Lebenszufriedenheit und Pendelerfolg: Ost-West-Pendelnde aus Tschechien, Slowakei und Ungarn in Österreich [1. Aufl.] 978-3-658-26790-2;978-3-658-26791-9

Raimund Haindorfer untersucht die Lebenszufriedenheit und den subjektiven Pendelerfolg von Ost-West-Pendelnden. In seine

472 70 3MB

German Pages XXII, 307 [312] Year 2019

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Lebenszufriedenheit und Pendelerfolg: Ost-West-Pendelnde aus Tschechien, Slowakei und Ungarn in Österreich [1. Aufl.]
 978-3-658-26790-2;978-3-658-26791-9

Table of contents :
Front Matter ....Pages I-XXII
Einleitung (Raimund Haindorfer)....Pages 1-15
Front Matter ....Pages 17-17
Das Fallbeispiel Ost-West-Pendeln in der Central European Region: Rahmenbedingungen, Bestandsaufnahme, Trends und Forschungsergebnisse (Raimund Haindorfer)....Pages 19-49
Front Matter ....Pages 51-51
Stand der Forschung I: Forschungsergebnisse und Erklärungsansätze zu Migration und Lebenszufriedenheit (Raimund Haindorfer)....Pages 53-71
Stand der Forschung II: Forschungsergebnisse zum subjektiven Migrationserfolg und zum Zusammenhang mit der Lebenszufriedenheit (Raimund Haindorfer)....Pages 73-89
Front Matter ....Pages 91-91
Theoretischer Rahmen und Hypothesen: Ein mehrdimensionaler Zugang zur Konzeptualisierung von Lebenszufriedenheit und subjektivem Pendelerfolg im Kontext von grenzübergreifendem Ost-West-Pendeln (Raimund Haindorfer)....Pages 93-123
Daten und Methoden (Raimund Haindorfer)....Pages 125-161
Front Matter ....Pages 163-163
Deskriptive Ergebnisse: Motive, Hauptmerkmale, nachteilige Arbeitsmarkterfahrungen und subjektive Bewertungen des Ost-West-Pendelns (Raimund Haindorfer)....Pages 165-182
Multivariate Ergebnisse und qualitative Vertiefungen I: Effekte von ökonomischen und nicht-ökonomischen Lebensbedingungen im Kontext des Ost-West-Pendelns auf Lebenszufriedenheit und Pendelerfolg (Raimund Haindorfer)....Pages 183-221
Multivariate Ergebnisse und qualitative Vertiefungen II: Effekte von nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen auf die subjektiven Bewertungen des Pendelns (Raimund Haindorfer)....Pages 223-248
Front Matter ....Pages 249-249
Conclusio (Raimund Haindorfer)....Pages 251-261
Back Matter ....Pages 263-307

Citation preview

Raimund Haindorfer

Lebenszufriedenheit und Pendelerfolg Ost-West-Pendelnde aus Tschechien, Slowakei und Ungarn in Österreich

Lebenszufriedenheit und Pendelerfolg

Raimund Haindorfer

Lebenszufriedenheit und Pendelerfolg Ost-West-Pendelnde aus Tschechien, Slowakei und Ungarn in Österreich

Raimund Haindorfer Wien, Österreich

ISBN 978-3-658-26790-2 ISBN 978-3-658-26791-9  (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-26791-9 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­ bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer VS © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informa­ tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Springer VS ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

Danksagung Das vorliegende Buch ist meine überarbeitete Dissertation und entstand während meiner wissenschaftlichen Tätigkeiten an der Universität Wien. Mein Dank gilt in erster Linie Prof. Roland Verwiebe, der diese Arbeit als Erstbetreuer von Anfang bis Ende betreut und unterstützt hat. Er hat meine wissenschaftliche Laufbahn maßgeblich gefördert und mich durch seine große Motivation, wichtige Fragestellungen unserer Zeit empirisch zu untersuchen, stets inspiriert. Ich mich auch bei meinem Zweitbetreuer Prof. Christoph Reinprecht ganz herzlich bedanken. Ihm möchte ich an dieser Stelle auch dafür danken, dass er mich dazu angeregt hat, mit den Daten des TRANSLAB-Projekts die Zusammenhänge zwischen Pendeln, Lebenszufriedenheit und Erfolg näher zu untersuchen. Mein Dank gilt auch dem Soziologen Bernhard Riederer mit dem ich den Aufbau der Arbeit diskutiert habe, außerdem ist er mir im Rahmen der Datenanalyse mit Ratschlägen zur Seite gestanden. Lena Seewann und Margarita Wolf danke ich für die angenehme Stimmung in unserem Büro am Rooseveltplatz. Der Soziologin und Unternehmerin Renate Steger, meiner Lebensgefährtin, danke ich für umfassende Unterstützung in wissenschaftlicher und emotionaler Hinsicht. Bedanken möchte ich mich auch bei Prof. Hilde Weiss und Prof. Franz Höllinger, dass Sie die Begutachtung meiner Dissertation übernommen haben. Für das Lektorat bedanke ich mich bei Renate Steger und Melchior Frommel. Außerdem danke ich Frau Schöller, die die Betreuung vonseiten des Springer VS Verlags übernahm. Für die Auszeichnungen meiner Dissertation (Bischof-DDr.-Stefan-László-Preis, Danubius Young Scientist Award, ÖGB Verlag-Publikationspreis und Theodor Körner Förderpreis) bedanke ich mich sehr. Abschließend möchte ich mich bei allen InterviewpartnerInnen für die Teilnahme an den Befragungen bedanken. Dadurch haben sie zu einem besseren Verständnis über die subjektiven Bewertungen des Ost-West-Pendelns beigetragen. Wien, im März 2019

Raimund Haindorfer

Inhaltsverzeichnis 1

Einleitung .................................................................................................... 1 1.1 Gegenstand und Fragestellung ............................................................ 1 1.2 Erkenntnisziele vor dem Hintergrund des Forschungsstands .............. 5 1.3 Gliederung ......................................................................................... 13 Teil I – Das Fallbeispiel Ost-West-Pendeln in der Central European Region

2

Das Fallbeispiel Ost-West-Pendeln in der Central European Region: Rahmenbedingungen, Bestandsaufnahme, Trends und Forschungsergebnisse .............................................................................. 19 2.1 Geographische und institutionelle Rahmenbedingungen des Pendelns ............................................................................................ 19 2.1.1 Die Europaregion Centrope ....................................................... 19 2.1.2 Die schrittweise Öffnung des grenzübergreifenden Arbeitsmarktes .......................................................................... 22 2.2 Sozioökonomische Rahmenbedingungen des Pendelns .................... 25 2.2.1 Wirtschaftliche Leistung und Einkommen ................................ 25 2.2.2 Beschäftigung und Armut ......................................................... 28 2.2.3 Zusammenfassung: Ost-West-Unterschiede im CentropeGebiet ........................................................................................ 31 2.3 Amtliche Statistiken zum grenzübergreifenden Pendeln: Bestandsaufnahme, zeitliche Entwicklungsmuster und räumliche Verteilung ......................................................................................... 33 2.4 Forschungsergebnisse zu Centrope: Motive, ökonomische und nicht-ökonomische Konsequenzen sowie subjektive Bewertungen des Pendelns ...................................................................................... 37 2.4.1 Motive für das grenzübergreifende Ost-West-Pendeln ............. 37 2.4.1.1 Motive „potentieller“ ArbeitsmigrantInnen ......................... 37 2.4.1.2 Motive „tatsächlicher“ PendlerInnen ................................... 38 2.4.2 Ökonomische Konsequenzen des Pendelns .............................. 40 2.4.2.1 Löhne von PendlerInnen ...................................................... 40

VIII

Inhaltsverzeichnis 2.4.2.2

Berufliche Integration und berufliche Laufbahnen: Die starke Verbreitung von nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen unter den PendlerInnen ............... 42 2.4.2.3 Ökonomische Folgen des Pendelns für die gesamte Lebenssituation .................................................................... 44 2.4.3 Nicht-ökonomische Konsequenzen des Pendelns ..................... 44 2.4.4 Subjektive Bewertungen des Pendelns ...................................... 47 2.4.4.1 Lebenszufriedenheit von PendlerInnen ................................ 47 2.4.4.2 Arbeitszufriedenheit von PendlerInnen ................................ 49 Teil II – Stand der Forschung: Lebenszufriedenheit und subjektiver Erfolg im Kontext von Migration 3

Stand der Forschung I: Forschungsergebnisse und Erklärungsansätze zu Migration und Lebenszufriedenheit ................. 53 3.1 Forschungsergebnisse zu Migration und Lebenszufriedenheit .......... 53 3.1.1 Überblick über methodische Zugänge ....................................... 54 3.1.2 Wichtigste Forschungsergebnisse zu den Effekten von Migration auf die Lebenszufriedenheit: Macht Migration glücklich? .................................................................................. 57 3.1.2.1 Ergebnisse aus Querschnitts- und Experimentalstudien ....... 57 3.1.2.2 Ergebnisse aus Panelstudien................................................. 60 3.2 Erklärungsansätze zu den Effekten von Migration auf die Lebenszufriedenheit: Neoklassische Mikrotheorie und Zufriedenheitsforschung („Happiness Research“) ............................ 61 3.2.1 Die neoklassische Mikrotheorie der Migration ......................... 61 3.2.2 Zufriedenheitsforschung („Happiness Research“): „Comparison Theory“ ............................................................... 62 3.2.3 Einkommen und Lebenszufriedenheit als zentrales Thema in der Zufriedenheitsforschung und in den Migrationsstudien ...... 65 3.2.4 Nicht-ökonomische Einflussfaktoren auf die Lebenszufriedenheit aus Sicht der Zufriedenheitsforschung und deren Beachtung in den Migrationsstudien ........................ 68

Inhaltsverzeichnis 4

IX

Stand der Forschung II: Forschungsergebnisse zum subjektiven Migrationserfolg und zum Zusammenhang mit der Lebenszufriedenheit ................................................................................ 73 4.1 Die Gleichsetzung von Lebenszufriedenheit und (subjektivem) Migrationserfolg ............................................................................... 74 4.2 Der Erfolgsbegriff und die Definition des subjektiven Migrationsbzw. Pendelerfolgs in dieser Studie .................................................. 75 4.3 Forschungsergebnisse zum subjektiven Migrationserfolg ................. 76 4.3.1 Bewertungsdimensionen des subjektiven Migrationserfolgs .... 76 4.3.2 Erzählungen von Erfolg und Misserfolg in der Migration ........ 80 4.3.3 Genderspezifische Unterschiede in den subjektiven Erfolgsbewertungen .................................................................. 84 4.3.4 Studien zum subjektiven Migrationserfolg (im weiteren Sinn). 85 4.4 Forschungsergebnisse zum Zusammenhang zwischen Lebenszufriedenheit und subjektivem Migrationserfolg ................... 88 Teil III – Theoretischer Rahmen, Hypothesen und Methodenteil

5

Theoretischer Rahmen und Hypothesen: Ein mehrdimensionaler Zugang zur Konzeptualisierung von Lebenszufriedenheit und subjektivem Pendelerfolg im Kontext von grenzübergreifendem Ost-West-Pendeln .................................................................................... 93 5.1 Der Begriff der Lebenszufriedenheit, Operationalisierungen und Bedingungen ..................................................................................... 93 5.2 Die Allardt’sche Triade „Having, Loving und Being“ als soziologische Konzeptualisierung von Bereichen eines guten Lebens ............................................................................................... 95 5.2.1 Bedürfnisbefriedigung statt Verfügbarkeit von Ressourcen im Mittelpunkt........................................................................... 96 5.2.2 Gemeinsame Verwendung von objektiven und subjektiven Indikatoren .............................................................................. 101 5.3 Argumente für die Übertragung von „Having, Loving und Being“ in die eigene Untersuchung ............................................................. 104

X

Inhaltsverzeichnis 5.4

Form der Übertragung von „Having, Loving und Being“ in die eigene Untersuchung ....................................................................... 108 5.5 Hypothesen ...................................................................................... 113 5.5.1 Hypothesen zu Effekten von ökonomischen und nichtökonomischen Lebensbedingungen auf Lebenszufriedenheit und Pendelerfolg ..................................................................... 113 5.5.2 Hypothesen zu Effekten von nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen auf subjektive Bewertungen des Pendelns in Abhängigkeit vom Einkommen ........................... 118 5.5.3 Kontrollvariablen .................................................................... 121 6

Daten und Methoden ............................................................................. 125 6.1 Überblick zu Daten und Methoden in diesem Buch ........................ 125 6.2 Das Mixed-Methods Design dieser Studie ...................................... 126 6.2.1 Grundlagen und Ziele .............................................................. 126 6.2.2 Priorität, Implementierung und Integration der quantitativen und qualitativen Methoden ...................................................... 128 6.2.2.1 Priorität............................................................................... 129 6.2.2.2 Implementierung ................................................................ 131 6.2.2.3 Integration .......................................................................... 131 6.3 Quantitative Methoden .................................................................... 135 6.3.1 Der TRANSLAB-Survey: Erhebungsmethoden ..................... 135 6.3.2 Datenauswertung I: Messkonzepte (Operationalisierung) und deskriptive Statistiken aller abhängigen und unabhängigen Variablen ................................................................................. 138 6.3.2.1 Abhängige Variablen: Subjektive Bewertungen des OstWest-Pendelns ................................................................... 139 6.3.2.2 Unabhängige Variablen: Having, Loving und Being Indikatoren sowie Kontrollvariablen ................................. 140 6.3.3 Datenauswertung II: Überblick zu deskriptiven, bivariaten und multivariaten Verfahren in den statistischen Analysen .... 150 6.4 Qualitative Methoden ...................................................................... 152 6.4.1 Feldzugang und Ablauf der Feldstudie ................................... 152 6.4.2 Stichprobenziehung und Struktur des qualitativen Samples ... 153

Inhaltsverzeichnis 6.4.3 6.4.4

XI

Konzeptualisierung und Durchführung der episodischen Interviews ................................................................................ 156 Auswertung der episodischen Interviews ................................ 159 Teil IV – Empirische Ergebnisse

7

Deskriptive Ergebnisse: Motive, Hauptmerkmale, nachteilige Arbeitsmarkterfahrungen und subjektive Bewertungen des OstWest-Pendelns ........................................................................................ 165 7.1 Motive zum Pendeln nach Österreich unter tschechischen, slowakischen und ungarischen PendlerInnen .................................. 165 7.2 Hauptmerkmale der PendlerInnen im Vergleich zu anderen Gruppen .......................................................................................... 169 7.3 Die Verbreitung von nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen unter PendlerInnen in Österreich (Gesamtbetrachtung und Branchenvergleich) ......................................................................... 175 7.4 Lebenszufriedenheit und subjektiver Pendelerfolg: Bestandsaufnahme und soziale Differenzen ................................... 178 7.4.1 Bestandsaufnahme: Durchschnittliche Lebenszufriedenheit der PendlerInnen und subjektive Erfolgsbewertungen des Ost-West-Pendelns .................................................................. 178 7.4.2 Soziale Differenzen in den subjektiven Bewertungen des Pendelns nach Geschlecht, Alter und formalem Bildungsniveau........................................................................ 180

8

Multivariate Ergebnisse und qualitative Vertiefungen I: Effekte von ökonomischen und nicht-ökonomischen Lebensbedingungen im Kontext des Ost-West-Pendelns auf Lebenszufriedenheit und Pendelerfolg ............................................................................................ 183 8.1 Determinanten der Lebenszufriedenheit und des subjektiven Pendelerfolgs: Effekte von ökonomischen und nichtökonomischen Lebensbedingungen im Kontext des Ost-WestPendelns .......................................................................................... 183 8.1.1 Effekte der Having-Dimension: Materielle und unpersönliche Bedürfnisse ............................................................................. 184

XII

Inhaltsverzeichnis 8.1.2 8.1.3

Effekte der Loving-Dimension: Soziale Bedürfnisse .............. 196 Effekte der Being-Dimension: Bedürfnisse nach persönlicher Entwicklung ............................................................................ 202 8.1.4 Effekte der Kontrollvariablen ................................................. 202 8.1.5 Zwischenfazit: Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den relevanten Einflussfaktoren (Determinanten) der Lebenszufriedenheit und des subjektiven Pendelerfolgs ......... 204 8.2 Hierarchie der Effekte von ökonomischen und nichtökonomischen Lebensbedingungen im Kontext des Ost-WestPendelns auf die subjektiven Bewertungen des Pendelns und genderspezifische Differenzen ........................................................ 206 8.2.1 Hierarchie von Having, Loving und Being ............................. 206 8.2.2 Genderspezifische Differenzen in den Effekten von Having, Loving und Being auf die subjektiven Erfolgsbewertungen ... 214 8.3 Effekte der subjektiven Erfolgsbewertungen des Pendelns auf die Lebenszufriedenheit im Kontext anderer Einflussfaktoren ............. 221 9

Multivariate Ergebnisse und qualitative Vertiefungen II: Effekte von nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen auf die subjektiven Bewertungen des Pendelns .................................................................... 223 9.1 Effekte von nachteiligen Erfahrungen im aktuellen Job und im Zuge der grenzübergreifenden Mobilität ........................................ 223 9.2 Einkommen als möglicher Dämpfer von nachteiligen Erfahrungen? ................................................................................... 229 9.3 Detailliertere Betrachtung der Bewertungen von ausgewählten nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen ............................................ 236 9.3.1 Ethnische Diskriminierungserfahrungen ................................. 236 9.3.2 überqualifizierte Beschäftigung und Dequalifizierungserfahrungen ................................................. 240 9.3.3 Irreguläre Beschäftigung ......................................................... 244 9.3.4 Branchenwechsel (& Exkurs zu sexueller Belästigung) ......... 246

Inhaltsverzeichnis

XIII

Teil V – Conclusio, Bibliographie und Anhang 10

Conclusio ................................................................................................. 251 10.1 Zusammenfassung des Buches und Hauptergebnis ......................... 251 10.2 Die wichtigsten Befunde im Überblick ........................................... 253 10.3 Weiterführende Schlussfolgerungen, Forschungsperspektiven und Limitationen der Studie................................................................... 257

Bibliographie ................................................................................................... 263 Anhang ............................................................................................................. 285 Leitfaden der episodischen Interviews ......................................................... 285 Weitere Abbildungen ................................................................................... 301 Weitere Tabellen zu quantitativen Ergebnissen ........................................... 302

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Die Central European Region (Centrope) ....................................... 1 Abbildung 2: Die Central European Region (Centrope) ..................................... 20 Abbildung 3: Unselbständig beschäftigte MigrantInnen und PendlerInnen aus Tschechien, Slowakei und Ungarn am österreichischen Arbeitsmarkt Gesamt 2003-2014 (Jahresdurchschnitte) ..................................................... 34 Abbildung 4: Unselbständig beschäftigte MigrantInnen und PendlerInnen aus Tschechien, Slowakei und Ungarn am österreichischen Arbeitsmarkt der Central European Region 2003-2014 (Jahresdurchschnitte) ......................... 36 Abbildung 5: Von Allardt vorgeschlagene Indikatoren zur Messung von Having, Loving und Being in den skandinavischen Ländern ........................ 99 Abbildung 6: Prognostizierte Effekte von Having, Loving und Being auf die Lebenszufriedenheit der Ost-West-PendlerInnen und die subjektiven Erfolgsbewertungen des Pendelns ............................................................... 108 Abbildung 7: Indikatoren zur quantitativen Messung von „Having, Loving und Being“ im Kontext des Ost-West-Pendelns in Centrope (eigene Übertragung von Allardt) ............................................................................ 111 Abbildung 8: Visuelles Modell Forschungsprozess im Rahmen des MixedMethods Designs ......................................................................................... 130 Abbildung 9: Ausgewählte nachteilige Arbeitsmarkterfahrungen für die Auswahl der Branche und die gemeinsame quantitative und qualitative Betrachtung ................................................................................................. 133 Abbildung 10: Leitfadenstruktur....................................................................... 158 Abbildung 11: Wichtige Pendelmotive unter grenzübergreifenden PendlerInnen aus Tschechien, Slowakei und Ungarn (in %, N = 1,282) .... 168 Abbildung 12: Effekt der Pendeldauer auf die Lebenszufriedenheit (gemäß Regressionsmodell Tabelle 20) ................................................................... 192 Abbildung 13: Unselbständig beschäftigte PendlerInnen aus Tschechien, Slowakei und Ungarn am österreichischen Arbeitsmarkt der Central European Region nach Bundesland 2014 (Jahresdurchschnitt)................... 301

Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Zielsetzungen der Centrope Strategie 2013+ zur Förderung von Humankapital ................................................................................................ 22 Tabelle 2: Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Landesdurchschnitt und in der Centrope-Region 2001-2011 (pro Kopf in KKS) .......................................... 26 Tabelle 3: Verfügbares privates Haushaltseinkommen im Landesdurchschnitt und in der Centrope-Region 2001-2011 (pro Kopf in KKS)1........................ 28 Tabelle 4: Arbeitslosenquote im Landesdurchschnitt und in der CentropeRegion 2001-2014 (in %)1............................................................................. 29 Tabelle 5: Armutsquote im Landesdurchschnitt und in der Centrope-Region 2001-2014 (in %)1 ......................................................................................... 30 Tabelle 6: Die Konzeptualisierung zur Messung von Lebensqualität nach Allardt (1997): Objektive und subjektive Indikatoren ................................ 104 Tabelle 7: PendlerInnen und NichtmigrantInnen im TRANSLAB-Survey 2012/2013 ................................................................................................... 135 Tabelle 8: Deskriptive Statistiken zu abhängigen Variablen für PendlerInnen und Differenztests der MW zwischen PendlerInnen und NichtmigrantInnen ...................................................................................... 140 Tabelle 9: Deskriptive Statistiken zu unabhängigen Variablen für PendlerInnen und Differenztests der Mittelwerte zwischen PendlerInnen und NichtmigrantInnen (Having-Dimension) ............................................. 141 Tabelle 10: Deskriptive Statistiken zu unabhängigen Variablen für PendlerInnen und Differenztests der Mittelwerte zwischen PendlerInnen und NichtmigrantInnen (Loving-Dimension) ............................................. 143 Tabelle 11: Deskriptive Statistiken zu unabhängigen Variablen für PendlerInnen und Differenztests der Mittelwerte zwischen PendlerInnen und NichtmigrantInnen (Being-Dimension) ............................................... 145 Tabelle 12: Deskriptive Statistiken zu Kontrollvariablen für PendlerInnen und Differenztests der MW zwischen PendlerInnen und NichtmigrantInnen ...................................................................................... 148 Tabelle 13: Struktur des qualitativen Samples .................................................. 155 Tabelle 14: Hauptmerkmale von PendlerInnen und anderen ethnischen Gruppen („im Ausland geboren“) am österreichischen Arbeitsmarkt sowie

XVIII

Tabellenverzeichnis

NichtmigrantInnen in den Herkunftsregionen von Tschechien, Slowakei und Ungarn (Anteile in % und Mittelwerte)................................................ 171 Tabelle 15: Nachteilige Arbeitsmarkterfahrungen unter PendlerInnen in verschiedenen Branchen in Österreich (Mittelwerte) .................................. 177 Tabelle 16: Lebenszufriedenheit von tschechischen, slowakischen und ungarischen PendlerInnen und NichtmigrantInnen in der Central European Region (Mittelwerte) ................................................................... 179 Tabelle 17: Subjektiver Pendelerfolg von tschechischen, slowakischen und ungarischen PendlerInnen in der Central European Region (Mittelwerte).. 179 Tabelle 18: Lebenszufriedenheit von verschiedenen sozialen Gruppen von PendlerInnen in der Central European Region (Mittelwerte) ...................... 181 Tabelle 19: Subjektiver Pendelerfolg von verschiedenen sozialen Gruppen von PendlerInnen in der Central European Region (Mittelwerte) ............... 182 Tabelle 20: Effekte von Having, Loving und Being auf die Lebenszufriedenheit der PendlerInnen. Ergebnisse von OLSRegressionsanalysen ................................................................................... 188 Tabelle 21: Effekte von Having, Loving und Being auf den subjektiven Pendelerfolg der PendlerInnen. Ergebnisse von OLS-Regressionsanalysen ................................................. 190 Tabelle 22: Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Determinanten zwischen der Lebenszufriedenheit und des Pendelerfolgs (Unterschiede grau hinterlegt) .................................................................................................... 205 Tabelle 23: Effekte von Having, Loving und Being auf die Lebenszufriedenheit der PendlerInnen. Getrennte Modelle der einzelnen Bedürfnisdimensionen. Ergebnisse von OLS-Regressionsanalysen (Modelle 1-3) .............................................................................................. 209 Tabelle 24: Effekte von Having, Loving und Being auf den subjektiven Pendelerfolg. Getrennte Modelle der einzelnen Bedürfnisdimensionen. Ergebnisse von OLS-Regressionsanalysen (Modelle 1-3) .......................... 211 Tabelle 25: Effekte von Having, Loving und Being auf den subjektiven Pendelerfolg. Getrennte Modelle der einzelnen Bedürfnisdimensionen und Gesamtmodell (nur Männer). Ergebnisse von OLSRegressionsanalysen (Modelle 1-5) ............................................................ 217 Tabelle 26: Effekte von Having, Loving und Being auf den subjektiven Pendelerfolg. Getrennte Modelle der einzelnen Bedürfnisdimensionen

Tabellenverzeichnis

XIX

und Gesamtmodell (nur Frauen). Ergebnisse von OLSRegressionsanalysen (Modelle 1-5) ............................................................ 219 Tabelle 27: Effekte von Having, Loving und Being auf die Lebenszufriedenheit der PendlerInnen. Vergleich zwischen aktuellen Job in Österreich und letzten Job in Herkunftsgesellschaft. Ergebnisse von OLS-Regressionsanalysen........................................................................... 225 Tabelle 28: Effekte von Having, Loving und Being auf den subjektiven Pendelerfolg. Vergleich zwischen aktuellen Job in Österreich und letzten Job in Herkunftsgesellschaft. Ergebnisse von OLS-Regressionsanalysen ................................................. 227 Tabelle 29: Effekte von Having, Loving & Being auf Lebenszufr. der PendlerInnen bei verschiedenen Einkommensgruppen (Basis: BruttoMonatseinkommen). Ergebnisse von OLS-Regressionsanalysen (Mod. 1-3) ............................... 232 Tabelle 30: Effekte von Having, Loving und Being auf subjektiven Pendelerfolg bei verschiedenen Einkommensgruppen (Basis: BruttoMonatseinkommen). Ergebnisse von OLS-Regressionsanalysen (Modelle 1-3) .......................... 234 Tabelle 31: Effekte von Having, Loving und Being auf die Lebenszufriedenheit der PendlerInnen (Analysen mit Variable berufliche Passung, ohne formales Bildungsniveau). Ergebnisse von OLSRegressionsanalysen ................................................................................... 302 Tabelle 32: Effekte von Having, Loving und Being auf den subjektiven Pendelerfolg (Analysen mit Variable berufliche Passung, ohne formales Bildungsniveau). Ergebnisse von OLS-Regressionsanalysen ..................... 304 Tabelle 33: Effekte von Having, Loving und Being auf die Lebenszufriedenheit der PendlerInnen. Schrittweiser Einschluss des subjektiven Pendelerfolgs. Ergebnisse von OLS-Regressionsanalysen (Modelle 1-2) .............................................................................................. 306

Abstract / Kurzzusammenfassung Dieses Buch beschäftigt sich mit den subjektiven Bewertungen von Migration am Beispiel von Ost-West-PendlerInnen aus Tschechien, Slowakei und Ungarn die in Österreich arbeiten. Im Mittelpunkt steht die Frage: Welche ökonomischen und nicht-ökonomischen Lebensbedingungen im Kontext des Ost-West-Pendelns beeinflussen die Lebenszufriedenheit der PendlerInnen sowie die subjektiven Erfolgsbewertungen des Pendelns, und inwiefern trägt der subjektive Pendelerfolg zur Lebenszufriedenheit bei? Regional fokussiert wird auf das Ost-West-Pendeln in der Central European Region (Centrope), eine wirtschaftlich und kulturell vielfältige Europaregion im Herzen Europas die insgesamt acht Regionen aus Tschechien, Slowakei, Ungarn und Österreich umfasst. Centrope ist von einem starken „Ost-West“ Wohlstandsgefälle geprägt und das Ost-West-Pendeln auf dem offenen Arbeitsmarkt ein wichtiges Mittel um den Lebensstandard zu verbessern. Vor diesem Hintergrund steht das grenzübergreifende Ost-West-Pendeln in Centrope exemplarisch für neue Facetten der Ost-West-Mobilität in einem Europa nach 1989, das unterschiedliche Wohlstandszonen zu einem gemeinsamen Lebensraum und Arbeitsmarkt integriert. Empirisch werden in dieser Studie sowohl quantitative als auch qualitative Methoden verwendet, die im Rahmen eines sequentiellen Mixed-Methods Designs systematisch in Verbindung gebracht werden. Die Ergebnisse zeigen, dass die Lebenszufriedenheit und der Pendelerfolg zwar von einer Reihe derselben ökonomischen und nicht-ökonomischen Lebensbedingungen (z.B. Einkommen) signifikant beeinflusst werden, aber auch mehrere unterschiedlich relevante Einflussfaktoren existieren (z.B. Work-Family Balance). Für die Lebenszufriedenheit sind erfüllte Lebensbedingungen im ökonomischen Bereich am bedeutsamsten, währenddessen sich der Pendelerfolg in erster Linie über erfüllte Bedingungen im nicht-ökonomischen, sozialen Bereich erklärt. Die im Buch vertretene Perspektive, die Gleichsetzung von Lebenszufriedenheit und subjektivem Migrationserfolg zu hinterfragen, wird von den Befunden somit unterstützt. Das Ost-West-Pendeln bewerten die PendlerInnen insgesamt sehr positiv, deutlich positiver als vor dem Hintergrund ihrer zahlreichen nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen und der bisherigen Literatur zu erwarten wäre. Das Buch kommt zum Schluss, dass die PendlerInnen das Ost-West-Pendeln nach Öster-

XXII

Abstract / Kurzzusammenfassung

reich trotz aller negativen Erfahrungen als einen sinnvollen und essentiellen Weg zu einem besseren Leben wahrnehmen. Insofern wird mit diesem Buch ein neues, positives Bild der Ost-West-Migration in Europa aus Sicht der MigrantInnen gezeichnet. Zugleich erscheint in diesem Zusammenhang eine kritische sozialpolitische Sichtweise zu den Effekten des Pendelns auf das Funktionieren eines grenzübergreifenden Arbeitsmarktes im Kontext von offenen Grenzen, Wohlstandsgefälle und hohen ökonomischen Reizen zum Pendeln als angemessen.

1 Einleitung 1.1 Gegenstand und Fragestellung Das vorliegende Buch setzt sich mit den subjektiven Bewertungen von Migration am Beispiel von Ost-West-PendlerInnen aus Tschechien, Slowakei und Ungarn die in Österreich arbeiten auseinander. Regional fokussiert wird in dieser Migrationsstudie auf das Ost-West-Pendeln in der Central European Region (Centrope), dieser regionale Kontext ist von besonderer Bedeutung: Die Central European Region (Centrope) ist eine wirtschaftlich und kulturell vielfältige Europaregion im Herzen Europas. Das länderübergreifende Centrope-Gebiet umfasst insgesamt acht Regionen aus Tschechien, Slowakei, Ungarn und Österreich (vgl. Verwiebe et al. 2015: 3) (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1: Die Central European Region (Centrope) Quelle: Arge Centrope

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 R. Haindorfer, Lebenszufriedenheit und Pendelerfolg, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26791-9_1

2

1 Einleitung

Zum 1. Mai 2011 fielen auch in Centrope die letzten Barrieren für die ungehinderte Mobilität von Arbeitskräften aus allen 2004 der EU beigetretenen Staaten, den sogenannten EU-10 Staaten (Tschechien, Slowakei, Ungarn u.a.). Alle EUBürgerInnen aus diesen Staaten haben seither das Recht, in Österreich und jedem anderen EU-Mitgliedsstaat, unter den gleichen Bedingungen wie Angehörige dieser Staaten, eine Beschäftigung auszuüben (vgl. Verwiebe et al. 2015: 11). Die Lebenschancen der rund sechseinhalb Millionen Menschen, die in Centrope wohnen, sind – trotz eines wirtschaftlichen Aufholprozesses in den neuen Mitgliedsländern – nach wie vor von einem starken „Ost-West“ Wohlstandsgefälle geprägt. Das grenzübergreifende Pendeln zwischen Ost und West in Centrope ist daher ein wichtiges Mittel um den individuellen Lebensstandard zu verbessern (vgl. Haindorfer et al. 2016: 51). Das Fallbeispiel des grenzübergreifenden OstWest-Pendelns in Centrope steht exemplarisch für neue Facetten der Ost-WestMobilität in einem Europa nach 1989, das unterschiedliche Wohlstandszonen zu einem gemeinsamen Lebensraum und Arbeitsmarkt integriert. In der Soziologie wird in diesem Zusammenhang auch von der Etablierung eines neuen Ost-WestMigrationssystems gesprochen (vgl. Favell 2008: 702). Im Mittelpunkt der vorliegenden Dissertation stehen die subjektiven Bewertungen von Migration am Beispiel von grenzübergreifenden Ost-WestPendlerInnen aus Tschechien, Slowakei und Ungarn in der Central European Region. Die subjektiven Bewertungen des Pendelns werden anhand der Lebenszufriedenheit der PendlerInnen und deren subjektiven Erfolgsbewertungen des Ost-West-Pendelns betrachtet. Die Lebenszufriedenheit eines Individuums wird in dieser Studie als das Ergebnis einer Gesamtbewertung der eigenen Lebensumstände mit einem subjektiven Vergleichsstandard (vgl. Diener et al. 1985: 71) verstanden, die subjektiven Erfolgsbewertungen des Ost-West-Pendelns bzw. der subjektive Pendelerfolg auf Basis eigener Überlegungen als eine positive Bewertung der Folgen des Pendelns durch die PendlerInnen selbst.1 Zur Untersuchung 1

Diese Studie beschäftigt sich mit den subjektiven Bewertungen der Lebensumstände im Kontext des Ost-West-Pendelns. Aus diesem Grund ist das Verständnis von Lebenszufriedenheit als ein evaluativ-kognitives Konstrukt (Diener et al. 1985) der geeignete theoretische Zugang. Es ist aber darauf zu verweisen, dass innerhalb der Forschung kein definitorischer Konsens über den Begriff der Lebenszufriedenheit und ihrer Komponenten besteht und konkurrierende Perspektiven existieren. Außerdem werden die Konzepte Lebenszufriedenheit, Happiness, subjektives Wohlbefinden, subjektive Lebensqualität usf. in der Forschung zum Teil synonym verwendet. Von einer strikten Abgrenzung dieser Begriffe wird in dieser Studie ebenso abgesehen. Im Zentrum steht das Herstellen der wechselseitigen Bezüge von Forschungen zu diesen

1.1 Gegenstand und Fragestellung

3

dieser subjektiven Bewertungen des Pendelns kommen im Rahmen eines MixedMethods Designs verschiedene Operationalisierungen zum Einsatz (u.a. geschlossene Fragen zu Lebenszufriedenheit und zu subjektiven Erfolgsbewertungen im Rahmen einer standardisierten Befragung, offene Fragen zur Bilanzierung des Pendelns im Zuge von qualitativen Interviews). Die Fragestellung dieser Dissertation lautet: Welche ökonomischen und nicht-ökonomischen Lebensbedingungen im Kontext des Ost-West-Pendelns beeinflussen die Lebenszufriedenheit der PendlerInnen sowie die subjektiven Erfolgsbewertungen des Pendelns, und inwiefern tragen die subjektiven Erfolgsbewertungen zur Lebenszufriedenheit bei? Diese übergeordnete Fragestellung unterteilt sich in zwei Fragekomplexe, für die im Folgenden die jeweils korrespondierenden (z.T. auch bespielhaften) Unterfragen angeführt werden. (1) Welche ökonomischen und nicht-ökonomischen Lebensbedingungen im Kontext des Ost-West-Pendelns beeinflussen die Lebenszufriedenheit der PendlerInnen in der Central European Region (1a), und inwiefern tragen die subjektiven Erfolgsbewertungen des Pendelns zur Lebenszufriedenheit der PendlerInnen bei (1b)? (1a) - Haben das individuelle Erwerbseinkommen, Erfahrungen von ethnischer Diskriminierung, Freundschaften zu ÖsterreicherInnen oder die WorkFamily Balance einen Effekt auf die Lebenszufriedenheit der PendlerInnen? - Was sind besonders wichtige ökonomische und nicht-ökonomische Determinanten der Lebenszufriedenheit der PendlerInnen? Haben ökonomische Lebensbedingungen im Kontext des Pendelns insgesamt einen stärkeren Einfluss auf die Lebenszufriedenheit der PendlerInnen als nichtökonomische Lebensbedingungen? - Haben nachteilige Arbeitsmarkterfahrungen (z.B. überqualifizierte Beschäftigung) bei höheren Einkommen einen weniger negativen Einfluss auf die Lebenszufriedenheit der PendlerInnen als bei niedrigeren Einkommen?

Konzepten (z.B. in der Besprechung des Forschungstands zum Thema), siehe dazu auch Kapitel 5.1.

4

1 Einleitung

(1b) - Bilden die subjektiven Erfolgsbewertungen des Pendelns im Kontext anderer Einflussfaktoren eine wichtige Erklärungsgröße für die Lebenszufriedenheit der PendlerInnen? (2) Welche ökonomischen und nicht-ökonomischen Lebensbedingungen im Kontext des Ost-West-Pendelns beeinflussen die subjektiven Erfolgsbewertungen des Pendelns? -

-

-

Haben das individuelle Erwerbseinkommen, Erfahrungen von ethnischer Diskriminierung, Freundschaften zu ÖsterreicherInnen oder die WorkFamily Balance einen Effekt auf die subjektiven Erfolgsbewertungen der PendlerInnen? Was sind besonders wichtige ökonomische und nicht-ökonomische Determinanten der subjektiven Erfolgsbewertungen der PendlerInnen? Haben ökonomische Lebensbedingungen im Kontext des Pendelns insgesamt einen stärkeren Einfluss auf die subjektiven Erfolgsbewertungen des Ost-WestPendelns als nicht-ökonomische Lebensbedingungen? Haben nachteilige Arbeitsmarkterfahrungen (z.B. überqualifizierte Beschäftigung) bei höheren Einkommen einen weniger negativen Einfluss auf die subjektiven Erfolgsbewertungen des Ost-West-Pendelns als bei niedrigeren Einkommen?

Empirisch werden in diesem Buch sowohl quantitative als auch qualitative Methoden eingesetzt, die im Rahmen eines sequentiellen Mixed-Methods Designs („Mixed-Methods Sequential Explanatory Design“) (Ivankova et al. 2006; Tashakkori und Teddlie 2009) systematisch miteinander in Verbindung gebracht werden. Der Schwerpunkt der Analysen liegt auf Daten einer standardisierten Befragung (TRANSLAB-Survey) von Österreich-PendlerInnen und NichtmigrantInnen, die in den Grenzregionen von Tschechien, Slowakei und Ungarn zu Österreich wohnen (N = 2.687), sowie eigens durchgeführten qualitativen, episodischen Interviews mit ungarischen PendlerInnen, die in der österreichischen Gastronomie und Hotellerie Erfahrung gesammelt haben (N = 27). Diese stammen aus dem WWTF-Forschungsprojekt TRANSLAB („Cross-Border Labour

1.2 Erkenntnisziele vor dem Hintergrund des Forschungsstands

5

Mobility, Transnational Labour Markets and Social Differentiation in the Central European Region“).2 1.2 Erkenntnisziele vor dem Hintergrund des Forschungsstands Mit der Bearbeitung dieser Fragestellungen am Beispiel vom grenzübergreifenden Ost-West-Pendeln im Herzen Europas sind mehrere Ziele verbunden, den Forschungsstand zu erweitern. Dem Blick auf diese verschiedenen Ziele muss voraus geschickt werden, dass die vorliegende Untersuchung mit ihrem thematischen Fokus auf die subjektiven Bewertungen von MigrantInnen bzw. PendlerInnen einen allgemein betrachtet seltener begangenen Weg innerhalb der Migrationsforschung verfolgt. Bislang liegt der Fokus der Migrationsforschung in erster Linie auf den Determinanten und weniger den Konsequenzen sowie in erster Linie auf den ökonomischen und weniger den nicht-ökonomischen Aspekten von Wanderungen (vgl. Lundholm und Malmberg 2006: 35). Im Folgenden werden nun jene sieben zentralen Forschungslücken angeführt, bei denen diese Dissertation ansetzt und einen soziologischen Beitrag zur Wissenserweiterung zu leisten versucht. Erstens liegt das Hauptaugenmerk der meisten Studien auf den ökonomischen Effekten der Migration für die Lebenszufriedenheit von MigrantInnen (z.B. Akay et al. 2012; Bartram 2013a; Knight und Gunatilaka 2010). Demgegenüber hat man sich bislang verhältnismäßig wenig mit den nichtökonomischen Effekten von Wanderungen und ihren Konsequenzen für die Lebenszufriedenheit von MigrantInnen beschäftigt (interessante Beispiele sind unter anderem Amit 2010; Chow 2007; De Jong et al. 2002; Lundholm und Malmberg 2006; Safi 2010).3 Bartram (2010) fordert in diesem Zusammenhang die Research Community auf, in Ergänzung zu den ökonomischen auch die sozialen Folgen von Wanderungen zu berücksichtigen. Er spricht von vielfältigen

2

3

Das Projekt TRANSLAB war am Institut für Soziologie der Universität Wien angesiedelt (Projektleiter: Prof. Roland Verwiebe und Prof. Christoph Reinprecht). Von 2012 bis 2015 wurde das Forschungsprojekt vom WWTF (Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds) gefördert. Der Autor war wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt. Aber auch andere vorstellbare ökonomische Einflüsse von Migration auf die Lebenszufriedenheit von MigrantInnen, zum Beispiel von Dequalifizierungserfahrungen, wurden bis dato weniger untersucht als Effekte des individuellen Erwerbseinkommens.

6

1 Einleitung

sozialen Konsequenzen von Migration, die in entsprechenden Studien nicht aus den Augen gelassen werden dürfen: „(…) in addition to the economic consequences of migration, we must also consider a variety of social consequences, for example, in relation to community, family relationships (…). Income and other economic factors receive a great deal of attention in the migration literature— probably because many people assume that income is the biggest influence on individual motivations for labor migration. But the fact that immigrants might sometimes overlook other dimensions does not mean that scholars must follow suit” (Bartram 2010: 352).

Eine vergleichbare Einschätzung zur relativ geringen Beforschung nichtökonomischer Folgen der Migration haben auch Lundholm und Malmberg (2006) formuliert. Sie gehen davon aus, dass die ökonomische Forschungstradition (aus der heraus viele einflussreiche Studien entstanden sind) sowie Schwierigkeiten in der Messung nicht-ökonomischer Konsequenzen für diese Vernachlässigung verantwortlich sind. Auch sie vertreten die Auffassung, dass nichtökonomische Konsequenzen von Migration bedeutsam sind: “Despite the fact that many studies acknowledge the numerous motives for migration decisions, fewer studies have investigated different forms of migration outcomes. This is partly due to empirical findings showing a large impact of migration on income and employment opportunities, but also to the fact that influential migration studies were developed in an economic tradition and, furthermore, to the difficulties in measuring non-economic outcomes of migration. The importance of non-economic conditions for the total outcome of migration has been demonstrated (e.g. De Jong et al., 2002), but it is still a rather marginal topic in migration research” (Lundholm und Malmberg 2006: 36).

Die Bearbeitung dieser Forschungslücke ist aber nicht nur aus Sicht der Migrationsforschung per se sondern auch vor dem Hintergrund der Erkenntnisse der Zufriedenheitsforschung besonders wichtig. So wurde in den Zufriedenheitsstudien demonstriert, wie langfristig sich nicht-ökonomische Ereignisse wie z.B. Veränderungen im Familienstand (Lucas et al. 2003) oder im Gesundheitszustand (Mehnert et al. 1990) auf die Lebenszufriedenheit auswirken (siehe dazu auch den Review-Artikel von Easterlin 2003). Ziel dieser Dissertation ist es daher, anhand eines umfangreichen Datensatzes (TRANSLAB-Survey) eine Vielzahl an potentiell relevanten ökonomischen sowie nicht-ökonomischen Einflussfaktoren von Lebensbedingungen im Kontext des Pendelns auf die Lebenszufriedenheit zu prüfen. Einige davon wurden im Kontext von Migration bislang relativ selten untersucht (z.B. berufliche Passung,

1.2 Erkenntnisziele vor dem Hintergrund des Forschungsstands

7

Work-Family Balance, deutsche Sprachkenntnisse, Freundschaften mit ÖsterreicherInnen). Trotz dieser relativ umfassenden Perspektive liegt aber auch in dieser Dissertation ein besonderes Interesse auf den ökonomischen Konsequenzen des Pendelns, genauer gesagt auf den Einflüssen des individuellen Erwerbseinkommens. Konkret geprüft wird die Frage, ob nachteilige Arbeitsmarkterfahrungen (z.B. überqualifizierte Beschäftigung) bei höheren Einkommen einen weniger negativen Einfluss auf die subjektiven Bewertungen der PendlerInnen haben als bei niedrigeren Einkommen. Vertiefend wird der Gegenstand der subjektiven Bewertungen des Pendelns auch mit einem offenen Zugang bzw. mit qualitativen Interviews beleuchtet (die quantitativen und qualitativen Methoden werden im Rahmen eines Mixed Methods Designs systematisch miteinander in Verbindung gebracht).4 Zweitens wird in diesem Buch das in der Forschung häufige Vorgehen hinterfragt, bei dem die Lebenszufriedenheit als Indikator für subjektiven Migrationserfolg verwendet und damit diese beide subjektiven Bewertungen praktisch gleichgesetzt werden. Stattdessen interessieren mich in dieser Arbeit sowohl die Zusammenhänge zwischen der Lebenszufriedenheit und den subjektiven Erfolgsbewertungen des Pendelns als auch die Determinanten des subjektiven Pendelerfolgs. Mit der Untersuchung von Verbindungen zwischen der Lebenszufriedenheit und dem subjektiven Migrations- bzw. Pendelerfolg von MigrantInnen greift diese Arbeit eine weitere Forschungslücke auf. Eine eng verwandte Forschungslücke, jene zu den Relationen zwischen Lebensqualität und subjektivem Migrationserfolg, wurde in der Literatur bereits thematisiert: „(…) usually, immigration research examines the variable of quality of life as a criterion to immigration outcome. That is, people who enjoy higher quality of life are considered to experience successful immigration. Little attention has been given to the relationship between quality of life and the subjective assessment by the immigrants themselves. Even less attention has

4

Bislang existieren im Bereich der Lebenszufriedenheitsstudien von MigrantInnen nur relativ wenige Studien, die mit qualitativen Methoden (Wright 2010,2011) oder quantitativen und qualitativen Methoden kombiniert (Amit und Riss 2014) gearbeitet haben. Unter anderem haben diese Forschungen ganz maßgeblich die nicht-ökonomischen Folgen von Migration und den biographischen Kontext sichtbar gemacht: „In the qualitative and intensive methodological traditions several studies have demonstrated non-economic consequences of migration in local contexts. These studies have also contributed substantially to the understanding of the complexity of migration decisions, the importance of individual biography and of recognizing migration as a cultural phenomenon” (Lundholm und Malmberg 2006: 36).

8

1 Einleitung been given to identifying those aspects of quality of life are the most important to successful immigration” (Benish-Weisman und Shye 2011: 466).

In der vorliegenden Arbeit werden bivariate Korrelationen zwischen der Lebenszufriedenheit und den subjektiven Erfolgsbewertungen des Pendelns geprüft. Außerdem werden Effekte der Erfolgsbewertungen auf die Lebenszufriedenheit in multivariaten Regressionsmodellen geprüft, um die Frage bearbeiten zu können, ob die subjektiven Erfolgsbewertungen eine wichtige Erklärungsgröße für die Lebenszufriedenheit der PendlerInnen bilden. Drittens gibt es bislang noch relativ wenig systematisierende Forschung zur Frage, welche ökonomischen und nicht-ökonomischen Lebensbedingungen im Kontext von Migration eine Relevanz für die subjektiven Erfolgsbewertungen der Migration haben. Bislang haben sich nur wenige Studien mit dem Konzept des subjektiven Migrationserfolgs beschäftigt (u.a. Benish-Weisman und Horenczyk 2010; Benish-Weisman und Shye 2011; Mapril 2011; Reinprecht 2006). Dementsprechend ist es ein weiteres Ziel dieser Dissertation, das Wissen zum Konzept des subjektiven Migrationserfolgs zu erweitern. Die qualitative Vertiefungsstudie dieses Buches fokussiert in diesem Zusammenhang stark auf die subjektiven Sichtweisen von Erfolg durch die MigrantInnen selbst, ein Zugang der von Benish-Weisman und Shye (2011) als wichtig erachtet wird: „While previous studies provided varied and sophisticated ways to measure desirable immigration outcomes, they shared the same limitation of not addressing the phenomenological point of view of the individual. In other words, they tell us very little about how successful is the immigration from the immigrant’s viewpoint. Although the measures of psychological adjustment (…) offer evaluations of the immigrant’s subjective experience, the criteria for the evaluation are set by the researcher. This means that before collecting the data, the researcher decides what constitutes ‘‘good’’ immigration outcomes and then investigates to what extent the immigrant fits this definition. The researcher’s definition of good immigration outcomes (…) might not agree with those of the individual immigrants themselves” (Benish-Weisman und Shye 2011: 462).

Abgesehen von diesem spezifischen Forschungsinteresse haben Latcheva und Herzog-Punzenberger (2011) einen allgemeinen Forschungsbedarf hinsichtlich der subjektiven Bewertungen von Migration durch MigrantInnen signalisiert: „Die Sicht der MigrantInnen auf Integration wurde bisher kaum zum Gegenstand wissenschaftlicher Berichte. Trotz einiger Versuche, individuelle Biographien ins Zentrum der Analyse zu rücken, fand die subjektive Interpretation und Bewertung der „Post-Migrationsprozesse“

1.2 Erkenntnisziele vor dem Hintergrund des Forschungsstands

9

durch die MigrantInnen bisher wenig Beachtung“ (Latcheva und Herzog-Punzenberger 2011: 3).

Ausgehend von deskriptiven Analysen zur Frage, wie erfolgreich die PendlerInnen ihre Pendelverläufe in Österreich durchschnittlich bewerten, werden in dieser Arbeit sowohl quantitative als auch qualitative Methoden eingesetzt, die systematisch miteinander in Verbindung gebracht werden. Mittels eines quantitativen Zugangs wird geprüft, welche ökonomischen und nicht-ökonomischen Lebensbedingungen im Kontext des Ost-West-Pendelns die subjektiven Erfolgsbewertungen des Pendelns beeinflussen. In diesem Zusammenhang wird herausgearbeitet, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Determinanten der Lebenszufriedenheit und des subjektiven Pendelerfolgs bestehen. Dies ist ein ähnliches Interesse, wie es auch bei Benish-Weisman und Shye in ihrer psychologischen Arbeit zu Lebensqualität und subjektivem Migrationserfolg zu finden ist: „(…) describing how a successful immigration would look like in terms of the empirical structure of quality of life” (Benish-Weisman und Shye 2011: 462).5 Die qualitative Vertiefungsstudie ergänzt dieses Wissen mit einem offeneren Zugang zu den Bewertungen des Pendelns. Viertens wurden soziale Differenzen innerhalb mobiler (sowie zwischen mobilen und nicht-mobilen Gruppen) in den bisherigen Forschungen zur Lebenszufriedenheit von MigrantInnen noch wenig beleuchtet. Grund dafür ist vermutlich, dass man sich bislang mehrheitlich auf die globale Frage konzentriert hat, ob Migration glücklich macht. Gerade aber der Fokus auf die sozialen Unterschiede ist konstitutiv für die soziologische Perspektive. Auch Bartram ist beispielsweise der Meinung, dass ein Blick auf die unterschiedlichen Kontexte von Migration in den Lebenszufriedenheitsstudien aufschlussreich ist, da Migration ein vielfältiges Feld repräsentiert: “In short, there is mixed evidence regarding the likely happiness consequences of migration. A noteworthy characteristic of research on migration and happiness to date is that researchers tend (at least implicitly) to approach the question in its most general form, i.e. does migration generally lead to an increase/decrease in happiness? It is unlikely that an answer to such a question will be accepted as enlightening; it is surely better to consider immigrants in different 5

Es ist in diesem Zusammenhang klar zu stellen, dass Benish-Weisman und Shye (2011) mit einem sehr spezifischen theoretischen (das SQOL-Modell nach Shye 1989) und methodischen Ansatz („Faceted Smallest Small Space Analysis“) arbeiten, wie er in den vorhandenen Migrationsstudien zum Thema nur selten verwendet wird, weswegen die Anknüpfung bzw. Vergleichbarkeit mit dieser psychologischen Studie sehr eingeschränkt ist.

10

1 Einleitung contexts, originating from particular types of situations. (…) That logic certainly merits extension to questions relating to migration, a field marked by great variation in people’s experiences, particularly by virtue of migration from and to different countries” (Bartram 2013a: 160f.).

Vor diesem Hintergrund ist ein weiteres Ziel dieser Dissertation, den Wissensstand zu den sozialen Unterschieden in den subjektiven Bewertungen von Migration zu erweitern. Im Mittelpunkt der Arbeit stehen soziale Unterschiede innerhalb der Gruppe der PendlerInnen, entlang von regionaler Herkunft, Alter, Geschlecht etc. Fünftens gibt es bislang kein kohärentes theoretisches System zur Erklärung der Effekte von Migration auf die Lebenszufriedenheit von MigrantInnen. In erster Linie werden die Hypothesen ad hoc von bereits vorhandenen Ergebnissen abgeleitet, jene Studien mit einem theoretischen Rahmen konzentrieren sich zumeist auf spezifische Aspekte, wie Melzer am Gegenstand des subjektiven Wohlbefindens diagnostiziert: „Third, few studies link the effects of migration on SWB within an explanatory theoretical framework. The hypotheses that are tested are primarily derived ad hoc from previous findings (e.g., Lundholm & Malmberg, 2006). The few contributions to the literature that do provide a theoretical background concentrate on specific aspects. In some cases, the theoretical framework aims to describe the integration of migrants and to compare migrants and natives using a variety of assimilation models (Safi, 2010) or to discuss the integration process using concepts such as the social capital framework of Bourdieu (1986) (see: Amit, 2010; Amit & Litwin, 2010)” (Melzer 2011: 75).

Viele ForscherInnen stellen die ökonomischen Effekte der Migration ins Zentrum (v.a. den Zusammenhang von Einkommen und Lebenszufriedenheit) und ziehen verschiedene Varianten der Comparison Theory (Schyns 2001) zur Ergebnisinterpretation heran (z.B. Akay et al. 2012; Bartram 2013a; Knight und Gunatilaka 2010). Auch dieses Buch stützt sich auf die Comparison Theory, da diese Theorie das Verhältnis von objektiven Lebensbedingungen und subjektiven Haltungen thematisiert und jene große theoretische Perspektive der Zufriedenheitsforschung darstellt, auf die in den Studien zum Verhältnis von Migration und Lebenszufriedenheit am öftesten Bezug genommen wird. Im Zentrum dieses Buches steht aber ein an den menschlichen Bedürfnissen orientierter, mehrdimensionaler Zugang zur Konzeptualisierung von Lebenszufriedenheit und subjektivem Pendelerfolg. Die Allardt’sche Triade „Having, Loving und Being“ (Allardt 1997) wird in den Kontext dieser Forschung über-

1.2 Erkenntnisziele vor dem Hintergrund des Forschungsstands

11

tragen und mit diesem theoretischen Rahmen werden die ökonomischen und nicht-ökonomischen Bedürfnisse bzw. Lebensbedingungen und ihre Relevanz als Bewertungsdimensionen für die Lebenszufriedenheit und den subjektiven Pendelerfolg untersucht. Ein solcher bedürfnisorientierte Ansatz (der in der Messung der Bedürfnisse bzw. Lebensbedingungen sowohl objektive als auch subjektive Indikatoren umfasst) erscheint mir für das vorliegende Forschungsinteresse nach relevanten Bewertungsdimensionen des Lebens im Kontext des Pendelns zu suchen geeignet, da viele vorstellbare Bewertungsdimensionen berücksichtigt werden können. Es ist also auch das Ziel dieser Studie, nicht nur einen empirischen, sondern auch einen theoretischen Beitrag hinsichtlich der Erforschung von subjektiven Bewertungen von Migration durch MigrantInnen zu leisten. Sechstens wurde die Gruppe der grenzübergreifenden PendlerInnen in den Studien zum Zusammenhang zwischen Migration und Lebenszufriedenheit bislang wenig erforscht. Mit Blick auf deren zirkuläres Wanderungsverhalten ist eine Spezifik dieses Migrationstypus bei der Konstruktion von Referenzgruppen anzunehmen. Grenzübergreifende PendlerInnen arbeiten zwar wie andere MigrantInnen im Ausland, sind aber nach wie vor relativ stark in ihrer Herkunftsregion verankert (alle PendlerInnen in dieser Studie haben ihren Wohnsitz in den Herkunftsregionen von Tschechien, Slowakei und Ungarn, von wo aus sie täglich, wöchentlich oder monatlich/saisonal zu ihrem Arbeitsort in Österreich hin und her pendeln). In einem der wenigen soziologischen konzeptionellen Artikel zu grenzübergreifenden PendlerInnen hat Fürstenberg (2006) die fortdauernde Integration von PendlerInnen am Herkunftsort folgendermaßen ausgedrückt: „Wenn man davon ausgeht, dass der Lebensmittelpunkt weiterhin in der Herkunftsgemeinde liegt, ist zunächst eine Trennung sozialer Rollenmuster zu erwarten: Am Arbeitsort herrscht funktionale Integration in arbeitsbedingte Anforderungsstrukturen vor, im Herkunftsgebiet besteht weiterhin die Integration in sozialkulturelle Netzwerke mit einem hohen Ausmaß personaler Identifikation“ (Fürstenberg 2006: 21).

In enger Verbindung mit der theoretischen Annahme, dass sich Menschen am wahrscheinlichsten mit Personen vergleichen, die sie beobachten können und in bestimmter Hinsicht als „Equals“ betrachten (z.B. NachbarInnen) (vgl. Firebaugh und Schroeder 2009: 812), ist daher zu erwarten, dass sich die PendlerInnen auch während bzw. mit Fortlaufen des Pendelns vergleichsweise stärker mit Personen aus ihrem Herkunftskontext vergleichen, als dies beim extremen

12

1 Einleitung

Kontrastfall von permanenten MigrantInnen der Fall ist. 6 Durch die starke lokale Verankerung von grenzübergreifenden PendlerInnen im Herkunftsland eröffnet sich also mit dieser Untersuchungsgruppe eine neue Perspektive auf den Wirkungszusammenhang von Migration und Lebenszufriedenheit. Siebtens ist, aus der Perspektive der allgemeinen Migrations- und Sozialstrukturforschung betrachtet, der Kenntnisstand zu etlichen Aspekten des grenzübergreifenden Pendelns in der Central European Region ausbaufähig. Vor allem die nicht-ökonomischen Konsequenzen des Pendelns sowie die subjektiven Bewertungen des Pendelns wurden in dieser Region selten untersucht. Dennoch kann dieses Buch in der Bearbeitung dieser Forschungslücken auf existierenden Studien aufbauen (u.a. Bahna 2015; Berger et al. 2014; Haindorfer 2013; Haindorfer et al. 2016; Lechner et al. 2010; Sekulová 2013). Des Weiteren wird dieses Buch viele neue Informationen zur Arbeitsmarktintegration sowie zu den beruflichen Verläufen der Gruppe der Ost-WestPendlerInnen in Centrope liefern und damit den Wissensstand zu den ökonomischen Konsequenzen des Pendelns erweitern (u.a. Bahna 2014; Breinbauer 2008; Fassmann und Kollár 1996; Haindorfer 2010; Hárdi 2005; Lechner et al. 2010; Verwiebe et al. 2015). In diesem Zusammenhang liegt ein besonderer Schwerpunkt auf der Untersuchung der subjektiven Bewertungen von nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen wie ethnischer Diskriminierung, überqualifizierter oder irregulärer Beschäftigung am österreichischen Arbeitsmarkt (ein besonderer Fokus liegt auf Beschäftigung in der österreichischen Gastronomie und Hotellerie, die Auswahl dieser Branche ist empirisch begründet, siehe Kapitel 7). Auf diese Weise sollen Hinweise darauf gefunden werden, wie nachteilige Arbeitsmarkterfahrungen vor dem Hintergrund von offenen Grenzen, starkem Wohlstandsgefälle und hohen ökonomischen Reizen zum Ost-West-Pendeln von den PendlerInnen subjektiv wahrgenommen werden. Dadurch können Rückschlüsse zur Funktionalität des Ost-West-Pendelns für den österreichischen Arbeitsmarkt sowie vergleichbare Arbeitsmärkte getroffen werden.

6

Das Vorhandensein von sichtbaren soziokulturellen Ausdrucksformen des Pendelns im Herkunftskontext sowie gegenseitigen Wahrnehmungen von PendlerInnen und NichtmigrantInnen habe ich in einer früheren Fallstudie zu einer westungarischen Grenzgemeinde beobachtet (Haindorfer 2010,2013).

1.3 Gliederung

13

1.3 Gliederung Das vorliegende Buch gliedert sich in fünf große Teile und zwölf Kapitel: Teil I: Das Fallbeispiel Ost-West-Pendeln in der Central European Region In Kapitel 2 wird das im Zentrum dieses Buches stehende Fallbeispiel des OstWest-Pendelns in der Central European Region näher dargestellt. Die Auseinandersetzung mit den Rahmenbedingungen des Ost-West-Pendelns in der Centrope-Region, die Bestandsaufnahme und Perspektive auf Trends des Pendelns sowie auf relevante Forschungsergebnisse sind notwendig, um meine eigenen Ergebnisse entsprechend einbetten zu können. Teil II – Stand der Forschung: Lebenszufriedenheit und subjektiver Erfolg im Kontext von Migration Kapitel 3 und Kapitel 4 entfernen sich von Centrope und richten den Blick auf den für dieses Buch relevanten Forschungsstand. Nationale und internationale Studien zu Lebenszufriedenheit und subjektiven Erfolg im Kontext von Wanderungen werden genau in den Blick genommen. Kapitel 3 widmet sich dem Verhältnis von Migration und Lebenszufriedenheit. Ein erster Abschnitt widmet sich den wichtigsten Forschungsergebnissen zu den Effekten von Migration auf die Lebenszufriedenheit. Ein zweiter Abschnitt setzt sich mit den gängigsten Erklärungsansätzen zu den Effekten von Migration auf die Lebenszufriedenheit auseinander. Im Rahmen von Kapitel 4 wird das Konzept des subjektiven Migrationserfolgs ins Visier genommen. Die Feststellung, dass die Lebenszufriedenheit in der Forschung vielfach als allgemeiner Indikator für subjektiv erfolgreiche Migration eingesetzt wird, bildet den Ausgangspunkt. Danach erkunde ich die Bedeutung des Erfolgsbegriffs und präsentiere eine eigene Definition von subjektivem Pendelerfolg. Es folgt eine Diskussion der Wissensbestände zum subjektiven Migrationserfolg und jener Studien, die annäherungsweise den Zusammenhang zwischen Lebenszufriedenheit und Migrationserfolg untersucht haben.

14

1 Einleitung Teil III: Theoretischer Rahmen, Hypothesen und Methodenteil

Ab Kapitel 5 steht die eigene Untersuchung im Zentrum. Zunächst wird der Begriff der Lebenszufriedenheit definiert und auf Operationalisierungen und Bedingungen eingegangen. Im Anschluss wird der theoretische Rahmen dieses Buches dargestellt. Als theoretischer Rahmen wird eine wichtige soziologische Konzeptualisierung von Lebensqualität (Allardt 1997) und deren Übertragung in den Kontext des grenzübergreifenden Pendelns in Centrope präsentiert. Vor diesem theoretischen Hintergrund werden dann die Hypothesen besprochen. In Kapitel 6 wird auf die Daten und Methoden in diesem Buch eingegangen. Das Kapitel gliedert sich in insgesamt vier Abschnitte. Erstens wird ein Überblick zu den verschiedenen Methoden und Daten in diesem Buch gegeben. Zweitens wird das verwendete Mixed-Methods Design dargestellt. In diesem Zusammenhang wird auch der eigene Forschungsprozess im Rahmen der Methodenkombination visualisiert. Drittens beschäftigt sich das Methodenkapitel mit den quantitativen Methoden. Und viertens werden die qualitativen Methoden besprochen. Teil IV – Empirische Ergebnisse Im Rahmen von Kapitel 7-9 werden die empirischen Ergebnisse dieser Studie vorgestellt. Das Kapitel 7 stellt zunächst die deskriptiven Ergebnisse vor: x Motive zum Ost-West-Pendeln in Centrope x Hauptmerkmale der PendlerInnen im Vergleich zu anderen Gruppen x Verbreitung von nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen unter PendlerInnen in Österreich (Gesamtbetrachtung und Branchenvergleich) x Subjektive Bewertungen des Pendelns: Lebenszufriedenheit und subjektiver Pendelerfolg Kapitel 8 und 9 widmen sich den multivariaten Befunden und der korrespondierenden qualitativen Vertiefungen. Kapitel 8 setzt sich mit Effekten von ökonomischen und nicht-ökonomischen Lebensbedingungen auf Lebenszufriedenheit und Pendelerfolg auseinander:

1.3 Gliederung x

x

x

15

Determinanten von Lebenszufriedenheit und Pendelerfolg: Effekte von ökonomischen und nicht-ökonomischen Lebensbedingungen im Kontext des Ost-West-Pendelns (einschließlich Zwischenfazit) Vergleich der Effekte von ökonomischen und nicht-ökonomischen Lebensbedingungen hinsichtlich ihrer Relevanz für die subjektiven Bewertungen des Pendelns, Analyse von genderspezifischen Differenzen Effekte der subjektiven Erfolgsbewertungen des Pendelns auf die Lebenszufriedenheit im Kontext anderer Einflussfaktoren

In Kapitel 9 beschäftige ich mich mit den Effekten von nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen auf die subjektiven Bewertungen des Pendelns: x Effekte von nachteiligen Erfahrungen im aktuellen Job und im Zuge der grenzübergreifenden Mobilität x Einkommen als möglicher Dämpfer von nachteiligen Erfahrungen? x Detailliertere Betrachtung der Bewertungen von ausgewählten nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen (quantitative und qualitative Analysen) Teil V – Conclusio, Bibliographie und Anhang Kapitel 10, das Conclusio dieser Studie, beinhaltet eine Zusammenfassung des Buches und eine kurze Darstellung seines Hauptergebnisses. Außerdem bietet das Conclusio einen Überblick über die wichtigsten Ergebnisse sowie weiterführende Schlussfolgerungen, Forschungsperspektiven und Limitationen des Buches. Kapitel 11 ist die Bibliographie und Kapitel 12 der Anhang des Buches.

Teil I – Das Fallbeispiel Ost-West-Pendeln in der Central European Region

2 Das Fallbeispiel Ost-West-Pendeln in der Central European Region: Rahmenbedingungen, Bestandsaufnahme, Trends und Forschungsergebnisse In diesem Kapitel richte ich den Blick auf das im Mittelpunkt des Buches stehende Fallbeispiel des Ost-West-Pendelns in der Central European Region. Zunächst wird auf die geographischen, institutionellen und sozioökonomischen Rahmenbedingungen des Ost-West-Pendelns eingegangen. Danach präsentiere ich amtliche Statistiken zum grenzübergreifenden Pendeln. Auf dieser Grundlage wird eine Bestandsaufnahme des Pendelns durchgeführt sowie zeitliche Entwicklungsmuster und räumliche Verteilungen dargestellt. Zuletzt werden die für diese Studie relevanten Forschungsergebnisse zum Ost-West-Pendeln in Centrope systematisch aufgearbeitet. Das ist wichtig, um meine eigenen Ergebnisse entsprechend einbetten zu können. 2.1 Geographische und institutionelle Rahmenbedingungen des Pendelns 2.1.1 Die Europaregion Centrope Die wirtschaftlich und kulturell vielfältige Central European Region (Centrope) liegt im Herzen Europas und umfasst auf einer Fläche von 44.500 km2 acht Regionen aus Tschechien, Slowakei, Ungarn und Österreich (vgl. Verwiebe et al. 2015: 3) (siehe Abbildung 2). Zu den Regionen des Centrope-Gebiets zählen der Kreis Südmähren in Tschechien, die slowakischen Landesbezirke Bratislavský und Trnavský, die ungarischen Komitate Győr-Moson-Sopron und Vas sowie die österreichischen Bundesländer Burgenland, Niederösterreich und Wien. Aufgrund eines gut entwickelten Straßen- und Eisenbahnsystems und der geringen Distanzen ist das Pendeln innerhalb von Centrope relativ anspruchslos. Zwischen Bratislava und Wien, den zwei bevölkerungsreichsten Städten in Centrope, auch als Twin Cities bezeichnet, ist man zum Beispiel circa eine Stunde mit Eisenbahn oder PKW unterwegs (vgl. ebd. 2015: 3).

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 R. Haindorfer, Lebenszufriedenheit und Pendelerfolg, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26791-9_2

20

2 Das Fallbeispiel Ost-West-Pendeln in der Central European Region: (…)

Centrope ist eine Europaregion die seit 2003 von der Europäischen Union gefördert wird. Ziel des Centrope-Projekts ist die verstärkte Zusammenarbeit und Integration des länderübergreifenden Gebiets in Wirtschaft, Infrastruktur, Bildung und Kultur. Centrope soll dadurch zu einem der stärksten wirtschaftlichen Räume Europas entwickelt werden. Zudem soll Centrope die öffentliche Sichtbarkeit und die Vermarktung des Gebiets als attraktiven Unternehmensstandort sowie die gemeinsamen Interessensvertretung der Region innerhalb der Europäischen Union sicherstellen (vgl. Centrope). Laut der Internetseite der Stadt Wien hat die Europäische Kommission Centrope als die „entwicklungsfähigste Region Europas“ bezeichnet (vgl. Stadt Wien).

Abbildung 2: Die Central European Region (Centrope) Quelle: Centrope

Centrope wurde im Rahmen der „Vereinbarungen von Kitsee“ 2013 von den politisch verantwortlichen Akteuren der Regionen und Städte des länderübergrei

2.1 Geographische und institutionelle Rahmenbedingungen (…)

21

fenden Gebiets ins Leben gerufen. Im Zuge von anschließenden Pilotprojekten (z.B. „Business and Labour Report“), gefördert durch das INTERREG IIAProgramm „BAER Building a European Region“ des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) wurden Kooperationsstrukturen zwischen den VerantwortungsträgerInnen der involvierten Regionen und Städten etabliert und die Integration der Region vorangetrieben. Als Europaregion wurde Centrope von der Europäischen Union von 2007 bis 2012 aus dem Programm CENTRAL EUROPE und seit dem Jahr 2013 im Rahmen des Programms CENTROPE CAPACITY gefördert (vgl. Centrope). Ziel der aktuellen Periode ist die Umsetzung der Strategie 2013+, deren Schwerpunkt auf der Förderung der grenzübergreifenden Zusammenarbeit hinsichtlich Wissenstransfer, räumlicher Integration (Management von Verkehrsund Infrastrukturentwicklung) und Tourismus liegt. Als ein weiterer Schwerpunkt, und dieser ist für das Funktionieren des grenzübergreifenden Arbeitspendelns besonders relevant, soll die „Schlüsselressource“ Humankapital durch die grenzübergreifende Zusammenarbeit in Ausbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen sowie zwischen Bildungseinrichtungen gestärkt werden (vgl. Centrope Agentur 2013a: 6ff.). Das Centrope Strategiepapier nimmt in diesem Zusammenhang auch konkret Bezug zur ArbeitnehmerInnenfreizügigkeit innerhalb der Europäischen Union: „Die uneingeschränkte Freizügigkeit für ArbeitnehmerInnen bereitet den Weg für einen tatsächlich integrierten Arbeitsmarkt in centrope. Heute können Arbeitskräfte grenzüberschreitend jene Beschäftigung wählen, die ihrem beruflichen Streben und ihren Qualifikationen am besten entspricht; ArbeitgeberInnen können Talente aus der gesamten Region einstellen. Um größtmöglichen Nutzen aus den potenziellen Vorteilen des gemeinsamen Arbeitsmarkts zu ziehen, sind jedoch abgestimmte Maßnahmen erforderlich“ (Centrope Agentur 2013b: 14).

Die konkreten Ziele der Centrope Strategie 2013+ zur Stärkung von Humankapital sind in der folgenden Tabelle 1 abgetragen:

22

2 Das Fallbeispiel Ost-West-Pendeln in der Central European Region: (…)

Tabelle 1: Zielsetzungen der Centrope Strategie 2013+ zur Förderung von Humankapital

Ziele

Ein integrierter Arbeitsmarkt

Eine Qualifikationsbasis für eine wettbewerbsfähige Region

Ein Arbeitsplatz entsprechend der eigenen Ausbildung und Qualifikation

Eine gemeinsame Entwicklungsagenda für Humankapital

Kennzeichen des Soll-Zustands - Problemloses Funktionieren der grenzüberschreitenden Mobilität. - Ausgewogenheit von Qualifikationsangebot und – nachfrage. - Verfügbarkeit von speziellen Services, die eine Beschäftigung und Karriere im Nachbarland einfacher, chancenreicher und attraktiver machen. - Aus- und Fortbildungsprogramme sind in Übereinstimmung mit dem gemeinsamen Qualifizierungsbedarf vorhanden. - Sprachkenntnisse der Nachbarländer sind stärker verbreitet. - Systeme zum Monitoring des grenzübergreifenden Arbeitsmarktes und zum Erkennen von Qualifikationsengpässen sind etabliert. - Qualifikationen und Fähigkeiten von internationalen ArbeitnehmerInnen, insbesondere von jenen aus den Nachbarländern, werden genützt, da Hochschulabschlüsse, Diplome und Zeugnisse auf den Arbeitsmärkten aller Staaten der Centrope-Region anerkannt werden und Programme zur Aufqualifizierung vorhanden sind. - Der demographische Wandel und Erfordernisse des Arbeitsmarktes werden als gemeinsame Herausforderungen verstanden und Strategien sowie Good Practice-Beispiele zur Stärkung des Humankapitals gemeinsam diskutiert, um deren Vereinbarkeit und Wirksamkeit zu garantieren.

Quelle: vgl. centrope Agentur 2013b: 15 (eigene Darstellung).

2.1.2 Die schrittweise Öffnung des grenzübergreifenden Arbeitsmarktes Das grenzübergreifende Arbeiten und der soziale und kulturelle Austausch insgesamt (Migration, Handel, Konsum, Tourismus etc.) haben eine lange Tradition in dem heutigen Centrope-Gebiet, von der Habsburgermonarchie zur Nachkriegsperiode und nach dem Fall des Eisernen Vorhangs 1989. Nach dem Zu-

2.1 Geographische und institutionelle Rahmenbedingungen (…)

23

sammenbruch der Sowjetunion 1989 stieg sowohl die Arbeitsmigration als auch das grenzübergreifende Pendeln in der europäischen Ost-West-Wanderung. Fassmann und Münz beschreiben, dass eine beträchtliche Zahl an Arbeitskräften aus den osteuropäischen Staaten in dieser Phase von einer dreimonatigen visumfreien Reisefreiheit Gebrauch machten und als Touristen nach Österreich, Deutschland, Italien oder in eines der skandinavischen Länder kamen. Diese Reisefreiheit untersagte zwar eine Erwerbstätigkeit, viele polnische, slowakische oder ungarische Arbeitskräfte nützten aber Fassmann und Münz zufolge trotzdem diese Möglichkeit und nahmen eine Beschäftigung im irregulären Segment des Arbeitsmarktes an. Wie viele Personen das waren kann, wie Fassmann und Münz angeben, nicht seriös beantwortet werden (vgl. Fassmann und Münz 2000: 34f.). Fassmann und Münz argumentieren, dass sich aufgrund einer anhaltend hohen Arbeitslosigkeit und mit Rücksicht auf die öffentliche Meinung die westeuropäischen Arbeitsmärkte nach 1992 stärker von der Zuwanderung weiterer MigrantInnen abschotteten (vgl. ebd. 2000: 35). Österreich koppelte im Jahr 1993 die Anzahl der Beschäftigten aus dem Ausland an den allgemeinen Beschäftigungsstand. Infolgedessen konnten Personen aus den osteuropäischen Staaten nur dann einen Job in Österreich annehmen, wenn dieser Platz durch die Rückwanderung, Einbürgerung oder den Tod anderer ausländischer Arbeitskräfte „frei“ wurde oder wenn die Zahl der unselbständig Beschäftigten insgesamt stieg (Arbeitsmarkttest bzw. „Ersatzkraftverfahren“ durch das österreichische Arbeitsmarktservice) (vgl. Biffl et al. 2011: 10; Biffl und Bock-Schappelwein 2013: 16; Fassmann und Münz 2000: 34f.). Zudem wurde zwischen Österreich und Ungarn im Jahr 1998 das „PraktikantInnen- und GrenzgängerInnenabkommen“ vereinbart.7 Mit der EU-Osterweiterung am 1. Mai 2004 traten Tschechien, Slowakei und Ungarn sowie Estland, Lettland, Litauen, Slowenien, Polen, Malta und Zypern, die sogenannten (neuen) EU-10 Staaten, der Europäischen Union bei. Jedoch öffneten nur das Vereinigte Königreich, Nordirland, Irland und Schweden mit diesem Datum ihren Arbeitsmarkt für BürgerInnen aus den neuen Beitritt7

Im Zuge dieses bilateralen Abkommens wurde ein jährlich angepasstes Kontingent an ungarischen Arbeitskräften (maximal sechs Monate, mit Verlängerungsoption um jeweils sechs Monate) und PraktikantInnen (bis zu 18 Monaten) in bestimmten Branchen und Tätigkeitsfeldern des österreichischen Arbeitsmarktes, u.a. auch in saisonalen Beschäftigungsbereichen, zugelassen (Biffl et al. 2011: 10; Bock-Schappelwein et al. 2009: 28f.).

24

2 Das Fallbeispiel Ost-West-Pendeln in der Central European Region: (…)

staaten. In allen anderen Ländern der alten Beitrittsstaaten (EU-15), darunter auch Österreich, wurden fortan Übergangsfristen in unterschiedlich langer Dauer für die Gewährung der vollen ArbeitnehmerInnenfreizügigkeit festgelegt (von den Übergangsfristen ausgenommen waren BürgerInnen aus Malta und Zypern sowie Selbstständige). Die ArbeitnehmerInnenfreizügigkeit zählt zu den Grundfreiheiten der Europäischen Union und repräsentiert einen wichtigen Bestandteil des europäischen Integrationsprozesses. Ziel dieser Regelung ist die Etablierung von flexiblen und effizienten Arbeitsmarktstrukturen innerhalb Europas. Auf der Makroebene soll durch die Arbeitskräftemobilität die Integration der europäischen Arbeitsmärkte vorangetrieben werden. Auf der Mikroebene bzw. auf der Ebene der einzelnen PendlerInnen soll das Arbeiten in einem anderen EU-Land bessere Beschäftigungsaussichten ermöglichen (vgl. Europäische Kommission 2002: 3). Wesentlicher Grund für die Arbeitsmarktbeschränkungen waren wachsende öffentliche Sorgen über eine massenhafte Zuwanderung nach Westeuropa und Wohlstandsverluste. Diese Sorgen waren vor allem in Ländern mit direkten Grenzen zu den neuen Beitrittsstaaten, wie Österreich, besonders stark ausgeprägt. Nicht überraschend ist es daher, dass auch die ersten Prognosestudien über die zukünftigen Zuwanderungszahlen aus den osteuropäischen Ländern auf Österreich fokussierten (vgl. Bahna 2008: 844f.).8 Trotz der Übergangsfristen stieg die Zahl der Arbeitskräfte aus den neuen Beitrittsstaaten in Österreich stetig an, da der österreichische Arbeitsmarkt seit der EU-Osterweiterung 2004 weiter schrittweise geöffnet wurde. Erwerbstätigen (auch „GrenzgängerInnen“) war es ab dem Beitrittsdatum 2004 möglich, nach einem Jahr dauerhafter Beschäftigung in Österreich eine EUFreizügigkeitsbestätigung zu beantragen, die den barrierefreien Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt garantierte. 2005 trat ein weiteres PraktikantInnen- und GrenzgängerInnenabkommen mit Tschechien in Kraft. Mit der Fachkräfteüberziehungsverordnung 2008 wurde die Arbeitsmigration von qualifizierten ArbeitnehmerInnen aus den osteuropäischen EU-Ländern weiter gefördert, die nicht im Rahmen des Schlüsselkraftverfahrens nach Österreich kommen konnten. Außerdem konnten in Österreich Betriebsentsendebewilligungen beantragt werden (vgl. Biffl et al. 2011: 10). Abgesehen von diesen gesetzlichen Regelungen wurde das grenzübergreifende Arbeiten durch die Eingliederung des 8

Bahna zitiert in diesem Zusammenhang Studien von Fassmann und Hintermann (1997a) sowie Wallace (1998).

2.2 Sozioökonomische Rahmenbedingungen des Pendelns

25

Centrope-Gebiets in das Arbeitskräftevermittlungssystem der EU („EURopean Employment Services“) weiter gefördert. 9 Mit dem Ende der Übergangsfristen und der Arbeitsmarktöffnung am 1. Mai 2011 veränderten sich die Rahmenbedingungen zum Arbeiten in Österreich schlagartig. Seitdem haben BürgerInnen aus den 2004 (siehe weiter oben) und 2007 (Bulgarien und Rumänien) der EU beigetretenen Staaten das Recht, unabhängig von ihrem konkreten Wohnort, in Österreich und jedem anderen EU-Mitgliedstaat, unter den gleichen Bedingungen wie Angehörige dieser Staaten, eine Beschäftigung auszuüben (Art. 45 AEUV). 2.2 Sozioökonomische Rahmenbedingungen des Pendelns 2.2.1 Wirtschaftliche Leistung und Einkommen Anhand von vier zentralen makroökonomischen Kennzahlen aus den Regionalstatistiken von Eurostat, dem statistischen Amt der EU, wird im Folgenden ein Blick auf die sozioökonomischen Entwicklungen in Centrope geworfen. Als räumliche Bezugseinheit der Regionalstatistiken wird neben der gesamtstaatlichen Ebene die Ebene von NUTS-2 Gebieten („basic regions“) herangezogen. Diese Ebene ist die kleinste räumliche Bezugseinheit, für die Eurostat Regionalstatistiken zu den hier interessierenden Wirtschaftsindikatoren anbietet. Für eine getreue statistische Abbildung von Centrope würde man die Ebene von NUTS-3 Gebieten („small regions“) benötigen. Die hier dargestellten Informationen verstehen sich daher als näherungsweise.10 Die Zeiträume variieren je nach der Verfügbarkeit der aktuellsten Daten. Alle Zeitreihen beinhalten jedoch die inhaltlich hier besonders relevanten Zeitpunkte von vor und nach der EU-Erweiterung (2004) sowie vor und nach der Arbeitsmarktöffnung (2011). Die wirtschaftliche Leistung in Centrope, gemessen über das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf ist zwar seit 2001 gestiegen, variiert jedoch nach wie vor stark zwischen den einzelnen Ländern und Regionen des Vierländerecks (siehe Tabelle 2). 9

10

Ein internationales Netzwerk von EURES-Beratungsstellen bietet Arbeitssuchenden in den verschiedenen Grenzgebieten Beratungsleistungen und Hilfestellungen zum grenzübergreifenden Arbeiten innerhalb Europas (vgl. EURES). Folgende nicht zu zu Centrope gehörende NUTS-3 Gebiete werden bei der gewählten Darstellung miterfasst: In Tschechien der Kreis Vysočina, in der Slowakei die Landesbezirke Trenčiansky und Nitriansky und in Ungarn das Komitat Zala.

26

2 Das Fallbeispiel Ost-West-Pendeln in der Central European Region: (…)

Tabelle 2: Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Landesdurchschnitt und in der Centrope-Region 2001-2011 (pro Kopf in KKS)

Österreich Burgenland Niederösterreich Wien Tschechien Jihovýchod Slowakei Bratislavský kraj Západné Slovensko Ungarn Nyugat-Dunántúl

2001 24.900 16.600 20.200 34.400 14.400 13.100 10.300 22.800 9.600 11.500 11.800

2003 26.400 18.100 21.400 35.900 15.800 14.300 11.500 25.800 10.700 12.900 13.900

Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2005 2007 28.100 30.900 19.000 20.500 22.700 25.400 37.200 40.100 17.800 20.600 15.700 18.400 13.500 16.900 32.900 40.000 12.800 16.500 14.200 15.300 14.200 15.000

2009 29.500 19.900 24.200 38.300 19.400 17.600 17.000 41.600 16.000 15.300 14.300

2011 32.300 21.700 26.600 41.300 20.300 18.400 18.900 46.600 18.100 16.900 17.100

Quelle: Eurostat 2015; eigene Berechnungen.

Österreich hat mit einem BIP von 32.300 KKS pro Kopf das deutlich höchste BIP von allen vier Ländern.11 Der österreichische Durchschnitt liegt damit fast doppelt so hoch wie die Wirtschaftsleistung in Ungarn (-15.400 bzw. -48%), auch Tschechien (-37%) und die Slowakei (-41%) schneiden im Vergleich zu Österreich nur geringfügig besser ab als Ungarn. Im Zeitverlauf dieser Länderunterschiede ist auf der gesamtstaatlichen Ebene zu erkennen, dass sich das OstWest-Wohlstandsgefälle – trotz eines schwachen Aufholprozesses in den osteuropäischen Ländern – seit 2001 nicht wesentlich verändert hat.12 Auf der Ebene der einzelnen NUTS-2 Regionen ist erkennbar, dass sich das Wohlstandsgefälle zwischen den österreichischen und osteuropäischen CentropeRegionen mit Ausnahme eines überaus starken Aufholprozesses in der Region 11

12

Die Zahlen (zum BIP sowie zum verfügbaren Haushaltseinkommen) sind in Kaufkraftstandards (KKS) angegeben, einer einheitlichen Währung, die Preisniveauunterschiede zwischen Ländern ausgleicht und damit aussagekräftige Vergleiche zulässt. Ein KKS entspricht dem EUDurchschnitt für einen Euro und erlaubt die Anschaffung des gleichen Ausmaßes von Gütern und Dienstleistungen in allen EU-Ländern. Die KKS-Werte wurden zudem normiert (nicht grafisch dargestellt), um (1) das Verhältnis zwischen Österreich und den osteuropäischen Ländern (z.B. Österreich = 100%, Tschechien = 63%) sowie (2) das Verhältnis zwischen den jeweiligen Landesdurchschnitten und den jeweiligen NUTS-3 Gebieten betrachten zu können (z.B. Tschechien = 100%, Bratislavský kraj = 247%). Der stärkste Aufholprozess gegenüber Österreich lässt sich in der Slowakei verzeichnen (-17 Prozentpunkte vs. 5 in der Slowakei und 6 in Tschechien). Im Zuge dieses Aufholprozesses hat die Slowakei kurz nach der EU-Erweiterung (2005) Ungarn überholt und sich dem Level von Tschechien angenähert.

2.2 Sozioökonomische Rahmenbedingungen des Pendelns

27

Bratislavský nicht nennenswert verändert hat. Bratislavský ist gemessen am BIP aktuell die wirtschaftlich stärkste NUTS-2 Region in Centrope.13 Im Vergleich zwischen den einzelnen NUTS-2 Gebieten und der gesamtstaatlichen Ebene der jeweiligen Länder ist außerdem festzustellen, dass die Twin Cities Wien (+28%) und Bratislava (+147%) deutlich über dem Landesdurchschnitt liegen. Auch das BIP der ungarischen NUTS-2 Region Nyugat-Dunántúl übersteigt das LandesBIP von Ungarn um 1%. Alle anderen vier NUTS-2 Regionen von Centrope sind im Vergleich zum jeweiligen Landesdurchschnitt wirtschaftlich schwächere Gebiete. Ebenso wie beim BIP lässt sich in allen Ländern und Regionen des Vierländerecks ein wachsendes Einkommen der privaten Haushalte seit 2001 ablesen (siehe Tabelle 3). Der Blick auf das verfügbare Pro-Kopf-Haushaltseinkommen im Centrope-Gebiet spiegelt im Großen und Ganzen auch die Kräfteverhältnisse beim BIP wider, wobei sich einige Differenzen dazu erkennen lassen. So ist das Haushaltseinkommen in Österreich mit 19.800 KKS – ähnlich wie das BIP – mehr als doppelt so hoch wie in Ungarn (-57%) und fast doppelt so hoch wie in Tschechien (-48%) und der Slowakei (-47%). Während sich jedoch beim BIP seit 2001 ein leichter Aufholprozess aller drei osteuropäischen Centrope-Länder gegenüber Österreich feststellen lässt, ist dies beim privaten Haushaltseinkommen nur für die Slowakei ab dem Jahr 2002 der Fall (-13 Prozentpunkte). Der Abstand zwischen Österreich und Tschechien bzw. Ungarn ist über diesen Zeitraum hingegen relativ konstant geblieben (-2 bzw. -3 Prozentpunkte).14 Vergleicht man die Entwicklung der Einkommen zwischen den österreichischen und osteuropäischen NUTS-2 Gebieten, ist zu erkennen, dass sich bis auf einen Aufholprozess in den slowakischen Landesbezirken Bratislavský und Západné Slovensko (nur gegenüber Wien) die Ost-West-Ungleichheiten zwischen allen anderen Regionen sogar verstärkt haben. Beispielsweise sind die Einkommensungleichheiten zwischen dem Burgenland und dem westungarischen Komitat Nyugat-Dunántúl seit 2001 um 38% gestiegen. Die im Vergleich zwischen Ländern und Regionen am besten abschneidende Region ist wie auch

13

14

Das BIP von Bratislavský kraj ist seit dem Jahr 2008 (nicht grafisch dargestellt) sogar höher als jenes von Wien (im Jahr 2011: +5.300 bzw. +13%). Auch auf der Ebene des Haushaltseinkommens konnte die Slowakei damit in den letzten Jahren Ungarn überholen (ab 2007) und auf das Level von Tschechien aufschließen.

28

2 Das Fallbeispiel Ost-West-Pendeln in der Central European Region: (…)

beim BIP Bratislavský. Hier liegt das private Haushaltseinkommen im Jahr 2011 mit 16.000 KKS pro Kopf 52% über dem Landesdurchschnitt. Tabelle 3: Verfügbares privates Haushaltseinkommen im Landesdurchschnitt und in der Centrope-Region 2001-2011 (pro Kopf in KKS)1

Österreich Burgenland Niederösterreich Wien Tschechien Jihovýchod Slowakei Bratislavský kraj Západné Slovensko Ungarn Nyugat-Dunántúl

2001 15.100 13.900 15.400 16.600 7.500 7.200 6.000 8.800 5.800 6.100 6.000

2003 16.000 15.000 16.300 17.200 8.000 7.600 6.100 9.100 6.000 7.000 6.600

verfügbares Haushaltseinkommen 2005 2007 17.600 19.200 16.900 18.600 17.900 19.700 18.500 19.900 8.900 10.100 8.600 9.800 7.300 8.900 11.900 13.700 7.000 8.800 7.700 7.900 7.200 7.400

2009 18.800 18.400 19.300 19.200 9.900 9.600 9.500 15.000 9.400 7.900 8.200

2011 19.800 19.400 20.600 19.800 10.200 9.900 10.500 16.000 10.700 8.600 8.500

Quelle: Eurostat 2015; eigene Berechnungen. 1verfügbares Einkommen der privaten Haushalte als Saldo des Primäreinkommens (Betriebsüberschuss/Selbständigeneinkommen plus ArbeitnehmerInnenentgelt plus erhaltenes Vermögenseinkommen minus gezahltes Vermögenseinkommen) sowie der Umverteilung der Einkommen in Form von Geldleistungen (Transaktionen enthalten gezahlte Sozialbeiträge, erhaltene monetäre Sozialleistungen, gezahlte Einkommens- und Vermögenssteuer sowie sonstige laufende Transfers, ohne soziale Sachtransfers des Staates oder von privaten Organisationen ohne Erwerbszweck).

2.2.2 Beschäftigung und Armut Wie aber steht es mit der Beschäftigung in den Ländern und Regionen von Centrope? In Tabelle 4 sind dazu die Arbeitslosenquoten abgebildet. Im Allgemeinen zeigt sich, dass die Quoten in allen Ländern und Regionen von Centrope bis zu den Jahren rund um die Wirtschaftskrise (2007/2008) gesunken und danach wieder gestiegen sind. Österreich hat mit 5,6% die geringste Quote an Arbeitslosen unter der erwerbsfähigen Bevölkerung. In den osteuropäischen Centrope-Staaten sind die entsprechenden Quoten höher, wobei die Unterschiede zwischen Österreich und Tschechien (+9%) am geringsten ausfallen. Am meisten Arbeitslose in der Bevölkerung hat die Slowakei mit 13,2%. Diese Quote liegt um mehr als das Doppelte über dem Niveau von Österreich (+136%). Sowohl in der Slowakei als auch (auf geringerem Niveau) in Tschechien ist seit

2.2 Sozioökonomische Rahmenbedingungen des Pendelns

29

2001 ein Aufholprozess gegenüber Österreich erkennbar. 15 Auch Ungarn holt seit 2011 erneut zu Österreich auf. Tabelle 4: Arbeitslosenquote im Landesdurchschnitt und in der Centrope-Region 2001-2014 (in %)1

Österreich Burgenland Niederösterreich Wien Tschechien Jihovýchod Slowakei Bratislavský kraj Západné Slovensko Ungarn Nyugat-Dunántúl Dunántúl (NUTS-1)1

2001 4 5 3,2 6 8 7,3 19,4 7,7 18,6 5,7 3,8

2003 4,8 5,8 4 8,3 7,5 7 17,1 6,9 15,6 5,8 4,6

2005 5,6 5,8 4,7 9,9 7,9 7,7 16,3 5,3 12,5 7,2 5,9

-

-

-

Arbeitslosenquote 2007 2009 4,9 5,3 4,1 5 4 4,7 9,2 8,7 5,3 6,7 5,2 6,5 11,1 12 4,3 4,6 7,8 9,9 7,4 10 5,1 8,7 -

2011 4,6 3,8 4,5 8 6,7 7,2 13,6 5,8 10,7 11 7,3

2013 5,3 4,3 5 9,2 7 6,8 14,2 6,4 11,7 10,2 7,7

2014 5,6 4,8 5,1 10,2 6,1 5,9 13,2 6 11 7,7 4,6

-

-

-

Quelle: Eurostat 2015; eigene Berechnungen. 1Arbeitslosenquote: prozentueller Anteil der Erwerbslosen an der Gesamtheit aller Erwerbspersonen (d.h. Gesamtheit aller Arbeitskräfte bzw. Summe aus Erwerbstätigen und Erwerbslosen).

Auf der Ebene der NUTS-2 Gebiete zeigt sich im Kontrast zur Länderebene kein klares Ost-West-Wohlstandsgefälle. Mit Ausnahme von Wien (10,2%) und Západné Slovensko (11,0%), die eine relativ hohe Arbeitslosenquote haben, befinden sich die Centrope-Gebiete allesamt auf einem vergleichbaren Niveau. 16 Die aktuell geringen Ost-West-Unterschiede sind teilweise auf einen Aufholprozess der osteuropäischen Centrope-Gebiete bis kurz nach der EU-Erweiterung zurückzuführen. Spätestens aber seit diesem Zeitpunkt steigen die Ungleichheiten erneut.17 Im Vergleich zum Landesdurchschnitt schneiden alle hier betrachteten NUTS-2 Gebiete, mit Ausnahme von Wien und Západné Slovensko, klar besser ab. Vor allem der slowakische Landesbezirk Bratislava ist eine im Vergleich zum Landesdurchschnitt besonders beschäftigungsstarke Region (6% vs. 13,2%). Im Gegensatz dazu ist die Stadt Wien relativ stark von Arbeitslosigkeit

15

16

17

Bis 2007 sind die Ost-West-Ungleichheiten in der Beschäftigung gesunken, danach bis 2011 erneut angestiegen (auf das Level von 2005) und seither wieder im Sinken begriffen. Die geringste Arbeitslosenquote existiert im ungarischen Komitat Nyugat-Dunántúl (4,6%), dicht gefolgt vom Burgenland (4,8%), Niederösterreich (5,1%), dem tschechischen Kreis Jihovýchod (5,9%) sowie dem Landesbezirk Bratislavský (6,0%). Vor allem zwischen Wien und Jihovýchod bzw. Wien und Bratislavský kraj.

30

2 Das Fallbeispiel Ost-West-Pendeln in der Central European Region: (…)

betroffen. Annähernd doppelt so viele Arbeitslose leben in Wien wie im österreichischen Landesdurchschnitt (10,2% vs. 5,6%). Während Österreich entsprechend den bisherigen volkswirtschaftlichen Kennzahlen deutlich besser gestellt ist, ist das hinsichtlich der Betroffenheit von Armut nicht der Fall (siehe Tabelle 5). Tabelle 5: Armutsquote im Landesdurchschnitt und in der Centrope-Region 2001-2014 (in %)1

Österreich Burgenland Niederösterreich Wien Tschechien Jihovýchod Slowakei Bratislavský kraj Západné Slovensko Ungarn Nyugat-Dunántúl

2005 12,6 15,2 12,9 12,9 10,4 8,2 13,3 7,8 13,5 13,5

2007 12 14,3 10,4 17,4 9,6 7,2 10,5 6 9,3 12,3

Armutsquote 2009 14,5 11,2 10,1 17,1 8,6 8,5 11 6,5 10 12,4

2011 14,5 14,3 9,9 19,2 9,8 10 13 7,2 11,4 13,8

2012 14,4 5,6 10,6 24,1 9,6 9,1 13,2 6,3 11,9 14

-

-

-

-

-

1

11,1 11,6 11,5 12,6 12,5 Dunántúl (NUTS-1) Quelle: Eurostat 2015; eigene Berechnungen. 1Armutsquote: prozentueller Anteil jener Personen an der Gesamtheit der Bevölkerung deren verfügbares Äquivalenzeinkommen unterhalb der Armutsgefährdungsschwelle liegt (60 % des nationalen verfügbaren Medianäquivalenzeinkommens).2Armutsquoten sind für Ungarn nicht auf NUTS-2 Ebene erhältlich. Als annäherungsweise Information sind die Quoten des NUTS-1 Gebiets Dunántúl (Transdanubien) abgetragen, das die in Ungarn südlich und westlich der Donau gelegenen NUTS-2 Gebiete Nyugat-Dunántúl, KözépDunántúl und Dél-Dunántúl umfasst.

Armut ist in Österreich unter den vier Ländern von Centrope am stärksten verbreitet. 14,4% der Bevölkerung haben hierzulande ein Einkommen zur Verfügung, das unterhalb der Armutsgefährdungsgrenze (60 % des nationalen verfügbaren Medianäquivalenzeinkommens) liegt. Österreich ist damit am ehesten mit Ungarn vergleichbar (14%). Im Zeitverlauf ist zu erkennen, dass Österreich bereits seit längerem über dieses Ausmaß an armen Personen in der Gesellschaft verfügt, während die Armutsquoten in den osteuropäischen Ländern, v.a. seit den Jahren rund um die Wirtschaftskrise 2007/2008, relativ stark steigen. Es ist mit

2.2 Sozioökonomische Rahmenbedingungen des Pendelns

31

Blick auf den bisherigen Trend daher davon auszugehen, dass sich die Armutsquoten der vier Länder von Centrope weiter annähern werden. Mit Ausnahme von Wien (24,7%) sind alle NUTS-2 Gebiete der Central European Region hinsichtlich des Ausmaßes an Armut besser gestellt als der Landesdurchschnitt. In Wien ist die Armutsquote am deutlichsten gegenüber der Landesarmutsquote erhöht. Zwischen den osteuropäischen und österreichischen Centrope-Gebieten ist aktuell kein klares Ost-West-Wohlstandsgefälle zu erkennen. Das Burgenland (5,6%) und der slowakische Landesbezirk Bratislavský (6,3%) weisen vergleichsweise geringe Armutsquoten auf. Mit Ausnahme von Wien bewegen sich die Armutsquoten aller anderen Gebiete von Centrope zwischen 9,1% (Jihovýchod) und 12,5% (Dunántúl). Im Zeitverlauf ist erkennbar, dass sich alle Ost-West-Unterschiede auch auf der Ebene der NUTS-2 Gebiete im Zeitverlauf angenähert haben. Nur Wien unterscheidet sich zunehmend von allen anderen Regionen da in diesem Gebiet die Armut relativ stark wächst, während sie in den anderen Centrope-Regionen eher konstant ist bzw. teilweise sinkt.18 2.2.3 Zusammenfassung: Ost-West-Unterschiede im Centrope-Gebiet Zusammenfassend ist erstens zu sagen, dass sich im Centrope-Gebiet auf der Ebene der Nationalstaaten des Vierländerecks – trotz eines Aufholprozesses in den neuen Mitgliedsländern – ein klares Ost-West-Wohlstandsgefälle in Wirtschaftsleistung (BIP), Einkommen und Beschäftigung (Arbeitslosenquote) nachweisen lässt. Während sich im Zeitverlauf seit 2001 beim BIP ein Aufholprozess aller osteuropäischen Staaten gegenüber Österreich vollzogen hat, war das mit Blick auf die Einkommensentwicklung der privaten Haushalte jedoch nur für die Slowakei (seit 2002) der Fall. Die Arbeitslosenquoten zeigen im Zeitverlauf ebenfalls einen leichten Aufholprozess aller drei osteuropäischen Länder gegenüber Österreich. Armut ist hingegen in Österreich am stärksten verbreitet ist. Es ist ferner anzunehmen, dass sich das Ausmaß an Armut in den vier Ländern weiter angleichen wird.

