige Blattbasen bedecken oft I II die Achsen von Koniferen Abb. 319. Araucaria excelsa. Zweigstück im Jungen (I) und älteren Zustand (II), wo die in I dicht zusammenschließenden Blattpolster infolge fast vollständig, so z. B. des sekundären Dickenwachstums der Achse auseinandergerückt sind.

bei Araucaria,

Cupressus

III Zweigstück von Cupressus semperoirens, die Berindung von Seiten der Blätter zeigend, a aufsteigende und b absteigende Blattspur. Nach TBOLL.

254

VI. Die Metamorphosen des Sprosses

und anderen (Abb. 519). Blattbasen können schließlich die Achse in Form von seitlich abstehenden Flügeln begleiten (Statice sinuata, Ammobium alatwn, Lathjrus-Arten). Meist bildet jedes Blatt zwei an den Kanten sitzende Flügel; bedornt sind solche z. B. bei Cirsium palustre. VI. Die Metamorphosen des Sprosses Als Metamorphosen bezeichnet man „Umwandlungen" der Grundformen, die das Ergebnis einer Anpassung an besondere, vom Regelfall abweichende Aufgaben sind. Der Ausdruck Metamorphose stammt von L i n n é und wurde von Goethe in seinem „Versuch, die Metamorphose der Pflanzen zu erklären" (1790) in die Botanik eingeführt. Während aber Goethe und die idealistische Morphologie die Metamorphosen als ideelle Umwandlungen der Teile einer postulierten „Urpflanze" betrachteten, sehen wir sie als reale Produkte einer besonders gerichteten Entwicklung an. In der ersten Anlage unterscheiden sich solche Bildungen nämlich nicht von „normalen". Auch sind manchmal noch heute Außeneinflüsse dafür entscheidend, welche Entwicklung eine solche Anlage einschlägt. Danach wird man auch die im Laufe der Stammesgeschichte erworbenen Metamorphosen r-v* OA néOtAs, nicht anders deuten wollen.

Abb. 320. Phyllocladus rhomboidalis (Conifere), Keimpflanze. Sie bringt zunächst nadeiförmige Blätter hervor, später in deren Achseln die Flachsprosse (Phyllokladien). An der älteren Pflanze stehen diese in der Achsel von Niederblättern. Nach GOEBEL.

Abb. 321. Muehlenbeckia platyclada (Polygonacee der Salomoninseln), Phyllokladium (Flachsproß). Jedes der flachen Internodien trägt ein hinfälliges Laubblatt. Nach GOEBEL.

1. D e r S t e n g e l

255

1. Der Stengel Die Metamorphosen des Stengels dienen vorwiegend folgenden Sonderaufgaben : Assimilation, Stoffspeicherung, Abwehr u n d Klettern. Mein kann den Begriff enger oder weiter fassen, hier sollen n u r typische Fälle zur Sprache kommen.

Abt. 322. Phyllanthus speciosus (trop. Euphorbiacee), Sproßsystem. Die faßt zylindrische Seitenachse erster Ordnung trägt zweizeilig angeordnete Schuppenblätter, aus deren Achseln blattähnliche Seitenachsen zweiter Ordnung (Phyllokladien) entspringen. Diese entwickeln an den Kanten weitere hinfällige Schuppenblättchen, aus deren Achseln je ein BlütenBtand hervortritt. Nach KERHEIL. a)

Phyllokladien

Junge Achsen assimilieren, wie ihre grüne Farbe lehrt, so g u t wie ausnahmslos. Doch erscheint dies hier als Nebenfunktion. I n einigen Fällen n e h m e n aber besonders die Seitenachsen laubblattähnliche Form a n ; m a n spricht dann von P h y l l o k l a d i e n . Diese werden auch in ihrer Anatomie Laubblättern, und zwar äquifazialen Formen, sehr ähnlich. Wo sie auftreten, kommt es zur Unterdrückung der Laubblätter, die Phyllokladien treten an deren Stelle. Der Vorzug liegt in ihrer viel derberen Ausbildung, die einen Transpirationsschutz bewirkt. Unter den Gymnospermen besitzt die Taxacee Gymnocladus canadensis auffällige fiederblattähnliche Phyllokladien (Abb. 320). Sie treten als Kurztriebe in der Achsel

256

VI. Die Metamorphosen des Sprosses

Abb. 323. Ruscus Hypoglossum, blühender Sproß. In der Achsel von Schuppenblättern entspringen Phyllokladien, die ein kleines Laubblatt und In dessen Achsel einen Blutenstand tragen. Nat. Gr.. Nach WETTSTEIN.

von Nadeln auf. Ein dikotyles Beispi ist Mühlenbeckia platyclados (Abb. 321) mit bandwurmähnlichem Achsensystem ; ähnüche Form besitzen manche Misteln (Viscum). Solche Flachsprosse werden auch Platykladien genannt. Völlig blattähnüch sind die Seitensprosse von Ph.yllanth.us-K.Tten. aus der Sektion Xylophyüa (Feim. Euphorbiaceae). Bei Phyllanthus speciosus trägt die Hauptachse nur Schuppenblätter. In deren Achseln entwickeln sich schmale, aber dorsiventrale Kurztriebe, die in zweizeiliger Anordnung als Seitenachsen zweiter Ordnung lanzettförmige Phyllokladien entwickeln (Abb. 322). So entsteht ein fiederblattartiges Gebilde, dessen Sproßnatur aber sofort daraus erhellt, daß die Phyllokladien am Rande selbst wieder kleine Schuppen bilden, aus deren Achsen Blütenstände entspringen.

Abb. 324. Asparagus myriocladus. Die nadeiförmigen Kladodien sind zu Büscheln angeordnet. Umzeichnung nach TROLL.

Unter den Monokotyledonen bieten die Asparageen viele Beispiele von Phyllokladienbildung. Blattförmig sind diese bei Ruscus (Abb. 323), Semele androgyna, Danae racemosa und Myrsiphyllum asparagoides. Wieder tragen diese flachen

1. Der Stengel

257

Kurzsprosse in der Blattmitte oder an den Rändern Blüten, die in der Achsel von Schuppenblättern stehen. Am auffälligsten verhält sich die Gattung Asparagus. selbst. Bei ihr werden die Phyllokladien nadeiförmig (sogenannte K l a d o d i e n ) m (Abb. 324), wozu kommt, daß sie in Büscheln von 3, 5 und mehr auftreten. Diese Häufung erklärt sich daraus, daß ein erstes Phyllokladium an seiner Basis ein weiteres bildet usw.. Assimilationssprosse anderer Art finden sich auch bei Sukkulenten und Rutensträuchern; sie sollen später (S. 310) besprochen werden.

Abb. 325. Cicula virosa, Rhizome, total und längs durchgeschnitten, um die Kammerung zu zeigen. Nach HB Gl.

Abb. 326. Corallorhiza innata. Kräftiges Blütenexemplar, die reiche Verzweigung des Rhizoms zeigend. J Blütensprosse, A die Keimachse, von welcher die Pflanze ihren Ausgang nahm. Nach IRMISCH aus TROLL.

b)

Abb. 327. Dentaria digitata, Rhizom, das im Frühjahr aus dem Boden genommen wurde, mit den diesjährigen Laub- und Blütentrieben E (1932) und E'. E Terminal-, E' Seitensproß in der Achsel des Schuppenblattes &; E (1931) abgestorbenes Ende des terminalen Blütentriebes von 1931. Nach TROLL.

Speichersprosse

a) Rhizome. R h i z o m e sind unterirdische oder kletternde verdickte Achsen von meist zylindrischer oder etwas abgeflachter Form. Ihre Internodien sind in der Regel kurz, seltener verlängert (so bei Paris quadrifolia, bei Farnen und Schachtel17 v. G u t t e n b e r g , Lehrbuch der allgemeinen Botanik

258

VI. Die Metamorphosen des Sprosses

halmen). Wie schon früher (S. 247) erwähnt, hegen teils Sympodien, teils Monopodien vor. Manche entwickeln nur Laubblätter, so viele aufrechte Rhizome und der Adlerfarn; andere bilden nur schuppenförmige Blätter oder beiderlei Blattformen aus. Die verdickten Achsen dienen der Speicherung von Baustoffen, besonders von Stärke, 'aber auch der von Wasser. Im Räume sind sie verschieden

Abb. 328. Tesludinaria elephantopus (südafr. Dioscoreacee), Habitusbild. Hypokotylknolle mit Korkplatten. Die Knolle kann bis 300 kg schwer werden. Nach PAX. V« nat. Gr.

orientiert. Es gibt s e n k r e c h t gestellte, die dann meist an ihrem fortwachsenden Ende Blattrosetten bilden, während sie am anderen Ende absterben. Dann geht auch die Hauptwurzel verloren und es entwickeln sich aus dem Rhizom sproßbürtige Wurzeln (Homorrhizie, vgl. S. 283). Von diesen funktionieren manche als kontraktile Z u g w u r z e l n , die dafür sorgen, daß das Rhizom nicht über die Erdoberfläche hinauswächst. Auffälhg sind die senkrechten, fast rübenförmigen

1. Der Stengel

259

Rhizome des Wasserschierlings ( Cicuta virqsa), die innen etagenförmige L u f t kammern besitzen (Abb. 325). Es kann sich aber auch an das Rhizom eine Pfahlwurzel ansetzen (z. B. beim Sauerampfer und einigen Umbelliferen). Verzweigen sich aufrechte Rhizome, so bildet sich ein mehrköpfiger „Wurzelstock", wobei eine rasenförmige Anordnung entsteht ( P r i m i d a - , Plantago-, Aryneria-Arten). H ö r i z o n t a l e Rhizome (Abb. 305/6, S. 246) sind meistsympodialgebaut undgleichfalls homorrhiz bewurzelt. Manchmal neigen sie zu starker Verzweigung, wobei Formen entstehen, die Ausläufern ähnlich werden. Wenn alle diese Seitenachsen oberirdische beblätterte Blütensprosse bilden, entstehen weit ausgedehnte Gruppen von Pflanzen, die sich später isolieren können (z. B. der Huflattich, die Brennessel, Schachtelhalme, viele Gräser u. a.). Unterirdische A u s l ä u f e r dienen weniger der Stoffspeicherung als der vegetativen Vermehrung. Demgemäß besitzen sie keine kurzen dicken, sondern sehr lange dünne Internodien. Wurzellose, stark verzweigte Rhizome besitzen einige nichtgrüne Orchideen (Corallorhiza innata [Abb. 326], Epipogium aphyllum, vgl. S. 332). Ihre Dichotomie ist nur eine scheinbare und wird dadurch vorgetäuscht, daß die Seitensprosse knapp hinter demVegetationspunkt abzweigen. Manche Rhizome tragen fleischige Niederblätter, die Abb. 329. Raphanus sativus f . radicula (Radieschen) und Raph. mehr und mehr die Stoff- sativus (Kettich), Keimpflanzen. Die Keimpflanze I ist bei beiden Formen gleich. Co Kotyledonen, H Hypokotyl, W Wurzel. Beim speicherung übernehmen, Radieschen ( I I ) entsteht die Knolle hauptsächlich aus dem Hypowodurch sie sich den Zwie- kotyl, beim Rettich ( I I I ) wird sie durch Einbeziehung der Wurzel zur Rübe. Nach TROLL. beln nähern. [Beispiele: die Zahn würz {Dentaria-Arten, Abb. 327) und die Schuppenwurz ( L a t h r a e a squamaria)].

ß) Knollen. Als K n o l l e n bezeichnet man meist unterirdische, fleischig verdickte, ei- bis kugelförmige Gebilde. Sie können umgewandelte Sprosse oder Wurzeln sein; hier sind nur die ersten zu besprechen. Es gibt Fälle, in denen die Knollenbildung vom H y p o k o t y l ausgeht, das schon in seiner ersten Entwicklung kurz bleibt und bauchig anschwillt. Auf diese Weise entwickeln sich die großen Knollen der „ E r d s c h e i b e " ( C y c l a m e n europaeum) und die des Winterlings ( E r a n t h i s hiemalis). Besonders auffallend sind die Knollen der Dioscoreacee Testudinaria elephantopus (Abb. 328). Sie besitzen sekundäres Dickenwachstum, so daß schließlich ein mächtiger Körper entsteht, der von Korkplatten schuppenartig bedeckt ist, woraus die Schildkrötenform resultiert. D i e Hypokotylknollen von Myrmecodia- und Hydnoph.ytum-A.rten (Abb. 424, S. 317) 17*

260

VI. Die Metamorphosen des Sprosses

wollen wir erst bei den Epiphyten besprechen. Hypokotylknollen können auch rübenartig werden, wofür das Radieschen ein Beispiel liefert (Abb. 329). Von den an S e i t e n a c h s e n auftretenden Knollen sind besonders einige zu nennen, die als Anschwellungen am Ende von Ausläufern entstehen. Dazu ge-

Abb. 330. Solanum tuberosum. Junge Pflanze (/) und Keimung (II), beide nach TURPIN. Sa Samen, H Hypokotyl, W Hauptwurzel, Co Kotyledonen, A Ausläufer, K Knollen an diesen. Auch aus den Achseln der Kotyledonen kommen als Kotyledonarsprosse verzweigte Ausläufer. Aus TROLL.

hört die Kartoffel (Abb. 350). Aus Niederblattachsein entwickeln sich dünne, horizontal im Boden verlaufende, etwas verzweigte Ausläufer. Jedes Ende schwillt zu einer Knolle an, die leicht dadurch als Sproßorgan zu erkennen ist, daß sich ein ihr die Narben von breiten Schuppenblättern finden, aus deren Achsel später die Laubtriebe hervorbrechen. Ähnlich verhält sich Helianthus tuberosus, dessen Knollen als Topinambur bekannt sind (Abb. 351). Ausläufer-

1. Der Stengel

261

Abb. 332. Crocus vernus. Knolle im Herbst; unter der lebenden Knolle die abgestorbenen und zusammengedrückten Knollen vorausgegangener Jahrgänge, Nach TROLL.

Abb. 331. Helianthus tuberosus (Tobinambur), Sproßknolle am Ende eines Ausläufers mit Beiwurzeln, seitlichen Knospen und einer Endknospe. Nach GIESENHAGEN.

knollen bestehen im Gegensatz zu den Hypokotylknollen aus mehreren Internodien. Durch starke S t a u c h u n g und besonders ausgiebige Anschwellung entstehen Knollen als Extrem der Rhizombildung. Hierher gehören viele Monokotyledonen, z. B. Crocus- und Gladiolus-Arten (Abb. 332). Die Knolle besteht hier aus wenigen, sehr stark angeschwollenen Internodien, bildet apikal Blätter und Blüten und erneuert sich durch eine Achselknospe. Die

Abb. 334. Polygonum viviparum. I Bulbille mit niederblattartigen, 11 mit laubigen Vorblättern. A Ablösungsstelle; S Sproßachse; u) Wurzelanlage bzw. junge Wurzel; b erste Blattorgane der Endknospe. I stärker, 11 schwach vergrößert, nach TROLL.

Abb. 333. Colchicum autumnale, Knolle der blähenden Pflanze (im HerbBt) im Längsschnitt. K 1 alte Knolle, die oben den Rest ihres Laubtriebes R trägt, w ihre Wurzelreste. Links hat die Knolle einen Seitentrieb S gebildet. Dessen Vegetationspunkt erzeugt hintereinander das Vorblatt V, das Niederblatt N und die Laubblätter L,—L t . Li Betzt tief an, darüber liegt das Internodium K„ In der Achsel der obersten Laubblätter entstehen die Blüten Bl, in der Achsel des Laubblattes L t bildet sich die Erneuerungsknospe für das nächste Jahr Am Grunde des Seitensprosses dessen Wurzeln W. In den Seitensproß wandern allmählich die noch unverbrauchten Stoffe der alten Knolle und, nach Bildung der Blätter im Frühjahr, deren Assimilate ein, wobei sich aus dem Internodium Ki des Seitentriebes eine neue Knolle bildet. Die braune äußere Haut entsteht aus der Basis des Laubblattes Li. Nach SACH3 aus TROLL.

262

VI. Die Metamorphosen des Sprosses

Herbstzeitlose (Colchicum autumnale, Abb. 353) besitzt Knollen, die im wesentlichen aus einem Internodium bestehen. Ein Längsschnitt zur Herbstzeit, in welcher die Pflanze blattlos blüht, zeigt, daß der Blütensproß ein Achselsproß der Knolle ist. Er erzeugt in der nächsten Vegetationsperiode Laubblätter, und seine Basis verdickt sich dann zur neuen Knolle. Ein Laubblatt bildet die braune Scheide um diese. O b e r i r d i s c h e Knollen sind für viele epiphytische Orchideen charakteristisch. Sie entspringen als Seitenachsen einem meist sympodialen Rhizom (Abb. 305, S. 246) und bestehen aus ein oder mehr Internodien, die ihrerseits Schuppenblätter, einige Laubblätter und Blüten tragen. Schließlich seien die der vegetativen Fortpflanzung dienenden B r u t k n ö l l c h e n oder Bulbillen genannt. Polygonum viviparum bildet solche neben oder an Stelle von Blüten aus (Abb. 334), bei Dioscorea-Arten stehen sie als fleischige Kurztriebe in den Achseln von Laubblättern (Abb. 335). An ihrer Spitze besitzen die Brutknöllchen einen Vegetationspunkt.

Abb. 335. Dioscorea faportica. Sproßstück mit Luftknöllchen (K) in den Blattachseln. Die Blattspreiten haben ihre Oberseite dem lichte zu (vom Beschauer weg) gewendet. Nach GOEBEL.

Die A n a t o m i e d e r R h i z o m e entspricht im ganzen ihrem SproßCharakter, doch sind im Zusammenhang mit der besonderen Funktion und dem Leben in der Erde Veränderungen vor sich gegangen. Sie bestehen in einem Zurücktreten der Gefäßbündel von der Peripherie gegen die Mitte, so daß die hauptsächliche Stoffspeicherung in der stark verbreiterten Rinde stattfindet. Die Epidermis erfährt oft einen Funktionswechsel da sie nicht mehr d e m

T r a n s p i r a t i o m s c h u t z

z u

d i e n e n

hat, vielmehr oft mehr oder minder durchlässig ist und so eine Wasseraufnahme ermöglichen dürfte. Sicher ist das bei den genannten wurzellosen Orchideen, wo dementsprechend auch „Wurzelhaare" auftreten. Auch das regelmäßige Vorkommen von Endodermen und das häufige von Exodermen mit Durchlaßzellen weist darauf hin, daß die Rhizome zum Teil die Aufgabe von Wurzeln übernehmen. Knollen sind noch reicher an Speichergeweben, im Prinzip aber rhizomähnlich gebaut. c)

Sproßdornen

Zur V e r d o r n u n g von Sprossen kommt es sehr häufig. Solche Sproßdornen, die Kurztriebe sind, dürfen nicht mit Stacheln verwechselt werden, die als einfache Emergenzen an behebiger Stelle der Achse entstehen können, wie z. B. die Dornen der Rosen. Bei Gleditschia triacanthos gibt es, dem Namen entsprechend, dreispitzige Sproßdornen. Sie entstehen aus der untersten Knospe der Blattachsel und bilden aus ihren beiden Vorblättern je einen Seitendorn. Weitere Beispiele sind die Schlehe {Prunus spinosa, Abb. 336), der Sanddorn {Hippophae rhamnoides).

1. Der Stengel

Ginsterarten. (z. B. Genista germanica) mal entwickeln die Dornen noch klei zeigen Colletia spinosa und cruciata (Abb. 357). Die Laubblätter sind sehr klein und hinfällig, die Dornen übernehmen auch die Assimilationsfunktion. Ähnüches gilt für Ginster und ihnen verwandte Pflanzen, so Ulex, Spartium, Sarothamnus und andere Leguminosen, die nach Verlust der Blätter grüne R u t e n s t r ä u c h e r darstellen. Sproßdornen sind meist sekundär verdickt, erhalten also ihre Starre durch einen Holzkörper.

Abb. 336. Prunus spinosa, Sproßdorn. a Muttersproß, n Narbe des Stützblattes, für den in einem Dorn d endigenden Kurztrieb. b—b Blätter dieses Zweiges. In der oberen Blattachsel ist ein weiterer Seitenzweig z entstanden, in der unteren die Knospe k. Nach PB.ANTL.

d)

263

d die Hauhechel (Ononis spinosa). ManchLaubblätter. Sehr auffällige Verdornung

Abb. 337. Colletia cruciata (südamer. Rhamnacee), Sproßstück. Die Seitenzweige sind abgeflacht und verdornt. Nach GOEBEL.

Sproßranken

Die Schlingpflanzen sollen als Ganzes in einem besonderen Abschnitt besprochen werden, ebenso ihre Bewegungsvorgänge (S. 574 und S. 583). Hier sei nur darauf hingewiesen, daß windende und rankende Pflanzen zu unterscheiden sind. Das W i n d e n wird stets durch Sprosse, meist durch Hauptachsen bewirkt, als R a n k e n können Sprosse, Blätter und Wurzeln funktionieren. Wir haben hier nur die als Ranken ausgebildeten Sprosse zu behandeln. Zu ihnen gehören die Ranken der Passifloraceen und Vitaceen. Bei der Passionsblume ( P a s s i f l o r a caerulea, (Abb. 338) entspringen die Ranken in Blattachseln; sie bleiben als solche unverzweigt. Seitlich entwickeln sie aus der Achsel eines Deckblattes die Blüte t die selbst wieder zwei Vorblätter trägt. Das erstgenannte Deckblatt ist mit der blütentragenden Achse kongenital verwachsen und dadurch hochgerückt. Bei Vitis vinifera (Abb. 339) gibt es Langtriebe (Lotten) und Kurztriebe (Geizen). Die Lotten stellen Sympodien dar. Erst werden von ihnen Niederblätter, dann Laubblätter gebildet, in deren Achseln Geizen knospen auftreten. Schließlich biegt das

264

VI. D i e M e t a m o r p h o s e n des Sprosses

Abb. 338. Passiflora coerulea. Das Achsenstück besitzt ein Laubblatt (mit Nebenblättern), aus dessen Achsel eine Bänke entspringt. Dieser Rankensproß trägt seitlich eine Blüte. Das Deckblatt der Blüte ist mit der Blütenachse kongenital verwachsen und wird erst unmittelbar unter der Blüte frei. Hier bildet es mit zwei Vorblättern der Blüte einen dreiblättrigen Hüllkelch um die Blutenknospe. Frei nach WETTSTEIN mit neuer Beschreibung.

Abb. 339. Bebenzweig (Lotte), schematisiert zur Darstellung des sympodialen Aufbaues nach der Auffassung von EICHLEB. Das unterste Internodium (weiß) endet in eine Bänke, der gegenüber ein Laubblatt steht. Aus dessen Achselknospe hat sich das Internodium II entwickelt (schraffiert), das sich entsprechend verhält, h die Geizenknospen. Aus WABMING.

oberste Achsenstück gegenüber seinem letzten Laubblatt seitlich ab u n d bildet eine verzweigte Ranke. N u n m e h r setzt ein Seitentrieb die Hauptachse sympodial fort, er bildet n u r ein Laubblatt u n d endet wieder m i t einer seitlich ausbiegenden R a n k e ; darauf folgt ein zweiblättriger Abschnitt mit Ranke, diesem wieder ein einblättriger und so abwechselnd weiter. Eine Schwierigkeit f ü r diese D e u t u n g liegt indessen darin, daß neben den sympodialen Trieben je eine weitere Geizenknospe auftritt. Die bisher genannten Ranken k r ü m m e n sich erst bei Berührung u m die Stütze, andere rollen sich von selbst an ihren Enden spiralig ein (Uhrfederranken z.B. bei StrychnosArten, Abb. 340,1). Als Kletterhaken oder Hakenranken kann m a n die Kurztriebe von Uncaria (Abb. 340,2) bezeichnen, die sich gleichfalls krümm e n u n d einen kräftigen Haken bilden.

Abb. 340. 1 Strychnos minor (trop. Loganiacee) Uhrfederranken als Seitensprosse 2. Ordnung. K Endknospe der sekundären Achse, N Blattnarben an der Primärachse. 2 Uncaria glabra (trop. Bubiacee) Klimmhaken als Seitensprosse. Original.

2. Das Blatt

265

2. Das Blatt a) Speicherblätter

(Zwiebeln)

Sowohl Wasser als auch organische Stoffe können in Blättern gespeichert werden, die dann „fleischig" erscheinen, d. h. reich entwickelte Parenchymmassen enthalten. Die der Wasserspeicherung und der Assimilation dienenden Blätter der Sukkulenten sollen erst später besprochen werden (S. 313). Hier wollen wir nur die zur Stoffspeicherung angelegten Blattorgane, wie sie besonders an Zwiebeln /\ auftreten, betrachten. Ihre Reservestoffe sind vorwiegend Zucker. Daß auch der Wassergehalt eine wichtige Rolle spielt, erhellt daraus, daß manche Zwiebeln auch ohne Wasserzufuhr wohlausgebildete Laubtriebe zu entwickeln vermögen.

Abb. 341. Zwiebeln. I, II Lilium candidum. I Zwiebel, deren äußere abgestorbene Schuppen entfernt wurden (Oktober). Zu äußerst schuppenförmige Blattbasen Torjähriger Laubblätter (I-i); die dazugehörigen grünen Oberblätter haben die Narben n hinterlassen. St abgestorbener Blütenstiel, neben dem sieh der neue Trieb gebildet hat. Dieser entwickelt erst die Niederblätter (Schuppen) N„ später die Laubblätter L „ II Innerster Teil der Zwiebel nach Entfernung von Llt Nt und L a ; man sieht die Knospe des peuen Blütenstiels zwischen zwei Stengelblättern I. K Erneuerungsknospe. III Hyacinthus orientalis, Zwiebel nach der Blütezeit. IV dasselbe nach Entfernung der äußeren Schuppen L. Bezeichnung wie oben. V Tulipa praecox, austreibende Zwiebel längs durchschnitten. B Blütensproß mit Laubblättern, V vertrocknetes Vorblatt, Si—S, die lebenden röhrenförmigen Zwiebelschalen; in der Achsel von S, die Erneuerungsknospe mit Vorblatt V. W Wurzeln. V i Lilium Martagon, Zwiebel im Frühjahr kurz vor der Blütezeit. St die beblätterte Blütenstandachse, b unterster Blattansatz, w Stelle, wo später Wurzeln entstehen. I—IV und VI nach IIIMISCH, V nach SACHS aus TROLL.

Z w i e b e l n bestehen aus einer völlig gestauchten, breit-kegelförmigen Achse, der Zwiebelscheibe, die an ihrer Basis, dem Zwiebelboden, Wurzeln bildet (Homorrhizie, S. 283), und den Zwiebelschuppen. In manchen Fällen sind diese weißliche Niederblätter, in anderen sind nur die Basen von Laubblättern fleischig verdickt; sie überleben den absterbenden grünen Teil. Häufig wechseln beiderlei Typen regelmäßig in der Entwicklung der Pflanze ab. Die Zwiebelschuppen können einander nur überdecken oder aber zu geschlossenen einander umhüllenden

266

V I . D i e M e t a m o r p h o s e n des Sprosses

Röhren werden. Der Türkenbund (Lilium Martagon, Abb. 341,VI) und die Feuerlilie (L. bulbiferum [Abb. 341,1, II]) z. B. besitzen Zwiebeln mit sich dachziegelartig deckenden Nieder blättern. Beider 'lÄÄ«,, Tulpe (Abb. 341, V) sind solche röhrenförmig geschlossen. Das trifft auch für die Küchenzwiebel (Allium Cepa) und andere Laucharten zu, doch handelt es sich hier um die Scheidenteile abgestorbener Laubblätter. Bei der Hyazinthe sind es Niederblätter und Blattbasen, die die Zwiebel aufbauen. Die Blütensprosse entstehen beim Schneeglöckchen (Galanthus nivalis) seitlich, die Hauptachse kann somit weiterwachsen (Monopodium). Häufiger entsteht der Blütensproß terminal und schließt damit die ZwiebelAbb. 342. Zwiebelsprosse von Gesneriaceen. 1 Kohleria eriachse ab ( H y a c i n t h u s , Tulipa, antha. 2 Kohleria digilaliflora. Verkl.. 1 nach BOT. MAG., 2 nach K . FRITSCH aus WETTSTEIN. [Abb. 341, III, IV]). Es werden dann ein oder mehr Achselsprosse gebildet, die wieder zur Zwiebelbildung schreiten und im nächsten Jahr Laubblätter oder einen Blütenstand bilden. Oft bleiben dabei die Zwiebelschuppen des Vorjahres oder mehrerer Jahre erhalten, so daß eine Gesamtzwiebel resultiert (Sympodium). Zu äußerst finden sich überall die ältesten entleerten Schuppen als Zwiebelhäute. Z w i e b e l n sind u n t e r d e n M o n o k o t y l e d o n e n s e h r häufig', b e i d e n D i k o t y -

Abb. 343. Saxífraga granulata. I Basis einer blühenden Pflanze mit Laubblattrosette und Brutzwiebeln (B) in den Achseln abgestorbener Rosettenblätter. II einzelne Brutzwiebel im Längsschnitt. A Ablösungsstelle; N Niederblätter; V Vegetationspunkt mit jungen Laubblättern in seiner Umgebung. I Nach TROLL, II nach PETER.

2. Das Blatt

267

ledonen aher äußerst selten (z. B. Oxalis-Arten). Einen Übergang zwischen Rhizom und Zwiebel finden wir bei Gesneriaceen, bei welchen „kätzchenartige" unterirdische Sprosse dicht mit fleischigen Schuppenblättern bedeckt sind (Abb. 342), oder bei den unterirdischen Trieben der Schuppenwurz.

Eine kurze Besprechung erfordern noch die B r u t z w i e b e l n . Es handelt sich dabei um oberirdische Seitensprosse, die Zwiebelcharakter besitzen, also einen Kurztrieb mit fleischigen Niederblättern darstellen. Beispiele unserer Flora sind die Feuerlilie (Lilium hulbiferurn), die Zahnwurz (Dentaria bulbifera) und Saxi« fraSa granulata (Abb. 343). Die Zwiebel- - _ _ \ chen fallen ab und dienen der vegetativen / „ Ä-^^lWx Vermehrung. An sie kann man die /v' Winterknospen (Turionen) mancher ( " ^ J t y Wasserpflanzen ( H y d r o c h a r i s Morsus ' ranae, Stratiotes aloides u. a.) anschlie/ ßen, ferner die an Stelle von Ährchen i ^t^rTT' Sa oder Blüten auftretenden Brutknospen ( f |£l|f|% mancher Gräser (z. B. Poa alpina var. j . \ \ "W 4/ vivipara), von Agave-Arten und anderen.

Abb. 344. Dischidia Vahlei (ind. trop. Asclepiadacee), A auf einer Baumrinde kriechender Sproß mit gewölbten, fest angepreßten Blättern. Die Unterseite B zeigt die von den Blättern bedeckten Wurzeln. % nat. Gr.. Original.

b) Schlauch-

und

Kannenblätter

Zu den auffälligsten Blattmetamorphosen gehören die schlauch- oder kannenartig entwickelten Blätter. Die epiphytisch mit Wurzeln kletternde Asclepiadaceengattung Dischidia zeigt Ubergänge zwischen bloß gewölbten und urnenförmigen Blättern. Die Sektion Conchophyllum (Abb. 344) besitzt, wie die ganze Gattung, dekussiert gestellte Blätter, die sich aber alle an die Baumrinde, auf der die Pflanze wächst, anlegen. Jedes der kreisrunden Blätter ist stark gewölbt, und die kleinen Haftwurzeln, die gleichfalls am Knoten entspringen, verbergen sich in den Blatthöhlungen. Viel auffälliger verhalten sich die Vertreter der Sektion Ascidiophora, z.B. D. Rafflesiana (Abb. 345). Einige Blätter sind normale dickfleischige Laubblätter, andere bilden sich zu Urnen um. Diese lassen sich von

268

VI. Die Metamorphosen des Sprosses

den früher genannten gewölbten Blättern ableiten; die Wölbung wird i m m e r stärker, so daß ein Schlauch entsteht, der nur noch eine runde Öffnung aufweist, in die sich die Blattspitze zipfelartig hineinkrümmt. Von den Wurzeln dienen die einen der Befestigung, während eine kräftigere verzweigte in die Urne eindringt, die von Humus erfüllt und von Ameisen bewohnt ist. Ausgesprochene Schlauchform besitzen die Blätter der Sarraceniaceen ( S a r r a c e n i a , Darlingtonia, Abb. 429, S. 522). Sie werden später ausführlicher besprochen werden.

Abb. 345. Dischidia Rafllesiana, (epiphytische Asclepiadacee). 1 Sproß mit einem Schlauchblatt, drei Flachblättern und Infloreszenz; 2 Schlauchblatt längs durchschnitten, die der Aufnahme der Nahrung dienende Adventivwurzel zeigend, nat. Größe. Nach W E T T S T E I N .

Hier sei nur bemerkt, daß bei ihnen, umgekehrt wie bei Dischidia, in der Entwicklung die B l a t t o b e r s e i t e die konkave wird, also nach innen zu liegen kommt. Die Schläuche stellen das Extrem des p e l t a t e n oder Schildblatt-Typus dar, wie er z. B. f ü r Tropaeolum majus, Hydrocotyle vulgaris, Victoria regia und viele andere Pflanzen bekannt ist. Alle diese Pflanzen besitzen einen zylindrischen, unifazialen Blattstiel. Infolgedessen geht der Spreitenrand am Stielansatz nicht in Form von Stielkanten in den Blattstiel über, vielmehr beginnt er mit einem Randmeristem (Querwulst) über diesen hinauszuwachsen. So kommt es dazu, daß der Blattstiel

2. Das Blatt

269

schließlich nahe der Spreitenmitte ansetzt. Werden solche Schildblätter trichterförmig, so ergibt sich ein Übergang zur Schlauchform. Die Kannen der Gattung Nepenthes (vgl. S. 321, Abb. 429) entsprechen nur einem Blatteil. Das Unterblatt ist grün und laubartig verbreitert, der Blattstiel als Ranke ausgebildet. Die Kanne selbst ist eine peltate Umwandlung der Spreite, und ihr Deckel entspricht einer verbreiterten Blattspitze. Weitere Einzelheiten werden später (S. 321) mitgeteilt werden. Das gilt auch für die äußerlich ähnlichen Kannen von Cephalotus follicularis und die kleinen Schläuche der Gattung TJtricularia (Abb. 430, S. 323 und Abb. 432, S. 324). c)

Blattdornen

Bei zahlreichen Pflanzen kommt es zu einer mehr oder weniger weitgehenden V e r d o r n u n g der Blätter. Oft sind nur Blattspitze und -zähne in Dornen umgewandelt, wofür unsere Disteln (Cirsium, Carduus) oder Agave americana Beispiele liefern. Bei der Berberitze (Abb. 346) verdornen die Blätter der Langtriebe völlig; sie tragen in ihrer Achsel einen sich im gleichen Jahr entwickelnden, be-

Abb. 346. Berberis vulgaris, Langtrieb mit verdornten Blättern, in deren Achseln im gleichen Jahr die belaubten Kurztriebe entstehen. Nach PEANTL.

Abb. 347. Hakea (rifurcata. Untere Blätter einfach und flach, obere verzweigt und zu Dornen umgestaltet. Nach GOEBEL.

blätterten Kurztrieb. Die derben Dornen der Kakteen sind umgewandelte Blätter. Sehr eigenartig verhalten sich Hakea-kxteri (Abb. 347) (Proteaceae), die als Jugendform ungeteilte Blätter besitzen, während später dornig gefiederte auftreten. Bei kletternden Palmen, z.B. dem Rotang {Calamus-Krteiiu. a., Abb. 348), sind die Endfiedern der mehrere Meter langen Blätter in scharfe zurückgebogene Dornen umgewandelt. Die Nebenblätter verdornen bei sukkulenten Euphorbiaceen oder

270

VI. Die Metamorphosen des Sprosses

auch bei Robinia Pseudacacia. Bei einigen Acacia-Arten (Abb. 549) werden solche Stipulardornen außerordentlich groß; sie sind hohl und von Ameisen bewohnt. Die ersten Anlagen von Blattdornen ^ gleichen denen der Laubblätter. Ihre GeV stalt erhalten sie durch sehr starke Reduktion des Flächenwachstums, ihre Härte dadurch, \ daß sin Stelle weicher Parenchymzellen vorwiegend bis ausschließlich verholzte mechaI nische Zellen auftreten; ihre Gefäßbündel r sind reduziert.

Abb. 348. Desmoncus sp., gefiedertes Blatt mit Hakenbildung am Ende der Rachis. Stark verkl.. Nach GOEBEL.

d)

Abb. 349. Acacia spec. aus Südafrika. Achsenstück mitpaarigen Nebenblattdornen. Die gefiederten Blätter sind abgefallen, ihre Narben Bind die kleinen, in der Mitte des Dornenpaares erscheinenden Kreise. Original.

Blattranken

R a n k e n sind in der Mehrzahl der Fälle Blättern oder Teilen von Blättern homolog; aus der Fülle der Einzelfälle können nur einige Beispiele ausgewählt werden. Bei Gloriosa superba, Flagellaria indica (Abb. 350) und anderen ist nur die verlängerte Blattspitze uhrfederartig eingerollt. Bei den Vicieen unter den Papilionaceen entwickelt das Fiederblatt eui Stelle der apikalen Fiedern und am

2. Das Blatt

271

Abb. 351. Pisum sativum. Stengelstück (S) mit Laubblatt und Seitensproß (S') in dessen Achsel. E Endabschnitt der Spreite; st Stipeln; V Vorblatt des Seitensprosses. Nach TROLL.

f f

Abb.

351),

ein-

f a c h e Fadenranken be-

vielfältig geteilt sind die Fiederranken der Bignoniaceen (Abb. 352); die Rankenenden können hier zu Krallen werden (z. B. Bignonia Unguis cati). Komplizierter sind die Rankensysteme der Cucurbitaceen gebaut. Beim Kürbis ( Cucurbita Pepo, Abb. 353) sieht man die Ranken zu mehreren einem derben Stiel aufsitzen. Dieser ist ein Seitensproß zweiter Ordnung, mit dem das Tragblatt kongenital (rekauleszent) verwachsen ist. In seinem freien Teil ist dieses als Ranke ausgebildet. Die restlichen Ranken sind je ein umgewandeltes Blatt dieses Sprosses. Bei einigen Pflanzen ranken nur die Blütenstiele. Bekannte Beispiele sind Tropaeohan majus und Clematis alpina. Fumaria-Arten ranken mit allen Teilen ihrer fiederigen Blätter. e)

Phyllodien

In einigen Fällen kommt es dazu, daß die . I-.I , ., ,, , , Blattspreite unterdruckt und an ihrer Stelle

Abb. 352. Eccremocarpus scaber (Bignoniacee). Junges Blatt mit entfaltetem Rankenabschnitt. Nach TROLL.

272

VI. Die Metamorphosen des Sprosses

der Blattstiel als Assimilationsorgan ausgebildet wird. Diese Gestaltung ist eine ausgesprochen xeromorphe, d. h. sie stellt eine Anpassung dar, die gegen Trockenheit schützt. Da der Blattstiel aus derberem Material besteht als die

I-J—r4 die sekundären Banken. II Querschnitt durch den Endabschnitt einer Ranke. Xylem der Leitbündel schwarz. Das periphere Kollenenchymgewebe ist durch Punktierung angedeutet. Nach T R O L L .

Spreite, vermag er der Dürre besser zu widerstehen. Derartige Blattstiele nennt man P h y l l o d i e n . Sie können noch stielartig rund sein oder aber im Zusammenhang mit ihrer Funktion eine spreitenähnlich flache Form annehmen.

273

1. Die Blüte

Am bekanntesten ist ihr Auftreten bei Acacia- und Oxalis-Arten (Abb. 354,355). Besonders klar sind Fälle, in welchen in der Jugend oder gelegentlich auch später noch gefiederte Spreiten auftreten, wie z. B. bei Acacia heterophylla oder Oxalis bupleurifolia. Dornartig spitze Phyllodien besitzt z. B. Acacia verticillata. VII. D e r B l ü t e n s p r o ß 1. Die Blüte Blüten sind Sprosse mit Blattorganen, die der Fortpflanzung dienen. Sie bestehen aus einer unverzweigten Achse, deren Internodien so stark gestaucht sind, daß die Blattorgane oft fast auf gleicher Höhe zu entspringen scheinen. Die phylogenetische Entwicklung der Angiospermenblüte läßt sich noch heute durch Vergleich mit den entsprechenden Einrichtungen mancher ' Pteridophyten und Gymnospermen klar erkennen. Der Gegenstand kann hier n u r in grundsätzlicher Weise behandelt werden ; Einzelheiten gehören zur Systematik. Abb. 354. Oxalis ruscifolia, Phyllodienbildung. Das rechte Blatt hat eine dreiteilige Blattspreite, bei dem linken sind die drei Teilblättchen frühzeitig verkümmert u. abgetanen. Nach GOEBEL.

18

An den Enden der beblätterten Achsen von Lycopodiaceen (Bärlappgewächsen) befindet sich eine kurze Zone, welche mit abweichenden Blättern besetzt ist, die

Abb. 355. Acacia melanoxylon, junge Pflanze. a doppelt gefiedertes Blatt, c Phyllodien, b Übergangsblatt. Nach FRANK.. v. G u t t e n b e r g , Lehrbuch der allgemeinen Botanik

Abb. 356. Selaginella selaginoides, Längsschnitt durch einen Sporophyllstand; l Ligula, unten (M) Makrosporangien.oben (m) Mikrosporangien. Nach WETTSTEIN.

274

VII. Der Blütensproß

in ihrer Achsel Sporangien (vgl. S. 354) tragen (Abb. 356). Diese Blätter heißen S p o r o p h y l l e , ihre Gesamtheit ist ein S p o r o p h y l l s t a n d . Ein solcher ist auch das spindelförmige Gebilde am Ende der Schachtelhalmsprosse. Die Sporophylle sind hier schildförmig gestaltet. Ganz ähnlich sehen sie manchmal bei K o n i f e r e n aus, so z. B. im männlichen Sporophyllstand der Eibe (Abb. 357), der ebensogut schon als Blüte bezeichnet werden kann. In diesem Falle handelt es sich um eine m ä n n l i c h e B l ü t e . Die Koniferen besitzen nämlich, worüber später noch Näheres berichtet werden wird (S. 359), männliche und weibliche Blüten, d. h. solche, die nur Pollen und andere, die nur Samenanlagen erzeugen. Diese finden sich Abb. 358. Schematische Darstellung des Blütenim weiblichen Zapfen, aulbaues. A Achse mit Blütenboden, K Kelchder indessen keine blätter, Bl Blumenblätter, St Staubgefäße, E Fruchtknoten, G Griffel, N Narbe. Aul der Vordereinfache Blüte, vielseite sind 1 Staubblatt, 2 Blumenblätter und mehr ein Blütenstand Abb. 357. Taxus bocca- 1 Kelchblatt weggeschnitten. Die Blute ist also ist. Die Zapfenschup- ta, männliche Blüte. pentamer und tetracyklisch (haplostemon). Frei Nach R I C H A R D . nach S C H M E I L . pen besitzen außen eine Deckschuppe als Seitenorgan der zentralen Achse. Mit jeder Deckschuppe ist eine Fruchtschuppe kongenital verwachsen, die man als das einzige Blatt eines abortierten Achselsprosses auffaßt. Sie trägt basal zwei Samenanlagen, die Makrosporangien homolog sind (vgl. S. 359).

KJ * Abb. 359. Ngmphaea

dentata hybrida.

Ubergänge zwischen Staubblättern (links) und Blumenblättern (rechts). Nach T K O L L .

1. Die Blüte

275

Die vollkommene A n g i o s p e r m e n b l ü t e ist komplizierter gebaut. Sie enthält nämlich nicht nur Blattorgane, die unmittelbar der Fortpflanzung dienen, sondern auch eine Blütenhülle (ein P e r i a n t h ) , deren Blätter teils als Schauapparat Insekten anlocken, teils einen Knospenschutz darstellen. Eine solche Blüte setzt sich also aus dem grünen Kelch (Calyx), der buntgefärbten K o r o l l e , den S t a u b b l ä t t e r n (Androezeum) und den F r u c h t b l ä t t e r n (Gynaezeum) zusammen (Abb. 358). Die beiden letztgenannten sind den früher erwähnten Sporophyllen zweifellos homolog. Daß es Blattorgane sind, lehrt nicht nur die Entwicklungsgeschichte, sondern auch die Tatsache, daß häufig spontan, durch Kultur oder auch bei Pilzbefall usw. Übergangsbildungen auftreten. Solche gibt es z. B. bei Ranunculaceen und Nymphaeaceen zwischen Hochblättern und Korolle einerseits, dieser und Staubblättern andererseits (Abb. 559), auch sei an die „gefüllten" Blüten erinnert, die ihre Gestaltung solchen Übergängen verdanken.

Abb. 360. Diagramme zur Darstellung der Anordnung des Androezeums. A diplostemon, B obdiplostemon, C haplostemon, D Ranunculus acer, Diagramm der spiralig gebauten Blüte. Nach GIESENHAGEN.

Der Bau der Angiospermenblüte ist von größter Mannigfaltigkeit. W a s die Stellung der Blattorgane betrifft, so ist auch sie teils spiralig, teils wirtelig. Die Spiralstellung wird oft durch Kürze der Internodien bis zur Unkenntlichkeit unterdrückt. So ist bei Ranunculus eine spiralige Anordnung in der Blütenhülle und bei den Staubblättern nicht m e h r wahrzunehmen, dagegen sind die Fruchtblätter noch deutlich spiralig gestellt. Bei dem nächstverwandten Eisenhut oder bei der Trollblume sitzen aber auch diese scheinbar wirtelig nebeneinander. Bei echt wirteliger Stellung treten meist fünf Blütenkreise ( Z y k l e n ) auf: ein Kreis von Kelchblättern ( S e p a l a ) , einer von Blütenblättern ( P e t a l a ) , zwei von Staubblättern ( S t a m i n a , Diplostemonie) und einer von Fruchtblättern ( C a r p e l l e ) . Dabei herrscht zwischen den Kreisen meist Alternanz. Stehen Glieder übereinander, so nennt man sie superponiert, bei Staubblättern obdiplostemon (Abb. 360).

Ein Perianth, dessen Blätter alle gleich sind, heißt P e r i g o n . Besteht dieses aus zwei Kreisen, so ist der Kelchkreis meist petaloid, d. h. den Petalen ähnlich gestaltet. Seltener ist die Korolle sepaloid, also kelchblattartig. Die S t a u b b l ä t t e r (Stamina) gliedern sich in Filament und Anthere, die. ihrerseits zwei Theken und ein diese verbindendes Konnektiv besitzt (Abb. 361). Die F r u c h t b l ä t t e r (Carpelle) sind in sich (apokarp) oder zu mehreren (synkarp) zu einem F r u c h t k n o t e n verwachsen. Dieser trägt stets eine dem Pollenempfang dienende N a r b e , die oft auf einem G r i f f e l sitzt. Der Fruchtknoten (Stempel, Pistill) ist als letzter Wirtel o b e r s t ä n d i g , das Perianth infolgedessen h y p o g y n , d. h. unter dem Fruchtknoten inseriert. Doch kann er auch mehr oder weniger in

276

VII. Der Blütensproß

eine becherförmige Achsenwucherung eingeschlossen werden. Diese hebt dann Perianth samt Androezeum empor, somit wird die Blüte e p i g y n , der Fruchtknoten u n t e r s t ä n d i g . M i t t e l s t ä n d i g heißt dieser, wenn die Achse ihn frei umhüllt (Abb. 362). Es können schließlich auch apokarpe Früchtchen zu vielen

^

k^» %

/WMf'v® ® ® » J m> irr 8® i s äußere Schicht), b die Innenrinde Pb (innere Schicht), c das Plerom (PI = Prokambium). Durch Wände parallel zur gewölbten Fläche erzeugt die Scheitelzelle die Kappen der Wurzelhaube. — Original.

parallel verläuft. Gegen den Wurzelkörper zu verlaufen die Teilungen ähnlich wie im Sproß, so daß auch hier ein Protoderm ( D e r m a t o g e n ) , ein Grundmeristem ( P e r i b l e m ) und ein zentrales Prokambium (Plerom) gebildet wird. Als innerste Schicht des Periblems tritt eine Endodermis auf, als äußerste des Pleroms eine Parenchymscheide, die ihrer Lage nach einem Perikambium entspricht. Die zurSpitze hin abgeschiedenen Zellen bauen die W u r z e l h a u b e (Kalyptra) auf.

286

VIII. Die Wurzel

Es geschieht dies dadurch, daß sie sich tangential strecken und radial (antiklin) teilen. So kommen übereinanderliegende Kappen zustande, die so weit nach hinten reichen, daß sie das zarte Zentrum des Vegetationspunktes schützend umhüllen. Den Wurzeln der A n t h o p h y t e n fehlt zwar die auffällige Scheitelzelle der Pteridophyten, doch ist auch bei ihnen ein Bildungszentrum vorhanden, das an gleicher Stelle liegt. Manchmal wird dieses von einer einzigen großen Zelle eingenommen, die dann auch hier eine S c h e i t e l z e l l e darstellt. Sie liefert nämlich durch verschieden gerichtete Teilungen alle die Wurzel aufbauenden Histogene und regeneriert sich dauernd, indem nach der Teilung der eine Abkömmüng an Stelle der alten Scheitelzelle tritt. Eine andere Möglichkeit besteht darin, daß zwei oder mehr Zellen so aneinanderstoßen, daß ihre gemeinsamen Wände sich im Zentrum treffen. Im einzelnen sind folgende Typen zu beobachten. Der Gymnosperment y p u s (Abb. 379) ist dadurch gekennzeichnet, daß an der Wurzelspitze nur P i e r om und P e r i b l e m zu unterscheiden sind. Die Entwicklung geht von einer zentralen Zelle oder Zellgruppe aus, die seitlich und bevorzugt in der Längsrichtung Abb. 379. Pinus edulis. Längsschnitt durch die Wurzelspitze des Abkömmlinge liefert. Die Embryos im reifen Samen. Im Entwicklungszentrum sind die ZellTeilungsfolge ergibt sich aus kerne eingezeichnet. Die mittelste Zelle dieses Komplexes teilt sich nach allen Richtungen und liefert mit ihren Abkömmlingen nach der Abbildung. Besonders oben das Plerom, dessen Zellen sich bevorzugt parallel zur Wurzelcharakteristisch ist, daß die achse teilen. Von den spitzenwärts abgeschiedenen Zellen teilen sich die mittleren Reihen nur mehr quer zur Achse, wodurch eine KoWurzelhaube in unmittelbarer lumella entsteht. Seitlich erfolgen neben sehr vielen Querteilungen Verbindung mit dem Wurzelauf Aufspaltungen zur Wurzelspitze hin (antiklin). Daraus ergeben sich die seitlichen Teile der Wurzelhaube, die sich rückwärts in das körper steht. Ihre äußersten Periblem fortsetzen. Ein besonderes Dermatogen fehlt, es entsteht Zellen sterben laufend ab und später weiter rückwärts aus den äußersten erhalten bleibenden Zellen der Wurzelhaube. Nach CHAMBERLAIN mit neuer Bewerden durch neue ersetzt. Dies schreibung. hat zur Folge, daß das Dermatogen sich nicht aus einer geschlossenen Zellschale aufbaut, sondern sich bei seinem Heraustreten aus der Kalyptra aus den jeweils frei werdenden Randzellen ergänzt. Bei den D i k o t y l e d o n e n (Abb. 380, 381) gelingt es nicht selten, eine zentrale Scheitelzelle nachzuweisen. Diese liefert durch tangentiale (perikline) Streckung seitliche Abkömmlinge und durch longitudinales Wachstum Zellen, die in der Achsenrichtung liegen. Der ziemlich komplizierte Entwicklungsgang wird durch die Abbildungen und das Schema erläutert (Abb. 382). Die zentrale Zelle umgibt sich hufeisenartig mit einem Kranz von Zellen, die die Initialen der Histogene darstellen. Gegen die Wurzelspitze zu wird als zentraler Teil der Haube eine

2. Der Vegetationspunkt der Wurzel

Zellxeihe gebildet, die sich auch in heißt. Die seitlichen Reihen der Ha

Abb. 380. Brassica Napus, medianer Längsschnitt durch die Wurzelspitze des Keimlings, d Dermatosen, c Kalyptra, Pbl Peribleminitialen, PI Plerominitialen. Nach KNY.

287

irere aufspalten kann und K o l u m e l l a bestehen aus radial angeordneten Zellkomplexen, deren oberste Zellen eine geschlossene Schicht bilden. Da die äußersten Zellen der Haube allmählich abgeworfen werden, tritt die genannte Schicht in einer gewissen Entfernung von der Wurzelspitze als D e r m a t o g e n frei hervor (Abb. 380). Der größte T e i l

Abb. 382. Mögliches Schema der Teilungsvorgänge in einem Quadranten einer Wurzelspitze von Dikotyledonen. Die Scheitelzelle s bildet in sukzessiven Teilungsschritten (a—g) die Histogene. D Dermokalyptrogen.Ph Periblem.Pi Plerom.-Ko Kolumella. Original.

der Haube ist also ein Produkt des Dermatogens. Das darunter liegende Histogen ist das P e r i b l e m . I m Scheitelpunkt ist es oft nur eine Zellenlage hoch. Die Abkömmlinge dieser mittelsten Initialen verlaufen etwa parallel zum Dermatogen. Da sie sich weiter rückwärts tangential spalten, entsteht ein System perikliner Kurven. Diese werden in der Nähe des Scheitelpunktes durch dazu senkrechte antikline gekreuzt, die den Grenzen der radial verlaufenden Zellpakete entsprechen und sich in der Haube fortsetzen. So entsteht ein Bild, das dem zweier sich Abb. 381. Helianthus annuns. Bildungsmittelpunkt der Wurkreuzender konfokaler Parabeln zelspitze. Die zentrale Zelle in Teilung. D Dermatogen, Pk Periähnelt. Zuoberst kann die Scheitelkambium. Original. zelle auch die Initialen des P l e r o m s liefern, in anderen Fällen sind diese anscheinend selbständig. Erfolgt die Entwicklung bevorzugt in der Längsrichtung (Longitudinalmeristem), so liegen die Verhältnisse klar. Kommt es aber zu sehr reicher Entwicklung in der Breite

288

VIII. Die Wurzel

(Transversalmeristem), so ist der Bildungsmittelpunkt schwerer zu erkennen, und es entsteht eine breite Mittelzone, die vom Plerom bis in die Haube reicht (z. B. bei Lupinus). Bei den Monokotyledonen sind zwei Typen (Abb. 383,384) zu unterscheiden.

Abb. 383. Hyacinthus orientalis. Medianer Mikrotom-Längsschnitt durch die Spitze einer Beiwurzel, d Dermatogen, du d, dessen Initialen, pl Plerominitiale, pe Peribleminitialen, ki Kalyptrogeninitialen, die die Kolumella bilden, pc Perikambium, e Endoderms, g Gefäßinitialen, i Interzellularen. Original.

Der eine ist dem der Dikotyledonen ähnlich, doch unterscheidet er sich in einem wichtigen Punkt. Während bei diesen, wie beschrieben, das Dermatogen der innersten Haubenlage entspricht, erfolgt bei den Monokotyledonen die Haubenentwicklung selbständig. Im Bildungsmittelpunkt herrschen ähnliche Verhältnisse wie früher. Das Dermatogen hat aber mit der Haube nichts zu tun, es teilt sich

3. Die Anlage der Seitenwurzeln, Beiwurzeln und Wurzelsprosse

289

nicht mehr periklin, vielmehr werden seine Elemente unter nur antikliner Teilung rückwärts abgeschoben. Die Haubenteilungen erfolgen erst in der nächstäußeren Zellenlage, die man nach ihrer Aufgabe als K a l y p t r o g e n bezeichnen kann. Der zweite Typus kann zufolge seines Vorkommens bei Gräsern (aber auch Cyperaceen und Juncaceen) G r a m i n e e n t y p u s (Abb. 384) genannt werden. Hier ist die Kalyptra gänzlich vom Wurzelkörper getrennt, sie besitzt ein geschlossenes Kalyptrogen. Periblem und Dermatogen haben zusammen eine einzige Scheitelzelle, über der Plerominitialen liegen. Die Bildungsprodukte der Histogene werden später besprochen werden. Hier sei nur noch bemerkt, daß die Streckungszone der Wurzel eine viel kürzere ist als die des Sprosses, was sich daraus erklärt, daß beim Vordringen in den Erdboden eine längere solche Zone stören würde.

Abb. 384. Seeale cereale. Axiler Längsschnitt durch die Wurzelspitze. pl Plerom, per Periblem, d Dermatogen, das mit dem Abb. 385. Equisetum scirpoides, Querschnitt Periblem aus einer gemeinsamen Initiale unterhalb des Pleroms durch die Wurzel mit Initiale einer Seitenentsteht; anschließend das Kalyptrogen mit der Wurzelhaube. wurzel W. E Endodermis, Pc Perikambium. Nach JOHNSON. Vereinfacht nach K N Y .

3. Die Anlage

der Seitenwurzeln,

Beiwurzeln

und

Wurzelsprosse

Als S e i t e n w u r z e l n bezeichnen wir laterale Auszweigungen der Hauptwurzel; sie können die Verzweigung in gleicher Weise fortsetzen. B e i w u r z e l n entstehen aus Sproßachsen, viel seltener aus Blättern. Der Anlageort der Seitenwurzeln ist bei den P t e r i d o p h y t e n die Mutterschicht der E n d o d e r m i s (Abb. 197, S. 176), nur bei Equisetum. (Abb. 385) der innere Abkömmling dieser Zellenlage. Durch passende Teilungsschritte entsteht bald eine Scheitelzelle, die sich wie die der Hauptwurzel verhält. Bei allen A n t h o p h y t e n hegt der Ursprung der Seitenwurzeln im P e r i k a m b i u m , also der äußersten Schicht des Zentralzylinders. Die Entwicklung sei an einem Beispiel für Dikotyledonen er19 v. G u t t e n b e r g , Lehrbuch der allgemeinen Botanik

290

VIII. Die Wurzel

läutert (Abb. 386). Einige nebeneinanderliegende Perikambiumzellen strecken sich radial und teilen sich dann tangential. Die inneren Zellen geben dem Plerom den Ursprung, die äußeren teilen sich nochmals. Ihre oberen Abkömmlinge bilden Dermatogen und Haube, die unteren dasPeriblem. Die Endodermis der Mutterwurzel wird dabei entweder (wie stets die Rinde) gesprengt, oder sie wächst unter Teilungen mit, wobei eine weitere Kappe, die W u r z e l t a s c h e , gebildet wird, die meist nur von kurzer Lebensdauer ist. Bei den Monokotyledonen bildet die oberste der drei übereinanderliegenden Ausgangszellen nur die Wurzelhaube, deren Selbständigkeit also auch hierbei zum Ausdruck kommt. Das Dermatogen entsteht hier durch Abspaltung vom Periblem her. Wie man sieht, entstehen alle Seitenwurzeln e n d o g e n , im Gegensatz zu den exogenen Lateralbildungen des Sprosses. Sproßbürtige Beiw u r z e l n können bei den Anthophyten schon vom Hypokotyl aus ihren Ursprung nehmen, oder sie entstehen aus höheren Internodien, viel häufiger aber an den Knoten (Abb. 375, S. 285). Wieder ist hier das P e r i k a m b i u m der normale BilAbb. 386. Entstehung einer Seitenwurzel bei Dikotyledonen, schemadungsort, und es ließ sich zeigen, tisch dargestellt. B Kindenparenchym, E Endodermis, Pk Pcrikamdaß Sprosse, die ein solches biumf T Trachee der Hauptwurzel, ta Wurzeltasche, h Wurzelhaube, d Dermatogen, pb Periblem, pl Plerom der Seitenwurzel. Original. unter einer typischen Endodermis besitzen, besonders zur Bildung von Beiwurzeln neigen, wie z. B. Wasserpflanzen und die Rhizome der Landpflanzen. Die Entwicklung gleicht im ganzen der der Seitenwurzeln, und zwar bei allen Gruppen. In einigen Fällen werden aber Beiwurzeln e x o g e n angelegt, so z. B. bei einigen Cruciferen (Cardamine, Nasturtium), wo sie zu mehreren in einem Bogen um den Achselsproß entstehen. Bei Seerosen treten sie am Blattgrunde aus. Hier und bei einigen Parasiten und Saprophyten entstehen die Beiwurzeln n i e s o g e n , d. h. aus äußeren Rindenschichten.

291

4. Die Verzweigung der Wurzel

Viele Wurzeln vermögen Sprosse zu produzieren. Auch diese entstehen meist aus dem Perikambium, manchmal auch aus dem Rindenparenchym, also mesogen, w i e z . B . b e i Aristolochia.

R

An schon verholzten Wurzeln sind tiefere Schichten (Phellogen, K a m b i u m u. a.) der Ursprungsort. A m auffälligsten verhalten sich einige Orchideen, so z. B . die Nestwurz (Neottia Nidus avis, A b b . 387), bei denen sich die Wurzelspitze unm i t t e l b a r in eine Sproßspitze verwandeln kann. Die Fähigkeit zur Bildung von Wurzelsprossen kann bei manchen Pflanzen dazu führen, daß sie außerordentlich rasch eine größere Bodenfläche bedecken wie z . B . Euphorbia Cyparissias, Hippophae rhamnoides und Jristolochia Clematitis (Abb. 388).

4. Die

Abb. 387. Neottia Nidus avis. Wurzelsprossung in Längsschnitten durch die Wurzelspitze. I Wurzelspitze mit Haube (Wh). I I , III Wurzelspitzen mit jungen Wurzelsprossen. B erste Blätter. IV, V Scheitelregion der Wurzelsprosse in II und I I I . Nach TROLL.

Verzweigung

der

Wurzel

Die Wurzelverzweigung erfolgt ausschließlich razemös in unregelmäßiger akropetaler Folge. Die Lage der Seitenwurzeln ist vom Gefäßbündelbau abhängig, T da eine deutliche Beziehung zwischen (YV; ^W'A^^' d e r Wurzelanlage und den Hadromen J^JM^^FA besteht. Häufig entstehen die SeitenvH^i'1 u^.J &> iiv\\vTVf/K ^IP7 >\fk yt'W^'^iVn wurzeln genau über den Hadromstrahlen (vgl. S. 149). Somit stehen sie in Orthostichen, deren Zahl von der der Hadromstrahlen abhängt (Haplostichie). Treten sie zu beiden Seiten dieser Strahlen auf, so verdoppelt sich ihre Anzahl, und der Divergenzwinkel oder die Deviation ist zwischen diesen Paaren kleiner als zwischen den Strahlen (Diplostichie). Seltener rücken die Paare über den Leptomen zusammen, sobeidenUmbelliferen, ^^Ls^iSnÄil^^^^K^A^T^ da hier Ölgänge über den Hadromen hegen. Das Ausmaß der Verzweigungen ' ^ ^ Ä m I J / W ? 1 ^ ist ein sehr verschiedenes. Homorrhize Abb. 388. Hippophae rhamnoides, WurzelsprosWurzeln können, , wie erwähnt, ganz sung. Die: Wurzelsprosse gehöret, ausschließlich der unverzweigt bleiben (so Z . B . manche Oberseite an. Nach WAEMING.

v

Zwiebelwurzeln), allorrhize zeigen die stärkste Verzweigung. Die letzten Auszweigungen, meist Saugwürzelchen genannt, sind äußerst zart und oft vereinfacht gebaut.

292

VIII. Die Wurzel

5. Die Anatomie der

Wurzel

Die Wurzel ist r a d i ä r gebaut, d o r s i v e n t r a l e Wurzeln sind sehr selten (epiphytische Orchideen, Podostemonaceen, vgl. S. 501). Hier ist wieder nur die Anordnung der schon früher besprochenen Gewebe zu schildern (Abb. 389,390). Zuäußerst tritt eine durchlässige, meist mit Wurzelhaaren versehene R h i z o d e r m i s auf, die in der Regel von kurzer Lebensdauer ist. Auf sie folgt eine geschlossene E x o d e r m i s , die besonders bei Xerophyten und Epiphyten Durchlaßzellen besitzt (Kurzzellenexodermis). Das R i n d e n p a r e n c h y m schließt stets mit einer E n d o d e r m i s ab, auf die das meist einschichtige P e r i k a m b i u m folgt. Dieses fehlt in typischer Form den Pteridophyten; es stellt die äußerste Schicht des

Abb. 389. Commelina sp. (trop. Commelinacee), Querschnitt durch die Wurzel, e Rhizodermis, ex Exodermis, c Rindenparenchym, en Endodermis mit Durchlaßzellen pa, pe Perikambium, ph Leptom, x Hadrom, in der Mitte Mark. Nach W. H. BROWN.

Z e n t r a l z y l i n d e r s dar. Als solcher erscheint ein radiales Leitbündel, das noch ein, manchmal aus stab- oder faserförmigen mechanischen Zellen bestehendes, Mark einschließen kann. Alle Gruppen der Kormophyten zeigen einen weitgehend übereinstimmenden primären Wurzelbau, der deutliche Beziehungen zu den Wurzelfunktionen zeigt. So bildet der früher geschilderte Ansatz der Seitenwurzeln die beste Möglichkeit der Verbindung der Leitungsbahnen; die Hadromstrahlen stehen unter den Durchlaßzellen der Endodermis, was den radialen Wassertransport erleichtert.

Die zentrale Anordnung mechanischer Fasern ist für die Wurzeln die vorteilhafteste, da diese bei der Verbiegung des Stammes wie ein verankertes T a u auf Z u g beansprucht wird. Die Wurzeln der Dikotyledonen erfahren bald eine weitere Festigung durch die Ausbildung eines Holzkörpers; im primären Stadium

5. Die Anatomie der Wurzel

293

sind sie daher nur wenig verstärkt. Dagegen können die Wurzeln der Monokotyledonen, denen ein solches Dickenwachstum fehlt, zu ihrer Festigung erhebliche Mengen sklerenchymatischer Elemente ausbilden. So wird bei ihnen sehr häufig die Endodermis tertiär verdickt (Abb. 93, S. 91). Sie dient nicht nur der Zugfestigkeit, sondern auch zum Ausgleich von Spannungen, die sich zwischen Zentralzylinder und Rinde ergeben können. Manchmal treten auch sklerenchymatische Exodermen und Rindenparenchymschichten auf, so bei Gramineen und Palmen. Auch wird oft das Verbindungsgewebe des Gefäßbündels weitgehend

Abb. S90. Phaseolus radialus, Querschnitt durch die tetrarche Wurzel zu Beginn des Dickenwachstums, e Rhizoderrnis, c Bindenparenchym, en Endodermis, p Perikambium, ca Kambium, ph Leptomstreifen, px die vier Protohadromstrahlen, mx Metahadrom. Nach W. H. BROWN.

skierotisiert (Abb. 168, S. 150). Unter den Dikotyledonen besitzen nur die Leguminosen Bastbeläge vor den Leptomstreifen. E x k r e t b e h ä l t e r sind in der Wurzel seltener als im Sproß. Bemerkenswert ist das Auftreten von schizogenen Ölgängen bei den Kompositen aus der Unterfamilie der Tubifloren (Abb. 127, S. 112), während die Ligulifloren Milchsaftröhren im Perikambium besitzen. B e i Campanulaceen, Papaveraceen u. a. (Abb. 151, S. 116) gibt es Milchröhren im Leptom, bei den Umbelliferen, Araliaceen u. a. Ölgänge im Perikambium über den Leptomstreifen. Einige Spezialfälle des Wurzelbaues werden später noch näher zu beschreiben sein (S. 297). Hier sei nur noch kurz das Verhalten der k o n t r a k t i l e n W u r z e l n beschrieben (Abb. 376, S. 2 8 4 ) . Diese haben, wie schon früher erwähnt, die Aufgabe, Bhizome, Zwiebeln usw. immer wieder in eine für die Art charakteristische Tiefe des Erdbodens zurückzuziehen. Die Kontraktion vollzieht sich im inneren Bindenparenchym, dessen Zellen sich stark radial strecken, wobei sie niedriger werden. Die übrigen Gewebe werden dabei passiv verkürzt, die Oberfläche erscheint dadurch gerunzelt.

294

V I I I . Die Wurzel

Die W u r z e l h a u b e zeichnet sich durch rasche Fertigstellung ihrer Elemente aus. Die jeweils außen liegenden Zellen lösen sich dabei unter Verschleimung ihrer Mittellamelle ab, wodurch das Gleiten im Boden erleichtert wird. In seltenen Fällen bilden sie harte Bohrspitzen. 6. Der Ubergang des Wurzelbündels in das Hypokotyl D e r Übergang des radiären Bündels der Wurzel zu dem Ring kollateraler Bündel i m Hypokotyl vollzieht sich teils in diesem, teils schon im Wurzelhals. Es wurden verschiedene Typen des Überganges beobachtet, von denen hier nur ein einfacher, wie er sich z. B . beim Kürbis H

i

^

M

-A^

M

ein deutliches Mark (M) darstellt. Die Anzahl der großen Tracheen hat zugenommen, sie rücken unter die Leptome (L). 5 Die vier Hadromstrahlen Bpalten sich längs, wodurch die Bildung der Markstrahlen eingeleitet wird. 6 Der kollaterale Bündeltyp ist fertiggestellt. Im weiteren Verlauf wenden sich die seitlichen Elemente des Protohadroms (kleine Kreise) dem Mark zu, bis sie schließlich zuinnerst liegen, während sie in der Wurzel zuäußerst auftraten. Original, frei nach Mikrophotogrammen von WHITING für Cucurbita maxima, inneres Leptom weggelassen. findet, kurz beschrieben sei. Vorausgeschickt muß werden, daJ3 jede Wurzel exarch ist, d. h. daß sich ihre Protohadromprimanen zuäußerst finden, während der Bündelring endarche Anordnung zeigt, da bei ihm die genannten Primanen an das Mark grenzen. Die Keimwurzel des Kürbisses ist tetrarch; da, wo sich die vier Hadromstrahlen in der M i t t e treffen, liegen zwei große Tüpfelgefäße (Abb. 391). Zu Beginn des Überganges tritt zwischen diesen beiden ein medianer Spalt in der Richtung eines der gegenüberliegenden Strahlenpaare auf. D e r Spalt ist der Beginn des Markes, d. h. er ist von parenchymatischen Zellen erfüllt. Höher oben vermehren sich die Tüpfelgefäße. Diese zentrale Gruppe wird jetzt auch senkrecht zu dem ersten Spalt geteilt, so daß das Mark viereckig wird und von vier Gruppen solcher großen Röhren eingefaßt ist. Sie liegen nunmehr den unveränderten vier Leptombändem innen an. Von den Ecken dieses Quadrates aus wird jetzt jeder Hadromstrahl gespalten; damit sind vier getrennte Hadromgruppen entstanden. Die Spaltstücke rücken im weiteren Verlauf auch unter die Leptombänder, wobei das Mark i m m e r dicker wird. Schließlich sind so vier Bündel entstanden, die außen aus den unveränderten Leptomen bestehen, während innen unter jedem Band in der Mitte die großen Tüpfelgefäße, darunter die Spaltstücke der Protohadromstrahlen liegen.

7. Das sekundäre Dickenwachstum der Wurzel

295

7. Das sekundäre Dickenwachstum der Wurzel In der Wurzel muß die Bildung des Kambiumringes notwendigerweise anders verlaufen als in Sprossen, da ja der primäre Bau ein ganz abweichender ist. Das

Abb. 392. Vicia faba. A Schematische Darstellung dea Querschnittes durch das Gefäßbündel der Hauptwurzel nach Beginn des Dickenwachstums; g—g Gefäßplatten, b—b die vor dem Leptom gelegenen Bastbündel, n—u Verdickungsrlng, p Ferikambium, s Schutzscheide. Der Ausschnitt x ist In B stärker vergrößert dargestellt; Bedeutung der Buchstaben wie vorher. Nach HABERLANDT.

Kambium liegt hier zwischen den Leptomstreifen, ist also zunächst unterbrochen (Abb. 392, 390). Die Perikambiumzellen geschaffen, die

Hadromplatten und den über den erstgenannten Verbindung wird durch über den Hadromreihen

Abb. 393. Phaseolus radiatus, Querschnitt durch ein Wurzelbündel, das etwas älter ist als das der Abb. 390. e Endodermis, p Ferikambium, p/i Leptom, an das außen Bastzellen anschließen, ca Kambium, p x die primären Hadromstrahlen, sx das sekundäre Hadrom. Nach W. H. BROWN.

Abb. 394. Parkia africana(Leguminose), Querschnitt durch eine Bretterwurzel, ungefähr ' / n der natürlichen Größe. Nach HABERLANDT.

296

VIII. Die Wurzel

liegen. Zu Beginn der sekundären Verdickung teilen sich die genannten Zellen des Verbindungsgewebes tangential, so daß auch hier ein geschlossenes Kambium auftritt. Es besitzt zunächst Einbuchtungen, da es einerseits die Leptome innen umfaßt, H andererseits die Hadrome außen überbrückt. Dieser Zustand dauert indessen nicht lange. Die Kambiumzellen, die zuinnerst unter den Leptomen liegen, produziemSMe ren rasch Hadromele/ i ' mente, welche den Raum ggllr< mm&gw zwischen den Hadromstrahlen füllen und die Abb. 395. Querschnitt durch eine Zuckerrübe. Wurzel mit abnormem Dickennach wachstum ; man sieht 4 konzentrische Kambia, die nach innen Holz (Tra- Leptomstreifen cheen), nach außen Bast (Siebröhren) und jedesmal viel Parenchym bilden. außen drängen. Da wähVergr. dreißigmal. Nach WENT. rend dieser Zeit die verbindenden perikambialen Zellen noch nicht tätig sind, kommt es in kurzer Zeit auch hier zur Bildung eines Ringes kambialer Zellen (Abb. 593).

BEB

m&m

Das Holz der Wurzeln zeigt im allgemeinen keinen deutlichen Jahresring. Eine auffällige exzentrische Schichtung findet sich aber bei den sogenannten Bretterwurzeln, wie sie viele Tropenbäume am Stammgrunde besitzen (Abb. 394, Tafel 6). Diese Wurzeln breiten sich über eine Strecke horizontal aus. Durch starke Förderung der Oberseite (Epitonie) entsteht hier reichlich Holz, wodurch die Wurzeln breiten Brettern ähnlich werden. Sie können am Stammgrund in mehr als Manneshöhe hochragen, wodurch große Nischen entstehen. Es leuchtet ein, daß diese Einrichtung ein Umkippen der sehr hohen Stämme verhindert.

Wie wir früher hörten (S. 209), besitzen einige Familien der Dikotyledonen (z. B. Chenopodiaceen und Amaranthaceen) die Eigentümlichkeit, mehrere Kambiumringe zu bilden. Wurzeln solcher Pflanzen werden oft rübenartig, so bei der Runkelrübe Beta vulgaris. Bei dieser finden sich Ringzonen, von denen die erste aus dem Perikam, . ,. . . i n bium, die spateren sukzessive aus neugebildeten

^ 'VX^A ~i \ i \ ' Abb. 396. stärker vergrößerter Abschnitt ans Abb. 395: x Hadrom, c Cambium. J^JJ WENT.

8. Die Metamorphosen der Wurxel

297

sekundären Leptomzonen entstehen (Abb. 395). Jeder Ring besitzt ein Kambium, das nach außen Leptomelemente, nach innen solche des Hadroms abscheidet. Dabei herrscht aber die Bildung stoffspeichernden Parenchyms weitaus vor. Wasserleitungsbahnen können mehr oder minder geschlossen oder vereinzelt in gefäßbündelartigen Gruppen auftreten (Abb. 396). Bei den baumförmigen Monokotyledonen geht die sekundäre Verdickung der Wurzeln teils vom Perikambium, teils von den innersten Rindenlagen aus. 8. Die Metamorphosen der Wurzel Auch Wurzeln können Sonderaufgaben übernehmen und dabei M e t a m o r p h o s e n erfahren. Besonders auffällig werden diese ein Epiphyten, da hier die Wurzeln ihrem gewöhnlichen Milieu, dem Boden, entzogen sind. Über sie wird in einem besonderen Abschnitt berichtet (S. 315). Hier sei nur bemerkt, daß die Epiphyten sich fast alle mit ihren Wurzeln an Stämmen oder Ästen befestigen (Kletterwurzeln), daß diese Wurzeln in einigen Fällen auch Chlorophyll enthalten und dann der Assimilation dienen. Im Boden ist die häufigste Metamorphose die Umbildung zu einem Speicherorgan, nur selten kommen Atemwurzeln zur Ausbildung. Höher am Stamm entspringende Beiwurzeln können zu Stützwurzeln des Stammes werden, in anderen Fällen entstehen Dornwurzeln. Sehr weitgehende Veränderungen erfahren die Wurzeln von Parasiten, die sich zu Saugorganen (Haustorien) umbilden; auch die Wurzeln der Saprophyten nehmen in vielen Dingen eine Sonderstellung ein, so daß auch über diese Formen in einem anderen Zusammenhange (S. 324ff.) berichtet werden wird. a) Speicher

irurxeln

S p e i c h e r w u r z e l n können aus der Primärwurzel oder aus Seiten- und Beiwurzeln hervorgehen. Im ersten Falle entstehen die unter dem Neimen R ü b e n bekannten Bildungen, die indessen fast immer zum größeren Teil aus sekundären Geweben bestehen. Nur aus primären Geweben bauen sich die W u r z e l k n o l l e n der Monokotyledonen (Ausnahmen Dioscorea-Arten) und die weniger Dikotyledonen auf. Von diesen sei als Beispiel die „Feigwurz" (Scharbockskraut, Ranunculus Ficaria, Abb. 397) beschrieben. Sie entwickelt kleine Knöllchen, die teils oberirdisch als Achselsprosse von Laubblättern, teils unterirdisch am Achsengrunde auftreten. In beiden Fällen sind sie axilläre Kurztriebe, an denen der Sproß zunächst nur einen unentwickelten Vegetationspunkt darstellt, während sich die dazugehörige Wurzel zu einem Knöllchen verdickt. Die oberirdischen Knöllchen fallen ab, ihr Vegetationspunkt wächst zu einem

Abb. 397. Ranunculus Ficaria. I Entstehung der Bulbillen (B) in den Achseln der Laubblätter und am Achsengrunde; N Nährwurzeln; ak alte Knolle; nk neue Knollen. II einzelne Bulbiilf Im Längsschnitt. A Abbruchstelle,, K Sproßknospe, W Wurzelknolle. Frei nach PETER aus TROLL.

298

VIII. Die Wurzel

Laubsproß aus, der sich homorrhiz bewurzelt. Von den unterirdischen Rnöllchen bildet nur das stärkste einen. Laubsproß, die übrigen führen diesem ihre Stoffe zu. Die Stoffspeicherung erfolgt in dem stark verbreiterten Rindenparenchym.

Abb. 398. I Orchis latifolius, Knollenbildung. Die alte Knolle liegt hinter der mit der Erneuerungsknospe (£) versehenen jungen Knollenwurzel. II Orchis Moria, Knollenbildung. Neben der vorjährigen, verschrumpfenden Knolle ist eine neue entstanden, die von mehreren unverdickten Nährwurzeln begleitet wird. Nach TROLL.

Ähnliche Verhältnisse herrschen bei der Bildung der Knollen unserer Erdorchideen (Ophrydeen) und von Aconitum Napellus. Bei Orchis, Ophrys und anderen Orchideen (Abb. 398) findet man an der blühenden Pflanze je zwei Knollen, über welchen derbe unverzweigte Beiwurzeln entspringen. Die eine (vorjährige) Knolle ist dunkler, geschrumpft und trägt den Blütensproß; die andere (diesjährige) findet sich seitlich in der Achsel eines häutigen Niederblattes und dient der Erneuerung im nächsten Jahr; es handelt sich bei ihr also um einen Achselsproß, dessen Vegetationspunkt zunächst unentwickelt bleibt, während die zugehörige Wurzel stark heranwächst. Diese kann kugelig oder eiförmig gestaltet oder auch handförmig gespalten sein. Die Knollen enthalten mehrere Gefäßbündel, vielleicht liegt kongenitale Verwachsung mehrerer Wurzelanlagen vor. In gleicher Weise entstehen und verhalten sich die rübenförmigen Knollen des Eisenhutes. Es gibt auch knollenförmige Wurzeln, Abb. 399. Dahlia sp., Wurzelknollen stark verdie nur der Stoffspeicherung und nicht kleinert. Nach SCHENK. auch der Vermehrung dienen, so beim Spargel, Aspliodelus, bei Dahlien (Abb. 399) und Dioscorea-Arten, wo sie zum Teil auch aus sekundären Geweben aufgebaut sind. b)

Stützumrzeln

S t ü t z w u r z e l n finden sich unter den monokotylen Pflanzen besonders bei Pandanus, bei Palmen und in kleinerem Maßstabe bei der Maispflanze. Trotzdem

8. Die Metamorphosen der Wurzel

299

sie mehrere Zentimeter dick werden können, sind sie, wie alle Monokotylenwurzeln, nur aus primärem Gewebe aufgebaut. Die mächtigen Stelzwurzeln mancher Mangrovebäume werden ausgiebig sekundär verdickt. Beim Mais (Abb. 375, S. 283) entspringen knapp über den untersten Knoten in großer Anzahl Beiwurzeln, die sich bogig abwärts wenden und erst nach dem Eindringen in den Boden verzweigen. Sie dienen als den Stamm verankernde Streben und werden über den höheren Internodien kräftiger. Bei der beträchtlichen Höhe der Pflanze kommt ihnen für deren Aufrechterhaltung die größte Bedeutung zu. Als biegungfeste Organe besitzen sie peripheren Bast. Ins Riesenhafte vergrößert sind die Stützwurzeln der Pandanus-Axten (Tafel 5) und einiger Palmen (z. B. Iriartea-Arten). Bei Pandanus wird die mechanische Verstärkung durch periphere Faserbündel, die sich auch zu einem Ring vereinigen können, bewirkt, das Gefäßbündel ist erweitert und enthält im Zentrum faserumkleidete Tracheengruppen. Die Stützwurzeln der Palmen besitzen einen peripheren Sklerenchymring und ein Gefäßbündel, das sich so zerklüftet, daß die Hadrome mit ihren verdickten und verholzten Parenchymscheiden eine Art Wellblechkonstruktion bilden. c) Wurzeldorncn

und

Nestzmirxeln

Zur V e r d o r n u n g von Wurzeln kommt es selten. So besitzt die Hypokotylknolle von Myrmecodia (vgl. S. 317) neben Befestigungswurzeln Dornen, die Beiwurzeln homolog sind. Ihre Härte erhalten diese durch Ausbildung eines Holzkörpers. Die Dornwurzeln am Stamme

>Rw

Abb. 400. Cymbidium Finlaysonianum (ind. trop. Orchidacee). Teil einer Befestigungawurzel, von der negativ geotrope Nestwurzeln ausgehen. Original. Nat. Größe.

Nw Abb. 401. Syngonium podophyllum (Aracee). Den Knoten entspringen thigmotrope Haftwurzeln (BW), die die Achse befestigen. Daneben wachsen positiv geotrope Nährwurzeln (NW) abwärts in den Boden. Blätter abgefallen. Um Zeichnung nach TROLL.

300

VIII. Die Wurzel

einiger Palmen (z. B. Acanthorrhiza aculeata) bestehen aus skierotisierten Fasern u n d Parenchymzellen, die Gefäßbündel sind rudimentär. Als N e s t w u r z e l n bezeichnet m a n ver dornte Seiten wurzeln, die bei manchen Orchideen (Grammatophy-llum,

Cymbidium

u. a.,

Abb.

400)

von den Befestigungswurzeln abzweigen, senkrecht nach oben wachsen und so ein humus sammelndes „ N e s t " bilden. Bei ihnen ist der ganze Zentralzylinder weitgehend verdickt u n d verholzt. Sie können seitlich ausgesprochene Dornen bilden. d) Haft-

und

Klettertcurseln

H a f t - u n d K l e t t e r w u r z e l n sind eine Besonderheit epiphytischer Pflanzen u n d einiger Lianen. Sie sind ageotrop, entstehen oft n u r auf der dem Substrat zuAbb. 402. Taeniophyllam Hasseliii (ind. trop. Orchidacee). Der Vegetationskörper besteht n u r aus grünen bandförmigen Wurzeln, die einer Baumrinde aufsitzen. In der Mitte entwickelte der Vegetationspunkt zwei im Bilde bereits fruchtende Blütenstände. Original. Nat. Gr.

Abb. 403. Ceylanidium olivaceum. I Gruppe von drei jungen Pflanzen. Die Primärsprosse sind an dem verlängerten, oben rosettig beblätterten Hypokotyl kenntlich. Den krustenförmigen Wurzeln entspringen vegetative Wurzelsprosse. II Teil einer jungen Pflanze mit Primärsproß (Ps) und Krustenwurzel. Diese bietet sich links in Unter- und rechts in Oberansicht dar. Ha Hapteren. Die Blütensprosse auf der Wurzeloberseite befinden sich noch in Entwicklung und tragen basal teilweise noch die verlängerten Laubblätter. III Alte Krustenwurzel mit Blütensprossen, die größtenteils schon zur Fruchtbildung gelangt sind. I und II nach W ARMIN G, III nach TULASNE aus TROLL.

8. Die Metamorphosen d e r W u r z e l

301

gekehrten Seite (Efeu) oder wenden sich dieser negativ phototropisch zu, worauf sie sich durch Wurzelhaare befestigen. Sie können sich aber auch gleich Ranken thigmotropisch der Unterlage anschmiegen u n d diese umschlingen. Solche Rankenwurzeln besitzen z. B. die Vanille und verschiedene Araceen (Abb. 401), bei welchen oft Heterorrhizie zu beobachten ist. Neben den Haftwurzeln wachsen andere positiv geotrop abwärts und werden durch ihr Eindringen in den Boden, wo sie sich reich verzweigen, zu Nährwurzeln. In solchen Fällen entspricht die Anatomie d u r c h a u s den verschiedenen Aufgaben. D i e langen, von den B ä u m e n herabhängenden dicken N ä h r w u r z e l n w e r d e n d u r c h p e r i p h e r e Sklerenchymmäntel biegungsfest und besitzen weite Leitungsbahnen; die dünneren H a f t wurzeln werden d u r c h eine sehr weitgehende S k l e r o s i e r u n g des Zentralzylinders zugfest. e)

AssimilatUmsumrseln

Sehr viele Wurzeln können, wenn sie ans Licht gelangen, ergrünen, indem ihre Leukoplasten Chlorophyll bilden. Bei einigen epiphytischen Orchideen ist diese Fähigkeit so weit gesteigert, daß die Wurzeln nicht unerheblich zur A s s i m i l a t i o n beitragen, bis schließlich einige Gattungen als einzigen Assimilationsapparat grüne Wurzeln besitzen. Als Ubergang zu diesen Formen können z. B. Arten der Gattung Phalaenopsis betrachtet werden. Die Wurzeln schmiegen sich hier als breite dorsiventrale Bänder der Unterlage an und bilden zur Befestigung Wurzelhaare aus. Das Rindenparenchym ist oberseits stark ent^g^j^SjjppR^g^Q^agg.. wickelt und chlorophyllreich. Bei der Gattung Taerdophyllum werden n u r solche Wurzeln gebildet, /sX^v^^A^^^j^y&jpitBjl^^jH^ bis die Pflanze schließlich einen ^ ^.^^-^^yc^^^^^^p^riSip^a kleinen, Schuppen tragenden Blütenstand entwickelt (Abb. 402). Ô ^ f è i ^ Î ^ Î ^ I , Da Wurzeln nie Spaltöffnungen ^ ^ M h B

Abb. 404. Dicraea slglosa. Junge Pflanze mit verzweigtem Wurzelthallus (Oberansicht). An den bandartigen Wurzeläaten je zwei Reihen von Wurzelknospen, x Anheftungsstelle, die zugleich den Ort bezeichnet, an dem ursprünglich der Primärsproß sich befand. Nach WILLIS aus TROLL.

Abb. 405. Cladopiis japonicus (Podostemonacee), junge Pflanzen mit verzweigten bandförmigen Wurzeln, die einen Stein überziehen. Nach einer Photographie von IMAMURA.

302

VIII. Die Wurzel

bilden, werden f ü r den Eintritt der Luftkohlensäure durch Auflösung oder Lockerung peripherer Zellen besondere Pneumathoden geschaffen. Noch auffälliger sind die Wurzeln einiger Podostemonaceen (Abb. 403—405, vgl. S. 235) als Assimilationsorgane entwickelt. So bilden z. B. Hydrobryum-, Ceylanidium- und Mourera-Krten gelappte, krustenartige, dorsiventrale Wurzeln aus, die an den überfluteten Felsen haften. Dicraea besitzt bandförmige HaftwurzeLn, die algenähnlich flutende, radiäre Seitenwurzeln Abb. 406. Sonneratia sp., (ind. trop.) Luftwurzelverzweigung, schematisiert. A—A älterer, B—B neuer Schlammhorizont. Aus einer horizontragen usw.. Die flachen talen Wurzel erhebt sich die Atemwurzel. R abgestorbene ältere Nährwurzeln, darüber die neuen. Nach T R O L L . Wurzeln sind zufolge ihrer Entwicklungsgeschichte und durch eine reduzierte Wurzelhaube noch als solche zu erkennen. Oberseits tritt ein an Palisaden erinnerndes Assimilationsgewebe auf. D i e Sprosse entstehen endogen meist an den Rändern.

n

J)

Atemumrgeln

Einer kurzen Schilderung bedürfen auch die auffälligen A t e m w u r z e l n der Mangrovepflanzen. Diese Sträucher und B ä u m e der Tropen wachsen an seichten Stellen der Meeresküste, besonders im Brackwasser der Flüsse, bis weit in das Meer hinein. Bei Ebbe ist ihr Standort wasserfrei, bei Abb. 407. Areca Calechu (Palme). Auf nassem Boden kriechende Wurzel, von der negativ geotrope Atemwurzeln ausgehen. Die kleinen KnötFlut stehen sie im Wasser. chen an diesen sind kurze, an der Spitze aufgeplatzte Seitenwurzeln Der Untergrund besteht nächster Ordnung, durch die die L u f t eintreten kann. Original. Nat. Gr. meist aus feinem Schlamm und ist nachweislich sehr arm an Sauerstoff. Dieses lebensnotwendige Gas wird dem unterirdischen Wurzelsystem durch besondere A t e m w u r z e l n zugeführt. Ihnen allen ist gemeinsam, daß sie sich über den Schlamm erheben u n d Einrichtungen zur L u f t a u f n a h m e besitzen. Sonneratia-Arten entwickeln i m Boden horizontal verlaufende Beiwurzeln, von

8. Die Metamorphosen der Wurzel

303

denen S e i t e n w u r z e l n ausgehen, die sich negativ geotropisch nach oben w e n d e n ; sie haben das Aussehen riesengroßer Spargel (Abb. 4 0 6 ) . Diese W u r z e l n bilden peripher d ü n n e K o r k h ä u t e , die aber i m oberen T e i l bald abblättern u n d der L u f t den Eintritt in das I n n e r e gestatten, das aus lockerem A e r e n c h y m besteht. Bei Avicennia-K.Tteri besitzen die A t e m w u r z e l n lentizellenartige Durchlaßstellen. Andere Mangrovepflanzen bilden „Wurzelkniee". Die junge Wurzel wächst erst nach oben, wendet sich dann aber wieder dem Boden zu, so daß knieförmige Gebilde über die Schlamm-

anr

Abb. 408. Jussieua repens. (siidam. Oenotheracee) 1 Sproßstück mit Atemwurzeln au). 2 Querschnitt durch eine Atemwurzel. Innen ein reduziertes Gefäßbündel, außen ein Aerenchym. 1 nat. Gr. Nach GOEBEL.

Oberfläche hervorragen. Sie sind bereits erheblich sekundär verdickt; ein peripheres Parenchym bildet außen Kork, der wieder große lentizellenähnliche Ausfuhrgänge besitzt (z. B. Bruguiera). Auch manche Palmen (so Metroxylon, die Sagopalme) besitzen kleinere Atemwurzeln, wenn sie in wasserreichem Boden wachsen. Als Pneumathoden dienen manchmal ganz kurze Seitenwurzeln, die ihre Haube abwerfen und sich an der Spitze auflösen (Areca Catechu [Abb. 407]). In anderen Fällen treten Unterbrechungen in der Exodermis auf. Einen besonderen Fall stellen die Atemwurzeln der krautigen Gattung Jussieua (Abb. 4 0 8 , 1 ) dar. Es handelt sich um schlauchähnliche Gebilde, die sich infolge ihres Luftgehaltes im Wasser erheben. Sie enthalten ein mächtiges radspeichenartiges Aerenchym, das vielleicht nur als Gasreservoir dient, da Ausfuhrgänge fehlen (Abb. 408,2).

304

IX. ökologische Pflanzen typen

IX. Ö k o l o g i s c h e P f l a n z e n t y p e n

1. Der Einfluß von Klima und

Standort

Als Ö k o l o g i e bezeichnet man die Lehre von der Anpassung einer Pflanze an ihre Umwelt. Gleiche Aufgaben und Bedürfnisse haben charakteristische, in sich einheitliche Pflanzentypen geschaffen, die man als ökologische bezeichnen kann. Bei ihnen treten nicht die Homologien, sondern die A n a l o g i e n in den Vordergrund und es ergeben sich oft typische Fälle von K o n v e r g e n z . Umwelt und Lebensweise bestimmen weitgehend den Gesamtcharaktor der Pflanzen. Von Umweltsfaktoren sind insbesondere der E i n f l u ß v o n K l i m a u n d S t a n d o r t von Bedeutung. Aber auch die G r u n d o r g a n i s a t i o n schafft schon verschiedene Pflanzentypeii, was sich besonders darin ausdrückt, daß es e i n j ä h r i g e K r ä u t e r , p e r e n n i e r e n d e S t a u d e n und H o l z g e w ä c h s e gibt. Die Kormophyten sind Landpflanzen, die sich im Laufe der Stammesgeschichte über nicht mehr nachweisbare Zwischenstufen aus einfachen grünen Wasserpflanzen entwickelt haben. Ihre heute im Wasser lebenden Vertreter haben sich sekundär dem Wasserleben wieder angepaßt, ebenso sind die nichtgrünen Formen das Ergebnis einer späteren Anpassung an parasitische oder saprophytische Lebensweise. Soll eine Landpflanze Bestand haben, so muß vor allem ihr Wasserhaushalt gesichert sein. Die Versorgung mit Wasser hängt weitgehend von k l i m a t i s c h e n und e d a p h i s c h e n (Boden-) Faktoren ab. Die günstigsten Bedingungen finden die Pflanzen in den feuchtwarmen T r o p e n g e b i e t e n ; hier sind Feuchtigkeit und Temperatur das ganze Jahr hindurch optimal, und die ungeheure Menge von Pflanzenarten dieser Gebiete gibt davon ein deutliches Zeugnis ab. Ein Tropenwald z. B. enthält oft mehrere hundert Baumarten, die Zahl der Orchideenarten geht in diesen Gebieten in viele Tausende. Das Vorherrschen der Wälder hat zu einer starken Unterdrückung kleinerer Formen, insbesondere der Annuellen, geführt, da der tiefe Urwaldschatten eine ausreichende Lichtzufuhr nicht gestattet. Stauden konnten durch epiphytische Lebensweise zu ausreichendem Lichtgenuß gelangen. Nur da, wo in der Höhe oder auf sterilem Boden der Wald zurücktritt, setzen sich die Kräuter und Stauden durch.

In Gebieten, denen ein gleichmäßig feuchtes Klima fehlt, konnten sich nur Pflanzen erhalten, die vorübergehende oder längere Trockenheit zu ertragen vermögen. Dabei muß zwischen Formen eines wechselfeuchten und eines ausgesprochen trockenen Klimas unterschieden werden. Typisch wechselfeucht ist z. B. das m e d i t e r r a n e K l i m a . Die gesamte jährliche Regenmenge steht der Mitteleuropas keineswegs nach, doch ist die Verteilung der Niederschläge eine f ü r Pflanzen sehr ungünstige. 5—4- Sommermonate sind praktisch regenfrei und sehr heiß, die ganze Regenmenge ergießt sich in den milden Spätherbst- bis Frühjahrsmonaten auf die Erde. Es liegt also eine sommerliche Unterbrechung des Pflanzenlebens durch Dürre vor. Das m i t t e l e u r o p ä i s c h e K l i m a bedingt einen winterlichen Stillstand. Die zarteren Teile der hier lebenden Pflanzen sterben durch Kältewirkung ab, dazu kommt die Eisbildung im Boden, die diesen „physiologisch trocken" macht. Schließlich gibt es fast dauernd trockene Gebiete, deren Besiedelung durch Pflanzen begreiflicherweise eine sehr dürftige ist, da es sehr weitgehender Anpassungen bedarf, um der extremen Dürre standzuhalten.

1. Der Einfluß von Klima und Standort

305

Wie zum Teil schon aus dem Vorhergehenden hervorgeht, sind auch die e d a p h i s c h e n B e d i n g u n g e n für den Wasserhaushalt der Pflanze von größter Bedeutung. Selbst im feuchtesten Tropenklima bietet eine felsige Unterlage nur wenig Wasser, wozu kommt, daß die starke Erhitzung zu ausgiebiger Transpiration zwingt. In trockenen Zonen wird die Austrocknungsgefahr auf solchen Böden noch größer, ebenso bei den alpinen Felsenpflanzen, die im Winter auf vereister Unterlage stehen. Pflanzen, die mit grünen Organen überwintern, sind sogar in Mooren und Sümpfen während des Winters stark gefährdet. Denn ihre Transpiration schreitet besonders bei Besonnung fort, während der Boden gefroren ist, also kein Wasser liefert. So erklärt sich die Paradoxie, daß sie trotz ihres nassen Standortes vielfach Merkmale von Pflanzen der Trockengebiete aufweisen. Das gilt überhaupt für die Immergrünen unserer Flora, z. B. auch für die Koniferen, die Stechpalme und den Efeu. Da die Wasserdampfabgabe mit der Temperatur steigt, hat auch diese maßgeblichen Einfluß auf die Pflanzengestalt, besonders wo sie mit Trockenheit zusammenfällt, wie im Mediterrangebiet, und noch viel stärker in Steppen und Wüsten. Selbst in feuchten Zonen kann die starke Insolation zur Ausbildung von Schutzeinrichtungen in den besonders erhitzten Teilen, nämlich den Laubblättern, führen. Die Erwärmung in den Mittagsstunden kann 4 0 — 5 0 ° betragen und daher in den Blättern vorübergehend zu einem Wasserverlust führen, der durch die Leitungsbahnen so schnell gar nicht ersetzt werden kann.

Pflanzen immerfeuchter Standorte nennt mein hygrophil oder H y g r o p h y t e n , solche des wechselfeuchten Klimas M e s o - oder T r o p o p h y t e n , die in extrem trockenen Gebieten wachsenden, xerophile oder X e r o p h y t e n . Zu diesen Landpflanzen kommen schließlich noch die H y d r o p h y t e n oder Wasserpflanzen. Im Anschluß sollen einige Pflanzengruppen behandelt werden, die eine von der gewöhnlichen abweichenden Lebensweise führen. Es handelt sich teils u m Formen, die den Boden verlassen, und sich als E p i p h y t e n in den Kronen von Bäumen ansiedeln, teils um kletternde Pflanzen ( L i a n e n ) . Beiden Gruppen ist gemeinsam, daß sie das für ihr Leben erforderliche Licht auf ungewöhnliche Weise zu erreichen suchen. Ferner gibt es Pflanzen, die man C a r n i v o r e nennt, da sie die Fähigkeit besitzen, kleine Tiere zu fangen und zu verdauen. Eine weitere interessante Gruppe sind die P a r a s i t e n . Es sind dies Pflanzen, die auf anderen schmarotzen und so alle oder einen Teil der für ihr Leben erforderlichen Stoffe gewinnen. Auch die humusbewohnenden S a p r o p h y t e n , die durch Vergesellschaftung mit Pilzen ihre Existenz sichern, müssen besonders besprochen werden.

2.

Hygrophyten

Die extremsten Beispiele von H y g r o p h i l i e finden wir bei tropischen Schattenpflanzen. Manche von ihnen sind durch Gewächshauskultur allgemein bekannt, wie z. B. die Begonien, hängende Tradescantia- und Callisia-Arten, Gloxinien und manche anderen Pflanzen mit sogenannten Sammetblättern. Da, wie wir später hören werden, eine dauernde Durchströmung der Pflanze mit Wasser notwendig ist, die Luftfeuchtigkeit am Standort aber an 100% herankommt, finden wir Einrichtungen, die die Transpiration fördern. Dazu dient die papillöse Vorwölbung der Epidermiszellen und das Auftreten l e b e n d e r Haare, 20 v. G u t t e n b e r g , Lahrbach der allgemeinen Botanik

306

I X . Ökologische Pflanzentypen

die die transpirierende Fläche vergrößern, übrigens auch den Sammetcharakter bewirken. Zwischen den Papillen kommt es zu einer Kapillarwirkung, die jeden Wassertropfen rasch ausbreitet und so verdampfen läßt. Die Spaltöffnungen sind £ nicht selten hochgehoben. H y d a t h o d e n treten reichlich auf, u m bei H e m m u n g der Transpiration Wasser in Tropfenform auszuscheiden. Sogenannte T r ä u f e l s p i t z e n (Abb. 409) sorgen gelegentlich f ü r raschen Abfluß des Wassers. I m ganzen besitzen die

Abb. 409. Ficus religiosa, Blatt mit Träufelspitze. Nach GIESENHAGEN.

Abb. 410. Peperomia pellucida (trop. Piperacee), typisches zartes Schattenblatt mit wasserspeichemder Epidermis, einer einzigen Assimilationsschicht und hochgehobenen Spaltöffnungen. Nach W. H. BROWN.

Blätter Schattenblattbau, d . h . sie sind nur wenige Zellenlagen hoch und sehr locker gebaut (Abb. 410). Die Wasserleitungsbahnen der Stengel sind so schwach ausgebildet, daß die zarten Pflanzen, abgeschnitten, sehr rasch welken, in trockener L u f t sogar dann, wenn ihre Stiele in Wasser tauchen. Europäische Schattenpflanzen sind gleichfalls hygrophil, nur in weniger ausgesprochenem Maße, wie z. B. der Sauerklee ( O x a l i s acetosella), das Buschwindröschen ( Anemone nemorosa), der Waldmeister ( A s p e r u l a odorata) u. a.. Dazu kommt eine Reihe von Sumpf- und Uferpflanzen.

3.

Tropophyten

Wie schon erwähnt, können sowohl periodische Kälte als auch Dürre den Entwicklungsgang so unterbrechen, daß zurUberdauerung dieser ungünstigen Monate besondere Einrichtungen geschaffen werden mußten. Diese sind sehr mannigfaltig und sollen zuerst für das m i t t e l e u r o p ä i s c h e K l i m a kurz geschildert werden.

3. Tropophyten

307

Wir finden in unserer Flora drei Pflanzentypen: einjährige (annuelle oder monozyklische) K r ä u t e r , zwei- (dizyklische) oder mehrjährige (polyzyküsche) S t a u d e n und H o l z g e w ä c h s e . Sie weisen alle eine Periodizität der Entwicklung auf, die der des Klimas folgt, was ja eine Voraussetzung dafür war, daß sie die Winterkälte überdauern können. Die A n n u e l l e n keimen im Frühjahr und schreiten so rasch zur Blüte und zur Bildung von Seimen, daß diese stoffreichen, aber wasserarmen und schon dadurch unempfindlicheren Gebilde vor dem Winter in den schützenden Boden gelangen. Einige Winterkeimer (Wintergetreide, Alpenpflanzen) bedürfen des Schnees als Kälteschutz. S t a u d e n oder perennierende Kräuter machen eine unterirdische Ruheperiode durch. Die oberirdischen Teile sterben ab („ziehen ein") und im Boderf vorhandene Rhizome, Knollen oder Zwiebeln treiben nach der Überwinterung neue Sprosse. Man hat diese Formen auch G e o p h y t e n genannt und ihre beiderlei Sproßsysteme als geophile und photophile bezeichnet. Viele Stauden verhalten sich weniger extrem, .

.

- i u - A z o r e l l a Selago, Polsterpflanze (Umbellifere) der Kerguelen. >/3 nat. Gr. Nach

Abb

indem bodennahe oberirdische (Jrgane erschimper. halten bleiben, wie z. B. die Blätter der Rosettenpflanzen. Der Vorteil dieser Rosetten wird jetzt klar: sie sind im Winter bald von Schnee, Laub usw. überdeckt.

Fast alle zweijährigen Pflanzen folgen im ersten Jahre diesem Typus, im zweiten treiben sie den Blütenständ, worauf sie absterben. Hier wären auch die besonders im alpinen und arktischen Gebiet häufigen P o l s t e r p f l a n z e n zu nennen ( S a x i f r a g a und Androsace-Arten, Alsine sedoides usw. [Abb. 411]). Ihre Gestalt ergibt sich daraus, daß Seitentriebe in großer Menge basal entstehen und sich selbst wieder reich verzweigen (Abb. 412). Die meist schuppenförmigen Blätter stehen an jeder Achse dicht gedrängt, und die Stämmchen pressen sich aneinander. Damit wird einerseits ein Kälte-, andererseits ein Transpirationsschutz bewirkt. Tiefgehende Pfahlwurzeln verankern diese Pflanzen in Felsspalten. Besonders bei den Alpenpflanzen darf nicht übersehen werden, daß Kälte durch Gefrieren des Bodens auch Austrocknung bewirkt. So ist es zu verstehen, daß viele Alpenpflanzen trotz des feuchten alpinen Klimas xerophile lung eines Kugelpolsters. W Hauptwurzel. Nach TROLL. Einrichtungen zeigen.

Stauden können ein sehr hohes Alter erreichen. Besonders besitzen Rhizome, die an einem Ende absterben und sich am andern erneuern, theoretisch eine geradezu unbegrenzte Lebensdauer. Vegetative

308

IX. Ökologische Pflaiizentypeu

Vermehrung ist bei ihnen häufig (Brutzwiebeln und -knollen, Rhizomteilung, Ausläufer usw.). B ä u m e u n d S t r ä u c h e r u n s e r e r F l o r a sind l a u b w e r f e n d ; die wenigen Ausnahmen besitzen derbe, widerstandsfähige Blätter oder Nadeln. Der L a u b f a l l erfolgt in der Mehrzahl der Fälle mit Hilfe besonderer anatomischer Einrichtungen, nämlich durch die Ausbildung von T r e n n u n g s g e w e b e n . Im einfachsten Falle wölben sich a m Blattgrund in einer Querzone Zellen gegeneinander so vor, daß sie sich unter Auflösung der Mittellamelle voneinander trennen. Die Narbe schließt sich durch Verkorkung ab. Man spricht in diesem Falle von s o m m e r g r ü n e n , im Gegensatz zu den mehrjährigen i m m e r g r ü n e n Blättern. Der Laubfall erfolgt teils aus inneren Ursachen, teils wird er durch äußere Faktoren (z. B. Kälte, Dunkelheit), bewirkt. Innere Ursachen veranlassen den Laubfall vieler tropischer Bäume. Da hier klimatische Faktoren ausscheiden, kann man B ä u m e finden, die gleichzeitig kahle, belaubte, blühende oder fruchtende Aste besitzen. Der Laubfall bedeutet einen fast vollkommenen Stillstand der Transpiration. Die Bildung von Kork und Borke an S t a m m und Asten schützt gegen Austrocknung und, da es sich um schlechte Wärmeleiter handelt, auch vor plötzlicher Abkühlung, die schädlicher ist als langsame. Die für das nächste J a h r bestimmten Knospen sind, da sie im Gegensatz zu denen der Stauden frei liegen, durch derbe, oft verklebte Knospenschuppen geschützt.

Die i m m e r g r ü n e n Bäume und Sträucher unserer Flora besitzen alle xeromorph gebaute Blätter, da im Winter, wie schon früher erwähnt, der Boden durch Eisbildung „physiologisch trocken" ist. Am bekanntesten sind die schmalen Blätter oder Nadeln der Koniferen. Dazu kommen viele Z w e r g s t r ä u c h e r , wie sie besonders im alpinen und arktischen Gebiet, aber auch in Mooren auftreten. Sie besitzen oft einen sehr kurzen Hauptstamm, die Seitenachsen kriechen a m Boden und entsenden weitere nieder bleibende Laubsprosse nach oben, so daß „ S p a l i e r e " entstehen (z. B. Loiseleuria procumbens, Dryas octopetala, Globvdaria cordifolia, Salix-Arten u. a.). Ihre Blätter sind klein, lederartig fest und a m Sproßende gehäuft. Krautige Pflanzen aus s o m m e r d ü r r e n G e g e n d e n sind wieder teils Annuelle, teils Stauden, bei welchen die Zwiebelbildung besonders häufig vorkommt. Sie blühen im Frühjahr oder Herbst, in den Sommermonaten erscheinen weite Strecken völlig verdorrt. Sträucher und Bäume, die ihre Blätter im Sommer nicht verlieren, zeigen weitgehenden Xerophytismus. Für den m e d i t e r r a n e n B u s c h w a l d (die M a c c h i a ) sind kleine, ungeteilte, lederig harte Blätter charakteristisch; es handelt sich u m die schon früher (S. 227) näher beschriebenen S k l e r o p h y l l e n (Ölbaum, Lorbeer, Steineiche, Steinlinde usw.). Daneben treten wie in anderen Trockengebieten R u t e n s t r ä u c h e r ( S p a r t i u m junceum, Ephedra-Arten), sukkulente Formen sowie weißfilzige Pflanzen auf. Während der kühl-feuchten Jahreszeit erfolgt die hauptsächliche Stoffproduktion und Stoffspeicherung, an die sich im Sommer ein weitgehender Stillstand dieser Funktionen anschließt.

4.

Xerophyten

D i e weitaus mannigfaltigsten Einrichtungen finden wir als Schutz gegen Austrocknung bei den X e r o p h y t e n , deren Heimat Steppen- und Wüstengebiete, oder auch sommerdürre Gegenden sind. Wie schon erwähnt, finden sich ganz ent-

4. Xerophyten

309

sprechende Anpassungen auch hei alpinen Felsenpflanzen, ja sogar bei Moorund Sumpfpflanzen als Schutz gegen die physiologische Trockenheit des gefrorenen Bodens. Die Pflanze hat wohl alle Möglichkeiten erschöpft, die dazu dienen können, ihre Existenz in trockenen Gebieten zu sichern. Ein rein physiologisches Hilfsmittel wird uns erst e r - • -?.'-••- "' • • •—- , . y— später beschäftigen, nämlich die [ O T T V T Entwicklung hoher Zellsaugkräfte, — — 1 j V die es gestatten, auch trockenem T~T~i r I r"^—-f Boden noch Wasser zu entziehen. Die morphologischen Einrichtungen lassen sich in drei Gruppen teilen : solche, die die Transpiration herabsetzen, andere, die der Wasserspeicherung dienen und schließlich weitere, die eine Wasserversorgung auch unter ungünstigen Bedingungen ermöglichen. Vielfach sind solche Einrichtungen miteinander kombiniert. Die letzte Gruppe kann kurz behandelt werden. Es gibt W ü s t e n p f l a n z e n , die eine außerordentlich tiefgehende Pfahlwurzel besitzen uiid mit dieser feuchtere Bodenschichten erreichen. Ferner gibt es,z.B. häufig bei Pflanzen der ägyptisch-arabischen Wüsten, Gewächse mit wasserabsorbierenden Trichomen (Abb. 101, S. 97). Hier sind auch die wenigen Annuellen zu nennen, die bei eintretendem Regen keimen und in außerordentlich kurzer Zeit zur Samenreife gelangen. Die Einrichtungen, die einen Abb. 412a. Nerium Oleander (medit. Apocynacee), QuerT r a n s p i r a t i o n s s c h u t z bewirken, schnitt durch das Blatt. Unter der sehr starken Cutieula ein Wassergewebe; hohe Palisadenschicht mit Kalziumbetreffen teils die ganzen Organe, oxalatdruse; auf das Schwammparenchym folgen unten teils deren Feinbau. Da die Laub- nochmals Palisaden. Nur in den tiefen, durch Haare geschützten Gruben der Unterseite treten Spaltöffnungen blätter die Haupttranspirations Stätten auf. Nach W. H. BROWN. sind, bedeutet deren Unterdrückung den ausgiebigsten Transpirationsschutz. Sie müssen dann aber durch assimilierende Sprosse ersetzt werden. Eine Mittelstellung nehmen die Phyllodien (Abb. 554/55, S. 273) ein, die wir als xeromorph gebaute assimilierende Blattstiele kennengelernt haben. Ihnen äußerlich und auch anatomisch ähnlich sind die Phyllokladien und Kladodien (Abb. 322/24, S. 255). Eine besonders ausgiebigd Reduktion der transpirierenden Fläche zeigen die R u t e n s t r ä u c h e r , ferner grüne verdornte

310

I X . Ökologische Pflanzentypen

Achsen (Colletia, Abb. 337, S. 263) oder Blätter {Hakea-Arten), wie wir sie schon früher kennenlernten. Völliger Mangel an Laubblättern zeichnet die meisten Kakteen, aber auch andere Sukkulente aus, die .»¡.r schließlich durch Kugelform die kleinste für ihr Volumen mögliche Oberfläche erreichen

Abb. 413. Callistemon lanceolatus (xerophile sildafr. Myrtacee). Äquifaziales Blatt. Auf der Ober- und Unterseite je eine Epidermis mit dicker Kutikula und Spaltöffnungen (tiefer Vorhof), sowie eine einzige Schicht von Palisadenzellen, in der Mitte dichtes Schwammparenchym mit einem schräg durchschnittenen Gefäßbündel. Nach WENT.

Abb. 414. Tavaresia Barklyi, sukkulente Asclepiadacee. Nat. Gr.. Nach BOT. MAG.

können. Bei beblätterten Formen ist Steilstellung der Blätter ein wichtiger Schutz gegen Austrocknung und Erhitzung. Daß damit äquifazialer oder invers dorsiventraler Bau verbunden ist, wurde schon früher erwähnt. Ebenso wurde schon auf die wirksame Reduktion der Blattspreiten (Nadel- und Schuppenblätter) und auf die Einrollung (Rollblätter) hingewiesen. Auffällig und in seiner Bedeutung nicht völlig geklärt ist das häufige Auftreten dorniger Pflanzen in Steppen (Dornbusch). Abb. 415. Konvergenz von Sukkulenten. 1 Euphorbia obesa, M Ma-

Der h i s t o l o g i s c h e B a u xeromorpher Pflanzen erfordert noch eine nähere Beschreibung. Das schon früher erwähnte mediterrane Laubblatt stellt ein Extrem des Sonnenblattypus dar. Zahlreiche Palisadenschichten bauen bei stark reduziertem Schwammparenchym das Mesophyll auf. Die Interzellularen sind klein und spärlich, millen (verdickte Blattpolster). 2 Echinocactus (Astrophytum) aste' rias, A Areolen (red. Seitensprosse). Beide von oben gesehen, etwas verkl.. XJmzeichnung nach TROLL.

311

4. Xerophyten

verlaufen nicht selten parallel zur Oberfläche (Abb. 148, S. 150). Das erste schränkt die innere Verdampfung weitgehend ein, das zweite verlängert den Weg zu den Spaltöffnungen. Die Epidermen sind derb, ihre Außenwand ist oft zum größten Teil kutinisiert, der Rest auch verholzt. Das Auftreten großer aussteifender Skiereiden imMesophyll wurde schon früher erwähnt. In den Tropen findet /"sO sich Hartlaub bei größeren, stark besonnten Epiphyten. Das ^U\/» nat. Gr. Original.

entziehen. Voraussetzung für das Leben ohne Verbindung mit dem Erdboden ist ein dauernd hoher Feuchtigkeitsgrad der L u f t , Epiphyten kommen somit fast nur in den T r o p e n vor. In unserem Klima können nur so anspruchslose Pflanzen wie Algen, Flechten und Moose epiphytisch leben. Echte Epiphyten bleiben zeitlebens ohne Verbindung mit dem Boden; es gibt daneben H e m i e p i p h y t e n , die nur ein Jugendstadium in dieser Form verbringen und später Bodenwurzeln entwickeln, worauf sie zu großen Bäumen werden können.

316

IX. Ökologische Pflanzentypen

Das epiphytische Leben erschwert den Wasserhaushalt und den Nährsalzgewinn a u ß e r ordentlich. D e r gesamte äußere und innere Bau wird hauptsächlich d u r c h diesen Umstand reguliert, wobei freilich zu bedenken ist, daß auch h i e r wieder Unterschiede a u f t r e t e n , i n d e m die Epiphyten des nebelreichen Regenwaldes u n t e r erheblich günstigeren Bedingungen leben, als die des Trockenwaldes. Diese s t i m m e n in vielen Eigenschaften m i t Xerophyten üherein, da ihnen an i h r e m erhobenen Standort oft d u r c h längere Zeit Wasserzufuhr fehlt, w ä h r e n d sie starker Insolation und E r h i t z u n g ausgesetzt sind. W i e d e r gibt es hier Einrichtungen, die die Transpiration herabsetzen, f e r n e r solche, die der Wasserspeicherung dienen, n e b e n anderen, die eine besonders rasche W a s s e r a u f n a h m e ermöglichen. Dazu k o m m t die N o t wendigkeit, sich an der Unterlage zu befestigen. Einige Beispiele sollen dies n ä h e r erläutern.

Einige e p i p h y t i s c h e F a r n e (Abb. 286, S.235) wurden schon in früheren Abschnitten erwähnt. Sie klettern alle mit grünen Rhizomen, die sich durch kurze „ Haftwurzeln an den Stämmen •^Af oder Ästen befestigen. Die RhijV ¥m zome können dabei zu dorsiven11Im tralen breiten Bändern werden, ySy' X in deren Schatten die Wurzeln o J W / ''•w, stehen. Im Zwischenraum sammein sich pflanzliche Abfälle an,. oder sie werden durch Ameisen £ dorthin getragen. In einigen 1 ^ Fällen bilden solche Rhizome fW^^W^W"^ mächtige Wasserspeicher mit 'j 1 ir^^i Hohlräumen aus, in denen die »K ^ Ameisen leben, so besonders bei ^^SSWSSn W Lecanopteris Curtisii (Tafel 5), hfe^ In anderer Form wird Wasserund Humusspeicherung dadurch bewirkt, daß eine dichtschließende Blattrosette auftritt, so beim Nestfarn, Asplenium Nidus. Noch Abb. 423. Billbergia sp. (Bromeliacee). Die Pflanze ist epi- vollkommener dienen diesem phytisch mit Haftwurzeln an einem Ast befestigt. Ihre LaubZwecke die schon früher erblattbasen sind bauchig erweitert und schließen so fest zusammen, daß Wasserbehälter entstehen, an welche die abwähnten Nischen- und Mantelsorbierenden Schuppenhaare (vgl. Abb. 100) grenzen. blätter (Polypodium quercifolium, Ca. »/« nat. Gr.. Nach \V. H. BROWN. Platycerium-Arten, Abb. 262). O r c h i d a c e e n und A r a c e e n verhalten sich in manchcm ähnlich. Besonders bei den ersten t r i t t an den W u r z e l n an Stelle einer Rhizodermis ein V e l a m e n (vgl. S. 94) auf. Die d u r c h dieses bewirkte kapillare Wasserversorgung h a t den Vorteil, daß sie sich augenblicklich vollzieht, i m Gegensatz zur osmotischen der Bodenwurzeln (vgl. S. 409). Das Rindenparenchym ist oft d u r c h weitere Leisten ausgesteift, m a n c h m a l t r e t e n Zellen auf, die kurzen T r a c h e i d e n gleichen (Speichertracheiden). Es folgt eine derbe Tertiärendodermis, dann das G e f ä ß b ü n d e l

Manche epiphytischen Orchideen haben gleichartige Wurzeln, bei anderen tritt eine d e u t l i c h e H e t e r o r r h i z i e auf (Abb. 422). Die Befestigungswurzeln verstärken oder vermehren die mechanischen Zellen der Endodermis und des Zentralzylinders, wobei die Leitungsbahnen zurücktreten, ihr Velamen ist dürftig entwickelt. Die frei herabhängenden Nährwurzeln erscheinen in trockenem Zustand

6. Epiphyten

317

infolge ihres breiten Velamenmantels weiß, bei Benetzung grün, weil jetzt das Chlorophyll der Rinde durchschimmert. Am auffälligsten verhält sich Taeniophyllum{ Abb. 402, S. 300), dessen bandförmige Wurzeln den einzigen Assimilations-

Abb. 424. Mgrmecodia ,,echinata" (epiphytische Rubiacee), 1 ganze Pflanze, 2 Stammknolle durchschnitten; a Eingang In die Hohlräume, 3 Keimling. 1, 2 etwas verkl., 3 etwas vergr.. Nach WETTSTEIN.

apparat dieser Pflanze bilden. Es ist klar, liegt, wie sie auch sonst bei epiphytischen tritt. Vom kriechenden Rhizom aus erheben die in grüne Knollen umgewandelt sind

daß darin eine xerophile Anpassung Orchideen in vielem in Erscheinung sich vielfach Sprosse zweiter Ordnung, (Abb. 305, S. 246), die Blätter sind

318

IX. ökologische Pflanzentypen

fleischig, häufig unifazial aufrecht oder senkrecht herabhängend, vielfach enthalten sie typische Wassergewebe, ihre Epidermen sind derb usw.. Die B r o m e l i a c e e n leben meist als Rosettenpflanzen auf Ästen, an denen sie sich mit kurzen Klammerwurzeln befestigen (Abb. 423). Diese dienen ausschließlich der genannten Aufgabe, demgemäß sind sie außerordentlich stark durch mechanische Zellen gefestigt. Die Wasserversorgung erfolgt durch die Blätter mit Hilfe der im Abschnitt Histologie schon beschriebenen Saughaare (Abb. 100, S. 96). Auch der wurzellos auf Bäumen hängenden Tillandsia usneoides wurde schon dort gedacht. Bei den andern Formen schließen die Rosettenblätter mit ihren verbreiterten Basen so fest zusammen, daß undurchlässige Nischen entstehen, die das Wasser sammeln. Unter den D i k o t y l e d o n e n sei nochmals an die Gattungen Myrmecodia (Abb. 424) und Hydnophytum mit ihren riesigen Hypokotylknollen erinnert. Sie besitzen Klammer- und Dornwurzeln ; das Innere besteht aus einem wasserspeichernden Gewebe. Dieses ist von großen Hohlräumen durchsetzt, in welchen sich unzählige Ameisen aufhalten, die Humusteilchen usw. in die Höhlungen schleppen, was für das Gedeihen der Pflanzen sicher vorteilhaft, wenn auch nicht unbedingt notwendig ist. Auch die Humus und Wasser speichernden Urnen der Dischidia-Arten wurden schon beschrieben (Abb. 345, S. 268). In Kürze sei an einem Beispiel auch die Entwicklung eines H e m i e p i p h y t e n dargestellt. VerAbb. 425. Junge epiphytische Ficusschiedene Ficus-hrtezi beginnen ihr Leben als Vollpflanze mit knollenförmigem Stengel. Verkl.. Nach WENT. epiphyten auf Baumästen. Sie bilden zunächst eine verholzende Stammknolle aus (Abb. 425), von der aus Wurzeln, angeschmiegt Ein den stützenden Stamm, abwärts wachsen. Mit der Zeit bilden diese ein immer dichter werdendes starres Netzwerk, das den Stützbaum so fest umklammert, daß er sich nicht weiter entwickeln kann und abstirbt ( „ B a u m w ü r g e r " ) . Nunmehr ruhen die bereits größeren Äste der Pflanze auf diesem Hohlzylinder. Später entsendet sie aus waagerechten Ästen Beiwurzeln wie Taue in den Boden. Diese erstarken so sehr, daß sie schließlich aufrechten Stämmen gleichen (Tafel 5 und 6). Ein einziges Mras-Exemplar kann auf diese Weise geradezu ein kleines Wäldchen bilden, u m so mehr, als gelegentlich die queren Astverbindungen zugrunde gehen. 7. Kletterpflanzen

(Lianen)

Kletternde Pflanzen erreichen dadurch, daß sie sich ein einen Stützbaum befestigen, die Möglichkeit, ihr Laubwerk rasch aus dem Waldesschatten an das Licht zu bringen. D a sie wenig Baumaterial zum Aufbau des Stammes benötigen, können sie ihr Längenwachstum besonders fördern. Selbst die Blattspreiten entwickeln sich meist erst spät und besitzen anfangs einen langen Zipfel, die V o r -

7. Kletterpflanzen (Lianen)

319

l ä u f e r s p i t z e (Abb. 255, S. 217.), die vermutlich durch ihre zahlreichen Stomata der Atmung dient. Später werden die Laubblätter besonders groß. Das Klettern erfolgt auf sehr verschiedene Weise. Es gibt R a n k e n k l e t t e r e r , über die schon S. 263 einiges mitgeteilt wurde. Hier sei noch bemerkt, daß Ranken, die eine Stütze erfaßt haben, durch Ausbildung von Sklerenchym. eine außerordentliche Zugfestigkeit erreichen. Bei einigen Vitis-Arten u.a. treten an den Rankenenden kleine Verdickungen auf, die sich bei Berührung scheibenartig verbreitern (Abb. 554, S. 511). Die Epidermiszellen wachsen zu Papillen aus, die sich in die kleinsten Vertiefungen der Unterlage einfügen und mit ihr verkleben. Auch der rankenähnlichen K l e t t e r h a k e n (Abb. 340, S. 264) wurde schon früher gedacht. Ein zweiter Typus sind die W i n d e p f l a n z e n , deren Hauptachse die Stütze, die senkrecht stehen muß, in steilen Windungen umschlingt. Gegen das Abgleiten schützen oft steil nach unten gerichtete K l i m m h a a r e , von denen die des Hopfens sogar eine Arretiervorrichtung besitzen, die das Umkippen des Haares verhindern.

Abb. 426. Kletterhaare. 1 von Galium Aparine, 2 von Phaseolus multiflorus, 3 von Loasa hispida; in letzterem hat sich die kernhaltige untere Hälfte des Protoplasten eingekapselt. Nach HABERLANDT.

Die abwärts gekehrte Spitze bohrt sich in die Rinde ein, der aufwärts gekehrte Arm stemmt sich gegen die Epidermis (Abb. 426, 427).

Arm. — Original.

320

I X . Ökologische Pflanzentypen

W u r z e l k l e t t e r e r sind unser einheimischer Efeu und viele Araceen; sie entwickeln derbe persistierende Wurzelhaare, die beim E f e u miteinander verwachsen können. Schließlich gibt es S p r e i z k l i m m e r , die sich meist mit Dornen, Stacheln oder Kletterhaaren befestigen. Einheimische Beispiele sind Galium Aparine, Kletterrosen, Brombeeren u. a . ; die Tropen zeigen als auffälligstes Beispiel die Rotangpalmen mit ihren Klimmhaken (vgl. S. 270). D e r L i a n e n s t a m m verdickt sich, wie schon f r ü h e r ausgeführt wurde, sekundär durch verschiedene Formen anomalen Dickenwachstums (vgl. S. 209), wobei biegungsfähige und zugleich zugfeste Achsen entstehen, die einem dicken Kabel oder T a u ähneln. Dieser Bau gestattet ein Schwingen in der L u f t und ein bruchloses Abgleiten auf den Boden. Anatomisch ist noch an die ungewöhnliche W e i t e der Leitungsbahnen zu erinnern. Diese erklärt sich zwanglos daraus, daß einerseits die zahlreichen großen Laubblätter viel Wasser brauchen und reichlich Stoffe produzieren, andererseits der S t a m m d u r c h m e s s e r g e r i n g ist.

Abb. 428. Dionaea muscipula

(Süd-Carolina).

Blühende Pflanze % nat. Gr.. Nach d b u d b .

8. Carnivore Pflanzen Eine völlig isolierte Stellung nimmt eine Anzahl von Pflanzen dadurch ein, daß sie kleine Tiere, meist Insekten, aber auch Crustaceen und Schnecken fängt und verdaut. D a alle diese Pflanzen chlorophyllhaltig sind, handelt es sich nicht um die Gewinnung von Kohlehydraten, sondern u m die von Eiweiß. Das Wichtigste dabei ist der Stickstoffgewinn, da alle diese Pflanzen auf nährsalzarmen Böden gedeihen, die meisten in Mooren, einige Nepertihes-k.rten aber auch auf steriler felsiger Unterlage. Die carnivoren (insektivoren) oder fleischfressenden Pflanzen lassen sich nach der Art ihrer Fangeinrichtung in drei Gruppen teilen: L e i m spindelfallen,

Klappenfallen

und

Kesselfallen. Die bekanntesten Vertreter des ersten Typus sind die Sonnentauarten (Drosera) und das verwandte Drosophyllum lusitanicum. Unsere einheimische Drosera rotundifolia (Abb. 617, S. 594) bildet Rosetten gestielter Blätter. Der Spreite entspringen Emergenzen, die man T e n t a k e l nennt, teils am Rande, teils von der oberen Fläche aus. Sie stellen die Fangeinrichtung dar. Der Fang erfolgt dadurch, daß die köpfchenförmig verdickten Tentakelenden einen Schleimtropfen ausscheiden („Sonnentau"), an denen kleine Insekten haften bleiben. Hat sich das Insekt in der Mitte der Spreite niedergelassen, so krümmen sich ziemlich

8. Carnivora Pflanzen

321

schnell alle randständigen Tentakel zu diesem Punkt, so daß schließlich alle Schleimtropfen zusammenfließen. Das wird durch ein Konkavwerden der Spreite unterstützt. Sitzt das Insekt an Randtentakeln, so wird es durch deren Krümmung zur Mitte geführt. Die Köpfchen scheiden schließlich eine saure pepsinhaltige Flüssigkeit aus. Dadurch wird das Eiweiß der im Schleim erstickten Tiere verdaut, die gelösten Stoffe werden von den Köpfchen aufgenommen, während die Chitinreste zurückbleiben. Die physiologischen Fragen (Ernährung und Bewegung) sind später zu besprechen, der Tentakelbau wurde schon S. 107 geschildert. Die Fettkrautarten, z. B. Pinguicula vulgaris, besitzen eine Rosette von Blättern, die kahnförmig gestaltet sind und zweierlei Drüsen tragen: solche, die Schleim ausscheiden und solche, denen die Enzymausscheidung und wohl auch die Stoffaufnahme obliegt. Nach dem Fang krümmt sich der Blattrand stärker ein. Klappenfallen sind für die nordamerikanische Moorpflanze Dionaea muscipvla (Venusfliegenfalle, Abb. 428) und die einheimische, im Wasser schwimmende Aldrovanda vesiculosa (beides Droseraceen) bekannt. Auch Dionaea bildet Blattrosetten. Jedes Blatt gliedert sich in drei Abschnitte, nämlich in den basalen, breit geflügelten Stielteil, dem ein kurzer zylindrischer folgt, und die rundliche Spreite. Diese breitet sich nie ganz flach aus, vielmehr klaffen ihre Hälften in einem stumpfen Winkel auseinander. Der Blattrand ist seitlich kammartig gezähnt. Jede Spreitenhälfte trägt drei Borsten und viele trockene Köpfchendrüsen. Berührt ein kleines Tier eine dieser Borsten, so klappt das Blatt zusammen, wobei die Spreitenhälften sich wölben und ihre Zähne ineinandergreifen. Der Verschluß ist so fest, daß man die Spreite nicht mehr ohne Verletzung öffnen kann. Erst jetzt beginnt die Drüsensekretion und führt wie bei Drosera zur Verdauung. Ist diese erfolgt, so öffnet sich das Blatt wieder, doch geht es nach dem Fang eines größeren Tieres bald zugrunde. Aldrovanda vesiculosa ist ein kleines wurzellos schwimmendes Pflänzchen mit wirtelig gestellten Blättern. Diese stimmen in ihrem Bau im Prinzip mit denen von Dionaea überein, nur treten mehr „Fühlborsten" (vgl. S. 591, Abb. 614) auf. Kannenblätter besitzen die Gattung Nepenthes, die Sarraceniaceen ( S a r r a c e n i a , Darlingtonia) und Cephalotus follicularis. Hier anzuschließen sind auch die Schläuche der Utricularia-Arten. Die äußere Gliederung .der Kannen von Nepenthes (Abb. 429 und Tafel 2) wurde schon früher beschrieben ; hier sei noch folgendes nachgetragen. Es handelt sich bei diesen Pflanzen um Klettersträucher, die oft längere Zeit auf moorigem oder sumpfigem Boden hinkriechen, bis sie eine Stütze erreichen, an der sie sich hochranken. Der früher beschriebene Kannendeckel ist zunächst mit dem Mündungsrand der Kanne verwachsen und löst sich von diesem erst bei der Fertigstellung los. Zu dieser Zeit ist die Kanne schon bis etwa zur Hälfte mit Wasser erfüllt, ein Beweis dafür, daß es sich nicht etwa um Regenwasser handelt; dieses wird vielmehr durch den Deckel abgehalten. Der Kannenrand bildet einen breiten gerippten Wulst; auf ihn folgt nach innen zu eine locker mit Wachs bedeckte Zone. Insekten, die hier Fuß fassen wollen, verkleben mit den Wach steilchen, die sich ablösen, und fallen so in die Kanne. Die untere Kannenhälfte ist über und 21 v. G u t t e n b e r g , Lehrbuch der allgemeinen Botanik

322

I X . Ökologische Pflanzentypen

über mit kopfförmigen D r ü s e n (Abb. 118, S. 107) besetzt, die alsHydathoden funktionieren. Das ausgeschiedene Wasser enthält die nötigen Verdauungsenzyme, und die ausscheidenden Drüsen dienen auch der Aufnahme der gelösten Stoffe. Zur Anlockung der Insekten werden am Deckel und am oberen Kannenrand

Abb. 429. Kannen- und Schlauchblätter. 1 Sarracenia variolaris. 2 Darlingtonia californica. 3 Sarracenia „laciniata". 4 Nepenthes villosa. (1—3 amerik. Sarraceniaceen, 4 ind. trop.). Etwas verkl. Nach K E R N E R .

Nektarien ausgebildet, vielleicht trägt auch die rotgrünscheckige blumenartige Kannenfärbung dazu bei. Die Schläuche von Sarracenia (Abb. 429) wurden schon früher kurz erwähnt; die von Darlingtonia ähneln ihnen, doch sind die Schläuche hier oben helmartig gewölbt. Alle Schlauchblätter stehen schräg bis aufrecht in grundständigen Rosetten. Ihre rotgrüne Färbung erinnert an die von Nepenthes, wieder werden zur Anlockung von Insekten Honigdrüsen ausgebildet. Die Sekretion der Flüssigkeit, welche die Kanne etwa zur Hälfte erfüllt, erfolgt von einem Drüsenepithel

8. Carnivore Pflanzen

323

am Kannen gründe aus; die unteren Teile der Kannenwände sind von steifen, abwärts gerichteten Borstenhaaren besetzt, die ein Aufkriechen des gefangenen Insektes verhindern. Die Verdauungsenzyme werden hier von im Kannenwasser lebenden Bakterien geliefert.

Abb. 430. Cephalotus folliculai is (Australien), ¡blühender Sproß mit Blattrosette. Die Rosettenachse (.-1) bildet an ihrer Basis schuppenförmige Niederblätter aus und verlängert sieh am Ende in den terminalen Infloreszenzschaft J. In der Laubrosette stehen neben flachen Laubblättern (L) in größerer Zahl Blattschläuche (Sch). Aus TROLL nach BROWNS (verändert).

324

IX. Ökologische Pflanxentypen

C e p h a l o t u s (Abb. 450) zeigt im Kannenbau eine auffallende Ähnlichkeit (Konvergenz) mit Nepenthes, doch handelt es sich um ein Kraut mit grundständiger Blattrosette. Die Utricularia-Arten gehören zu den morphologisch merkwürdigsten Pflanzen. U n s e r e einheimischen F o r m e n (U. vulgaris,

intermedia,

minor)

leben i m W a s s e r

schwimmend, manche ausländische Formen sind Moorbewohner. Gemeinsam ist ihnen, daß sie niemals Wurzeln besitzen. An deren Stelle treten bei den Landformen Wurzeln gleichende fadenförmige Blattgebilde (Rhizophylle) auf. Eine Rosette schmaler Laubblätter dient der Assimilation. Schließlich treten zu kurzen Schläuchen umgewandelte Blätter auf. Unsere schwimmenden Arten (Abb. 431) besitzen in feinste Zipfel zerspaltene grüne Blätter und an einigen Abb. 432. Utricularia flexuosa, medianer Längs, Zipfelenden kleine Blasen. Diese dienen schnitt durch eine Blase. Am Eingang Schleimdem Tierfang. Sie besitzen eine Munddrüsen und Borsten, im Inneren Gabelhaare. k Klappe, w Widerlager derselben an der Blasenöffnung, die auf der einen Seite lippenmiindung. Nach GOEBEL. artig verdickt, auf der anderen mit einer Klappe versehen ist, die so liegt, daß sie innen an die Lippe anstößt. Das Schlauchinnere weist zahlreiche gegabelte Haare auf, die das Füllwasser der Blase laufend aufsaugen, wodurch eine Saugspannung entsteht. In der Umgebung des Blaseneinganges ragen verzweigte Borsten vor (Abb. 432). Werden diese von einem kleinen Wassertier berührt, so springt die Klappe auf, die Innenspannung saugt Wasser und damit das Tier in die Blase. Näheres über den Bewegungsmechanismus wird später (S. 551) mitgeteilt werden. 9.

Parasiten

Der Parasitismus der höheren Pflanzen bildete sich in drei Formen aus: die eine entstand im Boden, die zweite bei epiphytischen, die dritte bei schlingenden Pflanzen. Physiologisch betrachtet lassen sich V o l l p a r a s i t e n und H a l b p a r a s i t e n unterscheiden, d. h. solche, welche alle zu ihrem Aufbau nötigen Stoffe anderen Pflanzen entziehen, und solche, die diesen hauptsächlich Wasser und Nährsalze entnehmen. Diese beiden Gruppen sind durch Übergänge miteinander verbunden, im allgemeinen aber leicht dadurch zu unterscheiden, daß die einen grüne Laubblätter, die anderen nur bleiche oder auch gelbe und rote Niederblätter besitzen. Unter den W u r z e l p a r a s i t e n sind besonders die Rhinantheen und die Santalaceen (Thesium-Arten) zu nennen. Ihr Parasitismus erfolgt in gleicher Art und Weise; beides sind grüne Halbparasiten (Hemiparasiten). Bekannte Beispiele der erstgenannten Familie sind der Wachtelweizen {Melampynan), der Klappertopf -(Rhinanthus) und der Augentrost ( Euphrasia ). Sie besitzen ein sehr dürftig ent-

9. Parasiten

325

wickeltes Wurzelsystem. Eine schmächtige Pfahlwurzel bildet wenige Seitenwurzeln aus, ein denen kleinste Rnöllchen auftreten. An ihrer Entstehung beteiligen sich alle Schichten vom Perikambium bis zur Rhizodermis, sie sind als Seitenwurzeln zweiter Ordnung anzusehen. Trifft ein Rnöllchen auf die zarte Wurzel einer passenden W i r t p f l a n z e (so nennt man den Ernährer des Parasiten), so schmiegt es sich dieser an und umwallt sie. Daraufhin wächst endogen aus dem Knöllchen ein Saug, organ, das Haustorium, herf ^Xy \ i&^Tl Sf Dieses besteht in seiner Mitte aus einer Art Prokambium, das in das Innere der Wirtwurzel eindringt und an seiner Spitze Absorptionszellen aufweist Die Einbohrung erfolgt hier im wesentlichen mechanisch, in anderen Fällen auch unter Auflösung von Zellen. Sobald das Haustorium das Gefäßbündel der befallenen Wurzel erreicht hat, bildet es sich definitiv aus, wobei eine Kette zentraler Tracheiden entsteht, die nur noch durch die Saugzellen von den Wasserleitungsbahnen der Wirtwurzel getrennt sind. Durch diese Brücke .vollzieht sich dann der Übertritt des Wassers und der darin gelösten Stoffe.

