KugelbauVisionen: Kulturgeschichte einer Bauform von der Französischen Revolution bis zum Medienzeitalter [1. Aufl.] 9783839409459

Die Geschichte des Kugelbaus als Kultraum im Sinne eines kollektiven, einheitsschaffenden und universalisierenden Kommun

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KugelbauVisionen: Kulturgeschichte einer Bauform von der Französischen Revolution bis zum Medienzeitalter [1. Aufl.]
 9783839409459

Table of contents :
Inhalt
Vorbemerkung
Aufmarsch der Systeme
Berlin – New York 1939, Paris 1793
Kugel und Grotte
Boullées Tempel der Vernunft / Natur
Die Koordinaten des Problems
Die Kugel – Vom Herrschaftszeichen zum Baukörper der Einheit
Architektur als Bild Zwischen Metapher und Symbol
Zur Lesbarkeit »sprechender« Architektur
Kult, Bau, Bild
Paris 1793
Bauten der Brüderlichkeit
Vernunft oder Natur? Boullées Tempel im Licht der Revolutionssemantik
Der Kult des Betrachtens
Der Landschaftsgarten
Zur Genealogie säkularer Kultformen der Moderne
Tumulus und Turm
Alterität im Diskurs nationaler Einheit des 19. Jahrhunderts
Grottenhügel und Hügelgrab
Waterloo
Deutschtum und Denkmalssemantik
Turm und Grottenhügel im Kaiserreich
Die Kugel im 20. Jahrhundert
Säkulare Kulträume moderner Massengesellschaft
Zwischen Himmel und Erde
Das Bodenlose der Massendemokratie Sedlmayr und Democracity
New York und Berlin 1939 Medienspektakel und kultische Performanz im sphärischen Raum
Gedächtnis und Immersion Kulträume am Ende des 20. Jahrhunderts
Memorialarchitekturen I. Das Imperial War Museum North (Daniel Libeskind)
Memorialarchitekuren II. Der Wettbewerb zum Denkmal für die ermordeten Juden Europas
Immersion I. Weltausstellungen und Medien-Avantgarde
Immersion II. Das sphärische Kino: Omnimax
Gebauter Raum versus Medientransparenz
Kugel versus Netzwerk
Neu–alte Totalitäten
Literaturverzeichnis
Verzeichnis der Abbildungen
Register

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Susanne von Falkenhausen KugelbauVisionen

2008-09-15 15-13-53 --- Projekt: transcript.titeleien / Dokument: FAX ID 0284189386618048|(S.

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) T00_01 schmutztitel - 945.p 189386618056

Susanne von Falkenhausen (Prof. Dr.) lehrt Neuere Kunstgeschichte mit dem Schwerpunkt Moderne an der Humboldt-Universität zu Berlin. Sie forscht zum Verhältnis von Kunst, Architektur und Macht seit 1789 und zum Verhältnis von Kunstgeschichte und Visual Culture Studies.

2008-09-15 15-13-53 --- Projekt: transcript.titeleien / Dokument: FAX ID 0284189386618048|(S.

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) T00_02 seite 2 - 945.p 189386618088

Susanne von Falkenhausen KugelbauVisionen. Kulturgeschichte einer Bauform von der Französischen Revolution bis zum Medienzeitalter

2008-09-15 15-13-53 --- Projekt: transcript.titeleien / Dokument: FAX ID 0284189386618048|(S.

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) T00_03 titel - 945.p 189386618106

Gedruckt mit Hilfe der Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften in Ingelheim am Rhein

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2008 transcript Verlag, Bielefeld Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Kordula Röckenhaus, Bielefeld Umschlagabbildung vorne: Étienne-Louis Boullée: Tempel der Vernunft oder der Natur, Schnitt, ca. 1793, Federzeichnung laviert, 48 x 91 cm, Florenz, Uffizien. Umschlagabbildung hinten: Franz Bornemann: Auditorium des Deutschen Pavillons auf der Expo Osaka, Innenansicht, 1970, Fotografie, in: Bauwelt 40, Oktober 1970, Jahrgang 61, S. 1492 Innenlayout & Satz: Henning Grope, Berlin Lektorat: Adele Gerdes, Bielefeld Druck: Majuskel Medienproduktion GmbH, Wetzlar ISBN 978-3-89942-945-9 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: http://www.transcript-verlag.de Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis und andere Broschüren an unter: [email protected]

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Inhalt

Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

Aufmarsch der Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Berlin – New York 1939, Paris 1793 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

Kugel und Grotte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Boullées Tempel der Vernunft / Natur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

Die Koordinaten des Problems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Kugel – Vom Herrschaftszeichen zum Baukörper der Einheit Architektur als Bild Zwischen Metapher und Symbol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zur Lesbarkeit »sprechender« Architektur. . . . . . . . . . . . . . . Kult, Bau, Bild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Paris 1793 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bauten der Brüderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . Vernunft oder Natur? Boullées Tempel im Licht der Revolutionssemantik Der Kult des Betrachtens . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . 23 . . 23 . . 26 . . 30 . . 31

. . . . . . . . . . 37 . . . . . . . . . . 44 . . . . . . . . . . 53 . . . . . . . . . . 67

Der Landschaftsgarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 Zur Genealogie säkularer Kultformen der Moderne . . . . . . . . . . . 69

Tumulus und Turm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alterität im Diskurs nationaler Einheit des 19. Jahrhunderts Grottenhügel und Hügelgrab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Waterloo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Deutschtum und Denkmalssemantik . . . . . . . . . . . . . . . . Turm und Grottenhügel im Kaiserreich . . . . . . . . . . . . . . .