18

Auffällig ist außerdem, dass sich die Armutsquoten zwischen den zwei Zeitpunkten 2011 und 2012 in einzelnen Regionen relativ stark unterscheiden (z.B. Burgenland: 14,3% vs. 5,6%).

32

2 Das Fallbeispiel Ost-West-Pendeln in der Central European Region: (…)

Zweitens spiegeln sich diese Ost-West-Unterschiede und zeitlichen Dynamiken nur bedingt auf der Ebene der NUTS-2 Gebiete von Centrope wider: - Wirtschaftsleistung (BIP) und Einkommen sind zwar auch auf dem Level von NUTS-2 ungleich verteilt, jedoch lassen sich keine vergleichbar homogenen Aufholprozesse wie auf der gesamtstaatlichen Ebene erkennen. Eine bemerkenswerte Ausnahme bildet jedoch die Region Bratislavský. Diese Region hat sich mit Bezug auf Wirtschaftsleistung (BIP) und Einkommen gegenüber allen österreichischen Regionen stark verbessert und ist im Jahr 2011, gemessen am BIP, sogar die wirtschaftlich stärkste NUTS-2 Region in Centrope. Abgesehen davon ist ein leichter Aufholprozess des slowakischen Landesbezirks Západné Slovensko bezüglich des Haushaltseinkommens (und dieser nur gegenüber Wien) zu verzeichnen. Zwischen allen anderen österreichischen und osteuropäischen Regionen sind die Einkommensungleichheiten seit 2001 sogar gestiegen. - Hinsichtlich der Arbeitslosenzahlen in den NUTS-2 Gebieten offenbaren sich weitere Unterschiede zur gesamtstaatlichen Ebene. Alle Regionen befinden sich in diesem Bereich, mit Ausnahme einer etwas höheren Arbeitslosigkeit in Wien und Západné Slovensko, auf einem vergleichbaren Niveau. Die geringen Ost-West-Unterschiede in den Arbeitslosenquoten sind teilweise auf einen Aufholprozess der osteuropäischen Regionen seit 2011 zurückzuführen. - Armut ist im Unterschied zur gesamtstaatlichen Betrachtung zwischen den osteuropäischen und österreichischen NUTS-2 Gebieten in einer ähnlich starken Form verbreitet. Nur in der Stadt Wien und der slowakischen Region Západné Slovensko liegt eine deutlich höhere Armutsquote vor. Mit Blick auf den Zeitverlauf ist zwar anzunehmen, dass sich auch die Armutsquoten aller Regionen in Centrope zukünftig angleichen werden. Wien wird jedoch weiterhin eine Sonderstellung einnehmen da hier die Armut überdurchschnittlich stark wächst. Drittens sind alle NUTS-2 Gebiete (mit Ausnahme von Wien) hinsichtlich der Verbreitung von Armut und Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Landesdurchschnitt besser gestellt. Demgegenüber sind die Wirtschaftsleistung (BIP) und das Pro-Kopf-Haushaltseinkommen in einigen NUTS-2 Gebieten höher und in anderen niedriger als im Landesdurchschnitt. Eine Sonderstellung nimmt der slowa

2.3 Amtliche Statistiken zum grenzübergreifenden Pendeln: (…)

33

kische Landesbezirk Bratislavský ein, der auch in diesen beiden Kennzahlen klar über dem Landesdurchschnitt der Slowakei liegt. 2.3 Amtliche Statistiken zum grenzübergreifenden Pendeln: Bestandsaufnahme, zeitliche Entwicklungsmuster und räumliche Verteilung Wie aber drückt sich das grenzübergreifende Pendeln aus Tschechien, Slowakei und Ungarn auf den österreichischen Arbeitsmarkt in amtlichen Zahlen aus? Die validesten Daten zur Beschreibung des PendlerInnenaufkommens aus den osteuropäischen Nachbarländern liefert die Arbeitsmarktstatistik des österreichischen Arbeitsmarktservices (AMS) (vgl. Lechner et al. 2010: 3). Die verwendeten Daten stammen aus dem Erwerbskarrierenmonitoring des AMS, basieren auf Daten des Hauptverbands der österreichischen Sozialversicherungsträger (HV), und erfassen die Anzahl an unselbständig beschäftigten Personen, deren Beschäftigungsverhältnis aufrecht ist, inklusive sonstiger in die Krankenversicherung einbezogener Personen und freien DienstnehmerInnen. 19 Nicht gezählt werden in diesen Daten geringfügig Beschäftigte, WerkvertragsnehmerInnen sowie Personen, die selbständig bzw. freiberuflich tätig sind. Außerdem werden jene Personengruppen unter den ausländischen Erwerbstätigen nicht eingebunden, die aus der Bewilligungspflicht des AMS herausfallen, wie etwa die Betreuungskräfte im Rahmen der Rund-um-die-Uhr-Betreuung.20 Die Struktur dieser Daten lässt daher nur näherungsweise Rückschlüsse auf die Gesamtheit der grenzübergreifenden PendlerInnen in Österreich zu. Die folgende Betrachtung bezieht sich auf den Zeitraum 2003 bis 2014, d.h. auch in dieser Trendanalyse können Effekte der EU-Erweiterung (2004) sowie der Arbeitsmarktöffnung (2011) beobachtet werden. Für die Jahre 2003 bis 2006 ist die getrennte Betrachtung von PendlerInnen in den AMS-Daten nicht verfügbar. Die PendlerInnen werden in diesen beiden Jahren unter der Gruppe der MigrantInnen gefasst und erst ab 2007 getrennt betrachtet. Ausländische StaatsbürgerInnen mit Haupt19

20

Zu den sonstigen in die Krankenversicherung miteinbezogenen Personen zählen DienstnehmerInnen gleichgestellte sowie aufgrund eines Ausbildungsverhältnisses eingeschlossene Personen, im Krankenstand befindliche Personen deren Beschäftigungsverhältnis aufrecht erhalten ist, Karenz- und KinderbetreuungsgeldbezieherInnen sowie Präsenzdienstleistende (vgl. AMSa). Für weitere Personengruppen unter den ausländischen Arbeitskräften die aus der Bewilligungspflicht des AMS herausfallen (vgl. AMSb).

34

2 Das Fallbeispiel Ost-West-Pendeln in der Central European Region: (…)

wohnsitz in Österreich werden als MigrantInnen, jene mit ausländischem Hauptwohnsitz als PendlerInnen definiert. Die Entwicklung der PendlerInnenzahl im Zeitverlauf wird in einem ersten Schritt im gesamten österreichischen Arbeitsmarkt (siehe Abbildung 3) und in einem zweiten Schritt in der Central European Region (siehe Abbildung 4) betrachtet. 110.000 100.000 90.000

80.000 70.000 60.000 50.000 40.000

30.000 20.000 10.000

Tschechien Slowakei Ungarn Gesamt Tschechien Slowakei Ungarn Gesamt Tschechien Slowakei Ungarn Gesamt Tschechien Slowakei Ungarn Gesamt Tschechien Slowakei Ungarn Gesamt Tschechien Slowakei Ungarn Gesamt Tschechien Slowakei Ungarn Gesamt Tschechien Slowakei Ungarn Gesamt Tschechien Slowakei Ungarn Gesamt Tschechien Slowakei Ungarn Gesamt Tschechien Slowakei Ungarn Gesamt Tschechien Slowakei Ungarn Gesamt

0

2003

2004

2005

2006

2007

2008

MigrantInnen und PendlerInnen

2009

MigrantInnen

2010

2011

2012

2013

2014

PendlerInnen

Abbildung 3: Unselbständig beschäftigte MigrantInnen und PendlerInnen aus Tschechien, Slowakei und Ungarn am österreichischen Arbeitsmarkt Gesamt 2003-2014 (Jahresdurchschnitte) Quelle: AMS Erwerbskarrierenmonitoring 2015; eigene Berechnungen.

Entsprechend der AMS-Statistik arbeiten im Jahr 2014 insgesamt 99.056 StaatsbürgerInnen aus Tschechien, Slowakei und Ungarn in Österreich. Unter diesen Arbeitskräften sind 60.415 MigrantInnen (61%) und 38.641 PendlerInnen (39%). Der überwiegende Anteil von MigrantInnen ist bei allen drei Gruppen festzustellen. Die PendlerInnen stammen vor allem aus Ungarn. Mit einer Summe von 36.168 sind mehr als zwei Drittel (68%) aller PendlerInnen ungarische StaatsbürgerInnen. Daneben zählen die AMS-Daten 7.678 slowakische (20%) sowie 4.705 tschechische PendlerInnen (12%). Wie die Abbildung verdeutlicht, erfolgte im gesamten Beobachtungszeitraum seit 2003 eine leichte, stetige Zunahme

2.3 Amtliche Statistiken zum grenzübergreifenden Pendeln: (…)

35

der Arbeitskräfte aus Tschechien, Slowakei und Ungarn auf dem österreichischen Arbeitsmarkt. Dies reflektiert die oben thematisierte schrittweise Öffnung des österreichischen Arbeitsmarktes. Wie von vielen ExpertInnen folgerichtig prognostiziert hat die Arbeitsmarktöffnung 2011 daher auch zu keinem „Ansturm“ von weiteren Arbeitskräften aus den osteuropäischen Nachbarländern geführt. Insgesamt waren im Jahresdurchschnitt von 2011 12.602 ausländische Arbeitskräfte aus Tschechien, Slowakei und Ungarn (davon 8.076 MigrantInnen und 4.526 PendlerInnen) mehr am österreichischen Arbeitsmarkt vertreten als im Jahr 2010. Das entspricht einem Plus von 28%. Der stärkste Zuwachs an PendlerInnen lässt sich für das Folgejahr 2012 verzeichnen. Hier gab es gegenüber dem Jahresdurchschnitt von 2011 9.117 mehr PendlerInnen am österreichischen Arbeitsmarkt (Plus von 44%). Obwohl die Effekte der Arbeitsmarktöffnung moderat waren, ist hervorzuheben, dass sowohl die Zahl der MigrantInnen als auch jene der PendlerInnen seit der Arbeitsmarktöffnung 2011 stärker steigen als in den Jahren zuvor. 21 Der Großteil der PendlerInnen aus Tschechien, Slowakei und Ungarn arbeitet in der Central European Region (siehe Abbildung 4). Insgesamt pendeln im Jahr 2014 27.912 Personen und damit 72% aller PendlerInnen aus den drei osteuropäischen Nachbarländern in Österreich in den grenznahen Raum. Auch die MigrantInnen aus diesen Ländern sind mit einer Anzahl von 30.261 Personen bzw. 50% (aller dieser MigrantInnen in Österreich) relativ stark im österreichischen Centrope-Gebiet vertreten. Unter den PendlerInnen befinden sich aktuell, wie auch am gesamten österreichischen Arbeitsmarkt, überwiegend ungarische PendlerInnen (19.639 bzw. 70%). 22 Die Bedeutung des Pendelns gegenüber der Migration ist im grenznahen Centrope-Gebiet im Allgemeinen stärker als in Gesamt-Österreich. 48% der Arbeitskräfte aus Tschechien, Slowakei und Ungarn im Centrope-Gebiet sind 21

22

So kommen seit dem Jahr 2011 im Schnitt jährlich 8.009 MigrantInnen (2007 bis 2010: 1.371) und (mit Ausnahme der Spitzenjahre 2011/2012) 4.496 PendlerInnen (2008 bis 2010: 2.221; zwischen 2007 und 2008 gab es sogar ein negatives „PendlerInnensaldo“) auf den österreichischen Arbeitsmarkt. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch die im Vergleich zur Migration wachsende Bedeutung des grenzübergreifenden Pendelns im Zeitverlauf. Waren im Jahr 2007 noch 32% unter den ausländischen StaatsbürgerInnen PendlerInnen, so lag der entsprechende Anteil im Jahr der Arbeitsmarktöffnung 2011 bei 36% und aktuell im Jahr 2014 bei 39%. Mit großem Abstand folgen PendlerInnen aus der Slowakei mit 5.656 Personen (20%) und aus Tschechien mit 2.617 Personen (9%).

36

2 Das Fallbeispiel Ost-West-Pendeln in der Central European Region: (…)

PendlerInnen. In Gesamt-Österreich liegt der entsprechende Anteil bei 39%. In Centrope ist im Vergleich zu Gesamt-Österreich eine im Zeitverlauf stärker wachsende Bedeutung des Pendelns zu konstatieren. 23 Abgesehen davon lassen sich vergleichbare Effekte der Arbeitsmarktöffnung wie in Gesamt-Österreich feststellen (Plus von 27% im Jahresdurchschnitt 2011 gegenüber 2010). 70.000

60.000

50.000

40.000

30.000

20.000

10.000

Tschechien Slowakei Ungarn Gesamt Tschechien Slowakei Ungarn Gesamt Tschechien Slowakei Ungarn Gesamt Tschechien Slowakei Ungarn Gesamt Tschechien Slowakei Ungarn Gesamt Tschechien Slowakei Ungarn Gesamt Tschechien Slowakei Ungarn Gesamt Tschechien Slowakei Ungarn Gesamt Tschechien Slowakei Ungarn Gesamt Tschechien Slowakei Ungarn Gesamt Tschechien Slowakei Ungarn Gesamt Tschechien Slowakei Ungarn Gesamt

0

2003

2004

2005

2006

2007

2008

MigrantInnen und PendlerInnen

2009

2010

MigrantInnen

2011

2012

2013

2014

PendlerInnen

Abbildung 4: Unselbständig beschäftigte MigrantInnen und PendlerInnen aus Tschechien, Slowakei und Ungarn am österreichischen Arbeitsmarkt der Central European Region 20032014 (Jahresdurchschnitte) Quelle: AMS Erwerbskarrierenmonitoring 2015; eigene Berechnungen.

23

Der Anteil der PendlerInnen unter den ausländischen Arbeitskräften lag im Jahr 2007 bei 39%, stieg im Jahr der Arbeitsmarktöffnung 2011 relativ stark auf 44% und liegt aktuell im Jahr 2014 bei 48%.

2.4 Forschungsergebnisse zu Centrope: Motive, ökonomische und (…)

37

Regional konzentrieren sich die PendlerInnen in Centrope im Jahr 2014 auf das Burgenland und Niederösterreich (siehe Abbildung 19 im Anhang). 24 Abgesehen von den betrachteten Statistiken ist zu erwähnen, dass im Vergleich mit anderen EU-27 Regionen sowohl die interne als auch grenzübergreifende Mobilität im gesamten Centrope-Gebiet vergleichsweise hoch ist. 1,8% der Beschäftigten pendeln in Centrope über Ländergrenzen zu ihrer Arbeit. Im Durchschnitt der EU-27 sind das nur 0,7% (vgl. Rozmahel et al. 2012: 24). 2.4 Forschungsergebnisse zu Centrope: Motive, ökonomische und nichtökonomische Konsequenzen sowie subjektive Bewertungen des Pendelns 2.4.1 Motive für das grenzübergreifende Ost-West-Pendeln 2.4.1.1 Motive „potentieller“ ArbeitsmigrantInnen Zu den Motivationen für das grenzübergreifende Pendeln in Centrope existieren vergleichsweise viele Forschungsergebnisse. In erster Linie sind die Ergebnisse aus Umfragen zum sogenannten Mobilitätspotential zu nennen. In diesen Umfragen wird die allgemeine Bevölkerung befragt, ob es für sie in Frage kommen würde, im Ausland zu arbeiten. Im Zentrum der Analysen stehen daher nicht tatsächlich grenzübergreifend mobile Personen sondern Personen, die eine Mobilitätsneigung aufweisen.25 Dass jedoch beispielsweise eine ausgeprägte Mobilitätsbereitschaft (Intention) keineswegs mit einer tatsächlichen Mobilität (Handlung) einhergehen muss, ist bei der Interpretation der Befunde aus solchen Studien stets zu berücksichtigen (vgl. Bahna 2008: 849f.; De Gijsel und Janssen 24

25

43% der PendlerInnen arbeiten im Burgenland, in Niederösterreich sind es 31% und Wien verfügt mit einem Anteil von 26% über die wenigsten PendlerInnen in Centrope. Die Verteilung der PendlerInnen auf die einzelnen Bundesländer aufgeschlüsselt nach Herkunftsgruppen zeigt, dass im Burgenland fast ausschließlich ungarische PendlerInnen arbeiten. 94% der PendlerInnen aus den osteuropäischen Nachbarländern im Burgenland verfügen über eine ungarische Staatsbürgerschaft. Nur 6% der Arbeitskräfte sind hier aus der Slowakei und nur 0,2% stammen aus Tschechien. Der Anteil der ungarischen PendlerInnen ist auch in den anderen Bundesländern am höchsten (51% in Niederösterreich und 54% in Wien), wenngleich SlowakInnen (25% bzw. 38%) und TschechInnen (23% bzw. 8%) dort vergleichsweise stärker in den Statistiken präsent sind. Die Anzahl der tatsächlich grenzübergreifend mobilen Erwerbstätigen ist in diesen Umfragen verschwindend gering.

38

2 Das Fallbeispiel Ost-West-Pendeln in der Central European Region: (…)

1999: 74). Seit einer ersten Umfrage von Fassmann und Hintermann (1997b) vor circa zwanzig Jahren wurden in der Centrope-Region regelmäßig solche Umfragen zu den Migrations- und Pendelabsichten der Bevölkerung aus den osteuropäischen Nachbarländern durchgeführt (u.a. Bittner und Hudler-Seitzberger 2006,2009; Bittner et al. 2011; Nowotny 2011; Vavrečková 2006; Wallace 1998; Wallace und Haerpfer 2001). Die wichtigsten Motive der potentiellen MigrantInnen und PendlerInnen aus Tschechien, Slowakei und Ungarn sind ökonomische Pull-Faktoren, PushFaktoren wie etwa Arbeitsplatzverlust sind hingegen weniger bedeutsam (vgl. Nowotny 2011: 52). Anfang des Jahres 2011, kurz vor der Arbeitsmarktöffnung, wurde mit der AFLA-Studie die bislang letzte Mobilitätspotentialumfrage veröffentlicht. Bei den Motivationshaltungen der potentiellen ArbeitsmigrantInnen in dieser Studie ist festzustellen, dass in Tschechien, Slowakei und Ungarn das Antizipieren von besseren Verdienstmöglichkeiten das zentrale Motiv für eine Arbeitsmigration repräsentiert. Weitere wichtige Motive, die in dieser Studie identifiziert werden konnten, umfassen die Wahrnehmungen von einem besseren Lebensstandard im Ausland, von mangelnder ökonomischer Verbesserung in der Heimat, gute Beschäftigungsaussichten, und -möglichkeiten, bessere Arbeitsbedingungen und gute Weiterbildungsmöglichkeiten im Ausland sowie die Lust darauf, etwas Neues zu erleben. Österreich ist das Land, in welchem die meisten der potentiellen ArbeitsmigrantInnen arbeiten wollen. Die „gute Bezahlung“ und die „geographische Nähe“ sind dafür die beiden wichtigsten Gründe (vgl. Bittner et al. 2011: 17f.).26 2.4.1.2 Motive „tatsächlicher“ PendlerInnen Die zentralen Befunde aus den standardisierten Befragungen zur Mobilitätsbereitschaft werden zum Teil in anderen Studien zum Ost-West-Pendeln in Centrope reflektiert, die mit „tatsächlichen PendlerInnen“ qualitative Interviews realisiert haben. Lechner und KollegInnen (vgl. 2010: 11) haben zehn Interviews mit ungarischen TagespendlerInnen geführt, die in Niederösterreich, Burgenland oder der Steiermark arbeiten. Die Aussicht auf einen höheren Verdienst in Österreich war für alle dieser InterviewpartnerInnen das ausschlaggebende Motiv zum 26

Eine getrennte Betrachtung potentieller PendlerInnen und MigrantInnen ist hier nicht verfügbar.

2.4 Forschungsergebnisse zu Centrope: Motive, ökonomische und (…)

39

grenzübergreifenden Pendeln. Es zeigt sich also auch in dieser Studie eine besonders hohe Relevanz der finanziellen Beweggründe für die Aufnahme von Wanderungen. Weitere wichtige Motive stellen die Offenheit für Neues sowie die Vorstellung von besseren Arbeitsbedingungen in Österreich dar. Allerdings ist den StudienautorInnen zufolge die berufliche Perspektive (berufliche Aufstiegschancen durch das grenzübergreifende Pendeln etc.) nahezu unbedeutend, ein interessanter Unterschied zu den Ergebnissen aus den oben angeführten Mobilitätspotentialstudien. Die StudienautorInnen erklären diesen Befund durch bereits veränderte Erwartungshaltungen der InterviewpartnerInnen zum Zeitpunkt des Interviews. Die ersten Arbeitsmarkterfahrungen in Österreich waren bei den interviewten UngarInnen überwiegend von Dequalifzierung und beruflichen Wechseln in nicht ausbildungsadäquate Berufe gekennzeichnet, insofern „(…) erwarten sie keine Verbesserung des beruflichen Status oder Höherqualifizierung im angestammten Beruf. Es geht primär darum, am österreichischen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, egal in welchem Beruf“ (vgl. ebd. 2010: 11).27 Die Feststellung von Lechner und KollegInnen, dass der höhere Lebensstandard in Österreich kaum ein relevantes Motiv zum Arbeiten in Österreich darstellt, ist in weiterer Unterschied zu den Erkenntnissen aus den Mobilitätspotentialstudien. Lechner und KollegInnen erklären dies dadurch, dass alle befragten PendlerInnen mit ihrer Lebenssituation in Ungarn zufrieden waren. Außerdem gehen sie davon aus, dass mit der zentralen Suche nach einem besseren Einkommen in Österreich auch die Erwartung verbunden ist, den eigenen Lebensstandard im Herkunftsland zu verbessern (vgl. ebd. 2010: 12). 28 Die Sicherung und Steigerung des Lebensstandards am Herkunftsort repräsentiert das

27

28

Die hohe Bereitschaft der PendlerInnen, unter jedweden Bedingungen in Österreich zu arbeiten, wird auch in anderen Untersuchungen dokumentiert: In der Mobilitätspotentialstudie von Bittner und KollegInnen (vgl. 2011: 43) können sich vergleichsweise in Tschechien 26%, in der Slowakei 28% und in Ungarn sogar 46% der potentiellen ArbeitsmigrantInnen eine Tätigkeit in Österreich vorstellen, für die sie überqualifiziert sind. Dass sich die Ergebnisse zur Bedeutung des Lebensstandards im Ausland zwischen der Mobilitätspotentialstudie und der qualitativen Studie von Lechner und KollegInnen unterscheiden, ist vermutlich dadurch zu erklären, dass die Antworten von PendlerInnen und MigrantInnen in der Mobilitätspotentialstudie nicht getrennt betrachtet wurden. MigrantInnen verlagern ihren Lebensmittelpunkt ins Zielland, während PendlerInnen ihr Leben am Herkunftsort fortsetzen. Insofern sind gänzlich andere Relevanzsetzungen in diesem Zusammenhang bei den beiden Gruppen zu erwarten (auch viele andere unterschiedliche Erfahrungen und Lebenspraxen sind bei den beiden Gruppen anzunehmen).

40

2 Das Fallbeispiel Ost-West-Pendeln in der Central European Region: (…)

bedeutendste Pendelmotiv in einer eigenen qualitativen Befragung ungarischer PendlerInnen (vgl. Haindorfer 2010: 109). 2.4.2 Ökonomische Konsequenzen des Pendelns 2.4.2.1 Löhne von PendlerInnen Erste Ergebnisse zu den Erwerbseinkommen von Ost-West-PendlerInnen wurden einige Jahre nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion von Fassmann und Kollár vorgelegt (1996). Auf der empirischen Grundlage einer PendlerInnenbefragung an Grenzübergängen zwischen der Slowakei und Österreich (N = 929) beobachten die Studienautoren, dass die durchschnittlichen Löhne der slowakischen PendlerInnen nur knapp vom durchschnittlichen Erwerbseinkommen der ÖsterreicherInnen abweichen. Außerdem stellen sie fest, dass unter den höheren Einkommensgruppen der PendlerInnen vermehrt Männer, Personen mit Universitätsabschluss und relativ guten Sprachkenntnissen, in Wien Arbeitende sowie Personen mit einer bestimmten Menge an Arbeitserfahrung zu finden sind (vgl. ebd. 1996: 10). Aktuelle Untersuchungen im Rahmen des TRANSLAB-Projekts haben sich ebenfalls mit den Löhnen der Ost-West-PendlerInnen in Österreich beschäftigt (Haindorfer et al. 2016; Verwiebe et al. 2015). Anhand von Analysen des TRANSLAB-Surveys und EU-SILC Daten wurden entgegen den Ergebnissen von Fassmann und Kollár (1996) relativ starke und statistisch signifikante Differenzen zwischen den durchschnittlichen Löhnen der PendlerInnen (Median = 7,77 Euro) und den in Österreich geborenen Personen (M = 14,58) am österreichischen Arbeitsmarkt beobachtet. Die durchschnittlichen Erwerbseinkommen der PendlerInnen liegen auch deutlich unterhalb der zusammengefassten Gruppe aller befragten MigrantInnen (M = 11,56) in Österreich. Erklärt werden die relativ geringen Einkommen der PendlerInnen in erster Linie durch die Konzentration der PendlerInnen in niedrig entlohnten Branchen wie der Gastronomie und Hotellerie (es gibt sicherlich eine Reihe weiterer Erklärungselemente für die relativ geringen Einkommen der PendlerInnen wie etwa diverse illegale Praktiken von ArbeitgeberInnen, die weiter unten im Text angesprochen werden). Bemerkenswert ist zudem der Vergleich mit den NichtmigrantInnen in der Herkunftsgesellschaft der PendlerInnen, der in dieser Studie vollzogen wird. Gemes-

2.4 Forschungsergebnisse zu Centrope: Motive, ökonomische und (…)

41

sen in Euro verdienen die PendlerInnen aus Tschechien, Slowakei und Ungarn mehr als doppelt so viel wie die NichtmigrantInnen (M = 3,45) (vgl. Haindorfer et al. 2016: 55f.). Die deutlichen Einkommensnachteile in Österreich stellen sich so gesehen als klare Einkommensvorteile in den Herkunftsregionen heraus. Auch die Variation der Löhne zwischen verschiedenen sozialen Gruppen von Ost-West-PendlerInnen in Centrope wurde im Rahmen des TRANSLABProjekts aktuell untersucht (Verwiebe et al. 2015). In multivariaten Analysen des TRANSLAB-Surveys konnten mehrere relevante Einflussfaktoren auf die Löhne der PendlerInnen identifiziert werden. Als bedeutsame ökonomische Erfolgsfaktoren (Löhne) erweisen sich die Merkmale Gender (nach Kontrolle einer Vielzahl an Bedingungen verdienen Frauen im Durchschnitt um 7% weniger als Männer), das individuell abrufbare Humankapital (formale Bildung, Pendelerfahrung, beruflicher Status vor aktueller Tätigkeit) sowie verschiedene Merkmale des Arbeitsmarktes (Branche, Betriebsgröße, Grad der ethnischen Segregation am Arbeitsplatz). Zudem wird ein positiver Effekt der Jobsuche über soziale Netzwerke auf die Löhne nachgewiesen. Ein mit Blick auf die etablierten Befunde der Migrationsforschung besonders überraschendes Ergebnis besteht in den vergleichsweise schwachen Effekten der Sprachkenntnisse für die Löhne der PendlerInnen. Nach Kontrolle vom formal höchsten Bildungsabschluss (wie weitere eigene Detailanalysen zeigen) sind bei PendlerInnen mit besseren Kenntnissen der deutschen Sprache keine signifikant höheren Einkommen gegenüber PendlerInnen mit weniger gut ausgeprägten Sprachkenntnisse zu registrieren. Innerhalb einzelner Branchen verweisen die Ergebnisse jedoch auf eine vom Gesamtbild aller PendlerInnen abweichende Systematik. Beispielsweise kristallisiert sich in den Branchen Gastronomie und Hotellerie oder private Haushalte eine durchaus plausible höhere Relevanz der Sprachkenntnisse gegenüber der formalen Bildung für das Lohnniveau heraus (vgl. ebd. 2015: 23ff.). Bahna (2014) stellt unter slowakischen Pflegerinnen in Österreich ebenfalls eine stärkere Bedeutung der Sprachkenntnisse gegenüber formaler Bildung fest. Empirische Grundlage dieser Studie ist eine kleine standardisierte Umfrage (N = 118) unter slowakischen Pflegerinnen („cAreworkers 2011 survey“). Bahna zeigt außerdem, dass Arbeitslosigkeitserfahrungen im Herkunftsland eine zentrale Einkommensdeterminante in Österreich repräsentieren. Waren die slowakischen Pflegerinnen vor ihrer aktuellen Beschäftigung in ihrem Herkunftsland arbeitslos oder entstammen sie einer slowakischen Region mit einer relativ hohen Arbeits-

42

2 Das Fallbeispiel Ost-West-Pendeln in der Central European Region: (…)

losenquote, erzielen die Pflegerinnen signifikant niedrigere Löhne als ihre Vergleichsgruppen.29 Bahna überprüft auch andere Zusammenhänge zwischen den beruflichen Aspekten und Einkommen der Pflegerinnen. Dass sich die Länge der fachspezifischen Berufserfahrung statistisch als nicht bedeutsam erweist, wird als typisch für die Integration in das sekundäre Arbeitsmarktsegment gewertet, der wenige Karriereperspektiven bietet. Auch die Arbeitsbedingungen sind nicht wichtig für das Einkommen der untersuchten Gruppe (vgl. ebd. 2014: 421f.). 2.4.2.2 Berufliche Integration und berufliche Laufbahnen: Die starke Verbreitung von nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen unter den PendlerInnen Zu Aspekten der beruflichen Integration und zu den beruflichen Laufbahnen der PendlerInnen ist weniger Wissen vorhanden als zu deren Einkommen. Eine besonders aufschlussreiche Studie wurde von Hárdi (2005) vorgelegt. In dieser Studie wurden 500 ungarische PendlerInnen zu verschiedenen Aspekten ihrer Arbeitsmarktsituation in Österreich befragt. Einen besonderen Schwerpunkt dieser Untersuchung bildet das Thema der irregulären Beschäftigung (hier definiert als Beschäftigung ohne Arbeitsgenehmigung in Österreich): Mehr als die Hälfte aller befragten PendlerInnen (54%) sind in Österreich irregulär beschäftigt (vgl. ebd. 2005: 208). Der Anteil jener PendlerInnen, deren Anstellung ihrer Qualifikation nicht entsprechend gerecht wird (hier u.a. definiert als Überqualifizierung oder relativ geringe Entlohnung), liegt bei den irregulär Beschäftigten (59%) wesentlich höher als bei den regulär Beschäftigten (31%) (vgl. ebd. 2005: 210). Von negativen Diskriminierungserfahrungen am Arbeitsplatz berichten rund ein Viertel der ungarischen PendlerInnen. Konkret genannt werden in diesem Zusammenhang Wahrnehmungen von Missachtung in Österreich aufgrund der ungarischen Herkunft („die Ungarn werden verachtet“) sowie eines Meinungsbilds, man würde als UngarIn in Österreich „schlechtere Arbeit für weniger Geld“ bieten. Der Einschätzung des Autors zufolge erklären sich diese negativen Diskriminierungserfahrungen vor allem aus fehlenden Sprachkenntnissen und

29

In der TRANSLAB-Studie zeigt der Regressionskoeffizient zu Arbeitslosigkeit vor dem aktuellen Job zwar auch in die negative Richtung, ist jedoch statistisch nicht signifikant. Signifikant negative Effekte lassen sich im Regressionsmodell zumindest bei der Variable „Nichterwerbstätigkeit aus anderen Gründen“ beobachten (vgl. Verwiebe et al. 2015: 23).

2.4 Forschungsergebnisse zu Centrope: Motive, ökonomische und (…)

43

kulturellen Verschiedenheiten zwischen Ungarn und Österreich (vgl. ebd. 2005: 215f.). Nachteilige Arbeitsmarkterfahrungen im Zuge des Pendelns werden auch in neueren Studien im Kontext des Ost-West-Pendelns in Centrope thematisiert. Nach Einschätzung von Lechner und KollegInnen (2010) sind die von den ungarischen TagespendlerInnen im österreichischen Grenzgebiet vorgefundenen Arbeitsplätze mit hohen physischen und psychischen Belastungen verbunden. Die physischen Belastungen äußern sich vor allem in negativen Umwelteinflüssen und sind das Produkt mangelnder Vorkehrungen am Arbeitsplatz. Teilweise sind die beschriebenen Umwelteinflüsse sogar gesundheitsgefährdend. Die psychischen Belastungen sind in erster Linie das Resultat eines hohen Zeitdrucks in der Arbeit (vgl. ebd. 2010: 14f.). Thematisiert werden in dieser Studie auch verschiedene illegale Praktiken der DienstgeberInnen in Österreich, wie sie von den PendlerInnen berichtet werden. Unter anderem zählen dazu die NichtAnmeldung der PendlerInnen und andere Verletzungen der Anmeldepflichten, das Einbehalten diverser Lohn- und Gehaltsbestandteile (Urlaubs- und Weihnachtsgeld etc.), Unregelmäßigkeiten in der Auszahlung des Gehalts sowie nicht tätigkeitsadäquate Einstufungen (vgl. ebd. 2010: 25). Wie die qualitativen Daten erkennen lassen, werden die relativ ungünstigen Arbeitsbedingungen von den betroffenen interviewten PendlerInnen weitgehend hingenommen. In den Berufslaufbahnen der PendlerInnen ist ein hohes Maß an Kontinuität bzw. sind nur wenige Jobwechsel zu verzeichnen. Den AutorInnen zufolge erklärt sich die Bereitschaft der UngarInnen, auch unter belastenden Bedingungen weiterhin im selben Betrieb zu arbeiten, neben den restriktiven Zugangsbestimmungen zum österreichischen Arbeitsmarkt aus der subjektiven Wahrnehmung einer relativ hohen Abhängigkeit von den DienstgeberInnen. Dafür sind zum Teil unzureichende Sprachkenntnisse, und eng damit verbunden, wenig vorhandenes Wissen um die arbeitsrechtlichen Standards in Österreich ausschlaggebend. Unter diesen Bedingungen könne man im Rechtsstreit gegenüber den DienstgeberInnen argumentativ nicht bestehen, so die AutorInnen. Zudem ist auch die Unsicherheit um den eigenen Arbeitsplatz in Österreich ein entscheidender Faktor. Dieses Unsicherheitsempfinden wird von den DienstgeberInnen bewusst eingeleitet. Konkret wird den PendlerInnen ihre permanente Austauschbarkeit durch andere ungarische Arbeitskräfte bzw. die hohe Anzahl

44

2 Das Fallbeispiel Ost-West-Pendeln in der Central European Region: (…)

an UngarInnen vor Augen geführt, die auf ihren Arbeitsplatz warten würden (vgl. ebd. 2010: 14ff.). Das Thema der beruflichen Passung und Dequalifizierung von PendlerInnen in Centrope wurde auch im Rahmen eines Lehrforschungsprojekts der FH-Wien aufgegriffen. In diesem Projekt wurden insgesamt 170 Fragebogeninterviews mit PendlerInnen geführt. 62% aller HochschulabsolventInnen unter diesen PendlerInnen sind für ihre Tätigkeiten in Österreich überqualifziert (vgl. Breinbauer 2008: 65). 2.4.2.3 Ökonomische Folgen des Pendelns für die gesamte Lebenssituation Über den auf die gesamte Lebenssituation übergreifenden ökonomischen Effekten des Pendelns ist kaum ein Wissen vorhanden. In einer eigenen Vorstudie konnte ich selbst mehrere Informationen zu diesem Thema herausarbeiten (Haindorfer 2010).30 Die qualitativen Interviews lieferten Hinweise darauf, dass sich die materielle Lebenssituation infolge des grenzübergreifenden Pendelns nach Österreich stark verbesserte. Die Einkommensgewinne durch das Pendeln mündeten eher in keine größeren Investitionen, sondern vor allem in den alltäglichen Konsum, in die Anschaffung eines eigenen oftmals relativ teuren Autos, in die Finanzierung von Miet- und Privatwohnungen bzw. Häusern sowie in die Versorgung von Angehörigen und die soziale Absicherung (vgl. ebd. 2010: 109). Außerdem offenbarten sich im Rahmen der standardisierten Netzwerkbefragung zwischen PendlerInnen und NichtmigrantInnen klare Unterschiede in der subjektiven Einschätzung der eigenen Lebenssituation. Die befragten PendlerInnen waren zu 70% der Meinung, dass sich ihre eigene Lebenssituation in den letzten fünf Jahren im Vergleich zu anderen Leuten der Gemeinde verbessert habe. Unter den NichtmigrantInnen teilten demgegenüber nur circa halb so viele Personen (37,5%) diese Ansicht (vgl. ebd. 2010: 136f.). 2.4.3 Nicht-ökonomische Konsequenzen des Pendelns Die nicht-ökonomischen Auswirkungen des Ost-West-Pendelns in Centrope wurden bislang hauptsächlich mit Blick auf Veränderungen in den persönlichen 30

Im Rahmen dieser Studie realisierte ich elf qualitative Interviews mit PendlerInnen sowie eine quantitative Netzwerkbefragung mit 40 PendlerInnen und 40 NichtmigrantInnen.

2.4 Forschungsergebnisse zu Centrope: Motive, ökonomische und (…)

45

Netzwerken und familiären Strukturen der PendlerInnen erforscht. Interessanterweise liegen zu den Auswirkungen des Pendelns auf die alltäglichen persönlichen Netzwerke der PendlerInnen sowohl Studien vor, die kaum Konsequenzen, als auch solche, die deutliche Konsequenzen der Mobilität berichten. Lechner und KollegInnen (vgl. 2010: 21f.) schlussfolgern auf der Grundlage von qualitativen Interviews mit ungarischen TagespendlerInnen, dass sich die familiäre Situation, die Beziehung zum/r PartnerIn, die Freundschaftsbeziehungen etc. der PendlerInnen durch das Pendeln nicht nennenswert verändern. Grund dafür ist nach Einschätzung der AutorInnen, dass beim grenzübergreifenden Tagespendeln der Wohnort in der Herkunftsgesellschaft nicht aufgegeben wird und weiterhin das soziale Zentrum bleibt. Zwar nehmen die PendlerInnen längere Fahrzeiten zur Arbeit in Kauf, aber dieser Umstand würde im Großen und Ganzen das Zeitbudget bzw. die vorhandene Freizeit nur unmerklich verringern und die sozialen Beziehungen am Herkunftsort nicht belasten. 31 Da die interviewten TagespendlerInnen in der Regel sofort nach Dienstschluss nach Ungarn zurückpendeln, haben sich deren persönliche Netzwerke im Allgemeinen nicht auf Österreich erstreckt. Im Kontrast zu Lechner und KollegInnen (2010) habe ich in einer eigenen früheren Studie bemerkenswerte Folgewirkungen des Pendelns für die sozialen Beziehungen der PendlerInnen festgestellt (Haindorfer 2010,2013). Anhand von qualitativen Interviews konnte ich neuartige negative Einstellungen zwischen PendlerInnen und NichtmigrantInnen in einer westungarischen Grenzgemeinde ausmachen. Ich konnte feststellen, dass die subjektive Beobachtung der raschen Einkommens- und Statusgewinne der PendlerInnen und ihrer entsprechenden Ausdrucksformen (z.B. demonstrativer Konsum) auf Seiten der NichtmigrantInnen starke Ressentiments erzeugt. Zudem konnte ich beobachten, dass die PendlerInnen ihre Statusgewinne mit ihren Arbeitsleistungen begründen, während sie die NichtmigrantInnen im selben Atemzug abwerten (vgl. Haindorfer 2013: 128). Unter anderem schreiben sie den NichtmigrantInnen eine noch vom Kommunismus geprägte Arbeitsmoral zu, von der man sich keine ausreichend hohe Einsatzbereitschaft für den österreichischen Arbeitsmarkt erwarten könne (vgl. 31

Vor Inkrafttreten des Schengener Durchführungsabkommens (21. Dezember 2007) war das Pendeln hingegen mit relativ hohen zeitlichen Anforderungen verbunden. Bis zu diesem Zeitpunkt mussten die PendlerInnen zum Teil unberechenbar lange Wartezeiten aufgrund von Grenzkontrollen einplanen (vgl. Lechner et al. 2010: 21).

46

2 Das Fallbeispiel Ost-West-Pendeln in der Central European Region: (…)

ebd. 2013: 124). Mitunter gehen die negativen Zuschreibungen auch mit sozialen Distanzierungsprozessen zwischen den beiden Gruppen einher. Unter Verwendung einer egozentrierten Netzwerkanalyse habe ich in diesem Zusammenhang explorativ-quantitative Hinweise für die Existenz eines „PendlerInnenmileus“ in der untersuchten Grenzgemeinde herausgearbeitet (vgl. ebd. 2013: 128). Sekulová (2013) und Eigelsreiter und KollegInnen (2014) haben genauere Erkenntnisse zu den Auswirkungen des Pendelns auf die familiären Strukturen der PendlerInnen geliefert. Sekulová hat in ihrer ethnographischen Untersuchung insgesamt 18 Frauen interviewt, die als Pflegerinnen in österreichischen Privathaushalten tätig sind. In diesem Zusammenhang muss berücksichtigt werden, dass die Pflegemigration („Care-Migration“) eigenen zeitlichen Mustern folgt und die entsprechenden Forschungsergebnisse daher nur bedingt auf das in der vorliegenden Dissertation zentrale Tagespendeln übertragbar sind.32 Unter anderem zeigt Sekulová in ihrer Studie, dass die mit der Abwesenheit der Frau anfallenden Haushaltsaufgaben nicht von Männern, sondern überwiegend von weiblichen Personen aus dem engeren Familien- oder Verwandtschaftskreis übernommen werden. Neben Veränderungen in den familiären Strukturen der Pendlerinnen macht sich die Pflegemigration auch in spezifischen Reflexionen über die eigenen Genderrollen bemerkbar. Zum Beispiel sehen sich junge Mütter mit dem Widerspruch konfrontiert, dass sie ihre eigenen Kinder zurücklassen müssen, um deren Versorgung gewährleisten zu können (vgl. ebd. 2013: 234). Ein ähnliches Spannungsverhältnis zwischen dem essentiellen finanziellen Nutzen und den sozialen Kosten der Mobilität spiegelt sich in den identifizierten Handlungsstrategien slowakischer PendlerInnen wider die im Zuge eines Forschungsprojekts von Eigelsreiter und KollegInnen (2014) untersucht wurden. Anhand von narrativen Interviews mit slowakischen PendlerInnen (N = 4) wird in dieser Studie gezeigt, dass das grenzübergreifende Pendeln als Option wahrgenommen wird, eine eigene Familie zu finanzieren. Gleichzeitig wird das Pendeln aufgrund des korrespondierenden Zeitmangels aber als einschränkend hinsichtlich der Qualität des Familienlebens betrachtet. Das Pendeln scheint vor diesem Hintergrund mit einer eigenen Familie praktisch nicht kompatibel zu sein 32

Alle Interviewten pendeln im 14-Tage-Rhythmus zwischen der Slowakei und Österreich hin und her. Die zwei Wochen in Österreich wohnen sie mit den zu pflegenden Personen und deren Angehörigen in einem Haushalt und leisten eine 24-Stunden Betreuung („Live-in Eldercare“). Die anderen zwei Wochen verbringen sie zuhause bei ihren eigenen Familien in der Slowakei (vgl. Sekulová 2013: 219f.).

2.4 Forschungsergebnisse zu Centrope: Motive, ökonomische und (…)

47

(vgl. ebd. 2014: 214f.). Aus diesem Grund planen einige der InterviewpartnerInnen erst dann eine Familie zu gründen, wenn sie das Pendeln hinter sich gelassen haben (vgl. ebd. 2014: 132). 2.4.4 Subjektive Bewertungen des Pendelns 2.4.4.1 Lebenszufriedenheit von PendlerInnen Die Lebenszufriedenheit von grenzübergreifend mobilen Personen in der Central European Region wurde zuallererst von Berger und KollegInnen (2014) empirisch aufgegriffen. Im Mittelpunkt ihrer quantitativen Analysen steht die Frage, ob die grenzübergreifende Mobilität in Centrope mit einer höheren Lebenszufriedenheit einhergeht.33 Neben dem Mobilitätstyp (Pendeln, Migration, allgemeine Mobilität bzw. PendlerInnen und MigrantInnen zusammengefasst) im Vergleich zur Situation der Nicht-Mobilität werden diverse soziodemographische, ökonomische und nicht-ökonomische Einflussfaktoren auf die Lebenszufriedenheit geprüft. Auch Unterschiede zwischen PendlerInnen, MigrantInnen und der Gesamtgruppe mobiler Personen werden beleuchtet. Die verwendete Datenbasis setzt sich zusammen aus N = 1.502 Fällen, die in den slowakischen Grenzgebieten, und N = 1.561 Fällen, die in Wien befragt wurden (Face-to-Face Interviews in Haushalten) (vgl. ebd. 2014: 183ff.).34 Die Studie von Berger und KollegInnen zeigt einen positiven Zusammenhang zwischen dem Pendeln und der Lebenszufriedenheit der Befragten (dasselbe ist für die beiden anderen Mobilitätstypen interessanterweise nicht zu beobachten). Des Weiteren sind in Österreich befragte grenzübergreifende PendlerInnen (vs. in der Slowakei befragte PendlerInnen), jene mit einem höheren Einkommen, einem höheren Bildungsniveau sowie ledige PendlerInnen mit dem eigenen Leben signifikant zufriedener als ihre jeweiligen Kontrastgruppen. Zudem ist ein negativer Zusammenhang zwischen der beruflichen Position im Ausland und der Lebenszufriedenheit festzustellen: Je höher die berufliche Position der PendlerInnen im Ausland, desto geringer ist deren Lebenszufriedenheit. 33

34

Die (allgemeine) Lebenszufriedenheit wird in dieser Referenzstudie nicht über ein singuläres Item sondern über einen eigens konstruierten Summenindex gemessen, welcher diverse Bereichszufriedenheiten umfasst (Zufriedenheit mit dem Wohnort, dem öffentlichen Verkehr am Wohnort, dem Lebensstandard und dem Einkommen). Die Datenbasis von Berger und KollegInnen schließt auch ÖsterreicherInnen mit ein.

48

2 Das Fallbeispiel Ost-West-Pendeln in der Central European Region: (…)

Auch nach vertiefenden Analysen finden die AutorInnen nach eigenen Angaben keine zufriedenstellende Erklärung für diesen überraschenden Befund. Sie vermuten spezifische Anforderungen, die mit Führungspositionen einhergehen (z.B. hoher Leistungsdruck), bzw. nicht erfüllte subjektiv bedeutsame Faktoren des beruflichen Erfolgs als ursächlich (vgl. ebd. 2014: 195ff.). Auch das TRANSLAB-Projekt hat erste Informationen zur Lebenszufriedenheit der PendlerInnen in Centrope geliefert (Haindorfer et al. 2016). Unter Nutzung des TRANSLAB-Surveys wurde ermittelt, dass die befragten Ost-WestPendlerInnen aus Tschechien, Slowakei und Ungarn (Mittelwert = 4,77) eine durchschnittlich deutlich höhere Lebenszufriedenheit aufweisen als die NichtmigrantInnen (MW = 4,18) aus den nordöstlichen Grenzregionen zu Österreich. Ferner legt ein Vergleich mit Daten aus der EU-SILC Erhebung offen, dass die Lebenszufriedenheit der PendlerInnen nur knapp unter dem Niveau aller MigrantInnen in Österreich (MW = 4,96), jedoch relativ deutlich unterhalb der durchschnittlichen Lebenszufriedenheit der ÖsterreicherInnen (MW = 5,33) liegt (vgl. ebd. 2016: 56f.). In einem weiteren Schritt prüfte diese Studie diverse soziodemographische, human- und sozialkapitalbezogene Merkmale sowie Charakteristika der Arbeitsmarktintegration hinsichtlich ihrer Vorhersagekraft für die Lebenszufriedenheit der PendlerInnen (vgl. ebd. 2016: 60ff.). Diese Analysen waren ein erster Versuch, die Aspekte von Einkommen und Lebenszufriedenheit im Kontext des Ost-West-Pendelns in Centrope zusammenzufügen. Die multivariaten Analysen dieser Vorstudie zeigen vor allem, dass das Einkommen eine wichtige Variable zur Bestimmung der Lebenszufriedenheit innerhalb der Gruppe der PendlerInnen repräsentiert. Als weitere statistisch bedeutsame Determinanten der Lebenszufriedenheit erweisen sich das Alter der PendlerInnen (U-förmiger Verlauf der Lebenszufriedenheit mit steigendem Alter), der höchste Bildungsabschluss (Personen mit hoher Bildung sind gegenüber Personen mit geringer Bildung signifikant zufriedener mit ihrem Leben), bessere Sprachkenntnisse, diverse Branchenzugehörigkeiten sowie die Einbindung in Betriebe (Selbständige sind gegenüber unabhängig Beschäftigten unzufriedener mit ihrem Leben). Außerdem sind PendlerInnen, die vor ihrem aktuellen Job eine Ausbildung absolviert haben, im Vergleich zu jenen, die direkt zuvor beschäftigt waren, unzufriedener. Dieses Ergebnis wurde als ein möglicher Hinweis auf negative Erfahrungen im Einsatz von Bildungstiteln im transnationalen Karrierekontext von Centrope eingeordnet (vgl. ebd. 2016: 60ff.).

2.4 Forschungsergebnisse zu Centrope: Motive, ökonomische und (…)

49

2.4.4.2 Arbeitszufriedenheit von PendlerInnen Zusätzlich zu einer offenen Befragung ungarischer TagespendlerInnen haben Lechner und KollegInnen (2010) einen standardisierten Kurzfragebogen zur Erhebung des „Arbeitsklima-Index“ bei den PendlerInnen (N = 10) eingesetzt. 35 Es zeigt sich, dass die befragten ungarischen PendlerInnen (bis auf eine Ausnahme) einen im Vergleich zum österreichweiten Durchschnitt niedrigeren Arbeitsklima-Indexwert aufweisen. Ursachen für die besonders niedrige Zufriedenheit mit der eigenen Arbeitssituation in Österreich sehen die StudienautorInnen vor allem in schlechten Arbeitsbedingungen, schlechtem Arbeitsklima sowie Diskriminierungserfahrungen (vgl. ebd. 2010: 19). Vor kurzem hat sich auch Bahna (2015) mit der Arbeitszufriedenheit von slowakischen Pflegerinnen auf der Grundlage einer kleinen standardisierten Umfrage („cAreworkers 2011 survey“) beschäftigt. Insgesamt erweisen sich die slowakischen Pflegerinnen in der Untersuchung von Bahna in einem hohen Ausmaß zufrieden. Nur 6% unter allen Pflegerinnen lassen eine gewisse Unzufriedenheit mit ihrer Beschäftigung in Österreich erkennen. Als wichtigster Erklärungsfaktor für die Zufriedenheit mit der Pflegearbeit stellt sich die ökonomische Dimension heraus, gemessen über das Erwerbseinkommen und die Gesundheit des Patienten der Pflegerinnen (vgl. ebd. 2015: 9ff.).

35

Beim Arbeitsklima-Index handelt es sich um einen von der Arbeiterkammer Oberösterreich, IFES und SORA entwickelten Fragekomplex zur Messung der Arbeitszufriedenheit in Österreich. Vierteljährlich werden circa 900 unselbständig erwerbstätige Personen zu diesem Thema in Österreich befragt (vgl. Lechner et al. 2010: 17).

Teil II – Stand der Forschung: Lebenszufriedenheit und subjektiver Erfolg im Kontext von Migration

3 Stand der Forschung I: Forschungsergebnisse und Erklärungsansätze zu Migration und Lebenszufriedenheit Dieses Kapitel stellt den relevanten Stand der Forschung zu Migration und Lebenszufriedenheit sowie die wichtigsten theoretischen Erklärungsansätze dar. Einleitend wird ein kurzer Überblick zu den verschiedenen methodischen Zugängen in der Forschung gegeben. Im Anschluss daran werden die wichtigsten quantitativen Forschungsergebnisse zu den Effekten von Migration auf die Lebenszufriedenheit von MigrantInnen präsentiert. Vor diesem Hintergrund werden im Anschluss die gängigsten Erklärungsansätze zu den Einflüssen von Migration auf die Lebenszufriedenheit von MigrantInnen besprochen (neoklassische Mikrotheorie, „Comparison Theory“). Zum Abschluss wird auf die in der Forschung viel fokussierte Rolle des Einkommens sowie auf die weniger fokussierte Rolle von nicht-ökonomischen Einflussfaktoren für die individuelle Lebenszufriedenheit eingegangen. 3.1 Forschungsergebnisse zu Migration und Lebenszufriedenheit Obwohl die Untersuchung von Lebenszufriedenheit im Kontext von Migration kein tatsächlich neues Thema repräsentiert, lässt sich in den letzten zehn Jahren hierzu ein steigendes Forschungsinteresse feststellen, das sich in rasch wachsenden Publikationszahlen manifestiert (vgl. Hendriks 2015: 7).36 In der Forschung zum Verhältnis von Migration und Lebenszufriedenheit gibt es mehrere Schwerpunkte. Im Zentrum vieler Studien befinden sich die MigrantInnen selbst, in dem Effekte von Wanderungen auf die Lebenszufriedenheit geprüft werden. Auch die vorliegende Studie ordnet sich diesem Strang zu. In der Forschung wird aber auch die Frage bearbeitet, ob und inwiefern die Lebenszufriedenheit einen Effekt auf die Neigung zur Migration oder Remigration hat. 37 36

37

Eine Statistik über die Veröffentlichungen in Zeitschriften offenbart, dass der Gegenstand aktuell in erster Linie von soziologischen Zeitschriften sowie Journalen zum subjektiven Wohlbefinden aufgegriffen wird. Ferner scheint das Thema auch relativ häufig in psychologischen Zeitschriften auf. Weniger oft wird in ökonomischen sowie dezidierten Migrationsjournals dazu publiziert (vgl. Hendriks 2015: 7). Abgesehen davon existiert eine Reihe von Studien zu den Einflüssen von Migration auf die Lebenszufriedenheit nicht mobiler Gruppen, sowohl die Lebenszufriedenheit der „Einheimi-

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 R. Haindorfer, Lebenszufriedenheit und Pendelerfolg, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26791-9_3

54

3 Stand der Forschung I: Forschungsergebnisse und Erklärungsansätze (…)

3.1.1 Überblick über methodische Zugänge Um Einflüsse von Migration auf die Lebenszufriedenheit von MigrantInnen zu erforschen, wird in der empirischen Forschung eine Reihe von verschiedenen Methoden eingesetzt. Überwiegend liegen zu diesem Thema quantitative Untersuchungen vor, jedoch existieren auch einige Studien, die qualitative Methoden verwenden (Amit und Riss 2014; Wright 2010,2011). Die quantitativen Herangehensweisen lassen sich grob in Querschnitts- und Panelstudien unterteilen. Obwohl für die Frage nach Veränderungen der Lebenszufriedenheit durch Migration Paneldaten notwendig sind, also Daten, welche dieselben Personen vor und nach dem Ereignis der Migration messen, existieren zu internationalen Wanderungen bislang fast ausschließlich Studien, die mit Querschnittsdaten arbeiten. Das liegt vor allem daran, dass bis auf wenige Ausnahmen (z.B. zu russischen DiasporamigrantInnen: Lönnqvist et al. 2014; Mähönen et al. 2013), praktisch keine Paneldatensätze zu grenzübergreifenden Wanderungen in diesem Forschungsbereich existieren. Für den Gegenstand der Binnenmigration sind hingegen mehrere nutzbare Paneldaten vorhanden. Interessante Beispiele hierfür sind eine Studie von Melzer (2011) zur Migration zwischen Ost- und Westdeutschland anhand von SOEP-Daten sowie eine Untersuchung von Nowok und KollegInnen (2011) zu Wanderungen innerhalb des Vereinigten Königreichs unter Verwendung von BHPS-Daten.38 Querschnittsstudien vergleichen die Lebenszufriedenheit von MigrantInnen mit anderen sozialen Gruppen. Überwiegend werden die Vergleiche mit „Einheimischen“ oder anderen MigrantInnen in den Ziel- sowie mit NichtmigrantInnen in den Herkunftsgesellschaften der MigrantInnen gezogen. Unabhängig davon, welcher dieser Forschungszugänge gewählt wird, sind zwei Aspekte zu beachten: Erstens ist die „relative Zufriedenheit“ der MigrantInnen abhängig von der Wahl der Referenzgruppen. Zum Beispiel könnte es sein, dass MigrantInnen

38

schen“ in den Ziel- als auch jene der NichtmigrantInnen in den Herkunftsgesellschaften der MigrantInnen steht hier im Mittelpunkt. Studien im Kontext von Binnenmigration repräsentieren in jedem Fall eine wichtige Quelle zum Verständnis der Beziehung von Migration und Lebenszufriedenheit und werden in dieser Dissertation auch vielfach herangezogen. Zugleich muss bedacht werden, dass sich Binnenwanderungen gegenüber Wanderungen über nationalstaatliche Grenzen in entscheidenden Aspekten mehr oder weniger stark unterscheiden können (z.B. in kulturellen Unterschieden wie Sprachdifferenzen oder rechtlichen Unterschieden im Zugang zum Arbeitsmarkt) (siehe dazu u.a. auch die zuletzt zitierten ForscherInnen: vgl. Melzer 2011: 86; Nowok et al. 2011: 13).

3.1 Forschungsergebnisse zu Migration und Lebenszufriedenheit

55

zwar unglücklicher sind als „Einheimische“ in den Zielgesellschaften, sich gleichzeitig aber glücklicher zeigen als Personen, die in ihren Herkunftsgemeinden geblieben sind. Zweitens könnte die Happiness von MigrantInnen im Vergleich zu anderen Gruppen auch abhängig von der Migrationsdauer sein (vgl. Simpson 2013: 395ff.). Wie der folgende Überblick zu den Erklärungsansätzen der Zufriedenheitsforschung deutlich machen wird, ist zum Beispiel anzunehmen, dass Einkommensgewinne (im Zuge der Migration) nur einen vorübergehend positiven Effekt auf die Lebenszufriedenheit haben. Nicht-ökonomische Aspekte der Lebensqualität, wie etwa Veränderungen im Familienstand, sind hingegen von längerfristiger Bedeutung. Abgesehen davon sehen sich die verschiedenen Studien, die mit einem Gruppenvergleichsansatz arbeiten, noch mit weiteren Herausforderungen konfrontiert. Der häufige Forschungsbefund, dass MigrantInnen unglücklicher sind als „Einheimische“ in den Zielgebieten, wird zum Teil dahingehend interpretiert, dass MigrantInnen nicht glücklicher wurden durch die Migration. Eine solche Ergebnisinterpretation ist jedoch fehlgeleitet, da sie an der Berücksichtigung etwaiger durchschnittlicher Zufriedenheitsunterschiede zwischen den Herkunftsund Zielgesellschaften scheitert. Zum Beispiel kann der Fall eintreten, dass MigrantInnen durch die Migration Zugewinne in ihrer Happiness verzeichnen konnten, jedoch aufgrund des allgemein niedrigeren Happinessniveaus ihres Herkunftslandes das Level der „Einheimischen“ in der Zielgesellschaft nicht erreicht haben. Auch die auf den ersten Blick plausible Annahme, wonach MigrantInnen, die in ein durchschnittlich glücklicheres Land wandern, dadurch glücklicher werden, ist irreführend, da diese Annahme einem ökologischen Fehlschluss gleichkommt (vgl. Bartram 2013a: 157). Der Vergleich von MigrantInnen und NichtmigrantInnen in den Herkunftsgesellschaften scheint vor diesem Hintergrund besser geeignet zu sein, um Effekte der Migration auf die Lebenszufriedenheit zu prüfen. Jedoch besteht das Hauptproblem dieser Form des Gruppenvergleichs darin, dass die Selektivität von Migration nicht ausreichend berücksichtigt werden kann. In der Migrationsforschung wird allgemein angenommen, dass MigrantInnen keine Zufallspopulation ihrer Herkunftsgesellschaften repräsentieren, sondern sich in vielerlei Hinsicht systematisch von NichtmigrantInnen in den Herkunftsgesellschaften unterscheiden können, wie etwa darin, dass sie eher höher (positive Selektion) oder niedriger (negative Selektion) qualifiziert sind (vgl. Borjas 1987: 533f.).

56

3 Stand der Forschung I: Forschungsergebnisse und Erklärungsansätze (…)

Aufgrund der Selektivität von Wanderungen können bei der Prüfung eines Zusammenhangs von Migration und Lebenszufriedenheit, statistisch gesprochen, Probleme von Endogenität auftreten. Unter Endogenität versteht man im Allgemeinen eine in der Regressionsanalyse anzutreffende Korrelation zwischen einer erklärenden Variable und der Störgröße. In der empirischen Forschung sind vor allem drei, auch miteinander auftauchende, Formen von Endogenität von Bedeutung: (1) Endogenität aufgrund ausgelassener erklärender Variablen, die mit anderen erklärenden Variablen korrelieren („Omitted Variables“), (2) Endogenität aufgrund von Messfehlern („Measurement Errors“), und (3) Endogenität aufgrund von simultaner Kausalität („Simultaneity“), d.h. wenn sowohl die erklärende auf die zu erklärende Variable wirkt als auch umgekehrt (vgl. Wooldridge 2001: 50f.). In den Studien zur Lebenszufriedenheit der MigrantInnen wird Endogenität vor allem in den Formen von Simultaneity und Omitted Variables diskutiert: Dementsprechend könnte eine positive Korrelation zwischen Migration und Happiness in erster Linie auf einen positiven Selektionsbias zurückgehen, d.h. dass diejenigen Personen die in die Migration gehen, ohnehin glücklicher mit ihrem Leben sind als diejenigen, die sich nicht zur Wanderung entscheiden (auch ein negativer Selektionsbias ist vorstellbar) (= Beispiel für simultane Endogenität).39 Es könnte aber auch zutreffen, dass sich MigrantInnen in nicht beobachteten aber relevanten Erklärungsmerkmalen unterscheiden und diese unbeobachtete Heterogenität die Korrelation zwischen Migration und Happiness steuert. So könnten MigrantInnen hinsichtlich ihres allgemeinen Lebens und ihrer Möglichkeiten im Ausland optimistischer sein als NichtmigrantInnen. Und dieser stärkere (unbeobachtete) Optimismus könnte den Zusammenhang zwischen Migration und Lebenszufriedenheit erklären (vgl. Simpson 2013: 395) (= Beispiel für Omitted Variables).40

39

40

Sowohl für eine positive (Bartram 2013a) als auch negative Selektion (Graham und Markowitz 2011; Otrachshenko und Popova 2011) von MigrantInnen hinsichtlich ihres Zufriedenheitsniveaus sind empirische Indizien vorhanden. Auch die bereits angesprochene Migrationsdauer kann selektiv wirken und Endogenität verursachen. So könnte eine etwaige Differenz der Happiness zwischen MigrantInnen und „Einheimischen“ bzw. NichtmigrantInnen von der Migrationsdauer (bzw. den zum jeweiligen Zeitpunkt ausgewählten MigrantInnen) abhängig sein. Zudem könnte der Grad der Heterogenität innerhalb der Gruppe der MigrantInnen mit der Migrationsdauer variieren (vgl. Simpson 2013: 397).

3.1 Forschungsergebnisse zu Migration und Lebenszufriedenheit

57

In der empirischen Praxis werden eine Vielzahl an Kovariaten und fortgeschrittenen statistischen Auswertungsverfahren eingesetzt (wie etwa two-stage ‚treatment-effects‘ models) um den Selektionsbias in den Griff zu bekommen. Die Selektionsprobleme können damit allerdings nicht gänzlich ausgemerzt werden (vgl. Hendriks 2015: 4). 3.1.2 Wichtigste Forschungsergebnisse zu den Effekten von Migration auf die Lebenszufriedenheit: Macht Migration glücklich? In der Forschung wird bislang am öftesten die Frage gestellt, ob die Migration die Lebenszufriedenheit der MigrantInnen verändert, häufig zugespitzt formuliert auf die Frage, ob Migration glücklich macht. In der Zusammenschau der vorliegenden empirischen Ergebnisse kann geschlussfolgert werden, dass Migration tatsächlich glücklich machen kann. Allerdings hat die Forschung auch etliche Hinweise für das Gegenteil geliefert bzw. dass MigrantInnen durch die Migration auch unglücklicher werden können, als sie es vor der Migration waren (vgl. Bartram 2010: 340). Zudem wurde in Erfahrung gebracht, dass MigrantInnen gegenüber „Einheimischen“ in den Zielgesellschaften sowie NichtmigrantInnen in den Herkunftsgebieten unzufriedener sein können. Die vorhandenen Evidenzen liefern daher insgesamt eine starke Argumentationsgrundlage, den Nutzen von Wanderungen für die Lebenszufriedenheit der MigrantInnen in Frage zu stellen bzw. die Frage aufzuwerfen, ob MigrantInnen eine für ihre Lebenszufriedenheit tatsächlich aussichtsreiche Entscheidung treffen. 3.1.2.1 Ergebnisse aus Querschnitts- und Experimentalstudien Eine weitere eng damit verbundene wesentliche Erkenntnis der bisherigen Untersuchungen ist die Feststellung, dass die Frage, ob Migration glücklich macht, nicht so einfach zu beantworten ist, wie sie klingt. Auch abgesehen von den bereits diskutierten Erfordernissen in Datengrundlage und Methodik dürften die untersuchten Migrationskontexte zu vielfältig (d.h. Unterschiede der Ziel- und Herkunftsländer, Unterschiede der MigrantInnen hinsichtlich Qualifikationen, Motiven etc.) sein, um generelle Aussagen über den Wirkungszusammenhang treffen zu können (zu einer vergleichbaren Einschätzung gelangt auch Bartram 2013b: 159). Darüber hinaus dürfte das Verhältnis zwischen Migration und Le-

58

3 Stand der Forschung I: Forschungsergebnisse und Erklärungsansätze (…)

benszufriedenheit einer zeitlichen Dynamik unterliegen (vgl. Simpson 2013: 404). Bislang existieren neben einigen stabilen relativ viele gemischte Befunde zu den Effekten von Migration auf die Lebenszufriedenheit von MigrantInnen. Eine der stabilsten Beobachtungen stammt aus Querschnittstudien, die mit einem Gruppenvergleichsansatz arbeiten. Zwar ermöglichen diese Untersuchungen keine kausalen Rückschlüsse über die Effekte der Migration auf die Lebenszufriedenheit, jedoch können sie überwiegend demonstrieren, dass MigrantInnen mit ihrem Leben unzufriedener sind als „Einheimische“ in den jeweiligen Zielgesellschaften der MigrantInnen (Bălţătescu 2014; Bartram 2011; Safi 2010). Eine Untersuchung von Safi (2010) hat auch empirische Evidenzen dafür geliefert, dass die Unterschiede zwischen MigrantInnen und „Einheimischen“ im Zeitverlauf nicht verschwinden. Auf der Grundlage einer umfangreichen Datenanalyse des European Social Survey (ESS) (13 Länder, darunter auch Österreich) kommt sie zum Ergebnis, dass selbst MigrantInnen, die seit mehr als 20 Jahre im Land leben, eine geringere Lebenszufriedenheit als „Einheimische“ aufweisen (vgl. ebd. 2010: 9). Zudem konnte gezeigt werden, dass die Zufriedenheit der MigrantInnen in den jeweiligen Zielgesellschaften auch nach dem jeweiligen Herkunftsland bzw. der Herkunftsregion der MigrantInnen variiert (Amit 2010; Amit und Litwin 2010; Bălţătescu 2007). Bei der Gegenüberstellung der Lebenszufriedenheit von MigrantInnen und NichtmigrantInnen liefert die empirische Forschung hingegen kein vergleichbar eindeutiges Bild. Aus den verfügbaren Befunden kann man insgesamt ableiten, dass MigrantInnen auch gegenüber NichtmigrantInnen in den Herkunftsgebieten unzufriedener sein können, selbst wenn sie mehr verdienen als diese. Zwar stellt Bartram (2013a), auch unter Verwendung von ESS-Daten fest, dass Ost-WestMigrantInnen im Allgemeinen glücklicher sind als die Referenzgruppe von NichtmigrantInnen in den osteuropäischen Herkunftsgesellschaften. Allerdings, so machen seine weiterführenden Analysen erkenntlich, ist diese größere Happiness nicht das Ergebnis der Migration, da sich bereits die eher zufriedeneren Personen zur Migration entschieden haben dürften. Aufgeschlüsselt auf die Länderebene weichen die Ergebnisse allerdings auch von diesem Gesamtbild ab. Für MigrantInnen aus Rumänien, Russland und der Türkei ist kein klarer Hinweis auf einen entsprechenden Selektionsbias auszumachen. MigrantInnen aus diesen drei Ländern könnten infolge der Migration also in der Tat glücklicher geworden

3.1 Forschungsergebnisse zu Migration und Lebenszufriedenheit

59

sein. Im Gegensatz dazu liefert die Detailanalyse bei polnischen MigrantInnen Indizien für eine geringere Happiness als Konsequenz der Migration (vgl. Bartram 2013a: 168). In einer ähnlichen, ebenfalls auf ESS-Daten basierenden Studie gelangt Bartram (2013b) zum Ergebnis, dass sich rumänische MigrantInnen gegenüber NichtmigrantInnen hinsichtlich ihres Happinessniveaus statistisch nicht signifikant voneinander unterscheiden, wohingegen RemigrantInnen merklich unglücklicher sind als Personen, die nicht gewandert sind (vgl. ebd. 2013b: 415ff.).41 Dieses Ergebnis steht Bartrams leitender Hypothese diametral entgegen: Er geht davon aus, dass sich die ökonomisch motivierte Migration bei RemigrantInnen in einer vergleichsweise höheren Happiness ausdrücken müsste, als Resultat von sozialem Aufstieg am Herkunftsort durch die Akkumulation von finanziellem Kapital und Fähigkeiten (vgl. ebd. 2013b: 412).42 Darüber hinaus liefert diese Studie interessante Ergebnisse zum relativen Gewicht verschiedener Determinanten (z.B. Einkommen, Arbeitslosigkeit) in der Vorhersage der Happiness bei den drei Mobilitätsgruppen. Zwei weitere erstklassige Studien zum Verhältnis von Migration und Happiness, zu Wanderungen zwischen Tonga und Neuseeland (Stillman et al. 2015) und zu Land-Stadt-Wanderungen innerhalb Chinas (Knight und Gunatilaka 2010), beobachten wiederum eine geringere Happiness von MigrantInnen gegenüber räumlich nicht mobilen Personen in den entsprechenden Herkunftsregionen. Stillman und KollegInnen (2015) haben sich in ihrer aktuellen Studie ein natürliches Experiment zunutze gemacht. Dadurch konnten sie zwei randomisiert ausgewählte Vergleichsgruppen von MigrantInnen und NichtmigrantInnen bilden (und somit den Selektionsbias anderer Studien umgehen). 43 In ihren Analy41

42

43

Im Vergleich zu seiner anderen, zuvor zitierten Studie (Bartram 2013a) leben die MigrantInnen dieses ESS-Samples nicht ausschließlich in westeuropäischen Ländern, wenngleich die meisten befragten MigrantInnen erwartungsgemäß im einkommensstarken Westeuropa leben. Zwar basieren diese Ergebnisse auch auf multivariaten Analysen, aber im Vergleich zu Bartram (2013a) wurden keine Korrekturen auf Endogenität durchgeführt. Es ist daher nicht klar, ob die jeweiligen Gruppendifferenzen tatsächlich das Ergebnis von (Re)Migrationserfahrungen sind und nicht auf einen Selektionsbias zurückgehen. Das Forschungsdesign dieser Studie ist einzigartig: Die AutorInnen machten in ihrer Befragung von einem neuen Migrationsprogramm (PAC „Pacific Access Category“) Gebrauch, das einer beschränkten Anzahl an TongaerInnen das Arbeiten und die permanente Einwanderung nach Neuseeland ermöglicht. Die Auswahl dieses Kontingents basiert auf einem nach dem Zufallsprinzip operierenden Lotterieverfahren („ballot lottery). Insofern konnten die AutorInnen mit den nicht ausgewählten LotterieteilnehmerInnen eine beispielhafte Kontrollgruppe für den

60

3 Stand der Forschung I: Forschungsergebnisse und Erklärungsansätze (…)

sen stellen sie fest, dass die nach Neuseeland ausgewanderten Personen im Vergleich zur Kontrollgruppe mit Fortdauern der Migration unglücklicher wurden, gleichwohl sich deren materielle Situation mit der Migration deutlich verbesserte. Noch überraschender ist dieser Befund zur Happiness vor dem Hintergrund, dass sich auch die mentale Gesundheit der MigrantInnen in der Migration verbesserte (vgl. ebd. 2015: 89ff.). Auch in der Untersuchung von Knight und Gunatilaka (2010) wird beobachtet, dass die in die Stadt gewanderten MigrantInnen unglücklicher sind als die am Land gebliebenen Personen, trotzdem das Einkommen der BinnenmigrantInnen vergleichsweise circa 2,4 Mal so hoch ausfällt (vgl. ebd. 2010: 114). Allerdings finden die AutorInnen Anzeichen auf eine mit der Anwesenheitsdauer in der Stadt wachsende Happiness, wobei Selektionseffekte unter den BinnenmigrantInnen nicht ausgeschlossen werden können (vgl. ebd. 2010: 117f.). 3.1.2.2 Ergebnisse aus Panelstudien Abgesehen von quantitativen Querschnitts- und Experimentalstudien existieren vorwiegend im Kontext von Binnenmigration mehrere Panelstudien zum Verhältnis von Migration und Lebenszufriedenheit, dabei mehrheitlich zu innereuropäischen Wanderungen zwischen Ost- und Westdeutschland (Frijters et al. 2004; Melzer 2011) aber auch zu anderen europäischen Gebieten wie z.B. zur Mobilität innerhalb Großbritanniens (Nowok et al. 2011). Insgesamt verweisen diese Studien auf positive Konsequenzen der Binnenmigration für die Lebenszufriedenheit der wandernden Akteure, mit mitunter interessanten zeitlichen Dynamiken. Eine Studie von Nowok und KollegInnen (2011) demonstriert empirisch, dass die Lebenszufriedenheit der untersuchten UK-BinnenmigrantInnen drei Jahre vor der Migration absinkt und daraufhin erst im Jahr der Wanderung wieder wächst. Die Lebenszufriedenheit der MigrantInnen erreicht in diesem Jahr zwar bereits wieder das Ausgangslevel von vor drei Jahren, steigt jedoch mit fortdauernder Migration nicht weiter an (vgl. ebd. 2011: 8).

Vergleich der Happiness zu den ausgewanderten TongaerInnen schaffen. Insgesamt gab es zwei Erhebungszeitpunkte in Neuseeland und in Tonga, 11 bzw. 44 Monate nach der Migration (vgl. Stillman et al. 2015: 81f.). Erst zum zweiten Messzeitpunkt ist ein signifikanter Unterschied in der Happiness zwischen MigrantInnen und NichtmigrantInnen zu identifizieren (vgl. ebd. 2015: 89).

3.2 Erklärungsansätze zu den Effekten von Migration auf die Lebenszufr. (…) 61 Auf der internationalen Ebene sind Panelstudien zu Migration und Lebenszufriedenheit fast nicht vorhanden. Eine wichtige Ausnahme ist eine aktuelle Studie von Lönnquvist und KollegInnen (2014). Unter Verwendung eines kleinen Samples von russischen DiasporamigrantInnen in Finnland („Ingrian-Finnish migrants“), beobachtet diese Untersuchung eine im Vergleich zu Nowok und KollegInnen (2011) ganz ähnliche zeitliche Entwicklung der Lebenszufriedenheit der MigrantInnen: So steigt die Lebenszufriedenheit der MigrantInnen vom ersten Messzeitpunkt der Vormigrationsphase und stabilisiert sich nach der Migration auf diesem Niveau (vgl. Lönnqvist et al. 2014: 503f.).44 3.2 Erklärungsansätze zu den Effekten von Migration auf die Lebenszufriedenheit: Neoklassische Mikrotheorie und Zufriedenheitsforschung („Happiness Research“) 3.2.1 Die neoklassische Mikrotheorie der Migration In der Hypothesengenerierung von Effekten der freiwilligen Arbeitsmigration auf die Lebenszufriedenheit von MigrantInnen wird in der vorliegenden Literatur hauptsächlich auf die neoklassische Mikrotheorie Bezug genommen. Diese ökonomische Theorie geht davon aus, dass MigrantInnen eine bewusste KostenNutzen-Abwägung ihrer Migration vornehmen. Individuen entscheiden sich demnach zu einer Wanderung, wenn der erwartete Nutzen („Utility“) die erwarteten Kosten der Migration übertrifft bzw. ein positiver Nettoertrag der Migration in Aussicht ist (Sjaastad 1962; Todaro 1969; Todaro 1976). Nach Sjaastad (1962) wandern MigrantInnen in jenen Markt, in welchem sie den maximalen ihren Fähigkeiten entsprechenden Ertrag erreichen können (vgl. Bodvarsson et al. 2015: 9). Durch diesen gezielten Einsatz von Fähigkeiten kann Migration als eine Form des individuellen Investments in Humankapital aufgefasst werden, das der Produktivitätssteigerung dient, wie andere Formen des Investments in Hu44

Die Lebenszufriedenheit der RespondentInnen wurde in dieser neueren Untersuchung allerdings zum ersten Mal circa ein Jahr vor der Migration gemessen. Mit Blick auf die zuvor berichteten Ergebnisse von Nowok und KollegInnen (2011), die einen längeren Beobachtungszeitraum (sowohl vor als auch nach der Migration) gewählt haben, ist daher nicht klar, ob aus diesen Befunden tatsächlich ein Zugewinn der Lebenszufriedenheit durch die Migration abgelesen werden kann. Genauer gesagt könnte der Zugewinn das Zurückpendeln der Lebenszufriedenheit auf ein stabiles Niveau repräsentieren, von welchem die Lebenszufriedenheit bereits ein paar Jahre vor der Migration abgesunken war.

62

3 Stand der Forschung I: Forschungsergebnisse und Erklärungsansätze (…)

mankapital (z.B. Schulbildung): „(…) we treat migration as an investment increasing the productivity of human resources, an investment which has costs and which also renders return“ (Sjaastad 1962: 83).45 In Studien zur Arbeitsmigration wird das Ergebnis (bzw. je nach theoretischer Verortung oder Fragestellung auch ausdrücklich als Nutzen oder Ertrag bezeichnet) von Wanderungen hauptsächlich in Form von Einkommensveränderungen oder beruflicher Mobilität gemessen (in der Soziologie z.B. Connor und Massey 2010; Pichler 2011). In Studien zu Einflüssen der Migration auf die Lebenszufriedenheit von MigrantInnen wird hingegen die Lebenszufriedenheit als „Ergebnisvariable“ eingesetzt. Entsprechend der neoklassischen Logik wird in diesen Untersuchungen davon ausgegangen, dass MigrantInnen rationale Entscheidungen treffen und durch die Migration ihre Lebenszufriedenheit zu erhöhen suchen bzw. wird der Nutzen von Wanderungen unter Berücksichtigung der Lebenszufriedenheit von MigrantInnen gemessen (z.B. Nowok et al. 2011). Mit Blick auf die empirischen Befunde im Feld sind die ökonomischen Erklärungsmodelle jedoch nicht ausreichend. Selbst bei Einkommensgewinnen infolge von ökonomisch motivierten Wanderungen konnte eine geringere Happiness von MigrantInnen nach der Wanderung nachgewiesen werden (u.a. Stillman et al. 2015). Vor diesem Hintergrund wird in der Forschung auch auf Erklärungsansätze aus der Zufriedenheitsforschung („Happiness Research“) zurückgegriffen. 3.2.2 Zufriedenheitsforschung („Happiness Research“): „Comparison Theory“ Die Zufriedenheitsforschung ist ein Feld, das sich an der Schnittstelle Psychologie, Ökonomie und Soziologie bewegt (z.B. Diener et al. 1999; Frey und Stutzer 2002b; Veenhoven 2008). Eine der wesentlichsten Erkenntnisse innerhalb dieses Forschungsfelds besteht darin, dass von objektiven Umständen nicht einfach auf subjektive Bewertungen bzw. Zufriedenheiten geschlossen werden kann. Dabei lassen sich zwei Formen der Diskrepanz differenzieren: Die Situation, wenn Menschen trotz objektiv guter Lebensbedingungen ein geringes subjektives Wohlbefinden aufweisen bzw. unzufrieden sind, kann als „Unzufriedenheitsdilemma“ bezeichnet werden. Der andere, umgekehrte Zustand, wenn also Menschen trotz objektiv schlechter Lebensbedingungen zufrieden sind, als „Zufrie45

Die Kosten und der Nutzen der Migration können sowohl monetär als auch nicht-monetär sein (vgl. Sjaastad 1962: 83ff.).

3.2 Erklärungsansätze zu den Effekten von Migration auf die Lebenszufr. (…) 63 denheitsparadox“ (vgl. Zapf 1984: 25). Mit der Terminologie der Zufriedenheitsforschung ausgedrückt konnte in den empirischen Studien daher bislang mehrfach ein Unzufriedenheitsdilemma bei MigrantInnen beobachtet werden in der Form, dass MigrantInnen trotz materieller Verbesserungen infolge der Migration oder trotz relativ hoher Einkommen im Kontrast zu NichtmigrantInnen in den Herkunftsgebieten nur auf einem relativ niedrigen Level zufrieden sind. Theoretisch besonders aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang die „Comparison Theory“ (auch als „Discrepancy Theory“ oder „Judgement Theory“ bezeichnet) (vgl. Schyns 2001: 177). Es ist dies auch jene große theoretische Perspektive der Zufriedenheitsforschung, auf die in den Studien zum Verhältnis von Migration und Lebenszufriedenheit am häufigsten Bezug genommen wird. Entsprechend der Comparison Theory haben objektive Lebensbedingungen nur einen geringen Einfluss auf die subjektiven Bewertungen (vgl. ebd. 2001: 176f.). Die Happiness eines Individuums ergibt sich stattdessen aus subjektiven Vergleichen zwischen wahrgenommenen Lebensumständen und verschiedenen Standards der Lebensqualität, die vom Individuum angesetzt werden. Diese Vergleichsstandards der Lebensqualität können auf Erfahrungen aus der eigenen Vergangenheit, individuelle Zukunftserwartungen oder Erfahrungen aus der sozialen Umwelt (d.h. Vergleiche mit Peers, Landsleuten etc.) basieren. Diese drei verschiedenen Vergleichsmechanismen spiegeln sich in verschiedenen Varianten der Comparison Theory, der „Adaptation Level Theory“, „Aspiration Theory“ und „Social Comparison Theory“ wieder (vgl. ebd. 2000: 86f.). Diese drei Varianten stellen jeweils einen der Vergleichsmechanismen in den Mittelpunkt, wenngleich diese Mechanismen auch miteinander verknüpft sind (in der Literatur lässt sich keine einheitliche konzeptionelle Trennung dieser drei Mechanismen identifizieren). Entsprechend der Adaptation Level Theory, auch als „Hedonic Adaptation Theory“ oder „Set Point Theory“ bezeichnet, gewöhnen sich Menschen an konstante oder sich wiederholende Situationen. Die Lebenszufriedenheit kann zwar infolge von positiven oder negativen Ereignissen kurzfristig steigen oder sinken, langfristig erreicht sie aber stets wieder ihr stabiles Ausgangslevel (Frederick und Loewenstein 1999; Headey 2010; Helson 1947,1964; Lyubomirsky 2011).46 Die Forschung hat in den letzten Jahren aber auch mehrfach empirische Eviden46

Brickman und Campbell (1971) prägten dahingehend die Vorstellung, dass Menschen in einer hedonistischen Tretmühle („Hedonic Treadmill“) gefangen sind.

64

3 Stand der Forschung I: Forschungsergebnisse und Erklärungsansätze (…)

zen dafür geliefert, dass es Erfahrungen im Leben gibt, die durchaus langfristige positive oder negative Zufriedenheitsveränderungen mit sich bringen können, wie etwa die Ereignisse von Heirat, Scheidung, Verwitwung (Lucas et al. 2003) oder wiederholte Phasen von Arbeitslosigkeit (Lucas et al. 2004). Der Aspiration Theory zufolge ist das individuelle Wohlbefinden vom Verhältnis zwischen den eigenen Aspirationen bzw. angestrebten Zielen oder Wünschen und dem aktuellen Stand abhängig. Die Aspirationen entwickeln Individuen laufend bei Vergleichen mit ihrer Umwelt, Vergangenheit oder Zukunftserwartungen (vgl. Stutzer und Henne 2014: 253). Die Happiness ist folglich von hohen Aspirationen sowie schlechten Lebensbedingungen gleichermaßen gefährdet (vgl. Schyns 2000: 87). Die Social Comparison Theory stellt die Vergleiche des Individuums mit seiner sozialen Umwelt ins Zentrum. Im Kern dieser Theorie steht die Annahme, dass die individuelle Lebenszufriedenheit dadurch bestimmt wird, wie gut man in den Vergleichen mit jenen Personen abschneidet, die zum Vergleich herangezogen werden (vgl. Diener und Fujita 1997: 329). Diese Theorie geht auf Festinger (1954) zurück, der postuliert, dass Individuen zur Selbstbewertung, wenn objektive Maßstäbe fehlen, ihre Einstellungen und Fähigkeiten zwischen sich und anderen Personen vergleichen. Bei sozialen Vergleichen mit schlechter gestellten Personen (Abwärtsvergleiche) werden im Allgemeinen positive Effekte und umgekehrt, bei Vergleichen mit besser gestellten Personen (Aufwärtsvergleiche) negative Effekte auf die Lebenszufriedenheit erwartet (vgl. Frieswijk et al. 2004: 183). Die Erfahrung, bei sozialen Vergleichen mit der eigenen Referenzgruppe schlechter abzuschneiden, geht mit einem Gefühl der sozialen Benachteiligung einher. In der Soziologie spricht man diesbezüglich auch von relativer Deprivation (Runciman 1966). Welche Personen tatsächlich zum sozialen Vergleich herangezogen werden bzw. die relevante Referenzgruppe für das Individuum bilden, ist bis heute nicht klar erwiesen. Am plausibelsten erscheinen die Annahmen von Firebaugh und Schroeder (vgl. 2009: 812), denen zufolge sich Individuen am ehesten mit Personen vergleichen, die sie beobachten können und in bestimmter Hinsicht als „Equals“ bzw. als Personen ihresgleichen betrachten, wie zum Beispiel NachbarInnen. Dieser kurze Überblick zu den verschiedenen Varianten der Comparison Theory ist wichtig zum Verständnis der dominanten theoretischen Argumente in den existierenden Migrationsstudien. Gleichwohl muss an dieser Stelle betont

3.2 Erklärungsansätze zu den Effekten von Migration auf die Lebenszufr. (…) 65 werden, dass die Comparison Theory eher ein loses theoretisches Gerüst als ein kohärentes theoretisches Bezugssystem repräsentiert. Zudem ist die empirische Falsifizierbarkeit der Comparison Theory aufgrund mangelnder Präzision nicht vollends gegeben (dies wird u.a. von Diener kritisiert). Ist in einer Forschung zum Beispiel kein Effekt aus sozialen Vergleichen zu beobachten, so bleibt stets die Möglichkeit zu argumentieren, dass ein Adaptions- oder Aspirationseffekt im Gange war. Eine der wichtigen Gründe für die bestehenden Unschärfen liegt darin, dass es bislang noch unklar ist, wie sich Vergleichsstandards bei Menschen etablieren (vgl. Schyns 2000: 87). Ein prominentes Beispiel, bei welchem sich das Ineinandergreifen der verschiedenen Varianten der Comparison Theory widerspiegelt, repräsentiert die Beschreibung vom Zusammenhang zwischen Einkommen und Lebenszufriedenheit. Dieses Verhältnis wird im folgenden Abschnitt aber nicht zu Demonstrationszwecken der Comparison Theory aufgegriffen, sondern weil dieser Zusammenhang vorrangig im Zentrum vieler der existierenden Studien zur Lebenszufriedenheit von MigrantInnen steht: „The relationship between income and happiness is central to the study of happiness and migration since income is often cited as an important determinant of migration. In fact, some measure of income in the origin and/or destination is included in almost every model of migration (Simpson and Sparber, 2010)” (Simpson 2013: 397).

3.2.3 Einkommen und Lebenszufriedenheit als zentrales Thema in der Zufriedenheitsforschung und in den Migrationsstudien Das heutige Verständnis von der Beziehung zwischen Einkommen und Lebenszufriedenheit wurde seit den 1970er Jahren maßgeblich von dem Ökonomen Easterlin geprägt (1973,1974,2001). Easterlin (1974) konnte in einer ländervergleichenden Analyse beobachten, dass Personen, die über mehr Geld verfügen, glücklicher sind als weniger gut verdienende Personen (nur für die USA am Beispiel Einkommen demonstriert, für andere Länder sowie die USA auf der Basis von sozioökonomischen Statusvariablen). Gesellschaften mit einem durchschnittlich höheren Pro-Kopf-Einkommen (gemessen am realen Bruttonationaleinkommen) waren in seinen Analysen jedoch nicht in einem vergleichbaren Ausmaß glücklicher als Gesellschaften mit einem niedrigeren Durchschnittseinkommen. Außerdem konnte er am Beispiel der USA demonstrieren, dass sich die

66

3 Stand der Forschung I: Forschungsergebnisse und Erklärungsansätze (…)

Happiness der US-Bevölkerung im Zeitverlauf nicht wesentlich veränderte, obwohl deren durchschnittliche Einkommen im Beobachtungszeitraum (19461970) deutlich stiegen (vgl. Easterlin 1974: 111). Diese widersprüchlichen Befunde werden seitdem unter dem Stichwort „Easterlin-Paradox“ diskutiert.47 Eine bereits damals von Easterlin hervorgebrachte These zur Erklärung dieses Paradoxes war, dass für die Selbsteinschätzung des eigenen Wohlbefindens nicht das absolute, sondern das relative Einkommen bzw. das eigene Einkommen im Verhältnis zu einem Vergleichsstandard („Consumption Norm“), d.h. zu anderen Personen einer Gesellschaft wesentlich ist. Eine anteilsmäßige Einkommenssteigerung für alle innerhalb eines Landes zieht dieser These zufolge daher keine Veränderung der allgemeinen Happiness einer Bevölkerung nach sich (vgl. ebd. 1974: 112). Die Konsumptionsnorm wird in diesem Fall nur auf ein höheres Level gehievt, während sich die Einkommensunterschiede bzw. die Referenzpunkte, von denen aus die eigene Situation beurteilt wird, nicht verändern. Dass Veränderungen des relativen gegenüber dem absoluten Einkommen einen stärkeren Einfluss auf die Lebenszufriedenheit haben, wurde seit seinen damaligen Analysen mehrfach belegt (u.a. vgl. Ball und Chernova 2008: 524). Innerhalb der Zufriedenheitsforschung wird ein Einfluss von absolutem Einkommen auf die Lebenszufriedenheit sogar nur bis zu einem bestimmten Einkommenslevel zugesprochen. Zum Beispiel ist Layard (2003) zufolge die Happiness einer Bevölkerung vom Pro-Kopf-Einkommen unabhängig, sobald ein Land ein Einkommenslevel von mehr als 15.000 US-Dollar pro Kopf erreicht. In ärmeren Ländern bzw. Ländern, die unter diesen Grenzwert fallen, zeigt sich ein dementsprechend stärkerer Zusammenhang zwischen Einkommen und Lebenszufriedenheit als in reicheren Ländern (vgl. ebd. 2003: 17). Auch auf der Individualebene lässt sich eine vergleichbar widersprüchliche Beziehung zwischen Einkommen und Lebenszufriedenheit feststellen, wie Easterlin (2001) in einer späteren Publikation demonstriert. Zu einem Vergleichszeitpunkt bzw. im Querschnitt sind besser verdienende Personen glücklicher als schlechter Verdienende. Während jedoch die Einkommen im Lebensverlauf durchschnittlich steigen, bevor sie in der Pension absinken, bleibt die Happiness eines Individuums im Durchschnitt über das ganze Leben hinweg relativ kon47

Erst vor kurzem wurde eine empirische Studie vorgelegt, welche das Easterlin-Paradox bezweifelt (Stevenson und Wolfers 2008). Für eine darauf folgende Gegendarstellung siehe Easterlin und KollegInnen (2010).

3.2 Erklärungsansätze zu den Effekten von Migration auf die Lebenszufr. (…) 67 stant (vgl. ebd. 2001: 469f.). Easterlin zufolge ist dies dadurch zu erklären, dass die materiellen Aspirationen im Lebensverlauf proportional zum eigenen Einkommen steigen.48 Zu Beginn ihres Lebens haben alle Menschen ähnliche materielle Aspirationen. Weil besser verdienende Personen stärker dazu in der Lage sind, diese Aspirationen zu erfüllen, sind sie glücklicher als schlechter verdienende Personen. Eine wichtige Rolle für die Persistenz dieser sozialen Unterschiede im subjektiven Wohlbefinden im Lebensverlauf spricht Easterlin dem Bildungssystem zu, da dieses System die Einkommensunterschiede bzw. relativen Einkommensverhältnisse beeinflusst. Dadurch, dass das Bildungssystem Menschen in höhere und niedrigere Einkommensklassen kanalisiert, sind besser gebildete Personen im Durchschnitt ihr Leben lang glücklicher als schlechter gebildete Personen. Einkommensgewinne machen aber weder arme noch reiche Personen im Lebensverlauf glücklicher, weil Einkommensgewinne, die per se einen positiven Effekt auf das subjektive Wohlbefinden haben, durch negative Effekte von gleichzeitig wachsenden Aspirationen laufend ausgeglichen werden (vgl. ebd. 2001: 481). Kurz gesagt ist die Aussicht, dass Einkommensgewinne längerfristig glücklich machen, vor dem Hintergrund dieser theoretischen Perspektiven und empirischen Befunde nicht vielversprechend. Am ehesten ist von kurzfristig positiven Effekten auf die individuelle Lebenszufriedenheit auszugehen: „(…) increases in income have been found to have mainly a transitory effect on individuals reported life satisfaction“ (Kahneman et al. 2006: 1908). Diese bislang dargestellten theoretischen Einsichten der Zufriedenheitsforschung zum Verhältnis von objektiven Umständen und subjektiven Bewertungen sowie im Speziellen zum Zusammenhang zwischen Einkommen und Lebenszufriedenheit werden in den Ergebnisdiskussionen vieler der existierenden Migrationsstudien herangezogen. Ein hierfür anschauliches Beispiel repräsentiert die Studie von Knight und Gunatilaka (2010) zur Happiness von Land-StadtMigrantInnen innerhalb Chinas. Wie bereits weiter oben angeführt, beobachtet dieses Forschungsteam eine niedrigere Happiness von Land-Stadt-MigrantInnen gegenüber der Kontrastgruppe von NichtmigrantInnen am Land, trotz vergleichsweise deutlich höherer Einkommen der MigrantInnen. Unter anderen 48

Im Gegensatz zur Konzeptualisierung der weiter oben angeführten Comparison Theory bei Schyns (2001), spricht Easterlin der Aspirationstheorie keine Eigenständigkeit zu, da er von einer direkten Abhängigkeit zwischen Aspirationen und Adaptionsprozessen ausgeht (vgl. Easterlin 2001: 480).

68

3 Stand der Forschung I: Forschungsergebnisse und Erklärungsansätze (…)

möglichen theoretischen Erklärungen sehen Sie die niedrige Happiness der MigrantInnen als Produkt eines Auseinanderklaffens zwischen der Realität und den (hohen) Einkommensaspirationen bei den MigrantInnen. Die MigrantInnen könnten zum Zeitpunkt der Wanderung zwar Einkommensgewinne vorhergesehen haben, jedoch nicht, dass ihre Aspirationen in der neuen Umgebung steigen würden, sogar über ihre Leistungen in der Stadt hinaus. Wie einige empirische Hinweise darauf hindeuten, könnte der neue Referenzrahmen der Stadt, wo sich die meisten MigrantInnen im unteren Einkommenssegment wiederfinden und die Erfahrung relativer Deprivation machen, die Einkommensaspirationen der MigrantInnen gesteigert haben und die Unhappiness mit dem Status Quo verursachen (vgl. Knight und Gunatilaka 2010: 122f.).49 Die Liste vergleichbarer Argumentationen zum Zusammenhang zwischen ökonomischen Merkmalen (fast ausschließlich gemessen über das individuelle Erwerbseinkommen) und Lebenszufriedenheit ließe sich anhand vieler der existierenden Migrationsstudien weiter fortsetzen. 50 Von dieser für sich genommen interessanten Aufgabe wird im Folgenden jedoch Abstand genommen. Stattdessen richtet sich die Diskussion der existierenden Wissensbestände im weiteren Verlauf auf die Beleuchtung des Stellenwerts nicht-ökonomischer Einflussfaktoren für die Lebenszufriedenheit von Individuen. 3.2.4 Nicht-ökonomische Einflussfaktoren auf die Lebenszufriedenheit aus Sicht der Zufriedenheitsforschung und deren Beachtung in den Migrationsstudien Insgesamt geht man in der Zufriedenheitsforschung davon aus, dass sich nicht nur ökonomische sondern auch nicht-ökonomische Faktoren auf die Lebenszufriedenheit von Individuen auswirken (Cummins 1996; Easterlin 2006; Frey und Stutzer 2002a). Der in mehreren Migrationsstudien erweiterte Blick auch auf die nicht-ökonomischen Einflussfaktoren der Migration ist für diese eigene soziologische Forschung maßgebend. So werden in dieser Arbeit sowohl ökonomische 49

50

Die AutorInnen finden Indizien dafür, dass sich die Land-Stadt-MigrantInnen im Laufe der Zeit zunehmend mit Personen aus der Stadt vergleichen (vgl. Knight und Gunatilaka 2010: 118). Die Einflüsse anderer ökonomischer Aspekte auf die Lebenszufriedenheit im Kontext von Migration, wie etwa Effekte des Haushaltseinkommens oder von Vermögensbeständen, wurden im Vergleich zu jenen des Erwerbseinkommens bis dato deutlich seltener erforscht.

3.2 Erklärungsansätze zu den Effekten von Migration auf die Lebenszufr. (…) 69 als auch nicht-ökonomische Effekte des Pendelns auf die Lebenszufriedenheit der PendlerInnen untersucht. Vielfach wird im Feld des Happiness Research sogar die Auffassung vertreten, dass den nicht-ökonomischen gegenüber den ökonomischen Einflussfaktoren auf die Lebenszufriedenheit längerfristig betrachtet ein größerer Stellenwert zukommt. Auf der Basis empirischer Studien vertritt zum Beispiel Easterlin (vgl. 2003: 25) die Meinung, dass Menschen ihre Aspirationen an Veränderungen im Familienleben oder den eigenen Gesundheitszustand nicht in demselben Ausmaß anpassen, wie dies bei ökonomischen Veränderungen der Fall ist. Das Erreichen bzw. Nicht Erreichen von Zielen in diesen beiden nicht-ökonomischen Bereichen bringt im Vergleich zu ökonomischen Bereichen (welche das subjektive Wohlbefinden im Verlauf eines Lebens nur wenig beeinflussen) stärker dauerhafte Zugewinne bzw. Verluste des subjektiven Wohlbefindens mit sich. Individuen tendieren jedoch dazu, ihre vorhandene Zeit in einem höheren Maße zur Erreichung von ökonomischen Zielen (hier verstanden als finanzielle Ziele, Komfort und positionale Güter) als von nicht-ökonomischen Zielen zu investieren. Dabei verkennen sie jedoch, dass sich ihre Aspirationen an die Erreichung von ökonomischen stärker als an die von nicht-ökonomischen Zielen anpassen werden, weil erstens die hedonistische Adaption in der ökonomischen Sphäre stärker ausgeprägt ist.51 Zweitens weil soziale Vergleiche für die Herstellung von Aspirationen in diesen nicht-ökonomischen Bereichen weniger relevant sind als im ökonomischen Bereich, wo sich soziale Vergleichsmechanismen relativ stark an ökonomische Veränderungen anpassen (vgl. Easterlin 2003: 21f.). Hinweise darauf, warum sich Menschen stärker ökonomischen als nichtökonomischen Zielen zuwenden, können einem aktuellen Artikel von Frey und Stutzer (2014) entnommen werden.52 Konzeptionell unterscheiden sie zwischen extrinsischen Wünschen (eher ökonomische Aspekte, wie materieller Besitz, Status, Prestige) und intrinsischen Bedürfnissen (eher nicht-ökonomische Aspekte, wie das Bedürfnis nach sozialer Einbettung oder der Wunsch nach Autonomie) (vgl. Frey und Stutzer 2014: 938ff.). Sie vermuten, dass in Entscheidungsmomenten die extrinsischen Eigenschaften einer Option (Aktivität oder Güter) 51

52

Darauf weist der Forschungsstand hin, eine genauere Erklärung für diese interessante Spezifik der Adaption wird von Easterlin jedoch nicht geliefert. Weitere Erklärungen zu diesem Phänomen finden sich bei Frank (1999), Scitcovsky (1992) und Pugno (2013).