Bei manchen Arten, so z. B. bei Tozzia alpina, sind die Laubblätter stark reduziert, bei der Gattung Lathraea fehlen solche ganz. Das reich verzweigte Wurzelsystem dieser „Schuppenwurz" sitzt Abb. 433. Parasitische Scrophulariaceen. 1, 2 Lathraea Squamaria. schon verholzten, größeren 1 blühender Sproß, 2 Wurzelstück mit Haustorien. 3—5 Lathraea clandestina. 3 Weidenwurzel mit Wurzel und Haustorien; ¿Keimling, Wurzeln verschiedener Laubc Kotyledonen; 5 acht Monate alter Keimling. 2—S nat. Gr., 1 etwas bäume und Sträucher mit verkl.. 1 nach WETTSTEIN, 2—6 nach HEINRICHER aus WETTSTEIN. Haustorien bildenden Knöllchen auf '(Abb. 433). Die schlauchförmigen Absorptionszellen dringen, pinselartig ausstrahlend, sowohl in das Holz als auch in die Rinde des Wirtes ein, da Lathraea ja ein Vollparasit (Holoparasit) ist. Die unterirdische, verzweigte Achse bildet, dicht gedrängt, fleischige weiße Schuppenblätter aus, in denen große Mengen von Stärke abgelagert werden. Sind genügend Reservestoffe gesammelt, so entstehen oberirdische, rosa gefärbte Blütenstände, die auch nur Niederblätter tragen. Die O r o b a n c h a c e e n sind in unserer Flora durch verschiedene OrobancheArten vertreten. Ihre Blütenstandsachsen (Abb. 434) samt Niederblättern sind

326

I X . Ökologische Pflanzentypen

von wachsgelber, rotbrauner oder violetter Farbe, Chlorophyll ist nur in Spuren vorhanden. Wir wollen die Entwicklung vom Samen aus verfolgen. Dieser ist sehr klein und enthält einen ungegliederten eiförmigen Embryo, umgeben von wenigen Nährzellen (Endosperm). Die Keimung erfolgt nur in der Nähe einer passenden Wirtwurzel, die einzelnen Arten sind auf verschiedene Pflanzen spezialisiert. Es entsteht ein kurzer Keimfaden, dessen radikuläres Ende sich bei Berührung mit der Nährwurzel verdickt, dann aber mit seiner Spitze in diese eintritt (Abb. 435). Das kurze darüber befindliche Hypokotyl stirbt ab. Die Verdickung wird zu einem kleinen Knöllchen, das wir nach seiner Entstehung als W u r z e l k n ö l l c h e n bezeichnen können. Es entwickelt in seinem basalen Teil mesogen eine größere Anzahl von Seitenwurzeln. Das eingedrungene Wurzelende wandelt sich, vielfach unter Spaltung, in ein Haustorium um. Es kommt im Innern der Wirtwurzel geradezu zu einer Gewebeverschmelzung, indem sich Tracheiden und Schlauchzellen des Parasiten an die entsprechenden Elemente dieser Wurzel anlegen. Treffen die Seitenwurzeln des Parasiten wieder Nährwurzeln, so schreiten auch sie zu Haustorienbildung. Schließlich entstehen in den Knöllchen endogen in einer Höhlung die Vegetationspiinkte der Blütensprosse. In der tropischen Famihe der B a l a n o p h o r a c e e n führte der Parasitismus zur Ausbildung von Formen, die mit höheren Pflanzen oft kaum mehr Ähnlichkeit haben und äußerlich eher Pilzen gleichen (Abb. 456). Bei Balanophora vollzieht sich die Keimung der sehr Abb. 434. Orobanche minor auf Vicia Faiia-Wurzel schmarotzend. % nat. Gr.. Nach SCHMEIL. kleinen Samen ähnlich wie bei Orobanche, die weitere Entwicklung aber ist eine ganz andere. Auf das Eindringen des Parasiten reagiert die befallene Baumwurzel mit der Produktion einer Seitenwurzel. Diese dringt in das entstehende Knöllchen ein und hält mit dessen weiterem Wachstum gleichen Schritt. Sie ist im wesentlichen auf ein sich verzweigendes, reduziertes Gefäßbündel beschränkt, das durch ein apikales Meristem ergänzt wird. Außen liegen mantelförmig die Parenchymzellen des Parasiten, die von eigenen Leitungselementen durchsetzt sind. So kann eine faustgroße Knolle oder auch ein System fleischiger verzweigter Äste entstehen, an deren Scheiteln endogen in einer Spalte die Blüten-

9. Parasiten

327

stände ausgebildet werden. In die befallene Wurzel dringt der Parasit mit sich voneinander trennenden, haustorialen Zellzügen nicht sehr tief ein, er schöpft seine Vorräte wohl hauptsächlich aus der eingeschlossenen Seitenwurzel, u m die gleichfalls haustoriale Zellen liegen. Auch die Knollen der Balanophoraceen können als umgewandelte Wurzeln aufgefaßt werden. Sie wachsen mit einem apikalen Meristem und bilden an den Enden ihrer Auszweigungen eine Art Wurzelhaube. Den Höhepunkt des Parasitismus erreichen die R a f f l e s i a c e e n , von denen die Gattungen Rafflesia und Brugmansia überhaupt keinen vegetativen Sproß

Abb. 435. Orobanclie speciosa; Keimling, Entwicklung und Haustorienbildung. 1 Keimling mit Knollenbildung (kn), s Testa, nw Nährwurzel; 2 dasselbe längs durchschnitten, h Haustorium; 3 weiterentwickeltes Knöllchen mit Sproßanlagen k, w Wurzelanlagen; i ein ähnliches Stadium längs durchschnitten; 6 ein älteres Stadium, die Sprosse beginnen heranzuwachsen. 4 und 6 natürliche Größe. 1 25fach, 2 65tach, 3 12fach vergr.. Nach KOCH aus WETTSTEIN.

mehr besitzen. An dessen Stelle tritt ein System verzweigter Fäden, das die befallenen Wurzeln (Cissws-Arten bei Rafflesia) nach allen Richtungen, und zwar besonders im Leptom durchziehen (Abb. 437). Sind genügend Stoffe gesammelt, so brechen aus der Wurzelrinde oder aus dem Stammgrunde große Knospen hervor, die zum Teil riesenhafte Einzelblüten bilden (Abb. 438 und Tafel 4). So besitzt Rafflesia Arnoldii die größte überhaupt bekannte Blüte mit einem Durchmesser bis zu 1 m. Zu den e p i p h y t i s c h e n P a r a s i t e n gehören die Loranthaceen, die bei uns nur durch die Mistel ( Viscum album) und die Riemenblume ( Loranthus europaeus)

328

I X . ökologische Pflanzentypen

vertreten sind. Die erstgenannte schmarotzt auf verschiedenen Laubbäumen, in einer etwas abweichenden Form auch auf Koniferen, die zweite auf Eichen. Viscum album besitzt weiße Scheinbeeren voll StMSu) eines klebrigen Saftes (Vogelleim), die, durch Drosseln übertragen, auf Ästen festkleben. Der r^ScäS'^ A Keimling besitzt zwei grüne Kotyledonen und ein Hypokotyl; dieses krümmt sich negativ l \ ' / phototrop der Unterlage zu und befestigt sich /( !•{ unter Verbreiterung und Papillenbildung. DarI \ J .) auf bildet sich ein primärer S e n k e r , der ix/ , Y endogen im Hypokotylende entsteht. Er bohrt sich in den Ast ein und dringt bis zu dessen \ Holzkörper vor. Er hat die Fähigkeit, in der Höhe des Wurzelkambiums interkalar zu wachV filB seil, so daß er immer weiter in den Holzkörper ^ ^ ' • ^ b t e f c . T » ' ' v o r z u d r i n g e n scheint (Abb. 439). Der Senker (¿^^^Br, Hä. ^T bildet gleichfalls Holz mit Wasserleitungsbahnen aus und kann sich so mit Wasser und Salzen x ' IP versorgen. Nach der Art seiner Entstehung ist ^ I f ^ k ^ W „ er kaum mehr als Wurzel aufzufassen, man betrachtet ihn daher als Organ ,,sui generis". ^ t Seitlich am Hypokotylgrund entspringende R i n d e n w u r z e l n dringen in das Kambium und die Rinde des Astes ein und bilden sekundäre Senker (Abb. 439). Der Sproß ist Abb. 436. Balanophora elongala (trop. Balanophoracee). Teil des Vegetationskörpers immergrün beblättert und hat daher xeromorphe mit männlichem Blutenstand. Hat. GrEigenschaften. Original. W i n d e n d e V o l l p a r a s i t e n sind die Cuscuta-Arten (Convolvulaceen) und Cassytha ßliformis (Lauracee), die einen klaren Fall von Konvergenz darstellen. Unsere Cuscuta-Arten (Teufelszwirn, Klee-,

Abb. 437. Rafflesia Rochussenii, Thaliusfäden im Leptom der sekundären Rinde einer Cissuswurzel. A radialer Längsschnitt durch die Wurzelrinde, B tangentialer Längsschnitt. Das Leptom besteht hauptsächlich aus Siebröhren und Gekitzelten. Nach HABEKLANDT.

9. Parasiten

329

Flachsseide, Abb. 440) schmarotzen auf vielen Kräutern, zum Teil auch auf Holzgewächsen. Sie sind von gelb-rötlicher Farbe und enthalten noch etwas' Chloro-

( J a v a ) , 1 Blütenknospe, 2 dieselbe durchschnitten, w Nährwurzel, a Anthere, Abb. 438. Rafflesia Rochussenii d Diaphragma, c zentrale Kolumna, p Perianthblätter, r Sproßblätter. Nat. Gr.. Nach W E T T S T E I N .

phyll. Der blattlose Embryo tritt als Keimfaden aus dem Samen hervor und kriecht mit kreisender Spitze auf dem Boden hin, bis er einen passenden Wirtsproß gefunden hat. Er kann dabei rückwärts absterben, sich vorn eine Zeitlang ergänzen und so eine längere Wegstrecke zurücklegen. An der Stütze angelangt, beginnt er diese nach Art einer Schlingpflanze zu umwinden. An der Berührungsfläche entstehen schwielenartige Gebilde, die durch Teilung peripherer Zellen zustande kommen und sich der Ünterlage anschmiegen. Ein

Abb. 439. Viscum album, Junge Pflanze. Längsschnitt durch den befallenen Ast mit RindensaugBträngen und Senkern. y2 nat. Gr. Original.

Abb. 440. Cuscuta Epilinum, 1—3 Keimlinge, 4 Cuscuta Epithymum, Keimling (c) eine Kleepflanze ( 0 erfassend. 6 Samen, vergr.. Nach KOCH.

330

IX. ökologische Pflanzentypen

in der Rinde mesogen entstehendes Meristem treibt dann ein Haustorium in den Wirtstengel vor. Dieses wendet sich unter Auflösung oder Durchbohrung hemmender Zellen den Gefäßbündeln zu, wo es sich pinselartig auflöst. Mittlere gestreckte Elemente werden zu Spiral- und Netztracheiden, seitlich davon verlaufen plasmareiche Schläuche (Abb. 102, S. 98). Die ersten schmiegen sich den Wasserleitungsbahnen des Wirtes an, die anderen den Siebröhren; sie können sogar unter Auflösung ihrer Membran nackte Plasmafortsätze in diese entsenden. Auf einige eng gestellte Windungen des Sprosses, der hier für Berührung empfindlich ist (vgl. S. 585) und Haustorien entwickelt, folgen gestreckte ohne solche, dann wieder die ersten usw. Endständige Triebe neigen über, treffen andere Pflanzen und entwickeln sich auf diesen weiter.

Von niederen Pflanzen leben vor allem viele Pilze parasitisch, so die Peronosporaceen, die Rostpilze (Uredineen) und Brandpilze Abb. 441. Puccinia Adoxae (Rostpilz) auf (Ustilagineen) auf Pflanzen, Saprolegnia und Adoxa Moschatellina. — Längsschnitt durch eine Rindenzelle des Stengels mit Haustorien manche Entomophtoraceen auf Tieren. Die des interzellulären Mycels. s = Zellulosescheiauf Pflanzen parasitierenden Formen entde, I = Leukoplasten. — Original. wickeln sich teils interzellulär, teils intrazellulär. I m ersten Fall gehen von den die Interzellularen der Wirtpflanze durchziehenden Haupthyphen Seitenhyphen aus, die in die Zellen eindringen und hier knopfförmige oder gelappte Haustorien bilden (Abb. 441). Die Wirtpflanze reagiert auf den Befall oft mit Gallenbildung (vgl. S. 509).

10.

Saprophyten

Als S a p r o p h y t e n bezeichnet m a n jene Pflanzen, die von toter organischer Substanz lpben. Sie werden in der Physiologie näher zu besprechen sein, hier soll nur die Morphologie einiger saprophytischer Kormophyten geschildert werden. Manche von ihnen sind nur in ihrer Jugend saprophytisch und später mit normalen Laubblättern ausgestattet. Andere hingegen behalten die saprophytische Lebensweise dauernd bei und sind demnach nicht grün, da sie alle lebensnotwendigen Stoffe aus ihrem Substrat aufnehmen. Wir wollen einige Fälle aus den Familien der Pirolaceen und Orchidaceen etwas näher beschreiben. Unter unseren einheimischen P i r o l a c e e n gibt es die laubtragenden PirolaArten und die wachsgelbe Monotropa Hypopitys (Abb. 442). Auch hier gibt nur die Keimungsgeschichte das Verständnis für die spätere Entwicklung. Bei Monotropa tritt aus dem Samen nur das W u r z e l e n d e des ungegliederten Embryos hervor, der Sproßpol stirbt bald ab. Es entwickelt sich nach der Infektion durch einen Pilz, der f ü r die Ernährung sorgt (Mykorrhiza, vgl. S. 459), zu einer größeren Wurzel von vereinfachtem Bau, die sich verzweigt und

10. S a p r o p l i y t e n

Abb. 443. Sarcosiphon (Bagnisia) episcopalis, (saprophytische Burmanniacee). Etwas vergrößert. Nach BECCARI.

331

Abb. 444. Neottla nidus auis (saprophytische Orchiilacee) Habitusbild. Yt nat. Gr.. Original.

332

Organe der Fortpflanzung

nach reichlicher Speicherung von Baustoffen endogen Blütensprosse erzeugt. Die Gattung Pirola verhält sich bei der Keimung gleich, entwickelt aber ein ausgedehnteres System dünnerer Wurzeln. Aus diesem gehen ausläuferartige grünbeblätterte Sprosse hervor. Eine ähnliche Entwicklung erfahren einige vollsaprophytischen tropischen Gentianaceen und Burmanniaceen (Abb 445.) Man kann solche Pflanzen geradezu als R h i z o p h y t e n bezeichnen. Die meisten O r c h i d e e n entwickeln sich nur in ihrer Jugend saprophytisch, einige Arten behalten diese Lebensweise aber dauernd bei, so in unserer Flora z. B. die Korallenwurz ( C o r a l l o r h i z a innata), die Nestwurz (Neottia Nidus avis) u. a.. Corallorhiza besitzt „koralloid", d. h. scheinbar dichotom verzweigte Rhizome ohne Wurzeln, aber mit Saughaaren (Abb. 326, S. 257), Neottia ein von dickfleischigen Wurzeln eingehülltes Rhizom (Abb. 444). Die Samen der Orchideen sind außerordentlich klein und leicht; sie besitzen einen ungegliederten Embryo ohne Nährgewebe. WTieder geben Pilze den Entwicklungsreiz ab und fördern die erste Ernährung (Abb. 531, S. 459). Bei der Keimung tritt hier der S p r o ß p o l hervor und verwandelt sich in ein kleines Rhizom (Protokorm). Dieses bildet meist mesogen einige Wurzeln und bei den grünen Formen später Laubsprosse aus. Die vollsaprophytischen Vertreter bilden nur Blütenstände mit gelben, braunen usw.. Niederblättern. Das Zusammenleben von Pilz und Wurzel führt zu eigenartigen Veränderungen, die erst später beschrieben werden können (S. 460).

Zweites Kapitel: Die Organe der Fortpflanzung I. Ü B E R S I C H T Lebewesen haben die Fähigkeit sich fortzupflanzen und unterscheiden sich dadurch grundlegend von der toten Materie. Die Fortpflanzung sichert den weiteren Bestand der Organismen, ja des Lebens überhaupt, da jedes Individuum nur eine begrenzte Lebensdauer besitzt. Das G e m e i n s a m e a l l e r F o r t p f l a n z u n g ist die A b s c h e i d u n g von Z e l l e n , die in d e r L a g e s i n d , e i n e n g l e i c h e n O r g a n i s m u s w i e d e r a u f z u b a u e n . Somit geht die Fortpflanzung auf Wachstum und Teilung von Zellen zurück und damit meist wieder auf die Kernteilung. E i n z e l l e r (Protisten) können bei der Fortpflanzung die Mutterzelle in zwei Hälften zerlegen oder auch in ihrem Körper eine größere Anzahl von Abkömmlingen erzeugen. In anderen Fällen nimmt nur ein seitlicher Auswuchs allmählich die Größe der Mutterzellen an, dann spricht man von S p r o s s u n g (z. B. bei Hefezellen) (Abb. 44, S. 48). Dieses Verhalten leitet über zu dem der vielzelligen Pflanzen. Bei diesen sind nur selten alle Zellen des Körpers zur Fortpflanzung befähigt. Ein solches Verhalten zeigen die Fadenalgen aus der Familie der Konjugaten, so z. B. Spirogyra. Die Mehrzahl der Algen und Pilze sowie alle höheren Pflanzen bilden nur den Inhalt weniger bestimmter Zellen für Zwecke der Fortpflanzung um; der Mutterorganismus wird also bei der Fortpflanzung nicht verbraucht. Oft treten dabei besondere Gehäuse auf, die dann nicht nur der Produk-

I. Übersicht

333

tion von Keimzellen, sondern auch dem Schutze dieser Zellen dienen; man spricht dann von F o r t p f l a n z u n g s o r g a n e n . Die Neubildung kann unmittelbar von einer einzigen Zelle ausgehen. Diese Fortpflanzungsart nennt man eine u n g e s c h l e c h t l i c h e (asexuelle oder vegetative, Agamogonie). Zellen, die dazu befähigt sind, heißen A g a m e t e n oder S p o r e n . Sie können freibeweglich sein, wobei meist Geißeln als Bewegungsorgane funktionieren; dann nennt man sie Z o o s p o r e n (Pianosporen), wie sie viele Algen und einige Pilze besitzen. Landpflanzen besitzen unbewegliche Sporen (Aplanosporen). Bei niederen Formen, so besonders bei Pilzen, werden solche einzeln oder kettenförmig abgeschnürt und heißen dann K o n i d i e n oder auch E x o s p o r e n . Sehr häufig entstehen Sporen in besonderen Gehäusen, die aus einer Zelle bestehen können oder einen vielzelligen Apparat darstellen. Das Gehäuse heißt S p o r a n g i u m , die darin befindlichen Sporen sind E n d o s p o r e n . Zur ungeschlechtlichen Fortpflanzung rechnet man auch die Fälle, in denen ganze Zellgruppen, oft von ansehnlicher Größe, sich von der Mutterpflanze lösen und einen neuen Organismus aufbauen. Beispiele dafür haben wir schon in den Brutzwiebeln und Brutknöllchen kennengelernt. Aber auch durch die Bildung von Ausläuferknollen, durch Rhizomteilung usw. kann dieses Ziel erreicht werden. Indessen spricht man in solchen Fällen besser von v e g e t a t i v e r V e r m e h r u n g . Der zweite Typus der Fortpflanzung Abb. 445. Ectocarpus siliculosus (Braunalge). besteht darin, daß zwei, oft freigewordene Kopulation der gleichgestalteten Gameten. Diese sind nur morphologisch isogam, die weiblichen Zellen miteinander verschmelzen, und zwar lassen sich nieder und verlieren ihre Zilien, wähso vollständig, daß sich meist sofort, rend sie die männlichen in großer Anzahl umschwärmen. Nach BEKTHOLD. seltener erst später, a u c h i h r e Z e l l k e r n e v e r e i n i g e n . Dieser Vorgang heißt B e f r u c h t u n g , die Kernverschmelzung auch K a r y o g a m i e . Man nennt solche Keimzellen G a m e t e n . Diese Art der Fortpflanzung ist die g e s c h l e c h t l i c h e (sexuelle oder generative, Gamogonie). Es können dabei die verschmelzenden Zellen einander völlig gleichen ( I s o g a m e t e n ) oder sie können sich physiologisch (Abb. 4 4 5 ) oder auch morphologisch unterscheiden ( A n i s o g a m e t e n ) . Die physiologische Differenzierung macht sich äußerlich dadurch bemerkbar, daß der eine Partner den andern bevorzugt aufzusuchen vermag, während bei echter Isogamie diese Fähigkeit bei beiden Partnern gleich ist. Die morphologische Differenzierung beginnt damit, daß ein Gamet größer und weniger beweglich wird, sodaß das Aufsuchen m e h r und mehr dem kleineren Partner zufällt. Dieses Aufsuchen kann nur mit Hilfe besonderer Einrichtungen und chemotaktischer Reizung (vgl. S. 602) stattfinden. Bewegliche Gameten nennt man P l a n o g a m e t e n , solche, die passiv zu ihrem Bestimmungsort geführt werden, heißen A p l a n o g a m e t e n . Als Bewegungsorgan dienen meist Geißeln oder Zilien, die passive Verbreitung erfolgt durch Wind oder Wasserströmung.

334

II. Ungeschlechtliche Fortpflanzung

Die genannte Art der Fortpflanzung nennt man deshalb eine geschlechtliche, weil die Partner, auch wenn sie einander gleichen, sich darin unterscheiden, daß die einen männlich, die andern weiblich sind. Diese Ausdrücke lassen sich ohne weiteres auch auf die niedersten Organismen übertragen, da eine geschlossene Reihe von Übergängen zwischen ihrem Verhalten und dem der höchstentwickelten Organismen besteht. Schon bei einfachen Formen finden wir, daß sie zu beiderlei Arten der Fortpflanzung befähigt sind. Vielfach wechseln diese regelmäßig miteinander ab. Geschlechtliche Vermehrung fehlt gänzlich nur bei Bakterien, Spirochäten und Cyanophyceen. Die männlichen freibeweglichen Keimzellen werden S p e r m a t o z o i d e n genannt, die unbeweglichen Spermazellen oder Spermatien, die zugehörigen weiblichen Gameten heißen, wenn sie unbeweglich sind, E i z e l l e n . Ihr Verschmelzungsprodukt wird als Zygote, der Vorgang als O o g a m i e bezeichnet. Für die Keimzellen ist charakteristisch, daß sie sehr klein sind. Eine Ausnahme machen nur manche Eizellen, was damit zusammenhängt, daß sie reichlich Reservestoffe für den Embryo speichern. Die Behälter, in denen die Gameten entstehen, haben die allgemeine Bezeichnung G a m e t a n g i e n ; die der männlichen Keimzellen nennt man A n t h e r i d i e n , die der weiblichen bei Moosen, Farnen und Gymnospermen A r c h e g o n i e n . Bei Algen undPilzen sind hierfür andere Bezeichnungen gebräuchlich. Entstehen bei niederen Organismen die Eizellen in einer einzigen Zelle, so heißt diese Oogon. Männliche und weibliche Gametangien oder Gameten können auf e i n e m Individuum nebeneinander auftreten. Dann hegt eine g e m i s c h t g e s c h l e c h t l i c h e oder m o n ö z i s c h e Form vor. Gibt es aber b e s o n d e r e männliche und weibliche Individuen, dann ist die Pflanze g e t r e n n t g e s c h l e c h t l i c h oder diözisch. Beides kommt oft bei einander sehr nahestehenden Arten vor. Die Morphologie der Geschlechtsorgane ist bei miteinander verwandten Formen so übereinstimmend, daß sie die Grundlage für die Systematik bildet. Dabei herrscht eine so große Mannigfaltigkeit, daß wir uns hier darauf beschränken müssen, das oben Ausgeführte an wenigen Beispielen zu erläutern. II. U N G E S C H L E C H T L I C H E F O R T P F L A N Z U N G (Agamogonie)

Den einfachsten Fall ungeschlechtlicher Vermehrung finden wir bei den B a k t e r i e n ; sie erfolgt durch Q u e r t e i l u n g des Individuums, einige Arten bilden auch Endosporen (Abb. 527, S. 457). Die Kleinheit der Organismen läßt Einzelheiten der Teilung kaum erkennen; da sie kernlos sind, fehlt eine Kernteilung, schließlich liegt eine Durchschnürung der Zellen vor. L ä n g s t e i l u n g findet sich z. B. bei den pennaten Diatomeen und einigen Flagellaten. Der Vorgang beginnt mit einer Kernteilung, auf die eine Längsspaltung des Plasmas (Furchung) folgt (Abb. 446). Auf dem Wege solcher Zweiteilung entstehen die schon in einem früheren Kapitel (S. 75) erwähnten Z e l l a g g r e g a t e . Viele A l g e n k o l o n i e n sind das Ergebnis wiederholter Teilungen des Kernes und Plasmas einer Zelle. Erst bilden

II. Ungeschlechtliche Fortpflanzung

335

sich zwei, dann in synchroner Teilung 4, 8, 16 usw. Zellen (sukzedane Teilung). Es kommt zu so viel Teilungsschritten, als notwendig sind, u m die Zellenzahl des Mutterorganismus wieder herzustellen. Die ganze Gruppe wird frei (\/ und wächst zu einem \1 Ä neuen Organismus heran |[ {Eudorina, Gonium, Pediastrum usw.) (Abb. 75, S. 75). In anderen Fällen erfolgt erst wiederholte Kernteilung, wo3 rauf sich simultan überall Wände bilden (Vielzellbildung), so in vielen — Sporangien \\ f Viele Algen lassen aus \ y/ einer Zelle ein oder mehr Zoosporen austreten O^K (Abb. 447, 448). Sind die / € " | r & l Ä l l ^ ^ k Mutterzellen besonders ( " 1 | ^ differenziert, so nennt VV mansieZoosporangien d e f Solche kommen aucll Al)b. 4 4 6 . Polytomella agilis ( P o l y b l e p h a r i d a c e e ) , K e r n - u n d Zellteilung. bei wasserbewohnenden

D i e F u r c h u n g erfolgt der L ä n g e n a c h s e n k r e c h t zur Kernspindel. N a c h A K A G A O aus H A R T M A N N .

336

II. Ungeschlechtliche Fortpflanzung

Abb. 448. Ulothrix zonata (Chorophycee). 1 Junger Faden. 2 Älterer Faden mit Zoosporen und Gametenbildung; a vegetative Zellen, b beginnende Zoosporenbildung, c Austritt der Zoosporen, d und g entleert« Zellen, e Gametenbilung, / Austritt der Gameten. 3 Vegetative Zelle, n Nucleus, ch Chromatophorenteile. 4 Schwärmspore. 5 Gamet. 6 und 7 Kopulation derselben (Isogamie). S Zygote. Nach DODELPORT aus WETT STEIN.

Abb. 449. Saprolegnia Thureti, 1 Zoosporanglum vor, 2 während der Entleerung. Nach THUB.ET.

Abb. 450. Pénicillium glaucum. Mycel mit verzweigten Konidientragern. Die letzten Auszweigungen (Sterigmen) schnüren an ihrer Spitze reihenweise Konidien ab. Nach iLOSSMÄSSLER-KNIEP.

I I I . Geschlechtliche Fortpflanzung

337

Pilzen vor, z. B. bei den auf Wassertieren schmarotzenden Saprolegniaceen (Abb. 449). Zoosporen verlieren nach einiger Zeit ihre Geißeln, umgeben sich mit einer Membran, worauf sie zu einem neuen Individuum auskeimen. P i l z e bilden entweder E x o s p o r e n (Konidien) oder in S p o r a n g i e n eingeschlossene E n d o s p o r e n . Als Beispiel dafür sei der bekannte Schimmelpilz Mucor Mucedo beschrieben. E r bildet aus einem horizontalen Mycel aufrechte Hyphen aus, die an ihrem Ende kugelig anschwellen (Abb. 76, S. 75). Der sonst querwandlose Pilz trennt diese Anschwellung durch eine gewölbte Wand ab, und es entstehen in der Blase zahlreiche mehrkernige Endosporen. Diese umgeben sich mit einer Membran, werden frei und bilden ein neues Mycel. K o n i d i e n b i l d u n g findet sich z. B. bei den weitverbreiteten Schimmelpilzen Aspergillus und Penicillium. Diese entwickeln K o n i d i e n t r ä g e r , die Konidien in pinselartig ausstrahlenden Ketten anlegen (Abb. 450). Es können aber auch Hyphen in Reihen kleiner Protoplasten zerfallen, die sich später durch Wandbildung voneinander trennen (Chlamydosporen). So entstehen z. B. die Sporen der Brandpilze. Die Sporenbildung der Bryophyten und Kormophyten wird in einem späteren Zusammenhang behandelt werden. III. G E S C H L E C H T L I C H E FORTPFLANZUNG (Gamogonie) Typische I s o g a m i e findet sich z. B. bei einigen ChlamydomonasArten aus der Algenordnung der Volvocales. Der einzellige Organismus besitzt zwei Geißeln. Durch sukzedane, multiple Teilung entsteht in ihm eine größere Anzahl wieder zweigeißliger Gameten. Obwohl diese äußerlich einander gleichen, erweisen sie sich doch bei der Kopulation als physiologisch verschieden. Es paaren sich nämlich nicht alle Gameten mit allen, sondern nur eine Sorte mit

Abb. 451. Chlamydomonas longistigma (Chlamydomonacee), Isogamie. Der Inhalt der einzelligen Alge teilt sich in vier Portionen (Tetraden-Reduktionsteilung), und die so entstandenen Gameten schlüpfen aus der gemeinsamen Membran. Die selbst auch behäuteten Gameten legen sich paarweise mit den Vorderenden aneinander, schlüpfen aus ihrer Wand und kopulieren. Die Zygospore (rechts unten) umgibt sich dann mit einer Membran. Bei der Keimung entstehen aus ihr mehrere neue Individuen. Nach DILL aus BROWN.

einer anderen (Abb. 451). Darin drückt sich eine geschlechtliche Differenzierung aus, die man damit bezeichnet, daß man von und Gameten spricht. Bei verwandten Arten bildet bereits das eine Individuum zahlreiche Spermatozoiden, ein anderes je eine zilienlose Eizelle aus; damit ist A n i s o g a m i e erreicht (Abb. 452). 22 v. Guttenberg, Lehrbuch der allgemeinen Botanik

338

I I I . Geschlechtliche Fortpflanzung

Auch die grüne Fadenalge Ulothrix ist isogam. Die Gameten entstehen durch wiederholte Zellteilung in einer Fadenzelle und treten wie die Zoosporen durch \ / ein Wandloch aus (Abb. 448). Bei einigen Arten der Konju\ / gate Spirogyra legen sich zwei gleichgestaltete, aber ver\ / schiedengeschlechtliche Fäll den aneinander. In jeder ^ Zelle löst sich der Inhalt I \ m von der Membran, und es /M / \ entstehen beiderseits PapilB /yorA len,diegegeneinanderwach• f « sen. An der BerührungsMfjfi IfiSl&J stelle entsteht ein Loch, und

Abb. 452. Chlorogonium oogamum (Chlamydomonacee). a vegetatives Individuum mit großem Chromatophor, das Pyrenoiden samt Stärkekörnern enthält. Über der Mitte der kreisrunde Zellkern, b männliche Zelle, deren Inhalt sich in zahlreiche stäbchenförmige Spermatozoiden aufgeteilt hat. c weibliche Zelle, deren Inhalt sich in eine Eizelle verwandelt hat. d freie Eizelle, von Spermatozoiden umschwärmt. Nach PASCHER.

der männliche Protoplast schlüpft in die Zelle des weiblichen Fadens,worauf die Verschmelzung der Plasmen und Kerne (Zygotenbildung) erfolgt (Abb. 453). Die Zygote umgibt sich mit einer derben Membran und wird dadurch zur Z y g o s p o r e . Bei verwandten Formen bewegen sich beiderlei Protoplasten zueinander und verschmelzen im Kanal. Dann liegt reine Isogamie vor. Ein Beispiel f ü r solche aus dem Pilzreich bietet Mucor Mucedo

Abb. 453. Spirogyra quinina (Konjugale). Kopulation eines männlichen (cj) und eines weiblichen () aus den verschmolzenen Gametangien entstanden (Isogamie). 4 Keimung der Zygospore. Es entsteht eine Hyphe, die glcicli ein Sporangium bildet. Vgl. den Text. Nach B R E F E L D .

III. Geschlechtliche Fortpflanzung

339

(Abb. 454). Nur Mycelien verschiedenen Geschlechtes können miteinander kopulieren. Kommen ihre Hyphen einander nahe, so bilden sie keulig verdickte Seitenäste, die aufeinander zuwachsen. Die beiden dicken Hyphenenden werden durch je eine Wand vom Mycel getrennt; an der Berührungsstelle bildet sich ein Loch. Jede Keule enthält viele Kerne, stellt also ein Gametangium vor. Bei der Ver-

Abb. 455. Fucus vesiculosus. 1 Durchschnitt durch ein Q Conceptaculum; o Oogonien, p Paraphysen. 2 Reifes Oogonium zwischen Paraphysen. 3 Eizelle von Spermatozoiden umschwärmt. 4 Keimende Zygote. 5 Durchschnitt durch ein ^Conceptaculum. 6 Antheridienträger; a Antheridien. 7 Antheridium im Momente deB Freiwerdens der Spermatozoiden. Nach T H U R E T . un £||

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C/3 , schwach veigr.. 2 Antheridium. 3 weiblicher Thallus mit Archegonträgern verschiedenen Alters, i Archegonium. 6 Keife Sporenkapsel sich öffnend und Sporen samt Blateren entlassend. 7 Diese stärker vergr.. 2 Original, die übrigen nach KNY aus WETTSTEIN.

1. Die Bryopliyten

351

kann der Gametophyt besonders gefördert werden (Bryopliyten) oder aber der Sporophyt die größere Generation darstellen (Pteridophyten, Anthophyten). I m ersten Fall ist der Sporophyt ein kleines, nicht mehr selbständiges Gebilde, bei den Anthophyten wird umgekehrt der Gametophyt weitgehend reduziert. Die Pteridophyten nehmen eine Mittelstellung ein. Zur besseren Übersicht und zur Klarstellung der Homologien sind die Entwicklungsvorgänge auf S. 346/47 einander gegenübergestellt. Man vergleiche dazu die Schemata für Algen und Pilze.

1. Die

Bryophyten

Die Entwicklung einer Moospflanze beginnt mit einer haploiden Spore. Diese keimt zu einem wenigzelligen (Lebermoose) oder vielzelligen (Laubmoose) Protonema aus. Bei den Lebermoosen wächst dieses unmittelbar zum Thallus aus, bei den Laubmoosen entstehen nach reicher Verzweigung dichtgedrängt Seitentriebe. Eine Protonemazelle scheidet erst eine Papille ab, die durch passende Teilungen eine Scheitelzelle liefert, welche die Moospflanze aufbaut. Die Fortpflanzungszellen treten in besonderen Gehäusen ( G a m e t a n g i e n ) auf, die männlichen in A n t h e r i d i e n , die weiblichen in A r c h e g o n i e n . Bei dem weitverbreiteten diözischen Lebermoos Marchantía polymorphe, gibt es eigene Antheridien- und Archegonienstände, die umgewandelte Thalluslappen sind (Abb. 463). Die ersten enden mit einer wellig umrandeten Scheibe, die eine größere Anzahl

Abb. 464. Marchantia sp., A junger, im vergrößerten Archegonbauch eingeschlossener Embryo (Sporophyt). Der Archegonhals ¡Bt abgestorben, das Pseudoperianth (außen) hat sich schon entwickelt. B Sporophyt vor der Streckung des Stieles, der mit drüsigen Fußzellen dem Archegongrunde aufsitzt. In der Kapsel Sporen und Elateren. Nach W. H. BROWN.

332

V. Die Fortpflanzung der Brvopliyten, Pteridophyten und Anthophyten

flaschenförmiger Hohlräume besitzt; diese münden mit einem Kanal frei nach außen. An ihrem Grunde entspringt je ein Antheridium, das aus einem wenigzelligen Fuß, einer einschichtigen Wand und dem spermatogenen Gewebe besteht. Dieses liefert durch zahllose Teilungen eine sehr große Anzahl von Spermatozoidmutterzellen, die je zwei S p e r m a t o z o i d e n ausbilden. Bei der Reife werden sie dadurch frei, daß ein Regentropfen kapillar in den Flaschenhals eindringt, die Wandzellen zur Quellung und die Antheridiumspitze zur Auflösung bringt. Durch den Wanddruck werden dabei die Spermatozoiden ausgespritzt. Sie sind langgestreckt, bestehen fast nur aus dem gleichgestalteten Zellkern und tragen am spitzen Ende einen Blepharoplasten und zwei lange Geißeln. Die Archegonienstände entwickeln schirmförmig angeordnete, eingerollte Strahlen. Durch die Einrollung kommen die A r c h e g o n i e n auf die Unterseite zu liegen. Sie haben eine flaschenförmige Gestalt und besitzen eine einschichtige Wand, die oben einen Hals-, unten einen Bauchteil liefert. I m Hals liegen einige Halskanalzellen, im Bauchteil die E i z e l l e , dazwischen die Bauchkanalzelle. Zur Befruchtung öffnet sich der Archegonhals an seinem apikalen Ende, und der Inhalt löst sich bis auf die Eizelle auf. Die dabei freiwerdenden Eiweißkörper leiten die Spermatozoiden chemotaktisch (vgl. S. 602) zur Eizelle, und eines von ihnen verschmilzt, nach Abwerfen der Geißeln, mit dieser. Das Befruchtungsprodukt, die Z y g o t e , liefert einen Embryo (Abb. 464 A), der auch hier erst eine Quadrantenteilung durchmacht.

Abb. 465. 1 Milium cuspidatum, junges Archegoniuin; hc Halskanalzellen, bc Bauchkanalzelle, o Eizelle. 2 Keife Archegonien mit Paraphysen. 3 Polyirichum commune, Antheridien und Paraphysen. 1 nach H O L F E R T Y , 2 und 3 nach LIN'K.

1. Die Bryopliyten

353

Durch weitere passende Teilungsschritte entsteht dann eine W andschicht und im Inneren ein s p o r o g e n e s G e w e b e (Archespor). Die Wand ist oben einschichtig, unten zu einem Fuß verstärkt, der einem drüsig gewordenen Gewebe aufsitzt, das den Embryo mit Stoffen versorgt. Die Binnen^ zellen teilen sich so, daß je eine große und eine / schmale Zelle entstehen. Ist die Entwicklung weit genug fortgeschritten, so vollzieht sich in den /¡giM^k größeren Zellen, den S p o r e n r n u t t e r z e l l e n i^^^tMik^ (Gonotokonten), eine T e t r a d e n r e d u k t i o n s J^i^d&fW^ t e i l u n g , aus der je vier S p o r e n (Gonen) hervorgehen, von denen zwei männliche, zwei weib1 ' liehe Pflanzen liefern. Die schmalen Zellen a. dienen schließlich als E l a t e r e n der SporenVerbreitung (vgl. S. 551). Das Endprodukt der ^^m^^gSB^ä embryonalen Entwicklung ist somit eine kleine j^T^B^ifflSHM^-ä. S p o r e n k a p s e l ( S p o r o g o n Abb. 464B). Bei ihrem Heranwachsen vergrößert sich der ArcheJp| _ Jii-^^^ffi'WS gonbauch unter Teilungen, während der Halsteil abstirbt. Außen bildet sich eine Hülle, das ein'^tsjäRS^I schichtige P s e u d o p e r i a n t h . Schließlich tritt die Kapsel durch starke Streckung ihres Fußstückes, das dabei stielähnlich wird, aus dem Archegon hervor. Ein besonderer Öffnungsmechanismus der Kapselwand (vgl. S. 550) führt zur Öffnung und ermöglicht unter Mithilfe der Elateren die Sporenverbreitung (Abb. 463). Marchantia besitzt also, wie alle Moose, einen wohlentwickelten haploidenGametophyten (dieMoospflanze), während der diploide S p o r o p h y t nur aus einer S p o r e n k a p s e l besteht, die nicht mehr selbständig ist. Bei den L a u b m o o s e n liegen die Verhältnisse ähnlich, doch stehen Antheridien und Archegonien hier frei an der Spitze oder seitlich an der Moospflanze (Abb. 465). Der Embryo bildet vielfach ein viel höher differenziertes Sporogon, das aus einem Stiel (Seta) und der Kapsel besteht (Abb. 182). Diese hat oft komplizierten Bau, indem eine vielzellige Wandschicht auftritt, innerhalb welchcr

Abb. 400. Polytricluim sp., Längsschnitt durch das Sporogon. a S i n g , d Deckel, c Kolumella, Ii diaphragmaartige Verbreiterung derselben, sp Sporenmasse vom Sporensack umgeben. Kach D O D E L POILT.

ein hohlzylindrischer Sporensack mit Archespor folgt, der selbst wieder eine kleine Säule, die Kolumella, umschließt (Abb. 466). Die Sporen werden dadurch frei, daß sich ein besonderer Deckel von der Kapsel löst. Sogenannte Peristomzähne regeln durch hygroskopische Bewegungen die Sporenaussaat (vgl. S. 549).

23

v. G u t t e n b e r g , Lehrbuch der allgemeinen Botanik

354

V. D i e Fortpflanzung der Bryophyten, Pteridophyten und Antliophyten

2. Die

Pteridophyten

Bei den P t e r i d o p h y t e n läßt sich eine, oft sehr weitgehende R e d u k t i o n des G a m e t o p h y t e n beobachten. Die F a r n p f l a n z e ist der S p o r o p h y t . Auf der Unterseite aller oder besonderer Wedel (Sporophylle) entwickeln sich, zu Gruppen (Sori) gehäuft, S p o r a n g i e n (Abb. 467). Diese bestehen bei den leptosporangiaten Farnen aus einem zarten Stiel und einer Sporenkapsel; sie sind epidermale Gebilde. Die Kapsel zeigt in ihrer Jugend eine W a n d s c h i c h t , zwei T a p e t e n s c h i c h t e n und ein s p o r o g e n e s G e w e b e (Archespor). Die

Abb. 467. Dryopteris

Filix

mas, Querschnitt durch einen Sorus. a Blattgewebe, i Indußium. Nach KNY.

Tapeten lösen sich auf, ihre Stoffe werden bei der Sporenbildung verbraucht. Diese ist wieder das Resultat einer T e t r a d e n r e d u k t i o n s t e i l u n g . Ein Öffnungsmechanismus der Wand ermöglicht die Sporenaussaat (vgl. S. 549). Aus den gleichwertigen Sporen entstehen bei der Keimung kleine herzförmige oder gelappte grüne Pflänzchen, die haploiden P r o t h a l l i e n (Gametophyt) (Abb. 468). Sie entwickeln auf ihrer Unterseite A n t h e r i d i e n und A r c h e g o n i e n (Abb. 469). Die ersten sind sehr einfach gebaut: eine wenigzellige, kugelige Wandschicht umhüllt Mutterzellen, die S p e r m a t o z o i d e n liefern. Diese treten durch ein Loch der Deckelzelle aus, sind spiralig gewunden und besitzen einen gleichgestalteten Kern mit einem Flimmerband (Blepharoplast -f- Zilien, vgl. S. 28). Die A r c h e g o n i e n ähneln denen der Moose, doch ist der Bauchteil in das prothalliale Gewebe eingesenkt. Nach der Auflösung der Hals- und Bauchkanalzelle öffnet sich das Archegon kragenförmig und gibt so den Weg für die Spermatozoiden frei, die

2. Pteridophyten

355

« I i i Abb. 468. Dryopteris

sp. (leptosporangiater Farn), Prothallium von der Unterseite gesehen, mit lthizoiden, Arehegonien im oberen, Antlieridien im unteren Teile. Nach KNY.

356

V. Die Fortpflanzung der Bryophyten, Pteridophyten und Anthophyten

auch hier chemotaktisch angelockt werden. Ein Spermatozoid vereinigt sich mit der großen Eizelle. D a die Prothallien dem Boden anliegen, ermöglichen schon wenige Regentropfen die Befruchtung. Die Z y g o t e wächst zu dem schon bes c h r i e b e n e n E m b r y o ( S . 165, Abb. 184), dieser zur F a r n p f l a n z e heran. Wie bei den Moosen fällt auch hier Kernphasenund Generationswechsel zusammen.

Abb. 470. 1 Saluinia

l nalans, l'ihmze in nat. Gr.. W Wasserblätter. 2 a Ein Makro-, b ein Mikrosporangiensorus durchschnitten. 1 Nach W E T T S T E I N , 2 nach L U E R S S E N .

Spezialisierte Sporophylle besitzen besonders die Schachtelhalme (vgl. S. 274). Diese Gewächse sind indessen nur mehr äußerlich isospor. Daß die Sporen innere Verschiedenheiten aufweisen, geht nämlich klar daraus hervor, daß sie bei ihrer Keimung 5 0 % männliche Prothallien (also solche mit Antheridien), 5 0 % weibliche Prothallien (mit Archegonien) liefern.

Abb. 471. Salvinia

natans. 1 Mikrosporangium, 2 Makrosporangium. Mi Mikro-, Ma Makrosporen, Sp Sporangiumwand, P Periplasmodium. Original.

2. P t e r i d o p h y t e n

357

E i n e n w e i t e r e n Entwicklungsschritt finden wir bei j e n e n P t e r i d o p h y t e n , deren Sporen auch morphologisch verschieden sind. Diese h e t e r o s p o r e n F a r n e zeigen in i h r e r Fortpflanzung klare Homologien m i t d e n A n t h o p h y t e n u n d bilden so eine wichtige V e r b i n d u n g zwischen diesen u n d d e n F a r n g e w ä c h s e n . Heterospor sind einige W a s s e r f a r n e , so z. B. Salvinia natans. Das kleine s c h w i m m e n d e Pflänzchen bildet Abb. 472. Salvinia natans, männliches (Hikro-) Prothallium. A Teilung der Mikrospore in die Zellen 1, 2, 3. B Prothallium von der Seite, C von vorne gesehen. Aus Zelle 3 sind zwei vegetative Zellen p entstanden, deren untere einem Khizoid entspricht. Die Zellen 1 und 2 haben je zwei sterile Wandzellen gebildet, die eine generative Zelle einschließen. Jeder dreizellige Komplex entspricht einem Antheridium. sp die spermatogenen Zellen, die je zwei Spermatozoiden lieiern. Abgeändert nach BELAJEFF.

Abb. 473. Salvinia natans. 1 Ausgekeimte Makrospore mit weiblichem Prothallium, p Periplasmodium, e Wand der entleerten Spore S, sput Sporangienwand, pr Prothallium, ar Archcgonrest, embr Embryo mit Fuß (/), Kotyledo (!>!,), Sproßscheitel (st) und zwei Blattanlagen (bl2, bl,); Vergr. vierzigmal. 2 Keimpflanze, sp Sporangium mit Makrospore und Prothallium pr, S Kotyledo. 3 Keimpflanze, Kotyledo von der Breitseite, 2 und 3 zwanzigmal vergrößert. 4 Noch geschlossenes Archegon, stark vergr.. Nach PRINGSHEIM.

358

V. Die Fortpflanzung der Bryophyten, Pteridophyten und Anthophyten

neben Laubblättern zerschlitzte Wasserblätter, die an ihrem Grunde kleine kugelige Gehäuse (Sporangienbehälter) entwickeln (Abb. 470). Ein Teil dieser Blasen enthält je einen Sorus von vielen M i k r o s p o r a n g i e n , andere einen solchen von wenigen M a k r o s p o r a n g i e n . Das Archespor der ersten liefert bei der Tetradenreduktionsteilung 64 kleine Mikrosporen, das der zweiten nur je eine Makrospore, da alle Restkerne zugrunde gehen (Abb. 471). Das T a p e t u m löst sich auf und bildet schaumige Hüllen um die Sporen (Periplasmodium). Bei der Keimung erzeugen die im Sporangium verbleibenden M i k r o s p o r e n einen Zellfaden, der ein m ä n n l i c h e s P r o t h a l l i u m darstellt. Durch einige Teilungsschritte entstehen zwei A n t h e r i d i e n , die je zwei S p e r m a t o z o i d e n entwickeln



Abb. 474. Abies alba. 1 Männlicher Blutenstand, d Deckblätter, liat. Gr.. 2 Männliche Einzelblüte vergr.. 3 und 4 Pollenblätter von vorne (3) und von der Seite (4) gesehen; a Pollensäcke, b Konnektiv, vergr.. ä Weibliche Infloreszenz nat. Gr., 6 weibliche Blüte, 7 deren unterer Teil vergr., d Deckschuppe, / Fruchtschuppe, s Samenanlagen. 8 Fruchtzupfen verkl., /, d wie früher. U, 7 nach HF.MPEL und WILHELM, die übrigen nach WETTSTETX.

5. Gymnospermen

359

(Abb. 472). Jede M a k r o s p o r e keimt zu einem größeren, ergrünenden weiblichen P r o t h a l l i u m aus, das sich aus den reichen Reservestoffen der Makrospore, mit der es verbunden bleibt, versorgt. Es trägt oberseits einige A r c h e g o n i e n (Abb. 473). Weitere heterospore Pteridophyten sind Marsilea, Pilldaria, Isoetes und Selaginella, während das dieser nahe verwandte Lycopodium isospor ist. Allen Pteridophyten ist gemeinsam, daß der Gametophyt ein kleines thallöses, im Extrem nur mehr wenigzelliges Prothallium darstellt. Der Sporophyt hingegen kann seine Entwicklung bis zur Bildung baumähnlicher Formen steigern. 3.

Gymnospermen

Für diesen Stamm seien die K o n i f e r e n als Beispiel gewählt. Wie wir schon hörten, besitzen solche zapfenförmige Blüten, die Sporophyllständen homolog sind (Abb. 474). Die m ä n n l i c h e B l ü t e trägt, z. B. bei der Kiefer oder Tanne, an ihrer Achse dichtgedrängt schuppenförmige S p o r o p h y l l e . Diese besitzen unterseits nebeneinander zwei M i k r o sporangien, die mein hier P o l l e n s ä c k e nennt. AlsMikrosporangien lassen sie sich dadurch erkennen, daß sie, wie solche, eine Außenwand mit Öffnungsmechanismus, eine Tapetenschichte und ein A r c h e s p o r aufweisen. Sobald dieses die endgültige Zellenzahl erreicht hat, schreitet es zur Reduktionsteilung, die Tetraden von P o l l e n 475. Pinus Laricio, Querschnitt durch ein Mikrosporophyll (Pollenk ö r n e r n = Mikro- Abb. blatt). e Epidermis, t Tapetum, tb Tetradenbiidung. Man sieht Telophasen sporen liefert (Abb. der ersten Teilung und Meta-Telophasen der zweiten Teilung sowie junge Tetraden. Nach COULTER und CHAMBERLAIN. 475). Der junge, w e i b l i c h e T a n n e n z a p f e n (Abb. 474) besteht aus derben, später verholzenden Schuppen, die am Grunde je zwei S a m e n a n l a g e n tragen; diese sind M a k r o s p o r a n g i e n homolog. Sie sind an die Fruchtschuppe angewachsen und bestehen aus einer mehrschichtigen äußeren Hülle, dem I n t e g u m e n t , das einen eiförmigen Gewebekörper, den N u c e l l u s , einschließt (Abb. 478). Das Integument ist an der nach unten gekehrten Seite offen, der Eingang heißt M i k r o p y l e . Der Nucellus bildet hier ein kleines Grübchen, die sog. Pollenkammer. Eine Zelle des Nucellus vergrößert sich, speichert Plasma und wird zur einzigen M a k r o -

360

V . D i e Fortpflanzung der Bryopliyten, Pteridophyten und Anthophyten

s p o r e n m u t t e r z e l l e (Archespol'). Es erfolgt eine T e t r a d e n r e d u k t i o n s t e i l u n g , bei der die vier Abkömmlinge h i n t e r e i n a n d e r in einer Reihe liegen. Drei der neugebildeten haploiden Kerne gehen samt Plasma zugrunde, der vierte liegt in einer plasmareichen großen Zelle, die einer M a k r o s p o r e homolog ist, und die man hier als E m b r y o s a c k bezeichnet. Die Reduktion des weiblichen

6 Abb. 470. Entwicklung des Pollcnsclilauches von Pinus. 1 Pinns silvcslris, Pollenkorn. 2—6 Pinus Laricio, Pollenkorn in aufeinanderfolgenden Entwicklungsstadien. p reduzierte Prothalliumzcllen, a antheridiale Zelle, sk Wandzelle resp. Wandzellkem, vk Pollenschlauchkern, gk generative Kerne (in 5 vor der Teilung), fl blasige Auitreibungen der Pollenkormvand. — I n 5 erscheint der Pollenschlauch schon gebildet; 6 Ende des Pollenschlauches unmittelbar vor der Befruchtung. 1 nach L U E R S S E N , 2—6 nach COTJLTER und C H A M B E R L A I N .

Archespors ist uns schon von den heterosporen Pteridophyten her bekannt. Ihre Bedeutung dürfte darin liegen, daß nunmehr alles Nährmaterial des Makrosporangiums e i n e r Makrospore und ihrem Entwicklungsprodukt zukommt. In der weiteren Entwicklung bilden beiderlei Sporen P r o t h a l l i e n . In der M i k r o s p o r e kommt es zunächst zu einer oder mehr Kernteilungen (Abb. 476), wodurch Zellen entstehen, die P r o t h a l l i u m z e l l e n homolog sind. Meist sind sie wandständig, klein und kurzlebig. Die größte übrigbleibende, v e g e t a t i v e Z e l l e scheidet dann noch eine a n t h e r i d i a l e Z e l l e ab, die sich später ihrerseits in eine s p e r m a t o g e n e ( S p e r m a t i u m - M u t t e r z e l l e ) und eine W a n d - ( F u ß - )

3. Gymnospermen

361

Z e l l e teilt. Dieses Gebilde e n t s p r i c h t ' e i n e m A n t h e r i d i u m . Ist ein Pollenkorn durch den W i n d auf einen weiblichen Zapfen ü b e r t r a g e n worden u n d dabei d u r c h die Mikropyle in die P o l l e n k a m m e r gelangt, so k e i m t es zu einem Pollenschlauch aus. D i e Mikropyle kann hier unmittelbar bestäubt werden, da die G y m n o spermen, w i e ihr N a m e sagt, keine geschlossenen Fruchtknoten besitzen; die Makrosporophylle lassen zur Zeit der B e f r u c h t u n g schmale Spalten zwischen sich frei, so daß von der u n g e h e u r e n M e n g e des erzeugten Pollens einige Körner bis z u m Makrosporangium gelangen. Bei der P o l l e n k e i m u n g (Abb. 476) wird die kutinisierte äußere H ü l l e , die E x i n e , gesprengt, w ä h r e n d die innere Zellulosewand, die I n t i n e , d e n breiten Pollenschlauch liefert. I n diesem w a n d e r t der vegetative K e r n voran, i h m folgt die generative Zelle. D i e s e teilt sich nochmals u n d liefert zwei S p e r m a zellen. F ü r den Anschluß der G y m n o s p e r m e n a n die Pteridophyten ist bedeutungsvoll, daß Gingko biloba u n d die Cycadeen noch große Spermatozoiden mit Zilienbändern besitzen (Abb. 477). Bei den Koniferen bestehen die S p e r m a Abb. 477. Zamia muricata (Cycadee), Spermatozoiden. 1 Die beiden Spermatozoiden nahezu reif im optischen L ä n g s s c h n i t t e ; n K e r n e , zellen n u r aus einem großen c Cytoplasma. 2 Reifes Spermatozoid, 3 Stück des R a n d e s mit WimperKern u n d einer zarten Plasbüscheln. Nach W E B S T E R . mahülle. D i e K e i m u n g der M a k r o s p o r e (des E m b r y o s a c k e s ) vollzieht sich i m N u cellusgewebe der S a m e n a n l a g e . E r s t treten viele freie K e r n t e i l u n g e n in d e m sich rasch vergrößernden Embryosack auf. D a n n erfolgt W a n d b i l d u n g , wodurch ein ansehnliches weibliches (Makro-) P r o t h a l l i u m zustande k o m m t , das schließlich bis n a h e an die Mikropyle heranreicht. A n d i e s e m E n d e entstehen zwei oder m e h r A r c h e g o n i e n (Abb. 478). Sie sind als solche deutlich d u r c h den eingesenkten B a u c h t e i l u n d einem bis zur Prothalliumoberfläche reichenden H a l s t e i l charakterisiert. Als Inhalt erscheint eine B a u c h k a n a l z e l l e sowie ein sehr großes, m i t Reservestoffen erfülltes E i ; eine Halskanalzelle fehlt. D a s v e g e t a tive G e w e b e des Prothalliums bezeichnet m a n als p r i m ä r e s E n d o s p e r m . D i e B e f r u c h t u n g erfolgt durch Eindringen des Pollenschlauches in Nucellus u n d H a l s k a n a l . E r stülpt sich in die Eizelle vor, löst seine W a n d a n der Spitze auf u n d entleert seine K e r n e in das E i p l a s m a . D e r größere der beiden S p e r m a kerne l e g t sich an den Eikern an u n d verschmilzt m i t diesem. D i e E n t w i c k l u n g der so entstandenen Z y g o t e z u m E m b r y o w u r d e bereits beschrieben (S. 165, Abb. 185, S. 166). Zwischen Bestäubung und Befruchtung liegt oft ein großer Zeitraum. Bei der Kiefer z. B. beginnt die Entwicklung des Makroprothalliums erst nach der Bestäubung. Die zunächst rotbraunen, kleinen Zapfen wachsen bis zum nächsten Frühjahr zu viel größeren, grünen heran,

362

V. Die Fortpflanzung der Bryophyten, Pteridophyten und Anthophyten

erst dann sind die Archegonien fertiggestellt. N u n k o m m t es zur Bildung des Pollenschlauches m i t Spermatien und zur B e f r u c h t u n g . D e r Zapfen vergrößert sich wieder und läßt die S a m e n erst zu Beginn des dritten J a h r e s austreten.

Bei den Gymnospermen ist also der haploide G a m e t o p h y t (das Prothallium) noch weiter reduziert als bei den Pteridophyten. Das männliche Prothallium wird schon im Pollenkorn angelegt und vergrößert sich bei dessen Keimung zum

2

Abb. 478. 1 Pinus Laricio, Samenanlage längs durchschnitten, i Integument, nNucellus, pl durch diesen eindringender Pollenschlauch, e primäres Endosperm ( = weibliches Prothallium) mit zwei Archegonien a, die je eine große Eizelle enthalten. 2 Pinus sylvestris, Längsschnitt durch den obersten Teil der Samenanlage im zweiten Vegetationsjahr. i,n,e wie oben, o Eizelle, h Halskanal, bc Bauchkanalzelle des Archegoniums, pt Pollenschlauch, vk vegetativer Kern, gk generative ( = Sperma-) Kerne. 1 Vierzehnmal vergr.. Nach COULTER und CHAMBERLAIN. 2 Fünfzigmal vergr.. Nach STRASBTJRGER.

Pollenschlauch; an Stelle eines Antheridiums gibt es nur mehr eine Wand- und eine spermatogene Zelle. Das weibliche Prothallium ist reicher entwickelt, besitzt noch Archegonien, hat aber seine Selbständigkeit verloren. Die gymnosperme Pflanze selbst ist der diploide S p o r o p h y t . 4.

Angiospermen

Die S p o r o p h y l l e d e r A n g i o s p e r m e n b l ü t e sind die S t a u b b l ä t t e r und die F r u c h t b l ä t t e r . Ihre Gestalt und Anordnung wurden schon früher (vgl. S. 275) besprochen. Die Theken der A n t h e r e n enthalten meist je zwei P o l l e n s ä c k e , die M i k r o s p o r a n g i e n homolog sind. Dementsprechend besitzen sie eine oft kompliziert

4. Angiospermen

363

gebaute W a n d mit Öffnungsmechanismus (s. S. 550), eine T a p e t e n s c h i c h t und ein A r c h e s p o r (Abb. 479). Durch T e t r a d e n r e d u k t i o n s t e i l u n g entstehen in diesem aus P o l l e n m u t t e r z e l l e n P o l l e n k ö r n e r = M i k r o s p o r e n . Die Tapetenschicht zeichnet sich durch großen Plasmareichtum aus, häufig sind ihre Zellen zweikernig (Abb. 6, S. 17). Sie dient der Ernährung der Pollenkörner und / Y '' \ * \ \

Abb. 479. Homologien im B a u der Sporangien von 1 Asplenium Adiantum-nigrum (Farn) und 2 Symphytum o/ftcinale (Angiosperme, Pollensack), w Wandschichte, l Tapetum, M Sporenmutterzellschichte (Archespor.). 1 N a c h S A D E B E C K , 2 nach G O E B E L .

kann amöboid werden, d. h. zu einer gemeinsamen Plasmamasse (Periplasmodium) zusammenfließen. Die äußere Wand gliedert sich in das epidermale Exothecium und ein oft mehrschichtiges Endothecium (vgl. S. 550). Die F r u c h t b l ä t t e r sind M a k r o s p o r o p h y l l e , da sie S a m e n a n l a g e n , die M a k r o s p o r a n g i e n entsprechen, entwickeln. Das Bildungsgewebe der Samenanlagen heißt P l a c e n t a ; diese kann im einzelnen an verschiedenen Stellen der Fruchtwand auftreten, die ursprüngliche Anordnung ist eine randständige. Die S a m e n a n l a g e n besitzen einen kürzeren oder längeren Stiel, den F u n i c u l u s . Ist dieser gerade und aufrecht, so nennt man die Samenanlage a t r o p , ist er gekrümmt und dann A b b . 480. 1 Atrope Samenanlage, 2 kampylotrope Samenanlage, 3 anatrope Samenanlage. J äußeres, i inneres Integumeist mit dieser über eine Strecke ment, n Nucellus, / Funiculus. N a c h B A I L L O N . verwachsen, so bezeichnet man sie als a n a t r o p ; ist sie in sich selbst gekrümmt, so heißt sie k a m p y l o t r o p (Abb. 480). Jede Samenanlage besitzt ein oder zwei I n t e g u m e n t e und einen N u c e l l u s . Die Stelle, an der sich die Integumente zusammenschließen, heißt die M i k r o p y l e , der basale Teil des Nucellus C h a l a z a (Abb. 481). Die oberste subepidermale Zelle des Nucellus vergrößert sich frühzeitig, speichert Plasma und besitzt einen großen Kern. Sie ist die A r c h e s p o r z e l l e ; gibt sie noch eine flache D e c k z e l l e ab, so spricht man vor der Teilung von einem p r i m ä r e n , nach der Teilung von einem s e k u n d ä r e n Archespor. In diesem vollzieht sich die

V . D i e Fortpflanzung der Bryophyten, Pteridopliyten und Anthopliyten

R e d u k t i o n s t e i l u n g . Während es aber in der Pollenmutterzelle meist zu einer tetraedischen Anordnung der Sporen kommt, liegen hier die Zellen h i n t e r e i n a n d e r in einer Reihe (Abb. 482). Sie sind Anlagen von M a k r o s p o r e n . In der Regel gehen aber drei der neugebildeten Zellen zugrunde, nur eine, meist die innerste, bleibt erhalten, sie wird auch hier als E m b r y o s a c k bezeichnet. Die Einzelligkeit des Archespors ist die Regel, doch gibt es genug Fälle, in welchen es mehrzellig wird, wo also ein s p o r o g e n e s G e w e b e vorliegt. Aber auch dann kommt schließlich nur eine der gebildeten Makrosporen zur weiteren Entwicklung. Die K e i m u n g d e r P o l l e n k ö r n e r erfolgt auf der Narbe. Abb. 481. Iris sibirica, anatrope Samenanlage im Längsschnitte; J äußeres, i inneres Integument, f Funiculus, pl Plazenta, n Nucellus, m Mikrophyle, p Pollenschläuche, c Embryosack, o Eizelle, s Synergiden, a Antipoden, en Polkerne. Modif. nach DODEL-PORT aus WETT S T E I N .

Abb. 482. Canna indica, Bildung des Embryosackes in der Samenanlage. Tetradenteilung der EmbryosackMutterzelle (Fig. 1 sp.). Die vier Zellen a—d in Fig. 3 entsprechen den vier Sporen einer Makrosporenmutterzelle (Makrosporen); d zunächst einkerniger Embryosack; a—c gehen später zugrunde. Nach WIEGAND.

4. A n g i o s p e r m e n

365

Schon vorher hat in ihnen eine Kernteilung stattgefunden, bei der eine große v e g e t a t i v e und eine kleine g e n e r a t i v e Z e l l e entsteht (Abb.485). Diese besitzt oft so wenig Plasma, daß n u r ein generativer Kern vorzuliegen scheint. Sie teilt sich vor oder nach der Bestäubung nochmals und liefert so zwei S p e r m a z e l l e n (Abb. 484). Die vegetative Zelle wächst zu einem P o l l e n s c h l a u c h aus, der chemotrop (S. 585) zur Samenanlage geleitet wird. Dies wird oft durch einen präformierten, aus drüsigem Gewebe Stoffe liefernden G r i f f e l k a n a l erleichtert. Ausnahmsweise kann der Schlauch auch von unten her in die Samenanlage eindringen (Chalazogamie). Die e i f ö r m i g e M a k r o s p o r e bleibt i m Nucellus eingeschlossen. Als Keimungsprodukt erscheint kein eigent- Abb. 483. Lilium Marlagon, Pollenkörner a vor und b nach der Bildung der generativen Zelle gz. v vegetativer liches ProthalKern. Nach GTJIGNARD. '.'• U ' lium mehr. Vielmehr teilt sich n u r der Zellkern, der p r i m ä r e r E m b r y o s a c k k e r n heißt, in zwei zu den Polen wandernde Kerne, die hier in zwei weiteren Teilungsschritten je vier Zellen bilden (zweikerniger, vierkerniger, achtkerniger Embryosack). Auf beiden Seiten verbleiben drei Kerne am Entstehungsort, während die zwei restlichen in die Zellmitte wandern und hier verschmelzen (Abb. 485). D e r so entstandene Kern heißt s e k u n d ä r e r E m b r y o s a c k k e r n oder auch p r i m ä r e r E n d o s p e r m k e r n , da er den Ausgang f ü r die Bildung dieses Gewebes darstellt. Als Verschmelzungsprodukt .. -ü> ist er diploid. Die nahe der Mikropyle befindlichen drei Kerne umgeben sich mit Plasma samt Hautschicht. So entsteht der E i a p p a r a t , der sich aus zwei seitlichen S y n e r g i d e n und einer E i z e l l e zusammensetzt. Auf der Gegenseite bilden sich in ähnlicherWeise die drei A n t i p o d e n . Will c-4. m a n die Homologisierung weiterführen, so kann m a n den Eiapparat als ein unvollständiges Archegon betrachten, die übrigen Kerne oder Zellen als Best eines vegetativen Prothalliums; doch sind auch andere Deutungen möglich.

Kim Abb. 484. Vallisneria spira/iSjTeileinesPollenschlauches. a Schlauchplasma, b Spermazellen, c vegetativer Kern. Nach WYLIE.

Zur B e f r u c h t u n g (Abb. 485, 481) dringt der Pollenschlauch bis zum Eiapparat vor. Er durchbohrt den Embryosack und tritt meist in eine Synergide ein, die dabei zugrunde geht. N u n m e h r öffnet er sich an der Spitze, vielleicht unter Mithilfe von Synergidenstoffen, u n d seine Kerne treten aus. Von diesen geht der vegetative bald zugrunde, ein Spermakern (oder Spermatium) tritt in die Eizelle ein und

366

V . D i e Fortpflanzung der Bryophyten, Pteridophyten und Anthophyten

vollzieht damit die Befruchtung. Der zweite Spermakern wandert zum sekundären Embryosackkern und verschmilzt mit ihm, so daß dieser triploid wird. Dieses Verhalten hat dazu geführt, daß man von einer „ d o p p e l t e n B e f r u c h t u n g " der Angiospermen spricht. Aus der Z y g o t e entwickelt sich der schon früher besprochene Embryo. Der triploide Zentralkern teilt sich oft sehr reichlich, bevor es zu einer Wandbildung kommt, diese kann aber auch gleich erfolgen (nukleare und zelluläre Endospermbildung). Das so entstandene Gewebe

Abb. 485. Lilium Martagon, Befruchtungsvorgang. 1 Embryosack vor der Befruchtung. 2 Moment der Befruchtung; der eine der beiden generativen Kerne (g,) verbindet sich mit dem Eikern e, der zweite (ff,) mit den beiden Pol* kernen p . s Synergiden, a Antipoden. Nach GUIGNARD.

Abb. 486. Lepidium, nukleare Endoepermbildung. end Endosperm, k Embryo. Nach GUIGNARD.

nennt man s e k u n d ä r e s E n d o s p e r m , da es ja nicht wie bei den Gymnospermen ein primäres Prothalliumgewebe, sondern ein sekundäres Produkt darstellt (Abb. 41 u. 486). Während dieser Vorgänge vergrößert sich der Embryosack bedeutend und verdrängt dabei den Nucellus. Seltener bleiben Teile von diesem als sogenanntes P e r i s p e r m erhalten. Auch die ganze Samenanlage nimmt beträchtlich an Umfang zu und bildet sich nach und nach zum S a m e n um. Aus den I n t e g u m e n t e n entsteht schließlich die S a m e n s c h a l e , die das massige E n d o s p e r m (Nährgewebe) und den E m b r y o (den jungen diploiden Sporophyten) einschließt. Die geschilderte Art der Entwicklung des Embryosackes kann als die normale bezeichnet "werden. Es muß aber bemerkt werden, daß vielerlei Abweichungen

5. Sonderfälle der E m b r y o n a l e n t w i c k l u n g

beobachtet wurden. Hier sei nur erwähnt, daß in einigen Fällen der Embryosack durch Verschmelzung der vier Makrosporen zustande kommt oder sogar direkt (aber unter Reduktionsteilung) aus der Makrosporenmutterzelle entsteht. 5. der

Sonderfälle Embryoimlentwicklung

Wie wir hörten, entsteht normalerweise ein Sporophyt aufGrund eines Befruchtungsvorganges. Ausnahmsweise kann er aber ohne einen solchen Zustandekommen. Dann spricht man von A p o m i x i s . Andererseits ist die normale Entstehungsweise eines Gametophyten die aus einer Spore. Kommt er auf andere Weise zustande, so hegt A p o s p o r i e vor. Geht bei der Apomixis die Entwicklungvon einer unbefruchtetenEizelle aus, so nennt man dies P a r t h e nogenesis. Bei Marsilea mondi

wickelt

Drumz. B .

sich

ent-

die

Abb. 488. 1 Alchemilla pastoralis, diploid-parthenogenettsche Weiterentwicklung der Eizelle (e) und NucellarembryobMaag(n). Z Alchemilla sericata, diploid-parthenogenetische Weiterentwicklung der Elzelle (e) und apogame Fortentwicklung einer Synergide (syne). ant Antipoden. Nach MURBECK.

Abb. 487. Marsilea Drumondii (Wasserfarn), Parthenogenetisch entstandener Embryo. Das Archegon hatte sich nicht geöffnet, man sieht die erhaltene Bauchkanalzelle. Nach STRASBURGER.

368

V. D i e Fortpflanzung der Bryophyten, Pteridopliytcn und Anthophyten

Eizelle im geschlossenen Archegon unbefruchtet zum Embryo (Abb. 487). Dieser und der aus ihm entstehende Sporophyt sind also ausnahmsweise haploid. In diesem Falle spricht man von h a p l o i d e r oder g e n e r a t i v e r P a r t h e n o g e n e s i s . Entsprechende Fälle gibt es auch schon bei niederen Pflanzen. Wird z. B. bei Spirogyra (vgl. S. 338) die Kopulation der fertiggestellten Gameten durch Außenfaktoren verhindert, so umgibt sich jeder Partner mit einer Membran, und auch solche A z y g o s p o r e n keimen zu Fäden aus. An der Chromosomenzahl ändert das nichts, da die normale Zygospore vor der Fadenbildung eine Reduktionsteilung durchläuft, somit auch hier der neue Faden haploid ist. ^^^ , Bei Angiospermen gibt es Beispiele (so / y i ^ ' Antennaria alpina), bei denen sich die , i "t Archesporzelle o h n e Reduktionsteilung Ii J in einenEmbryosack verwandelt. Somit y-> ^ ^ ^ entsteht eine diploide Eizelle, die sich v ^fftT**''^'^dann ohne Befruchtung zu einem E m ^ f e i ^ S ^ C ^ J v * - - . ^ * ' ' ' " " äV bryo entwickelt. Das nennt m a n d i / p l o i d e oder s o m a t i s c h e P a r t h e n o g e n e s i s (Abb. 488). IvF^^^^^^^OvwSS^B-» A p o g a m i e liegt dann vor, wenn der Ä V r ^ ^ ^ ^ ^ v " ^ y ^ ' ^ A » ^ • Gametophyt aus ein oder mehr Zellen, aber n i c h t aus der Eizelle einen Sporophyten bildet. BeiFarnen ist dies häufig z u finden, und zwar in der Form, daß ^t^J^^^S^ T 7r' jP^" ™ \ ein Prothallium aus seinen vegetativen Zellen unmittelbar einen Sporophyten Xf ^Wr^lI^-^CSW^S-" " - b i l d e t . Ein solcher Sporophyt müßte ^ — r ^ ^ ^ i l eigentüch haploid sein. In der Regel ¡z/ ^'^^-Öl^S T T" * s t e r a ^ e r diploid, indem die Prothallien selbst aus vegetativen Zellen einesWedels Abb. 489. Bryophyllum calycinum, Querschnitt und nicht aus einer reduzierten Spore durch eine Blattkerbe mit dem Meristem, das den Sproß des neuen Pflänzchens bildet, darunter eine entstanden sind (Aposporie). der beiden mesogenen Wurzelanlagen (W). Nach NAYLOR. Bei Angiospermen kommt es vor, daß sich ein Embryo, statt aus der Eizelle, aus Synergiden, Antipoden oder dem sekundären Embryosackkern entwickelt. Der Sporophyt muß demnach in den beiden ersten Fällen haploid sein; bei Alchemilla-Arten (Abb. 488) aber wird er dadurch diploid, daß der Embryosack ohne vorhergehende Reduktionsteilung entsteht. Embryonen können auch durch v e g e t a t i v e P r o p a g a t i o n entstehen. Bei Angiospermen bilden sie sich dann aus dem Nucellusgewebe und wuchern in den Embryosack hinein. Man spricht dann von A d v e n t i v e m b r y o n i e . I n einem weiteren Sinn des Wortes kann man diesen Ausdruck auch auf die sogenannten B l a t t e m b r y o n e n anwenden. Bei einer Reihe höherer Pflanzen findet man, daß junge Pflanzen unmittelbar aus dem Blatt entstehen, im Gegensatz zu den früher beschriebenen Brutkörpern, die Seitensprosse sind. Beispiele sind : Bcgonia, Drosera, Bryophyllum und andere. I m einfachsten Falle entsteht der Sproß aus einer

5. Sonderfälle der Embryonalentwicklung

369

einzigen Epidermiszelle der Spreite, die zugehörige Wurzel im Blattinneren (z. B. Begonia) (vgl. S. 502). Die zahlreichen Blattembryonen von Bryophyllum (Abb. 489, 490) und Kalanchoe dagegen, erzeugen den Sproß aus einem Meristem der Blattkerben. Bei Farnen sind Blattembryonen häufig (Abb. 491). Sie können aus einer epidermalen Zelle hervorgehen oder aus dem Gewebe von Blattspitzen, manchmal auch seitlich an fiederlosen Wedeln aus neuen Scheitelzellen entstehen. Von Aposporie spricht man, wenn ein Gametophyt nicht aus einer Spore, sondern aus anderen Zellen des Sporophyten hervorgeht. Einen Fall — die Bildung

Abb. 490. Bryophyllum verlicillatum, Sproß mit Blattembryonen. Nat. Gr.. Neuzeichnung nach TROLL.

Abb. 491. Hemionitis palmata (Farn), vegetative Vermehrung durch Blattembryonen auf den Wedeln. Nat. Gr.. Nach WETTSTEIN.

kann man Aposporie an Laubmoosen erzielen, indem man Stücke junger Kapseln kultiviert. Es entstehen daraus Protonemafäden, die später diploide Gametophyten bilden. Ein besonderer Fall von Aposporie wurde bei Hieraciumßagellare beobachtet. Die Makrospore geht zugrunde, und an ihrer Stelle bildet eine Zelle des Nucellus oder des Integumentes einen Gametophyten, d. h. einen Embryosack. Pflanzen, die apomiktisch Embryonen entwickeln, haben den Vorzug, daß sie sich auch ohne Befruchtung fortpflanzen können. So konnten sie sich in Gebieten erhalten und reich vermehren, in welchen aus klimatischen Gründen die normale Bestäubung leicht ausfallen kann. Die geschilderten Fälle lehren zweierlei: erstens, daß die Gestaltung von Sporophyt und Gametophyt nicht etwa darauf beruht, daß jener diploid, dieser haploid ist; zweitens, daß Kernphasen- und Generationswechsel zwei verschiedene Vorgänge sind. Der Generationswechsel ist im allgemeinen mit einem Kernphasenwechsel verbunden, doch muß dies nicht so sein. 24 v. Guttenberg, Lehrbuch der allgemeinen Botanik

370

V. Die Fortpflanzung der Bryophyten, Pteridophyten und Anthophyten

In der folgenden Übersicht sind die geschilderten Sonderfälle der Embryonalentwicklung nochmals zusammengestellt. Anomale Entwicklung des

Sporophyten Apomixis (ohne Befruchtung)

Gametophyten Aposporie (ohne Sporenbildung)

Parthenogenesis

Apogamie

Adventivembryonie

Ausgangszelle:

Ausgangszelle:

Ausgangszellen:

die Eizelle

vegetative Zellen des Gametophyten •

vegetative Zellen der Samenanlage (des Sporophyten)

Sporophyt meist diploid infolge Aposporie

Sporophyt diploid

generative somatische Parthenogenesis Parthenogenesis Sporophyt haploid

Sporophyt diploid

Gametophyt diploid

6. Die Bestäubung der Blüte

Bei der geschlechtlichen Fortpflanzung der tieferstehenden Pflanzenklassen bis zu den Pteridophyten wird die Kopulation dadurch ermöglicht, daß beiderlei Gameten, oder wenigstens die männlichen (Spermatozoiden), zu freier Ortsbewegung befähigt sind. Bei den Anthophyten aber muß der Pollen p a s s i v an eine Stelle gebracht werden, die sich für die Entwicklung des Pollenschlauches eignet; bei den geschlossenen Fruchtknoten ist dies die Narbe. Für Pflanzen mit getrenntgeschlechtlichen Blüten leuchtet dies ohne weiteres ein, aber die Pollenübertragung ist auch für Zwitterblüten von großer Bedeutung. Die Selbstbestäubung ( A u t o g a m i e ) ergibt nämlich im allgemeinen einen schlechteren Samenansatz und eine weniger kräftige Nachkommenschaft als die Fremdbestäubung (Xenogamie). Manche Pflanzen sind sogar selbsteril. Durch Fremdbestäubung wird auch die Möglichkeit einer Bastardierung geboten und damit die der Neukombination von Eigenschaften (vgl. S. 526). Dementsprechend gibt es eine ganze Reihe von Vorkehrungen, die einerseits die Fremdbestäubung ermöglichen, andererseits die Autogamie verhindern. Von den letzten sei hier zunächst die Erscheinung genannt, daß in vielen Zwitterblüten erst die Antheren und später die Narben fertiggestellt (bestäubungsreif) werden ( P r o t e r a n d r i e ) oder daß das umgekehrte eintritt ( P r o t e r o g y n i e ) . Ferner sind manche Pflanzen, z. B.

6. Die Bestäubung der Blüte

371

die Primeln, mit zweierlei Blüten ausgestattet. Die eine Form hat lange Griffel und unter der Narbe stehende Antheren, die andere umgekehrte Verhältnisse, und der Pollen der einen paßt in seiner Größe stets nur zur Narbe der anderen ( H e t e r o s t y l i e ) (Abb. 492). Die Förderung der Fremdbestäubung erfolgt aber vor allem durch verschiedene Formen passiver Pollenübertragung. Daß die Autogamie indessen nicht immer schädlich zu sein braucht, geht daraus hervor, daß manche Pflanzen teilweise oder ausschließlich Blüten entwickeln, die sich nicht öffnen und selbst befruchten (Kleistogamie). Auch kann man vielfach Einrichtungen beobachten, die eine Selbstbestäubung erleichtern. Die Übertragung der Pollenkörner kann durch den Wind, durch verschiedene Tiere und in seltenen Fällen auch durch Wasser erfolgen. Voraussetzung für die Windbestäubung ( A n e m o g a m i e ) ist zunächst, daß der Pollen in passender Weise den Luftströmungen ausgesetzt wird. Dies geschieht oft dadurch, daß besondere männliche Blütenstände („Kätzchen", so bei der Haselnuß, Walnuß und Eiche) herabhängen und leicht in pendelnde Bewegung geraten; oder es hängen zarte Filamente aus Einzelblüten aus der Blüte heraus, wie z.B. bei den Gräsern (Abb. 366, S. 278). Alle diese Windblütler besitzen weit- Abb. 492. Primula, Heterostylie, schematisch. I n 1 entklaffende Antheren und trockene springen die Filamente inmitten der Kronenröhre, der in 2 sind die Antheren hoch inseriert, Pollenkörner, die leicht stäuben. Das Griffel ist lang; der Griffel ist kurz. Original. Gewicht der Körner ist äußerst gering und ihre Oberfläche im Verhältnis zum Volumen sehr groß. Somit sind die Voraussetzungen für ein längeres Schweben in der Luft gegeben. Die Narben der Windblütler sind groß, papillös, oft auch federig (z. B. bei den Gräsern) (Abb. 566, S. 278) oder pinselförmig gestaltet. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit des Auffangens von Pollenkömern. Bei den Gymnospermen (Koniferen) fallen die Körner in die Spalten zwischen den Zapfenschuppen und kommen so in die Nähe der abwärtsgekehrten Mikropylen, die einen Flüssigkeitstropfen ausscheiden. Die Bestäubung durch Tiere (Zoidiogamie) wird durch im einzelnen sehr verschiedene Einrichtungen gewährleistet. Ihr Studium ist Aufgabe der B l ü t e n b i o l o g i e ; hier kann nur auf einige allgemeine Prinzipien hingewiesen werden. Notwendige Voraussetzungen dieser Bestäubungsart sind: 1. die Blüte muß vom Bestäuber erkannt werden; 2. der Bau der Blüte muß dem des Bestäubers angepaßt sein, und 5. muß dafür gesorgt sein, daß der Pollen am Tierkörper festhaftet, und zwar in einer Lage, die beim Besuch einer anderen Blüte eine Ubertragung auf die Narbe zur Folge hat. A n l o c k u n g s m i t t e l für die Bestäuber sind die Blütenfarbe, der Blütenduft und die Existenz von Futterstoffen. Als Schaueinrichtungen dienen meist die gefärbten Blätter der Korolle oder des Perigons, manchmal aber auch Hochblätter oder andere gefärbte Teile der Blütenregion (Abb. 285, S. 234). 24*

372

V. Die Fortpflanzung der Bryophyten, Pteridophyten und Anthophyten

Bei der Beurteilung der Schaufarben ist zu berücksichtigen, daß die in Frage kommenden Tiere einen anderen Farbensinn besitzen als wir; manchmal werden nur Hell- und Dunkelunterschiede wahrgenommen. Experimentell ist indessen eindeutig nachgewiesen, daß die starken, von der Umgebung abweichenden Farben der Blüten den Besuchern auffallen und von ihnen unterschieden werden können; auch können sie sich diese merken. Die Auffassung, daß die Blüten einen S c h a u a p p a r a t darstellen, besteht also zweifellos zu Becht. Sehr auffällig ist das Auftreten grellrot, blau, gelb und grün gefärbter Schauapparate bei ornithophilen Gewächsen (Papageienfarben). Der durch Verdampfung ätherischer Öle bewirkte Duft tritt vielfach nur, oder bevorzugt, abends auf. Dann handelt es sich um ein Lockmittel für nacht(j ¡¡¡| schwärmende Tiere, vor allem Nachtfalter, in einzelnen Fällen aber auch für Fledermäuse. Diese bevorzugen Aasgeruch, ebenso viele Fliegen. Nach Aas riechende Blüten oder Blütenstände besitzen manche Araceen, ferner Stapelia-, Aristolochia-

und

R a f f l e s i a - h x t e a . . Es

3 Abb. 493. Helleborus viridis (Ranunculacee). hb „Honigblätter", das sind zu tüteniörmigen Nektarien umgewandelte Staubblätter, bh Perianth. Etwas vergr.. Nach WETTSTEIN.

Abb. 494. Maxiilaria rufescens (Orchidee), Futterhaarbildung. 1 Ganze Blüte von vorne, 2 Lippe mit dem Futterhaarcallus c; 3 Eiweißlind fettreiche Futterhaare, b basale Membranverdickungen. 1 nat. Gr.. Nach PORSCH.

fällt auf, daß alle diese Blüten dunkelfleischrot gefärbt sind, indessen konnte nicht bewiesen werden, daß diese Farbe ein Anlockungsmittel darstellt. Als L o c k s p e i s e kommt vor allem Nektar in Betracht, der in passend Eingebrachten Nektarien geboten wird. Diese treten als Schwielen, Höcker, Ringe usw. an verschiedenen Stellen des Blütengrundes auf oder finden sich in spornartigen Ausweitungen von Blättern der Blütenhülle (Abb. 493). Je nach der Rüssel- oder Schnabellänge und -gestalt des besuchenden Insektes oder Vogels besitzen die Blütensporne sehr verschiedene Größen und Formen. Nektar ist indessen nicht die einzige Lockspeise. Oft ist es reichlich produzierter Pollen, dessen Überschuß als Insektennahrung dient. Solche Pollenblüten zeichnen sich durch einen großen Reichtum oft pinselartig auseinanderstrahlender Staubblätter aus. Weniger bekannt

6. Die Bestäubung der Blüte

373

ist, daß manche Orchideen besondere Futterkörper ausbilden. Sie finden sich an passenden Stellen des Labellums in Form von Haaren, die mit Fett, Eiweiß oder Stärke gefüllt sind (Abb. 494). Zartwandigkeit und Verlust der Kutikula erleichtern das Abfressen. Ornithophile Blüten besitzen oft W a s s e r k e l c h e , d. h. Einrichtungen, in denen sich reichlich Wasser sammelt, das von den Vögeln aufgesucht wird. Die A n p a s s u n g d e r B l ü t e n g e s t a l t an den Bestäuber ist besonders bei zygomorphen Blüten oft eine so vollkommene, daß nur eine bestimmte Tierart für die Pollenübertragung in Frage kommt. Nicht nur die Größenverhältnisse passen zueinander, sondern auch die Anordnung der Staubblätter und der Narbe garantieren den Erfolg. Als Pollenüberträger kommen die verschiedensten Insekten in Frage (Entomophilie), in den Tropen aber auch zahlreiche Vögel, wie Kolibris, Honigvögel und kleine Papageienarten (Ornithophilie); in einigen Fällen wurde auch ein Besuch von Fledermäusen beobachtet. Vögel und viele Nachtfalter besuchen die Blüten schwebend, dann fehlt eine besondere Anflugstelle. Andere Insekten, so z. B. Bienen und Hummeln, benötigen eine solche, die dann meist als sogenannte Lippe vorragt; allbekannt ist sie z. B. bei den Orchideen. Manche Einrichtungen dienen dazu, kleinere Insekten vorübergehend zu fangen; das auffälligste Beispiel dafür sind die sogenannten Kesselfallenblumen. Die Aristolochia-Arten z. B. besitzen, zum Teil sehr große, Blüten, die; zuoberst einen buntgefleckten Lappen als Schauapparat entwickeln. Daran schließt sich eine Röhre, die unten bauchig erweitert ist und so einen „Kessel" bildet. Aasgeruch lockt kleine Fliegen an, die bis in den Kessel gelangen, diesen aber an jüngeren Blüten nicht gleich verlassen können, da nach abwärts gekehrte Reusenhaare ein Aufwärtskriechen verhindern. Zu dieser Zeit sind die Narben schon empfängnisfähig, die Antheren aber noch geschlossen (Proterogynie). Nach deren Öffnung schrumpfen die Reusenhaare ein, und die pollenheladenen Fliegen können nun in andere Blüten eindringen, deren Narben empfängnisbereit sind. Bei den Araceen ist der ganze Blütenstand eine Kesselfalle. Hier bildet die Spatha einen ähnlichen Fangapparat. Neben dem Aasgeruch dürfte hier auch die Wärmeentwicklung im Kessel (vgl. S. 489) eine anlockende Rolle spielen. Der Pollen zoidiogamer Blüten ist meist durch ein ölartiges Exkret klebrig, so daß er leicht am Körper des Bestäubers und später an der Narbe haftet. Nicht selten bleiben die Pollenkörner zu Tetraden verbunden, oder es treten Pollenpakete auf. Das Extrem stellen in dieser Hinsicht viele Orchidaceen und Asclepiadaceen dar. Bei diesen bleiben alle Pollenkörner einer Theka zu einer wachsartigen Masse verbunden, und die gesamte Pollenmenge eines Antherenfaches wird als sogenanntes Pollinium aus diesem herausgezogen. Die Befestigung am Tierkörper erfolgt bei den Orchideen mit Hilfe kleiner Klebscheiben, die durch feine Fäden (Caudiculae) unmittelbar mit den Pollinien oder mit einem Zwischenstück (Stipes) verbunden sind. Ein solcher Fall soll später (S. 555) noch näher beschrieben werden. Die Asclepiadaceen besitzen besondere Klemmkörper zur Befestigung der Pollinien am Insekt. VI. F R U C H T UND

SAMEN

Während des Heranwachsens der Samenanlagen vergrößert und verändert sich der Fruchtknoten zur Frucht. Somit kommt eine echte Frucht nur den Angiospermen zu. Manchmal entwickeln sich Früchte auch ohne Befruchtung der Samenanlagen bloß auf Grund eines bei der Pollenkeimung entwickelten Reizes, in selteneren Fällen auch ohne diesen. Dieses Verhalten nennt man P a r t h e n o k a r p i e . Par-

374

V I . F r u c l i t und S a m e n

thenokarpe Früchte sind daran zu erkennen, daß sie entweder gar keine oder rudimentäre Samen besitzen. Häufig findet sich dieses Verhalten bei Kulturpflanzen, so bei Apfelsinen, Bananen und Weinbeeren.

Abb. 495. Fruchttypen. 1 Porenkapsel von Papauer Rhoeas, 2 Deckelkapsel von AnagaUis caerulea, geschlossen und sich öffnend, 3 Spaltfrucht von Carum ccuvi, 4 Gliederhülse von Desmodium canadense (I'apilionacee), 5 Hülse von Labumum anagyroides, geschlossen und aufgesprungen, 6 Fruchtstand der Linde mit Nüssen, 7 geschnäbclte Achaene von Tragopogon floccosus, 8 Fruchtstand (geflügelte Nüsse) von Fraxinus excelsior, 9 Gliederschote von Raphanus Raphanistrum, 10 Schoten von Brassica. 1, 4, 5, 7, 9 nach WETTSTEIN, 2, 3, 6, 10 nach K E R N E R , S nach Vi. H. BROWN.

VI. F r u c h t und Samen

375

An der Fruchtwand ( P e r i k a r p ) kann man bis zu drei Schichten unterscheiden: das E x o - , M e s o - und E n d o k a r p . Die Wand erfüllt verschiedene Aufgaben. Die wichtigste ist der Schutz der heranreifenden oder auch der fertigen Samen. Diesem Zwecke dienen mechanische Zellen, welche die ganze Fruchtwand aufbauen können (viele Kapseln), oder n u r das Endokarp, das dann aus Steinzellen besteht (Steinfrüchte). Fleischige Früchte bilden Speichergewebe als Lockspeise f ü r Fruchtverbreiter entweder i m ganzen Perikarp (Beeren) oder n u r i m Mesokarp (Steinfrüchte) aus. Durch besondere Einrichtungen kann die Fruchtwand auch der Samenverbreitung dienen, entweder aktiv durch Öffnungs- oder Schleudermechanismen oder passiv durch Flug-, Klett- und Schwimmapparate. Die übliche Einteilung der Früchte (Abb. 495) erfolgt nach folgendein Schema : I . S c h l i e ß f r f l c h t e . Das P e r i k a r p bleibt geschlossen u n d u m h ü l l t dann meist n u r einen Samen. Die F r u c h t löst sich als Ganzes von der Pflanze ab. M a n unterscheidet folgende Sonderfälle: a) N ü ß c h e n . Es handelt sich u m kleine apokarpe F r ü c h t e einer Blüte m i t dünner, aber derber F r u c h t w a n d ; so bei vielen Ranunculaceen u n d Rosaceen. b) N ü s s e . Dazu gehören viele einsamige B a u m f r ü c h t e , die m i t einer Cupula versehen sind (z. B. Eicheln, Bucheckern), f e m e r solche, die eine Vorblatthülle besitzen (Haselnuß, Hainbuche, Abb. 283, S. 233) oder die Flugeinrichtungen aufweisen (Ulme, Birke). c) K a r y o p s e n . Diese Bezeichnung wird f ü r die aus einem oberständigen Fruchtknoten hervorgegangenen G r a s f r ü c h t e verwendet. Sie besitzen als Schutzeinrichtung festhaftende, n i c h t selten begrannte Spelzen. d) A c h a e n e n . Als solche bezeichnet m a n die aus den unterständigen Fruchtknoten, besonders der Kompositen (Abb. 495,7), hervorgehenden F r ü c h t e . An der Bildung d e r Fruchtwand beteiligt sind auch Achsengewebe. e) S p a l t f r ü c h t e . E i n aus zwei oder m e h r Karpellen bestehender Fruchtknoten teilt sich bei der Reife in geschlossene T e i l f r ü c h t e . Beispiele sind die Umbelliferen m i t zwei sich trennenden F r u c h t b l ä t t e r n (Doppelachaenen) oder die Malven m i t vielen solchen. Bei den Labiaten und Boraginaceen t r e n n e n sich n i c h t n u r die zwei F r u c h t b l ä t t e r , sondern es teilen sich auch diese in H ä l f t e n ; die Teile heißen Klausen. f ) G l i e d e r f r ü c h t e . Mehrsamige F r ü c h t e zerfallen quer in einsamige Teilstücke (Gliederhülse bei Leguminosen, Gliederschote bei Cruciferen). g) S t e i n f r ü c h t e . D e r Samen wird von einer Steinschale (Endokarp) umschlossen, auf die außen ein fleischiges Mesokarp und Exokarp folgt. Beispiele: Kirsche, Pflaume, Pfirsich, Aprikose. Das Mesokarp enthält als Lockspeisen Zuckcr, organische Säuren, m a n c h m a l aber auch Fett, wie z. B. bei der Olive. h) B e e r e n . Bei diesen ist die ganze Fruchtwand fleischig und saftig, höchstens ist a u ß e n ein derberes Exokarp vorhanden. Sie e n t h a l t e n zahlreiche m i t fester Schale ausgestattete Samen. Das Fruchtfleisch, Pulpa genannt, enthält wieder Lockspeisen. D a es bald zugrunde g e h t , wobei die Samen f r e i werden, stellen die Beeren einen Übergang zu den sich öffnenden F r ü c h t e n dar. E c h t e Beeren sind z. B. die W e i n und Blaubeeren, aber auch die T o m a t e und der Kürbis. II. S t r e u f r i i c h t c . Diese sind dadurch gekennzeichnet, daß sich die F r u c h t öffnet u n d die in M e h r z a h l vorhandenen derbwandigen Samen e n t l ä ß t . Alle derartigen F r ü c h t e kann m a n als Kapseln in w e i t e r e m Sinn des Wortes bezeichnen, doch ist es üblicher, diesen N a m e n n u r dort anzuwenden, wo m e h r als zwei F r u c h t b l ä t t e r vorliegen. Zur Zeit d e r Samenreife ist die W a n d meist abgestorben u n d von derblederiger Beschaffenheit. Die Öffnung erfolgt dann durch hygroskopische Mechanismen (vgl. S. 544). Seltener bleibt die F r u c h t w a n d derb-fleischig, wie z. B. bei der Roßkastanie. Folgende G r u p p e n sind zu unterscheiden:

376

VI. Frucht und Samen a) B a l g f r ü c h t e . Es handelt sich u m apokarpe Früchte, die an der „Nahtstelle" (Bauchnaht) des Fruchtblattes aufspringen. Beispiele sind die Früchte des Eisenhutes, der Trollblume und anderer Ranunculaceen, f e r n e r die der Asclepiadaceen, z. B. der Schwalbenwurz Cynanchum Vincetoxicum. b) H ü l s e n . Diese unterscheiden sich von der Balgfrucht dadurch, daß auch die „Rückennaht", d. h. der Medianus des Fruchtblattes, sich spaltet, wodurch zwei Klappen entstehen. Typisch ist dies f ü r die Hülsenfrüchte (Leguminosen). c) S c h o t e n . A u c h hier liegen zwei Klappen vor, doch entsprechen diese zwei sich an den Nahtstellen trennenden Fruchtblättern. Beispiele: die Cruciferen, das Schöllkraut und andere. d) K a p s e l n . Diese bestehen aus m e h r e r e n Karpellen, die sich ganz oder teilweise voneinander trennen. Erfolgt die Spaltung an den Nahtstellen, so h e i ß t die Kapsel septicid; werden die Fruchtblätter selbst gespalten, so liegt eine loculicide Kapsel vor. Lösen sich die Wandschichten von den Scheidewänden ab, so liegt septiphrage oder loculiphrage Öffnung vor. Sonderfälle sind die poriciden Kapseln, die sich durch Aufspringen lokaler Kläppchen öffnen, wie beim Löwenmaul oder den Glockenblumen, die Lochkapseln des Mohnes und die Deckelkapseln, f ü r welche das Bilsenkraut und Anagallis Beispiele bieten. e) S p r i n g - oder S c h l e u d e r f r ü c h t e . Als solche bezeichnet man Früchte, die sich explosiv öffnen und die Samen fortschleudern. Es kann sich dabei u m lebende o d e r tote W a n d t e i l e handeln. Einige Fälle sollen später (S. 5 5 1 ) besprochen werden.

Eine Komplikation tritt in all den Fällen ein, wo sich die Achse an der Bildung der Frucht beteiligt. Das trifft vor allem überall dort zu, wo der Fruchtknoten unterständig war. Es entstehen dann Gebilde, die, ökologisch betrachtet, Früchte sind, während sie, morphologisch gesehen, aus zwei kongenital verwachsenen Teilen bestehen, einem äußeren Mantel, der ein Produkt der Achse ist, und einem inneren Teil, der der eigentlichen Frucht entspricht. So erscheint uns z. B. die Walnuß insofern als eine Steinfrucht, als sie außen eine fleischige grüne Schale besitzt, also scheinbar ein „Exokarp", innen eine harte Schale als „Endokarp". In Wirklichkeit aber ist die äußere Schale ein Achsenbecher und der Steinkern tatsächlich eine Nuß, die sich übrigens bei voller Reife auch befreit. Ähnliches gilt für manche Beeren, Kapseln usw.. Manchmal bilden zahlreiche dichtgedrängt an der Blütenachse stehende Früchte eine S a m m e l f r u c h t , so die kleinen Steinfrüchtchen der Himbeere oder die Balgkapseln der Trollblume. Hierher gehört auch die Erdbeere, deren fleischiger Teil eine Achsenwucherung ist; die eigentlichen Früchte sind die kleinen dunklen Nüßchen. Die Früchtchen der Hagebutte (Abb. 496) sitzen in einem krugförmigen Darstellung der Sammelfrucht (HageBlütenboden. Beim Apfel ist das Kerngehäuse eine butte) Im Längsschnitt. Am Grunde des Achsenbechers befinden sich die Sammelfrucht, die von dem fleischigen Achsenende einsamigen Nüßchen. Original. umschlossen wird. S c h e i n f r ü c h t e entstehen, wenn ein ganzer Fruchtstand eine Einheit bildet. Bei der Ananas geschieht dies durch gedrängte Stellung der Einzelfrüchte, bei der Feige (Abb. 497) durch krugförmige Entwicklung der Achse, die innen aus Einzelblüten hervorgegangene, kleine Nüßchen einschließt.

VII. Die Verbreitung von Frucht und Samen

377

S a m e n gibt es nur bei Gymnospermen und Angiospermen, da sie ja Umwandlungsprodukte von Samenanlagen sind. Die S a m e n s c h a l e ist überall da, wo die Seimen die Frucht verlassen, derb, sonst zart entwickelt. Im ersten Falle erfüllt sie zwei Aufgaben, die sich auch im histologischen Bau widerspiegeln. Das gilt besonders für die Epidermis, die einerseits f e s t , andererseits aber auch d u r c h l ä s s i g sein muß, um die der Keimung vorangehende Samenquellung zu ermöglichen. Die Festigkeit wird häufig durch Verdickung der Innenwand, verbunden mit Verholzung, erreicht, die Durchlässigkeit durch zahlreiche Tüpfel und besondere chemische Eigenschaften der Membranen geregelt. Häufig treten Steinzellschichten in den Samenschalen auf. Die Ansatzteile des Funiculus ist als kleine rundliche Narbe (Nabel, H i l u m ) oder als längerer Streifen (Naht, R a p h e ) deutlich zu sehen. Die der Samenverbreitung dienenden Einrichtungen werden im folgenden Abschnitt besprochen. ¿f Im Inneren des reifen Samens Abb. 497. Ficus pumila, Infloreszenz im Längsschnitt, a sterile Blätter, b männliche, c weibliche Blüten. Nat. Größe. Nach findet man in der Regel das WETTSTEIN. als Nährgewebe ausgebildete Endosperm und den kleinen Keimling. Uber Ausnahmen wurde schon früher (S. 171,332) berichtet. An Reservestoffen tritt sehr häufig Stärke, daneben Eiweiß, dieses oft in Form von Aleuronkörnern, auf. Fettreiche Samen besitzen z. B. Raps, Lein, Mohn, Walnuß, Bucheckern, von Palmen besonders die Kokospalme (Kopra) und die Ölpalme ( E l a e i s guineensis). Zucker fehlen gänzlich. Dies hängt damit zusammen, daß die Samen sehr wasserarm sind, konzentrierte Zuckerlösungen aber einen zu hohen osmotischen Druck besäßen. Die Wasserarmut andererseits verringert das Samengewicht und erhöht die Resistenz, besonders gegen Frost. VII. DIE V E R B R E I T U N G VON F R U C H T UND S A M E N Die Ausbreitung einer Art kann bei festwurzelnden Pflanzen nur dadurch erfolgen, daß ihre Samen über mögüchst weite Flächen verstreut werden. Die hohe Bedeutung, die der Gewinnung neuen Geländes für die Erhaltung der Art zukommt, läßt sich aus der Mannigfaltigkeit der Einrichtungen erkennen, die dieser Aufgabe dienen. Bei den Anthophyten besteht die Möglichkeit, daß die Samen sich aus den Früchten lösen, oder daß ganze Früchte, die dann meist einsamig sind, verbreitet werden. Erste Voraussetzung ist eine zeitgerechte Trennung des Fortpflanzungskörpers von der Mutterpflanze. Dieser Vorgang erfolgt in sehr vielen Fällen aktiv, indem besondere Vorkehrungen getroffen werden, die eine Ablösung oder darüber hinaus ein Fortschleudern ermöglichen. Meist treten

378

VII. Die Verbreitung von Frucht und Samen

Trennungsgewebe auf, die allein oder in Verbindung mit Bewegungsmechanismen die Verbreitung ermöglichen. Diese Mechanismen bestehen teils aus toten, teils aus lebenden Zellen. Sie sollen in besonderen Kapiteln der Physiologie (S. 548) besprochen werden. I m folgenden wollen w i r nur die Einrichtungen betrachten, die der p a s s i v e n V e r b r e i t u n g von Fortpflanzungskörpern dienen. Als Agentien kommen auch hier Tiere, der W i n d und das Wasser in Frage. Die i erste Art der Verbreitung nennt man Zoochorie, die M " V^S anderen Anemochorie und Hydrochorie. e .\ j jfjf y Z o o c h o r i e spielt besonders bei der Verbreitung KP'/^'g i Ii I von F r ü c h t e n eine große Rolle. Die von uns als V > J „Obst" bezeichneten Beeren- und Steinfrüchte und alle entsprechenden Vertreter von Wildpflanzen bieten Abb. 498. i Cheiidoniummajus, Tieren Lockspeisen dar, die sich i m Fruchtfleisch oder S Ä T t n ^ Z ¿ e r Fruchtschale vorfinden. Gelegentlich treten sie schnitten. 2 Ricinus communis, aber auch in der Umgebung der Frucht auf, indem a Oberflächenansicht, b längsdurchschnitten, c Caruncuia,

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f r ü h e r e Blutenachse (Erdbeere) oder der ganze e Endosperm. Nach BAILLON. Fruchtstand (Feige) fleischig werden. Es handelt sich u m Zucker und organische Säuren, von denen ja mehrere nach Früchten benannt sind, wie die Äpfel-, Wein- und Zitronensäure. Seltener kommt Stärke vor, wir sprechen dann von mehligen Früchten, zu denen vor allem die Banane gehört. Fettes Öl in der Fruchtschale enthalten die Olive dle

Auch manche S a m e n b i e t e n Lockspeisen.

können und dann als A r i l l u s bezeichnet

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oder als sogenannte C a r u n c u i a an der Mikropyle ansetzen. Es sind meist kleinere als Nahrung verwendet werden (Myrmekochorie). Große Arilli, wie z. B. die der Muskatnuß („Muskatblüte"), sind f ü r Vo-

Zoochorie kann auch durch mechanische Einrichtungen gefördert oder ermöglicht werden. W i r finden solche bei den als K l e t t e n bekannten Früchten und Frucht. .. j i_ rv I , IXT • S t ä n d e n . Diese halten M bekannter Weise

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M y r i s t i c a fragrans> anfgegprungene

Frucht. Im Innern der fleischigen Kapsel der Samen (Muskatnuß) mit großem Arillus (Muskatblüte). Nach WETTSTEIN.

VII. Die Verbreitung von Frucht und Samen

379

a m Fell oder Gefieder von Tieren fest und werden so über weite Strecken verbreitet. Bei der Klette (Arctium.-k.Tten) finden sich als Hafteinrichtung hakenförmig gebogene und mit einer dornförmigen Zelle endende kurze Hüllblätter. Ankerartige Emergenzen an der Fruchtwand besitzen manche Boraginaceen (Abb. 500), pfeilförmige Stacheln die australischen Acaena.-k.Tten und die Früchte von Bidens. D i e A n e m o c h o r i e spielt bei der Verbreitung von Samen und Früchten gleichfalls eine wichtige Rolle. D i e Grundprinzipien für alle dafür in Frage kommenden Einrichtungen sind: geringes spezifisches Gewicht, ausreichende Angriffsfläche für den Wind und, bei größeren Formen, genügende Festigkeit zur Erhaltung der Konstruktion. Alle diese Eigenschaften sollen Frucht oder Samen möglichst lange schwebend erhalten, damit die Wahrscheinlichkeit, daß seitlich angreifender Wind die Verbreitung bewirkt, erhöht wird. Samen können so klein sein, daß sie, ähnlich Pollenkörnern, lange in der L u f t schweben. Meist ist dann die Samenschale langgestreckt, so daß zwei Flügel entstehen (,,Feilspans a m e n " ) . Solche Formen finden sich besonders bei Pflanzen mit reduziertem Embryo und fehlendem oder sehr geringem Endosperm, also besonders bei Parasiten und Mykorrhiza-Sa-

Abb. 500. Cynoglossum cheirifolium, Längsschnitt durch ein mit Widerhaken versehenes Anhängsel der Frucht. Nach HABERLANDT.

prophyten. Bei den Orchideen z . B . können Hunderttausende solcher fast gewichtsloser Samen in einer einzigen Kapsel auftreten. Größere Samen und viele einsamige Schließfrüchte besitzen mannigfaltige S c h w e b e - und F l u g e i n r i c h t u n g e n . Uber deren Wirkungsweise ist folgendes zu sagen. Auf jeden frei fallenden Körper wirken zwei Kräfte e i n : die Schwerkraft, die ihn lotrecht nach abwärts zieht, und der Luftwiderstand, der sich als entgegengesetzter Druck äußert und auch eine seitliche Reibung bedingt. D e r Angriffspunkt der Schwerkraft ist in allen L a g e n des Körpers der Schwerpunkt. D e r Angriffspunkt der Resultante des Luftwiderstandes aber bleibt bei wechselnder

380

V I I . Die Verbreitung von Frucht und Samen

Lage nur bei einer Kugel stets gleich, oder auch dann, wenn der Schwerpunkt eines radiärsymmetrischen Gebildes so tief Hegt, daß eine stabile Gleichgewichtslage herrscht. / Das trifft z. B. bei F a l l s c h i r m -

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f l i e g e r a zu. Früchte dieser Art besitzen vor allem die Kompositen, deren unterständige Achaene von dem haarförmigentwickeltenKelch (demPappus) gekrönt werden. Sitzt dieser auf einer

Abb. 501. Samen mit Flughaaren. 1 Asclepias

sp., 2 Strophanthus

Tolloni

(trop. Apocynacee).

Original.

verlängerten Säule, wie z. B. beim Löwenzahn, so ist die Lage besonders stabil (Abb. 4 9 5 , 7 ) . Samen mit Fallschirmen finden sich z. B . bei den Weiden, bei Vincetoxicum, bei Epilobium-Arten, Tamarisken und vielen anderen (Abb. 501). Der Schirm besteht hier aus einzelligen Haaren, die teils am Funiculus, teils an der Mikropyle entspringen, und die oft zu hygroskopischer B e »niii wegung [(S. 547) befähigt sind, so daß sie nur bei Trockenheit ^•S^iaQgl spreizen.

^^^^^IlfllijglP**^^ Oft sehr komplizierteFallr z : ~ ~ — — b e w e g u n g e n weisen die ^ ' mit Flügeln ausgestatteten ' -^^^"iiii^^KWvD Früchte und Seimen auf. \ ; Wieder hegt der Schwerpunkt in der „ N u ß " , d. h. ^ y, im Samen oder im Samenl kern. Die Flügel sind ent^P^^^^^vTV - ^ T Z ^ l ' " i - il weder Teile der Fruchtwand ^ ^• ""Nsk» — < I oder der Samenschale. Sie l ^ ^ "ÄÄC p ' J können einseitig an der „ j Nuß ansitzen oder beideri seitig vorragen, die Nuß \ kann ferner in der Mitte X • jßH ^ einer Scheibe sitzen oder an ¿er Kante einer Platte auf1 ^^L^J^^fctJ^i^——^^^ 3

Abb. 5 0 2 . 1 Macrozcmonia macrocarpa (ind. trop. Cucurbitaceen Geflügger Samen in % nat. Gr.. 2 SioieteniaMahagonUtiov. Meliacee). Geflügelter Samen in % nat. Gr., 3 Entandrophragma utile, % nat. Gr.. Original.

treten USW. Daraus ergeben sich die verschiedensten

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Flugformen.

VII. Die Verbreitung von Frucht und Samen

381

Als Beispiel eines „ S e g e l f l i e g e r s " wollen wir zunächst die großen geflügelten Samen der Cucurbitacee Maerozanonia betrachten. Die Nuß sitzt in der Mitte der konvexen Längskante des halbmondförmigen Gebildes (Abb. 502). Fällt der Samen aus der hoch in den Baumkronen befindlichen Frucht dieser Liane, so wendet sich zuerst der Schwerpunkt (die Nuß) nach unten und komprimiert damit die Luft. Diese leistet einen Widerstand und fließt zu beiden Seiten des jetzt senkrecht gestellten Flügels ab. Bei der geringsten Schwankung aber, die den Samen etwas schräg stellt, staut sich die Luft unter der Nuß, während sie an der Flugfläche leichter abfließt. Dadurch wird die Nuß aufwärts gedrückt, wobei die Flügel sinken; das ganze Gebilde dreht sich also um seine Längsachse, kommt damit in eine fast horizontale Lage und fliegt in dieser weiter. Der Flügel wirkt somit sowohl als Tragfläche als auch als Höhensteuer. Solche Samenflügel sind außerordentlich zart gebaut. Sie bestehen aus toten, lufterfüllten Zellen (oft nur in einer Lage), die eine dünne Tragfläche bilden und Versteifungen (Streben) durch Verdickung der Radialwände oder durch Leisten an der Epidermisinnenwand schaffen. Die Teilfrüchte des Ahorns sind „ S c h r a u b e n f l i e g e r " (Abb. 503,2). Sie fallen in unbewegter Luft senkrecht, drehen sich aber dauernd so, daß die Nuß innen, der einseitige Flügel außen liegt. Bei ihrem Fall gilt zunächst das für die Segelflieger Gesagte: der Luftwiderstand hebt die Nuß und senkt den Flügel. Dieser hat aber eine dickere, schwerere Längskante, die sich auch senkt und dabei die leichtere Kante hebt. Die Schiefstellung hat zur Folge, daß es, wie bei einem Windmühlenflügel, zu einer Rotation kommt. Diese wieder erzeugt eine Zentrifugalkraft, die

Abb. 503. Geflügelte Früchte. 1 Dipterocarpus retusa (trop. Dipterocarpacee), % nat. Gr.. 2 Acer dasycarpum (Aceracee). 3 Centrolobium robustum (Papilionacee), % nat. Gr.. 4 Leucadendron argenteuni {Proteacee). 1 Rotierender Federballflieger, die Flügel entstehen aus dem Kelch. 2 und 3 Schraubenflieger, der Flügel entsteht aus der Fruchtwand. 4 Schwebeflieger, der Flugapparat entsteht aus dem Perianth, dessen Blätter behaarte Zipfel besitzen. 1, 2 Original, 3, 4 nach WETTSTEIN.

382

VIT. D i e V e r b r e i t u n g von F r u c h t u n d S a m e n

den Flügel w e i t e r senkt. D i e T e i l f r u c l i t sinkt also u n t e r r a s c h e r H o r i z o n t a l r o t a t i o n s e n k r e c h t a b w ä r t s . „ F e d e r b a l l f l i e g e r " v e r h a l t e n sich w i e F a l l s c h i r m e , d r e h e n sich a b e r m e i s t u m i h r e L ä n g s a c h s e infolge s c h r a u b i g e r K r ü m m u n g i h r e r Flügel (Abb. 5 0 5 , 1 ) .

H y d r o c h o r i e gibt es bei einigen schwimmenden Samen u n d Früchten von Wasserpflanzen, und besonders auch bei tropischen Strandpflanzen. Grundprinzip derartiger Einrichtungen ist Herabsetzung des spezifischen Gewichtes durch lufthaltige R ä u m e und Undurchlässigkeit f ü r Wasser. Die Kokosnuß z. B. (Abb. 196, S. 175) besitzt ein glattes wasserundurchlässiges Exokarp. Es folgt eine breite Schicht derber lufterfüllter Zellen, die von einer sehr großen Anzahl kräftiger Faserstränge durchzogen wird (Mesokarp). Diese u n d das steinharte Endokarp nützen der schweren Frucht beim Herabfallen vom Stamm und beim Anprallen in der Brandung, der Luftgehalt ermöglicht die Schwimmfähigkeit. Literatur Zusammenfassende W e r k e : GOEBEL, K., O r g a n o g r a p h i e d e r Pflanzen. 5 Bde. 5. A u f l a g e . Jena 1 9 2 8 — 1 9 5 5 . — TROLL, W . , M o r p h o l o g i e d e r h ö h e r e n Pflanzen. Berlin 1 9 5 5 — 4 5 . — ENGLER, A., U. K. PRANTL, D i e n a t ü r l i c h e n P f l a n z e n f a m i l i e n . 1. u . 2. Aufl. Leipzig 1887ff. — E N G L E R , A., D a s P f l a n z e n r e i c h , f o r t ges. v. L . DIELS. Leipzig ab 1908. — WETTSTEIN, R . V., H a n d b u c h d e r s y s t e m a t i s c h e n B o t a n i k . 4. Aufl. L e i p z i g / W i e n 1 9 5 3 — 3 5 . — HEGI, G . , I l h i s t r i e r t e Flora von M i t t e l e u r o p a . M ü n c h e n a b 1931. Einzeldarstellungen : BENECKE, W . , B a u u n d L e b e n d e r B a k t e r i e n . Leipzig 1912. — BURGEFF, H . , S a p r o p h y t i s m u s u n d Symbiose. J e n a 1932. — CAMMERLOHER, H., Blütenbiologie I . B e r l i n 1931. — COULTER, J. M . , u . CH. J. CHAMBERLAIN, M o r p h o l o g y of Angiosperms. N e w York 1912. — M o r p h o l o g y of G y m n o s p e r m s . Chicago 1932. — DARWIN, CH., Ü b e r die E n t s t e h u n g d e r A r t e n . D e u t s c h e Übers, v. Carus. S t u t t g a r t 1876. — Insektenfressende Pflanzen. D e u t s c h e Ü b e r t r a g u n g . S t u t t g a r t 1876. •—• EICHLER, A., B l ü t e n d i a g r a m m e . 2 Bde. Leipzig 1 8 7 5 — 7 8 . — GAMS, H . , Kleine K r y p t o g a m e n f l o r a v. M i t t e l e u r o p a . 2. Aufl. J e n a 1948. — GÄUMANN, E . , V e r g l e i c h e n d e M o r p h o l o g i e d e r Pilze. J e n a 1926. — D i e Pilze, G r u n d z ü g e i h r e r E n t w i c k l u n g u n d M o r p h o l o g i e . Basel 1949. — GLÜCK, H . , Biolog. u n d m o r p h o l . U n t e r s u c h u n g e n ü b e r W a s s e r - u n d S u m p f pflanzen. 1 . — 4 . T e i l . J e n a 1 9 0 5 — 1 9 2 4 . — GOEBEL, K., B l ü t e n b i l d u n g u n d S p r o ß g e s t a l t u n g . J e n a 1931. — E i n l e i t u n g i n die e x p e r i m e n t e l l e M o r p h o l o g i e d e r Pflanzen. Leipzig 1 9 0 8 . — Pflanzenbiologische S c h i l d e r u n g e n . M a r b u r g 1 8 8 9 — 1 8 9 5 . — HABERLANDT, G . , Physiologische P f l a n z e n a n a t o m i e . 6. A u f l a g e . Leipzig 1924. — JEFFREY, E . G . , A n a t o m y of woody plants. Chicago 1917. — KIRCHNER, O., B l u m e n u n d I n s e k t e n . Leipzig u n d B e r l i n 1911. — KNIEP, H . , D i e Sexualität d e r n i e d e r e n Pflanzen. J e n a 1928. — LOESKE, L . , Studien z u r vergl. M o r p h o l o g i e usw. d e r L a u b m o o s e . J e n a 1926. — MOELLER, I . , A n a t o m i e d e r B a u m r i n d e n . Berlin 1882. — OLTMANNS, F . , M o r p h o l o g i e u n d Biologie d e r Algen. 2. Aufl. J e n a 1 9 2 2 / 2 5 . — PASCHER, A., D i e Süßwasserfllora Deutschlands, Ö s t e r r e i c h s u n d d e r Schweiz. 2. Aufl. 15 B d e . J e n a 1 9 1 3 — 1 9 3 6 . — SCHENK, H . , B e i t r ä g e zur Biologie u n d A n a t o m i e d e r L i a n e n . J e n a 1 8 9 2 / 9 3 . — SCHIMPER, A. F. W . , D i e e p i p h y t i s c h e Vegetation A m e r i k a s . Jena 1888. •—Pflanzengeographie auf physiologischer G r u n d l a g e . 3. Aufl. h e r a u s g e g e b e n von F. C. F a b e r . J e n a 1955. — SCHNARF, K., V e r g l e i c h e n d e Cytologie des G e s c h l e c h t s a p p a r a t e s d e r K o r m o p h y t e n . B e r l i n 1941. — V e r g l e i c h e n d e E m b r y o l o g i e d e r A n g i o s p e r m e n . Berlin 1931. — SCHOUTE, J. C., Die S t e l ä r t h e o r i e . J e n a 1903. — SCHRÖTER, K., Das Pflanzenleben d e r Alpen. Z ü r i c h 1908. — STRASBURGER, E . , D i e Coniferen u n d die G n e t a c e e n . L e i p z i g 1872. •— Ü b e r den B a u u n d die F u n k t i o n e n d e r L e i t u n g s b a h n e n in den Pflanzen. J e n a 1891. — SCHUSSNIG, B., V e r g l . M o r p h o l o g i e d e r n i e d e r e n Pflanzen. I . B e r l i n 1938. — SCHWENDENER, C., Das m e c h a n i s c h e P r i n z i p i m B a u d e r M o n o kotyledonen. Leipzig 1874. — TOBLER, F., Die F l e c h t e n . Jena 1934. — TROLL, W . , O r g a n i -

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Gruppo von Baumfarnen. Hakgalla, Ceylon. Original.

Tafel 2

Tafel 5

I.ecanopleris Curlisii. Das Rhizom des epiphytischcn Farnes bildet eine Knolle von zirka 25 cm Durchmesser und t r ä g t am fortwachsenden Ende Wedel, deren Abbruchsteilen als helle Kreise erscheinen. In (1er Knolle h a t sich eine epiphytische Orchidee angesiedelt. Brastagi-Hochland, Sumatra. Original.

Tafel 4

Tafel 5

Tafel 6

Diplerocarpacce

Ficus

Denjamina.

mit weit auslaufenden, am Grunde zirka 2 m hohen Bretterwurzeln. Botanischer Garten Buitenzorg. Original.

Luftwurzeln eines etwa 40 m hohen Waringin, eine Tempelmauer zerstörend. Bali. Original.

AUFGABEN UND EINTEILUNG DER PFLANZENPHYSIOLOGIE P h y s i o l o g i e ist die L e h r e von den L e b e n s e r s c h e i n u n g e n d e r O r g a n i s m e n . Sie unterscheidet sich grundsätzlich von der Morphologie. Diese ist in erster Linie eine b e s c h r e i b e n d e , jene eine e r k l ä r e n d e Wissenschaft. Der Morphologe untersucht und vergleicht G e s t a l t e n , also räumliche Zusammenhänge, der Physiologe studiert zeitlich ablaufende V o r g ä n g e . Die Naturwissenschaft läßt als exakte Erklärung nur die Aufdeckung k a u s a l e r Z u s a m m e n h ä n g e gelten. Darin besteht die wesentliche Aufgabe der Physiologie ; sie versucht, mit den in der Chemie und Physik gebräuchlichen Methoden die verschiedenen Lebenserscheinungen ursächlich zu erklären, ist also eine experimentelle Wissenschaft. Experimente mit lebenden Orgeinismen bieten sehr viel größere Schwierigkeiten als solche mit starren toten Mechanismen. Im Protoplasma spielen sich dauernd Veränderungen ab, die teils auf innere Ursachen zurückgehen, also a u t o n o m sind, teils durch Außenfaktoren bedingt werden und dann a i t i o n o m heißen. In der Natur wirken stets viele solche Einflüsse gleichzeitig e i n ; die sich hier abspielenden Vorgänge sind also das Ergebnis des Zusammenwirkens verschiedener Ursachen. Untersuchungen, die dieses Verhalten studieren, nennt man ö k o l o g i s c h e ; sie müssen a m natürlichen Standort vorgenommen werden. I m p h y s i o l o g i s c h e n Experiment versucht mein die Wirkungen eines e i n z e l n e n Faktors zu erkennen. Dazu ist es nötig, alle übrigen nach Möglichkeit konstant und optimal zu halten, damit sie nicht störend eingreifen können. Die physiologischen Vorgänge lassen sich zwanglos in drei Hauptgruppen vereinigen, die man als S t o f f w e c h s e l , F o r m w e c h s e l und O r t w e c h s e l bezeichnen kann. Jeder Orgeinismus baut sich aus einer Fülle von Stoffen auf, die vielfachen Umsetzungen unterworfen sind. Alle diese Vorgänge zu erkennen und zu erklären, ist Aufgabe der Lehre vom Stoffwechsel. Er verläuft nach zwei Richtungen. Einmal nimmt die Pflanze verhältnismäßig einfache Verbindungen auf und baut aus diesen ihre komplizierte Körpersubstanz auf. Mein keinn die Geseimtheit dieser aufbauenden Vorgänge als die E r n ä h r u n g der Pflanze bezeichnen. In einer zweiten Reihe von Prozessen wird ein Teil der neuaufgebauten oder der aufgenommenen Stoffe wieder zerstört. Die Notwendigkeit dieses Abbaues leuchtet erst ein, wenn mein erfährt, daß er zu einer Freimachung der lebensnotwendigen E n e r g i e führt. Alle diesem Energiegewinn dienenden Stoffwechselvorgänge kann mein in einem weitesten Sinn als A t m u n g bezeichnen. 25»

388

Zweiter Teil. Physiologie

Der Stoffwechsel stellt zunächst einen ununterbrochenen Ablauf der verschiedensten chemischen Prozesse dar. Die Stoffwechsellehre ist aber nicht einfach B i o c h e m i e . Denn wir rechnen zu ihr auch alle die physikalischen Vorgänge, die den Eintritt, Transport und Wiederaustritt von Stoffen ermöglichen. Der Formwechsel umfaßt W a c h s t u m , E n t w i c k l u n g und F o r t p f l a n z u n g . Hier stehen neben chemichen auch physikalische Prozesse im Vordergrund. Handelt es sich doch darum, aus den gebildeten Stoffen mit Hilfe der gewonnenen Energie den Körper der Pflanze aufzubauen und zu formen. Die Fortpflanzung stellt eine Entwicklung über das Individuum hinaus dar. Da diese durch die V e r e r b u n g geregelt wird, gehört auch dieses Wissensgebiet, die G e n e t i k , zur gleichen Hauptgruppe von Erscheinungen. Als Aufgabe der Lehre vom Formwechsel erscheint der Versuch, das Formproblem kausal zu erklären. Über die Grenzen, die dieser E n t w i c k l u n g s p h y s i o l o g i e oder Entwicklungsmechanik gesetzt sind, wurde schon in der Einleitung zur Morphologie gesprochen. Der Ortwechsel ist die Lehre von den B e w e g u n g e n der Pflanzen und ihrer Organe. Freie Ortsbewegung kommt fast nur mikroskopisch kleinen Lebewesen zu; sie blieb daher lange unbekannt. Die Organbewegungen wieder, erfolgen in der Regel so langsam, daß man sie lange Zeit hindurch nur wenig beachtete. Erst spät rang sich die Erkenntnis durch, daß das B e w e g u n g s v e r m ö g e n eine allen Organismen zukommende Fähigkeit ist. Die Bewegungsphysiologie ist vor die Aufgabe gestellt, die den einzelnen Bewegungsvorgängen zugrunde liegenden physikalischen und chemischen Vorgänge klarzulegen. Die gewählte Einteilung richtet sich nach den Grundeigenschaften der lebenden Substanz. Diese kann sich e r n ä h r e n und a t m e n ; sie kann w a c h s e n , sich e n t w i c k e l n und f o r t p f l a n z e n , und sie kann sich schließlich b e w e g e n . Dazu kommt noch ihre Fähigkeit, Außenfaktoren wahrzunehmen und darauf mit gewissen Veränderungen zu reagieren. Dieses Empfindungsvermögen bezeichnet man in der Pflanzenphysiologie als R e i z b a r k e i t . Sie spielt bei allen Lebensvorgängen eine Rolle, tritt aber am auffälligsten dort zutage, wo die Reaktion in einer Bewegung besteht. Deshalb pflegt man auch eine in diesem Sinn ausgerichtete Bewegungsphysiologie R e i z p h y s i o l o g i e zu nennen.

E R S T E R ABSCHNITT

STOFFWECHSEL A. EINTEILUNG DER STOFFWECHSELVORGÄNGE Wie schon in den einführenden Worten über das Aufgabengebiet der Pflanzenphysiologie kurz erwähnt wurde, lassen sich die Stoffwechselvorgänge in zwei große Gruppen teilen, nämlich solche, die der E r n ä h r u n g , und solche, die dem E n e r g i e g e w i n n dienen. Die weitere Einteilung der e r s t e n Gruppe kann von verschiedenen Gesichtspunkten aus erfolgen. Als vorteilhaft erweist es sich, dabei von den wichtigsten Nähr- und Baustoffen auszugehen. Danach wäre zunächst der W a s s e r h a u s h a l t der Pflanze zu besprechen, dann die Gewinnung, Verwendung und Verarbeitung der N ä h r s a l z e , des Kohlenstoffs und des Stickstoffs. Alle Vorgänge, bei denen aus aufgenommenen einfachen Verbindungen kompliziertere Körpersubstanzen entstehen, bezeichnet man als A s s i m i l a t i o n , da ja eine Angleichung an die schon im Körper vorhandenen Stoffe erfolgt. Im engeren Sinne wird dieser Ausdruck für die besondere Art der Gewinnung und Verarbeitung des Kohlenstoffes durch die grüne Pflanze verwendet. Nur sie und einige Bakterien haben die Fähigkeit, den Kohlenstoff der Luftkohlensäure zu verwerten und sich so restlos von anorganischen Substanzen zu ernähren. Solche Organismen nennt man a u t o t r o p h , und mein kann ihnen alle anderen, die Kohlenstoff aus organischen Verbindungen gewinnen, als h e t e r o t r o p h e gegenüberstellen. Diese Verschiedenheit erfordert eine weitere Teilung des Stoffes. Die z w e i t e Gruppe von Stoffwechselvorgängen, also alle jene Abbauprozesse, die dem Energiegewinn dienen, pflegt man unter dem Namen D i s s i m i l a t i o n zusammenzufassen. In der Tat wird ja dabei die früher durchgeführte Angleichung der Stoffe wieder aufgehoben. Auch hier ergeben sich beträchtliche Unterschiede zwischen grünen autotrophen und nichtgrünen heterotrophen Pflanzen. Die Dissimilationsvorgänge der ersten nennt man A t m u n g , bei der zweiten Gruppe spricht man von G ä r u n g e n . Im Gegensatz zum Tier treten bei der Pflanze Endprodukte des Stoffwechsels äußerlich kaum in Erscheinung. Trotzdem sind solche vorhanden. Der unmittelbaren Beobachtung entziehen sie sich deshalb, weil sie zum Teil Gase sind, zum Teil im Inneren des Körpers abgelagert werden.

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I. Der Wassergehalt — II. Die Trockensubstanz

B. DIE STOFFLICHE ZUSAMMENSETZUNG DER PFLANZE Schon in früheren Abschnitten bot sich Gelegenheit, auf zahlreiche in der Pflanze vorkommende Stoffe hinzuweisen und manche von ihnen eingehender zu besprechen; auch wird in den folgenden Kapiteln auf verschiedene Stoffe näher einzugehen sein. Die Einschließende Aufzählung hat somit hauptsächlich den Zweck, eine bessere Übersicht zu schaffen.

I. Der Wassergehalt Der bekannte Gewichtsunterschied frischer und trockener Pflanzen lehrt, daß sie reichliche Mengen von Wasser enthalten. Der W a s s e r g e h a l t ist dabei im einzelnen sehr verschieden jmd steht in deutlicher Beziehung zu den Umweltsverhältnissen. So besitzen Wasserpflanzen oft mehr als 90% Wasser; das gleiche gilt aber auch für manche Sukkulenten und für Beerenfrüchte. Auch unterirdische Reservestoffbehälter, vor allem die Zwiebeln, sind oft sehr wasserreich. Kartoffeln enthalten etwa 75% Wasser, Zuckerrüben und Möhren 80—85%. Blätter besitzen sehr verschiedene Wassermengen, die von Hygrophyten fast doppelt soviel als Hartlaubblätter. Stengel sind meist wasserärmer als Blätter, frisches Holz hat Wassergehalte, die um 40% schwanken. Am wasserärmsten sind Samen; bei ihnen erreicht die Wassermenge oft nicht einmal 10%.

II. Die Trockensubstanz Die Trockensubstanz läßt sich zunächst durch Verbrennung in zwei Teile zerlegen : in die verbrennbare organische Substanz und die unverbrennbare Asche. l. Die organischen V e r b i n d u n g e n Die o r g a n i s c h e n S t o f f e , also die Kohlenstoffverbindungen, herrschen in der Trockensubstanz weit vor, der Aschengehalt beträgt, wie später näher ausgeführt werden wird, oft nur wenige Prozente. Am Aufbau der organischen Verbindungen beteiligen sich die Elemente C, H, O, N, die man daher auch organogene nennt; in einzelnen Fällen kommen dazu noch S und P. Mengenmäßig herrscht der K o h l e n s t o f f vor, der bis fast 50% der organischen Substanz ausmachen kann. Die folgende Zusammenstellung gibt eine Übersicht über die wichtigsten im Pflanzenkörper vorkommenden Verbindungen. Ihre Anzahl ist ungeheuer groß, und ihr Studium Aufgabe der organischen sowie der B i o c h e m i e . a) Stickstoffreie

organische

Verbindungen

I. Kohlehydrate. Diese folgen der allgemeinen Formel C n H 2n O n . 1. M o n o s a c c h a r i d e . Hexosen (C 6 H 12 0 6 ), z. B. Glukose, Fruktose, Mannose, Galaktose; Pentosen (C5H10OB), z.B. Arabinose, Xylose. 2. D i s a c c h a r i d e entstehen aus zwei Hexosemolekülen unter Wasseraustritt (2 • C 6 H 12 0 6 — H 2 0 —>• C 12 H 22 O n ), z.B. Rohrzucker, Malzzucker, (Saccharose. Maltose).

1. Die organischen Verbindungen

391

3. P o l y s a c c h a r i d e (C6H10O5)n , z.B. Stärke, Zellulose, Inulin, Glykogen. Auch Pektine, Schleime und Gummiarten sind Polysaccharide, die sich zum Teil aus von Zuckern abgeleiteten Säuren zusammensetzen. Gummiarten sind aus Pentosen aufgebaut. II. Organische Säuren. 1. G e s ä t t i g t e M o n o c a r b o n s ä u r e n (Fettsäuren, C n H 2 l l 0 2 ). Garbonsäuren enthalten die an Alkyl gebundene Carboxylgruppe COOH. Sie sind dadurch wichtig, daß die höheren Glieder der Reihe sich mit den Hydroxyl(OH-) Gruppen des Glyzerins zu Fetten (Glyzerinester, Glyceride) verbinden können. Beispiele : Palmitinsäure (C 16 H 32 0 2 oder C 15 H 31 • COOH), Stearinsäure (C 18 H 36 0 2 ). Von den niederen Gliedern kommen Essigsäure und Buttersäure bei Gärungen vor. 2. U n g e s ä t t i g t e M o n o c a r b o n s ä u r e n . Einfach ungesättigt (C n H 2 n _20 2 ) ist die Ölsäure (C^H^Og), mehrfach ungesättigt die Linolsäure. 3. M e h r b a s i s c h e C a r b o n s ä u r e n enthalten mehr als eine Carboxylgruppe. Beispiele: die Oxalsäure (C 2 H 2 0 4 oder HOOC • COOH), häufig gebunden im Calciumoxalat; Bernsteinsäure, Fumarsäure. 4. O x y s ä u r e n enthalten neben Carboxylgruppen auch ein oder zwei Hydroxyle. Beispiele : Äpfelsäure (HOOC • CH(OH) • CH 2 • COOH), Weinsäure, Traubensäure, Zitronensäure, Milchsäure [einbasisch, CH3 • CH(OH) • COOH]. III. Alkohole. Höhere Alkohole mit mehreren Hydroxylgruppen sind die Reservestoffe Mannit, Sorbit und Dulcit. Äthylalkohol und Glyzerin treten bei Gärungen auf. IV. Fette sind Verbindungen höherer Fettsäuren mit Glyzerin (Ester). Jede der drei OH-Gruppen des Glyzerins kann sich mit der COOH-Gruppe einer Fettsäure verbinden. Herrschen ungesättigte Fettsäuren vor, so bilden sich die für die Pflanze charakteristischen fetten Öle; gesättigte Fettsäuren ergeben Fette von talgartiger Konsistenz (z. B. Kakaobutter). Als L i p o i d e bezeichnet man im weiteren Sinn des Wortes alle Fette. In einem engeren Sinn versteht mein darunter verschiedene lebenswichtige, den Fetten nahestehende Stoffe. Die P h o s p h a t i d e sind Glyceride, die Orthophosphorsäure enthalten, die ihrerseits mit dem N-haltigen Cholin verbunden ist. S t e r i n e sind hochmolekulare Alkohole mit C-Ringen. Beispiele für Phytosterine sind das Sitosterin der Getreidekeime und das Ergosterin der Hefe. V. Glykoside sind Verbindungen von Zucker mit Substanzen von Alkoholcharakter. Über sie wurde schon in der Zellenlehre (vgl. S. 58) verschiedenes mitgeteilt. Enzyme spalten sie, wobei neben dem Zucker ein oft giftiges A g l y k o n auftritt. Beispiele: Die Digitalisglykoside (besonders Digitoxin), Strophantin, Convallarin. Manche Glykoside — die Saponine — schäumen in Wasser und sind infolge ihrer hämolytischen Wirkung giftig, 1. B. Digitogenin. Bekannte Glykoside sind das Amygdalin der bitteren Mandeln, das durch das

392

II. Die Trockensubstanz

Enzym Emulsin in Glukose (Gentiobiose), Benzaldehyd und Blausäure gespalten wird, oder das Sinigrin der Cruciferen, das bei der Spaltutig durch das Ferment Myrosin Glukose, Allylsenföl und Kaliumbisulfat liefert. Die zu den Glykosiden gehörenden Blütenfarbstoffe, die Flavone und Anthozyane, wurden schon früher (S. 58) besprochen. VI. Gerbstoffe. Über diese wurde schon S. 57 das wichtigste mitgeteilt. VII. Ätherische Öle: H a r z e , B a l s a m e , K a u t s c h u k . Über diese Gruppe von Stoffen wurde schon S. 109 berichtet. Es sei daran erinnert, daß es sich um Stoßgemische handelt, die aus Terpenen, Alkoholen, Ketonen usw. bestehen. Sie leiten sich von Kohlenwasserstoffen der allgemeinen Zusammensetzung C10H16 ab. Kautschuk ist ein Polymerisationsprodukt des Isoprens, (C 6 H 8 ) n . Harze sind saure Verbindungen (z. B. Abietinsäure, C20H30O2), die in Terpenen gelöst vorkommen und dann Balsame heißen. b) Stickstoffhaltige

organische

Verbindungen

I. Aminosäuren. Diese sind Carbonsäuren, in denen an C befindlicher Wasserstoff durch die Aminogruppe (NH2) ersetzt ist, z. B . : CH3 • COOH CH 2 • NH2 • COOH Essigsäure a-Aminoessigsäure (Glykokoll) Die Aminosäuren besitzen also neben den sauren Carboxyl- auch basische Aminogruppen, wodurch sie Ampholyte werden (vgl. S. 406). Man pflegt sie folgendermaßen einzuteilen: 1. Einbasische Monoaminosäuren (eine NHa" eine COOH-Gruppe). Beispiele: Glykokoll (Glycin), Alanin, Leucin. 2. Zweibasische Monoaminosäuren (eine NHa- und zwei COOH-Gruppen). Beispiele: Asparaginsäure, Glutaminsäure. 5. Diaminosäuren (zwei NH 2 -Gruppen). Beispiele: Lysin, Arginin. 4. Oxyaminosäuren. Beispiele: Serin, Tyrosin. 5. S-haltige Aminosäuren. Beispiele: Cystin, Cystein, Methionin. 6. Aminosäuren mit N-haltigen Ringen. Beispiele: Tryptophan, Histidin.

II. SSureamide. Entstehen aus Aminosäuren, indem an Stelle der COOHGruppe die Säureamidgruppe (CONH2) tritt. Beispiele: Asparagin, Glutamin HOOC-CH(NH2)-CH2-COOH +NH 3 ->HOOC-CH(NH 2 )-CH 2 -CO-NH 2 + H 2 O Asparaginsäure Asparagin III. Eiweißstoffe. Diese setzen sich aus den Elementen C, H, O, N, S und manchmal auch P zusammen. Die Elementaranalyse lehrt, daß der Kohlenstoff mit etwa 50—55% im Eiweiß vorherrscht, und der N-Gehalt um 16% schwankt. Die Eiweißstoffe stellen Verkettungen von Aminosäuren dar, wobei zunächst

1. Die organischen Verbindungen

393

zwei oder m e h r Aminosäuren zu Di- oder Polypeptiden zusammentreten. Dabei verbindet sich die COOH-Gruppe der einen Säure mit der NH 2 -Gruppe der anderen (Säureamidbindung). Als Beispiel sei die Bildung des Dipeptids Glycylglycin a n g e f ü h r t : H 2 N • CH 2 • COOH + H 2 N • CH 2 • COOH->-H 2 N • CH 2 • CO • N H • CH 2 • COOH + H 2 0 Glycin Glycin Glycylglycin Allgemein läßt sich ein Stück einer Polypeptidkette folgendermaßen darstellen: r2 I NH

CO

CH

NH

CO

I I R 1 3 D a die Aminosäurenreste (Rj, R 2 , R 3 ) von sehr verschiedener Art sind, u n d m a n über zwanzig verschiedene solche Säuren kennt, ergibt sich eine u n g e h e u r e Mannigfaltigkeit möglicher Verbindungen. Die reaktionsfähigen Gruppen der Radikale ermöglichen auch eine Verbindung solcher fadenförmiger Makromoleküle untereinander zu komplizierteren Verbänden. Die Eiweißmoleküle können sehr groß werden (Molekulargewicht 17500 oder ein Mehrfaches davon bis zu Millionen). Dadurch erhalten Eiweißlösungen ihren kolloidalen Charakter. Man pflegt die Eiweißkörper der Pflanzen folgendermaßen einzuteilen: R

1. P r o t e i n e (einfache Eiweißstoffe). a) Albumine, wasserlöslich, salzbildend. b) Globuline, in reinem Wasser unlöslich, durch Magnesiumsulfat aussalzbar. c) Prolamine, löslich in 70%igem Alkohol. 2. Proteide (Eiweißverbindungen). a) NuMeoproteide. Diese sind salzartige Verbindungen von Eiweißen mit Nukleinsäuren und kommen hauptsächlich im Zellkern, aber auch im Protoplasma vor. Die Nukleinsäuren bestehen aus Purin- und Pyrimidinbasen (so Guanin und Adenin einerseits und Thymin andererseits), einem Pentosezucker (d-Ribose oder Desoxyribose) und Phosphorsäure. Die Bausteine der Nukleinsäuren heißen Mononukleotide. Solche treten zu den Makromolekülen cler Polynukleotide zusammen, von denen die Thymonukleinsäure der Zellkerne genannt sei. b) Glukoproteide sind Verbindungen von Eiweiß mit Kohlehydraten.

IV. Alkaloidc. Diese sind stickstoffhaltige Basen von sehr verschiedener chemischer Zusammensetzung. Meist sind sie heterozyklische Verbindungen, oft mit organischen Säuren verbunden. Viele sind pharmakologisch wichtig, so die zahlreichen Alkaloide des Mohnmilchsaftes (Opium), wie Morphin, Kodein, Papaverin, Narkotin u. a.. I n Solanaceen finden sich Atropin, Hyoscyamin, Scopolamin, Nikotin. Wichtig sind f e r n e r : Chinin aus der Chinarinde (Cinchona-Arten), Strychnin in der Brechnuß (Strychnos nux vomica), Coniin im Schierling. Coffein ( = Thein) ist eine Purinbase.

394

II. Die Trockensubstanz

2. D i e P f l a n z e n a s c h e In der Asche finden sich teils als Oxyde, teils als Carbonate in größeren Mengen K, Na, Ca, Mg, Fe, ferner S, P, Si, Cl, in geringeren Mengen oft noch AI, Mn, Li, in Spuren noch viele andere Elemente. Die G e s a m t m e n g e der Asche ist eine sehr verschiedene. Am geringsten ist sie im Samen, am reichsten meist in den Laubblättern. Sie kann in solchen bis 3 0 % der Trockensubstanz betragen. Dies steht damit im Zusammenhang, daß die Salze bis in die Blätter transportiert werden und sich hier bei der Verdunstung des Wassers ansammeln. Ein Teil davon kann allerdings durch Regen ausgewaschen werden, da sie auch durch die Membranen bis an die Oberfläche vordringen. Wichtig ist die Tatsache, daß verschiedene Pflanzen aus dem gleichen Boden sehr verschiedene Salzmengen entnehmen. Auch die Zusammensetzung der Asche ist dann bei den einzelnen Pflanzen sehr verschieden und hängt wieder nur sehr begrenzt von der Zusammensetzung des Bodens oder Wassers ab. Beispiele dafür bringt die folgende Tabelle. Tabelle 1 Z u s a m m e n s e t z u n g d e r A s c h e von P f l a n z e n g l e i c h e r (Nach WOLFF aus KOSTYTSCHEW) In v. H. der Gesamtasche

Pflanze K2O Galeobdolon luteum . . Ranunculus lanuginosus Majanthemum bifolium. Ajuga reptans . . . . Vaccinium Myrtillus . . Waldboden (in HCl löslich)

Ohara foetida . Tjrpha angustifolia Stratiotes aloides . Nymphaea alba. . Wasser in % . .

Standorte

. . . . . .

