Landstände und Landschaftsverordnung unter Maximilian I. von Bayern (1598 - 1651) [1 ed.] 9783428516438, 9783428116430

Die Verfasserin untersucht das Verhältnis zwischen dem bayerischen Landesfürsten Maximilian I. und den Landständen sowie

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Landstände und Landschaftsverordnung unter Maximilian I. von Bayern (1598 - 1651) [1 ed.]
 9783428516438, 9783428116430

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KATRIN ELLEN KUMMER Landstände und Landschaftsverordnung unter Maximilian I. von Bayern (1598 - 1651)

Schriften zur Verfassungsgeschichte Band 74

Landstände und Landschaftsverordnung unter Maximilian I. von Bayern ( 1 5 9 8 - 1 6 5 1 )

Von Katrin Ellen Kummer

Duncker & Humblot · Berlin

Die Philosophische Fakultät der Universität Passau hat diese Arbeit im Wintersemester 2003 / 2004 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

D 739 Alle Rechte vorbehalten © 2005 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0553 ISBN 3-428-11643-7 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 θ

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Untersuchung entstand auf Anregung meines Doktorvaters Prof. Dr. Maximilian Lanzinner. Sie wurde i m Wintersemester 2003/2004 von der Philosophischen Fakultät der Universität Passau als Dissertation angenommen. Ich möchte mich an dieser Stelle herzlich bei allen bedanken, die das Entstehen dieser Arbeit gefördert und begleitet haben. Herrn Prof. Dr. Maximilian Lanzinner danke ich für die Betreuung und für wichtige Hinweise, die den Fortgang der Arbeit maßgeblich unterstützt haben. Herrn Prof. Dr. Winfried Becker danke ich für die Erstellung des Zweitgutachtens. Mein Dank gilt auch den Mitarbeitern des Bayerischen Hauptstaatsarchivs in München sowie der Universität Passau, die meine Dissertation i m ersten Jahr durch ein Stipendium gefördert hat. Herrn Prof. Dr. jur. h.c. Norbert Simon und Herrn Dr. Florian Simon vom Verlag Duncker & Humblot danke ich für die Aufnahme der Arbeit in die Reihe „Schriften zur Verfassungsgeschichte". Besonderer Dank gilt meinen Eltern und meiner Schwester Isabel sowie Eva Baader, Alexandra Halilovic, Joachim Lege und Christina Silovsky, die das Entstehen der Arbeit mit viel Interesse und Zuspruch begleitet haben. Ich widme diese Arbeit dem Andenken meiner Schwester Julia. Dresden, i m Dezember 2004

Katrin Ellen Kummer

nsverzeichnis I. Teil Einleitung Α. Forschungsstand

13 13

1. Die Stände im Reich

13

2. Die Stände in Bayern

15

B. Fragestellungen

21

C. Untersuchungsraum und-Zeitraum

22

D. Quellenlage

23 IL Teil Landstände

24

A. Regierungsziele und Regierungsstil Maximilians 1

24

B. Die Landtage von 1605 und 1612

25

1. Der Landtag von 1605

25

a) Die Verhandlungen

27

b) Die Gravamina der Stände von 1605

35

aa) Gravamina aller Stände

36

bb) Gravamina der Prälaten

37

cc) Gravamina der Ritterschaft

38

dd) Gravamina der Städte und Märkte

41

ee) Zusammenfassung

42

c) Ergebnisse des Landtags

44

2. Der Landtag von 1612

50

a) Die Verhandlungen

50

b) Die Gravamina der Stände von 1612

56

aa) Gravamina aller Stände

57

8

Inhaltsverzeichnis bb) Gravamina der Prälaten

61

cc) Gravamina der Ritterschaft

64

dd) Gravamina der Städte und Märkte

66

ee) Zusammenfassung

69

c) Ergebnisse des Landtags

70

Exkurs: Die Mitarbeit am Landrecht

73

3. Der Große Ausschuss

76

a) Funktion und Aufgabe

76

b) Zusammensetzung und Wahl

78

c) Ablauf der Ausschusssitzungen

79

d) Legitimation

80 III. Teil

Die Landschaftsverwaltung und Landschaftsverordnung

82

A. Die Landschaftsverwaltung

82

1. Der Landschaftskanzler

82

2. Weitere Ämter der Landschaftsverwaltung

86

B. Die Landschaftsverordnung als Verwaltungsorgan

87

1. Einleitung

87

2. Zusammensetzung der Landschaftsverordnung

89

3. Funktion und Aufgaben

91

a) Allgemeine Funktion und Aufgaben

91

b) Die Nachwahl der Verordneten

93

4. Zusammenfassung C. Die Landschaftsverordnung als fürstlicher Verhandlungspartner 1. Die Bedeutung der Postulatshandlungen

98 99 99

2. Die Postulatshandlungen 1619-1630

100

3. Die Postulatshandlungen 1631-1642

117

4. Die Postulatshandlungen 1643-1651

138

5. Zusammenfassung

155

Inhaltsverzeichnis D. Die Landschaftsverordnung und die Organisation der Einnahme und Verwaltung von Steuern und Aufschlägen 159 1. Steuereinbringung und Rechnungslegung

159

a) Landstände und Steuern

159

b) Organisation der Steuereinnahme

165

c) Die Steuereinnehmer der Stände (Standsteuerer)

168

d) Missstände bei der Steuereinnahme

169

e) Die Steuerinstruktion von 1612

172

f) Die Steuerinstruktion auf dem Prüfstand der Realität

178

g) Die Verwaltung der Steuergelder

181

h) Rechnungen

183

i) Zusammenfassung

187

Exkurs: Schuldenübernahme der Landschaft

191

2. Der Aufschlag

193

a) Landstände und Aufschläge

193

b) Organisation der Aufschlagseinnahme

196

c) Überblick über die Regelungen der Aufschlagsinstruktionen von 1543 bis 1612 199 d) Missstände bei der Aufschlagseinnahme

204

e) Der Neue Aufschlag von 1620

209

f) Sitzungen der Aufschlagsverordneten

211

g) Zusammenfassung

213

3. Konflikte mit dem Fürsten um Offenlegung der landschaftlichen Finanzen und Besoldung der landschaftlichen Beamten 215

IV. Teil Schlussbemerkung

218

v: Teil Verzeichnis der Landschaftsverordneten bis 1619

220

10

Inhaltsverzeichnis Anhang

228

Anhang 1: Die Verordneten des Grossen Ausschusses von allen Ständen auf dem Landtag von 1605 228 Anhang 2: „Hauptlnstruction auf Gemainer Landtschafft Sechzehen verordnete Landleuth wie auch die vier Rechenherrn und Sechzehen Adiuncten zu fürfallender Landtsnoth" [Auszug] 230 Anhang 3: Schadlosbrief vom 28. Dezember 1605

231

Anhang 4: Liste der Landschaftsverordneten

233

Anhang 5: Dokument zur Problematik des Missbrauchs beim Aufschlagswesen

245

Quellen- und Literaturverzeichnis

246

A. Archivalische Quellen

246

B. Gedruckte Quellen und Literatur

246

Personenverzeichnis

258

Sachverzeichnis

260

bnverzeichnis Tabelle 1 : Bilanz über die Reichs- und Kreishilfen seit dem Prager Frieden bis 1644 ...

141

Tabelle 2: Auflistung der außerordentlichen Kriegshilfen 1638-1645

142

Tabelle 3: Kriegsabgabe von 1639-1648

142

Tabelle 4: Die in den Postulatshandlungen von 1619 bis 1651 bewilligten Steuern und ihre Verwendung

151

Tabelle 5: Die Regelungen der Steuerinstruktion von 1612

177

Tabelle 6: Steuerrechnungen aus den Jahren 1640-1643

184

Tabelle 7: Einnahmen und Ausgaben von 1598-1651

188

Tabelle 8: Übersicht über die Aufschlagstarife von 1543 -1620

202

Abkürzungsverzeichnis ALL

Altbayerische Landschaft Literalien

ALU

Altbayerische Landschaft Urkunden

BayHStA

Bayerisches Hauptstaatsarchiv

Fs

Fürstensachen

HJb

Historisches Jahrbuch der Görresgesellschaft

HR

Hofrat

HR I I

Hofamtsregistratur Rechnungen

HZ

Historische Zeitschrift

KGL

Kurbayern Geheimes Landesarchiv

KM

Kurbayern Mandatensammlung

Stv

Staatsverwaltung

ZBLG

Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte

ZHF

Zeitschrift für Historische Forschung

/. Teil

Einleitung Α. Forschungsstand Die Frühe Neuzeit ist geprägt vom Auf- und Ausbau der Territorialstaaten. Dieser Vorgang beschäftigt die Verfassungsgeschichte bis heute. Vor allem der Stellenwert der einzelnen Hauptakteure, d. h. der Landesherren und der Landstände, wird wiederholt in Einzeldarstellungen untersucht. Da die Landesherren in den meisten Territorien auf die Interessen der Landstände Rücksicht nehmen mussten, konzentriert sich die Forschung auf das Verhältnis zwischen diesen beiden Parteien und auf ihre Funktion und ihre Leistung für den Ausbau des Territorialstaats. Dabei hat man sich in der neuesten Forschung auf einen Konsens geeinigt: Weder die Überbetonung der Leistung des Landesherrn als gestaltende Kraft des frühmodernen Territorialstaats noch das Beharren auf dem als Dualismus bezeichneten Kampf um Wahrung und Ausbau der eigenen Machtbereiche zwischen Landesherrn und Landständen als Hindernis für selbigen Vorgang soll den Forschungsansatz bestimmen. Vielmehr soll die Kooperation zwischen Landesherrn und Landständen und damit beider Leistung für den Territorialstaat dargestellt werden. Diesem Ansatz verpflichtet sich auch die folgende Arbeit. Die Geschichte der Landstände und ihres Beitrags zum Werden des frühmodernen Territorialstaats besteht aus einzelnen landesgeschichtlichen und regionalen Untersuchungen, die jeweils zu einem Mosaik beitragen. Die vorliegende Arbeit möchte dieses Mosaik ergänzen. Sie beschäftigt sich mit den bayerischen Landständen unter Maximilian I.; für diesen Zeitraum gibt es noch keine zusammenfassende Darstellung dieser Thematik.

1. Die Stände im Reich Die allgemeine Forschungskontroverse zum Ständewesen begann in den 1950er Jahren. Initiator war Francis L . Carsten, der mit seinem Werk über „Princes and Parliaments in Germany from the 15 t h to the 18 t h Century" 1 den Forschungsergebnissen vor allem Fritz Hartungs widersprach, der den Ständen i m Hinblick auf ihre Beteiligung an der Staatsmacht ein schlechtes Zeugnis ausstellte und allein dem 1 Carsten , Francis L., Princes and Parliaments in Germany from the 15 th to the 18 th Century, Oxford 1959.

14

I. Teil: Einleitung

Fürsten die positive Kraft beim Aufbau des frühmodernen Staates zuschrieb. Seiner Ansicht nach waren die Stände eine den Fürsten einschränkende Kraft und damit ein Hemmschuh für die Modernisierung. Er bescheinigte den Ständen Egoismus und Ignoranz gegenüber den mit der Modernisierung des Staates einhergehenden Neuerungen.2 Auch Gerhard Oestreich gehörte zu denjenigen Wissenschaftlern, die zunächst den Anteil des Landesherrn an der frühmodernen Staatswerdung überbetonten, später jedoch auch den ständischen Anteil an der frühmodernen Staatsbildung zu würdigen wussten.3 Andere Forscher der älteren Generation, wie beispielsweise Werner Näf, verwendeten zwar auch den Begriff des Dualismus, sahen ihn aber im Gegensatz zu Fritz Härtung positiv. Werner Näf hat besonders die Kooperation zwischen Landesfürst und Landständen hervorgehoben, die seiner Ansicht nach die Entwicklung des modernen Staates erst vorangetrieben hat.4 Auch die Reibungen und Konflikte, die bei allem Willen zur Kooperation nicht ausbleiben, wenn zwei Gruppen mit unterschiedlichen Interessen aufeinander treffen, weisen Näfs Meinung nach auf einen Prozess der Modernisierung hin. Hier zeigt sich, dass Werner Näf den Begriff des Dualismus im Gegensatz zu anderen Forschern seiner Zeit nicht negativ belegt. Der Dualismus ist seiner Meinung nach eine notwendige Voraussetzung für die Entstehung und spätere Verfestigung des Territorialstaates und nicht nur als machtpolitische Auseinandersetzung zwischen Fürst und Landständen zu deuten. Für Näf bedeutet der Dualismus „das Zusammenwirken von Fürst und Ständen, durch das eine genügende und geordnete Staatstätigkeit erst zustande kommen konnte."5 Außerdem ist noch zu erwähnen, dass Werner Näf den Ständen einen internen Entwicklungsprozess bescheinigt, im Verlauf dessen sie sich von den traditionellen Ideen des Lehnrechts abwendeten und schließlich aktiv an der Entwicklung des modernen Staates mitarbeiteten.6 Zurück zu Francis L. Carsten: Er kritisierte den Ansatz Hartungs vor allem, weil er ihm zu einseitig erschien. Carsten konzentrierte sich in seiner Analyse stärker auf die Landstände und sah in ihnen, vor allem aber in der Landschaftsverordnung, einen Vorläufer der modernen Repräsentativverfassung. 7 Die Landstände und die 2

Härtung, Verfassungsgeschichte, S. 138. Zur Theorie des Dualismus grundlegend: von Gierke , Otto, Das deutsche Genossenschaftsrecht, 2 Bände, Neudruck Darmstadt 1954. 3 Oestreich, Ständetum. Wieder abgedruckt in: Oestreich, Gerhard, Geist und Gestalt des frühmodernen Staats. Ausgewählte Aufsätze, Berlin 1969, S. 277-289. 4 Näf, Herrschaftsverträge. 5 Näf, Frühformen, S. 103. 6

Näf, Herrschaftsverträge, S. 30. Carsten, Ursachen, S. 373 ff. Siehe auch Seitz, Landständische Verordnung, S. 12. Aber auch Carstens Meinung wurde kritisch rezipiert: Siehe Herde, Deutsche Landstände, S. 289; Birtsch, Landständische Verfassung, S. 34 f.; Press, Herrschaft, Landschaft und „Gemeiner Mann", S. 174. Volker Press wendet sich sowohl gegen die Dualismustheorie als auch gegen die Auffassung, die landständische Organisation sei ein Vorläufer der modernen Repräsentativverfassung. 7

Α. Forschungsstand

15

von ihnen eingesetzte Landschaftsverordnung repräsentierten seiner Meinung nach das ganze Land.8 Carsten hatte so die negative Beurteilung der Stände aufgebrochen und den Blickwinkel verändert. In seinem Gefolge fanden sich dann weitere Historiker, die diesen Ansatz aufgriffen und ihrerseits versuchten, die Leistung der Stände beim Entstehungsprozess des frühmodernen Staates zu würdigen. Die neue Sichtweise der Landstände kam Ende der 1960iger Jahre zum Durchbruch. Die These vom negativen Dualismus, der das Verhältnis zwischen Fürst und Ständen geprägt haben soll, wird differenziert. Die Forschung der siebziger und achtziger Jahre vermeidet schließlich die Verwendung des Begriffes Dualismus.9 Das interessanteste Ergebnis des neuen Ansatzes ist die Erkenntnis, dass der Dualismus als Modell für das Verhältnis zwischen Fürst und Ständen viel zu statisch ist. Sicherlich wird niemand die Tatsache bestreiten, dass das Verhältnis zwischen Landesfürst und Landständen zu einem wesentlichen Teil vom Kampf um Machtpositionen gekennzeichnet war. 10 Der historischen Wirklichkeit näher kommt aber doch wohl eher ein Modell, das Pragmatismus auf beiden Seiten annimmt und die beiden Parteien nicht als Antipoden darstellt. 11

2. Die Stände in Bayern Für die bayerischen Landstände, deren Rolle im 17. Jahrhundert in der vorliegenden Arbeit behandelt werden soll, ist eine ähnliche Forschungsdiskussion zu verzeichnen. Die Urteile der Historiker über die bayerischen Landstände unter Maximilian I. waren und bleiben allerdings kontrovers. Was für einen Stellenwert hatten die Landstände innerhalb des fürstlichen Machtgefüges? Waren sie wirklich entscheidend an der Regierung beteiligt? Oder waren sie am Ende, durch fürstlichen Entscheidungsdruck zur Bildung von Ausschüssen gedrängt, nicht vielmehr 8 Diese Annahme basiert wohl auf Otto Brunners bekanntem Ausspruch, dass die Stände das Land sind. Brunner, Land und Herrschaft, S. 422 f. 9 Jäger, Fürstentum Fulda; Rauh, Verwaltung; Walz, Stände; Lange, Dualismus. Lange stellt allerdings fest, dass ein - wie er es nennt - „lokaler Dualismus", d. h. die auf Landtagen zu erreichende Einigkeit zwischen Landesherrn und Ständen, unumstritten sei. Lange, Dualismus, S. 313. 10 Siehe auch Koenigsberger, Dominium regale, S. 47. Wichtig in diesem Machtkampf ist auch die Frage nach der Repräsentation der Untertanen. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde heftig über diese Frage und über die Existenzberechtigung der Landschaften in den einzelnen Territorien diskutiert. Zeitgenössische Staats- und Verwaltungsrechtler wie Johann Jakob Moser und Johann Stephan Pütter stellten sich in dieser Diskussion auf die Seite der Landstände. Siehe Burger, Landesherr, S. 56. Von manchen Forschern wurde nur den Ständen die Repräsentation als ihre eigentliche Aufgabe zugedacht, um eine Kontinuität zum modernen Parlamentarismus herstellen zu können. Auch dies hat die neuere Forschung relativiert. Siehe Stollberg-Rilinger, Vormünder, S. 4 - 7 . 11 Siehe Lanzinner, Landstände, S. 89; Kramer, Landstände im Absolutismus, S. 100-102; Rauh, Verwaltung, S. 137-156; Walz, Stände, S. 6-24.

16

I. Teil: Einleitung

eine vom Willen Maximilians abhängige, lediglich die Steuern einnehmende Gruppierung? Das Thema stellt eine Herausforderung dar. Wenn man der älteren Literatur trauen darf, dann existierten die Landstände unter Maximilian I. fast gar nicht mehr. Dieser erfolgreiche Landesfürst, der durch seine geschickte Politik während des Dreißigjährigen Krieges dem bayerischen Fürstenhaus die Kurwürde und die Oberpfalz als Landgewinn sicherte, überstrahlt in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts alles. Nicht zu unrecht wird er, der das frühmoderne Staatswesen in Bayern grundlegend prägte, als einer der bedeutendsten, allerdings in der Geschichtswissenschaft nicht unumstrittenen, Landesherrn der bayerischen Geschichte verzeichnet. 12 Maximilian, der mit Fleiß, strenger Disziplin sowie einem unbeugsamen Willen das weiterführte und nahezu vollendete, was sein Großvater Albrecht und sein Vater Wilhelm begonnen hatten: Den Aufbau eines Staatswesens und dessen Regierung und Kontrolle mittels fürstlicher Zentralbehörden. Angesichts der Dominanz dieser Herrscherpersönlichkeit und angesichts zahlreicher negativer Urteile, die in der zumeist älteren Literatur über die Landstände zu finden sind, scheint sich einem der Zugang zum Thema zunächst zu versperren. Viele bayerische Landeshistoriker - angefangen von Riezler über Seifried, Panzer, Rudhart und Freyberg bis hin zu Schmelzle und Steinwachs13 - richteten ihr Augenmerk nicht auf die Privilegien und Kompetenzen, die die bayerischen Landstände im 17. Jahrhundert noch besaßen, sondern auf die, die sie im Laufe der Regierung Maximilians verloren hatten oder die von Maximilian umgangen worden waren. Angesichts ihrer bewegten und durchaus von Machtmomenten erhöhten Geschichte des 16. Jahrhunderts wirkt das 17. Jahrhundert für die Landstände tatsächlich wie ein Jahrhundert des Rückfalls in eine schwächere Position, in dem der Landesfürst und spätere Kurfürst das bewegende Moment monopolisiert zu haben scheint.14 Diese Sichtweise wurde bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts aufrecht erhalten. 12 Riezler, Geschichte Baierns Band 5, S. 687; Kraus, Maximilian, S. 321-335. 13

Siehe Riezler, Geschichte Baierns Band 6, S. 28, wobei anzumerken ist, dass Riezler neben Freyberg deijenige unter den älteren Forschern ist, der ein differenziertes Urteil über die Landstände unter Maximilian I. fällt. Rudhart und Panzer hingegen stehen den Landständen sehr kritisch gegenüber und streichen ihre Eigensucht und die Tendenz zur Privilegienerhaltung unter Missachtung des Landeswohls heraus. Siehe ζ. B. Rudhart, Landstände, S. 231. Auch die Historiker des frühen 20. Jahrhunderts wie Schmelze und Steinwachs sahen die Rolle der Landstände sehr negativ. Siehe Schmelzle, Staatshaushalt, S. 112-132 und allgemein Steinwachs, Ausgang. Andere Persönlichkeiten der bayerischen Landesgeschichte, wie ζ. B. Heinz Lieberich, sind für die sehr detaillierte personelle Aufarbeitung der einzelnen ständischen Gruppen vor allem für die spätmittelalterliche Periode verantwortlich. Siehe hierzu Lieberich, Heinz, Landherren und Landleute. Zur politischen Führungsschicht Baierns im Spätmittelalter (Schriftenreihe zur Bayerischen Landesgeschichte Band 63), München 1964. 14 Aber nicht nur ältere Forscher vertraten die Ansicht, dass die Landstände unter Maximilian entmachtet wurden. Auch Vertreter der jüngeren Forschung sind dieser Ansicht. Besonders stark in diese Richtung geht Karl-Ludwig Ay, der schon im Titel eines seiner Aufsätze

Α. Forschungsstand

17

Karl Bosl, der mit seinem Werk „Die Geschichte der Repräsentation in Bayern" 15 versucht, zwischen der Ständeverfassung und der modernen Repräsentativverfassung eine historische Kontinuität zu entdecken, nahm großen Einfluss auf die bayerische Ständeforschung. 16 Er beurteilt die Rolle der Stände und ihre Funktion innerhalb des Staatswesens allerdings negativ. Die Entwicklung der Landstände im 17. Jahrhundert beschreibt er als Anpassungs- und Unterordnungsprozess an den immer weiter sich entwickelnden Staat. Bosl spricht davon, dass sich die Stände durch ihre Beteiligung an der fürstlichen Regierung und Verwaltung gebrauchen ließen. Die landschaftlichen Ausschüsse sind seiner Meinung nach als „Schrumpforgan der Landschaft" zu sehen und die Landschaftsverordnung ist in seinen Augen ein „vorparlamentarisches Organ des Staates."17 Von der Repräsentation des gesamten Landes durch die Landstände, eine von den Landständen selbst für sich reklamierte Legitimation ihrer herausgehobenen Position, sei nichts mehr übrig geblieben.18 Karl Bosl sieht die Landstände im 17. Jahrhundert zu Untertanen degradiert. Durch diese Entwicklung lebt seiner Meinung nach auch der Dualismus zwischen Landesherr und Ständen „mehr oder minder kräftig" 19 weiter. Diejenigen Untertanen, die nicht formiert waren, seien die eigentlichen Verlierer dieses Prozesses, denn ihre Interessen wurden „nur dann mehr repräsentiert, wenn seine [des Untertanenverbandes, Anm. d.A.] Interessen mit denen der Stände übereinstimmen." 20 Karl Bosl greift hier die Landstände stark an. Er wirft ihnen vor, dass sie den Repräsentationsgedanken völlig verdrängen und nur ihre eigenen Interessen, Privilegien und Machtbereiche wahren und schützen. Damit schließt er an die Vorwürfe der älteren Forschung an, begründet sie allerdings anders. Die etatistische Sichtweise der älteren Forschung stellte den Fürsten und sein Staatswesen in den Vordergrund und bezichtigte die Landstände, sie verhinderten die Ausbildung des fürstlichen Machtstaates. Bosl stellt die Idee der Repräsentation in den Vordergrund und bescheinigt den Landständen einen fehlenden Repräsentationswillen gevom Niedergang der Landstände in Bayern vom 16. bis zum 18. Jahrhundert spricht. Ay, Mitsprache, S. 480. Auch Helmut Rankl konstatiert in seinem höchst informativen Werk über das Landvolk in Bayern vom 16. bis zum 18. Jahrhundert, dass die Landstände unter Maximilian zumindest einen erheblichen Macht- und Funktionsverlust hinnehmen mussten. Rankl, Landvolk Band 1, S. 350, 365 sowie 529-536. 15 Bosl, Repräsentation. 16 Sehr kritisch zu jeglichen Kontinuitätsthesen, die die Entwicklungen in der Frühen Neuzeit nur als Vorbereitung der Geschichte von 1800 bis heute sehen ist Reinhard, Frühmoderner Staat, S. 339. 17 Bosl, Repräsentation, S. 210. 18

„Die Repräsentationsfunktion der Landschaft für die gesamte Gesellschaft war eingeschrumpft zu einer Repräsentation allein der Stände und nicht mehr der Gesellschaft." Bosl, Repräsentation, S. 134. 19 Bosl, Repräsentation, S. 134. 20 Bosl, Repräsentation, S. 135. 2 Kummer

18

I. Teil: Einleitung

genüber dem Land und damit den Untertanen. Stattdessen wachten sie lediglich eigensüchtig über ihre Privilegien. Beide Sichtweisen werfen Probleme auf, weil sie die Landstände in Rollen pressen, anstatt sie aus ihrer eigenen Entwicklung heraus und aufgrund der genauen Analyse ihrer Interessen zu bewerten. Insgesamt redet Bosl in seinem Werk der Entmachtung der Landstände das Wort, dem am meisten strapazierten Begriff, wenn es u m die Beschreibung der bayerischen Landstände i m 17. Jahrhundert geht. Dieser These von der Entmachtung der Landstände widersprechen die aktuelleren Untersuchungen zum bayerischen Ständewesen. In seiner Dissertation über „Verwaltung, Stände und Finanz e n " 2 1 wendet sich Manfred Rauh gegen die Auffassung vom Niedergang der Stände. Er entkräftet sie mit der Feststellung, dass die Stände in ihren lokalen Herrschaftsbereichen (Hofmarken) nachweisbar nicht entmachtet wurden. 2 2 Einem Ableger der Entmachtungsthese, nämlich der These von der so genannten Domestikation des Adels durch Einbeziehung in die fürstliche Regierung und Verwaltung, d. h. durch Ämtervergabe durch den Landesherren, tritt Rauh mit der Schlussfolgerung entgegen, dass die Stände doch nur dann entmachtet worden wären, wenn sie nicht an der Regierung oder Verwaltung beteiligt worden wären. Rauh geht sogar noch weiter, die Beteiligung der Stände an der Regierung des Landes entspreche i m eigentlichen Sinne der landständischen Verfassung, der gemäß dem Fürsten Mitglieder der Landstände beigestellt werden sollen, die den Fürsten beraten und gleichzeitig ihre Standesinteressen vertreten sollen 2 3 Auch Gabriele Greindl gesteht i n ihrer Untersuchung über die Ständeversammlung i m 16. Jahrhundert 24 selbiger i m Gegensatz zur älteren Forschung eine größere Rolle und wichtigere Funktion i m Staatsgefüge zu. Dennoch sieht auch sie die negative Beurteilung der Landstände und die Theorie des Machtverlusts schon i m 16. Jahrhundert in einigen Beispielen bestätigt. 25 Allgemein ist die Beurteilung der Funktion der bayerischen Stände in der Frühen Neuzeit jedoch zunehmend positiver geworden als ehedem. Bei den jüngsten Untersuchungen dominiert die relativ unvoreingenommene Herangehensweise an das Thema. Vor allem wird versucht, die Landstände nicht nur vom „etatistischen" oder „repräsentativen" Standpunkt aus zu beurteilen, son21

Rauh, Verwaltung. Rauh, Verwaltung, S. 138. 23 „Vor allem in der Innenpolitik jedoch galt: Die Mittlerfunktion der hohen Hof- und Staatsbeamten zwischen dem Fürsten und der Gesamtheit der Stände war gewollt, entsprach der landständischen Verfassung und wurde bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts beibehalten, nicht bloß durch informelle Kanäle, sondern auch in institutionellen Formen." Rauh, Verwaltung, S. 141. 24 Greindl, Ständeversammlung. 25 „Die politische Konstellation, die die Landschaft im Spätmittelalter zum gleichwertigen Partner des Landesherren hatte werden lassen, hatte sich soweit geändert, dass auch sie sich als dem Landesherren untergeordnete Körperschaft in den sich schließenden frühabsolutistischen Staat einordnen musste." Greindl, Ständeversammlung, S. 295. 22

Α. Forschungsstand

19

dem sie in ihrer Rolle als Verhandlungspartner des Fürsten zu betrachten. Die jüngsten Forschungen - wie die Untersuchung von Jutta Seitz über die landständische Verordnung im 18. und beginnenden 19. Jahrhundert 26 - bemühen sich um ein ausgewogenes Urteil über die Landstände. Soweit zur Beurteilung der Funktion der Stände. Auch die Beurteilung der Leistung der Landstände für den Staat fiel nicht nur in der allgemeinen Ständeforschung, sondern auch in der bayerischen Ständeforschung negativ aus. Fritz Härtung bezeichnete die Landstände - wie schon erwähnt - als „Hemmschuh" für die Modernisierung. Für die bayerische Ständeforschung zeichnen vor allem Schmelzle und Steinwachs verantwortlich für eine negative Beurteilung der landständischen Leistung für den bayerischen Staat.27 Schmelzle bezeichnet die Landschaftsverordnung der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts als eine mit den fürstlichen Behörden in Konkurrenz stehende Finanzverwaltung 28 und beurteilt die Landstände hier von der Warte eines Staatsund Verwaltungshistorikers. Diese Tradition hatte im 18. Jahrhundert Wiguläus von Kreittmayr begründet, der in seinem umfassenden Werk „Grundriß des Allgemeinen, Deutsch- und Bayerischen Staatsrechtes"29 die Landstände als völlig überflüssige Korporation innerhalb des bayerischen Staatswesens bezeichnete.30 Dieses sehr harte Urteil wird von einer Studie Riezlers teilweise übernommen. Riezler versucht aber der Ausgewogenheit halber auch das Vorgehen Maximilians zu schildern und weist ihm eine Politik der Privilegieneinschränkung gegenüber den Landständen nach.31 Außerdem unterstreicht er die Bedeutung des 1543 erstmals erhobenen Aufschlags für die Stände. Mit der Erhebung des Aufschlags nämlich beginnt die Geschichte der eigenständigen landständischen Finanzen und Kassen. Dies bedeutete einen erheblichen Machtzuwachs. Man sieht, dass Riezler ein differenzierteres Urteil vertritt, wenngleich auch er stark unter dem Eindruck von Maximilian als dem aktiven, erfolgreichen Herrscher steht.32 Anfang der 1960iger Jahre mehren sich dann die positiveren Urteile über die Leistung der Landstände. Karl Otmar von Aretin hebt ζ. B. die Rolle der Landstände beim Tauschprojekt Karl Theodors hervor und bezeichnet sie hier als Wahrer der bayerischen Landeseinheit, während Karl Theodor nur die Beförderung seines Hauses verfolgt hätte.33 Im Zusammenhang mit der Rolle der Landstände unter Karl Theodor wird oft von einer Renaissance der Landstände gesprochen.

26

Seitz, Landständische Verordnung. Schmelzle, Staatshaushalt; Steinwachs, Ausgang. 28 Schmelzle, Staatshaushalt, S. 120; siehe auch Seitz, Landständische Verordnung, S. 22. 29 von Kreittmayr, Grundriß; siehe auch Volkert, Definition, S. 45-47. 30 von Kreittmayr, Grundriß, S. 23 ff. 27

31 Riezler, Geschichte Baierns Band 6, S. 27-37. 32 Riezler, Geschichte Baierns Band 6, S. 36. 33 von Aretin, Kurfürst. 2*

20

I. Teil: Einleitung

Einen umfassenden Forschungsüberblick über die Landstände in Bayern bietet ein von Walter Ziegler herausgegebener Band über den Bayerischen Landtag vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart. 3 4 Besonders der Beitrag von Maximilian Lanzinner über die bayerischen Landstände i m 16. Jahrhundert sowie der Beitrag Ferdinand Kramers über die Zeit des Absolutismus und der Aufklärung sind konstruktiv. So empfiehlt Maximilian Lanzinner sowohl für das 16. als auch für das 17. Jahrhundert, bei einer Forschungshypothese nicht von einem Niedergang der Stände auszugehen, sondern von einer Herrschafts- und Funktionsdifferenzierung zwischen Herrscher und Ständen zu sprechen. 35 Ferdinand Kramer weist darauf hin, dass die Dualismusperspektive für das 17. und 18. Jahrhundert nicht besonders ertragreich ist. Man sollte mehr auf die kooperativen Elemente i m Verhältnis zwischen Fürst und Ständen achten, was auch der historischen Wirklichkeit näher kommen würde. Denn nach dem konfliktreichen 16. Jahrhundert konzentrierten sich Stände und Fürst i m 17. Jahrhundert gerade auch wegen der herausfordernden Kriegssituation wieder mehr auf das allen Machtkonflikten überzuordnende Ziel der Landeswohlfahrt. Über dieses Ziel waren sich Fürst und Stände einig, „es war gemeinsames Interesse von Fürst und Landständen, die Landesverteidigung zu gewährleisten und die Krisen während und nach den Kriegen zu überwinden." 3 6 Außerdem sei es notwendig, die These vom Niedergang der Landstände dadurch zu entkräften, dass man die Errungenschaften, die aus der Kooperation zwischen Fürst und Ständen hervorgingen, stärker würdige. 3 7 Diese programmatischen Sätze sollen der nun folgenden Arbeit als Leitfaden dienen. Die Rolle der bayerischen Landstände unter Maximilian I. wird anhand der Aufarbeitung der Landtage und der Postulatshandlungen untersucht. Weiterhin wird die Arbeit der landschaftlichen Ausschüsse und Ämter sowie der Landschaftsverordnung betrachtet. I m Vordergrund stehen dabei das Auftreten und die Arbeit der Landschaftsverordneten auf Landtagen und Postulatshandlungen. Aus der Analyse der Landtage und Postulatshandlungen soll auf das Verhältnis zwischen Landesfürst und Landständen geschlossen werden und damit auf ihren Stellenwert i m Machtgefüge des maximilianischen bayerischen Staats. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf den innerständischen Vorgängen. Vor allem das landständische Finanzwesen wird beschrieben und analysiert. Dazu gehören die Vorgänge bei der Steuer- und Aufschlagseinnahme sowie diejenigen bei der Steuer- und Aufschlagsverwaltung. Sowohl diese beiden Bereiche als auch die landständische Rechnungslegung, die von der Steuereinnahme durch die landständischen Steuereinnehmer bis zur Erstellung der Hauptrechnung durch die Vorratsverordneten der Landschaft als ein Prozess dargestellt werden kann, zeigt die 34

Ziegler, Landtag. Lanzinner, Landstände, S. 89. 3 6 Kramer, Landstände im Absolutismus, S. 101. 35

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Kramer, Landstände im Absolutismus, S. 101.

Β. Fragestellungen

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Landschaftsverordnung in ihren ureigensten Tätigkeiten. Hiermit soll die Etablierung der Landstände i m System Maximilians bewiesen werden und die wichtige, für Maximilian zweifellos nützliche Arbeit der Landstände sowie ihre Leistung für das Staatswesen. Durch die Erhellung der internen Vorgänge der landständischen Verwaltung, wie ζ. B. der Wahl der Ausschussmitglieder sowie der Nachwahl erkrankter oder verstorbener Ausschussmitglieder, soll die für das 17. Jahrhundert zu beobachtende Verfestigung und Abschließung des landständischen Ämterwesens aufgezeigt werden. Dieser verfassungs- und verwaltungshistorische Teil, der die Herrschaftsstrukturen unter der Regentschaft Maximilians beschreibt, wird auch eine Darstellung der personellen Struktur der Landstände enthalten. Ebenso wird in Einzelfällen die Verflechtung zwischen Landschaftsdienst und Fürstendienst aufgearbeitet. Dies soll zeigen, dass die Landstände sich zunehmend mit dem neuen Staatswesen und auch mit der Politik Maximilians identifizieren konnten. In diesem Zusammenhang wird zu erkennen sein, dass ein Grund für die i m Gegensatz zum 16. Jahrhundert weniger auftretenden Konflikte zwischen Landständen und Landesherren sicher auch darin zu sehen ist, dass die Kommunikation zwischen Landschaftsverordneten und fürstlichen Räten und die gegenseitige Beeinflussung direkter geworden war.

B. Fragestellungen Die grundsätzliche Fragestellung, die diese Arbeit leiten soll, ist die nach der Kooperation zwischen Landesherr und Landständen. Den schon angesprochenen Konsens der neuesten Forschung aufgreifend, soll das Verhältnis zwischen Landständen und Maximilian I. unter diesem Aspekt betrachtet werden. Der Begriff Kooperation muss allerdings anhand der Quellenlage genauer hinterfragt werden. Ist die Kooperation - wenn vorhanden - aktiv, d. h. sind sich die Landstände bzw. die sie repräsentierenden Landschaftsverordneten einig, dass sie zum Wohl des Landes, zur Erhaltung ihrer eigenen Privilegien, ihrer Machtbasis etc. mit dem Fürsten kooperieren? Oder ist diese Kooperation passiv, d. h. durch äußere Ereignisse erzeugt, die einen Notstand hervorrufen, oder durch Verhandlungsgeschick oder gute Argumente der fürstlichen Räte, quasi erzwungen? Die Unterscheidung dient der Einordnung ständischen Verhaltens und kann Macht oder Ohnmacht der Stände aufzeigen. Bei der Analyse der Landtags- und Postulatshandlungen soll am Einzelfall festgemacht werden, wie das Verhalten der Landstände zu deuten ist. Diesen Gedanken weiterführend kann man sogleich ein weiteres von der älteren Forschung aufgestelltes Urteil über die Landstände kritisch überprüfen: Das Urteil nämlich, dass die Stände meist nur an der Wahrung der eigenen Privilegien und Machtbereiche sowie des status quo interessiert waren und nicht an der Repräsentation der Untertanen. Dies führt uns in den Bereich des ständischen Selbstverständnisses, das anhand der Quellen überprüft werden wird.

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I. Teil: Einleitung

Ziel dieser Fragestellungen und damit dieser Arbeit soll eine Darstellung der bayerischen Landstände unter Maximilian I. sein, die sowohl ihre Leistungen als auch ihre Schwachpunkte berücksichtigt und so zu einem möglichst ausgewogenen Urteil kommt.

C. Untersuchungsraum und -Zeitraum Der von neueren Arbeiten beklagten Forschungslücke für die Geschichte der bayerischen Landstände im 17. Jahrhundert soll mit dieser Arbeit Rechnung getragen werden. 38 Der zeitliche Schwerpunkt der Arbeit liegt auf den Jahren vor Beginn des Dreißigjährigen Krieges. In diesen Jahren kann anhand der Erarbeitung der Landtage das Verhältnis Maximilians I. zu den Landständen unbeeinflusst von der Ausnahmesituation des Dreißigjährigen Krieges beurteilt werden. Dennoch wird in der Darstellung der Postulatshandlungen der Untersuchungszeitraum bis in das Todesjahr Maximilians I., 1651, ausgedehnt. Der Vergleich der Postulatshandlungen mit den Landtagen ergibt ein vollständiges Bild vom Verhältnis zwischen Maximilian und den Landständen. Die Beschreibung der Steuereinnahme und Steuerverwaltung erfolgt unbeachtlich eines zeitlichen Rahmens. Kristallisationspunkt ist hier jedoch das Jahr 1612, in dem eine detaillierte Steuerinstruktion erlassen wurde. Der geographisch-politische Untersuchungsraum umschließt die seit 1506 wiedervereinigten Herzogtümer Ober- und Niederbayern. Seit 1255 war es immer wieder zu Teilungen gekommen, die nach 1506 vor allem in rechtlicher Hinsicht Schwierigkeiten bereiteten, da in beiden Herzogtümern unterschiedliche Landrechte galten.39 Auch die Landstände hatten sich über die Jahrhunderte hinweg in ihrem jeweiligen Herzogtum als eigenständige Kraft entwickelt und mussten nach der Wiedervereinigung von 1506 durch Kompromisse zueinander finden. 40 Die oberpfälzischen Landstände wurden in der Arbeit nicht berücksichtigt, was nicht zuletzt damit zusammenhängt, dass nach der Übernahme durch Bayern ihr Einfluss auf die Politik beinahe völlig verschwand. 41 38

Seitz, Landständische Verordnung, S. 17; Kramer, Landstände im Absolutismus, S. 112. Sagstetter, Niedergerichtsbarkeit, S. 11. 40 Hiermit sind ζ. B. die Wahlmodi der Verordneten zum Großen Ausschuss auf Landtagen gemeint, die in beiden Herzogtümern verschieden waren. Die niederbayerische Landschaft wählte ihre Verordneten aus ihrem jeweiligen Stand heraus, die oberbayerische Landschaft ließ die geistlichen und städtischen Verordneten von den Adeligen wählen und umgekehrt. 1508 einigte man sich zunächst auf einen Kompromiss: In wessen Landesteil der Landtag stattfand, dessen Wahlmodus wurde verwendet. 1545 setzte die adelige Korporation jedoch den niederbayerischen Wahlmodus durch, da sie sich von ihm Vorteile versprach. Lanzinner, Fürst, S. 253; Lieberich, Landherren, S. 72. 39

D. Quellenlage

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D. Quellenlage Die Quellenlage zu den bayerischen Landständen des 17. Jahrhunderts im Bayerischen Hauptstaatsarchiv in München ist umfangreich. In diesem Zusammenhang ist besonders der Bestand Altbayerische Landschaft zu erwähnen. Für die Landtags- und Postulatshandlungen muss man die Überlieferungssituation genauer betrachten. Seit 1505 bauten die Landstände eine eigene Verwaltung auf. Damit einher ging auch der Aufbau eines Archivs, das vom jeweils amtierenden Landschaftskanzler betreut wurde. Die Niederschrift der Landtagsprotokolle und die Anfertigung von Abschriften oblag seiner Verantwortung. Hauptsächlich befanden sich allerdings Urkunden und Privilegienbestätigungen im landständischen Archiv. 42 Die landständische Überlieferung der Landtags- und Postulatshandlungen befindet sich im Bestand Altbayerische Landschaft. Natürlich gibt es auch eine fürstliche Überlieferung der Landtags- und Postulatsakten. Sie befindet sich im Bestand Kurbayern Geheimes Landesarchiv. Neben dem Bestand Altbayerische Landschaft, der - soweit relevant - für das Quellenstudium herangezogen wurde, finden sich im Bestand Fürstensachen und Hofamtsregistratur Rechnungen vielfältige Quellen zum Thema Finanzen und Steuern. Im Bestand Staatsverwaltung findet man eine umfangreiche Quellensammlung zur Erarbeitung des Landrechts von 1616. Sämtliche Diskussionen zwischen landständischen Verordneten und fürstlichen Räten sind festgehalten. Im Einklang mit der für die Arbeit definierten Fragestellung, die sich auf die Landtage, die Steuereinnahmen und die Steuerverwaltung der Stände konzentriert, wird dieses Thema allerdings nur soweit wie dafür erforderlich behandelt.

41 Zu den oberpfälzischen Landständen siehe Press, Fürst, S. 439-457; Ambronn, Arnberg, S. 75-90; Kohle, Landesherr; Kohle, Regierung und Landstände. 42 Siehe Wild, Quellenlage, S. 128/129.

11 Teil

Landstände Α. Regierungsziele und Regierungsstil Maximilians I. Die Position der Landstände, ihre Rolle i m Machtgefüge des Staates, war nicht erst seit Maximilian so stark mit der Person des jeweiligen Fürsten verbunden, dass es sinnvoll erscheint, einleitend zu diesem II. Teil, den Blick zunächst auf Maximilian, seine Regierungsziele und seinen Regierungsstil zu lenken. M i t Maximilian I. kam 1598 ein bayerischer Herrscher an die Regierung, der sich innenpolitisch zwei Zielen besonders verschrieben hatte: Erstens der finanziellen Konsolidierung des Landes und zweitens dem Ausbau und vor allem der Reformierung der schon bestehenden Zentralbehörden. Beide Aspekte standen miteinander in enger Verbindung. Denn für den erstgenannten Aspekt erschien es Maximilian neben einer sparsamen Ausgabenpolitik sowie der maximalen Ausschöpfung seiner fürstlichen Einnahmequellen wichtig zu sein, dass er seine Beamten in den Zentralbehörden zu mehr Effizienz in ihrer Arbeitsweise motivierte. Wer nicht effizient genug arbeitete, wurde streng ermahnt, ihm wurde das Gehalt gekürzt oder er wurde sogar entlassen. Die Arbeit der Zentralbehörden sollte also vom Leistungsprinzip geprägt sein. 1 Ausdruck dafür waren die unter Maximilian I. zur Regelmäßigkeit erhobenen Visitationen der einzelnen Zentralbehörden und die vielfach erlassenen Ordnungen und Dekrete für die einzelnen Behörden. 2 Allerdings wurden nicht nur die Zentralbehörden visitiert. Durch die Rentmeister wirkte die Kontrolle bis hinunter auf die kommunale Ebene. 3 Was nun die Finanzen anbetraf, so waren gerade das fürstliche Kammergut und die Regalien die Bereiche, in denen der Fürst ebenfalls seine Reformideen verwirklichen wollte. Ziel war hier, die Einnahmen so zu steigern, dass man über die Jahre einen Staatsschatz („Vorrat") ansammeln konnte, der nur in Fällen der Landesnot angetastet werden durfte. Ein weiterer wichtiger Nebeneffekt dieses Aspekts der Finanzpolitik sollte unzweifelhaft auch der sein, auf Dauer von den Steuerbewilligungen der Landstände unabhängiger zu werden. 4 1

Albrecht, Maximilian, S. 175; Kraus, Maximilian, S. 54/55. Siehe ζ. B. die Hofratsordnung von 1598 und die Hofratsvisitationen von 1605, 1608, 1609, 1612, 1617, 1624 und 1643; Heydenreuter Hofrat, S. 128-135 und 139-156. 3 Albrecht, Maximilian, S. 193. 4 Schlögl Bauern, S. 211. 2

Β. Die Landtage von 1605 und 1612

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Aber auch die territorialen und konfessionellen Ambitionen Maximilians I. mussten auf Dauer das Verhältnis zu seinen Landständen beeinflussen. Seine auf die Verteidigung und zugleich den Ausbau des Territorialstaates konzentrierten Interessen verbunden mit der für ihn ebenso wichtigen Verteidigung der katholischen Religion bildeten die Grundlage für seine Politik vor und während des Dreißigjährigen Krieges.5 Dies hatte insofern Einfluss auf die Landstände, als damit hohe finanzielle Ansprüche an das Land herangetragen wurden, die von den Landständen in den so genannten Postulatshandlungen bewilligt werden mussten.6 Die eben erläuterten innenpolitischen, territorialen und konfessionellen Ziele Maximilians I. konnten - wenn er die Verwirklichung dieser Ziele konsequent betrieb - nicht ohne Folgen für das Verhältnis zu seinen Landständen bleiben. Wie sich dieses Verhältnis im Laufe der Regierungszeit Maximilians darstellt und entwickelt, wird im Folgenden beschrieben.

B. Die Landtage von 1605 und 1612 In diesem Abschnitt soll durch die Beschreibung und Analyse der beiden einzigen während der Regierungszeit Maximilians abgehaltenen Landtage von 1605 und 1612 ein Eindruck vom Verhältnis zwischen Landesherr und Landständen gegeben werden. Die Landtage waren Zusammenkünfte, auf denen der Fürst mit den Ständen über seine finanziellen Forderungen verhandelte. Traditionsgemäß war er verpflichtet, die Stände auf den Landtagen um ihre Zustimmung zu Steuererhebungen und anderen das Land betreffende finanzielle Bürden zu bitten. Der Schwerpunkt dieses Abschnitts liegt auf der Betrachtung der Verhandlungstaktik, der Verhandlungsergebnisse sowie ihrer Auswirkungen. Dabei wird man erkennen, dass die Entscheidungen der Landstände von Sachzwängen beeinflusst waren, die oftmals eine reine Willensentscheidung verhinderten. Abgesehen von den Verhandlungsergebnissen ist also im Hinblick auf das Verhältnis zwischen Landesherr und Landständen die Art der Verhandlung aufschlussreich.

1. Der Landtag von 1605 Auf dem Landtag von 1605 bat Maximilian I., sieben Jahre nach seinem Herrschaftsantritt, die Landstände um die Gewährung seiner finanziellen Forderungen. 5

Albrecht, Auswärtige Politik, S. 31; siehe auch Immler, Friedenskongreß, S. 9. Neuer-Landfried, Liga, S. 214-221. Neuer-Landfried betont hier besonders den Charakter der Liga als katholisches Verteidigungsbündnis und zeigt eindringlich die finanziellen Schwierigkeiten des Bündnisses auf, von denen der größte Teil aufgrund des Führungsanspruches Maximilians innerhalb der Liga Kurbayern aufgebürdet wurde. 6

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II. Teil: Landstände

Der Landtag von 1605 war auf den 21. November ausgeschrieben. An diesem Tag hatten sich die anwesenden Landstände zu früher Stunde, um sieben Uhr, in der Residenz in München zu versammeln. Dort begann dann der Landtag mit der Begrüßung der anwesenden Landstände durch den Landesherrn und seine Räte und einem darauf folgenden Gottesdienst. Nach der Rückkehr vom Gottesdienst präsentierte der Fürst seine Forderungen den Ausschussmitgliedern der Landstände in der so genannten Proposition. Danach konstituierte sich der landschaftliche Große Ausschuss, der in den Landtagsverhandlungen die Landstände gegenüber dem Landesfürsten repräsentierte. Er wurde von den anwesenden Landsassen gewählt. Der Große Ausschuss beriet und erarbeitete dann die erste landschaftliche Antwortschrift auf die fürstliche Proposition. Die Antwortschrift wurde dem Fürsten von ausgewählten Vertretern des Großen Ausschusses präsentiert. 7 Auf die erste landschaftliche Antwortschrift folgte die fürstliche Replikschrift. Darauf wiederum folgte die schriftliche Antwort des landschaftlichen Ausschusses, die Duplikschrift. Dieser Prozess des Austauschs von Schriften und mündlichen Verhandlungen über diese Schriften setzte sich so lange fort, bis ein Ergebnis gefunden wurde, das der Landesfürst dann noch einmal bestätigte (Resolution).8 Auf dem Landtag von 1605 gab es auf landschaftlicher sowie auf fürstlicher Seite sieben Schriften, die sich die Vertreter der jeweiligen Partei gegenseitig vortrugen und über die sie teilweise auch mündlich verhandelten. Wie die eben erwähnte Art der mündlichen Verhandlungen zeigt, stellten die Landtage von 1605 und 1612 keine Voll-Landtage im eigentlichen Sinn des Wortes mehr dar. Sie waren zwar als Voll-Landtage ausgeschrieben - die Einladung des Fürsten ging an alle Stände - , aber nicht alle Stände, die nach München gekommen waren, hielten sich dann auch die gesamte Zeit des Landtages in München auf. Ihre Aufgabe beschränkte sich auf die Wahl des Großen Ausschusses und die Wahl der Unterausschüsse sowie auf die Wahl der Landschaftsverordnung. Sie ließen diese Ausschüsse für sich agieren. Insofern stellten die beiden Landtage des 17. Jahrhunderts schon eine Vorform der so genannten Ausschusslandtage des 18. Jahrhunderts dar. Auf dem Landtag von 1605 erschienen von 593 landtagsberechtigten Adeligen nur 193, von 104 berechtigten Mitgliedern des geistlichen Standes erschienen 48 7 1605 waren dies der Abt von Tegernsee, der Abt von Rohr, Georg von Ottenburg, Eustachius von Torring, Hans Warmund von Preysing, Joachim von und zu Weichs, Christoph Schrenk, Christoph Päzinger, Heinrich von Gumppenberg und der Landschaftskanzler Hans Georg von Herwarth. BayHStA, KGL 1342, fol. 30. Wichtige fürstliche Räte auf dem Landtag von 1605 waren Wolf Conrad von Rechberg (Landhofmeister), Joachim Donnersberger (Oberstkanzler), Hans Schrenk (Hofkammerpräsident) und Christoph Gewold (Sekretär des Geheimen Rates). BayHStA, KGL 1342, fol. 45. Hierzu später detailliertere Informationen im 3. Kapitel Der Große Ausschuss. s Über die Formalien des Landtags von 1605 siehe BayHStA, KGL 1342 und ALL 860, fol. 1 - 3 .

Β. Die Landtage von 1605 und 1612

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und von 127 für die Teilnahme am Landtag berechtigten Städten und Märkten erschienen nur 84.9

a) Die Verhandlungen Auf dem Landtag von 1605 präsentierte Maximilian in seiner Proposition folgende Forderungen: Erstens forderte er die finanzielle Unterstützung der Landstände bei der Landesverteidigung, zweitens die Aufstockung des Kammerguts und drittens die Schuldenübernahme durch die Landstände. Im Mittelpunkt von Maximilians Politik standen 1605 also die Wehrfähigkeit des Landes und die Konsolidierung des Staatshaushalts. Dies fiel auch in den Entscheidungsbereich der Landstände, deren verbrieftes Privileg unter anderem die Landesverteidigung und damit auch die Zustimmung zu Kriegen und militärischen Bündnissen war. Daneben galten als Kernbereiche der landständischen Privilegien noch die Wahrung der Landeseinheit, die Wahrung des Rechts sowie die Bewilligung von Steuern, die Steuereinnahme und Steuerverwaltung. 10 Die erste Forderung wurde im Hinblick auf die Türkeneinfälle und die ungarische Rebellion gegen die habsburgische Unterdrückung der ungarischen Protestanten vorgebracht. Darüber hinaus ging es Maximilian neben der Landesverteidigung nach außen aber auch um die Landesverteidigung nach innen. Hier spielten die so genannten Landesdefensionen für den Landesfürsten eine wichtige Rolle: Diese Einheiten, die sich aus bayerischen Untertanen rekrutierten und die das Land gegen Friedensbrecher, marodierende Söldnerheere, durchziehende Banden etc. verteidigen sollten,11 waren als Schutz für das eigene Land gedacht. Maximilian erachtete diese Art der Landesverteidigung als wichtig und forderte daher die Landstände dazu auf, die Aufrüstung der Landesdefensionen zu organisieren und die Kosten hierfür zu bewilligen. 12 Einleitend zu seiner zweiten und dritten Forderung, nämlich der Aufstockung des Kammergutes auf 150000 fl. 1 3 und der Schuldenübernahme14 durch die Land9 Zitiert bei Albrecht, Maximilian, S. 219. 10

Siehe Greindl, Ständeversammlung, S. 51 - 59.

» Albrecht, Maximilian, S. 379-383. 12 BayHStA, ALL 860, fol. 3 ff. Zu diesem Zweck empfindet Maximilian /. es als wichtig, neben der Infanterie auch eine Kavallerie aufzustellen. Die Finanzierung soll durch eine „ersprießliche Paarschaft" gesichert werden. Nach einer solchen sollte man in den nächsten Jahren trachten, da man nie wisse, welche Notfälle noch eintreten könnten. BayHStA, A L L 860, fol. 6 und 11. Helmut Rankl beschreibt die Organisation der Landesdefensionen. Auf dem Land wie in den Städten und Märkten mussten die Bauern oder Stadtbewohner, wie bei der Steuerschätzung, ihrem Vermögen gemäß die Kriegsausrüstung finanzieren. Dies bedeutete eine zusätzliche Belastung zu den Steuerzahlungen. Rankl, Landvolk Band 1, S. 395416.

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II. Teil: Landstände

stände, wies Maximilian zunächst darauf hin, dass er seit Antritt seiner Regierung in Finanzfragen und Fragen des Staatshaushalts Sparsamkeit bewiesen habe. 1 5 Die eindringliche Schilderung der Seriosität seiner Finanzpolitik sollte die Landstände ihrerseits dazu ermuntern, nun ihren Teil zur Finanzierung der Aufgaben des Landes beizutragen, zumal die Forderungen seiner Meinung nach nicht übertrieben waren. Die Finanzpolitik Maximilians erschöpfte sich i m Übrigen nicht allein i m Streben nach einer Konsolidierung des Staatshaushalts. Ein weiteres ehrgeiziges Ziel war die Bildung von Rücklagen, die einerseits für den Notfall gedacht waren und andererseits Maximilians Position als Fürst auf Reichsebene stärken sollten. 1 6 U m beide Ziele erreichen zu können, strebte Maximilian danach, einen möglichst detaillierten Überblick darüber zu erhalten, was sein Land finanziell zu leisten imstande war. 1 7 Und bei der Auslotung und Ausschöpfung dieser finanziellen Möglichkeiten sollten ihm die Landstände behilflich sein. Die landständischen Verordneten reagierten zurückhaltend auf die Propositionen des Landesherren. 18 Sie waren gegen die Bewaffnung der Untertanen und hielten es für nicht vernünftig, sie i m Kriegswesen auszubilden. 19 Bayern war zudem in ihren Augen kein Land, welches sich aus eigener Kraft gegen einen mächtigen Feind verteidigen konnte. 2 0 Es erschien ihnen ratsamer, die traditionelle Handhabung beizubehalten, die vorsah, dass eine Armee nur i m Notfall gerüstet wird. Auch gegenüber den finanziellen Forderungen Maximilians fielen die Reaktionen der landständischen Verordneten ebenso zurückhaltend aus wie gegenüber den

13 BayHStA, A L L 860, fol. 10; Albrecht, Maximilian, S. 220; Freyberg, Gesetzgebung Band 1, S. 20. 14 Nach Angaben von Freyberg beliefen sie sich auf 1663500 fl. Freyberg, Gesetzgebung Band 1, S. 20.; BayHStA, ALL 860, fol. 11. is BayHStA, ALL 860, fol. 9 f. 16 Albrecht, Maximilian, S. 205. 17 Dazu mehr im III. Teil, D., 1. und 2. Kapitel.

Geschichte der Geschichte der

is Die so genannte Replik der Landstände wurde dem Fürsten von ausgewählten Verordneten der Landschaft überreicht. Auf dem Landtag von 1605 waren dies der Abt zu Tegernsee, Abt zu Seeon, Graf Ortenburg, Eustachius von Torring, Hans Warmund von Preysing, Wolf Joachim von und zu Weichs, Christoph Schrenk, Christof Päzinger, der Landmarschall Heinrich von Gumppenberg und der Landschaftskanzler Hans Georg von Herwarth. BayHStA, ALL 860, fol. 45. 19 BayHStA, ALL 860, fol. 34; siehe auch Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 20. In der Frage der Aufstellung einer Kavallerie fordern die Kommissare und Verordneten der Landschaft vom Fürsten bzw. von seinen Räten detailliertere Ausführungen. Diese erhalten sie auch und zwar in der so genannten „Fürstlichen Beylag". In dieser Beilage erläutert die fürstliche Seite dann die Bedingungen für die Aufstellung einer Kavallerie. Kavalleristen sollten fortan monatlich besoldet werden. Auch andere Fragen, wie ζ. B. die der Munitionsbeschaffung, werden erörtert. Die Munitionsproblematik sollte so gelöst werden, dass im Land ein Großer Vorrat an Pulver angelegt wird. BayHStA, ALL 860, fol. 13-31. 20 BayHStA, ALL 860, fol. 33.

Β. Die Landtage von 1605 und 1612

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Landesdefensionen. Die Abgabenlast werde so auf Dauer immer weiter in die Höhe getrieben - so die Argumentation der Landstände. 21 In den Hauptforderungen Maximilians ging es in der Sache um Verteidigungspolitik und Finanzpolitik. Daneben gab es auch noch wirtschaftspolitische Themen auf diesem Landtag, deren eines die Landstände und den Fürsten in einen besonderen Gegensatz zueinander brachte. Dieses Thema zeigt, dass die wirtschaftliche Situation der Landstände ein großes Konfliktpotential barg. Angriffe auf oder Eingriffe in ihre wirtschaftlichen Grundlagen nahmen die Landstände ungern hin. Aus ihrer Sicht geschah aber genau so ein Angriff, als Maximilian forderte, den Weißbieraufschlag abzuschaffen. Die Landstände wehrten sich vehement gegen ein solches Ansinnen, da sie den Ausfall großer Summen befürchteten, die - ein wichtiges Argument - auch der Schuldentilgung dienten. 2 2 Aber auch i m militärischen Bereich fühlten die Landstände sich durch das Insistieren Maximilians auf den Auf- und Ausbau der Landesdefensionen angegriffen. 23 Tatsächlich ging es Maximilian in dieser Frage primär darum, sich als diejenige Kraft zu profilieren, die für inneren Frieden und innere Ordnung sorgte. Damit sollte natürlich die ständische Macht geschwächt werden und das Handlungsmonopol zugunsten Maximilians verschoben werden. 2 4 Ein weiterer beabsichtigter Nebeneffekt der Landesdefensionen war die mit den Musterungen einhergehende Registrierung der Stadt- und Landbevölkerung, auch i m Bereich der ständischen Niedergerichtsbezirke. Dieses Wissen konnte später bei den Steuererhebungen als Kontrolle gegenüber den Ständen verwendet werden, 2 5 die, wie später gezeigt wird, eigenständig für die Steuereinnahme und -Verwaltung zuständig waren. Diese erste Phase der Verhandlungen ist von landständischer Seite aus durch Passivität und wenig Willen zu Konstruktivität geprägt. Eine Haltung, die man auch in der ersten Verhandlungsphase des Landtages von 1612 beobachten kann und die zum Ziel hatte, die hohen Forderungen Maximilians herabzudrücken. Deshalb riefen die Landstände dem Landesfürsten ζ. B. in Erinnerung, dass sie bisher mehr als genug ihrer Pflichten der Steueraufbringung nachgekommen seien - allein in den letzten zwölf Jahren hätten sie sieben Millionen Gulden für den Landesherren aufgebracht 26 . Sie verwiesen auch auf die Schadlosbriefe, in denen ihnen nach jeder neuerlichen Steuerbewilligung vom jeweiligen Landesherren die Verschonung vor weiteren Steuerforderungen versprochen worden war. Ohnehin war 21 BayHStA, ALL 860, fol. 33; Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 20. 22 BayHStA, ALL 860, fol. 37 ff. 23 Rankl, Landvolk Band 1, S. 365. 24 Siehe vor allem Schulze, Landesdefension, S. 136 ff., der einen Zusammenhang zwischen außenpolitischem Druck und innerem Ausbau der landesfürstlichen Vorrangstellung auch gegenüber den Landständen herstellt. Diese These kann auch am Beispiel von Maximilians Aktionen gegenüber den Landständen fruchtbar angewendet werden. 25 Rankl, Landvolk Band 1, S. 492. 26 BayHStA, ALL 860, fol. 38; Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 21.

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II. Teil: Landstände

ihrer Meinung nach eine Vergrößerung der Einnahmen und die Sicherstellung von Barrücklagen aus eigener Kraft nicht zu leisten. Für die Vorschläge Maximilians waren die Landstände aber offen 27 - eine Floskel, die die ablehnende Haltung der Landstände mildern sollte. Gleich darauf folgte nämlich wieder die Einschränkung: Die Beschlüsse des letzten Landtags im Hinblick auf die Aufstockung des Kammerguts und die Schuldenübernahme seien verbindlich und die Grenze der finanziellen Belastbarkeit sei erreicht 28 Die Antwort des Landesfürsten fiel scharf aus. Maximilian drohte der Landschaft damit, die Verhandlungen mündlich durch seine Räte weiterführen zu lassen. Er drohte, Mittel an die Hand zu nehmen, um sich Land und Leute im fürstlichen Stand zu erhalten. 29 Trotz dieser Drohung wiesen die landständischen Verordneten weiter darauf hin, dass es die Lage des Landes momentan nicht erlaube, maßgeblich über die auf dem letzten Landtag beschlossenen Belastungen hinauszugehen.30 In der darauf folgenden mündliche Verhandlungsrunde zwischen den fürstlichen Räten und einer kleinen Anzahl von ständischen Verordneten, 31 brachten die fürstlichen Räte mehrere Forderungen vor, unter anderem die Erhebung einer Landsteuer, aus der die Landesdefensionen finanziert werden sollten. Zweitens die Erhöhung des Weinaufschlags zur Schuldentilgung.32 Resultat der mündlichen Verhandlungen war folgende Vereinbarung: Maximilian willigte ein, ein Drittel der Kosten für die Landesdefensionen zu übernehmen. Die Landschaft erklärte sich dazu bereit, den restlichen Anteil von zwei Dritteln aufzubringen, zumal Maximilian zusicherte, für die Finanzierung des Türkenkrieges ausländische Finanziers zu gewinnen. Diese finanzielle Belastung würde damit für die Landstände zumindest geringer ausfallen. Die übrig bleibenden Geldmittel der Landstände sollten der Schuldentilgung dienen. Landständische „Defensionsräte" waren fortan die Ansprechpartner, wenn Maximilian oder seine Räte nach dem Landtag noch weiteren Verhandlungsbedarf in dieser und anderen die Landesverteidigung betreffenden Angelegenheiten hatten. Die „Defensionsräte" waren gleichzeitig Mitglieder der Landschaftsverordnung, die zwischen den Landtagen das landständische Gremium war, mit dem der Fürst in finanziellen Fragen verhandelte. 33 27 28 29 30

Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 21. BayHStA, ALL 860, fol. 39; Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 20. BayHStA, ALL 860, fol. 49. BayHStA, ALL 860, fol. 53 f.

31 Krenner 1605, S. 65/66; auf der Seite des Fürsten verhandelten der Kanzler Joachim Donnersberger, Wolf Conrad Freiherr von Rechberg (Geheimer Rat und Landhofmeister), Hans Schrenk (Hofkammerpräsident) und Christoph Gewold (Fürstlicher Rat und Sekretär des Geheimen Rates). Die Landstände wurden durch den Abt Johann von Allersbach, Heinrich von Preysing, Hans Conrad Herwarth, Niklas Schöllhamer und durch den Landschaftskanzler Hans Georg Herwarth vertreten. BayHStA, A L L 860, fol. 57. 32 Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 22.

Β. Die Landtage von 1605 und 1612

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Den Hauptforderungen des Fürsten nach der Aufstockung des Kammerguts von 150000 fl. stimmten die landständischen Verordneten schließlich zu. Die Summe von 150000 fl. setzte sich zusammen aus 50000 fl. bewilligter Aufstockung des Kammerguts und 100000 fl. jährlicher Abschlagszahlung für den Salzaufschlag. Die Übernahme von 1 Mio. fl. fürstlicher Schulden zu einem Zinssatz von 5% wurde vom Großen Ausschuss ebenfalls bewilligt. 34 Dafür wurde eine Erhebung von Land- und Standsteuern für die nächsten sechs Jahre notwendig. Fürst und Landstände bestimmten, dass in einem Zeitraum von drei Jahren zwei durchgehende Landsteuern mit dem Steuersatz von zwölf Pfennigen vom Pfund des Vermögens eingenommen werden sollten.35 Jeweils im dritten Jahr sollte zusätzlich eine Ständeanlage von 100000 fl. eingebracht werden. 36 Eine zusätzliche Geldquelle erhofften sich die Stände zudem durch die Weiterführung und Erhöhung des Weinaufschlags. Ein Aufschlag auf Met und Branntwein sollte ebenso erhoben werden. Außerdem forderten die Verordneten die pünktliche Zahlung des Weißund Braunbieraufschlags, von dem niemand ausgenommen wurde. 37 Das war ein Erfolg für den Großen Ausschuss im Konflikt mit Maximilian um den Weißbieraufschlag. 38 Die Ergebnisse der die Finanzen betreffenden Verhandlungen zwischen Fürst und Landständen auf dem Landtag von 1605 lassen sich also wie folgt zusammen fassen: Der Große Ausschuss bewilligte im Namen der Landschaft die Forderungen Maximilians. Er handelte bei der Finanzierung der Landesverteidigung eine Aufteilung der Kosten zwischen Landständen und Fürsten im Verhältnis zwei Drittel - ein Drittel heraus, 39 er bewilligte die Erhebung einer Land- und zweier Stand33 Eine am Ende des Landtags von den Mitgliedern des Großen Ausschusses verabschiedete Hauptinstruktion definierte die Kompetenzen der Landschaftsverordnung. Die 1605 erlassene Instruktion findet sich im BayHStA, ALL 860, S. 115 f.; siehe auch Anhang 1. Näheres zur Landschaftsverordnung im III. Teil, B. 34

Ursprünglich hatten die Verordneten nur eine Summe von 300000 fl. angeboten. BayHStA, ALL 860, fol. 70 und 80. 35 Zur Steuereinnahme durch die Landstände siehe III. Teil, D., 1. Kapitel. 36 „.. .allemahl in Drey Jahren zwo gemeine durchgehende Landtsteuern vom pfundt Vermögens Zwölf Pfennig sollen eingebracht und allzeit im Dritten Jahr dem gemainen Mann rhue gelassen werden [ . . . ] auch dem gemainem Mann der last nit allain aufgetragen werde, So wollen wir die Stendte unns selbst auch angreiffen und derhalben in dißen Sechs Jahren zway Stendtanlagen erlegen, also daß wir allemahl im dritten Jahr unß mit 10000 fl. Doch Allweg unßer priuilegien unnd freyheitten ohne Schaden belegen." Krenner 1605, S. 136/137. 37 BayHStA, ALL 860, fol. 80. Weiß- und Braunbieraufschlag betreffend, fol. 90. Maximilian lenkt schließlich in diesem Punkt ein und lässt in seiner vierten Hauptschrift verlauten, dass er die Hofkammer schon angewiesen habe, das Geld auszubezahlen. 38 Zu den auf dem Landtag von 1605 begonnenen und bis in das folgende Jahr andauernden Verhandlungen zwischen Fürst und Landschaftsverordnung über eine Pauschalzahlung („Composition") des Weißbieraufschlags siehe III. Teil, D., 2. Kapitel. 39 Welche finanzielle Belastung mit der Übernahme des Zwei-Drittel-Anteils verbunden war, waren sich die Verordneten des Großen Ausschusses zu diesem Zeitpunkt freilich noch

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II. Teil: Landstände

steuern für den Verlauf der nächsten sechs Jahre sowie die Weitelführung und Erhöhung verschiedener Aufschläge. Damit sollte die Aufstockung des Kammerguts und die Schuldenübernahme finanziert werden. 40 Letzteres galt allerdings unter dem Vorbehalt, dass die Aufschlagseinnahmen Überschüsse einbrachten. Nur dann konnte der Schuldenabbau durch regelmäßige Zinszahlungen gewährt werden. 41 Insgesamt wurden die Erträge aus den Aufschlagseinnahmen nach genau festgelegten Prioritäten verteilt: Zuallererst sollte die Finanzierung der Kammergutsaufbesserung sichergestellt werden. An zweiter Stelle stand die Erfüllung der sich aus den Reichs- und Kreishilfen ergebenden finanziellen Verpflichtungen zur Abwendung der Türkengefahr. An dritter Stelle stand dann die Schuldentilgung.42 Eine der letzten Amtshandlungen des Großen Ausschusses war die Wahl der Landschaftsverordnung. Die ihr angehörenden Verordneten hatten die Aufgabe, in der Periode zwischen Ende dieses Landtages und Beginn des nächsten Landtages die landständischen Interessen gegenüber fürstlichen Forderungen zu vertreten. Der Entscheidungsspielraum der Landschaftsverordnung wurde in einer vom Großen Ausschuss erarbeiteten und verabschiedeten Instruktion genau definiert 43 Die Landschaftsverordnung erhielt darin auch die Vollmacht, im Notfall eine halbe Land- und Standsteuer mehr zu bewilligen. 44 Bei strittigen Entscheidungen oder der Bewilligung einer großen Summe waren 16 Adjunkten und 4 Rechenaufnehmer in die Entscheidungsfindung einzubeziehen.45 nicht bewusst. Riezler benennt die Summe für den Zwei-Drittel-Anteil auf 500000 fl. Riezler, Geschichte Baierns Band 6, S. 29. Die Konflikte, die um diese Regelung während der Postulatshandlungen zwischen fürstlichen Räten und Landschaftsverordnung aufbrachen, drehten sich allerdings um viel höhere Summen. Erst dort bemerkten die Landstände, dass es sich um keinen Festbetrag handelte und reagierten mit Entsetzen darauf, wie hoch - je nach Kriegshandlungen und damit Kosten des Kriegseinsatzes - ihr zugesagter Zwei-Drittel-Anteil sein konnte. Siehe III. Teil, C., 2. Kapitel. 40 Es handelte sich hier um eine Schuldensumme von 1 Mio. fl. Siehe auch Riezler, Geschichte Baierns Band 6, S. 29. BayHStA, ALL 860, fol. 117. 42 BayHStA, A L L 860, fol. 121. 43 Ein Auszug dieser Verordnung findet sich im Anhang dieser Arbeit. In den Quellen verzeichnet ist diese Instruktion in BayHStA, A L L 860, fol. I l l ff. Anwesend sind bei der Erarbeitung und Verlesung der genannten Instruktion der Propst von Reichersberg, der Abt zu Ettal, der Abt zu Allersbach, der Abt zu Schäftlarn, Eustachius von Tòrring, Heinrich von Preysing, Wolf Dietrich Hundt, Hans Georg von Fraunberg, Heinrich von Haslang, Christoph von Seyboltsdorff, Ciriacus von Preysing, Heinrich von Gumppenberg, Christoph Schrenk, Michael Barth, Virgil Glabsberger, Caspar Hans Zeller. 44 BayHStA, ALL 860, fol. 123; Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 24 f. 45 „Ist auch unser will und mainung, dz bemelte unserer 16 Verordneten und 4 Rechenaufnemmern Wann und so oft sie es für notwendig und guet ansehen werden, die 16 Adjunkten von allen Stenden zue sich auf gelegene Zeit und Walstat berufen und erfordern welliche auch darauf personlich und unaußbleiblich erscheinen und also dise 36 Personen macht und gewallt haben sollen, wir geben inen auch dieselben hiemit in bester bestendigister form dz sie in unserm namen und von unsert wegen die Sachen Irer richtigkhait nach in treue vleissige berathschlagung nemmen, und was sie zu nuz fürstand schuz und rettung höchsternannts

Β. Die Landtage von 1605 und 1612

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Die Ausstellung des Schadlosbriefs durch den Landesherrn markierte nach Verlesung der fürstlichen Resolution, in der noch einmal die wichtigsten Verhandlungsergebnisse zusammengefasst vorgetragen wurden, das Ende des Landtags. U m einige Formulierungen i m Schadlosbrief wurde auch noch gerungen. In der fünften landschaftlichen Schrift bitten die landständischen Verordneten den Fürsten um die Umformulierung des Schadlosbriefes, dessen Konzept der Fürst ihnen zugesandt hatte. Einige Passagen des Schadlosbriefes waren den landschaftlichen Verordneten nicht detailliert genug. Zum Beispiel bitten sie, dass anstelle der Formulierung „für Ire Personen" noch der Zusatz „auch Ire Erben und Nachkommen haab und guetter" angefügt wird. A m Ende des Schadlosbriefes fordern die Stände vom Fürsten die Formulierung „wie auch sy die Stend mit mererm Ansuchen der Schuld Übernemung auch vernerer Camerguts besserung ausserhalb wissentlich und kündlicher Landsnoth Reichs= und Türkenhilfen unangelangt zulassen". 46 Weiterhin forderten sie die Schlussformulierung: „ . . .dass der Herzog sie mit mehreren Ansuchen und Schuld=Übernehmungen und Kammerguts=Besserung außerhalb kundlicher Landsnoth Reichs= und Türkenhilfe unangelangt lassen w o l l e . " 4 7 Maximilian gewährt schließlich den Landständen ihre geforderten Formulierungen48 Zwei Dinge fallen während der Landtagsverhandlungen auf. Erstens: Die von den Landständen stark betonte und für sich reklamierte Repräsentation der Untertanen, die sich in Formulierungen wie „das wir das gemaines Vatterlands nuz und notdurfft unßer pflichten gemeß ob= und angelegen sein lassen" 4 9 manifestiert, sollten das landständische Argument unterstützen, dass ζ. B. die zu Beginn des Landtags ausgesprochene Ablehnung einer Aufstockung des Kammerguts nur dem Gedanken an das Wohl der Untertanen entsprang, die die Landstände vor weiterer steuerlicher Belastung schützen wollten. Auch die Erinnerung der Landstände daran, dass der Fürst „zu schuzen und zu schirmen" 5 0 habe, wie es seine Vorfahren und er den Landständen versprochen hatten, sollte Maximilian unter moralischen Druck setzen. Diese Argumente stellten sich jedoch i m Verlauf der Verhandlungen als reine Verhandlungstaktik dar. Die Landstände beschworen die traditionelle Rollenverteilung zwischen Grundherr und Grundholden. Dieses Verhältnis war von Gegenseitigkeit geprägt. Die Anspielung auf das Lehnrecht sollte zeigen, dass die Rollenverteilung zwischen Fürst unsers gdst. Fürsten und Herrn, unser, unserer underthonen und gemaines vatterlandts, nach gelegenhait der leuf mit den mehreren Stimmen am rathsamsten zu sein erachten werden, bedenkhen, schliessen, ins werkh ziehen sollen und mögen." BayHStA, ALL 860, fol. 123. 46 BayHStA, ALL 1191, fol. 126. 47 48

Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 26. Der volle Wortlaut dieses Schadlosbriefes von 1605 findet sich im Anhang dieser Ar-

beit. 4 9 Krenner 1605, S. 51. so Krenner 1605, S. 48. 3 Kummer

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II. Teil: Landstände

und Ständen legitim war, weil sie auf traditionellem Herkommen basierte. Schutz und Schirm war Aufgabe des Fürsten, Rat und Hilfe war Aufgabe der Stände.51 So begründeten die ständischen Verordneten dann auch ihren anfänglichen Widerspruch gegenüber den Forderungen des Landesfürsten. 52 Zweitens: Ein weiteres traditionelles Recht, das Recht der Steuerbewilligung, wurde von den ständischen Verordneten in den Verhandlungen als Druckmittel benutzt, um die Maximalforderungen des Landesfürsten zu drücken. Allerdings erwies sich diese Taktik auf dem Landtag von 1605 als wenig erfolgreich. Die Landstände bedachten nicht, dass Maximilian nicht mehr so leicht unter Druck zu setzen war, wie ζ. B. sein Vater, dessen finanzielle Schwierigkeiten seine Macht gegenüber den Landständen geschwächt hatte. Maximilian setzte sich in der Tat von seinem Vater ab, indem er finanziell einen anderen Weg beschritt und Sparsamkeit als erstes Ziel seiner Politik anstrebte. Auf einen derart bemühten und in seinen Bemühungen fähigen Landesfürsten wie Maximilian hatten sich die Landstände auf dem ersten Landtag unter ihrem neuen Herrscher noch nicht eingestellt. Die oben erwähnte Taktik erzeugte daher 1605 zunächst Spannungen. Maximilian - im Bewusstsein seiner Sparpolitik und seiner Versuche, den Schuldenberg seines Vaters abzubauen - sah sich nicht dazu veranlasst, auf das „Spiel" der Stände einzugehen. Er reagierte vielmehr sehr empfindlich, fühlte sich von den Ständen an die Wand gedrückt 53 und wies sie ihrerseits darauf hin, dass sie dem Land und den Leuten gegenüber eine Verantwortung hätten.54 Maximilian schlug hier die Landstände mit ihren eigenen Argumenten. Diese reagierten auf Maximilians Verärgerung, indem sie den Spieß wiederum herumdrehten und darlegten, dass sie Verantwortung für ihre Hintersassen eben dann zeigten, wenn sie zusätzliche Steuererhebungen ablehnten.55 Hier schließt sich der Kreis und wir sind wieder beim ersten und am meisten von den Landständen strapazierten Argument angelangt: Der Schutz ihrer Hintersassen vor weiteren Belastungen, den sie als ihren eigentlichen Aufgabenbereich ansahen. Dieses Argument ließ sich in schwierigen Verhandlungen als Druckmittel 51

Greindl, Ständeversammlung, S. 51. Eine Taktik, die von Maximilian genau so angewendet wurde. Der Bereich der Repräsentation des Untertans war einer der wichtigsten Bereiche im Machtkampf zwischen Landesherrn und Landständen in der Frühen Neuzeit. Vgl. hierzu Rankl, Landvolk Band 1, S. 350. Siehe auch Stollberg-Rilinger, Vormünder. 53 Krenner 1605, S. 54. 54 Krenner 1605, S. 56. 55 Das „seiffzen und weheklagen deß gemainen Armen Mannß, wann er Steur erlegen soll", möchte doch von Maximilian erwogen werden und er möchte die Bemühungen der Stände mit „vätterlichen Augen, gnaden, und hulden" ansehen und sie bitten Maximilian „sovil wir khinden und mögen an deme übernommenen Schuldenlast ablösen, uns ins khünftig ableßen wellen, als auch Ihres Theils an denen E. Frtl. Dtl. noch obliegenden angewachsenen Schulden nach und nach sovil sie khunden ableßen und sich in mittelst bis der Allmechtig besserung schickhet genedigist gedulden." Krenner 1605, S. 63. 52

Β. Die Landtage von 1605 und 1612

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gebrauchen und war im Zusammenhang mit dem weiter oben schon erwähnten Rollenverständnis der Landstände auch als „Rat und Hilfe" zu verstehen, den die Landstände ihrem Herrn schuldig zu sein glaubten.56 Die Stände traten in den Landtagsverhandlungen selbstbewusst auf. Sie ließen sich von den Drohungen Maximilians und den schwierigen mündlichen Verhandlungen nicht beeindrucken. Im Grunde ging es ihnen nicht darum - wie es auf den ersten Blick scheint - , die Steuerforderungen abzuwenden. Es ging ihnen vielmehr darum, weiterhin „im Spiel" zu bleiben, Verhandlungspartner des Fürsten zu bleiben, sich ihre Rechte bestätigen zu lassen - was durch den von Maximilian ausgestellten Schadlosbrief erfolgte - und ihre Privilegien der Steuerbewilligung, -einnähme und -Verwaltung gesichert zu sehen.57 Damit gaben sie Maximilian zu verstehen, dass er auf sie angewiesen war und ohne sie die Finanzierung der Staatsausgaben nicht bewältigen konnte.

b) Die Gravamina der Stände von 1605 Die Präsentation der Gravamina durch die Vertreter des Großen Ausschusses war der letzte Tagesordnungspunkt auf einem Landtag.58 Die Gravamina waren die Beschwerdeschriften der einzelnen bayerischen Landstände, die auf Missstände zumeist rechtlicher, aber auch wirtschaftlicher Art aufmerksam machten. Sie waren die offiziell anerkannte Form der Beschwerdeführung der Landstände. Zumeist nutzten die Landstände die Präsentation der Gravamina als Forum, um Eingriffe fürstlicher Beamter in ihre Rechtssphäre anzuprangern. 59 56

In dieser Argumentationsweise zeigt sich deutlich das Selbstverständnis der Landstände. Fürsorgepflicht gegenüber den Untertanen und Ratgeber des Fürsten sind für sie die wichtigsten Definitionskriterien für die Rolle, die sie im Staatsgefüge einnehmen wollten. Dazu später in der Zusammenfassung der Ergebnisse des Landtags mehr. 57 Auch Sigmund Riezler fällt diese landständische Eigenheit auf, die nicht nur auf diesem sondern auch auf dem folgenden Landtag von 1612 zutage tritt: „Fast jeder Landtag begann damit, dass die Propositionen der Regierung von den Ständen als höchst drückend, als unannehmbar bezeichnet wurden, und endeten damit, dass man dieselben annahm." Er erklärt diese „Willfährigkeit" damit, dass die Stände schwach und abhängig vom Fürsten waren und womöglich unbewusst die „moderne Staatsidee" unterstützen wollten. Riezler, Geschichte Baierns Band 6, S. 28. 58 Übergeben wurden die Gravamina allerdings schon mit der landschaftlichen Hauptschrift, d. h. mit der Antwortschrift auf die fürstliche Proposition. Verhandelt wurde ihr Inhalt jedoch erst nach den Hauptverhandlungen über die finanziellen Forderungen des Landesherrn. 59 „Der Vortrag von Bemerkungen über den Zustand des Landes, die Anzeige über wahrgenommene Gebrechen in der Verwaltung oder Gesetzgebung, die Geltendmachung von Beschwerden einzelner Gerechtsame - wurde auch auf diesem Landtag von den Ständen nicht verabsäumt, und wir können es umso weniger unterlassen von diesen Erinnerungen und ihrer Erledigungsweise Kenntniß zu nehmen, als die sogenannten Gravamina in der bayerischen Landes-Geschichte eine bedeutende Rolle spielen, indem sie eine fortwährende Abspieglung des Landes-Zustandes und zugleich - nach einer Seite hin das Correctiv der bestehenden

3*

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II. Teil: Landstände

Die Beschwerdeschriften teilten sich in vier Pakete auf: Erstens in die Beschwerdeschrift der Gesamtlandschaft, zweitens in die Beschwerdeschrift der Prälaten, drittens in die des Adels und viertens in die der Städte und Märkte. Jedem einzelnen „Beschwerdeschriftpaket" folgte eine fürstliche Antwort, dann wieder die Replikschrift der jeweiligen Beschwerdepartei und darauf die Duplik des Fürsten60

aa) Gravamina aller Stände Es gab 1605 insgesamt 30 Gravamina aller Stände. Die Beschwerden deckten eine große Bandbreite aller im Lande vorhandenen Probleme ab. Sie reichten von der Klage über die Zustände der Landstrassen,61 der Sorge über das Problem des bäuerlichen Gesindes,62 der Sorge über die Verschuldung einzelner Untertanen, die damit sich und ihre Kinder in den Ruin stürzten, 63 der Klage über die finanziellen Belastungen der armen Untertanen durch Musterungen 64 bis zur Forderung nach der Reformierung des Strafprozesses und gewisser Missstände bei Gericht. 65 Gerade im Bereich der Justiz und der gerichtlichen Prozesse gab es häufig Beschwerden. Abgesehen von der zu geringen Qualifikation des Gerichtspersonals wurde in den Gravamina von 1605 besonders bemängelt, dass die Gerichtsverfahren im summarischen Prozess extreme Ausmaße angenommen hätten. Die Gründe für die Prozesse sowie auch der Zeitrahmen seien fragwürdig, und die Landstände verlangten in diesem Fall eine Reform. Gerade bei den Gründen für die Prozesse sei auffällig, dass zu viele Streitsachen als summarische Prozesse geführt würden. Oft würden solche Prozesse auch über Jahre andauern. 66 Der Fürst versprach hier Abhilfe zu schaffen. Auch allgemeine Missstände bei Gericht wurden kritisiert. Oftmals war nämlich zu beobachten, dass einem Beklagten das Recht, gehört zu werden, nicht zugestanden wurde. 67 Eine weitere Beschwerde handelt davon, dass gewisse nicht näher spezifizierte Akten (vielleicht Gerichtsakten) den Parteien nicht im Original zur Einsicht zur Verfügung gestellt wurden, sondern dass erst teure Abschriften angeVerwaltung, nach der andern Seite hin die Einleitung in die weitere Entwickelung der Gesetzgebung in sich führen." Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 26. 60 Dieser Ablauf wird von Volkmar Wittmütz treffend als „Gravamina-Formalimus" bezeichnet. Wittmiitz, Gravamina, S. 4. 61 Gravamen Nr. 30, BayHStA, ALL 860, fol. 136. 62 Gravamen Nr. 27, BayHStA, ALL 860, fol. 135. 63 Gravamen Nr. 24, BayHStA, ALL 860, fol. 135. 64 Gravamen Nr. 21, BayHStA, ALL 860, fol. 134. 65 Gravamen Nr. 17, BayHStA, ALL 860, fol. 133. 66 BayHStA, A L L 860, fol. 129. 67 BayHStA, ALL 860, fol. 131.

Β. Die Landtage von 1605 und 1612

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fertigt wurden. Abgesehen vom finanziellen Aspekt bedeutete dies auch eine Wartezeit für die Parteien. Dies war laut Polizeiordnung gesetzeswidrig. 68 Ein weiterer Beschwerdepunkt, der auch in den Gravamina der anderen Stände mehrmals wiederholt wird, handelte von Übergriffen fürstlicher Beamter auf wirtschaftliche und juristische Vorrechte der Stände. Die Stände beklagten außerdem, dass fürstliche Amtleute, Pfleger oder Kastner, bei Rechtsstreitigkeiten mit einzelnen Landsassen immer auf die Unterstützung des zuständigen Rentamts zählen konnten. Appellationen des jeweiligen Landsassen, der ζ. B. gegen den Eingriff in seine Besitzrechte durch einen fürstlichen Beamten klagte, wurden vom Rentamt oder gar dem Hofrat ignoriert. Der Darstellung des fürstlichen Beamten wurde immer Vorrang gewährt. 6 9 Bei allen Beschwerden verlangte Maximilian genauere Angaben. Zum oben genannten Gravamen über Unregelmäßigkeiten vor Gericht wollte er beispielsweise detailliertere Angaben „wo, durch wen und in was fällen" die Gerichtsordnung versagt hat und deswegen reformiert werden muss. 7 0 Insgesamt bemühte sich der Landesherr um die Würdigung jedes einzelnen Gravamen. Jedoch stimmte er bei weitem nicht jeder Beschwerde zu. Lediglich zwölf der dreißig Gravamina - d. h. noch nicht einmal die Hälfte - sollten laut fürstlicher Resolution genauer geprüft werden. 7 1

bb) Gravamina der Prälaten Von geistlicher Seite wurden dem Fürsten insgesamt 36 Gravamina präsentiert. Die Prälaten beschwerten sich ζ. B. darüber, dass fürstliche Beamte Untertanen dazu aufforderten, rechtliche Schritte gegen ihre Grundherren einzuleiten, auch wenn der Konflikt zwischen den beiden Parteien längst geklärt sei. Außerdem beschränkten die fürstlichen Beamten den Prälaten das Verfügungsrecht über die Forste. Sie mischten sich in die direkte Besetzung von Kirchenämtern ein, benannten Mesmer nach Belieben und forderten, dass Aufgebote nur dann öffentlich gemacht würden, wenn sie davon Kenntnis erhielten. 7 2 Der gravierendste Vorwurf ist, dass lokale Gerichtsherren das den Prälaten zustehende Recht der Niedergerichtsbarkeit auf den eigenen Besitzungen nicht respektierten. 73 Dieses Privileg war ab dem 16. Jahrhundert zunehmend in Vergessenheit geraten. Volkmar Wittmütz stellt fest, dass nur noch wenige Klöster, wie ζ. B. Tegernsee, die niedere 68 BayHStA, ALL 860, fol. 131. 69 BayHStA, ALL 860, fol. 130 f. 70 BayHStA, ALL 860, fol. 143. 71 Es handelt sich hier um die Gravamina Nr. 3 bis 5, 7 und 9, 10, 11, 13 und 15 sowie 24 und 25. BayHStA, ALL 860, fol. 152. 72 Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 29. 73 Gravamen Nr. 3, BayHStA, ALL 860, fol. 175.

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II. Teil: Landstände

Gerichtsbarkeit über ihre Grundholden ausübten. Bei den meisten anderen Klöstern nahm der Landesherr das Recht der Niedergerichtsbarkeit für sich in Anspruch. Allerdings übernahmen die Klöster dennoch oft die mit der niederen Gerichtsbarkeit verbundenen Verwaltungstätigkeiten. 74 Konsequenz dieser Tatsache war, dass die fürstlichen Regierungen Prälaten und Priester vor ihre Gerichte zitierten und dies teilweise ohne Angabe von Gründen und i m Falle der Prälaten ohne rechtliche Basis. Für den Stand der Prälaten war dies ein starker Eingriff i n ihre ständischen Rechte, über den sie nicht leichtfertig hinwegsehen wollten. Sie baten daher ihren Landesherren eindringlich um Abstellung dieser ihrer Meinung nach rechtswidrigen Praktiken. 7 5 I m Grunde baten die Prälaten den Fürsten um Schutz vor seinen eigenen Beamten. Dabei wiesen sie darauf hin, dass sie gerade Maximilian darum baten, weil sie ihn als ihren Vogt ansahen. Sie hätten ihre Vogtgülten immer bezahlt, ihr Teil der auf Gegenseitigkeit beruhenden Leistungen sei also erbracht, nun müsse Maximilian seinerseits die Schutzpflicht eines Vogtes erfüllen. 7 6 Die Antwort Maximilians auf das letztgenannte Gravamen fiel zögerlich aus. Er erging sich in allgemeinen Floskeln und versicherte, dass er als katholischer Landesherr natürlich alles unternehmen werde, damit die geistlichen Würden- und Amtsträger in ihren Rechten unverletzt blieben. 7 7

cc) Gravamina der Ritterschaft Die Ritterschaft präsentierte dem Landesherrn 43 Gravamina. Diese beinhalteten auch einige Fälle von Amtsmissbrauch der fürstlichen Beamten. Z u m Beispiel beklagten die Adeligen, dass die fürstlichen Beamten es ihnen verweigerten, Delinquenten, die festgenommen worden waren, durch landgerichtliches Gebiet zum zuständigen Gericht, d. h. zum Hauptwohnsitz des adeligen Gerichtsherren, zu bringen. 7 8 Wenn der Landesfürst dieses Verhalten nicht abstelle, wollten die Adeligen ihrerseits den landgerichtlichen Beamten den Durchzug von Delinquenten ver79

sagen. Insgesamt waren juristische Streitigkeiten vor allem um die Niedergerichtsbarkeit zwischen adeligen Grund- und Gerichtsherren, deren Besitz verstreut lag, mit angrenzenden landgerichtlichen oder anderen Gerichtsherren sehr häufig zu beobachten. Obwohl die rechtliche Seite durch die Verleihung der Edelmannsfreiheit 80 74 75 76 77

Wittmütz, Gravamina, S. 28/29 und ebenda, Anmerkung 44 auf S. 117. Gravamen Nr. 1, BayHStA, ALL 860, fol. 174. Gravamen Nr. 36, BayHStA, ALL 860, fol. 190; Krenner 1605, S. 228/229. BayHStA, A L L 860, fol. 204; Krenner 1605, S. 230.

78 Gravamen Nr. 5, BayHStA, ALL 860, fol. 212. 79 BayHStA, A L L 860, fol. 212.

Β. Die Landtage von 1605 und 1612

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klar war, schienen auch hier die fürstlichen Beamten in der Regierungszeit Maximilians I. keinen großen Wert auf die Einhaltung dieses Privilegs zu legen. Ein weiteres Beispiel für die Beschneidung der Niedergerichtsbarkeit ist der Fall, dass fremden Adeligen, die schon lange in Bayern ansässig waren, die Niedergerichtsbarkeit gar nicht und den einheimischen Adeligen dieselbe auf einschichtigen Gütern erst nach Ausbringung eines fürstlichen Befehls zugestanden wurde. 81 Andererseits muss man betonen, dass das Privileg der Edelmannsfreiheit Adelige, vor allem Niederadelige, die im Besitz von einschichtigen Gütern waren, mit weit gehenden Rechten ausstattete, die dazu führten, dass ζ. B. der Anteil der fürstlichen Niedergerichtsbarkeit zurückging. 82 Oftmals übten Adelige die Niedergerichtsbarkeit auf landesfürstlichen Gütern aus, die sie nur zu Lehen hatten. Dies konnte von Maximilian nicht geduldet werden. Zumal mit der Niedergerichtsbarkeit ja auch Scharwerksleistungen verbunden waren und damit eine ökonomische Verbesserung des Privilegieninhabers. 83 Um weiteren Missbrauch in dieser Angelegenheit zu stoppen, erließ Maximilian 1641 ein Dekret, in dem er sehr deutlich die Kriterien für dieses Privileg festlegte und damit den Kreis derjenigen einengte, die durch dieses Privileg die Niedergerichtsbarkeit ausüben durften. 84 Eine Beschwerde, die ebenfalls einen Eingriff fürstlicher Beamter in den Rechtsbereich der Adeligen zeigt, betraf die Jagd. Die Adeligen sahen es als einen Affront, dass die fürstlichen Pfleger und Forstbeamten ihren Wildbestand jagten. Den Schilderungen nach jagten sie die Tiere mit Fallen und hielten sich nicht daran, dass sie in adeligen Wäldern die niedere Jagd eigentlich nicht ausüben durff a n

85

ten.

80 Albrecht V. verlieh den bayerischen Adeligen 1557 die Edelmannsfreiheit als Belohung für die Schuldentilgung. Die Edelmannsfreiheit war ein Privileg, das die niedere Gerichtsbarkeit und die Immunität auch auf die so genannten einschichtigen Güter ausweitete. Unter einschichtigen Gütern versteht man alle Güter, die ihr Inhaber außerhalb des eigentlichen Hofmarksgebietes besitzt. Siehe Ay, Mitsprache, S. 476. Abgedruckt ist das Privileg der Edelmannsfreiheit bei Lerchenfeld, Freibriefe, S. 157-163. Näheres dazu auch im Kapitel über die Gravamina der Ritterschaft von 1612, II. Teil, B., 2., b), cc). 81 Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 29. 82 Sigmund von Riezler betont in seiner Geschichte Bayerns, dass das Privileg der Edelmannsfreiheit mit erheblichen rechtlichen und wirtschaftlichen Einbußen für die „Staatsgewalt" verbunden war. Riezler, Geschichte Baierns Band 4, S. 491. 83 Siehe hierzu ausführlich Rankl, Landvolk Band 1, S. 493-519; zu der Scharwerk in Bayern allgemein Lütge, Grundherrschaft, S. 113-130. 84 Ksoll, Wirtschaftliche Verhältnisse, S. 17/18. Dieses Mandat ist abgedruckt bei Lerchenfeld, Freibriefe, S. 158 ff. Dazu später mehr im Kapitel über die Gravamina der Ritterschaft des Landtags von 1612. II. Teil, B., 2. Kapitel, b), cc). ss Gravamina Nr. 22, 23, 25, BayHStA, ALL 860, fol. 217/218; Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 29. Niedere Jagd ist die Jagd auf Federvieh und Hasen, während die hohe Jagd dazu berechtigt, Bären, Wölfe, Schwarz- und Rotwild sowie Gemsen etc. zu jagen.