70

3 Stand der Forschung I: Forschungsergebnisse und Erklärungsansätze (…)

für das Individuum wichtiger erscheinen als deren intrinsische Eigenschaften: „Our main proposition ist that, when making a decision, the extrinsic attributes are relatively more salient than the intrinsic attributes of different options“ (ebd. 2014: 940).53 Trotz der hohen Relevanz von nicht-ökonomischen Aspekten des Lebens für die Herstellung von Lebenszufriedenheit wurden dementsprechende Konsequenzen der Migration bislang deutlich seltener zum Thema gemacht als die ökonomischen Folgen. Migrationstheoretisch lässt sich eine solch umfassende Perspektive, die sowohl ökonomische als auch nicht-ökonomische Aspekte berücksichtigt, erneut an die neoklassische Mikroperspektive rückbinden (Sjaastad 1962). Mit der Gegenüberstellung von monetären und nicht-monetären Kosten und Nutzen der Migration („Money and Non-money Costs and Returns“), hat Sjaastad im Großen und Ganzen bereits damals zwischen einer ökonomischen und einer nicht-ökonomischen Dimension von Wanderungen unterschieden. In den quantitativen Studien zur Lebenszufriedenheit von MigrantInnen werden nicht-ökonomische Aspekte im Leben von MigrantInnen vor allem hinsichtlich Diskriminierungserfahrungen (u.a. Neto 2001; Safi 2010; Verkuyten 2008; Werkuyten und Nekuee 1999) sowie sozialer Einbettung und Zugehörigkeit/Identität (u.a. Amit 2010; Herrero et al. 2011) thematisiert. Teilweise wird in den Migrationsstudien ebenso von einer höheren Relevanz von nichtökonomischen gegenüber ökonomischen Folgen der Migration für die Lebenszufriedenheit von MigrantInnen ausgegangen (z.B. Olgiati et al. 2012: 20) Das Auftreten nicht-ökonomischer Migrationskosten kann eventuell auch erklären, warum MigrantInnen trotz eines Einkommensaufstieges gegenüber ihrem Herkunftsgebiet etc. relativ unzufrieden sind. Ein aus meiner Sicht besonders interessantes Beispiel dafür ist ein bereits weiter oben angeführte Forschungsergebnis von Bartram (2013b). Zur Erinnerung: Bartram beobachtet in dieser Studie, dass rumänische RemigrantInnen im Vergleich zu Nichtmigran53

Unter anderem argumentieren diese beide Autoren ganz ähnlich wie Easterlin (2003), dass Individuen Schwierigkeiten haben, die ungleichen Adaptionsprozesse an ökonomische und nicht-ökonomische Dimensionen korrekt vorherzusehen. Infolgedessen überschätzen Individuen den zukünftigen Nutzen der Befriedigung extrinsischer Wünsche, während sie jenen der intrinsischen Bedürfnisse unterschätzen. Aus diesen Gründen entscheiden sich Individuen stärker für die Verfolgung der Befriedigung ihrer extrinsischen Wünsche. Letztlich kommt es durch dieses Wahrnehmungsmuster zu einer systematischen Abweichung zwischen prognostiziertem („predicted utility“) und erfahrenem Nutzen („experienced utility“) (vgl. Frey und Stutzer 2014: 938ff.).

3.2 Erklärungsansätze zu den Effekten von Migration auf die Lebenszufr. (…) 71 tInnen über höhere Einkommen verfügen, aber unabhängig davon unglücklicher sind.54 Zur Erklärung dieses auf den ersten Blick widersprüchlichen Befunds scheint mir eine der forschungsleitenden Schlussfolgerungen dieses Autors besonders aufschlussreich. So vermutet Bartram, dass neben positiven finanziellen Folgen der Migration auch andere negative Konsequenzen existieren, welche die positiven Aspekte überwiegen (vgl. Bartram 2013b: 418). Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang auch eine weitere von Bartram vertretene These, der zufolge sich MigrantInnen bei der (Arbeits-)Migration vorranging auf den ökonomischen Nutzen konzentrieren und die nicht-ökonomische Dimension der Migration, wie z.B. die sozialen Konsequenzen von Wanderungen, vernachlässigen (siehe z.B. Bartram 2010: 352). Diese Perspektive erscheint mir auch vor dem Hintergrund der zuvor angeführten Überlegungen der Zufriedenheitsforschung sehr plausibel.

54

Es ist jedoch nicht klar, ob die höheren Einkommen der RemigrantInnen tatsächlich das Resultat der Migration sind, d.h. aus der Akquise von Fähigkeiten und finanziellem Kapital infolge der Migration und deren Nutzbarmachung in der Herkunftsgesellschaft hervorgehen, wie z.B. durch den Einsatz dieser Mittel für eine Unternehmensgründung im Herkunftsgebiet (vgl. Bartram 2013b: 417).

4 Stand der Forschung II: Forschungsergebnisse zum subjektiven Migrationserfolg und zum Zusammenhang mit der Lebenszufriedenheit Dieses Kapitel öffnet mit der Feststellung, dass das Konzept der Lebenszufriedenheit in der Forschung vielfach als allgemeiner Indikator für subjektiv erfolgreiche Migration eingesetzt wird. Im Anschluss daran wird auf den Bedeutungsgehalt des Erfolgsbegriffs eingegangen und eine eigene Definition von subjektivem Migrations- bzw. Pendelerfolg in dieser Studie vorgestellt. Danach werden die Wissensbestände zum subjektiven Migrationserfolg erkundet. Bislang haben sich nur relativ wenige Studien mit dem Konzept des subjektiven Migrationserfolgs im engeren Sinn beschäftigt. Die Migrationskontexte, in denen dieses Thema erforscht wurde, sind außerdem recht vielfältig und nicht unmittelbar mit dem grenzübergreifenden Pendeln in Centrope vergleichbar. Dennoch ergeben sich mehrere wertvolle Anknüpfungs- und Referenzpunkte zu dieser Dissertation. Zunächst werden Forschungsergebnisse zu den Bewertungsdimensionen des subjektiven Migrationserfolgs, Erzählungen von Erfolg und Misserfolg in der Migration sowie genderspezifische Unterschiede in den subjektiven Erfolgsbewertungen von Migration thematisiert.55 Im Anschluss wird ein Überblick zu Studien geliefert, die sich im weiteren Sinn mit dem subjektiven Migrationserfolg von MigrantInnen auseinandersetzen, d.h. Studien, die anhand von spezifischen Indikatoren (positive) subjektive Bewertungen von Wanderungen untersuchen (z.B. allgemeine Zufriedenheit mit dem Migrationsergebnis). Den Abschluss des Kapitels bildet eine Diskussion von Forschungsergebnissen zum Zusammenhang zwischen Lebenszufriedenheit und subjektivem Migrationserfolg.

55

Die Diskussion kann hier vor allem auf Studien Bezug nehmen, die in einem israelischen Forschungskontext von der Psychologin Benish-Weisman unter Beteiligung anderer ForscherInnen erarbeitet wurden (Benish-Weisman 2009; Benish-Weisman und Horenczyk 2010; Benish-Weisman und Shye 2011). Benish-Weisman und KollegInnen haben maßgebliche Arbeiten zu diesem Thema geliefert. Die Datenbasis dieser quantitativen Studien (bzw. der empirische Ausgangspunkt einer auch qualitativen Studie) bildet eine standardisierte Befragung von 337 gut gebildeten russischen MigrantInnen (70% haben einen sekundären Bildungsabschluss), die zwischen 1990 und 1995 aus der früheren Sowjetunion (UdSSR) nach Israel eingewandert sind (vgl. Benish-Weisman und Shye 2011: 468).

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 R. Haindorfer, Lebenszufriedenheit und Pendelerfolg, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26791-9_4

74

4 Stand der Forschung II: Forschungsergebnisse zum subjektiven (…)

4.1 Die Gleichsetzung von Lebenszufriedenheit und (subjektivem) Migrationserfolg Die Lebenszufriedenheit wird in der empirischen Forschung häufig – mehr oder weniger explizit – mit (subjektivem) Migrationserfolg gleichgesetzt. Hohe Lebenszufriedenheitswerte von MigrantInnen werden dementsprechend mit einer erfolgreichen Migration assoziiert. Grundlage dieser Logik ist eine wesentliche theoretische Annahme hinsichtlich der Motive von freiwillig wandernden MigrantInnen (häufig im Fokus dieser Studien stehen ökonomisch motivierte ArbeitsmigrantInnen). So wird Migration in den Lebenszufriedenheitsstudien oftmals als der Versuch nach einer allgemeinen Verbesserung des Lebens, Erhöhung der Lebensqualität oder Nutzenmaximierung konzeptualisiert. Ein aktuelles Beispiel dieser gängigen Argumentationslinie findet sich zum Beispiel in der Untersuchung von Kämpfer (2014) zur Lebenszufriedenheit von MigrantInnen in Deutschland: „Zahlreiche Migrationstheorien sehen Migration als Strategie, das objektive sowie das subjektive Wohlbefinden zu erhöhen (vgl. bspw. DE JONG und FAWCETT 1981). Über den subjektiven Erfolg von Migration und dessen Entwicklung mit zunehmender Aufenthaltsdauer und Integration im Zielland weiß man allerdings kaum etwas. Zwar existieren zahlreiche Studien, welche vornehmlich die ökonomische Situation von Migranten im Zielland analysieren und erklären, aus diesen können jedoch nur bedingt Aussagen über die Zufriedenheit von Migranten abgeleitet werden“ (Kämpfer 2014: 281).

Weitere vergleichbare Argumentationslinien existieren zum Beispiel bei Bartram (vgl. 2010: 356; 2013a: 156) oder Nowok und KollegInnen (2011).56 Trotz der allgegenwärtigen Vorstellung, dass Migration eine Suche nach einem besseren Leben darstellt, betrachten existierende Studien die Konsequenzen von Wanderungen für die Lebenszufriedenheit von MigrantInnen vor allem in 56

“The study of internal migration has been predominately shaped by economic questions related to the labour market. At a micro-level, a decision to migrate is mainly explained by costbenefit calculations leading to an expected positive net return, usually measured by monetary income. In other words, people are often assumed to maximize their utility expressed in pecuniary terms (Chiswick, 2008). (…) Compared with the economic consequences of migration, much less is known about implications of migration for the general subjective well-being (SWB) of individuals. (…) From a theoretical perspective, migration decision-making can still be encompassed within a utility-maximizing framework. Now, however, utility is captured by subjective judgments of satisfaction rather than monetary income. (…) Successful migration should, however, reach its goal and increase the migrants’ subjective utility” (Nowok et al. 2011: 1).

4.2 Der Erfolgsbegriff und die Definition des subjektiven Migrations- (…)

75

Abhängigkeit von Einkommensveränderungen (z.B. Knight und Gunatilaka 2010). Andere ökonomische und nicht-ökonomische Migrationsfolgen und ihre Effekte auf die Lebenszufriedenheit werden in der Forschung deutlich weniger untersucht. Und obwohl es sich um ein im Happiness-Research vielfach angewandtes Vorgehen handelt, die Happiness, Lebenszufriedenheit etc. als Indikator für erfahrenen Nutzen („Experienced Utility“) einzusetzen (vgl. Kahneman und Sugden 2005: 174), ist die Gleichsetzung von hohen Zufriedenheiten mit subjektivem Migrationserfolg zu hinterfragen. Bis dato sind nur wenige Studien zum Konzept des subjektiven Migrationserfolgs von MigrantInnen entstanden (z.B. Benish-Weisman und Horenczyk 2010; Mapril 2011; Reinprecht 2006). Das Wissen zu den subjektiven Erfolgsbewertungen in der Migration und ihren Verbindungen mit der Lebenszufriedenheit von MigrantInnen ist mit anderen Worten gesagt nur in einem geringen Maße vorhanden und eine Gleichsetzung von Lebenszufriedenheit und subjektivem Migrationserfolg erscheint daher prüfenswert. 57 Vor diesem Hintergrund wird in dieser Studie untersucht, welche ökonomischen und nicht-ökonomischen Lebensbedingungen im Kontext des Ost-West-Pendelns die Lebenszufriedenheit und den subjektiven Pendelerfolg beeinflussen und inwiefern die subjektiven Erfolgsbewertungen des Pendelns zur Lebenszufriedenheit von PendlerInnen beitragen. 4.2 Der Erfolgsbegriff und die Definition des subjektiven Migrations- bzw. Pendelerfolgs in dieser Studie Das Substantiv Erfolg bedeutet nach Duden ein positives Ergebnis einer Bemühung und das Eintreten einer beabsichtigten, erstrebten Wirkung (vgl. Duden). Dieses weit verbreitete Begriffsverständnis von Erfolg umfasst somit eine bewusste Handlungsintention, beschränkt sich aber meines Erachtens nicht darauf. Das ist ein wichtiger Punkt, denn Migration kann im Allgemeinen als eine individuelle oder kollektive Bemühung verstanden werden, ein besseres Leben zu finden, und offensichtlich sind die Folgen von Wanderungen (wie auch andere Handlungskonsequenzen) nicht vollends vorhersehbar. Erfolgsbewertungen der 57

Beispielsweise kann man davon ausgehen, dass der subjektive Migrationserfolg neben einer Reihe anderer Dimensionen des Lebens (z.B. positive Bewertung der eigenen Gesundheit, der sozialen Einbindung) zur Lebenszufriedenheit beiträgt.

76

4 Stand der Forschung II: Forschungsergebnisse zum subjektiven (…)

Migration dürften sich nach dieser Lesart des Begriffsverständnisses von Erfolg nicht nur auf vorab beabsichtigte, erstrebte Wirkungen der Migration, sondern auch auf unbeabsichtigte Folgen von Wanderungen beziehen (wie etwa auf das Entstehen von Freundschaften mit Personen aus dem Zielland). In dieser Studie wird der subjektive Migrationserfolg als eine positive Bewertung der Folgen der Migration durch die MigrantInnen selbst definiert. Im Zentrum steht sinngemäß der subjektive Pendelerfolg, d.h. die positive Bewertung der Folgen des Pendelns durch die PendlerInnen selbst. Diese eigene Definition von subjektivem Migrationserfolg dürfte meiner Vermutung nach zu einer präziseren Messung von subjektiven Bewertungen von Wanderungen führen, als dies mit dem Konzept der Lebenszufriedenheit möglich ist. 4.3 Forschungsergebnisse zum subjektiven Migrationserfolg 4.3.1 Bewertungsdimensionen des subjektiven Migrationserfolgs Wichtige Erkenntnisse zu den Dimensionen des subjektiven Migrationserfolgs haben Benish-Weisman und Horenczyk (2010) auf der Grundlage einer offenen Frage zum subjektiven Migrationserfolg von russischen MigrantInnen in Israel geliefert. Die aus dieser offenen Befragung entstandenen Erkenntnisse zu den Sichtweisen über subjektiven Migrationserfolg zeigen auf, welche Bewertungsdimensionen der subjektive Migrationserfolg aus Sicht von MigrantInnen umfassen kann. In einer offenen Frage wurden die Befragten darum gebeten, ihre eigene Sicht auf eine erfolgreiche Einwanderung darzulegen. Die Antworten wurden anschließend in drei Variablen klassifiziert und für die quantitativen Auswertungen aufbereitet. Die drei Variablen umfassen die Aspekte Kompetenz, Zugehörigkeit und Wohlbefinden. Kompetenz beinhaltet Kategorien, die mit persönlichen Errungenschaften in der neuen Gesellschaft verbunden sind und in Erfolg und Unabhängigkeit ihren Ausdruck finden (v.a. in materiellen und finanziellen Belangen wie z.B. ein guter Job oder hoher Status). Zugehörigkeit umfasst die Relation zwischen MigrantInnen und Menschen und/oder Orten. Dazu zählen Gefühle der sozialen Verwurzelung sowie die Verbindung zur eigenen sozialen Umwelt, aber auch die Fürsorge von Familie und FreundInnen (wie z.B. „nach der Einwanderung die Gesellschaft von FreundInnen genießen“ oder dass sich „Familienmitglieder im neuen Land glücklich fühlen“). Die dritte Variable

4.3 Forschungsergebnisse zum subjektiven Migrationserfolg

77

Wohlbefinden oder emotionaler Zustand beinhaltet u.a. „das Gefühl von Selbstvertrauen“ und „den Genuss inneren Friedens“ (vgl. Benish-Weisman und Horenczyk 2010: 519f.). Die verschiedenen subjektiven Erfolgskriterien reflektieren aus Sicht von Benish-Weisman und Horenczyk vorsichtig formuliert verschiedene Bedürfnisse und Motivationen von MigrantInnen (vgl. ebd. 2010: 524f.). Eine Studie von Benish-Weisman und Shye (2011) liefert ebenfalls wichtige Erkenntnisse zum Konzept des subjektiven Migrationserfolgs. Zur Operationalisierung des subjektiv wahrgenommenen Migrationserfolgs wurden in dieser Studie vier allgemein gehaltene Likert-skalenbasierte Items verwendet. 58 Die Lebensqualität der untersuchten russischen MigrantInnen in Israel wurde mit dem von Shye (1989) erfundenen „Subjective Quality of Life (SQOL) Model“ gemessen. Die Datenanalysen erfolgten mit der „Faceted Smallest Small Space Analysis“, einem Verfahren zur graphischen räumlichen Veranschaulichung von Korrelationen zwischen Variablen. Dadurch kann ersichtlich werden, welche Variablen die untersuchte Domäne repräsentieren (vgl. Benish-Weisman und Shye 2011: 468ff.). Die AutorInnen weisen mehrere Variablen des SQOLModells aus, die relativ stark (positiv) mit dem subjektiven Migrationserfolg korrelieren. Zu den besonders relevanten Variablen zählen Selbstverwirklichung, Selbstvertrauen, sozialer Status/zwischenmenschlicher Einfluss, soziale Zugehörigkeit/soziales Vertrauen sowie biologische Grundbedürfnisse (Nahrung, Schutz und komfortable physische Bedingungen) (vgl. ebd. 2011: 473f.). Während die AutorInnen den biologischen Grundbedürfnissen eine alltägliche Notwendigkeit zuschreiben, erkennen sie in den anderen vier Sub-Domänen eine spezifische Relevanz für den Migrationskontext. Zusammengefasst in den Worten der AutorInnen lauten diese Ergebnisse (entsprechend des Wordings und der Komponenten des SQOL-Modells): „The determining factors of successful immigration are the directional functioning-modes of the intra-human subsystems. In other words, the immigrant who experiences a successful immigration will be the one who feels secure and has confidence both in himself and in his social environment, while he is able to express his personality as well as exercise some social influence (attain a social status)“ (vgl. ebd. 2011: 474).

58

Die Items lauten unter anderem: „To what extent do you experience your immigration as successful?”, „Many immigrants feel that their immigration experience was unsuccessful. To what extent do you feel the same?“ (Benish-Weisman und Shye 2011: 468f.).

78

4 Stand der Forschung II: Forschungsergebnisse zum subjektiven (…)

Eine für diese Dissertation besonders wichtige Schlussfolgerung ist, dass der subjektive Migrationserfolg der MigrantInnen vor allem durch nicht-materielle bzw. menschliche (Persönlichkeit und soziale Interaktionen) und weniger durch materielle Aspekte bestimmt wird: „The present study reveals — and confirms — the dominance of the intra-human subsystems, the personality and the social, for successful immigration. As opposed to perspectives that emphasize the material components of immigration (e.g. advance in financial status; or material quality of life conceptions as describe in the introduction), it seems that the dominate factors in successful immigration are related to the human world —the immigrant himself and how the immigrant interacts with his or her human environment“ (Benish-Weisman und Shye 2011: 474).

Diese Conclusio lässt also vermuten, dass die hohe Bedeutung von nichtökonomischen Einflussfaktoren nicht nur in Analysen zur Lebenszufriedenheit (wie das bereits im Kapitel zuvor festgestellt wurde), sondern auch in jenen zu den subjektiven Erfolgsbewertungen der Migration zu beachten ist. Auch in Österreich wurde am Beispiel von ehemaligen „GastarbeitermigrantInnen“ bereits zum subjektiven Migrationserfolg geforscht (Latcheva und Herzog-Punzenberger 2011; Reinprecht 2006,2012). Auf der Grundlage von standardisierten Erhebungen unter älteren MigrantInnen aus Ex-Jugoslawien und der Türkei, die dauerhaft in Österreich geblieben sind, thematisiert Reinprecht (2006) die subjektive Migrationsbilanz dieser MigrantInnen, die er auch als die Bewertung des Migrationserfolgs bezeichnet (vgl. ebd. 2006: 67). Er kommt in diesem Zusammenhang zu mehreren wichtigen Ergebnissen. Reinprecht stellt fest, dass die überwiegende Mehrheit der MigrantInnen (79%) ihre Entscheidung, nach Österreich zu kommen, als richtig bewerten. Ferner werden in seiner Studie verschiedene Maße des subjektiven Migrationserfolgs (z.B. Zielerreichung gesamt) in Verbindung mit der wahrgenommenen Zielerreichung gesetzt. Reinprecht liefert damit eine empirisch fundierte Grundlage für die Annahme, dass es wichtig ist, in Studien zum subjektiven Migrationserfolg die Gründe der Migration sowie deren Erfüllung zu analysieren. Empirisch wird gezeigt, dass die subjektive Bewertung des Migrationserfolgs am maßgeblichsten vom Erfüllen zukunftsbezogener Ziele (Kindern eine qualifizierte Ausbildung ermöglicht, Geld angespart) beeinflusst wird, gefolgt von ökonomischen Zielen (Lebensstandard verbessert, bessere Arbeit gefunden) und Selbstverwirklichungszielen (ein interessantes und unabhängiges Leben

4.3 Forschungsergebnisse zum subjektiven Migrationserfolg

79

geführt), währenddessen die Erfüllung herkunftsbezogener Ziele (Investitionen in der Heimat, Unterstützung der Familie) keine statistische Relevanz aufweist. Den hohen Stellenwert der zukunftsbezogenen Investitionen interpretiert Reinprecht dahingehend, dass Handlungsräume relativ stark über zukunftsbezogene Investitionen erschlossen werden (vgl. ebd. 2006: 66ff.). Latcheva und Herzog-Punzenberger (2011) haben sich ebenfalls mit den ehemaligen „GastarbeitermigrantInnen“, konkret mit der Gruppe von MigrantInnen aus Serbien und der Türkei in Österreich, beschäftigt. Auf der empirischen Grundlage von 30 problemzentrierten Interviews im Rahmen eines Mixed Methods Projektes untersuchen sie deren Erwerbs- bzw. Migrationsbiographien und fokussieren auf die subjektiven Bewertungen der individuellen Migrationsprojekte (vgl. Latcheva und Herzog-Punzenberger 2011: 8f.).59 Latcheva und Herzog-Punzenberger entwickeln anhand ihrer Analysen ein Modell, in dem drei verschiedene Migrations- bzw. Lebensphasen (Gastarbeit, Niederlassung und Nacherwerbsphase) sowie vier verschiedene sich als subjektiv relevant herausgestellte Dimensionen in der Bewertung der Migrationsprojekte abgebildet werden: (1) Zugehörigkeiten, Identifikationen, emotionale Bindungen, (2) soziale Mobilität, (3) rechtlich-politische Komponente und (4) ökonomische Komponente. Ziel dieses Modells ist es „die Bewertung des individuellen Migrationsprojektes über die unterschiedlich gewichteten Komponenten und innerhalb der jeweiligen Migrations- bzw. Lebensphase“ nachvollziehbar zu machen (vgl. ebd. 2011: 19ff.). Die wichtigsten Komponenten der subjektiven Migrationsbewertung repräsentieren Inhalte subjektiver Bewertungen, die in der vorliegenden Untersuchung ebenfalls berücksichtigt werden müssen.60 Zudem kommt diese Untersuchung hinsichtlich der subjektiven Bewertungsmuster der MigrantInnen zu mehreren interessanten Detailergebnissen, die in den Befunden der eigenen Untersuchung gespiegelt werden können, wie etwa, dass einige der Befragten trotz Dequalifizierungserfahrungen und fehlendem beruflichen Aufstieg von einem erfolgreichen Migrationsprojekt sprechen (vgl. ebd. 2011: 15), oder – auch damit verbunden –, dass individuelle Aushandlungsprozesse zu identifizieren sind, wo die 59

60

Diese Studie setzt sich mit individuellen Bewertungen der Migration auseinander, das Konzept des subjektiven Migrationserfolgs steht nicht im Zentrum. Eine Übertragung dieses sehr spezifisch auf die Gruppe der ehemaligen „GastarbeitermigrantInnen“ zugeschnittenen Modells ist schon alleine aufgrund der raum-zeitlichen Unterschiede des grenzübergreifenden Pendelns in Centrope nicht möglich.

80

4 Stand der Forschung II: Forschungsergebnisse zum subjektiven (…)

negative Bewertung eines Bereiches der eigenen Migrationsbiographie durch die positive Bewertung einer anderen Komponente aufgewogen werden kann (vgl. ebd. 2011: 22). 4.3.2 Erzählungen von Erfolg und Misserfolg in der Migration Benish-Weisman (2009) hat sich dem Thema des Migrationserfolgs in einer anderen Studie mit einem spezifischen qualitativen Forschungszugang auseinandergesetzt. In ihrer Studie „Between Trauma and Redemption. Story Form Differences in Immigrant Narratives of Successful and Nonsuccessful Immigration“ untersucht die Psychologin die Migrationserzählungen von russischen MigrantInnen in Israel. Anhand von Ergebnissen zu geschlossenen Fragen zum subjektiven Migrationserfolg wurden elf russische MigrantInnen qualitativ interviewt, die ihre Migration als erfolgreich beurteilt, sowie elf MigrantInnen, die ihre Migration als nicht-erfolgreich bewertet haben (vgl. Benish-Weisman 2009: 957). Mit diesem methodischen Ansatz versucht Benish-Weisman, die subjektiven Erfahrungen und Bedeutungen von Migration zu verstehen: „Narratives open a window to the way people perceive and construct reality. By hearing immigrants’ stories of success and nonsuccess, we can understand the subjective way people experience and construct their immigration” (ebd. 2009: 964). Im Mittelpunkt ihrer Studie stehen die identifizierten unterschiedlichen Erzählformen einer erfolgreichen und nicht-erfolgreichen Migration. 61 Während Benish-Weisman in den Erfolgserzählungen Ähnlichkeiten zu typischen Erlösungserzählungen identifiziert, erkennt sie in den Nicht-Erfolgserzählungen aufgrund der darin identifizierten Nicht-Entwicklung traumatische Elemente im erzählten Migrationsprozess (vgl. ebd. 2009: 964). Die „Success Stories“, d.h. die Geschichten der erfolgreichen MigrantInnen, offenbaren sich entsprechend dem theoretischen Hintergrund als gut strukturierte Erzählungen, in denen Ereignisse gut artikuliert werden können und die Geschichte zu einem Ziel voranschreitet. Die Erfolgsgeschichten folgen im Allgemeinen einer romantischen 61

Ob und inwieweit es bei den einzelnen InterviewpartnerInnen auch Abweichungen bei der Selbsteinschätzung in erfolgreiche vs. nicht-erfolgreiche Migration zwischen der standardisierten und der qualitativen Erhebung gab, wird nicht angeführt. Es entsteht in diesem Paper der Eindruck, als ob alle (quantitativ gemessenen) subjektiv erfolgreichen bzw. nicht-erfolgreichen MigrantInnen auch eine (qualitativ gemessene) Erfolgs- bzw. Nicht-Erfolgsgeschichte in der von Benish-Weisman angegebenen Form erzählt haben.

4.3 Forschungsergebnisse zum subjektiven Migrationserfolg

81

Erzählform. Aufgrund ihrer spezifischen Fähigkeiten überwinden die erfolgreichen MigrantInnen Hindernisse bei der Verfolgung ihrer Ziele. Die Probleme und Schwierigkeiten werden sogar als die Ursache ihres Erfolgs wahrgenommen, da die MigrantInnen auf diesem Weg ihrem Talent Ausdruck verleihen und aufgrund ihrer Lernfähigkeit Fortschritte machen können (vgl. ebd. 2009: 963f.). Benish-Weisman vergleicht die Erfolgserzählungen auch mit der Herausforderung des Bergsteigens. Sie erkennt in den Migrationserzählungen der erfolgreichen russischen MigrantInnen eine Art Erlösung, Schwierigkeiten in der Vergangenheit werden als Grund für den aktuellen Erfolg betrachtet: „They portray past difficulties as the reason for present success. Moreover, their experience of the successful present is intensified by their difficulties in the past. Thus, we can compare the immigration process to the triumph of conquering a mountain peak: Aching muscles and tired limbs make the landscape more glorious” (ebd. 2009: 964).

Diese Interpretation von Benish-Weisman ist besonders interessant, da sie ein neuartiges und positives Bild von Herausforderungen in der Migration kennzeichnet, ein Bild bei dem Menschen an der Bearbeitung ihrer Herausforderungen wachsen (vgl. ebd. 2009: 964).62 Bei den „Nonsuccess Stories“, d.h. den Erzählungen der nicht-erfolgreichen MigrantInnen, ist hingegen festzustellen, dass es den Erzählungen an Kohärenz mangelt. Entweder findet sich dort Schweigen und das Fehlen wichtiger Details oder ein Fluss an assoziativen und unzusammenhängenden Details. Die NichtErfolgserzählungen der Einwanderung nach Israel sind durch drei verschiedene Erzählformen gekennzeichnet. Dazu zählen die Tragödie, die Fraktur oder der Bruch und die Viktimisierung. In der Tragödie finden sich die MigrantInnen in einer vergleichsweise schlechteren Position als bei ihrem Start wieder, d.h. es liegt ein Negativ- oder Abstiegsszenario vor. Bei der Fraktur ist ein ähnlicher Abwärtsverlauf wie bei der Tragödie zu erkennen. Allerdings ist die Erzählung fragmentiert, insofern als das Leben vor der Einwanderung nach Israel vom Leben danach scharf getrennt ist. Die Viktimisierungs-Erzählungen sind zirkulär und repetitiv angelegt. Diese Erzählungen folgen einem Muster, bei welchem dieselben negativen Ereignisse laufend auftreten. Die MigrantInnen haben keine 62

Potentiell ist das auch ein relevanter Unterschied zwischen dem subjektiven Migrationserfolg und der Lebenszufriedenheit von MigrantInnen. So könnten Herausforderungen in der Migration einen anderen Effekt auf die Lebenszufriedenheit haben als auf den subjektiven Migrationserfolg (einen schwächeren oder negativeren Effekt).

82

4 Stand der Forschung II: Forschungsergebnisse zum subjektiven (…)

Kontrolle über diese Ereignisse (vgl. ebd. 2009: 964f.). Im Gegensatz zu Entwicklung und Erlösung in den Migrationserfolgserzählungen sind die NichtErfolgsgeschichten durch eine Rückentwicklung (Regression) und Niederlage gekennzeichnet. Auch hier begegnen die MigrantInnen Hindernissen, jedoch ist die subjektive Konstruktion eine andere als in den Erfolgsgeschichten und es findet keine Entwicklung statt: „Although in both groups the narrator encounters difficulties, the construction of these difficulties is different. We find no development in the nonsuccess story. Here, the clock has stopped ticking” (ebd. 2009: 964). Mapril (2011) liefert mit seiner Untersuchung der Vorstellungen über Erfolg und Misserfolg von jungen Bangladeschern in Portugal einen anthropologischen (qualitativen) Beitrag zum Thema. Besonders aufschlussreich erscheint mir in dieser Studie, ähnlich wie in der zuvor angeführten Studie von BenishWeisman (2009), die Beobachtung von zwei getrennten Erzählungen der Migration, den Erfolgs- bzw. Nicht-Erfolgserzählungen. Trotz dieser Gemeinsamkeit stellt sich der erzählte Kontrast zwischen Migrationserfolg und Nicht-Erfolg in der Studie von Mapril aus Sicht der InterviewpartnerInnen deutlich expliziter dar. Auf Basis seiner Feldforschungen zeigt Mapril, dass die Vorstellungen der Bangladescher über die Migration zweideutig sind. Einerseits existiert die häufige Vorstellung, dass die Migration erfolgreich verläuft bzw. der Ausweg aus der ökonomischen Krise in der Herkunftsgesellschaft zwangsläufig in Erfolg mündet. Andererseits gilt die Migration auch als eine gefährliche und schwierige Erfahrungswelt, die in Misserfolg führen kann. Die Vorstellung einer erfolgreichen Migration findet in den Worten der Interviewpartner ihren Ausdruck im portugiesischen Wort für Patron. Jene Imagination der nicht-erfolgreichen Migration wird von den Migranten aus Bangladesch hingegen mit dem Begriff „Madman“ bzw. Irrer oder Verrückter beschrieben (vgl. ebd. 2011: 288f.). Diese beiden Vorstellungen über den Migrationsprozess sind für neu ankommende Bangladescher allgegenwärtige Bilder ihres möglichen Schicksals in Portugal: „Both are constant reminders of the possible (and opposite) fates of all those that are now arriving in Portugal, therefore producing a strong normative ideal about success and failure“ (ebd. 2011: 288f.).63 63

Dieses Ergebnis steht im Widerspruch zu einem Befund aus einer Studie von Mudege und Zulu (2010) zur Zufriedenheit von Land-Stadt-MigrantInnen in Armenvierteln von Nairobi. In dieser Referenzstudie wird beobachtet, dass die Misserfolgsgeschichten der Migration im Gegen-

4.3 Forschungsergebnisse zum subjektiven Migrationserfolg

83

Der erfolgreiche Migrant (Patron) ist ökonomisch erfolgreich (u.a. ist er sein eigener Boss und unabhängig). Er ist außerdem bereits verheiratet (typischerweise in Bangladesch) und verfügt über einen eigenen Haushalt in Portugal. Der erfolgreiche Migrant hat aber auch moralische Verpflichtungen, ist mitverantwortlich für seine Verwandten in Portugal und in Bangladesch. 64 Der Migrationserfolg steht in einer engen Verbindung mit der eigenen Männlichkeit und dem eigenen Erwachsenwerden: Heirat, Familie, Migration und Erfolg sind allesamt Elemente, die den guten, verantwortlichen und erwachsenen Mann herbeiführen (vgl. ebd. 2011: 292f.).65 Die Figur des Madmans repräsentiert hingegen den Misserfolg in seiner extremsten Form. Derartige Personen wurden von den interviewten Bangladeschern üblicherweise als Personen beschrieben, die aufgrund der erfahrenen Schwierigkeiten im Migrationsprozess ihren Verstand verloren hätten. Die Angst, aufgrund fehlender Dokumente nicht mehr zurück nach Bangladesch zu können, dass man nun arm ist etc. und man das von einem erwartete Geld nicht schicken kann, würde aus deren Sicht extreme Formen von psychischem Stress bei den nicht-erfolgreichen Migranten hervorrufen (vgl. ebd. 2011: 292f.). Anhand dieser ethnographischen Studienergebnisse kann aus meiner Sicht die Vermutung angestellt werden, dass dort wo Migration aus einer ökonomischen Notwendigkeit heraus stattfindet bzw. Migration eine essentielle Strategie darstellt um die eigene Existenz zu erhalten, sich auch der subjektive Migrationserfolg in einem vergleichsweise hohen Maße auf die eigenen ökonomischen Errungenschaften in der Migration bezieht.

64

65

satz zu den Erfolgsgeschichten ignoriert oder individuellen Merkmalen der gescheiterten MigrantInnen zugeschrieben werden (vgl. Mudege und Zulu 2010: 225). Zudem beinhaltet der Migrationserfolg auch ethische Aspekte, dass man z.B. andere hilfebedürftige MigrantInnen aus Bangladesch unterstützt und nicht auf Kosten anderer MigrantInnen aus Bangladesch erfolgreich ist (vgl. Mapril 2011: 293). In der Beschreibung des Patron durch die Migranten aus Bangladesch lässt sich ferner eine Ähnlichkeit zu den in der Studie von Benish-Weisman (2009) identifizierten Erfolgserzählungen von Migration konstatieren. So gilt der Patron ähnlich zur subjektiven Sicht von russischen MigrantInnen in Israel als ein Migrant, der Krisen erfolgreich gemeistert hat bzw. wird die Krise sogar als Baustein seines Erfolgs betrachtet: „(…) for the ‘patron’, migration is a triumphant narrative that implied moments of crisis that were eventually overcome. Crisis was a step in the production of success and normality;” (Mapril 2011: 294).

84

4 Stand der Forschung II: Forschungsergebnisse zum subjektiven (…)

4.3.3 Genderspezifische Unterschiede in den subjektiven Erfolgsbewertungen Eine qualitative Studie von Walsh und Horenczyk (2001) zu den Erfahrungen von ImmigrantInnen aus englischsprachigen Ländern in Israel verweist auf bedeutende Geschlechterdifferenzen in den subjektiven Erfolgsbewertungen von Migration. Diese Studie unterstreicht damit die Relevanz, Genderunterschiede in subjektiven Bewertungen des Migrationserfolgs auch in der eigenen Untersuchung zu prüfen. Insgesamt wurden zwölf Interviews mit jeweils sechs jüngeren Frauen und Männern geführt. Alle InterviewpartnerInnen haben einen Universitätsabschluss und sind vor den Interviews alleine nach Israel eingewandert (zwischen zwei und sechs Jahren). Deren Einwanderung nach Israel war freiwillig und größtenteils ideologisch motiviert (vgl. Walsh und Horenczyk 2001: 508). In den Analysen der qualitativen Interviews arbeiten die ForscherInnen zwei verschiedene Hauptkonzepte einer erfolgreichen Einwanderung aus der subjektiven Sicht der MigrantInnen heraus und demonstrieren, dass sich diese beiden subjektiven Migrationserfolgskonzepte relativ deutlich nach dem Geschlecht der Befragten unterscheiden. Es erscheint den AutorInnen zwar plausibel, dass Frauen und Männer in beiden Bereichen Erfolg haben wollen (die beiden Konzepte schließen sich wechselseitig nicht aus), dennoch steht für Frauen bzw. Männer eines dieser beiden Konzepte bei der Bewertung ihrer eigenen Einwanderung und ihrer Selbstgefühle stärker im Vordergrund (vgl. ebd. 2001: 517ff.). Das eine herausgearbeitete subjektive Erfolgskonzept der Migration besteht in einer reibungslosen Übertragung des Zugehörigkeitsempfindens vom Herkunfts- an den Zielort (auch als Erfolg durch Zugehörigkeitsgefühl bezeichnet) und wird hauptsächlich von Frauen ausgedrückt. Dieses Konzept umfasst das Finden von Gemeinschaft und Menschen sowie das Gefühl dauerhafte Wurzeln zu schlagen, sich glücklich, sesshaft und zuhause fühlen und dass man nicht mehr andauernd zwischen altem und neuem Land vergleicht. Das andere subjektive Erfolgskonzept der Migration, welches die vorwiegende Meinung der Männer darstellt, besteht in der Wiederherstellung eines Gefühls von Kompetenz, Unabhängigkeit und Leistung (auch als Erfolg durch das Gefühl von Kompetenz bezeichnet). Dieses subjektive Erfolgskonzept der Einwanderung wird durch folgende Dimensionen aufgespannt: Erfolg in der Arbeit (Karriere) und finanzieller Erfolg, dem Gefühl von Kompetenz und dass man nicht andere um Hilfe

4.3 Forschungsergebnisse zum subjektiven Migrationserfolg

85

fragen muss, sowie dem Gefühl, einen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten (vgl. ebd. 2001: 517f.). Die AutorInnen nehmen anhand ihrer Ergebnisse an, dass die Wiederherstellung eines Zugehörigkeitsgefühls sowie eines Gefühls von Kompetenz zwei spezifische Bedürfnisse oder Herausforderungen im Migrationsprozess repräsentieren, deren Befriedigung für Frauen und Männer eine unterschiedliche Relevanz besitzt: „It seems that after the major upheaval of immigration where the immigrants have to rebuild a sense of self and identity, for a woman the challenge is to reassert herself in relation, to find a new community, and to feel that she has around her people to rely on, talk to, and through them to feel a sense of continuity, consistency, and confirmation (Winnicott, 1975). For a man it seems to be more important to reassert himself as separate: as competent and able to achieve on his own, feeling that he has something to give” (ebd. 2001: 523).

Erklärt werden diese markanten Genderunterschiede unter Verwendung von feministischen Theorien dahingehend, dass Frauen ihr Selbstgefühl eher in Verbindung zu anderen Menschen schaffen, währenddessen bei Männern eher die Separierung bzw. Absonderung ausschlaggebend ist (vgl. ebd. 2001: 523). 4.3.4 Studien zum subjektiven Migrationserfolg (im weiteren Sinn) Häufig verwenden die Studien zum subjektiven Migrationserfolg (im weiteren Sinn) einen Forschungsansatz, in welchem MigrantInnen direkt danach gefragt werden, ob sich ihr Leben insgesamt bzw. bestimmte Lebensbereiche (wie etwa die Arbeits- oder Wohnsituation) durch die Migration verbessert haben. Im Mittelpunkt steht daher nicht ein Vergleich zwischen Gruppen, sondern ein subjektiver Vergleich der eigenen Lebenszufriedenheit zu verschiedenen Zeitpunkten, zwischen einem Vor und Nach der Migration oder eine Bilanzierung der Migration. Diese Forschungsstrategie bezeichne ich im Folgenden als intertemporalen Vergleichsansatz. Auch die eigene Dissertation ist diesem Ansatz zuzuordnen, da die PendlerInnen sowohl in der quantitativen als auch in der qualitativen Befragung um eine Bilanzierung ihres Pendelprojektes gebeten wurden. Das methodische Hauptproblem dieses Zugangs besteht in der Annahme, dass MigrantInnen ihre Migrationsentscheidung tendenziell positiv bewerten. Diese Annahme gründet in der „Theorie der kognitiven Dissonanz“ (Festinger 1957), der zufolge Menschen stets dazu neigen, nicht miteinander vereinbare Einstellungen und

86

4 Stand der Forschung II: Forschungsergebnisse zum subjektiven (…)

Verhaltensweisen zu vermeiden. Mit Blick auf die Forschungsergebnisse in diesem Bereich ist aber festzustellen, dass diese Studien zu relativ unterschiedlichen Ergebnissen kommen (auch negative Bewertungen). Die meisten Untersuchungen zum subjektiven Migrationserfolg (im weiteren Sinn) sind zum Gegenstand der Binnenmigration entstanden. Eine der ersten Studien dieses Formats wurde im Kontext von Land-Stadt-Binnenwanderungen in Thailand durchgeführt (Fuller 1981). BinnenmigrantInnen, die von ländlichen Regionen in Städte im Nordosten von Thailand migrierten, wurden gebeten, ihre Zufriedenheit mit verschiedenen Lebensbereichen zwischen Stadt und Land zu vergleichen. Die standardisierte Befragung umfasste unter anderem die Zufriedenheit mit der Einkommenssituation, der medizinischen Versorgung und Nachbarschaft. Außerdem wurden Gesamtzufriedenheiten unter Einsatz von kulturell verankerten Begrifflichkeiten abgefragt (vgl. ebd. 1981: 90f.). In den Analysen wurden die Einstellungen zwischen Neuankömmlingen und arrivierteren MigrantInnen verglichen. Diese Vergleichsperspektive ist in Studien mit einem intertemporalen Vergleichsansatz besonders relevant, als dadurch Hinweise auf etwaige Anpassungsprozesse oder ergebnisverzerrende selektive Ausfälle (Attrition) gefunden werden können. Die entsprechenden Vergleiche in dieser Analyse zeigen beispielsweise eine zum Teil signifikant höhere Zufriedenheit der arrivierteren MigrantInnen. Alles in allem ist aber bereits die Zufriedenheit der Neuankömmlinge auf einem hohen Niveau angesiedelt. Insofern schlussfolgert Fuller, dass die insgesamt hohe Zufriedenheit von allen Befragten für eine allgemein tatsächlich höhere Zufriedenheit mit dem gegenwärtigen Leben in der Stadt als mit dem vorangegangenen Leben auf dem Land spricht, und nicht Anpassungsprozesse an die Stadt oder selektive Ausfälle (Attrition) reflektiert (vgl. ebd. 1981: 94f.). Rund 20 Jahre später haben De Jong und KollegInnen (2002) in einer vielzierten Studie einen ähnlichen Ansatz gewählt. Erneut am Beispiel von Binnenwanderungen in Thailand wurden MigrantInnen befragt, ob sich ihr aktueller im Vergleich zum letzten Wohnsitz hinsichtlich verschiedener Aspekte der Beschäftigungssituation, Wohnumgebung und öffentlichen Einrichtungen besser, schlechter oder gleich darstellt (vgl. ebd. 2002: 846f.). Auch in dieser Untersuchung wurden Vergleichsgruppen zwischen weniger und stärker etablierten MigrantInnen gebildet, um Einstellungsverläufe und etwaige Selektionseffekte aufspüren zu können (vgl. ebd. 2002: 849f.). De Jong und KollegInnen (2002) be-

4.3 Forschungsergebnisse zum subjektiven Migrationserfolg

87

obachten, dass die Zufriedenheiten der MigrantInnen mit der Beschäftigungssituation, Wohnumgebung und den öffentlichen Einrichtungen im Kontrast zum Herkunftsgebiet insgesamt nur geringfügig besser ausgeprägt sind (vgl. ebd. 2002: 849f.). Des Weiteren beobachten die AutorInnen – ähnlich wie Fuller (1981) – höhere Zufriedenheiten von Langzeit- gegenüber KurzzeitMigrantInnen (inklusive zirkulärer MigrantInnen), nach Kontrolle einer Vielzahl von sozialstrukturellen Variablen (vgl. ebd. 2002: 851). Abgesehen davon stellt die Analyse von De Jong und KollegInnen (2002) viele weitere interessante Befunde zu verschiedenen Determinanten der Bereichszufriedenheiten sowie entsprechenden Differenzen bei den einzelnen Migrationsgruppen bereit. Deutlich höhere Zufriedenheiten mit verschiedenen Lebensbereichen hat die frühere Studie von Fuller (1981) zu Land-Stadt-Wanderungen innerhalb Thailands festgestellt.66 Eine interessante Gemeinsamkeit beider Studien besteht jedoch darin, dass sie höhere Zufriedenheiten mit diversen Lebensbereichen mit Fortdauern der Migration feststellen. Eine der wenigen neueren, viel rezipierten Studien zum subjektiven Migrationserfolg (im weiteren Sinn), die ebenfalls mit einem intertemporalen Vergleichsansatz gearbeitet hat, wurde von Lundholm und Malmberg (2006) vorgelegt. Eine vergleichbare Untersuchung ist für den europäischen Migrationsraum bislang nicht vorhanden (für den europäischen Migrationsraum sind nur wenige Untersuchungen mit einem solchen Forschungszugang verfügbar, allesamt zu Binnenwanderungen). Im Zentrum stehen die Zufriedenheiten mit den Migrationsfolgen von BinnenmigrantInnen in fünf nordischen Ländern. Die Befragten wurden gebeten auf einer siebenstufigen Skala anzugeben, ob sie der Meinung sind, dass sie es nach der Migration besser oder schlechter haben als zuvor. Dabei wurden sowohl die allgemeine Zufriedenheit mit dem Migrationsergebnis als auch verschiedene Bereichszufriedenheiten zu alltäglichen ökonomischen und nicht-ökonomischen Aspekten der Lebensqualität gemessen. Lundholm und Malmberg (vgl. 2006: 45) stellen eine überwiegend positive Ex-postMigrationsbewertung (allgemeine Zufriedenheit sowie diverse Bereichszufriedenheiten) von MigrantInnen fest, die innerhalb fünf nordischer Länder gewandert sind. Zusätzlich beleuchtet diese Studie die Relevanz verschiedener Einflussfaktoren (u.a. Wanderungsmotive) auf die subjektiven Bewertungen. 66

Dies unterstreicht einmal mehr die Vielfältigkeit der Forschungsbefunde im Feld.

88

4 Stand der Forschung II: Forschungsergebnisse zum subjektiven (…)

4.4 Forschungsergebnisse zum Zusammenhang zwischen Lebenszufriedenheit und subjektivem Migrationserfolg Reinprecht geht davon aus, dass jene „im Prozess der Bilanzierung der Wanderungsbiografie aufgearbeiteten Informationen und Erfahrungen (…) einen zentralen Bestandteil in der Produktion von Lebensqualität“ repräsentieren (Reinprecht 2012: 345) und beobachtet in weiterführenden Analysen zur Lebensqualität von älteren ArbeitsmigrantInnen in Österreich eine „ausgeprägte Korrelation zwischen Migrationsbilanz und subjektiver Lebensqualität“ (Reinprecht 2010). Abgesehen von dieser Beobachtung ist mir nur eine einzige Studie aus dem Bereich der Psychologie bekannt, die zum Zusammenhang zwischen Lebensqualität und subjektivem Migrationserfolg explizit gearbeitet hat. Benish-Weisman und Shye (2011) arbeiten in dieser Studie heraus, dass jene russischen MigrantInnen die ihre Einwanderung nach Israel als erfolgreich wahrnehmen, ein signifikant höheres Level an Lebensqualität aufweisen als jene, die ihre Migration als nicht-erfolgreich beurteilen (vgl. ebd. 2011: 470). Die AutorInnen schlussfolgern anhand dieses Befundes, dass das verwendete Konzept der Lebensqualität tatsächlich die subjektiven Erfahrungen der MigrantInnen reflektiert (vgl. ebd. 2011: 474) und Lebensqualität einen guter Indikator für subjektiven Migrationserfolg repräsentiert (vgl. ebd. 2011: 461).67 Dieses Ergebnis untermauert damit die bereits einleitend diagnostizierte, vielfach unternommene Gleichsetzung von Lebenszufriedenheit und Migrationserfolg. Abgesehen von Studien zur Lebensqualität wird nun noch eine qualitative Studie zur Wohnzufriedenheit bzw. Zufriedenheit mit der Migrationsentscheidung (der Zufriedenheitsbegriff bezieht sich in dieser Studie auf diese beiden Bereiche) von Land-Stadt-MigrantInnen in Armenvierteln von Nairobi diskutiert (Mudege und Zulu 2010).68 Trotzdem dieser Migrationskontext vom grenzüber 67

68

Auch hinsichtlich der Bewertungsmuster der Lebensqualität (entsprechend des SQOL-Modells) sind strukturelle Unterschiede zwischen diesen beiden Gruppen zu konstatieren. Bei den erfolgreichen MigrantInnen ist das aus Sicht der ForscherInnen funktionierende Muster der verschiedenen Subsysteme der Lebensqualität zu erkennen, währenddessen bei der nichterfolgreichen Gruppe diverse Abweichungen vom Idealmuster zu beobachten sind (in der z.T. nicht unmittelbar zugänglichen Sprache des SQOL-Modells ausgedrückt ist bei der nichterfolgreichen Gruppe der MigrantInnen keine entsprechende Polarisierung zwischen der persönlichen und kulturellen Sphäre zu identifizieren) (vgl. Benish-Weisman und Shye 2011: 470ff.). Insgesamt wurden 97 Personen aus verschiedenen Altersgruppen qualitativ befragt.

4.4 Forschungsergebnisse zum Zusammenhang zwischen Lebenszufr. (…)

89

greifenden Ost-West-Pendeln in Centrope relativ weit entfernt liegt, ist diese Studie besonders aufschlussreich, denn sie konzeptualisiert auf eine neuartige und fruchtbare Weise den Zusammenhang zwischen dem wahrgenommenem Migrationserfolg und der Zufriedenheit von MigrantInnen. Mudege und Zulu zeigen an, dass der subjektive Migrationserfolg als vermittelnder (kognitiver) Faktor zwischen den erfahrenen Lebensbedingungen und der Lebenszufriedenheit von MigrantInnen geprüft werden kann. Auf Basis der ersten Stufe von Speare’s (1974) „Two-stage stress threshold models of mobility“ entwickeln die AutorInnen ein vielversprechendes Modell zur Erklärung der Zufriedenheit der MigrantInnen. In deutlichem Unterschied zur Modellbildung bei Speare setzen Mudege und Zulu die individuelle Erfolgsbewertung der Migration in den Mittelpunkt. Dabei nehmen sie an, dass sich die in dieser Studie im Fokus stehenden individuellen Merkmale (z.B. Beschäftigungsstatus) der MigrantInnen sowie standortbezogenen Charakteristika (z.B. Verfügbarkeit von Jobs) indirekt über die subjektiven Erfolgsbewertungen der Migration auf die Zufriedenheit der MigrantInnen auswirken. Quantitativ ausgedrückt nehmen die AutorInnen also an, dass der subjektive Migrationserfolg in diesem Modell als eine mediierende Variable zu betrachten ist. Außerdem gehen Mudege und Zulu davon aus, dass der Vergleichshorizont mit dem Herkunftsgebiet eine relevante Größe für die subjektiven Erfolgsbewertungen und die Zufriedenheit der MigrantInnen bildet (vgl. Mudege und Zulu 2010: 220ff.).69 Empirisch finden sie in ihren Daten Belege für die angenommene mediierende Rolle der subjektiven Erfolgsbewertungen. Dementsprechend werden die Effekte der individuellen Charakteristika und Merkmale des Wohnstandorts auf die Zufriedenheit über die subjektiven Erfolgsbewertungen (und auch über die subjektiven Überlegungen zu den Bedingungen im Herkunftsgebiet) vermittelt (vgl. ebd. 2010: 230). Mudege und Zulu stellen z.B. konkret fest, dass diejenigen MigrantInnen zufrieden sind, die einen ökonomischen Erfolg wahrnehmen (weil sie ihre ökonomischen Ziele als erreicht betrachten) (vgl. ebd. 2010: 224).

69

Letztlich interessieren sich die AutorInnen auch dafür, wie sich die Zufriedenheit mit dem Wohnort bzw. der Migrationsentscheidung auf die Bereitschaft auswirkt, die Slums in Nairobi wieder verlassen zu wollen etc. (vgl. Mudege und Zulu 2010: 221).

Teil III – Theoretischer Rahmen, Hypothesen und Methodenteil

5 Theoretischer Rahmen und Hypothesen: Ein mehrdimensionaler Zugang zur Konzeptualisierung von Lebenszufriedenheit und subjektivem Pendelerfolg im Kontext von grenzübergreifendem Ost-West-Pendeln Mit dem Wissen zum Fallbeispiel des Ost-West-Pendelns in der Central European Region (Rahmenbedingungen des Pendelns etc.), den Forschungsergebnissen und Erklärungsansätzen zu Migration, Lebenszufriedenheit und subjektivem Migrationserfolg widmet sich dieses Kapitel nun dem theoretischen Rahmen und den Hypothesen. Erstens wird der Begriff der Lebenszufriedenheit definiert und auf Operationalisierungen und Bedingungen eingegangen. Zweitens wird in die Allardt’sche Triade „Having, Loving und Being“ als soziologische Konzeptualisierung von Lebensqualität eingeführt. Drittens wird die Übertragung von „Having, Loving und Being“ in die eigene Untersuchung begründet, bevor viertens die konkrete Form der Übertragung von „Having, Loving und Being“ in den Kontext des Ost-West-Pendelns in Centrope dargestellt wird. Mit diesem theoretischen Hintergrund werden fünftens die erwartbaren Zusammenhänge zwischen Having, Loving und Being und der Lebenszufriedenheit sowie dem subjektiven Pendelerfolg der PendlerInnen hergeleitet. 5.1 Der Begriff der Lebenszufriedenheit, Operationalisierungen und Bedingungen Diesem Buch liegt das folgende leitende Verständnis von Lebenszufriedenheit zugrunde: In Anlehnung an Diener und KollegInnen (1985) wird die Lebenszufriedenheit eines Individuums als das Ergebnis einer Gesamtbewertung der eigenen Lebensumstände mit einem subjektiven Vergleichsstandard verstanden. Dies ist eine Definition von Lebenszufriedenheit, die im Einklang mit den theoretischen Annahmen der bereits besprochenen Comparison Theory steht: „Life Satisfaction refers to a cognitive, judgemental process. Judgments of satisfaction are dependent upon a comparison of one's circumstances with what is thought to be an appropriate standard. It is important to point out that the judgment of how satisfied people are with their present state of affairs is based on a comparison with a standard which each individual sets for him or herself; it is not externally imposed” (Diener et al. 1985: 71).

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 R. Haindorfer, Lebenszufriedenheit und Pendelerfolg, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26791-9_5

94

5 Stand der Forschung I: Forschungsergebnisse und Erklärungsansätze (…)

Für Diener und KollegInnen ist die Lebenszufriedenheit ein Bestandteil des subjektiven Wohlbefindens, das als übergeordnetes Konstrukt verstanden wird und sich neben einer evaluativ-kognitiven Komponente in Form der Lebenszufriedenheit aus einer affektiven oder emotionalen Komponente in Form von positiven und negativen Gefühlen zusammensetzt (vgl. ebd. 1985: 71). Diese vielfach vertretene Auffassung wird durch quantitative Analysen unterstützt, die gezeigt haben, dass die kognitiv-evaluative Ebene von der affektiven Ebene auseinanderzuhalten ist (vgl. Diener et al. 1999: 277). Mit anderen Worten: Die kognitive Komponente des subjektiven Wohlbefindens kann durch Fragen nach der Zufriedenheit gemessen werden: „(…) it is generally accepted that this cognitive component of well-being can be measured through questions of ‘satisfaction’”(Cummins et al. 2002: 8). Der Fokus dieser Dissertation liegt auf den subjektiven Bewertungen der Lebensumstände im Kontext des Ost-West-Pendelns. Daher ist die oben angeführte Definition der Lebenszufriedenheit als ein evaluativ-kognitives Konstrukt (Diener et al. 1985) der geeignete theoretische Zugang. Gleichwohl ist darauf zu verweisen, dass innerhalb der Forschung kein definitorischer Konsens über den Begriff der Lebenszufriedenheit und ihren Komponenten besteht und konkurrierende Perspektiven auszumachen sind. Beispielsweise ist Veenhoven (1991) der Ansicht, dass die Lebenszufriedenheit – analog wie dies Diener und KollegInnen (1985) für das subjektive Wohlbefinden vertreten – in eine affektive („hedonic level“) und eine kognitive Komponente („contentment“) zu unterteilen ist (vgl. Veenhoven 1991: 10). Darüber hinaus werden die Konzepte Lebenszufriedenheit, Happiness, subjektives Wohlbefinden, subjektive Lebensqualität usf. in der Forschung teilweise synonym verwendet. 70 Von einer strikten Abgrenzung dieser Begriffe wird in dieser Dissertation ebenso abgesehen. Im Mittelpunkt steht das Herstellen der wechselseitigen Bezüge von Untersuchungen zu diesen Konzepten (z.B. in der Besprechung des Forschungstands zum Thema). Zur Messung der allgemeinen Lebenszufriedenheit kann eine einzelne Frage eingesetzt werden („How satisfied are you with your life as a whole?“). Eine andere Möglichkeit ist es, die Lebenszufriedenheit anhand von Fragen zu Bereichszufriedenheiten

70

Für eine interessante Gegenüberstellung der Begriffe Life Satisfaction und Happiness siehe zum Beispiel Haller und Hadler (2006).

5.2 Die Allardt’sche Triade „Having, Loving und Being“ (…)

95

(„domain satisfactions“) und deren Aggregation zu messen (vgl. Cummins et al. 2002: 8).71 Über die relevanten Lebensbedingungen für die Generierung von Lebenszufriedenheit wird innerhalb der Forschung seit geraumer Zeit diskutiert. 72 Bislang ist keine einheitliche Konzeptualisierung vorzufinden. Letztlich fiel meine Entscheidung auf die Übertragung der etablierten soziologischen Konzeptualisierung von Lebensqualität nach Allardt (u.a. Allardt 1973b,1976; 1997) in den Kontext der vorliegenden Forschung, was ein etabliertes Vorgehen in der Lebenszufriedenheitsforschung darstellt (u.a. Delhey 2004). Die Liste von anderen mehrdimensionalen und allumfassenden Konzeptualisierungen wichtiger Bereiche eines guten Lebens ließe sich aufgrund der vorhandenen Vielzahl an Konzepten und Skalen noch weiter fortsetzen. Es kann an dieser Stelle aber nur auf mehrere Publikationen verwiesen werden, die einen Überblick zu einigen der entsprechenden Beiträge und/oder eine Diskussion zu den relevanten Lebensbedingungen für ein gutes Leben bieten (Charlemagne-Badal et al. 2015; Cummins 1996,1997; Dolan et al. 2008; Easterlin 2006; Gomes et al. 2010; Noll 1999; Van Praag et al. 2003). 5.2 Die Allardt’sche Triade „Having, Loving und Being“ als soziologische Konzeptualisierung von Bereichen eines guten Lebens Wie oben erwähnt, übertrage ich die soziologische Konzeptualisierung von Lebensqualität nach Allardt (1973b,1976,1997) in den Kontext meiner Forschung. Genauer gesagt werden vor dem konzeptionellen Hintergrund dieser Grundprinzipien die Effekte verschiedener ökonomischer und nicht-ökonomischer Lebensbedingungen im Kontext des Ost-West-Pendelns auf die Lebenszufriedenheit und die subjektiven Erfolgsbewertungen theoretisch aufgearbeitet und empirisch geprüft. Allardt’s Konzeptualisierung eines guten Lebens wurde in den Sozialwissenschaften bislang vielfach angewandt (u.a. Delhey 2004). Auch in aktuellen Migrationsstudien zum Zusammenhang von Lebenszufriedenheit bzw. Lebensqualität und Migration wurde dieses Modell nutzbar gemacht (Kämpfer 2014; Reinprecht 2006). Allardt’s Konzeptualisierung der Lebensqualität wird 71

72

Derartige Bereichszufriedenheiten wären zum Beispiel die Zufriedenheit mit der eigenen Wohnsituation, dem Einkommen oder dem Gesundheitszustand. Diese Diskussion lässt sich im Grunde bis hin zu den griechischen Philosophen Plato und Aristoteles zurückverfolgen (vgl. Fischer 2009: 16f.).

96

5 Stand der Forschung I: Forschungsergebnisse und Erklärungsansätze (…)

mit der Triade „Having, Loving, Being“ bezeichnet. Es handelt es sich um eine mehrdimensionale und allumfassende Konzeptualisierung von Lebensqualität, bei der sowohl objektive als auch subjektive Indikatoren betrachtet werden. Genauer gesagt rückt der finnische Soziologe Allardt aber nicht den Begriff Lebensqualität, sondern „Welfare“ in den Mittelpunkt, ein Begriff, der in allen skandinavischen Sprachen für „well-being“ steht und sowohl mit den Begriffen „level of living“ als auch „quality of life“ verbunden ist. Dieser LebensqualitätsAnsatz wurde von Allardt an der Universität Helsinki entwickelt und 1972 im Zuge der „Comparative Scandinavian Welfare Study“ in vier skandinavischen Ländern eingesetzt (vgl. Allardt 1997: 88f.). Die Entstehungsgeschichte der Konzeptualisierung von Allardt und der Comparative Scandinavian Welfare Study ist besonders informativ, insofern als daraus zwei wesentliche Elemente seines Zugangs zur Untersuchung von Lebensqualität zu verstehen sind. Das ist erstens die Fokussierung auf die menschlichen Bedürfnisse und ihre Befriedigung statt auf die Verfügbarkeit von Ressourcen, und zweitens die gemeinsame Betrachtung von objektiven und subjektiven Indikatoren. 5.2.1 Bedürfnisbefriedigung statt Verfügbarkeit von Ressourcen im Mittelpunkt Having, Loving und Being wurde von Allardt in gewisser Hinsicht als Antwort auf eine in Schweden vorangegangene Untersuchung von Welfare, den sogenannten „Swedish Level of Living Survey“ (Johansson 1970), ins Leben gerufen. Eine starke Annahme dieser schwedischen Surveystudie war, dass der Lebensstandard hauptsächlich durch die Ermittlung von Ressourcen zu untersuchen ist, mit welchen Individuen ihr Leben meistern und kontrollieren können (vgl. Allardt 1997: 88f.). Auch in der Planung der Comparative Scandinavian Welfare Study wurde darin übereingestimmt, dass Ressourcen ein wichtiger Aspekt sind. Es wurde aber auch davon ausgegangen, dass eine zu starke Hervorhebung des Ressourcenaspekts zu einschränkend sei und zu einer einseitigen Betrachtung von materiellen Bedingungen leiten würde (vgl. Allardt 1997: 89). Das Ziel von Allardt war es hingegen, ein umfassenderes und soziologisch gehaltvolleres Bild vom Zustand des Wohlbefindens in einer Gesellschaft zu zeichnen. Darin und in seiner flexiblen Operationalisierung liegt die Bedeutung der Comparative Scandinavian Welfare Study und des Indikatorensystems von Having, Loving und Being, wie Allardt selbst viele Jahre später bilanziert:

5.2 Die Allardt’sche Triade „Having, Loving und Being“ (…)

97

“In retrospect the importance of the Comparative Scandinavian Welfare Study was that it offered a more comprehensive system of indicators for describing the level of living and the quality of life than the Swedish model. It is also a more open system, allowing for the introduction of new indicators and measures when society changes. On the other hand, the comparative study was clearly inspired by the Swedish Level of Living Survey. It was, however, felt that the Swedish model was too restrictive and narrowly conceived to convey a sociologically meaningful picture of the state of well-being in a society” (ebd. 1997: 88).

Für das Zeichnen dieses umfangreicheren Bildes der notwendigen Bedingungen für menschliche Entwicklung verwendet Allardt als theoretisches Fundament eben keinen Ressourcen- sondern einen Grundbedürfnisansatz, genauer gesagt den „basic needs approach“ des Norwegers Johan Galtung (1980). Ein Grundbedürfnisansatz fokussiert laut Allardt auf „conditions without which human beings are unable to survive, avoid misery, relate to other people, and avoid alienation“ (ebd. 1997: 89). Dem Bedürfnisansatz in der Lesart von Allardt liegt allgemein die Vorstellung zugrunde, dass nicht alle Bedürfnisse dadurch befriedigt werden können, was ein Mensch hat (wie dies beim Ressourcenansatz angenommen wird), sondern auch dadurch, wie sich ein Mensch in Beziehung zu anderen Personen verhält und was ein Menschen in Relation zur Gesellschaft ist (vgl. ebd. 1973a: 64). Allardt hebt hervor, dass sowohl materielle als auch nichtmaterielle Grundbedürfnisse in der Analyse von Welfare zu beachten sind (vgl. ebd. 1997: 89). Grund dafür, Welfare über Ressourcen und nicht über Bedürfnisse zu definieren, besteht laut Allardt in der bekannten Schwierigkeit, Bedürfnisse von Individuen festzustellen. VertreterInnen des Ressourcenkonzepts argumentieren häufig damit, dass es unmöglich sei, ein bestimmtes allgemeines Level an Bedürfnisbefriedigung zu bestimmen, da Individuen in ihren Bedürfnissen variieren würden. Allardt entgegnet dieser Argumentation, dass Bedürfnisse sozial definiert sind und soziale Definitionen empirisch studiert werden können. Allardt geht mit anderen Worten davon aus, dass es zumindest in bestimmten Gesellschaften und Gruppen ein Minimum an Übereinstimmung hinsichtlich der wichtigen menschlichen Grundbedürfnisse gibt. Jene allgemeinen Bedürfnisse entstehen laut Allardt aus geteilten materiellen Bedingungen und menschlicher Kommunikation. Da Bedürfnisse sozial definiert sind, können sie sich auch verändern und entwickeln (vgl. ebd. 1973a: 64f.).73 73

Als entsprechendes Beispiel nennt Allardt das Bedürfnis danach, ein Individuum zu sein und als solches behandelt zu werden, ein Bedürfnis, das sich erst langsam mit dem Verschwinden

98

5 Stand der Forschung I: Forschungsergebnisse und Erklärungsansätze (…)

Dass Bedürfnisse sozial definiert sind, impliziert Allardt zufolge, dass bestimmte Levels an Bedürfnisbefriedigung auch Werte reflektieren (vgl. ebd. 1973a: 65). Die Analyse von Welfare, so Allardt, ist letztlich eine Frage von Werten, ein soziologisch besonders interessanter Punkt: „To say that something is needed or to ground policy in needs always implies an end or purpose which is considered good. Welfare, then, is in the last analysis constituted by certain values“ (ebd. 1976: 230). Entsprechend seiner Vorstellung, dass Bedürfnisse historisch determiniert sind und auch keine universelle Liste von Bedürfnissen existiert, die auf alle Situationen anwendbar wäre, stellt sich im Weiteren die Frage, wie davon ausgehend die zentralen menschlichen Grundbedürfnisse und Werte für Welfare in einer Gesellschaft ausfindig gemacht werden können. Dazu bedarf es Allardt zufolge eines ständigen Beobachtens der Gesellschaft und der Identifizierung von Bedingungen, unter denen Menschen leiden und frustriert sind, sowie des Studierens von Aktivitäten und dem Streben von Menschen (vgl. ebd. 1976: 230). Die Begriffe Having, Loving und Being fungieren in der Konzeptualisierung von Lebensqualität nach Allardt als Schlagwörter bzw. als „catchwords“ für die zentralen materiellen und nicht-materiellen menschlichen Grundbedürfnisse (vgl. ebd. 1997: 89) bzw. für die zentralen Domänen der Lebensqualität. In den skandinavischen Ländern könnten Having, Loving und Being gemäß dem Vorschlag von Allardt anhand bestimmter Indikatoren gemessen werden (siehe Abbildung 5). Die Dimension Having umfasst materielle und unpersönliche Bedürfnisse bzw. materielle Bedingungen welche „are necessary for survival and avoidance of misery“ (ebd. 1997: 89). Dazu zählen am Beispiel der skandinavischen Länder z.B. ökonomische Ressourcen wie Einkommen und Besitz, aber auch Wohnbedingungen und Gesundheit. 74

74

feudaler Verbindungen entwickelte und den Menschen zuvor unbekannt war (vgl. Allardt 1973a: 64f.). Es ist zu erwähnen, dass Allardt bei der Bildungsvariable auf Überschneidungen zur BeingDimension hinweist (vgl. Allardt 1973a: 65).

5.2 Die Allardt’sche Triade „Having, Loving und Being“ (…)

99

Having (materielle und unpersönliche Bedürfnisse) ökonomische Ressourcen (Einkommen und Besitz) Wohnbedingungen (verfügbarer Raum und Ausstattung) Beschäftigung (Arbeitslosigkeit) Arbeitsbedingungen (Lärm und Temperatur am Arbeitsplatz, physische Arbeitsroutine, Stress) (5) Gesundheit (verschiedene Symptome von Schmerz und Krankheit, Verfügbarkeit medizinischer Hilfe) (6) Bildung (Jahre formaler Bildung) (1) (2) (3) (4)

Loving (soziale Bedürfnisse) Zugehörigkeit/Bindungen und Kontakte zur lokalen Gemeinschaft Zugehörigkeit/Bindungen zu Familie und Verwandtschaft aktive Freundschaftsstrukturen Zugehörigkeit/Bindungen und Kontakte zu KollegInnen in Vereinigungen und Organisationen (5) Beziehungen zu ArbeitskollegInnen (1) (2) (3) (4)

Being (Bedürfnisse nach persönlicher Entwicklung) (1) das Ausmaß, in dem eine Person an Entscheidungen und Aktivitäten partizipieren kann, die ihr/sein Leben beeinflussen (2) politische Aktivitäten (3) Möglichkeiten für Freizeitaktivitäten („Doing“) (4) Möglichkeiten für ein sinnhaftes Arbeitsleben (5) Möglichkeiten um die Natur zu genießen, entweder durch Betrachtung oder durch Aktivitäten wie Wandern, Gärtnern und Fischen. Abbildung 5: Von Allardt vorgeschlagene Indikatoren zur Messung von Having, Loving und Being in den skandinavischen Ländern Quelle: vgl. Allardt 1997: 89ff. (eigene Darstellung).

Loving steht für soziale Bedürfnisse, das Bedürfnis „to relate to other people and to form social identities“ (ebd. 1997: 91) oder mit anderen Worten für das Bedürfnis nach Liebe, Gemeinschaft und Solidarität. Dazu zählen Zugehörigkeiten/Bindungen und Kontakte zur lokalen Gemeinschaft, zu Familie und Verwandtschaft, zu KollegInnen in Vereinigungen und Organisationen sowie Freundschaftsbeziehungen und Beziehungen zu ArbeitskollegInnen. Die Erfüllung von Loving bedeutet, dass ein Mensch sozial verankert ist, und dies kann in

100 5 Stand der Forschung I: Forschungsergebnisse und Erklärungsansätze (…) gewisser Hinsicht als Gegenteil von Anomie aufgefasst werden (vgl. ebd. 1973a: 65).75 Being steht für das Bedürfnis nach persönlicher Entwicklung oder nach „integration to society and to live in harmony with nature“ (ebd. 1997: 91). Die positive Seite von Being könnte man Allardt zufolge als persönliche(s) Entwicklung oder Wachstum verstehen, die negative Seite hingegen als Entfremdung. 76 Auch ein sinnstiftendes Arbeitsleben wird als Bedürfnis der Being-Dimension bzw. der persönlichen Entwicklung angeführt (vgl. ebd. 1997: 91). Konkret geht es dabei unter anderem auch um Fragen, inwieweit Möglichkeiten existieren, vorhandene Fähigkeiten in der Arbeit umsetzen zu können (vgl. ebd. 1973b: 15). Die Inklusion dieser qualitativen Dimensionen von Arbeit ist auch in dieser Studie wichtig, da das grenzübergreifende Pendeln als Beitrag zu einem guten Leben betrachtet wird. Die mittels der Triade Having, Loving und Being beschriebenen Bedürfnisse und Werte scheinen, wenngleich in abgewandelter Form, ebenso in der berühmten Bedürfnishierarchie nach Maslow (1943) auf.77 Genauer gesagt spiegelt Having die ersten beiden Bedürfnisse bei Maslow (physische Bedürfnisse und Sicherheitsbedürfnisse), Loving die dritten und vierten (Liebesbedürfnisse und Bedürfnisse nach Wertschätzung) und Being die fünfte Kategorie der Maslow‘schen Bedürfnishierarchie (Bedürfnisse nach Selbstverwirklichung) wieder. Maslow geht davon aus, dass die Erfüllung von hierarchisch niedriger angesiedelten Bedürfnissen Voraussetzung für die Befriedigung von hierarchisch höheren Bedürfnissen ist (vgl. Allardt 1973a: 66).78 75

76

77

78

Die Loving-Dimension umfasst soziale Unterstützungsbeziehungen wechselseitig, d.h. nicht nur jene Beziehungen, die das Individuum unterstützen, werden als erfüllend bewertet, sondern auch Beziehungen, bei denen die Unterstützungsleistungen des Individuums selbst gefragt sind (vgl. Allardt 1973a: 65). Ein aus Sicht der Migrationsforschung besonders relevanter Punkt ist, dass für die Erfüllung von Solidaritätsbeziehungen usf. eine gemeinsame Sprache Voraussetzung ist. Allardt vertritt sogar die These, dass die Loving-Beziehungen einen entscheidenden Teil der symbolischen Umwelt eines Individuums bilden (vgl. ebd. 1976: 232). In der Verwendung von Allardt steht der Begriff Selbstverwirklichung synonym für persönliche(s) Entwicklung oder Wachstum (vgl. Allardt 1973a: 66). Die Bedürfnishierarchie nach Maslow (1943) wird auch unter dem Begriff der Maslow‘schen Bedürfnispyramide diskutiert. Im Detail geht Maslow davon aus, dass die einigermaßen erfolgte Befriedigung prioritärer Bedürfnisse (wie physiologischer Bedürfnisse) zum Entstehen neuer Bedürfnisse führt (wie eben in weiterer Folge Sicherheitsbedürfnisse): „If the physiological needs are relatively well gratified, there then emerges a new set of needs, which we may categorize roughly as safety needs“ (Maslow 1943: 375).

5.2 Die Allardt’sche Triade „Having, Loving und Being“ (…)

101

In den Analysen der Comparative Scandinavian Welfare Study erkennt Allardt hingegen: „(…) no proofs of a hierarchical and evolutionary pattern in the relationship among the welfare values so that fulfillment of some values would lead to value fulfillment on others”. Stattdessen schlussfolgert er, dass alle Bedürfnisdimensionen in allen Gesellschaften und Entwicklungsstufen in verschiedener Form allgegenwärtig relevant sind: „Rather, it seems reasonable to assume that all the value dimensions reflect dilemmas and options facing societies all the time, in different forms during different stages of development” (ebd. 1973b: 77).

Allardt erkennt also keine Bedürfnishierarchie und Abhängigkeiten unter den verschiedenen Bedürfnissen. Er stellt allerdings klar, dass ein bestimmtes Minimum an Having vorhanden sein muss, um menschliches Leben zu gewährleisten (vgl. ebd. 1973b: 4). 5.2.2 Gemeinsame Verwendung von objektiven und subjektiven Indikatoren Wie bereits weiter oben kurz angesprochen, werden in der Konzeptualisierung von Lebensqualität nach Allardt sowohl objektive als auch subjektive Indikatoren eingesetzt. Dies ist neben dem Fokus auf Bedürfnisse ein weiteres wesentliches Element seiner Konzeptualisierung und ein weiterer entscheidender Unterschied zum „Swedish Level of Living Survey“, der auf objektive Indikatoren gesetzt hat. Was aber sind objektive und subjektive Indikatoren eigentlich bzw. worin besteht exakt der Unterschied zwischen diesen beiden Typen von Indikatoren? Diese wichtige Frage wurde auch von Allardt selbst thematisiert, seiner Auffassung nach sind die Begriffe objektiv und subjektiv „not entirely clear and unambigious” (Allardt 1997: 92). Dennoch liefert Allardt eine aus meiner Sicht sehr brauchbare Definition dieser Konzepte: „(…) objective refers here to reports of factual conditions and overt behaviour whereas subjective stands for measurement of attitudes“ (ebd. 1997: 92).

Eine ganz ähnliche Definition findet man in der Sozialindikatorenforschung bei Noll (2013: 2): „While measures of the social reality, which are not filtered by perceptions and are independent from personal evaluations usually are considered as objective social indicators, subjective

102 5 Stand der Forschung I: Forschungsergebnisse und Erklärungsansätze (…) indicators are in contrast measures supposed to explicitly expressing subjective states, such as perceptions, assessments and preferences for example”.

Auch in dieser Studie wird das oben angeführte Verständnis von der Realitätsbeschreibung objektiver und subjektiver Indikatoren vertreten. Es muss aber betont werden, dass trotz verschiedener Definitionen bislang keine rundumschlüssigen Antworten auf die Frage nach den konstitutiven Eigenschaften objektiver und subjektiver Indikatoren existieren. Die Frage, ob in der Messung von Lebensqualität objektive und/oder subjektive Indikatoren zu verwenden sind, ist keineswegs einfach zu beantworten. Wie Noll (vgl. 1999: 8f.) anhand der Entstehungsgeschichte der Lebensqualitätsforschung zeigt, beansprucht Allardt mit dem gemeinsamen Blick auf objektive und subjektive Indikatoren eine Synthese von zwei prinzipiell verschiedenen Ansätzen der Lebensqualitätsmessung, dem skandinavischen bzw. schwedischen „level of living – approach“ (Erikson 1974,1993) und der amerikanischen „quality of life“ – Perspektive (Campbell 1972; Campbell und Converse 1972).79 Heutzutage ist es in der Lebensqualitätsforschung weithin akzeptiert, dass sich subjektive und objektive Indikatoren ergänzen und miteinander genutzt werden sollten:

79

Wie bereits weiter oben erwähnt, wird im schwedischen „level of living – approach“ ein Ressourcenkonzept verfolgt. Damit geht einher, dass die Lebensqualität hauptsächlich über objektive Indikatoren operationalisiert wird, Einflüsse subjektiver Bewertungen von Individuen sind zu vermeiden: „We ..try to assess the individual’s level of living in a way which makes it as little influenced as possible by the individual’s evaluation of his own situation” (Erikson 1993: 8 zitiert nach Noll 1999: 8). Die amerikanische “quality of life” – Forschung stellt hingegen die Relevanz von subjektiven Wahrnehmungs- und Bewertungsprozessen in der Messung von Lebensqualität ins Zentrum. Diese Perspektive hat ihren Ursprung in der Sozialpsychologie und der Tradition der „mental health“ – Forschung (u.a. anknüpfend an das sogenannte „Thomas Axiom“: „if men define situations as real, they are real in their consequences“). Im Gegensatz zum Ressourcenkonzept wird bei diesem Ansatz die Lebensqualität über subjektive Indikatoren wie Glück und Zufriedenheit gemessen. Es wird davon ausgegangen, dass Wohlfahrt und Lebensqualität auch subjektiv wahrgenommen werden müssen, und das Individuum wird als bester Experte für die Beurteilung seiner eigenen als subjektives Wohlbefinden verstandenen Lebensqualität angesehen: „The quality of life must be in the eye of the beholder“ (Campbell 1972: 442 zitiert nach Noll 1999: 8). Die aus dieser Perspektive in den 1970er und 1980er Jahren durchgeführten Lebensqualitätsstudien waren mehr auf die Untersuchung von subjektiv wahrgenommener Lebensqualität als auf Lebensbedingungen fokussiert: „Our concern was with the experience of life rather than with the conditions of life“ (Campbell et al. 1976: 442 zitiert nach Noll 1999: 8).

5.2 Die Allardt’sche Triade „Having, Loving und Being“ (…)

103

„(…) attempts to integrate both subjective and objective indicators have emerged (e.g. Allardt 1976; Zapf 1984), as none of the two informational sources can be dismissed easily. Most influential contemporary approaches acknowledge the existence of a subjective-objective duality in quality of life research, and the consensus that both objective and subjective indicators complement each other and should be used jointly has become widely accepted” (Drobnič et al. 2010: 206).

Selbst begründet Allardt seine Entscheidung, neben objektiven auch subjektive Indikatoren zu verwenden, als eine sowohl ideologisch als auch empirisch geleitete Entscheidung. Allardt spricht mit Bezug auf die Frage, ob objektive oder subjektive Indikatoren in der Messung von Lebensqualität einzusetzen sind, sogar von einem Dilemma, das er beispielhaft an der Messung von Wohnbedingungen erläutert. Hier würde sich dementsprechend die Frage stellen, ob man den Wohnstandard objektiv über den vorhandenen Wohnraum etc. oder subjektiv über die Frage erheben soll, wie zufrieden Menschen mit ihrer Wohnsituation sind. Zwar wäre es letztlich demokratisch, die Bewertung den Befragten zu überlassen, aber auch subjektive Indikatoren sind mit potentiellen Problemen verbunden (hohe Variationen in der Fähigkeit, Zufriedenheit zu artikulieren), worauf Allardt aufmerksam macht. 80 Allerdings könne man Allardt zufolge die Bewertung von Lebensqualität nicht nur in die Hände von ExpertInnen legen. Dies würde einem Dogmatismus von ExpertInnen gleichkommen. Auch dass objektive und subjektive Messungen häufig nur schwach korrelieren, macht die Entscheidung für einen dieser beiden Zugänge nicht einfach (vgl. Allardt 1997: 92). Diese Argumentation Allardts für die Entscheidung beider Indikatorentypen trifft sich auch mit seiner empirisch begründeten Argumentation. So spricht er von interessanten empirischen Ergebnissen, die sich aus der gemeinsamen Betrachtung von objektiven und subjektiven Indikatoren ergeben: „Yet the decision was by no means entirely an ideological one. As the objective and subjective indicators usually render different results, analysis of the relationships between them are likely to provide interesting information about social conditions and relationships“ (ebd. 1997: 92).81 Die 80

81

Noll (vgl. 2013: 3f.) liefert einen fundierten Überblick zu allgemeinen Vorbehalten in der Verwendung von subjektiven Sozialindikatoren (z.B. zur Frage nach Reliabilität und Validität subjektiver Messungen). Oder wie Allardt in einer früheren Publikation formuliert: “It also appears on the basis of the research experience, reasonable to say that it seems fruitful to include subjective indicators. Some of the most interesting results are obtained by a comparison of objective and subjective indicators” (Allardt 1976: 234).

104 5 Stand der Forschung I: Forschungsergebnisse und Erklärungsansätze (…) Triade der Grundbedürfnisse von Having, Loving und Being ergibt gekreuzt mit der Dichotomie von objektiven und subjektiven Indikatoren eine Sechsfeldertafel (siehe Tabelle 6). Tabelle 6: Die Konzeptualisierung zur Messung von Lebensqualität nach Allardt (1997): Objektive und subjektive Indikatoren

Having (materielle und unpersönliche Bedürfnisse) Loving (soziale Bedürfnisse) Being (Bedürfnisse nach persönlicher Entwicklung)

Objektive Indikatoren

Subjektive Indikatoren

Objektive Messungen von Lebensstandard und Umweltbedingungen

Subjektive Gefühle von Unzufriedenheit/Zufriedenheit mit den Lebensbedingungen

Objektive Messungen von Beziehungen zu anderen Menschen Objektive Messungen von der Beziehung von Mensch zu (a) Gesellschaft, und (b) Natur

Unhappiness/Happiness – subjektive Gefühle über soziale Beziehungen Subjektive Gefühle von Entfremdung/persönlicher Entwicklung

Quelle: vgl. Allardt 1997: 93 (eigene Darstellung).

5.3 Argumente für die Übertragung von „Having, Loving und Being“ in die eigene Untersuchung In Lebensqualitäts- oder Lebenszufriedenheitsstudien wird häufig die „Einfachheit“ der Allardt’schen Konzeptualisierung von Lebensqualität als wichtiger Grund für deren häufigen Einsatz hervorgehoben: „The main advantage of Allardt’s triad is its simplicity. The meaning of having, loving and being is easy for anyone without any specialised knowledge to understand, and everyone can intuitively understand from their own experiences of everyday life that all of them are related to quality of life. Many scholars and researchers have used his concept as a starting point for exploring individual well-being” (Delhey 2004: 3) oder „Many scholars and researchers have used this approach in their investigations because it is simple and intuitive, it reflects a complete vision of the quality of life and it incorporates subjective information“ (Somarriba und Pena 2008: 57) bzw. “Many scholars and researchers have used this approach in their investigations because it is more simple and intuitive” (ebd. 2009: 120).

5.3 Argumente für die Übertragung von „Having, Loving und Being“ (…)

105

Auch meines Erachtens handelt es sich bei der Allardt’schen Triade von Having, Loving und Being um eine relativ nah an der Lebenswelt orientierte Konzeptualisierung. Allerdings bin ich der Meinung, dass der Begriff “Einfachheit” nicht optimal gewählt ist, um die Beliebtheit dieser Konzeptualisierung adäquat zu beschreiben. Von „Einfachheit“ ist streng genommen schon alleine aufgrund der vielschichtigen inhaltlichen und methodologischen Überlegungen zu dieser Konzeptualisierung im Vergleich zu vielen anderen Taxonomien zu den Bedingungen eines guten Lebens nicht zu sprechen (mehrheitlich empirisch oder aus Literaturauswertungen gewonnen, vielfach Metastudien). Für mich waren konkret die folgenden fünf Gründe entscheidend, die Allardt’schen Grundprinzipien von Having, Loving und Being in die vorliegende Untersuchung zu übertragen. Erstens beansprucht die Allardt’sche Konzeptualisierung allumfassend und mehrdimensional zu sein, bzw. werden materielle und nicht-materielle oder, in der Terminologie dieser Dissertation formuliert, ökonomische und nichtökonomische Dimensionen des Lebens gleichrangig und gemeinsam betrachtet. In diesem Buch werden die vielfältigen ökonomischen und nicht-ökonomischen Lebensbedingungen im Kontext des Ost-West-Pendelns und ihre Relevanz als Bewertungsdimensionen des Pendelns geprüft. Daher ist ein solcher allumfassender und mehrdimensionaler Ansatz notwendig, um alle potentiell wichtigen Bewertungsdimensionen des Lebens im Kontext des Pendelns berücksichtigen zu können. Vor diesem konzeptionellen Hintergrund werde ich z.B. der Frage nachgehen, ob das Erwerbseinkommen in Österreich (die Erfüllung einer wichtigen Komponente von Having) gegenüber ethnischen Diskriminierungserfahrungen am Arbeitsplatz (einer Schieflage von Loving) für die Lebenszufriedenheit der PendlerInnen wichtiger ist. In den Migrationsstudien die mit dem Allardt’schen Konzept gearbeitet haben, kann z.B. Reinprecht (vgl. 2006: 85ff.) entlang der Triade von Having, Loving und Being zeigen, dass die globale Lebensqualität (subjektive Bewertung der aktuellen Lebensqualität) von älteren MigrantInnen aus der Türkei und ExJugoslawien in Österreich vor allem durch die Kinderanzahl (Loving), gefolgt von Gesundheit (Having) und durch gesundheits- und freundesbezogene Aktivitäten (Being) erklärt werden kann. Bei der Vergleichsgruppe von einheimischen Älteren ist hingegen festzustellen, dass für die Lebensqualität vor allem die Gesundheitsvariable, gefolgt vom Haushaltseinkommen (Having) und gesundheitsbezogenen Aktivitäten (Being) relevant ist.

106 5 Stand der Forschung I: Forschungsergebnisse und Erklärungsansätze (…) Zweitens ist die offene bzw. flexible Operationalisierung des Allardt’schen Lebensqualitäts-Ansatzes ein weiterer wichtiger Verwendungsgrund für diese Konzeptualisierung in diesem Buch. Die relativ hohe Flexibilität in der Anwendung der Allardt’schen Grundprinzipien ist meines Erachtens auch der im Endeffekt zentrale Grund, warum dieses Modell in der empirischen Lebenszufriedenheitsforschung vielfach nutzbar gemacht wird. Die Catchwords Having, Loving und Being sind relativ nahe an der Lebenswelt formuliert und es können entlang dieser Sammelbegriffe die jeweils in einem Forschungsfeld oder sozialem Zusammenhang (z.B. europäische Gesellschaften) relevanten Lebensbedingungen bzw. Indikatoren der Lebensqualität gruppiert werden, eine Vorgehensart, die sich auch mit den Überlegungen von Allardt deckt (z.B. vgl. Allardt 1997: 88). Die konzeptionelle Triade von Having, Loving und Being dient mir in dieser Forschung sozusagen als ein heuristisches Grundgerüst, um die relevanten Einflussfaktoren auf die Lebenszufriedenheit der PendlerInnen und die subjektiven Erfolgsbewertungen des Pendelns sowie das Verhältnis von Lebenszufriedenheit und subjektivem Pendelerfolg theoretisch und empirisch aufzuarbeiten. Drittens handelt es sich um eine in der Lebenszufriedenheitsforschung vielfach verwendete Konzeptualisierung von Determinanten der Lebenszufriedenheit und empirischer Vorgehensweise: Viele ForscherInnen aus verschiedenen Richtungen haben mit der Allardt’schen Triade die individuelle Lebenszufriedenheit in einer ähnlichen Weise untersucht, wie es auch in dieser Studie unternommen wird: Die Lebenszufriedenheit wird als zentrale abhängige Variable eingesetzt und es werden (mehr oder weniger stark) den Grundprinzipien der Allardt’schen Triade von Having, Loving und Being folgend die zentralen Bedingungen/Domänen eines guten Lebens für den jeweiligen Untersuchungsgegenstand abgeleitet und die Effekte dieser verschiedenen Lebensbedingungen (= unabhängige Variablen) auf die Lebenszufriedenheit geprüft. In dieser Form analysiert beispielsweise Delhey (2004) anhand von Eurobarometer-Daten die Lebenszufriedenheit von Individuen in 28 europäischen Ländern. Dittman und Goebel (2010) setzen sich so mit den Auswirkungen diverser Nachbarschaftsaspekte auf die Lebenszufriedenheit von Individuen in Deutschland auseinander und Soukiazis und Ramos (2016) untersuchen auf diese Weise in einer erst kürzlich erschienenen Studie die individuelle Lebenszufriedenheit in Portugal. Eine besonders anschauliche Übertragung der Allardt’schen Grundprinzipien in der oben angeführten Verwendung – wenn auch nicht für die Variable Lebenszufriedenheit

5.3 Argumente für die Übertragung von „Having, Loving und Being“ (…)

107

sondern für die Zufriedenheit mit dem Leben in der Gemeinschaft – ist in einer Untersuchung zu Inuit in Kanada zu finden (Édouard und Duhaime 2013). Häufig wird dabei die subjektive Variable der Lebenszufriedenheit in Abhängigkeit von sowohl objektiven als auch subjektiven Einflussfaktoren gesetzt. Auch die Studien zum Verhältnis von Migration und Lebenszufriedenheit gehen vielfach so vor, dass die Einflussfaktoren auf die Lebenszufriedenheit sowohl durch objektiv als auch subjektiv gemessene Variablen abgebildet werden (u.a. Amit 2010; Bartram 2013b; Knight und Gunatilaka 2010). Viertens wird die soziale Einbettung von Individuen (Loving-Dimension) als essentieller Bestandteil eines guten Lebens in der Allardt’schen Konzeptualisierung von Lebensqualität betrachtet. Weil dieses Buch eine soziologische Perspektive auf die subjektiven Bewertungen der PendlerInnen vornimmt und deshalb einen besonderen Blick auf die sozialen Zusammenhänge der PendlerInnen richtet, ist diese theoretische Fokussierung von besonderer Passung mit den Forschungsfragen. Die Fragen nach der Existenz und Qualität von sozialen Verbindungen zu Familie, Verwandten, FreundInnen oder ArbeitskollegInnen, d.h. den persönlichen Netzwerken sowie damit einhergehende Fragen zu Identitätskonstruktionen und Zugehörigkeiten sind in dieser Forschung von großer Relevanz. Es ist anzunehmen, dass die individuelle soziale Einbettung und subjektive Verortung im sozialen Raum bei der Gruppe der grenzübergreifenden Ost-WestPendlerInnen in Centrope in einem besonderen Ausmaß beansprucht wird. In regelmäßigen Intervallen überschreiten diese PendlerInnen die Ländergrenzen zwischen ihrem Herkunftsland und Österreich und bewegen sich dabei nicht nur zwischen geographischen sondern auch zwischen politischen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Räumen hin und her. Sie treten in neue soziale Zusammenhänge ein, gleichzeitig kann das Pendeln mit einer stärkeren Abwesenheit von der Familie etc. einhergehen und es können sich aufgrund des Pendelns die Beziehungen am Herkunftsort verändern (Haindorfer 2013). Die Immigration als Beispiel für Loving-relevante „patterns of escaping and leaving a social field“ findet auch bei Allardt Erwähnung (Allardt und Uusitalo 1972: 14). Fünftens ist die Inklusion der Being-Dimension in der Allardt’schen Triade entscheidend für die Bearbeitung der vorliegenden Forschungsfragen. Während die sozialen Lebensbedingungen im Kontext von Migration in bisherigen Studien zum Teil behandelt werden, wird die Dimension der persönlichen Entwicklung in den existierenden Studien relativ stark vernachlässigt. Diese Bedürfnisdimen-

108 5 Stand der Forschung I: Forschungsergebnisse und Erklärungsansätze (…) sion kann Allardt folgend als ein wichtiger Baustein der Lebenszufriedenheit angesehen werden. Neben den Optionen, Freizeitaktivitäten durchzuführen, liegt das Hauptaugenmerk dieser Studie auf den Möglichkeiten für ein sinnhaftes Arbeitsleben im Kontext des grenzübergreifenden Pendelns. Auch in dieser Form kann das Pendeln als ein Mittel zur persönlichen Entwicklung und Selbstverwirklichung betrachtet werden. 5.4 Form der Übertragung von „Having, Loving und Being“ in die eigene Untersuchung Die Form der Übertragung der Allardt’schen Triade in die eigene Untersuchung ist in den folgenden Pfeildiagrammen und den jeweils prognostizierten Wirkungszusammenhängen grafisch veranschaulicht (siehe Abbildung 6).

Having

Having

Loving

Being

Lebenszufriedenheit

Loving

subj. Erfolgsbewertung allgemein

Being

Abbildung 6: Prognostizierte Effekte von Having, Loving und Being auf die Lebenszufriedenheit der Ost-West-PendlerInnen und die subjektiven Erfolgsbewertungen des Pendelns

Diese beiden Pfeildiagramme repräsentieren zugleich zwei zentrale Analysen des quantitativen Teils der empirischen Untersuchung. Erstens werden die Effekte von verschiedenen Lebensbedingungen im Kontext des Pendelns entlang der Überschriften von Having, Loving und Being auf die Lebenszufriedenheit der PendlerInnen geprüft. Zweitens werden die subjektiven Erfolgsbewertungen des Pendelns in allgemeiner Hinsicht in Abhängigkeit von denselben ökonomischen und nicht-ökonomischen Lebensbedingungen gesetzt wie die Lebenszufriedenheit. Es wird also nicht nur die Lebenszufriedenheit, sondern es werden auch die subjektiven Erfolgsbewertungen des Pendelns im Rahmen der allumfassenden und mehrdimensionalen Allardt’schen Triade konzeptionell strukturiert und

5.4 Form der Übertragung von „Having, Loving und Being“ (…)

109

empirisch untersucht. Auf diese Weise wird untersucht, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Determinanten der Lebenszufriedenheit und des subjektiven Pendelerfolgs bestehen. Die Kernannahme ist, dass mit einer höheren Befriedigung von Having, Loving und Being im Kontext des grenzübergreifenden Pendelns höhere Levels von Lebenszufriedenheit und bessere subjektive Erfolgsbewertungen des Pendelns in Verbindung stehen. Die konkrete Übertragung der Allardt’schen Triade (1997) und dessen Indikatorensystems in die vorliegende Untersuchung ist in Abbildung 7 veranschaulicht. Der folgende Abschnitt geht nun genauer auf die Übertragung der Allardt’schen Triade ein. Es ist dabei zu betonen, dass es in dieser Studie aufgrund des Forschungsinteresses und Untersuchungskontextes sowie der Datenverfügbarkeit zu mehreren Abweichungen von dem Indikatorensystem gekommen ist, welches Allardt für die Untersuchung von Having, Loving und Being in den skandinavischen Ländern vorgeschlagen hat (siehe Abbildung 5). 82 In der Having-Dimension werden die ökonomischen Ressourcen über zwei verschiedene Indikatoren operationalisiert. Dazu zählt erstens das individuelle Erwerbseinkommen (Brutto-Monatseinkommen). Zweitens werden im Kontrast zu Allardt die ökonomischen Ressourcen eines Individuums auch über einen relativen Wohlstandsindikator gemessen. Mit dem Indikator relative Wohlstandsentwicklung wird auf die Einflüsse von sozialen Vergleichen der eigenen Wohlstandsentwicklung mit derjenigen von anderen Personen im Herkunftskontext auf die subjektiven Bewertungen eingegangen (Ball und Chernova 2008; Firebaugh und Schroeder 2009; Knight und Gunatilaka 2010; Stark und Taylor 1989). Die Komponente Beschäftigung wird nicht dichotom (Beschäftigung versus Arbeitslosigkeit) sondern mittels verschiedener Kontrollvariablen (u.a. Arbeitserfahrung in Österreich, Branche, Betriebsgröße) relativ detailliert berücksichtigt. Grund für diese gewinnbringende Abweichung ist, dass alle befragten PendlerInnen (und NichtmigrantInnen) zum Interviewzeitpunkt in Beschäftigung waren und im Rahmen des TRANSLAB-Surveys detaillierte Informationen zu deren Arbeitsmarktsituation eingeholt wurden (siehe z.B. Verwiebe et al. 2015). 82

Bei diesen Abweichungen handelt es sich zum einen um Anpassungen und Erweiterungen des Allardt’schen Indikatorensystems für das vorliegende Forschungsinteresse und den spezifischen Kontext des grenzübergreifenden Pendelns. Zum anderen handelt es sich um Einschränkungen, da nicht alle von Allardt vorgeschlagenen Indikatoren im vorhandenen Datenmaterial (TRANSLAB-Survey) verfügbar sind (wie etwa Informationen zu den Wohnbedingungen).

110 5 Stand der Forschung I: Forschungsergebnisse und Erklärungsansätze (…) Zur Messung der Komponente Arbeitsbedingungen kommen drei verschiedene Indikatoren zum Einsatz. Mit den ersten beiden Indikatoren wird versucht, die Themen Lärm und Temperatur am Arbeitsplatz sowie Stress abzubilden. 83 Mit der Frage nach der Pendeldauer (Stutzer und Frey 2007,2008) wird das Allardt’sche Indikatorensystem um einen vermutlich besonders relevanten Aspekt der Arbeits- und Lebensbedingungen von PendlerInnen in Centrope erweitert. Die Bildung wird nicht ausschließlich über das formale Bildungsniveau, sondern zusätzlich über die Existenz von deutschen Sprachkenntnissen operationalisiert, einer wichtigen Ressource für den Verlauf von Wanderungen und der Integration von MigrantInnen (Dustmann und Fabbri 2003; Esser 2001,2004). Die Gesundheit wird (weniger differenziert wie bei Allardt) über den allgemeinen Gesundheitszustand der Befragten operationalisiert (Amit und Litwin 2010). Für die Untersuchung der Loving-Dimension kommen folgende Komponenten und Indikatoren zum Einsatz: Die Zugehörigkeit/Bindungen und Kontakte zur lokalen Gemeinschaft werden in dieser Studie über die Frage gemessen, ob sich die PendlerInnen eher als jemand des jeweiligen Herkunftslandes (als TschechIn etc.), als MitteleuropäerIn, als EuropäerIn, WeltbürgerIn oder als nichts davon fühlen.84 Zum Zusammenhang zwischen Zugehörigkeit/Identität und der Lebenszufriedenheit von MigrantInnen siehe Amit (2010). Auf die Zugehörigkeiten/Bindungen zu Familie und Verwandtschaft wird in dieser Arbeit in verschiedener Hinsicht eingegangen. Das entsprechende Indikatorenset umfasst die Ausgeglichenheit von Arbeits- und Familienleben (Work-Family Balance) sowie den Partnerschaftsstatus und die Existenz eigener Kinder (letztere beiden Kategorien verwendet auch Böhnke 2005 u.a. zur Operationalisierung von Loving).

83

84

Für die Stressmessung in der Arbeit wäre ein anderer Indikator als die Arbeitsplatzsicherheit sicherlich besser geeignet. Es ist jedoch anzunehmen, dass auch die im TRANSLAB-Survey abgefragte Arbeitsplatzsicherheit einen wichtigen Stressfaktor im Arbeitsleben repräsentiert (für einen Überblick zu den empirischen Studien zu diesem Thema siehe De Witte et al. 2016; Sverke et al. 2002). Eine eigene frühere Studie zu ungarischen PendlerInnen liefert vereinzelt Indizien dafür, dass sich Identitäten und Zugehörigkeiten im Prozess des Pendelns vom Herkunftsort lösen und transnational geprägt werden können (vgl. Haindorfer 2013: 125).