44,1 38,8 55,7 28,1 28,1 0,26

Na20 0,9 0,7 -

-

7,0 1,8 0,10

0,44 . 0,85 . 32,35 10,98 . 45,09 3,88 . 18,51 25,95 0,054 0,282 .

CaO 14,0 14,2 7,9 2,1 27,6 0,47

MgO 7,5 3,8 8,4 5,3 12,5 0,54

95,35 0,99 27,90 1,98 15,70 20,99 24,27 3,43 0,533 0 , 1 1 2

Fe a O s 0,7 0,9 1,2 1,4 2,9

P2O6 9,8 11,7 14,7 17,1 9,6

S03 15,5 14,0 3,2 10,4 5,2

2,91

0,17

0,13

0,07 0,20 0,56 0,32

0,54 4,93 4,20 3,31 0,006

0,42 3,26 5,09 1,56 0,072



SiO a

Cl

2,2 2,2 1,9 2,2 6,6

6,9 17,7 9,0 10,7 2,4





1,22 0,79 2,65 .0,63 —

0,16 22,73 2,41 23,11 0,203

Die Pflanzen besitzen also ein spezifisches W a h l - und S p e i c h e r v e r m ö g e n für die in der Bodenlösung befindlichen Stoffe. Weitere Einzelheiten über diese Fragen werden im nächsten Abschnitt nachgetragen werden.

1. Die Wasseraufnahme der Zelle

395

C. DER WASSERHAUSHALT I. Die Aufnahme des Wassers 1. D i e W a s s e r a u f n a h m e d e r Z e l l e Die P f l a n z e n z e l l e ist n u r zur A u f n a h m e gelöster S u b s t a n z e n b e f ä h i g t . Festen Körpern wird schon durch die Zellmembran der Eintritt verwehrt, aber auch nacktes Plasma läßt solche im allgemeinen nicht durch. Eine Ausnahme machen z. B. die Plasmodien der Myxomyceten, die feste Teilchen in ihr Plasma einschüeßen und in diesem auflösen können. Auch G a s e treten erst dann in die Zelle ein, wenn sie vom Quellungswasser der Zellmembran aufgenommen wurden. Als natürliches L ö s u n g s m i t t e l kommt nur W a s s e r in Frage. Da nun auch das Protoplasma und der Zellsaft wässerige Lösungen darstellen, besteht die Stoffaufnahme im wesentlichen in einem L ö s u n g s a u s g l e i c h . Für einen solchen gelten die Gesetze der D i f f u s i o n und Osmose. W i r wollen diese im folgenden kurz schildern und dabei zunächst die A u f n a h m e d e s W a s s e r s in den Vordergrund stellen. Wasser kann indessen auch durch Q u e l l u n g (Imbibition) und kapillar aufgenommen werden. Der erste dieser beiden Vorgänge ist physiologisch von großer Bedeutung, bedarf also gleichfalls einer näheren Besprechung. Kapillare Wasseraufnahme dagegen finden wir nur in Ausnahmefällen, über die schon in der Gewebelehre das wichtigste gesagt wurde (S. 94, 100). a) Diffusion und Osmose

Die Diffusion v o n L ö s u n g e n ist ein Vorgang, der weitgehend der Gasdiffusion entspricht. Werden zwei Behälter, die je ein Gas enthalten, miteinander in Verbindung gebracht, so strömen die Gase zueinander, bis eine vollkommen gleichmäßige Verteilung im Gesamtraum erreicht ist. Die Diffusion von Lösungen wollen wir zunächst an einem Beispiel betrachten. Uberschichten wir in einem Glasgefäß vorsichtig eine Zuckerlösung mit Wasser, so besteht zwischen den beiden Flüssigkeiten erst eine scharfe Grenze. Schon nach kurzer Zeit beginnt sich diese aber zu verwischen, da sich Lösung und Lösungsmittel auch ohne jede äußere Einwirkung vermischen. Dies dauert so lange, bis es zu einem vollkommenen Konzentrationsausgleich kommt, d. h. bis sich an jedem Ort des Gefäßes gleichviel Wasser- und Zuckermoleküle befinden. Dieser K o n z e n t r a t i o n s a u s g l e i c h — die Diffusion — beruht auf der Eigenbewegung (thermischen oder BROWNschen Molekularbewegung) der Moleküle. Obwohl diese mit außerordentlich hoher Geschwindigkeit vor sich geht, verläuft die Diffusion doch langsam. Jedes einzelne Molekül wird nämlich von seiner geraden Bahn immer wieder dadurch abgelenkt, daß es mit Molekülen des Lösungsmittels zusammenstößt. Schließlich durchdringen sich aber die Mengen beiderlei Moleküle vollkommen. D i e D i f f u s i o n e i n e s S t o f f e s e r f o l g t s t e t s v o m O r t e s e i n e r h ö h e r e n zu d e m s e i n e r g e r i n g e r e n K o n z e n t r a t i o n . Die Zuckermoleküle wandern also in das Wasser, und dessen Moleküle dringen in die Zuckerlösung ein. Die D i f f u s i o n s g e s c h w i n d i g k e i t hängt vor allem vom

396

I. Die Aufnahme des Wassers

Konzentrationsgefälle,- ferner von der Temperatur u n d der Natur des gelösten Stoffes ab. In unserem Versuche ist das Gefälle ein der Grenze Zuckerlösung—• Wasser am größten, hier erfolgt die Diffusion also rasch. Schon in geringer Entfernung davon n i m m t das Gefälle aber infolge der Verdünnung rapide ab, und das f ü h r t zu einer außerordentlichen Verlangsamung des Vorganges. So kann eine Weglänge, die der Größe einer Zelle entspricht, schon in einer oder wenigen Sekunden zurückgelegt werden, dagegen benötigt ein Stoff zur Diffusion über, wenige Zentimeter schon einige Tage. Somit kann die Diffusion in der Pflanze wohl bei der Ausbreitung eines Stoffes im Zellraum oder von Zelle zu Zelle, nicht aber bei der raschen Wanderung in Organen von Bedeutung sein. Sind ein Lösungsmittel oder eine gelöste Substanz von einer anderen Lösung durch eine m e h r oder minder durchlässige Membran getrennt, so n e n n t man die sich n u n m e h r abspielenden Diffusionsvorgänge Osmose. Zu ihrem Studium ändern wir unseren Versuch mit Zuckerlösung u n d Wasser in der Weise ab, daß wir die Flüssigkeiten in die beiden Schenkel eines U-Rohres füllen, das an

w

w+

w+ l

w

w+ l

w+ l

Abb. 504. Diflusionsversuch. a. In den Schenkeln des U-Rohres befinden sich, durch eine Pergamenthaut getrennt, links Wasser (W), rechts eine Zuckerläsung (W + Z). b zeigt den mittleren, c den Endzustand des Lösungssystems an. Original.

seiner Biegungsstelle durch Pergamentpapier oder ein Stück Schweinsblase geteilt ist (Abb. 504). Wieder wandern Wassermoleküle in die Zuckerlösung, da sie in dieser in geringerer Konzentration vorhanden sind, u n d es treten Zuckermoleküle in das Wasser über. Diesen großen Molekülen setzt die Membran aber einen größeren Widerstand entgegen als den viel kleineren des Wassers. Somit dringt in der Zeiteinheit erheblich m e h r Wasser durch die Membran als Zucker, u n d die Flüssigkeit steigt in dem zuckerhaltigen Schenkel des U-Rohres an. Nach einiger Zeit aber kommt es auch hier zum Ausgleich, der äußerlich daran zu erkennen ist, daß die Flüssigkeit auf der Zuckerseite wieder absinkt, bis gleichhohe Niveaus erreicht sind. Die verwendete Membran war f ü r beiderlei Stoffe p e r m e a b e l . Es gibt indessen auch Membranen, die n u r f ü r das Lösungsmittel, nicht aber auch f ü r die gelöste Substanz durchlässig sind, oder solche, die gewisse gelöste Stoffe durchlassen, andere dagegen nicht. Solche Membranen n e n n t man s e m i p e r m e a b e l oder halbdurchlässig, u n d an ihnen lassen sich die osmotischen Gesetze am besten studieren. Semipermeablc Membranen kann mein künstlich herstellen; besonders verschiedene Niederschlagshäute erweisen sich f ü r Versuche sehr geeignet. Bringt

1. Die Wasseraufnahme der Zelle

397

m a n z. B. in die v e r d ü n n t e Lösung von F e r r o z y a n k a l i u m ein Stückchen K u p f e r c h l o r i d , so beginnt sich dieses sofort zu lösen. Sowie sich beiderlei Lösungen b e r ü h r e n , k o m m t es zur Bildung einer H a u t von rotbraunem F e r r o z y a n k u p f e r . Diese M e m b r a n ist zwar f ü r Wasser, nicht aber f ü r die Salzmoleküle permeabel. D a die Salzkonzentration in der N ä h e der sich lösenden Kristalle h ö h e r ist als außen, strömt das Wasser nach innen. D i e V o l u m v e r m e h r u n g sprengt die b r a u n e Blase; an der Bißstelle b e r ü h r e n sich die Lösungen, wodurch die Öffnung gleich wieder geschlossen wird. D e r Vorgang wiederholt sich, wobei die Blase allmählich heranwächst. A m besten läßt sich die Vergrößerung dieser „TRAUBEs e h e n Z e l l e " beobachten, w e n n dem Kristallaggregat etwas L u f t a n h a f t e t . D a n n zieht das Luftbläschen die Niederschlagsmembran als Schlauch nach oben, u n d m a n sieht in diesem die blaugrüne Lösung durchschimmern. D e r b e r e gefärbte Schläuche erhält m a n , w e n n m a n Kristalle z. B. von Mangan-, Uran- oder Kobaltsalzen in eine Wasserglaslösung wirft. Solche TRAUBE sehen Zellen sind f ü r weitere Versuche wegen ihrer Hinfälligkeit zunächst ungeeignet. Der Pflanzenphysiologe PFEFFER wählte daher f ü r seine grundlegenden osmotischen Versuche (1877) folgende Anordnung. Er benützte feinporöse Tonzylinder, wie sie f ü r elektrische Elemente gebraucht werden, tauchte sie erst in eine Ferrozyankaliumlösung u n d füllte sie d a n n m i t der Kupfersalzlösung. Die Lösungen dringen dabei in den Ton ein u n d bilden in diesem die s e m i p e r m e a b l e Niederschlagsm e m b r a n . N u n m e h r stellt der Tonzylinder selbst ein festes semipermeables Gehäuse dar. Z u r Untersuchung der osmotischen Gesetze füllt m a n dieses m i t der zu untersuchenden L ö s u n g ; dann dichtet m a n den Tonzylinder oben m i t e i n e m Gummistopfen ab, durch den ein Glasrohr in die Lösung taucht. Den so vorbereiteten Apparat — die „PFEFFERsehe Z e l l e " — t a u c h t m a n schließlich in Wasser (Abb. 505). I n kurzer Zeit sieht m a n die Flüssigkeit i m Glasrohr ansteigen. Da die Steighöhen sehr beträchtlich werden, ist es vorteilhaft, das Steigrohr umzubiegen u n d nach Art eines Manometers m i t Quecksilber zu füllen. Auch dieses wird gehoben, u n d zwar so lange, b i s d a s G e wicht der gehobenen Quecksilber-

Abb. 505. P F E F F E R sehe Zelle (Osmometer). In einem Tonzylinder (T), der durch Ferrocyankupfer (SM) semipermeabel gemacht wurde, wird eine Zuckerlösung (ZL) gefüllt. Oben führt durch einen Gummistopfen ein mit der Lösung gefülltes Steigrohr, das mit einem Quecksilbermanometer in Verbindung gebracht ist. Taucht man den Apparat in Wasser (W), so wird die Quecksilbersäule gehoben, da nunmehr Wasser in den Tonzylinder einfließt, ohne daß Zuckermoleküle austreten können. Original.

398

I. Die Aufnahme des Wassers

säule der osmotischen Energie, mit der die W a s s e r m o l e k ü l e eintreten, gleichkommt. In diesem M o m e n t dringen ebenso viele W a s s e r m o l e k ü l e osmotisch ein, als gleichzeitig durch den D r u c k des Q u e c k s i l b e r s wieder a u s g e p r e ß t werden. Der Versuch lehrt uns, daß eine in eine semipermeable Membran eingeschlossene Lösung eine S a u g k r a f t besitzt und einen o s m o t i s c h e n D r u c k ausübt. Seine Höhe entspricht dem Gewicht der gehobenen Quecksilbersäule; er wird in A t m o s p h ä r e n , also in kg je cm 2 , ausgedrückt. Die Fähigkeit der Lösung, einen solchen Druck zu entfalten, lehrt uns, daß sie einen o s m o t i s c h e n W e r t besitzt. Es ergibt sich folgende einfache mathematische Beziehung: Bezeichnen wir den osmotischen Wert der Lösung mit P, die Saugkraft mit S und den jeweils erreichten Druck mit T, so ist T = P — S. I m Moment des Eintauchens besteht noch kein Druck (T = O), somit entspricht die Saugkraft dem vollen osmotischen Wert (S = P). Strömt nun Wasser ein, so vermindert sich die Saugkraft, während der Druck allmählich ansteigt (S = P — T ) , bis schließlich S = O und somit T = P wird, also der ganze osmotische Wert sich als Druck äußert. Mit der PFEFFER sehen Zelle kann man zunächst die Beziehungen zwischen der Konzentration der Lösung und dem zugehörigen osmotischen Druck bestimmen. PFEFFER selbst fand für Rohrzucker, daß schon bei einer Konzentration von 1 Gewichtsprozent das Quecksilber etwa 55 cm hochgehoben wird, was einem Druck von etwa 2 / s Atmosphären entspricht. Ferner ergab sich, daß in verdünnten Lösungen der osmotische Druck der Konzentration direkt proportional ist. Vergleicht man indessen etwa eine 10%ige Rohrzuckerlösung mit einer 10%igen Traubenzuckerlösung, so zeigt diese einen viel höheren Druck. D a s A u s m a ß d e s D r u c k e s h ä n g t n ä m l i c h , wie der Chemiker VAN T'HOFF im Anschluß Ein PFEFFERs Versuche zeigte, v o n d e r A n z a h l d e r g e l ö s t e n T e i l c h e n a b , und diese ist in der Traubenzuckerlösung bei gleicher p r o z e n t u a l e r Konzentration wegen des kleineren Molekulargewichtes größer. Lösungen beider Zucker, die e i n e g l e i c h e A n z a h l v o n M o l e k ü l e n i m L i t e r enthalten ( m o l a r e L ö s u n g e n ) , erhalten wir, wenn wir so viel Gramm der Substanz im Liter Wasser lösen, als dem Molekulargewicht entspricht. Dieses beträgt für Rohrzucker C l a H 2 2 O u Traubenzucker C 6 H 12 O a Atomgewichte: G = 12, H = 1, O = 16 C i a 144 72 c6 H 22 12 H22 12 96 o „ 176 O, 542

180

Wir erhalten so eine 34,2%ige Rohrzucker- und eine 18%ige Traubenzuckerlösung, die ä q u i m o l a r sind. S o l c h e ä q u i m o l a r e L ö s u n g e n s i n d i s o s m o t i s c h , d.h. sie ü b e n den g l e i c h e n o s m o t i s c h e n D r u c k aus. Da auch gleiche Verdünnungen äquimolar bleiben, ist z. B. eine 3,42% ige Rohrzuckerlösung einer l , 8 % i g e n Traubenzuckerlösung isosmotisch. Diese Gesetzmäßigkeit gilt für alle Substanzen, die sich molekular auflösen, also für N i c h t e l e k t r o l y t e . S a l z e machen insofern eine Ausnahme, als sie in

1. Die Wasseranfnahme der Zelle

399

verdünnter wässeriger Lösung mehr oder weniger dissoziieren, d. h., daß eine Anzahl ihrer Moleküle in positiv geladene Kationen und in negativ geladene Anionen zerfällt, z. B. KN03 in K + und NO~. I n f o l g e d e s s e n steigt die A n z a h l der gelösten T e i l c h e n und d a m i t auch der osmotische Druck an. Eine molare Kalisalpeterlösung (101 Gramm im Liter = 10,1%) z.B. hat gegenüber Rohrzucker einen etwa 1,7 mal höheren Wert. Dieser Wert ist der isotonische (isosmotische) K o e f f i z i e n t des Kalisalpeters für einen bestimmten Dissoziationsgrad. Der Vergleich des Gasdruckes mit dem Lösungsdruck ergab verschiedene wichtige Übereinstimmungen. So füllt ein Mol eines beliebigen Gases bei Atmosphärendruck den Raum von 22,42 1 (Gesetz von AVOGADRO). Auf den Raum von 1 1 zusammengepreßt, entfaltet es somit einen Druck von 22,42 Atm. (BOYLE-MARIOTTEsches Gesetz), das ist der gleiche Druck, den ein Mol einer gelösten nichtdissoziierten Substanz im Raum von 1 1 ausübt. Das läßt sich schon aus PFEFFERS Versuchen ableiten. Wenn ejne 1 %ige Rohrzuckerlösung einen Druck von etwa % Atm. ausübt, so beträgt der Druck einer molaren (34,2% igen) Lösung rund 22% Atm. Umgekehrt beträgt der Druck der gleichen Zuckermenge im Räume von 22,4 1 eine Atm. Auch der Gasdruck hängt ausschließlich von der Anzahl der vorhandenen Teilchen ah, und man kann ihn sich dadurch erklären, daß die Gasmoleküle bei ihrer Bewegung an die Wände des einschließenden Gefäßes anprallen. In gleicher Weise könnte man annehmen, daß der osmotische Druck durch die Stöße der gelösten Teilchen zustande kommt, doch scheint es richtiger, ihn dadurch zu erklären, daß die eindringenden Wassermoleküle eine VolumV e r g r ö ß e r u n g und damit auch den Druck bewirken. In diesem Sinne spricht man von einem Wasseranziehungsvermögen der osmotisch wirksamen Substanzen.

Taucht man eine mit Lösung gefüllte PFEFFERsche Zelle (ein Osmometer) statt in Wasser in eine Lösung ein, so strömt das Wasser nach der S e i t e der höheren Konzentration. Die konzentriertere Lösung nennen wir h y p e r tonisch, die verdünntere hypotonisch; osmotisch gleichwertige Lösungen heißen isotonische. Verwenden wir zu den Versuchen L ö s u n g s g e m i s c h e , so gilt wieder die gleiche Gesetzmäßigkeit wie bei Gasen: der osmotische Druck ist so hoch wie die Summe der Partialdrucke der gelösten Substanzen. Jeder gelöste Stoff wirkt also so, als ob er allein im Lösungsraume vorhanden wäre. Der osmotische Druck kann wie der Gasdruck Arbeit leisten. Umgekehrt verbraucht die Erhöhung des Druckes Arbeit; das ist leicht einzusehen, da dazu eine Konzentrationserhöhung notwendig ist, die ihrerseits ein Auspressen von Wasser aus dem Osmometer erfordert. Bei sehr hohen Konzentrationen erleiden die osmotischen Gesetze Abweichungen, die sich hauptsächlich daraus erklären, daß nunmehr ein Teil des Wassers von den gelösten Teilchen gebunden wird. Die Osmose geht dabei allmählich in Quellung über, die noch viel höhere Drucke entfaltet. Kolloide bewirken infolge ihres hohen Molekulargewichtes in verdünnten Lösungen nur geringe osmotische Drucke; bei starker Konzentration dagegen entfalten sie hohe Quelllingsdrucke. b) Die Osmose

der

Zelle

Wenden wir uns nunmehr der P f l a n z e n z e l l e zu, so ist klar, daß sie weitgehend mit der künstlichen PFEFFER sehen Zelle übereinstimmt. Dem Tonzylinder entspricht die permeable Z e l l u l o s e w a n d , dem Ferrozyankupfer das s e m i p e r m e a b l e Protoplasma, der Lösung im Osmometer der Zellsaft. Das Plasma ist in seinen beiden Grenzschichten semipermeabel, im Plasmalemma

400

I. Die Aufnahme des Wassers

und im Tonoplasten (vgl. S. 15). Dabei kann die Durchlässigkeit dieser beiden Schichten eine verschiedene sein. So ist es möglich, daß ein gelöster Stoff zwar in das Protoplasma eindringt ( I n t r a b i l i t ä t ) , nicht aber auch in den Zellsaft. Beim Eindringen in diesen spricht man von P e r m e a b i l i t ä t . Bringen wir eine Pflanzenzelle in Wasser, so ist jene gegenüber diesem h y p e r t o n i s c h , es strömt also Wasser in die Zelle ein. Ein Austritt der im Zellsaft gelösten Stoffe ist so lange nicht möglich, als der Tonoplast für diese Stoffe impermeabel ist. Zerstören wir die Semipermeabilität durch Abtöten, so erfolgt sofort ein Austritt der Inhaltsstoffe. Dies läßt sich leicht zeigen, wenn man etwa Stücke einer roten Rübe oder Kirschen in Wasser bringt und dieses erhitzt. Solange das Protoplasma lebt, bleibt das Wasser klar, im Moment des Absterbens dagegen färbt es sich durch das austretende Anthozyan rot. Die Menge des in die Zelle einströmenden Wassers hängt von der Elastizität der Zellwand ab. Die angestrebte Volumzunahme dehnt diese, wobei ein wachsender W i d e r s t a n d entsteht. Nehmen wir an, daß die Zelle vor dem Einbringen in Wasser durch Verdunstung entspannt war, so ist Einfangs die S a u g k r a f t der Z e l l e (Sz) gleich dem osmotischen Wert der Zellsaftlösung, die wir auch als I n h a l t s s a u g k r a f t (Si) bezeichnen können. Beim Anschwellen der Zelle erhöht sich allmählich der W a n d d r u c k (W), und wir kommen zu folgender Gleichung: Sz = Si — W. Den hydrostatischen (osmotischen) Druck, den der Zellinhalt auf die Wand ausübt, bezeichnet man als den Turgor der Zelle. Dieser Turgordruck (T) ist dem Wanddruck gleich, so daß an Stelle von W in die Gleichung auch T eingesetzt werden kann. Wird der Wanddruck und damit der Turgor maximal (W = Si), so erlischt die Saugkraft der Zelle (Sz = O). Wichtig ist, zu betonen, daß bei nicht oder wenig elastischen Zellen schon ein minimaler Wasserverlust dazu führt, daß die Zelle ihre volle Saugkraft entfaltet. Da ein richtiges Verständnis der osmotischen Eigenschaften einer Zelle für viele spätere Ausführungen von großer Bedeutung ist, seien hier die gebräuchlichen Ausdrücke nochmals zusammengestellt und erläutert. Si = Saugkraft (-wert) des Zellinhaltes, Sz = Saugkraft der Zelle, W = Wanddruck, T = Turgor (Innen-) druck. Osmotische Formel: Sz = Si — W (oder T). 1. Entspannte Zelle:

Kein Wand- und kein Turgordruck (W = 0, T = 0); Zellsaugkraft = Inhaltssaugkraft (also maximal) (Sz = Si).

2. Maximal gespannte Zelle:

Keine Zellsaugkraft (Sz = 0) ; Wand- und Turgordruck = Inhaltssaugkraft maximal) (W = Si, T = Si).

3. Nichtmaximal gespannte Zelle:

Mittlere Zellsaugkraft < Si (Sz = Si — W oder T). Mittlerer Wand- oder Turgordruck < Si (W oder T = Si — Sz).

(also

401

1. Die Wasseraufnahme der Zelle

Grenzt eine Zelle nicht an Wasser, sondern an eine Nachbaxzelle, so wird immer die Zelle der andern Wasser entziehen, die die höhere Z e l l s a u g k r a f t besitzt. In der Regel wird da« die Zelle sein, die auch die höhere Inhaltssaugkxaft besitzt. Voraussetzung ist, daß die Plasmahäute die osmotisch wirksamen Substanzen nicht durchtreten lassen. Können sich auch diese langsam diffusiv ausgleichen, so werden nach und nach die Inhaltssaugkräfte gleich und damit die Zellen isotonisch. c) Die

Oetcebespannung

Nach dem Gesagten möchte man meinen, daß in einem Organ im dampfgesättigten Raum ein vollkommener osmotischer Ausgleich herrschen müßte. In Wirklichkeit ist dem aber nicht so, woran teils die verschiedene Elastizität der Zellwände, teils die verschiedene Plasmapermeabilität schuld hat. Befinden sich z. B. elastische Zellen von hoher Inhaltssaugkraft zwischen Zellen von geringerer Wanddehnbarkeit, so können sie sich nicht weiter durch Wasseraufnahme ausdehnen und absättigen. Sind sie ferner für die Inhaltsstoffe, die ihre Saugkraft bewirken, impermeabel, so kann auch kein Ausgleich von Stoffen erfolgen, und es resultiert ein Spannungszustand zwischen beiderlei Geweben, den wir Gew e b e s p a n n u n g nennen. Eine solche kann auch eintreten, wenn das Plasma einer Zellart für Wasser Abb. 506. Gewebespannung. A Ein Stück der Blütenstandsachse von weniger durchlässig ist als Allium fislulosum wurde durch Kreuzschnitte längsgespalten. Die Spaltstücke krümmen sich nach außen. In Wasser gebracht rollen sie das einer benachbarten. sich spiralig ein (B). Original.

Von der Gewebespannung in Sprossen kann man sich leicht überzeugen, wenn man z. B. den Blütenstandsschaft eines Löwenzahns oder Lauches kreuzweise längsspaltet. Die Spaltstücke krümmen sich dann auswärts, da im Verbände die Außenschichten über ihren Eigenturgor durch den Druck der Innenschichten gespannt waren. Bringen wir die Streifen in Wasser, so nehmen die dehnbaren Zellen des Markes sofort so viel Wasser auf, daß es zu einer Einrollung nach außen kommt (Abb. 506).

In solchen Fällen muß die früher genannte osmotische Gleichung erweitert werden, indem mein auch den Außendruck (A) einführt: Sz = Si — (W -f- A). Auch in einem Laubblatt sind die osmotischen Werte in den einzelnen Lagen sehr verschieden, in den Epidermen sind sie geringer als im Mesophyll und hier wieder in den Palisaden niederer als im Schwammparenchym. d) Die

Bestimmung

des

osmotischen

Druckes

und

die

Plasmolyse

Zur Bestimmung der Höhe des osmotischen Druckes in Pflanzenzellen können verschiedene Methoden angewendet werden, vor allem die p l a s m o l y t i s c h e 26

v . G u t t e n b e r g , Lehrbuch der allgemeinen Botanik

402

I. Die Aufnahme des Wassers

und die k r y o s k o p i s c h e . Bringen wir eine Pflanzenzelle statt in Wasser in eine Lösung, die einen höheren osmotischen Wert als der Zellsaft besitzt, so muß Wasser aus der Zelle ausfließen. Zunächst kontrahiert sich dabei die Zellwand bis zu ihrer elastischen Entspannung; dann beginnt der Protoplast zu schrumpfen, er löst sich von der Wand, und die Außenlösung strömt durch die Zellwand nach. Diese Erscheinung, die zuerst DE VRIES (1884) fand, nennt man P l a s m o l y s e . Löst sich das Plasma glatt von der Wand, so kommt es zu einer Abrundung des Protoplasten (Konvexplasmolyse); haftet er an der Wand, so entsteht entweder eine Mulde (Konkavplasmolyse), oder es haftet eine größere mittlere Plasmaportion mit zahlreichen Fäden an der Wand (Krampfplasmolyse) (Abb. 507). Überträgt man die Zelle wieder in Wasser, so geht die Plasmolyse zurück, bis der Protoplast der Wand wieder anliegt ( D e p l a s m o l y s e ) . Legt man Zellen oder Gewebeschnitte in Lösungen von abnehmender Konzentration, so sinkt auch das Ausmaß der Plasmolyse. Schließlich wird man einen Grenzwert finden, der eben noch zu geringer Abhebung des Protoplasten Anlaß gibt. In diesem Fall sind die Außenlösung und der Zellsaft praktisch isotonisch ( G r e n z p l a s m o l y s e ) . Der Wert der Außenlösung kann dann durch ein Osmometer oder auch kryoskopisch bestimmt werden. K r y o s k o p i e ist die Bestimmung der G e f r i e r p u n k t s e r n i e d r i g u n g einer Lösung. Dieser Vorgang und auch die Erhöhung des Siedepunktes hängen, gleich dem osmotischen Wert, lediglich von der Anzahl der gelösten Teilchen ab; stets handelt es sich um FunkAbb. 507. Plasmolysterte Epidermlszellen. A Konvexplasmolyse, tionen der molaren Konzentration. Daher ist eine UmB Konkavplasmolyse. Nach rechnung der nach der einen Methode ermittelten STEUGGKR. Werte auf die der anderen möglich. Man kann ferner die Höhe des osmotischen Druckes pflanzlicher Organe auch u n m i t t e l bar k r y o s k o p i s c h feststellen. Das hat gegenüber der plasmolytischen Methode eine Reihe von Vorteilen. Die mikroskopische Beobachtung der Grenzplasmolyse ist in Gewebeschnitten sehr schwierig und wird dadurch ungenau. Ferner ist die Plasmahaut für verschiedene Plasmolytika nicht völlig impermeabel. So dringen z. B. Glyzerin, aber auch Salzlösungen nach und nach in den Zellsaft ein; das muß dann einen zu hohen osmotischen Druck der Zelle vortäuschen. Von der Tatsache des Eindringens kann mein sich leicht dadurch überzeugen, daß sich das Plasma einer durch Glyzerin plasmolysierten Zelle allmählich wieder ausdehnt und an die Wand legt. Als verläßlichstes Plasmolytikum hat sich Rohrzucker bewährt. Zur " k r y o s k o p i s c h e n B e s t i m m u n g des osmotischen Wertes, z. B. von Laubblättern, tötet man diese zwecks Aufhebung der Semipermeabilität rasch ab und preßt sie dann unter hohem Druck aus, worauf der ausfließende Saft kryoskopiert wird. Der Nachteil der Methode besteht darin, daß man nur Durchschnittswerte für ganze Organe erhält, was aber unter Umständen auch Vorteile bietet. Günstig ist, daß der ausgepreßte Saft den tatsächlichen Wert der Zellen in ihrem jeweiligen Spannungszustand wiedergibt. Bei der plasmolytischen Methode dagegen muß bei elastischen Zellwänden erst eine Umrechnung stattfinden. Zunächst kontrahiert

1. Die Wasseraufnahme der Zelle

403

sich ja die Zellwand, und die Konzentration des Zellsaftes steigt dabei infolge Volumverminderung an. Will man daher den osmotischen Inhaltswert im Ausgangszustand der Zelle erfahren, so ist es notwendig, das Volumen dieser Zelle (Vn) zu messen und mit dem bei der Grenzplasmolyse (Vg) zu vergleichen. Die Inhaltssaugkräfte sind dann den Volumina umgekehrt proportional.

Ist die Inhalts Saugkraft (Si) einer Zelle bestimmt, so kennt man auch den Turgordruck bei Wassersättigung. Dieser ist ja, wie wir früher hörten, der Inhaltssaugkraft gleich, die andererseits der maximalen Zellsaugkraft bei völliger Entspannung der Zelle entspricht. Als häufige osmotische Werte in parenchymatischen Zellen wurden 5—10 Atm. ermittelt. Doch sind höhere Drucke nicht selten. Begreiflicherweise bestehen dabei weitgehende Beziehungen zur Umwelt. So haben Süßwasseralgen einen geringeren Druck als Meeresalgen, die gegenüber dem Meerwasser hypertonisch sein müssen. Ferner sind Xerophyten meist m i t viel höheren Saugkräften ausgestattet als Hygrophyten, ebenso die Salzpflanzen (Halophyten) und die Bewohner der Mangrove. Das ist deshalb verständlich, weil nur auf diese Weise extrem trockenen oder salzigen Böden noch Wasser entzogen werden kann. Die Höhe des osmotischen Druckes solcher Pflanzen erreicht in Laubblättern bis zu 40 A t m . ; gegen die Basis der Pflanze zu nehmen die Werte ab, wovon später noch näher zu sprechen sein wird. Jedenfalls müssen aber auch die Wurzeln die Saugkraft des Bodens (vgl. S. 411) übertreffen, da sie sonst an diesen Wasser abgeben müßten.

c) Die osmotisch

wirksamen

Stoffe und die

Turgorregulation

Wie wir schon an früherer Stelle hörten (S. 57), sind die im Zellsaft gelösten Stoffe teils organischer, teils anorganischer Natur. Sie beteiligen sich alle am Zustandekommen des osmotischen Druckes. Insbesondere spielen organische Säuren und ihre Salze sowie Zucker dabei eine Rolle, in einzelnen Fällen aber auch anorganische Verbindungen, so Kochsalz bei Halophyten. Die osmotischen Werte der Pflanzen sind nicht völlig stationär, vielmehr können sie den Erfordernissen der Umwelt bis zu einem gewissen Grade Eingepaßt werden. Zu einer solchen T u r g o r r e g u l a t i o n sind z . B . Pflanzen befähigt, die an ihrem natürlichen Standort stark wechselnden Feuchtigkeitsbedingungen ausgesetzt sind. So weisen z. B. hartlaubige Mediterranpflanzen während des kühlfeuchten Winters erheblich niederere Drucke auf als während des trocken-heißen Sommers. Pflanzen salzhaltiger Standorte, so die Mangrovepflanzen (vgl. S. 502) und die Halophyten, sind in der Lage, sich der jeweiligen Salzkonzentration des Bodens durch Erhöhung oder Senkung ihrer Inhaltssaugkraft anzupassen. In noch höherem Maße gilt dies für viele Pilze, denen organische Lösungen von sehr verschiedener Konzentration zur Verfügung stehen. Ein Schimmelpilz in Zuckerlösung z. B. wird durch Verdampfen des Wassers einer dauernd ansteigenden osmotischen Saugung ausgesetzt. Konzentrierte Zuckerlösungen (z. B . Marmeladen) können nicht mehr verschimmeln. Die Erhöhung der Inhaltssaugkraft erfolgt in solchen Fällen teils durch Aufnahme der außen befindlichen Stoffe, teils durch eigene Stoffbildung.

Die Turgorregulation ist von größter Bedeutung, da ein Organismus nur so lange bestehen kann, als er gegenüber seiner Umgebung h y p e r t o n i s c h ist. Die Regulation des Turgors kann auch in sehr einfacher Weise in der Form erfolgen, daß unlösliche Substanzen in lösliche verwandelt werden. Das gilt vor allem für die Umwandlung der Stärke in Zucker, die zu einer Erhöhung der Saugkraft ( A n a t o n o s e ) führt, während der umgekehrte Vorgang Wasseraustritt bewirkt ( K a t a t o n o s e ) . Schwerer zu verstehen sind die vorkommenden Schwankungen der Salzkonzentration. 26*

404 f ) Die physiologische

I. Die Aufnahme des Wassers Bedeutung

der

Osmose

Der T u r g o r d r u c k f e s t i g t zarte Zellen in gleicher Weise, wie eine Gummiblase durch Einpumpen von Luft oder Wasser straff wird. Somit ist der Turgor die Voraussetzung für die Festigkeit krautiger Pflanzenteile und für die Beibehaltung ihrer Form. Die Gewebespannung ist noch wirksamer, da bei ihr wider standsfähige Zellen über ihren Eigenturgor hinaus gespannt werden. Die Bedeutung des Turgors erhellt aus der Erscheinung des W e l k e n s , die an jeder abgeschnittenen Pflanze beobachtet werden kann. Der Wasserverlust erfolgt hier durch Verdunstung (vgl. S. 415). Zu einer Plasmolyse kann es dabei nicht kommen, da zwischen dem Wasser des Plasmas und dem der Zellwand Kohäsion (vgl. S. 426) besteht. Vielmehr werden die Zellwände allmählich nach innen gezogen, die Zelle „schrumpfeit" (vgl. S. 547). Der Turgordruck leistet auch mechanische Arbeit, wie sie z. B. zur Ausführung mancher Bewegungsvorgänge (Aufrichtung von Sprossen usw.) notwendig ist. Die Z e l l s a u g k r a f t ermöglicht nicht nur die A u f n a h m e des W a s s e r s , sondern, wie wir später hören werden, auch die W a s s e r l e i t u n g . Die Osmose gelöster Substanzen regelt, je nach der Plasmadurchlässigkeit, die Wanderung zahlreicher Stoffe von Zelle zu Zelle. g) Die Quellung

Wie schon kurz erwähnt wurde, wird Wasser von der Pflanze nicht nur osmotisch, sondern auch durch Q u e l l u n g gespeichert. In einer trockenen Zellwand z. B. sind die Mizelle einander bis zur Berührung genähert. Bei Zusatz von Wasser umgeben sie sich mit W a s s e r h ü l l e n . Das Wasser dringt hier also nicht in schon früher vorhandene Hohlräume ein, sondern drängt die Mizelle auseinander; daher muß es zu einer Volumzunahme kommen, das Wasser löst sich sozusagen in der Substanz. Die Quellung erfolgt mit solcher Kraft, daß sehr erhebliche Drucke entstehen. So kann ausgetrocknetes Holz bei Befeuchtung einen Druck von mehreren 100 Atmosphären entfalten, und man kann damit Steine sprengen. Auch lufttrockene Samen entwickeln sehr hohe Quellungsdrucke. Die Quell u n g s e n e r g i e ist anfangs am höchsten und nimmt dann rasch ab. Bei b e g r e n z t q u e l l b a r e n Stoffen bleibt das Mizellargerüst erhalten. Die Quellung hört in dem Moment auf, in welchem der Widerstand, den die Mizelle ihrer weiteren Entfernung entgegensetzen, der wasseranziehenden Kraft gleich wird. Es gibt aber auch u n b e g r e n z t q u e l l b a r e Körper, bei welchen die Quellung allmählich in Lösung übergeht, wie z. B. Leim, Gelatine, Agar-Agar u. a. Dabei läßt sich beobachten, daß vielfach die Lösung nur bei erhöhter Temperatur eintritt, und es bei der Abkühlung wieder zur Erstarrung kommt (Gelbildung). Alle hydrophilen kolloidalen Bestandteile der Pflanzen sind quellbar, so besonders die festen Kohlenhydrate und das Protoplasma. In der l e b e n d e n Zelle steht der Q u e l l u n g s d r u c k des Plasmas in A u s g l e i c h mit dem der Z e l l m e m b r a n u n d dem osmotischen Druck des Zellsaftes. Der jeweilige osmotische Druck gibt also auch den Quellungsdruck an. Befindet sich ein quellbarer Körper in wasserdampfgesättigter Luft, so kommt er allmählich •zu maximaler Quellung. Je geringer der Feuchtigkeitsgehalt der Luft, die r e l a t i v e D a m p f s p a n n u n g (vgl. S. 416) wird, um so mehr verliert der gequollene Körper Wasser. Sein jeweiliger

1. Die W a s s e r a u f n a h m e der Zelle

405

Wassergehalt entspricht also d e r jeweiligen relativen Dampfspannung, u n d d e r Quellungsdruck kann somit d u r c h diese b e s t i m m t werden. Die wasseranziehende K r a f t t r o c k e n e r L u f t ist außerordentlich h o c h ; schon ein Sättigungsdefizit von wenigen Prozenten entspricht e i n e m D r u c k von vielen Atmosphären.

Der reguläre Ablauf aller Stoffwechselvorgänge hängt davon ab, daß sich das Plasma in einem p a s s e n d e n Q u e l l u n g s z u s t a n d befindet. Wie wir hörten, besitzt es die Eigenschaft der Semipermeabilität. Es leuchtet ein, daß diese vom jeweiligen Quellungsgrad abhängig ist, denn ein stark gequollenes, gelockertes Plasma wird Stoffe leichter durchlassen als ein stark entquollenes, dichtes. Daher wollen wir die U r s a c h e n d e r Q u e l l u n g und deren Abhängigkeit von regulierenden Faktoren im folgenden kurz schildern.

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Abb. 508. 1. Ionen der Alkalireihe, die relativen Größen der Ionendurchmesser u n d der Wasserhüllen zeigend. 2. Schema des Wassermoleküls mit Dipolschema. 3. Schema der Elektrolytquellung. Oben: Dag Na+-Ion mit großer Wasserhülle wirkt auf das negative Kolloidion und das OH—-Ion nur wenig entladend, daher bleiben deren Wasserhüllen groß (Quellung). U n t e n : D a s K b + - I o n mit kleiner Wasaerhülle wirkt entladend; die Wasserhüllen der negativen Ionen verkleinern sich (Entquellung). 1 Eine Polypeptidseitenkette wird sich wie ein Anion verhalten, wenn durch Wegdissoziation von Wasserstollionen ihre L a d u n g negativ wird. A •= Quellungsunterschied. Nach E R E Y - W Y S S L I N G .

Die Wasseranziehung bei der Quellung erfolgt in erster Linie d u r c h e l e k t r o s t a t i s c h e K r ä f t e . Die Teilchen des Kolloids besitzen eine elektrische Ladung, u n d zwar bei den in Frage k o m m e n d e n Substanzen meist eine negative. Dazu k o m m t , d a ß die elektrischen Ladungen der Wassermoleküle u n g l e i c h m ä ß i g verteilt sind; die beiden positiven Wasserstoffatome ( H + , H + ) sind vom doppelt negativen Sauerstoffion ( O — ) r ä u m l i c h getrennt. Das Wassermolekül h a t also, ähnlich einem M a g n e t e n , einen Plus- und einen Minuspol, es ist ein D i p o l (Abb. 508,2). U m ein n e g a t i v geladenes Kolloidteilchen s a m m e l n sich somit Wassermoleküle d u r c h Anziehung ihres p o s i t i v e n Poles, u n d so b e k o m m t das T e i l c h e n eine Solvathülle, es wird hydratisiert. Das gleiche kann geschehen, indem ein p o s i t i v geladenes Teilchen den n e g a t i v e n Pol des Wassermoleküls anzieht. E r f ä h r t das Kolloidteilchen einen Ausgleich seiner elektrischen Ladung, w i r d es also n e u t r a l (isoelektrisch), so kann die Wasserhülle nicht m e h r festgehalten w e r d e n ; es k o m m t zur E n t q u e l l u n g (Dehydratation) oder auch zur Zusammenballung („Ausflockung") der Kolloidteilchen.

406

I. Die Aufnahme des Wassers

Eiweiße und somit auch das Protoplasma sind Kolloide von amphoterem Charakter (Ampholyte). Sie besitzen saure Carboxyl- (COOH-) und basische Amino- (NH2-) Gruppen. Die ersten erhalten bei der Dissoziation eine n e g a t i v e Ladung, daH+-Ionen abgespalten werden. Die Aminogruppe dagegen bildet in Wasser OH--Ionen und ist daher positiv geladen. Herrscht eine Ladung vor, so kommt es zur Quellung, beim „isoelektrischen Punkt" aber zur Entquellung. Für den Quellungszustand des Plasmas ist ferner die Gegenwart anorganischer Ionen, wie sie bei der Dissoziation von Elektrolyten (Salzen) entstellen, von großer Bedeutung. Auch diese Ionen besitzen zufolge ihrer elektrischen Ladung Wasserhüllen. Es ist klar, daß die Quellung eines Kolloids zunehmen muß, wenn sich zwischen die hydratisierten Kolloidteilchen noch Salzionen mit Wasserhüllen drängen. Die sich dabei abspielenden Vorgänge hängen wieder vom Ladungssinn der Ionen, aber auch von der Größe ihrer Wasserhüllen ab. Diese sind um so größer, je kleiner der Ionenradius ist (Abb. 508,1). Die Ladung des Ions ist nämlich in dessen Mittelpunkt vereint, und das Wasser wird um so mehr angezogen, je geringer der Abstand dieses Punktes von der Ionenoberfläche ist. Ein positiv geladenes Kation und ein n e g a t i v geladenes Kolloidteilchen müßten sich, wenn keine Wasserhüllen vorhanden wären, elektrisch neutralisieren. Besitzt das Ion aber einen großen Wassermantel, so wird dieser Ausgleich weitgehend verhindert, und es kommt zur Quellung. Bei kleinen Hüllen dagegen muß die eintretende Neutralisation zur Entquellung führen, da nunmehr Wasser nicht mehr festgehalten werden kann (Abb. 508,5). Die in Frage kommenden Kolloide, so auch das Molekulargerüst des Plasmas, besitzen meist eine n e g a t i v e Ladung, die Kolloidteilchen entsprechen also Anionen. In Gegenwart eines Elektrolyten kommen dessen Kationen und Anionen hinzu. Im Gemisch entwickelt sich nun sozusagen ein Wettbewerb der beiderlei Anionen um das Kation. Die negativen Gruppen der Kolloide suchen die Kationen zu adsorbieren. Handelt es sich dabei um solche mit kleiner Wasserhülle, wie z. B. Cs, so kommt es zu Entladung und daher auch zur Entquellung. Besitzt das Kation aber einen großen Wassermantel, wie vor allem Li, so erfolgt eine zusätzliche Hydratation, die zur Quellung führt. In der Alkalireihe sind die Wasserhüllen von Li>Na>K>Rb>Cs, und demgemäß wirkt Li am stärksten quellend ( H o F M E i S T E R s c h e lyotrope Ionenreihe). Zweiw e r t i g e Kationen wirken entsprechend ihrer stärkeren Ladung entquellend. Das gilt vor allem für das Ca und Mg. Von den für das Plasma wichtigen Ionen wirken K+ und Ca+ + geradezu antagonistisch, das erste quellend, das zweite entquellend. Im richtigen Mischungsverhältnis führt dieser Ionenantagonismus zu einer physiologisch vorteilhaften Ausbalancierung der Lösungen. Besitzt ein Kolloid positiv geladene Gruppen, so wird es die Anionen adsorbieren, so z. B. das Cl~-Ion von Chloriden. Dieses wird aber von Kationen mit kleiner Wasserhülle stärker festgehalten als von solchen mit großer. Demnach wird z. B. bei Gegenwart von LiCl infolge leichter Abgabe von Cl— -Ionen eine stärkere Quellung eintreten als bei Anwesenheit von NaCl. Die Kationenreihe kehrt sich somit, jetzt um, die Quellung erfolgt im Sinne von Cs>Rb>Na> K>Li. Da im Plasma der saure Charakter meist vorherrscht, wird es durch Kationen etwas entladen, wogegen Anionen mit ihrer gleichsinnigen Ladung starke Quellung bewirken, wie z. B. J—, NO-, aber auch Cl—. Zweiwertige Anionen dagegen, so z. B. SO" wirken entquellend. h) Die

Wasaeratoffionenkonaentration

Von großer Bedeutung für die Kolloid- und Plasmaquellung sowie für viele andere physiologische Prozesse ist die jeweilige Azidität oder H + - I o n e n k o n z e n t r a t i o n (CH) des Lösungsmittels. Reines Wasser ist nur zu einem sehr geringen Teil dissoziiert, d. h. es sind nur wenige H 2 0-Moleküle in H + - und OH - -Ionen gespalten. Im Liter neutralen Wassers entspricht die Anzahl der freien H + - und OH~-Ionen bei 22° je 10~ 7 X 1,008g, also rund je 0,0000001 g. Das Produkt (H+)-(OH-) ist nach dem Massenwirkungsgesetz konstant und beträgt 1 . 1 0 - 7 X l . 1 0 - 7 = 1 0 - 1 4 . Die Neu-

1. Die Wasseraufnahme der Zelle

407

tralität des Wassers b e r u h t a u f der gleichen Anzahl von beiderlei Ionen. F ü g t m a n d e m Wasser etwas S ä u r e zu, so spaltet diese H + - I o n e n ab, die L ö s u n g wird sauer. Steigt dabei die H + - I o n e n k o n z e n t r a t i o n e t w a auf 1 0 ~ 8 , so m u ß nach dem Gesetz die OH~-Ionenkonzentration auf 1 0 ~ 9 absinken, denn dann ist das Produkt: 1 . 1 0 - 6 X 1 . 1 0 - 9 wieder = 1 . 1 0 - 1 4 . U m g e k e h r t sinkt die Azidität bei L a u g e u zusatz durch V e r m e h r u n g der O H - - I o n e n ab, die L ö s u n g wird alkalisch. Es gen ü g t daher, jeweils die H + - I o n e n z a h l anzugeben, da sich aus ihr auch die O H ~ Z a h l ergibt. Z u r V e r e i n f a c h u n g v e r w e n d e t m a n in der Physiologie die negativen L o g a r i t h m e n der eingeführten Zahlenwerte. Statt C H = 1 0 - 7 schreibt man p H 7 ( = — l o g 1 0 - 7 ) . Dieses ist der Was s er Stoffionenexponent f ü r neutrales Wasser. M i t steigendem S ä u r e g r a d sinkt der W e r t ab (z. B . p H 4 = 0,0001 g H + - I o n e n i m L i t e r ) . W e r t e ü b e r 7 zeigen alkalische R e a k t i o n an, da jetzt die O H - - I o n e n z a h l die H + - Z a h l übertrifft. Bei der hydrolytischen Spaltung von Salzen, d. h. bei der Umsetzung der Salzionen mit den H + - und OH - -Ionen des Wassers ist noch folgendes zu beachten. Ein Salz besteht aus positiven Metall- (M+) und negativen Säurerest- (R — ) Ionen. Man möchte zunächst annehmen, daß jede Salzlösung neutral reagiert, da die beiderlei Ionen in gleicher Anzahl frei werden. Das trifft aber nicht für alle Salze zu. M + verbindet sich im Wasser mit O H - , R ~ mit H+, es entstehen also MOH und HR. Die Lösung bleibt nun nur dann neutral, wenn beide Verbindungen wieder dissoziieren. Es gibt aber Säuren, die dies nur sehr schwach tun (schwache Säuren). Liegt eine solche Säure vor, so findet sich im Wasser RH und M + + OH~, das heißt neben, der undissoziierten Säure eine dissoziierte Base. Damit steigt die Anzahl der OH - -Ionen, d. h. die Lösung wird alkalisch. Umgekehrt wird eine Lösung, in der sich eine schwache, d. h. wenig oder nicht dissoziierte Base befindet (MOH) sauer, da sich die Anzahl der freien H + Ionen vermehrt (H+ -)- R—). Es gibt also neutrale, saure und basische Salze. Für den Organismus ist es von großer Bedeutung, die pH-Werte der Zellen und Gewebe auf bestimmter Höhe zu erhalten. Es müssen also Einrichtungen getroffen werden, die verhindern, daß Aufnahme oder Produktion von Säuren und Basen diese Werte immer wieder ändern. Die Aufrechterhaltung des Säure-Basen-Gleichgewichtes, also einer bestimmten H+-Ionen-Konzentration, erfolgt durch die sogenannte P u f f e r u n g . Puffersubstanzen haben die Eigenschaft, freie H + - oder OH~-Ionen aus einer Lösung abzufangen. In physiologischen Versuchen verwendet man dazu Gemische einer schwachen Säure oder Base mit einem ihrer Salze, z. B. Na-Azetat und Essigsäure in gleichen molaren Mengen (pu = 4,75). Fügt man zu der Lösung dieses Gemisches z. B. HCl zu, so bildet sich NaCl. Es werden also die freien H + -Ionen der dissoziierten Salzsäure entfernt, und es entsteht die praktisch nicht dissoziierte Essigsäure. Bei Zusatz von NaOH wird umgekehrt ein Teil der Essigsäure in Na-Azetat verwandelt, wobei die OH—-Ionen unter Bildung von Wasser verschwinden. Von größter Bedeutung ist, daß der Vorgang* in allen molaren Konzentrationen, also bei jeder Verdünnung, unverändert bleibt. Ein zweiter wichtiger Puffer (für die Zone p H 5 — Ph8) ^ Phosphatpuffer (primäres Phosphat — sekundäres Phosphat). Azetatpuffer Phosphatpuffer 1. CH 3 • COONa + HCL = CH S • COOH + NaCl 1. Na a HP0 4 + HCl = NaH 2 PO„ + NaCl 2. CH3 • COOH + NaOH = CH a • COONa + H 2 0 2. NaH 2 P0 4 + NaOH = N a 2 H P 0 4 + H 2 0 Im Organismus wirken vor allem die Eiweißkörper selbst puffernd, da sie Ampholyte sind (vgl. S. 406). Ein solcher Ampholyt (H • R • OH) kann nach zweierlei Art dissoziieren. H • R • OH ^ H • R + + O H H • R • OH ^ HO • R ~ + H + Infolgedessen können auch Ampholyte H + - und OH - -Ionen abfangen. Bei Säurezusatz verbinden sich die neuen H + -Ionen mit OH~ unter Bildung von Wasser. Dadurch wird das Gleichgewicht gestört, und es werden solange weitere OH~-Ionen abgespalten, bis jenes wiederhergestellt ist. Der Ampholyt verhält sich also in saurer Lösung wie eine Base. Bei Laugenzusatz

408

I. Die Aufnahme des Wassers

werden H+-Ionen des Ampholyten gebunden und von ihm neue solche abgespalten. Das führt dazu, daß dieser jetzt den Charakter einer Säure erhält. Bei den Eiweißen ist die saure Gruppe COOH ^ COO- + H+; die basische Gruppe ist NHa, da sie mit Wasser NH3+ + OH- bildet.

Die Bedeutung der jeweiligen H-Ionenkonzentrationen für die Quellung des Plasmas liegt in folgendem. In saurer Lösung spaltet Eiweiß nur wenige H + Ionen, aber reichlich OH--Ionen ab und wird dadurch positiv elektrisch (NH 2 -f H-OH—>-NH+ + OH - ). In alkalischer Lösung wird es umgekehrt durch Förderung der H + - und Hemmung der OH--Ionenabgabe negativ elektrisch (COOH—>COO~ + H + ). In beiden Fällen kommt es, wie wir hörten, zur Quellung. Bei einem bestimmten p H -Wert wird der isoelektrische Punkt erreicht, der Entquellung bedingt. Da, wie wir später erfahren werden, Fermente eine Eiweißgrundlage besitzen, ist ihre Wirkung weitgehend vom p H -Wert der Lösung abhängig. Uber die große Bedeutung, die dieser Wert im Boden, und die durch ihn bedingte Bodenreaktion für die Entwicklung der Pflanzen hat, wird an späterer Stelle (S. 458) zu sprechen sein. i) Die Permeabilität

des

Protoplasma»

Wie wir früher hörten, sind die Grenzschichten des Protoplasmas, das Plasmalemma und der Tonoplast, semipermeabel. In beiden Fällen handelt es sich um Oberflächenhäute oder Grenzschichten, die als solche eine Oberflächenspannung besitzen. Diese kommt in Flüssigkeiten dadurch zustande, daß deren Teilchen sich gegenseitig anziehen. Im Innern eines Tropfens heben sich diese Anziehungskräfte, allseits wirkend, auf; an der Grenzfläche werden die Teilchen aber nur nach i n n e n und nicht auch nach außen gezogen, wodurch eine Druckspannung und Verdichtung der Grenzschicht, die sogenannte Oberflächenspannung, entsteht. Es ist klar, daß zwischen der Semipermeabilität des Protoplasmas und seinem jeweiligen Quellungszustand Beziehungen bestehen müssen. Nunmehr wird erst klar, welch hohe Bedeutung der K-Ca-Antagonismus und die H+-Ionenkonzentration für den Stoffwechsel besitzen. Mit der Quellung des Plasmas muß dessen Durchlässigkeit für Stoffe zunehmen, mit der Entquellung abnehmen. Im Extrem können beide Vorgänge den normalen Stoffwechsel vollkommen stören. Eine physiologisch wichtige Tatsache ist es, daß Substanzen, die die Oberflächenspannung herabsetzen, sich an der Oberfläche ansammeln; man nennt sie o b e r f l ä c h e n a k t i v . Zu diesen Stoffen gehören die L i p o i d e , die sich demnach in den Plasmahäuten anreichern. Das ist deshalb von Bedeutung, weil dadurch diese Häute sowohl für fett- als für wasserlösliche Stoffe durchlässig werden. Bloß aus Lipoiden bestehen sie indessen nicht, da die Plasmahäute elastisch sind, jene aber nicht. Daß die Durchlässigkeit der äußeren und der inneren Plasmahaut eine verschiedene ist, kann man gelegentlich bei der Plasmolyse erkennen. Kalisalze z. B. bewirken dabei oft eine starke Quellung des Protoplasmas ( K a p p e n p l a s m o lyse), die so weit gehen kann, daß der Raum zwischen Vakuole und Zellwand ganz vom Plasma erfüllt ist und sich nur die Vakuole kontrahiert (Tonoplastenplasmolyse). In solchen Fällen alleiniger Vakuolenkontraktion ist offenbar das Plasmalemma für das Plasmolytikum durchlässig, aber nicht der Tonoplast.

Die Semipermeabilität der Grenzhäute hat offenbar nicht nur eine, sondern mehrere Ursachen. H y d r o p h i l e organische Stoffe permeieren etwa nach der

2. Die Wasseraufnahme der Organe

409

Größe ihrer Moleküle, auf sie wirkt das Plasma also wie ein feinstes Sieb oder U l t r a f i l t e r . Solche Stoffe wandern osmotisch durch die Maschen der Intermizellarräume. L i p o p h i l e organische Verbindungen (Alkohole, Ä t h e r usw.) lösen sich in den oben erwähnten Lipoidteilchen der Plasmamembran, Alkohol auch in der hydrophilen Phase, weshalb er besonders schnell eindringt. D i e Durchlässigkeit des Plasmas für E l e k t r o l y t e (Ionen) soll später behandelt werden. Hier sei n u r bemerkt, daß f ü r ganze Moleküle, z. B. von Salzen, ähnliches gilt wie f ü r solche organischer Substanzen. D a aber Elektrolyte in verdünnten Lösungen fast ganz dissozneren, ergeben sich abweichende Verhältnisse. D i e Plasmahäute setzen auch dem Ein- und Austritt von Wasser einen gewissen Widerstand entgegen. Es gibt also eine wechselnde W a s s e r p e r m e a b i l i t ä t . Ist diese hoch, so wird der Eintritt von Wasser erleichtert. Solche Zellen können sich also rascher und ausgiebiger mit Wasser absättigen als weniger permeable, und zwar selbst dann, w e n n sie keine höheren osmotischen Werte besitzen. 2. D i e W a s s e r a u f n a h m e d e r O r g a n e Nur niedere Pflanzen besitzen ganz allgemein die Fähigkeit, Wasser mit ihrer g a n z e n O b e r f l ä c h e aufzunehmen, so die Bakterien, Pilze, A l g e n und Flechten, sowie viele Moose. Bei diesen beobachtet mein aber bereits eine Arbeitsteilung, indem besondere, der Wasseraufnahme dienende Rhizoiden, gelegentlich auch kapillare Einrichtungen (Sphagnum) auftreten. Bei den Kormophyten dienen die W u r z e l n als wasseraufnehmende Organe. W o Wurzeln fehlen, so z. B. bei Psilotum und einigen saprophytischen Orchideen (Coraüorhiza, Epipogium), treten absorbierende Haare a m Rhizom auf. Nur in Ausnahmefällen werden bei höheren Pflanzen oberirdische Organe für die Wasseraufnahme hereingezogen. a) Die Wasaeraufnahme der Wurzel

W i e schon ein früherer Stelle ausgeführt wurde, ist die Zone, in der die Wasseraufnahme durch die W u r z e l erfolgt, meist eine sehr kurze. Sie läßt sich experimentell durch Anlegen wassergefüllter Röhrchen Ein die Oberfläche bestimmen. Sind W u r z e l h a a r e Vorhemden, so verraten sie die L ä n g e dieser Strecke. W u r z e l n mit besonderen D u r c h l a ß z e l l e n in der Exodermis können Wasser oft in ihrer ganzen L ä n g e aufnehmen, doch handelt es sich dabei meist u m relativ kurze Organe. In Anbetracht der weitgehenden Verzweigungen der W u r z e l n ist die Gesamtabsorptionsfläche aber stets eine sehr große. S u b m e r s e P f l a n z e n sind dauernd vollturgeszent und besitzen daher keine Zellsaugkraft. Vielfach befinden sich ein ihnen aber Drüsen, die wahrscheinlich als Hydathoden funktionieren, also Wasser ausscheiden. In solchen Fällen kommt es natürlich zu neuerlicher Wasseraufnahme, die dann durch die ganze Oberfläche vor sich gehen kann, da dieser eine impermeable Rutikula fehlt. D i e A u f n a h m e d e s B o d e n w a s s e r s d u r c h d i e W u r z e l h a a r e , Rhizodermiszellen, Durchlaßzellen und Rhizoiden e r f o l g t o s m o t i s c h . Somit hängt sie einerseits von der Saugkraft der absorbierenden Zellen, andererseits von der der Bodenlösung und der des Bodens ab. D e r o s m o t i s c h e W e r t d e r B o d e n l ö s u n g ist i m Normalfall so gering, daß er vernachlässigt werden kann. Aus-

410

I. Die Aufnahme des Wassers

nahmen raachen nur die salzhaltigen Böden, so z. B. die des Meeresstrandes. D a g e g e n b e s i t z t d e r Boden oft s e h r e r h e b l i c h e S a u g k r ä f t e . Um diese beurteilen zu können, müssen wir die Wasserverteilung im Boden kennenlernen. Nach längerem Regen ist der Boden völlig mit Wasser gesättigt. Überschüssige Mengen sinken bis zum Grundwasserspiegel ab. Je nach der Art des Bodens sind dann in ihm recht verschiedene Wassermengen vorhanden. Man erfährt sie, indem man erst das Gewicht eines bestimmten Bodenvolumens nach beendetem Abtropfen bestimmt; dann erhitzt man so lange,bis alles enthaltene Wasser verdampft ist; schließlich wiegt man die Probe nochmals. Die Gewichtsdifferenz ergibt die vorhanden gewesene Abb. 509. Schematisches Bild des Erdbodens mit eingedrungenen WurzelWassermenge und damit haaren (/i />'), die der Rhizodermis (e) entspringen. Zwischen den festen Bodenteilchen Kapillarwasser (a) und Luftblasen (y, i ) . Nach S A C H S die W a s s e r k a p a z i t ä t aus B O Y S E N - J E N S E N . des Bodens. Diese hängt in rein mineralischen Böden von der Korngröße ab. Das Wasser wird hier nämlich erstens elektrostatisch durch Oberflächenkräfte der Teilchen festgehalten (Adsorptionswasser); somit nimmt diese Wassermenge mit der sinkenden Korngröße zu. Ferner befindet sich Kapillarwasser in allen kleineren Hohlräumen, in größeren ist es durch Luftblasen unterbrochen (Abb. 509). Befinden sich im Boden Reste abgestorbener Pflanzen (Humusstoffe), so enthalten diese Quellungswasser (hygroskopisches oder kolloidgebundenes Wasser). Daraus folgt, daß Kies und gröbere Sande eine sehr geringe Wasserkapazität besitzen, feinkörniger Ton und humoser Boden dagegen eine sehr hohe (vgl. Tabelle 2). Tabelle 2 W a s s e r k a p a z i t ä t in Gewichtsprozenten nach

Wasserkapazität . . .

MITSCHERLICH

Sand

Lehmiger Sand

Humusreicher Sand

Strenger Ton

Moorboden

18,8

21,9

52,8

80,9

126,0

Von diesen Wassermengen werden das Adsorptions- und das kolloidal gebundene Wasser so zähe festgehalten, daß die Saugkraft der Wurzel für seine Gewinnung nicht ausreicht. Praktisch kommt für diese n u r das K a p i l l a r w a s s e r in Frage, das im Boden frei beweglich ist. Der Widerstand, den Kapillaren der Wasserentnahme entgegensetzen, wächst mit der Verkleinerung des Durchmessers des Kapillarraumes. Wollen wir erfahren, wieviel Wasser eine bestimmte Pflanze

411

2. Die Wasseraufhahme der Organe

dem jeweiligen Boden zu entnehmen vermag, so kultivieren wir sie in ihm, wobei dafür Sorge zu tragen ist, daß die Bodenoberfläche gegen Verdunstving abgedichtet ist. Wenn wir nicht begießen, so wird die Pflanze nach einiger Zeit welken. In diesem Moment bestimmen wir die erfolgte Wasserabnahme im Boden und erhalten so den W e l k u n g s k o e f f i z i e n t e n . Er ist für verschiedene Pflanzenarten in gleichen Böden verschieden, da die einzelnen Pflanzen ja verschiedene Saugkräfte besitzen. D e r W e l k u n g s k o e f f i z i e n t e n t s p r i c h t j e n e r W a s s e r m e n g e , die am V e r s u c h s e n d e i m B o d e n ü b r i g b l e i b t . Er beträgt bei unseren Kulturpflanzen etwa 1 g in Sand- und 15 g in Tonboden, bezogen auf 100 g Bodentrockengewicht. Von Bedeutung ist aber auch das jeweils gebotene B o d e n v o l u m e n . Das hat folgende Ursache. Im Boden selbst müssen sich die verschiedenen Saugkräfte allmählich ausgleichen. Befinden sich darin aber wasseransaugende Wurzeln, so wird dieses Gleichgewicht gestört, und das bewegüche Wasser muß aus allen Richtungen dahin strömen, wo die Wasserentnahme erfolgt. Die Wurzel kann also nicht nur das Wasser, mit dem sie in Berührung ist, aufnehmen, sondern auch alles n a c h f l i e ß e n d e ; dies ist in wasserarmen Böden von großer Bedeutung. Der Widerstand gegen das Nachfließen wird dabei wieder um so größer, je kleiner die Bodenteilchen sind. Die Saugkraft des Bodens kann auch physikalisch bestimmt werden, indem man über einer Bodenprobe im geschlossenen Glasgefäß eine wasseranziehende Lösung (Rohrzucker, H a S 0 4 ) anbringt. Es muß ein Feuchtigkeitsausgleich erfolgen, und der osmotische Endwert der Lösung entspricht der Saugkraft des Bodens.

Die wasseraufnehmenden Zellen der Wurzel sind bald abgesättigt. Daß trotzdem die Wasseraufnahme dauernd fortschreitet, hat seine Ursache darin, daß das Wasser den äußersten Zellen durch die anschließenden des Rindenparenchyms wieder entzogen wird. Es läßt sich dabei ein a n s t e i g e n d e r G r a d i e n t d e r Z e l l s a u g k r a f t beobachten. Die folgende Tabelle enthält das Ergebnis einer Untersuchung an Bohnenwurzeln. Tabelle 3 S a u g k r a f t und osmotischer W e r t i m R i n d e n p a r e n c h y m von B o h n e n w u r z e l n nach U R S P R U N G und B L U M Zellschicht Rhizodermis 1. Rindenparenchymreihe 2. „ 3. „ 4. „ 5. „ 6. „ 7. „ Endodermis Perikambium Hadromparenchym

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

Saugkraft in Atm.

Osmotischer Wert in n Rohrzuckerlösung

0,9 1,3 1,7 2,0 2,6 3,2 3,6 4,2 1,3 0,9 0,8

0,31 0,30 0,32 0,34 0,34 0,33 0,32 0,32 0,32 0,31 0,31

412

I. Die Aufnahme des Wassers

Wir sehen daraus, daß zwar der osmotische Wert fast unverändert bleibt, aber die Z e l l s a u g k r a f t bis zur Endodermis a n s t e i g t ; die inneren Zellen des Rindenparenchyms sind also weniger gespannt als die äußeren. Ist somit das Einströmen des Wassers bis zur Endodermis ohne weiteres verständlich, so ergeben sich aus dem sogenannten Endodermissprung für die Erklärung des Wassereintritts in die Tracheen des Gefäßbündels große Schwierigkeiten. Diese Frage wird uns im übernächsten Abschnitt nochmals beschäftigen. a) Die aufgenommenen Wassermengen. Die absolute M e n g e des aufgenommenen Wassers läßt sich am einfachsten mit Hilfe eines Potometers bestimmen (Abb. 513, S. 421). Als solches verwendet man ein Standgefäß, in welchem man eine Pflanze in Wasserkultur gezogen hat. Das Gefäß ist oben durch einen Stopfen verschlossen, der zwei Bohrungen enthält. Durch die eine ist der Sproß der Pflanze geführt, durch die andere ein Glasrohr von T-Form. Sein einer Arm reicht in das Wasser, während ein langer zweiter, horizontal geführt, neben einer Skala läuft. Der dritte Arm dient der Nachfüllung von Wasser. Der Wasserfaden im horizontalen Arm verkürzt sich entsprechend der Wasseraufnahme der Wurzeln, die Menge kann an der Skala abgelesen werden. Die aufgenommenen Wassermengen sind sehr verschieden und entsprechen etwa den jeweils verdunsteten. Angaben darüber folgen an späterer Stelle (S. 417). Mit Hilfe des Potometers läßt sich sehr deutlich der Einfluß äußerer Faktoren auf die Wasserentnahme feststellen. Besonders auffällig ist ihre Abhängigkeit von der Temperatur. Bei niederen Temperaturen erfolgt sie langsamer, bei steigender Temperatur nimmt sie bis zu einem gewissen optimalen Wert zu. Ab etwa 30° sinkt dann die Aufnahme rapide ab, und bei 40° kann es sogar zur Wasserausscheidung kommen. Tragen wir die Werte in ein Koordinatensystem ein, in welchem auf der Abszissenachse die Temperaturen und auf der Ordinatenachse die Wassermengen eingetragen sind, so lassen sich die Werte durch eine Kurve verbinden, die erst langsam ansteigt und von einem Höhepunkt (Optimum) steil abfällt. Solche O p t i m u m k u r v e n werden wir später noch mehrfach kennenlernen. Sie sind typisch für physiologische Prozesse.

Die weitgehende Abhängigkeit der Wasseraufnahme von der Temperatur lehrt uns, daß dieser Vorgang kein einfacher physikalischer Prozeß ist. Die Pflanze ist kein unveränderlicher Apparat, vielmehr ändert sie sich selbst beim Wechsel der Außenbedingungen, z. B. bei dem der Temperatur. Der p h y s i k a l i s c h e Vorgang der Osmose erfährt dadurch eine physiologische Regulierung, deren Ausdruck die Optimumkurven sind. Sie zeigen, daß die Pflanze unter gewissen Bedingungen besser funktioniert als unter anderen. Ist der Boden gefroren, so kann die Pflanze kein Wasser mehr aufnehmen. Diese „physiologische T r o c k e n h e i t " des Bodens bedingt, daß Pflanzen unseres Klimas, die im Winter ihre Blätter behalten, wie z. B. die Koniferen, Einrichtungen zur Einschränkung des Wasserverlustes, also xeromorphe Eigenschaften besitzen. Von erheblicher Bedeutung für die Wasseraufnahme ist auch der Luftgehalt, genauer gesagt der S a u e r s t o f f g e h a l t des Bodens. Es überrascht zunächst, daß immerfeuchte Moore oder Sümpfe eine dürftige und besonders spezialisierte Flora zeigen. Das liegt nicht etwa daran, daß das viele Wasser den Wurzeln schadet, vielmehr ist die völlige Verdrängung der Luft aus dem Boden schädlich, da nun mangels Sauerstoff die Atmung erschwert wird. Sauerstoff löst sich zwar im Wasser, da dieses aber stagniert, wird er durch die Fülle der Wasserorganismen

2. Die Wasseraufnahme der Organe

413

gleich wieder verbraucht. Der Rückgang der Atmung hemmt dabei die Wasseraufnahme. Daher sind für das Gedeihen der Pflanzen Krümelböden vorteilhaft, die eine gute Durchlüftung aufweisen. Weitere die Wasseraufnahme regulierende Faktoren sind das Licht, der Säuregrad und andere.

Z u s a m m e n f a s s e n d l ä ß t sich also s a g e n , daß die W a s s e r a u f n a h m e d u r c h die W u r z e l zwar ein p h y s i k a l i s c h e r P r o z e ß i s t , daß d i e s e r a b e r w e i t g e h e n d p h y s i o l o g i s c h m o d i f i z i e r t wird.

ß) Der Wurzeldruck und das Bluten der Pflanzen. Wie wir eben hörten, ergaben Messungen, daß die Saugkraft der Endodermis und der ein die Gefäße anschließenden Parenchymzellen niederer ist als die der Innenrinde, wogegen die osmotischen Werte etwa gleichbleiben. Da solche Untersuchungen nur an Schnitten durchgeführt werden können, bleibt leider unklar, inwieweit die ermittelten Werte für die intakte Wurzel gelten. Es ist also nicht sicher, ob der „Endodermissprung" eine natürliche Erscheinung ist. Noch schwieriger zu beantworten ist die Frage, wie das Wasser schließlich überhaupt in die Wasserleitungsröhren gelangt. Es könnte in sie eingepreßt oder auch von ihnen eingesogen werden. Wir wollen beide Möglichkeiten kurz betrachten. Schon vor mehr als 200 Jahren hat HALES festgestellt, daß aus dem Stumpf eines abgeschnittenen Rebstockes Wasser herausquillt. Man nennt diese Erscheinung das „ B l u t e n " der Pflanzen. Verbindet man einen solchen Stumpf dicht mit einem Glasrohr, so steigt in diesem das Wasser an, und man kann, ebenso wie beim osmotischen Druck, aus der Steighöhe die Höhe des dabei entwickelten sogenannten Abb. 510. Wurzeldruck. W u r z e l d r u c k e s berechnen (Abb. 510). Er ist außerordent- Der Stengelstumpf eilich verschieden, erreicht aber niemals hohe Werte. Sie ner Dahlia ist mit einem Manometer in Verbinschwanken etwa zwischen 1 / 3 und 2 Atm.; das genügt immer- dung gesetzt. Nach MANGIN aus BOYhin, um Wasser über erhebliche Strecken hochzupumpen. SEN-JENSEN. Ohne Widerstände hebt 1 Atm. Wasser etwa 10 m hoch ; wir werden darauf später bei der Besprechimg des Wassertransportes noch einmal zu sprechen kommen. Die D r u c k h ö h e und die ausgeschiedenen W a s s e r m e n g e n schwanken in weiten Grenzen. Sie sind nicht nur verschieden nach der Pflanzenart, sondern hängen auch weitgehend vom Wassergehalt des Bodens und von der Jahreszeit ab. Schließlich sind dafür auch die Mengen der im Blutungssaft gelösten Stoffe offenbar von Bedeutung. Am auffälligsten ist das Frühjahrsbluten der Pflanzen. In dieser Jahreszeit bluten fast alle Pflanzen deutlich, sie scheiden jetzt lange und reichlich Wasser aus, und dieses enthält in oft recht beträchtlicher Menge organische Stoffe, vor allem Zuckerarten. Vielfach lohnt es sich, diese zu gewinnen; so wird z. B. in Nordamerika der Blutungssaft des Zuckerahorns, in Südamerika der von Agaven, in den Tropen der der Zuckerpalme (Arenga saccharifera) zur Zuckergewinnung verwendet. Durch Vergärung der Säfte entstehen alkoholische Getränke. Der Zuckergehalt beträgt bei einigen Pflanzen bis zu 10 %, und da z. B. eine Agave bis zu 1000 1 liefern kann, ist die Ausbeute eine erhebliche.

414

I. Die Aufnahme des Wassers

Im Sommer hört das Bluten der Pflanzen oft ganz auf; doch scheint daran im wesentlichen das Wasserdefizit der Pflanzen schuld zu sein, da das Bluten bei reichlicher Wasserversorgung und Hemmung der Transpiration wieder einsetzt. Die Wasserknappheit im Stamm kann sogar dazu führen, daß ein Stumpf, statt Wasser abzugeben, solches aufsaugt. Im Sommer ist der Saft sehr arm an organischen Substanzen, doch enthält er in nicht geringer Menge anorganische Salze. Die Zuckermengen des Frühjahrs dürften also eine Mobilisierung von Reservestoffen für den einsetzenden Laubtrieb darstellen (s. S. 471).

Das B l u t e n ist e i n e osmotische E r s c h e i n u n g . Daß zunächst das ausfließende Wasser nicht nur dem Wasserinhalt des Wurzelwerkes entspricht, sondern daß laufend unten aufgenommenes Wasser oben ausgeschieden wird, geht ohne weiteres daraus hervor, daß das produzierte Wasservolumen das der Wurzeln weit übertrifft. Tötet man die Wurzeln, etwa durch heißes Wasser, ab, so hört das Bluten sofort auf. Es wird also offenbar durch die Osmose der Rhizodermis und der Wurzelrinde bewirkt und erlischt mit der Semipermeabilität der Zellen. Daß nicht etwa erst die Verwundung das Bluten bewirkt, erkennt man daraus, daß auch intakte Pflanzen Wasser unter Druck ausscheiden können. So beobachtet man gelegentlich im Frühjahr das Hervortreten von Wassertropfen aus den Blattnarben unterhalb der Laubknospen. Ferner besitzen viele Pflanzen die schon früher beschriebenen Epitemhydathoden, aus welchen sie bei reicher Wasserversorgung und in feuchter Luft Wasser ausscheiden (Guttation, s. S. 107). Daß dieser Vorgang wenigstens in vielen Fällen auf den Wurzeldruck zurückgeht, läßt sich leicht experimentell zeigen, wenn man diesen, etwa durch Quecksilberdruck, ersetzt. Ein dicht in ein U-Rohr eingepaßter Zweig einer Fuchsia z. B. guttiert reichlich aus den Hydathoden, wenn dieser Schenkel des Rohres Wasser enthält, und in den anderen Quecksilber eingefüllt wird. Andererseits können Verwundungen offenbar die Guttation erheblich fördern. Die großen Mengen ausfließenden Saftes bei Palmen z. B. erhält man nicht so sehr durch Kappen des Blütenstandes, als durch Klopfen und Quetschen des Stumpfes. Als Lebenserscheinung charakterisiert sich das Bluten auch durch seine Abhängigkeit von der Temperatur, Stillstand bei Narkose, in einem Tag- und Nachtrhythmus usw..

Der Blutungsdruck weist darauf hin, daß das Wasser in die Leitungsröhren e i n g e p r e ß t wird. Dies könnte durch die Eingrenzenden Zellen bewirkt werden, und diese müßten dann auf der einen Seite (außen) Wasser aufnehmen und auf der anderen Seite abgeben. Wie dies vor sich gehen soll, ist heute noch ein ungelöstes Problem, doch sollen hier wenigstens einige Möglichkeiten besprochen werden. Wir kennen auch sonst Fälle, wo Zellen gleich Pumpen Wasser anziehen und auspressen. 'Es sei z. B. an die epidermalen Hydathoden, Nektarien und Verdauungsdrüsen hingewiesen. Eine Erklärungsmöglichkeit würde sich bei folgender Annahme bieten. Besäßen solche Zellen auf der einen Seite eine höhere Inhaltssaugkraft als auf der anderen, so müßte dort Wasser einströmen, hier solches ausgepreßt werden. Zum Auspressen käme es durch den auch unter diesen Umständen herrschenden Wanddruck. Es ist aber schwer einzusehen, wie im Räume einer Zelle ein DifEusionsgefälle dauernd entgegen der Diffusion erhalten bleiben sollte. Wahrscheinlicher ist es demnach, anzunehmen, daß die P l a s m a p e r m e a b i l i t ä t beider Seiten eine verschiedene ist. Wird in einer Zelle der Plasmaschlauch an einem Ende für Wasser durchlässiger, so muß der Wanddruck hier zweifellos Wasser auspressen. Man glaubt für die Endodermis solche Verhältnisse nachgewiesen zu haben, ohne daß dies noch als sicher gelten kann.

Mein kann das Problem aber auch umkehren, indem man annimmt, das Wasser werde gar nicht in die Röhren gepreßt, sondern von diesen eingesogen. Es ließ

1. Die physikalische Komponente der Transpiration

415

sich in einigen Fällen zeigen, daß der Blutungsdruck denselben osmotischen Wert hat wie die Lösung in den Leitungsröhren. Dies scheint für die geäußerte Annahme zu sprechen. Das Wasser würde also, wenn es die Endodermis erreicht hat, durch die gespannten inneren Parenchymzellen, die es selbst nicht mehr aufnehmen können, hindurchgesogen. Es bleibt aber wieder unklar, wieso immer wieder osmotisch wirksame Substanzen in die Röhren gelangen ; die einmal vorhandenen werden ja durch den Transpirations ström baldigst weggeschwemmt. b) Die Wasseraufnahme

durch oberirdische

Organe

Höhere Landpflanzen vermögen im allgemeinen kein oder n u r w e n i g W a s s e r d u r c h die B l ä t t e r aufzunehmen. Man kann sich davon leicht dadurch überzeugen, daß ein welker Sproß, verkehrt ins Wasser getaucht, sich nicht erholt. Das Eindringen des Wassers wird durch die Kutikula verhindert, die kaum benetzbar und weitgehend undurchlässig ist. Auch durch die Stomata kann Wasser nicht eindringen, da sich zwischen den äußeren Kutikularleisten hemmende Menisken bilden. Kommt es bei längerem Verweilen in Wasser doch zur Infiltration, so stirbt das Blatt infolge der Absperrung des Sauerstoffes ab. Daß einige Pflanzen infolge Besitzes von wasserabsorbierenden Haaren eine Ausnahme machen, wurde in der Gewebelehre (S. 95) besprochen.

II. Die Transpiration i . D i e p h y s i k a l i s c h e K o m p o n e n t e der T r a n s p i r a t i o n U n t e r T r a n s p i r a t i o n v e r s t e h t m a n die W a s s e r d a m p f a b g a b e der P f l a n z e n . Sie vollzieht sich an Landpflanzen so gut wie ununterbrochen und ist die Ursache dafür, daß diese dauernd Wasser aufnehmen müssen, wenn sie nicht welken und einschließend vertrocknen sollen. D i e T r a n s p i r a t i o n i s t , wie wir gleich hören werden, ein p h y s i o l o g i s c h r e g u l i e r t e r Prozeß und unterscheidet sich dadurch von der einfachen Verdunstung (Evaporation), wie sie eine freie Wasseroberfläche zeigt. Trotzdem gelten für sie zunächst die Gesetzmäßigkeiten der Evaporation, so daß wir diese erst kurz besprechen müssen. Die E v a p o r a t i o n ist ein D i f f u s i o n s v o r g a n g und findet demnach stets vom Orte höheren zum Orte niederen Wassergehaltes statt ; ihr Ausmaß hängt in erster Linie vom D i f f u s i o n s g e f ä l l e ab. Grenzt also eine Wasseroberfläche an Luft, so wird der j e w e i l i g e Tabelle 4 Wasserdampfgehalt der L u f t dafür entscheidend sein, S ä t t i g u n g s d r u c k d e s W a s s e r d a m p f e s in m m wie rasch und damit wie aus- u n d G e w i c h t von g e s ä t t i g t e m W a s s e r d a m p f in g / c b m bei v e r s c h i e d e n e n T e m p e r a t u r e n giebig die Verdunstung erfolgt. (t° C ) . (Nach W A L T E R . ) Ein bestimmtes Luftvolumen g/cbm mm kann nun eine je nach der t° g/cbm t° mm Temperatur wechselnde, maxi30,41 31,84 0° 4,58 4,87 30° male Menge von Wasser dampf 9,21 9,44 55,32 51,18 10° 40° enthalten, wofür nachstehende 65,45 20° 17,53 17,54 71,38 45° Tabelle einige Beispiele gibt.

416

II. Die Transpiration

Kühlt man solche wasserdampfgesättigte L u f t ab, so muß ein Teil des Wassers in flüssiger Form abgeschieden werden (Taubildung, Kondenswasser). D i e T e m peratur, bei der dies geschieht, ist der T a u p u n k t . Der in der L u f t befindliche Wasserdampf übt, wie jedes Gas, einen Druck a u s ; er beträgt in gesättigter L u f t bei 100° 1 Atm. Die Sättigungsdampfdrucke f ü r einige andere Temperaturen enthält die vorstehende Tabelle. Ist die L u f t nicht wasserdampfgesättigt, so werden die Dampfdrucke geringer. Die jeweils in 1 cbm L u f t enthaltene Wasserdampfmenge oder den dieser entsprechenden D a m p f druck nennt man die a b s o l u t e F e u c h t i g k e i t . Für die Austrocknung eines Körpers ist nun nicht diese absolut vorhandene Wasserdampfmenge von Bedeutung, sondern nur der Umstand, ob diese Menge dem Sättigungspunkt naheliegt oder nicht. Gesättigte L u f t von 20° und von 9° erscheinen uns gleichermaßen feucht, obwohl die erste einen Dampfdruck von 17,4, die zweite von 8,5 m m aufweist. Eine L u f t aber, die bei 20° nur den Dampfdruck 8,5 zeigt, empfinden wir als trocken, sie enthält ja nur die Hälfte des Wasserdampfes, der für diese Temperatur möglich ist. Das Verhältnis der jeweils vorhandenen Wasserdampfmenge oder Druckhöhe (e) zur maximal möglichen ( E ) nennt man die r e l a t i v e F e u c h t i g k e i t . I m geschilderten Falle beträgt die relative Feuchtigkeit = — = 5 0 % . Die Differenz E — "e nennt m a n das S ä t t i g u n g s d e f i z i t ; die Verdunstung ist unter sonst konstanten Bedingungen diesem Defizit proportional. Bringen wir einen nassen Schwamm in ein geschlossenes Glasgefäß, so sättigt sich die in diesem vorhandene L u f t rasch mit Wasserdampf ab, das Sättigungsdefizit wird gleich Null, und der Schwamm bleibt naß. Lassen wir ihn aber unbedeckt, so verliert er sein Wasser u m so rascher, je geringer die relative L u f t feuchtigkeit ist. D e r Vorgang dauert so lange, bis seine Feuchtigkeit (sein Dampfdruck) dem der umgebenden L u f t gleich ist. Das gleiche gilt für die sogenannte p h y s i k a l i s c h e K o m p o n e n t e d e r T r a n s p i r a t i o n . Bei sonst gleichen Bedingungen transpirieren Laubblätter entsprechend dem Ausmaß des Sättigungsdefizits, also dem des Diffusionsgefälles. Die T e m p e r a t u r ist dabei nur insofern von Einfluß, als L u f t von bestimmtem Wasserdampfgehalt sich bei steigender Temperatur mehr und mehr vom Sättigungspunkt entfernt, somit das Diffusionsgefälle steiler und die Transpiration ausgiebiger wird. Die Trennung der Flüssigkeitsteilchen beim Verdampfen und die Überwindung des Außendruckes verbrauchen Wärme. Wird solche nicht von außen her zugeführt, so wird sie der Flüssigkeit (dem feuchten Körper) und ihrer Umgebung entnommen. Die dabei eintretende Abkühlung nennt man Verdunstungskälte. Mit ihrer Hilfe läßt sich die jeweilige Feuchtigkeit der Luft bestimmen. Einrichtungen, die solche Ermittlungen gestatten, nennt man P s y c h r o m e t e r , und das für physiologische Zwecke becjuemste Instrument ist das S c h l e u d e r t h e r m o m e t e r .

¡2. D i e p h y s i o l o g i s c h e K o m p o n e n t e d e r T r a n s p i r a t i o n D i e in v e r s c h i e d e n s t e r A r t u n d W e i s e m o d i f i z i e r t e W a s s e r d a m p f a b g a b e d e r P f l a n z e n n e n n t m a n i h r e T r a n s p i r a t i o n . Diese setzt sich somit aus der beschriebenen physikalischen u r i d e i n e r p h y s i o l o g i s c h e n

417

5. Die kutikuläre Transpiration

K o m p o n e n t e zusammen. Die H a u p t t r a n s p i r a t i o n s o r g a n e sind infolge ihrer flächenhaften Entwicklung die L a u b b l ä t t e r .

der Pflanzen

Da ihre Anzahl bei Bäumen in die Hunderttausende geht, ist die Wasserdampfabgabe bei diesen eine enorme. Berechnungen haben ergeben, daß schon eine einzige Maispflanze im Laufe einer Vegetationsperiode 100—180 1 Wasser verdampfen kann, ausgewachsene Laubbäume aber mehrere tausend Liter. Daraus wird klar, daß Wälder viele Millionen Liter Wasser dem Boden entziehen und diese in die Atmosphäre überführen. Der Wasserdampfgehalt der Luft wird also in entscheidendem Maße durch die Transpiration der Pflanzen bestimmt, und damit auch die Menge der Niederschläge. Da die Gesamttranspiration von Wäldern erheblich größer ist als die von Grünland, ist deren Erhaltung für das Klima einer Landschaft von großer Bedeutung. Ausrottung von Wäldern bewirkt Abnahme der Luftfeuchtigkeit und der Niederschläge, somit Austrocknung des Bodens. Besonders in Kalkgebirgen führt dies zur Verkarstung, bei sandigen Böden zur Steppenbildung.

3. D i e k u t i k u l ä r e T r a n s p i r a t i o n Man wäre zunächst geneigt anzunehmen, daß die Pflanzen mit ihrer ganzen Oberfläche gleichmäßig Wasserdampf abgeben. Wie wir aus der Histologie wissen, trifft das aber nicht zu. Die K u t i k u l a der Epidermis und die S u b e r i n l a m e l l e n des Korkgewebes der Achsen setzen als fettartige Körper die Transpiration sehr stark herab. Einige Beispiele mögen dies erläutern. Tabelle 5 T r a n s p i r a t i o n s v e r l u s t e in g/dm 2 (nach

HABERLANDT)

Aloëblatt Zeit Nach 3 Stunden Nach 24 Stunden

. . . .

Apfel

Epidermis vorhanden

Epidermis entfernt

Epidermis vorhanden

Epidermis entfernt

0,022 0,160

0,524 2,502

0,015 0,120

0,385 1,802

Das epidermislose Aloeblatt verlor also nach 3 Stunden 25,5mal soviel Wasser als das durch die Kutikula geschützte, nach 24 Stunden noch 15,6mal soviel. Für den Apfel betragen die Werte das 25,6- und 15,0fache. Eine ungeschälte Kartoffel verlor in 24 Stunden auf 100 g Frischgewicht 0,0397 g Wasser, eine geschälte (Entfernung der Korkhaut) dagegen 2,5548 g, das ist etwa das 64fache. 4. D i e s t o m a t ä r e T r a n s p i r a t i o n Die k u t i k u l ä r e T r a n s p i r a t i o n der Pflanzen ist also eine geringe. Wenn trotzdem die Transpirationswerte hoch sind, so hat dies seine Ursache in der Existenz der S p a l t ö f f n u n g e n . Ihr Bau und ihre Verteilung am Blatt wurde schon in der Histologie behandelt (S. 121). Hier muß nunmehr ausgeführt werden, daß durch das Auftreten von Öffnungen in der Epidermis die Transpirations frage ein völlig anderes Ansehen erhält. Die Offnungen stehen mit den Interzellularräumen des Blattes in Verbindung, von welchen mehrere an die Atemhöhlen grenzen. Die I n t e r z e l l u l a r e n bilden meist ein weitreichendes, kommuni27

v. G u t t e n b e r g , Lehrbuch der allgemeinen Botanik

418

II. Die Transpiration

zierendes System, das durch den Blattstiel in den Stamm eintritt, und das sich bis in die Wurzel erstrecken kann. Mein kann sich von dieser Kontinuität leicht durch Versuche überzeugen. So z. B., wenn man durch den Blattstiel in die in Wasser tauchende Spreite Luft einpreßt; 700 dann treten Luftblasen aus den Spaltöffnungen aus. Somit liegen folgende 600 Verhältnisse vor: sämtüche Binnenzellen geben Wasserdampf an die 500 Interzellularen ab, und dieser entweicht schließlich aus den offenen 400 Spalten. Der Wasserentzug erfolgt dabei in der Weise, daß erst die Zell300 membran Wasser verliert, diese solches dem Plasma entzieht, das 200 sich wieder am Zellsaft absättigt. So kommt es zu einer s t o m a t ä r e n T r a n s p i r a t i o n , die viel ausgiebiger 100 ist als die kutikuläre. Auch dies läßt (rill. Ii. sich durch Versuche leicht beweisen. 9 10 Man verwendet z. B. Blätter, die (i Stomata nur auf der Unterseite tragen Abb. 511. Abhängigkeit der Transpiration von der Spaltöffnungsweite bei einem Blatt von 25 qcm Oberseite und bestimmt den Transpirations + 25 qcm Unterseite von Betula pubescens bei einer Verlust unter gegebenen BedingunEvaporation von 1000 mmg pro Stunde und 25 qcm. Die Ordinate gibt die Transpirationsgröße in Milligramm pro gen. Gleichzeitig prüft man Blätter, Stunde an, auf der Abszisse ist die jeweilige Spaltenweite eingetragen (Spaltöffnungen treten nur unterseits auf). die auf der Unterseite durch AufNach StAlFEIT. tragen einer Mischung von Kakaobutter und Wachs impermeabel gemacht sind. Unterseits verklebte Blätter transpirieren dabei nicht, wie man zunächst erwarten möchte, die Hälfte der normalen, sondern viel weniger, woraus der Unterschied zwischen kutikulärer und stomatärer Transpiration deutlich wird (vgl. Tabelle 6 und Abb. 511). Tabelle 6 T r a n s p i r a t i o n s v e r l u s t e je dm 2 in g in 2 4 Stunden Name der Pflanze

Quercus Ilex Laurus nobilis Olea europaea Myrtus

communis

Beide Flächen

Oberseite (Unterseite verklebt)

Verhältnis

8,08 3,88 2,55 5,60

1,92 1,15 0,41 1,40

4,20 3,57 6,21 4,00

Von der Tatsache, daß wirklich die Stomata die wesentliche Verdampfung bewirken, kann man sich auch auf folgende Weise überzeugen. Man tränkt Filterpapierstreifen mit der rötlichen Lösung von Kobaltchlorid und trocknet sie danach scharf aus; dabei werden sie hellblau. Jede Spur von Feuchtigkeit läßt die Farbe in Rosa umschlagen. Bedeckt man nun an einem Blatt, das Spalten nur auf einer Seite besitzt, beide Spreitenseiten mit dem blauen Papier und einer

4. Die stomatäxe Transpiration

419

Glasplatte, so v e r f ä r b t sich das Papier auf der spaltöffnungsführenden Seite sehr rasch, während es auf der anderen blau bleibt.

Bei der außerordentlichen Kleinheit der Stomata bleibt die hohe Transpiration zunächst noch unverständlich, selbst wenn man die große Zahl der Spalten in Betracht zieht. Es hat sich indessen gezeigt, daß für Membranen, die zahlreiche kleinste Öffnungen in bestimmter Entfernung voneinander besitzen ( m u l t i p e r f o r a t e Septa), sehr überraschende Gesetzmäßigkeiten gelten. Solche Membranen ermöglichen eine Gasdiffusion, die so groß werden kann, als ob eine Membran überhaupt nicht vorhanden wäre. Voraussetzung ist, daß die Entfernung der Öffnungen voneinander etwa das Zehnfache ihres Durchmessers beträgt, was für Stomata meist zutrifft. Eine Epidermis mit offenen Spalten kann somit unter Umständen fast ebensoviel Wasserdampf abgeben, als eine freie Wasserfläche.

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Untersuchungen lehrten, daß in solchen Fällen die Diffusion nicht vom Flächenausm a ß der Öffnung (r 2 ri), sondern von d e m D u r c h m e s s e r (oder U m f a n g 2 m) abhängt. Vergleichen wir z. B . zwei kreisrunde Öffnungen, von denen die eine den Radius 2, also die Fläche 4 jt, die andere den Radius 1, also eine Fläche von 1 n besitzt, so diffundiert durch die größere Öffnung nicht die v i e r f a c h e G a s m e n g e , sondern nur die doppelte, da sich die Durchmesser wie 4 : 2 = 2 : 1 verhalten. U m g e k e h r t betrachtet, verdampf e n vier der kleinen Öffnungen nicht ebensoviel wie eine große von gleicher G e s a m t fläche, sondern das Doppelte (Randwirkungsgesetz, Abb. 512). D i e E r k l ä r u n g dieser zunächst paradox anmutenden Erscheinung liegt darin, daß sich ü b e r jeder Öffnung eine isolierte D a m p f k u p p e bildet, ü b e r einer freien Wasserfläche aber eine kontinuierliche D a m p f s c h i c h t . I m ersten Fall erfolgt die weitere Diffusion, besonders von h e m m t jeder Diffusionspunkt den anderen.

Abb. 512. Schematische Darstellung der Verdunstung von Wasseroberflächen und durch Poren, a und 6 : die Wasseroberfläche in Gefäß A und die Summe der Oberflächen in B—E ist gleich groß; trotzdem Ist die Verdunstung aus den 4 Gefäßen bedeutend größer als die aus Gefäß A. Dies erklärt sich daraus, daß der Gefäßrand die Verdunstung fördernd beeinflußt. Wie in c dargestellt, biegt der Wasserdampf an den Bändern nach außen; längs des Bandes wächst daher das Dampfdruckdeflzit rascher, und die Verdunstung ist daher hier größer als weiter innen. Gleiche Verhältnisse herrschen beim Durchgang von Gasen durch Öffnungen (d). Daher ist die Durchgangsgeschwindigkeit, z. B. der Luft, bei sehr kleinen Öffnungen dem Durchmesser und nicht der Fläche proportional. Demnach diffundiert durch die fünf kleinen Öffnungen in e und /, deren Durchmesser zusammen der gleiche ist, wie der der großen Öffnung, theoretisch ebensoviel Luft, wie durch die große Öffnung. Nach B O Y S E N - J E N S E N . den L o c h r ä n d e r n aus, ungestört, i m

zweiten

Die Höhe der jeweiligen Transpiration hängt bei sonst gleichgedachten Bedingungen von der Spaltöffnungsweite ab. Am wichtigsten ist, daß bei t o t a l e m V e r s c h l u ß der S t o m a t a die s t o m a t ä r e T r a n s p i r a t i o n p l ö t z l i c h v ö l l i g e r l i s c h t , so daß nur mehr die geringe kutikuläre übrigbleibt. Durch die Verschlußfähigkeit der Spaltöffnungen kann die Pflanze also ihre Transpiration weitgehend herabsetzen und den ganzen Verdunstungsvorgang physiologisch regeln. Somit ist von entscheidender Bedeutung, wie sich die Stomata autonom oder unter dem Einfluß von Außenbedingungen verhalten. Es sind vor allem zwei Faktoren, die die öffnungsweite beeinflussen, nämlich die r e l a t i v e D a m p f s p a n n u n g der L u f t und das L i c h t . Wie schon in der 27*

420

II. Die Transpiration

Histologie kurz ausgeführt wurde, beruht das Öffnen und Schließen der Stomata auf Schwankungen der Inhaltssaugkraft und der Wassersättigung der Schließzellen. Stark transpirierende Blätter besitzen ein Defizit in allen Zellen ; somit sind die Stomata zur Mittagszeit oft geschlossen. Bringt man einen Oberflächenschnitt eines solchen Blattes in Wasser, so sieht man, daß die Spalten sofort aufgehen. Die Schließzellen besitzen also zunächst eine höhere Zellsaugkraft als die Nebenzellen. Nach der Formel Sz = Si — T kann dies bei entspannten Zellen nur auf höherer Inhaltssaugkraft beruhen, über die gleich Näheres mitgeteilt werden wird. Sie bewirkt, daß die Spalten tagsüber im allgemeinen geöffnet sind; nur wenn der Wasserverlust sehr groß wird, können die Schließzellen den Nebenzellen das zur Öffnung der Spalten nötige Wasser nicht mehr entziehen. Daß die Verhältnisse aber nicht immer so einfach liegen, ist ohne weiteres daraus zu erkennen, daß die Mehrzahl der Pflanzen die Spalten nachts schließt, obwohl sich jetzt, bei nachlassender Transpiration, die Blattzellen wieder mit Wasser sättigen können. Der Verschluß muß also auf einem Absinken der Inhaltssaugkraft in den Schließzellen beruhen. Diese ist somit vom Licht abhängig, und die Stomata zeigen neben einer Hydro- auch eine P h o t o r e a k t i o n . Sie ist eine R e i z e r s c h e i n u n g , d . h . das Licht löst die Bewegung nicht wie der einfache Wasserverlust unmittelbar aus, vielmehr gibt es nur Anlaß zum Ablauf einer Kette von Vorgängen, die schließlich zum Spaltenverschluß führen. Zunächst ist darein zu erinnern, daß die Schließzellen Chloroplasten und in diesen Assimilationsstärke enthalten. Wird ein Teil der Stärke in Zucker verwandelt, so steigt der Wert Si und damit auch Sz. Der Anstieg ist nach vorliegenden Messungen ein sehr hoher, er soll bis zu 50 Atm. und mehr führen. Die Schließzellen entziehen den Nachbarzellen Wasser und wölben sich in diese unter Öffnung der Spalte vor. Dies dauert so lange, bis ein Ausgleich der Zellsaugkräfte eintritt oder bis die Schließzellen maximal gespannt sind. Umgekehrt muß Rückbildung von Stärke die Inhaltssaugkraft senken, wobei ein Rückfluß des Wassers in die Nachbarzellen und damit Verschluß der Spalte erfolgt. Die Umwandlung Stärke—>• Zucker findet nun am Licht, der umgekehrte Vorgang im Dunkeln statt. Sucht man weiter in das Problem einzudringen, so ergibt sich folgendes. Am Licht wird durch die Assimilation C 0 2 verbraucht und damit der Säuregrad gesenkt, im Dunkeln kommt es umgekehrt zu einer Ansäuerung. Das Gleichgewicht Stärke Zucker verschiebt sich nun im ersten Falle zugunsten des Zuckers, im zweiten Fall im Sinne der Stärke. Die Bedeutung der Chloroplasten für den Öffnungszustand der Spalte geht auch daraus hervor, daß die roten und blauen Strahlen, die vom Chlorophyll hauptsächlich absorbiert werden (vgl. S. 446), auch für die Bewegung der Stomata die weitaus wirkungsvollsten sind. Will man den jeweiligen Öffhungsgrad der Spalten in der Natur studieren, so kann man die schon geschilderte Kobaltpapiermethode in Anwendung bringen. Einfacher und genauer ist indessen die I n f i l t r a t i o n s m e t h o d e . Man verwendet für sie Flüssigkeiten, die leicht in die Spalten eindringen und die Luft in den Interzellularen verdrängen, z. B. Xylol oder auch Alkohol. Sind alle Spalten weit geöffnet, so erfolgt die Infiltration augenblicklich, und es entsteht ein dunkler, aber durchsichtiger Fleck. Bei geringerer Spaltenweite dringt wohl Xylol, aber nicht mehr Alkohol ein, oft entstehen erst nur kleine dunkle Punkte. Auch eine direkte Beobachtung der Stomataweite mit Hilfe eines Auflichtobjektives ist möglich. Derartige Untersuchungen haben ergeben, daß sich die Pflanzen je nach den klimatischen Bedingungen sehr verschieden verhalten. Während z. B. in Mitteleuropa die Spalten tagsüber im allgemeinen offen sind oder sich höchstens mittags schließen, zeigen die Hartlaubblätter der Mediterran-

5. Der Tagesverlauf der Transpiration

421

flora die Stomata während der Dürrezeit fast den ganzen Tag über geschlossen; dies schließt eine nennenswerte Assimilation zu dieser Jahreszeit aus. Die Transpiration der Laubblätter ist indessen nicht nur vom Sättigungsdefizit der Luft und vom Licht, sondern auch noch von anderen Fabtoren abhängig. Die Lufttemperatur wirkt, wie schon erwähnt, dadurch, daß sie das Sättigungsdefizit der Luft ändert. Dazu kommt, daß sich die Laübblätter bei starker Bestrahlung nicht unbeträchtlich erwärmen. Dieser E r h i t z u n g wirkt die Transpiration zwar durch die erzeugte Verdunstungskälte entgegen, immerhin können in heißen Zonen Blätter Temperaturen von über 40°, fleischige Kakteen sogar bis etwa 50° erreichen. Auch muß noch auf die Rolle des W i n d e s hingewiesen werden. Vor allem trockene Luftströmungen müssen die über den Pflanzen befindlichen Dampfkuppen immer wieder entfernen und damit das Diffusionsgefälle erhöhen. Schließlich ist auch der jeweilige Wassergehalt des Bodens von Bedeutung. Wird dieser sehr gering, so nimmt die Transpiration stark ab. Die Ursache dieser Erscheinung wird später bei der Besprechung der Wasserkohäsion in der Pflanze klar werden.

g. D e r T a g e s v e r l a u f der T r a n s p i r a t i o n Nach dem oben Ausgeführten muß der T a g e s v e r l a u f d e r T r a n s p i r a t i o n ein sehr wechselnder sein. Da nachts die Luftfeuchtigkeit in der Regel am höchsten ist, die Temperatur abnimmt und sich die Stomata schließen, sinkt die Transpiration auf ein tiefes Minimum. Sie setzt bei Sonnenaufgang bald mit viel höheren Werten ein, die ein Maximum in den Mittags- und frühen Nachmittagsstunden erreichen. Dies gilt aber nur unter der Voraussetzung, daß sich die Spalten mittags nicht schließen. Andernfalls kommt es zu dieser Zeit zu einem starken Transpirationsabfall, so daß bei kurvenmäßiger Darstellung eine zweigipflige Kurve resultiert.

6. M e t h o d e n der Transpirationsbestimmung Die Menge des jeweils bei der Transpiration abgegebenen Wassers bestimmt man am einfachsten durch Wägung. Arbeitet man mit ganzen eingetopften Pflanzen, so kommen besondere Transpirationswagen zur Verwendung. Abgeschnittene, in Wasser tauchende Zweige können mit jeder genügend empfindlichen Wage gewogen werden. Die Verhältnisse sind dann nur insofern unnatürlich, als die Wasserversorgung im Versuch eine günstigere ist, als in der

Abb. 513. P o t o m e t e r . Der beblätterte Zweig saugt aus dem IT-Rohr Wasser, das aus der rechts angebrachten R ö h r e (die verlängert zu denken ist) nachströmt. Die Millimetereinteilung gestattet, die Menge des verbrauchten Wassers zu messen. Nach G I E S E N H A G E i i .

422

II. Die Transpiration

Natur. Das gleiche gilt für die Messung des Transpirationsverlustes durch ein Potometer (Abb. 513). Eine schwer zu klärende Frage ist es, auf welche Einheit man die jeweils ermittelten Transpirationswerte beziehen soll. Eine solche Umrechnung ist aber unerläßlich, wenn mein die wichtige Frage entscheiden will, wie sich die Transpiration verschiedener Pflanzen zueinander verhält. Am einfachsten ist es, eine Berechnung auf die Einheit der Blattfläche vorzunehmen, also den ermittelten absoluten Wert auf 1 dm a Blattfläche zu beziehen. Besonders bei Sukkulenten ist es vorteilhafter, eine Umrechnung auf das Frischgewicht, das Volumen oder den Wassergehalt vorzunehmen. Messungen der letzten Art ergaben, daß manche Pflanzen ohne Wasserzufuhr ihren ganzen Wasservorrat schon in wenigen Stunden abgeben, andere aber, z. B. Kakteen, noch jahrelang für das Leben ausreichende Wassermengen behalten.

7. Die W a s s e r b i l a n z der P f l a n z e n Wie schon im letzten Abschnitt erwähnt wurde, ist der W a s s e r s ä t t i g u n g s z u s t a n d der Pflanzen ein wechselnder. Für die Erfüllung aller physiologischen Funktionen ist aber ein gewisser, und zwar hoher Wassergehalt erforderlich. Wird er unterschritten, so kommt es zu einer Herabsetzung oder zum Stillstand der Assimilation, der Atmung, des Wachstums usw. Das Protoplasma kann alle seine Aufgaben nur bei einem bestimmten Quellungsgrad erfüllen, auch verlieren die Zellen bei stärkerem Wasserverlust ihren Turgor. Quellungs- und Turgordruck stehen nun in unmittelbarer Abhängigkeit von der Dampfspannung der Atmosphäre. Als feuchte Körper müssen sich die Pflanzen dieser anpassen. Daß Pflanzen dennoch in trockener Luft nicht welken, wird nur durch den Wassernachschub möglich. O p t i m a l e V e r h ä l t n i s s e h e r r s c h e n d a n n , w e n n d e r N a c h s c h u b die T r a n s p i r a t i o n v o l l a u s g l e i c h t , wenn also die B i l a n z 1 : 1 steht. Wird dieses Verhältnis unterschritten, so hängt es von der Organisation der Pflanzen ab, bis zu welchem Grenzwert dies ohne Schädigung möglich ist. Manche Pflanzen können erhebliche Defizite (70—80%) ertragen. Den extremen Fall stellen jene Formen dar, die restlos austrocknen können, ohne abzusterben. Dazu gehören viele Moose, einige Pteridophyten, vor allem Selaginella.-A.Tten und wenige höhere Pflanzen. Das sind indessen seltene Ausnahmen. Im allgemeinen sind die Kormophyten so organisiert, daß sie dauernd eine erträgliche Wasserbilanz aufrechterhalten. Dazu dienen ihnen physiologische und morphologische Eigenschaften der verschiedensten Art. Einige solche ökologische Pflanzentypen sollen im folgenden beschrieben werden. 8. D i e W a s s e r ö k o l o g i e e i n i g e r P f l a n z e n t y p e n Schon in den Abschnitten Histologie und Morphologie wurde wiederholt auf die Gestaltsanpassungen hingewiesen, die wir bei Pflanzen je nach den Feuchtigkeitsverhältnissen des Standortes antreffen. Auf die Hydro-, Hygro- und Mesophyten braucht hier nicht nochmals eingegangen zu werden, da sie praktisch nie ein größeres Wasserdefizit erreichen; dagegen muß das X e r o p h y t e n p r o b l e m nochmals behandelt werden. Wie wir hörten, schützen sich viele Pflanzen trockener Standorte mit allen möglichen Mitteln gegen zu starke Transpiration, oder sie entwickeln Einrichtungen zur Gewinnung von Wasser auch unter den ungünstigsten

9. Die physiolog. Bedeutung der Transpiration und die Guttation

423

Verhältnissen ; schließlich besitzen manche Formen die Möglichkeit ausgiebiger Wasserspeicherung. Mein hat früher vielfach angenommen, daß die Xerophyten unter allen Umständen eine geringe Transpiration aufweisen. Das trifft indessen im allgemeinen nicht zu. Lediglich die K a k t e e n und einige andere Sukkulenten zeichnen sich durch sehr geringe Wasserverluste aus. Dies wird durch die äußerste Reduktion der Oberfläche, geringe Anzahl von Spaltöffnungen, starke Kutinbildung u. a. erreicht. Sie können, wie schon erwähnt, durch sehr lange Zeiten Wasserreserven erhalten, daher auch ebensolange ohne Wasserzufuhr leben. Im Zusammenhang damit entwickeln sie nur geringe Wurzelsaugkräfte und ein hauptsächlich oberflächlich ausgebreitetes Wurzelsystem, mit dem sie in kurzer Zeit viel Wasser aufnehmen können. Die xeromorph gebauten Xerophyten, so z. B. die D o r n - und R u t e n s t r ä u c h e r , aber auch die Pflanzen mit H a r t l a u b mit ihren derben Zellwänden, mannigfaltigen mechanischen Aussteifungen, reduziertem Interzellularsystem usw. können erst jetzt richtig beurteilt werden. Alle beschriebenen Einrichtungen sind sozusagen f ü r den N o t f a l l gedacht. Es ist unwesentlich, ob solche Pflanzen bei vorhandener Feuchtigkeit mehr oder weniger transpirieren, entscheidend ist, daß sie bei extremer Trockenheit weiter bestehen können. Schließen z. B. Hartlaubblätter ihre Spalten, so unterliegen sie nur der kutikulären Transpiration, und diese wird um so geringer, je xeromorpher das Blatt gebaut ist. Bei anderen Formen sorgt die Einsenkung oder Überschirmung der Stomata dafür, daß auch bei hohem Sättigungsdefizit der L u f t die stomatäre Transpiration in Grenzen bleibt. Besonders wichtig ist, daß auch größere Wasserverluste infolge der Xeromorphie ertragen werden können, da die Derbheit der Membranen das Kollabieren der Zellen verhindert. Wenn M o o r - und manche S u m p f p f l a n z e n xeromorph gebaut sind, so liegt die Ursache dafür wohl im Ausfrieren des Substrats zur Winterszeit : die Transpiration schreitet fort, während die Wasserzufuhr erlischt. M e e r s t r a n d s h a l o p h y t e n transpirieren stark, obwohl sie äußerlich zum Teil Sukkulenten gleichen. Die Sukkulenz scheint hier eine direkte Folge der Salzaufnahme zu sein und keine besondere ökologische Bedeutung zu haben. 9. D i e p h y s i o l o g i s c h e B e d e u t u n g der T r a n s p i r a t i o n u n d d i e G u t t a t i o n Wiederholt hat man sich die Frage vorgelegt, ob die Transpiration der Pflanzen eine für das Leben n o t w e n d i g e oder nur eine u n v e r m e i d l i c h e Erscheinung ist. Man hat früher angenommen, daß mit der Wasseraufnahme ein Einströmen von Nährsalzen verbunden ist. Heute weiß man, daß das nicht zutrifft, vielmehr diese Prozesse unabhängig voneinander verlaufen. Der Transport der Salze über weitere Strecken kann aber nur im Wasser der Wasserleitungsröhren erfolgen, und für diese ist, wie wir später hören werden, die Transpiration eine unerläßliche Voraussetzung. Unter Umständen enthält das geleitete Wasser überdies auch organische Substanzen, deren rascher Transport für die Pflanzen von großer Bedeutung ist. Auch darf nicht vergessen werden, daß die Transpiration die Pflanze erheblich abkühlt, was sie vor Überhitzung schützt. So ist zwar anzunehmen,

424

I I I . Die Leitung des Wassers

daß die Pflanze auch mit geringerer Transpiration auskommen könnte, diese aber auf alle Fälle notwendig ist. Für diese Behauptung sprechen auch manche Einrichtungen, die die Transpiration fördern. Besonders häufig finden wir sie an Pflanzen immerfeuchter Standorte. So besitzen viele tropische Schattenpflanzen auf ihren Blättern einen Filz l e b e n d e r Haare. Diese müssen durch die Oberflächenvergrößerung die Transpiration erheblich steigern. Auch fallen Einrichtungen auf, die eine rasche Entwässerung der Blätter bewirken, so die schon erwähnte p a p i l l ö s e E p i d e r m i s (S. 305) und die sogenannte T r ä u f e l s p i t z e . Darunter versteht man das Auftreten einer sehr verlängerten Blattspitze, an der das Wasser abtropft. Vor allem lehrt aber die schon S. 414 erwähnte Erscheinung der G u t t a t i o n , daß die Pflanze eine Wasserabgabe auch dann durchführt, wenn eine solche, mangels stärkerer Verdunstung, vermeidbar wäre. Die G u t t a t i o n b e s t e h t i n e i n e r A b g a b e von W a s s e r i n T r o p f e n f o r m . Sie vollzieht sich nur bei sehr hoher Luftfeuchtigkeit, daher in unserem Klima meist nur in feuchtkühlen Nächten, in den Tropen aber dauernd, so daß hier nicht unbeträchtliche Wassermengen zur Abscheidung gelangen. Uberdeckt man z. B. Graskeimlinge mit einer Glasglocke, so sieht man aus den Blattspitzen Wassertropfen hervortreten (Abb. 514). Die Hydathoden, die dieser Aufgabe dienen, haben wir schon kennengelernt, auch haben wir erfahren, daß diese teils Abb. 514. Guttation von Maiskeimaktiv, teils passiv funktionieren. Alle epidermalen lingen, die unter einer Glasglocke in dampfgesättigter Atmosphäre geHydathoden gehören zur ersten Gruppe, die halten waren; links ein eben ausgeEpithemhydathoden vollführen die Wasserausschiedener, rechts ein abrinnender Tropfen. Original. scheidung wohl meist infolge des Wurzeldruckes, doch scheinen manche auch aktiv zu funktionieren. Die Guttation bietet noch die weitere Möglichkeit, mit dem Wasser Rekrete (vgl. S. 105) auszuscheiden, wie z. B. Kalziumkarbonat oder Kochsalz.

III. Die Leitung des Wassers i. D i e W e g e der W a s s e r l e i t u n g Ein Ausgleich der Transpirationsverluste durch aufgenommenes Wasser setzt bei den Kormophyten ein W a s s e r l e i t u n g s s y s t e m voraus, das kontinuierlich von der Wurzel bis in die Blätter verläuft. Landbewohnende T h a l l o p h y t e n , so auch die Hutpilze, entbehren ein solches. Bei ihnen kann der Wassernachschub also nur osmotisch erfolgen. Der Wasserverlust des oberirdischen Fruchtkörpers führt zur Entspannung seiner Hyphen, und die freiwerdende Saugkraft zieht

1. Die Wege der Wasserleitung

425

Wasser aus dem unterirdischen Mycel nach oben. Doch ist zu bedenken, daß die Schlauchform der Hyphen vielleicht einen Transport ermöglicht, wie wir ihn später bei den Siebröhren kennenlernen werden. Bei den h ö h e r e n P f l a n z e n vermag die D i f f u s i o n die Wasserverluste keinesfalls auszugleichen, da sie, wie schon früher (S. 596) ausgeführt wurde, viel zu langsam verläuft. Davon kann man sich leicht experimentell überzeugen. Ein aus einem Stengel herausgeschnittener Streifen von Parenchymzellen, der an einem Ende in Wasser taucht, trocknet an dem anderen Ende ab, obwohl infolge des Wasserverlustes die Saugkraft der an die Luft grenzenden Zellen in kurzer Zeit ihren Höchstwert erreicht. Die Histologie und Anatomie des Wasserleitungssystems der Kormöphyten wurde in den entsprechenden Kapiteln schon besprochen. Hier sind nunmehr die Kräfte zu behandeln, die die Wasserleitung bewirken. Für dieses Problem ist von Bedeutung, daß die größten Baumhöhen bis zu 100 und mehr Meter betragen. Beispiele dafür sind Eucalyptus-Arten und die Mammutbäume (Sequoia gigantea) Kaliforniens. Die Leitungsstrecke kann also eine sehr beträchtliche sein, und damit ist verbunden, daß die in den Röhren vorhandenen Wassersäulen ein namhaftes Gewicht haben. Dieses muß beim Transport überwunden werden, ebenso die Reibungswiderstände, die sich auf 2—5 Atmosphären für je 10 Meter berechnen lassen. Dabei bewegt sich das Wasser mit erheblicher Geschwindigkeit. Untersuchungen darüber haben gezeigt, daß Kräuter und Stauden das Wasser in einer Stunde 50—80 cm, ein Koniferenstamm etwa 1,5 Meter, Laubbäume mit weiten Gefäßen sogar bis 20 Meter weit befördern. Die W a s s e r l e i t u n g e r f o l g t z w e i f e l l o s in den T r a c h e e n u n d T r a c h e iden. Dies läßt sich auf folgende Weise zeigen. Zunächst geben R i n g e l u n g s v e r suche an verholzten Stengelorganen gewisse Aufschlüsse. Schält man z. B. ein einem abgeschnittenen Zweig in einiger Entfernung von der Schnittfläche ein ringförmiges Rindenstück ab, so wird dadurch jede Stoffleitung in diesem Teil unterbrochen. Taucht man nun einen solchen Zweig so in Wasser, daß die geringelte Zone über dem Wasserspiegel liegt, so bleiben die Blätter voll turgeszent; somit erfolgt die Wasserleitung i m H o l z k ö r p e r (Abb. 515). In diesem kommen von vornherein nur die genannten Leitungselemente für den Wassertransport in Betracht. Daß sich das Wasser im Lumen bewegt und nicht, wie früher zum Teil angenommen wurde, in den Zellwänden hochsteigt, läßt sich gleichfalls leicht zeigen. Man benutzt dazu einen krautigen, in ein Potometergefäß tauchenden Stengel. Klemmt

Abb. 515. Ringelungsversuch. An einem beblätterten Zweig wird eine ringförmige Bindenzone entfernt. Taucht man den Zweig unterhalb der Ringelungsstelle in Wasser, so bleiben die Blätter frisch. Original.

426

III. Die Leitung des Wassers

mau diesen scharf ah und preßt mein damit die in ihm enthaltenen Wasserleitungsröhren zusammen, so hört die Wasserentnahme sofort auf. Auch kann man in einen Sproß erst flüssige Gelatine aufsteigen, und diese dann durch Abkühlung erstarren lassen. Derart verstopfte Röhren leiten das Wasser nicht mehr. In der Natur erfolgt Röhrenverstopfung gelegentlich durch Thyllen (vgl. S. 208); auch bei ihrem Auftreten wird die Wasserleitung unterbrochen.

Die schon erwähnte Reibung erklärt sich aus der Enge der Röhren und aus dem Auftreten zentripetaler Wandverdickungen. Sie wird um. so geringer, je weiter die Röhren sind, am geringsten bei den weiten Gefäßen der Lianen (vgl. S. 139). Einen weiteren Widerstand bedeuten die besonders bei den Tracheiden reichlichen Querwände. Durch die Streckung und Fusionierung der Elemente sind die Widerstände in der Längsrichtung am geringsten. Ein Quertransport des Wassers erfolgt aber nur sehr langsam, und zwar im wesentlichen durch die Tüpfel. Dies läßt sich sehr deutlich an den Fasertracheiden der Koniferen beobachten, die nur ein den Radialwänden Hoftüpfel besitzen. Der t a n g e n t i a l e Wassertransport ist hier ein nicht unbeträchtlicher, während die tüpfellosen Tangentialwände Wasser in r a d i a l e r Richtung kaum durchlassen. Es ist klar, daß die Anzahl der Leitungsbahnen, genauer gesagt die gesamte leitende Querschnittsfläche, mit der Beanspruchung des Leitungssystems durch die Transpiration harmonieren muß. Solche Beobachtungen sind mehrfach gemacht worden. Transpirations- und L e i t f l ä c h e sind einander geradezu proportion a l . Das bezieht sich auch auf die Laubblätter; so bildet die Nervatur eines Sonnenblattes ein viel dichteres Netzwerk als die der Schattenblätter. 2. D i e K o h ä s i o n s t h e o r i e des W a s s e r t r a n s p o r t e s Wie wir schon hörten, läßt sich der Wassertransport in den Gefäßen durch den W u r z e l d r u c k allein nicht erklären. Dieser erreicht niemals die für Sträucher und Bäume nötigen Atmosphärenwerte, auch ist er nicht konstant. Zwar kann 1 Atmosphäre das Wasser etwa 10 Meter hoch heben, aber nur dann, wenn keine Reibungswiderstände vorliegen. Ebensowenig kommen für den Transport die Kapillarität oder der Luftdruck in Frage; dieser deshalb nicht, weil die Röhrensysteme überall nach außen abgeschlossen sind. Es bleibt aber, wenn wir zunächst von der Möglichkeit der Mitwirkung lebender Zellen absehen, noch eine physikalische Erklärungsmöglichkeit, die nunmehr ausführlich besprochen werden soll. Ein bekannter physikalischer Versuch, den zuerst ASKENASY anstellte, zeigt, daß Wasserfäden ihrem Zerreißen einen erheblichen Widerstand entgegensetzen, also eine hohe K o h ä s i o n s k r a f t besitzen. Der Versuch wird so ausgeführt, daß man ein Glasrohr an einem Ende zu einem Trichter erweitert und diesen mit einem Gipsblock ausfüllt. Das Rohr, das länger als 76 cm sein muß, ist mit Wasser gefüllt und taucht mit dem unteren Ende in Quecksilber (Abb. 516). Der Gipsblock verdampft Wasser, das laufend aus dem angesetzten Rohr ergänzt wird. Der Luftdruck treibt dabei das Quecksilber hoch, der ganze Apparat entspricht ja einem Barometer. In einem solchen kann nun die Quecksilbersäule nur die Höhe von 760 mm erreichen, in einem längeren Rohr bildet sich, wenn es erst mit Quecksilber gefüllt w a r , ein TORRICELLIsches Vakuum. In unserem Versuch

aber steigt das Quecksilber höher und erreicht, wenn gewisse Bedingungen ein-

2. Die Kohäsionstheorie des Wassertransportes

427

gehalten werden, eine beträchtliche Steighöhe. Die wichtigste Bedingung ist, daß das verwendete Wasser keine gelöste L u f t (Gase) enthält. Ist solche vorhanden, so kommt es zur Bildung von L u f t b l a s e n . Die Wassersäule wird nämlich i m Versuch gespannt, da sie durch die Saugkraft des Gipsblockes nach oben, durch das Gewicht des Quecksilbers nach unten gezogen wird. Dadurch gewinnt das Wasser einen „ U n t e r d r u c k " , d. h. einen Druck u n t e r 1 Atmosphäre. Bei sinken-

Abb. 516. Modell zur Darstellung des Versuches von X S K E N A S Y . Ein langes Steigrohr, das oben trichterförmig erweitert und mit ausgekochtem Wasser gefüllt ist, taucht unten in Quecksilber. Im Trichter befindet sich ein Gipspilz, der unten das Wasser ansaugt und dieses oben an die Luft weitergibt. Im Steigrohr erhebt sich [dann die Quecksilbersäule infolge der Kohäsionskraft des Wassers über Barometerhöhe hinaus. Original.

Abb. 517. Ein beblätterter Zweig taucht mit seiner Schnittfläche in das wassergefüllte Steigrohr. Entsprechend dem Transpirationsverlust strömt Quecksilber aus der Schale nach. Umzeichnung nach BOYSEN-JENSEN.

dem Druck sinkt aber auch das Lösungsvermögen des Wassers f ü r Gase. Das zeigt uns das Aufsteigen der Gasblasen in kohlensäurereichem Wasser nach Offnen des Flaschenverschlusses. Sowie n u n in der Wassersäule Gasblasen auftreten, ist die Kohäsion unterbrochen, und es unterbleibt ein weiteres Nachfließen des - Wassers. Vergleichen wir einen beblätterten Baum mit einem As K E N A S Y sehen Apparat, so ergibt sich, daß das transpirierende Laubwerk dem Gipsblock, u n d das Wasserleitungssystem des Stammes dem Glasrohr entspricht (Abb. 517). Es s t e h t a l s o a u ß e r Z w e i f e l , d a ß die K o h ä s i o n des W a s s e r s e i n e E r k l ä r u n g s m ö g l i c h k e i t f ü r das S a f t s t e i g e n b i e t e t . Es fragt sich aber noch, ob folgende drei

428

III. Die Leitung des Wassers

Bedingungen erfüllt sind: 1. Ist die Saugkraft des Blattparenchyms groß genug, um Wassersäulen bis zu 100 Meter zu heben und zusätzlich die Reibungswiderstände zu überwinden? 2. Sind die Wasserleitungsröhren von ununterbrochenen Wasserfäden erfüllt, und treten auch bei der Spannung keine Luftblasen auf, die die Kohäsion unterbrechen? 5. Ist die Kohäsionskraft des Wassers hoch genug, um die auftretenden Spannungen auszuhalten? Die e r s t e F r a g e ist nach dem, was wir schon wissen, ohne weiteres zu bejahen ; hörten wir doch, daß in Blättern Inhaltssaugkräfte bis zu 40 Atmosphären beobachtet wurden. Die Parenchymzellen des Blattes verlieren durch Transpiration mehr und mehr ihren Turgor, und im gleichen Maße steigt die Zellsaugkraft an, bis diese bei völliger Entspannung der Inhaltssaugkraft gleichkommt (Sz = Si —• T). Die Assimilationszellen saugen an den Parenchymscheiden der Gefäßbündel, und diese sättigen sich an den Endtracheiden ab. Damit wird diesen Wasser entzogen, das jetzt zufolge seiner Kohäsion nachströmt. Es ist leicht einzusehen, daß, falls die Laubblattsaugung für den Wassertransport verantwortlich ist, h ö h e r inserierte Blätter eine h ö h e r e Saugkraft besitzen müssen als solche, die an unteren Ästen sitzen. Das trifft durchaus zu; so fand man z. B. bei der Buche, daß einem Höhenunterschied von 10 Meter ein Saugkraftanstieg von 3—4- Atmosphären entspricht. Weitere Untersuchungen ergaben, daß die Rhizodermiszellen der Wurzeln die geringste, das Mesophyll der Blätter die höchste Inhalts Saugkraft besitzen; es findet also e i n a l l m ä h l i c h e r S a u g k r a f t a n s t i e g von d e r Basis zur S p i t z e der P f l a n z e s t a t t . Zum z w e i t e n P u n k t e ist zu sagen, daß man in früheren Untersuchungen an herausgeschnittenen Stengelstücken Luftblasen in den Wasserleitungsröhren antraf. Es ergab sich aber später, daß der Lufteintritt eine Folge des Abschneidens war und i n t a k t e S t e n g e l g e s c h l o s s e n e W a s s e r f ä d e n und nicht sogenannte jAMINsche Luft-Wasser-Ketten e n t h a l t e n . Auch ein zweiter Einwand ließ sich entkräften. Schneidet man stark transpirierende Stengel unter Quecksilber ab, so dringt dieses weit in die Wasserleitungsbahnen ein. Daraus schloß man, daß in diesen verdünnte Luft vorhanden gewesen sein müßte. Die richtige Erklärung dieser Erscheinung ist aber eine andere. Die Zugspannung der Wasserfäden saugt die Röhrenmembranen nach innen. Die mannigfaltigen Aussteifungen, deren Bedeutung erst jetzt voll verständlich wird, "verhindern zwar ein Kollabieren, doch kommt es zu einer deutlichen Kontraktion der Gefäße. Im Momente des Abschneidens dehnen sich diese infolge Aufhörens der Spannung aus, und das muß zum Aufsaugen des Quecksilbers führen. Das Ausmaß der Kontraktion ist ein so beträchtliches, daß Baumstämme zur Zeit stärkster Transpiration meßbar dünner werden. Die Gefäßwände funktionieren also sozusagen als Puffer für den Fall, daß die Transpiration die Wasser aufnähme übertrifft. Zu bemerken wäre noch, daß auch bei starker Spannung Außenluft in die Gefäße nicht eintreten kann, da sie allseits von lebenden Parenchymzellen umschlossen sind. Die Bedeutung dieser Scheiden liegt also mindestens zum Teil auf diesem Gebiete. Auch die d r i t t e F r a g e läßt sich im Sinne der Kohäsionstheorie entscheiden. Mit dem Apparat von ASKENASY ließ sich die m a x i m a l e K o h ä s i o n s k r a f t des Wassers nicht feststellen, da es nicht möglich ist, die an den inneren Röhren-

1. Die Nährlösungen

429

-wänden haftende Luft ganz auszuschließen. Dagegen gestattet ein physiologisches Experiment, das wir später kennenlernen werden (S. 548), eine verläßliche Bestimmung. Diese ergab, d a ß d i e K o h ä s i o n s k r a f t d e s W a s s e r s b e i 3 5 0 A t m o s p h ä r e n l i e g t , somit einen viel höheren Wert hat, als für die Wasserleitung erforderlich ist. Die Kontinuität des Wassers und damit seine Kohäsion besteht nicht nur innerhalb der Wasserleitungsröhren, sondern setzt sich auch in deren gequollenen Zellwänden fort. Da diese mit dem ganzen Membransystem der Pflanze in Verbindung stehen, wird ein Ausgleich der Spannungen in allen Zellwänden angestrebt. Die Wände stehen in Ausgleich mit dem Protoplasma und dieses wieder mit dem Zellsaft. Somit teilt sich die jeweilige KohäsionsSpannung der ganzen Pflanze mit und reicht bis in die Wurzeln. In diesem Sinne ist also auch die ganze Pflanze an der Wasserbewegung beteiligt. Nach dem Gesagten besteht kein Zweifel mehr darüber, daß der Wassertransport der Pflanzen sich durch Transpirationssaugung und die Kohäsion des Wassers erklären läßt. Die Frage aber, ob die Wasserleitung, wie es die Kohäsionstheorie annimmt, ein rein physikalischer Prozeß ist, oder ob sich auch die lebenden Parenchymzellen, die die Gefäße umrahmen, an ihr irgendwie beteiligen (vitale Theorie), ist noch nicht endgültig entschieden. In Einzelfällen wurde zwar gezeigt, daß das Wasser über vergiftete oder abgebrühte Stammzonen weitergeleitet werden kann. Wenn man aber bedenkt, daß in der Wurzel der Eintritt des Wassers in die Gefäße durch physiologische Prozesse reguliert wird, so kann man auch die Möglichkeit nicht ausschließen, daß die lebenden Hadrom- und Holzparenchymzellen des Stammes beim Transport irgendwie mitwirken. Die reiche Tüpfelverbindung zwischen den Tracheen und ihrem Begleitparenchym scheint dafür zu sprechen. Auch weiß man, daß im Frühjahr das geleitete Wasser reichlich Zucker enthält, der aus diesem Parenchym entstammt, das gleichzeitig entleert wird (vgl. S. 471). Eine Wechselwirkung zwischen beiderlei Elementen besteht also sicher, und die Saugkräfte der Holzparenchymzellen müssen auf das Wasserleitungssystem ebenso einwirken, wie die des Blattparenchyms.

D. DIE NÄHRSALZE I. Die Elemente i. Die N ä h r l ö s u n g e n Wie schon in einem früheren Kapitel (S. 390ff.) ausgeführt wurde, enthalten die Pflanzen neben C, O und H noch viele andere Elemente, so vor allem die Metalle K, Na, Ca, Mg, Fe und die Nichtmetalle S, P, N, Cl, Si. Die Elemente O und H entstammen vor allem dem aufgenommenen Wasser, der Kohlenstoff dem C 0 2 der Luft. Alle übrigen stehen der Pflanze i m Boden in Form verschiedener anorganischer Salze zur Verfügung. W i l l man untersuchen, welche Elemente notwendig sind, und welche Verbindungen als N ä h r s a l z e für die Pflanze in Frage kommen, so arbeitet man mit mineralischen N ä h r l ö s u n g e n (Abb. 518). Diese werden entweder unmittelbar geboten oder auf gewaschenen und ausgeglühten Quarzsand gegossen. Besonders bewährt haben sich folgende Zusammenstellungen:

430

I. Die Elemente KNOPsche Nährlösung

VON DER CRONEsche Nährlösung

1000 g Aq. dest. g Ca(NO a ) 2 1 0,25 g K H 2 P 0 4

1000 g Aq. dest. 1 g KN03 0,5 g C a S 0 4

0,25 g MgS0 4

0 4 2 g KCl Spur FeClj

0,5 g MgS0 4

0,25 g C a 3 ( P 0 4 ) 2 0,25 g F e 3 ( P 0 4 ) a

Mit Hilfe der Wasserkultur läßt sich, wie erwähnt, entscheiden, welche Elemente für die Pflanze unentbehrlich und welche unwichtig sind. Von den genannten Nährlösungen enthalten beide weder Na noch Si, die zweite auch kein Cl, obwohl diese Elemente in den Aschen stets zu finden sind. Sie sind also entbehrlich. Die / Nährlösung enthält ferner kein / Karbonat, woraus schon hervorgeht, daß der Kohlenstoff nicht aus dem Bodenwasser stammt. Nur bei submersen Pflanzen können Karbonate und Bikarbonate nützlich werden, sofern bei ihrer Umsetzung C 0 2 entsteht. Fehlt der Nährlösung auch nur eines der Elemente K, Ca, Mg, F e ; S, P, N, so können sich die Pflanzen über ein erstes Anfangsstadium hinaus nicht entwickeln. Diese sieben Elemente, zusammen mit C, O und H also zehn, sind u n e n t b e h r lich. Ist eines von ihnen in sehr geringer Menge vorhanden, so kann die Pflanze nur so lange wachsen, bis es erschöpft ist. Der jeweils im Minimum vorhandene Stoff begrenzt also die Entwickln», CID T -u-• o . -I^XT^T, v hmg (Gesetz d e s M i n i m u m s ) . Abb. 518. Junge Maispflanze In K N O P scher Nährlösung ge-

Daß manche Keimlinge auch ohne Zufuhr von Nährsalzen ziemlich groß werden können, erklärt sich daraus, daß im Seimen alle notwendigen Elemente in kleinen Mengen vorkommen, und reichlich Wasser aufgenommen wird. Deshalb verwendet man für Nährlösungen vorteilhaft große Samen, wie Maiskörner oder Buchweizen. zogen. Original.

Als S t i c k s t o f f q u e l l e dienen das NO ~-Ion der Salpetersalze oder das NH+Ion der Ammoniumverbindungen. S c h w e f e l und P h o s p h o r müssen in höchstoxydierter Form, also als SO~~- und PO¡ -Ionen (Sulfate, Phosphate) vorliegen. Auch die M e t a l l e werden nur als Ionen aufgenommen, und zwar als K + , C a + + , M g + + , F e + + * + + + ) . Im Bodenwasser kommen die verschiedenen Salze

2. Die Bedeutung der einzelnen Elemente

431

in sehr geringer Konzentration in der genannten dissoziierten Form vor. In gleicher Weise müssen sie in der Nährlösung geboten werden, die einen osmotischen Wert von 0,5 Atmosphären nicht überschreiten darf, da sie sonst die Saugkraft der Wurzeln herabsetzen würde. Will man Pflanzen durch längere Zeit kultivieren, so muß die Nährsalzmenge mit Rücksicht auf den Verbrauch von Zeit zu Zeit ergänzt werden. Weitere Voraussetzungen für das Gedeihen von Pflanzen in Nährlösungen sind, daß diese eine etwa n e u t r a l e R e a k t i o n besitzen (p H 6—7) und daß gewisse Elemente nicht einseitig vorherrschen. Das gilt vor allem für das K und Ca. Allein geboten wirken sie giftig. Die Ursache dafür liegt in ihrer schon früher (S. 406) besprochenen Wirkung auf den Quellungszustand des Plasmas. Ca wirkt entquellend, K quellend, vorwiegender Ca-Gehalt dichtet also die Protoplasten weitgehend ab, zu reichliche Darbietung von K läßt sie anomal aufquellen; beides beeinflußt die Permeabilität in ungünstigem Sinne. Der Antagonismus von Ca und K bedingt, daß eine Nährlösung diese Elemente in einem günstigen Mischungsverhältnis enthalten muß, daß sie, wie man zu sagen pflegt, p h y s i o l o g i s c h a u s b a l a n c i e r t ist. 2. D i e B e d e u t u n g der e i n z e l n e n E l e m e n t e Die Frage, welche Bedeutung den einzelnen Elementen im Gesamtstoffwechsel der Pflanzen zukommt, läßt sich heute erst teilweise beantworten. Zieht man Pflanzen in Nährlösungen, denen ein lebensnotwendiges Element fehlt, so kommt es, wie wir hörten, bald zum Stillstand der Entwicklung. Dabei sind die Ausfallserscheinungen je nach dem fehlenden Element verschieden, einmal wird mehr der Sproß, einmal besonders die Wurzel beeinträchtigt, es kommt zu anomaler Anthozyanbildung usw. Diese äußerlichen Unterschiede sind aber nicht derartig, daß sie weitergehende Schlüsse gestatten. Manches ist freilich leicht zu verstehen, so z. B., daß eine Pflanze nicht ohne N auskommen kann, da dieser ein wesentlicher Bestandteil der Aminosäuren und des Eiweißes ist. Dies gilt bis zu einem gewissen Grade auch für S und P, von denen der erste Bestandteil einiger Aminosäuren ist (Cystin, Methionin), während der P in den lebensnotwendigen Phosphatiden und Nukleoproteiden vorkommt. Während N und S vor ihrem Einbau in die organische Substanz völlig reduziert werden müssen, findet sich der Phosphor in den organischen Verbindungen als Säurerest; manchmal ist er mit Zuckern verestert, so im Phytin ( = Inositphosphorsäure), ferner beim Stärke- und Zuckerabbau. Die Rolle der M e t a l l e in den Pflanzen ist viel schwerer zu verstehen, da die Metallionen im allgemeinen nicht in die organische Substanz eingebaut werden. Man nimmt daher an, daß sie hauptsächlich eine dynamische Rolle spielen, indem sie die physikalischen Zustände der Plasmakolloide beeinflussen. Mg findet sich daneben auch in organischen Verbindungen, so besonders im Chlorophyll; es kommt ihm nachweislich eine für die Photosynthese ausschlaggebende Bedeutung zu. Das Fe, von dem nur äußerst geringe Mengen notwendig sind, kann in Form von Ferri- und Ferrosalzen aufgenommen werden. Fehlt es gänzlich, so kommt es nicht zur Chlorophyllbildung, -es tritt eine Gelbfärbung der Blätter ein, die man Chlorose nennt. Eisen kommt zwar im Stroma der Chloroplasten, nicht aber im

432

I. Die Elemente

Chlorophyll selbst vor. Somit kann seine Mitwirkung bei der Chlorophyllsynthese nur eine indirekte sein; es dürfte katalytisch in diesen Vorgang eingreifen. Ferner ist es am Aufbau einiger Atmungsfermente beteiligt. K kommt nur in Jonenform, sowohl im Plasma als auch im Zellsaft vor; es geht keine organischen Verbindungen ein. Besonders reichlich findet es sich im Samen und in jugendlichen Geweben, in welchen es oft den Hauptbestandteil der Asche ausmacht. Dies deutet auf eine Mitwirkung beim Aufbau des Eiweißes hin. Ca wird oft an verschiedene organische Säuren gebunden, besonders häufig kommt es als Kalziumoxalat vor (S. 52). Vermutlich handelt es sich dabei u m eine Bindung überschüssiger Mengen dieses Metalls. Daß dieses, besonders aus stark kalkhaltigen Böden, oft im Übermaß in die Pflanzen eintritt, erkennt man auch daraus, daß es häufig als Karbonat in der Membran abgelagert (Cystolithen, vgl. S. 68) oder durch Hydathoden ausgeschieden wird. Besonders reich an kohlensaurem Kalk sind die Membranen alternder Gewebe, wie z. B. das Kernholz, tote Rindenteile und alternde Laubblätter. Die wesentliche Bedeutung insbesondere des Ca und K, aber wohl auch des M g , liegen in dem schon oben besprochenen Ionenantagonismus. Abgesehen von seiner entquellenden Wirkung kann das Ca indessen nicht als giftig angesehen werden. Wenn viele Pflanzen auf Kalkböden schlecht gedeihen, so liegt das, wie später (S. 438) näher ausgeführt werden wird, daran, daß diese basischen Charakter haben. Na und Cl, die in der Natur meist gemeinsam als Kochsalz vorkommen, sind für die meisten Pflanzen völlig entbehrlich. Es gibt aber Ausnahmen; so können Meerstrandpflanzen NaCl nicht nur in großen Mengen vertragen, sondern manche von ihnen gedeihen ohne dieses Salz merklich schlechter. Andererseits wird in einigen Fällen Kochsalz durch Drüsen ausgeschieden. Si scheint selbst bei Pflanzen, die es reichlich in den Membranen speichern, wie Gräser und Schachtelhalme, ohne lebenswichtige Bedeutung zu sein. Es dürfte sich eher u m Ausscheidung überschüssiger Mengen handeln. 5. D i e

Spurenelemente

Außer den im vorhergehenden Abschnitt erwähnten Elementen finden sich in Pflanzenaschen noch viele weitere vor. Einige können in Einzelfällen noch in größeren Mengen Eingetroffen werden, so z. B. L i in Tabakblättern, AI in Bärlappsporen, J in Meeresalgen. Im allgemeinen sind sie aber so spärlich vorhanden, daß ihr Nachweis schwierig ist. Man hat sie als S p u r e n e l e m e n t e bezeichnet und früher für entbehrlich gehalten. Erst als man mit chemisch reinsten Präparaten arbeitete, ergab sich ihre Notwendigkeit. Auch waren in der Landwirtschaft Fälle bekannt geworden, in welchen die übliche Düngung versagte. So bedürfen z. B. urbar gemachte Moorböden eines geringen Zusatzes von Kupfersulfat. Bormangel bedingt die Herz- und Trockenfäule der Zucker- und Futterrüben, Manganmangel die Dörrfleckenkrankheit des Hafers. Für genaue Untersuchungen verwendet man heute die sogenannte A-Z-Lösung nach Ho AGLAN D, die die verschiedensten Metalle, Halogene usw. enthält.