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II. Teil: Landstände

Diesen Missstand versprach Maximilian sofort abzustellen. Was die Beschwerde über die Rechtsbrüche der fürstlichen Beamten anging, so stellte Maximilian fest, dass es nach dem Landrecht legitim sei, wenn die fürstlichen Beamten die Überführung von Delinquenten verwehrten. 86 Nachdem die Adeligen in ihrer Duplik 87 auf die fürstliche Resolution in juristisch schlüssiger Weise argumentierten, dass erstens die Überführung von Delinquenten kein Rechtsakt sei, dass sie zweitens auch bestimmt kein Angriff auf die fürstliche Gerichtsbarkeit sei und drittens im Rahmen der Niedergerichtsbarkeit ausgeführt werde, lenkte Maximilian ein. 88 Die Gravamina der Adeligen handelten zumeist von den Eingriffen in adelige Privilegien. Die Beschwerdeführung auf dem Landtag wurde von den Adeligen gezielt dazu benutzt, ihre Vorrechte zu verteidigen. Die von Maximilian von Freyberg hervorgehobene Funktion der Gravamina, den Zustand des Landes zu spiegeln, ein Korrektiv der Verwaltung zu sein und die Weiterentwicklung des Rechts voranzutreiben, kann hier nicht bestätigt werden. 89 Vielmehr spiegeln gerade die adeligen Gravamina die Versuche Maximilians wider, auf dem Gebiet der adeligen Niedergerichtsbezirke in ständische Privilegien einzubrechen. 90 Auf diesem Landtag richteten sich einzelne Beschwerden des Adels versteckt auch gegen die Städte und Märkte, deren Zölle und Mauten sowie deren Vorherrschaft beim Verkauf von Getreide und Agrarerzeugnissen ein Ärgernis darstellten. Oft hatten ζ. B. Hofmarksherren ihren Untertanen schon erlaubt, unter Umgehung der Marktpflicht, Agrarerzeugnisse zu verkaufen. 91 Sie baten deswegen den Landesherrn dies zu legitimieren. Hier standen sich die Interessen zweier Stände gegenüber, die doch eigentlich als Vertreter der Untertanen, als die sich die Stände immer darstellten, gemeinsam hätten agieren müssen. Die Gravamina zeigen am eindrucksvollsten, dass die Stände ihre herausgehobene Position im Staatsgefüge zur Wahrung ihrer eigenen Interessen und Privilegien nutzten.92 86 87 88 89

BayHStA, ALL 860, fol. 228. BayHStA, ALL 860, fol. 240/241. BayHStA, ALL 860, fol. 257. Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 26.

90 Maximilian war ohnehin seit Beginn seiner Regierung strengstens darauf bedacht, die Ausuferungen der Edelmannsfreiheit zu bekämpfen. In mehreren von ihm angeordneten Untersuchungen, sollte die rechtmäßige Ausübung der Niedergerichtsbarkeit auf einschichtigen Gütern sicher gestellt werden. Nur Adeligen, die mit der Edelmannsfreiheit ausgestattet waren, sollte die Ausübung der Niedergerichtsbarkeit zugestanden werden. Prälaten oder Bürgern war es fortan verboten auf von ihnen erworbenen einschichtigen Gütern Scharwerksdienste zu verlangen. Generalbefehle Maximilians von 1609, 1612 und 1618 beinhalteten die Aufzeichnung der edelmannsfähigen Personen, die Beschreibung der einschichtigen Güter und landgerichtlichen Grenzen sowie die Aufzeichnung aller frei werdenden einschichtigen Güter. Diese Aktionen Maximilians endeten schließlich in einem Mandat vom 1.3. 1641, das sozusagen die Erläuterung einzelner Bestimmungen des 60. Freibriefes von 1557 darstellt. Lerchenfeld, Freibriefe, S. 157-163; Ziegler, Dokumente I, 3/2, S. 1164-1168. Zitiert bei Rankl, Landvolk Band 1, S. 532/533. 91 Altmann, Kipper und Wipper, S. 82.

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dd) Gravamina der Städte und Märkte Die Anzahl der von den Städten und Märkten vorgebrachten Gravamina belief sich auf 31, die niedrigste Anzahl der von den einzelnen Ständen vorgebrachten Gravamina. Die Beschwerden der Städte und Märkte handelten überwiegend von wirtschaftlichen Problemen und Schädigungen durch die Umgehung von Vorschriften und Mandaten und liefen darauf hinaus, dass Maximilian den Städten und Märkten ihre Handels- und Gewerbeprivilegien bestätigte. Ein erstes Gravamen zeigt dies: Städte und Ortschaften an Donau, Inn und Salzach beschwerten sich, dass trotz der Verbotsmandate Maximilians einige Wirte mehr Wein aus Österreich und Tirol einführen als diese für ihre Wirtschaften brauchten. 93 Der Wein wurde dann an die Bauern verkauft, ohne den Aufschlag zu entrichten. Den Städten entging dadurch eine große Summe an Aufschlag und Ungeld. Daher baten sie den Landesherrn, diese Geschäftspraktiken in einem neuerlichen Mandat völlig zu verbieten. 9 4 Auch beim Getreidehandel, -kauf und -verkauf gab es in dieser Hinsicht Probleme. Ausländische Händler erhielten bei der fürstlichen Hofkammer so genannte „Passbriefe", die es ihnen erlaubten, i m Land Getreide aufzukaufen und dieses dann ohne Aufschlag zahlen zu müssen oder mittels Zahlung eines ermäßigten Aufschlags außer Landes zu führen. Dadurch entstand dem Getreidehandel in Städten und Märkten großer Schaden, da die ausländischen Händler i m Bereich des Getreidehandels zu einem geschäftsschädigenden Konkurrenten heranwuchsen. 9 5 Die Städtevertreter baten daher den Landesfürsten in diesem Gravamen, eher ihnen als den Fremden besagte Passbriefe auszustellen, um den Handel zu fördern und nicht zu hemmen. 9 6 I m Zusammenhang mit Getreide wurde auch der Fürkauf von den Vertretern der Städte/Märkte stark beklagt. 9 7 Ein weiterer Missstand, der nach Ansicht der landschaftlichen Vertreter die städtische und auch die bäuerliche Wirtschaft schädigte, waren die Krämer, die sich in der Nähe von Wirtshäusern niederließen. Da diese mit allerlei Dingen handelten, u. a. auch mit Branntwein, und da die meisten dieser Krämer auch „Spielhäuser" hielten, fürchteten die Städtevertreter nicht nur um einen Schaden für die städtische und bäuerliche Wirtschaft, sondern sie konnten bestätigen, dass gerade die „Spielhäuser... [ . . . ] . . . zue allerhand leichtfertigkeit und verfürung ehrlicher Leuth Kinder ursach geben." 9 8 92

Auf diesen Tatbestand weist besonders Karl-Ludwig S. 475-479. 93 BayHStA, ALL 860, fol. 270. 94 Gravamen Nr. 3, BayHStA, ALL 860, fol. 272.

Ay hin. Ay, Mitsprache,

95 BayHStA, ALL 860, fol. 274. 9 6 Gravamen Nr. 3, BayHStA, ALL 860, fol. 274. 97 Diese Klagen finden sich auch noch einmal im Gravamina-Paket der Städte und Märkte auf dem Landtag von 1612. Siehe II. Teil, B., 2. Kapitel, b), dd).

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II. Teil: Landstände

Auch über den Zustand der Straßen in Bayern beschwerten sich die Städtevertreter. In- und ausländische Fuhrleute klagten regelmäßig bei städtischen Händlern über die schlechte Qualität der Straßen, die offenbar nicht gepflegt waren, geschweige denn - teilweise auch bei sehr schweren Schäden - wieder instand gesetzt w u r d e n . " Zusammenfassend kann man sagen, dass die Gravamina der Städte und Märkte hauptsächlich von Missständen handelten, die den wirtschaftlichen Sektor betrafen. In diesem Bereich gab es vielfältige Beschwerden über wirtschaftliche Schäden der Städte und Märkte durch Handelsleute oder auch Bauern, die ebenso einfallsreich wie auch erfolgreich Einfuhrbestimmungen oder Verkaufsbestimmungen bestimmter Güter umgingen. Aber auch soziale Probleme sowie Probleme des alltäglichen Stadtlebens, mit denen die Städte und Märkte konfrontiert waren, kommen zur Sprache. In beiden Bereichen rücken die für die Frühe Neuzeit typischen sozialdisziplinierenden Maßnahmen samt ihrer Mängel in der Durchsetzung ins Blickfeld.

ee) Zusammenfassung Die Diskussion um die Gravamina war i m Falle der Ritterschaft am intensivsten. Der Austausch zwischen dem Landesherrn und den Vertretern des Adels nimmt den größten Raum innerhalb der gesamten Verhandlungen über die landständischen Gravamina ein. Besonders um das erwähnte Gravamen über die Obstruktion einiger fürstlicher Beamter hinsichtlich der Niedergerichtsbarkeit wird hart gerungen. Es war ein Erfolg für die Ritterschaft, dass Maximilian in diesem Punkt schließlich nachgab. Jedoch muss betont werden, dass Maximilian hier keineswegs prinzipiell nachgeben wollte. Die Eindämmung der mit großen wirtschaftlichen und juristischen Vorteilen behafteten Edelmannsfreiheit, die j a zudem den Zielen der Rechts- und Steuervereinheitlichung sowie Machtkonzentrierung auf den Landesherren zuwiderlief, war - wie schon erwähnt - einer der wichtigsten Punkte seines „Regierungsprogramms", den Maximilian durchsetzen wollte und der ihn immer wieder in Konflikt mit dem Adeligen brachte. A u f den Landtagen und besonders in den Gravamina kamen diese Konflikte dann massiert zum Vorschein. Wenn man allerdings bedenkt, welche Vorteile die Edelmannsfreiheit einzelnen Adeligen gab, ist Maximilians Politik i m Hinblick auf die erwähnten Ziele zumindest nachvollziehbar. 1 0 0 98 BayHStA, ALL 860, fol. 278. 99 BayHStA, A L L 860, fol. 282. 100 Die drei wichtigsten mit der Edelmannsfreiheit verbundenen Rechte waren die Niedergerichtsbarkeit einschließlich der Scharwerksleistungen auf den einschichtigen Gütern, das ius subcollectandi, d. h. das Recht, Steuern selbst anzulegen und einzusammeln sowie gewisse Jagdrechte. Die beiden erstgenannten Rechte waren diejenigen, die Maximilian besonders stark bekämpfen und beschneiden wollte. Dazu mehr bei Huggenberger, Staatsrechtliche Stellung, S. 190 sowie 197-207.

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Insgesamt kann man bei den fürstlichen Antwortschriften auf die ständischen Gravamina feststellen, dass Maximilian dann entschlossen war, Missstände auch abzustellen, wenn er nach weiteren Belegen für die genannten Missstände fragte. Das bedeutete, dass er sich ein detailliertes Bild von den angemahnten Verfehlungen seiner Beamten oder den angesprochenen Missständen machen wollte. Wenn er diese für gravierend genug hielt, war er auch bereit, durch Abmahnungen seiner Beamten oder Mandate Abhilfe zu schaffen. Wenn er sich mit einem Gravamen nicht weiter beschäftigen wollte, antwortete der Fürst in ausweichender Form und erbat auch keine spezifischeren Informationen. Die vorgestellten Gravamina zeigen, wie empfindlich die Stände reagierten, wenn sie den Eindruck hatten, dass ihre Rechte in irgendeiner Weise angetastet wurden. Man muss aber beispielsweise im Fall der juristischen Streitigkeiten das immer schon heikle Verhältnis in der Frage der Gerichtsbarkeiten zwischen dem Landesfürsten und seinen Ständen bedenken. Maximilian war nicht der Erste, der versucht hätte, in den Rechtsbereich der Landstände einzudringen. So lässt sich auch die Empfindlichkeit der Stände bei diesem Thema erklären. 101 Zudem darf man nicht unbeachtet lassen, dass nicht jede Rechtsverletzung eines untergeordneten fürstlichen Beamten die Entmachtung der Landstände zugunsten des Landesherrn zum Ziel hatte. Festzustellen ist aber auch, dass Maximilian es sicher nicht ungern sah, wenn die fürstlichen Beamten die Trennlinien zwischen dem ständischen und dem landesherrlichen Rechtsbereich zugunsten des letzteren verschoben und dass er in vielen Fällen durch Stillschweigen seine Zustimmung zu solchen Aktionen signalisierte. 102 Er ging dann auf bestimmte Beschwerden der Stände, die in diese Richtung zielten, überhaupt nicht ein. Und er war auch nicht genötigt auf alle Gravamina einzugehen, da sie keinen verpflichtenden Charakter hatten. Jedoch ist verbürgt, dass ζ. B. in Hofratssitzungen die in den Gravamina enthaltenden Missstände diskutiert wurden und auch, dass Konsequenzen gezogen wurden. 103 Ganz ohne Wirkung verhallten die Gravamina nicht. Die Beschwerdeschriften von 1605 zeigen, dass die Landstände die ihnen überkommenen Rechte und Freiheiten immer wieder einforderten und sich in diesem Bereich von fürstlichen Beamten nicht einschränken lassen wollten. 104 Die große ιοί Siehe ζ. B. Sagstetter, Niedergerichtsbarkeit, S. 27-33 sowie S. 302-314. Zu bedenken ist natürlich auch, dass gerade die juristischen Vorrechte zusammen mit den Rechten des Grundbesitzes die grundlegende Voraussetzung für die Landstandschaft der einzelnen Landstände war. Die Stände fühlten sich in ihren Grundfesten angegriffen. Hierzu siehe Volkert, Adel und Landstände, S. 511 / 512. ι 0 2 Eingriffe in Privilegien, die die Stände durch die Niedergerichtsbarkeit inne hatten, waren zudem nicht erst unter Maximilian ein Mittel der Landesherren, das Machtgleichgewicht zu ihren Gunsten zu verschieben. Maximilian ging diesen Weg lediglich konsequenter und strenger als seine Vorfahren. Siehe hierzu auch Rankl, Landvolk Band 1, S. 529-536. 103 Heydenreuter, Hofrat, S. 146. 104 Dass die Adeligen Eingriffen in ihre Rechts- und Privilegiensphäre entgegentraten, hatte Tradition. Schließlich hatte sich aus diesem „Widerstandsrecht" erst der Zusammen-

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II. Teil: Landstände

Anzahl der Gravamina, die Eingriffe in die landständische Rechtssphäre durch fürstliche Beamte beklagen, vermitteln den Eindruck, die Landstände würden systematisch entrechtet. Bedacht werden muss jedoch, dass die Landstände in diesem Punkt sehr aufmerksam waren und auch nicht vor manchmal vielleicht zu dramatischen Schilderungen zurückschreckten, um Maximilian dazu zu bewegen, Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Auch wenn in diesem Bereich der Entmachtung der Landstände widersprochen wird, muss freilich gesagt werden, dass solche Klagen - auf das richtige Maß zurecht gestutzt - dennoch den Prozess der Machtakkumulation durch den Fürsten anzeigen. 1 0 5

c) Ergebnisse des Landtags Was bedeutet die Bewilligung der Land- und Standsteuern auf dem Landtag von 1605 für die bayerische Politik der damaligen Zeit? Sie bedeutet den Beginn der Durchsetzung einer Finanzpolitik, die vom Landesherrn Maximilian bestimmt wurde. Vorrangige Ziele waren die Tilgung der Schulden und die Konsolidierung des Haushalts. 1 0 6 Da Maximilian die Landstände zu Beginn seiner Regierungszeit noch nicht umgehen konnte, brachte er sie mit Appellen an ihr Verantwortungsgefühl für das Land dazu, seinen finanziellen Kurs zu unterstützen. I m Gegensatz zu seinem Vater hatte Maximilian bisher auch den Willen zur Sparsamkeit bewiesen; so konnte er durch den Hinweis darauf seine Argumentation untermauern. Dies betonte er auch eigens während der Landtagsverhandlungen. Er hatte seine Verantwortung für das Land unter Beweis gestellt und legte Konzepte vor, die Bayern finanziell aus der Krise heraus und weiter nach vorne bringen sollten. 1 0 7 Die Landstände konnten schließlich nicht anders als die Steuern zu bewilligen, wollten sie nicht als „Hemmschuh" einer Politik dastehen, die dem Land nützen könnte. Außerdem waren sie als Gläubiger des Landesherrn ohnehin an der Schuldentilgung interessiert. 108 Natürlich verband Maximilian mit der Rückführung der schluss einer adeligen Korporation ergeben, die sich dann als Adelskurie und stärkste Gruppe innerhalb der bayerischen Landschaft etablierte. Siehe Sagstetter, Niedergerichtsbarkeit, S. 32/33. 105 Dieser Meinung sind einige Forscher, die gleichzeitig den Begriff der Entmachtung der Landstände nicht verwenden würden. Dass eine Einschränkung der landständischen Macht durch Maximilian /. stattfand, ist jedoch unbestritten. Siehe unter vielen z. B. Albrecht, Maximilian, S. 224/225; Rankl, Landvolk Band 1, S. 363-365. 106 Siehe Albrecht, Maximilian, S. 188; Kraus, Maximilian, S. 54 sowie S. 60-62; Dollinger, Finanzreform, S. 103. 107

Siehe hierzu Heydenreuter, Finanz- und Verwaltungsreform, S. 116-119. Die adeligen Gläubiger des Landesherrn stammten zumeist aus der adeligen Mittelschicht, die über keinen Großgrundbesitz verfügte, aber dennoch genügend Geldmittel besaß, um Maximilian auszuhelfen. Großgrundbesitzer aus alten bayerischen Adelsgeschlechtern waren seltener innerhalb der Gruppe der landesherrlichen Gläubiger zu finden. Die Closen oder die Preysing waren bis zum Ende von Maximilians Regierungszeit die einzigen dieser Adelsgruppe, die ihrem Landesherrn Geld liehen. Ansonsten wurde von den alten bay eri108

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Schulden auch ein persönliches Ziel für sich und sein Haus. Nach Tilgung der Schulden war für ihn sodann vor allem die Bildung von Rücklagen von Bedeutung. Er erkannte in der von ihm angestrebten finanziellen Unabhängigkeit seines Landes die Chance, auf Reichsebene eine Rolle zu spielen. Maximilian brachte die Landstände also in eine Zwickmühle. Als dem Wohl des Landes verpflichtete Stände, als die sie sich immer darstellten, konnten sie sich dem Abbau von Schulden und dem Aufbau von Landesdefensionen zum Schutz des eigenen Landes und der Untertanen nicht gut widersetzen. Dies alles sollte allerdings mittels Steuereinnahmen geschehen, die die Untertanen belasteten. M i t diesem vordergründigen Argument lehnten die Ausschussverordneten die Steuern zunächst ab. M i t demselben Argument hatte Maximilian seine Propositionen jedoch auch vorgebracht. Das Landeswohl und das Wohl der Untertanen wurde von beiden Seiten in Anspruch genommen. Der Landesfürst glaubte aus seiner über alle Einzelinteressen hinaus erhabenen Position der legitime Vertreter des Landeswohls zu sein. Die Landstände vertraten die entgegengesetzte Position. Sie waren der Überzeugung, dass sie durch die Repräsentation der Einzelinteressen das Landeswohl besser befördern konnten. 1 0 9 Daraus ergab sich die schon erwähnte Konkurrenz zwischen Landesherrn und Landständen um die „wahre" Repräsentation der Untertanen. Das dieser Konkurrenzkampf handfeste Eigeninteressen als Hintergrund hatte, kann durch die Verhandlungen nicht nur dieses, sondern auch des folgenden Landtages von 1612 illustriert werden. Auch eine weitere Entwicklung i m Ringen um die Repräsentation lässt sich auf den beiden ersten bayerischen Landtagen des 17. Jahrhunderts erkennen: Die Landstände wandelten ihre Definition von Repräsentation der Untertanen i m Verlaufe des Konkurrenzkampfes mit dem Landesherrn in eine Fürsorgepflicht um, da sie ansonsten zu unterliegen drohten. 1 1 0 Denn der Landesfürst übernahm mehr und mehr das Ruder und profilierte sich in vielfältigen Bereichen als die einzige Kraft, die das Land legitim zu führen imstande war. Auch auf dem Landtag von 1605 wurden diese Argumente auf Seiten der Landstände benutzt, um verhandlungstaktisch eine gute Position zu erlangen. Beispielsweise wollten die Landstände mit dem Argument der Fürsorgepflicht für die Untertanen und des Landeswohls das Ansinnen Maximilians, die Abschaffung des Weißbieraufschlags, auf jeden Fall verhindern. Denn dies hätte einen groschen Adelsgeschlechtern eine wie auch immer geartete Bindung an den Landesherrn vermieden. Ksoll, Wirtschaftliche Verhältnisse, S. 60-62. 109 Siehe hierzu Stollberg-Rilinger, Vormünder, S. 104/105. Siehe auch Schulze, Gemeinnutz, S. 597: Der Gemeinnutz wird hier von Schulze als „der zentrale programmatische Begriff des spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Staatsdenkens" bezeichnet. Schulze beschäftigt sich insgesamt in seinem Aufsatz mit dem Wertewandel, den der Gedanke des Eigennutzes im Verhältnis zum Gemeinnutz schon seit dem 16. Jahrhundert durchgemacht hat. 110 Diese Theorie lässt sich besonders für Maximilians Regierung sehr fruchtbar anwenden und erklärt das Konfliktpotential zwischen ihm und den Ständen, das sich auf dem Landtag von 1605 erst aufbaute. Stollberg-Rilinger, Vormünder, S. 105.

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II. Teil: Landstände

ßen Einnahmerückgang im Bereich des Aufschlags bedeutet. Da mit den Aufschlagsgeldern traditionell auch die Schulden abbezahlt wurden, ist die Position der Landstände verständlich. Denn einerseits warb Maximilian damit, dass er eine strenge Sparpolitik zu betreiben dachte, deren oberstes Ziel der Schuldenabbau war, andererseits wollte er die Einnahmen, die der Schuldentilgung dienten, schmälern, weil sie das Florieren seines persönlichen Wirtschaftens in der Weißbierbranche einschränkten. Die Ablehnung von neuen Steuern lag im Übrigen auch im Arbeitsaufwand begründet, der bei der Steuereinnahme für die Landstände anfiel. 111 Auf beiden Seiten standen also persönliche Motive für die Durchsetzung und Bewilligung der neuen Finanzpolitik im Vordergrund. Die Tatsache, dass Maximilian besonders in der Finanzpolitik den entgegengesetzten Weg seines Vaters beschritt, bedeutete für die Landstände einen Verlust an Einfluss. Den Kurs gab jetzt Maximilian mit seinen konkreten Zielen vor. Die Landstände mussten der Entschlossenheit Maximilians nachgeben. Für die bayerischen Verhältnisse der damaligen Zeit bedeutete dies einen Politikwechsel gegenüber dem 16. Jahrhundert. Die Vorrangstellung seiner landesherrlichen Position, die Maximilian schon in diesem ersten Landtag von 1605 deutlich zum Ausdruck brachte, sollte den Landständen fürderhin zum Problem werden. Die Felder, in denen Maximilian mit den Landständen in Konkurrenz treten wollte, waren die oben genannte Repräsentation der Untertanen, die sich, wie in den Verhandlungen von 1605 gezeigt wurde, als reine Machtfrage zwischen den Fürsten und seine Landstände stellte. 112 Weitere Konfliktfelder, die Maximilian auf diesem Landtag eröffnete, waren die Frage nach den Landesdefensionen in Verbindung mit den Musterungen, die ihm dadurch den Überblick über die Bevölkerung verschafften sowie die Steuerpolitik, die seit jeher, unter Maximilian aber noch stärker, im Vordergrund der machtpolitischen Auseinandersetzungen zwischen Landesherr und Ständen stand. 113 Dass die Landstände, wie unter Maximilians Vater, Entscheidungen des Landesherrn mitgestalten konnten, weil dieser sich durch seine Schulden in eine schwache Position begeben hatte, gehörte der Vergangenheit an. Eine Art „Blockadepolitik" auf dem Landtag zu betreiben, um die eigenen Positionen durchzusetzen, war für die Landstände nicht mehr so einfach möglich. Um „im Spiel zu bleiben", blieb ihnen lediglich die Kooperation mit Maximilian. Der Landtag von 1605 zeigt, dass die Landstände eine Änderung ihrer Politik in dieser Richtung anstrebten. Lang111 Dazu mehr im Kapitel über die Steuereinnahme und Rechnungslegung. Siehe III. Teil, D., 1. Kapitel, b). 112 Rankl, Landvolk Band 1, S. 350. 113 Die Auseinandersetzung begann ja schon im 16. Jahrhundert, das nicht nur in Bayern als Anfangsphase des Übergangs vom Domänen- zum Steuerstaat bezeichnet werden kann. Siehe Ziegler, Staatshaushalt, S. 252 ff. Rudolf Schlögl glaubt sogar, dass Bayern die „Schwelle zum Steuerstaat" schon Mitte des 16. Jahrhunderts überschritten hatte. Ohne Zweifel hatte diese Entwicklung den größten Einfluss auf das Verhältnis zwischen Landesherr und Ständen in der Frühen Neuzeit. Siehe auch Rankl, Landvolk Band 1, S. 260.

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fristig lag das Gefährliche an dieser Entwicklung darin, dass die Landstände ihre ohnehin schon schmalen Mitspracherechte bald ganz verlieren sollten. Denn die Landschaftsverordnung, die zwischen den Landtagen die Sache der Stände vertrat, suchte mit der Zeit immer weniger den Kontakt zur Gesamtlandschaft, zumal sie j a in der landschaftlichen Hauptinstruktion mit vielfältigen Entscheidungskompetenzen ausgestattet worden w a r . 1 1 4 Maximilian selber hatte durch seine zielgerichtete Politik letztlich auch zu dieser Entwicklung beigetragen. Sein Wille zur Veränderung zeigte sich auf dem eben schon besprochenen finanziellen Sektor. Maximilian hatte hier konkrete Ziele, die durch Reformen verwirklicht werden sollten. Vier Bereiche der Finanzpolitik und Verwaltung des Landes waren davon betroffen: Erstens die Beamtenschaft, die er einer Reorganisation unterzog. Maximilian setzte sich zum Ziel, den Verwaltungsapparat des Staates effektiver zu gestalten. Die Kosten sollten minimiert werden, die Leistung der Beamten aber gleichzeitig gesteigert werden. Durch Visitationen sollten nicht effektiv genug arbeitende Beamte eruiert und zu besserer Arbeit ermahnt werden. Zweitens die Ausschöpfung der fürstlichen Regalien, die maximiert werden sollte. Maximilian dachte hierbei besonders an den Salzaufschlag. Drittens die Steuererträge, die gesteigert werden sollten. Viertens Gewerbe und Handel i m Land, die gezielt gefördert werden sollten. Insgesamt lief Maximilians finanzielles Konzept darauf hinaus, die Kosten des Staates zu senken, um bei gleichzeitiger höchstmöglichster Sparsamkeit Rücklagen bilden zu können, die es ihm ermöglichten in der Reichspolitik eine einflussreiche Rolle zu spielen. 1 1 5 Der für diesen Landtag konstatierten landständischen Kooperations-Politik steht die sehr intensive Art der Landstände - vor allem der Adeligen - gegenüber, in der sie ihre überkommenen Rechte zu verteidigen suchten, wo sie sie gefährdet sahen. Dabei scheuten sie die Konfrontation mit dem Landesherrn nicht. Die Gravamina der Landstände von 1605 sind ein Beispiel dafür. Bei den vielfältigen Klagen über Eingriffe in die landständische Rechtssphäre durch fürstliche Beamte ist man versucht, dem Interpretationsmodell der Absolutismusforschung zu folgen, die es als einen zielgerichteten Prozess ansieht, dass der Fürst systematisch, vor allem durch Eingriffe in den Rechts- und Verwaltungsbereich der Landstände, danach strebte, die kleineren Machtgefüge aufzubrechen, um dann schließlich alle Macht in seinen Händen zu halten. Diese Sichtweise hat sich bewährt und wird als Interpretationsmuster auf vielfältige Aktionen von Landesfürsten i m 16. und 17. Jahrhundert angewendet. Auch auf die Ziele Maximilians' Politik kann dieses Interpretationsmuster angewendet werden, auch er strebte nach der Zentralisierung seines Landes und der Mehrung 114 Diese Kluft, die sich zwischen der Landschaftsverordnung und der Gesamtheit der Landstände auftat, zeigt sich auch während der Postulatshandlungen, die noch eingehend beschrieben werden. Siehe III. Teil, C. Albrecht, Maximilian, S. 186 ff.; Heydenreuter, Finanz- und Verwaltungsreform, S. 101-119.

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seiner Machtbereiche. Dennoch gilt es der auch durch die Absolutismusforschung zu stark gewordenen Konzentration auf den Landesherrn i m Allgemeinen die immer noch vorhandene, wenn auch mehr oder minder stark i m Schwinden begriffene Macht der Stände entgegenzuhalten. Auch verdecken diese Interpretationsmuster zuweilen die historische Realität. I m Fall der Gravamina von 1605 kann man sicherlich davon ausgehen, dass nicht jeder fürstliche Beamte, der in den Rechtsbereich der Landstände eingriff, dies mit dem Ziel tat, dem Fürsten bei der Etablierung des absolutistischen Zentralstaats behilflich zu sein. In der Rückschau erscheint durch das eben vorgestellte Interpretationsmuster zu vieles als logische Handlungskette, was den Zeitgenossen damals nicht unbedingt in allen Fällen bewusst w a r . 1 1 6 Außerdem hat vor allem die sozialgeschichtliche Forschung bewiesen, dass ζ. B. in der Frage der Durchsetzung von neuen Maßnahmen, ein besonders gutes Beispiel sind hier Bettelverbote, die ausführenden Beamten oft selbst durch obstruktives Verhalten die obrigkeitlichen Mandate unterliefen. 1 1 7 Die Gravamina sind weiterhin i m Hinblick auf die innere Struktur der Landstände aufschlussreich: Denn sie zeigen eine Zweiteilung der Landschaft. A u f der einen Seite steht der landschaftliche Große Ausschuss, der aufgrund von persönlichen Motiven, der geschickten Verhandlungsführung Maximilians und seiner Räte und der Erhaltung der eigenen Machtbasis Forderungen zustimmt, die er zu Beginn der Verhandlungen als unannehmbar empfunden hat. Dies wurde als Kooperationspolitik bezeichnet. A u f der anderen Seite stehen die Sorgen und Nöte einzelner Landstände, die in den Gravamina formuliert werden, aber nicht notwendigerweise einer Lösung oder Änderung zu ihren Gunsten zugeführt werden. 1 1 8 I m Hinblick auf die wirtschaftlichen und rechtlichen Probleme der einzelnen Landstände können diese von den Landtagshandlungen also nicht die Lösung ihrer Probleme erwarten. Diese Tatsache hat die Entwicklung einer Kluft zwischen Landsassen und Landschaftsverordneten zur Konsequenz. A l l dies macht die Landstände i m Ganzen zu einer Gruppierung mit unklarem Profil. Sie sind keinesfalls ein geschlossener politischer Block. Vielmehr stellen sie sich als eine Gruppierung dar, die ihre meistenteils juristischen und wirtschaftlichen Privilegien für sich selber erhalten möchte. Diese beiden Sektoren sind auch die am stärksten umkämpften auf diesem und auch auf dem folgenden Landtag. 116

In einem neueren Aufsatz kritisiert Wolfgang Reinhard genau diese teleologische Art, in der manche Forscher die Frühe Neuzeit nur als vorbereitende Zeit für die Neuere Geschichte sehen. Reinhard, Frühmoderner Staat, S. 339/340. 117 Vor allem Kritiker des Begriffs der Sozialdisziplinierung haben gezeigt, dass solch ein Verhalten sehr häufig war. Damit kann bewiesen werden, dass die Sozialdisziplinierung als ein die gesamte Gesellschaft durchdringendes Konzept nur in der Theorie greift, nicht jedoch den vielfältigen Alltag der Frühen Neuzeit adäquat beschreiben kann. Siehe hierzu vor allem Dinges, Armenfürsorge und Dinges, Stadtarmut. Kritische Stimmen zum Absolutismus-Begriff finden sich bei Asch/Duchhardt, Absolutismus. 118 Schon hier zeigt sich im Ansatz der Kontaktverlust landschaftlicher Ausschüsse, in diesem Fall des Großen Ausschusses, zur Gesamtheit der Landstände, der im Lauf der Regierungsjahre Maximilians noch stärker zutage trat.

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Das zeigen die Hauptverhandlungen sowie die Verhandlungen über die Gravamina. Die politische Geschlossenheit einer die Untertanen repräsentierenden Gruppierung fehlt den Landständen. Der landständische Große Ausschuss auf dem Landtag repräsentierte nicht die Mehrheit der Stände, die ihn gewählt hatte. Unter anderem aus dieser Zweigeteiltheit der Landschaft bzw. dem Auseinanderdriften zwischen Repräsentierten und Repräsentanten lässt sich auch die schwache Position der Landstände gegenüber Maximilian erklären. 119 Maximilians Erfolg beim Landtag von 1605 beruht aber abgesehen von der durch fehlende Geschlossenheit hervorgerufenen Schwäche der Landstände zum großen Teil darauf, dass er genaue Vorstellungen von seinen Zielen hatte und den Landständen konkrete Vorschläge machte, wie man diese Ziele erreichen könnte. Die Art, wie er seine Forderungen mit Lösungsansätzen für die Probleme, die durch die Forderungen entstehen könnten, verband und wie er gleichzeitig Reformvorschläge ζ. B. für die Steuer- und Aufschlagserhebung vorstellte, war der Schlüssel für den Erfolg Maximilians auf dem Landtag. 120 Abgesehen von der Person Maximilians nahmen weitere Personen auf fürstlicher Seite Einfluss auf die Landtagsverhandlungen. Dies waren der Kanzler Joachim Donnersberger, der Hofkammerpräsident Hans Schrenk, der Geheime Rat und Landhofmeister Wolf Conrad Freiherr von Rechberg, sowie der Fürstliche Rat und Sekretär des Geheimen Rates Christoph Gewold. Auf der landständischen Seite traten als Hauptverhandlungsführer hervor der Abt Johann von Allersbach, Heinrich von Preysing, Hans Conrad von Herwarth, Niklas Schöllhamer und der Landschaftskanzler Hans Georg von Herwarth. 121 Besonders letzterer spielte eine ganz entscheidende Rolle im Hinblick auf die Ergebnisse des Landtags, den man als erfolgreich für den Fürsten bezeichnen kann. Hans Georg von Herwarth, der schon von 1587 bis 1590 Landschaftskanzler gewesen war und dann auf die fürstliche Seite überwechselte und bis zum Oberstkanzler aufstieg, wurde 1598 mit dem Regierungsantritt Maximilians wieder Landschaftskanzler. Der Landtag von 1605 fand auf landständischer Seite unter seiner Regie statt. Die kooperative Linie, die die Politik der Landstände auf diesem Landtag kennzeichnet, wird unter anderem auch seinem Einfluss auf die Landstände zugesprochen. 122 n9 Wobei hier zu bemerken ist, dass - wie weiter oben schon erörtert - die Frage nach der Repräsentation im Zusammenhang mit den Landständen eine der schwierigsten Fragen der landständischen Forschung überhaupt ist. Es geht dabei eben nicht nur um die Problematik, ob die Landstände die Landesuntertanen repräsentieren, sondern auch darum, ob innerhalb des landschaftlichen Gesamtkorpus die Repräsentation durch eine kleinere Gruppe anerkannt war und vor allem, ob sie funktionierte. Die zeitgenössischen Theoretiker stützten sich bei dieser Problematik auf die Korporationstheorie, die im späten Mittelalter entwickelt worden war und bis ins 17. Jahrhundert fortwirkte. Als politische Kategorie wurde der Begriff Repräsentation bis weit ins 18. Jahrhundert hinein überhaupt nicht gebraucht. Siehe Stollberg-Rilinger, Vormünder, S. 83-87 und 92-103. 120 Dazu Näheres im 2. Kapitel des III. Teils, D. der Arbeit. 121 BayHStA, ALL 860, fol. 57. 4 Kummer

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2. Der Landtag von 1612 Auf dem Landtag von 1612 präsentierte Maximilian in seiner Proposition drei Forderungen: Erstens forderte er einen landständischen Beitrag für die „katholische Sache". Neben den Reichs- und Kreishilfen sollten die Landstände auch die Bündnishilfen für die Katholische Liga leisten. 123 Zweitens forderte er von den Landständen Vorschläge zum Thema Steuerentlastung der Untertanen. 124 Drittens sorgte sich Maximilian um die Verbesserung des Polizeiwesens sowie der Wirtschaft und des Handels und gab bei den ständischen Verordneten ein Gutachten zur bisherigen Polizei- und Landesordnung sowie zur wirtschaftlichen Situation des Landes in Auftrag. 125 a) Die Verhandlungen Nachdem die Stände den Großen Ausschuss gewählt hatten, wurden die Beratungen abgehalten. Über die erste Forderung, die Geldbewilligung für die Katholische Liga, wurde am intensivsten verhandelt. Die Stände lehnten einen Beitrag zunächst ab. Maximilian sollte die Steuergelder lieber zur „Schüzung des Landes selbsten, und nit für andere Reichsstendt" verwenden. 126 Trotz dieser Mahnung bewilligten die Stände nach längeren Verhandlungen schließlich vierteljährlich 7000 fl. (in Fällen, in denen mehr Geld benötigt wurde, sollten auch 8000 fl. gezahlt werden). 127 Dieses Geld sollte ausdrücklich sowohl für Bündniszwecke, als auch für allgemeine Kriegs- und Rüstungszwecke verwendet werden. 128 Nominell war es also eine Zusatzausgabe zur Landesverteidigung und zu den so genannten Landesdefensionen. 129 122 Lanzinner, Herwarth, S. 319. Dem Landschaftskanzler ist im Folgenden ein eigenes Kapitel gewidmet. ι 2 3 Krenner 1612, S. 12; BayHStA, ALL 861, S. 24 ff. und 27. 124

BayHStA, ALL 861, S. 15 f.; siehe auch Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1,S. 36. 125 BayHStA, A L L 861, S. 29 f. Anzumerken ist, dass die Arbeiten und der Austausch von Gutachten zur Reform des Polizeiwesens und der Landesordnung sowie der Justiz (Gantprozess und summarischer Prozess) schon seit 1608, in Ansätzen schon seit 1606, durch die Deputation von Verordneten zur Reform des Polizeiwesens, in den Quellen zu verfolgen sind. Darauf wird im anschließenden Kapitel noch eingegangen. BayHStA, ALL 1683, o. F. 126 BayHStA, KGL 1344, fol. 247 f.; vgl. Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 38. 127 BayHStA, KGL 1344, fol. 248; vgl. Freyberg, S. 38. 128

Geschichte der Gesetzgebung Band 1,

Hiermit waren Befestigungsbauten, Besoldungen der Offiziere und Generäle, Kosten für die Musterungen etc. gemeint. BayHStA, KGL 1344, fol. 248; Krenner 1612, S. 81. 129 Die Landesdefensionen wurden ausführlich schon im Kapitel über den Landtag von 1605 erklärt. Zur Landesverteidigung vgl. die Angaben zur Steuersumme, die jährlich aus Land- und Standsteuern an das Landesdefensionswerk entrichtet wurden. Panzer, Versuch, S. 192.

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Zusätzlich bewilligten sie eine Vollmacht für die Landschaftsverordnung, laut derer im Notfall eine Summe von 50000 fl. oder gar 100000 fl. freigegeben werden durfte. 130 Sie schlugen Maximilian außerdem vor, in einer Notsituation einen Landtag einzuberufen, auf dem dann auf traditionelle Art die Einwilligung der Landstände zur Finanzierung der fürstlichen Forderungen eingeholt werden konnte. 131 In den landständischen Schriften stellte sich die Finanzsituation des Landes als stark angeschlagen dar. Die Stände lobten zwar einerseits das Bestreben des Landesherrn, die finanziellen Bürden des Landes zu mildern, 132 andererseits waren sie sehr pessimistisch was das Anwachsen der Kosten für die Landesverteidigung anbetraf. Denn dieses trug ihrer Meinung nach eher dazu bei, die Steuerbelastung der Bevölkerung weiter hoch zu halten. Die Frage Maximilians nach der Verringerung der Steuer- und Abgabenbelastung der Untertanen ist daher für die Landstände zumindest verwunderlich. Denn die Schulden, die zu dieser finanziellen Belastung geführt haben, seien zwar zurückgegangen, an ihre Stelle träten aber die immer ausufernderen Belastungen für Reichs- und Kreishilfen, für Bündnisbeiträge und für die insgesamt steigenden Kosten der Landesverteidigung. 133 Die landschaftlichen Verordneten betonten nochmals, dass es ihnen nicht einsichtig erscheint, warum sie Bündnishilfen für die Katholische Liga beisteuern sollen. 1 3 4 Kontributionen zu Bündniszwecken waren in Bayern traditionellerweise nicht von den Ständen zu leisten, sondern aus der fürstlichen Kasse zu bestreiten. 135 Denn die Beiträge für Bündnisse kämen ja eigentlich anderen Reichsständen zugute und diesen war man nicht verpflichtet zu helfen, vor allem nicht mit Geld, dass man von den Untertanen in Form von Steuern forderte. Die Verordneten empfanden es als unangemessen, dass Steuern, die von den Untertanen für den Fall der Landesnot aufgebracht wurden, außerhalb des Landes verwendet werden. 136 Die zwei Drittel, die die Landstände für die Landesverteidigung und die Landesdefensionen aufbrachten, waren für den Fall der Landesnot gedacht, um eine Verteidigung des Landes sicher zu stellen. 137 Die Verordneten des Großen Ausschusses appellierten an Maximilian, das in seinem Auftrag im Lande ausgehobene Geld auch für das Land zu verwenden und nicht für andere Reichsstände.138 Maximilian 130 BayHStA, KGL 1344, fol. 250; Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 38. 131 Krenner 1612, S. 83; BayHStA, KGL 1344, fol. 250. 132 BayHStA, ALL 861, S. 47. 133 BayHStA, ALL 861, S. 49 ff. 134 Krenner 1612, S. 78. 135 Auch die Finanzierung des Landsberger und Schwäbischen Bundes war damals aus der fürstlichen Kasse bestritten worden. Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 38. 136 Krenner 1612, S. 79; BayHStA, KGL 1344, fol. 246; Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 38. 137 BayHStA, KGL 1344, fol. 248. 138 „ . . . das E. Frl. Drtl. das gelt, So aus disem Landt von den armen underthonen zuesamen getragen wuerdet, zu schuezung des Landes selbsten, und nit fuer andere Reichsstendt, ob die gleich Cathollisch seindt, auszugeben und anzuwendten, [ . . . ] , und verhoffen wir undertheni*

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sollte als Landesfürst nur zum Wohle des Landes handeln und die Steuern der Untertanen lediglich für eben diesen Zweck verwenden und nicht an andere Reichsstände verschwenden. Es zeigt sich in dieser Argumentation ein auf das Land konzentriertes Denken. Die Stände sind hier wahre Land-Stände.139 Weiterhin ist die Ermahnung als Ausdruck der schon fast traumatisch zu nennenden Angst der Stände vor einer unzweckmäßigen Verschuldung des Landesherrn zu sehen. Zusätzlich war diese Argumentation natürlich auch verhandlungstaktisch bedingt. Die Landstände waren sicher darauf bedacht, den Eindruck zu erwecken, sie dienten mit ihren Entscheidungen dem Land und dem Gemeinwohl, weshalb sie auch eine bestimmte Summe an Geld bereitstellen wollten (die oben erwähnten 7000 fl. oder, wenn diese nicht reichen sollten, 8000 fl. vierteljährlich), um den Wehretat insgesamt zu stärken. Zu einem großen Teil ist diese Entscheidung aber auch auf den Druck zurückzuführen, den Maximilian auf die Landstände ausübte. Er warf den Ständen mangelnden Respekt ihm gegenüber vor und stellte mit Verwunderung und Ärger fest, dass sie die Übernahme von Schulden aus Bündniskontributionen so oft stillschweigend akzeptiert hätten, dass ihre jetzige Weigerung nicht nachvollziehbar sei. Zusätzlich sei es unumstritten, dass die Katholische Liga eine Schutzfunktion für die „katholische Sache" und für alle katholischen Länder ausübe und damit einen hohen Stellenwert in der bayerischen Politik einnehmen müsse. Im Notfall könne Bayern mit dem Schutz durch die Truppen der Katholischen Liga rechnen. Den letzten Anstoß zur Zustimmung zu den fürstlichen Forderungen gab der nachdrücklich formulierte Wunsch Maximilians nach Offenlegung der ständischen Finanzen und Rechnungslegung.140 Dies wurde im Übrigen insgesamt zu einem stark umstrittenen Thema des Landtages. Dieser Punkt berührte nämlich die Unabhängigkeit der landständischen Finanzverwaltung. Die eigenständigen Steuerbehörden der Landschaft, die die gesamte Steuerverwaltung „von der Erhebung bis zur Verausgabung" organisierten, 141 waren für die Landstände der Garant dafür, dass der Landesherr sich weiterhin um ihre Zustimmung zu Steuererhebungen bemühte. Außerdem sahen die Landstände die Besoldung ihrer Beamten als einen wichtigen Punkt ihrer Selbstständigkeit und Unabhängigkeit an. Am Ende ließ Maximilian von dieser Fordegist das sowol und zueforderst E. Frl. Drtl., wie auch wir, andern Reichsstendten, ob die gleich Cathollisch, merers nit als der Proportion nach, zuehelffen schuldig, und das wir weder gewissens, noch von Rechts wegen die Steuern, so von dem armen Land Mann einig und allein zue der Landsnoth gemaint, und hergeben werden, in einige ander weeg und an ander orth zuverwendten, So seind auch die Bunds= und dergleichen außgaben ungewiß, [ . . . ] , Inmassen dann auch diß ganze Landt defensionswerkh der dreyen dritteil dahin niemahlen gemeint, verstandten, oder angesechen worden, Seitemahln E. Frl. Drtl. als Landtsfuerst, dero Landtfuerstlich Intrat und einkhomen zue Schuz und Schirmung dero Fuerstenthumb und Landen haben." Krenner 1612, S. 80/81; BayHStA, KGL 1344, fol. 247. !39 Über Reichs-, Kreis- und außerordentliche Türkenhilfen hinaus dachten die Stände nicht im Reichszusammenhang. 140 BayHStA, ALL 861, S. 270; Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 39. 141 Mußgnug, Haushaltsplan, S. 52.

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rung ab, nachdem der landständische Große Ausschuss ihn mehrmals darum gebeten hatte und schließlich zugesagt hatte, dass die landständischen Vorratsverordneten jährlich schriftliche und mündliche Rechenschaftsberichte abliefern würden. 142 Das Ergebnis der Verhandlungen über die Bündniskontributionen sah folgendermaßen aus: Beide Seiten verfochten ihre Positionen hartnäckig. Die Vertreter des Großen Ausschusses versuchten, die Prinzipien der Friedenswahrung und Sparsamkeit zu vertreten. Maximilian zeigte, wie auch schon auf dem Landtag von 1605, durch sehr deutliche Drohungen, dass er gewillt war, seine Forderungen durchzusetzen. Seinen Drohungen verlieh er aber nicht nur - wie 1605 - durch seine Autorität als Landesherr Gewicht; vielmehr konnte Maximilian sich auf diesem Landtag schon auf die Bilanz seiner Regierungsleistungen berufen. Seine Finanzreform war erfolgreich 143 und der so genannte Vorrat war wieder auf die Höhe gebracht worden, die er zu den Zeiten seines Großvaters hatte. 144 Auf diesen Umstand berief sich Maximilian im Rahmen der Verhandlungen häufig. Das Anwachsen des Vorrats war umso erstaunlicher als Maximilian während der ersten vierzehn Jahre seiner Regierung einiges an Kriegsausgaben hatte tätigen müssen. Trotzdem war der Vorrat, der extra für solche Ausgaben vorgesehen war, angewachsen. Dies erklärt sich dadurch, dass bestimmte Einnahmen nur in die Vorratskasse flössen. 145 Es ist dennoch nicht von der Hand zu weisen, dass die finanziellen Forderungen Maximilians eine erneute Steuerbelastung für die Untertanen bedeuteten. Um zu zeigen, dass Maximilian seine zweite Forderung dieser Verhandlungsrunde, nämlich die Steuerentlastung der Untertanen, dennoch ernst meinte, bat er die Landstände um ein Gutachten über die wirtschaftliche Situation des Landes und Ratschläge, wie diese verbessert werden könne. 146 Das Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass vor allem die städtische Wirtschaft gestärkt und gefördert werden müsse. 147 Der Grund für die schlechte Situation der städtischen Wirtschaft lag laut Gutachten im schlechten Klima für Geschäftsleute. Das Gewerbe hätte ein schlechtes Ansehen unter den Leuten, das Handwerk litt unter beeinträchtigenden Zunftbestimmungen und der Handel hatte mit Zollbestimmungen zu kämpfen. 148 Im Endergebnis legten die ständischen Verordneten in ihrem Gutachten dem Landesherren nahe, ein besseres Klima für Geschäftsleute 142 Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 40. 143 Albrecht, Maximilian, S. 188. 144 Albrecht, Maximilian, S. 205 f. 145 Es waren die Einnahmen aus der Salzproduktion Halleins, aus dem Weißbiermonopol und aus verschiedenen Grundherrschaften. 146 Krenner 1612, S. 99. 147 Krenner 1612, S. 101. 148 Albrecht, Maximilian, S. 213/214.

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und für Investitionen zu schaffen. 149 Offenbar ist die Debatte um den Wirtschaftsstandort so alt wie gewerbliche Wirtschaft selbst. Die Frage nach der Situation der gewerblichen Wirtschaft in den Städten war allerdings nicht neu. Schon 1602 verfasste Maximilian eine Umfrage, in der die Städte und Märkte ihm die Situation des Gewerbes schildern sollten. In diesem speziellen Fall suchte er nach Erklärungen für den Rückgang des Tuchexportes und das Fehlen mehrerer Gewerbezweige, der den Import von teuren Waren notwendig machte und dadurch die bayerischen Finanzen belastete.150 Die wiederholte Anfrage Maximilians bezüglich der Förderung des städtischen Gewerbes von 1612 und die Gravamina der Stände aus demselben Jahr belegen die Krise, in der sich die städtische Wirtschaft zu Beginn des 17. Jahrhunderts in Bayern befand. Der Grund dafür lag darin, dass Maximilian Wirtschaftsfragen zwar als wichtig ansah, aber die Behebung wirtschaftlicher Probleme nicht mit der Konsequenz betrieb, die er in anderen Bereichen zeigte. So interessierte er sich punktuell, wie oben geschildert, für die Situation des Gewerbes, aber eine ständige Zusammenkunft von Sachverständigen, wie sie von ihm ζ. B. in der Frage des Landrechtes initiiert worden war oder gar die Schaffung einer neuen Zentralbehörde für wirtschaftliche Fragen, betrieb Maximilian nicht ernsthaft. Ein sogenannter Kommerzienrat, der 1602 eingesetzt wurde - er bestand aus fürstlichen Räten und Vertretern der Städte und Märkte - und über Reformen verhandeln sollte und 1616 von Maximilian noch einmal neu besetzt wurde, blieb erfolglos. 151 In den Verhandlungen über die Reform des Landrechts beschäftigte sich diese Kommission lediglich mit dem Polizeiwesen. 1626 wurde aus dieser „Kommerzienkommission" schließlich doch eine Zentralbehörde, die sich aber wohl aufgrund ihrer schon fast revolutionär anmutenden Forderung nach merklicher Minderung, wenn nicht gar Abschaffung der die Kaufleute behindernden Steuern, Zölle und Mauten - nicht durchsetzen konnte und daher 1631 ihre Tätigkeit wieder einstellte, bis sie dann nach dem Dreißigjährigen Krieg wiederbelebt wurde. 152 Insgesamt interessierte Maximilian die Wirtschaft im Rahmen seiner 149

„Bevorab weilln auch niemandt den unvermigenlichen Leuthen, von denen die Manufactur herkhomen soll, helffen und bis ein gewerb im Schwung gebracht wurde, under die Achßel greiffen will, wann aber hiervon in unserm Commerci diseurs mit mehrer Specification gehandlet worden, so haben wür es alhie in genere andeutten wollen, und halten wuer einmal dafuer, wann man will die gewerb und handthierungen befuerdern, das man darauf Privilegia erthaillen, Zoll und Mauth ringern, und auf alle mueglichiste Miti und weeg gedenkhen soll, wie den Leithen die Zagheit und forcht mechte benomen werden." Krenner 1612, S. 103. 150 Albrecht, Maximilian, S. 213 ff. 151 Neben der Schaffung solcher Kommissionen ließ sich Maximilian auch von den Rentämtern regelmäßig über die Gewerbe- und Handelstätigkeit der Städte informieren. Beispielsweise im Vorfeld des Landtags von 1605. Bei Freyberg findet sich ein solcher Bericht aus dem Jahr 1604. Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 2, Beilage II, S. 24-26. 152 Albrecht, Maximilian, S. 215; Altmann, Kipper und Wipper, S. 50 ff. und 57 ff.

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Finanzreformen, die er in seiner Regierungszeit verwirklichen wollte, aber nicht darüber hinaus. 153 Nun von den Verhandlungen zu den wichtigsten Ergebnissen des Landtags von 1612. Die Landstände, durch den Großen Ausschuss vertreten, bewilligten neue Steuern und Aufschläge. 154 In den nächsten neun Jahren sollten in drei Jahren zwei allgemeine Landsteuern eingebracht werden. 155 Beginn dieser Steuerperiode war 1612. Auch die Stände sollten während dieser Steuerperiode zu Zahlungen herangezogen werden: Drei Ständeanlagen à 100000 fl. waren zur Einnahme geplant. 156 Die Ständeanlagen begannen ebenfalls mit dem Jahr 1612. Den Städten, Märkten und den Prälaten wurde eingeräumt, dass sie ihre Ständeanlage, die eigentlich innerhalb eines Jahres zu zahlen war, auf zwei Jahre verteilen durften, damit keine finanzielle Not entstehe. Von den erzielten Steuereinnahmen erhielt die Kriegskasse jährlich 200000 f l . 1 5 7 für Bündniszwecke und Landesverteidigung. Der Fürst erhielt jährlich 100000 fl. für den eingestellten Salzaufschlag und 50000 fl. für die Aufstockung des Kammerguts. Im Falle eines drohenden Krieges wurden einmalig 100000 fl. oder in ganz dringenden Fällen 200000 fl. ohne Einberufung des Landtags zugesagt. Die Vollmacht, diese Gelder freizugeben, erhielt die Landschaftsverordnung in der am Ende des Landtags vom Großen Ausschuss verabschiedeten Hauptinstruktion. 158 Die Regelungen für den Aufschlag wurden in einer neu formulierten Aufschlagsinstruktion festgehalten. In- und ausländischer Wein wurde bei Verbrauch mit 6 Schilling Aufschlag pro Münchner Eimer belastet. Bei Ausfuhr von inländischem Wein wurde ein Grenzaufschlag von 1 Schilling erhoben. Für die Einfuhr von ausländischem Wein wurden sogar 5 Schilling Grenzaufschlag verlangt. Natürlich war auch der Konsum und Transport von Bier mit einem Aufschlag belegt. Beim Bier galt wie schon 1606, dass der Gegenwert von sechs ausgeschenkten Maß Bier als Aufschlag abgeführt werden musste. An der Grenze hatte der Fuhrmann für Braunbier 2 Schilling, für Weißbier 6 Schilling Grenzaufschlag zu zahlen. Auch der Konsum von Branntwein und Met musste veraufschlagt werden. Beim Branntwein war die sechste Maß mit Aufschlag belegt, wie beim Bier. Der 153 Dies geht auch ζ. B. aus den „Monita paterna" hervor, siehe Dollinger, Finanzreform, S. 13; zu den Finanzreformen siehe auch Albrecht, Maximilian, S. 188-218. 154 Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 41 f. 155

Krenner 1612, S. 192; dies bedeutete ζ. B. für die ländliche Bevölkerung, dass sie 5% ihres Vermögens versteuern musste. Siehe Schmelzle, Staatshaushalt, S. 343. Näheres zur Steuereinnahme und der Steuerinstruktion von 1612 im III. Teil, D., 1. Kapitel, e). 156 Krenner 1612, S. 192. 157

Zahlungsmodus: Vierteljährlicher Abschlag von 50000 fl. an die Hofkammer. 158 „Haubt-Instruction. Auf gemainer Landtschaft 16 verordnete Landtleuth, wie auch die vier Rechenherrn, und 16 Adiuncten zu fuerfallender Landsnoth". In dieser Instruktion definieren die Landstände die Vollmachten der Verordneten, die in den nächsten neun Jahren bis zu dem dann angesetzten Landtag im Namen der Landschaft agieren sollen. Krenner 1612, S. 185-199; BayHStA, ALL 861, S. 401 ff.

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II. Teil: Landstände

Import von ausländischem Branntwein war besonders teuer: Der Grenzaufschlag betrug hier 10 Schilling. Der Aufschlag beim Metverbrauch betrug 4 Schilling pro Münchner Eimer. Die Einfuhr von ausländischem Met kostete 7 S c h i l l i n g . 1 5 9 Zu ergänzen ist noch das Ergebnis eines weiteren umstrittenen Themas des Landtages. Maximilian bat die Landstände darum, seine Weißbierbrauereien von der Entrichtung des Aufschlags auszunehmen. Anstatt des Aufschlags sollte eine einmalige Abschlagszahlung, die so genannte „Composition", entrichtet werd e n . 1 6 0 Die Stände wehrten sich bis zuletzt gegen dieses Ansinnen und gaben dann schließlich doch nach, nicht ohne ausführlich über die landesherrliche Wirtschaftstätigkeit in der Weißbierbrauerei zu klagen, wie die nun folgende Zusammenfassung der wichtigsten Gravamina dieses Landtages beweist.

b) Die Gravamina der Stände von 1612 Die Gravamina des Landtages von 1612 lassen sich in vier große Themenbereiche einteilen und sind in vielen Punkten eine Wiederholung der Gravamina von 1605. Erstens geht es um die landständischen Freiheiten. Berührt wird hier wieder das problematische Verhältnis zwischen den Landständen und den fürstlichen Beamten der Rentamtsregierungen. Zweitens findet die Abgrenzung der hofmärkischen und fürstlichen Gerichtsbarkeit Erwähnung - in diesem Fall geht es auch um das Privileg der Edelmannsfreiheit. Drittens wird die Tätigkeit Maximilians in der Weißbierproduktion angesprochen und schließlich stehen viertens verschiedene meist von den Städten und Märkten vorgebrachte Beschwerden aus dem sozialen Bereich i m Blickpunkt, die die „Policey" betreffen. Die einzelnen Gravamina, die in vier verschiedene landständische Beschwerdepakete aufgeteilt sind, sollen auf ihre Aussagekraft i m Hinblick auf das Verhältnis zwischen den Landständen und dem Landesherrn Maximilian überprüft werden. In der Forschung wurde gelegentlich von einem Beitrag der Landstände zur Verbesserung der wirtschaftlichen, rechtlichen und sozialen Verhältnisse i m Land durch die Gravamina gesprochen. 161 Die Beschwerdepakete der Prälaten und der Ritterschaft sind in diesem Zusammenhang weniger repräsentativ. Sie spiegeln vielmehr die Konfrontation zweier politischer Auffassungen, wie sie typisch ist für Zeiten der Reform. Vor allem Maximilians Finanz- und Justizreform und seine Auswirkungen auf die Rechte und Privilegien der adeligen und geistlichen Stände sind der 159 Näheres hierzu im III. Teil, D., 2. Kapitel, c). 160 Schon 1606 hatte man sich auf eine solche Abschlagszahlung geeinigt. Die Landstände erhielten 10000 fl. für das in den fürstlichen Weißbierbrauereien gesottene Bier. Die Höhe der Summe wurde auf dem Landtag von 1612 in den Verhandlungen noch einmal bestätigt. Siehe Letzing, Bierbrauwesen, S. 52. 161 Diese Frage versucht Volkmar Wittmütz in seiner Untersuchung über die Gravamina der bayerischen Stände im 16. und 17. Jahrhundert zu beantworten. Wittmütz, Gravamina; siehe auch Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 26.

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Stein des Anstoßes für die Gravamina der Adeligen und der Prälaten von 1612. Am ehesten noch konstruktiv zu sozialen und wirtschaftlichen Problemen des Landes beitragend sind die Gravamina der Städte und Märkte.

aa) Gravamina aller Stände Die Gravamina der Stände vom Landtag des Jahres 1612 waren nicht so umfangreich wie die des Jahres 1605. Es waren nur halb so viele Klagen in den vier verschiedenen Beschwerdepaketen zu verzeichnen. Dies lag daran, dass die meisten Gravamina von 1612 lediglich eine Wiederholung derjenigen Beschwerden von 1605 waren, die nach Meinung der Landstände vom Landesfürsten noch nicht in Angriff genommen wurden. Dieser Vorwurf zieht sich durch einen Großteil der Gravamina von 1612. In einer der ersten gesamtständischen Beschwerden ist dies auch gleich zu erkennen. Hier wiesen die Stände darauf hin, dass Maximilian ihnen schon auf ein Gravamen des letzten Landtages hin versprochen hätte, besser qualifizierte Räte auf die Ritter- und Gelehrtenbank des Hofrates zu berufen. 162 Die Landstände bemerkten, dass es besonders auf der Ritterbank immer noch an qualifizierten Räten fehle, vor allem an „im Landt angeseßnen Landtleuthen". 163 Um solche guten Leute zu bekommen, rieten die Stände Maximilian die Besoldung der Räte zu verbessern. Dies wurde von den Ständen auch deswegen vorgeschlagen, damit mehr Landadelige einen Anreiz hatten, auf der Ritterbank zu sitzen. Denn bei höherer Besoldung könnten diese Landadeligen es am ehesten verschmerzen, dass sie lange Zeit im Jahr von ihren Gütern fern bleiben müssten.164 162

Die Klage über die Besetzung der Ritter- und Gelehrtenbank zieht sich schon durch alle Landtage des 16. Jahrhunderts, wobei sie mehr auf die Herkunft der Räte gemünzt ist als auf deren Qualifikation. Denn für die Aufnahme in die Gelehrtenbank beispielsweise galten hohe Anforderungen. Neben dem Doktorgrad, den man in den Rechtswissenschaften erworben haben musste, war auch die Ablegung einer Prüfung Pflicht. Für die Aufnahme in die Ritterbank war abgesehen von der adeligen Herkunft wichtig, dass man „Berufserfahrung" in einer Rentamtsregierung nachweisen konnte, sowie Sprachkenntnisse und Universitätsstudien. In zunehmenden Maße ließen die Landesfürsten diese Qualifikationen wichtiger werden als die Herkunft. Der Anteil des in die Ritter- und Gelehrtenbank berufenen Adels ging im Laufe des 16. Jahrhunderts von 49% auf 22% zurück. Vgl. Lanzinner, Fürst, S. 281 ff.; siehe auch Albrecht, Maximilian, S. 55; zur Auswahl der Räte nach ihrer Qualifikation vgl. Heydenreuter, Hofrat, S. 90.; sowie ders., Behördenreform, S. 247 f.; vgl. auch Schlögl, Bauern, S. 204. 163 Krenner 1612, S. 207; siehe auch BayHStA, ALL 862, S 434; vgl. Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 45. 164 Krenner 1612, S. 207. Dieses Argument entbehrt jedoch der Grundlage, da die bayerischen Räte schon unter Albrecht V. und Wilhelm V. materiell Räten in anderen Fürstentümern, ζ. B. den pfälzischen oder badischen Räten, weit überlegen waren: „Zum ordentlichen Gehalt zählten neben der Geldbesoldung die Verköstigung bei Hof, der tägliche Schlaftrunk und das jährliche Hofkleid. Darüber hinaus gab es bei Bewährung außerordentliche Zuwendungen in Form von einmaligen Gnadengeldern, Vergabe von Pflegämtern, Schenkungen von Wohn-

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Hintergrund dieses Gravamens waren Unstimmigkeiten innerhalb der Ritterkurie. Die Klage darüber, dass dem alteingesessenen Adel Bayerns zunehmend weniger Ämter in der höheren Staatsverwaltung überlassen würden, und diese dafür an ausländische oder nichtadelige Personen vergeben würden, war schon 1605 im Beschwerdepaket der Gesamtstände und der Ritterkurie zu finden. Interessant hierbei ist, dass die alteingesessenen Adeligen aufgrund ihrer schwindenden Zahl die immer größer werdende Anzahl der Ämter gar nicht mehr hätte besetzen können. 165 Wichtiger aber ist: Die Ritterbank des Hofrates stellte für die Landschaft - außerhalb der Landtage und neben der Landschaftsverordnung - „die institutionalisierte Mitsprache der Landschaft im Rate des Landesherrn dar". 1 6 6 Es ging hier also um die Einflussmöglichkeiten der Landstände auf fürstliche Entscheidungen. Auf dieses Gravamen reagierte Maximilian sehr irritiert. Er verstand keineswegs, warum die Landstände sich erneut über die Situation der Ritter- und Gelehrtenbank beschwerten, da Maximilian seiner Meinung nach schon nach dem Landtag von 1605 Abhilfe geschaffen hätte. Auch die Gehälter der auf der Bank sitzenden Ritter und Gelehrten hielt Maximilian für ausreichend. 167 Ein weiteres gesamtständisches Gravamen berührte die problematische Beziehung zwischen ständischen Machtträgern und fürstlichen Beamten. Nach Meinung der Landstände schenkten die fürstlichen Beamten den landständischen Freiheiten nicht genügend Beachtung. Die Landstände hatten den Eindruck, dass die fürstlichen Beamten kein richtiges Interesse daran hatten, die in den Landschaftsbüchern niedergelegten landständischen Freiheiten zu beachten. Auch Beamte, die neu ins Amt kamen, waren nicht daran interessiert, sich dieses Wissen anzueig168

nen. Im Zusammenhang damit steht ein anderes Gravamen, in dem es um die Versendung der Ergebnisprotokolle der Landtage an die landständischen Advokaten geht. Schon 1605 hatte Maximilian dem zugestimmt. Die Landstände baten nun um eine neuerliche Verfügung durch den Landesherrn, weil die Abschriften bis jetzt noch nicht an die Advokaten versendet worden waren. Diese Verfügung war wichtig für die Landstände, weil durch die Information und Kommunikation mit den Advokaten von vornherein rechtliche Konflikte vermieden werden konnten. Vor allem sollten aber auch fürstliche Räte und die Beamten der Rentamtsregierungen mit solchen Informationen ausgestattet werden. 169 Der Konflikt zwischen den fürsthäusern oder Bezahlung des Mietzinses im teuren München, Beiträgen zum Studium der Söhne und ähnliches." Albrecht, Maximilian, S. 56. 165 Rauh, Verwaltung, S. 147; siehe auch Schlögl, Bauern, S. 280 f. 166 Heydenreuter, Hofrat, S. 59. 167 BayHStA, ALL 862, S. 470 f.; Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 45. 168 „Dan wan gleich die Frtl. Beambte die außgefertigte bevelch, sambt den mitueberschickhten Extraecten auß den Landschafftbuechern einmahl lesen, so werden sie dich alßdann baldt vergessen, khomen die Frtl. Beambten ab, unnd andere an die statt, die hierumben nichts wissen, noch auch solches zuewissen sich bemuehen.". BayHStA, A L L 862, S. 462 ff. und Krenner 1612, S. 222; Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 45.

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liehen Beamten der Rentämter und den Landsassen über bestimmte Rechte und Privilegien der Landsassen sollte dadurch entschärft werden. Natürlich wehrte Maximilian die Anschuldigungen gegen seine Beamten ab und forderte die Landstände auf, Einzelfälle zu schildern, die er dann - im Falle eines tatsächlichen Missstandes - abstellen wollte. 1 7 0 Ein weiteres Gravamen zeigt, wie sich die Vertreter des Fürsten aktiv in grundherrschaftliche Rechtsräume einmischten. Die Stände beschwerten sich hier darüber, dass fürstliche Beamte nach dem Tod eines Leibeigenen dessen Güter schätzten und von jeden 100 fl. 5 fl. Todfallabgabe verlangten. Dadurch würden die Nachkommen über Gebühr belastet und sie könnten die Forderungen des Leibherrn nicht mehr erfüllen. Wenn der Verstorbene keine Nachkommen hatte und ein neuer Bauer auf das Gut gestiftet wurde, dann wurde mit ihm ebenso verfahren. 171 Schon seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts signalisierten die bayerischen Landesfürsten durch verschiedene Aktionen, dass sie die überkommenen Strukturen des adeligen Erbrechts verändern wollten. Zum Beispiel belehnten sie seit den 1580er Jahren nach dem Tod eines Lehensmannes alle Söhne und förderten dadurch die Zersplitterung des Lehens. 172 Die Weißbierproduktion Maximilians ist Thema eines weiteren Gravamens. Durch sie mache er den Brauern von braunem Bier auf dem Land Konkurrenz. Die Landstände baten den Landesherren, die Weißbierproduktion einzuschränken, da es um die wirtschaftliche Situation im Land ohnehin schlecht bestellt sei. Wenn Maximilian den Bier brauenden Landsassen Konkurrenz mache, könnte dies bedeuten, dass sie ihr Gewerbe ganz aufgeben müssten und dies würde die Verarmung auf dem Land weiter vorantreiben. Die Konsequenz sei schließlich die Unfähigkeit der Untertanen zur Zahlung der Landsteuer. Das Problem der Landstände war in der Tat der immer stärker steigende Konsum von Weizenbier im 17. Jahrhundert. Dadurch bestand ein sehr erfolgreiches Konkurrenzprodukt zum braunen Gerstenbier. 173 Neben dem wirtschaftlichen Aspekt war auch ein anderer Punkt ausschlaggebend für die Kritik an der Weißbierproduktion: Den adeligen Hofmarksherren war mit dem Jahr 1587 verboten worden, weißes Bier zu brauen, was zur Folge hatte, dass die drei Landstände in der Braunbierproduktion von diesem Zeitpunkt an in Konkurrenz zueinander standen. Die massiven Beschwerden über das Weißbierbrauen lassen sich außerdem auch darauf zurückführen, dass Maximilian es 1602 gelang, sich das Monopol auf das Weißbierbrauen zu sichern. 174 169 BayHStA, ALL 862, S. 436; Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 45. 170 BayHStA, ALL 862, S. 493 und Krenner 1612, S. 237. 171 BayHStA, ALL 862, S. 441. 172 Wittmütz, Gravamina, S. 13. 173 Albrecht, Maximilian, S. 214. 174 Das Adelsgeschlecht der Degenberger, das 1520 von Wilhelm V. mit diesem Privileg ausgestattet worden war, starb 1602 aus. Wilhelm V. versuchte ab 1589, sich dieses Privileg zurückzuholen, weil er in demselben Jahr eine eigene Hofbrauerei eröffnet hatte. Dieses Vor-

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II. Teil: Landstände

Das eben geschilderte Gravamen ist bei weitem das längste und ausführlichste, das je im Rahmen der ständischen Beschwerdeführung auf beiden Landtagen angeführt worden war. Die Stände fühlten sich vom Erfolg Maximilians im Brauereiwesen in ihrer eigenen wirtschaftlichen Existenz bedroht. Der Erfolg dieses eigenständigen Wirtschaftszweigs Maximilians machte die Stände nervös. Denn je mehr Einkommensquellen Maximilian aufweisen konnte, die nicht - wie die direkten Steuern, der Aufschlag und verschiedene Kontributionen - von der Bewilligung der Landstände abhingen, desto unabhängiger wurde er. Diese Unabhängigkeit war erwiesenermaßen ein Ziel Maximilians' Finanzreform. Zunehmend verfolgte er eine Politik der Ausschöpfung der indirekten Steuerquellen. Die angestrebte Unabhängigkeit Maximilians von den direkten Steuern, die in den Bewilligungs- und Verwaltungsbereich der Landstände gehörten, drohte den Ständen das wichtigste Druckmittel gegenüber dem Fürsten zu nehmen. 175 Maximilians Antworten auf die gesamtständischen Gravamina waren ablehnend. Das Gravamen um die Besetzung der Ritterbank wies Maximilian - wie schon erwähnt - zurück. Auf der Ritter- und Gelehrtenbank säßen genügend qualifizierte Personen, die zudem auch angemessen besoldet seien. Die Kritik der Landstände war für den Landesherren nicht nachvollziehbar. 176 Was das Gravamen über die Versendung von Landtagsprotokollen anbetraf, so wies Maximilian darauf hin, dass die von den Landständen angemahnte Entsendung der Landtagsprotokolle schon geschehen sei und es deshalb keiner neuerlichen Verfügung durch den Landesherren bedürfe. 177 Das Gravamen über die fürstliche Weißbierproduktion wurde von Maximilian ausführlicher beantwortet. Zunächst führte er das Privileg des Weißbierbrauens an, das er als bayerischer Landesherr besaß. Den Vorwurf, dass das weiße Brauwesen dem allseits auf dem Land und in den Städten erlaubten braunen Brauwesen schade, in Einzelfällen sogar zu dessen Untergang führe, konnte der Fürst nicht nachvollziehen. Die Umsatzeinbußen allein der Weißbierproduktion zuzuschreiben, erschien Maximilian als unlogisch. 178 Vielmehr sah der Landesherr den Grund für die Schließung vieler Braunbierbrauereien in der zu hohen Zahl derselben begründet. Die Eröffnung zu vieler Brauereien sollte deshalb auch in der neuen Polizeiordnung verboten werden. Außerdem sollten sich die Bierbrauer schon deswegen nicht über das weiße Bier beschweren, weil sie dieses selbst bevorzugt ausschenkten und damit erheblich größeren Gewinn erzielten als mit ihrem eigenen braunen Bier. 1 7 9 Maximilian ließ hier freilich unerwähnt, dass er in mehreren Mandaten haben wurde dann erst durch seinen Sohn erfolgreich zum Abschluss gebracht. Wittmütz, Gravamina, S. 20 f. 175 Schlögl Bauern, S. 212 f.; siehe auch Albrecht, Maximilian, S. 203. 176 BayHStA, ALL 862, S. 470/471. 177 BayHStA, ALL 862, S. 472. 178 BayHStA, ALL 862, S. 477. 179 BayHStA, ALL 862, S. 478/479.

Β. Die Landtage von 1605 und 1612

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dafür gesorgt hatte, dass die Hofmarksherren ihren Wirten erlauben mussten, Weißbier auszuschenken, wenn sie ihr eigenes Braunbier weiterhin in den Landgerichten verkaufen wollten. Insgesamt wurden die zwölf gesamtständischen Gravamina des Landtages von 1612 von der Diskussion um das Brauen des weißen Bieres dominiert. Der Landesherr Maximilian behauptete sich in seiner Replik auf das diesbezügliche Gravamen sehr geschickt und die Landstände mussten in dieser Frage die bestehenden Tatsachen akzeptieren. Auch die anderen vorgebrachten Beschwerden, wie ζ. B. über die Besetzung der Ritterbank, wurden von Maximilian abgeblockt. Die Landstände konnten hier nichts erreichen.

bb) Gravamina der Prälaten Die Gravamina der Prälaten - insgesamt 15 Beschwerden - begannen mit der Klage über den fehlenden Respekt der fürstlichen Amtsträger wie Pfleger, Landrichter, Kastner, Pflegsverwalter und anderen vor den Privilegien der Landstände. 1 8 0 Die Prälaten bezogen sich bei der Beschwerdeführung vor allem auf ihre Gravamina von 1605, die teilweise ignoriert worden waren. Im ersten Gravamen erneuerten die Prälaten daher ihre Beschwerde, dass die fürstlichen Regierungen und Kanzleien die Klöster sehr oft „wider altes Herkhommen und yblichen Stylen" mit zusätzlichen Abgaben belasteten.181 Schon 1605 hätte der Fürst versprochen, dass er diese unlauteren Praktiken der fürstlichen Regierungen mit einer Verfügung beenden wolle. Bis jetzt sei noch nichts geschehen. Dieses erste Gravamen eröffnete den großen Themenkomplex zum konfliktreichen Verhältnis zwischen den Prälaten und den landesherrlichen Beamten. Klagen über fürstliche Beamte waren durchgängig in den Gravamina der Prälaten zu finden. In den allermeisten Fällen ging es um die Agrarverfassung und um die Rechte und Privilegien der Geistlichen als Grundherren, die von den fürstlichen Beamten laut Schilderung der Prälatenvertreter oftmals missachtet oder umgangen wurden. Im ersten Gravamen wurde ζ. B. die Problematik der Scharwerke verbunden mit dem Pfändungsrecht angefühlt. Das Problem der geistlichen Grundherren bestand darin, dass sie mehr als ihre weltlichen Kollegen auf Scharwerksdienste der Bauern angewiesen waren. Herzogliche Amtleute, die diese Scharwerksdienste ebenfalls in Anspruch nehmen durften, strapazierten dieses Privileg oft über Gebühr - teilweise auch zum eigenen Vorteil und nicht wie ursprünglich vorgesehen für den Landesherrn. Oft hielt dies die Untertanen davon ab, ihre Scharwerksdienste für die geistlichen Grundherren zu verrichten. 182 Dies und die zunehmende Verdinglichung des Scharwerks machte den Prälaten zu schaffen. Deshalb gewährte Alleo BayHStA, ALL 862, S. 550. 181 BayHStA, ALL 862, S. 552. 182 Wittmütz, Gravamina, S. 26.

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II. Teil: Landstände

brecht V. den Klöstern das grundherrliche Pfändungsrecht. Damit hatten diese eine Garantie dafür, dass nicht geleistete Dienste und Abgaben durch ein Zugriffsrecht auf das Vermögen des Grundholden im Nachhinein kompensiert werden konnten. Der Landesherr hatte sich allerdings ein Interventionsrecht in dieser Sache vorbehalten, weil er die Überbürdung der Untertanen mit Abgaben und Diensten im eigenen Interesse verhindern wollte. 183 Auch Maximilian änderte an diesem System nichts, denn es entsprach der Grundidee seiner Finanzreform. Alles, auch die Verschonung der Bauern vor übermäßigen Belastungen, lief auf die Effektivierung der Staatseinnahmen hinaus. Im Übrigen forderte Maximilian im Zusammenhang mit den Scharwerken schon sehr früh nach seinem Regierungsantritt, die Politik der Verkäufe von Scharwerksrechten weiterzuführen, die schon sein Vater begonnen hatte. 184 Die dadurch erzielten Geldsummen sollten dem Ausbau des Salzhandelsmonopols gewidmet werden. 185 Außerdem sollten auf längere Sicht Naturalscharwerke durch eine jährliche Geldzahlung ersetzt werden. Maximilian erbat sich dazu aus den verschiedenen Rentämtern Gutachten, was für Summen man hierbei erwarten könne. 186 Die Durchsetzung dieser Maßnahme war allerdings in der Anfangsphase nach dem Mandat von 1602 nicht erfolgreich, obwohl die Bauern der Idee nicht ablehnend gegenüberstanden. Ein Problem bildeten wohl eher die Außenbehörden. 187 Nach einiger Zeit übergab Maximilian die Angelegenheit dann einer Kommission. Vollen Erfolg in dieser Sache hatte dann erst Caspar von Schmid, Vizekanzler des Geheimen Rats unter Maximilians Nachfolger Ferdinand Maria, der die eben erwähnte Kommission unter Umgehung der landgerichtlichen Beamten direkt mit den Bauern verhandeln ließ. Innerhalb von zwei Jahren war der Vorgang abgeschlossen, den Maximilian nicht zuwege gebracht hatte. 188 Ein weiteres Gravamen handelte wiederum von Problemen zwischen den geistlichen Grundherren und fürstlichen Beamten. Es ging darum, dass die fürstlichen Beamten Untertanen, die in der Vergangenheit gegen ihren geistlichen Grundherrn 183 Wittmütz, Gravamina, S. 27. Etwas anderes war es jedoch, wenn Prälaten Scharwerksdienste auf von ihnen erworbenen einschichtigen Gütern in Anspruch nahmen. Dies hielt Maximilian nicht für Rechtens. Rankl, Landvolk Band 1, S. 529. 184

Dieser Verkauf von Scharwerksrechten war im Übrigen mit einem ewig geltenden Rückkaufsrecht verbunden. Rankl, Landvolk Band 1, S. 520/521. 185 Schlögl, Bauern, S. 226. 186 Man einigte sich schließlich auf einen gemeinsamen Nenner: Ein „zweifacher" Hof 10 fl., ein „einfacher" Hof 5 fl., ein Halbhof 2 fl., ein Viertelgut oder Lehen 1 fl., ein Handscharwerker (unter die auch die Inwohner zählen sollten) 1 fl. Zitiert bei Rankl, Landvolk Band 1, S. 524. 187 So Rankl, Landvolk Band 1, S. 525. Die Beamten in den Landgerichten wollten Rudolf Schlögl zufolge auf die Scharwerksdienste der Bauern nicht verzichten, weil sie ihnen Nutzen einbrachten und unterliefen daher die Maßnahmen zur Ablösung der Scharwerksdienste. Siehe Schlögl, Bauern, S. 226. 188 Schlögl, Bauern, S. 227.

Β. Die Landtage von 1605 und 1612

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prozessiert hatten, dazu veranlassten, noch einmal oder weiter gegen ihren Herrn zu klagen. Dieser konnte es nicht hinnehmen, dass fürstliche Beamten versuchten, ihm auf diese Art seine Untertanen „abspenstig" zu machen. Solche Praktiken widersprachen außerdem der erklärten Landesfreiheit. 189 Diese Beschwerde war im Übrigen auch schon 1605 auf dem Landtag vorgebracht worden. Die Prälaten waren deshalb auch sehr unversöhnlich und warfen Maximilian indirekt Untätigkeit vor, „denn was nutzen unns E. fri. Dtl. so gdiste erclerungen, und bevelch, wann dero beambte, solche nit in obacht haben, sond alles nach Irem willen und gefallen dirigirn und handien." 190 Hier liegt die Vermutung nahe, dass Maximilian bewusst einen Rechtsbruch seiner Beamten hinnahm, weil die Bauern vor übermäßiger Belastung, ζ. B. durch Scharwerke ihrer Grundherren, geschützt werden sollten, um die Steuerkraft der Landesbewohner zu erhalten. Die wirtschaftliche Lage des Landes und der Bevölkerung hing maßgeblich von der Agrarproduktion ab, weshalb die unter Maximilian etablierte Gesetzgebung des Landrechts auf die Förderung der Landwirtschaft und den Schutz der bäuerlichen Untertanen vor übermäßiger Arbeitsbelastung durch ihre Grundherren abstellte.191 Die Missachtung der Privilegien von Geistlichen zeigte sich auch noch in einem weiteren Gravamen, das die Klagen diverser Klöster zusammenfasste, an deren Ende die Mahnung der Prälatenvertreter an den Landesfürsten stand, dass „dero nachgesetzte Obrigkeiten und beambte, so gar nit acht geben auf die Landtagsschlüss, landsfreyheit, fri. bevelch und Erkhantnusen". 192 Das Gravamen schloss mit der nachdrücklichen Bitte, diesbezüglich Maßnahmen zu ergreifen. Auch in einem weiteren Gravamen zeigt sich der Versuch der Antastung ständischer Freiheiten durch den Landesherren. Dieser hatte nämlich gefordert, dass Geistliche von der Kanzel aus weltliche Mandate unter das Kirchenvolk zu verbreiten hätten. Die Prälatenvertreter lehnten dies mit der Begründung ab, dass sie sich nicht als Mittel der Regierung gebrauchen lassen wollten. Von der Kanzel waren bisher immer nur Inhalte geistlichen Werts verbreitet worden und dies sollte auch in Zukunft so bleiben. Die Verbreitung weltlicher Mandate sei und bleibe die Aufgabe der Gerichtsschreiber, die die Mandate vor der Kirche, aber außerhalb des Friedhofs, laut verlesen könnten. 193 In den Mandaten ging es oft um Leib- und Lebensstrafen und die dazugehörigen Verbrechen, und das waren nach Meinung der Geistlichen keine Themen, die einer lauten Verkündung in der Kirche angemessen seien.

189 BayHStA, ALL 862, S. 561/562. 190 BayHStA, ALL 862, S. 562. 191 Albrecht, Maximilian, S. 207 f.; siehe auch das Gravamen über Scharwerke, BayHStA 862, S. 563-566, in dem die Stände diese Problematik aus ihrer Sicht beschreiben und die Beschränkungen als einen Eingriff in ihre landständischen Freiheiten darstellen. 192 BayHStA, ALL 862, S. 576. 193 BayHStA, ALL 862, S. 566/567.

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II. Teil: Landstände

Die Reaktion Maximilians auf die Beschwerden der Prälaten steht im Gegensatz zu der Reaktion auf die gesamtständischen Beschwerden. Maximilian gab vielen Klagen der Prälaten Recht und versprach, durch Verfügungen für Ordnung zu sorgen. In Bezug auf die Beschwerde über die fürstlichen Beamten, die Grunduntertanen zu Prozessen mit ihren Grundherren anstiften, verlangte der Fürst nähere Informationen. 194 Wenn sich der beklagte Zustand dann als wahr herausstellen sollte, so wollte der Fürst einschreiten. Im Fall des Gravamens über die Verlesung der weltlichen Mandate von der Kanzel war Maximilian dazu bereit nachzugeben. Er wies jedoch darauf hin, dass diese Aufgabe den Pfarrern deshalb angetragen würde, weil die Landgerichte sehr weite Gebiete umfassten und daher diese Tätigkeit für die Amtleute einen zu großen Zeitaufwand darstellte. 195 Insgesamt akzeptierte Maximilian sechs der fünfzehn Gravamina der Prälaten, und erklärte, sofort Befehle ausfertigen zu lassen, die die Missstände beseitigen sollten. 196 Was die Klagen über die Beamten anbetraf, so hatten die Prälaten Vertreter offenbar dafür gesorgt, dass die speziellen Fälle und Beamten ausfindig gemacht wurden. Daraufhin war Maximilian dazu bereit, Anhörungen für die Beamten organisieren zu lassen und bei erbrachtem Schuldbeweis die Beamten bestrafen zu lassen.197 In Anbetracht der Tatsache, dass Maximilian dies bei den Gravamina von 1605 auch zugesagt hatte, ist dies allerdings nicht als verbindlich anzusehen.

cc) Gravamina der Ritterschaft Bei den insgesamt achtzehn Gravamina der Ritterschaft ging es wie bei den Gravamina der Prälaten vor allem um die Wahrung der adeligen Privilegien vor den Eingriffen durch den Landesherren und die fürstlichen Beamten. Die adeligen Stände brachten in ihrer Beschwerdeschrift zahlreiche Beispiele vor, an denen der (drohende) Bruch von adeligen Privilegien abzulesen war. So begannen die Gravamina mit der Bitte der Landstände, Maximilian möge ihnen zunächst die Edelmannsfreiheit nochmals bestätigen.198 Die von den adeligen Ständen verspürten Eingriffe in ihre Privilegien sind - wie alle Gravamina - mit Vorsicht zu beurteilen. Die einzige Quelle hierzu sind die Gravamina selbst, bei denen man davon ausgehen kann, dass die Adeligen gewisse Vorgänge auch übertrieben darstellten, um die Abstellung der Missstände zu bewirken. Die Einzelbeispiele, in denen es um die Vergehen fürstlicher Beamter ging, können, wie auch schon in den Gravamina von 1605 angesprochen, als exemplair 195 196 197

BayHStA, ALL BayHStA, ALL BayHStA, ALL BayHStA, ALL

862, S. 581; Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 46. 862, S. 585. 862, S. 603. 862, S. 603.

198 BayHStA, ALL 862, S. 621.

Β. Die Landtage von 1605 und 1612

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lisch für den Konflikt zwischen landesherrlicher Beamtenschaft und landständischadeliger Macht angesehen werden, der sich vor allem im rechtlichen und wirtschaftlichen Bereich zeigte. Es ging auch auf diesem Landtag von 1612 in mehreren Gravamina um diese Problematik, ζ Β. wurden Pfändungen erwähnt, die offenbar von fürstlichen Beamten ohne Begründung auf den privaten Besitzungen sowie Hofmarksgründen einiger Adeliger durchgeführt worden waren. Die Ritterschaftsvertreter mahnten den Fürsten, dass er schon auf dem Landtag von 1605 Abhilfe in diesem Punkt versprochen hatte. Es sei aber in dieser Hinsicht nichts geschehen.199 In einem weiteren Gravamen wurde beklagt, dass Maximilian bayerischen Adeligen, die einschichtige Güter im Land erworben hatten, die Niedergerichtsbarkeit nicht ohne Extraausfertigung eines Befehls zugestand. Mit Hinweis auf das Privileg der Edelmannsfreiheit bat man hier um Abhilfe. 200 Noch ein Gravamen zeigte das schwierige Verhältnis der Abgrenzung der Rechtskompetenzen auf: Die adeligen Stände monierten, dass unter dem Begriff „Vitztumhändel" rechtlich jetzt auch „gemaine Hofmarchs wändl und mandat verbrechen" zählten. Das bedeutete, dass den Hofmarksherren ein Bereich ihrer Rechtsprechung entfremdet werden sollte. Die Stände wiesen Maximilian darauf hin, dass aus mehreren Freibriefen hervorgehe, dass ihnen dieser Rechtsbereich unterstellt ist. 2 0 1 Wenn dieser nun als „vitzdombisch" angesehen würde, wäre dies dem Herkommen nach Unrecht. 202 Die adeligen Stände artikulierten im erwähnten Gravamen zusätzlich ihr Befremden darüber, dass alle Verbrechen, die gegen Gottes Gebot verstießen wie „Vitztum199 BayHStA, ALL 862, S. 622; Wittmütz, Gravamina, S. 14. 200 BayHStA, ALL 862, S. 623. Die Problematik der Edelmannsfreiheit wurde schon in den Gravamina des Landtages von 1605 angesprochen. Mehr dazu auch bei Heydenreuter, Hofrat, S. 261 ff. Siehe auch folgende Fußnote. 201 Im 60. Freibrief von 1557 gesteht Albrecht V. adeligen Besitzern einschichtiger Güter die Niedergerichtsbarkeit zu (sog. Edelmannsfreiheit). Dieser 60. Freibrief ist abgedruckt bei Lerchenfeld, Freibriefe, S. 157-163. In einem erläuternden Brief Maximilians /. gibt dieser eine Stellungnahme zur Edelmannsfreiheit ab. Er präzisiert hier vor allem die Gruppe derjenigen Adeligen, die dieses Recht in Anspruch nehmen dürfen. So führt er aus, dass die Edelmannsfreiheit zuallererst ein „Personalgerechtsame" ist und nicht - wie es in der jüngeren Vergangenheit öfter missbräuchlich ausgelegt wurde - ein Recht, das auf dem einschichtigen Gut selbst liegt. Sodann hält Maximilian fest, dass die Privilegien der Edelmannsfreiheit nur den Adeligen zustehen, die die Landstandschaft besitzen. Bis zum nächsten Landtag gewährt Maximilian allerdings auch denjenigen Personen die Edelmannsfreiheit, die von einer die Landstandschaft besitzenden Person ein einschichtiges Gut zu Lehen bekommen haben. Lerchenfeld, Freibriefe, S. 158 f. 202 Diese Klage war im Übrigen auch schon auf dem letzten Landtag vorgebracht und von Maximilian mit dem Versprechen, diesen Missstand zu beenden, akzeptiert worden. BayHStA, ALL 862, S. 629/630. In diesem Punkt war außerdem schon zu Beginn des 16. Jahrhunderts eine Kompetenzabgrenzung festgelegt worden. Zum Beispiel galt bei Diebstählen, dass die Hofmarksherren nur solche Fälle gerichtlich entscheiden durften, bei denen der Wert des gestohlenen Gegenstandes bis zu 80 Pfennig betrug. Siehe Wittmütz, Gravamina, S. 15. 5 Kummer

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II. Teil: Landstände

händel" behandelt werden. 203 Rechtsbereiche und rechtliche Kompetenzen wurden hier verschoben. Die Resolutionen des Fürsten auf die adeligen Gravamina waren kurz und knapp. Was die Bewilligung der Edelmannsfreiheit anbelangte, so gestand Maximilian diese bis zum nächsten Landtag denjenigen Adeligen zu, die im Besitz von einschichtigen Gütern waren. Auch im Fall der Beschwerde wegen der Extraausfertigung des Privilegs der Niedergerichtsbarkeit gab der Landesherr den Ständen Recht. 204 Die anderen Beschwerdepunkte wurden vom Landesherrn nicht beachtet. Man erkennt hier, dass die Edelmannsfreiheit das wichtigste Privileg für die adeligen Landstände und gleichzeitig ein Problem für Maximilian darstellte. Seit dem In-Kraft-Treten dieses Privilegs im Jahr 1577 war den adeligen Hofmarksherren ein großer Machtzuwachs im Bereich der Jurisdiktion beschert worden, der dazu geführt hatte, dass der Anteil der fürstlichen Niedergerichtsbarkeit im Land zahlenmäßig zurückgegangen war. So entsprachen die Klagen der Adeligen über die Eingriffe fürstlicher Beamter in ihre Rechtssphäre wohl der Wahrheit, jedoch kann man daraus nicht notwendigerweise schließen, dass die Adeligen entrechtet wurden. 205 Die Gravamina der Prälaten und Adeligen weisen Parallelen hinsichtlich der Eingriffe fürstlicher Beamter in ihre Rechtsbereiche auf. Bemerkenswert war die Reaktion Maximilians auf diese Klagen. Während er den Prälaten versprach, Abhilfe zu schaffen, blieb er gegenüber den Adeligen teilweise reserviert. Die Klöster waren für den Landesherren in finanzieller Hinsicht sowie auch im Konfessionskonflikt wichtiger. 206

dd) Gravamina der Städte und Märkte Während die Gravamina der Adeligen und der Prälaten stark von den Klagen über die Missachtung ihrer Privilegien durch den fürstlichen Machtapparat gekennzeichnet waren, standen in den Gravamina der Städte und Märkte wie auch schon 203 BayHStA, ALL 862, S. 630-635. Man erkennt schon die Anfänge der dann auch im Landrecht von 1616 festgelegten Gesetzgebung zur Bekämpfung der Gotteslästerung und des gegen Gottes Gebot geführten Lebenswandels. Mehrere Mandate, die die Androhung schwerer Strafen bei Gotteslästerung oder ausschweifendem Lebenswandel beinhalteten, wurden schon vor 1616 von Maximilian erlassen. Die Häufigkeit der Mandate lässt einerseits auf die Schwierigkeiten der Durchsetzung schließen, andererseits auf die Wichtigkeit, die Maximilian dieser Sache zumaß. Leutenbauer, Delikt, S. 128 ff. 204 BayHStA, ALL 862, S. 684 f.; im vorher schon zitierten Brief Maximilians von 1641 betont er ebenfalls noch einmal die Rechtmäßigkeit der Edelmannsfreiheit auch für nach Bayern zurückkehrende Adelige. Lerchenfeld, Freibriefe, S. 163. 205 Rankl, Landvolk Band 1, S. 49. 206 Wittmütz, Gravamina, S. 28/29.