5.4 Form der Übertragung von „Having, Loving und Being“ (…)

111

HAVING (materielle und unpersönliche Bedürfnisse) - Brutto-Monatseinkommen (in Euro) (1) ökonomische Ressourcen - relative Wohlstandsentwicklung - gesundheitliche Risiken mit der Arbeit verbunden - Arbeitsplatzsicherheit (2) Arbeitsbedingungen - Pendeldauer (in Minuten) - formales Bildungsniveau (3) Bildung - deutsche Sprachkenntnisse (4) Gesundheit - allgemeiner Gesundheitszustand LOVING (soziale Bedürfnisse) (1) Zugehörigkeit/Bindungen und Kontakte zur lokalen - Zugehörigkeit/Identität Gemeinschaft - Work-Family Balance (2) Zugehörigkeit/Bindungen zu - Partnerschaftsstatus Familie und Verwandtschaft - Existenz eigene Kinder - Kontakthäufigkeit mit FreundInnen/Bekannten aus dem (3) aktive FreundschaftsstrukHerkunftsland die in Österreich arbeiten turen - Kontakthäufigkeit mit österreichischen FreundInnen - gutes Arbeitsklima (4) Beziehungen zu Arbeitskol- Erfahrungen von Benachteiligung im Betrieb aufgrund der legInnen ethnischen Herkunft (ethnische Diskriminierung) (5) Migrationsspezifisches - Anzahl von Österreich-MigrantInnen aus Familie, VerwandtSozialkapital schaft und Freundeskreis BEING (Bedürfnisse nach persönlicher Entwicklung) (1) Möglichkeiten für Freizeit- genügend Zeit für Freizeitaktivitäten aktivitäten („Doing“) a) aktueller Job - berufliche Passung (ISCO-ISCED Korrespondenz laut OECD 2007) - Möglichkeiten beruflich aufzusteigen - Möglichkeit eigene Ideen zu verwirklichen - irreguläre Beschäftigung (2) Möglichkeiten für ein sinnhaftes Arbeitsleben b) Vergleiche aktueller Job in Österreich mit letztem Job in der Herkunftsgesellschaft - Wechsel der Branche - Wechsel von beruflicher Passung - Wechsel in irreguläre/reguläre Beschäftigung - Einkommensdifferenzen - Differenzen im Brutto-Stundenlohn (in Euro) Abbildung 7: Indikatoren zur quantitativen Messung von „Having, Loving und Being“ im Kontext des Ost-West-Pendelns in Centrope (eigene Übertragung von Allardt)

Zur Messung der Komponente aktive Freundschaftsstrukturen kommen zwei Indikatoren zum Einsatz, welche die Kontakthäufigkeit mit FreundInnen/Bekannten aus dem Herkunftsland, die in Österreich arbeiten, sowie mit

112 5 Stand der Forschung I: Forschungsergebnisse und Erklärungsansätze (…) österreichischen FreundInnen reflektieren.85 Das Vorhandensein von Freundschaften zu ÖsterreicherInnen kann als ein Indikator für soziale Integration (Haug 2010) und Sozialkapital im Zielland Österreich verstanden werden („bridging social capital“) (Putnam 2007; Ryan 2011). Die Kontakte zu MigrantInnen (oder PendlerInnen) aus dem Herkunftsland können ebenfalls als eine Form von migrationsspezifischem Sozialkapital verstanden werden (siehe auch weiter unten). Über die Beziehungen zu ArbeitskollegInnen wird durch die Variablen zum Bestehen eines guten Arbeitsklimas sowie zu Erfahrungen von Benachteiligung im Betrieb aufgrund der ethnischen Herkunft (ethnische Diskriminierung) informiert. Die Inklusion von Benachteiligungs- bzw. ethnischen Diskriminierungserfahrungen stellt eine weitere wichtige migrationsspezifische Ergänzung der Allardt’schen Konzeptualisierung von Lebensqualität im Kontext von Migration dar (u.a. Neto 2001; Safi 2010; Verkuyten 2008; Werkuyten und Nekuee 1999). Eine weitere wichtige Ergänzung ist die Komponente migrationsspezifisches Sozialkapitel, bei welcher die Anzahl von Österreich-MigrantInnen aus Familie, Verwandtschaft und Freundeskreis gemessen wird. Dieser Indikator gibt somit Aufschluss über die migrationsrelevante Netzwerkgröße der PendlerInnen. 86 In der Being-Dimension werden die Möglichkeiten für Freizeitaktivitäten über einen fast gleichlautenden Indikator (genügend Zeit für Freizeitaktivitäten) erhoben. Ein besonderer Schwerpunkt dieser Studie liegt auf der darauffolgenden Being-Komponente Möglichkeiten für ein sinnhaftes Arbeitsleben, bei der auf Aspekte der aktuellen Arbeitsmarktintegration und der sozialen Mobilität (Solga et al. 2000) der PendlerInnen eingegangen wird. Dadurch wird ein Blick auf berufliche Statusverläufe im transnationalen Kontext (Verwiebe 2006) und ihre Bedeutung für die subjektiven Bewertungen des Pendelns ermöglicht. Die Möglichkeiten für ein sinnhaftes Arbeitsleben im aktuellen Job werden u.a. anhand der Indikatoren berufliche Passung und irreguläre Beschäftigung beleuchtet. Für die Betrachtung dieser Komponente der Lebensqualität in Form von sozialer Mobilität wird ein Vergleich zwischen dem aktuellen Job der PendlerInnen in

85

86

Nicht-migrantische Freundschaften zu Personen im Herkunftskontext werden einschränkend nicht beachtet. Die Netzwerkgröße kann im Sinne Bourdieus (1983) als wichtiger Sozialkapitalindikator verstanden werden.

5.5 Hypothesen

113

Österreich und dem letztem Job in der Herkunftsgesellschaft gezogen und u.a. der Wechsel der Branche und beruflicher Passung berücksichtigt. 5.5 Hypothesen Vor dem theoretischen Hintergrund der Allardt’schen Triade und ihrer Übertragung in die vorliegende Untersuchung, werden im Folgenden die eigenen Hypothesen formuliert. Mit Blick auf die eigenen Fragestellungen und Ziele sowie die Datenverfügbarkeit (TRANSLAB-Survey) konzentriere ich mich in den quantitativen Analysen bei den Hypothesen auf einige wichtige potentielle Zusammenhänge. Es ist zu beachten, dass aufgrund des Querschnittsdesigns des TRANSLAB-Surveys (trotz einer Reihe von essentiellen Längsschnittinformationen zum bisherigen Erwerbsverlauf der Befragten) keine Rückschlüsse über kausale Relationen getroffen werden können. Die Hypothesen dieser Studie gliedern sich in mehrere Blöcke. 5.5.1 Hypothesen zu Effekten von ökonomischen und nicht-ökonomischen Lebensbedingungen auf Lebenszufriedenheit und Pendelerfolg Im ersten Block stehen die Effekte von verschiedenen ökonomischen und nichtökonomischen Lebensbedingungen im Kontext des Pendelns – im Rahmen von Having, Loving und Being – auf die Lebenszufriedenheit und die subjektiven Erfolgsbewertungen des Ost-West-Pendelns im Zentrum (siehe Hypothesenblock 1). In Orientierung an eine Studie von Kämpfer (2014), die ebenfalls mit der Allardt’schen Triade zum Verhältnis von Migration und Lebenszufriedenheit gearbeitet hat, werden drei allgemeine bzw. zusammenfassende Hypothesen zu den Effekten von Having, Loving und Being formuliert (H1-H3). Auf diese Weise wird von kleinteiligen Hypothesen abgesehen (wie hier z.B. von zwei einzelnen Hypothesen zu negativen Effekten von ethnischen Benachteiligungserfahrungen und schlechtem Gesundheitszustand auf die Lebenszufriedenheit) und die Hypothesenbildung kann relativ übersichtlich umgesetzt werden (vgl. Kämpfer 2014: 93). Dieses Vorgehen impliziert, dass beispielsweise die Hypothese zu den Effekten der Having-Dimension (H1) die prognostizierten Effekte von verschiedenen ökonomischen Ressourcen und des Gesundheitszustands usf. zugleich um-

114 5 Stand der Forschung I: Forschungsergebnisse und Erklärungsansätze (…) fasst. Die zusammenfassenden Hypothesen beinhalten so auch unterschiedlich stark geprüfte Zusammenhänge der bisherigen Forschung. Unabhängig davon ist entsprechend dem theoretischen Rahmen jedoch davon auszugehen, dass sich ein höheres Maß an Bedürfnisbefriedigung in der jeweiligen ökonomischen und nicht-ökonomischen Kategorie von Lebensbedingungen positiv auf die Lebenszufriedenheit auswirkt.87 Entsprechend dem Forschungsinteresse zu den Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen der Lebenszufriedenheit und den subjektiven Erfolgsbewertungen des Ost-West-Pendelns werden dieselben Effekte der untersuchten Lebensbedingungen auch bei den subjektiven Erfolgsbewertungen erwartet. In diesem Block wird des Weiteren eine Hypothese (H4) zum relativen Gewicht bzw. zur Hierarchie der einzelnen Bedürfnisdimensionen (in ihrer Gesamtheit) für die subjektiven Bewertungen der PendlerInnen platziert. Es soll die Frage bearbeitet werden, ob ökonomische Lebensbedingungen (operationalisiert durch die Having-Dimension) gegenüber nicht-ökonomischen (operationalisiert durch die Loving-Dimension) Lebensbedingungen im Kontext des Ost-WestPendelns einen insgesamt stärkeren Einfluss auf die subjektiven Bewertungen haben.88 In den Forschungen zu Migration und Lebenszufriedenheit wird teilweise von einer höheren Relevanz von nicht-ökonomischen gegenüber ökonomischen Folgen der Migration für die Lebenszufriedenheit von MigrantInnen ausgegangen (z.B. Olgiati et al. 2012: 20).89 Mit Blick auf die bisherigen Forschungsergebnisse zum Ost-West-Pendeln in Centrope, denen zufolge die PendlerInnen (potentielle ArbeitsmigrantInnen und tatsächliche PendlerInnen) überwiegend ökonomisch motiviert sind (Bittner 87

88

89

Bei einzelnen Indikatoren bleibt es aber sicherlich auch eine empirische Frage, welche Bedürfnisbefriedigung mit einer höheren Lebenszufriedenheit in Verbindung steht (z.B. Existenz eigener Kinder, Zugehörigkeit/Identität). Die Being-Dimension wird in diesen Vergleich nicht miteinbezogen, da diese Dimension fast ausschließlich mit ökonomischen Indikatoren operationalisiert wird und somit tendenziell auch als ökonomische Bedürfnisdimension betrachtet werden kann. Die konzeptionelle Trennung zwischen ökonomischen und nicht-ökonomischen Lebensbedingungen ist aber ohnehin nicht gänzlich trennscharf in dieser Studie (z.B. wird der allgemeine Gesundheitszustand der Having-Dimension und somit einer ökonomischen Bedürfnisdimension zugerechnet). Die Trennung zwischen ökonomischen und nicht-ökonomischen Faktoren stellt aber meinem Eindruck nach in der Forschung allgemein eine Herausforderung dar. Im Happiness Research wird vielfach die Meinung vertreten, dass die nicht-ökonomischen gegenüber den ökonomischen Einflussfaktoren für die Lebenszufriedenheit längerfristig betrachtet wichtiger sind.

5.5 Hypothesen

115

et al. 2011; Haindorfer 2010; Lechner et al. 2010; Nowotny 2011), ist entsprechend der Aspiration Theory (Schyns 2000; Stutzer und Henne 2014) davon auszugehen, dass die Befriedigung (bzw. Nicht-Befriedigung) der ökonomischen Bedürfnisse (Having-Dimension) für die Lebenszufriedenheit der PendlerInnen insgesamt am wichtigsten ist.90 Empirische Ergebnisse von Kämpfer (2014) zur Lebenszufriedenheit von MigrantInnen in Westdeutschland liefern Hinweise, welche die Annahme über den relativ großen Stellenwert der Having-Dimension gegenüber der Loving-Dimension (und der Being-Dimension) stützen (vgl. ebd. 2014: 188). Die Untersuchung einer Hierarchie von ökonomischen und nichtökonomischen Bewertungsdimensionen in ihrer Relevanz für die subjektiven Erfolgsbewertungen von Migration ist angesichts der vorliegenden Forschungsergebnisse besonders interessant. Bislang konnten sowohl Elemente der HavingDimension als auch der Loving-Dimension in den Bewertungsmustern des subjektiven Migrationserfolgs von MigrantInnen beobachtet werden. Zum Beispiel konnten die Bedürfnisse und Motivationen nach Kompetenz (persönliche Errungenschaften in der neuen Gesellschaft vor allem in materiellen und finanziellen Belangen) und Zugehörigkeit (Relation zwischen MigrantInnen und Menschen und/oder Orten wie Gefühle der sozialen Verwurzelung) in den Beurteilungskriterien von subjektivem Migrationserfolg identifiziert werden (Benish-Weisman und Horenczyk 2010).91 Vor dem Hintergrund von Mapril’s (2011) Studie wird in der vorliegenden Arbeit bei den subjektiven Erfolgsbewertungen des Pendelns ein selbiges Kräfteverhältnis der ökonomischen und nicht-ökonomischen Bewertungsdimensionen des Pendelns wie bei der Lebenszufriedenheit erwartet. Mapril’s (2011) anthropologische Studie zu den Erfolgs- und Misserfolgsgeschichten unter Migranten aus Bangladesch liefert meiner Vermutung nach ein interessantes Fallbeispiel dafür, dass dort wo Migration aus einer ökonomischen Notwendigkeit heraus geschieht, auch die subjektiven Erfolgsbewertungen der Migration relativ stark auf den eigenen ökonomischen Errungenschaften in der Migration basieren. Eine vorrangig ökonomische Orientierung ist, mit Blick auf den oben angeführten 90

91

Auch die internationale Migrationsliteratur geht von einer starken ökonomischen Orientierung von MigrantInnen aus (Bartram 2010). Eines der weiteren Forschungsbeispiele, in welchem Elemente von Having und Loving in den Bewertungsmustern von MigrantInnen festzustellen sind, ist eine Studie von Latcheva und Herzog-Punzenberger (2011).

116 5 Stand der Forschung I: Forschungsergebnisse und Erklärungsansätze (…) Forschungsstand zu den Pendelmotiven (und dem besprochenen starken OstWest-Wohlstandsgefälle in Centrope), auch bei großen Teilen der PendlerInnen anzunehmen, was ebenfalls eine relativ hohe Relevanz der ökonomischen Einflussfaktoren auf die subjektiven Erfolgsbewertungen erwarten lässt. Eine konkurrierende Hypothese könnte sich angesichts der Forschungsergebnisse von Benish-Weisman und Shye (2011) formulieren lassen, denen zufolge der subjektive Migrationserfolg vor allem durch nicht-materielle bzw. menschliche (Persönlichkeit und soziale Interaktionen) und weniger durch materielle Aspekte bestimmt wird. Ferner wird in dieser Studie eine Hypothese zu spezifischen Differenzen in den subjektiven Bewertungen des allgemeinen Pendelerfolgs nach Geschlecht (H5) untersucht. Es wird davon ausgegangen, dass die subjektiven Erfolgsbewertungen des Pendelns sowohl bei Frauen als auch Männern vor allem von der Befriedigung der Having-Dimension abhängig sind (zur Begründung dieser angenommenen allgemeinen Tendenz siehe weiter oben). Gruppenspezifische Differenzen zwischen Frauen und Männern werden in einer unterschiedlich starken Bedeutung der Loving- und der Being-Dimension für die subjektiven Erfolgsbewertungen vermutet. Konkret geprüft werden die Annahmen, dass für Frauen die Erfolgsbewertungen des Pendelns insgesamt stärker von der Befriedigung (bzw. Nicht-Befriedigung) von Loving- als von Being abhängig sind, währenddessen bei Männern die Being-Dimension vergleichsweise stärker im Vordergrund steht. Diese Annahmen begründen sich in den qualitativen Studienergebnissen und theoretischen Überlegungen von Walsh und Horencyzk (2001). In dieser Studie wurde herausgearbeitet, dass unter einer spezifischen Migrationsgruppe in Israel Frauen ihren Erfolg in der Migration stärker in Form eines wiedererlangten Zugehörigkeitsgefühls (u.a. Finden von Gemeinschaft und Menschen, das Gefühl dauerhafte Wurzeln zu schlagen), Männer hingegen Erfolg mehr durch ein wiederhergestelltes Gefühl von Kompetenz ((u.a. Erfolg in der Arbeit (Karriere), finanzieller Erfolg)) ausdrücken. 92 Auf der Basis dieser Ergebnisse nehmen Walsh und Horenczyk an, dass die Wiederherstellung eines Zugehörigkeitsgefühls sowie eines Gefühls von Kompetenz zwei spezifische Bedürfnisse oder 92

Bei der untersuchten Migrationsgruppe handelt es sich um junge, hochqualifizierte ImmigrantInnen aus englischsprachigen Ländern, die alleine und freiwillig nach Israel eingewandert sind (größtenteils ideologisch motivierte Wanderung).

5.5 Hypothesen

117

Herausforderungen im Migrationsprozess repräsentieren, deren Befriedigung für Frauen und Männer eine unterschiedliche Relevanz aufweisen (Walsh und Horenczyk 2001). Der quantitative TRANSLAB-Survey bietet nun die Möglichkeit, diese qualitativ identifizierten Assoziationen quantitativ und anhand einer anderen Migrationsgruppe zu prüfen. Hypothesenblock 1: Hypothesen zu Effekten von ökonomischen und nichtökonomischen Lebensbedingungen im Kontext des Pendelns auf die Lebenszufriedenheit und den subjektiven Pendelerfolg H1a-H1b (Effekte der Having-Dimension): Je höher die ökonomischen Ressourcen, je besser die Arbeitsbedingungen, die Bildung und die Gesundheit der PendlerInnen, desto größer ist die Lebenszufriedenheit (H1a) und der subjektive Pendelerfolg (H1b). H2a-H2b (… Loving-Dimension): Je stärker die Zugehörigkeit/Bindungen und Kontakte zur lokalen Gemeinschaft, die Zugehörigkeit/Bindungen zu Familie und Verwandtschaft und die aktiven Freundschaftsstrukturen, je besser die Beziehungen zu ArbeitskollegInnen und je größer das migrationsspezifische Sozialkapital, desto größer ist die Lebenszufriedenheit (H2a) und der subjektive Pendelerfolg (H2b). H3a-H3b (… Being-Dimension): Je mehr Möglichkeiten für Freizeitaktivitäten sowie für ein sinnhaftes Arbeitsleben, desto größer ist die Lebenszufriedenheit (H3a) und der subjektive Pendelerfolg (H3b). H4a-H4b (Vergleich zwischen Bedürfnis-Dimensionen): Die Befriedigung (bzw. Nicht-Befriedigung) von Having beeinflusst im Vergleich zur Befriedigung von Loving die Lebenszufriedenheit (H4a) und die subjektiven Erfolgsbewertungen des Pendelns (H4b) insgesamt am stärksten. H5 (Differenzen nach Geschlecht): Bei Frauen werden die subjektiven Erfolgsbewertungen des Pendelns insgesamt stärker von der Befriedigung (bzw. Nicht-Befriedigung) von Loving als von Being beeinflusst. Bei Männern werden

118 5 Stand der Forschung I: Forschungsergebnisse und Erklärungsansätze (…) die subjektiven Erfolgsbewertungen des Pendelns hingegen insgesamt stärker von der Befriedigung von Being als von Loving beeinflusst. 5.5.2 Hypothesen zu Effekten von nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen auf subjektive Bewertungen des Pendelns in Abhängigkeit vom Einkommen Im Zuge des zweiten Hypothesenblocks wird die Frage bearbeitet, ob sich nachteilige Arbeitsmarkterfahrungen bei höheren Einkommen weniger negativ auf die subjektiven Bewertungen der PendlerInnen auswirken als bei niedrigeren Einkommen. Die geprüften nachteiligen Pendel- bzw. Arbeitsmarkterfahrungen umfassen die offensichtlich nachteiligen Erfahrungen von ethnischer Diskriminierung, überqualifizierter und irregulärer Beschäftigung. Hiermit soll untersucht werden, inwieweit ein vor dem Hintergrund des Ost-West-Wohlstandsgefälles in Centrope (im Vergleich zum Standard des Herkunftslandes) vermeintlich relativ hohes Einkommen in Österreich nachteilige Arbeitsmarkterfahrungen abfedern kann. Vor dem Hintergrund der Allardt’schen Triade (1997) wird also untersucht, inwiefern eine spezifische materielle und unpersönliche Bedürfnisbefriedigung (Having-Dimension) die Nicht-Befriedigung von anderen spezifischen sozialen Bedürfnissen (Loving-Dimension) sowie Bedürfnissen nach persönlicher Entwicklung (Being-Dimension) abschwächen kann. Ausgangspunkt dieser Frage und Hypothesen bilden die theoretischen Überlegungen von Piore (1979) im Kontext der Theorie des dualen Arbeitsmarktes. Im Rahmen dieser Theorie wird versucht, sozialpsychologisch zu erklären, warum MigrantInnen ihre Platzierung im sogenannten sekundären Segment des Arbeitsmarktes, der von hoher Instabilität, niedrigen Löhnen, schlechten Arbeitsbedingungen und einem geringen Sozialprestige gekennzeichnet ist, akzeptieren. Kurzfristige MigrantInnen würden diesen theoretischen Überlegungen zufolge ihre Lohnarbeit instrumentell bzw. rein als „Mittel zum Zweck“ betrachten und zwischen ihrer Arbeit bzw. ökonomischen Rolle in der Zielgesellschaft und ihrer Identität bzw. sozialen Rolle und der Selbstwahrnehmung in der Herkunftsgesellschaft trennen.93 93

Fürstenberg (vgl. 2006: 21) beschreibt soziologisch eine ähnlich zu erwartende Rollenverteilung bei PendlerInnen, deren Lebensmittelpunkt weiterhin in der Herkunftsgemeinde ist. Diese PendlerInnen sind seiner Einschätzung nach am Arbeitsort funktional in arbeitsbedingte Anforderungsstrukturen eingebettet, im Herkunftsgebiet aber weiterhin in sozialkulturelle Netzwerke integriert.

5.5 Hypothesen

119

Diese Trennung ist den MigrantInnen möglich, weil sie ihren Aufenthalt als vorübergehend betrachten, die Rückkehr fest geplant haben, und während der Migration in der Herkunftsgesellschaft ihren Status und Prestige steigern. Interessanterweise verändern sich aber die Perspektiven der MigrantInnen im Zielland mit der Aufenthaltsdauer, gemäß diesen theoretischen Argumenten. Das ist ein wichtiger Grund, zeitliche Effekte der Migration auf die Lebenszufriedenheit und die subjektiven Erfolgsbewertungen zu berücksichtigen (siehe zu diesem Punkt auch weiter unten bei den Kontrollvariablen) (vgl. Parnreiter 2000: 29f.): „Mit gewachsenem Zeithorizont aber ändert sich die Perspektive. Die Referenzgruppe ist zunehmend am Ort der Arbeit angesiedelt, die Mauer zwischen sozialem und ökonomischem Leben bröckelt und zerbricht schließlich. Daraus erwachsen Ansprüche an sozialen Status, Arbeitsplatzsicherheit und Karrieremöglichkeiten. ImmigrantInnen verlieren, indem sie sich integrieren, jene ‚Qualifikation‘, die sie ursprünglich so geeignet machte, die schlechten Jobs zu übernehmen“ (ebd. 2000: 30).

Aufgrund der vermutlich längerfristigen Pendelprojekte – vorstellbar durch das starke Ost-West-Wohlstandsgefälle und die geringen räumlichen Distanzen in Centrope – ist zwar keine derart scharfe Trennung zwischen Arbeit und Identität bzw. ökonomischer und sozialer Rolle bei den Ost-West-PendlerInnen anzunehmen. Insofern erscheinen bedeutsame negative Effekte von nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen auf die subjektiven Bewertungen des Pendelns als durchaus plausibel. Nichtsdestotrotz erscheint aber auch bei Ost-West-PendlerInnen ein zumindest stückweit vorliegender instrumenteller Zugang zum Pendeln als naheliegend.94 Folglich wird anhand mehrerer negativer Erfahrungen die Annahme geprüft, dass nachteilige Arbeitsmarkterfahrungen mit höheren Einkommen eine geringere negative Auswirkung auf die subjektiven Bewertungen haben. Mit den theoretischen Begriffen von Piore ausgedrückt, wird demnach geprüft, ob bei PendlerInnen die Trennung zwischen einer ökonomischen und sozialen Rolle bei höheren Einkommen leichter ausfällt.

94

Man denke auch an die vorwiegend finanziell geprägten Pendelmotive (Bittner et al. 2011; Lechner et al. 2010).

120 5 Stand der Forschung I: Forschungsergebnisse und Erklärungsansätze (…) Hypothesenblock 2: Hypothesen zu Effekten von nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen auf die subjektiven Bewertungen des Pendelns bei unterschiedlichen Einkommensniveaus H6a-H6b: Je höher das individuelle Erwerbseinkommen, desto weniger negativ ist der Einfluss von ethnischer Diskriminierung auf die Lebenszufriedenheit (H6a) und die subjektiven Erfolgsbewertungen des Pendelns (H6b). H7a-H7b: Je höher das individuelle Erwerbseinkommen, desto weniger negativ ist der Einfluss von überqualifizierter Beschäftigung auf die Lebenszufriedenheit (H7a) und die subjektiven Erfolgsbewertungen des Pendelns (H7b). H8a-H8b: Je höher das individuelle Erwerbseinkommen, desto weniger negativ ist der Einfluss von irregulärer Beschäftigung auf die Lebenszufriedenheit (H8a) und die subjektiven Erfolgsbewertungen des Pendelns (H8b). Die Untersuchung von nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen und ihrer subjektiven Bewertungen erscheint mir auch mit Blick auf die dominante Literatur zur Ost-West-Migration wichtig. Favell zufolge sind für MigrantInnen aus Osteuropa die Arbeitsmarkterfahrungen in Westeuropa von Exklusion und Ausbeutung gekennzeichnet. Viele Ost-West-MigrantInnen würden Jobs in Arbeitsmarktnischen ausüben – Jobs die westeuropäische BürgerInnen nicht mehr annehmen würden – und eine scharfe Abwärtsmobilität hinsichtlich Status und Qualifikationen akzeptieren: „(…) where their experiences are strikingly similar is in their strong sense of exclusion and exploitation. Many of these migrants accept sharp downward mobility in terms of status and qualifications in order to fill some low end niche in the labour market, that is grimly justified in terms of its payoff for family back home. The jobs they take are the ones that the West’s citizens no longer want-those 3D jobs that have become a familiar range of employment ‘opportunities’ in the post-industrial service economy” (Favell 2008: 711).

Die Situation in den großen Städten Großbritanniens charakterisiert Favell als eine Situation in der man im Dienstleistungssektor unweigerlich auf osteuropäische Arbeitskräfte treffen würde. Die osteuropäischen ArbeitsmigrantInnen würden ihm zufolge Gefahr laufen eine neue viktorianische Dienstklasse für eine

5.5 Hypothesen

121

westeuropäische Aristokratie aus „creative-class professionals“ und „universityeducated working mums“ zu bilden: „In Britain today, for example, it is almost impossible to be served dinner or drinks in a rural pub, or get your bathroom fixed in a big city, without encountering an East European worker. Many accept jobs they would not have dreamt of while studying at school back home. The attractions of London may offer short-term benefits in terms of experience and wisdom. But these ambitious ‘new Europeans’ are in danger of becoming a new Victorian servant class for a West European aristocracy of creative-class professionals and university-educated working mums” (ebd. 2008: 711).

Auch hochqualifizierte OsteuropäerInnen würden sich gemäß Favell in diskriminierenden Arbeitsmarktstrukturen wiederfinden, die das Vorantreiben ihrer beruflichen Laufbahnen blockiere. Der einzige Nutzen der Migration für diese Personen bestehe, wenn überhaupt, darin, ihren Status im Verhältnis zu ihrer Peer Group in der Herkunftsgesellschaft zu verbessern. Das könne seiner Ansicht nach vielleicht ausreichen, um negative Gefühle zu dämpfen: „Professional and college-level East Europeans, meanwhile, attracted West for educational opportunities, also find themselves blocked in their careers. For them, too, the emergent structure is of a discriminatory labour market that keeps them provisional and precarious in order to better extract cheaper labour. The payoffs, if any, are in terms of their status in relation to their peer group back home. That might be enough to dampen the feeling that they are treated as if they do not belong in the West, or that their hopeful European mobility might lead to serious long-term consequences in terms of social isolation” (ebd. 2008: 712).

In seiner Argumentation spiegeln sich Elemente der Theorie des dualen Arbeitsmarktes wieder der zufolge MigrantInnen schlechte Arbeitsmarktsituationen akzeptieren würden weil sie währenddessen ihren Status und Prestige in der Herkunftsgesellschaft steigern (Parnreiter 2000). Die Trennung zwischen ökonomischer und sozialer Rolle dürfte den Ost-West-MigrantInnen nach dieser Lesart von Favell allerdings nicht einfach fallen. 5.5.3 Kontrollvariablen Zusätzlich wird in den folgenden quantitativen Analysen für verschiedene soziodemographische Merkmale sowie Merkmale der Arbeitsmarktintegration kontrolliert, um einen profunden Blick in die Struktur der Lebenszufriedenheit der PendlerInnen und der subjektiven Erfolgsbewertungen des Pendelns zu erhalten.

122 5 Stand der Forschung I: Forschungsergebnisse und Erklärungsansätze (…) Zu den soziodemographischen Merkmalen und ihren Verbindungen mit der Lebenszufriedenheit gibt es im Gegensatz zum subjektiven Migrationserfolg bereits etliche Forschungserkenntnisse. Insgesamt wird die Wirkung der soziodemographischen Merkmale auf die Lebenszufriedenheit als relativ gering eingeschätzt. Inglehart und Klingemann resümieren beispielsweise, dass das Einkommen im Allgemeinen nicht mehr als 4% der Variation der Happiness und der Lebenszufriedenheit erklären kann, Merkmale wie Bildung, Beruf, Alter, Religiosität und Gender sogar noch weniger (vgl. Inglehart und Klingemann 2000: 165). Auch in einer der Studien, die sich im weiteren Sinne mit dem subjektiven Migrationserfolg von MigrantInnen (allgemeine Zufriedenheit mit dem Migrationsergebnis als abhängige Variable) quantitativ beschäftigt, wurde eine vergleichbar geringe Relevanz soziodemographischer Variablen ermittelt (vgl. Lundholm und Malmberg 2006: 42f.). In der Forschung gibt es bereits Hinweise auf Unterschiede in der Lebenszufriedenheit von PendlerInnen aus Tschechien, Slowakei und Ungarn. Deskriptive Analysen von ESS-Daten zeigen eine gleich hohe Happiness von Ost-WestMigrantInnen aus der Slowakei und Tschechien und eine etwas höhere Happiness von ungarischen Ost-West-MigrantInnen (unter den NichtmigrantInnen sind im Kontrast dazu UngarInnen etwas unglücklicher als TschechInnen und SlowakInnen) (vgl. Bartram 2013a: 164). Bezüglich Effekten des Geschlechts (Gender) auf die Lebenszufriedenheit existieren in der Forschung gemischte Ergebnisse (vgl. Amit 2010: 530). Die Frage nach etwaigen Unterschieden in den Lebenszufriedenheitslevels zwischen den Geschlechtern ist mit anderen Worten gesagt eine weitgehend empirische Frage. Ein viel beachteter Befund zum Zusammenhang zwischen Alter und Lebenszufriedenheit ist, dass die Entwicklung der Lebenszufriedenheit im Lebensverlauf einem U-förmigen Verlauf entspricht und in der Lebensmitte ihren Tiefpunkt erreicht (Blanchflower und Oswald 2004,2008). Des Weiteren wird für verschiedene Merkmale der Arbeitsmarktintegration in Österreich (zuzüglich Beschäftigungsstatus vor aktuellem Job) kontrolliert. Auf diese Weise kann ein differenziertes Bild für die Gruppe der PendlerInnen gezeichnet werden (z.B. Lebenszufriedenheitsunterschiede unabhängig von der jeweiligen Branche der Befragten). Um für zeitliche Effekte in der Beziehung von Lebenszufriedenheit und Migration zu kontrollieren, wird in diesem Zu-

5.5 Hypothesen

123

sammenhang auch die Arbeitserfahrung der PendlerInnen in Österreich berücksichtigt.

6 Daten und Methoden Das Kapitel 6 repräsentiert das Methodenkapitel dieses Buches. Nach einem ersten überblicksmäßigen Abschnitt zu den verschiedenen Daten und Methoden in diesem Buch erfolgt die Kapitelgliederung nach den methodischen Zugängen, die in dieser Studie zur Erforschung der subjektiven Bewertungen des Pendelns eingesetzt werden. Im zweiten Abschnitt wird das verwendete Mixed-Methods Design besprochen, wobei auch der eigene Forschungsprozess im Rahmen der Methodenkombination visualisiert wird. Der zweite und der dritte Abschnitt beschäftigen sich mit den quantitativen und den qualitativen Methoden. Es wird jeweils genau auf die Datenerhebung und Datenauswertung eingegangen. 6.1 Überblick zu Daten und Methoden in diesem Buch Empirische Basis dieses Buches bilden quantitative und qualitative Daten aus dem WWTF-Forschungsprojekt TRANSLAB („Cross-Border Labour Mobility, Transnational Labour Markets and Social Differentiation in the Central European Region“). Das TRANSLAB-Projekt orientierte sich in der Datengewinnung an Methoden des „ethnosurvey“, einer etablierten Datenerhebungsstrategie in der Migrationsforschung, die zur Untersuchung der Arbeitsmigration zwischen Mexiko und USA entwickelt wurde (Massey 1987; Massey und Espinosa 1997) und auch im europäischen Kontext mehrfach Anwendung fand (Kalter 2011; Massey et al. 2008; Mullan und Frejka 1995; Wallace und Vincent 2007).95 Vor diesem methodologischen Hintergrund wurden im TRANSLAB-Projekt verschiedene Datentypen erzeugt, auf die diese Dissertation zugreifen wird: x

95

eine standardisierte Befragung (TRANSLAB-Survey) von ÖsterreichPendlerInnen und NichtmigrantInnen, die in den Grenzregionen von Tschechien, Slowakei und Ungarn zu Österreich wohnen (N = 2.687), realisiert Der „ethnosurvey“ wurde aus der Einsicht heraus konzipiert, dass amtliche Statistiken das Phänomen der Migration nur bedingt widerspiegeln können. Im Kern besteht der „ethnosurvey“ aus dem simultanen Einsatz von Survey-Methoden und ethnographischen/qualitativen Methoden innerhalb eines einzigen Forschungsdesigns. Die methodologische Leitphilosophie lautet, dass sich qualitative und quantitative Methoden einander ergänzen und durch die Methodenverknüpfung eine größere Validität und Reliabilität der Ergebnisse erzeugt wird als bei Verwendung von nur einer dieser Methoden (vgl. Massey 1987: 1503f.).

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 R. Haindorfer, Lebenszufriedenheit und Pendelerfolg, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26791-9_6

126

x

6 Daten und Methoden vom Projektteam des Instituts für Soziologie in Kooperation mit GfK Austria. qualitative, episodische Interviews mit ungarischen PendlerInnen, die in der österreichischen Gastronomie und Hotellerie Erfahrung gesammelt haben (N = 27), durchgeführt von mir selbst.96

Zur Kontextualisierung und Einordnung der eigenen Ergebnisse wurden zusätzlich amtliche Statistiken (u.a. Statistik Austria Mikrozensus/LFS) herangezogen. Der Schwerpunkt der Analysen in dieser Arbeit liegt auf der standardisierten Befragung (TRANSLAB-Survey) und den qualitativen, episodischen Interviews. Diese beiden Datensorten werden im Rahmen des gewählten Mixed-Methods Designs systematisch miteinander in Verbindung gebracht. Das Mixed-Methods Design in dieser Studie wird eingesetzt, um ein besseres Verständnis des Untersuchungsgegenstands zu erzielen. Der Grund für das Mixen der beiden Daten und Methoden in dieser Studie liegt in der Feststellung, dass weder quantitative noch qualitative Methoden für sich genommen ausreichend sind, um die Trends und die Details eines Untersuchungsgegenstands (subjektive Bewertungen) zu erfassen. In Kombination aber ergänzen sich diese beiden Methoden und dies erlaubt eine robustere Analyse, durch das Nützen der jeweiligen Stärken der Methoden (vgl. Ivankova et al. 2006: 4). 6.2 Das Mixed-Methods Design dieser Studie 6.2.1 Grundlagen und Ziele Die Kombination der quantitativen und qualitativen Methoden in dieser Dissertation folgt den Prinzipien des „Sequential Mixed Designs“. Entsprechend diesem Design erfolgen in einer Untersuchung zumindest zwei verschiedene methodische Stränge chronologisch (QUAN Æ QUAL oder QUAL Æ QUAN). Diese Form der Verschränkung von quantitativen und qualitativen Methoden beantwortet konfirmatorische und explorative Fragen in einer vorab definierten Reihenfolge. Die Schlussfolgerungen aus den Ergebnissen des ersten Strangs gehen 96

Außerdem wurden im TRANSLAB-Projekt von den beiden ProjektmitarbeiterInnen qualitative ExpertInneninterviews mit EURES-BeraterInnen, BürgermeisterInnen sowie UnternehmerInnen, die in den Regionen von Centrope agieren (N = 24), umgesetzt.

6.2 Das Mixed-Methods Design dieser Studie

127

in einer solchen Untersuchung in das Design des zweiten Strangs ein. Die finalen Schlussfolgerungen basieren auf den Ergebnissen der beiden Stränge der Studie. Der zweite methodische Strang wird entweder zur Bestätigung/Widerlegung von Schlussfolgerungen des ersten Strangs durchgeführt oder um weitere Erklärungen für die Ergebnisse des ersten Strangs zu liefern (vgl. Tashakkori und Teddlie 2009: 153f.). Diese von Tashakkori und Teddlie (2009) vorgestellten Grundprinzipien des sequentiellen Methodendesigns werden von Ivankova, Creswell und Stick (2006) in einem methodologischen Artikel anhand einer Beispielstudie (Ivankova 2004) hervorragend diskutiert und veranschaulicht. In Auseinandersetzung mit diesem methodologischen Artikel ist klar festzustellen, dass das eigene Mixed-Methods Vorgehen im Rahmen dieser Studie ein „Mixed-Methods Sequential Explanatory Design“ darstellt, d.h. eine spezifische Form eines sequentiellen Methodendesigns (vgl. Ivankova et al. 2006: 4). Die folgende Darstellung des eigenen Vorgehens im Mixen von quantitativen und qualitativen Methoden wird sich stark auf das Paper von Ivankova und KollegInnen (2006) beziehen. Vor diesem methodologischen Hintergrund kann das eigene Vorgehen möglichst verständlich und übersichtlich dargestellt werden. Das Mixed-Methods Sequential Explanatory Design ist definiert als „(…) collecting and analyzing first quantitative and then qualitative data in two consecutive phases within one study“ (Ivankova et al. 2006: 4). Dieses Design besteht aus zwei eigenen Phasen, wobei auf eine quantitative Phase eine qualitative Phase folgt. ForscherInnen, die mit einem solchen Design arbeiten, erheben und analysieren in der ersten Phase der Studie quantitative Daten. In der zweiten Phase werden qualitative Daten erhoben und analysiert. Diese Analysen helfen die in der ersten Phase erzielten quantitativen Ergebnisse zu erklären oder sie führen diese näher aus. Die zweite, qualitative Phase baut auf der ersten, quantitativen Phase auf und diese beiden Phasen werden in einem Zwischenstadium der Studie miteinander verbunden. Das dahinterstehende Grundprinzip dieses Ansatzes ist, dass die quantitativen Daten und Auswertungen ein allgemeines Verständnis des Forschungsproblems liefern. Die qualitativen Daten und Analysen verfeinern und erklären diese statistischen Befunde durch eine tiefergehende Untersuchung der Sichtweisen der Beteiligten (vgl. ebd. 2006: 4). Dieses Prinzip der Methodenkombination erscheint besonders dienlich bzw. aufschlussreich zu sein, wenn subjektive Bewertungen und Bewertungsdimensionen von Individuen untersucht werden, so wie es in der vorliegenden Studie der

128

6 Daten und Methoden

Fall ist. In Anwendung des sequentiellen Methodendesigns werden in dieser Untersuchung mit dem quantitativen bzw. konfirmatorischen Ansatz die vorab von den ForscherInnen im TRANSLAB-Fragebogen platzierten subjektiven Bewertungen des Pendelns (Lebenszufriedenheit bzw. Items zur Messung der subjektiven Erfolgsbewertungen) untersucht sowie potentielle Bewertungsdimensionen auf deren Relevanz geprüft. Mit dem qualitativen bzw. explorativen Ansatz werden daran anschließend die subjektiven Bewertungen hingegen aus einer weniger voreingenommenen Perspektive betrachtet. Im Unterschied zum quantitativen Vorgehen lässt aber die relativ geringe Anzahl an Beobachtungen streng genommen keinerlei Rückschlüsse auf die Verbreitung und Bedeutung der auf qualitative Weise identifizierten Bewertungen, Bewertungsdimensionen sowie Erfolgskonzepte in der Gesamtheit der Ost-West-PendlerInnen zu. Vor diesem Hintergrund dürfte die Kombination von quantitativen und qualitativen Methoden für die vorliegende Studie also besonders gewinnbringend sein. Auch Bahna (2015) erachtet im Conclusio seiner quantitativen Studie zur Arbeitszufriedenheit von slowakischen PflegerInnen in Österreich eine Kombination von quantitativen und qualitativen Methoden als besonders wichtig, um die subjektiven Bedeutungen besser verstehen zu können: „We are aware that our quantitative approach can not grasp the full complexity of what satisfaction with their work situation may mean for them. A combination of qualitative and quantitative techniques would be necessary to fully cover the issue in the researched context” (Bahna 2015: 16).

Diesem Erkenntnisziel soll das gewählte Mixed-Methods Design dienlich sein. 6.2.2 Priorität, Implementierung und Integration der quantitativen und qualitativen Methoden Wichtige methodische Fragen, denen man sich in einer Mixed-Methods Studie stellen muss, betreffen die Priorität, Implementierung und Integration der quantitativen und qualitativen Zugänge. Dahingehend ist zu überlegen, ob der quantitative oder qualitative (oder beide) Zugang mehr Bedeutung im Forschungsdesign hat. Des Weiteren ist eine Reihenfolge von quantitativer und qualitativer Datenerhebung und -auswertung einzurichten. Und es ist zu entscheiden an welcher Stelle das Mixen oder Integrieren der quantitativen und qualitativen Zugänge in

6.2 Das Mixed-Methods Design dieser Studie

129

einer Studie tatsächlich passiert (vgl. ebd. 2006: 9). Wie mit diesen drei wichtigen methodischen Fragen in der eigenen Studie umgegangen wird, bildet den Gegenstand des folgenden Abschnitts, der in diesem Zusammenhang zugleich den eigenen Forschungsprozess im Rahmen des gewählten Mixed-Methods Designs referiert. Um die eigene Vorgehensweise für die LeserInnen dieser Studie besser verständlich zu machen, wurde ein visuelles Modell erstellt, das die wichtigsten methodischen Schritte grafisch veranschaulicht und so den gesamten Forschungsprozess dieser Studie zusammenfasst (siehe Abbildung 8). 6.2.2.1 Priorität Die Priorität liegt in dieser Studie klar auf der quantitativen Untersuchung. Die Daten und Analysen der quantitativen Untersuchung umfassen PendlerInnen aus allen drei Herkunftsländern sowie aus verschiedenen Branchen, währenddessen die qualitative Vertiefungsstudie oder Fallstudie nur ungarische PendlerInnen beinhaltet, die Erfahrungen in der österreichischen Gastronomie und Hotellerie gesammelt haben. Diese Überlegungen zur Prioritätensetzung bei den verschiedenen methodischen Zugängen innerhalb dieser Studie werden durch die methodische Literatur zum Mixed-Methods Sequential Explanatory Design untermauert: „In the sequential explanatory design, priority, typically, is given to the quantitative approach because the quantitative data collection comes first in the sequence and often represents the major aspect of the mixed-methods data collection process. The smaller qualitative component follows in the second phase of the research” (ebd. 2006: 9).

130

6 Daten und Methoden Phase

Vorgehensweise

Produkt

x

TRANSLAB-Survey (Fragebogenerstellung, Kooperation mit GfK Austria etc.)

x

Numerische Daten (N = 2.687)

x

Deskriptive und bivariate Auswertungen (branchenvergleichende Analysen zu nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen unter den PendlerInnen)

x

Statistische Befunde (relative Häufigkeit von nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen in verschiedenen Branchen)

x

Erstellung Samplingplan für qual. Vertiefungsstudie auf Basis statistischer Befunde Erstellung Interviewleitfaden (Einsatz von Fragen zu quantitativ beobachtbaren nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen)

x

Samplingplan für qual. Vertiefungsstudie

x

Interviewleitfaden

QUANTITATIVE Datenerhebung

QUANTITATIVE Datenanalyse (erste Auswertungen)

Verbindung quantitati ve & qualitative Phasen

x

Qualitative Datenerhebung

x

Qualitative, episodische Interviews mit PendlerInnen in der Gastronomie und Hotellerie

x

Qualitative Daten, Interviewtranskripte (N = 27)

x

Deskriptive, bivariate und multivariate Auswertungen Interpretation und Verschriftlichung der quant. Ergebnisse

x

Statistische Befunde

x

Vorläufige Version des Ergebniskapitels

x

Themenanalyse: (a) Auswahl von bestimmten Themen der quantitativen Ergebnisse die mit qualitativen Ergebnissen weiter erklärt werden (selektive Auswahl von Fallbeispielen), (b) Zusammenstellung von Themen bzw. relevanten Bewertungsdimensionen und Erfolgskonzepten des Pendelns aus Sicht der PendlerInnen

x

(a) Fallbeispiele die den quant. Ergebnissen im Rahmen von „qualitativen Vertiefungen“ im Ergebnisteil zugespielt werden, (b) Darstellung von relevanten Bewertungsdimensionen und Erfolgskonzepten des Pendelns im Ergebnisteil

x

Integration der qual. Ergebnisse in den Ergebnisteil, Interpretation und Verschriftl.: (a) weitere Erklärung der quant. Ergebnisse durch die qual. Ergebnisse, (b) spezifische Betrachtung der qual. Ergebnisse

x

Ergebniskapiteln (und in weiterer Folge: Conclusio)

QUANTITATIVE Datenanalyse (& erste Verschriftlichung der quantitati ven Ergebnisse)

x

Qualitative Datenanalyse

Integration von quantitati ven & qualitativen Ergebnissen

Abbildung 8: Visuelles Modell Forschungsprozess im Rahmen des Mixed-Methods Designs97 97

In der Grafikerstellung wurden die zehn Regeln für das Zeichnen visueller Modelle für MixedMethods Designs nach Ivankova & KollegInnen berücksichtigt (vgl. Ivankova et al. 2006: 15).

6.2 Das Mixed-Methods Design dieser Studie

131

6.2.2.2 Implementierung Die Implementierung der methodischen Zugänge erfolgte im Großen und Ganzen in der für das Mixed-Methods Sequential Explanatory Design üblichen Aufeinanderfolge von quantitativen und qualitativen Daten und Methoden, indem zunächst eine quantitative Erhebung und Analyse und im Anschluss daran eine qualitative Erhebung und Analyse durchgeführt wurde: “In the sequential explanatory design, the data are collected over the period of time in two consecutive phases. Thus, a researcher first collects and analyzes the quantitative data. Qualitative data are collected in the second phase of the study and are related to the outcomes from the first, quantitative, phase” (ebd. 2006: 10).98

Im Unterschied zu einer strengen Auslegung des Mixed-Methods Sequential Explanatory Designs war aber die quantitative Auswertung zum Zeitpunkt der qualitativen Datenerhebung noch nicht abgeschlossen (für die Nachvollziehbarkeit der Reihenfolge der einzelnen Schritte der quantitativen und qualitativen Datenerhebung und –auswertung in dieser Studie siehe Abbildung 8). Aufgrund der zeitlichen und finanziellen Machbarkeit dieser Studie war ein derart früher Zeitpunkt für die qualitative Datenerhebung jedoch absolut notwendig. 6.2.2.3 Integration Die Integration bezieht sich auf die Stufe oder die Stufen des Forschungsprozesses in welchem die Integration (oder das Mixen) der quantitativen und qualitativen Methoden in einer Mixed-Methods Studie vollzogen wird. Dabei gibt es eine Reihe von verschiedenen Möglichkeiten (von der Zielformulierung einer Studie bis hin zur Interpretation von Ergebnissen) (vgl. ebd. 2006: 11). Im vorliegenden Anwendungsfall dieses Mixed-Methods Designs fand die Integration der quantitativen und qualitativen Methoden auf der Ebene der Ziel- und Fragestellungen sowie der Interpretation der Ergebnisse statt. In sequentiellen Mixed-Methods Designs werden (zusätzlich zu diesen Möglichkeiten), quantitative und qualitative Phasen in einem Zwischenstadium 98

Die Entscheidung diesem Ablauf von quantitativer-qualitativer Datenerhebung und -analyse zu folgen ist abhängig von den Forschungszielen und Forschungsfragen „seeking for the contextual field-based explanation for the statistical results“ (vgl. Ivankova et al. 2006: 10).

132

6 Daten und Methoden

der Studie verbunden „when the results of the data analysis in the first phase of the study inform or guide the data collection in the second phase“ (ebd. 2006: 11). Im Mixed-Methods Sequential Explanatory Design werden die zwei Phasen üblicherweise dadurch verbunden, dass die Auswahl der Untersuchungssubjekte für die qualitative Follow-up Analyse (zweite Phase) auf der Grundlage der quantitativen Ergebnisse (erste Phase) stattfindet. Ein weiterer möglicher Verbindungspunkt, so Ivankova und KollegInnen, ist die Entwicklung von qualitativen Leitfäden auf Basis der quantitativen Befunde, um die quantitativen Ergebnisse tiefgehender in der zweiten Phase der Studie untersuchen zu können (vgl. ebd. 2006: 11). Der kommende Punkt geht nun auf die Verbindung der quantitativen und qualitativen Phasen in dieser Studie ein, während sich der darauffolgende Punkt der Integration widmet. Verbindung der quantitativen und qualitativen Phasen Ein besonderer Schwerpunkt in der Verbindung der quantitativen und qualitativen Phasen wurde auf die quantitative und qualitative Betrachtung der subjektiven Bewertungen von offensichtlich nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen unter den Ost-West-PendlerInnen gelegt. Dieser Fokus wurde in ersten quantitativen Auswertungen und anschließend in der qualitativen Datenerhebung (Fallauswahl mittels eines selektiven Samplings, Entwicklung des qualitativen Leitfadens) verfolgt und somit ein verbindendes Element zwischen den quantitativen und qualitativen Phasen dieser Studie geschaffen. Bereits in den ersten quantitativen Auswertungen zeigte sich, dass ausgewählte, quantitativ zu beobachtende nachteilige Arbeitsmarkterfahrungen beim Einstieg der PendlerInnen in den österreichischen Arbeitsmarkt in der Gastronomie- und Hotellerie relativ häufig zu beobachten sind. Die damalige Auswahl fokussierte auf Erfahrungen von Dequalifizierung und Diskriminierung sowie Branchenwechsel. Mit diesem Wissen wurde das Sample der qualitativen Vertiefungsstudie auf PendlerInnen in der Gastronomie- und Hotelleriebranche begrenzt und es wurden – unter Beibehaltung des Prinzips der Offenheit qualitativer Forschung – gezielte Fragen zu Erfahrungen, Deutungen und Bewertungen dieser drei Problemlagen im Leitfaden platziert.99 Ergänzend wurde in dieser Weise auch die irreguläre Beschäftigung, 99

Dass die österreichische Gastronomie und Hotellerie insgesamt einen optimalen Ausschnitt repräsentiert um die subjektiven Bewertungen speziell mit Hinblick auf nachteilige Arbeits-

6.2 Das Mixed-Methods Design dieser Studie

133

als weitere offensichtlich nachteilige Arbeitsmarkterfahrung, in diese spezifische Betrachtung miteingeschlossen (siehe Abbildung 9). Methodologisch betrachtet fokussierte die qualitative Vertiefungsstudie daher auf die Untersuchung von typischen MerkmalsträgerInnen (vgl. ebd. 2006: 11f.) bzw. auf die vertiefende Untersuchung der genannten Erfahrungen und ihrer subjektiven Bewertungen. Die Auswahl der InterviewpartnerInnen für die vertiefende qualitative Analyse wurde ferner auf ungarische PendlerInnen eingeschränkt, da bereits eigene Erfahrungen im Zugang zu dieser Untersuchungsgruppe vorgelegen sind (Haindorfer 2010,2013) sowie aus forschungspragmatischen Erwägungen (zeitlicher und organisatorischer Aufwand). x x x x

Beruflicher Wechsel/Branchenwechsel Ausbildungsadäquatheit der Beschäftigung/Dequalifizierung Benachteiligung gegenüber ÖsterreicherInnen irreguläre Beschäftigung

Abbildung 9: Ausgewählte nachteilige Arbeitsmarkterfahrungen für die Auswahl der Branche und die gemeinsame quantitative und qualitative Betrachtung 100

100

markterfahrungen zu untersuchen, bestätigt sich im Großen und Ganzen auch in den finalen Analysen bzw. kann man mit verschiedenen Messkonzepten bestätigen, dass die Gastronomie und Hotellerie einen optimalen Ausschnitt repräsentiert. An dieser Stelle ist außerdem zu erwähnen, dass abgesehen von den angeführten empirischen Argumenten auch mit Blick auf Wissensbestände der Sozialstrukturforschung die Gastronomie und Hotellerie, als besonderes Segment des österreichischen Arbeitsmarktes, einen optimalen Ausschnitt für eine vertiefende Analyse zu subjektiven Bewertungen von Problemlagen im Rahmen des Ost-West-Pendelns repräsentiert: (1) Es handelt sich um ein Tätigkeitsfeld, in dem ein relativ großer physischer Einsatz und niedriges Sozialprestige dominieren. PendlerInnen aus Tschechien, Slowakei und Ungarn (sowie Slowenien) sind in Österreich in sehr hohen Anteilen in dieser Branche beschäftigt (vgl. Wiesböck und Haindorfer 2014: 20), (2) Beschäftigte sind im österreichischen Gastgewerbe mit einem steigenden Niedriglohnrisiko konfrontiert (vgl. Fritsch et al. 2014: 104). Ein vermeintlich weiterer praktischer Vorteil einer vertiefenden qualitativen Analyse innerhalb der Gastronomie und Hotellerie besteht darin, dass, entsprechend der speziellen Beschäftigungsanforderungen dieser Branche in Österreich, gute Sprachkenntnisse eine der zentralen Voraussetzungen für die Stellenfindung darstellen. Dieser Umstand dürfte das Finden von Personen mit ausreichenden Deutschkenntnissen maßgeblich erleichtern. Die Bezeichnungen für die nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen in der Abbildung (so auch im Leitfaden der qualitativen Interviews verwendet) lauten in den quantitativen Analysen: Wechsel der Branche, berufliche Passung: überqualifizierte Beschäftigung bzw. Wechsel von beruflicher Passung (von Match in überqualifiziert), Erfahrungen von Benachteiligung im Betrieb aufgrund der ethnischen Herkunft (ethnische Diskriminierung) sowie (gleichlautend) irreguläre Beschäftigung.

134

6 Daten und Methoden Integration der quantitativen und qualitativen Ergebnisse

Die empirischen Ergebnisse der quantitativen und qualitativen Phasen werden auf Basis einer Integration in Frage- und Zielstellungen (Formulierung von quantitativen und qualitativen Frage- und Zielstellungen) und im Rahmen der Interpretation der Ergebnisse integriert. Im Folgenden wird besprochen, wie die Integration der Ergebnisse aus den quantitativen und qualitativen Phasen in diesem Buch durchgeführt wird. So wird eine Auswahl von bestimmten Themen der quantitativen Ergebnisse getroffen, die mit qualitativen Ergebnissen weiter erklärt werden. Dafür wird eine selektive Auswahl von Fallbeispielen aus dem qualitativen Datenmaterial getroffen, die den quantitativen Ergebnissen im Rahmen von „qualitativen Vertiefungen“ im Ergebnisteil zugespielt werden. Zu diesem Zeitpunkt liegen die quantitativen Ergebnisse dieser Studie sowie eine erste Verschriftlichung dieser Ergebnisse bereits vor. Im Zuge dieses Schritts kommt das qualitative Auswertungsverfahren der Themenanalyse (Froschauer und Lueger 2003) zum Einsatz. Die Auswahl der Themen wird mit Blick auf die Forschungsinteressen sowie interessante und auffällige quantitative Ergebnisse vollzogen, unter der Überschrift der weiteren Erklärung der quantitativen Ergebnisse durch die qualitativen Ergebnisse. 101 Konkreter gesprochen werden die den quantitativen Ergebnissen zugespielten qualitativen Informationen zur weiteren Erklärung und zur Illustrierung/Veranschaulichung der quantitativen Ergebnisse eingesetzt. Wo dies als besonders interessant erscheint, werden außerdem auch den quantitativen Ergebnissen zuwiderlaufende Sichtweisen inkludiert. Ein zentraler Kristallisationspunkt in der Kombination der quantitativen und qualitativen Befunde wird in der detaillierten Betrachtung der subjektiven Bewertungen von den vier oben angeführten nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen (z.B. irreguläre Beschäftigung) stehen. Abschließend ist zu betonen, dass die Integration der qualitativen Ergebnisse in den Ergebnisteil eine Auswahl und keine vollständige Erfassung der qualitativen Informationen repräsentiert.

101

Die Konzeption der weiteren Erklärung der Ergebnisse durch die andere methodische Zugangsweise ist in der Methodenliteratur zu sequentiellen Methodendesigns nicht klar definiert. Ivankova und KollegInnen sprechen unter der Überschrift der Erklärung relativ breit von näherer Ausführung oder Verfeinerung und Erklärung der quantitativen Ergebnisse durch die qualitativen Ergebnisse (vgl. ebd. 2006: 5). Diese Studie folgt diesem Zugang.

6.3 Quantitative Methoden

135

6.3 Quantitative Methoden 6.3.1 Der TRANSLAB-Survey: Erhebungsmethoden Für die quantitativen Analysen zu den Erwerbsverläufen der Ost-WestPendlerInnen und ihren subjektiven Bewertungen wurde auf den TRANSLABSurvey zurückgegriffen. Der TRANSLAB-Survey wurde in Zusammenarbeit zwischen dem Institut für Soziologie der Universität Wien und dem Markt- und Sozialforschungsinstitut GfK Austria realisiert. Basierend auf einer Quotenstichprobe wurden von GfK Austria und seinen osteuropäischen Partnerinstituten (sowie mehreren selbständigen InterviewerInnen) zwischen 2012 und 2013 insgesamt 1.347 Österreich-PendlerInnen und eine Vergleichsgruppe von 1.340 NichtmigrantInnen mittels Face-to-Face Interviews in den nordöstlichen Grenzregionen von Tschechien, Slowakei und Ungarn zu Österreich befragt (siehe Tabelle 7).102 Tabelle 7: PendlerInnen und NichtmigrantInnen im TRANSLAB-Survey 2012/2013

PendlerInnen NichtmigrantInnen Gesamt

Tschechien 289 520 809

Slowakei 505 416 921

Ungarn 553 404 957

Gesamt 1.347 1.340 2.687

Quelle: TRANSLAB-Survey 2012/2013; eigene Berechnungen.

Der Fragebogen des TRANSLAB-Surveys wurde vom Projektteam des Instituts für Soziologie erstellt und von GfK Austria in die jeweiligen Landessprachen 102

Ursprünglich war geplant in allen drei Grenzregionen die gleiche Anzahl an PendlerInnen und NichtmigrantInnen zu befragen (je 800 Befragte, davon 400 PendlerInnen und 400 NichtmigrantInnen). Im Endergebnis der Stichprobenziehung unterscheiden sich die Fallzahlen der befragten PendlerInnen und NichtmigrantInnen zwischen den drei Regionen. Ausschlaggebend dafür war die relativ schwierige Erreichbarkeit von tschechischen PendlerInnen, vermutlich bedingt durch das vergleichsweise geringere PendlerInnenaufkommen in der tschechischösterreichischen Grenzregion. Zur Kompensation der ausgelassenen Interviews mit tschechischen PendlerInnen wurden von GfK die Fallzahlen bei NichtmigrantInnen aus allen Ländern sowie PendlerInnen aus der Slowakei und Ungarn erhöht. Zudem wurden vom Projektteam des Instituts für Soziologie mehrere Werkverträge mit selbständigen InterviewerInnen abgeschlossen, womit eine Reihe von weiteren Interviews mit tschechischen PendlerInnen erhoben werden konnten (einige dieser zusätzlichen Interviews wurden potentiell erst im Jahr 2014 geführt).

136

6 Daten und Methoden

übersetzt. Alle Interviews fanden in der jeweiligen Landessprache statt. Im Durchschnitt betrug die Befragungsdauer rund 35 Minuten. Die Übersetzung wurde vom Projektteam des Instituts für Soziologie unter Zuhilfenahme von „MuttersprachlerInnen“ gegengeprüft. Zur Fragebogenentwicklung wurden eine Reihe von Pretests in Tschechien, Slowakei und Ungarn durchgeführt. Für die Befragung ausgewählt wurden aktuell erwerbstätige Personen (mind. 20h/Woche Erwerbstätigkeit), zwischen 21 und 65 Jahren alt, die ihren Hauptwohnsitz in den Grenzregionen Jihomoravský kraj (Tschechien), Bratislava, Trnava (Slowakei), Győr-Moson-Sopron und Vas (Ungarn) haben. 103 Ein weiteres Auswahlkriterium bestand darin, dass die PendlerInnen maximal 120 Minuten von ihrem Hauptwohnsitz zur Arbeitsstelle nach Österreich benötigen (mit Zug, PKW etc.).104 Damit wurde, wie beabsichtigt, vor allem das grenznahe Tagespendeln in die Stichprobe eingefangen. Um die regionale Struktur der jeweiligen Herkunftsregionen adäquat abzubilden wurden anhand von Informationen zu Bezirken und Gemeindegrößenklassen per Clustering-Verfahren und Zufallsauswahlen konkrete Gemeinden als „Sampling Points“ definiert. Das TRANSLAB-Sample beinhaltet dadurch eine größtmögliche Bandbreite an urbanen Zentren, kleineren Städten sowie Dörfern der Grenzregionen. Auf der Grundlage eines Quotenplans suchten die InterviewerInnen in den Grenzregionen, Gemeinden bzw. „Sampling Points“ nach geeigneten RespondentInnen. Für das Auffinden der Zielpersonen wurde eine Vielzahl an Strategien eingesetzt. Die InterviewerInnen, von denen der Großteil selbst in den 103

104

An dieser Stelle ist der Umgang mit der Altersvariable in dieser Studie zu erwähnen. Bei einigen Interviews fehlen die Datumsangaben (Datum des Interviews) die für die Berechnung des Alters zum Zeitpunkt des Interviews herangezogen werden können. Daher wurden neben jenen Fällen die zum Zeitpunkt des Interviews tatsächlich, auch jene die potentiell, unter 21 bzw. über 65 Jahren waren von Tabelle 14 sowie Tabelle 17 bis 19 (bei den Auswertungen zu den Altersdifferenzen) von den Analysen ausgeschlossen da in diesen Analysen die Befragten mit anderen sozialen Gruppen dieser Alterskategorien verglichen bzw. explizit diese Alterskategorien betrachtet werden. Dabei ist aber zu ergänzen, dass in diesen Analysen auch bei einer Reihe von weiteren Fällen die Altersangaben potentiell um 1 Jahr falsch kodiert sind. Bei allen anderen Auswertungen wurde das Alter der Befragten von einem gemeinsamen Zeitpunkt auf der Basis des Geburtsdatums der Befragten berechnet (tatsächlich und potentiell sind dabei also einige Befragte in den Analysen eingeschlossen die unter 21 bzw. über 65 Jahren alt waren zum Zeitpunkt des Interviews). So können die realen Altersdifferenzen der Befragten (z.B. in multivariaten Regressionsanalysen) berücksichtigt werden. Als Resultat dieses Umgangs mit der Altersvariable gibt es bei den Auswertungen geringfügige Unterschiede in den Fallzahlen und in den Ergebnissen. Einige der interviewten PendlerInnen benötigen länger als 120 Minuten, wurden aber trotzdem interviewt bzw. in die Analysen aufgenommen.

6.3 Quantitative Methoden

137

Grenzregionen wohnt, befragten zunächst in ihren eigenen persönlichen Netzwerken Personen mit den entsprechenden Merkmalen. Die InterviewerInnen suchten ferner auf öffentlichen Plätzen wie Krankenhäusern, Museen, Bushaltestellen und Bahnhöfen nach potentiellen RespondentInnen. In mehreren Fällen reisten die InterviewerInnen auch mit geeigneten Zielpersonen im Zug mit, um die Befragung realisieren zu können. Des Weiteren gelangten die InterviewerInnen über die Suche in Online-Netzwerken (wie etwa Facebook) oder durch die Aufgabe von Zeitungsinseraten zu den Befragten. Einige InterviewerInnen reisten zudem in das österreichische Grenzgebiet, zum Beispiel nach Hainburg an der Donau oder nach Wien, um in Kontakt mit PendlerInnen zu kommen (und suchten z.B. in Einkaufszentren oder Thermen). Bei all diesen Strategien wurde die Auswahltechnik des „Schneeballverfahrens“ (Gabler 1992) eingesetzt, dem Finden von InterviewpartnerInnen durch die Kontaktaufnahme über bereits interviewte Personen. Zum Ausmaß und zur Arbeitsmarktintegration der PendlerInnen aus Tschechien, Slowakei und Ungarn in Österreich gibt es nur wenig umfangreiche Informationen. Das TRANSLAB-Projektteam entschied sich aus diesem Grund für eine Quotenauswahl der Untersuchungseinheiten auf der Basis der verfügbaren amtlichen Statistiken. Zur bestmöglichen Annäherung orientierte sich die Quotierung des Subsamples der PendlerInnen an Informationen der österreichischen Arbeitsmarktstatistik (Daten aus dem AMS-Erwerbskarrierenmonitoring). Die AMS-Daten basieren auf Daten des Hauptverbands der österreichischen Sozialversicherungsträger (HV) und erfassen unselbständig Beschäftigte.105 Für die Gruppe der PendlerInnen aus Tschechien, Slowakei und Ungarn sind Informationen zu deren Alter, Geschlecht und Branche (NACE Klassifikation) verfügbar.106 Diese statistische Grundlage wurde für die Quotierung der Geschlechtsund Altersverteilung der Stichprobe der PendlerInnen im TRANSLAB-Survey verwendet. Um systematische Vergleiche zwischen den grenzübergreifend mobilen und nichtmobilen Bevölkerungsgruppen der nordöstlichen Grenzregionen 105

106

Die verwendeten AMS-Daten sind auf Anfrage bei der Statistikabteilung des AMS erhältlich. Folgende Personengruppen sind in dieser Datenbasis nicht enthalten: geringfügig Beschäftigte, selbständig bzw. freiberuflich tätige Personen, WerkvertragsnehmerInnen sowie ausländische Beschäftigte die aus der Bewilligungspflicht des AMS herausfallen wie etwa die Betreuungskräfte im Rahmen der Rund-um-die-Uhr-Betreuung (vgl. AMSc). Es handelt sich dabei genauer gesagt um StaatsbürgerInnen dieser drei Länder die in Österreich arbeiten und im Ausland ihren Hauptwohnsitz haben.

138

6 Daten und Methoden

sicherzustellen wurde auch das Subsample der NichtmigrantInnen mittels einer Quotenauswahl erhoben.107 Da die Umfrage auf keiner Zufallsstichprobe beruht, sind die Ergebnisse nicht repräsentativ für die Grundgesamtheit der PendlerInnen und NichtmigrantInnen in der Centrope-Region. Zu den Untersuchungseinheiten (PendlerInnen) sind keine vollständigen Informationen zu deren Vorkommen in der Grundgesamtheit verfügbar und es existiert insofern keine Grundlage (wie bestenfalls ein Register), das für eine Zufallsauswahl der Untersuchungseinheiten herangezogen werden könnte.108 Informationen aus dem TRANSLAB-Survey können daher als Ergänzung zu Informationen aus amtlichen Bevölkerungsdaten und anderen qualitativen und quantitativen Daten angesehen werden. 6.3.2 Datenauswertung I: Messkonzepte (Operationalisierung) und deskriptive Statistiken aller abhängigen und unabhängigen Variablen Diese Sektion des Methodenkapitels widmet sich der Darstellung der verwendeten Messkonzepte (Operationalisierung) sowie der deskriptiven Statistiken aller verwendeten abhängigen und unabhängigen Variablen (mitsamt Kontrollvariablen), die in den multivariaten Analysen zur Messung der Allardt’schen Triade von Having, Loving und Being (Allardt 1997) im Kontext des grenzübergreifenden Ost-West-Pendelns in Centrope eingesetzt werden (siehe Tabelle 8 bis 12).109 Diese Zusammenschau repräsentiert zugleich die dieser Studie zugrunde liegende Stichprobenstruktur des TRANSLAB-Surveys. Die deskriptiven Statistiken beinhalten neben Lage- und Streuungsmaßen auch einen systematischen Vergleich (statistische Differenztests) der durchschnittlichen Bedürfnisbefriedigung in den verschiedenen ökonomischen und nicht-ökonomischen Lebensbedingungen zwischen der Gruppe der PendlerInnen und der Gruppe der Nichtmig107

108

109

Für diese Gruppe konnten jedoch im Vergleich zu den PendlerInnen auf der Grundlage amtlicher Statistiken („Labour Force Survey“ Daten aus den drei Herkunftsländern) zusätzliche Quoten für das formale Bildungsniveau erstellt werden. Das Problem der quantitativen Beobachtung von zirkulären MigrantInnen stellt sich jedoch nicht nur in Central Europe sondern in allen Regionen der Welt. Für vergleichbare Herausforderungen in Primärerhebungen zu zirkulären Migrationsgruppen sowie dem praktischen Umgang damit siehe z.B. Massey (1987) und Pries (2004) zur Grenzregion Mexiko-USA. Teilweise gibt es bei den Messkonzepten Abweichungen zu den deskriptiven und bivariaten Analysen, z.B. wird bei der Variable Betriebsgröße die Kategorie 4 in Tabelle 14 (Hauptmerkmale-Tabelle) als Missing definiert und bei den multivariaten Analysen als eigene Kategorie betrachtet.

6.3 Quantitative Methoden

139

rantInnen, einschließlich entsprechender Vergleiche bei der Lebenszufriedenheit und den Kontrollvariablen. Obwohl die Unterschiede zwischen PendlerInnen und NichtmigrantInnen nicht im Zentrum dieser Arbeit stehen, kann mit Blick auf diese deskriptiven Statistiken hier festgehalten werden, dass sich die PendlerInnen und NichtmigrantInnen in fast allen der betrachteten Charakteristika im Durchschnitt signifikant voneinander unterscheiden. Eine genauere Auseinandersetzung mit den sozialen, kulturellen und ökonomischen Unterschieden zwischen diesen beiden sozialen Gruppen in Centrope bedarf aber einer eigenen theoretischen und empirischen Analyse und bildet nicht den Gegenstand dieses Buches. 110 Die folgenden Tabellen sind auch als Nachschlageoption für die LeserInnen dieser Studie zu verstehen, auch die multivariate Ergebnisdiskussion wird sich auf diese deskriptiven Statistiken beziehen. 6.3.2.1 Abhängige Variablen: Subjektive Bewertungen des Ost-West-Pendelns Zur Untersuchung der subjektiven Bewertungen des Ost-West-Pendelns werden in dieser Studie einerseits die Lebenszufriedenheit und andererseits subjektive Erfolgsbewertungen des Pendelns hinsichtlich des allgemeinen Lebens zum Einsatz gebracht (siehe Tabelle 8). Die Lebenszufriedenheit der Befragten basiert auf der Frage nach einer allgemeinen Selbsteinschätzung („Wie zufrieden sind Sie – alles in allem – mit ihrem gegenwärtigen Leben?“) bei der sich die Befragten auf einer 10-stufigen endpunktbenannten Antwortskala (1 „äußerst unzufrieden“ bis 10 „äußerst zufrieden“) einordnen konnten. Das Konzept zur Messung der allgemeinen Lebenszufriedenheit auf einer 10-Punkte-Skala ist in der internationalen Forschung weit verbreitet (siehe z.B. Bartram 2011 unter Verwendung des World Value Surveys). Der allgemeine Pendelerfolg („Wenn Sie heute Bilanz ziehen, hat sich in Bezug auf Ihr allgemeines Leben das Arbeiten in Österreich für Sie alles in allem gelohnt?“) basiert auf einer 5-stufigen endpunktbenannten Antwortskala (1 „gar nicht“ bis 5 „in sehr hohem Maße“).

110

Interessant ist in diesem Zusammenhang zum Beispiel eine eigene frühere Studie zu den gruppenspezifischen Einstellungen und sozialen Beziehungen zwischen PendlerInnen und NichtmigrantInnen in einer westungarischen Herkunftsgemeinde (Haindorfer 2010,2013).

140

6 Daten und Methoden

Tabelle 8: Deskriptive Statistiken zu abhängigen Variablen für PendlerInnen und Differenztests der MW zwischen PendlerInnen und NichtmigrantInnen

PendlerInnen

Lebenszufriedenheit (1 = äußerst unzufrieden bis 10 = äußerst zufrieden) subj. Erfolg allgemeines Leben (1 = gar nicht bis 5 = in sehr hohem Maße)

MW

SA

Min

Max

NichtMigrantInnen MW

7.44***

1.84

1

10

6.57

4.49

0.75

1

5

-

Quelle: TRANSLAB-Survey 2012/2013; ungewichtete Analysen; eigene Berechnungen. Signifikanter Unterschied zwischen PendlerInnen und NichtmigrantInnen wurde mit einem t-Test geprüft; Signifikanzniveaus: +p < 0.1, *p < 0.05, **p < 0.01, ***p < 0.001. Lebenszufriedenheit: N = 1,282 (PendlerInnen), N = 1,197 (NichtmigrantInnen). Subj. Erfolg allgemeines Leben: N = 1,273.

6.3.2.2 Unabhängige Variablen: Having, Loving und Being Indikatoren sowie Kontrollvariablen Die Darstellung der verwendeten Messkonzepte bei den unabhängigen Variablen beginnt bei der Having-Bedürfnisdimension (siehe Tabelle 9). Das BruttoMonatseinkommen (in Euro) der Befragten wird mittels einer kategorialen Variable betrachtet, bei der die ursprünglichen 22 Einkommenskategorien anhand von inhaltlichen und praktischen Überlegungen (Fallzahlen) in sieben Einkommenskategorien zusammengefasst wurden. Zudem werden die Missings in dieser Variable in einer eigenen Kategorie erfasst. Die Variable relative Wohlstandsentwicklung („Wenn Sie sich Ihre persönlichen Lebensbedingungen vor Augen halten. Wie haben sich Ihre persönlichen Lebensbedingungen dann in den letzten fünf Jahren im Vergleich zu den anderen Leuten in Ihrer Gegend entwickelt?“) basiert auf einer 10-stufigen endpunktbenannten Antwortskala (1 „stark verschlechtert“ bis 10 „stark verbessert“). Die beiden Arbeitsbedingungen gesundheitliche Risiken mit der Arbeit verbunden („Mit meiner Arbeit sind gesundheitliche Risiken verbunden“) sowie Arbeitsplatzsicherheit („Mein Arbeitsplatz ist sicher“) basieren beide auf einer 5-stufigen endpunktbenannten Antwortskala (1 „trifft gar nicht zu“ bis 5 „trifft voll zu“).

6.3 Quantitative Methoden

141

Tabelle 9: Deskriptive Statistiken zu unabhängigen Variablen für PendlerInnen und Differenztests der Mittelwerte zwischen PendlerInnen und NichtmigrantInnen (Having-Dimension) PendlerInnen NichtMigrantInnen HAVING INDIKATOREN MW SA Min Max MW ÖKONOMISCHE RESSOURCEN Brutto-Monatseinkommen (in Euro) bis 899 0.15*** 0.36 0 1 0.71 900 bis 1.124 0.12* 0.33 0 1 0.10 1.125 bis 1.349 0.16*** 0.37 0 1 0.03 1.350 bis 1.649 0.20*** 0.40 0 1 0.02 1.650 bis 2.249 0.16*** 0.37 0 1 0.02 2.250 und mehr 0.07*** 0.26 0 1 0.00 Missings-Einkommen 0.14* 0.35 0 1 0.11 relative Wohlstandsentwicklung (1 = stark verschlechtert bis 10 = stark verbessert) 6.84*** 1.91 1 10 5.11 ARBEITSBEDINGUNGEN gesundheitliche Risiken mit der Arbeit verbunden (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) 2.77** 1.33 1 5 2.59 Arbeitsplatzsicherheit (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) 3.74*** 1.03 1 5 3.46 Pendeldauer (in Minuten) 63.86*** 30.77 5 180 26.83 BILDUNG formales Bildungsniveau geringe Bildung (ISCED 0-2) 0.09* 0.29 0 1 0.06 mittlere Bildung (ISCED 3-4) 0.77*** 0.42 0 1 0.68 höhere Bildung (ISCED 5-6) 0.14*** 0.35 0 1 0.26 deutsche Sprachkenntnisse (1 = gar nicht bis 5 = sehr gut) 3.94*** 0.94 1 5 1.93 GESUNDHEIT allgemeiner Gesundheitszustand (1 = sehr gut bis 5 = schlecht) 1.75*** 0.77 1 5 1.98 Quelle: TRANSLAB-Survey 2012/2013; ungewichtete Analysen; eigene Berechnungen. Signifikante Unterschiede zwischen PendlerInnen und NichtmigrantInnen wurden mit t-Tests geprüft; Signifikanzniveaus: +p < 0.1, *p < 0.05, **p < 0.01, ***p < 0.001. N = 1,283 (PendlerInnen), N = 1,200 (NichtmigrantInnen).

Die Pendeldauer wird in Minuten erfasst ((„Wie lange benötigen Sie für einen Weg zwischen Ihrem Hauptwohnsitz in Ungarn/Slowakei/Tschechien und Ihrem Arbeitsort mit dem von Ihnen am häufigsten benutzten Verkehrsmittel bzw. falls Sie zu Fuß gehen?“ Berücksichtigen Sie hierbei auch die Zu- und Abgangszeiten (von/zur Haltestelle bzw. von/zu den Verkehrsmitteln)). In die multivariaten Analysen wird auch der quadrierte Term Pendeldauer quadriert eingeschlossen

142

6 Daten und Methoden

(Stutzer und Frey 2007,2008). Das formale Bildungsniveau der Befragten wird auf Grundlage der im TRANSLAB-Survey abgefragten nationalen Bildungskategorien entsprechend der weit verbreiteten „International Standard Classification of Education“ (ISCED-Schema) kodiert. Geringe Bildung (ISCED 0-2) umfasst all jene RespondentInnen die maximal über einen Pflichtschulabschluss verfügen, mittlere Bildung (ISCED 3-4) bezieht sich auf jene Befragten, deren höchster Bildungsabschluss in einer Berufsausbildung (ohne Matura), in einer Matura oder einer postsekundären Ausbildung besteht, höhere Bildung (ISCED 5-6) weisen schließlich all jene Befragten auf, die eine tertiäre Ausbildung haben. Zur Berücksichtigung von Effekten der deutschen Sprachkenntnisse auf die subjektiven Bewertungen wurde eine Variable verwendet, die auf der Selbsteinschätzung der eigenen Sprachkenntnisse durch die Befragten basiert („Wie gut sprechen Sie folgende Sprachen?“). Der Wertebereich dieser verbalisierten Skala variiert zwischen 1 „gar nicht“ bis 5 „sehr gut“ (Van Tubergen und Kalmijn 2005). Die Gesundheit, eine weitere Having-Komponente, wird über den auf Selbsteinschätzung basierenden allgemeinen Gesundheitszustand der Befragten („Eine Frage zu Ihrer Gesundheit. Wie würden Sie Ihren Gesundheitszustand im Allgemeinen beschreiben?“; verbalisierte Skala von 1 „sehr gut“ bis 5 „schlecht“) operationalisiert (Amit und Litwin 2010). Im Folgenden wird auf die verwendeten Messkonzepte in der LovingDimension eingegangen (siehe Tabelle 10). Mittels des Indikators Zugehörigkeit/Identität werden PendlerInnen unterschieden die sich eher als jemand des jeweiligen Herkunftslandes (als TschechIn etc.), als MitteleuropäerIn, als EuropäerIn, WeltbürgerIn oder als nichts davon fühlen („Heute spricht man viel von Europa und Europäischer Integration. Wie ist das bei Ihnen? Fühlen Sie sich eher als Ungar/in/Slowak/in/Tschech/in, als Mitteleuropäer/in, als Europäer/in oder als Weltbürger/in?“) (Alaminos et al. 2007). Die Variable Work-Family Balance („Ich kann meine familiären und beruflichen Aufgaben gut miteinander vereinbaren“) basiert auf einer 5-stufigen endpunktbenannten Antwortskala (1 „trifft gar nicht zu“ bis 5 „trifft voll zu“). Der Partnerschaftsstatus unterscheidet Personen, die verheiratet oder in Partnerschaft leben von Singles. Die Variable Existenz eigene Kinder unterscheidet Personen, die eigene Kinder haben von Personen mit keinen eigenen Kindern.

6.3 Quantitative Methoden

143

Der Indikator Kontakthäufigkeit mit FreundInnen/Bekannten aus dem Herkunftsland die in Österreich arbeiten differenziert zwischen Personen die täglich, mehrmals die Woche, mehrmals im Monat, einmal im Monat, weniger als einmal im Monat sowie nie einen Kontakt zu solchen Personen haben („Wie oft treffen Sie sich privat mit ungarischen/slowakischen/tschechischen Freunden/innen oder Bekannten, die in Österreich arbeiten?). Dieselben Kategorien der Kontakthäufigkeit werden auch mit Bezug auf die Kontakthäufigkeit mit österreichischen FreundInnen betrachtet („Wie oft treffen Sie sich privat mit befreundeten Österreichern/Österreicherinnen?“). Tabelle 10: Deskriptive Statistiken zu unabhängigen Variablen für PendlerInnen und Differenztests der Mittelwerte zwischen PendlerInnen und NichtmigrantInnen (Loving-Dimension) PendlerInnen NichtMigrantInnen LOVING INDIKATOREN MW SA Min Max MW ZUGEHÖRIGKEIT/BINDUNGEN UND KONTAKTE ZUR LOKALEN GEMEINSCHAFT Zugehörigkeit/Identität jeweiliges Herkunftsland, als TschechIn etc. 0.72*** 0.45 0 1 0.81 MitteleuropäerIn 0.10+ 0.29 0 1 0.08 EuropäerIn 0.16*** 0.36 0 1 0.08 WeltbürgerIn 0.02 0.14 0 1 0.02 Nichts davon 0.01 0.09 0 1 0.01 ZUGEHÖRIGKEIT/BINDUNGEN ZU FAMILIE UND VERWANDTSCHAFT Work-Family Balance (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) 3.81 1.00 1 5 3.84 Partnerschaftsstatus verheiratet/Partnerschaft 0.63** 0.48 0 1 0.68 Single 0.37** 0.48 0 1 0.32 Existenz eigene Kinder eigene Kinder 0.59 0.49 0 1 0.62 keine eigenen Kinder 0.41 0.49 0 1 0.38 …

144

6 Daten und Methoden

…Fortsetzung von Tabelle 10: AKTIVE FREUNDSCHAFTSSTRUKTUREN Kontakthäufigkeit mit FreundInnen/Bekannten aus dem Herkunftsland die in Österreich arbeiten täglich 0.16*** 0.36 0 1 0.05 mehrmals die Woche 0.18*** 0.39 0 1 0.02 mehrmals im Monat 0.25*** 0.43 0 1 0.07 einmal im Monat 0.12*** 0.33 0 1 0.06 weniger als einmal im Monat 0.16 0.37 0 1 0.16 nie 0.13*** 0.34 0 1 0.63 Kontakthäufigkeit mit österreichischen FreundInnen täglich 0.08*** 0.27 0 1 0.00 mehrmals die Woche 0.13*** 0.33 0 1 0.00 mehrmals im Monat 0.20*** 0.40 0 1 0.02 einmal im Monat 0.11*** 0.32 0 1 0.02 weniger als einmal im Monat 0.19*** 0.39 0 1 0.08 nie 0.29*** 0.45 0 1 0.88 BEZIEHUNGEN ZU ARBEITSKOLLEGINNEN gutes Arbeitsklima (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) 4.12*** 0.84 1 5 3.85 Erfahrungen von Benachteiligung im Betrieb aufgrund der ethnischen Herkunft (ethnische Diskriminierung) (1 = stimme gar nicht zu bis 5 = stimme voll und ganz zu) 1.82 1.11 1 5 MIGRATIONSSPEZIFISCHES SOZIALKAPITAL Anzahl von Österreich-MigrantInnen aus Familie, Verwandtschaft und Freundeskreis 4.22*** 4.63 0 46 1.00 Quelle: TRANSLAB-Survey 2012/2013; ungewichtete Analysen; eigene Berechnungen. Signifikante Unterschiede zwischen PendlerInnen und NichtmigrantInnen wurden mit t-Tests geprüft; Signifikanzniveaus: +p < 0.1, *p < 0.05, **p < 0.01, ***p < 0.001. N = 1,283 (PendlerInnen), N = 1,200 (NichtmigrantInnen).

Die Variable gutes Arbeitsklima („Alles in allem herrscht ein gutes Arbeitsklima“) ist auf einer 5-stufigen endpunktbenannten Antwortskala skaliert (1 „trifft gar nicht zu“ bis 5 „trifft voll zu“). Erfahrungen von Benachteiligung im Betrieb aufgrund der ethnischen Herkunft (ethnische Diskriminierung) wurden mit folgendem Item gemessen: „Es kommt vor, dass ich in meinem Betrieb gegenüber Österreichern benachteiligt werde“. Für die Beantwortung dieser Aussage stand eine 5-stufige endpunktbenannte Antwortskala bereit (1 „stimme gar nicht zu“ bis 5 „stimme voll und ganz zu“). Das migrationsspezifische Sozialkapital wird

6.3 Quantitative Methoden

145

in der vorliegenden Studie über die Anzahl von Österreich-MigrantInnen aus Familie, Verwandtschaft und Freundeskreis operationalisiert. Dafür wurde bei den Befragten die Summe der entsprechenden sozialen Kontakte gebildet, die früher oder aktuell in Österreich gearbeitet haben bzw. arbeiten (De Jong et al. 2002). Nun widmet sich die Darstellung der verwendeten Messkonzepte den einzelnen Variablen, die zur Erfassung der Being-Dimension eingesetzt werden (siehe Tabelle 11). Dabei werden zunächst die Being-Indikatoren besprochen, die den aktuellen Job der Befragten betreffen. Der Indikator genügend Zeit für Freizeitaktivitäten („Ich habe genügend Zeit für Freizeitaktivitäten“) basiert auf einer 5-stufigen endpunktbenannten Antwortskala (1 „trifft gar nicht zu“ bis 5 „trifft voll zu“). Tabelle 11: Deskriptive Statistiken zu unabhängigen Variablen für PendlerInnen und Differenztests der Mittelwerte zwischen PendlerInnen und NichtmigrantInnen (Being-Dimension) PendlerInnen NichtMigrantInnen BEING INDIKATOREN MW SA Min Max MW MÖGLICHKEITEN FÜR FREIZEITAKTIVITÄTEN („DOING“) genügend Zeit für Freizeitaktivitäten (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) 3.63 1.09 1 5 3.68 MÖGLICHKEITEN FÜR EIN SINNHAFTES ARBEITSLEBEN a) AKTUELLER JOB berufliche Passung (ISCO-ISCED Korrespondenz laut OECD 2007) Match 0.55 0.50 0 1 0.58 unterqualifiziert 0.15* 0.35 0 1 0.18 überqualifiziert 0.18*** 0.38 0 1 0.12 Missings-berufliche Passung 0.13 0.33 0 1 0.12 Möglichkeiten beruflich aufzusteigen (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) 2.83 1.37 1 5 2.91 Möglichkeit eigene Ideen zu verwirklichen (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) 3.02+ 1.36 1 5 2.92 irreguläre Beschäftigung regulär beschäftigt 0.90*** 0.30 0 1 0.97 irregulär beschäftigt 0.10*** 0.30 0 1 0.03 …

146

6 Daten und Methoden

…Fortsetzung von Tabelle 11: b) VERGLEICHE AKTUELLER JOB IN ÖSTERREICH MIT LETZTEM JOB IN DER HERKUNFTSGESELLSCHAFT Wechsel der Branche kein Wechsel 0.56 0.50 0 1 Wechsel 0.44 0.50 0 1 Wechsel von beruflicher Passung kein Wechsel 0.70 0.46 0 1 von Match in unterqualifiziert 0.03 0.17 0 1 von Match in überqualifiziert 0.13 0.33 0 1 von unterqualifiziert in Match 0.08 0.27 0 1 von unterqualifiziert in überqualifiziert 0.02 0.15 0 1 von überqualifiziert in Match 0.04 0.19 0 1 von überqualifiziert in unterqualifiziert 0.00 0.00 0 0 Wechsel in irreguläre/reguläre Besch. kein Wechsel 0.86 0.35 0 1 von regulär in irregulär 0.08 0.27 0 1 von irregulär in regulär 0.06 0.24 0 1 BEING / HAVING INDIKATOREN Einkommensdifferenzen - Differenzen im Brutto-Stundenlohn (in Euro) 6.38 3.78 -14.65 26.34 Quelle: TRANSLAB-Survey 2012/2013; ungewichtete Analysen; eigene Berechnungen. Signifikante Unterschiede zwischen PendlerInnen und NichtmigrantInnen wurden mit t-Tests geprüft; Signifikanzniveaus: +p < 0.1, *p < 0.05, **p < 0.01, ***p < 0.001. N = 1,283 (PendlerInnen), N = 1,200 (NichtmigrantInnen).

Die Variable berufliche Passung (ISCO-ISCED Korrespondenz laut OECD 2007) unterscheidet auf der Grundlage eines von der OECD verwendeten Kodierungsschemas (Dumont und Monso 2007) Personen mit einer Passung von Ausbildung und Beruf (Match), Personen, die für ihre Jobs unterqualifiziert sind, und Personen die überqualifiziert sind.111 Außerdem werden bei dieser Variable mit einer zusätzlichen Kategorie die Missings eingeschlossen. Die Indikatoren Möglichkeiten beruflich aufzusteigen („Ich habe Möglichkeiten beruflich aufzusteigen“) sowie Möglichkeit eigene Ideen zu verwirklichen („Ich habe die Möglichkeit, eigene Ideen zu verwirklichen“) sind beide auf einer 5-stufigen endpunktbenannten Antwortskala gemessen. Mittels der Variable irreguläre Beschäftigung werden Personen voneinander differenziert, die regulär oder irregulär beschäftigt sind. Dafür werden ausgehend von der Frage „Haben Sie mit Ihrem 111

Für ein interessantes Anwendungsbeispiel zu PendlerInnen in Europa siehe Huber (2012).

6.3 Quantitative Methoden

147

derzeitigen Arbeitgeber einen schriftlichen, einen mündlichen oder gar keinen Arbeitsvertrag abgeschlossen?“ jene Personen die einen schriftlichen Arbeitsvertrag haben (regulär beschäftigt) mit jenen Personen verglichen, bei denen ein mündlicher oder kein Arbeitsvertrag vorliegt (irregulär beschäftigt). Nun widmet sich diese Zusammenschau den Being-Indikatoren, die für die Perspektive auf die subjektiven Bewertungen der sozialen Mobilität im Zuge der grenzübergreifenden Mobilität eingesetzt werden. Dafür wird der aktuelle Job in Österreich mit dem letzten Job in der Herkunftsgesellschaft entlang verschiedener Aspekte sozialer Mobilität verglichen. Von einem Vergleich des ersten Jobs in Österreich mit dem letzten Job in der Herkunftsgesellschaft wurde abgesehen. Nur wenige der untersuchten PendlerInnen haben mehrere Jobs in Österreich. 112 Außerdem ist aufgrund der Aspiration Theory (Stutzer und Henne 2014) davon auszugehen, dass die interessierenden subjektiven Bewertungen des Pendelns relativ stark von der aktuellen Lebenssituation geprägt sind, da der aktuelle Stand den relevanten Vergleichsstandard mit den eigenen Aspirationen bzw. angestrebten Zielen oder Wünschen bildet. Die Variable Wechsel der Branche unterscheidet PendlerInnen, die aktuell in Österreich in einer anderen Branche arbeiten als bei ihrer letzten Tätigkeit in der Herkunftsgesellschaft (Wechsel) von jenen die, in derselben Branche tätig sind (kein Wechsel). Mittels des Indikators Wechsel von beruflicher Passung werden PendlerInnen mit verschiedenen Erfahrungen der beruflichen Mobilität in diesem Bereich miteinander kontrastiert (z.B. kein Wechsel oder Wechsel von einer unterqualifizierten in eine überqualifizierte Beschäftigung). Anhand des Merkmals Wechsel in irreguläre/reguläre Beschäftigung werden ebenso verschiedene Szenarien der sozialen Mobilität in diesem Bereich betrachtet: Kein Wechsel, von einer regulären in eine irreguläre sowie von einer irregulären in eine reguläre Beschäftigung im Blickwinkel der grenzübergreifenden Mobilität. Zuletzt werden die Einkommensdifferenzen - Differenzen im Brutto-Stundenlohn (in Euro) zwischen dem aktuellen Job in Österreich und dem letzten Job in der Herkunftsgesellschaft

112

Von den insgesamt 1.283 PendlerInnen (für die Informationen zum aktuellen Job vorliegen) haben nur 175 PendlerInnen bzw. 14% mehrere Jobs in Österreich (unter denjenigen insgesamt 873 PendlerInnen deren aktueller Job in Österreich mit ihrem letzten Job in der Herkunftsgesellschaft verglichen werden kann sind es nur 121 Pendler bzw. ebenso rund 14%).

148

6 Daten und Methoden

(aktueller Job – letzter Job) in dieser Rubrik betrachtet. 113 Dieser Indikator ist relativ offensichtlich sowohl als ein Having- als auch Being-Indikator aufzufassen. Zuletzt sind in diesem Abschnitt die verwendeten Kontrollvariablen der Analysen zu finden (siehe Tabelle 12). Mit der Variable regionale Herkunft werden Befragte aus Tschechien, Slowakei und Ungarn unterschieden. Alle untersuchten Personen besitzen die Staatsbürgerschaft ihres jeweiligen Herkunftslandes. Die Dummy-Variable Geschlecht unterscheidet Männer und Frauen. Das Alter der Befragten geht als metrisch-skaliertes Merkmal in die multivariaten Analysen ein. Zusätzlich wird der quadrierte Term Alter quadriert in die Berechnungen miteinbezogen (Blanchflower und Oswald 2004), um nichtlineare Zusammenhänge zwischen dem Alter und den zu erklärenden Variablen prüfen zu können. Die Arbeitserfahrung in Österreich wird über die Summe an insgesamt in Österreich gearbeiteten Jahre operationalisiert (Livingston 2006). Die Variable berufliche Stellung unterscheidet die beruflichen Kategorien ArbeiterInnen, Angestellte/Beamte sowie freie DienstnehmerInnen/freie MitarbeiterInnen (Werkvertrag) voneinander. Selbständige wurden von den gesamten Analysen dieser Studie ausgeschlossen (mehrere der geprüften Variablen sind für Selbständige nicht anzuwenden). Tabelle 12: Deskriptive Statistiken zu Kontrollvariablen für PendlerInnen und Differenztests der MW zwischen PendlerInnen und NichtmigrantInnen PendlerInnen NichtMigrantInnen KONTROLLVARIABLEN MW SA Min Max MW regionale Herkunft Tschechien 0.21*** 0.41 0 1 0.37 Slowakei 0.38*** 0.49 0 1 0.32 Ungarn 0.41*** 0.49 0 1 0.32 Geschlecht Männer 0.58*** 0.49 0 1 0.51 Frauen 0.42*** 0.49 0 1 0.49 Alter 36.75*** 10.93 19 66 39.50 …

113

Die Variable Brutto-Stundenlohn wurde aus dem Verhältnis des Bruttomonatseinkommens (in Euro) und der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit (d.h. vereinbarte Arbeitszeit und Überstunden) der Befragten berechnet.

6.3 Quantitative Methoden

149

…Fortsetzung von Tabelle 12: Arbeitserfahrung in Österreich (Jahre) 7.03*** 5.72 1 34 0.01 berufliche Stellung ArbeiterInnen 0.67*** 0.47 0 1 0.44 Angestellte/Beamte 0.31*** 0.46 0 1 0.56 Freie DienstnehmerInnen/Freie MitarbeiterInnen (Werkvertrag) 0.02** 0.14 0 1 0.01 Branche Land- und Forstwirtschaft, Fischerei 0.04+ 0.19 0 1 0.03 verarbeitendes Gewerbe 0.07*** 0.25 0 1 0.17 Bau (inkl. Bergbau) 0.17*** 0.38 0 1 0.07 Handel, Kfz 0.11 0.32 0 1 0.10 Gastronomie und Hotellerie 0.20*** 0.40 0 1 0.06 Gesundheits- und Sozialwesen 0.12*** 0.33 0 1 0.07 sonstige Dienstleistungen 0.29*** 0.45 0 1 0.50 Betriebsgröße Kleinbetrieb (bis 10 Beschäftigte) 0.26*** 0.44 0 1 0.21 Mittelbetrieb (11 bis 49 Beschäftigte) 0.48*** 0.50 0 1 0.38 Großbetrieb (ab 50 Beschäftigte) 0.22*** 0.41 0 1 0.37 Unbekannt, aber mehr als 10 Beschäftigte 0.04 0.20 0 1 0.04 ethnische Segregation am Arbeitsplatz hauptsächlich ÖsterreicherInnen unter den Beschäftigten 0.39*** 0.49 0 1 0.00 hauptsächlich Landsleute 0.22*** 0.41 0 1 0.93 aus verschiedenen Ländern 0.36*** 0.48 0 1 0.06 weiß nicht 0.02*** 0.14 0 1 0.00 Pendeltyp täglich 0.58*** 0.49 0 1 0.96 wöchentlich 0.31*** 0.46 0 1 0.01 monatlich 0.10*** 0.29 0 1 0.00 saisonal 0.02*** 0.13 0 1 0.00 gar nicht 0.00*** 0.00 0 0 0.03 Beschäftigungsstatus vor aktuellem Job Job vor Job 0.57*** 0.50 0 1 0.42 Arbeitslos vor Job 0.19* 0.39 0 1 0.16 Ausbildung vor Job 0.11*** 0.31 0 1 0.30 Nicht erwerbstätig vor Job 0.14 0.34 0 1 0.12 Quelle: TRANSLAB-Survey 2012/2013; ungewichtete Analysen; eigene Berechnungen. Signifikante Unterschiede zwischen PendlerInnen und NichtmigrantInnen wurden mit t-Tests geprüft; Signifikanzniveaus: +p < 0.1, *p < 0.05, **p < 0.01, ***p < 0.001. N = 1,283 (PendlerInnen), N = 1,200 (NichtmigrantInnen).

Mit der Variable Branche werden insgesamt sieben Industriezweige unterteilt in denen die PendlerInnen und NichtmigrantInnen tätig sind. Die Unternehmen, in denen die Befragten tätig sind, werden mit der Variable Betriebsgröße in Kleinbetriebe (bis zehn Beschäftigte), Mittelbetriebe (elf bis 49 Beschäftigte) und

150

6 Daten und Methoden

Großbetriebe (ab 50 Beschäftigte) unterteilt. Ergänzend dazu bilden jene Befragten, denen die eigene Betriebsgröße weitgehend unbekannt war (unbekannt, aber mehr als 10 Beschäftigte), eine eigene Kategorie. Das Merkmal ethnische Segregation am Arbeitsplatz dient zur Kontrastierung von Betrieben, in denen die Mehrheit der Beschäftigten ÖsterreicherInnen sind, mit Unternehmen in denen hauptsächlich Landsleute tätig sind (d.h. vorwiegend Beschäftigte mit derselben Nationalität als die Befragten) sowie Unternehmen, in denen die Arbeitskräfte aus verschiedenen Ländern stammen (Falcón und Meléndez 2001). Um für etwaige Spezifika zu kontrollieren, die mit dem Pendeltyp in Zusammenhang stehen, werden die Befragten dahingehend unterschieden, ob sie täglich, wöchentlich, monatlich, saisonal (d.h. mit Aufenthalten bis zu fünf Monaten) oder gar nicht zwischen ihrem Arbeitsort und ihrem Wohnsitz hin- und herpendeln.114 Mittels der Variable Beschäftigungsstatus vor aktuellem Job werden PendlerInnen unterschieden, die vor der aktuellen Beschäftigung einen Job hatten, jene die davor arbeitslos, jene die in Ausbildung sowie jene, die nicht erwerbstätig waren. 6.3.3 Datenauswertung II: Überblick zu deskriptiven, bivariaten und multivariaten Verfahren in den statistischen Analysen In der Datenauswertung werden mehrere deskriptive, bivariate und multivariate Verfahren zum Einsatz gebracht. Dieser Abschnitt liefert einen Überblick zu den verwendeten empirischen Auswertungsverfahren, Details zu den jeweiligen Berechnungen liefern die jeweiligen empirischen Abschnitte. Im Mittelpunkt der durchgeführten deskriptiven Statistiken steht die Betrachtung diverser Lage- und Streuungsmaße von interessierenden Variablen. Dies gibt einen Aufschluss über die Verteilung bestimmter Merkmale in der Untersuchungsgruppe, zum Teil werden auch statistische Vergleiche mit anderen sozialen Gruppen gezogen (wie etwa im vorangegangenen Abschnitt mit NichtmigrantInnen). Signifikante Unterschiede zwischen den jeweiligen Kontrastgruppen werden dabei mittels diverser bivariater Verfahren (z.B. T-Test) geprüft. In den deskriptiven und bivariaten Analysen dieser Studie werden außerdem die potentiellen Zusammenhänge zwi114

Die an dieser Stelle angeführte Kategorisierung weicht aufgrund der hier vergleichenden Darstellung mit den NichtmigrantInnen von der verwendeten Kategorisierung in den multivariaten Analysen ab. In den multivariaten Analysen werden PendlerInnen bezüglich des Pendeltyps in TagespendlerInnen, WochenpendlerInnen sowie Monats-/SaisonpendlerInnen differenziert.