2. Die Adsorptionstheorie

433

II. Die Aufnahme der Nährsalze i. Das S p e i c h e r - u n d W a h l v e r m ö g e n Die Aufnahme der Nährsalze erfolgt durch dieselben Absorptionseinrichtungen, die der Pflanze das Wasser zuführen, in der Regel also durch die Absorptionszone der Wurzel mit ihren Wurzelhaaren. Im folgenden soll dargestellt werden, welche Kräfte bei dieser Aufnahme wirksam sind, und inwieweit die Bodenverhältnisse sie beeinflussen. Dabei ist zunächst zu betonen, daß, wie wir schon früher hörten, der absolute Gehalt des Bodens an Nährsalzen und deren prozentuale Verteilung von untergeordneter Bedeutung für die Pflanze ist. In der Regel findet man, daß der Salzgehalt der Pflanzen den des Bodenwassers erheblich übertrifft. Es k o m m t also zu e i n e r S t o f f a n r e i c h e r u n g e n t g e g e n dem D i f f u s i o n s g e f ä l l e , die Pflanze besitzt ein S p e i c h e r v e r m ö g e n für Salze. Auch werden deutlich gewisse Ionen bevorzugt aufgenommen. So wird z. B. besonders K, P und N gespeichert, wogegen Ca und Na zurücktreten. Den letzten kann, wenn sie im Bodenwasser reichlich vorkommen, wieder entgegen dem Diffusionsgefälle, der Eintritt verwehrt werden. Schon früher wurde auf dieses deutliche W a h l v e r m ö g e n der Pflanzen hingewiesen. Die genannten Vorgänge kann mein durch einfache Diffusion nicht erklären, denn diese führt zu einem Ausgleich der Konzentrationen. Immerhin kann eine Stoffspeicherung auch auf dem Diffusionsweg zustande kommen. Das wird immer dann der Fall sein, wenn der in die Zelle eingedrungene Stoff rasch Verbindungen eingeht; in diesem Falle verschwindet er ja als solcher. Man kann dies durch folgenden Versuch sehr schön zeigen. Fadenalgen oder Sprosse der Wasserpest (Helodea) werden in eine sehr verdünnte, daher nur ganz schwach blau gefärbte Methylenblaulösung getaucht. Nach einiger Zeit sieht man, daß die Pflanzen dunkelblau geworden sind, wobei sich die Außenlösung ganz entfärben kann. Der Vorgang erklärt sich daraus, daß das in den Zellsaft eingedrungene Methylenblau eine blaue Gerbstoffverbindung eingeht; somit kann der Farbstoff von außen immer wieder diffusiv nachströmen. In gleicher Weise kann eine Wurzelzelle etwa Nitrat aufnehmen und den Stickstoff in organische Verbindungen einbauen. Die eingenommene Erklärung versagt aber, wenn der aufgenommene Stoff in der Zelle in unveränderter ionisierter Form erhalten bleibt und trotzdem eine Wanderung zum Orte höherer Konzentration stattfindet. Dies ist vor allem für das Kalium erwiesen. 2. D i e A d s o r p t i o n s t h e o r i e Die Unabhängigkeit des Plasmas bei der Aufnahme von Elektrolyten erklärt man heute mit der A d s o r p t i o n s t h e o r i e . Adsorptionen treten an G r e n z f l ä c h e n auf, die zwei Phasen trennen, so z. B. eine gasförmige und eine feste. Es handelt sich um lockere Bindungen, die durch Oberflächenkräfte bewirkt werden. Das Ausmaß der Adsorption ist der Größe der Oberfläche der adsorbierenden Substanz proportional. Liegt diese in feinster Verteilung vor, so erreicht die Adsorption hohe Werte. Somit sind poröse Körper, wie z. B. Kohle und Kaolin, gute Adsorbentien. 28 v. G u t t e n b e r g , Lehrbuch der allgemeinen Botanik

434

II. Die Aufnahme der Nährsalze

Auch g e l ö s t e S t o f f e können adsorbiert werden, und zwar sowohl von festen Körpern, als auch von der dispersen Phase eines Sols, die ja eine besonders große Gesamtoberfläche aufweist. Somit sind alle Kolloide gute Adsorbentien. Bei der Adsorption spielen elektrische Kräfte eine entscheidende Rolle. Das Protoplasma besitzt, wie schon früher ausgeführt wurde (S. 408), als amphoteres Eiweißkolloid negativ geladene Säure — und positiv geladene basische Gruppen. Somit können einerseits Kationen, andererseits Anionen elektrisch festgehalten oder adsorbiert werden. Es leuchtet ein, daß Ionen, die starke Plasmaquellung bewirken, auch am leichtesten adsorbiert werden. Somit gelten für die Adsorption die früher (S. 405) ausgeführten Quellungsgesetze. Nun sind aber die Ionenpaare so fest miteinander verbunden, daß der eine Partner nicht ohne weiteres vom anderen getrennt werden kann. Dies ist nur dann möglich, wenn an Stelle eines Ions ein anderes tritt, also ein I o n e n a u s t a u s c h stattfindet. Dieser vollzieht sich in der Weise, daß Ionen, die stärker adsorbierbar sind, schwächer gebundene verdrängen. Wird z.B. ein K+ -Ion adsorbiert, so gibt es sein Anion an ein anderes Kation ab, etwa an H + oder Ca+ + . Findet dieser Prozeß fortlaufend statt, so kommt es zu einer Kalispeicherung. An Stelle eines aufgenommenen N O s -Ions kann HCO g abgegeben werden usw. I m einzelnen sind die Prozesse sehr schwer durchschaubar. Im Plasma kann die negative oder die positive Ladung vorherrschen; darauf hat die jeweilige Bodenazidität Einfluß, und diese wieder kann beim Ionenaustausch verändert werden, wenn es sekundär zu einer Vermehrung der H + oder der O H - -Ionen kommt.

Man darf ferner nicht vergessen, daß es mit der einmaligen Aufnahme nicht getan ist. Der adsorbierte Stoff m u ß weiterbefördert oder verarbeitet werden. Dabei erfordert z. B. die f ü r den Einbau in das Eiweißmolekül notwendige Reduktion der NO~- oder SO" -Ionen-Energie. Solche wird, wie wir später hören werden, bei der Atmung durch Zuckerabbau frei. In der Tat ist die Ionenaufnahme auch von der Atmung abhängig. Jedenfalls ist die Aufnahme der Elektrolyte ein Vorgang, an dem sich die Pflanze auch aktiv beteiligt. 3-Die

Bodenadsorption

Entsprechende Adsorptionsvorgänge spielen sich auch im Boden ab, und zwar besonders dann, wenn er humusreich ist oder anorganische Kolloide (z. B. Eisenund Magnesiumhydroxyd, kolloidale Kieselsäure) enthält. Das ist von großer Bedeutung, da auf diese Weise Salze im Boden festgehalten werden und nicht der Auswaschung durch das Regenwasser verfallen. Näheres darüber enthält der nächste Abschnitt. Von der Bodenadsorption kann man sich durch folgenden Versuch überzeugen. Man füllt von zwei unten verengten, aber offenen Glasröhren die eine mit Sand, die andere mit Gartenerde. Dann über schichtet man den Inhalt mit einer Farblösung, z. B. Indigokarmin. Durch den Sand fließt diese unverändert, die Erde aber adsorbiert den Farbstoff, so daß unten farbloses Wasser austritt. I m Boden werden vor allem Basen, besonders Kalium und Ammonium, adsorbiert, von Anionen die Phosphor säure, wogegen die Nitrat- und Sulfationen leicht ausgewaschen werden. Findet im Boden und an den Wurzeln eine bevorzugte Aufnahme von Kationen statt, so m u ß sich die Azidität des Bodenwassers erhöhen. Salze, von denen vorwiegend die Basen adsorbiert werden, wie z. B. Ammoniumsulfat, nennt man daher physiologisch sauer. Herrschen sie vor, so kann es zu einer Schädigung des Pflanzenbestandes kommen. Umgekehrt verhalten

435

4. Die Bodenarten sich

die N i t r a t e . A u s i h n e n w i r d ü b e r w i e g e n d das N O ~ - A n i o n

aufgenommen,

u n d die v e r b l e i b e n d e n B a s e n m a c h e n d e n B o d e n a l k a l i s c h . N i t r a t e n e n n t m a n d a h e r physiologisch

alkalisch.

A u c h die W u r z e l n selbst k ö n n e n S ä u r e n a u s s c h e i d e n . M a n k a n n sich d a v o n l e i c h t überzeugen, w e n n m a n auf den Boden einer Kulturschale eine polierte M a r m o r p l a t t e l e g t , ü b e r diese E r d e a u f f ü l l t , u n d d a n n B o h n e n h e r a n w a c h s e n l ä ß t . S o b a l d d e r e n W u r z e l n die M a r m o r p l a t t e e r r e i c h t h a b e n , s c h m i e g e n sie sich d i e s e r a n u n d e r z e u g e n d u r c h A u s s c h e i d u n g v o n K o h l e n s ä u r e K o r r o s i o n s k a n ä l e . E s ist w a h r scheinlich,

daß

die

Wurzeln

noch

weitere

d a r u n t e r s o l c h e , die die s c h w e r l ö s l i c h e n

Säuren

auszuscheiden

Verbindungen

vermögen,

des B o d e n s

F ü r die S t e i n f l e c h t e n ist dies n a c h g e w i e s e n . D i e V e r k l e b u n g d e r

angreifen.

Wurzelhaare

o d e r R h i z o i d e n m i t B o d e n t e i l c h e n d ü r f t e d a b e i v o n g r o ß e r B e d e u t u n g sein. D a z u k o m m t , daß v i e l e n i e d e r e O r g a n i s m e n i n i h r e m S t o f f w e c h s e l S ä u r e n

4. D i e

erzeugen.

Bodenarten

A n d e r E r d o b e r f l ä c h e t r e t e n z u m T e i l die die E r d r i n d e a u f b a u e n d e n f e l s i g e n Gesteine

zutage,

z u m T e i l sind diese v o n V e r w i t t e r u n g s p r o d u k t e n

bedeckt.

W e n n sich s o l c h e b e i i h r e r F o r t b e w e g u n g d u r c h W i n d , W a s s e r o d e r E i s a n b e stimmten Stellen in größerer M e n g e ansammeln, entstehen S e d i m e n t e . j ü n g e r e n u n t e r d i e s e n b i l d e n l o s e V e r b ä n d e , die ä l t e r e n w u r d e n

durch

Die Kitt-

s u b s t a n z e n zu f e s t e n S e d i m e n t - o d e r A b s a t z g e s t e i n e n v e r e i n t . Die u r s p r ü n g l i c h e n G e s t e i n e sind durch Erstarrung der an die Erdoberfläche gelangten eruptiven Magmamassen entstanden. Zu ihnen gehören u. a. Granit, Porphyr, Basalt und Melaphyr. Diese Gesteine setzen sich in wechselnder Menge und Formgröße vor allem aus Quarz, Feldspaten, Hornblenden und Glimmern zusammen. Alle diese primären Mineralien sind Silikate. Quarz besteht aus unlöslicher Kieselsäure ( S i 0 2 ) ; er kommt in kleineren oder größeren glasigen Körnern in den Gesteinen vor. Feldspate sind von matter rötlicher, grünlicher oder grauweißer Tönung. Es sind Mischverbindungen aus Kieselsäure und Aluminiumoxyd (A1 2 0 3 ) mit eingelagertem K 2 0 , N a 2 0 und CaO. Die meist grünen Hornblenden sind Silikate des Kalzium- und Magnesiumoxyds, enthalten zum Teil aber auch A1 2 0 3 und Eisenoxydul (FeO). Die glänzenden Glimmer sind durch ihre leichte Spaltbarkeit in dünne durchsichtige Blätter charakterisiert. Man unterscheidet den hellen Kaliglimmer, ein K-Mg-Silikat, und den dunklen Magnesiumglimmer, der daneben noch AI und Fe enthält. Schließlich sei unter den primären Mineralien noch der Apatit (phosphorsaures Kalzium) genannt, der die Phosphorquelle des Bodens darstellt. Unter den S e d i m e n t g e s t e i n e n sind vor allem Sandsteine, Tonschiefer und Kalke zu nennen. Die ersten sind außerordentlich reich an Kieselsäure, und zwar besonders dann, wenn diese auch das Bindemittel darstellt. An Basen sind sie arm. Tonschiefer entstehen aus tonigen, durch Gebirgsverschiebungen zusammengepreßten Massen. Unter Tonen versteht die Bodenkunde alle Bodenteilchen mit einer Korngröße unter 0,002 mm, ohne Rücksicht auf ihre chemische Zusammensetzung. Der Begriff darf also nicht mit „Tonerde" ( = A1 2 0 3 ) verwechselt werden, wenn solche auch reichlich in Tonen vorkommt. Feine Sande bestehen aus Körnern von 0,05—0,2 mm Durchmesser, bei groben steigt dieser bis zu 2 m m an. Noch gröbere Teile nennt man Kies, solche von einer Teilchengröße zwischen Ton und feinem Sand werden Schluff genannt. Zu den Absatzgesteinen gehört schließlich noch K a l k s t e i n und D o l o m i t (Ca-Mg-Karbonat), wie sie in den Kalkgebirgen auftreten. Das aus der Verwitterung stammende Ca und Mg gelangt mit dem abfließenden Wasser schließlich in die Meere. In diesen bauen zahlreiche Organismen aus dem Kalziumbikarbonat ihre Gehäuse oder sonstigen Schutzeinrichtungen 2S *

436

II. Die Aufnahme der Nährsalze

auf, die sich dann in großen Mengen am Meeresgrunde ansammeln und schließlich zu Kalkstein oder Dolomit umformen. Durch Umkristallisation der Eruptiv- und Sedimentgesteine entstehen metamorphe Bildungen. Zu den metamorphen Gesteinen gehören vor allem die kristallinen Schiefer, so Glimmerschiefer und Gneis. Auch diese Umwandlung erfolgt durch Gebirgsdruck. Gneise ähneln in ihrer Zusammensetzung den Graniten, sind aber schiefrig spaltbar, Glimmerschiefer enthalten hauptsächlich Quarz und Glimmer. Unverwitterte Gesteine gestatten höheren Pflanzen kein Wachstum, da sich in ihnen Wurzelsysteme nicht entwickeln können. Nur wurzellose Formen, so manche Flechten, Cyanophyceen und Moose können auf Felsen gedeihen. Erst die einsetzende Verwitterung der Gesteine schafft den Kormophyten eine Existenzmöglichkeit. D i e V e r w i t t e r u n g , die zum allmählichen Zerfall der Gesteine führt, hat teils p h y s i k a l i s c h e , teils c h e m i s c h e Ursachen. Zu den ersten gehören die bei plötzlichem starken Temperaturwechsel auftretenden inneren Spannungen, die zur Spaltenbildung führen. Das sich in diesen Spalten sammelnde Wasser führt bei der Eisbildung zu weiterer Sprengung, an der sich auch eindringende Wurzeln beteiligen. Das Abstürzen oder Herabrollen größerer Blöcke führt im Gebirge zu weiterer Zertrümmerung. Die c h e m i s c h e n V e r w i t t e r u n g s p r o z e s s e sind von sehr komplizierter Art. Zunächst ist zu bemerken, daß, wie wir hörten, primär Silikate vorliegen, die entweder ganz unlöslich oder doch nur sehr schwer löslich sind. Andererseits müssen aus den Gesteinstrümmern die f ü r die Pflanzen wertvollen Basen, also K, Na, Ca, Mg und Fe, freigemacht werden, wenn Boden entstehen soll. Unter einem solchen versteht man erst das aus diesem Ausgangsmaterial durch die Einwirkung von Pflanzen entstandene Umwandlungsprodukt. P r i m ä r e r Boden entsteht aus der Verwitterung von Eruptivmassen und kristallinen Schiefern. S e k u n d ä r e Böden setzen sich aus solchen zu Sedimenten vereinten Verwitterungsprodukten zusammen oder entstehen direkt aus dem Zerfall von Sedimentgesteinen. Die chemische Verwitterung geht auf die Einwirkung elektrischer Kräfte zurück. Da diese nur an den Oberflächen der in Frage kommenden kristallinen Substanzen angreifen können, ist eine feine Verteilung Voraussetzung für eine rasche Zersetzung. Die an den Kanten und Ecken eines Kriställchens, etwa von Feldspat, befindlichen Basen (Kationen) werden von den negativen Säureionen des Silikats, dem sie angehören, nur noch einseitig angezogen und können sich somit außen mit Wasserhüllen absättigen. Sie werden also hydratisiert, d. h. sie erhalten Wasserhüllen (vgl. S. 406). Nunmehr kann ein solches hydratisiertes Metallion, etwa K+, gegen ein H+-Ion der angrenzenden Wasserhülle ausgetauscht werden und seinerseits mit einem verbleibenden OH - -Ion sich zu KOH vereinigen. Es leuchtet ein, daß sich unter den in Frage kommenden Kationen das Aluminium, da es dreiwertig ist, am schwersten von der Kieselsäure trennen wird. Infolgedessen werden bei der Verwitterung der Feldspate neben der Kieselsäure Aluminiumsilikate (Tonerde) in feinster Verteilung zurückbleiben und einen wesentlichen Bestandteil der Tone bilden. Es handelt sich dabei um neuartige Verbindungen; aus den primären Mineralien sind sekundäre entstanden, die, wie vor allem der Montmorillonit, leichter zersetzbar sind. Auch Glimmer kann in feinster Verteilung, wie er z. B. in Sandböden vorkommt, auf diese Weise angegriffen werden und sein Kalium abgeben. Nur die Quarzkörner des Sandes bleiben unverändert. Bei Schiefern erleichtert die „schiefrige" Struktur das Eindringen von Wasser und damit die physikalische Verwitterung. Sedimentgesteine werden am ehesten chemisch angegriffen, wenn sie tonige, kalkhaltige Bindemittel (Mergel) besitzen.

4. Die Bodenarten

437

Reines Wasser enthält, wie wir früher (S. 406) hörten, nur wenig freie H+-Ionen. Sowie deren Anzahl durch Säurebildung im Boden zunimmt, schreitet die chemische Verwitterung rascher fort. Auf die Faktoren, die zur Erhöhung der H+-Ionen-Konzentration führen, wurde zum Teil schon früher hingewiesen (vgl. auch S. 407).

Bei der chemischen Aufschließung der primären Silikate, besonders der Feldspate, wird, wie früher ausgeführt wurde, schließlich auch Si und AI frei, wozu noch das Fe kommt. Fehlt die Möglichkeit zur Bildung sekundärer Tonminerale, so entsteht k o l l o i d a l e K i e s e l s ä u r e und ebensolches AI- u n d F e - H y d r o x y d , indem sich Molekülgruppen dieser Substanzen zusammenballen und mit Wasserhüllen umgeben. Infolge ihrer entgegengesetzten elektrischen Ladung können sich die negative Säure und die positiven Hydroxyde neutralisieren und durch Ausflockung gelartige Verbindungen (Zeolithe) bilden. Die so entstehende K r ü m e l s t r u k t u r ist für die Entwicklung von Bodenorganismen und für das Wurzelwachstum die günstigste. Die vorhandenen H o h l r ä u m e ermöglichen erstens das Festhalten zusammenhängender k a p i l l a r e r W a s s e r f ä d e n und zweitens den Eintritt von L u f t , die für die Versorgung der Bodenorganismen und Wurzeln mit 0 2 erforderlich ist. Alle Vorgänge, die zur Krümelstruktur führen, sind also vorteilhaft. Basenreiche Böden, das sind solche, die reichlich Ca + + , M g + + und K + -Ionen enthalten, fördern die Bindung der Kieselsäure mit den Hydroxyden zu stabilen Krümeln. Besonders die zweiwertigen Kationen und in erster Linie das Ca führen zu solcher Ausfallung. In basenarmen Böden hingegen, treten solche Verbindungen, wenn überhaupt, so nur in unstabiler Form auf. Die so entstehende feindisperse Bodenstruktur verhindert die Bildung von Hohlräumen, der Boden wird bei Nässe schlammig und bildet bei Trockenheit harte Krusten. Den geschilderten Vorgängen liegt ein komplizierter Ionenaustausch im Boden zugrunde, auf den im einzelnen hier nicht eingegangen werden kann. Zu den mineralischen Bestandteilen des Bodens kommen die H u m u s s t o f f e . Diese entstehen beim Abbau organischer Substanzen, insbesondere der Zellulose und des Lignins toter Pflanzenteile, sowie des Eiweißes von Mikroorganismen. Die Humusstoffe sind heller oder dunkler braun bis fast schwarz gefärbt. Sie sind nicht einfach Zerfallsprodukte, vielmehr neuaufgebaute, hochpolymere Verbindungen von so hohem Molekulargewicht, daß sie kolloidalen Charakter annehmen. Chemisch betrachtet sind sie N-haltige Oxydationsprodukte von Phenolen (C 6 H 5 'OH) mit durch die Phenylgruppe bedingtem, schwachsauren Charakter. Unter ihnen sind die H u m i n s ä u r e n für die Zusammensetzung eines fruchtbaren Bodens sehr wertvoll, da sie die Basen zu binden vermögen. In Ca-reichen sandigen Böden kann es zu einem vollständigen oxydativen Abbau der organischen Substanzen kommen. Ein solcher ist ungünstig, da es anschließend zu einer raschen Auswanderung der Endprodukte kommt Eine Einschränkung der Oxydation ist also im allgemeinen vorteilhaft. Sie kann zunächst durch den Wassergehalt des Bodens bewirkt werden, der die Luftzufuhr einschränkt. Wird das Wasser aber stehend und dann D 2 arm, so kommt es zur T o r f b i l d u n g , bei der stark saure Vorstufen der Huminsäuren vorherrschen, die arm an freien Basen sind, da sie solche nicht zu binden vermögen. Günstiger liegen die Verhältnisse in W i e s e n m o o r e n mit beweglichem, Oj-reichem Wasser. Trockene Böden, in denen die Huminsäurevorstufen vorherrschen, sind infolge geringen Eisengehaltes nur gelblich. Diese Vorstufen sind feindispers und verhindern mit ihren Wasserhüllen die Ausflockung der anorganischen Kolloide (Schutzkolloidwirkung). Infolgedessen kommt es auch hier zu einer Verarmung an Basen, die ausgewaschen werden. In solchen, an Kalk verarmten sauren Böden, ist eine weitere Polymerisation der Vorstufen zu

438

II. Die A u f n a h m e der Nährsalze

Huminsäuren nicht möglich, auch k o m m t es nicht zur Bildung löslicher N-Verbindungen. Durch Anhäufung dieser Vorstufen entsteht der s a u r e H u m u s . E r findet sich als sogenannter R o h h u m u s vielfach in W ä l d e r n und bedeckt die H e i d e b ö d e n . Die besonderen Verhältnisse f ü h r e n zur Bildung einer spezialisierten Flora, in der viele Mykorrhiza-führende Pflanzen (z. B. Ericaceen) auftreten, unter denen bei uns Calluna vulgaris die größte Ausbreitung besitzt. Solche Böden werden auch als p o d s o l i e r t bezeichnet. Aus i h r e r humösen Oberschicht sinken stark saure Humusvorstufen h e r a b und zerstören die darunterliegenden Silikatmineralien. Die kolloidalen Bestandteile, so die Hydroxyde des Fe und AI, v e r k i t t e n sich in einer deutlich abgegrenzten Zone zu sogenanntem O r t s t e i n , und es bleibt B l e i c h s a n d übrig. Starke D u r c h nässung des Bodens und Ausrottung des Mischwaldes f ö r d e r n diese Podsolierung.

Der m i l d e H u m u s hingegen enthält Huminsäuren, die in Wechselwirkung mit den früher beschriebenen anorganischen Bodenkolloiden treten. Dadurch werden diese Säuren konserviert, was zur Förderung der Krümelstruktur beiträgt. Solche sogenannten S c h w a r z e r d e b ö d e n sind für das Pflanzenwachstum die vorteilhaftesten. Sie bieten neben bodenverbessernden Bakterien auch Regenwürmern, Insektenlarven usw. die beste Existenzmöglichkeit, was deshalb wichtig ist, weil diese Tiere bei der Verdauung von Pflanzensubstanz aus dieser selbst Humusstoffe bilden. 5. D i e B o d e n a z i d i t ä t Wie wir eben hörten, kommt es in vielen Böden durch Basenverlust oder auch durch das Auftreten saurer Humusstoffe zu einer Ansäuerung ; ihr p H -Wert sinkt unter 7. Eine Neutralisation findet hauptsächlich dann statt, wenn der Boden eine größere Menge von Kalk enthält. Da CaC0 3 ein basisches Salz ist, werden bei seiner hydrolytischen Spaltung überschüssige OH-Ionen frei, die dem Boden über die Neutralisation hinaus basischen Charakter verleihen. Der p H -Wert steigt auf 8—9. So bestimmt Gegenwart oder Abwesenheit von Kalk weitgehend die Bodenreaktion und damit die Zusammensetzung der Flora. Es gibt kalkfliehende (acidophile) und kalkliebende (basophile) Pflanzen. Besonders auffällig tritt dies in der Alpenflora in Erscheinung. Urgebirge und Kalkgebirge zeigen einen auffällig verschiedenen Pflanzenbestand. So kommt z. B. Rhododendron ferrugineum ausschließlich im Urgebirge, Rh. hirsutum nur auf Kalk vor. Man spricht dann von v i k a r i i e r e n d e n A r t e n . Die ungünstige W i r k u n g des Kalkes wird erst jetzt ganz verständlich. Daß die basische Reaktion des Bodens und nicht der Kalk als solcher schädlich ist, geht z. B. k l a r daraus hervor, daß das extrem kalkfeindliche Torfmoos ( S p h a g n w n ) selbst nicht unbeträchtliche M e n g e n von Ca enthält und Kalziumsulfat verträgt. Ausgesprochen kalkfeindliche Pflanzen sind z. B. die Heide ( Calluna vulgaris) und der Besenginster ( Sarothamnus scoparius). Solche an b e s t i m m t e Böden gebundene Pflanzen nennt m a n „ b o d e n s t e t " ; als „ b o d e n v a g " dagegen bezeichnet man Gewächse, die auf den verschiedensten Böden gedeihen.

6. D i e D ü n g u n g Während in der Natur die Verwesung dafür sorgt, daß die dem Boden entnommenen Stoffe diesem wiedergegeben werden, bedingt die Entfernung dés Erntegutes eine rapide Verarmung des Bodens an Nährsalzen. Besonders K, P und N sind bald erschöpft, und das im Minimum befindliche Element begrenzt dann die weitere Entwicklung der Pflanzen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit

I. Autotrophie und. Heterotrophie

439

künstlicher Zufuhr von Nährsalzen durch die D ü n g u n g . Stallmist und Jauche sind die ältesten Düngemittel. Da sie für das heutige Ausmaß der Landbestellung nicht ausreichen, werden in großem Maßstab künstliche Dünger, d. h. Chemikalien, verwendet. Dabei ist auf den Bedarf der einzelnen Pflanzen und auch auf die Bodenazidität Rücksicht zu nehmen. Diese wird durch Kalkgaben ausgeglichen. K a l i d ü n g e r (KCl und K 2 S0 4 ) lassen sich vor allem aus dem in Salzbergwerken gewonnenen Kainit und Karnallit herstellen. Während Kali in großen Mengen zur Verfügung steht, herrscht an Phosphor Knappheit. Er wird als Superphosphat geboten, das aus natürlichen, phosphorsauren Kalk enthaltenden Mineralien (Apatit, Phosphorit) oder aus Knochenmehl gewonnen wird. Auch das sosogenannte Thomasmehl (Thomasschlacke), das bei der Verhüttung phosphor haltiger Erze abfällt, wird verwendet. Als S t i c k s t o f f d ü n g e r wurde früher hauptsächlich Chilesalpeter (NaNOa) benützt. Heute werden synthetisch hergestellte Verbindungen (HABER-BOSCH-Verfahren der Ammoniaksynthese) vorgezogen, und zwar Ammoniumsulfat und -nitrat. Dazu kommt Kalkstickstoff (CaNCN), der im Boden über Harnstoff Ammoniumsalze bildet. Gelegentlich müssen auch Spurenelemente wie Bor, Mangan und Kupfer geboten werden. Die verbreitete Meinung, daß mit Kunstdünger aufgezogene Pflanzen für den Menschen schädlich seien, ist vollkommen unbegründet.

E. DIE ASSIMILATION DES KOHLENSTOFFES I. Autotrophie und Heterotrophie Bis vor etwa 100 Jahren war die Ansicht herrschend, daß die grüne Pflanze ihren Kohlenstoffbedarf aus den Humussubstanzen des Bodens decke. Indessen waren bereits in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine Reihe von Beobachtungen gemacht worden, die an der Richtigkeit dieser Behauptung zweifeln lassen mußten. So fand zunächst Joseph PRIESTLEY (1772), daß Tiere die Luft verschlechtern, indem ein Gas entsteht, das für Tiere tödlich ist und eine Kerze zum Erlöschen bringt; Pflanzen hingegen verbessern solche Luft, sie heben die schädigende Wirkung wieder auf. Später (1779) zeigte Jan INGEN-HOUSZ, daß dies nur für grünbeblätterte Pflanzen gilt, nicht aber für Wurzeln oder Samen. Schließlich ergaben Analysen von Theodor VON SAUSSURE (1804), daß Pflanzen einen d o p p e l t e n G a s w e c h s e l besitzen: in e i n e m Prozeß verbrauchen sie, gleich den Tieren, Sauerstoff, wobei es zu einer Kohlensäureabgabe kommt; am L i c h t aber nehmen sie Kohlensäure auf und geben sie Sauerstoff ab. Trotz dieser Entdeckungen blieb die alte, auf ARISTOTELES zurückgehende „Humustheorie" herrschend, bis Justus VON LlEBIG (1840) sie endgültig zu Fall brachte, indem er nochmals zeigte, daß das C0 2 der Luft die einzige Kohlenstoffquelle der grünen Pflanze sei. Die chlorophyllführenden Pflanzen ernähren sich also restlos von anorganischen Substanzen, weshalb man sie autotroph nennt. Doch sind sie nicht die einzigen autotrophen Organismen. Wir werden später Bakterien kennenlernen, die ihr Leben gleichfalls ohne organische Nährquellen bestreiten. Die Existenz auto-

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II. Die Photosynthèse

tropher Lebewesen macht erst die der heterotrophen möglich, das sind alle diejenigen, die zur Deckung ihres Kohlenstoffbedarfes organischer Verbindungen bedürfen. Dazu gehören alle Tiere, ferner viele niedere Pflanzen, so alle Pilze und die Mehrzahl der Bakterien; ferner sind manche höhere Pflanzen sekundär zu dieser Lebensweise übergegangen (Parasiten, Saprophyten). Die a u t o t r o p h e L e b e n s w e i s e tritt in zwei Formen auf, als Photosynthese bei den grünen Pflanzen und als Chemosynthese bei Bakterien. Diese Benennungen erfolgten, wie wir gleich näher erfahren werden, aus dem Grund, weil im ersten Fall das L i c h t die Energiequelle für die sich abspielenden Prozesse darstellt, während im zweiten die Energie aus c h e m i s c h e n V o r g ä n g e n resultiert, die sich ohne Licht im Organismus abspielen.

II. Die Photosynthese D i e P h o t o s y n t h e s e b e s t e h t d a r i n , daß c h l o r o p h y l l h a l t i g e Z e l l e n a m L i c h t aus C 0 2 u n d H 2 0 K o h l e h y d r a t e a u f b a u e n . Von der Tatsache, daß die Luftkohlensäure die einzige C-Quelle der g r ü n e n Pflanzen ist, kann man sich durch folgende Versuche überzeugen. Man bringt eine eingetopfte Pflanze unter einen Rezipienten und entfernt — etwa durch Kalilauge — das C 0 2 der Luft. Die Pflanze stirbt unter solchen Umständen ab, obwohl ihr im Substrat Humussubstanzen und Karbonate zur Verfügung stehen. Andererseits hörten wir schon früher, daß Pflanzen in Wasserkultur gedeihen, ohne daß die Nährlösung Karbonate oder sonstige C-Verbindungen enthält; auch eine Entfernung der in Wasser gelösten Kohlensäure ändert darein nichts. N i c h t g r ü n e Organismen würden in solchen Nährlösungen zugrunde gehen. D i e F ä h i g k e i t , das C 0 2 d e r L u f t zu v e r w e r t e n , i s t also e i n e B e s o n d e r h e i t d e r c h l o r o p h y l l h a l t i g e n P f l a n z e n . Man bezeichnet diesen Vorgang als A s s i m i l a t i o n , wobei der Ausdruck in einem engeren Sinn verstanden wird. Allgemein genommen bedeutet er nämlich die Fähigkeit der Organismen, aufgenommene Nahrung in Körpersubstanz zu verwandeln. Daß nur Zellen mit chlorophyllhaltigen Piastiden zu assimilieren vermögen, läßt sich leicht an den sogenannten panaschierten Blättern (vgl. S. 23) zeigen. Sie besitzen nichtgrüne Streifen oder Flecken, in welchen nur farblose oder gelbe Piastiden vorkommen. An diesen Stellen unterbleibt die Assimilation vollkommen, ebenso in allen anderen chlorophyllosen Pflanzenge weben. Auf der anderen Seite verliefen alle Versuche, mit Hilfe des extrahierten Chlorophyllfarbstoffes oder der isolierten Chloroplasten Assimilation zu erzielen, ergebnislos. Eine solche findet also nur statt, wenn das Chlorophyll in seiner natürlichen Verteilung in den Chloroplasten auftritt und diese sich in der lebenden Zelle befinden. Daß bei der Assimilation nicht nur C 0 2 , sondern auch Wasser chemisch gebunden wird, erhellt daraus, daß als Bildungsprodukt Kohlehydrate entstehen; infolgedessen ist auch das Gewicht der Assimilate größer als das des aufgenommenen Kohlendioxyds. Bei Verdunkelung hört die Assimilation sofort auf. U m d i e B e d e u t u n g des L i c h t e s bei dem Vorgang zu verstehen, muß man sich vor Augen halten,

1. Nachweismethoden

441

daß die Synthese von Kohlehydraten aus C 0 2 und H a O ein energiefordernder, endothermer Vorgang ist, da notwendigerweise eine Reduktion des Kohlendioxyds stattfinden muß. Als E n e r g i e q u e l l e d i e n t das S o n n e n l i c h t , weshalb mein ja den Vorgang als Photosynthese bezeichnet. Bei der Verbindung von C 0 2 und H 2 0 muß es ferner zu einer A b s p a l t u n g von S a u e r s t o f f kommen. In der Tat ist jede Assimilation mit der Produktion von 0 2 verbunden. l. N a c h w e i s m e t h o d e n Wie wir eben ausführten, wird bei der Assimilation C 0 2 verbraucht und 0 2 produziert. Damit eröffnen sich zwei Wege, diesen Prozeß nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ zu erfassen. Ein einfacher Demonstrationsversuch, der aber auch für genauere Untersuchungen ausgebaut werden kann, bedient sich der G a s b l a s e n z ä h l m e t h o d e (Abb. 519). Submerse Wasserpflanzen assimilieren das in Wasser gelöste C0 2 . Bricht man ein Sproßstück einer Helodea canadensis ab und befestigt man es verkehrt unter Wasser, so sieht man aus der Bruchstelle kleine Gasbläschen aufsteigen. Fängt' man das Gas, etwa mit einem übergestülpten Reagenzglas oder mit einem Trichter mit Hahn auf, so kann durch das Aufleuchten eines glimmenden Spanes nachgewiesen werden, daß das austretende Gas reich an 0 2 ist. Der Versuch gelingt nur bei ausreichender Beleuchtung; je dunkler es wird, desto langsamer verläuft der Blasenstrom. Am Licht kann man ihn außerordentlich beschleunigen, wenn man den C0 2 -Gehalt des Wassers erhöht; umgekehrt hört er auf, wenn man die Kohlensäure mit Kalkmilch abbindet.

Abb. 519. Apparatur zur Demonstration der Gasblasenzählmethode. Zwei Sproßstücke von Helodea canadensis sind in inverser Stellung in Leitungswasser getaucht. Aus der Bruchstelle ihrer Stengel treten bei Beleuchtung 0,haltige Gasbläschen aus, die in einem Reagenzrohr angesammelt werden. Original.

Der Nachweis, daß es im Raum der Zelle nur die Chloroplasten sind, die assimilieren, gelingt in folgender Weise. Man beobachtet Spirogyra-Zeilen unter dem Mikroskop und beleuchtet dabei derart, daß ein kleiner Lichtfleck das Chlorophyllband, ein anderer den Zwischenraum zwischen zwei Windungen trifft. Dem Präparat werden Bakterien zugesetzt, die die Fähigkeit besitzen, Sauerstoffquellen aufzusuchen. Sie sammeln sich um den Lichtfleck am Chlorophyllband, während sie der andere nicht anlockt. Daraus geht herAbb. 520. Spirogyra-Zelle, durch vor, daß nur der Chloroplast am zwei Lichtkreise beleuchtet. Der Licht 0 2 produziert (Abb. 520). obere Kreis beleuchtet das Chloro-

Die genaueste q u a n t i t a t i v e B e s t i m m u n g des jeweiligen CO2-Verbrauches

phyllband, worauf sich hier Bakterien anhäufen. Am unteren Kreis, der das Chlorophyllband nicht trifft, fehlt die Ansammlung. Nach E N G E L M A N N .

442

I I . Die Photosynthese

erhält man durch gasanalytische Versuche. Sie bestehen im Prinzip darin, daß man L u f t an Blättern vorbeistreichen läßt, die in Glaskammern eingeschlossen sind ( L u f t s t r o m m e t h o d e ) (Abb. 521). Der Kohlensäuregehalt der austretenden L u f t wird dann mit Hilfe von Barytlauge bestimmt und mit dem der A u ß e n l u f t

Abb. 521. Modell eines Assimilationsapparates (Luftstrommethode). Ein am Stamm befindliches beblättertes Ästchen wird in den Glasrezipienten (R) eingeschlossen, in den durch ein Glasrohr (Pfeil rechts) Luft eintreten kann. Diese wird durch eine große (nicht eingezeichnete) kalibrierte Aspiratorflasche (etwa 15 1 Fassungsraum) durch den Apparat gezogen (Pfeil links). Nach Öffnung der Glashähne strömt die Luft an den Blättern vorbei, die ihr CO, entnehmen. Die restliche Kohlensäure wird dadurch erfaßt, daß sie im weiteren Verlauf das Bohr A passiert, in dem sich Barytlauge befindet. Ein SCHOTT sches Porzellanfllter (F) erzeugt dabei einen Strom kleiner Luftbläschen. Die Menge des gebildeten Baryumkarbonats wird titrimetrisch bestimmt und daraus die Menge des gebundenen COs errechnet. Mit Hilfe eines zweiten gleichen Apparates wird gleichzeitig der C02-Gehalt der Luft bestimmt. Die Differenz der gefundenen CO,-Mengen entspricht der Menge der assimilierten Kohlensäure. Wird der Reziplent verdunkelt, so kann mit der Apparatur auch die gebildete Atmungskohlensäure bestimmt werden. M = Manometer zum Ausgleich der Druckschwankungen. Original.

verglichen. Es ergibt sich eine Differenz, die dem Verbrauch der Blätter entspricht. Der absolute W e r t wird dann auf eine Einheit der Blattfläche und der Zeit umgerechnet (etwa auf 1 m 2 /Std.). Will man ganz genau sein, so m u ß man allerdings noch einen Faktor in Rechnung stellen, nämlich die Tatsache, daß währenddes Vorganges durch die Atmung etwas zusätzliche Kohlensäure entsteht. Sinkt die Assimilation etwa infolge geringer Beleuchtung stark ab, so kann die Menge der gebildeten

2. Die Bildung der Assimilate

443

Atmungskohlensjiure dem Verbrauch bei der Assimilation gleichkommen. Bei diesem K o m p e n s a t i o n s p u n k t ist also äußerlich ein Gaswechsel überhaupt nicht zu bemerken. 2. D i e B i l d u n g der A s s i m i l a t e Es ist leicht festzustellen, daß sich in den Chlorophyllkörnern schon nach kurzer Zeit S t ä r k e k ö r n e r bilden, die bei Verdunkelung wieder verschwinden. D i e S t ä r k e i s t also das e r s t e s i c h t b a r e A s s i m i l a t i o n s p r o d u k t . Daß sie aber nicht das erstgebildete ist, geht daraus hervor, daß die Sauerstoffentwicklung bei Beleuchtung sofort, die Stärkebildung aber frühestens nach einigen Minuten einsetzt. Auch ist es äußerst unwahrscheinlich, daß ein hochmolekularer Stoff wie die Stärke unmittelbar aufgebaut wird. Vielmehr ist anzunehmen, daß vorher einfachere Kohlehydrate entstehen. Daß es sich um Verbindungen aus dieser Stoffgruppe handelt, geht mit großer Wahrscheinlichkeit schon daraus hervor, daß der sogenannte A s s i m i l a t i o n s k o e f f i z i e n t , nämlich das Verhältnis des abgegebenen Sauerstoffs zur aufgenommenen Kohlensäure,

= 1 ist. Dieses CO 2 Verhältnis trifft z. B. zu, wenn wir die Bildung einer Hexose annehmen ; denn dann ergibt sich : 6 C0 2 + 6 H ä O _> C 6 H 12 0 6 + 6 0 2 Auch bei der Stärke stimmt es, da diese ein Polymerisationsprodukt der Glukose ist. In der Tat gelingt es unschwer, bei der Assimilation auch Zucker, insbesondere Glukose, nachzuweisen. Die Blätter mancher Pflanzen bilden sogar nur solche, z. B. die mancher Liliaceen, etwa die Laucharten ( A l l i u m ) . Man spricht dann von Z u c k e r b l ä t t e r n im Gegensatz zu S t ä r k e b l ä t t e r n . Zwischen beiden Typen gibt es alle möglichen Übergänge. Auch läßt sich zeigen, daß Blätter, die im Dunkeln auf einer Zuckerlösung schwimmen, diese aufnehmen und aus dem Zucker Stärke aufbauen. Schließlich können aüch Zuckerblätter bei künstlich gesteigerter Assimilation (erhöhter C0 2 -Zufuhr) Stärke bilden. D i e C h l o r o p l a s t e n b e s i t z e n also d i e F ä h i g k e i t , a u s l ö s l i c h e n K o h l e h y d r a t e n S t ä r k e zu s y n t h e t i s i e r e n ; somit ist die Stärkebildung ein s e k u n d ä r e s Ergebnis der Assimilation. Da indessen auch die Zucker hochkomplizierte Verbindungen sind, war es von vornherein sehr unwahrscheinlich, daß sie das erste Assimilationsprodukt darstellen. Die einfachste Verbindung, die als Vorstufe des Zuckers in Frage kommt, ist der F o r m a l d e h y d HCHO. Tatsächlich ist es möglich, aus ihm durch Polymerisation einen Zucker (Formose) zu erzeugen. Als erster hat B A E Y E R (1870) den Gedanken ausgesprochen, daß Formaldehyd das erste Assimilationsprodukt sei. Diese F o r m a l d e h y d h y p o t h e s e kann heute nicht mehr aufrecht erhalten bleiben. Vielmehr nimmt man an (vergl. auch S. 447), daß aus C0 2 intermediäre COOH-Gruppen entstehen, die durch aktiven Wasserstoff zu CHOH reduziert werden; sechs solche Gruppen können dann ein Hexosemolekül aufbauen.

444

II. Die Photosynthèse

3. D e r N a c h w e i s von S t ä r k e und Zucker^ Das Auftreten der Stärke in Laubblättern kann mit Hilfe der SACHS sehen J o d p r o b e leicht erkannt werden. Zu diesem Zweck werden die Blätter erst so lange mit heißem Alkohol behandelt, bis alle Farbstoffe extrahiert sind, und sie weiß erscheinen. Darauf legt man sie in eine Lösung von Jodjodkalium, das die Stärke schwarzviolett färbt. Hatte das Blatt reichlich Stärke gespeichert, so nimmt es den gleichen Farbton an, bei geringeren Mengen einen helleren. Panaschierte Blätter erscheinen nur an den vorher grünen Stellen gefärbt. Blätter, die durch längere Verdunkelung stärkefrei gemacht wurden (meist genügt dazu schon eine Nacht), nehmen nur die braune Jodfärbung an. Klarere Einblicke gewinnt man, wenn man Querschnitte mit Jodlösungen behandelt. Man sieht dann im Verlaufe der Assimilation Stärke erst in den Palisaden, Abb. 522. Tropaeolum-B]M, das erst durch später im Schwammparenchym und schließVerdunklung entstärkt und dann unter Auflegung eines photographischen Negativs (H. lich auch im Leitparenchym auftreten. In M O L I S C H ) belichtet wurde. D a s Blatt wurde den Nachtstunden verschwindet sie dann in dann In Alkohol gebleicht und in J o d - J o d kalium-Lösung gelegt. TJnter den klaren Stellen gleicher Reihenfolge; morgens sind meist des Negativs hatte sich, jetzt durch J o d genur mehr die Gefäßbündelscheiden stärkeschwärzte, Stärke gebildet. Nach M O L I S C H . haltig. Nur direkt beleuchtete Blattstellen bilden Stärke. Bei teilweiser Verdunkelung von Blättern durch Schablonen oder photographische Negative kann man daher mit der beschriebenen Jodprobe „Stärkebilder" erzeugen (Abb. 522). Zum N a c h w e i s von Z u c k e r werden Blattstücke oder -schnitte in FEHLINGscher L ö s u n g (Kupfersulfat ^f- KNa-Tartrat) gekocht, wobei das Cu zu gelbrotem Kupferoxydul reduziert wird. 4. D i e M e n g e der A s s i m i l a t e Die .Menge der gebildeten Assimilate bietet eine weitere Möglichkeit, das Ausmaß der Assimilation zu bestimmen. Dabei muß man sich aber daran erinnern, daß auf diesem Weg stets nur der im Blatt jeweils vorhandene Ü b e r schuß, nicht aber die tatsächlich produzierte Menge erfaßt werden kann. Erstens wird nämlich, wie wir schon hörten, ein Teil der Kohlehydrate laufend veratmet (vgl. S. 442), und zweitens wird schon während der Assimilation ein Teil der neugebildeten Stoffe abgeleitet. Eine einfache Methode, die gebildeten Assimilationsmengen quantitativ zu erfassen, stellt die SACHSsche B l a t t h ä l f t e n m e t h o d e dar. SACHS verwendete hierzu einzelne große Blätter, man kann aber auch mit mehreren kleinen Blättern eines Ästchens arbeiten. Am Morgen werden, knapp vor Sonnenaufgang, die einen Längshälften des Blattes bis zum Medianus abgeschnitten, im Exsikkator getrocknet und ge-

5. Das Licht der Energiequelle

445

wogen. Aus großen Blättern kann man auch rippenfreie Teilstücke herausschneiden. Am späten Nachmittag wird das gleiche mit den zweiten Hälften durchgeführt und nunmehr die Differenz der Trockengewichte bestimmt; schließlich rechnet man die Werte auf Einheiten, meist auf 1 qm Blattfläche und eine Stunde um. In solchen Versuchen lassen sich beträchtliche Gewichtszunahmen feststellen, die der Menge der neugebildeten Assimilate etwa entsprechen. So fand SACHS Überschüsse von 0,914 g bei der Sonnenblume, 0,680 g beim Kürbis und 0,652 g beim Rhabarber. Nach Einkalkulierung des Atmungsverlustes steigen die Zahlen auf etwa 1,5 g, alles je qm und Stunde. Für Stärkeblätter wurden auch später Werte bis etwa 2 g gefunden. Zuckerblätter enthalten geringere Mengen, doch ist dies vielleicht nur auf eine raschere Ableitung zurückzuführen. Stärkeblätter speichern nämlich zunächst einen großen Anteil des gebildeten Zuckers als Stärke. Dies hat den Vorteil, daß tagsüber der direkt gebildete, nachts der aus der Stärke abgebaute Zucker abgeleitet werden kann. Damit wird eine gleichmäßige und besonders reichliche Stoffversorgung der Pflanze möglich. Der Vorteil der Zuckerblätter, die fast nur bei Xerophyten vorkommen, dürfte in einer Erhöhung der osmotischen Saugkraft liegen. Eine exaktere Methode, die Menge der Assimilate zu bestimmen, ist deren quantitative Analyse : es wird die Menge der reduzierenden und nichtreduzierenden Zucker und die der Stärke bestimmt; diese muß dazu durch Diastase gleichfalls in Zucker verwandelt werden. Aus der jeweils gebildeten Kohlehydratmenge kann man das zu deren Aufbau nötige GOaQuantum berechnen. Einem Gramm Kohlehydrat entsprechen etwa 784 ccm oder 1,5 g C0 2 . Daraus geht hervor, daß eine Pflanze von 1 qm Gesamtfläche, die in einer Stunde 1 g Stärke gebildet hat, in dieser Zeit etwa s/4 1 Kohlensäure verbraucht oder während einer täglichen Assimilationszeit von 10 Stunden mehr als 7 1. Das entspricht dem COg-Gehalt von etwa 22 cbm Luft. Dabei ist zu bedenken, daß bei einem Baume durch den etagenförmigen Aufbau die Assimilationsfläche erheblich größer wird, als die zugehörige Bodenfläche. Da nun, abgesehen von den Meeren, der größte Teil der Erdoberfläche (etwa 135 Mill. qkm) mit Pflanzen bedeckt ist, läßt sich folgern, daß die Gesamtsumme der während einer Vegetationsperiode verbrauchten Kohlensäure eine ganz enorme ist. Die Luft enthält mit geringen Schwankungen 0,03 Vol.-% oder 0,3 ccm = 0,5 mg Kohlensäure im Liter; die Gesamtsumme des in ihr enthaltenen Kohlenstoffes wird auf etwa 550 Billionen kg geschätzt. Dieser Vorrat müßte laufend abnehmen und wäre in wenigen Jahren verbraucht, wenn nicht andere Prozesse zu einer entsprechenden C02-Produktion führen würden. Der wichtigste dieser Vorgänge ist die Atmung aller Organismen, insbesondere auch die der im Boden in ungeheurer Menge vorkommenden Bakterien; dazu kommt die C02-Produktion der Vulkane, die Verbrennung der Kohle usw. Die Konstanz des C 0 2 - G e h a l t e s der L u f t beweist, daß sich in der Natur V e r b r a u c h und Bildung dieses Gases a u s g l e i c h e n . 5. Das L i c h t als E n e r g i e q u e l l e Schon eingangs wurde darauf hingewiesen, daß das S o n n e n l i c h t die E n e r g i e q u e l l e f ü r d e n A s s i m i l a t i o n s p r o z e ß d a r s t e l l t . Die Chloroplasten vermögen die strahlende Energie des Lichtes in potentielle chemische zu verwandeln. Die Menge der dabei gebundenen Energie erfahren wir, wenn wir 1 Mol Glukose verbrennen, wobei wieder C 0 2 und H 2 0 entstehen. Bei diesem exothermen Vorgang werden 675 Kai. frei. Somit war die gleiche Menge erforder-

446

II. Die Photosynthese

lieh, u m endotherm 1 Mol Zucker aufzubauen. Der ganze Vorgang läßt sich durch folgende Gleichungen darstellen: 1. 1 Mol C 6 H 1 2 0 6 + 6 Mol 0 2 180 g

192 g

6 Mol C 0 2 + 6 Mol H 2 0 -f 675 Kai. 264 g

108 g

2. 6 Mol C 0 2 + 6 Mol H 2 0 + 675 Kai. - > 1 Mol C 6 H 1 2 0 6 + 6 Mol 0 2 264 g

108 g

180 g

192 g

Die Frage, wie das Licht in den Assimilationsvorgang eingreift, wird im folgenden Abschnitt behandelt. V o r a u s s e t z u n g d a f ü r , d a ß es ü b e r h a u p t z u e i n e m p h o t o c h e m i s c h e n Vorgang k o m m e n k a n n , ist, daß ein T e i l d e s e i n f a l l e n d e n S o n n e n l i c h t e s d u r c h das C h l o r o p h y l l a b s o r b i e r t w i r d . Von dieser Absorption haben wir schon in der Zellenlehre kurz gesprochen. Schalten wir eine Chlorophyllösung in ein Sonnenspektrum ein, so sieht m a n eine Reihe von Absorptionsbanden auftreten (Abb. 14, S. 23). Vor allem erfolgt eine sehr starke Auslöschung im Rot (zwischen etwa in/x 750—650) und eine weitere imBlau und Violett (etwa bis m/i 400). Hierzu kommt die starke Blauabsorption durch die Karotinoide. Es liegt n u n n a h e anzunehmen, daß die stärkste Absorption auch mit der ausgiebigsten Assimilationsleistung verbunden sei. Will m a n diese Zusammenhänge untersuchen, so läßt mein Pflanzen in monochromatischem Licht assimilieren. Man kann solches durch spektrale Zerlegung des Sonnenlichtes oder durch geeignete Glassorten erreichen. Dabei m u ß aber in allen Spektralbezirken gleiche und optimale Intensität herrschen, da sonst ein exakter Vergleich nicht möglich ist. Es zeigte sich, d a ß i m g a n z e n B e r e i c h d e s s i c h t b a r e n L i c h t e s (etwa zwischen 750 mp, u n d 400 m^a) A s s i m i l a t i o n s t a t t f i n d e t . Am stärksten ist sie im Rot, sehr gering im Grün. Darin herrscht also eine Übereinstimmung mit der Lichtabsorption. Ob aber, wie oft behauptet wurde, dem zweiten Absorptionsmaximum i m Blauviolett auch ein zweites Assimilationsmaximum entspricht, ist fraglich. Ebensowenig weiß mein, ob die Absorption durch die Karotinoide f ü r den Assimilationsvorgang der höheren Pflanzen von Bedeutung ist. Dagegen kennt man einen solchen Zusammenhang zwischen Lichtabsorption und -assimilation bei den B r a u n - und R o t a l g e n . Über ihre Farbstoffe wurde schon früher (S. 25) berichtet. Die genannten Algen treten in größeren Meerestiefen auf, in die vorwiegend Strahlen kurzer Wellenlänge gelangen, da die langwelligen (das Rot) durch das Wasser absorbiert werden; dadurch gewinnt dieses ja seine blaue oder grüne Farbe, zu der das braune Phycoxanthin und das rote Phycoerythrin die Komplementärfarben darstellen. In der Tat ist für einige Braunund Rotalgen eine Beteiligung dieser Farbstoffe an der Photosynthese nachgewiesen worden. — Den Blättern der Landpflanzen steht qualitativ sehr verschiedenes Licht zur Verfügung, da sie teils direkt besonnt werden, teils nur reflektiertes Licht erhalten. Danach erscheint es vorteilhaft, wenn ein großer Strahlenbereich für die Assimilation verwendbar ist.

Von der Gesamtmenge des absorbierten Lichtes wird n u r ein kleiner Anteil f ü r die Assimilation verwendet. Die restliche Menge erwärmt das Blatt, es ist indessen schwer zu entscheiden, wieviel das Chlorophyll selbst und wieviel die übrigen Gewebeteile absorbieren. Die Tatsache, daß bei der Photosynthese kosmische Lichtenergie in p o t e n t i e l l e c h e m i s c h e v e r w a n d e l t w i r d , ist von f u n d a m e n t a l e r B e d e u t u n g f ü r d i e E x i s t e n z d e r g a n z e n O r g a n i s m e n w e l t . Wird doch

6. Der Chemismus der Photosynthese

447

dabei in einzigartiger Weise und noch dazu in größtem Maßstab aus anorganischer Substanz der lebensnotwendige Zucker erzeugt. Er verhilft der autotrophen Pflanze direkt, den heterotrophen Organismen indirekt zum Aufbau ihres Körpers. Darüber hinaus besteht, wie wir später hören werden, jederzeit die Möglichkeit, die gebundene Energie aus den Baustoffen in Atmungsvorgängen wieder freizumachen und zur Bestreitung aller energiefordernden Prozesse zu verwenden. Der Photosynthese früherer Zeiten haben wir überdies das Vorkommen von Kohle und Erdöl mit dem in ihnen schlummernden Energievorrat zu verdanken. 6. Der C h e m i s m u s der P h o t o s y n t h e s e Die Notwendigkeit des Lichtes beweist, daß bei der Assimilation photochemische Prozesse eine ausschlaggebende Rolle spielen. Andererseits ist schon lange bekannt, daß der Vorgang eine Temperaturabhängigkeit zeigt (vgl. S. 449), wie sie rein chemischen Prozessen zukommt. Da nun photochemische Vorgänge temperaturunabhängig sind, mußte man schließen, daß sich bei der Assimilation z w e i e r l e i Prozesse abspielen. In der Tat gelang es nachzuweisen, daß dabei eine L i c h t r e a k t i o n und eine D u n k e l r e a k t i o n („BLACKMANsche Reaktion") ineinandergreifen. In das Dunkel dieser Vorgänge gelang es erst in neuester Zeit eine gewisse Klarheit zu bringen, wobei moderne Untersuchungsmethoden eine ausschlaggebende Rolle spielten. Vor allem erwies sich die Verwendung radioaktiven Kohlenstoffes als sehr wertvoll. Bietet man C0 2 , das solchen enthält, so gelingt es nachzuweisen, an welcher Stelle in der Zelle die erste Bindung stattfindet. Der „markierte" Kohlenstoff dient dabei sozusagen als Vorzeichner (tracer). Nach RÜBEN verbindet sich C0 2 in einer Art Karboxylierung mit einer hochmolekularen, noch unbekannten Substanz im Plasma. Die Kohlensäure dringt also nicht in das Chlorophyllkorn ein, und somit kommt es auch nicht zu einer chemischen Verbindung dieser mit dem Chlorophyll. Der beschriebene Vorgang vollzieht sich ohne L i c h t e i n w i r k u n g als rein chemische Reaktion. D i e P h o t o r e a k t i o n b e s t e h t in e i n e r A b s p a l t u n g von H aus H 2 0. Sie wird vom Chlorophyllkorn durchgeführt, das durch Lichtabsorption die notwendigen Energiequanten liefert. Nunmehr kommt es zu einer Reaktion zwischen dem freien Wasserstoff und der genannten karboxylierten Verbindung (R • COOH), die dabei reduziert wird. Aus den restlichen OH-Gruppen entsteht Wasser und gasförmiger 0 2 . Man kann den ganzen Vorgang übersichtlich etwa so darstellen: 1. C0 2 -+ (C0 2 ) oder R • COOH frei gebunden 2. 4 H 2 0->• 4 H-OH ( P h o t o r e a k t i o n ) 5. (C0 2 ) + 4 H = HCOH + H 2 0 4. 4 OH = 2 H 2 0 + 0 2 Der Sauerstoff wird also nicht, wie man zunächst annehmen möchte, vom C0 2 abgespalten, sondern aus Wasser freigemacht. Der Nachweis wurde dadurch erbracht, daß man in die Reaktion schweres Wasser eintreten ließ. Dabei ergab

448

II. Die Photosynthese

sich, daß der Anteil des Sauerstoffes 1 8 0 dem des Wassers und nicht dem des COa entsprach. Auch konnte WARBURG zeigen, daß isolierte Chloroplasten oder Bruchstücke davon („Granula") dauernd Wasser zersetzen und dabei 0 2 entwickeln, wenn mein ihnen als Akzeptor für den durch das Licht abgespaltenen H an Stelle der jetzt fehlenden R • COOH-Verbindung z. B. Chinon bietet, das dabei zu Hydrochinon reduziert wird. Für den ganzen Vorgang ist die Mitwirkung von F e r m e n t e n notwendig. Zunächst ist die Wasserzersetzung keine einfach durch das Licht sensibilisierte photochemische Spaltung. Vielmehr greift ein H-übertragendes Ferment (vgl. S. 485) in den Vorgang ein, dessen Wirkungsgruppe vermutlich Zink enthält. Dieses Ferment spaltet unter Ausnützung der vom Chlorophyllkorn absorbierten Lichtenergie das Wasser und überträgt den freigemachten Wasserstoff auf die Kohlensäureverbindung. Auch die übrigen Prozesse bedürfen der Anwesenheit von Fermenten. Vor dem Bekanntwerden dieser neuen Befunde schien der Assimilationsprozeß eine völlig isolierte Stellung einzunehmen. Wie erst bei der Besprechung der Atmung klar werden wird, schließt sich jetzt der Vorgang sinngemäß an diese Prozesse an. Bis zu einem gewissen Grade erscheint dabei die Assimilation als eine Umkehrung der Atmung. Nach dem oben Dargestellten ist die so oft gebrauchte Ausdrucksweise, das Chlorophyll wirke als Katalysator, unzutreffend. In Wirklichkeit ist es ein E n e r g i e ü b e r t r ä g e r , der in gewissem Sinne auch als Sensibilisator bezeichnet werden kann. Nochmals sei hier darauf verwiesen, daß die ungeheuer große Oberfläche des Chlorophyllapparates diesen zweifellos für die rasche Durchführung von Reaktionen sehr geeignet macht. Schon die Oberfläche der Chlorophyllkömer ist sehr viel größer als die Blattfläche, und die Lamellierung der Grana muß diese Zahl noch gewaltig steigern. Folgende Zahlen, die für eine 115jährige Buche errechnet wurden, mögen dies erläutern. 115 j ä h r i g e Buche. Anzahl der Blätter 200000 Blattoberfläche 1220 Freie absorbierende Zellwandfläche des Mesophylls . . . . 15000 Chloroplastenoberfläche 18000—20000 Zahl der Chlorophyllkörner 50 Chlorophyllgewicht 180 Zahl der Spaltöffnungen 120

m2 m2 ma Billionen g Milliarden

7. Der E i n f l u ß ä u ß e r e r F a k t o r e n Das A u s m a ß d e r A s s i m i l a t i o n wird durch eine Reihe von Außenfaktoren beeinflußt, so vor allem durch die L i c h t i n t e n s i t ä t , die T e m p e r a t u r h ö h e und den C 0 2 - G e h a l t der Luft. Eine indirekte Beeinflussung erfolgt ferner dadurch, daß der Eintritt der Kohlensäure durch die Stomata erfolgt. Wie wir hörten (S. 419), ist deren Öffnungsweite selbst wieder vom Feuchtigkeitsgehalt der Luft (Abb. 523), von der Beleuchtungsstärke und anderen Umständen abhängig. Auch innere Faktoren sind von Bedeutung. Die Chlorophyllmenge ist stets so reichlich, daß sie auch die Ausnützung der günstigsten Außenbedingungen gestattet;

7. D e r Einfluß äußerer

Faktoren

449

andererseits wirkt schon ein geringer Wasserverlust der assimilierenden Zellen hemmend, wodurch die Bedeutung der Epidermis als Wasserreservoir besonders unterstrichen wird. Für die Außenfaktoren gilt wieder das G e s e t z d e s M i n i m u m s . Liegt einer von ihnen unter dem optimalen Wert, so begrenzt er das Ausmaß der Assimilation. Sinkt er noch weiter ab, so kann diese schließlich ganz zum Stillstand kommen. a)

Der

Einfluß

der

Lichtintensität

Wie man durch die GasblasenMinuten methode leicht feststellen kann, hört A b b . 523. Steigende Assimilationsintensität während der die 0 2 -Produktion schon bei Licht- öffnungsbewegung der Spaltöffnungen der E s c h e . Die der Abzisse sind Minuten nach dem Beginn der intensitäten auf, die dem mensch- Werte auf Beleuchtung. Nach B O Y S E N - J E N S E N . lichen Auge noch ziemlich hell erscheinen. Im Moment des Stillstandes oder auch dann, wenn mit der Luftstrornmethode kein Gaswechsel mehr nachweisbar ist, ist die Assimilation aber noch nicht erloschen, vielmehr nur der K o m p e n s a t i o n s p u n k t erreicht, d . h . es wird jetzt geradeso viel Kohlensäure verbraucht, als gleichzeitig durch die Atmung produziert wird. Eine ganz genaue Bestimmung setzt also stets die Kenntnis des Atmungsgaswechsels voraus. Die einfachste Darstellung des Einflusses der Lichtintensität erfolgt durch Lichtassimilationskurven, wie sie in Abb. 524 dargestelltsind. Betrachten wir die Assimilation einer S o n n e n p f l a n z e , so sehen 0 4 o ia ib jü 24 ¿o y> 3» wir, daß bei geringsten 1000. Lu». Lichtintensitäten C 0 2 Abb. 524. Wirkung der Beleuchtungsstärke auf die Assimilationsintenvon Sinapis alba, b Schattenblatt von Oxalis p r o d u z i e r t wird und, sität. a Sonnenblatt acetosella. Nach B O Y S E N - J E N S E N . daß nach Überschreitung des Kompensationspunktes ein proportionaler Anstieg des Kohlensäure Verbrauches erfolgt. Von einer gewissen Lichtintensität an biegt die Kurve um und verläuft dann horizontal weiter. Das beweist, daß ein anderer Faktor eine weitere Ausnützung des Lichtes hemmt, und zwar ist dies in der Regel die nicht ausreichende Kohlensäuremenge der Luft. Unnatürlich hohe Lichtintensitäten erzeugen einen 29

v. G u t t e n b e r g , Lehrbuch der allgemeinen Botanik

450

II. Die Photosynthese

Abfall der Kurve, da sie den Assimilationsapparat schädigen, was manchmal schon äußerlich an einer Gelbfärbung der Blätter zu erkennen ist. Beleuchtungsstärken pflegt man in „Lux" (Meterkerzen, M.-K.) auszudrücken. Darunter versteht man die Helligkeit einer Fläche von 1 qcm, die in 1 m Entfernung senkrecht zu den Strahlen einer HEFNER -Lampe angebracht ist. Auch kann man Lichtintensitäten photoelektrisch messen oder mit Hilfe geeigneter lichtempfindlicher Papiere miteinander vergleichen. Die Beleuchtungsstärke der Sonne ist in unseren Breiten mittags mit etwa 40000-—50 000 Lux zu veranschlagen. Der Intensitätsabfall im Schatten ist sehr hoch; im Inneren eines schattigen Waldes kann die Lichtintensität auf 1/200, im Tropenwald sogar noch tiefer sinken. Solchen Verhältnissen sind die Schattenpflanzen angepaßt, für welche Abb. 524 auch ein Beispiel liefert. Wie man sieht, ist ihre Atmung viel geringer und infolgedessen der Kompensationspunkt schon bei sehr geringen Lichtintensitäten erreicht. Die Kurve steigt dann nur mehr wenig an, somit ist die Assimilationsleistung der Schattenpflanzen, absolut betrachtet, nicht hoch, aber bei geringen Lichtintensitäten assimilieren diese, wie ein Vergleich der beiden Kurven zeigt, stärker als Sonnenpflanzen. Das gleiche gilt für die Sonnen- und Schattenblätter einer Pflanze. Zu den schon S. 224 aufgezählten morphologischen Unterschieden beiderlei Blätter kommt also auch dieser physiologische, der die weitgehende Anpassung ein die Außenbedingungen noch unterstreicht. b) Der Einfluß der

Temperatur

Bei hoher Lichtintensität folgt die Assimilation innerhalb gewisser Grenzen (etwa 10—30°) der VAN 'T HOFFs c h e n T e m p e r a t u r r e g e l . Diese besagt, daß

V 10• 20' 30" W «• Abb. 525. Abhängigkeit der Assimilation von der Temperatur. Objekt: Blätter von Prunus Laurocerasus. Luftstrommethode. Auf der Abzisse ist die Temperatur angegeben, die Ordinate zeigt die Menge des assimilierten C08 in mg je 50 cm ! Blattfläche an. I Erster Versuch, II—IV nachfolgende Versuche, bei welchen das Optimum allmählich sinkt. Gesamtversuchsdauer 3 Stunden. Nach MATTHAEI

chemische Prozesse 2—3 mal so schnell verlaufen, wenn die Temperatur um 10°steigt. Der Temperaturkoeffizient Q10 ist also gleich 2—3. Wir hörten schon früher, daß man aus dieser Temperaturabhängigkeit der Assimilation auf das Vorhandensein eines rein chemischen Prozesses neben dem photochemischen schloß, da für solche Vorgänge die Regel nicht gilt. Die Assimilation kann schon bei Temperaturen um 0° beginnen. Dann steigt sie mit der Temperatur fast geradlinig entsprechend der Regel an, erreicht einen Höhepunkt, worauf ein steiler Abfall und schließlich Stillstand folgt (Abb. 525). Bei kurvenmäßiger Darstellung ergibt sich eine sogenannte O p t i m u m k u r v e , wie sie für viele physiologische Prozesse charakteristisch ist. An einer solchen kann man also drei K a r d i n a l p u n k t e erkennen, ein M i n i m u m , ein Optim u m und ein M a x i m u m . Die Grenzpunkte werden im gegebenen Fall durch die allgemeine Temperaturabhängigkeit des Plasmas als

8. Der Einfluß der Spaltöffnungen

451

lebendes System bedingt. Das Absinken des Optimums in Abb. 525 bei mehrfacher Wiederholung des Versuches lehrt, daß das Optimum keine unverschiebbare Lage einnimmt. Sollen solche Versuche die Abhängigkeit von e i n e m Faktor (also z. B. von der Temperatur) beweisen, so muß natürlich dafür gesorgt werden, daß die übrigen (vor allem Licht und COa-Gehalt) dauernd optimal sind. c) Der CO,-Gehalt

der Luft

Wie wir früher hörten, bewegt sich der C02-Gehalt der Luft in engen Grenzen um 0,03%. Es läßt sich experimentell leicht zeigen, daß dieser Wert unter dem Optimum liegt; bei künstlicher Erhöhung des C02-Gehaltes nimmt die Assimilation nämlich noch zu. Die Steigerung kann eine sehr ausgiebige sein und verläuft der C02-Konzentration zunächst proportional. Man kann daher in Gewächshauskulturen durch künstliche Erhöhung des C02-Gehaltes der Luft (bis auf etwa 0,1%) auch erhöhte Erträge von Kulturpflanzen erzielen. Hohe COa-Gehalte dagegen wirken schädlich. In der Natur findet eine Erhöhung der Kohlensäurekonzentration über Humusböden statt, die reich an Bakterien sind. Diese entwickeln bei ihrer Atmung so viel Kohlensäure, daß sich über dem Erdboden beträchtliche Mengen davon ansammeln, wodurch zweifellos für kriechende oder rosettenbildende Pflanzen sehr günstige Assimilationsbedingungen geschaffen werden. 8. Der E i n f l u ß der S p a l t ö f f n u n g e n Wie Versuche gezeigt haben, vollzieht sich die Diffusion der Kohlensäure so gut wie ausschließlich durch die Stomata. Sind diese verschlossen, so unterbleibt die Stärkebildung; andererseits findet eine solche lokal statt, wenn mein ein Loch in die Epidermis bohrt. Die Kutikula gestattet der Kohlensäure also keinen Durchgang. Alle Faktoren, die die Öffnungsweite der Spaltöffnungen regulieren, beeinflussen somit den Assimilationsvorgang. Am wichtigsten ist der Einfluß der Trockenheit. In Gebieten, wo während der Dürrezeit dauernder Spaltenverschluß vorhegt (so z. B. an felsigen Stellen des Mediterrangebietes), unterbleibt im Sommer die Assimilation, oder sie beschränkt sich auf die frühen Morgen- und späten Nachmittagsstunden. Zur Vermeidung dieses Verlustes versenken, wie schon in der Histologie ausgeführt wurde, viele Xerophyten ihre Stomata in das Blattinnere, oder sie überschirmen sie mit Haarfilzen. Die durch die Spalten eintretende Kohlensäure verbreitet sich im Interzellularsystem, das an jede chlorophyllhaltige Zelle heranreicht. Das C 0 2 löst sich im Quellungswasser der Wand und tritt so in das Plasma ein. Der dauernde Verbrauch des Gases erhält dabei das Diffusionsgefälle aufrecht und bewirkt so sein dauerndes Nachströmen. W i e wir ausführten, treten schon in kurzer Zeit sehr erhebliche Mengen C 0 2 in das Blatt ein. Dazu scheint die Kleinheit der Öffnungen im Mißverhältnis zu stehen. W i r erfuhren aber schon bei der Besprechung der Transpiration (S. 419), daß bei multiperforaten Septen besondere Bedingungen vorliegen, die die Diffusion außerordentlich fördern. Daher nimmt auch der C0 2 -Verbrauch bei geringeren Öffnungsweiten nur wenig ab; entscheidend ist erst der Verschluß, der zu plötzlichem Stillstand führt. 29*

452

II. Die Photosynthese

Submerse W a s s e r p f l a n z e n nehmen das im Wasser gelöste C 0 2 mit ihrer ganzen Oberfläche auf. Der C0 2 -Gehalt des Wassers hängt weitgehend von der Temperatur ab, bei 15° ist er etwa gleich dem der L u f t . Daneben steht den Pflanzen aber meist auch Kalziumbikarbonat [Ca(HC0 3 ) 2 ] zur Verfügung, das bei seiner Dissoziation in Wasser über H 2 C 0 3 Kohlendioxyd liefert. g. D e r T a g e s v e r l a u f d e r A s s i m i l a t i o n Die Abhängigkeit der Assimilation von zahlreichen Faktoren bedingt es, daß ihr T a g e s v e r l a u f sehr großen Schwankungen unterliegen kann. Man möchte zunächst erwarten, daß der COa-Verbrauch einfach mit der Lichtintensität steigt und eine eingipflige Kurve mit einem mittäglichen Optimum resultiert. Das trifft aber selten zu. Gerade an klaren Sonnentagen kommt es häufig dazu, daß die Assimilation mittags absinkt, um später wieder anzusteigen. Die Ursache dieses Verhaltens ist manchmal ein Spaltenverschluß in den heißesten Tagesstunden; doch kann auch bei offenen Spalten eine zweigipflige Kurve entstehen, und es ist einzunehmen, daß dann eine vorübergellende Überfüllung mit Assimilaten störend auf die Arbeit der Chloroplasten einwirkt. Bei trübem Wetter hängt die Assimilationshöhe weitgehend von der Wolkenbildung ab. Klima und Standort und die Verschiedenheit der Pflanzentypen drücken sich deutlich im assimilatorischen Verhalten aus. Im Mittelmeergebiet z. B. assimilieren die immergrünen Pflanzen zur Zeit der Dürre so schwach, daß oft nur der Kompensationspunkt erreicht wird; man kann hier geradezu von einer Sommerruhe sprechen (Tabelle 7). Ursache ist Wassermangel und Spaltenverschluß. Das tropische Laubblatt übertrifft mit seiner Assimilation das mitteleuropäische nicht allzusehr; als begrenzender Faktor tritt hier wohl hauptsächlich die Kohlensäure auf, da Temperatur, Feuchtigkeit und Licht optimal vorhanden sind. Im ariden Gebiet ermöglichen die xeromorphen Einrichtungen eine ausreichende Assimilation. Die langsame Entwicklung vieler Wüstenpflanzen weist aber darauf hin, daß ihre Assimilationsausbeuten gering sind. Tabelle 7 K o h l e h y d r a t g e h a l t m e d i t e r r r a n e r H a r t l a u b b l ä t t e r in mg/dm 2 Pflanze

Phillyrea media Laurus nobilis Olea europaea

Frühjahr (Regenzeit) Tagesgewinn

TagesVerlust

Mengen zunähme

59 117 46

5+ 52 25

+ 25 + 65 + 25

Sommer (Dürrezeit) Tagesgewinn 6 5 51

Mengen-

TagesVerlust

(-abnalime)

10 7 17

— 4 — 2 + 14

Der Tagesgewinn ist das Ergebnis der Assimilation. Der Tagesverlust ergibt sich aus Ableitung und Atmung. io. D i e P h o t o s y n t h e s e der P u r p u r b a k t e r i e n Die grünen Pflanzen sind nicht die einzigen, die eine Photosynthese durchführen können ; vielmehr gibt es auch Bakterien, die dazu befähigt sind. A m besten studiert ist das Verhalten der Thiorhodaceae (z. B. Chromatium). Sie besitzen ein dem Chlorophyll a nahestehendes Bakteriochlorophyll neben einem Karotinoid und Bakteriopurpurin, die eine rötliche Färbung bewirken. Diese P u r p u r b a k t e r i e n bedürfen zu ihrer Existenz des Vorhandenseins von Schwefelwasser-

10. Die Photosynthese der Purpurbakterien

453

Stoff und stimmen damit mit anderen Schwefelbakterien, z. B. Beggiatoa (vgl. S. 479) überein. Sie unterscheiden sich aber von dieser Gruppe dadurch, daß sie lichtbedürftig sind. Der Besitz von Geißeln und ihre Lichtempfindlichkeit befähigen sie, Orte passender Beleuchtung aufzusuchen. Des Sauerstoffs bedürfen sie nicht, er ist für sie sogar schädlich; sie leben also anaerob in 0 2 -armen Gewässern. Die Umsetzung der Kohlensäure erfolgt gleichzeitig mit der des Schwefelwasserstoffes, und man kann den Vorgang durch folgende Gleichungen ausdrücken : H 2 C0 3 + 2 H 2 S = HCHO + 2 H 2 0 + S 2 5 H 2 C0 3 + 2 H 2 0 + S 2 = 5 HCHO + 2 H 2 S0 4 Die Reduktion der Kohlensäure erfolgt also dadurch, daß sie 2 II aus H 2 S aufnimmt, wobei eine Kohlehydratvorstufe entsteht. Der Schwefelwasserstoff erscheint als „Wasserstoffdonator" (vgl. S. 484). Als Energiequelle dient das Sonnenlicht. Der zur Bildung von Schwefelsäure notwendige Sauerstoff stammt aus dem Reduktionsprozeß selbst, also aus dem reduzierten C0 2 .

III. Die Chemosynthese Eine Reihe von Bakterienarten vermag die Luftkohlensäure i m D u n k l e n , also ohne Mitwirkung des Sonneslichtes, zu assimilieren. Wenn dieser Vorgang auch — gemessen an der Menge der produzierten organischen Substanz — weit gegen die Photosynthese der grünen Pflanzen zurücksteht, so ist er doch von hoher prinzipieller Bedeutung. Die Bildung organischer Substanzen ist ja, wie wir hörten, die Voraussetzung für das Leben aller Heterotrophen; andererseits kann mein unmöglich annehmen, daß grüne Pflanzen die ersten autotrophen Lebewesen waren. Dann müßten ja die heterotrophen Bakterien n a c h ihnen in der Stammesgeschichte entstanden sein. Bei der Chemosynthese wird die zur Durchführung der Synthese von C0 2 und H 2 0, also zur Reduktion, notwendige Energie vom Organismus selbst geliefert. Wie dies geschieht, wird uns später (S. 478) beschäftigen. Hier sei nur bemerkt, daß das Wesentliche des Vorgangs darin liegt, daß a n o r g a n i s c h e Substanzen, die im Uberschuß zur Verfügung stehen, die Energielieferanten sind. So gibt es unter anderm Bakterien, die Ammoniak zu salpetriger und Salpetersäure oxydieren (dehydrieren), ferner solche, die Schwefelwasserstoff zu Schwefel und Schwefelsäure verarbeiten. Die ersten heißen nitrifizierende, die zweiten sulfurizierende Bakterien. Ferner gibt es Eisenbakterien, die Ferro- zu Ferrisalzen oxydieren, und weitere Formen, die eine Oxydation von Wasserstoff oder Methan durchführen. Gemeinsam ist, daß diese Formen, obwohl sie farblos sind, keine heterotrophe Lebensweise führen. Organische Substanzen bedeuten für sie keine Nährstoffe, ja sie können ihnen sogar schon in geringen Konzentrationen schaden. In Kulturversuchen braucht man diesen Bakterien also nur anorganische Verbindungen zu bieten, doch muß darunter bei den einen Ammoniak, bei den anderen Schwefelwasserstoff sein. Ferner ist die Gegenwart von Sauerstoff unerläßlich, da sonst die Oxydationsvorgänge nicht durchgeführt werden können.

454

I. Die Stickstoffquellen der autotrophen Pflanzen

Über die weitere Verarbeitung der assimilierten Kohlensäure ist noch nichts Näheres bekannt. Neuerdings wurde noch eine andersartige Dunkelaufnahme von C 0 2 , erst an Bakterien, dann auch bei höheren Pflanzen nachgewiesen. Sie bewegt sich bei diesen aber in engen Grenzen, kann also keineswegs die Photosynthese ersetzen. Das aufgenommene C 0 2 wird enzymatisch in einer Karboxylierung festgehalten, und zwar kommt es zu einer Verbindung mit Brenztraubensäure, wobei Oxalessigsäm-e entsteht. Diese ist ein wichtiges Zwischenprodukt der Atmung (vgl. S. 487).

F. DIE ASSIMILATION DES STICKSTOFFES I. Die Stickstoffquellen der autotrophen Pflanzen Wie wir schon bei der Besprechung der Nährsalze erfuhren, vermag die grüne Pflanze nur die im Boden vorhandenen N i t r a t - u n d A m m o n i u m i o n e n als N-Quelle zu verwerten. Als Aufnahmeorgan dient die Absorptionszone der Wurzel. Die große Menge des in der Luft vorhandenen freien Stickstoffs ist für höhere Pflanzen unverwertbar. Dies ging schon aus den grundlegenden Versuchen BOUSSINGAULTs (1860/61) hervor, der Pflanzen in Nährlösungen mit und ohne Nitrat aufzog (Abb. 526) und folgende Ergebnisse erzielte: Tabelle 8 Helianthus

argophyllus

in N ä h r l ö s u n g Am Versuchsende (86 Tage)

Trockensubstanz (Same = 1 gesetzt)

Substrat

I. Sand ohne Salze II. Sand, Asche, K N 0 3 III. Sand, Asche, K 2 C 0 3

. . . . . . . .

5,6 198,5 4,6

Gebildete organische Substanz

C-Gewinn

N-Gewinn

0,285 g 21,111 g 0,319 g

0,114 g 8,444 g 0,156 g

0,0023 g 1,6666 g 0,0027 g

Unter den grünen Pflanzen bilden nur die Leguminosen eine Ausnahme, da sie unter natürlichen Verhältnissen indirekt auch den Luftstickstoff verwenden können. In Nährlösungsversuchen verhalten sie sich indessen wie alle übrigen höheren Pflanzen ; wie sich ihre Sonderstellung erklärt, wird später zu besprechen sein. Der Ammoniumstickstoff (den man eine Zeitlang für die einzige Stickstoffquelle der höheren Pflanzen hielt) kann von vielen Pflanzen ebensogut, von einigen sogar besser verwertet werden als der von Nitraten. Das ist besonders deshalb von Bedeutung, weil bei der Eiweißfäulnis Ammoniak entsteht, das dann in Form von Ammoniumverbindungen, auch ohne Oxydation zu Salpetersäure, Verwendung finden kann. Eine ungünstige Wirkung der Ammoniumsalze kann indessen dadurch eintreten, daß sie „physiologisch sauer" sind, also die Bodenazidität erhöhen. Andererseits ist vorteilhaft, daß sie vom Boden gut adsorbiert werden.

I I . Die Bildung der Aminosäuren und der Eiweißstoffe

455

D e r N - G e h a l t der B ö d e n ist meist ein sehr geringer. Dieses Element dürfte meist den im Minimum vorhandenen Stoff darstellen, und im Zusammenhang damit finden wir bei zahlreichen Pflanzen Einrichtungen, die dazu dienen, weitere Stickstoffquellen zu erschließen. Möglichkeiten dazu bietet vor allem das Zusammenleben mit anderen Organismen (Symbiose, Mykorrhiza, Parasitismus) und die Carnivorie (vgl. S. 320). Der Stickstoffmangel im Boden erklärt sich daraus, daß die die Erdrinde aufbauenden Gesteine nur Spuren dieses Elementes enthalten, während sich die Hauptmenge in der Luft befindet. Die großen Salpeterlager sind vermutlich Reste einer früheren Organismenwelt. In geringer Menge bilden sich bei starken elektrischen Entladungen in der Atmosphäre salpetrige und Salpetersäure, die dann mit dem Regen zur Erde gelangen. Es handelt sich aber stets nur um wenige Milligramm im Liter. Ausgiebiger ist die N-Bindung mancher Bakterien, worüber im Abschnitt Heterotrophie berichtet werden wird. Die hauptsächliche Stickstoffquelle der höheren Pflanzen ist also, wie schon früher betont wurde, die Verwesung der Organismen, bei der ihr Eiweißstickstoff als Ammoniak frei wird. Daß sich dessen Umwandlung zu Salpetersäure durch die nitrifizierenden Bakterien allmählich vollzieht, ist sehr vorteilhaft, da der Salpeterstickstoff rascher Auswaschung unterliegt. Kulturpflanzen entnehmen d e m Boden sehr beträchtliche N - M e n g e n ; sie können j e nach der Pflanzenart 50 bis ü b e r 100 k g / h a betragen. B e i völligem Abernten des Bestandes müssen etwa die gleichen M e n g e n wieder zugeführt werden. In welcher F o r m dies geschehen kann, wurde schon f r ü h e r (S. 458) besprochen.

A b b . 526. Helianthus

argo-

phyllus. 1. mit Salpeterzusatz, 2. ohne solchen gezogen. Gleiche Verkleinerung. Nach BOUS SIN GAUL T aus HARTMANN.

II. Die Bildung der Aminosäuren und der Eiweißstoffe Über die chemischen Vorgänge, die sich bei der weiteren Verarbeitung der Nitrate bis zur Bildung von Aminosäuren und Eiweißkörpern abspielen, sind wir noch wenig unterrichtet. In den Wasserleitungsbahnen der Pflanzen sind Nitrate nicht selten durch Diphenylamin-Schwefelsäure nachweisbar. Sind solche vorhanden, so tritt eine starke Blaufärbung auf. Da sich der Stickstoff in den Aminosäuren als NH 2 -Gruppe vorfindet, muß das aufgenommene Nitrat r e d u z i e r t worden sein, und zwar vermutlich zu NH 3 . Dieses kann sich dann mit organischen Säuren, die ihrerseits aus dem Kohlehydratstoffwechsel stammen, verbinden. So kann sich z. B. die OH-Gruppe der Äpfelsäure unter Wasseraustritt mit NH 3 verbinden, wobei durch Eintritt von NH 2 die Asparaginsäure entsteht: HOOC-CH(OH)-CH 2 -COOH + N H 3 ->• HOOC-CH(NH 2 )-CH 2 -COOH + H a O Äpfelsäure Asparaginsäure

456

I. Saprophyten

Ü b e r den A u f b a u der Eiweißkörper w u r d e schon a n f r ü h e r e r Stelle (S. 393) das wichtigste mitgeteilt. D o r t w u r d e a u s g e f ü h r t , d a ß sich A m i n o s ä u r e n d u r c h die sogenannte S ä u r e a m i d b i n d u n g zu D i - bis Polypeptiden m i t e i n a n d e r v e r k e t t e n u n d so schließlich die E i w e i ß m a k r o m o l e k ü l e a u f b a u e n . D i e in der Pflanze vork o m m e n d e n A m i d e , w i e das Asparagin u n d das G l u t a m i n , besitzen eine zweite A m i n o g r u p p e . E n t s t e h t also z. B. aus Asparaginsäure das Asparagin, so h a t dies den doppelten Vorzug, d a ß einerseits freies A m m o n i a k d u r c h die B i n d u n g entgiftet wird, andererseits eine Speicherung dieses Stoffes stattfindet. Bei der Knappheit des Stickstoffes ist es verständlich, d a ß die Pflanze jeden Verlust dieses Elementes v e r m e i d e t ; sie scheidet ja a u c h i m Gegensatz zu den T i e r e n keine N-haltigen E n d p r o d u k t e aus. D i e H a u p t b e r e i t u n g s s t ä t t e n des Eiweißes sind die L a u b b l ä t t e r . D a die S y n t h e s e auch i m D u n k l e n erfolgt, m u ß die zur R e d u k t i o n der Salpetersäure n o t w e n d i g e Energie aus d e m Atmungsstoffwechsel s t a m m e n . Dasselbe gilt f ü r den Schwefel, der als Sulfat a u f g e n o m m e n , aber in reduzierter F o r m als S oder H 2 S in einige Aminosäuren (Cystin, Cystein, M e t h i o n i n ) eingebaut w i r d .

G. DIE ERNÄHRUNG DER HETEROTROPHEN PFLANZEN Alle Organismen, d e n e n die Fähigkeit, C 0 2 photo- oder chemosynthetisch zu assimilieren f e h l t , sind darauf angewiesen, den Kohlenstoff d u r c h A u f n a h m e organischer V e r b i n d u n g e n zu g e w i n n e n . Je n a c h d e m tote oder lebende Substanz v e r w e r t e t wird, spricht m a n von S a p r o p h y t e n oder P a r a s i t e n . Saprophytisch leben die große M e h r z a h l der Pilze, sehr viele Bakterien u n d zufolge besonderer Anpassung a u c h einige h ö h e r e Pflanzen. Parasitismus gibt es bei den einfachsten u n d höchsten F o r m e n des Pflanzenreiches. Auch bei der a u t o t r o p h e n g r ü n e n Pflanze v e r h a l t e n sich m a n c h e Teile, n ä m l i c h die chlorophyllosen, h e t e r o t r o p h . Das gilt z. B. f ü r die m e i s t e n W u r z e l n (Ausn a h m e n s. S. 301), f ü r die Samen u n d i h r e E m b r y o n e n , f ü r m a n c h e Sporenkapseln usw.

I. Saprophyten Viele s a p r o p h y t i s c h e n Pilze lassen sich leicht in N ä h r l ö s u n g e n ziehen, w e n n i h n e n die nötigen Nährsalze (Ca k a n n bei m a n c h e n f e h l e n ) u n d als Kohlenstoffquelle einfache Zucker, etwa T r a u b e n - oder Rohrzucker, geboten w e r d e n . Eine R e i h e von Schimmelpilzen, so A r t e n von Penicillium oder Aspergillus, k ö n n e n die allerverschiedensten organischen Substanzen v e r w e r t e n ; n e b e n K o h l e h y d r a t e n w e r d e n organische Säuren, Fette, Alkohole oder a u c h N-haltige Substanzen, wie Asparagin oder Pepton, andererseits aber auch einfache Kohlenwasserstoffe angen o m m e n . D i e Verwertbarkeit eines Stoffes läßt sich bei Pilzen leicht k o n t r o l l i e r e n ; m a n b r a u c h t n u r die jeweilige Z u n a h m e der Trockensubstanz festzustellen. N e b e n F o r m e n , die in i h r e r N a h r u n g n i c h t wählerisch sind, u n d die d a h e r als O m n i v o r e bezeichnet w e r d e n , gibt es S p e z i a l i s t e n , d e r e n Existenz a n das Vorkommen eines ganz b e s t i m m t e n Stoffes g e b u n d e n i s t ; das gilt z. B. f ü r einige

457

I . Saprophyten

Essigbakterien und die Milclisäurebakterien. Besonders auffällig ist das für viele Saprophyten nachgewiesene Wahlvermögen. Es kann so weit gehen, daß sie stereoisomere Verbindungen unterscheiden. So nimmt Pénicillium zwar die Fumarsäure, nicht aber die Maleinsäure auf, die für diesen Pilz giftig ist. Ferner ließ sich zeigen, daß aus Gemischen gewisse Stoffe bevorzugt aufgenommen werden ; so wird durch Schimmelpilze aus einem Glukose-Glyzerin-Gemisch erst der günstigere Zucker entnommen. Als S t i c k s t o f f q u e l l e genügt vielen Saprophyten das Nitrat- oder das Ammoniumion. Eine für den N-Haushalt aller Organismen sehr wichtige Gruppe von Bakterien vermag sogar den freien Stickstoff der Atmosphäre zu binden ( n i t r o g e n e B a k t e r i e n ) . Zunächst wurde bekannt, daß manche Ackerböden auch ohne Düngung eine nicht unbeträchtliche Stickstoffzunahme zeigten, und daß diese beim Erhitzen des Bodens aufhört. Dadurch war die Mitwirkung von Organismen erwiesen. WlNOGRADSKI (1895) gelang es dann, ein solches Bakterium, das Clostridium Pastrurianum (Abb. 527), zu isolieren und nachzuweisen, daß dieses

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Abb. 527. Clostridium Pasteurianum. 1 Vegetative Stäbchen, « Sporenhaltige Spindelstäbchen, •> ' Aufgerissene Spindelstäbchen mit Sporen, Sporenkeimung. Nach WINOGRADSKY aus HARTMANN.

Abb. 528. Azolobacler chroococcum. Nach B E N E C K E .

sich in einer Nährlösung, die Glukose und die nötigen Salze enthält, auch dann entwickelt, wenn jede N-Verbindung fehlt. Dem Bakterium steht dann nur noch der Luftstickstoff zur Verfügung. Voraussetzung für die Kultur ist die völlige Abwesenheit von Sauerstoff, das Clostridium ist also a n a ë r o b . In der Natur gedeiht es in Gesellschaft aërober Bakterien, die den Luftsauerstoff abfangen. Eine erheblich mehr Stickstoff bindende Form ist Azotobacter chroococcum (Abb. 528). Wir werden auf diese Bakterien nochmals zu sprechen kommen. Neben diesen Nitrogen-, Nitrat- und Ammonium-Organismen gibt es aber auch solche, die den Stickstoff nur in organischer Verbindung aufnehmen können, die also auch stickstoffheterotroph sind. Als N-Quellen dienen dann Aminosäuren, Amide, Pepton, Eiweiß usw. Am Ende der Reihe stehen Formen, die mehr oder minder ausschließlich alle Nährstoffe nur aus toten Organismen aufnehmen. Von h o h e r B e d e u t u n g ist a u c h h i e r die R e a k t i o n des Substrates, die sich b e g r e i f l i c h e r w e i s e u n t e r dem E i n f l u ß der durch die Pilze usw. hervorgerufenen Umsetzungen l e i c h t verändern kann. I m a l l g e m e i n e n bevorzugen Pilze saure, B a k t e r i e n basische Substrate. E n t s t e h t z. B . b e i m E i w e i ß a b b a u A m m o n i a k , so wird das Substrat alkalisch und zunächst f ü r Pilze u n g e e i g n e t . M a n c h e von ihnen sind a b e r zu eigener Säureproduktion b e f ä h i g t und können d a m i t das Substrat wieder neutralisieren oder darüber hinaus ansäuern. D i e verschiedenen Ansprüche, die B a k t e r i e n und Pilze an den p ^ - W e r t i h r e r U m g e b u n g stellen, bedingen, d a ß sie häufig g e t r e n n t v o r k o m m e n ; durch die A r t ihres Stoffwechsels schützen sie sich also bis zu e i n e m gewissen G r a d vor der Konkurrenz. Das kann auch durch Ausscheidung von Stoffen g e s c h e h e n , die für andere Organismen giftig sind, wie z. B . durch Alkoholproduktion bei den H e f e n . Das heute m i t

458

II. Symbiosen

soviel Erfolg bei der Bekämpfung pathogener Bakterien verwendete Penicillin, das aus einem Schimmelpik gewonnen wird, kann gleichfalls hier genannt werden, und es ist sicher, daß es noch mehr solche Stoffe (Antibiotica) gibt. Auf der anderen Seite unterstützen sich viele Pike und Bakterien, indem die Stoffwechselendprodukte des einen Organismus dem anderen als Nahrung oder zur Gewinnung von Betriebsenergie dienen. Beiderlei Vorgänge greifen dabei, wie wir später näher hören werden, oft weitgehend ineinander.

In der Natur stehen den Saprophyten die organischen Substanzen nur selten in unmittelbar verwertbarer Form zur Verfügung. Doch sind sie durch den Besitz zahlreicher Enzyme befähigt, die vorkommenden Substanzen in. für sie passender Weise ab- oder umzubauen. Wie wir später noch näher hören werden, können so auch feste Stoffe wie Zellulose, Stärke, Holz usw. verwendet werden. Die große Mannigfaltigkeit der Enzyme gestattet die Ausnützimg wohl aller vorkommenden organischen Substanzen. Selbst die schwer spaltbaren Humusstoffe werden von Pilzen ausgenützt.

II. Symbiosen Unter einer Symbiose versteht man ein Zusammenleben zweier Organismen, das Vorteile für beide Teile bringt. Es ist leicht zu verstehen, daß der Ausgleich nicht immer ein vollkommener ist, und Fälle vorkommen, die sich dem Parasitismus, also der einseitigen Ausnützung nähern. Wir können vor allem drei Gruppen symbiontischer Lebensweise im Pflanzenreich unterscheiden: die Flechten, die Mykorrhiza (Pilzwurzelsymbiose) und die B a k t e r i e n w u r z e l s y m b i o s e , besonders der Leguminosen. i. F l e c h t e n Die Flechten hielt man bis in die neuere Zeit für eine selbständige Pflanzenklasse. Doch war schon früheren Beobachtern aufgefallen, daß sie bei mikroP^t^ct-. . skopischer Betrachtung aus zwei Gewebearten bestehen, von denen die eine den Charakter eines Pilzmycels, die andere d e n v o n A 1 e e n h a t ( A b b - 529). Genaue Ä ^ i Ä M S i m M ^ ^ ^ ^ ^ m ^ W w W M ff Studien haben dann gezeigt, daß hier ein sehr vollkommener Fall von Symbiose vorliegt, die beiden Partnern Lebensmöglichkeiten bietet, die sie allein nicht Hl besitzen. rV ( ^ ' 0 Q ^ C - O V f n i V ^Vv^C^Oi^W^K Jv liiljjlWMS/ W W W Abb. 529. Sticta

juliginosa

(Laubüeohte), Quer-

schnitt durch den Thallus. g Algenzellen (Gonidien), m Pilzhyphen. Diese bilden außen ein festes Pseudo-

parenchym, innen ein lockeres Mark, unten Haft-

stränge (Rhizinen). Nach SACHS.

Der Nachweis, daß es sich wirklich um das Zusammenleben von zweierlei Organismen handelt, wurde auf folgende Weise erbracht. Zunächst gelang es, den Pilz- und den Algenpartner isoliert zu kultivieren; brachte man diese wieder zusammen, so entstanden Flechten, indem die Pilzmycelien die Algen in sich einschlössen. So können auch in der Natur Flechten nur auf d i e s e m Wege e n t s t e h e n oder durch Bildung

von Brutkörpern (Soredien), die Pilz und A l g e u

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. . . ...

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e h a l t e n . Interessant ist, daß Flechtenbüdung

durch sehr verschiedene Pilze mit gleichfalls

2. Die Mykorrhiza

459

verschiedenen Algen und Cyanophyceen erfolgt. Auch überrascht es, daß die Symbiose eine viel höhere Organisation zeigt als die einzelnen Partner (vgl. S. 160).

Das symbiontische Verhältnis ist leicht zu verstehen. Die grüne auxotrophe Alge bildet in der üblichen Weise Kohlehydrate, die ihr der heterotrophe Pilz, manchmal mit Hilfe von Haustorien, zum Teil entzieht. Andererseits versorgt der Pilz die Alge mit Wasser und Nährsalzen, auch stellt er ihr seine Atmungskohlensäure zur Verfügung. Das Zusammenleben ermöglicht die Besiedelung extremer Standorte. Nackte Felsen, auf welchen Krustenflechten gedeihen, wären weder für den auf organische Nahrung eingewiesenen Pilz, noch für die feuchtigkeitsbedürftige Alge ein mögliches Substrat, während die Symbiose auf ihnen zu gedeihen vermag. Auch könnte ein Pilz nie, wie es z. B. die Bartflechte (Usnea barbata) tut, frei in der L u f t hängen. Der größere Vorteil scheint meist beim Pilz zu liegen. Da er sich die Algen sozusagen einfängt und sie dann ausnützt, hat mein bei den Flechten auch von H e l o t i s m u s gesprochen. 2. D i e M y k o r r h i z a Unter dem Begriff M y k o r r h i z a faßt man Fälle zusammen, in welchen Wurzeln von Pilzen bewohnt werden. Der Pilz erscheint zunächst als reiner Parasit, doch vermag die von ihm befallene Pflanze seine Entwicklung so zu regeln und ihn so auszunutzen, daß sich ein symbiontisches Verhältnis ergibt. Mein pflegt zwei Formen der Mykorrhizazuunterscheiden : die e k t o t r o p h e und die e n d o t r o p h e , für die jetzt Beispiele beschrieben werden sollen. Die e k t o t r o p h e M y k o r r h i z a hat ihren Neimen davon erhalten, daß der Pilz nur in die A u ß e n s c h i c h t e n der befallenen Wurzeln eindringt. Diese Art der Verpilzung kommt bei vielen Waldbäumen vor, sowohl bei Laubbäumen als auch bei Nadelhölzern, und zwar insbesondere deinn, wenn der Boden humusreich ist. Zunächst sei eine Schilderung der Infektion gegeben. Sie erfolgt in der Weise, schnitt durch die verpilzte Wurzel. Außen ein daß der Pilz die Saugwürzelchen in ein dichtes Hyphenmantel, von dem aus Hyphen zwischen Hyphengeflecht hüllt, von dem aus Hyphen die Rhizodermiszellen eindringen. In der Mitte ein Haustorium während der Plasmoptyse in das Wurzelinnere eindringen. Im meriste- (Plasmaausstoßung). Nach H . L . F K A N C K E . matischen Wurzelteil treten einzelne Hyphen in das Innere peripherer Zellen ein, wie dies auch die Haustorien parasitischer Pilze tun. Weiter rückwärts finden sich dann die Hyphen in der Außenrinde nur interzellulär; sie umspinnen die Zellen als sogenanntes HARTIGschesNetz (Abb. 530), beziehen also ihre Nährstoffe — es handelt sich wohl um Zucker, daneben vermutlich auch um Wirkstoffe — diffusiv durch die Zellwand hindurch. Die ersten intrazellulären Hyphen werden später ausgesogen, also verdaut. Die

460

II. Symbiosen

Wurzel reagiert mit Einstellung der Wurzelhaarbildung und einer Vereinfachung ihres Baues; manchmal neigt sie zu einer „koralloiden" Verzweigung. Versuche ergaben, daß sich zwar sämtliche in Frage kommenden B ä u m e auch pilzfrei bestens entwickeln, Eiber nur, wenn ihnen ausreichend Nährsalze, besonders Stickstoff, zur V e r f ü g u n g stehen. Das Zusammenleben m i t dem Pilz bietet folgende Vorteile. In h u m u s r e i c h e n Böden f ü h r t die massenhafte Entwicklung von Pilzen zu einer erheblichen V e r m i n d e r u n g der Nährsalzmengen. Die höhere Pflanze v e r m a g m i t ihren W u r z e l h a a r e n nicht m e h r genügende M e n g e n davon zu gewinnen und ersetzt die Haare gewissermaßen durch den Pilz. Diesen steht ein viel größeres Substrat zur Verfügung, da die äußeren Hyphensysteme, die sich oft stranga r t i g zusammenschließen (Rhizomorphen), m e t e r l a n g den Boden durchdringen können; überdies sind Pilze b e f ä h i g t , auch organische Substanzen aufzuschließen, was besonders f ü r die Stickstoffgewinnung w i c h t i g sein dürfte. So liefert der Pilz wohl i m wesentlichen Nährsalze, vor a l l e m Stickstoff, die W u r z e l Kohlehydrate. Daß die Symbiose für den Pilz von Bedeutung ist, g e h t daraus hervor, daß Fälle bekannt geworden sind, in denen er ohne Wurzelverbindung keine Fruchtkörper m e h r bildet. Viele Mykorrhizapilze — es handelt sich meist u m hochorganisierte Hutpilze (Basidiomyceten) — sind streng spezialisiert, so daß sie nur in der Nachbarschaft der B ä u m e zu finden sind, mit denen sie sich symbiontisch verbinden. Daß auf d e m W e g e der ektotrophen Mykorrhiza tatsächlich ein hoher Stoffgewinn erzielt werden kann, beweisen einige zu den Pirolaceen gehörige rein saprophytische Pflanzen. Alle V e r t r e t e r dieser Familie besitzen ektotrophe Mykorrhizen, docli sind manche, so z. B. die Pirola-Arten, grünbeblättert. Diese sind also autotroph und verhalten sich ähnlich w i e die beschriebenen L a u b b ä u m e . In i h r e r Jugend allerdings leben sie mykotroph-sapropliytisch. I h r reduzierter Keimling entwickelt nur ein verpilztes unterirdisches Wurzelsystem, aus d e m später die Laubsprosse hervorgehen. Monotropa Hypopitys, der gelbe chlorophyllose Fichtenspargel (Abb. 442, S. 551) aber, ist rein saprophytisch geworden; e r l e b t ausschließlich von den organischen Substanzen, die i h m der Pilz verschafft. Die Keimung des reduzierten Embryos erfolgt erst bei Pilzinfektion. Auch hier entsteht ein unterirdisches Wurzelsystem, das, n a c h d e m es genügend Nährstoffe gespeichert hat, Blütensprosse entwickelt. Der Stoffgewinn erfolgt h i e r durch sogenannte Plasmoptyse (Abb. 530). Hyphen, die in periphere Wurzelzellen eindringen, werden an der Spitze aufgelöst, wobei ihr Inhalt in die Zelle spritzt.

Für die bei H u m u s p f l a n z e n sehr verbreitete e n d o t r o p h e M y k o r r h i z a bilden die O r c h i d e e n das beststudierte Beispiel. Ähnlich wie bei den Pirolaceen, gibt es bei ihnen autotrophe und mykotroph-saprophytische Formen, die typische Humusbewohner sind. In unserer Flora gehören dazu vor allem die Nestwurz (Neottia Nidus avis) (Abb. 444, S. 551), die Korallenwurz ( C o r a l l o r h i z a innata) (Abb. 526, S. 257) und das Ohnblatt ( E p i p o g i u m aphyllum). Diese Pflanzen besitzen

Abb. 531. Laclio-Caltleya, Längsschnitt durch den frisch infizierten Keimling. Die Infektion hat durch die toten Suspensor-Zellen stattgefunden. Beginn der Verdauung, die „Eiweißhyphen" dunkel gehalten. Rechts Vegetationspunkt, noch ohne Zellteilungen. Nach B U R G E F F .

2. Die Mykorrhiza

461

keine Laübblätter und nur ganz geringe, praktisch bedeutungslose Chlorophyllmengen. Zwischen solchen nichtgrünen Formen und den reichbeblätterten vermittelt eine Reihe von Übergängen. Die Verpilzung beginnt bei den Orchideen meist schon bei der Keimung. Besonders bei den saprophytischen Formen kann eine solche ohne Pilzinfektion gar nicht stattfinden. D e r Embryo ist hier nämlich außerordentlich k l e i n ; seine wenigen Zellen bilden eine kleine Kugel, ein Nährgewebe fehlt ganz. Daher kann man Orchideen nicht wie andere Pflanzen ohne weiteres aus Samen ziehen, was früher einen dauernden Neuimport der tropischen Formen notwendig machte. D e r Pilz dringt in den Embryo ein und infiziert seine Zellen (Abb. 551). Daraufhin

Abb. 532. A'eottia Xidus auis. Querschnitt durch eine Pilzwirtzelle der Wurzel. H = Haupthyphe, die von Zelle zu Zelle führt. Sie ist von einem Kranz schmälerer Hyphen scheidenartig umschlossen und vom Zellkern eingefaßt. Im (nicht eingetragenen) Plasma haustoriale Seitenhyphen. Vergr. lOOOfach. Original.

Abb. 533. Corallorhiza innata. Längsschnitt durch die obere Hälfte des Khizoms in der Nähe des Vegetationspunktes (links). Im äußeren Rindenparenchym Verbreitungshyphen (Pilzwirtzellen). Diese dringen weiter rückwärts in tiefere Zellenlagen ein und erzeugen erst Hyphenknäuel, die dann verdaut werden (Verdauungszellen). Die nicht infizierten obersten und innersten Zellen enthalten noch Stärkekörner. Plasma durch Eau de Javelle aufgelöst. Original.

462

I I . Symbiosen

wächst dieser zu einem kleinen primären Rhizom, dem Protokorm heran. Dieses entwickelt sich langsam zu einem kräftigeren Rhizom, bildet dann, meist exooder mesogen, Wurzeln und schließlich Laubsprosse oder, bei den saprophytischen Arten, n u r einen Blütenstand. Die Verpilzung ergreift n u r das Rhizom u n d die Wurzeln. Für die Schilderung der Einzelheiten wollen wir Neottia als Beispiel wählen. Die kurzen, dickfleischigen, haarlosen Wurzeln dieser Pflanze werden vom Rhizom her schon während ihrer Entwicklung infiziert. D e r Pilz dringt bis zum Wurzelmeristem vor, das einfach gebaut ist und keine typische Wurzelhaube besitzt. Die Ausbreitung des Pilzmycels erfolgt n u r in den peripheren Lagen des Rindenparenchyms. I n der zweitinneren Schicht erfährt er eine reiche Entwicklung, indem derbere Hyphen, die von Zelle zu Zelle ziehen, sich im L u m e n reich verzweigen und einen Knäuel bilden, wobei sich das Wirtplasma durch Ausbildung zarter Zellulosescheiden u m die Hyphen schützt. D a hier offenbar der Pilz dominiert und reichliche Nahrung erwirbt, hat mein diese Schicht als die der P i l z w i r t z e l l e n bezeichnet (Abb. 532). Von ihr aus erfolgt die Infektion der nächstinneren Zellenlage, der sogenannten V e r d a u u n g s s c h i c h t . Erst bildet sich auch hier in jeder Zelle ein dichtes Hyphensystem, das den Kern umschließt. D a n n erscheinen in den Hyphen reichliche Eiweißmengen; der Kern wird besonders groß, inhaltsreich u n d lappig, er leitet offenbar den jetzt beginnenden Verdauungsvorgang ein. Dieser ist schließlich ein vollkommener; es verbleibt in der Zelle n u r ein kollabierter, von Zellulose umhüllter Klumpen von unverdaulichen Pilzmembranen. In wurzellosen Formen, so bei Corallorhiza (Abb. 533) u n d Epipogium (Abb. 534), wie auch in den Wurzeln anderer Orchideenarten,. dringt der Pilz tiefer in die Rinde ein, so daß viele Verdauungsschichten entstehen. D e r mykotrophe Stoffgewinn ist ein sehr langsamer. Es dauert mehrere Jahre, bis das u n t e r irdische Rhizom z. B. von Neottia so viel Stoffe gespeichert hat, daß ein Blütenstand gebildet werden kann.

mis des Ithizoms. Durch ein Wurzelhaar steht das Mycel, das sich im Rhizom befindet, mit dem Boden in Verbindung. Original.

Die B e d e u t u n g d e r V e r p i l z u n g ist also eine doppelte. Zunächst übt der Pilz einen Keimungsreiz aus, u n d z w a r m i t H i l f e eines Wirkstoffes (Vandophytin), der zu den Hormonen zu rechnen ist (vgl. S. 493). Ferner liefert er bei den saprophytischen Formen unzweifelhaft die Baustoffe f ü r die Entwicklung seiner Wirtpflanze.

5. Batteriensymbiosen

463

Das scheint zunächst unwahrscheinlich, da er sich erst auf Kosten der Wurzel ernährt, bevor er verdaut wird. Es gibt aber zahlreiche Verbindungen des Pilzes nach außen, so vor allem durch Wurzelhaare (Abb. 534), durch die wohl auch erneute Infektionen erfolgen können. Somit liegt, wie bei der ektotrophen Mykorrhiza, auch ein weit ausgedehntes A u ß e n m y c e l vor, und das früher Gesagte gilt auch hier. Das Bodenmycel bildet auch Fruchtkörper; dadurch wurde es möglich festzustellen, daß die Orchideenpilze Rhizoctonia-Arten sind. Bei Neottia freilich, fehlen Verbindungen zum Boden, der Fall ist also noch nicht geklärt. Vielleicht scheiden die Wurzeln hier selbst die nötigen Enzyme aus, die eine Aufschließung der Humussubstanzen ermöglichen. Die endotrophe Mykorrhiza findet sich bei sehr vielen Humus- oder Moorböden bewohnenden Pflanzen. So kommt sie bei allen E r i c a c e e n vor, wo der Pilz auch in die oberirdischen Teile eindringt, so daß schließlich sogar die Samen von ihm infiziert werden. Vollsaprophytische Formen finden sich besonders bei Gentianaceen, Burmanniaceen (Abb. 443, S. 331), Triuridaceen u. a. 5.

Bakteriensymbiosen

Eine an die Mykorrhiza erinnernde Bakteriensymbiose findet sich an den Wurzeln von Erlen, Sanddorn, Gagelstrauch ( Alnus, Hippophae, Myrica-Arten) und einigen anderen Holzgewächsen. Äußerlich sieht m a n kurze koralloid verzweigte Wurzelbüschel (Rhizothamnien), die seitlich aus einer normalen Wurzel entspringen. Die Wurzeln sind verdickt, haarlos und zeigen einen ähnlich reduzierten Bau wie bei der Mykorrhiza. I m Inneren tritt ein meist -zu den A c t i n o m y c e t e n gerechnetes Bakterium auf, das nahe dem Wurzelmeristem in kettenförmigen Verbänden die Zellen durchzieht. Weiter rückwärts bildet es eiweißreiche Bläschen, und schließlich werden diese unter Klumpenbildung verdaut. D e r Fall unterscheidet sich von der früher beschriebenen endotrophen Mykorrhiza dadurch, daß das Bakterium atmosphärischen Stickstoff bindet, woraus sein Nutzen ohne weiteres hervorgeht. Die weiteste Verbreitung besitzt die B a k t e r i e n s y m b i o s e d e r Legum i n o s e n , da sie allen Vertretern dieser Familie zukommt. Ein Bakterium, das den Sammelnamen Bacterium radicicola führt, dringt in schleimigen Fäden durch die Wurzelhaare ein und wandert in gleicher Form in das Rindenparenchym. Dieses reagiert auf die Infektion mit einer Gallbildung. Es entstehen kugeloder walzenförmige W u r z e l k n ö l l c h e n (Abb. 535). In diesen grenzt eine exodermisartige Scheide ein großzelliges Binnengewebe ab, in dessen Zellen eine massenhafte Vermehrung der Bakterien stattfindet; auch können Auszweigungen des Wurzelgefäßbündels in die Knöllchen eindringen. Nach dieser ersten parasitischen Phase der Entwicklung kommt es zu einem symbiontischen Verhältnis: die Wurzel bietet Zucker, während das Bakterium eine reichliche Bindung von Luftstickstoff durchführt. Dabei nehmen die Bakterien sogenannte B a k t e r o i d e n f o r m an, sie vergrößern und gabeln sich unter dem Einfluß der Wirtzelle, die ihnen vermutlich schon jetzt Aminosäuren oder eiweißartige Stoffe entzieht. Schließlich kommt es zu einer V e r d a u u n g der Bakterien, worauf das Knöllchen

464

I I I . Die Carnivoren

abstirbt. Das Bakterium bildet „biologische Rassen", tl. h. auf das Zusammenleben mit bestimmten Wirtspflanzen spezialisierte Formen. Die erste Erforschung der Zusammenhänge ging von der Landwirtschaft aus. Dieser war schon lange bekannt, daß mit Leguminosen (z. B . Lupinen, Erbsen, Serradella usw.) bestellte Äcker ohne Stickstoffdüngung jahrelang gute E r t r ä g e lieferten. Dabei nahm der N - G e h a l t in solchen Böden nicht nur nicht ab, sondern sogar zu. Sterilisierung der Böden zerstörte den Effekt, somit mußte er auf der Tätigkeit lebender Organismen beruhen. Später ließ sich zeigen, daß N-freie Nährlösungen, die mit einer Spur Bodenaufguß aus passender Erde geimpft waren, Leguminosen eine vollkommene Entwicklung gestatteten, sofern sich Knöllchen bildeten. Ein wichtiger Beweis für die Tatsache des Stickstoffgewinns liegt ferner darin, daß in Kulturversuchen von dem zugeführten Stickstoff die gleiche Menge verschwindet, die sich am Versuchsende in der Pflanze nachweisen läßt. In steriler Nährlösung verhalten sich die Leguminosen bei Nitratversorgung wie alle anderen grünen Pflanzen. Die N-Bindung geht in der W eise vor sich, daß als Vorstufen wohl Hydroxylamin und Ammoniak gebildet werden. Diese werden dann in von der Pflanze gelieferte Oxalessigsäure eingebaut, wobei Asparagin- und besonders Glutaminsäure entstehen, die nunmehr wieder von der Wirtpflanze übernommen werden. Die N-Bindung von Azotobacter dürfte ähnlich verlaufen.

Ergänzend sei bemerkt, daß bei einigen tropischen M y r i c a c e e n und R u b i a c e e n auch Bakterien-Symbiosen an Laubbl ättern beobachtet wurden. Auch für diese Formen ließ sich ein Stickstoffgewinn aus der Luft nachweisen.

Abb. 535. Vicia

Faha.

1 Wurzelsystem mit Wurzelknöllchen. 2 Junge Zelle des bakterienhaltigen Gewebes, n Zellkern, v Vakuolen, b Bakterien. Originul.

III. Die Carnivoren Die morphologischen und histologischen Besonderheiten der carnivoren Pflanzen wurden schon in früheren Abschnitten (S. 107 und 320) besprochen .Uber ihre Physiologie sind wir viel schlechter unterrichtet. Da sie alle reichlich mit Laubblättern ausgestattet sind, handelt es sich um a u t o t r o p h e Pflanzen; demgemäß können sie auch bei genügender Versorgung mit Nitraten o h n e Tierfang gedeihen. Als Bewohner von Mooren, die fast nur schwer aufschließbare Stickstoffverbindungen enthalten, befriedigen die Carnivoren also wohl ihren S t i c k s t o f f b e d a r f durch die Eiweißverdauung. Dazu sind sie meist durch den Besitz von Proteasen (vgl.

IV. Parasiten

465

S. 469) befähigt. Manchen von ihnen, so den S a r r a c e n i a c e e n und der Gattung Utricularia, fehlen solche. Hier erfolgt der Eiweißabbau in den Kannen oder Schläuchen durch mitbewohnende Bakterien oder auch autolytisch. Die Droseraceen scheiden Pepsin nur nach erfolgter Reizung aus, der niedere p H -Wert wird dabei durch nicht näher bekannte organische Säuren bewirkt. Bei Pinguicula soll indessen Trypsin in alkalischer Lösung wirksam sein. Wieweit der Abbau geht, ist unbekannt; da die Verdauung aber sehr rasch erfolgen kann, ist nicht anzunehmen, daß er tiefgreifend ist. Über den Eintritt der gelösten Stoffe ist auch kaum mehr bekannt, als daß er durch die früher beschriebenen Drüsen erfolgt. Bei Drosera treten dann im Drüsengewebe auffällige Veränderungen im Plasma und im Zellkern auf, die wohl durch den Verdauungsvorgang bedingt sind. IV. Parasiten Die morphologischen und histologischen Verhältnisse dieser Pflanzen wurden schon an früherer Stelle (S. 97 und 524) besprochen. Hier sei nochmals daran erinnert, daß der Parasitismus der höheren Pflanzen in zwei Formen auftritt. H a l b p a r a s i t e n sind autotrophe Gewächse, die sich lediglich Wasser und Nährsalze durch ihre Haustorien verschaffen. Wie sehr sie darauf angewiesen sind, zeigen verschiedene alpine Pedicidaris-Arten, die dicke unverzweigte Speicherwurzeln besitzen und trotzdem mit diesen, nach der Trennung von ihrer Wirtpflanze, kein Wasser aufzunehmen vermögen. Bei den Scrophulariaceen zeigt Tozzia alpina einen Ubergang zum Vollparasitismus schon dadurch, daß ihre Samen nur in der Nähe von Wirtswurzeln keimen. Die vollparasitische Lathraea lehrt uns, daß der Gewinn organischer Substanzen nur sehr langsam erfolgt. Die Pflanze bildet an ihren unterirdischen Rhizomen erst dichtgestellte, fleischige Schuppenblätter aus, die sich nach und nach ganz mit Stärke anfüllen. Erst dann ist sie zur Bildung des großen Blütenstandes befähigt. Die physiologisch wichtigsten Fragen des Parasitismus sind noch ungelöst. So ist nichts Näheres darüber bekannt, welche organischen Stoffe der Parasit der Wirtspflanze entnimmt und welche er selbst aufbaut. Ebensowenig wissen wir über die Art des Stoffdurchtrittes. Nur bei einigen Cuscuta-Axten wurden direkte plasmatische Verbindungen zwischen Parasit und W i r t beobachtet, sonst müssen überall die Stoffe erst die Zellwände passieren. In einigen Fällen wurde nachgewiesen, daß die haustorialen Zellen gegenüber denen des Wirtes hypertonisch sind. Daß die Beziehungen zwischen Parasit und W i r t recht komplizierte sein müssen, geht daraus hervor, daß es noch nicht gelungen ist, höhere parasitische Pflanzen ohne W i r t künstlich heranzuziehen.

P a r a s i t i s c h e Pilze sind weitverbreitet. Es gibt rein i n t r a z e l l u l ä r e , einfache Formen, wie z. B. die Gattung Synchytrium, wo der Orgeinismus in einer Wirtzelle lebt. Dazu gehört z. B. S. endobioticum, der Erreger des Kartoffelkrebses. Die Rostpilze oder U r e d i n e e n fallen durch ihren Wirtwechsel auf; bei Puccinia graminis z. B. gedeiht eine Generation nur auf Gräsern, eine andere auf der Berberitze (vgl. S. 549). Das Mycel durchdringt die Wirtpflanze i n t e r zellulär, sendet aber verzweigte Haustorien in die Zellen (Abb. 107, S. 100). Die U s t i l a g i n e e n oder Brandpilze dagegen leben intrazellulär, ohne indessen die infizierten Zellen abzutöten. Diese reagieren mit einer Wanderung des Zellkernes 30 v. G u t t e n b e r g , Lehrbuch der allgemeinen Botanik

466

H. Der Transport der Baustoffe

zur Infektionsstelle und durch Ausscheidung von Zelluloselamellen um die Hyphen. Werden diese Hüllen mächtig, so wird ein weiteres Umsichgreifen der Infektion abgestoppt. Eine noch nicht geklärte Eigenschaft fast aller Parasiten ist ihre weitgehende S p e z i a l i s i e r u n g . Sie kommt meist schon bei der Keimung dadurch zum Ausdruck, daß eine solche nur in der Nähe oder bei Berührung der Wirtpflanze erfolgt. Es kann nicht daran gezweifelt werden, daß spezifische Stoffe, vermutlich hormonaler Natur, den Keimungsreiz abgeben. Die spätere Entwicklung des Parasiten setzt voraus, daß der W i r t keine für ihn schädlichen Stoffe enthält. Da die notwendigen Nährstoffe wohl in allen möglichen Pflanzen in gleicher oder sehr ähnlicher Form zur Verfügung stehen, kann eine Erklärung für die Spezialisierung wohl nur in dieser Richtung liegen. Für die parasitischen pathogenen Bakterien dürfte dies indessen nicht zutreffen; vielmehr sind diese bezüglich ihrer Nährstoffe extrem spezialisiert, so daß sie oft nicht nur in bestimmten Tierarten, sondern hier auch nur in bestimmten Geweben gedeihen können. Die schädigende Wirkung pathogener Bakterien wird durch die Ausscheidimg giftiger Eiweißstoffe (Toxine) bewirkt, die oft schon in größter Verdünnung den Tod herbeiführen können.

Außer durch Bakterien werden ansteckende Krankheiten auch durch V i r a verbreitet. Diese sind, wie wenigstens für die bestuntersuchten Fälle feststeht, keine Lebewesen. Das Virus z. B., das die M o s a i k k r a n k h e i t des Tabaks bewirkt, wurde in kristallinem Zustand dargestellt und erwies sich als ein toter Eiweißkörper, der reich an Nukleinsäuren ist. Zu einer Infektion genügt schon eine Spur dieses Stoffes, der sich dann über den ganzen Organismus ausbreitet. Diese Tatsache hat vielfach zu der Meinung geführt, daß es sich um Lebewesen handle. In Wirklichkeit liegt aber ein Fall von Autokatalyse vor; so wie das Plasma in der Lage ist, seine eigenen spezifischen Stoffe zu vermehren, vermehrt es im Falle einer Virusinfektion den Virusstoff. Als B a k t e r i o p h a g e n bezeichnet man Formen, die Bakterien zerstören. Sie sind nur etwa 100 m[i. groß, stehen also Eiweißmolekülen in ihrer Größenordnung nahe. Als lebendig wird man solche Gebilde erst dann bezeichnen dürfen, wenn an ihnen ein Stoffwechsel nachweisbar ist. Über einen solchen ist aber bisher nichts bekannt geworden.

H. DER TRANSPORT DER BAUSTOFFE Wie wir erfuhren, sind die Laubblätter die Hauptassimilationsstätten der grünen Pflanzen. Nicht nur findet in ihnen die Kohlehydratsynthese statt, auch der Eiweißaufbau wird hier bevorzugt durchgeführt. Die Blätter assimilieren aber für den ganzen Organismus, die anderen Organe müssen von ihnen mit Stoffen versorgt werden. Das setzt eine S t o f f w a n d e r u n g voraus. Das gleiche gilt für die Fälle, wo Reservestoffbehälter, so Samen, Rhizome, Knollen, Zwiebeln usw., Stoffe für die Entwicklung neuer Pflanzen oder Organe liefern. Nicht alle Assimilate sind für einen solchen Transport geeignet. Die Wanderung von Zelle zu Zelle erfordert, daß sie wasserlöslich und nicht hochmolekular sind. Das trifft z. B. für die Stärke, das Fett und die Eiweißstoffe, also gerade für die wichtigsten Reservestoffe, n i c h t zu. Daher ist erforderlich, daß diese erst in Verbindungen umgewandelt werden, die wanderungsfähig sind. Diese Umwandlung erfolgt durch Enzyme (Fermente).

I. D i « Mobilisierung der Reservestoffe und die Enzyme

467

I. Die Mobilisierung der Reservestoffe und die Enzyme Die Enzyme lassen sich in ihrer Wirkung mit anorganischen K a t a l y s a t o r e n vergleichen. Gleich diesen ermöglichen oder beschleunigen sie chemische Prozesse, ohne im Endprodukt zu erscheinen, also ohne sich zu verbrauchen. Das macht es verständlich, daß sie schon in sehr geringer Menge große Umsätze bewirken können. Die Enzymchemie lag lange im Dunklen. Heute weiß man, daß es sich u m hochkomplizierte organische Verbindungen handelt, für die folgendes charakteristisch ist. Ein Enzym besteht aus zwei Teilen; der eine ist ein Eiweißkörper, also eine hochmolekulare kolloidale Substanz, die man als „ T r ä g e r " ( A p o e n z y m , Apoferment) bezeichnet; als zweiter Teil sitzt an diesem die „ a k t i v e G r u p p e " (prosthetische Gruppe, K o e n z y m , Koferment). Die Art der Wirkung stellt man sich im allgemeinen so vor, daß der Träger eine lockere Verbindung mit dem anzugreifenden Substrat eingeht, während das Koenzym durch eine Wirkungsgruppe den eigentlichen Umsatz durchführt. Die Eiweißgrundlage macht alle die Eigenschaften der Enzyme verständlich, die sie mit dem Protoplasma gemeinsam haben. Dazu gehört vor allem eine ausgesprochene T e m p e r a t u r a b h ä n g i g k e i t . Für alle Enzyme ist ein Temperaturoptimum charakteristisch, das ziemlich hoch liegt (etwa 50—40°). Bei 60—70° werden sie zerstört und bei sehr niederer Temperatur unwirksam gemacht. Ihre Wirkung folgt also einer Temperatur-Optimumkurve. Enzyme zeigen eine ähnliche p H - A b h ä n g i g k e i t wie amphotere Eiweißkörper ; ihre Wirkung ist beim iso elektrischen Punkt am geringsten und zeigt Optima teils im sauren, teils im alkalischen Bereich. Die gleichen Stoffe, die für das Plasma giftig sind, wie z. B. Sublimat, Blausäure und Formaldehyd, schädigen auch die Fermente, aber meist erst in etwas höheren Konzentrationen; Narkotika dagegen wirken auf sie vielfach nicht ein. H y d r o l a s e n sind Enzyme, die zusammengesetzte Verbindungen unter Aufnahme von Wasser in einfachere spalten. Als wichtigste sind zu nennen: Tabelle 9 Hydrolasen Enzym

1. Amylase (Diastase)

2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.

Zellulase Zytase Maltase Saccharase Glykosidasen Lipasen Proteasen

Ausgaugsstoff Stärke Zellulose Hemizellulosen Maltose Saccharose Glykoside Fette Eiweißkörper

Spaltungsprodukt Maltose Zellobiose Hexosen oder Pentosen Glukose Glukose + Fruktose (Invertzucker) Zucker + Aglykon Fettsäuren -)- Glyzerin Aminosäuren

Die Fermente sind vollkommen spezifisch, d. h. jedes von ihnen kann nur einen einzigen Stoff angreifen und umsetzen. Man hat sie daher mit Schlüsseln verglichen, die nur zu einem Schloß passen. Für die Spezifität ist zum Teil der 30*

468

I. Die Mobilisierung der Reservestoffe und die Enzyme

Träger verantwortlich, da er sich nur an bestimmte Stoffe einlagert, zum Teil aber auch die aktive Gruppe, da sie die spezifischen Umsätze bewirkt. Diese Gruppe gelang es in einigen Fällen chemisch aufzuklären und auch synthetisch darzustellen. Man teilt die Enzyme nach ihrer Wirkung in drei Gruppen, von welchen wir hier nur eine, nämlich die der H y d r o l a s e n , zu besprechen haben, da sie es sind, die den Abbau der Reservestoffe bewirken. Über die beiden anderen Gruppen, die D e h y d r a s e n und D e s m o l a s e n , die beim Atmungsvorgang mitwirken, wird später (S. 485) berichtet werden. Die auf Kohlehydrate und Glykoside einwirkenden Fermente werden auch K a r b o h y d r a s e n genannt. Die Wirksamkeit und Bedeutung der Enzyme im Pflanzenkörper soll nun an einigen Beispielen geschildert werden. Wir beginnen mit den Diastasen. Sie sind in allen stärkeführenden Pflanzenteilen vorheinden und aus ihnen mit Wasser extrahierbar. Besonders eignen sich dazu keimende Gerstenkörner, die dann den „Malzextrakt" ergeben. Die sichtbare Wirkung auf die Stärke besteht in einem allmählichen Abschmelzen oder Zerbröckeln der Körner, wobei erst eine Umwandlung in Dextrine, dann in Maltose erfolgt (Abb. 536). Die wohl immer gleichzeitig anwesende Maltase spaltet dieses Disaccharid Abb. 536. Korrosion von Stärkekörnern aus einem in zwei Moleküle Glukose. So ist aus der keimenden Gerstenkorn. Nach N O L L . festen Stärke ein wanderungsfähiger Zucker entstanden [(C6H10O5)n -f- n • H 2 0 = n • C 6 H 1 2 0 6 ]. Die Produktion von Diastase wird manchmal durch bestimmte Gewebe vollzogen. In den Getreidekörnern kann sie durch die K l e b e r s c h i c h t des Endosperms und durch das Absorptionsgewebe des Scutellums erzeugt werden. Dieses besorgt auch die Überführung des Zuckers in den Keimling.

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Maltase und Saccharose werden dadurch von Bedeutung, daß sie die nicht permeierenden Disaccharide in wanderungsfähige Hexosen spalten (C 1 2 H 2 2 O u + H 2 0 = 2-C 6 H 1 2 0 6 ). Die Zellulasen ermöglichen Pflanzen die Auflösung von Zellwänden. Dieser Vorgang ist besonders für manche heterotrophen Organismen wichtig, so vor allem für viele Pilze. Diese können so in pflanzliche Gewebe eindringen; noch wichtiger ist, daß sie totes Laub und Holz als Nahrung verwenden können, indem sie es in Zucker verwandeln. Im Kulturversuch kann man sie mit Watte oder Filterpapier als C-Quelle ernähren. Beispiel eines holzzerstörenden Pilzes ist der Hausschwamm. Zur Auflösung von Pektinen dienen P e k t i n a s e n , unter deren Einwirkung sich die Zellen voneinander lösen. Zytasen sind in jenen Samen von Bedeutung, die sogenannte S t e i n e n d o s p e r m e besitzen. Diese bestehen aus Zellen mit mächtiger Wandverdickung, die sich aus Hemizellulosen aufbaut. Reichliche, kanalförmige Tüpfel mit Plasmodesmen erleichtern die Ableitung der gebildeten Zucker (Mannose, Galaktose).

I. Die Mobilisierung der Reservestoffe und die Enzyme

469

Zu den Glybosidasen gehört z. B. das Emulsin. Es spaltet das Glykosid A m y g d a l i n unter Wasseraufnahme in Benzaldehyd, Blausäure und Glukose. Dieses Ferment kommt in bitteren Mandeln, aber auch in vielen Steinobstkernen vor. Glykosid und Ferment sind hier getrennt; beim Zerreiben kommt es zur Reaktion und zum Geruch nach „Bittermandelöl". M y r o s i n spaltet das Sinigrin der Senfsamen und anderer Cruciferen, wobei das stark riechende und scharf schmeckende Allylsenföl entsteht; das Enzym tritt in eigenen Zellen auf. Lipasen wurden in verschiedenen ölhaltigen Samen nachgewiesen. Die Fettspaltung erfolgt nach dem Schema: C 3 H 5 (C 16 H 31 0 2 ) 3 + 3 H 2 0 - > C 3 H 5 (OH) 3 + 3 Cl 6^3202 Palmitin Glyzerin Palmitinsäure Fettsäuren werden oft angetroffen, wogegen das Glyzerin infolge Weiterverarbeitung nicht nachweisbar ist. Bei der Samenkeimung findet aber auch eine rasche Umwandlung der Spaltprodukte in Zucker statt, die noch nicht ganz geklärt ist. Umgekehrt speichern z. B. Ricinussaxaen in ihrer Entwicklung erst Stärke, die dann plötzlich verschwindet, wobei gleichzeitig Fett entsteht. Da die Lipasen Glycerinester spalten, nennt man sie auch E s t e r a s e n . Zu diesen gehören ferner Fermente, die die Bindung von Phosphorsäure an Kohlehydrate vermitteln. Diese P h o s p h a t a s e n phosphorylieren Hexosen, worüber näheres bei der Gärung (S. 481) mitgeteilt werden wird. Bei der Wanderung von Salzen, Zuckern usw. durch Parenchymgewebe ist zu beachten, daß einerseits die Zellwände, andererseits das Plasma passiert werden müssen. Ein Eintritt in die Vakuole ist dabei nicht unbedingt erforderlich. Es ließ sich zeigen, daß diese Stoffwanderung durch O a -Entzug weitgehend gehemmt wird. Somit gibt es nicht nur eine p a s s i v e Art der Ausbreitung (einfache Diffusion), sondern auch eine a k t i v e , die der Atmungsenergie bedarf. Zu diesen aktiven Vorgängen gehört auch die schon früher erwähnte Ausscheidung von Salzen und Zuckern in die Wasserleitungsbahnen der Wurzel. Schließlich ist der Übertritt von Stoffen aus dem Plasma in den Zellsaftraum nicht immer ein rein diffusiver. In allen diesen Fällen liegt also eine drüsenartige (adenoide) Ausscheidung von Stoffen vor, über deren Mechanismus noch nicht sicheres bekannt ist.

Die eiweißspaltenden (proteolytischen) Proteasen pflegt man in zwei Gruppen zu teilen. Die P r o t e i n a s e n bewirken einen ersten Zerfall bis zu Polypeptiden, die P o l y p e p t i d a s e n die Spaltung bis zu Aminosäuren. Zu den ersten gehören die Pepsine, die ihr Wirkungsoptimum im stark sauren Gebiet haben. Sie scheinen im Pflanzenreich nur von Carnivoren gebildet zu werden. Dem Pankreas-Trypsin, das ein p H -Optimum im alkalischen Bereich besitzt, dürfte die in Samen nachgewiesene Endopeptase entsprechen. Papain kommt vor allem im Milchsaft von Carica Papaya vor; es wirkt in saurer Lösung. Die Aminosäuren zerfallen schließlich unter dem Einfluß desaminierender Enyzme in Ammoniak und N-freie Reste. Wir haben bisher nur von der abbauenden Tätigkeit der Enzyme gesprochen. Es steht aber fest, daß sie auch am S t o f f a u f b a u mitwirken. Diese Synthesen verlaufen umgekehrt wie die dargestellten Spaltungen. So kann aus Glukose durch Maltase Maltose entstehen und aus dieser durch Diastase Stärke. Sofern dabei der Energiegehalt des Reaktionsproduktes größer ist als der der Ausgangsprodukte, kann die Synthese nur bei Energiezufuhr vonstatten gehen. Deshalb läßt sie sich auch nicht ohne weiteres in vitro durchführen.

470

II. Ursachen und Wege der Stoffwanderung

Wichtig ist ferner, daß die Pflanzen ihre Fermente fallweise aktivieren oder inaktivieren können. Dabei spielt die W a s s e r s t o f f i o n e n k o n z e n t r a t i o n der Lösung eine ausschlaggebende Rolle. Dies dürfte damit zusammenhängen, daß sowohl die Fermente als zum Teil auch die zugehörigen Substrate Elektrolyte darstellen, ihr Dissoziationsgrad also von der Reaktion ihrer Umgebung abhängt. Die Aktivierung erfolgt optimal bei einem bestimmten Dissoziationsgrad. Die Temperatur beeinflußt die Enzymtätigkeit in ähnlicher Weise wie die des Gesamtplasmas; innerhalb gewisser Grenzen (bis etwa 40°) gilt die van't HoFFsche Temperaturregel. Auch verschiedene Salze wirken durch ihre Anionen aktivierend.

II. Ursachen und Wege der Stoffwanderung Eine Möglichkeit der Stoffwanderung ist zunächst durch die von uns schon besprochene D i f f u s i o n gegeben. Daß die Pflanzen von ihr für Transporte über kurze Strecken Gebrauch machen, steht außer Zweifel. So wandern z. B. die Assimilate der Palisadenzellen diffusiv bis zu den Gefäßbündeln. Legt man Endosperme angekeimter Gräser in Wasser, so tritt Zucker in dieses über, ebenso aus angeschnittenen Rhizomen oder Knollen. Auch sind diese imstande, nach ihrer Entleerung aus zugeführten Zuckerlösungen Stärke aufzubauen, was auch für in Zuckerwasser schwimmende Laubblätter gilt. Diese Prozesse können dabei durch Veränderungen der Plasmapermeabilität reguliert werden. Eine Beschleunigung des Diffusionsvorganges wird besonders durch vorkommende P l a s m a s t r ö m u n g erreicht, die im Raum der Zelle für eine rasche Verteilung sorgt. Tüpfel und Plasmodesmen erleichtern die Überwindung der Querwände. Wo es sich um Wanderung von Kohlehydraten handelt, kann die Umwandlung Zucker Stärke oder auch Disaccharid Monosaccharid eine dauernde Aufrechterhaltung des Konzentrationsgefälles bewirken. So findet sich z. B. in den Leitparenchymscheiden der Gefäßbündel „Wanderstärke", deren Auftreten mit einer Zuckerwanderung in diesen Scheiden zusammenhängen dürfte.

Abb. 537. Stengel von Salix nach Entfernung eines Bindenringes (bei r), bis h—h in Wasser gestellt. I m Laufe einiger "Wochenhaben sich an dem kleinen unteren Ende ( t ) nur einzelne kümmerliche W u r zeln entwickelt, während solche oberhalb der Ringelung reichlich erscheinen und gut weiter wachsen. Nach P F E F F E R .

Indessen verläuft, wie wir früher hörten, die Diffusion über größere Strecken viel zu langsam, um den raschen Stofftransport über solche zu erklären. Dieser erfolgt in den S i e b r ö h r e n , die tatsächlich große Mengen Zucker, Eiweißabbauprodukte u. a. enthalten. Durch Ringelungsversuche (Abb. 557) ließ sich zeigen, daß an verholzten Sprossen die Abwärtswanderung von Bau- und Wirkstoffen (vgl. S. 506) nur bis zur Ringelungsstelle reicht, also in der Rinde erfolgt. Als Beweis dafür kann dienen, daß Beiwurzeln

II. Ursachen und Wege der Stoffwanderung

471

vorwiegend oberhalb der Ringelungsstelle eingelegt werden, während sie an nichtgeringelten Stecklingen erst ein der basalen Schnittfläche entstehen. Die U r s a c h e n der S t o f f w a n d e r u n g müssen indessen ganz andere sein als die der Wasserleitung, für die wir die Saugkraft der transpirierenden Blätter als wirksames Betriebsmittel kennengelernt haben. Die Wanderung der Stoffe in den Siebröhren kann eine Geschwindigkeit von einigen Dezimetern in der Stunde erreichen. Das ist nur möglich, wenn eine D r u c k s t r ö m u n g vorliegt. Nach einer neueren Theorie könnte man ihr Zustandekommen folgendermaßen erklären. Die Siebröhren der Blattgefäßbündel erhalten aus den assimilierenden grünen Zellen Zucker. Dieser nimmt im Verlaufe seiner Abwärtswanderung ab, da die Siebröhren laufend Stoffe an die seitlichen Gewebe (in Bäumen an das Kambium und an das Holz) abgeben. In der Tat ist der Siebröhrensaft am oberen Sproßende reicher an organischen Substanzen als am unteren und in der Wurzel. Nun laufen in den Gefäßbündeln Siebröhren und Wasserleitungsröhren einander nahe und parallel. Im Baumstamm sind sie nur durch das Kambium voneinander getrennt. Entsprechend ihrer osmotischen Saugkraft vermögen die erstgenannten den Wasserleitungsröhren Wasser zu entziehen, so daß sie turgeszent gespannt sind, also einen Wanddruck besitzen. Am oberen Ende des Siebröhrensystems nun, ist die Inhaltssaugkraft höher als der Wanddruck, während sie sich am unteren Ende vom Wanddruck kaum unterscheidet. Das ergibt sich daraus, daß oben Assimilate in die Siebröhren eintreten, die dann im Verlaufe ihrer Wanderung seitlich und unten wieder abgegeben werden. Ist z. B. Si oben = 20 Atm., unten = 10 Atm. und W = 10 Atm., so erhalten wir nach der Formel Si — W = S z (vgl. S. 400) oben 20 —• 10 = 10 Atm., unten 10 — 10 = 0 Atm. Dann muß es aber zu einer Strömung der Inhaltslösung nach unten kommen, weil oben noch Wasser eingesogen wird, unten aber nicht. Beträgt in unserem Beispiel Si am unteren Ende nur noch 8 Atm., so wird der Saugkraftwert der Röhre hier negativ (— 2 Atm.), d. h. es fließt jetzt Wasser aus und kann durch angrenzende Tracheen wieder hochgeleitet werden. Ob diese physikalisch einwandfreie Theorie den tatsächlichen Verhältnissen entspricht, ist noch unklar. Versuche mit fluoreszierenden Farbstoffen, die in die Siebröhren eingeführt wurden und deren Ausbreitung sich verfolgen läßt, schienen erst gegen die Theorie zu sprechen, da der Farbstoff vom wandständigen Plasma gespeichert wurde. Neuerdings wurde aber gezeigt, daß er in der Mitte der Siebröhren vorrückt, wie dies für Massenströmungen zutrifft; die Anfärbung des Plasmas erfolgt erst hinterher.