Β. Die Landtage von 1605 und 1612

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1605 andere Themen im Vordergrund. Es ging auch hier primär um die Wahrung städtischer Vorrechte. Jedoch waren die städtischen Gravamina aufschlussreicher im Hinblick auf die soziale und wirtschaftliche Situation Bayerns in der damaligen Zeit. Besonderen Grund zur Klage fanden die städtischen Vertreter im Fall der Umgehung von Vorschriften sowie von Abgaben, Zöllen und Mauten. Dies hatte meist die Störung des städtischen Friedens und der städtischen Ordnung zur Folge sowie die Einbuße städtischer Einnahmen oder die Schwächung der städtischen Wirtschaft. 207 In den einzelnen Beschwerdefällen ging es ζ. B. um Hausierer, die in bayerischen Städten als Krämer herumzogen und dadurch die städtische Ordnung störten. Oftmals geschah dies mit Familienanhang. Die Mütter und Kinder bettelten, während der Vater seine Waren feilbot. 208 Dies war ein Verstoß gegen die Bettel- und Almosenverbote, die im 17. Jahrhundert überall in den Städten des Römischen Reichs deutscher Nation erlassen worden waren. 209 Ein anderes Gravamen brachte den unlauteren Getreidehandel der Bauern zur Sprache. Die Bauern versuchten den Marktzwang zu umgehen, indem sie denjenigen Bauern, die auf dem Markt keinen Stand hatten, ihr Getreide abkauften, um es dann auf dem Markt wieder zu verkaufen. Einige Bauern kauften auf diese Art große Mengen an Getreide auf, brachten es dann aber nicht auf den Markt, sondern über die Grenze nach Salzburg oder nach Tirol und verkauften es dort an Brauereien. Zölle und Mauten umgingen sie, indem sie Nachttransporte organisierten. Auch „Müßiggänger" machten in diesem Bereich Geschäfte, indem sie von Ort zu Ort und von Haus zu Haus zogen, den einzelnen Bauern ein wenig Getreide abkauften, es dann über die Grenze schmuggelten und dort wieder verkauften. 210 Aber auch Bürger und Bauern vor allem der Grenzorte entwickelten ausgeklügelte Systeme, die es ihnen erlaubten, Vorschriften zu umgehen und Schmuggelei erfolgreich zu betreiben. Eine andere Taktik der Bauern, den Marktzwang zu umgehen, war der Handel mit Zwischenhändlern. Diese Aktivitäten um den so genannten „Fürkauf 4 waren wirtschaftlich besonders problematisch, weil damit eine Preissteigerung landwirtschaftlicher Produkte verbunden war. 211

207

Zu den Problemen der Städte und Märkte siehe auch Freyberg, Gesetzgebung Band 2, S. 24-27. 208 BayHStA, ALL 862, S. 712. 209 Zum Armuts- und Bettelproblem der Städte in der Frühen Neuzeit siehe unter vielen anderen Härtung, Armut und Fürsorge; Battenberg, Obrigkeitliche Sozialpolitik; Jütte, Disziplinierungsmechanismen; ders., Armenfürsorge; Fischer, Städtische Armut. 210 BayHStA, ALL 862, S. 714. 211 Schon 1598 hatte Maximilian versucht, in einem Generalmandat der Preissteigerung durch den Fürkauf entgegen zu steuern. Albrecht, Maximilian, S. 211; siehe auch Heydenreuter, Magistrat, S. 200 f. 5*

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II. Teil: Landstände

Geschädigt wurden bei den soeben geschilderten Vorgängen die Städte oder Märkte, denen Markt- und Standgebühren entgingen. Die fehlenden Zoll- und Mauteinnahmen durch Schmuggelei stellten sich als ein Problem der fürstlichen Kasse dar. Die Schädigung der städtischen Wirtschaft kam jedoch auch von anderer Seite. Im Falle der Bierbrauereien beklagten die Vertreter der Städte und Märkte, dass zu viele kleine private Brauereien im städtischen Umland den Bräustätten der Städte und Märkte Konkurrenz machten und deren Gewinn schmälerten. Dies wirkte sich dann auf die Höhe der Aufschlagszahlungen dieser Brauereien aus. Deshalb baten die Städtevertreter Maximilian die Konzessionen für Bräustätten selektiver auszugeben als bisher und dies in der Polizeiordnung eindeutig zu regeln. 212 In den Gravamina der Städte und Märkte wurden auch immer öfter die den Handel behindernden Zölle und Einfuhrbeschränkungen und die rigiden Zunftbestimmungen beklagt, die das städtische Handwerk in ihrer Entfaltung zum Teil hinderten 2 1 3 Viele Gravamina der Städtevertreter berührten „polizeiliche" Probleme und zeigten ζ. B. in Bezug auf die Umgehung von Abgaben, wie schwer es die Obrigkeit hatte, sich als solche durchzusetzen und anerkannt zu werden. Die Städtevertreter sahen daher ihre Gravamina auch als Beitrag zur erneuten Reform des Polizeirechts. 214 Und auch die Städte und Märkte spürten, ebenso wie die beiden anderen Stände, das zunehmende Eindringen fürstlicher Beamten in ihre rechtliche Sphäre. In ihren Gravamina beklagten mehrere Städte, die kein eigenes Stadtgericht hatten, sondern einen fürstlichen Stadtrichter, dass dieser zunehmend „wider altes herkhomen" richte.215 Noch größere Probleme hatten Städte, die sowohl ein eigenes Stadtgericht als auch ein fürstliches Hofgericht hatten. Hier zeigten sich ζ. B. in der Stadt München die landesfürstlichen Eingriffe in die Privilegien der Stadt sehr deutlich. Denn Maximilian kritisierte die Richtersprüche des Stadtoberrichters vor allem in Strafsachen oft als zu milde. Auch der Entzug der Blutgerichtsbarkeit wurde angedroht, wenn die Richter nicht die Empfehlungen Maximilians oder seiner Räte annahmen und umsetzten.216 Maximilian fühlte sich immer dann zu 212 BayHStA, A L L 862, S. 716. 213 Albrecht, Maximilian, S. 214. 214 „ . . . diser Puncten beim Policeywerkh gist eingedenkh zu sein ..." BayHStA, ALL 862, S. 723. Zu bemerken ist noch, dass es der städtischen Obrigkeit bei alledem um den Ausbau ihrer Machtposition ging. Dieses Phänomen wird besonders bei der Erforschung der Armenpolitik in den Städten der Frühen Neuzeit beobachtet. Es ging „um die Konstituierung des städtischen Rates als einer Obrigkeit [ging], um durch Zusammenfassung der bisher bestehenden oder beanspruchten Einzelbefugnisse zu einer Gesamtkompetenz eine in Gehorsamspflicht ihm zugeordnete Einwohnerschaft zu bilden." Battenberg, Obrigkeitliche Sozialpolitik, S. 41 /42. 215 BayHStA, ALL 862, S. 724. 216 Albrecht, Maximilian, S. 245; zum problematischen Verhältnis zwischen Stadtgericht und herzoglichem Hofgericht siehe Kunze, Kompetenzkonflikt, S. 306 ff.

Β. Die Landtage von 1605 und 1612

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Kritik und Drohungen berechtigt, wenn er annehmen musste, die Rechtsprechung konzentriere sich nicht genug darauf, den „gemeinen Nutz" und die öffentliche Ordnung zu befördern. Diese beiden Begriffe wurden im Kampf um die Rechtsvereinheitlichung zur wirksamen Legitimation aller Eingriffe in ständische Rechtsbereiche. 217

ee) Zusammenfassung Mit dem Überblick über die gesamtständischen, geistlichen, adeligen und städtischen Beschwerdepakete des Landtages von 1612 konnte ein Einblick in das Verhältnis zwischen Landständen und fürstlicher Obrigkeit gegeben werden. Alle Gravamina zeigen deutlich, wie sehr die Landstände mit den sich verändernden Machtstrukturen konfrontiert waren. Die Gravamina der Landtage von 1605 und 1612 veranschaulichen das Machtbewusstsein Maximilians, der stetig versuchte, die traditionelle Machtbalance zwischen Landständen und Landesherrn zu seinen Gunsten zu verschieben. Die auf dem Landtag vorgebrachten Gravamina der Stände stellen sich allerdings hauptsächlich als Vertretung und Verteidigung der Interessen der drei ständisch organisierten Gruppen dar. Die Problematik der Repräsentation der Untertanen durch die Stände und die Konkurrenzsituation, in der sie sich damit im Hinblick auf den Fürsten befanden, ist schon bei der Besprechung der Gravamina von 1605 erörtert worden. Eine vom theoretischen Überbau weiter in die Praxis reichende Frage ist die nach der Situation der Bauern, die ja auch Untertanen waren, aber nicht ständisch organisiert waren. Im Einzelfall fanden bäuerliche Beschwerden über Missstände Eingang in das Konvolut der gesamtständischen Gravamina. Über bäuerliche Klagen wurden die Landstände durch einen landständischen Beschwerdeausschuss informiert, der für die Klagen bäuerlicher Untertanen zuständig war. So war es dann doch durchaus möglich, dass die Beschwerden der Bauern Gehör fanden. Und auch auf indirektem Wege konnten die Bauern ihre Beschwerden der Landesherrschaft präsentieren und Missstände anprangern. Die bäuerliche Dorfgemeinschaft war entsprechend organisiert. Klagen über die Ortsobrigkeit ζ. B. wurden den Hofräten direkt vorgetragen. Dazu ausersehen waren die Obleute oder Vierer. Andere Probleme, wie ζ. B. übermäßige Forderungen von Grundherren wurden in der so genannten Gmain geklärt. Auch hier waren die Obleute oder Vierer die Vorsitzenden und verfassten, nachdem ein entsprechender Beschluss gefasst war, ζ. B. eine Bittschrift an die Rentamtsregierung. 218 217

Heydenreuter, Magistrat, S. 191 f. Insgesamt scheint Maximilian die Stimmung unter den bäuerlichen Untertanen genau beobachtet zu haben. Der Bauernaufstand in Haag 1596 hatte sein Bewusstsein für den Bauernstand als möglichen Unruheherd im Herzogtum geprägt. Von diesem Zeitpunkt ab galt der Prävention solcher Unruhen sein Augenmerk. Eine Obmannschaftsverfassung sowie die 218

70

II. Teil: Landstände

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass allenfalls die Gravamina der Städte und Märkte als Informationsquelle für die Lebensverhältnisse der Untertanen herangezogen werden können, weil man aus diesen die wirtschaftlichen und sozialen Probleme herauslesen kann. Im Gegensatz dazu sind die Gravamina der Adeligen und Prälaten als Quelle lediglich aufschlussreich für die Konfliktlage im Prozess des landesherrlichen Machtausbaus contra landständischer Privilegienerhaltung.

c) Ergebnisse des Landtags Die Landtagsakten von 1612 lassen erkennen, dass die landständische Politik der Kooperation weitergeführt wurde. 219 Obwohl die Landstände Maximilian zunächst die finanziellen Kontributionen zur Katholischen Liga verweigerten, weil sie der Meinung waren, dass er das Geld besser für das Land und seine Untertanen ausgeben sollte, erfolgte dann doch noch die Bewilligung. Dennoch war diese Bewilligung der Kontributionen und deren Finanzierung durch Steuern sowie die Beauftragung von Verordneten und Adjunkten, die nach dem Landtag im Fall der Landesnot finanzielle Mittel bewilligen durften, kein Schritt, der den Ständen leicht fiel. Sie waren sich im Klaren darüber, dass sie mit jeder neuen Bewilligung von Steuern sowie Reichs-, Kreis- oder Kriegskontributionen ihr wichtigstes Druckmittel gegenüber dem Landesheim schwächten.220 Maximilian hatte - wie schon 1605 - in den Verhandlungen eine geschickte Taktik angewendet. Er hatte die Stände dort gepackt, wo es um ihr Selbstverständnis ging. Er hatte ihnen immer wieder zu verstehen gegeben, dass seine Forderungen vor dem Hintergrund der Landeswohlfahrt und der Verteidigung des Landes zu sehen seien - zwei Bereiche, in denen die Landstände sich verantwortlich und kompetent fühlten. Wenn sie die Bewilligung der finanziellen Hilfe verweigert hätTatigkeit von Kommissionen und die Mithilfe der Rentmeister, die die Beschwerden der Bauernschaft aufnahmen, sollten eventuell aufkommende Unzufriedenheit schnell erkennen lassen. Rankl, Landvolk Band 1, S. 93-95 und S. 374. 219 Siehe Dollinger, Finanzreform, S. 71. 220 „Und ob uns auch wol fast nachdenkhlich fallet unsern Verordneten mehrern Gewalt als wir jungst gemelt, zu hinterlassen, Nicht destoweniger aber, und damit E. Frl. Dtl. gdist verspüren, das wür aller möglichheit nach E. Frl. Dtl. Intention gern ein geniegn thun wolten, Als wellen wür unsern Verordneten, sambt den Rechenaufnemern, und Adiuncten, wann disen unserm geliebten Vatterland ein wissentliche Landtsnoth, darvor unß der allmechtig gnediglich lang verhietten welle, widfahren unnd zuesteen solte, unnd so bald khain Landtag gehalten werden mechte, auch die 100000 fl. nit erkleckhen wolten, gar auf 200000 fl. auszulegen gewalt geben, und einräumen, Mit dieser fernen erleitterung, wan auch diese 200000 fl. von der Landtschaft herzuschiessen, zue derselben Landtsnoth noch nit ergiebig sein solten, das E. Frl. Dtl. zue dem allerwenigisten die Jenige aus dem mittl der Landstenden, so erscheinen khönden, und das die yberigen gewalt herschickhen, zu ainer gemainen eilfertigen Landtschaftischen versamblung beschreiben moegen." BayHStA, ALL 861, S. 269/270; siehe auch Krenner 1612, S. 124.

Β. Die Landtage von 1605 und 1612

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ten, hätte Maximilian ihnen vorwerfen können, sie würden unverantwortlich gegenüber dem Wohl des Landes handeln. Um dies zu verhindern, gaben die Landstände schließlich nach. Sie hofften dadurch auch, die Position der landständischen Ausschüsse auf den Landtagen, die Position der Landschaftsverordnung zwischen den Landtagen und damit insgesamt die Position der Landstände sowie ihre jeweilige persönliche Stellung im Staatsgefüge zu bewahren. Im Hinblick auf die Verhandlungstaktik, die Verhandlungsart und das Ergebnis lässt der Landtag von 1612 erkennen, dass eine Sachlichkeit zwischen beiden Parteien herrschte, die nicht zuletzt aus der Tatsache zu erklären ist, dass beide Seiten aufeinander angewiesen 221

waren. Dies führte jedoch zumindest aus fürstlicher Sicht nicht zu einer Abhängigkeit. Vielmehr verstand es Maximilian den Landständen seine Vorstellungen von den Dingen so zu präsentieren, dass sie ihr Einverständnis in dem Gefühl gaben, ein gutes Werk für das Land getan zu haben, und er nutzte zusätzlich noch das Wissen der Landstände über die Verhältnisse im Land, indem er sie an Reformvorhaben teilhaben ließ oder von ihnen Gutachten für verschiedenste Vorhaben forderte. Zum Beispiel waren landständische Ausschüsse an der Reform des Landrechts beteiligt und wie schon im Kapitel über die Verhandlungen erwähnt, forderte Maximilian auf dem Landtag von 1612 von den Mitgliedern des Großen Ausschusses ein Gutachten über die wirtschaftliche Situation von Handel und Gewerbe in den Städten.222 Die Forderung dieses Gutachtens zeigt, dass die Landstände in die Regierungsarbeit einbezogen wurden, weil der Landesfürst die Stände in innenpolitischen Fragen als nützliche Ratgeber erachtete. Sosehr Maximilians Verhältnis zu den Landständen in seinen Testamenten durch bittere Gefühle gekennzeichnet ist, 2 2 3 sosehr kann man den Landtagsakten entnehmen, dass der Machtpolitiker Maximilian sein Verhältnis zu den Landständen auf sehr pragmatische Art und Weise gestaltete. Sehr oft wird von einem Zurückdrän221 Ähnlicher Meinung ist auch Manfred Rauh, der in seiner Untersuchung über die Verwaltung, Stände und Finanzen im spätabsolutistischen Bayern den Herrschaftsapparat als Miteinander von Fürst und Ständen bezeichnet: „,Der Staat' in der Ära des Absolutismus ist der Fürst in Gemeinschaft mit den Ständen. Der Herrschaftsapparat, welcher die öffentlichen Funktionen wahrnimmt, ist dementsprechend unter dem Absolutismus das fürstliche Beamtentum in Gemeinschaft mit dem ständischen. Dieser an sich ganz klare Umstand könnte allenfalls dadurch verdunkelt werden, dass die Stände ihrerseits häufig kurfürstliche Beamte stellen." Rauh, Verwaltung, S. 33. 222 Krenner 1612, S. 99-101. 223 Zum Beispiel warnt Maximilian seinen Sohn und Nachfolger Ferdinand Maria in der „Eigenhändige(n) geheime(n) Instruktion" vor den Landständen, die immer versuchen würden, ihre Privilegien auszubauen und damit die fürstliche Souveränität einschränken wollten. Ferdinand Maria müsse ihnen zeigen, dass sie nur Verwalter der Steuergelder seien und wenn sie ihr Recht der Steuerbewilligung zum Nachteil des Landes ausübten, wäre der Fürst berechtigt, ihr Mitsprachrecht zu ignorieren und eigenständig zum Wohl des Landes zu entscheiden. Zitiert bei Albrecht, Maximilian, S. 361.

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II. Teil: Landstände

gen der Landstände durch Maximilian gesprochen. Man muss hier jedoch differenzieren. Das Zurückdrängen bezog sich beinahe gänzlich auf den Adelsstand, der durch die Edelmannsfreiheit mit sehr weit gehenden Rechten in der Niedergerichtsbarkeit ausgestattet war, wie schon im Kapitel über die Gravamina von 1605 und 1612 eingehender dargelegt wurde. 224 So ist das Auftreten Maximilians auf den Landtagen unter anderem auch damit zu erklären, dass er die in den landständischen Ausschüssen und der Landschaftsverordnung sitzenden Adeligen an den seiner Meinung nach ihnen gebührenden Platz weisen wollte. Die Gravamina der Adeligen von 1612 und die abweisende Reaktion Maximilians darauf illustrieren dies. 225 Dieter Albrecht resümiert das Verhältnis zwischen Maximilian und den Landständen, indem er formuliert, dass Maximilian „in den Formen eines fürstlichen Absolutismus regiert hat, welcher sich eben aus der spezifischen Signatur des beiderseitigen Verhältnisses definiert". 226 Er führt als Beispiele die Bemerkungen Maximilians bezüglich der Steuerverwaltung und der Landschaftsverordnung an. Beiden landständischen Institutionen sprach Maximilian eine eigenständige Existenz ab. Sie seien lediglich „von der landesherrlichen Gewalt abgeleitet". Das widerspruchslose Hinnehmen dieser Äußerungen durch die Stände sei das „wichtigste Ergebnis des Landtages von 1612!". Schließlich zitiert Dieter Albrecht noch Maximilians Ratschläge aus den „Treuherzigen väterlichen Lehrstücken", in denen Maximilian anführt, dass er die Landstände während seiner Regierungszeit in die Schranken gewiesen habe. 227 Was bedeuten die Ergebnisse des Landtags von 1612 für Bayern? Die Forderung nach neuen Bündniskontributionen, denen der Große Ausschuss nachkam, indem er 200000 fl. jährlich für diesen Zweck bewilligte, zeigt die zunehmende Ausrichtung Maximilians auf die Reichspolitik. Das Ziel der Konsolidierung des Staatshaushalts durch Schuldenabbau war im Laufe der letzten sechs Jahre erfolgreich in Angriff genommen worden und hatte Früchte getragen. Die Barrücklagen, der so 224 Rankl, Landvolk Band 1, S. 49. 225 in diesem Zusammenhang ist es erwähnenswert, dass viele Hochadelige nicht im Fürstendienst tätig waren, sondern lediglich im Landschaftsdienst. Unter Maximilian waren viele Nobilitierte oder Ausländer im Fürstendienst beschäftigt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass viele Hochadelige den Dienst beim Fürsten als nicht kompatibel mit ihrer Stellung ansahen und sich außerdem nicht in eine direkte Abhängigkeit zum Fürsten begeben wollten. Gemeint sind hier vor allem Reichsunmittelbare und Mitglieder des Turnieradels. Siehe Lanzinner, Fürst, S. 189. Andererseits spricht auch vieles für die Annahme, dass diese Adeligen eine weniger servile und loyale Haltung gegenüber dem Fürsten an den Tag legten und deshalb gerade für hohe Staatsämter von Maximilian nicht ausgewählt wurden. Lanzinner, Fürst, S. 205. Durch den Landschaftsdienst hatten sie aber doch ihren Anteil an der Macht, weshalb Maximilian den Landständen, d. h. den Ausschüssen und der Landschaftsverordnung, mit Distanz gegenüberstand. Ksoll, Wirtschaftliche Verhältnisse, S. 44-53. 226 Albrecht, Maximilian, S. 226 f. 227 Albrecht, Maximilian, S. 227. Siehe hierzu besonders Riezler, Geschichte Baierns Band 6, S. 28-35.

Β. Die Landtage von 1605 und 1612

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genannte geheime Vorrat, waren so stark angewachsen, dass Maximilian sein Vorhaben, eine Rolle in der Reichspolitik zu spielen, beginnen konnte, in die Tat umzusetzen. Für die Landstände bedeutete dies einen Rückgang ihres Einflusses. Denn die bayerische Innenpolitik trat jetzt zunehmend hinter die ehrgeizigen Pläne Maximilians auf Reichsebene zurück. Obwohl die Landstände indirekt auch mit der Bewilligung von Reichs- und Kreis- sowie Kriegskontributionen befasst waren, indem sie die zu deren Finanzierung benötigten Steuern bewilligten, beschränkte sich ihre Einflussnahme in Zukunft auf die Teilnahme an den Postulatshandlungen sowie die Einnahme der Steuern für die reichs- und außenpolitischen Vorhaben Maximilians. Exkurs: Die Mitarbeit am Landrecht Die Mitarbeit der Landstände an der Neustrukturierung und Reformierung des Landrechts unterstreicht noch einmal, dass Maximilian die Landstände auf pragmatische Art in die Regierungsarbeit einband. Maximilian wusste durch die in den Gravamina präsentierten Beschwerden, dass die Landstände über juristische Probleme im Land informiert waren 228 und verpflichtete sie daher als Ratgeber für die Erarbeitung der Reform des Landrechts, vor allem des Polizeirechts. 229 Die Reformarbeiten standen allerdings ganz unter der Führung seiner Räte. Dennoch blieben die Landstände und ihre Vorschläge nicht völlig unbeachtet. Die Geschichte der Reformation des Polizei- und Landrechts wurde von der Person Maximilians I. maßgeblich bestimmt. Schon 1599 forderte er in einem Dekret die drei Regierungen Burghausen, Straubing und Landshut zu Gutachten zum bisherigen Polizeirecht auf. 2 3 0 In den Jahren 1600 und 1601 wiederholte Maximilian diese Aufforderung, weil in der Zwischenzeit nichts geschehen war. Maximilian wollte die Sache ernsthaft angehen, forderte drei Beratungstermine pro Woche, bei denen sich die Hofräte und die Deputierten der drei Regierungen treffen sollten. Aber erst 1602 erhielt Maximilian die Gutachten der Regierungen und der Hofräte231 Im Verlauf dieses Jahres beauftragte Maximilian dann die Räte Heinrich von Haslang (Hofrat und Kämmerer), Ernst Roming (Hofkammerrat), Christoph Rumbier (Hofrat), Georg Lautherius (Hofrat), Johann Schrenk (Hofkammerpräsident) sowie Karl Kulmer (Hofoberrichter) und als Direktor dieses Sechs-Räte228 Siehe die Gravamina von 1605: II. Teil, Β., 1. Kapitel, b). Siehe auch Merzbacher, Gesetzgebung, S. 229. 229 Auch der summarische Prozess, der Gantprozess, die Gerichtsordnung, die Landes-, Forst-, Jagd- und Malefizprozessordnung wurden kodifiziert. Malefizprozessordnung, summarischer Prozess und Gantprozess sowie das Jagdrecht erfuhren hier zum ersten Mal eine zusammenfassende Darstellung. Riezler, Geschichte Baierns Band 6, S. 61 / 62. 2 30 Albrecht, Maximilian, S. 230. 2

31 Günter, Landrecht, S. 131.

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II. Teil: Landstände

Gremiums Johann Gailkircher (Geheimer Rat und Hofkanzler), die Vorschläge zur Reformierung des Polizeiwerks zu systematisieren und zu ordnen. Der so genannte fürstliche „Polizeirat", der die Gesetzgebungsarbeiten leiten und auch mit den landständischen Deputierten verhandeln sollte, war damit konstituiert worden. 232 Nachdem auf dem Landtag von 1605 die Landstände etliche Mängel in den verschiedenen Justizbereichen (Polizeiordnung, summarischer, Gant-, Malefiz- und Ordinariprozess sowie im privatrechtlichen Bereich) in ihren Gravamina vorgebracht und den Antrag auf Reformierung dieser Rechtsbereiche gestellt hatten, begann im Februar 1606 die gemeinsame Arbeit des fürstlichen Polizeirates mit den 16 von der Landschaft deputierten Ausschussmitgliedern. 233 Genau wie bei den Landtagen waren die Landstände auch hier in die Regierungsarbeit eingebunden. 234 Über 10 Jahre zog sich die Arbeit am Landrecht hin und auch nach der Verkündung im Jahr 1616 gab es umgehend wieder Verbesserungsvorschläge von den Landständen, die diese in weiteren Verhandlungen mit den fürstlichen Räten verhandeln wollten. Die Mitarbeit der Stände an der Neufassung des Land- und Polizeirechtes ist in den Quellen festgehalten. 235 In korrespondenzartigem Austausch wurden die Vorschläge der fürstlichen Räte zu den einzelnen Artikeln des Landrechts von den Bedenken der Landschaftsverordneten beantwortet. Zu erwähnen ist, dass sich die Stände in diesem Prozess der Erarbeitung und auch 1616 nach der erneuten Reformierung des Land- und Polizeirechts in einer Position befanden, die ihnen keinen großen Spielraum zur Mitgestaltung ließ. Auch wenn sie auf Missstände hinwiesen und Gutachten zur möglichen Beseitigung von Missständen erstellten, waren es im Endeffekt die fürstlichen Räte und Maximilian selbst, die die endgültigen Entscheidungen trafen - und dies nicht immer unter Berücksichtigung der landständischen Vorschläge. Dennoch: Die Landstände taten sich bei der Mitarbeit an der Neufassung des Landrechts besonders bei Fragen nach den Rechten des Untertans, bei drohenden Eingriffen in ständische Privilegien und auch in wirtschaftlichen Fragen hervor. Ein konkretes Beispiel dafür ist der Meinungsaustausch über den Malefizprozess. Während die Räte im Sinne Maximilians v.a. eine Vereinheitlichung des 232 Günter, Landrecht, S. 133. 233 Günter, Landrecht, S. 135. Friedrich Merzbacher datiert den ernsthaften Beginn der Arbeit am Landrecht erst auf das Jahr 1608. Merzbacher, Gesetzgebung, S. 229. 234 Die von der Landschaft zur Reformierung der Polizei Verordneten sind: Rentamt München: Wolf Dietrich Hund, Wolf Christoph Lung, Christoph Schrenk (Stadt München). Rentamt Landshut: Johann Abt zu Allersbach, Heinrich von Preysing, Hans Jacob von Closen, Virgil Glabsberger (Stadt Landshut). Rentamt Straubing: Johann Eisengrein, Christoph von Seyboltsdorjf oder in Vertretung Ciriacus von Preysing, Ferdinand Kuen (Vitztum in Straubing), Thomas Dürnizl (Stadt Straubing). Rentamt Burghausen: Christoph von Berneck, Gundacker von Tannberg (Viztum in Landshut), Burkhart von Taufkirchen, Lazarus Widmer (Stadt Burghausen). BayHStA, Stv 2018, fol. 16 und 31. 235 Die für diesen kurzen Exkurs benutzten Quellen sind die des Bestandes Staatsverwaltung des Bayerischen Hauptstaatsarchivs.

Β. Die Landtage von 1605 und 1612

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Malefizprozesses landesweit anstrebten und daher an Detailfragen oftmals desinteressiert erschienen, ging es den Verordneten des landschaftlichen Ausschusses gerade um solche Detailfragen, wie ζ. B. um die Sicherung der Rechte des Untertans, der beispielsweise ihrer Meinung nach vor Gericht einen Anwalt bräuchte, der ihn vertritt. 236 In diesem Punkt waren die fürstlichen Räte dazu bereit, mit den Landschaftsverordneten über ihre Vorschläge zu diskutieren, sobald eine entsprechende fürstliche Resolution zum Malefizprozess erlassen würde. 237 Ebenfalls die Justizverfassung betreffend und beispielhaft für die Detailversessenheit der landständischen Verordneten ist eine Diskussion um die Beisitzer bei Gerichtsverhandlungen. Es ging um die Frage, ob diese Beisitzer während der gesamten Prozesszeit die Gleichen sein müssen oder ob sie zwischendurch ausgewechselt werden können. Dieser landständische Vorschlag zur Möglichkeit der Auswechslung von Schöffen wird von den fürstlichen Räten abgelehnt.238 Insgesamt wird die Gerichtsordnung, die ehemals 1520 für beide Landesteile schriftlich niedergelegt worden war, teilweise reformiert, teilweise aber auch beibehalten. In der Gerichtsordnung von 1616 wird der summarische Prozess, das abgekürzte Verfahren, neu geregelt und darin aufgenommen. 239 Zusätzlich wird neu geregelt, dass nach der Niederlage in einem summarischen Prozess die unterlegene Partei Revision beantragen kann und damit die Möglichkeit erhält, in einem ordentlichen Prozess ihre Sache zu vertreten. 240 Im Übrigen sollte der Malefiz- oder Strafjprozess nach der bayerischen Strafprozessordnung geführt werden. Nur in Fällen, in denen die bayerische Strafprozessordnung keine Regelung vorsah, sollte nach der Carolina von 1532 gehandelt werden. Dementsprechend wurden auch die Strafrichter sowohl auf das bayerische Landrecht als auch auf die Carolina vereidigt. 241

236

„ . . . dan oftermals der Arme so verstendig nit ist, dass er seine defensiones dem Richter wüßte anzudeuten". BayHStA, Stv 2024, fol. 139. Der Korrektheit halber muss gesagt werden, dass diese Diskussion erst nach 1616, d. h. im Zuge der sofortigen Reform nach Erlass des Codex, geführt wurde. Letztlich ist es aber unbedeutend, wann die Landstände diesen Standpunkt vertreten haben, da hier nur die Mitwirkung der landständischen Verordneten an der Reform und die genauen Vorstellungen der landständischen Verordneten von den Reformen einzelner Problempunkte illustriert werden sollen. 237 „Des Malefizprozess halben, weillen derselbe an die Frl. Drtl. unserem gdisten Herrn umb resolution gebracht, will man sich als dan, da sie volgt, mit ihnen den Herrn Verordneten, yber Ja iezige disfahls vernünftig angeregte bedenkhen hernach ganz gern vergleichen." BayHStA, Stv 2024, fol. 142. 23 » BayHStA, Stv 2024, fol. 109 und 122. 239 Albrecht, Maximilian, S. 231 und Merzbacher, Gesetzgebung, S. 230. 240 Merzbacher, Gesetzgebung, S. 230. Im Instanzenzug wurde ebenfalls keine wirkliche Reform durchgesetzt. Nach wie vor gelten die ständischen Gerichte, wie Land-, Hofmarksund Stadtgerichte als unterste Instanz, der Hofrat als Revisionsinstanz und das Reichskammergericht als letzte Instanz. Albrecht, Maximilian, S. 231. Merzbacher, Gesetzgebung, S. 232.

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II. Teil: Landstände

Ein weiterer Punkt, der den Landständen bei der Diskussion um das neue Landund Polizeirecht wichtig war, war die Frage nach den traditionellen landständischen Rechten. Dies wurde auch schon auf beiden Landtagen in den Gravamina der Stände sehr deutlich. Das Landrecht sollte also zumindest die Erklärung der Landesfreiheit beinhalten. Bei den Verhandlungen um das Land- und Polizeirecht wendeten sich die Landstände vor allem gegen die so genannte „Inventur", die ihrer Meinung nach einen Eingriff in die Privilegien und Freiheiten der Städte und Märkte darstellte. Es handelte sich hier um eine von Maximilian angeordnete Überprüfung der städtischen Finanzen durch die Hofkammer. 242 Dies widersprach nach Auffassung der Landstände den landständischen Freiheiten der selbstständigen Finanz- und Steuerverwaltung. Die fürstlichen Räte hingegen versicherten, dass „niemandt in Stetten und Markhten wider gebür und billichheit beschwert" werden sollte. 243 Die Landschaftsverordneten meldeten auch für die neue Handwerksverordnung Bedenken an. Dort sollte nämlich geregelt werden, dass nur Personen bestimmter Herkunft zur Handwerksausbildung zugelassen werden. Junge Leute, die aus der städtischen Beamtenschaft stammten, sollten ζ. B. nicht in die Zünfte aufgenommen werden. Die Landstände erbaten in ihrer Duplik deswegen den Zusatz, dass Ausnahmen aber gestattet sein müssten.244 Teilweise wurde um Formulierungen oder Zusätze von einzelnen Wörtern gerungen, wobei aber die landständischen Verordneten den fürstlichen Räten juristisch nicht unterlegen waren, sie bewiesen im Gegenteil Zähigkeit und Selbstbewusstsein beim Vorbringen ihrer Forderungen und erreichten dadurch nicht selten einen Kompromiss. Das Gesetzbuch, das die Kodifizierungen der verschiedenen Rechtsgebiete umfasste, trat am 29. September 1616 in Kraft. 245 Es galt für beide bayerischen Landesteile. Maximilian hatte damit ein Bestreben seines Vaters zum Abschluss gebracht, nämlich eine für das ganze Territorium aufgezeichnete Rechtsvereinheitlichung.

3. Der Große Ausschuss a) Funktion und Aufgabe Die Funktion des Großen Ausschusses ergab sich durch seine Arbeit auf den Landtagen. Der Große Ausschuss war das Forum durch das sich der Fürst bzw. seine Räte mit den Landständen in Verbindung setzten und umgekehrt. Er war Ver242

Heydenreuter, Finanz- und Verwaltungsreform, S. 104. 243 BayHStA, Stv 2024, fol. 149. 244 BayHStA, Stv 2024, fol. 129. 245 Merzbacher, Gesetzgebung, S. 229.

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handlungs- und Ansprechpartner des Fürsten und hatte die Aufgabe, die fürstliche Proposition der Gesamtlandschaft mündlich vorzutragen. Die Gutachten und Meinungen der 64 Abgeordneten des Großen Ausschusses sowie die Abstimmungsergebnisse über die fürstliche Proposition wurden nach dem Abschluss der internen Ausschussverhandlungen ebenfalls der Gesamtlandschaft vorgetragen. Auch dort sollte dann noch einmal über die Ergebnisse des Großen Ausschusses beratschlagt und abgestimmt werden. Letztlich waren aber die Beratungen des Großen Ausschusses maßgeblich. Die Antwort auf die fürstliche Proposition lag in seinem Aufgaben- und Verantwortungsbereich. 246 Der Große Ausschuss erhielt demnach seine Bedeutung für die Landschaft durch seine Funktion als Stellvertreter der Landstände auf den Landtagen.247 Sehr wichtig war auch die Rückkoppelung zur Gesamtlandschaft, die sich im 17. Jahrhundert allerdings immer stärker verlor. Das hatte zur Folge, dass der Große Ausschuss zunehmend eigenständig die Politik der Landstände gestaltete.248 Dennoch galten die Landtage des 17. Jahrhunderts noch nicht als „Ausschusslandtage", die für das 18. Jahrhundert charakteristisch waren. 249 Neben seiner Mittler-Funktion war der Große Ausschuss für die Koordination der verschiedenen Unterausschüsse zuständig, die von den Landständen auf dem Landtag gewählt wurden, um Einzelprobleme zu lösen. Wenn ein Unterausschuss zu keinem Ergebnis kam oder zur Unzufriedenheit der Landstände arbeitete, wurde die Sache an den Großen Ausschuss zurückgegeben und es wurde ein neuer Unterausschuss gewählt. Die Ergebnisse der Unterausschüsse gingen an den Großen Ausschuss und wurden dort verwertet. 2 5 0 Der Große Ausschuss war im Hinblick auf seine anlassgebundene Konstituierung noch ein Vertreter der spätmittelalterlichen Gelegenheitsverwaltung. Seine selbstverständliche, zu jedem Landtag fast schon automatisch vorgenommene Wahl und Konstituierung zeigt jedoch die Etablierung des Ausschussgedankens und damit den Übergang zur frühneuzeitlichen Verwaltung. 251 Durch diese Entwicklung gewannen die Ausschüsse insgesamt, d. h. nicht nur der Große Ausschuss auf den Landtagen, sondern auch die Landschaftsverordnung zwischen den Landtagen, eine herausgehobene Position. Durch die Mittler-Funktion entwickelten sich diese Ausschüsse als die politische Kraft, die die landständische Politik zu bestimmen begannen. Das ist das entscheidende Charakteristikum der landstän246

Lange, Ständestaatlicher Dualismus, S. 324. Greindl, Stände Versammlung, S. 39; Lange, Landtag, S. 3; Bosl, Repräsentation, S. 132 ff. 248 Lieberich, Landherren, S. 72. 247

249 Greindl, Stände Versammlung, S. 38. Siehe auch Lange, Landtag, S. 45 f. Dort beschreibt Ulrich Lange dieselben Arbeitsprozesse für die Ausschüsse der Landschaft im Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel im 16. und 17. Jahrhundert. 250 Greindl, Stände Versammlung, S. 41. 251 Greindl, Ständeversammlung, S. 39.

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II. Teil: Landstände

dischen Ausschüsse unter Maximilian I. Natürlich hatte diese Entwicklung auch einen Einfluss auf die Wahl und die Besetzung der Ausschüsse. Denn ein Sitz im Großen Ausschuss und/oder der Landschaftsverordnung garantierte die Möglichkeit politischer Gestaltung und Machtausübung.252

b) Zusammensetzung und Wahl Der Große Ausschuss bestand aus Vertretern aller drei Stände. Der Stand der Prälaten sowie der Stand der Städte und Märkte stellten je 16 Vertreter, der Adelsstand sandte 32 Vertreter in den Ausschuss.253 Zu Beginn eines jeden Landtags, d. h. nachdem der Landesherr seine Proposition vor der Gesamtlandschaft im Münchner Rathaus vorgetragen hatte, wählten die anwesenden Stände die 64 Mitglieder des Großen Ausschusses.254 Jedes Rentamt wählte für sich. Jeder Stand wählte seine eigenen Vertreter. Nach der Vereinigung der beiden Landesteile 1505 entstand ein Streit über den Wahlmodus für den Großen Ausschuss. Die Niederbayern favorisierten ihren Wahlmodus, nach dem jeder Stand seinen Vertreter selbst wählte. Die Oberbayern bestanden auf ihrem Modus, der vorsah, dass die adeligen Vertreter die Ausschussmitglieder der Prälaten und Städte/Märkte wählten und umgekehrt. 1508 entschloss man sich zu einem Kompromiss: Auf den Landtagen, die auf niederbayerischem Boden stattfanden, sollte nach dem niederbayerischen Wahlmodus gewählt werden. Auf Landtagen in Oberbayern nach oberbayerischem Wahlmodus. Die adelige Korporation, die im oberbayerischen Modus einen Nachteil für sich sah, setzte 1545 den niederbayerischen Modus durch. 255 Um Gerechtigkeit hinsichtlich der Provenienz der Ausschussmitglieder sicher zu stellen, wurde auf dem Landtag von 1577 beschlossen, dass von den zu wählenden Verordneten aus jedem Rentamt vier Vertreter (für Prälaten und Städte / Märkte) bzw. acht Vertreter (für Adelige) gewählt werden mussten. Die Wahl unter der Adeligen verlief wie folgt: Zuerst wurden zwei Adelige aus jedem Rentamt gewählt, diese acht adeligen Verordneten wählten dann die restlichen 24 adeligen Verordneten. 256 Nachdem die drei Stände ihre Mitglieder in den 252

Lieberich, Landherren, S. 72. Voraussetzung für die Wahl in den Großen Ausschuss war der Besitz der Landstandschaft. Für die Vertreter der Städte und Märkte war die Liste der zwölf Städte und vier Märkte verbindlich, die die Landstandschaft besaßen. Nur aus diesen Städten und Märkten durften die Vertreter in den Großen Ausschuss gewählt werden. Die zwölf Städte waren München, Landshut, Ingolstadt, Straubing, Landsberg, Wasserburg, Burghausen, Braunau, Schongau, Deggendorf, Aichach, Otting. Die vier die Landstandschaft besitzenden Märkte waren Rosenheim, Pfarrkirchen, Ried und Eggenfelden. 254 Eine Liste der Mitglieder des Großen Ausschusses vom Landtag von 1605 befindet sich in Anhang 1 dieser Arbeit. 255 Lanzinner, Fürst, S. 253; Lieberich, Landherren, S. 72. 253

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Großen Ausschuss gewählt hatten und der Landschaftskanzler diese verzeichnet hatte, verkündete der Landschaftsmarschall die Mitglieder namentlich. Nach der Wahl der 64 Personen in den Großen Ausschuss wurden diese vereidigt. Die Vereidigung wurde üblicherweise vom Propst von München vorgenommen 2 5 7 Verordnete, die gleichzeitig bei Maximilian ein Amt bekleideten, wurden für die Zeit des Landtags von ihrem Eid auf den Landesherren entbunden. Dies galt allerdings lediglich für die Zeit der landständischen Beratungen. Nach Abschluss des Landtages waren die Verordneten wieder ihrem Fürsten verpflichtet. 258

c) Ablauf der Ausschusssitzungen Die Verhandlungen im Großen Ausschuss wurden vom Landschaftsmarschall geführt. Dem Landschaftskanzler kam bei diesen Beratungen die Rolle des Schriftführers zu. In der ersten Beratungsrunde unmittelbar nach der Wahl, verlas der Landschaftsmarschall dem Ausschuss die fürstliche Proposition, die vorher durch den Landesherrn allen anwesenden Landständen vorgetragen worden war, und bat die Mitglieder bis zum nächsten Treffen über Vorschläge für die Antwort nachzudenken.259 Bei diesem nächsten Treffen wurden die einzelnen Punkte der fürstlichen Proposition genau besprochen und analysiert, sodann die einzelnen Ständevertreter nach ihren Vorschlägen für eine Antwort gefragt. Hier war die Sitzordnung im Ausschuss wichtig. Dem Landschaftsmarschall am Nächsten saßen die Prälatenvertreter, die auch zuerst eine Stellungnahme abgeben durften. Dann folgten die Adelsvertreter, und dem Landschaftsmarschall am Entferntesten saßen die Vertreter der Städte und Märkte. 260 Nachdem so in den Beratungen eine landständische Antwort auf die fürstliche Proposition konzipiert wurde, stimmte man nach Beendigung der Beratungen über die Annahme der Antwort ab. Der Landschaftsmarschall verzeichnete auf einer Tafel die einzelnen Stimmen der Stände. Der Landschaftskanzler verfasste schließlich die landschaftliche Antwortschrift auf der Grundlage der Beratungsprotokolle. 261 Innerhalb des Großen Ausschusses, der zur schnelleren Entscheidungsfindung auf Landtagen an die Stelle der Gesamtlandschaft getreten war, zeigte sich eine Tendenz zur Bildung von noch kleineren Gruppen, die noch schneller entscheiden sollten. An den oben beschriebenen Beratungen über eine landschaftliche Antwort256 BayHStA, ALL 282 V 2 , fol. 397. In dieser Quelle, die die Aufgaben eines Landmarschalls auf Landtagen beschreibt, wird der Wahlmodus der Prälaten und Städte/Märkte leider nicht beschrieben. 257 258 259 260

BayHStA, ALL BayHStA, ALL BayHStA, ALL BayHStA, ALL

338, fol. 91. 338, fol. 91. 282 V 2 , fol. 397. 282 V 2 , fol. 398.

261 BayHStA, ALL 282 V 2 , fol. 399.

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II. Teil: Landstände

schrift auf die fürstliche Proposition nahm nicht mehr die Gesamtzahl der Mitglieder des Großen Ausschusses teil. Für die Erarbeitung der landschaftlichen Antwort war es vielmehr üblich, dass aus dem Großen Ausschuss heraus eine Gruppe von 16 Verordneten, ein „kleiner" Ausschuss, gewählt wurde, die diese Arbeit verrichtete. Beim endgültigen Beschluss über die Antwortschrift wurde jedoch wieder der gesamte Große Ausschuss befragt. Eine einfache Mehrheit war ausreichend, um ein positives Abstimmungsergebnis zu einer umstrittenen Frage zu erzielen. 262 Der Landschaftsmarschall war bei der Abstimmung die geschäftsführende Instanz. Er bat, nachdem der Landschaftskanzler die Antwort verlesen hatte, zunächst die einzelnen Verordneten jedes Standes des oben erwähnten „kleinen" Ausschusses vorzutreten, um ihre Zustimmung oder Ablehnung kund zu tun. Danach durften die restlichen Verordneten des Großen Ausschusses263 nach Aufforderung durch den Landschaftsmarschall zur Abstimmung schreiten. Im Falle, dass der kleine Ausschuss und die Landschaft nicht übereinstimmten, musste neu beratschlagt werden. Aus dem kleinen Ausschuss und der Landschaft wurden dann acht Personen ausgewählt, die als „Verordnete für die landschaftlichen Antwortschriften" mit dem Landschaftskanzler und dem Landschaftsmarschall dem Fürsten die Antwortschrift überreichten. 264 Die Antwort des Landesfürsten auf die erste Antwortschrift der Landstände wurde von fürstlichen Räten überbracht. In Empfang nahm sie der Landschaftsmarschall. Beraten wurde sie vom kleinen Ausschuss.265

d) Legitimation Der Große Ausschuss legitimierte sich dadurch, dass er von allen zu Beginn des Landtags anwesenden Ständen gewählt wurde. Während der gesamten Dauer des Landtags vertrat er die Landschaft gegenüber dem Fürsten, erarbeitete die landständischen Schriften, übergab diese dem Fürsten bzw. seinen Räten und verhandelte mit diesen über die einzelnen umstrittenen Forderungen des Fürsten. Von fürstlicher Seite aus war der Große Ausschuss der bevorzugte Verhandlungspartner. Erstens war die Anzahl der Ausschussmitglieder überschaubar und zweitens kannten Maximilian und seine Räte die Ausschussvertreter meistens sehr gut, weil diese auch Ämter in der fürstlichen Verwaltung inne hatten. Von fürstlicher Seite gab es also keinerlei Infragestellung der Legitimation des Großen Ausschusses. In seiner Entwicklung rückte der Große Ausschuss dann auch immer mehr in die Position des einzigen Ansprechpartners des Fürsten und seiner Räte während 262 BayHStA, A L L 338, fol. 18. 263 BayHStA, A L L 282 V 2 , fol. 400: In dieser Quelle werden die restlichen Mitglieder des Großen Ausschusses als „Landschaft" bezeichnet. 264 BayHStA, ALL 282 V 2 , fol. 400. 265 BayHStA, A L L 282 V 2 , fol. 401.

Β. Die Landtage von 1605 und 1612

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der Landtage, weil er die Beschlüsse fasste, die dann dem Landtagsplenum, d. h. der Gesamtheit der anwesenden Landstände, präsentiert wurden. Das Landtagsplenum trat nur bei der Abstimmung über die jeweiligen Ausschussbeschlüsse und im Vorfeld der grundsätzlichen Zustimmung zu einer Steuererhebung in Aktion. 2 6 6 Im Gegensatz zur Landschaftsverordnung, die zwischen den beiden Landtagen 1605 und 1612 und nach 1619 in den Postulatshandlungen als Vertreter der Landstände fungierte, war der Große Ausschuss näher an der Gesamtlandschaft und behielt dadurch auch seine Repräsentationslegitimation. Die Landschaftsverordnung hingegen war nach dem Landtag von 1612 gewählt worden, ersetzte seine ausscheidenden Mitglieder durch Kooptation und verlor dadurch den Kontakt zur Gesamtlandschaft und damit auch zunehmend seine Legitimation, diese zu repräsentieren. 267

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Lange, Landtag, S. 45. 267 wie bereits im zusammenfassenden Kapitel zum Landtag von 1605 dargestellt, ist die Problematik der Repräsentation schon zu damaliger Zeit kontrovers diskutiert worden. Die Repräsentation der Gesamtlandschaft durch Ausschüsse wurde legitimiert durch die Korporationstheorie, die, aus dem Spätmittelalter stammend, im 17. Jahrhundert noch Geltung und Anerkennung hatte. Siehe Stollberg-Rilinger, Vormünder, S. 92-103. 6 Kummer

III Teil

Die Landschaftsverwaltung und Landschaftsverordnung Α. Die Landschaftsverwaltung 1. Der Landschaftskanzler Der Landschaftskanzler kann als der wichtigste Vertreter der Landschaftsverwaltung bezeichnet werden. Er nahm vor allem während der Landtage eine dominante Position innerhalb des Großen Ausschusses ein. Er war neben dem Landschaftsmarschall einer der ersten Ansprechpartner des Fürsten bzw. der fürstlichen Räte. Vor allem aber hatte er innerhalb des Ausschusses herausgehobene Aufgaben. Er führte zusammen mit dem Landschaftsmarschall die Ausschussverhandlungen und lotete in Zusammenarbeit mit dem kleinen Ausschuss die Meinungsbildung innerhalb des Großen Ausschusses aus. Er sammelte Stimmen und Gutachten zu den fürstlichen Propositionen, notierte die verschiedenen Meinungen und versuchte einen mehrheitlichen Grundtenor in eine landschaftliche Antwortschrift umzuformulieren. Ein Konzept dieser Antwortschrift wurde dann vom Kanzler dem Plenum vorgetragen und musste, um als offizielle landschaftliche Antwortschrift an den Fürsten zu gelten, von der Mehrheit des Ausschusses angenommen werden. Der Landschaftskanzler war außerdem für die Übergabe der landschaftlichen Antwortschrift an den Fürsten zusammen mit dem Landschaftsmarschall und anderen ausgewählten Landschaftsvertretern zuständig.1 Weiterhin stellte der Landschaftskanzler die Landschaftsbücher, d. h. die gesammelten landschaftlichen Verhandlungsakten und Protokolle des Landtages, zusammen und sorgte dafür, dass sie kopiert und an die Stände verschickt wurden. Zwischen den Landtagen hatte der Landschaftskanzler den Briefverkehr und das Archiv der Landschaft sowie die Landtafel auf dem aktuellen Stand zu halten. Er war außerdem - wie im Kapitel über die Steuereinbringung und Rechnungslegung 1 BayHStA, ALL 338, fol. 8. Zur Quelle: Am Seitenrand dieser Quellenstelle ist die Jahreszahl 1579 notiert. Das heißt, diese Beschreibung der Aufgaben des Landschaftskanzlers stammt aus einer Zeit, die vor dem Untersuchungszeitraum dieser Arbeit liegt. Es ist aber davon auszugehen, dass die eben beschriebene Rolle des Kanzlers innerhalb des landschaftlichen Ausschusses auch für das 17. Jahrhundert unverändert galt. Denn die Quelle selbst obwohl undatiert - stammt sicher aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, wenn nicht aus späterer Zeit. Dies ist ζ. B. daran festzumachen, dass der Tod des jüngeren Johann Georg Herwarth im Jahre 1656 verzeichnet ist.

Α. Die Landschaftsverwaltung

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ausführlich beschrieben wird 2 - bei der landständischen Rechnungslegung und bei den Ausschusssitzungen anwesend, die die Landschaft zwischen den Landtagen abhielt. Meist war er Mitglied oder Vorsitzender eines Ausschusses. Auch war er zusammen mit dem Landschaftsadvokaten der Vertreter der Landschaft in rechtlichen Dingen.3 Während der gesamten Regierungszeit Maximilians I. wurde auf landschaftlicher Seite das Kanzleramt von der Familie von Herwarth besetzt. 1587 kam Johann Georg von Herwarth der Ältere ins Amt des Landschaftskanzlers. Bei seinem Amtsantritt waren 16 Landschaftsverordnete anwesend. Herwarth wurde per Eid zur Verschwiegenheit, zur allgemeinen Sorge um die Landschaft, zur Sorgfalt beim Verfassen von Schriftstücken sowie des Landschaftsbuches für die Landschaft und zu juristischem Rat für hilfesuchende Landsassen verpflichtet. Die Bestallungsurkunde verbietet eine Nebentätigkeit. Diesen Grundsatz findet man schon in der Antrittsurkunde des Landschaftskanzlers Hieronimus Pronner von 1551.4 Laut Antrittsurkunde erhält Herwarth für seine Tätigkeit als Kanzler der Landschaft 800 fl. pro Jahr in einheimischer Währung. Dazu kommen verschiedene andere Honorare wie ζ. B. 200 fl. für seine das ganze Jahr dauernde Präsenz und Arbeit bei der Betreuung des Vorrats und 500 fl. für die Verwaltung der Aufschlagsgelder etc. Aufgrund dieser finanziellen Information ist es nicht verwunderlich, warum Herwarth es nicht schwer fiel, den Hofdienst zu verlassen, der schlechter bezahlt war. Am 11. 12. 1610 wurde Johann Georg von Herwarth sein Sohn Hans Georg als Amtsverwalter zur Seite gestellt. Hans Georg von Herwarth wurde für diese Tätigkeit mit 300 fl. entlohnt. Das Amt des Landschaftskanzlers sollte der Familie Herwarth also auch weiterhin erhalten bleiben, denn im Jahr 1620 erhielt Hans Georg von Herwarth der Jüngere eine Expektanz auf das Landschaftskanzleramt. Nach dem Tod seines Vaters 1622 wurde Hans Georg von Herwarth der Jüngere dann als „würcklicher" Landschaftskanzler bestätigt. Im selben Jahr gab er seine Hofratsstelle auf, die er seit 1618 inne gehabt hatte, denn die Landstände bestanden darauf, dass der Kanzler sich nur landschaftlichen Aufgaben widmete. 1626 machten sie allerdings eine Ausnahme von dieser Regel. Sie stimmten zu, Herwarth an Maximilian „auszuleihen": In einem Schreiben der Landschaftskommissare und Verordneten an den Landesfürsten erklärten diese, dass es dem Landschaftskanzler zwar prinzipiell nicht gestattet sei, eine Nebentätigkeit auszuüben, aber zum Wohle des Landes wollten sie in diesem einen Fall nachgeben, wenn gesichert wäre, dass durch die Arbeit für den Fürsten Herwarths Tätigkeiten als Landschaftskanzler nicht beeinträchtigt würden. 5 2 III. Teil, D., 1. Kapitel. 3

Lanzinner, Herwarth, S. 310. Greindl, Ständeversammlung, S. 36. 5 BayHStA, ALL 264, fol. 1. 4

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III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschafts Verordnung

Aber auch später scheinen die Landstände noch einmal nachgegeben zu haben, denn am 8. 11. 1637 wird Herwarth als Geheimer Rat vereidigt, nachdem er seit August desselben Jahres die Vertretung des Geheimen Rats und Vizekanzlers Richel bei dessen Abwesenheit übernommen hatte. Zusätzlich versah Hans Georg von Herwarth von 1622 bis zu seinem Tod 1657 zusammen mit seinen Brüdern das Amt des Pflegers von Schwaben, das schon sein Vater bekleidet hatte. Herwarth blieb bis an sein Lebensende im Jahr 1657 Landschaftskanzler. 1657 folgte ihm dann sein Sohn, Hans Wilhelm von Herwarth. Das Landschaftskanzleramt blieb also auch jetzt in den Händen der Familie Herwarth. Hans Wilhelm von Herwarth war fürstlicher Rat zu Burghausen. Seine Besoldung als Landschaftskanzler betrug 1800 fl. 1000 fl. wurden aus dem Vorrat bezahlt, 800 fl. aus den laufenden Aufschlagseinnahmen. Sein Vater hatte 1000 fl. vom Vorrat und 700 fl. vom Aufschlag erhalten. Hans Wilhelm von Herwarth blieb bis 1691 Landschaftskanzler, danach folgte ihm Johann Sebastian Wängl.6 Außergewöhnlich an der Karriere des Hans Wilhelm von Herwarth war die Tatsache, dass er 1691 schon vor seinem Tod aus dem Landschaftskanzleramt schied. Die Quellen berichten jedoch nichts genaueres über spezifische Gründe, es wird lediglich davon gesprochen, dass er „würckhlich quittert" habe.7 Die Familie von Herwarth war eine der bedeutenderen Familien im frühneuzeitlichen Bayern. Aus augsburgischem Patriziat stammend, gelangten sie ab dem Jahr 1577 in den fürstlichen Hofdienst. Johann Georg von Herwarth wurde 1577 Hofrat und saß seit 1578 auf der Ritterbank. Er war bald persönlicher Referent des damaligen Oberstkanzlers Christoph Elsenheimer. 1583 ging er als Assessor des bayerischen Kreises an das Reichskammergericht nach Speyer, nachdem er 1580 an der Universität Ingolstadt den Doktor beider Rechte erworben hatte. 1587 schließlich wurde er der Nachfolger Hieronimus Pronners im Landschaftskanzleramt. 8 Als Landschaftskanzler verdiente er einerseits erheblich mehr (1500 fl. im Gegensatz zu 500 fl. als Hofrat) und befand sich außerdem in einer unabhängigeren Stellung als am Hof. Johann Georg von Herwarth ist vor allem deswegen eine interessante Persönlichkeit der bayerischen Politik des 16. und frühen 17. Jahrhunderts, weil seine berufliche Laufbahn die Verquickung zwischen Hof- und Landschaftsdienst darstellt. Sie zeigt die seit Maximilian vorhandene und durch Herwarth maßgeblich beeinflusste Kooperation zwischen Fürst und Ständen. Herwarth war derjenige, der diese Kooperation auf dem Landtag von 1605 zuwege brachte. 1587 war er zum ersten Mal zum Landschaftskanzler bestellt worden. 1590 wechselte er aber schon wieder in fürstliche Dienste. Er trat die Nachfolge Christoph Elsenheimers als Obersthofkanzler an. Anscheinend hatte er sich aber in den drei Jahren seiner Tätigkeit als Landschaftskanzler genügend Vertrauen bei den Ständen erworben, so 6 BayHStA, ALL 1059, fol. 6/7. 7 BayHStA, ALL 1059, fol. 7. 8 Lanzinner, Herwarth, S. 307/308.

Α. Die Landschaftsverwaltung

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dass seine Politik von den Ständen nicht von vornherein abgelehnt wurde, wie das manchmal der Fall war, wenn die Stände den Eindruck hatten, der Fürst wolle über seine Räte Einfluss auf sie ausüben.9 Der Einfluss Herwarths auf die Politik der damaligen Zeit war bedeutend. Auf dem Landtag von 1593 war es Herwarth, der die schockierten Landstände wieder an den Verhandlungstisch mit dem Fürsten brachte. Der Schock der Landstände saß tief, da ihnen ein Gesamtschuldenbetrag von 4,8 Mio. fl. auf dem Landtag präsentiert wurde. Daraufhin drohten sie, Zinsen für aufgenommene Kredite nicht mehr zu bezahlen. Die Konsequenz wäre die Zahlungsunfähigkeit des fürstlichen Haushalts gewesen. Herwarth, seit 1590 Oberstkanzler, davor drei Jahre als Kanzler in den Diensten der Landschaft tätig, brachte in dem die nächsten Jahre sich hinziehenden Konflikt zwischen den Ständen und dem Fürsten Verständnis für beide Parteien auf. Gegenüber den Klagen der Landstände zeigte er allerdings besonders viel Verständnis.10 Dabei zeigt sich, dass Herwarth der Meinung war, dass die Landstände als autonome Kontrollinstanz für den frühneuzeitlichen bayerischen Staat unverzichtbar waren. Auch die Verwaltung und Bürokratie waren in seinen Augen als steuernde, kontrollierende Institutionen wichtig für den Staat.11 Die Beschreibung der Aufgabe der Landstände als Kontrollinstanz entsprach ihrem Selbstverständnis während der Regierungszeit Maximilians. Freilich muss man auch feststellen, dass die Kontrolle des Landesherren immer schwieriger wurde, zumal zwei Drittel der Regierungszeit Maximilians von der Ausnahmesituation des Krieges betroffen war, in der die Landstände, eben weil sie sich dem Wohl des Landes verpflichtet fühlten, an einigen ihrer Prinzipien nicht konsequent festhalten konnten. Herwarth brachte der landständischen Sache also großes Verständnis entgegen. Dies könnte der Grund dafür gewesen sein, dass er 1598 mit dem Regierungsantritt Maximilians überraschend wieder Landschaftskanzler wurde. 1590 war der Bruder Johann Georgs, Johann Konrad, Landschaftskanzler geworden. Er musste aber schon 1598 aufgrund gesundheitlicher Probleme das Amt wieder aufgeben. Wahrscheinlich wollte Johann Georg mit dem erneuten Schritt ins Landschaftskanzleramt dieses Amt der Familie Herwarth erhalten. Dies ist die offizielle Version, die in der Bestallungsurkunde Herwarths zu lesen ist. Inoffiziell aber wird in der Forschung angenommen, dass Herwarth auf Betreiben Maximilians das Landschaftskanzleramt wieder übernahm, um als Bindeglied zwischen Maximilian und der 9 Dollinger, Finanzreform, S. 51-53. 10 Albrecht, Maximilian, S. 139. Dieter Albrecht beschreibt Herwarth außerdem als einen hochgebildeten, vielseitig interessierten Menschen, was nicht zuletzt seine Korrespondenz mit Johannes Kepler oder Joseph Justus Scaliger beweist. 11 „Verwaltung einerseits und Landschaft andererseits wurden von Herwarth mithin als tragende, dem Fürsten nebengeordnete Institutionen des Territorialstaates begriffen. Sie sollten regulierend und mäßigend auf die zunehmende fürstliche Machtentfaltung einwirken, dabei auf je spezifische Weise dem Wohl des Landes verpflichtet." Lanzinner, Herwarth, S. 317.

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III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung

Landschaft fungieren zu können. Herwarth blieb der fürstlichen Hofbeamtenschaft als Geheimer Rat weiterhin erhalten. Der Dienst für die Landschaft sollte aber Vorrang haben.12 Es ist anzunehmen, dass der Wechsel Herwarths in den Landschaftsdienst taktischer Natur war. Ihm selbst brachte es eine doppelte Besoldung als Kanzler der Landschaft und Geheimer Rat des Fürsten ein und für Maximilian hatte es den Nutzen, dass Herwarth mit seiner ausgleichenden Art versuchen würde, bei den Landständen für Verständnis hinsichtlich der angespannten Situation der fürstlichen Finanzen zu werben, nachdem Herwarth nach etlichen Jahren in fürstlichen Diensten einen guten Einblick in diese Materie gewonnen hatte.13 Tatsächlich gibt es in den Quellen einen Hinweis darauf, dass sich Herwarth 1598 auf Drängen Maximilians erneut für das Landschaftskanzleramt beworben hat. 14 Sowohl bei Landtagsverhandlungen als auch später bei Postulatshandlungen konnte die fürstliche Seite auf Vermittlung durch die Herwarths bauen, die landständische Seite wusste ihren Kanzler aber auch als Vertreter landschaftlicher Interessen zu schätzen. Die Übernahme des Landschaftskanzleramtes durch Herwarth ist für das Verhältnis zwischen Maximilian und den bayerischen Landständen wichtig. Denn durch ihn wurde die landschaftliche Politik bestimmt, die im 17. Jahrhundert mit dem Begriff Kooperation beschrieben werden kann.

2. Weitere Ämter der Landschaftsverwaltung Ein weiterer wichtiger Vertreter der Landschaftsverwaltung war der Landschaftsmarschall, der im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Großen Ausschusses schon eingehend vorgestellt wurde. Da er jedoch rechtlich zur landesherrlichen Beamtenschaft gezählt wurde und auch ausdrücklich im Sinne des Landesherrn auf die landständischen Verordneten einwirken sollte, ist er nicht, wie der Landschaftskanzler, als Bindeglied zwischen Fürst und Landschaft zu sehen. Seine Position ist einseitig vom Fürsten her geprägt. Er hatte keine Freiheit, auch landständische Interessen dem Fürsten gegenüber zu vertreten, so wie der Landschaftskanzler dies tun konnte.15 Unter und mit dem Landschaftskanzler arbeiteten während des Landtags die Verordneten des Großen Ausschusses und zwischen den Landtagen die Mitglieder der Landschaftsverordnung. Auch die Rechnungsaufnehmer und Adjunkten sowie die verschiedenen Steuer- und Aufschlagseinnehmer gehörten zum höheren land12

Dass Herwarth „aller Wahrscheinlichkeit nach sehr aktiv zum positiven Verhältnis zwischen Maximilian und der Landschaft" vor allem in der frühen Periode von Maximilians Regierung beigetragen hatte, glaubt auch Dollinger, Finanzreform, S. 59. 13 Lanzinner, Herwarth, S. 319. 14 BayHStA, A L L 256, fol. 437/438. 15

Greindl, Stände Versammlung, S. 31.

Β. Die Landschaftserordnung als Verwaltungsorgan

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schaftlichen Verwaltungspersonal. Ein wichtiges Amt versah auch der landständische Advokat, der auch auf den Landtagen zusammen mit dem Landschaftskanzler für die rechtliche Beratung der Ausschussmitglieder zuständig war. 16 Zusätzlich gab es noch das übliche Verwaltungspersonal wie den Landschaftssekretär, 17 die Kanzlei-, Steuer- und Aufschlagsschreiber sowie die Kanzlei-, Steuer- und Aufschlagsboten, die Landhauspfleger etc. Auch einen eigenen Arzt zählten die Landstände zu ihrem Personal.

B. Die Landschaftsverordnung als Verwaltungsorgan 1. Einleitung Von der Mitte des 16. Jahrhunderts bis in die ersten Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts hinein ist die landständische Verfassung im gesamten Gebiet des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation vom Übergang gekennzeichnet. Der im Spätmittelalter noch übliche Voll-Landtag, auf dem die Gesamtlandschaft anwesend war und dort ihre Teilhabe und Mitwirkung an politischen Entscheidungsprozessen manifestierte, wurde zunehmend zurückgedrängt zugunsten von Landtagen, auf denen kleinere Gremien und Ausschüsse dem Fürsten als landständische Vertretung gegenüber traten. Der Grund für diese Entwicklung ist nicht so sehr darin zu suchen, dass ein Landesherr seine ganze Energie darauf verwendete, die Landstände zu entmachten, wie dies für das 17. Jahrhundert in Bayern von Maximilian I. angenommen wird. 18 Vielmehr lag es in der Natur der sich verändernden Auffassung von Staatsmacht, an Kriegen und Krisen des 17. Jahrhunderts, die diese Entwicklung verursachten. Wie allgemein in der Forschung anerkannt, war in diesem Zusammenhang der finanzielle Faktor wichtig. Der steigende Geldbedarf des frühneuzeitlichen Staates für Hofhaltung, Zentralbehörden und stehende Heere brachte die Landesherren in ständige Geldnöte. Die unter dem Stichwort Domänenwirtschaft bekannte Finanzierung fürstlicher Ausgaben reichte schon im Spätmittelalter nicht mehr aus. Das drängendste Problem der Landesherren in der Frühen Neuzeit war also die Geld16

Derselbe Georg Lochner wird ebenfalls im Jahr 1605 mit seinem Kollegen Hanns Pöhringer zum landschaftlichen Advokaten bestellt. Die Aufgabe dieser Rechtsanwälte bestand darin, die Ausschussmitglieder rechtlich zu beraten, was „gravaminen, Beschwernussen, Recht und Gerechtigkeiten" anbelangte. BayHStA, ALL 338, fol. 9. 17 Im Jahre 1605 wurde Georg Lochner, Doktor beider Rechte und Stadtschreiber in München, zum Landschaftssekretär ernannt. Er war ein enger Mitarbeiter des Landschaftskanzlers Herwarth, der wegen „Leibsschwachheit" einen Sekretär benötigte. BayHStA, ALL 338, fol. 9. 18 Führender Vertreter dieser Auffassung ist Karl Bosl, der in seinem Werk über die Geschichte der Repräsentation in Bayern den Untergang der Landstände schon für die Mitte des 16. Jahrhunderts festzustellen glaubt. Bosl, Repräsentation, S. 133 ff.; siehe auch Ay, Mitsprache, S. 479.

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III. Teil: Die Landschaftsverwaltung und Landschaftsverordnung

beschaffung. Traditionellerweise hatten die Landstände des jeweiligen Territoriums in diesem Bereich durch ihr Recht der Steuerbewilligung einen Anspruch auf Mitsprache. 19 Der steigende Geldbedarf des frühmodernen Staates verlangte schnelle Entscheidungen und Beschlüsse. Der Voll-Landtag mit seiner umständlichen Einberufungsprozedur und den langwierigen Beratungen der landständischen Kurien war nicht mehr zeitgemäß. Es stellte sich hier das Problem der Handlungsfähigkeit des Landtags. War ein von Formalien und umständlichen Entscheidungsfindungen geprägtes Forum wie der Landtag angesichts der zunehmenden Herausforderungen der frühmodernen Staatenwelt überhaupt noch handlungsfähig? Mussten die Landstände ihre herkömmliche Entscheidungsorganisation auf den Landtagen nicht überdenken und den neu an sie herangetragenen Forderungen des Landesherren anpassen?20 Da der Landesherr die Landstände aufgrund der Finanznöte viel öfter zusammenrief als zuvor, effiziente Beratungen und schnelle Entschlüsse von ihnen verlangte, war es notwendig für sie, auf diese neue Situation zu reagieren. Dies geschah durch die Bildung von Ausschüssen, die sich auf die jeweiligen Sachgebiete, in denen der Landesherr eine Entscheidung erwartete, spezialisierten. Der Vorteil der Ausschüsse war ihre Fähigkeit, schneller zu Entscheidungen zu gelangen sowie deren Kostengünstigkeit. Der Nachteil war die Beeinflussbarkeit der Ausschussmitglieder, die sehr oft mit dem Landesherren und seinen Räten zusammentrafen, und meistens auch in landesherrlichen Diensten standen.21 Andererseits gewährte diese Tatsache den Verordneten unter Umständen auch den Vorteil des sicheren und erfahrenen Umgangs mit den fürstlichen Räten in Verhandlungen, in denen sie landständische Interessen vertreten sollten.22 Ein zweites Problem der Ausschüsse war die Frage nach der Repräsentation, die die begrenzte Zahl der Ausschussverordneten aufwarf. Für das bayerische Beispiel wird oft behauptet, dass mit der Institutionalisierung der Landschaftsverordnung die Repräsentation der Untertanen gänzlich untergegangen sei. 23 Allerdings muss !9 Siehe hierzu Mußgnug, Haushaltsplan, S. 48 ff.; Rankl, Staatshaushalt, S. 24 ff.; Stolleis, Pecunia, der in seinem Werk grundsätzlich davon ausgeht, dass der erhöhte Geldbedarf der frühneuzeitlichen Territorialheiren die im Mittelalter noch anlassgebundene Steuer in die für die Frühe Neuzeit typischen, regelmäßigen Steuererhebungen verwandelte. 20 Lange, Landtag, S. 2/3. 21 Ulrich Lange sieht den negativen Aspekt der Beeinflussbarkeit der Verordneten durch den Fürsten und seine Räte und des sich daraus ergebenden möglichen Vertrauensverlustes zwischen Verordneten und Gesamtlandschaft als gravierend an. Lange, Landtag, S. 4. 22 Siehe hierzu auch Rauh, Verwaltung, S. 141, der sich gegen die Auffassung wendet, dass landständische Vertreter, die in fürstlichen Diensten standen lediglich als „höfische Statisten" anzusehen sind. Seiner Meinung nach sicherte der gleichzeitige Dienst landständischer Vertreter in der fürstlichen Regierung oder Verwaltung den Landständen größeren politischen Einfluss. 23

Bosl, Repräsentation, S. 135.

Β. Die Landschaftsverordnung als Verwaltungsorgan

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in diesem Zusammenhang noch einmal betont werden, dass auch die auf den Landtagen des 15. oder teilweise noch des 16. Jahrhunderts anwesende Gesamtlandschaft trotz anderweitiger Behauptungen ihrerseits nicht die Untertanen repräsentierte, sondern lediglich die jeweils eigene Standesgruppe.24 Eine Repräsentation der Untertanen, wie sie heutzutage nach den Kategorien einer repräsentativen Demokratie verstanden wird, gab es auch auf den früheren Gesamtlandtagen nicht. Festzustellen ist jedoch für die Regierungszeit Maximilians ein Vertrauensverlust zwischen Gesamtlandschaft bzw. Gesamtheit der Landsassen und der Landschaftsverordnung in München. Im Übrigen wurde die Repräsentation der Untertanen ohnehin sowohl von den Landständen als auch vom Landesherrn selbst für sich reklamiert, um während der Landtagsverhandlungen den jeweils eigenen Positionen eine größere Überzeugungskraft zu verleihen. 25 Das Konzept der Ausschüsse stellte sich also besonders bei den Repräsentierten als problematisch dar. Vor allem die Adeligen mussten sich erst an den Gedanken gewöhnen, nicht persönlich für ihre Interessen eintreten zu können, sondern Stellvertreter zu entsenden, die diese Aufgabe für sie erfüllten. Den Vertretern der Prälaten sowie Städten und Märkten fiel dies leichter, da sie ohnehin schon regelmäßig Stellvertreter zu den Landtagen geschickt hatten. Der Gedanke der Repräsentation durch Ausschussvertreter musste also seit dem Aufkommen der ersten Ausschüsse in der Mitte des 16. Jahrhunderts erst eingeübt werden und fiel vielen Adeligen noch im 17. Jahrhundert nicht leicht. 26 Weiterhin ist die Entwicklung des Ausschusswesens im Hinblick auf die Bedeutung und Funktion der Landtage wichtig. Für das 17. Jahrhundert ist diese Entwicklung in Bayern von nicht zu unterschätzender Bedeutung, denn unter Maximilian I. wurden bekanntermaßen nur mehr zwei Voll-Landtage abgehalten. In den restlichen 49 Jahren seiner Regierungszeit wurden Entscheidungen über finanzielle Angelegenheiten, an denen die Landstände mitzuwirken hatten, auf Postulatshandlungen gefällt. Auf diesen spielte die Landschaftsverordnung die wichtigste Rolle. 2. Zusammensetzung der Landschaftsverordnung Die Landschaftsverordnung bestand aus 16 Mitgliedern, die aus den Ständen des Ober- und Unterlandes gewählt wurden. Acht der 16 Mitglieder stammten aus dem Adelsstand, wobei hier aus jedem Rentamt zwei adelige Vertreter gewählt wurden. Jeweils vier Vertreter stammten aus dem Prälatenstand und dem Stand der Städte und Märkte, wobei bei den Prälaten aus jedem Rentamt ein Vertreter in die Verord24 Dies sieht Bosl als eine Konsequenz des Untergangs der gesamtständischen Repräsentation. Hier werden jedoch falsche Zusammenhänge konstruiert, denn eine Repräsentation der Untertanen hat es faktisch nie gegeben. 25 Siehe die Ergebnisse des Landtags von 1605, wo dieses Problem schon eingehend erörtert wurde. II. Teil, Β., 1. Kapitel, c). 26 Lange, Landtag, S. 7.

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III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung

nung gewählt wurde. 27 Auch bei der Landschaftsverordnung galt, wie beim Großen Ausschuss, das innerständische Zahlenverhältnis 2:1:1. Im Todesfall oder bei krankheitsbedingter Verhinderung eines gewählten Verordneten, wurde dieser aus seinem eigenen Stand „ersetzt" (sog. Kooptation). Aus der Verordnung heraus wurden vier Mitglieder gewählt, die das Kommissariat verrichteten. Das Kommissariat setzte sich aus einem Prälatenvertreter, zwei Vertretern der Adeligen und einem Vertreter der Städte und Märkte zusammen, der aus dem Rentamt München kommen musste. Auch die Herkunft der Vertreter der Adeligen ist geregelt: Einer der beiden musste aus einem oberländischen Rentamt kommen, der andere aus einem der beiden unterländischen Rentämter. Bei dem Prälatenvertreter wurde wechselnd besetzt: War der aktuelle Prälatenvertreter aus dem Oberland gekommen, so musste der Nachfolger aus dem Unterland sein. 28 Alle Entscheidungen, die das Verordnetengremium traf, mussten von den Kommissaren angenommen werden 2 9 Zusätzlich zu den 16 Verordneten existierte eine Vierergruppe von Rechnungsaufnehmern, auch Rechenherren genannt. Sie prüften alle von den Verordneten erstellten Rechnungen, jede einzelne eingenommene Anlage, Steuer und jeden Aufschlag, rechneten nach, fragten bei Unklarheiten noch einmal bei der Verordnung an, verbesserten dann gegebenenfalls und gaben die Rechnung schließlich frei. Vor allem die jährliche Steuerhauptrechnung, die der Fürst erhielt, wurde genauestens von ihnen überprüft. Infolge dessen waren die Rechnungsaufnehmer auch bei der Präsentation dieser Rechnung vor dem Fürsten anwesend. Auch vom Landesfürsten eingereichte Vorschläge finanzieller Art beurteilten und bewerteten die Rechnungsaufnehmer und stimmten bei der Beschließung darüber mit ab. 30 Daher nahmen sie auch an Postulatshandlungen teil. Die Gruppe der Rechnungsaufnehmer setzte sich zusammen aus einem Prälaten aus dem Rentamt München, zwei Adeligen aus dem Ober- und Unterland und einem Städtevertreter, der aus dem inneren Rat der Stadt Ingolstadt kam. Eine weitere Gruppe, die der Landschaftsverordnung beratend beistand, war die der Adjunkten. Im Falle einer sehr hohen Geldforderung Maximilians oder im Fall akuter Kriegsgefahr und daher notwendiger Bewilligungen größerer Geldsummen, erweiterten die Adjunkten die Landschaftsverordnung, damit in einem größeren Gremium über die Geldbewilligungen beraten werden konnte. 31 Die Gruppe der Adjunkten zählte ebenfalls 16 Mitglieder und setzte sich ebenso zusammen wie die Landschaftsverordnung. 32 27 28 29 30

BayHStA, ALL BayHStA, A L L BayHStA, A L L BayHStA, A L L

338, fol. 338, fol. 338, fol. 338, fol.

54. 55. 55. 56.

31 BayHStA, ALL 338, fol. 55; Seitz, Landständische Verordnung, S. 49; Huggenberger, Staatsrechtliche Stellung, S. 189.

Β. Die Landschaftserordnung als Verwaltungsorgan

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Innerhalb der Landschaftsverordnung wurden Arbeitsgebiete auf kleinere Gruppen aufgeteilt. Acht Verordnete waren für die Steuern und den Vorrat zuständig, die anderen Acht verantworteten den Bereich des Aufschlags. Sie besaßen Beschlusskraft für ihre jeweiligen Verantwortungsbereiche. Innerhalb der Landschaftsverordnung bildeten sich so zwei kleine Ausschüsse. Sie setzten sich jeweils zusammen aus zwei Prälaten je aus dem Ober- und dem Unterland, aus vier Adeligen, wobei zwei aus dem Ober-, zwei aus dem Unterland stammten, und aus zwei Vertretern der Städte und Märkte (einer stammte aus dem Münchner Rentamt, der andere aus dem Landshuter Rentamt).33 Die 16 zum landschaftlichen Vorrat Verordneten hatten also voneinander abgegrenzte Aufgabengebiete. Arbeitsergebnisse wurden jedoch immer im Plenum besprochen, um dann von den vier Kommissaren angenommen oder abgelehnt zu werden.

3. Funktion und Aufgaben a) Allgemeine Funktion und Aufgaben Die Landschaftsverordnung wurde am Ende eines jeden Landtags von den Landständen gewählt und erhielt dadurch das Mandat, zwischen den Landtagen die Geschäfte der Landstände zu führen und die finanziellen Interessen der Landstände auf den Postulatshandlungen zu vertreten. In einer schriftlichen Instruktion, die die Grundlage für das Mandat bildete, definierten die Stände auf der Basis der Landtagsbeschlüsse die Aufgaben und Kompetenzen der Landschaftsverordnung. Die Instruktion verpflichtete die Verordneten zusätzlich dazu, in regelmäßigen Sitzungen die finanziellen und personellen Angelegenheiten der Landstände zu ordnen. 34 Die Aufgabe der Landschaftsverordnung war also zweigeteilt. Einerseits musste sie auf den mindestens einmal jährlich stattfindenden Postulatshandlungen erscheinen und sich mit den Geldforderungen Maximilians auseinandersetzen.35 Andererseits musste die Verordnung die Verwaltung der Steuergelder leisten und die land32

Zum weiteren Kreis der Landschaftsverordnung gehörten auch noch die Land- und Standsteuerer, deren Anzahl sich auf 16 pro Rentamt belief. Ihre Aufgaben werden im ΙΠ. Teil, Β., 1. Kapitel, b) dieser Arbeit genauer beschrieben. Siehe auch Rankl, Privatnutz, S. 491. 33 BayHStA, ALL 338, fol. 56. 34 BayHStA, ALL 338, fol. 54. 35

Während der Regierungszeit Maximilians fanden die Postulatshandlungen jährlich zweimal oder mehrmals statt. Zu den Postulatshandlungen gibt es ausführliche Quellenbelege im Bayerischen Hauptstaatsarchiv. Die für diese Arbeit relevanten Postulatshandlungen aus den Jahren 1619 bis 1651 dokumentieren die Verhandlungen zwischen den beiden oben genannten Parteien zu den jeweils aktuellen Finanzproblemen des Landes. Die Postulatshandlungen wurden vom Fürsten anberaumt. Genau wie die Landtage schrieb er sie dann aus, wenn er finanzielle Forderungen an die Landstände hatte. BayHStA, A L L 413 und 863-870.

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III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschafts Verordnung

ständischen Finanzen regelmäßig aufzeichnen, um die einmal im Jahr zu erstellende „Steuerhauptrechnung" erarbeiten zu können.36 Die Landschaftsverordnung war in der Zeit zwischen den Landtagen also das wichtigste Gremium der Landstände. So wie der Große Ausschuss während der Landtage mit dem Fürsten und seinen Räten verhandelte, war die Landschaftsverordnung zwischen den Landtagen bei den Postulatshandlungen der Ansprechpartner für den Fürsten und seine Räte. In den Postulatshandlungen wurden primär fürstliche Geldforderungen behandelt. Die Verordneten hatten aufgrund der landschaftlichen Instruktion die Befugnis, zusätzliche finanzielle Forderungen des Landesherrn zu bewilligen. Allerdings war dies nur bis zu einer ebenfalls in der Instruktion festgelegten Summe möglich. Sollte Maximilian außergewöhnlich hohe Geldforderungen an die Verordneten stellen, so mussten die Adjunkten zu den Beratungen hinzugezogen werden bzw. - und dies hätten die Landstände vorgezogen - musste ein Landtag ausgeschrieben werden. 37 Die Verordnung hatte auch die Geschäfte der Landstände zu führen. In den Quellen werden die Mitglieder der Landschaftsverordnung als „Verordnete zum landschaftlichen Vorrat" bezeichnet. Mit dieser Bezeichnung ist auch schon ihr Tätigkeitsbereich umrissen. Die Verordneten der Landschaft beschäftigten sich vor allem mit den Finanzen der Landschaft im Einzelnen. Sie hatten - wie weiter oben schon anklang - die Aufgabe, den ständischen Geldvorrat zu überwachen, die Steuer- und Aufschlagseinnahmen zu registrieren und aufzuzeichnen, die Besoldungen der Landschaftsbeamten vorzunehmen und eingenommene Steuer- bzw. Aufschlagsgelder je nach Verwendungszweck an die Hofkammer oder an eine entsprechende andere Kasse weiterzuleiten. Ihre Aufgabe bestand zusätzlich noch in der Anmahnung von Steueraußenständen oder der Beratung über Steuernachlässe und in der Bearbeitung und Beantwortung von Anfragen zur aktuellen Steuerinstruktion. 38 Auch tagesaktuelle Themen wurden verhandelt. Die fürstlichen Räte ζ. B. baten die Landschaftsverordneten oft um Stellungnahmen zu gerade anstehenden The36 Diese Hauptrechnung bestand aus der genauen Auflistung der Einnahmen und Ausgaben des Jahres unter Berücksichtigung der aus dem Vorjahr übrig gebliebenen Summe des Vorrats und unter Abzug der Besoldung der landschaftlichen Amtsträger. 37 Huggenberger, Staatsrechtliche Stellung, S. 189. 38 In den Quellen kann man die internen Verhandlungen der Landschaftsverordnung im Bestand Altbayerische Landschaft des Bayerischen Hauptstaatsarchivs finden. Sie werden als »Journal oder Taghandtbuch über das Vorraths- und Defensionswesen" betitelt. Darin befinden sich tägliche Aufzeichnungen über die Sitzungen der Landschaftsverordnung, die die finanziellen Bewegungen des landschaftlichen Vorrats und der Defensionskosten immer wieder aktualisieren mussten. Am Rande notiert sind die Verordneten oder Adjunkten, die in der jeweiligen Sitzung anwesend waren. Am 10. Februar 1605 sind dies ζ. B. die Äbte von Reichersberg und Allersbach für die Prälaten, die Herren Torring, Preysing, Haslang und Seyboltsdorff für den Adel und die Herren Glabsberg und Schrenk für die Städte und Märkte. Daneben wird der Tag der Beratung notiert und in einem kurzen Abriss werden die beratenen Themen dargestellt. BayHStA, ALL 1559, fol. 104.

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men. Zum Beispiel findet sich am 1. Juli 1605 die Notiz: „Schefftlarn, Prey sing, Schrenk, Hund und ich sollen zum Landhofmeister gen Alserhof in die Nebenstuben." 39 Dort eröffnet der Landhofmeister den Verordneten die Forderung Maximilians, die Landstände müssten über die Finanzierung von zwei Dritteln der Landesdefensionskosten nachdenken. Am folgenden Tag wurde der Vorschlag dann innerhalb der Verordnung diskutiert. Verschiedene Finanzierungsvorschläge wurden vorgebracht. Heinrich von Preysing schlug vor, dass man 400000 fl. „auf Giro" aufnehmen sollte. Dieser Vorschlag fand die größte Zustimmung.40 Diese Aufzeichnungen, die einen stark informellen Charakter besitzen, protokollieren meist namentlich persönliche Stellungnahmen einzelner Verordneter. Das Tagesgeschäft der Verordneten betraf jedoch hauptsächlich die Steuereinnahmen. Die Steuersummen, die die Land- und Standsteuerer eingenommen hatten, wurden registriert und nachgezählt. Außenstände wurden angemahnt. Die Aufschlagsrechnungen wurden erstellt. In der Regel wurden sowohl die „Vorratsrechnungen" als auch die Aufschlagsrechnungen von den jeweils für dieses Aufgabengebiet Verordneten unter der Führung der Kommissare erstellt. 41 Eine weitere Aufgabe der Landschaftsverordnung war die Beantwortung von Fragen oder die Bearbeitung von Beschwerden verschiedener Landsassen. Alle diese Tätigkeiten verlangten mindestens einen, wenn nicht mehrere Sitzungstage pro Woche, an dem die Verordneten im Landschaftshaus in München zusammenkamen, um über die anstehenden Probleme zu beraten. 42 Einmal im Jahr mussten die Verordneten eine Steuerhauptrechnung erstellen. In dieser Zeit gab es tägliche Sitzungen.

b) Die Nachwahl der Verordneten Verstorbene oder wegen Krankheit zur Arbeit in der Verordnung nicht mehr fähige Verordnete wurden durch Wahl aus ihrem eigenen Stand ersetzt (Kooptation). Diese Nachwahl zählte ebenfalls zu den Aufgaben der Landschaftsverordnung. Sie ist Beweis der Selbstständigkeit der Landschaftsverwaltung im Allgemeinen und der Landschaftsverordnung im Besonderen.43 39 BayHStA, ALL 1559, fol. 107. 40 BayHStA, ALL 1559, fol. 107. 41

Es gibt vier Kommissare. Zwei für das Unter-, zwei für das Oberland. Die bei den Beratungen anwesenden Kommissare der Landschaft werden im Protokoll notiert. In diesem Jahr sind es der Abt von Schäftlarn und Wolf Dietrich Hundt für das Oberland sowie der Freiherr von Fraunberg und Michael Barth für das Unterland. Hinter dieser kleinen Liste wird verzeichnet: „ . . . als Commissary haben die Aufschlagsrechnung aufgenommen". BayHStA, ALL 1559, fol. 104. 42 Ζ. Β. BayHStA, ALL 1559 und 1568. 43

Am 20. Februar 1606 findet sich die Eintragung „Der Herr von Gumppenberg ist also zum Commissarius an statt Herrn Hunds erwehlt worden." BayHStA, A L L 1559, fol. 113.

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III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung

Am 6. Mai 1606 wurde ζ. B. im sogenannten „Landschaftsjournal", dem Protokollbuch der Landschaftsverordnung, festgehalten, „Gundacker von Tannberg, Vitzdomb zu Landshuett, hatt an geschworenen Ayds statt, als erweiter Rittersteurer, Herrn Wolf Dietrich Hund mitt mund und hand angelobt, den landschafft beschlüssen nachzukommen."44 Gundacker von Tannberg war in diesem Jahr außerdem landschaftlicher Defensionsrat und Vitztum von Landshut. Wolf Dietrich Hundt erschien in diesem Jahr in der Liste der Oberlandsverordneten und der Verordneten zur Reformierung des Polizeiwesens.45 Im Jahre 1616 wurde vermerkt, dass Eustachius von Törring aus dem Amt des Aufschlagsverordneten der Landschaft ausgeschieden war. Dieses Amt übernahm Ladislaus von Törring. Das Amt des Kommissars des Oberlands übernahm nach Eustachius von Törring nun Hans Christoph von Preysing. Als Adjunkt zum Vorrat im Rentamt Burghausen war Burkhart von Taufkirchen neu im Amt. Er machte damit das Amt des Landsteuerers im Rentamt Burghausen frei, das von Hans Veith von Törring besetzt wurde. Leonhart von Maming, der das Amt des Landsteuerers im Rentamt München ausgefüllt hatte, wurde von Wolf Veith von Maxlrain abgelöst. Carl Khergl, ehemaliger Landsteuerer im Rentamt Landshut, wurde abgelöst von Hans Bernhard von Perliching. Neuer Landsteuerer im Rentamt Straubing wurde nach dem Tod von Georg Klotthamer Christoph Kreitter. Der neue Steuereinnehmer der Städte und Märkte des Rentamts Burghausen wurde der Bürgermeister von Burghausen Wolfgang Piling. Da Hans Christoph von Preysing Vitztum zu Landshut geworden war, wurde seine Stelle als landschaftlicher Defensionsrat frei. An seiner Stelle wurde Georg von Gumppenberg in dieses Amt gewählt. Diese eben dargestellte und eine weitere Notiz zur Neubesetzung von frei gewordenen und neu besetzten Ämtern in der Landschaftsverwaltung zeigt eine gewisse Hierarchie der Ämter: Anstelle eines Herrn Päzingers wurde Conrad Aicher zum „Commissari" des Unterlands gewählt; er war vorher Landsteuerer. In diese Stellung stieg nun der vorher als Landaufschläger tätig gewesene Johann Glabsberger auf. Die so frei werdende Landaufschlägerstelle besetzte jetzt Tobias Pfundt, der vorher seinen Dienst als Weinmarktsaufschläger verrichtet hatte.46 Man sieht an diesem Beispiel, dass durch die Neubesetzung einer Kommissarsstelle, eine der höchsten Stellen innerhalb der Landschaftsverwaltung, die anderen Landschaftsbeamten in der Hierarchie aufsteigen. Und auch innerhalb einer Amtskategorie - in diesem Beispiel in der der Aufschlagsbeamten - sieht man deutliche Hierarchien. Der Aufschlagsbeamte des Rentamts hatte einen höheren Stellenwert als ein Aufschlagsbeamter, der für den Weinmarkt zuständig war.

44 BayHStA, ALL 1559, fol. 114. 45 BayHStA, A L L 1683, o. F. 46 BayHStA, ALL 1574, S. 34.

Β. Die Landschafts Verordnung als Verwaltungsorgan

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Hervorzuheben ist nochmals, dass diese Ämter per Wahl besetzt wurden. Im zitierten Schriftstück sind mehrmals Kandidaten und Gegenkandidaten mit den jeweiligen Stimmenanteilen der Wahl vermerkt. 47 Zur Wahl standen nur Kandidaten des eigenen Standes und Rentamtes. Nicht eindeutig aus den Quellen hervorgehend ist die Gruppe der Wählenden. Anzunehmen ist, dass die jeweiligen Oberund Unterlandsverordneten über die in ihrem Rentamt neu zu besetzenden Ämter entschieden. Bei übergreifenden Ämtern wie dem des Kommissars der Landschaftsverordnung, der Defensionsräte oder der Verordneten für die Reformierung des Polizeirechts waren sämtliche Verordnete als Wähler gefordert. 48 Abschließend sei noch zu bemerken, dass die Wahl in ein landschaftliches Amt erst nach einer Bewerbung zustande kommen konnte. Die Bewerbungen wurden in der Regel an die Kommissare der Landschaft gerichtet. Manchmal richteten sie sich auch an die Verordneten insgesamt.49 Der Geschäftsgang der Bewerbungen um die landschaftlichen Ämter war folgender: Zunächst richteten die Bewerber ihr Schreiben an die landschaftlichen Kommissare und Verordneten, erst später - d. h. erst, wenn es um die Abstimmung ging - richtete der Bewerber ein Schreiben an den Landesfürsten und bat ihn um Fürsprache. Wie im Kapitel über den Landschaftskanzler Johann Georg von Herwarth schon erwähnt, geschah ζ. B. die Bewerbung und Besetzung der Stelle des Landschaftskanzlers 1598 auf Initiative Maximilians hin. Maximilians Fürsprache für bestimmte Kandidaten ist bei den meisten Stellenbewerbungen für landschaftliche Ämter zu verzeichnen. Es stellt sich die Frage, ob die Fürsprache des Herzogs oder eines Mitglieds der Herzogsfamilie den entscheidenden Einfluss auf die Wahl ausübte. 50 Hierzu im Folgenden einige Beispiele. Ladislaus von Törring bewarb sich 1599 um die frei gewordene Stelle des landschaftlichen Kommissars in Konkurrenz zu seinem Vetter Eustachius, der aus der 47 BayHStA, ALL 256, fol. 644 ff. 48 Unterscheiden muss man bei diesen Wahlen auch das aktive und passive Wahlrecht der Verordneten. Zumindest innerhalb der Ritterkurie gilt diese Unterscheidung als gesichert. Nicht alle Mitglieder der Ritterkurie besaßen beide Arten des Wahlrechts. Hintergrund dafür waren Unstimmigkeiten innerhalb der Ritterkurie selbst. Es ging hier um die Abgrenzung zwischen „altem" und „neuem" Adel, wie ζ. B. gerade erst nobilitierte Bürgerliche, von Below, Territorium, S. 87 f. 49 BayHStA, ALL 256, fol. 653. 50

Grundlage für die Untersuchung dieser Frage bilden die beiden Quellenbände 256 und 1559 aus dem Bestand Altbayerische Landschaft des Hauptstaatsarchivs München. Der Band 256 beinhaltet die Bewerbungsschreiben der Landsassen für ein Amt in der Landschaftsverordnung, die schriftlichen Bitten dieser Landsassen an Maximilian oder dessen Vater, sich für sie zu verwenden sowie die entsprechenden Empfehlungsschreiben von Maximilian oder Wilhelm. Der Band 1559 enthält die Protokolle der Sitzungen der Landschaftsverordnung, in denen auch die Nachwahlen in bestimmte Ämter der Landschaftsverordnung und landschaftlichen Verwaltung aufgezeichnet wurden. Dadurch konnte der Frage nachgegangen werden, ob die Empfehlungen Maximilians tatsächlich den endgültigen Ausschlag für die Besetzung eines landschaftlichen Amtes gaben.

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III. Teil: Die Landschafts Verwaltung und Landschafts Verordnung

Törring-Seefeld'sehen Linie stammte. Maximilian hatte zunächst auf Anfrage von Eustachius diesen mit einer schriftlichen Fürsprache unterstützt. Dann war er jedoch auf die Seite Ladislaus von Törrings gewechselt, und empfahl jenen in einem Schreiben für das Kommissariatsamt, falls sich die Landschaft gegen Eustachius entscheiden sollte. 51 Die Empfehlung Maximilians war aber offenbar nicht ausschlaggebend für die Wahl. Noch 1606 ist in den Quellen die neuerliche Empfehlung des Fürsten für Ladislaus von Törring zu finden. 52 Und erst 1613 taucht Ladislaus von Törring als Kommissar in den Besoldungslisten auf. In den 1606 verfolgbaren Listen ist er allerdings unter der Rubrik der Ober- und Unterlandsverordneten zu finden. 53 1606 sprach Maximilian auch für Gundacker von Tannberg eine Empfehlung für eine Kommissariatsstelle aus. Er ging in seinem Empfehlungsschreiben darauf ein, dass er schon für Ladislaus von Törring vorgesprochen hätte und begründete seine Stellungnahme für von Tannberg nun damit, dass er ihm die Bitte um Empfehlung nicht abschlagen konnte. 54 Aber auch Gundacker von Tannberg erscheint weder 1606, noch in den folgenden Jahren auf der Liste der Kommissare des Oberlands. Er taucht erst 1608 als Verordneter zur Reform des Polizeiwesens auf und befand sich ab 1610 in der Funktion eines landschaftlichen Defensionsrates. 1606 schaltete sich sogar Maximilians Vater Wilhelm in die Bewerbungen um die Besetzung landständischer Ämter ein. Er empfahl Hans Warmund von Preysing für die frei gewordene Stelle Hans Jacob von Closens, der im selben Jahr verstorben war. Auch andere Mitglieder der Fürstenfamilie mischten sich in die Bewerbungen um landschaftliche Ämter ein, ζ. B. ebenfalls im Jahre 1606 der jüngste Bruder Maximilians, Albrecht. Er empfahl Hans Veith von Törring für ein landschaftliches Amt. 5 5 Eine sehr ausführliche Bewerbung, die sich nicht auf die Empfehlung des Landesherrn oder einer seiner Familienmitglieder stützte, sondern auf neununddreißigjährige Erfahrung im landschaftlichen Steuer- und Aufschlagswesen, richtete Leonhard Haimb an die Kommissare und Verordneten der Landschaft. Er bewarb sich auf eine Stelle als Steuereinnehmer. Diese hatte zu der Zeit Christoph Päzinger inne, der Haimbs Meinung nach die Nachfolge des verstorbenen Virgil Glabsberger antreten werde. Glabsberger wiederum war Vorrats- und Aufschlagsverordneter der Landschaft gewesen. Leonhard Haimb war zu diesem Zeitpunkt Steuerschreiber und Aufschlagsbeamter im Rentamt Landshut. Er bat, falls er die beworbene Stelle nicht erhält, dass ihm der Steuerschreiberdienst erlassen wird, da er aufgrund einer Krankheit seine Hand nicht mehr benutzen konnte. Das Amt des 51 BayHStA, A L L 256, fol. 448. 52 BayHStA, A L L 256, fol. 627. 53 Siehe dazu die Verordnetenlisten in Anhang 4. 54 BayHStA, ALL 256, fol. 629. 55 BayHStA, ALL 256, fol. 659.