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. 79 . 79 . 80 . 86 . 89 . 101

Die Kugel im 20. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . Säkulare Kulträume moderner Massengesellschaft Zwischen Himmel und Erde . . . . . . . . . . . . . . . Das Bodenlose der Massendemokratie Sedlmayr und Democracity . . . . . . . . . . . . . . . New York und Berlin 1939 Medienspektakel und kultische Performanz im sphärischen Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . 109 . . . . . . . . . . . 109 . . . . . . . . . . . 110 . . . . . . . . . . . 116

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Gedächtnis und Immersion Kulträume am Ende des 20. Jahrhunderts . . . . . . . Memorialarchitekturen I Das Imperial War Museum North (Daniel Libeskind) Memorialarchitekuren II Der Wettbewerb zum Denkmal für die ermordeten Juden Europas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Immersion I Weltausstellungen und Medien-Avantgarde . . . . . . Immersion II Das sphärische Kino: Omnimax . . . . . . . . . . . . . Gebauter Raum versus Medientransparenz . . . . . .

. . . . . . . . . .129 . . . . . . . . . . 129

. . . . . . . . . . 132 . . . . . . . . . . 134 . . . . . . . . . . 146 . . . . . . . . . . 157

Kugel versus Netzwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 Neu–alte Totalitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 Verzeichnis der Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197

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Vorbemerkung

Zum zweihundertjährigen Jubiläum der Französischen Revolution im Jahr 1989 wurde als zentrales Signet der französischen Gedenkveranstaltungen eine Architekturvision gewählt: der Newton-Kenotaph von Étienne Louis Boullée, entstanden fünf Jahre vor der Revolution. Als Ikone radikaler Imagination von Vollkommenheit, kosmischer Universalität und allseitiger Symmetrie wurde der Kugelbau wenige Jahre danach in die jakobinische Bildsprache für die Kulte revolutionärer Volkssouveränität übernommen. Dieser Entwurf eines Kugelbaus gilt als Begründer einer ganzen Tradition, die bis zu den Architekturen von Weltausstellungen, Themenparks, Museen und Kinos der letzten Jahrzehnte reicht. Im Jahr der Fußballweltmeisterschaft 2006 bot das Berliner Pergamonmuseum mit der Ausstellung Der Ball ist rund – Kreis, Kugel, Kosmos eine historische Fundierung für den jüngsten Kult der Moderne, das Fußballspiel – ein wahrhaft säkularer, globaler Kult, den die Ausstellung zurückband an »zwei der ältesten und zentralen Symbole der Menschheitskultur: Kreis und Kugel«.1 Mit Artefakten, die von ägyptischen Sonnenscheiben, mittelalterlichen Glücksraddarstellungen und Globen, vom Reichsapfel bis zum buddhistischen Kalachakra reichten, wurde eine Konstante mythisch-religiösen Denkens quer zu den Kulturen und Epochen nachgezeichnet, die sich aus der Figur von Kreis und Kugel als vollendete Gestalt speiste. Ob nun die Ausstellung ein Versuch war, den für ein Jahr omnipräsenten Slogan Der Ball ist rund zu nobilitieren, oder im Gegenteil die museale Wissenskultur solch verwertungsferner Disziplinen wie der Vor- und Frühgeschichte und der Archäologie anzubinden an jüngste Populärkultur, sei dahingestellt. Jedenfalls bietet die Operation, den (Fuß-)Ball mit der Kugel kurzzuschließen, nun, 18 Jahre nach dem Revolutionsjubiläum, einen willkommenen Anknüpfungspunkt für meine Geschichte moderner Kugelphantasien im Feld der Architektur, denn immerhin zeugt sie gleichsam als kulturdiskursives Symptom von der nach wie vor geltenden Anschlussfähigkeit wie Reichweite dieses Topos. Ein Bau kann in vielerlei Hinsicht zum Bild werden, also zu einem Objekt des Betrachtens, ob als Architekturzeichnung, als Vedute oder als gebaute Szenerie. Die Dimension der Bildlichkeit von Architektur als Anblick, Repräsentation, Botschaft, ist ein wesentlicher Schlüssel

1 Der Ball ist rund – Kreis, Kugel , Kosmos, Staatliche Museen zu Berlin und Humboldt-Universität zu Berlin, 8. Juni – 27. August 2006, Pergamonmuseum Berlin. Vgl. den gleichnamigen Katalog.