Siebröhren können Stoffe nach oben oder nach unten transportieren, und zwar verläuft die Strömung in Übereinstimmung mit obiger Hypothese stets zu den Orten stärksten Stoffverbrauchs, wozu auch die Stellen gehören, in welchen aus löslichen Assimilaten feste entstehen. So wandern die Stoffe aufwärts zu den Vegetationspunkten der Sprosse, zu den Blüten, Früchten und Samen, abwärts zu den Wurzeln, Knollen, Rhizomen usw. In der Rinde der Bäume herrscht ein absteigender Saftstrom, der während der Wanderung erstens die für das Dickenwachstum notwendigen Stoffe an das Kambium abgibt und zweitens auf dem Wege der Markstrahlen diese und das mit ihnen verbundene Holzparenchym mit Stoffen versorgt. In diesem tritt dann reichlich Stärke, bei einigen Bäumen besonders im Winter auch Fett auf; zu dieser Jahreszeit ist das ganze lebende Holzparenchym mit solchen Reservestoffen erfüllt. Im Frühjahr werden sie in Zucker verwandelt, der in die Wasserleitungsbahnen eintritt und mit dem Tretaspirations ström hochgeleitet wird; auf diese Weise wird der Zuckervorrat sehr rasch zu den Vegetationspunkten (Knospen) geleitet. Das macht die außerordentlich rasche Entwicklung der neuen Laubsprosse verständlich, und die Er-

472

I. Die Bedeutung der Dissimilation

füllung dieser Aufgabe war offensichtlich für die angegebene Art des Transportes maßgebend. Die Füllung der Speicherorgane dagegen erfolgt langsam, da ja täglich nur ein bestimmtes Quantum von Assimilaten gebildet wird. Für diese langsame Wanderung reicht die Geschwindigkeit in den Siebröhren aus.

J. DIE DISSIMILATION I. Die Bedeutung der Dissimilation Alle in den vorhergehenden Abschnitten beschriebenen Vorgänge betrafen die Aufnahme von Stoffen und ihre Umwandlung in körpereigene Substanzen. Eine bloße Anhäufung von Material genügt indessen nicht, um einen Organismus aufzubauen und in Funktion zu erhalten. Dazu muß A r b e i t geleistet werden, und diese setzt E n e r g i e q u e l l e n voraus. Wir haben schon eine sehr wichtige Energiequelle der höheren Pflanzen kennengelernt, nämlich die Sonnenenergie. Direkt vermag diese indessen einzig den Assimilationsvorgang zu bewirken. Andererseits erfuhren wir, daß als Ergebnis der Assimilation organische Verbindungen auftreten, die endotherm entstanden sind, also eine V e r b r e n n u n g s w ä r m e besitzen; diese muß beim oxydativen Abbau der Stoffe wieder freiwerden. Der exotherme Abbau, den wir als D i s s i m i l a t i o n bezeichnen, liefert für alle übrigen energiefordernden Prozesse die notwendige Energie. Soll solche also gewonnen werden, so müssen oxydative Prozesse ablaufen; in irgendeiner Weise muß dazu S a u e r s t o f f zur Verfügung gestellt werden, und es müssen oxydable Verbindungen vorhanden sein. Diese müssen, wie wir später hören werden, nicht unbedingt organische Stoffe sein; vielmehr können auch reduzierte anorganische Verbindungen durch Oxydation Energie liefern. Auch werden wir erfahren, daß der Sauerstoff nicht notwendig aus der Luft stammen muß, sondern auch aus Verbindungen freigemacht werden kann. Die Dissimilation der grünen Pflanzen wird als A t m u n g bezeichnet. Mit ihr durch Übergänge verbunden sind die G ä r u n g e n der nichtgrünen Formen, nämlich der Pilze und Bakterien.

II. Die Atmung der autotrophen chlorophyllhaltigen Pflanzen Bei der A t m u n g d e r c h l o r o p h y l l f ü h r e n d e n P f l a n z e n w e r d e n o r g a n i s c h e B a u s t o f f e , i n s b e s o n d e r e Z u c k e r , u n t e r A u f n a h m e von L u f t s a u e r s t o f f i n C 0 2 u n d H 2 0 z e r l e g t . Dabei wird die im Zucker während des Assimilationsvorganges gebundene Sonnenenergie wieder frei, was durch folgende Formel ausgedrückt werden kann: 1 Mol C 6 H 12 0 6 + 6 Mol 0 2

6 Mol C0 2 + 6 Mol H 2 0 + 675 Kai.

Nach dieser Formel wäre der Atmungskoeffizient, d. i. das Verhältnis

CO

= 1. 02 Wir werden später hören, daß dieses Verhältnis in Versuchen tatsächlich ermittelt wurde.

473

1. Nachweismethoden

Die Atmung erscheint im Gegensatz zur Assimilation, die ein e n d o t h e r m e r Reduktionsprozeß ist, als e x o t h e r m e Oxydation. Daß sich diese aber von einer gewöhnlichen Verbrennung, die dieselben Endprodukte liefert, wesentlich unterscheidet, geht schon aus der Tatsache hervor, daß Pflanzen auch bei n i e d e r e n Temperaturen a t m e n ; die Verbrennung von Kohlehydraten indessen erfolgt erst bei h o h e n Temperaturen. Die Atmung ist also kein einfacher Oxydationsprozeß. Vielmehr wissen wir heute, daß es sich u m eine ganze Kette ineinandergreifender Vorgänge handelt, bei denen A t m u n g s f e r m e n t e eine entscheidende Rolle spielen. I m einzelnen kann daratif erst an späterer Stelle eingegangen werden. 1. N a c h w e i s m e t h o d e n Wenn die Pflanze bei der Dissimilation C 0 2 bildet, das in die L u f t entweicht, so muß sie an Gewicht verlieren. Will m a n diesen Verlust nachweisen, so muß man entweder mit n i c h t g r ü n e n Pflanzenorganen oder, bei Verwendung grüner, zum Ausschluß der Assimilation i m D u n k l e n arbeiten. Daß dann tatsächlich ein Gewichtsverlust eintritt, ist, wie die nachfolgende Tabelle BouSSINGAÜLTs zeigt, schon lange bekannt. Tabelle 10 G e w i c h t s v e r l u s t e von K e i m p f l a n z e n , die m e h r e r e W o c h e n im D u n k l e n g e z o g e n w u r d e n Objekt 46 Weizenkörtier. 11 Erbsen. . . .

Trockengewicht der Samen

Trockengewicht der Versuchspflanzen

Verlust

1,665 g 2,237 g

0,713 g 1,076 g

0,952 g 1,161 g

Abb. 538. Apparatur zur Demonstration der Atmung. I m Bezipienten R befinden sich keimende Erbsen. D a s Gefäß ist beiderseits mit Waschflaschen (W), in denen sich Barytlauge befindet, und durch U-Röhren, die mit K O H getränkte Bimssteinstückchen enthalten, verbunden. Werden nach einigen Stunden die Hähne der LZRöhren und der Aspiratorllasche (A) geöffnet, so saugt das ausströmende Wasser Luft durch den Apparat. D a diese erst die Kalilauge passiert, wird sie von GO, befreit, die Lauge in der rechten Waschflasche bleibt klar. In der linken Waschflasche dagegen bildet das durch die Atmung der Erbsen gebildete CO, mit der Lauge einen weißen Niederschlag von Bariumkarbonat. Original.

474

II. Die Atmung der autotrophen chlorophyllhaltigen Pflanzen

Wenn die Pflanzen trotzdem wachsen, so erklärt sich dies daraus, daß sie unter reichlicher Wasseraufnahme die Reservestoffe des Samens verwerten. Sowohl der Sauerstoffverbrauch als auch die C0 2 -Produktion lassen sich leicht qualitativ und quantitativ feststellen. Einfacher ist der Kohlensäurenachweis. Man läßt dazu z. B. Erbsen in einem Glasrezipienten keimen. Die zugeführte L u f t streicht über mit Kalilauge getränkte Stückchen von Bimsstein, die alle Kohlensäure binden. Zur Bestätigung wird noch eine Waschflasche, gefüllt mit Barytlauge, eingeschaltet (Abb. 538). Bleibt die Lösung in ihr klar, so war die L u f t C0 2 -frei. Die aus dem Rezipienten herausgeleitete L u f t wird wieder durch Barytlauge geführt, wobei weißes Baryumkarbonat ausfällt. Ein Aspirator setzt den Luftstrom in Gang. 2. D a s A u s m a ß d e r A t m u n g Assimilation und Dissimilation sind unter natürlichen Verhältnissen so abgestuft, daß die erste die zweite beträchtlich übertrifft. Daher beobachtet man am Licht bei grünen Laubblättern stets 0 2 -Ausscheidung, was früher zu der Vorstellung führte, daß höhere Pflanzen nur nachts atmen. In Wirklichkeit liegt aber nur eine Überdeckung der Atmung durch die Assimilation vor; verdunkelt man nämlich die Blätter am Tage, so scheiden sie sofort C 0 2 aus. Schon früher wurde erwähnt, daß bei ungünstigen Assimilationsverhältnissen ein K o m p e n s a t i o n s p u n k t zu finden ist, bei dem ein äußerer Gaswechsel nicht mehr stattfindet. Unter günstigen Bedingungen aber übertrifft die Assimilation die Atmung u m das 5- bis 8fache. Das Verhältnis der Assimilation zur Dissimilation bezeichnet man als den ö k o n o m i s c h e n Ko ë f f i z i e n t e n ; die Pflanze schneidet ja u m so günstiger ab, je höher der Assimilationsüberschuß ist. Die A t m u n g s i n t e n s i t ä t verschiedener Pflanzen und der einzelnen Organe erreicht eine sehr verschiedene Höhe und ist weitgehend von äußeren Bedingungen abhängig. Besonders ausgiebige Atmung findet man überall da, wo Entwicklungsvorgänge vor sich gehen, umgekehrt sinkt sie bei Ruhezuständen stark ab. So atmen ruhende Samen oder Sporen nur sehr wenig, was deshalb wichtig ist, weil sie damit ihre Trockensubstanz durch lange Zeit erhalten können. Bei der Tabelle 11 Ungefähre Respirationsintensität für verschiedenartige P f l a n z e n t e i l e auf 1 0 0 g F r i s c h g e w i c h t je S t u n d e bei 20° (Nach

BOYSEN-JENSEN)

Keimende Samen: Weizenkeimpflanzen Erbsenkeimpflanzen Assimilationsorgane: Tropaeolumblätter . Sukkulente . . . . Früchte: Trauben Ruhende Organe: Kartoffeln

. . . .

40 m g C 0 2 20 m g C 0 2 . 48 m g CO.2 5—15 m g CO. 1—2 m g CO. 0,8—1,4 m g CO.'2

5. Die Aufnahme des Sauerstoffs

475

Keimung treten dann sehr hohe Werte auf, so können z. B. Mohnsamen je Gramm Trockengewicht 122 ccm C0 2 in 24 Stunden ausscheiden. Auch Knospen erzeugen bei ihrer Entfaltung reichlich C0 2 , ebenso die Staub- und Fruchtblätter der Blüten. Die Laubblätter der gleichen Pflanzen veratmen sehr viel weniger Substanz, noch weniger die Stengel. In unserem Klima gibt es ferner jahreszeitliche Schwankungen, die einer Optimumkurve folgen, deren Höhepunkt im Sommer liegt. Im allgemeinen sind Xerophyten durch geringere Atmungsintensität ausgezeichnet als Mesophyten; da jene ungünstigere Assimilationsbedingungen haben als diese, liegt eine vorteilhafte Anpassung vor. Die vorstehende Tabelle gibt Beispiele der Atmungsintensität einiger Pflanzenorgane. 3. D i e A u f n a h m e des S a u e r s t o f f s Die Aufnahme des Sauerstoffes erfolgt durch D i f f u s i o n . Da im Innern der Pflanze ein fortwährender Verbrauch dieses Gases stattfindet, bleibt ein Gefälle dauernd erhalten. Zur Zeit der Assimilation kann der bei dieser freiwerdende Sauerstoff mit verwendet werden. Im Gegensatz zur Kohlensäure ist der Eintritt des Sauerstoffs von der Öffnung der Stomata unabhängig. Das geht schon daraus hervor, daß Wurzeln solche nicht besitzen, und sie auch an nichtgrünen höheren Pflanzen (Saprophyten, Parasiten) nur spärlich auftreten. Andererseits weist das Vorkommen von Lentizellen im Korkgewebe darauf hin, daß dieses den Sauerstoff nicht oder nicht ausreichend durchtreten läßt. Besondere Einrichtungen für 0 2 -Gewinn treten da auf, wo eine Verknappung dieses Gases vorkommt. Das ist vor allem in schlammigem Boden der Fall. Wir haben solche Anpassungen in den A t e m w u r z e l n der Mangrovepflanzen (Abb. 406, S. 302), mancher Palmen usw. kennengelernt. Das Wesentliche ist dabei das Auftreten von Lentizellen oder sonstigen Eintrittsstellen für Luft, verbunden mit Aerenchymen, und die Fähigkeit, durch negativ geotrope Aufrichtung über das Substrat hinaus in die Luft zu ragen. S u b m e r s e W a s s e r p f l a n z e n sind auf den im Wasser gelösten Sauerstoff angewiesen. Da er in stehenden Gewässern oft knapp ist, werden die mannigfaltigsten Einrichtungen, seine Gewinnung zu erleichtern und seinen Verlust zu verhindern, getroffen. Zu den ersten gehört die Auflösung der Organe in feine, fadenförmige Verästelungen, die eine große Absorptionsfläche darstellen, und die Ausbildung sehr dünner Blätter. Verluste werden dadurch vermieden, daß der Assimilationssauerstoff in großen Lakunen oder Aerenchymen gespeichert wird (vgl. S. 121). 4. Der E i n f l u ß der A u ß e n f a k t o r e n Von einschneidender Bedeutung für das Ausmaß der Atmung ist die T e m p e r a t u r . Auch hier gilt die VAN' T HOFF sehe Temperaturregel (Q 10 = 2 — 3), aber nur für den Bereich von etwa 0 — 2 0 ° . Bei höherer Temperatur bleibt der Anstieg stark gegen die Regel zurück, was deshalb vorteilhaft ist, weil dadurch die Pflanzen vor zu hohen Stoffverlusten bewahrt werden. Da auch tiefe Temperaturen die Atmung hemmen, folgt diese wieder einer O p t i m u m k u r v e .

476

II. Die Atmung der autotrophen chlorophyllhaltigen Pflanzen

Erhöhte Temperatur ist in der Natur stets mit Wasserverlusten verbunden. Solche drücken die Atmungsintensität sehr stark herab und können sie sogar fast bis zum Stillstand bringen. Die geringe Atmung ruhender Samen erklärt sich auch aus deren geringem Wassergehalt. D a die Atmung mit einem Stoffverbrauch verbunden ist, muß sie auch von der Menge der veratembaren Substanzen abhängen. Unter normalen Verhältnissen sind diese aber stets im Überschuß vorhanden. Gegenüber dem 0 2 -Gehalt der L u f t zeigen die Pflanzen eine überraschende Unabhängigkeit. Man kann ihnen im Experiment dieses Gas bis auf sehr geringe Mengen entziehen oder es stark anreichern, ohne daß die Atmung sich wesentlich ändert. Eine Reihe chemischer Verbindungen übt auf die Atmung einen fördernden oder hemmenden Einfluß aus. Dabei hängt es oft von der Konzentration des gebotenen Stoffes ab, ob das eine oder das andere eintritt, so z. B. bei der Darbietung von Äther, Äthylen, Formaldehyd, Phenylurethan u. a. Blausäure und Kohlenoxyd hemmen die Atmung unter allen Umständen, sind also ausgesprochene Atmungsgifte. Bei der Blausäure hängt dies damit zusammen, daß sie Verbindungen mit dem Eisen gewisser Atmungsfermente eingeht und dadurch deren Wirkung hemmt (vgl. S. 486).

5. D i e v e r a t m e t e n

Substanzen

Fragen wir uns nun, welche organischen Verbindungen es sind, die die grüne Pflanze veratmet, so gibt uns zunächst der Atmungskoeffizient wichtige AnhaltsCO punkte. Das Verhältnis - hat tatsächlich, wie angenommen wurde, sehr oft 02 annähernd den Wert 1, d. h. es wird für jedes aufgenommene Volumen O a ein gleichgroßes von C 0 2 abgegeben. I m geschlossenen Raum verändert sich das Luftvolumen also nicht. Zu einem solchen Quotienten muß es aber, wie die früher mitgeteilte Formel zeigt, stets dann kommen, wenn K o h l e h y d r a t e , wie Z u c k e r oder S t ä r k e , veratmet werden. Der Schwund dieser Substanzen ist in keimenden Samen oder verdunkelten Laubblättern leicht nachzuweisen, und es ist nicht daran zu zweifeln, daß sie das wichtigste Atmungsmaterial der höheren Pflanzen darstellen. Es fragt sich nun, wie die nicht seltenen Fälle zu erklären sind, in welchen der Quotient nach oben oder unten abweicht. Beträgt der Atmungsquotient weniger als 1, so heißt dies, daß mehr 0 2 aufgenommen als CO 2 abgegeben wurde. Dies trifft z. B. für die S u k k u l e n t e n zu, die nachts sehr viel Sauerstoff verbrauchen, ohne daß nennenswerte Mengen von C 0 2 austreten. Ein solches Verhalten könnte seine Ursache darin haben, daß Kohlehydrate nicht völlig zu C 0 2 und H 2 0 oxydiert werden; dann müßten aber Substanzen von geringerem Oxydationsgrad in der Pflanze gebildet worden sein. In der Tat entstehen in den Sukkulenten nachts größere Mengen von S ä u r e n , und zwar bei den K a k t e e n und C r a s s u l a c e e n Äpfel- und Isozitronensäure, bei d e n A i z o a c e e n ( Mesembryanthernum ) u . a . Oxalsäure (näheres darüber S.487). Auch in anderen Fällen ließen sich solche organischen Säuren als Zwischenprodukte der Atmung nachweisen. I m Tageslicht zerfallen diese dann in C 0 2 und H , 0 .

6. Die intramolekulare Atmung

477

Ökologisch betrachtet, bedeutet das beschriebene Verhalten für die Sukkulenten an ihren extrem trockenen Standorten einen erheblichen Vorteil. Die in der Nacht angesammelte Kohlensäure kann am Licht sofort wieder assimiliert werden, sie geht nicht wie bei anderen Pflanzen bei der nächtlichen Atmung verloren. Es kann somit auch bei geschlossenen Spaltöffnungen, also ohne Transpirationsverlust, assimiliert werden. Die geringe Spaltöffiiungszahl der Kakteen dürfte mit diesem physiologischen Verhalten im Zusammenhang stehen.

Bei der Keimung f e t t r e i c h e r Samen findet ein sehr hoher 02-Verbrauch bei geringer C02-Ausscheidung statt; der Atmungsquotient kann bis auf 0,5 sinken, es wird also etwa dreimal soviel 0 2 aufgenommen als C0 2 abgegeben. Das ist verständlich, wenn wir bedenken, daß die Fette sehr sauerstoffarme Körper sind (vgl. S. 391). Ihre oxydative Umwandlung zu veratembaren Kohlehydraten erfordert beträchtliche 0 2 -Mengen. Ist erst alles Fett in Zucker verwandelt, so steigt der Koeffizient wieder Ein. E i w e i ß s t o f f e werden von den höheren Pflanzen unter normalen Verhältnissen nicht veratmet; daher werden von der Pflanze auch keine N-haltigen Endprodukte ausgeschieden. Dadurch unterscheidet sie sich von den Tieren, die vor allem Harnstoff und Harnsäure abgeben und dadurch erhebliche N-Verluste erfahren. Die Pflanze arbeitet also, wie wir schon ein früherer Stelle (S. 456) bemerkten, viel ökonomischer als das Tier, das seinen Stickstoffbedarf viel leichter decken kann. 6. Die i n t r a m o l e k u l a r e A t m u n g Wir hörten früher, daß die Atmung der Pflanzen auch dann noch fortschreitet, wenn wir ihr den Sauerstoff weitgehend entziehen. Mein möchte nun meinen, daß bei v ö l l i g e m S a u e r s t o f f m a n g e l eine weitere Produktion von C0 2 unmöglich wäre. Versuche lehren indessen, daß dies nicht zutrifft. Leiten wir durch den früher beschriebenen Atmungsapparat statt Luft Wasserstoff oder Stickstoff, so bildet sich immer noch Baryumkarbonat in der Waschflasche. Die Pflanze hat also C0 2 abgegeben, und der zu ihrer Bildung erforderliche Sauerstoff muß in der Pflanze selbst freigemacht worden sein. Das ist nur möglich, wenn eine i n t r a m o l e k u l a r e Umsetzung im Atmungsmaterial stattfindet. Aus einem Zuckermolekül können, da es nur 6 Sauerstoffatome besitzt, höchstens 3 Moleküle C0 2 entstehen; es verbleiben dann noch 5 C- und 12 H-Atome, die einen völlig reduzierten Körper, etwa CH4, bilden könnten. Soweit geht die Reduktion indessen nicht, vielmehr entsteht Äthylalkohol neben Kohlensäure und Wasser. Verwendet man zum Versuch stärkereiche Samen, so ist die Alkoholproduktion schon durch den Geruch wahrzunehmen. Man hat diesen Vorgang i n t r a m o l e k u l a r e A t m u n g genannt. Er verläuft nach folgender Formel: 1 Mol C6H1206 2 Mol C2H5-OH + 2 Mol C0 2 + 24 Kai 180 g 88 g 92 g Daraus geht hervor, daß der Gewinn an freier Energie nur ein geringer ist. Der größere Teil bleibt als potentielle Energie im Alkohol erhalten. Demgemäß kann eine höhere Pflanze bei völligem Sauerstoffentzug nur kurze Zeit am Leben bleiben, um so mehr, als Alkohol in höherer Konzentration für sie giftig ist. Der Nachweis, daß grüne Pflanzen unter Umständen intramolekular „atmen" können, war von großer Bedeutung. Wir werden nämlich den gleichen Vorgang

478

III. Die Atmung der autotroplien Bakterien

bei der Hefe als G ä r u n g kennenlernen, woraus hervorgeht, daß zwischen der Atmung der höheren Pflanzen und der Gärung niederer Organismen kein prinzipieller Unterschied besteht. Mein kann sich vorstellen, daß auch bei der normalen Atmung erst durch Spaltung Zwischenprodukte entstehen, die dann oxydiert werden.

III. Die Atmung der autotrophen Bakterien Eine besondere Stellung bezüglich des Energiegewinns nehmen jene Bakterien ein, die wir früher als a u t o t r o p h e kennenlernten (vgl. S. 453). Ihre Chemosynthese wird erst voll verständlich, wenn wir jetzt auch ihren Atmungsvorgang kennenlernen. Sie sind aerobe Organismen, d. h. sie bedürfen des freien L u f t sauerstoffes und kommen dementsprechend nur in Böden oder Gewässern vor, die solchen ausreichend enthalten. Gemeinsam f ü r sie ist, daß sie mit Hilfe dieses Sauerstoffs reduzierte a n o r g a n i s c h e Verbindungen oxydieren und dadurch die notwendige Betriebsenergie gewinnen. Es lassen sich folgende Formen unterscheiden : 1. A'itri/in'erende-

Bakterien

Diese gewinnen nach den Untersuchungen WlNOGRADSKYs (1890) Energie durch Oxydation des Ammoniakstickstoffs zu salpetriger und Salpetersäure. Es treten stets zwei Formen vergesellschaftet auf, die N i t r i t b a k t e r i e n (Nitrosomonas-Arten) (Abb. 559, a,b) und die N i t r a t b a k t e r i e n ( Bacterium nitrobacter) (Abb. 539, c). Nitrosomonas bildet Nitrit nach folgender F o r m e l : 2 Mol N H S + 5 Mol 0 2

2 Mol H N 0 2 + 2 Mol H 2 0 + 158 Kai

Die Weiterverarbeitung des Nitrites durch die zweite Gruppe läßt sich folgendermaßen darstellen: 2 Mol H N 0 2 + 1 Mol 0 2

2 Mol H N 0 3 + 43 Kai

Der Energiegewinn je Mol ist also nicht allzu reichlich; doch können so große Mengen der Stickstoffverbindungen umgesetzt werden, daß auch f ü r die Reduktion der Kohlensäure genügend Energie zur Verfügung steht, somit die früher (S. 453) beschriebene Chemosynthese durchgeführt werden kann. Diese wird also dadurch ermöglicht, daß nicht o r g a n i s c h e Reservestoffe, die nur in begrenzter Menge zur Verfügung stehen, oxydiert werden, vielmehr a n o r g a n i s c h e Substanzen, die im Überschuß vorhanden sind. Die Abhängigkeit der beiden Bakterien voneinander ist eine so große, daß mein geradezu von einer Symbiose sprechen kann. Dabei spielt auch die Azidität des Bodens eine Rolle, da in sauren

III. Die Atmung der autotrophen Bakterien

479

Böden die Nitrifikation unterbleibt. Eine Ansammlung von Nitrit wird durch die Nitratbakterien verhindert, die ihrerseits ohne diesen Stoff nicht leben k ö n n e n ; andererseits entfernt der Nitritbildner das den Nitratbildern schädliche Ammoniak. Zur Bindung der Salpetersäure ist die Anwesenheit von Kalk vorteilhaft. 2. Sulfurinierende

Bakterien

Ganz entsprechende Umsetzungen erfährt der S c h w e f e l durch S c h w e f e l b a k t e r i e n . Von diesen ist die autotrophe Gattung Beggiatoa weit verbreitet. Es handelt sich u m ein farbloses, relativ großes Fadenbakterium, das oft in großen Massen in schwefelwasserstoffhaltigem Wasser auftritt und nur in diesem leben kann. Schwefelwasserstoff findet sich in manchen Quellen sowie in Gewässern, in welchen H 2 S durch Eiweißfäulnis frei wird. Beggiatoa fällt dadurch auf, daß sie reichlich kleine gelbe Schwefelkörnchen im Plasma enthält (Abb. 540). D e r Schwefel entsteht durch Oxydation des H 2 S ; ist dieser verbraucht, so erfolgt eine weitere Oxydation des Schwefels zu Schwefelsäure. W i e aus folgenden Formeln hervorgeht, resultiert dabei ein Energiegewinn : 1. 2 Mol H 2 S + 1 Mol 0 2 - > 2 Mol H 2 0 + 1 Mol S 2 + 122 Kai 2. 1 Mol S 2 + 5 Mol 0 2 + 2 Mol H 2 0

2 Mol H 2 S 0 4 + 2 8 4 Kai

D e r Vorgang erfordert die Gegenwart freien Sauerstoffs, Beggiatoa ist also aerob. Die Orte passenden Sauerstoffdruckes sucht sie durch gleitende Eigenbewegungen auf. Die durch ihren Farbstoffgehalt zur Photosynthese befähigten Purpurbakterien wurden schon S. 4 5 2 beschrieben. Auch sie oxydieren H , S , doch geschieht dies nur am a. i. c 4 Abb. 540. Beggiatoa. «in schwefelwasserstoffhaltigem Wasser, Licht. Dabei sind diese Bakterien b und c 24 und 48 Stunden nach Überführung in schwefelanaerob, d. h. sie leben nur an wasserstofffreies Wasser; d Beggiatoa mirabilis stärker vergr. mit Schwefelkörnern, a, b,c, nach W I N O Ö R A D S K Y , sauerstofffreien Orten und können d nach HINZE. freien 0 2 nicht vertragen. Es fragt sich nun, woher sie den für die Oxydation des H 2 S oder S 2 notwendigen Sauerstoff beziehen. Dieser stammt aus d e m C 0 2 , das durch das L i c h t m i t H i l f e des Farbstoffes reduziert wird. I m L i c h t können dann die schon auf S. 4 5 3 mitgeteilten Reaktionen stattfinden. D i e Umwandlung des Schwefelwasserstoffes in Schwefelsäure ist für den biologischen Gesamtumsatz des Schwefels von großer Bedeutung. Während nämlich H 2 S für die höheren Pflanzen giftig ist, bildet H 2 S 0 4 unentbehrliche Nähr salze. 3.

Eisenbakterien

Zum Verständnis des Verhaltens der Eisenbakterien m u ß vorausgeschickt werden, daß bei Schwermetallen eine Oxydation durch Valenzwechsel möglich ist. Gibt z. B. ein F e + + - A t o m ein Elektron an molekularen Sauerstoff ( 0 2 ) ab, so vermehrt sich seine positive Ladung, es wird zu F e + + + , und gleichzeitig entsteht aus je 14 0 2 durch Reduktion das Ion O . Die Eisenbakterien finden sich

480

IV. Die reduzierenden Bakterien

häufig in Gräben und Pfützen, die dadurch auffallen, daß die darin befindlichen Pflanzen usw. gelbe bis rostbraune Kahmhäute oder Überzüge aufweisen. Aus vorhandenem zweiwertigen Eisenkarbonat (FeC03) wurde dreiwertiges Eisenhydroxyd [Fe(OH)3] gebildet und damit Energie gewonnen. Diese Bakterien sind aerob und autotroph. Wo sie reichlich auftreten, kommt es zur Bildung von Rasenerz. 4.

Wasserstoffbaktertem

Es gibt Bakterien, die den bei Gärungen frei werdenden Wasserstoff oxydieren, weshalb sie auch Knallgasbakterien genannt werden: H2 + 0 2 -> H 2 0 2 ; H 2 0 2 + H2 -»• 2 H 2 0 5.

Methanbakterien

Diese oxydieren CH4, andere Formen auch CO. IV. Die reduzierenden Bakterien Es erscheint zunächst paradox, daß auch anaerobe Bakterien Oxydationsvorgänge durchführen können. Trotzdem ist dies möglich, weil solche Formen an Stelle des freien 0 2 der Luft anorganisch gebundenen Sauerstoff freimachen und sofort wieder verbrauchen. Es gibt d e n i t r i f i z i e r e n d e und d e s u l f u r i zierende Bakterien. Die ersten reduzieren Nitrate zu Ammoniak, einige sogar zu N; die zweiten bilden aus Sulfaten Schwefelwasserstoff, der bei Gegenwart von Eisensalzen den Schlamm unter Bildung von Schwefeleisen schwärzt. Der freigemachte Sauerstoff dient dann zur Oxydation organischer Substanzen. Der erste Prozeß, die Reduktion, erfordert Energie, der zweite, die Oxydation, liefert solche, und zwar in höherem Ausmaß, so daß für die Organismen ein Gewinn resultiert. V. Die Dissimilation der heterotrophen Pilze und Bakterien i. Die Gärungen Die Dissimilationsvorgänge der heterotrophen Pilze und Bakterien pflegt man als Gärungen zu bezeichnen. Soweit sie sich ohne Sauerstoff vollziehen, liegen S p a l t u n g s g ä r u n g e n vor; von Oxydationsgärungen spricht mein, wenn 0 4 für den Vorgang notwendig oder wenigstens förderlich ist. Danach lassen sich anaerobe, fakultativ anaerobe und aerobe Formen unterscheiden. Die Dissimilationsvorgänge der letzten Gruppe leiten, soweit als Endprodukte nur oder vorwiegend C0 2 und H 2 0 entstehen, zur Atmung der autotrophen Formen über. Die Mannigfaltigkeit der Gärungen ist eine sehr große. Die Kenntnis einiger dieser Vorgänge ist deshalb von besonderer Bedeutung, weil sie zeigen, auf wie verschiedene Weise der gleiche Zweck, nämlich die lebensnotwendige Gewinnung von Energie erreicht werden kann. Schon bei der Besprechung der verschiedenen Typen von Schwefel- und Stickstoffbakterien wurde klar, wie sehr die einzelnen Organismen in ihrer Existenz von der anderer abhängen. Dieser Verkettung

1. Die Gärungen

481

werden wir auch jetzt wieder begegnen. D i e Endprodukte des einen Vorganges sind die Ausgangsstoffe eines anderen, so daß viele Organismen nur dann und dort existieren können, wo ihnen andere vorgearbeitet haben. I m folgenden soll eine Auswahl wichtiger Gärungsprozesse geschildert und näher analysiert werden. a) Die

Alkoholgärung

Wie wir erfuhren, produziert die grüne Pflanze bei 0 2 -Ausschluß Äthylalkohol. Unter den niederen Organismen sind es vor allem die H e f e a r t e n (Vertreter der Gattung Saccharomyces) (Abb. 44, S. 48), die eine V e r g ä r u n g d e s Z u c k e r s z u A l k o h o l durchführen. D i e Bierhefe ( Saccharomyces cerevisiae) ist ein Pilz, der sich durch Sprossung (vgl. S. 48) vermehrt, also nicht das sonst für diese Organismen charakteristische Hyphenmycel bildet. Sie erzeugt nicht unter allen U m ständen Alkohol, sondern nur dann, wenn ihr bestimmte Hexosen zur Verfügung stehen oder Polysaccharide, die in solche Hexosen spaltbar sind. Als bestes Substrat eignen sich d-Glukose, d-Fruktose, etwas schlechter d-Galaktose. Infolge vorausgehender enzymatischer Spaltung werden auch Stärke, Saccharose und Maltose vergoren. Diese Spaltung kann durch Hydrolasen (vgl. S. 468) bewirkt werden. Es gibt aber noch einen anderen Weg, nämlich die sogenannte P h o s p h o r o l y s e . Während Phosphatasen, wie wir gleich hören werden, Hexosen mit Phosphorsäure verbinden (phosphorylieren) können, zerlegen Phosphorylasen Stärkemoleküle. Die Trennung der Glukoseglieder dieser Moleküle erfolgt bei Gegenwart von Amylasen durch Eintritt von Wasser (Hydrolyse). Liegen aber Phosphorylasen vor, so wird die Spaltung durch Eintritt von Phosphorsäure bewirkt. Als Spaltprodukte entstehen Moleküle von Glukose-1-phosphorsäure (CoRi-Ester). Daraus kann sich Hexosediphosphorsäure bilden, die nun unmittelbar als Gärungsmaterial zur Verfügung steht (vgl. später). Die Reaktion ist reversibel, und es gelang auf diesem Wege künstliche Stärkekörner zu erzeugen. Auch eine Phosphorolyse des Rohrzuckers ist möglich, wobei Glukose-l-phosphorsäure und Fruktose entstehen.

Zu ihrem Wachstum benötigt die Hefe die üblichen Nährsalze, als Stickstoffquelle Ammoniumsalze oder organische Verbindungen, wie Pepton oder Aminosäuren. Aus diesen wird durch Abspaltung der NH 2 -Gruppe (Desaminierung) NHg gewonnen. Steht der Hefe nur Pepton, also kein Zucker, zur Verfügung, so kann auch kein Alkohol entstehen. Sie kann dann nur bei Sauerstoffzutritt, also a e r o b , gedeihen und oxydiert die organischen Verbindungen, so daß schließlich, wie bei der Atmung, C 0 2 und H 2 0 entstehen. Bei Gegenwart von Zuckern kommt es aber, mit oder ohne 0 2 , zur a l k o h o l i s c h e n G ä r u n g ; somit ist die Hefe ein f a k u l t a t i v a n a e r o b e r Organismus. Ohne Sauerstoffzufuhr erreicht die Alkoholbildung ihr Maximum, doch vermehrt sich dann die H e f e nur langsam. Bei 0 2 Zutritt sinkt zwar die Gärung relativ ab, doch entstehen absolut genommen hohe Alkoholausbeuten, da jetzt ausgiebige Sprossung eintritt. Von dem aufgenommenen Zucker können bis 9 5 % vergoren werden, die dann zum größten Teil für den Energiegewinn Verwendung finden; nur der kleine Rest dient dem Körperaufbau. Das hängt damit zusammen, daß der Energiegewinn je Mol, wie wir schon früher (S. 477) hörten, nur ein kleiner ist. I m Falle einer so weitgehenden Spaltung des Zuckers gilt die schon früher mitgeteilte F o r m e l : 1 Mol C 6 H 1 2 O e - > 2 Mol C 0 2 + 2 Mol C 2 H 6 - OH + 24 Kai d. h . es ist die größtmögliche Menge Alkohol aus dem Zucker ausgeschieden worden. 31 v. Guttenberg, Lehrbuch der allgemeinen Botanik

V. Die Dissimilation der heterotrophen Pilze und Bakterien

482 b)

Der

Ablauf

der alkoholischen

Als erster hat B U C H N E R

Gärung

und die

Gärungsfermente

(1896) gezeigt, daß man aus zerriebener

Bierhefe

einen P r e ß s a f t g e w i n n e n kann, der Zucker zu Alkohol vergärt. D a m i t w a r erwiesen, daß in den H e f e z e l l e n ein extrahierbarer Stoff v o r k o m m t , der diese U m setzung a u c h o h n e M i t w i r k u n g

der lebenden

Z e l l e n b e w i r k t . Er gehört,

da er in kleinster M e n g e , ohne sich zu verbrauchen, größte Umsätze bewirkt, zu den E n z y m e n und erhielt den N a m e n Z y m a s e . Später zeigte sich, daß in W i r k l i c h keit ein ganzer Enzymkomplex vorliegt, dessen Glieder eine komplizierte Kettenreaktion regulieren. Es entstehen jeweils Zwischenprodukte, die v o n einem neuen E n z y m übernommen und weiterverarbeitet werden. I m V e r l a u f e dieses Gesamtvorganges entstehen C 0 2 und C 2 H S - O H . I m folgenden soll versucht werden, die heute herrschende Auffassung in ihren wichtigsten Punkten kurz darzustellen. 1. D i e P h o s p h o r y l i e r u n g Unter Einwirkung des Enzyms Phosphatase verbindet sich ein Molekül der Hexose mit zwei Molekülen Phosphorsäure zu einem Ester (Hexosediphosphat = C 6 H l0 O 6 (PO 3 H 2 ) 2 ). 2. D i e H e x o s e s p a l t u n g Nunmehr greift das Enzym Zymohexase (Aldolase) ein. Unter Verschiebung von Wasserstoff im Zuckermolekül spaltet sich dieses in zwei Teile mit je drei C-Atomen, und es resultieren zwei Moleküle Triose, nämlich Dioxyacetonphosphorsäure bzw. Glycerinaldehydphosphorsäure, die ein Gleichgewicht bilden [C 3 H 5 0 3 (P0 3 H 2 )]. 5. D i e O x y d o r e d u k t i o n Für den Eintritt dieser dritten Reaktion ist die Gegenwart von Acetaldehyd notwendig, der, wie wir hören werden, im späteren Verlauf der Reaktion selbst gebildet wird. Unter Einwirkung eines Enzyms aus der Gruppe der Dehydrasen und unter Hinzuziehung von H 2 0 kommt es zu folgendem Vorgang. Der Glycerinaldehyd bildet ein Hydrat und gibt H a an den Acetaldehyd ab. Aus dem Glycerinaldehyd entsteht dabei Glycerinsäure, aus dem Acetaldehyd Äthylalkohol. Es findet also eine Wasserstoffverschiebung zwischen beiden Körpern statt. Der Glycerinaldehyd ist der H-Spender (Donator) und wird durch H-Abgabe oxydiert; der Acetaldehyd ist der H-Empfänger (Akzeptor), er wird durch H-Aufnahme reduziert. Der Vorgang wird durch folgende Formeln verdeutlicht, in denen der Übersichtlichkeit halber die Phosphorylierung fortgelassen ist. CH 2 OH • CHOH • CHO + H 2 0 — H 2 CH2OH • CHOH • COOH Glycerinaldehyd Glycerinsäure CH3 • CHO + H 2 ->• CH 3 • CH 2 • O H Acetaldehyd Äthylalkohol Man spricht in Fällen solcher H-Verschiebung von einer Oxydoreduktion (CANNIZZAROReaktion), auf die wir später nochmals zurückkommen. Das wichtigste Ergebnis dieser Stufe ist, daß aus einem Molekül Hexose zwei Moleküle Alkohol gebildet werden. 4. D i e

Dephosphorylierung

Die noch mit der Phosphorsäure verbundene Glycerinsäure verwandelt sich unter Wasserabspaltung in Brenztraubensäure, die dann unter Einwirkung der Phosphatase die Phosphorsäure abgibt. Diese steht also wieder für die Verbindung mit einem Hexosemolekül zur Verfügung. CH2OH • CHOH • COOH ->• CH3CO • COOH + H 2 0 Glycerinsäure Brenztraubensäure

1. Die Gärungen 5. D i e

483

Decarboxylierung

Nunmehr greift das Ferment C a r b o x y l a s e ein und zerlegt die Brenztraubensäure in Acetaldehyd und Kohlensäure: CH3CO • COOH Brenztraubensäure

CH3CHO + C 0 2 Acetaldehyd Kohlensäure

Der Acetaldehyd steht nunmehr wieder als H-Akzeptor für Reaktion 3 zur Verfügung. Das Entscheidende an diesem Schritt ist, daß je Molekül Hexose zwei Moleküle C 0 2 entstehen. Es fragt sich nun noch, woher im Anfang der für Stufe 3 notwendige Acetaldehyd kommt. Dies geschieht durch eine zweite Oxydoreduktion, bei der das Dioxyaceton an Stelle des Acetaldehyds den H-Akzeptor bildet. Dabei entsteht durch H 2 -Aufnahme aus dem Dioxyaceton Glycerin und durch H 2 -Verlust aus dem Glycerinaldehyd Glycerinsäure nach den Formeln: CH2OH • CO • CH2OH + II 2 —• CH2OH • CHOH • CH2OH Dioxyaceton Glycerin CH2OH • CHOH • CHO + H 2 0 — H 2 ->- CH2OH • CHOH • COOH Glycerinaldehyd Glycerinsäure Aus der Glycerinsäure kann, wie früher beschrieben, über Brenztraubensäure Acetaldehyd und Kohlensäure entstehen. Ist die Gärung i m Gange, so erzeugt laufend die Glycerinsäure den Acetaldehyd und C 0 2 , der Acetaldehyd Glycerinsäure und Alkohol.

Das folgende Schema (nach BOYSEN-JENSEN) faßt die Vorgänge der alkoholischen Gärung nochmals zusammen. Die Phosphorylierung ist darin fortgelassen, um die Übersichtlichkeit zu erhöhen. Dioxyaceton CH2OH I CO

Glycerin CH2OH I CHOH I jO

+

o

CHOH I COH Glycerinaldehyd Acetaldehyd CH3 I

Alkohol CH,

COH CH I 2OH + 0 -•CHOH I COH Glycerinaldehyd 31*

CHOH COOH Glycerinsäure

CH2OH — • | CHOH I COOH Glycerinsäure

CH3 —• | CO I COOH Brenztraubensäure

Acetaldehyd CH3 | COH CO, Kohlendioxyd

484 c) Oxydation

V. Die Dissimilation der heterotrophen Pilze und Bakterien

und

Dehydrierung

Wir haben früher (S. 473) gehört, daß der Atmungsvorgang der grünen Pflanzen keinesfalls eine gewöhnliche Oxydation sein kann. Bei der alkoholischen Gärung haben wir nun erfahren, daß im wichtigsten Schritt dieses Vorganges, der Oxydation des Glycerinaldehyd-Hydrats zu Glyzerinsäure, die Reaktion dadurch zustande kommt, daß in einer O x y d o r e d u k t i o n Wasserstoff abgespalten und auf einen anderen Körper (Acetaldehyd) übertragen wird. Dabei wird der erste Stoff oxydiert, der zweite reduziert. Man spricht in einem solchen Fall von einer D e h y d r i e r u n g . Daß eine solche eine Oxydation darstellt, erkennt man leicht, wenn man die beiden Möglichkeiten der Umwandlung eines Aldehyds in eine Säure vergleicht: CH3-CHO + H 2 0 — H 2 ->• CH3-COOH (Dehydrierung) CH3-CHO + 0 -> CH3 • COOil (Oxydation) Das Endergebnis ist dasselbe, aber ein wesentlicher Unterschied liegt darin, daß im zweiten Fall die A n w e s e n h e i t von S a u e r s t o f f notwendig ist, im ersten aber nicht. Die Möglichkeit eines Einaeroben Lebens wird nun dadurch geboten, daß der erste Weg zur Gewinnung von Energie beschritten wird. Ermöglicht werden diese Vorgänge durch die Enzymgruppe der D e h y d r a s e n . Ferner ist notwendig, daß neben dem Stoff, der durch Wasserstoffabgabe oxydiert werden soll (dem Donator), ein zweiter vorhanden ist, der den Wasserstoff unter Reduktion aufnimmt (ein Akzeptor). Im Prinzip ist es dabei gleichgültig, was für ein Stoff das ist. Ist es Sauerstoff, so bildet sich Wasser, wie ja auch etwa bei der Oxydation von HgS Wasser entsteht und eine Oxydation vorliegt, obwohl das Endprodukt keinen Sauerstoff enthält (2 H 2 S + 0 2 S + 2 H 2 0). d) Weitere

Gärungen

Äthylalkohol ist nicht der einzige Alkohol, der bei Gärungen entsteht. Die Hefe selbst bildet aus Aminosäuren auch höhere Alkohole (Fuselöle). Gewisse Bakterien erzeugen aus Kohlehydraten P r o p y l - und B u t y l a l k o h o l neben Wasserstoff und Kohlensäure. Als Endprodukt von Gärungen treten aber auch häufig o r g a n i s c h e S ä u r e n auf; dafür sollen im folgenden Beispiele gegeben werden. An die alkoholische Gärung schließt sich die E s s i g s ä u r e g ä r u n g insofern an, als Alkohol das Substrat dieses Vorganges ist. Wirksam sind Essigbakterien (Bac~ terium aceti), die ihre Tätigkeit nur bei 0 2 -Gegenwart entfalten, also aerobe Organismen sind. Am einfachsten läßt sich der Vorgang so darstellen: 1 Mol CH3-CH2OH + 0 2 -> 1 Mol CH3-COOH + 1 Mol H 2 0 + 117 Kai Äthylalkohol Essigsäure Nach dieser Formel erscheint der Vorgang als Oxydation. A b e r auch h i e r g r e i f t eine Dehydrase ein. Sie e n t n i m m t dem Alkohol H 2 , wodurch Acetaldehyd entsteht. Nun k o m m t e» zu einer Oxydation: der Acetaldehyd verbindet sich m i t W a s s e r , es w i r d nochmals H 2 abgegeben, wobei Essigsäure r esultiert. CH 3 • COH + H 2 0 —• CH 3 • COOH + II 2 A l s Akzeptor f ü r H 2 dient der Luftsauerstoff. Das gebildete H 2 0 2 w i r d durch Katalase (vgl. S. 4 8 7 ) -zu H 2 0 reduziert. Anschließend kann dann die Essigsäure d u r c h Mycoderma aceti in C 0 2 und H 2 0 zerlegt werden. Dieser Vorgang entspricht einer Atmung. Als Nährstoffe dienen diesem B a k t e r i u m Zucker oder die Essigsäure selbst.

1. Die Gärungen

485

M i l c h s ä u r e b a k t e r i e n bilden aus Milchzucker, der erst in Galaktose und Fruktose gespalten wird, M i l c h s ä u r e . Der Vorgang ähnelt dem der alkoholischen Gärung, doch wird hier kein Acetaldehyd gebildet, sondern die Brenztraubensäure zu Milchsäure hydriert. Die Ansäuerung bringt die Milch zum Gerinnen. Auch bei der Bereitung von Sauerkohl entsteht Milchsäure. Die B u t t e r s ä u r e g ä r u n g ist leicht an ihrem sehr üblen Geruch zu erkennen. Ihr unterliegen z. B. nasse Kartoffeln. Sie wird durch Bacillus amylobacter und andere Bakterien bewirkt. Diese Formen sind anaerob, es liegen also typische Spaltungsgärungen vor. Auch bei der Z e l l u l o s e g ä r u n g entsteht durch anaerobe Bakterien Buttersäure. Der Vorgang ist deshalb sehr wichtig, weil er dem Aufschluß der ungeheuren Mengen Zellulose dient, die durch den Laubfall und das Absterben der Pflanzen in den Boden gelangen. Neben Buttersäure entsteht auch Essigsäure, C 0 2 und H oder Methan (Sumpfgas). Zu den Zellulosevergärern gehören auch die Darmbakterien. Im Dickdarm des Menschen bewirken sie die Aufschließung der Zellen von Pflanzennahrung. Bei den Wiederkäuern kommt es zu einer weitgehenden Verwertung der aufgeschlossenen Zellulose (Heu, Stroh). Eine Reihe aerober S c h i m m e l p i l z e führt Oxydationsgärungen durch, bei welchen aus Kohlehydraten und anderen organischen Substanzen o r g a n i s c h e S ä u r e n entstehen. So bildet z. B. Aspergillus niger Oxalsäure und daneben auch Zitronensäure aus. Dabei kommt es zu einer Ansäuerung des Substrates, die vom Pilz reguliert wird. Auf die ökologische Bedeutung dieser Säurebildung wurde schon früher (S. 457) hingewiesen. Auch N-haltige Substanzen können vergoren werden. Wichtig ist die H a r n s t o f f g ä r u n g , die durch die Bakterien Urococcus und Urobacillus herbeigeführt wird. Mit Hilfe des Enzyms U r e a s e bilden sie aus dem Harnstoff, den die höhere Pflanze nicht verwenden kann, kohlensaures Ammoniak. An der als „Fäulnis" bezeichneten Vergärung der Eiweißkörper beteiligen sich vorwiegend Bakterien. Durch Ausscheidung von Proteasen spalten diese das Eiweiß bis zu Aminosäuren auf. Diese werden desaminiert (Abspaltung von NH 2 ), wobei Fettsäuren und Ammoniak entstehen. Aerobe Formen können den Abbau bis zu C 0 2 und H a O weiterführen ; dabei wird auch der Schwefel als H 2 S frei. Bei vorwiegend anaerober Zersetzung bleiben manche übelriechende Restprodukte über, wie z. B. Skatol und Indol. Bei dem Gesamtvorgang sind neben den erst wirksamen Hydrolasen vor allem wieder Dehydrasen beteiligt. ej Die Oärungs-

und

Atmangsfermente

Wir haben im Vorhergenden eine weitere Gruppe von Enzymen kennengelernt, die bei den Dissimilationsvorgängen eine Rolle spielen. Man kann sie als G ä r u n g s - und A t m u n g s f e r m e n t e den früher (S. 467) besprochenen Hydrolasen gegenüberstellen. Während diese nur Spaltungen bewirken, katalysieren jene Oxydationen und Oxydoreduktionen. Man pflegt sie in folgende Gruppen einzuteilen: 1. Wasserstoff übertragende Fermente oder D e h y d r a s e n . 2. Sauerstoff übertragende Fermente oder Oxydasen. 5. Kohlenstoffketten sprengende Fermente oder D e s m o l a s e n .

486

V. Die Dissimilation der heterotrophen Pilze und Bakterien

Die Mehrzahl dieser Enzyme besteht wieder aus einer Proteingrundlage und einer Wirkungsgruppe. So unterscheidet man bei den Dehydrasen die Apo- und die Co-Dehydrase. Diese Fermente sind Wasserstoffüberträger. Bei der CANNIZZAROReaktion, also der reversiblen Dismutation eines Aldehyds in eine Säure, spricht m a n auch von Mutasen. Die bei der Gärung erwähnte Zymohexase und Karboxylase sind Desmolasen. Die Oxydasen oxydieren eine Verbindung direkt durch den Luftsauerstoff. Die A t m u n g d e r g r ü n e n P f l a n z e n gleicht in ihren ersten Stufen der alkoholischen Gärung. Wasserstoffakzeptor ist hier aber nicht der Acetaldehyd, sondern schließlich der Luftsauerstoff. Die Übertragung des Wasserstoffes erfolgt indessen nicht unmittelbar auf diesen, sondern stufenweise, wobei eine Reihe von Atmungsfermenten als Redoxsysteme mitwirken. Sie f ü h r e n diesen Namen deshalb, weil sie sich leicht reversibel oxydieren und reduzieren lassen, indem sie Wasserstoff leicht abgeben oder aufnehmen. U m die A u f k l ä r u n g der sich dabei abspielenden Vorgänge haben sich in erster Linie WIELAND und WARBURG verdient gemacht. I m folgenden soll versucht werden, wenigstens die Grundtatsachen klar zu machen. Vorausbemerkt sei noch, daß diese Ergebnisse erst in der Physiologie der Tiere festgestellt wurden. Es besteht aber heute kein Zweifel m e h r darüber, daß sich bei der A t m u n g der grünen Pflanzen im wesentlichen die gleichen Vorgänge abspielen. Bei der Atmung der grünen Pflanzen findet, wie wir hörten, im Gegensatz zu der anaeroben Gärung, schließlich eine Oxydation des freigemachten Wasserstoffes durch den Luftsauerstoff statt, wobei H 2 0 entsteht. Würde dieser Vorgang plötzlich erfolgen, so würde die ganze dabei frei werdende Energiemenge (je Mol H 2 68 Kai.) auf einmal in Wärme umgesetzt. Das wäre für den Organismus wertlos; er benötigt für seine Aufgaben eine allmähliche Energiezufuhr. Die Zwischenschaltung von Redoxsystemen verlangsamt nun den Vorgang, indem sie ihn in Teilreaktionen auflöst. Zu den dabei beteiligten Enzymen gehören zunächst die C y t o c h r o m e (a, b, c) und das WARBIMG sehe A t m u n g s f e r m e n t . Diese Fermente besitzen als Wirkungsgruppe eisenhaltige H ä m i n e , die dem Blutfarbstoff nahe stehen. Das Atmungsferment reagiert mit dem molekularen 0 2 der Luft, wobei sein Eisen autokatalytisch aus der zweiwertigen zur dreiwertigen Stufe oxydiert wird (schematisch dargestellt: 2 Ferment Fe++ + % 0 2 —>• 2 Ferment Fe+ + + + O — ) . Die Cytochrome sind reversible Redoxsysteme, die durch das Atmungsferment (also nicht autokatalytisch) aus derFe++ Stufe zur Fe+++ Stufe oxydiert werden (2 Ferment Fe+ + + + 2Cytochrom Fe++ —>2 Ferment Fe++ + 2 Cytochrom Fe+ ++). Das Atmungsferment wird auf Grund dieser Fähigkeit auch C y t o c h r o m o x y d a s e genannt. Bei der Reaktion mit dem Cytochrom wird es selbst reduziert und kann somit wieder mit 0 2 reagieren. Eine weitere Fermentgruppe sind die D e h y d r a s e n und die g e l b e n A t m u n g s f e r m e n t e . Die Dehydrasen haben die Aufgabe, den Wasserstoff des zu oxydierenden Substrates (also der phosphorylierten Triose) aufzunehmen und weiter zu übertragen. Ihre Wirkungsgruppen (Co-Dehydrasen) sind Nukleotide. Das gelbe Ferment ( F l a v i n e n z y m ) übernimmt den Wasserstoff und wird durch dessen Aufnahme reduziert. Seine Wirkungsgruppe ist Flavinphosphorsäure, also eine Phosphorverbindung des Vitamins B 2 . Bei der Reduktion verliert es seine gelbe Farbe und geht in die Leukoform über. Der Wasserstoff des Substrates wird also schließlich auf das Flavinenzym übertragen. Die Cytochrome bilden nun das Bindeglied zwischen beiden Prozessen. Der Wasserstoff des Flavinenzyms (H 2 ) reduziert das Fermenteisen des Cytochroms. Dabei wird der Wasserstoff zum Ion oxydiert (Flavinenzym H 2 + Cytochrom Fe+ + + —»Cytochrom Fe++ + Flavinenzym + 2 H+). Andererseits hatte der Sauerstoff (über das Atmungsferment) das Hämineisen des Cytochroms

VI. Der Kreislauf der Stoffe

487

aus Fe++ zu Fe+ + + oxydiert und wurde dadurch zum Ion (siehe oben). Nunmehr können sich 2 H+ und 0 — zu H a 0 verbinden. Ein weiteres Redoxsystem bilden verschiedene C a r b o n s ä u r e n . So kann die bei der Zuckergärung aus Triose entstandene Brenztraubensäure unter Aufnahme von C 0 2 (s. auch später) Oxalessigsäure bilden. Diese steht mit der Äpfelsäure in einem Oxydo-Reduktionsverhältnis. Durch Wasserabgabe verwandelt sich die letztgenannte in Fumarsäure, die ihrerseits mit der Bernsteinsäure ein Redoxsystem bildet. Oxalessigsäure Apfelsäure 2H Fumarsäure ^ r Bernsteinsäure 2H Andererseits kann aus Acetaldehyd Essigsäure entstehen und aus dieser durch Dehydrierung Bernsteinsäure 2 Essigsäure — 2 H —>• Bernsteinsäure Komplizierter als dieses 4 C-Säurensystem ist der „Zitronensäurezyklus". Bei diesem entsteht zunächst aus Oxalessigsäure und einem Oxydationsprodukt der Brenztraubensäure die cis-Aconitsäure und im weiteren Verlauf Isozitronensäure, Oxalbernsteinsäure und a-Ketoglutarsäure. Die Verbindung beider Systeme ergibt einen Kreislauf, in welchem dreimal C 0 2 abgespalten wird; somit sind schließlich alle drei C-Atome der Ausgangs-Brenztraubensäure der Oxydation verfallen. Der freiwerdende Wasserstoff kann dann vom Flavinenzym aufgenommen werden. Alle genannten Reaktionen erfordern die Mitwirkung spezieller Enzyme. Die Wasserstoffübertragung erfolgt wieder durch Dehydrasen, deren Co-Dehydrasen sich mit dem Wasserstoff der einen Säure beladen und diesen an die jeweils andere Säure abgeben. Dadurch wird die erste Säure oxydiert, die zweite reduziert. W i r erfuhren früher, daß sich in gewissen Sukkulenten nachts Äpfelsäure und Iso-Zitronensäure ansammelt. Dies ist das Ergebnis solcher Vorgänge. Nachts bleiben bei niederer Temperatur die genannten Säuren als Zwischenprodukte durch längere Zeit erhalten, während am Tage der Säureumsatz nur eine rasch verlaufende Zwischenreaktion darstellt. Dazu kommt, daß am Licht entstehendes COa sofort assimilatorisch verbraucht wird. Schon früher (S. 454) wurde darauf hingewiesen, daß auch im Dunkeln eine C0 2 -Aufnahme stattfindet und sich die Kohlensäure mit Brenztraubensäure zu Oxalessigsäure verbindet. Dadurch ist eine weitere Möglichkeit zur Erzeugung dieses für den Säurestoffwechsel so wichtigen Stoffes gegeben. Zu den Oxydasen gehören neben dem schon genannten Atmungsferment noch die P h e n o l o x y d a s e n . Sie oxydieren Phenolderivate zu Farbstoffen. Bekannt ist zum Beispiel die Verfärbung angeschnittener Kartoffeln oder Äpfel, die durch solche Oxydasen unter Verwendung des Luftsauerstoffes bewirkt wird. P e r o x y d a s e n befreien Sauerstoff aus Peroxyden und übertragen ihn auf oxydable Stoffe. Die überall verbreitete K a t a l a s e reduziert H 2 0 2 zu H 2 0 . Dieser Vorgang ist zum Beispiel dann notwendig, w e n n das Flavinenzym unmittelbar mit dem Luftsauerstoff reagiert. Dann müssen nämlich der Wasserstoff (H2) des Enzyms und der Sauerstoff (0 2 ) der L u f t H 2 0 2 bilden und dieses Zellgift m u ß durch Reduktion wieder zerstört werden.

VI. Der Kreislauf der Stoffe I m Verlauf unserer Besprechung des Gesamtstoffwechsels der Pflanzen haben w i r immer wieder erfahren, daß deren Existenz n u r möglich ist, w e n n sich ein dauernder K r e i s l a u f d e r S t o f f e abspielt, in den sie selbst entscheidend eingreifen. Dies soll nochmals in einer kurzen Zusammenfassung an Beispielen dargestellt werden.

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VII. Der Energieumsatz in der Eflame

Der gesamte Kohlenstoffvorrat der Organismen entstammt dem C0 2 der Luft, andere anorganische Kohlenstoffverbindungen, so vor allem Karbonate, sind unverwendbar. Wir beginnen mit der Photo- und Chemosynthese der autotrophen Organismen. Sie erzeugt aus C0 2 und H 2 0 Kohlehydrate und, von diesen ausgehend, weitere organische Verbindungen, die in den Dissimilationsprozessen wieder zerstört werden. Die Wiederfreimachung des C0 2 erfolgt dabei entweder durch die Organismen, die es gebunden hatten, oder auf einem langen Umweg, bei dem Zwischenprodukte entstehen, die einer Fülle anderer Organismen die Existenz ermöglichen. Die Konstanz des C02-Gehaltes der Luft führten wir schon früher als Beweis dafür an, daß sich Verbrauch und Produktion von C0 2 die Wage halten. Der Luftstickstoff kann durch einige Batterienarten in der Form verwertet werden, daß sie daraus N-haltige organische Verbindungen erzeugen. Hinzu kommt eine geringe von Organismen unabhängige Oxydation. Die Salpeter- und Ammoniakvorräte des Bodens werden als Nährsalze durch stickstoffautotrophe Organismen aufgenommen und mit von Kohlehydraten abgeleiteten Stoffen zu Aminosäuren und Eiweiß aufgebaut. Wieder dienen Dissimilationsvorgänge dazu, die aufgebauten Stoffe rückläufig in ihre Ausgangsprodukte zu verwandeln. Die Desaminierung der Aminosäuren führt zur Bildung von Ammoniak. Dieses kann bis zum Stickstoff reduziert werden, oder es steht neuerdings zum Aufbau zur Verfügung. Nitrifizierende Bakterien oxydieren es zu Salpetersäure, denitrifizierende verwandeln diese wieder in Ammoniak. Der Schwefel steht den höheren Pflanzen als Schwefelsäure zur Verfügung und wird unter Reduktion in Aminosäuren eingebaut. Bei deren Abbau wird Schwefelwasserstoff frei, den sulfurizierende Bakterien wieder in Schwefelsäure verwandeln können, während die desulfurizierenden neuerdings H2S bilden. Ein großer Teil des Regenwassers wird von den Pflanzen aufgenommen und dann der Luft in Dampfform wieder zugeführt. Dieser Vorgang ist von viel größerer Bedeutung, als man zunächst annehmen möchte. Ohne ihn wäre ein rascher Abfluß des Wassers unvermeidlich; ein solcher würde aber zu einer rapiden Abnahme der Dampfspannung der Atmosphäre führen. Diese wird nämlich Elm Festland im wesentlichen durch die Verdampfung der Gewächse auf jener Höhe erhalten, die für das Gedeihen von Organismen, insbesondere von Pflanzen, notwendig ist. VII. Der Energieumsatz in der Pflanze Das Gesetz von der E r h a l t u n g der Energie (der erste Hauptsatz der Thermodynamik) gilt auch für die Organismen. Sie können solche nicht aus sich selbst produzieren, vielmehr können sie nur von außen aufgenommene Energie in der verschiedensten Weise umwandeln und so für ihre Aufgaben verwenden. Bei der grünen Pflanze ist das Licht die ursprüngliche Energiequelle. Ein Teil der absorbierten kinetischen Energie wird im Assimilationsprozeß in potentielle chemische verwandelt. Ihre Freimachung im Atmungsvorgang ermöglicht dann die Uberführung in alle anderen Energieformen, deren die Pflanze zur Durch-

VII. Der Energieumsatz in der Pflanze

489

führung ihrer Leistungen bedarf. Die nichtgrünen Gewächse unterschieden sich dadurch, daß sie schon vorgebildete organische Stoffe aufnehmen. Nicht alle vom Chlorophyll absorbierte Lichtenergie kann indessen in chemische Energie umgewandelt werden. Vielmehr wird ein Teil in diffuse Wärme verwandelt und geht damit als arbeitsfähige Energie verloren. Schon aus diesem Beispiel ersieht man, daß auch der zweite Hauptsatz der Thermodynamik (der Entropiesatz) für die Organismen seine Gültigkeit hat. Der Satz besagt, daß bei jeder Energieumwandlung dadurch eine Energieentwertung eintritt, daß stets nur ein Teil arbeitsfähiger Energie entsteht, ein anderer Teil in nichtarbeitsfähige ungeordnete Wärme übergeht. Wir sehen das an jeder Maschine, die unvermeidlich bei ihrer Arbeit durch Reibung Wärme erzeugt. Immer wenn in der Pflanze Energiepotentiale entstehen, geschieht dies auf Kosten einer Zerstörung arbeitsfähiger Energie anderer Art, wobei der gleiche Verlust eintritt. Das Protoplasma darf nie in einen absoluten Gleichgewichtszustand übergehen, denn seine Lebendigkeit besteht gerade darin, daß in ihm dauernd Vorgänge stattfinden, die ihrerseits Ungleichgewichte (Potentiale) schaffen. Der Stillstand dieser Vorgänge würde den Tod bedeuten. Für die im Plasma stattfindenden Energieumsetzungen seien im folgenden einige Beispiele angeführt. Eine Umwandlung chemischer Energie in W ä r m e ist nachweisbar, wenn man die Pflanzen, etwa in Thermosflaschen, vor Wärmeverlusten schützt. Besonders bei der Samenkeimung, die ja mit einem hohen Atmungsanstieg verbunden ist, lassen sich deutliche Temperaturerhöhungen feststellen. Das gleiche gilt für aufblühende Knospen; bekannt für ihre Erwärmung sind die Blütenstände des Aronstabes. Der keulig angeschwollene oberste Teil der Blütenstandsachse enthält viel Stärke, die rasch veratmet wird, was zu einem Temperaturanstieg führt. Man kann annehmen, daß dies für den Tierfang vorteilhaft ist. Einige Bakterien, deren Temperaturoptimum sehr hoch liegt, vermögen die Temperatur ihres Substrates ausgiebig zu erhöhen. Beispiele sind die Formen, die die sogenannte Selbsterhitzung des Heues oder des Mistes bewirken.

Im allgemeinen sind die Pflanzen der Lufttemperatur etwa Eingeglichen. Durch Strahlung und durch die Verdunstung kühlen sie sich etwas ab, das Sonnenlicht erwärmt sie, aber nicht über eine erträgliche Grenze hinaus. Einige Bakterien und Pilze erzeugen L i c h t ; diese Lumineszenz wird durch gewisse chemische Verbindungen ermöglicht, die bei Sauerstoffzufuhr aufleuchten. Eine ökologische Bedeutung für diese Lichtproduktion ist nicht bekannt geworden. Manchen Meerestieren aber, die solche Bakterien tragen, dienen diese als Lichtquelle.

Von großer Bedeutung ist die Verwandlung von chemischer Energie in Energieformen, die B e w e g u n g e n ermöglichen. Es handelt sich dabei um p o t e n t i e l l e S p a n n u n g s e n e r g i e n , so um Volum- und F o r m e n e r g i e . Durch wechselnde Konzentration von Elektrolyten oder auch durch die Schaffung halbdurchlässiger Membranen können e l e k t r i s c h e P o t e n t i a l e entstehen; diese können dann Kataphorese bewirken. Es ist nicht ausgeschlossen, daß dies bei der Plasmaströmung eine Rolle spielt, auch wurde angenommen, daß der Auxintransport (vgl. S. 573) zum Teil kataphoretisch erfolgt. Änderungen der Oberflächenspannung können zu amöboider Bewegung Anlaß geben. Quellung und E n t q u e l l u n g sind die Energiequelle für alle hygroskopischen Mechanismen; vielleicht wirken sie auch bei der Bewegung der Geißeln mit.

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VIII. Die Endprodukte des Stoffwechsels

O s m o t i s c h e S p a n n u n g s e n e r g i e kommt durch Konzentrationserhöhung zustande und kann mannigfaltige Arbeit leisten. Im besonderen sei auf die später zu besprechenden explosiven Turgormechanismen und auf die Gelenkpolster hingewiesen, die ja alle nur Sonderfälle von Gewebespeinnungen darstellen. Für das Wachstum und die Formgestaltung ist die Energie, die das Intussuszeptiönswachstum bewirkt, wichtiger als die osmotische. Diese W a c h s t u m s e n e r g i e leistet den Hauptteil der Arbeit, die für die Entwicklung und Bewegung der Organe, soweit sie von der Zellwand abhängen, notwendig ist. Wachstumsenergie verbunden mit Turgorspannung ermöglicht es der Wurzel, sich im Boden Raum zu schaffen oder auch ein Organ entgegen der Schwerkraft aufzurichten. Die Höhe der dabei entfalteten Energie mag daraus entnommen werden, daß Wurzeln Felsen sprengen, und umgesunkene Bäume ihre Laubkronen wieder aufrichten können.

VIII. Die Endprodukte des Stoffwechsels Wie schon an verschiedenen Stellen bemerkt wurde, zeichnen sich die Pflanzen durch eine sehr ökonomische Verwertung aller aufgenommenen Stoffe aus. Sie sind darin den Tieren überlegen, was zum Teil damit zusammenhängt, daß sie von vornherein nur gelöste und keine festen Stoffe aufnehmen. Trotzdem scheidet auch die Pflanze Endprodukte des Stoffwechsels aus. Der von ihr abgegebene Wasserdampf kann kaum als ein solches bezeichnet werden, wohl aber die Atmungskohlensäure. Wir hörten indessen, daß die grüne Pflanze sich ihrer am Lichte wieder zu neuer Assimilation bedient, ja sie in manchen Fällen für dieseAufgabe geradezu speichert. Manche Elemente oder anorganische Verbindungen werden trotz des Wahlvermögens im Überschuß aufgenommen und wieder ausgeschieden (Rekrete). Das gilt vor allem für den Kalk, die Kieselsäure und gelegentlich auch für das Kochsalz. Die Pflanze entledigt sich ihrer auf verschiedene Weise. Im einzelnen wurde dies schon Ein früheren Stellen geschildert. Hier sei nur daran erinnert, daß eine Ausscheidung durch Drüsen (Hydathoden) nach außen erfolgen kann, oder eine innere Speicherung in Membranen oder Idioblasten. Oft erfolgt diese Ansammlung in Organen oder Gewebeschichten, die bald abgestoßen werden, so in den Laubblättern oder in der sekundären Rinde. Die meisten nicht weiter verwertbaren Endprodukte oder E x k r e t e der Pflanze entstammen den Dissimilationsvorgängen. Zu ihnen gehören höchstwahrscheinlich alle jene Stoffe, die man als Terpene, ätherische Öle, Harze usw. zusammenfaßt, vielleicht auch der Kautschuk. Sie sind restlos oder weitgehend reduzierte Substanzen, die von sauerstoffreicheren abstammen. Es ist einzunehmen, daß der bei dieser Reduktion freigemachte Sauerstoff Atmungszwecken dient. Die bei der Dissimilation gebildeten organischen Säuren werden im Stoffwechsel weiterverwendet, nur die Oxalsäure wird meist als Calciumoxalat in Exkretzellen deponiert. Möglicherweise stellen auch ein Teil der glykosidisch gebundenen Stoffe und die Alkaloide nicht wieder verwertbare Endprodukte des Stoffwechsels dar. Als .vereinzeltes Beispiel der Ausscheidung noch verwertbarer Substanzen wäre die von Zucker durch Nektarien zu nennen.

ZWEITER

ABSCHNITT

FORMWECHSEL Erstes Kapitel: Das Wachstum A. WACHSTUM U N D E N T W I C K L U N G W a c h s t u m ist eine mit F o r m v e r ä n d e r u n g e n v e r b u n d e n e irreversible V o l u m z u n a h m e , die ausschließlich den Organismen eigen ist. Somit bliebe diese Bezeichnung am besten für die Lebewesen reserviert; es ist indessen üblich, sie auch für andere Vergrößerungen, so insbesondere für die von Kristallen, zu verwenden. Daß es sich dabei aber u m völlig verschiedene Vorgänge handelt, wird schon daraus klar, daß man Kristalle jederzeit auflösen und wieder ausfällen kann, ein einmal in seine Bestandteile aufgelöster Organismus sich aber nicht wieder regenerieren läßt. Auch fehlt den Kristallen die für die Organismen charakteristische E n t w i c k l u n g . Darunter versteht man die Summe der Veränderungen in Bau und Form, die ein Lebewesen bis zu seiner Fertigstellung durchläuft, und deren Ergebnis die von uns als „harmonisch" empfundene Gestaltung ist. D i e E n t w i c k l u n g i s t e i n e F o l g e d e s W a c h s t u m s , das sich demnach nicht immer gleichartig, sondern in dauerndem Wechsel vollzieht. Trotz der engen Verbindung dieser beiden Vorgänge ist es zweckmäßig, sie getrennt zu besprechen. Das Wachstum der Pflanze ist eine Folge ihrer Assimilation. Die assimilierten, also zu Körpersubstanz gewordenen Stoffe bewirken eine Materialvermehrung. Die besondere Fähigkeit der Organismen besteht nun darin, diese in bestimmte Bahnen zu lenken. Unter Ausnützung aller möglichen chemischen und physikalischen Prozesse erfolgt eine gesetzmäßige Vergrößerung und Vermehrung aller Teile. Wenn eine Pflanzenzelle wächst, so vergrößert sich ja nicht nur die Membran, sondern auch das Plasma und die Vakuolen, Zellkerne und Piastiden vermehren sich usw. Das Auffälligste dabei ist, daß genau die gleichen Stoffe geschaffen werden, die die Zelle schon selbst besaß. So werden z. B. bei der Verdoppelung des Chromonemas (vgl. S. 37) dieselben Nukleoproteide synthetisiert, die der Kern schon besaß; mein spricht in solchen Fällen von A u t o k a t a l y s e . Obwohl jeder Teil für sich wächst, kommt es doch zu einem Zusammenwirken aller Teile. Diese Regelmäßigkeit der Vorgänge setzt eine genaue S t e u e r u n g voraus, die durch bestimmte Stoffe erfolgt, über die zunächst einiges Allgemeine mitgeteilt werden soll.

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B. Die Phytohormone

B. D I E

PHYTOHORMONE

Es ist uns heute noch nicht möglich, das komplizierte Wachstumsgeschehen zu durchschauen. Immerhin liegen einige erste Ansätze zu seiner Klärung vor. Man weiß jetzt, daß, ähnlich wie viele Stoffwechselumsetzungen durch Enzyme, Formveränderungen durch besondere W i r k s t o f f e , die man H o r m o n e nennt, ermöglicht und geregelt werden. Mit den Enzymen haben sie gemeinsam, daß sie o l i g o d y n a m i s c h , d . h . schon in geringster Konzentration wirksam sind. Während die Fermente aber u n m i t t e l b a r auf bestimmte Stoffe einwirken und diese auch außerhalb der Organismen angreifen, beschränkt sich die Wirkung der Hormone auf die lebende Substanz. Sie wirken nur im Organismus selbst und nicht auch in vitro; ferner sind sie weitgehend unspezifisch und im Gegensatz zu Enzymen thermostabil. Daraus geht hervor, daß sie keine Eiweißgrundlage besitzen. Dagegen bestehen Beziehungen zu den prosthetischen Gruppen der Fermente, was den Gedanken an ein gelegentliches Zusammenarbeiten von beiderlei Stoffen nahelegt. Die Wirkstoffe, wie die Hormone auch genannt werden, rufen Veränderungen in i n d i r e k t e r Weise hervor. Sie beeinflussen das Plasma in noch kaum bekannter Weise, und dieses schlägt dann sozusagen eine neue Arbeitsrichtung ein. Es muß dabei darein erinnert werden, daß das Plasma sich, wie wir schon bei der Atmung erwähnten, dauernd in einem labilen Zustand befindet. Äußere und innere Faktoren sind dafür bestimmend, welche Veränderungen in ihm vorgehen, und die inneren dürften meist Hormone sein. Für sie ist ferner charakteristisch, daß sie in ihrer Wirkung durchaus nicht Ein ihren Entstehungsort gebunden sind, vielmehr ein, manchmal polares, Wanderungsvermögen besitzen. Dadurch wird die Möglichkeit geboten, daß eine Einwirkung, die an einem bestimmten Punkt erfolgt und hier ein Hormon mobilisiert, an ganz anderer, oft weit entfernter Stelle wirksam wird. Die autotrophe Pflanze schafft sich ihre Wirkstoffe selbst, heterotrophe Organismen sind dagegen oft auch hormonheterotroph, d. h. darauf angewiesen, die lebensnotwendigen Hormone mit der Nahrung aufzunehmen. In diesem Fall werden dieselben Substanzen als V i t a m i n e bezeichnet. So ist, um nur ein Beispiel zu nennen, das Vitamin Bj ein pflanzliches oder Phytohormon. W i r erwähnten oben, daß die Hormone indirekt wirken. Sie veranlassen komplizierte Reaktionen, die sich aus kettenförmig miteinander verbundenen Teilprozessen zusammensetzen. Man kann daher auch sagen, daß sie bestimmte Endreaktionen a u s l ö s e n , und damit reihen sich die hormonalen Vorgänge in die R e i z p r o z e s s e ein. Auch für diese ist charakteristisch, daß sie Auslösungsvorgänge von Kettenreaktionen sind. Obwohl auch das Wachstum zu diesen Prozessen gehört, erscheint es vorteilhafter, sie erst bei den Bewegungsvorgängen zu schildern. Die verschiedenen beim Pflanzenwachstum mitwirkenden Hormone sollen erst in Verbindung mit den Prozessen, die sie auslösen, im einzelnen besprochen werden.

I. Art und Verteilung des embryonalen Wachstums

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C. DAS EMBRYONALE WACHSTUM I. Art und Verteilung des embryonalen Wachstums Das embryonale W a c h s t u m hat seinen Namen daher, daß es typisch für alle Zellen eines pflanzlichen Embryos ist. Wie wir früher (S. 176ff.) hörten, bleiben an der Spitze der Organe oder auch interkalar solche embryonale Partien sehr lange erhalten. In ihnen spielen sich dann die gleichen Vorgänge ab, die für den wachsenden Embryo charakteristisch sind, weshalb man auch hier von einem embryonalen Wachstum spricht. Pflanzentypen, deren Vegetationspunkte zeitlebens zu solchem befähigt sind, können gewissermaßen unbegrenzt wachsen und damit ein ungeheures Alter erreichen. In einzelnen Fällen ließ sich an Bäumen ein Alter bis zu 4000 Jahren mit Sicherheit feststellen. Sitz des embryonalen Wachstums sind die Meristeme (vgl. S. 78). In diesen findet eine dauernde Plasmavermehrung statt, die schließlich zur Kern- und Zellteilung führt und eine langsame Vergrößerung dieser Zone bewirkt. Weder über die Art der Plasmavermehrung noch über den Anlaß der Kern- und Zellteilung ist etwas Sicheres bekannt. Diese Vorgänge sind, wie wir schon früher (S. 80) hörten, nicht auf die Meristeme beschränkt. Wir lernten Fälle kennen, wo schon ausgewachsene Zellen zur Teilung schreiten, so bei der Bildung des Korkes oder des Interfaszikularkambiums. Hier kommt es vorher zu einer Art Verjüngung, die sich durch Plasmahäufung und Kernveränderungen bemerkbar macht. Auch dort, wo auf Grund parasitärer Einwirkung Wucherungen entstehen, sind solche Vorgänge zu beobachten. Es gibt aber auch Fälle von Zellteilung, wo derartige Veränderungen nicht auftreten. II. Die Hormone des Plasma Wachstums und der Zellteilung Wir können heute mit Sicherheit sagen, daß nicht etwa ein bloßer Zustrom von Baustoffen für das embryonale Wachstum und den Teilungsvorgang verantwortlich ist. Vielmehr hat sich gezeigt, daß Phytohormone diese Vorgänge auslösen. Als besonders günstig für solche Studien haben sich verschiedene Pilze, insbesondere die einzelligen Hefen, erwiesen. Man kultiviert sie in Nährlösungen und kann die Zellvermehrung entweder durch Zählung oder auch durch Bestimmung des Trockengewichtes leicht feststellen. Die schon früher beschriebene Sprossung der Hefezellen (Abb. 44, S. 48) läßt sich dem embryonalen Wachstum gleichsetzen. Denn auch bei ihr kommt es erst zu einer Plasmavermehrung, auf die dann eine Kernteilung folgt. Bei der Anzucht von Kulturhefen hat als erster W IL DIE RS (1901) die Erfahrung gemacht, daß bei Verwendung rein synthetischer Nährlösungen keine Vermehrung erfolgt; bietet man indessen natürlichen Zucker oder auch einen Extrakt von Wildhefen, so tritt normales Wachstum ein. W l L D I E R S schloß daraus, daß den Kullurhefen ein lebenswichtiger und für das Wachstum unentbehrlicher Stoff fehle. Wildhefen können ihn selbst produzieren, wogegen er Kulturhefen zugeführt werden muß ; diese sind also für den Stoff heterotroph. Der Entdecker

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II. Die Hormone des Plasmawachstums und der Zellteilung

nannte die fragliche Substanz „Bios". Die hohe Bedeutung dieser Entdeckung wurde erst viel später gewürdigt. Es ließ sich feststellen, daß das Bios einen ganzen Stoffkomplex darstellt, in dem man heute besonders folgende Substanzen unterscheidet: das B i o t i n (eine komplizierte N- und S-haltige Verbindung), den M e s o i n o s i t (einen höheren Alkohol) und die Pantothensäure (eine /9-Alaninverbindung). Dazu kommen die V i t a m i n e Bx (Thiamin, A n e u r i n ) und B 2 ( L a c t o f l a v i n ) . Die höchste Wirkung kommt dabei dem Biotin zu; es veranlaßt schon in einer Verdünnimg von 1 : 400 Milliarden Teilung von Hefezellen. Mit 1 mg kann man in kurzer Zeit die Produktion von vielen Tonnen Hefe erzielen. Alle genannten Stoffe sind Phytohormone. Das Vitamin Bx ist ein wesentlicher Bestandteil des Co-Fermentes der Carboxylase. Es verwandelt bei der Gärung die Brenztraubensäure in Acetaldehyd. Auch Vitamin B2 dient dem Fermentaufbau; es bildet die Wirkungsgruppe des „gelben Atmungsfermentes", das Oxydoreduktionen bei der Atmung steuert. Um die Wirkung dieser Hormone auf höhere Pflanzen zu studieren, bedient man sich der Methode der Z e l l - o d e r G e w e b e k u l t u r . Besonders eignen sich dazu Wurzelspitzen, die, abgeschnitten, in einer sterilen Nährsalz-Zuckerlösung in Agar kultiviert werden. Das Wurzelmeristem verlängert die Wurzel auch unter solchen Bedingungen dauernd, vorausgesetzt, daß alle notwendigen Stoffe vorhanden sind. Höhere Pflanzen bilden gleichfalls Biotin und Vitamin B 15 jedoch sind dazu anscheinend nur grüne Organe befähigt. Fügt man diese Hormone der Wurzelkultur nicht zu, so kommt es bald zu einem Wachstumsstillstand, indem das Spitzenmeristem seine Tätigkeit einstellt. Es genügt dann der Zusatz geringster Spuren dieser Stoffe, um das Wachstum wieder in Gang zu setzen. Es gilt eben auch hier das G e s e t z des M i n i m u m s : bei Vorhandensein aller nötigen Nährstoffe stellen die Wirkstoffe die begrenzenden Faktoren dar. Auch einige Aminosäuren müssen in solchen Kulturen geboten werden, woraus folgt, daß sie die Wurzel nicht selbst aufbauen kann, sondern sie von den grünen Organen her bezieht. Eine vorteilhafte Wirkstoffcjuelle sind Hefeextrakte, da sie alle erforderlichen Substanzen enthalten.

Wir werden beim Streckungswachstum eine andere Gruppe von Wirkstoffen kennenlernen, insbesondere das A u x i n und das H e t e r o a u x i n . Auch diese können unter Umständen embryonales Wachstum auslösen, so besonders im Kambium, aber auch Ein allen möglichen anderen Stellen; Voraussetzung ist, daß sie in höheren Konzentrationen geboten werden. Mikroorganismen können durch Ausscheidung besonderer Wuchsstoffe an höheren Pflanzen krebsähnliche Wucherungen erzeugen, so besonders Bacterium tumefaciens. Verletzte oder absterbende Zellen veranlassen vielfach benachbarte Zellen zu Teilungen; man hat die dabei wirksamen Stoffe als W u n d - u n d N e k r o h o r m o n e bezeichnet. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Vernarbung von Wunden, lösen z. B. die Zellteilungen aus, die zur Bildung von Wundkork erforderlich sind. Auch bei der G a l l b i l d u n g (vgl. S. 508) spielen entsprechende Wirkstoffe wohl die entscheidende Rolle. Vielfach wird angenommen, daß ein Teil der genannten Hormone, besonders das Biotin, Z e l l t e i l u n g s h o r m o n e sind. Das ist aber unbewiesen; wahrscheinlicher ist, daß sie das P l a s m a w a c h s t u m ermöglichen "und daß die Teilung nur eine Folge dieser Vorgänge ist. Dagegen scheinen die obengenannten Wundhormone tatsächlich den Teilungsvorgang selbst auszulösen. Es gelang sogar, eine solche Substanz, das T r a u m a t i n , aus Bohnenblättern rein darzustellen.

I. Registriermethoden

495

D. DAS S T R E C K U N G S W A C H S T U M I. Registriermethoden Bei den höheren Pflanzen schließt sich an das embryonale Wachstum ein Streckungsvorgang der Zellen an. Dieses S t r e c k u n g s w a c h s t u m ist es, das die rasche Vergrößerung der Pflanzenorgane bewirkt. Zu seiner Registrierung kann man ein schwach vergrößerndes Horizontalmikroskop verwenden. Auch hat man Einrichtungen geschaffen, die das Wachstumsausmaß durch Hebelarme oder Stufenräder vergrößern ( A u x a n o m e t e r ) (Abb. 541); diese können auch selbstregistrierend konstruiert werden, indem man sie mit einem Kymographion in Verbindung bringt. Ganz auffällig wird der Wachstumsvorgang bei Anwendung des Zeitrafferfilms. Die Pflanzen werden dabei in etwa % stündigem Abstand photographiert, worauf mein die Aufnahmen mit

weiterer Faden mit einem Zeiger, der die Bewegung vergrößert auf der berußten, sich drehenden Trommel registriert.

Die stärkste Streckung vollzog sich hinter der Spitze im Abschnitt des 3 . - 5 . Ausgangmillimeters, n Befestigungsnadel. Nach S A C H S .

II. Die Wachstumszonen Zur Beobachtung der W a c h s t u m s v e r t e i l u n g an Organen bedient man sich der M a r k i e r u n g s m e t h o d e . Man trägt z . B . an einer K e i m w u r z e l Tusche-

496

III. Die Streckung der Zelle

marken in 1 mm Entfernung voneinander auf. Nach einiger Zeit sieht man, daß diese in einer bestimmten Zone auseinandergerückt sind (Abb. 542). Es ist der Abschnitt, in welchem sich im Wurzelinneren die Streckung vollzieht; der Spitzenteil (Meristem + Haube) bleibt praktisch unverändert. Die Streckungszone der Wurzel ist meist nur wenige Millimeter lang und geht allmählich in die ausgewachsene über. Man bezeichnet diesen Rhythmus nach SACHS als die „Große P e r i o d e des W a c h s t u m s " . Markiert man einen S p r o ß , so sieht man, daß Ein diesem die Streckungszone erheblich länger ist. Der Unterschied zwischen beiden Organen ist ökologisch verständlich. Die Wurzel wird ähnlich wie ein Nagel in den Boden vorgetrieben. Ein langer Nagel biegt leichter ab als ein kurzer; dies zeigt den Vorzug der kurzen Streckungszone der Wurzel. Auch dürfen die Wurzelhaare nicht mehr in der Verschiebungszone hegen, da sie sonst abreißen würden. In der Tat fand man, daß Luftwurzeln, für die diese Gesichtspunkte nicht in Frage kommen, gleich Stengeln, eine lange Streckungszone besitzen. Bei L a u b b l ä t t e r n vollzieht sich die Streckung ziemlich gleichmäßig über die ganze Fläche. Das hängt damit zusammen, daß ganz junge Spreiten überall aus meristematischem Gewebe bestehen und, streng genommen, keinen Vegetationspunkt besitzen. Wenn ein ganzes Organ trotz der großen Periode gleichmäßig weiterwächst, so erklärt sich das aus dem darauf abgestimmten Zusammenwirken von Zellproduktion und Zellstreckung.

III. Die Streckung der Zelle Mikroskopisch erkennt man an sich streckenden Zellen, wie schon S. 61 ausgeführt wurde, daß ein ausgiebiges F l ä c h e n w a c h s t u m der Membran eintritt, das auf I n t u s s u s z e p t i o n beruht. Das Plasma vermehrt sich nicht oder wenig, ein Umstand, der die Raschheit des Vorganges ermöglicht. Der neugeschaffene Raum wird mit Wasser (Zellsaft) erfüllt (Abb. 57, S. 56). Das Flächenwachstum verläuft, wie wir gleichfalls schon wissen, nicht immer an allen Punkten der Zellen gleich. Daraus resultieren die verschiedenen Z e l l f o r m e n . Parenchymzellen zeigen häufig die Tendenz, sich bevorzugt in der Organrichtung zu verlängern. Quer dazu strecken sich z. B. die Palisadenzellen (Abb. 111, S. 103) oder die der Markstrahlen. Zur Schaffung größerer Interzellularräume ohne Zerstörung des Zellverbandes, werden an vielen Parenchymzellen lokale Partien bevorzugt gestreckt, so daß sternförmige Zellen resultieren, wie im Schwammparenchym oder im Aerenchym (vgl. S. 121). S p i t z e n w a c h s t u m findet sich bei Trichomen (z. B. Wurzelhaaren) und besonders bei mechanischen Fasern. Da sich bei diesen die zugespitzten Enden verkeilen, h a t m a n e i n g l e i t e n d e s W a c h s t u m angenommen. Ein solches wäre möglich, wenn die Pektin-Mittellamellen verschleimen. Der Vorgang läßt sich aber auch anders erklären. Wenn zwei spitze Zellenden samt den seitlich eingrenzenden Membranen lokal bevorzugt wachsen, so ergibt sich das gleiche Bild. Ob diese Erklärung auch für die Milchzellen, z. B. der Wolfsmilcharten, zutrifft, die meterlang die Gewebe durchziehen können, ist indessen sehr fraglich.

1. Nachweismethoden und Chemismus

497

IV. Die Hormone des Streckungswachstums (Auxine) 1. N a c h w e i s m e t h o d e n und C h e m i s m u s Die Entdeckung der Wuchshormone, die das Streckungswachstum regulieren, ergab sich aus den Bemühungen, die Reizleitung bei sich krümmenden Organen (bei Tropismen, S. 573) zu erklären. Über diese Wirkstoffe wird auch in späteren Abschnitten noch manches zu sagen sein. Hier wollen wir zunächst ihre ausschlaggebende Bedeutung für das Streckungswachstum beschreiben und, als Beispiel dafür, das beststudierte Organ, nämlich die Koleoptile der Gräser, heranziehen. Die Koleoptile ist ein stiftartiges, aber hohles, also röhrenförmiges Gebilde, das dem Graskeimling die Durchbohrung des Erdbodens ermöglicht. Sie entspringt dem ersten Keimlingsknoten, der es von dem darunter befindlichen Mesokotyl trennt, das seinerseits seitlich dem Scutellum aufsitzt. Die Koleoptile des Hafers besteht, solang sie nicht länger als 0,5 cm ist, überall aus meristematischen Zellen. Dann strecken sich diese ausgiebig, so daß ohne weitere Zellvermehrung im Dunklen eine Länge von etwa 5 cm erreicht wird. Damit ist das Wachstum abgeschlossen. Am 543. Der WENTsche Auena-Test. 1 1 2 abgeschnittene KoleoGrunde der Röhre liegt der Abb. ptilspitzen werden auf ein Agarplättchen aufgesetzt. 2 nach zwei Vegetationskegel, der bald ein Stunden werden die Spitzen entfernt und das Agarplättchen in Stücke geteilt. 3 Auena-Koleoptile, der in 4 durch einen Einschnitt Blatt bildet, das später aus die Spitze abgenommen wird (S). Das Primärblatt wird herausgeeiner präformierten Pore, die zogen (6), gestutzt und ein Agarplättchen seitlich aufgesetzt (7). sich zu einem Schlitz erweitert, S zeigt die bald darauf eintretende Krümmung. Nach F. W . W E N T . hervortritt.

A

Schneidet man einer solchen Koleoptile die Spitzenzone (etwa 1 mm) ab, so hört das Streckungswachstum sofort auf; klebt man die Spitze mit Agar wieder an, so beginnt es aufs neue. Mein kann dabei so viel Agar Zwischenschalten, daß eine Berührung lebender Zellen nicht mehr möglich ist. Ferner kann man die abgeschnittene Spitze mit der Schnittfläche auf ein kleines Agarplättchen setzen und sie darauf etwa 2 Stunden belassen. Legt man dann an Stelle der Spitze den Agar auf den Koleoptilenstumpf, so tritt erneutes Wachstum ein. Daraus folgt zwingend, daß das Wachstum durch einen Stoff angeregt wird, der in der Spitze der Koleoptile gebildet wird und in dieser polar, nämlich b a s a l w ä r t s , strömt. Auffälliger wird der Versuch, wenn man das Agarblöckchen e i n s e i t i g ansetzt. Dann nimmt nur diese eine Seite das Wachstum wieder auf, und es kommt zu einer n e g a t i v e n K r ü m m u n g . Darüber wird später noch Näheres zu sagen sein (Abb. 543). 32

v . G u t t e n b e r g , Lehrbuch der allgemeinen Botanik

493

IV. Die Hormone des Streckungswachstums (Amrine)

Man kann den Wuchsstoff also durch D i f f u s i o n gewannen, aber man kann ihn auch e x t r a h i e r e n , und zwar mit den verschiedensten Lösungsmitteln, nämlich Wasser, Alkohol, Äther, Chloroform usw. Seine Reindarstellung gelang dem Chemiker KÖGL, der ihm den Namen A u x i n gab. Es handelt sich um eine organische Säure (einbasische Fettsäure), die in zwei wirksamen Modifikationen auftritt (Auxin a und b). CH,

/H

/

\r Auxin a C 1 8 H 3 2 0 5

/ H

—C OH

X

OH

COOH x

OH

2. D i e B e d e u t u n g der W u c h s s t o f f k o n z e n t r a t i o n Wirkung des Auxins hängt weitgehend von seiner Konzentration ab. Bei -Koleoptilen wird das Wachstum schon bei einer Verdünnung von etwa Millionen gefördert; für manche Wurzeln genügt schon eine solche von Milüarden. Die einzelnen Organe der Pflanzen haben also eine v e r s c h i e d e n e A u x i n e m p f i n d l i c h k e i t . Schon geringe Konzentrations Steigerungen können dann das Wachstum hemmen; besonders deutlich wird das bei Wurzeln, die schon bei Verdünnungen von 1 : 10® ihr Wachstum fast einstellen (Abb. 544). Sehr hohe Konzentrationen schließlich erzeugen völlig abweichende Effekte: sie veranlassen Zellteilungen, die zu Organneubildungen führen können (vgl. S. 505). Nicht jede Zelle spricht auf Auxin an. Bei physiologischen Dosen sind es im allgemeinen nur meristematische Zellen in dem Momente, wo sie aus der Teilungszone herausrücken. Es leuchtet ein, daß nur so ein geregeltes Wachstum möglich ist. Daß es aber auch Ausnahmen gibt, beweist z. B. das Auftreten von Folgemeristemen, das sich auch unter Auxineinfluß vollzieht.

3. D i e W i r k u n g s w e i s e des A u x i n s

A b b . 544. Auf N ä h r a g a r kultivierte Wurzelspitzen von Zea Mags. Bei der K u l t u r a wurde a m 3 0 . 1 2 . 37 eine Spur Heteroauxin 1:1000 vor die wachsende Spitze in den Agar gespritzt. Daraufhin wurde das Wachstum fast ganz eingestellt, während die ungespritzte Kontrollwurzel b in der gleichen Zeit (30. 7 . - 4 . 8.) erheblich wuchs. Original.

Die W i r k u n g s w e i s e des A u x i n s ist noch nicht völlig geklärt, doch sind schon einige wichtige Tatsachen darüber bekanntgeworden. Wir wissen, daß der Turgordruck die Zellwand spannt. Somit lag der Gedanke nahe, daß eine Erhöhung dieses Druckes die Zellwände überdehne und damit bleibend verlängere. Dem steht aber entgegen, daß der Druck während der Streckung nicht zu-, sondern sogar abnimmt. Trotzdem kommt dem Turgordruck eine hohe Bedeutung zu. Es ließ sich experimentell beweisen, daß das Auxin die jungen Zellwände d e h n b a r e r macht. Offenbar lockert dieser Stoff den Verband der Mizellen, und nun kann

4. Die Bildungsstätten und der Transport des Auxins

499

auch ein niederer Innendruck die Membran strecken. Wenn der Wanddruck sinkt, steigt ja die Zellsaugkraft an, und das eintretende Wasser dehnt dann die Zellwand. Die Wasseraufnahme wird dadurch erleichtert, daß das A u x i n d i e W a s s e r p e r m e a b i l i t ä t d e r P r o t o p l a s t e n (vgl. S. 409) e r h ö h t . Das eintretende Wasser verdünnt den Zellsaft, doch wird dessen Saugwert laufend durch Neubildung von osmotischen Substanzen, also selbstregulatorisch, wieder erhöht. Die Dehnung ist zunächst eine elastische, also reversible. Bald aber wird sie irreversibel, da in die gestreckte und dadurch verdünnte Membran neue Zellulosemoleküle eingelagert werden. Diese I n t u s s u s z e p t i o n fixiert die Vergrößerung und gleicht den Dickenunterschied wieder aus. 4. D i e B i l d u n g s s t ä t t e n u n d der .Transport der A u x i n s Als W u c h s s t o f f q u e l l e der Haferkoleoptile haben wir deren Spitze kennengelernt. Auch sonst sind Organspitzen bevorzugte Produktionsorte, so die der Stengel und Wurzeln. Daß der Wuchsstoff indessen kein ausschließliches Produkt von Meristemen ist, geht schon daraus hervor, daß die Koleoptilspitze bald aus ausgewachsenen Zellen besteht. Die p r i m ä r e A u x i n b i l d u n g erfolgt in den jungen Laubblättern unter dem Einfluß des Lichtes. Von ihnen aus wandert der Wuchsstoff s t r e n g p o l a r zu den Organbasen. Man kann ihn stets nur aus b a s a l e n , nicht aber aus a p i k a l e n Schnittflächen abfangen. Das Auxin kann sich nachweislich im Parenchym ausbreiten, über größere Strecken erfolgt sein Transport aber im Leptom, und zwar wohl in den Siebröhren. Die P o l a r i t ä t d e r W a n d e r u n g widerspricht den Diffusionsgesetzen, auch erfolgt die Ausbreitung rascher, als es durch Diffusion möglich wäre. Ein Versuch, die basale Wanderung durch elektrische Kräfte zu erklären, kann nicht als gelungen betrachtet werden. Während seiner Wanderung versorgt das Auxin alle Organe. So strömt es auch in die Reservestoffbehälter ein. In ruhenden Samen läßt es sich nachweisen, so auch im Getreidekorn. Bei dessen Keimung taucht eine noch ungeklärte Frage auf: Wie gelangt das Auxin in die Koleoptilspitze, wenn es sich nicht aufwärtsbewegen kann? Man nimmt an, daß es in einer modifizierten inaktiven Form als sogenanntes P r o a u x i n zu allseitiger Ausbreitung befähigt ist, so in die Spitze gelangt, und dort wieder aktiviert wird. Tatsache ist jedenfalls, daß Koleoptilen ihr Wachstum bald einstellen, wenn man dem anhaftenden Korn das Auxin entzieht, und daß sie es wieder aufnehmen, wenn man das Korn künstlich mit Auxin versorgt.

• Weitere Orte reichlicher Wuchsstoffproduktion sind die L a u b k n o s p e n . Sie werden während ihrer Entwicklung mit Auxin versorgt, verwandeln dieses im Winter in eine inaktive Form und mobilisieren es bei der Knospenentfaltung im Frühjahr. Im Fruchtknoten sind es besonders die S a m e n a n l a g e n , die reich an Auxin sind und die damit die Fruchtbildung ermöglichen (vgl. S. 512). Das Auxin hat weiteste Verbreitung, dürfte aber nur in grünen Pflanzen vorkommen; so wurde es auch bei Farnen und Algen, nicht aber in Pilzen und Bakterien nachgewiesen. Anscheinend ist es u n s p e z i f i s c h , denn der Wuchsstoffextrakt einer Pflanze wirkt auf jede beliebige andere.

32*

500

IV. Die Hormone des Streckungswachstums (Auxine)

5. W e i t e r e W u c h s s t o f f e Es war sehr überraschend, als gefunden wurde, daß ein vom Auxin chemisch gänzlich verschiedener Stoff, die y 3 - I n d o l y l e s s i g s ä u r e , fast die gleichen Wachstumseffekte auslöst. Die genannte Substanz entsteht beim Eiweißabbau aus dem Tryptophan und wurde erst in niederen Pflanzen (besonders bei Pilzen und Bakterien), dann aber auch in höheren nachgewiesen. Indessen hat sich für die genannte Säure, die auch den Namen H e t e r o a u x i n führt, zeigen lassen, daß sie wahrscheinlich gar nicht selbst wachstumsfördernd wirkt, vielmehr die Pflanzen zu erhöhter Auxinproduktion veranlaßt. Dann ist es aber selbstverständlich, daß gleichartige Effekte resultieren. Man kann das Heteroauxin danach als einen Auxinaktivator ansprechen. Da es im Gegensatz zum Auxin in größerer Menge darzustellen ist, hat man sich seiner bei den meisten Versuchen bedient. Es hat sich ergeben, daß es in der Pflanze an Eiweiß gebunden auftritt und von diesem durch proteolytische Enzyme oder durch Laugenhydrolyse befreit werden kann. Das Heteroauxin tritt also in einer freien und in einer gebundenen Form auf. Nur diese scheint wirksam zu sein. Ferner fand man in Erbsenkeimlingen ein Enzym, daß das Heteroauxin inaktiviert. Neuerdings wurde auch die Ansicht vertreten, daß das Heteroauxin der einzige oder wenigstens der maßgebliche Wuchsstoff der höheren Pflanzen sei. Dem steht unter anderem entgegen, daß sich das Heteroauxin r e i n d i f f u s i v , also a p o l a r , ausbreitet, ferner, daß wuchsstoffentleerte Grasendosperme (vgl. S. 499) sich zwar mit Auxin, nicht aber mit Heteroauxin wieder aktivieren lassen. Über den Chemismus dieser Substanz geben folgende Formeln Auskunft. H

/

«Cv

HC

-CH

HC

CH H Indol

CH- • COOH

ß-Indolyl-Essigsäure

Auch eine ganze Reihe anderer organischer Verbindungen besitzt einen mehr oder weniger weitgehenden Einfluß auf das Streckungswachstum. Man nennt sie k ü n s t l i c h e W u c h s s t o f f e , da noch nicht klar ist, ob die Pflanze sie auch selbst erzeugt. Für das Ä t h y l e n wurde dies nachgewiesen. Es wird von reifenden Früchten, insbesondere Äpfeln, in sehr geringer Konzentration ausgeschieden und befördert die Reife. Man kann unreife Äpfel oder Tomaten rasch zur Reifung bringen, •wenn man sie im abgeschlossenen Raum neben reifen Früchten aufbewahrt. Das StreckungsWachstum wird durch Äthylen gehemmt; dies erklärt sich einerseits aus einer Inaktivierung des Wuchsstoffes durch das Gas, andererseits vielleicht auch dadurch, daß nunmehr H e m m s t o f f e mobilisiert werden. Solche spielen als Antagonisten der fördernden Wuchsstoffe eine wichtige Rolle. Wir kommen auf sie bei der Samenkeimung nochmals zu sprechen. Zu ihnen gehören

V. Die Beeinflussung des Streckungswachstums durch äußere Faktoren

501

z. B. das Cumarin und die Parasorbinsäure. I m Gegensatz zu den Wuchsstoffen setzen die Hemmstoffe die Wasserpermeabilität des Plasmas herab. A l l e W a c h s t u m s v o r g ä n g e w e r d e n also durch das Z u s a m m e n w i r k e n f ö r d e r n d e r und h e m m e n d e r S t o f f e r e g u l i e r t .

V. Die Beeinflussung des Streckungswachstums durch äußere Faktoren Ä u ß e r e F a k t o r e n wirken weitgehend auf die Geschwindigkeit und das Ausmaß des StreckungsvoTganges ein. Am auffälligsten ist die Rolle des L i c h t e s . Hat dieses Zutritt, so bleibt z. B. die Koleoptile kurz, und das erste Blatt tritt bald aus ihr hervor. Nur im Dunkeln verlängert sie sich zu einem langen Stift. Das entspricht ihrer Aufgabe, als Bohrorgan den Sproß aus dem dunklen Erdreich an das Licht zu führen. Entsprechende Verlängerungen beobachtet man auch sonst im Dunklen häufig (vgl. S. 509); bekannt ist z. B. die Tatsache, daß Sprosse nachts rascher wachsen als tagsüber. Auch die S c h w e r k r a f t kann das Wachstum beschleunigen oder hemmen (vgl. S. 564). Die T e m p e r a t u r w i r k u n g folgt einer Optimumkurve. Das ist schon deshalb verständlich, weil weitgehende Beziehungen zwischen Wachstum und A t m u n g bestehen. Atmungsgifte hemmen das Wachstum oder stören seinen normalen Ablauf. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Atmung und Wachstum dürfte indessen nicht bestehen; vielmehr beeinflußt die Atmung die Tätigkeit des Plasmas, und da dieses der Regulator aller physiologischen Vorgänge ist, kann Atmungshemmung für den Wachstumsvorgang nicht ohne Bedeutung sein.

Zweites Kapitel: Die Entwicklung Die Gestaltung der Pflanzen ist das Ergebnis eines allmählichen E n t w i c k l u n g s V o r g a n g e s . Schon in den einleitenden Betrachtungen über Morphologie wurde darauf hingewiesen, daß wir für die Formenmannigfaltigkeit der Organismen, die ja das Ergebnis der Entwicklung ist, eine restlos befriedigende Erklärung nicht geben können. Doch ist es möglich, die kausalen Beziehungen zu analysieren, die dem Gestaltungsvorgang zugrunde liegen. Dies ist die Aufgabe der E n t w i c k l u n g s p h y s i o l o g i e oder Entwicklungsmechanik. Die Entwicklung einer Pflanze beginnt mit der Keimung einer befruchteten Eizelle oder einer Spore. Gelenkt wird sie von der Erbmasse dieser Zellen (vgl. S. 518), und damit wird klar, daß auch die V e r e r b u n g s v o r g ä n g e zur Entwicklungsphysiologie gehören. Andererseits hat die G e n e t i k immer mehr den Charakter einer eigenen Wissenschaft angenommen; sie muß daher in einem besonderen Abschnitt behandelt werden. Die Entwicklung wird teils durch innere, teils durch äußere Faktoren reguliert. Dabei handelt es sich stets u m R e i z e r s c h e i n u n g e n (vgl. S. 557). Niemals wird eine Formänderung direkt bewirkt, vielmehr veranlassen die genannten Faktoren nur den Ablauf von Reaktionsketten, deren Endergebnis die Änderung ist.

502

A. Die embryonale Entwicklung

Es darf heute als erwiesen gelten, daß hierbei stets W i r k s t o f f e eine entscheidende Rolle spielen. Sie werden entweder autonom mobilisiert und an die Stellen, wo sie wirken sollen, geleitet, oder dies geschieht durch äußere Faktoren, wie Licht, Schwerkraft usw. Alle wesentlichen Gestaltungsprozesse vollziehen sich autonom, die äußeren Faktoren können das Geschehen meist nur hemmen, fördern oder in eine bestimmte Richtung lenken. Solche induzierten Gestaltsänderungen nennt man Morphosen.

A. D I E E M B R Y O N A L E

ENTWICKLUNG

Wir wollen bei unserer Betrachtung von der Entwicklung der Z y g o t e e i n e r A n g i o s p e r m e n p f l a n z e zum Embryo und zur Keimpflanze ausgehen. Die morphologischen Verhältnisse wurden schon in früheren Abschnitten (S. 167ff.) geschildert. Das physiologisch wichtigste Problem ist die sich dabei abspielende D i f f e r e n z i e r u n g und D e t e r m i n i e r u n g . D a bei der Teilung der Zygote eine vollkommen gleiche Verteilung der Kernsubstanzen erfolgt, besitzen beide Tochterzellen die gleiche Erbmasse. Trotzdem entwickeln sie sich völlig verschieden, die eine wird zur ersten Suspensorzelle, die zweite bildet die Embryonalkugel. Daß nicht etwa die beiden Hälften der Zygote von vornherein verschieden waren, ergibt sich aus Beobachtungen an niederen Pflanzen. Befruchtete Eizellen von Fucus oder die Sporen der Schachtelhalme orientieren die Kernspindel der ersten Teilung parallel zum «infallenden Licht; die erste Querwand liegt somit senkrecht dazu, und es entsteht auf der Lichtseite eine assimilierende Zelle, auf der Schattenseite ein Rhizoid. Die Ausgangslage des Eies oder der Spore ist dafür gleichgültig; somit bestehen diese Fortpflanzungskörper nicht von vornherein aus zwei ungleichen Hälften. Abgesehen von diesen Ausnahmefällen erfolgt die Ausrichtung der neuen Wand autonom. Die richtenden Faktoren sind uns hier unbekannt, und es war bisher nicht möglich, durch experimentelle Eingriffe Änderungen herbeizuführen. E i n phanerogamer E m b r y o e r f ä h r t erst eine Oktantenteilung; später berindet er sich durch perikline W ä n d e , i m Inneren differenzieren sich Periblem und Plerom — es k o m m t also aus inneren Ursachen zu einer geregelten Differenzierung und Organisation (Abb. 187, S. 168). Diese schreitet laufend fort, und jede junge Zelle bildet später entsprechend ihrer B e s t i m m u n g (Determinierung) eine besondere Dauerzelle. Die zunächst gleichartigen Dermatogenzellen z. B . können schließlich zu Epidermiszellen oder zu Spaltöffnungszellen werden.

Die Fähigkeit der Zellen, sich trotz gleicher Erbmasse verschieden zu entwickeln, läßt sich nur unter folgender Annahme verstehen : jede Zelle entfaltet nur einen Teil der vorhandenen Anlagen, während die restlichen unterdrückt werden. Daß tatsächlich alle Zellen omnipotent sind, d. h. sämtliche Anlagen besitzen, g e h t aus verschiedenen B e obachtungen hervor. Steckt m a n Blattstücke von Begonien in feuchten Sand, so entwickeln sich aus ihnen Blattembryonen. D e r Sproß kann dabei aus Abb. 5 4 5 . Begonia sp. Blattquerschnitt. Bildung eines Blattembryos aus einer Epidermiszelle des Blattes. Nach HANSEN.

einzigen Epidermiszelle hervor gehen (Abb. 545) und sich spater be-

e i

n e r

I. Die Polarität

503

wurzeln. Die Ausgangszelle besitzt somit die Fälligkeit, alle Zellarten der erwachsenen Pflanze zu liefern. In Gewebekulturen kann man aus wenigen Kambiumzellen größere Gewebemassen erzeugen, die schließlich Wurzel- und Sproßanlagen bilden. In dem zunächst ungeregelten Zellhaufen kommen also an verschiedenen Stellen verschiedene Erbanlagen zur Entfaltung.

Die autonome Differenzierung und die Determination sind heute noch völlig ungelöste Probleme. Daß diese Prozesse aber durch W i r k s t o f f e geregelt werden, kann mit Sicherheit angenommen werden. Unbekannt bleibt dabei freilich, welcher Faktor die Gesamtregulation bewirkt. So wissen wir auch nicht, wie es möglich ist, daß die Zellteilungen in der Art und Reihenfolge verlaufen, die der spätere Aufbau erfordert. Das für den Embryo Gesagte gilt auch für die Teilungsvorgänge in den Meristemen der Vegetationspunkte. Besonders deutlich wird dies bei Organen, die von einer einzigen Scheitelzelle abstammen. Der L a g e o r t der Abkömmlinge entscheidet darüber, in welcher Art und Weise sich die Zellen gruppieren und differenzieren, und damit, welches Gewebe resultiert.

I. Die Polarität Wie schon in der Morphologie ausgeführt wurde, besitzen die Pflanzen und ihre Organe fast immer eine Basis und Spitze, also eine L ä n g s p o l a r i t ä t . Wichtig ist der Nachweis, daß auch Teile eines Organes, ja sogar die einzelnen Zellen, polar gebaut sind. Bei einigen fädigen Algen, die an der Basis Rhizoiden entwickeln, Heß sich zeigen, daß jede herausgeschnittene Zelle auf der Basalseite' ein Rhizoid entwickelt. Schneiden wir aus einem Weiden- oder Pappelast ein Stück von beliebiger Länge heraus, und hängen wir dieses in feuchter Luft auf, so bildet das basale Ende Wurzeln, während apikal die Laubknospen austreiben. Das geschieht auch dann, wenn wir das Stück invers aufhängen (Abb. 546). Somit ist nicht die Schwerkraft, sondern ein innerer Faktor für die Polarität bestimmend. Im gegebenen Fall ließ sich zeigen, daß der basipetale Wuchsstoffstrom die Ursache dieses Verhaltens darstellt. Auch sonst dürfte die Polarisierung mit Hilfe von Wuchsstoffen erfolgen. Bei den im vorhergehenden

Abb. 546. Weidenzweigstücke, von welchen A in normaler, B in inverser Stellung am Faden f aufgehängt wurde. Die Wurzeln entstehen in beiden Fällen am Wurzelpol w, die Sprosse am Sprossenpol s. Nach PFEFFER.

504

I. Die Polarität

Abschnitt besprochenen Eizellen und Sporen kann die Richtung der ersten Zellwand auch durch einseitige Wuchsstoffzufuhr bestimmt werden. Es ist daher anzunehmen, daß das Licht erst Wuchs Stoffdifferenzen schafft und diese dann für die Lage der Kernspindel maßgeblich sind. Die Eizelle der Angiospermen dürfte dadurch eine polare Wuchs Stoffverteilung erhalten, daß sie auf der einen Seite dem Nucellargewebe aufsitzt, auf der anderen Seite in den Embryosack ragt. Im allgemeinen hat sich gezeigt, daß an Orten hoher Wuchs Stoffkonzentration Wurzeln, an solchen geringer Konzentration Sprosse entstehen. Auch die Q u e r p o l a r i t ä t (Dorsiventralität) ist ein sich autonomer Natur. So erfolgt die dorsiventrale Differenzierung von Laubblättern fast immer unabhängig von Außenfaktoren. Der traubige Blütenstand eines Fingerhutes besitzt auffällig zygomorphe Blüten. Entsteht eine solche aber ausnahmsweise als Abschluß der Blütenachse, so wird sie radiär, eine sogenannte Pelorie. Die normale Dorsiventralität der Blüten wird hier also lediglich durch die seitliche Anlage induziert. Bringt man Koniferenzweige, etwa die einer Araukarie, zur Bewurzelung, so bleibt auch der weitere Zuwachs dorsiventral; bei Zweigen von Laubbäumen dagegen geht die Dorsiventralität bald verloren, und der Zuwachs wird radiär symmetrisch. In diesen beiden Fällen handelt es sich nicht so sehr um den Bau der Achse selbst als um die Art und Weise, wie die S e i t e n o r g a n e angelegt werden. Ebenso wird die Längspolarität besonders dadurch auffällig, daß eine Achse basal andere Blattorgane ausbildet als apikal. So folgen bei krautigen Pflanzen oft auf einfache Jugendblätter kompliziertere Laubblätter und schließlich Blütenblätter.

l . Die B e e i n f l u s s u n g der P o l a r i t ä t durch äußere F a k t o r e n Beeinflussung der Längs- und Querpolarität durch äußere Faktoren ist oft beobachtet worden. Maßgebend sind vor allem das L i c h t und die S c h w e r k r a f t , aber auch Feuchtigkeit, Berührung und andere Einflüsse. W i e schon früher erwähnt wurde, bestimmt die L i c h t r i c h t u n g bei einigen Keimzellen die Lage der ersten Querwand und lenkt dadurch die längspolare Differenzierung in eine bestimmte Richtung. Pflanzt man die Alge Bryopsis verkehrt ein, so entwickelt das bis dahin grüne Ende farblose Rhizoiden, während sich die ursprünglichen Rhizoiden am Licht zu Assimilationsorganen timgestalten (Abb. 547).

Ji

B Spitze einer umgekehrten Pflanze, die sich in Bhizoiden umgewandelt hat. Die nicht schraffierten Teile kennzeichnen das nach dem Umkehren Hinzugewachsene, die schraffierten Partien das zur Zeit der TJmkehrung Vorhandene; w Rhizoiden, k Sandkörnchen, b Blattfiedern, s Stammspitze. Nach N O L L .

1. Die Beeinflussung der Polarität durch äußere Faktoren

505

Das dorsiventral gebaute Lebermoos Marchantia polymorpha bildet in kleinen Brutbechern aufrechte bilateral-symmetrische Brutknospen. Regentropfen spülen sie heraus, sie legen sich auf eine ihrer Flächen und entwickeln nur unterseits Rhizoiden, obwohl auf beiden Seiten Anlagen für solche vorhanden sind. Die Brutknospe bildet dann aus ihren Scheitelgruben Thalluslappen aus, die wieder dorsiventral sind. Experimentell ließ sich zeigen, daß vor allem Licht und Schwerkraft die Dorsiventralität induzieren. So entwickeln auf Wasser schwimmende Brutknospen, wenn man sie von unten beleuchtet, ihre Rhizoiden oberseits. Eine spätere Änderung der Dorsiventralität ist nicht mehr möglich. Alle Seitenachsen besitzen eine mehr oder minder ausgesprochene Dorsiventralität. Sie wird teils autonom festgelegt, teils ist sie durch die Schwerkraft induziert.

II. Korrelationen und Wuchsstoffverteilung Wie wir eben hörten, können abgeschnittene Sproßstücke (oder auch Blätter) Wurzeln bilden. Sie besitzen also diese Fähigkeit, machen davon aber erst dann Gebrauch, wenn sie vom Mutterorganismus abgetrennt werden. Die Pflanze nützt also ihre Entwicklungsmögli'-hkeiten nicht voll aus. Ähnlich wie eine Zelle nur einen Teil ihrer Erbanlagen entfaltet, bildet auch der ganze Organismus seine Organe nur fallweise an bestimmten Stellen aus, obwohl er sie auch an anderen Orten anlegen könnte. Diese gegenseitigen Abhängigkeiten und Beziehungen der Organe nennt man K o r r e l a t i o n e n . Als ihr Ergebnis erscheint die zweckmäßig abgestufte, „harmonische" Gestaltung. So ist z. B. das Wurzelsystem im Erdboden so entwickelt, daß es ein möglichst großes Bodenvolumen einschließt, und die einzelnen Wurzeln sich gegenseitig keine Konkurrenz machen. Seitenäste treten in geregelten Abständen auf, so daß sie sich nicht stören; Laubblätter bilden ein Mosaik (vgl. S. 241), das eine restlose Ausnützung der Gesamtassimilationsfläche gestattet.

Alle diese Stellungsverhältnisse werden von inneren Faktoren geregelt. Wird die Korrelation gestört, so kommt es zu Mißbildungen. Sehr auffällig sieht man dies an den sogenannten H e x e n b e s e n , die durch parasitäre Einwirkung von Pilzen oder Insekten zustande kommen. Es tritt eine regellose Häufung von Sprossen ein, die sich gegenseitig an der Entwicklung behindern. Die Korrelationen der Pflanzen werden im wesentlichen durch die V e r t e i l u n g d e s A u x i n s und vermutlich noch anderer Wirkstoffe bestimmt. Das Auxin wird, wie wir hörten, in den Triebspitzen der höheren Pflanzen von den jungen Laubblättern gebildet und strömt bis in die Wurzelspitzen herab. Dekapitiert man PfLanzenorgane, so raubt mein ihnen ihre Wuchsstoffquelle, und es kommt dann zu mannigfaltigen Änderungen der Gestaltung. Eine Konifere z. B., die man ihres Gipfelsprosses beraubt, richtet einen Seitensproß des letzten Wirteis auf, und dieser übernimmt dann die Funktion des früheren Haupttriebes. Offenbar hat also der von der ursprünglichen Gipfelknospe herabströmende Wuchsstoffstrom die Schräglage der Seitenäste korrelativ bewirkt. Dekapitiert man eine junge Bohnenpflanze, so wachsen die bis dahin unentwickelten Seitenknospen der Kotyledonen oder unteren Laubblätter aus. Daß vorher der herabströmende Wuchs-

506,

II. Korrelationen und Wuchsstoffverteilung

Stoff eine korrelative Hemmung bewirkte, wird durch folgenden Versuch klar. Ersetzt man die abgeschnittene Sproßspitze durch auxinhaltigen Agar, dann unterbleibt das Austreiben der Achselknospen. In ähnlicher Weise hemmen Laubblätter im ersten Jahr das Austreiben ihrer Achselknospen. Die Hemmung wird durch die reiche Wuchsstoffproduktion der Laubblätter bedingt. Entfernt man diese, so kommt es zum Austreiben (so auch nach Tierfraß oder Hagelschaden). Entsprechend entwickeln sich die Kurztriebe der Berberitze und der Kiefern schon im ersten Jahre. Bei der erstgenannten Pflanze treten statt Laubblättern Blattdornen, bei der Kiefer nur Schuppenblättern auf, die beide Auxin verbrauchen, statt solches zu bilden.

Abb. 548. Epilobium hirsutum, Sproßgipfel, einmal mit /S-Indolyl-Essigsäure 1:1000 behandelt. Nach 13 Tagen sind zahlreiche Wurzelanlagen entstanden. Umzeichnung nach SCHLENKER (Phot. PFAHLER).

Besonders auffällig ist das Ergebnis von Versuchen, bei welchen starke Auxin- oder Heteroauxinpräparate auf krautige Stengel aufgetragen werden. An der bestrichenen Stelle entstehen massenhaft Wurzeln (Abb. 548). Man kann dies praktisch bei der Kultur von Stecklingen verwerten, die von sich aus nicht zur Bewurzelung neigen; es genügt, die Schnittfläche kurz in eine Wuchsstofflösung zu tauchen, um die Wurzelbildung anzuregen (Abb. 549). Das basale Auftreten von Wurzeln an Stecklingen findet eine Erklärung darin, daß sich Wuchsstoffe an den Schnittflächen häufen, und diese Konzentrationserhöhung zur Wurzelbildung führt. Abnahme der Wuchsstoffkonzentration dagegen wird oft mit Sproßbildung beantwortet. Manche Forscher nehmen auch besondere sproß-, wurzel- und blattbildende Stoffe an, deren Existenz indessen noch unerwiesen ist. Aber auch wenn es solche gibt, können sie nicht unmittelbar, sondern nur auslösend wirken.

Abb. 549. Hex opaca, Stecklinge. Obere Reihe Wasserkontrolle, untere Reihe mit Heteroauxin behandelt. Umzeichnung nach HITCHCOCK und ZIMMERMANN.

Der verschiedene Wuchsstoffgehalt der Knospen eines Astes bestimmt das Ausmaß der Seitentriebe. Überwiegt der Gehalt der Endknospe den der Seitenknospen, so entsteht ein langer Trieb mit kürzeren seitlichen Verzweigungen; sind aber die Seitenknospen bevorzugte Lieferanten, so dominieren

III. Die Restitution

507

deren Triebe. Die Erscheinung der sogenannten Basitonie und Akrotonie und wohl auch die Bildung von Lang- und Kurztrieben (vgl. S. 250) werden also ebenfalls durch die Wuchsstoffverteilung bewirkt. Im ganzen kann man sagen, daß die Harmonie der Pflanzengestalt ein Effekt der Wirkstoffverteilung ist. Noch ein weiterer Entwicklungsprozeß ist das Resultat besonderer Wuchsstoffregulationen, nämlich das s e k u n d ä r e D i c k e n w a c h s t u m . Es ließ sich zeigen, daß die Versorgung des Kambiums mit Wuchsstoffen hauptsächlich von den Laubknospen ausgeht. Wenn deren Auxin im Frühjahr mobilisiert wird, so strömt es in das Kambium und veranlaßt dieses zur Bildimg von Frühjahrsholz; das s pätere Abnehmen der Wuchsstoffmenge dürfte zur Herbstholzbildung, das Aufhören zur winterlichen Ruhe führen.

Früher war man der Ansicht, daß die Anlage und Dimensionierung der Organe unmittelbar durch die Zufuhr von Baustoffen geregelt werde. Heute weiß man, daß auch sie von der Wuchsstoffverteilung abhängig ist. Zu Orten erhöhter Wuchsstoffproduktion findet aus noch nicht näher geklärter Ursache auch ein reichlicher Zustrom von Nährstoffen statt.

III. Die Restitution Unter R e s t i t u t i o n versteht man die Fähigkeit der Pflanzen, verlorene Teile wieder zu ersetzen. Wir haben Beispiele dafür schon im letzten Abschnitt kennengelernt : Ein Steckling bewurzelt sich, bei Entblätterung treiben die Achselknospen aus. Wird ein Baum gärtnerisch zusammengestutzt, so treiben ältere („schlafende") Knospen am Stamm aus; wird er am Grunde abgeschnitten, so entsteht oft eine ,,Wurzelbrut", d. h. die Wurzeln produzieren jetzt zahlreiche Sprosse. Auch hier darf man, wenigstens zum Teil, die Störung der Wuchsstoffverteilung dafür verantwortlich machen. In den beschriebenen Beispielen wurden verlorengegangene Organe durch Neubildung ersetzt; dies hat man auch R e g e n e r a t i o n genannt, im Gegensatz zur selteneren R e p a r a t i o n , die darin besteht, daß der Organstumpf von der amputierten Stelle aus sich selbst ergänzt. Dazu sind z. B. die Wurzeln und die Stiele von geköpften Hutpilzen befähigt. Neuerdings gelang es, wie schon kurz erwähnt wurde, aus Kambiumgewebe Kulturen herzustellen, wobei Zellhaufen entstehen, die schließlich Wurzeln und Sprosse entwickeln können. Zur Erzielung solcher Ergebnisse müssen wieder Hormone, wie Auxin, Vitamin u. a., zugesetzt werden. Ähnliche Zellwucherungen, die man K a l l u s nennt, bilden sich all den Schnittflächen von Stecklingen und können ihrerseits wieder Wurzeln oder Knospen erzeugen.

Es gibt aber auch a u t o n o m e R e g e n e r a t i o n s v o r g ä n g e . Dazu gehört z. B. die schon früher beschriebene Produktion von Blattembryonen (Abb. 490, S. 369). Solange die Blätter am Sproß sitzen, bleiben diese Embryonen klein, erst wenn die Blätter alt werden oder abfallen, entwickeln sie sich weiter; manchmal entstehen solche überhaupt erst nach Abtrennung der Blätter. Restitutionsprozesse sind es auch, die die Verwachsung von Reis und Unterlage bei der Pfropfung ermöglichen. Am interessantesten ist dabei die Bildung sogenannter Chimären. Pfropft man Nachtschatten (Solanum nigrum) auf die Tomate (S. Lycopersicum) und schneidet man das Reis nach der Verwachsung wieder ab, so entwickelt sich an der Schnittfläche ein Kallus, der Knospen bildet.

508

III. Die Restitution

Die Mehrzahl der aus ihnen entstehenden Triebe hat den Charakter einer der vereinigten Pflanzen, einzelne zeigen aber ein abweichendes, etwa intermediäres Verhalten. Untersucht man sie anatomisch, so findet man, daß ein oder zwei

Abb. 550. Schematische Darstellung von Chimären aus Solanum nigrum und S. Lgcopersicum. 1 Sektorial-, 2 Feriklinalchimäre. Die Zellen des Lycopersiettm-Gewebes sind dunkel gehalten, die des nigrum-Gewebes hell. Nach MOLISCH aus TROLL.

Abb. 551. Quercus cerris, Gallenbildung. .4 Blattunterscite, B Blattoberseite. Im oberen Teil des Blattes Gallen, bewirkt durchDryomyia circinnans, unten in A links (in B rechts) durch Amoldia cerris, in A rechts (B links) durch Amoldia homocera. D, C Längsschnitte durch die Galle von Arn. cerris, die Deckelhildung zeigend. Ergänzt nach R O S S .

Außenschichten der einen, das übrige Gewebe der anderen Pflanze angehört (Abb. 550). Man spricht daher vonPerik l i n a l c h i m ä r e n . Seitentriebe können wieder aus beiderlei Gewebe bestehen, oder es tritt ein Rückschlag ein, und zwar dann, wenn zum Aufbau des Seitenorganes nur das Dermatogen verwendet oder dieses vom Periblem gesprengt wurde. Ein auffälliges, schon lange bekanntes Beispiel ist Cytisus Adami, eine Form, die (1825) zufälüg beim Pfropfen des rotblühenden Cytisus purpureus auf Goldregen ( C y t i s u s Laburnum) auftrat. Die Blüten haben eine rosa bis gelblichrote Farbe. Rückschläge blühen rot oder gelb. Es kann auch zur Bildung sogenannter S e k t o r i a l c h i m ä renkommen, wenn Sektoren eines Organes teils vom Reis, teils von der Unterlage herrühren. Man hat diese Bildungen früher Pfropfbastarde genannt. Ob diese Bezeichnung zulässig ist, oder ob es richtiger ist, nur von Pfropfsymbionten zu sprechen, soll an späterer Stelle (S. 539) erörtert werden. Schließlich sei noch kurz auf die G a 11 b i l d u n g hingewiesen. Eine Reihe von

1. Photomorphosen

509

Insekten legt ihre Eier in junge Laubblätter, Knospen usw. ab. Um die Eier und die sich aus ihnen entwickelnden Larven entstehen Gewebe Wucherungen, die man Gallen nennt. Auffällig ist, daß Gallen Einrichtungen zeigen, die die Lebensweise des Schmarotzers erleichtern oder überhaupt erst ermöglichen. Mechanische Hüllen festigen das Gebilde, Gefäßbündel führen Stoffe zu. Es bildet sich ein Hohlraum, die Larvenkammer, die von einem nährstoffreichen Futtergewebe ausgekleidet ist. In einigen Fällen entstehen sogar präformierte Schlupflöcher für das Insekt. Die Entwicklung muß durch spezifische Wirkstoffe geregelt werden, die entweder bei der Eiablage eingespritzt oder von den Eiern und Larven ausgeschieden werden; denn ein und dasselbe Blatt kann unter dem Einfluß verschiedener Insekten die verschiedensten Gallen bilden (Abb. 551). Auch Pilze erzeugen vielfach Gallen, die indessen einen einfacheren anatomischen Bau zeigen. Die bei der Gallbildung beobachteten Entwicklungsvorgänge werfen das Problem einer „fremddienlichen Zweckmäßigkeit" auf. Eine Erklärung für diese ist uns nicht möglich.

IV. Die Morphosen Wenn äußere Faktoren gestaltbildend wirken, so spricht man von M o r p h o s e n . Sie schaffen nichts prinzipiell Neues, sondern stellen nur Modifikationen (vgl. S. 518) dar: bestimmte, schon vorhandene ^ ;f* Gestaltungsmöglichkeiten werden realisiert, während andere unterdrückt werden. l. Photomorphosen Als besonders wichtiger Faktor ist d a s L i c h t zu nennen ; unter seinem Einfluß entstehende Änderungen nennt man P h o t o m o r p h o s e n . Am auffälligsten sind die Abweichungen, die Pflanzen zeigen, welche im Dunklen aufwachsen. Zunächst unterbleibt bei ihnen die Chlorophyllbildung, sie sind daher bleich oder gelblich gefärbt. Ferner wird das Wachstum in andere Bahnen gelenkt; im allgemeinen nimmt das Längenwachstum zu, während das Dickenwachstum und das Flächenwachstum herabgesetzt werden. Im einzelnen kommen sehr verschiedene Ergebnisse zustande. W e n n Kartoffeln im dunklen Keller austreiben, so entstehen lange, dünne, kriechende Sprosse mit völlig reduzierten Blättern (Abb. 552); bei Kälte und hoher Feuchtigkeit können aber auch Triebe entstehen, die zahlreiche kleine Kartoffeln bilden. Bohnenkeimlinge erfahren gleichfalls eine fädige Verlängerung bei starker Verkleinerung der Blattspreiten. Auch bei niederen Pflanzen treten solche Veränderungen auf; Moose wachsen im Dunklen zu

Abb. 552. Kartoffelknolle, B im Licht, A im Dunkeln angetrieben. Die punktierten Linien verbinden die gleichen Internodien und zeigen deren Streckung im Dunkeln (Etiolement). Nach PFEFFER.

510

IV. Die Morphosen

stiftartigen Gebilden aus, Sporangienträger von Pilzen verlängern sich usw. Die Blätter vieler Monokotyledonen entwickeln sich im Dunklen zu langen, schmalen Bändern. G e m e i n s a m ist, d a ß b e i d e n D i k o t y l e donen die I n t e r n o d i e n , bei M o n o k o t y l e d o n e n die L a u b b l ä t t e r v e r l ä n g e r t w e r den, also die j e w e i l s besonders s t r e c k u n g s f ä h i g e n O r g a n e . D e r ökologische Vorzug ist k l a r . D i e V e r l ä n g e r u n g f ü h r t u n t e r i r d i s c h e n t s t a n d e n e T r i e b e a n das L i c h t ; a l l e d i e D u r c h b r e c h u n g des Bodens erschwerenden Seitenorgane werden u n t e r d r ü c k t , w o m i t a u c h e i n e Stoffe r s p a r n i s v e r b u n d e n ist. Ü b e r r a s c h e n d ist, d a ß diese, Etiolement g e n a n n t e E r s c h e i n u n g schon d u r c h s e h r k u r z e Belichtung völlig ausgeschaltet w e r d e n k a n n . D a r a u s g e h t k l a r h e r v o r , d a ß es sich u m e i n e photochemische R e i z e r s c h e i n u n g h a n d e l t , u n d k e i n e s f a l l s die durch die Verdunkelung verhinderte A s s i m i l a t i o n w i r k s a m ist. Nicht nur völlige Verdunkelung, sondern auch Änderungen der Lichtintensität beeinflussen die Gestaltung. W i r haben schon früher (s. S. 224) den Unterschied zwischen Sonnenund Schattenblättem kennengelernt. Auch hier liegen komplizierte Prozesse vor, denn entscheidend ist nicht so sehr, ob sich das Blatt im Licht oder im Schatten entwickelt, als ob die Knospe, der es entstammt, bei ihrer Entstehung belichtet oder beschattet war. Es können sogar ganz verschiedene Blattformen entstehen; so bildet Campanula rotimdifolia, die runde Jugendblätter und schmale spätere Blätter besitzt, im Schatten nur die Jugendform aus. Alpenpflanzen, die starker Insolation ausgesetzt sind, besitzen meist kleine, oft sehr dicht gestellte Blätter. In der Ebene gezogen, strecken sich die Internodien, und die Blätter werden größer. Hieran ist die geringere Menge blauer und violetter Strahlen schuld; diese Wellenlängen hemmen nämlich im allgemeinen die Streckung, während rotgelbes Licht in der s i e fördert. Umgekehrt reduzieren Pflanzen

Abb. 553. Chrysanthemum Leucanthemum. A Ebene erwachsen, B ein Teilstück des Rhizoms desselben j. .j . „„„„ ,, , ~ Individuums in 2000 m Hohe kultiviert. Vi nat. Gr. Nach BONNIER. T

, der tibene

(Abb. 553).

m

, den

A1

A l p1 e n

ihre

. ,• Internodien

T

2. Weitere Morphosen

2. W e i t e r e

511

Morphosen

An den Morphosen der Alpenpflanzen ist neben dem Licht auch weitgehend die T e m p e r a t u r beteiligt. Auch sonst gibt es zahlreiche Beispiele für T h e r m o m o r p h o s e n . Die Entwicklung eines dichten weißen Haarfilzes beim Edelweiß erfordert niedere Temperaturen. Daher sind diese Pflanzen in den wärmeren Südalpen, ähnlich wie in der Ebene, vergrünt. Eine große Rolle spielt auch der F e u c h t i g k e i t s g e h a l t der Umgebung. Xeromorphe Pflanzen verlieren bei feuchter Gewächshauskultur einen Teil ihrer Anpassungen gegen f. Trockenheit. Bei der \ y Besprechung der Hetero/f**^ \ ¿¡^^ phyllie haben wir erfahf // ij¿f J ren, daß manche WasserwjjK \ pflanzen unter Wasser "^^^^^^wfXÄ \ schmale, oder auch fein lakte—-—¿i V zerschlitzte Blätter, eui xSSfwC I // der Luft „normale" _ Blattspreiten entwickeln. ^ / IST Jsjt Es bedürfte indessen ^ I || \\ einer eingehendenUnterI |j| \\ f suchung, um festzuJa m stellen, ob hier nur der Jr/ absolute Feuchtigkeits||§ * f a •.f w gehalt und nicht auch UMm L , . --,y f andere Faktoren wirksam _ Hl® J ¥ j r " «L\ sind. ^TS* Von G e o m o r p h o s e n spricht man, wenn Gestaltveränderungen unter dem Einfluß der Schwerkraft vorliegen. A b b 5 5 4 ParUienocissus hederacea.. A freie Ranke, B Ranke mit HaftSolche finden wir beScheiben befestigt. Nach S C H E N K . sonders an schrägen (plagiotropen) Organen, die meist dorsiventral gebaut sind. Dafür ist vielfach die Schwerkraft verantwortlich zu machen. So besitzen z. B. die Koniferenäste unterseits viel druckfestes Rotholz, oberseits eine schmale Zone von zugfestem Weißholz. Zu dieser Ausbildung kommt es auch dann, wenn man den Ast stützt, also seine gewichtsbedingte Lastkrümmung aufhebt. Die Schwerkraft wirkt in solchen Fällen vielleicht indirekt dadurch, daß sie den Wuchsstoffstrom ablenkt (vgl. S. 573). Daß die A n i s o p h y l l i e (vgl. S. 241) zum Teil schwerkraftbedingt ist, wurde schon früher erwähnt. Sehr auffällige Veränderungen treten manchmal infolge Berührung auf ( T h i g m o m o r p h o s e n ) . So entstehen die Haustorien der Kleeseide und wohl auch anderer Parasiten auf den Berührungsreiz hin. Bekannt sind ferner die Haft-

512

V. Die Periodizität von Wachstum und Entwicklung

Scheiben einiger Rankenpflanzen. Parthenocissus Veitchii z. B. besitzt an den Rankenenden kleine Anschwellungen, die sich, sobald sie eine Unterlage treffen, abflachen. Epidermis Zeilen dringen dann mit Papillen in die kleinen Unebenheiten ein und verkleben die Berührungsflächen (Abb. 554). Bei P. hedcracea aber treten die Haftballen nur nach Berührung auf. Thigmomorphosen von Ranken und Kletterhaken wurden schon früher (S. 264) erwähnt. Chemomorphosen kommen unter dem Einfluß sehr verschiedener Stoffe zustande. Zum größten Teil handelt es sich um den Einfluß von Auxin oder von anderen Wirkstoffen, worüber zum Teil schon berichtet wurde. Hier sei noch ß-%

III A

/ J 1

Abb. 555. Parthenokarpie bewirkt durch Heteroauxin. A Gallonia candicans, heranreifende Fruchtknoten. 1 normal, 2 nach Entfernung der Samenanlagen (Deckelschnitt) und Einführung von Heteroauxin, 3 wie 2 aber ohne Heteroauxin. Nach acht Tagen ist 2 in die Dicke gewachsen und grün geblieben, 3 gebräunt und geschrumpft im Absterben. B Aconitum Napellus. 1 Eontrolle, 2 Samenanlagen entfernt, 3 ebenso, aber Heteroauxinpaste eingeführt. 2 ist nach 6 Tagen geschrumpft, 3 ist grün und gewachsen. Bei beiden Objekten beruht das Wachs* tum nur auf Zellstreckung. 154 x vergr. Original.

einiges über die Fruchtbildung mitgeteilt. Zu einer solchen kommt es normalerweise nur nach einer Befruchtung. Hierbei hegt eine Fernwirkung vor, die von der befruchteten Eizelle ausgeht, und die sowohl die Samen- als auch die Fruchtentwicklung regelt. Man kann die Samenanlagen eines Fruchtknotens entfernen und an deren Stelle ein Wuchsstoffpräparat einführen. In diesem Falle kommt es zur Ausbildung samenloser, aber sonst normaler Früchte (Parthenokarpie, Abb. 555). Auch Pollenextrakte, die man auf Narben bringt, können ähnliche Effekte auslösen. V. Die Periodizität von Wachstum und Entwicklung, Wachstum und Entwicklung der Pflanzen vollziehen sich nicht mit stets gleichbleibender Geschwindigkeit und Intensität; vielmehr verlaufen sie in gewissen Perioden oder Rhythmen, die vielfach mit einer entsprechenden Produktion von Hormonen verbunden sind. Der E n t w i c k l u n g s r h y t h m u s der höheren Pflanze ist allbekannt. Nach kürzerer oder längerer Samenruhe kommt es erst zu einer vegetativen Phase,

V. Die Periodizität von Wachstum und Entwicklung

513

die der Ernährung dient, worauf die Blühperiode folgt, die zur Fortpflanzung führt. Auch niedere Pflanzen durchlaufen entsprechende Stadien. Im wesentlichen liegen dabei überall autonome Vorgänge vor, doch ist ihr Verlauf weitgehend von Außeneinflüssen abhängig. Betrachten wir zunächst das W a c h s t u m , so wurde über dessen große Periode schon berichtet und auch auf die täglichen Schwankungen im Zuwachs hingewiesen. Diese zeigen zwar eine Abhängigkeit vom Tag- und Nachtwechsel, werden aber nicht ausschließlich durch diesen bedingt. Beim Dickenwachstum lernten wir die Jahresringbildung kennen. Sie hängt in unserem Klima mit der Winterruhe und mit dem Laubfall zusammen, der eine weitere Assimilation abschneidet. Der L a u b f a l l ist aber keine unmittelbare Folge der herbstlichen Abkühlung, vielmehr folgt er einem inneren Rhythmus, der durch Außenfaktoren nur reguliert wird. Manche unserer Bäume behalten, wenn sie in das ausgeglichene Tropenklima verpflanzt werden, ihren Laubfallrhythmus etwa bei, andere werden immergrün. Aber auch Tropenbäume wechseln ihr Laub; dabei können Schwankungen der Temperatur und der Feuchtigkeit bestimmend sein. Es gibt aber auch Fälle, in welchen nur innere Faktoren wirksam sind; kommt es doch vor, daß von den Ästen eines Baumes gleichzeitig der eine entblättert ist, der andere Blätter trägt und wieder ein anderer blüht oder fruchtet.