Β. Die Landschaftserordnung als Verwaltungsorgan

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Aufschlägers solle ihm aber doch bitte erhalten bleiben. Er bat außerdem um eine Erhöhung der Aufschlagsbesoldung. Seine jährliche Besoldung betrug 170 fl. 5 6 Im Protokollbuch der Verordneten über den Vorrat findet sich im Oktober 1606 dann tatsächlich die Wahl um die Nachfolge von Virgil Glabsberger und Christoph Päzinger. 57 Wie Leonhard Haimb vermutet hatte, erhielt Christoph Päzinger die Stelle Glabsbergers. Konkurrent Leonhard Haimbs um die Nachfolge von Päzinger war Wilbold Karl, der schließlich mit doppelt so vielen Stimmen wie Haimb gewählt wurde. Ein Empfehlungsschreiben Maximilians für Wilbold Karl liegt nicht vor. In dem vorliegenden Quellenband findet sich lediglich das Bewerbungsschreiben Karls an die landschaftlichen Kommissare und Verordneten. 58 Dies zeigt, dass nicht alle Stellenbesetzungen landschaftlicher Ämter von fürstlichen Empfehlungen begleitet waren. Die meisten landschaftlichen Ämter wurden in der Tat intern vergeben. Bei der Besetzung der höheren Ämter, wie den landschaftlichen Kommissaren, dem Landschaftskanzler und auch den Vorrats- und Aufschlagsverordneten sah Maximilian eine Notwendigkeit, sich durch Empfehlungen einzumischen, weil dies Personen der landschaftlichen Verwaltung waren, mit denen er in den Landtagsverhandlungen bzw. Postulatshandlungen auskommen musste. Maximilians Vater verwendete sich jedoch - wohl aus persönlichen Motiven auch für Kandidaten, die keinen Kommissariatsposten oder Ähnliches anstrebten. Aber auch hier waren die Empfehlungen nicht ausschlaggebend für die Wahl in dieses Amt. Als Beispiel kann die Bewerbung Sigmunds von Nothafft für die durch den Tod Wolf Moritz von Rohrbachs freigewordene Stelle des Landsteuerers im Rentamt Landshut angeführt werden. Das Schreiben an die Kommissare und Verordneten der Landschaft wurde schon am 20. Juli 1606 verfasst. Am 2. Oktober 1606 bat Nothafft dann den Fürsten um Fürsprache. Dieser ging jedoch nicht darauf ein. Dafür ging ein paar Tage später ein Schreiben an die Landschaft, in dem Herzog Wilhelm Sigmund von Nothafft empfahl. 59 Im Protokollbuch der Vorratsverordneten ist die Wahl zur Nachfolge Wolf Moritz' von Rohrbachs verzeichnet. Sigmund von Nothafft erhielt nur eine von siebzehn abgegebenen Stimmen. Hier half die Fürsprache Wilhelms definitiv nicht. 60 Hans Christoph von Raindorf, der schließlich zum Nachfolger von Rohrbachs als Landsteuerer im Rentamt Landshut gewählt wurde, hatte hier, wie Wilbold Karl in dem oben geschilderten Fall, allein durch seine Bewerbung und ohne Fürsprache Maximilians oder seines Vaters, Erfolg. 61 Anhand von Verordnetenlisten 62 lässt sich erkennen, dass die höheren landschaftlichen Ämter, d. h. die Stellen der Kommissare und Vorrats- sowie Auf56 57 58 59 60

BayHStA, ALL BayHStA, ALL BayHStA, ALL BayHStA, ALL BayHStA, ALL

256, fol. 663. 1559, fol. 117. 256, fol. 696/697. 256, fol. 676/677. 1559, fol. 118.

61 BayHStA, ALL 1559, fol. 680/681. 7 Kummer

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III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung

schlagsverordneten, der Defensionsräte etc. von einigen wenigen Adelsfamilien besetzt wurden. 63 Wie schon im 16. Jahrhundert dominierten auch zu Zeiten Maximilians I. in der Landschaftsverordnung Vertreter der adeligen Rittergeschlechter der Closen, Gumppenberg, Haslang, Maxlrain, Nothafft, Preysing, Seyboltsdorff, Tannberg und Törring. 64 Vor allem die Vertreter der Familie Haslang, Nothafft, Preysing, Seyboltsdorff und Tannberg waren gleichzeitig in hohen Positionen im Fürstendienst.65 4. Zusammenfassung Merkmal der landständischen Verwaltungsorganisation während der Landtage und auch zwischen den Landtagen ist die Verfestigung des Ausschusswesens. Die Landstände hatten sich von der so genannten Gelegenheitsverwaltung weit gehend verabschiedet. Der Große Ausschuss auf den Landtagen und die Landschaftsverordnung zwischen den Landtagen können als Institutionen landständischer Politik und Rechnungslegung angesehen werden. Situationsgebunden war aber immer noch die Einberufung der „Adjuncten zu fürfallender Landtsnot" sowie in den Jahren 1606 bis 1616 die anlassgebundene Etablierung des landständischen Ausschusses zur Reformierung des Polizeiwesens im Speziellen und des Landrechts im Allgemeinen. Auffallend ist die ausgeprägte innere Organisation der Landschaftsverordnung, die Aufgabenverteilung zwischen den Aufschlags- und Vorratsverordneten sowie die selbstständig vorgenommenen Nachwahlen von Verordneten. Die Landstände konnten dem Landesherren in der Verwaltung der eingenommenen Steuer- und Aufschlagsgelder einen gut organisierten „Behördenapparat" bieten. 66 62 Sie befinden sich im Bestand Altbayerische Landschaft Literalien 1682-1728 für die Jahre 1605 bis 1651. In Anhang 4 kann man Verordnetenlisten aus den Jahren 1606 bis zum Beginn des Dreißigjährigen Krieges finden. Es handelt sich im Übrigen bei diesen Quellenbänden nicht um als solche angelegte Verordnetenlisten, sondern um Rechnungsbücher, in denen die Besoldung der landschaftlichen Verordneten aufgeführt ist. Anhand dieser Aufzeichnungen konnte ich die Verordnetenlisten erstellen, die allerdings keinen Anspruch auf Vollständigkeit haben. Häufig fehlen zudem die Unterlandsverordneten. Dennoch geben die Listen einen Einblick in das landständische Personal, das im prosopographischen Teil dieser Arbeit noch einmal genauer vorgestellt wird. 63 Rudolf Schlögl kann dies zahlenmäßig belegen: „Diejenigen Familien, die bereits im Staatsdienst tätig waren, suchten auch die Ämter der Landschaft für sich zu monopolisieren. Besonders deutlich wird dies bei den Stellen der Landsteuerer. 1612 kamen immerhin noch 5 von den 9 Steuereinnehmern aus Familien, die noch keinen Posten in der landesherrlichen Bürokratie wahrnahmen, 1669 kein einziger mehr." Schlögl, Bauern, S. 280. 64 Siehe Anhang 4: Liste der Landschaftsverordneten in dieser Arbeit. Siehe auch Lanzinner, Strukturwandel, S. 175-185. 65

Siehe V. Teil in dieser Arbeit. Mehr Details dazu in den Kapiteln über die Steuer- und Aufschlagseinnahme sowie Rechnungslegung, III. Teil, D., 1. und 2. Kapitel. 66

C. Die Landschaftsverordnung als fürstlicher Verhandlungspartner

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Die sich aus den immer häufiger erhobenen Steuern und dem damit einhergehenden Verwaltungsaufwand sowie aus der regen politischen Tätigkeit des Fürsten ergebende Fülle an Aufgaben und Entscheidungen, machte es allerdings auch notwendig, dass die Verwaltung der Landschaft gut organisiert war. 67 Beinahe unumgänglich wurde dadurch auch, dass die Mitglieder der Landschaftsverordnung zum großen Teil das ganze Jahr über in München präsent sein mussten. Die Notwendigkeit dieser ständigen Präsenz der Landschaftsverordnung in München brachte im Hinblick auf die personelle Besetzung der Landschaftsverordnung jedoch auch Nachteile: Da die meisten Landsassen auf ihren Gütern stark eingebunden waren, scheint es logisch, dass diejenigen Landsassen, die durch ihren Dienst am Hof ohnehin in München waren, auch die Ämter der Landschaftsverordnung dort übernahmen. Dadurch veränderte sich die Politik der Landstände insgesamt. Die Charakterisierung „kooperative Politik" ist schon mehrfach als Hauptthese dieser Arbeit genannt worden. Man kann sogar noch einen Schritt weitergehen und für die Zeit nach 1619 von einer den Fürsten tragenden landständischen Politik sprechen. Die Postulatshandlungen können in diesem Zusammenhang Nachweise bieten.

C. Die Landschaftsverordnung als fürstlicher Verhandlungspartner 1. Die Bedeutung der Postulatshandlungen Die Postulatshandlungen waren eine ähnlich wie die Landtage ablaufende Zusammenkunft zwischen dem Landesherrn und der Landschaftsverordnung, die für den Fürsten den Vorteil der Überschaubarkeit hatte, da die Landschaftsverordnung weniger Personen zählte als der Große Ausschuss und die bei Landtagen präsente Gesamtlandschaft. Von Vorteil für den Fürsten war auch, dass die meisten Mitglieder der Landschaftsverordnung nicht nur in Landschaftsdiensten standen, sondern auch in der fürstlichen Beamtenschaft eine Rolle spielten.68 Jedoch sollte man auch den Vorteil sehen, den die Verordneten der Landschaft von der gleichzeitigen Beschäftigung am Hof hatten. Sie waren meistens schon vor den Postulatshandlungen gut über die finanzielle Situation des Landes informiert, sodass sie während der Verhandlungen für ihre Seite mit sachlich fundierten Argumenten gegenüber dem Fürsten oder seinen Räten auftreten konnten. Ein Landsasse, der lediglich zu den Verhandlungen anreiste und in der Zwischenzeit nicht die Möglichkeit gehabt hatte, sich auf diese Verhandlungen vorzubereiten, hätte die Position der Land67 Zu erwähnen seien hier nur die verschiedenen Kommissionen, die Maximilian von Beginn seiner Regierung an einsetzte, wie die Kommission zur Reform des Polizeiwesens oder zur Verbesserung der Wirtschaft. Noch vor 1618 führte Maximilian zudem einen kriegerischen Konflikt mit Salzburg, der die Verordneten der Landschaft ebenfalls forderte. 68 Siehe dazu die Informationen im prosopographischen Teil (Teil V.) der Arbeit.

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III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung

schaft weniger gut vertreten können als ein auch rhetorisch besser geschulter ständiger Vertreter in München, dessen tägliches Geschäft von Gesprächen und Diskussionen und dem intensiven Einblick in Regierungsgeschäfte geprägt war. Angesichts der außenpolitischen Herausforderung des Dreißigjährigen Kriegs drehten sich die Verhandlungen beinahe ausschließlich um Geldforderungen des Fürsten. Diese Geldforderungen wurden vom Fürsten immer wieder damit begründet, dass es zum Wohle des Landes geschehe, wenn die Landstände Reichs- und Bündniskontributionen zahlten und die Landesverteidigung finanzierten. Aber auch abgesehen von der Kriegssituation wurden Postulatshandlungen vom Fürsten immer dann einberufen, wenn er Geld brauchte, d. h. Steuern von den Landständen bewilligt haben wollte. Die Landschafts Verordnung, die jährlich mit dem Fürsten in Verhandlungen über dessen Postulate trat, setzte sich aus den landschaftlichen Kommissaren, den Rechenaufnehmern und den Verordneten des Ober- und Unterlandes zusammen, hinzu kamen in Fällen akuter Kriegsgefahr, dies war meistens gleich bedeutend mit der Bewilligung hoher Geldsummen, die 16 Adjunkten. Die Postulatshandlungen liegen wie die Landtagsverhandlungen von 1605 und 1612 in schriftlicher Zusammenfassung vor. Die Verhandlungen selbst wurden jedoch mündlich geführt. Bei diesen Verhandlungen standen sich die fürstlichen Räte und die landschaftlichen Verordneten direkt gegenüber. Auf fürstlicher Seite waren als Verhandlungsführer der Hofkanzler bzw. der Hofkammerpräsident eingesetzt, auf landständischer Seite führte der Landschaftskanzler unter ratgebender Tätigkeit mindestens eines Rechenaufnehmers sowie der Vorratsverordneten die Verhandlungen.69 2. Die Postulatshandlungen 1619-1630 Während Maximilians Regierungszeit fiel die erste Postulatshandlung nach dem Landtag von 1612 auf das Jahr 1619.70 Obwohl die Landstände auf dem Landtag von 1612 Steuern für die nächsten neun Jahre, also bis 1621, bewilligt sowie die 69

Als Beispiel soll hier eine Liste der zu den Postulatsverhandlungen von 1619 verordneten Landstände dienen, die auch die für diese Verhandlungstätigkeit gezahlten „Sitzungsgelder" verzeichnet: Abt zu Schäftlarn 36 fl., Propst zu Rohr 52 fl., Propst zu Garsch 44 fl., Abt zu Seeon keine Angabe, Heinrich von Gumppenberg 44 fl., Ladislaus von Törring 44 fl., Gundacker von Tannberg 28 fl., Christoph von Preysing 44 fl., Alexander von Haslang 28 fl., Georg Konrad von Torring 28 fl., Christoph von Raindorf 44 fl., Hans Christoph von Preysing 44 fl., Christoph Schrenk 28 fl., Friedrich Ligsalz 28 fl., Thomas Dürnizl 60 fl., Wiguleus Hundt keine Angabe, Landschaftskanzler 28 fl. BayHStA, ALL 413. Wenn man diese Liste mit der Verordnetenliste von 1619 im Anhang vergleicht, sieht man, dass z. B. nur ein Rechenaufnehmer, nämlich Christoph von Raindorf, an den Postulatshandlungen teilnahm. 70 BayHStA ALL 413, Verhandlungen der Jahre 1619-1631. ALL 414, Verhandlungen der Jahre 1619-1635. ALL 863/864 ist eine Abschrift von ALL 413. ALL 865/866, Verhandlungen der Jahre 1631 -1637.

C. Die Landschafts Verordnung als fürstlicher Verhandlungspartner

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Übernahme von zwei Dritteln der Verteidigungskosten zugesichert hatten, musste aufgrund des Kriegsausbruchs schon sieben Jahre darauf die erste Postulatshandlung abgehalten werden. Abgesehen von den in den Quellen als „ordinari" bezeichneten Posten der Kammergutsaufbesserung, des Salzaufschlags und der Zinszahlungen für aufgenommene Kredite waren im Jahr 1619 und auch in allen späteren Jahren vor allem die Sicherung der bayerischen Landesverteidigung und die der Ligaarmee dienenden Bündniskontributionen Thema der Postulatshandlungen. Nach dem Einfall der schwedischen Armee in Bayern und den damit zusammenhängenden Verwüstungen im Jahre 1632 sowie zehn Jahre später, als die Schweden - diesmal mit den Franzosen - wiederum nach Bayern einmarschierten, stand dann die Frage nach den Einquartierungskosten der kaiserlichen Armeen zusätzlich zu den anderen finanziellen Belastungen in den meisten Postulatshandlungen im Vordergrund. Die Verhandlungen von 1619 kreisten um die aktuellen Kriegsprobleme in Böhmen. Die fürstliche Proposition bezog sich auf den böhmischen Aufstand. Abschreckende Visionen wie ein Zusammengehen der böhmischen Aufständischen unter Bethlen Gabor mit den Türken, die nach der Krone Ungarns und Pressburgs strebten, wurden heraufbeschworen. Der Nachbar Österreich stehe vor dem „Abbruch der Religion". Insgesamt sei die katholische Religion in diesen Zeiten stark gefährdet. 71 Der Fürst sah in der Bereitstellung von 12000 Mann Infanterie und 2000 Mann Kavallerie ein mögliche Hilfe und bat die Landstände um Vorschläge zur Finanzierung dieses Vorhabens. Dieses Prozedere war charakteristisch für die Postulatshandlungen. Entsprechend der Geschäftsordnung der Landtage, forderte der Fürst als Erstes die Bewilligung von bestimmten Geldsummen, die sich durch eine in diesem Fall militärische Notsituation als unvermeidlich erwiesen. Wenn die Bewilligung erfolgt war dies geschah nach mehr oder weniger heftigen Diskussionen, in denen Maximilian zu dem Druckmittel der militärischen Bedrohung des bayerischen Vaterlandes griff, um damit seine Forderungen durchzusetzen - wurde als Zweites über die Art und Weise der Finanzierung der vereinbarten Geldsummen verhandelt. Im Falle der Handlungen von 1619 schlugen die Landschafts verordneten zum einen vor, den Aufschlag auf Wein, Met und Branntwein nicht lediglich weiterzuführen, sondern zu erhöhen. Zum anderen willigten sie in die Einnahme einer ganzen Standsteuer und einer allgemeinen Landsteuer ein, in die auch die sonst von der Landsteuer verschonten Geistlichen und Freistifter mit einbezogen werden sollten.72 Die Verordneten bestätigten außerdem, dass die Landstände weiterhin zwei Drittel der Kosten für die Landesverteidigung tragen würden. 73 Sie schlugen zusätzlich vor, Maximilian solle in Salzburg, Tirol und Florenz um finanzielle Un71 BayHStA, ALL 413, fol. 8. 72 BayHStA, ALL 413, fol. 13/14. 73 BayHStA, ALL 413, fol. 19/20.

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III. Teil: Die Landschafts Verwaltung und Landschaftserordnung

terstützung ansuchen. Auch machten sie den Vorschlag, die Bevölkerung solle dazu aufgerufen werden, Silbergeschirr gegen Schuldscheine einschmelzen zu las™ 74

sen. In seiner Antwort zeigte sich der Fürst zufrieden mit dem Vorschlag der Aufschlagserhöhung und beschloss vom Jahr 1619 an auf jeden Eimer Wein, der im Land konsumiert wurde, einen Aufschlag von 1 fl. zu verlangen. Der Aufschlag auf Met sollte jedoch nicht erhöht werden, denn die Landschafts Verordnung hatte den Landesherren inzwischen davon in Kenntnis gesetzt, dass Erhöhungen des Metaufschlags schon immer auf großen Unmut in den armen Bevölkerungsschichten gestoßen sei. 75 Maximilian bestand jedoch auf dem Aufschlag und betonte, dass diese Erhöhung lediglich auf die Zeit der Kriegsgefahr beschränkt sein würde. Der Aufschlag galt nur für Getränke, die in Bayern ausgeschenkt und verbraucht wurden und nicht auf die, die nur durch das Land transportiert oder dort gelagert wurden. 76 Auch die vorgeschlagenen Steuererhebungen fanden Maximilians Zustimmung. Die zu erhebende künftige Land- und Standsteuer wurde auf Beschluss Maximilians ausgeschrieben und verkündet. Maximilian hatte in den Verhandlungen zunächst eine Art Kriegskontribution erwogen, die mehr Steuergerechtigkeit gewähren sollte. 77 Die Landstände hatten ihm allerdings ihre Bedenken zu diesem Vorschlag präsentiert und erklärt, dass sich eine solche Art der Besteuerung „in disen Landen nit anstellen oder practiciren lassen" werde. 78 Eine neue Steuer zu erheben, hätte für die Landstände erheblichen Arbeitsaufwand bedeutet. Dies wollten sie vermeiden. Die Erhebung von Land- und Standsteuern hatte man, bei allen Missständen, die später im Kapitel über die Steuereinnahme auch geschildert werden, im Griff. Daher das Insistieren auf den herkömmlichen Steuern. Ein weiterer und weit wichtigerer Grund für die Ablehnung der Kriegskontribution war das drohende Aufbrechen der Grenzen zwischen Hofmarken und Landgericht. Die Landstände sahen hier die eigenständige Steuereinnahme und -Veranlagung in den Hofmarken und auf den einschichtigen Gütern in Gefahr. 79 74

Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 51. 5 BayHStA, ALL 413, fol. 23.

7 7

* BayHStA, A L L 413, fol. 20. Die Untertanen sollten nicht auf einmal einer so hohen Belastung ausgesetzt werden. Die Stände sollten über eine monatliche Kontribution nachdenken. Maximilian schlug hier vor, dass Söldner 2 Pfennig täglich, d. h. 60 Pfennig monatlich, beisteuern sollen, Viertelbauern 3 Pfennig, halbe Bauern 4 Pfennig und Vollbauern 8 Pfennig. Dieses Geld sollte dann am Ende eines Monats der Hofkammer zugeführt werden. Der Vollständigkeit halber sollte man erwähnen, dass die keinem Kloster zugehörigen Kirchengüter und Pfarrer auch mit einer Kriegskontribution, einer Extrasteuer, belegt werden sollten. Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 51. 77

™ BayHStA, ALL 413, fol. 25. 79

Schon Albrecht IV. hatte 1488 mittels einer Kriegshilfe versucht, die Lehens- und Vogtuntertanen des Adels zu erreichen und zu registrieren. Aber auch die Hofmarksuntertanen

C. Die Landschaftserordnung als fürstlicher Verhandlungspartner

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Die Darlehensforderung an Salzburg, Tirol und Florenz lehnte der Fürst ab, weil bei beiden ersteren in dieser Hinsicht nichts zu erwarten sei und bei Florenz Bedenken von fürstlicher Seite her bestanden. Im Falle des Silbergeschirrs signalisierte der Fürst Zustimmung, obwohl er sich nicht viel von einer solchen Aktion versprach. 80 In den Handlungen von 1619 forderten die Landstände die Einberufung der Adjunkten „zu fürfallender Landsnot". Die Verordneten wollten die weit reichenden finanziellen Entscheidungen, vor allem die Übernahme des Zwei-Drittel-Anteils für die Landesverteidigung und Bündniskosten, nicht allein fällen. Maximilians Antwort auf diese Forderung war jedoch zögerlich. Die Kosten für eine Adjunktenbeschreibung seien zu hoch. Er sicherte den Verordneten aber einen Schadlosbrief zu. 81 Die Landschaftsverordnung bestand allerdings erfolgreich darauf, dass ihre Entscheidung von 1619 mit den Adjunkten und Rechenaufnehmern zusammen gefällt wurde. Im Januar 1620 trafen sich die fürstlichen Verhandlungsführer nochmals mit dem 36er-Ausschuss der Landstände und beschlossen schließlich die Erhöhung des Weinaufschlags auf 1 fl., die Einbringung einer ganzen Standsteuer noch vor Pfingsten 1620, die Einbringung einer ganzen Landsteuer und die weitere ZweiDrittel-Beteiligung der Landschaft an den Kosten für die Landesverteidigung und für die Ligakosten.82 Die Postulatshandlungen von 1619 sind ein Beispiel für die Kooperation der Landschaftsverordnung mit dem Fürsten. In dem ersten Schreck über einen Kriegsbeginn und die Bedrohung der katholischen Religion stimmte sie allen fürstlichen Forderungen zu. Besonders folgenschwer erweist sich hier die Zustimmung zum Zwei-Drittel-Anteil an den Kosten für die Landesverteidigung sowie an den Kriegs- und Bündniskosten. Diese war im Glauben gegeben worden, sich dadurch politische Mitsprache sichern zu können. In den folgenden zwei Jahren erwies sich dieser Zwei-Drittel-Anteil aber als finanzielles „Fass ohne Boden". Die Landschaftsverordnung, deren stetes Bestreben es war, den landschaftlichen Vorrat nicht anzutasten, stellte für das Jahr 1619 mit Erschrecken fest, dass sich der Betrag des Zwei-Drittel-Anteils schon auf 600000 fl. belief. Zuzüglich zu den „ordinari"-Ausgaben hätten die Landstände so innerhalb weniger Monate mit einer finanziellen Belastung von 1 Million fl. zu rechnen gehabt. 1619 kam nämlich noch ein hoher Betrag der Zinszahlung für aufgenommene Schulden von 143000 fl., sollten mit rigiden Maßnahmen zur Zahlung dieser Steuer veranlasst werden. Der Hofmarksherr musste zustimmen, dass seine Untertanen die Steuern direkt am Landgerichtssitz zahlten. Die Landstände empfanden dies zurecht als einen groben Eingriff in ihre Rechte und meldeten Widerstand an. Das Resultat war die Gründung des Löwlerbundes durch die Straubinger Stände. Dieser Vorgang ist zitiert bei Rankl, Landvolk Band 1, S. 165. 80 Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 51. si BayHStA, ALL 413, fol. 28. 82 Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 52.

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III. Teil: Die Landschafts Verwaltung und Landschafts Verordnung

die Kreishilfe von 84000 fl. und Ausgaben für Soldaten und Waffen von 20000 fl. hinzu. Die Verordneten erbaten sich deshalb den schriftlichen Zusatz zu oben getätigter Bewilligung: „soweit die Mittel es zulassen."83 Insgesamt beliefen sich die Ausgaben 1619 ohne den Zwei-Drittel-Anteil auf 475747 fl. bei Einnahmen von 1016358 fl. 8 4 Im Rest verblieb in diesem Jahr daher noch genug, um die Gehälter der landschaftlichen Verordneten und Steuereinnehmer etc. zu bezahlen. Man erkennt jedoch, dass die Landstände immer dann besonders nervös wurden, wenn sich der Abstand zwischen Ausgaben und Einnahmen stark verringerte, da dann die Gehälter der Verordneten und anderer in der Verwaltung und Steuereinnahme Tätigen sich verringerte bzw. der landschaftliche Vorrat in Gefahr geriet, angegriffen zu werden. In den Verhandlungen von 1619 war es ein Erfolg für die Landschaft, dass Maximilian die Einberufung der Adjunkten gestattete. Denn in den folgenden Jahren bis 1632, in denen die Landschaftsverordnung immer wieder auch die Einberufung eines Gesamtlandtages forderte, ist es offensichtlich, dass Maximilian die Einberufung der Adjunkten aus Eigeninteresse abblockte und zu verhindern suchte. Mit dem vergleichsweise kleinen Gremium von 16 Verordneten ließ es sich eben besser und schneller verhandeln als mit dem großen Landschaftsausschuss, der 36 Verordnete zählte, oder gar dem Großen Ausschuss auf einem Gesamtlandtag. Kriegsläufte und Vaterlandsbedrohung waren die Gründe, die Maximilian für eine Nichtabhaltung eines Landtags jährlich vorbrachte. Im ersten Kriegsjahrzehnt waren dies aber vorgeschobene Gründe. 85 Bedenklich erscheint, dass die Landschaftsverordnung sich mit diesen vorgeschobenen Gründen zufrieden gab. Es kam zu dieser Entwicklung hinzu, dass Maximilian während der Postulatshandlungen nur in wenigen Fällen die Einberufung der Adjunkten und Rechenaufnehmer gestattete. Maximilians Problem bestand ganz offensichtlich in seinem Führungsanspruch, den er innerhalb der Katholischen Liga von Anfang an beanspruchte. Dieser brachte es mit sich, dass Maximilian die Verantwortung für das Funktionieren der Liga, in diesem Fall bedeutete dies vorrangig die Sicherung der Finanzierung, übernehmen musste. Dabei hatte er sowohl auf den Ligatagen als auch in den Postulatshandlungen mit den schwerfälligen Liga- bzw. Landständen zu kämpfen. 86 Der trotz der Durchsetzung der Adjunkteneinberufung schwache Beginn der Landschafts Verordnung in der ersten Postulatshandlung von 1619 setzte die Grundstimmung für alle weiteren Postulatshandlungen bis zum Tode Maximilians 1651. 83

Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 52/53. Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, Beilagen, S. 47. 85 Wie sich im Folgenden auch zeigt, hätte die militärische und politische Situation es in den Jahren von 1619-1632 erlaubt, einen Landtag abzuhalten. Siehe auch Albrecht, Maximilian, S. 620-622. S6 Albrecht, Maximilian, S. 616-619. 84

C. Die Landschaftserordnung als fürstlicher Verhandlungspartner

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Die Landschaftsverordnung, unsicher in Dingen, die den Krieg betrafen, überließ Maximilian die Entscheidungen. Insgesamt war die Landschafts Verordnung schon 1619 und besonders in späteren Jahren besorgt über das Kriegsgeschehen, weil sie dadurch größere finanzielle Belastungen auf das Land und auf die Landstände zukommen sahen. Die Verordneten klagten über die drohende Ausweitung der Kriegs- und Bündniskosten, d. h. der Kontributionsquote zu den Ligafinanzen sowie der Kosten für die Landesverteidigung. Sie hatten eingesehen, dass durch die Weiterbewilligung des Zwei-DrittelAnteils in Kriegszeiten eine in unermessliche Höhen steigende finanzielle Belastung drohte. Zudem war die Hofkammer nicht bereit, den Verordneten Auskunft über die ungefähre Höhe des Zwei-Drittel-Anteils für das kommende Jahr 1620 zu geben.87 Die Landschafts Verordnung merkte dann in den Handlungen von 1620 auch an, dass der Aufschlag und die Steuern unter dem Kriegsgeschehen leiden könnten und dass sich daher die Summe, die sie als Landstände beitragen könnten, ohnehin verringern würde. 88 Sie bekräftigte zwar noch einmal ihren Anteil von zwei Dritteln am Landesdefensionswerk, 89 allerdings rechnete sie dem Landesherren vor, wie schwierig die Aufbringung dieses Zwei-Drittel-Anteils war. Denn schon die Reichs- und Kreishilfen beliefen sich im Höchstfall auf 100000 fl. im Jahr. 90 Für das Jahr 1620 waren die Verordneten daher skeptisch, was ihren Zwei-Drittel-Anteil am Landesdefensionswerk betraf. Insgesamt waren an Ausgaben für Zinstilgung, für fürstliche Quartalskosten und Kreishilfen etc. im laufenden Jahr schon 1023800 fl. angefallen. 91 Zwar hatte die Landschaftsverordnung ein Kriegsdarlehen von circa 463000 fl. aufgenommen, dessen Abzahlung allerdings in den folgenden Jahren auch bevorstand. Die Ausgaben gingen also beständig in die Höhe. 92 Die Verordneten setzen alles daran, ihren finanziellen Beitrag zum Landesdefensionswerk als erbrachtes Opfer für das Wohl des Landes darzustellen. Sie versuchten seit 1620, da die Ausgaben schließlich auf 1425887 fl. gestiegen waren - darunter befanden sich 93000 fl. Reichshilfe und 1184000 fl. Kriegs- und Bündniskosten - , eine festgelegte monatliche Summe der Kontributionen bei den fürstlichen Räten durchzusetzen. Die Zähigkeit der Verordneten führte schließlich zu einer Einigung. Eine Summe von 100000 fl. monatlich war das Ergebnis, zahlbar ab Mai 1620. Die 87 Altmann, Kipper und Wipper, S. 224/225. 88 BayHStA, ALL 413, fol. 35. 89 BayHStA, ALL 413, fol. 38. 90 Tatsächlich beliefen sich die Kreishilfen 1619 auf 84000 fl. und die Reichshilfen 1620 auf 93000 fl. Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, Beilagen, S. 47. 91 BayHStA, ALL 413, fol. 38/39. 92 Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, Beilagen, S. 46.

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III. Teil: Die Landschaftsverwaltung und Landschaftsverordnung

Räte gaben hauptsächlich deswegen nach, weil die Landschaftsverordnung zugestimmt hatte, dass dies eine Pauschalsumme sei, deren Ausgaben sie nicht kontrollieren würden. 93 Damit war die politische Mitbestimmung durch die Landstände bei den Kriegsausgaben vollends verschwunden. Denn die Ausgabenkontrolle hatte für die Landstände immer noch ein gewisses Druckmittel gegenüber dem Fürsten und seiner Hofkammer dargestellt. Allerdings hatte die Hofkammer auch schon in den letzten zwei Jahren die Auskünfte über die Verwendung der Gelder regelmäßig verweigert, obwohl die Ausgabenkontrolle ein noch bestehendes Privileg der Landstände war. Das heißt, nicht erst mit dieser Abmachung zwischen Landschaftsverordnung und fürstlichen Räten von 1620 war die politische Mitbestimmung der Stände stark beschädigt, sondern schon vorher hatte die Hofkammer durch Missachtung der ständischen Privilegien versucht, die Stände zu schwächen. Insgesamt beliefen sich die Ausgaben für das Jahr 1620 auf 1453000 fl. bei Einnahmen von 1878000 fl. Der Beitrag zu Kriegs- und Bündnisausgaben war durch die monatlich zu zahlenden 100000 fl. sehr hoch, er betrug schließlich 1184000 fl. Die Zinszahlung für aufgenommene Schulden betrug für dieses Jahr 37200 fl. Die Kammergutsaufbesserung konnte abzüglich der letzten Quartalsrate von 37500 fl. mit einer Summe von 112500 fl. erlegt werden. 94 Da im Jahr 1621 die zweite Steuerperiode der Regierungszeit Maximilians endete, 95 proponierte Maximilian einen Landtag, den er „so bald als noch gelegenheit der Zeit und Leuff 4 es zulassen, zu halten gedachte. Schon in der Ausschreibung bereitete Maximilian die Landstände auf seine finanziellen Forderungen vor. Eine Land- und Standsteuer sollte die nötigen Geldsummen für die Kriegsausgaben erbringen. Ein Landtag kam dann nicht zustande. Doch zumindest berief Maximilian die erweiterte Landschaftsverordnung, den 36er-Ausschuss, mit Adjunkten und Rechenaufnehmern, ein. Die Verordneten betonten während der Verhandlungen, dass diese außerordentliche Steuer ihren Privilegien keinen Abbruch tun dürfe, was der Landesherr in seiner schriftlichen Proposition vorsorglich schon versichert hatte 9 6 Maximilian trat mit dem großen Erfolg der gewonnenen Schlacht am Weißen Berg im Rücken 1621 vor die Verordneten, was seinen Forderungen zusätzliche Ausdruckskraft verlieh. Dennoch erreichte die Landschaftsverordnung in den Verhandlungen die Verringerung des monatlichen Beitrags zum Kriegswesen, zu Bündnissen und zur Landesverteidigung auf 50000 fl., der an die Hofkammer abgeführt wurde. Die Verordneten mussten allerdings auch hier wieder in Kauf neh93 Altmann, Kipper und Wipper, S. 226-229. 94

Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, Beilagen, S. 47. Die erste Steuerperiode lief von 1605 bis 1612, die zweite Steuerperiode lief von 1612 bis 1621. Danach wurden von der Landschaftsverordnung die Steuern nur noch auf kurze Zeit, höchstens für ein Jahr im Voraus, bewilligt. BayHStA, ALL 4 1 , fol. 4 . 95

C. Die Landschaftserordnung als fürstlicher Verhandlungspartner

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men, dass es sich um eine Pauschalsumme handelte, die nicht der Ausgabenkontrolle unterlag. Dieser Handel mit den fürstlichen Räten besiegelte schließlich vollends den Verlust des landständischen Privilegs der Ausgabenkontrolle bei Kriegsausgaben. Die Ausgabenkontrolle konnten die Landstände bzw. ihre Vorratsverordneten zwar de jure fordern und ausüben, sie war allerdings bereits im 16. Jahrhundert von den Landständen nicht konsequent ausgeübt worden, so dass sie eigentlich schon seit diesem Zeitpunkt permanent gefährdet gewesen war, ganz verloren zu gehen.97 Die Verhandlungen von 1621 wurden mit einem Schadlosbrief Maximilians abgeschlossen, in dem noch einmal schriftlich festgehalten wurde, wozu sich die Verordneten bereit gefunden hatten: Erhebung einer durchgehenden Land- und Standsteuer mit Beginn in diesem Jahr, Einnahme des Aufschlags auf Getränke so lange, bis die Kriegsgefahr gebannt war sowie die Einnahme eines zusätzlichen Aufschlags von jeweils 1 fl. auf jeden Eimer Wein und die monatliche Kriegskontribution von 50000 fl. 9 8 Tatsächlich zahlte die Landschaftsverordnung den sich aus 50000 fl. monatlich ergebenden Jahresbeitrag von 600000 fl. Kriegs- und Bündniskontributionen. 187500 fl. wurden für die Kammergutsaufbesserung zuzüglich der noch vom letzten Jahr ausstehenden Quartalsrate für das Jahr 1621 an die Hofkammer gezahlt. Die Zinszahlungen für die aufgenommenen Kriegsdarlehen betrugen 28300 fl. Auch in den folgenden Verhandlungen der Jahre ab 1622 ging es immer wieder um fürstliche Forderungen nach finanzieller Kriegs- und Bündnishilfe, die auch immer wieder mit der Kriegsgefahr begründet werden konnten. Die Landschaftsverordnung begann in den Handlungen von 1622 ihre Antwort auf die fürstlichen Forderungen mit einem Lamento über die Zustände im Land: Die Untertanen seien in der letzten Zeit finanziell zu stark belastet worden. Daher forderten die Verordneten ein steuerfreies Jahr. 99 Dafür könnten dann im nächsten Jahr wieder Steuern eingenommen werden. Mit diesen Forderungen setzten sich die Verordneten schließlich durch. Sie einigten sich außerdem mit dem Fürsten auf eine von Januar bis einschließlich April begrenzte monatliche Kriegskontribution von 50000 fl. In der zweiten Jahreshälfte sollte dann neu verhandelt werden. Die Landschafts Verordnung bewilligte zusätzlich die vierteljährlich fälligen Raten von 37500 fl. für die Aufstockung des Kammerguts. In der Summe ergaben diese Raten die bekannten 150000 fl. Kammergutsaufbesserung, die in diesem Jahr jedoch nicht vollständig gezahlt wurden. Die Landstände blieben eine Quartalsrate schuldig. Zusätzlich bewilligten die Verordneten die 50000 fl. monatliche Kriegs97 Gerbl, Kontrolle, S. 60. 98 BayHStA, ALL 413, fol. 59/60. 99 Eine zusätzliche Einnahme im Jahr 1622 war ein weiteres Kriegsdarlehen von circa 350000 fl. Dies war der Grund, weshalb sich die Verordneten für ein steuerfreies Jahr für die Untertanen einsetzten. Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, Beilagen, S. 46.

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III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung

kontribution weiter, denn es gehe ja schließlich „umb die hochheilige Catholische Religion, wie auch umb erhaltung dero von dem Almechtigen anbevolchenen Firsstenthumben Landt und Leith, unser geliebtes Vatterlandt". 100 Sie verlangten allerdings nachdrücklich Quittungen für diese Zahlungen. Außerdem betonten sie, dass an ihrer bei letztem Landtag beschlossenen Hauptinstruktion nichts verändert werden dürfe; d. h. die Bewilligung der Kammergutsaufbesserung erlosch mit der Zahlung für das Jahr 1621, denn die zweite Steuerperiode von neun Jahren war mit diesem Jahr abgelaufen. Weitere Themen des Austausches zwischen Fürst und Landschaftsverordnung im Jahr 1622 waren die bessere Abstimmung zwischen dem Hofzahlamt und den Landständen die Einziehung von alten Münzsorten durch landschaftliches Personal betreffend. Sodann ging es um die Belastung der Untertanen sowie um die Abstellung des Salzaufschlags, die die Landschaftsverordnung aber nicht durchsetzen konnte. Hiermit sind einige Themen der Postulatshandlungen angesprochen, die illustrieren sollen, dass es nicht nur um Geldforderungen des Fürsten ging. Die Landschaftsverordneten versuchten auch, ihre Beschwerden und Sorgen zu artikulieren, obwohl dies im Verlauf von Postulatshandlungen eigentlich nicht vorgesehen war. Dies war ja auch einer der Gründe, weshalb die Verordneten von Maximilian immer wieder die Einberufung eines Landtages forderten und warum Maximilian die Abhaltung eines Landtages immer wieder verschob. Denn auf einem Landtag sah die Geschäftsordnung als festen Tagesordnungspunkt die offizielle Übergabe der Gravamina der Stände an den Fürsten vor. Der Fürst hatte sich dann mit diesen Gravamina auseinander zu setzen.101 Die von den Landschaftsverordneten immer wieder neu bewilligten Kriegs- und Bündnishilfen, Kammergutsaufbesserungen und Aufschläge, machten jedoch die Einberufung eines Landtages für Maximilian überflüssig. Er erhielt von der Landschaftsverordnung in den Postulatshandlungen das, was er benötigte. So verringerte die Landschaftsverordnung von Postulatshandlung zu Postulatshandlung ihre politische Mitsprache, allerdings immer in dem Glauben, Bayern und der katholischen Religion zu dienen. 102 Nach den eben beschriebenen Verhandlungen, die im Januar und Februar des Jahres 1622 abgehalten worden waren, zitierte Maximilian die Landschaftsverordnung für den November 1622 nochmals wegen finanzieller Forderungen nach loo BayHStA, ALL 413, fol. 78. ιοί Siehe hierzu auch Albrecht, Maximilian, S. 620. ι 0 2 Dieses Problem spricht auch Ulrich Lange in seinem Werk über Landtag und Ausschüsse in den weifischen Territorien an: „In dem Maße, wie Ausschüsse eine feste Einrichtung wurden, entlasteten sie den Landtag und minderten damit gleichzeitig deren Aufgabenbereich. Das konnte so weit gehen, dass der Landtag im politischen Entscheidungsprozeß nur noch als Akklamationsorgan fungierte . . . [ . . . ] . . . Aber zusehends gewinnen die Ausschüsse an Gewicht. Sie werden sehr schnell über ihre administrative Tätigkeit hinaus in Landesangelegenheiten beratend tätig und ersetzen darin weitgehend den Landtag." Lange, Landtag, S. 1 - 6 .

C. Die Landschafts Verordnung als fürstlicher Verhandlungspartner

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München. Die Ausschreibung für diese Postulatshandlungen bestätigt das oben Gesagte: Sie beinhaltete - wie schon zu Beginn des Jahres - das Versprechen, nun doch möglichst bald einen Voll-Landtag abzuhalten, wegen der „notturft" sei aber zu jetziger Zeit ein Landtag zu aufwendig, weshalb die Postulatshandlungen stattfinden müssten. Maximilian forderte, da immer noch kein Frieden in Sicht sei, wiederum eine Standsteuer und eine Landsteuer, die von den Ständen zu bewilligen und einzubringen seien. Wie und in welchem Zeitraum dies geschehen sollte, darüber wollte der Landesherr mit den Verordneten verhandeln. Der zweite, wohl aber wichtigste Punkt, über den Maximilian mit den Verordneten verhandelte, war die Frage nach der monatlichen Kriegskontribution, die für Oktober, November und Dezember noch bewilligt werden musste. 103 Hier ging es nicht nur um die monatliche Summe von 50000 fl., sondern auch um die Frage ihres Weites. Die durch die so genannten Kipper und Wipper ausgelöste Münzentwertung und die daraus resultierende Inflation machte sich auch in Bayern bemerkbar. Maximilian diskutierte mit den Verordneten, in welcher Währung die monatlichen Beiträge zum Landesdefensionswerk von den Landständen gezahlt werden sollten. Der Landesfürst bat um Ablieferung der Beiträge in Reichssorten, denn nur diese konnten vom Fürsten zur Schuldenablösung verwendet werden. 104 Die Ausbezahlung einer weiteren noch ausstehenden Summe für die Kammergutsaufbesserung, die zu Michaelis fällig gewesen war, forderte der Landesfürst in salzburgischer Währung. 105 Die Verordneten bewilligten die Zahlung der noch ausstehenden 150000 fl. Kriegskontribution. Was die zweite ausstehende Summe und ihre Bezahlung in salzburgischer Währung anbelangte, baten die Verordneten um weiteren Aufschub. Insgesamt konnte die Landschaftsverordnung auch keinen positiven Bescheid über die weitere Fortführung der monatlichen Kontributionen von 50000 fl. geben. 106 Am 16. Januar 1623 fand erneut eine Postulatshandlung statt. Auch auf dieser Zusammenkunft war wie immer die Kriegsfinanzierung vorherrschendes Thema. Obwohl die Landstände teilweise auch andere Themen, wie ζ. B. die vorher schon erwähnte Münzproblematik, ansprachen, ging es Maximilian bei diesen Zusammentreffen ausschließlich um das Geld für die Kammergutsaufbesserung, für den Krieg und die Landesverteidigung. Die Begründung für die Geldforderungen wiederholten sich stereotyp: Landesnot durch Kriegsgeschehen zwangen den Fürsten neue Steuern zu fordern, Aufschläge weiterzuführen und eigentlich befristete Kriegs- und Bündniskontributionen immer wieder neu zu fordern. Diese Begrün103 Für die Monate Juni-September gibt es keine Hinweise auf eine neue Bewilligung der Kriegskontributionen. Insgesamt wurden 1622 jedoch 450000 fl. an Kriegskontributionen gezahlt, d. h. für 9 Monate wurden die 50000 fl. entrichtet. Während welcher drei Monate die Zahlungen ausgesetzt wurden, lässt sich nicht eruieren. 104 BayHStA, KGL 1344, fol. 124. Altmann, Kipper und Wipper, S. 115/116.

los BayHStA, KGL 1344, fol. 124. 106 BayHStA, KGL 1344, fol. 124.

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III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung

dung setzte die Verordneten unter Zugzwang und sie bewilligten in den überwiegenden Fällen das, was der Fürst forderte. In die Verhandlungen hatte sich ein Automatismus eingeschlichen, der auf dem Landtag von 1612 seinen Anfang genommen hatte, auf dem die Landstände die Kontributionen zur Liga zunächst abgelehnt, dann aber doch bewilligt hatten. In den hier vorliegenden Verhandlungen zwischen der Verordnung und dem Fürsten bzw. dessen Räten, gab es für die Landstände keine Chance, der Bewilligung der Geldforderungen zu entkommen, da der Krieg Realität war und Maximilian sich als ein der Situation gewachsener und verantwortlicher Ligaführer beweisen wollte und schon bewiesen hatte. Jedoch ergibt sich aus der Zusammenschau der bisher vorgestellten Postulatshandlungen auch, dass die Verordneten immer wieder versuchten, bei finanziellen Forderungen, die eine große Belastung für sie selbst und auch für die Untertanen darstellen würden, dem Fürsten bzw. dessen Räten Widerstand entgegenzusetzen. Insgesamt kann man auch feststellen, dass die Verhandlungen im kleinen Kreis nicht nur dem Fürsten und seinen Räten einen Vorteil brachte. Auch die Verordneten profitierten von der kleineren Zahl ihrer Gruppe, weil sie schneller Einigkeit erzielen konnten. Die Zwangslage bedenkend, in der sich die Verordneten während des Krieges befanden, muss man die Landschaftsverordnung doch alles in allem als erfolgreich bezeichnen in ihrem Bemühen, die Interessen der Landstände mit denen des Landes und des Fürsten in Einklang zu bringen. Immerhin hielten die Verordneten der Landschaft sich an die landschaftliche Instruktion von 1612 und bewilligten nach 1621 keine Steuern mehr für eine längere Periode. Steuern wurden nur noch monatsweise, höchstens aber für ein Jahr bewilligt. Sie bestanden auch mehrfach erfolgreich darauf, kurzfristig gewährte höhere Summen nur in Absprache mit den Adjunkten und den Rechenaufnehmern zu bewilligen. Dennoch lässt sich nicht leugnen, dass die landständische Politik auf den Postulatshandlungen eine den Fürsten unterstützende Politik darstellte und die Widerstände zumeist aus eigennützigen Motiven heraus geleistet wurden. Es ging der Landschaftsverordnung primär um die Erhaltung ihrer Privilegien. Sie war keine politische Gruppierung, die aufgrund eines Auftrags der Untertanen agierte. Sie war vielmehr an der Erhaltung der bestehenden Machtverhältnisse interessiert, da diese für die Mitglieder der Verordnung die Existenzgrundlage darstellte. Folgerichtig bewilligten die Verordneten auch im Jahr 1623 auf die entsprechende Forderung Maximilians hin eine Land- und Standsteuer sowie die Weiterführung des neuen Aufschlags (1 Gulden auf jeden Eimer Wein) und des alten Aufschlags. Allerdings hatte Maximilian in diesem Fall einer landständischen Bewilligung schon vorgegriffen und hatte die Aufschlagserhöhung ohne Absprache mit der Landschaftsverordnung bereits in einem Mandat verkündet. Die Verordnung musste hier im Nachhinein zustimmen und beschwerte sich heftig wegen dieses Vorgehens. Der Landesfürst rechtfertigte sich aber wie immer mit der Notwendig-

C. Die Landschaftserordnung als fürstlicher Verhandlungspartner

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keit seiner Aktionen, die sich aus dem Kriegsgeschehen, das nun einmal finanziert werden müsse, ergaben. 107 Um trotzdem die ständig höheren Forderungen Maximilians etwas zu steuern, verwendeten die Verordneten nun immer häufiger das Argument des Schutzes der armen Untertanen. In einer Stellungnahme der Landschaftsverordneten zu den Forderungen des Landesfürsten tauchte deshalb der Gedanke der Verpflichtung und Fürsorge besonders gegenüber den armen Untertanen auf. 108 Die Verordneten verlangten, in der Hoffnung Maximilian werde dadurch in seinen Forderungen moderater werden, dass diese auf Dauer nicht so stark belastet werden könnten. 109 Die Abgeordneten des Fürsten gingen auf die Bitte der Landstände zwar ein, wiesen aber darauf hin, dass der „gemeine Mann" lange nicht so belastet sei, wie die Landstände dies darstellten. Im letzten Jahr waren die Steuern ausgesetzt worden. Und auch der arme Untertan müsse sich in diesen Zeiten bewusst sein, dass er seinen Teil zur Verteidigung des Landes beizutragen hätte. Außerdem würden die Ausgaben für die Kriegs- und Bündniskontributionen, die ja auch der Landesverteidigung dienten, eben deshalb auch den armen Untertanen zugute kommen und es gäbe andere Regionen im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation, in denen die Untertanen Steuern zahlen müssten, ohne so gut verteidigt zu werden wie in Bayern. 110 Eines der wichtigsten Anliegen der Postulatshandlungen von 1623 war der eindringliche Hinweis der Verordneten auf den sinkenden Münzwert, der auch die Höhe der Steuersummen beeinflusste. Wenn eine Summe von 600000 fl. bald nur noch einen Wert von 150000 fl. hatte, dann müsste man eine vierfach so hohe Steuer beschließen, um ζ. B. den normalen Wert der Kammergutsaufbesserung zahlen zu können. Die Situation war tatsächlich kritisch und die Landstände baten Maximilian, entweder so schnell wie möglich etwas gegen den Wertverfall der Münzen zu tun oder aber die Hofkammer anzuweisen, die Münzen so anzunehmen, als ob sie noch ihren alten Wert hätten. 111 Die Landschaftsverordnung bewilligte auch 1623 die monatliche Kriegskontribution von 50000 fl., allerdings nur für ein halbes Jahr bis einschließlich Juni 107 Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 116/117. 108

Dieser Gedanke wurde schon einmal in der Zusammenfassung der Ergebnisse des Landtags von 1605 [II. Teil, B., 1. Kapitel, c)] angesprochen. In ihrem Konkurrenz- und Machtkampf mit dem Fürsten um die Repräsentation der Untertanen, drohten die Landstände gegen den Fürsten zu unterliegen, der ζ. B. gerade in Kriegszeiten sich als diejenige übergeordnete Macht profilieren konnte, die die Untertanen schützte. Deswegen definierten die Landstände ihr Verhältnis zu den Untertanen neu und kamen auf den Fürsorgegedanken, der ihre Standpunkte in den Verhandlungen legitimieren sollte. Siehe hierzu Stollberg-Rilinger, Vormünder, S. 105. 109 BayHStA, ALL 413, fol. 96. no BayHStA, ALL 413, fol. 106. m Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 56.

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III. Teil: Die Landschaftsverwaltung und Landschaftsverordnung

1623. Abgesehen von der befristeten Zusage der monatlichen Kontribution lehnten die Verordneten sehr nachdrücklich eine doppelte Land- und Standsteuer ab. Sie empfanden dies als „ein neues unerhörtes, und in disen Euer Frtl. Drtl. Landen noch niemahlen Practiciertes mitel" 1 1 2 und stellten klar, dass es außerhalb ihrer Kompetenz stehe, dies zu bewilligen. Im weiteren wiesen die Verordneten darauf hin, dass eine solche Steuerbelastung bei den Untertanen mehr als Unmut auslösen könnte. Denn im Moment würden die Untertanen ja noch zusätzlich von der Teuerung belastet, die aus der Münzverschlechterung herrührte. Wenn dann noch eine zusätzliche außerordentliche Steuerbelastung hinzukäme, dann seien Aufstand und Unruhen nicht auszuschließen. Außerdem würde eine Verdoppelung der Steueranlagen einen Umritt im ganzen Land notwendig machen und die Kosten hierfür seien beachtlich.113 Im April hielt es der Fürst noch einmal für notwendig, mit der Landschaftsverordnung zu verhandeln. 114 Er beorderte die Landschaftsverordneten mit den Adjunkten persönlich nach München, um erneut die monatliche Bewilligung der Kriegskontributionen von ihnen zu verlangen. 115 Nachdem Maximilian seine eigenen Leistungen herausgestrichen hatte - Schutz des Landes und der Untertanen vor Feindesgefahr, vor Durchzügen des Feindes und Einquartierungen - , schilderte er seine Geldnot in Bezug auf die zu unterstützenden Armeen. Er forderte von der Landschaftsverordnung, sie solle in Abstimmung mit der Gesamtlandschaft Wege finden - seien es „sonderbare Besteuerungen oder andere Anlaagen" 116 - , die aus der Finanzmisere herausführten. In ihrer Antwortschrift bewilligten die Verordneten dann wieder die monatlichen 50000 fl., allerdings nur bis Ende 1623. Zur Aufbringung dieser Geldsummen wurde schließlich eine neue Landsteuer ausgeschrieben, die neben der Fortführung des alten und neuen Aufschlags unerlässlich war, zumal die Landschaftsverordnung bei den Aufschlagseinnahmen durch den Wertverfall der Münzen einen Verlust von 91000 fl. angibt. 117 Π2 BayHStA, A L L 413, fol. 116. 113 BayHStA, ALL 413, fol. 118. 114 Die Verordneten zu den Postulatsverhandlungen von 1623 in Straubing waren Abt Paulus zu Tegernsee, Propst zu Rohr, Abt zu St. Veit/Neumarkt, Heinrich von Gumppenberg, Ladislaus von Torring, Hans Christoph von Preysing, Hans Christoph von Raindorf, Hans Warmund von Preysing, Georg von Tannberg, Friedrich Ligsalz, Conrad Aicher, Graf von Wartenberg, Friedrich von Pienzenau, Hans Stainauer, Hans Heinrich Abt von Niederaltaich, Christoph Abt von Reitenhaslach, Georg Abt von Mallersdorf, Ottheinrich Freiherr von Fränkhing, Hans Wilhelm Hundt, Georg Christoph von Closen, Hanns Wolff von Fraunhofen, Achaz von Tannberg, Hans Georg Schadt, Gabriel Ridler, Johann Glabsberger, Christoph Sigarsreiter, Lazarus Widmer und der Landschaftskanzler. Die Aufschlagsverordneten des Jahres 1623 waren Abt Paulus zu Tegernsee, Heinrich von Gumppenberg, Ladislaus von Torring, Hans Christoph von Preysing, Georg Conrad von Torring, Friedrich Ligsalz. Kommissare im Jahre 1623 waren Hans Christoph von Preysing und Friedrich Ligsalz. Siehe BayHStA, ALL 1700, o. F. us BayHStA, ALL 414, fol. 132. 16BayHStA, ALL 414, fol. .

C. Die Landschaftsverordnung als fürstlicher Verhandlungspartner

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Die Verordneten erinnerten den Landesfürsten auch noch einmal daran, dass sie sich an die landschaftliche Hauptinstruktion (aus dem Jahre 1612) zu halten hätten, die ihnen zwar das Bewilligungsrecht für finanzielle Mittel in Fällen von Landesnot einräumte, allerdings die Höhe dieser Mittel begrenzte und zwar auf 200000 f l . 1 1 8 Die landschaftliche Antwortschrift enthielt auch einen Appell an den Landesfürsten in der Zukunft wieder mehr auf die althergebrachte Art zu regieren. 119 Dennoch berief Maximilian die Landschafts Verordnung auf den 10. November 1623 noch einmal zu einer Postulatshandlung. Hier bewilligten die Verordneten ab Januar 1624 eine verminderte Kriegshilfe von monatlich 25000 fl. und eine rückwirkende Zahlung dieser 25000 fl. für die Monate Juni bis Dezember 1623. 120 Zusammen ergab dies für das Jahr 1624 eine Summe von 475000 fl. Bis auf eine Rate zahlten die Verordneten diese Summe Ende 1624 an die Hofkammer. Zunächst aber zu den Verhandlungen von 1624: Die immer gleichlautende Vorrede Maximilians, dass er die Landstände und Untertanen gerne von finanziellen Bürden verschonen würde, dies aber aufgrund der „continuierenden schweren Leuffen und Zeiten" nicht zu verantworten sei, wiederholte sich auch bei den Postulatshandlungen von 1624. 121 So forderte Maximilian wiederum neue Kriegs- und Bündniskontributionen und folglich auch neue Steuern. Vorgesehen waren für den Ritterstand eine ganze Standsteuer, für die Prälaten und Städte / Märkte eine halbe Standsteuer und außerdem noch eine ganze Landsteuer. Maximilian erwähnte bei der Gruppe der Landesuntertanen, die speziell zu Steuerzahlungen herangezogen werden sollten, besonders diejenigen, die zwar nicht adelig waren, aber Landgüter besaßen. Die Steuerbelegung dieser Gruppe sollte in einem gesonderten Dekret bekannt gemacht und erklärt werden und sollte zu mehr Steuergerechtigkeit führen. 122 Ge117

Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, Beilagen, S. 47. π» BayHStA, ALL 414, fol. 138. 119 „Zum fünfften haben wür leichtlich zu erachten, wann Eure Curfrtl. Drtl. Ohne ainen Landtag fürtterhin yedesmahls von wenig Verordneten, dz jenig eingewilliget wirdt, was andere Landtsfürsten, E. Curfrtl. Drtl. höchst löbl. Ursachen, allein In- und bei dem völligen Landtschaft Versamblungen erlangt haben, Eur. Curfrtl. Drtl. werden sich schwerlich mehr zur Haltung der Landtäg verstehen wellen, dardurch aber und unseren mit Mitgliedern alle gelegenhait und hoffnung abgeschniten wurde, E. Curfrtl. Drtl. als unseren angebornen gdisten Erbherrn und Landsfürsten, zue dem wür nach Gott unser ainige underthenig und gehorsambiste Zueflucht haben, unserer Gravamina eingrif und betrangnus von welichen E. Curfrtl. Drtl. yeztmahls wenigs wissen tragen, sonssten aber gemain laid nur zuvil am Tag seindt um gdiste ainsechung und erörtterung willen, diemitig underthenig und gehorsambist fürzubringen, dannenhero wür unseres nochmaligen verhoffens ursach yber ursach hetten, Eur. Curfrtl. Drtl. underthenigist zuebitten, Dergleichen ansuechen altem Loblichen Herkhomen nach ainer allgemainen Landschafft versamblung gdist proponieren zulassen." BayHStA, ALL 414, fol. 139/140. 120 Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 60/61. 121 BayHStA, ALL 413, fol. 186-202. 122 BayHStA, KGL 1346, fol. 328. 8 Kummer

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III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung

meint waren hier Amt- und Dienstleute sowie Inwohner und alle diejenigen, die den drei Ständen nicht zugehörig waren und dadurch oftmals von Steuererhebungen verschont worden waren. 123 Diese hatten von ihren jährlichen Gülten, Renten, Nutzungen und Einkommen (ausgenommen waren ihre Besoldung und Dienstgelder) den zehnten Pfennig zu versteuern. Nötig wurde diese Forderung nach einer Steuer, weil Maximilian die obligatorische Kammergutsaufbesserung sowie die verpflichtenden Reichs- und Kreiskontributionen und weitere außerordentliche „Kriegshilfen" von den Ständen forderte. 124 Auf den Postulatshandlungen von 1624 übergab die Landschafts Verordnung dem Fürsten nach vorheriger Bewilligung durch diesen einige Gravamina der Landstände. Es ging darin zumeist um Probleme das Land betreffend. Die Landschaftsverordneten klagten über einen neuen, sehr hohen Getreideaufschlag, der ohne ihre Bewilligung erhoben worden war, und über Eingriffe von Pflegsverwaltern und Gerichtsschreibern in ihren Tätigkeitsbereich. Diese hätten sich unterstanden, die landschaftlichen Getreidekästen - sogar die in geschlossenen Hofmarken - zu durchsuchen. Zusätzlich hätten sie von den Landsassen Statistiken darüber verlangt, „was yedes einkhomen und vorrat an allerley getraidtsorten gewesen."125 Die Empörung bezog sich darauf, dass diese Aktionen beweisen, dass der Fürst den Ständen offenkundig misstraute. 126 Die Hauptbeschwerde der Stände besteht aber in einer von ihnen nicht angeforderten geschweige denn bewilligten Schätzung ihrer Güter- und Hofmarksgrenzen, die von landesherrlichen Offizieren noch nicht einmal im Beisein der Landsassen vorgenommen worden war. 127 Man fühlt sich hier an die Gravamina der Stände auf den Landtagen von 1605 und 1612 erinnert. Die Eingriffe der fürstlichen Beamten in die privilegierte Sphäre der Landstände hörten nicht auf, ein Problem darzustellen. 1624 hatten die Verordneten insgesamt circa 667000 fl. an Ausgaben zu verbuchen. 425000 fl. wurden dabei für Kriegs- und Bündnishilfen gezahlt, 187500 fl. für die Kammergutsaufbesserung (37500 fl. war man 1622 schuldig geblieben) und circa 28000 fl. für die Zinszahlungen der aufgenommenen Darlehen. 128 Für das Jahr 1625 waren schon Ende 1624 die übliche Kammergutsaufbesserung und 25000 fl. Kriegshilfe zugesagt und zu diesem Zweck eine Landsteuer, eine 123 Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 118. 124 BayHStA, ALL 413, fol. 189. Die monatlichen 25000 fl. an zusätzlichen Kriegshilfen genügten Maximilian nicht mehr. Er forderte eine Erhöhung. 125 BayHStA, ALL 413, fol. 199/200. 126 BayHStA, A L L 413, fol. 200: „ . . . hetten daher billich verhofft, man sollte uns, als ehrlichen befreiten Geist- und Weltlichen Stendten, auch unseren pottschafften und handt underschriften so lang aufs wenigist glauben beigesetzt haben, biß man des gefehrlichen verfallens genuogsame inditia erfahren möge." 127 Im Übrigen wusste Maximilian von dieser Aktion nach eigenen Angaben nichts. Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 62. 128 Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, Beilagen, S. 47.

C. Die Landschaftsverordnung als fürstlicher Verhandlungspartner

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ganze Ritter- und je eine halbe Prälaten- und Städtesteuer bewilligt sowie die Fortführung der Aufschläge beschlossen worden. 129 Gegen Ende des Jahres 1625 wurde von Maximilian eine neue Postulatshandlung einberufen, um für 1626 neue Finanzmittel zu sichern. Das Heer Tillys sollte finanziell gestärkt werden. Maximilian forderte eine Erhöhung der bisherigen Kriegshilfen. Die Verordnung bewilligte allerdings nur die üblichen Summen und die üblichen Steuern und Aufschläge. Auch 1626 änderte sich daran nichts. 1627 forderte Maximilian in seiner Proposition die Einführung neuer Steuern, die vor allem diejenigen belasten sollten, die bisher weniger beigetragen hatten als andere, nämlich Geistliche und Adelige. Die Adeligen hatten ζ. B. in den letzten drei Jahren von der Erhöhung der Getreidepreise durch den neuen Getreideaufschlag profitiert. Maximilian schlug vor, die Feuerstätten von Eigentümern und Grundherren sowie den Gewinn aus Getreideverkäufen zu besteuern, den Bieraufschlag zu erhöhen und Luxusartikel stärker als bisher mit Steuern zu belegen. 130 Für die Landschaftsverordnung wurde die Lage immer problematischer. Seit 15 Jahren wurden ständig neue Steuern bewilligt, ohne dass ein Landtag abgehalten worden war. Die zweite Steuerperiode in Maximilians Regierungszeit von 1612 bis 1621 war seit sechs Jahren abgelaufen. Die Verordnung tat sich immer schwerer damit, die Verantwortung der finanziellen Entscheidungen auf sich zu nehmen, obwohl sie streng genommen bisher noch nicht gegen die landschaftliche Instruktion verstoßen hatte. Maximilian versprach jedoch noch 1627 einen Landtag abzuhalten. So vertröstet, willigte die Verordnung in die üblichen Zahlungen ein und erhöhte ihr ursprünglich auf 200000 fl. lautendes Angebot für eine Kriegshilfe - nach Absprache mit den Adjunkten - sogar auf 300000 fl. Eine halbe Land-, Prälaten- und Städtesteuer sowie eine ganze Rittersteuer sollte zu diesen Zwecken genügen.131 Der Landtag kam freilich nicht zustande, weil Maximilians persönliche Anwesenheit auf dem Mühlhausener Kurfürstentag unerlässlich war. 1 3 2 Dafür berief Maximilian die erweiterte Landschaftsverordnung, den 36er-Ausschuss, im Frühjahr 1628 ein, um die Weiterführung der 300000 fl. zu fordern. 129 BayHStA KGL 1347: Verhandlungen des Fürsten mit der Landschaftsverordnung aus den Jahren 1625-1632. 130 Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 64/65. 131

Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 65. Auf dem Kurfürstentag von Mühlhausen im Jahr 1627 wurde ein französischer Gesandter erwartet. Die Beziehung Maximilians zu Frankreich war eine der problematischsten während dieses Krieges, weil Frankreich offen mit Protestanten paktierte, um das habsburgische Kaiserhaus zu schwächen. Maximilians Vortasten in Richtung eines Bündnisses mit Frankreich, das er gerne auch als Ligastand gewinnen wollte, schon wegen der zu erwartenden finanziellen Vorteile, war stark von Unbehagen und Unsicherheit gegenüber der französischen Kriegspolitik geprägt, zumal Maximilian ein Verfechter der Gegenreformation und in diesem Punkt völlig einig mit Spanien war. Dennoch wollte Maximilian den Kontakt mit Frankreich, weshalb er auch seine Anwesenheit auf dem Kurfürstentag von Mühlhausen für wichtig erachtete. Siehe hierzu das detaillierte Kapitel über Maximilians Politik gegenüber Frankreich und Spanien bei Albrecht, Maximilian, S. 640-661. 132

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III. Teil: Die Landschafts Verwaltung und Landschaftserordnung

Daraufhin schilderten die Verordneten sehr nachdrücklich, dass die Belastungen vor allem wegen der Ausfälle von Aufschlagssummen nicht mehr tragbar seien. 1628 seien die Aufschlagseinnahmen insgesamt um 160000 fl. zurückgegangen. Ohne diese Einbußen hätten sie eine Aufschlagssumme von 300000 fl. erwartet. Diese Zahl scheint jedoch etwas hoch gegriffen, denn abgesehen von den Jahren 1617 (300000 fl.), 1620 (circa 418000 fl.) und 1621 (367000 fl.) lagen die Aufschlagssummen der Kriegsjahre immer relativ niedrig zwischen 150000 fl. und 180000 fl. 1628 lagen sie bei immerhin 167000 f l . 1 3 3 Und trotzdem bewilligten die Verordneten die Kammergutsaufbesserung in der üblichen Höhe, 30000 fl. Zinszahlungen für die Kriegsdarlehen und 25000 fl. Kriegshilfe, die bis auf vier Monate voll gezahlt wurde. Das bedeutet, dass für das Jahr 1628 200000 fl. an Kriegshilfen aufgebracht wurden. Eine halbe Land- und Standsteuer war dazu nötig. Unter der Bedingung, dass die Vollmacht der Verordneten und Adjunkten zur Bewilligung weiterer 100000 fl. auch in den nächsten Jahren galt, stimmte Maximilian den Beschlüssen von 1628 zu und stellte der Landschafts Verordnung den Schadlosbrief aus. 134 Im November 1629 wurde der erweiterte Ausschuss der Landschaft, der 36erAusschuss, einberufen. Die Forderungen waren exakt dieselben wie im vorhergehenden Jahr und die Verordneten bewilligten wieder dieselben Summen und Steuern. Die nächsten Postulatshandlungen fanden dann im Januar 1631 statt. Als Zwischenergebnis lässt sich also festhalten, dass die Landschaftsverordnung in den Postulatshandlungen von 1619 bis 1630 trotz der Kriegssituation ihre Positionen zwar zur Sprache bringen konnte, die Durchsetzung derselben aber nur selten gelang. Dies lag am Verhandlungsgeschick, dass man Maximilian und seinen Räten attestieren muss und dass auch schon auf den Landtagen von 1605 und 1612 unter Beweis gestellt worden war. Erwähnenswert sind die von den Landschaftsverordneten bewilligten Finanzmittel. Es wurden hier nicht nur jährlich die 150000 fl. Kammergutsaufbesserung für den Fürsten bewilligt und meist auch pünktlich gezahlt, sondern auch Zinszahlungen für Schulden, die man u. a. aufgrund der Aufstellung und Ausrüstung von Armeen für den Verteidigungsfall eingegangen war. Außerdem hatten die Landstände auf den Landtagen von 1605 und 1612 die Übernahme von jeweils zwei Dritteln der für Landesverteidigungszwecke auszugebenden Summe zugesichert. Erst 1623 war diese Regelung mit Zustimmung des Fürsten aufgehoben worden und man einigte sich auf feststehende Beträge in einer Höhe von 25000 fl. bis 50000 fl. monatlich.

133 Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, Beilagen, S. 46. 134 Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 67/68.

C. Die Landschafts Verordnung als fürstlicher Verhandlungspartner

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3. Die Postulatshandlungen 1631 -1642 In den Verhandlungen dieser Jahre ging es um die Gefahr, die von den heranrückenden schwedischen Streitkräften für Bayern ausging und damit - wie immer seit 1619 - um die Finanzierung der Kriegs- und Bündnishilfen und der Kosten für die Verteidigung des Landes. Maximilian forderte zu den 1629 bewilligten 200000 fl. noch zusätzliche 100000 fl. um „diser anthroenden feindts gefahr durch continuation der defensions Verfassung" begegnen zu können. 135 Die Landschaftsverordnung stimmte den 100000 fl. Zuschuss für die Landesverteidigung zu. Außerdem sicherte sie den Betrag von 50000 fl. Kriegs- und Bündnishilfe zu, den sie schon vor Eintritt Bayerns in die Kriegshandlungen zugesagt hatte; dieser sollte sobald wie möglich dem Kriegszahlamt zugestellt werden. Auch die Summe von 30000 fl., die zur Begleichung der Zinsschuld für aufgenommene Kapitalien gebraucht wurde, sollte ausnahmsweise an das Kriegszahlamt gezahlt werden. Bewilligt wurde auch die Kammergutsaufbesserung von 150000 fl. Für all dies war das Einbringen einer halben Landsteuer nötig. In dieser bedrohlichen Situation hatte Maximilian keine Probleme, seine Forderungen durchzusetzen. Die Landstände konnten sich im eigenen Interesse, welches sie selbst auch immer mit dem Interesse der Untertanen in Einklang sahen, keine Ablehnung der Finanzierung der Kriegs- und Bündnishilfen leisten und waren in dieser Situation mehr als kooperativ. Im Oktober 1631 berief Maximilian erneut eine Postulatshandlung mit den Verordneten des Ober- und Unterlandes ein. Diese Oktoberverhandlungen standen ganz im Zeichen des drohenden Schwedeneinfalls. Gustav Adolf hatte - dem Bericht der fürstlichen Räte zufolge - schon Memmingen, Schweinfurt und Würzburg eingenommen. Angesichts dieser Bedrohung forderte Maximilian von den anwesenden Verordneten ein Gutachten zur Situation und Vorschläge, wie man durch die Stärkung der Landesverteidigung das Land vor dem heranrückenden Feind schützen könne. 136 Der Kaiser, die Liga und die geistlichen Fürsten seien schon um Hilfe gebeten worden. Maximilian stellte zunächst keine finanziellen Forderungen, sondern ließ die außenpolitisch bedrohliche Situation für sich sprechen. 137 Die Landstände legten in ihrer Replik dar, dass sie sich der Gefahr bewusst waren, die Bayern drohte. Bevor sie auf die weitere Finanzierung der Kriegs- und 135 BayHStA, ALL 865, fol. 352. 136 BayHStA, ALL 865, fol. 372. 137 Problematisch war im Jahr 1631 vor allem, dass sich das kaiserliche Heer, das seit der Absetzung Wallensteins 1630 mit dem Ligaheer vereinigt worden war, in einem desolaten Zustand befand. Daher dirigierte der Oberbefehlshaber Tilly die Truppen zunächst ins Fränkische, um dort Quartier zu nehmen, und nicht gegen Gustav Adolf, der von Würzburg in Richtung Frankfurt und Mainz zog, was den Mainzer Kurfürsten und Maximilian stark empörte, die immer wieder darauf hinwiesen, dass die ligistischen Lande militärisch zu schützen seien. Albrecht, Maximilian, S. 803/804.

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III. Teil: Die Landschafts Verwaltung und Landschaftserordnung

Bündniskosten eingingen, schlugen sie vor, alle wehrfähigen Männer aufzubieten, um der Gefahr Einhalt zu gebieten. Die Moral der Bevölkerung sollte ihrer Meinung nach außerdem mit Hilfe der Pfarrer und Prediger und durch die Veröffentlichung von fürstlichen Mandaten gestärkt werden. Jeder sollte sich seiner „Pflicht und Schuldigkeit, die erhaltung der hochheiligisten Catholischen Religion, weib, khindt, haus, hoff haab und Guett" zu unterstützen, bewusst sein. 138 Was die Finanzen anbetraf, die die Landstände für die Kriegs- und Bündniskosten bewilligen sollten, einigte man sich hier auf 150000 fl. Die Landstände hatten in diesem Jahr allerdings das Problem, dass der Rest des Vorrats nicht mehr ausreichte, um diese Summe aufbringen zu können. Die „ordinari-Ausgaben", d. h. die Zahlung der Kammergutsaufbesserung und die Ausgaben für die landständische Verwaltung und deren Beamte, verschlangen beinahe gänzlich das Vorratsgeld. Für die Kriegs- und Bündniskosten würde nur noch sehr wenig übrig bleiben. 139 Die Verordneten waren jedoch bereit, über andere Finanzierungsquellen nachzudenken. Die bewilligte halbe Landsteuer gestaltete sich von der Einnahme her auch sehr problematisch, weil die Bevölkerung offenbar Widerstand gegenüber den Steuereinnehmern praktizierte. Die Landschaftsverordneten sprachen hier von „sonderbaren Wehklagen, schmerzen" der Untertanen. Sie befürchteten, dass das Land finanziell völlig erschöpft würde, wenn man diese halbe Landsteuer zum jetzigen Zeitpunkt einbringen würde, sodass in Friedenszeiten überhaupt nichts mehr übrig sei, um z. B. die Zinsen für aufgenommenes Kapital zu zahlen. Die Verordneten baten daher, der Fürst möge auf seine übrigen Mittel und seinen Geldvorrat zurückgreifen. Außerdem könnte man daran denken, im Falle des Falles diverse im Land vorhandene Reichskleinodien zu Geld zu machen. 140 Maximilian zeigte sich in seiner Antwort zunächst erfreut darüber, dass die Landstände seine Einschätzung im Hinblick auf die drohende Gefahr für Bayern und den Krieg im gesamten Heiligen Römischen Reich teilten. Er forderte von ihnen sodann allerdings 300000 fl. für Kriegs- und Bündnishilfen, die doppelte Summe des landständischen Angebots. Obgleich er angesichts der Absage der Landschaftsverordneten im Hinblick auf finanzielle Unterstützung erstaunlich gefasst blieb, konnte er sich eine spitze Bemerkung nicht versagen: In diesem Jahr hätten die Stände für die Kammergutsaufbesserung ohnehin nur 50000 fl. erlegt, weswegen er annehmen dürfe, die 300000 fl. seien eine mehr als berechtigte Forderung. 141 Die halbe Landsteuer sollte unverzüglich eingebracht werden. Außerdem sollten die Stände sich selber mit einer Anlage belegen und diese noch in diesem Jahr 138 BayHStA, ALL 865, fol. 379. 139 BayHStA, A L L 865, fol. 380. 140 BayHStA, ALL 865, fol. 381. 141 BayHStA, A L L 865, fol. 385.

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einbringen. Es sei besser, das Land werde bis an die Grenzen vom eigenen Landesherrn zum Zweck der Landesverteidigung belastet, als das „dz ganze Capital, Land und Leith wie in den negstbenachbarten Landen beschehen" dem Feind in die Hände falle. 142 In der landständischen Antwort bewilligten die Verordneten dann zunächst 100000 fl. zur Abwehr des Feindes; die restlichen 200000 fl. würden folgen, sobald es möglich sei. Dafür forderten die Verordneten von Maximilian einen Schadlosbrief. Was die Steuerforderungen Maximilians anbelangte, so sagten die Verordneten die Einnahme der halben Landsteuer und einer ganzen Ritter- sowie je einer halben Prälaten- und Städtesteuer zu. 1 4 3 In seiner Triplik forderte der Landesfürst die Zusage für wenigstens 200000 fl. Kriegs- und Bündnishilfen. 144 Abschließend bekräftigte Maximilian seinen Friedenswillen. Die Landschaftsverordneten sollten daran nicht zweifeln, „weil bei diesem miehsamen gefehrlichen, und cosstbarlichen Kriegs wesen, Ir. Cufrtl. Drtl. nit allain an dero Guett, sondern auch wegen der unaufhörlichen sorg, miehe, und arbeit, an dero Curfrtl. Persohn am maisten leiden und ia eben so gern, als andere im Frieden seyen und leben wolte." 1 4 5 Aufgrund des drohenden Feindeseinfalls sollten die Kirchenschätze inventarisiert und in Sicherheit gebracht werden. Auf landständischer Seite wurden der Prälat von Scheyern, Freiherr von Maxlrain und Wolf Dietrich von Törring zu Defensionsräten erwählt. Sie wurden zu den ersten Ansprechpartnern Maximilians auf landständischer Seite. Ein großes finanzielles Problem kam seit 1630 auf Bayern, Maximilian und die Landstände zu. Im Zuge der Absetzung Wallensteins musste die Finanzierung der Heere neu geordnet werden. Man einigte sich deswegen auf dem Regensburger Kurfürstentag von 1630 darauf, dass jeder Reichsstand 96 Römermonate auf einem demnächst vom Kaiser auszuschreibenden Reichskreistag bewilligen sollte. Das kaiserliche Heer sollte aus diesen Geldern zwei Drittel, das Ligaheer ein Drittel erhalten. Falls die bewilligten Gelder nicht schnell genug zur Verfügung gestellt werden konnten, sollten Quartierskontributionen diese ersetzen. 146 1632 schien die finanzielle Lage so prekär, dass Maximilian die Landschaft beinahe verzweifelt darum bat, finanzielle Hilfen zu gewähren. Er selber hätte in den letzten zwei Jahren für Sold und Verpflegung der Soldaten zwischen 40000 fl. und 50000 fl. aufgebracht. Die Landschaftsverordnung erbot sich, nun ihren Vorrat von 142 BayHStA, ALL 865, fol. 385. 143 BayHStA, ALL 865, fol. 388. 144 Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 72. 145 BayHStA, ALL 865, fol. 393. 146 Diese Maßnahme gemahnt allerdings an das Wallenstein'sche System. Siehe Albrecht, Maximilian, S. 740- 744. Eine Zusammenstellung der die Landstände und die bayerischen Untertanen belastenden Beiträge für die Heere findet sich in einer Tabelle in diesem Kapitel.

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III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung

515000 fl. anzugreifen und versprach für das nächste Jahr die Zahlung von 400000 fl. an das Kriegszahlamt (100000 fl. pro Quartal). Eine volle Landsteuer, 1V2 Prälaten- und Städtesteuern sowie zwei Rittersteuern sollten erhoben werden, um die Lücke im landschaftlichen Vorrat wieder aufzufüllen. Maximilian zeigte sich letztendlich zufrieden mit dem Engagement der Verordnung, forderte aber noch mehr finanzielle Leistungsbereitschaft. Für den Notfall sollte die gesamte Summe auf einmal und nicht nur in Quartalen gezahlt werden können. 147 Auch 1632 fand eine weitere Postulatshandlung statt. Der Oberstkanzler und der Hofkammerdirektor Dr. Mändl waren stellvertretend für den Fürsten die Verhandlungsführer. Es ging um die noch ausstehende Restsumme der zugesagten 300000 fl., die die Verordnung 1631 doch nicht vollständig hatte zahlen können. Das Problem bestand in der schleppend vor sich gehenden Einnahme der Steuern. Das Oberland war ohnehin schon von der Steuer ausgenommen worden, die Einnahme der restlichen Steuern ging nicht voran. Vor allem bei den Standsteuern waren es die Prälaten, die ihre Zahlungen nicht leisten konnten, weil sie unter Plünderungen gelitten hatten. Der Kurfürst, ohnehin durch die prekäre Situation unter Druck - die Schweden drangen immer weiter ins Land vor und die Neutralitätsverhandlungen, die er mit den Schweden führte, wurden naturgemäß am kaiserlichen Hof nicht günstig aufgenommen - , wurde, nachdem seine Verhandlungsführer ihm Bericht erstattet hatten, sehr ungeduldig. 148 Er machte die Verordneten für das finanzpolitische Fiasko und damit eine mögliche militärische Niederlage verantwortlich und drohte ihnen, die fehlenden Summen von ihnen persönlich zu fordern. Außerdem untersagte er den Verordneten für die nächste Zeit die selbständige Erstellung der Steuerrechungen. Nur noch unter Aufsicht von fürstlichen Kommissaren durften diese erstellt werden. Auch die selbständige Anweisung von Steuergeldern wurde der Landschaftsverordnung untersagt. 149 Für das folgende Jahr wies er die Verordnung an, ein Drittel der üblichen Besoldungen der Landschaftsbeamten für die Kriegs- und Bündnishilfen zu verwenden. Auch fürstliche Beamte verzichteten im folgenden Jahr auf ein Drittel ihrer Besoldung. Zu dieser Einbuße bei den Besoldungen erklärten sich die Verordneten bereit, bedauerten ansonsten die schweren Eingriffe in ihre Privilegien. Letztlich musste sich die Verordnung aber den Anweisungen Maximilians beugen: Sämtliche Einnahmen, Ausgaben, die Höhe des Vorrats und der Besoldungen mussten vor fürstlichen Kommissaren offengelegt werden. Dadurch war die Verordnung temporär aller ihrer Privilegien beraubt. 147 Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 72. 148

Seine Ungeduld war wohl auch noch zwei anderen Ereignissen des Jahres 1631 zu schulden: Die Schlacht bei Breitenfeld, in der die kaiserliche Armee von den Schweden vernichtend geschlagen worden war, und die im Dezember 1631 erfolgte Wiederberufung Wallensteins durch Ferdinand II. waren zwei Niederlagen, die Maximilian stark unter Druck setzten. Albrecht, Maximilian, S. 787 und 815. 149 Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 79.

C. Die Landschaftserordnung als fürstlicher Verhandlungspartner

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1633 befahl Maximilian dann, aus dem landschaftlichen Vorrat die Kammergutsaufbesserung zu entrichten und die unbedingt notwendigen Zinszahlungen vorzunehmen.150 Außerdem beschloss er nun, nachdem er die Landschaftsverordnung entmachtet hatte, die schon früher vorgeschlagene allgemeine monatliche Kriegskontribution einzuführen. Ein zweites Mal rief Maximilian die Verordneten im August 1633 in Wasserburg zu einer Versammlung. München und Landshut fielen als Verhandlungsorte aus, da sie zu zerstört waren. Diesmal hatte Maximilian gleich den 36er-Ausschuss berufen, was darauf schließen lässt, dass es um die Bewilligung höherer Geldsummen ging. Dr. Mändl, der stellvertretend für Maximilian die Verhandlungen leitete, forderte dann auch die Zusicherung der Kammergutsaufbesserung für dieses und nächstes Jahr. 151 Zusätzlich zur Kammergutsaufbesserung wurden die für 1631 zugesagten, aber immer noch ausstehenden 200000 fl. Kriegs- und Bündnishilfen sowie weitere Summen für diesen Zweck angemahnt. Die Forderungen des Landesfürsten waren dieses Mal in verbindlicherer Form gestellt als 1632. Maximilian war sich darüber im Klaren, dass er von der Landschaft viel verlangte. Die Landschaftsverordneten sollten ihm Vorschläge machen und „mit angelegenisten eifer nach[zu]sinnen" wie das benötigte Geld aufgebracht werden könnte. 152 Er selber schlug die Fortführung des „Aufschlagt] aufs getranckh" vor. Bei den Land- und Standsteuern sollten der Gerechtigkeit halber diejenigen, die keine Plünderungen und Zerstörungen als Folge des Krieges erlitten hatten, im nächsten Jahr mehr Steuern zahlen, während die „Kriegsgeschädigten" steuerlich verschont bleiben sollten. Dann erinnerte der Landesfürst noch an das Schicksal der Städte München und Landshut, die 1632 von den Schweden eingenommen, zerstört und geplündert worden waren. Er kündigte an, zur „erledigung der gefangnen, wie auch zue nothwendigen Kriegsausgaben, in mangi anderer mittl" die Kirchenschätze zu Geld zu machen. 153 In den Verhandlungen von 1633 findet sich auch eine Kritik an Wallenstein, der Maximilians Meinung nach „occasion um occasion" verpasst hat, die Truppen dem Feind entgegen zu schicken. Maximilian hatte 1632 fest auf die Hilfe Wallensteins gehofft, ihn mehrfach schriftlich um Unterstützung gebeten, als er nach der von Tilly verlorenen Schlacht bei Rain am Lech von den Schweden verfolgt nach Ingolstadt ausweichen musste. Tilly war bei dieser Schlacht tödlich verwundet wor150 Mandat vom 10. Januar 1633. Zitiert bei Freyberg, Band 1, S. 86. 151 Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 81. 152

Geschichte der Gesetzgebung

Maximilian hatte den Erläuterungen der Hauptproposition nach schon mit den in München anwesenden Landschaftsverordneten geredet, die ihm die positive Mitteilung gemacht hatten, dass sie sehr schnell eine Zusammenkunft der Verordneten des Ober- und Unterlandes organisieren könnten, um eine Zustimmung zu Maximilians Forderungen zu erhalten. BayHStA, ALL 1213, fol. 4. 1 BayHStA, ALL 1213, fol. .

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III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung

den und fiel als Oberbefehlshaber aus. Maximilian war daher in Ingolstadt auf sich allein gestellt. Die Hilfe Wallensteins für den bedrängten Maximilian ließ allerdings vergeblich auf sich warten. 154 Auch die Tatsache, dass offenbar nicht nur schwedische Truppen in Bayern gemordet, gebrandschatzt und geplündert hatten, bedrückte Maximilian immer mehr. Maximilian beklagte vor allem, dass keine ernsthaften Versuche unternommen wurden, diese Übergriffe abzustellen. Es wurden lediglich Einzelfälle bestraft, um ein Exempel zu statuieren. 155 Die Verordnung lehnte die Forderungen Maximilians ab. Mehr als 150000 fl. könnte sie nicht aufbringen und das sei gerade einmal die Summe für die Kammergutsaufbesserung. Steuern zu erheben, empfanden die Verordneten als unverantwortlich, da die Untertanen ohnehin vom Krieg und seinen Auswirkungen gegeißelt waren. 156 Die Verordneten baten Maximilian, sie von den Entscheidungen über die Bewilligung der Finanzhilfen zum sogenannten „Kriegs-, Bündnis- und Defensionswerk" zu entbinden, weil ihnen von der Gesamtlandschaft ohnehin schon vorgeworfen wurde, dass sie unrechtmäßig handelten, wenn sie Finanzhilfen und in Konsequenz dazu Steuern in solcher Höhe bewilligten, da sie dazu eigentlich kein Mandat hätten. 157 Die Differenzen innerhalb der Landschaft hinsichtlich der Kompetenzverteilung wurden von Postulatshandlung zu Postulatshandlung immer gravierender. Denn die Mitglieder der Gesamtlandschaft konnten mitverfolgen, wie weit sich die Verordnung von ihrer Rolle als Vertretung der Gesamtlandschaft entfernte. 158 Die teilweise nur mündlich geführten Postulatshandlungen und die Entscheidungen, die ohne Mitsprache der Gesamtlandschaft gefällt wurden, schien die Verordnung zu einem Organ des fürstlichen Willens werden zu lassen. Die Gesamtland154 Albrecht, Maximilian, S. 818-821 sowie 836-840. 1 55 BayHStA, A L L 1213, fol. 7 ff. Gemeint sind hier Truppen Wallensteins. Die schon von Beginn der Verpflichtung Wallensteins als Oberbefehlshaber des kaiserlichen Heeres an aufflackernde Konkurrenz zwischen Maximilian und Wallenstein hatte sich 1631 noch verschärft, nachdem auf Maximilians Betreiben Wallenstein 1630 vom Kaiser entlassen, nach der von Tilly verlorenen Schlacht bei Breitenfeld Ende 1631 jedoch wieder verpflichtet worden war. Maximilian brachte Wallenstein vor allem wegen persönlicher und natürlich auch machtstrategischer Motive höchstes Misstrauen entgegen. Stärkster Ablehnungsgrund gegenüber Wallenstein, den auch andere Reichsfürsten empfanden, war jedoch das Wallenstein'sche Kontributionssystem. Nach der Wiedereinsetzung Wallensteins war Maximilian aufgrund der bedrohlichen militärischen Situation allerdings gezwungen, sich mit Wallenstein zu arrangieren. Aber nicht nur das Kontributionssystem Wallensteins, sondern vor allem überfällige Soldzahlungen, führten zu Plünderungen und Übergriffen durch die Söldner. Die Bauernunruhen von 1633/34 waren eine Antwort der Bauern auf diese Plünderungen. Albrecht, Maximilian, S. 663-691, 815 und 860. 156 Die momentanen Landschaftsgefälle des Ober- und Unterlandes betrugen ohnehin nur 177539 fl. 157 BayHStA, A L L 1213, fol. 10. 158 Siehe auch Altmann, Kipper und Wipper, S. 242.

C. Die Landschafts Verordnung als fürstlicher Verhandlungspartner

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schaft war von den finanziellen Entscheidungen, die die politische Mitsprache der Landstände immer gesichert hatte, ausgeschlossen. Nicht umsonst hatte es schon 1612 Bedenken gegeben, einer so kleinen Gruppe von Verordneten so viel Entscheidungsmacht in Finanzfragen zu geben, weshalb diesen Verordneten auch 16 Adjunkten beigeordnet worden waren, falls es bei akuter Kriegsgefahr um die Bewilligungen von größeren Summen ging. 1 5 9 Zur Klage der Verordnung merkte Maximilian bissig an, dass es im Moment um Bayern gehe und nicht um Privilegien der Landstände, „die Niemand zu bestreiten im Sinne habe". 160 Die immer wieder stattfindenden Postulatshandlungen zeigten dies, wie auch Maximilians ausdrückliche Aufforderung an die Verordneten, einige ihrer Mitglieder zu den Gesprächen mit den fürstlichen Kommissaren über die monatliche Kriegskontribution zu entsenden.161 Zu den finanziellen Forderungen des Landesherrn äußerten sich die Verordneten schließlich folgendermaßen: Die Kammergutsaufbesserung war für dieses Jahr schon zur Hälfte bezahlt und innerhalb von 14 Tagen würde die nächste Hälfte auch noch nachgereicht werden. 162 Die noch fehlenden 200000 fl. sollten auch nachgereicht werden. Außerdem bekräftigten die Verordneten, dass das Versprechen von 1612 noch immer gelte, wonach in Fällen äußerster Landesnot der landschaftliche Geldvorrat angegriffen werden könnte, um dem Fürsten aus finanzieller Not zu helfen. 163 Die Verordneten bewilligten den Vorschlag Maximilians, den Aufschlag auf Bier und Wein beizubehalten. Sie blieben allerdings hartnäckig was die Ausschreibung einer durchgehenden Land- und Standsteuer anbelangte, denn sie fürchteten, dass die Belastungen, denen der „bedrängte und desolierte Landsunderthon" ohnehin durch die Kriegswirren schon ausgesetzt war, zu Unruhen, wenn nicht gar Aufständen führen könnten, wenn jetzt noch eine steuerliche Belastung hinzukäme. 164 Um die Befürchtung zu untermauern, es könnte Schwierigkeiten bei der Erhebung 159 Ein Quellenzitat zu dieser Problematik: „Den 16 Verordneten und 4 Rechnungsaufnehmern wird allzeit zu Ende eines jeden Landtags in der Haupt Instruction von der gesambten Landschaft und allen Ständten schriftlich gegeben und hinterlassen, daß die 20 sollen und mögen verlesen bis auf nächstkhünftigen Landtag in Namen und anstatt aller durch reife Berathschlagungen Vornemmen, was entzwischen wird vorfallen ausser dessen, so ausdruckentlich vorbehalten wird sowohl für das Lands erheischenden Nothdurft sambt und mit dem Landtsfürsten abrustung und vorzunemmen die Einnahms Steur und Aufschlag Miti, Bezahlung des versprochenen Gelds, gegen den Landtsfürsten, schuldige Interesse und Erhalt= auch Besserung des landtschaftischen Vorraths. Dann durch freye Wahl Ersazung aller ... landschaftischen Bedürfnisse deswegen dann in der Haupt Instruction die ganze Landschaft die obige 20 Räth allerdings schadlos zu halten sich erklärt." BayHStA, A L L 338, fol. 148. 160 Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 82. 161 Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 83.

162 BayHStA, ALL 1213, fol. 11. 163 BayHStA, ALL 1213, fol. 12. 164 BayHStA, ALL 1213, fol. 14.

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III. Teil: Die Landschaftsverwaltung und Landschaftsverordnung

einer Landsteuer geben, schilderten die Verordneten das Beispiel der kurfürstlichen Beamten, die tatsächlich Probleme hatten, die monatlichen Kriegskontributionen einzutreiben. 165 Schließlich beschwerten sich die Verordneten darüber, dass die monatlichen Kontributionen ohne Zustimmung der Landstände erhoben und eingesammelt wurden. 166 Anfang des Jahres 1634 wollten die Stände noch einmal zusammenkommen und dann, soweit es die Lage des Landes zulasse, eine Land- und Standsteuer beschließen. Die Replikschrift des Fürsten beinhaltete zunächst ein Nachgeben im Hinblick auf die Kammergutsaufbesserung. Maximilian nahm den Vorschlag der Verordnung an. Die Frage der Kriegskontributionen erwies sich jedoch als Quelle der größten Differenzen zwischen dem Fürsten und den landständischen Verordneten. Diese stellten immer wieder heraus, dass die Untertanen durch die Kriegswirren ohnehin schon stark belastet waren. Maximilian hingegen beharrte auf seinem Standpunkt, dass er zum Zwecke der Landesverteidigung die Kriegskontributionen fordern müsse. Diplomatisch bekannte er, dass er die Untertanen natürlich auch lieber verschonen würde, allein die Macht der Tatsachen zwingen ihn dazu, unbeliebte Geldforderungen zu stellen. 167 Die landständische Verordnung verfügte schließlich in ihrem Beschluss, dass für das vergangene Quartal 75000 fl. Kammergutsaufbesserung und 75000 fl. Kriegskontribution gezahlt werden sollten. Die 75000 fl. für das kommende Quartal könnten aber nicht mehr dieses Jahr gezahlt werden. Diese Summe wollten sie zahlen „so balden es nun die gefell und möglichkheit zuelassen."168 Maximilian leitete seine Proposition bei den Postulatshandlungen 1634 mit Bemerkungen über die schwierige Situation ein, in der sich Bayern durch den Dreißigjährigen Krieg befand. 169 Er beklagte die steigenden Ausgaben für Kriegs-, Bündnis- und Landesverteidigungszwecke. Das Ligaheer wurde seit einigen Jahren nur mehr durch bayerische Gelder finanziert. Die Einquartierungen der drei verschiedenen Armeen in Bayern belastete die Finanzen Bayerns stark, hinzu kam 1634 auch noch der Ausbruch einer verheerenden Pestepidemie.170 Außerdem war 165 BayHStA, A L L 1213, fol. 15. Tatsächlich waren die Plünderungen durch die Schweden, die für die bayerische Landbevölkerung ein unerträgliches Maß angenommen hatten, ein Hindernis für die Einsammlung von Steuern und Kriegskontributionen. Gustav Adolf wandte die Politik der verbrannten Erde an. Eine Ausnahme machte er nur im Falle Münchens. Dass Bayern jedoch in den Jahren 1632-1634 in großen Teilen am Rande des Ruins stand, war Maximilian bewusst. Albrecht, Maximilian, S. 825-830. 166 Mandat vom 10. Januar 1633. Zitiert bei Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 86. 167 BayHStA, ALL 1213, fol. 36. 168 BayHStA, ALL 1213, fol. 39. 169 BayHStA, A L L 414. Diese Postulatshandlungen begannen am 13. Februar 1634 und fanden in Wasserburg statt, da Landshut zerstört und München von den Schweden besetzt war. 170 Albrecht, Maximilian, S. 896.