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zur Geschichte der Kugelbauvisionen. In der Kugel als Baukörper und -form kulminierte und verdichtete sich eine Textur von Beziehungen: zwischen einer Bauform und ihrer sich historisch wandelnden Metaphorik, zwischen der Bauform und ihrem politischen Bedeutungskontext und zwischen der kultischen Bestimmung und der Vorstellung künstlerischer Autonomie. Auf den ersten Blick erscheint das Zusammenspiel der baulichen Funktion – im Falle der Kugelentwürfe Boullées der Natur- und Vernunft-Kult der jakobinischen Revolution – mit der von Boullée gesuchten ästhetischen Autonomie von Architektur als und im Bild paradox, da die Funktion des jakobinischen »Tempels« in der kultischen Aufführung politischer Einheit auf eine Totalisierung individueller wie kollektiver Wahrnehmung setzte, mithin dem Autonomieanspruch künstlerischer Individualität zu widersprechen schien. Gerade in seiner Angewiesenheit auf zeichenhafte Repräsentation jedoch ermöglichte der Kult dieser politischen Religion erst die künstlerische Freiheit des Architekten zum Bild und legitimierte sie zugleich. Die merkwürdige Spannung zwischen der Vorstellung künstlerischer Autonomie auf der Seite des Architekten und der Bindung seiner Entwurfstätigkeit an die kultische Funktion war analog auch in anderen Beziehungen nachvollziehbar: zwischen der bildlichen Repräsentation und dem architektonischen Raum, denn der Kultbau Boullées war beides zugleich; zwischen verschiedenen Wahrnehmungsformen, die sich darauf bezogen, einen Baukörper als Bild zu sehen und als Raum zu erfahren; zwischen der metaphorischen Kombinatorik der Bauikonographie und der auf Einheit gerichteten Radikalisierung der Form im streng stereometrischen Baukörper; zwischen der hochgradig normativen Programmatik des dargestellten Kultinhalts und der davon offenbar sich beflügelt fühlenden künstlerischen Imagination, wie sie Boullée in seinem berühmten Traktat zur Architektur als Kunst rhapsodisch beschreibt. Seit der Hinrichtung des Königs in der Französischen Revolution hat sich den europäischen Nationalstaaten das Problem gestellt, einen Ersatz für dieses verlorene Symbol staatlicher Einheit zu finden. Heute, konfrontiert mit der identitätsbildenden, religiös-politischen Militanz von Ländern wie dem Iran, scheinen die westlichen Demokratien wieder verstärkt mit dem Problem eines fehlenden symbolischen Zentrums zu kämpfen. Ein Bild wie das der Kugel, das der Abbé Sieyes 1789 für das souveräne Volk entwarf, basierte auf einer gedanklichen Abstraktion und musste ohne ein körperliches Äquivalent für den König auskommen: An die Stelle der Hierarchiepyramide mit dem König an der Spitze und dem ihn inthronisierenden Gott, der über allem schwebt, trat mit der Kugel eine Raumfigur, die kein Oben hatte, sondern einen Mittelpunkt, das Gesetz. Die Bürger der demokratischen Nation befanden sich als die Punkte auf der Oberfläche der Kugel alle 8

VORBEMERKUNG

gleich weit entfernt vom Gesetz, dem sie sich imaginär unterstellen sollten. So schlagend einfach die Analogie zwischen der Figur einer Kugel als Metapher für Gleichheit und Einheit und ihrer mathematischen Eigenschaft allseitiger Symmetrie gewesen sein mag, so war das Raumbild der Kugel kein adäquater Ersatz für das Bild eines Königskörpers, das für den Staatskörper stand. Die Kugel fand zwar Aufnahme in die politische Ikonographie der Revolution als eine Figur, welche die Einheitsphantasmen der Volksherrschaft raumbildlich umund beschrieb; sie gab jedoch gleichzeitig das strukturelle Repräsentationsproblem für ein Zentrum dieser Herrschaft als ihre buchstäblich leere Mitte preis. Für das 19. Jahrhundert mit seinen neuerlich monarchisch organisierten Nationalstaaten sahen die baulichen Bilder für politische Universalien denn auch anders aus: Tempel, Tumulus, Gruft und Turm lösten die Kugel ab. Kann also die Bauform der Kugel als Metapher für Funktionen politischer Ritualität (Einheit, Universalität, Gemeinschaft, Verbindlichkeit) einem bestimmten politischen System, der Demokratie, zugeordnet werden? Wie verhält sich die Semantik politischer Kultbauten zu den prekären Hegemonien und Hierarchien der Staaten und Gesellschaften des 19. Jahrhunderts, und wie verändert sie sich mit den totalitären Systemen des 20. Jahrhunderts? Es zeigt sich zum Beispiel, dass gerade jene Signifikationsprozesse, die sich auf die Einheit einer Nation richteten, offenbar ohne eine Semantik der Geschlechterdifferenz nicht auskamen. Die Frage nach dem sich im Verlauf dieser zweihundert Jahre wandelnden Feld kultischer Inszenierungen von Einheit, bezogen auf die Kugel als Bauform (d.h. nicht als Ornament oder Dekoration) und als Signifikant, führte zu neuen Verzweigungen, die weit über eine politische Architekturikonographie hinaus reichen und die vor allem mit dem medientechnologischen Wandel der letzten Jahrzehnte zu tun haben. Inszenierungspraxen des vordigitalen Zeitalters überschneiden sich mit neuen Praxen, erfahren aber auch paradigmatische Veränderungen. So führt eine historische Linie des politischen Einheitskultes von den Vernunfttempeln und Parlamentsgebäuden der Französischen Revolution über die Bauten nationaler Gedenkkultur des 19. Jahrhunderts zu den Memorialbauten neuesten Datums und trifft dort auf veränderte mediale Voraussetzungen, die mit neuen Mustern von Immersion und Verzeitlichung einhergehen. Eine Brücke zwischen Memorial- und Medienkult wird deutlich, die über immersive Bild- und Tontechnologien verläuft. Diese Entwicklung wird in den Kugelbauten der Weltausstellungen der 60er und 70er Jahre des letzten Jahrhunderts vorweggenommen, die als Experimentierfeld multimedialer Immersion auch für die Kugelbauten der Themenparks der 80er und 90er Jahre vorbildlich werden. Ein enger Verbund zwi9