6.3 Quantitative Methoden

151

schen den abhängigen Variablen bzw. subjektiven Bewertungen mittels verschiedener bivariater Korrelationsmaße analysiert. Die multivariaten Analysen dieser Studie bestehen in diversen linearen Regressionsanalysen (OLS). Bei den durchgeführten Regressionsanalysen wird eine Reihe von unabhängigen Variablen sowie Kontrollvariablen zur Schätzung der abhängigen Variable eingesetzt. Der entsprechende mathematische Ansatz wird anhand dem stochastischen Modell der Regressionsanalyse dargestellt: Y = β0 + β1X1 + β2X2 + … + βjXj + … + βJXJ + u Die abhängige Variable (z.B. Lebenszufriedenheit) wird in der Regressionsfunktion durch Y symbolisiert. β0 repräsentiert das konstante Glied der Regressionsfunktion, βj die Regressionskoeffizienten (j = 1, 2, …, J), Xj die verschiedenen unabhängigen Variablen (j = 1, 2, …, J) und u die Störgröße (stochastische Komponente) die nicht beobachtbar ist, sich aber in den Residuen e k manifestiert (vgl. Backhaus et al. 2008: 72). Das konstante Glied gibt den Wert Y für Xj = 0 an (vgl. ebd. 2008: 59). Die Regressionskoeffizienten geben den marginalen Effekt der Änderung einer unabhängigen Variable auf die abhängige Variable an. Man kann somit feststellen, wie sich unter Berücksichtigung oder Konstanthaltung anderer Variablen, eine Änderung einer interessierenden unabhängigen Variable auf die abhängige Variable auswirkt. Die Ermittlung der Regressionsparameter erfolgt wie bei der einfachen Regressionsanalyse durch Minimierung der Summe der Abweichungsquadrate (KQ-Kriterium) (vgl. ebd. 2008: 64f.). Neben Regressionsanalysen in Form multipler Gesamtmodelle werden auch nach sozialen Gruppen sowie nach Bedürfnisdimensionen und Kontrollvariablen getrennte Regressionsanalysen berechnet. Des Weiteren werden hierarchische Regressionsanalysen (schrittweiser Einschluss) durchgeführt, bei denen einzelne unabhängige Variablen aufgrund von theoretischen Überlegungen zum Gesamtmodell in einzelnen Schritten hinzugefügt werden (vgl. ebd. 2008: 100). In spezifischen Analysen werden zudem Unterschiede zwischen den Effekten der unabhängigen Variablen (Regressionskoeffizienten) bei verschiedenen Gruppen auf statistische Signifikanz geprüft.

152

6 Daten und Methoden

6.4 Qualitative Methoden 6.4.1 Feldzugang und Ablauf der Feldstudie Die qualitative Vertiefungsstudie stützt sich auf eine Gesamtheit von 27 qualitativen, episodischen Interviews mit ungarischen PendlerInnen, die Erfahrungen in der österreichischen Gastronomie und Hotellerie gesammelt haben (ein Großteil der Befragten war zum Zeitpunkt der Befragung in der österreichischen Gastronomie und Hotellerie im Haupterwerb bzw. mind. 20h/Woche Erwerbstätigkeit beschäftigt). Die Interviews wurden von mir im Rahmen meiner Mitarbeit im TRANSLAB-Projekt auf der Grundlage eines vierwöchigen stationären Feldaufenthalts zwischen 29.4. und 29.5.2014 in der Grenzregion Österreich-Ungarn realisiert (eines erst am 4.6.2015). Als Wohnort während des Feldaufenthalts entschied ich mich bewusst für Westungarn (eine Kleinstadt, eine Mittelstadt, beide an der Grenze gelegen) und nicht für die österreichische Grenzregion, um eine nähere und vertrautere Beziehung zu den Untersuchungsobjekten herstellen zu können.115 Mit dem Einsatz eines PKW besuchte ich von dort aus (fast) täglich viele verschiedene Grenzgemeinden im Burgenland. Die Organisation der Feldforschung orientierte sich damit an den Ideen der „multi-sited-ethnography“ (Marcus 1995). Für das Gelingen dieser Feldstudie war die in der „multi-sitedethnography“ verankerte Technik des „follow the people“ (Verfolgen und Verbleiben bei mobilen Untersuchungsgruppen) von besonderer Bedeutung(vgl. Marcus 1995: 106). Dieser Technik folgend wurden die PendlerInnen sowohl an ihrem Arbeits- als auch Herkunftsort kontaktiert. Auch die Interviews wurden – je nach Belieben und Gelegenheiten der InterviewpartnerInnen – entweder im österreichischen Centrope-Gebiet oder in Westungarn durchgeführt. Mit diesem flexiblen Feldzugang (mehrere Orte und eigene Mobilität durch PKW) wurde die Erreichbarkeit der InterviewpartnerInnen gewährleistet. Der konkrete Zugang zu den interviewten PendlerInnen funktionierte im Wesentlichen auf drei unterschiedlichen Wegen: Erstens wurde der Kontakt zu den InterviewpartnerInnen im Rahmen von täglichen Autofahrten in die burgenländischen Grenzgemeinden 115

Bereits in einer Vorstudie zu den Konsequenzen des Pendelns für die soziale Integration in einer westungarischen Herkunftsgemeinde (Haindorfer 2010,2013) machte ich mit diesem Zugang positive Erfahrungen.

6.4 Qualitative Methoden

153

hergestellt. Das Aufsuchen von Gastronomiebetrieben und Hotels vor Ort, das direkte Ansprechen des Personals und der Gäste nach möglichen InterviewpartnerInnen im Betrieb bzw. in der Gemeinde sowie das Ansprechen von PassantInnen im Ort leitete hier den Kontakt zu den interviewten ungarischen PendlerInnen ein. Zweitens erwiesen sich die persönlichen Netzwerke von zwei in Westungarn lebenden Personen als besonders nützlich in der erfolgreichen Kontaktaufnahme zu den InterviewpartnerInnen. Drittens ergaben sich gemäß dem „Schneeballprinzip“ (Gabler 1992) weitere Kontakte zu InterviewpartnerInnen durch bereits interviewte PendlerInnen oder durch PendlerInnen mit denen bereits ein Interview vereinbart war. 6.4.2 Stichprobenziehung und Struktur des qualitativen Samples Das Sampling der Befragten repräsentiert entsprechend des gewählten Mixed Methods Designs eine theoretisch und empirisch begründete Auswahl bzw. ein „selektives Sampling“ (Schatzman und Strauss 1973). Ausgangspunkt des selektiven Samplings bilden vorhandene Wissensbestände und/oder Arbeitshypothesen über die für die Fallauswahl relevanten Merkmale im Untersuchungsfeld. Fragestellung, theoretische Vorüberlegungen und Vorwissen über das Untersuchungsfeld sind dabei maßgebend. Auf dieser Grundlage werden Sampleumfang, Kriterien bzw. relevante Merkmale für die Fallauswahl und Merkmalsausprägungen sowie Untersuchungssituationen, Zeitpunkte und Untersuchungsorte vor der Feldphase festgelegt (diese Punkte wurden in der vorliegenden Studie aber trotz Vorüberlegungen mehr oder weniger stark flexibel gehandhabt). Durch die vorab Definition von relevanten Auswahlmerkmalen kann im Zuge dieses Samplingverfahrens garantiert werden, dass TrägerInnen der theoretisch bedeutsamen Merkmalskombinationen in der Stichprobe enthalten sind. Die Fälle werden erst nach der Datenerhebung analysiert. Das selektive Sampling unterscheidet sich somit in vielen Punkten vom (relativ prominenten) Verfahren des „theoretischen Samplings“ im Rahmen der Grounded Theory (vgl. Kelle und Kluge 2010: 50). Ziel des eingesetzten selektiven Samplings war es eine möglichst große Bandbreite an Erfahrungen und Bewertungen grenzübergreifender Mobilität in der Stichprobe zu erreichen. Insofern wurde der Stichprobenplan – nach dem Prinzip der bewusst heterogenen Auswahl – so angelegt, dass bedeutsame sozialstrukturelle Handlungsbedingungen im Untersuchungsfeld variieren (vgl. Kelle

154

6 Daten und Methoden

und Kluge 2010: 52). Konkret variieren im Sample die Merkmale Alter, Geschlecht und Ausbildungsadäquatheit der Befragten. Die vorhandenen InterviewpartnerInnen bzw. MerkmalsträgerInnen lassen die Untersuchung einer Vielzahl an den relevanten sozialstrukturellen Merkmalskombinationen im Untersuchungsfeld zu (siehe Tabelle 13).116 Das Alter der Befragten beträgt zumindest 25 Jahre. Ziel der Setzung dieses Mindestalters war es, eher jene PendlerInnen zu erreichen, die bereits auf mehrere berufliche Episoden (in Österreich, der Herkunftsgesellschaft und anderen Ländern) in ihrer Erwerbsbiographie zurückblicken können. Das Geschlecht der PendlerInnen war insofern ein wichtiges Selektionskriterium als sowohl die international vergleichende Sozialstrukturforschung (Blau und Kahn 2003; Casali und Gonzales 2010; George 2011) als auch eigene Analysen zu Lohndifferenzen innerhalb der Gruppe der PendlerInnen in Centrope (Verwiebe et al. 2015) eine durchschnittlich privilegierte Arbeitsmarktintegration von Männern gegenüber Frauen belegen. Hinsichtlich der Ausbildungsadäquatheit der Befragten wurden PendlerInnen gesampelt, die ausbildungsadäquat, überqualifiziert oder mit einer anderen gleichwertigen Qualifikation in der Gastronomie und Hotellerie beschäftigt sind. Somit ergeben sich interessante Kontrastoptionen zur „idealen“ Situation der ausbildungsadäquaten Arbeitsmarktintegration.117 Wie ferner beabsichtigt führte die Variation des Merkmals der Ausbildungsadäquatheit auch zu PendlerInnen, die im Zuge ihres Arbeitsmarkteintritts in Österreich ihre berufliche Tätigkeit und/oder Branchenzugehörigkeit verändert haben.118

116 117

118

Die Namen aller InterviewpartnerInnen wurden anonymisiert. Die weitere mögliche Kategorie der Ausbildungsadäquatheit, die sogenannte Unterqualifzierung (das Ausüben eines Jobs für die man über zu wenige Qualifikationen verfügt) wurde für die qualitative Vertiefungsstudie ausgeblendet denn der Schwerpunkt der Vertiefungsstudie liegt auf nachteiligen Szenarien der grenzübergreifenden Mobilität. Insgesamt vier Interviews weichen von diesen Vorgaben ab: Ein Befragter arbeitet zum Zeitpunkt des Interviews in der Produktionsbranche und ein Befragter arbeitet als Bademeister. Da beide über Berufserfahrung in der österreichischen Gastronomie verfügen wurden sie trotzdem in das Sample mitaufgenommen. Zwei Interviewpartnerinnen sind jünger als 25 (19 bzw. 24). Sie wurden aufgrund ihrer interessanten Biographien dennoch in das Sample mitaufgenommen. In diesem Zusammenhang ist außerdem zu erwähnen, dass eine der Interviewpartnerinnen selbständig ist als Gastronomin (Csilla).

Viola Móna Zsuzsanna Melinda Paula Katinka Andrea Csilla Klára Zsófia Beáta Teréz

Name

Lehel Tamás Bondot Kristóf Szabolcs Imre Tódor Gábor Bálint (& Ildikó) Antal Demeter Krisztián Ede Lajos Péter

PI_T_RH_03 PI_T_RH_06 PI_T_RH_07 PI_T_RH_08 PI_T_RH_09 PI_T_RH_10 PI_T_RH_14 PI_T_RH_16 PI_T_RH_17 PI_T_RH_18 PI_T_RH_22 PI_T_RH_27

Index

PI_T_RH_01 PI_T_RH_02 PI_T_RH_04 PI_T_RH_05 PI_T_RH_11 PI_T_RH_12 PI_T_RH_13 PI_T_RH_15 PI_T_RH_19

PI_T_RH_20 PI_T_RH_21 PI_T_RH_23 PI_T_RH_24 PI_T_RH_25 PI_T_RH_26

Name

Index

16-24

x

x

16-24

x x

x

x

x x

x x

x

x

x x

Alter 25-34 35-44 x x x x x x

x x

x

x

Alter 25-34 35-44

Tabelle 13: Struktur des qualitativen Samples

x

45+

x

45+ x

Männer

(x) (x) x x

x x x x x x

(x)

adäquat qualifiziert

x

x x

x

adäquat qualifiziert x (x) x

Frauen

(x) (x) x

(x)

x

Ausbildungsadäquatheit anders, gleichwertig qualifiziert x

x

(x)

x

(x) x

Ausbildungsadäquatheit anders, gleichwertig qualifiziert

x x x

x

überqualifziert

x

x

x

x

überqualifziert

Kellner Kellner Kellner Kellner Kellner Kellner

Maschinenbediener Kellner Bademeister Kellner Kellner Koch Koch Kellner Kellner

Berufliche Tätigkeit

Kellnerin Kellnerin Kellnerin Kellnerin Rezeptionistin Kellnerin Kellnerin Gastronomin Kellnerin Kellnerin Buffetkraft Fast-Food V./Kassenkraft

Berufliche Tätigkeit

6.4 Qualitative Methoden 155

156

6 Daten und Methoden

6.4.3 Konzeptualisierung und Durchführung der episodischen Interviews Die leitfadengestützte Befragung wurde entsprechend der Methodik des episodischen Interviews (z.B. Flick 2011b) konzipiert. Ergänzend wurden an mehreren Stellen des Leitfadens spezielle Fragetechniken aus der Methode des diskursiven Interviews platziert, die sich explizit zur Erhebung von Bewertungen eignen (Ullrich 1999).119 Gegenüber einem auf die Erzählung und Bilanzierung der Gesamtbiographie zielenden Verfahren ((wie etwa dem narrativen Interview nach (Schütze 1983)) handelt es sich beim episodischen Interview um eine stärker fokussierte erzählgenerierende Methode, die sich für die Bearbeitung evaluativer Fragestellungen eignet. Ausgewählte Prozesse und Verläufe der eigenen Biographie und die Bedeutungszuschreibungen bzw. die Haltung des Subjekts zu ihnen werden analysiert (vgl. Flick 2006: 222). Bei der Entwicklung des episodischen Interviews wurden neuere Erkenntnisse und Diskussionen der Gedächtnis- und Wissenspsychologie berücksichtigt (vgl. Flick 2011a: 28ff.). Dementsprechend wird bei dieser Methode zwischen den beiden Wissensformen begrifflich-semantisches Wissen und narrativepisodisches Wissen differenziert. Das begrifflich-semantische Wissen ist eher an Begriffen und deren Relationen ausgerichtet und stärker über (argumentative) Aussagen zugänglich. Das narrativ-episodische Wissen hingegen ist eher an Erinnerungen an konkrete Situationen, ihren Kontext und Ablauf orientiert und stellt sich in erster Linie über Erzählungen her. Diese beiden Wissensformen sind systematisch miteinander verknüpft. Konkret basiert das semantischbegriffliche Wissen zum Teil auf den Erfahrungen des narrativ-episodischen Wissens: Durch eine Vielzahl von ähnlichen, generalisierbaren Erfahrungen entwickeln sich beim Menschen Wissensbestände, die vom narrativ-episodischen Wissen stärker abstrahieren und sich in Form von Begriffs- und Regelwissen manifestieren.120 Das episodische Interview bietet einen Zugang zu beiden Wis119

120

Bei der Formulierung von gezielten Fragen nach der subjektiven Deutung und Bewertung habe ich mich an den von Sachweh (2010) verwendeten Fragen zur Erhebung von Deutungsmustern sozialer Ungleichheit in Deutschland orientiert, eine Studie für die Sachweh das diskursive Interview verwendete. Als anschauliches Beispiel für diesen Prozess der Wissensbildung führt Flick (vgl. 2011b: 273) an, dass sich die meisten Menschen an ihren ersten Schultag erinnern und dazu berichten können, wie die erste Begegnung mit einem/r LehrerIn verlaufen ist. Aus diesen und anderen Interaktionen mit LehrerInnen bildet sich in der Regel eine Vorstellung heraus, was gute/keine guten LehrerInnen sind und welche Arten von LehrerInnen es gibt.

6.4 Qualitative Methoden

157

sensbereichen des Alltagswissens und wird daher auch als Beispiel für eine methodeninterne Triangulation diskutiert. Basis der Datenerhebung im episodischen Interview bildet die regelmäßige Aufforderung Situationen zu erzählen, in welchen die Befragten bestimmte Erfahrungen (entsprechend des Forschungsgegenstands) gemacht haben. Zusätzlich zu diesen Erzählaufforderungen werden den Befragten konkret-zielgerichtete Fragen nach subjektiven Definitionen und nach abstrakteren Zusammenhängen gestellt, die stärker auf die semantischen Anteile des Wissens abzielen. Mittels dieser Fragen wird den InterviewpartnerInnen ermöglicht, die jeweiligen Erfahrungen in allgemeinerer, vergleichender Form darzustellen (bei gleichzeitiger Berücksichtigung von Erzählungen der einzelnen Situationen und Episoden). Das episodische Interview berücksichtigt die Relevanzsetzungen der Befragten in herausragender Weise, da die Befragten sowohl die Selektion der Situation als auch die Auswahl der Darstellungsform (argumentativ-theoretische versus erzählende Darstellung) nach ihrem eigenen Belieben vornehmen können (vgl. ebd. 2006: 222; ebd. 2011a: 31). Die Auswahl der Situationen bzw. Episoden durch die Befragten zeigt dabei, durch welche Erfahrungen und Ereignisse die entsprechenden Vorstellungen entstanden sind bzw. sich verändert haben (vgl. ebd. 2011a: 32). Insofern werden im episodischen Interview Prozesse der Wirklichkeitskonstruktion bei den Befragten eher verdeutlicht als bei anderen Interviewmethoden, die stärker auf abstrakte Begriffe und Antworten abzielen (vgl. ebd. 2006: 223). Die systematische, gleichzeitige Berücksichtigung von begrifflich-semantischem und narrativ-episodischem Wissen zu einem interessierenden Ausschnitt der eigenen Biographie – im Rahmen des episodischen Interviews – ist für den Anspruch der vorliegenden Dissertation besonders geeignet: Ziel der hier verwendeten episodischen Interviews, war es, Informationen zu Bewertungen der grenzübergreifenden Ost-West-Mobilität und den darauf bezogenen (Erfahrungs)Grundlagen hervorzubringen. Dementsprechend standen (erzählgenerierende) Fragen zu Einstellungen und Erfahrungen zu einem konkreten biographischen Prozess – dem grenzübergreifenden Erwerbs- und Lebensverlauf – im Mittelpunkt der Befragung. Der im Gespräch flexibel eingesetzte Leitfaden umfasst im vorliegenden Anwendungsbeispiel des episodischen Interviews die in Abbildung 10 angeführten Themenbereiche:

158 x x x

x x x x x x

x

6 Daten und Methoden Einleitung Aktueller Arbeitsplatz Berufsverlauf o Beruflicher Wechsel/Branchenwechsel o Ausbildungsadäquatheit der Beschäftigung/Dequalifizierung o Benachteiligung gegenüber ÖsterreicherInnen o Irreguläre Beschäftigung Effekte der Arbeitsmarktöffnung 2011 Ziele in Österreich/Zielerreichung Bilanzierung: Arbeiten in Österreich und berufliches Weiterkommen Bilanzierung: Arbeiten in Österreich und allgemeines Leben Erfolgskonzepte beim Arbeiten in Österreich (weitere) soziale, kulturelle und sozialstrukturelle Bewertungsdimensionen o Soziale Beziehungen o Zugehörigkeit/Identität o Lebensbedingungen im Vergleich/Referenzgruppen/Statusmobilität Berufliche Ziele/Berufliche Wünsche/Chancenwahrnehmung/Präferenzen Wohnort

Abbildung 10: Leitfadenstruktur 121

Die qualitativen Interviews wurden allesamt in deutscher Sprache geführt, digital aufgenommen und transkribiert. Da der Autor die ungarische Sprache selbst nicht beherrscht, wurden nur mit jenen PendlerInnen Interviews geführt deren Deutschkenntnisse den Anforderungen der Befragung entsprechend gut ausgeprägt waren. Zwar muss dadurch in der Analyse und Interpretation der Befunde ein „bias“ mitreflektiert werden, allerdings dürften die dadurch entstandenen Verzerrungen moderat ausfallen. Nur wenige der kontaktierten ungarischen PendlerInnen verfügten über keine ausreichenden Deutschkenntnisse für die adäquate Beantwortung des Frageprogramms. Die Sprachbarriere zwischen dem Autor und den Untersuchungsobjekten war daher insgesamt nur in geringem Maße vorhanden. Einzig für manche stärker abstrakte Konzepte wie zum Beispiel „berufliches Weiterkommen“ wurden Begriffs-Alternativen wie etwa „berufliches Vorankommen“ bei Bedarf eingesetzt. Und in einigen Fällen wurden neben Begriffs-Alternativen zusätzlich die ins Ungarische übersetzten Begriffe, sofern notwendig, in das Interview eingeführt (z.B. bei der Frage, ob sich die 121

Für den vollständigen Leitfaden siehe Anhang.

6.4 Qualitative Methoden

159

Interviewten selbst als „erfolgreiche“ PendlerInnen wahrnehmen). Die betreffenden Begriffe wurden vorab von einer ungarischen Germanistin übersetzt. Zur Prüfung der Verständlichkeit, des optimalen Ablaufs sowie der Länge der Interviews (die zwischen 2:38 Stunden und 34 Minuten variierte) wurden zwei Probeinterviews durchgeführt (die auch verwendet wurden). 6.4.4 Auswertung der episodischen Interviews Für die Auswertung der qualitativen Interviews wurde das Verfahren der Themenanalyse nach Froschauer und Lueger (2003) gewählt. Dieses Verfahren dient dazu, sich einen „Überblick über Themen zu verschaffen, diese in ihren Kernaussagen zusammenzufassen und den Kontext ihres Auftretens zu erkunden“ (ebd. 2003: 158). Die Themenanalyse ist ein geeignetes Verfahren um die Einstellungen von Personen bzw. Gruppen oder Kollektiven zu bestimmten Themen differenziert herauszuarbeiten (vgl. ebd. 2003: 158). Damit eignet sich diese Auswertungsstrategie hervorragend, um die im Rahmen des gewählten Mixed Methods Designs geplanten Analyseschritte der qualitativen Interviews umzusetzen (siehe Abbildung 8 die Schritte a und b in der Phase der qualitativen Datenanalyse).122 Im Rahmen der Themenanalyse wurde die Variante des Textreduktionsverfahrens gewählt. Bei dieser Variante werden die Texte bzw. Interviewtranskripte „einer Zusammenfassung unterzogen, um sich über die im Gesprächsmaterial auftauchende Vielfalt an Themen, deren Darstellungsweise und Zusammenhang einen Überblick zu verschaffen“ (ebd. 2003: 159). Die im Interviewmaterial vorhandenen Themen werden benannt (etwa codiert) und es werden die charakteristischen Elemente der Themendarstellung herausgearbeitet. Auf diese Weise können die Unterschiede in der Themendarstellung innerhalb eines Gesprächs oder zwischen verschiedenen Interviews sichtbar gemacht werden. Damit in Verbindung ist ein zumindest grundlegendes Verständnis über den Argumentationszusammenhang in welchem ein Thema auftaucht notwendig (vgl. ebd. 2003: 159). Folgende Anwendungsbedingungen für themenanalytische Verfahren sind für das vorliegende Forschungsziel – Bewertungsdimensionen und Erfolgskonzepte des Pendelns aus Sicht der PendlerInnen zu betrachten – besonders zentral: 122

Die Konzeption und Ergebnisse von Analyseschritt b finden sich in Haindorfer (2017).

160

6 Daten und Methoden

Es ist ein Überblick über eine große Textmenge gefragt, der manifeste Gehalt von Aussagen steht im Zentrum (in dieser Studie werden subjektive Bewertungen analysiert; latente Sinnstrukturen werden nicht herausgearbeitet), Inhalte zu verschiedenen Themen sollen zusammenfassend aufbereitet und deren interne Differenziertheit gezeigt werden und die Argumentationsstruktur in einem Gespräch soll beschrieben werden (vgl. ebd. 2003: 158). Für die qualitativen Auswertungen für Analyseschritt a) (siehe Abbildung 8 den Schritt a in der Phase der qualitativen Datenanalyse) wurden die von Froschauer und Lueger (2003) vorgeschlagenen Schritte der Textreduktion (Schritte a-d) gegenstandsorientiert eingesetzt (vgl. ebd. 2003: 160ff.).123 Dementsprechend wurden in einem ersten Schritt zu einem Thema zueinander gehörende Textstellen gesucht. Dabei wurde notiert, in welchem Interview bzw. von welchen InterviewpartnerInnen das jeweilige Thema angesprochen wurde. Auch auf den Zusammenhang in welchem ein Thema angesprochen wurde, wurde in der vorliegenden Anwendung zumindest grundlegend geachtet. Was ein Thema ist, ist abhängig von der jeweiligen Forschungsfrage (z.B. eine spezifische Einstellung oder eine Handlungsweise). In dieser Studie wurden die qualitativ zu betrachtenden Themen mit Blick auf die quantitativen Ergebnisse definiert. Konkret wurden die subjektiven Bewertungen zu neun verschiedenen Themen ausgewählt. Beispielsweise bilden die subjektiven Bewertungen von Pendeldauer oder überqualifizierter Beschäftigung/Dequalifizierung zwei solcher Themen. Auf dieser Basis wurden die relevanten Textstellen der jeweiligen Interviews zu den jeweiligen Themen markiert und den jeweiligen Themen zugeordnet (dies bildete hier den Codierungsschritt) bzw. in weiterer Folge die Textstellen zu einzelnen Themen jeweils zusammenfassend dargestellt. So konnten wichtige Charakteristika eines Themas, die Zusammenhänge mit anderen Themen (diese wurden notiert, sofern dies interessant/relevant erschien) sowie Unterschiede in den Themen innerhalb eines Interviews bzw. zwischen verschiedenen Interviews sichtbar gemacht werden. Zur Auswahl der qualitativen Informa123

Schritt e („Wie lassen sich die besonderen Themencharakteristika in den Kontext der Forschungsfrage integrieren?“) wurde weniger beachtet da es sich um einen stärker vertiefenden qualitativen Schritt handelt der im Rahmen des gewählten Mixed Methods Designs dieser Studie keinen Platz mehr hat (klare Priorität der quantitativen Analysen, auswahlbasierte Analyse der qualitativen Daten). Nichtsdestotrotz sei an dieser Stelle erwähnt, dass die qualitativen Daten vermutlich noch eine Reihe von interessanten, tiefgehenderen Analysen bieten als jene die hier durchgeführt wurden.

6.4 Qualitative Methoden

161

tionen für die Darstellung im Ergebnisteil wurde auf dieser Grundlage auf die besonders exemplarischen und ausdrucksfähigen Fälle zurückgegriffen (= selektive Auswahl von Fallbeispielen).

Teil IV – Empirische Ergebnisse

7 Deskriptive Ergebnisse: Motive, Hauptmerkmale, nachteilige Arbeitsmarkterfahrungen und subjektive Bewertungen des Ost-West-Pendelns Im Rahmen dieses Kapitels werden die deskriptiven Ergebnisse des Buches präsentiert, bevor in zwei weiteren Kapiteln die multivariaten und korrespondierenden qualitativen Ergebnisse dargestellt werden. Das Kapitel setzt sich zunächst mit den Motiven zum Ost-West-Pendeln in Centrope auseinander. Im Anschluss daran werden die Hauptmerkmale der PendlerInnen im Vergleich zu anderen Gruppen beleuchtet, u.a. soziodemographische Charakteristika. Ein weiterer Abschnitt beschäftigt sich mit der Verbreitung von nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen unter Ost-West-PendlerInnen in Österreich. Dafür wird anhand des TRANSLAB-Surveys eine allgemeine und branchenvergleichende Betrachtung vorgenommen. Danach werden die durchschnittlichen subjektiven Bewertungen des Pendelns, d.h. die Lebenszufriedenheit und der subjektive Pendelerfolg der PendlerInnen betrachtet. Somit greift dieses Kapitel zentrale objektive und subjektive Merkmale des Ost-West-Pendelns auf, die in den anschließenden empirischen Kapiteln weiter thematisiert werden. 7.1 Motive zum Pendeln nach Österreich unter tschechischen, slowakischen und ungarischen PendlerInnen Die Informationen zu den Pendelmotiven der tschechischen, slowakischen und ungarischen Ost-West-PendlerInnen in Österreich ergänzen zum einen den bisherigen Forschungsstand zu den Motiven für das grenzübergreifende Ost-WestPendeln in Centrope. Zum anderen liefern sie ein wichtiges Hintergrundwissen für die Interpretation der Befunde zu den ökonomischen und nichtökonomischen Determinanten der Lebenszufriedenheit und des subjektiven Pendelerfolgs. Entsprechend des theoretischen Hintergrunds dieser Arbeit und den bisherigen Forschungsergebnissen ist davon auszugehen, dass sich Aspirationen (worunter auch Pendelmotive zu fassen sind) als Vergleichsstandard mit dem Status Quo in den subjektiven Bewertungen des Pendelns manifestieren (Reinprecht 2006; Schyns 2000; Stutzer und Henne 2014). Im Rahmen des TRANSLAB-Surveys wurden die PendlerInnen gebeten auf einer 5-stufigen endpunktbenannten Antwortskala (1 = „überhaupt nicht wichtig“ bis 5 = „sehr © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 R. Haindorfer, Lebenszufriedenheit und Pendelerfolg, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26791-9_7

166

7 Deskriptive Ergebnisse: Motive, Hauptmerkmale, nachteilige (…)

wichtig“) einzustufen, in welchem Maße verschiedene Gründe und Erwartungen für sie wichtig waren in Österreich zu arbeiten. In den Auswertungen wurden die prozentuellen Anteile der Antwortkategorien 4 und 5 zusammengefasst.124 Auf diese Weise kann ein Blick auf die wichtigsten Pendelmotive geworfen werden (siehe Abbildung 11). In Übereinstimmung mit dem bestehenden Wissen zeigt sich, dass das klar wichtigste Pendelmotiv das subjektiv antizipierte höhere Einkommen in Österreich repräsentiert (Bittner et al. 2011; Lechner et al. 2010). Für fast 96% aller Befragten war dies ein wichtiges Motiv zum grenzübergreifenden Pendeln nach Österreich. Die hohe Relevanz der finanziellen Komponente des Pendelns wird auch durch die beiden anderen wichtigsten Pendelmotive reflektiert: Für circa 88% der Befragten bildete die Sicherung des eigenen Lebensstandards und jener der eigenen Familie (Haindorfer 2010) sowie für circa 84% die Vorstellung, dass in Österreich für Personen mit den eigenen Qualifikationen bessere Verdienstmöglichkeiten existieren besonders wichtige Motive zum Arbeiten in Österreich. Unter den weiteren wichtigeren Motiven (Kriterium: mind. 75%) sind die Folgenden zu finden: Für rund 76% aller PendlerInnen stellten die imaginierten besseren Arbeitsbedingungen in Österreich einen wichtigen Anreiz zum Pendeln dar. Die Sorge vor Arbeitslosigkeit (75.5%) sowie der Wunsch nach unabhängiger Lebensführung (rund 75% der PendlerInnen haben die Aussage „Ich wollte mein eigenes Leben leben“ als relevant eingestuft) sind außerdem als sehr wichtige Motive zur grenzübergreifenden Mobilität anzusehen. Mit Blick auf die anderen Motive ist unter anderem festzustellen, dass auch die Abenteuerlust einen relativ wichtigen Faktor für die Aufnahme des Pendelns repräsentiert. Fast 70% der grenzübergreifenden PendlerInnen wollten neue Erfahrungen machen. Zudem ist eine besondere, wenn auch nicht überragende, Bedeutung sozialer Netzwerke für die Motivation zum Arbeiten in Österreich zu beobachten. Rund 69% der Befragten haben positive Erzählungen über das Arbeiten in Österreich aus dem sozialen Umfeld als wichtig eingestuft. Insgesamt decken sich diese eigenen Ergebnisse relativ gut mit den bisherigen Befunden aus standardisierten Befragungen zu den Motivationshaltungen 124

In den Auswertungen wurden nur jene Fälle berücksichtigt die auf der 5-stufigen Skala geantwortet haben. Fälle für welche die jeweiligen Gründe oder Erwartungen nicht zutreffend waren wurden von den Berechnungen ausgeschlossen und spiegeln sich somit nicht in den prozentuellen Anteilen wieder.

7.1 Motive zum Pendeln nach Österreich unter tschechischen, (…)

167

von potentiellen ArbeitsmigrantInnen aus Tschechien, Slowakei und Ungarn (Bittner et al. 2011; Nowotny 2011) sowie qualitativen Studien zu ungarischen PendlerInnen (Haindorfer 2010; Lechner et al. 2010). Hinsichtlich eines feinen Unterschieds in den bisherigen Forschungsbefunden, dem Stellenwert von Opportunitäten zur beruflichen Weiterentwicklung als Pendelanreiz, unterstützen die vorliegenden Ergebnisse eher die von Lechner und KollegInnen (2010) identifizierte geringe Relevanz der beruflichen Perspektive. Während bessere berufliche Perspektiven in Österreich als in der Herkunftsgesellschaft noch von circa zwei Drittel der Befragten als wichtiges Motiv eingestuft wurden (66.98%), zählt die Aussage „um meine beruflichen Qualifikationen zu verbessern“ sogar zu den am wenigsten relevanten Pendelmotiven (46.27%).125 Möglicherweise spiegeln sich in dieser subjektiv geäußerten geringen Relevanz beruflicher Motive bereits veränderte/niedrige Erwartungshaltungen der InterviewpartnerInnen zum Zeitpunkt des Interviews wieder, so wie dies von Lechner und KollegInnen (2010) anhand ihrer eigenen Ergebnisse erklärt wird.

125

Eine direkte Gegenüberstellung mit den Ergebnissen von Bittner und KollegInnen (2011) ist allerdings nicht gewährleistet da deren diesbezüglich als relevant beobachteter Mobilitätsgrund („im Ausland sind die Aufstiegschancen besser“) im TRANSLAB-Survey nicht abgefragt wurde.

95.84 88.12 84.04

74.66

75.5

Großes Risiko, hier in [Tschechien/Ungarn/Slowakei] langfristig arbeitslos zu werden

76.14

Bessere Arbeitsbedingungen als in [Tschechien/Ungarn/Slowakei]

72.84 68.99

69.2

Es fällt mir leicht, mich in der deutschen Sprache zu verständigen

69.7

Die wirtschaftliche und politische Instabilität in [Tschechien/Ungarn/Slowakei]

69.8

Ich wollte neue Erfahrungen machen

66.45

66.86

Das Sozial- und Gesundheitssystem ist besser ausgebaut als in [Tschechien/Ungarn/Slowakei]

66.98

Bessere berufliche Perspektiven als in [Tschechien/Ungarn/Slowakei]

56.78

57.57

Mit dem Geld, das ich in Österreich verdiene, wollte ich meinen Kindern eine gute Ausbildung ermöglichen

53.78 46.27

38.83 22.31

22.9

Abbildung 11: Wichtige Pendelmotive unter grenzübergreifenden PendlerInnen aus Tschechien, Slowakei und Ungarn (in %, N = 1,282)

Ϭ

ϭϬ

ϮϬ

ϯϬ

ϰϬ

ϱϬ

ϲϬ

ϳϬ

ϴϬ

ϵϬ

ϭϬϬ

Höheres Einkommen als in [Tschechien/Ungarn/Slowakei]

Sicherung des eigenen Lebensstandards und den meiner Familie

In Österreich gibt es für Leute mit meinen Qualifikationen bessere Verdienstmöglichkeiten

Ich wollte mein eigenes Leben leben Mit dem Geld, das ich in Österreich verdiene, wollte ich für eine Wohnung, ein Haus oder eine Wohnraumsanierung in [Tschechien/Ungarn/Slowakei] ansparen

Leute haben mir Positives über das Arbeiten in Österreich erzählt

Ich wollte auch den Lebensstandard haben, den meine Familienangehörigen, Verwandten oder Freunde, die in Österreich arbeiten bereits erreicht hatten

[Tschechien/Ungarn/Slowakei] und Österreich sind sich kulturell sehr ähnlich und man findet sich daher in Österreich rasch zurecht In Österreich war es für Leute mit meinen Qualifikationen einfach eine Arbeitsbewilligung zu erhalten

Um meine beruflichen Qualifikationen zu verbessern Unter meinen engen Familienangehörigen, sonstigen Verwandten oder Freunden war es üblich, dass man in Österreich arbeitet

Kürzere Fahrtzeit zum Arbeitsplatz in Österreich, als zu einem vergleichbaren Arbeitsplatz in [Tschechien/Ungarn/Slowakei]

Mit dem Geld, das ich in Österreich verdiene, wollte ich in [Tschechien/Ungarn/Slowakei] ein eigenes Unternehmen gründen

168

7 Deskriptive Ergebnisse: Motive, Hauptmerkmale, nachteilige (…)

7.2 Hauptmerkmale der PendlerInnen im Vergleich zu (…)

169

7.2 Hauptmerkmale der PendlerInnen im Vergleich zu anderen Gruppen Die Zusammenschau der soziodemographischen Charakteristika und ökonomischen Merkmale (Kennzeichen der Arbeitsmarktintegration) sowie der Lebenszufriedenheit der PendlerInnen im Vergleich zu anderen ethnischen Gruppen am österreichischen Arbeitsmarkt und im Vergleich zu NichtmigrantInnen, die in den nordöstlichen Grenzregionen von Tschechien, Slowakei und Ungarn zu Österreich leben und arbeiten, lässt sich in folgenden acht Schlussfolgerungen zusammenfassen (siehe Tabelle 14): Erstens sind die PendlerInnen in dieser Stichprobe vor allem männlich. Circa 58% der befragten PendlerInnen sind Männer und rund 42% sind Frauen. Dieser Geschlechterunterschied in der Arbeitsmarktbeteiligung ist bei fast allen anderen Vergleichsgruppen ähnlich ausgeprägt, bei der Gruppe der MigrantInnen aus den alten EU-Beitrittsländern (vor 2004 bereits Mitgliedsstaaten der EU, EU15: u.a. Belgien, Dänemark, Österreich) etwas schwächer und bei türkischen MigrantInnen in Österreich deutlich stärker. Nur bei der Gruppe der in Österreich lebenden MigrantInnen aus den EU-12 Ländern (die 2004 der EU beigetretenen Staaten, EU-10: u.a. Tschechien, Slowakei und Ungarn sowie die 2007 der EU beigetretenen Staaten, EU-2: Rumänien und Bulgarien) ist ein umgekehrtes Geschlechterverhältnis zu erkennen. Lediglich 47% dieser MigrantInnen sind Männer. Zweitens handelt es sich bei den PendlerInnen vor allem um Personen aus der jüngsten Altersgruppe der 21-35-jährigen Personen (49.5%). Hier unterscheiden sich die PendlerInnen hochsignifikant zu allen anderen betrachteten Vergleichsgruppen. Es sind also vor allem junge Personen, die auf den österreichischen Arbeitsmarkt pendeln. Am wenigsten PendlerInnen sind unter den 5165-jährigen vorhanden. Nur 14% aller befragten PendlerInnen in der Stichprobe des TRANSLAB-Surveys sind in diesem Alter. Diese Ergebnisse stimmen mit den Befunden von Paci und KollegInnen (vgl. 2010: 206) überein, denen zufolge das Pendeln innerhalb von Ländern Zentraleuropas sowie der baltischen Region im Allgemeinen eher ein Phänomen der Jüngeren darstellt. Drittens verfügen die PendlerInnen im TRANSLAB-Survey hauptsächlich über mittlere Qualifikationen (ISCED 3-4). Circa 77% aller PendlerInnen haben ein mittleres Bildungsniveau, währenddessen rund 14% eine höhere formale Bildung (ISCED 5-6) aufweisen und nur 9% gering gebildet (ISCED 0-2) sind.

170

7 Deskriptive Ergebnisse: Motive, Hauptmerkmale, nachteilige (…)

Die PendlerInnen sind (wenn man mittlere und höhere Qualifikationen zusammenfasst) klar besser qualifiziert als die Gruppe der MigrantInnen aus ExJugoslawien und der Türkei (deren ältere Generation oftmals als die Gruppe der ehemaligen „GastarbeitermigrantInnen“ bezeichnet wird). Gegenüber in Österreich geborenen Personen („Einheimischen“) sowie MigrantInnen aus den EU15 weisen die PendlerInnen insgesamt nur geringe Bildungsnachteile auf. Die wenigsten Unterschiede bestehen zur Gruppe der EU-12 MigrantInnen, die Gruppe der NichtmigrantInnen ist geringfügig besser qualifiziert. Es bleibt zu betonen, dass in keiner anderen Gruppe so viele Personen über mittlere Qualifikationen verfügen wie unter den grenzübergreifenden PendlerInnen. Die hohe Relevanz von mittleren Qualifikationen unter MigrantInnen aus osteuropäischen Beitrittsländern wurde auch in anderen Studien bereits herausgestellt (vgl. Kahanec et al. 2010: 20). Viertens sind die PendlerInnen in Österreich überwiegend als ArbeiterInnen tätig. Circa zwei Drittel (66.6%) der PendlerInnen sind ArbeiterInnen und annähernd ein Drittel (31.3%) sind Angestellte. 2% der PendlerInnen sind freie DienstnehmerInnen/MitarbeiterInnen (Werkvertrag). Die PendlerInnen liegen mit ihrem Anteil an ArbeiterInnen unter den Vergleichsgruppen im oberen Spektrum. Nur MigrantInnen aus Ex-Jugoslawien und der Türkei sind häufiger als ArbeiterInnen am österreichischen Arbeitsmarkt positioniert. Am deutlich wenigsten oft ArbeiterInnen sind „Einheimische“ sowie MigrantInnen aus den EU-15, was deren relativ gute soziale Position gegenüber den anderen Herkunftsgruppen unterstreicht. Mit ihrem Anteil an Angestellten liegen die PendlerInnen hingegen im unteren Spektrum der betrachteten sozialen Gruppen. Nur MigrantInnen aus Ex-Jugoslawien und der Türkei schneiden diesbezüglich etwas schlechter ab.

Geschlecht Frauen Männer Alter 21-35 Jahre 36-50 Jahre 51-65 Jahre formales Bildungsniveau geringe Bildung (ISCED 0-2) mittlere Bildung (ISCED 3-4) höhere Bildung (ISCED 5-6) berufliche Stellung1 ArbeiterInnen Angestellte/Beamte freie DienstnehmerInnen/freie MitarbeiterInnen (WV) Branche Gesamt Land- und Forstwirtschaft, Fischerei verarbeitendes Gewerbe Bau (inkl. Bergbau)

1.0

0.8*** 16.6*** 6.9***

0.6**

0.7*** 18.2*** 9.1***

0.8*** 17.0*** 13.9+

0.7*

45.5*** 53.8***

25.6***

41.9***

17.2*** 81.8***

20.3***

9.5 64.9***

4.5***

53.5***

8.4

71.4***

26.2*** 73.2***

38.3*** 41.3** 20.4***

39.3*** 43.1*** 17.6*

“Einheimische”

34.3*** 45.0*** 20.7***

EU-15

47.4** 52.6**

53.0*** 47.0***

EU-12

44.4 55.6

Ex-Ju. 0.4*** 20.7*** 18.7

0.1***

73.7*** 26.2**

6.0***

63.7***

30.3***

31.9*** 49.7*** 18.5***

44.7 55.3

Türkei 0.2*** 29.3*** 16.5

0.0***

80.8*** 19.2***

4.4***

35.1***

60.4***

36.1*** 52.9*** 11.0*

29.5*** 70.5***

Tschechien 6.0 .4 9.0

4.1

74.9 21.0

12.9

62.4

24.7

70.8 22.1 7.1

39.0 61.0

Slowakei 0.4 4.7 17.1

2.1

73.9 24.1

15.8

76.3

7.8

46.3 37.0 16.7

43.2 56.8

Ungarn 5.9 11.7 21.0

1.0

55.6 43.4

13.2

84.5

2.3

41.5 43.0 15.5

42.1 57.9

Gesamt 3.8 6.7 17.0

2.0

66.6 31.3

14.2

76.8

9.0

49.5 36.4 14.2

41.8 58.2

1.2 6.2 8.2

0.9

56.2 42.9

11.8

80.6

7.6

41.5 37.1 21.5

47.6 52.4

Tschechien

TRANSLAB-Survey 2012/2013 NichtmigrantInnen

3.0 15.4 6.1

0.6

45.0 54.4

30.4

66.3

3.3

42.7 33.1 24.2

48.6 51.4

Slowakei

PendlerInnen

3.7 34.4 5.3

0.5

40.3 59.2

19.3

69.6

11.1

35.4 43.1 21.4

45.5 54.5

Ungarn

Statistik Austria Mikrozensus (LFS) 2012 -

2.7 19.1*** 6.5***

0.6*

46.9*** 52.5***

20.6**

71.9+

7.4

39.8*** 37.8 22.4***

47.2 52.8

Gesamt

Tabelle 14: Hauptmerkmale von PendlerInnen und anderen ethnischen Gruppen („im Ausland geboren“) am österreichischen Arbeitsmarkt sowie NichtmigrantInnen in den Herkunftsregionen von Tschechien, Slowakei und Ungarn (Anteile in % und Mittelwerte)

7.2 Hauptmerkmale der PendlerInnen im Vergleich zu (…) 171

21.1*** 29.1 22.6** 24.2*** 31.4*** 31.7*** 54.7*** 39.5*** 45.7*** 98,286 91,514 181,897 459 324 706 Statistik Austria EU-SILC 20122

39.4*** 14.2* 9.6*** 9.3* 27.1 60.2***

21.7*** 31.3*** 47.0*** 2,445990 11,118

30.9*** 10.3 11.7*** 10.1 36.1*** 68.3*

23.6 15.6*** 8.0*** 9.5* 42.5*** 75.6

27.3* 14.9** 3.8*** 10.3 43.0*** 72.0 17.8*** 27.6*** 54.5*** 61,391 272

45.8*** 13.1 11.0*** 5.0*** 24.9+ 54.0*** 19.0 54.3 26.7 267

9.4 25.5 23.6 6.4 29.2 84.6 27.4 54.4 18.2 486

21.8 7.4 20.0 19.8 30.7 77.8

23.7 11.4 20.3 12.4 28.4 72.5

14.2 10.9 7.1 9.4 57.1 84.7

21.5 9.1 5.2 8.0 53.2 75.5

31.5 27.3 30.3 16.0 44.3 50.2 43.9 47.4 24.2 22.5 25.8 36.6 340 362 523 1,276 441 378 TRANSLAB-Survey 2012/2013

32.7 8.0 18.9 8.6 25.8 61.4 19.7 27.5 52.8 378 381

39.7 12.2 4.8 4.0 35.7 56.8

21.6* 39.2*** 39.2*** 1,080 1,200

25.6 10.7 5.6*** 7.0*** 48.3*** 71.8

Brutto-Stundenlohn (in Euro) (Median) 15.0*** 15.58*** 11.88*** 11.25*** 11.04*** 7.73 8.33 7.93 7.95 3.97 4.22 2.87 3.45*** N (gewichtet) 2,329.095 100,301 87,001 208,114 71,444 242 280 307 830 N (ungewichtet) 4,028 152 117 237 87 230 301 445 976 327 292 308 927 Lebenszufriedenheit 3 (arithmetisches Mittel) 5.35*** 5.24*** 4.73 4.93*** 4.91** 4.56 4.70 4.97 4.78 4.47 3.97 4.10 4.17*** N (gewichtet) 2,141.067 91,758 80,904 189,843 62,382 339 363 378 1,079 N (ungewichtet) 3,714 140 108 215 76 266 486 523 1,275 438 378 381 1,197 Quelle: Statistik Austria Mikrozensus 2012, EU-SILC 2012, TRANSLAB-Survey 2012/2013; gewichtete Analysen; eigene Berechnungen. Die Datenbasis inkludiert erwerbstätige Personen zwischen 21 und 65 Jahren mit einer Haupterwerbstätigkeit ((mind. 20h/Woche, ohne Selbständige, ohne Mithelfende im Familienbetrieb, ohne Personen in Elternkarenz und Mutterschutz (keine Mutterschutz-Einschränkung in EU-SILC-Daten realisierbar)). 1Die Vergleichbarkeit dieser Variablen zwischen den zwei Umfragen ist aufgrund feiner Unterschiede in der Abfrage der Kategorien von beruflicher Stellung nur bedingt gewährleistet (keine „freien MitarbeiterInnen“ im Mikrozensus; keine „Vertragsbediensteten“ in TRANSLAB, hier unter „Angestellte/Beamte“). 2 WerkvertragsnehmerInnen werden in EU-SILC als Selbständige erfasst (und nicht unter der Überschrift freie MitarbeiterInnen wie in den TRANSLAB-Daten) und wurden daher von den EUSILC Daten ausgeschlossen. In den TRANSLAB-Daten wurden die freien MitarbeiterInnen (WerkvertragsnehmerInnen) in die Analyse mitaufgenommen da es sich um eine kleine Gruppe handelt die vorrangig angegeben hat als freie MitarbeiterInnen und nicht als Selbständige tätig zu sein. 3Den Befragten wurde die Frage nach der allgemeinen Lebenszufriedenheit in der EUSILC-Erhebung und dem TRANSLAB-Survey in vergleichbarer Form gestellt. Da sich die Antwortskalen aus diesen beiden Erhebungen unterscheiden ist die Vergleichbarkeit der Ergebnisse jedoch nur annäherungsweise gegeben. Für den vorliegenden Vergleich musste die 10-stufige Antwortskala des TRANSLAB-Surveys in die 6-stufige Skala der EU-SILC-Erhebung transformiert werden (1 = “sehr unzufrieden” bis 6 = “sehr zufrieden”), signifikante Unterschiede in dieser Variable sind daher mit Vorsicht zu interpretieren. Signifikante Unterschiede zur Gruppe der PendlerInnen wurden mit Games-Howell Post-Hoc-Tests (Anteile und arithmetisches Mittel) und Mood’s Median-Tests (Median) geprüft (die Median-Tests wurden jeweils einzeln für die jeweiligen Vergleichspaare durchgeführt). Games-Howell Post-Hoc-Tests wurden gewählt da diese Tests gegenüber ungleichen Stichprobengrößen und Varianzen robust sind. Zur statistischen Absicherung der Ergebnisse der (voraussetzungsfreieren aber weniger teststarken) Mood‘s Median-Tests wurden die Unterschiede im Median zusätzlich mit Mann-Whitney U-Tests auf Signifikanz geprüft, dies führte zu denselben Ergebnissen; Signifikanzniveaus: +p < 0.1, *p < 0.05, **p < 0.01, ***p < 0.001.

…Fortsetzung von Tabelle 14: Gesamt Indus. & Gewerbe Handel, Kfz Gastronomie & Hotellerie Gesundh.- & Sozialwesen sonstige Dienstleistungen Gesamt Dienstleistungen Betriebsgröße Kleinbetr.(bis 10 Beschäf.) Mittelbetrieb (11 bis 49) Großbetrieb (ab 50) N (gewichtet) N (ungewichtet)

172 7 Deskriptive Ergebnisse: Motive, Hauptmerkmale, nachteilige (…)

7.2 Hauptmerkmale der PendlerInnen im Vergleich zu (…)

173

Fünftens sind die PendlerInnen aus Tschechien, Slowakei und Ungarn in Österreich insgesamt am häufigsten im Dienstleistungssektor anzutreffen (72,5%). Ähnlich hohe Anteile (71,8%) sind bei „Einheimischen“ sowie MigrantInnen aus den EU-15 und EU-12 zu beobachten. Auf die Gesamtheit von Industrie und Gewerbe belaufen sich unter den PendlerInnen in etwa 28% und auf Land- und Forstwirtschaft, Fischerei circa 4%. Damit arbeiten im Durchschnitt mehr PendlerInnen in der österreichischen Land- und Forstwirtschaft und (abgesehen von EU-15 MigrantInnen) weniger PendlerInnen in Industrie und Gewerbe als alle anderen hier betrachteten ethnischen Gruppen in Österreich. Zu den wichtigsten fünf Branchen der PendlerInnen in Österreich zählen die zusammenfassende Kategorie sonstige Dienstleistungen (28,4%), Gastronomie und Hotellerie (20,3%), Bau (inkl. Bergbau) (17%), Gesundheits- und Sozialwesen (12,4%) und Handel, KfZ (11,4%). Die Liste dieser wichtigsten Branchen korrespondiert im Großen und Ganzen mit der verfügbaren AMS-Statistik (vgl. Wiesböck und Haindorfer 2014: 21) sowie einer ExpertInneneinschätzung zu den wichtigsten Branchen für grenzübergreifende PendlerInnen zwischen EU-12 und EU-15 Ländern (vgl. Nerb et al. 2009: 27ff.). Auffallend gegenüber den NichtmigrantInnen sind der verhältnismäßig niedrige Anteil an PendlerInnen in den sonstigen Dienstleistungen (28,4 vs. 48,3%) sowie deren relativ hoher Anteil in der Gastronomie und Hotellerie (20,3 vs. 5,6%). Sechstens sind die PendlerInnen in Österreich vor allem in mittleren Betrieben tätig, der entsprechende Anteil beläuft sich auf rund die Hälfte der Befragten (50,2%). Am zweithäufigsten sind die PendlerInnen in Kleinbetrieben (27,3%) zu finden, währenddessen sie am seltensten in Großbetrieben (22,5%) arbeiten. Keine andere der betrachteten Gruppen ist annähernd gleich stark in mittleren Betrieben zu finden. Stattdessen stellen sich bei allen in Österreich arbeitenden Vergleichsgruppen die Großbetriebe am Bedeutendsten heraus. So arbeiten zum Beispiel circa 55% der EU-15 MigrantInnen sowie der MigrantInnen aus der Türkei in Firmen dieser Größenordnung. NichtmigrantInnen arbeiten insgesamt zu denselben Anteilen in mittleren Betrieben und Großbetrieben (jeweils 39,2%). Eine Gemeinsamkeit über alle Vergleichsgruppen hinweg ist, dass Kleinbetriebe die am geringsten besetzte Betriebsgröße repräsentieren. Siebtens sind die durchschnittlichen Brutto-Stundenlöhne der PendlerInnen (7.95 Euro) im Vergleich zu allen anderen hier betrachteten ethnischen Gruppen am österreichischen Arbeitsmarkt deutlich niedriger. Im Kontrast zu Landsleuten

174

7 Deskriptive Ergebnisse: Motive, Hauptmerkmale, nachteilige (…)

die in den Herkunftsregionen tätig sind, fallen die Löhne der PendlerInnen aber klar höher aus: Im Durchschnitt erzielen die PendlerInnen in Österreich mehr als das Doppelte als die NichtmigrantInnen aus Tschechien, Slowakei und Ungarn die in ihren Herkunftsländern arbeiten. Damit wird anhand eines in der Forschung vielfach verwendeten Sozialstrukturindikators (z.B. Verwiebe und Eder 2006) besonders eindrücklich angezeigt, wie hoch die ökonomischen Vorteile ausfallen, wenn man auf den österreichischen Arbeitsmarkt pendelt (und seinen Hauptwohnsitz weiterhin in der Herkunftsregion behält). Innerhalb des österreichischen Arbeitsmarkts sind die Lohndifferenzen der PendlerInnen besonders stark gegenüber „Einheimischen“ sowie EU-15 MigrantInnen ausgeprägt. Circa sieben Euro verdienen die PendlerInnen durchschnittlich weniger pro Stunde als diese beiden sozialen Gruppen. Zu früheren Ergebnissen zu ethnischen Lohnunterschieden am österreichischen Arbeitsmarkt siehe Huber (vgl. 2010: 14f.).126 Achtens ist die Lebenszufriedenheit der PendlerInnen (4.78) durchschnittlich niedriger als jene der „Einheimischen“ (5.35) sowie der EU-15 MigrantInnen (5.24). Die Lebenszufriedenheit der PendlerInnen ist in etwa vergleichbar mit der Lebenszufriedenheit von anderen MigrantInnen in Österreich. Allerdings demonstrieren die statistischen Tests, dass die PendlerInnen signifikant unzufriedener sind als MigrantInnen aus Ex-Jugoslawien (4.93) und der Türkei (4.91). Nur zu EU-12 MigrantInnen (4.73) existieren keine statistisch signifikanten Differenzen im Lebenszufriedenheitsniveau. Gegenüber den tschechischen, slowakischen und ungarischen NichtmigrantInnen (4.17) ist die Lebenszufriedenheit der PendlerInnen im Durchschnitt klar höher. Diese vergleichenden Befunde (für welche die 10-stufige Antwortskala der Lebenszufriedenheit im TRANSLAB-Survey entsprechend transformiert werden musste, siehe dazu die Tabellenunterschrift) reihen sich in die etablierten empirischen Ergebnisse zur Lebenszufriedenheit von MigrantInnen ein, denen zufolge MigrantInnen eine im Durchschnitt geringere Lebenszufriedenheit als „Einheimische“ aufweisen (Bălţătescu 2014; Bartram 2011; Safi 2010). Bezogen auf die Differenzen zwischen PendlerInnen und NichtmigrantInnen stimmen sie überdies mit den deskriptiven Ergebnissen von Bartram (vgl. 2013a: 164) überein, da auch in seiner Studie Ost-West-MigrantInnen aus osteuropäischen Ländern eine durchschnitt

126

Zu früheren Ergebnissen (auch zu entsprechenden Unterschieden in der Lebenszufriedenheit) aus dem TRANSLAB-Projekt siehe Haindorfer und KollegInnen (2016).

7.3 Die Verbreitung von nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen (…)

175

lich höhere Happiness aufweisen als Personen die in diesen Ländern geblieben sind.127 7.3 Die Verbreitung von nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen unter PendlerInnen in Österreich (Gesamtbetrachtung und Branchenvergleich) In diesem Kapitel wird das Auftreten von nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen unter PendlerInnen über alle Branchen hinweg und in verschiedenen Branchen Österreichs betrachtet. Zu den offensichtlich nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen werden mit Hinblick auf den aktuellen Job das Vorliegen von ethnischer Diskriminierung, überqualifizierter und irregulärer Beschäftigung gezählt. Mit Hinblick auf den Vergleich zwischen dem aktuellen Job in Österreich und dem letzten Job in der Herkunftsgesellschaft – einer weiteren Perspektive die in dieser Studie eingenommen wird – zählen der Wechsel der Branche, der Wechsel von einer Passung von Ausbildung und Beruf (Match) zu einer überqualifizierten Beschäftigung (Dequalifizierung) und der Wechsel von einer regulären in eine irreguläre Beschäftigung hinzu. Die deskriptiven Statistiken über alle Branchen hinweg (siehe Tabelle 1011) stellen eine mittlere Betroffenheit von ethnischer Diskriminierung (MW = 1.82) unter den PendlerInnen fest. Ferner zeigen sie, dass in etwa 18% aller PendlerInnen in ihrem aktuellen Job in Österreich überqualifiziert und 10% irregulär beschäftigt sind (die Mittelwerte lassen sich aufgrund der 0/1 Kodierung der Variablen auch als Prozentwerte interpretieren). Bei einem Vergleich zwischen dem aktuellen Job in Österreich mit dem letzten Job in der Herkunftsgesellschaft ist ferner zu beobachten, dass circa 44% der PendlerInnen ihre Branche im Zuge des grenzübergreifenden Pendelns gewechselt haben, in etwa 13% sind von einer ausbildungsadäquaten Tätigkeit (Match) in eine überqualifizierte Beschäftigung, und rund 8% von einer regulären Beschäftigung in eine irreguläre Tätigkeit übergegangen. Während bereits weiter oben dargelegt wurde, dass die Gastronomie und Hotellerie zu einem der zentralsten Tätigkeitsfelder der Ost-West-PendlerInnen 127

Eine sich mit den beobachteten Gruppenunterschieden in der Lebenszufriedenheit und den zuvor angeführten Unterschieden im Einkommenslevel aufdrängende Vermutung ist, dass das Einkommen eine wichtige Determinante der Lebenszufriedenheit repräsentiert, ein Thema welchem in den multivariaten Analysen nachgegangen wird.

176

7 Deskriptive Ergebnisse: Motive, Hauptmerkmale, nachteilige (…)

in Österreich zählt, demonstrieren die folgenden Auswertungen, dass die österreichische Gastronomie und Hotellerie einen optimalen Ausschnitt für eine vertiefende qualitative Analyse zu nachteiligen Erfahrungen des Ost-West-Pendelns und ihren subjektiven Bewertungen darstellt.128 Jene drei Branchen in denen die negativen Arbeitsmarkterfahrungen (grau hinterlegt) am häufigsten auftreten wurden mit dem Symbol # markiert (siehe Tabelle 15). Bei Betrachtung des durchschnittlichen Auftretens dieser negativen Arbeitsmarkterfahrungen in verschiedenen Branchen in Österreich kristallisiert sich heraus, dass die Gastronomie und Hotellerie zu den jeweils betroffensten drei Branchen zählt.129 Mit Blick auf den aktuellen Job sind circa 27% der PendlerInnen für ihre Jobs überqualifiziert beschäftigt. Mit Blick auf den transnationalen Erwerbsverlauf ist zu erkennen, dass Branchenwechsel in der Gastronomie und Hotelleriebranche am stärksten zu verzeichnen sind. Rund die Hälfte aller PendlerInnen die in der österreichischen Gastronomie und Hotellerie beschäftigt sind, haben in ihrer letzten Tätigkeit in der Herkunftsgesellschaft noch in einer anderen Branche gearbeitet. Etwa 14% der PendlerInnen sind aus einem ausbildungsadäquaten Job (Match) im Herkunftsland in eine überqualifzierte Beschäftigung nach Österreich gewechselt, was einen ebenfalls sehr hohen Wert im Branchenvergleich repräsentiert. Ferner sind rund 8% von einem regulären Job in der Herkunftsgesellschaft in eine irreguläre Beschäftigung in Österreich eingestiegen.

128

129

PendlerInnen in der österreichischen Land- und Forstwirtschaft, Fischerei wurden von den folgenden Auswertungen ausgeschlossen da weniger als 5% aller untersuchten PendlerInnen in dieser Branche beschäftigt sind. Die Auswertungen wurden aufgrund von größeren Fallzahlen für alle der untersuchten PendlerInnen und nicht getrennt nach regionaler Herkunft durchgeführt. Mit Ausnahme von ethnischen Diskriminierungserfahrungen und irregulärer Beschäftigung die sich in anderen Branchen als vergleichsweise relevanter darstellen. Die Branche verarbeitendes Gewerbe zählt ebenfalls vier Mal zu den wichtigsten drei Branchen. Da aber im verarbeitenden Gewerbe mit einem Anteil von nur knapp 7% relativ wenige der untersuchten PendlerInnen tätig sind, können die entsprechenden Anteile in dieser Branche nur unter Vorbehalt mit den anderen stärker besetzten Branchen verglichen werden. Die hinsichtlich des Auftretens der negativen Arbeitsmarkterfahrungen wichtigste Branche ist die zusammenfassende Kategorie sonstige Dienstleistungen. Bis auf den Branchenwechsel zählt diese Branche überall zu den wichtigsten drei Branchen. Es handelt sich jedoch um eine stark zusammenfassende Kategorie mit vielen kleinen Branchen, wodurch Rückschlüsse auf einzelne Branchen nur bedingt möglich sind.

Bau (inkl. Bergbau) Handel, Kfz

Gastronomie und Hotellerie

Gesundheits- und Sozialwesen

LOVING INDIKATOREN BEZIEHUNGEN ZU ARBEITSKOLLEGINNEN Erfahrungen von Benachteiligung im Betrieb aufgrund der ethnischen Herkunft (ethnische Diskriminierung) (1 = stimme gar nicht zu bis 5 = stimme voll und ganz zu) 1.86# 1.77 1.74 1.83 1.96# BEING INDIKATOREN MÖGLICHKEITEN FÜR EIN SINNHAFTES ARBEITSLEBEN a) AKTUELLER JOB berufliche Passung (ISCO-ISCED Korrespondenz laut OECD 2007) Match 0.74 0.77 0.47 0.70 0.59 unterqualifiziert 0.07 0.13 0.47 0.04 0.30 # # überqualifiziert 0.19 0.10 0.06 0.27 0.11 irreguläre Beschäftigung regulär beschäftigt 0.97 0.89 0.85 0.92 0.91 irregulär beschäftigt 0.03 0.11# 0.15# 0.08 0.09# b) VERGLEICHE AKTUELLER JOB IN ÖSTERREICH MIT LETZTEM JOB IN DER HERKUNFTSGESELLSCHAFT Wechsel der Branche kein Wechsel 0.55 0.60 0.54 0.50 0.70 Wechsel 0.45# 0.40 0.46# 0.50# 0.30 Wechsel von beruflicher Passung kein Wechsel 0.72 0.86 0.67 0.71 0.72 von Match in unterqualifiziert 0.07 0.01 0.05 0.01 0.02 von Match in überqualifiziert 0.11# 0.06 0.09 0.14# 0.04 von unterqualifiziert in Match 0.05 0.02 0.13 0.07 0.17 von unterqualifiziert in überqualifiziert 0.02 0.00 0.00 0.03 0.01 von überqualifiziert in Match 0.03 0.04 0.05 0.04 0.04 von überqualifiziert in unterqualifiziert 0.00 0.00 0.00 0.00 0.00 Wechsel in irreguläre/reguläre Beschäftigung kein Wechsel 0.92 0.81 0.90 0.86 0.88 von regulär in irregulär 0.03 0.07 0.03 0.08# 0.09# von irregulär in regulär 0.05 0.12 0.06 0.06 0.03 Quelle: TRANSLAB-Survey 2012/2013; ungewichtete Analysen; eigene Berechnungen (ohne PendlerInnen in der Land- und Forstwirtschaft, Fischerei). N = 1,234.

verarbeitendes Gewerbe

0.86 0.10# 0.03

0.63 0.06 0.18# 0.07 0.04 0.03 0.00

0.60 0.40

0.89 0.11#

0.57 0.14 0.29#

1.87#

sonstige Dienstleistungen

Tabelle 15: Nachteilige Arbeitsmarkterfahrungen unter PendlerInnen in verschiedenen Branchen in Österreich (Mittelwerte)

7.3 Die Verbreitung von nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen (…) 177

178

7 Deskriptive Ergebnisse: Motive, Hauptmerkmale, nachteilige (…)

7.4 Lebenszufriedenheit und subjektiver Pendelerfolg: Bestandsaufnahme und soziale Differenzen 7.4.1 Bestandsaufnahme: Durchschnittliche Lebenszufriedenheit der PendlerInnen und subjektive Erfolgsbewertungen des Ost-West-Pendelns Dieser Abschnitt widmet sich zunächst noch einmal den Lebenszufriedenheitsunterschieden auf der im TRANSLAB-Survey verwendeten 10-stufigen endpunktbenannten Antwortskala (siehe Tabelle 16). Analog zu den Ergebnissen in Tabelle 14 zeigt sich auch in dieser Darstellung, dass die durchschnittliche Lebenszufriedenheit der PendlerInnen (7.44) gegenüber jener der NichtmigrantInnen (6.46) deutlich erhöht ist und sich hochsignifikant unterscheidet. Durchschnittliche Differenzen im Lebenszufriedenheitsniveau sind auch in den einzelnen Herkunftsländern vorhanden (in der tschechischen Subregion fallen die Unterschiede zwischen PendlerInnen und NichtmigrantInnen am vergleichsweise geringsten aus). Die zu beobachtenden Differenzen in der Lebenszufriedenheit zwischen den einzelnen Ländern unter den PendlerInnen und NichtmigrantInnen stehen im Einklang mit bisherigen Happiness-Befunden zu mobilen und immobilen Gruppen aus diesen Ländern. Bartram (vgl. 2013a: 164) arbeitet auf der Basis von ESS-Daten in ähnlicher Form heraus, dass Ost-West-MigrantInnen aus Ungarn im Vergleich zu jenen aus der Slowakei und Tschechien (deren Happiness gleich hoch ausfällt) eine etwas höhere Happiness aufweisen und dass unter den NichtmigrantInnen die UngarInnen etwas unglücklicher sind als TschechInnen und SlowakInnen (einziger wesentlicher Unterschied zwischen diesen Happiness-Befunden von Bartram und den hier vorliegenden Ergebnissen zur Lebenszufriedenheit ist, dass die ungarischen gegenüber den slowakischen NichtmigrantInnen zufriedener sind). Im Übrigen untermauern diese vergleichenden Befunde die in der Forschung häufig anzutreffende Gleichsetzung der Konzepte Lebenszufriedenheit und Happiness.

7.4 Lebenszufriedenheit und subjektiver Pendelerfolg: (…)

179

Tabelle 16: Lebenszufriedenheit von tschechischen, slowakischen und ungarischen PendlerInnen und NichtmigrantInnen in der Central European Region (Mittelwerte) Lebenszufriedenheit: „Wie zufrieden sind Sie – alles in allem – mit ihrem gegenwärtigen Leben?” (1 = äußerst unzufrieden, 10 = äußerst zufrieden) PendlerInnen NichtmigrantInnen Tschechien Slowakei Ungarn Gesamt Tschechien Slowakei Ungarn Gesamt MW 7.21 7.27 7.72 7.44*** 6.90 6.15 6.37 6.46 N(gewichtet) 339 363 378 1,079 N(ungewichtet) 272 486 524 1,282 438 378 381 1,197

Quelle: TRANSLAB-Survey 2012/2013; gewichtete Analysen; eigene Berechnungen. Signifikanter Unterschied zwischen PendlerInnen und NichtmigrantInnen wurde mit einem t-Test geprüft; Signifikanzniveaus: +p < 0.1, *p < 0.05, **p < 0.01, ***p < 0.001.

Mit dem Wissen, dass die Lebenszufriedenheit der PendlerInnen (im Vergleich zu den NichtmigrantInnen) insgesamt relativ hoch ausfällt, steht nun die Frage nach der subjektiven Bewertung der Folgen des Pendelns bzw. des subjektiven Pendelerfolgs im Vordergrund (siehe Tabelle 17). Wie also bewerten die PendlerInnen das Pendeln mit Blick auf deren allgemeines Leben? Welche Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern treten zutage? Wie bei der verwendeten Lebenszufriedenheitsskala so steht auch bei der 5-stufigen endpunktbenannten Antwortskala des subjektiven Pendelerfolgs ein höherer Mittelwert für eine bessere subjektive Bewertung der Befragten. Anhand der Befunde ist zu erkennen, dass der subjektive Pendelerfolg – wie die Lebenszufriedenheit – mit einem Mittelwert von 4.49 insgesamt relativ hoch unter den PendlerInnen ist. Somit zeigt sich auch in der vorliegenden Untersuchung ein relativ stark ausgeprägter subjektiver Migrationserfolg (Fuller 1981; Lundholm und Malmberg 2006; Reinprecht 2006). Der größte subjektive Pendelerfolg ist durchschnittlich unter den ungarischen PendlerInnen (4.71) zu verzeichnen. Tabelle 17: Subjektiver Pendelerfolg von tschechischen, slowakischen und ungarischen PendlerInnen in der Central European Region (Mittelwerte) Subjektiver Erfolg allgemeines Leben: „Wenn Sie heute Bilanz ziehen, hat sich in Bezug auf Ihr allgemeines Leben das Arbeiten in Österreich für Sie alles in allem gelohnt?” (1 = gar nicht, 5 = in sehr hohem Maße) Tschechien Slowakei Ungarn Gesamt MW 4.23 4.38 4.71 4.49 N 263 486 524 1,273 Quelle: TRANSLAB-Survey 2012/2013; ungewichtete Analysen; eigene Berechnungen.

180

7 Deskriptive Ergebnisse: Motive, Hauptmerkmale, nachteilige (…)

7.4.2 Soziale Differenzen in den subjektiven Bewertungen des Pendelns nach Geschlecht, Alter und formalem Bildungsniveau Wie aber steht es um die Lebenszufriedenheit und den subjektiven Pendelerfolg bei verschiedenen sozialen Gruppen von PendlerInnen? Dieser Frage widmet sich der folgende Abschnitt indem PendlerInnen unterschiedlichen Geschlechts, Alters sowie formalen Bildungsniveaus miteinander verglichen werden. Es ist an dieser Stelle zu betonen, dass die entsprechenden Ergebnisse deskriptive und bivariate Resultate darstellen, d.h. es werden in diesen Auswertungen keine potentiellen Einflüsse anderer Variablen auf den Zusammenhang zwischen zwei Merkmalen kontrolliert oder bereinigt (sog. „Drittvariablenkontrollen“). Insofern beschreiben und vergleichen die folgenden Befunde Verteilungen unter den Befragten nach bestimmten Gesichtspunkten, sind also beschreibender Natur, im Gegensatz zu den anschließenden Befunden aus multivariaten Regressionsanalysen, die als erklärend zu betrachten sind.130 Die Befunde zur Lebenszufriedenheit der PendlerInnen (siehe Tabelle 18) zeigen, dass Frauen (7.65) mit ihrem Leben signifikant zufriedener sind als Männer (7.28), ein weiterer Befund zu den gemischten Erkenntnissen zur Lebenszufriedenheit bei verschiedenen Geschlechtern (Amit 2010). Die Verteilung der Lebenszufriedenheit bei den verschiedenen Altersgruppen verweist ebenfalls auf signifikante Differenzen. Es zeigt sich im Allgemeinen, dass die Lebenszufriedenheit mit zunehmendem Alter sinkt. Das ist ein Befund, der mit den etablierten Befunden der Lebenszufriedenheitsforschung mitunter in Einklang zu bringen ist (Blanchflower und Oswald 2004,2008).131 Mit Hinblick auf etwaige Bildungsunterschiede ist klar zu beobachten, dass die Lebenszufriedenheit mit höherer Bildung besser ausfällt, ein Befund welcher der Allardt’schen Vorstellung von einem Zusammenhang zwischen formaler Bildung und Lebensqualität entspricht und in vielen Studien bestätigt wird (z.B. Haindorfer 2011). 130

131

Mittels multivariater Regressionsanalysen kann z.B. geprüft werden, ob sich ein in bivariaten Analysen beobachteter Altersunterschied in der Lebenszufriedenheit auch in einem Modell bestätigt, bei dem mehrere Faktoren (wie etwa Bildung oder Geschlecht) zugleich einfließen. So tritt zwar der typische U-förmige Verlauf der Lebenszufriedenheit im Lebensverlauf in der hier vorliegenden Form der Alterskategorisierung nicht vollständig hervor. Das muss aber nicht bedeuten, dass die Entwicklung der Lebenszufriedenheit bei den PendlerInnen keinem Uförmigen Verlauf entspricht. Mittels multivariater Analysen und einer metrischen Altersvariable wird die Existenz eines U-förmigen Lebenszufriedenheitsverlaufs noch in angemessener Form empirisch überprüft.

7.4 Lebenszufriedenheit und subjektiver Pendelerfolg: (…)

181

Tabelle 18: Lebenszufriedenheit von verschiedenen sozialen Gruppen von PendlerInnen in der Central European Region (Mittelwerte) Lebenszufriedenheit: „Wie zufrieden sind Sie – alles in allem – mit ihrem gegenwärtigen Leben?” (1 = äußerst unzufrieden, 10 = äußerst zufrieden) Geschlecht *** Männer 7.28 Frauen 7.65 Alter * 21-35 Jahre 7.54 36-50 Jahre 7.35 51-65 Jahre 7.29 formales Bildungsniveau *** geringe Bildung (ISCED 0-2) 5.53 mittlere Bildung (ISCED 3-4) 7.60 höhere Bildung (ISCED 5-6) 7.75 Quelle: TRANSLAB-Survey 2012/2013; ungewichtete Analysen; eigene Berechnungen. Signifikante Unterschiede zwischen den Geschlechtern wurden mit einem t-Test und zwischen verschiedenen Alters- und Bildungsgruppen mit Kruskal-Wallis H-Tests geprüft; Signifikanzniveaus: +p < 0.1, *p < 0.05, **p < 0.01, ***p < 0.001. N = 1,282.

Frauen sind wie gerade erwähnt nicht nur zufriedener mit ihrem Leben als Männer, sondern sie bewerten auch das Pendeln in Bezug auf das allgemeine Leben im Durchschnitt signifikant positiver als ihre männliche Kollegen (4.56 vs. 4.43) (siehe Tabelle 19). Dieser Befund mag mit Blick auf den Forschungsstand etwas überraschen, wenn man bedenkt, dass weibliche Pendlerinnen am österreichischen Arbeitsmarkt im Durchschnitt um sechs Prozent weniger verdienen als männliche Pendler (Verwiebe et al. 2015). Die bivariaten Analysen zum subjektiven Pendelerfolg in allgemeiner Hinsicht verweisen zudem auf signifikante Altersdifferenzen. Es ist festzustellen, dass die mittlere Alterskategorie den höchsten allgemeinen Pendelerfolg äußert und dass die jüngste und älteste Altersgruppe nicht wesentlich voneinander differieren in dieser Bilanzierungsform. Die eingesetzten Signifikanztests verweisen auf statistisch signifikante Unterschiede bei verschiedenen Bildungsgruppen. So ist der Tabelle eindeutig zu entnehmen, dass PendlerInnen mit geringer Bildung (3.88) am wenigsten subjektiven Pendelerfolg in allgemeiner Hinsicht wahrnehmen. Am subjektiv erfolgsreichsten bewerten hingegen PendlerInnen mit mittlerer (4,57) und höherer Bildung (4.46) das Pendeln (PendlerInnen mit mittlerer Bildung tendenziell besser als PendlerInnen mit höherer Bildung).

182

7 Deskriptive Ergebnisse: Motive, Hauptmerkmale, nachteilige (…)

Mit Blick auf die Auswertungen dieses Abschnitts lässt sich bereits an dieser Stelle zusammenfassend konstatieren, dass die Lebenszufriedenheit und der subjektive Pendelerfolg bei verschiedenen sozialen Gruppen von PendlerInnen deutlich voneinander abweichen. Tabelle 19: Subjektiver Pendelerfolg von verschiedenen sozialen Gruppen von PendlerInnen in der Central European Region (Mittelwerte) Subjektiver Erfolg allgemeines Leben: „Wenn Sie heute Bilanz ziehen, hat sich in Bezug auf Ihr allgemeines Leben das Arbeiten in Österreich für Sie alles in allem gelohnt?” (1 = gar nicht, 5 = in sehr hohem Maße) Geschlecht ** Männer 4.43 Frauen 4.56 Alter ** 21-35 Jahre 4.43 36-50 Jahre 4.57 51-65 Jahre 4.46 formales Bildungsniveau *** geringe Bildung (ISCED 0-2) 3.88 mittlere Bildung (ISCED 3-4) 4.57 höhere Bildung (ISCED 5-6) 4.46 Quelle: TRANSLAB-Survey 2012/2013; ungewichtete Analysen; eigene Berechnungen. Signifikante Unterschiede zwischen den Geschlechtern wurden mit einem t-Test und zwischen verschiedenen Alters- und Bildungsgruppen mit Kruskal-Wallis H-Tests geprüft; Signifikanzniveaus: +p < 0.1, *p < 0.05, **p < 0.01, ***p < 0.001. N = 1,273.

8 Multivariate Ergebnisse und qualitative Vertiefungen I: Effekte von ökonomischen und nicht-ökonomischen Lebensbedingungen im Kontext des Ost-West-Pendelns auf Lebenszufriedenheit und Pendelerfolg Kapitel 8 beschäftigt sich nun mit den Einflüssen von ökonomischen und nichtökonomischen Lebensbedingungen auf die Lebenszufriedenheit und den subjektiven Pendelerfolg der PendlerInnen. In einem ersten Schritt werden die jeweils wichtigen Einflussfaktoren herausgearbeitet (= Determinanten). Aufgrund der umfangreichen Befunde erfolgt in diesem Abschnitt auch ein Zwischenfazit, in dem auf die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Determinanten der Lebenszufriedenheit und des Pendelerfolgs eingegangen wird. In einem zweiten Schritt werden die Effekte von ökonomischen und nicht-ökonomischen Lebensbedingungen hinsichtlich ihrer Relevanz für die subjektiven Bewertungen des Pendelns verglichen und somit eine etwaige Bedürfnishierarchie geprüft. In diesem Zusammenhang werden auch die erwarteten genderspezifischen Differenzen analysiert. Zuletzt werden Effekte der subjektiven Erfolgsbewertungen auf die Lebenszufriedenheit der PendlerInnen untersucht. Damit soll auch der Frage nachgegangen werden, welche Rolle der subjektive Pendelerfolg für die Lebenszufriedenheit der PendlerInnen spielt. 8.1 Determinanten der Lebenszufriedenheit und des subjektiven Pendelerfolgs: Effekte von ökonomischen und nicht-ökonomischen Lebensbedingungen im Kontext des Ost-West-Pendelns Welche ökonomischen und nicht-ökonomischen Lebensbedingungen im Kontext des grenzübergreifenden Ost-West-Pendelns beeinflussen die Lebenszufriedenheit der PendlerInnen sowie deren subjektiven Pendelerfolg? Mit anderen Worten gesagt: Wie relevant sind die verschiedenen Merkmale oder Bedürfnisse von Having, Loving und Being im Kontext des grenzübergreifenden Ost-WestPendelns in Centrope? Und welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede des Sets an relevanten Determinanten können zwischen diesen beiden subjektiven Bewertungen identifiziert werden? Zur Bearbeitung dieser Fragestellungen und korres-

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 R. Haindorfer, Lebenszufriedenheit und Pendelerfolg, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26791-9_8

184

8 Multivariate Ergebnisse und qualitative Vertiefungen I: Effekte von (…)

pondierenden Hypothesen wurden zwei OLS-Regressionsmodelle berechnet, welche anhand des aktuellen Jobs in Österreich die größtmögliche Fallzahl an PendlerInnen umfassen (siehe Tabelle 20-21). Alle beiden Regressionsmodelle beinhalten dieselben Fälle und Indikatoren, es variieren nur die abhängigen Variablen. Mit dieser empirischen Strategie können die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Determinanten der Lebenszufriedenheit und der Erfolgsbewertungen des Pendelns überprüft werden.132 Die empirischen Ergebnisse bestätigen insgesamt die Kernannahme dieser Studie, dass ein höheres Maß an Bedürfnisbefriedigung von Having, Loving und Being im Kontext des grenzübergreifenden Pendelns mit einer höheren Lebenszufriedenheit sowie besseren subjektiven Erfolgsbewertungen des Pendelns in Verbindung steht. Allerdings sind nicht alle ökonomischen und nichtökonomischen Bedürfnisse und deren Befriedigung (bzw. Nicht-Befriedigung) für alle beiden subjektiven Bewertungen gleichermaßen relevant. Es eröffnet sich also neben den Gemeinsamkeiten ein Blick auf entsprechende Differenzen zwischen den verschiedenen subjektiven Bewertungsformen. Bevor darauf im Detail eingegangen wird, ist zu erwähnen, dass sich mit dem eingesetzten Set an unabhängigen Variablen die Variation der Lebenszufriedenheit der PendlerInnen tendenziell am Besten bewerten lässt (Modell 1, R2 = 0.33). Dahinter rangiert die Varianzerklärung des allgemeinen Pendelerfolgs (Modell 2, R2 = 0.24). Das R2 bei der Lebenszufriedenheit der Ost-West-PendlerInnen liegt mit rund 33% im Spektrum von anderen Lebenszufriedenheitsstudien in Europa (z.B. Kämpfer 2014; Soukiazis und Ramos 2016). 8.1.1 Effekte der Having-Dimension: Materielle und unpersönliche Bedürfnisse Bei Betrachtung der Lebensbedingungen bzw. Bedürfnisse im Kontext des Pendelns, die unter der Überschrift der Having-Dimension versammelt sind, ist unter den ökonomischen Ressourcen festzustellen, dass das Brutto-Monatseinkommen die Lebenszufriedenheit und den subjektiven Pendelerfolg in allgemeiner Hinsicht positiv beeinflusst. Je höher das monatliche Erwerbseinkommen, desto zufriedener sind die PendlerInnen mit ihrem Leben bzw. desto positiver wird das Pendeln hinsichtlich des allgemeinen Lebens bewertet. Es bestätigt sich also 132

In meiner Dissertation untersuchte ich daneben auch die subjektiven Erfolgsbewertungen des Pendelns in beruflicher Hinsicht (Haindorfer 2017).

8.1 Determinanten der Lebenszufriedenheit und des subjektiven (…)

185

auch in der vorliegenden Studie ein im Querschnitt häufig festgestellter positiver Zusammenhang zwischen Einkommen und Lebenszufriedenheit auf der Individualebene (Easterlin 1974,2001; Kämpfer 2014).133 Die Einschätzung, dass sich die persönlichen Lebensbedingungen in den letzten Jahren im Vergleich zu den anderen Leuten in der eigenen Gegend verbessert haben (relative Wohlstandsentwicklung), repräsentiert hingegen bei allen beiden subjektiven Bewertungen eine hochsignifikante sowie eine der bedeutendsten Determinanten (z.B. erreicht dieser Indikator bei der Lebenszufriedenheit einen Beta-Wert von 0.2037, nach dem allgemeinen Gesundheitszustand die zweitwichtigste Determinante im gesamten Regressionsmodell). Die hohe Relevanz der Variable relative Wohlstandsentwicklung untermauert die bisherigen Erkenntnisse zur vergleichsweise stärkeren Rolle von relativen gegenüber absolutem Einkommen für die Lebenszufriedenheit (Ball und Chernova 2008). Im Forschungskontext zu Migration und Lebenszufriedenheit steht dieser Befund im Einklang mit Studien, die einen negativen Effekt von Deprivationserfahrungen auf das subjektive Wohlbefinden beobachtet haben (am Beispiel der Happiness z.B. Knight und Gunatilaka 2010). Gegenüber der üblichen Interpretationsweise dieses Zusammenhangs in diesem Forschungsfeld ist jedoch mit Blick auf die vorangegangenen deskriptiven und bivariaten Befunde dieser Untersuchung sowie eine eigene frühere Studie zu ungarischen Ost-West-PendlerInnen (Haindorfer 2010,2013) eine wichtige Differenzierung vorzunehmen. Bislang wird im Forschungsfeld zu Migration und Lebenszufriedenheit vorrangig von sich negativ auswirkenden Deprivationserfahrungen ausgegangen, die MigrantInnen im Zielgebiet machen können, wenn sie ihre soziale Lage zum Beispiel mit besser gestellten „Einheimischen“ vergleichen. Im Kontext des grenzübergreifenden Pendelns in Centrope ist aber zu beachten, dass sich im positiven Zusammenhang zwischen der Variable relative Wohlstandsentwicklung und den subjektiven Bewertungen des Pendelns in erster Linie relative Wohlstandsgewinne der PendlerInnen ausdrücken (der Mittelwert liegt bei 6,84 bei den PendlerInnen und bei den NichtmigrantInnen bei 5,11). Kurz gesagt sind es in den Herkunftsgesellschaften der PendlerInnen nicht die PendlerInnen sondern die NichtmigrantInnen, die im Durchschnitt negative Erfahrungen relativer Deprivation machen, währenddessen die PendlerInnen von 133

Der positive Einkommenseffekt tritt bei der Variation der Lebenszufriedenheit durch die relativ vielen signifikanten Einkommensdifferenzen klarer hervor als beim allgemeinen Pendelerfolg.

186

8 Multivariate Ergebnisse und qualitative Vertiefungen I: Effekte von (…)

sozialen Abwärtsvergleichen mit NichtmigrantInnen profitieren. Ein im Rahmen der qualitativen, themenanalytischen Auswertungen (Froschauer und Lueger 2003) identifiziertes Beispiel für die herausragende Relevanz der sozialen Vergleiche mit der Herkunftsgesellschaft für die subjektiven Bewertungen des Pendelns ist in einem Gespräch mit dem Pendler Kristóf zu finden, der in einem Kaffeehaus in einer burgenländischen Gemeinde als Kellner arbeitet (siehe qualitative Vertiefung 1). Qualitative Vertiefung 1: relative Wohlstandsentwicklung Kristóf ist ein Fallbeispiel für einen Pendler, der von den sozialen Abwärtsvergleichen mit NichtmigrantInnen in seinem Bekanntenkreis profitiert. Auf meine Frage, ob er insgesamt der Meinung ist, dass es rückblickend betrachtet eine gute oder schlechte Entscheidung war in Österreich zu arbeiten, antwortet er, dass es eine gute Entscheidung war. Nachgefragt, warum er zu diesem Schluss kommt, entwickelte sich das unten angeführte Gespräch. In seinen Stellungnahmen wird deutlich, dass die Wahrnehmung seiner Wohlstandsgewinne gegenüber seiner SchulkollegInnen als zentraler Maßstab für die Bewertung seines Pendelprojektes herangezogen wird: K: „Das war eine gute Entscheidung. Das weiß ich, sicher. Das war eine gute Entscheidung.“ RH: „Und was fällt dir da als erstes ein, wenn du daran denkst, dass es eine gute Entscheidung war?“ K: „Ich sehe, dass meine ehemaligen Schulkollegen noch immer in Ungarn arbeiten. Die haben viel weniger erreicht als ich, zum Beispiel.“ RH: „Im Leben oder im Beruf?“ K: „Im Leben und im Beruf auch, überall, überall. Vielleicht ist es nur bei mir, ich weiß nicht. Aber, ich meine, ich kenne einige, die arbeiten seit 1998 immer in Ungarn und ich sehe wie die leben und wie ich lebe. Dann, dann muss ich ehrlich sagen, das war eine gute Entscheidung, dass ich nach Österreich gegangen

8.1 Determinanten der Lebenszufriedenheit und des subjektiven (…)

187

bin“ (Kristóf, 36 Jahre, Tagespendler als Kellner im Burgenland; PI_T_RH_05, ZN 889-909). Während PendlerInnen wie Kristóf von derart gelagerten sozialen Abwärtsvergleichen in ihren Selbstbewertungen profitieren, ist aufseiten der NichtmigrantInnen vielfach Neid zu spüren, wie die PendlerInnen im Rahmen der durchgeführten qualitativen Interviews mehrfach erzählten. Dieses Spannungsverhältnis zwischen PendlerInnen und NichtmigrantInnen in einem Ost-West-Kontext konnte ich bereits im Rahmen meiner früheren Studie zu den sozialen Beziehungen zwischen PendlerInnen und NichtmigrantInnen in einer ungarischen Grenzgemeinde beobachten (Haindorfer 2010,2013).

188

8 Multivariate Ergebnisse und qualitative Vertiefungen I: Effekte von (…)

Tabelle 20: Effekte von Having, Loving und Being auf die Lebenszufriedenheit der PendlerInnen. Ergebnisse von OLS-Regressionsanalysen AV: Lebenszufriedenheit (1 = äußerst unzufrieden bis 10 = äußerst zufrieden) b SE Beta HAVING INDIKATOREN ÖKONOMISCHE RESSOURCEN Brutto-Monatseinkommen (in Euro) (Ref.: 1.350 bis 1.649) bis 899 900 bis 1.124 1.125 bis 1.349 1.650 bis 2.249 2.250 und mehr Missings-Einkommen relative Wohlstandsentwicklung (1 = stark verschlechtert bis 10 = stark verbessert) ARBEITSBEDINGUNGEN gesundheitliche Risiken mit der Arbeit verbunden (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Arbeitsplatzsicherheit (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Pendeldauer (in Minuten) Pendeldauer quadriert BILDUNG formales Bildungsniveau ((Ref.: mittlere Bildung (ISCED 3-4)) geringe Bildung (ISCED 0-2) höhere Bildung (ISCED 5-6) deutsche Sprachkenntnisse (1 = gar nicht bis 5 = sehr gut) GESUNDHEIT allgemeiner Gesundheitszustand (1 = sehr gut bis 5 = schlecht) LOVING INDIKATOREN ZUGEHÖRIGKEIT/BINDUNGEN UND KONTAKTE ZUR LOKALEN GEMEINSCHAFT Zugehörigkeit/Identität (Ref.: jeweiliges Herkunftsland, als TschechIn etc.) MitteleuropäerIn EuropäerIn WeltbürgerIn Nichts davon ZUGEHÖRIGKEIT/BINDUNGEN ZU FAMILIE UND VERWANDTSCHAFT Work-Family Balance (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Partnerschaftsstatus (Ref.: verheiratet/Partnerschaft) Single Existenz eigene Kinder (Ref.: eigene Kinder) keine eigenen Kinder AKTIVE FREUNDSCHAFTSSTRUKTUREN Kontakthäufigkeit mit FreundInnen/Bekannten aus dem Herkunftsland die in Österreich arbeiten (Ref.: mehrmals im Monat) täglich mehrmals die Woche einmal im Monat weniger als einmal im Monat nie Kontakthäufigkeit mit österreichischen FreundInnen (Ref.: mehrmals im Monat) täglich mehrmals die Woche einmal im Monat weniger als einmal im Monat nie



Sig.

-0.3130 0.1356 -0.2675 0.2632 0.3776 -0.1354

0.1757 0.1546 0.1385 0.1374 0.1872 0.1512

-0.0556 0.0270 -0.0602 0.0591 0.0585 -0.0275

+

0.1774

0.0243

0.2037

***

0.0010 0.0670 0.0148 -0.0001

0.0356 0.0483 0.0063 0.0000

0.0008 0.0416 0.0020 -0.0639

* **

-0.0308 -0.1205 0.2261

0.2273 0.1348 0.0559

-0.0038 -0.0255 0.1279

***

-0.6156

0.0667

-0.2570

***

0.2113 0.2600 -0.0121 -0.0247

0.1549 0.1326 0.3114 0.5143

0.0357 0.0525 -0.0010 -0.0012

0.0669

0.0599

0.0403

-0.4056

0.0987

-0.1155

***

0.2405

0.1229

0.0705

+

0.2514 0.0765 0.0683 -0.0269 0.0572

0.1455 0.1370 0.1486 0.1418 0.1643

0.0551 0.0172 0.0133 -0.0060 0.0115

+

0.0959 -0.1631 0.1257 0.1053 -0.0130

0.1846 0.1631 0.1612 0.1434 0.1489

0.0159 -0.0306 0.0236 0.0252 -0.0035

+ + *

+

8.1 Determinanten der Lebenszufriedenheit und des subjektiven (…) …Fortsetzung von Tabelle 20: BEZIEHUNGEN ZU ARBEITSKOLLEGINNEN gutes Arbeitsklima (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Erfahrungen von Benachteiligung im Betrieb aufgrund der ethnischen Herkunft (ethnische Diskriminierung) (1 = stimme gar nicht zu bis 5 = stimme voll und ganz zu) MIGRATIONSSPEZIFISCHES SOZIALKAPITAL Anzahl von Österreich-MigrantInnen aus Familie, Verwandtschaft und Freundeskreis BEING INDIKATOREN MÖGLICHKEITEN FÜR FREIZEITAKTIVITÄTEN („DOING“) genügend Zeit für Freizeitaktivitäten (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) MÖGLICHKEITEN FÜR EIN SINNHAFTES ARBEITSLEBEN a) AKTUELLER JOB Möglichkeiten beruflich aufzusteigen (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Möglichkeit eigene Ideen zu verwirklichen (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) irreguläre Beschäftigung (Ref.: regulär beschäftigt) irregulär beschäftigt KONTROLLVARIABLEN regionale Herkunft (Ref.: Ungarn) Tschechien Slowakei Geschlecht (Ref.: Männer) Frauen Alter Alter quadriert Arbeitserfahrung in Österreich (Jahre) berufliche Stellung (Ref.: ArbeiterInnen) Angestellte/Beamte Freie DienstnehmerInnen/Freie MitarbeiterInnen (Werkvertrag) Branche (Ref.: sonstige Dienstleistungen) Land- und Forstwirtschaft, Fischerei verarbeitendes Gewerbe Bau (inkl. Bergbau) Handel, Kfz Gastronomie und Hotellerie Gesundheits- und Sozialwesen Betriebsgröße ((Ref.: Mittelbetrieb (11 bis 49 Beschäftigte)) Kleinbetrieb (bis 10 Beschäftigte) Großbetrieb (ab 50 Beschäftigte) Unbekannt, aber mehr als 10 Beschäftigte ethnische Segregation am Arbeitsplatz (Ref.: hauptsächlich ÖsterreicherInnen unter den Beschäftigten) hauptsächlich Landsleute aus verschiedenen Ländern weiß nicht Pendeltyp (Ref.: täglich) wöchentlich monatlich/saisonal Beschäftigungsstatus vor aktuellem Job (Ref.: Job vor Job) Arbeitslos vor Job Ausbildung vor Job Nicht erwerbstätig vor Job Konstante Adjusted R2 N

189

b

SE

Beta

Sig.

0.1982

0.0634

0.0957

**

-0.0972

0.0438

-0.0646

*

-0.0033

0.0100

-0.0093

0.0288

0.0551

0.0188

0.0089

0.0363

0.0074

-0.0140

0.0372

-0.0116

-0.1340

0.1615

-0.0226

0.0692 -0.6622

0.1532 0.1264

0.0147 -0.1919

0.1505 -0.0934 0.0012 0.0090

0.1078 0.0328 0.0004 0.0088

0.0442 -0.0370 0.0820 0.0312

0.0359 0.3795

0.1084 0.3344

0.0100 0.0301

-0.0525 0.0057 0.2152 -0.1592 -0.0209 0.1714

0.2408 0.1810 0.1455 0.1836 0.1258 0.1550

-0.0060 0.0009 0.0489 -0.0239 -0.0051 0.0335

-0.1449 0.0421 0.0197

0.1108 0.1176 0.2331

-0.0383 0.0104 0.0023

-0.0061 -0.1123 -0.7440

0.1257 0.1053 0.4540

-0.0015 -0.0316 -0.0429

-0.0776 -0.1143

0.1254 0.1724

-0.0207 -0.0209

0.0045 -0.4004 0.0908 6.8029

0.1181 0.0010 0.1659 -0.0701 0.1437 0.0170 0.8301 0.33 1.148

Quelle: TRANSLAB-Survey 2012/2013; ungewichtete Analysen; eigene Berechnungen. Signifikanzniveaus: +p < 0.1, *p < 0.05, **p < 0.01, ***p < 0.001.

***

** **

* ***

190

8 Multivariate Ergebnisse und qualitative Vertiefungen I: Effekte von (…)

Tabelle 21: Effekte von Having, Loving und Being auf den subjektiven Pendelerfolg der PendlerInnen. Ergebnisse von OLS-Regressionsanalysen AV: subj. Erfolg allgemeines Leben (1 = gar nicht bis 5 = in sehr hohem Maße) b SE Beta Sig. HAVING INDIKATOREN ÖKONOMISCHE RESSOURCEN Brutto-Monatseinkommen (in Euro) (Ref.: 1.350 bis 1.649) bis 899 900 bis 1.124 1.125 bis 1.349 1.650 bis 2.249 2.250 und mehr Missings-Einkommen relative Wohlstandsentwicklung (1 = stark verschlechtert bis 10 = stark verbessert) ARBEITSBEDINGUNGEN gesundheitliche Risiken mit der Arbeit verbunden (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Arbeitsplatzsicherheit (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Pendeldauer (in Minuten) Pendeldauer quadriert BILDUNG formales Bildungsniveau ((Ref.: mittlere Bildung (ISCED 3-4)) geringe Bildung (ISCED 0-2) höhere Bildung (ISCED 5-6) deutsche Sprachkenntnisse (1 = gar nicht bis 5 = sehr gut) GESUNDHEIT allgemeiner Gesundheitszustand (1 = sehr gut bis 5 = schlecht) LOVING INDIKATOREN ZUGEHÖRIGKEIT/BINDUNGEN UND KONTAKTE ZUR LOKALEN GEMEINSCHAFT Zugehörigkeit/Identität (Ref.: jeweiliges Herkunftsland, als TschechIn etc.) MitteleuropäerIn EuropäerIn WeltbürgerIn Nichts davon ZUGEHÖRIGKEIT/BINDUNGEN ZU FAMILIE UND VERWANDTSCHAFT Work-Family Balance (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Partnerschaftsstatus (Ref.: verheiratet/Partnerschaft) Single Existenz eigene Kinder (Ref.: eigene Kinder) keine eigenen Kinder AKTIVE FREUNDSCHAFTSSTRUKTUREN Kontakthäufigkeit mit FreundInnen/Bekannten aus dem Herkunftsland die in Österreich arbeiten (Ref.: mehrmals im Monat) täglich mehrmals die Woche einmal im Monat weniger als einmal im Monat nie Kontakthäufigkeit mit österreichischen FreundInnen (Ref.: mehrmals im Monat) täglich mehrmals die Woche einmal im Monat weniger als einmal im Monat nie



-0.0894 -0.1661 0.0017 -0.0166 -0.0998 0.0030

0.0796 0.0701 0.0627 0.0622 0.0848 0.0685

-0.0371 -0.0772 0.0009 -0.0087 -0.0362 0.0014

0.0495

0.0110

0.1330

***

-0.0173 0.0421 0.0108 -0.0001

0.0161 0.0219 0.0028 0.0000

-0.0324 0.0611 0.0148 -0.1135

+ *** ***

-0.1144 -0.0248 -0.0263

0.1030 0.0611 0.0253

-0.0326 -0.0123 -0.0347

0.0312

0.0302

0.0304

0.0478 -0.0897 -0.0968 0.1829

0.0701 0.0601 0.1411 0.2330

0.0189 -0.0423 -0.0184 0.0211

0.1136

0.0271

0.1597

0.0639

0.0447

0.0425

-0.1238

0.0557

-0.0848

*

-0.1805 -0.1568 -0.1016 -0.0165 0.0092

0.0659 0.0621 0.0673 0.0642 0.0744

-0.0924 -0.0821 -0.0463 -0.0086 0.0043

** *

0.1674 -0.0232 -0.0322 0.0333 0.0755

0.0836 0.0739 0.0730 0.0650 0.0675

0.0647 -0.0102 -0.0141 0.0186 0.0480

*

*

***

8.1 Determinanten der Lebenszufriedenheit und des subjektiven (…) …Fortsetzung von Tabelle 21: BEZIEHUNGEN ZU ARBEITSKOLLEGINNEN gutes Arbeitsklima (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Erfahrungen von Benachteiligung im Betrieb aufgrund der ethnischen Herkunft (ethnische Diskriminierung) (1 = stimme gar nicht zu bis 5 = stimme voll und ganz zu) MIGRATIONSSPEZIFISCHES SOZIALKAPITAL Anzahl von Österreich-MigrantInnen aus Familie, Verwandtschaft und Freundeskreis BEING INDIKATOREN MÖGLICHKEITEN FÜR FREIZEITAKTIVITÄTEN („DOING“) genügend Zeit für Freizeitaktivitäten (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) MÖGLICHKEITEN FÜR EIN SINNHAFTES ARBEITSLEBEN a) AKTUELLER JOB Möglichkeiten beruflich aufzusteigen (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Möglichkeit eigene Ideen zu verwirklichen (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) irreguläre Beschäftigung (Ref.: regulär beschäftigt) irregulär beschäftigt KONTROLLVARIABLEN regionale Herkunft (Ref.: Ungarn) Tschechien Slowakei Geschlecht (Ref.: Männer) Frauen Alter Alter quadriert Arbeitserfahrung in Österreich (Jahre) berufliche Stellung (Ref.: ArbeiterInnen) Angestellte/Beamte Freie DienstnehmerInnen/Freie MitarbeiterInnen (Werkvertrag) Branche (Ref.: sonstige Dienstleistungen) Land- und Forstwirtschaft, Fischerei verarbeitendes Gewerbe Bau (inkl. Bergbau) Handel, Kfz Gastronomie und Hotellerie Gesundheits- und Sozialwesen Betriebsgröße ((Ref.: Mittelbetrieb (11 bis 49 Beschäftigte)) Kleinbetrieb (bis 10 Beschäftigte) Großbetrieb (ab 50 Beschäftigte) Unbekannt, aber mehr als 10 Beschäftigte ethnische Segregation am Arbeitsplatz (Ref.: hauptsächlich ÖsterreicherInnen unter den Beschäftigten) hauptsächlich Landsleute aus verschiedenen Ländern weiß nicht Pendeltyp (Ref.: täglich) wöchentlich monatlich/saisonal Beschäftigungsstatus vor aktuellem Job (Ref.: Job vor Job) Arbeitslos vor Job Ausbildung vor Job Nicht erwerbstätig vor Job Konstante Adjusted R2 N

191

b

SE

Beta

Sig.