Die L a u b k n o s p e n unserer Bäume treiben trotz der günstigen Außenbedingungen zunächst nicht aus; dies geschieht erst im nächsten Jahr nach einer Winterruhe. Experimentell gelingt es aber, diese zu unterbrechen und die Knospen zu vorzeitiger Entfaltung, zum Teil auch mit anschließendem Blühen, zu veranlassen. Als Mittel dienen u. a. ein kurzes Warmbad, Behandlung mit Äther, Äthylen usw. Alle diese Eingriffe beeinflussen die Atmung und auf diesem Weg oder vielleicht auch direkt die Wuchsstoffversorgung. Auch bei der Ruhe und Keimung der S a m e n wirken autonome und induzierte Vorgänge zusammen. So keimen die Samen mancher Tropenpflanzen sofort, während die unseres Klimas oft eine längere Ruhezeit vor der Keimung benötigen. Es ergeben sich dabei deutliche ökologische Beziehungen zum Klima. Samen mancher Alpenpflanzen müssen erst eine Frostperiode durchmachen, ehe sie keimen, wieder andere entwickeln sich nur im Licht oder nur im Dunkeln oder auch nur innerhalb gewisser Temperaturgxenzen. Die Tatsache, daß Samen im allgemeinen erst außerhalb der Frucht keimen, erklärt sich aus der Existenz von H e m m s t o f f e n (Blastokoline vgl. S. 500). Solche können ihren Sitz nicht nur in der Frucht, sondern auch in der Samenschale haben. Daß es auch Förderstoffe gibt, haben wir schon für Orobanche, Orchideen und andere erfahren.

Den seltenen Fall der Keimung innerhalb der Frucht findet man bei einigen Mangrovebäumen (Viviparie). Bei Rhizophora z. B. tritt der Keimling mit der derben Radikula, an die sich ein langes Hypokotyl schließt, aus der noch am Baum befindlichen Frucht heraus. Das beträchtliche Gewicht führt zu lotrechtem Herabhängen und beim Herabfallen zur Einbohrung der Wurzel in den Schlamm. Damit wird das Versinken abfallender Früchte oder Samen vermieden. Schon seit längerer Zeit ist bekannt, daß bei Algen und Pilzen oft Außenfaktoren dafür entscheidend sind, daß es zu g e s c h l e c h t l i c h e r oder u n g e s c h l e c h t l i c h e r F o r t p f l a n z u n g kommt. Die Anlässe sind sehr verschieden, so z. B. Änderungen des Nährsalzgehaltes, der Feuchtigkeit, des osmotischen Druckes u. a. Bemerkenswert ist, daß es sich dabei meist nur um q u a n t i t a t i v e Änderungen des Außenfaktors handelt. 33 v. G u t t e n b e r g , Lehrbuch der allgemeinen Botanik

514

V. Die Periodizität von W a c h s t u m und

l. D e r

Entwicklung

Photoperiodismus

Besonders eingehend wurde in letzter Zeit die Abhängigkeit der B l ü h r e i f e von äußeren Faktoren studiert. Es gibt Pflanzen, bei welchen die vegetative und die reproduktive Phase kaum getrennt sind. Das gilt besonders für einjährige Formen, deren Blütensprosse in Laubblattachseln auftreten, während die Hauptachse weiterwächst, wie etwa beim Kürbis. Häufiger sind beide Phasen getrennt, wobei die eine oder die andere vorlaufen kann. So erscheinen bei der Herbstzeitlose die Blüten im Herbst und die zur gleichen Achse gehörigen Blätter im Frühjahr. Viel häufiger ist der umgekehrte Fall. Wieder liegen teils a u t o n o m e , teils a u s g e l ö s t e Prozesse vor. Schon lange ist aus der gärtnerischen Praxis bekannt, daß eine besonders starke Versorgung mit

l

Abb. 556. Hirse, K u r z t a g p f l a n z e , links bei 18 ständiger Tageslänge aufgewachsen und daher nur vegetativ entwickelt, rechtsbeil2stündigerTageslänge aufgewachsen und daher blühend. Nach H A X I M O W .

Abb. 557. Gerste, L a n g t a g p f l a n z e . Links bei 9 stündigem Tageslicht nur vegetativ entwickelt, rechts bei 18 stündigem Tageslicht mit Blütenständen versehen. Nach MAXIMOW.

Nährsalzen, vor allem mit Nitrat, die vegetative Phase stark fördern und die generative unterdrücken kann. Ebenso, daß Licht und Schatten darauf von Einfluß sind. Am auffälligsten ist aber die Erscheinung des P h o t o p e r i o d i s m u s , die im folgenden näher erläutert werden muß. Beobachtungen und Versuche ergaben, daß viele Pflanzen nur dann zum Blühen kommen, wenn sie während ihrer Entwicklung in e i n e m b e s t i m m t e n W e c h s e l b e l i c h t e t u n d v e r d u n k e l t wurden. Man unterscheidet K u r z t a g p f l a n z e n , L a n g t a g p f l a n z e n und t a g e s n e u t r a l e Pflanzen. Die ersten haben ihren Namen daher, daß sie nur dann Blüten ansetzen, wenn die tägliche Beleuchtung zwölf Stunden nicht überschreitet (Abb. 556). Entscheidend ist das Auftreten einer mindestens ebenso langen oder längeren Dunkelperiode, die Be-

2. Die Vernalisation

515

lichtung braucht oft nur ganz kurz zu dauern. Es ist verständlich, daß dies Pflanzen sind, die aus Gegenden mit solcher Tageslänge stammen, also vorwiegend Tropenpflanzen, darunter z. B. die Kartoffel. Bei der europäischen, viel längeren Belichtungsdauer kommen solche Pflanzen oft gar nicht zur Blüte, oder die Blühperiode tritt erst sehr verspätet ein, bei uns also gegen den Herbst zu. Mein kann dies vermeiden, wenn man künstlich durch Verdunkelung einen „Kurztag" herstellt. Durch verschieden lange Belichtung einzelner Teile einer Pflanze kann man sogar erreichen, daß der eine nur Laubblätter bildet, ein anderer aber blüht. L a n g t a g p f l a n z e n bedürfen einer täglichen Beleuchtung von über zwölf Stunden, u m von der vegetativen in die Blühphase überzugehen (Abb. 557). Eine Unterbrechung durch Dunkelperioden kann ganz überflüssig werden. Mein könnte meinen, daß dabei die Länge der Assimilationsdauer eine Rolle spielt; dem ist aber nicht so, da i m Experiment schon eine Beleuchtung von so geringer Lichtintensität genügt, daß ein eine nennenswerte Erhöhung der Assimilatmenge nicht zu denken ist. Langtagpflanzen gehören dem nördlichen Klima an. Zieht man solche, z. B. Salat oder Spinat, im Frühjahr bei kürzeren Tageslängen, so bleiben sie vegetativ, während sie i m Sommer rasch Blütenstände entwickeln. Die Umstellung der Pflanze von der vegetativen auf die Blühphase wird offenbar durch bestimmte Wirkstoffe, die man als blütenbildende Stoffe oder B l ü h h o r m o n e bezeichnet, bewirkt. Dafür liefern besonders Pfropfungsversuche Beweise. Pfropft man ein Reis einer Kurztagspflanze auf eine Langtagpflanze auf, so kommt es, wie durch Ansteckung, durch diese auch bei Langtagskultur zur Blüte. Das ist nur so zu verstehen, daß ein blütenbildender Stoff von der Unterlage in das Reis einströmt. Es ließ sich zeigen, daß die Blühhormone in den Laubblättern gebildet werden; über ihre chemische Natur ist noch nichts bekannt. 2. D i e V e r n a l i s a t i o n Einen weiteren wichtigen Faktor für das Aufeinanderfolgen von vegetativer und Blühphase stellt die Temperatur während der Keimung dar. Hohe Keimungstemperaturen verzögern vielfach die Blütenbildung, niedere beschleunigen sie. Von großer praktischer Bedeutung ist dies z. B. für die Kultur von Getreidearten. Unser Wintergetreide keimt beim normalen Anbau bei tiefen Temperaturen und kommt dann so frühzeitig zur Blüte, daß der Ernteertrag gesichert ist. Sät mein es dagegen bei höheren Frühjahrstemperaturen aus, so entwickelt es im Sommer lediglich Blätter und keine Ähren. Hält man das gequollene Saatgut aber während einiger Wochen bei einer Temperatur von wenigen Graden über Null, so erfolgt die Entwicklung wie beim Herbstanbau. Abkühlung während der Keimungsphase kürzt also die vegetative Entwicklung ab; nach einer bestimmten Anzahl von Laubblättern entwickelt die Achse die Blütenähre. Spätere Abkühlung erzielt diesen Erfolg nicht mehr. Das Verfahren, durch künstüche Abkühlung des Saatgutes eine Beschleunigung der Blühphase herbeizuführen, hat man als Vernalisation oder Jarovisation bezeichnet. Da man von den verschiedenen Kulturpflanzen teils frühe Blühreife verlangt, teils das vegetative Stadium ausnutzen will, ergeben sich durch dieses Verfahren für die Landwirtschaft wichtige Möglichkeiten. Die 83*

516

VI. Der Abschluß der Entwicklung und die Lebensdauer

Wirkung der Vernalisation kombiniert sich mit dem photoperiodischen Verhalten. Auch für zweijährige Pflanzen ist bekannt geworden, daß sie ohne Abkühlung nach Abschluß des ersten Jahres im nächsten nicht zur Blütenbildung befähigt sind.

VI. Der Abschluß der Entwicklung und die Lebensdauer Es gibt viele Pflanzen, bei denen Wachstum und Entwicklung rasch zu einer definitiven Fertigstellung des Individuums führen. Das finden wir bei vielen Protisten, aber auch bei den annuellen höheren Gewächsen, die ihre Entwicklung in wenigen Wochen abschließen und dann zur Samenbildung schreiten. Bei den ausdauernden Pflanzen finden wir zwei prinzipiell verschiedene Typen, von denen schon in der Morphologie gesprochen wurde. Verschiedene Stauden entwickeln sich zunächst nur vegetativ. Das kann ein Jahr, mehrere Jahre oder auch einige Jahrzehnte dauern, wie z. B. bei der Agave. Kommt es bei diesen Formen dann schließlich zur Blüten- und Samenbildung, so stirbt das Individuum, wie bei den Annuellen, ab. Wir haben aber auch Stauden kennengelernt, deren Rhizome am einen Ende dauernd weiterwachsen, während sie am anderen allmählich absterben. Zu diesem zweiten Typus gehören auch die Sträucher und Bäume, deren Vegetationspunkte dauernd weiterwachsen. Durch Jahresringzählung hat man bei Seg-woia-Exemplaren ein Alter von etwa 4000 Jahren festgestellt, und auch für einige europäische Bäume (z. B. Eiche, Linde, Fichte) wurde tausendjähriges Alter nachgewiesen. Dabei muß betont werden, daß es im wesentlichen Außeneinflüsse sind, die schließlich den Tod herbeiführen, nämlich die unvermeidlichen Beschädigungen durch die Umwelt, welche sich im Verlauf der Jahrhunderte häufen. Von solchen Bäumen sind aber nur mehr Teile lebendig, denn es stirbt, wie wir hörten, sowohl ein Teil der sekundären Rinde als auch das Kernholz ab. Dauernd erneuern sich das Kambium und die Vegetationspunkte, die also in gewissem Sinne potentiell unsterblich sind. W i r wissen ja auch, daß wir immer wieder Regenerate herstellen können, die das Leben des Individuums fortsetzen. Fertiggestellte Zellen haben also offenbar eine begrenzte, embryonale Zellen eine unbegrenzte Lebensdauer. Die Unvermeidlichkeit des Todes der erstgenannten hängt mit allmählichen Veränderungen zusammen, die teils schon mikroskopisch wahrzunehmen sind, so Anhäufung von Exkreten, abnorme Membranveränderungen usw. Das Altern dieser Zellen besteht also offenbar in S t ö r u n g e n des S t o f f w e c h s e l s , wobei der A n h ä u f u n g von s t ö r e n d e n E n d p r o d u k t e n (Exkreten) eine ausschlaggebende Rolle zukommen dürfte.

Zwischen höheren Pflanzen und einigen Protisten, vor allem den Bakterien, besteht der Unterschied, daß diese sich r e i n v e g e t a t i v weitererhalten, die anderen aber unter Einschaltung einer s e x u e l l e n F o r t p f l a n z u n g . Da sich bei den Bakterien das Individuum einfach teilt und dieses Verhalten durch unbegrenzte Zeit andauert, kann man wieder von p o t e n t i e l l e r U n s t e r b l i c h k e i t sprechen. Organismen aber, die sich sexuell fortpflanzen, leben nur in ihrer auf diesem Weg erzeugten Nachkommenschaft weiter, das Individuum stirbt ab und wird 2ur Leiche. An der Allgemeingültigkeit dieser Tatsache können auch die Befunde nichts ändern, daß bei einigen Algen und Pilzen die sexuelle Fortpflanzung experimentell ohne sichtbaren Schaden durch lange Zeit ausgeschaltet werden kann. Die sexuelle Fortpflanzung muß also als ein V e r j ü n g u n g s p r o z e ß angesehen werden, der der Erhaltung der Art dient.

A. Die Modifikationen

517

Drittes Kapitel, Die Vererbung Die V e r e r b u n g s l e h r e (Genetik) ist, wie kaum ein anderer Zweig der Biologie, eine selbständige Wissenschaft geworden. Das hängt zum Teil damit zusammen, daß die Vererbungsgesetze im Tier- und Pflanzenreich die gleichen sind. Daraus wird die Zusammengehörigkeit der beiden Reiche besonders klar; die vielen morphologischen und physiologischen Unterschiede, die wir sonst antreffen, fallen auf diesem Gebiet weg. Ein Lehrbuch der Botanik kann daher nur einen Auszug aus der Vererbungslehre bringen. U n t e r V e r e r b u n g v e r s t e h t m a n die W e i t e r g a b e d e r M e r k m a l e e i n e s L e b e w e s e n s an d i e N a c h k o m m e n s c h a f t . Bei der v e g e t a t i v e n Vermehrung erscheint uns dieseTatsache selbstverständlich. Wenn wir einen Steckling pflanzen, eine Kartoffelknolle zum Austreiben bringen oder auch aus einer Pilzspore ein neues Mycel gewinnen, so geschieht nichts anderes, als daß losgelöste Teile eines Organismus sich weiterentwickeln, das Individuum also sozusagen über sich selbst hinauswächst. Die Nachkommenschaft nennt man dann einen Klon. Bei der g e s c h l e c h t l i c h e n Vermehrung liegen die Verhältnisse anders. Es verschmelzen ein männlicher und ein weiblicher Gamet, wobei sich nicht nur die Protoplasten, sondern auch die Zellkerne vereinigen. Das Befruchtungsprodukt kann nun nur unter d e r Voraussetzung eine einheitliche Erbmasse besitzen, daß die Eltern einander vollkommen glichen. Bestäubt man z. B. e r b g l e i c h e Pflanzen miteinander, so müssen auch die Nachkommen ihnen und einander gleichen. Auf diese Weise erhält man reine Linien. Waren die Eltern aber e r b u n g l e i c h , so entstehen Bastarde oder Hybriden. A. D I E

MODIFIKATIONEN

Bei der Aufzucht einer erbgleichen Nachkommenschaft zeigen die einzelnen Individuen doch noch gewisse Abweichungen voneinander. Die äußere Erscheinungsform der Pflanze, der Phaenotypus, wird nämlich nicht nur von der Erbmasse, sondern auch von den bei der Entwicklung auftretenden Bedingungen bestimmt. Diese sind zum Teil Umweltsfaktoren, zum Teil innere Abhängigkeiten. Selbst wenn man also versucht, die Außenbedingungen für alle Individuen der Nachkommenschaft gleichzugestalten — restlos ist das nicht möglich —, werden immer noch kleine Unterschiede auftreten. Es sind ja schon die Samen einander insofern nicht gleich, als der eine größer ist, also reichlicher Reserve Stoffe enthält als ein anderer. Somit werden von vornherein kräftigere und schwächere Individuen entstehen, und weitere Zufälle werden dazu führen, daß günstige oder ungünstige Faktoren die Entwicklung bald im positiven, bald im negativen Sinne beeinflussen. Häufen sich die hemmenden oder die fördernden Einflüsse, so werden größere Differenzen auftreten. Da dies aber wenig wahrscheinlich ist, wird die große Menge der Nachkommenschaft einander weitgehend gleichen. Zählt man z. B. die Zahl der Strahlenblüten eines Kompositenköpfchens, so wird die überwiegende Menge der Individuen die gleiche Zahl aufweisen; schwache

518

B. Die Erbanlagen

Abweichungen davon werden weniger häufig, starke Differenzen nur selten auftreten. Das gleiche beobachtet man, wenn man die Samen einer reinen Bohnenlinie ihrer Größe oder ihrem Gewicht nach sortiert. Trägt man die so erhaltenen Werte in ein Koordinatensystem ein, wobei man auf der Abzisse die Häufigkeit, auf der Ordinate die Größe anmerkt, so erhält man die sogenannte Z u f a l l s oder Wahrscheinlichkeits-(Binomial-) K u r v e (Abb. 558). Es sind ja Z u f ä l l e , die die Anzahl der Strahlenblüten oder die Bohnengröße variierten, vor allem eine ungleiche Ernährung oder abweichende Raumverhältnisse. Schon unter g l e i c h e n A u ß e n b e d i n g u n g e n entwickeln sich also erbgleiche Individuen, die einen sogenannten B i o t y p u s repräsentieren, nicht ganz gleich. Es handelt sich dabei aber stets nur u m u n v e r e r b b a r e Modifikationen. Das ersieht man daraus, daß mein aus einem solchen Kompositenköpfchen oder aus solchen Bohnen, mögen sie klein oder groß sein, eine Nachkommenschaft erhält, die wieder die Fähigkeit besitzt, mehr jl oder weniger Strahlen und größere oder kleinere Bohnen zu erzeugen. Lassen " wir die einzelnen Individuen unter v e r s c h i e d e n e n U m w e l t s f a k t o r e n heranwachsen, so tritt die ganze V a r i a t i o n s b r e i t e , zu der die Pflanze befähigt ist, in Erscheinung. Wieder aber gilt, wie oben, daß die d a n n i m P h a e n o t y p u s auftretenden Besonderheiten nicht vererbt werden, s o n d e r n n u r __ die F ä h i g k e i t zur Modifikation. Abb. 558. Variationskurve für die Größe von Bohnensamen; über den Ordinaten, welche die Individuenzahl der einzelnen Größenklassen bezeichnen, ist je eine der betreffenden Variantentypen in natürlicher Größe eingezeichnet. Nach D E V R I E S aus H A U T M A N N .

Daraus wird klar, daß es nicht zulässig ist, von einer Vererbung der Merkmale _

_

.

,

.

.

selbst ZU reden. Vielmehr wird stets nur e Lne Anlage, die ihrerseits modifikationsfähig ist, weitergegeben. Ein häufig herangezogenes Beispiel dafür ist die oft kultivierte Primula sinensis. Wir kennen sie meist mit roten Blüten. Solche entstehen aber nur bei Kultur in kühleren Räumen (10—15°); zieht man sie bei etwa 30°, so bleibt sie weiß. H i e r b e s t e h t also die v e r e r b b a r e A n l a g e in der F ä h i g k e i t , je n a c h d e r T e m p e r a t u r r o t e o d e r w e i ß e B l ü t e n zu e n t w i c k e l n .

B. D I E E R B A N L A G E N Die E r b a n l a g e n nennt man Gene; sie ermöglichen und leiten die physiologischen Prozesse, die dazu führen, daß die Pflanzen bestimmte Merkmale aufweisen. Entsprechend der großen Anzahl von Merkmalen muß auch die der Anlagen eine große sein. Es ist aber zu bemerken, daß ein einzelnes Gen für ver-

B. Die Erbanlagen

519

schiedene Merkmale verantwortlich sein kann, und umgekehrt manche Merkmale aus dem Zusammenwirken verschiedener Anlagen resultieren. D i e G e s a m t h e i t d e r A n l a g e n n e n n t m a n das E r b g u t , d i e E r b m a s s e o d e r d e n Geno-(Idio-) typus. S e i n e M o d i f i k a t i o n d u r c h d i e U m w e l t f ü h r t z u m Phaenotypus. D i e s e r s t e l l t d i e G e s a m t h e i t d e r j e w e i l s in E r s c h e i n u n g t r e t e n d e n M e r k m a l e dar. Die Erbanlagen müssen eine s t o f f l i c h e B a s i s haben. Wie wir später hören werden, sind in erster Linie d i e C h r o m o m e r e n d e r C h r o m o s o m e n d e s

Abb. 559. Links Acetabularia mediterranea, daneben Ac. Wettsteinii. Unten das Rhizoid, aus dem der Stiel entspringt, der den Hut trägt. Der schwarze Funkt ist der Zellkern. Rechts Transplantation des Kerns (mit Rhizoid) von Acetabularia Wettsteinii (c) in den abgeschnittenen kernlosen Plasma-Stiel von A. mediterranea (a links). In b ist das Ergebnis: ein herangewachsener Stiel mit Wettsteinll-Hut. Beiderlei Httte sind zum Vergleich nochmals abgebildet. Nach H Ä M M E R L I N G aus HARTMANN.

Z e l l k e r n s die Träger der Anlagen. Damit wird schon ausgedrückt, daß ein Chromomer nicht etwa mit einer Anlage identisch ist. Vielmehr bildet es nur die stoffliche Grundlage dafür, daß sich jene physiologischen Vorgänge abspielen, die notwendig sind, u m ein Merkmal zu erzeugen. Diese Vorgänge spielen sich im Plasma ab, das somit vom Kern beherrscht wird. Daß der Zellkern zwar der hauptsächliche Träger der Vererbung ist, aber nur über das Plasma wirkt, geht besonders schön aus einigen Versuchen mit der Algengattung Acetabularia hervor. Diese Alge besteht aus einer Riesenzelle, die sich in ein basales gelapptes Rhizoid, einen zylindrischen Stiel und einen apikalen Hut oder Schirm gliedert. Vegetativ gibt es nur einen riesigen Zellkern, der im Rhizoid sitzt. Schneidet man also einen Stiel von Acetabularia mediterranea an

520

C. Die Mendelschen Vererbungsregeln

der Basis ab, so wird die Alge kernlos. Es gelingt nun, junge, noch hutlose Stielchen auf den Basalteil einer abgeschnittenen Ac. Wettsteinii aufzusetzen. Damit wird der Zellkörper der einen Art mit dem Zellkern der anderen verbunden. Es kommt zur Verschmelzung der artfremden Protoplasten, und es entsteht am oberen Stielende ein typischer Hut der Ac. Wettsteinii (Abb. 559). Somit wird die Hutform vom Zellkern bestimmt. Andererseits kann auch ein abgeschnittener, also kernloser Stiel der Ac. mediterranea einen Hut bilden. Es müssen also im Plasma „hutbildende" Stoffe vorhanden gewesen sein, die ihrerseits wieder höchstwahrscheinlich vom Zellkern erzeugt wurden. Wenn die Chromosomen des Zellkerns die Träger der Anlagen sind, so ist ohne weiteres klar, daß bei j e d e r s o m a t i s c h e n K e r n t e i l u n g , u n d d a m i t a u c h bei der v e g e t a t i v e n F o r t p f l a n z u n g , e i n e v o l l k o m m e n g l e i c h m ä ß i g e V e r t e i l u n g des E r b g u t e s s t a t t f i n d e t . Denn die Chromosomen spalten sich, wie wir hörten (S. 35), in der Metaphase der Länge nach. Anschließend trennen sich die beiden Chromatiden, die wesensgleich sind, da sie die gleichen Chromomeren in gleicher Anordnung (äquilokal) enthalten. Somit kommen vollständig erbgleiche Tochterkerne zustande. Diese sind dann zu einer neuen Verdoppelung der Chromatiden befähigt. Umgekehrt wird die Identität der Chromatiden jedes Chromosoms durch die bei der Vererbung festgestellten Tatsachen erwiesen. Wir können also sagen, daß jedes Chromosom eine durch alle Teilungen hindurchgehende K o n t i n u i t ä t besitzt.

C. DIE MENDELSCHEN

VERERBUNGSREGELN

Die wichtigsten Aufschlüsse über die Vererbung erhalten wir, wenn sich bei der Befruchtung Geschlechtszellen von Eltern vereinen, die einander nicht in allen Anlagen gleich waren. Die Möglichkeiten einer solchen B a s t a r d i e r u n g sind begrenzt. Im allgemeinen gelingt es nur einander sehr nahestehende Arten zu kreuzen, und die Fälle von Gattungskreuzungen sind sehr selten. Dazu kommt, daß die entstandenen Hybriden sehr oft keine keimfähigen Samen erzeugen, man also die Versuche nicht auf die weitere Nachkommenschaft ausdehnen kann. Anderseits zeichnen sich Bastarde manchmal durch besonders üppige Entwicklung (Heterosis) aus, was für Kulturpflanzen bedeutungsvoll werden kann. Es ist das Verdienst Gregor MENDELS (1865), die grundlegenden Versuche auf diesem Gebiet ausgeführt zu haben, wobei er verschiedene Gesetzmäßigkeiten aufdeckte, die heute als die MENDELschen Regeln bezeichnet werden. Ihm waren die zytologischen Vorgänge, die sich im Zellkern bei der Reduktionsteilung abspielen, noch unbekannt. Heute wissen wir, daß sie die Grundlage dieser Gesetzmäßigkeiten bilden, und diese sich aus ihnen erklären lassen. Aus seinen Versuchen leitete MENDEL die im folgenden geschilderten drei Regeln ab.

I. Die Uniformitätsregel Bevor wir diese Gesetzmäßigkeit beschreiben, ist es notwendig, die übliche Nomenklatur zu erläutern. Vereinigen sich bei der Befruchtung zwei erbungleiche Gameten, so spricht man von einer K r e u z u n g (Bastardierung). Die Eltern werden

I. Die Uniformitätsregel

521

als die P a r e n t a l g e n e r a t i o n (P) bezeichnet, die Kinder als F i l i a l g e n e r a t i o n (F]), die Enkel mit F 3 usw.. E r b g l e i c h e Gameten bilden eine Zygote mit gleichartiger Erbmasse, die Abkömmlinge sind homozygot, e r b u n g l e i c h e Gameten erzeugen eine heterozygote Nachkommenschaft. Unterscheiden sich die Eltern nur in einem Merkmal, so nennt mein die Abkömmlinge M o n o h y b r i d e oder unifaktorielle Bastarde, bei zwei verschiedenen Merkmalen D i h y b r i d e , bei vielen P o l y h y b r i d e . Ferner ist an folgendes zu erinnern: Bei der Besprechung der Beduktionsteilung erfuhren wir, daß sich bei dieser in der Anaphase nicht die erbgleichen Chromatiden eines Chromosoms, sondern G e m i n i p a r t n e r trennen. Ein Geminipaar besteht aus zwei ganzen homologen Chromosomen, von denen eines v ä t e r l i c h e r und eines m ü t t e r l i c h e r Herkunft ist. Sie werden rein zufällig dem einen oder anderen Tochterkern zugeteilt. Waren Vater und Mutter gleich, so sind es auch die Geminipartner; waren die Eltern aber verschieden, so sind die homologen Chromosomen nicht identisch, und es bekommen somit die beiden Tochterkerne nicht das gleiche Erbgut. Die in homologen Chromosomen an gleicher Stelle (im gleichen Chromomer) situierten Gene nennt man Allele oder a l l e l o m o r p h e G e n e . Die Erbfaktoren pflegt mein in der Genetik mit Buchstaben zu bezeichnen. Dabei ist es üblich, für den einen Faktor eines Merkmalpaares einen großen Buchstaben zu verwenden (so im folgenden Beispiel für „ B o t " B ) , für den anderen den entsprechenden kleinen (also für „ W e i ß " r). Das ist deshalb vorteilhaft, weil im Falle einer Dominanz (siehe später) sich der dominierende Faktor durch den großen Buchstaben von dem rezessiven, der den kleinen Buchstaben erhält, unterscheiden läßt (vgl. Schema 563)'. Als Musterbeispiel der ersten MENDEL sehen Regel gilt Mirabilis Jalapa, die Wunderblume, von der eine r o t e und eine w e i ß e Basse bekannt sind. Die beiden Bassen sind rein und unterscheiden sich nur in e i n e m Merkmal, eben der verschiedenen Blütenfarbe. Die eine Basse muß also eine Anlage für Bot (R), die

522

II. Die Spaltungsregel

Zellen d o p p e l t a u f ; denn diese sind d i p l o i d , sie haben zwei Chromosomensätze, einen mütterlichen und einen väterlichen. Die rotblühenden Pflanzen besitzen also das Anlagenpaar RR, die weißen rr. Als Produkt der Kreuzung ergeben sich lauter gleichgefärbte Pflanzen (Abb. 560). Ihre Blüten sind r o s a , n e h m e n also eine Mittelstellung zwischen den elterlichen rot Körperzellen

RR

r r

rot

weiss

weiss

Geschlechtszellen

Körperzellen

50% Spermazellen

Eizellen

R

R r

R

rot Spermazellen '

rosa

r R

r

rosa

weiss

Fz

r

rot

rosa

rosa

weiss

Körperzellen

1 A b b . 561. Mirabilis Jalapa. 1 S c h e m a der V e r e r b u n g der M e r k m a l e R o t (R) u n d W e i ß (r) bei d e r K r e u z u n g einer r o t - u n d einer w e i ß b l ü h e n d e n B a s s e ( u n i f a k t o r l e l l e K r e u z u n g ) . Die diploiden K ö r p e r z e l l e n RR u n d r r d e r E l t e r n ergeben (infolge d e r R e d u k t i o n s t e i l u n g bei d e r S p o r e n b i l d u n g ) h a p l o i d e G a m e t e n {Roderr). I m S c h e m a 2 r e c h t s sind die f ü r die F ä r b u n g m a ß g e b l i c h e n C h r o m o s o m e n e i n g e t r a g e n . Die C h r o m o s o m e n m i t d e m M e r k m a l R o t ( R ) sind s c h w a r z g e h a l t e n , die m i t d e m M e r k m a l W e i ß (r) w e i ß . D i e K ö r p e r z e l l e n des B a s t a r d s e n t h a l t e n Rr (ein „ r o t e s " u n d ein „ w e i ß e s " C h r o m o s o m ) . B e i der R e d u k t i o n s t e i l u n g in F ( liegen in d e r M e t a p h a s e die i n i h r e b e i d e n C h r o m a t i d e n g e s p a l t e n e n G e m i n i p a r t n e r ü b e r e i n a n d e r ( i ) . B e i d e r f o l g e n d e n Ä q u a t i o n s t e i l u n g (2) t r e n n e n sich die b e i d e n „ r o t e n " u n d die b e i d e n „ w e i ß e n " C h r o m a t i d e n , s o m i t e n t s t e h t e i n e h a p l o i d e T e t r a d e a u s zwei „ r o t e n " u n d zwei „ w e i ß e n " S p o r e n ( G o n e n ) . D e m n a c h s i n d a u c h zweierlei S p e r m a - u n d E i z e l l e n ( R u n d r ) v o r h a n d e n ( j e 5 0 % ) . Bei n o c h m a l i g e r K r e u z u n g e n t s t e h e n die in F a e i n g e z e i c h n e t e n K o m b i n a t i o n e n . D a s C h r o m o s o m e n schema verdeutlicht den Vorgang. Original.

II. Die Spaltungsregel

523

Farben ein, es liegt eine i n t e r m e d i ä r e V e r e r b u n g vor. Dabei ist gleichgültig, ob der Pollen von der weißen Rasse auf die rote übertragen wurde oder ob man umgekehrt verfuhr, die Kreuzung ist also r e z i p r o k g l e i c h . Die in solchen Fällen zu beobachtende Gleichheit der Individuen der Fj-Generation war dafür bestimmend, daß man diese erste MENDELsche Regel die U n i f o r m i t ä t s r e g e l nannte. Es gibt aber auch Kreuzungen, bei denen der Bastard keinen intermediären Charakter hat, vielmehr einem der Eltern weitgehend oder vollkommen gleicht. Dies erweckt den Anschein, als ob ein Gen in Verlust geraten wäre. Daß das nicht zutrifft, wird, wie wir gleich hören werden, dadurch bewiesen, daß es in der F 2 -Generation wieder erscheint. Somit hat die eine Erbanlage die andere nur in ihrer Wirkung überdeckt oder vorübergehend ausgeschaltet, sie ist dominant, die andere rezessiv.

II. Die Spaltungsregel Aus den rosablühenden Wunderblumen (Fj-Generation) läßt sich, wenn man sie untereinander bestäubt, eine F 2 -Generation erzielen, die ein zunächst überraschendes Ergebnis liefert. Bei Verwendung einer großen Anzahl von Pflanzen resultieren genau 1 / 4 weiße, */ 4 rote und 2 / 4 = 1 / 2 rosa blühende Individuen; es herrscht also das Verhältnis 1 : 1 : 2 (Abb. 560 und 561, Kombinationsrechteck). Bestäubt man die weißen weiter unter sich, so ergeben sie nunmehr in F 3 , F 4 usw. eine r e i n w e i ß e N a c h k o m m e n s c h a f t , die r o t e n eine r o t b l ü h e n d e . Diese Pflanzen sind also wieder h o m o z y g o t geworden. Die rosablühenden h e t e r o z y g o t e n Individuen der F 2 -Generation, unter sich bestäubt, verhalten sich wie die von F l t liefern also wieder % weiß-, % r o t " und 2 / 4 rosablühende Individuen. Es ist leicht einzusehen, daß auf diese Weise immer mehr weiße und rote homozygote Pflanzen entstehen müssen, und die heterozygoten, rosafarbenen allmählich ausgemerzt werden. Es tritt also in der Fj-Generation und später eine A u f s p a l t u n g d e r M e r k m a l e ein, und deshalb heißt diese zweite Regel die S p a l t u n g s r e g e l . Sie beweist, d a ß d i e G a m e t e n b e i d e r K r e u z u n g u n v e r ä n d e r t (rein) g e b l i e b e n s i n d . Betrachten wir nun einen Fall, in dem in der Fj-Generation ein Merkmal d o m i n i e r t (Abb. 562). Urtica pilulifera hat scharf gesägte (GG), Urtica Dodartii nur schwach gezackte, fast ganzrandige Blätter (flfl). In der F^Generation dominiert die Sägung, alle Individuen haben die Blattform von U. pilulifera. In der F 2 Generation erscheinen % solche Pflanzen und % mit fast ganzrandigen Blättern. Das ist leicht verständlich; es gilt die Spaltungsregel, nach der je % der Abkömmlinge wieder rein ist. Tatsächlich besitzen % der Pflanzen ganzrandige Blätter (flfl), und auch % der gesägten sind, wie ihre weitere Nachkommenschaft lehrt (in der Abb. dritte und vierte Reihe links), h o m o z y g o t (GG). Die beiden anderen Viertel gleichartig gesägter Blätter dagegen sind h e t e r o z y g o t (Gfl). Infolge der Dominanz der Sägung kann man ihnen dies zwar nicht einsehen, doch spalten diese Pflanzen in der Nachkommenschaft auf (Abb. 562 Mitte). Das Wie der auftauchen rezessiver Merkmale zeigt uns besonders deutüch, daß nicht die Merkmale als solche vererbt werden, sondern nur die Fähigkeit, sie zu bilden.

524

I I . Die Spaltungsregel

Die Erklärung der Spaltung wird durch das Verhalten der Chromosomen bei der Reduktionsteilung des Bastards gegeben (Abb. 561). In der Metaphase liegen die homologen Chromosomen paarweise als Gemini vereint. Bei den genannten Rassen von Mirabilis Jalapa ist eines dieser Chromosomenpaare der Träger der Anlagen R und r. Nach erfolgter Trennung wandert in der Anaphase die Anlage R zum einen, die Anlage r zum anderen Pol. Es entstehen also zwei in dieser Erbanlage v e r s c h i e d e n e Tochterkerne, und im zweiten Teilungsschritt verdoppeln sich diese. Jede Tetrade enthält also zwei Sporen (Gonen) mit R und zwei mit r. Die Pollentetrade liefert somit in ihren Pollenschläuchen auch zweierlei

^

A

^

* * * 4

4444 4444*4444 4444 Abb. 562. Urtica pilulifera (gesägt) x U. Dodartii (fast ganzrandig). Schematischc Darstellung der Blattypen der Eltern und der Generationen F l p F a , F , . Infolge Dominanz der Anlage „gesägt" sind in F ; alle Blätter so gestaltet, in F a drei und in F , zehn (vergl. den Text). Frei nach G O H R E N S .

Spermakerne, nämlich solche mit der Anlage R und andere mit r. Der gleiche Vorgang vollzieht sich bei der Anlage der Makrosporen, somit resultieren auch zweierlei Eizellen, solche mit R und solche mit r. Bei der Kopulation gibt es dann die aus dem Schema der Abb. 561 ersichtlichen Kombinationsmöglichkeiten. Insgesamt ergeben sich also: 1 X RR, 1 X r r und 2 X Rr, womit das im Experiment festgestellte Zahlenverhältnis 1 : 1 : 2 erklärt ist. Der experimentelle Beweis dafür, daß sich bei der Reduktionsteilung einer heterozygoten Pflanze, also eines Bastards, die homologen Chromosomen trennen und z u f ä l l i g der einen oder anderen Zelle der entstehenden Dyade zugeteilt werden, läßt sich durch T e t r a d e n a n a l y s e n erbringen. Eine Pollentetrade z. B . oder eine Moossporentetrade, die aus je einer Sporenmutterzelle entstand, besitzt tatsächlich zweierlei Sporen, zwei, die denen des einen Elters, und zwei, die denen des anderen entsprechen. Die Sporen können sich schon selbst, z. B. durch verschiedene Größe, unterscheiden, sonst verrät der aus ihnen entstehende Gametophyt (bei Moosen also die Moospflanze) den Unterschied. Das Gesagte gilt bei einem unifaktoriellen Bastard, also einem solchen, der nur in einer Eigenschaft und damit nur in einem Chromosomenpaar (Aa) heterozygot ist, sowohl bei Präwie bei Postreduktion. Im ersten Fall sind die beiden Kerne jeder Dyade homozygot, sie enthalten zwei Chromatiden A oder zwei Chromatiden a, aus denen bei der zweiten Teilung A, A. a, a, also 2A und 2a entstehen. Bei einer Postreduktion sind die Dyadenkerne noch heterozygot,

525

II. Die Spaltungsregel

da jeder von ihnen die Chromatiden A a enthält. I m zweiten Teilungsschritt entstehen aber wieder A, A, a, a (vgl. hierzu und zum folgenden Abb. 34, S. 41). B e i einem bifaktoriellen Bastard (AaBb) hingegen, können bei Postreduktion auch viererlei Sporen in einer T e t r a d e entstellen. Das Ergebnis der ersten Teilung ist stets A a B b und AaBb, da es sich ja u m eine Äquation handelt, bei der sich gleichartige Chromatiden trennen. I m zweiten Teilungsschritt, der jetzt die verschiedenartigen Chromatiden trennt, können aber je nach ihrer L a g e entstehen: A B , ab und A B , ab, also 2 A B + 2 ab oder 2 Ab + 2 a B , das ist das gleiche Ergebnis wie bei der Präreduktion; es ist aber auch möglich, daß eine Spore (Gone) Ab, die zweite a B , die dritte A B und die vierte ab enthält. Somit sind viererlei Sporen entstanden. D i e T a t s a c h e , daß solche Ergebnisse wirklich beobachtet wurden, ist der beste Beweis f ü r das Vorkommen von Postreduktionen. Daß viererlei Sporen aber auch auf andere Weise zustande k o m m e n können, werden wir später (S. 529) erfahren.

Bei D o m i n a n z eines Merkmales liegen die zytologischen Verhältnisse gleich, es liegt ja nur ein p h a e n o t y p i s c h e r und kein g e n o t y p i s c h e r Unterschied vor. Bei Zwitterblüten, wie sie Mirabilis Jalapa besitzt, können die BaKorperstarde nach Selbstbestäubung daran zellen erkannt werden, daß sie in F 3 in der beschriebenen Weise aufspalten. GeschlechtsBei z w e i h ä u s i g e n (getrennt-gezellen schlechtlichen , d i ö z i s c h e n ) Pflanzen verwendet man zur weiteren Analyse Eizellen die R ü c k k r e u z u n g . Man bestäubt 9 dabei die Bastardpflanzen mit Pollen des Elters, der das rezessive Merkmal besitzt. In unserem früheren Beispiel 9 Spermamit den beiden Brennesseln Hegen zellen dann folgende Verhältnisse vor (Abb. 563). Der Bestäuber (U. Do9 dartii) besitzt das rezessive Anlagenpaar gg, der bestäubte Bastard (U. fj Körperzellen Dodartii X U. pilulifera) Gg. Es er- Abb. 563. Ein Bastard aus Urtica Dodartii X U. pilugeben sich also Nachkommen mit lifera (Gg) wurde mit Pollen von U. Dodartii (gg) rückDiese reine Pflanze produziert nur Spermazellen flG, 89, Gg und gg, somit 5 0 % gG gekreuzt. mit g, der Bastard 50% Eizellen mit G und 50% mit g. E s und 5 0 % gg ; da G dominiert, ist die ergeben sich die im Schema angegebenen Kombinationen. Da G dominiert, erhalten 50% der Pflanzen den Phaenoeine Hälfte gesägt, die andere ganz- typus vom U. pilulifera (gesägte Blätter) und 50% den von U. Dodartii (ganzrandige Blätter). Vgl. dazu auch randig. Dieses Verhältnis kann nur den Text. Original. eintreten, wenn ein Bastard rückgekreuzt wurde. Wird ein Homozygot der Nachkommenschaft rückgekreuzt, so entspricht das Resultat natürlich dem normalen Verhalten bei Homozygotenkreuzung. Die Rückkreuzung verrät also, ob ein Bastard vorliegt oder nicht.

gc

gg

gc

gg

In unseren Beispielen lagen Fälle vor, wo homologe, also am gleichen Ort des Chromosoms befindliche Erbanlagen in zweierlei Form (als z w e i A l l e l e ) , nämlich als Anlagen für Rot und Weiß einerseits und für gesägt und ganzrandig andererseits auftreten. Es gibt aber auch eine sogenannte m u l t i p l e A l l e l i e , bei der es mehr solche Formen (Allele) gibt. So existieren beim Löwenmaul eine ganze Reihe von Blütenfarben und -Zeichnungen, die durch Allele ein und desselben Gens bewirkt werden.

526

III. Die Unabhängigkeitsregel

III. Die Unabhängigkeitsregel W i r schilderten bisher nur das Verhalten von M o n o h y b r i d e n , also von Pflanzen, deren Eltern sich nur in e i n e m Merkmal unterschieden. Auch für D i h y b r i d e und P o l y h y b r i d e gelten die früher angeführten beiden Regeln und dazu die weitere, daß die einzelnen Anlagen bei der Aufspaltung u n a b h ä n g i g v o n e i n a n d e r v e r t e i l t w e r d e n . Das ist die U n a b h ä n g i g k e i t s r e g e l . Auch sie ergibt sich notwendig aus der Chromosomenverteilung bei der Reduktionsteilung. Daraus wird aber auch klar, daß diese Regel nur dann gilt, wenn die betreffenden Anlagen jede für sich i n e i n e m b e s o n d e r e n C h r o m o som liegen. Befinden sich hingegen zwei oder mehr der in Frage kommenden Gene z u s a m m e n i n e i n e m C h r o m o s o m , so können sie nur miteinander, also g e k o p p e l t weitergegeben werden; darauf kommen wir später nochmals zurück. W i r müssen hier wenigstens noch das Verhalten eines D i h y b r i d e n verfolgen, da wir daraus eine wichtige Konsequenz ableiten können, nämlich die, d a ß dabei völlig neue vererbbare Kombinationen entstehen können. W i r wählen das Beispiel MENDELS, nämlich zwei Erbsenrassen, von denen die eine runde (glatte) gelbe, die andere runzelige grüne Samen besitzt. Gelb (G) und rund (R) sind dabei d o m i n a n t , grün (g) und runzelig (r) r e z e s s i v . Daraus geht ohne weiteres hervor, daß die Bastarde der Fj-Generation nur gelbe runde Samen aufweisen. Denn sie besitzen jetzt Körperzellen mit der Kombination RrGg, wobei G und R dominieren. Kommt es dann bei der Pollen- und Embryosackbildung zur Reduktionsteilung, so sind folgende Aufteilungen möglich: RG, Rg, rG, rg. Es gibt also schließlich v i e r e r l e i S p e r m a z e l l e n und v i e r e r l e i E i z e l l e n , und bei der Befruchtung, die sich in F 2 auswirkt, 16 K o m b i n a t i o n e n ; sie sind im nachfolgenden Kombinationsquadrat (Abb. 564) eingezeichnet. W i r ersehen daraus, daß dabei in 1 und 16 je einmal die alte Kombination RRGG und rrgg auftritt; diese Pflanzen sind also wieder h o m o z y g o t , die eine hat r u n d e g e l b e , die andere r u n z l i g e g r ü n e Samen. Unter den übrigen Nachkommen der F 2 -Generation sind wegen der Dominanz von G und R alle, die diese beiden Gene enthalten, einander und dem einen Großeiter, nämlich dem mit r u n d e n g e l b e n Samen, phänotypisch gleich. Insgesamt gleichen diesem also die Nummern 1, 2, 3, 4, 5, 7, 9, 10, 13 des Schemas, das sind neun Pflanzen. Die Nummern (Kombinationen) 6, 8, 14 besitzen von den dominierenden Genen nur R, also r u n d , wogegen G ( g e l b ) fehlt; somit bilden drei Pflanzen r u n d e , aber g r ü n e Samen. In 11, 12 und 15 hinwieder gibt es G, aber kein R, somit drei Pflanzen mit g e l b e n , aber r u n z e l i g e n Samen. Schließlich ist als einzige die Pflanze 16 mit dem anderen Großeiter, dem mit dem g r ü n e n r u n z e l i g e n Samen gleich. Es besteht also phänotypisch das Verhältnis 9 (gelb, rund) : 3 (grün, rund) : 3 (gelb, runzelig) : 1 (grün, runzelig). W i r erkannten schon, daß 1 und 16 wieder h o m o z y g o t „herausgemendelt" sind. Betrachten wir nun die Pflanzen mit n e u e n K o m b i n a t i o n e n , nämlich die drei mit gelb-runzeligen und die drei mit grün-glatten Samen, so sehen wir, daß je eine von ihnen homozygot ist, nämlich 6 (RRgg) und 11 (rrGG). Auch

III. Die Unabhängigkeitsregel

527

diese k ö n n e n b e i S e l b s t b e s t ä u b u n g n u r g l e i c h a r t i g e N a c h k o m m e n e r g e b e n , stellen somit e i n e n e u e e r b l i c h e K o m b i n a t i o n d a r . W i r f i n d e n in F 2 also 4 H o m o z y g o t e , d a n e b e n 12 H e t e r o z y g o t e . Von diesen sind gelb-rund

grün-runzlig

R R GG

Korperzellen

r r

gg

Geschlechtszellen

Körperzellen

Fr Geschlechtszellen

RG

rG

Rg

rg

Eizellen

RC

RG

Rg

RR

RR 2

Spermazellen

C0

3

rG

rg

Rr

Rr

Rr

Rr gg

CG

RR Rg , g c

RR 6gg

rR GG

rR cg

«CG

rR gg

rr gc

rc 9

10

rR

rg 13

gc

n

g C

s

rr

15

iz

v

v

rr Cg rr

Fz Körperzellen Abb. 564. Schema der Kreuzung von zwei Erbsenrassen, von denen die eine gelbe runde, die andere grüne runzlige Samen besitzt ( b i f a k t o r i e l l e K r e u z u n g ) . I n den Körperzellen der Elternpflanzen (P) treten die Anlagen RRGG und rrgg auf, die ersten sind die dominanten. Die Reduktion schafft haploide Geschlechtszellen (RG und rg). I n F j Bind die vier Anlagen gemischt, und infolge der Dominanz von Gelb und Bund haben alle Samen dieses Aussehen. Die Reduktion ergibt jetzt viererlei Geschlechtszellen und deren Kombination in der nächsten Generation (F,) sechzehn Kombinationen von Körperzellen. Von diesen sind 4 homozygot (fett umrandet); zwei dieser Homozygoten gleichen je einem der Großeltern (2 und 16), die beiden anderen (doppelt umrandet) ergeben neue erbfeste Kombinationen, nämlich Pflanzen mit gelb-runzligen (GGrr) und grün-runden ( K R g g ) Samen. Die Samen der übrigen 12 Pflanzen sind heterozygot. In 8 Fällen dominiert Gelb (G) und Rund (ff), somit sind mit dem homozygoten Exemplar neun solche Samen liefernde Pflanzen vorhanden. Zwei Heterozygoten enthalten nur R als dominantes Merkmal, sehen also wie der Homozygot RRgg aus; somit sind die Samen von 3 Pflanzen rund und grün. Die restlichen 2 Heterozygoten enthalten dominant nur G und sind mit dem Exemplar GGrr gelb und runzlig. Phänotypisch herrscht also das Verhältnis: 9 gelb-rund, 3 grün-rund, 3 gelb-runzlig und 1 grün-runzlig. Original.

528

IV. Faktorenkoppelung

8 monohybrid und 4 dihybrid; die einen unterscheiden sich nur noch in einem Merkmal (Rr oder Gg), die andern in beiden (Rr und Gg). Das Entstehen neuer erblicher Kombinationen (Rassen) ist für die Züchtung von größter Bedeutung. Man kann auf diesem Wege Merkmale kombinieren, die wirtschaftlich vorteilhaft sind. So gelang es z. B. bei der Weizenzucht, aus einer ertragarmen, dafür aber winterfesten Rasse durch Kreuzung mit einer ertragreichen, frostempfindlichen die gewünschte Kombination: ertragreich-winterhart zu erzielen. Bei der Kreuzung von Tri- und Polyhybriden wächst die Anzahl der Kombinationsmöglichkeiten enorm hoch a n ; es treten alle möglichen Phänotypen auf, und nur ganz selten werden sich noch Pflanzen finden, die einer der Ausgangsformen gleichen. Auch die Anzahl der Neukombinationen nimmt rasch zu. Ausdrücklich muß bemerkt werden, daß in gleicher Weise wie die morphologischen Merkmale auch die physiologischen Eigenschaften vererbt werden, deren Bedeutung für die Selektion meist eine viel größere ist. Schon die früher erwähnte Frostempfindlichkeit ist eine solche physiologische Eigenschaft. Es gibt unter diesen auch schädliche, die man L e t a l f a k t o r e n nennt, da sie, wenn sie allein vorkommen, die Lebensfähigkeit der Pflanze aufheben. Sie können in der Natur also n u r r e z e s s i v vorkommen, wobei ein dominantes Allel für die Lebensfähigkeit sorgt. Das Antirrhinum majiis f. awea z. B. hat gelbgrüne Blätter. Es ist ein Bastard aus einer grünen Rasse, die das chlorophyllbildende Gen G besitzt, und einer weißen mit dem Allel chlorophyllfrei, g. Die Kombination gg wird rein weiß und kommt damit über ein frühes Keimungsstadium nicht hinaus. Bei Vorhandensein von Letalfaktoren wird also Inzucht einem Teil der Nachkommenschaft die Lebensmöglichkeit rauben.

IV. Faktorenkoppelung W i e wir früher ausführten, sind als Sitz der Gene die Chromomeren der Chromosomen zu betrachten. Ein Chromosom enthält also eine sehr große Menge von Anlagen und diese werden naturgemäß bei der Reduktionsteilung alle gemeinsam oder, wie man zu sagen pflegt, g e k o p p e l t dem einen oder dem anderen Tochterkern zugeteilt. Die ganze gekoppelte Gengruppe muß sich dann bei der Aufspaltung in der F 2 -Generation wie ein ganzes Gen verhalten. Solche Fälle wurden vielfach beobachtet, und sie beweisen, daß tatsächlich eine Koppelung vorhegt. Unter diesen U m s t ä n d e n g i l t also die U n a b h ä n g i g k e i t s r e g e l nicht. Auch leuchtet ein, daß sich immer nur soviel Gene oder Gengruppen unabhängig verhalten können, als der jeweiligen Haploidzahl der Chromosomen entspricht. Bei günstigen Objekten hat sich dies auch experimentell beweisen lassen. Zum Verständnis der sich dabei abspielenden Vorgänge muß nochmals an folgende zytologische Tatsachen erinnert werden. D i e C h r o m o m e r e n l i e g e n i m C h r o m o n e m a (in den Chromatiden) i n g e r e g e l t e r F o l g e h i n t e r e i n a n d e r , wie die Perlen an einer Schnur. Somit Hegen auch in homologen Chromosomen die Allele an gleicher Stelle. Bei der normalen L ä n g s s p a l t u n g trennen sich die identischen Chromatiden, und es kommt demnach zu einer gleichmäßigen Verteilung der Erbanlagen. Würden sich aber Chromosomen q u e r t e i l e n , so hätten die Bruchstücke verschiedene Anlagen, und die Koppelung wäre unterbrochen. In der Tat läßt sich beobachten, daß normalerweise gekoppelte Gene oder Gengruppen manchmal nicht mehr in Verbindung miteinander stehen.

IV. Faktorenkoppelung;

529

Sie treten aber nicht unabhängig auf, vielmehr sind sie jetzt mit Gruppen gekoppelt, die zu anderen Chromosomen gehören. Man nennt diese Erscheinung Faktorenaustausch (crossing over), und es gibt für sie eine zytologische Erklärung. Wie wir in der Zytologie (S. 43) hörten, hegen die homologen Chromosomen im Geministadium nicht immer parallel zueinander, sondern sie sind manchmal an bestimmten Stellen ( C h i a s m a t a ) überkreuzt und hier miteinander verklebt. Meist kommt nur eine einfache Chiasmabildung vor. Wenn sich nun solche Chromosomen in der Anaphase der Reduktionsteilung trennen, so kommt es zu einer Zerbrechung an der Kreuzungsstelle. Diese betrifft aber nicht die ganzen Chromo somen. Wir erinnern uns daran (S. 37), daß jedes Chromosom zweiChromonemahälften bzw. Chromatiden enthält. Von diesen zerbricht nur je eines, das andere bleibt ganz. Das zerbrochene Chromatid des einen Chromosoms verbindet sich ein der Bruchstelle mit dem des andern. Somit entstehen beim Auseinanderweichen zwei Chromosomen, von denen jedes ein ganzes Chromatid und ein zusammengestücktes enthält. Die A b b . 565. Schematische Darstellung der Chiasmatypie. a zwei homologe Chromog a n z e n Chromatiden enthalten die Chromo- somen (Chromatidenpaare) bilden ein Chiasmeren (Gene) in der u r s p r ü n g l i c h e n m a (C). b die Chromatiden lösen sich voneinander, ein weiße9 (mütterliches) und ein K o p p e l u n g , die n e u z u s a m m e n g e f ü g t e n schwarzes (väterliches) Chromatid ist durchund mit dem andersartigen veraber bilden n e u e u n t e r e i n a n d e r v e r s c h i e - brochen bunden; die beiden andern Chromatiden d e n e K o p p e l u n g e n . Somit sind v i e r e r l e i bleiben ganz, c die resultierenden viererlei Chromatiden. Original. Chromatiden entstanden, die sich im zweiten Schritt der Meiosis trennen und damit (bei Bastarden) viererlei Sporen (Gonen) und Geschlechtszellen bilden. Das Schema soll den komplizierten Vorgang verdeutlichen (Abb. 565). Man nennt ihn C h i a s m a t y p i e . Die Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines Chiasmas ist für alle Stellen des Chromosomenpaaxes gleich. Die am weitesten auseinanderliegenden (also die an den Chromosomenenden befindlichen) Chromomeren (Gene) werden also am häufigsten getrennt werden. Daher kann man umgekehrt aus der Häufigkeit der Trennung feststellen, ob ein bestimmtes Gen mehr endständig oder mehr mittelständig ist. Auf diese Weise gelang es, für das beststudierte Objekt, die Fruchtfliege Drosophila, eine Chromosomenkarte zu entwerfen, d. h. eine Darstellung der Aufeinanderfolge der Gene in den Chromosomen. Da diese in gleicher linearer Weise (perlschnurartig) erfolgt wie die der Chromomeren, ist es zumindest höchstwahrscheinlich, daß die Chromomeren die Substanz der Gene darstellen.

D. D I E

GESCHLECHTSBESTIMMUNG

Die B e s t i m m u n g des G e s c h l e c h t e s erfolgt bei den Pflanzen auf zweierlei Weise: entweder durch besondere Gene oder durch äußere und innere Entwicklungsfaktoren, also g e n o t y p i s c h oder p h ä n o t y p i s c h . Wie wir im Abschnitt über die Fortpflanzung hörten, gibt es eine I s o g a m i e und eine A n i s o g a m i e (Heterogamie), d. h. es kopulieren entweder gleichartige 34

v . G u t t e n b e r g , Lehrbuch der allgemeinen B o t a n i k

530

I. Die phänotypische Geschlechtsbestimmung

oder verschiedene Gameten miteinander. Die Gleichartigkeit ist aber wohl i m m e r n u r eine scheinbare. Eine Reihe von Algen und Pilzen, die m a n f r ü h e r f ü r isogam hielt, ist es in Wirklichkeit nicht. Dies läßt sich manchmal aus geringen morphologischen Verschiedenheiten, häufiger aus verschiedenem physiologischen Verhalten schließen (Abb. 445, S. 333). Besonders auffällig wird dies dann, wenn Gameten eines K l o n s (S. 517) nicht miteinander kopulieren, wohl aber mit den sonst in keiner Weise unterscheidbaren eines anderen Klons. An Stelle von ¿J und $ setzt m a n dann die Zeichen — und + , u m auszudrücken, daß auch hier eine geschlechtliche Verschiedenheit vorliegt. A l l g e m e i n l ä ß t s i c h s a g e n , d a ß es i m m e r n u r d a n n zu e i n e r B e f r u c h t u n g k o m m t , w e n n s e x u e l l d i f f e r e n z i e r t e Zellen vorliegen. Es fragt sich nun, wie diese Geschlechtsbestimmung erfolgt. Es gibt dafür die zwei obengenannten Möglichkeiten, nämüch eine Bestimmung durch Erbfaktoren oder eine ohne solche. I m zweiten Fall sind äußere oder innere Entwicklungsvorgänge dafür entscheidend, ob das männliche oder das weibliche Geschlecht in Erscheinung tritt. In diesem Fall wird ganz klar,- daß die Organismen an sich b i s e x u e l l sind, d . h . die Fähigkeit besitzen, beiderlei Geschlechtsorgane oder Geschlechtszellen zu bilden. Dies gilt indessen, wie wir später hören werden, auch f ü r die genotypische Geschlechtsbestimmung, somit ganz allgemein.

I. Die phänotypische Geschlechtsbestimmung Die P r o t h a l l i e n der i s o s p o r e n Farne erzeugen Antheridien u n d Archegonien, sind also bisexuell. Die Antheridien erscheinen zuerst, unter ungünstigen Entwicklungsbedingungen auch allein; die Archegonien werden später und an anderer Stelle angelegt. Entscheidend f ü r die Geschlechtsbestimmung sind also der Entwicklungszustand und der Entstehungsort, somit erfolgt die Bestimmung p h ä n o t y p i s c h . Das gleiche gilt f ü r viele z w i t t e r i g e M o o s e ; auch bei diesen müssen lokale Bedingungen dafür ausschlaggebend sein, ob und wo Antheridien oder Archegonien entstehen. In den beiden genannten Fällen erfolgt die Geschlechtsbestimmung am h a p l o i d e n G a m e t o p h y t e n , sie ist also eine h a p l o p h ä n o t y p i s c h e . Wir finden eine solche auch bei vielen monözischen Algen und Pilzen, bei denen dann die Ausbildung weiblicher oder männlicher Geschlechtszellen an verschiedenen Stellen eines Individuums eintritt.

Abb. 666. Hgacinthus orientalis. Aus einem Folienkorn a hat sich ein Embryosack b gebildet. Nach STOW.

Die meisten A n g i o s p e r m e n weisen Z w i t t e r b l ü t e n auf, in welchen die Staubblätter die Produktionsstellen der männlichen Geschlechtszellen, die Fruchtblätter die der weiblichen sind. Nicht selten kommt es aber in Zwitterblüten zu einer m e h r oder minder weitgehenden Unterdrückung des einen Geschlechtes, und schließlich gibt es monözische Formen, bei welchen eine Pflanze männliche j

und

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weibliche

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531

II. Die genotypische Geschlechtsbestimmung

s c h l e c h t s b e s t i m m u n g e r f o l g t h i e r p h ä n o t y p i s c h schon in der Diplop h a s e , denn die Reduktionsteilung tritt ja, wie wir wissen, erst in den Archesporzellen (Gonotokonten) des d i p l o i d e n S p o r o p h y t e n ein. Es ist aber auch ein Fall bekannt geworden, in welchem sich i m Pollenkorn — also in der Haplophase — ein Embryosack entwickelte (Abb. 566). Bei den h e t e r o s p o r e n F a r n e n ist die h a p l o i d e G e n e r a t i o n (das männliche und das weibliche Prothallium) getrenntgeschlechtlich. Die Geschlechtsbestimmung erfolgt aber phänotypisch schon a m d i p l o i d e n S p o r o p h y t e n , der Makro- und Mikrosporangien entwickelt (Abb.470, S. 356). Auch hier liegt also eine d i p l o - p h ä n o t y p i s c h e Geschlechtsbestimmung

II. Die genotypische Geschlechtsbestimmung a)

Haplogenotypische

Oeschlechtsbestimmung

Von g e n o t y p i s c h e r G e s c h l e c h t s b e s t i m m u n g spricht m a n dann, wenn E r b f a k t o r e n dafür verantwortlich sind, daß von den beiden möglichen Geschlechtern nur eines zur Ausbildung kommt. Die Bestimmung kann wieder in der H a p l o p h a s e oder in der D i p l o p h a s e erfolgen. W i r besprechen hier zunächst den ersten Fall. Neben den oben erwähnten zwitterigen gibt es auch d i ö z i s c h e M o o s e . Diese entwickeln also Individuen, die n u r A n t h e r i d i e n und solche, die n u r A r c h e g o n i e n tragen. Beide sind, wie wir wissen, H a p l o n t e n . Die aus der befruchteten Eizelle stammende Sporenkapsel (der Diplont) bildet aus den Sporenmutterzellen durch eine Tetradenreduktionsteilung haploide Sporen; 50 % davon entwickeln m ä n n l i c h e , 5 0 % w e i b l i c h e Pflanzen; s o m i t m u ß d i e G e s c h l e c h t s b e s t i m m u n g bei der R e d u k t i o n s t e i l u n g erfolgen. Studieren wir etwa bei dem Lebermoos Sphaerocarpus den diploiden Chromosomensatz des Sporogons, so finden wir, daß alle Chromosomen bis auf zwei paarweise zusammenpassen, also homolog sind. Das übrigbleibende Paar indessen zeigt sehr verschiedenes Aussehen : der eine Partner (x) ist groß, der andere (y) sehr klein (Abb. 567). Bei der Reduktionsteilung wandern y und x nach den entgegengesetzten Spindelpolen, somit müssen schließlich zwei Sporen x und zwei y enthalten. Aus den x-führenden Sporen entstehen weibliche, aus den y-haltigen männliche Pflanzen ; somit ist das Verhältnis 5 0 % : 5 0 % geklärt. Die x-y-Chromosomen sind somit G e s c h l e c h t s c h r o m o s o m e n ( H e t e r o c h r o m o s o m e n ) , die restlichen nennt man Autosomen. In dem x-y-Chromosomenpaar müssen sich die geschlechtsbestimmenden Gene befinden. Verschiedene Umstände sprechen indessen dafür, daß diese Gene nicht unmittelbar wirken. Vielmehr dienen sie nur als G e s c h l e c h t s r e a l i s a t o r e n . Auch jede Geschlechtszelle

Abb. 567. Sphaerocarpus terrestris (Lebermoos), Metaphase der Reduktionsteilung, x und y die Geschlechtschromosomen, vgl. den Text Nach L O R B E E R .

532

II. Die genotypische Geschlechtsbestimmung

besitzt noch d i e P o t e n z f ü r b e i d e G e s c h l e c h t e r (A und G). Der R e a l i s a t o r (das Gen) für männliche Entwicklung (M) hemmt die weibliche Potenz (G), der für weibliche (F) die männliche (A). Das beifolgende Schema (Abb. 568) soll dies erläutern. I m diploiden Sporogon sind beide Realisatoren vorhanden, da es ja das Kopulationsprodukt ist. Durch Regenerationsversuche gelingt es, aus Moossporophyten Moospflanzen zu erhalten, die dann auch diploid sind, somit M und F enthalten. Diese Pflanzen sind nun in der Tat zwitterig, d. h. befähigt, Antheridien u n d Archegonien zu bilden, obwohl das Moos an sich diözisch ist.

sehen Moos. A und G bezeichnen die Potenzen für männlich und weiblich; F ist der Realisator, der die weibliche Tendenz bewirkt, also die männlichen Potenzen in ihrer Entfaltung hemmt; M ist der Realisator für die mänliche Tendenz. In der Diplophase (im Sporophyten, oben) sind F und M vorhanden. M , der männliche Realisator, läßt die weiblichen Potenzen G nicht zur Entfaltung kommen (daher G durchstrichen), ebenso der weibliche Realisator F die männlichen Potenzen A (punktiert durchstrichen). Bei der Reduktionsteilung erhält eine Gone nur F , die andere nur M , dagegen besitzen beide A und G. Infolgedessen wird in einem Falle (links) nur A durch F unterdrückt (die Gone oder Spore und der daraus entstehende Gametophyt wird weiblich). In der Gone, d i e M enthält, wird" nur G unterdrückt und das Produkt daher männlichNach H A R T M A N N mit neuem Text.

Haplogenetische Geschlechtsbestimmung gibt es bei vielen diözischen A l g e n und P i l z e n , ohne daß besondere Geschlechtschromosomen zu erkennen wären. Sie vollzieht sich auch hier bei der Reduktionsteilung, und wir haben Beispiele dafür schon früher (Dictyota, Hymenomyceten, S. 342ff.) kennengelernt. Die haploiden Sporen erzeugen zur Hälfte mannliche, zur Hälfte weibliche Pflanzen. Es gibt hier Fälle, die besonders deutlich die Richtigkeit der Annahme von Realisatoren zeigen. Bei ihnen tritt nämlich eine r e l a t i v e S e x u a l i t ä t auf. Äußerlich nicht zu unterscheidende (isogame) Geschlechtszellen sind teils + , teils — bestimmt und kopulieren miteinander. Sie besitzen aber eine wechselnde Geschlechtsstärke (Valenz). Eine + (weibliche) Geschlechtszelle z.B. kann so geschlechtsstark sein, daß sie nicht nur mit einem — Gameten, sondern auch mit einem geschleclitsschwachen + Gameten kopuliert. Bei dem zu den

Volvocales gehörenden Chlamy-domonas eugametos wur-

den B e f r u c h t u n g s s t o f f e ( G a m o n e ) gefunden, die ein solches Verhalten verständlich machen. Beiderlei Geschlechtszellen scheiden zwei stereoisomere Karotinoide (Gis- und Transcrocetindimethylester) aus, und diese bewirken chemotaktisch (vgl. S. 600) das Aufsuchen des anderen Geschlechtes und die Kopulation. Es hängt nun vom Mischungsverhältnis dieser Ester ab, ob der Gamet männlich oder weiblich reagiert. Zwei weitere Farbstoffe (Andro- und G y n o t e r m o n e ) sind für die G e s c h l e c h t s b e s t i m m u n g maßgeblich.

b) Diplogenotypische

Geschlechtsbestimmunz

Wie wir sahen, vollzieht sich die haplogenetische Geschlechtsbestimmung bei der Reduktionsteilung. Der diploide zwitterige Orgeinismus, in dem diese stattfindet, liefert direkt oder indirekt zur Hälfte haploide männliche, zur anderen Hälfte haploide weibliche Geschlechtszellen. Aus deren Verschmelzung ergibt sich wieder der zwitterige Diplont. D i e d i p l o g e n o t y p i s c h e G e s c h l e c h t s b e s t i m m u n g d a g e g e n v o l l z i e h t s i c h e r s t b e i d e r B e f r u c h t u n g , somit ist der ganze entstehende diploide Organismus männlich oder weiblich. Wie schon erwähnt, gibt es unter den Angiospermen d i ö z i s c h e Arten, d . h . solche, bei denen etwa die Hälfte der Individuen nur männliche, die andere Hälfte nur weibliche Blüten liefert. Dazu gehört z. B. Melandrium album, die

II. Die genotypische Geschlechtsbestimmung

533

weiße Lichtnelke. Untersucht man die Chromosomensätze der männlichen u n d der weiblichen Pflanzen, so findet m a n einen Unterschied. Bei den Männchen tritt neben paarweise gleichartigen Chromosomen ein großes ungleiches Paar auf (Abb. 569). D e n kleineren Partner wollen wir als x-Chromosom, den größeren als y-Chromosom bezeichnen. Die weiblichen Pflanzen besitzen im allgemeinen den gleichen Chromosomensatz, aber statt des xy-Paares tritt ein xx-Paar auf. Bei den Reduktionsteilungen ^ ^ ^ entstehen somit in der An/ \ there der männlichen Pflan¿örf^ft^w "A ze zweierlei Pollenkörner, -'X A je 50 % mit dem x- und 50 % M ß , Ir mit dem y-Chromosom, die entsprechende Spermazellen / v *'v; .7 ^ y t t . f & S & ^ l f l liefern. I n der Samenanlage der weiblichen Pflanzen hingegen entstehen n u r E m bryosäcke und Eizellen m i t demx-Chromosom.Bei d e r Befruchtung können Abb. 569. Melandrium album, erste Teilung der Pollenmutterzelle .

.

sich n u n m i t

gleicher

(Reduktionsteilung), a frühe, b späte Anaphase mit der Verteilung der xy-Chromosomen. TJmzeichnung nach B E L A R aus HARTMANN.

sehen Versuche mit Bryonia. Alle Individuen besitzen männliche und weibliche Potenz (A und G). Alle weiblichen Individuen enthalten den weiblichen Realisator F in einem homologen Chromosomenpaar, sind also homogametisch mit weiblicher Tendenz. Die männlichen dagegen besitzen zweierlei Realisatoren, einen weibchenbestimmenden F und einen männchenbestimmenden M; sie sind also heterogametisch (erste Reihe des Schemas). Bei der Reduktionsteilung entstehen daher aus jeder Pollenmutterzelle zwei Pollenkörner mit F und zwei m i t M (zweite Reihe des Schemas). Die Vereinigung eines Spermakerns, der den Realisator F besitzt mit einer Eizelle (diese enthalten alle stets F) ergibt F+F und daher eine weibliche Pflanze; vereint sich dagegen M mit. so entsteht ein männliches Individuum, da F eine stärkere Valenz besitzt als M (dritte Reihe des Schemas). Nach HARTMANN.

534

E. Die plasmatische Vererbung

W a h r s c h e i n l i c h k e i t zwei X-Chromosomen oder das y-Chromosom m i t dem x-Chromosom v e r e i n e n . Da wir nun wissen, daß als Ergebnis der Befruchtung zur Hälfte weibliche und zur Hälfte männliche Exemplare entstehen, muß eingenommen werden, daß x und y Geschlechtschromosomen sind. Offenbar liefert das x-Chromosom den Realisator F (weiblich) und das y-Chromosom den Realisator M (männlich). Somit sind alle Eizellen, da sie zwei x-Chromosomen besitzen, ausschließlich weiblich bestimmt, während die Spermazellen teils männliche, teils weibliche Tendenz besitzen. Bei der Befruchtung d o m i n i e r t m ä n n l i c h ü b e r w e i b l i c h , und es entstehen daher 50% männliche und 50% weibliche Individuen. Die m ä n n l i c h e n Pflanzen sind also h e t e r o g a m e t i s c h , die w e i b l i c h e n h o m o g a m e t i s c h (vgl. das Schema Abb. 570). Es ließ sich zeigen, daß die Pollenkörner mit dem x-Chromosom rascher keimen und ihre Pollenschläuche schneller wachsen. Bestäubt man daher eine Narbe sehr reichlich mit Pollen und schneidet man den Griffel nach passender Zeit ab, so erhält man vorwiegend weibliche Pflanzen. Die Pollenschläuche mit dem x-Chromosom waren nämlich zu dieser Zeit schon über die Schnittfläche hinausgewachsen, die mit dem y-Chromosom noch nicht. Damit ist ein weiterer Beweis dafür erbracht, daß der Pollen das Geschlecht bestimmt. Nicht immer sind Geschlechtschromosomen vorhanden, die Realisatoren können also auch in Chromosomen vorkommen, die uns als Autosomen erscheinen. Auch gibt es Fälle, in welchen die Körperzellen der Weibchen zwei x-Chromosomen, die der Männchen ein x-Chromosom, aber kein y-Chromosom besitzen, also eine ungerade Chromosomenzahl aufweisen. Die weiblichen Geschlechtszellen enthalten somit alle ein x-Chromosom, die männlichen nur zur Hälfte; die mit dem x-Chromosom sind Weibchenbestimmer, die ohne solches Männchenbestimmer. Auch umgekehrte Fälle der Geschlechtsbestimmung wurden beobachtet, nämlich solche, wo das Weibchen heterogametisch ist (z. B. Fragaria elatior). Die Geschlechtschromosomen enthalten noch weitere Gene, die notwendigerweise gekoppelt verteilt werden.

E. D I E

PLASMATISCHE

VERERBUNG

Wie wir in den vorhergehenden Abschnitten erfuhren, erfolgt die Vererbung im wesentlichen vom Z e l l k e r n aus. Er bestimmt den G e n o t y p u s , da dessen Merkmale insgesamt im Genom, im jeweiligen Chromosomensatz verankert sind. Sind die väterlichen und mütterlichen Sätze einander gleich, so müssen reziproke Kreuzungen den gleichen Erfolg haben, d. h. es muß gleichgültig sein, ob man den Pollen des Individuums a auf die Narbe des Individuums b bringt oder umgekehrt. Es wurden aber Fälle bekannt, in welchen dies nicht zutrifft, vor allem solche, wo b e s t i m m t e E i g e n s c h a f t e n n u r von der E i z e l l e w e i t e r g e g e b e n w e r d e n ( M e t r o k l i n i e ) . Die mikroskopische Beobachtung lehrt nun, daß erstens die Eizelle stets sehr v i e l P l a s m a , die Spermazelle der Blütenpflanzen nur sehr wenig solches besitzt; ferner, daß P i a s t i d e n oft nur in der Eizelle auftreten, somit in der Zygote ausschließlich mütterlicher Herkunft sind. Wir haben schon an früherer Stelle von den sogenannten p a n a s c h i e r t e n B l ä t t e r n gesprochen (S. 440). Sie fallen dadurch auf, daß sie neben rein grünen Stellen auch weiße oder gelbliche besitzen oder überhaupt kein Chlorophyll ausbil den. Es gibt also Piastiden, denen die Fähigkeit, Chlorophyll zu bilden, abhan den gekommen ist. Wenn der Defekt bei den Piastiden selbst liegt, gibt es

F. Die Mutationen

535

in der Pflanze Zellen, die nur grüne, nur weiße oder auch beiderlei Piastiden enthalten (z. B. Pelargordum). Diese Möglichkeiten treffen dann auch für die Eizelle zu, nicht aber für die plastidenlosen Spermazellen. Somit kann eine Eizelle nach der Befruchtung auch eine grüne, eine gefleckte oder eine (lebensunfähige) weiße Pflanze bilden. Bei der Kreuzung mit einer Normalpflanze müssen dann reziproke Kreuzungen verschieden ausfallen, d a n u r d i e E i z e l l e d e r p a n a s c h i e r t e n P f l a n z e n v e r s c h i e d e n e P i a s t i d e n a b g e b e n k a n n , nicht aber die Spermazellen. Die Gesamtheit der Merkmalsanlagen, die in den Piastiden ihren Sitz haben, nennt mein das P i a s t i d o m . Als P l a s m o n schließlich bezeichnet man die Summe der Erbfaktoren i m P l a s m a , die den P l a s m o t y p u s schaffen. Das Plasmon macht sich wieder beim Studium reziproker Bastarde bemerkbar. Sind solche einander gleich, so spielt das Plasma offensichtlich bei der Vererbung keine Rolle; gleichen die Bastarde aber Mettyl in bestimmten Merkmalen stets der Mutter, so liegt eine r e i n Abb. 571. Sporogone von Funaria mediterranea (Me') links Funaria hygrometrica {Hg') rechts. Dazwischen die m ü t t e r l i c h e V e r e r b u n g (Me- und Sporogone der beiden reziproken Bastarde ( M e H y und J / y M e ) , troklinie) vor, die nur im Ei- Der Bastard HyMe hat sich aus einer Eizelle von Hy' entwickelt und zeigt den Hinfluß des mütterlichen Plasmas. Nach plasma ihren Sitz haben kann. F . v. W E T T S T E I N . Kreuzt man z. B. Funaria mediterranea, die k l e i n e Sporenkapseln besitzt, mit Funaria hygrometrica, die g r o ß e aufweist, so ergibt eine Eizelle der mediterranea mit dem Spermatozoid von hygrometica k l e i n e Kapseln, die umgekehrte Kreuzung dagegen g r o ß e Kapseln (Abb. 571). Wie wir früher hörten, erweist sich das Plasma unter dem Einfluß von Außenfaktoren modifikationsfähig. D a wir nun eine plasmatische Vererbung kennen, könnte der Schluß gezogen werden, daß es in der T a t eine Vererbung erworbener Eigenschaften gibt. Eine solche ist aber noch in keinem Fall eindeutig erwiesen worden. Wenn trotzdem immer wieder behauptet wird, daß es solche Fälle gäbe, so liegt eine Verwechslung mit D a u e r m o d i f i k a t i o n e n vor. Von solchen spricht man, wenn eine Modifikation durch einige Generationen dauert und erst dann wieder abklingt. Ihr Vorkommen ist verständlich, da mit dem Gesamtplasma auch das Eiplasma modifiziert gewesen sein muß, somit auch die Nachkommenschaft die Modifikation noch aufweisen kann. Eine modifikatorische Änderung des Genoms liegt aber nicht vor. Andererseits ist es natürlich nicht möglich, solche Versuche über Zeiträume auszudehnen, wie sie in der Natur vorkommen. Die M ö g l i c h k e i t derartiger Änderungen kann also nicht geleugnet werden.

F. D I E M U T A T I O N E N Die im Rahmen der Variationsbreite einer Art auftretenden M o d i f i k a t i o n e n s i n d n i c h t als so.lche e r b l i c h . Dagegen kann, wie früher ausgeführt wurde, Bastardierung e r b l i c h e N e u k o m b i n a t i o n e n von Genen herbeiführen und so neue konstante Formen schaffen. Etwas a b s o l u t Neues kann sich dabei nicht ergeben, da ja nur die Zusammensetzung schon vorhandener Erbfaktoren wechselt. Man hat aber auch s p r u n g h a f t auftretende erbliche Veränderungen beobachtet,

536

I. Die verschiedenen Mutationstypen

die mit Bastardierung nichts zu tun haben, was schon daraus hervorgeht, daß sie in reinen Linien auftreten können. Solche Änderungen müssen durch eine Änderung des Genoms verursacht sein. DE VRIES (1886) hat sie als M u t a t i o n e n bezeichnet, die erhaltenen neuen Formen nennt man Mutanten. Diese sind oft äußerlich vom Normaltypus wenig verschieden, daher schwer zu erkennen. In anderen Fällen können sie aber sehr auffällig werden, wie z. B. die Schlitzblättrigkeit vieler Bäume (Buche, Ahorn u. a.. sowie die f. laciniata des Schöllkrautes); ferner die Blutblättrigkeit, die Hänge- (Trauer-) form, Pyramidenwuchs und anderes. Auch g e o g r a p h i s c h e R a s s e n können durch Mutation entstehen, wenn nämlich die Mutanten Eigenschaften aufweisen, die ihr Gedeihen in einer bestimmten Umwelt fördern; sie erscheinen dann dieser angepaßt.

I. Die verschiedenen Mutationstypen Es lassen sich drei Formen der Mutation unterscheiden. a)

Genmutation

Die erste ist die Genmutation. Sitz der Gene sind die Chromomeren, die wahrscheinlich ein einziges besonders großes und kompliziertes Eiweißmolekül oder eine Gruppe solcher darstellen. Vollziehen sich in diesem chemische Umstellungen, so müssen neuartige Chromomeren entstehen, denen auch neuartige Gene entsprechen. Daß Genmutationen tatsächlich auf diesem Wege zustande kommen, geht daraus hervor, daß man solche durch Bestrahlung mit ultravioletten, Röntgen- und Radiumstrahlen experimentell herbeiführen kann. Diese Strahlen bewirken strukturelle Änderungen des Atomverbandes. Nicht selten neigt ein bestimmtes Gen besonders zur Mutation. Dann entstehen multiple Allele, die sich alle im gleichen Gen unterscheiden und damit z. B. in der Blütenfarbe oder Blütenform. b)

Chromosomenmutation

Von Chromosomenmutationen spricht man dann, wenn ganze Chromosomen in Stücke zerfallen (Abb. 572) und diese sich dann wieder ein Chromosomen anfügen. Das kann in der verschiedensten Weise erfolgen, z. B. so, daß das abgebrochene Stück sich in verkehrter Lage mit dem, von dem es stammt, verbindet (Inversion) oder so, daß beliebige Chromosomen Stücke austauschen (Translokation) usw.. Daneben gibt es auch Deletionen, bei welchen abgetrennte Stücke zugrunde gehen. Auch die Rate der Chromosomenmutationen kann durch Bestrahlung bedeutend erhöht werden. Man möchte zunächst meinen, daß bei dieser Art der Mutation nur eine Neukombination vorliegt. Es hat sich aber gezeigt, daß die Wirkung eines Gens sich manchmal verändert, wenn es anders als normal im Chromosom situiert ist (Positionseffekt). Es bestehen also Wechselbeziehungen zwischen den Genen eines Chromosoms. Bei Translokationen kann sich ein Chromosomenbruchstück einem beliebigen ganz anderen Chromosom anfügen (einfache Translokation); oder es zerbrechen zwei Chromosomen und tauschen ihre Stücke aus (wechselseitige oder reziproke Translokation). Es leuchtet ein, daß in solchen Fällen die Reduktionsteilung nicht mehr normal ablaufen kann. Es können dabei schließlich Gonen entstehen, denen gewisse Chromosomenstücke fehlen, und andere, die solche doppelt aufweisen. Bei reziproker Translokation kommt es ferner zu folgender Erscheinung. In der Meiosis sollen sich homologe Chromosomen paaren. Nun ist aber ein Chromosom, das

I. Die verschiedenen Mutationstypen

537

sich infolge Translokation aus Teilen von zwei verschiedenen Chromosomen zusammensetzt, auch zu zweierlei Chromosomen homolog, nämlich jeder seiner beiden Teile zu einem anderen. Somit paaren sich nicht mehr zwei Chromosomen, sondern vier. Sie bilden dabei ein Kreuz mit der Chiasmastelle als Mittelpunkt. Löst sich diese Haftstelle, so hängen die Chromosomen schließlich nur mehr an ihren Enden zusammen, und es entsteht ein Viererring, öffnet sich dieser an einer Stelle, so bildet sich eine Chromosomenkette. Wird dabei die Spaltung jedes Chromosoms in seine beiden Chromatiden schon deutlich, so liegen Chromatidenoktaden vor. Es können auf diese Weise schließlich alle Chromosomen in der Meiosis zu einem Gesamtring

Abb. 572. Chromosomensätze zweier Bassen von Vicia cracca. a diploider Satz, der 12chromosomigen Basse. b der 14chiomosomigen Basse. TJnten dieselben Chromosomen in haploider Zahl einzeln herausgezeichnet, 5 Chromosomenpaare sind bei beiden Bassen völlig identisch; in der höherchromosomigen Form treten aber statt eines langen (links oben) 2 kurze Chromosomen (links unten) auf, die wahrscheinlich durch Fragmentation des einen entstanden sind, ohne sich hier mit anderen Chromosomen zu verbinden. Nach S W E S C H N I K O W A aus GEITLEB.

zusammentreten und so einen „Komplex" bilden (z. B. bei Oenothera-Arten). Dann müssen aber bei einem Bastard (bei einem Komplexheterozygoten) in der Reduktionsteilung sich die ganzen Ringe oder Ketten voneinander trennen, und der Erfolg muß sein, daß jetzt scheinbar dieMendelschen Regeln nicht mehr gelten. Von den Gonen und Keimzellen besitzt dann ja die Hälfte den väterlichen, die andere Hälfte den mütterlichen Komplex. Bei der Reduktionsteilung erfolgt nämlich eine reine Trennung und kein Austausch von Chromosomen mehr. c)

Genommutation

Diese entsteht d u r c h V e r ä n d e r u n g d e r C h r o m o s o m e n z a h l , und zwar meist durch eine Verdoppelung oder Vervielfältigung des ganzen Satzes ( P o l y p l o i d i e ) . Zu einer solchen kommt es an den verschiedensten Stellen des Pflanzenkörpers oft ganz spontan. Die Körperzellen einer Blütenpflanze sind, wie w i r wissen, diploid. Vielfach wurden aber neben solchen auch Komplexe tetraploider Zellen gefunden. Sie können so zustande kommen, daß in einer meristematischen Zelle zwar die C h r o m o s o m e n v e r d o p p e l u n g (Chromatidentrennung) eintritt,

533

II. Die Bedeutung der Mutationen

es aber zu keiner Kern- und Zellteilung kommt (Endomitose). Erfolgt eine neue Kernteilung, so sind die Abkömmlinge dann tetraploid. Polyploidie kann in der Natur und im Experiment besonders unter dem Einfluß niederer Temperatur zustande kommen. Dann liegt eine Beeinflussung der Reduktionsteilung vor. Trennen sich bei dieser die Geminipartner nicht, so entstehen diploide Sperma- und Eizellen, die bei der Kopulation tetraploide oder, wenn nur die eine Reduktion unterblieb, triploide Formen ergeben. Durch Wiederholung des Vorganges entsteht eine weitgehende Polyploidie. Unsere Kulturpflanzen sind zum großen Teil Polyploide, so die großwüchsigen und riesenblütigen Gartenblumen sowie viele ertragreiche Obst-, Gemüse-, Getreide- und Kartoffel sorten. Charakteristisch f ü r Polyploidie ist also Riesenwuchs, daneben aber auch eine größere Widerstandsfähigkeit gegen Außenfaktoren, besonders gegen Kälte. D e r Riesenwuchs geht zum Teil darauf zurück, daß die V e r m e h r u n g der Chromosomen zu einer Vergrößerung der K e r n e f ü h r t und i m Zusammenhang damit auch die Zellgröße zunimmt. So lassen sich aus diploiden Mooskapseln durch Regeneration neue Moospflanzen erzeugen, die dann natürlich auch diploid sind, obwohl sie normal Haplonten darstellen. I h r e Zellen sind erheblich g r ö ß e r als die der Normalform, und durch W i e d e r h o l u n g des V e r f a h r e n s l ä ß t sich die Zellgröße noch steigern. Viele Gattungen von Blütenpflanzen besitzen Chromosomensätze, die ein M e h r f a c h e s einer bestimmten Grundzahl darstellen; m a n wird also an die V e r m e h r u n g eines ursprünglichen Chromosomensatzes denken. Bei der Rose ist z. B. die Grundzahl 7 und die Chromosomenzahl der somatischen Zellen bei den einzelnen A r t e n 1 4 , 2 1 , 28, 55, 42, 5 6 (Abb. 2 8 , S. 35). Besonders wichtig ist die Tatsache, daß Polyploidie auch bei Bastardierung- auftreten kann ( A l l o p o l y p l o i d i e ) . Dies f ü h r t zur Bildung neuer A r t e n . So ist Galeopsis tetrahit m i t der Chromosomenzahl n = 1 6 ein Bastard von Gal. pubescens (n = 8) und Gal. speciosa (n = 8). Unsere Hauspflaume Prunus domestica (n = 24) scheint auf diesem W e g e aus Prunus spinosa (n = 1 6 ) und P. cerasifera (n = 8) entstanden zu sein. Auf diese W e i s e gelingt es auch, ganz neue A r t e n „synthetisch" herzustellen, so Raphanobrassica (tetraploid) aus Kohl ( Brassica oleracea) und R e t t i c h ( Raphanus sativus). Polyploidie kann auch durch Behandlung m i t G i f t e n erzielt werden, so insbesondere m i t dem aus der Herbstzeitlose stammenden C o l c h i c i n .

II. Die Bedeutung der Mutationen Es wäre falsch, in den Mutationen nichts anderes als pathologische Veränderungen zu sehen. Viele Gen- und Genommutationen besitzen allerdings eine geringe Vitalität; das gilt aber durchaus nicht für alle, und Polyploide zeichnen sich sogar oft durch besondere Resistenz aus. Manche durch Mutation entstandenen neuen Rassen oder Arten können lokalen Umweltsbedingungen besser entsprechen als die Stammpflanzen, und zwar auch dann, wenn die Änderungen dem Auge geringfügig erscheinen. Mit den morphologischen können nämlich auch physiologische Änderungen verbunden sein, die von großem Werte für die Erhaltung der neuen Formen sind, wie z. B. Hitze- oder Kälteresistenz. Es besteht also kein Zweifel darüber, daß maxichen Mutationen ein h o h e r S e l e k t i o n s w e r t zukommt. Die DARWINsche Selektionstheorie der Artentstehung hat damit eine feste wissenschaftliche Grundlage erhalten. Wenn Beweise für sie derzeit auch nur für Rassen und einander nahestehende Arten vorliegen, so erscheint es doch denkbar, daß auch die Entwicklung der Gattungen, Familien usw. in sehr langen Zeitläufen allmählich nach dem gleichen Prinzip vor sich ging. Betrachtet man aber die außerordentliche Verschiedenheit besonders der großen Pflanzenklassen einerseits, und die weitgehende Anpassung

G. Zur Physiologie der Vererbung

539

vieler Organe an ihre Funktionen andererseits, so fragt sich doch, ob diese auf so einfachem Wege zustande gekommen sein können, oder ob nicht noch weitere uns unbekannte Faktoren dafür maßgebend waren. G. Z U R

PHYSIOLOGIE

DER

VERERBUNG

Schon früher wurde darauf hingewiesen, daß das Genom seine Wirkungen nur im Zusammenhang mit dem Protoplasma entfalten kann, und daß es Eigenschaften gibt, die vom Plasma unmittelbar vererbt werden. Mail ist heute geneigt, die Gene als Wirkungsgruppen großer Enzymkomplexe aufzufassen, die auf unabhängig davon im Plasma vorhandene Potenzen einwirken und diese realisieren oder aktivieren. Als Beispiel haben wir kennengelernt, daß alle Organismen eine bisexuelle Potenz besitzen und die Gene nur als Realisatoren für das Auftreten des einen oder des anderen Geschlechtes fungieren. Für diese Auffassung spricht ferner, daß manche physiologischen oder auch Formänderungen ebenso wie durch ein Gen auch durch einen Außenfaktor, z. B. Temperaturänderungen oder auch durch Vira ausgelöst werden können. Es bestehen also sehr weitgehende Beziehungen zwischen dem Genom und dem Plasma. Ferner erfuhren wir, daß sich auch die chromosomalen Gene gegenseitig beeinflussen können, wie besonders aus dem „Positionseffekt", d. h. der verschiedenartigen Wirkung eines Gens je nach seiner Lage im Chromosom oder Chromosomensatz, hervorgeht. Das Gen erweist sich also auch hier nur als eine Komponente in einem komplizierten Gesamtprozeß. Für die Beurteilung genetischer Fragen ist ferner das Verhalten von Organismen, die vegetativ verbunden sind, von größter Bedeutung. Schon die Natur selbst bietet uns Beispiele dafür. Hier sind an erster Stelle die F l e c h t e n zu nennen, von denen wir schon früher hörten, daß sie Symbiosen von Pilzen und Algen darstellen. Am auffälligsten ist dabei, daß der Symbiont eine neue Form annimmt, wie sie weder dem Pilz noch der Alge zukommt, und die eine viel höhere Organisationsstufe darstellt. Da der Flechtenthallus im wesentlichen aus Pilzmasse besteht, muß mein annehmen, daß deren Formveränderung auf den Einfluß der Alge zurückgeht, und dieser Einfluß kann nur ein hormonaler sein. Von Bedeutung ist indessen, daß die Flechtenpilze häufig Sporen bilden, aus denen völlig unveränderte Pilzmycelien hervorgehen. Die Beeinflussung des Mycels durch die Alge erstreckt sich also nicht auf die Nachkommenschaft. Die verschiedenen Methoden des P f r o p f e n s ermöglichen es uns, auch künstliche Symbiosen zu schaffen. Es besteht kein Zweifel darüber, daß sich über die Pfropfstelle hinweg nicht nur Nährstoffe, sondern auch Wirkstoffe, ja sogar Viren, nach beiden Richtungen ausbreiten können. So kann es nicht wundernehmen, wenn auch Veränderungen an Form, Farbe und Inhaltstoffen am Pfropfreis auftreten, die solchen der Unterlage mehr oder minder adäquat sind. Eine Sonderstellung nehmen die sogenannten C h i m ä r e n ein, von denen schon früher (S. 507) die Rede war. Die intermediären Formen, die sie darstellen, erfuhren eine Erklärung dadurch, daß hier Gewebe von zweierlei Pflanzen ein einheitliches Gebilde aufbauen. Trotzdem wird man auch hier nicht an eine bloße morphologische

540

G . Z u r Physiologie d e r V e r e r b u n g

Kombination denken dürfen, denn daß sich beiderlei Gewebe auch physiologisch beeinflussen müssen, steht außer Zweifel. I m einzelnen fragt es sich n u r , inwieweit diese Beeinflussung die ererbte Gestaltungsrichtung modifizieren kann. D e n n jede Schicht der Chimäre zeigt den Chromosomensatz, der ihrem Elter entspricht, hat also dessen Genom. Die Nachkommenschaft einer Chimäre gleicht stets dem Elter, der die zweite Zellenlage des Vegetationspunktes bildete. Das ist verständlich, da sich später aus dieser Schicht die Sporen bilden, von denen die Geschlechtszellen abstammen. Aus diesem Grunde hat m a n es auch vorgezogen, die Chimären als Pfropfsymbionten zu bezeichnen u n d nicht als Pfropfbastarde. Bei der Pfropfung kann es aber in seltenen Fällen auch dazu kommen, daß nicht n u r geschlossene Zellen miteinander verwachsen, sondern sich auch Zellen offen vereinen, wobei ihre Protoplasten und auch die Zellkerne verschmelzen. Man kann dies daran erkennen, daß die Gewebe des Pfropfreises eine Chromosomenzahl besitzen, die die der Ausgangspartner übertrifft. Solche Verschmelzungsbastarde hat m a n B u r d o n e n genannt. Sie erwiesen sich bisher als steril. M I T S C H U R I N u n d seine Schüler haben neuerdings verschiedenartige P f r o p f u n g e n in größtem Maßstabe d u r c h g e f ü h r t . Sie verfolgten dabei praktische Ziele, n ä m lich die G e w i n n u n g neuer Sorten von Nutzpflanzen, die nicht n u r ertragreich, sondern vor allem auch frostresistent sein sollten. Soweit es sich dabei u m Obstbäume u n d Beerensträucher handelt, ist zu berücksichtigen, daß diese meist weitgehend heterozygot sind. Dazu k o m m t , daß es bei Bäumen oft viele Jahre dauert, bis sie zum erstenmal fruchten. Somit scheidet f ü r sie die A n w e n d u n g der M E N D E L s c h e n Regeln f ü r die Praxis aus. Auch einjährige Kulturpflanzen sind meist komplizierte Bastarde. Bei solchen ist es nicht möglich, die Ergebnisse einer Kreuzung vorauszusagen. Die Methode der vegetativen Vereinigung schien hier raschere u n d bessere Erfolge zu versprechen. Voraussetzung d a f ü r war, ein Verf a h r e n ausfindig zu machen, das zu einer möglichst starken Beeinflussung des Reises durch die Unterlage, oder u m g e k e h r t , f ü h r t . D a n n m u ß t e es möglich sein, gewünschte günstige Eigenschaften auf vegetativem Wege zu übertragen. Die Methoden, mit deren Hilfe das beabsichtigte Ziel erreicht w e r d e n kann, sollen n u n m e h r in Kürze geschildert werden.

Die Pflanze durchläuft während ihrer Entwicklung verschiedene Stadien, u n d es ergab sich, daß sie während der einzelnen Perioden sehr verschieden stark durch Außenfaktoren beeinflußbar ist ( S t a d i a l t h e o r i e ) . W i r haben ein erstes solches Stadium schon in d e m Abschnitt über die Vernalisation k e n n e n gelernt. N u r während einer kurzen, f ü r die einzelnen Arten verschieden langen Zeitspanne läßt sich durch Abkühlung die erwünschte Abkürzung der vegetativen Phase erzielen; spätere Einwirkung tiefer T e m p e r a t u r e n erwies sich als wirkungslos. Auch die photoperiodische Beeinflussung ist an ein gewisses Entwicklungsstadium gebunden, sie findet während des Lichtstadiums statt. D e n Abschluß bildet das Blüh- u n d Fruchtstadium. W ä h r e n d sich bis zu diesem die Pflanze gegenüber Außeneinflüssen als m e h r oder minder labil erweist, hat sie n u n m e h r eine weitgehende Stabilität erworben. Die einzelnen Entwicklungsstadien sind also qualitativ verschieden, u n d jede Phase erfordert f ü r ihren günstigen Ablauf einen besonderen Komplex von Außenbedingungen. Die Perioden schließen

G. Zur Physiologie der Vererbung

541

stets in gleicher Folge aneinander an und sind irreversibel. Die jeweiligen Veränderungen wirken sich zunächst am Vegetationspunkt aus und werden durch diesen dann an den neuen Zuwachs weitergegeben. Die erwähnte Labilität der Pflanzen während ihrer ersten Entwicklung bietet dem Züchter neue Möglichkeiten der Beeinflussung durch Pfropfung. Darauf beruht das sogenannte M e n t o r v e r f a h r e n . In der Praxis der Pfropfungen war mein bisher im allgemeinen so vorgegangen, daß man schon blühfähige Triebe einer bewährten Obstsorte auf einen jungen Wildling aufpfropfte. Dieser selbst wurde an eigener Sproßbildung gehindert, diente also nur als bewurzelte Unterlage, während das bereits stabile Reis sich nicht veränderte, also seine guten Eigenschaften beibehielt. M I T S C H U R I N schlug einen anderen Weg ein. Zunächst versuchte er, sich ein günstiges Ausgangsmaterial zu verschaffen. Versuche ergaben, daß sich Hybridensämlinge einer neuen Umwelt um so besser anpaßten, je weiter die Erzeuger in ihren Heimatorten voneinander entfernt und je verschiedener sie waren. Sie wurden aus Ländern gewählt, deren Klimabedingungen den eigenen am meisten entsprachen. Auch Hybriden aus lokalen widerstandsfähigen Sorten mit wertvollen ausländischen ergaben Erfolge. Derartige Hybriden erwiesen sich zwar als frostresistent, besaßen aber meist noch keine guten Qualitäten. Wenn nun aber in die unteren Zweige der Krone eines jungen solchen Bäumchens Reiser einer guten Kultursorte gepfropft wurden, so erhöhte sich die Fruchtbarkeit der Hybride, und die Qualität der Früchte verbesserte sich in Richtung der aufgepfropften Sorte. Allgemein gesprochen ergab die Erfahrung, daß junge, noch labile Pflanzenteile bei der Pfropfung durch alte stabile adäquat beeinflußbar sind. Es ist nämlich auch möglich, das labile Reis einer Jungpflanze durch eine bereits stabile Unterlage zu modifizieren. Durch Pfropfungen wurde noch ein weiterer bemerkenswerter Effekt erzielt. Kreuzungen zwischen fernerstehenden Arten und noch mehr zwischen Gattungen erwiesen sich in den seltensten Fällen als durchführbar. Hier kann durch die Methode der vorherigen v e g e t a t i v e n A n n ä h e r u n g Abhilfe geschaffen werden. Man verwendet als mütterlichen Erzeuger vorteilhaft nicht eine Pflanze von einer reinen Art, sondern eine Hybride. Reiser solcher einjährigen Hybridensämlinge pfropft man auf die Zweige eines erwachsenen Baumes der anderen Art oder Gattung. Nach einigen Jahren lassen sich dann die aus dem Reis entstandenen Blüten erfolgreich mit dem Pollen der anderen Art befruchten. So wird z. B. über erfolgreiche Kreuzungen zwischen Birne und Apfel, Eberesche und Birne, Mandel und Pflaume, verschiedene Kirschenarten usw. berichtet. Auch das Anbringen von Narbenstücken der einen Art auf die Narbe der anderen kann den Pollen der ersten Art auf dieser zweiten zur Keimung bringen. Die geschilderten Züchtungsergebnisse bieten dem Pflanzenphysiologen eine Reihe weiter zu klärender Probleme. Man wird sie, worauf M I T S C H U R I N selbst hinwies, auf dem Gebiet der hormonalen Beeinflussung zu suchen haben. Darauf weist besonders folgende Erfahrung hin. Soll das Mentorverfahren von gutem Erfolg begleitet sein, so ist es vorteilhaft oder notwendig, die Blätter des Teiles der gepfropften Pflanze, der abgeändert werden soll, zu entfernen.

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G. Zur Physiologie der Vererbung

D a wir nun wissen, daß die Phytohormone in den Blättern gebildet werden, wird klar, daß z. B. ein entblättertes Reis ausschließlich die durch die Blätter der Unterlage erzeugten Wirkstoffe erhält und nun durch diese modifiziert wird. Auch die vegetative Annäherung wird auf diesem W e g e verständlich. Nichtkreuzbarkeit zweier Pflanzen beruht im allgemeinen darauf, daß der Pollen auf der fremden Narbe nicht die für seine Keimung und Entwicklung passende Stoffkombination antrifft. Ist die Narbe aber hormonal verändert, so fällt diese Behinderung fort. Eine weitere Frage ist es, ob die geschilderten „Beeinflussungsbastarde" die neuerworbenen Eigenschaften an ihre Nachkommenschaft weitergeben. Es wäre auf dem Wege der plasmatischen Vererbung möglich, da ja das Plasma der Eizelle auch eine hormonale Abänderung erfahren haben kann. Die Genetik würde das als einen besonderen Fall von Dauermodifikation betrachten. Die russischen Forscher gehen allerdings viel weiter und fassen ihre Erfolge als einen Beweis für die Vererbung erworbener Eigenschaften auf, u m so mehr, als sie den jeweiligen Umweltbedingungen auch einen Einfluß auf das Ergebnis der Pfropfungen zuschreiben.

DRITTER

ARSCHNITT

ORTWECHSEL (BEWEGUNG) A. ÜBERSICHT ÜBER DIE B E W E G U N G E N DER

PFLANZEN

Daß die Pflanzen — und zwar alle — Rewegungen ausführen, blieb sehr lange unbekannt. Vor allem scheute man sich davor, die Rewegungen der Pflanzen denen der Tiere gleichzustellen und versuchte, für sie einfache mechanische Erklärungen zu finden. Heute weiß mein, daß die Fähigkeit der Eigenbewegung eine der Grundeigenschaften jeder lebenden Substanz ist, was besonders klar daraus hervorgeht, daß sich das Plasma selbst bewegt. Man kann zunächst a k t i v e und p a s s i v e R e w e g u n g e n unterscheiden. Die zweiten spielen lediglich bei der Verbreitung von Samen und Früchten oder auch Sporen durch Luft, Wasser und Tiere eine Rolle und wurden schon besprochen. Unter den aktiven Rewegungen gibt es rein mechanische, nämlich solche, deren Ursache die H y g r o s k o p i z i t ä t d e r M e m b r a n e n ist, ferner sogenannte K o h ä s i o n s m e c h a n i s m e n , bei denen die Kohäsionskraft des Füllwassers der Zellen die entscheidende Rolle spielt. Schließlich können auch Spannungen lebender Gewebe die notwendige Energie liefern. Diese E x p l o s i o n s m e c h a n i s m e n unterscheiden sich von den früheren dadurch, daß bei ihnen lebende Zellen wirksam sind, während die anderen in abgestorbenem Zustand funktionieren. Physiologisch bedeutungsvoller als diese einfachen Bewegungsmechanismen sind jene Bewegungen, die einen Ortswechsel oder eine Änderung der Organlage im Raum ermöglichen. Die f r e i e O r t s b e w e g u n g (lokomotorische Rewegung) setzt voraus, daß die Pflanze nicht fest im Substrat verankert ist. Sie findet sich daher bei sehr vielen schwimmenden Einzellern oder Kolonien, seltener bei am Boden lebenden Organismen. Sie müssen alle für ihre aktive Bewegung geeignete Einrichtungen besitzen. Meist verlaufen diese Bewegungen in einer bestimmten Richtung, die durch einen äußeren R e i z , wie Licht, Schwerkraft, chemische Stoffe usw. bedingt wird. Mein spricht dann von T a x i e n , im einzelnen von Photo-, Geo-, Chemotaxis usw.. Hier ist aber auch die S t r ö m u n g des P l a s m a s anzuschließen, da sie ganz ähnlich verläuft wie die Bewegung einiger kriechender nackter Organismen, z. B. der Schleimpilze. F e s t w u r z e l n d e P f l a n z e n können naturgemäß nur ihre O r g a n e bewegen. Diese Bewegungen verlaufen mit wenigen Ausnahmen so langsam, daß sie mit

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B. Die hygroskopischen Mechanismen

freiem Auge nicht verfolgt werden können. Mit Hilfe des Zeitraffers kann mein sie aber heute so beschleunigt vorführen, daß sie in anschaulichster Weise zutage treten. Ein Teil dieser Bewegungen verläuft von äußeren Einflüssen unabhängig; sie sind also autonom oder autogen. Die Mehrzahl aber wird durch Außenfaktoren veranlaßt, dann liegen aitionome (aitiogene, induzierte oder paratonische) Bewegungen vor. Sie verlaufen in zweierlei Weise. Entweder ist ihre Richtung ein für allemal festgelegt, sie sind zwar induziert, doch wird die Bewegungsrichtung völlig autonom bestimmt, auch bleibt sie immer gleich. So schließen sich die Blüten eines Krokus bei Kälte, während sie sich in der Wärme entfalten. Der Temperaturwechsel hat diese Bewegungen zwar verursacht, geregelt aber werden sie durch die Bauverhältnisse der Blüte. Solche Bewegungen nennt mein nastische oder Nastien (sprich Nastien). Je nach dem wirksamen Außenfaktor spricht man von Photonastie, Thermonastie usw.. Viele andere Bewegungen sind dagegen, wie die Taxien, in ihrer Richtung von der des Reizes abhängig. Sie müssen nicht unbedingt in dieser selbst erfolgen, zeigen aber immer eine Beziehung zu ihr. So krümmen sich z. B. Pflanzenstengel bei einseitiger Beleuchtung zum Licht und stellen sich schließlich in die Lichtrichtung ein. Ihre Blätter dagegen bewegen dabei vielfach ihre Spreiten so, daß sie am Ende senkrecht zum einfallenden Licht stehen, also eine transversale Stellung einnehmen. Solche Bewegungen nennt man Tropismen und unterscheidet wieder Photo-, Geo-, Chemotropismus usw.. Taxien, Tropismen und Nastien sind, wie schon angedeutet wurde, Reizb e w e g u n g e n . Damit soll ausgedrückt werden, daß sie niemals durch einen äußeren oder inneren Faktor direkt bewirkt werden. Vielmehr wirkt der jeweilige Reizanlaß nur auslösend; auf Grund seines Einflusses laufen komplizierte Ketten von Reaktionen ab, als deren Endergebnis die Bewegung erscheint. Eine genaue Beschreibung des Reizbegriffes wird an späterer Stelle (S. 555) gegeben werden. B. DIE H Y G R O S K O P I S C H E N

MECHANISMEN

Unter den aktiven toten Bewegungsmechanismen kommt denjenigen, die auf der H y g r o s k o p i z i t ä t der Z e l l m e m b r a n beruhen, die größte Verbreitung zu. Wie wir schon beim Bau der Zellwand hörten, besitzt diese eine Q u e l l u n g s f ä h i g k e i t , die nach den verschiedenen Richtungen des Raumes verschieden groß ist. In der Richtung der Mizelle ist sie verschwindend klein, in den beiden dazu senkrechten Richtungen aber beträchtlich. Ein aus der trockenen Membran herausgeschnittenes Kügelchen würde also bei Befeuchtung nicht eine größere Kugel, sondern ein Q u e l l u n g s e l l i p s o i d bilden. Diese Tatsache ist die physikalische Grundlage aller Quellungsmechanismen. In einer Zelle können wir drei Quellungsrichtungen unterscheiden. Die Quellung kann sich so vollziehen, daß die Membran dicker wird. Entsprechend der Vergrößerungsrichtung spricht man dann von R a d i a l q u e l l u n g . Wird die Membran aber länger oder breiter, so liegt T a n g e n t i a l q u e l l u n g vor. Welche Quellungsrichtung vorherrscht, hängt vom Feinbau ab. Dicke geschichtete Membranen werden, zu radialer Quellung

B. Die hygroskopischen M e c h a n i s m e n

545

neigen, da die Wassereinlagerung zwischen den Schichten erfolgt. Von viel größerer Bedeutung sind aber die beiden Formen der Tangentialquellung. Die Wassereinlagerung erfolgt stets in den Intermizellarräumen. Ist die Membran also l ä n g s s t r u k t u r i e r t , so wird sie sich bei der Quellung v e r b r e i t e r n , ist sie q u e r s t r u k t u r i e r t , so wird sie sich v e r l ä n g e r n . Verläuft die Struktur schräg oder schraubig, so m u ß sich auch die Verbreiterung, da sie dazu senkrecht liegt, schräg vollziehen oder schraubig u m die Zelle laufen. Das Funktionieren aller hygroskopischen Mechanismen beruht n u n darauf, d a ß e n t g e g e n g e s e t z t e Seiten einer Zelle oder eines Zellverbandes verschieden strukt u r i e r t u n d d a m i t in v e r s c h i e d e n e r R i c h t u n g q u e l l u n g s f ä h i g sind.

Abb. 573. Modelle zur Demonstration hygroskopischer Bewegungen. Linierte Papierstücke, bei denen der Faserverlaul parallel zu den Linien liegt, werden herausgeschnitten. In 1 verlaufen die Fasern (Linien) parallel zur Längsachse des Streifens. Das trockene Blättchen (a) auf Wasser gelegt, erfährt eine Querkrümmung (b). In 2 liegen die Fasern senkrecht zur Längsachse (a); auf Wasser entsteht eine Längskrümmung (b). In 3 sind die Blättchen 1 und 2 naß aufeinander geklebt (a); als Trocknungsergebnis erscheint eine Längskrümmung (b). Liegt eine Faserlage schief (4a), kommt es zu schraubiger Krümmung (4b). Kreuzen sich die Fasern unter gleichen Winkeln (5a), so erfolgt eine Torsion (56). Original, unter Anlehnung an JOST. 35 v. G u t t e n b e r g , Lehrbuch der allgemeinen Botanik

546

B. D i e hygroskopischen M e c h a n i s m e n

Dies l ä ß t sich s e h r schön an e i n f a c h e n Modellen darstellen (Abb. 575). I n den ü b l i c h e n P a p i e r s o r t e n des Handels liegen die F a s e r n in d e r R e g e l zueinander u n d zu e i n e r L ä n g s k a n t e e t w a parallel a u s g e r i c h t e t . W i r v e r s e h e n solches P a p i e r m i t Linien, die parallel z u r F a s e r r i c h t u n g verlaufen. S c h n e i d e n w i r n u n L ä n g s s t r e i f e n , e i n m a l s e n k r e c h t u n d e i n m a l parallel zu den Linien (Fasern), h e r a u s , so v e r h a l t e n sich solche S t r e i f e n , auf W a s s e r gelegt, verschieden.

Abb. 574. A Dryas Drummondi, basale Partie eines Flughaares. B desgleichen von Anemone Pulsatilla. Nach HABERLANDT.

Abb. 575. Primula officinalis. Längsschnitt durch einen Kapselzahn. Unter der äußeren Epidermis (e) finden sich Sklerenchymzellen, deren quer gestellte Tüpfel die Querstruktur dieser Schicht erkennen lassen; sie stellt also die Quellschicht dar. Die innere Epidermis (i) ist längsstrukturiert und bildet die Widerstandsschicht. Nach STEIN BRING K.

A B Abb. 576. Strukturschemata des radialen Längsschnittes von Compositenhüllblättern mit eingetragener Tüpfellage. A. Centaurea C y onus; el, e2, e 3 äußere Faserschichten, in denen Querstruktur allmählich zu Schrägstruktur übergeht; pl, p2 Parenchymzellen mit steiler werdender Schraubenstruktur; i innere Fasern mit steiler Struktur. B. Carlina acaulis; e äußere Fasern, p Parenchymzellen, beide quer strukturiert, i steilschraubige innere Fasern. A und B bewegen sich demnach xerochastisch. Nach STEINBRINCK.

Abb. 577. Orobus vernus. Hülse vor und nach dem Aufspringen. Nach K E R N E R .

547

B. Die hygroskopischen Mechanismen

Die allein befeuchtete Unterseite quillt, und da die Quellung bevorzugt senkrecht zur Faserrichtung erfolgt, rollt sich der erste Streifen spiralig ein ( L ä n g s k r i i m m u n g ) , während der andere rinnenförmig wird ( Q u e r k r ü m m u n g ) . Kleben wir zweierlei Streifen naß aufeinander und lassen wir den Doppelstreifen dann austrocknen, so kommt es zu einer Längskriimmung, wobei die querstrukturierte Seite konkav wird. Wir können nun auch Streifen so herausschneiden, daß sie eine schiefe Faserlage besitzen, und sie dann naß mit (juer- oder längsstrukturierten Streifen verbinden. In diesem Falle sind die Hauptkrümmungsebenen gleichfalls s c h r ä g zu den Streifenrändern gerichtet, und damit kommt es beim Austrocknen zu einer s c h r a u b i g e n K r ü m m u n g . Kreuzen sich schließlich zwei schräge Systeme in gleichen Winkeln, so entsteht eine T o r s i o n .

In solchen Modellen kreuzen sich die Richtun-

i

gen von an sich gleich quellbaren Fasern. Das Ergebnis ist indessen das gleiche, wenn sämtliche Fasern längs verlaufen, aber die der einen Platte eine quere, die der andern eine Längsstruktur besitzen; denn auch dann kreuzen sich

Abb. 578. Lathyrus latifolius, parallel zur Krümmungsachse

geführter Querschnitt einer Hülsenklappe, e , äußere Epidermis (Widerstandsgewebe), p dünnwandiges Parenchym. b dickwandiges Bewegungsgewebe, dessen oberste Lage Querstruktur besitzt (Richtung der Tüpfelspalten), während die inneren Lagen steil schräg strukturiert sind, e 2 innere Epidermis. .Vach H A B E R L A N D T .

Abb. 579.

Erodium gruinum, Teil-

früchte. A in trockenem, B in feuchtem Zustand. Nach N O L L .

die Strukturlinien. Schließlich muß sich auch eine einzelne Faser hygroskopisch krümmen, wenn sich die Mizellarreihen ihrer gegenüberliegenden Längswände kreuzen. Alle diese Möglichkeiten sind bei den hygroskopischen Mechanismen der Pflanze realisiert. Wir wollen nunmehr einige hygroskopische Bewegungen an Beispielen näher betrachten. Viele F l u g h a a r e von Samen oder Früchten (vgl. S. 379) sind hygroskopisch. Bei Benetzung oder in feuchter L u f t schließen sie zu einem Schopf zusammen, bei Trockenheit spreizen sie auseinander und bilden so einen Fallschirm. Untersuchen wir z. B. die einzelligen Flughaare, die a m persistierenden Griffel der Silberwurz ( D r y a s octopetala) auftreten (Abb. 574), so finden wir, daß sie 35*

548

B . Die hygroskopischen Mechanismen

auf der Außenwand eine verdickte, quergetüpfelte, also auch querstrukturierte Wand besitzen. Die Gegenseite weist Längsstruktur auf. Feuchtigkeit führt zur Quellung der Außenseite, die sich somit verlängert und infolge ihrer Dicke eine beträchtliche Bewegungsenergie entfaltet. Das Haar bewegt sich zum Griffel, wobei die vorher gespannte Gegenseite durch ihr Kontraktionsbestreben mitwirkt. Trockenheit führt durch Schrumpfung der Außenseite zur gegenläufigen Bewegung. Nicht anders verhalten sich verschiedene K a p s e l fr ü c h t e , die mit Klappen aufspringen. Die trockene Fruchtwand der P r i m e l n z. B. zeigt unter der äußeren Epidermis eine Anzahl stark verdickter Zellenlagen, die, wie schon die Tüpfellage lehrt, q u e r s t r u k t u r i e r t sind, also eine Q u e l l s c h i c h t darstellen. Zuinnerst liegt eine l ä n g s s t r u k t u r i e r t e Epidermis als W i d e r s t a n d s s c h i c h t (Abb. 575). \

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/• J 1 /

f)

A Abb. 580. Erodium gruinum. A Strukturschema der Granne (des Fruchtschwanzes) mit eingetragener Tüpfellage, p Parenchym, /„—j, Faserlagen mit zunehmender Steilstruktur. B, C, D isolierte Zellen aus der Schicht {¡; B Zelle von innen her gesehen, naß. Sie ist auf der Innenseite quer, auf der Außenseite schräg strukturiert; im trockenen Zustand (C, D) kommt es daher zu schraubiger Krümmuilg. Nach STEINBRINCK.

Solche Kapseln öffnen sich bei Trockenheit und schließen sich bei Nässe; man spricht dann von X e r o c h a s i e . Nicht anders funktionieren die Hüllblätter mancher Kompositen, so der Silberdistel (Carlina acaulis), die man wegen ihrer Hygroskopizität zur Wettervoraussage verwendet. Die Blätter bestehen aus einer größeren Anzahl von Zellenlagen. Außen liegen querstrukturierte Fasern, es folgen erst quer-, dann schiefporige Parenchymzellen, schließlieh zuinnerst eine steilschiefe Faserzone. Wieder finden sich also eine ä u ß e r e Q u e l l s c h i c h t und eine i n n e r e W i d e r s t a n d s s c h i c h t (Abb. 576). Einen ähnlichen Bau besitzen die hygroskopischen Zapfenschuppen der Koniferen. Die sogenannte „Jerichorose" (AnastaticahierochunHca), eine Pflanze der ägyptisch-arabischen Wüste, verhält sich umgekehrt. Ihre mit Früchten besetzten Zweige spreizen bei Benetzung auseinander und krümmen sich bei Trockenheit ein. Entsprechend liegt hier die Q u e l l s c h i c h t i n n e n , die W i d e r s t a n d s s c h i c h t a u ß e n ; dieses Verhalten nennt man H y g r o c h a s i e .

Die Hülsen der P a p i l i o n a c e e n springen meist explosiv m i t zwei Klappen auf, wobei die Samen fortgeschleudert werden. Die Klappen erscheinen danach s c h r a u b i g nach innen gedreht (Abb. 577, 578). Das hat seine Ursache darin, daß hier mehrere Lagen mechanischer Zellen schief zur Längsachse der Klappe liegen. Die äußere Faserlage ist quer-, die inneren sind längsstrukturiert und streben daher eine Q u e r k r ü m m u n g (Binnenbildung) an. Infolge ihrer Schieflage muß diese auch in s c h i e f e r Richtung erfolgen und so zur s c h r a u b i g e n K r ü m m u n g der Klappe führen.

Sehr auffällig verhalten sich die Teilfrüchte des Beiherschnabels (ErodiumArten). Sie bestehen aus dem kleinen Samengehäuse und einem sogenannten Fruchtschwanz. Bei der Fruchtreife lösen sie sich von einer mittleren Säule los und springen ab, wobei die basalen Teile der Fruchtschwänze sich schraubig einrollen (Abb. 579). Ursache dieser Bewegung sind äußere querstrukturierte Fasern, die beim Austrocknen eine Verkürzung anstreben und innere Fasern, die selbst zufolge ihrer Struktur zu schraubiger Drehung neigen (Abb. 580). Diese zwingen dem ganzen Gebilde dieEinrollung auf. Die Teilfrüchte bohren sich bei wechselnder

C. Die Kohäsionsmechanismen

549

Feuchtigkeit unter Streckung und Rollung immer tiefer in die Erde ein, wobei eine rückläufige Bewegung durch zur Spitze gerichtete Borsten verhindert wird. Weitere Beispiele hygroskopischer Mechanismen sind die P e r i s t o m z ä h n e der Laubmooskapseln, die Sporenbänder der Schachtelhalme, die G r a n n e n mancher Grasfrüchte u . a . .

C. D I E KOHÄSIONSMECHANISMEN Ein anderer Typus aktiver toter Bewegungsgewebe erhält seine Bewegungsenergie aus der K o h ä s i o n des F ü l l w a s s e r s von Zellen. Ein Beispiel soll dies erläutern. Die gestielten S p o r e n k a p s e l n der F a r n e (vgl. S. 354) bestehen im

A b b . 581. Polypodium spec., Sporangien. A Geschlossen in Flächenansicht, B in Rückenansicht, C geöffnetes S p o r a n g i u m ; die Außenwände der Anuluszellen sind durch den Kohäsionszug konkav geworden. Original.

fertigen Zustand aus einer einschichtigen Wand, die die Sporen umschließt. Die Kapselwand besteht im allgemeinen aus zarten Plattenzellen. Über die Schmalkante der Kapsel zieht aber ein Bogen andersartiger Zellen (Anulus) (Abb. 581). Es sind querorientierte ziemlich breite Elemente, die sich durch eine besondere Art der Membranverdickung auszeichnen. I h r e R a d i a l - und I n n e n w ä n d e sind stark v e r d i c k t , w ä h r e n d die A u ß e n w ä n d e zart bleiben. Nahe der einen Ansatzstelle der Kapsel bleiben die Zellen indessen über eine kurze Strecke allseits dünnwandig (Stomium). Bei der Sporenreife sind die Anuluszellen zwar abgestorben, aber noch mit Zellsaft und Plasmaresten (Füllwasser) erfüllt, das allmählich verdampft. Man könnte nun meinen, daß die Abnahme des Wassers entweder zur Abhebung eines Inhaltstropfens von der Wand oder zum Zerreißen des Tröpfchens führt. Beides trifft aber nicht zu, da das Wasser zufolge seiner K o h ä s i o n s k r a f t (vgl. S. 426) einem Auseinanderweichen seiner Teilchen und der Abtrennung von der gleichfalls mit Wasser imbibierten Wand einen sehr hohen Widerstand entgegensetzt. Die Folge davon ist, daß das schwindende Wasser die an ihm haftende Wand nach innen zieht. Bei einer Zelle, deren Wände alle gleich zart sind, kommt es dabei zu einem unregelmäßigen, aber allseitigen „ S c h r u m p f e i n " . Sind aber manche Membranteile fest, andere zart, so werden

550

C. Die Koliüsionsmechanismen

nur diese nach innen gezogen. Das trifft für den Farnanulus zu. Es ist klar, daß die Eindellung der Außenwände zu einer Z u g s p a n n u n g und Verkürzung der Kapselperipherie führen muß. Dabei leisten die Verdickungsbögen Widerstand, denn die radialen Wandteile müssen gegeneinander gebogen werden, wie wenn mein versuchen würde, die freien Enden eines Hufeisens einander zu nähern. Die tangentiale Spannung an der Peripherie führt schließlich zum Einreißen der Kapsel am Stomium. Erst bei der jetzt eintretenden Rückkrümmung kann sich die Deformation der Zellen voll auswirken. D i e A u ß e n w ä n d e w e r d e n n a c h i n n e n g e s t ü l p t , während sich die Radialwände unter steigendem Widerstand immer mehr nähern. Sobald dieser größer wird als die Kohäsionskraft des Wassers, zerreißt das Füllwasser der Zellen. Die Kapsel klappt mit einem plötzlichen Ruck wieder zusammen, wobei die Sporen, oft mit der ganzen Kapsel, abgeschleudert werden. Man kann den Wasserentzug auch durch Zuführung konzentrierter Salzlösungen oder von Glyzerin herbeiführen und auf diese Weise d i e K o h ä s i o n s k r a f t d e s W a s s e r s messen. Dabei ergab sich, ^ daß das Füllwasser erst bei einer Saugung / von 300—350 Atm. zerreißt; die Kohäsionskraft des Wassers entspricht also

A b b . 582. Zellen der F a s e r s c h i c h t (Endothecium) einer L f Z i u m - A n t h e r e , etwas schematisiert, a B o d e n , b D a c h der Zelle, c Seitenansicht in turgeszentem Zustand» d n a c h Wasserverlust geschrumpfeite Zelle. Original, frei nach S T E I N B R I N C K .

A b b . 583. Marchantia Marchantia polymorplia. Elatereriauss c h n i t t e ; 1 naß, naß, 2 trocken. Original.

diesem Wert. Der Versuch gelingt deshalb, weil die Außenwand der Anuluszellen zwar Wasser, aber keine gelösten Teilchen durchläßt, also semipermeabel ist. E s gibt noch eine Reihe weiterer Kohäsionsmechanismen. So besitzen die S p o r e n k a p s e l n d e r L e b e r m o o s e solche, und die der meisten Pteridophyten sowie die P o l l e n s ä c k e mancher Gymnospermen und der Angiospermen. Bei diesen befinden sich die Pollensäcke in der Anthere (vgl. S. 276). Die äußere Antherenwand besitzt eine sogenannte F a s e r s c h i c h t ( E n d o t h e c i u m ) , die im einzelnen verschieden gebaut ist, aber stets einen Kohäsionsapparat darstellt. So finden sich z. B. bei Lilium „Griffzellen", d. h. Zellen, die zwar zartwandig sind, aber von

I. Spritzmechanismen

551

einer gegen das Innere der Antliere gewendeten Bodenplatte aus faserförmige Verdickungen nach außen senden (Abb. 582). Beim Schwinden des Füllwassers wird die Zelle wie ein Tabaksbeutel in Längsfalten gelegt, wobei sich die Leisten einander nähern. Dieser Kohäsionszug führt zum Aufreißen des Pollensackes in der Längsrichtung und zur Zurückkrümmung seiner Wand, wodurch eine Spalte entsteht, durch die der Pollen frei wird. An der Spaltstelle kommt es vorher zum Zerfall von Zellen; es liegt also ein präformiertes T r e n n u n g s g e w e b e vor. Bei Befeuchtung kommt es zu rückläufiger Bewegung, die Antliere schließt sich wieder. Der Widerstand der Membranleisten ist hier zu schwach, als daß es zu einer Ausschleuderung kommen könnte. Ein weiteres Beispiel eines Kohäsionsmechanismus sind die E l a t e r e n der L e b e r m o o s e (Abb. 583). Sie haben, ähnlich Tracheen, schraubige, nach innen vorspringende Verdickungsleisten. Beim Schwinden des Füllwassers stülpen sich die unverdickten Stellen rinnenartig ein. Dadurch wird die Steighöhe der Windungen verringert, wie wenn man eine Drahtspirale zusammenpreßt. In einigen Fällen kommt es dabei durch Drehung der hakenförmigen Enden nur zu einer Lockerung des Sporenballens, in anderen nach Zerreißung des Füllwassers zu einer explosiven Ausschleuderung der Sporen. Die einschichtige Kapselwand besitzt einen durch Ringleisten geregelten Kohäsionsmechanismus, ebenso die Sporensackwand der Schachtelhalme.

Die Membranen sämtlicher Kohäsionsmechanismen sind so strukturiert, daß sie auch nach Austrocknung gleichsinnige hygroskopische Bewegungen ausführen. Das muß die Kohäsionsmechanik fördern. Beim Schwinden des Füllwassers wird dieses ja durch den Membranwiderstand gespannt, es saugt somit an den Membranen, die auf diesen Wasserentzug entsprechend ihrem Feinbau reagieren. Einen makroskopischen Kohäsionsapparat stellen die schon früher (S. 324) kurz beschriebenen Blasen von Utricularia dar. Die Blase besitzt eine Mundöffnung mit einer lippenförmig verdickten Seite, der gegenüber eine bewegliche Klappe angebracht ist. Im Innern treten eigentümliche gegabelte Haare auf, die Wasser aus dem Blasenraum ansaugen, das dann durch die Blasenwand ausgeschieden wird. Bei geschlossener Klappe entsteht durch den Wasserverlust eine Kohäsionssaugung, die die Seitenwände der Blase eindellt. Berührt ein kleines Wassertier, etwa eine Daphnia, die an der Mundöffnung vorragenden Fühlborsten, so springt der Deckel auf. Die Blasenspannung kann sich jetzt ausgleichen, es wird Wasser eingesogen und damit das Tier in den Blasenraum befördert. Die Mechanik der Klappenbewegung ist noch unbekannt. D. D I E

TURGOR-EXPLOSIONSMECHANISMEN

Zur Verbreitung von Samen, Pollen oder Sporen dienen in einigen Fällen E x p l o s i o n s m e c h a n i s m e n , deren Energiequelle der Turgordruck und die elastische Membranspannung ist. Man vinterscheidet S p r i t z - und S c h l e u d e r mechanismen. I. Spritzmechanismen Ein einfaches Beispiel unter den Pilzen stellen die schlauchförmigen Sporenbehälter der Ascomyceten dar. Diese Asci enthalten meist acht in das Plasma eingebettete Sporen (vgl. S. 343). Nach der Reife werden sie aus einer apikalen Öffnung des Schlauches ausgespritzt (Abb. 584). Vorher kommt es zu einer starken Vergrößerung des Schlauches unter elastischer Spannung der Membran. Offenbar

552

I . Spritzmechanismen

Abb. 584. SphaeriaScirpi (Ascomycet). A Bin noch ungeöffneter Schlauch nach Zerreißung der äußeren Zellwandschicht, die sich elastisch kontrahiert. B Sporenentleerung durch eine apikale Öffnung. C Ascus nach der Sporenejakulation. >"ach P K I N G S H E I M .

Abb. 585. Ecbatlium

Elaterium

werden zu dieser Zeit weitere osmotisch wirksame oder quellungsfähige Stoffe gebildet, die reichlich Wasser ansaugen. Am Scheitel des Schlauches gibt es eine präformierte Rißstelle, oder es erfolgt hier eine Verquellung der Membran. Auch unter den höheren Pflanzen gibt es ein Beispiel eines solchen Spritzmechanismus. Es handelt sich um die im Mittelmeergebiet häufige Spritzgurke {EcballiimiElateriiim). Die Frucht befindet sich an einem aufrechten, etwa 2 dem über den Boden ragenden Stiel, der an seinem oberen Ende hakenförmig abwärts gebogen ist (Abb. 585). Sie gleicht in ihrer Form einer Pflaume, ist grün und mit weichen Stacheln versehen. Bei ihrer Reife genügt die leiseste Berührung, um folgenden Vorgang herbeizuführen. Das Stielende, das mit einem Pfropfen in die fleischige Frucht hineinragt, wird explosiv herausgeschleudert. Durch die Öffnung spritzt der Inhalt mit solcher Gewalt aus, daß die Samen einige Meter

B (medit. Cucurbitaceen A. Frucht längs durchschnitten, B. Zellen des Schwellgewebes. Original.

553

II. Schleudermechanismen

weit fortfliegen. Die durch den Rückstoß abgeschleuderte Frucht schrumpft bei der Entleerung, besonders in der Längsrichtung, beträchtlich ein. Die anatomisch-physiologische Untersuchung der Frucht führt zu einer Erklärung des Vorganges. Das Fruchtinnere wird von einem wasserreichen Gewebe blasenförmiger, zartwandiger Zellen gebildet, in das die Samen seitlich hineinragen. In der derben Fruchtwand folgt auf einige Assimilationszellen eine 2,5 mm dicke weiße Schicht derber Zellen von besonderem Bau. Sie sind von ovaler Gestalt und l i e g e n q u e r zur L ä n g s a c h s e der Frucht (Abb. 585 B). Ihre dicken Wände bestehen aus sehr elastischer Zellulose. Es läßt sich zeigen, daß die Blasenzellen durch ein in ihnen enthaltenes Glykosid eine besonders hohe Saugkraft besitzen, die nicht voll abgesättigt werden kann, da die festen Außenzellen ein W i d e r l a g e r bilden. Auf diesem lastet also der ganze osmotische Druck ebenso wie der Innendruck einer einzelnen Zelle auf der Zellwand. Bei der Fruchtreife bildet sich in der Umgebung des Stielpfropfens ein Trennungsgewebe aus. Sind dessen Zellen zerfallen, so genügt schon eine leise Berührung, um die letzten Verbände zu lösen und so den Mechanismus in Gang zu setzen. Die nunmehr mögliche Kontraktion der mechanischen Zellen spritzt den Fruchtinhalt aus.

II. Schleudermechanismen Die Mehrzahl der bekannten Schleudermechanismen besitzt ein einheitliches Konstruktionsprinzip. Wieder gibt es eine S c h w e l l s c h i c h t und eine W i d e r s t a n d s s c h i c h t . Die erste ist hier aber durch einen b l a s e b a l g a r t i g e n oder harmonikaartigen B a u charakterisiert. Ein solcher eignet sich vorzüglich zu einer langsamen oder auch rapiden Entfaltungsbewegung, ohne daß besondere Ansprüche an Wandelastizität notwendig wären. Derartige Gewebe bestehen aus tafelförmigen Zellen, deren Kurzwände so gefaltet sind, daß sie am Querschnitt spitz vorspringen und sich verzahnen. Es leuchtet ein, daß sie leicht so ausgezogen werden können, daß am Querschnitt Rechtecke entstehen. Die Zellen werden dabei höher und schmäler, und das erste bewirkt eine Gesamtverlängerung des Verbandes. Diese Formänderung kann nun durch Turgordruck angestrebt und beim Fortfall von Hindernissen realisiert werden. Wie sich das in den einzelnen Fällen abspielt, soll nunmehr an Beispielen geschildert werden. Allgemein bekannt ist die explosive Öffnung der Balsaminenfrüchte, so z. B. des S p r i n g k r a u t e s Impatiens

noli

tarigere.

Die Frucht ist eine fleischige fünffächerige Kapsel. Sie besitzt eine zentrale Placenta, sin der sich im oberen etwas angeschwollenen Fruchtteil anatrop orientierte Samen ausbilden (Abb. 586). Im unteren leeren Teil v ' der Kapsel verdickt sich die Wand. Sie i . i ^ i . . j .. o T-i-i • besteht nier unter der au Li er en Epidermis

,„„ , r „

...

T..

. ...

Abb. 58C. 1 Impatiens parvi/lora, Längsschnitt durch die fast reife Frucht. 2 I. noli tangere, Samenausschleuderung. 1 Nach OVERBECK, 2 nach K E R N E R

554

II. Sclileudermechanismen

Abb. 587. Impatiens parviflora. A Längsschnitt durch die Fruchtklappe in ihrem mechanisch wirksamen Teil ; links (außen) Sperrschicht, rechts blasebalgartige Schwellschichten. B Querschnitt durch dieses Gewebe, das bis zur inneren Epidermis reicht. Nach OVERBECK.

Abb. 588. Cyclanthera explodens. I Längsschnitt durch die Frucht, natürl. Größe. Die Schwellschicht der Rückwand ist schwarz gehalten. An der Bauchwand hat sich die die Samen tragende Flacenta bereits gelöst. Sie punktierten Linien zeigen die Lage der Fruchtwandteile nach der Samenausschleuderung. II Zellen der Schwellschicht in Wasser (gespannt). III Dasselbe in Alkohol (entspannt). Original.

II. Sclileudermeclianismen

555

aus e i n e m typischen B l a s e b a l g g e w e b e , dessenplattenförmigeZellen q u e r orient i e r t s i n d . I n n e n t r i t t als W i d e r s t a n d s s c h i c h t e i n d e r b e s K o l l e n c h y m a u f (Abb. 586). D i e gefalteten Zellen besitzen infolge reichen Zuckergehaltes eine b e t r ä c h t l i c h e S a u g k r a f t , die i m V e r b ä n d e n u r a l l m ä h l i c h u n t e r D e h n u n g d e r Widerstandsschicht abgesättigt werden kann. Zwischen den einzelnen Fruchtb l ä t t e r n b i l d e n sich T r e n n u n g s g e w e b e a u s , d i e schließlich d e m A u s d e h n u n g s bestreben der Schwellschicht nicht m e h r standhalten können. D e r Verband r e i ß t , d i e W a n d s t ü c k e r o l l e n sich u n t e r E n t f a l t u n g d e r Z e l l e n n a c h i n n e n e i n u n d s c h l e u d e r n d a b e i die S a m e n w e i t a u s d e r z e r f a l l e n d e n K a p s e l . Bei der Cucurbitacee Cyclanthera explodens liegt das Schwellgewebe i n n e n . Die kleine Frucht besitzt eine flache und eine gewölbte Seite. Diese enthält einen Bewegungsmechanismus, der ein Aufplatzen der Frucht unter Samenausschleuderung bewirkt (Abb. 588). Die gewölbte Wand enthält i n n e n ein B l a s e b a l g g e w e b e . Ausnahmsweise sind dessen Zellen längsorientiert und mehrfach in Form ringförmiger Ausstülpungen gefaltet. A u ß e n schließt sich ein breites K o l l e n c h y m an. Die Schwellzellen enthalten reichlich osmotisch wirksame Inhaltsstoffe, die einen beträchtlichen Druck erzeugen und so die Fruchtwand spannen. Diese besitzt an ihrem flachen Teil eine klappenförmig gestaltete Placenta mit zahlreichen Samen. Die Klappe löst sich allmählich Abb. 589. Broussonelia papyrifera (Moracee). Männliche Blüten. A geschlossen, die Filamente sind bogig einwärts gevon der restlichen Wand, und schon krümmt und basal in einer Furche der Anthere eingeklemmt. eine leise Berührung der Frucht genügt B offen, ein Filament ist aus seiner Zwangslage zurückgedann, um diese explosiv aufspringen zu schnellt, die geöffnete Anthere schleudert dabei den Pollen aus. Nach K E R K E R . lassen. Die Wand reißt von der Fruchtspitze aus beiderseits ein, die Klappe wird zurückgerissen, und die Samen fliegen in weitem Bogen fort. Ähnliche Hebelschleuderung gibt es auch bei Staubblättern, so z. B. bei den Brennesselgewächsen. Die Filamente befinden sich hier in der geschlossenen Blüte in einer gekrümmten Zwangslage, die beim Aufblühen unter Ausgleich der bestehenden Gewebespannung explosiv verlassen wird, wodurch Pollenausschleuderung erfolgt (Abb. 589). A m a u f f ä l l i g s t e n ist d i e P o l l e n a u s s c h l e u d e r u n g i n d e n B l ü t e n d e r O r c h i d e e n g a t t u n g Catasetum (Abb. 590). Wie bei allen Orchideen tritt in der Blütenmitte eine fleischige Säule auf, die vorn eine Narbenhöhle besitzt, während auf ihrem gewölbten Ende die einzige Anthere ruht ( G y n o s t e m i u m ) . Diese enthält zwei Pollinien, das sind die verbunden bleibenden Pollenmassen der beiden Antherenfächer. Über der Narbenhöhle befindet sich ein Dach ( B o s t e l l u m ) , dessen derbe äußerste Zellschichten sich allmählich als festes Band ( S t i p e s ) ablösen. Dieser endet in eine kissenförmige K l e b s c h e i b e . Zu beiden Seiten der Säule springen bei den männlichen Blüten zwei hornartige Fortsätze ( A n t e n n e n ) weitüber das Labeilum (die Lippe) der Blüte vor; ist diese helmartig gestaltet, so ist auch oft nur ein Arm vorgestreckt, der zweite abgebogen. E i n e leise B e r ü h r u n g d e r A n t e n n e n f ü h r t z u r A u s s c h l e u d e r u n g des P o l l i n a r i u m s . A l s solches b e z e i c h n e t m a n d e n V e r b a n d v o n K l e b s c h e i b e , S t i p e s u n d P o l l i n i e n , die m i t d i e s e m durch feinste elastische B ä n d e r ( C a u d i c u l a e ) v e r b u n d e n sind. Vor der A b s c h l e u d e r u n g herrscht i m Stipes eine starke G e w e b e s p a n n u n g . Seine inneren derben Zellen sind querstrukturiert u n d besitzen ein A u s d e h n u n g s b e s t r e b e n i n i h r e r L ä n g s r i c h t u n g , das teils d u r c h T u r g o r , teils d u r c h W a c h s t u m s -

556

I I . Schleudermechanismen

energie verursacht wird. Dadurch wird die eigenartige stark verdickte Epidermis elastisch gespannt. Die Berührung der Antennen f ü h r t im Trennungsgewebe des Rostellums zu einer T u r g o r s . e n k u n g , die den Verband weiter lockert,

Abb. 590. Catasetum tridentatum. 1 Blüte von der Seite u n d von vorne gesehen; 2 Blüte median durchschnitten; 3 Gynostemium (Säule) mit Antennen isoliert, oben die Anthere, man sieht den über das Rostellum gebogenen Stipes; 4 ausgeschleudertes Pollinarium, oben die am Stipes befestigten Follinien, u n t e n die Klebscheibe; ä medianer Längsschnitt durch die Säule: a Anthere, p Pollinien, s Stipes, r Rostellum, k Klebscheibe, n Narbenhöhle. Bei L ist das Labellum, bei S ein Sepalum abgeschnitten, 1—4 nach K E R N E R , ä Original.

so daß er der Spannung im Stipes nicht weiter standzuhalten vermag. Das Pollinarium wird — die Klebscheibe voraus — vorgeschleudert, wobei sich der Stipes unter Spannungsausgleich geradestreckt. Das Labellum bietet den großen, die Blüte besuchenden H o l z h u m m e l n F u t t e r s t o f f e . W e n n sie diese abfressen, b e r ü h r e n sie die Antennen u n d b e k o m m e n d a r a u f h i n das Pollinarium auf den Rücken geschleudert, das h i e r festklebt. Beim Besuch einer weiblichen Blüte (Catasetum ist monözisch) werden die Pollinien in den Narbenschleim gedrückt, wo sie festkleben.