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schen museal-memorialer Medienarchitektur, Weltausstellungspavillons, Themenparks und der sphärischen Projektion und Architektur des Omnimax-Kinos zeigt sich, der die Wahrnehmungsstrategien der früher architektonisch determinierten Kulträume entscheidend verändert hat – eine Verschiebung, die sich nicht mehr einfach unter einen klassischen Begriff des Politischen wie seines Kultes subsumieren lässt. Die Folgen für den kollektiven Aspekt von Wahrnehmung als zentralem Element für den Effekt kultischer Erfahrung sind enorm; und dies gilt auch für die Formen und Praxen medial determinierter Phantasmen von Einheit oder Totalität. Meine Schlussfolgerungen aus diesen Verschiebungen geben keinesfalls vor, neutral zu sein, denn sie treffen sich mit einem seit langem von mir verfolgten kritischen Interesse an derartigen Phantasmen und ihrer künstlerischen Form. Im Paradigmenwechsel von der Kugel zur »Blob«-Architektur der Jahrtausendwende wird das Phantasmatische noch einmal mit verblüffender Klarheit deutlich. Die mythisierende Rede von der Fluidität, bezogen auf die integrativen Möglichkeiten der digitalen Medien und auf die daraus resultierenden Veränderungen in der Praxis der Architektur, erweist sich als Wiederauflage totalisierender Diskursfiguren. Der verflüssigte globale Medienraum, in der Architektur der Traum einer Erlösung von der Statik des Baukörpers durch digitale Entwurfs- und Baupraxen, erscheint derart als verlockende Alternative zu den Schwierigkeiten, den medial re-formierten Normierungsprozessen Differenz als so bewegliche wie kritische Kategorie entgegenzuhalten. Gedankt sei vor allem den konstruktiv-kritischen LeserInnen (in der Reihenfolge ihres Auftretens): Hanne Loreck, Horst Bredekamp, Bettina Uppenkamp, Birgit Kulmer, Ildikó Szántó. Dem Sterling and Francine Clark Art Institute verdanke ich einen wunderbaren Forschungsaufenthalt im Jahre 2005 und entscheidende Impulse für die letzten Kapitel des Buches. Michael Ann Holly, Mark Ledbury, Gail Parker und Karen Bucky sei für ihre liebenswürdige Unterstützung gedankt. Ildikó Szántó, Adele Gerdes, Henning Grope haben die Herstellung des Druckmanuskripts durch ihre Genauigkeit und Professionalität erst möglich gemacht. Dem Verlag transcript und seinen MitarbeiterInnen sei ebenfalls sehr gedankt.

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»Ich stelle mir das Gesetz als Mittelpunkt einer großen Kugel vor: Alle Bürger ohne Ausnahme befinden sich im gleichen Abstand auf der Oberfläche und nehmen da gleiche Plätze ein. Alle hängen gleichermaßen vom Gesetz ab, alle stellen ihre Freiheit und ihr Eigentum unter seinen Schutz. Das nenne ich die gemeinsamen Rechte der Bürger, durch die sie alle gleich sind …« 2

Aufmarsch der Systeme

Berlin – New York 1939, Paris 1793 1936 inszenierte Albert Speer auf dem Zeppelinfeld in Nürnberg mit Hilfe von 152 Flakscheinwerfern einen »Lichtdom« 3 (Abb. 1), der den aufmarschierten »Volkskörper « – mehr als 200 000 Menschen waren am 11. September 1936 auf dem Reichstagsgelände versammelt – mit einem Strahlenkranz umhüllte und so zum Kultgegenstand seiner selbst transzendierte. Die Strahlen der Scheinwerfer fuhren, Pfeilern gleich, annähernd senkrecht nach oben, um in einer Höhe von über sechs Kilometern zu einer leuchtenden Kuppel zusammenzufließen. 2 Emmanuel - Joseph Sieyes : Was ist der dritte Stand?, Rolf Hellmut Foerster (Hg.): Frankfurt/M. 1968, S. 136 (franz. Titel des Pamphlets von 1789: Qu’est-ce que le tiers état ? ). 3 Deutlich zu sehen in einer Abbildung aus: Leni Riefenstahl : Schönheit im olympischen Kampf (1936), Neudr. München 1988, S. 246 f. Vgl. außerdem Albert Speer : Erinnerungen, Frankfurt/M. 1969, S. 71 f. und Gerdy Troost : Das Bauen im Neuen Reich, Bayreuth 1941, S. 27. Vgl. auch die Dissertation von Anne Krauter : Die Schriften Paul Scheerbarts und der Lichtdom von Albert Speer – »Das große Licht«, Diss. Heidelberg 1997, http://www.ub.heidelberg.de/archiv/4903, 10. 5. 2006, bes. S. 148 f f. (erscheint 2008 als Anne Krauter-Kellein: Das große Licht. Die Schriften Paul Scherbarts und der Lichtdom von Albert Speer, Berlin 2008). Dort finden sich auch Hinweise zur Geschichte der Benennung als Lichtdom, die bereits in der zeitgenössischen Berichterstattung Usus war, sowie zur Rezeption in der Forschung.

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Die Bezeichnung »Lichtdom« nimmt kirchliche Architektur als Referenz für die Kultarchitektur des Nationalsozialismus. Die aufstrebende, steile Bauform gotischer Dome, aber auch die überkuppelte Vierung von Kirchen der Renaissance wie dem Petersdom in Rom wurden hier aufgerufen. Albert Speers Entwurf für eine Kuppelhalle (Abb. 2) hingegen, der wenig später für die von Hitler geplante Berliner NordSüd-Achse entstand, berief sich vor allem auf die Kuppelbautradition, sollte die jeweils größten Kuppelbauten der kirchlichen wie der politischen Machtzentren – die Peterskirche in Rom (Abb. 3) und das Capitol in Washington (Abb. 4) – in ihren Dimensionen übertreffen. Mit den aufstrebenden Rippen, die sie außen gliedern, ließe sie sich als eine gebaute Variante des »Lichtdoms« ansehen; wie dieser war sie daraufhin angelegt, den »Volkskörper« (150 000 –180 000 Stehplätze waren geplant) zu umschließen und zu sakralisieren.4 Im Sommer 1939 , als die Planung der Berliner Kuppelhalle fertiggestellt war,5 wurde in New York am 150. Jahrestag der Wahl George Washingtons zum ersten Präsidenten der USA, kurz vor dem Einmarsch Hitlers in Polen, die Weltausstellung eröffnet. Neben einem dreiseitigen Obelisken wurde ein radikalsphärischer Kugelbau mit glatter Außenhaut ihr zentrales Monument. (Abb. 5) Im Inneren dieser Kugel konnten die Besucher das Modell einer zukünftigen Stadt des Maschinenzeitalters bestaunen, eingebettet in einen