0.1496

0.0287

0.1688

***

-0.0157

0.0198

-0.0244

0.0121

0.0045

0.0801

0.0199

0.0250

0.0303

-0.0141

0.0164

-0.0274

0.0228

0.0168

0.0439

-0.1971

0.0732

-0.0776

**

-0.1534 -0.2209

0.0694 0.0573

-0.0760 -0.1496

* ***

0.0529 -0.0272 0.0003 0.0033

0.0489 0.0149 0.0002 0.0040

0.0363 -0.0900 0.0463 0.0264

-0.0161 0.1994

0.0491 0.1515

-0.0105 0.0370

0.0209 0.1168 0.1398 -0.0663 0.0808 0.0202

0.1091 0.0820 0.0659 0.0832 0.0570 0.0702

0.0056 0.0426 0.0742 -0.0232 0.0459 0.0092

0.0335 0.1520 0.2331

0.0502 0.0533 0.1056

0.0207 0.0878 0.0626

0.0120 0.0916 0.0691

0.0569 0.0477 0.2057

0.0070 0.0603 0.0093

0.0158 0.0521

0.0568 0.0781

0.0098 0.0223

0.0109 -0.0754 0.1013 3.3255

0.0535 0.0058 0.0752 -0.0309 0.0651 0.0443 0.3760 0.24 1.148

Quelle: TRANSLAB-Survey 2012/2013; ungewichtete Analysen; eigene Berechnungen. Signifikanzniveaus: +p < 0.1, *p < 0.05, **p < 0.01, ***p < 0.001.

**

+

*

** *

+

***

192

8 Multivariate Ergebnisse und qualitative Vertiefungen I: Effekte von (…)

Die beiden Arbeitsbedingungen gesundheitliche Risiken am Arbeitsplatz (Lechner et al. 2010) und Arbeitsplatzsicherheit (De Witte et al. 2016; Sverke et al. 2002) haben insgesamt keinen starken Einfluss auf die subjektiven Bewertungen. Mit der Ausnahme eines schwachen signifikanten positiven Einflusses der Arbeitsplatzsicherheit auf den allgemeinen Pendelerfolg (p < 0.1) sind keine der eingesetzten Indikatoren statistisch bedeutsam. Die Pendeldauer als weitere gemessene Arbeitsbedingung wirkt sich hingegen auf alle abhängigen Variablen signifikant aus. Es zeigt sich zunächst ein schwacher positiver Effekt der Pendeldauer, diesem folgt jedoch ein deutlich stärkerer negativer Effekt (ausgedrückt mithilfe des quadrierten Terms der Pendeldauer). In einer Detailbetrachtung ist ersichtlich, dass der schwache positive Effekt der Pendeldauer im Durchschnitt bis zu einer Pendeldauer von 75 Minuten vorhanden ist, danach wirkt sich die Pendeldauer stärker negativ aus (siehe Abbildung 12). 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1

5

10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 90 95 100 105 110 115 120 125 130 135 140 145 150 155 160 165 170 175 180

Abbildung 12: Effekt der Pendeldauer auf die Lebenszufriedenheit (gemäß Regressionsmodell Tabelle 20)

Dahingehend kann man insgesamt eher von einem negativen Effekt der Pendeldauer sprechen, d.h. je länger die Pendeldauer, desto niedriger die Lebenszufriedenheit der grenzübergreifenden PendlerInnen (Stutzer und Frey 2007,2008) sowie deren subjektive Erfolgsbewertungen des Pendelns. Der kurze positive Effekt ist dennoch bemerkenswert. Womöglich verweist er auf das Erreichen bestimmter besonders günstiger Arbeitsmarkstrukturen in einer noch relativ

8.1 Determinanten der Lebenszufriedenheit und des subjektiven (…)

193

geringen Entfernung vom Herkunftsort. Es ist überdies ersichtlich, dass die Pendeldauer eine besonders relevante Determinante für den allgemeinen Pendelerfolg repräsentiert (Beta = -0.1135), währenddessen sie für die Lebenszufriedenheit nur eine nachgeordnete Rolle einnimmt. Auch im Rahmen der qualitativen Vertiefungen setzte sich diese Studie mit den subjektiven Bewertungen der Pendeldauer auseinander (siehe qualitative Vertiefung 2). Qualitative Vertiefung 2: Pendeldauer Für Paula war eine relativ lange Pendeldauer bzw. lange Fahrtzeit zu ihrem früheren Arbeitsplatz in Österreich ausschlaggebend, diesen zu kündigen und einen anderen Job anzunehmen, welcher mit einem beruflichen Abstieg und einem Einkommensverlust einhergegangen ist. Nach einer Fachmittelschule für Tourismus und Hotellerie absolviert Paula in Budapest an der Hochschule den Studiengang Tourismuswirtschaft (Bachelorabschluss) und arbeitet zuletzt in Westungarn mehrere Jahre entsprechend ihrer Ausbildung als Tourismusmanagerin (diesen Job beschreibt Paula im Interview als den besten Job ihres Lebens). Trotz des interessanten, vielseitigen und komplexen Aufgabenbereiches entscheidet sich Paula aufgrund der schlechten finanziellen Rahmenbedingungen diesen Job in Westungarn zu kündigen und ihr Arbeitsleben in Österreich fortzusetzen. Ihren beruflichen Werdegang in Österreich startet sie in einem 4-Sterne Hotel, wo sie zunächst als Rezeptionistin arbeitet und im Laufe der Zeit zur Shiftleaderin und Assistant-Convention Managerin empor klettert, ein ihrer Ausbildung angemessener Tätigkeitsbereich. Mit großer Freude berichtet sie im Interview von diesen positiven Karriereerfahrungen. Die tägliche Fahrtzeit zu diesem Hotel mit insgesamt fast zweieinhalb Stunden (eine Fahrt circa 70 Minuten) ist jedoch zu belastend für sie und dies wird für sie der Hauptgrund diesen Arbeitsplatz letztlich zu kündigen. Besonders negativ bleiben Paula die Winterzeit und die Schneeverwehungen auf den Landstraßen in Erinnerung, außerdem erwähnt sie, dass sie in dieser Zeit eigentlich kein Privatleben hat. Ihren Tiefpunkt, kurz vor der Kündigung dieses – so kann man sagen – vielversprechenden Jobs beschreibt Paula wie folgt: „Also ich wollte einen Arbeitsplatzwechsel machen. Weil, wo ich nämlich früher gearbeitet habe, da bin ich jeden Tag fast zweieinhalb Stunden hin und her ge-

194

8 Multivariate Ergebnisse und qualitative Vertiefungen I: Effekte von (…)

fahren. Das war nach dreieinhalb Jahren schon relativ viel, anstrengend, und es hat mir sehr viel Zeit gekostet. (…) Beide Arbeitsstellen sind im Burgenland, beide sind 4-Sterne Hotels. [Bei der früheren Arbeitsstelle] habe ich zwei Jahre an der Rezeption gearbeitet und ein Jahr im Convention-Bereich (…). Im letzten Jahr habe ich dort noch sehr, sehr viel gelernt, aber ich war einfach müde, auch von dem Pendeln her jeden Tag 140km und auch von der Arbeit her. Und dann bin ich einfach zu dem Punkt gekommen, dass ich mir jetzt etwas Neues suchen muss, irgendwo in der Nähe, wo ich nicht so viel fahren muss, wo mir die Fahrt nicht so viel Zeit kostet. Die Zeit war für mich eigentlich wichtiger“ (Paula, 33 Jahre, Tagespendlerin als Rezeptionistin im Burgenland, P_I_T_RH_09, ZN 2238). Bei ihrem aktuellen Job erfährt Paula im Vergleich zu ihrer letzten Tätigkeit in Österreich einen beruflichen Abstieg, da sie als Rezeptionistin beschäftigt ist, eine Tätigkeit, für die sie überqualifiziert ist. Darüber hinaus ist ein geringer Einkommensverlust gegenüber der letzten Tätigkeit zu verzeichnen. Allerdings pendelt sie in ihrem aktuellen Job nur 20 Minuten zu ihrem Arbeitsplatz und somit deutlich kürzer als dies zuvor der Fall war. Insgesamt wirkt Paula zufrieden mit ihren Entscheidungen. Eine berufliche Karriere zu machen spielt aktuell keine Rolle in ihrem Leben, in Zukunft könnte es aber sein, dass dieser Aspekt wieder einen höheren Stellenwert bekommt. So würde sie u.a. gerne in einem ähnlichen Job in Österreich tätig sein, wie sie zuletzt in Ungarn gearbeitet hat (Tourismusmanagement). Es soll an dieser Stelle aber auch erwähnt werden, dass für viele der qualitativ interviewten PendlerInnen das Hin- und Herpendeln als wenig oder gar nicht belastend empfunden wird (was sicherlich durch die insgesamt geringen Pendeldistanzen bedingt ist). Von der Pendlerin Csilla, die zu ihrer Arbeit im Burgenland rund 30 Minuten fährt, wird das Pendeln sogar positiv bewertet. Csilla sieht im Pendeln z.B. eine notwendige Zeit, um sich auf die Arbeit vorzubereiten, wie sie mir auf die Frage entgegnet, ob sie das tägliche Pendeln als Belastung empfindet: „Nein, überhaupt nicht, diese Zeit die brauchst du um vor der Arbeit nachdenken zu können, was du machen wirst“ (Csilla, 36 Jahre, Tagespendlerin als Gastronomin im Burgenland, PI_T_RH_16, ZN 1606-1607).

8.1 Determinanten der Lebenszufriedenheit und des subjektiven (…)

195

Hinsichtlich der Bildung ist gemäß den berechneten Regressionsmodellen zu erkennen, dass das formale Bildungsniveau keine bedeutsame Determinante der Lebenszufriedenheit sowie des subjektiven Pendelerfolgs der PendlerInnen repräsentiert. Das ist ein überraschender Befund da üblicherweise mit einer höheren Bildung eine höhere Lebenszufriedenheit in Verbindung steht (Berger et al. 2014; Haindorfer 2011). Nur das Beherrschen (bzw. Nicht-Beherrschen) der deutschen Sprache ist für die Lebenszufriedenheit ein (hoch-)signifikanter und besonders bedeutsamer Prädiktor (Beta = 0.1279) aus dem Set der betrachteten Humankapitalindikatoren. Für die subjektiven Erfolgsbewertungen des OstWest-Pendelns sind sowohl das formale Bildungsniveau als auch die Sprachkenntnisse nicht relevant. Das verweist auf eine allgemein geringe Relevanz des Humankapitals der PendlerInnen für deren subjektiven Bewertungen des Pendelns. Vor allem verwunderlich ist, dass sich die Sprachkenntnisse bezüglich des subjektiven Pendelerfolgs als wenig relevant herausstellen. Es ist insofern besonders verwunderlich, da gerade die Sprachkenntnisse die soziale Integration von MigrantInnen in einer Gesellschaft in vielerlei Hinsicht enorm vereinfachen (leichterer Aufbau von sozialen Kontakten, einfacherer Zugang zu offenen Stellen und ArbeitgeberInnen etc.). Sprachkenntnisse fungieren als eine entscheidende Ressource für die Migration und Integration von MigrantInnen (Dustmann und Fabbri 2003; Esser 2001,2004). Wie zu erwarten geht mit einem besseren Gesundheitszustand eine bessere Bewertung der eigenen Lebenszufriedenheit (Amit und Litwin 2010) einher, allerdings trifft dieser Wirkungszusammenhang nicht für den subjektiven Pendelerfolg zu, eine weitere auffällige Differenz zwischen den beiden subjektiven Bewertungsformen. Zusammenfassend kann mit Blick auf die Ergebnisse in der Having-Bedürfnisdimension konstatiert werden, dass die prognostizierten Effekte der Having-Merkmale auf die subjektiven Bewertungen der PendlerInnen zutreffen und die Hypothesen bestätigt werden (H1a-H1b). Zwar sind nicht alle Indikatoren bei allen beiden subjektiven Bewertungen relevant, jedoch stelle ich keine derart strenge Bedingung für das Zutreffen der Hypothesen. Sobald ein Indikator einer Bedürfnisdimension (z.B. allgemeiner Gesundheitszustand oder relative Wohlstandsentwicklung in der Having-Dimension) signifikant ist, gilt die Hypothese zur Relevanz der gesamten Bedürfnisdimension als bestätigt. 134 134

Für etwaige Einschränkungen dieser Vorgehensweise gibt es aus meiner Sicht keine sinnvollen methodologischen Argumente. Vorstellbar wäre es die zusammenfassend formulierten Hypo-

196

8 Multivariate Ergebnisse und qualitative Vertiefungen I: Effekte von (…)

8.1.2 Effekte der Loving-Dimension: Soziale Bedürfnisse Im Folgenden werden nun die Komponenten und einzelnen Indikatoren der Loving-Dimension in den Blick genommen. Auch innerhalb dieser Dimension von Lebensbedingungen bzw. Bedürfnissen sind eine Vielzahl an signifikanten Determinanten festzustellen und es ergeben sich ebenso mehrere auffällige Differenzen zwischen den jeweiligen subjektiven Bewertungen des Pendelns. Zunächst ist zu erkennen, dass jene PendlerInnen, die sich tendenziell als EuropäerInnen wahrnehmen, eine durchschnittlich höhere Lebenszufriedenheit aufweisen als PendlerInnen, die sich vorrangig mit der Herkunftsgesellschaft identifizieren.135 Ein Zusammenhang zwischen Zugehörigkeit/Identität und den subjektiven Erfolgsbewertungen des Ost-West-Pendelns ist nicht zu beobachten, im Unterschied zu anderen Studien zum subjektiven Migrationserfolg, die vergleichbare Verbindungen beobachtet haben (Benish-Weisman und Horenczyk 2010; Benish-Weisman und Shye 2011; Latcheva und Herzog-Punzenberger 2011; Walsh und Horenczyk 2001). Die vorhandenen Einflüsse der verschiedenen Bedürfnisse der Lebensqualitätskomponente „Zugehörigkeit/Bindungen zu Familie und Verwandtschaft“ sind mitunter überraschend. Bei der Lebenszufriedenheit der PendlerInnen ist zu beobachten, dass PendlerInnen in Partnerschaft (zu den positiven Einflüssen von fester Partnerschaft auf die Lebenszufriedenheit siehe Diener et al. 2000) sowie PendlerInnen ohne Kinder eine höhere Lebenszufriedenheit aufweisen als ihre jeweiligen Referenzgruppen (wie sich Kinder auf das persönliche Wohlbefinden der Eltern auswirken hat Riederer 2013 in komplexen Analysen erforscht). Das Ergebnis zu den negativen Effekten des Kinderhabens auf die Lebenszufriedenheit der PendlerInnen ist im Lichte der Migrationsliteratur besonders interessant. In scharfem Gegensatz zu den eigenen Befunden stellt Reinprecht fest, dass die subjektiv wahrgenommene Lebensqualität unter älteren MigrantInnen aus ExJugoslawien und der Türkei in Österreich vor allem durch die Anzahl der Kinder beeinflusst wird in Form einer Steigerung der Lebensqualität durch Kinder (vgl.

135

thesen als eine Vielzahl kleinteiliger Hypothesen aufzufassen/zu formulieren (z.B. eine eigene Hypothese zum Zusammenhang zwischen Gesundheitszustand und Lebenszufriedenheit). Darauf wurde aber aus Gründen der Übersichtlichkeit verzichtet (siehe auch Kapitel 6.2.4.2.). Zur Verbindung zwischen Zugehörigkeit/Identität und Lebenszufriedenheit bei MigrantInnen siehe Amit (2010) die zum Ergebnis kommt, dass eine stärker ausgeprägte Zielland-Identität einen positiven Effekt auf die Lebenszufriedenheit von MigrantInnen hat.

8.1 Determinanten der Lebenszufriedenheit und des subjektiven (…)

197

Reinprecht 2006: 85f.). Des Weiteren: Eine besser bewertete Work-Family Balance wirkt sich nicht signifikant auf die Lebenszufriedenheit aus. Dieses Bild ändert sich aber vollständig, wenn man den Blick darauf richtet, wie sich diese Variablen beim subjektiven Pendelerfolg verhalten. Konkret zeigt sich, dass PendlerInnen, die eigene Kinder haben, ihre Pendelprojekte erfolgreicher beurteilen als jene, die keine Kinder besitzen. Zudem verweisen die Ergebnisse auf eine hohe Relevanz der Work-Family Balance für die Einschätzung, dass sich das Pendeln für das allgemeine Leben gelohnt hat. Jene PendlerInnen, die über eine gute Work-Family Balance verfügen, bewerten das Pendeln hinsichtlich des allgemeinen Lebens deutlich erfolgreicher als PendlerInnen mit einer schlechteren Balance in diesem Zusammenhang. Die (hochsignifikante) Work-Family Balance zählt gemäß des Regressionsmodells überdies zu den wichtigsten Bedürfnissen für das Herstellen eines allgemeinen Pendelerfolgs auf subjektiver Ebene (Beta = 0.1597). Die Partnerschaft hat hingegen keinen signifikanten Einfluss auf den allgemeinen Pendelerfolg. Alles in allem hat es daher den Anschein, dass die Kinderlosigkeit die Belastung während des Pendelns zwar reduziert (ausgedrückt in Form einer höheren Lebenszufriedenheit), das Kinderhaben sowie das Ausbalancieren des Pendelns mit dem eigenen Familienleben stellen jedoch entscheidende Kriterien für allgemeinen Pendelerfolg dar. Im Fall der Work-Family Balance kann sogar von einem Schlüsselaspekt für den allgemeinen Pendelerfolg gesprochen werden. Dass eigene Kinder und ein gut vereinbartes berufliches und familiäres Leben wichtige Kriterien für allgemeinen Pendelerfolg sind, reflektieren auch die mit den PendlerInnen durchgeführten qualitativen Interviews. Gábors Pendelbiographie ist in diesem Zusammenhang besonders ausdrucksfähig (siehe qualitative Vertiefung 3). Qualitative Vertiefung 3: Kinder und Work-Family Balance In seiner letzten beruflichen Station in Westungarn arbeitet Gábor in seinem gelernten Beruf zunächst als Hauptkellner eines gehobenen Restaurants bis er in diesem Restaurant zum Geschäftsführer aufsteigt und bis zu 16 Stunden pro Tag arbeitet, oft auch mehr. In dieser Zeit entwickelt sich bei Gábor der Wunsch auf den österreichischen Arbeitsmarkt zu wechseln. In Österreich, so denkt Gábor, muss er vergleichsweise nur acht Stunden pro Tag arbeiten. Das ist für ihn eine

198

8 Multivariate Ergebnisse und qualitative Vertiefungen I: Effekte von (…)

wichtige Überlegung, denn er möchte eine Familie haben. In Österreich angekommen, arbeitet Gábor in seinem ersten Arbeitsplatz wiederum als Kellner und er muss damit zurechtkommen, dass sein beruflicher Status als Geschäftsführer eines gehobenen Restaurants der Vergangenheit angehört. So wird ihm z.B. gezeigt, wie man ein Bier zapft, eine Kaffeemaschine oder ein Mistkübel aussieht. Diese beruflichen Abstiegserfahrungen sind Gábor zwar negativ in Erinnerung geblieben, aber er hebt im Interview hervor, dass ihm nicht die berufliche Position oder das Einkommen wichtig waren für seine Entscheidung nach Österreich zu pendeln (sein letzter Lohn in Ungarn war sogar sehr gut, nur insgesamt etwas niedriger wie der damalige Lohn in Österreich). Wichtig war ihm stattdessen bessere Arbeitszeiten zu haben, um eine Familie gründen zu können, denn mit seinem letzten Job in Ungarn wäre seiner Einschätzung nach eine Familie nicht realisierbar gewesen. Gábor hat nun eine Frau (er hat sie bei seiner ersten beruflichen Station in Österreich kennengelernt, sie arbeitet ebenfalls als Kellnerin in Österreich) und eine Tochter, dies war und ist für ihn das Entscheidende, wie er erzählt: „Oh ja, war schon schlimm. War schon schlimm, da habe ich schon nachgedacht. Und ich war schon traurig, wenn er mir gezeigt hat, wie man ein Bier runter lassen muss und wie eine Kaffeemaschine aussieht und so weiter, das war schon traurig für mich. Aber ich wollte eine Family haben, weißt du? Und mit dem anderen Job, da habe ich keine Chance gehabt, nicht? Ein Kind haben, eine Frau suchen. Jetzt habe ich alles: Ich habe eine Frau und ich habe eine Tochter. Und so zusammen bin ich jetzt glücklicher als ich es vorher war, weißt du. Es war früher auch in Ordnung aber jetzt ist es viel besser. Wenn ich nach Hause gehe sind meine Tochter und meine Frau da, es ist viel, viel besser. Für mich war das wichtig. Nicht das Geld oder die Position, die ich habe, das ist ganz egal“ (Gábor, 35 Jahre, Kellner als Tagespendler im Burgenland, PI_T_RH_15, ZN 579-588). Auf meine Frage hin, ob er sich vorgestellt hat auch in Österreich ein Lokal zu betreiben, antwortet Gábor, dass er bereits in Österreich eine Möglichkeit dazu gehabt hat, er aber Angst hätte so etwas zu machen, weil er dann wahrscheinlich wieder keine Zeit für Familie hätte. Es stellt sich im Gespräch außerdem heraus,

8.1 Determinanten der Lebenszufriedenheit und des subjektiven (…)

199

dass Gábor mittlerweile einen Ausstieg aus der Gastronomie plant, da er sich aufgrund seines Familienlebens nach besseren Arbeitszeiten sehnt wie sie sich für ihn in der Gastronomie darstellen. Sieht er in einem möglichen zukünftigen Job keine ausreichende Zeit für die Familie gegeben, würde er den Job nicht annehmen. Seine Wunschvorstellung ist ein Job von Montag bis Freitag, mit freien Wochenenden und freien Wintermonaten. Der Wunsch nach einem Ausstieg aus der Gastronomie ist im Laufe seiner Zeit in Österreich entstanden, als er mit seiner Frau ein Kind geplant hat. Familiäre Überlegungen (Work-Family Balance) spielen somit auch in seinem weiteren Berufsleben eine entscheidende Rolle: „In der Zukunft möchte ich [aus der Gastronomie raus] wechseln. Montag bis Freitag, ganz egal, ob Vormittag oder Nachmittag. Das Wochenende frei und dass ich Zeit habe für meine Family, sonst geht es nicht. Sonst bin ich nur bei meinem Arbeitsplatz und mein Kollege und meine Kollegin sind meine Family. Das, das möchte ich nicht haben, nicht? Weihnachten zum Beispiel zu Hause zu sein. Das ist die letzten 17 Jahre nicht passiert. Weißt du: Ich möchte nicht Chef sein. Ich möchte das alles haben und dann bin ich ein glücklicher Mensch“ (Gábor, 35 Jahre, Kellner als Tagespendler im Burgenland, PI_T_RH_15, ZN 841-855). Seine berufliche Wunschvorstellung sieht Gábor in der Tätigkeit als Baumaschinenführer realisiert. Um in diesem Bereich einfacher eine Arbeit finden zu können, hat Gábor einen Baumaschinenführerschein in Österreich abgeschlossen. Die Arbeitssuche in diesem Bereich gestaltet sich jedoch relativ schwierig, er hat bereits viele Absagen bekommen, fehlende Praxis aus Sicht der ArbeitgeberInnen ist das Haupthindernis. Die empirischen Ergebnisse zur Lebensqualitätskomponente der aktiven Freundschaftsstrukturen machen weitere Unterschiede zwischen der Lebenszufriedenheit und dem allgemeinen Pendelerfolg sichtbar. Jene PendlerInnen, welche über einen täglichen Kontakt mit befreundeten oder bekannten MigrantInnen (oder PendlerInnen) aus dem Herkunftsland verfügen, äußern eine bessere Lebenszufriedenheit als PendlerInnen, die einen selteneren Kontakt zu dieser sozialen Gruppe pflegen. Bei der subjektiven Erfolgsbewertung in allgemeiner Hinsicht

200

8 Multivariate Ergebnisse und qualitative Vertiefungen I: Effekte von (…)

sind im Kontrast dazu signifikant negative Effekte aus häufigerem Kontakt festzustellen: Je häufiger ein Kontakt mit anderen befreundeten oder bekannten Österreich-MigrantInnen aus dem Herkunftsland zustande kommt, desto negativer wird das Pendeln bewertet (täglich: b = -0.1805, mehrmals die Woche: b = 0.1568; Referenzgruppe: mehrmals im Monat). Zudem verweisen die Ergebnisse darauf, dass Freundschaften mit ÖsterreicherInnen den allgemeinen Pendelerfolg positiv beeinflussen. In diesem Effekt manifestieren sich verschiedene Phänomene, die in bisherigen Studien als wichtige Bewertungsdimensionen von subjektivem Erfolg in der Migration herausgestellt wurden, wie das Finden von Gemeinschaft und Menschen im Zielland (Walsh und Horenczyk 2001), Freundschaften (Benish-Weisman und Horenczyk 2010) oder Zugehörigkeiten, Identifikationen und emotionale Bindungen (Latcheva und Herzog-Punzenberger 2011). Die Befunde zu den Einflüssen der Freundschaftsstrukturen spiegeln auf konzeptioneller Ebene betrachtet positive und negative Formen von Sozialkapital wieder (Portes und Sensenbrenner 1993). Im Lichte der Migrations- und Sozialkapitalliteratur sind das durchaus plausible Ergebnisse. Diese Literatur nimmt im Großen und Ganzen an, dass Kontakte mit „Einheimischen“ tendenziell bereichernd sind und als eine Art von „bridging social capital“ funktionieren, währenddessen Kontakte rein mit anderen MigrantInnen („co-ethnics“) einschränkend sein und mit Abschließung einhergehen können (Haug 2010; Portes und Sensenbrenner 1993; Putnam 2007; Ryan 2011). Der enge Kontakt mit anderen MigrantInnen aus dem Herkunftsland könnte also dazu führen, dass das eigene Kontaktnetzwerk ethnisch relativ homogen bleibt und durch diese Form der sozialen Integration die Chancen am Arbeitsmarkt in Österreich negativ beeinträchtigt werden. Welche Manifestationen von negativem Sozialkapital sich letztlich hinter diesen Effekten verbergen, kann mit den vorliegenden quantitativen Ergebnissen aber nicht beantwortet werden. Im Übrigen verbleibt auch der Nicht-Effekt der Kontakthäufigkeit mit österreichischen FreundInnen auf die Lebenszufriedenheit der PendlerInnen als eine offene Frage. Die Effekte der Beziehungen zu den ArbeitskollegInnen verhalten sich relativ ähnlich bei den betrachteten subjektiven Bewertungen. Ein gutes Arbeitsklima stellt in allen beiden Regressionsmodellen eine signifikante Determinante dar: Je besser das Arbeitsklima, desto positiver sind die jeweiligen subjektiven Bewertungen ausgeprägt. Ein feiner Unterschied zwischen den Einstellungen

8.1 Determinanten der Lebenszufriedenheit und des subjektiven (…)

201

besteht darin, dass das gute Arbeitsklima vor allem für den subjektiven Erfolg hinsichtlich des allgemeinen Lebens bedeutsam ist (Beta = 0.1688) während dieses Merkmal der Arbeitsmarktintegration für die Lebenszufriedenheit über keine herausragende Bedeutung verfügt (Beta = 0.0975). Die Erfahrungen von Benachteiligung im Betrieb aufgrund der ethnischen Herkunft (ethnische Diskriminierung) wirken sich interessanterweise nur auf die Lebenszufriedenheit (u.a. Neto 2001; Safi 2010; Verkuyten 2008; Werkuyten und Nekuee 1999) signifikant negativ aus, wohingegen kein merklicher Effekt auf den allgemeinen Pendelerfolg vorliegt. Der fragliche Effekt ist zwar ebenfalls negativ, für die Variation der abhängigen Variable im betreffenden Modell jedoch relativ unbedeutend (Beta-Wert = -0.0244). Bislang sind keine Ergebnisse zu negativen Effekten von Diskriminierung auf den subjektiven Migrationserfolg bekannt. Möglicherweise spiegelt sich in diesem Nicht-Effekt eine am Beispiel von ehemaligen „GastarbeitermigrantInnen“ in Österreich beobachtete Tendenz wider, dass MigrantInnen trotz nachteiliger Arbeitsmarkterfahrungen von einem erfolgreichen Migrationsprojekt sprechen? (Latcheva und Herzog-Punzenberger 2011).136 Die Anzahl von Österreich-MigrantInnen aus Familie, Verwandtschaft und Freundeskreis (migrationsspezifisches Sozialkapital) drückt sich bei der Bewertung des allgemeinen Pendelerfolgs klar positiv aus. Dies relativiert die im Absatz weiter oben unterstützte Sichtweise, dass der Kontakt zu anderen MigrantInnen zwangsläufig negative Folgen hat. Warum sich dieses an einer Kernaussage von Bourdieu (1983) orientierte Sozialkapitalmaß nicht signifikant auf die Lebenszufriedenheit der PendlerInnen auswirkt, ist eine weitere weiterführende Frage, die sich angesichts dieser quantitativen Ergebnisse stellt. Die Hypothesen zu den Effekten der Merkmale der Loving-Dimension auf die subjektiven Bewertungen des Pendelns (H2a-H2b) können anhand der vorliegenden Befunde bestätigt werden.

136

Mit den Bewertungsmustern von nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen im Kontext des grenzübergreifenden Ost-West-Pendelns wird sich diese Studie im Rahmen von Kapitel 9. detaillierter auseinandersetzen.

202

8 Multivariate Ergebnisse und qualitative Vertiefungen I: Effekte von (…)

8.1.3 Effekte der Being-Dimension: Bedürfnisse nach persönlicher Entwicklung Keine der geprüften Lebensbedingungen in Form der Being-Indikatoren ist für die Variation der Lebenszufriedenheit unter den Ost-West-PendlerInnen statistisch relevant. Auch beim allgemeinen Pendelerfolg ist zu konstatieren, dass die Befriedigung (bzw. Nicht-Befriedigung) der Being-Bedürfnisse wenig bedeutsam ist. Nur das Arbeiten in einer irregulären Beschäftigungsform (Hárdi 2005; Horvath 2012; Lechner et al. 2010) hat eine signifikant negative Auswirkung auf den subjektiven Pendelerfolg in allgemeiner Hinsicht. Insofern bestätigen sich die prognostizierten Effekte der Being-Merkmale auf die subjektiven Erfolgsbewertungen des Pendelns (H3b), nicht jedoch auf die Lebenszufriedenheit (H3a). Die Ergebnisse in diesem Bereich widersprechen somit teilweise der Allardt’schen Konzeptualisierung (Allardt 1997) einer grundlegenden Bedeutung der Being-Bedürfnisse für die individuelle Lebensqualität. Alternative Regressionsmodelle: Effekte unter Betrachtung der beruflichen Passung zwischen Ausbildung und Beruf Die nun besprochenen Regressionsmodelle wurden ebenso mit der Variable berufliche Passung (Dumont und Monso 2007; Huber 2012) berechnet, einem weiteren zentralen Being-Indikator (siehe Tabelle 32 im Anhang). Dafür wurde die Variable formales Bildungsniveau von den Analysen ausgeschlossen, da sich eine direkte Abhängigkeit zur Variable der beruflichen Passung ergibt (höher gebildete Personen können per Berechnung dieser Variable zum Beispiel nicht unterqualifiziert sein).137 In diesen alternativen Regressionsmodellen zeigt sich, dass die Form der beruflichen Passung auf die Lebenszufriedenheit keinen signifikanten Effekt hat, währenddessen unterqualifizierte Beschäftigung (p < 0.01) den allgemeinen Pendelerfolg positiv beeinflusst. 8.1.4 Effekte der Kontrollvariablen Die Kontrollvariablen stehen mit den subjektiven Bewertungen in mehreren signifikanten Verbindungen, teilweise sind aber auch keine Effekte vorhanden. 137

Von einer getrennten Berechnung der Regressionsmodelle für die verschiedenen Bildungsgruppen wurde aus Gründen von relativ geringen Fallzahlen abgesehen.

8.1 Determinanten der Lebenszufriedenheit und des subjektiven (…)

203

Mit Bezug auf die Variable regionale Herkunft ist zu konstatieren, dass PendlerInnen aus der Slowakei eine niedrigere Lebenszufriedenheit und einen geringeren allgemeinen Pendelerfolg als ungarische PendlerInnen aufweisen. Auch tschechische PendlerInnen zeigen im Durchschnitt weniger allgemeinen Pendelerfolg als ihre ungarischen Gegenüber. Diese Ergebnisse haben sich allesamt bereits in den deskriptiven Analysen offenbart und die Lebenszufriedenheitsunterschiede liegen im Trend der bisherigen Forschung (Bartram 2013a). Des Weiteren zeigt sich in den multivariaten Regressionsmodellen, dass Frauen keine unterschiedlich hohe Lebenszufriedenheit (Amit 2010) oder allgemeinen Pendelerfolg als Männer haben, im Gegensatz zu den deskriptiven Analysen. Nach Konstanthaltung einer Vielzahl von Merkmalen geht der Genderunterschied bei diesen beiden abhängigen Variablen also verloren. Die eingesetzten Altersvariablen drücken die erwartete U-förmige Entwicklung der Lebenszufriedenheit im Lebensverlauf aus (Blanchflower und Oswald 2004,2008), beim allgemeinen Pendelerfolg ist zu sehen, dass dieser mit zunehmendem Alter zunehmend negativ bewertet wird. Die Variablen Arbeitserfahrung in Österreich (Livingston 2006) und berufliche Stellung stehen in keinen signifikanten Zusammenhängen mit den subjektiven Bewertungen des Pendelns. Die Branchenvariable zeigt eine Reihe von signifikanten Unterschieden bei der Bewertung des subjektiven Pendelerfolgs, allerdings keine entsprechenden Differenzen im Lebenszufriedenheitsniveau. Die Betriebsgröße – ein wichtiges Merkmal in der Arbeitsmarktforschung (Gerlach und Hübler 1998; Oi und Idson 1999) – hat nur beim subjektiven Pendelerfolg in allgemeiner Hinsicht eine signifikante Auswirkung. Konkret zeigt sich, dass PendlerInnen, die in Großbetrieben integriert sind, sowie PendlerInnen, die über ihre Betriebsgröße nicht eindeutig informieren konnten, einen besseren subjektiven Pendelerfolg hinsichtlich ihres allgemeinen Lebens äußern. Weshalb diese Effekte zustande kommen, kann an dieser Stelle nur vermutet werden. Vorstellbar wäre zum Beispiel, dass größere Betriebe bessere Arbeitsstandards haben. Die ethnische Segregation am Arbeitsplatz (Falcón und Meléndez 2001) ist keine relevante Kontrollvariable. Nur beim allgemeinen Pendelerfolg ist ein positiver Effekt der Integration in Betriebe mit einer höheren ethnischen Diversität gegenüber Betrieben, in denen hauptsächlich ÖsterreicherInnen tätig sind, sichtbar. Der Pendeltyp hat keine statistisch relevanten Auswirkungen auf die subjektiven Bewertungen der PendlerInnen. Der Beschäftigungsstatus vor dem

204

8 Multivariate Ergebnisse und qualitative Vertiefungen I: Effekte von (…)

aktuellen Job steht nur mit der Lebenszufriedenheit in einem signifikanten Zusammenhang. PendlerInnen, die vor ihrem aktuellen Job eine Ausbildung absolviert haben, weisen eine geringere Lebenszufriedenheit auf als solche, die zuvor beschäftigt waren. 8.1.5 Zwischenfazit: Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den relevanten Einflussfaktoren (Determinanten) der Lebenszufriedenheit und des subjektiven Pendelerfolgs Dieses Zwischenfazit fasst die Befunde zu den Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen den statistisch relevanten Determinanten der beiden subjektiven Bewertungsformen des Pendelns zusammen (zur Übersicht siehe Tabelle 22). Die Befunde lassen sich in den folgenden drei Schlussfolgerungen – die auch als weiterführende Hypothesen betrachtet werden können – zusammenfassen:138 Erstens gibt es zwischen der Lebenszufriedenheit und dem allgemeinen Pendelerfolg nur relativ wenige Gemeinsamkeiten in den statistisch relevanten Einflussfaktoren. Die Gemeinsamkeiten betreffen verschiedene Indikatoren der ökonomischen Ressourcen der PendlerInnen (Brutto-Monatseinkommen, relative Wohlstandsentwicklung) (Ball und Chernova 2008; Easterlin 1974,2001; Haindorfer 2010,2013; Kämpfer 2014; Knight und Gunatilaka 2010), die Pendeldauer (Stutzer und Frey 2007,2008) sowie ein gutes Arbeitsklima. Mit besseren Lebensbedingungen in diesen Bereichen sind höhere Levels an Lebenszufriedenheit und Pendelerfolg verbunden.

138

Sicherlich kann man offene Fragen zu einzelnen Aspekten formulieren die mit diesen Schlussfolgerungen bzw. weiterführenden Thesen nicht aufgegriffen werden (z.B. warum zeigt sich kein signifikanter Effekt der Zugehörigkeit/Identität auf den allgemeinen Pendelerfolg?) und vermutlich können auch noch andere Schlussfolgerungen formuliert werden. Gleichwohl liefern die getroffenen Schlussfolgerungen wichtige Anhaltspunkte für zukünftige Forschungen in diesem Bereich.

8.1 Determinanten der Lebenszufriedenheit und des subjektiven (…)

205

Tabelle 22: Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Determinanten zwischen der Lebenszufriedenheit und des Pendelerfolgs (Unterschiede grau hinterlegt) Determinanten HAVING INDIKATOREN ÖKONOMISCHE RESSOURCEN Brutto-Monatseinkommen (in Euro) (Ref.: 1.350 bis 1.649) bis 899 900 bis 1.124 1.125 bis 1.349 1.650 bis 2.249 2.250 und mehr relative Wohlstandsentwicklung (1 = stark verschlechtert bis 10 = stark verbessert) ARBEITSBEDINGUNGEN Arbeitsplatzsicherheit (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Pendeldauer (in Minuten) / Pendeldauer quadriert BILDUNG deutsche Sprachkenntnisse (1 = gar nicht bis 5 = sehr gut) GESUNDHEIT allgemeiner Gesundheitszustand (1 = sehr gut bis 5 = schlecht) LOVING INDIKATOREN ZUGEHÖRIGKEIT/BINDUNGEN UND KONTAKTE ZUR LOKALEN GEMEINSCHAFT Zugehörigkeit/Identität (Ref.: jeweiliges Herkunftsland, als TschechIn etc.) EuropäerIn ZUGEHÖRIGKEIT/BINDUNGEN ZU FAMILIE UND VERWANDTSCHAFT Work-Family Balance (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Partnerschaftsstatus (Ref.: verheiratet/Partnerschaft) Single Existenz eigene Kinder (Ref.: eigene Kinder) keine eigenen Kinder AKTIVE FREUNDSCHAFTSSTRUKTUREN Kontakthäufigkeit mit FreundInnen/Bekannten aus dem Herkunftsland die in Österreich arbeiten (Ref.: mehrmals im Monat) täglich mehrmals die Woche Kontakthäufigkeit mit österreichischen FreundInnen (Ref.: mehrmals im Monat) täglich BEZIEHUNGEN ZU ARBEITSKOLLEGINNEN gutes Arbeitsklima (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Erfahrungen von Benachteiligung im Betrieb aufgrund der ethnischen Herkunft (ethnische Diskriminierung) (1 = stimme gar nicht zu bis 5 = stimme voll und ganz zu) MIGRATIONSSPEZIFISCHES SOZIALKAPITAL Anzahl von Österreich-MigrantInnen aus Familie, Verwandtschaft und Freundeskreis BEING INDIKATOREN MÖGLICHKEITEN FÜR EIN SINNHAFTES ARBEITSLEBEN a) AKTUELLER JOB irreguläre Beschäftigung (Ref.: regulär beschäftigt) irregulär beschäftigt

Lebenszufriedenheit

Pendelerfolg

+ + +

+

+/-

+ +/-

+ -

+ + +

-

+

+

+ -

+

+

-

Anm.: Tabelle auf Basis der Ergebnisse in Tabelle 20-21.

Zweitens dürfte der subjektive Pendelerfolg präziser mit den Zielen und Folgen des Pendelns in Verbindung stehen als die Lebenszufriedenheit. Für diese Schlussfolgerung spricht in erster Linie, dass der Partnerschaftsstatus keinen signifikanten Effekt auf den Pendelerfolg hat, auf die Lebenszufriedenheit hingegen schon (Diener et al. 2000) und dass die pendelspezifischen sozialen Kon-

206

8 Multivariate Ergebnisse und qualitative Vertiefungen I: Effekte von (…)

takte insgesamt eine stärkere Relevanz für den Pendelerfolg haben als für die Lebenszufriedenheit (Benish-Weisman und Horenczyk 2010; Bourdieu 1983; Haug 2010; Latcheva und Herzog-Punzenberger 2011; Portes und Sensenbrenner 1993; Putnam 2007; Ryan 2011; Walsh und Horenczyk 2001).139 Drittens dürfte der Pendelerfolg stärker mit langfristigen und die Lebenszufriedenheit stärker mit kurzfristigen Zielen und Folgen des Pendelns zusammenhängen. Diese Schlussfolgerung wird dadurch bekräftigt, dass Arbeitsplatzsicherheit (De Witte et al. 2016; Sverke et al. 2002) und irreguläre Beschäftigung (Hárdi 2005; Horvath 2012; Lechner et al. 2010) nur auf den Pendelerfolg einen signifikanten Einfluss haben.140 Des Weiteren kann damit der Befund in Einklang gebracht werden, dass eigene Kinder die Lebenszufriedenheit (Reinprecht 2006; Riederer 2013) negativ beeinflussen, aber einen positiven Effekt auf den Pendelerfolg haben.141 Abgesehen davon spricht für diese Schlussfolgerung der Befund, dass sich Erfahrungen von ethnischer Diskriminierung nur auf die Lebenszufriedenheit (u.a. Neto 2001; Safi 2010; Verkuyten 2008; Werkuyten und Nekuee 1999), nicht aber auf den allgemeinen Pendelerfolg auswirken: Mit Blick auf den langfristigen Nutzen des Pendelns, auch über das eigene Erwerbsleben hinaus, mag man diese Erfahrungen noch ertragen. 8.2 Hierarchie der Effekte von ökonomischen und nicht-ökonomischen Lebensbedingungen im Kontext des Ost-West-Pendelns auf die subjektiven Bewertungen des Pendelns und genderspezifische Differenzen 8.2.1 Hierarchie von Having, Loving und Being Mit dem Wissen wie sich die verschiedenen Indikatoren im Gesamtmodell, unter Konstanthaltung einer Vielzahl an anderen Variablen, verhalten, wird im Folgenden die Annahme überprüft, dass sich die Befriedigung (bzw. Nicht139

140

141

Nur Kontakte mit befreundeten/bekannten PendlerInnen aus dem Herkunftsland zeigen einen signifikanten Einfluss auf die Lebenszufriedenheit. Die qualitativen Analysen zeigen, dass irreguläre Beschäftigung u.a. aufgrund von langfristigen negativen Auswirkungen (kein Zugang zu Sozialleistungen etc.) negativ bewertet wird. Diese Einstellung könnte sich hier bemerkbar machen. Kinder könnten die Belastung während des Pendelns zwar steigern (= negativer Einfluss von Kindern), Kinder sowie eine gelungene Work-Family Balance stellen dennoch entscheidende Kriterien für den Pendelerfolg dar (die Work-Family Balance ist nur für den allgemeinen Pendelerfolg relevant, hier sogar ein Schlüsselkriterium).

8.2 Hierarchie der Effekte von ökonomischen und nicht-ökonomischen (…) 207 Befriedigung) von Having-Bedürfnissen insgesamt verhältnismäßig stärker auf die subjektiven Bewertungen auswirkt als die Befriedigung von LovingBedürfnissen. Damit soll die Frage bearbeitet werden, ob ökonomische Lebensbedingungen im Kontext des Pendelns gegenüber nicht-ökonomischen Lebensbedingungen einen insgesamt stärkeren Einfluss auf die subjektiven Bewertungen haben. Zur Untersuchung dieser Frage wurden mehrere Regressionsmodelle, getrennt nach den jeweiligen Bedürfnisdimensionen, sowie der Kontrollvariablen berechnet (siehe Tabelle 23-24). Anhand der erklärten Varianz der abhängigen Variable (R2) durch das jeweilige Set an unabhängigen Variablen (Bedürfnissen) wird die entsprechende Einflussstärke der jeweiligen Bedürfnisdimension als Ganzes bemessen. Es muss an dieser Stelle jedoch (abermals) betont werden, dass nicht alle vorstellbaren Indikatoren zur Messung der jeweiligen Bedürfnisdimensionen im TRANSLAB-Survey vorhanden sind, zum Beispiel Informationen zu den Wohnbedingungen der PendlerInnen. Außerdem ist klar zu stellen, dass sich aufgrund der vergleichsweise isolierteren Betrachtung der einzelnen Indikatoren erwartungsgemäß zum Teil Abweichungen gegenüber den Gesamtmodellen zeigen (z.B. in den Signifikanzen).142 Die Betrachtung der getrennten Regressionsmodelle offenbart zwischen den beiden subjektiven Bewertungsformen (Lebenszufriedenheit und Pendelerfolg) einige Unterschiede. Die erwartete Hierarchie zwischen den ökonomischen und nicht-ökonomischen Lebensbedingungen bzw. den Bedürfnisdimensionen Having und Loving ist nur für die Lebenszufriedenheit zu erkennen (H4a). Dahingehend bestätigt sich der vergleichsweise hohe Stellenwert der ökonomischen Einflussfaktoren in Form von materiellen und unpersönlichen Bedürfnissen für die Lebenszufriedenheit der PendlerInnen. Nicht-ökonomische soziale Bedürfnisse besitzen hingegen einen deutlich geringeren Stellenwert (Kämpfer 2014). Diese Ergebnisse widersprechen somit tendenziell der zum Teil getroffenen Einschätzung, dass die nicht-ökonomischen gegenüber den ökonomischen Folgen der Migration relevanter sind für die Lebenszufriedenheit von MigrantInnen (z.B. Olgiati et al. 2012). Vielmehr unterstreichen diese Befunde die starke ökonomische Orientierung der PendlerInnen wie sie auf Grundlage der bisherigen 142

Zum Beispiel haben die einzelnen Being-Indikatoren im gesamten Regressionsmodell keinen signifikanten Einfluss auf die Lebenszufriedenheit, währenddessen sie im entsprechenden separaten Modell allesamt signifikant sind. Die jeweiligen signifikanten Effekte dieser Variablen verschwinden also bei Berücksichtigung anderer, relevanterer Variablen.

208

8 Multivariate Ergebnisse und qualitative Vertiefungen I: Effekte von (…)

Forschung zum grenzübergreifenden Ost-West-Pendeln in Centrope (Bittner et al. 2011; Haindorfer 2010; Lechner et al. 2010; Nowotny 2011) sowie der internationalen Migrationsliteratur (Bartram 2010) zu erwarten war. Die subjektive Bewertung des allgemeinen Pendelerfolgs ist im Gegensatz zur Lebenszufriedenheit vor allem von nicht-ökonomischen Lebensbedingungen bzw. der Loving-Dimension (soziale Bedürfnisse) abhängig, gefolgt von der Having- und der Being-Dimension. Die entsprechende Hypothese (H4b) wird daher abgelehnt. Es sind zwar nur wenige Studien zum subjektiven Migrationserfolg bislang vorhanden, aber die existierenden empirischen Ergebnisse (Mapril 2011) haben bei dieser Allgemeinbewertung des Pendelns – vor dem Hintergrund einer anzunehmenden vorrangig ökonomischen Orientierung der PendlerInnen – ein selbiges Muster wie bei der Lebenszufriedenheit erwarten lassen. Das ist zweifelsohne einer der markantesten Unterschiede zwischen der Anatomie der Lebenszufriedenheit und jener des allgemeinen Pendelerfolgs, der beiden Globalbewertungen des Lebens im Kontext des Pendelns. Der bereits präsentierte Forschungsbefund, dass der subjektive Migrationserfolg vor allem durch nicht-materielle bzw. menschliche und weniger durch materielle Aspekte determiniert wird (Benish-Weisman und Shye 2011), kann anhand dieser Studie also bestätigt werden.

HAVING INDIKATOREN ÖKONOMISCHE RESSOURCEN Brutto-Monatseinkommen (in Euro) (Ref.: 1.350 bis 1.649) bis 899 900 bis 1.124 1.125 bis 1.349 1.650 bis 2.249 2.250 und mehr Missings-Einkommen relative Wohlstandsentwicklung (1 = stark verschlechtert bis 10 = stark verbessert) ARBEITSBEDINGUNGEN gesundheitliche Risiken mit der Arbeit verbunden (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Arbeitsplatzsicherheit (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Pendeldauer (in Minuten) Pendeldauer quadriert BILDUNG formales Bildungsniveau ((Ref.: mittlere Bildung (ISCED 3-4)) geringe Bildung (ISCED 0-2) höhere Bildung (ISCED 5-6) deutsche Sprachkenntnisse (1 = gar nicht bis 5 = sehr gut) GESUNDHEIT allgemeiner Gesundheitszustand (1 = sehr gut bis 5 = schlecht) LOVING INDIKATOREN ZUGEHÖRIGKEIT/BINDUNGEN UND KONTAKTE ZUR LOKALEN GEMEINSCHAFT Zugehörigkeit/Identität (Ref.: jeweiliges Herkunftsland, als TschechIn etc.) MitteleuropäerIn EuropäerIn WeltbürgerIn Nichts davon ZUGEHÖRIGKEIT/BINDUNGEN ZU FAMILIE UND VERWANDTSCHAFT Work-Family Balance (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu)



+ ***

* *** * **

*** ***

-

-

-0.0615 0.1323 0.0351 -0.0684

-0.0321 -0.0218 0.1066 -0.2652

-

-

+

-0.0658 0.0331 -0.0532 0.0478 0.0361 -0.0509 0.2342

*

0.0955

0.0178 0.0641 -0.0130 -0.0384

-

-

-

-

**

*

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

AV: Lebenszufriedenheit (1 = äußerst unzufrieden bis 10 = äußerst zufrieden) Modell 1 Modell 2 Modell 3 Beta Sig. Beta Sig. Beta

Tabelle 23: Effekte von Having, Loving und Being auf die Lebenszufriedenheit der PendlerInnen. Getrennte Modelle der einzelnen Bedürfnisdimensionen. Ergebnisse von OLS-Regressionsanalysen (Modelle 1-3)

-

-

-

-

-

-

Sig.

8.2 Hierarchie der Effekte von ökonomischen und nicht-ökonomischen (…) 209

Beta

Sig.

Beta

Sig.

Beta

Sig.

Partnerschaftsstatus (Ref.: verheiratet/Partnerschaft) Single -0.1202 *** Existenz eigene Kinder (Ref.: eigene Kinder) keine eigenen Kinder 0.1691 *** AKTIVE FREUNDSCHAFTSSTRUKTUREN Kontakthäufigkeit mit FreundInnen/Bekannten aus dem Herkunftsland die in Österreich arbeiten (Ref.: mehrmals im Monat) täglich 0.0256 mehrmals die Woche -0.0072 einmal im Monat 0.0179 weniger als einmal im Monat -0.0381 nie 0.0165 Kontakthäufigkeit mit österreichischen FreundInnen (Ref.: mehrmals im Monat) täglich 0.0323 mehrmals die Woche -0.0502 einmal im Monat 0.0235 weniger als einmal im Monat 0.0385 nie -0.0510 BEZIEHUNGEN ZU ARBEITSKOLLEGINNEN gutes Arbeitsklima (1 = trifft gar nicht zu -5 = trifft voll zu) 0.1799 *** Erfahrungen von Benachteiligung im Betrieb aufgrund der ethnischen Herkunft (ethnische Diskriminierung) (1 = stimme gar nicht zu -5 = stimme voll und ganz zu) -0.1801 *** MIGRATIONSSPEZIFISCHES SOZIALKAPITAL Anzahl Österreich-MigrantInnen aus Familie, Verwandtschaft & Freundeskreis 0.0039 BEING INDIKATOREN MÖGLICHKEITEN FÜR FREIZEITAKTIVITÄTEN („DOING“) genügend Zeit für Freizeitaktivitäten (1 = trifft gar nicht zu -5 = trifft voll zu) - - - - 0.1834 *** MÖGLICHKEITEN FÜR EIN SINNHAFTES ARBEITSLEBEN a) AKTUELLER JOB Möglichkeiten beruflich aufzusteigen (1 = trifft gar nicht zu -5 = trifft voll zu) - - - - 0.0595 + Möglichkeit eigene Ideen zu verwirklichen (1 = trifft gar nicht zu -5 = trifft voll zu) - - - - 0.0627 * irreguläre Beschäftigung (Ref.: regulär beschäftigt) irregulär beschäftigt - - - - -0.0865 ** Konstante - *** - *** - *** Adjusted R2 0.27 0.15 0.06 N 1.148 1.148 1.148 Quelle: TRANSLAB-Survey 2012/2013; ungewichtete Analysen; eigene Berechnungen. Signifikanzniveaus: +p < 0.1, *p < 0.05, **p < 0.01, ***p < 0.001. Kontrolliert wurde für regionale Herkunft, Geschlecht, Alter, Alter quadriert, Arbeitserfahrung in Österreich (Jahre), berufliche Stellung, Branche, Betriebgsröße, ethnische Segregation am Arbeitsplatz, Pendeltyp und Beschäftigungsstatus vor aktuellem Job. Aus Platzgründen zeige ich die Kontrollvariablen nicht.

…Fortsetzung von Tabelle 23:

210 8 Multivariate Ergebnisse und qualitative Vertiefungen I: Effekte von (…)

HAVING INDIKATOREN ÖKONOMISCHE RESSOURCEN Brutto-Monatseinkommen (in Euro) (Ref.: 1.350 bis 1.649) bis 899 900 bis 1.124 1.125 bis 1.349 1.650 bis 2.249 2.250 und mehr Missings-Einkommen relative Wohlstandsentwicklung (1 = stark verschlechtert bis 10 = stark verbessert) ARBEITSBEDINGUNGEN gesundheitliche Risiken mit der Arbeit verbunden (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Arbeitsplatzsicherheit (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Pendeldauer (in Minuten) Pendeldauer quadriert BILDUNG formales Bildungsniveau ((Ref.: mittlere Bildung (ISCED 3-4)) geringe Bildung (ISCED 0-2) höhere Bildung (ISCED 5-6) deutsche Sprachkenntnisse (1 = gar nicht bis 5 = sehr gut) GESUNDHEIT allgemeiner Gesundheitszustand (1 = sehr gut bis 5 = schlecht) LOVING INDIKATOREN ZUGEHÖRIGKEIT/BINDUNGEN UND KONTAKTE ZUR LOKALEN GEMEINSCHAFT Zugehörigkeit/Identität (Ref.: jeweiliges Herkunftsland, als TschechIn etc.) MitteleuropäerIn EuropäerIn WeltbürgerIn Nichts davon ZUGEHÖRIGKEIT/BINDUNGEN ZU FAMILIE UND VERWANDTSCHAFT Work-Family Balance (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu)



-

-

0.2196

-0.0082 -0.0735 -0.0285 -0.0098

-

-

-

**

-0.0454 -0.0312 -0.0834

-

-

* *** *** ***

-0.0742 0.1904 0.0335 -0.1259

-

0.0389

***

-0.0452 -0.0490 0.0112 -0.0218 -0.0515 0.0271 0.1859

***

**

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

AV: subj. Erfolg allgemeines Leben (1 = gar nicht bis 5 = in sehr hohem Maße) Modell 1 Modell 2 Modell 3 Beta Sig. Beta Sig. Beta

-

-

-

-

-

-

Sig.

Tabelle 24: Effekte von Having, Loving und Being auf den subjektiven Pendelerfolg. Getrennte Modelle der einzelnen Bedürfnisdimensionen. Ergebnisse von OLS-Regressionsanalysen (Modelle 1-3)

8.2 Hierarchie der Effekte von ökonomischen und nicht-ökonomischen (…) 211

Beta

Sig.

Beta

Sig.

Beta

Sig.

Partnerschaftsstatus (Ref.: verheiratet/Partnerschaft) Single 0.0476 Existenz eigene Kinder (Ref.: eigene Kinder) keine eigenen Kinder -0.0475 AKTIVE FREUNDSCHAFTSSTRUKTUREN Kontakthäufigkeit mit FreundInnen/Bekannten aus dem Herkunftsland die in Österreich arbeiten (Ref.: mehrmals im Monat) täglich -0.0834 * mehrmals die Woche -0.0771 * einmal im Monat -0.0219 weniger als einmal im Monat -0.0330 nie 0.0003 Kontakthäufigkeit mit österreichischen FreundInnen (Ref.: mehrmals im Monat) täglich 0.0870 ** mehrmals die Woche 0.0113 einmal im Monat 0.0062 weniger als einmal im Monat 0.0514 nie 0.1169 ** BEZIEHUNGEN ZU ARBEITSKOLLEGINNEN gutes Arbeitsklima (1 = trifft gar nicht zu -5 = trifft voll zu) 0.2258 *** Erfahrungen von Benachteiligung im Betrieb aufgrund der ethnischen Herkunft (ethnische Diskriminierung) (1 = stimme gar nicht zu -5 = stimme voll und ganz zu) -0.0714 * MIGRATIONSSPEZIFISCHES SOZIALKAPITAL Anzahl Österreich-MigrantInnen aus Familie, Verwandtschaft & Freundeskreis 0.1026 *** BEING INDIKATOREN MÖGLICHKEITEN FÜR FREIZEITAKTIVITÄTEN („DOING“) genügend Zeit für Freizeitaktivitäten (1 = trifft gar nicht zu -5 = trifft voll zu) - - - - 0.2343 *** MÖGLICHKEITEN FÜR EIN SINNHAFTES ARBEITSLEBEN a) AKTUELLER JOB Möglichkeiten beruflich aufzusteigen (1 = trifft gar nicht zu -5 = trifft voll zu) - - - - -0.0756 * Möglichkeit eigene Ideen zu verwirklichen (1 = trifft gar nicht zu -5 = trifft voll zu) - - - - 0.0972 ** irreguläre Beschäftigung (Ref.: regulär beschäftigt) irregulär beschäftigt - - - - -0.0689 * Konstante - *** - *** - *** Adjusted R2 0.12 0.18 0.07 N 1.148 1.148 1.148 Quelle: TRANSLAB-Survey 2012/2013; ungewichtete Analysen; eigene Berechnungen. Signifikanzniveaus: +p < 0.1, *p < 0.05, **p < 0.01, ***p < 0.001. Kontrolliert wurde für regionale Herkunft, Geschlecht, Alter, Alter quadriert, Arbeitserfahrung in Österreich (Jahre), berufliche Stellung, Branche, Betriebgsröße, ethnische Segregation am Arbeitsplatz, Pendeltyp und Beschäftigungsstatus vor aktuellem Job. Aus Platzgründen zeige ich die Kontrollvariablen nicht.

…Fortsetzung von Tabelle 24:

212 8 Multivariate Ergebnisse und qualitative Vertiefungen I: Effekte von (…)

8.2 Hierarchie der Effekte von ökonomischen und nicht-ökonomischen (…) 213 Auch in mehreren qualitativen Interviews ist ein hoher Stellenwert der Befriedigung (bzw. Nicht-Befriedigung) von sozialen Bedürfnissen (Loving-Dimension) für die allgemeine Erfolgsbewertung des Ost-West-Pendelns festzustellen. Am Fallbeispiel des Pendlers Tamás kann die besondere Relevanz der sozialen Bedürfnisse für den allgemeinen Pendelerfolg vertiefend veranschaulicht und erklärt werden (siehe qualitative Vertiefung 4). Qualitative Vertiefung 4: Der hohe Stellenwert der sozialen Bedürfnisse (Loving-Dimension) für die subjektive Bewertung des allgemeinen Pendelerfolgs Tamás bilanziert, dass es eine sehr gute Entscheidung war nach Österreich zum Arbeiten zu kommen. Durch diesen Schritt konnte er seine Lebensqualität bedeutend steigern und wie sich herausstellt, ist mit dieser Steigerung in erster Linie eine verbesserte Work-Family Balance gemeint, ein entsprechend des theoretischen Rahmens dieser Studie wichtiges soziales Bedürfnis bzw. eine wichtige nicht-ökonomische Lebensbedingung im Kontext des Ost-West-Pendelns. Tamás arbeitet zuletzt in Ungarn entsprechend seines in Budapest absolvierten Studiums im Verwaltungsmanagement in einem Gemeindeamt Westungarns. Dem ist hinzuzufügen, dass Tamás auch über eine Gastronomieausbildung verfügt und in der Vergangenheit bereits in Österreich arbeitete. Im Rahmen seiner Beschäftigung im Gemeindeamt muss Tamás hin und wieder Arbeit mit nach Hause nehmen, da die vorhandene Arbeitszeit nicht ausreicht. Dabei bleibt die Zeit für seine Familie auf der Strecke. Tamás entscheidet sich gemeinsam mit seiner Frau deswegen nach Österreich zu pendeln, wo er als Kellner in einem Restaurant einer burgenländischen Kleinstadt Arbeit findet und seine WorkFamily Balance stark verbessern kann. In Ungarn, so kristallisiert sich seine Meinung heraus, verdient man in bestimmten Berufen wie z.B. als Bäcker viel weniger wie in Österreich, man muss viel mehr arbeiten um auf ein annehmbares Niveau zu gelangen, das aber wollte er aus familiären Gründen nicht: „Ja, wir haben früher auch viel darüber gesprochen. Also ich habe manchmal von acht bis vier Uhr gearbeitet und manchmal habe ich meine Arbeit mit nach Hause genommen und dort auch noch zwei, drei Stunden gearbeitet. (…) Und dann habe ich praktisch keine Zeit für die Familie gehabt, nur am Wochenende.

214

8 Multivariate Ergebnisse und qualitative Vertiefungen I: Effekte von (…)

Und so haben wir entschieden, dass es dann besser ist eine fixe Arbeit zu machen und nicht jederzeit für andere zu arbeiten und vielleicht auch noch einen Nebenjob zu machen, also vielleicht noch eine zweite oder dritte Arbeit am Wochenende zusätzlich zu machen. Und ja, eigentlich ist es eine einfache Lösung gewesen“ (Tamás, 30 Jahre, Tagespendler als Kellner im Burgenland, PI_T_RH_02, ZN 1219-1230). Seine Pendelentscheidung ist so gesehen eine stark familienorientierte Entscheidung und die Erfüllung des Ziels und Bedürfnisses mehr Zeit für die Familie zu haben, hat auch ein herausragendes Gewicht in seiner allgemeinen Bilanzierung des Pendelns. Der hohe Stellenwert sozialer Bedürfnisse für positive subjektive Bewertungen des Pendelns wird bei Tamás auch in der Begründung seiner Selbsteinstufung als erfolgreichen Pendler in Form der Wahrnehmung eines positiven sozialen Klimas am aktuellen Arbeitsplatz sichtbar: „Ja eigentlich bin ich mit netten Leuten zusammen und von den Leuten bekommt man eine positive Stimmung, also es ist ganz anders. Wie ich gesagt habe, ich war früher im Gemeindeamt und dort man viele Beschwerden, viele negative Einflüsse bekommen und dieses ganze Gefühl jeden Tag zu verarbeiten ist ein bisschen schwierig. Das zieht deine Laune jeden Tag ein bisschen runter. Und hier kommen die Leute dann, weil sie sich gut fühlen und wenn du solche positive Energie bekommst, dann kannst du dich auch besser fühlen“ (Tamás, 30 Jahre, Tagespendler als Kellner im Burgenland, PI_T_RH_02, ZN 2444-2450). 8.2.2 Genderspezifische Differenzen in den Effekten von Having, Loving und Being auf die subjektiven Erfolgsbewertungen Dieser Abschnitt widmet sich nun der Frage, ob und ggf. inwiefern sich Frauen und Männer in ihren subjektiven Erfolgsbewertungen des Pendelns voneinander unterscheiden (siehe Tabelle 25-26). Dabei wird der Vermutung nachgegangen, dass der Befriedigung (bzw. Nicht-Befriedigung) von sozialen Bedürfnissen (Loving-Dimension) gegenüber Bedürfnissen nach persönlicher Entwicklung (Being-Dimension) ein unterschiedlich hohes Gewicht in der subjektiven Bewertung des allgemeinen Pendelerfolgs bei Frauen und Männern zukommt. Ausgangspunkt für diese Annahme ist eine qualitative Studie von Walsh und Ho-

8.2 Hierarchie der Effekte von ökonomischen und nicht-ökonomischen (…) 215 renczyk (2001), in der beobachtet und theoretisch argumentiert wird, dass unter jungen Einwanderern aus englischsprachigen Ländern in Israel Geschlechterdifferenzen in den Erfolgsbewertungen der Migration existieren. Auf empirischer Grundlage wird in dieser Studie konstatiert, dass im Kontext der Migration Frauen ihren Erfolg stärker in Form eines wiederhergestellten Zugehörigkeitsgefühls (u.a. Finden von Gemeinschaft und Menschen, das Gefühl dauerhaft Wurzeln zu schlagen), Männer stärker über ein wiedererlangtes Gefühl von Kompetenz ((u.a. Erfolg in der Arbeit (Karriere), finanzieller Erfolg)) ausdrücken. 143 Die Befunde zeigen, dass sowohl bei Frauen als auch Männern die Variation des allgemeinen Pendelerfolgs in erster Linie von der Befriedigung (bzw. Nicht-Befriedigung) der sozialen Bedürfnisse abhängig ist, ein Bild, das bereits auch von nicht nach Geschlecht getrennten Analysen bekannt ist (siehe Tabelle 23). Die erklärte Varianz der abhängigen Variable durch die Indikatoren der Loving-Dimension beträgt bei Männern insgesamt rund 15%, bei den Frauen sind es etwa 21%. Damit wird die Hypothese zu den prognostizierten genderspezifischen Differenzen (H5) abgelehnt. Die erwartete Bedürfnishierarchie (Loving > Being) ist nur bei den weiblichen Pendlern zu erkennen. Auch hinsichtlich der Relevanzstruktur bei den weiteren beiden Bedürfnisdimensionen ähneln sich Frauen und Männer. Bei beiden Geschlechtern wird der allgemeine Pendelerfolg – abgesehen von der Loving-Dimension – stärker von der Befriedigung (bzw. Nicht-Befriedigung) der Having- als der Being-Dimension bestimmt. Dem ist hinzuzufügen, dass sich in Detailergebnissen durchaus weitere Hinweise auf eine Spiegelung der Studienergebnisse von Walsh und Horenczyk finden.144 Betrachtet man die einzelnen Indikatoren der Being-Dimension bei Frauen und Männern im separaten Modell sowie im Gesamtmodell finden sich Indizien auf eine etwas geringere Relevanz der Being-Dimension für Frauen 143

144

Walsh und Horenczyk nehmen auf dieser Grundlage an, dass die Wiederherstellung eines Zugehörigkeitsgefühls sowie eines Gefühls von Kompetenz zwei spezifische Bedürfnisse oder Herausforderungen im Migrationsprozess darstellen deren Befriedigung für Frauen und Männer eine unterschiedliche Bedeutung besitzt (Walsh und Horenczyk 2001). Außerdem ist zu ergänzen, dass der finanzielle Erfolg in den Auswertungen der vorliegenden Studie als Indikator der Having-Dimension verwendet wird (operationalisiert in Form der Variable Brutto-Monatseinkommen). Die Operationalisierung des wiedererlangten Gefühls von Kompetenz durch die Being-Dimension ist daher etwas unterkonzipiert, der Schwerpunkt der getroffenen Messung liegt auf der Erfassung von Aspekten der beruflichen Entwicklung (Karriere). Das ist zweifellos ein wichtiger Unterschied gegenüber der Differenzierung die Walsh und Horenczyk präsentieren der aber dadurch relativiert wird, dass sich nur bei Frauen signifikante Unterschiede im Einkommen zeigen.

216

8 Multivariate Ergebnisse und qualitative Vertiefungen I: Effekte von (…)

gegenüber Männern. Im getrennten Regressionsmodell für die Frauen ist unter den Being-Indikatoren nur die Freizeitvariable signifikant, im entsprechenden Gesamtmodell besitzt kein einziger der Being-Indikatoren einen signifikanten Effekt auf den allgemeinen Pendelerfolg. Bei Männern zeigt sich hingegen im getrennten Modell bei allen Being-Bedürfnissen ein statistisch signifikantes Ergebnis und auch im Gesamtmodell halten sich – nach Kontrolle einer Vielzahl an Variablen – insgesamt noch zwei signifikante Effekte der Being-Dimension auf den allgemeinen Pendelerfolg: Die Möglichkeit eigene Ideen zu verwirklichen (ein wichtiger Indikator im Sinne des Hauptkonzeptes von Migrationserfolg bei Männern in der Referenzstudie) sowie die irreguläre Beschäftigung (im Vergleich zur regulären Beschäftigung). Kurz zusammengefasst finden sich also in der Tat Hinweise darauf, dass die Befriedigung von Being-Bedürfnissen für die Erfolgsbewertung des Pendelns bei Männern im Vergleich zu Frauen eine größere Rolle spielt. Betreffend den sozialen Bedürfnissen (Loving-Dimension) sind keine entsprechenden Anzeichen vorhanden, dass diese bei Frauen wichtiger sind als bei Männern. Die von Walsh und Horenczyk erstmalig erbrachte Erkenntnis zu genderspezifischen Differenzen in der Erfolgsbewertung von Migration bestätigt sich somit zumindest ansatzweise am Beispiel von grenzübergreifenden Ost-West-PendlerInnen in Centrope.

HAVING INDIKATOREN ÖKONOMISCHE RESSOURCEN Brutto-Monatseinkommen (in Euro) (Ref.: 1.350 bis 1.649) bis 899 900 bis 1.124 1.125 bis 1.349 1.650 bis 2.249 2.250 und mehr Missings-Einkommen relative Wohlstandsentwicklung (1 = stark verschlechtert bis 10 = stark verbessert) ARBEITSBEDINGUNGEN gesundheitliche Risiken mit der Arbeit verbunden (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Arbeitsplatzsicherheit (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Pendeldauer (in Minuten) Pendeldauer quadriert BILDUNG formales Bildungsniveau ((Ref.: mittlere Bildung (ISCED 3-4)) geringe Bildung (ISCED 0-2) höhere Bildung (ISCED 5-6) deutsche Sprachkenntnisse (1 = gar nicht bis 5 = sehr gut) GESUNDHEIT allgemeiner Gesundheitszustand (1 = sehr gut bis 5 = schlecht) LOVING INDIKATOREN ZUGEHÖRIGKEIT/BINDUNGEN UND KONTAKTE ZUR LOKALEN GEMEINSCHAFT Zugehörigkeit/Identität (Ref.: jeweiliges Herkunftsland, als TschechIn etc.) MitteleuropäerIn EuropäerIn WeltbürgerIn Nichts davon ZUGEHÖRIGKEIT/BINDUNGEN ZU FAMILIE UND VERWANDTSCHAFT Work-Family Balance (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Partnerschaftsstatus (Ref.: verheiratet/Partnerschaft) Single



* *

-

-

0.0886

-

-

**

-0.1069 -0.0372 -0.0867

*** * *

-0.0353 0.2076 0.0218 -0.0890

0.0740

0.2010

-0.0554 -0.1255 -0.0293 -0.0310

-

-

-

-

***

0.1695

+

***

**

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

0.0643

0.1631

-0.0257 -0.0849 -0.0275 0.0035

0.0760

-0.0812 0.0152 -0.0000

-0.0062 0.0739 0.0230 -0.1114

0.1367

0.0177 -0.0390 -0.0137 -0.0442 -0.0346 0.0264

**

*

+

+

+ ** **

**

AV: subj. Erfolg allgemeines Leben (1 = gar nicht bis 5 = in sehr hohem Maße) Modell 2 Modell 3 Modell 5 Beta Sig. Beta Sig. Beta Sig.

Sig.

-

Modell 1

-0.0263 -0.0236 0.0109 -0.0640 -0.0571 0.0458

Beta

Tabelle 25: Effekte von Having, Loving und Being auf den subjektiven Pendelerfolg. Getrennte Modelle der einzelnen Bedürfnisdimensionen und Gesamtmodell (nur Männer). Ergebnisse von OLS-Regressionsanalysen (Modelle 1-5)

8.2 Hierarchie der Effekte von ökonomischen und nicht-ökonomischen (…) 217

-

-

-

-

-

- - - ***

-

-

-

-

-

- - - - 0.11 644

Sig. -

Beta -

- - -

-

-

0.1318

-0.0790

0.1858

0.0499 0.0277 -0.0520 0.0435 0.0901

-0.0519 -0.0842 -0.0015 -0.0535 0.0263

Beta -0.0574

0.15 644

- - ***

-

-

**

*

***

+

Sig.

0.1688 -0.1658 -

-0.1097

0.1679

-

-

-

-

-

Beta -

0.09 644

*** *** ***

**

***

-

-

-

-

-

Sig. -

0.0913 -0.1636 -

-0.0436

-0.0007

0.0902

-0.0348

0.0769

0.0444 0.0096 -0.0686 -0.0075 0.0289

-0.0967 -0.1231 -0.0461 -0.0531 -0.0114

Beta -0.0816

0.23 644

* *** ***





*

+

* **

Sig.

Quelle: TRANSLAB-Survey 2012/2013; ungewichtete Analysen; eigene Berechnungen. Signifikanzniveaus: +p < 0.1, *p < 0.05, **p < 0.01, ***p < 0.001. Kontrolliert wurde für regionale Herkunft, Alter, Alter quadriert, Arbeitserfahrung in Österreich (Jahre), berufliche Stellung, Branche, Betriebsgröße, ethnische Segregation am Arbeitsplatz, Pendeltyp und Beschäftigungsstatus vor aktuellem Job (als getrenntes Modell 4, im Gesamtmodell 5). Aus Platzgründen zeige ich die Kontrollvariablen nicht.

Existenz eigene Kinder (Ref.: eigene Kinder) keine eigenen Kinder AKTIVE FREUNDSCHAFTSSTRUKTUREN Kontakthäufigkeit mit FreundInnen/Bekannten aus dem Herkunftsland die in Österreich arbeiten (Ref.: mehrmals im Monat) täglich mehrmals die Woche einmal im Monat weniger als einmal im Monat nie Kontakthäufigkeit mit österreichischen FreundInnen (Ref.: mehrmals im Monat) täglich mehrmals die Woche einmal im Monat weniger als einmal im Monat nie BEZIEHUNGEN ZU ARBEITSKOLLEGINNEN gutes Arbeitsklima (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Erfahrungen von Benachteiligung im Betrieb aufgrund der ethnischen Herkunft (ethnische Diskriminierung) (1 = stimme gar nicht zu bis 5 = stimme voll und ganz zu) MIGRATIONSSPEZIFISCHES SOZIALKAPITAL Anzahl von Österreich-MigrantInnen aus Familie, Verwandtschaft und Freundeskreis BEING INDIKATOREN MÖGLICHKEITEN FÜR FREIZEITAKTIVITÄTEN („DOING“) genügend Zeit für Freizeitaktivitäten (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) MÖGLICHKEITEN FÜR EIN SINNHAFTES ARBEITSLEBEN a) AKTUELLER JOB Möglichkeiten beruflich aufzusteigen (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Möglichkeit eigene Ideen zu verwirklichen (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) irreguläre Beschäftigung (Ref.: regulär beschäftigt) irregulär beschäftigt Konstante Adjusted R2 N

…Fortsetzung von Tabelle 25:

218 8 Multivariate Ergebnisse und qualitative Vertiefungen I: Effekte von (…)

HAVING INDIKATOREN ÖKONOMISCHE RESSOURCEN Brutto-Monatseinkommen (in Euro) (Ref.: 1.350 bis 1.649) bis 899 900 bis 1.124 1.125 bis 1.349 1.650 bis 2.249 2.250 und mehr Missings-Einkommen relative Wohlstandsentwicklung (1 = stark verschlechtert bis 10 = stark verbessert) ARBEITSBEDINGUNGEN gesundheitliche Risiken mit der Arbeit verbunden (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Arbeitsplatzsicherheit (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Pendeldauer (in Minuten) Pendeldauer quadriert BILDUNG formales Bildungsniveau ((Ref.: mittlere Bildung (ISCED 3-4)) geringe Bildung (ISCED 0-2) höhere Bildung (ISCED 5-6) deutsche Sprachkenntnisse (1 = gar nicht bis 5 = sehr gut) GESUNDHEIT allgemeiner Gesundheitszustand (1 = sehr gut bis 5 = schlecht) LOVING INDIKATOREN ZUGEHÖRIGKEIT/BINDUNGEN UND KONTAKTE ZUR LOKALEN GEMEINSCHAFT Zugehörigkeit/Identität (Ref.: jeweiliges Herkunftsland, als TschechIn etc.) MitteleuropäerIn EuropäerIn WeltbürgerIn Nichts davon ZUGEHÖRIGKEIT/BINDUNGEN ZU FAMILIE UND VERWANDTSCHAFT Work-Family Balance (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Partnerschaftsstatus (Ref.: verheiratet/Partnerschaft) Single



* *** *** ***

*

-0.1125 0.1729 0.0644 -0.1772

0.0341 -0.0115 -0.1132

0.0445 -0.0023 -0.0355 -0.0074

-

-

-

-

0.0197

0.2472

-

-0.0184

-

-

-

***

0.2240

***

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

0.0198

0.1728

0.0841 0.0363 -0.0121 0.0103

-0.0290

0.0198 -0.0211 -0.1039

-0.0632 0.0090 0.0542 -0.1368

0.1181

-0.1045 -0.1406 -0.0031 0.0212 -0.0177 -0.0530

**

*

*

** ***

**

+ *

AV: subj. Erfolg allgemeines Leben (1 = gar nicht bis 5 = in sehr hohem Maße) Modell 2 Modell 3 Modell 5 Beta Sig. Beta Sig. Beta Sig.

Sig.

-

Modell 1

-0.0486 -0.0604 0.0239 0.0531 -0.0302 0.0281

Beta

Tabelle 26: Effekte von Having, Loving und Being auf den subjektiven Pendelerfolg. Getrennte Modelle der einzelnen Bedürfnisdimensionen und Gesamtmodell (nur Frauen). Ergebnisse von OLS-Regressionsanalysen (Modelle 1-5)

8.2 Hierarchie der Effekte von ökonomischen und nicht-ökonomischen (…) 219

-

-

-

-

-

- - - ***

-

-

-

-

-

- - - - 0.14 504

-

Sig.

-

Beta

Beta

- - -

-

-

0.0547

-0.0631

0.2746

0.1251 -0.0058 0.0568 0.0593 0.1482

-0.1090 -0.0858 -0.0546 -0.0113 -0.0272

-0.0541

0.21 504

- - ***

-

-

***

*

**

* +

Sig.

0.0198 0.0134 -

-0.0234

0.2992

-

-

-

-

-

-

Beta

0.09 504

Beta

-0.0438 0.0216 -0.0079 -

   ***

0.0512

0.0616

-0.0018

0.2680

0.0945 -0.0115 0.0344 0.0454 0.1133

-0.0974 -0.0686 -0.0543 0.0434 -0.0032

-0.1143

***

-

-

-

-

-

-

Sig.

0.30 504

***

 





***

+

*

+

+

Sig.

Quelle: TRANSLAB-Survey 2012/2013; ungewichtete Analysen; eigene Berechnungen. Signifikanzniveaus: +p < 0.1, *p < 0.05, **p < 0.01, ***p < 0.001. Kontrolliert wurde für regionale Herkunft, Alter, Alter quadriert, Arbeitserfahrung in Österreich (Jahre), berufliche Stellung, Branche, Betriebsgröße, ethnische Segregation am Arbeitsplatz, Pendeltyp und Beschäftigungsstatus vor aktuellem Job (als getrenntes Modell 4, im Gesamtmodell 5). Aus Platzgründen zeige ich die Kontrollvariablen nicht

Existenz eigene Kinder (Ref.: eigene Kinder) keine eigenen Kinder AKTIVE FREUNDSCHAFTSSTRUKTUREN Kontakthäufigkeit mit FreundInnen/Bekannten aus dem Herkunftsland die in Österreich arbeiten (Ref.: mehrmals im Monat) täglich mehrmals die Woche einmal im Monat weniger als einmal im Monat nie Kontakthäufigkeit mit österreichischen FreundInnen (Ref.: mehrmals im Monat) täglich mehrmals die Woche einmal im Monat weniger als einmal im Monat nie BEZIEHUNGEN ZU ARBEITSKOLLEGINNEN gutes Arbeitsklima (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Erfahrungen von Benachteiligung im Betrieb aufgrund der ethnischen Herkunft (ethnische Diskriminierung) (1 = stimme gar nicht zu bis 5 = stimme voll und ganz zu) MIGRATIONSSPEZIFISCHES SOZIALKAPITAL Anzahl von Österreich-MigrantInnen aus Familie, Verwandtschaft und Freundeskreis BEING INDIKATOREN MÖGLICHKEITEN FÜR FREIZEITAKTIVITÄTEN („DOING“) genügend Zeit für Freizeitaktivitäten (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) MÖGLICHKEITEN FÜR EIN SINNHAFTES ARBEITSLEBEN a) AKTUELLER JOB Möglichkeiten beruflich aufzusteigen (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Möglichkeit eigene Ideen zu verwirklichen (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) irreguläre Beschäftigung (Ref.: regulär beschäftigt) irregulär beschäftigt Konstante Adjusted R2 N

…Fortsetzung von Tabelle 26:

220 8 Multivariate Ergebnisse und qualitative Vertiefungen I: Effekte von (…)

8.3 Effekte der subjektiven Erfolgsbewertungen des Pendelns auf die (…)

221

8.3 Effekte der subjektiven Erfolgsbewertungen des Pendelns auf die Lebenszufriedenheit im Kontext anderer Einflussfaktoren In diesem Abschnitt steht die Frage im Zentrum, inwiefern die subjektiven Erfolgsbewertungen des Ost-West-Pendelns zur Lebenszufriedenheit der PendlerInnen beitragen? Konkret wird der Frage nachgegangen, ob die subjektiven Erfolgsbewertungen des Pendelns in allgemeiner Hinsicht – unter Berücksichtigung einer Vielzahl an anderen Variablen – eine wichtige Erklärungsgröße für die Lebenszufriedenheit der PendlerInnen darstellen? Um dieser Frage nachzugehen, wurde ein hierarchisches Regressionsmodell berechnet, bei welchem in einem eigenen Schritt (Modell 2) der subjektive Pendelerfolg zum Gesamtmodell hinzugefügt wird (siehe Tabelle 33 im Anhang). Anhand eines Modellvergleichs zeigt sich, dass der allgemeine Pendelerfolg keinen nennenswerten Erklärungsbeitrag liefert. Die aufgeworfene Frage kann somit relativ eindeutig damit beantwortet werden, dass der subjektive Pendelerfolg – unter Konstanthaltung einer Vielzahl an anderen Variablen – in keinem signifikanten Verhältnis mit der Lebenszufriedenheit steht. Es ist aber an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass sich bivariat zwischen dem Pendelerfolg und der Lebenszufriedenheit eine signifikant positive Korrelation (Pearson’s r = 0.264) zeigt. Damit bestätigt sich zumindest auf dieser Ebene ein in der bisherigen Forschung beobachteter positiver Zusammenhang zwischen subjektivem Migrationserfolg und Lebensqualität (Benish-Weisman und Shye 2011; Reinprecht 2010). Ferner konnten auch keine statistischen Hinweise darauf gefunden werden, dass der subjektive Pendelerfolg als vermittelnde Variable (als Mediator) zwischen verschiedenen ökonomischen und nicht-ökonomischen Lebensbedingungen und der Lebenszufriedenheit der PendlerInnen eine Bedeutung aufweist.145

145

Die Aufnahme des subjektiven Pendelerfolgs in das Regressionsmodell führt zu keinen nennenswerten Veränderungen bei den Effekten der anderen unabhängigen Variablen.

9 Multivariate Ergebnisse und qualitative Vertiefungen II: Effekte von nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen auf die subjektiven Bewertungen des Pendelns Der Blick dieses Buches richtet sich nun auf die Effekte von nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen auf die subjektiven Bewertungen des Pendelns. In einem ersten Abschnitt gehe ich den interessierenden Effekten von nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen im aktuellen Job und im Zuge der grenzübergreifenden Mobilität nach und fasse die statistischen Befunde dazu zusammen. In einem zweiten Abschnitt untersuche ich die Frage, ob das Einkommen in Österreich als ein Dämpfer von nachteiligen Erfahrungen fungiert? In einem dritten und letzten Abschnitt erfolgt dann eine detailliertere bzw. quantitative und qualitative Betrachtung der Bewertungen von ausgewählten nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen. 9.1 Effekte von nachteiligen Erfahrungen im aktuellen Job und im Zuge der grenzübergreifenden Mobilität Die bisherigen Regressionsanalysen zum aktuellen Job der PendlerInnen (siehe Tabelle 20 sowie im Anhang Tabelle 29) demonstrieren, dass sich Erfahrungen von ethnischer Diskriminierung nur auf die Lebenszufriedenheit signifikant (negativ) auswirken. Im Kontrast ist nur ein signifikanter (negativer) Einfluss der irregulären Beschäftigung auf den subjektiven Pendelerfolg festzustellen. Die Problemlage der überqualifizierten Beschäftigung ist sowohl für die Lebenszufriedenheit als auch den Pendelerfolg keine statistisch relevante Einflussgröße (in einer multiplen Regressionansalyse betrachtet). Auch für die Frage, welche Relevanz nachteilige Arbeitsmarkterfahrungen im Zuge der grenzübergreifenden Ost-West-Mobilität für die subjektiven Bewertungen des Pendelns haben, wurden multiple Regressionsanalysen durchgeführt.146 Im Vergleich zu den vorhin besprochenen Analysen für den aktuellen 146

Auch in diesen Regressionsmodellen werden die verschiedenen ökonomischen und nichtökonomischen Lebensbedingungen im Kontext des Ost-West-Pendelns entlang der Allardt’schen Bedürfnisordnung von Having, Loving und Being (Allardt 1997) gruppiert. Und auch in diesen Modellen wurden jene Variablen ausgeschlossen, bei denen sich eine direkte

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 R. Haindorfer, Lebenszufriedenheit und Pendelerfolg, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26791-9_9

224 9 Multivariate Ergebnisse und qualitative Vertiefungen II: Effekte von (…) Job der PendlerInnen beinhalten diese Regressionsanalysen fast um die Hälfte weniger an Fällen (N = 514). Die geringere Fallzahl ergibt sich aus dem Umstand, dass in den folgenden Modellen nur jene PendlerInnen betrachtet werden, zu denen die notwendigen Informationen zum aktuellen Job in Österreich sowie zum letzten Job in der Herkunftsgesellschaft vorliegen. Dies ermöglicht eine interessante Perspektive auf die subjektive Bewertung der sozialen Mobilität im Zuge der grenzübergreifenden Mobilität. Die weiter oben angeführten deskriptiven Befunde zur starken Betroffenheit von nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen unter den Ost-West-PendlerInnen in Österreich unterstreichen die besondere Relevanz das Zusammenspielen zwischen räumlicher und sozialer Mobilität in Centrope näher zu betrachten. 147 Die empirischen Ergebnisse lassen erkennen, dass die beobachteten nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen im Zuge der grenzübergreifenden Mobilität nur eine geringe Relevanz für die Variation der subjektiven Bewertungen der PendlerInnen haben (siehe Tabelle 26). Nur von der Variable Wechsel von beruflicher Passung gehen signifikante Effekte aus. Konkret zeigen die Befunde, dass sich Dequalifzierungserfahrungen (gemessen über den Wechsel von einem Match hin zu einer überqualifizierten Beschäftigung) gegenüber keiner Veränderung der beruflichen Passung signifikant negativ auf die Lebenszufriedenheit auswirkt.

147

Abhängigkeit zu anderen Variablen ergibt mit welchen die Mobilität gemessen wurde. Ausgeschlossen wurden folgende Merkmale des aktuellen Jobs: formales Bildungsniveau, Branche, berufliche Passung, irreguläre Beschäftigung und Brutto-Monatseinkommen. Man kann mit Blick auf eine Studie von Verwiebe bei der Betrachtung der Verflechtungen zwischen sozialer und räumlicher Mobilität auch von einer Betrachtung transnationaler Mobilität sprechen. Verwiebe definiert transnationale Mobilität als „Verknüpfung von sozialer Mobilität und geografischer Mobilität innerhalb eines strukturell, institutionell, geografisch besonderen und eingrenzbaren Raumes“ (Verwiebe 2004: 43).

9.1 Effekte von nachteiligen Erfahrungen im aktuellen Job und im Zuge (…) 225 Tabelle 27: Effekte von Having, Loving und Being auf die Lebenszufriedenheit der PendlerInnen. Vergleich zwischen aktuellen Job in Österreich und letzten Job in Herkunftsgesellschaft. Ergebnisse von OLS-Regressionsanalysen AV: Lebenszufriedenheit (1 = äußerst unzufrieden bis 10 = äußerst zufrieden) b SE Beta Sig. HAVING INDIKATOREN ÖKONOMISCHE RESSOURCEN relative Wohlstandsentwicklung (1 = stark verschlechtert bis 10 = stark verbessert) ARBEITSBEDINGUNGEN gesundheitliche Risiken mit der Arbeit verbunden (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Arbeitsplatzsicherheit (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Pendeldauer (in Minuten) Pendeldauer quadriert deutsche Sprachkenntnisse (1 = gar nicht bis 5 = sehr gut) GESUNDHEIT allgemeiner Gesundheitszustand (1 = sehr gut bis 5 = schlecht) LOVING INDIKATOREN ZUGEHÖRIGKEIT/BINDUNGEN UND KONTAKTE ZUR LOKALEN GEMEINSCHAFT Zugehörigkeit/Identität (Ref.: jeweiliges Herkunftsland, als TschechIn etc.) MitteleuropäerIn EuropäerIn WeltbürgerIn Nichts davon ZUGEHÖRIGKEIT/BINDUNGEN ZU FAMILIE UND VERWANDTSCHAFT Work-Family Balance (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Partnerschaftsstatus (Ref.: verheiratet/Partnerschaft) Single Existenz eigene Kinder (Ref.: eigene Kinder) keine eigenen Kinder AKTIVE FREUNDSCHAFTSSTRUKTUREN Kontakthäufigkeit mit FreundInnen/Bekannten aus dem Herkunftsland die in Österreich arbeiten (Ref.: mehrmals im Monat) täglich mehrmals die Woche einmal im Monat weniger als einmal im Monat nie Kontakthäufigkeit mit österreichischen FreundInnen (Ref.: mehrmals im Monat) täglich mehrmals die Woche einmal im Monat weniger als einmal im Monat nie BEZIEHUNGEN ZU ARBEITSKOLLEGINNEN gutes Arbeitsklima (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Erfahrungen von Benachteiligung im Betrieb aufgrund der ethnischen Herkunft (ethnische Diskriminierung) (1 = stimme gar nicht zu bis 5 = stimme voll und ganz zu) MIGRATIONSSPEZIFISCHES SOZIALKAPITAL Anzahl von Österreich-MigrantInnen aus Familie, Verwandtschaft und Freundeskreis



0.1529

0.0372

0.1775

***

0.0698 0.1593 0.0001 -0.0000 0.2417

0.0530 0.0759 0.0111 0.0001 0.0816

0.0563 0.0990 0.0445 -0.0104 0.1482

**

-0.7223

0.1001

-0.3082

***

0.1825 0.2555 0.2977 2.0103

0.2491 0.2184 0.4884 1.0191

0.0296 0.0471 0.0249 0.0758

*

0.1720

0.0865

0.1053

*

-0.3376

0.1588

-0.0961

*

0.2494

0.1840

0.0733

0.1477 0.2306 0.2499 0.1055 0.1739

0.2220 0.2227 0.2487 0.2208 0.2533

0.0364 0.0533 0.0471 0.0251 0.0363

0.1273 -0.1545 0.0772 -0.1084 0.1393

0.2921 0.2507 0.2620 0.2259 0.2256

0.0211 -0.0303 0.0141 -0.0273 0.0395

0.3267

0.0966

0.1584

0.0077

0.0683

0.0048

0.0105

0.0146

0.0324

*

**

226 9 Multivariate Ergebnisse und qualitative Vertiefungen II: Effekte von (…) …Fortsetzung von Tabelle 27: BEING INDIKATOREN MÖGLICHKEITEN FÜR FREIZEITAKTIVITÄTEN („DOING“) genügend Zeit für Freizeitaktivitäten (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) MÖGLICHKEITEN FÜR EIN SINNHAFTES ARBEITSLEBEN b) VERGLEICHE AKTUELLER JOB IN ÖSTERREICH MIT LETZTEM JOB IN DER HERKUNFTS-GESELLSCHAFT Wechsel der Branche (Ref.: kein Wechsel) Wechsel Wechsel von beruflicher Passung (Ref.: kein Wechsel) von Match in unterqualifiziert von Match in überqualifiziert von unterqualifiziert in Match von unterqualifiziert in überqualifiziert von überqualifiziert in Match Wechsel in irreguläre/reguläre Besch. (Ref.: kein Wechsel) von regulär in irregulär von irregulär in regulär Einkommensdifferenzen - Differenzen im Brutto-Stundenlohn (in Euro) Möglichkeiten beruflich aufzusteigen (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Möglichkeit eigene Ideen zu verwirklichen (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Konstante Adjusted R2 N

b

SE

Beta

0.0092

0.0782

0.0062

-0.0834

0.1548

-0.0250

0.2657 -0.3965 -0.0917 0.0486 -0.4944

0.3404 0.2272 0.2597 0.4708 0.3314

0.0311 -0.0787 -0.0144 0.0041 -0.0606

-0.2168 0.4207 0.0253

0.2869 0.2852 0.0202

-0.0339 0.0578 0.0542

0.0317

0.0571

0.0266

-0.0868 5.9284

0.0546 1.2816

-0.0738 -

Sig.

+

***

0.31 514

Quelle: TRANSLAB-Survey 2012/2013; ungewichtete Analysen; eigene Berechnungen. Signifikanzniveaus: +p < 0.1, *p < 0.05, **p < 0.01, ***p < 0.001. Kontrolliert wird für regionale Herkunft, Geschlecht, Alter, Alter quadriert, Arbeitserfahrung in Österreich (Jahre), berufliche Stellung, Betriebsgröße, ethnische Segregation am Arbeitsplatz, Pendeltyp und Beschäftigungsstatus vor aktuellem Job. Aus Platzgründen zeige ich die Kontrollvariablen nicht.

9.1 Effekte von nachteiligen Erfahrungen im aktuellen Job und im Zuge (…) 227 Tabelle 28: Effekte von Having, Loving und Being auf den subjektiven Pendelerfolg. Vergleich zwischen aktuellen Job in Österreich und letzten Job in Herkunftsgesellschaft. Ergebnisse von OLS-Regressionsanalysen AV: subj. Erfolg allgemeines Leben (1 = gar nicht bis 5 = in sehr hohem Maße) b SE Beta Sig. HAVING INDIKATOREN ÖKONOMISCHE RESSOURCEN relative Wohlstandsentwicklung (1 = stark verschlechtert bis 10 = stark verbessert) ARBEITSBEDINGUNGEN gesundheitliche Risiken mit der Arbeit verbunden (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Arbeitsplatzsicherheit (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Pendeldauer (in Minuten) Pendeldauer quadriert deutsche Sprachkenntnisse (1 = gar nicht bis 5 = sehr gut) GESUNDHEIT allgemeiner Gesundheitszustand (1 = sehr gut bis 5 = schlecht) LOVING INDIKATOREN ZUGEHÖRIGKEIT/BINDUNGEN UND KONTAKTE ZUR LOKALEN GEMEINSCHAFT Zugehörigkeit/Identität (Ref.: jeweiliges Herkunftsland, als TschechIn etc.) MitteleuropäerIn EuropäerIn WeltbürgerIn Nichts davon ZUGEHÖRIGKEIT/BINDUNGEN ZU FAMILIE UND VERWANDTSCHAFT Work-Family Balance (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Partnerschaftsstatus (Ref.: verheiratet/Partnerschaft) Single Existenz eigene Kinder (Ref.: eigene Kinder) keine eigenen Kinder AKTIVE FREUNDSCHAFTSSTRUKTUREN Kontakthäufigkeit mit FreundInnen/Bekannten aus dem Herkunftsland die in Österreich arbeiten (Ref.: mehrmals im Monat) täglich mehrmals die Woche einmal im Monat weniger als einmal im Monat nie Kontakthäufigkeit mit österreichischen FreundInnen (Ref.: mehrmals im Monat) täglich mehrmals die Woche einmal im Monat weniger als einmal im Monat nie BEZIEHUNGEN ZU ARBEITSKOLLEGINNEN gutes Arbeitsklima (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Erfahrungen von Benachteiligung im Betrieb aufgrund der ethnischen Herkunft (ethnische Diskriminierung) (1 = stimme gar nicht zu bis 5 = stimme voll und ganz zu) MIGRATIONSSPEZIFISCHES SOZIALKAPITAL Anzahl von Österreich-MigrantInnen aus Familie, Verwandtschaft und Freundeskreis



0.0416

0.0164

0.1190

*

0.0096 0.0446 0.0031 -0.0000 -0.0387

0.0234 0.0335 0.0049 0.0000 0.0360

0.0191 0.0683 0.0228 -0.0342 -0.0585

-0.0184

0.0442

-0.0194

-0.0718 -0.0271 -0.1645 0.3411

0.1099 0.0964 0.2155 0.4496

-0.0287 -0.0123 -0.0339 0.0317

0.0910

0.0382

0.1373

0.0103

0.0701

0.0072

0.0505

0.0812

0.0366

-0.1251 -0.0624 0.0790 -0.0136 0.0120

0.0979 0.0983 0.1097 0.0974 0.1118

-0.0760 -0.0355 0.0367 -0.0080 0.0062

0.3492 -0.1135 -0.0761 0.1054 0.1499

0.1289 0.1106 0.1156 0.0997 0.0995

0.1427 -0.0548 -0.0342 0.0653 0.1048

**

0.1729

0.0426

0.2066

***

0.0184

0.0301

0.0286

0.0150

0.0064

0.1138

*

*

228 9 Multivariate Ergebnisse und qualitative Vertiefungen II: Effekte von (…) …Fortsetzung von Tabelle 28: BEING INDIKATOREN MÖGLICHKEITEN FÜR FREIZEITAKTIVITÄTEN („DOING“) genügend Zeit für Freizeitaktivitäten (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) MÖGLICHKEITEN FÜR EIN SINNHAFTES ARBEITSLEBEN b) VERGLEICHE AKTUELLER JOB IN ÖSTERREICH MIT LETZTEM JOB IN DER HERKUNFTS-GESELLSCHAFT Wechsel der Branche (Ref.: kein Wechsel) Wechsel Wechsel von beruflicher Passung (Ref.: kein Wechsel) von Match in unterqualifiziert von Match in überqualifiziert von unterqualifiziert in Match von unterqualifiziert in überqualifiziert von überqualifiziert in Match Wechsel in irreguläre/reguläre Besch. (Ref.: kein Wechsel) von regulär in irregulär von irregulär in regulär Einkommensdifferenzen - Differenzen im Brutto-Stundenlohn (in Euro) Möglichkeiten beruflich aufzusteigen (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Möglichkeit eigene Ideen zu verwirklichen (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Konstante Adjusted R2 N

b

SE

Beta

-0.0029

0.0345

-0.0049

-0.0308

0.0683

-0.0228

0.1577 0.1625 -0.0380 -0.2817 0.0956

0.1502 0.1002 0.1146 0.2077 0.1462

0.0455 0.0795 -0.0146 -0.0581 0.0289

-0.0594 0.1721 -0.0028

0.1266 0.1258 0.0089

-0.0229 0.0583 -0.0146

0.0111

0.0252

0.0230

0.0333

0.0241

2.6548

0.5654

Sig.