I. Der Reizbegriff

E. D I E

557

REIZBEWEGUNGEN I. Der Reizbegriff

Bevor wir uns den zahlreichen Bewegungen, die die Pflanzen mit ihren lebenden Organen oder auch als Ganzes durchführen, zuwenden, müssen wir den R e i z b e g r i f f näher erläutern. Die in Rede stehenden Bewegungen erfolgen nämlich, wie schon S. 542 erwähnt wurde, unter dem Einfluß äußerer oder innerer Faktoren, die sie aber n i c h t d i r e k t bewirken, vielmehr nur auslösen. Deshalb nennt mein sie R e i z b e w e g u n g e n . Auf den Reizbegriff kamen wir schon bei der Beschreibung der Hormone zu sprechen. Wir erfuhren dort, daß Reizerscheinungen komplizierte Kettenreaktionen sind. Solche liegen auch den Reizbewegungen zugrunde. Diese sind die auffälligsten derartigen Vorgänge, so daß es üblich wurde, die Wissenschaft, die sich mit ihnen befaßt, als R e i z p h y s i o logie zu bezeichnen. Zunächst ist es notwendig, eine Darstellung der wichtigsten Begriffe und der üblichen Nomenklatur zu geben. Der äußere oder innere Faktor, der den ganzen Vorgang auslöst, heißt der R e i z a n l a ß oder kurz der R e i z . Eine Fülle äußerer Einflüsse können auf die Pflanze in einer Weise einwirken, die schließlich zu einer Bewegungsreaktion führt, so das Licht, die Schwerkraft, Berührung, Stoß, Temperatur, Feuchtigkeit u. a.. Die Pflanze kann sich aber auch sozusagen selbst reizen, indem innere Umsetzungen stattfinden, die eine Bewegung auslösen. Voraussetzung für eine Reizung ist, daß es zu einer S u s z e p t i o n des A u ß e n f a k t o r s kommt, d. h. es muß eine physikalische oder chemische Möglichkeit bestehen, mit deren Hilfe der Reiz das Plasma beeinflussen kann, so z. B. eine Lichtabsorption, eine Deformation des Plasmas, ein chemischer Vorgang, eine innere Umlagerung usw.. Ferner muß dieser Vorgang w a h r g e n o m m e n werden, es muß also eine E r r e g u n g oder P e r z e p t i o n eintreten. Man kann auch von einer Empfindung sprechen, wenn man darunter nur einen physiologischen Prozeß versteht und nicht an ein subjektives (psychisches) Empfinden denkt. Worin dieser Perzeptionsprozeß besteht, ist noch völlig unbekannt. Suszeption und Perzeption stellen den Anfang der R e i z k e t t e dar. Diese besteht aus dem Ablauf einer Reihe ineinandergreifender, chemischer und physikalischer Prozesse, an deren Ende die für unser Auge sichtbare R e a k t i o n , nämlich die Bewegung, auftritt. Über die Reizkette, die naturgemäß in den einzelnen Fällen aus sehr verschiedenen Vorgängen besteht, ist noch wenig bekannt. Doch steht außer Zweifel, daß dabei die Produktion von Wirkstoffen eine maßgebliche Rolle spielt, die ihrerseits Veränderungen im Plasma und in der Zellmembran bewirken. Schon aus dem Gesagten wird klar, daß eine besondere Eigentümlichkeit der Reizbewegungen darin besteht, daß zwischen der E n e r g i e des R e i z e s u n d der der R e a k t i o n k e i n e B e z i e h u n g b e s t e h t . Die für die Bewegung notwendige Energie wird aus dem Energievorrat der Pflanze selbst geschöpft

558

I. Der Reizbegriff

und nicht durch den Reiz zugeführt. Demgemäß unterbleibt die Bewegung, wenn man der Pflanze die Produktion von Energie unmöglich macht, vor allem also, wenn man durch Sauerstoffentzug die Atmung ausschaltet. Schon ein Minimum an Reizenergie kann oft einen Rewegungsvorgang, der einen hohen Energieverbrauch bedingt, auslösen. Solche Auslösungsvorgänge gibt es auch in unbelebten Mechanismen. Mail hat als Beispiel oft den Abschuß eines Gewehres herangezogen. Ein leichter Druck auf den gespannten Hahn läßt diesen zurückschnellen ; es kommt zur Explosion der Pulverladung, und diese erst liefert die Energie für die Bewegung des Geschosses. Ein gewisses Ausmaß von Reizenergie ist andererseits auch für die Einleitung jeder Bewegung unerläßlich. D e r R e i z m u ß m i t e i n e r g e w i s s e n I n t e n s i t ä t e i n e b e s t i m m t e Z e i t l a n g w i r k e n , u m p e r z i p i e r t zu w e r d e n . Das notwendige Minimum nennt man die R e i z s c h w e l l e . Es gibt nun Fälle, in denen, wenn diese überschritten wird, die Bewegung in vollem Ausmaß einsetzt. Stärkere Reizdosen können dieses nicht mehr erhöhen. Man spricht in diesem Fall von „ A l l e s o d e r N i c h t s " - R e a k t i o n e n ; sie finden sich besonders bei nastischen Bewegungen. Bei den Tropismen dagegen kann innerhalb gewisser Grenzen das Ausmaß der Reaktion mit dem des Reizes ansteigen. Auch kennen wir hier die Erscheinung, daß bei einer sehr starken Reizdosis die Bewegung in die Gegenrichtung umschlägt. Die Pflanzen befinden sich nicht immer im gleichen Z u s t a n d d e r R e i z b a r k e i t . Alle möglichen äußeren Einflüsse, die auf das Plasma ungünstig wirken, so z. B. Kälte und Hitze, setzen den sogenannten T o n u s (die S t i m m u n g ) herab, bis schließlich R e i z s t a r r e eintritt; d. h. die Erregung der Pflanze oder zumindest die Bewegungsreaktion unterbleibt. Kompliziert werden die Erscheinungen dadurch, daß auch der Reiz selbst den Tonus manchmal zu ändern vermag. So erhöht sich vielfach die Reizschwelle bei längerer intensiver Einwirkung der Außenfaktoren. Der O r t d e r P e r z e p t i o n und der der Bewegungsreaktion ist nicht immer der gleiche; wir werden Fälle kennenlernen, in denen zwischen beiden Zonen erhebliche Entfernungen liegen. Diese Weitergabe des Reizimpulses hat man als R e i z l e i t u n g bezeichnet. Der Ausdruck ist nicht sehr glücklich gewählt, denn das, was übertragen wird, ist nicht der Reiz selbst, vielmehr pflanzt sich eine durch ihn hervorgerufene Veränderung fort. So liegt, wie im einzelnen noch näher auszuführen sein wird, bei den Wachstumskrümmungen in erster Linie eine Umleitung des Wuchsstoffes in andere Bahnen vor. Wichtig ist noch zu bemerken, daß das Ausbleiben einer leicht wahrnehmbaren Reaktion, also etwa der Bewegung, noch nicht die Unempfindlichkeit der Pflanze beweist. Eine Perzeption kann sehr wohl stattgefunden haben, es kann aber vielleicht die Reizleitung versagt haben, oder der Reaktionsapparat kann gestört sein. Wenn eine Klingelleitung nicht funktioniert, so ist ja auch nicht ausgemacht, daß die Elemente versagen, vielmehr kann die Leitung unterbrochen oder die Klingel schadhaft sein. Weitere Einzelheiten über Reizvorgänge werden bei den einzelnen Bewegungsarten zu behandeln sein.

1. D e r Einfluß der Reizrichtung

559

II. Die Tropismen i . D e r E i n f l u ß der

Reizrichtung

Unter Tropismen versteht man K r ü m m u n g s b e w e g u n g e n von P f l a n z e n o r g a n e n , d e r e n R i c h t u n g e i n e A b h ä n g i g k e i t v o n d e r des a u s l ö s e n d e n R e i z e s a u f w e i s t . Als R e i z a n l a ß dient meist ein ö r t l i c h e s R e i z g e f ä l l e (ein G r a d i e n t ) , so z. B. ein Abfall der Lichtintensität, der Temperatur oder ein stoffliches Konzentrationsgefälle. Nur bei der Einwirkung der Schwerkraft gibt es kein solches Gefälle. Beide Seiten eines horizontal gelegten Stengels werden von ihr gleichmäßig beeinflußt. Wenn trotzdem eine seitenverschiedene Reizung möglich ist, so Hegt das, wie später näher ausgeführt werden wird, daran, daß die Schwerkraft Anlaß zu inneren U m l a g e r u n g e n gibt, die eine Einseitigkeit herbeiführen. Jedenfalls ist notwendig, d a ß d u r c h d e n A u ß e n f a k t o r eine physiologische Verschiedenheit antagonistischer Seiten ges c h a f f e n w i r d ; nur eine solche örtliche Differenz kann die Voraussetzung dafür sein, daß sich die eine Seite anders verhält als die andere. Als N a s t i e n werden wir später äußerlich ähnliche Bewegungen kennenlernen, die sich dadurch unterscheiden, daß sie keine Beziehung zur Reizrichtung besitzen. Vielmehr erfolgt bei ihnen die Bewegung stets in gleicher, durch den Organbau bedingter Richtung. Ein allseits gleichmäßig wirkender ( d i f f u s e r ) Reiz kann eine tropistische Bewegung wenigstens an r a d i ä r e n Organen niemals auslösen. Er kann zwar durch allseitige Förderung oder Hemmung des Wachstums dieses beschleunigen oder verlangsamen, niemals aber Anlaß zu einer Krümmung geben. Ein d o r s i v e n t r a l e s Organ dagegen kann auch auf einen diffusen Reiz ansprechen, da seine beiden verschiedenen Seiten auch bei gleicher Reizung verschieden reagieren können. Dann liegt aber keine Beziehung zur Reizrichtung mehr vor, und es handelt sich u m eine n a s t i s c h e Bewegung. Ein einseitig gereiztes Pflanzenorgan kann sich entweder in die Reizrichtung einstellen oder einen Winkel mit ihr einschließen. Im ersten Fall liegt P a r a l l e l o t r o p i s m u s , im zweiten P l a g i o t r o p i s m u s vor. Erfolgt die Orientierung zur Reizquelle hin, so heißt sie p o s i t i v , im umgekehrten Fall n e g a t i v . Sonderfälle sind die schwerebedingte, aufrechte Stellung, der O r t h o t r o p i s m u s , und die Orientierung senkrecht zur Reizrichtung, der T r a n s v e r s a l t r o p i s m u s . Im einzelnen erfolgt dann die Benennung nach dem Reizanlaß. Ein Pflanzenstengel z. B., der sich in die Lichtrichtung einstellt, ist p o s i t i v p h o t o t r o p i s t i s c h (oder phototrop); ein Sproß, der sich unter dem Einfluß der Schwerkraft aufrichtet, ist n e g a t i v g e o t r o p ; ein Laübblatt, das seine Fläche senkrecht zum einfallenden Licht orientiert, ist t r a n s v e r s a l p h o t o t r o p usw.. 2. V a r i a t i o n s - u n d

Nutationsbewegungen

Die M e c h a n i k der Tropismen und Nastien ist von zweierlei Art. Entweder handelt es sich u m T u r g o r - oder u m W a c h s t u m s b e w e g u n g e n . I m ersten Fall kommt die Bewegung dadurch zustande, daß an antagonistischen Seiten eine

560

II. Die Tropismen

Turgordifferenz auftritt. Es ist leicht einzusehen, daß sich ein Organ krümmen muß, wenn plötzlich die Zellen der einen Seite durch steigenden Turgor verlängert oder durch sinkenden Turgor verkürzt werden. Der gleiche Effekt muß aber eintreten, wenn die eine Seite stärker wächst als die andere. Ein wichtiger Unterschied liegt darin, daß eine Turgorbewegung wieder rückgängig gemacht werden kann. Sinkt der Turgor auf der stärker gespannten Seite ab, so streckt sich das Organ wieder gerade. Solche Bewegungen sind also r e v e r s i b e l , und man hat sie daher V a r i a t i o n s b e w e g u n g e n genannt. Echtes W a c h s t u m dagegen ist i r r e v e r s i b e l . Eine Geradestreckung eines zufolge einseitigen Wachstums gekrümmten Organes ist daher nur dann möglich, wenn anschließend die Gegenseite im gleichen Ausmaß wächst; damit ist das Organ aber bleibend verlängert. Auf Grund dieser Tatsachen lassen sich beiderlei Bewegungsarten leicht unterscheiden. Führt man durch Plasmolyse oder Abtöten der Zellen eine Entspannung herbei, so gehen die Variationsbewegungen zurück, die Wachstumsoder N u t a t i o n s b e w e g u n g e n aber nicht. Die Grenze zwischen beiderlei Mechanik ist indessen keine ganz scharfe. Auch Nutationsbewegungen können erst noch reversibel sein, also durch eine Turgorsteigerung eingeleitet werden, und Variationen können durch nachfolgendes Wachstum fixiert werden. Die Mehrzahl der Tropismen sind Nutationsbewegungen, viele Nastien dagegen Variationsbewegungen. 3. R e a k t i o n s z e i t u n d

Präsentationszeit

Beim Studium der Tropismen sind bestimmte Z e i t b e g r i f f e von Bedeutung. Es dauert immer eine gewisse Weile, bis die Krümmung beginnt. Die Zeit, die von Beginn der Reizung bis zu dem der Reaktion verstreicht, heißt die R e a k t i o n s z e i t . Sie läßt sich kaum exakt bestimmen, da sie von der subjektiven Genauigkeit der Beobachtung abhängt. Bei rasch reagierenden Objekten beträgt sie — mit freiem Auge gemessen — etwa % bis % Stunden, oft aber auch viel länger. Bei N u t a t i o n e n hängt die Reaktionszeit davon ab, wie lange es dauert, bis das bevorzugte Streckungswachstum der geförderten Seite beginnt. Es ist begreiflich, daß dies bei Zellen, die sich noch im Wachstum befinden, rascher eintritt als bei solchen, deren normale Verlängerung bereits beendet ist. Diese müssen ja erst zu erneutem Wachstum angeregt werden. T u r g o r m e c h a n i s m e n können am schnellsten reagieren, da die elastische Zellschwellung oder Entspannung sofort eintreten kann, wenn erst die Voraussetzungen für ausgiebigen Wassereintritt oder -austritt geschaffen sind. Wichtiger als die Reaktionszeit ist die P r ä s e n t a t i o n s z e i t . M a n v e r s t e h t darunter die Z e i t , w ä h r e n d w e l c h e r ein R e i z mindestens e i n w i r k e n m u ß , d a m i t es s p ä t e r z u e i n e r B e w e g u n g k o m m t . Diese Zeit ist meist außerordentlich kurz. Sie stellt den z e i t l i c h e n S c h w e l l e n w e r t dar und verändert sich mit der R e i z i n t e n s i t ä t . Diese besitzt ihrerseits auch einen Schwellenwert. S t e t s m u ß e i n e g e w i s s e I n t e n s i t ä t w ä h r e n d e i n e r b e s t i m m t e n Z e i t e i n w i r k e n , damit es zu einer Erregung des Plasmas kommt, die so stark ist, daß sie Anlaß zu einer Reaktion gibt. Das Produkt beider Faktoren entspricht, wie später näher ausgeführt werden wird, dann der G e s a m t r e i z s c h w e l l e ,

4. Das Zusammenwirken der Reize

561

also dem Minimum an Energie, das für den Eintritt der Bewegung erforderlich ist ( R e i z m e n g e n g e s e t z , vgl. S. 566 u. 577). U n t e r s c h w e l l i g e R e i z e geben keinen Anlaß zu einer Krümmung. Daß sie trotzdem empfunden werden können, lehrt die Methode der i n t e r m i t t i e r e n d e n R e i z u n g . Man läßt unterschwellige Reize mit Pausen nacheinander auf das Objekt einwirken und kann dabei feststellen, daß unter Umständen auch Reize, die nur Bruchteile von Sekunden einwirken, das Plasma erregen. Es kommt dabei nämlich zu einer S u m m a t i o n der Einzelreize, was wir daran erkennen, daß schließlich eine Krümmung eintritt. Dabei ist, wenn die Pausen nicht zu lange dauern, folgendes festzustellen. Reizen wir mit gleicher Intensität, z. B. durch die Schwerkraft, kontinuierlich oder intermittierend, so ist die Präsentationszeit in beiden Fällen gleich. Das heißt: sobald die Zeitsumme der Einzelreize der Präsentationszeit bei kontinuierlicher Reizung entspricht, wird der Krümmungseffekt ausgelöst. Werden die Pausen zu lange gewählt, so unterbleibt die Summation der Einzelreize, sie „klingen ab". Die Zeit, in der das erfolgt, hat man die R e l a x a t i o n s z e i t genannt.

4. Das Z u s a m m e n w i r k e n der R e i z e Treffen zwei Reize ein Objekt gleichzeitig, so wirkt jeder für sich. Das gilt sowohl für gleichartige (homogene) als auch für verschiedenartige ( h e t e r o g e n e ) Reizung. Erfolgt die Reizwirkung von genau gegenüberliegenden Seiten, also a n t a g o n i s t i s c h , so gibt der stärkere Reiz den Ausschlag. Sind die Reize dabei aber von gleicher Wirksamkeit, so kommt es zu einer K o m p e n s a t i o n , d. h. die Krümmung unterbleibt. Umgekehrt beweist eine Kompensation die gleiche Wirkungskraft zweier Reize. Wirken solche in einem Winkel zueinander, so erfolgt die Krümmung weder zum einen noch zum andern hin, sondern in einer intermediären Richtung ( R e s u l t a n t e n g e s e t z ) . Beispiele für solche mehrseitigen Induktionen werden später gegeben werden. 5. Der G e o t r o p i s m u s a) Die Schwerkraft

als

Reixanlaß

Es ist eine allgemein bekannte Erfahrung, daß die Hauptachsen und Hauptwurzeln der Pflanzen lotrecht stehen. Bei der Samenkeimung ist die Lage der einzelnen Teile aber durch den Zufall bestimmt, und die genannte Orientierung wird erst dadurch erreicht, daß sich die Keimwurzel zum Erdmittelpunkt krümmt, daß sie also p o s i t i v g e o t r o p ist, während die Keimachse sich n e g a t i v g e o t r o p aufrichtet. Da dies überall auf der Erde gleichartig erfolgt, war von vornherein anzunehmen, daß tatsächlich die Anziehungskraft der Erde den richtenden Faktor darstellt. Den Beweis dafür lieferte A N D R E W KNIGHT (1806), der den genialen Einfall hatte, die Schwerkraft experimentell durch die F l i e h k r a f t zu ersetzen. Beide Kräfte wirken gleich: sie erteilen einer Masse eine Beschleunigung. Für seinen Versuch befestigte KNIGHT Keimpflanzen an rasch rotierenden Scheiben, wobei die Rotationsachse entweder senkrecht stand oder horizontal lag. Im e r s t e n F a l l wirkt die Fliehkraft senkrecht zur Schwerkraft ein. Die Pflanze wird also nach zwei Richtungen hin gereizt. Stünde die Scheibe still, so müßten sich 36

v . ß u t t e n b e r g , Lehrbuch der allgemeinen Botanik

562

II. Die Tropismen

Sproß und Wurzel senkrecht einstellen. Ohne Schwerkraft müßte die Rotation eine Einstellung in die Richtung der Zentrifugalkraft bewirken; dann würde also der negativ tropistische Sproß nach innen, die Wurzel nach außen, weisen. D a aber beide Kräfte gleichzeitig wirken, kommt es zu einer intermediären resultierenden Stellung: die Sprosse wachsen schräg nach innen, die Wurzeln schräg nach außen. Wählt man dabei die Zentrifugalkraft der Schwerkraft gleich (Z = 1 g), so beträgt der Winkel zu den beiden Kraftrichtungen je 45°. Ist die Fliehkraft größer als die Schwerkraft, so wird der Winkel zur Fliehkraft kleiner, im umgekehrten Falle größer, u n d z w a r e n t s p r i c h t d i e j e w e i l i g e L a g e der R i c h t u n g der R e s u l t a n t e eines K r ä f t e p a r a l l e l o g r a m m s aus Z e n t r i f u g a l - und S c h w e r k r a f t (Resultantengesetz).

Abb. 591. Klinostat nach P F E F F E R . Der Kasten rechts enthält ein Uhrwerk, das die horizontale Achse in sehr langsame Umdrehung versetzt. Die Achse ruht zwischen Drehscheiben aut einem Stativ und besitzt ein Kompensationsgewicht zur Erzielung gleichmäßiger Belastung während der Drehung. Angebracht ist unten ein Topfhalter, oben ein Glasbehälter zur Aufnahme von Keimlingen.

Liegt bei der Rotation die Achse des Apparates h o r i z o n t a l , so stellen sich Sproß und Wurzel genau in die Richtung der Zentrifugalkraft ein, als ob die Schwerkraft nicht vorhanden wäre. Das erklärt sich folgendermaßen. Befinden sich die Pflanzen zu Versuchsbeginn in horizontaler Lage oben an der Scheibe, so erfahrt die Wurzel durch die Schwerkraft einen Impuls zur Abwärtskrümmung, der Sproß einen solchen zur Aufwärtskrümmung. Nach einer halben Umdrehung der Scheibe werden dann die entgegengesetzten Organseiten in gleicher Weise gereizt; es hegt bei gleichmäßiger Rotation also eine a n t a g o n i s t i s c h e R e i z u n g m i t g l e i c h e r I n t e n s i t ä t u n d Z e i t d a u e r vor, und das führt zu einer K o m p e n s a t i o n der Reizimpulse; somit liegt kein Anlaß zu einer Krümmung im Sinne der Schwerkraft vor. In gleicher Weise kompensieren sich auch die Wirkungen in allen anderen Stellungen, die während der Rotation durchlaufen werden. In den beiden senkrechten Lagen (aufrecht und invers) fehlt von vornherein ein Krümmungsanlaß, da die Schwerkraft in einem W i n k e l angreifen

5. D e r Geotropismus

563

muß, wenn ein Krümmungseffekt eintreten soll. Nach dem Ausgeführten ist klar, daß bei rascher Rotation um eine horizontale Achse die Wirkung der Zentrifugalkraft praktisch allein zur Geltung kommt. Die Wurzeln wachsen von der Rotationsachse weg, die Sprosse wenden sich ihr zu. Wird die Umdrehungszeit sehr langsam gewählt, so treten nennenswerte Zentrifugalkräfte nicht mehr auf; damit fällt dann aber jeder Krümmungsanlaß fort. Einen Apparat, der eine solche Art der Rotation ermöglicht, nennt man mit SACHS einen K l i n o s t a t e n (Abb. 591). Er ist für das Studium der Tropismen von größter Bedeutung, da mein mit seiner Hilfe die krümmende Wirkung der ein sich ja nicht auszuschaltenden Schwerkraft vermeiden kann. Ein r a d i ä r e s P f l a n z e n o r g a n , das am Klinostaten langsam um seine Längsachse gedreht wird, w ä c h s t in g e r a d e r R i c h t u n g w e i t e r , als ob die S c h w e r k r a f t g a r n i c h t v o r h a n d e n wäre. Bei dorsiventralen Organen liegen die Verhältnisse allerdings anders. Bei ihnen kann es aus zweierlei Gründen zu einer Krümmung kommen. Drehen wir z. B. ein Laubblatt um seine Längsachse, so liegt in antagonistischen Lagen einmal die Blattoberseite, einmal die Blattunterseite physikalisch oben. Da beide Seiten verschieden sind, kann auch die Schwerkraft in ihnen verschiedene Effekte auslösen, die sich nicht zu kompensieren brauchen. Vor allem besitzen aber dorsiventrale Organe im Gegensatz zu radiären schon a u t o n o m kein allseits gleichmäßiges Wachstum, und sie führen daher, wenn äußere richtende Faktoren wegfallen, Eigenbewegungen aus. In der Tat schlagen Blätter am Klinostaten mit der Unterseite zur Organachse zurück; man nennt dies E p i n a s t i e (vgl. Abb. 598). b) Der

Verlauf

der

Bewegung

Der V e r l a u f e i n e r g e o t r o p e n B e w e g u n g läßt sich am besten photographisch festhalten. Bei Koleoptilen und Keimsprossen beginnt die Krümmung an der Spitze Und schreitet dann allmählich abwärts fort. Der Keimsproß beschreibt also einen Bogen, und die Spitze kann dabei zunächst über die Endlage hinaus geführt werden (Abb. 592). Dann unter hegt sie einem gegensinnigen Schwereeinfluß, der sie in die senkrechte Lage zurückführt. Der Ausgleich erfolgt aber auch am Klinostaten, also autonom. Ein junger, noch überall wachstumsfähiger Sproß streckt sich hier sogar wieder vollkommen

Abb. 592. Geotrope Aufkrümmung eines Dikotylenkeimlings in 16 aufeinanderfolgenden Stadien. Nacb NOLL.

II. Die Tropismen

564

gerade. Diese Erscheinung hat man als A u t o t r o p i s m u s (Rektipetalität) bezeichnet. Er erklärt sich daraus, daß die bei der Krümmung geförderte Seite ihr Wachstum nunmehr reduziert oder ganz einstellt, während die Gegenseite aufholt. In der Regel erfolgt die geotrope Krümmung nur in der S t r e c k u n g s z o n e . Deshalb sieht auch die Krümmung einer Wurzel (Abb. 593) anders aus als die ^ eines Sprosses, weil jene eine viel kürzere Streckunsgzone aufweist als dieser. Es kommt daher bei Wurzeln zu keiner Uberkrümmung, sondern zu einer hakenförmigen Biegung. Im allgemeinen wird bei den geotropen Krümmungen die konvexe Seite im Wachstum gefördert, während die konkave ihr ursprüngliches Wachstumstempo beibehält. Ältere Organe können sich nur dann geotrop krümmen, wenn in ihnen erneutes Wachstum auftritt. Sehr schön läßt sich dies an G r a s k n o t e n beobachten. Legt man Grashalme horizontal, so führt der Schwerereiz in den Knoten zu e r n e u t e m W a c h s t u m , und sie krüm, men sich so auf, daß die Summe ihrer Winkel 90° beträgt, somit das Halmende aufrecht steht. Am Klinostaten aber kommt es zu einer einfachen Verlängerung. Umgestürzte Bäume können sich durch vom Kambium ausgehendes Wachstum wieder aufrichten; in gleicherweise kommen Astkrümmungen zustande. G e o t r o p e V a r i a t i o n s b e w e g u n g e n gibt es in den G e l e n k p o l s t e r n einiger Pflanzen, so z. B. bei L e g u m i n o s e n b l ä t t e r n . Über die inneren Vorgänge, die hier zur Krümmung führen, wird an späterer Stelle (S. 596) berichtet werden. Abb. 593. Geotrope Wurzelkrümmung. An der Wurzelspitze befinden sich anfangs (yl) in gleichen Abständen Tuschestriche. B zeigt Streckung und Krümmung nach einer Std., C nach 2 Std., D nach 7 Std., E nach 23 Std. Die Hauptwachstumszone liegt zwischen 0 und 3. Nach SACHS.

e) Die

Suxzeptiwi

des

Schwerereixes

Ein horizontal hegender Stengel wird in allen seinen Teilen gleichmäßig von der Schwerkraft beeinflußt. Im Gegensatz zu den anderen Tropismen fehlt hier also ein Reizgefälle, und es ergibt sich daher die Frage, wie diese Kraft überhaupt verschiedene Organseiten verschieden beeinflussen kann. Man muß sich bei der Beurteilung dieser Frage daran erinnern, daß die Schwerkraft stets nur massenb e s c h l e u n i g e n d wirkt. Man könnte zunächst annehmen, daß die Pflanze ihr eigenes Gewicht empfindet. Diese Annahme läßt sich indessen leicht experimentell widerlegen. Hebt man die Gewichtswirkung durch eine Unterlage auf, so ändert dies nichts am Verhalten des Organs. So dringt z. B. eine horizontal auf Quecksilber gelegte Wurzel, trotz des erheblichen Widerstandes, mit ihrer sich abwärts krümmenden Spitze in dieses ein. HABERLANDT und NEMEC (1900) begründeten die Auffassung, daß als erster Effekt eine schwerebedingte Umlagerung von Inhaltsstoffen, insbesondere von Stärkekörnern, in der Zelle aufträte und dies den Reizanlaß bilde. Für diese S t a t o l i t h e n t h e o r i e , nach der S t ä r k e k ö r n e r als S t a t o l i t h e n f u n k t i o n i e r e n , läßt sich vor allem ins Treffen führen, daß alle Organe höherer Pflanzen, die geotrop reizbar sind, solche S t a t o l i t h e n s t ä r k e besitzen. Besonders auffallend ist, daß sich diese gerade an den Stellen findet, für die alleinige oder

5. D e r Geotropismus

565

bevorzugte Perzeption des Schwerereizes nachgewiesen wurde (vgl. Abb. 594), so vor allem in der K o l u m e l l a d e r W u r z e l h a u b e , in der K o l e o p t i l e n s p i t z e und in der S t ä r k e s c h e i d e der Stengel (vgl. S. 185). Bei diesen tritt sie nur in der Perzeptionszone auf, nicht mehr in älteren Teilen. Ageotropen Wurzeln fehlt die Statolithenstärke. Auch ließ sich zeigen, daß diese nicht einen Reservestoff darstellt, da sie auch im Hungerzustand erhalten bleibt. Bei jeder Verlagerung des Organes sinken ihre Körner in wenigen Minuten auf die jeweils physikalisch untere Seite, das Plasma der sie einschließenden Zellen (der S t a t o z y s t e n ) muß also eine sehr geringe Viskosität besitzen.

Abb. 594. Roripa

cunphibia, Wurzelhaube. Im mittleren Teil (der Kolumella) befindet sich die Stärke auf den unteren Zellwänden (Statolithenstärke). Nach NEMEC.

D i e V e r l a g e r u n g der Statolitlien m u ß dazu f ü h r e n , daß i h r D r u c k n u n m e h r auf andere P l a s m a p a r t i e n einwirkt als vorher. D i e T h e o r i e n i m m t an, daß dieser die E r r e g u n g des Plasmas b e w i r k t ; die eintretende K r ü m m u n g f ü h r t dann das O r g a n in seine Ausgangslage zurück, in der die K ö r n e r a u f die transversalen Plasmawände drücken. Diese „ g e w o h n t e " L a g e b i e t e t dann k e i n e n R e i z a n l a ß m e h r . B e i niederen Pflanzen, denen S t ä r k e f e h l t (so z. B . bei Pilzen, deren F r u c h t körper vielfach deutlich geotrop reagieren), dürften andere spezifisch s c h w e r e r e Inhaltsstoffe als Statolitfien i n F r a g e k o m m e n .

Eine andere Theorie nimmt an, daß unter dem Einfluß der Schwerkraft ein rasches Absinken von Kationen erfolgt. Das hat die Erzeugung eines e l e k t r i s c h e n P o t e n t i a l s zur Folge, die physikalische Unterseite wird gegenüber der Oberseite um einige Millivolt elektropositiv ( G e o e l e k t r i s c h e r E f f e k t ) . W i e wir später hören werden, läßt sich diese Theorie mit einer weiteren zur Erklärung der geotropen Bewegungen verbinden (vgl. S. 571). Tatsache ist jedenfalls, daß mein durch künstliche Schaffung eines schwachen elektrischen Potentials an einem Sproß oder an einer Wurzel entsprechende Krümmungen herbeiführen kann (Elektrotropismus).

566 d)

Der

II. Die Tropismen Perxeptionsort

Es läßt sich experimentell in verschiedener Weise zeigen, daß n i c h t a l l e T e i l e eines P f l a n z e n o r g a n s in g l e i c h e r Weise f ü r den S c h w e r e r e i z e m p f i n d l i c h sind. Man hat das früher mit Hilfe von Resektionsversuchen nachzuweisen versucht, vor allem indem man die Spitzen von Pflanzenorganen (Koleoptilen, Wurzeln) abschnitt, worauf die geotrope Reaktion unterblieb. Solche Versuche können heute aber nicht mehr als beweisend gelten, da man dabei auch die Wuchsstoffquelle (vgl. S. 497) entfernte. Ohne Wuchsstoff kann es aber überhaupt keine Wachstumsförderung geben. Überzeugend ist dagegen das Ergebnis des sogenannten PlCCARDsehen R o t a t i o n s v e r s u c h e s (Abb. 595). Man benützt dazu eine sehr rasch rotierende

Abb. 595. Einfacher Apparat zur Rotation von Keimlingen nach P l C C A R D . Die Achse dreht den Rahmen r, an welchem aul der Korkplatte k die keimende Bohne mit einer Nadel befestigt ist. Der rotierende Teil wird von einer Glasglocke umgeben, die in der befeuchteten Blechschüssel bs ruht; dadurch wird das Objekt vor Austrocknung geschützt. Die Keimwurzel ist so schräg orientiert, daß zwei Millimeter der Spitze über die Verlängerung der Rotationsachse hinausragen. Somit wirkt die Zentrifugalkraft auf Wurzelspitze und Wurzelbasis in entgegengesetzter Richtung ein. Etwas verkl.. >'ach H A B E B L A N D T .

horizontale Achse, die die Anbringung einer Keimpflanze gestattet. Wir wählen für den Versuch z. B. die Keimwurzel einer Bohne, die wir so befestigen, daß die Wurzelspitze sich auf der einen, der restliche Wurzelkörper aber auf der anderen Seite der Rotationsachse befindet. Datei muß die Längsachse der Wurzel schräg zu dieser Achse liegen ; stünde sie senkrecht, so gähe es ja keinen Anlaß zur Krümmung. Bei der Rotation werden dann Spitze und Wurzelkörper a n t a g o n i s t i s c h gereizt; dabei muß sich zeigen, ob die Spitze oder der Basaltteil oder auch beide den Zentrifugalreiz empfinden. Da die Wurzel p o s i t i v reagiert, muß die Krümmung im Sinne der Fliehkraft erfolgen. Findet die Perzeption in der Spitze statt, so muß sich also die Wurzel von der Achse abwenden, im anderen Fall aber ihr zukehren.

Der Versuchsausgang beweist die Lokalisation der Empfindlichkeit in der Wurzelspitze: die Krümmung erfolgt von der Achse w e g , und zwar nicht nur im Spitzenstück, sondern auch weiter rückwärts ijii entgegengesetzt gereizten

567

5. Der Geotropismus

Wurzelkörper. Verwendet man zum Versuch Koleoptilen, so tritt gleichfalls eine Krümmung im Sinne der Spitze ein, jetzt aber zur A c h s e , da die Koleoptile negativ geotrop ist. Die empfindlichste Spitzenzone ist bei Wurzeln 1,5—2 mm, bei Haferkoleoptilen 3 mm lang. Da die Fliehkraft mit der Entfernung von der Achse wächst, wurden die langen Basalteile viel stärker gereizt. Wenn trotzdem die Spitzen den Ausschlag geben, so folgt, daß diese den übrigen Teil sehr erheblich an Empfindlichkeit übertreffen. Die bevorzugte Empfindlichkeit der Koleoptilenspitze läßt sich auch derart erweisen, daß man sie am Substrat befestigt. Dann krümmt sich der freie Basalteil des Keimlings auf und kommt dabei nach einiger Zeit in die invers-seukrechte Lage (Abb. 596). Würde er selbst den Reiz empfinden, so müßte die Bewegung nunmehr stillstehen; sie schreitet aber fort, so daß es zu einer spiraligen Einrollung des Keimsprosses kommt; das beweist, daß die dauernd gereizte Spitze die Krümmung veranlaßt. Wachsende Stengelorgane besitzen eine längere Perzeptionszone. Sie stimmt etwa mit der Streckungszone überein. Bei Grasknoten ist die geotrope Empfindlichkeit in diesen lokalisiert.

e) Der Einfluß von Reixtntemaität

und

Reisungsdauer

Die Schwerewirkung ist eine stets und überall gleichbleibende. In der Natur ist also die Reizintensität beim Geotropismus ein k o n s t a n t e r W e r t . Wir hörten aber schon, daß die Schwerkraft in ihrer Wirkung auf die Pflanzen durch die F l i e h k r a f t ersetzt werden kann, und diese können wir behebig abstufen. Will man ihren Reizwert kennenlernen, so muß man die jeweiligen P r ä s e n t a t i o n s z e i t e n messen, d. h. man muß untersuchen, wie lange man bei wechselnder Fliehkraftgröße jeweils reizen muß, um schließlich eine Krümmung zu erzielen. Die folgende Tabelle gibt über solche Versuche Aufschluß.

Abb. 596. Keimpflanze von Sorghum. Die Spitze der Koleoptile ist in einem waagerecht liegenden Glasrohr befestigt. Der basale Teil der Keimpflanze beschreibt Windungen, da von der horizontal gehaltenen Spitze dauernd eine Beizung ausgeht. Nach F. DABWIN.

Tabelle 1 2 K o l e o p t i l e n v o n A V E N A SATIVA. P r ä s e n t a t i o n s z e i t e n b e i v e r s c h i e d e n e n Z e n t r i f u g a l k r ä f t e n n a c h PEKELHARING ( 1 9 1 0 ) . A u s z u g . T e m p e r a t u r 1 6 — 1 9 , 5 ° Präs. Zeit Zentrifugalkraft Produkt aus Präs. Zeit Zentrifugalkraft Produkt aus in g Zeit und K r a f t in Sekunden in g Zeit und Kraft in Sekunden 3900 1300 805 441 248 140

0,08 0,25 0,38 0,67 1,254 2,08

312 325 306 296 311 292

100 53 26 13 7 5

3,0 5,76 11,7 23,86 41,76 58,43

300 305 304 310 292 292

Wie aus der Tabelle hervorgeht, n i m m t die P r ä s e n t a t i o n s z e i t m i t s t e i g e n d e r Z e n t r i f u g a l k r a f t ab. D a b e i ist das P r o d u k t aus R e i z i n t e n s i t ä t u n d R e i z u n g s d a u e r e i n k o n s t a n t e s . Für den Schwellenwert

568

II. Die Tropismen

des Geotropismus gilt also innerhalb weiter Grenzen das R e i z m e n g e n g e s e t z : i • t = K. Wir erhalten den gleichen Schwellenwert, wenn wir mit geringer Fliehkraft lange oder mit starker Fliehkraft entsprechend kürzer reizen. Reizen wir ein geotropisch empfindliches Organ, z. B. eine Koleoptile, a n t a g o n i s t i s c h , etwa indem wir sie in kurzen Intervallen in horizontaler L a g e i m m e r wieder u m 1 8 0 ° drehen, so unterbleibt eine K r ü m m u n g , die I m p u l s e kompensieren sich. Darauf b e r u h t ja das Prinzip der Klinostatendrehung. Wählen wir aber die Expositionszeiten f ü r eine L a g e länger, so erfolgt eine K r ü m m u n g i m Sinne dieser länger gereizten Seite. Bei dieser i n t e r m i t t i e r e n d e n R e i z u n g m u ß sich herausstellen, welche U n t e r s c h i e d s e m p f i n d l i c h k e i t f ü r die Zeitdauer der Reizung das Objekt besitzt. Sie ist eine sehr hohe, denn bei Keimsprossen g e n ü g t schon ein Reizzuwachs von einigen Sekunden, u m den Ausschlag zu geben.

f ) Der Einfluß

der

Xeigungslage

Die Höhe der geotropen Erregung hängt aber auch von der N e i g u n g s l a g e des O r g a n e s ab. Ein h o r i z o n t a l e r Sproß wird von der Schwerkraft s e n k r e c h t getroffen und dabei geotrop gereizt; ein a u f r e c h t e r verbleibt in seiner Stellung. Die p a r a l l e l angreifende Schwerkraft bleibt also tropistisch wirkungslos. Man wird daher von vornherein annehmen wollen, daß die Schwerewirkung gegen die Horizontallage hin zunimmt und bei Annäherung an die senkrechte Stellung allmählich erlischt. Dies trifft auch tatsächlich zu, und zwar entspricht der Reizwert jeder L a g e dem S i n u s d e s N e i g u n g s w i n k e l s . Wir könder Schwerkraft g in die Komponenten a und b nen uns in jeder Neigungslage die Schwerbei einer Neigung des Pflanzenorgans u m den kraft in zwei Komponenten zerlegt denken, Winkel a. Die wirksame, zur Pflanzenachse senkrechte Schwerkraftkomponente b ist gleich g • sin a. von denen die eine senkrecht zur OrganT a b e l l e 15 K o l e o p t i l e n v o n AVENA SATIVA. P r ä s e n t a t i o n s z e i t e n i n v e r s c h i e d e n e n N e i g u n g s l a g e n n a c h PEKELHARING ( 1 9 1 0 ) . T e m p e r a t u r 2 3 — 2 4 ° Ablenkungswinkel in G r a d e n •

Sinus desselben

Präsentationszeit in Sekunden

Produkt aus beiden = Reizmenge

20

0,542

755

25

0,425

607

256

50

0,5

270

40

0,645

540 441

45

0,707

566

259

60

0,866

526

282

90

1,0

269

269

120

0,866

352

288

251

284

155

0,707

340

240

150

0,5

558

269

159

0,558

750

262

5. Der Geotropismus

569

achse, die andere dazu parallel liegt. Die p a r a l l e l e Komponente a kann nach dem oben Gesagten nicht als Reiz dienen, vielmehr nur die senkrechte b (vgl. Abb. 597). Wie aus der Abbildung hervorgeht, ist aber b = g • sin a, und da g = 1 ist, ist b = sin a. Beweisen läßt sich die Richtigkeit dieser Annahme z. B. mit Hilfe der Präsentationszeiten. Diese nehmen in den verschiedenen Neigungslagen im Sinusverhältnis ab und zu (vgl. Tabelle 15). Das S i n u s g e s e t z ist also ein Sonderfall des Reizmengengesetzes, das Produkt sin k • t ist eine Konstante. g) Der Einfluß

der Läng

skraft

Das eben geschilderte Sinusgesetz des Geotropismus erfährt bei längerer Reizung Abänderungen, die auf dem Einfluß der L ä n g s k o m p o n e n t e d e r S c h w e r k r a f t beruhen. Diese Längskraft kann selbst keine geotropen Krümmungen auslösen, doch wirkt sie t o n i s c h , d. h. sie verändert die Reizbarkeit. Sie kann dabei einen h e m m e n d e n oder einen f ö r d e r n d e n Einfluß haben. Ihr Hemmungseffekt ist in der Normallage eines Organes am größten und nimmt dann gegen die Horizontallage zu ab. Der fördernde Einfluß tritt bei der Inversstellung auf. Man erkennt das schon daraus, daß z. B. eine Wurzel, die man um einen ganz geringen Winkel von der normalen Vertikallage, ablenkt, kaum zur Rückkrümmung neigt, während eine invers orientierte praktisch gar nicht so genau lotrecht aufgestellt werden kann, daß eine Krümmung unterbleibt. Im ersten Fall hemmt die Längskomponente die Krümmung, im zweiten Fall förderte sie diese. Ökologisch ist die Längskraft von großer Bedeutung, da eine Rückkehr aus inversen Stellungen wichtiger ist, als die Korrektur einer ungenauen Normallage. Die maximale Reizlage liegt also bei Dauerreizung etwa bei einer Abweichung von 120° von der Normallage, ist aber für einzelne Objekte verschieden. h) Verschiedene

Formen

des

Geotropismus

Wie schon mehrfach erwähnt wurde, sind Hauptwurzeln in der Regel p o s i t i v , Hauptachsen n e g a t i v geotrop. Seitenachsen und -wurzeln verhalten sich der Schwerkraft gegenüber anders, sie nehmen schräge Lagen ein, sind also p l a g i o t r o p ; dies trifft auch für viele Laubblätter zu.

A B

Abb. 598. Coleus sp., .4. in normaler Stellung, B nach Rotation an der horizontalen Klinostatenachse, die Blätter haben sich epinastisch gekrümmt. Nach P F E F F E R .

570

II. Die Tropismen

Betrachten wir zunächst die S e i t e n a c h s e n , so finden wir sie meist in schrägen Winkeln aufgerichtet oder auch horizontal ausgebreitet. Senken oder heben wir sie, so beantworten sie dies mit einer K r ü m m u n g ihrer noch wachstumsfähigen Teile, die diese wieder in die Ausgangslage z u r ü c k f ü h r t ; daraus geht ihr P l a g i o g e o t r o p i s m u s klar hervor. Schalten wir die einseitige Schwerewirkung durch R o t a t i o n a m K l i n o s t a t e n aus, so k r ü m m e n sich die Seitenachsen (und auch die Laubblätter) (Abb. 598) zurück, indem ihre Oberseiten konvex werden. Daraus geht hervor, daß diese Organe auch ein a u t o n o m e s Richtungsbestreben haben, daß sie einen E i g e n w i n k e l anstreben. Die beschriebene Rückkrümmung erfolgt stets in gleicher Weise; sie ist in ihrer Richtung durch die Pflanze selbst bestimmt, somit keine tropistische, sondern eine n a s t i s c h e ; m a n nennt sie E p i n a s t i e . Sie ist der Ausdruck einer physiologischen u n d meist auch morphologishen Dorsiventralität, die ein stärkeres Wachstum der Oberseite bedingt. Die in der Natur vorkommenden Schrägstellungen ergeben sich also aus einer Kombination von Geotropismus und Epinastie. Diese sucht die Seitenachsen oder Blattstiele zu s e n k e n , während die Schwerkraft sie h e b t . Die Dorsiventralität u n d die damit verbundene Epinastie kann eine a u t o n o m e (bei Laubblättern) oder eine s c h w e r e i n d u z i e r t e sein; Seitenachsen können sich aus inneren GrünAbb. 599. Vicia Faba, Keimwurzel mit ihren Seitenwurzeln in Erde hinter einer Glaswand gewachsen. Die den physiologisch oder auch morphoPflanze befand sich erst in Normallage (4-) und wurde logisch dorsiventral entwickeln, oder dann um 180° gedreht (-f-), worauf die Seitenwurzeln sich so lange krümmten, bis sie wieder den gleichen dies eVeränderung findet erst u n t e r dem Winkel zur Schwerkraft einnahmen (schwarze Zone). Bei Rückkehr in die Normalstellung erfolgt wieder eine Einfluß der Schwerkraft statt. I m Krümmung, die die Seitenwurzeln in die Ausgangslage zweiten Fall wirkt die Schwerkraft bringt. Nach SACHS. also in d o p p e l t e r Weise: erst induziert sie die Dorsiventralität und damit die nastische Tendenz zur Abwärtsk r ü m m u n g ; diese ist dann eine G e o e p i n a s t i e . Zweitens löst sie einen n e g a t i v e n G e o t r o p i s m u s aus, der sich vermutüch von dem radiärer Organe n u r durch geringere Intensität unterscheidet. Je nach der Wirksamkeit beider Faktoren kommt es zu den intermediären schrägen Stellungen. • R h i z o m e sind oft t r a n s v e r s a l g e o t r o p , d. h. sie wachsen im Boden horizontal. D r e h t m a n sie u m ihre Längsachse, so erfolgt keine Reaktion. Bei Schrägstellung aber rückt die fortwachsende Spitze wieder in die Horizontallage ein. S e i t e n w u r z e l n erster Ordnung wachsen in einem schrägen Winkel abwärts. Hebt oder senkt m a n sie, so stellt sich ihr Zuwachs durch eine Spitzenkrümmung

5. Der Geotropismus

571

wieder in die Ausgangslage ein (Abb. 599). Am K l i n o s t a t e n verhalten sie sich nicht richtungslos, vielmehr wachsen sie fast senkrecht zur Hauptwurzel oder etwas zur Spitze geneigt aus. Wendet man stärkere Zentrifugalkräfte an, so wird der Winkel zur Spitze verkleinert. Das weist darauf hin, daß die Schwerkraft wie bei der Hauptwurzel in positivem Sinne wirkt. Dagegen ist noch nicht klar, worin der Widerstand gegen diese Wirkung besteht. Soweit sich eine Dorsiventralität nachweisen läßt, könnte man an eine der Epinastie der Seitensprosse entsprechende Hyponastie denken. Aber die Seitenwurzeln scheinen meist physiologisch radiär zu sein, da sie auf eine Drehung um 180° nicht reagieren. Vermutlich spielt also auch ein autonomer Faktor (eine Eigenrichtung) dabei eine wichtige Rolle. Auch das oben geschilderte Verhalten horizontaler radiärer Rhizome ist unklar.

Abb. 600. Bewegungen der Blüten von Aconitum Napellus nach Inversstellung der Ausgangsachse S. I Anfangsstellung, II geotrope Aufkrümmung, III „exotrope" Auswärtskrümmung durch Torsion des Blütenstiele«. Die Blüte befindet sich Jetzt wieder in der die Bestäubung ermöglichenden Lage. Nach N O L L .

D o r s i v e n t r a l e Organe reagieren schon bei einer Drehung um ihre Längsachse. Drehen wir z. B. einen Fichtenast um 180° und halten wir ihn in dieser Lage fest, so krümmt sich die fortwachsende Spitze so lange nach oben zurück, bis sie wieder normal horizontal liegt. Betrug die Astdrehung aber nur 90°, so daß die Ast- und Nadelfläche senkrecht steht, so kommt es zu einer T o r s i o n ; das ist in diesem Falle die einzige Möglichkeit, wieder in die Normallage einzurücken. Auch Blätter, die an einem horizontalen Ast s e i t l i c h stehen, vollführen Blattstieltorsionen. Bei schrägen Sprossen mit dekussierten Blättern kann auch die Achse in jedem Internodium tordieren und so alle Blattpaare in die günstige Lichtlage führen (vgl. Abb. 293, S. 239). Orchideenblüten werden so angelegt, daß die Lippe oben liegt. An aufrechten Blütenständen erfolgt dann eine T o r s i o n im Fruchtknoten, die die Labellen in die umgekehrte Lage bringt. Bei abwärts hängenden Blütenständen unterbleibt die Drehung. So ist in beiden Fällen die günstige Lage für den Insektenbesuch erreicht. An einem verkehrt befestigten Blütenstand des Eisenhutes (Aconitum) krümmen sich die Blütenstiele erst geotrop aufwärts. Dann tordieren sie derart, daß die Blütenöffnung auswärts gekehrt, und so der Insektenbesuch ermöglicht wird (Abb. 600).

572 i) l iitxfhultiuifi

II. Die Tropismen

des

Geotropismus

Ein horizontal wachsendes Rhizom, das an seinem apikalen Ende einen Blütenstand bildet, erfährt an dieser Stelle eine g e o t r o p e U m s c h a l t u n g . Das nunmehr zuwachsende Sproßstück wendet sich aufwärts und dringt in lotrechter Stellung durch den Erdboden. Die ursprünglich t r a n s v e r s a l g e o t r o p e Achse ist also n e g a t i v geotrop geworden. Ähnliche Erscheinungen sind vielfach zu beobachten. Sehr auffällig sind Beispiele, bei denen sich eine solche Umschaltung laufend vollzieht. Die Knospe einer Mohnblüte steht zunächst aufrecht am lotrechten Schaft. Später krümmt sich dieser knapp unter dem Blütenansatz in einer kurzen Zone um 180° abwärts, die Knospe nickt jetzt also. Dabei wächst der Schaft an der Krümmungsstelle weiter heran, ohne daß sich diese verlängert. Das erklärt sich daraus, daß jedes neue Zuwachsstück erst positiv geotrop ist und allmählich negativ geotrop wird. Schließlich richtet sich beim Aufblühen das Schaftende wieder auf, so daß Blüte und Frucht aufrecht stehen. In anderen Fällen erfolgt eine geotrope Abkrümmung während der Fruchtbildung, so z. B. bei der Spritzgurke (Vgl. S. 550). Schon bei früherer Gelegenheit wurde darauf hingewiesen, daß bei einer Konifere, deren Gipfeltrieb entfernt wird, ein Seitensproß in die vertikale Lage einrückt; entsprechendes läßt sich auch bei Wurzeln beobachten. Bei der Bildung von S y m p o d i e n (vgl. S. 245) setzen oft schräg angelegte Seitenachsen die Richtung der Hauptachse fort. Neben solchen a u t o n o m e n Umschaltungen gibt es aucli i n d u z i e r t e . Verdunkeln wir einen Marchantia-ThaXkis, so bildet der Zuwachs stiftartige Sprosse, die senkrecht aufwärts wachsen. Der ökologische Vorteil leuchtet ohne weiteres ein, die Pflanze gelangt so, verdunkelt, wieder ans Licht. Manche Rhizome, die transversalgeotrop im Boden dahin wachsen, wenden sich positiv geotrop abwärts, wenn ihre Spitze zufälligerweise ans Licht gelangt; damit dringen sie wieder in den dunklen Erdboden ein.

Inwieweit bei solchen Orientierungsbewegungen die Schwerkraft bestimmend ist, läßt sich stets leicht durch Klinostatenversuche erweisen. Unterbleibt bei der Rotation die Umschaltung, so war sie schwerebedingt. h) Die ökologische

Bedeutung

des

Geotropismus

Sämtliche geotropen Reaktionen verlaufen in einer für die Pflanze zweckmäßigen Weise. Die senkrechte Stellung der Hauptachse und die Schrägstellung ihrer Seitenachsen bieten den Laubblättern von vornherein eine günstige Lichtlage. Diese wird durch eigene geotrope und phototrope Bewegungen noch verbessert. Das entsprechende Verhalten der Haupt- und Seitenwurzeln sichert die Befestigung im Boden und gestattet dessen vorteilhafte Ausnützung. Der Transversalgeotropismus unterirdischer Rhizome und Ausläufer verhindert es, daß diese ans Licht oder in zu tiefe Bodenschichten gelangen. Geotrope Umschaltungen bringen die Hauptachse oder Seitenachsen ans Licht, wenn der Entwicklungsgang es erfordert. Daß Blütenstiele und Blütenstandsachsen durch geotrope Bewegungen eine für den Insektenbesuch vorteilhafte Blütenlage schaffen, wurde schon erwähnt. In der Blüte selbst können geotrope Aufkrümmungen von Filamenten oder Griffeln diese in eine für die Fremdbestäubung passende Stellung bringen.

5. Der Geotropismus

I) Die Wuchsstofftheorie

des

573

Geotropismus

Da die meisten geotropen Reaktionen auf verschieden starkem Wachstum antagonistischer Seiten beruhen, lag die Annahme nahe, daß dafür eine verschiedene Wuchsstoffverteilung maßgebend sei. Ferner hörten wir früher, daß die geotrope Krümmung auch in den Organen (Koleoptile, Wurzel) zur Basis fortschreitet, die den Reiz nur oder hauptsächlich an der Spitze perzipieren. Es liegt also eine geotrope „ R e i z l e i t u n g " vor, die einfach ein e i n s e i t i g e r W u c h s s t o f f t r a n s p o r t sein könnte. Diese Annahme hat sich beweisen lassen. Halbiert man horizontal gelegte Organe nach längerer Expositionszeit der Länge nach, so läßt sich aus den unteren Hälften mehr Wuchsstoff durch Diffusion abfangen oder durch Extraktion gewinnen als aus der Oberseite. Offenbar hat also unter dem Einfluß der Schwerkraft ein Q u e r t r a n s p o r t von W u c h s s t o f f stattgefunden. Das ist nur möglich, wenn die Schwerkraft das Organ in irgendeiner Weise q u e r p o l a r i s i e r t hat, es muß eine Veränderung vor sich gegangen sein, die bewirkt, daß der Wuchsstoff bei seinem Abwärts strömen eine seitliche Ablenkung erfährt. Daß eine solche Q u e r p o l a r i s a t i o n tatsächlich vorliegt, läßt sich folgendermaßen beweisen. Man dekapitiert eine Haferkoleoptile und legt sie horizontal; dabei kommt es infolge Entfernung der Wuchsstoffquelle zu keiner Krümmung. Setzt man nun aber ein mit Wuchsstoffdiffusat versorgtes Agarplättchen als neue Wuchsstoffquelle auf, so erfolgt eine geotrope Krümmung. Im Stumpf waren also während der Horizontallage jene Änderungen vor sich gegangen, die den Wuchsstoffstrom zum Teil aus seiner Längsrichtung ablenken und zur physikalisch unteren Seite dirigieren. Der Versuch beweist auch, daß nicht etwa in der Horizontallage auf der Unterseite mehr Wuchsstoff produziert wird als oberseits. Andererseits kann man eine abgeschnittene und isoliert geotrop gereizte Spitze auf einen ungereizten Stumpf auflegen und erhält dann eine Krümmung. Aus alldem geht hervor, daß es eine geotrope Reizleitung im eigentlichen Sinne des Wortes nicht gibt. In den Fällen, in welchen der Schwerereiz bevorzugt oder ausschließlich lokal suszipiert wird, und sich die Krümmung in ungereizte Zonen fortpflanzt, liegt einfach e i n s e i t i g e W u c h s s t o f f l e i t u n g vor. Der Wuchsstoff wird schon in der Perzeptionszone seitlich verlagert, fließt nun in dieser Richtung bevorzugt ab und fördert so das Wachstum einer Seite. Dann liegen also die Verhältnisse wie im WENTschen Versuch (vgl. S. 497). Eine echte Reizleitung läge nur dann vor, wenn sich der Erregungszustand fortpflanzen würde. Worin die durch die Schwerkraft hervorgerufene Querpolarisation besteht, ist noch nicht sicher bekannt. Sie könnte irgendwie mit der Stärkeverlagerung zusammenhängen. Man kann bei geotroper Reizung noch weitere Veränderungen auf Ober- und Unterseite nachweisen, so können die pn -Werte, der Zuckergehalt und anderes auf beiden Seiten verschieden werden. Dazu kommt der g e o e l e k t r i s c h e E f f e k t . Da dieser darin besteht, daß die jeweils physikalische Unterseite elektropositiv wird, könnte man folgende Hypothese aufstellen. Der Wuchsstoff ist eine Säure, dessen negativ geladenes Anion in einem elektrischen Feld zum positiven Pol wandern muß. Daß dies zutrifft, läßt sich experimentell beweisen, ebenso, wie schon früher erwähnt, daß entsprechende, künstlich geschaffene Potentiale elektrotrope Krümmungen bewirken. Man kann sogar die positiv geotrope Krümmung durch künstliche antagonistische Polarisierung kompensieren. So wäre es also möglich, daß die unterseitige Wuchsstoffansamm-

574

II. Die Tropismen

lung durch Kataplioresc bewirkt wird, und der Geotropismus wäre dann ein Sonderfall des Elektrotropismus.

Wir müssen nunmehr noch die p o s i t i v g e o t r o p e K r ü m m u n g der W u r z e l in ihrer Beziehung zur Wuchs Stoffverteilung näher betrachten. Auch bei den Wurzeln läßt sich nach geotroper Reizung eine Wuchsstoffansammlung auf der Unterseite nachweisen. Man möchte zunächst meinen, daß darin ein Widerspruch zur Wuchsstofftheorie vorliegt, da sich die Wurzel abwärts, also zur wuchsstoffr e i c h e r e n Seite krümmt. Indessen erklärt sich das Verhalten der Wurzel anders, und zwar aus ihrer g r ö ß e r e n E m p f i n d l i c h k e i t . Wie wir schon früher hörten, gibt es bei Wuchsstoffzufuhr sowohl die Möglichkeit einer positiven als auch die einer negativen Krümmung. Ein weniger empfindliches Organ bedarf höherer Dosen zur Reizung und reagiert erst negativ, wenn die Reizmenge relativ hoch ansteigt; ein empfindlicheres aber reagiert unter Umständen schon bei sehr geringen Mengen negativ. Das trifft für die Wurzel zu. Sie ist etwa lOOOmal empfindlicher als eine Koleoptile, und eine Reizmenge, die bei dieser das Wachstum fördert, wirkt bei ihr schon h e m m e n d . Daher krümmt sie sich g e o p o s i t i v . Die Wurzel wird sogar bei normaler Wuchsstoffversorgung im Wachstum etwas gehemmt. Daher wachsen dekapitierte Wurzeln etwas rascher,als intakte. Entsprechend wendet sich bei elektrischer Reizung die Wurzel zum positiven Pol, der Sproß zum negativen. Für p l a g i o t r o p e O r g a n e ließ sich nachweisen, daß bei ihnen autonom (also am Klinostaten) ein höherer Wuchsstoffgehalt auf der Seite auftritt, die sich stärker verlängert, also konvex wird. Wirkt diese Epinastie mit der Schwerkraft zusammen, so erfolgt durch die Querpolarisation ein teilweiser Abfluß des Wuchsstoffes zur Unterseite, und das führt schließlich zur Kompensation in einer bestimmten Neigungslage. Auch in einigen Fällen geotroper Umschaltung ließ sich zeigen, daß die Wuchsstoffverteilung mit dem Wachstumsmodus wechselt, und zwar so, daß das Auxin bei geradlinigem Wachstum allseits gleichmäßig verteilt ist, bei Krümmungen aber bevorzugt auf der Konvexseite auftritt.

6. Das W i n d e n der P f l a n z e n Das Winden der Pflanzen ist das Ergebnis eines Zusammenwirkens a u t o n o m e r und g e o t r o p e r Tendenzen. Als bekannte Beispiele seien der Hopfen, der Windling oder die Steingenbohne genannt. Sie umschlingen nur a u f r e c h t e Stützen in steilen Windungen und pressen sich dabei so fest an, daß sie nicht abrutschen. Dabei wirken oft Kletter haare (S. 319) mit. Die fortwachsende Spitze ist meist nach links gerichtet, bewegt sich also entgegen dem Sinn des Uhrzeigers; seltener sind rechtswindende Pflanzen, zu denen z. B. der Hopfen gehört (Abb. 601). Am leichtesten verständlich wird der Windevorgang, wenn wir von einer Keimpflanze ausgehen. Der K e i m s p r o ß wächst zunächst wie bei allen anderen Pflanzen n e g a t i v g e o t r o p empor. Sehr bald aber vollführt die Spitze eine Krümmung, so daß das Sproßende h o r i z o n t a l liegt. Daß es sich dabei nicht um ein Absinken durch das Eigengewicht handelt, läßt sich leicht zeigen, wenn mein die Pflanzen umkehrt: die Spitze behält dabei ihre Lage zum aufrechten Teil der Achse bei. Es ist also eine g e o t r o p e U m s c h a l t u n g eingetreten; die erst negativ geotrope Achse ist transversal geotrop geworden. Wie bei der früher

6. Das Winden der Pflanzen

575

beschriebenen Mohnknospe behält das horizontale Stück seine Länge bei, obwohl es weiter wächst. Auch hier bleibt der Zuwachs also nicht dauernd transversal geotrop, vielmehr wird er allmählich n e g a t i v geotrop und verlängert so das aufrechte Sproßstück. Der Übergang zwischen beiden Zonen ist aber kein unmittelbarer. Vielmehr spielt sich in der gekrümmten Strecke ein weiterer Bewegungsvorgang ab, den wir am deutlichsten wahrnehmen, wenn wir den Sproß von oben her betrachten. Man sieht dann, daß sich das horizontale Ende langsam im Kreise dreht, wie ein Uhrzeiger an seiner Achse. Wir wollen nunmehr überlegen, was für eine Wachstumsart dies voraussetzt. Zweifellos kann die rotierende Bewegung nur zustande kommen, wenn eine s e i t l i c h e F l a n k e des gekrümmten Teiles stärker wächst als der übrige Teil des Umfangs, Es liegt also ein l a t e r a l e r Tropismus vor, und zwar L a t e r a l g e o t r o p i s mus ; denn diese Bewegung, die Voraussetzung für das Winden ist, hört am Klinostaten auf; der Sproß verlängert sich hier fast geradlinig. Während der Drehung muß sich aber der Ort der seitlichen Verlängerung verschieben. Das erkennen wir am besten an einem Modell. Wir befestigen einen Kautschuka b schlauch an einem Ende in aufrechter Abb. 601. Humulus Lupulus, windende Sproßspitze in Stellung und markieren einen Längsstreifen verchiedenen Phasen der Bewegung. Etwas verkl.. Nach durch einen geraden Tuschestrich. Dann PFEFFER. biegen wir das freie Ende des Schlauches um 90° und führen das horizontale Stück im Kreise herum. Halten wir es dabei mit der Hand fest, so spüren, wir, daß es ein Bestreben hat, sich um seine Achse zu drehen. Verhindern wir diese Bewegung, so entsteht nach einer Umdrehung eine Torsion, und nach wiederholter Drehung erscheint der Schlauch wie ein Tau zusammengedreht. Geben wir aber dem Drehungsbestreben zwischen den Fingern nach, so vollführt das abgebogene Ende bei jeder ganzen Umdrehung im Kreise auch eine ganze Umdrehung um seine Achse. Das erkennt man am Verhalten des Tuschestriches. Befand sich dieser zuerst oben, so wandert er bei der Drehung erst auf die rechte Seite, nach einer halben Umdrehung befindet er sich unten, und schließlich gelangt er über die linke Flanke wieder nach oben.

Sollen also bei der kreisenden Bewegung eines an der Basis befestigten und am oberen Ende horizontal gebogenen Schlauches keine Torsionen auftreten, so ist das nur möglich, wenn die kreisende Bewegung durch eine Drehung um die Achse aufgelöst wird. Ganz dasselbe gilt für das kreisende Sproßende, und mein kann sich auch hier leicht davon überzeugen, wenn man dieses mit einem Tuschelängsstreifen versieht.

576

II. Die Tropismen

Vergegenwärtigen wir uns schließlich, was dies für das Wachstum des Sprosses voraussetzt. Wie wir hörten, kann eine seitliche Bewegung, z. B. nach rechts, nur dann zustande kommen, wenn die (von oben gesehen) linke Flanke stärker wächst als die rechte. Eben erfuhren wir aber, daß infolge der Drehung u m die eigene Längsachse des Organs diese linke Flanke alsbald nach oben kommt, wobei ein benachbarter Streifen in die linke Flankenlage einrückt. Es wird also nicht immer dieselbe Stengelpartie gefördert, vielmehr immer wieder eine andere, die sich gerade in der linksseitigen, L a g e befindet. Man kann also sagen, daß d i e W a c h s t u m s b e s c h l e u n i g u n g u m d e n S t e n g e l h e r u m w a n d e r t . M a n hat diese Bewegungsart als Z i r k u m n u t a t i o n bezeichnet. D a sie von der Einwirkung der Schwerkraft (vom Lateralgeotropismus) abhängig ist, ist sie eine tropistische Erscheinung. Die kreisende Bewegung der Sproßspitze ist einem Suchen vergleichbar. Trifft das horizontale Ende eine senkrechte Stütze, so umschlingt es sie. Bei fortschreitendem Wachstum tritt dann hinter der Krümmungszone die Umschaltung zum n e g a t i v e n Geotropismus ein. Das neue Zuwachsstück sucht sich aufzurichten, wird aber daran durch die Stütze gehindert. Infolgedessen kommt es nur dazu, daß die gebildete Schlinge zu einer steilen Schraubenwindung ausgezogen wird. Bei sehr schmalen Stützen, oder wenn solche ganz fehlen, kann es auch zu T o r s i o n e n kommen (Abb. 602). Das Aufrichtebestreben des Windesprosses preßt diesen fest an die Unterlage und verhindert so das Abgleiten.

Abb. 602. Torsion. Ein Sproß von Dioscorea alata ist über die Stütze hinausgewachsen. An Stelle von Windungen tritt Torsion auf. Die jungen Blätter besitzen lange Vorläuferspitzen. Original.

7. D e r a) Einteilung

und

Phototropismus

Mechanik

der

Bewegungen

Die p h o t o t r o p e n B e w e g u n g e n ähneln äußerlich weitgehend den geotropen. Das ist deshalb nicht verwunderlich, weil die Krümmungsmechanik in beiden Fällen die gleiche ist. Meist liegen Wachstumskrümmungen ( N u t a t i o n e n ) vor, die durch einseitig erhöhten Wuchsstoffgehalt bedingt werden. An einem einseitig belichteten Sproß wächst, wie Markierungsversuche lehren, die belichtete Seite langsamer, die Schattenseite schneller als vorher. Auch die seltenen Fälle, in welchen der Phototropismus durch antagonistische Turgordifferenzen zustande kommt ( V a r i a t i o n e n , besonders in Blattgelenken), sind von den entsprechenden geotropen äußerlich nicht zu unterscheiden. Es gibt positive, negative, schiefe und senkrechte Einstellung zur Lichtrichtung (Abb. 603). P o s i t i v p h o t o t r o p sind vor allem H a u p t a c h s e n , aber auch die Sporangienträger einiger Pilze und andere Organe, n e g a t i v p h o t o t r o p sind

7. Der Phototropismus

manche W u r z e l n (besonders Kletterwurzeln, z. B. beim Efeu), p l a g i o p h o t o t r o p S e i t e n a c h s e n , und t r a n s v e r s a l p h o t o t r o p viele L a u b b l ä t t e r oder auch die Thalli der Lebermoose. Die Einstellung erfolgt auch hier, wenn sie durch bloße Krümmung nicht erreicht werden kann, mit Hilfe von T o r s i o n e n . In der Natur wirken Phototropismus und Geotropismus fast immer zusammen, so daß vielfach resultierende Stellungen eingenommen werden. Will man phototrope Bewegungen rein zum Ausdruck bringen, so rotiert man die Pflanzen senkrecht zur horizontalen Klinostatenachse-bei Beleuchtung von vorn in einer Dunkelkammer. b) Der Reisanlaß

und die Suszeption

des

K (Sgl®

Lichtes

Wie wir hörten, entsprechen die letzten Glieder der phototropen Reizkette denen der geotropen. Doch ist klar, daß die vorausgehenden Prozesse völlig verschieden sein müssen. Man hat eine Zeitlang angenommen, daß, wie bei der Schwerkraft, auch beim Licht dessen R i c h t u n g wahrgenommen würde. Experimente haben aber dargetan, daß es der L i c h t a b f a l l ist, der empfunden wird. Verdunkeln wir nämlich die eine Längshälfte eines Stengels, während wir die andere von vorn und von hinten mit gleich starkem Licht beleuchten, so krümmt sich der Sproß von der dunklen zur hellen Hälfte hin und vollführt dabei eine Bewegung, die senkrecht zur Lichtrichtung verläuft (Abb. 604). Beleuchten wir eine aufrechte Koleoptile senkrecht von zwei gegenüberhegenden Seiten her (antagonistisch), so krümmt sie sich zur stärkeren Lichtquelle, also zur helleren Seite. Dagegen bleibt sie gerade, wenn die Beleuchtung beiderseits gleich stark ist. Läßt man das Licht aber von zwei verschiedenen Seiten in behebigen anderen Winkeln einfallen, so nimmt die Koleoptile eine m i t t l e r e Stellung ein, die 37

577

v. G u t t e n b e r g , Lehrbuch der allgemeinen Botanik

Abb. 603. Sinapis alba, Keimling auf Korkplatte (K—K) in Wasserkultur schwimmend. Das Licht fiel in der Richtung der Pfeile ein. Das Hypokotyl Ist positiv, die Wurzel negativ, die Blätter sind transversalphototrop eingestellt. Nach NOLL.

Abb. 604. Avena saiiva, Koleoptilen. Zwei Koleoptllen werden antagonistisch mit Licht gleicher Intensität beleuchtet (Pfeile). Die freie Koleoptile A bleibt gerade, die über eine Längshälfte durch eine Blechhülse beschattete Koleoptile B krümmt sich senkrecht zur Lichtrichtung zur hellen Seite. 2 mal vergr.. Original.

578

II. Die Tropismen

genau der Resultante eines Kräfteparallelogramms aus Richtung und Reizintensität entspricht ( R e s u l t a n t e n g e s e t z ) . Wieder bewegt sich das Organ in einer Richtung, von der her überhaupt kein Licht einfällt, wohl aber zur helleren Flanke. Worin die eigentliche Suszeption des lichtes besteht, ist im einzelnen noch nicht klar; doch ist sicher, daß zunächst ein Absorptionsvorgang vorliegen muß. Da die stärker brechbaren Strahlen des Sonnenlichtes beim Phototropismus die wirksamsten sind, und Rot solchen nicht hervorruft, muß man annehmen, daß gelbe oder rötliche Substanzen die erforderliche Absorption bewirken. Es hat sich nun ergeben, daß phototrop empfindliche Pflanzenteile oft besonders reich an Karotinen sind, und so liegt es nahe, in dieser Stoffgruppe den maßgeblichen Absorptionsstoff zu vermuten. Welche weiteren Prozesse sich dann anschließen, ist noch gänzlich unbekannt. c) Der

PerxeptUmsort

Nicht alle Pflanzenorgane sind phototrop empfindlich, und die für den Lichtreiz empfänglichen sind es oft nicht in allen Teilen gleichmäßig. Ein besonders auffälliges Beispiel lokalisierter phototroper Empfindlichkeit bietet wieder die K o l e o p t i l e der Gräser. Beleuchtet man ein diesen die äußerste Spitze unter Verdunkelung der Basis einseitig, so erfolgt eine positive phototrope Krümmung, die sich in die verdunkelte Zone fortpflanzt (Abb. 605). Beleuchten wir aber umgekehrt die Basis bei Verdunkelung der Spitze, so tritt bei schwächerer Reizung keine, bei starker nur eine schwache Krümmung ein. Abb. 605. Phototrope Krümmung der .Avena-Koleoptile bei ausschließlicher Beleuchtung von links. Die Lichtperzeption erfolgt in der beleuchteten Spitze, die Reaktion im verdunkelten Basalteil. Nach B O Y S E N - J E N S E N .

Die Spitzenempfindlichkeit ist bei der Haferkoleoptile im ersten Viertelmillimeter am höchsten und nimmt dann so rapide ab, daß sie in einer Entfernung von 2 mm von der Spitze nur mehr ganz gering ist. Man kann das in der Weise messen, daß man den Schwellenwert für die einzelnen Zonen bestimmt. Die Empfindlichkeit ist dann dem Schwellenwert umgekehrt proportional. Bei einseitiger Dauerbeleuchtung ergab sich eine eben noch wahrnehmbare Spitzenkrümmung bei 8 millionstel Lux (Meterkerzen, vgl. S. 450).

Einen anderen Fall von Trennung der Perzeptions- und Reaktionszone finden wir bei vielen L a u b b l ä t t e r n . Der Blattstiel ist hier das Bewegungsorgan, obwohl oft die Spreite allein die Lichtrichtung wahrnimmt. d) Die, Abhängigkeit

von Beteintensität

und

Reisungsdauer

Wir haben schon oben erwähnt, daß es beim Phototropismus eine R e i z s c h w e l l e gibt. Diese setzt sich wieder aus zwei Faktoren zusammen: der Reizintensität und der Reizungsdauer. Auch hier gilt also innerhalb gewisser Grenzen

7. Der Phototropismus

579

das R e i z m e n g e n g e s e t z . E s ist eine gewisse L i c h t e n e r g i e m e n g e notwendig, u m eine phototrope K r ü m m u n g zu induzieren, u n d es ist dabei gleichgültig, ob g e r i n g e Intensitäten w ä h r e n d langer Zeit, oder starke w ä h r e n d entsprechend kürzerer Zeit einwirken. F ü r den Schwellenwert gilt also die F o r m e l i • t = K oder L u x - s e c = X (Tabelle 14). Oberhalb der Reizschwelle findet m a n aber andere Gesetzmäßigkeiten, hier ist der K r ü m m u n g s e f f e k t hauptsächlich von der Reizintensität (Lichtstärke) abhängig. I m Bereiche der Schwelle gibt es also Tabelle 14 K o l e o p t i l e n von A V E N A S A T I V A . P h o t o t r o p i s c h e P r ä s e n t a t i o n s z e i t e n b e i v e r s c h i e d e n e n B e l e u c h t u n g s i n t e n s i t ä t e n n a c h B L A A U W ( 1 9 0 9 ) . Auszug Helligkeit in Meterkerzen 0,00017 0,000439 0,001769 0,004773 0,01018 0,0249 0,0498 0,0898 0,6156 1,0998

PräsentationsPräsentationsLichtmenge Lichtmenge Helligkeit in zeiten in zeiten in in Meterkerzen in Meterkerzen Meterkerzen Sekunden Sekunden mal Sekunden mal Sekunden 154800 46800 10800 3600 1800 900 480 240 40 25

26,3 20,6 19,1 17,2 18,3 22,4 23,9 21,6 24,8 27,5

2,0281 5,456 8,453 18,94 45,05 308,7 1255,0 7905,0 13094,0 26520,0

8 4 2 1 U l2 /Z5

V400 1 /e 00 V1000

24,2 21,8 16,9 18,9 18,0 24,7 22,8 19,8 16,4 26,5

wieder eine P r ä s e n t a t i o n s z e i t , d. h. eine kürzeste Zeit, w ä h r e n d welcher eine b e s t i m m t e Lichtintensität w i r k e n m u ß , u m schließlich eine Reaktion auszulösen. D i e Reaktionszeit d a g e g e n ist nach Ablauf dieser Präsentationszeit etwa konstant, i m allgemeinen aber kürzer als die geotropische. Das Reizmengengesetz kommt auch darin zum Ausdruck, daß die Präsentationszeit sich verlängert, wenn man nur einen Teil des Organes, z. B. nur eine Längshälfte einer Koleoptile beleuchtet. Schief einfallendes Licht hat einen ähnlichen Effekt wie die Schräglage beim Geotropismus; die phototrope Erregung entspricht jeweils dem Kosinus des Lichteinfallswinkels. A u c h b e i m Phototropismus besteht die Möglichkeit einer i n t e r m i t t i e r e n d e n R e i z u n g . I m Bereich der Schwelle k a n n m a n an Stelle d a u e r n d e r B e l e u c h t u n g auch m i t U n t e r b r e c h u n g e n reizen. M a n findet dabei, daß die Präsentationszeit dann erreicht ist, wenn die Z e i t s u m m e der Einzelreize der Präsentationszeit bei D a u e r r e i z u n g gleich wird. D a s könnte seine U r s a c h e darin haben, daß die M e n g e des absorbierten L i c h t e s in beiden Fällen die gleiche ist. Voraussetzung f ü r das G e ü n g e n solcher Versuche ist, daß die P a u s e n nicht zu l a n g e sind, da a u c h hier der R e i z allmählich abklingt ( R e l a x a t i o n s z e i t ) . Die genannte Gesetzmäßigkeit entspricht dem für das menschliche Auge gefundenen Talbotschen Gesetz. Von dessen Gültigkeit kann man sich durch folgenden Versuch überzeugen. Stellt man Haferkeimlinge in die Mitte der Verbindungslinie zweier Glühbirnen von gleicher Beleuchtungsstärke, so bleiben sie gerade oder sie „scheiteln", d. h. einige wenden sich etwas der einen, andere etwas der anderen Lichtquelle zu. Nun bringen wir zwischen die Pflanzen und eine Glühbirne eine Scheibe, von der ein Stück ausgeschnitten ist, und lassen diese um eine horizontale Achse rasch rotieren. Dann verkürzt sich die Beleuchtungsdauer ent37*

580

II. Die Tropismen

sprechend der Größe des Ausschnittes: bei halber Scheibe wird sie auch halb so groß, und es läßt sich zeigen, daß die Pflanzen dann, genau wie das menschliche Auge, nur die halbe Helligkeit empfinden. Sie wenden sich nämlich zur kontinuierlichen Lichtquelle, und will man erreichen, daß sie gerade bleiben, so muß man kontinuierlich mit der h a l b e n Lichtstärke reizen, also etwa auf dieser Seite eine 25 kerzige, auf der anderen eine 50 kerzige Lampe aufstellen. Mit dieser Kompensationsmethode kann man auch die U n t e r s c h i e d s s c h w e l l e f ü r die Lichtwahrnehmung feststellen. Sie ist f ü r Haferkoleoptilen etwa so groß wie für das menschliche Auge.

e) Die phototrope

Stimmung

(der

Phototonus)

Bei der Durchführung des beschriebenen Versuches kann man noch folgende Beobachtung machen. Bei geringen Lichtintensitäten ist auch die Unterschiedsschwelle eine niedere, bei höheren Intensitäten wächst ihr Wert heran. Innerhalb gewisser Grenzen ergibt sich dabei folgende Gesetzmäßigkeit: ein Unterschied wird stets dann empfunden, wenn Beiz und Beizzuwachs im gleichen Verhältnis zueinanderstehen. Diese als W E B E R sches Gesetz bekannte Erscheinung ist auch bei einigen geotropen und chemotaktischen Vorgängen aufgefunden worden und wurde ursprünglich für die Sinnesphysiologie des Menschen aufgestellt. Bei intensiverer Beizung tritt also eine A b s t u m p f u n g ein, die mit einer Ermüdung vergleichbar ist. Auch läßt sich feststellen, daß die phototrope Beizschwelle sehr viel höher wird, wenn man Pflanzen allseits vor beleuchtet. Eine verdunkelt aufgezogene und in der D u n k e l k a m m e r beleuchtete Koleoptile hat die früher angegebenen niederen Schwellenwerte. Eine a m L i c h t aufgezogene dagegen reagiert erst bei stärkerer Beizung. Mail hat dieses Verhalten auch als Veränderung der phototropischen S t i m m u n g (des P h o t o t o n u s ) bezeichnet. Es entspricht durchaus der A d a p t a t i o n des menschlichen Auges. f ) Die phototrope

Abb. 606. Lactuca Scariola, Kompaßpflanze. Die Blätter haben sich so eingestellt, daß ihre Flächen mach Ost-West gewendet (2), somit die Kanten nach Nord-Süd gerichtet sind (1). Frei nach KEßHEE.

Vmachaltung

Die beschriebene Erscheinung ist nicht zu verwechseln mit der phototropen U m s c h a l t u n g . Diese kann wieder aus äußeren oder inneren Ursachen erfolgen. Belichten wir Koleoptilen mit allmählich

7. Der Phototropismus

581

ansteigenden Reizmengen, so nimmt in einem kleinen Bereich das Ausmaß der phototropen Krümmung zu. Das Krümmungsmaximum ist bald erreicht und läßt sich weiter in einem sehr breiten Bereich erzielen. Schließlich nimmt die Krümmung aber wieder ab und kann in konzentriertem Licht negativ werden. Autonome Umschaltungen sind im Verlaufe der Entwicklung nicht selten zu be obachten. Wir finden sie z. B., wie beim Geotropismus, beim Übergang der Blüte zur Frucht, wofür Linaria cymbalaria und Tropaeolum majus Beispiele sind, die ihre Fruchtstiele negativ phototrop senken. g) Der

Transversalphototropiamu»

Ein radiäres Organ krümmt sich (am Klinostaten) so lange zum Licht, bis es in die Lichtrichtung eingestellt ist. Dann sind beide Seiten gleichmäßig beleuchtet, der Reizanlaß fällt fort, und es ist eine neue Ruhelage erreicht. Viel schwerer zu verstehen ist das V e r h a l t e n der L a u b b l ä t t e r . Diese besitzen, wie schon kurz erwähnt wurde, sehr häufig einen Transversalphototropismus, mit dessen Hilfe sie sich senkrecht zum stärksten einfallenden diffusen Licht einstellen (Abb. 605). Direktes Sonnenlicht führt bei längerer Einwirkung oft zu einer UmB

schaltung, bei der eine steile Stellung des Blattes eintritt. Neben diesem euphotom e t r i s c h e n Typus gibt es den panphotometrischen, bei dem sich Blätter parallel zur Sonnenstrahlung orientieren; am auffälligsten sind die Komp aß pflanzen (vgl. Abb. 606), die ihre Kante in die Nord-Süd-Richtung einstellen und so das Morgen- und Abendlicht mit der Fläche auffangen. Auf die ökologische Bedeutung dieser Stellungen wurde schon früher (S. 214) hingewiesen. Bei den dorsiventralen euphotometrischen B l ä t t e r n erfolgt die Einstellung durch ein sinnvolles Zusammenwirken von Spreite und Blattstiel. Es leuchtet ein, daß der oft zu beobachtende positive Phototropismus von Blattstielen die Spreiten dem Lichte zuführen muß. Die f e i n e r e E i n s t e l l u n g e r f o l g t aber u n t e r dem E i n f l u ß der S p r e i t e , die auf den Stiel einen dirigierenden Einfluß ausübt. Das wurde besonders an Malvaceen durch passende lokale Beleuchtung festgestellt und scheint für die Blätter vieler Pflanzen zuzutreffen.

582

II. Die Tropismen

Eine Erklärung dieser Bewegungen ist u m so schwieriger, als bei seitlich inserierten Blättern auch Blattstieltorsionen eintreten. Das Verhalten der Spreite wird am ehesten verständlich, wenn man annimmt, daß bei ihr jede Zone positiv phototrop ist. In der Tat vermögen sich die freien Assimilationsfäden des Thallus von Marchanda (vgl. S. 104) positiv zum Licht zu wenden, wenn mein den Thallus fixiert und schräg beleuchtet.

Abb. 608. Lichtverteilung auf den Innenwänden der Epidermiszellen von Anthurium leuconeurum (Aracee). A Bei senkrechtem Lichteinfall, B bei schrägem Lichteinfall; die in A in der Zellmitte befindlichen hellen Mittelfelder sind in B nach rechts verschoben. Original nach Mikrophotographien.

H a b e r l a n d t hat dann auf eine Einstellungsmöglichkeit hingewiesen, die wir schon früher (S. 82) kurz erwähnten. Gewölbte, papillöse oder mit linsenförmigen Haaren versehene Epidermen konzentrieren das Licht gleich Sammellinsen (Abb. 607). Daß dies zutrifft, kann man unter dem Mikroskop erkennen, wenn man die Epidermis in Luft verkehrt auflegt: es erscheinen Lichtpunkte auf der Innenwand, und diese verschieben sich bei seitlicher Beleuchtung (Abb. 608). Es besteht nun die Möglichkeit, daß dies einen Reizanlaß darstellt, der das Blatt so lange bewegt, bis die Punkte wieder in den Zellmitten liegen; damit ist aber auch die Stellung senkrecht zum Licht wieder erreicht. h) Die Wuchsstofftheorie

des

Phototropismus

Die sogenannte p h o t o t r o p e R e i z l e i t u n g ist zweifellos eine einseitig bevorzugte W u c h s s t o f f l e i t u n g . Zunächst läßt sich zeigen, daß an Koleoptilen und Sprossen der Wuchsstoffgehalt der Schattenseite den der Lichtseite übertrifft, und dies muß einseitig gefördertes Wachstum zur Folge haben. Unterbricht man den organischen Zusammenhang auf der Schattenseite durch einen Einschnitt, in den man ein undurchlässiges Plättchen schiebt, so unterbleibt in dem unterhalb des Einschnittes gelegenen Partien die K r ü m m u n g (Abb. 609). Beleuchtet man eine abgeschnittene Koleoptilspitze einseitig und setzt man sie dann einem unbeleuchteten Stumpf auf, so wird dieser zur K r ü m m u n g veranlaßt. Die einfachste Erklärung für das einseitige Vorwiegen des Auxins auf der Schattenseite ist offenbar die, daß, wie beim Geotropismus, eine Q u e r w a n d e r u n g des Wuchsstoffes zu dieser Seite erfolgt. Das setzt auch hier voraus, daß es zu einer durch das Licht bedingten Q u e r p o l a r i s a t i o n kommt. Voraussetzung

584

II. Die Tropismen

während andere nur bei Berührung der Unterseite reagieren (so z. B. manche Cucurbitaceen). Die R e a k t i o n besteht in einer p o s i t i v e n K r ü m m u n g . Diese kommt dadurch zustande, daß schon nach sehr kurzer Zeit, manchmal nach wenigen Sekunden, eine sehr ausgiebige Streckung der abgewandten Seite beginnt, während die berührende sich etwas verkürzt. Durch die Zuwendung der Ranke zur Stütze werden weitere benachbarte Partien dieser angeschmiegt, es kommt zu erneuter Reizung und fortschreitender Krümmung, / was schließlich dazu führt, daß sich das freie Rankenende u m die Stütze rollt. D a es sich nicht u m eine geotrope Erscheinung handelt, ist deren L a g e im Raum gleichgültig. Das basale Rankenstück rollt anschließend gleichfalls schraubig ein, wobei die Oberseite erhöhtes Wachstum zeigt. Dabei muß aus mechanischen Ursachen—das Stück ist beiderseits fixiert —mindestens einWendepunkt auftreten. Schließlich kommt es zu einer Verdickung und zur Ausbildung mechanischer Zellen, also zu einer Thigmomorphose. Experimentell läßt sich zeigen, daß bei einmaliger lokaler Berührung auch die Reaktion l o k a l auftritt und nach einiger Zeit aus inneren Ursachen wieder zurückgeht (Autotropismus). Reizt man die Ranke a n t a g o n i s t i s c h g l e i c h s t a r k , so unterbleibt Wachstum und Krümmung. Überraschenderweise tritt dies auch bei den Ranken auf, die nur bei Berührung der Unterseite reagieren. Sie sind also allseits reizbar, aber nur e i n s e i t i g r e a k t i o n s f ä h i g . Zu einer Reizung kommt es nur dann, wenn eine, wenn auch noch so geringe R e i b u n g stattfindet. Ein Wasserstrahl, ja sogar der Druck von Quecksilber und Gelatine lösen keine Bewegung aus. Bloßer s t a t i s c h e r D r u c k , der alle Plasma-

Abb. 610. Bryonia dioica, Kailken. a Junge spiralig eingerollte, b entfaltete und reizbare Ranke. Die Ranke c hat eine Stütze erlaßt; d ältere Ranke, die sich einrollte, ohne eine Stütze erreicht zu haben. Etwas verkl. Nach P F E F F E R .

586

III. Die Nastien

Pepton, aber auch um anorganische Verbindungen, wie z. B. Ammoniumphosphat. Die Schwellenwerte sind oft äußerst niedrig, hohe Konzentrationen können den Krümmungssinn umkehren, also repulsiv wirken. Bei Hyphen und Pollenschläuchen Hegen Wachstumsreaktionen vor. Die Wurzeln mancher Pflanzen wachsen, wenn sie sich in strömendem Wasser befinden, entgegen der Strömungsrichtung. Diese als Rheotropismus bezeichnete Erscheinung ist noch wenig geklärt. Der Hydrotropismus besitzt eine weite Verbreitung und ist ökologisch sehr wichtig, da er vielen Organen die für sie passende Einstellung ermöglicht. So suchen z. B. Wurzeln feuchtere Stellen auf, und besonders Kletter- und Haftwurzeln verdanken ihre richtige Orientierung oft einem positiven Hydrotropismus, der mit negativem Phototropismus kombiniert sein kann. Marchantia-Thalii sind ausgesprochen transversal-hydrotrop und schmiegen sich so dem feuchten Boden an. In sauerstoffarmem Wasser wenden sich die Wurzeln nach oben, wodurch sie die O a -reichere Oberfläche erreichen. Dies ist ein Fall von positivem ASrotropismus. Sie zeigen auch einen Thermotropismus. Diesen kann man leicht nachweisen, wenn man Keimpflanzen in einem länglichen Kulturgefäß zieht, das man auf der einen Seite abkühlt und auf der anderen erwärmt. Im Substrat entsteht ein Temperaturgefälle, und die Wurzeln wenden sich bei der W a h l passender Grenztemperaturen (etwa 10°—40°) zu einer mittleren Temperatur, so daß sie teils positiv, teils negativ und in der Mitte gar nicht reagieren. Vielleicht spielen dabei aber auch die kaum zu vermeidenden Feuchtigkeitsdifferenzen eine Rolle. Traumatrop nennt man Krümmungen, die bei Verletzung eintreten. Keimwurzeln krümmen sich bei Beschädigung der Spitze in der Wachstumszone negativ, es hat also eine Reizleitung stattgefunden. Bei den positiven Krümmungen oberirdischer Organe handelt es sich zum Teil um einfache Störungen des Wachstums. Sofern die Krümmung aber auf benachbarte, selbst nicht verletzte Zonen weitergreift, liegt eine Reizerscheinung vor. Die Verletzung kann nicht nur durch mechanische Eingriffe, sondern auch durch chemische, thermische und andere Reize bewirkt werden. Daß es auch einen Elektrotropismus gibt, wurde schon früher erwähnt. Entsteht zwischen gegenüberliegenden Organseiten ein elektrisches Potential von einigen Millivolt, so kommt es bei Wurzeln zu einer Krümmung zum positiven, bei Sprossen zum negativen Pol. Schon früher wiesen wir darauf hin, daß dabei eine kataphoretische Wanderung des Auxinanions zum Pluspol stattfinden dürfte. Der sich hier ansammelnde Wuchsstoff führt bei Sprossen zu einer Wachstumsförderung, bei Wurzeln zu einer Hemmung.

III. Die Nastien l. A l l g e m e i n e C h a r a k t e r i s t i k Nastische Bewegungen sind dadurch gekennzeichnet, daß die R i c h t u n g der Bewegung keine Beziehung zu der des auslösenden Reizes zeigt. Vielmehr sind der Bau und die Stellung des reagierenden Organs für die Bewegungsrichtung maßgeblich, und diese ist somit stets die gleiche. Nastien können also auch dann auftreten, wenn der Reiz ein allseits gleicher, d i f f u s e r ist, etwa eine gleichmäßige Zu- oder Abnahme der Temperatur oder der Beleuchtung. Es handelt sich dabei dann nicht um ein örtliches Reizgefälle, sondern um ein zeitliches Hintereinander von Ruhe und Reiz. Es ist klar, daß bei diffuser Reizung Krümmungen nur an dorsiventralen Organen zustande kommen können. Radiäre Organe reagieren darauf allseits gleichmäßig, es kann also nur eine geradlinige Verlängerung resultieren. Ist die nastische Reizung einseitig, so sind Übergänge zum Tropismus möglich.

2. Die Mechanik der Bewegungen

587

Nastien werden in manchen Fällen durch Stoß oder Erschütterung ausgelöst Dann spricht man von S e i s m o n a s t i e . Ubergänge zur T h i g m o n a s t i e lernten wir schon bei den Ranken kennen, am auffälligsten ist sie bei einigen Carnivoren. P h o t o - und G e o n a s t i e beobachtet man besonders an Laubblättern; ihre periodischen Bewegungen im Tag- und Nachtwechsel nennt man n y k t i n a s t i s c h e oder Schlafbewegungen. Andere Nastien werden durch Temperaturschwankungen ausgelöst ( T h e r m o n a s t i e ) oder auch durch chemische und elektrische Reize (Chemonastie, Elektronastie).

2. D i e M e c h a n i k

der

Bewegungen

Die meisten nastischen Bewegungen erfolgen mit Hilfe einer V a r i a t i o n s m e c h a n i k , wobei einseitige TurgorSenkungen die Hauptrolle .spielen dürften. In diesem Fall finden sich charakteristische B e w e g u n g s g e w e b e , die Reaktion ist r e v e r s i b e l und kann zeitlebens durchgeführt werden. Nastische W a c h s t u m s r e a k t i o n e n sind wieder nur so lange möglich, als das Organ wachstumsfähig ist. In einzelnen Fällen wirken Wachstums- und Turgorreaktionen zusammen. Nastische Variationsbewegungen zeigen gegenüber jenen, die durch Wachstum zustande kommen, manche charakteristischen Unterschiede. Sie besitzen oft eine sehr kurze Reaktions- (oder Latenz-) zeit, und die Reaktionsgeschwindigkeit kann so groß werden, daß die Bewegung ohne weiteres mit freiem Auge verfolgt werden kann. Als auffälligste Beispiele werden wir die Bewegungen der Mimose und der Venusfliegenfalle kennenlernen. Nach Aufhören des Reizes kommt es zu einer autonomen Rückbewegung ( A u t o n a s t i e ) . Der R e i z a u f n a h m e dienen manchmal besondere histologische Einrichtungen ( S t i m u l a t o r e n , Sinnesorgane), der erste Reizeffekt (die E r r e g u n g ) besteht in einer Änderung der Plasmastruktur, und zwar wohl immer in einer Änderung der Permeabilitätsverhältnisse. Dabei gilt meist das , , A l l e s - o d e r - N i c h t s " - G e s e t z ; d . h . wenn überhaupt die Reizschwelle überschritten wird, so tritt die Bewegung in ihrer vollen Amplitude auf. Das Zusammenklappen der DionaeahYaiter z. B. erfolgt entweder total oder gar nicht. Voraussetzung für die ,,Alles-oder-Nichts"-Reaktionen ist allerdings, daß alle für die Bewegungsmechanik maßgeblichen Zellen gleichzeitig gereizt werden. Werden nur einzelne erregt oder erfolgt die Erregung nach und nach, so vollzieht sich die Totalreaktion auch nur in diesen, und das ganze Organ kann dann Teilreaktionen ausführen. Die Gegenreaktion setzt voraus, daß die Veränderungen in den Zellen wieder zurückgehen. Es dauert eine Weile, bis dieser R e s t i t u t i o n s p r o z e ß so weit gediehen ist, daß eine neue Reizung Erfolg hat. Dieses Stadium der Unempfindlichkeit nennt man das R e f r a k t ä r s t a d i u m . Nach seiner Überwindung ist die Pflanze erst schwach, später wieder voll erregbar. Mit diesen Erregungsvorgängen sind sogenannte A k t i o n s s t r ö m e verbunden; sie kommen durch eine elektrische Negativierung der gereizten Stelle zustande, dauern meist nur einige Sekunden und treten nur dann auf, wenn das Organ erregbar ist, also nicht während des Refraktärstadiums. Ob und inwieweit diese elektrischen Ströme bei der oft deut-

588

III. Die Nastien

liehen R e i z l e i t u n g eine Rolle spielen, ist noch unentschieden. D a g e g e n steht fest, daß in bestimmten Fällen der Transport einer E r r e g u n g s s u b s t a n z für die Fortpflanzung des Reizes sorgt, also eine hormonale L e i t u n g vorhegt. 3. S e i s m o n a s t i e a) Mimosa

pudica

a) Der Bewegungsvorgang. Die auffälligsten Beispiele von Seismonastie bieten die Laubblätter einiger Mimosa- und Biophytum-Arten, weniger deutlich zeigen eine solche andere Leguminosen und Oxalidaceen. Das Blatt von Mimosa pudica, der „Sinnpflanze", ist doppelt gefiedert. D e r primäre Blattstiel sitzt m i t einem Gelenkpolster der Achse Ein und bildet vier sekundäre Stiele, die wieder basale Gelenkpolster aufweisen. Jeder Sekundärstiel trägt paarig Blättchen mit je einem kurzen tertiären Gelenk. Ein Teilblättchen reagiert auf einen zarten Stoß, gleichgültig, von welcher Seite her dieser erfolgt, in der Art, daß es, etwas nach vorn,

Abb. 612. Mimosa pudica, rechts ein B l a t t B nach erfolgter Reizung, p Primärgelenke, s Sekundärgelenke an der Basis der Fiederstrahlen, a, b, Blattstiele. Nat. Gr.. Nach P F E F F E R .

7. Der Phototropismus

583

f ü r eine phototrope K r ü m m u n g ist also das Zustandekommen dieser Polarisation und das Vorhandensein von Wuchsstoff. Fehlt eines von beiden, so kann es zu keiner Krümmung kommen. Man hat auch daran gedacht, daß das Licht den Wuchsstoff zerstöre oder in eine unwirksame Form überführe. Dem widerspricht aher folgender Versuch. Ein Koleoptilenstumpf ist zu einer phototropen Krümmung nicht mehr befähigt, da ihm die Wuchsstoffquelle fehlt; beleuchtet man ihn aber einseitig und versorgt man ihn n a c h h e r durch Wiederaufsetzen der Spitze oder von Wuchsstoffagar mit Auxin, so krümmt er sich nachträglich. Eine Zerstörung des Wuchsstoffes kann hier also nicht stattgefunden haben, der einseitig bevorzugte Transport erklärt sich ausschließlich daraus, daß in dem Stumpf die genannte Querpolarisation stattgefunden hat. Man hat auch versucht, den Phototropismus aus der sogenannten P h o t o - W a c h s t u m s r e a k t i o n direkt durch Wachs- Abb. 609. Koleoptilen von Avena einseitig (Pfeil) beleuchtet. tumshemmung zu erklären. Diese Reaktion besteht darin, daß sativa Am linken Exemplar ist ein bei einer erst verdunkelten Koleoptile, die allseits gleichmäßig Olimmerblättchen auf der Schatbeleuchtet wird, das Wachstum anfangs einen wellenförmigen tenseite eingeschoben, am rechten auf der Lichtseite; beim ersten Verlauf nimmt: einer ersten Hemmung folgt eine Förderung, schreitet die Krümmung nur bis bis schließlich bei hohen Reizmengen die Hemmung dominiert. zum Einschnitt fort, beim zweiten setzt sie sich abwärts fort. Bei einseitiger Beleuchtung kommt es somit im Bereich geOriginal. ringer Reizmengen zu einer schwer zu durchschauenden Kombination von Photo-Wachstumsreaktion und Phototropismus. Bei starken Reizdosen dagegen muß die durch das Licht direkt bewirkte Hemmung die phototrope Krümmung unterstützen. Worauf die genannte direkte Lichtwirkung beruht, ist noch unbekannt; der Versuch, mit ihrer Hilfe allein den Phototropismus erklären zu wollen, ist, wenigstens für höhere Pflanzen, mißlungen. 8. D e r

Thigmotropismus

Thigmotropische Empfindlichkeit findet sich vor allem bei R a n k e n . W i e schon in der Morphologie ausgeführt wurde, kommen solche durch Metamorphose von Sprossen oder Blättern zustande. Sie sind teils radiär, teils dorsiventral gebaut; physiologisch betrachtet besitzen aber auch die ersten eine gewisse Dorsiventralität. Beobachten wir die E n t w i c k l u n g einer Ranke, z. B. bei Bryonia dioica (Abb. 610), so finden wir, daß sie zuerst ( h y p o n a s t i s c h ) nach oben eingerollt erscheint. Dieses Stadium wird von einem zweiten abgelöst, bei welchem es durch e p i n a s t i s c h e s Wachstum zu einer Geradestreckung kommt. Nun beginnt die Ranke sich k r e i s e n d z u b e w e g e n , wobei sie einen Kegelmantel beschreibt. Diese Bewegung erinnert in manchem Ein das Verhalten der geneigten Spitze einer Schlingpflanze. Auch bei den Ranken wird das Wachstum einer Flanke gefördert, und wieder wandert dieses Bestreben nach und nach u m den Umfang der Ranke herum. Der Vorgang erfolgt hier aber o h n e Einfluß der Schwerkraft, es liegt also eine a u t o n o m e Z i r k u m n u t a t i o n oder C y c l o n a s t i e vor. Die kreisende Suchbewegung f ü h r t das Organ mit erhöhter Wahrscheinlichkeit zu einer Stütze. Sowie diese berührt wird, kommt es zu einer t h i g m o t r o p e n R e a k t i o n . Dabei tritt bei den Ranken verschiedener Pflanzen insofern ein Unterschied auf, als manche allseits reaktionsfähig sind (z. B. Cobaea- und Cissus- Arten),

585

8. Der Thigmotropismus

teile gleichmäßig komprimiert, ist also wirkungslos. E s m ü s s e n , wie dies bei einer Reibung stets zutrifft, b e n a c h b a r t e P l a s m a p u n k t e g l e i c h z e i t i g o d e r rasch h i n t e r e i n a n d e r durch Zug oder D r u c k d e f o r m i e r t werden. In diesem Falle ist die Empfindlichkeit oft eine außerordentlich hohe; so kann schon ein schwankendes Baumwollfädchen im Gewicht von 0,00025 m g eine Ranke reizen. Dies wird offenbar durch Einrichtungen erleichtert, die das empfindliche Plasma exponieren. Sie bestehen in Außenwandtüpfeln oder in zartwandigen Papillen, die man entsprechend ihrer Funktion F ü h 1 t ü p f e l und F ü h l p a p i l l e n nennt (Abb. 611). E s ist klar, daß bei der Rankenreizung eine q u e r e L e i t u n g des Reizes von der berührten zur abgewandten Seite eintritt. E s kommt also auch hier zu einer Q u e r p o l a r i s a t i o n . Der Reiz breitet sich aber auch über eine kurze Strecke in der Längsrichtung nach oben und unten aus. Schon deshalb ist es unwahrscheinlich, daß die Rankenkriimmung ursächlich mit einer Auxinverschiebung verbunden ist. Viel eher handelt es sich u m eine plastische Membrandehnung, die durch eine Turgorsteigerung auf der Konvexseite bewirkt wird. Auffällig ist auch, daß bei den Ranken die Verlängerung der Konvexseite die Hemmung der Konkavseite weit übertrifft, so daß die Förderung über die Mittellinie hinausreicht. E s gibt Ranken, die sich auch dann zur Unterseite krümmen, wenn die Oberseite allein berührt wird. Dann liegt genau genommen kein Tropismus, sondern eine Nastie vor. Denn in diesem Fall ist die Richtung der Reaktion eine autonome und von der Reizrichtung unabhängige.

Melopepo, Abb. 611. A Cucurbita .Fühltüpfel In den Epidermlsaußenwänden der Ranken. B Cucurbita Pepo, Oberflächenansicht einer Epidermiszelle einer Bänke, in der Mitte der Fühltüpfel. (Alkoholmaterial.) Nach H A B E R L A N D T .

Der Thigmotropismus der Reinken steht nicht ganz isoliert da, vielmehr reagieren sehr viele junge Pflanzenorgane auf Berührung mit positiver Krümmung, so z. B. Hypokotyle und Koleoptilen. Thigmotrop verhalten sich ferner jene Abschnitte des CiASCMta-Stengels, die Haustorien bilden, nicht aber die frei windenden Anteile (vgl. S. 530). Auch „Rankenwurzehi" und Teile mancher Laubblätter vollführen thigmotrope Reaktionen (vgl. S. 301, Abb. 401). 9. W e i t e r e

Tropismen

Chemotropismus finden wir besonders auffällig bei Pollenschläuchen und Pilzhyphen. Die P o l l e n s c h l ä u c h e haben oft lange und komplizierte Wege zurückzulegen, u m von der Narbe durch den Griffel und entlang der Fruchtwand bis zu den Mikropylen der Samenanlagen zu gelangen. Vielfach ist die Bahn durch drüsige Gewebe (Griffelkanäle) vorgezeichnet, die den Schläuchen weitere Nahrung zu ihrer Verlängerung bieten und sie wahrscheinlich auch dirigieren. Die Schläuche reagieren auf ein Diffusionsgefälle von Zuckerarten. Die Mikropylen scheiden Zuckertröpfchen aus und wirken so als Lockstellen, da die Schläuche positiv chemotrop sind. Die P i l z h y p h e n reagieren positiv auf eine Reihe von Nährstoffen, wenn diese in einem Diffusionsgefälle vorliegen. Es handelt sich begreiflicherweise u m Verbindungen, die für die Organismen wertvoll sind, so u m Zucker, Asparagin,

3. Seismonastie

589

gerichtet, hochklappt. Die Bewegung beginnt gleich nach der Berührung, die Latenzzeit beträgt also nur Bruchteile einer Sekunde, und die Reaktionsgeschwindigkeit ist sehr hoch. Das gegenüberliegende, nicht berührte Blättchen schlägt fast gleichzeitig hoch. War der Stoß etwas stärker, so folgen nach einiger Zeit die Nachbarblättchen in der Reaktion nach. Bei grober Stoßreizung des Spreitenendes reagiert das ganze Blatt (Abb. 612). Die Blättchen klappen dann der Reihe nach zusammen, die Sekundärgelenke vollführen eine Bewegung, die die Sekundärstiele einander nähert, und das Primärgelenk verkürzt sich unterseits so stark, daß der Blattstiel" sich ausgiebig senkt. Die Bewegung kann anschließend auf ein benachbartes Blatt übergehen, wobei dann die Einzelbewegungen sich in umgekehrter Reihenfolge abspielen. E r s c h ü t t e r u n g der Pflanze löst eine G e s a m t r e a k t i o n an allen Blättern aus. Besonders starke und weit fortschreitende Reaktionen bewirkt das Abschneiden oder Ansengen von Blättern ; auch elektrische Reizung ist möglich. Für Berührung sind besonders die Unterseiten der Primärgelenke empfindlich, da hier steife Borsten auftreten, die den Stoß auf ein primären Gelenkpolsters. Nach H A B E R L A N D T Gewebepolster übertragen ( S t i m u l a t o r e n Abb. 613). Allgemein läßt sich sagen, daß die seismische Empfindlichkeit hier und bei anderen Objekten von der thigmischen dadurch verschieden ist, daß auch s t a t i s c h e r D r u c k , wie er z.B. durch einen Wasserstrahl erfolgt, die Reaktion auslöst. ß) Die Bewegungsmechanik. Die Reaktion erfolgt ausschließlich in den G e l e n k p o l s t e r n durch einen T u r g o r m e c h a n i s m u s , der im Primärgelenk am genauesten studiert wurde. Ein Querschnitt durch dieses zeigt, daß die im Blattstiel peripher gelagerten Gefäßbündel hier zu einem zentralen Strang verschmelzen. An Stelle widerstandsfähiger mechanischer Fasern treten elastische Kollenchymzellen an den Gefäßbündeln auf. Außen ist der Strang ringsum von einem mächtig entwickelten, parenchymatischen B e w e g u n g s g e w e b e umschlossen. Der beschriebene Bau macht das Polster im Gegensatz zu dem biegungsfesten Blattstiel biegungsfähig. Wichtig ist ferner, daß die Parenchymzellen der Gelenko b e r s e i t e eine hohe W a n d e l a s t i z i t ä t besitzen, während die der U n t e r s e i t e u n e l a s t i s c h sind. Die Abwärtskrümmung des Gelenkpolsters wird nachweislich dadurch bewirkt, daß die Zellen seiner Unterseite Zellsaft in Interzellularen austreten lassen. Somit ist als Effekt der Reizung eine starke E r h ö h u n g d e r P l a s m a p e r m e a b i l i t ä t , ja geradezu ein Verlust der Semipermeabilität eingetreten. Der Flüssigkeits-

590

III. Die Nastien

austritt entspannt die Zellwände, und die Unterseite wird jetzt durch das Expansionsbestreben der oberseitigen Zellen (zusammen mit der Gewichtswirkung) komprimiert. Das Ausdehnungsbestreben der Oberseite ist leicht verständlich. Da ihre elastischen Zellen vorher komprimiert waren, besitzen sie eine hohe Zellsaugkraft, die sich, sowie der Gegendruck der Unterseite erlischt, so lange absättigt, bis die Zellen unter Verlängerung maximal gespannt sind. Die R e s t i t u t i o n besteht in der Wiederherstellung normaler Permeabilitätsverhältnisse auf der Unterseite. Die daraufhin eintretende Wasser aufnähme läßt die Zellen anschwellen, wobei sie einen Druck auf die Oberseite ausüben. Dieser summiert sich mit dem Kontraktionsbestreben der gespannten Zellwände der Oberseite, und beides zusammen führt zur Verkürzung dieser Zellen unter Wasseraustritt. Nach normaler Reizung verlaufen diese Vorgänge so rasch, daß das Blatt bald wieder in die Ausgangsstellung einrückt. y) Die Reizleitung. Wie wir hörten, gibt es bei M i m o s a eine höchst auffallige und sehr rasche R e i z l e i t u n g . Der Bewegungsvorgang kann sich in einer Sekunde über eine Strecke von 5—100 mm fortpflanzen. Diese großen Differenzen lassen darauf schließen, daß es bei der Mimose verschiedene Möglichkeiten der Reizfortpflanzung gibt. Besonders wichtig ist, daß bei der Reizung eine E r r e g u n g s s u b s t a n z aktiviert wird, deren Transport für die Weiterleitung der Erregung maßgebend ist. Von der Existenz dieser Substanz kann mein sich dadurch überzeugen, daß man einen Mimosensproß durchschneidet und das abgeschnittene Stück durch ein passendes Glasröhrchen, in dem sich Wasser befindet, mit dem Stumpf verbindet. Dann pflanzt sich der Reiz auch über die Wassersäule fort, wobei es sich nur um den Transport einer Substanz handeln kann. Die Erregungssubstanz läßt sich aus Mimosenblättern extrahieren, und es wurde ein weitgehend gereinigtes Konzentrat hergestellt, das schon in einer Verdünnung von 1 : 100 Millionen wirksam war, wenn man abgeschnittene Mimosensprosse darin eintauchte. Die Erregungssubstanz kann also in den Wasserleitungsbahnen hochsteigen, doch erfolgt dies wohl nur bei Verwundungen, die bis zu den Wasserleitungsröhren führen. Normalerweise dürfte der Transport in Leptomelementen (Siebröhren oder besonderen Schlauchzellen) stattfinden, bei schwacher Reizung durch Diffusion von Zelle zu Zelle, in welchem Fall die Transportgeschwindigkeit und damit die Erregüngsleitung sich entsprechend verlangsamt. Es ist nicht ausgeschlossen, daß bei Mimosa noch andere Vorgänge an der Reizleitung mit beteiligt sind. b) Dionaea

muscipula

Ein weiterer höchst auffälliger Fall von Seismonastie findet sich bei der carnivoren Venusfliegenfalle (Dionaea muscipula) (Abb. 428, S. 320) und ihrer kleineren Verwandten, der wurzellos schwimmenden Aldrovanda vesiculosa. Die Blätter von Dionaea bilden eine grundständige Rosette. Jedes Blatt besitzt einen bis fast an sein oberes Ende breit geflügelten Blattstiel, an den sich eine eigenartige Spreite anschließt. Die an einem derben Medianus entspringenden Spreitenhälften klaffen in einem Winkel von etwa 90° auseinander und besitzen je drei auffällige Borsten. Am Rande sind sie dicht mit krallenartigen Zähnen versehen. Verbiegt man eine Borste, so klappen die Spreitenhälften im Bruchteil einer Sekunde zusammen,

591

3. Seismonastie

wobei die Zähne ineinandergreifen. Erfolgt die Verbiegung durch ein Tier (in botanischen Gärten sind es oft Asseln), so wird es gefangen. In diesem Fall bleibt die Klappe bis zum Ende des Verdauungsvorganges, der durch zahlreiche Köpfchendrüsen der Spreite erfolgt (vgl. S. 107), geschlossen. Schließlich öffnet sich das Blatt wieder, ist dann aber oft nicht mehr reizbar und geht bald zugrunde. Da die Rosette dauernd neue Blätter bildet, bedeutet dies keine Schädigung der Pflanze. Nach Berührung ohne Tierfang öffnet sich die Spreite bald wieder und ist neuerdings reizbar. Der Perzeptionsprozeß vollzieht sich in den Borsten; nur grobe Reizung anderer Stellen führt auch zur Reaktion. Die Borste besteht aus einem spitzen

A

B

Abb. 614. Dionea muscipula. A Längsschnitt durch den unteren Teil einer Fühlborste, p parenchymatisches Postament der Borste; g reizperziplerendes Gelenk; l tafelförmige Zellen über dem Oelenk; e gestreckte Endzellen der Borste. B eine Sinneszelle der Fühlborste mit ihrem Frotoplasten. Vergr. 700. Nach H A B E R L A N D T .

S t i m u l a t o r , der sich aus festen gestreckten Zellen aufbaut und der bei Berührung wie ein Hebelarm eine eingeschnürte Gelenkzone zum Einknicken bringt (Abb. 614). Die sehr auffälligen plasmareichen Zellen bilden hier eine kreisförmige Rinne und sind offenbar die Reizperzeptoren. Die Deformation des Plasmas bewirkt eine E r r e g u n g , die sich über einen basalen Sockel in das Blattinnere fortsetzt. Dieses ist von langen elastischen Schläuchen erfüllt, die durch derbe Epidermen abgeschlossen werden und sich besonders reichlich auch in der kräftigen Mittelrippe finden. Alle Elemente verlaufen quer im Blatt, die Schlauchzellen stellen ein aktives B e w e g u n g s g e w e b e , die Epidermiszellen ein W i d e r standsgewebe dar. Es herrscht eine Gewebespannung, da die Epidermen das Schwellgewebe an seiner vollständigen Absättigung und an der Dehnung der sehr elastischen Wände hindern. Die Reizung ändert in noch nicht ganz

592

III. Die Nastien

geklärter Weise die Permeabilitätsverhältnisse. Jedenfalls nehmen vor allem die der Blattunterseite genäherten Schlauchzellen plötzlich viel Wasser auf, sie verlängern sich und bringen die plastisch dehnbare untere Epidermis zur Überdehnung. Die nicht dehnbare obere Epidermis leistet Widerstand, und dieser Antagonismus führt zur Schließbewegung. Bei Dauerreizung — also nach Tierfang — tritt zu diesem ersten Vorgang ein zweiter. Die erst außen konvexen Spreitenhälften flachen sich ab, wodurch das Tier zusammengepreßt wird. Diese Bewegung erfolgt durch eine irreversible Verlängerung der äußeren Epidermis, also durch einen W a c h s t u m s v o r g a n g . Auch ist dann erneutes Öffnen nur durch Wachstum der oberen Epidermis möglich. Die einheimische Aldrovanda besitzt kleine Blätter von ähnlichem Bau, die in Wirtein angeordnet sind. Auf jeder Spreitenhälfte befinden sich mehrere Fühlborsten, und die Lamina besteht nur aus den Epidermen und einer Schlauchzellschicht. c) Reizbare

Staubblätter

und

Narben

Reizbare Filamente besitzen manche Kompositen, so z. B. die Centaurea-Aiten, ferner Berberís und Mahonia, Sparmannia, Helianthemum, manche Kakteen und andere Pflanzen. Bei Centaurea Jacea finden sich in der Blütenröhre fünf Filamente, die etwas nach außen gebogen sind und auffällige Doppelhaare besitzen. Die zugehörigen Antheren sind zu einer Röhre verwachsen und lassen ihren Pollen in diese austreten. Der Griffel schiebt sich durch diese Röhre empor und trägt knapp unter der Narbe „Fegehaare", die den Pollen allmählich nach oben kehren.

Abb. 615. Centaurea Jacea. A Teil eines Querschnittes durch ein Filament; zwischen den Zellen des Bewegungsgewebes zahlreiche Interzellularräume. B peripherer Teil eines Längsschnittes durch das Filament. C Centaurea montana, Teil eines Querschnittes durch ein Filament. (Alkoholmaterial.) Nach H A B E R L A N D T .

3. Seismonastie

593

Berührt mein ein Filament an den vorstehenden Haaren ( S t i m u l a t o r e n ) , so verkürzt es sich augenblicklich unter Geradestreckung, und die übrigen folgen infolge der Zerrung diesem Vorgang. Dabei wird die Antherenröhre herabgezogen, der Pollen tritt aus, und ein die Blüte besuchendes Insekt, das die Bewegung mit seinem Rüssel auslöste, beladet sich mit diesem. Die Verkürzung erfolgt durch eine T u r g o r s e n k u n g in den Filamenten. Diese besitzen langgestreckte Zellen von koUenchymähnlicher Beschaffenheit und zahlreiche Interzellularen (Abb. 615). I m ungereizten Zustand sind die elastischen Zellwände ausgiebig gespannt; im Augenblick der Reizung kontrahieren sie sich, wobei Wasser (oder Zellsaft) in die Interzellularen austritt. Der erste Reizeffekt besteht also in einer Erhöhung der Wasserpermeabilität. Die Verkürzung kann bis 3 0 % der Ausgangslänge betragen. Nach kurzer Zeit wird sie wieder ausgeglichen, und die Blüte ist jetzt neuerdings reizbar. In der Blüte der B e r b e r i t z e reagieren die zunächst ausgebreiteten Filamente bei Berührimg der konkaven Oberseite; sie besitzt als Stimulatoren hohe papillöseEpidermiszellen. Die Staubblätter bewegen sich rasch zum Fruchtknoten hin, wofür wieder eine Turgorsenkung an der berührten Oberseite maßgeblich ist. Die blütenbiologische Bedeutung ist auch hier klar, u m so mehr, als die Reaktion wiederholt stattfinden kann. Von den Staubblättern der übrigen genannten Pflanzen reagieren manche nastisch, manche aber Abb. 616. A Portulaca grandiflora, plasmolysierte EpIdermiszelle eines Filamentes mit einer Fühlpapllle (Längstropistisch, indem sie sich der je- schnittanslcht). B desgleichen von Opuntia vulgarisweils berührten Seite zu wenden. (Aikohoimateriai.) Nach H A B E B L A N D T . In einigen Fällen wurden F ü h l p a p i l l e n beobachtet, die die Reizaufhahme erleichtern (Abb. 616). R e i z b a r e N a r b e n besitzen manche Scrophulariaceen, so z. B. Mimulus, Bignoniaceen und andere. Die Bewegung besteht in einem Zusammenklappen der Narbenlappen, wobei eine Reizleitung von der einen zur anderen Seite stattfindet. Auch hier hegt eine analoge Turgormechanik vor. G e m e i n s a m f ü r die seismonastisclien Erscheinungen ist, daß eine Deformation des Plasmas, häufig durch besondere Stimulatoren ermöglicht, den Vorgang auslöst. D i e lokale Deformation kann mit einer leichten Verletzung des Plasmas verglichen werden, und so sind die Permeabilitätserhöhung und der Turgorverlust an dieser Stelle verständlich. Unklar bleibt aber, wie sich dieser Reizeffekt in kürzester Zeit über weite Strecken ausbreiten kann. E s ist nicht ausgeschlossen, daß Reizstoffe, wie sie bei Mimosa bekannt wurden, auch in anderen Fällen eine Rolle spielen.

4. T h i g m o n a s t i e a) Die

Droseratentakel

Die schon an früherer Stelle (S. 107) beschriebenen Tentakel von Drosera (Abb. 617) besitzen eine K o n t a k t r e i z b a r k e i t , die der der Ranken ähnelt. Als Reaktion 38

v . G u t t e n b e r g , Lehrbuch der allgemeinen Botanik

594

III. Die Nastien

treten die Bewegungen auf, die dem Tierfang dienen. Chemische Reize lösen die gleiche Reaktion noch energischer aus (Chemonastie). Reizbar ist nur die Drüsenfläche, und da die randständigen Tentakel eine solche nur oberwärts aufweisen, sind sie im Gegensatz zu den radiären Zentraltentakeln nur auf dieser Seite empfindlich. Die Protoplasten der peripheren Drüsenzellen ragen mit Zipfeln in

die Außenwand hinein, so daß man auch hier von F ü h l t ü p f e l n sprechen kann (Abb. 618). Die Reaktion ist teils nastischer, teils tropistischer Natur. Berührt man zentrale Tentakel, so erfolgt eine Reizleitung zu den randständigen, die sich nun alle zu dem berührten Punkt hinneigen, bis ihre Köpfchen zusammenstoßen (Abb. 619). Da in diesem Fall die Richtung der Bewegung von der des zugeleiteten Reizes abhängig ist, liegt ein t r o p i s t i s c h e r Vorgang vor. Berühren wir indessen randständige Tentakel auf der drüsigen Oberseite des Köpfchens, so erfolgt eine stets gleichartige Einkrümmung zur Spreitenmitte, also eine n a s t i s c h e Bewegung.

4. Thignomastie

595

Sie ist mit einer bleibenden Verlängerung der Unterseite des Tentakelteils verbunden. Ob es sich hierbei um echtes Wachstum oder um Überdehnung durch Turgoranstieg handelt, ist noch nicht geklärt. Für das zweite spricht, daß der anatomische Bau dem von Dionaea entspricht, indem zwischen den Epidermen Schlauchzellen auftreten, die hier entsprechend der Bewegungsrichtung längsorientiert sind. Über die Art der Reizleitung herrscht noch keine Klarheit. ökologisch betrachtet sind die beschriebenen A Vorgänge für den Tierfang sehr wichtig. Ob das Tier von einem randständigen Tentakel, Ein dem es festklebt, zur Blattmitte geführt wird, oder ob es gleich hier landet, stets sind schließlich alle Tentakelköpfchen über ihm vereint, der B Schleim fließt zusammen, und das Tier erstickt. Schon sehr leichte Körper, z. B. kleine Glassplitterchen, reizen, sofern sie nur in die Schleimhülle einsinken. Die Art der Reizbarkeit entspricht dabei weitgehend der der Ranken. In beiden Fällen ist es ökologisch vorteilhaft, daß der Druck von Wassertropfen die Bewegung nicht auslöst; sie müßte sonst ja bei jedem Regen erfolgen. Als chemische Reizstoffe wirken stickstoffhaltige Substanzen, und zwar sowohl organische, wie Eiweiß oder Aminosäuren, aber auch anorganische Salze. Unter diesen wirkt z.B. Ammoniumphosphat schon in äußerster Verdiinnving Daß Drosera besonders auf Stickstoffverbindungen anspricht, ist ein deutlicher Hinweis darauf, daß die Bedeutung der Camivorie in der Gewinnung dieses Elementes besteht.

Das Verhalten von Drosera, aber auch das mancher Filamente zeigt, daß der Unterschied zwischen thigmischer und seismischer Reizung kein absoluter ist. Jene stellt in gewissem Sinne eine Verfeinerung dieser dar. Überdies bestehen auch in der Bewegungsmechanik Gemeinsamkeiten.

Abb. 618. A Drosera longifolia, isolierter Protoplast einer seitenständigen Drüsenzelle des Tentakels. B desgleichen von Drosera rotundijolia. C Drosera roiundifolia, Oberflächenansicht einiger seitenständiger Drüsenzellen. Nach H A B E 1 LANDT.

Abb. 619. Drosera rotundifolia. A jugendliche Blattspreite ungereizt, B älteres Blatt gereizt, alle randständigen Tentakel haben sich gegen die Spreitenmitte gekrümmt, auf welcher sich Reste eines Insektes befinden. Original nach photogr. Aufnahme.

III. Die Nastien

596

5. P h o t o - , Geo- u n d

Thermonastie

Viele höhere Pflanzen reagieren bei Verdunkelung mit einer Senkung der Blattspreiten; dies kann wieder entweder durch verschiedenes Wachstum gegenüberliegender Blattstielseiten oder durch Turgorschwankungen in Blattstielpolstern erfolgen; so sieht z. B. ein verdunkeltes Blatt von Mimosa gerade so aus wie ein durch Stoß gereiztes. Solche P h o t o n a s t i e n , die durch zeithchen Wechsel von Licht und Dunkelheit auch bei diffuser Reizung ausgelöst werden, setzen eine D o r s i v e n t r a l i t ä t des reagierenden Organes voraus. Die Bewegung kann dabei eine epinastische oder eine hyponastische sein, ihr Ausmaß ist oft von der Reizintensität abhängig. Schon früher hörten wir, daß es am Klinostaten zu einer E p i n a s t i e der Blätter kommen kann, und zwar dann, wenn die Schwerkraft die Blattlage beeinflußt hatte. Gegenüber der Photonastie besteht aber der Unterschied, daß die Blatthebung immer nur tropistisch durch einseitige Schwerkraftwirkving erfolgen kann, während sie am Licht auch bei diffuser Beleuchtung eintritt.

Abb. 620. Crocus luteus, 1 a geschlossene, b durch Temperaturerhöhung geöffnete Blüte. 2 Leontodon hastilis, Blütenstand, a durch Verdunkelung geschlossen, b durch Belichtung geöffnet. 1 nach P F E F F E R , 2 nach DETMER.

Photoepinastie bewirkt häufig die. Ausbreitung der in der Knospenlage gefalteten jungen Blätter. Viele Blüten entfalten sich nur am Licht und schließen sich bei Dunkelheit. Ebenso verhalten sich die Blütenhüllen (Involukren) zahlreicher Kompositen (Abb. 620). Die gleiche Erscheinung beobachtet man auch bei Temperaturwechsel. So ist eine Tulpen- oder Krokusblüte bei niederen Temperaturen geschlossen, bei hohen öffnet sie sich, und der Vorgang kann, solange die Blütenblätter wachstumsfähig sind, behebig oft wiederholt werden. Er besteht nämlich in wechselndem epi- und hyponastischem Wachstum. Die thermonastische Reizschwelle ist manchmal sehr nieder, beim Krokus genügt schon eine Temperaturdifferenz von y 2 °. Der jeweilige Öffnungsgrad, der schließlich eingehalten wird, hängt von der Temperatur höhe ab. 6. D i e N y k t i n a s t i e a)

Die Rhythmik

der

(Schlafbewegung)

Schlafbetvegungen

Viele Laubblätter führen Hebe- und Senkbewegungen aus, die sich in einem regelmäßigen 12 stündigen Wechsel, also in einem 24-Stunden-Rhythmus wieder-

6. Die Nyktinastie (SchlafBewegung)

597

holen (Abb. 621). Bei vielen Blüten treten entsprechende Öffnungs- und Schließbewegungen auf. Main hat diese Bewegungen tagesperiodische oder auch n y k t i n a s t i s c h e genannt, da sie vielfach mit dem Wechsel von T a g und Nacht übereinstimmen. Indessen beginnen sie durchaus nicht immer gleichzeitig mit der nächtlichen Verdunkelung oder mit dem Morgenlicht. So kann der Hebevorgang schon u m Mitternacht einsetzen und die Senkung bereits in den Nachmittagsstunden beginnen. Das beweist aber noch nicht, daß sie vom Licht-Dunkelwechsel unabhängig sind, da eine Bewegung ja auch sehr verspätet (mit langer Latenzzeit) eintreten

Abb. 621. Desmodium

gyrans

(trop. Papllionacee), A Tagstellung, B Nachtstellung der Blätter. E t w a s verkl. Nach D A R W I N .

kann. Daß tatsächlich eine Abhängigkeit vom Licht-Dunkelwechsel besteht, ließ sich für einige Objekte (z. B. Canavallia ensiformis, silbizzia-Arten) in folgender Weise experimentell beweisen. Verdunkelt man die Pflanzen tagsüber und beleuchtet man sie nachts, so kehrt sich auch ihr Rhythmus um, ferner kann man durch künstliche Schaffung eines kürzeren oder längeren Lichtwechsels (etwa 18 : 18 oder 8 : 8 Stunden, ja selbst 3 : 3 Stunden) eine neue entsprechende Rhythmik induzieren. Trotzdem steht heute fest, daß die Rhythmik zunächst eine e n d o n o m e (autonome) ist. Dies geht besonders aus dem Verhalten verdunkelter Pflanzen nach kurzer einmaliger Beleuchtung hervor. Diese induziert dann nicht nur eine einmalige Reaktion, sondern einen lange dauernden rhythmischen Wechsel. In der Natur wird also die endonome Disposition a i t i o n o m dem Wechsel von Licht und Dunkelheit zeitlich angepaßt. Eine Komplikation tritt — besonders auch bei nyktinastischer Bewegung von Blütenblättern — dadurch ein, daß auch Temperaturschwankungen die Rhythmik beeinflussen. Voraussetzung der Blattnyktinastie ist eine Dorsiventralität der Blattstiele oder -gelerike. Diese ist entweder dauernd vorhanden ( A u t o n y k t i n a s t i e ) oder sie wird durch die Schwerkraft induziert ( G e o n y k t i n a s t i e ) . Im zweiten Fall ergibt sich der Einfluß der Schwerkraft

598

III. Die Nastien

aus dem Aufhören der Bewegung am Klinostaten. Auch kann man, z. B. an invers fixierten geonyktinastischen Bohnenblättern, beobachten, daß die Spreiten sich tags senkrecht stellen, also heben, während sie nachts horizontal liegen, sich also senken. Autonyktinastische Pflanzen dagegen bewegen sich auch a m Klinostaten und vollziehen ihre Blattbewegungen in InversStellung in der gleichen Richtung zur Pflanzenachse wie in der Normallage. b ) D i e Mechanik

der

Schlafbetveyrmgen

Die Schlafbewegung erfolgt bei Laübblättern, die keine Gelenkpolster besitzen, dadurch, daß abwechselnd das Wachstum gegenüberhegender Seiten des Blattstiels gefördert wird. Dieser verlängert sich also allmählich, und die Bewegung erlischt mit seiner Wachstumsfähigkeit. Besonders gefiederte Blätter reagieren durch Turgoränderungen ihrer Gelenkpolster. Bei dem am besten studierten Objekt, Phaseolus, besitzen diese auf Ober- und Unterseite verschiedene Zellen. Unterseits sieht man am radialen Längsschnitt die tangentialen Zellwände blasebalgartig gefaltet. Sie sind unelastisch, steigender Turgor kann sie also nur durch Ausgleich der Knickstellen entfalten. Die Zellen der Oberseite dagegen sind kurze Zylinder mit sehr elastischen Wänden. Die Gefäßbündel sind wie bei Mimosa zu einem zentralen Strang vereint (Abb. 622). Die beiden noch ungefiederten Primärblätter der Bohne besitzen ein basales (primäres) Gelenk am Grunde Abb. 622. Phaseolus vulgaris, oberer Teil des Blattstieles des Blattstiels und ein apikales (semit drei Gelenkpolstern. 1 Tagstellung, 2 Nachtstellung, kundäres) am Grunde der Spreite. 3 Querschnitt durch den Blattstiel, i Querschnitt durch ein Gelenkpolster. G Gefäßbündel, M Mark. L Leptom. Wir wollen nur dieses betrachten und Vereinlacht nach S A C H S . gehen von der abwärts gekehrten Spreitenlage aus. Dabei sind die unterseitigen Polsterzellen weitgehend entspannt und gefaltet, die oberseitigen maximal elastisch gedehnt. Die Hebebewegung erfolgt auf Grund einer Wasseraufnahme der unterseitigen Zellen. Ermöglicht wird diese durch eine Erhöhung der Wasserpermeabilität. Da die Zellen entspannt sind, haben sie eine hohe Saugkraft, die gespannten der Gegenseite aber so gut wie keine mehr. Der Wassereintritt entfaltet die unteren Zellen, und der dabei ausgeübte Druck preßt die Zellen der Oberseite zusammen. Diese geben um so leichter nach, als das Kontraktionsbestreben ihrer hochgespannten Membranen im gleichen Sinne wirkt. Ist die Entfaltung der unteren Zellen beendet, so kommt es zum Bewegungsstillstand. Der Beginn der abendlichen Senkbewegung wird dadurch eingeleitet, daß die Unterseite nunmehr ihre Permeabilität wieder herabsetzt. Damit fällt eine weitere Wasseransaugung fort, und der bis dahin auf die Oberseite ausgeübte Druck nimmt ab. Die dort befindlichen Zellen

7. Die Schließbewegiing der Spaltöffnungen

599

erfuhren bei ihrer Entspannung einen fortlaufenden Anstieg ihrer Zellsaugkraft. Diese kann sich jetzt unter Vergrößerung der Zellen absättigen, und die dadurch bewirkte Expansion preßt unterseits Wasser aus. Sowohl bei der Vergrößerung als auch bei der Verkleinerung edler Polsterzellen wird die Inhaltssaugkraft (der osmotische Wert des Zellsaftes) durch eine autonome Osmoregulation stets auf gleicher Höhe gehalten. Versuche lehrten, daß Auxin die Wasserpermeabilität der Unterseite erhöht; gesenkte Blätter heben sich, wenn man ihre Stiele in Wuchsstofflösung taucht. Die Auxinproduktion in der Blattspreite erfolgt nur bei Beleuchtung, also tagesrhythmisch. Danach war anzunehmen, daß auch die Ableitung einem 24 stündigen Rhythmus folgt. Tatsächlich ergaben Versuche, daß die Hebung stets dann eintritt, wenn der tagsüber gebildete Wuchsstoff abfließt. Erfolgen die Bewegungen der Blätter durch Wachstumsdifferenzen, so ist eine Beteiligung des Amins an diesem Vorgang von vornherein so gut wie sicher.

7. Die S c h l i e ß b e w e g u n g der Spaltöffnungen An die nastischen Bewegungen sind auch die Schließbewegungen der Spaltöffnungen anzuschließen, da sie durch einen diffusen Reiz ausgelöst werden und der dorsiventrale Bau der Schließzellen sie ermöglicht. Der Bewegungsvorgang wurde schon früher (vgl. S. 123) geschildert, doch sei hier noch folgendes nachgetragen. Die Stomata zeigen oft eine deutliche T a g e s r h y t h m i k , da sie tagsüber offen, nachts geschlossen sind. Wir erfuhren schon früher, daß das wechselnde Zucker-Stärkeverhältnis auch eine wechselnde Saugkraft und Turgeszenz zur Folge hat und so zur Bewegungsursache wird. Die Dehnung der Zellen wird überdies durch den radiären Feinbau ihrer Membranen erleichtert. Die Bewegung der Stomata ist zweifellos ein komplizierter, noch durchaus nicht völlig aufgeklärter Reizvorgang. Das geht schon daraus hervor, daß für die Kohlehydratumwandlung eine Aktivierung der Diastase erforderlich ist, die ihrerseits wieder weitere Prozesse voraussetzt. In der Tat wurden u. a. Veränderungen im pH-Wert und im Kolloidzustand der Schließzellen beobachtet. IV. Die autonomen Organbewegungen Wir haben im Vorhergehenden schon mehrfach auf das Vorkommen autonomer Bewegungen hingewiesen. Tropistische und nastische Krümmimgen werden besonders bei kurzer Reizung von gegenläufigen Bewegungen abgelöst, die nur noch indirekt mit der Reizkrümmung zusammenhängen. Innere Vorgänge führen zur Wiedererreichung der Ausgangslage. Bei Wachstumsreaktionen holt die während der Reizung gehemmte Seite den Vorsprung der Gegenseite wieder ein. Das erklärt sich wenigstens beim Photo- und Geotropismus daraus, daß der Wuchsstoff nun wieder allseits gleichmäßig abfließt. Die vorher geförderten Zellen sind mehr oder minder ausgewachsen, sprechen also auf Auxin nicht mehr an, während die gehemmten Zellen noch streckungsfähig sind; das muß schließlich zur Geradestreckung führen. Für die tropistischen Variationsbewegungen dürfte Entsprechendes gelten, da, wie wir hörten, das Auxin die Permeabilität verändern kann.

600

V. Die freie Ortsbewegung

Ausgesprochen autonom sind die verschiedenen N u t a t i o n e n , die Keimsprosse oder auch Sproßenden und Blütenstände sowie ungereizte Ranken ausführen. Keimsprosse zeigen oft eine treisende oder auch nur pendelnde Bewegung, die durch ungleichen Wachstumsverlauf gegenüberliegender Seiten bewirkt wird. Autonom sind auch die Wachstumsvorgänge, die zu einer bestimmten Lage jüngster Organe in den Knospen führen. Die früher beschriebene Faltung der Blätter in der Knospe (S. 210) setzt verschieden starkes Wachstum auf Ober- und Unterseite voraus. Die Entfaltung erfolgt meist gegensinnig, am häufigsten durch Epinastie, und ist oft teilweise autonom. Jedes dorsiventrale Organ besitzt eine autonome Ruhelage, in die es zurückkehrt, wenn Außenreize fehlen. Wir haben solche Fälle von Epi- und Hyponastie schon kennengelernt; sie können wieder durch Wachstum oder durch Turgorveränderungen bewirkt werden.

Besonders auffällig sind selten vorkommende kreisende Bewegungen von Blattspreiten, die in Gelenkpolstern ausgeführt werden. Das bekannteste Beispiel ist Desmodium gyrans (Abb. 623). Diese Leguminose besitzt Blätter mit einem großen r.s End- und zwei kurzen Seitenblättchen, iw die auch bei konstanten Bedingungen Yl\ eine kreisende Bewegung vollführen. Sie \|4 \ I pT" beschreiben einen Kegelmantel, wozu \\ ö) \\ 1 eine Turgorvariation in gleicher Weise Yl \ fV \ u m das Gelenk laufen muß, wie die \ l\ Wachstumsbeschleunigung bei der ZirI j'\ kumnutation. Die Spitze beschreibt in \\ k J\ \ y 2 —1 Minute einen Kreis, so daß die Bewegung ohne weiteres zu sehen ist. Auch ,..„„„_ .. ,,, . .. Kleeblättchen führen nachts autonome Abb. 623. Desmodium gyrans (Papilionacee). Blatt mit kreisenden Seitenblättchen. Nach P F E F F E R . periodische Bewegungen aus.

V. Die freie Ortsbewegung 1. F r e i b e w e g l i c h e

Organismen

Zu l o k o m o t o r i s c h e r B e w e g u n g sind eine Reihe niederer Pflanzen befähigt, so viele Bakterien, Cyanophyceen, Diatomeen, Flagellaten, Desmidiaceen, Volvocales, die Schleimpilze (Myxomyceten) u. a. Manche Pilze und Algen erzeugen bewegliche Sporen und Gameten, und bei den Moosen, Pteridophyten und einigen Gymnospermen ist schließlich die freie Beweglichkeit auf die Spermatozoiden beschränkt. Die Mehrzahl dieser Formen bewegt sich mit Hilfe von Wimpern ( Z i l i e n ) oder Geißeln ( F l a g e l l e n ) , die schon in der Zellenlehre geschildert wurden (Abb. 19, S. 26). Voraussetzung ist das Vorhandensein von Wasser, das sich bei den Gymnospermen nur in Form eines Tröpfchens am Eingang der Archegonien vorfindet. Für kriechende Formen genügt ein feuchtes Substrat, so für die Plasmodien der Schleimpilze und andere amöboid bewegliche Organismen. Sie senden an einem Ende lappige Fortsätze ( P s e u d o p o d i e n ) aus und ziehen das Plasma am anderen Ende ein (Abb. 3, S. 12). Vielleicht spielt dabei eine Herabsetzung der Oberflächenspannung eine Rolle. Desmidiaceen, wie z. B. Closterium, können sich auf Unterlagen durch Schleimfüße fortschieben (Abb. 624), die sichtbar werden,

1. Frei bewegliche Organismen

601

wenn man die Algen in eine Tuscheaufschwemmung bringt. Bei den Diatomeen tritt aus der Raphe Plasma aus, das den Organismus durch Rückstoß vorwärtsschiebt (Abb. 625). Die Bewegung der Geißeln entspricht in manchen Fällen einer Schrauben-, in anderen einer Ruderbewegung. Im ersten Fall können die Geißeln entweder nach

Abb. 624. Closterium (einzellige Desmidlacee), die sieb durch Ausscheidung von Gallertstielen In einer Suspension von Tusche fortbewegt. Nach S C H R O E D E R .

Abb. 625. Pinnularia viridis (Diatomee). Die Weiterbewegung im Sinne des großen Pfeiles erfolgt durch Rückstoß. Ein Plasmastrom b tritt bei a aus der Polspalte des vorderen Endknotens und fließt zur vorderen Mündung des Zentralknotens c. Enthält die Außenflflsslgkeit kleine Körnchen suspendiert, so werden diese vom Plasmastrom mitgenommen. Sie stauen sich bei c zu einem Wölkchen an und fließen in den Faden / ab. Aus der hinteren Mündung des Zentralknotens d t r i t t gleichfalls ein Plasmastrom g aus, der sich in die Mündung des hinteren Endknotens h ergießt. Schematisiert nach 0 . M Ü L L E R aus W E T T S T E I N .