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Park: »Democracity «, entworfen »für die Welt von Morgen«. (Abb. 6) Beide Bauten, Speers Große Halle mit der gerippten Halbkugel und die »Perisphere« genannte glatte Kugel der Weltausstellung in New York dominierten eine repräsentative Magistrale. In New York beschloss die blendend weiß gestrichene 6 Perisphere die Constitution Mall, über die sie sich nachts wie ein Vollmond erhob. Dabei hinterfing sie die Silhouette einer großen Statue des Staatsgründers George Washington und spiegelte sich in der Wasserfläche eines Beckens, das umgeben war von weiteren, die Kräfte der Demokratie allegorisierenden Statuen.7 (Abb. 7) Speers Kuppelhalle war für den sogenannten Königsplatz geplant, der das Zentrum der Berliner Nord-Süd-Achse bildete. Sie überragte alle anderen dort aufgereihten Repräsentationsbauten und sollte mit ihrer Höhe von 290 Meter »die Silhouette Berlins beherrschen«.8 (Abb. 8) Während die New Yorker Constitution Mall als Grünanlage mit symmetrisch angelegten Baumbepflanzungen und Wasserflächen den flanierenden Besuchern gewidmet war, sollte die Achse in Berlin in ihrem zentralen Abschnitt den Aufmärschen jener Massen dienen, die sich dann in der Kuppelhalle versammeln würden. In Berlin definierten Kuppelhalle und Paradestraße die Bühne oder den Raum, der die Massen in jenen Momenten umfangen sollte, in denen sie ihre Einheit als Volkskörper aufführen und in ihrer Aufführung gleichzeitig erleben wie verkörpern würden, während in New York die Massen der Besucher Schlange standen, um Democracity zu bestaunen.

4 Vgl. Speer 1969, S. 167. 5 Vgl. hierzu Lars Olof Larsson : Die Neugestaltung der Reichshauptstadt. Albert Speers Generalbebauungsplan für Berlin, Stockholm 1978, S. 44 – 46. 6 Die Perisphere und der Trylon waren als einzige Bauten weiß gehalten. Alle anderen Bauten beugten sich in der Farbgebung einem Konzept des Board of Design für die Expo, das ein Farbschema geplant hatte, das vom Weiß der Kugel nach außen hin immer dunkler wurde, vgl. Erik Mattie: Weltausstellungen, Stuttgart, Zürich 1998, S. 198. 7 Vgl. Le livre des expositions universelles 1851 –1989, Paris 1989, S. 158. 8 Vgl. Larsson 1978, S. 44 ff.

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Die Kugel als Grundidee liegt hier in zwei unterschiedlichen Ausformungen den politischen Kultbauten gegensätzlicher Systeme zugrunde. Es ist bemerkenswert, dass die Architekturmetapher der Kugel auf beiden Seiten einer damals existenziell bedrohlich gewordenen Konfrontation eingesetzt wurde. Eine Art Krieg der Metaphern wurde über Architektur ausgetragen, der das feindliche Gegenüber der Pavillons der Sowjetunion und Nazi-Deutschlands (Abb. 9) auf der Pariser Weltausstellung von 1937 in anderer Konstellation fortsetzte.9 In Paris und New York wurden je zwei Bedeutungs- und Assoziationsfelder derselben Grundform gegeneinander gesetzt: 1937 war dies die Vertikale der beiden aufragenden Turmformen gewesen, mit denen die Sowjetunion und Nazi-Deutschland gegen einander antraten; nun war es der (halb-)sphärische Baukörper, der völkische Diktatur und Demokratie in signifikant unterschiedlichen Ausformungen repräsentierte, wobei sich die gegnerischen Seiten auf zwei unterschiedliche Traditionslinien der Architekturgeschichte bezogen. Die gegliederte Kuppel antiker und neuzeitlicher, kirchlicher wie weltlicher Herrschaftsarchitektur stand gegen die radikalstereometrischen Kugelvisionen der sogenannten Revolutionsarchitektur um Boullée.10 Mit der Konfrontation der politischen Systeme moderner Massengesellschaft in den 30er und 40er Jahren des letzten Jahrhunderts – den faschistisch und stalinistisch totalitären wie den demokratischen – kulminierte die Wirkungsgeschichte der »sprechenden« Architektur, die ihren Anfang in den Jahrzehnten vor der Französischen Revolution genommen hatte.

9 Auch wenn Speers Kuppelhalle nie zur Ausführung kam, bezeugen auf deutscher Seite u. a. ein Text von Hans Sedlmayr (Die Kugel als Gebäude, oder: Das Bodenlose, 1939), auf den später noch eingegangen werden wird, und auf US-amerikanischer Seite Kommentare der Rezensenten der Expo in New York gerade diese Bewertung der Bauten, vgl. hierzu F.A. Gutheim : Buildings at the Fair, in: Magazine of Art, Vol. 32, May, 1939, New York World’s Fair 1939, A Special Issue with Articles by Howard Devree u.a., S. 286 – 316, hier S. 289. 10 In seinen Erinnerungen beschreibt Speer (1969) die Umstände und Zielsetzungen der Planungen für die Große Halle. Er nennt dort St. Peter und das Pantheon in Rom als Bezugspunkte. Boullée wird als Negativbezug genannt: »Die Halle war aber keineswegs ein Wahnprodukt ohne Aussicht auf Verwirklichung. Unsere Pläne gehörten nicht in die Kategorie anderer, ähnlich pompös aus den Dimensionen geratener Vorstellungen, wie sie etwa die Architekten Claude Nicolas Ledoux und Etienne L. Boullée … zur Verherrlichung der Revolution entworfen hatten, ohne dass je eine Ausführung beabsichtigt war. Auch deren Baupläne sahen Größenordnungen vor, die denen Hitlers nicht nachstanden.« (S. 168 f., im Kapitel mit dem Titel »Die Weltkugel«) Hier nun bezieht er sich in einer Anmerkung auf einen Entwurf Boullées für einen Tempel der Vernunft , den Klaus Lankheit erst 1968 (Lankheit 1968) publiziert hatte und auf den wir anschließend ausführlich eingehen werden. Dieser Bezug auf Boullée könnte also post factum zustande gekommen sein, als er seine Erinnerungen schrieb. Unklar bleibt, ob Speer die