0.0696 -

***

0.18 514

Quelle: TRANSLAB-Survey 2012/2013; ungewichtete Analysen; eigene Berechnungen. Signifikanzniveaus: +p < 0.1, *p < 0.05, **p < 0.01, ***p < 0.001. Kontrolliert wird für regionale Herkunft, Geschlecht, Alter, Alter quadriert, Arbeitserfahrung in Österreich (Jahre), berufliche Stellung, Betriebsgröße, ethnische Segregation am Arbeitsplatz, Pendeltyp und Beschäftigungsstatus vor aktuellem Job. Aus Platzgründen zeige ich die Kontrollvariablen nicht.

9.2 Einkommen als möglicher Dämpfer von nachteiligen Erfahrungen?

229

9.2 Einkommen als möglicher Dämpfer von nachteiligen Erfahrungen? Im Mittelpunkt dieses Abschnitts steht die Frage, ob sich nachteilige Arbeitsmarkterfahrungen bei höheren Einkommen weniger negativ auf die subjektiven Bewertungen des Pendelns auswirken als bei niedrigeren Einkommen. Es soll auf diese Weise untersucht werden, inwieweit ein vor dem Hintergrund des OstWest-Wohlstandsgefälles in Centrope (im Vergleich zum Standard des Herkunftslandes) vermeintlich relativ hohes Einkommen in Österreich nachteilige Arbeitsmarkterfahrungen abfedern kann. Ausgangspunkt dieser Frage bilden die Überlegungen von Piore (1979) im Rahmen der Theorie des dualen Arbeitsmarktes. Piore nimmt bei kurzfristigen MigrantInnen an, dass sie zwischen ihrer Arbeit bzw. ihrer ökonomischen Rolle im Zielgebiet der Migration und ihrer Identität bzw. sozialen Rolle und der Selbstwahrnehmung in der Herkunftsgesellschaft differenzieren (Parnreiter 2000). Da ich davon ausgehe, dass Ost-West-PendlerInnen ihre Pendelprojekte durchaus längerfristig anlegen, wird bei dieser Gruppe auch keine scharfe Trennung zwischen ökonomischer und sozialer Rolle prognostiziert, wie man dies anhand von Piore erwarten könnte. Ein zumindest stückweit instrumenteller Zugang zum Pendeln scheint aber auch bei den grenzübergreifenden Ost-WestPendlerInnen sehr plausibel zu sein, da deren Pendelmotive vorwiegend finanziell geprägt sind, wie in dieser Studie bereits gezeigt wurde. Vor diesem Hintergrund soll die Annahme geprüft werden, dass nachteilige Arbeitsmarkterfahrungen mit höheren Einkommen eine geringere negative Auswirkung auf die subjektiven Bewertungen haben. Es wird also geprüft, ob bei PendlerInnen die Trennung zwischen einer ökonomischen und sozialen Rolle bei höheren Einkommen leichter ausfällt. Der Fokus der durchgeführten Regressionsanalysen zu diesem Thema liegt auf dem aktuellen Job der PendlerInnen in Österreich (siehe Tabelle 29-30).148 Um die Effekte der nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen auf die subjektiven Bewertungen des Pendelns bei unterschiedlichen Einkommensniveaus zu beobachten wurden drei Einkommensgrup148

Die Dauer die die PendlerInnen bislang in Österreich verbracht haben (= Arbeitsmarkterfahrung), wird als Kontrollvariable verwendet, um mögliche zeitliche Einflüsse zu berücksichtigen: Erstens ist in weiterer Auseinandersetzung mit Piore’s Überlegungen (Parnreiter 2000) mit einer stärker ausgeprägten Arbeitsmarkterfahrung eine steigend negative Bewertung von nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen zu erwarten, zweitens (damit in Verbindung) ist zwischen der Arbeitsmarkterfahrung und dem Einkommen potentiell eine positive Korrelation vorhanden (Verwiebe et al. 2015).

230 9 Multivariate Ergebnisse und qualitative Vertiefungen II: Effekte von (…) pen gebildet (unter Berücksichtung praktikabler Fallzahlen). Konkret verglichen werden die Effekte der nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen zwischen Personen mit einem niedrigen Brutto-Monatseinkommen (bis 1.124 Euro), Personen mit mittlerem Verdienst (1.125 bis 1.649 Euro) und Personen mit hohem Einkommen (1.650 Euro und mehr). 149 Mit Bezug auf die Lebenszufriedenheit sind keinerlei signifikante Unterschiede zwischen den Effekten der nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen bei den drei Einkommensgruppen zu verzeichnen. Angesichts dieser Befunde werden die entsprechenden Hypothesen (H6a, H7a, H8a) abgelehnt. Bemerkenswert ist, dass abgesehen davon zumindest schwache Indizien für die Existenz des vorhergesagten sozialpsychologischen Mechanismus (= stärkere Trennung von sozialer und ökonomischer Rolle bei höherem Einkommen) existieren. So ist zu erkennen, dass gesundheitliche Risiken am Arbeitsplatz (Lechner et al. 2010) umso weniger schwer wiegen, je höher das Einkommen der Befragten ist (Differenz M3M2). Des Weiteren ist festzustellen, dass sich bei steigendem Einkommen sowohl das Single-Dasein (Differenz M3-M1) als auch die Kinderlosigkeit (Differenz M3-M2) weniger negativ auf die Lebenszufriedenheit der PendlerInnen auswirken. Mit anderen Worten gesagt dürften das Single-Dasein und die Kinderlosigkeit für die PendlerInnen kognitiv besser zu bewältigen sein, je höher deren Erwerbseinkommen ausfallen. 150 Wie unterschiedlich spiegeln sich nachteilige Arbeitsmarkterfahrungen bei verschiedenen Einkommensgruppen in den subjektiven Erfolgsbewertungen wider? Die irreguläre Beschäftigung wirkt sich bei höherem Einkommen einerseits positiver (Differenz M2-M1) und andererseits negativer (Differenz M3-M2) aus. Die Auswertungsergebnisse sind in diesem Bereich daher nicht eindeutig zu interpretieren. Die Bewertungen der Problemlagen ethnische Diskriminierung und überqualifizierte Beschäftigung lassen keine relevanten Unterschiede zwischen den Einkommensgruppen erkennen. Daher werden auch hinsichtlich des subjektiven Pendelerfolgs die korrespondierenden Hypothesen abgelehnt (H6b, 149

150

Die Ergebnisse der entsprechenden alternativen Modelle (mit Einschluss der Variable berufliche Passung, ohne formales Bildungsniveau) decken sich weitgehend mit den hier berichteten Resultaten. Die Kinderlosigkeit hat sich – im Gegensatz zum Single-Dasein – in den Analysen zuvor als eine positive Determinante der Lebenszufriedenheit herauskristallisiert. Dass sich auch bei diesem Loving-Indikator bei höherem Einkommen eine positive Stoßrichtung identifizieren lässt, verweist aber ebenfalls auf stattfindende Aushandlungsprozesse (trade-offs) unter den PendlerInnen.

9.2 Einkommen als möglicher Dämpfer von nachteiligen Erfahrungen?

231

H7b, H8b). Mit Blick auf die Koeffizienten der anderen Variablen ist der Befund hervorzuheben, dass Frauen das Pendeln gegenüber Männern unter besseren Einkommensbedingungen als erfolgreicher bewerten (Differenz M3-M1 und Differenz M3-M2).



HAVING INDIKATOREN ARBEITSBEDINGUNGEN gesundheitliche Risiken mit der Arbeit verbunden (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Arbeitsplatzsicherheit (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Pendeldauer (in Minuten) Pendeldauer quadriert BILDUNG formales Bildungsniveau ((Ref.: mittlere Bildung (ISCED 3-4)) geringe Bildung (ISCED 0-2) höhere Bildung (ISCED 5-6) deutsche Sprachkenntnisse (1 = gar nicht bis 5 = sehr gut) GESUNDHEIT allgemeiner Gesundheitszustand (1 = sehr gut bis 5 = schlecht) LOVING INDIKATOREN ZUGEHÖRIGKEIT/BINDUNGEN UND KONTAKTE ZUR LOKALEN GEMEINSCHAFT Zugehörigkeit/Identität (Ref.: jeweiliges Herkunftsland, als TschechIn etc.) MitteleuropäerIn EuropäerIn WeltbürgerIn Nichts davon ZUGEHÖRIGKEIT/BINDUNGEN ZU FAMILIE UND VERWANDTSCHAFT Work-Family Balance (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Partnerschaftsstatus (Ref.: verheiratet/Partnerschaft) Single Existenz eigene Kinder (Ref.: eigene Kinder) keine eigenen Kinder ***

-0.8386

0.3278

-0.5969

-0.3971

0.1416

-0.0577

0.3437

0.6259 0.4510 0.6623 2.9744

0.0280 -0.1106 -0.5614 -0.8625

**

1.6533* -0.4429 0.0503

+

-0.6113 0.2229 0.2296 0.1457

-0.0868 -0.0650 -0.0053 0.0000

-0.0097 0.1087 0.0110 -0.0001

0.1973

0.5736+

0.1793

-0.1289 0.3192 1.6655+ -0.9589

0.1410

-0.1816 -0.5706 0.0998

0.1222 0.0193 -0.0100 0.0001

-0.0534

-0.2691

0.0839

0.6539 0.3403 0.1009 2.1120

-0.6929

1.0420 -0.2200 0.2799

-0.0965 0.0437 0.0057 -0.0001

*

+

*

***

**

0.5943*

0.2458

0.0378

-0.7548+ -0.1318 1.0032 -3.9333

-0.0047

-1.8349* -0.1277 0.0495

0.2089* 0.0842 -0.0047 0.0000

0.5409

-0.0233

0.1217

-0.1009 0.2085 1.1041 -1.8214

-0.6975

-0.7929 -0.3477 0.3294

0.1124 0.1280 0.0010 -0.0000

*

+ +

***

*

AV: Lebenszufriedenheit (1 = äußerst unzufrieden bis 10 = äußerst zufrieden) Modell 2 Modell 3 Modell 1 (mittleres Einkommen: 1.125 bis (hohes Einkom(niedriges Einkommen: bis 1.124 Euro) 1.649 Euro) men: 1.650 Euro+) Differenz Differenz Differenz b Sig. M2-M1 M3-M1 b Sig. M3-M2 b Sig.

Tabelle 29: Effekte von Having, Loving & Being auf Lebenszufr. der PendlerInnen bei verschiedenen Einkommensgruppen (Basis: Brutto-Monatseinkommen). Ergebnisse von OLS-Regressionsanalysen (Mod. 1-3)

232 9 Multivariate Ergebnisse und qualitative Vertiefungen II: Effekte von (…)

…Fortsetzung von Tabelle 29: b Sig. Diff. M2-1 Diff. M3-1 b Sig. Diff. M3-2 b Sig. AKTIVE FREUNDSCHAFTSSTRUKTUREN Kontakthäufigkeit mit FreundInnen/Bekannten aus dem Herkunftsland die in Österreich arbeiten (Ref.: mehrmals im Monat) täglich -0.2035 0.2220 0.5563 0.0185 0.3343 0.3528 mehrmals die Woche 0.0031 0.0294 0.0311 0.0325 0.0018 0.0343 einmal im Monat -0.0839 0.3612 -0.0691 0.2773 -0.4303 -0.1530 weniger als einmal im Monat -0.1788 0.0212 0.4442 -0.1575 0.4230 0.2655 nie 0.1542 -0.7425 -0.3355 -0.5882 + 0.4070 -0.1813 Kontakthäuf. mit österr. FreundInnen (Ref.: mehrmals im Monat) täglich 0.8262 + -0.3229 -0.9476+ 0.5033 -0.6247 -0.1214 mehrmals die Woche 0.0390 0.2141 -0.6450 0.2532 -0.8592* -0.6060 + einmal im Monat 0.0514 0.3678 0.0994 0.4191 -0.2683 0.1508 weniger als einmal im Monat -0.0678 0.4989 -0.0069 0.4311 + -0.5058 -0.0747 nie -0.0835 0.3213 0.3631 0.2378 0.0418 0.2796 BEZIEHUNGEN ZU ARBEITSKOLLEGINNEN gutes Arbeitsklima (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) 0.3839 * -0.0760 -0.2776 0.3079 ** -0.2016 0.1063 Erfahrungen Benachteiligung im Betrieb aufgr. ethn. Herkunft (1 = stimme gar nicht zu bis 5 = stimme voll und ganz zu) -0.0318 0.0167 -0.1115 -0.0152 -0.1282 -0.1433 MIGRATIONSSPEZIFISCHES SOZIALKAPITAL Anzahl Österreich-MigrantInnen aus Familie, Verwandtschaft und Freundeskreis 0.0227 -0.0462 -0.0168 -0.0235 0.0295 0.0059 BEING INDIKATOREN MÖGLICHKEITEN FÜR FREIZEITAKTIVITÄTEN („DOING“) genügend Zeit für Freizeitaktivitäten (1 = trifft gar nicht zu bis 5 =    trifft voll zu) 0.0097 0.0156 0.0218 0.0253 0.0062 0.0315 MÖGLICHKEITEN FÜR EIN SINNHAFTES ARBEITSLEBEN a) AKTUELLER JOB Möglichkeiten beruflich aufzusteigen (1 = trifft gar nicht zu bis 5 =    trifft voll zu) 0.0949 -0.1018 -0.1504 -0.0069 -0.0486 -0.0555 Möglichkeit eigene Ideen zu verwirklichen (1 = trifft gar nicht zu bis 5    = trifft voll zu) -0.0380 0.1329 0.0240 0.0949 -0.1089 -0.0139 irreguläre Beschäftigung (Ref.: regulär beschäftigt) irregulär besch.    0.0043 -0.1360 0.2235 -0.1317 0.3594 0.2277 Konstante 8.1434 *** 0.9309 -2.3984 9.0743 *** -3.3293 5.7450 ** 2 Adjusted R  0.33 - 0.24 - 0.23 N 264 - 443 - 285 Quelle: TRANSLAB-Survey 2012/2013; ungewichtete Analysen; eigene Berechnungen. Sign. Unterschiede zwischen Einkommensgruppen wurden in Stata mit der Funktion seemingly unrelated estimation geprüft; Signifikanzniveaus: +p < 0.1, *p < 0.05, **p < 0.01, ***p < 0.001. Kontrolliert wird für regionale Herkunft, Geschlecht, Alter, Alter quadriert, Arbeitserfahrung in Österreich (Jahre), berufliche Stellung, Branche, Betriebsgröße, ethnische Segregation am Arbeitsplatz, Pendeltyp und Beschäftigungsstatus vor aktuellem Job. Aus Platzgründen zeige ich die Kontrollvariablen nicht.

9.2 Einkommen als möglicher Dämpfer von nachteiligen Erfahrungen? 233



HAVING INDIKATOREN ARBEITSBEDINGUNGEN gesundheitliche Risiken mit der Arbeit verbunden (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Arbeitsplatzsicherheit (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Pendeldauer (in Minuten) Pendeldauer quadriert BILDUNG formales Bildungsniveau ((Ref.: mittlere Bildung (ISCED 3-4)) geringe Bildung (ISCED 0-2) höhere Bildung (ISCED 5-6) deutsche Sprachkenntnisse (1 = gar nicht bis 5 = sehr gut) GESUNDHEIT allgemeiner Gesundheitszustand (1 = sehr gut bis 5 = schlecht) LOVING INDIKATOREN ZUGEHÖRIGKEIT/BINDUNGEN UND KONTAKTE ZUR LOKALEN GEMEINSCHAFT Zugehörigkeit/Identität (Ref.: jeweiliges Herkunftsland, als TschechIn etc.) MitteleuropäerIn EuropäerIn WeltbürgerIn Nichts davon ZUGEHÖRIGKEIT/BINDUNGEN ZU FAMILIE UND VERWANDTSCHAFT Work-Family Balance (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Partnerschaftsstatus (Ref.: verheiratet/Partnerschaft) Single Existenz eigene Kinder (Ref.: eigene Kinder) keine eigenen Kinder -0.0215 -0.0612

-0.0512

-0.0535

0.1147 -0.0119

-0.3386 -0.2508 -0.5528 1.0341*

0.2886 0.1308 0.0301 -0.0962

+

0.0057

-0.0041

-0.0812+ -0.0234 -0.0059 0.0000

-0.2050 0.1084 -0.0059

* **

0.3833 -0.1750 0.0069

0.0189 0.0564 0.0128 -0.0001

0.1196

0.1443

-0.0011

-0.4703* -0.3410+ -0.6249 -0.0897

-0.0058

-0.9557** 0.1637 0.0318

-0.0134 0.0398 0.0047 0.0000

Modell 1 (niedriges Einkommen: bis 1.124 Euro) Differenz Differenz b Sig. M2-M1 M3-M1

-0.1124

-0.0335

0.0612

-0.0500 -0.1200 -0.5227 0.9379

0.0017

0.1783 -0.0666 0.0010

-0.0623 0.0330 0.0070 -0.0001

*

*

*

0.1808

0.1658

0.0524

-0.1317 -0.0902 -0.0721 -1.1238*

-0.0116

-0.7508* 0.0554 0.0377

0.0678+ 0.0632 0.0106 0.0000

Modell 2 (mittleres Einkommen: 1.125 bis 1.649 Euro) Differenz b Sig. M3-M2

AV: subj. Erfolg allgemeines Leben (1 = gar nicht bis 5 = in sehr hohem Maße)

0.0684

0.1324

0.1136

-0.1817 -0.2102 -0.5948 -0.1859

-0.0099

-0.5724 -0.0112 0.0388

0.0055 0.0962 0.0175 -0.0001

b

*

+ *

*

+ * *

Sig.

Modell 3 (hohes Einkommen: 1.650 Euro+)

Tabelle 30: Effekte von Having, Loving und Being auf subjektiven Pendelerfolg bei verschiedenen Einkommensgruppen (Basis: BruttoMonatseinkommen). Ergebnisse von OLS-Regressionsanalysen (Modelle 1-3)

234 9 Multivariate Ergebnisse und qualitative Vertiefungen II: Effekte von (…)

…Fortsetzung von Tabelle 30: b Sig. Diff. M2-1 Diff. M3-1 b Sig. Diff. M3-2 b Sig. AKTIVE FREUNDSCHAFTSSTRUKTUREN Kontakthäufigkeit mit FreundInnen/Bekannten aus dem Herkunftsland die in Österreich arbeiten (Ref.: mehrmals im Monat) täglich -0.2738 0.1087 -0.1362 -0.1650 -0.2449 -0.4100 ** mehrmals die Woche -0.2446 0.1348 -0.0334 -0.1099 -0.1681 -0.2780 * einmal im Monat -0.1171 0.1678 -0.2476 0.0507 -0.4153* -0.3647 * weniger als einmal im Monat -0.0381 0.0739 -0.2544 0.0359 -0.3284* -0.2925 * nie 0.0191 -0.2146 -0.0397 -0.1955 0.1749 -0.0206 Kontakthäuf. mit österr. FreundInnen (Ref.: mehrmals im Monat) täglich 0.3443 -0.2796 -0.0769 0.0647 0.2027 0.2674 mehrmals die Woche 0.4351 * -0.5863** -0.6200** -0.1512 -0.0338 -0.1849 einmal im Monat 0.4763 * -0.4971* -0.5803* -0.0208 -0.0832 -0.1040 weniger als einmal im Monat 0.2548 -0.2669 -0.1960 -0.0121 0.0709 0.0589 nie 0.3868 * -0.4134 -0.2130 -0.0266 0.2004 0.1738 BEZIEHUNGEN ZU ARBEITSKOLLEGINNEN gutes Arbeitsklima (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) 0.1845 ** -0.0253 0.0072 0.1592 ** 0.0325 0.1917 ** Erfahrungen Benachteiligung im Betrieb aufgr. ethn. Herkunft (1 = stimme gar nicht zu bis 5 = stimme voll und ganz zu) 0.0517 -0.0224 -0.0982 0.0294 -0.0759 -0.0465 MIGRATIONSSPEZIFISCHES SOZIALKAPITAL Anzahl Österreich-MigrantInnen aus Familie, Verwandtschaft und Freundeskreis -0.0030 0.0068 0.0310** 0.0038 0.0241* 0.0280 ** BEING INDIKATOREN MÖGLICHKEITEN FÜR FREIZEITAKTIVITÄTEN („DOING“) genügend Zeit für Freizeitaktivitäten (1 = trifft gar nicht zu bis 5 =    trifft voll zu) 0.0814 -0.0607 -0.1204 0.0207 -0.0597 -0.0390 MÖGLICHKEITEN FÜR EIN SINNHAFTES ARBEITSLEBEN a) AKTUELLER JOB Möglichkeiten beruflich aufzusteigen (1 = trifft gar nicht zu bis 5 =    trifft voll zu) -0.0587 0.0464 0.0716 -0.0123 0.0252 0.0129 Möglichkeit eigene Ideen zu verwirklichen (1 = trifft gar nicht zu bis 5   = trifft voll zu) 0.0960 * -0.0587 -0.1005* 0.0373 -0.0418 -0.0045 irreguläre Beschäftigung (Ref.: regulär beschäftigt) irregulär besch.  -0.2261 * 0.3319* -0.2117 0.1058 -0.5436* -0.4377 + Konstante 3.1217 *** 0.5807 -1.2774 3.7024 *** -1.8581+ 1.8444 * Adjusted R2 0.33 - 0.13 - 0.31 N 264 - 443 - 285 Quelle: TRANSLAB-Survey 2012/2013; ungewichtete Analysen; eigene Berechnungen. Sign. Unterschiede zwischen Einkommensgruppen wurden in Stata mit der Funktion seemingly unrelated estimation geprüft; Signifikanzniveaus: +p < 0.1, *p < 0.05, **p < 0.01, ***p < 0.001. Kontrolliert wird für regionale Herkunft, Geschlecht, Alter, Alter quadriert, Arbeitserfahrung in Österreich (Jahre), berufliche Stellung, Branche, Betriebsgröße, ethnische Segregation am Arbeitsplatz, Pendeltyp und Beschäftigungsstatus vor aktuellem Job. Aus Platzgründen zeige ich die Kontrollvariablen nicht.

9.2 Einkommen als möglicher Dämpfer von nachteiligen Erfahrungen? 235

236 9 Multivariate Ergebnisse und qualitative Vertiefungen II: Effekte von (…) 9.3 Detailliertere Betrachtung der Bewertungen von ausgewählten nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen Bevor nun eine tiefgehendere Betrachtung der Bewertungen von nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen erfolgt, ist zu erwähnen, dass alle qualitativ befragten PendlerInnen der Meinung sind, dass es eine gute Entscheidung war in Österreich zu arbeiten. Einige PendlerInnen nehmen sogar keine einzige negative Bewertung vor. Dieses positive Stimmungsbild deckt sich mit den quantitativen Ergebnissen und gilt es auch bei der Interpretation der qualitativen Befunde zu berücksichtigen. 9.3.1 Ethnische Diskriminierungserfahrungen Überblick regressionsanalytische Befunde: Ethnische Diskriminierungserfahrungen wirken sich nur auf die Lebenszufriedenheit (u.a. Neto 2001; Safi 2010; Verkuyten 2008; Werkuyten und Nekuee 1999) signifikant (negativ) aus, auf den allgemeinen Pendelerfolg haben diese Erfahrungen keinen Effekt. Die qualitativen Erkenntnisse dieses Buches zu den Bewertungsmustern von ethnischen Diskriminierungserfahrungen lassen sich mit dem Fallbeispiel des Pendlers Ede optimal illustrieren. Ede bewertet ethnische Diskriminierungserfahrungen zwar negativ, räumt ihnen im Gesamtkontext seines Pendelprojekts aber keinen großen Stellenwert ein (siehe qualitative Vertiefung 5). Aus diesem Blickwinkel zeigen sich große Paralellen zu den quantitativen Ergebnissen. Ferner können auch andere Bewertungselemente von ethnischen Diskriminierungserfahrungen im Kontext des Ost-West-Pendelns identifiziert werden. So haben die Europäische Union und die Gleichbehandlungsbestimmungen der Europäischen Union zum gemeinsamen Arbeitsmarkt keine Relevanz in den Reflexionen der PendlerInnen. Die unterschiedliche Behandlung von Einheimischen und AusländerInnen erscheint ihnen vielmehr als natürlich, eine sowohl wissenschaftlich als auch sozialpolitisch relevante Ergänzung zu bisherigen Befunden. Außerdem nehmen mehrere PendlerInnen ein starkes Angebot an ungarischen Arbeitskräften und eine große Konkurrenz um die Arbeitsplätze in Österreich wahr. Das subjektive Unsicherheitsempfinden der PendlerInnen hinsichtlich

9.3 Detailliertere Betrachtung der Bewertungen von ausgewählten (…)

237

ihres Arbeitsplatzes könnte ein entscheidender Faktor dafür sein, dass PendlerInnen auch unter belastenden Bedingungen weiterhin im selben Betrieb arbeiten. (Lechner et al. 2010).151 Qualitative Vertiefung 5: Erfahrungen von Benachteiligung im Betrieb aufgrund der ethnischen Herkunft (ethnische Diskriminierung) Der 44 Jahre alte Ede fängt bereits im Jahr 1994 in Österreich in der Wintersaison am Semmering zu arbeiten an und blickt somit bereits auf eine lange Berufserfahrung in Österreich zurück. Zum Zeitpunkt des Interviews ist er als Kellner am Neusiedlersee in der Sommersaison tätig. Gefragt danach, ob es früher oder aktuell einmal Situationen gegeben hat, wo er das Gefühl hatte, dass vonseiten des Chefs ein Unterschied zwischen österreichischen und ungarischen Kollegen gemacht wurde, erzählt Ede von konkreten ethnischen Diskriminierungserfahrungen, z.B. eine Beschimpfung durch den Chef als „scheiß Ungar“, als er in einer Stresssituation einen Fehler gemacht hat. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass bei Ede eine hohe Toleranz existiert, sich aufgrund seiner ethnischen Herkunft schlechter als Einheimische (ÖsterreicherInnen) behandeln zu lassen, eine Tendenz die in vielen PendlerInneninterviews zu beobachten ist.: „Ja, aber ich habe das auch verstanden. Weil es ist sowieso so, dass die Österreicher in Österreich geboren sind und wir sind in Österreich sowieso Ausländer. Und die Leute sind nicht überall freundlich, weißt du? Weil, wenn du zum Beispiel nach Österreich gehst zum Urlaub machen oder sowas, das, das ist überhaupt kein Problem, also alle Leute sind freundlich, zufrieden und so. Aber bist du die ganze Zeit in Österreich und arbeitest du da, das ist eine ganz andere Sache, weißt? Und im Burgenland zum Beispiel wurde mir gesagt, dass das hier nicht Ungarn ist und dass man das nicht so machen soll, weißt? (…) Zum Beispiel hatte ich einen Fehler gemacht. Und dann hat er gesagt: ´Scheiß Ungar, was ist, was machst du hier?` Und dann habe ich gesagt: ´Ja, ich bin sowieso ein Ausländer aber ich bin nicht so deppert´. (…) Aber was kannst du dem Chef 151

Dieses Unsicherheitsempfinden wird laut den StudienautorInnen von den ArbeitgeberInnen bewusst eingeleitet, insofern als den PendlerInnen ihre permanente Austauschbarkeit durch andere Arbeitskräfte bzw. die hohe Anzahl an UngarInnen vor Augen geführt wird, die auf ihren Arbeitsplatz warten würden.

238 9 Multivariate Ergebnisse und qualitative Vertiefungen II: Effekte von (…) darauf zurück sagen? Nichts, ja, ja ich verstehe das auch, aber ich sage das zum Beispiel nicht zu einem Kollegen oder anderen Leuten, dass du schlecht oder scheiße bist oder sowas. Das sage ich nicht“ (Ede, 44 Jahre, Tagespendler als Kellner im Burgenland, PI_T_RH_24, ZN 750-783). Edes defensive Haltung gegenüber ethnischer Diskriminierung erklärt sich vermutlich auch durch seine Wahrnehmung einer großen Konkurrenz um die Arbeitsplätze in Österreich: „(…) Wenn ich einen Job gehabt habe, dann war ich froh, dass ich einen Job gehabt habe, weißt du? Und dann habe ich nicht gesagt, dass zum Beispiel die Österreicher drei oder vierhundert Euro mehr verdienen wie ich oder mehr frei bekommen zum Beispiel. Da kann ich nichts dazu sagen weil ich bin nur ein Angestellter, weißt? Und wenn ich das dem Chef sage, dann sagt der Chef, dass du weggehen kannst, dass hinter dir zehn Leute nachkommen, morgen früh, zum Beispiel, egal wie gut du bist. Aber ja, ich habe solche Situationen schon erlebt, aber selten, selten“ (Ede, 44 Jahre, Tagespendler als Kellner im Burgenland, PI_T_RH_24, ZN 815-823). Die Gleichbehandlung zwischen UngarInnen und ÖsterreicherInnen ist Ede zufolge im Burgenland besonders schlecht ausgeprägt. Eindeutig besser sei die Situation in den westlicher gelegenen Gebieten Österreichs, wo er in saisonaler Beschäftigung war (Wintersaison).152 Der regionale Unterschied komme dadurch zustande, dass im Osten ein sehr hohes Arbeitsangebot an UngarInnen besteht und ArbeitgeberInnen sich daher die passenden Arbeitskräfte auswählen könnten die bereit sind zu den jeweiligen Bedingungen zu arbeiten. Außerdem vermutet er, dass negative Erfahrungen mit UngarInnen (auch abseits der Arbeit) im Burgenland ein allgemein schlechteres Bild der UngarInnen produziert haben als anderswo in Österreich: „Dort ist es besser. Dort ist es besser. Also in Salzburg-Land habe ich gearbeitet und dort ist es besser, da können wir mehr Geld verdienen. Da gibt es mehr Toleranz, mehr korrekte Chefs und nicht so einen großen Unterschied zwischen 152

Ein möglicher Ausgangspunkt für regional-vergleichende Studien der Ost-West Migrationsforschung.

9.3 Detailliertere Betrachtung der Bewertungen von ausgewählten (…)

239

Österreicher und Ungarn. (…) Dort ist ein bisschen eine andere Mentalität, meiner Meinung nach. In Wien ist auch eine andere Mentalität und wenn du ein bisschen weiter fährst, ist wieder eine andere Mentalität. Im Burgenland ist das Problem, dass hier früher viele Ungarn waren. Und die ungarischen Leute fahren sowieso jeden Tag nach Österreich und nach Hause. Und viele Ungarn möchten in Österreich arbeiten. Und dann kann zum Beispiel ein Chef [seine Arbeitskräfte] von vielen Leuten auswählen: Du, du oder du (…). Und dann kann er sagen, dass du das und das machen musst. Machst du das, dann kannst du dort arbeiten und wenn du das nicht gut machst dann warten hinter dir zehn Leute und dann kommt wer Anderer arbeiten. Und wenn er gesagt hat, dass er dir 1.200 zahlt und du sagst, dass dir das zu wenig ist, dann kommt der Nächste der sowieso für 1.200 arbeitet. Und bei der Grenze gibt es immer Schwierigkeiten mit den Leuten. In Ungarn gibt es auch viele schlimme Leute und vielleicht gehen sie nach Österreich und machen ein bisschen Konflikt oder sowas und vielleicht mögen deswegen auch viele Leute im Burgenland die ungarischen Leute nicht so gerne. Das ist meine Meinung aber ich weiß es nicht ganz genau, ich hab mir das so gedacht“ (Ede, 44 Jahre, Tagespendler als Kellner im Burgenland, ZN 866-883). Zuletzt ergänze ich im Rahmen dieser qualitativen Vertiefung noch die typischen Sichtweisen der PendlerInnen zur Beschäftigung von ÖsterreicherInnen in der Gastronomie und Hotellerie.153 Diese Sichtweisen bekräftigen meine deskriptiven Befunde, dass die Gastronomie und Hotellerie eine relativ schlechte Branche repräsentiert. Dass diese Branche für ÖsterreicherInnen wenig attraktiv ist liegt für die PendlerInnen auf der Hand154:

153

154

Bezugnehmend auf meine eigenen Feldbeobachtungen denen zufolge ich in einem Gastronomiebetrieb im Burgenland unter den Beschäftigten praktisch immer auf Jemanden aus Ungarn oder der Slowakei getroffen bin, stellte ich in den PendlerInneninterviews auch die Frage, ob und warum es so ist, dass nur wenige ÖsterreicherInnen in der Gastronomie und Hotellerie zu finden sind. Die geringe Attraktivität der Gastronomie und Hotellerie für ÖsterreicherInnen erklärt wahrscheinlich, warum sich die qualitative Untersuchung der Bewertungen von ethnischen Benachteiligungs- oder Diskriminierungserfahrungen als relativ schwierig darstellte: Viele der interviewten PendlerInnen haben bislang nur wenige Erfahrungen mit österreichischen KollegInnen gemacht, somit fehlte in der Regel der angemessene Vergleichshorizont.

240 9 Multivariate Ergebnisse und qualitative Vertiefungen II: Effekte von (…) „Die Österreicher wollen ein bisschen was anderes, weißt du? Im Gastgewerbe musst du jedes Wochenende arbeiten, jedes Wochenende ist sehr viel zu arbeiten, weil 90 Prozent der Leute frei haben. Und dann geht jeder auf eine Geburtstagsfeier oder Hochzeit oder die Leute gehen aus, das machen die Leute. Und die Österreicher wollen dann nicht am Wochenende arbeiten. Und das was wir verdienen, ich sage dir ehrlich, wir bekommen 1.200 Netto plus Trinkgeld. Nein, die Österreicher wollen nicht für so wenig Geld arbeiten. Das ist die Wahrheit. Das sind die zwei großen Probleme“ (Ede, 44 Jahre, Tagespendler als Kellner im Burgenland, ZN 964-978). 9.3.2 überqualifizierte Beschäftigung und Dequalifizierungserfahrungen Überblick regressionsanalytische Befunde: Es liegen keine Effekte der überqualifizierten Beschäftigung auf die subjektiven Bewertungen des Pendelns vor. Dequalifizierungserfahrungen im Zuge der grenzübergreifenden Mobilität (Wechsel von einem Match hin zu einer überqualifizierten Beschäftigung) wirken sich nur signifikant (negativ) auf die Lebenszufriedenheit aus. Entgegen meinen Erwartungen stellen sich die subjektiven Bewertungen von überqualifizierter Beschäftigung qualitativ nicht klar negativ dar. Die Betrachtung der qualitativen Daten fordert die überqualifizierte Beschäftigung im Kontext der gesamten Erwerbsbiographie und ihrer Selbstorganisation zu betrachten. Das typische Stimmungsbild jener PendlerInnen, die eine höhere Qualifikation für ihre Tätigkeit haben, ist zwar kritisch damit, dass im Moment das berufliche Wissen nicht gebraucht wird, längerfristig verschwindet und die Ausbildung an Wert und Sinnhaftigkeit verliert. In den qualitativen Interviews werden jedoch vor allem die positiven Aspekte der aktuellen überqualifizierten Beschäftigung in den Mittelpunkt gerückt. Sie wird u.a. als eine sinnvolle Zwischenlösung erachtet, um die eigenen Deutschkenntnisse zu verbessern, um in weiterer Folge nach besseren Jobs suchen zu können, oder es wird eine kürzere Pendeldauer oder ein höheres Einkommen betont (siehe qualitative Vertiefung 6).

9.3 Detailliertere Betrachtung der Bewertungen von ausgewählten (…)

241

Qualitative Vertiefung 6: überqualifizierte Beschäftigung/ Dequalifizierungserfahrungen 6a) berufliche Passung: überqualifizierte Beschäftigung Teréz ist ein Beispiel für PendlerInnen, die für ihre aktuelle Tätigkeit in Österreich überqualifiziert sind und darüber kritisch denken aber insgesamt eine positive Auswirkung ihrer aktuellen Beschäftigungssituation auf ihr Leben diagnostizieren. Sie absolviert in der westungarischen Grenzregion eine tertiäre Ausbildung im Naturschutzbereich (Bachelor). Da die Eltern Teréz finanziell nicht mehr ausreichend unterstützen können, lässt sie das Masterstudium sein und beginnt mit der Arbeitssuche. In ihrem erlernten Beruf probiert sie die Arbeitssuche in Ungarn nicht, zu gering wären die Chancen auf einen angemessen bezahlten Job, was sie traurig stimmt. Sofort sucht sie eine Arbeit in Österreich und beginnt in einem FastFood Restaurant in der Nähe von Wien. Sie betrachtet diesen Job als Zwischenlösung bis sie einen besseren Arbeitsplatz gefunden hat. Ihr großes Ziel ist es, während dieses Jobs ihre Deutschkenntnisse zu verbessern, um andere Jobs in Österreich ausüben zu können (augrund ihrer Deutschkenntnisse leidet ihr Selbstbewusstsein). Im Laufe des Interviews wird klar, dass Teréz in ihrem gelernten Beruf nicht mehr arbeiten möchte, zu gering ist dafür ihr Enthusiasmus. Teréz strebt eine Ausbildung zur Krankenschwester an, ein Job den sie sich auch in Österreich vorstellen kann. Einen für sie erstrebenswerten Job konzeptualisiert sie als einen Job mit einer guten Position, gutem Gehalt, in dem sich wohl fühlt, der zu ihr passt, sicher ist und in dem sie ihre Deutschkenntnisse verbessern kann. Ein nächster Schritt wäre für sie, Kinder zu bekommen. Ihre ehemaligen StudienkollegInnen können nicht nachvollziehen, warum sie in einem Fast-Food Restaurant arbeitet. Zur Begründung ihrer beruflichen Entscheidungen hebt Teréz das Finanzielle hervor. Dieses Kriterium stellt sie einer besseren beruflichen Position in Ungarn gegenüber, bei allen Abstrichen im Prestige. Auf meine Frage wie sie sich beim Wechsel in die Gastronomie gefühlt hat, antwortet sie:

242 9 Multivariate Ergebnisse und qualitative Vertiefungen II: Effekte von (…) „Hm, ich weiß nicht, beides. Ich war froh und auch traurig. Froh, weil ich selbständig bin. Also ich bin nicht mehr von meinen Eltern abhängig, ich kann ihnen sogar manchmal ein bisschen helfen. Und naja, wenn ich meine StudienkollegInnen sehe, manche haben schon einen guten Job und eine gute Position in Ungarn. Und sie sind stolz oder wie sagt man? Und ich bin nur eine Fast-Food Verkäuferin und das stört mich ein bisschen. Aber sie verdienen keine Ahnung 400 oder 500 Euro im Monat, sie sind froh, aber sie können nicht so gut planen, also einen Wohnungskauf oder sowas. Also für mich ist es wegen dem Finanziellen besser aber sonst ist es schlecht“ (Teréz, 24 Jahre, Tagespendlerin als FastFood Verkäuferin in Niederösterreich, PI_T_RH_27, ZN 249-270). Mit den besseren finanziellen Möglichkeiten, die ihr der aktuelle Job in Österreich bietet, könne sie sich eine Existenz einfacher aufbauen als ihre ehemaligen StudienkollegInnen. Außerdem sieht sich Teréz als einen jungen und unabhängigen Menschen, da sie noch keine Familie hat. Sie möchte noch viele Reisen unternehmen, ihre Chancen nicht auslassen: „Weißt du, ich meine ich bin jetzt jung, ich will viele Reisen machen. Zum Beispiel voriges Jahr war ich in Kreta und das war wunderschön und wenn ich so wenig verdiene wie in Ungarn, dann kann ich mir das nicht leisten. Ich musste. Ich glaube, ich bin jetzt jung, ich habe keine Familie, keine Kinder. Ich habe jetzt Zeit, um ein bisschen weit zu schauen [vielleicht gemeint: Welt anzuschauen] oder wie sagt man? Und ich, ich kann mir das nur so leisten, wenn ich so viel verdiene. Weil bei uns ist es schwer, so einen guten Job zu suchen“ (Teréz, 24 Jahre, Tagespendlerin als Fast-Food Verkäuferin/Kassenkraft in Niederösterreich, PI_T_RH_27, ZN 344-349). 6b) Dequalifizierungserfahrungen im Zuge des grenzübergreifenden Pendelns (Wechsel von einem Match hin zu einer überqualifizierten Beschäftigung) Ein besonders ausdrucksfähiges Fallbeispiel für eine Dequalifizierung in Form eines Wechsels einer ausbildungsadäquaten Beschäftigung im letzten Job in der Herkunftsgesellschaft in eine überqualifizierte Beschäftigung in Österreich ist in der folgenden Biographie zu identifizieren. Klára arbeitet in Ungarn zehn Jahre als Volksschullehrerin. Letztlich kommt es zu einer Schließung der Schule und

9.3 Detailliertere Betrachtung der Bewertungen von ausgewählten (…)

243

Klára wird arbeitslos. Eine Phase der Arbeitslosigkeit ist aber nicht vorstellbar. So beschließt Klára keine Arbeit mehr als Lehrerin in Ungarn zu suchen sondern sofort auf den österreichischen Arbeitsmarkt zu gehen, wo der Verdienst deutlich besser sei. Kláras Lebenssituation ist zu diesem Zeitpunkt prekär da sie für ihre Tochter alleine aufkommen muss, zudem hat sie einen Wohnungskredit zurückzuzahlen: „In meinem Leben war es einmal so, dass ich für meine Tochter nicht einkaufen konnte. Und ich habe gesagt, egal, ob ich ein Diplom habe, so meinst du, oder? Ja, ich trage meine Nase nicht hoch. Was kann ich mit diesem Diplom machen, wenn ich ehrlich sein soll? Zuhause gar nichts. Ich möchte, dass meine Tochter noch an der Universität studiert. Das kostet ganz viel. Deswegen brauche ich Geld und was kann ich machen? Besser ich arbeite, wie wenn ich nicht arbeite, finde ich. Das ist mir egal, dass ich ein Diplom habe und als Kellnerin arbeite. Das stört mich nicht“ (Klára, 40 Jahre, Tagespendlerin als Kellnerin im Burgenland, PI_T_RH_17, ZN 265-275). Klára sucht in Österreich nur in der Gastronomie einen Job. Das liegt daran, dass sie als Frau und Ausländerin nur hier (rechtmäßige) Chancen erkennt, eine Einstellung die der europäischen Idee der Freizügigkeit diametral entgegengesetzt ist:155 „Ich habe nur im Gastgewerbe gesucht weil, weil, … vielleicht habe ich kein Recht [woanders als in der Gastronomie eine Arbeit zu suchen]. Ich finde so als Ausländerin, ich spreche über Frauen, da hat man nur im Gastgewerbe eine Chance zu arbeiten, als Bartänzerin oder Kellnerin“ (Klára, 40 Jahre, Tagespendlerin als Kellnerin im Burgenland, PI_T_RH_17, ZN 189-191). Am österreichischen Arbeitsmarkt angekommen, arbeitet Klára seit vier Jahren in mehreren Gastronomiebetrieben, ganz entsprechend ihrer Orientierung auch nur in dieser Branche. Ihr Wechsel in die Gastronomie und ihr (objektiver) berufliche Abstieg scheinen sie insgesamt nicht zu stören. Weil sie für ihre Tochter 155

Die Vorstellung als AusländerIn in der österreichischen Gastronomie und Hotellerie am Einfachsten eine Arbeit finden zu können, repräsentiert eine typische subjektive Vorstellung des Möglichkeitsraums ungarischer PendlerInnen am österreichischen Arbeitsmarkt.

244 9 Multivariate Ergebnisse und qualitative Vertiefungen II: Effekte von (…) nun finanziell aufkommen kann und sich das Privatleben finanziell leichter gestaltet (Urlaub etc.), bilanziert sie, dass es eine gute Entscheidung war auf den österreichischen Arbeitsmarkt zu gehen. 156 Ihre Zukunftsperspektiven machen deutlich – wie bei vielen PendlerInnen – dass sie sich früher oder später einen Ausstieg aus der Gastronomie wünscht. Gerne würde sich Klára neben ihrer aktuellen Arbeit in der Pizzeria weiter qualifizieren. Sie möchte ihre Deutschkenntnisse verbessern, um vielleicht später in Österreich wieder in den LehrerInnenberuf einsteigen zu können. Klára hat sich bereits in einer österreichischen Schule nach einem Job erkundigt, dort wird ihr gesagt, dass sie hierfür einen Deutschkurs absolvieren muss. Leider bleibt ihr dafür im Moment keine Zeit. Außerdem: Würde sie ihrem Chef sagen, dass sie diesen Kurs machen wolle, dann würde sie ihr Chef kündigen. Eine andere Möglichkeit, die ihr vorschwebt ist, sofern sie in Österreich genug Geld verdient hat, in Zukunft wieder in Ungarn als Lehrerin zu arbeiten. 9.3.3 Irreguläre Beschäftigung Überblick regressionsanalytische Befunde: Irreguläre Beschäftigung korreliert signifikant (negativ) mit den subjektiven Erfolgsbewertungen, auf das Lebenszufriedenheitslevel liegt aber kein signifikanter Einfluss vor. Ferner existieren keine signifikanten Effekte einer Veränderung des Beschäftigungsstatus im Zuge der grenzübergreifenden Mobilität. In den qualitativen Interviews tauchen viele verschiedene Formen von irregulärer Beschäftigung auf, wie etwa, dass kein Arbeitsvertrag oder eine höhere tatsächliche als offizielle Arbeitszeit vorliegt. Im Großen und Ganzen herrscht bei den PendlerInnen eine hohe Bereitschaft in Österreich überbrückend unter irregulären Bedingungen zu arbeiten, bis man einen besseren Arbeitsplatz gefunden hat. Eine der seltenen Studien zu subjektiven Deutungen von Ost-West-MigrantInnen in Europa, zeigt, dass die Wahrnehmung der zeitlichen Dimension entscheidend ist für die Bilanzierung. Viele MigrantInnen nehmen ihre Jobs als Überbrückung wahr und stellen sich vor in Zukunft bessere Jobs zu finden (vgl. Anderson et al. 2006: 113ff.).

156

Ferner stellt sich heraus, dass sie auch ihre krebsleidende Mutter finanziell unterstützt.

9.3 Detailliertere Betrachtung der Bewertungen von ausgewählten (…)

245

Zsuzsanna ist ein Beispiel für eine Pendlerin, die eine besonders kritische Haltung gegenüber irregulären Vorgehensweisen von ArbeitgeberInnen aufweist (siehe qualitative Vertiefung 7).157 Qualitative Vertiefung 7: irreguläre Beschäftigung Gefragt nach Situationen in Österreich in denen sie keinen Arbeitsvertrag hatte, berichtet Zsuzsanna, dass sie einmal trotz unterschriebenen Lohnzettels nicht angemeldet wurde und dadurch fast ihre Arbeitsbewilligung in Österreich verlor oder anderswo, dass ihr kein Urlaubsgeld ausbezahlt werden wollte und sie daraufhin eine Anzeige bei der Arbeiterkammer machte und dieses Geld bekam. Aufgrund von irregulärer Beschäftigung schätzt Zsuzsanna, dass sie etwa fünf Jahre an Sozialversicherungszahlungen verloren hat und dementsprechend länger bis zur Pension arbeiten muss, ein Umstand den viele UngarInnen akzeptieren müssten, wenn sie keinen Arbeitsvertrag erhalten. Solange man jung ist, sei einem eine irreguläre Beschäftigung normalerweise egal. Mit steigendem Alter würde es aber klarer, dass die notwendigen Jahre für die Pension fehlen: „Also so lange du jung bist, ist dir das normalerweise egal. Du kriegst dein Geld und du freust dich darüber, du kannst besser leben. Ja, aber mit 40 kannst du schon anfangen ein bisschen darüber nachzudenken, diese Jahre fehlen, weißt du? Und dann musst du vielleicht bis 65 oder 70 arbeiten oder wer weiß wie lange, wenn du die Pension wirklich kriegen willst, ja. (…) Ich glaube den Jungen ist das noch immer egal, aber den Älteren nicht mehr, also denen die jetzt schon länger hier arbeiten. Für sie ist es nicht egal. Ich denke so“ (Zsuzsanna, 50 Jahre, Tagespendlerin als Kellnerin im Burgenland, PI_T_RH_07, ZN 521543).

157

Ähnliche Praktiken wie von Lechner und KollegInnen (2010) beschrieben.

246 9 Multivariate Ergebnisse und qualitative Vertiefungen II: Effekte von (…) 9.3.4 Branchenwechsel (& Exkurs zu sexueller Belästigung) Überblick regressionsanalytische Befunde: Der Branchenwechsel im Zuge der grenzübergreifenden Mobilität hat keinen signifikanten Effekt auf die subjektiven Bewertungen des Pendelns. Mehrere qualitativ interviewte PendlerInnen wechselten ihre Branche im Vergleich zwischen ihrem letzten Job in der Herkunftsgesellschaft und ihrer aktuellen Tätigkeit in Österreich.158 Ein Erfahrungsbeispiel für einen Branchenwechsel bietet die Erwerbsbiographie Melindas. Ergänzend beschreibe ich im Kontext dieses Fallbeispiels sexuelle Belästigungserfahrungen (Agrusa et al. 2002; Ram et al. 2016) aus der subjektiven Sicht von Pendlerinnen in der österreichischen Gastronomie und Hotellerie. Dieser Exkurs ist wichtig da es sich um eine – mit Blick auf das qualitative Material – charakteristische nachteilige Arbeitsmarkterfahrung für weibliche Pendler in der österreichischen Gastronomie und Hotellerie handelt (siehe qualitative Vertiefung 8).159 Qualitative Vertiefung 8: Wechsel der Branche (& Exkurs zu sexueller Belästigung) Melinda absolviert in ihrer Jugend in Ungarn eine Außenhandelsschule mit Matura. Im Anschluss daran startet sie mit einem pädagogischen Studium, ihr Wunsch ist es Volksschullehrerin zu werden. Um sich das Studium zu finanzieren, macht sie währenddessen Nachtschichten in einer Plastikfabrik. Das erzielte Nebeneinkommen reicht nicht aus und ihre Eltern können sie finanziell nicht angemessen unterstützen. Nach zwei Jahren bricht Melinda ihr Studium ab und wird Sekretärin der Geschäftsführung eines Elektronikunternehmens. Bislang arbeitet Melinda nur in Ungarn und ausschließlich in Büros, bis ihr Freund vorschlägt, es einmal in Österreich zu probieren, denn sie würde gut 158

159

Das ist jene Vergleichsperspektive die auch in den quantitativen Analysen eingenommen wird. Mehrere der qualitativ untersuchten PendlerInnen wechselten ihre Branche auch zwischen ihrem letzten Job in der Herkunftsgesellschaft und ihrem ersten Job in Österreich. Zwar dürften Frauen unabhängig von ihrer ethnischen Herkunft in dieser Branche relativ stark mit sexuellen Belästigungen konfrontiert sein. Bei Migrantinnen können sich die Belästigungen aber zusätzlich mit ethnischen Diskriminierungen (Beleidigungen, Stereotype etc.) paaren (Bhui et al. 2005; Wright 2007), was sich in Summe noch negativer auf das Wohlbefinden auswirken könnte.

9.3 Detailliertere Betrachtung der Bewertungen von ausgewählten (…)

247

aussehen und Deutsch können, wie er meint. 160 Kurz darauf wechselt Melinda von ihrem Bürojob in die österreichische Gastronomie und Hotellerie, ohne jegliche Ausbildung in diesem Bereich. Ihr Freund hat die Vorstellung, dass sie in Österreich arbeitet und er in Ungarn Karriere macht. Heute ist sie mit ihm nicht mehr zusammen, die Gastronomie habe ihr Leben kaputtgemacht. Durch die zeitintensive Arbeit in Nächten und an Wochenenden dürfte sie am Beginn ihrer Pendellaufbahn zu wenig Zeit für ihre Beziehung und ihre kleine Tochter gehabt haben. Das Interview deutet ferner darauf hin, dass Melinda ihre Tochter an ihren damaligen Freund verloren hat. Da sie dieses Thema sichtlich bewegt, habe ich nicht näher nachgefragt. Heute würde sie nicht mehr in die Gastronomie gehen. Wie aber hat Melinda den Branchenwechsel beim Eintritt in den österreichischen Arbeitsmarkt empfunden und wie denkt sie heute über diese Arbeit? Zunächst gefällt ihr die Veränderung, sehr positiv berichtet sie von damals. Plötzlich kann sie Pausen machen wie sie möchte, ist unter Leuten, erhält Trinkgeld und sie knüpft neue Freundschaften. Bereits nach etwa einem Jahr ist ihr Spaß an der neuen Tätigkeit als Kellnerin jedoch verflogen. Heute empfindet sie abseits des Finanziellen wenig Gutes an dieser Arbeit. Als eigentliche Sekretärin fühlt sie sich unwohl als Kellnerin, wo von einem erwartet werden würde, dass man stets gut gelaunt sei und sich als Frau entsprechend präsentiere. Eine typische Kellnerin zu sein falle ihr schwer, denn sie sei eher eine ernste Person. Sehr unangenehm empfindet sie den Kontakt mit männlichen Gästen. Melinda klagt über sexuelle Belästigung und ethnische Diskriminierung (Beleidigungen, Stereotype etc.), die ihr im Lokal vonseiten der männlichen Gäste widerfahren würden, ein Thema, das in vielen Interviews in ähnlicher Weise beschrieben wird161 (ich habe Melinda an dieser Gesprächsstelle auch gefragt, ob ungarische und österreichische Frauen von österreichischen Männern unterschiedlich gesehen werden): „Wenn um halb zwei in der Früh die Männer so mit mir reden und sagen, Melinda, warum bist du so zurückhaltend, und, sei locker und zeig uns mehr und dü 160

161

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sie lediglich ab und zu in einem Eissalon in Ungarn nebenbei gearbeitet. Teilweise vertreten die Pendlerinnen die Ansicht, dass die Ungarinnen, die nach dem Fall des Eisernen Vorhangs nach Österreich gekommen sind, (mit-)verantwortlich sind für die falschen Bilder der österreichischen Männer von den ungarischen Frauen.

248 9 Multivariate Ergebnisse und qualitative Vertiefungen II: Effekte von (…) dü dü. Na, das sind schon Momente, wo ich mir denke, dass ich lieber zuhause arm weiterleben würde als mir das anzuhören. Das ist für mich wirklich sehr demütigend. (…) Sie sagen eh öfters, dass die ungarischen Frauen einen Paprika im Arsch haben oder so blöde Dinge. Ja natürlich sind wir anders aber die ungarischen Männer sind auch anders. Wir sind einfach anders. Wir sind viel temperamentvoller, wir sind lebendiger als die Österreicher. Das ist meine Sicht, also natürlich sind wir anders. Und die Männer, keine Ahnung, also Schuld sind die ungarischen Kellnerinnen, die damals wirklich nur deswegen gekommen sind, um einen alten Mann zu suchen, heiraten, Kinder zu bekommen und reich zu werden“ (Melinda, 35 Jahre, Tagespendlerin als Kellnerin im Burgenland, PI_T_RH_08, ZN 788-810). Melindas Motivation leidet auch durch das Gefühl eine sinnlose Arbeit zu machen. Statt Kaffee ausschenken oder Spritzer servieren, möchte sie Verantwortung übernehmen. Sie möchte wieder im Büro arbeiten, schöpft jedoch wenig Hoffnung diesen Job in Österreich ausüben zu können. Die österreichischen Gäste im Lokal fördern ihren Pessimismus, sie halten ihr vor, dass selbst österreichische Jugendliche in diesem Bereich keine Arbeit finden würden und sie daher schon gar keine Chance hätte. Noch will Melinda eine gewisse Zeit in der Gastronomie arbeiten, da man hier besser verdienen könne als im Büro. Es ist also fraglich, wann und wie Melinda ein Ausstieg aus der Gastronomie und ein Wechsel in ihre ursprüngliche Tätigkeit gelingen.

Teil V – Conclusio, Bibliographie und Anhang

10 Conclusio 10.1 Zusammenfassung des Buches und Hauptergebnis Diese Dissertation untersuchte die subjektiven Bewertungen von Migration am Beispiel von Ost-West-PendlerInnen aus Tschechien, Slowakei und Ungarn, die in Österreich arbeiten. Der regionale Fokus lag in dieser Migrationsstudie auf dem Ost-West-Pendeln in der Central European Region (Centrope), einer wirtschaftlich und kulturell vielfältigen Europaregion im Herzen Europas (vgl. Verwiebe et al. 2015: 3). Zum 1. Mai 2011 fielen auch in der Central European Region die Schranken für die Arbeitsmarktfreizügigkeit: Alle BürgerInnen aus den sogenannten EU-10 Staaten haben seitdem das Recht in Österreich und jedem anderen EU-Mitgliedsstaat, unter den gleichen Bedingungen wie Angehörige dieser Staaten eine Beschäftigung auszuüben (vgl. ebd. 2015: 11). Trotz eines wirtschaftlichen Aufholprozesses in den neuen Mitgliedsländern sind die Lebenschancen der Menschen in Centrope nach wie vor von einem starken „OstWest“ Wohlstandsgefälle gekennzeichnet. Das grenzübergreifende Ost-WestPendeln im Centrope-Gebiet ist daher ein wichtiges Mittel um den individuellen Lebensstandard zu verbessern (vgl. Haindorfer et al. 2016: 51).162 Die Fragestellung dieses Buches lautete: Welche ökonomischen und nichtökonomischen Lebensbedingungen im Kontext des Ost-West-Pendelns beeinflussen die Lebenszufriedenheit der PendlerInnen sowie die subjektiven Erfolgsbewertungen des Pendelns und inwiefern tragen die subjektiven Erfolgsbewertungen zur Lebenszufriedenheit bei? Die Lebenszufriedenheit wurde in dieser Studie als das Resultat einer Gesamtbewertung der eigenen Lebensumstände mit einem subjektiven Vergleichsstandard (Diener et al. 1985) verstanden, der subjektive Pendelerfolg, als eine positive Bewertung der Folgen des Pendelns durch die PendlerInnen. Diese subjektiven Bewertungsformen des Pendelns wurden vielfach operationalisiert (u.a. geschlossene Fragen zu Lebenszufriedenheit und subjektivem Pendelerfolg im TRANSLAB-Survey, offene Fragen zur Bilanzierung des Pendelns in qualitativen Interviews). 162

Vor diesem Hintergrund wurde das grenzübergreifende Ost-West-Pendeln in Centrope als Fallbeispiel für neue Facetten der europäischen Ost-West-Mobilität nach 1989 (Integration von unterschiedlichen Wohlstandszonen zu einem gemeinsamen Lebensraum und Arbeitsmarkt) betrachtet. Die Soziologie spricht hier auch von der Etablierung eines neuen Ost-WestMigrationssystems (vgl. Favell 2008: 702).

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 R. Haindorfer, Lebenszufriedenheit und Pendelerfolg, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26791-9_10

252

10 Conclusio

Den theoretischen Rahmen der Arbeit bildete ein an den menschlichen Bedürfnissen orientierter, mehrdimensionaler Zugang zu Lebenszufriedenheit und subjektivem Pendelerfolg. Die in der Lebensqualitätsforschung etablierte Konzeptualisierung „Having, Loving und Being“ (Allardt 1997) wurde in den Kontext dieser Forschung übertragen. Mit diesem theoretischen Rahmen wurde die Relevanz einer Vielzahl von ökonomischen und nicht-ökonomischen Lebensbedingungen für die subjektiven Bewertungen des Pendelns geprüft. Zum Beispiel wurden nicht-ökonomische Lebensbedingungen (soziale Bedürfnisse), über Work-Family Balance oder ethnische Diskriminierungserfahrungen gemessen. Dieser mehrdimensionale, ökonomische und nicht-ökonomische Zugang zum Verständnis von subjektiven Bewertungen von Migration ist – mit Blick auf die Befunde – wie erwartet angemessen. Empirisch wurden in dieser Dissertation sowohl quantitative als auch qualitative Methoden verwendet, diese wurden im Rahmen eines sequentiellen Mixed-Methods Designs („Mixed-Methods Sequential Explanatory Design“) (Ivankova et al. 2006; Tashakkori und Teddlie 2009) systematisch miteinander in Verbindung gebracht. Im Zentrum der Analysen standen Daten einer standardisierten Befragung (TRANSLAB-Survey) von Österreich-PendlerInnen und NichtmigrantInnen, die in den Grenzregionen von Tschechien, Slowakei und Ungarn zu Österreich wohnen (N = 2.687) sowie eigens durchgeführte qualitative, episodische Interviews mit ungarischen PendlerInnen, die in der österreichischen Gastronomie und Hotellerie Erfahrung gesammelt haben (N = 27). 163 Mit Blick auf die Fragestellung zeigt dieses Buch, dass die Lebenszufriedenheit und der subjektive Pendelerfolg von einer Reihe derselben ökonomischen und nicht-ökonomischen Lebensbedingungen im Kontext des Ost-WestPendelns signifikant beeinflusst werden. Doch obwohl gemeinsame Einflussfaktoren (z.B. Einkommenslevel, Wahrnehmung des Arbeitsklimas) auf die beiden subjektiven Bewertungsformen vorhanden sind, gibt es auch mehrere unterschiedlich relevante Einflussfaktoren. Insgesamt hat sich in dieser Studie gezeigt, dass für das Level der Lebenszufriedenheit erfüllte Lebensbedingungen im ökonomischen Bereich (Having-Dimension) am bedeutsamsten sind (Kämpfer 2014), währenddessen sich der allgemeine Pendelerfolg in erster Linie über er163

Diese Daten entstammen dem WWTF-Forschungsprojekt TRANSLAB („Cross-Border Labour Mobility, Transnational Labour Markets and Social Differentiation in the Central European Region“).

10.2 Die wichtigsten Befunde im Überblick

253

füllte Lebensbedingungen im nicht-ökonomischen, sozialen Bereich erklärt (Loving-Dimension) (Benish-Weisman und Shye 2011). Die in diesem Buch vertretene Perspektive, die Gleichsetzung von Lebenszufriedenheit und subjektivem Migrationserfolg zu hinterfragen, wird von den empirischen Ergebnissen somit unterstützt. Der Beitrag des subjektiven Pendelerfolgs zur Lebenszufriedenheit ist außerdem als gering einzustufen. 164 10.2 Die wichtigsten Befunde im Überblick Deskriptive Befunde (I) Pendelmotive: Das Einkommen als zentraler Anreiz zum grenzübergreifenden Arbeiten In Übereinstimmung mit anderen Studien (Bittner et al. 2011; Lechner et al. 2010) konnte ich feststellen, dass das subjektiv antizipierte höhere Einkommen in Österreich das klar wichtigste Pendelmotiv darstellt. Rund 96% der befragten Ost-West-PendlerInnen aus Tschechien, Slowakei und Ungarn haben das als ein wichtiges Motiv zum grenzübergreifenden Pendeln nach Österreich genannt. (II) Hauptmerkmale (soziodemographische Charakteristika etc.): Die besondere Bedeutung von mittleren Qualifikationen unter den Ost-West-PendlerInnen Die deskriptiven Analysen offenbarten u.a., dass die PendlerInnen (im TRANSLAB-Survey) vor allem männlich (circa 58%), jung (rund 50% sind 21-35 Jahre alt) (Paci et al. 2010) und mittel qualifiziert sind (in etwa 77%). Keine andere Vergleichsgruppe verfügt über so viele Personen mit mittleren Qualifikationen. Dies bekräftigt die besondere Bedeutung von mittleren Qualifikationen unter osteuropäischen MigrantInnen (Kahanec et al. 2010).

164

Die Stärke der bivariaten Korrelation ist relativ gering, in den multivariaten Analysen ist – nach Konstanthaltung anderer Faktoren – kein signifikanter Einfluss des allgemeinen Pendelerfolgs auf die Lebenszufriedenheit festzustellen, außerdem sind keine Mediationseffekte zu beobachten. Die zumindest schwache signifikant positive Korrelation (bivariat) bestätigt immerhin den auch in anderen Studien beobachteten Zusammenhang zwischen subjektivem Migrationserfolg und Lebensqualität (Benish-Weisman und Shye 2011; Reinprecht 2010).

254

10 Conclusio

(III) Die Verbreitung von nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen: Die Gastronomie und Hotellerie als Worst-Practice-Beispiel der österreichischen Wirtschaftssektoren Mittels eines Vergleichs des Auftretens von nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen unter den Ost-West-PendlerInnen in verschiedenen Branchen Österreichs konnte demonstriert werden, dass die Gastronomie und Hotellerie als WorstPractice-Beispiel einen optimalen Ausschnitt für eine qualitative Vertiefungssstudie darstellt. Viele der negativen Arbeitsmarkterfahrungen sind hier sehr stark ausgeprägt: Beispielsweise sind rund 27% aller PendlerInnen in dieser Branche überqualifiziert. (IV) Subjektive Bewertungen des Ost-West-Pendelns: Hohes Lebenszufriedenheits- und Pendelerfolgsniveau bei den PendlerInnen Bei den PendlerInnen sind im Durchschnitt relativ hohe Lebenszufriedenheitswerte zu beobachten. Die PendlerInnen sind signifikant zufriedener mit ihrem Leben als NichtmigrantInnen. Die Unterschiede im Lebenszufriedenheitsniveau zwischen PendlerInnen und NichtmigrantInnen in Tschechien, Slowakei und Ungarn ähneln anderen Happiness-Befunden (Bartram 2013a). Der subjektive Pendelerfolg der PendlerInnen fällt im Durchschnitt ebenfalls sehr positiv aus (Fuller 1981; Lundholm und Malmberg 2006; Reinprecht 2006). Multivariate Befunde und qualitative Vertiefungen (V) Effekte von ökonomischen und nicht-ökonomischen Lebensbedingungen im Kontext des Ost-West-Pendelns auf Lebenszufriedenheit und Pendelerfolg: Mehrere Unterschiede zwischen den relevanten Einflussfaktoren und Einflussdimensionen Meine Kernannahme, dass ein höheres Maß an Befriedigung von Having, Loving und Being Bedürfnissen (Allardt 1997) mit mehr Lebenszufriedenheit und Pendelerfolg zusammenhängt, konnte im Großen und Ganzen bestätigt werden. Es waren aber nicht alle ökonomischen und nicht-ökonomischen Bedürfnisse für alle beiden subjektiven Bewertungen gleichermaßen wichtig. Entsprechend der Erwartungen konnte ich zeigen, dass ein höheres Maß an erfüllten Lebensbedingungen im ökonomischen (Having) und sozialen Lebensbereich (Loving) mit besseren Lebenszufriedenheits- und Pendelerfolgswerten einhergeht (H1a bis

10.2 Die wichtigsten Befunde im Überblick

255

H2b). Gleichzeitig konnte man beobachten, dass erfüllte Lebensbedingungen im Bereich der persönlichen Entwicklung (Being) zwar den Pendelerfolg positiv beeinflussen (H3b), jedoch keierlei singifikante Effekte auf die Lebenszufriedenheit haben (H3a). Die entsprechenden Hypothesen konnten daher größtenteils bestätigt werden. Ferner wurde untersucht, ob ökonomische im Vergleich zu nichtökonomischen Lebensbedingungen einen insgesamt stärkeren Einfluss auf die subjektiven Bewertungen des Pendelns haben. Die erwartete Hierarchie von ökonomischen (Having) gegenüber nicht-ökonomischen (Loving) Einflussfaktoren war nur für die Lebenszufriedenheit zu erkennen (H4a) (Kämpfer 2014).165 Der Pendelerfolg ist aber in erster Linie von den nicht-ökonomischen Einflussfaktoren (Loving) abhängig, daher wurde die korrespondierende Hypothese abgelehnt (H4b). Dieser Befund repräsentiert einen der wesentlichsten Unterschiede zwischen der „Anatomie“ der Lebenszufriedenheit und des Pendelerfolgs. Und er bekräftigt einen der wenigen Vergleichsbefunde, demzufolge der subjektive Migrationserfolg vor allem durch nicht-materielle und weniger durch materielle Aspekte bestimmt wird (Benish-Weisman und Shye 2011). Die qualitative Vertiefungsstudie ließ ebenfalls eine große Bedeutung der sozialen Bedürfnisse für die Erfolgsbewertung des Pendelns erkennen. Beispielsweise konnte – ähnlich wie in den quantitativen Analysen – eine durch das Pendeln verbesserte Work-Family Balance als wichtiges Kriterium der Bilanzierung des Pendelns identifiziert werden. Die große Relevanz der sozialen Bedürfnisbefriedigung für die Wahrnehmung eines Pendelerfolgs bestätigt sich auch, wenn man Frauen und Männer getrennt betrachtet: Sowohl bei Frauen als auch Männern ist der Pendelerfolg hauptsächlich vom Level der sozialen Bedürfnisbefriedigung abhängig. Die Hypothese, dass bei Frauen die Befriedigung (bzw. Nicht-Befriedigung) von sozialen Bedürfnissen wichtiger ist als die von persönlichkeitsbezogenen Bedürfnissen, und bei Männern eine genau umgekehrte Bedürfnishierarchie maßgebend ist, wurde deswegen abgelehnt (H5). Außerdem beobachtete, dass der Beitrag des Pendelerfolgs zur Lebenszufriedenheit als gering einzuschätzen ist. 165

Diese Ergebnisse verdeutlichen die starke ökonomische Orientierung der Ost-WestPendlerInnen (Bartram 2010; Bittner et al. 2011; Haindorfer 2010; Lechner et al. 2010; Nowotny 2011). Und sie stehen tendenziell jenen Einschätzungen entgegen, die nichtökonomischen Migrationsfolgen eine größere Relevanz für die Lebenszufriedenheit von MigrantInnen zuschreiben als ökonomischen (z.B. Olgiati et al. 2012).

256

10 Conclusio

(VI) Effekte von nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen auf die subjektiven Bewertungen des Pendelns: Sehr positive Bewertungen, trotz vieler negativer Erfahrungen Das Buch widmete sich auch der Frage, wie nachteilige Arbeitsmarkterfahrungen vor dem Hintergrund von starken sozioökonomischen Unterschieden und hoher ökonomischer Anreize zum Pendeln in Centrope aus Sicht der PendlerInnen beurteilt werden. Einen wichtigen Ausgangspunkt für diese Frage bildete die in der Soziologie formulierte Annahme, dass die Arbeitsmarktsituation von OstWest-MigrantInnen in Westeuropa von Exklusion und Ausbeutung geprägt ist (Favell 2008). Die quantitativen Analysen zu den Auswirkungen der nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen auf die subjektiven Bewertungen des Pendelns stellten insgesamt eine geringe Relevanz dieser Erfahrungen fest. Zum Beispiel hat nach Konstanthaltung anderer Einflussfaktoren die überqualifizierte Beschäftigung sowohl auf die Lebenszufriedenheit als auch den Pendelerfolg keinen statistisch signifikanten Einfluss. Ethnische Diskriminierungserfahrungen stehen nur mit den Lebenszufriedenheitslevels in einem statistischen (negativen) Zusammenhang. Irreguläre Beschäftigung wirkt sich nur auf die Bewertung des Pendelerfolgs signifikant (negativ) aus usf. In einem weiteren Schritt ging ich der Frage nach, ob sich nachteilige Arbeitsmarkterfahrungen bei höherem Einkommen weniger negativ auf die subjektiven Bewertungen auswirken? Ziel war es festzustellen, inwieweit ein vermeintlich relativ hohes Einkommen in Österreich die Folgen von nachteiligen Erfahrungen auf die Zufriedenheit mit dem Pendeln dämpfen kann. Statistisch gesprochen konnte sowohl hinsichtlich der Lebenszufriedenheit als auch dem Pendelerfolg keine signifikante Interaktion zwischen nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen und Einkommen festgestellt werden (H6a bis H8b). Mit anderen Worten gesagt sind die Einflüsse der nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen auf die subjektiven Bewertungen des Pendelns gleich, wenn man mehr oder wenn man weniger verdient. Vor dem Hintergrund der Theorie (Parnreiter 2000; Piore 1979) geht bei PendlerInnen also mit höherem Einkommen keine stärkere Trennung zwischen ökonomischer und sozialer Identität einher. Die Bewertungen von ausgewählten nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen, wie ethnische Diskriminierung, wurden danach detaillierter (quantitativ und qualitativ) analysiert. Sowohl mit Blick auf die quantitativen als auch qualitativen Daten überwiegen eindeutig die positiven Bewertungen des Pendelns. Und

10.3 Weiterführende Schlussfolgerungen, Forschungsperspektiven und (…) 257 vor allem die qualitativen Daten können demonstrieren, dass die Ost-WestPendlerInnen in Österreich trotz nachteiliger Arbeitsmarkterfahrungen und damit verbundenen Momenten der Unzufriedenheit, Verzweiflung etc. eine insgesamt sehr positive Bewertung ihres Pendelns vornehmen. Den negativen Arbeitsmarkterfahrungen in Österreich wird im Gesamtkontext der Pendelprojekte keine große Bedeutung eingeräumt. Insgesamt spiegeln die Befunde ein am Beispiel von „GastarbeitermigrantInnen“ beobachtetes Bewertungsmuster wieder: Trotz nachteiliger Arbeitsmarkterfahrungen sprechen MigrantInnen von einer erfolgreichen Migration oder – auch damit verbunden – finden individuelle Aushandlungsprozesse statt, in denen die negative Bewertung eines Bereiches der Migrationsbiographie durch die positive Bewertung eines anderen ausbalanciert wird (Latcheva und Herzog-Punzenberger 2011). Zum Beispiel wird überqualifizierte Beschäftigung in den qualitativen Interviews auch als sinnvolle Zwischenlösung erachtet, um Deutschkenntnisse auszubauen und später nach besseren Jobs suchen zu können (Anderson et al. 2006). 10.3 Weiterführende Schlussfolgerungen, Forschungsperspektiven und Limitationen der Studie Auf der Grundlage der Erkenntnisse dieses Buches werden im Folgenden weiterführende Schlussfolgerungen und Forschungsperspektiven für zukünftige Studien skizziert. In diesem Zusammenhang wird auch auf Limitationen der eigenen Studie eingegangen. Meine Untersuchung hat auf empirischer Basis demonstriert, dass die Konzepte der Lebenszufriedenheit und des subjektiven Migrationserfolgs nicht deckungsgleich zu betrachten sind. Die in der Forschung vielfach unternommene Gleichsetzung von Lebenszufriedenheit und subjektivem Migrationserfolg sollte daher weiterhin kritisch hinterfragt werden. Forschungen die sich mit dem subjektiven Migrationserfolg auseinandersetzen möchten, sollten in ihren Untersuchungen jedenfalls gezielte Fragen zu dieser spezifischen Einstellung verwenden. In diesem Zusammenhang wäre es sicherlich ein – sowohl konzeptionell als auch messtheoretisch – aufschlussreiches Unterfangen die Determinanten der Lebenszufriedenheit und des subjektiven Migrationserfolgs weiter zu untersuchen, um weitere Informationen zu deren Gemeinsamkeiten und Unterschieden zu finden. Dieses Buch konnte einige Unterschiede feststellen und auch einige Erklärungen anbieten, dennoch sind Fragen offengeblieben.

258

10 Conclusio

Die vorliegende Studie hat mit Querschnittsdaten (TRANSLAB-Survey) gearbeitet (mit ein paar essentiellen Längsschnittinformationen). Und obwohl in der Ergebnisdiskussion der statistischen Befunde vielfach die Rede von Effekten, Einflüssen, Auswirkungen etc. war, so bleibt zu betonen, dass keine Kausalanalysen erfolgt sind und die Befunde nicht im Sinn von Ursache-Wirkung gedacht werden können. Insofern wäre eine vertiefende Auseinandersetzung mit den kausalen Zusammenhängen zwischen den ökonomischen und nichtökonomischen Einflussfaktoren und den subjektiven Bewertungen des Pendelns eine wichtige Aufgabe. Auch die Beziehungen zwischen Lebenszufriedenheit und subjektivem Migrationserfolg könnten mit dem methodischen Repertoire der modernen Kausalanalyse näher betrachtet werden. In erster Linie wünschenswert wären umfangreiche Paneldaten welche dieselben Personen zu mehreren Zeitpunkten ihrer Migration zu ihrer Lebenszufriedenheit und ihrem subjektiv wahrgenommenen Migrationserfolg befragen. Aufschlussreich wäre auch der Einsatz von statistischen Analyseverfahren mittels derer kausale Zusammenhänge auf der Ebene von Querschnittsdaten zumindest annäherungsweise untersucht werden können (z.B. Matching-Verfahren oder Instrumentalvariablen). Zukünftige Untersuchungen im Bereich der subjektiven Bewertungen von Wanderungen könnten die Erkenntnisse zu sozialen Gruppendifferenzen erweitern. Beispielsweise könnten die Indizien für unterschiedlich gelagerte Erfolgsbewertungen der Migration von Frauen und Männern weitgehender untersucht werden. Man könnte auch etwaige Bewertungsunterschiede nach Migrationsmotiven prüfen, beispielswiese mit Blick auf berufsbezogene Motive. Trotz vermeintlich besser bezahlten Jobs als in der Heimat, sind Ost-West-PendlerInnen in Österreich stark von nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen betroffen. Ob MigrantInnen für die die eigene berufliche Entwicklung maßgebendes Migrationsmotiv war, geringere Lebenszufriedenheits- und Migrationserfolgswerte haben als MigrantInnen mit anderen Präferenzen, wäre zum Beispiel interessant. Eine solche Verknüpfung zwischen dem Motiv und dem Ergebnis der Migration mit Blick auf die Bewertungen der Migration wäre ein echter Gewinn für die Bewertungsforschung. Man könnte auch Differenzen in der Lebenszufriedenheit zwischen PendlerInnen und NichtmigrantInnen in den Herkunftsgesellschaften stärker untersuchen. Inwieweit der pendelspezifische Vergleichsstandard mit der Herkunftsgesellschaft (z.B. hinsichtlich Arbeitsbedingungen) eine Rolle in den

10.3 Weiterführende Schlussfolgerungen, Forschungsperspektiven und (…) 259 subjektiven Bewertungen des Pendelns spielt, wäre in diesem Zusammenhang auch eine spannende Frage. Die Besonderheit des grenzübergreifenden Pendelns, das regelmäßige hinund herpendeln zwischen Ziel- und Herkunftsland und die damit einhergehende starke Einbettung im Herkunftskontext, führt zur Frage, inwiefern die Ergebnisse dieses Buches auf andere raum-zeitliche Migrationsmuster und Rahmenbedingungen übertragbar sind. Im Mittelpunkt stand hier das grenznahe Tagespendeln, d.h. zukünftige Studien könnten sich damit beschäftigen, inwiefern die Ergebnisse beispielsweise auf das Pendeln über größere Distanzen, auf das saisonale Pendeln, auf kurzfristige oder auch permanente Migration übertragbar sind. Oder man denke daran, dass diese Studie ArbeitspendlerInnen im Kontext offener Grenzen in der Europäischen Union untersuchte. Wie subjektive Bewertungen von Wanderungen unter anderen Rahmenbedingungen und auch anderen Regionen ausfallen und strukturiert sind, bleiben soweit offene Fragen. Weitere Fragen zur Übertragbarkeit der Ergebnisse auf andere Kontexte stellen sich auch dahingehend, dass im Rahmen der qualitativen Vertiefungsstudie nur die Gastronomie und Hotellerie untersucht wurde. Beispielsweise ist anzunehmen, dass bestimmte Arbeitserfahrungen für die Gastronomie und Hotellerie spezifisch sind, wie etwa die konkreten Diskriminierungserfahrungen, also eine gewisse Branchenspezifik existiert. Außerdem wurden in der qualitativen Vertiefungsstudie nur ungarische PendlerInnen befragt. Zukünftige Studien könnten daher auch bei anderen Branchen (z.B. Bau oder Care-Sektor) und Herkunftsgruppen eine qualitative Studie zu den subjektiven Bewertungen von Migration durchführen. Es ist eine zentrale Erkenntnis dieser Studie, dass das Ost-West-Pendeln in der Central European Region von den PendlerInnen insgesamt sehr positiv bewertet wird, deutlich positiver als vor dem Hintergrund der zahlreichen nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen und der bisherigen Literatur (Favell 2008) zu erwarten wäre. Dieses Buch kommt zu dem Schluss, dass die PendlerInnen das Ost-West-Pendeln nach Österreich trotz aller negativen Erfahrungen als einen sinnvollen und essentiellen Weg zu einem besseren Leben wahrnehmen (z.B. Weg zur Familiengründung). Insofern wird mit diesem Buch ein neues, positives Bild der Ost-West-Migration in Europa aus Sicht der MigrantInnen gezeich-

260

10 Conclusio

net.166 In diesem Zusammenhang muss aber aus sozialpolitischer Sicht auch eine kritische Sichtweise zu den Effekten des Pendelns auf das Funktionieren eines grenzübergreifenden Arbeitsmarktes im Kontext von offenen Grenzen, Wohlstandsgefälle und hohen ökonomischen Reizen zum Pendeln formuliert werden. Die große Bereitschaft der Ost-West-PendlerInnen, nachteilige Arbeitsmarkterfahrungen zu akzeptieren, stellt eine große Herausforderung für den österreichischen Arbeitsmarkt dar. Sofern aber nachteilige Arbeitsmarkterfahrungen von PendlerInnen akzeptiert werden, sogar in Erwartungshaltungen präsent sind, können Arbeitsstandards (Arbeitsbedingungen, Entlohnung etc.) von ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen unterwandert werden und Verdrängungsprozesse anderer Gruppen am österreichischen Arbeitsmarkt sind naheliegend. Die Gleichbehandlungsbestimmungen der Europäischen Union zum gemeinsamen Arbeitsmarkt werden damit einer harten Prüfung unterzogen. Mit diesen Herausforderungen dürfte nicht nur der österreichische, sondern auch andere Arbeitsmärkte konfrontiert sein, die im Kontext von offenen Grenzen, Wohlstandsgefälle und starken ökonomischen Reizen zur Migration angesiedelt sind. Mit Blick auf die Central European Region stellt sich auch die Frage, welche Auswirkungen das grenzübergreifende Ost-West-Pendeln auf die Gesellschaftsstrukturen dieser Region und ihre Nationalstaaten hat. Diese Frage könnte zukünftig auf unterschiedlichen Analyseebenen untersucht werden (Mikro-, Meso- und Makroebene). Auf der Mikroebene könnte man etwa weiter erforschen, welche Folgen das Ost-West-Pendeln und sein sozialstruktureller Einfluss für die alltäglichen Beziehungen zwischen PendlerInnen und NichtmigrantInnen im Herkunftskontext hat. Außerdem könnte man untersuchen, welche sozialen Folgen das Ost-West-Pendeln für Familien und Haushalte der PendlerInnen hat, z.B. hinsichtlich der Aufteilung von Haushaltsarbeit und Kinderbetreuung infolge von längeren Pendelintervallen. Auf der Mesoebene könnte man zukünftig untersuchen, welche Rolle Unternehmen für den Integrationsprozess des grenz166

Mit Blick auf die kritischen Überlegungen von Favell (2008) ist in Erinnerung zu rufen, dass die in meiner Studie untersuchten Ost-West-PendlerInnen überwiegend mittel qualifiziert sind (circa 80%), währenddessen sich Favell auf höher qualifizierte Ost-West-MigrantInnen bezieht. Die insgesamt unterschiedliche Qualifikation könnte unterschiedliche Bewertungsmuster von nachteiligen Arbeitsmarkterfahrungen zur Folge haben. Zum Beispiel könnte man annehmen, dass Dequalifizierungserfahrungen von höher qualifizierten schmerzlicher wahrgenommen werden als von mittel qualifizierten Personen. Auch die unterschiedlich große Entfernung vom Herkunftsort könnte einen Einfluss auf die subjektiven Bewertungsmuster haben (die von Favell angesprochenen Ost-West-MigrantInnen sind in Großbritannien).

10.3 Weiterführende Schlussfolgerungen, Forschungsperspektiven und (…) 261 übergreifenden Arbeitsmarktes haben. Mit Blick auf die Ergebnisse dieses Buches wäre insbesondere relevant die Frage zu bearbeiten, wie Unternehmen mit den Gleichbehandlungsbestimmungen der Europäischen Union zum gemeinsamen Arbeitsmarkt umgehen. Wichtig wäre hier auch die Meinungen von verschiedenen staatlichen und nicht-staatlichen Institutionen und Stakeholdern (Gewerkschaften, Arbeitsinspektoraten etc.) einzuholen. Auf der Makroebene könnten sich Studien in Zukunft etwa mit der Frage auseinandersetzen, welche Folgen die Strukturen und Dynamiken des grenzübergreifenden Arbeitsmarktes von Centrope für die wohlfahrtsstaatlichen Strukturen von Tschechien, Slowakei, Ungarn und Österreich haben.

Bibliographie Literatur Agrusa, Jerome F., Wendy Coats, John Tanner und Jennifer Sio Leng Leong, 2002: Hong Kong and New Orleans: A Comparative Study of Perceptions of Restaurant Employees on Sexual Harassment. International Journal of Hospitality & Tourism Administration 3: S. 19-31. Akay, Alpaslan, Olivier Bargain und Klaus F. Zimmermann, 2012: Relative Concerns of Rural-to-urban Migrants in China. Journal of Economic Behavior & Organization 81: S. 421– 441. Alaminos, Antonio, Recchi Ettore, Braun Michael, Muxel Anne, Tambini Damian und Santacreu Oskar, 2007: European Internal Movers Social Survey (PIONEUR project). GESIS Data Archive, Cologne. ZA4512 Data file Version 1.0.0, doi:10.4232/1.4512. Allardt, Erik, 1973a: A Welfare Model for Selecting Indicators of National Development. Policy Sciences 4: S. 63-74. Allardt, Erik, 1973b: About Dimensions of Welfare. An Exploratory Analysis of a Comparative Survey. Research Group for Comparative Sociology. Research Report No. 1: University of Helsinki. Allardt, Erik, 1976: Dimensions of Welfare in a Comparative Scandinavian Study. Acta Sociologica 19: S. 227-239. Allardt, Erik, 1997: Having, Loving, Being: An Alternative to the Swedish Model of Welfare Research. S. 88-94 in: Nussbaum, Martha C. , und Amartya Sen (Hg.), The Quality of Life. Oxford: Clarendon Press. Allardt, Erik, und Hannu Uusitalo, 1972: Dimensions of Welfare in a Comparative Study of the Scandinavian Societies. Scandinavian Political Studies 7: S. 9-27. Amit, Karin, 2010: Determinants of Life Satisfaction Among Immigrants from Western Countries and from the FSU in Israel. Social Indicators Research 96: S. 515-534. Amit, Karin, und Howard Litwin, 2010: The Subjective Well-Being of Immigrants Aged 50 and Older in Israel. Social Indicators Research 98: S. 89–104.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 R. Haindorfer, Lebenszufriedenheit und Pendelerfolg, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26791-9

264

Bibliographie

Amit, Karin, und Ilan Riss, 2014: The Subjective Well-Being of Immigrants: Pre- and Postmigration. Social Indicators Research 119: S. 247–264. Anderson, Bridget, Martin Ruhs, Ben Rogaly und Sarah Spencer, 2006: Fair Enough? Central and East European Migrants in Low-wage Employment in the UK. Joseph Rowntree Foundation: York. Backhaus, Klaus, Bernd Erichson, Wulff Plinke und Rolf Weiber, 2008: Multivariate Analysemethoden. Eine anwendungsorientierte Einführung. Berlin/Heidelberg: Springer. Bahna, Miloslav, 2008: Predictions of Migration from the New Member States after Their Accession into the European Union: Successes and Failures. International Migration Review 42: S. 844–860. Bahna, Miloslav, 2014: Slovak Care Workers in Austria: How Important Is the Context of the Sending Country? Journal of Contemporary European Studies: S. DOI: 10.1080/14782804.14782014.14902365. Bahna, Miloslav, 2015: Victims of Care Drain and Transnational Partnering? European Societies: S. DOI: 10.1080/14616696.14612015.11051074. Ball, Richard, und Kateryna Chernova, 2008: Absolute Income, Relative Income, and Happiness. Social Indicators Research 88: S. 497–529. Bălţătescu, Sergiu, 2007: Central and Eastern Europeans Migrants’ Subjective Quality of Life. A Comparative Study. Journal of Identity and Migration Studies 1: S. 67-81. Bălţătescu, Sergiu, 2014: Unhappier, but More Satisfied: Social Comparison and the Paradox of the Immigrant Satisfaction. Paper Presented at the Conference: Rethinking EU Immigration: Legal developments, Management and Practices, Bucharest, 13-14 March 2014. Bartram, David, 2010: International Migration, Open Borders Debates, and Happiness. International Studies Review 12: S. 339–361. Bartram, David, 2011: Economic Migration and Happiness: Comparing Immigrants’ and Natives’ Happiness Gains From Income. Social Indicators Research 103: S. 57-76. Bartram, David, 2013a: Happiness and ‘economic migration’: A comparison of Eastern European migrants and stayers. Migration Studies 1: S. 156–175. Bartram, David, 2013b: Migration, Return, and Happiness in Romania. European Societies 15: S. 408-422.

Bibliographie

265

Benish-Weisman, Maya, 2009: Between Trauma and Redemption. Story Form Differences in Immigrant Narratives of Successful and Nonsuccessful Immigration. Journal of Cross-Cultural Psychology 40: S. 953-968. Benish-Weisman, Maya, und Gabriel Horenczyk, 2010: Cultural Identity and Perceived Success among Israeli Immigrants: An Emic Approach. International Journal of Intercultural Relations 34: S. 516–526. Benish-Weisman, Maya, und Samuel Shye, 2011: Life Quality of Russian Immigrants to Israel: Patterns of Success and of Unsuccess. Social Indicators Research 101: S. 461–479. Berger, Nora, Claudia Müller, Ena Pervan und Greta Picknitter, 2014: Mobilität und Lebenszufriedenheit. Zur allgemeinen Lebenszufriedenheit von mobilen Personen in der CENTROPE-Region. S. 183-208 in: Kügler, Agnes,Katharina Miko und Karin Sardadvar (Hg.), Arbeiten in einer Grenzregion. Arbeits- und Lebenswelten Erwerbstätiger in der CENTROPERegion. Wien: FORBA/WU Wien. Bhui, Kamaldeep, Stephen Stansfeld, Kwame Mckenzie, Saffron Karlsen, James Nazroo und Scott Weich, 2005: Racial/Ethnic Discrimination and Common Mental Disorders Among Workers: Findings From the EMPIRIC Study of Ethnic Minority Groups in the United Kingdom. American Journal of Public Health 95: S. 496-501. Biffl, Gudrun, und Julia Bock-Schappelwein, 2013: Zur Niederlassung von Ausländerinnen und Ausländern in Österreich. Wien: WIFO. Biffl, Gudrun, Johannes Berger, Helmut Hofer, Michael Miess, Ulrich Schuh und Ludwig Strohner, 2011: Auswirkungen der Arbeitsmarktöffnung am 1. Mai auf den Wirtschafts- und Arbeitsstandort Österreich. Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend. Wien: IHS Institut für höhere Studien/Department Migration und Globalisierung, DonauUniversität Krems. Bittner, Marc, und Michaela Hudler-Seitzberger, 2006: Arbeitsmarktmonitoring. Struktur, Motive, Erwartungen und Wünsche des Arbeitsmigrationspotenzials in den Grenzregionen der Slowakei, Tschechiens und Ungarns mit Österreich. SWS-Rundschau 46: S. 432 – 457. Bittner, Marc, und Michaela Hudler-Seitzberger, 2009: Fachkräftemonitoring (FAMO) - regelmäßige Erhebung des Angebots und des Bedarfs an

266

Bibliographie

Fachkräften in der Grenzregion Ostösterreichs mit der Slowakei. Wien: Paul Lazarsfeld Gesellschaft für Sozialforschung. Bittner, Marc, Michaela Hudler-Seitzberger und Claudia Neunteufl, 2011: Arbeitskräftemobilität und Fachkräftebedarf nach der Liberalisierung des österreichischen Arbeitsmarktes (AFLA). Textband: Zeitund Ländervergleich der Ergebnisse. Wien: Paul Lazarsfeld Gesellschaft für Sozialforschung. Blanchflower, David G., und Andrew J. Oswald, 2004: Well-being over time in Britain and the USA. Journal of Public Economics 88: S. 1359-1386. Blanchflower, David G., und Andrew J. Oswald, 2008: Is Well-being U-shaped Over the Life Cycle? Social Science & Medicine 66: S. 1733-1749. Blau, Francine D., und Lawrence M. Kahn, 2003: Understanding International Differences in the Gender Pay Gap. Journal of Labor Economics 21: S. 106144. Bock-Schappelwein, Julia, Peter Huber, Klaus Nowotny und Gerhard Streicher, 2009: Auswirkungen des Grenzgängerabkommens und des Praktikantenabkommens auf den burgenländischen Arbeitsmarkt. Wien: WIFO. Bodvarsson, Örn B., Nicole B. Simpson und Chad Sparber, 2015: Migration Theory. S. 3-51 in: Chiswick, Barry R. , und Paul W. Miller (Hg.), Handbook of the Economics of International Migration. Volume 1A The Immigrants. Amsterdam/Boston/Heidelberg/London/New York/Oxford/Paris/San Diego/San Francisco/Singapore/Sydney/Tokyo: North-Holland. Böhnke, Petra, 2005: First European Quality of Life Survey: Life satisfaction, Happiness and Sense of Belonging. European Foundation for the Improvement of Living and Working Conditions. Luxembourg: Office for Official Publications of the European Communities. Borjas, George J., 1987: Self-Selection and the Earnings of Immigrants. The American Economic Review 77: S. 531-553. Bourdieu, Pierre, 1983: Ökonomisches Kapital, kulturelles Kapital, soziales Kapital. S. 183-198 in: Kreckel, Reinhard (Hg.), Soziale Ungleichheiten Soziale Welt, Sonderband Nr. 2. Göttingen: Schwartz. Breinbauer, Andreas, 2008: MigrantInnen und PendlerInnen aus CentropeLändern – Humanpotenzial für Wiener Unternehmen. S. 49-76.

Bibliographie

267

Brickman, Philip, und Donald T. Campbell, 1971: Hedonic Relativism and Planning the Good Society. S. 287–302 in: Appley, Mortimer H. (Hg.), Adaption-level Theory: A Symposium. New York: Academic Press. Campbell, Angus, 1972: Aspiration, Satisfaction and Fulfilment. S. 441-446 in: Campbell, Angus , und Philip Converse (Hg.), The Human Meaning of Social Change. New York: Russell Sage Foundation. Campbell, Angus, und Philip Converse (Hg.), 1972: The Human Meaning of Social Change. New York: Russell Sage Foundation. Campbell, Angus, Philip E. Converse und Willard L. Rodgers (Hg.), 1976: The Quality of American Life. New York: Russell Sage Foundation. Casali, Simone, und Veronica Alvarez Gonzales, 2010: 17% of Full-time Employees in the EU are Low-wage Earners. Luxembourg: Eurostat. Charlemagne-Badal, Sherma J., Jerry W. Lee, Terry L. Butler und Gary E. Fraser, 2015: Conceptual Domains Included in Wellbeing and Life Satisfaction Instruments: A Review. Applied Research in Quality of Life 10: S. 305-328. Chow, Henry P.H., 2007: Sense of Belonging and Life Satisfaction among Hong Kong Adolescent Immigrants in Canada. Journal of Ethnic and Migration Studies 33: S. 511-520. Connor, Phillip, und Douglas S. Massey, 2010: Economic Outcomes among Latino Migrants to Spain and the United States: Differences by Source Region and Legal Status. International Migration Review 44: S. 802–829. Cummins, Robert A., 1996: The Domains of Life Satisfaction: An Attempt to Order Chaos. Social Indicators Research 38: S. 303-328. Cummins, Robert A., 1997: Comprehensive Quality of Life Scale - Adult. Fifth Edition (ComQol-A5). Melbourne: School of Psychology/Deakin University. Cummins, Robert A., Eleonora Gullone und Anna L. D. Lau, 2002: A Model of Subjective Well-Being Homeostasis: The Role of Personality. S. 7-46 in: Gullone, Eleonora , und Robert Cummins (Hg.), The Universality of Subjective Wellbeing Indicators. A Multi-disciplinary and Multi-national Perspective. New York: Springer. De Gijsel, Peter, und Manfred Janssen, 1999: Understanding the Dutch-German Cross-Border Labour Market: Are Highly Educated Workers Unwilling to Move? Tijdschrift voor Economische en Sociale Geografie 91: S. 61-77.

268

Bibliographie

De Jong, Gordon F., Aphichat Chamratrithirong und Quynh-Giang Tran, 2002: For Better, for Worse: Life Satisfaction Consequences of Migration. International Migration Review 36: S. 838-863. De Witte, Hans, Jaco Pienaar und Nele De Cuyper, 2016: Review of 30 Years of Longitudinal Studies on the Association Between Job Insecurity and Health and Well-Being: Is There Causal Evidence? Australian Psychologist 51: S. 18–31. Delhey, Jan, 2004: Life Satisfaction in an Enlarged Europe. Luxembourg: European Foundation for the Improvement of Living and Working Conditions. Diener, Ed, und Frank Fujita, 1997: Social Comparisons and Subjective Wellbeing. S. 329-357 in: Buunk, Bram P. , und Frederick X. Gibbons (Hg.), Health, Coping, and Well-being. Perspectives from Social Comparison Theory. Mahwah, New Jersey: Erlbaum. Diener, Ed, Robert A. Emmons, Randy J. Larsen und Sharon Griffin, 1985: The Satisfaction with Life Scale. Journal of Personality Assessment 49: S. 71-75. Diener, Ed, Eunkook M. Suh, Richard E. Lucas und Heidi L. Smith, 1999: Subjective Well-Being: Three Decades of Progress. Psychological Bulletin 125: S. 276-302. Diener, Ed, Carol L. Gohm, Eunkook Suh und Shigehiro Oishi, 2000: Similarity of the Relations between Marital Status and Subjective Well-being Across Cultures. Journal of Cross-Cultural Psychology 31: S. 419-436. Dittmann, Joerg, und Jan Goebel, 2010: Your House, Your Car, Your Education: The Socioeconomic Situation of the Neighborhood and its Impact on Life Satisfaction in Germany. Social Indicators Research 96: S. 497–513. Dolan, Paul, Tessa Peasgood und Mathew White, 2008: Do We Really Know What Makes Us Happy? A Review of the Economic Literature on the Factors Associated with Subjective Well-being. Journal of Economic Psychology 29: S. 94-122. Drobnič, Sonja, Barbara Beham und Patrick Präg, 2010: Good Job, Good Life? Working Conditions and Quality of Life in Europe. Social Indicators Research 99: S. 205–225. Dumont, Jean-Christophe, und Olivier Monso, 2007: Matching Educational Background and Employment: A Challenge for Immigrants In Host

Bibliographie

269

Countries. S. 131-159 in: 2007, Oecd (Hg.), International Migration Outlook: SOPEMI 2007. Paris: OECD Publishing. Dustmann, Christian, und Francesca Fabbri, 2003: Language Proficiency and Labour Market Performance of Immigrants in the UK. The Economic Journal 113: S. 695–717. Easterlin, Richard A., 1973: Does Money Buy Happiness? Public Interest 30: S. 3-10. Easterlin, Richard A., 1974: Does Economic Growth Improve the Human Lot? Some Empirical Evidence. S. 89-125 in: David, Paul A. , und Melvin W. Reder (Hg.), Nations and Households in Economic Growth: Essays in Honour of Moses Abramovitz. New York: Academic Press. Easterlin, Richard A., 2001: Income and Happiness: Towards A Unified Theory. The Economic Journal 111: S. 465-484. Easterlin, Richard A., 2003: Building a Better Theory of Well-Being. IZA Discussion paper series, No. 742. Bonn: Institute for the Study of Labor. Easterlin, Richard A., 2006: Life Cycle Happiness and its Sources. Intersections of Psychology, Economics, and Demography. Journal of Economic Psychology 27: S. 463–482. Easterlin, Richard A., Laura Angelescu Mcvey, Malgorzata Switek, Onnicha Sawangfa und Jacqueline Smith Zweig, 2010: The happiness–income paradox revisited. Proceedings of the National Academy of Sciences 107: S. 22463-22468. Édouard, Roberson, und Gérard Duhaime, 2013: The Well-Being of the Canadian Arctic Inuit: The Relevant Weight of Economy in the Happiness Equations. Social Indicators Research 113: S. 373–392. Eigelsreiter, Gudrun, Florian Katterbauer, Max Moddenborg und Stefan Wagner, 2014: Pendeln - eine familiäre Herausforderung. Vorstellung, Planung und Realisierung von Familie und Beziehungen. S. 117-142 in: Kügler, Agnes,Katharina Miko und Karin Sardadvar (Hg.), Arbeiten in einer Grenzregion. Arbeits- und Lebenswelten Erwerbstätiger in der CENTROPERegion. Wien: FORBA/WU Wien. Erikson, Robert, 1974: Welfare as a Planning Goal. Acta Sociologica 17: S. 273-288.