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der Geldvorrat, der für den Krieg und die Landesverteidigung angelegt worden war, durch den Aufwand für Munition, Proviant und Bewehrung völlig aufgebraucht. Für die nächsten Jahre war daher wiederum eine große Summe an Geld vonnöten, nicht nur für die erst genannten Ausgaben für Munition, Proviant etc., sondern auch für die Erhaltung von Festungen und Garnisonen sowie für diplomatische Gesandtschaften. Deshalb wurde von der Landschaft eine Beihilfe erwartet und erhofft. Da die landschaftlichen Gefälle nach Meinung von Maximilian nicht ausreichten, um die enormen Geldausgaben für den Krieg und die Landesverteidigung zu bestreiten, schlug Maximilian vor, die Aufschläge auf Wein, Bier und Fleisch zu erhöhen. Klagen und Beschwerden, die auf diese Forderung hin entstehen könnten, begegnete Maximilian schon vorsorglich mit dem Argument, dass es hier um das Gemeinwesen gehe und private Interessen deswegen zurückgestellt werden müssten. Die Landstände lehnten die Aufschlagserhöhung auf Wein, Bier und vor allem Fleisch mit der Begründung ab, die Zeitläufte ließen es ohnehin nicht zu, dass die Menschen viel Wein, Bier oder Fleisch konsumierten, weshalb sie bezweifelten, dass die Erhöhung des Aufschlages auf diese Konsumgüter überhaupt sinnvoll sei. 171 Die Landstände sahen sich daher nicht in der Lage, die Kammergutsaufbesserung und Aufschlagserhöhung zu bewilligen. Sie baten den Landesherren wie im letzten Jahr schon, ihn in der folgenden Zeit von solchen Geldbewilligungen zu verschonen, da sie dazu auch gar nicht berechtigt seien. Die Verordneten rieten ihm, wieder auf althergebrachte Weise zu regieren und einen Landtag einzuberufen, um die Bewilligung der gesamten Landschaft einzuholen. 172 Bestätigt und bewilligt wurden von der Landschaftsverordnung lediglich 75000 fl., die in den nächsten Tagen schon bar abgeliefert wurden. Dies war der restliche Betrag der Kammergutsaufbesserung aus dem Jahre 1633. Die Antwort der Landstände auf die fürstliche Proposition endete mit einer eindringlichen Bitte um Frieden. Daraufhin entließ Maximilian die Verordneten aus diesen Verhandlungen, wies sie aber noch an, dass sie einen Verordneten aus ihrer Mitte mit der Verwaltung der Einnahmen und Gelder beauftragen sollten. 173 Dieser landschaftliche Verordnete arbeitete fortan eng mit dem Rentmeister von Burghausen zusammen, ohne dessen Wissen und Beisein nichts entschieden werden durfte, was die Erhebung von Einnahmen, die Ausgabe der Gelder etc. anbelangte.174 Außerdem verordnete Maximilian im Hinblick auf die Besoldung der Landschaftsbeamten Auskunftspflicht. Der Landesherr wollte von jeder Ausbezahlung jeder einzelnen Besoldung eines Landschaftsbeamten unterrichtet werden und er untersagte die selbstständige Ein171 BayHStA, ALL 414, fol. 616. 172 BayHStA, ALL 414, fol. 616. 173 Die Landschaftsverordneten benannten für diese Aufgabe Viktor Adam von Seyboltsdorff. BayHStA, ALL 414, fol. 647. 14 BayHStA, ALL 1 , fol. 1 .

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III. Teil: Die Landschaftsverwaltung und Landschaftsverordnung

treibung des Solds durch einzelne Beamte auf das Strengste. Das Geld der Untertanen sollte ab jetzt einzig und allein dem bayerischen Vaterland und dessen Verteidigung zu Gute kommen. Die gesamte landschaftliche Barschaft war nach Burghausen zu bringen. Die bisher in München und Landshut gefühlten landschaftlichen Kassen des Oberbzw. Unterlands, die zwischendurch auch kurz nach Salzburg ausgelagert worden waren, um sie vor den Schweden in Sicherheit zu bringen, wurden zu einer Kasse in Burghausen zusammengeführt. 175 Die landschaftlichen Steuereintreiber wurden angewiesen, so viele Außenstände wie möglich einzutreiben und sie ebenfalls der jetzt entstehenden zentralen Kasse in Burghausen zuzuführen. Der Fürst behielt sich in einem dementsprechenden Mandat die volle Entscheidungskontrolle über die Verwendung des in der Zentralkasse vorhandenen Geldes vor. Die Landschaftsverordnung fand sich nach diesen Maßnahmen bar jeglicher ständischer Vor- und Sonderrechte. Sie war auf den Status eines fürstlichen Steuereinnahmeorgans reduziert worden. Obwohl aus den eben beschriebenen Verhandlungen auf die - etwas dramatisch klingende - Entmachtung der Landschaftsverordnung durch den Fürsten geschlossen werden kann, muss dem oft zu lesenden Irrtum widersprochen werden, Maximilian habe eigenmächtig und ohne Konsultation der Landstände Aufschlagserhöhungen etc. im Jahr 1634 entschieden. Die Postulatshandlungen zeigen, dass Maximilian die Landschaftsverordnung gefragt und mit den Verordneten verhandelt hat. Sein eigenmächtiges Handeln ergab sich lediglich aus der Tatsache, dass die Landschaftsverordnung seiner Meinung nach nicht richtig auf die gefährliche Situation reagierte, in der sich das Land befand. Sie achtete vielmehr nur auf die Wahrung der landständischen Privilegien, was Maximilian angesichts der gegebenen Tatsachen für unangemessen hielt. Deshalb spielte er seine Macht gegenüber der Verordnung aus. Die Verordnung reagierte entsetzt auf die Anordnungen aus Maximilians Mandat vom Februar 1634. Sie fühlte durch dieses Mandat zu Recht die landständischen Freiheiten beschnitten, die doch durch Kaiser und bayerische Landesfürsten seit Jahrhunderten den Landständen zugestanden und immer wieder bestätigt worden waren. Die Verordnung empfand diesen Schritt als umso ungerechter als sie - ihrer Meinung nach - „mit God bezeugen kinden und dürfen, dass mit E. Curfrtl. Drtl. unsern gdisten Herrn und Landtsfürsten wir es iedes mais in schuldigister gehorsam, getreu und aufrecht gemaint" haben und dass es der Landschaft bei ihren Entscheidungen immer um die Wohlfahrt des Landes gegangen sei. 176 Kein voriger Landesfürst hätte sich, auch nicht in Kriegszeiten, so auf seine Landstände verlassen können wie Maximilian, der die zahlreichen Steuerbewilligungen 175

Mandat Maximilians vom 20. Februar 1634: „Vernerer Curfrtl. Bevelch, daß man daß Landtschafft gelt nacher Burghausen fiern, und davon ohne vorwissen und bewilligung Irer Curfrtl. Drl. nichts mehr aus geben solle." BayHStA, ALL 414, fol. 620/621. 176 BayHStA, ALL 414, fol. 624.

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zudem in den letzten 22 Jahren ohne Einberufung von Landtagen erhalten hätte. 177 Allerdings liegt genau darin der Grund für die von der Verordnung beklagte Entwicklung. Am 8. März 1634 fasste Maximilian schließlich eine Resolution und nahm darin auch Bezug auf die Beschwerden der Landstände. Zunächst drückte er sein großes Missfallen über die Empörung der Landstände aus. Er beschuldigte sie der Undankbarkeit. Indirekt fasste er die Beschwerden der Landstände so auf als wollten sie ihn womöglich für die Kriegsverheerungen verantwortlich machen. 178 Wenn die Landstände seine Entscheidungen in Kriegssachen kritisieren wollten, so müssten sie bessere Vorschläge zur Lösung der Probleme machen. Beispielsweise klagten die Landstände im Namen der Untertanen über die Einquartierungen der Armeen. Jedoch waren diese Einquartierungen trotz der Bauernunruhen von 1633, die eine Reaktion auf die Plünderungen von Söldnern darstellten, nötig. 179 Die Armeen waren schließlich zum Schutz des Landes anwesend. Auch erinnerte Maximilian daran, dass er schon vor längerer Zeit den Vorschlag gemacht hatte, dass die Landschaftsverordnung neben dem Kanzler noch einen zweiten Abgeordneten wählen sollte, der enge Verbindung mit dem Hof pflegen sollte und dadurch Entscheidungen aus erster Hand erfahren und der Verordnung weitervermitteln könnte. Dies sei aber abgelehnt worden. 180 Maximilian artikulierte in der Resolution auch seine große Enttäuschung über den Adel, der in diesem Krieg noch durch keine nennenswerte Aktion im Feld auf sich aufmerksam gemacht habe. Keiner der Mitglieder des Ritterstandes sei ihm in einem Feldzug zur Seite gestanden. Die Voreltern der jetzigen Generation von Rittern hätten sich im Gegensatz dazu mit tapferen Aktionen und der Teilnahme an Feldzügen die Privilegien erworben, die die jetzige Generation nur aufgrund von Tradition, aber nicht aufgrund von Taten, für sich einfordere. Außerdem seien noch nicht einmal die Geldmittel für diverse Kriegsaktionen und die Landesverteidigung von der Ritterschaft bereitgestellt worden, sondern überwiegend von der Landbevölkerung durch ordentliche und außerordentliche Steuerzahlungen. Die 177 BayHStA, ALL 414, fol. 623-628. 178 BayHStA, ALL 414, fol. 629. Schon einmal hatte er gegenüber Ratschlägen der eigenen Räte so empfindlich reagiert. Dabei war es um die Wirksamkeit der Landfahnen gegangen. Seine Räte hatten ihm geraten, die Landfahnen durch Soldaten zusätzlich schützen zu lassen, da sich sonst die Untertanen zu sehr auf sich selbst gestellt fühlten. Schon hier empfand Maximilian diesen Rat als versteckten Vorwurf gegen ihn und seine Kriegspolitik. Albrecht, Maximilian, S. 825. 179 Albrecht, Maximilian, S. 860-865. Tatsächlich befand sich der Großteil der kaiserlichligistisch-spanischen Armee seit Ende 1633 in Bayern. Die Ligatruppen und die spanischen Truppen nahmen Quartier in der Gegend zwischen Isar und Inn, die kaiserlichen Truppen nahmen Quartier um Landshut herum sowie in der Oberpfalz. 180 BayHStA, ALL 414, fol. 633/634. Die Gründe für diese Ablehnung ließen sich nicht ermitteln. Die Landschaftsverordnung geht in ihrer Antwort auch nicht auf diese Vorwürfe ein.

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III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung

Ritter hätten lediglich das so genannte „Pferdtgeld" bereitgestellt. Auch führte der Landesherr Beispiele an, in denen Adelige Gutsbesitzer sich als abwesend entschuldigt hätten, um der Verpflichtung zu entgehen, Getreide für die Verproviantierung der Soldaten abzugeben.181 Was die Ablehnung der Kammergutsaufbesserung und des Aufschlags anbelangte, so akzeptierte Maximilian dies. Er wollte mit dem vorhandenen und noch eingehenden Geld die Landesverteidigung und die Wohlfahrt des Landes sicherstellen. Bei der Frage der Aufschläge erinnerte Maximilian noch einmal daran, dass er den Verordneten während der Verhandlungen freie Hand gegeben hatte, Vorschläge zu machen, auf welche Güter der Aufschlag gelegt werden sollte, es sei aber keine Antwort gegeben worden. Was nun die Entscheidung des Landesherrn über den Aufschlag anbelangt, so legitimierte Maximilian sie mit „unsers Landtsfürstlichen Gewaldts und Recht, so uns in dergleichen Landtsnötten zuesteht". 182 Der Aufschlag auf Bier und Wein sollte von der Landschaft eingenommen und der Kriegskasse in Burghausen direkt zugeführt werden. Maximilian gab den Landständen weiterhin zu bedenken, ob die Beharrung auf ihren Privilegien ihnen mehr wert sei als die Wohlfahrt des bayerischen Vaterlandes. Sie müssten sich immer vor Augen halten, dass der Ruin des Vaterlandes auch den Verlust ihrer Privilegien mit sich bringen würde. Nur solange man das Vaterland verteidige, solange wären auch die landständischen Privilegien sicher. Und zur Verteidigung des Vaterlandes sei Geld nötig. Er warf den Landständen vor, dass ihnen ihre private Situation offensichtlich mehr wert sei, als das Wohl des Gemeinwesens. In sehr deutlichen Worten machte Maximilian den Ständen schließlich die staatliche Hierarchie deutlich, indem er klarstellte, dass er allein der oberste Herr im Lande ist und sie „gar nit für Mitobern halten und erkhennen" kann. 183 Die Erhebung des Aufschlags auf Bier und Wein, auf Fleisch und auf ausländische Waren wurde noch 1634 begonnen. Jeder Münchner Eimer Wein wurde bei Einfuhr und bei Verbrauch mit einer Aufschlagserhöhung von einem Gulden belegt. Jeder Münchner Eimer Bier, der getrunken wurde (in Städten/Märkten, auf dem Land, in Landgerichten oder Hofmarken), wurde mit 15 Kreuzern Aufschlag belegt. Der Eimer Met mit 30 Kreuzern. 184 Um die Einnahme des Aufschlages nachvollziehbar zu machen, verlangte Maximilian, dass der Name eines jeden Aufschlagsbeamten festgehalten und in der Landschaftskanzlei notiert wurde. Die eingenommenen Aufschlagsgelder waren dem jeweiligen Rentmeister sofort nach Abschluss des Einnahmevorgangs zu 181 BayHStA, ALL 414, fol. 634/635. 182 BayHStA, ALL 414, fol. 637. 183 BayHStA, A L L 414, fol. 638-640. 184 Im Kapitel über die Aufschlagseinnahme wird in einer Tabelle detailliert die Entwicklung der Aufschlagstarife festgehalten. Siehe ΙΠ. Teil, D., 2. Kapitel, c).

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überreichen. Die Summe wurde dann der Kriegskasse in Burghausen übermitteil. 1 8 5 Was den Fleischaufschlag betraf, so sollte lediglich der Aufschlag von 1624 realisiert werden. Die genaue Überwachung der Aufschlagszahlungen für geschlachtete Stücke Vieh wurde von Maximilian strengstens angemahnt. Gold- und Silberwaren, Samt und Seide wurden ebenfalls mit einem Aufschlag belegt, der sich nach dem Verkaufserlös berechnete. Von jedem Gulden Erlös wurden 6 Kreuzer Aufschlag verlangt, also 10%. Bei Veruntreuung von eingenommenen Aufschlagsgeldern oder bei Steuerhinterziehung wurde mit empfindlichen Strafen gedroht. 186 Im Falle der Steuereinnahmen, die Maximilian für das Jahr 1634 ebenfalls beschlossen hatte, wurde jedoch Rücksicht genommen auf vom Krieg zu stark verheerte Gebiete. Insofern sind die Bedenken der Landschaftsverordneten gegenüber Steuererhebungen und Aufschlagseinnahmen berücksichtigt worden. Das Rentamt Burghausen beispielsweise, das vom Krieg nicht berührt worden war, zahlte die volle Landsteuer, im Rentamt München zahlten alle Gerichte östlich des Inns volle Landsteuer. Im Rentamt Landshut wurden nur einige wenige Gerichte mit der vollen Landsteuer belastet, im Rentamt Straubing wurden die Gerichte nördlich der Donau nur mit einer halben Landsteuer belegt. 187 Die Verhandlungen von 1635 begannen im Januar und endeten offiziell im Jun i . 1 8 8 Der Schriftverkehr zog sich aber bis in den September des Jahres 1635 hin. In den ersten Schreiben vom Januar 1635 ging es um ausstehende Zinszahlungen von 20000 fl. an landständische Gläubiger. Diese Zahlungen konnten nicht geleistet werden und die Landstände, die für den Fürsten eigentlich das Geld für diese Zahlungen eintreiben mussten, teilten dies dem Fürsten mit und berieten mit ihm, wie das Problem gelöst werden könnte. Der Fürst bat die Landschaftsverordnung darum, die betreffenden Landstände um Geduld zu bitten und denjenigen unter ihnen, die auf die Zinszahlungen angewiesen waren, d. h. die selber in Geldnot waren, zumindest Teile der geschuldeten Summe mit dem Geld, was zur Verfügung stand, auszuzahlen. Weiterhin schlug der Fürst vor, die Verordneten sollten in dieser Situation auf ihre Besoldungen verzichten, „welche gegen Euere geringen mühe und Verrichtung ziemblich groß sein" und dafür die Zinsen abbezahlen.189 Natürlich wurde in diesen Postulatshandlungen auch wieder eine Kammergutsaufbesserung verlangt. Die Landstände baten aber in einem Schreiben vom Februar um Aufschub. Die unterländischen Zahlungen ließen auf sich warten, weshalb die Vorratsverordneten sogar darum bitten mussten, die Hauptrechnung dem Fürsten später als sonst präsentieren zu dürfen, nämlich erst am Ostersonntag. 190 185 186 187 iss 189

BayHStA, ALL 414, fol. 645. BayHStA, ALL 414, fol. 644/645. Die Gerichte im Einzelnen zitiert bei Albrecht, Maximilian, S. 944. BayHStA, ALL 866. BayHStA, ALL 866, fol. 275.

9 Kummer

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III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung

Im April erreichte die Verordneten allerdings als Antwort auf ihre Bitte um Aufschub ein sehr harsches Schreiben, in dem der Fürst verlangte, dass alle seine Forderungen erfüllt werden, vor allem die Offenlegung des landschaftlichen Vorrats wurde in autoritärem Ton verlangt. 191 Daraufhin waren die Verordneten sofort bemüht, dieser letzteren Forderung Maximilians nachzukommen und offenbarten den Vorrat (im Unterland: 18854 fl.; die landschaftliche Kasse insgesamt wies eine Barschaft von 90000 fl. auf). Was die Besoldungen anbelangte, so lehnten die Landschaftsverordneten dieses fürstliche Begehren ab. Auch der Großteil von ihnen sei auf Besoldungen in diesen schweren Zeiten angewiesen, weil bei den meisten ihrer Mitglieder die Güter, die sonst Geld zum Leben abwarfen, durch den Krieg ruiniert worden waren. Also standen auch sie sozusagen ohne Mittel da und waren nicht bereit, Einschnitte hinzunehmen.192 Von den oben erwähnten 90000 fl., die sich bar in der landschaftlichen Vorratskasse befanden, verfügte Maximilian, dass ca. 30000 fl. auf die notleidenden Klöster, Spitäler und die darin lebenden Witwen und Waisen verteilt werden. Ihnen sollte soviel bezahlt werden, wie sie zum Lebensunterhalt brauchten. Die 1634 ausgebrochene Pest machte es notwendig, Spitäler und auch Armenhäuser stärker 193

zu unterstutzen. Die anderen 60000 fl. sollten dann zuerst dem Hofstaat, dann der Landesverteidigung und anderen unumgänglichen Ausgaben gewidmet sein. 194 Was die landschaftlichen Besoldungen anbelangte, hatte Maximilian eine Entscheidung getroffen: Er befahl, diese für eine unbestimmte Zeit auszusetzen, nämlich solange wie Notzeiten mit wenig Geld zu überbrücken waren. 195 Der Ton der Korrespondenz wurde im Verlauf der Verhandlungen immer schärfer. Ein Schreiben Maximilians vom September mahnte strengstens an, dass die Zahlungen für die Kammergutsaufbesserung, die Michaelis fällig gewesen wären, noch nicht eingegangen waren. Der Fürst betonte, dass die Zahlung der Kammergutsaufbesserung unumgänglich sei. Er verlangte die sofortige Überstellung des vereinbarten Betrags an das Hofzahlamt. 196 Auf dieses Schreiben hin offenbarten die Verordneten nun das seit Mitte des Jahres hinzugekommene landständische Vermögen aus Steuergefällen (46500 fl.) und Aufschlagsgefällen (140000 fl.). Dies ergab zusammen 186500 fl., wobei 37500 fl., die vorher angemahnte Teilzahlung der Kammergutsaufbesserung, jetzt entrichtet worden war. Es blieben also noch 149000 fl. als Rest. 190 Ansonsten war der normale Termin der Präsentation der Hauptrechnung drei Sonntage vorher (Laetare). 191 BayHStA, ALL 866, fol. 286. 192 BayHStA, ALL 866, fol. 290. 193 Albrecht, Maximilian, S. 898. 194 BayHStA, ALL 866, fol. 294. 195 BayHStA, A L L 866, fol. 294. 196 BayHStA, ALL 866, fol. 305.

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An diesem Konflikt erkennt man, dass Maximilian den offenbar begründeten Verdacht hegte, die Landstände hielten eingenommene Steuergelder zurück. In der Situation des Krieges, in der Maximilian sich befand und in der der Überblick über die Geldmittel seiner Meinung nach unabdingbar war, ist es zumindest nachvollziehbar, dass Maximilian in scharfem Ton und mit seiner ganzen Autorität durchzusetzen versuchte, dass die Verordneten offenbarten, wie viel Geld sich in der landständischen Vorratskasse befand. Der eben geschilderte Konflikt zeigt aber auch, dass die Maßnahmen von 1634 offenbar noch nicht griffen. Die fürstlichen Mandate zeigten nicht die gewünschte Wirkung. Die Landstände agierten in Steuersachen weiterhin mit der aus ihrer Sicht durch langjährige fürstliche und kaiserliche Privilegien abgesicherten Eigenständigkeit. Die Postulatshandlungen von 1635 endeten im Juni mit einem fürstlichen Dekret, in dem Maximilian von der landschaftlichen Verordnung die Erhebung einer Land- und Standsteuer forderte. 197 1636 bewilligte die Landschaftsverordnung zunächst 130000 fl. an Zinszahlungen und 10570 fl. für „Infektionskosten". Auch in diesem Jahr ging die Diskussion um die Besoldung landschaftlicher Beamter und die Offenlegung der landschaftlichen Finanzen weiter. Die Verordneten der Landschaft waren nicht bereit nachzugeben. Sie argumentierten in einem Schreiben vom 6. Mai 1636 an den Fürsten damit, dass diese Besoldungen erstens notwendig seien, weil auch landschaftliche Beamte und ihre Güter vom Krieg heimgesucht worden waren. Zweitens würden sich viele landschaftliche Beamte ohnehin schon in Geduld üben, weil sie oftmals schon keine Besoldungen erhalten hätten. 198 In einem weiteren Schreiben ein paar Tage später gaben die Landschaftsverordneten dann schließlich doch nach. Sie offenbarten die Besoldungen der landschaftlichen Beamten und des landschaftlichen Vorrats. Sie wollten dadurch den Vorwurf entkräften, sie hielten Steuergelder zurück. Maximilian errang dadurch einen beachtlichen Teilerfolg, da sich die Landstände bisher immer dagegen gewehrt hatten, Rechenschaft über die Besoldung ihrer Beamten abzulegen.199 Mit der Bewilligung der Fortführung der Steuereinnahme und der Aufschläge vom letzten Jahr wollten die Verordneten außerdem ihren guten Willen gegenüber Maximilian beweisen. Dieser blieb jedoch distanziert und antwortete, dies hätte er ohnehin erwartet und die Ausschreibung der Steuer sei schon durch ein Mandat veranlasst worden. 200

197 Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 88. 198 BayHStA, ALL 866, fol. 323. 199 BayHStA, ALL 866, fol. 328-331. Diese Besoldungen im Einzelnen sind im Kapitel über die Konflikte um die Offenlegung der Besoldung landständischer Beamter verzeichnet (ΠΙ. Teil, D., 3. Kapitel). 200 Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 88. 9*

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III. Teil: Die Landschafts Verwaltung und Landschafts Verordnung

Für die Jahre 1635 und 1636 ist eine weitere aus den Bestimmungen des Prager Friedens zur Militärhilfe sich ergebende finanzielle Belastung noch nicht erwähnt worden. Im Prager Frieden wurden die Einzelarmeen des Reiches unter dem Oberbefehl des Kaisers zusammengefasst. Finanziert werden sollte diese Reichsarmee durch die Beiträge aller Reichsstände. Jeder Reichsstand sollte 120 Römermonate für das Jahr 1635 und noch einmal dieselbe Summe für das Jahr 1636 beisteuern. Diese hohe Summe von 240 Römermonaten war bis Ende 1636 an verschiedenen festgelegten Terminen abzubezahlen.201 1637 beruhigte sich der Ton der Verhandlungen zwischen Maximilian und den Landschaftsverordneten wieder. Maximilian hatte schließlich im letzten Jahr die Offenlegung der landständischen Besoldungen erreicht sowie die Haushaltssperre für diese Besoldungen. Sein jetziges Ziel, welches er mit Hilfe der Verordnung erreichen wollte, war die schnellstmögliche Abzahlung der noch geschuldeten Zinsen. 202 Der Landschaftsverordnung wurde vom Fürsten anbefohlen, die Geldsummen, die nach Zahlung der Kammergutsaufbesserung und anderer unumgänglicher Ausgaben übrig blieben, in diesem Jahr nur für die Rückzahlung der Zinsen zu verwenden. Die Verordnung schlug vor, eine ganze Land- und Standsteuer zu erheben und noch zusätzlich 50000 fl. beizutragen. Dafür wollten die Landschaftsverordneten jedoch die Haushaltssperre für ihre Besoldungen aufgehoben sehen. Die Höhe des Zuschusses anbetreffend, einigte man sich auf die Summe von 75000 fl. Maximilian stimmte dafür der Aufhebung der Haushaltssperre für die Besoldungen landschaftlicher Beamter zu. 2 0 3 In den Postulatshandlungen von 1638 204 forderte Maximilian neben der normalen Summe an Kammergutsaufbesserung die Weiterführung der 75000 fl. Zuschuss, die für die Abzahlung von Zinsen unentbehrlich waren, welche für die Schulden bezahlt werden mussten, die für Kriegs- und damit verbundene Ausgaben gemacht worden waren. 205 Ein weiteres Projekt, das der Finanzierung bedurfte und für das Maximilian die Bewilligung der Landstände brauchte, war die Sicherung der Residenzstadt München durch die Verbesserung oder Verstärkung der Stadtmauern. 206 Dafür sollten 10000 fl. aufgebracht und von den Landständen bewilligt werden. Maximilian forderte außerdem Kriegsbeiträge und Beiträge für die Landesverteidigung durch die Landstände (240 Römermonate). 207

201 Albrecht, Maximilian, S. 923. 202 Freyberg beziffert sie mit 386000 fl. Freyberg, S. 88. 203 204 205 206 207

Geschichte der Gesetzgebung Band 1,

Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 89. BayHStA, A L L 867. BayHStA, ALL 867, S. 2. BayHStA, ALL 867, S. 3. BayHStA, ALL 867, S. 5.

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Die Landstände beantworteten die fürstlichen Postulate in ihrer schon bekannten zurückhaltenden Art. Auf das erste Postulat reagierten sie zwar zustimmend, aber mit einer theatralisch wirkenden Bitte an Gott, er möge die landschaftlichen Gefalle und Einkommen so erhalten, dass sie die finanziellen Bedürfnisse des Fürsten auch weiterhin abdecken könnten. Damit suggerierten sie, dass es nicht in ihrer Macht und in ihrem Einflussbereich lag, wie sich die finanziellen Ressourcen des Landes entwickelten und ob sie so wie früher erhalten blieben. 208 Die Landschaftsverordneten versicherten aber in ihrer Replik, dass sie versuchen würden, zunächst die Aufbesserungen für das Kammergut von 50000 fl. sowie die 100000 fl. für den Salzaufschlag aufzubringen. Die 75000 fl. jedoch, die Maximilian in seinem ersten Postulat verlangte, waren für die Verordneten zunächst nicht nachvollziehbar. Der Fürst hatte, als er dieselben im letzten Jahr verlangte, versprochen, keine Fortführung zu fordern. Was die zweite Forderung des Fürsten anbetraf, die 10000 fl. für die Befestigung Münchens, so waren die Landstände auch darüber erstaunt. Denn nach ihrer Information war ein bestimmter Teil der Landsteuer, die zu der Zeit erhoben wurde, ohnehin diesem Zweck gewidmet. 209 Die Stände waren bereit, diesen Teil aus der normalen Steuer auszukoppeln und als Einzelzahlung für die Befestigungsbauten der bayerischen Städte zu bewilligen und zu zahlen. Keinesfalls waren sie jedoch zu einer doppelten Zahlung bereit. Die dritte Forderung des Fürsten, die Bezahlung der 240 Römermonate, konnten die Landschaftsverordneten nicht erfüllen. 240 Römermonate entsprachen immerhin einer Summe von 438000 fl. Die landschaftliche Vorratskasse sei aber lediglich zu einer Zahlung von 179000 fl. in der Lage. 210 Außerdem wären während der letzten drei Jahre ohnehin schon jeweils 120 Römermonate aufgebracht worden. 211 Die Verordneten baten Maximilian daher um die Verschonung vor dieser hohen finanziellen Belastung. Maximilian versicherte den Landschaftsverordneten in seiner Antwort, dass die 75000 fl. der Abzahlung der Zinsen für die Schulden dienten, die Maximilian für Kriegs- und Verteidigungsausgaben hatte aufnehmen müssen und daher in diesem Jahr wieder gefordert werden müssten, da die Tilgung der Zinsen noch lange nicht abgeschlossen sei. 212 Was die landständische Antwort auf die zweite Forderung anbelangt, so erläuterte Maximilian auch hier, dass es mit der Steueranlage und der 208

Diese Bitte ist auch als Hinweis an Maximilian gedacht, der mit seiner aktiven Art, mit der er am Kriegsgeschehen des Dreißigjährigen Krieges teilnahm, dem Land viele Probleme brachte. Die Kriegseinfälle der Schweden in den Jahren 1632-1634 waren ganz offensichtlich ein traumatisches Erlebnis, da sie die Verwüstung des Landes und damit die Zerstörung der Ressourcen mit sich gebracht hatten. 209 BayHStA, ALL 867, S. 14. 210 BayHStA, ALL 867, S. 19. 211 BayHStA, ALL 867, S. 23. 212 BayHStA, ALL 867, S. 32/33.

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III. Teil: Die Landschaftsverwaltung und Landschaftsverordnung

zusätzlichen Forderung nach 10000 fl. seine Berechtigung hätte, denn die Steueranlage sei lediglich der Bezahlung der Arbeiter, die beim Bau der Befestigung tätig seien, gewidmet. Darüber hinaus gäbe es aber auch noch viele andere Unkosten im Zusammenhang mit den Befestigungs- und Verteidigungsbauten für München. 213 Die Forderung nach den 240 Römermonaten behielt Maximilian bei. Maximilian beschloss in seiner Resolution, die die Verhandlungen über seine Postulate beendete, die drei ersten Punkte, nämlich erstens die normale Kammergutsaufbesserung und 75000 fl. für Zinszahlung der Kriegsschulden und Schulden für die Verteidigungsmaßnahmen, zweitens 10000 fl. für die Befestigung Münchens. Den dritten Punkt, die 240 Römermonate anbelangend, erklärte Maximilian sich folgendermaßen: Die Landstände sollten diese Summe nach und nach zahlen, ihren finanziellen Möglichkeiten angepasst. Zu guter Letzt versprach Maximilian den Ständen natürlich auch noch die Ausstellung des Schadlosbriefes. 214 In einer auf die fürstliche Resolution folgenden Bemerkung drangen die Stände neben der Stundung auch auf eine Minderung der 240 Römermonate. Außerdem baten sie Maximilian darum, sich beim Kaiser dafür zu verwenden, von diesen 240 Römermonaten die für Durchzüge und Einquartierungen aufgebrachten Summen abzuziehen.215 Auf diese Schlussbemerkung der Landstände ging der Landesfürst nicht mehr ein. 2 1 6 1639 forderte Maximilian wie im Jahr zuvor auch zusätzlich zur normalen Kammergutsaufbesserung die 75000 fl. für Zinszahlungen, 10000 fl. für Befestigungsbauten nicht nur in München, sondern auch in Ingolstadt und die Geldsumme aus 75 Römermonaten (137500 fl.), die hauptsächlich der Verproviantierung der Soldaten, der Beschaffung von Waffen und Pferden etc. dienen sollte. 217 Außerdem forderte Maximilian die Verordneten auf, jede erdenkliche Möglichkeit der Geldbeschaffung an ihn weiterzugeben, um noch mehr Geldquellen zu erschließen. 218 Ansonsten müsste Maximilian wiederum eine Kriegskontribution einfordern, die diesmal alle, d. h. Stände, Beamte und Untertanen, belasten würde. Die Verordneten antworteten hierauf, dass ihnen bekannt geworden sei, dass diese Kriegskontribution schon beschlossene Sache sei, die entsprechenden Mandate schon in der Schublade lägen. Maximilian holte die Bewilligung von Steuern 213 BayHStA, ALL 867, S. 38. 214 BayHStA, ALL 867, S. 64. 215 BayHStA, ALL 867, S. 66. 216 Von 1635-1638 hatte Maximilian den Landständen ohnehin einen Betrag von 475820 fl. vorgestreckt, damit die auf den Kreistagen geforderten Römermonate bezahlt werden konnten. Das bedeutet, dass die Landstände zwar große Summen bewilligten, den Großteil des Geldes jedoch brachten die Untertanen durch die Zahlung der Landsteuern auf und Maximilian trug, wie man sieht, ebenfalls einen großen Teil zur Kriegsfinanzierung bei. Albrecht, Maximilian, S. 941. 217 BayHStA, A L L 867, S. 73-82. 218 BayHStA, ALL 867, S. 82.

C. Die Landschaftsverordnung als fürstlicher Verhandlungspartner

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ohnehin nur mehr im Nachhinein, sozusagen pro forma, von der Landschaftsverordnung ein. Diese hatte den Vorgang die gesamten Postulatshandlungen hindurch wohl erkannt und brachte ihn, wie in diesem Fall, zur Sprache. Die Verordnung wollte damit darauf hinweisen, dass sie den Prozess der Steuerentwicklung weiterhin mitgestalten wollte. Die Realität des 17. Jahrhunderts zeigt allerdings, dass dies eine Wunschvorstellung war. Letzten Endes stellt sich die Frage, ob dieser Anspruch der Landstände unter einem starken Landesherrn wie Maximilian und der Kriegssituation nicht doch eher illusorischer Natur war. An eine Mitregierung war nicht zu denken. Auch Maximilian hatte diese schon in deutlichen Worten abgelehnt. 219 Am Ende stellt sich die Beteiligung an Landtagen und Postulatshandlungen, die Bewilligung von Steuern und die Erhebung derselben als der realistische, dauerhafte Kern der landständischen Privilegien im 17. Jahrhundert in Bayern dar. Bis auf diesen für Maximilian jedoch schon zu oft wiederholten Vorwurf der Beschneidung der landständischen Privilegien, auf den er in seinen Antwortschreiben auch schon gar nicht mehr reagierte, gestalteten sich die Handlungen von 1639 kurz und bündig. 220 Nachdem Maximilian der Landschaftsverordnung angekündigt hatte, dass er, sollten die 75 Römermonate für die Versorgung der Truppen im Reich nicht gezahlt werden, dazu gezwungen sei, sie hier ihr Winterquartier halten zu lassen, gingen die Verordneten auf alle Forderungen ein. Sie versprachen sogar, eine Summe von 100000 fl. bis Ostern bereit zu stellen. Der Vorrat der landschaftlichen Kasse könne dies im Moment verkraften. Für das Entgegenkommen der Landstände war Maximilian dankbar, 221 allerdings ging er nicht auf die damit verbundene Bitte der Landstände ein, die angebotenen 100000 fl. von der Kreishilfe abzuziehen, die sich nach Angaben der Landstände auf eine Gesamtsumme von 575000 fl. belief. 222 Es blieb also bei den Beschlüssen des Fürsten. Die Postulatshandlungen von 1639 brachten zusätzliche, neue Steuern. Die ab sofort einzunehmende Kriegskontribution sah folgende Abgaben vor: In- und ausländische Stifte, Klöster, Gotteshäuser, Hofmarksinhaber oder andere geistliche und weltliche Grundherrschaften hatten pro Hof, der mehr als vier Pferde aufzuweisen hatte, 2 fl. Abgaben zu zahlen, jedoch ohne die eigenen Untertanen zu belasten. Dieses Geld sollte wirklich nur von den Herrschaften aufgebracht werden. 223 Inhaber halber Höfe sollten 1 fl. zahlen, ein Viertelhof 2 2 4 sollte 30 Kreuzer 219 BayHStA, ALL 414, fol. 638-640. 220 Der schriftlich aufgezeichnete Austausch von Argumenten dauerte vom 8. Januar bis zum 21. Januar 1639. 221 BayHStA, ALL 867, S. 129. 222 BayHStA, ALL 867, S. 133. 223 Inwieweit dies tatsächlich der Fall war, kann im Rahmen dieser Untersuchung nicht eruiert werden. 22 BayHStA, ALL 867, S. 3 .

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III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung

abgeben. Söldner, die Felder besaßen, also Getreide etc. anbauen lassen konnten, sollten 20 Kreuzer geben, solche, die keine Felder hatten, 15 Kreuzer. Untertanen, die selbstständig einen ganzen, halben oder viertel Hof bewirtschafteten, mussten dieselben Tarife entrichten wie oben beschrieben. 225 Durch den Krieg brachliegende Höfe waren von Steuerzahlungen ausgenommen. Geistliche und weltliche Personen sowie fürstliche Räte, Diener und Beamte, die nicht den Ständen angehörten, sollten von ihren Getreideernten, ihrem Weinverkauf und Geldeinnahmen den jeweils zehnten Teil ihrer Jahreseinnahmen in diesen Bereichen als Steuer abführen. Hausbesitzer in Städten und Märkten, deren Haus einen Wert von mehr als 200 fl. hatte, sollten 2 fl. abgeben.226 Häuser mit einem Wert von unter 200 fl. sollten mit 1 fl. besteuert werden. 227 Bürger, Beisitzer oder Inwohner in Städten sollten von ihren jährlichen Renten, Einkommen etc. den 10. Teil geben. Maximilian ordnete zudem an, im Land dazu aufzurufen, dass alle Einwohner Bayerns soweit es ihre Mittel zuließen, Abgaben leisten sollten („Kriegshilfe"), um dem Wohl des Landes und auch dem Wohl des Einzelnen zu dienen 2 2 8 Eine Konzession in Richtung Landstände machte Maximilian, indem er erlaubte, dass die Einnahme der Kriegskontribution im Beisein eines landständischen Verordneten erfolgte. Auch versprach er, künftig wieder im Vorfeld von Steuerentscheidungen mit den Verordneten der Landschaft Rücksprache zu halten. 229 Die schon vorgefertigten Mandate zur Steuererhebung von 1639 wurden außerdem nachträglich noch mit dem Zusatz versehen, die Steuern seien durch die Landschaftsverordneten bewilligt worden. 230 Auch im Bereich der Aufschläge wurde eine Erhöhung durchgesetzt: Das Halleiner Salz wurde mit einem außerordentlichen Aufschlag belegt, dessen Ertrag der bayerischen Armee zugeführt wurde. Bestehen blieb dieser außerordentliche Aufschlag bis 1649. 231 Auch 1640 stellte Maximilian dieselben Forderungen wie in den Jahren zuvor. Zunächst die 75000 fl. neben der normalen Kammergutsaufbesserung, dann wiederum die 10000 fl. für die Befestigungsbauten Münchens und anderer Städte. Sodann verlangte er von den Verordneten nochmals, ihn kontinuierlich über die Zahlen des landschaftlichen Vorrats zu informieren. 232 Außerdem verkündete Maximilian, einige wichtige Regimenter aus eigenen Mitteln weiter erhalten zu lassen. Dieses Verhalten lobten die Landstände ausdrücklich und waren daher auch dies225 226 227 228 229

BayHStA, ALL 867, S. 140. BayHStA, A L L 867, S. 142. BayHStA, ALL 867, S. 143. BayHStA, A L L 867, S. 145. Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 91.

230 Albrecht, Maximilian, S. 943. 231 Albrecht, Maximilian, S. 1089. 232 BayHStA, ALL 867, S. 159.

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mal ohne Widerspruch dazu bereit, die normale Kammergutsaufbesserung (150000 fl.), die 75000 fl. für die Rückzahlung der Schulden und die 10000 fl. für städtische Befestigungsbauten zu zahlen. 233 Was die seit 1634/35 stark umkämpfte Unterrichtung über die Geldmittel im landschaftlichen Vorrat anbelangte, setzten die Verordneten hier nicht auf Konfrontation. Sie kamen der Forderung Maximilians seit 1635 regelmäßig nach. Allerdings wiesen sie immer wieder darauf hin, dass erst nach der Einnahme und Abrechnung der gesamten Steuern definitive Aussagen über die Höhe des landschaftlichen Vorrats gemacht werden konnten. 234 Die Forderung Maximilians nach einer Abgabe von 10% aller an die landschaftliche Kasse gezahlten Zinsen wurde von Seiten der Verordnung nicht widersprochen. Auch wurde die Erhebung einer Landsteuer bewilligt. 235 Die eben genannte zehnprozentige Quellensteuer, deren Einnahmen die Hofzahlamtskasse bei der Begleichung der Zinsen entlasten sollte, steht in einer Reihe mit mehreren Sondersteuern, die Maximilian seit 1634/35 durchgesetzt hatte. Zu nennen sind hier der Aufschlag von 1634, der seitdem Jahr für Jahr fortgeführt worden war sowie die 1639 erhobene Kriegskontribution, die, um es vorwegzunehmen, auch 1642 und 1645 eingenommen wurde und eine Summe von ca. 540000 fl. einbrachte. Eine weitere Sondersteuer war die so genannte Dezimation des bayerischen Welt- und Ordensklerus. Bis auf die zehnprozentige Quellensteuer ist davon auszugehen, dass die Sondersteuern der fürstlichen „propria cassa" zugeführt wurden. 236 Dies war auch den Landständen bekannt, weshalb sie - wie im Folgenden gezeigt werden wird - in eine lange und zähe Diskussion mit Maximilian um die Beiträge zum Krieg und zur Heeresfinanzierung eintraten. Es ging den Landschaftsverordneten um eine Minderung ihrer finanziellen Beiträge zur Kriegsarmee. Die Kriegskontribution, die Einnahmen aus dem Aufschlag und der Quellensteuer sollten - so die immer wieder vorgebrachten Forderungen der Landschaftsverordneten - von den zu zahlenden Römermonaten abgezogen werden. 1641 wurden von Maximilian wiederum dieselben drei Forderungen wie in den letzten Jahren gestellt: Kammergutsaufbesserung von 150000 fl. plus 75000 fl. für Zinszahlungen, 10000 fl. zur Vollendung der Befestigungsbauten vor allem in München, 120 Römermonate Kriegsabgabe, die einer Summe von 219000 fl. entsprachen. 237 Diese mussten nach einem Reichsbeschluss innerhalb von 5 Monaten entweder durch „Verstattung" von Quartier oder bar bezahlt werden. 238

233 BayHStA, ALL 867, S. 169. 234 BayHStA, ALL 867, S. 170. 235 Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 92. 236 Albrecht, Maximilian, S. 941/942. Ansonsten speiste sich der Geldvorrat der „propria cassa" aus dem Kammergut und den Salzgefällen sowie dem Weißbieraufschlag. 237 BayHStA, ALL 867, S. 208. 238 BayHStA, ALL 867, S. 182.

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III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung

Die Landschaftsverordnung bewilligte in ihrer Antwort die Forderungen Maximilians. Sie bat ihn aber gleichzeitig, dass von den 219000 fl. Kriegsabgabe die 75000 fl. für die Zinszahlungen abgezogen werden. Sie informierte den Landesfürsten zudem darüber, dass sie im Moment nur 100000 fl. bar zur Verfügung hätten. Mit der Einnahme des Aufschlags, der fortgesetzt werden sollte, sowie mit der Erhebung einer Land- und Standsteuer, wollten die Landstände die von Maximilian geforderten Summen erreichen. 239 Im Jahr 1641 wurden zudem erstmals vier Verordnete aus der Landschaftsverordnung heraus gewählt, die an Sitzungen des fürstlichen Kriegsrats teilnahmen. 240 Die fürstlichen Forderungen aus dem Jahre 1642 waren wiederum die nach der Kammergutsaufbesserung von 150000 fl. plus 75000 fl., nach 120 Römermonaten, nach 100000 fl. an Reichskontributionen, die noch ausstanden und die so schnell wie möglich nachgezahlt werden mussten.241 Die Summe von 10000 fl. für Befestigungsbauten wurde in diesem Jahr nicht mehr gefordert. Der Fürst betonte zwar, dass die Bauarbeiten noch nicht beendet seien, aber angesichts der anderweitigen hohen finanziellen Belastungen, wollte Maximilian die Landstände in diesem Jahr verschonen. 242 1642 musste über den Einfall der Franzosen ins Reich am Nieder- und Oberrhein beraten werden, die sich in Richtung Bayern bewegten.243 Da die Landstände darüber ebenfalls informiert waren, waren sie ohne Diskussionen zu den von ihnen geforderten Kontributionen bereit. 244 Allerdings eröffneten sie Maximilian, dass nach Einschätzung ihrer finanziellen Lage sowie der der Untertanen erst in drei Monaten mit barem Geld für die Zahlungen gerechnet werden kann. 245 Deswegen schlugen sie eine Kriegskontribution wie 1639 vor, als die Höfe von Grundbesitzern je nach Größe belegt wurden. Außerdem sollten 60 der 120 Römermonate innerhalb kurzer Zeit als Reichshilfe aufgebracht werden. Mit diesen Maßnahmen war der Fürst einverstanden. 246 4. Die Postulatshandlungen 1643-1651 Auch 1643 gab es wiederum die Forderung nach 150000 fl. Kammergutsaufbesserung, nach 75000 fl. für Zinszahlungen und nach größeren Summen an Reichs239 BayHStA, ALL 867, S. 199. 240 Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 92. Die vier Verordneten waren die Herren von Hohenwaldeck, von Haslang, von Neuhaus und der Bürgermeister Hörl aus München. 241 BayHStA, ALL 867, S. 229-231. 242 BayHStA, ALL 867, S. 233. 243 244 245 246

BayHStA, ALL BayHStA, ALL BayHStA, ALL BayHStA, ALL

867, S. 283. 867, S. 284. 867, S. 292. 867, S. 321.

C. Die Landschaftsverordnung als fürstlicher Verhandlungspartner

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kontributionen. Nachdem im Jahr zuvor auf einem Kreistag in Landshut jeder Reichskreis eine außerordentliche Kriegshilfe von 60 Römermonaten zu zahlen versprochen hatte, verlangte der Kaiser nun in diesem Jahr noch einmal dieselbe Bereitschaft. Maximilian forderte daher nochmals 60 Römermonate für die Reichskriegskasse, die für das in Bayern stehende Heer verwendet werden sollten. 247 Die Verordneten waren bereit, die Forderungen des Fürsten und des Kaisers zu erfüllen. Um die 60 Römermonate zahlen zu können, baten sie den Fürsten um Nachsicht, dass die Summe für die Kammergutsaufbesserung zunächst nicht sofort in Gänze gezahlt würde, sondern nach und nach. Maximilian war damit einverstanden und lobte die Landstände in seiner Resolution ausdrücklich für ihre Bemühungen. Maximilians Bemühungen wiederum waren seit einiger Zeit sehr ernsthaft auf einen Friedenschluss konzentriert, wobei er sich in diesem Punkt des Lobes und der Zustimmung der Landstände sicher sein konnte. Das Jahr 1643 war von Siegen der bayerischen Armee unter Franz von Mercy gekennzeichnet, während sich das Jahr 1642 als ein Jahr der Niederlagen herausgestellt hatte. Trotz des ständig wechselnden Kriegsglücks war schon seit dem Regensburger Reichstag von 1640/41 und endgültig seit dem Abschluss des Hamburger Präliminarfriedens vom November 1641 auf Maximilians Seite großes Interesse an einem Frieden vorhanden, zumal die Ausgaben für den Krieg bald die bayerischen Staatseinnahmen überstiegen. 248 1644 eröffnete Maximilian den Verordneten der Landschaft, dass der Kaiser noch zusätzliche 40 Römermonate als Kriegsbeitrag forderte. Dies bedeutete zuzüglich der noch ausstehenden Zahlungen von 60 Römermonaten nun 100 Römermonate und eine finanzielle Belastung von ca. 183000 fl. Die Kammergutsaufbesserung und der Beitrag für die Zinszahlungen wurden von Maximilian zusätzlich wieder gefordert. 249 Mit Hilfe einer ganzen Land- und Standsteuer sowie der weitergeführten Einnahme des Aufschlags sollten diese Geldmittel aufgebracht werden 2 5 0 Die Landstände waren zum ersten Mal seit 1642 wieder eher zurückhaltend mit der Bewilligung der umfangreichen Forderungen und baten vor allem hinsichtlich der 100 Römermonate, dass Maximilian beim Kaiser eine Milderung der Forderungen erwirke. Bar seien für die Reichskontribution momentan lediglich 50000 fl. aufzubringen. Auch baten die Landstände darum, von der Summe der 100 Römermonate die von 1639 bis 1643 eingenommene Summe der außerordentlichen Kriegs247 BayHStA, ALL 867, S. 340. 248 1645 betrugen die bayerischen Staatseinnahmen ca. 1,6 Mio. fl., die Ausgaben für den Krieg schon 1,3 Mio. fl. 1646 näherte sich diese Summe noch mehr an: Die Staatseinnahmen betrugen ca. 1,7 Mio. fl. und die Kriegsausgaben 1,6 Mio. fl. Genaue Zahlen zitiert bei Albrecht, Maximilian, S. 948. 249 BayHStA, ALL 868, S. 24-31. 2 BayHStA, ALL 8 6 , S. 32.

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III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung

Steuer abzuziehen. Maximilian ging auf diesen Vorschlag ein, da - wie er betonte die Einnahme dieser außerordentlichen Kriegssteuer sehr gut funktioniert hatte. Auch deshalb wurde die außerordentliche Kriegskontribution für das Jahr 1644 neuerlich beschlossen. Die landschaftlichen Rechenaufnehmer hatten dem Fürsten diesen Vorschlag unterbreitet, weil die Aufschläge und Steuern die geforderte Menge an Geld voraussichtlich nicht abdecken konnten. Diesen Vorschlag der Landstände billigte Maximilian. 251 1645 wurden vom Fürsten wieder dieselben Forderungen an die Landschaft gestellt. Die Landstände waren sich schon länger darüber im Klaren, dass sie nichts anderes tun konnten, als den Forderungen zuzustimmen, denn die Kosten für den Krieg waren akut. 252 Die Landstände beugten sich der in diesem Fall wahrhaft wörtlich zu nehmenden Macht des Faktischen, nicht aber ohne den Fürsten genau darüber zu informieren, was für eine finanzielle Anstrengung dem Land und den landständischen Finanzen damit zugemutet wurde. Die drei Forderungen, die seit 1638 regelmäßig erhoben wurden, nämlich die Kammergutsaufbesserung von 150000 fl., die 75000 fl. für Zinszahlungen und die 120 Römermonate Kriegskontribution, die 219320 fl. ausmachten,253 bedeuteten eine jährliche Belastung von ca. 445000 fl. für die landständischen Kassen. Zu dieser Summe kamen noch ausstehende Zinszahlungen an verschiedene Gläubiger in der Höhe von ca. 195000 f l . 2 5 4 und ca. 160000 fl. an Kreiskontribution. Es ergab sich eine Summe von ca. 800000 fl. als finanzielle Gesamtbelastung für das Jahr 1645. Hinzu kamen als Belastung für die landständische Kasse aber auch noch die Besoldungen für die landständischen Beamten, die sich jährlich auf durchschnittlich 13550 fl. beliefen. 255 Insgesamt wuchs die jährliche finanzielle Belastung in den Augen der Landschaftsverordnung in unerträgliche Höhen. 256 Dessen war sich auch Maximilian bewusst, er wollte daher 1645 mit seiner Hofkammer verhandeln und bis Juli eine Regelung erreichen, die es den Landständen ermöglichen würde, im Voraus zu wissen, wie viel außerordentliche Kriegshilfe im jeweiligen Jahr benötigt würde. 257 Außerdem war er mehr denn je dazu entschlossen, den Frieden zu befördern. Jedoch war er von der Idee der Universalfriedensverhandlungen, die seit dem Regensburger Reichstag diskutiert wurde, immer noch nicht überzeugt, sondern setzte auf eine direkte Einigung mit Frankreich. 258 251 BayHStA, ALL 868, S. 82. 252 Sowohl die Franzosen als auch die Schweden standen 1645 im Reich. In der Schlacht von Alerheim am 3. August 1645, wurde die bayerische Armee von den Franzosen besiegt. Siehe Albrecht, Maximilian, S. 991. 253 BayHStA, A L L 868, S. 249. 254 BayHStA, ALL 868, S. 249/250. 255 BayHStA, ALL 868, S. 251. 256 BayHStA, A L L 868, S. 253. 257 BayHStA, A L L 868, S. 240. 258 Albrecht, Maximilian, S. 991.

C. Die Landschafts Verordnung als fürstlicher Verhandlungspartner

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Es folgen in drei Tabellen die Auflistung der Reichs- und Kreishilfen, der außerordentlichen Kriegs- und Bündniskosten sowie der Abgabe von 10% der bei der Landschaft eingehenden Zinszahlungen, die veranschaulichen können, welche finanzielle Belastung allein auf den Untertanen Kurbayerns lag.

Tabelle 1 Bilanz über die Reichs- und Kreishilfen seit dem Prager Frieden bis 1644 259 1635

120 Römermonate (=219360 fl.) - wurden erst 1638 gezahlt.

1636

120 Römermonate (=219360 fl.) - wurden erst 1638 gezahlt.

1638

75 Römermonate (=137100 fl.) - wurden erst 1639 gezahlt.

1640

120 Römermonate (=219360 fl.) - wurden erst 1641 gezahlt.

1641

Sollten wieder 120 Römermonate gezahlt werden, die dann aber auf 60 Römermonate (=109680 fl.) herabgesetzt wurden. - Diese wurden erst 1642 gezahlt.

1642

Mussten insgesamt 100 Römermonate (=182800 fl.) aufgebracht werden, da der Kaiser die 60 Römermonate in diesem Jahr noch um 40 Römermonate erhöht hatte. Gezahlt wurde diese Summe 1643 und 1644.

1643

100 Römermonate (=182800 fl.) Gezahlt wurden nur 150000 fl.

1644

120 Römermonate (=219360 fl.) Gezahlt wurden nur 100000 fl.

Quelle: BayHStA, ALL 868, S. 263-266.

Insgesamt ergibt sich für diese neun Jahre eine Summe von 1489820 fl. (= 815 Römermonate). Fehlende Summen wurden 1651 nachgezahlt.

259 BayHStA, ALL 868, S. 263-266. Beide Listen waren der Hofkammer zur Kenntnis erstellt worden. Eine von Maximilian ins Leben gerufene Kommission, bestehend aus dem Hofkammerpräsidenten, dem Landschaftskanzler und einem städtischen Vertreter (Bürgermeister der Stadt München), prüfte mit Hilfe aus dem Hof- und Kriegszahlamt und einer ständischen Deputation die Zahlen und autorisierte schließlich diese Bilanz. Die Zahlen galten nur für das Herzogtum Bayern. Der bayerische Reichskreis hatte insgesamt höhere Beiträge aufzubringen: Beim Prager Frieden 1635 hatte er dem Beitrag von 120 Römermonaten zugestimmt, auf dem Kurfürstentag in Regensburg 1636/37 wieder 120, auf dem Kreistag zu Landshut 1638 150, auf dem Reichstag in Regensburg 1640/41 240, 1642 100, 1643/44 wiederum 240, 1646 und 1647 120 und 1649 125 Römermonaten. Zitiert bei Albrecht, Maximilian, S. 939.

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III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung Tabelle 2 Auflistung der außerordentlichen Kriegshilfen 1638-1645 1638 1639

22500 fl. 170863 fl. (durch die „ExtraOrdinariKriegshilff') und 38103 fl. (stammt aus dem zehnten Teil, den die fürstlichen Räte, Diener und Beamten und andere weltliche und geistliche Personen, die nicht den Ständen angehörten, als Kriegsopfer" zahlen mussten).

1640 1641 1642

120 Römermonate Reichskontribution. ergeben sich aus dem zehnten Teil 38061 fl. Nachzahlung der Reichskontribution von 1641: 109680 fl.

1643

Nachzahlung der Reichskontribution für 1642: 109680 fl. (= 60 Römermonate) + 73200 fl. (= 40 Römermonate) + Nachzahlung der „ExtraOrdinariKriegshilff' 188438 fl. + zehnter Teil 22179 fl.

1644

25000 fl. Anzahlung für die 100 Römermonate. „ExtraOrdinariKriegshilff' und zehnter Teil: 180000 fl. + 22000 fl. Zusätzlich sind noch 100000 fl. als Anzahlung für die für 1644 noch fälligen 120 Römermonate an die Hofkammer gezahlt worden.

1645

Quelle: BayHStA, ALL 868, S. 265/266.

Dies ergibt eine Gesamtsumme von ca. 1320000 fl. Wobei hier aber noch 270833 fl. bleiben, die die Landschaft noch zu zahlen hatte.

Tabelle 3 Kriegsabgabe von 1639-1648 2 6 0 1639

betrug diese Summe 17232 fl.

1640

konnte kein Zuschuss gewährt werden.

1641

wurden 16257 fl. gezahlt.

1642

wurde kein Zuschuss bezahlt.

1643

wurden 8101 fl.

1644

beträgt die Zuschusssumme 2843 fl.

1645

ist die Summe mit 8745 fl. zu beziffern.

1646

mit 8591 fl.

1647

nur mit 2200 fl.

1648

mit der höheren Summe von 27000 fl.

Quelle: BayHStA, ALL 868, S. 265/266.

Die Landstände zahlten zwischen 1635 und 1645 für Reichs- und Kreiskontributionen ca. 1320000 fl., die zum größten Teil aus den Erträgen der Landsteuer und 260 Hier ist die Besteuerung der bei der Landschaft eingehenden Zinszahlungen in Höhe von 10% gemeint.

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der Aufschläge stammten. Die Standsteuer machte hier lediglich 14% der Summe aus. 261 In den Jahren 1639 sowie 1642-1644 wurde außerdem noch eine außerordentliche Kriegskontribution von der Bevölkerung verlangt. Insgesamt brachte sie eine Summe von 539000 f l . 2 6 2 Diese Summe ist nicht zu verwechseln mit der Summe der Kriegsabgabe aus Tabelle 3, die insgesamt 90969 fl. ausmachte und die eine Besteuerung der bei der Landschaft eingehenden Zinszahlungen darstellte. 1645 wurden die landschaftlichen Verordneten nicht nur wegen Geldbewilligungen vom Fürsten zusammengerufen, sondern auch zu Beratungen im Hinblick auf eine eventuelle vertragliche Friedensvereinbarung mit Frankreich. 263 Schon seit 1638/39 gehörte Maximilian ohnehin zu den katholischen Reichsfürsten, die auf einen Frieden drängten. Auf dem Regensburger Reichstag von 1640 zählte er zu der gemäßigten Gruppe der Reichsfürsten, die um des Friedens willen sogar zu konfessionspolitischen Zugeständnissen bereit gewesen wären. 2 6 4 Und seit Bayern mit Frankreich 1631 einen Kooperationsvertrag geschlossen hatte, war diese Bündnisachse ständig aktiv gewesen.265 Maximilian, der die Landschafts Verordnung in den Jahren seit 1619 lediglich in Finanzfragen zu Rate gezogen hatte, erbat nun im Jahr 1645 ein Gutachten der Verordneten über die Frage, ob man an der Seite des Kaisers den Krieg weiter führen oder mit Frankreich einen Separatfrieden schließen solle. Die Verordneten wurden hierzu über die Informationen des gefangenen französischen Feldmarschalls Gramont unterrichtet sowie auch über die Informationen eines bayerischen Gesandten, der nach Paris geschickt worden war. Die Landstände rieten Maximilian, einen gegenseitigen Waffenstillstand mit der französischen Krone zu schließen. 266 Zur gleichen Zeit erhielt man auch Kunde vom Gesandten in Paris, dass Frankreich sich bereit erklärt hatte, mit Bayern in Münster in Verhandlungen zu treten. 267 Maximilian begann seine Proposition für die Postulatshandlungen 1646 sogleich mit der Forderung nach der Reichskontribution von 120 Römermonaten, die in den folgenden fünf Monaten bezahlt werden sollte. Auch die anderen Forderungen aus den zurückliegenden Jahren wurden wiederholt. Die Landstände bewilligten für 1646 die 150000 fl. Kammergutsaufbesserung und die 75000 fl. zur Schuldenabzahlung sowie die 120 Römermonate, jedoch nur unter der Bedingung, dass sie diese Summe je nach ihren finanziellen Möglichkeiten abbezahlen dürften. 100000 fl. wollten sie sofort bar an die Hofkammer überweisen, den 261

Zahlen bei Albrecht, Maximilian, S. 941. 262 Zahl bei Albrecht, Maximilian, S. 941. 263 BayHStA, ALL 868, S. 319. 264 Albrecht, Maximilian, S. 970. 265 Immler, Friedenskongreß, S. 20-23. 266 BayHStA, ALL 868, S. 338. 267 BayHStA, ALL 868, S. 322.

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III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung

Rest der Summe später. 268 Völlig außerstande erklärten sich die Landstände in Bezug auf die sofortige Zahlung von noch ausstehenden Reichskontributionen. Seit 1645 waren auch Vertreter der Hofkammer in die Postulatshandlungen eingeschaltet, die dem Fürsten in Form von Gutachten rieten, was er von den Landständen zu fordern habe. Zur Bezahlung aller Geldforderungen des Fürsten und der Reichskontribution wurde die Erhebung einer ganzen Land- und Standsteuer sowie notfalls auch wiederum die Eintreibung der Kriegskontribution beschlossen. Im Herbst 1646 sah sich die bayerische Bevölkerung wie schon 14 bzw. 12 Jahre zuvor wiederum der Zerstörung ihres Landes, ihrer Höfe, des Mordens und Brandschatzens durch französische und schwedische Truppen ausgeliefert. Maximilian forderte daher auf den seit 1645 aufgenommenen Friedens Verhandlungen ganz vehement die Einigung mit Frankreich. 269 In diesen frühen Jahren der Friedensverhandlungen ging es vor allem um die Satisfaktion Frankreichs. Der französische König bzw. sein starker Gesandter, der Kardinal Mazarin, Nachfolger Richelieus, forderten die Herausgabe des gesamten Elsaß'. Maximilian unterstützte diese französische Forderung und intervenierte in dieser Hinsicht beim Kaiser in der Hoffnung, dass die Franzosen durch die Erfüllung ihrer Satisfaktionsforderungen ihr Bündnis mit den Schweden aufgeben und so ein echter Frieden zustande kommen könnte, so dass die Franzosen die Anerkennung der Kurwürde für Bayern unterstützen würden. 270 Maximilians Bestreben war also seit 1645 und ganz besonders seit dem neuerlichen Einfall feindlicher Armeen in Bayern im Jahr 1646 ganz auf einen Friedensschluss gerichtet - natürlich nur unter der Bedingung, dass die Kurwürde erblich an sein Haus fallen würde. Das bedeutet, Maximilian war nicht um jeden Preis zu einem Frieden bereit. Solange die Anerkennung der Kurwürde noch ausstand, so lange mussten auch noch die Armeen im Feld stehen, um gewissermaßen den militärischen Druck für die Erreichung seiner persönlichen Ziele zu benutzen. Die finanziellen Forderungen, die Maximilian in den folgenden Jahren an die Landstände stellte, sind im Lichte dieser beiden Ziele, Frieden und Anerkennung der Kurwürde, zu sehen. 1647 forderte Maximilian neben der üblichen Kammergutsaufbesserung und den 75000 fl. eine erneute Erhebung einer Land- und Standsteuer. 271 Zusätzlich forderte er von der Landschaftsverordnung noch eine stark belastende Einquartierungssteuer. Adel und Prälaten mussten von jedem Gulden eingenommener Steuer 18 Kreuzer abzweigen, Städte und Märkte von jeden 5 Gulden des jährlichen Kammereinkommens 18 Kreuzer. Jeder Bürger hatte eine wöchentliche Kriegskontribution von 6 Kreuzern zu zahlen, jeder Hofbesitzer 2 fl. wöchentlich (ein halber Hof 268 BayHStA, A L L 869, S. 19. 269 Immler, Friedenskongreß, S. 322. 270 Albrecht, Maximilian, S. 1009-1017. 271 BayHStA, ALL 869, S. 49.

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nur 1 fl., ein Viertelhof 30 Kreuzer), Söldner 20 Kreuzer wöchentlich, Geistliche, Beamte und nicht zu den Ständen gehörende Personen mussten wöchentlich 10% ihres Einkommens als Kriegskontribution entrichten. 272 Die Landschaftsverordnung bewilligte diese Kriegskontribution für zwei Monate. Im Mai mussten die Landstände dann noch die eigenmächtige Erhebung einer Landsteuer im Rentamt Burghausen hinnehmen, nachdem Maximilian zwar dazu ihre Bewilligung gesucht hatte, die Besprechung der ober- mit den unterländischen Ständen aber dann doch nicht erst abwarten wollte, weil die Gelder so schnell wie möglich benötigt wurden. In den übrigen Rentämtern wurde ab Juli 1647 eine monatliche Kriegskontribution erhoben. Ein Thema am Rande muss hier noch Erwähnung finden: Maximilian wagte in diesen Postulatshandlungen 1647 außerdem einen Vorstoß im Hinblick auf die finanziellen Mittel für die militärische Verteidigung des Landes, die - wie die letzten Jahre gezeigt hatten - oft nur mühsam eingetrieben werden konnten. Maximilian schlug daher vor, die herkömmliche als Landesdefensionswerk bezeichnete Kasse aufzulösen. An ihre Stelle sollte eine jährliche Abgabe der Untertanen treten, mit der eine benötigte Anzahl von Soldaten - auch in Friedenszeiten - finanziert werden sollte. Maximilian brachte damit in Ansätzen die Idee des stehenden Heeres ins Spiel. 273 Die Landstände standen dieser Idee in ihrem vom Fürsten angeforderten Gutachten skeptisch gegenüber. Vor allem sahen sie nicht ein, warum in Friedenszeiten auch Geld für ein Heer aufgebracht werden sollte. Die Landesverteidigung war ihrer Ansicht nach etwas, was nur in einer Bedrohungssituation in Aktion gebracht werden sollte. 274 Der zweite Grund, der den Landschaftsverordneten Unbehagen verschaffte, war die Tatsache, dass ein stehendes Heer aus Söldnern bestand. Die mangelnde „Vaterlandsliebe", vor allem aber auch die Disziplinlosigkeiten der Söldnerheere, die im Dreißigjährigen Krieg ein verwüstetes Land und eine leidende Bevölkerung hinterlassen hatten, waren nach Ansicht der Landschaftsverordnung Grund genug, die Idee eines stehenden Heeres abzulehnen.275 Wie auch schon in den vorhergehenden Jahren forderte Maximilian die Kammergutsaufbesserung von 150000 fl. und 75000 fl. für Zinszahlungen. Auch die Reichskontribution in Höhe von 120 Römermonaten wurde vom Fürsten gefordert. Die Landstände waren zu diesen Zahlungen bereit. Die 120 Römermonate zahlten sie in zwei Etappen: Die erste Hälfte der Summe wurde zu Beginn der Winterquartiersbeziehung der Soldaten gezahlt, die zweite Hälfte nach Auflösung der Winterquartiere. 276 Die bewilligten Forderungen wurden durch die schon 1639, 1643 und 272 Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 102. 273 BayHStA, ALL 869, S. 112. 274 BayHStA, ALL 869, S. 123. 275 BayHStA, ALL 869, S. 119. 276 BayHStA, ALL 870, S. 7. 10 Kummer

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III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung

1645 erhobene Kriegskontribution („ExtraOrdinariKriegshilff 4) und durch eine ab Herbst einzunehmende doppelte Land- und Standsteuer finanziert. 277 Maximilian forderte zusätzlich eine fünfprozentige Quellensteuer, die aber von der Landschaftsverordnung nicht bewilligt und von Maximilian schließlich fallen gelassen wurde. 278 Diese umfangreichen Geldforderungen ergaben sich aus den bewegten Ereignissen des Jahres 1647. Nachdem Maximilian in Ulm einen Waffenstillstandsvertrag mit Frankreich und Schweden ausgehandelt hatte, um sein Land vor weiteren Verwüstungen zu retten, hatte der Kaiser aus Bestürzung und Enttäuschung über diesen neuerlichen bayerischen Lapsus, vielleicht auch aus Rache, den Plan gefasst, Maximilians bayerische Armee, die zudem noch den funktionierendsten Teil der „Reichsarmada" darstellte, dem Bayern abspenstig zu machen. Maximilian gelang es jedoch mit einem Appell an die Offiziere und die Soldaten, der natürlich auch die Aussicht auf finanzielle Belohnung beinhaltete, diese von kaiserlicher Seite initiierte „Meuterei" im Keim zu ersticken. Weiterhin entstanden Kosten für die Abdankung der bayerischen Truppenteile, die nicht der Verteidigung des Landes dienten (dies war im Waffenstillstandsvertrag von Ulm niedergelegt worden) und für die Einquartierung der übrigen Truppenteile, für die Maximilian in den Ulmer Verhandlungen keine Quartiere außerhalb des bayerischen Reichskreises hatte aushandeln können. 279 Noch im Herbst 1647 kehrte Maximilian jedoch an die Seite des Kaisers zurück. Die bayerische Armee kämpfte an der Seite der kaiserlichen Truppen in Böhmen gegen die Schweden. Maximilian hatte eingesehen, dass die Franzosen sein Land nicht vor den Schweden schützen würden und dass, entgegen den Hoffnungen Maximilians, der Ulmer Vertrag keine Einleitung zu einem echten Frieden darstellte. 2 8 0 Der Einsatz der bayerischen Truppen in Böhmen machte eine Weiterfinanzierung des Krieges nötig. Zudem besetzte die schwedischen Armee im Mai 1648 wiederum bayerisches Gebiet und wütete in ungeahntem Maße. Maximilian bot daher dem schwedischen General Wrangel durch seinen Gesandten Kurz eine Zahlung von 1 Mio. Reichstaler an. Die schwedische Seite forderte jedoch die doppelte Summe, weshalb sich die Verhandlungen zerschlugen. Bayern wurde also weiter verwüstet. Allein das Rentamt Burghausen und der bayerische Südosten blieben verschont. Die kaiserliche Armee, nunmehr unter Piccolomini, konzentrierte sich, trotz empörter Aufrufe Maximilians, lediglich darauf, die Schweden nicht in österreichische Erblande einfallen zu lassen. Erst im Frühherbst gelang die Zurückdrängung der schwedischen Armee. Im Oktober wurde Frieden geschlossen.281 277 BayHStA, ALL 870, S. 13. 278 BayHStA, ALL 870, S. 16. 279 Albrecht, Maximilian, S. 1064 und S. 1069/1070. 280 Albrecht, Maximilian, S. 1075-1078; siehe auch Immler, Friedenskongreß, S. 485. 281 Albrecht, Maximilian, S. 1081 /1082.

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Am 24. Oktober 1648 wurden die Friedens Verträge unterzeichnet und damit dem Krieg ein Ende gesetzt. Die doppelte Land- und Standsteuer musste dennoch erhoben werden, denn nun stand die Finanzierung der Abdankung der sich im Land befindlichen Soldaten und die Auszahlung der Soldaten für die Entlassung in das zivile Leben an. Das vom Krieg weit gehend verschonte Rentamt Burghausen und einige ebenso verschonte Gegenden des Oberlandes (Südostbayern) wurden dafür mit einer doppelten Landsteuer belegt. 282 Die Landstände wiesen jedoch darauf hin, dass das Rentamt Burghausen zwar vom Krieg, nicht aber von Seuchen verschont geblieben war und dass es sicher ratsam wäre, wenn man auch dort einige Gebiete von der doppelten Land- und Standsteuer ausnehmen würde. 283 Dennoch sollte die Landsteuer nach bald möglicher Ausschreibung schnellstens eingenommen werden, damit das Geld noch vor Weihnachten zur Verfügung stehe. 284 Im Dezember 1648 mahnte Maximilian bei den Landständen die noch fehlenden Summen für die 120 Römermonate und die 75000 fl. an, die ehestens beim Kriegs- und Hofzahlamt eingehen sollten. 285 Der Großteil der 120 Römermonate für die Abdankung der in Bayern befindlichen Armeen konnte allerdings durch die Steuereinnahmen nicht gedeckt werden. Maximilian zahlte daher Teile des Betrags aus eigener Kasse. 286 Der durch den Friedensvertrag an sich legitime Verbleib eines Teils der bayerischen Armeen und damit die Realisierung eines stehenden Heeres, die Maximilian ja schon einmal in einer Postulatshandlung angesprochen hatte, zog der Landesfürst nicht in Betracht. Die finanzielle Belastung wäre nicht tragbar gewesen, außerdem lag Maximilians Priorität auf der Befriedung des Landes. In den Postulatshandlungen von 1649 war es den Landständen ein Anliegen, dem Fürsten zu schildern, wie stark die Bevölkerung vom Krieg in Mitleidenschaft gezogen worden war. In den Schilderungen der Verordneten wurde die Hungersnot in weiten Teilen der Bevölkerung als unerträglich groß beschrieben. Gerade die armen Bevölkerungsschichten seien am stärksten betroffen. Die Verordneten baten Maximilian daher, einen Weißbieraufschlag einzubringen, dessen Einnahmen der Linderung der Hungersnot zugute kommen sollte. 287 Die Landschaftsverordnung 282 BayHStA, ALL 870, S. 40/41. 283 Die Gebiete um Kraiburg und Etting sowie um Passau herum, waren nach Angaben der Verordneten auch Durchzugs- und Rückzugsgebiete einiger Armeen, sodass dort sogar eine einfache Landsteuer eine zu starke finanzielle Belastung darstellen würde. BayHStA, ALL 870, S. 44/45. 284 BayHStA, ALL 870, S. 59. 285 BayHStA, ALL 870, S. 63. 286 Ein Teil des Geldes lieh sich Maximilian (200000 fl. aus Italien), die Abzahlung der Zinsen bewilligten und übernahmen die Landstände. Zitiert bei Albrecht, Maximilian, S. 1088. 287 Die Schilderung der hungerleidenden Bevölkerung ist wahrhaft dramatisch: „ . . . also bitten und flehen aus antrib unseres gewissens Eure Frtl. Drtl. wir in namen aller verarmten, betriebten, geengstigten, ruinierten, bekhumerten, notleidenden, und bis auf das Markh und 10*

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III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung

wurde vom Fürsten damit beauftragt, die Verteilung von Nahrungsmitteln zu organisieren. Diskussionsthema 1649 waren auch die durch Unterernährung ausgelösten und jetzt um sich greifenden Krankheiten. 288 Die Kosten für eine Eindämmung der Krankheiten wurden von den Landschaftsverordneten als sehr hoch eingeschätzt. Die Erträge aus den Aufschlägen auf Bier und Wein sollten zum Teil auch zu diesem Zweck verwendet werden. Im Übrigen wollten die Landstände die ordentlichen Zahlungen, d. h. vor allem die Kammergutsaufbesserung, aufbringen. Die außerordentlichen Zahlungen fielen in diesem Jahr aber aus. 289 In den Postulatshandlungen von 1650 ging es um dieselben Themen wie 1649. Ein Schreiben der landschaftlichen Kommissare und Rechenherrn, also derjenigen Landschaftsverordneten, die am unmittelbarsten mit den finanziellen Verhältnissen der Landschaft befasst waren, sicherte dem Fürsten die jährliche Kammergutsaufbesserung sowie die 75000 fl. für die Zinszahlungen der aufgenommenen Kriegsschulden zu. 2 9 0 Gleichzeitig erinnerten die Kommissare jedoch auch daran, dass diejenigen Mitglieder der Landschaft, die dem Landesfürsten mit Krediten ausgeholfen hatten, zwar geduldig, aber dennoch verzweifelt auf deren Rückzahlung bzw. auf die Zahlung der Zinsen für diese Kredite warteten. Viele dieser privaten Geldgeber steckten durch die Kriegsgeschehnisse in Nöten und seien auf solche Geldzahlungen angewiesen.291 Die Kommissare und Rechenaufnehmer schlugen in ihrem Schreiben außerdem vor, neben dem Aufschlag, der seit Jahren schon kontinuierlich verlängert worden war, auch eine Land- und Standsteuer einzubringen - natürlich nur in den Gebieten, in denen der Krieg keine allzu große Verwüstung hinterlassen hatte. 292 Maximilian zeigte sich in seiner Antwort erfreut über die Vorschläge der Kommissare und Rechenaufnehmer und gab sich, was die Summe der 75000 fl. anbetraf sogar damit zufrieden, dass zunächst nur die Hälfte, also 37500 fl., an das fürstliche Hofzahlamt abgeführt werde. Die Zinszahlungen sollten angesichts der dramatischen Lage der Bevölkerung zunächst nicht an erster Stelle stehen.293 Auch was die Summen für die Reichskontribution anging, die den Abzug der Truppen finanzierte, zeigte sich Maximilian geduldig. Sobald ein Teil der Summe ohne große „Mühen" aufgebracht werden konnte, d. h. sobald die Höhe blosse Leben gequälten unschuldigen Landsunderthonen ganz diemietig und gehorsamist, Sie wollen unsern threugemeinten underthenigisten Vorschlag gdst wirdigen ..." BayHStA, ALL 870, S. 88. 288 BayHStA, ALL 870, S. 102. 289 BayHStA, ALL 870, S. 102. 290 BayHStA, ALL 870, S. 115. 291 BayHStA, ALL 870, S. 115. 292 BayHStA, ALL 870, S. 116. 293 BayHStA, ALL 870, S. 133.

C. Die Landschafts Verordnung als fürstlicher Verhandlungspartner

149

der Steuer- und Aufschlagseinnahmen es wieder zuließen, sollte diese Schuld abbezahlt werden. Maximilian erinnerte auch noch einmal daran, dass die Landstände sich dazu verpflichtet hatten, zwei Drittel der Kosten zu übernehmen, die im Zusammenhang mit den grassierenden Seuchen notwendig waren. Da dies bisher in nicht ausreichendem Maß geschehen war, bat der Fürst die Landschaftsverordneten, baldmöglichst eine größere Summe an das Hofzahlamt weiterzuleiten. 294 Die Antwort der Landschaftsverordnung hierauf war positiv. Sie versprach, dass die geforderten Summen (die Beiträge zur Eindämmung der Seuchen sowie die 37500 fl. zur Zinstilgung) bald an das Hofzahlamt überwiesen würden. 295 Das Ergebnis der Postulatshandlungen von 1650: Die Kommissare und Rechenherren der Landschaftsverordnung stimmten weiteren Zahlungen für die Zinstilgung zu. Außerdem stimmten sie einer Übernahme eines Anteils von zwei Dritteln der ehemals zur Landesverteidigung aufgebrachten Summe zu, die jetzt allerdings der Beförderung des Friedens und der Eindämmung von Seuchen dienen sollte. 296 Die von Maximilian geforderte Beisteuerung von Geldmitteln für die Vermählung seines Sohnes und Nachfolgers mit der Herzogin Adelheid von Savoyen lehnten die Kommissare und Rechenaufnehmer mit dem Hinweis auf diverse Freiheitsbriefe allerdings ab. 2 9 7 Um alles dies finanzieren zu können, hatte man beschlossen im vom Krieg weit gehend verschonten Rentamt Burghausen eine ganze Land- und Standsteuer zu erheben. In den anderen drei Rentämtern sollte jeweils eine halbe Land- und Standsteuer erhoben werden. Einzelne Gebiete in diesen Rentämtern, die sehr stark von den Kriegsgeschehnissen betroffen waren, blieben von dieser Regelung ausgenommen. Der Aufschlag auf Getränke wurde weiter erhoben. 298 Ein großer Konflikt zwischen Maximilian und der Landschaftsverordnung entstand 1650 wegen der Reichskontributionen. Maximilian behauptete, die Landstände hätten in den Jahren 1635 bis 1645 die Reichskontributionen gar nicht oder unvollständig gezahlt. 299 Daraufhin bat die Verordnung den Landesherrn, seine Hofkammer anzuweisen, noch einmal genau nachzuprüfen, wie viel die Landschaft von 1635 bis 1645 an Reichskontributionen gezahlt hatte und wie viel nicht. Die Verordneten zweifelten die hohe Summe von 270833 fl. an, die angeblich nicht gezahlt worden war und die sie jetzt nachzuzahlen hätten. Zu ihrer Verteidigung gingen sie zum Angriff gegen die Hofkammer über und schilderten folgenden Vorgang: Die Stände hätten beispielsweise 1644 eine Zahlung von 100000 fl. getätigt, 294 295 296 297 298 299

BayHStA, ALL BayHStA, ALL BayHStA, ALL BayHStA, ALL BayHStA, ALL BayHStA, ALL

870, S. 166. 870, S. 173. 870, S. 187. 870, S. 199-201. 870, S. 206/207. 870, S. 211.

150

III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung

für die sie auch eine Quittung erhalten hätten, die aber offensichtlich in den Hofkammerbüchern nicht vermerkt worden war. 3 0 0 Zudem bestanden die Verordneten darauf, dass von den Summen der Reichskontributionen das abgezogen würde, was die Landstände an Getreide, Pferden etc. beigesteuert hätten. 301 Auch sollten die diversen als Kriegskontribution eingenommenen Gelder von der noch ausstehenden Summe abgezogen werden. Außerdem müsse auch die vom Kaiser ausgesprochene Minderung mit dieser Summe verrechnet werden. 302 Maximilian erließ daraufhin den Landständen die volle Rückzahlung der ausstehenden Summe gegen eine Zinsverschreibung von 200000 fl. Dem Einspruch der Verordneten gegenüber der Höhe der Summe wurde im darauffolgenden Jahr teilweise stattgegeben. Die 1644 gezahlten 100000 fl., die als Kriegskontribution eingenommenen Summen des Jahres 1645 und die Zinszahlung wurden von der noch ausstehenden Nachzahlung der Reichskontributionen abgezogen.303 Maximilian ließ dann im August 1651 den Landständen die Bilanz der Hofkammer über die ausstehenden Zahlungen der Landschaft präsentieren. Es ergab sich aus dieser Bilanz, dass die Landstände noch 598840 fl. nachzuzahlen hatten. 304 Diese hohe Summe konnten die Verordneten jedoch nicht allein bewilligen. Sie baten um Zeit, da sie sich mit ihren Rechenaufnehmern und Adjunkten und den Verordneten des Unterlandes ins Benehmen setzen mussten.305 Danach wurde eine mündliche Verhandlung mit Vertretern der Hofkammer auf den 21. August 1651 angesetzt. Nach dem Tod Maximilians am 27. September 1651 führte seine Witwe Maria Anna die Verhandlungen weiter. 306 Noch im Mai 1651 hatte Maximilian die Landstände zur Eventualhuldigung seines damals vierzehnjährigen Sohnes Ferdinand Maria aufgefordert, die dieser Forderung auch nachkamen. Bis Ende Mai hatten alle Stände im Land dem Sohn und Nachfolger des Fürsten gehuldigt. Diese ungewöhnliche Aufforderung an die Stände sowie die „Eigenhändige geheime Instruktion" an den Kurprinzen vom 13. Mai 1651 bildete für Maximilian den Abschluss der „Bestellung des Hauses". 307 Abschließend folgt eine Tabelle, die die bewilligten Steuern und Aufschläge, die Reichskontributionen und andere von der Landschaftsverordnung bewilligten Gelder auflistet. 300 BayHStA, A L L 870, S. 212. 301 BayHStA, A L L 870, S. 213: Dies war im Übrigen ein Beschluss, der auf diversen Reichs- und Kreistagen gefällt worden war. 302 Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 109. 303 Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, S. 110. 304 BayHStA, ALL 870, S. 259. 305 BayHStA, ALL 870, S. 260. 306 BayHStA, ALL 870, S. 302/303. 307 Albrecht, Maximilian, S. 1102/1103.

C. Die Landschaftsverordnung als fürstlicher Verhandlungspartner

151

Tabelle 4 Die in den Postulatshandlungen von 1619 bis 1651 bewilligten Steuern und ihre Verwendung

1619

1620

1621 1622

1623

1624

Bewilligte Steuern und Aufschläge • eine allg. Landsteuer • eine ganze Standsteuer • Erhöhung des Weinaufschlags • wie 1619

Kammergutsaufbesserung 150000 fl. (37500 fl. vierteljährlich)

Kriegs- und Zinsen für ReichsBündnis- Kriegsan- und Kreishilfen hilfen leihen Wurden 143000 fl. 84000 fl. 1620 gezahlt

112500 fl. •2/3-Anteil 37200 fl. für 1619: 600000 fl. • 2 / 3-Anteil 1620: 584000 fl. •wie 1619 187500 fl. 600000 fl. 28300 fl. • Steuerfreies 112500 fl. 450000 fl. Jahr • der Aufschlag wurde weiterhin eingenommen • eine allg. 150000 fl. 450000 fl. Landsteuer • eine ganze Standsteuer • Weiterführung des Weinaufschlags

1625 1626

• eine allg. 187500 fl. 425000 fl. Landsteuer • eine ganze Rittersteuer • je eine halbe Prälaten· und Städtesteuer • wie 1624 150000 fl. 325000 fl. • wie 1624 150000 fl. 300000 fl.

30000 fl.

1627

• wie 1624

30000fl.

150000 fl. 200000 fl.

28400 fl.

Sonstige Ausgaben Zahlungen insges. • 20000 fl. 475747 fl. Kriegsgerät •50000 fl. Landesdefension

93230 fl.

1452887 fl.

847152 fl. 587729 fl.

• 91218 fl. 763500 fl. Verlust wg. Münzentwertung •26000 fl. Kriegskosten, Kosten für Diplomaten 667243 fl.

•11000 fl. Schuldenrückzahlung •5000 fl. Schuldenrückzahlung

502429 fl. 515240fl.

406592 fl.

(Fortsetzung nächste Seite)

152

III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung

(Fortsetzung

Tabelle 4)

Bewilligte Kammer- Kriegs- und Zinsen für ReichsSonstige Ausgaben Steuern und gutsaufBündnis- Kriegsan- und Kreis- Zahlungen insges. Aufschläge besserung hilfen leihen hilfen 1628

• eine halbe Landsteuer • eine halbe Standsteuer

150000fl. 400000fl.

30000fl.

• 15553 fl. Schuldenrückzahlung

619225 fl.

1629

• wie 1628

150000 fl. 100000 fl.

30000 fl.

• 2700 fl. Schuldenrückzahlung

329962fl.

1630

• wie 1628

150000 fl. 300000 fl.

30000 fl.

• 20000 fl. 521948 fl. Kosten für die Seuchenbekämpfung

1631

• eine halbe 150000 fl. 300000 fl. Landsteuer • eine ganze Standsteuer

30000 fl.

•4000 fl. Schuldenrückzahlung

1632

• eine allg. Landsteuer • eine doppelte Rittersteuer • lV 2 Prälaten· und Städtesteuern

7500 fl.

• 60000 fl. 903298 fl. an den Landshuter Rentmeister

1633

• Beginn 75000 fl. einer monatlichen Kriegskontribution

22500 fl.

• 7220 fl. für das durch die Schweden bedrängte München

1634

• höhere 225000fl. Aufschläge auf Bier, Wein, neu eingeführte Aufschläge auf Fleisch und ausländ. Waren

235367 fl.

1635

• eine ganze 112500 fl. Land- und Standsteuer

• 10750 fl. 154341 fl. Kosten für Seuchenbekämpfung 18500 fl. Zahlungen an die Fürstenfamilie

150000 fl. 607000 fl.

75000fl.

510128 fl.

199834fl.

C. Die Landschaftsverordnung als fürstlicher Verhandlungspartner

153

Bewilligte Kammer- Kriegs- und Zinsen für ReichsSonstige Ausgaben Bündnis- Kriegsan- und Kreis- Zahlungen insges. Steuern und gutsaufleihen hilfen hilfen Aufschläge besserung 1636 • wie 1635

187500 fl. 22500 fl.

130000 fl.

236434 fl. •4300 fl. Schuldenrückzahlung • 6000 fl. Zahlungen an die Fürstenfamilie

1637 • wie 1635

150000 fl. 25000 fl.

75000 fl.

• 4600 fl. Schuldenrückzahlung

1638 • wie 1635

150000 fl.

75000 fl.

198858 fl.

• Es waren 240 Römermonate (438000 fl.) vorgesehen; diese Summe wurde aber gestundet

• 2600 fl. 234107 fl. Schuldenrückzahlung •3000 fl. Zahlungen an die Fürstenfamilie •10000 fl. zur Befestigung Münchens

1639 • Kriegskon- 150000 fl. 100000 fl. tribution

150000 fl. • 75 Römermonate (Zinsen (137100 fl.) für geschuldete Reichsbeiträge)

432141 fl. •3500 fl. Schuldenrückzahlung • 10000 fl. zur Befestigung Münchens

1640 • eine ganze 150000 fl. Landsteuer • 10% der Zinsen für Darlehen bei der Landschaftskasse als Kriegskontribution

75000 fl.

• 8000 fl. 263258 fl. Schuldenrückzahlung • 10000 fl. zur Befestigung Münchens

1641 • eine ganze 150000 fl. Land- und Standsteuer • Weiteiführung der verschiedenen Aufschläge

75000 fl.

• 219360 fl. Reichskontribution (120 Römermonate) - zu zahlen innerhalb von fünf Monaten

• 10000 fl. 467000 fl. zur Befestigung Münchens

(Fortsetzung nächste Seite)

154

. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung

(Fortsetzung

Tabelle 4)

Bewilligte Kammer- Kriegs- und Zinsen für Reichs- und Sonstige Ausgaben Steuern und gutsaufBündnis- Kriegsan- Kreishilfen Zahlungen insges. Aufschläge besserung hilfen leihen 1642 • wie 1641 150000 fl. • zusätzliche außerordentliche Kriegskontribution

75000fl.

• 109680 fl. Reichskontribution (60 Römermonate)

407868 fl.

1643 • wie 1641 150000 fl. • zusätzliche außerordentliche Kriegskontribution

75000 fl.

•109680 fl. Reichskontribution (60 Römermonate)

303443 fl.

1644 • wie 1641 150000 fl. • zusätzliche außerordentliche Kriegskontribution

75000 fl.

• 98120 fl. Reichskontribution (gefordert waren 100 Römermonate)

342107 fl.

1645 • wie 1641

150000 fl.

75000 fl.

• 150000 fl. Reichskontribution

393558 fl.

1646 • eine ganze 150000 fl. Land- und Standsteuer • notfalls Kriegskontribution

75000 fl.

• 100000 fl. Reichskontribution (120 Römermonate [=219360 fl.] waren gefordert)

345610 fl.

1647 • Einquartie- 125000 fl. rungssteuer • eine ganze Landsteuer im Rentamt Burghausen • Kriegskontribution ab Juli in den Rentämtern München, Straubing, Landshut

35000 fl.

•120 Rö•50000 fl. 226325 fl. mermonate zum Reichskon- Kriegszahltribution amt (=219360 fl.)

1648 • zwei ganze 175000 fl. Land- und Standsteuern in dem vom Krieg verschonten RA Burghausen

53750fl

• 107000 fl. • 500fl. an 352427 fl. Reichskon- das Landstribution huter Landschaftshaus

C. Die Landschaftserordnung als fürstlicher Verhandlungspartner

155

Kammer- Kriegs- und Zinsen für Reichs- und Sonstige Ausgaben gutsaufBündnis- Kriegsan- Kreishilfen Zahlungen insges. besserung leihen hilfen 150000 fl. 5000 fl. • 3000 fl. 184730 fl. Kosten für Seuchenbekämpfung • 10000 fl. an das Kriegszahlamt 1650 • eine ganze 150000 fl. 37500 fl. • 16000fl. 221890 fl. Land- und Kosten für Standsteuer Seuchenbein den vom kämpfung Krieg verschonten Gebieten • Aufschlag 1651 • wie 1650 150000 fl. 37500fl. • 598840 fl. • 200000 fl. 411763 fl. Nachzahfür die Ablung von dankung Reichskon- der Kriegstributionen heere Bewilligte Steuern und Aufschläge 1649 • eine ganze Land- und Standsteuer • neue Aufschläge

Quelle: BayHStA, ALL 413/414 sowie ALL 865-870.

5. Zusammenfassung Die Verhandlungen über die jährlichen fürstlichen Postulate liefen stets nach demselben Schema ab. Der Fürst forderte die Bewilligung von Steuern und Abgaben für aus seiner Sicht unumgängliche Ausgaben, die für das Wohl des Landes und nach 1618 für die Verteidigung Bayerns von lebenserhaltender Bedeutung waren. Die landschaftlichen Verordneten wiederum lehnten diese Forderungen mit ähnlichen Argumenten ab. Sie empfanden sie als unerfüllbar, schilderten sie als stark belastend für die Untertanen und für sich selber und sahen sich zunächst außerstande, die fürstlichen Geldforderungen zu bewilligen. Nach längerem Austausch von Argumenten bewilligten die Landstände dann doch die meisten Forderungen des Fürsten. In einigen wenigen Punkten gab auch der Fürst nach, aber meistens war er in der Lage, seine Forderungen vollständig durchzusetzen. Die landschaftlichen Verordneten verlangten allerdings immer einen Schadlosbrief, in dem der Fürst versichern musste, dass die Bewilligung seiner Forderungen nichts an den Privilegien änderte, in dessen Besitz die Landstände seit jeher waren. Zu betonen ist allerdings, dass die Klagen der bayerischen Landstände bezüglich der Höhe der außerordentlichen Kosten, die der Finanzierung der Liga- und Reichsheere etc. dienten, nicht nur verhandlungsstrategischer Natur waren, wie in den Landtagsverhandlungen. Der Anteil Bayerns an den Kosten für die Liga war tatsächlich um ein Mehrfaches höher als der der anderen Ligamitglieder. In Zahlen ausgedrückt heißt das, dass das bayerische Herzogtum im Zeitraum von 1619 bis

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III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung

1635 ca. 16 Millionen Gulden an Beiträgen entrichtete, während die Beiträge der anderen Mitglieder zusammengenommen nur ca. 7 Millionen Gulden betrug. 308 Nach 1635 verteilten sich die finanziellen Belastungen etwas gleichmäßiger. Im Prager Frieden waren die Einzelarmeen zu einer Gesamtarmee unter dem obersten Befehl des Kaisers zusammengeführt worden, deren Finanzierung auf alle Reichsstände verteilt wurde. Von 1635 bis 1648 bewilligten die Landstände daher für das bayerische Herzogtum Reichs- und Kreiskontributionen in Höhe von ca. 2,4 Mio. fl., von denen tatsächlich ca. 1,2 Mio. fl. beglichen wurden. Den größten Teil der Abdankungskosten von 4,4 Mio. fl. zahlte Maximilian aus seiner eigenen Kasse. Sie wurde gespeist aus den Einnahmen seines Kammergutes, aus Salz- und Weißbieraufschlag und aus Sondersteuern. 309 Dies waren alles Gelder, die von den Untertanen aufgebracht werden mussten. Die Klagen der Landschaftsverordneten über die unerträglichen finanziellen Belastungen der Untertanen entsprachen demnach der Wahrheit. Zu erwähnen sei noch, dass die Finanzierung von Einquartierungen, die in mehreren Postulatshandlungen Gegenstand der Diskussion waren, in den meisten Fällen von der zu entrichtenden Summe der Ligabeiträge abgezogen wurden. Insofern waren die Quartiere von verschiedenen Armeen streng genommen und rein rechnerisch gesehen keine zusätzliche finanzielle Belastung. Die reale Belastung der Bevölkerung, besonders der bäuerlichen Bevölkerung, durch Steuern und Abgaben kann, wie eben schon erwähnt, für die Kriegsjahre und die ersten Friedensjahre allerdings nicht hoch genug eingeschätzt werden. 310 Die Postulatshandlungen sind für die Machtverteilung im Verhältnis zwischen Landesfürst und Landständen aufschlussreich, weil sie zu einem großen Teil in die Kriegszeit fielen. Diese Kriegszeit, die als Notsituation des Landes anzusehen ist, veränderte das Verhältnis zwischen Maximilian und der mit ihm verhandelnden Landschaftsverordnung. Durch die Kriegssituation war der Landschaftsverordnung ihr Druckmittel gegenüber Forderungen des Fürsten genommen. Denn die von den Landständen zu bewilligenden direkten und indirekten Steuern und vor allem die eigenständige Verwaltung derselben, waren immer das größte Druckmittel der Landstände bei Verhandlungen mit dem Landesfürsten gewesen. Sie hatten mit diesem Druckmittel hohe finanzielle Forderungen des Fürsten drücken können, sie hatten Überschreitungen von Rechten und Befugnissen des Fürsten und seiner Beamten anprangern können. 311 Die Kriegssituation änderte dies alles. Die Landschaft, die sich selbst dem Land enger verbunden sah als der Landesfürst es ihrer Meinung nach war, konnte sich 308 Albrecht, Maximilian, S. 618/619. In der Tat wird durch diese Zahlen belegt, dass der bayerische Beitrag für die Liga beinahe ausschließlich durch Steuerzahlungen der bayerischen Untertanen und Stände, des Landesfürsten, d. h. Erträge aus seinem Kammergut, und durch Subsidienzahlungen geleistet wurde. 309 Albrecht, Maximilian, S. 941/942. 310 Dies beweisen allein die Landsteuern, die bis auf wenige Jahre jährlich von den Verordneten bewilligt wurden.