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Veröffentlichungen Kaufmanns zu Boullée aus den frühen 30er Jahren zur Kenntnis genommen hat, ob er sich also bereits zur Zeit der Planung der Großen Halle bewusst auf Boullée bezogen haben könnte. Eine genauere strukturelle Betrachtung bringt bei aller Gemeinsamkeit der Ausmaße entscheidende Differenzen hervor. Speer hat die Prinzipien, die Boullée formuliert hat und nach denen er entworfen hat, entweder nicht gekannt (er konnte sie auch nur vermittelt über Emil Kaufmann : Von Ledoux bis Le Corbusier. Ursprung und Entwicklung der Autonomen Architektur, Wien, Leipzig 1933, kennen, denn Boullées Essai war damals noch nicht publiziert) oder aber er hielt sie nicht für zweckmäßig, um faschistische Kollektivmythen zu repräsentieren. Für die Kugel ist das auf den ersten Blick deutlich v. a. in den Rippen der Kuppelhalle, die Boullée vehement abgelehnt hätte.

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Kugel und Grotte

Boullées Tempel der Vernunft / Natur Vermutlich 1793, während der jakobinischen Terreur, entwarf EtienneLouis Boullée einen Tempel, dem er selbst, soweit überliefert, keinen Namen gab. Die Forschung schlägt für den Entwurf zwei Bezeichnungen vor, die gegensätzlicher kaum sein können: »Tempel der Vernunft« und »Tempel der Natur«.11 Dass derart unterschiedliche Interpretationen überhaupt zur Debatte standen, macht ihn zum idealen Ausgangspunkt meiner Überlegungen.12 (Abb. 10)

11 Für die Benennung als Tempel der Natur sind: Helen Rosenau : Boullée & Visionary Architecture including Boullée’s »Architecture, Essay on Art«, London, New York 1976; Jean-Marie Pérouse de Montclos : Étienne-Louis Boullée (1728 –1799). De l’architecture classique à l’architecture révolutionnaire, Paris 1969; Philippe Madec : Boullée, Paris 1989; als einziger Deutschsprachiger bislang: Johannes Langner : Fels und Sphäre. Bilder der Natur in der Architektur um 1789 (dt.-engl. publiziert, engl. Titel: The Rocks und the Sphere. Architectural Images of Nature around 1789), in: Daidalos 12, 1984, S. 92 –103; für die Vernunft plädieren merkwürdigerweise v.a. Wissenschaftler aus dem deutschsprachigen Raum : Klaus Lankheit : Unveröffentlichte Zeichnungen von Etienne-Louis Boullée aus den Uffizien, Basel 1968, 2. Aufl . 1973; Adolf Max Vogt : Boullées Newton -Denkmal, Sakralbau und Kugelidee, Basel 1969; Bruno Reudenbach : Natur und Geschichte bei Ledoux und Boullée, in: IDEA. Werke. Theorien. Dokumente. Jahrbuch der Hamburger Kunsthalle VIII, 1989, S. 31– 56; Monika Steinhauser : Étienne-Louis Boullées Architecture. Essai sur l’art. Zur theoretischen Begründung einer autonomen Architektur, in: IDEA. Werke. Theorien. Dokumente. Jahrbuch der Hamburger Kunsthalle II, 1983, S. 7 – 47. 12 Klaus Lankheit hatte 1968 in den Uffizien zwei große Architekturzeichnungen (54 × 90 cm und 48 × 91 cm) mit Außenansicht und Schnitt eines Rundbaus Boullée zugeschrieben, ca. 1793 datiert und als Tempel der Vernunft interpretiert. Vgl. Lankheit 1973. Bis auf seine Benennung möchte ich seine Ergebnisse übernehmen. In der zweiten Aufl age seines Aufsatzes 1973 lehnte Lankheit die Ergebnisse von Jean-Marie Pérouse de Montclos in seiner Monographie Etienne-Louis Boullée (1728 –1799). De l’architecture classique à l’architecture révolutionnaire, Paris 1969, ab. Dieser hatte Quellenevidenz angeführt für eine Benennung des Tempels als Tempel der Natur. Auch die deutschsprachigen Autor/innen folgen Lankheit .