Art einer Schiffsschraube hinten, oder nach Art eines Propellers vorn hegen. Da sie dem Organismus fest anhaften, muß auch er sich um 1 2 3 05 6 7 8 3 10 seine Achse drehen, wobei er sich Abb. 626. Adiantum cuneatum (Farn), Ruderschlag einer Zilie des Spermatozoids. 1—i Vorschlag, 5—10 Rückschlag. Nach in gerader oder schraubiger Bahn METZNER. fortbewegt. Bei der Ruderbewegung werden die Zilien gestreckt zurückgeschlagen und knieförmig gebogen wieder vorgezogen (Abb. 626); dadurch wird erreicht, daß der Wasserwiderstand im ersten Fall größer ist. Die Bewegungen vollziehen sich im Verhältnis zur Körperlänge sehr rasch; für die Schwärmer des Schleimpilzes Fidigo wurde festgestellt, daß sie in 1 Sekunde einen Weg von etwa 1 mm, das ist das 60 fache ihrer Körperlänge, zurücklegen. Für ein 4 m langes Automobil würde das eine Geschwindigkeit von 240 m/sek, also von fast 1000 Stundenkilometern bedeuten. Die Bewegung der Zilien und Geißeln ist a u t o n o m , ihre Geschwindigkeit kann

602

V. Die freie Ortsbewegung

aber durch Außenfaktoren verändert werden. Über die Bewegungsmechanik ist noch nichts Sicheres bekannt. Jede lokomotorische Bewegung erlischt bei Sauerstoffmangel, woraus klar hervorgeht, daß die Bewegungsenergie aus Atmungsvorgängen stammt. 2. D i e T a x i e n Richtungsbewegungen frei beweglicher Organismen nennt man T a x i e n . Ihre ökologische Bedeutung geht daraus hervor, daß z. B. grüne Schwärmer das Licht aufsuchen und so Assimilationsmöglichkeit erhalten (Phototaxis), während Saprophyten eine C h e m o t a x i s zeigen, die sie zu Nährquellen hinleitet. Die Auffindung des geeigneten Ortes setzt eine U n t e r s c h i e d s e m p f i n d l i c h k e i t für den Richtungsfaktor voraus. Diese wird dann in zweierlei Form ausgenützt. In einigen Fällen wird das R e i z i n t e n s i t ä t s g e f ä l l e wahrgenommen. Ein solches ist z. B. gegeben, wenn eine Licht- und eine Schattenseite auftritt. Bei den grünen Flagellaten und den Volvocales wird die Lichtwahrnehmung dadurch ermöglicht oder erleichtert, daß der karotinhaltige Augenfleck (S. 25) Lichtstrahlen absorbiert. Solche Schwärmer stellen sich passend in die Lichtrichtung ein und schwimmen nun der Lichtquelle zu. Diese Bewegungsart nennt man t o p i s c h , im gegebenen Fall hegt also T o p o p h o t o t a x i s vor. Sie entspricht dem Phototropismus festwurzelnder Pflanzen. Purpurbakterien verhalten sich ganz anders. Sie vermögen keinen örtlichen Lichtabfall wahrzunehmen. Werden sie aber verdunkelt oder erfolgt ein z e i t l i c h e r L i c h t a b f a l l , so schlagen sie eine andere Richtung ein oder kehren völlig um. Man hat dies eine „Schreckbewegung" genannt und spricht daher von P h o b o t a x i s . Durch sie gelangen diese Bakterien indirekt Ein Stellen passender Helligkeit. Verdunkelt man z. B. eine mit Purpurbakterien besetzte Schale bis auf eine kleine Öffnung, durch die man Parallellicht sendet, so gelangen immer wieder Individuen bei ihrem ziellosen Schwärmen in die Lichtzone, die sie nun infolge der Schreckbewegung nicht mehr verlassen können („Lichtfalle"). D r A

(Ql

Abb. 627. Chemotaxis von Bakterien. Eine mit 1 % Fleischextrakt-Lösung gefüllte Eapillare wird in bakterienhaltiges Wasser eingeführt. In wenigen Minuten haben sich die Bakterien in der angedeuteten Weise (A) um und in der Mündung angesammelt. In B sind sie alle eingedrungen, worauf sie sich aSrotaktisch in der Nähe der Luftblase am Grunde anhäufen. In C wurde die Eapillare mit angesäuertem Fleischextrakt gefüllt. Die Säure wirkt auf die Bakterien abstoßend. Nach PFEFFER-

Da hier ein N a c h e i n a n d e r von Licht und Dunkel als Reiz wirkt, hegt eine Übereinstimmung mit den Nastien vor. Die Chemotaxis der Bakterien und mancher Zoosporen erfolgt phobisch. Man studiert sie vorteilhaft in der Weise, daß man eine Kapillare mit dem Reizstoff füllt und unter ein Deckglas schiebt, das das bakterienerfüllte Wasser bedeckt (Abb. 627). Die Bakterien schwimmen richtungslos umher; kommen sie dabei zufällig in die Nähe der Kapillaröffnung und damit in eine höhere

3. Die Plasmaströmung und die Bewegung der Plasmaorgane

603

Konzentration, so können sie diese Zone nicht mehr verlassen. Denn sowie sie, weiterschwimmend, einen KonzentrationsabfaU wahrnehmen, vollführen sie die Schreckbewegung, die auch hier allmählich zur Ansammlung führt (Abb. 628). Als Reizstoffe wirken verschiedene organische Verbindungen, aber auch manche neutralen Salze. Von A e r o t a x i s spricht man, wenn Sauerstoff,,aufgesucht" wird. Die geringste Konzentration, die noch eine Ansammlung bewirkt, stellt die Reizschwelle dar. Von größter Bedeutung für die Erhaltung der Art ist die C h e m o phobotaxisderSpermatozoiden. Die der Farne reagieren auf Äpfelsäure, die von den reifen offenen Archegonien ausgeschieden wird. Mit Spuren von Ä p f e l s ä u r e kann man daher Farnspermatozoiden in Kapillaren einfangen. Die Reizschwelle ist bei großer Verdünnung eine sehr niedere. Befinden sich die Spermatozoiden aber zur Zeit der Reizung bereits in einer Äpfelsäurelösung, so erhöht sie sich. Diese A b s t u m p f u n g vollzieht sich nach dem WEBER sehen Gesetz. In 0,0005% reagieren die Spermatozoiden auf 0,015%, in 0,05% auf 1,5% Äpfelsäure; die Reizschwelle beträgt also innerhalb gewisser Grenzen stets das Dreißigfache der homogenen Lösung. Wei- Abb. 628. Positiv chemotaktische Bewegung dreier Schwärmsporen eines Myxomyceten. In der Mitte ist 1/20 tere Untersuchungen ergaben, daß mol Äpfelsäure angebracht, die Kreise sind Stellen mit gleicher Konzentration. Die gekrümmten Linien bezeichdie Spermatozoiden der Bärlappgenen die Wege, welche die Schwärmsporen von 0> der Anwächse auf Zitronensäure, die der fangsstellung bis zu der Schlußstellung verfolgt haben. Laubmoose auf Rohrzucker und die Bei x sind phobische Reaktionen eingetreten. Nach KUSANO aus BOYSEN-JENSEN. von Marchantia auf Eiweißstoffe ansprechen. Auch bei der Kopulation der Gameten niederer Pflanzen spielen chemotaktisch wirksame Stoffe zweifellos die entscheidende Rolle beim Aufsuchen des Partners. Bei Chlamydomonas eugametos wurde nachgewiesen, daß es sich um Karotinoide handelt. Mit Hilfe der erwähnten Abstumpfung in Lösungen läßt sich ermitteln, ob es eine oder verschiedene Arten stofflicher Reizbarkeit gibt. Für einige Bakterien wurde erwiesen, daß ein Stoff die Empfindlichkeit für einen anderen nicht herabsetzt; sie besitzen also verschiedene Sensibilitäten und können damit verschiedene Stoffe unterscheiden.

3. Die P l a s m a s t r ö m u n g u n d d i e B e w e g u n g der P l a s m a o r g a n e Wie schon in der Zellenlehre ausgeführt wurde, befindet sich das Plasma oft in rasch strömender Bewegung. Vermutlich strömt nicht das ganze Plasma einer Zelle, sondern nur das Polioplasma. Dies setzt eine geringere Viskosität dieser Schicht voraus.

604

V. Die freie Ortsbewegung

A u ß e n r e i z e können die Plasmaströmung auslösen oder beschleunigen, so z. B. Verwundung, das Licht und verschiedene chemische Stoffe. Eine derart induzierte Plasmabewegung nennt man eine D i n e s e . Chemodinesen werden vor allem durch verschiedene a-Aminosäuren ausgelöst. In den Blättern von Vallisneria spiralis ließ sich Plasmaströmung durch 1-Histidin schon bei einer Konzentration von 0,00000001 mol erzielen. Auch Blattextrakte lösen die Bewegung aus, und daß in ihnen 1-Histidin der wirksame Stoff ist, geht daraus hervor, daß der Extrakt und 1-Histidin sich gegenseitig abstumpfen. Das Plasma besitzt für verschiedene Stoffe verschiedene Sensibilitäten. Die Mechanik der Plasmaströmung ist uns noch unbekannt. Es spricht manches dafür, daß wenigstens zum Teil kataphoretische Prozesse vorliegen. Da die Zellen elektrische Potentialdifferenzen aufweisen können, ist die Voraussetzung für die Wanderung elektrisch geladener Kolloidteilchen gegeben. Das würde verständlich machen, wie es möglich ist, daß manchmal in einem Plasmastrang benachbarte Teilchen nach entgegengesetzten Richtungen wandern.

4. D i e B e w e g u n g e n v o n Z e l l k e r n e n und P i a s t i d e n Der Z e l l k e r n führt oft sehr auffallende Bewegungen aus. Verletzt mein eine Epidermis durch einen Einstich, so wandern die Kerne der umhegenden Zellen zur Wundseite. Daß der Kern beim Dickenwachstum der Membran sich an den Stellen stärkster Zellulosebildung befindet, wurde schon S. 18 erwähnt. Eines der auffälligsten Beispiele von Wanderung beobachtet man bei Pilzinfektionen. Der Zellkern begibt sich an die Stelle, wo die Hyphe eindringt und bleibt an deren fortwachsender Spitze, wobei es zu einer Umscheidung der Hyphe mit Zellulose kommt (Abb. 107, S. 100). In solchen Fällen, so auch in Mykorrhizen, nimmt der Kern eine a m ö b o i d e G e jf ß st alt an; das läßt vermuten, daß er zu a k t i v e r amöboider Bewegung befähigt ist, doch

Abb. 629. Lemna Irisulca, Querschnitte durch den Sproß. Lage der Chlorophyllkörner in 1 schwachem Licht, 2 im Dunkeln. 3 in starkem Licht. Nach S T A H L .

Abb. 630. Mougeotia scalaris (Conjugate). D e r ' plattenförmige Chloroplast (ehr) befindet sich in A in Profil-, in B in FlächenStellung, a Stärkekörner um die Pyrenoide py angesammelt, k Zellkern, ky als Karyoide bezeichnete Körperchen. Nach P A L L A .

4. Die Bewegungen von Zellkernen und Piastiden

605

muß dahingestellt bleiben, ob er nicht in anderen Fällen passiv durch das Plasma verlagert wird. Diese beiden Möglichkeiten bestehen auch für die Wanderung der C h l o r o p h y l l k ö r n e r . Schon lange weiß man, daß diese je nach der Beleuchtung verschiedene Lagen in der Zelle einnehmen. An Farnprothallien und Moosblättern vor allem, kann mein sich leicht davon überzeugen, daß die Chloroplasten bei schwächerer bis optimaler Beleuchtung d e n Wänden anliegen, die am meisten Licht erhalten, nämlich der Außen- und der Innenwand. Im direkten Sonnenlicht wandern sie auf die antiklinen (radialen) Wände, wodurch ein Lichtschutz erreicht wird. Die erste Stellung nennt man E p i s t r o p h e , die zweite A p o s t r o p h e (Abb. 629). Systrophe liegt vor, wenn sich die Chloroplasten in der Zellmitte zusammenballen, was bei Beschädigung der Organe eintritt. Eine besondere Art der Einstellung zeigt die Algengattung Mougeotia. Sie besitzt nur einen plattenförmigen Chloroplasten in der Zelle, der bei günstiger Beleuchtung senkrecht zum Licht liegt und bei zu intensivem Licht in eine Profilstellung gedreht wird (Abb. 630). Die Mechanik der Bewegung ist auch hier nicht bekannt. Da aber besondere Plasmaströmungen, die die Chlorophyllkörner in ihre neue Stellung führen könnten, nicht beobachtet wurden, dürfte eine aktive Eigenbewegung vorliegen. Dafür sprechen auch die mehrfach beobachteten Gestaltsänderungen. Literatur Gesamtdarstellungen: BENECKE, W., U. L. JOST, Pflanzenphysiologie. 2 Bde. 4. Aufl. Jena 1925/24. — BOYSENJENSEN, P . , Die Elemente der Pflanzenphysiologie. Jena 1939. •— BÜNNING, E., Entwicklungsund Bewegungsphysiologie der Pflanzen. Berlin-Göttingen-Heidelberg 1948. — KOSTYTSCHEW, S., u. F. A. F. C. W E N T , Lehrbuch der Pflanzenphysiologie. 2 Bde. Berlin 1926—1931. — PAECH, K . , Biochemie und Physiologie der sekundären Pflanzenstoffe. Berlin-Göttingen-Heidelberg 1950. — P F E F F E R , W . , Pflanzenphysiologie. 2 Bde. 2. Aufl. Leipzig 1897—1904. Sammelwerke: Ergebnisse der Biologie, Bd. lff. Berlin ab 1926. — Fortschritte der Botanik. Herausg. von Fr. v. WETTSTEIN. Bd. 1—12, Berlin 1932—1950. — Handbuch der biologischen Arbeitsmethoden. Herausg. von E. ABDERHALDEN, Abt. XI. Berlin-Wien ab 1924. — Handwörterbuch der Naturwissenschaften, 2. Aufl. Berlin ab 1931. Einzeldarstellungen a. Stoffwechsel: BLANCK, E., Handbuch der Bodenlehre. Berlin 1929FF. — BOYSEN-JENSEN, P., Die Stoffproduktion der Pflanzen. Jena 1 9 3 2 . — BÜNNING, E., Theoretische Grundlagen der Physiologie. Jena 1 9 5 0 . — B U R G E F F , H., Saprophytismus und Symbiose. Jena 1 9 3 2 . — BURGEFF, H., Samenkeimung der Orchideen. Jena 1 9 3 6 . — CZAPEK, K . , Biochemie der Pflanzen. 3 Bde. Jena 1 9 1 3 bis 1 9 2 1 . — F R E Y - W Y S S L I N G , A., Die Stoffausscheidung der höheren Pflanzen. Berlin 1 9 3 5 . —• F R E Y - W Y S S L I N G , A., Submikroskopische Morphologie des Protoplasmas und seiner Derivate (Protoplasma-Monographien 1 5 ) , Berlin 1 9 3 6 . — F R E Y - W Y S S L I N G , A., Der Stoffwechsel der Pflanzen. Zürich 1 9 4 9 . — HÖBER, R . , Physikalische Chemie der Zelle und der Gewebe. Bern 1 9 4 7 . — KLEIN, G., Handbuch der Pflanzenanalyse. 4 Bde. Wien 1 9 3 1 — 1 9 3 3 . — L E H N A R T Z , E., Einführung in die chemische Physiologie. 5 . Aufl. Berlin 1 9 4 2 . — LUNDEGARDH, H., Nährstoffaiifnahme der Pflanze. Jena 1 9 3 2 . — LUNDEGARDH, H., Der Kreislauf der Kohlensäure in der

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SACHREGISTER (Ein * bedeutet eine Abbildung) Aasblumen 372, 573 Abaxiale Stellung 238 Abie tinsäure 392 Absorptionseinrichtungen der Embryonen 98*, 351*, 468 Absorptionshaare 95, 96*, 97* Absorptionsspektrum des Chlorophylls 23* Absorptionssystem 92 ff. Acetabularia 13, 19, 519* Acetabularia, Formbildung durch den Zellkern 519* Acetaldehyd bei der Gärung 482, 483 Acetatpuffer 407 Achaenen 374*, 375 Achse, Anatomie der 184 ff. Achselsprosse 181*, 182* Acidophilie 438 Actinomorphie 276, 277* Actinomyceten — Symbiosen 463 Adaptation 580 Adaxiale Stellung 238 Adossiertes Vorblatt 238 Adsorptionstheorie 433 ff. Adsorptionswasser 410 Adventivembryonie 367*, 368*, 369* Adventive Knospen und Sprosse 248 Aecidiosporen 349 Ährchen der Gräser 281 Ähre 280* Äpfelsäure 391, 455, 476, 487, 603 Äquationsspalt 43 Äquationsteilung 41 Äquatorialplatte 31 Äquidistanz 236 Äquimolare Lösungen 398 Aerenchym 120*, 121, 303*, 314, 475, 496 Aerotaxis 603 Aerotropismus 586 Aestivation der Laubknospe 211 Ätherische Öle 59, 109 ff., 392 Äthylalkohol 482, 483, 484 Äthylen als Wirkstoff 500, 513 Äthylen und Atmung 476 Agameten 333 Agamogonie 333, 335*, 336*, Agar-Agar 67, 409

Agave 244, 413 Aglykon 58, 391 Aitionome Bewegungen 544 Aizoaceen, Säurebildung bei der Atmung 478 - , Sukkulenz 312*, 313* Akrotonie 154, 250, 507 Aktionsströme 587 Alanin 392 Albumine 28, 393 Aldrovanda 590, 592 Aleuronkörner 55*, 58*, 59*, 377 Algen, Anatomie 104, 158*, 159, 339*, 341* - , Entwicklung 158*, 159 - , Fortpflanzung 335*, 336*, 337*, 338*, 339*, 340*, 341* - , Scheitelzellen 158* - , Thallus 157*, 158*, 159*, 339*, 341* —, Verzweigung 158*, 159 Alkaloide 393 - , Vorkommen 58, 60, 393 Alkohole 391 Alkoholgärung 457, 477, 481 ff. Allelie 521 Allelomorphe Gene 521 Alles oder Nichts — Reaktionen 558, 587 Alloplasmatische Organe 14, 26 Allopolyploidie 538 Allorrhizie 282*, 283 Allotypische Kernteilung 43 Allylsenföl 392, 469 Alpenpflanzen 307, 510 Alter der Pflanzen 493, 516 Alternanz 188, 236 Aluminium in Sporen 432 Aluminiumhydroxyd 437 Alveolarstruktur 15 Ameisen als Samenverbreiter 378 - in Blattdornen 270* - in Kannen 268 - in Knollen 316, 318 Amide 57, 392, 456, 457 - im Zellsaft 57 Aminosäuren 29, 57, 392, 431, 457 - , Bildung 455 - im Zellsaft 57 Amitose 31

608

Sachregister

Ammoniak 454, 455, 456, 485 Ammoniumsalze als Stickstoff quelle 430, 439, 454, 457 Amöboide Bewegung 600 Amphigastrien 162* Ampholyte 406, 407, 408 Amygdalin 391, 469 Amylase 52, 467, 468* Amyloerythrin 52 Amylopektin 52 Amylose, a, ß 52 Analogie 6, 76, 164, 174, 304 Analogien bei der Gewebebildung 76 Anaphase 32*, 33 35, 39*, 41, 42* Anastomosen in Knoten 191 - der Laublattgefäßbündel 229 Anatomie des Blattes 101, 102*, 103*, 2 2 4 * , 2 2 5 * , 226* —, protoplasmatische 77 ff. - der Sproßachse 184 ff. - der Wurzel 292 ff. Anatonose 403 Androezeum 275 Anemochorie 379 Anemogamie" 371 Anemophilie 278, 279 Aneurin 494 Angiospermen, Antheren 275, 276* Archespor 363*, 364* - , Befruchtung 364*, 365 - , Blüte 274 ff. - , Embryo 167ff. 168*, 169*, 170*, 366* - , Embryosack 41*, 364*, 365 - , Endosperm 4 1 * , 365, 366* —, freie Kernteilung bei 44*, 46* - , Gefäßbündel 144 ff. —, Geschlechtsbestimmung 530, 532 —, Samenanlage 363*, 364* —, Stengelanatomie 186 ff. - , Theka 275, 2 7 6 * , 362, 550 —, Vegetationspunkt 180* —, Verzweigung 182 Anisogameten 333 Anisogamie 337, 529 Anisophyllie 2 3 9 * , 241*, 242*, 243* - bei Moosen 162*, 241*, 511 Anisotomie 2 4 3 * , 245 Anisotropie der Zellmembran 69 Anlage, Definition 518 Anlockungsmittel 371, 372* Annuelle 304, 307 Anomales Dickenwachstum 208*, 289, 2 9 6 * Anpassung 10 Anpassungsmerkmale 6 Antennen 555, 556*

Antheren 275, 276*, 362 —, Archespor-Entwicklung 40 Antheridiale Zelle 360* Antheridien 334 - der Algen 339*, 340, 341*, 342 - der Farne 354, 355*, 357*, 358 - der Moose 350*, 351, 352* - der Pilze 342*, 343 Anthochlore 58 Anthocyane 58, 83, 392, 431 Anthocyanidine 58 Anthokladien 242, 283 Anthophyten, Beiwurzeln 289, 2 9 0 * - , Blattentwicklung 180*, 181 - , Entstehung der Seitensprosse 181*, 182 Fortpflanzung 359 ff. Antibiotica 458 Antikline Wände 78 Antipoden 365, 366*, 367* Antithetischer Generationswechsel 342 ff. Anulus der Farosporangien 549* Apatit 439 Apfel 376 Aphotometrische Blätter 214, 225 Apiocystis 7 3 * Aplanogameten 333 Aplanosporen 74 Apoenzym (-ferment) 467 Apogamie 367*, 368 Apokarpie 275, 276 Apomixis 367*, 368, 369 Aposporie 343, 367, 368 Apostrophe 604*, 605 Apothecium 160* Apposition bei Stärkeköroern 51 - bei Zellmembranen 61 Arabinose 65, 390 Arabischer Gummi 65 Arbeitskern 31 Arbeitsteilung, Prinzip der 76 Archegonien 334 - der Farne 354, 355*, 357*, 359 - der Gymnospermen 361, 362* - der Moose 350*, 351, 352* Archespor der Antheren 40, 67, 363* - der Koniferen 359*, 360 - der Moose 353 - der Pteridophyten 354, 358 - der Samenanlagen 359, 363, 3 6 4 * Areole 312 Arillus 118, 378* Armpalisaden 102* Asa foetida 112 Aschengehalt 394 Asci, Entwicklung 343*

Sachregister Asci, Spritzmechanismus 551, 552* Ascogene Hyphen 342*, 343 Ascogon 342*, 343 Ascomyceten, Fortpflanzung 342*, 343* —, Sporenbildung 48* Ascosporen 343*, 348 Askenasy's Versuch 426, 427* Asparagin 57, 392, 456 Asparaginsäure 392, 455 Asparagus 256*, 257 Aspergillus 337, 456, 485 Assimilate, Bildung 443, 445 - , Menge 444 —, quantitative Analyse 412 Assimilation 389 — der Braunalgen 446 - , Einfluß äußerer Faktoren 448 - , Einfluß des COa-Gehaltes 451* - , Einfluß der Lichtintensität 449 —, Einfluß der Spaltöffnungen 451 — , Einfluß der Temperatur 450 — der Kohlensäure 440 ff. — , Kompensationspunkt 443, 449 — , Lacht als Energiequelle 445, 449 — , Nachweismethoden 441* - , Photoreaktion 447 — der Rotalgen 446 — des Stickstoffs 454 ff. —, Tagesverlauf 452 — der Wasserpflanzen 452 Assimilationsfermente 448 Assimilationskoeffizient 443 Assimilationsprodukte 443, 452 Assimilationsstärke 21, 50, 443, 464 Assimilationssystem lOOff. — der Algen 104 — der Moose 104* Assimilationswurzeln 300*, 301, 317 Astrosklereiden 134, 226 Asymmetrie 153, 240*, 277 Atemhöhle, äußere 126*, 310*, 311 - , innere 123, 124*, 126* Atemwurzeln, Anatomie 120*, 121, 128, 302* 303*, 475 Atemzäpfchen 121 Atmung 472ff., 486, 501 - , Ausmaß der 474 —, der autotrophen Bakterien 478 —, Einfluß der Außenfaktoren 475 — der grünen Pflanzen 472ff., 486 - , intramolekulare 477 —, Nachweismethoden 473* Atmungsfermente 432, 473, 485ff. - , gelbe 486, 494 Atmungsintensität 474

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Atmungskoeffizient 472, 476 Atropin 393 Augenfleck 25*, 155*, 602 Ausbalancierung von Lösungen 406, 431 Ausflockung 30, 405 Ausläufer 259, 260 Autogamie 370 Autokatalyse 491 Autonastie 587, 600 Autonome Organbewegungen 544, 563, 578, 599 Autonyktinastie 597 Autosomen 531 Autotrophie 439 ff. Autotropismus 564, 584, 599 Auxanometer 495* Auxin 494, 497 ff. — Chemismus 498, 500 — Nachweismethoden 497 — Verteilung bei Korrelationen 505 — Wirkungsweise 498 Auxinbildung, primäre 499 Auxingehalt der Samenanlageu 499 Axiler Strang 144*, 185, 191 Axilläre Verzweigung 245 Azidität 406, 434 Azotobakter, N-Bindung 457* Azygosporen 368 Bacterium radicicola 465, 464* Bakterien 19, 26*, 439, 451 - , anaerobe 453, 480 —, autotrophe, Atmung 478 —, autotrophe, Chemosynthese 453 —, denitrifizierende 480 desulfurierende 480 - , Eisenumsatz 453 — Fortpflanzung 334, 457* — leuchtende 489 —, nitrifizierende 453, 478* —, nitrogene 457* —, pathogene 466 —, reduzierende 480 —, sulfürizierende 453, 479* —, Vermehrung 334 —, Wandverschleimung 67 Bakteriensymbiosen 458, 463, 464* — der Leguminosen 463, 464* Bakteriochlorophyll 452 Bakteriophagen 466 Bakteroidenform 463 Balanophora 56, 328* Balanophoraceen, Parasitismus 326, 328* Balanophorin 56 Balgfrüchte 376

39 v. G u t t e n b e r g , Lehrbuch der allgemeinen Botanik

610

Sachregister

Balsame 112, 592 Banane 249, 378 —, Scheinstamm 249* Basalkörper, s. u. Blepharoplast Basalplatte 166* Basalt 455 Basenaustausch 454, 456 Basidien 548*, 549, 550 Basidiomyceten, Fortpflanzung 548*, 549* Basidiosporen 548*, 549*, 550 Basitonie 154, 250, 507 Basophilie 458 Bastard, bifaktorieller 526, 527* - , unifaktorieller 521*, 522*ff. Bastardierung 517 ff. Bastfasern der sekundären Rinde 200*, 201 Bastzellen 129*, 150*, 201 Bastzylinder 184, 195* Bauchkanalzelle 352*, 554, 555*, 561, 562* Baumfarne 178, 194, Tafel 1 - , Wellblechkonstruktion 194* Baumhöhen 425 Baumwürger 518 Bäume, monopodiale 247 - , sympodiale 247 Baustoffe, Transport 466 ff. Beeren 375 Befruchtung 335, 352, 556, 550 — der Angiospermen 565, 566* — der Koniferen 561, 562* Befruchtungsstoffe 552 Beggiatoa, Schwefelumsatz 479* Behaarung der Schattenpflanzen 84 — der Xerophyten 8+ Beiknospen 248* Beiwurzeln, Anlage 176*, 177*, 289 sproßbiirtige 173*, 175*, 176, 178, 289, 290 Benthos 156 Benzaldehyd 592 Benzoeharz 112 Berberis, Staubblätter 593 Bereicherungssprosse 242 Beiindung von Sprossen durch Blattbasen 252*, 253* Bernstein 112 Bernsteinsäure 487 Bestäubung der Blüte 370 ff. Bewegungen der Pflanzen 541 ff. — der Plasmaorgane 604 Bewegungsgewebe 544ff., 546*, 547*, 548*, 549* 550*. 552*, 553*, 554* 587, 590, 591 Bewegungssystem 151 Biegungsfestigkeit 128, 191 Bifaktorieller Bastard 526, 527*

Bignoniaceoji, anomales Dickenwachstum 209 —, Ranken 271* Bikollaterale Gefäßbündel 143, 146* Bildungsgewebe 78 ff. . Binomialkurve 518 Bios 494 Biotin 494 Biotypus 518 Bisexualität der Organismen 530 Bittermandelöl 591 Blackman'sche Reaktion 447 Blasebalggewebe 554*, 555 Blastokoline 5oo, 515 Blatt, Anatomie lOOff., 102*, 105*, 104*, 150*, 153*, 224*ff., 225*, 226* —, äquifaziales 217 - , aphotometrisches 214, 225* - , asymmetrisches 240* - , bifaziales 217 —, dorsiventrales 216, 224 Entwicklung 210*, 211*, 212*, 215*, 217 —, Entwicklung bei Farnen 177* Moosen 162, 164* - , euphotometrisches 214, 216, 581 exogene Entstehung 177*, 178*, 181 —, geflügeltes 254 geteiltes 214, 216 Gliederung 211 ff. - , lackiertes 113 - , mechanische Zellen 130, 135*, 226 —, panaschiertes 25, 554 - , panphotometvisches 214, 217, 225 peltates 268 ungeteiltes 214 - , unifaziales 217*, 218 —, Wasseraufnahme 95, 415 Blattanlagen des Sprosses 165, 176, 177*, 178* Blattbündel der Laubmoose 104* Blattembryonen 568*, 369* Blattflügel 254, 520*, 321 Blattformen 212*, 213*, 215*, 216*, 217*, 218*, 219*, 220*, 221*, 222*, 223*, 227*, 228*, 229*, 230*, 231*, 232*, 234*, 235* Blattgelenke 222, 227, 588* Blattgrund 222 Blatthälftenmethode 444 Blattmosaik 241, 242, 243*, 505 Blattnerven s. u. Nervatur Blattranken 219*, 270, 217, 272 Blattrosette 238*, 248*, 258, 307 Blattscheide 212, 222*, 223, 224 Blattschopf 240 Blattspindel, s. u. Rachis Blattspreite 212, 214ff., 215*, 216*, 217*

Sachregister Blattspreite, Dickenwaclistum 212 —, Flächenwachstum 212 Blattspurstränge 147, 187, 189, 190 Blattstellung- 181, 189, 236*ff., 257*, 258*, 259*, 240* —, Bedeutung der 259 dekussierte 188, 256*, 257 - der Moose 165 spiralige 189, 256, 257*, 258* - , wirtelige 256, 257* Blattstiel 212, 222 —, anatomischer Bau 227 Phyllodien 271, 272, 275* Blattsukkulente 312*, 313* Blausäure, Hemmung der Atmung 476 Bleichsand 458 Blepharoplast 27*, 28* Blühhormone 515 Blühreife 514 Blüte 275ff., 274*, 275*, 276*, 280*, 281*, 558*, 359, 571*, 572* aktinomorphe 274*, 276, 277*, 571*, 572* —, spiralige 275* —, zygomorphe 276, 280*, 575 Blütenbiologie 571 Blütendiagramme 275*, 278*, 279* Blütenkreise 279 Blütensproß 275 ff. Blütenstände 279 ff. —, razemöse 280* —, zymöse 281* Bluten der Pflanzen 415 Boden, primärer 456 Saugkräfte 410 - , sekundärer 436 Stickstoffgehalt 455 Bodenadsorption 454 Bodenarten 435 ff. Bodenazidität 434, 438 Bodenkolloide 434, 457 Bodenlösimg, osmotischer Wert 409 Bodenstet und bodenvag 458 Borke 89, 200*, 201 Bormangel 453 Brachysklereiden 134 Brandpilze, Entwicklung 549 Parasitismus 465 Braunalgen 25, 158* - , Assimilation 446 Fortpflanzung 339*, 341* Brennhaare 68, 85* Brenztraubensäure 483, 485 Bretterwurzeln 295*, 296 Bromeliaceen 85, 316*, 318 39*

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Bromeliaceen, Sclmppenhaare 95, 96* Brutknöllchen 261*, 262* Brutzwiebeln 266*, 267 Bryophyten s. u. Moose Bryopsis, Polarität 504* Bündel, s. u. Gefäßbündel Bündelrohr 185*, 196, 198* Burdonen 540 Bulbillen 261*, 262* Buttersäuregärung 591, 485 Butylalkohol 484 Cactecn, s. u. Kakteen Calziumoxalat, s. u. Kalziumoxalat Cannizzaro — Reaktion 482 Carbonsäuren 591, 487 Carboxylase 485 Carlina 248* Camivoren, Drüsenhaare 107*, 108 Reizbarkeit 590ff. —, Verdauungsvorgang 464, 465 Carnivore Pflanzen 107*, 108, 520*ff., 322*, 525*, 324*, 464, 590, 595. Carpelle 275 Caruncula 118, 378* Caspary'scher Punkt 90*, 91* Catasetum, Pollenausschleuderung 555, 556* Catechin 58 Caudiculae 375, 555, 556* Caulerpa 11*, 12, 160 Centaurea, Staubblätter 592* Cephalotus, Kannenblätter 269, 323* Chalaza 365, 564* Chemodinese 604 Chemomorphosen 512 Cliemonastie 587, 594 Chemosynthese 440, 455, 454, 478, 479 Chemotaxis 602*, 603* Chemotropismus 585 Chiasma 45*, 529 Chiasmata, Rolle bei der Vererbung 529 Chiasmatypie 43*, 529'"Chilesalpeter 459, 454 Chimären 507, 508*, 539 Chinin 393 Chlamydosporen 337 Chlor in Nährsalzen 450, 432 Chlorophyll 20 —, Chemismus 22 — als Energieüberträger 446, 447, 448 Spektrum 23*, 446 Chlorophyllkörner, Anordnung 101* - , Bewegung 604*, 605 - , Form 20* - , Stärkebildung 15, 443

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Sachregister

Chlorophyllkörner, Zahl der 448 Chlorophyllsekret 22 Chloroplasten 2 0 \ 21*, 100, 101* —, Bewegung 604* Chlorose 25, 431 Chlorzinkjodlösung 65 Cholesterin 28 Chondriosomen 14, 55*, 56, 78 Chromatiden 33, 35, 37, 43*, 5 2 3 * , 52+, 525, 537 Chromatidentetraden 41, 43, 5 2 9 * , 537 Chromatin 17 Chromatophoren 20 ff. Chromomeren 19, 37*, 38 — der Chromosomen als Genträger 519, 528 Chromonema 36*, 37 Chromoplasten 23, 2 4 * Chromosomen 31, 3 3 ff. —, Feinbau 3 6 * , 37 —, homologe 34* —, Längsspaltung 35, 528 —, Träger der Anlagen bei der Vererbung 519 Chromosomenkarte 529 Chromosomenkette 537 Chromosomenmutation 536 Chromosomenreduktion, s. u. Reduktionsteilung Chromosomenverdoppelung 340 Chromosomenzahl 34, 537 Cichoriaceen, Milchsaftgefäße 113, 116, 293 Cicuta, Rliizom 2 5 7 * Closterium 2 2 * , 601* Clostridium, N-Bindung 457* Co-Carboxylase 494 Codehydrasen 486, 487 Coenobien 73 Coffein 393 Colchicum, Knolle 2 6 1 * , 262 Colchizin und Polypoidie 538 Colletia, Verdornung 2 6 3 * Coniin 393 Convallarin 391 Corallinaceen, Kalkbildung 68* Corallorhiza, Mykorrhiza 332, 4 6 1 * - , Rhizom 2 5 7 * Cori-Ester 481 Crassulaceen, Säurebildung bei der Atmung 476 —, Wassergewebe 119 Crocus, Knolle 2 6 1 * Crossing over 529 Cucurbitaceen, Ranken 271, 2 7 2 * , 595* Cumarin 501 Cupula 232, 375 Cuscuta 97, 328, 329*, 465

Cuscuta, Haustorien 9 8 * , 330 Cyanophyceen 19, 73, 436 —, Wandverschleimung 67 Cyathium 2 7 8 * , 279 Cyadeen, Spermatozoiden 27, 361* Cyclonastie 583 Cymöse Verzweigung 246 Cystin 392, 431, 456 Cystolithen 68*, 103*, 117, 432 Cytochrome 486 Cytochromoxydase 486 Damarharz 112 Dampfdruck 415, 416 Dampfspannung, relative 404 Darmbakterien 485 Darwinismus 7, 538 Dattel, Keimung 174* Dauermodiiikationen 535 Decarboxylierung 483 Deckblatt 280 Deckschuppe 274, 3 5 8 * Deckspelze 2 7 8 * , 281 Deckzelle des Archespors 363 Dehydrasen 482, 484, 485 ff. Dehydrierung 484 Dekussierte Blattstellung 2 3 6 * , 2 3 7 * Deletionen 536 Denitriiizierende Bakterien 480 Dentaria, Rhizom 2 5 7 * Dephosphorylierung 482 Deplasmolyse 402 Dermatogen der Angiospermen 1 6 8 * , 169, 180* —, Definition 78 - des Embryos 167, 1 6 8 * , 169*, 1 7 0 * - der Wurzel 2 8 5 * , 2 8 6 * , 2 8 7 * , 2 8 8 * , 2 8 9 * Desaminierung 485 Desmolasen 485, 486 Desoxyribose 19 Desulfurierende Bakterien 480 Deszendenztheorie 5 ff. Determinierung 502 Deviation 291 Dextrine 52, 468 Diagramm der Blattstellung 2 3 7 * - der Blüte 2 7 5 * , 2 7 8 * , 2 7 9 * —, empirisches 279 —, theoretisches 279 Diakinese 40*, 41 Diaphragmen 121 Diastase 52, 467, 4 6 8 * Diaster 30 Diatomeen, Bewegimg 6 0 1 * —, Kolonien 7 4 *

Sachregister Diatomeen, Membranbau 67*, 68 - , Zellteilung 47 Dichasium 246, 281*, 282 Dichotomie bei Algen 158*, 159 — bei Blättern 216, 227, 228* — der Blattnerven 228* — bei Lycopodiaceen 179* - , scheinbare 178, 216*, 257*, 259 Dickenwachstum, anomales 208*, 209, 296* — der Blattspreiten 212 — der Membran 61 ff., 129 - , primäres 182ff., 183* - , sekundäres 195ff., 196*, 198* - , sekundäres der Monokotyledonen 209* - , sekundäres, Wuchsstoffeinfluß 507 — , sekundäres in der Wurzel 295*, 296* Dictyota, Generationswechsel 541*, 342 Dictyostele 185* Differenzierung 502 Diffusion 395 ff., 415 ff., 425 — , Bedeutung für die Stoffaufnahme 395 - , bei der Sauerstoffaufnahme 475 — durch Spaltöffnungen 417 — und Stoffwanderung 470 Diffusionsgeschwindigkeit 396 Digitalis-Glykoside 391 Dihybride 521, 526, 527* Dikaryophase 342*, 343, 348*, 349* Dikotyledonen, Blattnervatur 228*, 229, 233* — , sekundäres Dickenwachstum 195 ff. - , Embryo 167, 168* - , Gefäßbündelanordnung 186, 188* - , Gefäßbündelbau 144ff. - , Holz 202, 204*, 205, 206* - , Jahresring 204*, 206 - , Keimpflanze 171*, 172* - , Kotyledonen 168*, 169 —, Vegetationspunkt 180* Dikotylentypus der Wurzelspitze 287* Dinesen 604 Diözie, Geschlechtsbestimmung bei 552, 533* Diözische Pflanzen 277, 334, 525 Dionaea 107, 320* 321 - , Bewegung 587, 590 - , Blattstiel 222, 321 - , Drüsen 107 Dioxyaceton 483 Dipeptide 393, 456 Diploidie 35, 40 Diplogenotypische Geschlechtsbestimmung 531 Diplophase 43, 341 Diplostichie 291 Disaccharide 390 Dischidia 267*, 268*

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Disperse Phase 29 Dispersionen 30 Dispersionsmittel 29 Dissimilation 472ff., s. auch u. Atmung und Gärung - der Bakterien 478, 480, 484, 485 - , Bedeutung 472 - der Pilze 154 Distiche Blattstellung 238, 240*, 241 Divergenzwinkel 237, 239 - der Wurzelverzweigung 291 Dolde 280* Dolomit 435 Dominanz 521, 523, 524*, 525, 526 Doppelte Befruchtung 366* Dornbusch 310 Dornen 262*, 263, 269*, 270*, 311*, 312* Domsträucher 310, 433 Dornwurzeln 299 DörrfleckenkranVheit 432 Dorsiventralität 153, 224, 226, 235*, 504 - , inverse 219, 224*, 225 Dorsiventrale Organe, Geotropismus 570, 571 Drehung, schraubige 546 Drosera, Carnivorie 320, 465 - , Morphologie 213, 320, 594* - , Tentakel 107*, 108, 320 —, Thigmonastie 593 Druckfestigkeit 128, 191 Druckströmung in Siebröhren 471 Drusen 53*, 117 Drüsen 104ff. - , innere 109ff., 110*, 111*, 112*, 203* - , lysigene 110, 111* - , schizogene 110, 111* Drüsenhaare 113, 114*, 226 —, der Caxnivoren 107* Drüsenschuppen 113, 114* Drüsenzotten 113 Dulcit 391 Düngung 439 Durchlaßzellen der Endodermis 90*, 91* - der Exodermis 89, 93*, 94*, 409 Durchlüftungssystem 119 ff. Dyade 46 Ecballium, Spritzmechanismus 552* Eckenkollenchym 132*, 133 Edaphische Faktoren 304 Efeu, Beblätterung 241 Eiapparat der Angiospermen 365, 366* Eichenrinde, Bau 200* - , Gerbstoffgehalt 58 Einkernmycel 343, 348, 349 Einzeller 155*, 156*

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Sachregister

Eisen in Atmungsfermenten 452 — in Nährlösungen 430 Eisenbakterien 453, 479 Eisenhydroxyd 434, 437 Eiweiß, Hauptbereitungsstätten 456 —, kolloidale Lösung 30 Eiweißfäulnis 454 Eiweißkristalle 55, 59 — in Proteinkörnern 5 8 * Eiweißmolekül, Zusammensetzung 28, 29, 393 Eiweißstoffe, 392 477 - , Bildung 393, 4 5 5 Eiweiß Vakuolen 5 8 * , 5 9 * Eizelle 334 Eizellen bei Algen 3 3 9 * , 340, 5 4 1 * — bei Angiospermen 3 6 4 * , 365, 5 6 6 * — bei Gymnospermen 361, 3 6 2 * — bei Moosen 3 5 0 * , 5 5 2 * — bei Pteridophyten 3 5 5 * , 556 Ektoplasma 15, 30 Elaeoplasten 55 Elastität des Protoplasmas 50 — der Zellmembran 131, 191 Elateren der Lebermoose 3 5 1 * , 355 —, Kohäsionsmechanismus 5 5 0 * , 551 Elektrolyte, Lösimg 399 — bei der Quellung 4 0 5 * , 406 Elektronastie 587 Elektrotropismus 564, 586 Elemente der Nährsalze 430 ff. Ellagsäure 58 Embryo, Absorptionseinrichtungen 9 8 * — der Dikotyledonen 167, 1 6 8 * , 3 6 6 * , 5 6 7 * — der Farne 1 6 5 * , 356, 557 — der Gräser 9 8 * — der Gymnospermen 165, 1 6 6 * , 1 6 7 * Haustorien 9 8 * , 1 6 5 * — der Koniferen 1 6 6 * — der Monokotylen 1 6 9 * , 1 7 0 * , 1 7 2 * , 1 7 5 * — der Moose 3 5 1 * , 352, 355 ungegliederter 170, 4 0 0 * Embryonales Wachstum 499 ff. — —, Hormone des 495 Embryonale Zellen 5 6 * , 78 Embiyosack der Angiospermen 5 6 4 * , 5 6 6 * , 367* — der Gymnospermen 560 - , Kernteilung 4 4 * , 4 6 * Embiyosackkern, primärer 5 6 4 * , 565 —, sekundärer 3 6 4 * , 565, 5 6 6 * , 5 6 7 * Emergenzen 85, 520 Emulsin 592 Emulsionen 50 Emulsoid 50

Endodermis 66, 90ff., 9 1 * , 1 4 4 * , 149*, 1 5 0 * , 181, 184, 292, 295 - der Farnwurzel 1 4 9 * , 2 8 9 * - in Nadeln der Koniferen 1 0 2 * Ölgänge 1 1 2 * , 295 - der Pteriodphyten 1 4 5 * , 144, 289 —, Seitenwurzelbildung 289 Endodermissprung 412, 415 Endogene Anlage von Sprossen 248 von Wurzeln 1 7 6 * , 1 7 7 * , 179*, 2 8 9 * , 290* Endokarp 175, 575 Endomitose 558 Endopeptase 469 Endosperm 1 7 1 * , 377 - , Bildung 4 4 * , 4 6 * —, primäres 361, 3 6 2 * —, sekundäres 365, 3 6 6 * Endosporen 333, 3 4 3 * Endothecium 5 5 0 * Endprodukte des Stoffwechsels 499, 516 Energie, Gesetz von der Erhaltung der 4 8 8 Energieumsatz in der Pflanze 488 Engelmanns Versuch 4 4 1 * Entomophilie 279, 3 7 3 Entropie 489 Entwicklung 491, 501 ff. —, embryonale 502 - , Periodizität 5 1 2 Entwicklungsmechanik 8, 491 ff. Entwicklungsphysiologie 4 9 1 ff. Entwicklungsrhythmus 5 1 2 Enzyme, s. u. Fermente Epidermis 6 6 * , 80ff., 8 2 * , 184 Entstehung 181 —, Wachsüberzüge 81 —, Wasserspeicherung 8 3 * - , Zellinhalt 85 Epigyner Fruchtknoten 276, 2 7 7 * Epikotyl 172», 173 Epinastie 172, 563, 5 6 9 * , 5 9 6 * Epiphyten 92, 283, 311, 3 1 5 * f f . , 5 1 6 * , 3 1 7 * , 318* Epipogium, Mykorrhiza 4 6 2 * Epistrophe 6 0 4 * , 605 Epithemhydathoden 1 0 6 * , 107 Epitonie (Epitrophie) 154, 207 Eijuisetaceen, Entwicklung 1 7 9 * —, Fortpflanzung 356 Gefäßbündel 1 8 5 * , 1 8 6 * —, Spermatogenese 2 8 * —, Verzweigung 1 7 9 * —, Wurzelanlage 2 8 9 * Erbanlagen 519 ff. Erdbeere 576

Sachregister Ergastische Gebilde 14 ff. Ergosterin 28, 391 Ericaceen, Mykorrhiza 463 Erneuerungssprosse 242 Erodium, Teilfrüchte 547* Erregung 557 Erregungssubstanz 560 Ersatzfasern 203 Essigsäure 392 Essigsäuregärung 484 Esterasen 469 Etagenkork 88 Etiolement 23, 509*, 510 Eucalyptus 112, 425 Euchromatin 38 Eumyceten 160 Euphorbiaceen, Blütenstand 2 7 8 * - , Milchsaftzellen 60*, 115*, 116* —, Wassergewebe 119 Euphotometrie 216, 581 Evaporation 415 ff. Exine 64, 66, 361 Exkretbehälter 109ff., 110*, 111*, 112*, 114*, 116*, 117*, 201, 2 0 3 * , 295 Exkrete 60, 499, 516 Exodermis 66, 89ff., 93*, 94*, 292, 293 Exokarp 375 Exosporen 333, 336*, 348* Exotropismus 5 7 1 * Explosionsmechanismen 543, 551 ff., 552*, 5 5 3 * , 554*, 555*, 556* Fächel 281, 282 Fäulnis 485 Faktorenaustausch 529 Faktorenkoppelung 528 Fallschirmflieger 374*, 380* Farbhölzer 57, 208 Farne, s. auch u. Pteriodphyten - , Antheridien 354, 355*, 357*, 358 — , Archegonien 354, 355*, 357*, 358 — , Archespor 354, 358 — , Atemzäpfchen 121 - , Blatt, Bau 102*, 226 — , Blepharoplast 27 — , Bündelanordnung 185* - , Embryo 165*, 356, 3 5 7 * - , epiphytische 220, 2 3 5 * , 316 - , Gametophyt 355*, 3 5 7 * , 358, 359 - , Gefäßbündel 143*, 144, 149*, 185 — , heterospore, Fortpflanzung 355, 357* — , heterospore, Geschlechtsbestimmung 531 - , Kotyledo der 165*, 3 6 7 * - , Nervatur der Blätter 2 2 7 * , 2 2 8 * Prothallium 354, 355*, 357*

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Prothallium, Rhizom 2 3 5 * , 257 Scheitelzelle 165, 176*, 177*, 178* —, Sorus 3 5 4 * , 356* - , Spermatozoiden 26*, 27, 28*, 354, 358 —, Sporangien 354*, 355*, 5 4 9 * —, Tracheiden und Tracheen 135*, 136* - , Wurzelgefäßbündel 149* Farnstamm, primäres Dickenwachstum 181 —, Verzweigung 178* Farnwedel, Scheitelkante 2 1 2 * - , Scheitelzelle 177* Faserstruktur der Zellwand 70, 71* Fasertracheiden der Koniferen 151, 136, 2 0 1 * , 202, 203* Federballflieger 381* Fegehaare 592 Fehlingsche Lösung 444 Feige 376, 377* Feilspansamen 379 Feinstruktur des Protoplasmas 29 — der Zellmembran 69, 130 Feldspat 435 Fensterblätter 3 1 3 * Fermente 467ff., 485ff. — bei der Assimilation 448 —, p H -Abhängigkeit 467, 470 —, Temperaturoptimum 467 Ferrocyankupfer 397 Festigkeitsmodul 131 Fette 55ff., 118, 391, 469 — a b Atmungsmaterial 477 — in Membranen 66 Fettsäuren 391, 469 Feuchtigkeit, absolute 416 - , relative 416 Feulgensche Reaktion 19 Fibrovasalstraiig s. u. Gefäßbündel Ficus, Cystolithen 103* - , Luftwurzeln 318*, Tafel 5, 6 Fiederblätter 2 1 2 * , 2 1 5 * , 2 1 6 * , 2 2 2 * , 2 2 8 * , 230*, 235*, 243* Filament 275 Filarstruktur 15 Filialgeneration 521 Fixierung 16, 30 Flächenwachstum der Blattspreiten 496 — der Zellmembran 61, 496 Flagellen, s. auchu. Geißeln - , Bewegung 600, 601* Flavinenzym 486 Flavone 58, 392 Flechten, Organisation 160* - , Symbiose 458*, 539 Fliehkraft als Reiz 561 ff. Florideenstärke 52

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Sachregister

Flügel an Laubblättern 254, 320*, 521 Flugeinrichtungen. 233*, 379, 380*, 381* Flughaare, Hygroskopizität 546*, 454 Folgeblätter 221 Folgemeristem 86, 196 Folienstruktur 70 Formaldehydhypothese 443 Formwechsel 491 ff. Fortpflanzung 332ff. —, geschlechtliche 337 ff. —, sexuelle als Verjiingungsprozeß 516 —, ungeschlechtliche 333ff., 335*, 356* Fortpflanzungsorgane 333 ff. Freie Kernteilung 47* — — der Angiospermen 46*, 47 Freie Ortsbewegung 600 ff. Freie Zellbildung 47, 48* Fremdbestäubung 370 Fremddienliche Zweckmäßigkeit 509 Frucht 373ff., 374* - , Flugeinrichtungen 380, 381* Fruchtblätter 274*, 275ff., 362 Fruchtknoten 274*, 275, 277*, 278* mittelständiger 276, 277* oberständiger 275, 277* - , unterständiger 276, 277* Fruchtschuppe 274, 358*, 359 Fruchtverbreitung 377 ff. Fruchtwand 375 Fruktose 57, 390 Fucosan 58 Fucoxanthin 25 Fühlborsten 589* Fühlpapillen 585, 593* Fühltüpfel 885, 594, 595* Füllung 192 Fumarsäure 487 Funiculus 363*, 364* Furchung bei Einzellern 334, 355* — bei Fadenalgen 46* - in Tetraden 45* Futtergewebe der Orchideen 118*, 572*, 556 Gärung 472, 477, 480ff. - der Hefe 480 Gärungsfermente 485 ff. Galaktose 390, 468 Galakturonsäure 65 Galbanum 112 Gallbildung 330, 494, 508* Gallussäure 58 Gametangien 334, 339, 340ff., 350ff. Gameten 26*, 28*, 53ff., 336*, 557*, 558*, 339*, 340*, 341*, 342*

Gametophyt der Algen 541*, 542 - der Farne 554, 555*, 556* - der Gymnospermen 360*, 562* - der Moose 164, 350*, 352*, 355 - der Pilze 348 Gamogonie 333, 337ff. Gamone 532 Gasblasenzählmethode 441 * Gasdruck 399 Gefäßbündel, Anordnung bei Angiospermen 186ff., 187*, 188*, 189*, 190* —, Anordnung bei Farnen 185* - , — bei Gymnospermen 187, 188* - , axile 144*, 185 Bau bei Angiospermen 144*ff., 145*, 146*, 147*, 148*, 187*, 190* - , bikollaterale 146* - , der Equisetaceen 185, 186* - der Farne 143*, 149*, 185 —, gemeinsame 187 - , hadrozentrische 143*, 144* - , kollaterale 146*, 147*, 148 Längsverlauf 185*, 187*, 189* - , leptozentrische 163*, 242*, 243 —, physiologische Bedeutung 150 - , radiale 91*, 149*, 150* —, rindenständige 189 —, stammeigene 185, 189 - , Verlauf bei Dikotyledonen 187*, 188* - , Verlauf bei Monokotyledonen 189* Geißeln 14, 26, 27*, 28*, 355*, 335*, 336* ; 337*, 338*, 339* —, Bewegung 600 Geizen 264 Gelbes Atmungsferment 486, 494 Gele 30 Geleitzellen 138*, 140*, 141 Gelenkpolster 222, 588* - , Bewegungsmechanik 589 —, Variationsbewegungen 564 Gemini 41, 521 Gene 519 ff. —, allelomorphe 521 Generationswechsel 44, 340ff., 550ff., 569 —, antithetischer 342, 350 —, homophasischer 342 Generative Zelle 365* Genetik, s. u. Vererbung Genmutation 536, 537 Genom 40, 534 Genotypische Geschlechtsbestimmung 531 Genotypus 519 Geoelektrischer Effekt 565, 573 Geoepinastie 570 Geographische Rassen 536, 538

Sachregister Geomorphosen 511 Geonastie 587, 596 Geonyktinastie 597 Geophyten 307 Geotrope Bewegung, Verlauf 563* Geotropismus 561 ff. —, Einfluß der Längskraft 569 —, Einfluß der Neigungslage 568 —, Formen des 569 —, ökologische Bedeutung 572 —, Perzeptionsort 566 —, Reizintensität 567 —, Reizmengengesetz 567. 568 —, Reizungsdauer 567 — der Seitenachsen 570 — der Seitenwurzeln 570* - , Suszeption 564 Umschaltung des 572, 574 —, Wuchsstofftheorie 573 Gerbstoffe 87, 116, 208, 575 Gerbstoffschläuche 116 Geschlechtliche Fortpflanzung 337 ff. Geschlechtsbestimmung 529 ff. —, diplogenotypische 532 —, diplophaenotypische 531 genotypische 529, 531 haplogenotypische 531 haplophaenotypische 530* bei der Reduktionsteilung 348 Geschlechtschromosomen 531*, 533*, 534 Geschlechtsrealisatoren 531, 532*, 533* Gesetz des Minimums 430, 438, 449, 454 bei Wirkstoffen 494 Gesteine 435 —, metamorphe 436 Gewebe, Definition 75 - , primäre 80ff., 176ff., 224ff., 284ff - , sekundäre 80, 85, 195ff., 295, 296 —, sporogenes, s. u. Archespor Gewebekultur 494 Gewebespannung 401*, 404, 551 ff. Gewölbefestigkeit 129 Gingko, Laubblatt 228* —, Spermatozoiden 27 Gipskristalle 55 Gleitendes Wachstum 79, 496 Gliederfriichte 374*, 375 Glimmer 435 Globoide 58*, 59 Globuline 28, 393 Glukoproteide 28, 393 Glukose 52, 57, 390, 468 Glutamin 392, 456 Glutaminsäure 392 Glycerin 391, 469, 485

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Glycerinaldehyd 482, 483 Glycerinsäure 482, 483 Glykogen 52, 57, 391 Glykokoll 392 Glykosidasen 391, 467, 469 Glykoside 58, 469 Gneis 436 Gonen, s. auch u. Sporen, 39, 43 Gonidien 160, 458* Gonium, Kolonie 73* Gonotokont 43, s. auch u. Sporenmutterzelle Gradient der Saugkraft 411 Gramineen, Blüte 278* - , Embryo 98*, 170, 173*, 175 - , Knoten 183, 184* - , Koleoptile 170, 173*, 174 - , Mesokotyl 173*, 175 Gramineentypus der Spaltöffnungen 123* - , der Wurzelhaube 289* Grana 21, 24, 448 Granit 435 Grannen, Torsion der 549 Grasbäume 249 Grasknoten 184* —, Geotropismus der 564, 567 Grenzflächen 433 Grenzplasmolyse 402 Griffel 275 Griffelkanal 365 Griffzellen 550* Große Periode des Wachstums 496 Großspirale 40 Grundformen 5, 164 Grundgewebe 177 Grundmeristem 79*, 285* Grundspirale 237*, 238* Gummiarten 66, 591 Gummiharze 109, 112 Gurtung 191*, 192*, 193*, 194* Guttaperche im Milchsaft 59 Guttation 107, 414, 423, 424* Gymnospermen, s. auch u. Koniferen - , Embryo 165, 166* —, Fasertracheiden 136 Fortpflanzung 359 ff. —, freie Kernteilung 167 - , Gefäßbündel 145 - , Gefäßbündelanordnung 187, 188* - , Holz 201*, 203*, 204 Nadeln 226* - , Nerven der Blätter 226*, 227, 228* - , Pollen 359, 360* - , Spermatozoiden 27, 361* Vegetationspunkt 179

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Sachregister

Gymnospermentypus der Spaltöffnungen 124*, 125 - der Wurzelspitze 286* Gynaezeum 275 Gynostemium 555, 556* Haare, s. u. Trichome Haarfilze 84*, 311 Haber-Bosch-Verfahren 439 Hadrom 142ff., 184ff., 292ff. Hadrozentrische Gefäßbündel 145*, 185 Haftwurzeln 299*, 300 Hagebutte 276 Hakenbildung bei Ascomyceten 542* Hakenranken 264 * Halbparasiten 324, 325, 465 Halbrosettenpflanzen 249 Halophyten 57, 105*, 106, 314, 403, 423, 432 Halskanalzelle 354, 355, 357* Hapaxanthe Pflanzen 242, 244 Haplogenotypische Geschlechtsbestimmung 531 Haploidie 35, 40 Haplonten 44, 341 Haplophase 43, 340 Haplophaenotypische Geschlechtsbestimmung 530 Haplostele 185 Haplostemonie 275*, 278* Haplostichie 291 Hapteren 156, 341* Harnstoffgärung 485 Hartig-sches Netz 459* Hartlaub 130*, 133*, 308, 310*, 420, 425 Harzdrüsen 109 Harze 109, 112, 392 Harzkanäle 111*, 112*, 115, 203*, 205, 226* Hauptwurzeln 258, 259 Haustorien des Embryos 98*, 165*, 174*, 175* - der Parasiten 97, 98*, 525*, 327*, 329* - der Pilze 100*, 330*, 465 Hautgelenke der Spaltöffnungen 122*, 123, 124*, 126* Hautsystem 80 ff. Hedera, s. u. Efeu Hefe 48*, 493 Hefegärung 481 ff. Hefner-Lampe 450 Heideböden 438 Helotismus "J59 Hemiepiphyten 318 Hemiparasiten 324, 325, 465 Hemizellulosen, Chemismus 65 Hemmung der Atmung durch Blausäure 476

Hemmstoffe 500, 515 Herbstfärbung 25 Herzfäule 452 Heteroauxin 494, 500*, 506* Heterochromatin 38 Heterochromosomen 531 Heterogene Reizung 561 Heterophyllie 220*, 221* — bei Wasserpflanzen 220* Heterorrhizie 284*, 316 Heterospore Farne 556*, 357* — —, Geschlechtsbestimmung 551 Heterostylie 371* Heterothallisch 559 Heterotroplie Pflanzen 524ff., 456ff. Heterotrophie 440 Heterotypische Teilung, s. u. Reduktionsteilung Heterozygotie 521 Hexenbesen 505 Hexosespaltung 482 Hilum 377 H+-Ionenkonzentration 406 Histogene 79, 169, 176ff. Hochblätter 214, 232*ff., 232*, 234* Hofmeistersche lyotrope Ionenreihe 406 Hoftüpfel 62*, 63*, 135*, 136*, 137*, 158 — der Koniferen 62*, 131, 201*, 203* — in Fasern 131 Hohlzylinder, mechanische 192, 193* Holoparasiten 325 ff. Holz der Dikotyledonen 202ff., 204*, 205*, 206* - , Elemente 202 ff. Exkretbehälter 203, 208 — der Gymnospermen (Koniferen) 203*, 204 - , Harzkanäle 203*, 204, 205 Holzgewächse 304, 307 Holzkörper 202 ff. —, Anordnung der Elemente 204 ff. Stoffleitung 206 —, Wasserleitung 425 Holzparenchym 202, 204*, 205* Homöotypische Teilung 43 Homologie 6, 164, 174 Homophasischer Generationswechsel 542 Homorrhizie 282*, 283* — bei Rhizomen 256*, 258, 259 — bei Zwiebeln 265* Homotliallisch 359 Homozygotie 521 Hopfen, Drüsen 115 —, Zapfen 253 Hormone 492 — der Zellteilung 493

Sachregister Hormone des Plasmawachstums 495 Hornblende 455 Hüllkelch 235 —, hygroskopische Bewegung 546*, 548 Hülsen 374*, 376 —, Öffnungsmechanismus 547*, 548 Huminsäure 437 Humus, milder 458 — , saurer 437 Humuspflanzen, Mykorrhiza 459ff. Humusstoffe 347 Hutpilze 74, 348* Hyaloplasma 15, 27, 28 —, Chemismus 27 Hybriden 517 ff. Hydathoden 105*, 106*, 306, 424: Hydratation 405* Hydrochorie 383 Hydrogel 30 Hydrolasen 467, 481 Hydrophilie 408 Hydrophyten 505, 306, 314 Hydropoten 315 Hydrosol 30 Hydrotropismus 586 Hygrochasie 548 Hygrophyten 81 Hygroskopische Mechanismen 545ff., 545*, 546*, 547*, 548* Hymenomyceten, Fortpflanzung 548* Hyoscyamin 595 Hypertonische Lösungen 399 Hyphen 12*, 74, 160, 356*, 539, 425, 460*, 461*,462* — , Chemoropismus 585 Hypoderm 86, 102*, 184, 226* Hypogyner Fruchtknoten 276, 277* Hypokotyl 166, 167*, 169, 172*, 175, 174, 175 - , Gefäßbündelrerlauf 294* - , Knollenbildung 258*, 259* Hypokotylknospen und -sprosse 247*, 248 Hypophyse 167, 168*, 169*, 170* Hypotonie 154, 207 Hypotrophie 154, 207 Hypotonische Lösungen 599 Idealistische Morphologie 9 Idioblasten 54, 117 Idiotypus 519 Immergrüne Pflanzen 508 Impatiens 555*, 554* /?-Indolylessigsäure 494, 500* Infiltrationsmethode für Spaltöffnungen 420 Inflorescenzen 279ff., 280*, 281*

G19

Inhaltssaugkraft 400, 428 Inkrusten der Zellmembran 65 Inositphosphorsäure 59 Insektivore Pflanzen s. u. Carnivore Pflanzen Integument 358, 562*, 565*, 564*, 366 Interkalares Wachstum der Organe 79, 184*, 213 — der Zellmembran 61 Interkinese 33, 41 Interkostalfelder 211 Interkutis 89 ff. Intermediäre Vererbung 525 Intermittierende Reizung 561, 568, 579 Internodien 183 —, gestauchte 239 - , Torsion 239*, 240 Internodienlänge 248 ff. Interphase 33 Interzellularen 75, 101, 120, 417 — im Assimilationssystem 101, 120* Interzellularsystem der Wasserpflanzen 121 Intine 64, 361 Intrabilität 15, 400 Intramolekulare Atmung 477 Intussuszeption 61, 496, 499 Inulin 57, 591 Inversion 556 Involucrum, s. u. Hüllkelch Ionen 29, 405 Ionenantagonismus 406, 408, 452 Ionenaustausch 434, 456 Isoelektrischer Punkt 406, 408 Isogameten 355*, 556*, 557*, 558* Isogamie 537*, 529 Isopren 24 Isospore Farne 354ff. Isotomie 241, 244* Isotonische Koeffizienten 599 Isozitronensäure 476 Jahresring 206 ff. - bei Dikotyledonen 204*, 207 - bei Koniferen 205*, 207* Jaminsche Luft-Wasser-Ketten 428 Jarovisation 515 Jod in Meeresalgen 452 Jodjodkali, Stärkenachweis 52, 444 Jodprobe, Sachssche 444 Jugendblätter 218*, 219*, 220, 510 Jungermaniales 162* Kahmhäute 67 Kainit 459 Kakaobutter 591 Kakteen, Anatomie 119, 189, 315

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Sachregister

Kakteen Dornen 269 —, Eiweißkristalle 54*, 55 Morphologie 310*, 311*, 312* —, Säurebildung bei der Atmung 476 Wasserhaushalt 119, 422, 423 Kalidünger 439 Kalispeicherung 434 Kalium in Nährlösungen 430 Kalk in Membranen 68*, 85, 432 Kalkdrüsen 105 Kalkstein 435 Kalkstickstoff 439 Kallose 140 Kallus 140*, 141, 207 Kalorienzahl bei der Assimilation 446 bei der Atmung 472 Kalyptra, s. u. Wurzelhaube Kalyptrogen 289* Kalzium in Nährlösungen 430 Kalziumkarbonat im Boden 432 - in Membranen 68, 432 Kalziumoxalat 52ff., 53*, 54*, 116, 117*, 432 Kambiformzellen 140*, 141 Kambium 80, 145, 146*, 295*, 296* - , interfaszikuläres 145, 146*, 147*, 191 - , der Wurzel 295* Kambiumring 195*ff., 196*, 198*, 295*, 296 Kambiumzelle, Bau 197* —, Teilung 45* Kampf ums Dasein 8 Kampher 109 Kanadabalsam 112 Kannenblätter 267, 268*, 269, 321, 322*, 323*,465 Kaolin, Adsorption 433 Kapillarapparat der Torfmoose 99*, 100, 164 Kapillarwasser 410*, 437 Kappenplasmolyse 408 Kardinalpvmkte 450 Kapselfrüchte, Öffnungsmechanismus 546*, 547*, 548 Kapseln 374*, 376 Karbohydrasen 467, 468 Karnallit 439 Karotin 22, 24*, 452 - , Kristalle 24* Karrhagen 67 Kartoffelknolle 260* Kartoffelstärke 50* Karyogamie 333, 342*, 548, 549* Karyokinese 31, 32* Karyopsen 375 Karyosom 38 Karyotin 17 Katalase 484, 487

Katatonose 403 Kauri-Kopal 112 Kautschuk 60*, 116, 392 - im Milchsaft 60* Keimblätter, s. u. Kotyledonen Keimblattscheide, s. u. Koleoptile Keimpflanze der Dikotyledonen 171, 172* - der Gymnospermen 167, 171 - der Pteridophyten 165*, 171 Keimscheide des Monokotylenembryos 173*, 174*, 175* Keimung, epigaeische 172 —, hypogaeische 173 Keimwurzel, Entwicklung 166, 167*, 168*, 172*, 173*, 174*, 175*, 176 - , Fehlen der 176 - , Gefäßbündel 292* Kelch 275 ff. Kerngerüst 17 Kernholz 208 Kernkörperchen, s. u. Nukleolen Kernlose Organismen 19 Kernlosigkeit der Siebröhren 139 Kernmembran 16 Kernphasenwechsel 43, 341 ff., 350ff., 571 Kernplatte 34 Kemsaft 16, 33 Kernspindel 32*, 33, 38*, 39*, 44* —, Orientierung durch die Lichtrichtung 502 Kernteilung, s. auch u. Meiosis und Mitosis —, bei Algen 38* —, Bewegungsmechanik 36 - , freie 46*, 47 —, freie des Endospermens 361, 366 —, bei Pilzen 38* * Kesselfallenblumen 373 Kieselalgen, s. u. Diatomeen Kieselpanzer der Diatomeen 67*, 68 Kieselsäure 54, 432, 435 kolloidale 437 - , in Membranen 68, 432 Kieselsäureeinschlüsse 54 Kirschgummi 65 Kladodien 256* 257, 309 Klammerwurzeln 318 Klausen 375 Kleberschichte 58, 59*, 468 Klebscheiben 373, 554, 556* Kleeseide, s. u. Cuscute Kleinspirale 40 Kleistogamie 371 Klemmkörper 373 Kletten 378, 379* Kletterhaare 319* Kletterhaken 264*, 319

Sachregister Kletterpflanzen 518 Kletterwurzeln 235*, 299*, 300* Klima, Einfluß 304 Klimmhaken 264*, 319 Klinostat 562*, 563, 570 Klon 517, 530 Knäuel 283 Knallgasbakterien 480 Knights Versuch 561 j Knollen 117, 259*ff., 260*, 261* Knopsche Nährlösung 430 Knorpelkollenchym 133 Knospe 181, 210*, 211 Knospen, adventive 248 —, endogene 248 - , schlafende 248 - , seriale 248* —, Wuchsstoffgehalt 499, 506, 513 Knospenschuppen 210*, 231, 244*, 249 Knoten 183, 184*, 188, 236*, 283*, 290 Kobaltpapier 418 Kodein 393 Koeffizienten, isotonische 399 —, ökonomische 474 Koenzym (-ferment) 467 Köpfchen 280* Köpfchenhaare als Hydathoden 106* Körbchen 280*, 281* Kohäsion des Wassers 404, 426, 429, 550 Kohäsionsmechanismen 541, 549*, 550* Kohäsionstheorie 426 Kohle, Adsorption 433 Kohlendioxyd, s. u. Assimilation Kohlendioxydgehalt der Luft 445 Kohlendioxydgewinn im Dunklen 453, 454 Kohlehydrate 390, 440 — als Atmungsstoffe 476 Kohlenoxyd, Hemmung der Atmung 476 Kokosnuß, Keimung 175* —, Schwimmfähigkeit 382 Kolben 280* Koleoptile, Geotropismus 567, 568 - , der Gramineen 170, 173*, 175 - , Phototropismus 577*, 578* - , Wuchsstoffgehalt 497 Koleoptilenspitze, Statolithen der 565 Koleorrhiza 170, 173*, 176 Kollaterale Gefäßbündel 145ff., 146*, 147*, 148* Kollenchym 132*, 184, 226 Kollenchymzellen 131, 132* Kolloidale Lösungen 29 Kolloide, Adsorptionsvermögen der 434 - , Definition 29, 30 —, elektrische Ladung 405

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Kolloide, Quellung 404 Koloniebildung 73ff., 74*, 75*, 334 Kolophonium 112 Kolumella der Mooskapsel 353* - der Wurzelhaube 168*, 170, 172*, 286*, 288* —, Statolithen der 565* Kombinationen, neue, erbliche 526, 527* Kommissur 34, 36* Kompaßpflanzen 580* Kompensation von Reizen 562 Kompensationspunkt bei der Assimilation 143, 449, 474 Komplexheterozygoten 537 Kongenitale Verwachsung 250*, 251*, 252*, 253*, 271, 272*, 279 Konidien 333, 336* - , Bildung 48 Konidienträger 336*, 337 Koniferen, Archegonium 361, 362* —, Archespor 359*, 360 - , Blattanatomie 226* Blüte 274* —, Dickenwachstum 196 Embryo 165, 166*, 361 —, Embryosack 360 - , Endosperm 361, 362* - , Fasertracheiden 136, 203*, 204 - , Fortpflanzung 358*, 359, 360*, 361*, 363* Harzgänge 111*, 112*, 203*, 204 - , Hoftüpfel 62*, 201*, 203*, 205 —, Jahresring 203* - , Kurztriebe 250* - , Markstrahlen 201*, 204 - , Pollenkörner 359, 360*, 371 Pollenschlauch 360*, 361 - , Prothallium 360*, 361, 362* —, Samenanlage 359, 362* —, sekundäres Dickenwachstum 196, 201*, 203*, 207* —, Spermazellen 360*, 361 SporophyUe 247*, 358*, 359 —, Vegetationspunkt 179 - , Verzweigung 182, 247 Zapfen 247, 358*, 359 Konkauleszenz 251* Konnektiv 275, 276* Kontaktreizbarkeit 584, 593 Kontraktile Wurzeln 284*, 293 Konvergenz 6, 164, 309, 310* Konzentrische Gefäßbündel 143*, 145* Konzeptakel 339*, 343 Kopal 112 Koppelung der Gene 528

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Sachregister

Koralloide Verzweigung 528 Korkeiche (Quercus suber) 88* Korkgewebe 85ff., 128 Korkhäute 87 Korkkrusten 88 Korkzellen 66, 86*, 87* —, Suberinlamelle 66 Kormophyten (Kormus) 164 ff. - , Organe 164 Korolle 275 Korpus 181 Korrelationen 505, 506 Kotyledonen, ausdauernde 250*, 251 - der Dikotyledonen 168*, 169, 170*, 172* - der Farne 165*, 357« — der Gymnospermen 166, 167*, 171 — der Monokotyledonen 174*, 175* Kräuter 304, 507 Kramtypus bei Laubblättern 225* Krebsgeschwülste 494 Kreislauf der Stoffe 487, 488 Kreuzung, reziproke 523, 534 Kristallbehälter 116, 117* Kristalle 52ff. Kristallite der Zellmembran 69, 70* Kristallsand 52 Krümelstruktur 413, 437 Krümmungen, hygroskopische 544 Krustenwurzeln der Podostemonaceen 300*, 301*, 302 Kryoskopie 402 Kupfermangel 432 Kürbis, Ranken 261, 262* Kurztagspflanzen 514* Kurztriebe 250*, 262 Kurzzellen der Exodermis 89*, 93*, 94* Kutikula 66*, 81, 82*, 108, 113, 417 Kutikularleisten der Spaltöffnungen 122*, 123 Kutikularschichten 66*, 81, 82* Kutin 66 Labellum 372, 556* Lactoflavin 494 Lamarckismus 7 Laminaria 52, 341*, 343 Längskraft, Einfluß beim Geotropismus 569 Längskrümmung 547 Längspolarität 153, 503 Längsspaltung der Chromosomen 35, 41 Längsstruktur der Zellwand 70, 71* Längsverlauf der Gefäßbündel 185*, 188*, 189* Langtagspflanzen 515* Langtriebe 182, 250 Lateralgeotropismus 575

Latliraea, Parasitismus 325*, 465 Laubblätter, s. auch u. Blatt 21 Off. Anatomie 102*, 103*, 104*, 224*, 225*, 226* Assimilationssystem 100 - , invers dorsiventrale 224*, 225 - , Phototropismus 577, 578 - , Streckungswachstum 496 —, Wasseraufnahme 95, 96*, 97* Laubfall 308 Laubknospe, s. u. Knospe Laubmoose 515 Anatomie 104*, 165 - , Anisophyllie 241* Blattstellung 163 Entwicklung 162, 164* - , Fortpflanzung 352*, 353 - , Leitbündel 142*, 144, 163 Rhizoiden 99*, 163 - , Spaltöffnungen 121, 127 Lebensalter 307, 516 Lebermoose, anatomischer Bau 104* - , Entwicklung 161* - , Fortpflanzung 550*, 551 - , Pneumathoden 104*, 127 —, Rhizoiden 99* Leguminosen, Bakteriensymbiose 463, 464* Ranken 271* —, Wurzelknöllchen 469* Leinsamen, Schleim 67 Leitbündel, s. u. Gefäßbündel Leitkörperchen 34 Leitparenchym 470 Leitungssystem 134ff., 425, 426 Lentizellen 121, 127, 128*, 235 Leptom, Anordnung 142ff., 184ff., 292ff. - , Elemente des 138, 139* Leptomelemente der sekundären Rinde 200 Leptonema 40 Leptotaen 40 Leptozentrische Gefäßbündel 143,145*, 209*, 210 Letalfaktoren 528 Leuchtbakterien 489 Leucin 392 Leukoplasten 20*, 78 Lezithin 28 Lianen 159, 208*, 512, 320 - , Dickenwachstum 208*, 209 Libriformfasern 131, 202*, 204*, 205*, 206* Licht als Energiequelle bei der Assimilation 445, 449 Suszeption 577, 581 - und Wachstum 501, 509* Lichtabsorption des Chlorophylls 25

Sachregister Lichtfalle 602 Lichtsinnesorgane 581*, 582* Lignin 65 Ligula 224 Liliaceen, baumförmige 209*, 210, 445 Linde, Fruchtstand 251, 574* - , Verzweigung 244*, 245* Linie, reine 517 Linin 17 Lipasen 467, 469 Lipoide 28, 391 Lipoproteide 28 Lithium 453 Loasaceen, Brennhaare 85 Lockfarben für Tiere 372 Lockspeisen in Früchten 378 — in Samen 378 Lodiculae 278 Lösungen, ausbalanzierte 406, 451 —, äquimolare 398 - , kolloidale 29 Lokomotorische Bewegungen 545 Lotten 264* Lückenkollenchym 152*, 133 Luft, C0 2 -Gehalt 445 Luftlücken 120 Luftstrommethode 442* Lumineszenz 489 Lupulindrüsen 113 Lutein 24 Lux 450 Lycopodiaceen, Entwicklung 178*, 179* Lycopodium, Gefäßbündel 150 —, Sporophyllstand 273* Lygodium 212* Lyophilie 408, 409 Lyotrophe Reihen 406 Lysigene Drüsen 110, 111* Lysigene Interzellularen 75 Lysin 392 Lyssenko 7 Macchia 308 Magnesium in Chlorophyll 22, 451 — in Nährlösungen 430 Makromoleküle 29 Makrosporangien der Farne 275*, 556*, 558 — der Koniferen 359, 362* Makrosporen 356*, 358, 359, 360, 561, 364* Malpighiaceen, anomales Dickenwachstum 209 Maltase 467, 468 Maltose 51, 52, 590, 468 Malzextrakt 468 Mamille 511*, 315 Mandel 171*

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Manganmallgel 455 Mangrovepflanzen 120*, 128, 299, 502*, 405, 475 Mannit 57, 591 Mannose 390, 468 Mantelblätter 220*, 221, 316 Marchantia, Anatomie 104, 161 —, etiolierte Sprosse 572 Fortpflanzung 350*, 351* —, induzierte Dorsiventralität 505 Margo 62 Mark des Angiospermenstengels 181, 187, 189* Markstrahlen, Bildung 196, 199* - , Harzgänge 203*, 205 - , primäre 187, 195*, 196*, 197, 198*, 199 sekundäre 199*, 201*, 203*, 204*, 205*, 206*, 207* Stofftransport 206, 471 Mastixharz 112 Matrix 57 Mechanische Elemente der sekundären Rinde 200*, 201 Mechanische Elemente des Holzes 202*, 2 0 5 * , 204*, 205*, 206* Mechanischer Hohlzylinder 186, 192, 195* Mechanisches System 128ff., 191 ff. Mechanische Zellen, Anordnung 191 ff., 192*, 194*, 194* - , Tüpfel 150, 131 Mechanismen, hygroskopische 544ff., 545, 546*, 547*, 548 Medianus 227 Mediterranes Klima 504, 508 Meiosis 38 ff. Melaphyr 455 Membran, semipermeable 396 Membranbau 69ff., 70*, 71* Membranbildung, Zellkern und 18* Membranfarbstoffe 67 Membrankalk 68* Mendelsche Vererbungsregeln 520 ff. Mentorverfahren 540 Mergel 436 Meristelen 151, 185* Meristeme 56*, 75, 78ff., 483 —, primäre 79* Meristemring 86*, 196, 198* Merkmale, dominierende und rezessive 523 Mesembryanthemum 513* Mesoinosit 495 Mesokarp 175, 375 Mesokotyl der Gramineen 173*, 175 Mesophyll 224

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Sachregister

Mesophyten 305 ff. Mesotonie 154, 251 Metahadrom 144 ff. Metalle, physiologische Bedeutung 450, 431 Metaleptom 144 ff. Metamorphosen 164, 234, 254ff., 297ff. - des Blattes 265*ff., 266*, 267*, 268*, 269*, 270*, 271*, 272* - des Sprosses 254*, 255*, 256* - der Wurzel 297ff., 298*, 299*, 300*, 301* 302*, 303* Metaphase 33*, 34*, 35*, 38*, 39*, 41*, 42* Meterkerzen 450 Methanbakterien 480 Methionin 392, 431, 456 Methylenblau, Speicherung 433 Metroklinie 534, 535* Mikropyle 359, 361, 362*, 263*, 364* Mikrosomen 14 Mikrosporangien, Homologie 362, 363* - der Farne 556*, 358 - der Koniferen 359*, 360 Mikrosporen 356*, 358, 359 360 Milchröhren 114, 115, 116* - der Cichoriaceen 113, 116, 293 - , Fusionierung 49, 116* Milchsäure 391, 485 Milchsäurebakterien 485 Milchsaft 59, 114, 160, 293 —, Bedeutung 59 —, Zusammensetzung 59 Milchsaftgefäße, s. u. Milchröhren Milchsafthaare 116 Milchsaftzellen 13, 18, 114, 115*, 496 Mimosa, Bewegung 588* —, Reizleitung 590 Mineralien, primäre Minimum, Gesetz des 430, 438, 449, 459 Mirabilis, Vererbimg bei 521*, 522* Mistel, Parasitismus 328, 329* Mitochondrien 14, 55*, 56 Mitosis 31 ff., 32*, 41* Mitschurin 7, 540 Mizelle 51, 69, 130, 544 Mobilisierung der Reservestoffe 467 Modifikationen 7, 518 Molare Lösungen 398 Monaster 34 Monochasium 247, 281* Monözie 277* Monözische Pflanzen 277*, 334 Monohybride 521*, 522* Monokotyledonen, Dickenwachstum sekundäres 209*

Monokotyledonen, Embryo 169, 170, -172*, 173*, 174*, 175* - , Gefäßbündelverlauf 189*, 190* - , Korkbildung 88 - , Kotyledo 169*, 172*, 173*, 174*, 175* —, leptozentrische Bündel 145*, 209* Wurzelgefäßbündel 91*, 150*, 292* - , Wurzelvegetationspunkt 288*, 289* Monophyllaea, Kotyledo 230* Monopodium 246*, 247, 258, 280* Monosaccharide 390 Monotropa 330, 331* Mykorrhiza 459*, 460 Montmorillonit 436 436 Moorpflanzen, xeromorphe 509, 425 Moose, Antheridien 550*, 551, 552* - , Archegonien 550*, 551, 552* —, Assimilationssystem 164* —, diözische, Geschlechtsbestimmung 551* —, Generationswechsel 550*, 551*, 552*, 555* - , Scheitelzelle 161*, 164* —, Spermatozoidbildung 27* —, Sporogon 550*, 351* —, Verzweigung 161 —, zwittrige, Geschlechtsbestimmung 530 Morphium 395 Morphologie, Definition 5 —, experimentelle 8 —, idealistische 9 —, vergleichende 5 Morphosen 502, 509 ff. Mosaikkrankheit 466 Mucor, Mycel 75* —, Sporangien 75* —, Zygospore 558* Muehlenbeckia 254* Multiperforate Septen 419*, 451 Multiple Allelie 525 Muskatblüte 578* Muskatnuß 578* Mutanten 556 Mutationen 71, 535ff. —, Bedeutung 538 Mycel, interzelluläres 100*, 349 —, intrazelluläres 100 Mycelien 74, 75*, 160, 556*, 537, 359, 545*, 549* Mykorrhiza 458, 459*, 460*, 461*, 462* Myrosin 392, 469 Myrmecodia, Knollen 517* Myrmekochorie 378 Myrtus, Drüsen 111* Myxomyceten 12*, 27*, 155 —, chemische Zusammensetzung 27

Sachregister Nabel 577 Nadelblätter 226*, 310 Nadeln der Koniferen 226* Nährlösungen 429, 430 - für Pilze 456 Nährsalze 429 ff. —, Aufnahme der 433 ff. —, im Boden 433 Narbe 275 Narben, reizbare 593 Narkotin 393 Nastien, Definition 544, 559, 586ff. - , Mechanik 587 Natrium in Nährsalzen 432 Natürliche Zuchtwahl 8 Nebenblattdomen 269, 270*, 313 Nebenblätter 212, 222*ff, 223* Nebenzellen 123* Nekrohormone 494 Nektarien 108*, 372* Nektar als Lockspeise 372 Neottia 331*, 332 Mykorrhiza 460, 461* —, Wurzelsprosse 291 Nepenthes, Drüsen 107* - , Kannenblätter 269, 321, 322* Nervatur 227ff., 228*, 229*, 253* Nestwurzeln 299* Netzgefäße 63*, 137 Niederblätter 214, 230ff., 250 —, Stoffspeicherung 265 Nikotin 393 Nischenblätter 220*, 221, 316 Nitrat als Stickstoffquelle 450, 439, 454 Nitratbakterien 453, 478* Nitratorganismen 457 Nitratreduktion 480 Nitrifizierde Bakterien 453, 478*, 488 Nitritbakterien 453, 478* Nitrogenbakterien 457* Nodien, s. u. Knoten Nucellarembryonen 367* Nüßchen 375 Nüsse 374*, 375 Nukleinsäuren 393 Nukleolen 17, 34 —, Entstehung der 38 Nukleoproteide 19, 393, 431 Nukleus, s. u. Zellkern Nutationsbewegungen 559, 576 —, autonome 600 Nyktinastie 587, 596 Oberblatt 211, 212, 214ff. - , Reduktion 252*, 253* 40

v . G u t t e n b e r g , Lehrbuch der allgemeinen

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Oberflächenspannung 28 Obdiplostemonie 275* Ochrea 225 Oedogonium 21 Ökologie 504 ff. Ökonomische Koeffizienten 474 Öle, ätherische 60, 109 ff. - , fette 591, 469 Öldrüsen 109ff., 110*, 111*, 112*, 114* Ölgänge 112*, 113 Ölsäure 591 ölzellen 109, 110*, 226 Omnipotenz der Zellen 502 Omnivore Saprophyten 456 Ontogenie 5 Oogamie 354, 559* Oogonium 554 — der Algen 334, 359*, 540, 541*, 542 Ophioglossum 221* Opium 595 Optimumkurve 412 — bei der Assimilation 475 — bei der Wasseraufnahme 450 — beim Wachstum 501 Orchideen, Embryo 332, 460* Futtergewebe 118*, 572* - , Keimung 460*, 461 - , Luftwurzeln 94*, 95*, 515* - , Mykorrhiza 552, 460* - , Saprophytismus 552, 460 —, sympodiales Rhizom 246* - , Velamen 94*, 95* Orchideenknollen 57, 246*, 262, 298* Organbewegungen, autonome 599, 600* Organe, abortierte 154 — der Kormophyten 144 ff. —, reduzierte 154 —, ,,sui generis" 97, 528 Organisationsmerkmale 5 Organische Säuren 57, 391, 476, 487 — Verbindungen der Pflanzen 590 ff. Organismen, frei bewegliche 600, 601*, 602, 603* Organismentheorie 11 Organographie, Definition 5, 6 Ornithopliilie 279, 373 Orobanchaceen, Parasitismus 525, 526*, 527* Orthostichen 163, 257,258* Orthotropie 154, 159, 254 Orthotropismus 558 Ortstein 458 Ortwechsel 545 Osmometer 597, 599 Osmose 596*ff., 597*, 404, 414 — der Zelle 599

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Sachregister

Osmotische Formel 598, 400, 471 Osmotischer Druck 398 , Höhe des 403 Osmotischer Wert 398 — — der Bodenlösung 409 Oxalessigsäure 454, 487 Oxalsäure 54, 476, s. auch u. Kalziumoxalat Oxydasen 485, 487 Oxydationsgärung 480 Oxydoreduktion 482, 484 Oxysäuren 391 Ozellen 581*, 582* Paarkernmycel 542*, 343, 548*, 549* Pachynema 40 Pachytaen 40 Palea s. u. Spelzen Palisadenparenchym 101, 102*, 105*, 224*, 225* Palisadenzellen 101*, 105*, 120*, 150*, 153*, 224, 225*, 309*, 310* Palmenstamm, primäres Dickenwachstum 182, 183* Palmentypus 189* Palmen, Verzweigung 242 Palmenwachs 67 Palmenwurzeln 299, 302* Palmitin 469 Palmitinsäure 391, 461 Panaschierte Blätter 23, 440, 534 Pandanus, Stützwurzeln 299*, Tafel 5 Panphotometrische Blätter 214, 217 Pantothensäure 494 Papain 469 Papaverin 593 Pappus 281*, 374*, 580 Parallelnervatur der Monokotylenblätter 228*, 250 Parallelotropismus 558 Paranuß 59 Parasiten 97, 98», 324ff. - , Embryo 170 Haustorien 325, 327*, 328*, 329*, 550* Parasiten, Physiologie 456, 465 Parasiten, Pilze als 550* Parasitismus 324 ff. Parasorbinsäure 501 Parastichen 239 Parasyndese 40 Parenchym 61 Parenchymscheiden der Gefäßbündel 144, 224*, 225* Parentalgeneration 521 Parthenogenesis 367*, 368 Parthenokarpie 573, 512*

Passiflora, Ranken 264* Pathogene Bakterien 466 Pediastrum, Koloniebildung 75, 76* Pektinasen 468 Pektine 65, 591, 468 Pektinschleime 66 Pelargonin 58 Pelorien 277 Peltates Blatt 268 Penicillin 458 Pénicillium 336*, 456 Pentosen 65 Pepsin 465, 469 — bei Camivoren Pepton 456, 457 Perianth 275 Periblem 78 — der Angiospermen 78, 168*, 169, 180*, 181 — des Embryos 168* — der Wurzel 285*, 286*, 287*, 288*, 289* Periderm 86*, 87* Peridium 349 Perigon 275 Perigyner Fruchtknoten 276, 277* Perikambium 80, 149, 150*, 181, 186, 196*, 289, 290*, 292 —, Beteiligung am Dickenwachstum 209, 295* - , Korkbildung 86, 198* - , Ölgänge 293 - , Seitenwurzelbildung 289, 290* — des Sprosses 186* Perikarp 375 Periklinalchimären 508* Perikline Wände 78 Periodizität der Entwicklung 512 Periplasmodium 356*, 358 Perisperm 366 Peristomzähne 353 —, Hygroskopizität 549 Perizykel 181, 186, 196*, 198* Perizykelbast 123, 193, 196* Permeabilität des Protoplasmas 15, 400, 414, 559 Peroxydasen 487 Perubalsam 112 Perzeption der Reize 557 Perzeptionsort 565, 578 Petala (Blütenblätter) 275 Petiolus, s. u. Blattstiel Pfahlwurzel 259, 283, 307*, 309 Pfeffersche Zelle 397* Pflanzenanatomie, physiologische 76 Pflanzenasche, Zusammensetzung 394

Sachregister Pflanzenkrebs 494 Pflanzenschleime 67 Pfropfbastarde (-symbionten) 507, 508*, 539, 540 Pfropfung 539 p H -Wert 407, 431, 438, 457, 470 - , Abhängigkeit der Fermente 470 — des Bodens 438 - , Definition 407 — in Pilzkulturen 457 Phänotypische Geschlechtsbestimmung 530 Phänotypus 517 Phaeophyceen, Fortpflanzung 359*, 341* Phaephytin 23 Phaeoplasten 25* Phelloderm 86, 88* Phellogen 80, 86*, 87*, 88*, 127, 198 Phelloide 89 Phenoloxydasen 487 Phlobaphene 57, 87 Phloëm, s. u. Leptom Phloeoterma 181, 184 Phobotaxis 600 Phosphatase 469, 482 Phosphatide 28, 391, 431 Phosphatpuffer 407 Phosphor in Nährlösungen 430 Phosphorit 439 Phosphorolyse 481 Phosphorsäure im Zellkern 19, 393 — in Stärke 52 Phosphorylase 481 Phosphorylierung des Zuckers 482 Photomorphosen 509* Photonastie 587, 596 Photoperiodismus 514* Photoreaktion der Assimilation 447 — der Spaltöffnungen 420 Photosynthese 440ff., s. auch u. Assimilation — , Bedeutung der 446 - , Fermente der 448 — bei Purpurbakterien 452 — , Chemismus 447 Phototaxis 602 Phototonus 580 Phototrope Stimmung 580 — Umschaltung 580 Phototropismus, 576 ff. —, Bewegungsmechanik 576 —, Perzeptionsort 578 —, Präsentationszeit 579 —, Reizanlaß 577 - , Reizmengengesetz 579 —, Reizschwelle 578 - , Wuchsstofftheorie 582 40*

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Photowachstumsreaktion 583 Phragmoplast 44* Phycocyan 25 Phycoerythrin 25 Phycomyceten 12*, 160 Phycoxanthin 25 Phyllanthus 255* Phyllocladus 254* Phyllodien 222, 271, 272, 273*, 309 Phyllokladien 6, 254*, 255*, 256*, 309 Phylogenie 5 Physiologische Pflanzenanatomie 6, 76 Physiologische Trockenheit des Bodens 309, 412 Phytin 431 Phytol 23 Phytohormone 492, 493, 497 Piccardscher Rotationsversuch 566* Pilze 12*, 17, 75*, 76*, 160 - , Dissimilation 481, 485 - , Fortpflanzung 336*, 337, 338*, 342*, 343*, 348*, 349* —, Haustorien 100* —, parasitische 100*, 465 —, saprophytische, Stoffbedarf 456, 457 —, Wasseraufoahme 100 Pilzgallen 330 Pilzhyphen, Chemotropismus 585 Pilzwirtszellen 461*, 462 Pinguicula, Carnivorie 107, 321 Pinus, Harzgänge 112* - , Pollen 360* - , Polyembryonie 167 Pirolaceen, Mykorrhiza 459*, 460 —, Saprophytismus 330, 331 Placenta 363, 364* Plagiotrope Sprosse 239* Plagiotropie 154, 159, 235 Plagiotropismus 559 — beim Geotropismus 240, 569, 570, 574 — beim Phototropismus 240 Plankton 156 Planogameten 333*, 336*, 337*, 338*, 339* Pianosporen 333 Plasmahäute 15 Plasmalemma 15 Plasmaorgane 14 Plasmapermeabilität 15, 400, 414, 589 Plasmaströmung 16, 470, 543, 603 — und Stofftransport 470 Plasmatische Vererbung 534 Plasmawachstum, Hormone 494 Plasmodesmen 11, 48, 49*, 62, 74, 140 Plasmodien 12* —, chemische Zusammensetzung 27

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Sachregister

Plasmolyse 402* Plasmon 535 Plasmoptyse 459*, 460 Piastiden 14, 20 —, Bewegung 604* Teilung 31 - bei der Vererbung 535 Piastidom 535 Plattenkollenchym 132*, 133 Platykladien 254*, 256 Pleiochasium 281*, 282 Plektenchym 74, 160 Plerom 78, 180*, 181, 285* - der Angiospermen 78, 168*, 169 - der Wurzel 285*, 286*, 287*, 288*, 289 Plumbaginaceen, Salzdrüsen 105* Plumula der Dikotyledonen 173 Plumula der Gymnospermen 166, 167* Pneumathoden 121 ff. - der Lebermoose 104», 127 Podetien 160* Podostemonaceen 235, 300*, 301*, 302 Podsolierung 438 Poinsettia 234* Polarität 153, 503 ff. - Beeinflussung durch .äußere Faktoren 504 Polioplasma 15 Polkappen 33 Pollakanthe Pflanzen 244 Pollen, Verbreitung 371 Pollenkammer 359 Pollenkörner 63*, 66, 359, 360*, 365, 365*, 372 - , Entwicklung 39*, 45*, 359* - der Koniferen 359, 360* —, Wandbildung 64 Pollenmutterzellen 39*, 40, 359* Pollenschlauch 360, 361*, 365* —, Ghemotropismus 585 Pollensäcke der Angiospermen 262, 276*, 363* - der Gymnospermen 359* —, Kohäsionsmechanismus 550* Pollentetraden 39*, 45*, 359*, 363, 524 Pollinium 373 Polsterpflanzen 307* Polyembryonie bei Pinus 167 Polyhybride 521, 526, 528 Polypeptidasen 469 Polypeptide 29, 393, 456 Polyploidie 35, 537, 538 Polysaccharide 51*, 64*, 391 Polytrichales, Anatomie der 104*ff, 163 Porphyr 435 Positionseffekt 536, 539

Postreduktion 42*, 43, 524 Potentiale, elektrische 489 Potenz, männliche und weibliche 532 Potometer 412, 421», 422, 425 Präreduktion 42», 43, 524 Präsentationszeit 560 — beim Geotropismus 567 — beim Phototropismus 579 Primärblätter 172*, 219*, 221 Primäre Gewebe 176 ff. — Markstrahlen 187 — Rinde, Entstehung 176 ff. — Wandschichte 71 Primäres Dickenwachstum 182ff., 183* Primärwurzel, s. u. Keimwurzel Primordien, s. u. Blattanlagen Proauxin 499 Probasidie 350 Prochromosomen 17*, 37 Proembryo der Angiospermen 168*, 169* — der Gymnospermen 166* Prokambium 79*, 143, 144, 177, 181, 285 — der Pteridophyten 177, 285* Prokambiumstränge 143 Prolamine 393 Propagation, vegetative 368 Prophase 32*, 33, 39*, 40 Propylalkohol 484 Prosenchym 61, 129*, 140* Prosthetische Gruppe 467, 492 Proteasen 407, 409 Proteide 28, 393 Proteinasen 469 Proteine 28, 393 Proteinkörner 55*, 58*, 59* Proterandrie 370 Proterogynie 370, 373 Prothallien, Geschlechtsbestimmung 530,531 Prothallium 165, 354, 355*, 357*, 358, 360*, 361, 362*, 368 Protisten, s. u. Einzeller Protochlorophyll 23 Protoderm der Pteridophyten 176*, 177*, 178*, 285* Protohadrom 144, 146*, 294 Protokorm 332 Protoleptom 144, 147, 148* Protoplasma 10, 14, s. auch u. Plasma —, Einteilung 14 —, Elastizität 30 Feinstruktur 29 - , Gerüststruktur 29*, 30 —, kolloidale Lösung 29 - , Permeabilität 15, 400, 414, 487 —, physikalische Eigenschaften 29

Sachregister Protoplasma, Wassergehalt 2 8 Protoplast 10 Wasserpermeabilität 409, 4 9 9 , 5 0 1 , 589, 593,599 Protostele 185 Pseudanthien 2 7 9 Pseudoparenchym 74, 160 Pseudoperianth 3 5 1 * , 3 5 5 Pseudopodien 6 0 0 Psilotaceen 1 5 4 Psychrometer 4 1 6 Pteridophyten, s. auch u. Farne —, E m b r y o 1 6 5 * - Endodermis 1 4 3 * , 144, 1 7 6 * , 178, 2 8 5 * , 289* - , Fortpflanzung 554ff. —, Keimpflanze 1 6 5 * , 171 —, Prokambium 177, 2 8 5 Protoderm 1 7 6 * , 1 7 7 * , 1 7 8 * Scheitelzelle 1 7 6 * , 1 7 7 * , 1 7 8 * , 1 7 9 * , 2 8 5 * - , Scheitelzelle in der Wurzel 1 7 6 * , 1 7 7 * , 179* Segmente 1 7 6 * , 1 7 7 * , 2 8 5 * - , Spermatozoiden 2 6 * , 2 7 * Wurzelbildung 1 7 6 , 1 7 7 * , 1 7 9 * , 2 8 9 * —, wurzellose 1 5 4 - , Zentralzylinder 1 8 5 * Pteridophytentypus der Spaltöffnungen 1 2 5 * Pulpa 3 7 5 Purine 3 9 3 Purpurbakterien, Photosynthese 452 Pyknosporen 3 4 9 * Pyrenoide 2 1 , 5 2 Pyrimidine 393 Pyrrol 2 2 Quarz 4 3 5 Quellung 69, 4 0 4 f f . , 4 8 8 - , Ursachen der 105 Quellungsdruck 4 0 4 Quellungsellipsoid 69, 5 4 4 Querkriimmung 5 4 8 Querpolarisation bei Tropismen 575, 582, 585 Querpolarität 153, 5 0 4 Querstruktur der Zellwand 7 0 , 7 1 * — in hygroskopischen Mechanismen 545 R a c e m o s e Blütenstände 2 8 0 * Rachis 2 1 5 Radiale Gefäßbündel 9 1 * , 143, 148, 1 4 9 * , 150* Radialquellung 5 4 4 Radicula, s. u. Keimwurzeln Radieschen 2 5 9 * Rafflesiaceen, Parasitismus 327, 2 3 8 * , 3 2 9 *

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Randwirkungsgesetz 419 Randzelle 159 Ranken 2 1 9 * , 2 6 3 , 2 6 4 * - , Thigmotropismus 5 8 3 , 5 8 4 * , 5 8 5 * Rankenkletterer 2 6 3 , 3 1 9 Rankenpflanzen, Haftscheiben 319, 5 1 1 * Raphe 377 Raphidenzellen 5 3 * , 117 Rasenerz 4 8 0 Rassen, geographische 5 3 6 , 5 3 8 Reaktionszeit 5 6 0 Realisatoren 5 3 1 , 5 3 2 * , 5 3 3 Redoxsysteme 4 8 6 Reduktionsspalt 43 Reduktionsteilung 38ff., 3 9 * , 41, 4 2 * , 3 4 0 * , 359* —, Bedeutung für die Vererbung 524, 531 Reduzierende Bakterien 4 8 0 Refraktärstadium 5 8 7 Regeneration 507 Reibung in Wasserleitungsröhren 139 Reihenkambium 196, 1 9 7 * Reißfestigkeit 131 Reizanlaß 557 Reizbarkeit 5 5 7 Reizbegriff, Definition 557 Reizbewegungen 5 4 4 , 557 ff. Reizerscheinungen 4 9 2 , 501 Reizgefälle 5 5 9 Reizkette 557 Reizleitung 5 5 8 , 5 8 8 Reizleitung, geotrope 5 7 3 — bei Mimosa 5 9 0 - , phototrope 5 8 2 Reizmengengesetz 5 6 1 — beim Geotropismus 5 6 7 , 5 6 8 — beim Phototropismus 5 7 9 Reizphysiologie 388, 557 ff. Reizprozesse 4 9 2 Reizreaktion 5 5 7 Reizschwelle 5 5 8 , 5 6 0 Reizstarre 5 5 8 Reizsummation 561 Reizung, antagonistische 5 6 1 , 5 7 7 - , heterogene 561 — , homogene 561 - , intermittierende 5 6 1 , 5 6 8 , 5 7 9 Rekauleszenz 2 5 0 * , 2 5 1 Rekrete 490 Relative Sexualität 5 3 2 Relaxationszeit 561, 5 7 9 Reparation 507 Reservestärke 21, 5 0 Reservestoff behälter 117 Reservestoffe im Samen 1 1 7 , 1 1 8 * , 377

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Sachregister

Restitution 507 Restitutionsprozeß bei Nastien 587 Resultantengesetz 561, 562, 578 Reticulum 17 Rettich 259* Rezessive Merkmale 523, 526 Reziproke Kreuzung 525 Rhaphiden 53* Rheotropismus 586 Rhexigene Interzellularen 76, 121 Rhinanthus, Parasitismus 324 Rhizodermis 89, 92*, 93, 292 —, Wasseraufhahme 409 Rhizoiden der Moose 99* - der Prothallien 100, 355* Rhizome 117, 235*, 236*, 257*ff., 316, 322 Anatomie 191, 262 Homorrhizie 236*, 258, 259 - , monopodiale 246*, 247, 258 —, plagiotropische 570 - , sympodiale 246*, 247, 258, 262 wurzellose 257*, 259 Rhizomorphen 160, 460 Rhizompflanzen 307 Rhizophylle 324 . Rhizophyten 332 Rhizothamnien 463 Rhodoplasten 2 5 * , 52 Rhythmische Bewegungen 597, 599 Ribose 393 Ricinussamen 58, 171* Rinde, primäre 181, 184, 202 - Entstehung 181 sekundäre 199ff., 200*, 201*, 209 - , - , Bastfasern 201 - , Exkretbehälter 201 - , der Gymnospermen 201*, 202 —, Leptomelemente 200 - , Markstrahlen 201 Rindenwurzel 328 Rindenparenchym des Sprosses 184 ff. - der Wurzel 292ff. Ringelborke 89 Ringelungsversuch 425*, 470* Rinjgefäße 63*, 137* Ringporigkeit 207 Ringstruktur der Zellwand 70, 71* Rispe 280*, 281 Rohhumus 438 Röhrenstruktur der Zellwand 70, 71* Röstprozeß 65 Rohrzucker 57, 390 Rollblätter 218*, 310 Rosette 166* Rosettenpflanzen 248*, 292*, 507

Rostellum 555, 556* Rostpilze, Fortpflanzung 549* - , Parasitismus 100*, 349* Rotalgen 25 —, Assimilation 446 Rotang 269, 270* Rotation 16 Rotholz 207 Rüben, sekundäres Dickenwachstum 296* Rückkreuzung 525 Ruhekern 31 Ruscus 256* Ruta, Drüsen 111* Rutensträucher 263, 308, 509, 425 Saccharase 467, 468 Saccharomyces 48* - , Gärung 480ff. Saccharose 57, 390 Sachssche Jodprobe 444 Sättigungsdefizit der Luft 416 Säureamidbindung 392, 456 Säureausscheidung der Wurzeln 455 Säurebildung bei der Atmung 476 Säuren, organische 391, 455 Saftspalten 108*, 109 Saftstrom, absteigender 471 Salepschleim 57 Salicornia 252* Salvinia, Entwicklung 556*, 357*, 558 - , Wasserblätter 221, 556* Salzdrüsen der Plumbaginaceen 105* Salze, physiologisch basische und saure 435, 454 —, im Zellsaft 57 Samen 366, 373 ff. — , Flugeinrichtungen 379, 380* - , Reservestoffe 49*, 55*, 58*, 59*, 117, 118*, 377 Samenanlage der Angiospermen 565*, 364* — , Auxingehalt 499 — der Koniferen 358*, 359, 362* Samenkeimung 513 Samenschale 366, 377 Samenverbreitung 377 ff. Sammelfrucht 576* Sammelzellen, des Assimilationssystem 105*, 224 Sand 410, 436 Sandsteine 455 Saponine 391 Saprolegnia 12* Saprophyten 330ff., 331*, 459*, 460*, 461*, 462* - , Embryo 170, 460*

Sachregister Saprophyten, Kohlenstoffquellen 456, 458 —, Stickstoffijuellen 457 Sarraceniaceen, Carnivorie 465 - , Kannenblätter 268, 322* Satellit (SAT-Chromosom) 34*, 36*, 38 Sauerstoff und A t m u n g 472 ff. Sauerstoffgehalt des Bodens 412 Saugkraft der Xerophyten 403 - der Zelle 398, 400* Saugkraftanstieg in der Pflanze 428 Saugkräfte des Bodens 411 Saugwürzelchen 291 Saxífraga, Kalkdrüsen 105 S c h a f t 248 Schattenblätter 224, 306, 510 Schattenpflanzen 306 —, Assimilation 450 Schauapparat 371, 372 Scheide der G e f ä ß b ü n d e l 133*, 141 - des Monokotyledonenembiyos 170, 173*, 174*, 175* Scheinbeeren der Mistel 328 S c h e i n f r ü c h t e 376, 377* S c h e i n s t a m m von Bananen und G e r m e r 249*, 250 Scheitelkante bei Farnwedeln 212* Scheiteltorsion 163, 164 Scheitelzelle 78 - d e r Algen 159* - der Dikotyledonen 286, 287* - der Farnblätter 165, 177* - der Farne 165, 176*, 177*, 178* - d e r Monokotyledonen 288*, 289* - der Moose 161*, 164* - der Pteridophytenwurzel 176*, 177*, 179*, 285* - der Sprosse 176*, 177*, 178*, 180* S c h i e f b l ä t t e r 240*, 241 Schiefer 435 Schichtung 61, 129*, 130 Schildblatt 268 Schimmelpilze, E r n ä h r u n g 456 —, Säuregärung 485 Schizogene Drüsen 110, 111*, 112* - Interzellularen 75 Schlafbewegung, Mechanik 598 - , R h y t h m i k 596 Schlafende Augen 248 Schlauchblätter 267, 268* Schleime 67, 391 Schleim i m Zellsaft 57 Schleuderfrüchte 376 Schleudermechanismen 553*ff., 554*, 555*, 556* S c h l e u d e r t h e r m o m e t e r 416

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S c h l i e ß f r ü c h t e 374*, 375, 381* Schließhaut d e r T ü p f e l 62*, 136* Schließzellen, s. a u c h u. Spaltöffnungen 121*, 122*, 123*, 124*, 125*, 126*, 127* Schlingpflanzen 318, 574, 575* Schling- und Kletterpflanzen. T r a c h e e n der 139 Schlitzblättrigkeit 536 Schluff 435 Schopfbäume 249 Schoten 374*, 376 Schraubet 283 Schxaubenflieger 381* S c h r u m p f e i n d e r Zellwand 549 Schubfestigkeit 129, 227 Schulzesche Mazeration 66 Schuppenblätter 218*, 219 Schuppenborke 89 Schuppenhaare der Bromeliaceen 96* Schuppenwurz, s. u . L a t h r a e a Schützscheiden, s. u . Endodermis und Exodermi? Schwammparencliym 103*, 120, 137*, 224 Schwarzerdeböden 438 Schwebeeinrichtungen 379, 380*, 381* Schwebeformen 155, 156* Schwefel, Kreislauf 488 — in Nährlösungen 430 Schwefelbakterien 452, 479*, 488 Schwefelwasserstoff, Oxydation 453, 479, 485 Schweizersches Reagenz 64 Schwellschichte 548, 559 Schwerkraft als Reizanlaß 234, 240, 561 ff. Schwerereiz, Suszeption 564 Schwimmbewegung 155 S c h w i m m b l ä t t e r 314 Scenedesmus, Koloniebildung 156* Scopolamin 393 Scrophulariaceen als Parasiten 97 Scutellum des Grasembrvos 98*, 170, 173*, 175 Sedimente 435, 436 Sedimentgesteine 435 Segelflieger 380*, 381* Segmente der Algen 158* - der Moose 161*, 164* - der Pteridophyten 176*, 177*, 178*, 179 Seismonastie 587, 588 Seitenachsen, Eigenwinkel 235 - , E n t s t e h u n g 177, 178*, 179*, 181*, 182*, 235 —, Geotropismus der 570 Seitenwurzeln, Anlage 290* — aus der Endodermis 176* —, Geotropismus 570*

Sachregister Sekretgänge 111*, 112* Sekretionssystem 104 ff. Sekretlücken 110, 111* Sektorialchimären 508* Sekundäres Dickenwachstum des Sprosses 195ff., 196*, 198*, 209* - Dickenwachstum der Wurzel 294ff., 295*, 296* Sekundäre Gewebe 80, 85, 195ff. - Rinde 199ff., 200*, 209* - Verdickungsschichten 71 Selaginella, Anisophyllie 241* - , Dichotomie 245 —, Sporophyllstand 237* Selektionstheorie von Darwin 8, 528, 538 Selektionswert der Mutanten 538 Semipermeable Membranen 396ff., 408 Senker, s. u. Haustorien - der Mistel 328, 329* Sepala (Kelchblätter) 275 Septa, multiperforate 419*, 451 Sequoia 425 Seriale Knospen 248* Seta 163*, 353 Sexualität, relative 532 Sichel 281*, 282 Siebfeld 139*, 140 Siebplatten 139, 140* Siebröhren 19, 138*, 138*, 140*, 160 Druckströmung 471 - der sekundären Rinde 201 - , .Stoffwanderung 470 Siebtüpfel 139*, 140* Silikate 435 Silizium, s. u. Kieselsäure Simultane Teilung 44 Sinigrin 392 Sinnesorgane 151, 587 Sinusgesetz des Geotropismus 568* Siphonales 12 Siphonostele 185* Sitosterin 391 Skiereiden im Mesophyll 133* Sklerenchymzellen 133*, 134* - in der Borke 200* - der sekundären Rinde 89, 200*, 201 Skleropliyllie 227, 308 Sklerotien 76*, 160 Sole 30 Solenostele 185* Somatische Kernteilung, s. u. Mitosis Somatogamie 348, 349* Sommerdürre 308 Sonnenblätter 224, 310, 510 Sonnenlicht, Absorption durch Clorophyll 23*

Sonnenlicht und Assimilation 445, 453 Sonnenpflanzen, Assimilation 449 Sonnentau, s. u. Drosera Sorbit 57, 391 Soredien 458 Sorus 354*, 356* Spaltfrüchte 374*, 375 Spaltöffnungen 121*ff., 122*, 123*, 124*, 125*, 126*, 127*, 306*, 309*, 310* —, Anpassung an Klima und Standort 125, 306, 310, 313 Anzahl 127 Bedeutung für die Transpiration 417,418* - , Bewegungsursache 123, 420 Diffusion durch 419, 451 - , Einfluß auf die Assimilation 122, 448 - , Einsenkung bei Xerophyten 126*, 309* —, Gramineentypus 123* —, Gymnospermentypus 124* —, nastische Bewegungen 599 - , Photoreaktion 420, 599 - Pteridophytentypus 125* Reizbarkeit 420 - , Tagesrhythmik 420 - der Wasserpflanzen 127 Zahl der 127/448 Spaltungsgärung 480 Spaltungsregel 523 Spatha 233 Speicherblätter 265*, 312*, 313* Speichersprosse, s. u. Rhizome Speichersystem 117 ff. Speichertracheiden 119 Speichervermögen 433 - der Salze 394, 433 Speicherwurzeln 297*, 298* Speicherzellen im Holzkörper 202 ff. Spelzen 278 Spermatogenese 28 Spermatozoiden 334 - der Algen 26*, 338*, 339* —, Chemotaxis 603* - der Farne 26*, 28* - der Gymnospermen 26, 27, 361 - der Moose 27*, 350, 352 Spermazellen 365* Spezialisten 456, 466 Sphagnum 99*, 100, 164 Spikularzellen 53 Spiralgefäße 63* Spiralige Blattstellung 237*, 238* Spiraltheorie des Chxomosomenbaues 37 Spirem 33 Spirogvra Chloroplasten 21* —, Generationswechsel 341

Sachregister Spirogyra, Kopulation 558* —, Reduktionsteilung 340* - , Zellteilung 46* Spitzenempfindlichkeit bei Koleoptilen 565, 566*, 578* Spitzenwachstum 496 - der Algen 158* - der Zellmembran 61 Splint 208 Sporangien 355 - der Farne 554*, 256*, 363*, 549* - , Kohäsionsmechanismus 549* - der Pilze 337 Sporen 66, 555, 556*, 341*, 343*, 548*, 549*, 550*, 351*, 355* - , Wandbildung 64, 561 Sporenkapsel, Kohäsionsmechanismus 550, 551 - der Laubmoose 353* - der Lebermoose 350*, 351* Sporenmutterzellen 40*, 553, 354, 358, 359* 524 Sporogenes Gewebe 355, 554, 358, 559*, 563*,365* Sporogon 350*, 351*, 353 Sporophylle 273*, 274, 556, 558 Sporophyllstand 274 Sporophyt 164 - der Algen 541*, 542 - der Farne 554*, 556* - der Moose 550*, 551*, 555* - der Pilze 548, 549 Spreizklimmer 520 Springfrüchte 576, 552*, 555*, 554* Springkraut, Schleudermechanismus 555*, 554* Spritzgurke 552* Spritzmechanismus 551, 552* Sproßachse, Anatomie 184ff. - , Verzweigung 176ff., 242ff. Sproßbürtige Wurzeln 178, 282*, 285* Sproßdornen 262, 265* Sprosse, adventive 248 —, Entwicklungsgeschichte 176ff. —, Metamorphosen 254 ff. - , plagiotrope 236, 240*, 569 Sproßknollen 259ff., 258*, 259*, 260*, 261*, 262* Sproßranken 263, 264* Sprossung der Hefezellen 48*, 332 Spurenelemente 432 Stabkörper des Velamens 99* Stacheln 263 Stadialtheorie 540 Stammsukkulente 312

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Stapelia 310*, 311 Stärke, Abbau 468* — als Assimilationsprodukt 443 — als Atmungsmaterial 476 - , Jodfärbung 52 —, Nachweis 52 — in Schließzellen 123, 420, 599 Stärkebildner, s. u. Leukoplasten Stärkeblätter 453 Stärkekleister 52 Stärkekörner 20, 21, 50* ff. —, Chemismus 51 - , Feinbau 51* — im Milchsaft 59 Stärkescheide 181, 185, 196*, 565 —, Statolithen 565 Stamina 275 Staminodien 277 Stapelia 310*, 312 Statolithentheorie des Geotropismus 564, 565* Statozysten 565 Staubblätter 274*, 275ff., 362 —, explosive 555*, 556* - , reizbare 592*, 593* Stauden 304, 307 Stearinsäure 391 Stecklingskulturen 506* Stegmata 55, 117 Steinendosperm 49*, 65, 117, 175, 468 Steinfrüchte 375 Steinschalen von Früchten 134 Stele 185* Stelzwurzeln 299 Stengel, mechanische Elemente 191 ff. Stereom 129 Sterigma 348*, 349* Sterine 28, 591 Stickstoff, Assimilation 454 ff. Kreislauf 486 Stickstoffbakterien 463, 464 Stickstoffdünger 439 Stickstoffgehalt der Böden 455 Stickstoffquellen der autotrophen Pflanzen 450, 454, 455 — der Saprophyten 457 Stimmung 558 Stimulatoren 587, 589*, 591*, 595 Stipeln, s. u. Nebenblätter Stipes 575, 555, 556* Stockausschlag 248 Stoffspeicherung 117, 259ff., 265 Stofftransport und Plasmaströmung 470 Stoffwanderung durch Diffusion 470 - , Elemente der 138*, 139*, 140*

634

Sachregister

Stoffwanderung, Ursachen der 471 Wege der 470, 471 Stoffwechsel 389 ff. - , Endprodukte 490 Stomata, s. u. Spaltöffnungen Storaxharz 112 Strang, axiler 149*, 185, 191 Streckung der Zelle 56*, 80 Streckungswachstum 80, 183, 495ff., 564 —, Hormone des 497 Streifung der Bastzellen 129*, 130 Streufrüchte 374*, 375 Stroma 20, 30 Strophantin 391 Strophiola 378* Strychnin 393 Stützwurzeln 283*, 298 Styloide 53* Suberin 66 Suberinlamelle der Korkzelle 66, 72, 417 — in Ölzellen 110 — in Scheiden 89, 90 Submerse Pflanzen 95, 97, 139, 409 — —, Assimilation 452 Atmung 475 — — —, Wasserdrüsen 315, 409 Sudan, Lösung 66 Sukkulente 310*ff., 311*, 312*, 313*, 422, 423 — Atmung 476, 487 — Schleimgehalt 57 — Wassergehalt 119, 422 Sukzedane Teilung 45* Sulfurizierende Bakterien 479* Summation der Einzelreize 561, 579 Sumpfpflanzen 306, 309, 423 Superposition 275 Suspension 30 Suspensoid 30 Suspensor der Gymnospermen 166* Suszeption des Lichtes 577 — der Reize 557 — der Schwerkraft 564 Symbiose 458 ff. Symmetrieverhältnisse 153, 234ff. Sympodium 245*, 246*, 247, 257, 258, 264* — bei Zwiebeln 266 Synapsis 40 Syncytium 12 Synergiden 364*, 365, 366*, 367* Synizesis 40 Synkarpie 275 Synzygospore 338*, 339 Systrophe 605

Tabak-Virus 466 Tahaschir 55 Talbotsches Gesetz 579 Tangentialquellung 544 Tannin 58 Tapetenschichte 17*, 354, 358, 359*, 363* Taupunkt 416 Taxien 543, 602ff. Taxus, männl. Blüte 274* Tegmente 232*, 244* Teleutosporen 349* Telophase 32*, 33, 36, 39*, 41 Temperaturregel, Van 'tHoffsche 450, 470, 475 Tentakel der Droseraceen 107*, 108 —, Reizbarkeit 593 Termone 532 Terpene 109 Terpentinöl 112 Tertiäre Schichten 71 Testudinaria 258* Tetrade 43 Tetradenanalysen 524 Tetradenbildung 46 Tetradenreduktionsteilung 39*, 40, 43, 340*, 341*, 342, 343*, 348*, 349, 353, 354, 359*, 360, 360, 364*, 524 Tetrasporen bei Algen 4 5 * , 341*, 342 Thallophyten, Morphologie der 155 ff. —, Wasserversorgung 424 Thallus 155ff., 339*, 343* Theka 275, 276*, 362, 363* Thein 393 Thermomorphosen 511 Thermonastie 587, 596 Thermotropismus 586 Thigmomorphosen 511 Thigmonastie 587, 593 Thigmotropismus 585 ff. Thiorhodaceae 452 Thomasmehl 439 Thyllen 208, 426 Thymonukleinsäure 19, 393 Tinte aus Gerbstoffen 58 Tone 410, 435 Tonerde 436 Tonoplast 15, 57 Tonoplastenplasmolyse 408 Tonschiefer 435 Tonus 558, 569 Topinambur 260, 261* Topotaxis 602 Torfbildving 437 Torfmoose, Kapillarapparat 99*, 100, 164 Torsion 239*, 240, 547*, 571, 576*

Sachregister Torsion der Blätter 164, 240, 577 Torus 62* Toxine 466 Trabant, s. u. Satellit Tracheen 63*, 136*, 137* - , Bildung 49* - des Dikotylenholzes 202, 204*, 205* —, Verdickungsleisten 63*, 137* Tracheen und Tracheiden, Wasserleitung 425 Tracheiden 135 - des Dikotylenholzes 202, 205* Träger 191*ff. Träufelspitze 306*, 424 Tragmodul 131, 133 Transfusionsgewebe 102*, 136, 226* Translokation 536 Transpiration 415 ff. - , Definition 415 - , kutikuläre 417, 418* —, physikalische Komponente 416 —, physiologische Bedeutung 423 —, physiologische Komponente 416, 418* - , stomatäre 416, 418* Transpirationsbestimmungen 421* Transpirationsschutz 81, 84, 87, 309, 417 —, Trichome als 84 Transport der Baustoffe 466ff. Transversalgeotropismus 570 Transversalphototropismus 559, 581 Traube 280* Traubesche Zelle 397 Trauerformen 235, 536 Traumatin 494 Traumatropismus 586 Trennungsgewebe 308, 551 Trennungsphelloide 89 Treppentracheiden der Farne 135*, 136 Trichite der Stärkekörner 51 Trichoblasten 93 Trichogyne 342*, 343 Trichome 83ff., 84, 95ff., 96*, 97*, 107*, 114*, 226 - als Transpirationsschutz 84 - Wasseraufnahme 95, 96*, 97, 309, 311 Trockenfäule 432 Trockenheit, physiologische 309 Trockenresistenz 308 Trockensubstanz 390 Tropenwald 304 Tropismen 559 ff. - , Definition 544, 559 Tropophyten 305 ff. Trypsin 465, 469 Tryptophan 392 T-Träger 191*, 192, 193

635

T-Träger im Blatt 225*, 227 Tubifloren, ölgänge 112*, 113, 293 Tüpfel 61, 62*, 63* — der mechanischen Zellen 130 Tüpfelgefäße 63*, 137* Tulpenzwiebel 265* Tunika 181 Turgor 59, 400, 404 — in Schließzellen 123, 599 Turgorbewegungen 551, 559, 587ff. Turgormechanismus bei Nastien 587 ff. — bei Schleuderbewegungen 551 ff. Turgorregulation 403 Tyndallscher Effekt 29 Typus 9 Tyrosin 392 Überwallung 207, 208*, 248 Uhxfederranken 264* Ulothrix 336* Ultrafiltertheorie 409 Umschaltung, geotrope 571, 574 —, phototrope 580 Unabhängigkeitsregel 520 Unduüerende Membran 26 Uniformitätsregel 520 Unsterblichkeit, potentielle 516 Unterblatt 211*, 212, 222 —, Berindung durch das 252*, 253* Unterschiedsempfindlichkeit, geotrope 568 Unterschiedschwelle, phototrope 580 Urease 485 Uredineen, Fortpflanzung 349* - , Parasitismus 100*, 330* Uredosporen 349* Urmeristem 78, 176, 196 Urpflanze 9, 254 Urtica, Brennhaare 8 5 * Ustilagineen, Fortpflanzung 349 Parasitismus 100, 330, 465 Utricularia 323*, 465 - , Blasen 269, 324* —, Kohäsionsmechanismus 551 Vakuolen 13, 56ff., 80 —, Bedeutung der 59 —, kontraktile 57 Vandophytin 462 Van 'tHoffsche Temperaturregel 450, 470, 475 Variabilität 7, 517, 518 Variationsbewegungen 559, 576, 587 ff. Variationsbreite 518 Variationsmechanik bei Nastien 587 ff. Vaucheria 335*

636

Sachregister

Vegetationskegel 182, 185* Vegetationspunkt 78 - der Angiospermen 168, 170, 180* - des Embryos 165*, 167* - der Farne 165, 176*, 177*, 178*, 179* - der Gymnospermen 166 - der Moose 161*, 164* - der Wurzel 165ff., 284ff., 285*, 286*, 287*, 288*, 289* Vegetative Fortpflanzung 535, 554ff. Velamen 94*, 95*, 516 Venusfliegenfalle 520*, 590 Veratrum, Scheinstamm 249*, 250 Verbrennungswärme 472 Verdauungsdrüsen 107*, 108, 520ff. Verdauungsfermente der Carnivoren 461, 464 Verdauungsschichte der Mykorrhiza 461*, 462 Verdickungsring der Monokotyledonen 209*, 210 Vererbung 501, 517ff. —, intermediäre 523 —, plasmatische 534 Verholzung 65 —, Reaktionen 65 Verkalkung der Epidermis 82 Verkieselung der Epidermis 82, 124* Vermehrung, vegetative 568*, 569* Vernalisation 515 Vernation der Laubknospe 210* Verschiebungen, s. u. kongenitale Verwachsungen Vertizibasalität 153 Verwachsung, kongenitale 251*ff., 252*, 253*, 312, 515 Verwitterung 456 Verzweigung der Algen 158*, 159 - der Anthophyten 242 ff. —, axilläre 245 botrytische 280* —, chasiale 246 dichotome 243*, 244*, 245 - , koralloide 257* —, monopodiale 245 - der Moose 161 nichtaxilläre 178* - der Pteridophyten 177, 178* - , l-azemöse 280*, 291 - , seitliche 245 - der Sproßachse 242 ff. sympodiale 245*, 246* —, wirtelige - der Wurzel 290*, 291 zymöse 246, 281* Vielzellbildung 47 Vikariierende Arten 438

Virus 466, 539 Viscum, s. u. Mistel Viskosität der Plasmas 30 Vitale Theorie des Wassertransportes 429 Vitalfarben 50 Vitamin B^ 492, 494 - B 2 , 486, 494 Vitis, Ranken 264* Viviparie 515 Vogelleim 528 Vollparasiten 524ff. Volutin 59 Vorblätter 252*, 255*, 258, 265, 283 Vorblatt, adossiertes 238 Vorläuferspitze 217*, 319 Vorspelze 278* Wachs 67 Wachsüberzüge der Epidermis 81 Wachstum 491 ff. - der Blätter 496 —, embryonales 495 ff. - , gleitendes 79, 496 —, große Periode des 496 interkalares 61, 79, 184 - , Periodizität 512, 515 Wachstumsbewegungen, Definition 559 Wachstumsenergie 490 Wachstumsverteilung in Organen 495*, 496 Wahlvermögen der Pilze 457 - für Salze 594, 435 Wärmeproduktion 489 Wanddruck 400 Wanderstärke 141 Wandverdickung, zentrifugale 63*, 64 - , zentripetale 18*, 65*, 66*, 129* Warburgs Atmungsferment 486 Warburg, Wieland, Atmungstheorie 486 Wasseraufnahme 595ff., 409ff., 412 - der Laubblätter 95, 96*, 97*, 415 - der Wurzel 409 ff. Wasserbilanz der Pflanzen 422 Wasserblätter von Salvinia 221, 356*, 358 W asserdampfgelialt der Luft 415 Wasserdrüsen submerser Pflanzen 315, 419 Wasserfarne 356*, 557*, 558 Wassergehalt 590 Wassergewebe, äußere 118, 119* innere 119, 514 - der Sukkulenten 119, 514 Wasserhaushalt 595 ff. Wasserhüllen der Ionen 405*, 406 Wasserkapazität 410 Wasserkelche 573 Wasserleitung 424 ff.

Sachregister Wasserleitung, Elemente der 155 ff. — im Holzkörper 425* — in Tracheen 425 Wasserleitungsbahnen, Zuckertransport 471 Wasserökologie 422 Wasserpermeabilität der Protoplasten 409, 499, 501, 589, 595, 599 Wasserpflanzen, Anatomie 475 —, Atmung 475 - , C0 2 -Aufnahme 452 - , Gefäßbündel 144*. 475 - , Heterophyllie 220*, 221 —, Interzellularsystem 120 Wasserspalten 106* Wasserspeicherung 119, 312 Wasserstoffbakterien 480 Wasserstoffdonator und -akzeptor 453, 482, 484 Wasserstoffionenexponent 407 Wasserstoffionenkonzentration 406, 431 —, Bedeutung bei Fermenten 408 Weber'sches Gesetz 580, 605 Wechselständige Blattstellung 257*, 258* Weihrauch 113 Weinrebe, Ranken 264 Weinsäure 391 Weißholz 207 Welkungskoeffizient 411 Wellblechkonstruktion bei Baumfarnen 194* Wellblechprinzip in Palmenblättern 227 Welwitschia 213* Wents Avenatest 497*, 575 Wickel 283 Widerstandsschicht 548 Wieland, Warburg, Atmungstheorie Wiesenmoore 437 Wimpern, s. u. Zilien Windblütler 278*, 371 Windende Pflanzen 319, 328 , Bewegung 574, 575* Wirkstoffe, s. u. Hormone und Vitamine Wirtel 188 Wirtpflanzen 325ff., 459ff., 465 Wirtwechsel 349 Wuchshormone 492, 495, 497 Wuchsstoffe, künstliche 500 Wuchsstoffeinfluß beim sekundären Dickenwachstuxn 507 Wuchsstoffproduktion in Laubknospen 499 Wuchsstoffquellen 499 Wuchsstofftheorie des Geotropismus 575, 574 — des Phototropismus 582 Wuchsstofftransport 497, 575, 582 Wruchsstoffverteilung 505 Wundhormone 494

637

Wundkork 88 Wurzel 285 ff. - , Anatomie 292*ff,. 295*, 295*, 296* - , Assimilation 301*, 317 - , dorsiventrale 292 - , endogene Entstehung 176*, 177, 178 —, Gesamtlänge 284 - , kontraktile 284*, 293 - , Korkbildung 86 Wurzel, Metamorphosen 297 ff. - , sekundäres Dickenwachstum 295*, 296* - , Sproßbildung 291* - , sproßbürtige 178 - , Vegetationspunkt 284, 285*, 286*, 287*, 288*, 289*, 291* - , Verzweigung 282*, 283, 284* —, Wasseraufnahme 409 Wurzelausschläge 291* Wurzelbündel, Übergang in das Hypokotyl 294* Wurzeldornen 299, 317* Wurzeldruck 415 Wurzelgefäßbündel der Dikotyledonen 112*, 293*, 295* - der Farne 149* - der Monokotyledonen 91*, 150*, 292* Wurzelhaare 18*, 92*, 93, 409 Wurzelhals 174, 294 Wurzelhaube 168, 283, 294 - der Dikotyledonen 168* - der Farne 165*, 285* - der Gymnospermen 286* - der Monokotyledonen 288*, 289* Wurzelhaustorien 97, 525*, 327* Wurzelkletterer 520 Wurzelknie 305 Wurzelknolle 297*, 298* Wurzelknöllclien der Leguminosen 465, 464* - der Orobanclien 326, 327* Wurzellose Pflanzen 257*, 259, 514 Wurzelparasiten 224, 325*, 326*, 557*, 528*, 329* Wurzelscheide, s. u. Koleorrhiza Wurzelsprosse, Anlage 291 Wurzelstock 259 Wurzelstasche 290* Wurzeltypen 282*, 285*, 284* Wüstenpflanzen 97, 509 - , Absorptionshaare 97* Xanthophyll 22, 24 Xenogamie 570 Xerochassie 548 Xerophyten 81, 92, 505, 308 ff. - , Assimilation 451, 452

638

Sachregister

Xerophyten, Behaarung 84, 311 - , Spaltöffnungen 126*, 309*, 3 1 0 * - , Wasserhaushalt 309, 422, 423 Xylem, s. u. Hadrom Xylose '65, 390 Z (siehe auch unter C) Zapfen der Koniferen 274, 358*, 359 Zäpfchenrhizoiden 99*, 162 Zellaggregate 73, 334 Zellbildung, freie 47* Zelle, embryonale 56*, 165 ff. — , Osmose 399 —. Streckung der 56*, 496 Zellen, meristematische 56*, 176ff., 2 1 2 * , 2 1 3 * , 284 ff. Zellenstaat 11 Zellformen, Bildung durch Flächenwachstum 13 Zellfusionen 48, 49* Zellgröße 13 Zellkern 16 ff. —, Bewegung 604 —, Chemismus 19 —, Punktion 18 — und Membranbildung 18 - , Rückbildung 139 — und Vererbung 519 Zellkolonien 73 ff. Zellkultur 494 Zellmembran 13, 60ff., 129ff. — , Chemismus 64 — , Dickenwachstum 61 - , Farbstoffe 67 - , Feinstruktur 69, 130, 545 —, Flächenwachstum 61 —, Hygroskopizität 544 - , Schichtung 1 2 9 * —, Verholzung 65 - , Verkalkung 68 —, Verkieselung 68 Zellobiose 467 Zellplatte 44*, 4 6 * Zellsaft 13 Zellsaftraum 16, 57, 80 Zellsaugkraft 400 — in der Wurzelrinde 411 Zellteilung 44*ff., 4 5 * , 4 6 * , 75 - , Hormone 493, 494 Zelltheorie 11 Zellulase 467, 468 Zellulose 64, 391 Zellulosegärung 485 Zellulosehüllen an Kristallen 54* — an Pilzhyphen 100*

Zellulosemembran, Feinstruktur 69, 130 —, physikalische Eigenschaften 69 Zelluloseschleim 67 Zellwand, s. u. Zellmembran Zentralzylinder 185ff., 292ff. - , Entstehung 181 - der Pteridophyten 177, 185 - der Wurzeln 292 ff. Zentrifugale Wandverdickung 63*, 64 Zentriole 27 Zentripetale Wandverdickung 1 8 * , 63*, 66*, 129* Zentrische Gefäßbündel 144*, 145* Zentromer 34, 36* Zentrosphäre 37 Zeolithe 437 Zerstreutporigkeit 207 Zilien 14, 26, 2 7 * , 2 8 * , 155, 3 3 3 * , 3 3 5 * , 3 3 6 * , 337*, 3 3 8 * , 339* - , Bewegung 600, 6 0 1 * —, Vorkommen 26 Zirkulation 16 Zirkummutation 576, 583 —, autonome Zitronensäure 391, 603 Zitronensäurezyklus 487 Zoenobien 73*, 74*, 75* Zoenozygote 338*, 339 Zoenozytium 12 Zoidiogamie 371 Zoochorie 378 Zoogloea 73 Zoosporangien 335, 3 3 6 * Zoosporen 74, 7 5 * , 333, 335*, 336* Zuchtwahl, natürliche 8 Zucker, Nachweis 444 - im Zellsaft 57 Zuckerblätter 433, 445 Zuckerpalme 413 Zuckerrohr 57 Zuckerrübe 57 Zuckertransport in Wasserleitungsbahnen 471 Zufallskurve 518 Zugfasern 36 Zugfestigkeit 129, 195, 292 Zugwurzeln 2 8 4 * , 293 Zweckmäßigkeit, fremddienliche 509 Zweihäusige Pflanzen, Vererbung 525 Zweikernmycel 343, 348, 349 Zweizeilige Blattstellung 238, 2 4 0 * Zwergsträucher 308 Zwiebeln 117, 2 6 5 * , 2 6 6 * Zwiebelpflanzen 265 Zwiebelsprosse 2 6 6 * Zwiebelsympodien 266

Sachregister Zwitterblüten 274*, 277*, 570 —, Geschichtsbestimmung 531 Zygomorphie 276, 279, 280* Zygonema 40 Zygospore von Spirogyra 338* Zygotaen 40 Zygote 78, 165, 167, 334, 336*, 337*, 538*, 356, 561, 566

Zyklen der Blätter 238 - der Blüte 279 Zymase 482 Zymohexase 482 Zymöse Blütenstände 281* Zytasen 467, 468 Zytoplasma 14

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Es handelt sich in der vorliegenden Monographie um ein Standardwerk eines vor 20 Jahren noch kaum beachteten, zur Zeit jedoch in voller Entwicklung befindlichen Arbeitsgebietes. Sie gibt eine vollständige Materialsammlung der zumeist in russischer Sprache gedruckten Originalliteratur der Forschungsarbeiten dieses Gebietes. Forschungsarbeiten in der UdSSR haben entgegen älteren Anschauungen gezeigt, daß technisch wertvoller Kautschuk auch von Pflanzen des gemäßigten Klimas gebildet wird. Der Kautschukträger Kok-Saghyz entwickelt sich immer mehr zur anbauwürdigen Kulturpflanze. Daneben erlangen eine ganze Reihe weiterer Kautschukpflanzen immer mehr Bedeutung, nicht nur in der UdSSR oder in den USA, sondern in der ganzen Welt.

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VORWORT

Durch die Arbeiten sowjetrussischer Forscher hat die Kenntnis von Pflanzen des gemäßigten Klimas, welche Kautschuk und Guttapercha in größeren Mengen führen und deren technische Ausnutzung Erfolge verspricht, einen ganz unerwarteten Aufschwung erfahren. Es gelang innerhalb der Flora des Gebietes der UdSSR eine Reihe von verschiedenen, neuen Kautschukträgern aufzufinden, von denen mehrere sofort in Kultur genommen wurden. Ein großer Forscherstab, bestehend aus Botanikern, Landwirten, Chemikern und Technikern, baute das neue, sich rasch vergrößernde Arbeitsgebiet in umfassender Weise aus. E s galt, der Gummiindustrie der UdSSR eine einheimische Rohstoffbasis zu schaffen. Das gewonnene reiche Beobachtungsmaterial und die erarbeiteten Resultate sind in über 100 sowjetischen Zeitschriften, in Broschüren und verschiedenen Sammelwerken niedergelegt. Eine zusammenfassende Darstellung des Gesamtgebietes existiert noch nicht. Hier will vorliegende Monographie eingreifen unter möglichst vollständigerAuswertung der sowjetischenLiteratur.

INHALTSÜBERSICHT Einführung: Das Problem der Kautochukgewinnung in Gebieten des gemäßigten Klimas Die Kautschukpflanzen des gemäßigten Klimas und der Tropenkautschuk / Kurze historische Übersicht / Anbauversuche in den USA mit Kautschuk führenden Pflanzen Historisches zur Kultivierung Kautschuk führender Pflanzen in der Sowjetunion Anbauversuche mit Pflanzen des Auslandes / Verwertung der heimischenChondrilla und Versuche mit einigen weiteren heimischen Kautschukträgern / Bedeutung der Auffindung des Tau-Saghyz 1929-30/Allgemeine Durchsicht der Flora der UdSSRauf Kautschukträger 1931-1932 und Auffindung desKok- Saghyz/EinsatzderForschung auf breitesterGrundlage und der erste Versuchsanbau / Ausbau der KautschukRohstoffbasis bis zum dritten Fünfjahresplan bis Ende 1937 Kurze Beschreibung und Yegetationsverliältnisse der wichtigsten Kautschuk oder Guttapercha führenden Pflanzen Das Vorkommen des Kautschuks im Pflanzenreich / Kautschuk führende Pflanzen / Guttapercha führende Pflanzen Arbeiten znr Morphologie und Anatomie der Kautschuk- und Guttaperchaträger Die Wurzelkautschukträger/Die übrigen techn.Kautschukträger / Der Guttapercha führende Warzenspindelbaum Zur allgemeinen Physiologie der Kautschukpflanzen Blütenbiologie / Samenbiologie Kautschukphysiologie und Stoffwechsel Zum Problem der Kautschukbildung / Kautschuk und andere Stofiwechselprodukte in Abhängigkeit vom Alter und den Vegetationsphasen der Pflanzen / Kautschukbildung in Abhängigkeit von den Vegetationsbedingungen / Der Ort der Kautschukbildung und -ablagerung / Das Problem der physiologischen Bedeutung des Kautschuks

Anbau- und Zttclitungsversuche Zum Problem der Inkulturbringung der Kautschukträger/ Der Anbau des Kok-Saghyz / Anbau des Krim-Saghyz / Anbau des Tau-Saghyz / Anbau der Guayule / Anbau der Seidenpflanze / Anbau einiger weiterer Kautschukträger / Anbau des Warzenspindelbaumes/Anbau derEukommia/' Tierische Schädlinge der Kautschukpflanzen Die analytische Bestimmung' Ton Kautschuk in kautscliuklialtigen Pflanzenmaterialien Anatomisch-mikroskopische Analyse / Extraktionsverfahren / Zerstörung der Wurzelgewebe durch Natronlauge / Analytische Bestimmung der Latex-Menge Zur Chemie und Physik des Pflanzenkautschuhs des gemäßigten Klimas Der Latex / Zum Chemismus des Kautschuks / Viskosität der Lösungen des Kautschuks und sein Polymerisationsgrad / Weitere physikalische und physikalisch-chemische Konstanten Technische Gewinnungsverfahren Aufbereitung der Saghyzarten/Aufbereitung der Guayule/ Aufbereitung des Knorpellattichs/Aufbereitungder Seidenpflanze /Aufbereitung einiger weiterer Kautschukträger/ Aufbereitung des Warzenspindelbaumes/Aufbereitung der Eukommia Namenverzeichnis • Sachverzeichnis • Zeitschriftenverzeichnis Bestellungen erbeten an:

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