270

Bibliographie

Erikson, Robert, 1993: Descriptions of Inequality: The Swedish Approach to Welfare Research. S. 67-83 in: Nussbaum, Martha C. , und Amartya Sen (Hg.), The Quality of Life. Oxford: Clarendon Press. Esser, Hartmut, 2001: Integration und ethnische Schichtung. Arbeitspapiere Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung 40. Esser, Hartmut, 2004: Welche Alternativen zur ›Assimilation‹ gibt es eigentlich? S. 41-59 in: Bade, Klaus J. , und Michael Bommes (Hg.), Migration – Integration – Bildung. Grundfragen und Problembereiche. IMIS-BEITRÄGE. Heft 23/2004. Osnabrück: Universität Osnabrück. Europäische Kommission, 2002: Freizügigkeit der Arbeitnehmer - Volle Nutzung der Vorteile und Möglichkeiten. KOM (2002) 66. Brüssel: EU Kommission. Falcón, Luis M., und Edwin Meléndez, 2001: The Social Context of Job Searching for Racial Groups in Urban Centers. S. 341-371 in: O'connor, Alice,Chris Tilly und Lawrence Bobo (Hg.), Urban Inequality: Evidence from Four Cities. New York: Russell Sage Foundation. Fassmann, Heinz, und Daniel Kollár, 1996: The Rise of Transnational Labour Market: The Austrian-Slovakian Example. European Regional Science Association. 36th European Congresse. ETH Zurich, Switzerland. Fassmann, Heinz, und Christiane Hintermann, 1997a: Migrationspotential Ostmitteleuropa. Struktur und Motivation potentieller Migranten aus Polen, der Slowakei, Tschechien und Ungarn. ISR-Forschungsberichte H. 22. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Fassmann, Heinz, und Christiane Hintermann, 1997b: Migrationspotenzial Ostmitteleuropa. Struktur und Motivation potenzieller MigrantInnen aus Polen, der Slowakei, Tschechien und Ungarn. Wien: Forschungsbericht des Instituts für Stadt- und Regionalforschung (ISR) Nr.15. Fassmann, Heinz, und Rainer Münz, 2000: Vergangenheit und Zukunft der europäischen Ost-West-Wanderung. S. 11-48 in: Fassmann, Heinz , und Rainer Münz (Hg.), Ost-West-Wanderung in Europa. Wien/Köln/Weimar: Böhlau. Favell, Adrian, 2008: The New Face of East-West Migration in Europe. Journal of Ethnic and Migration Studies 34: S. 701-716. Festinger, Leon, 1954: A Theory of Social Comparison Processes. Human Relations 7: S. 117-140.

Bibliographie

271

Festinger, Leon, 1957: A Theory of Cognitive Dissonance. Stanford, CA: Stanford University Press. Firebaugh, Glenn, und Matthew B. Schroeder, 2009: Does Your Neighbor’s Income Affect Your Happiness? American Journal of Sociology 115: S. 805831. Fischer, Justina, 2009: Subjective Well-Being as Welfare Measure: Concepts and Methodology. MPRA Paper No. 16619. Munich: University Library of Munich. Flick, Uwe, 2006: Interviews in der qualitativen Evaluationsforschung. S. 214232 in: Flick, Uwe (Hg.), Qualitative Evaluationsforschung – Konzepte, Methoden, Anwendungen. Reinbek: Rowohlt. Flick, Uwe, 2011a: Triangulation - Eine Einführung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaft. Flick, Uwe, 2011b: Das Episodische Interview. S. 273-280 in: Oelerich, Gertrud , und Hans-Uwe Otto (Hg.), Empirische Forschung und Soziale Arbeit. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. Frank, Robert H., 1999: Luxury Fever: Money and Happiness in an Era of Excess. Princeton, NJ: Princeton University Press. Frederick, Shane, und George Loewenstein, 1999: Hedonic Adaption. S. 302329 in: Kahneman, Daniel,Ed Diener und Norbert Schwarz (Hg.), WellBeing: The Foundations of Hedonic Psychology. New York: Russell Sage Foundation Press. Frey, Bruno S., und Alois Stutzer, 2002a: What Can Economists Learn from Happiness Research? Journal of Economic Literature 40: S. 402-435. Frey, Bruno S., und Alois Stutzer, 2002b: Happiness and Economics: How the Economy and Institutions Affect Human Well-Being. Princeton and Oxford: Princeton University Press. Frey, Bruno S., und Alois Stutzer, 2014: Economic Consequences of Mispredicting Utility. Journal of Happiness Studies 15: S. 937–956. Frieswijk, Nynke, Bram P. Buunk, Nardi Steverink und Joris P. J. Slaets, 2004: The Effect of Social Comparison Information on the Life Satisfaction of Frail Older Persons. Psychology and Aging 19: S. 183–190. Frijters, Paul, John P. Haisken-Denew und Michael A. Shields, 2004: Investigating the Patterns and Determinants of Life Satisfaction in Germany Following Reunification. The Journal of Human Resources 39: S. 649-674.

272

Bibliographie

Fritsch, Nina-Sophie, Roland Teitzer und Roland Verwiebe, 2014: Arbeitsmarktflexibilisierung und wachsende Niedriglohnbeschäftigung in Österreich. Eine Analyse von Risikogruppen und zeitlichen Veränderungen. Österreichische Zeitschrift für Soziologie 39: S. 91-110. Froschauer, Ulrike, und Manfred Lueger, 2003: Das qualitative Interview. Zur Praxis interpretativer Analyse sozialer Systeme. Wien: WUVUniversitätsverlag. Fuller, Theodore D., 1981: Migrant Evaluations of the Quality of Urban Life in Northeast Thailand. The Journal of Developing Areas 16: S. 87-104. Fürstenberg, Friedrich, 2006: Soziale Aspekte der transnationalen Pendelwanderung. S. 19-31 in: Sterbling, Anton (Hg.), Migrationsprozesse. Probleme von Abwanderungsregionen, Identitätsfragen. Hamburg: Krämer. Gabler, Siegfried, 1992: Schneeballverfahren und verwandte Stichprobendesigns. ZUMA-Nachrichten 31: S. 47-69. Galtung, Johan, 1980: The Basic Needs Approach. S. 55-125 in: Lederer, Katrin (Hg.), Human Needs. A Contribution to the Current Debate. Cambridge, Massachusetts: Oelgeschlager, Gunn and Hain. George, Roman, 2011: Niedriglohn und Geschlecht im europäischen Vergleich. WSI-Mitteilungen 64: S. 548–555. Gerlach, Knut, und Olaf Hübler, 1998: Firm Size and Wages in Germany Trends and Impacts of Mobility. Empirica 25: S. 245-261. Gomes, Maria Cristina Sousa, Maria Luís Rocha Pinto und Gabriela Gomes Dos Santos, 2010: Quality of life: A Reappraisal. International Journal of Sociology and Social Policy 30: S. 559-580. Graham, Carol, und Julie Markowitz, 2011: Aspirations and Happiness of Potential Latin American Immigrants. Journal of Social Research & Policy 2: S. 9-25. Haindorfer, Raimund, 2010: Transnationale Pendelwanderung und soziale Integration in der Grenzregion Westungarn. Eine Feldstudie zu rezenten Vergesellschaftungsdynamiken (Diplomarbeit). Wien: Universität Wien. Haindorfer, Raimund, 2011: Arm und trotzdem zufrieden? Effekte soziodemographischer Faktoren auf die Lebenszufriedenheit in Österreich. S. 232-250 in: Verwiebe, Roland (Hg.), Armut in Österreich: Bestandsaufnahme, Trends, Risikogruppen. Wien: Braumüller Verlag.

Bibliographie

273

Haindorfer, Raimund, 2013: Ost-West-Pendeln und soziale Integration in den Herkunftsgesellschaften. Explorative Ergebnisse einer Feldstudie in Westungarn. SWS-Rundschau 53: S. 110-130. Haindorfer, Raimund, 2017: Subjektive Bewertungen von Migration: Lebenszufriedenheit und subjektiver Pendelerfolg von grenzübergreifenden Ost-West-PendlerInnen aus Tschechien, Slowakei und Ungarn in Österreich (Dissertation). Wien: Universität Wien. Haindorfer, Raimund, Roland Verwiebe, Christoph Reinprecht und Laura Wiesböck, 2016: Economic Outcomes and Life Satisfaction of East-West Commuters in the Central European Region. S. 49-68 in: Hsu, Roland , und Christoph Reinprecht (Hg.), Migration and Integration: New Models for Mobility and Coexistence. Göttingen: Vienna University Press. Haller, Max, und Markus Hadler, 2006: How Social Relations and Structures can Produce Happiness and Unhappiness: An International Comparative Analysis. Social Indicators Research 75: S. 169–216. Hárdi, Tamás, 2005: Grenzüberschreitende Pendlerei, Erwerbstätigkeit im Österreichisch-Ungarischen Grenzraum. S. 199-218 in: Akademie Der Wissenschaften (Hg.), Fachzeitschrift Raum und Gesellschaft („Tér és Társadalom“ ) XIX Jahrgang/2. Győr: Ungarische Akademie der Wissenschaften. Haug, Sonja, 2010: Soziale Netzwerke und soziales Kapital. Faktoren für die strukturelle Integration von Migranten in Deutschland. S. 247-273 in: Gamper, Markus , und Linda Reschke (Hg.), Knoten und Kanten. Soziale Netzwerkanalyse in Wirtschafts- und Migrationsforschung. Bielefeld: transcript Verlag. Headey, Bruce, 2010: The Set Point Theory of Well-Being Has Serious Flaws: On the Eve of a Scientific Revolution? Social Indicators Research 97: S. 721. Helson, Harry, 1947: Adaption-level as a Frame of Reference for Prediction of Psychophysical Data. American Journal of Psychology 60: S. 1-29. Helson, Harry, 1964: Adaptation-Level Theory. New York: Harper. Hendriks, Martijn, 2015: The Happiness of International Migrants: A Review of Research Findings. Migration Studies: S. doi:10.1093/migration/mnu1053. Herrero, Juan, Asur Fuente und Enrique Gracia, 2011: Covariates of Subjective Well-being Among Latin American Immigrants in Spain: The Role of Social

274

Bibliographie

Integration in the Community. Journal of Community Psychology 39: S. 761–775. Horvath, Kenneth, 2012: National Numbers for Transnational Relations? Challenges of Integrating Quantitative Methods into Research on Transnational Labour Market Relations. Ethnic and Racial Studies 35: S. 117. Huber, Peter, 2010: Die Arbeitsmarktintegration von Migrantinnen und Migranten in Österreich. Wien: WIFO. Huber, Peter, 2012: Do Commuters Suffer from Job–education Mismatch? Applied Economics Letters 19: S. 349–352. Inglehart, Ronald, und Hans-Dieter Klingemann, 2000: Genes, Culture, Democracy, and Happiness. S. 165-183 in: Diener, Ed , und Eunkook M. Suh (Hg.), Money and Happiness: Income and Subjective Well-being Across Nations. Cambridge, MA/London: The MIT Press. Ivankova, Nataliya V., 2004: Students’ Persistence in the University of Nebraska–Lincoln Distributed Doctoral Program in Educational Leadership in Higher Education: A Mixed Methods Study. PhD Diss. Lincoln: University of Nebraska–Lincoln. Ivankova, Nataliya V., John W. Creswell und Sheldon L. Stick, 2006: Using Mixed-Methods Sequential Explanatory Design: From Theory to Practice. Field Methods 18: S. 3-20. Johansson, Sten, 1970: Om levnadsnivaundersökningen ('About the Level of Living Survey'). Stockholm: Allmana forlaget. Kahanec, Martin, Anzelika Zaiceva und Klaus F. Zimmermann, 2010: Lessons from Migration after EU-Enlargement. S. 3-45 in: Kahanec, Martin , und Klaus F. Zimmermann (Hg.), EU Labor Markets After Post-Enlargement Migration. Heidelberg/Dordrecht/London/New York: Springer. Kahneman, Daniel, und Robert Sugden, 2005: Experienced Utility as a Standard of Policy Evaluation. Environmental & Resource Economics 32: S. 161– 181. Kahneman, Daniel, Alan B. Krueger, David Schkade, Norbert Schwarz und Arthur A. Stone, 2006: Would You Be Happier If You Were Richer? A Focusing Illusion. Science 312: S. 1908-1910.

Bibliographie

275

Kalter, Frank, 2011: Social Capital and the Dynamics of Temporary Labour Migration from Poland to Germany. European Sociological Review 24: S. 555-569. Kämpfer, Sylvia, 2014: Migration und Lebenszufriedenheit. Eine theoriegeleitete empirische Analyse. Opladen/Berlin/Toronto: Budrich UniPress. Kelle, Udo, und Susann Kluge, 2010: Vom Einzelfall zum Typus. Fallvergleich und Fallkontrastierung in der qualitativen Sozialforschung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. Knight, John, und Ramani Gunatilaka, 2010: Great Expectations? The Subjective Well-being of Rural–Urban Migrants in China. World Development 38: S. 113-124. Latcheva, Rossalina, und Barbara Herzog-Punzenberger, 2011: Integration Revisited. Zur Dynamik und Kontextabhängigkeit individueller Integrationsverläufe am Beispiel von MigrantInnen der ersten Generation in Wien. Österreichische Zeitschrift für Soziologie 1: S. 3–27. Layard, Richard, 2003: Happiness: Has Social Science a Clue? Lionel Robbins Memorial Lectures 2002/3 at the London School of Economics. Lechner, Ferdinand, Andrea Major, Ina Matt und Barbara Willsberger, 2010: Ungarische GrenzgängerInnen in Österreich. Studie im Auftrag von EUREST Pannonia. Wien: L&R Sozialforschung. Livingston, Gretchen, 2006: Gender, Job Searching, and Employment Outcomes among Mexican Immigrants. Population Research and Policy Review 25: S. 43–66. Lönnqvist, Jan-Erik, Sointu Leikas, Tuuli Anna Mähönen und Inga JasinskajaLahti, 2014: The Mixed Blessings of Migration: Life Satisfaction and Selfesteem over the Course of Migration. European Journal of Social Psychology 45: S. 496–514. Lucas, Richard E., Andrew E. Clark, Yannis Georgellis und Ed Diener, 2003: Reexamining Adaptation and the Set Point Model of Happiness: Reactions to Changes in Marital Status. Journal of Personality and Social Psychology 84: S. 527–539. Lucas, Richard E., Andrew E. Clark, Yannis Georgellis und Ed Diener, 2004: Unemployment Alters the Set Point for Life Satisfaction. Psychological Science 15: S. 8-13.

276

Bibliographie

Lundholm, Emma, und Gunnar Malmberg, 2006: Gains and Losses, Outcomes of Interregional Migration in the Five Nordic Countries. Geografiska Annaler 88 B: S. 35–48. Lyubomirsky, Sonja, 2011: Hedonic Adaptation to Positive and Negative Experiences. S. 200-224 in: Folkman, Susan (Hg.), The Oxford Handbook of Stress, Health and Coping. New York: Oxford University Press. Mähönen, Tuuli Anna, Elina Leinonen und Inga Jasinskaja-Lahti, 2013: Met Expectations and the Wellbeing of Diaspora Immigrants: A Longitudinal Study. International Journal of Psychology 48: S. 324–333. Mapril, José Manuel Fraga, 2011: The Patron and the Madman: Migration, Success and the (In)Visibility of Failure Among Bangladeshis in Portugal. Social Anthropology/Anthropologie Sociale 19: S. 288–296. Marcus, George E., 1995: Ethnography of the World System: The Emergence of Multi-Sited Ethnography. Annual Review of Anthropology 24: S. 95-117. Maslow, Abraham H., 1943: A Theory of Human Motivation. Psychological Review 50: S. 370-396. Massey, Douglas, Frank Kalter und Karen A. Pren, 2008: Structural Economic Change and International Migration from Mexico and Poland. S. 134-161 in: Kalter, Frank (Hg.), Migration und Integration. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie. Sonderheft 48. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. Massey, Douglas S., 1987: The Ethnosurvey in Theory and Practice. International Migration Review 21: S. 1498-1522. Massey, Douglas S., und Kristin E. Espinosa, 1997: What's Driving Mexico-U.S. Migration? A Theoretical, Empirical, and Policy Analysis. The American Journal of Sociology 102: S. 939-999. Mehnert, Thomas, Herbert H. Nadler, Rosemary Nadler und Mary Boyd, 1990: Correlates of Life Satisfaction in those with a Disabling Condition. Rehabilitation Psychology: S. 3-17. Melzer, Silvia Maja, 2011: Does Migration Make You Happy? The Influence of Migration on Subjective Well-Being. Journal of Social Research & Policy 2: S. 73-92. Mudege, Netsayi Noris, und Eliya M. Zulu, 2010: In Their Own Words: Assessment of Satisfaction with Residential Location among Migrants in

Bibliographie

277

Nairobi Slums. Journal of Urban Health: Bulletin of the New York Academy of Medicine 88: S. 219-234. Mullan, Brendan, und Tomas Frejka, 1995: The UN/ECE International Migration Surveys in Lithuania, Poland, and Ukraine: Methodological Issues. S. 223-253 in: Erf, Ron Van Der , und Liesbeth Heering (Hg.), Causes of International Migration: Proceedings of a Workshop. Luxembourg: Office for Official Publications of the European Communities. Nerb, Gernot, Franz Hitzelsberger, Andreas Woidich, Stefan Pommer, Sebastian Hemmer und Petr Heczko, 2009: Scientific Report on the Mobility of CrossBorder Workers within the EU-27/EEA/EFTA Countries. Final Report. Brussels: European Commission. Neto, Félix, 2001: Satisfaction with Life Among Adolescents from Immigrant Families in Portugal. Journal of Youth and Adolescence 30: S. 53-67. Noll, Heinz-Herbert, 1999: Konzepte der Wohlfahrtsentwicklung: Lebensqualität und "neue" Wohlfahrtsentwicklung. EuReporting Working Paper No. 3. Mannheim: ZUMA. Noll, Heinz-Herbert, 2013: Subjective Social Indicators: Benefits and Limitations for Policy Making—An Introduction to this Special Issue. Social Indicators Research 114: S. 1-11. Nowok, Beata, Maarten Van Ham, Allan M. Findlay und Vernon Gayle, 2011: Does Migration Make You Happy? A Longitudinal Study of Internal Migration and Subjective Well-Being. IZA Discussion Paper No. 6140. Bonn: IZA. Nowotny, Klaus, 2011: Migrations- und Pendelpotentiale nach Ende der Übergangsfristen für die Arbeitskräftefreizügigkeit. AFLA – Arbeitskräftemobilität und Fachkräftebedarf nach der Liberalisierung des österreichischen Arbeitsmarktes. Wien: WIFO. Oi, Walter Y., und Todd L. Idson, 1999: Firm Size and Wages. S. in: Ashenfelter, Orley , und David Card (Hg.), Handbook of Labor Economics2165-2214. New York: Elsevier. Olgiati, Analia, Rocio Calvo und Lisa Berkman, 2012: Are Migrants Going Up a Blind Alley? Economic Migration and Life Satisfaction around the World: Cross-National Evidence from Europe, North America and Australia. Social Indicators Research: S. DOI 10.1007/s11205-11012-10151-11204.

278

Bibliographie

Otrachshenko, Vladimir, und Olga Popova, 2011: Life (Dis)satisfaction and Decision to Migrate: Evidence from Central and Eastern Europe. OsteuropaInstitut Regensburg Working Paper N0. 306. Regensburg: Osteuropa-Institut Regensburg. Paci, Pierella, Erwin R. Tiongson, Mateusz Walewski und Jacek Liwinski, 2010: Internal Labour Mobility in Central Europe and the Baltic Region: Evidence from Labour Force Surveys. S. 197-225 in: Caroleo, Floro Ernesto , und Francesco Pastore (Hg.), The Labour Market Impact of the EU Enlargement. Berlin/Heidelberg: SpringerǦVerlag. Parnreiter, Christof, 2000: Theorien und Forschungsansätze zu Migration. S. 2552 in: Husa, Karl,Christof Parnreiter und Irene Stacher (Hg.), Internationale Migration. Die globale Herausforderung des 21. Jahrhunderts? Frankfurt am Main: Brandes & Apsel. Pichler, Florian, 2011: Success on European Labor Markets: A Cross-national Comparison of Attainment between Immigrant and Majority Populations. International Migration Review 45: S. 938–978. Piore, Michael J., 1979: Birds of Passage: Migrant Labor and Industrial Societies. Cambridge: Cambridge University Press. Portes, Alejandro, und Julia Sensenbrenner, 1993: Embeddedness and Immigration: Notes on the Social Determinants of Economic Action. The American Journal of Sociology 98: S. 1320-1350. Pries, Ludger, 2004: Determining the Causes and Durability of Transnational Labour Migration between Mexico and the United States: Some Empirical Findings. International Migration 42: S. 3-39. Pugno, Maurizio, 2013: Scitovsky and the Income-happiness Paradox. The Journal of Socio-Economics: S. 1-10. Putnam, Robert D., 2007: E Pluribus Unum: Diversity and Community in the Twenty-first Century. The 2006 Johan Skytte Prize Lecture. Scandinavian Political Studies 30: S. 137-174. Ram, Yael, John Tribe und Avital Biran, 2016: Sexual Harassment: Overlooked and Under-researched. International Journal of Contemporary Hospitality Management 28: S. 2110-2131. Reinprecht, Christoph, 2006: Nach der Gastarbeit: Prekäres Altern in der Einwanderungsgesellschaft. Wien: Braumüller Verlag.

Bibliographie

279

Reinprecht, Christoph, 2010: Migration als Determinante von Lebensqualität: Strukturelle, kulturelle und biographische Aspekte. Vortrag auf der Tagung: Viele Welten des Alterns? Ältere Migranten im alternden Deutschland. Berlin: 24-25/06/2010. Reinprecht, Christoph, 2012: Migration als Determinante von Lebensqualität: Strukturelle, kulturelle und biografische Aspekte. S. 339-362 in: BaykaraKrumme, Helen,Andreas Motel-Klingebiel und Peter Schimany (Hg.), Viele Welten des Alterns. Ältere Migranten im alternden Deutschland. Berlin: VS Verlag für Sozialwissenschaften. Riederer, Bernhard, 2013: Kinder: Lust oder Last? Effekte von Kindern auf das persönliche Wohlbefinden der Eltern (Dissertation). Graz: Universität Graz. Rozmahel, Petr, Luděk Kouba, Nikola Najman, Marek Litzman, Márta Nárai, Karol Frank und Peter Huber, 2012: CENTROPE Regional Development Report. Focus and Stock Taking Report on Human Capital, Education and Labour Markets in the CENTROPE. Wien: WIFO. Runciman, Walter G., 1966: Relative Deprivation and Social Justice: A Study of Attitudes to Social Inequality in Twentieth Century England. London: Routledge & Kegan Paul. Ryan, Louise, 2011: Migrants’ Social Networks and Weak Ties: Accessing Resources and Constructing Relationships Post-Migration. The Sociological Review 59: S. 707-724. Sachweh, Patrick, 2010: Deutungsmuster sozialer Ungleichheit. Wahrnehmung und Legitimation gesellschaftlicher Privilegierung und Benachteiligung. Frankfurt/New York: Campus Verlag. Safi, Mirna, 2010: Immigrants’ Life Satisfaction in Europe: Between Assimilation and Discrimination. European Sociological Review: S. DOI:10.1093/esr/jcp1013. Schatzman, Leonard, und Anselm Leonard Strauss, 1973: Field Research: Strategies for a Natural Sociology. Englewood Cliffs, New Jersey: Prentice Hall. Schütze, Fritz, 1983: Biographieforschung und narratives Interview [Biographical Research and Narrative Interview]. Neue Praxis 13: S. 283293. Schyns, Peggy, 2000: The Relationship Between Income, Changes in Income and Life-Satisfaction in West Germany and the Russian Federation: Relative,

280

Bibliographie

Absolute, or a Combination of Both? S. 83-109 in: Diener, Ed , und Don R. Rahtz (Hg.), Advances in Quality of Life Theory and Research. Dordrecht/Boston/London: Kluwer Academic Publishers. Schyns, Peggy, 2001: Income and Satisfaction in Russia. Journal of Happiness Studies 2: S. 173–204. Scitovsky, Tibor, 1992: The Joyless Economy: The Psychology of Human Satisfaction. Oxford: Oxford University Press. Sekulová, Martina, 2013: Transnational Households in the Context of Female Migration from Slovakia to Austria. Urban People/Lidé Města 15: S. 217236. Shye, Samuel, 1989: The Systematic Life Quality Model: A Basis for Urban Renewal Evaluation. Social Indicators Research 21: S. 343-378. Simpson, Nicole B., 2013: Happiness and Migration. S. 393-407 in: Constant, Amelie F. , und Klaus F. Zimmermann (Hg.), International Handbook on the Economics of Migration. Cheltenham, UK/Northampton, MA, USA: Edward Elgar. Sjaastad, Larry A., 1962: The Costs and Returns of Human Migration. The Journal of Political Economy 70: S. 80-93. Solga, Heike, Martin Diewald und Anne Goedicke, 2000: Arbeitsmarktmobilität und die Umstrukturierung des ostdeutschen Beschäftigungssystems. Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 22: S. 242-260. Somarriba, Noelia, und Bernardo Pena, 2008: Quality of Life and Subjective Welfare in Europe: An Econometric Analysis. Applied Econometrics and International Development 8: S. 55-66. Somarriba, Noelia, und Bernardo Pena, 2009: Synthetic Indicators of Quality of Life in Europe. Social Indicators Research 94: S. 115–133. Soukiazis, Elias, und Sara Ramos, 2016: The Structure of Subjective Well-Being and Its Determinants: A Micro-Data Study for Portugal. Social Indicators Research 126: S. 1375–1399. Speare, Alden, 1974: Residential Satisfaction As an Intervening Variable in Residential Mobility. Demography 11: S. 173-188. Stark, Oded, und Edward J. Taylor, 1989: Relative Deprivation and International Migration. Demography 26: S. 1-14.

Bibliographie

281

Stevenson, Betsey, und Justin Wolfers, 2008: Economic Growth and Subjective Well-Being: Reassessing the Easterlin Paradox. Brookings Papers on Economic Activity 39: S. 1-87. Stillman, Steven, John Gibson, David Mckenzie und Halahingano Rohorua, 2015: Miserable Migrants? Natural Experiment Evidence on International Migration and Objective and Subjective Well-Being. World Development 65: S. 79–93. Stutzer, Alois, und Bruno S. Frey, 2007: Commuting and Life Satisfaction in Germany. Informationen zur Raumentwicklung 2: S. 1-11. Stutzer, Alois, und Bruno S. Frey, 2008: Stress that Doesn’t Pay: The Commuting Paradox. The Scandinavian Journal of Economics 110: S. 339– 366. Stutzer, Alois, und Thorsten Henne, 2014: Aspiration Theory. S. 253-255 in: Michalos, Alex C. (Hg.), Encyclopedia of Quality of Life and Well-Being Research. Dordrecht/Heidelberg/New York/London: Springer. Sverke, Magnus, Johnny Hellgren und Katharina Näswall, 2002: No Security: A Meta-analysis and Review of Job Insecurity and its Consequences. Journal of Occupational Health Psychology 73: S. 242-264. Tashakkori, Abbas, und Charles Teddlie, 2009: Foundations of Mixed Methods Research: Integrating Quantitative and Qualitative Approaches in the Social and Behavioral Sciences. Los Angeles/London/New Dehli/Singapore/Washington DC: SAGE. Todaro, Michael P, 1976: International Migration in Developing Countries. Genf: International Labor Office. Todaro, Michael P., 1969: A Model of Labor Migration and Urban Unemployment in Less Developed Countries. The American Economic Review 59: S. 138-148. Ullrich, Carsten G., 1999: Deutungsmusteranalyse und diskursives Interview. Zeitschrift für Soziologie 28: S. 429-447. Van Praag, B.M.S., Paul Frijters und Ada Ferrer-I-Carbonell, 2003: The Anatomy of Subjective Well-being. Journal of Economic Behavior & Organization 54: S. 89-109. Van Tubergen, Frank, und Matthijs Kalmijn, 2005: Destination-Language Proficiency in Cross-National Perspective: A Study of Immigrant Groups in Nine Western Countries. American Journal of Sociology 110: S. 1412-1457.

282

Bibliographie

Vavrečková, Jana, 2006: Migrační potenciál po vstupu ČR do EU (výsledky terénního šetření). [Migration Potential after EU Accession of the Czech Republic]. Praha: Research Institute for Labour and Social Affairs. Veenhoven, Ruut, 1991: Questions on Happiness: Classical Topics, Modern Answers, Blind Spots. S. 7-26 in: Strack, Fritz,Michael Argyle und Norbert Schwarz (Hg.), Subjective Well-Being: An Interdisciplinary Perspective. Oxford/NewYork/Bejing/Frankfurt/São Paulo/Sydney/Tokyo/Toronto: Pergamon Press. Veenhoven, Ruut, 2008: Sociological Theories of Subjective Well-Being. S. 4461 in: Eid, Michael , und Randy Larsen (Hg.), The Science of Subjective Well-being: A Tribute to Ed Diener. New York: Guilford Publications. Verkuyten, Maykel, 2008: Life Satisfaction Among Ethnic Minorities: The Role of Discrimination and Group Identification. Social Indicators Research: S. DOI 10.1007/s11205-11008-19239-11202. Verwiebe, Roland, 2004: Transnationale Mobilität innerhalb Europas. Eine Studie zu den sozialstrukturellen Effekten der Europäisierung. Berlin: Edition Sigma. Verwiebe, Roland, 2006: Transnationale Mobilität in Europa und soziale Ungleichheit. S. 155-186 in: Heidenreich, Martin (Hg.), Europäisierung und soziale Ungleichheit. Frankfurt am Main: Campus. Verwiebe, Roland, und Klaus Eder, 2006: The Positioning of Transnationally Mobile Europeans in the German Labour Market. An Analysis of its Causes and Effects. European Societies 8: S. 141-167. Verwiebe, Roland, Christoph Reinprecht, Raimund Haindorfer und Laura Wiesböck, 2015: How to Succeed in a Transnational Labor Market. Job Search and Wages among Hungarian, Slovak and Czech Commuters in Austria. International Migration Review: S. DOI: 10.1111/imre.12193. Wallace, Claire, 1998: Migration Potential in Central and Eastern Europe. Geneva: IOM. Wallace, Claire, und Christian W. Haerpfer, 2001: Migration Potential in Slovakia. Sociológia Slovak Sociological Review 33: S. 549–567. Wallace, Claire, und Kathryn Vincent, 2007: Recent Migration from the New European Borderlands. Review of Sociology 13: S. 19–37.

Bibliographie

283

Walsh, Sophie D., und Gabriel Horenczyk, 2001: Gendered Patterns of Experience in Social and Cultural Transition: The Case of English-Speaking Immigrants in Israel. Sex Roles 45: S. 501-528. Werkuyten, Markel, und Shervin Nekuee, 1999: Subjective Wellbeing, Discrimination and Cultural Conflict: Iranians Living in The Netherlands. Social Indicators Research 47: S. 281–306. Wiesböck, Laura, und Raimund Haindorfer, 2014: Arbeitsmarktöffnung und Migration - Trends in Österreich. Trendreport 1/2014. S. 20-21. Wooldridge, Jeffrey M., 2001: Econometric Analysis of Cross Section and Panel Data. Cambridge, MA: MIT Press. Wright, Katie, 2010: ‘It’s a Limited Kind of Happiness’: Barriers to Achieving Human Well-being among Peruvian Migrants in London and Madrid. Bulletin of Latin American Research 29: S. 367-383. Wright, Katie, 2011: Constructing Migrant Wellbeing: An Exploration of Life Satisfaction Amongst Peruvian Migrants in London. Journal of Ethnic and Migration Studies 37: S. 1459-1475. Wright, Tessa, 2007: The Problems and Experiences of Ethnic Minority and Migrant Workers in Hotels and Restaurants in England. Just Labour: A Canadian Journal of Work and Society 10: S. 74-84. Zapf, Wolfgang, 1984: Individuelle Wohlfahrt: Lebensbedingungen und wahrgenommene Lebensqualität. S. 13-26 in: Glatzer, Wolfgang , und Wolfgang Zapf (Hg.), Lebensqualität in der Bundesrepublik. Objektive Lebensbedingungen und subjektives Wohlbefinden. Campus Verlag: Frankfurt/New York. Quellen aus dem Internet AMSa: http://www.ams.at/ueberams/medien/arbeitsmarktdaten/fachbegriffe#Unselbstndig_Beschftigte (zugegriffen: 30.05.2017). AMSb: www.ams.at/ueberams/medien/arbeitsmarktdaten/ fachbegriffe#Bewilligungspflichtig_beschftigte_AuslnderInnen (zugegriffen: 30.07.2015). AMSc: http://www.ams.at/ueber-ams/medien/arbeitsmarktdaten/fachbegriffe (zugegriffen: 09.04.2015).

284

Bibliographie

Centrope: www.centrope.com (zugegriffen: 17.07.2015). Centrope Agentur, 2013a: Strategie- und Aktionsplan centrope 2013+ (Langfassung). Wien: centrope agency. http://www.centrope.com/repository/centrope/downloads_AT/centrope_Strat egy_Action_Plan_2013_de.pdf (zugegriffen: 21.07.2015). Centrope Agentur, 2013b: Strategie- und Aktionsplan centrope 2013+ (Kurzfassung). Wien: centrope agency. http://www.centrope.com/repository/centrope/downloads_AT/StrategyReport _de.pdf (zugegriffen: 21.07.2015). Duden: http://www.duden.de/rechtschreibung/Erfolg (zugegriffen: 23.05.2017). EURES: http://ec.europa.eu/eures/ (zugegriffen 08.05.2017). Stadt Wien: https://www.wien.gv.at/wirtschaft/eu-strategie/centrope.html (zugegriffen: 07.05.2017).

Anhang Leitfaden der episodischen Interviews Leitfaden „Transnationale Mobilität und ihre subjektiven Bewertungen“ Einleitung: In meinem Forschungsprojekt interessiere ich mich für die berufliche Situation, das Leben und die persönlichen Einstellungen der ungarischen Pendler und Pendlerinnen in Österreich. Es gibt keine „richtigen“ oder „falschen“ Antworten – was zählt, ist Ihre eigene Sicht der Dinge. Die Ergebnisse meiner Studie werden anonymisiert, Ihr Name taucht also nicht auf. Wenn Sie während des Gesprächs eine Frage haben sollten, so stellen Sie mir diese bitte. 1

Aktueller Arbeitsplatz

1.1

Zu Beginn würde ich Sie bitten, dass Sie Ihre derzeitige Arbeit in Österreich möglichst genau beschreiben. Mich würde zum Beispiel interessieren, seit wann Sie diese Arbeit haben und welche berufliche Tätigkeit Sie bei Ihrer Arbeit ausüben? [nachfragen: Wie haben Sie diese Arbeit gefunden? In welchem Bundesland ist Ihr Arbeitsplatz? Wie oft pendeln Sie von Ihrem Haushalt in Ungarn zu Ihrem derzeitigen Arbeitsplatz? Wie lange benötigen Sie für einen Weg zwischen Ihrem Hauptwohnsitz in Ungarn und Ihrem Arbeitsort mit dem von Ihnen am häufigsten benutzten Verkehrsmittel? Empfinden Sie das tägliche/wöchentliche/monatliche/saisonale Pendeln als Belastung? Welche Arbeitszeiten haben Sie in dem Betrieb? Wie sind Ihre Arbeitszeiten geregelt? Stimmen die Zeiten, in denen Sie hier arbeiten, mit dieser Regelung überein? Wie viele Personen sind in dem Betrieb, in dem Sie derzeit arbeiten, (inklusive Sie selbst) beschäftigt? Aus welchen Ländern kommen die anderen Mitarbeiter in Ihrem Betrieb? Aus welchem Land kommt der Chef oder die Chefin? Darf ich Sie fragen, wie viel Sie bei dieser Tätigkeit im Monat verdienen? Könnten Sie mir Ihren durchschnittlichen monatlichen Bruttoverdienst inklusive Überstunden aus dieser Tätigkeit angeben, d.h. den Lohn vor Abzug der Steuern und Sozialversicherung. Rechnen Sie Sonderzahlungen wie Urlaubsgeld oder Nachzahlungen nicht mit.]

1.2

Sind Sie alles in allem eher zufrieden oder unzufrieden mit Ihrem aktuellen Arbeitsplatz in Österreich? Erzählen Sie mir bitte ein Beispiel, an dem dies deutlich wird. [nachfragen, falls erzähltes Beispiel sehr kurz oder unergiebig: Könnten Sie mir vielleicht noch ein Beispiel erzählen? Fallen Ihnen noch weitere Beispiele ein? Gibt es da noch andere Beispiele, die Ihnen wichtig erscheinen?] [n: Warum/Wieso sind Sie zufrieden/unzufrieden mit Ihrem aktuellen Arbeitsplatz?] [n: Sind Sie zufrieden mit dem Einkommen, dass Sie hier verdienen?]

1.3

Haben Sie auch in anderen beruflichen Feldern einen Job gesucht oder nur im Bereich Gastronomie/Hotellerie? [n: Warum/Wieso haben Sie (…)?]

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 R. Haindorfer, Lebenszufriedenheit und Pendelerfolg, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26791-9

286

Anhang

2

Ausbildung

2.1

Haben Sie eine Berufsausbildung abgeschlossen? Haben Sie einen Beruf gelernt? [n: Haben Sie noch andere Berufsausbildungen abgeschlossen?] [Filter: Berufsausbildung abgeschlossen]

2.2

Warum haben Sie diese Ausbildung gemacht/diesen Beruf gelernt? [n: Haben Sie diese Ausbildung gemacht/diesen Beruf gelernt, weil Sie sich damit bessere Chancen in Österreich erwartet haben als mit einem anderen Abschluss?] [n: Was hätten Sie gerne für eine Ausbildung gemacht/gelernt, wenn Sie die Wahl gehabt hätten?] [n: Warum haben Sie die Ausbildung, die Sie gerne gemacht hätten/das, was Sie gerne gelernt hätten, nicht gemacht/gelernt?]

2.3

War diese Ausbildung wichtig dafür, dass Sie Ihren aktuellen Job bekommen haben? [n: Warum/Wieso war (…)?][n: Welche Eigenschaften an Ihnen waren für Ihren Chef/Ihre Chefin wichtig, dass er/sie Sie eingestellt hat?]

3

Berufsverlauf

3.1

Beruflicher Wechsel/Branchenwechsel

3.1.1

Haben Sie bei Ihren beruflichen Stationen in Ungarn und Österreich jemals eine andere berufliche Tätigkeit ausgeübt als Ihren erlernten Beruf? Bitte erzählen Sie mir so eine Situation, wenn das bei Ihnen einmal der Fall war. [nachfragen, falls erzähltes Beispiel nicht zum Berufsverlauf in Österreich: Haben Sie auch in Österreich einmal eine andere berufliche Tätigkeit als Ihren erlernten Beruf ausgeübt?] [Filter: Keine Berufsausbildung abgeschlossen]

3.1.2

Haben Sie bei Ihren beruflichen Stationen in Ungarn und Österreich jemals ihre berufliche Tätigkeit gewechselt? Bitte erzählen Sie mir so eine Situation, wenn das bei Ihnen einmal der Fall war. [nachfragen, falls erzähltes Beispiel nicht zum Berufsverlauf in Österreich: Haben Sie auch in Österreich einmal Ihre berufliche Tätigkeit gegenüber ihrer beruflichen Tätigkeit in Ungarn verändert?] [Filter: Eigene Erfahrungen mit Wechsel der beruflichen Tätigkeit im Berufsverlauf in Österreich]

3.1.3

Wie haben Sie den Wechsel Ihrer beruflichen Tätigkeit in Österreich empfunden? Wie haben Sie sich dabei gefühlt? [nachfragen, falls keine Informationen zu Handlungsalternativen: Ist der berufliche Wechsel freiwillig zustande gekommen oder hatten Sie keine andere Wahl (…)?] [Filter: Keine eigenen Erfahrungen mit Wechsel der beruflichen Tätigkeit im Berufsverlauf in Ö.]

3.1.4

Stellen Sie sich vor, Sie würden mit Ihrem erlernten Beruf/Ihrer bisherigen beruflichen Tätigkeit keinen Job in Österreich finden und müssten Ihre berufliche Tätigkeit wechseln, um in Österreich arbeiten zu können. Würden Sie das machen?

Anhang

287 [n: Warum/Wieso würden Sie (…)?] [Alle]

3.1.5

3.2 3.2.1

Mir wurde hin und wieder erzählt, dass ungarische Pendler wegen der höheren Löhne akzeptieren, wenn sie in Österreich vor allem in der Gastronomie oder am Bau einen Job finden können, obwohl manche eigentlich andere Ausbildungen haben und gerne auch in anderen Bereichen/Branchen einen Job finden würden. Wie stehen Sie zu dieser Einschätzung? [n: Warum/Wieso sind Sie der Ansicht/Meinung, dass (…)?][alternativ: Teilen Sie diese Einschätzung?] Ausbildungsadäquatheit der Beschäftigung/Dequalifizierung Haben Sie beim Arbeiten in Österreich Erfahrungen mit der Situation gemacht, dass Ihre Ausbildung für den Job nicht passend war? [Zusatz bei Unklarheit der Fragestellung: Damit meine ich, dass eine andere gleichwertige, eine höhere, eine niedrigere oder gar keine Ausbildung für die betreffende Tätigkeit in Österreich gereicht hätte]. Können Sie mir so eine Situation bitte erzählen, wenn das bei Ihnen einmal der Fall war? [n: Könnten Sie mir vielleicht noch ein Beispiel erzählen? Fallen Ihnen noch weitere Beispiele ein? Gibt es da noch andere Beispiele, die Ihnen wichtig erscheinen?] [a: Wie ist es dazu gekommen?] [Filter: Eigene Erfahrungen mit nicht ausbildungsadäquater Beschäftigung]

3.2.2

Wie haben Sie das gefunden, dass Sie […]? [nachfragen, falls keine Informationen zu Handlungsalternativen: Ist es freiwillig zustande gekommen oder hatten Sie keine andere Wahl (…)?] [Filter: Keine eigenen Erfahrungen mit Dequalifizierung]

3.2.3

Angenommen, man würde Ihnen einen Job in Österreich anbieten, für den Sie überqualifiziert sind. Damit meine ich, dass für den Job eine niedrigere Qualifikation als Sie haben oder gar keine Ausbildung reichen würde. Würden Sie so einen Job annehmen? [n: Warum/Wieso würden Sie (…)?] [a: Zum Beispiel, würde man Ihnen als gelerntem Kellner/gelerntem Koch nur einen Job als Tellerwäscher aber nicht als Kellner/Koch anbieten?] [Alle]

3.2.4

3.3 3.3.1

Man hört ja immer wieder, dass ungarische Pendler es akzeptieren, wenn sie für die Jobs in Österreich überqualifiziert sind, weil sie so oder so mehr verdienen als in Ungarn. Was halten Sie von dieser Ansicht? [n: Warum/Wieso sind Sie der Ansicht/Meinung, dass (…)?] [a: Würden Sie dieser Ansicht zustimmen?] Benachteiligung gegenüber Österreichern Fühlen Sie sich gegenüber den österreichischen Mitarbeitern, damit meine ich österreichische Staatsbürger, in Ihrem Betrieb gleich behandelt? Können Sie mir bitte eine Situation erzählen, woran Sie Ihre Einschätzung festmachen? [n: Könnten Sie mir vielleicht noch ein Beispiel erzählen? Fallen Ihnen noch weitere Beispiele ein? Gibt es da noch andere

288

Anhang Beispiele, die Ihnen wichtig erscheinen?] [n: Warum/Wieso sind Sie der Ansicht/Meinung, dass (…)?] [n: Wie haben Sie das gefunden, dass (…)?] [n: Empfinden Sie diese Benachteiligung als Diskriminierung?] [n: Was ist das für Sie, „Benachteiligung gegenüber Österreichern im selben Betrieb“? Was stellen Sie sich darunter vor?] [Filter: Keine eigenen Erfahrungen von Benachteiligung]

3.3.2

Angenommen, Sie hätten einen Job in Österreich, bei dem Sie gegenüber den österreichischen Mitarbeitern benachteiligt werden. Zum Beispiel würde man Ihnen als ungarischem/r Pendler/in ein geringeres Einkommen als den Österreichern im gleichen Betrieb für genau dieselbe Tätigkeit bezahlen. Was würden Sie in so einer Situation tun? [n: Warum/Wieso würden Sie (…)?] [Alle]

3.3.3

3.4 3.4.1

Mir wurde auch schon oft erzählt, dass ungarische Pendler in Österreich akzeptieren, wenn sie bei den Jobs in Österreich gegenüber Österreichern in demselben Betrieb benachteiligt werden, weil sie hier sowieso mehr verdienen als in Ungarn. Würden Sie dieser Auffassung zustimmen oder sehen Sie das anders? [n: Warum/Wieso würden Sie/sehen Sie (…)?] Irreguläre Beschäftigung Haben Sie bei ihren beruflichen Stationen in Österreich von Ihrem Chef/Ihrer Chefin jeweils einen Arbeitsvertrag erhalten? [Zusatz bei Unsicherheit des Befragten: Wir können ganz offen darüber sprechen. Ihre Angaben werden ja anonymisiert] [Filter: Eigene Erfahrungen mit irregulärer Beschäftigung]

3.4.2

Wie haben Sie das gefunden, dass Sie […]? [nachfragen, falls keine Informationen zu Handlungsalternativen: Ist diese Situation freiwillig zustande gekommen oder hatten Sie keine andere Wahl (…)?] [Filter: Keine eigenen Erfahrungen mit irregulärer Beschäftigung]

3.4.3

Stellen Sie sich vor, Sie würden einen Job in Österreich haben, bei dem Sie vom Arbeitgeber auch nach den ersten Arbeitswochen keinen Arbeitsvertrag erhalten. Wie würden Sie mit dieser Situation umgehen? [n: Warum/Wieso würden Sie (…)?] [Alle]

3.4.4

Es gibt ja unter anderem die Meinung, dass ungarische Pendler in Österreich akzeptieren, wenn Sie vom Arbeitgeber in Österreich keinen Arbeitsvertrag erhalten, weil sie sowieso mehr verdienen als in Ungarn. Sind Sie derselben Meinung? [n: Warum/Wieso sind Sie der Ansicht/Auffassung, dass (…)?] [a: Würden Sie dieser Meinung zustimmen?]

Anhang

289

4

Effekte der Arbeitsmarktöffnung 2011

4.1

Ist Ihnen bekannt, dass am 1. Mai 2011 in Österreich der Arbeitsmarkt geöffnet wurde und Personen aus Ungarn seitdem ohne Arbeitsgenehmigung in Österreich arbeiten können?

4.2

…und hat sich in Ihrer eigenen beruflichen Situation durch die Arbeitsmarktöffnung etwas verändert?

5 5.1

Ziele in Österreich/Zielerreichung Wenn Sie heute zurückblicken: Warum arbeiten Sie in Österreich? Was waren Ihre Gründe, damals nach Österreich zum Arbeiten zu kommen (in der Zeit als Sie noch nicht in Österreich gearbeitet haben)? [a: Wie ist es dazu gekommen, dass Sie in Österreich arbeiten?] [n: Haben Sie auch bestimmte Ziele gehabt, die Sie sich durch das/mit dem Arbeiten in Österreich erfüllen wollten?] [n: Haben Sie auch bestimmte Ziele in Österreich gehabt?] [Filter: Gründe, Erwartungen, Ziele, Wünsche]

5.2

Haben Sie das Gefühl, dass Sie Ihre wichtigsten Ziele erfüllen konnten? [n: Konnten Sie Ihre Ziele, die Sie sich durch das/mit dem Arbeiten in Österreich erfüllen wollten, erfüllen/erreichen?] [n: Konnten Sie Ihre Ziele in Österreich erfüllen/erreichen?]

5.3

…und haben Sie (auch) bestimmte Ziele gehabt, die Sie nicht erfüllen/erreichen konnten? [n: Welche Ziele/Wünsche, die Sie sich durch das/mit dem Arbeiten in Österreich erfüllen wollten, konnten sie nicht erfüllen?] [n: Welche Ihrer Ziele in Österreich konnten Sie nicht erfüllen/erreichen?]

5.4

Haben Sie den Eindruck, dass sich Ihre Ziele, seitdem Sie in Österreich arbeiten, verändert haben? [n: Bitte erzählen Sie mir dazu (ein Beispiel/eine Situation), wenn das bei Ihnen der Fall ist] [n: Haben sich Ihre Ziele, die Sie mit dem Arbeiten in Österreich erreichen wollten, seit Sie in Österreich arbeiten, verändert?] [a: Haben Sie den Eindruck, dass sich die Gründe, warum Sie in Österreich arbeiten, im Laufe Ihrer Zeit in Österreich verändert haben?] [Alle]

5.5

Hatten Sie damals (auch) bestimmte berufliche Ziele in Österreich? [n: Warum/Wieso hatten Sie (…)/hatten Sie keine (…)?] [a: Hatten Sie damals (auch) bestimmte berufliche Erwartungen, als Sie nach Österreich zum Arbeiten gekommen sind?] [Filter: Berufliche Ziele]

5.6

Haben Sie den Eindruck, dass sich Ihre beruflichen Ziele im Laufe Ihrer Zeit in Österreich verändert haben? [n: Bitte erzählen Sie mir dazu (ein Beispiel/eine Situation), wenn das bei Ihnen der Fall ist] [n: Haben sich Ihre beruflichen Ziele, also was Sie mit dem Arbeiten in Österreich beruflich erreichen wollen, im Laufe Ihrer Zeit in Österreich verändert?] [n: Haben sich Ihre beruflichen Erwartungen, also was Sie sich vom Arbeiten in Österreich beruflich erwarten, im Laufe Ihrer Zeit in Österreich verändert?]

290

Anhang [Filter: Keine beruflichen Ziele]

5.7

Haben Sie im Laufe Ihrer Zeit in Österreich für sich berufliche Ziele entwickelt? [n: Bitte erzählen Sie mir dazu (ein Beispiel/eine Situation), wenn das bei Ihnen der Fall ist][n: Haben Sie im Laufe Ihrer Zeit in Österreich für sich berufliche Ziele formuliert?]

5.8

Haben Sie den Eindruck, dass sich Ihre beruflichen Ziele im Laufe Ihrer Zeit in Österreich verändert haben? [n: Bitte erzählen Sie mir dazu (ein Beispiel/eine Situation), wenn das bei Ihnen der Fall ist] [n: Haben sich Ihre beruflichen Ziele, also was Sie mit dem Arbeiten in Österreich beruflich erreichen wollen, im Laufe Ihrer Zeit in Österreich verändert?] [n: Haben sich Ihre beruflichen Erwartungen, also was Sie sich vom Arbeiten in Österreich beruflich erwarten, im Laufe Ihrer Zeit in Österreich verändert?]

6

Bilanzierung: Arbeiten in Österreich und berufliches Weiterkommen [Alle]

6.1

Was verstehen Sie unter „beruflichem Weiterkommen“ oder anders gesagt: dass man beruflich weiterkommt? Was verbinden Sie damit? [Begriffs-Alternativen zu beruflichem Weiterkommen: berufliches Vorankommen, berufliche Karriere, beruflicher Werdegang]

6.2

Hatten Sie damals, bevor Sie nach Österreich gekommen sind, (auch) das Ziel, dass Sie beim Arbeiten in Österreich beruflich weiterkommen? [n: Warum/Wieso hatten Sie (…)/hatten Sie nicht die Motivation (…)?] [a: Hatten Sie damals, bevor Sie nach Österreich gekommen sind, (auch) die Motivation, dass Sie beim Arbeiten in Österreich beruflich weiterkommen?]

6.3

Wenn Sie heute auf Ihre berufliche/n Station/en in Österreich zurückblicken: Sind Sie Ihrer Meinung nach in Österreich beruflich weitergekommen? Können Sie dies bitte anhand eines Beispiels erzählen? [n: Könnten Sie mir vielleicht noch ein Beispiel erzählen? Fallen Ihnen noch weitere Beispiele ein? Gibt es da noch andere Beispiele, die Ihnen wichtig erscheinen?] [n: Warum/Wieso sind Sie der Ansicht/Meinung, dass (…)?] [n: Konnten Sie Ihr Ziel in Österreich beruflich weiterzukommen erreichen?]

6.4

Wenn Sie heute Bilanz ziehen, hat sich das Arbeiten in Österreich in Bezug auf Ihr/für Ihr berufliches Weiterkommen alles in allem gelohnt? Erzählen Sie mir bitte ein Beispiel, an dem mir dies deutlich wird. [n: Könnten Sie mir vielleicht noch ein Beispiel erzählen? Fallen Ihnen noch weitere Beispiele ein? Gibt es da noch andere Beispiele, die Ihnen wichtig erscheinen?] [n: Warum/Wieso sind Sie der Ansicht/Meinung, dass (…)?][a: Wenn Sie heute Bilanz ziehen, war die Entscheidung in Österreich zu arbeiten für Ihr berufliches Weiterkommen eine gute oder keine gute Entscheidung?] [a: Wenn Sie heute Bilanz ziehen, hat das Arbeiten in Österreich in Bezug auf Ihr/für Ihr berufliches Weiterkommen alles in allem einen Sinn gehabt?] [a: Wenn Sie heute Bilanz ziehen, hat das Arbeiten in Österreich in Bezug auf Ihr/für Ihr berufliches Weiterkommen alles in allem genützt?] [n: Wenn Sie auf Ihr bisheriges Berufsleben in Österreich zurückblicken, sehen Sie da eher eine Verbesserung oder eine Verschlechterung ihrer beruflichen Situation in Österreich?]

Anhang 7

291

Bilanzierung: Arbeiten in Österreich und allgemeines Leben

7.1

Sind Sie alles in allem eher der Meinung, dass es eine gute oder keine gute Entscheidung war, in Österreich zu arbeiten?

7.2

Wodurch wurde Ihre Meinung, dass es im Allgemeinen eine gute/keine gute Entscheidung war, in Österreich zu arbeiten, besonders beeinflusst? Erzählen Sie mir bitte ein Beispiel, an dem dies deutlich wird. [n: Könnten Sie mir vielleicht noch ein Beispiel erzählen? Fallen Ihnen noch weitere Beispiele ein? Gibt es da noch andere Beispiele, die Ihnen wichtig erscheinen?] [n: Warum/Wieso sind Sie der Meinung, dass (…)?]

7.3

Gab es (auch) Situationen (in Ihrem Berufsleben in Österreich), wo Sie mit Ihrer Entscheidung, dass Sie in Österreich arbeiten, zufrieden/unzufrieden waren? Können Sie mir bitte ein Beispiel erzählen, wodurch es mir deutlich wird, falls das bei Ihnen einmal der Fall war? [n: Könnten Sie mir vielleicht noch ein Beispiel erzählen? Fallen Ihnen noch weitere Beispiele ein? Gibt es da noch andere Beispiele, die Ihnen wichtig erscheinen?] [n: Warum/Wieso sind Sie auch zufrieden/unzufrieden (gewesen) mit der Entscheidung, dass (…)?]

7.4

Haben Sie den Eindruck, dass sich Ihre Meinung darüber, ob es eine gute oder keine gute Entscheidung war, in Österreich zu arbeiten, verändert hat, in der Zeit in der Sie in Österreich arbeiten? Erzählen Sie mir bitte ein Beispiel, an dem dies deutlich wird. [n: Könnten Sie mir vielleicht noch ein Beispiel erzählen? Fallen Ihnen noch weitere Beispiele ein? Gibt es da noch andere Beispiele, die Ihnen wichtig erscheinen?] [n: Warum/Wieso haben Sie den Eindruck, dass (…)?]

7.5

Wie haben sich Ihre persönlichen Lebensbedingungen, seitdem Sie in Österreich arbeiten, entwickelt? Können Sie dies bitte anhand eines Beispiels erzählen? [n: Warum/Wieso sind Sie der Ansicht/Meinung, dass (…)?)][n: Und wie hat sich Ihr Lebensstandard (…)?] [n: Und würden Sie sagen, dass sich Ihre Lebensbedingungen/Ihr Lebensstandard hauptsächlich dadurch verändert haben/hat, dass Sie jetzt in Österreich arbeiten?] [n: Können Sie mir (auch) ein Beispiel aus Ihrem Alltag erzählen, wodurch es mir deutlich wird, wie sich Ihre Lebensbedingungen, seitdem Sie in Österreich arbeiten, entwickelt haben?]

7.6

In welchen Lebensbereichen würden Sie auch sagen, dass sich Ihre persönlichen Lebensbedingungen, seitdem Sie in Österreich arbeiten, verbessert oder verschlechtert haben? [n: Wohnsituation? Familienleben? Freundeskreis? Freizeit? Gesundheit? Wohlbefinden?] [n: Könnten Sie mir (noch) ein Beispiel aus Ihrem Alltag erzählen, wodurch es mir deutlich wird, wie sich Ihre Lebensbedingungen, seitdem Sie in Österreich arbeiten, in diesem Lebensbereich entwickelt haben?] [n: Und in welchen Lebensbereichen würden Sie (noch) sagen, dass sich Ihre persönlichen Lebensbedingungen/Lebensstandard verbessert/verschlechtert haben/hat, seitdem Sie in Österreich arbeiten?]

7.7

Wenn Sie heute Bilanz ziehen, hat sich das Arbeiten in Österreich in Bezug auf Ihr/für Ihr allgemeines Leben alles in allem gelohnt // damit meine ich „megéri“ //? Können Sie dies bitte anhand eines Beispiels erzählen? [n: Könnten Sie mir vielleicht noch ein Beispiel erzählen? Fallen Ihnen noch weitere Beispiele ein? Gibt es da noch andere Beispiele, die Ihnen wichtig erscheinen?] [n: Warum/Wieso sind Sie der Ansicht/Meinung, dass (…)?][a: Wenn Sie heute Bilanz ziehen, war die Entscheidung, in Österreich zu arbeiten,

292

Anhang für Ihr allgemeines Leben eine gute oder keine gute Entscheidung?] [a: Wenn Sie heute Bilanz ziehen, hat das Arbeiten in Österreich in Bezug auf Ihr/für Ihr allgemeines Leben alles in allem einen Sinn gehabt?] [a: Wenn Sie heute Bilanz ziehen, hat Ihnen das Arbeiten in Österreich in Bezug auf Ihr/für Ihr allgemeines Leben alles in allem genützt?]

8

Erfolgskonzepte beim Arbeiten in Österreich

8.1

Was ist das für Sie: Erfolg // damit meine ich „Siker“ // beim Arbeiten in Österreich? Erzählen Sie mir bitte ein Beispiel, an dem dies deutlich wird. [n: Könnten Sie mir vielleicht noch ein Beispiel erzählen? Fallen Ihnen noch weitere Beispiele ein? Gibt es da noch andere Beispiele, die Ihnen wichtig erscheinen?] [n: Warum/Wieso verstehen Sie unter Erfolg (…)/ist Erfolg beim Arbeiten in Österreich für Sie (…)?]

8.2

Was ist das für Sie: Misserfolg // damit meine ich „Kudarc“ // beim Arbeiten in Österreich? Erzählen Sie mir bitte ein Beispiel, an dem dies deutlich wird. [n: Könnten Sie mir vielleicht noch ein Beispiel erzählen? Fallen Ihnen noch weitere Beispiele ein? Gibt es da noch andere Beispiele, die Ihnen wichtig erscheinen?] [n: Warum/Wieso verstehen Sie unter Misserfolg (…)/ist Misserfolg beim Arbeiten in Österreich für Sie (…)?]

8.3

…und sehen Sie sich selbst als einen erfolgreichen // damit meine ich „sikeres“ // Pendler? Erzählen Sie mir bitte ein Beispiel, woran Sie Ihre persönliche Sicht festmachen. [n: Könnten Sie mir vielleicht noch ein Beispiel erzählen? Fallen Ihnen noch weitere Beispiele ein? Gibt es da noch andere Beispiele, die Ihnen wichtig erscheinen?] [n: Warum/Wieso sind Sie der Ansicht/Meinung, dass (…)?][n: Hat sich Ihre Einschätzung, dass Sie sich selbst eher als eine/n (…) Pendler/in sehen, im Laufe der Zeit in der Sie in Österreich arbeiten, verändert?]

9

(weitere) soziale, kulturelle und sozialstrukturelle Bewertungsdimensionen

9.1

Soziale Beziehungen

9.1.1 Familie 9.1.1.1

Haben Sie eine eigene Familie? [Filter: Eigene Familie]

9.1.1.2

Wie steht Ihre Familie dazu, dass Sie in Österreich arbeiten? [n: Warum/Wieso (…)?)] [n: Wird es von Ihrer Familie akzeptiert, dass Sie in Österreich arbeiten?]

9.1.1.3

Hat das Arbeiten in Österreich einen Einfluss auf Ihr Familienleben? Erzählen Sie mir bitte ein Beispiel, an dem dies deutlich wird. [n: Könnten Sie mir vielleicht noch ein Beispiel erzählen? Fallen Ihnen noch weitere Beispiele ein? Gibt es da noch andere Beispiele, die Ihnen wichtig erscheinen?] [n: Warum/Wieso sind Sie der Ansicht/Meinung, dass (…)?] [a: Hat das Arbeiten in Österreich einen Einfluss auf die Beziehungen zu Ihrer Familie?] [Alle]

Anhang

293

9.1.1.4

Wie stehen Ihre Verwandten dazu, dass Sie in Österreich arbeiten? [n: Warum/Wieso (…)?)] [n: Wird es von Ihren Verwandten akzeptiert, dass Sie in Österreich arbeiten?]

9.1.1.5

Hat das Arbeiten in Österreich einen Einfluss auf die Beziehungen zu Ihren Verwandten? Erzählen Sie mir bitte ein Beispiel, an dem dies deutlich wird. [n: Könnten Sie mir vielleicht noch ein Beispiel erzählen? Fallen Ihnen noch weitere Beispiele ein? Gibt es da noch andere Beispiele, die Ihnen wichtig erscheinen?] [n: Warum/Wieso sind Sie der Ansicht/Meinung, dass (…)?] [a: Hat das Arbeiten in Österreich einen Einfluss auf Ihre Verwandtschaftsbeziehungen?]

9.1.2 Freundeskreis 9.1.2.1

Was denkt Ihr Freundeskreis dazu, dass Sie in Österreich arbeiten? [n: Warum/Wieso (…)?)][n: Wird es von Ihrem Freundeskreis akzeptiert, dass Sie in Österreich arbeiten?]

9.1.2.2

Hat das Arbeiten in Österreich einen Einfluss auf Ihre Freundschaftsbeziehungen? Können Sie mir bitte ein Beispiel erzählen, wodurch es mir deutlich wird? [n: Könnten Sie mir vielleicht noch ein Beispiel erzählen? Fallen Ihnen noch weitere Beispiele ein? Gibt es da noch andere Beispiele, die Ihnen wichtig erscheinen?] [n: Warum/Wieso sind Sie der Ansicht/Meinung, dass (…)?)] [n: Hat das Arbeiten in Österreich einen Einfluss auf die Beziehungen zu Ihren ungarischen Freunden und Freundinnen hier in Ihrer Wohngegend? Haben Sie durch das Pendeln Freundschaftsbeziehungen zu anderen ungarischen Pendlern und Pendlerinnen hergestellt? Haben Sie durch das Pendeln auch Freundschaften zu Österreichern und Österreicherinnen, damit meine ich österreichische Staatsbürger, entwickelt? Wie sind diese Freundschaftsbeziehungen zustande gekommen? [a: Hat sich Ihr Freundeskreis, seitdem Sie in Österreich arbeiten, verändert?].

9.2

Zugehörigkeit/Identität

9.2.1

Wo fühlen Sie sich zuhause? [n: Was ist das für Sie „Zuhause“? Was brauchen Sie, um sich zuhause zu fühlen?] [n: Fühlen Sie sich eher als Kőszeger, Westungar, Ungar, als Mitteleuropäer, als Europäer oder als Weltbürger?] [n: Warum/Wieso sind Sie der Ansicht/Meinung, dass (…)?] [a: Wo fühlen Sie, dass sich Ihr Lebensmittelpunkt befindet?]

9.2.2

Fühlen Sie sich dort auch zuhause, wo Sie momentan arbeiten? [n: Warum/Wieso fühlen Sie sich dort zuhause/dort nicht zuhause (…)?]

9.2.3

Hat sich das Gefühl, dass Sie hier in Österreich zuhause sind/nicht zuhause sind, im Laufe Ihrer Zeit in Österreich, verändert? Können Sie mir bitte ein Beispiel erzählen, wodurch es mir deutlich wird? [n: Könnten Sie mir vielleicht noch ein Beispiel erzählen? Fallen Ihnen noch weitere Beispiele ein? Gibt es da noch andere Beispiele, die Ihnen wichtig erscheinen?] [n: Warum/Wieso sind Sie der Ansicht/Meinung, dass (…)?] [a: Hat sich das, dass Sie sich eher als (…) fühlen, im Laufe Ihrer Zeit in Österreich, verändert?]

9.3 9.3.1

Lebensbedingungen im Vergleich/Referenzgruppen/Statusmobilität Wenn Sie sich die allgemeine Lebensbedingungen // damit meine ich „életkörülmények” // in der Gegend, wo Sie in Ungarn wohnen, vor Augen halten. Wie haben sich die allgemeinen Lebensbedingungen dann in den letzten fünf Jahren entwickelt? Können Sie dies

294

Anhang bitte anhand eines Beispiels erzählen? [n: Warum/Wieso sind Sie der Ansicht/Meinung, dass (…)?)] [Begriffs-Alternative zu Lebensbedingungen: soziale und wirtschaftliche/ökonomische Lebenssituation] [n: Und wenn Sie sich den allgemeinen Lebensstandard // damit meine ich „életszínvonal“ // (…)?] [Begriffs-Alternative zu Lebensstandard: wirtschaftliche/ökonomische Situation]

9.3.2

10 10.1

Wenn Sie sich Ihre persönlichen Lebensbedingungen in der Gegend, wo Sie in Ungarn wohnen, vor Augen halten. Wie haben sich Ihre persönlichen Lebensbedingungen dann in den letzten fünf Jahren im Vergleich zu den anderen Leuten in Ihrer Gegend entwickelt? Erzählen Sie mir bitte ein Beispiel, an dem dies deutlich wird. [n: Warum/Wieso sind Sie der Ansicht/Meinung, dass (…)?)] [n: Und wenn Sie sich Ihren persönlichen Lebensstandard (…)?] [n: Dass Sie in Österreich arbeiten, hat das Ihrer Meinung nach einen Einfluss darauf, wie Sie heute ingesamt dastehen im Vergleich zu den anderen Leuten in Ihrer Gegend/dass Sie heute besser/schlechter dastehen als die anderen Leute in Ihrer Gegend?] Berufliche Ziele/Berufliche Wünsche/Chancenwahrnehmung/Präferenzen Wohnort Haben Sie berufliche Ziele für die Zukunft? [a: Haben Sie berufliche Wünsche für die Zukunft?] [Filter: Berufliche Ziele bzw. Wünsche für die Zukunft]

10.2

Wie schätzen Sie es ein, dass Sie Ihre beruflichen Ziele in der Zukunft erreichen können? [n: Warum/Wieso sind Sie der Ansicht/Meinung, dass (…)?][a: Wie schätzen Sie es ein, dass Sie Ihre beruflichen Wünsche in der Zukunft erfüllen können?] [Filter: Berufsausbildung abgeschlossen]

10.3

Sie haben eine Ausbildung als (…) gemacht/in und in Ungarn als (...) gearbeitet. Würden Sie in Zukunft (wieder) gerne als (…) arbeiten? [n: Warum/Wieso würden Sie (…)?] [n: In welchem Land würden Sie gerne als (…) arbeiten?] [Alle]

10.4

Wie schätzen Sie Ihre beruflichen Chancen in der Zukunft ein? [n: Wie schätzen Sie Ihre beruflichen Chancen in der Zukunft in Österreich ein?] [n: Wie schätzen Sie Ihre beruflichen Chancen in der Zukunft in Ungarn ein?] [n: Wie schätzen Sie ihre beruflichen Chancen in der Zukunft in Europa ein?] [Alle]

10.5

Wenn Sie Ihre aktuelle berufliche Tätigkeit beenden, werden Sie dann versuchen, wieder in Österreich oder in Ungarn oder in einem anderen Land eine Arbeit zu finden? [n: Warum/Wieso werden Sie versuchen, dass (…)?)] [n: In welchem Land würden Sie langfristig gerne arbeiten?]

10.6

In welchem Land würden Sie langfristig gerne leben, (wenn Sie die Wahl hätten)? [n: Warum/Wieso würden Sie gerne langfristig in (…) leben, (wenn Sie die Wahl hätten)?

Berufsverlauf

3. von __/____ bis __/____

1. von __/____ bis __/____  läuft noch 2. von __/____ bis __/____

Zeitraum _ _ _ Minuten

_ _ _ Minuten

_ _ _ Minuten

RIIHQH$EIUDJH«

offene $EIUDJH«

 Ungarn  Österreich  Sonstiger: ___________

 Ungarn  Österreich  Sonstiger: ___________

Pendeldauer

RIIHQH$EIUDJH«

Bundesland/Komitat

 Ungarn  Österreich  Sonstiger: ___________

Nationalstaat

Haupterwerbstätigkeiten

1

 täglich  wöchentlich  monatlich  saisonal  gar nicht  täglich  wöchentlich  monatlich  saisonal  gar nicht

 täglich  wöchentlich  monatlich  saisonal  gar nicht

Pendeltyp

RIIHQH$EIUDJH«

RIIHQH$EIUDJH«

Form Stellenfindung RIIHQH$EIUDJH«

RIIHQH$EIUDJH«

RIIHQH$EIUDJH«

RIIHQH$EIUDJH«

Berufliche Tätigkeit

/LVWHYRUOHJHQ«

/LVWHYRUOHJHQ«

/LVWHYRUOHJHQ«

Branche

Nun würde ich Sie noch bitten, mir die folgenden Fragen zu ihrem bisherigen Arbeitsleben und ihrer Person zu beantworten.

Kurzfragebogen

Anhang 295

 angemessen  andere, gleichwertige  höhere  niedrigere  gar keine

 angemessen  andere, gleichwertige  höhere  niedrigere  gar keine

2. /LVWHYRUOHJHQ«

3. /LVWHYRUOHJHQ«

Betriebsgröße

 1 bis 10, _ _  11 bis 19  20 bis 49  50 bis 499  500 oder mehr  unbekannt, < 11  unbekannt, > 10  1 bis 10, _ _  11 bis 19  20 bis 49  50 bis 499  500 oder mehr  unbekannt, < 11  unbekannt, > 10  1 bis 10, _ _  11 bis 19  20 bis 49  50 bis 499  500 oder mehr  unbekannt, < 11  unbekannt, > 10

seit __/____

Zeitraum

Nationalstaat  Ungarn  Österreich  Sonstige: ___________

Bundesland /LVWHYRUOHJHQ«

Laufende Nebenerwerbstätigkeit

Ausbildungsadäquatheit  angemessen  andere, gleichwertige  höhere  niedrigere  gar keine

Berufliche Stellung 1. /LVWHYRUOHJHQ«

Form Stellenfindung RIIHQH$EIUDJH«

 hauptsächlich Österreicher  hauptsächlich Landsleute  aus verschiedenen Ländern

 hauptsächlich Österreicher  hauptsächlich Landsleute  aus verschiedenen Ländern

Ethnische Segregation  hauptsächlich Österreicher  hauptsächlich Landsleute  aus verschiedenen Ländern

Arbeitszeit

Berufliche Tätigkeit RIIHQH$EIUDJH«

Ausmaß/Arbeitszeit  regelmäßig  manchmal  saisonbedingt _ _ Std./Woche

 keine festgelegte Arbeitszeit

tatsächliche Arbeitszeit _ _Std./Woche

Monatseinkommen inkl. Überstunden Netto BBBBBBBBBBBBBBBBBBB¼RGHU)W0RQDW

Netto BBBBBBBBBBBBBBBBBBB¼RGHU Ft/Monat

Brutto (vor Steuerabzügen) BBBBBBBBBBBBBBBBBBB¼RGHU Ft/Monat

vereinbarte Arbeitszeit _ _ Std./Woche

 schriftlich  mündlich  keinen

Netto BBBBBBBBBBBBBBBBBBB¼RGHU Ft/Monat

 keine festgelegte Arbeitszeit

tatsächliche Arbeitszeit _ _Std./Woche

Brutto (vor Steuerabzügen) BBBBBBBBBBBBBBBBBBB¼RGHU Ft/Monat

 schriftlich  mündlich  keinen

vereinbarte Arbeitszeit _ _ Std./Woche

Monatseinkommen inkl. Überstunden Brutto (vor Steuerabzügen) BBBBBBBBBBBBBBBBBBB¼RGHU Ft/Monat Netto BBBBBBBBBBBBBBBBBBB¼RGHU Ft/Monat

Arbeitsvertrag  schriftlich  mündlich  keinen

 keine festgelegte Arbeitszeit

tatsächliche Arbeitszeit _ _Std./Woche

vereinbarte Arbeitszeit _ _ Std./Woche

296 Anhang

Anhang

297

Arbeitslosigkeit -

Waren Sie in den letzten zehn Jahren einmal arbeitslos?  Ja, in Ungarn  Ja, in Österreich  Ja, in einem anderen Land  Nein [Filter: Arbeitslos]

-

2

Wie viele Wochen, Monate oder Jahre waren Sie insgesamt arbeitslos in den letzten zehn Jahren? _ _ Wochen _ _ Monate _ _ Jahre Soziodemographie

2.1

Wie alt sind Sie? _ _ Jahre

2.2

Welche Staatsbürgerschaft haben Sie? Wenn Sie die Staatsbürgerschaften mehrerer Länder besitzen, nennen Sie mir bitte alle. _____________________________________________________________________

2.3

Was ist Ihr höchster Bildungsabschluss? /LVWHYRUOHJHQ«

       2.4

Nincs befejezett iskolai végzettsége/kein Bildungsabschluss Általános iskola 1±4. Évfolyam/Primary Education Általános iskola 5±8. Évfolyam/Lower Secondary Education 6]DNLVNRODV]DNPXQNiVNpS]ĘV]DNN|]pSLVNRODJLPQi]LXP8SSHU6HFRQGDU\ Education 6]DNNpS]ĘWDQIRO\DP2.--s képzés/Post-secondary including pre-vocational or vocational education but not tertiary )ĘLVNRODHJ\HWHPTertiary education ± first level Doktori fokozat (PhD.)/Tertiary education ± advanced level

ISCED 0 ISCED 1 ISCED 2 ISCED 3 ISCED 4 ISCED 5 ISCED 6

Haben Sie (auch) eine Berufsausbildung für Tätigkeiten im Bereich Gastronomie/Hotellerie? Bitte nennen Sie mir die genaue Bezeichnung dieser Ausbildung. Wenn Sie mehrere berufliche Ausbildungen für den Bereich Gastronomie/Hotellerie besitzen, nennen Sie mir bitte alle: _____________________________________________________________________ _____________________________________________________________________

298

Anhang

2.5

Haben Sie (auch) andere Ausbildungen? Können Sie mir bitte auch noch die genauen Bezeichnungen für Ihre anderen Ausbildungen nennen: ________________________________________________________________________ __________________________________________________________________

2.6

Wie kommen Sie mit Ihrem monatlichen Einkommen aus? $QWZRUWNDWHJRULHQYRUOHVHQ«  Ich habe große Schwierigkeiten, mit dem Einkommen auszukommen.  Ich habe einige Schwierigkeiten, mit dem Einkommen auszukommen.  Ich habe geringe Schwierigkeiten, mit dem Einkommen auszukommen.  Ich komme eher gut zurecht mit meinem Einkommen.  Ich komme gut zurecht mit meinem Einkommen.  Ich habe keinerlei finanzielle Schwierigkeiten.

2.7

Wie ist Ihr Familienstand?  Verheiratet  Ledig  Geschieden  Verwitwet [Filter: Ledig, geschieden oder verwitwet]

2.8

Haben Sie einen Partner?  Ja  Nein [Filter: Partnerschaft]

2.9

Führen Sie mit Ihrem Partner an Ihrem Wohnsitz in Ungarn einen gemeinsamen Haushalt?  Ja  Nein

2.10 Was ist die derzeitige Hauptaktivität Ihres Partners? /LVWHYRUOHJHQ«  Hauptberuflich erwerbstätig, ganztags  Hauptberuflich erwerbstätig, halbtags  Nur nebenher erwerbstätig  Arbeitslos  Hausfrau/Hausmann, Betreuungsaufgaben  Elternkarenz  Schüler/in, Lehrling, Student/in, Praktikant/in  Militärdienst oder Zivildienst  Pensionist/in, Rentner/in  Nicht erwerbstätig aus anderen Gründen

Anhang

299

2.11 In welchem Land übt Ihr Partner seine derzeitige Hauptaktivität aus?  Ungarn  Österreich  Sonstiges:_____________ [Alle] 2.12

Haben Sie eigene Kinder (auch Stief-, Adoptiv- oder Pflegekinder)?  Ja  Nein [Filter: Eigene Kinder vorhanden]

2.13 Wie viele Kinder unter 18 Jahren leben mit Ihnen im Haushalt? /LVWHYRUOHJHQ« _ Kinder unter 2 Jahren _ Kinder 2-5 Jahre _ Kinder 6-9 Jahre _ Kinder 10-13 Jahre _ Kinder 14-17 Jahre [Alle] 2.14

In welchem Kleingebiet leben Sie genau? /LVWHYRUOHJHQ«

               

Csorna kistérség Györ kistérség Kapuvar kistérség Mosonmagyrovar kistérség Pannonhalma kistérség Sopron-Fertöd kistérség Tet kistérség Celldömölk kistérség Csepreg kistérség Körmend kistérség .ĘV]HJNLVWpUVpJ ėULV]HQWSpWHUNLVWpUVpJ Sárvár kistérség Szentgotthárd kistérség Szombathely kistérség Vasvár kistérség

Györ-Moson-Sopron Györ-Moson-Sopron Györ-Moson-Sopron Györ-Moson-Sopron Györ-Moson-Sopron Györ-Moson-Sopron Györ-Moson-Sopron Vas Vas Vas Vas Vas Vas Vas Vas Vas

300

Anhang

2.15

Seit welchem Jahr wohnen Sie an Ihrem aktuellen Wohnort? _ _ _ _ Jahr  Seit der Geburt

2.16

Wie würden Sie Ihren Gesundheitszustand im Allgemeinen beschreiben? $QWZRUWNDWHJRULHQYRUOHVHQ«  Sehr gut  Gut  Zufriedenstellend  Weniger gut  Schlecht

2.17

Wie zufrieden sind Sie ± alles in allem ± mit Ihrer Entscheidung, dass Sie in Österreich arbeiten? Bitte antworten Sie anhand der IROJHQGHQ/LVWHEHGHXWHWÄVHKUXQ]XIULHGHQ³ XQGÄVHKU]XIULHGHQ³ /LVWHYRUOHJHQ«

sehr unzufrieden 1 2.18

2

3

4

5

6

7

8

9

sehr zufrieden 10

Wie zufrieden sind Sie ± alles in allem ± mit Ihrem gegenwärtigen Leben? Bitte antworten Sie DQKDQGGHUIROJHQGHQ/LVWHEHGHXWHWÄVHKUXQ]XIULHGHQ³XQGÄVHKU]XIULHGHQ³ /LVWHYRUOHJHQ«

sehr unzufrieden 1

2

3

4

5

6

7

8

9

sehr zufrieden 10

Wir sind nun am Ende des Interviews angelangt. Ich möchte mich abschließend recht herzlich bei Ihnen für dieses Gespräch bedanken.

Datum: Uhrzeit Anfang Interview (inkl. Vorbesprechung): Uhrzeit Ende Interview (inkl. Nachbesprechung): Ort des Interviews:

__,__,___ _ _ : _ _ Uhr _ _ : _ _ Uhr _____________

Anhang

301

Weitere Abbildungen 14.000

12.000

10.000

8.000

6.000

4.000

2.000

0 Tschechien

Slowakei

Ungarn

Niederösterreich

Gesamt

Tschechien

Slowakei

Ungarn

Burgenland

Gesamt

Tschechien

Slowakei

Ungarn

Gesamt

Wien

Abbildung 13: Unselbständig beschäftigte PendlerInnen aus Tschechien, Slowakei und Ungarn am österreichischen Arbeitsmarkt der Central European Region nach Bundesland 2014 (Jahresdurchschnitt) Quelle: AMS Erwerbskarrierenmonitoring 2015; eigene Berechnungen.

302

Anhang

Weitere Tabellen zu quantitativen Ergebnissen Tabelle 31: Effekte von Having, Loving und Being auf die Lebenszufriedenheit der PendlerInnen (Analysen mit Variable berufliche Passung, ohne formales Bildungsniveau). Ergebnisse von OLS-Regressionsanalysen AV: Lebenszufriedenheit (1 = äußerst unzufrieden bis 10 = äußerst zufrieden) b SE Beta Sig. HAVING INDIKATOREN ÖKONOMISCHE RESSOURCEN Brutto-Monatseinkommen (in Euro) (Ref.: 1.350 bis 1.649) bis 899 900 bis 1.124 1.125 bis 1.349 1.650 bis 2.249 2.250 und mehr Missings-Einkommen relative Wohlstandsentwicklung (1 = stark verschlechtert bis 10 = stark verbessert) ARBEITSBEDINGUNGEN gesundheitliche Risiken mit der Arbeit verbunden (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Arbeitsplatzsicherheit (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Pendeldauer (in Minuten) Pendeldauer quadriert deutsche Sprachkenntnisse (1 = gar nicht bis 5 = sehr gut) GESUNDHEIT allgemeiner Gesundheitszustand (1 = sehr gut bis 5 = schlecht) LOVING INDIKATOREN ZUGEHÖRIGKEIT/BINDUNGEN UND KONTAKTE ZUR LOKALEN GEMEINSCHAFT Zugehörigkeit/Identität (Ref.: jeweiliges Herkunftsland, als TschechIn etc.) MitteleuropäerIn EuropäerIn WeltbürgerIn Nichts davon ZUGEHÖRIGKEIT/BINDUNGEN ZU FAMILIE UND VERWANDTSCHAFT Work-Family Balance (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Partnerschaftsstatus (Ref.: verheiratet/Partnerschaft) Single Existenz eigene Kinder (Ref.: eigene Kinder) keine eigenen Kinder AKTIVE FREUNDSCHAFTSSTRUKTUREN Kontakthäufigkeit mit FreundInnen/Bekannten aus dem Herkunftsland die in Österreich arbeiten (Ref.: mehrmals im Monat) täglich mehrmals die Woche einmal im Monat weniger als einmal im Monat nie Kontakthäufigkeit mit österreichischen FreundInnen (Ref.: mehrmals im Monat) täglich mehrmals die Woche einmal im Monat weniger als einmal im Monat nie



-0.3155 0.1311 -0.2711 0.2769 0.3556 -0.1365

0.1737 0.1549 0.1382 0.1379 0.1866 0.1512

-0.0561 0.0261 -0.0610 0.0622 0.0551 -0.0277

+

0.1787

0.0243

0.2052

***

0.0049 0.0695 0.0144 -0.0001 0.2240

0.0354 0.0481 0.0063 0.0000 0.0554

0.0039 0.0431 0.0026 -0.0632 0.1267

* ** ***

-0.6109

0.0667

-0.2551

***

0.1983 0.2347 -0.0138 -0.0644

0.1546 0.1326 0.3111 0.5128

0.0336 0.0474 -0.0011 -0.0032

0.0635

0.0599

0.0382

-0.4099

0.0984

-0.1167

***

0.2291

0.1233

0.0672

+

0.2183 0.0614 0.0664 -0.0279 0.0520

0.1464 0.1372 0.1486 0.1415 0.1642

0.0478 0.0138 0.0129 -0.0062 0.0105

0.0898 -0.1544 0.1310 0.1008 -0.0188

0.1842 0.1633 0.1608 0.1431 0.1487

0.0149 -0.0290 0.0246 0.0241 -0.0051

+ * +

+

Anhang …Fortsetzung von Tabelle 31: BEZIEHUNGEN ZU ARBEITSKOLLEGINNEN gutes Arbeitsklima (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Erfahrungen von Benachteiligung im Betrieb aufgrund der ethnischen Herkunft (ethnische Diskriminierung) (1 = stimme gar nicht zu bis 5 = stimme voll und ganz zu) MIGRATIONSSPEZIFISCHES SOZIALKAPITAL Anzahl Österreich-MigrantInnen aus Familie, Verwandtschaft und Freundeskreis BEING INDIKATOREN MÖGLICHKEITEN FÜR FREIZEITAKTIVITÄTEN („DOING“) genügend Zeit für Freizeitaktivitäten (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) MÖGLICHKEITEN FÜR EIN SINNHAFTES ARBEITSLEBEN a) AKTUELLER JOB berufliche Passung (ISCO-ISCED Korrespondenz laut OECD 2007) (Ref.: Match) unterqualifiziert überqualifiziert Missings-berufliche Passung Möglichkeiten berufl. aufzusteigen (1 =trifft gar nicht zu -5 =trifft voll zu) Möglichkeit eigene Ideen zu verwirklichen (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) irreguläre Beschäftigung (Ref.: regulär beschäftigt) irregulär beschäftigt KONTROLLVARIABLEN regionale Herkunft (Ref.: Ungarn) Tschechien Slowakei Geschlecht (Ref.: Männer) Frauen Alter Alter quadriert Arbeitserfahrung in Österreich (Jahre) berufliche Stellung (Ref.: ArbeiterInnen) Angestellte/Beamte Freie DienstnehmerInnen/Freie MitarbeiterInnen (Werkvertrag) Branche (Ref.: sonstige Dienstleistungen) Land- und Forstwirtschaft, Fischerei verarbeitendes Gewerbe Bau (inkl. Bergbau) Handel, Kfz Gastronomie und Hotellerie Gesundheits- und Sozialwesen Betriebsgröße ((Ref.: Mittelbetrieb (11 bis 49 Beschäftigte)) Kleinbetrieb (bis 10 Beschäftigte) Großbetrieb (ab 50 Beschäftigte) Unbekannt, aber mehr als 10 Beschäftigte ethnische Segregation am Arbeitsplatz (Ref.: hauptsächlich ÖsterreicherInnen unter den Beschäftigten) hauptsächlich Landsleute aus verschiedenen Ländern weiß nicht Pendeltyp (Ref.: täglich) wöchentlich monatlich/saisonal Beschäftigungsstatus vor aktuellem Job (Ref.: Job vor Job) Arbeitslos vor Job Ausbildung vor Job Nicht erwerbstätig vor Job Konstante Adjusted R2 N

303 b

SE

Beta

Sig.

0.1948

0.0633

0.0941

**

-0.1002

0.0439

-0.0665

*

-0.0024

0.0100

-0.0067

0.0302

0.0551

0.0197

0.1860 -0.0810 -0.2431 0.0013

0.1490 0.1212 0.1751 0.0365

0.0338 -0.0187 -0.0468 0.0011

-0.0206 -0.1441

0.0371 0.1609

-0.0170 -0.0243

0.1617 -0.6923

0.1755 0.1272

0.0343 -0.2006

0.1594 -0.0966 0.0012 0.0091

0.1089 0.0330 0.0004 0.0088

0.0468 -0.0396 0.0846 0.0314

0.0101 0.3333

0.1057 0.3338

0.0028 0.0264

-0.0371 -0.0016 0.1975 -0.1515 -0.0074 0.1080

0.2401 0.1812 0.1450 0.1840 0.1260 0.1585

-0.0042 -0.0003 0.0449 -0.0227 -0.0018 0.0211

-0.1402 0.0346 0.0117

0.1107 0.1178 0.2325

-0.0371 0.0085 0.0013

-0.0018 -0.1063 -0.7068

0.1251 0.1046 0.4538

-0.0005 -0.0299 -0.0408

-0.0818 -0.1273

0.1253 0.1730

-0.0218 -0.0233

0.0071 -0.3811 0.0951 6.9591

0.1172 0.1661 0.1424 0.8381

0.0016 -0.0667 0.0178 -

0.33 1.148

Quelle: TRANSLAB-Survey 2012/2013; ungewichtete Analysen; eigene Berechnungen. Signifikanzniveaus: +p < 0.1, *p < 0.05, **p < 0.01, ***p < 0.001.

***

** **

* ***

304

Anhang

Tabelle 32: Effekte von Having, Loving und Being auf den subjektiven Pendelerfolg (Analysen mit Variable berufliche Passung, ohne formales Bildungsniveau). Ergebnisse von OLSRegressionsanalysen AV: subj. Erfolg allgemeines Leben (1 = gar nicht bis 5 = in sehr hohem Maße) b SE Beta Sig. HAVING INDIKATOREN ÖKONOMISCHE RESSOURCEN Brutto-Monatseinkommen (in Euro) (Ref.: 1.350 bis 1.649) bis 899 900 bis 1.124 1.125 bis 1.349 1.650 bis 2.249 2.250 und mehr Missings-Einkommen relative Wohlstandsentwicklung (1 = stark verschlechtert bis 10 = stark verbessert) ARBEITSBEDINGUNGEN gesundheitliche Risiken mit der Arbeit verbunden (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Arbeitsplatzsicherheit (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Pendeldauer (in Minuten) Pendeldauer quadriert deutsche Sprachkenntnisse (1 = gar nicht bis 5 = sehr gut) GESUNDHEIT allgemeiner Gesundheitszustand (1 = sehr gut bis 5 = schlecht) LOVING INDIKATOREN ZUGEHÖRIGKEIT/BINDUNGEN UND KONTAKTE ZUR LOKALEN GEMEINSCHAFT Zugehörigkeit/Identität (Ref.: jeweiliges Herkunftsland, als TschechIn etc.) MitteleuropäerIn EuropäerIn WeltbürgerIn Nichts davon ZUGEHÖRIGKEIT/BINDUNGEN ZU FAMILIE UND VERWANDTSCHAFT Work-Family Balance (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Partnerschaftsstatus (Ref.: verheiratet/Partnerschaft) Single Existenz eigene Kinder (Ref.: eigene Kinder) keine eigenen Kinder AKTIVE FREUNDSCHAFTSSTRUKTUREN Kontakthäufigkeit mit FreundInnen/Bekannten aus dem Herkunftsland die in Österreich arbeiten (Ref.: mehrmals im Monat) täglich mehrmals die Woche einmal im Monat weniger als einmal im Monat nie Kontakthäufigkeit mit österreichischen FreundInnen (Ref.: mehrmals im Monat) täglich mehrmals die Woche einmal im Monat weniger als einmal im Monat nie



-0.1088 -0.1769 -0.0059 -0.0085 -0.1084 -0.0014

0.0786 0.0701 0.0625 0.0624 0.0845 0.0684

-0.0452 -0.0823 -0.0031 -0.0044 -0.0393 -0.0007

0.0498

0.0110

0.1337

***

-0.0167 0.0413 0.0108 -0.0001 -0.0248

0.0160 0.0218 0.0028 0.0000 0.0251

-0.0311 0.0599 0.0240 -0.1152 -0.0327

+ *** ***

0.0343

0.0302

0.0335

0.0454 -0.1041 -0.0913 0.1464

0.0700 0.0600 0.1408 0.2321

0.0179 -0.0491 -0.0173 0.0169

0.1128

0.0271

0.1586

0.0572

0.0445

0.0380

-0.1260

0.0558

-0.0864

-0.1984 -0.1662 -0.1051 -0.0195 0.0051

0.0663 0.0621 0.0673 0.0641 0.0743

-0.1016 -0.0871 -0.0479 -0.0102 0.0024

** **

0.1644 -0.0210 -0.0245 0.0380 0.0752

0.0834 0.0739 0.0728 0.0648 0.0673

0.0635 -0.0092 -0.0108 0.0212 0.0478

*

*

+

***

*

Anhang …Fortsetzung von Tabelle 32: BEZIEHUNGEN ZU ARBEITSKOLLEGINNEN gutes Arbeitsklima (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Erfahrungen von Benachteiligung im Betrieb aufgrund der ethnischen Herkunft (ethnische Diskriminierung) (1 = stimme gar nicht zu bis 5 = stimme voll und ganz zu) MIGRATIONSSPEZIFISCHES SOZIALKAPITAL Anzahl Österreich-MigrantInnen aus Familie, Verwandtschaft und Freundeskreis BEING INDIKATOREN MÖGLICHKEITEN FÜR FREIZEITAKTIVITÄTEN („DOING“) genügend Zeit für Freizeitaktivitäten (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) MÖGLICHKEITEN FÜR EIN SINNHAFTES ARBEITSLEBEN a) AKTUELLER JOB berufliche Passung (ISCO-ISCED Korrespondenz laut OECD 2007) (Ref.: Match) unterqualifiziert überqualifiziert Missings-berufliche Passung Möglichkeiten berufl. aufzusteigen (1 =trifft gar nicht zu -5 =trifft voll zu) Möglichkeit eigene Ideen zu verwirklichen (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) irreguläre Beschäftigung (Ref.: regulär beschäftigt) irregulär beschäftigt KONTROLLVARIABLEN regionale Herkunft (Ref.: Ungarn) Tschechien Slowakei Geschlecht (Ref.: Männer) Frauen Alter Alter quadriert Arbeitserfahrung in Österreich (Jahre) berufliche Stellung (Ref.: ArbeiterInnen) Angestellte/Beamte Freie DienstnehmerInnen/Freie MitarbeiterInnen (Werkvertrag) Branche (Ref.: sonstige Dienstleistungen) Land- und Forstwirtschaft, Fischerei verarbeitendes Gewerbe Bau (inkl. Bergbau) Handel, Kfz Gastronomie und Hotellerie Gesundheits- und Sozialwesen Betriebsgröße ((Ref.: Mittelbetrieb (11 bis 49 Beschäftigte)) Kleinbetrieb (bis 10 Beschäftigte) Großbetrieb (ab 50 Beschäftigte) Unbekannt, aber mehr als 10 Beschäftigte ethnische Segregation am Arbeitsplatz (Ref.: hauptsächlich ÖsterreicherInnen unter den Beschäftigten) hauptsächlich Landsleute aus verschiedenen Ländern weiß nicht Pendeltyp (Ref.: täglich) wöchentlich monatlich/saisonal Beschäftigungsstatus vor aktuellem Job (Ref.: Job vor Job) Arbeitslos vor Job Ausbildung vor Job Nicht erwerbstätig vor Job Konstante Adjusted R2 N

305 b

SE

Beta

Sig.

0.1477

0.0287

0.1667

***

-0.0186

0.0199

-0.0289

0.0124

0.0045

0.0818

0.0192

0.0249

0.0293

0.1124 0.0119 -0.1301 -0.0173

0.0674 0.0549 0.0793 0.0165

0.0478 0.0064 -0.0585 -0.0336

0.0214 -0.2154

0.0168 0.0728

0.0412 -0.0848

**

-0.0935 -0.2371

0.0795 0.0576

-0.0463 -0.1605

***

0.0545 -0.0293 0.0003 0.0034

0.0493 0.0149 0.0002 0.0040

0.0374 -0.0917 0.0506 0.0278

-0.0180 0.1873

0.0478 0.1511

-0.0118 0.0347

0.0137 0.1198 0.1280 -0.0548 0.0867 -0.0034

0.1087 0.0820 0.0657 0.0833 0.0570 0.0718

0.0036 0.0436 0.0679 -0.0192 0.0492 -0.0016

0.0390 0.1449 0.2389

0.0501 0.0533 0.1053

0.0241 0.0837 0.0642

0.0066 0.0894 0.0938

0.0566 0.0474 0.2054

0.0039 0.0588 0.0126

0.0173 0.0487

0.0567 0.0783

0.0108 0.0208

0.0040 -0.0637 0.0944 3.4027

0.0531 0.0752 0.0645 0.3794

0.0021 -0.0261 0.0412 -

0.25 1.148

Quelle: TRANSLAB-Survey 2012/2013; ungewichtete Analysen; eigene Berechnungen. Signifikanzniveaus: +p < 0.1, *p < 0.05, **p < 0.01, ***p < 0.001.

**

+

+ +

+

** *

+

***

306

Anhang

Tabelle 33: Effekte von Having, Loving und Being auf die Lebenszufriedenheit der PendlerInnen. Schrittweiser Einschluss des subjektiven Pendelerfolgs. Ergebnisse von OLSRegressionsanalysen (Modelle 1-2) AV: Lebenszufriedenheit (1 = äußerst unzufrieden bis 10 = äußerst zufrieden) Modell 1 Modell 2 Beta Sig. Beta Sig. HAVING INDIKATOREN ÖKONOMISCHE RESSOURCEN Brutto-Monatseinkommen (in Euro) (Ref.: 1.350 bis 1.649) bis 899 900 bis 1.124 1.125 bis 1.349 1.650 bis 2.249 2.250 und mehr Missings-Einkommen relative Wohlstandsentwicklung (1 = stark verschlechtert bis 10 = stark verbessert) ARBEITSBEDINGUNGEN gesundheitliche Risiken mit der Arbeit verbunden (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Arbeitsplatzsicherheit (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Pendeldauer (in Minuten) Pendeldauer quadriert BILDUNG formales Bildungsniveau ((Ref.: mittlere Bildung (ISCED 3-4)) geringe Bildung (ISCED 0-2) höhere Bildung (ISCED 5-6) deutsche Sprachkenntnisse (1 = gar nicht bis 5 = sehr gut) GESUNDHEIT allgemeiner Gesundheitszustand (1 = sehr gut bis 5 = schlecht) LOVING INDIKATOREN ZUGEHÖRIGKEIT/BINDUNGEN UND KONTAKTE ZUR LOKALEN GEMEINSCHAFT Zugehörigkeit/Identität (Ref.: jeweiliges Herkunftsland, als TschechIn etc.) MitteleuropäerIn EuropäerIn WeltbürgerIn Nichts davon ZUGEHÖRIGKEIT/BINDUNGEN ZU FAMILIE UND VERWANDTSCHAFT Work-Family Balance (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) Partnerschaftsstatus (Ref.: verheiratet/Partnerschaft) Single Existenz eigene Kinder (Ref.: eigene Kinder) keine eigenen Kinder AKTIVE FREUNDSCHAFTSSTRUKTUREN Kontakthäufigkeit mit FreundInnen/Bekannten aus dem Herkunftsland die in Österreich arbeiten (Ref.: mehrmals im Monat) täglich mehrmals die Woche einmal im Monat weniger als einmal im Monat nie Kontakthäufigkeit mit österreichischen FreundInnen (Ref.: mehrmals im Monat) täglich mehrmals die Woche einmal im Monat weniger als einmal im Monat nie

-0.0556 0.0270 -0.0602 0.0591 0.0585 -0.0275

+

-0.0541 0.0303 -0.0602 0.0595 0.0601 -0.0275

+

0.2037

***

0.1981

***

* **

0.0021 0.0390 0.003 -0.072

* *

-0.0038 -0.0255 0.1279

***

-0.0024 -0.0250 0.1293

***

-0.2570

***

-0.2583

***

0.0008 0.0416 0.0020 -0.0778

0.0357 0.0525 -0.0010 -0.0012

+ + *

+

0.0403

0.0350 0.0543 -0.0002 -0.0021

+ + *

*

0.0335

-0.1155

***

-0.1172

***

0.0705

+

0.0741

*

0.0551 0.0172 0.0133 -0.0060 0.0115

+

0.0590 0.0206 0.0153 -0.0056 0.0113

+

0.0159 -0.0306 0.0236 0.0252 -0.0035

0.0131 -0.0302 0.0242 0.0244 -0.0056

Anhang …Fortsetzung von Tabelle 33:

Modell 1 Beta Sig. BEZIEHUNGEN ZU ARBEITSKOLLEGINNEN gutes Arbeitsklima (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) 0.0957 ** Erfahrungen von Benachteiligung im Betrieb aufgrund der ethnischen Herkunft (ethnische Diskriminierung) (1 = stimme gar nicht zu bis 5 = stimme voll und ganz zu) -0.0646 * MIGRATIONSSPEZIFISCHES SOZIALKAPITAL Anzahl von Österreich-MigrantInnen aus Familie, Verwandtschaft und Freundeskreis -0.0093 BEING INDIKATOREN MÖGLICHKEITEN FÜR FREIZEITAKTIVIT. („DOING“) genügend Zeit für Freizeitaktivitäten (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) 0.0188 MÖGLICHKEITEN FÜR EIN SINNHAFTES ARBEITSLEBEN a) AKTUELLER JOB Möglichkeiten beruflich aufzusteigen (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) 0.0074 Möglichkeit eigene Ideen zu verwirklichen (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll zu) -0.0116 irreguläre Beschäftigung (Ref.: regulär beschäftigt) irregulär beschäftigt -0.0226 KONTROLLVARIABLEN regionale Herkunft (Ref.: Ungarn) Tschechien 0.0147 Slowakei -0.1919 *** Geschlecht (Ref.: Männer) Frauen 0.0442 Alter -0.0370 ** Alter quadriert 0.0866 ** Arbeitserfahrung in Österreich (Jahre) 0.0312 berufliche Stellung (Ref.: ArbeiterInnen) Angestellte/Beamte 0.0100 Freie DienstnehmerInnen/Freie MitarbeiterInnen (Werkvertrag) 0.0301 Branche (Ref.: sonstige Dienstleistungen) Land- und Forstwirtschaft, Fischerei -0.0060 verarbeitendes Gewerbe 0.0009 Bau (inkl. Bergbau) 0.0489 Handel, Kfz -0.0239 Gastronomie und Hotellerie -0.0051 Gesundheits- und Sozialwesen 0.0335 Betriebsgröße ((Ref.: Mittelbetrieb (11 bis 49 Beschäftigte)) Kleinbetrieb (bis 10 Beschäftigte) -0.0383 Großbetrieb (ab 50 Beschäftigte) 0.0104 Unbekannt, aber mehr als 10 Beschäftigte 0.0023 ethnische Segregation am Arbeitsplatz (Ref.: hauptsächlich ÖsterreicherInnen unter den Beschäftigten) hauptsächlich Landsleute -0.0015 aus verschiedenen Ländern -0.0316 weiß nicht -0.0429 Pendeltyp (Ref.: täglich) wöchentlich -0.0207 monatlich/saisonal -0.0209 Beschäftigungsstatus vor aktuellem Job (Ref.: Job vor Job) Arbeitslos vor Job 0.0010 Ausbildung vor Job -0.0701 * Nicht erwerbstätig vor Job 0.0170 subj. Erfolg allgemeines Leben Konstante *** Adjusted R2 0.3261 N 1.148 Quelle: TRANSLAB-Survey 2012/2013; ungewichtete Analysen; eigene Berechnungen. Signifikanzniveaus: 0.01, ***p < 0.001.

307 Modell 2 Beta Sig. 0.0886

**

-0.0635

*

-0.0127

0.0175

0.0085 -0.0134 -0.0193

0.0179 -0.1856 0.0427 -0.0332 0.0846 0.0301

***

** **

0.0105 0.0286 -0.0062 -0.0009 0.0458 -0.0229 -0.0070 0.0331 -0.0392 0.0067 -0.0004

-0.0018 -0.0341 -0.0433

+

-0.0211 -0.0219 0.0008 -0.0688 * 0.0151 0.0422 *** 0.3268 1.148 + p < 0.1, *p < 0.05, **p