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Der Außenbau dieses »Tempels« ist ein zu extremer Regelmäßigkeit getriebener Rundbau mit einer in zwei Zylinderringe abgesenkten, glatten Kuppel. Boullées Prinzipien der Ornamentlosigkeit und der geschlossenen Wandflächen, welche die stereometrischen Baukörper als Konstruktionsgrundlage wirksam werden lassen, kommen voll zur Geltung. Die Hauptmerkmale des Innenraums (Abb. 11) sind die beiden Halbsphären für die Kuppel und für eine Felsmulde mit Grotte. Sie werden von einer doppelten, nicht tragenden Kolonnadenreihe verklammert. Die Halbkugel der Kuppel ist nur im Innenraum vollständig sichtbar und hat einen größeren Durchmesser als die untere, in die Erde eingelassene. Diese kann als »Natura naturata« in der Tradition der Grottenarchitektur in den Villen und Gärten seit der Spätrenaissance gelesen werden:13 eine künstliche Felsmulde, an deren Basis ein Grottenhügel aufsteigt mit stark senkrecht betontem, dunklem Höhleneingang. Der Grottenhügel ist bekrönt von einer Diana von Ephesus. (Abb. 12) Ihrem Ursprung nach eine kleinasiatische Natur- und Fruchtbarkeitsgöttin, muss sie dem Architekten, wie Lankheit rekonstruiert,14 aus der ikonographischen Tradition seit Raffaels Loggien im Vatikan als Sinnbild der nährenden Natur vertraut gewesen sein: Natura naturata. Darüber hinaus war sie als Emblem der revolutionär-aufklärerischen Naturreligion in der jakobinischen Festikonographie 1793/1794 aktuell geworden. Die Hauptelemente des Entwurfes sind also die Kuppel, die im Innenraum als halbe Sphäre, im Außenbau jedoch nur als abgesenktes Kugelsegment erscheint, die sie umgebenden Zylinderringe sowie innen die doppelte Kolonnade, darunter eine Felsmulde mit Grotteneingang und der Statue der Diana Ephesia.15 Unklar bleibt die Funktion dieser Architekturphantasie. Keine der üblichen öffentlichen Funktionen ließe sich diesem Bau unterlegen. Mit dem Begriff des Tempels kommt man in der Tat jedoch der Sache am nächsten, obwohl der Bau auch keine Aufschlüsse über Ort

13 Vgl. Barbara Rietzsch: Künstliche Grotten des 16. und 17. Jahrhunderts, München 1987. 14 Lankheit 1973. 15 Eine zwar »gerechte« Deutung dieser Bestandteile, aber leider weder besonders subtil, noch weiter begründet, bietet Richard Sennett in einigen kurzen Sätzen zum »Tempel der Natur und Vernunft« :in: ders.: Fleisch und Stein, Berlin 1995, S. 366 f. (engl. Veröff.: Flesh and Stone, New York 1994). Er widmet den Tempel schlicht beiden Kulten, vereinfacht jedoch die Dualität zusätzlich durch Verkürzungen: Die obere Hälfte sei die der »Vernunft«. Die untere Hälfte sollte aus der Erde »ausgehoben« werden und sei demnach die »Hälfte der ›Natur‹ «. Offenbar ist Sennett der Ansicht, dass die Felslandschaft der Mulde das schlichte Resultat dieses Aushebens sein sollte. Dass es sich hier um architektonisch wohlkalkulierte Natura naturata handelte und eben nicht um »Natur« in irgendeiner authentisch materiellen (ausgehobenen!) Pracht, bleibt unerwähnt.

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und Art der Kulthandlungen gibt. Als Altar käme nur die direkte Umgebung der Göttin infrage, zu der es jedoch keinen Zugang gibt. Dennoch – die Göttin zeigt es an – soll der Bau ein heiliger Ort sein, ein Ort der Verehrung. Damit ist er in der Hierarchie der Bauaufgaben auf der traditionell höchsten Stufe angesiedelt: eben dem Kultbau. Bei Kultbauten, deren Aufgabe vor allem symbolisch ist, kann der Architekt sich am weitesten von den Zwängen funktionaler Vorgaben befreien und wie der Maler die ästhetisch-symbolische Ebene der Formfindung in den Mittelpunkt seiner »Schöpfung« stellen. Für Boullée, der seinem Traktat Architecture; essay sur l’art das Motto Ed io anche son pittore vorangestellt hatte,16 wurde Architektur gerade im Kultbau so frei wie die bildende Kunst, denn in dieser Funktion konnte sie Bilder schaffen, die bei den Betrachter/innen Wirkung zeigen und das quasi-religiöse Gefühl des Erhabenen – zentraler Begriff damaliger Ästhetik – hervorrufen sollten. Darin sah Boullée seine Chance, es dem Maler gleichzutun und eine wirkungsästhetisch ausgerichtete, architektonische Bildsprache zu entwickeln, ungebremst von den Regeln barocker Convenance. Aber nicht nur das Regelwerk barock-vitruvianischer Architektur wurde hier missachtet, auch die etablierten kultischen Zusammenhänge des Barock, wie die Hofrituale der absolutistischen Monarchie oder die Gesetze des kirchlichen Kultes, waren nun außer Kraft gesetzt. Die Metaphernsprache des namenlosen Boulléeschen Tempels besteht aus einer durchaus übersichtlichen Anzahl von Bestandteilen. Umso verwunderlicher muss es erscheinen, dass die Deutungen

16 Erste Publikation des Traktats ist die englische Ausgabe, übersetzt und heraus gegeben von Helen Rosenau : Boullée’s Treatise on architecture, London 1953. Vgl. auch die deutsche Ausgabe: Etienne-Louis Boullée : Architektur. Abhandlung über die Kunst, Edition: Beat Wyss, Einführung und Kommentar: Adolf Max Vogt , Übersetzung aus dem Französischen: Hanna Böck, München 1987.