311 Siehe auch Gedankengang bei Rauh, Verwaltung, S. 171.

C. Die Landschaftserordnung als fürstlicher Verhandlungspartner

157

den Forderungen Maximilians nach umfangreichen Geldsummen, die der Landesverteidigung, der Heeresfinanzierung und Bündnispolitik dienten, nicht verschließen und so wurde das Privileg der Bewilligung von Finanzen zu einer Art moralischen Pflicht, dem „bayerischen Vaterland" gegenüber. Obwohl Maximilian durch seine Politik bis zum Prager Frieden und später im Vorfeld der westfälischen Friedensverhandlungen Bayern oft auch gefährdet hatte, 312 konnte er sich in den Postulatshandlungen doch im Gegensatz zu den Landständen als Bewahrer Bayerns besser in Szene setzen. Für Maximilian von Freyberg, der ein vierbändiges Werk über die Landstände unter Maximilian I. verfasst und sich darin auch ausführlich mit den Postulatshandlungen beschäftigt hat, sind die Postulatshandlungen ein Beweis dafür, wie sehr Maximilian das bayerische Vaterland am Herzen gelegen hat. Nur deswegen habe er die Privilegien der Landstände, die er ansonsten akzeptierte und respektierte, mitunter verletzen müssen. Die Notlage des Landes, die Kriegsgeschehnisse waren der eigentliche Grund dafür, keineswegs eine aus absolutistischer Machtfülle sich ergebende prinzipielle Missachtung der Landstände. Soweit die Meinung Freybergs, der sich die meisten älteren Forscher anschlossen. Insgesamt herrschte in der älteren Forschung, sogar bei dem den Landständen ansonsten wohlgesonnenen Panzer die Meinung, dass sich die Landstände während der Kriegsjahre und der Postulatshandlungen um ihr bayerisches Vaterland nicht verdient gemacht hätten. Im Gegenteil, Maximilian sei derjenige gewesen, der Bayern durch diese schweren Zeiten gerettet habe und er habe Recht daran getan, die zögernden, zaudernden Landstände durch seine zwar eigenmächtigen, aber in der Sache richtigen Entscheidungen von der Verantwortung für das Land zu entbinden.313 In der Tat drängt sich nach eingehender Beschäftigung mit den schriftlichen Zusammenfassungen der Postulatshandlungen der Eindruck auf, dass die Landstände - vertreten durch die Landschaftsverordnung - kein wirklicher Verhandlungspartner Maximilians waren. Der Landesherr scheint die Landschaftsverordnung lediglich deswegen regelmäßig zusammengerufen zu haben, um die seit alters her gepflogene Form zu wahren. Dennoch wollte Maximilian die Landschaftsverordnung auch nicht entmachten, denn die Landstände hatten die personellen Strukturen für die Steuereinnahme, die sich Maximilian zunutze machen wollte. Er zog die Landstände denn auch wirklich nur zu Bewilligungen von Geldleistungen heran. Die von den Landständen immer wieder geforderte Einbeziehung bei Entscheidungen über andere militärisch-politisch wichtige Belange geschah bis kurz vor Friedens312

Allein Maximilians gespaltenes Verhältnis zu Wallenstein, die 1630 von Maximilian betriebene Absetzung Wallensteins, die dann 1631 nach der verlorenen Schlacht von Breitenfeld wieder rückgängig gemacht wurde, ist u. a. ein Grund dafür, warum Wallenstein in den Jahren 1632-1634 Maximilians Bitten um militärische Hilfe gegen die in Bayern stehenden Schweden nur zögerlich, manchmal auch gar nicht nachkam. Die schwedischen Durchzüge und die Besetzungen waren der bayerischen Bevölkerung und den Ressourcen des Landes sicherlich nicht zuträglich. Siehe hierzu Albrecht, Maximilian, S. 826/827. 313 Siehe Panzer, Versuch, S. 262-271.

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III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung

schluss nicht. Beispielsweise wurden die Landstände 1619 beim Münchner Vertrag, 1629 bei den Verhandlungen mit Schweden und auch 1635 beim Prager Frieden nicht in die Verhandlungen eingeweiht und auch nicht um ihre Meinung oder gar um Gutachten gebeten.314 Die Postulatshandlungen im Überblick betrachtet unterstreichen, dass sich das autoritäre Verhalten Maximilians und die pragmatische „Nutzung" der Landstände als Bewilliger und Einnehmer von Steuern schon seit 1619, dem Jahr des Beginns der Handlungen, im Grunde auch schon auf den Landtagen von 1605 und 1612 deutlich zeigen. Insofern ist der Auffassung der älteren Forscher, wie sie oben beschrieben wurde, zu widersprechen. Maximilian hat nicht erst aus der Notlage des Krieges heraus, die sich zum ersten Mal 1632 einstellte, den Landständen gegenüber einen autoritären Stil in den Verhandlungen gepflegt. Dieser Grundton wurde schon in der ersten Handlung von 1619 gelegt. Auch die Landstände waren vom Anbeginn der Handlungen an nicht in der Lage, ihre Rechte und Privilegien im Hinblick auf die Mitbestimmung zumindest in Steuerfragen, plausibel geltend zu machen. Der wahre Grund für die stetig hohen Geldforderungen Maximilians lag natürlich auch in seinem Engagement in der Katholischen Liga begründet, in der er durch überdurchschnittliche finanzielle Bemühungen seinen Führungsanspruch immer wieder unter Beweis stellen wollte. Und nur die finanziellen Opfer Bayerns haben die Liga in ihrem Bestand gesichert. 315 Im Grunde kristallisiert sich in den Postulatshandlungen das heraus, was sich schon auf den Landtagen andeutete: Ein Herrscher wie Maximilian, der mit Geschick und Durchsetzungsvermögen auch auf Reichsebene bayerische Interessen oft mit Erfolg durchzusetzen vermochte, benötigte keine Landstände als Kontrollorgane oder Mitregierende. Das Prinzip, dass den Anstieg der landständischen Macht im 16. Jahrhundert begleitet hatte, nämlich das mitregierende und kontrollierende Organ zu sein, welches das Landes wohl befördert, war im 17. Jahrhundert unter einem Landesherrn, der eben dieses Landeswohl effizienter und geschickter beförderte als irgend ein Landstand dies je vermocht hätte - natürlich auch immer aus dem Blickwinkel der Machterhaltung für die eigene Familie heraus - hinfällig geworden. Das Dilemma der Landstände bestand nicht erst seit dem 17. Jahrhundert in ihrer Abhängigkeit vom Landesherrn. Dessen Stärke oder Schwäche bedingte ihre Position und ihren Einfluss im bayerischen Machtgefüge. Im 17. Jahrhundert bestand das Dilemma der Landstände darin, dass ein durchsetzungsfähiger, ideenreicher Landesherr eine Sogwirkung auf die an sich zur Repräsentation der Stände abgestellte Landschaftsverordnung in München auswirkte, die zur Spaltung der 314 Albrecht, Maximilian, S. 945. 315 Dieser Meinung ist Dieter Albrecht. Er konstatiert, dass das Finanzierungssystem der Liga, welches auf der Selbsteinschätzung der Ligamitglieder beruhte, nur durch die sehr hohen finanziellen Beiträge Bayerns aufrecht erhalten werden konnte. Die anderen Ligastände zahlten nämlich nicht nur weniger, sondern ihre Zahlungen gingen auch wesentlich schleppender ein als die Kurbayerns. Albrecht, Maximilian, S. 618.

D. Die Landschaftsverordnung und die Organisation von Steuern

159

Stände führte, die 1669 auf dem ersten und letzten Landtag unter Ferdinand Maria zum Ausdruck kam. Das Fazit, das man aus den Postulatshandlungen auch im Rückblick auf die Landtage von 1605 und 1612 ziehen kann, ist in Bezug auf die Landschaftsverordnung dennoch nicht negativ. Mitregierende waren die Landschaftsverordneten während der Kriegsjahre sicher nicht, sieht man einmal von der kurzen Einbeziehung in die erneute Annäherung an Frankreich im Jahr 1645 ab. Sie wurden jedoch formal als Steuerbewilliger und tatsächlich als Steuereintreiber gebraucht und übten dadurch Einfluss aus. Die Realitäten des Krieges, die Finanzierungsbedürftigkeit der Armeen, die Finanzierungsnot, in die Maximilian als Führer der Katholischen Liga nur zu oft geriet, und die dadurch beinahe jährlich erzwungenen Bewilligungen von Steuern, Sondersteuern und Aufschlägen verursachten zwar eine Entfremdung gegenüber der Gesamtlandschaft. Dies bedeutete aber keineswegs, dass die Landschaftsverordnung nicht immer in sehr kritischer Distanz zum Landesherrn stand. Dass die Landschaftsverordnung ein Organ fürstlichen Willens wurde, kann durch die Postulatshandlungen widerlegt werden. Wohl kann man aber für die Landstände insgesamt konstatieren, dass ihnen nach dem Dreißigjährigen Krieg in Bayern nur noch das Privileg der Steuereintreibung und -Verwaltung blieb. Das Steuerbewilligungsrecht und die Kontrolle der Ausgaben hatten sich durch zu häufige Gewährung zu sehr abgenutzt als dass sie noch ein wirksames Druckmittel der Stände gegenüber Maximilian darstellen konnten.

D. Die Landschaftsverordnung und die Organisation der Einnahme und Verwaltung von Steuern und Aufschlägen 1. Steuereinbringung und Rechnungslegung a) Landstände und Steuern Der Bereich des frühmodernen Finanzwesens und der Steuereinnahme ist ein gutes Beispiel dafür, dass der Landesherr trotz aller Probleme auf Landtagen und Postulatshandlungen auf die Mitwirkung seiner Stände angewiesen war. Immer noch stand seinem im 17. Jahrhundert zunehmend stärker werdenden Machtanspruch das Recht der Stände gegenüber, die direkten und einige indirekte Steuern zu bewilligen und einzunehmen. Dass Maximilian die kritische Situation des Krieges nutzte, um dieses Recht zu umgehen, ändert nichts am Bestehen dieses Rechts. Und die Tatsache, dass Maximilian die Bewilligung der Landstände während seiner Regierungszeit immer einholte - wenn auch teilweise erst im Nachhinein - zeigt, dass er das Mitspracherecht der Landstände nicht abschaffen wollte. Das umständliche Prozedere der Einberufung eines Landtages und die Entscheidungsfindung der Landstände empfand er allerdings oftmals den teilweise kritischen Situationen während des Krieges nicht angemessen.

160

III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung

Dennoch: Gerade im Bereich der Steuern und Finanzen konnten die Landstände noch am ehesten ihre Mitwirkung an staatlichen Entscheidungen und einen Einfluss auf die Entscheidungen des Landesherren geltend machen. Vor allem der aktive Teil der Steuerpolitik, die Steuereinnahme, lag im 17. Jahrhundert gut organisiert in den Händen der Landstände. Sie waren in diesem Bereich unentbehrlich für den Fürsten, weil sie im Zusammenwirken mit der fürstlichen Verwaltung die Steuereinnahme leisteten. 316 Trotz der im vorangegangenen Kapitel konstatierten kritischen Distanz, die die Landschaftsverordnung zu Maximilian pflegte, muss man daher gleichzeitig feststellen, dass die Stände durch ihre Entscheidungen und ihre Tätigkeit im Steuerwesen dabei behilflich waren, den später so genannten Steuerstaat zu etablieren. Ganz allgemein gesprochen beteiligten sie sich an dem, was man in Bezug auf die Entwicklung des frühmodernen Staates üblicherweise mit den Schlagworten Staatsdurchdringung und Staatsvereinheitlichung bezeichnet.317 Die Mitwirkung der bayerischen Stände an Regierung und Verwaltung des Landes beruhte auf traditionell überlieferten, vor allem aber durch den Adel erstrittenen Rechten. 318 Die ständische Verwaltung war seit dem 16. Jahrhundert eigenständig, sie war kein Teil des fürstlichen Verwaltungsapparats. Der Fürst konnte seinen Willen nicht unbeschränkt zur Geltung bringen, sondern musste im Bereich der Finanzen und Steuern die Zustimmung der Stände einholen. Dass diese - wie vorher ζ. B. in den Postulatshandlungen beschrieben - oftmals die Forderungen des Fürsten bewilligten, hängt nicht lediglich damit zusammen, dass sie dem Fürsten einfach nachgaben, sondern dass die Bewilligung von Steuerforderungen oftmals im eigenen Interesse lag. Da viele Stände Gläubiger des Landesfürsten waren, waren sie natürlich auch daran interessiert, dass Steuern eingenommen wurden, mit denen dann die Zinsen für die Kredite bezahlt werden konnten. Außerdem war Maximilian durch seine geschickte Verhandlungsführung und durch die ab 1619 akute Kriegsgefahr dazu in der Lage, den Ständen „die von ihm gewünschte Dynamik" in finanziellen Fragen aufzudrängen. 319 Der gesamte Themenkomplex der Finanzen und Steuern macht auch deutlich, wie sehr Fürst und Stände aufeinander angewiesen waren. Diese Verschränkung der beiden machtausübenden Gruppen des frühneuzeitlichen Bayern, ihr Aufeinander-Angewiesen-Sein wird allenthalben in der neueren Ständeforschung betont. 320 Diese Faktoren sind 316 In diesem Kapitel wird ausschließlich der landständische Beitrag zur Steuereintreibung und Steuerverwaltung beleuchtet. Der Bereich der fürstlichen Finanzen wird hier nicht berücksichtigt. 317 Heydenreuter, Hofrat, S. 59, der von einer Beteiligung der Stände an der „innere(n) Entwicklung des Herzogtums" spricht. 318 Zur Geschichte des Rechts der Steuererhebung und -Verwaltung durch die Landstände siehe weiter unten. 319 Schlögl, Bauern, S. 216. Diese Verbindung zwischen „Geld und Staatsräson" sieht auch Michael Stolleis. Stolleis, Pecunia, S. 68-72.

D. Die Landschaftsverordnung und die Organisation von Steuern

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deswegen auch zu beachten, wenn man die Entscheidungen der bayerischen Stände in finanziellen Fragen betrachtet und zu analysieren versucht. Die folgenden Ausführungen sprechen einige wichtige Punkte an, die den Stellenwert der Landstände für die Steuerpolitik im frühmodernen Bayern deutlich machen. Dazu gehören die Betonung der Eigenständigkeit der landständischen Steuereinnahme und -Verwaltung und deren Funktionsfähigkeit. Um also die Rolle der

Landstände im frühmodernen bayerischen Finanzstaat unter Maximilian genau zu definieren, soll ihre Arbeit bei der Steuereinnahme und Steuerverwaltung betrachtet werden. Die Beschreibung der Auseinandersetzungen um Steuern und Aufschläge zwischen dem Landesherrn und den Landständen wurde schon im Kapitel über die Postulatshandlungen aufgezeigt und ist ebenso wichtig für die Analyse des Verhältnisses zwischen Landesherr und Ständen. Insgesamt ist die Betrachtung der Rechnungslegung und Steuereinbringung durch die Landstände ein Beitrag zur Finanzgeschichte Bayerns, welches - laut Rudolf Schlögl - „die Schwelle zum Steuerstaat bereits um die Mitte des 16. Jahrhunderts überschritten [hatte]." 321 Das bedeutet, dass Bayern unter Maximilian in der Frage der Staatsfinanzierung als Steuerstaat bezeichnet werden kann, der sich beinahe ausschließlich nur noch aus direkten und indirekten Steuern finanzierte. Die Etablierung des Steuerstaats, d. h. die Einführung regelmäßiger, möglichst jährlicher Steuereinnahmen, war der wichtigste Teil der Finanzreform Maximilians, 322 der schließlich auch den heftigen Konflikt mit den Ständen auf den beiden Landtagen und den Postulatshandlungen erklärt und damit das Verhältnis Maximilians zu den Landständen weit gehend bestimmte. Mit der Unterscheidung zwischen direkter und indirekter Steuer befinden wir uns schon mitten in der Thematik. Als direkte Steuern bezeichnet man die Landund Standsteuern, die indirekten Steuern sind die Aufschläge, Zölle und Mauten. Die Landsteuer musste von allen Bevölkerungsschichten entrichtet werden, die 320 Ζ. B. Greindl, Stände Versammlung, S. 118; Rauh, Verwaltung, S. 192. Anzumerken sei hier aber auch noch der kritischere Gedankengang Reinhard Mußgnugs zum Verhältnis Landesherr-Landstände: „Dem landständischen Staatsrecht war nämlich die Idee von der Einheit der Staatsgewalt noch völlig fremd. Statt den Staat zu einer geschlossenen Organisation mit einer einheitlichen Finanzverwaltung zusammenzufügen, löste es ihn auf in ein breitgefächertes System wechselseitiger Rechte und Pflichten, . . . [ . . . ] . . . Ihre Beziehungen [die zw. den Ständen und dem Landesherrn, Anm. d. Autorin] glichen vielmehr denen von Partnern eines komplizierten Dauerschuldverhältnisses, die beide ihren Vorteil in entgegengesetzter Richtung suchten und sich nur dann einigen konnten, wenn entweder einer von ihnen das bessere Recht auf seiner Seite hatte, oder wenn sich Kompromisse aushandeln ließen, die beiden Vorteile brachten." Mußgnug, Haushaltsplan, S. 58. 32 1 Schlögl, Bauern, S. 215. 322 Rankl, Landvolk Band 1, S. 261 und 582. Die Entwicklung zu einer Landsteuerzahlung, die nicht mehr als außerordentlich angesehen wurde, nahm freilich schon im 16. Jahrhundert ihren Anfang. Für dieses Jahrhundert sprechen viele Forscher zudem nicht mehr von einem Steuerbewilligungsrecht, sondern von einer Steuerbewilligungspflicht der Landstände. Siehe vor allem Bosl, Repräsentation, S. 136 f. Siehe auch Fried, Geschichte der Steuer, S. 596.

11 Kummer

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III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung

den Ständen nicht angehörten. 323 Dementsprechend wurde die Standsteuer von allen Personen und Institutionen gezahlt, die den Ständen angehörten. Die Land- und Standsteuer sowie die Aufschläge mussten von den Landständen auf einem Landtag oder in Postulatshandlungen bewilligt werden. Sie wurden durch landständisches Personal eingenommen324 und verwaltet. Zölle und Mauten gehörten in den Bereich der landesherrlichen Privilegien. Die Einnahme derselben wurde von landesherrlichen Stellen vorgenommen. Die Landstände hatten zwei verschiedene Kassen für die Verwahrung der eingenommenen Steuergelder. Die so genannte Vorratskasse für die aus der Land- und Standsteuer eingenommenen Geldsummen und die Aufschlagskasse. Diese Unterscheidung war deswegen wichtig, weil die aus den Aufschlägen eingenommenen Gelder lediglich streng zweckgebunden verwendet werden durften. Zumeist dienten die Aufschlagseinnahmen der Schuldentilgung. In Kriegszeiten dienten die Summen aus der Aufschlagseinnahme auch als finanzielle Unterstützung für Kriegs- bzw. Landesverteidigungszwecke.325 Zunächst aber einige allgemeine Betrachtungen zur ständischen Steuerverwaltung: Die Steuereinnahme und -Verwaltung war das wichtigste Privileg und die Hauptaufgabe der Landstände. Da sie die Steuern und Abgaben nicht nur bewilligten, sondern auch für ihre Erhebung und Verwaltung bzw. Weiterleitung verantwortlich waren, entwickelte sich im Laufe des 16. Jahrhunderts ein landständischer Steuereinnahme und -Verwaltungsapparat. Ursprünglich war zunächst der Steuereinnahmeapparat der Landstände nur von Fall zu Fall, nämlich nach erfolgter Steuerbewilligung auf einem Landtag, konstituiert worden. Durch die stark ansteigenden Geldforderungen der frühneuzeitlichen Landesherren aber entwickelte sich aus dieser „ad-hoc-Steuerverwaltung" eine institutionalisierte Steuerverwaltung mit eigenem ständischen Personal. 326 Die Entwicklung hin zu einer Eigenständigkeit der landständischen Steuereinnahme und -Verwaltung - ganz eigenständig war zumindest die Einnahme nicht, denn in den landgerichtlichen Bezirken wirkten fürstliche Beamte an der Steuereinnahme mit - zog sich über zwei Jahrhunderte hin. Zunächst war die Einnahme der Landsteuer bzw. einer Steuer überhaupt, etwas Außerordentliches. Das Kammergut, das aus den Einnahmen des Fürsten aufgrund seiner Stellung als Grundherr stammte und aus den fürstlichen Privilegien wie Zoll, Maut etc., sollte die Aus323

Allerdings gab es hier doch einige Bevölkerungsgruppen, die ausgenommen waren. Dazu später mehr, im Kapitel über die Steuerinstruktion von 1612 [III. Teil, D., 1. Kapitel, e)]. 324 Dies gilt für die Standsteuer; die Landsteuer wurde hingegen auch von fürstlichen Beamten bzw. von den Hofmarksherren eingenommen. 325 Die landesherrliche Finanzverwaltung unterhielt sogar drei verschiedene Kassen: Eine Kasse hortete die Kammergutseinnahmen, für deren Verwaltung das Hofzahlamt zuständig war. Die zweite Kasse war die so genannte Kriegskasse, die vom Kriegszahlamt verwaltet wurde. In der dritten Kasse wurde der landesherrliche Schatz aufbewahrt. Schlögl Bauern, S. 210-217. 32 6 Greindl Ständeversammlung, S. 102-112.

D. Die Landschaftsverordnung und die Organisation von Steuern

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gaben des Herrschers für das Land und für sich selbst decken. Die Erhebung einer Landsteuer war etwas Außergewöhnliches, bedurfte einer besonderen Begründung und der Bewilligung durch die Landstände. Bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts gab es keine jährlichen oder regelmäßigen Erhebungen einer Landsteuer. Institutionen, die mit der Steuereinnahme befasst waren, gab es ebenfalls noch nicht. 327 Der Weg vom Privileg der Steuerbewilligung zum Privileg der Steuereinnahme und -Verwaltung begann im 14. Jahrhundert. Adelige forderten Mitsprache bzw. sogar Teilhabe an der Steuereinnahme. Der Personenapparat, der mit der Steuereinnahme befasst war, wurde schließlich sowohl mit herzoglichem als auch mit ständischem Personal besetzt. Erst im 15. Jahrhundert gelang es dem unterländischen Teil der Landstände, das Recht der Einnahme und Verwaltung, d. h. die Aufbewahrung und selbständige Rechnungslegung der eingenommenen Steuern, ganz in seine Hände zu bekommen. 328 Wichtig im Verlauf dieser Entwicklung ist auch die Tatsache, dass die Adeligen und Prälaten beider Landesteile im 15. Jahrhundert durchsetzten, dass ihr unmittelbares Vermögen von der Landsteuer befreit wurde. Zusätzlich erreichten die Hofmarksbesitzer zur selben Zeit, dass sie in ihrem Gebiet ihre Untertanen selbst mit Steuern belegen und diese eigenständig einnehmen durften. Wobei sie allerdings die eingenommenen Steuern schließlich an das Landsteueramt ihres Bezirks abführen mussten.329 Im Jahr 1507 gelang es dann den vereinigten Landständen, die Steuerverwaltung ganz in ihre Hände zu bekommen. Wichtig war dabei, dass der Adel und die Prälaten das Subkollektationsrecht auf den einschichtigen Gütern auf das ganze wiedervereinigte Land ausweiten konnten.330 Insgesamt war das 16. Jahrhundert vom Ausbau der landständischen Rechte in der Steuereinnahme und ab 1542 auch von dem der Aufschlagseinnahme und -Verwaltung geprägt. Dabei mussten sich die Landstände immer wieder den Versuchen der Landesherren, vor allem aber des unter Wilhelm IV. tätigen Kanzlers Leonhard von Eck, erwehren, die nach Beschneidung dieser Vorrechte trachteten. 331 Im 17. Jahrhundert war die Steuerhoheit der Landstände voll ausgebaut, was nicht zuletzt die nach dem Landtag von 1612 vom Fürsten regelmäßig einberufenen Postulatshandlungen beweisen. Doch auch Maximilian setzte die Versuche seiner Vorgänger nach Beschneidung der landständischen Vorrechte in Steuerund Aufschlagssachen fort. Dennoch: Die Steuereinnahme und -Verwaltung blieb auch unter Maximilian in den Händen der Landstände und die landständische Vorratskasse war ein wichtiger Kreditgeber des Landesherren. 332 327 Fried, Geschichte der Steuer, S. 594. 328 Fried, Geschichte der Steuer, S. 594. 329 Fried, Geschichte der Steuer, S. 595. 330 Wobei die Prälaten dieses Recht nicht so konsequent ausübten wie die Adeligen. Deshalb wird oft gesagt, die Prälaten hätten schon im 16. Jahrhundert generell auf das ius subcollectandi verzichtet. Davon kann jedoch nicht die Rede sein. Siehe Rankl, Landvolk Band 1, S. 269. Zum ius subcollectandi siehe auch Huggenberger, Staatsrechtliche Stellung, S. 190. 331 Lanzinner, Fürst, S. 254-259. 332 Lanzinner, Fürst, S. 254. 11*

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III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung

Der Ausbau der Vorrechte bei der Steuereinnahme und -Verwaltung im 16. und 17. Jahrhundert stand in unmittelbarem Zusammenhang mit der sehr oft in Anspruch genommenen und zu oft gewährten Steuerbewilligung durch die Landstände. Dieses Privileg hatte sich schon im 16. Jahrhundert durch die auf den zahlreichen Landtagen gewährten Einwilligungen zu neuen Steuern stark abgenutzt. 333 Und unter Maximilian kam es kaum mehr zum Tragen. Die ehemalige Außerordentlichkeit der Steuerforderungen und Steuerbewilligungen hatte sich endgültig in eine Periodizität der Steuerforderungen und Steuerbewilligungen verwandelt. 334 Seit Mitte des 16. Jahrhunderts schon, besonders seit Albrecht V., hatten die Landstände diese Abnutzung hinnehmen müssen, da Albrecht es zunehmend als selbstverständlich ansah, dass die Landstände die von ihm geforderten Steuern ohne weiteres bewilligten und zudem alle Schulden übernahmen. Unter Maximilian I. setzte sich diese Einstellung gegenüber den Landständen und ihrer Funktion als Steuerbewilliger und -einnehmer fort. Auch Maximilians Sohn Ferdinand Maria teilte die Meinung seines Vaters, wie aus einer Quellenstelle aus dem Jahre 1652 zu ersehen ist. In diesem Dokument, das mit dem Titel „Privilegia Bavaria" überschrieben ist, wird die Nichtachtung landständischer Privilegien durch den Fürsten gerechtfertigt. Dem Landesfürsten wird hier das alleinige Recht der Steuerbewilligung, -anlage und -Verwendung zugeschrieben und die Untertanen werden als pflichtschuldige „Steuerbürger" bezeichnet. Das dies bei den vorigen Herzögen anders war, habe nur daran gelegen, dass diese das genuin fürstliche Steuerregal an die Landstände verliehen hätten und die Stände insgesamt stark privilegiert hätten. Diese Privilegien seien aber legitim ausser Kraft gesetzt, wenn ein „casu necessitatis" vorliege. Ein solcher sei z. B. Kriegsgefahr, Wohlfahrt des Landes, Erhaltung der Religion. Um ersteres abzuwenden und die beiden letzteren zu befördern, dürfe der Fürst landständische Privilegien zeitweilig außer Kraft setzen.335 Die folgenden Ausführungen stellen sich zur Aufgabe, den Prozess der Besteuerung von der Steuerausschreibung über die Steuereinnahme bis hin zur Verwaltung und Verwendung der Steuergelder, z. B. für die Besoldung landständischer Beamter, zu beschreiben, um die Selbstständigkeit der landständischen Steuereinnahme und Steuerverwaltung in Bayern aufzuzeigen. Zu diesem Zweck wird auch die 333

Siehe Bosl, Repräsentation, S. 136 f.; Fried, Geschichte der Steuer, S. 596. Maximilian ging hier konsequent den Weg, den schon der Kanzler seines Großvaters, Leonhard Eck, beschritten hatte, um die Ständemacht einzugrenzen. Eck versuchte in drei Schritten, die Macht der Stände zu brechen, indem er erstens die Stände zur Ausschussbildung auf den Landtagen drängte, in dem er zweitens versuchte, eine Periodizität der Steuer durchzusetzen, um damit das ständische Recht der Steuerbewilligung zu einer Pflicht zu machen, was ihm auch gelang, und indem er schließlich drittens die ständische Steuerverwaltung durch herzogliche Verordnete unterwanderte. Metzger, Leonhard von Eck, S. 131 ff. 334

33

5 BayHStA, ALL 1074 a: Geheimer Rat, o. F.

D. Die Landschaftsverordnung und die Organisation von Steuern

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Steuerinstruktion von 1612 vorgestellt. Zunächst soll aber die Organisation der Steuereinnahme näher beleuchtet werden. b) Organisation der Steuereinnahme Die landständische Bürokratie, die die Steuereinnahme und Steuerverwaltung leistete, war zweigeteilt: Die so genannten Steuerer betrieben die Steuereinnahme, die Vorratsverordneten, eine aus der Landschaftsverordnung gewählte Untergruppe, besorgte die Rechnungslegung und Verwahrung der eingenommenen Steuergelder bzw. deren Verwaltung oder Weiterleitung an entsprechende Stellen. Wenden wir uns zunächst der Steuereinnahme zu. Hier muss man zwischen der Land- und Standsteuer unterscheiden. Letztere wurde von Steuereinnehmern des jeweiligen Standes eingenommen. Erstere war mit größerem personellem Aufwand verbunden. Die Landsteuereinnahme war im 17. Jahrhundert genau organisiert. Zwischen den verschiedenen Beteiligten auf landständischer und fürstlicher Seite waren die Aufgaben exakt abgesteckt. Die Landsteuerer, die auf landständischer Seite für die Einnahme der Steuern verantwortlich waren, waren aufgeteilt in Oberund Untersteuerer. Die Obersteuerer trafen sich zu Beginn der Steuerperiode in ihrer Rentamtshauptstadt und erarbeiteten die Steuerschreiben, die sie an ihre Untersteuerer schickten. 336 Diese Steuerschreiben enthielten die einzunehmenden Steuersummen, die durch die jeweilige Steuerinstruktion vorgegeben waren. Die Untersteuerer waren dann für die Steuerveranlagung und die Einsammlung der Steuerbeträge - allerdings meist unter Zuhilfenahme von Pflegern und anderen Amtleuten - verantwortlich. Die Rentämter wiesen eine verschiedene Anzahl von Steuerern auf. Das Rentamt München ζ. B. beschäftigte wegen seiner Größe und der zu erwartenden größeren Steuereinnahme acht Untersteuerer, die zu zweit in vier Distrikten ihrer Tätigkeit nachgingen.337 In den Rentämtern Burghausen, Landshut und Straubing waren vier Untersteuerer beschäftigt. Diese Rentämter hatten ihre Gebiete in zwei Distrikte aufgeteilt, sodass dort wiederum zwei Untersteuerer pro Distrikt zusammenarbeiteten. Pro Rentamt gab es ein Landsteueramt, dem die Obersteuerer faktisch vorstanden. Weiteres wichtiges Personal der Landsteuerämter waren die Steuerschreiber, die ebenfalls in Ober- und Untersteuerschreiber aufgeteilt waren 3 3 8 sowie Boten. 339 336 Lanzinner, Fürst, S. 256. Die Anzahl der Obersteuerer pro Rentamt lässt sich aus den Quellen nicht eruieren. 337 Ludwig Hoffmann zählt diese vier Distrikte in seiner Abhandlung über die Geschichte der direkten Steuern in Bayern auf:„l) Dachau, Aichach, Schrobenhausen, Pfaffenhofen, Kranzberg; 2) Starnberg, Weilheim, Schongau, Rauhenlechsberg, Landsberg, Mehring, Friedberg, Rain, Wemding; 3) Schwaben, Wasserburg, Reichenhall, Karlstein, Traunstein, Marquartstein, Rosenheim, Auerburg, Aibling, Tölz; 4) Gerolfing, Ingolstadt, Kösching, Vohburg, Altmannstein, Riedenburg, Randeck, Neustadt, Abensberg, Mainburg. Hoffmann, Geschichte der direkten Steuern, S. 49.

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III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung

Das Amt eines Landsteuerers wurde vor 1612 von der Gesamtlandschaft auf den Landtagen durch Wahl vergeben. Auch andere landschaftliche Ämter wurden so vor 1612 vergeben. Nach 1612, als die Entscheidungsbefugnis über landschaftliche Angelegenheiten auf die Landschaftsverordnung übergegangen war, entschied diese ebenfalls per Wahl über die Besetzung von Ämtern in der Steuereinnahme und Steuerverwaltung. 340 Untersteuerer und fürstliche Beamte arbeiteten bei der Steuereinnahme zusammen. Wie schon erwähnt, schrieben die Obersteuerer die Steuerbeträge aus, die Untersteuerer waren für die Steuerveranlagung der Untertanen verantwortlich, fürstliche Beamte, meist Pfleger, sammelten dann die Steuerbeträge ein und schafften sie nach Beendigung dieses Vorgangs zu ihrem „vorgesetzten" Untersteuerer. 341 Die Höhe der Steuerbeträge für die einzelnen Untertanen wurde entweder auf der Grundlage der vorhandenen Steuerbücher oder durch eine Neuveranschlagung der Steuer festgelegt. Hofmarksherren erhielten kein solches Schreiben, sie besteuerten ihre Hofmarksleute selbst und nahmen die Steuer auch selbst ein. Zusammen mit den Steuerlisten schickten sowohl die Hofmarksherren als auch die Untersteuerer das eingezogene Geld dann an die Obersteuerer in das Landsteueramt ihrer jeweiligen Rentamtshauptstadt.342 Im Fall der landgerichtsunmittelbaren Untertanen wurden die Steuerbeträge durch die fürstlichen Pfleger oder Landrichter eingenommen und später ebenfalls mitsamt der Steuerregister dem Landsteueramt zugeschickt.343 Die erwähnten Steuerregister waren sehr wichtig, sie enthielten den Namen jedes Steuerpflichtigen und den von ihm bezahlten Steuerbetrag. 344 Zusätzlich waren sie von Bedeutung, weil sie neben den Untertanen auch ausländische Bewohner und Adelige, die im Besitz von einschichtigen Gütern waren, verzeichneten. 338 Lanzinner, Fürst, S. 256. 339 Siehe Schlögl, Bauern, S. 244. Im späten 18. Jahrhundert beträgt die Zahl der an der Steuererhebung beteiligten Beamten schon 86. Der Hofkalender von 1799 beschreibt diese 86 Personen im Detail: 16 Verordnete und 4 Rechenaufnehmer, der Landschaftskanzler, 13 Beamte der Oberlandskanzlei, acht Beamte der Unterlandskanzlei, zwei Beamte des landschaftlichen Zinszahlamtes, 35 Land- und Standsteuerer plus Steuerschreiber und sieben nicht näher beschriebene Beamte. Rauh, Verwaltung, S. 33. 340 Zum Thema der Wahl von Ämtern durch die Landschaftsverordnung siehe auch das Kapitel über die Nachwahl der Verordneten [III. Teil, B., 3. Kapitel, b)]. 341 Lanzinner, Fürst, S. 256. In manchen Fällen, wenn es sich ζ. B. um eine Kriegssteuer handelte, kam es vor, dass die Landstände dem Pfleger einen Offizier beigesellten, der die Einnahme der Kriegskontribution überwachte und danach einen Bericht an die Landschaftsverordnung und den fürstlichen Hof zu schicken hatte. Siehe das Beispiel bei Seifried, bei dem u. a. das kurfürstliche Steuermandat von 1636 abgedruckt ist, in dem ein solcher Vorgang angekündigt wird. Seifried, Geschichte Bairischer Landschaft, S. 224. Vgl. zum Vorgang der „Arbeitsteilung" zwischen den landschaftlichen Steuerern und den fürstlichen Steuereinnehmern auch BayHStA, A L L 365, fol. 86. 342 Lanzinner, Fürst, S. 256. 343 Schmelzle, Staatshaushalt, S. 343/344. 344 Schmelzle, Staatshaushalt, S. 344.

D. Die Landschaftsverordnung und die Organisation von Steuern

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Die Pfleger in den Landgerichten bzw. die Hofmarksherren in ihren Herrschaften wurden strengstens angewiesen, die eingebrachten Steuern unverzüglich an das Landsteueramt weiterzuleiten. 345 Die Landsteuerer bzw. Obersteuerer verglichen dann die Summe der eingeschickten Steuergelder mit den Zahlen ihrer Steuerbücher und prüften sie auf ihre Korrektheit. 346 Im Landsteueramt der Rentamtshauptstadt waren zwei Personen für die Niederschrift der Steuerbücher und andere schriftliche Arbeiten als Mitarbeiter angestellt.347 Nach einer Neuveranschlagung der Steuern gestaltete sich das Prozedere der Steuerausschreibung und -einnähme komplizierter. Eine Neuveranschlagung der Steuern, die nach einem Landtag oder einer Postulatshandlung stattfand, auf dem neue Steuern bewilligt worden waren, verlief typischerweise so, dass der Untersteuerer mit seinem ihm zugeteilten Steuerschreiber den Steuerbezirk bereiste, die bäuerlichen Untertanen zu sich zitierte und durch Fragen und aufgrund der Auswertung des so genannten „Fragstucks", eines detaillierten Fragebogens zu den Besitz- und Vermögensverhältnissen des steuerpflichtigen Untertans, versuchte, den Vermögensstand zu eruieren. Bei dieser Aufgabe assistierten ihm die Pfleger, Richter und Amtleute des jeweiligen Landgerichts, indem sie die Angaben der „Vorgeladenen" überprüften. Die Amtleute mussten hierfür den Eid schwören, dass sie ihre Urteile über die Untertanen unparteiisch fällen. Den Amtleuten gleichgestellt waren im Übrigen auch die Haupt- und Obleute des Landgerichts Die Selbsteinschätzung der Untertanen wurde als Grundlage für die Besteuerung nach dem instruktionsgemäßen Steuersatz benutzt. Der Untersteuerer rechnete dem Untertan dann seinen zu entrichtenden Steuerbetrag aus und händigte ihm einen Steuerzettel aus, auf dem die Steuersumme verzeichnet war. 348 Dieser Steuerzettel diente den die Steuern einnehmenden Pflegern als Nachweis, dass der Untertan bei der Steuerschätzung gewesen war; dem Untertan diente der Steuerzettel als 345 In einem Mandat von 1636 unterstreicht Maximilian dieses Gebot noch einmal mit der Drohung, sollten die Hofmarksherren wirklich säumig bei der Einschickung der eingenommenen Steuergelder sein, dann solle die „Sperrung der Jurisdiction" in Betracht gezogen werden. Zitiert bei Seifried, Geschichte Bairischer Landschaft, S. 220. 3 46 BayHStA, ALL 365, fol. 86; Schlögl, Bauern, S. 244. 347 Einer dieser beiden „Verwaltungsangestellten" des Landsteueramts stammte aus dem Stand des Adels, der andere aus dem Stand der Bürgerschaft. Beide wohnten in der Rentamtshauptstadt, meist in der Nähe des Amtes selbst. BayHStA, ALL 365, fol. 86. 348 Die Steuerzettel anbelangend, findet sich in den Quellen ein Befehl der Landsteuerer des Rentamts München an ihre Steuereinnehmer mit Anweisungen zur Steuereinnahme und zu einer teilweisen neuen Steuerveranschlagung für die Untertanen, deren Besitzverhältnisse sich verändert haben. Wichtig ist den Landsteuerern, dass die Steuerzettel unentgeltlich an die Steuerzahler ausgegeben werden sollen. Die Steuereinnehmer sollen außerdem genau verzeichnen, wie viel sie von jeder Sorte Geld eingenommen haben. Es gab einige solche strenge Maßnahmen hinsichtlich der Steuereinnahme und Steuerverwaltung. Diesen Aufgabenbereich nahm die Landschaftsverordnung sehr ernst. Es handelte sich hier schließlich um ein Privileg, welches sie weiterhin für sich in Anspruch nehmen wollten. Daher waren die Steuereinnehmer gehalten, ihre Arbeit gewissenhaft zu verrichten. BayHStA, Stv 1521, fol. 10.

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III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschafts Verordnung

Schutz vor eventueller Willkür des Pflegers. 349 Die Einnahme der Steuern verlief dann wieder so wie oben beschrieben. 350 Wenn keine Neuveranschlagung der Steuer stattfand, wurden die jeweiligen Steuerbeträge der Untertanen aus dem Steuerregister des vorangegangenen Jahres als Grundlage für die Besteuerung verwendet. Die gesammelten Steuergelder wurden abschließend vom Landsteueramt aus in das Landschaftshaus nach München geschickt, wo dann die Rechnungslegung durch die so genannten Vorratsverordneten stattfand. Dies war eine Gruppe innerhalb der Landschafts Verordnung, bestehend aus 16 Personen (acht aus dem Oberund acht aus dem Unterland), 351 die neben der Erstellung der landschaftlichen Hauptrechnung auch über den landschaftlichen Vorrat wachten und in den Verhandlungen über fürstliche Postulate für die Landschaft sprachen.

c) Die Steuereinnehmer der Stände (Standsteuerer) Jeder Stand hatte seinen eigenen Steuereinnehmer. Pro Rentamt gab es einen oder mehrere Steuereinnehmer des jeweiligen Standes. Der Steuereinnehmer der Prälaten schickte, nachdem er einen entsprechenden Landschaftsbefehl empfangen hatte, allen seinen untergebenen Stiften und Klöstern eine gedruckte Steuerordnung mit Unterschrift und Siegel, in der angegeben wurde, in welchem Zeitraum wie viel Steuern verlangt werden. Die oberländischen Einnehmer sollten die empfangenen Steuern in das Landschaftshaus nach München bringen. Die unterländischen Einnehmer waren gehalten, ihre gesammelten Steuern in das Landschaftshaus nach Straubing zu bringen und den dazu deputierten Verordneten zu überreichen. 349

Beispiel für eine Steuerquittung: „Wir Wolff Joachim von und zu Weichs und Hans Gorg von Seyboltstorff zu Schenkenau und Hergertshausen als von gmeinem Standt der Ritterschafft und Adels über jüngst zu Landshuet bewilligte Anlag: Verordnete Einnemmer Rentampts München Bekennen hiemit, daß uns der Edle und Vesste Hieremiaß Leyinger der Jünger zuo Wolferting sein ReuterAnlag Innhalt des Abschlags so viel zu gantzer Anlag heurigs Jahrs Ime gebürt und aufferladen worden ist an heut dato ohne abgang völlig unerantwortet und bezahlt zu Urkundt haben wir dise Quittung mit unsern für gedruckten Pettschiern gefertiget. Geben zu München den 23 Tags Monats Juni Anno etc. 1603." BayHStA, Stv 1521, fol. 10. Es handelt sich hier zwar um eine Steuerquittung eines Standsteuereinnehmers; es ist aber anzunehmen, dass die Steuerquittung eines Landsteuereinnehmers ähnlich gestaltet war. Im zitierten Quellenband finden sich die Quittungen der Rittersteuerer des Rentamts München Wolff Joachim von und zu Weichs und Hans Georg von Seyboltsdorff aus den Jahren 1600 bis 1603. 350

In den Hofmarken verlief die Steuerveranschlagung ebenso, nur war hier der Hofmarksherr derjenige, der seinem Untertan den zu zahlenden Steuerbetrag ausrechnete. Schmelzle, Staatshaushalt, S. 343/344. 3 51 Innerhalb der Achtergruppe war die Aufteilung auf die Stände folgendermaßen: Vier Vertreter für die Adeligen und jeweils zwei Vertreter für die Geistlichen und die Städte und Märkte.

D. Die Landschaftsverordnung und die Organisation von Steuern

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Die Steuereinnehmer der Prälaten reisten nicht herum und sammelten die Steuern ein, sondern sie erwarteten in ihrem eigenen Kloster die Steuersummen, die von den anderen Klöstern per Boten gebracht wurden. Konnte ein Stift oder Kloster die Steuern nicht fristgerecht bezahlen, so hatte der Steuereinnehmer dies zwei Mal schriftlich anzumahnen und die Sache dann der Landschaftsverordnung bzw. den Vorratsverordneten zu übergeben, falls beide Mahnungen ohne Reaktion blieben. Denn der Einnehmer hatte keine Gewalt, die Steuern zu erzwingen. Wenn ein solcher eben geschilderter Fall eintrat, befassten sich die Vorratsverordneten eingehender mit dem Steuerverweigerer, organisierten, falls es für nötig befunden wurde, eine Art Anhörung, in der das Kloster oder Stift vorbringen konnte, unter welchen Belastungen es litt, die es ihm unmöglich machten, Steuern zu zahlen und in der ihm dann gegebenenfalls ein Nachlass gewährt wurde. Auch für die Einnahme der adeligen Standsteuer gab es einen eigenen Steuereinnehmer aus diesem Stand. Die „Ritterstands-Anlags-Einnehmer", für jedes Rentamt zwei an der Zahl, gingen genauso vor wie die Steuereinnehmer der Prälaten. Die Standsteuereinnehmer der Städte und Märkte stammten meist aus dem inneren Rat der Stadt, oft waren es die Bürgermeister selbst, die dieses Amt verrichteten. Für jedes Rentamt wurde ein Steuereinnehmer verordnet. München war hier allerdings die Ausnahme, dort waren zwei Einnehmer tätig. Die Vorgehensweise der städtischen Steuereinnehmer ist dieselbe wie die der Steuereinnehmer der beiden anderen Stände. Die Standsteuer für die einzelnen Stände wurde in den Steuerinstruktionen festgelegt. Danach sollten der erste Stand der Prälaten und Klöster 50000 fl. zur Standsteuer beitragen, der Ritterstand 10000 fl. und der Stand der Städte und Märkte 40000 fl. Insgesamt sollte die Standsteuer also 100000 fl. erbringen. Die Prälaten und Klöster sowie die Städte und Märkte wurden dabei auf den 8., 9. und 10. Teil ihres Einkommens belegt. 352 d) Missstände bei der Steuereinnahme Im 17. Jahrhundert scheinen die Landstände in ihrem Eifer bei der Neuveranschlagung der Steuern nachgelassen zu haben. Sowohl nach dem Landtag von 1605 als auch nach dem Landtag von 1612 verzichtete man auf eine Neuveranschlagung, obwohl neue Steuern bewilligt worden waren. Man einigte sich darauf, die Steuerhöhe anhand der vorhandenen Steuerbücher und Register festzulegen. Für diese Nachlässigkeit rügte Maximilian die Landstände in einem Mandat. 353 Allerdings war wohl die Häufigkeit der Steuererhebungen der Grund dafür, 352 BayHStA, ALL 338, fol. 90. An dieser Stelle sei noch auf Tabelle 8 im Unterkapitel i) Zusammenfassung hingewiesen. 353 BayHStA, GR 1462/16 - Mandat vom 10.05.1612. Zitiert bei Schlögl, Bauern, S. 250. 354 Hoffmann, Geschichte der direkten Steuern, S. 71 /72.

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III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung

dass die Steuerbücher der vorangegangenen Jahre zunehmend zur Feststellung des aktuellen Steuersatzes herangezogen wurden. Jedes Jahr, in dem eine Landsteuer einzunehmen war, eine Neuveranschlagung der Besitz- und Vermögensverhältnisse der einzelnen Untertanen vorzunehmen, erschien den Landschaftsverordneten wohl als zu kostspielig, weil es mit beträchtlichem Arbeitsaufwand verbunden 354

war. Insgesamt gibt es mehrere Beispiele dafür, dass die geschilderten Abläufe der Steuerveranschlagung und -einnähme nicht immer so idealtypisch abliefen wie beschrieben. Das beweist ein sehr energisches Mandat Maximilians schon aus dem Jahre 1600, in dem er Missstände im Steuerwesen bemängelte, die es seiner Meinung nach abzustellen galt. Da im selben Jahr eine Landsteuereinnahme anstand, machte Maximilian Verbesserungsvorschläge. 355 Ein großer Schwachpunkt des Steuersystems war seiner Meinung nach die Veranschlagung der Steuer. Diese beruhte nämlich allein auf der schriftlichen oder mündlichen „Überlieferung" der Pfleger, Landrichter, Pflegsverwalter, Gerichtsschreiber und Amtleute, die von jetzt an gewissenhafter arbeiten sollten. Die Informationen über die Vermögenssituation, den Besitz etc. sollten den Landsteuerern schneller vorgelegt werden als früher, damit diese die Informationen nutzen könnten. Von jetzt an sollten die Informationen zur Besteuerung der Untertanen von Jahr zu Jahr aktualisiert werden. Um die Sorgfalt der Aufzeichnungen zu gewährleisten, musste jeder Beamte, der für Steuersachen zuständig war, einen Eid schwören. Bei nachgewiesener Schlamperei drohte ihm ein Prozess wegen Meineids. 356 Die Pfleger und auch die Hofmarksherren hatten streng darauf zu achten, dass bei der Schätzung des Eigentums nicht geschwindelt wurde, denn das führte zu Steuerverlusten und damit zu Steuerungerechtigkeiten. Besitzänderungen durch Verkauf von Gütern etc. sollten daher ganz streng vermerkt werden. Bauern sollten stärker überprüft werden, da viele Fälle bekannt wurden, in denen ζ. B. eine geringere Anzahl an Vieh angegeben worden war als der Wahrheit entsprach, um weniger Steuern zahlen zu müssen. Den Untertanen, die Steuern zahlten, sollten Steuerzettel zugestellt werden, damit nachvollziehbar war, wie viel Steuern sie zahlten. 357 Ein anderer Quellenfund, ein Bericht der Landsteuerer des Rentamts Straubing, zeigt wiederum, dass die Umsetzung der von Maximilian oben beschriebenen Forderungen nicht stattfand. Die Landsteuerer Straubings erläutern in ihrem Bericht die Details der Besteuerung der Kastenamtsuntertanen zu Kelheim und Viechtach und bestätigen, dass sie die Beschreibung und neue Belegung der Steuern nach den 355 Sicher kann man den Eifer, den Maximilian in diesem Mandat erkennen lässt, auch mit dem noch vorhandenen Idealismus des erst angetretenen Herrschers erklären. 3 56 BayHStA, ALL 1891, fol. 61. 3 57 BayHStA, A L L 1891, fol. 61. 358

Hier ist wohl die Steuerinstruktion von 1600 gemeint.

D. Die Landschaftsverordnung und die Organisation von Steuern

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Buchstaben der Instruktion vollzogen haben. 358 Demnach waren alle Untertanen besteuert worden, sowohl hofmärkische als auch andere Kastenuntertanen. Kelheim hatte nach Angaben der Landsteuerer keine Hofmarksuntertanen vorzuweisen, wohl aber Viechtach, in dessen Gebiet drei Hofmarken lagen. 359 Auch die Untertanen dieser Hofmarken waren besteuert worden sowie die Untertanen aller einschichtigen Güter des Rentamts. Die Eintragung der Steuersummen in Steuerbücher wurde von fürstlichen Beamten vorgenommen. In Form von Steuerquittungen wurde dann den Landsteuerern die Ablieferung und Eintragung der Steuersummen bestätigt. Eine „Steuerrechnung" hatten die Landsteuerer den fürstlichen Steuerbeamten auch zugesendet. Im umgekehrten Fall hielten sich die fürstlichen Steuerbeamten aber offenbar nicht an die in der Steuerinstruktion gemachten Vorschriften, die besagten, dass sie den Landsteuerern einen Auszug ihrer Dokumente schicken sollten, aus dem für die Landsteuerer ersichtlich war, wie die fürstlichen Steuerbeamten ihrerseits ihre Steueruntertanen belegt hatten. Dies sollte nämlich der Vereinheitlichung der Besteuerung des Rentamtgebiets Kelheim dienen. Die fürstlichen Steuerbeamten waren hier aber offenbar nicht kooperativ. Darüber beschwerten sich die Landsteuerer vehement. Denn dadurch konnte es geschehen, dass sich einzelne Untertanen wieder selbst geschätzt hatten, was durch die neue Steuerinstruktion doch verhindert werden sollte. Als Konsequenz dieser Selbstschätzung tauchten diese Untertanen natürlich auch nicht in den Steuerlisten auf. 360 Das neue Steuermandat von 1600 betreffend, gab es immer noch Unregelmäßigkeiten bei der Umsetzung der dort geforderten Reformen. Deshalb erließ Maximilian im April 1601 erneut ein Mandat und unterstrich noch einmal, dass alle Pfleger, Landrichter etc. aber auch Hofmarksherren von dem Mandat unterrichtet werden sollten. Die Untertanen sollten laut diesem Mandat ζ. B. auch daraufhin überprüft werden, wie hoch ihre Schulden waren; die gemachten Angaben sollten genau nachgeprüft werden. Außerdem sollte verstärkt auf die Angabe der Viehbestände geachtet werden. Nach der Befragung der Untertanen sollten die Viehherden der Orte selbst von den Beamten gezählt werden und dann die Angaben der Untertanen mit den Zahlen der Beamten verglichen werden. Der dritte Punkt, auf den Maximilian besonderen Wert legte, war die genaue Eruierung des Status' der Untertanen. Güter, Gerechtigkeiten, Herrngunst, Freistift sowie finanzielle Details wie Wechsel, Tausch, Kauf, Verkauf, Leibgeding, Erbrecht und Erbteilungen etc. waren sorgfältig zu beschreiben. Diese Informationen zum Untertan sollten auch rechtzeitig an die Steuerstuben geschickt werden, so dass dort damit gearbeitet werden konnte. Von jetzt an sollten die oben erwähnten Punkte von Jahr zu Jahr aktualisiert werden.

359 BayHStA, ALL 1891, fol. 61. 360 BayHStA, Kurbayern Mandatensammlung, fol. 40. Datiert ist dieser Brief vom 26. Dezember 1600.

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III. Teil: Die Landschaftsverwaltung und Landschaftsverordnung

e) Die Steuerinstruktion

von 1612

Die Steuerinstruktion von 1612 361 soll hier ausführlich vorgestellt werden, weil sie als die Steuereinnahme regelndes Dokument über 100 Jahre Bestand hatte. Lediglich die Höhe der verschiedenen Steuertarife wurde während dieser 100 Jahre variiert. Die Steuerinstruktion von 1612 ist neben der Festlegung der Steuersätze für die Landsteuer, die den eigentlichen Inhalt einer neuen Steuerinstruktion darstellten, für die eben angesprochene Thematik der Aufgaben der landständischen Steuereinnehmer aufschlussreich. 362 In dieser Instruktion wird zunächst der Landtagsbeschluss im Blick auf die Landsteuern erläutert. Beschlossen wurde auf dem Landtag von 1612 mit Zustimmung der Landstände, dass innerhalb von neun Jahren sechs durchgehende Landsteuern und zwar in drei Jahren je zwei Steuern eingefordert werden sollten. Steuerjahre hätten nach diesem Beschluss eigentlich die Jahre 1613, 1615, 1618 und 1621 sein müssen. Jedoch findet sich in den Quellen die Auflistung folgender Steuerjahre: 1613, 1615, 1616, 1618, 1619. 363 Die Landstände nahmen also in zwei Steuerjahren dieser Liste nur eine Landsteuer ein, in den anderen Jahren, wie vorgesehen, je zwei Steuern. Die Landsteuer war ihrer Art nach eine Kombination aus Vermögensteuer, Kapitalertragsteuer bzw. Einkommensteuer und Grundrentensteuer. Die Höhe der Steuer wurde 1612 festgelegt als „vom Pfund Vermögens zwölf Pfennig". 364 Dies bedeutet einen Steuersatz von 5%, nimmt man den festgesetzten Wert des Pfundes mit 240 Pfennigen an. 3 6 5 Alle Personen, die sich nicht auf die ständische Befreiung berufen konnten, wurden mit diesem Steuersatz belegt. Hinzu kam die Besteuerung des Ertrages („Einkommens") mit einem Steuersatz von 10% bis zu 16%. 366 Kapital- und Grundrenteneinkommen wurden ebenfalls besteuert (Steuersatz 1 % bis 5%); 3 6 7 Die fürstlichen Pfleger sollten darauf achten und desgleichen auch jeder Landsasse, dass die Untertanen zwecks Veranlagung der Steuer eine Beschei361

An diesem Punkt sei auf die Tabelle hingewiesen, die, die Ergebnisse zusammenfassend, sich am Ende dieses Unterkapitels befindet. 3 62 BayHStA, ALL 1990, fol.l ff. 3 3 * BayHStA, A L L 1990, fol. 2. Die Standsteuer sollte im Übrigen in den Jahren 1612, 1615 und 1618 erhoben werden. Ebenda, fol. 7. 3 *4 BayHStA, A L L 1990, fol. 1. 365

Schon Ludwig Hoffmann bezweifelt in seiner 1883 erschienenen Studie über die Geschichte der direkten Steuern in Baiern, dass das Pfund noch 240 Pfennig wert war. Siehe Hoffmann, Geschichte der direkten Steuern, S. 73. Der Handhabbarkeit halber, nehme ich jedoch diesen idealtypischen Wert als realistisch an. Mir geht es hier nicht um die exakten Münzwerte oder Steuersätze, sondern um die Bedeutung der Steuerinstruktion und die Rolle der Landschaft und ihrer Verwaltung bei der Steuereinnahme. 3 66 Schlögl, Bauern, S. 236. 567 Schlögl, Bauern, S. 237.

D. Die Landschaftsverordnung und die Organisation von Steuern

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nigung oder Urkunde über die Größe und den Wert ihrer Güter vorweisen, damit sie nicht über Gebühr besteuert würden. 368 Die Bauern trugen den bei weitem größten Anteil zur Landsteuer bei. Der Steuersatz von 5% galt für vorhandenes bewegliches Vermögen. Ein Steuersatz von 10% bis 16% galt für den Ertrag aus unbeweglichem Vermögen. Auch der Viehbestand gehörte zum Versteuerungspflichtigen unbeweglichen „Vermögen" des Bauern: Jede Kuh wurde mit eineinhalb Schilling besteuert, es sei denn, der Bauer konnte eine Urkunde vorlegen, die bescheinigte, dass das Vieh seiner Obrigkeit gehörte und dass diese das Vieh schon versteuert hatte. 369 Sollte ein Bauer Zinsen oder Gülten als Einkommen haben, so wurde ihm davon ein Sechstel als Steuer abgezogen.370 Nach den Berechnungen Hans Schmelzles in seiner Studie über den bayerischen Staatshaushalt im 18. Jahrhundert bedeutet dies insgesamt einen Steuersatz von 16 %. 3 7 1 Die Steuerinstruktion von 1612 sah allerdings auch vor, bei Härtefällen einen Steuernachlass zu gewähren. Falls ζ. B. aufgrund von Naturkatastrophen wie Trockenheit, übermäßigem Regen, Hagel, Feuer etc. ein so großer Schaden für die Bauern entstanden war, dass sie nicht imstande waren, ihre Steuern in voller Höhe zu bezahlen, konnten sie einen Steuernachlass erbitten. Sie hatten sich zu diesem Zweck unverzüglich und nicht erst bei der Steuereinforderung an die zuständigen fürstlichen Pfleger und Landrichter zu wenden, die dann die Situation einschätzten, den Schaden begutachteten und - nach Absprache mit dem Obersteuerer - einen Steuernachlass beschieden.372 Die Bevölkerungsgruppen, die außer den Bauern zur Landsteuerzahlung verpflichtet waren, waren die Knechte und Taglöhner, die ungefreiten Hofmarksherren und der Klerus. 373 Sie alle mussten ebenfalls 5% ihres Vermögens als Steuer ab368 Speziell zum Bereich der Besteuerung ländlicher Bevölkerungsschichten existiert schon seit Beginn des 16. Jahrhunderts, zum ersten Mal 1526, ein sogenanntes „Fragstuck". Dies ist ein Fragebogen, in dem die Vermögens- und Besitzverhältnisse des steuerpflichtigen Untertanen genau festgehalten wurden. Schmelzle, Staatshaushalt, S. 345. Zusätzlich ist noch zu bemerken, dass eine Regelung der Steuerinstruktion von 1612 vorsieht, bei Steuerhinterziehung im Falle der Landsteuer dem Steuerhinterzieher die doppelte Summe der hinterzogenen Steuer als Strafe aufzuerlegen, wobei ein Drittel der Strafzahlung demjenigen zugestanden wurde, der den Steuerbetrug angezeigt hatte. In der Praxis setzte sich die „poena dupli", die doppelte Steuersumme als Strafe für Steuerhinterziehung, allerdings erst durch einen Hofratsbeschluss im Jahre 1617 durch. Bis dahin war es üblich, bei Steuerhinterziehung das Vermögen ganz zu konfiszieren. Aber auch nach 1617 war die „poena dupli" immer wieder in Gefahr zugunsten der Konfiskationsregelung in Vergessenheit zu geraten. 1682 setzt sich dann die Konfiskation wieder als alleinige Strafe bei Steuerhinterziehung - meist handelte es sich um falsche Angaben des eigenen Vermögens - durch. Siehe hierzu auch Heydenreuter, Steuerbetrug, S. 168/169. 3

69 BayHStA, ALL 1990, fol. 6. 370 BayHStA, ALL 1990, fol. 5/6. 371 Schmelzle, Staatshaushalt, S. 351. 372 BayHStA, ALL 1990, fol. 7. 373 Schmelzle, Staatshaushalt, S. 343.

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III. Teil: Die Landschafts Verwaltung und Landschafts Verordnung

führen. 374 Ledige Gesellen und Knechte mussten sogar den doppelten Steuersatz, also 10%, zahlen. Die Begründung für diese Steuerpolitik ist nicht zu eruieren. Es wird lediglich gesagt, die Besteuerung gerade dieser Bevölkerungsgruppe geschehe „aus beweglichen gueten Ursachen". 375 Anzunehmen ist, dass die hohe Besteuerung der Gesellen und Knechte daher rührte, dass diese zu einer Bevölkerungsgruppe gehörten, deren Beruf es mit sich brachte, dass sie herumzogen und nicht sesshaft an einem Ort verweilten. Ihre Steuerzahlungen konnten also von den Landsteuerern nicht für einen längeren Zeitraum eingeplant werden. Die fürstlichen Räte, Sekretäre und die Adeligen wurden, sofern sie keine Landsassen waren, zur Landsteuerzahlung durch Besteuerung ihrer Renten, Zehnten und der Gülten ihrer Güter herangezogen. Ihre Besoldungen und Dienstgelder waren aber von der Besteuerung ausgenommen, ebenso wie die Zinsen, die sie als Gläubiger des Landesherren oder der Landstände erhielten. Die Besteuerung der Einkommen aus ihren Gütern erfolgte so, dass vom jährlichen Einkommen 10% versteuert wurden. 376 Auch mit fürstlichen und landständischen Amt- und Dienstleuten, Pflegern, Richtern, Kastnern, Mautnern, Zöllnern, Gerichtsschreibern, Forstmeistern, Jägern, Küchenmeistern, Reisigknechten und anderem Hofgesinde wurde so verfahren. Wichtig war hierbei, dass sie keine Landsassen waren oder den Ständen irgendwie zugehörig, da sie sonst unter die Bedingungen der Standsteuer gefallen wären. Ausländer, die nicht dem Stand der Ritterschaft angehörten, aber „sonsten Güter oder Zehend im Landt haben" und auch solche Personen, die als Fremde in einer Stadt wohnten und nicht dem geistlichen Stand angehörten, wurden, falls sie im Land Güter, Hofmarken oder Sölden hatten und deswegen Steuern zahlen mussten, auf den zehnten Pfennig des Einkommens aus ihren Gütern besteuert. Ausländer, die einschichtige Güter und damit Gülten und Zehnteinnahmen besaßen, waren verpflichtet, ein Sechstel ihres ihnen daraus erwachsenden Einkommens zu verΎΊ1

steuern. Dem „Beysitz" in Städten wurde durch die Steuerinstruktion von 1612 versucht, einen Riegel vorzuschieben, indem der Bürgerstatus neu definiert wurde: Nur demjenigen, der „eygnen Rauch in den Stätt und Märkhten ein halb oder viertel Jahr" hatte, d. h. der ein Haus oder eine Wohnung in der Stadt oder einem Markt hatte und dort ununterbrochen mindestens drei Monate wohnte, wurde der Bürgerstatus zuerkannt. Alle anderen Personen, die keinen Bürgerstatus hatten, in der Stadt oder dem Markt aber Handel trieben oder sonst Einkommen hatten, mussten ihre sämtlichen Einnahmen versteuern und zwar mit einem Steuersatz von 10%. 378 374 BayHStA, ALL 1990, fol. 5. 375 BayHStA, ALL 1990, fol. 6. 376 BayHStA, ALL 1990, fol. 3. 377 BayHStA, ALL 1990, fol. 4. 378 Ähnliche Regelungen findet man auch in den Steuermandaten der folgenden Jahre. Vgl. Seifried, Geschichte Bairischer Landschaft, S. 221.

D. Die Landschaftsverordnung und die Organisation von Steuern

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Die Domkapitel der Bistümer Salzburg, Regensburg, Passau und Freising „sollen für Ausländer nit gehalten werden" und zahlen daher für ihre jährlichen Einkommen und die Gülten aus ihren Gütern und Pfarren in den sechs Jahren, in denen die Landsteuer eingebracht wird, den sechsten Teil. 3 7 9 Dies sind die wichtigsten Regelungen der Steuerinstruktion von 1612. Insgesamt ist diese Instruktion ein anschauliches Beispiel für den entstehenden frühneuzeitlichen Finanz- und Steuerstaat. Sie folgt im Übrigen beinahe wörtlich der Instruktion von 1606. Dort variierte lediglich die Höhe der Steuersätze. Die Steuerinstruktion von 1612 kann also als für diese Zeit und für Bayern typische Instruktion gelten. Sie ist charakteristisch für das Umdenken der an der Macht beteiligten Landstände, die durch sie und ihre Vorgängerinstruktionen eine Entwicklung in Gang setzten, die es zuließ, dass nach und nach jeder Untertan des sich herausbildenden Staates zur regelmäßigen Zahlung von Steuern herangezogen wurde. Sie zeigt infolgedessen auch, wie sehr die Landstände im Auftrag des Landesfürsten und auch in seinem Sinne, aber ebenfalls aus Eigeninteresse, gewissenhaft versuchten, jede Steuerlücke zu erfassen. Allerdings ist auch hier zu bemerken, dass es gerade für den frühneuzeitlichen Staat, der durch seine Mandate das Bild von der disziplinierten Gesellschaft und den ebenso disziplinierten Beamten entwarf, schwer war, dem eigenen idealtypischen Bild zu entsprechen. So nahmen ζ. B. die für die Steuereinnahme zuständigen Pfleger und Hofmarksherren es offenbar nicht immer so genau mit der Steuereinnahme. In beiden Steuerinstruktionen von 1606 und 1612 wurde bemängelt, dass die Pfleger und auch die Landsteuerer die Steuersummen, die von der landschaftlichen Steuerinstruktion verlangt wurden, nicht immer ganz korrekt eingenommen hätten. Zu Unregelmäßigkeiten kam es offenbar auch häufiger bei der Übergabe der effektiven Geldmenge und Geldart. Beweis dafür ist die nachhaltige Aufforderung an die Steuereinnehmer und die Steuerer, die Art der Münzen, mit denen ihnen die Steuern gezahlt wurden - hier sind die „guten Güldene und silberne Müntz an Cronen, Rheinischen oder anderen Soldt auch Batzen, Zehner, Sechser oder wie die sonst namen haben" gemeint - nicht auszuwechseln, sondern sie so wie sie von den Ständen und Untertanen bezahlt wurden, unverändert weiterzugeben. 380 Ein oben schon erwähnter Aspekt dieser Steuerinstruktion ist das Bestreben der Obrigkeit, einen möglichst lückenlosen Zugriff auf die Untertanen zu erhalten. Das bedeutet, dass versucht wurde, jede auch noch so klein anmutende Steuerquelle zu erfassen und auszuschöpfen. Dies kann man ζ. B. an den Regelungen für die Besteuerung von „unvogtbaren" Kindern sehen. In diesem Fall sollten sich die Steuerer laut Instruktion mit „Fleis" erkundigen, wie hoch das Vermögen des Kindes sei. Wenn dieses Vermögen nicht mehr als 100 fl. betrage, so sollte es von der Besteuerung verschont bleiben. Wenn das Vermögen des Kindes über 100 fl. betrage, 379 BayHStA, ALL 1991, fol. 9. 380 BayHStA, ALL 1990, fol. 16.

176

III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung

wurde von dem, was nach den Ausgaben für den Unterhalt des Kindes blieb, ein Sechstel versteuert. Ansonsten sollten Waisenkinder schonend behandelt werden, unrechtmäßige Besteuerung des Vermögens dieser Kinder wurde sogar unter Strafe gestellt. Es soll hier noch kurz eine Problematisierung der Quellenart erfolgen. Wie allgemein anerkannt, sind Mandate und Instruktionen aus der Frühen Neuzeit Quellen, die man mit Vorsicht lesen sollte. Die neueren Forschungen zur Frühen Neuzeit ergeben, dass Mandate, Instruktionen etc. zwar im guten Willen aufgesetzt und verfasst wurden, sie aber selten genug ausgeführt oder streng eingehalten wurden. Dies zeigt schon allein die Rut der Mandate, die in der Frühen Neuzeit erlassen wurden. Wiederholte Aufforderungen, bestimmte Missstände abzustellen, weisen darauf hin, dass sich die reale Lebenswelt nicht so leicht von Mandaten beeinflussen ließ. 381 Auch die soeben vorgestellte Steuerinstruktion muss im Licht dieser Erkenntnisse gelesen werden. Sie ist in dieser Hinsicht eine wertvolle Quelle, die drei Dinge zeigen kann: Erstens, wie groß das Bemühen der Obrigkeit war, den Steuerstaat aufzurichten, zweitens, wie prominent die Rolle der Landstände in diesem Prozess war und drittens, wie langwierig der Gewöhnungsprozess der Bevölkerung und auch der unteren und mittleren Steuerbehörden im Blick auf diese neue Mentalität war.

381 Siehe dazu die Aufsätze von Landwehr, Achim, „Normdurchsetzung" in der Frühen Neuzeit? Kritik eines Begriffs, in: ZfG 2 (2000), S. 146-162 und Schlumbohm, Jürgen, Gesetze, die nicht durchgesetzt werden - ein Strukturmerkmal des frühneuzeitlichen Staates?, in: GG 23(1997), S. 647-663.

D. Die Landschaftsverordnung und die Organisation von Steuern

177

Tabelle 5 Die Regelungen der Steuerinstruktion von 1612 Steuerpflichtiger

Bauern

Steuer bezogen Steuer bezogen Steuer bezogen auf das auf das auf den Ertrag Vermögen Einkommen des Kapitals

Grundrentensteuer

„Vom Pfund Vermögens 12 Pfennige", also 5% vom Vermögen plus 1,5 Schilling pro Kuh

/

16,6%

/

Kirche und niederer Klerus

/

/

1 bis 5%

1 bis 5%

Fürstliche Räte, Sekretäre und Adelige, die keine Landsassen waren

/

Deren Dienstleute

/

10%

/

/

Fürstliche und landständische Amt- und Dienstleute, Pfleger, Richter, Kastner, Mautner, Zöllner, Gerichtsschreiber, Forstmeister, Jäger, Küchenmeister, Reisigknechte und anderes Hofgesinde

5%

10%

/

/

Inwohner, Fronboten, Schergen und Knechte

5%

10%

/

/

Taglöhner

/

10%

/

/

Ledige Gesellen und Knechte

/

20%

/

/

Inwohner und Ausländer, die nicht der Ritterschaft angehörten und andere, die als Fremde in einer Stadt wohnten und nicht einem geistlichen Stande angehörten, falls sie im Lande Güter, Hofmarken oder Sölden besaßen

/

/

/

Inwohner, die keine adeligen Güter hatten („derentwegen sie in der Rittersteuer begriffen waren")

/

16, 6%

/

/

Ausländer, die keinen adeligen Sitz oder Hofmarken im Land besaßen

/

33, 3%

/

/

Ausländer, mit Zehnteinnahmen für einschichtige Güter

/

/

16, 6%

/

Quelle: BayHStA, ALL 1990. 12 Kummer

Das Gesamteinkommen aus Renten, Zehnten und Gülten wurde mit 10% besteuert

10% aus dem Einkommen ihrer Güter

178

III. Teil: Die Landschafts Verwaltung und Landschaftserordnung

Bei der Besteuerung wurden Eventualfälle bzw. Naturkatastrophen, wie Trockenheit, übermäßiger Regen, Hagel, Feuer etc. steuermindernd berücksichtigt.

f) Die Steuerinstruktion

auf dem Prüf stand der Realität

Wie schon erwähnt, bildete eine Instruktion keineswegs die real existierenden Verhältnisse ab. Deshalb soll die erfolgreiche oder in manchen Punkten gescheiterte Umsetzung der Steuerinstruktion von 1612 nachgeprüft werden. Ein leider undatiertes, aber durch im Text befindliche Rückbezüge auf den Landtag von 1612 wohl aus der Zeit nach 1612 stammendes Gutachten soll hier die Wirksamkeit der Steuerinstruktion von 1612 bzw. ihre Durchsetzungsfähigkeit illustrieren. In diesem Gutachten machen fürstliche Beamte des Rentamts München Vorschläge zur besseren Durchsetzung der Instruktionsregelungen. Dies ist aufschlussreich, weil die Schwachpunkte in der Umsetzung der Instruktion - deren Bestand immerhin bis ins Jahr 1721 scheinbar unangefochten war - dadurch zu Tage gefördert werden. Gleichzeitig wirft dieses Gutachten ein Licht auf die damalige Steuerbürokratie. Die fürstlichen Beamten erheben zunächst Vorwürfe organisatorischer Natur. Unter anderem wird kritisiert, dass die Hauptsteuerbücher von 1612 konfus seien. Damit ist die Art und Organisation der Aufzeichnungen in den Formularen gemeint, in denen zu wenig Platz für die Beschreibung der Untertanen gelassen wurde, sodass neben dem Tauf- und Zunamen kein Platz mehr für das Geburtsjahr geschweige denn die Beschreibung ζ. B. der Gerechtigkeiten des Untertans Platz hatte. 382 Außerdem wurden in diesem Dokument die Hofmarksherren angegriffen, die nach Meinung der fürstlichen Beamten nicht dafür gesorgt hätten, dass die nach dem Krieg öd liegenden Höfe und die Höfe, auf denen die Wirtschaft wieder aufgenommen wurde, genau verzeichnet werden. 383 Dies war insgesamt ein Problem. Im nächsten Punkt wird dazu angemerkt, dass die Aufzeichnung des Vermögensstandes der einzelnen Untertanen, und hier insbesondere die Veränderungen im Vermögensstand desselben, nicht genügend präzise waren, was dazu führte, dass „vill tausent gulden" an Steuern nicht eingenommen werden konnten. 384 Im Zusammenhang damit steht die Mahnung an die Ob382 BayHStA, ALL 1993, fol. 62. Unter Gerechtigkeiten verstand man alle Vermögensverhältnisse des Untertans, die in die Berechnung des Steuersatzes mit einbezogen werden konnten. 383 BayHStA, ALL 1993, fol. 63. Beachtenswert wie dieses Gutachten ist, sollte man betonen, dass hier fürstliche Beamte die fehlende Befolgung der Regelungen der Steuerinstruktion von 1612 durch meist landständische Steuereinnehmer beklagen. Nicht zu vergessen ist bei dieser Konstellation die traditionelle Konkurrenz zwischen fürstlichen und landständischen Steuereinnehmern, die sich aus der Geschichte des landständischen Rechtes zur Steuereinnahme herleitet.

D. Die Landschaftsverordnung und die Organisation von Steuern

179

rigkeit allerorten, dass die Steuermandate unverzüglich nach Erhalt zu publizieren seien. Aufschlussreich ist auch diese Bemerkung: „dann was ein oder der ander Underthon bei selbiger Zeit in seinem Vermögen hat, es sey ligendte Stückh, gerechtigkeit, ausgelichen gelt, Vahrnuß und Vormundschafften, dz solte in der Steur unverändert verbleiben und weiter nichts in abgang kommen, was aber an dergleichen vor der publicacion beschehen mechte in zu- oder abgang gesetzt werden." 385 Ab dem Tag der Publikation des Steuermandats galten die aktuellen Vermögensverhältnisse des Untertans als Grundlage der Besteuerung. Alles, was vor der Publikation an Veränderungen im Vermögensstand geschehen war, musste festgehalten werden. Erfahrungsgemäss - die oben wiedergegebene Mahnung an die Hofmarksherren zeigt es - war es für die Obrigkeiten beinahe unmöglich, jede einzelne Vermögensveränderung ihrer Untertanen zu registrieren, geschweige denn genauestens zu verzeichnen. Um keine Steuersummen zu verlieren, sollten daher die Steuermandate möglichst früh öffentlich ausgehängt und verkündet werden. Ein weiterer Verbesserungsvorschlag, der in diesem Gutachten präsentiert wird, betrifft noch einmal die Genauigkeit der Aufzeichnungen. Hier wird ersichtlich, dass sich die modernen Standards der bürokratischen Erfassung von Daten noch im Anfangsstadium befanden und immer wieder angemahnt und dadurch eingeübt wurden. Es geht ζ. B. um die genaue Verzeichnung des Datums und Jahres eingezahlter, ausgezahlter oder sonstig verwendeter Gelder. Auch die systematische Einteilung der Steuerbücher in bestimmte Rubriken, hier ζ. B. die Rubrik „Vormundschaften", in der aufgezeichnet werden sollte, wer eine Vormundschaft über ein ihm anvertrautes Kind hatte, wie, wann und wo sich dieses Verhältnis eventuell geändert hatte und warum es sich geändert hatte etc., 386 wird in diesem Gutachten angemahnt, was darauf schließen lässt, dass eine solche Art der Aufzeichnung für die mit der Steuereinnahme betrauten „Verwaltungsbeamten" noch keineswegs selbstverständlich war. Die genaue Aufzeichnung der Vermögensverhältnisse diente aber - und das wird auch schon in der Steuerinstruktion 1612 erwähnt - auch dazu, die Steuerbelastung der armen Bevölkerungsschicht in Relation zur reichen Bevölkerung gerecht zu gestalten. Ob dieses Argument nur Pose war oder wirklich gemeint war, kann nicht mehr eruiert werden. Die größte Herausforderung für eine genaue Statistik der steuerzahlenden Untertanen und der genauen Verzeichnung der gezahlten Steuern stellten - das wird in den meisten Instruktionen wiederholt erwähnt - Besitzwechsel dar, weil sie oft nicht einmal bemerkt wurden. Der neue Besitzer wies vielleicht ganz andere Vermögensverhältnisse auf als der Vorbesitzer, wodurch 384 BayHStA, A L L 1993, fol. 64. Dies war auch schon um 1600 ein Problem. In einem Quellenband über die Steuereinnahme in diesem Jahr finden sich ähnliche Schilderungen. BayHStA, A L L 1891, fol. 145-148. 385 BayHStA, ALL 1993, fol. 67; vgl. auch ALL 1990. Siehe auch Loebl, Fürstenrecht, S. 8. 386 BayHStA, ALL 1993, fol. 70. 12*

180

III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung

wertvolle Steuereinnahmen verloren gingen. Deshalb wurden alle steuereinnehmenden Personen, besonders oft auch die Hofmarksherren, in vielen Instruktionen dazu angehalten, die Steuerbücher immer wieder geflissentlich und wahrheitsgemäß zu aktualisieren. 387 Was natürlich auch immer wieder die Aktivität des Steuereinnehmers in Form von Umritten in seinem Steuerbezirk erforderlich machte, wovor sich viele Steuereinnehmer nicht selten drückten, weil es mit beträchtlichem Aufwand verbunden war. Zu den Punkten der Steuerinstruktion von 1612, in denen es um die Besteuerung der fürstlichen Räte, Sekretäre und der nicht landsässigen Adeligen sowie der kurfürstlichen Diener und des Hofgesindes geht, wird angemerkt, dass es hier offenbar Schwierigkeiten gab, die sich bei den drei zuerst genannten Gruppen durch offene Missachtung der Besteuerung bemerkbar machten. Die Regelung aus Punkt 22, Schauerschaden u.s.w. betreffend, wurde anscheinend auch nicht konsequent durchgeführt. Dies traf vor allem die ärmeren Untertanen, die mit ihrem Ansuchen um Steuerminderung aufgrund einer Naturkatastrophe oftmals gar nicht zu den Gerichten oder ihren Hofmarksherren durchkamen, oder die von den Schergen durch so genanntes Beschaugeld stark belastet wurden. 388 Was die unvogtbaren Kinder und deren Besteuerung betrifft, so wurden die zuständigen Obrigkeiten dazu angehalten, besser und genauer Buch zu führen und sich kein unvogtbares Kind „entgehen" zu lassen.389 Was die genaue Verzeichnung der zur Steuerzahlung verpflichteten Untertanen und die Steuerstatistiken anbetrifft, bildete naturgemäß der Dreißigjährige Krieg ein großes Problem. Die Landstriche, die von der Zerstörung durch Feindesdurchzüge stark betroffen waren, hätten an sich nach dem Großen Krieg steuerstatistisch völlig neu erfasst werden müssen. Teilweise lagen Höfe verlassen, weil die Bauern vertrieben worden oder gestorben waren und daher als Steuerzahler ausfielen. Daher wird es den Pflegern und Landrichtern, d. h. den Steuerern der fürstlichen Seite, in einer Instruktion zur Aufgabe gemacht, eventuelle neue Besitzer ehemals öd liegender Höfe zu überprüfen und diese in ein völlig neu anzulegendes Steuerregister einzutragen, damit die Steuerstatistik in ihrem Gebiet wieder stimmt und ihnen keine Steuereinnahmen entgehen.390

387 BayHStA, ALL 1891, fol. 112/113. Eine Steuerinstruktion für die Pfleger aus dem Jahre 1721 ist denn auch in dem Tenor gehalten, dass ein Steuerregister nur dann brauchbar ist, wenn es auf dem aktuellen Stand ist. BayHStA, ALL 1990, ohne Folioangabe. Diese Problematik zieht sich durch die gesamte Frühe Neuzeit. Die Obrigkeit scheiterte in ihrem Kampf um die erfolgreiche Durchsetzung des Steuerstaates oftmals an der mangelnden Anpassungsfähigkeit der Ausführenden an das neue System. 388 BayHStA, ALL 1993, fol. 76. 389 im Übrigen folgen diesem Gutachten des Landsteueramtes München noch die Gutachten der Landsteuerämter Burghausen, Landshut und Straubing, die einen ähnlichen Inhalt aufweisen. 390 BayHStA, ALL 1990, o. F.

D. Die Landschaftsverordnung und die Organisation von Steuern

181

Insgesamt zieht sich die Grundproblematik der bürokratischen Aufzeichnung und Erfassung der Steuerbevölkerung durch das eben vorgestellte Gutachten sowie auch durch die meisten Instruktionen an fürstliche Pfleger und landständische Steuereinnehmer. Die vollständige Erfassung des Untertanen zu Steuerzwecken sowie die maximale Ausschöpfung des Steuerpotentials des Untertanen sind die obersten Ziele der Finanzpolitik Maximilians I., die sich geradezu beispielhaft im Gutachten der fürstlichen Beamten des Rentamts München widerspiegeln. Im Hinblick auf die Finanz- und Bürokratiegeschichte ist dieses Dokument daher aufschlussreich. g) Die Verwaltung der Steuergelder Zumeist zu Beginn des folgenden Jahres 391 wurde das eingenommene Steuergeld jedes Rentamts nach München gebracht, wo die Vorratsverordneten des Oberund Unterlands am so genannten Rechnungstag zusammenkamen, Einnahmen und Ausgaben tabellarisch festhielten und das Restvermögen der Landschaft eruierten. Diese jährliche Steuerhauptrechnung wurde nach Rentämtern aufgegliedert erstellt. Der Landschaftskanzler, der bei den wichtigen Sitzungen anwesend war, las im Beisein der Obersteuerer und Schreiber des jeweiligen Rentamts die Zahlen der Steuereinnahmen vor, damit sie diese bestätigen konnten. In der Hauptrechnung wurden Land- und Standsteuern zusammengezählt und die fälligen Ausgaben (ζ. B. Besoldung für Steuerer und Schreiber etc.) von der Gesamtsumme abgezogen. Die Summe, die übrig blieb, wurde als offizielle Steuersumme des jeweiligen Rentamts deklariert. Danach wurden Anfragen der Steuerer geklärt. Zum Beispiel betrafen diese Anfragen meist ihre Deputate oder Unklarheiten im Hinblick auf einzelne Regelungen der Steuerinstruktion. Vielfach wurden auch Steueraußenstände verhandelt. 392 Die Steuerhauptrechnung war fertiggestellt, wenn die oben beschriebene Prozedur für jedes Rentamt durchgeführt worden war und die ober- und unterländischen Rechnungen zusammengefügt worden waren. Die Hauptrechnung war dann offiziell, wenn die Rechenaufnehmer (auch Rechenheim genannt) sie überprüft hatten und, wenn keine Beanstandungen vorlagen, genehmigt hatten. Zuletzt wurden den Steuerern noch Quittungen über die abgelieferten Steuersummen und Steuerregister ausgestellt.393 Damit war die jährliche landschaftliche Steuerhaupt391 Im Jahr 1613 ζ. B. wurde die Steuerhauptrechnung für 1612 in mehreren Sitzungen der Landschaftsverordnung vom 4. 2. 1613 bis zum 7. 2. 1613 erstellt. Am 8. 2. 1613 wurden Ämter neu besetzt, meist ging es hier dann um vakant gewordene Ämter der Steuerer. BayHStA, ALL 1571, o. F. 392 BayHStA, ALL 1571, o. F. Zum Beispiel geht am 6. 2. 1613 eine Anfrage des Propstes von Suben ein, in der er um einen Steuernachlass wegen Wasserschadens bittet (gemeint sind hier wohl Überschwemmungsschäden). Der Bitte wird von Seiten der Vorratsverordneten stattgegeben. Der Steuernachlass soll 309 fl. betragen und kann in gestundeten Beiträgen bis zum Jahre 1615 gezahlt werden. 393 BayHStA, ALL 1574, S. 76.

182

III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung

rechnung für das abgelaufene Jahr offiziell. Sie wurde nach Abschluss des oben beschriebenen Arbeitsprozesses dem Fürsten von mehreren Landschaftsverordneten in einer Audienz persönlich referiert. Neben dem Landschaftskanzler waren bei der Präsentation der landschaftlichen Hauptrechnung vier Vertreter der Landschaftsverordnung anwesend: Ein Prälatenvertreter, ein Vertreter der Städte und Märkte und zwei adelige Verordnete. 394 Im Mai oder Juni begannen dann die Vorbereitungen für die Steuereinnahmen des laufenden Jahres. Die Obersteuerer setzten ihre Steuerschreiben auf und verschickten sie an ihre Untersteuerer bzw. an die Pfleger in den Landgerichten ihrer jeweiligen Rentämter. Es kam auch vor, dass landschaftliche Steuerschreiben und fürstliche Steuermandate zusammen an die Steuereinnehmer in den Rentämtern geschickt wurden. 395 Die Steuerschreiben der Obersteuerer enthielten die für die laufende Steuerperiode veranlagte Steuerhöhe. Fürstliche Steuermandate enthielten hingegen die Forderungen des Fürsten und die Begründung für diese Forderungen. 396 Vor und während der Erstellung der Hauptrechnung wurden meist drei Sitzungstage pro Woche abgehalten, oft auch an aufeinanderfolgenden Tagen. Abgesehen von der sitzungsintensiven Zeit, die die Erstellung der Hauptrechnung für die laufende Steuerperiode kennzeichnete, trafen sich die Vorratsverordneten regelmäßig mehrmals im Monat, um die Summe des landschaftlichen Geldvorrats auf dem aktuellen Stand zu halten, da der Vorrat sich immer wieder durch verschiedene Einnahmen und Ausgaben veränderte. Weitere Aufgaben der Vorratsverordneten waren - dies ist oben schon erwähnt worden - die Abstimmung über die Ämterbesetzungen für Steuerer und anderes die Steuereinnahme und Steuerverwaltung betreffendes Personal, die Entscheidung über Steuernachlässe, die Prüfung von Beschwerden über landständische oder fürstliche Steuereinnehmer, die Diskussion über die eigenen Deputate und Ausgaben und die der Steuerer und des Steuerpersonals, die Klärung von Fragen bezüglich der Steuerinstruktion sowie die Beantwortung von Anfragen fürstlicher Räte oder gar Maximilians selbst in finanziellen Dingen. Dies war das Tagesgeschäft, dem die Vorratsverordneten nachgingen.397 394 Im Jahr 1627 waren dies ζ. B. der Abt zu Ettal für die Prälaten, Friedrich Ligsalz für die Städte und Märkte sowie Ladislaus von Törring und Hans von Preysing für den Adelsstand. BayHStA, A L L 1574, S. 74. 395 BayHStA, ALL 1574, S. 21. 396 in Maximilians Fall wurden Steuerforderungen meist mit der „Landesnot" begründet. In einem fürstlichen Steuermandat forderte Maximilian ζ. B. von den Landständen die Erhebung einer ganzen Land- und Standsteuer und begründete dies mit der drohenden Kriegsgefahr. In einem Nebensatz wird auch kurz erklärt, warum er keinen Landtag einberufen konnte, auf dem er diese Forderungen vorbringen könnte. „In so klarem vor Augen schwebenden notfall mit auffwendung vilen mercklichen uncostens auch versaumung der zeit", erachtete es Maximilian für unnötig „ein gesambte Landtschafft von allen Ständen zuerfordern." BayHStA, KGL 1343, fol. 235-240. 397 Dies wurde auch schon detailliert im Kapitel über die Funktion und Aufgaben der Landschaftsverordnung beschrieben. Siehe III. Teil, B., 3. Kapitel.

D. Die Landschaftsverordnung und die Organisation von Steuern

183

h) Rechnungen Bevor hier nun Rechnungen einiger ausgewählter Jahre in tabellarischer Form vorgestellt werden, soll noch kurz auf die Vorstellungen der Landstände im Hinblick auf die zu erwartenden Steuereinnahmen eingegangen werden. Dazu wurden reale Zahlen der Einnahmen des laufenden Jahres als Maßstab verwendet. Das folgende Beispiel bezieht sich auf das Jahr 1611/1612. Die landständischen Rechenaufnehmer und Verordneten informierten hier den Landesherren über die Barschaft, die aus dem Vorrat und Aufschlag des Ober- und Unterlandes errechnet wurde: Sie betrug im Jahr 1611 insgesamt 891047 fl. Was die künftigen Einnahmen für dieses Jahr betraf, so wagten die Landschaftsverordneten folgende Prognose: Den Ertrag der Landsteuer schätzten sie auf 330000 fl. Aufgrund des letzten Landtagsbeschlusses war die Einbringung von zwei Landsteuern in drei Jahren geplant, die damit insgesamt 660000 fl. erbringen sollten. 398 Jährlich kann also für die Landsteuer mit 220000 fl. gerechnet werden. Eine Standsteuer brachte nach Angaben der Verordneten 100000 fl. Man kann also für den Steuerzeitraum von drei Jahren mit 33333 fl. pro Jahr rechnen. Da man allerdings mit Nachlässen, v.a. bei den Prälaten rechnen musste, kam die wohl etwas realistischere Summe von 33000 fl. eher in Frage. 399 Die Standsteuer und die Landsteuer brachten also gemeinsam pro Jahr 253000 fl. ein. Die Aufschläge, die - wie die Landstände nicht vergessen zu betonen - aber „noch mehr als die Steuern und Anlagen ungewiß, und ye ein Jar mehr oder weniger tregt", 400 brachten jährlich ca. 370000 fl. Insgesamt wäre also das zu erwartende Einkommen aus Landsteuer, Standsteuer und Aufschlägen mit 623000 fl. zu beziffern. 401 Was die Ausgaben anbetraf, so mussten die Landstände zunächst die Zinsen betrachten, die zum Teil noch für die Schulden aus Wilhelms Zeit aufzubringen waren. Hier war mit 212500 fl. zu rechnen. Die mit 50000 fl. bewilligte Aufbesserung des Kammerguts, die 100000 fl. für den Salzaufschlag, die 50000 fl. für die Landesdefensionen („Landesdefensionswerk") und 5000 fl. für die Hochzeit Herzog Albrechts ergaben zusammen 205000 fl. an Ausgaben. Die Reichs- und Kreishilfen beliefen sich im Jahr zusätzlich auf 50000 fl. Zusammen ergab sich dann bei den Ausgaben für Zinsen, Kammergutsbesserung, Salzaufschlag, Landesdefension sowie Reichs- und Kreishilfen ein Betrag von 467000 fl. Im Rest verblieb den Landständen dann für ihre Ausgaben von den 623000 fl. noch 155500 fl.

398 BayHStA, KGL 1343, fol. 237. 399 BayHStA, KGL 1343, fol. 237. 400 BayHStA, KGL 1343, fol. 237. 401 BayHStA, KGL 1343, fol. 238.

184

III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung

Von dieser Summe mussten die Landstände die Besoldungen ihrer ständigen Bediensteten bezahlen. I m einzelnen waren mit Bediensteten gemeint: Die Rechenaufnehmer der Landschaft, die Kommissare, die zum Vorrat und Aufschlag Verordneten des Ober- und Unterlandes, die Sekretäre und Kanzlisten des Landschaftskanzleramtes und der Landschaftskanzler selber. Diese Gruppe von Beamten erhielt eine feste jährliche Besoldung sowie so genannte Deputate, die für spezifische Beratungsarbeit über Einzelfragen (ζ. B. Reform der Polizeiordnung) bezahlt w u r d e n . 4 0 2 I m Durchschnitt beliefen sich die Kosten für die feste jährliche Besoldung und die Deputate auf ca. 22000 fl. I m landschaftlichen Vorrat verblieben so ca. 133500 fl.

Tabelle 6 Steuerrechnungen aus den Jahren 1640-1643 Einnahmen

1640

1641

1642

1643

Rest Oberland vergangenes Jahr Rest Unterland vergangenes Jahr

79607

145415

88569

83011

55946

65426

34300

21516

Aufschlag Oberland

65000

116000

130500

57500

Prälatenanlage Rentamt München dieses Jahr Rentamt Burghausen Rentamt Landshut Rentamt Straubing

7817 4000 6293 3109

8523 6818 6747 1419

11444 5416 6369 1781

13612 6506 7124 3396

Ausstand Prälatenanlage Rentamt München Rentamt Burghausen Rentamt Landshut Rentamt Straubing

keine Angabe 2113 keine Angabe keine Angabe

keine Angabe 2527 keine Angabe keine Angabe

keine Angabe keine Angabe keine Angabe keine Angabe

keine Angabe keine Angabe keine Angabe keine Angabe

7061 (1639)

6861 (1640)

6546

7784

Städte / Märkte-Anlage Rentamt München Rentamt Burghausen Rentamt Landshut Rentamt Straubing Ingolstadt

5000 4000 6824 2785 973

5327 4843 6607 1830 641

7529 5159 6682 2881 keine Angabe

8145 4906 6953 2075 keine Angabe

Ausstand Städte/Märkte - Anlage Rentamt München Rentamt Burghausen Rentamt Landshut Rentamt Straubing

263 keine Angabe 5466 210

856 459 keine Angabe keine Angabe

keine Angabe keine Angabe keine Angabe keine Angabe

keine Angabe keine Angabe keine Angabe keine Angabe

Rittersteuer der vier Rentämter

402 BayHStA, KGL 1343, fol. 238. Eine genaue Auflistung dieser Besoldungen findet sich im übernächsten Kapitel. Eine Liste der an die Verordneten gezahlten Deputate findet sich in Anhang 2.

D. Die Landschaftsverordnung und die Organisation von Steuern Einnahmen Landsteuer Rentamt München Rest vergangenes Jahr Rentamt Burghausen Rentamt Landshut Rentamt Straubing Landsteuer Rentamt München heuer Rentamt Burghausen Rentamt Landshut Rentamt Straubing Einnahmen aus ausländischen Stiften Summa

185

1640

1641

1642

1643

2306

6193

keine Angabe

5429 keine Angabe keine Angabe

6428 (mit Ingolstadt) 5061 keine Angabe keine Angabe

4495 keine Angabe keine Angabe

15643 keine Angabe keine Angabe

27000 56575 87243 34463 1474

42000 58000 87704 9874 1286

45000 41000 88704 16394 1251

53000 56500 89967 16519 1772

473100

598873

512457

471454

1641

1642

1643

1962

2181

1258

10498

11110

10221

6699

6289

6283

1763

keine Angabe

keine Angabe

Ausgaben 1640 Deputate für die Verordneten des Ober - und 2250 Unterlands sowie der Rechenaufnehmer Besoldungen der landschaftlichen Beamten 11205 und Verordneten des Oberlands Unterländische Vorratsausgaben für Besoldun6220 gen Kosten für die Abgekeine Angabe sandten nach Regensburg Kriegsanleihen 1603 (1620) 150(1622) 1000(1631) Vier Quartale Kammer50000 gutsbesserung Vier Quartale Salzauf100000 schlag Beitrag für die Zinszah75000 lungen Befestigungsbau Mün10000 chen Zu Regensburg bewilligte 120 Monate Reichs- keine Angabe kontribution Summa 263250 209842 Rest Davon im Oberland 145415 Davon im Unterland 64426

50000

1500 (für Kloster St. Veit) 50000

100000

100000

100000

75000

75000

75000

keine Angabe

keine Angabe

keine Angabe

219360

109680*

keine Angabe**

476003 122870 88569 34300

407868 104588 83011 21576

303443 168011 134188 33822

250(1620)

keine Angabe 50000

Quelle: BayHStA, ALL 1537. * Bewilligte Reichskontribution auf dem Kreistag zu Landshut 1642 für 60 Monate 50000 fl. Ausserdem wird der Universität Ingolstadt zur „Wideraufhelfung Ihren abgebranden guettern" 3000 fl. gezahlt. ** Bewilligte Reichskontribution 60 Monate 59680 fl. Unterstützung für die Universität Ingolstadt 1000 fl.

186

III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung

Beim Durchschauen der Rechnungen von 1605-1650 ergeben sich für die verschiedenen Kategorien mehr oder weniger konstante Werte. Zum Beispiel liegt die Standsteuer der Prälaten, die für das Rentamt München erlegt wird, von den Krisenjahren des Dreißigjährigen Krieges (1632-1634 sowie 1646 und 1648) abgesehen, meistens im Bereich über 10000 fl. Die Prälatensteuer des Rentamtes Straubing ist meistens diejenige, die am niedrigsten ausfällt. Sie schwankt zwischen einem Minimum von 1445 fl. im Jahr 1632 und einem Maximum von 5567 fl. im Jahr 1623. Die Prälatensteuer der Rentämter Landshut und Burghausen bewegt sich meist zwischen 4000 fl. und 8000 fl. Das Jahr 1632 ist das Jahr des Schwedeneinfalls in Bayern. Auch in der Rechnungslegung am Ende des Jahres spiegelt sich dies. Vor allem die Ständeanlage der Städte und Märkte befand sich auf einem Tiefpunkt. Aber auch die Klöster hatten Plünderungen und Zerstörungen hinnehmen müssen, weshalb auch sie nur eine geringe oder teilweise gar keine Steuer zu zahlen imstande waren. Und noch 1636 waren die Folgen dieses Schwedeneinfalls zu spüren. 403 Auch im Rentamt Burghausen wurde der Ruin der Klöster aufgrund von „Feindtseligkeiten" vermerkt. Die Rechnungslegung von 1636 offenbart insgesamt die Folgen des Schwedeneinfalls von 1632. Die meisten Klöster sowie Städte und Märkte waren aufgrund der Zerstörung („ruin") nicht in der Lage, ihre Standsteuer zu zahlen. Oft sind noch ausstehende Steuern zurückreichend bis 1633 vermerkt. Bei den meisten Städten und Märkten kam zur schwierigen wirtschaftlichen Lage auch noch eine grassierende Pestwelle hinzu. Eine Notiz innerhalb der Rechnung zur Ständeanlage der Städte und Märkte im Rentamt München schildert die kritische Lage. 404 Im Jahr des Schwedeneinfalls 1632 bewilligten die Landstände insgesamt 145000 fl. Extraausgaben für Kriegszwecke: 53000 fl. davon wurden im Februar 1632 an den Kurfürstlichen Rat und Rentmeister in Landshut für Kriegsausgaben zur Verfügung gestellt. Im März wurden demselben Rentmeister noch einmal 7000 fl. gezahlt. Dem Kurfürstlichen Kassenwart des „Cathollischen Bundts" wurden ebenfalls im März 47000 fl. ausgezahlt. Und im April 1632 wurden auf landesherrlichen Befehl hin dem Kurfürstlichen Truchsessen „zu fürgefallenen, eilfertigen Kriegsaußgaben" 38000 fl. zur Verfügung gestellt. Noch 1637 sind die Auswirkungen der Kriegsläufte zu bemerken. Immer noch nicht sind alle Klöster, Städte und Märkte zu Steuerzahlungen fähig. Dennoch wird 403 „Herr Bernard Probst zu St. Zeno hat sein Angebürens da Anno 1636 (dann von anderen im Rentamt München ligenden Clösstern wg. Wissentlichen ruin dißfahls khain Anlag angefordert worden) erlegt 378 fl." BayHStA, A L L 1537, Rechnung von 1636. 404 „Von dem 1635. Jahr seint im Rentamt München allain bey der Statt Traunstein und Reichenhall die Steuer Anlagen zuerlegen begert, alle übrigen Stätt und Märkht aber, wegen wissentlichen ruin, dißmahlens verschont worden, und ist Thraunstein wegen grassierender Infection noch mit 625 fl. Ausstandt Reichenhall aber hat überm beschehenen Nachlass den Resst erlegt, als 300 fl." BayHStA, A L L 1537, Rechnung von 1636.

D. Die Landschaftserordnung und die Organisation von Steuern

187

wieder eine Zahlung von 75000 fl. für die Abzahlung der Zinsschulden bewilligt. Diese Zahlungen, sowie die durchgehend als bezahlt vermerkte Aufbesserung des Kammerguts von 50000 fl. und die 100000 fl. aus dem Salzaufschlag werden - wo die Steuereinnahmen nicht zur Deckung der Beträge reichen - aus dem landschaftlichen Vorrat genommen.405

i) Zusammenfassung Der Zusammenfassung des Prozesses der Steuereinnahme, der Aufbewahrung der Steuersummen und der Weiterleitung derselben an die dafür vorgesehenen Stellen soll das folgende Diagramm dienen:

Eine weitere Tabelle soll nun anhand einer Gesamtübersicht über Einnahmen und Ausgaben und der Analyse dieser Zahlen einen abschließenden Eindruck der Steuer- und Finanzpolitik des bayerischen Staates der damaligen Zeit geben. 405 Verzeichnis der von der Landschaft in Bayern ausgeschriebenen Steuern, die sie seit 1601 eingebracht haben: 1601: halbe Steuer; 1602/1603: ganze Steuer; 1604: halbe Steuer; 1605-1607: ganze Steuer; 1608: Freijahr; 1609/1610: ganze Steuer; 1611: Freijahr; 1612/1613: ganze Steuer; 1614: Freijahr; 1615/1616: ganze Steuer; 1617: Freijahr; 1618: keine Angabe; 1619-1621: ganze Steuer; 1622: Freijahr; 1623-1626: ganze Steuer; 1627-1629: halbe Steuer; 1630: ganze Steuer; 1631: halbe Steuer; 1632: Freijahr; 1633: ganze Steuer; 1634: Freijahr; 1635-1646: ganze Steuer; 1647: Freijahr; 1648: zwei ganze Steuern; 1649-1657: ganze Steuern. Hier sind immer die Landsteuern gemeint, die im jeweiligen Jahr halb oder ganz oder doppelt eingebracht wurden. BayHStA, A L L 1986.

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III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung Tabelle 7 Einnahmen und Ausgaben von 1598-1651

Jahr Rest des LandVorjahres steuer

1598 1599 1600 1601 1602 1603 1604 1605 1606 1607 1608 1609 1610 1611 1612 1613 1614 1615 1616 1617 1618 1619 1620 1621 1622 1623 1624 1625 1626 1627 1628 1629 1630 1631 1632 1633 1634 1635 1636 1637 1638 1639 1640 1641 1642 1643 1644 1645 1646 1647

329853 255 325 289188 370648 251801 280372 374970 379305 460404 817025 781119 513 639 544025 465 337 383 109 569151 542547 401 221 443260 483273 314807 497058 540595 425 284 438459 414405 359300 304178 393 300 279448 257850 249418 212965 270928 268117 54557 66973 26063 31251 77242 111515 178082 135554 209842 122870 104588 168011 198845 266067 168779

15 325 235933 239800 185520 271 870 366800 213750 365200 381500 293000 124000 330900 266600 151000 255000 418000 131000 280800 323 300 102800 429480 316200 341 270 333 100 97180 262680 372400 353500 215 300 176850 174884 162995 322287 225054 52993 129918 15738 54368 150151 141000 183111 226123 220900 218129 202376 246708 273609 298257 192656 26320

Standsteuer Prälaten

Standsteuer Städte/ Märkte

Standsteuer Adel

Aufschlag

27177 3164 21063 29658 k. Angabe k. Angabe 23 850 3517 31152 17417 8276 7432 25736 17823 23701 11812 13 601 17746 12424 11838 16103 15642 37296 93039 24815 28902 30813 19934 23 240 21405 29183 12079 35094 27175 10883 12941 6924 8476 15796 13977 17235 23430 23 302 26034 25010 30638 35403 33922 14670 11225

17 359 2619 19921 19977 k. Angabe k. Angabe 19772 k. Angabe 19929 17211 201 15483 18113 2618 18048 18912 5678 15228 11404 12756 19843 17709 22989 45108 3744 36084 21728 13745 9008 16169 20057 18565 25986 21283 14711 15036 4163 6902 9608 11296 16736 20869 19845 20563 22251 22079 25460 30296 10650 6883

k. Angabe 677 k. Angabe 9588 k. Angabe k. Angabe 946 488 3514 6398 k. Angabe 6500 3 649 k. Angabe 6919 3 589 k. Angabe k. Angabe 9760 k. Angabe 35 9702 6000 13434 630 2300 7 636 9954 9889 k. Angabe 10515 10826 k. Angabe 10926 k. Angabe 10352 3 287 716 2919 4288 5531 6215 7016 6861 6546 7784 8144 10826 10504 5 255

Bis 1610 sind keine Aufschlags Zahlungen verzeichnet

EinAusgaben nahmen Gesamt Gesamt

511584 579296 620724 279800 477027 636465 758683 1176350 1 158595 914948 874639 1145052 285983 245 821 883 809 212500 918179 129 168 1339151 k. Angabe 724154 150000 914921 207000 1053308 948205 300000 255 800 1111497 1016358 150000 1878195 417 500 367000 1285604 87500 1002159 285 167 1122805 177000 971420 895778 186050 142516 794688 664448 167500 373638 868650 542918 87500 792865 195000 207000 765928 339571 967857 44000 266857 261433 163 643 185 563 89060 102942 313 727 310378 62561 78014 412189 111818 567 696 65000 473100 598873 116000 130500 512457 471454 57500 540953 27500 659625 85000 19688 514389 264306 45000

222395 208647 368923 251227 382428 257 160 298278 359325 375475 401 308 330583 679714 500700 349227 796771 322932 471652 570000 633397 614457 475747 1452887 847 152 587729 763500 667243 502429 515240 406592 619255 329962 521948 510128 903298 199834 235 367 154341 236434 198 858 234107 432141 263258 476003 407868 303443 342107 393558 345610 226325

D. Die Landschaftserordnung und die Organisation von Steuern 1648 1649 1650 1651

37981 27967 19851 30710

220145 70831 118699 159827

24225 6700 10610 13494

24225 6700 10610 13494

2755 2913 3009 2645

75311 82177 89244 45500

380395 204581 252600 467541

189 352427 184730 221 890 411763

Quelle: BayHStA, ALL 1537, 1682-1728 sowie 1997-2029; siehe auch Freyberg, Geschichte der Gesetzgebung Band 1, Beilagen, S. 44-51.

Dieser etwas statisch wirkenden Zahlenmasse soll eine genauere Analyse eines Zeitraums von 10 Jahren folgen, in der die Einnahme- und Ausgabeposten aufgeschlüsselt werden. Der Analyse liegen landständische Aufzeichnungen zugrunde, die sich im Bestand „Altbayerische Landschaft" des Bayerischen Hauptstaatsarchivs befinden. 406 Diese Rechnungen, die für die Regierungszeit Maximilians' lückenlos dokumentiert sind, verzeichnen die Einnahmen und Ausgaben des Oberlandes und addieren der Vollständigkeit halber die jeweiligen Summen des Unterlandes hinzu, sodass man am Ende die Jahresrechnung für das gesamte bayerische Gebiet vorfindet. 407 Die Aufschlüsselung der einzelnen Steuerposten und eine Erklärung dazu soll für die Jahre 1605 bis 1615 erfolgen. Dies sind die Jahre der ersten Steuerperiode unter Maximilians Regierungszeit, in denen auch noch keine Kriegsgefahr herrschte, sondern von äußeren Einflüssen unbelastete Steuersummen erhoben werden konnten. Anhand eines Vergleichs zwischen den einzelnen Posten der Prälatenstandsteuer kann man die durch die Steuerinstruktion von 1606 bzw. später dann von 1612 festgelegten Zahlungsweisen der Steuern aufzeigen. Zum Beispiel zahlten die Prälaten für das Jahr 1606 ihre „normale" Standsteuer, die allerdings mit über 30000 fl. sehr hoch war. Diese sehr hohe Summe ergab sich daraus, dass in diesem Jahr insgesamt 10508 fl. an Steuern nachgezahlt wurden. Diese Steuernachzahlung ist in die Standsteuer der Prälaten von 1606 mit eingerechnet. Die durchschnittliche Summe der Prälatenstandsteuer betrug also um die 20000 fl. Nach Rentämtern auf406 Es handelt sich hier um die Signaturen BayHStA, ALL 1537, 1682-1728 sowie ALL 1997-2029. 407 Außen vor bleiben hier die außerordentlichen Beiträge zu Kriegen, wie ζ. B. die Zuschüsse zur „salzburgischen Kriegsexpedition: Wir gemaine Landschafft in Bayern Commissarien und Verordnete Landleith bekhennen hiemit und thun kundt, dz die frtl. Drtl. Herzog Maximilian in Bayern unser gdster Herr und Landtsfürst, uns heut dato durch dero HofZalmaistern Friederichen Unfrid in abschlag derjenigen Ainmalhundert tausent gulden, so höchstgedacht Seiner Frtl. Drtl. Zur Salzburgischen Expedition wie vor der Zeit zugeordnet, baar antwortten und erlegen lassen ... [ . . . ] ... Geschehen zu München, den 2. Septembris Ao 1614." Die Verordneten, die diese Geldsummen übergaben, waren: Abt zu Schäftlarn, Eustachius von TÖrring, Heinrich von Gumppenberg, Ladislaus von Tòrring, Alexander von Haslang, Christoph Schrenk, Friedrich Ligsalz. Diese waren von der Landschaftsverordnung „insonderheit hierzu erwölt" worden. Die übergebene Summe betrug 30000 fl. Insgesamt haben die Landstände dem Landesherren 100000 fl. für den Salzburger Krieg geliehen. Dieses Geld ist ihnen dann im Jahr 1617 in mehreren Abschlagszahlungen von der Hofkammer zurückgezahlt worden. BayHStA, Fürstensachen 538, fol. 158.

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III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung

geschlüsselt, trugen das Rentamt Straubing, Landshut und Burghausen zwischen 3000 fl. und 4500 fl. zur Prälatenstandsteuer bei, lediglich das Rentamt München trug im Mittel ca. 6000 fl. bis 8000 fl. bei. Wenn man den Posten der Prälaten weiter verfolgt, so fällt der große Unterschied zwischen dem Jahr 1606 und 1608 auf. Auf den ersten Blick wirkt dieser Einbruch der Zahlungen dramatisch. Er erklärt sich jedoch daraus, dass die Stände 1608 zur Zahlung einer Standsteuer nicht verpflichtet waren. Dass nun doch eine Summe von 8276 fl. in der Tabelle aufscheint, ergibt sich wiederum aus Steuernachzahlungen für das vergangene Jahr. Ähnliche Veränderungen kann man bei den Zahlen der Städte/Märkte beobachten. Auch hier stellt die Summe von 201 fl. aus dem Jahre 1608 gegenüber der Summe von 19929 fl. aus dem Jahr 1606 eine Steuernachzahlung (des Rentamts Landshut) dar. Das Jahr 1608 bot auch für die Untertanen eine Pause im Hinblick auf die Steuerbelastung. In diesem Jahr wurde keine Landsteuer eingebracht. Die Summe von 124000 fl. erklärt sich wiederum aus Steuernachzahlungen. Im Jahr 1609 ist die Summe der Prälatenstandsteuer mit lediglich 7432 fl. auch als sehr niedrig anzusehen. In diesem Jahr haben nur die Rentämter Landshut und Straubing die Prälatenstandsteuer gezahlt. Die Rentämter München und Burghausen zahlten ihre Anlage im darauffolgenden Jahr. München zahlte 10592 fl. nach, Burghausen 3866 fl. Für das Jahr 1606 ist noch die Ausgabenseite zu betrachten. Die Ausgaben sind in mehrere Posten aufgeteilt. Der erste Posten dokumentiert die Besoldungen für die Landschaftsverordneten des Ober- und Unterlandes sowie für die Rechenaufnehmer. Im Jahr 1606 wurden 21810 fl. dafür ausgegeben. Zusätzlich fielen in dieser Kategorie noch 5520 fl. für Zehrung, Botenlohn etc. an. Der zweite und größte Posten in beinahe jeder Hauptrechnung stellt die so genannte „Schuldablösung" dar: Im betreffenden Jahr betragen die Zinszahlungen für die aufgenommenen Kredite 110359 fl. 40216 fl. wurde für die Reichskontribution aufgebracht. 12000 fl. betrug die Reichs- und Kreishilfe. Feste Posten sind die Aufstockung des Kammerguts mit 50000 fl. und der Salzaufschlag mit 100000 fl. Die oben schon angeführten Ausgaben für die Verordneten der Landschaft, für die Rechenaufnehmer etc., sind in einer eigenen Rechnung noch einmal detailliert aufgelistet. Aus dieser Rechnung kann man auch die Besoldungen der einzelnen Verordneten, deren Deputate - eine Art Sitzungsgeld - ersehen. Diese Rechnung wird in der damaligen Verwaltungssprache als Ordinarirechnung bezeichnet. Auch die Dekade vor 1634 weist ähnliche Zahlen auf. Interessant sind ζ. B. für 1624 die Zahlen für die Landsteuer. Nach Rentämtern aufgegliedert ergeben sich für das Rentamt München 90000 fl. an Landsteuerabschlag, das Rentamt Burghausen zahlt 53000 fl., das Rentamt Landshut 90756 fl. und das Rentamt Straubing 48452 fl. Die Landsteuer des Jahres 1624 kann also mit 282208 fl. beziffert wer-

D. Die Landschaftserordnung und die Organisation von Steuern

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den. Hinzu kommen noch die Aussenstände vergangener Jahre, die mehr als 100000 fl. ausmachen, sodass die Landsteuersumme noch auf 396934 fl. steigt. Für das Jahr 1630 ergibt sich eine ähnliche Zahl. Zuzüglich der Nachzahlungen ist die Landsteuer mit 323293 fl. zu beziffern. Man kann feststellen, dass die Land- und Standsteuern eine stabile und feste Größe im bayerischen Staatshaushalt während der Regierungszeit Maximilians darstellten. Auffällig ist auch, dass sich der Posten der Gesamteinnahmen ab dem Zeitpunkt der regelmäßigen Aufschlagseinnahme bis in das erste Kriegsjahrzehnt hinein im Mittel zwischen 800000 fl. und 1 Mio. fl. bewegt. Das besondere Augenmerk, das Maximilian in seiner Regierungszeit auf den Aufschlag legte, findet hier seine Berechtigung. 408 Exkurs: Schuldenübernahme der Landschaft In einem kurzen Abschnitt soll noch auf die Schuldenübernahme der Landschaft eingegangen werden. 409 Gerade für die ersten beiden Jahrzehnte von Maximilians Regierung war dieses Thema aktuell. Die Schulden, die Herzog Maximilian von seinem Vater geerbt hatte, stellten ein großes Problem dar. Auf dem Landtag von 1605 wurde nach zähen Verhandlungen vereinbart, dass die Schulden von den Landständen mit einer Summe von 1 Mio. fl. teilweise übernommen werden sollten. Diese Schuldenübernahme sah in der Realität folgendermaßen aus: Zunächst wurde geklärt, was der Herzog an Kapital von der Landschaft erhielt, um die laufenden Kosten des Staates decken zu können. Dabei ist als erster und wichtigster Posten die Kammergutsbesserung von 150000 fl. zu nennen. Sodann konnten die Landstände Maximilian eine Summe von 192366 fl. versprechen, die sich aus verschiedenen so genannten „Capital Possten" speiste 4 1 0 In einem Dokument, welches die Landstände für den Landesherrn bezüglich der Schuldenübernahme zu erstellen hatten, finden sich in zwei Anlagen die Aufstellungen der Schulden, die Wilhelm bei den dort aufgeführten Landständen hatte und die jetzt von der Landschaft für Maximilian übernommen wurden. Es ergibt sich hier eine Summe von 137866 fl. Die jährlichen Zinsen beliefen sich hierbei auf 7393 f l . 4 1 1 408

Dazu mehr Details im folgenden Teil über die Aufschläge und deren Einnahme (III. Teil, D., 2. Kapitel). 409 BayHStA, Fürstensachen 538. Leider sind die Folioblätter einzeln nicht datiert. Der Notiz auf dem ersten Blatt zufolge deckt der Band den Zeitraum von 1597 -1617 ab. 410 BayHStA, Fürstensachen 538, fol. 119/120. Eine dieser Beilagen zu den „Capital Possten" ist überschrieben mit „Verzaichnus der Jhenigen Schulden Possten, welche under den bewussten 100000 fl. so der Landschafft als yezt übergeben werden, begriffen: und aber bei Irer Drtl. unserem gdisten Herrn Herzog Maximilian bey der Hofzalstuben alberait abgelest worden sein, Derwegen dann Ir. Drtl. dieselben von der Landschafft wieder eingefordert haben." 4 " BayHStA, Fürstensachen 538, fol. 130/131.

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III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung

Maximilian sollte ebenfalls am Schuldenabbau beteiligt sein: Sein Beitrag bestand darin, dass er die persönlichen Deputatschulden und andere Schulden in Höhe von 619817 fl. übernahm. Außerdem sollte er Kapitalschulden in Höhe von 125037 fl. sowie „Currentschulden" in Höhe von 11169 fl. zurückzahlen, die die Landstände nicht übernommen hatten. Zusammen ergibt dies für den Fürsten eine finanzielle Belastung von 756023 fl. Die erstgenannte Summe von 619817 fl. wird in einer Anlage zum Dokument spezifiziert, in der die Landstände genau aufgeführt haben, woraus sich diese Gesamtsumme im einzelnen zusammensetzt.412 Als erster Posten wird hier das Deputat für Maximilians Vater Wilhelm genannt, das 44000 fl. betrug. Dann musste Maximilian das Deputat von Herzog Ferdinand dem Älteren bezahlen, das sich auf eine Summe von 30200 fl. belief. Die Aussteuer der fünf Töchter des Herzogs wurde mit insgesamt 20000 fl. beziffert. Die weiteren Posten bestanden ebenfalls aus Deputaten für die Mitglieder der fürstlichen Familie. Wie in diesem Beispiel anschaulich gezeigt werden kann, ist Herzog Wilhelm offensichtlich nicht sehr umsichtig mit den ihm zur Verfügung stehenden Finanzen umgegangen. Die Konsequenz daraus war, dass er seine eigene Familie mit Schulden belastete. Diese von Wilhelm verantworteten „familiären" Schulden waren die Landstände aber nicht bereit zu übernehmen. Die systematische Art der Aufteilung der den Staat und die fürstliche Familie betreffenden Schulden deutet an, dass die Landstände sich die Verantwortung für die fürstliche Familie nicht aufbürden lassen wollten; die Verantwortung für das „Staatswesen" waren sie jedoch bereit zu übernehmen. Wichtig ist aber vor allem, dass die Landschaft lediglich als Verwalter des Schuldendienstes auftrat. 413 Diese im 16. Jahrhundert eingetretene Entwicklung gewährte den Gläubigern, die mehrheitlich aus Ständemitgliedern bestanden, eine gewisse Sicherheit, denn so entstand eine Art geschlossener Finanzkreislauf zwischen Fürsten und Landständen. Einige Ständemitglieder stellten dem Fürsten Teile ihres Vermögens zur Verfügung. Die entsprechenden Summen für die Zurückzahlung dieser Schulden, wurden dann von den Landständen in Form von Landsteuern eingetrieben. Das bedeutet auch, dass die Einnahme der Landsteuer immer im Interesse der Stände lag. Dies ist auch - wie schon mehrfach erwähnt eine Erklärung dafür, dass die Stände bei Verhandlungen über die Landsteuer meistens den Forderungen des Landesherren nachgab.414 Das Schuldenwesen ist neben der Steuer- und Aufschlagsbewilligung der wichtigste Grund dafür, dass Maximi412 BayHStA, Fürstensachen 538, fol. 132. 413 Rauh, Verwaltung, S. 172. 414 Rauh, Verwaltung, S. 173. Uwe Schirmer beschreibt, wie sich durch die Neuregelung des Schuldenwesens eine gegenseitige Abhängigkeit zwischen Fürst und Landständen ergab. Die Stände übernahmen die Zinszahlungen der fürstlichen Schulden und erhielten dafür ein Pfand (in Form einer Jahresrente oder eines Amtes) oder einen Schuldbrief. Schirmer, Fürstliche Schulden, S. 279.

D. Die Landschaftserordnung und die Organisation von Steuern

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lian und die Landstände in Verhandlungen über die „Staatsfinanzen" immer wieder zu einem Ausgleich fanden. Die Tatsache, dass die Mitglieder der Ständeversammlung zugleich als Gläubiger und Bewilliger von Steuern auftraten, ist im Zusammenhang mit den Staatsschulden interessant, die für den frühmodernen Staat charakteristisch waren. 415 Die Verschuldung des Landesfürsten insgesamt trug zur immer häufigeren Erhebung der eigentlich als außerordentliche Hilfe gedachten Steuern bei. Dies wiederum machte nach einiger Zeit die Institutionalisierung von Steuerbehörden notwendig. Der griffige Satz „Ohne Steuer kein Staat" 416 passt in diesem Zusammenhang gut. Die Steuer kann als „Gegenstück" zur fürstlichen bzw. öffentlichen Schuld gesehen werden. 417 Der Fürst repräsentierte in der Frühen Neuzeit nicht mehr nur seine Familie, sondern war als Landesherr in erster Linie Repräsentant seines Landes. Private Schulden des Fürsten gab es somit nicht mehr. Selbst die Ausgaben für Repräsentation, ganz zu schweigen von den Reisekosten für Kreistags- oder Reichstagsbesuche sowie die Bezahlung des Militärs und der Verwaltung des frühmodernen Staates, waren öffentliche Staatsausgaben und diese belasteten den Staatshaushalt über Gebühr. Die Folge waren meistens Schulden in „schwindelerregende[n] Höhen". 418 Damit wurde die Institutionalisierung der Steuer zum Überlebensinstrument der frühneuzeitlichen Staaten. 2. Der Aufschlag a) Landstände und Aufschläge Der Aufschlag war eine indirekte Steuer. 419 Zu dieser Kategorie zählten in der Frühen Neuzeit außerdem die Zölle und Mauten sowie das Ungeld 4 2 0 Der Auf415

Diese Zusammenhänge werden sehr anschaulich dargestellt von Schirmer, Fürstliche Schulden. Siehe auch die Ausführungen bei Reinhard Mußgnug über die destruktiven Auswirkungen des Dauerschuldverhältnisses, das zwischen Fürst und Ständen bestand. Als Konsequenz dieser Tatsache stellt er die These auf, dass Fürst und Landstände nicht als Vertreter gemeinsamen Staatsinteresses auftreten konnten. Mußgnug, Haushaltsplan, S. 58 ff. 416 Dies ist der Titel eines Werks von Andreas Schwennicke, „Ohne Steuer kein Staat". Zur Entwicklung und politischen Funktion des Steuerrechts in den Territorien des Heiligen Römischen Reichs (1500-1800), Frankfurt am Main 1996. 4 17 Schirmer, Fürstliche Schulden, S. 279. Schirmer, Fürstliche Schulden, S. 279. 419 Im BayHStA finden sich in zwei Quellenbänden Materialien zum Aufschlag für den Zeitraum Maximilians' Regierung in: Kurbayern Geheimes Landesarchiv 1555: Aufschlagswesen von 1600 bis 1634, 2. Band hierzu unter der Signatur KGL 1532: Aufschlagswesen von 1634 bis 1665. 420 Ungeld: Im 16. Jahrhundert in Form von „Aufschlägen" (ζ. B. Getränkeaufschlag) eingetrieben; diente der Kammergutsaufbesserung. Das Ungeld unterlag der Bewilligung durch die Landstände. Siehe auch Rankl, Staatshaushalt, S. 39. 13 Kummer

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III. Teil: Die Landschaftsverwaltung und Landschaftsverordnung

schlag ist im Zusammenhang mit den Landständen deshalb von Interesse, weil sie ihn bewilligten und auch einnahmen. Weitere charakteristische Merkmale dieser steuerlichen Abgabe, die von allen Untertanen sowie auch von den Ständen verlangt wurde, sind die zeitliche Terminierung und die Zweckgebundenheit. Der erste Aufschlag von 1542 weist diese Merkmale auf. Er wurde von den Landständen bewilligt, die Abgabe war auf eine bestimmte Zeit beschränkt und zweckgebunden (es ging um den Ankauf von drei pfalz-neuburgischen Städten; nach Erreichung der Kaufsumme wurde die Erhebung des Aufschlags eingestellt). Die Gelder wurden von den Landständen eingenommen und an die jeweiligen fürstlichen Stellen weitergeleitet. 421 Zu charakterisieren ist der Aufschlag als eine Mischform zwischen Verbrauchssteuer und Zoll. Zur besseren Verständlichkeit, kann man den Aufschlag in drei Kategorien einteilen: Aufschläge auf den Verkauf und den Verbrauch, auf die Einfuhr an der Grenze sowie auf die Produktion. Im Hinblick auf das Aufschlagsbewilligungsrecht der Landstände ist diese indirekte Steuer und die Rechte, die die Landstände an ihr hatten, vor allem für die Finanzreform Maximilians von Bedeutung. Es ist verschiedentlich nachgewiesen worden, dass der Aufschlag zu den wichtigsten Staatseinnahmen im frühmodernen bayerischen Staat zählte. 422 Zu Beginn des 17. Jahrhunderts überstiegen die Einnahmen des Aufschlags immer öfter die Summen der eingenommenen Land- und Standsteuern. 423 Daher ist es nachvollziehbar, dass Maximilian ein großes Interesse an der Aufschlagseinnahme und Aufschlagsverwaltung hatte. Abgesehen von der Steigerung der Staatseinnahmen diente der Aufschlag dazu, die Schuldentilgung voranzutreiben. Diese beiden eben erwähnten Punkte - Steigerung der Staatseinnahmen und Schuldentilgung - bildeten zwei wesentliche Eckpfeiler Maximilians' finanzpolitischer Ziele. Das rege Interesse des damaligen bayerischen Landesherrn an den Aufschlägen ist in jedem Fall in diesem Zusammenhang zu sehen. Während die Schuldentilgung allerdings eine finanzpolitische Notwendigkeit darstellte, entsprang die Idee der Mehrung der Staatseinnahmen einem machtpolitischen Credo Maximilians: Um in der Reichspolitik eine Rolle spielen zu können, war Geld - wie er wusste - eine unausweichliche Voraussetzung. Auch das für Maximilians Charakter als typisch zu bezeichnende Sicherheitsbedürfnis war eine Ursache für sein Bestreben, die Staatseinnahmen so zu vermehren, dass ein Geldvorrat angelegt werden konnte, der dann im Notfall der Verteidigung des Landes dienen könnte. 424 421 Dollinger, Finanzreform, S. 184-196. 422 Dollinger, Finanzreform, S. 190-196; Albrecht, Maximilian, S. 206. 423 Schlögl, Bauern, S. 386 f. Schlögl errechnet für die Jahre 1607-1618 folgende Anteile der verschiedenen Abgaben an der Gesamtsumme der Steuereinnahmen: Aufschläge 34,8%, Landsteuer 22,3%, Salzgefälle 20,6%, Amtsgefälle mit Zöllen 16,7%. Zu den einzelnen jährlichen Summen der Land- und Standsteuer im Vergleich zu den jährlichen Aufschlagssummen siehe Tabelle 7 im vorangegangenen Kapitel [III. Teil, D., 1. Kapitel, i)]. 424 Albrecht, Maximilian, S. 205.

D. Die Landschaftsverordnung und die Organisation von Steuern

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Die Abhängigkeit von der Bewilligung der Landstände stellte daher - wie schon mehrfach angesprochen - ein besonderes Problem für Maximilian dar und entwickelte sich zu einem der großen Konfliktfelder zwischen Maximilian und den Ständen.425 Das Bestreben des Landesfürsten sowohl im Hinblick auf die Landund Standsteuern als auch auf die Aufschläge ging also dahin, mit der Zeit unabhängig von den landständischen Bewilligungen zu werden, d. h. eine Bewilligung auf unbegrenzte Dauer zu erringen. Zusätzlich strebte Maximilian neben der ununterbrochenen Weiterführung der Aufschläge eine kontinuierliche Erhöhung der Tarife an sowie eine Ausdehnung auf andere Konsumprodukte (wie ζ. B. Fleisch). 426 Die eigenmächtige Aufschlagserhebung Maximilians aus dem Jahre 1634, die ohne die Einwilligung der Landstände geschah, ist für viele Forscher ein Zeichen für den Erfolg Maximilians' Bestreben nach Unabhängigkeit von der landständischen Mitwirkung bei finanziellen Entscheidungen des Staates.427 Einen Teilerfolg in den Bemühungen um Unabhängigkeit von landständischen Bewilligungen beim Aufschlag hatte Maximilian ja schon 1606 errungen, als er in Verhandlungen mit den Landständen erreichte, dass seine Weißbierbrauereien nicht einzelne Produktionsabgaben, sondern eine Pauschalabgabe, die so genannte „Composition", zahlen durften. 428 Alles in allem lässt sich über die Tendenz Maximilians in Fragen des Aufschlags festhalten, dass er daran interessiert war, diese außerordentliche, ursprünglich streng zweck- und zeitgebundene Abgabe aufgrund ihrer hohen Finanzkraft als eine kontinuierliche Staatseinnahme zu etablieren. Die Postulatshandlungen, in denen Maximilian in regelmäßigen Abständen immer wieder die Weiterführung der Aufschläge und die Erhöhung der Aufschlagstarife forderte und 1634 sogar noch einen neuen Aufschlag auf Fleischprodukte einführte, belegen diese These aufs Deutlichste.

425 Allerdings gab es ein Privileg von 1566, in dem Kaiser Maximilian IL dem bayerischen Herzog und seinen Nachkommen das Recht zugestand, Aufschläge auch ohne Zustimmung der Landstände zu erheben. Der Widerstand der Landstände gegen dieses Privileg war groß. 1634 machte Maximilian dann von diesem Privileg Gebrauch, daraufhin erbaten die bayerischen Landstände 1637 von Kaiser Ferdinand IL persönlich eine Bestätigung ihrer Rechte, die dieser ihnen auch gewährte. Dieser Konflikt schwelte schon seit längerem. Schon 1623 hatte die Landschaft ein Schreiben an Kaiser Ferdinand verfasst, in dem sie ihn um die Bestätigung ihrer Privilegien bei der Steuer- und Aufschlagseinnahme bat. BayHStA, ALL 1074a Geheimer Rat, o. F. 426

Albrecht, Maximilian, S. 203; Dollinger, Finanzreform, S. 190. Allen voran vertritt Heinz Dollinger diese Meinung, der in seiner Dissertation insgesamt die These von der Durchsetzung des absolutistischen Machtstaats durch Maximilian auf Kosten der Landstände aufstellt. Dollinger, Finanzreform, S. 281. Die älteren Werke vertreten diese Meinung auch. Beispielhaft soll hier nur Rudhart, Landstände, S. 265 angeführt werden. 42 8 Dazu Näheres im folgenden Unterkapitel b) Organisation der Aufschlagseinnahme. 427

13*

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III. Teil: Die Landschaftsverwaltung und Landschaftsverordnung

b) Organisation der Aufschlagseinnahme Die Aufschläge wurden einmal im Vierteljahr erhoben. 429 Die Tarife aus dem Jahr 1600 gehen auf die in der Aufschlagsinstruktion des Jahres 1572 festgelegten Tarife zurück. Für einen Münchner Eimer 4 3 0 Wein (auch bayerischen Wein) und Met mussten 4 Schilling Aufschlag entrichtet werden, für einen Eimer Branntwein 6 Schilling, die 4. Maß weißen Bieres wurde mit 4 Schilling, die des braunen Bieres mit 1 Schilling Aufschlag belegt 4 3 1 Die Tarife wurden in Verhandlungen mit den Landständen festgelegt und bedurften, wie die direkten Steuern auch, der Bewilligung durch dieselben auf Landtagen oder Postulatshandlungen. Zunächst soll die Aufschlagseinnahme erläutert werden: Es gab drei Arten von Aufschlagseinnehmern. Erstens die Aufschlagseinnehmer an den Grenzen (Grenzaufschläger) - diese nahmen den Aufschlag als eine Art Einfuhrzoll ein - , zweitens und drittens die für den Verkauf und den Verbrauch von Bier und Wein zuständigen Aufschlagseinnehmer (Bieraufschläger bzw. Weinaufschläger). Ihr Tätigkeitsgebiet war auf bestimmte Bezirke begrenzt. Für jeden Bezirk war jeweils ein Aufschlagseinnehmer je Aufschlagsart zuständig. Wenn der Bezirk sehr groß war, standen für die verschiedenen Ortschaften dieses Bezirks noch die sogenannten Bei(ort)aufschlagseinnehmer zur Verfügung. Jedem Aufschlagseinnehmer stand ein Schreiber zur Seite, dessen Tätigkeit sich aus seiner Berufsbezeichnung ergibt. Die Aufschlagseinnahme der Bier- und Weinaufschlagseinnehmer erfolgte so, dass der Einnehmer die Wirtschaften seines Bezirks bereiste, die neu eingelagerten Wein- oder Bierfässer verzeichnete und dann den dafür vorgesehenen Aufschlag vom Wirt einnahm. Die Aufschlagseinnahme in Gebieten, die zwar innerhalb der Bezirke lagen, aber eigenständigen Obrigkeiten unterstanden (z. B. Hofmarken), erfolgte in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Obrigkeiten. Der Wirt des Gebiets, in dessen Wirtschaft Bier oder Wein ausgeschenkt wurde, war verpflichtet, die Menge an Bier oder Wein, die er erhalten hatte, seiner jeweiligen Obrigkeit anzugeben. Diese nahm dann die Aufschläge ein und leitete sie mit einer Liste der eingenommenen Gelder an die landständischen Aufschlagseinnehmer weiter. 432 Ein weiteres Betätigungsfeld für die (Wein)Aufschlagseinnehmer waren die Weinmärkte. Im bayerischen Oberland gab es vier Orte, an denen ein von der Obrigkeit gestatteter und lizenzierter Weinmarkt abgehalten werden durfte. Dies 429 BayHStA, KGL 1555, fol. 18. «ο Ein Eimer = 64 Maß (1 Maß = 1, 07 Liter) = 68,42 Liter (Visiereimer Bayern); 64,14 Liter (Schenkeimer Bayern). Siehe Lanzinner, Konfessionelles Zeitalter, S. 285. In einer anderen Auflistung gibt es andere Zahlen: Bayerischer Schenkeimer à 60 Maß = 64,142 Liter, Bayerischer Visiereimer à 64 Maß = 64,418 Liter, Bayerischer Stadteimer = 73,29 Liter. Klimpert, Lexikon, S. 88. 431 Schmelzle, Staatshaushalt, S. 316. 432 BayHStA, KGL 1555, fol. 18.

D. Die Landschaftserordnung und die Organisation von Steuern

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waren München, Ingolstadt, Landsberg und Aichach. Im Unterland war der Weinmarkt in Landshut angesiedelt.433 In Grenzorten war der Grenzaufschläger für die Aufschlagseinnahme zuständig. Wenn Getränke zur Einfuhr bestimmt waren, wurde der Aufschlag auf das jeweilige Getränk an der ersten Grenzstation, die der Fuhrmann passierte, in Gänze vom Grenzaufschläger erhoben. Waren die Getränke für den Verkauf im Land bestimmt, so hatte der Fuhrmann lediglich die Hälfte des vorgesehenen Aufschlags zu entrichten. Er erhielt daraufhin eine „Politte", auf der die Getränkemenge verzeichnet war und die gleichzeitig als Quittung für den bezahlten Aufschlag galt. Die andere Hälfte des Aufschlags wurde dann vom Käufer auf dem Weinmarkt an den dortigen Weinmarktaufschläger entrichtet oder vom direkten Abnehmer an den Fuhrmann gezahlt. Alle diese Transaktionen mussten auf der „Politte" verzeichnet sein. Wenn der Fuhrmann wieder außer Landes reiste, musste er die „Politte" und das Aufschlagsgeld, das die direkten Abnehmer an ihn gezahlt hatten dem Grenzaufschläger aushändigen.434 Die Grenzaufschläger hatten also die Aufgabe, die Fuhrleute bei ihrer Ein- und Ausfahrt in das bzw. aus dem Land zu registrieren und die Menge ihrer mitgeführten Güter zu verzeichnen sowie im gegebenen Fall den ganzen oder halben Getränkeaufschlag einzunehmen. Ein weiterer Beamter, der Visierer, stellte dabei diese Menge an Wein oder Bier fest. Er „visierte" die Fässer, d. h. er maß die sich in dem Fass befindliche Menge Wein oder Bier mit einem speziellen Messstab. Wenn kein Visierer zur Stelle war, wurde die Menge vom Aufschlagseinnehmer geschätzt. Was den Transport auf den Rüssen Donau, Inn, Isar und Salzach anbetraf, so wurde dort genauso gehandelt. Auch dort wurden „Politten" oder sog. „Mautnerische Urkunden" vergeben und die Menge an Wein und Bier darauf verzeichnet, die außerhalb der Weinmärkte verkauft wurde. Diese Verzeichnisse wurden dann an die Grenzaufschläger geschickt, die sie wiederum einmal im Vierteljahr gebündelt an den Landaufschläger schickten.435 Wie zu erkennen ist, waren die Grenzen und hier vor allem die Grenzstellen an Flüssen ein neuralgischer Punkt in der lückenlosen Erfassung allen aufschlagpflichtigen Gutes, das nach Bayern eingeführt oder durch Bayern transportiert wurde. 436

433 Der Bieraufschlag wurde im Rentamt und in der Stadt Straubing erhoben, außerdem wurde eine Grenzsteuer auf Bier vom Rentamt Landshut erhoben. Schmelzle, Staatshaushalt, S. 316. 434 Schmelzle, Staatshaushalt, S. 316. 435 BayHStA, KGL 1555, fol. 20. 436 Das sog. Aufschlagsgeneral von 1600 widmet daher einen gesonderten Abschnitt der Situation in den Grenzorten Ingolstadt, Neustadt, Rain, Schongau, Friedberg, Mittenwald, Vilshofen und Schärding. Hier sollten die Visierer besonders genau arbeiten und die Grenzaufschläger sollten die Politten genau prüfen. BayHStA, KGL 1555, fol. 20.

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ΙΠ. Teil: Die Landschaftsverwaltung und Landschaftsverordnung

Das soeben beschriebene Prozedere der Aufschlagseinnahme betraf die Einnahme an den Grenzen, in einzelnen Wirtschaften oder auf Weinmärkten und die Einnahme in den Hofmarken. Ein weiterer und bedeutender, weil einnahmeintensiver Bereich, betraf die Einnahme des Bieraufschlags bei den Brauereien (Weißund Braunbierbrauereien). Dieser Bereich ist auch deshalb von Interesse, weil er die meisten Konflikte mit dem Landesfürsten mit sich brachte und ein bezeichnendes Licht auf die Politik Maximilians im Hinblick auf die Ausschöpfung der finanziellen Ressourcen Bayerns wirft. Nachdem 1602 durch das Aussterben der Degenberger deren Weißbierbrauereien und das dazugehörige Monopol - welches ihnen Wilhelm V. verliehen hatte - an Maximilian fielen, fasste er den Plan, das Weißbierbrauen als landesherrliches Monopol zu deklarieren und finanziellen Nutzen für sich daraus zu ziehen. 437 Er verbot alle Weißbierbrauereien außer die ihm Zugehörigen, ließ einige Weißbierbrauereien aufkaufen und gründete auch neue Brauereien, ζ. B. 1607 das „Weiße Bräuhaus" in Kelheim. Maximilian erwies sich in diesem Bereich des Bierbrauwesens in der Funktion eines Unternehmers als erfolgreich und durchsetzungsfähig. 438 Er erreichte sein Ziel und hatte wirtschaftlichen Erfolg mit den Weißbierbrauereien, was die Stände auf beiden Landtagen 1605 und 1612 zu intensiven Beschwerden in ihren Gravamina veranlasste, da ihrer Meinung nach der Erfolg des Weißbiers den Ruin der Braunbierbrauer nach sich zog. Viele Adelige und auch Klöster brauten Braunbier. In ihren Augen trug Maximilian zu ihrem Ruin oder zumindest zu wirtschaftlichen Problemen bei. Der wirtschaftliche Erfolg des Weißbiers war aber nicht nur im Absatz und dem Zuspruch der Bevölkerung begründet, sondern auch in der geschickten Verhandlung Maximilians und seiner Räte über die zu zahlenden Aufschlagssummen für die Weißbierproduktion. Diese langen Verhandlungen, die schon vor dem Landtag von 1605 begannen und erst 1606 zum Abschluss kamen, endeten mit einer für Maximilian günstigen Einigung: Der Herzog musste eine jährliche Abschlagszahlung („Composition") von 10000 fl. für sein produziertes Weißbier zahlen 4 3 9 Der Vorteil dieser „Composition" lag darin, dass die Höhe der Zahlung unabhängig von der Menge des gesottenen Bieres war, die ansonsten der Höhe der zu zahlenden Aufschlagssumme zugrunde lag. 4 4 0 Aber auch die Landstände profitierten von der „Composition", hatten sie durch sie doch die Sicherheit eines konstanten Einnahmepostens, der, wenn er an der Menge gesottenen Bieres gemessen worden 437 Albrecht, Maximilian, S. 199. 4 38 „Salzwesen und Weißbierbrauerei waren Kernbereiche der sog. fürstlichen Interessesachen oder causae domini, worunter alle Sachverhalte verstanden wurden, bei denen der Landesherr mit seinen Kammergütern und Hoheitsrechten beteiligt war." Albrecht, Maximilian, S. 200. 439 Die dem Herzog zu diesem Zeitpunkt unterstehenden Weißbierbrauhäuser waren München, Schwarzach, Linden, Zwiesel, Gossersdorf, Winzer, Viechtach, Regen, Furth, Eschlkam, Neukirchen, Kötzting und Schönberg. Letzing, Bierbrauwesen, S. 56-59. 440 Letzing, Bierbrauwesen, S. 52.

D. Die Landschaftserordnung und die Organisation von Steuern

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wäre, bei ungünstiger Wirtschaftslage vielleicht sogar niedriger ausgefallen wäre. Dennoch erwuchs Maximilian durch den großen Erfolg des Weißbiers innerhalb der Bevölkerung der größere Vorteil aus dieser Regelung, denn der Gewinn, den er mit dem hohen Absatz des Weißbiers erzielte, war enorm und hätte eigentlich einige Jahre nach der Einigung von 1606 Neu Verhandlungen über eine höhere „Composition" gerechtfertigt. 441

c) Überblick über die Regelungen der Aufschlagsinstruktionen von 1543 bis 1612 Das erste interessante Dokument zum Aufschlagswesen ist die Aufschlagsinstruktion. Eine solche Instruktion enthielt als wichtigste Regelung die Höhe der Aufschläge auf Bier, Wein, Met, Branntwein etc., die in Verhandlungen zwischen dem Fürsten und den Landständen beschlossen worden waren. Im Jahre 1543, als der Aufschlag zum ersten Mal erhoben wurde, wurde jeder Münchner Eimer des bayerischen Weins mit 10 Pfennig, 442 der ausländischer Weine mit 1 Schilling belegt und der Münchner Eimer Bier wurde, bei Ein- und Ausfuhr, mit 2 Kreuzern Aufschlag belegt. 443 Im Jahr 1565 wurde der bayerische Wein vom Aufschlag befreit, alle anderen Weine wurden bei Ein- und Ausfuhr mit 2 Schillingen belegt (je Münchner Eimer). Auch 1572 blieb der bayerische Wein vom Aufschlag befreit. In diesem Jahr wurde bei dem Aufschlagstarif für den ausländischen Wein zum ersten Mal nach der Transportart unterschieden. Auf dem Wasserweg transportierte Weine wurden mit einem höheren Aufschlag belegt (4 Schilling) als auf dem Landweg transportierte Weine (2 Schilling). Met und Branntwein, die im Land hergestellt und dann ausgeführt wurden, mussten mit einem Aufschlag von 4 Schilling bzw. 5 Schilling rechnen. Braunbier wurde mit 1 Schilling je Münchner Eimer veraufschlagt, Weißbier mit 2 Schilling. Das Sieden und Brauen von Bier wurde noch nicht mit einem Aufschlag belegt. Der Aufschlag auf Bier erstreckte sich zunächst auf den Verbrauch und auf die Ein- oder Ausfuhr an der Grenze. 1580 änderte sich in Bezug auf das Bier nichts. Der bayerische Wein wurde jedoch nun mit einem Aufschlag belegt, der sich dem des ausländischen Weins anglich. Von jedem Münchner Eimer bayerischen oder ausländischen Weins mussten 4 Maß (= ca. 7%) veraufschlagt werden. 1594 wurde der Aufschlag auf ausländischen Wein beibehalten, der auf bayerischen Wein aber um 1 Schilling gesenkt. Beim Braunbier wurde nach dem privaten Verbrauch (1 Schilling Aufschlag) und 441 Auch mit Wilhelm V., der nach seiner Abdankung die beiden Brauhäuser Schleißheim und Mering erhalten hatte, einigte sich die Landschaft auf eine „Compositionszahlung" von 400 fl. für das in beiden Brauhäusern produzierte Bier. Letzing, Bierbrauwesen, S. 60. 1 Gulden = 7 Schilling = 210 Pfennig = 60 Kreuzer. Siehe Schlögl, Bauern, S. 371. 443 Alle folgenden Ausführungen über die Aufschlagstarife der jeweils genannten Jahre siehe Letzing, Bierbrauwesen, S. 72-74.

200

III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung

nach dem gewerblichen Verbrauch (2 Schilling Aufschlag) unterschieden. Bier, das aus anderen Gegenden eingeführt und in Bayern ausgeschenkt wurde, war mit einem weit höheren Aufschlag belegt. Eine Ermäßigung bei der Aufschlagszahlung gab es für Pfarrer: Das für deren Hausgebrauch bestimmte Bier (Braun- oder Weißbier) wurde lediglich mit 1 Schilling Aufschlag belegt. Diese Sonderbehandlung wurde aber 1595 aufgehoben und galt dann nur noch für Geistliche, die der Landschaft zugehörig waren und für Bettelorden. Im Jahr 1600 waren nun grundsätzlich alle Mengen gesottenen Biers mit Aufschlag belegt. Die Aufschlagstarife sind weiter oben schon erwähnt worden 444 und gehen maßgeblich auf die Regelungen von 1572 zurück. Durch ein Mandat vom 12. Januar 1606 wurden die von der Landschaft und Maximilian auf dem Landtag von 1605 beschlossenen Aufschlagserhöhungen verkündet. Der Aufschlag auf den ausländischen Wein musste nun kombiniert entrichtet werden, d. h. sowohl an der Grenze (5 Schilling pro Münchner Eimer) als auch bei Verkauf oder Ausschank (6 Schilling pro Münchner Eimer). 445 Die Verkaufsoder Ausschankabgabe galt natürlich auch wieder für den bayerischen Wein. 446 Der Braunbieraufschlag für den Hausgebrauch blieb unverändert. Bei Ausschank wurden 2 Schilling Aufschlag verlangt. Das gesottene Bier wurde jetzt nicht mehr veraufschlagt, dafür aber die Rohstoffe, die für das Bierbrauen benötigt wurden. Der erhöhte Aufschlag galt schon für das Jahr 1606, sollte also ab sofort von den landständischen Aufschlagseinnehmern eingebracht werden. 447 Die Tarife galten für die nächsten sechs Jahre. 448 Im Jahr 1612 wurde wiederum eine neue Aufschlagsordnung erlassen: Für das Weißbier galt weiterhin der Aufschlag von 6 Schilling je Münchner Eimer; Compositionen mit der Landschaft wurden gesondert beschlossen. Der Ausschank ausländischen Weißbiers wurde vom Herzog verboten. Die Aufschlagsinstruktion von 1612 behält bis auf einige Details die Regelungen von 1606 bei. Die Ausnahmeregelungen für Geistliche und herzogliche Amtsträger wurden aufgehoben. Sie mussten für die für ihren privaten Gebrauch bestimmten Mengen an Wein oder Bier nun ebenfalls einen Aufschlag entrichten: 6 Schilling an der Grenze und die 6. Maß der in den Keller eingelagerten Menge. Der Aufzählung der Wein- und Bieraufschläge soll nun der Vollständigkeit halber die Nennung der anderen Aufschläge folgen. Zunächst ist der Salzaufschlag zu erwähnen. Das Salzwesen hatte sich seit den Zeiten Wilhelms IV., der die Saline in 444

Siehe vorangegangenes Unterkapitel b) Organisation der Aufschlagseinnahme. Siehe auch BayHStA, Stv 1521, fol. 14. 446 Im Übrigen mussten Weingartenbesitzer ebenfalls einen Aufschlag für den von ihnen produzierten Wein entrichten. Von jedem Münchner Eimer Wein war 1 Schilling als Aufschlag zu entrichten. BayHStA, KGL 1555, fol. 20. 447 BayHStA, KGL 1555, fol. 176. BayHStA, KGL 1555, fol. 202.

D. Die Landschaftsverordnung und die Organisation von Steuern

201

Reichenhall in staatliche Hände gebrachte hatte, 449 und Wilhelms V., dessen Hofkammerpräsident Neuburger die Saline Fronreith bei Berchtesgaden für den Alleinvertrieb vertraglich gesichert hatte, als wichtiger Zweig für die bayerische Wirtschaft erwiesen. 450 Dieses erkennend hatte auch Maximilian schon im ersten Jahr seiner Regierung die Hofkammer zum Direktorium über das Salzwesen berufen. Ein vorbildlicher Ausbau der Salinen, zureichende Absatzmärkte, Vereinbarungen mit Großabnehmern und die Neueröffnung der Saline Traunstein zeigen die Sorgfalt, mit der Maximilian diesen Wirtschaftszweig pflegte. Immerhin brachte er dem bayerischen Staatshaushalt jährlich im Durchschnitt 249000 fl. ein. Die Erträge des Halleiner Salzes flössen 1616 sogar nicht mehr in die Hofzahlamtskasse, sondern in die Kasse des „Vorrats", den Maximilian dadurch stetig nähren konnte. 451 Der Aufschlag nun, der aus dem im Land verkauften Salz erwuchs, war allerdings nicht zufriedenstellend, weshalb sich Fürst und Landschaft auf eine Pauschalzahlung von Seiten der Landschaft in der Höhe von 100000 fl. einigten. Der Salzaufschlag bestand demnach nur noch auf dem Papier, wurde nicht mehr effektiv eingenommen. Neben Wein, Bier, Met und Branntwein wurde ein weiteres Konsumprodukt mit einem Aufschlag belegt: Die Einführung des Aufschlags auf Fleischprodukte wurde 1634 von Maximilian beschlossen. Die nachfolgende Tabelle soll einen schnellen Überblick über die Entwicklung der Aufschlagstarife von 1543 bis 1620 geben.

449 Zu Zeiten Maximilians erwirtschaftete diese Saline ca. 280000 Zentner Salz. Siehe Albrecht, Maximilian, S. 199. 4 50 Albrecht, Maximilian, S. 197.

4Albrecht, Maximilian, S. 1 .

Tabelle 8

1580

1572

1565

Summe sind Verkaufs- und Grenzaufschlag zusammengefasst

7% Verkaufsaufschlag

keine Angabe

siehe 1543

keine Änderung keine Änderung in in den Quellen den Quellen ververzeichnet zeichnet

Befreiung des in- 2 Schilling siehe 1543 keine Änderung ländischen Weins in den Quellen vom Aufschlag verzeichnet —dito— 4 Schilling bei siehe 1543 1 Schilling/ 1 Schilling (br) bzw. 4 Schilling (m), Transport auf Münchner Eimer 4 Schilling (we), 6 Schilling (b) Wasserweg, (br), wenn die Getränke 2 Schilling bei 4 Schilling / eingeführt wurden; Transport auf Münchner Eimer jeweils die Hälfte Landweg (we) des Aufschlags war an der Grenze zu entrichten, wenn das Bier im Land verkauft werden sollte, die andere Hälfte des Aufschlags zahlte dann der Käufer

schlagsinstruk- 2 Schilling / tion von 1606 Münchner eingeführt Eimer (we)

Wein (inländischer Wein = in; Bier (Weißbier = we; Braunbier = br) Met (m) und Branntwein (b) ausländischer Wein = aus) Ab Jahr Verkaufs-/ GrenzProduktionsVerkaufs-/ GrenzVerkaufs-/ Konsumaufaufschlag aufschlag Konsumaufaufschlag Konsumaufschlag schlag schlag 1543 10 Pfennig/ 1 Schilling (aus), wird erst 1604 1 Schilling/ 2 Kreuzer je bei 4 Schilling (m), Münchner 15 Pfennig (in) beschlossen und Münchner Ein- und Ausfuhr 5 Schilling (b) Eimer (in) in der AufEimer (br), - In dieser

Übersicht über die Aufschlagstarife von 1543-1620

Grenzaufschlag

Bemerkungen

202 III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung

keine Angabe

siehe 1543 1 Schilling bei keine Änderung in 4 Schilling/ privatem Verden Quellen verMünchner Eimer brauch (br), 2 zeichnet (m), Schilling bei ge6 Schilling / werblichem VerMünchner Eimer brauch (br) (b) 4 Schilling/ keine Angabe siehe 1543 Gegenwert der keine Änderung in keine Änderung Münchner ausgeschenkten den Quellen ver- in den Quellen Eimer 4. Maß (br und zeichnet verzeichnet we) 6 Schilling/ 5 Schilling/ Für einen Sack Gegenwert der keine Änderung in keine Änderung Münchner Münchner Malz 8 Schilling ausgeschenkten den Quellen ver- in den Quellen Eimer (in und Eimer (aus) 6. Maß zeichnet verzeichnet aus) (br und we) keine Änderung 1 Schilling (in), wie 1606 wie 1606 2 Schilling / Münch- Gegenwert der 10 Schilling bei von jedem in den Quellen 5 Schilling (aus) ner Eimer (br), ausgeschenkten Import von ausMünchner Eimer verzeichnet 6 Schilling / Münch- 6. Maß (b) ländischem Branntwein, ner Eimer (we) Branntwein, vom musste der ProImporteur zu duzent 10 Schilzahlen ling Aufschlag 7 V2 Schilling zahlen; (m) der Aufschlag auf Met wurde zur reinen Materialsteuer, die Menge verwendeten Honigs wurde mit einem Aufschlag belegt (Höhe des Aufschlags nicht eruierbar) keine Änderung wie 1612 (in), wie 1606 wie 1606 plus wie 1612 plus 5 2 fl. zusätzlich in den Quellen 1 fl. zusätzlicher 1 Pfennig auf Schilling pro zu den 10 Schilverzeichnet Aufschlag zu den jede Maß Bier Münchner Eimer ling (b) 5 Schilling (aus) |_(b)

keine Änderung in den Quellen verzeichnet

Quelle: Letzing, Bierbrauwesen, S0.72-74.

1620

1612

1606

1600

1594

D. Die Landschaftserordnung und die Organisation von Steuern 203

204

III. Teil: Die Landschafts Verwaltung und Landschaftserordnung

d) Missstände bei der Aufschlagseinnahme Die Tatsache, dass Aufschlagseinnehmer in Instruktionen und Mandaten dazu angehalten wurden, jeden Aufschlag sofort einzunehmen und keine Stundung oder Ähnliches zuzulassen, zeigt, dass die Einnahme des Aufschlags, genau wie die der Steuern, nicht immer nach den Buchstaben der Instruktion verlief. Viele Aufschlagseinnehmer ließen sich von der individuellen Notsituation des zur Zahlung Verpflichteten dazu überreden, eine Stundung der Zahlungen zuzulassen. Oftmals zogen sich Aufschlagsstundungen dann aber so lange hin, dass ζ. B. der Wirt unter Umständen verstarb und die Aufschläge somit nicht mehr eingebracht werden konnten. Als allgemeiner Leitsatz für die Aufschlagseinnehmer galt, die Aufschläge sofort einzuziehen.452 Weitere Beispiele für Missstände finden sich im „Auffschlags General" aus dem Jahre 1600. 453 Es enthält auch entsprechende Ermahnungen an die Aufschlagseinnehmer. Im Falle der Bieraufschlagseinnahme wurde ζ. B. eine bessere Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Obrigkeiten und den Landaufschlägern verlangt. Die jeweiligen Obrigkeiten sollten das Bier, das in den Städten und Märkten oder auf dem Land gebraut wurde von seinem Weg von der Produktion bis zum Verbraucher verfolgen. So sollten die Obrigkeiten - gemeint waren hier sowohl landesherrliche als auch ständische Obrigkeiten, wie Landrichter, Pfleger oder Hofmarksherren - ζ. B. den Käufer einer größeren Menge Bier registrieren und diesem schon beim Kauf des Biers den Aufschlag abfordern. Diese Transaktion sollte genauestens in ein Register eingetragen werden und dieses vierteljährlich an den Landaufschläger geschickt werden, damit er darüber informiert war, wer den Aufschlag schon entrichtet hatte und wer nicht. 454 Probates und weit verbreitetes Mittel der frühneuzeitlichen Obrigkeit, die Durchführung und Durchsetzung ihrer Instruktionen zu überprüfen, war die Visitation. Auch im Fall der Aufschlagszahlung und Aufschlagseinnahme wurden Visitationen durchgeführt, die zutage fördern sollten, in welchem Ausmaß die Staatskasse um Aufschlagsgelder gebracht wurde. 455 452 Auch Mautner und Zöllner der vier Rentämter wurden in verschiedenen Schreiben im Namen Maximilians zu Strenge und Korrektheit bei der Einnahme der Zölle angehalten. BayHStA, KGL 1555, fol. 93. Der Zoll als indirekte Steuer war ein Regal des Herzogs und auch hier versuchte Maximilian, durch Ermahnungen und Mandate eine Reform zu bewerkstelligen, die die maximale Ausschöpfung der finanziellen Ressourcen ermöglichte. Siehe auch Dollinger, Finanzreform, S. 245-249. 453

Das Aufschlagsgeneral ist von der Landschaft verfasst. Es beginnt mit den Worten „Wir gemainer Landschafft diß Fürstenthumbs Obern und Nidern Bayrn/uber den bewilligten Auffschlag verordnete Landleuth..BayHStA, KGL 1555, fol. 17. 4 4 5 BayHStA, KGL 1555, fol. 18. In dem hier zitierten Quellenband finden sich auch Protokolle von Visitationen: Wirte wurden daraufhin überprüft, ob sie die Getränke Verbrauchssteuer auch wirklich und in der richtigen Höhe eingenommen hatten, (fol. 356 ff.) 455 Auszug aus dem Protokoll einer Aufschlagsvisitation, die im Jahr 1613 im Landgericht Aichach stattfand. Anwesend waren der Kastner Herr Jacob Palinger und der ihm zugeord-

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Um Missbrauch und Unterschlagung der Aufschlagsgelder zu verhindern, sollten ζ. B. sogenannte „Speckknechte" und andere Hausierer besonders überprüft werden, da diese den Wein, meist Branntwein, in kleinen Fässchen oder anderen unüblichen Behältnissen transportierten. In den meisten Fällen wurde dieser Branntwein „unveraufschlagt" ausgeschenkt, wobei fürstliche Amtleute und landständische Obrigkeiten diesem Missbrauch nicht gerade Vorschub leisteten, ihn aber auch nicht verhinderten. 456 Deshalb war es fortan verboten, Wein oder Bier in kleineren Fässern zu transportieren. Die Fässer mussten so groß sein, dass mindestens ein Münchner Eimer hineinpasste. Zusätzlich wurde der Branntweinverkauf stark reglementiert, da auf diesem Sektor offenbar der größte Missbrauch zu beobachten war. Nur von der jeweiligen Obrigkeit des Gebietes registrierte und anerkannte Personen durften in Zukunft Branntwein vertreiben. 457 Außerdem wurden die jeweiligen Obrigkeiten gewarnt, dass sie bestraft würden, wenn sie den „unveraufschlagten" Ausschank von Branntwein schweigend in Kauf nahmen 4 5 8 Die Strafandrohung wurde noch einmal ausdrücklich wiederholt und auf alle mit dem Aufschlag befassten Personen ausgeweitet. Die Instruktion endet mit dieser ausdrücklichen Ermahnung zur Einhaltung aller in ihr festgehaltenen Vorschriften. 459 Abgesehen vom offensichtlich lebhaften Erfindungsgeist der Menschen, Aufschlagszahlungen zu umgehen, werfen die Unterschlagungen des Aufschlags natürlich auch ein schlechtes Licht auf die Aufschlagseinnehmer. Ähnlich wie in schon vielfach untersuchten Fällen, die sich mit der Durchsetzung von armenpolitischen Maßnahmen befassen, scheitert auch hier die Durchsetzung von rigiden Mandaten vielfach an den unteren Exekutivorganen. In der Armenpolitik ζ. B. waren es nicht selten Amtleute, die den Bettlern trotz der Verbote ein Almosen gaben bzw. die die Bettler trotz eines Mandates nicht aus der Stadt vertrieben. Diese Reaktionsmuster der Untertanen scheinen auch im Falle der Einnahme von Steuern, hier von Aufschlägen, übertragbar zu sein. Wichtig ist hier sicher die starke soziale Verknüpfung und Abhängigkeit der Menschen. Sie kannten einander, waren, wenn man das Beispiel einer beengten

nete Gerichts- und Ungeltschreiber Hans Sartor. Die Visitation dauerte zwei Tage, vom 19. bis zum 20. Juli 1613. Die einzelnen Fälle und ihre meist in Monatsraten zu zahlenden Strafen werden stichpunktartig aufgeführt. Am Freitag, den 19. Juli, wurde beispielsweise der Bauer Leonhardt Lindemair mit 22 fl. 30 Kreuzern Strafe belegt, weil er im Jahr 1605 nur 4 Mass statt 6 Mass vom Eimer Wein veraufschlagt hatte. Ähnlicher Vergehen wurden der Wirt Hans Härtl und der Bürgermeister und Rat des Marktes Altmünster angeklagt. Erstgenannter musste 203 fl. Strafe zahlen, weil er den Aufschlagseinnehmern in der Zeit von 1606 bis 1611 den Aufschlag unterschlagen hatte. Letzterer musste 173 fl. Strafe zahlen. BayHStA, KGL 1555, fol. 356 ff. «β BayHStA, KGL 1555, fol. 21. 457 BayHStA, KGL 1555, fol. 21. 458 BayHStA, KGL 1555, fol. 21. 4 BayHStA, KGL 1555, fol. .

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III. Teil: Die Landschafts Verwaltung und Landschafts Verordnung

Dorfwelt nimmt, oftmals miteinander verwandt oder verschwägert. Heute können sich Beamte, die ζ. B. ein Vollstreckungsmandat auszuführen haben, hinter ihrer Anonymität und ihrer Aufgabe als Vollstreckungsorgan des Staates verstecken. Meistens wird letzteres Argument anerkannt, weil die Autorität des Staates heutzutage voll anerkannt ist. Im 17. Jahrhundert war die Akzeptanz des Staates als eine befehlende und auch disziplinarische Funktionen ausübende Institution, die auch stark ins persönliche Leben eingriff, noch nicht flächendeckend gegeben.460 Die Missstände bei der Aufschlagseinnahme wurden deshalb auch an höchster Stelle vernommen und diskutiert. Aus einem Schreiben des Hofratspräsidenten und mehrerer Räte geht hervor, dass diese und wohl auch der Fürst den Landständen Misstrauen entgegenbrachten. Was die Aufschlagseinnahme anbelangt, so glaubten sie, dass es dort Missstände gab, die abgestellt werden könnten. Deshalb sollte das Aufschlagsgeneral, das eigentlich von den Landständen selbständig verfasst wurde, nun zuerst von der Hofkammer abgenommen werden, bevor es an die Aufschläger im Land verschickt wurde. Zudem musste natürlich der Landesfürst über den Inhalt des Generals (Instruktion) genauestens informiert werden. Dies war ein Eingriff in die landständische Selbständigkeit, die bei der Einnahme des Aufschlages noch immer gewahrt worden war. 461 Obwohl solche Missstände bei der Steuereintreibung ebenfalls zu beobachten waren, führten sie bei der Aufschlagseintreibung zu in ihren möglichen Konsequenzen weit reichenden Diskussionen der Landstände mit dem Fürsten und seinen Räten über die Kompetenzen der Landstände in dieser Hinsicht. In einem nicht namentlich unterzeichneten Brief von mehreren Geheimen und anderen Räten an den Landesfürsten äußerten diese die Meinung, dass die Landschaft und hier speziell deren Aufschlagsverordnete abgesehen von der Aufschlagseinbringung nichts weiter im Entscheidungsprozess über Aufschlagshöhe etc. zu entscheiden haben 460 Solche Konflikte um die Durchsetzung von Mandaten, seien sie nun armenpolitischer oder steuerpolitischer Natur, sind die Kennzeichen der Entstehung des frühmodernen Staates. Ihnen allen ist die Sozialdisziplinierung als von landesfürstlicher Seite gesteuerter Prozess der Mentalitätsveränderung der spätmittelalterlichen Lebenswelten gemein. Die Flut von Mandaten im 17. Jahrhundert zeigt, wie schwierig dieser Prozess war und wie unerwartet stark der Widerstand der Bevölkerung war. Siehe auch Landwehr, Normdurchsetzung, S. 146-162. 461 BayHStA, KGL 1555, fol. 65/66. Im Rahmen der Diskussion um die Missstände im Aufschlagswesen, ist die Beschwerde des Herzogs von Württemberg der Erwähnung wert, dessen Kellermeister von einem Ingolstädter Aufschlagseinnehmer zusätzlich zum normalen Weinaufschlag noch eine Strafe aufgebürdet bekam, weil der Wein, den der Herzog mitführte, nach Prag ausgeführt werden sollte, was beim Kauf nicht angegeben worden war. Gleichzeitig habe aber der Aufschlagseinnehmer einen kaiserlichen Wein ohne Aufschlag passieren lassen. Die Beschwerde des Herzogs richtete sich an Maximilian persönlich, der daraufhin anordnete, dass die Aufschläger von jetzt an so verfahren sollten, dass die Weine, die „von der kaiserlichen Majestät oder deren Räten oder von ansehnlichen Fürsten und Reichsständen" nach Bayern eingeführt oder durch Bayern transportiert wurden, nicht mit einem Aufschlag belegt werden sollten. Der Kellermeister des Herzogs von Württemberg erhielt zudem die bezahlte Strafe und den bezahlten Weinaufschlag zurück. BayHStA, KGL 1555, fol. 372.

D. Die Landschaftserordnung und die Organisation von Steuern

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sollten. Das sei gänzlich der Kompetenzbereich des Landesfürsten. Die landschaftlichen Aufschlagsverordneten seien nur ausführende Organe. Daraus wird ersichtlich, wie stark der Fürst und seine Räte daran interessiert waren, diesen Bereich der „staatlichen" Finanzen völlig in ihre Entscheidungsgewalt zu bringen. Auch wird dadurch deutlich, wie bedeutungsvoll die Aufschläge für die Staatsfinanzen waren. Die Landstände wurden zwar in ihrer Funktion als Kenner der Landesfinanzen besonders bei Steuererhebungen - abgesehen von ihrer Entscheidungsbefugnis in diesem Punkt - als Berater zumindest in einigen wenigen Fällen akzeptiert. Was die Aufschläge betraf, so war der Fürst jedoch lediglich daran interessiert, von den Landständen die Bewilligung für eine ständige Weiterführung der in Bayern erhobenen Aufschläge und für eine Erhöhung der Aufschlagstarife zu erhalten. Durch die Einnahme der Aufschläge nahmen die Landstände zwar eine wichtige ausführende Staatstätigkeit innerhalb des frühmodernen bayerischen Staatsgefüges ein, aber die beratende Funktion und das Privileg mit entscheiden zu dürfen, wurde hier vom Fürsten mehr noch als in anderen Steuerfragen stark zurückgedrängt. Aufgrund der Diskussionen und Ermahnungen im Hinblick auf die Missstände im Aufschlagswesen hatte die Landschaft 1604 eine reformierte Aufschlagsordnung erarbeitet, die im darauffolgenden Jahr von der Hofkammer durch ein Schreiben des Hofkammerpräsidenten und der Hofkammerräte akzeptiert wurde. 462 Die verbesserte Aufschlagsordnung regelte noch mehr Details. Beispielsweise wurde den Brauereien - hier sind sowohl die landgerichtlichen als auch die hofmarksherrlichen Brauereien gemeint - die Vorschrift gemacht, dass sie ihre Braukessel jährlich dem Visierer frei zugänglich machen mussten, damit dieser den Kessel und die darin befindlichen Mengen Bier vermessen konnte. Im Verlauf des Jahres durfte am Kessel nichts verändert werden. 463 Der Visierer musste nach getaner Arbeit einen genauen Zustandsbericht über den Kessel abliefern. Die Landstände schlugen außerdem vor, einen Aufschlag auf Malz zu erheben. Dies sollte den Abgang an Aufschlagsgeldern mildern, der dadurch verursacht wurde, dass oft das so genannte Sudbier unveraufschlagt blieb. Daher sollte schon das Malz mit einem Aufschlag belegt werden. Und zwar direkt nachdem es den Müller verlassen hatte. Ein Sack Malz, in den nach Angaben der Landstände 15 Münchner Viertel passen, sollte mit 8 Schilling belegt werden. 464 Zusätzlich zu dieser Vorsichtsmaßnahme sollten auch noch die Brauereien ihrer jeweiligen Obrigkeit angeben, wie viel Malz sie jährlich für das Bierbrauen verwendeten. Die Obrigkeit sollte diese Angaben in ein Register eintragen und dem Betreiber der Bräustätte eine sogenannte „Politte" ausstellen, auf der sein Name, 462 BayHStA, KGL 1555, fol. 123/124. 463 BayHStA, KGL 1555, fol. 126. 464 BayHStA, KGL 1555, fol. 127.

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III. Teil: Die Landschaftsverwaltung und Landschaftsverordnung

die Zahl der Malzsäcke und das Datum („Tag und Jar") angegeben war. Dadurch sollte eine lückenlose Kontrolle möglich werden. Auch die Müller erhielten eine „Politte", in der die Menge Malz festgehalten wurde, die sie produzierten. Die Landschaft wollte dafür sorgen, dass in jedem Ort, in dem ein Müller ansässig war und produzierte, ein Malzschreiber damit beauftragt wurde, die Mühle regelmäßig zu visitieren und die in der „Politte" angegebenen Mengen mit der tatsächlich produzierten Menge an Malz abzugleichen.465 Der Vorschlag der Landschaft wurde angenommen und verwirklicht. Im Jahr 1606 wurde erstmals das Malz mit einem Aufschlag versehen. Die oben beschriebenen Regelungen sollten im Übrigen auch für die anderen zwei Stände, die Prälaten und Adeligen, gelten. Auch Hofmarksherren, die zwar selber kein Bier brauten, aber auf deren Jurisdiktionsgebiet Bier gebraut wurde, sollten den Regelungen unterworfen sein. 466 Maximilian war es also schon kurz nach seinem Regierungsantritt gelungen, die Landstände unter Erfolgsdruck bei der Aufschlagseinnahme zu setzen, weil er erkannt hatte, welch wichtigen Stellenwert der Aufschlag für das kurzfristige Ziel der Konsolidierung des Finanzhaushalts und das langfristige Ziel eines „Staatsschatzes" hatte. Gleich von Beginn seiner Regierung an hatte Maximilian einen radikalen Schuldenabbau durch einen rigiden Sparkurs gefordert. Zusätzlich zum Sparen, versuchte Maximilian aber vor allem alle Finanzquellen seines Landes genauestens zu registrieren und zu überblicken. 467 Daher auch der schon frühe und starke Druck auf die Landstände in Bezug auf die Aufschlagseinnahme. Die ausführliche Auflistung von Vorschriften zur Behebung von Missbräuchen in den verschiedenen Aufschlagsinstruktionen ist vielleicht weniger ein Beweis für die Zunahme der Missstände als eher für das von Maximilian mit Eifer angestrebte Ziel, ein perfekt funktionierendes System zu etablieren. Die Landstände ihrerseits gaben den Druck unvermindert an die Untertanen weiter, denn ihre Privilegien standen ja auf dem Spiel, wenn sie den Forderungen des Landesherren nicht nachkamen. Man sieht, dass hier das Eigeninteresse das maßgebliche Kriterium für die Entscheidungen und Aktionen der Landstände war. Gleichzeitig finden sich in den Quellen Briefe der landschaftlichen Aufschlagsverordneten, in denen sie sich zu Fürsprechern von Gastwirten und Wein465 BayHStA, KGL 1555, fol. 128. Für Müller, die des Schreibens und Lesens nicht mächtig waren, sollten bestimmte Zeichen für eine bestimmte Menge an Malzsäcken das Ausfüllen der Politten erleichtern, (fol. 129). Eigens zum Zweck der Überprüfung der Müller und ihrer Malzproduktion wurde sogar eine Eidesformel für die Müller erdacht: „Müller und deren Angeherigen Aid: Ich schwere zu Gott ainen Aid, das Ich allen den Jenigen was mir der Malzseckh halben fürgelesen worden, und ich zu genügen verstanden hab, alles getreuen Fleis aufrecht und erbar will nachkommen. Auch mich hier zu khainer gefehrde gebrauchen weder Mühe, Gönnst, Gaab, Fraindtschaft oder Veindschafft nit ansehen, Alß helff mir Got und seine Heiligen." (fol. 135). 466 BayHStA, KGL 1555, fol. 129. 4 Albrecht, Maximilian, S. 205. 14 Kummer

D. Die Landschaftsverordnung und die Organisation von Steuern

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händlern machten, die sich über den Aufschlag auf den bayerischen Wein beklagt e n , 4 6 8 während sie - wie die Ausführungen dieses Kapitels zeigen - Aufschlagseinnehmern oftmals die Stundungen von Aufschlägen ankreideten, nachdem sich fürstliche Räte über die schleppende Aufschlagseinnahme beschwert hatten. Diese Ambivalenz in ihren Äußerungen und ihren Aktionen ist charakteristisch für die bayerischen Landstände i m 17. Jahrhundert. Sie kennzeichnet auch die Kluft zwischen der Landschaftsverordnung, die i n den Jahren seit 1619 in Verhandlungen mit dem Fürsten stand, und den mit den Untertanen direkt in Kontakt stehenden landschaftlichen Beamten, wie den Steuer- und Aufschlagseinneh_

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mern. e) Der Neue Aufschlag von 1620 Der Neue Aufschlag aus dem Jahr 1 6 2 0 4 7 0 war von Maximilian in Abstimmung mit der Landschaft folgendermaßen festgesetzt worden: Jeder Eimer Wein - der Bayerische Wein war in diese Regelung nicht mit einbegriffen - der nach Bayern eingeführt, dort verkauft oder ausgeschenkt wurde, sollte mit 1 fl. Aufschlag zusätzlich belegt werden. Der Eimer Weinbranntwein sollte sogar mit 2 fl. Aufschlag zusätzlich belegt werden. 4 7 1 Diese Aufschläge sollten direkt an der Grenze eingenommen werden. Das heißt, bei der Einfuhr war der Aufschlag i m ersten Grenzort vom dort tätigen Grenzaufschläger sofort einzufordern. 4 7 2 468 BayHStA, KGL 1555, fol. 98. 469 Allerdings verspürte die so genannte Gesamtlandschaft, die Landsassen, die die Landschaftsverordnung für die Jahre zwischen den Landtagen speziell zur Wahrung und Vertretung landschaftlicher Interessen gegenüber dem Fürsten gewählt hatte, ebenfalls eine zunehmende Distanz zu den Münchner Verordneten, die für ihren Geschmack zu stark auf die Forderungen des Fürsten eingingen, ohne Zweifel, um ihre noch verbleibenden Mitspracherechte zu erhalten. Auf dem letzten altbayerischen Landtag von 1669 wurde diese Entwicklung deutlich, als eine Gruppe Adeliger gegen die Landschaftsverordnung protestierte, die ihrer Meinung nach eine für die landschaftlichen Gläubiger unvorteilhafte Regelung im Falle der Schuldenrückzahlung für Kriegsdarlehen durch den Landesherren in Kauf genommen hatte. Siehe zu dieser Thematik Schlögl, Absolutismus. 470 „1620 Memorial Etlicher Punkten wegen der Neuen Aufschlags Erhecherung Nemblichen von jedem Emer Wein ain gulden darüber man mit Frtl. loblichen Hofcamer zu tractieren und sich aida beschaids zueholen hat." BayHStA, KGL 1555, fol. 375-377. 471 „.. .daß auf jeden Eimer Wein, darinnen aber der Bayrisch Wein nit begriffen sein soll, auß was Landen sonsten er gleich sey, der herein in unsere Fürstenthumben geführt, verspeist oder außgeschenckt unnd verleutgebt wirdt über den hievorigen Auffschlag der 5. Schilling und 6. Maß noch ein Gulden geschlagen von iedem Emer Prantwein aber, der auch auß andern in unsere Landen herein gebracht wirdt zween Gulden bezahlt und von dem hierzu Verordneten auff beste Maß und weiß so es geseyn mag, neben dam andern bißher gewohnlichen erst oben bedeuten Auffschlag von allen Geist: und Weltlichen befreyten und unbefreyten (inmassen wir uns selbsten hierinnen mitleydenlich zuerscheinen gnedigst erklärt) eingefordert und getrewlichen verrechnet werden solle." BayHStA, KGL 1555, fol. 401. 472 BayHStA, KGL 1555, fol. 385.

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III. Teil: Die Landschaftsverwaltung und Landschaftsverordnung

Ein von den Landschaftsvertretern verfasstes Memorial erläuterte die Notwendigkeit des Neuen Aufschlags von 1620. Zunächst wurde die Erhöhung der Aufschlagstarife mit dem beinahe schon stereotyp zu nennenden Argument der „Landesnotdurft" begründet. Der Aufschlag diene dem Zweck der „beschutzung unsers geliebten Erb: und Vatterlandts". 473 Erwähnenswert sind aber vor allem die grundsätzlichen Überlegungen zur Aufschlagseinnahme, die die Landschaftsvertreter in ihrem Memorial vorbringen. Sie sind der Überzeugung, dass die Kommunikation zwischen landschaftlichen und fürstlichen Behörden verbessert werden müsse. Den Missständen im Aufschlagswesen sei nur beizukommen, wenn die Zusammenarbeit zwischen landschaftlichen Aufschlagsverordneten und Aufschlagseinnehmern sowie den lokalen fürstlichen Amtleuten verbessert werde. Fürstliche Räte und sogar Maximilian selbst beschäftigten sich eingehend mit dieser Stellungnahme der Landstände zum Aufschlagswesen, nahmen die Vorschläge ernst, hießen sie gut. Eine Umsetzung von Maßnahmen zur Verbesserung der Kommunikation zwischen landschaftlichen und fürstlichen „Behörden" wurde von Maximilian sogar persönlich voran gebracht. Maximilian ließ Briefe an fürstliche Amtleute in verschiedenen Landgerichten und auch an Hofmarksherren verfassen, in denen er sie dazu ermahnte, bei der Aufklärung und Prävention von Aufschlagsumgehungen tatkräftig mitzuwirken. Ein Beispiel dafür ist der Brief an den Inhaber der Herrschaft Miesbach, Graf von Maxlrain. Er wird von Maximilian dazu angehalten, die Befreiung Miesbachs vom Aufschlag zu überprüfen, die wirklich nur für die in Miesbach ansässigen Wirte etc. galt. Und er sollte genauestens darauf achten, ob nicht Miesbacher Wirte als Strohmänner für Weinhändler tätig waren, die sich dadurch den Aufschlag sparen wollten. 474 Weitere Fälle von Umgehungen der Aufschlagsregelungen, die von Maximilian angemahnt wurden, waren ζ. B. aus Freising bekannt, wo mehrere Bürger und Fuhrleute sich zusammengetan hatten und Wein am Neckar kauften, um diesen in Freising zu verkaufen, obwohl dort kein von der Obrigkeit legitimierter Weinmarkt existierte. Die Wirte aus der Umgebung allerdings kauften diesen Wein. Damit eine solche Umgehung des Weinaufschlags unterbunden werden konnte, sollte von den Grenzaufschlägern unbedingt darauf geachtet werden, dass die Weinfuhrleute für den Wein, den sie in Freising verkaufen wollten, schon an der Grenze den Aufschlag entrichtet hatten. 475 In der Grafschaft Haag und der Herrschaft Miesbach wurde für die von Schärding, Rosenheim und Mittenwald kommenden Weinlieferungen zwar schon der Aufschlag von 5 Schilling bezahlt, die Aufschläge auf die 6. Mass gemäss der 473

Die Verfasser sind Landschaftsvertreter. Namentlich sind es Gundacker von Tannberg, Christoph Schrenk, Friedrich Ligsalz und Hans Georg Herwarth. BayHStA, KGL 1555, fol. 379. 474 BayHStA, KGL 1555, fol. 387. 47 5 BayHStA, KGL 1555, fol. 375. 14*

D. Die Landschaftserordnung und die Organisation von Steuern

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neuen Regelung wurden jedoch versäumt einzunehmen. Im Gebiet der „Landgrenitz Scherding" sollen Mautner und andere „Oberkeiten" mit den Aufschlägern zusammenarbeiten, damit die „verprecher oder sonst saumbigen" unverzüglich bestraft werden. 476 Soweit einige Fälle, in denen Maximilian seine eigene Autorität in die Waagschale warf, um den Missständen abzuhelfen. Die Anregungen der Landschaftsvertreter wurden natürlich auch deshalb von Maximilian unterstützt, weil sie im Sinne seiner Finanzpolitik waren. Schließlich ist zu konstatieren, dass neben der erstrebten Zusammenarbeit und Kommunikationsverbesserung zwischen den für den Aufschlag zuständigen landschaftlichen Beamten und fürstlichen Stellen die Rolle der Grenzorte bei der Einnahme des Neuen Aufschlags von 1620 als besonders wichtig angesehen wurde. 477 Der Charakter des Aufschlags als eine Art Zoll wird durch diese neue Regelung von 1620 stärker unterstrichen als bei den vorherigen Aufschlagsregelungen, weil auch hier der Schwachpunkt des Systems der Aufschlagseinnahme gesehen wurde. Das oben dargestellte Memorial der Landschaftsverordnung lässt auch sehr deutlich erkennen, wie sehr sich dieselbe mit dem Fürsten und seinem System identifizierte und deshalb auch Verbesserungen für Missstände dieses Systems vorschlug. Wie auch schon bei der Steuereinnahme zu beobachten war, war allerdings die ausführende Ebene des landschaftlichen Steuer- und Aufschlagseinnahmeapparates nicht so leicht zur Identifikation mit dem Fürsten, dem „Staat", zu bewegen - aller Mahnungen und Strafandrohungen in Instruktionen zum Trotz.

f) Sitzungen der Aufschlagsverordneten Wie für die Steuereinnahme gab es auch für die Aufschlagseinnahme zuständige Aufschlagsverordnete, die sich regelmäßig trafen, um Probleme im Zusammenhang mit der Aufschlagseinnahme zu erörtern (ζ. B. Neubesetzung von Ämtern, Stundungen von Zahlungen, Beschwerden einzelner Wirte, Korrespondenz mit den verschiedenen Aufschlagsämtern etc.). Als Gremium der Landschaftsverordnung trafen sie selbständig Entscheidungen zum jeweiligen Problem 4 7 8 476 BayHStA, KGL 1555, fol. 376. 477 So wurden ζ. B. die Landrichter der Grafschaft Haag und der Landrichter und der Mautner von Schärding ermahnt, im Hinblick auf die Erhebung des Neuen Aufschlags besondere Sorgfalt obwalten zu lassen. BayHStA, KGL 1555, fol. 388-390. 478 Die Protokolle der Sitzungen der Aufschlags verordneten befinden sich im Bayerischen Hauptstaatsarchiv, Bestand Altbayerische Landschaft Literalien 1570. Es handelt sich hier um einen Band, der den Zeitraum von 1612-1615 abdeckt. In diesen Jahren waren als Verordnete zum Aufschlag berufen: Leonhard Abt zu Schäftlarn, Eustachius von Törring, Heinrich von Gumppenberg und Christoph Schrenk. Die Protokolle der Sitzungen von 1616-1624 finden sich im selben Bestand ALL 1573. Die Verordneten in diesen Jahren waren Leonhard Abt zu Schäftlarn, Ladislaus von Törring, Gundacker von Tannberg, Christoph Schrenk und der Landschaftskanzler Herwarth.

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III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung

Entschieden wurde beispielsweise über die Absetzung eines Visierers, mit dessen Arbeit die Schärdinger Aufschlagseinnehmer nicht zufrieden waren. Die Verordneten setzen ein Schreiben auf, in dem sie die Schärdinger baten, einen neuen Visierer vorzuschlagen. 479 Einem Rat in Murnau ging ein Schreiben zu, in dem die von ihm erbetene Befreiung zweier Wagenladungen Wein nicht gestattet wird. 4 8 0 Besprochen wurde auch ein Schreiben der Aufschlagseinnehmer in Ingolstadt, die anfragten, wie sie mit einem Weinfuhrmann verfahren sollten, der heimlich die Grenze passiert hatte, keinen Aufschlag für seine Ware gezahlt und in Landshut zwei Maß Wein zum Verkauf angeboten hatte, ebenfalls wieder ohne den Aufschlag entrichtet zu haben. 481 Ermahnungen von Aufschlagseinnehmern, Abstrafungen von Branntweinschmugglern, von Schmugglern insgesamt sind andere häufige Themen solcher Sitzungen.482 Weiteres wichtiges und oft besprochenes Thema der Sitzungen der Aufschlagsverordneten waren die Stundungen der Aufschlagszahlungen. Das Problem bestand darin, dass sie vom Aufschlagseinnehmer gewährt wurden und erst im Nachhinein von den Aufschlagsverordneten gebilligt werden konnten oder auch nicht. Im letzteren Fall war die eingenommene Aufschlagssumme des jeweiligen Einnehmers geringer als sonst und die Erfahrung lehrte die Verordneten, dass ein gestundeter Aufschlag meistens auch im darauffolgenden Jahr nicht nachgezahlt wurde. Deshalb dachte man in der Verordnung darüber nach, Aufschlagseinnehmern, die eine Stundung genehmigt hatten, in Fällen, die sie als Verordnung selber nicht bewilligt hatten, die Besoldung um den entsprechenden Betrag zu kürzen. 483

479 „Den Aufschiegern zu Scherding zuschreiben weilen Wilhelm Zäch Visierer sich nit gebürlich und vleissig verhält, sollen sie an dessen statt einen andern fürschlagen." BayHStA, ALL 1570, fol. 4. 480 „Ainem Rath zu Murnau zuschreiben, daß sy mit Irem begern, wegen befreyung deß Aufschlages von 2 wagenschwer Wein so sy jerlich bei Irer MarktsCamer ausschenken, wie auch mit der 2 Mass Pier von Jeder Sud abgewisen sein sollen ..." BayHStA, ALL 1570, fol. 5. 481 „Der Landgreniz Aufschleger zu Inglstatt begen Georg Habermairs Weinfurmanns von Veldkirchen haimblichen auß dem Land schlaichung ohne bezalung deß Aufschlags unnd das er zu Landshut 2 Maß Wein abgestossen, welche aida hernach verkhaufft, sy aber deß Aufschlags auf Ir begern nit bezalt worden den Herren Verordneten des Unterlands umb Ir erfahrung erleutterung und gutachten zuzesendten" BayHStA, ALL 1570, fol. 23. 482 „Die Aufschleger zu Fridtberg sollen Michael Gäulen (?) Pranntweintrager von Pruggen (?) wegen seines fürsezlichen Aufschlags abtrags vermög Instruction abstraffen und also er abgewisen sein." BayHStA, ALL 1570, fol. 23; „Den Aufschiegern zu Fridtberg auf Iren bericht zu schreiben, mann welle Hansen Prechler (?) burger in Augspurg, wegen daß wider Verbott am Lech abgeladenen Vas Wein mit Inen abkhomen lassen, Er solde billich wissen, wann er diser Landen handien will, das er das halte was darin gebreuchig seye." BayHStA, ALL 1570, fol. 23; „Ainem Rath zu Wolfrazhausen zuschreiben, das gläublich fürkhomen sy geen mit den Aufschlag Sachen nit recht unnd treulich um, bedenkhen Ire Aufschleger Pflicht nit, sollen dise besser bedenkhen und in obacht nemen, unnd zu anderen einsechen nit ursach geben, man werde deßweg ein Visitation fürnemmen, auch nach befürderung der sach exempla statuirn." BayHStA, ALL 1570, fol. 25.

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Alle Aufschlagsämter des Oberlandes wurden daraufhin überprüft, ob sie Stundungen zugelassen hatten. Zudem wurde strengstens geprüft, wie hoch die Einnahmen aus den Aufschlägen waren und wie hoch in Relation dazu die Besoldungen der Aufschläger und Gegenschreiber waren. 484 Allerdings muss man der Objektivität halber hinzufügen, dass die Landschaftsverordneten sich menschlichen Argumenten nicht gänzlich verschlossen. So streng sie sonst auf die Einnahme des Aufschlags achteten, so nachsichtig waren sie, wenn es um menschliche Katastrophen ging. 485

g) Zusammenfassung Die Darstellung der Organisation der Aufschlagseinnahme und den großen Anteil, den die Landstände an ihr hatten, ist maßgeblicher Beweis für die Stellung der Landstände im Bereich der damals so wichtigen Finanzpolitik Maximilians. Die eigenständige Organisation, angefangen von der Landschaftsverordnung, die die Aufschlagsbeamten wählte und Probleme im Zusammenhang mit der Aufschlagseinnahme erörterte und entschied, bis hin zum Aufschlagseinnehmer, den Schreibern, Pflegern und Amtleuten, lag voll und ganz in der Hand der Landschaftsverordnung. Aufgrund der finanziell herausgehobenen Bedeutung des Aufschlags, der teilweise die Einnahmen der Land- und Standsteuer erheblich überschritt, wurde von der Seite des Fürsten ein besonderes Augenmerk auf die Organisation der Einnahme dieser indirekten Steuer gelegt. Dies führte zu einigen Irritationen zwischen dem Fürsten und seinen Räten auf der einen Seite und den Landständen auf der anderen Seite. Denn der Fürst und seine Räte forderten genaue Berichte über Missstände bei der Aufschlagseinnahme und vor allem Erfolgsmeldungen über die Abstellung dieser Missstände, da diese 483 „Den 24. September Anno 1612 hat man mit aufnemmung der Unter Einnamen Aufschlags Rechnung ain Anfang gemacht und nachvolgend bschaid den aufschlegern gegeben, Herr Schrenk proponiert, das auf Ir. fr. Drtl. gdiste erinnerung wegen denen Porgschafften genuegsames Examen bei den Aufschlegern anzustellen seye und dann wegen der Außgaben und besoldung thuenliche restriction vorzunemen. Derowegen solle die Porgschafft verschreibungen so sy vorhanden in original auferlegt und fürgewisen werden, die so nit vorhanden zu sollicitieren, und wegen merung oder münderung der besoldung in pleno davon zereden, und zu resolviem, yezt auß ursach mit besserungen nit zu tractiern." BayHStA, ALL 1570, fol. 28. 484

Zum Beispiel wurde in Neustadt dem Aufschläger die Besoldung von 100 fl. auf 80 fl. heruntergesetzt. Der Gegenschreiber musste sogar eine Halbierung seiner Einnahmen von 80 fl. auf 40 fl. hinnehmen. Begründet wurden diese Maßnahmen damit, dass die Einnahmen aus dem Aufschlag in Neustadt seit etlichen Jahren zurückgegangen waren. BayHStA, ALL 1570, fol. 30. 485 „Hanns Huber Gastgeb zu Wolferzhausen ist sein Vas Wein zerstossen worden, und der Floßman ertrunkhen. Ime auß ... fürgebrachter ursach den Aufschlag nachzusehen." oder: „Casspar Lohner von Rosenhaim . . . , wegen deß Vassl Weins so ime verdorben, solle man In deß Aufschlags erlassen." BayHStA, ALL 1570, fol. 38/40.

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III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung

letztlich einen Einnahmeausfall bedeuteten. Die Landstände hingegen reagierten empfindlich auf die Überprüfungsversuche von Seiten des Fürsten und fühlten sich in ihrem privilegierten und von fürstlicher Oberhoheit an sich befreiten Bereich eingeengt. Schon die Forderung nach Überprüfung der Aufschlagsgenerale durch fürstliche Räte und die Hofkammer, stellte in der Tat einen Eingriff in die Rechte der Landstände dar. Die Aufschlagsgenerale, die von den Landständen für die landständischen Aufschlagseinnehmer verfasst wurden und Anweisungen und Ermahnungen enthielten, gehörten in den Bereich der Eigenständigkeit der Landstände bei der Organisation der Aufschlagseinnahme. Die empfindlichen Reaktionen der Landstände auf Überprüfungen ihrer Tätigkeit, die auch schon bei Konflikten um die (Land- und Stand-)Steuereinnahme zu beobachten waren, bargen aber auch noch eine das Kräfteverhältnis innerhalb der Landschaft erhellende Komponente, nämlich die wachsende Kluft zwischen den landschaftlichen Vertretern der Verordnung, die zumeist von München aus ihre Entscheidungen trafen, und den vor Ort tätigen landschaftlichen Beamten, die diese Entscheidungen gegen die realen Verhältnisse durchsetzen mussten. Diese Kluft brachte eine zunehmende Schwäche der Gesamtlandschaft mit sich, die dem Fürsten nicht unverborgen blieb. Gemeinsam mit seinen Räten versuchte er diesen Prozess zu fördern, indem er Druck auf die Verordnung ausübte. Dieser Erfolgsdruck beispielsweise im Hinblick auf die Abstellung der Missstände bei der Aufschlagseinnahme brachte die Verordnung in eine defensive Position. Dies führte dazu, dass die Verordnung den Druck an die lokalen landständischen Beamten weitergab, was natürlich zur Entfremdung der Verordnung und der landständischen Beamten führte. Schließlich fühlten sich die Verordneten der Landstände in München dazu veranlasst, dem Fürsten den Vorschlag zu unterbreiten, die Kommunikation zwischen landständischen und fürstlichen „Beamten" besser zu koordinieren, mithin die Amtleute des Fürsten in bestimmten Problemgebieten stärker in den Prozess der Aufschlagseinnahme einzubinden, um Missstände wirksamer bekämpfen zu können - so vorgeschlagen im oben beschriebenen Memorial zum Neuen Aufschlag von 1620. Einerseits zeigt sich hier die Problematik der lückenlosen Einnahme des Aufschlags, andererseits aber ist dieser Vorschlag auch ein gewisses Schwächeeingeständnis der Landstände in Bezug auf ihre eigenständige Organisation der Aufschlagseinnahme. Das Kapitel über die Einnahme des Aufschlags zeigt insgesamt betrachtet also nicht nur die Probleme zwischen der fürstlichen Seite und den Landständen, sondern auch - und dies ist vielleicht bedeutender - die Entfremdung zwischen Landschaftsverordnung und landschaftlicher Verwaltungsebene.

D. Die Landschaftsverordnung und die Organisation von Steuern

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3. Konflikte mit dem Fürsten um Offenlegung der landschaftlichen Finanzen und Besoldung der landschaftlichen Beamten Wie im vorhergehenden Kapitel schon klar zu Tage trat, waren die Finanzen, die optimale Ausschöpfung aller finanziellen Ressourcen Bayerns, die der Konsolidierung des Staatshaushalts und der Ansammlung eines „Staatsschatzes" dienen sollte, die vorherrschenden Ziele Maximilians' Politik und prägend für sein Verhältnis zu den Landständen. In diesen Bereich gehörten selbstverständlich auch Diskussionen über Besoldungen der für den Fürsten oder auch für die Landschaft tätigen „Beamten". Die Besoldungen der landschaftlichen Beamten, die aus dem landschaftlichen Vorrat bestritten wurden, waren dabei für Maximilian von größtem Interesse, zumal die Landstände auf Anfragen nach der Höhe der Besoldungen immer sehr zurückhaltend reagierten. Maximilian empfand dies vor allem in der finanziell angespannten Zeit der 1630er Jahre als unzumutbar und forderte die Landstände wiederholt auf, vor allem die Besoldungen der Verordneten offen zu legen. Auch die Rechnungslegung, d. h. der Prozess der Erstellung der jährlichen Steuerhauptrechnung, wünschte sich der Fürst transparenter. In diesen Forderungen kann man ein starkes Misstrauen gegenüber den Ständen sehen. Auch die Testamente Maximilians zeugen von diesem Misstrauen gegenüber den Landständen. Besonders das zuletzt verfasste Testament, die „Eigenhändige Geheime Instruktion" für seinen Sohn und Nachfolger Ferdinand Maria, warnt regelrecht vor den Landständen, die beständig darauf aus seien, ihre Privilegien nicht nur zu erhalten, sondern auf Kosten der Souveränität des Fürsten auszubauen. Sie seien aber ebenso wie der Fürst nur dem Wohle des Landes verpflichtet und lediglich Verwalter der eingenommenen Steuer- und Aufschlagsgelder. Deshalb sei der Fürst dazu berechtigt, wenn er das Wohl des Landes gefährdet sah, über die Privilegien der Landstände hinwegzugehen.486 Nicht vergessen sollte man bei der Beurteilung dieser Zeilen, dass dieses Misstrauen gegenüber den Landständen auch eine vorgeschobene Rechtfertigung Maximilians war, um in den Privilegienbereich der Landstände einzudringen, deren Eigenständigkeit bei der Steuer- und Aufschlagserhebung und der Verwaltung der eingenommenen Gelder das ehrgeizige Bestreben Maximilians, über alle die Finanzen des Landes betreffenden Aktionen und Transaktionen genauestens informiert zu sein, verhinderten. Die Forderung des Landesfürsten nach Offenlegung der Besoldungen und der Rechnungslegung mussten die Landstände als Angriff auf ihre Eigenständigkeit in diesem Bereich sehen. Sie stellte natürlich auch eine Machtprobe dar, die schließlich Maximilian gewann. Die Weigerung der Landstände empfand Maximilian als Affront. Abgesehen also vom Aspekt des totalen Überblicks über alle das Land betreffende Finanzen ging es Maximilian in dieser Frage auch um die Wahrung 486 Zitiert bei Albrecht, Maximilian, S. 361.

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III. Teil: Die Landschaftserwaltung und Landschaftserordnung

seiner fürstlichen Souveränität. Schließlich gaben die Landstände nach. Die Besoldung der landständischen Beamten wurde dem Fürsten in einem schriftlichen Dokument offengelegt. 487 Ein landschaftlicher Rechenaufnehmer erhielt jährlich 500 fl., zusammen wurde also für die insgesamt vier Rechenaufnehmer 2000 fl. ausgegeben. Jeder zum Vorrat oder Aufschlag Verordnete erhielt 400 fl. Für diese 16 Verordneten und den Landschaftskanzler ergab dies eine Summe von 6800 fl. im Jahr. Jeder Verordnete, der für den Vorrat und Aufschlag gleichzeitig zuständig war, erhielt im Übrigen 800 fl. Die landschaftlichen Kommissare erhielten 800 fl., zusammen ergibt dies für vier Kommissare 3200 fl. im Jahr. Der Landschaftskanzler Johann Georg von Herwarth erhielt 1090 fl. pro Jahr. Sein Sohn Hans Georg, der ihm seit 1612 zur Seite stand, erhielt jährlich 300 fl. Für die Landschaftsverordnung, die Rechenaufnehmer, die Kommissare und den Landschaftskanzler, die die Vertretung der Landstände zwischen den Landtagen darstellten, musste eine Summe von ca. 13400 fl. für jährliche Besoldungen aufgebracht werden. Der Landschaftssekretär des Unterlandes, der Sekretär für den Vorrat und für den Aufschlag erhielten je 200 fl. Die Schreiber je 50 fl. Da es neun Schreiber gab, ergab dies zusammen 450 fl. Der Aufschlagssekretär des Oberlandes erhielt 250 fl. Ein Vorratssekretär des Oberlandes erhielt 215 fl., der zweite erhielt 100 fl. Dies ergab zusammen die Summe von 1615 fl. im Jahr. Für die Besoldungen der Rechenaufnehmer, Kommissare, Ober- und Unterlandsverordneten, zum Vorrat und Aufschlag Verordneten samt dem Landschaftskanzler und den einzelnen Sekretären und Kanzlisten ergibt sich eine jährliche Gesamtsumme an Besoldungen von ca. 15000 fl. Es folgen die Sitzungsgelder, die einem Verordneten pro Verhandlungstag gezahlt wurden. Sie beliefen sich auf 4 fl. Für die Aufschlagsverordneten des Oberlandes können daher für die Erarbeitung der Aufschlagshauptrechnung, die auf 14 Tage angesetzt wird, samt den Deputaten für den Rechenaufnehmer und den Landschaftskanzler sowie dem Aufschlagssekretär alles in allem 420 fl. an Sitzungsgeldern veranschlagt werden. Für die Erarbeitung der Aufschlagshauptrechnung des Unterlandes, für die 12 Tage eingeplant wurden, können 320 fl. veranschlagt werden. Die jährlich zu erstellende Steuerhauptrechnung oder Generalrechnung, die durch die acht Oberlands- und die acht Unterlandsverordneten, die Rechenaufnehmer, den Landschaftskanzler und den Aufschlagssekretär in durchschnittlich 11 Tagen in München erarbeitet wurde, kostete die Landschaft 602 fl. allein an Sitzungsgeldern. Die acht Unterlandsverordneten erhielten dabei zusätzlich zu ihren Deputaten auch noch das Reisegeld erstattet, wodurch der Landschaft noch einmal 487

BayHStA, ALU 1612 IV 14 I. Besiegelt ist dieses Schriftstück von den vier Landschaftsbeamten Leonhard Abt zu Schäftlarn, Gundacker von Tannberg, Alexander von Haslang und Christoph Schrenk.

D. Die Landschaftserordnung und die Organisation von Steuern

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552 fl. an Kosten entstanden. Auch den Rechenaufnehmern wurde ihr Reisegeld erstattet. Die Höhe der Kosten belief sich hier auf 160 fl. Die Kosten für die Erstellung der Steuerhauptrechnung beliefen sich also insgesamt auf 2474 fl. Für die „täglichen Verrichtungen" das ganze Jahr hindurch, d. h. für die regelmäßigen Sitzungen der Vorrats- und Aufschlagsverordneten wurden den anwesenden Verordneten samt den anwesenden Rechenaufnehmern und den Vorrats- bzw. Aufschlagssekretären Sitzungsgelder in einer Höhe von insgesamt 4350 fl. gezahlt. Als Sparmassnahme sah die Landschaft eine Regelung vor, die festlegte, dass nicht anwesende Verordnete auch kein Geld erhalten und dass die anwesenden Verordneten wirklich nur für die täglichen Beratungen ihre Deputate erhalten. Was die Reisekosten betraf, wurde denjenigen, die eine weitere Anreise hatten vom Tag ihrer Abreise aus ihrem Heimatort bis zur Rückkehr 4 fl. pro Tag erstattet. Diejenigen, die ohnehin in München und näherer Umgebung wohnten, erhielten nur für die Zeit der Verhandlungstage 4 fl. pro Tag. In diesem Zusammenhang gab es eine weitere Sparmassnahme: Verordnete, die in einer so beträchtlichen Entfernung von München wohnten, dass ihre Reisegelder enorme Summen verschlingen würden, sollten nur so selten wie nötig nach München zitiert werden und dann auch nur für die Zeit, die unbedingt notwendig wäre. Um den Missbrauch von Tage- und Reisegeldern und generell von Sitzungsgeldern zu verhindern, wurden die Rechenaufnehmer angewiesen, die ihnen erkennbaren Missbräuche bei der Endabnahme der verschiedenen Rechnungen, die ihnen vorgelegt wurden, zu vermerken und die Rechnung zunächst nicht zu genehmigen. Die jährlichen Kosten der Landschafts Verordnung können aufgrund der vorher aufgelisteten Besoldungen, Sitzungs- und Reisegelder auf ca. 37000 fl. beziffert werden. Im Vergleich zu den fürstlichen Beamten nehmen sich die Besoldungen der landständischen Beamten jedoch relativ bescheiden aus. Die Hofräte der Ritterund Gelehrtenbank beispielsweise erhielten an Besoldung pro Jahr zwischen 500 fl. und 1000 fl. Der Hofratspräsident allein erhielt 3000 fl. jährlich. 488 Die Besoldungen der Hofkammerräte, deren Tätigkeitsbereich in etwa dem der Landschaftsverordnung vergleichbar war, bewegten sich in einer Höhe von 600 fl. bis 900 fl. pro Jahr, der Hofkammerpräsident erhielt 1700 fl. jährliche Besoldung. Bei 15 Hofkammerräten plus dem Hofkammerpräsidenten machte dies eine jährliche Besoldungssumme zwischen 10750 fl. und 15200 fl. aus. Angesichts der Tatsache, dass es sich hier um die Besoldungssumme für die Beamten von nur einer von mehreren Zentralbehörden handelte, kann man erkennen, dass die Gesamtsumme an Besoldungen für die fürstlichen Beamten um einiges höher lag als im landständischen Bereich. Dies beweist, dass Maximilian aus Kontroll- und Machtgründen an der Offenlegung der Besoldungen für den landständischen Verwaltungsapparat interessiert war. 488 Heydenreuter,

Hofrat, S. 86; siehe auch Stieve, Briefe Band 6, S. 2.

IV. Teil

Schlussbemerkung

Bestimmend für das Verhältnis Maximilians zu den bayerischen Landständen war seine Finanzreform, deren Kernpunkt neben der Steigerung der Domanialerträge und der Sparsamkeit bei den Ausgaben vor allem die Erhöhung der Steuern und die regelmäßige Steuerleistung der Untertanen und Stände darstellte. Da Maximilian bei Entscheidungen über Steuern die Bewilligung der Landstände einholen musste, die ihm zudem - wie die beiden einzigen Landtage von 1605 und 1612 zeigen - in diesen Fragen großen Widerstand entgegenbrachten, musste ihn dies zwangsläufig in einen großen Gegensatz zu den Landständen bringen. Folglich versuchte er, die umständliche Entscheidungs- und Beratungsstruktur der Landtage zu umgehen und brachte seine Steuerforderungen nur noch in Postulatshandlungen vor, auf denen er dem kleineren und besser handhabbaren ständischen Gremium der Landschaftsverordneten gegenüber stand. Begünstigt durch die Ausnahmesituation des Krieges setzte Maximilian die meisten seiner Steuerforderungen durch und belastete dadurch die Bevölkerung Bayerns in einem bis dahin ungekannten Maß. Zusätzlich versuchte er die Einnahme der indirekten Steuern, vor allem der Aufschläge, deren Erträge teilweise weit über denen der direkten Steuern lagen, den Händen der Stände zu entreißen, was ihm allerdings nicht gelang. Wohl erreichte er aber, dass der Aufschlag zu einer ständigen Staatseinnahme wurde, was dem ursprünglichen Charakter dieser Abgabe (zeit- und zweckgebunden) keineswegs entsprach. Abgesehen von den finanzpolitischen Zielen gab es noch zwei weitere prinzipielle Gesichtspunkte, die Maximilians Verhältnis zu den Landständen und damit die Stellung der Landstände und ihre Einflussmöglichkeiten bestimmten. Der erste Gesichtspunkt betraf seine fürstliche Souveränität, über deren uneingeschränkte Anerkennung durch die Landstände Maximilian strengstens wachte. Mit dem ständigen Hinweis auf seine Leistungen für Bayern unterstrich er den Anspruch auf die Stellung des alleinigen Souveräns. Der zweite Gesichtspunkt betraf die Beförderung des Staatswohls, die seiner Meinung nach seine hohen finanziellen Forderungen an die Landstände und auch die Nichtbeachtung landständischer Privilegien legitimierte. Andererseits lag es keineswegs im Interesse Maximilians, die Landstände völlig zu beseitigen. Er akzeptierte auf pragmatische Art ihre Existenz und machte sie

IV. Teil: Schlussbemerkung

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sich zu Nutze, insbesondere für die Steuer- und Aufschlagseinnahme. Das in diesem Zusammenhang stehende Bewilligungsrecht für Steuern und Aufschläge erkannte er zwar aus Tradition an - immerhin holte er, abgesehen von der Ausnahme 1634, bis zu seinem Tod in den Postulatshandlungen immer wieder die Zustimmung der Stände zu Steuern und Aufschlägen ein - , versuchte jedoch dieses durch bestimmtes Auftreten in den Verhandlungen sowie durch geschickte Verhandlungsführung und auch durch Druck, den er auf die Landschaftsverordnung ausübte, so weit wie möglich zu unterlaufen. Dies gelang ihm zweifelsohne schon von der ersten Landtagshandlung an. Die Ergebnisse der Landtags- und Postulatshandlungen sind auch meist ausschlaggebend für das Urteil derjenigen gewesen, die von einer Entmachtung der Landstände unter Maximilian sprechen. Denn die Landstände stellten sich in Verhandlungen mit Maximilian keineswegs als starke, einheitliche, politische Gruppierung dar, die die Interessen des Landes und der Untertanen vertreten wollte. Vielmehr zeigten sie sich als schwankend. Einerseits suchten sie die Kooperation mit einem Fürsten, der Bayern unzweifelhaft in eine herausgehobene Position im Reich bringen wollte und diese ζ. B. durch den Erhalt der Kurwürde schließlich auch erringen konnte, andererseits verteidigten sie beharrlich ihre althergebrachten Privilegien und brachten Maximilian großen Widerstand entgegen. Bei der Frage der Entmachtung der Landstände durch Maximilian muss aber dennoch differenziert werden. Das Privileg der Steuerbewilligung auf Landtagen und Postulatshandlungen wurde wohl durch Maximilian mehrfach umgangen bzw. ignoriert. Was jedoch die damit verbundenen Rechte der Steuer- und Aufschlagseinsammlung und Verwaltung dieser Gelder anbelangt, so kann man hier konstatieren, dass diese Privilegien in den Händen der Landstände verblieben. Von einer Entmachtung der Landstände unter Maximilian kann daher nicht gesprochen werden. Wohl aber von einer entscheidenden Schwächung. Interessant sind die Ergebnisse der Betrachtung der inneren Struktur der Landstände. Die Landschaftsverordnung entwickelte sich zur festen Größe in den Verhandlungen mit Maximilian und seinen Räten. Sie hatte sich zu einem effektiven Gremium entwickelt, das die Organisation der Steuereinnahme und -Verwaltung sicher im Griff hatte. Die Arbeit der Landschaftsverordnung und der Steuereinnehmer war unverzichtbar für Maximilian. Ein Problem stellte jedoch die Entfremdung der Landschaftsverordnung von der Gesamtlandschaft dar. Durch die intensiven Kontakte der Verordneten der Landschaft mit den fürstlichen Räten und Maximilian selber, war eine Ebene des Verständnisses und auch der Abhängigkeit zwischen diesen beiden Gruppen gewachsen, die die Stände im Land mit zunehmendem Misstrauen beobachteten. Diese beiden Komponenten, die Verfestigung der eigenständigen landständischen Steuereinnahme und -Verwaltung sowie der wachsende Stellenwert der Landschaftsverordnung und die damit beginnende Entfremdung von der Gesamtlandschaft, kennzeichnet die bayerischen Landstände des 17. Jahrhunderts.

Teil

Verzeichnis der Landschaftsverordneten bis 1619 Vorbemerkung: Quellen für diesen Teil sind vorwiegend Ferchl, Georg, Bayerische Behörden und Beamte 1550-1804, 2 Bände und Register, OA 53 (1908-1912/25), wobei Band 1 als Ferchl I, Band 2 als Ferchl I I zitiert wird; Heydenreuter, Reinhard, Der landesherrliche Hofrat unter Herzog und Kurfürst Maximilian I. von Bayern (1598-1651), München 1981 sowie der Bestand Personenselekt und der Bestand Heroldenamt im Bayerischen Hauptstaatsarchiv. Die landschaftlichen Dienste sind nur bis 1619, d. h. bis zum Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges, berücksichtigt - analog zur Verordnetenliste im Anhang. Wolf Friedrich von Closen Verheiratet mit Barbara, geb. Nothafft. Geschwister: Hans Urban, Maria Magdalena, Maria Policiana, Hans Alban. Kinder: Wolf Sigmund von Closen, war 1626-1635 (sein Todesjahr) Pfleger von Neustadt an der Donau, Kämmerer, Erblandmarschall in Niederbayern, Steuerherr des Ingolstädter Gezirks; Eleonora, die 1614 Wolf Wilhelm Lösch heiratete. Landschaftliche Dienste: Verordneter des Großen Ausschusses auf dem Landtag von 1605; Vorratsverordneter 1606, 1607, 1612; Rechenaufnehmer 1611, 1613-1616; Verordneter zum Landrecht 1612; Verordneter zum Polizeiwesen 1615, 1616. (Quelle: BayHStA, Personenselekt, Cart. 48/1 Closen; BayHStA, ALL 1683-1694; Ferchl I, S. 741).

Georg Christoph von Closen Gest. 1647. 1597 Heirat mit Anna Euphrosina, geb. von Gumppenberg, die 1638 starb. Anna Euphrosina war die Tochter Stephans von Gumppenbergs und damit die Nichte Heinrichs von Gumppenberg. Vater: Johann Jacob. Kinder: Johann Jacob, der 1637 Elisabeth Barbara Lösch heiratete, die Tochter von Eleonora Closen und Wolf Wilhelm Lösch; Anna Margareta, war Nonne im Benediktinerkloster Frauenchiemsee. Fürstliche Dienste: Kämmerer. Landschaftliche Dienste: Verordneter zum Polizeiwesen 1608; Verordneter zum Landrecht

1612. Ab 1621 Regimentsrat in Landshut. (Quelle: Ferchl I, S. 635; BayHStA, Personenselekt, Cart. 48/1 Closen; BayHStA, ALL 1683-1694; BayHStA, Heroldenamt Band 10, fol. 274 und Band 16, fol. 167).

Heinrich von Gumppenberg (auf Pöttmes, zu Neuen Burgstall, Fornbach und Prettenau) Gest. 1620 (?). Verheiratet mit Maria Sabina, geb. von Seyboltsdorff, die schon 1599 stirbt und ihrem Ehemann neun „unerzogene" Kinder hinterlässt.

V. Teil: Verzeichnis der Landschaftsverordneten bis 1619

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Vater: Jörg, Pfleger in Kranzberg. Brüder: Stephan, Geheimer Rat, Kämmerer und Pfleger in Rain; Johann Ludwig und Albrecht. Fürstliche Dienste: Kämmerer, Erbmarschall in Oberbayern. Landschaftliche 1610.

Dienste: Vorrats verordneter 1606-1619; Verordneter zum Kriegswesen

(Quelle: Ferchl I, S. 428, 429; BayHStA, Personenselekt, Cart. 114 und 115 Gumppenberg; BayHStA, ALL 1683-1694).

Georg von Gumppenberg Gest. 1682 (?). Neffe von Heinrich. Vater: Johann Ludwig. Mutter: Maria Elisabeth, geb. von Seyboltsdorff. Landschaftliche Dienste: Landesdefensionsrat 1616, 1617-1619. (Quelle: BayHStA, Personenselekt Cart. 114 Gumppenberg).

Alexander von Haslang (zu Haslangkreut, Großhausen und Ried) Gest. 24. 11. 1620 im böhmischen Krieg. Vater: Rudolph von Haslang, Vitztum in Landshut. Brüder: Heinrich, starb 1606, war Kämmerer, Hofrat und Kommissar der Landschaft; Georg. Kinder: Georg Rudolph, erhielt 1619 eine Ratsstelle am fürstlichen Hof in München und wurde per Dekret Maximilians vom 20. 2. 1622 Mundschenk, 1635 Kommandant der bayerischen Truppen, 1643 Hof(erb)marschall, heiratete 1629 seine Cousine Anna Maria von Haslang; Johann Heinrich, der 1629 Maria Euphemia von Maxlrain, geb. Nothafft, heiratete. Fürstliche Dienste: Kämmerer (Aufnahme durch Dekret Maximilians vom 18. 12. 1606; Besoldung 500 fl.); Erbhofmeister in Ober- und Niederbayern; fürstlicher Rat; Obrist der katholischen Liga; „Leibgu ardi hauptmann"; Generalwachtmeister über die Reiterei, seit 1606 „Generalcommissarius" (d. h. Beauftragter) für das Landesdefensionswesen. Landschaftliche Dienste: Vorratsverordneter 1611, 1612; Landesdefensionsrat 1612, 1616-1619; landschaftlicher Verordneter zur Reform des Polizeiwesens 1616. 1594-1620 Pfleger in Abensberg (Dekret Maximilians von 20. 3. 1595); 1603 erhielt er per Dekret Maximilians vom 27. 9. 1603 die Expektanz für die Pflegen Abensberg und Altmannstein für seine Söhne. (Quellen: Ferchl I, S. 7/8; BayHStA Personenselekt Cart. 125 Haslang; BayHStA, ALL 1683-1694).

Georg Rudolph von Haslang (zu Haslangkreut, Großhausen und Ried) Gest. 1677. Verheiratet mit Anna Barbara, Tochter Heinrichs von Haslang (Hofrat in München). Vater: Alexander von Haslang. Geschwister: Johann Heinrich. Fürstliche Dienste: Kämmerer, Erbhofmeister in Ober- und Niederbayern, Obrist zu Fuß. 1636-1676 Pfleger in Abensberg; Mutter und Geschwister nahmen an der Pflegsnutzung teil; Georg Rudolph wurde erst 1646 alleiniger Pfleger, 1660 musste er von Abensberg wegziehen, nachdem er schon 1655 dem Pflegskommissar Guggemoos Pflegsschloss und Amtierung hatte gewähren müssen, behielt ab 1660 nur noch den Titel Pfleger, 1663

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V. Teil: Verzeichnis der Landschaftsverordneten bis 1619

erhielt er die Expektanz auf die Pflege für seinen ältesten Sohn Hans Nikolaus, dem sie 1676 gewährt wurde. (Quelle: Ferchl I, S. 7/8; BayHStA Personenselekt, Cart. 125 Haslang; BayHStA, Heroldenamt Band 11, fol. 327).

Hans Conrad von Herwarth (auf Hohenburg, zu Deutenhofen, Winden und Possenhofen) Verheiratet mit Maria Ursula, geb. von Weiller. Landschaftliche Dienste: Verordneter des Großen Ausschusses auf dem Landtag von 1605; Verordneter zum Polizeiwesen 1615. 1636-1656 Regimentsrat in Landshut. 1654-1656 Kastner in Landshut. 1656-1669 Rentmeister in Landshut. (Quelle: Ferchl I, S. 502, 515; BayHStA, ALL 1683-1694).

Wolf Dietrich Hundt (von Lauterbach, Falkenstein und Mooseck) Gest. 1610. Verheiratet mit Regina, geb. von Perwang, die 1621 starb. Kinder: Wolf Wilhelm, Wolf Ferdinand, Anna Margaretha, die Sigmund von Seyboltsdorff heiratet. Fürstliche Dienste: Kämmerer, fürstlicher Rat (1570 und (bis?)1580). Landschaftliche Dienste: Verordneter des Großen Ausschusses auf dem Landtag von 1605; Vorrats verordneter 1606-1610; landschaftlicher Verordneter zur Reform des Polizeiwesens 1606, 1608. Bis 1593 Pfleger in Kling. 1593-1610 Pfleger in Rosenheim, erhielt 1595 für seinen Sohn Wolf Wilhelm die Anwartschaft auf die Pflege Rosenheim, der diese von 1610-1616 inne hatte. (Quelle: Ferchl I, S. 884; Ferchl II, S. 1322; BayHStA, Personenselekt, Cart. 155/11 Hundt; BayHStA, ALL 1683-1694).

Friedrich Ligsalz (zu Ascholding, Freißhausen und Pellheim) Gest. 16. 7. 1638. Verheiratet mit Anna Maria, geb. Eberhardt (?), 8 Kinder. Sein Sohn Ferdinand soll mit einem seiner Brüder die drei Hofmarken Ascholding, Freißhausen und Pellheim übernehmen; Sohn Friedrich war 1622-1633 Pfleger in Eggmühl, starb schon 1633 und hinterließ seine Frau Barbara und Sohn Franz (Francisco); weitere Kinder Friedrich Ligsalz' sen., sind die Töchter Elisabeth, Anna Maria, Sabina, Catharina, Sophia und Mechthild, die mit Wilhelm Barth verheiratet war. Landschaftliche Dienste: Vorratsverordneter 1612-1619; Kommissar 1614, 1615, 1618, 1619. Bürgermeister von München, Kämmerer von München. (Quelle: BayHStA, Personenselekt, Cart. 212 Ligsalz; Ferchl I, S. 205/206, 279; BayHStA, ALL 1683-1694).

Wolfgang Veith von Freundtsberg und Maxlrain Gest. 1616. Verheiratet mit Johanna, geb. Truchseß. Vater: Wolf Wilhelm, Pfleger in Schärding.

V. Teil: Verzeichnis der Landschaftsverordneten bis 1619

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Mutter: Johanna, geb. Permer. Geschwister: Ferdinand und Jakobe. Kinder: Heinrich Jörg von und zu Maxlrain, 1616-1619 Pfleger in Schärding; Wolfgang Veith Graf zu Maxlrain und Hohenwaldeck (fürstliche Bestätigung des Grafentitels 1637), der verheiratet war mit Barbara, geb. Preysing; Wolf Wilhelm; Johann. Landschaftliche Dienste: Verordneter des Großen Ausschusses auf dem Landtag von 1605; Rechenaufnehmer 1606-1615; Vorratsverordneter 1606; Verordneter zum Landrecht 1612. 1595 -1616 Pfleger in Schärding. (Quelle: Ferchl II, S. 916; BayHStA, Personenselekt, Cart. 221 Machseirain; BayHStA, ALL 1683-1694; BayHStA, Kurbayern Hofrat 1120, fol. 116; BayHStA, Heroldenamt Band 12, fol. 331).

Hans Adam von Muggenthal Verheiratet mit Regina Saurlacher. Vater: Erhard von Muggenthal, Hofrat, Kämmerer, Hofmeister der Herzogin, Stallmeister, 1584-1596 Pfleger in Mehring. Mutter: Sabina, geb. von Auer. Brüder: Albrecht; Eberhard, war 1633-1668 (sein Todesjahr) Pfleger in Kirchberg; Hans Christoph, war 1557-1598 Pfleger in Vohburg, 1577-1593 Landrichter in Hirschberg; Hans Heinrich (geb. 1594, gest. 1611), übernahm 1594 das Landrichteramt in Hirschberg und führte es bis 1606 aus, war 1579-1611 Pfleger in Riedenburg; Wilhelm, trat 1605 dem Johanniterorden bei; Hieronimus, Chorherr in St. Bernhard/Würzburg; Christoph Otto, auch im geistlichen Stand; Georg Wilhelm (gest. 1638), Kämmerer, fürstlicher Rat, war 1612-1638 Pfleger in Riedenburg. Schwestern: Benigna, Rosina, Renata, Appollonia, Anna Maria. Seit 1557 Kämmerer. Land- und Stadtgerichtsprokurator in Schrobenhausen. (Quelle: Ferchl I, S. 156, 322, 615, 879; BayHStA, Personenselekt, Cart. 256 Muggenthal).

Heinrich Hannibal von Muggenthal (auf Prondorff und Praidenhil) Gest. 1612. Verheiratet mit Jakobe, geb. von Maxlrain. Stiefsohn Eberhard Adolph von Muggenthal, war Pfleger in Kirchberg. Heinrich Hannibal war erster Freiherr von Muggenthal. Fürstliche Dienste: Kämmerer; 1599-1608 kaiserlicher Assessor beim Reichskammergericht in Speyer. Landschaftliche Dienste: Vorrats verordneter 1611, 1612; Verordneter zum Salzburger Kriegswesen 1611. 1608-1612 Vitztum in Landshut. Pfleger in Kling und Kirchberg. (Quelle: Ferchl I, S. 485; Zedier, Theil XXII Spalte 24; BayHStA, ALL 1683-1694).

Johann Sigmund von Nothafft (zu Wernberg, Aholming, Warth, Oberschneiding und Freyberg) Gest. 1632. Verheiratet mit Eva, geb. Parsberg. Vater: Haimeran, Pfleger auf Lebenszeit in Vilshofen, 1562-1570 Vitztum in Straubing, gest. 1570. Mutter: Margareta, geb. von Seyboltsdorff.

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V. Teil: Verzeichnis der Landschaftsverordneten bis 1619

Bruder: Hans Heinrich, übernahm 1570-1595 die Pflege in Vilshofen, 1554 Regimentsrat in Straubing, gest. 1595. Fürstliche Dienste: Fürstlicher Rat, seit 1596 dieses Amtes aber enthoben, da er sich auf seine Privatgüter zurückziehen wollte; 1605 Wiedereinstieg als fürstlicher Rat, nachdem er bei Maximilian darum angesucht hatte. Seit 1590 Regimentsrat in Straubing. 1619-1632 Landrichter in Straubing (auf Empfehlung des Herzogs Wilhelm). (Quelle: Ferchl I, S. 488; Ferchl II, S. 1064; BayHStA, Personenselekt, Cart. 268 Nothafft; BayHStA, ALL 1683-1694).

Johann Christoph von Preysing (zu Altenpreysing und Kopfsburg, auf Hubenstein, Herr zu Hohenaschau und Söllhuben (1611)) Geb. 6. 12. 1576, gest. 23. 11. 1632. Verheiratet mit Eva Benigna, geb. von Freyberg, die 1620 starb und acht Kinder hinterließ, u. a. Johann Maximilian, Johann Wilhelm, Johann Christoph, Johann Franz, Jakobea, geb. von Rechberg, Justina, geb. Gräfin von Fugger. Juristische Studien in Ingolstadt, Siena und Padua. Besaß ein Bergwerk in Aschau und Bergen. Fürstliche Dienste: 1604 Hofrat und Truchseß; 1608 Kämmerer; ab 1621 Geheimer Rat; ab 1624 Hofratspräsident; 1631 Obersthofmarschall. Landschaftliche Dienste: Landesdefensionsrat 1610-1615; Vorrats verordneter 1615, 1617-1619; Kommissar 1616-1619 (gehörte bis zu seinem Tod 1632 der Landschaftsverordnung an). 1607 Erhebung in den Freiherrenstand. 1615-1624 Vitztum in Landshut. 1612-1620 Pfleger in Wasserburg. 1620-1632 Pfleger von Bärnstein. 1621 Statthalter der Oberpfalz. (Quelle: Ferchl I, S. 49, 485; Heydenreuter, S. 310; Stieve, Briefe und Acten 6. Band, S. 2; BayHStA, ALL 1683-1694, Neudegger, Geheimer Rat, S. 140).

Johann Warmund von Preysing (Freiherr bzw. Graf zu Altenpreysing genannt Kronwinkel, von Orth am Traunsee (seit 1634), zu Moos, zu Neusling, Weikertshofen, Hubing, Zulling, Isarhofen, Kinzhofen, Großköllenbach und Grünbach) Geb. 1573, gest. 9. 8. 1648. Vetter Johann Christophs. Verheiratet mit einer Gräfin von Herberstorff, Anna Ursula, geb. von Gumppenberg, Maria Magdalena, geb. Gräfin Pappenheim, Maria Katharina, geb. von und zu Adlzhausen. Söhne: Johann Albrecht zu Moos; Johann Friedrich Graf und Herr der Herrschaft Orth, Kämmerer und Rat; Johann Bernhard; Johann Albrecht Ferdinand zu Orth. Johann Warmund studierte an der Universität Dillingen und an italienischen Universitäten. Fürstliche Dienste: Kämmerer; Hofrat 1600-1605; Obersthofmeister 1601-1610. 15 Kummer

V. Teil: Verzeichnis der Landschaftsverordneten bis 1619 Landschaftliche werk 1607.

225

Dienste: Landesdefensionsrat 1606; Verordneter zum Landesdefensions-

1606-1648 Pfleger in Vilshofen. 1607 Erhebung in den Reichsfreiherrenstand. 1628-1643 Vitztum in Straubing, 1644 wegen Krankheit des Amtes enthoben. 1633 kaiserlicher Kämmerer und Rat. 1645 Erhebung in den Reichsgrafenstand. (Quelle: Ferchl II, S. 1035, 1036 und 1204; Heydenreuter, S. 311; BayHStA, ALL 1683-1694; BayHStA, Heroldenamt Band 4, fol. 2).

Ciriacus von Preysing Verheiratet 1580 mit Margret, geb. Messenbeck. Fürstliche Dienste: Kämmerer. Landschaftliche Dienste: Verordneter des Großen Ausschusses auf dem Landtag von 1605; Vorratsverordneter 1606. 1582 Pflegsverwalter in Neuötting. 1586-1590 Pfleger in Neuötting. 1590-1595 Pfleger in Deggendorf. 1596-1600 Pfleger in Ried. 1600-1606 Forstmeister in Landshut. (Quelle: Ferchl I, S. 485; BayHStA, ALL 1683-1694).

Christoph Schrenk (von Egmating zu Aufhausen) Gest. nach 1622. Fürstliche Dienste: Fürstlicher Rat. Landschaftliche Dienste: Verordneter des Großen Ausschusses auf dem Landtag von 1605; Vorratsverordneter 1606-1619; Verordneter zur Reform des Polizeiwesens 1606, 1608, 1615, 1616; Landesdefensionsrat 1606, 1610, 1612-1619; Verordneter zum Kriegswesen 1610, 1611; Verordneter zur Verbesserung der Wirtschaft 1610; Verordneter zur Reform des Landrechts 1612. Erhält 1595 die Edelmannsfreiheit und damit die Niedergerichtsbarkeit auf seinen Gütern verliehen. (Quelle: BayHStA, Personenselekt, Cart. 389 Schrenkh; BayHStA, ALL 1683-1694).

Sigmund von Seyboltsdorff

(zu Ritterswörth und Hornstein)

Gest. 1626. Verheiratet mit Elisabeth, geb. von Leonrod, die 5 Kinder aus ihrer ersten Ehe mitbrachte, eine gemeinsame Tochter Barbara, die 1618 mit Hans Caspar Egloff von Zell und Immendingen verheiratet wird, Anna Margareta, geb. Hundt. Vater: Hans Sigmund, der von 1576-1603 Pfleger in Wolfratshausen war. Fürstliche Dienste: Kämmerer. Landschaftliche Dienste: Verordneter des Großen Ausschusses auf dem Landtag von 1605; Rechenaufnehmer 1616-1619. Seit 1598 Regimentsrat in Straubing. Hatte die Hofmarken Dorfen und Waidach inne.

226

V. Teil: Verzeichnis der Landschaftsverordneten bis 1619

1603 -1626 Pfleger in Wolfratshausen. 1623 Kämmerer. (Quelle: BayHStA, Personenselekt, Cart. 402 Seiboltsdorf; Ferchl II, S. 1321-1323; BayHStA, ALL 1683-1694).

Viktor Adam von Seyboltsdorff Gest. im August 1658. Vetter von Sigmund von Seyboltsdorff. Studierte in Ingolstadt. Fürstliche Dienste: Ab 8. 12. 1621 Hofrat; ab 16. 6. 1628 Mundschenk; ab 23. 2. 1629 Kämmerer am fürstlichen Hof in München; ab 30. 12. 1632 bis 1635 Hofoberrichter. 1630-1649 Stadtpfleger in Donauwörth Freiherrenstand 1644. 1648-1657 Hauptmann in Burghausen. 1649-1657 Vitztum in Burghausen. 1655 -1658 Pfleger in Mitterfels. Stadtpfleger in Donauwörth. (Quelle: Ferchl I, S. 72, 182, 635; Ferchl II, S. 1321 -1323; Heydenreuter, S. 355).

Gundacker von Tannberg (zu Aurolzmünster und Offenberg, Forchtenau, Murau, Peterskirchen und Sulzbach) Gest. 1625. 1600 Heirat mit einem Fräulein Engiburg, Tochter des Wolf von Tannberg. Vater: Hans Georg. Geschwister: Hans Heinrich, Achaz, Wolf, Ernst, Johanna. Studierte in Ingolstadt. Fürstliche Dienste: Hofrat (1600); Kämmerer; Geheimer Rat; 1607-1616 bzw. 1623 Hofratspräsident; bat 1615 als Hofratspräsident um eine Gnade und erhielt im Jahr darauf die Pflege Rosenheim. Landschaftliche Dienste: Verordneter des Großen Ausschusses auf dem Landtag von 1605; Verordneter zum Landesdefensionswerk 1606; Verordneter zum Polizeiwesen 1608, 1615, 1616; Verordneter zum Kriegswesen 1610, 1611; Verordneter zur Verbesserung der Wirtschaft 1610; Landesdefensionsrat 1610-1619; Vorratsverordneter 1611,1612; Verordneter zum Landrecht 1612. 1604-1607 Vitztum in Landshut. ab 1616-1625 Pfleger in Rosenheim. (Quelle: Ferchl I, S. 484, 885; BayHStA, Personenselekt, Cart. 438/11 Tannberg; Heydenreuter, S. 318; BayHStA, ALL 1683-1694, Neudegger, Geheimer Rat, S. 117, 139).

Ladislaus Freiherr von Törring zum Stain Verheiratet mit Catharina, geb. Fugger, Maria Catharina, geb. von Gumppenberg. Kinder aus der ersten Ehe: Anna Renata, war Nonne in Frauenchiemsee; Elisabeth, heiratete Karl Khuen Freiherr von Belasi; Maria Catharina, heiratete einen von Closen; Wolf Dietrich (gest. 1674), war dreimal verheiratet: 1. mit Maria Margareta von Tannberg (gest. 1646), 2. mit Maria Elisabeth von Gumppenberg (gest. 1666), 3. mit Magdalena von Weichs (gest. 1670). 15*

V. Teil: Verzeichnis der Landschaftsverordneten bis 1619

227

Kinder aus der zweiten Ehe: Adam Laurentius, war Bischof von Regensburg; Johann Albrecht; Joachim Albeck, war verheiratet mit einer von Lamberg; Maria Barbara. Fürstliche Dienste: Kämmerer; Hofrat (beides seit 1616). Landschaftliche Dienste: Verordneter des Großen Ausschusses auf dem Landtag von 1605; Vorratsverordneter 1606-1611 und 1616-1619; Kommissar 1613; Verordneter zum Kriegswesen 1610. 1614-1617 Pfleger von Reichenhall. Ab 1617 Pfleger von Traunstein. (Quelle: Ferchl II, S. 66; BayHStA, ALL S. 138-152.)

1683-1694; Ksoll, Wirtschaftliche Verhältnisse,

Eustachius Freiherr von Torring-Seefeld Gest. 1615. Vater: Georg Friedrich (gest. 1567). 1576 Heirat mit Katharina, geb. Bömelburg, die 1612 starb. Fürstliche Dienste: Obersterbjägermeister (seit 1607); Hofrat. Landschaftliche Dienste: Verordneter des Großen Ausschusses auf dem Landtag von 1605; Vorratsverordneter 1606-1612; Verordneter zum Kriegswesen 1610,1611. (Quelle: Ferchl II, S. 67; BayHStA, ALL 1683-1694; BayHStA, Heroldenamt Band 14, fol. 177 und Band 17, fol. 377).

Georg Conrad Freiherr von Torring-Seefeld Geb. 1578, Gest. 15. Juli 1625. Sohn von Eustachius. Fürstliche Dienste: Hofrat (1601 vereidigt); Kämmerer (seit 1604 oder 1606); Oberstallmeister (1615); Obersthofmarschall (1622 nicht sicher). Landschaftliche Dienste: Vorratsverordneter 1618, 1619; Landesdefensionsrat 16101619. 1606-1625 Pflegerin Kling. (Quelle: Heydenreuter, S. 320; BayHStA, ALL 1683-1694).

Anhang Anhang 1: Die Verordneten des Grossen Ausschusses von allen Ständen auf dem Landtag von 1605 Vom Stand der Prälaten, Rentamt München Paulus Abt zu Tegernsee Doktor Hans Georg Lautherius Leonhard Abt zu Schäftlarn Propst zu Raitenbuch Rentamt Landshut Johann Abt zu Allerspach Propst zu Landshut Propst zu Garsch Abt zu Vornbach (?) Rentamt Straubing Abt zu Nieder Altaich Propst zu Straubing Abt zu Ober Altaich Abt zu Niedernburg Rentamt Burghausen Propst zu Bärenburg (?) Propst zu Reichersberg Dechant zu Mattighofen Propst zu Rambshofen Ritterschaft

und Adel, Rentamt München

Wolf Veith von Maxlrain Wolf Christoph Lung Wolf Dietrich Hundt Leonhard von Maming Heinrich von Haslang Hans Friedrich von Pienzenau Wilhelm Lösch Hans Conrad Herwarth Rentamt Landshut Graf Georg von Orttenburg Joachim Fugger

Anhang Hans Jacob von Closen oder Hans Sigmund Nothafft Heinrich von Preysing Hans Georg von Fraunberg Wolf Friedrich von Closen Carl Khergl Wolf Moritz von Rohrbach Rentamt Straubing Ferdinand Khuen Hans Wolf von Fraunhofen Christoph von Seyboltstorff Ciriacus von Preysing Wiguleus Hundt Hans Leonhard Nothafft Hans Georg von Weichß Hans Christoph von Leublfing Rentamt Burghausen Eustachius von Törring Gundacker von Tannberg Ladislaus von Törring Burkhart von Taufkirchen Ernreich von Taufkirchen Hans Wolf von Ruestorff Ott Hainrich von Fränkhing Sigmund Messenbeckh Städte München Landshut Ingolstadt Straubing Landsberg Wasserburg Burghausen Braunau Schongau Deggendorf Aichach Otting

Christoph Schrenk Virgil Glabsberger Niklas Schöllhamer Caspar Hans Zeller Erhard Erhart Caspar Reitter Lazarus Widmer Hans Pachmayer Hans Stautmiller Wolf Carl Gabriel Kirchdorffer Christoph Mayr

Märkte Rosenheim Pfarrkirchen Ried Eggenfelden

Georg Scherchenstuel (?) Gabriel Heller Ruprecht Wolf Balthasar Schausberger.

(Quelle: Kurbayern Geh. Landesarchiv 1335, fol. 111-113).

230

Anhang Anhang 2: „Hauptlnstruction auf Gemeiner Landtschafft Sechzehen verordnete Landleuth wie auch die vier Rechenherrn und Sechzehen Adiuncten zu fürfallender Landtsnoth" [Auszug]

Instruction und Ordnung was wir von Prälaten und Stifften, auch Graven, Freyherrn, Ritterschafft, vom Adel, sambt der Stätt und Märkht Ortschafften (?) dises Fürstenthums Obern und Nidern Bayern yezt alhie versamblete Landtschafft, den Ehrwürdigen in Gott, wolgebornen, Edlen, Gestrengen und Vesten, auch Fürsichtigen Weisen ... [ . . . ] ... Bevelchen demnach, und geben Inen unsern wolmechtigen gewalt, in Crafft diß, alles wirklich zuvolziehen, was underschiedlich hernach volget: Erstlich und nachdem der Durchleuchügist Fürst und Herr Herr Maximilian, Pfalzgrave bei Rhein, Herzog in Obern und Nidern Bayern, unser gnedigister Herr und Landtsfürst, und Irer Drtl. getreue underthenigister Landtstende, auf den 20. Tag Monats Novembris, dises 1605. Jars alher gnedigist beruofen und erfordert, darauf auch proponirn und fürhalten lassen: Was massen der nun mer etlich Jar geweste offene Krieg, wider den Erbfeind des Christlichen Namens und Glaubens, des Türggen, noch im wesentlichen vortgang: Sondern auch der ungarischen Rebellion und Aufstand, und die geferliche Leuf und Zeit, Im: und ausser Reichs also beschaffen, dz man notwendig und unumbgenglich zue trost und rettung des gemeinen geliebten Vatterlandts ein namhafft Summa gelts, welliche Sr. Frtl. Drtl. hernach für der Landtschafft im dem Landdefensionswesen gebürende Iren dritthail auf Ν fl. namhafft machen lassen, aufzutragende wissentliche Landtsnoth und Veldtzug an Paarschafft zusammenzutragen, für ains. Und dann auch zum andern dz gleichwol Sr. Frtl. Drtl. in Zeit dero Regierung keine Schulden gemacht, aber mit sollicher Schulden eingesetzt worden, dz sy, da wir nicht zu Helf kommen ohne Schuldtmachung weitter nicht gelang, zum massen sy dann darauf sich dahin genedigist verbotten, auf den fall wir zehnmal hundert tausent gulden übernemmen wurden, dz sy die übrigen schulden und bürden, so dero halb angewachsen, ohne entgelt richtig machen wollen, Alls fernem Inhalts derowegen gepflogenen Handlungen und Schrifften. Darauf haben wir die Sachen in berathschlagung gezogen und Irer Wichtigkheit nach mit vleiß erwogen und wiewol wir uns nun genugsam zuerinnern gehabt, was für ain ansehnliche Last, durch hievor beschehene bewilligungen, uns, unsern underthonen und allen Inwonern dises Fürstenthumbs noch oblige, welliche durch die vilfeltigen Landsteuern, auch der Stend selbs anlagen sambt den bewilligten Wein und Pier aufschlagen, bishero mit Gott abgelediget worden künden. Desgleichen, ein was hocherzaigung die Stend, sowol als der Gemain Paursmann durch sovil contributiones und auflagen kommen, daß zu dem es unsern habenden privilegys und freyhaiten zuwider, uns gleichsamb unmüglich und unerschwinglich fallen wollen, neben den alten noch unabgelösten Rest unnß noch mit mehren und neuen Schulden zubeladen. Nichts desto weniger, und als wir bede oberzelte Haubtbegern, Auch deroselben gelegenhait und umbstenden zu gemüet gefiert, Auch ein sonderhait Irer Frtl. Drtl. unserer gdst. yezt Regirenden Herrn und Landtsfürsten bishero ohne neue Schuldmachung ervolgtes wohlhausen und deroselben Frtl. Drtl. erbietten zueherzen genommen und neben disen allem betrachtet, wie hoch und merklich daran gelegen, das und beuorab bay disen geferlichen Lezten Zeiten Herr und Knecht, Fürst und underthon ins gleichmessigen gueten vertrauen, lieb, affection und zunaigung steet.

Anhang

231

Als haben wir als die getreuen guetherzigen Landtleuth höchstgedachten unsern gnedigisten Herrn und Landtsfürsten auch dismal nit verlassen sondern zur erzaigung unserer underthenigisten Zunaigung unß zum höchsten angegriffen, und auf Ir. Frtl. Drtl. begern und anlangen volgender gestalt erklert und bewilliget worden: Nemblich und Erstlich, was und sovil die Zusamentragung einer Paarschaft an gelt zum Landdefensionsweesen betrifft, haben wir bewilliget, der Prälaten und Stifft, wie auch der Stätt und Märkht anlehen, so von Ir. Frtl. Drtl. HofCammer auß anbegert worden, und berait schon verwilliget, oder noch verwilliget werden möchten, mit Haubtsumma und Zinß, der gestallt an: und über unß zunemmen, das wir dieselben von Gemainer Landtschafft gefellen und einkommen under dessen biß wir die Haubtsummen wider abzulösen gelegenhait haben in allweeg allein von der zeit an, wann Ir die Haubtsummen unsern Verordneten wirklich iiberhendiget würdet Järlich und ordentlich zuverzinsen. Wie sich dann darauf Ir. Frtl. Drtl. erbotten und versprochen, die unfelbare Verfügung zuthun, damit jedesmals die bey Sr. Frtl. Drtl. Cammer, vermöge übergebenen Exträct, auf die bestimbte Zil und Zeit zuerlegen versprochene und wirklich erlegte Summen Anlehen gelts alsobalden unsern verordnten wirklichen anbehendiget, auch derjenig von Prälaten und Stifften, wie auch von Stätt und Märkhten die unvermögenheit halber mit denen von Inen bergerten Summen thails oder gar nit aufkhomen möchten hierunder verschont werde. Darauf wer auch ferners versprochen, was und sovil an disem Anlehengelt zur erfüllung der Ν fl. für unser zween dritthail abgeen und manglen würdet durch die hernach volgende mittel zuersezen und ergenzen also dz wir und aber jedoch ainig und allain auf zutragende wissentliche und kendtliche Landtsnoth und Veldtzug zugebrauchen ebener massen wie sich dessen Sr. Frtl. Dtl. wegen 1res gebürenden Dritthails gnedigist gegen unnß anerbotten jez gemelte Ν fl. für unsern zween Dritthail an Paarem gelt alsdann gewiß und unfelbarlich darauf sich Sr. Frtl. Drtl. ausser Verhinderung gottes gewallt, aigentlich zuverlassen, derweilen unnd erlegen mögen. Mit dem außtruckenlichen und bedingen anfange Auf den fall der Allmechtig einen friden schickhen oder doch diser vorrath zue der Landtsnoth ferners oder lenger nit uf dem beschwerlichen und Landts verderblichen Interesse räthlich ligen zulassen dz alßdann darmit der obligende Schuldenlast geringen und abgelöst werde. Unnd dann auch dz wir wollen die jenige Reichs: und CraißTürggenhilfen, so von den underthonen einzubringen verwilliget werden (ausserhalb der jenigen anlagen, die sonst und zu der Landts noth gewidmet, alß darinnen ir Frtl. Dtl. crafft der Landtsdefensions vergleichung einen dritten Thail zuerlegen) völlig entheben und ohne entgelt Ir. Frtl. Dtl. erstatten lassen." (Quelle: BayHStA, ALL 860, fol. 111 -115 [Absätze im Text von der Autorin eingefügt]).

Anhang 3: Schadlosbrief vom 28. Dezember 1605 „Von Gottes gnaden wir Maximilian Pfalzgrave bei Rhein, Herzog in Obern und Nidern Bayern. Bekennen hiermit, als ainig regirender Fürst, für unß all unser Erben und nachkommen mit diesem ofnen brief. Nachdem wir die würdigen und Ersamen in Gott, auch wolgeborne, Edle, Fürsichtige, Ersame weise, der dreyen Stende unserer lieben und getreuen Landtschafft von Prälaten, Graven, Herrn, Ritterschafft, von Adel auch Stätt und Märkht auf den 21. nechst verwichenen Monaths Novembris, in unserer Haubt Statt München beruefft und erfordert, derselben auch thails in der Person, thails durch Ir volmechtige Anwälde erschinen, und hierauf unser und unser Landts obligen und notturfft proponieren und fürtragen

232

Anhang

lassen, darauf sie bey gegenwerttigen sorgsamen leuffen und antroender Türggengefahr zur defension und beschuzung deß vatterlandts vor ainem unfürgesehenen straif oder feindts einfall wellichen der Allmechtig mit gnaden verhuetten wolle, einen vorrath an geht, benanntlich für Ir angebürende Iren dritthail Ν fl. also fürderlichist und in continenti zusammenzutragen: Sodann auch den mit antwortung unseren Landtsfürstlichen Regierung unnß anerwachsenen und von ainer Landtschafft unzhero unübernommenen Schuldenlast, auf zehnmalhundert Tausent gulden sich belaufendt, mit haubtsumma und Interesse auf sich genommen. Also und über diß, zur Verbesserung unsers Cammerguets und jerlichen Intraden, neben continuation deren auf iüngstem Landttag bewilligten fünfzig Tausent gulden und anstat der 6 Maß aufschlags, auf jeder im Land verbrauchten Scheiben Salz, gegen wider abthuung sollichen aufschlage, ainmal hundert Tausent gulden, und alß zur angeregten verpesserung, ainmal hundertfünzig Tausent gulden krafft verglichener Steuer und Aufschlagsgefell jährlich bewilliget und zuliefern versprochen. Hierauf gereden und versprechen wir, für uns, unsern erben und nachkommen, an Iren habenden Privilegien und freyheiten, so sy von weilundt unsern vorfordern, Kaisem, Königen und Regirenden Fürsten In Bayern christmilter gedechtnus und unß erlanget jez alßdann und dann als jez allerdings un verbrüchig und unschedlich Sie auch den vorbestimbten Schuldtsummen und derselben Zinsungen halben, so lange die nit abgelösst gegen kainen Glaubiger, oder sonst meniglich, für Ir Person, auch Ire Erben und nachkommen von den Steuren und so wol alten als neuen aufschlage gefellen, deren wir unß mit Inen yezmals verglichen, so weit die raichen, und anderer gestalt nit zuthun schuldig sein. Wie wir sie dann deroselben genzlich und gar schadlos halten und entheben, Im einbringung der Steuer und Aufschlags mit nichten hindern, vilmer aber darbey zum besten handthaben, schuzen und schirmen wollen, dieweil auch die Stende unserer lieben und getreuen Landtschafft unnß unsem erben und nachkommen Regirenden Fürsten neben zusammentragung der Zwayen dritthail Vorrats an Paarschafft zur Defensions deß vatterlandts auch mit Übememmung der einmal hundert Tausent gulden schulden, dieselben neben dem alten zuvor übernommenen Schuldenlast anzuledigen und noch darüber unser Cammergut mit Jerlichen Parr lieferung Ainmal hundert und fünfzig Tausent gulden verpessert, und also zur erreichung Irer getreuen und underthenigisten Zuenaigung sich so hoch angriffen: haben wir Inen dargegen zur bezaigung unsers Zu Inen tragenden gnedigisten willens, Auß freyem willkhur versprochen und zugesaget, thuen dz auch hiemit in crafft diß briefs für unnß unser erben und nachkommen Irer der Stende mit Decimation und anderer dergleichen Exactionen zuverschonen, und ausser erheblichen versuchen, wissentlicher Landtsnot, Reichs-, Craiß-, und Türggenhilfen, unangelangt zu lassen, Alles getreulich ohne geferde und zu warem verkündt, haben wir obbemelt Stenden gemainer unserer Landtschafft disen Schadloßbrief mit unsem aignen handen underschriben und unserm anhangenden verferttiget zugestellt. Beschehen in unserer Statt München, den 28. Decembris Im 1605. Jar." (Quelle: BayHStA, ALL 860, fol. 96-98. [Absätze im Text von der Autorin eingefügt])

Anhang

233

Anhang 4: Liste der Landschaftsverordneten 1 Verordnete

des Oberlands 1606 2

Engelbert Abt zu Ettal, Hans Magnus Propst zu Reichersberg, Leonhard Abt zu Schäftlarn, Wolf Dietrich Hundt, Georg Heinrich von Gumppenberg, Christoph Schrenk, Michael Barth, Eustachius von Törring, Ladislaus von Törring, Hans Georg von Fraunberg, Niklas Schöllhamer. Rechenaufnehmer 1606 Abt Paulus von Tegernsee, Hans Jacob von Closen, Wolf Veith von Maxlrain, Wilbolt Müller. Verordnete zur Reform des Polizeiwesens 1606 Doktor Hans Georg Lautherius, Abt Johann von Allersbach, Johann Eisengrain, Dechant zu Mattighofen, Burkhart von Taufkirchen, Wolf Christoph Lung, Wolf Dietrich Hundt, Christoph Schrenk, Virgil Glabsberger, Thomas Dürnizl, Lazarus Widmer. Landesdefensionsräte

1606

Doktor Hans Georg Lautherius, Hans Warmund von Preysing, Christoph Schrenk.

1 Das Problem dieser Besoldungs- bzw. Deputatlisten ist ihre Unvollständigkeit, denn nur die anwesenden Verordneten oder Adjunkten werden mit ihren Deputaten vermerkt. Zweites Problem der Besoldungslisten ist, dass sie nur für das Oberland gelten. Die Unterlandsverordneten tauchen nur manchmal in den Listen auf. Dann nämlich, wenn die Deputate für die Postulatsverhandlungen vermerkt werden. Obwohl es jedes Jahr zu solchen Verhandlungen kommt, sind diese Deputate leider nicht jedes Jahr verzeichnet, weshalb es keine jährliche Liste der Unterlandsverordneten gibt.

BayHStA, ALL 1 6 , o. F.

234

Anhang

Verordnete des Ober- und Unterlands und die Kommissare 1606 Magnus Probst zu Reichersberg, Johann Abt zu Allersbach, Leonhard Abt zu Schäftlarn, Eustachius von Törring, Heinrich von Preysing, Wolf Dietrich Hundt, Hans Georg von Fraunberg, Ciriacus von Preysing, Heinrich von Gumppenberg, Ladislaus von Törring, Wolf Friedrich von Closen, Christoph Schrenk, Michael Barth, Christoph Päzinger, Caspar Zeller, Abt Paulus zu Tegernsee, Wolf Veith von Maxlrain, Niklas Schöllhamer. Kommissare 1606 Leonhart Abt zu Schäftlarn, Heinrich von Gumppenberg, Michael Barth. Verordnete zum Landesdefensionswerk

1606

Doktor Hans Georg Lautherius, Leonhard Abt zu Schäftlarn, Leonhart von Maming, Gundacker von Tannberg, Hans Wolf von Ruestorff, Hans Friedrich von Pienzenau, Christoph Schrenk, Christoph Päzinger. Verordnete

des Oberlands 1607-1617 3

Magnus Probst zu Reichersberg, Leonhart Abt zu Schäftlarn, Eustachius von Törring, Wolf Dietrich Hundt,4 Heinrich von Gumppenberg, Ladislaus von Törring, 3 BayHStA, A L L 1685: Rechnungen von 1607/1608, ALL 1686 Rechungen von 1608/1609, ALL 1687 Rechnungen von 1609/1610, A L L 1688 Rechnungen von

1610/1611.

4 Wird 1610 nicht in der Liste geführt, weil er inzwischen verstorben ist. 1611 wird er durch Heinrich Hannibal von Muggenthal ersetzt, der allerdings 1612 auch schon verstirbt.

Anhang

235

Christoph Schrenk, Michael Barth. Rechenaufnehmer 1607-1611 Abt Paulus zu Tegernsee, Wolf Veith von Maxlrain, Wilbold Miller, ab 1608 Wolf Friedrich von Closen, Niklas Schöllhamer. Kommissare 1607-1612 5 Leonhard Abt zu Schäftlarn. Michael Barth. Die Verordneten für die Erstellung der Hauptrechnung 1607 (teilweise mit Besoldung) Magnus Probst zu Reichersberg (80 fl.), Leonhard Abt zu Schäftlarn (56 fl.), Eustachius von Törring (56 fl.), Wolf Dietrich Hundt, Heinrich von Gumppenberg, Ladislaus von Törring, jeweils 64 fl., Christoph Schrenk, Michael Barth, jeweils 48 fl., Paulus Abt zu Tegernsee (40 fl.), Wolf Veith von Maxlrain (44 fl.), Wolf Friedrich von Closen (52 fl.), Niklas Schöllhamer (44 fl.). Die Verordneten zum Polizeiwesen 1608 Hans Georg Lautherius, Abt zu Allersbach (1609 nicht), Christoph Abt zu Oberaltaich, Dechant zu Mattighofen, Wolf Dietrich Hundt, Christoph Lung, Heinrich von Preysing (nicht 1609), Georg Christoph von Closen, Wiguleus Hundt, Gundacker von Tannberg, Ernreich von Taufkirchen, Christoph Schrenk, Michael Barth, Christoph Päzinger,

5

1609 sind den beiden Kommissaren noch mehrere andere Verordnete beigesellt worden: Heinrich von Gumppenberg, Michael Propst zu Garsch, Christoph Päzinger, Thomas Dürnizl, Lazarus Widmer. 1610 ist allein Heinrich von Gumppenberg den beiden Kommissaren beigeordnet. 1611 ist den beiden oben genannten Kommissaren Ladislaus von Törring beigeordnet. 1612 werden dann wieder der Abt zu Schäftlarn und Michael Barth alleine genannt.

236

Anhang

Thomas Dürnizl, Lazarus Widmer und der Landschaftskanzler. Die wegen „ Kriegssachen " Verordneten des Ober- und Unterlandes 1610 Abt zu Schäftlarn, Propst zu Rohr, Propst zu Garsch, Eustachius von Törring, Heinrich von Gumppenberg, Ladislaus von Törring, Gundacker von Tannberg, Wiguleus Hundt, Christoph Schrenk, Michael Barth, Christoph Päzinger. Die Verordneten zur Reformation thierungen" 1610

wie auch zur Verbesserung der „Commerti" und „Hand-

Gundacker von Tannberg, Christoph Schrenk, Landschaftskanzler. Die Adjunkten „wegen wichtiger fürgefallener

Sachen" 1610/1611

Eustachius Abt zu Mallerstorff, Urban Propst zu Baumburg, Wolf Christoph Lung, Leonhard von Maming, Lorenz Wensin, Hans Christoph von Raindorf, Hans Bernhard Nothafft, Ernreich von Taufkirchen, Ottheinrich von Fränkhing, Hans Barth, Wilbold Carl, Thomas Dürnizl, Lazarus Widmer. Landesdefensionsräte

der Landschaft 1610 e

Gundacker von Tannberg, Hans Christoph von Preysing, Georg Conrad von Törring, Christoph Schrenk, Landschaftskanzler.

6

1612 und 1614 zusätzlich Alexander von Haslang. 1613 ohne Törring und Preysing.

Anhang

237

Die Verordneten des Oberlandes aus dem Jahre 1617 7 Magnus Propst zu Reichersberg, Leonhard Abt zu Schäftlarn, Eustachius von Törring, Heinrich von Gumppenberg, Ladislaus von Törring. Heinrich Hannibal von Muggenthal, Christoph Schrenk, Michael Barth, Landschaftskanzler. Alle acht Verordneten erhalten jeweils 400 fl. Sold. Rechenaufnehmer 1611 Paulus Abt zu Tegernsee, Wolf Veith von Maxlrain, Wolf Friedrich von Closen. Alle vier Verordneten erhalten je 500 fl. Sold. „Alß wegen bericht und erleitterung deß landschafftischen Wesens, die ober- und underloads herren Verordneten und rechenaufnemer beisamen gewest, haben die députât gemacht " 8 Abt zu Schäftlarn (104 fl.), Propst zu Rohr (100 fl.), Propst zu Garsch (100 fl.), Eustachius von Törring (88 fl.), Heinrich von Preysing (72 fl.), Ladislaus von Törring (112 fl.), Wiguleus Hundt (116 fl.), Heinrich von Gumppenberg (112 fl.), Gundacker von Tannberg (84 fl.), Heinrich Hannibal von Muggenthal (112 fl.), Alexander von Haslang (84 fl.), Christoph Schrenk (96 fl.), Michael Barth (96 fl.), Thomas Dürnizl (116 fl.), Abt zu Tegernsee (96 fl.), Wolf Veith von Maxlrain (100 fl.), Wolf Friedrich von Closen (76 fl.), Niklas Schöllhamer (100 fl.), Landschaftskanzler (96 fl.). Landesdefensionsräte

1617 9

Gundacker von Tannberg, Hans Christoph von Preysing,

ι BayHStA, ALL 1689, fol. 14-16. 8 BayHStA, ALL 1689, fol. 27. 9 BayHStA, ALL 1689, fol. 23.

Anhang

238 Georg Conrad von Törring, Christoph Schrenk, Landschaftskanzler.

Die wegen des Salzburger Kriegswesens auf den 20. 10. 1611 nach München beschriebenen Verordneten Abt zu Schäftlarn (32 fl.), Johann Propst zu Rohr (40 fl.), Michael Propst zu Garsch (40 fl.), Eustachius von Törring (32 fl.), Wiguleus Hundt (64 fl.), Heinrich von Gumppenberg (40 fl.), Gundacker von Tannberg (24 fl.), Heinrich Hannibal von Muggenthal (40 fl.), Christoph Schrenk (24 fl.), Michael Barth (24 fl.), Landschaftskanzler (24 fl.). Die Verordneten des Ober- und Unterlandes sowie die vier Rechnungsaufnehmer aus dem Jahr 1612 und ihre Besoldung für die Beratung über Landschaftssachen: 10 Abt zu Schäftlarn (104 fl.), Propst zu Rohr (100 fl.), Propst zu Garsch (100 fl.), Christoph von Törring (88 fl.), Heinrich von Preising (77 fl.), Ladislaus von Törring (112 fl.), Gundacker von Tannberg (84 fl.), Heinrich Hannibal von Muggenthal (112 fl.), Alexander von Haslang (84 fl.), Christoph Schrenk (96 fl.), Michael Barth (96 fl.), Thomas Dürnizl (116 fl.), Prälat zu Tegernsee (96 fl.), Wolf Veith von Maxlrain (100 fl.), Wolf Friedrich von Closen (76 fl.), Niklas Schöllhamer (100 fl.), Landschaftskanzler (96 fl.). Landesdefensionsräte

1612 n

Gundacker von Tannberg, Alexander von Haslang, Hans Christoph von Preysing, Gerorg Conrad von Törring, Christoph Schrenk.

io BayHStA, ALL 1689, fol. 29. h BayHStA, A L L 1689, ο. F.

Anhang Zur „Beratschlagung"

des Landrechts Verordnete

Prälat zu Schäftlarn, Propst zu Garsch, Propst zu Rohr, Dechant zu Mattighofen, Wolf Veith von Maxlrain, Wolf Friedrich von Closen, Georg Christoph von Closen, Wiguleus Hundt, Alexander von Haslang, Gundacker von Tannberg, Ernreich von Taufkirchen, Hans Conrad von Herwarth, Christoph Schrenk, Christoph Päzinger, Thomas Dürnizl, Lazarus Widmer, Landschaftskanzler. Verordnete

des Oberlands 161312

Prälat zu Schäftlarn, Dechant zu Mattighofen, Eustachius von Törring, Heinrich von Gumppenberg, Ladislaus von Törring (?), Hans Christoph von Preysing, Christoph Schrenk, Friedrich Ligsalz. Rechenaufnehmer 1613 Abt zu Tegernsee, Wolf Veith von Maxlrain, Wolf Friedrich von Closen, Niklas Schöllhamer. Landesdefensionsräte

1613

Gundacker von Tannberg, Alexander von Haslang, Hans Christoph von Preysing, Georg Conrad von Törring, Christoph Schrenk, Landschaftskanzler. Kommissare des Jahres 1613 Ladislaus von Törring, Michael Barth. 1

BayHStA, ALL 169,o. F.

239 1612

Anhang

240 Verordnete

des Oberlands 161413

Prälat zu Schäftlarn, Dechant zu Mattighofen, Eustachius von Törring, Heinrich von Gumppenberg, Ladislaus von Törring, Hans Christoph von Preysing, Christoph Schrenk, Friedrich Ligsalz. Rechenaufnehmer 1614 Prälat zu Tegernsee, Wolf Veith von Maxlrain, Wolf Friedrich von Closen, Niklas Schöllhamer. Landesdefensionsräte

1614

Gundacker von Tannberg, Alexander von Haslang, Hans Christoph von Preysing, Georg Conrad von Törring, Christoph Schrenk, Landschaftskanzler. Kommissare 1614 Ladislaus von Törring, Friedrich Ligsalz. Verordnete

des Oberlands 1615 14

Leonhard Abt zu Schäftlarn, Dechant zu Mattighofen, Eustachius von Törring, Heinrich von Gumppenberg, Ladislaus von Törring, Hans Christoph von Preysing, Christoph Schrenk, Friedrich Ligsalz. Rechenaufnehmer 1615 Paulus Abt zu Tegernsee, Wolf Veith von Maxlrain, Wolf Friedrich von Closen, Niklas Schöllhamer (bzw. seine Erben erhalten die 500 fl. Sold).

13 BayHStA, A L L 1692, o. F. 14 BayHStA, ALL 1693, o. F. 16 Kummer

Anhang Landesdefensionsräte

1615

Gundacker von Tannberg, Alexander von Haslang, Hans Christoph von Preysing, Hans Conrad von Törring, Christoph Schrenk, Landschaftskanzler. Kommissare 1615 Ladislaus von Törring, Friedrich Ligsalz. Verordnete

zur Reform des Polizeiwesens 1615

Prälat zu Schäftlarn, Propst zu Garsch, Propst zu Rohr, Dechant zu Mattighofen, Wolf Friedrich von Closen, Georg Christoph von Closen, Wiguleus Hundt, Gundacker von Tannberg, Alexander von Haslang, Ernreich von Taufkirchen, Hans Conrad von Herwarth, Christoph Schrenk, Wilbold Carl, Thomas Dürnizl, Lazarus Widmer, Landschaftskanzler. Verordnete

des Oberlands 1616 15

Prälat zu Schäftlarn, Dechant zu Mattighofen, Heinrich von Gumppenberg, Ladislaus von Törring, Hans Christoph von Preysing, Ernreich von Taufkirchen, Christoph Schrenk, Friedrich Ligsalz. Rechenaufnehmer 1616 Prälat zu Tegernsee, Wolf Friedrich von Closen, Hans Stainauer, Sigmund von Seyboltstorff (?).

15 BayHStA, ALL 1694, o. F.

241

Anhang

242 Landesdefensionsräte

1616

Alexander von Haslang, Georg von Gumppenberg, Gundacker von Tannberg, Georg (?) Conrad von Törring, Christoph Schrenk. Kommissare 1616 Hans Christoph von Preysing, Friedrich Ligsalz (?). Verordnete

zur Reform des Polizeiwesens 1616

Prälat zu Schäftlarn, Dechant zu Mattighofen, Propst zu Garsch, Propst zu Rohr, Wiguleus Hundt, Wolf Friedrich von Closen, Ernreich von Taufkirchen, Hans Conrad von Herwarth (?), Thomas Dürnizl, Christoph Päzingers und Wilbold Carls Erben. Die „ ordinari " anwesenden Verordneten zu den Polizeihandlungen 1616 Gundacker von Tannberg, Alexander von Haslang, Christoph Schrenk, Landschaftskanzler. Erhalten jeweils 300 fl. Verordnete des Oberlands 1617 Prälat zu Schäftlarn, Ladislaus von Törring, Hans Christoph von Preysing, Ernreich von Taufkirchen, Christoph Schrenk, Friedrich Ligsalz, Sigmund Abt zu Seeon, Heinrich von Gumppenberg. Rechenaufnehmer 1617 Paulus Abt zu Tegernsee, Sigmund von Seyboltsdorff, Hans Stainauer. Landesdefensionsräte

1617

Gundacker von Tannberg, Alexander von Haslang, 16*

Anhang Georg Conrad von Törring, Georg von Gumppenberg, Christoph Schrenk, Landschaftskanzler. Kommissare 1617 Hans Christoph von Preysing, Friedrich Ligsalz (?). Summe der Besoldungsausgaben: 10172 fl. 1 6 Verordnete

des Oberlands 1618

Abt zu Schäftlarn, Abt zu Seeon, Heinrich von Gumppenberg, Ladislaus von Törring, Hans Christoph von Preysing, Ernreich von Taufkirchen, Christoph Schrenk, Friedrich Ligsalz. Rechenaufnehmer 1618 Abt zu Tegernsee, Sigmund von Seyboltsdorff, Friedrich Christoph von Pienzenau, Hans Stainauer. Landesdefensionsräte

1618

Gundacker von Tannberg, Alexander von Haslang, Georg Conrad von Törring, Georg von Gumppenberg, Christoph Schrenk. Kommissare 1618 Hans Christoph von Preysing, Friedrich Ligsalz. Summe der Besoldungen 1618: 12754 fl. 1 7 Verordnete

der Landschaft 1619l%

Abt zu Schäftlarn, Abt zu Seeon, Heinrich von Gumppenberg, Ladislaus von Törring, Hans Christoph von Preysing, 16 BayHStA, ALL 1695, o. F. π BayHStA, ALL 1696, o. F. is BayHStA, ALL 1697, o. F.

243

Anhang

244 Georg Conrad von Törring, Christoph Schrenk, Friedrich Ligsalz, Propst zu Rohr, Propst zu Garsch, Abt zu Ettal, Abt zu St. Veit/Neumarkt, Gundacker von Tannberg, Hans Christoph von Raindorf, Hans Warmund von Preysing, Thomas Dürnizl. Rechenaufnehmer 1619 Abt zu Tegernsee, Sigmund von Seyboltsdorff, Friedrich Christoph von Raindorf, Hans Stainauer. Kommissare 1619 Hans Christoph von Preysing, Friedrich Ligsalz. Landesdefensionsräte

1619

Gundacker von Tannberg, Alexander von Haslang, Georg Conrad von Törring, Georg von Gumppenberg, Christoph Schrenk, Landschaftskanzler. Ausgaben für Besoldungen 1619: 12997 fl. Adjunkten 1619 Abt zu Niederaltaich, Propst zu Baumburg, Constantius Fugger, Wilhelm Hundt, Lorenz Wensin, Georg Christoph von Closen, Ottheinrich von Fränkhing, Hans Georg Schad, Achaz von Tannberg, Hans Barth, Hans Glabsberger, Christoph Sigarsreiter, Lazarus Widmer, Landschaftskanzler. In dieser Liste fehlen zwei Adjunkten, normalerweise sind es 16 Adjunkten.

Anhang

245

Anhang 5: Dokument zur Problematik des Missbrauchs beim Aufschlagswesen „Wir gemainer Landschafft der Fürstenthumben Obern und Nidern Bayrn über den bewilligten Auffschlag verordnete Landtleut entbieten allen und jeden Prälaten, Pröbsten, Graven, Freyherrn, Ritterschaft und Adel, Hofmarchs Herrn, Burgermaister und Rath der Stätt und Märckt, dergleichen deß Durchleuchtigisten unsers gnädigisten Herrn und Landßfürstens Beambten, auch allen der Landtschafft Auffschlags Einnemern bey den Gränitzen, Weinmärckten 6. Massen, Bierauffschlag und Landtauffschlägern, auch deroselben Gegenschreibern aller Rentambt Ober: und Underlandts samt dem Ingolstädter Gezirck nach gelegenheit eines jeden Standts unsere willige Dienst, Gruß auch alles guts und fügen euch hiemit abermals zu vernemmen: Ob wir gleichwol in keinen zweifei stellen, ihr habt euch zuerinnern, daß der Durchleuchtigist unser genädigister Herr und Landtßfürst Hertzog Maximilian in Bayern in jüngstgehaltnem Landtag mit dero lieben und getrewen Landtschafft durch mittel und zuornung etlicher ansehenlicher Landleut auch zu vorderist mehr höchsternannt ihrer Fürstl: Durchl: fürtrefflicher Räthe ein Verbesserung und Correction voriger Auffschlags Instruction fürzunemmen und in gegenwertig underschidliches Libell verfassen zelassen verwilliget. Wann dann ihre Fürstl: Durchl: auff fürlegung derselben darinn nit bedenkcken gehabt solche ratificiert und gutgeheissen auch hierüber beygelegt offen Patent gefertiget. Also ist uns pflichthalber obgelegen allen obvermelten und den jenigen denen solcher auffschlag zeraichen oder einzebringen gebürt, jedem ein Exemplar hiemit zusenden. Versehen uns demnach in Namen höchstgedacht seiner Fürstl: Durchl: und respective gemeiner Landschafft Es werde ein jeder under obbemelten Ständen Fürstl: Durchl: und gemainer Landschafft Beambten solcher confirmierter Instruction und Fürstl: Durchl: Patenten in allen Puncten und Clausen treulich und der Ordnung gemeß nachkommen auch allen müglichen Fleiß für- und anwenden damit dißfals nichts verwarlost oder Ursach gegeben werde allermaßen solche Instruction und Patenten außführlich zuerkennen gibt die gebürend Straff fürzunemmen darvor wir doch einen jeden gern verhüett sehen, ihme den Spott, Verkleinerung und nach sich ziehende Weitterung und Ungelegenheiten nit gönnen oder ohne billiche Ursachen darzu helffen wolten. Und weil fürnemblich an den Politten und Zaichen vil gelegen und kein Getranck ohne dieselben ins Land gelassen wirdt, auch bey Stätten und Märckten, sonderlich was auffs Land an allerley Getranck verkauffet wirdet außgegeben werden solten. So mögen solche Politten und Zeichen deßgleichen auch die Instructiones (welche deren in mangel stehen) bey den Landtauffschlägern erhebt und der gebür gemeß gebraucht werden, und damit wir wissen mögen ob euch solche Instruction und Nebenschrifften gerecht zukommen sein wisset ihr den Boten mit gebürenden Recepissen uns dieselben fürlegen zehaben abzefertigen. Thun wir uns im Namen wie obstehet zu geschehen verlassen, und haben under diß offen General unser Abbt: und Probstey: auch angeborne aigne Petschier hiefür getruckt. Geschehen zu München den 6. Marti Anno 1613." {Quelle: BayHStA, Kurbayern Geheimes Landesarchiv 1555, fol. 357).

Quellen- und Literaturverzeichnis A. Archivalische Quellen Bayerisches Hauptstaatsarchiv (BayHStA) Bestand - Altbayerische Landschaft Literalien (ALL) 253, 256, 264, 265, 282V2, 310, 326, 331, 338, 365, 413, 414, 461, 589, 807-826, 863, 864, 865, 866, 1059, 1074, 1191, 1213, 1346, 1347, 1537, 1538a, 1553, 1559, 1566, 1567, 1568, 1569, 1570, 1571, 1572, 1574, 1576, 1577, 1579, 1582, 1702, 1710, 1884, 1891, 1986, 1990, 1991, 1992, 1993, 1994a, 1997, 1998, 2002-2009, 2010-2012, 2014-2022, 2024-2029, 2102. - Altbayerische Landschaft Urkunden (ALU) 1594 I 11, 1601 I I 12, 1605 X I I 17, 1605 X I I 28, 1605 X I I 29, 1607 XII 17, 1612 I 16, 1612 II 23, 1612 I I 24, 1612 IV 14 I, 1612 IX 29, 1621 V 15, 1622 I 28, 1623 I 20, 1623 X I I 18, 1625 I 3, 1626 I 19, 1627 IV 30, 1628 ΙΠ 28, 1630 I 20, 1631 I 20, 1631 ΧΠ 7, 1632126, 1633 V I 25, 1633 IX 19, 1637 V I 10, 1638 X 22, 1639 I I 22, 1641 X 1, 1646IV 10, 1648125, 1651 I I 12. - Fürstensachen ( F s) 19,421,422,424,427,494, 534, 536a, 536b, 536c, 538, 549, 557, 566. - Hofamtsregistratur Fasz. Nr. 323-326.

Rechnungen (HR II)

- Hofrat (HR) Fasz. 422 Nr. 715. - Kurbayern Geheimes Landesarchiv (KGL) 1236, 1335-1342, 1343, 1344-1350,1532, 1555,1446. - Kurbayern Mandatensammlung (KM) 1600 VII 7, 1605 XII31, 1620 I I 20. - Staatsverwaltung (Stv) 1521, 1983,1998, 2001, 2013, 2018, 2020, 2021, 2024, 2289.

B. Gedruckte Quellen und Literatur Albrecht, Dieter: Die auswärtige Politik Maximilians von Bayern 1618-1635 (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der bayerischen Akademie der Wissenschaften Schrift 6), Göttingen 1962. - Maximilian I. von Bayern 1573-1651, München 1998.

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Personenverzeichnis Aicher, Conrad 94, 112 Albrecht V. (Großvater Maximilians I.) 16, 39, 57,65, 164 Allersbach, Abt Johann von 49, 74 Barth, Michael 233 ff., 239 ff. Berneck, Christoph von 74 Carl, Wolf 229 Closen, Georg Christoph von 112, 220, 235, 240 ff. Closen, Hans Jacob von 74, 96, 229, 233 ff. Closen, Wolf Friedrich von 220, 229,234 ff., 239 ff. Donnersberger, Joachim 49 Dürnizl, Thomas 74, 100, 233 ff., 239 ff. Eisengrein, Johann 74 Elsenheimer, Christoph 84 Fraunberg, Hans Georg von 229, 233 ff. Fraunhofer Hans Wolff von 112,229 Ferdinand Maria (Sohn und Nachfolger Maximilians I.) 62, 158, 164,215 Fränkhing, Ottheinrich Freiherr von 112, 229, 236 ff. Fugger, Joachim 228

Haslang, Heinrich von 73, 228 Heller, Gabriel 229 Herwarth, Hans Wilhelm von 84 Herwarth, Johann (Hans) Conrad von 49, 85, 222, 228, 239 ff. Herwarth, Johann (Hans) Georg von (der Ältere) 49, 82 ff., 211, 216 Herwarth, Johann (Hans) Georg von (der Jüngere) 83 ff., 216 Hund(t), Hans Wilhelm von 112 Hund(t), Wiguleus 100, 229, 239 ff. Hund(t), Wolf Dietrich 74, 93 f., 222, 228, 233 ff. Karl, Wilbold 97 Khergl, Carl 94, 229 Kirchdorffer, Gabriel 229 K(h)uen, Ferdinand 74, 229 Kulmer, Karl 73 Lautherius, Georg 73, 228, 233 ff. Leublfing, Hans Christoph von 229 Ligsalz, Friedrich 100,112, 222, 239 ff. Lung, Wolf Christoph 74, 228, 233 ff. Lösch, Wilhelm 228

Gailkircher, Johann 74 Gewold, Christoph 49 Glabsberger, Johann 112 Glabsberger, Virgil 74, 96 f., 229, 233 ff. Gumppenberg, Georg von 94, 221, 233 ff. Gumppenberg, Heinrich von 100, 112, 211, 220 f., 234 ff., 239 ff. Gustav Adolfi. (König von Schweden) 117

Maming, Leonhart von 94, 228, 234 ff. Maxlrain, Wolf (gang) Veith von 94, 119, 222 f., 228, 233 ff., 239 ff. Mayr, Christoph 229 Mazarin (frz. Kardinal) 144 Mercy, Franz von 139 Messenbeckh, Sigmund 229 Muggenthal, Hans Adam von 223 Muggenthal, Heinrich Hannibal von 223, 237 ff.

Haimb, Leonhard 96 f. Haslang, Alexander von 100,216,221,237 ff. Haslang, Georg Rudolph von 221 f.

Nothafft, Hans Bernhard von 236 ff. Nothafft, Hans Leonhard von 229 Nothafft, Sigmund von 97, 223 f., 229

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Personenverzeichnis Orttenburg, Georg von 228 Pachmayer, Hans 229 Päzinger, Christoph 94 ff., 234 ff., 239 ff. Piccolomini 146 Pienzenau, Friedrich von 112, 228, 234 ff. Preysing, Ciriacus von 74, 225, 229, 234 ff. Preysing, Heinrich von 49, 74, 93, 229, 237 ff. Preysing, (Hans) Christoph von 94, 100, 112, 224, 236 ff., 239 ff. Preysing, Hans Warmund von 96, 112, 224 f., 233 ff. Pronner, Hieronimus 84 Raindorf, (Hans) Christoph von 97, 100, 112, 236 ff. Rechberg, Wolf Conrad Freiherr von 49 Reitter, Caspar 229 Ridler, Gabriel 112 Rohrbach, Wolf Moritz von 97, 229 Roming, Ernst 73 Ruestorff, Hans Wolf von 229, 234 ff. Rumbier, Christoph 73 Schausberger, Balthasar 229 Schadt, Hans Georg 112 Schmid, Caspar von 62 Schöllhammer, Niklas 49, 229, 233 ff., 239 ff. Schrenk, Christoph 74, 100, 212, 217, 225, 229, 233 ff., 239 ff. Schrenk Hans 49, 73, 93, 234 ff. Seyboltsdorff, Christoph von 74

18*

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Seyboltsdorff, Sigmund von 225 f., 241 ff. Seyboltsdorff, Viktor Adam von 226 Sigarsreiter, Christoph 112, 229 Stainauer, Hans 112 Stautmiller, Hans 229 Tannberg, Achaz von 112 Tannberg, Georg von 112 Tannberg, Gundacker von 74, 94 ff., 100, 211, 216, 226, 229, 234 ff., 239 ff. Taufkirchen, Burkhart von 74, 94, 229, 233 ff. Taufkirchen, Ernreich von 229, 235 ff., 239 ff. Tilly 115, 121 f. Törring, Christoph von 238 Törring, Eustachius von 94 ff., 211, 227, 229, 233 ff., 239 ff. Törring, Georg Konrad von 100, 227, 236 ff. Törring, Hans Veith von 94 Törring, Ladislaus von 94 ff., 100, 112, 211, 226 f., 229, 233 ff., 239 ff. Törring, Wolf Dietrich von 119 Wallenstein 119 ff. Weichß, Hans Georg von 229 Widmer, Lazarus 112, 229, 233 ff., 239 ff. Wilhelm V. (Vater Maximilians I.) 16, 57, 198, 201 Wolf, Ruprecht 229 Wrangel (schwed. General) 146 Zeller, Caspar Hans 229, 234 ff.

Sachverzeichnis Absolutismus 20,48, 71 f. Absolutismusforschung 47 f. Adjunkten 32, 70, 86, 90 ff., 100, 103 ff., 110 ff., 115, 123,150,244 Amtleute - fürstliche 37, 61, 64, 166 ff., 171, 205, 210, 213 f. Aufschlag - Bewilligung 193, 195 ff. - Einnahme 20, 32,46, 84,92, 98,107,112, 116, 128 f., 138 f., 149, 162 f., 195 ff., 196-199, 204-209, 210 f., 213 f., 219 - Erhebung 19,49, 195 - Erhöhung 102, 110, 125 f., 128, 200, 210 - Instruktion 55, 196, 199-208, 210 f., 214 - Rechnung 93 f. - Verordnete 94 ff., 112, 206 ff., 211-213 - Verwaltung 20, 194 ff. Ausgabenkontrolle 106 f. Ausschuss, Ausschüsse 14, 17 - landschaftliche, landständische 20, 26, 69, 71, 75, 82 ff., 98, 103 f., 106, 115 f., 121 Ausschusslandtage 26 Beamte - fürstliche 24,37 ff., 40,43,47 f., 56,58 f., 61 ff., 71, 76, 86, 99, 114, 124, 143, 162, 171, 174, 178ff., 214, 218 - landständische 38, 52, 92, 94, 120, 125, 131, 140, 184, 209, 211, 214, 215-217 Braunbier - Aufschlag 31, 115, 128, 199 ff. - Brauereien 31, 60, 68, 198, 207 Bündnishilfen, Bündniskontributionen 50, 51 ff., 72, 101 ff., 105, 107 ff., 109 ff., 113 f., 117 f., 119 ff., 151 ff. Defensionsräte (Landesdefensionsräte) 30, 94 f., 96, 98, 119, 221, 224 f., 226 f., 233, 236 f., 239 f., 241 f., 243 f.

Dualismus 13 ff., 17 Duplik, Duplikschrift 26, 36,40, 76 Edelmannsfreiheit 38 ff., 42, 56 ff., 64 ff., 72, 225 Finanzen, Finanzwesen - fürstliche, s 24, 25 ff., 86 - landständische, s 19 f., 52, 92, 131, 140, 215 ff. Finanzpolitik 24, 28 f., 44 ff., 181, 187, 211 ff. Fürkauf 41, 67 Geheimer Rat 30, 62, 74, 84, 86, 221, 224, 226 Gerichtsbarkeit - städtische 68 f. Gesamtlandschaft 36, 47, 77 ff., 81, 87 ff., 99, 112,122 f., 159,166,214,219 Getreideaufschlag 114 f. Großer Ausschuss 31, 35, 48 ff., 53, 55, 71 f., 76-81, 82, 86, 90, 92, 98 f., 104 Grundherr 37, 61 ff., 69,115, 162 Hauptinstruktion - landschaftliche 47, 55, 108, 113 Heer - kaiserliches 115, 117, 119, 122 - stehendes 87, 139, 145, 147 Heeresfinanzierung 119,137, 156 Hofkammer 41, 76, 92, 104, 105 ff., 111, 113, 140, 143 ff., 149 f., 201, 206 f., 214 Hofkammerpräsident 30, 49, 73, 100, 120, 141,201,207,217 Hofkanzler 74, 84, 100 Hofmark 18, 102, 114, 129, 171, 174, 177, 196, 198 Hofmarksherren 40, 59, 61, 65 f., 103, 135, 163 ff., 170 ff., 178 f., 204, 210

Sachverzeichnis Hofrat 37, 57 f., 73, 84, 221, 223 f., 226 f. Hofratspräsident 206, 218 Inwohner 114, 136, 177 Kammergut 24, 27, 31 ff., 55, 107, 156,162, 183 Kammergutsaufbesserung, Kammergutsaufstockung 27, 32 ff., 55, 101, 107 ff., 111, 114 f., 116 ff., 121 ff., 128 ff., 137 ff., 144 ff., 151 ff., 183, 185 ff., 190 ff. Kassen - landschaftliche 19, 126,140, 162 Kastner 37, 61, 174, 177, 222 Katholische Liga 50 ff., 70, 104 f., 117 f., 158 f., 221 Kipper und Wipper 109 Kommissare - landschaftliche 83, 90 ff., 95 ff., 100, 120, 123, 148 ff., 184, 215 ff., 234 f., 240 ff., 258 Kommissariat 90 ff. Kooperation zwischen Fürst und Ständen 20 f., 46 f., 70 f., 99, 103,219 Kooptation 81, 90, 93 f. Kreishilfen, Kreiskontribution 32, 50, 70, 73, 105,114, 140 ff., 156, 183 Kriegshilfen, Kriegskontributionen 70, 73, 105, 107 ff., 111 ff., 117 ff., 134 ff., 141 ff., 151 ff. - monatliche 121 ff., 145 f. Kurwürde 16, 144 Landesdefensionen 27 ff., 45 f., 50 ff., 183 Landesdefensionswerk 50, 52, 105, 109, 145, 183, 225,234 Landesverteidigung 20, 27 ff., 50 f., 55, 100 ff., 105 ff., 110 f., 116 ff., 124 f., 127 f., 130, 132, 145, 157, 162 Landeswohl (Wohl des Landes), Landeswohlfahrt 20, 45, 70 f., 100, 128, 158, 164,215 Landgericht 38, 61 ff., 102, 128, 167, 182, 210 Landsassen 26, 37, 48, 59, 83, 89, 93, 99, 114, 174, 177 Landschaftsausschuss 104 Landschaftskanzler 23, 49, 79 ff., 82 ff., 95 ff., 100, 181 ff., 216 ff., 233 ff. Landschaftskasse 137, 143, 153

261

Landschaftsmarschall 79 ff., 82 ff., 86 Landstände - Entmachtung 18,43, 126, 219 Landsteueramt 163 ff. Landsteuerer 94 ff., 165 ff. Landsteuern 31 ff., 55 ff., 103 ff., 106 ff., 113 ff., 117 ff., 123 ff., 147, 161 ff., 172 ff., 183 ff., 195 f., 230 Landtagsverhandlungen 26 ff., 33 ff., 35 ff., 49 ff., 86 ff., 97 ff., 155 Landrecht 22 f., 40, 54, 63, 71, 98, 220, 223, 225 f., 239 - Reform 73-76 Ligaheer 119,124 Malz-Aufschlag 207 f. Mandate - fürstliche 41, 43, 48, 63 f., 118, 131, 134, 136, 171, 175 f., 205 Mauten 40, 54, 67 f., 161 f., 193 Mitsprache, Mitspracherechte 47, 58, 88, 103, 108,122 f., 159,163, 209 Niedergerichtsbarkeit - fürstliche 66 - Privileg 37 ff., 42, 65 f., 72, 225 Oberlandsverordnete 94, 216 Obersteuerer 165 ff., 173, 182 ff. Pfleger 37, 61, 84, 165 ff., 170 ff., 180 ff., 204,213, 221 ff. Politte 197 ff., 207 f., 245 Polizeirecht 68, 73 ff., 95 Prager Frieden 132, 141, 156 f. Privilegien - landständische, ständische 17 f., 21, 27, 35, 40 f., 48, 56 ff., 66 ff., 74 ff., 105, 110, 120, 126 ff., 135, 155 ff., 162 ff., 208, 215, 218 f., 232 Proposition 26 ff., 45, 50, 77, 79, 82, 101, 106, 115, 124 ff., 143 Prozess - Gant- 74 ff. - Malefiz- 74 ff. - Ordinari- 74 ff. - summarischer 36, 74 ff. Rechenaufnehmer, Rechnungsaufnehmer, Rechenherren 32, 86, 90, 100, 104 ff., 110, 148 f., 181ff., 215 ff.

262

Sachverzeichnis

Rechnungslegung 20, 52, 82 f., 98, 159165, 186, 215 Regalien - fürstliche 24,47 Reichshilfen, Reichskontributionen 32,50 f., 70, 73, 100, 105, 114, 139 ff., 149 f., 151 ff., 156,183 Reichskreis 139, 146 Reichsstände 50 ff., 122, 132, 156 Rentamt, Rentämter 37, 56, 59, 62, 78, 89 ff., 94 ff., 129, 145 ff., 165 ff., 178, 184 ff., 190, 228 f. Rentmeister 24, 125, 128,152, 186, 223 Replik, Replikschrift 26, 36, 61, 117, 124, 133 Repräsentation - der Gesamtlandschaft 77, 81, 89, 158 - der Untertanen 17, 33,45 f., 69, 88 f. Repräsentativverfassung 14 ff. Resolution - fürstliche 26, 33, 37, 40, 66, 75, 126 f., 134,139 Ritterbank (Gelehrtenbank) 57 ff., 60 f., 84 Ritterstand, Ritterschaft 38-42, 64-66, 113, 127, 169, 174, 177, 228, 245 Römermonat 119, 132 ff., 141 f., 143 ff., 151 ff. Salzaufschlag 31, 47, 55, 101, 108, 133, 156, 183-191, 200 f. Schadlosbrief 29, 33 ff., 103, 107, 116, 119, 134, 155,231 Scharwerk 39, 61 ff. Schuldentilgung 29 ff., 44 ff., 162,194 Schuldenübernahme 27 ff., 191 ff. Staat - frühmoderner 14 ff., 88, 161, 175 f., 193 ff. Staatsausgaben 35, 193 Staatshaushalt - Konsolidierung 25 ff., 44, 72, 208, 215 Standsteuerer 93, 168 f. Standsteuern (Ständeanlage) 31 ff., 44, 103 ff., 106 ff., 113 ff., 120, 123 ff., 147, 154, 161 ff., 181, 183 ff., 189 ff., 195 f. Steuerbewilligung 24, 29, 34 f., 44, 55, 73, 88, 126 f., 159,162 ff., 219 Steuerbücher 169,171, 180

Steuereinnahme, η 45,102, 160, 162 ff., 219 - Organisation 165-168 Steuererhebung, en 25,29, 34,49,52, 81,102, 114,129,136,169,207 Steuerhauptrechnung, Jahressteuerhauptrechnung 20, 90 ff., 129,168,181 ff., 190, 216 ff., 235 Steuerinstmktion 22, 92, 165, 169 f., 172181, 189 Steuern-direkte/indirekte 156,159,161 ff., 218 Steuerperiode 55,106 ff., 116, 165, 182, 189 Steuerschätzung 167 Steuerverwaltung 22 f., 27, 52, 72, 76, 161 ff., 182 Steuerzettel, Steuerquittungen 167, 170 f. Territorialstaat 13 f., 25 Ungeld 41,193 Unterlands verordnete 95 f., 216 Untersteuerer 165 ff., 182 ff. Visierer 197, 207, 212 Visitationen 24, 47, 204 Vitztum 94, 221,223-226 Vitztumhändel 65 f. Voll-Landtage 26, 87 ff., 109 ff. Vorrat - landschaftlicher 83 f., 91 f., 94, 97, 103 f., 118 ff., 130 ff., 162 f., 168, 183 f., 187, 215 ff. Vorratsverordnete 20, 53, 96 ff., 107, 129, 165 ff., 181 ff., 216 f., 220 ff. Weinaufschlag 30 f., 55, 101, 103, 128, 151 ff., 196 ff., 201 f., 206 Weinmarkt 94,196 f., 210 Weißbier - Aufschlag 29 ff., 45 f., 55 f., 115, 128, 137, 147, 151 ff., 198 ff. - Brauereien 56 ff., 68, 195,198 ff., 208 - Produktion 59 ff., 198 ff. Wirtschaft - städtische 41 f., 53 f., 67 f., 71 Zentralbehörden 16, 24, 54, 87, 217 Zoll, Zölle 67 f., 161, 193,211