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des Entwurfs, die seit seiner Veröffentlichung vorgelegt wurden,17 zu derart widersprüchlichen Resultaten kamen. Gemeinsam war ihnen, dass sie darauf gründeten, der Bau sei als Tempel, also als Kultstätte intendiert. Der Kultgegenstand jedoch wurde mit »Natur« oder »Vernunft« unterschiedlich benannt. Nun sind diese beiden Begriffe auf der Skala kultureller Festschreibungen an entgegengesetzten Enden angesiedelt, was sich an den Geschlechtskonnotationen ablesen lässt, die ihnen zugeordnet wurden: »Weibliche« Natur und »männliche« Vernunft waren als komplementäre Dichotomien, welche die symbolische Ordnung strukturierten, besonders in den ersten Jahren der Französischen Revolution bei der Inszenierung des politischen Lebens konstitutive Elemente der Repräsentation. Selbst die Versuche der Revolutionsideologen, das Assoziationsfeld von »Natur« einer rationalen Revision zu unterziehen, indem sie die Natur zum Ursprungsort ihrer Vernunftreligion erklärten, scheiterten an den Implikationen dieser semantischen Strukturen.18 Wie konnte es also sein, dass so konträre Auffassungen über die Interpretation eines Architekturentwurfs, der in dieser Zeit entstanden war, vertretbar schienen? So eindeutig die Lesart der von Boullée eingesetzten Baumetaphern im Einzelnen zu sein schien, so ambivalent wurden diese im Zusammenhang des Entwurfs. Was den Umgang mit dem Entwurf zudem erschwerte, war die wissenschaftliche Konvention, zu einem eindeutigen interpretatorischen Ergebnis gelangen zu wollen. Das hatte zwangsläufig zur Folge, dass seine Elemente nicht relational, sondern hierarchisch gelesen wurden. Zumeist determinierte die obere Tempelhälfte mit der glatten Halbkugel auf der Innenseite gegenüber der unteren Hälfte mit der Felsmulde und der Grotte die Deutung, mit dem Ergebnis, den Kult dieses Tempels der »Vernunft« zuzuschreiben. Hinzu kam, dass es für eine vorwiegend typologiegeschichtlich orientierte Architekturgeschichte schwer ist, den diskursiven Charakter von Architektur wahrzunehmen und ernst zu nehmen. Umso ungeschützter scheint diese Architekturgeschichtsschreibung ihrerseits jedoch gerade dem diskursproduzierenden Effekt der Architekturvisionen Boullées erlegen zu sein. Das Faszinosum dieser »sprechenden« Architektur führte

17 Vgl. Anmerkung 12. 18 Hervorragend ausgearbeitet von Inge Baxmann : Die Feste der Französischen Revolution. Inszenierung von Gesellschaft als Natur, Weinheim, Basel 1989. 19 Eines der ersten Beispiele ist sicher seit der englischen Ausgabe des Essai sur l’architecture von Boullée, hg. v. Helen Rosenau (Rosenau 1953), Adolf Max Vogt 1969. Er führt dies weiter in seinem Kommentar zur deutschen Ausgabe des Essai von Boullée, in: Boullée 1987. Aber auch Madec und andere können hier genannt werden.

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mit dem erneuten Interesse an der sogenannten Revolutionsarchitektur seit den 60er Jahren,19 und noch intensiviert im Rahmen der Feiern zum zweihundertjährigen Jubiläum der Französischen Revolution 1989, zu einer wissenschaftlich formulierten Neuerzählung eben jenes Mythos einer rational kosmischen und zugleich unendlichen Ordnung, die Boullée im Bild der Architektur, in der Architektur als Bild entworfen hatte. Zentrale Ikone dieser Rezeption war Boullées Entwurf für einen Newton-Kenotaph (Abb. 13) mit seiner radikalen Kugelform, der 1989 als Signet für die offiziellen Feiern des Bicentenaire der Französischen Revolution gewählt wurde. Auch dies kann uns Hinweis sein, dass die Wirkungsgeschichte dieser Metapher noch nicht beendet ist. Als umso irritierender musste es deshalb empfunden werden, dass diesem Tempel, wenn er gleichsam als Bilderrätsel aufgefasst wurde, keine eindeutige Interpretation abzugewinnen war. Der ausgeprägte Kontrast zwischen der rational stereometrischen Form der Kuppel und der Inszenierung von Chaos und Fruchtbarkeit in Felsmulde, Grotte und Göttinnenstatue ließ keine überzeugende Deutung zu, solange diese auf die Harmonisierung eines derart extrem polarisierten Bildes zielte, in der Regel zugunsten der die »Vernunft« repräsentierenden Kuppel. Bei allen Interpreten wird der Tempel auf der Basis einer Typisierung Boulléescher Bauformen dem Kugelbau zugeordnet. Allerdings kann, wie sich zeigen wird, ein Vergleich der bautypologischen Register Boullées eine solch eindeutige Zuordnung nicht bestätigen. Ebenso wenig kann von einer Eindeutigkeit der Kugelform als Signifikanten für die »Vernunft« die Rede sein. Zudem sind im Kontext säkularer Kultarchitektur seit dem späten 18. Jahrhundert der sphärischen Grundform neben der glatten und der gerippten Kuppel noch andere Bauformen wie Grotte, Gruft und Tumulus zuzuordnen. Wenn nun die Mehrdeutigkeiten dieses Architekturzeichens im Ensemble mit seinen eben genannten Derivaten näher betrachtet wird, geht es also um mehr als um eine Gegenüberstellung von Kuppeltypologien.

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Die Koordinaten des Problems

Die Kugel – Vom Herrschaftszeichen zum Baukörper der Einheit Nicht erst mit dem Einsetzen der Moderne war die Kugel zum Zeichen geworden. Die Antike kannte die Kugelmetapher als Darstellung ihrer Vorstellungen vom Kosmos, die mit Begriffen des Vollkommenen, des Göttlichen und des Unendlichen verknüpft waren.20 Der Reichsapfel verweist als altes Herrschaftszeichen auf die Gestaltanalogie der Kugel mit der Erde.21 Das Kugelmotiv findet sich als Emblem in der Heraldik und als Attribut von allegorischen Personifikationen unterschiedlichster Bedeutung. In der Architektur der Spätrenaissance und des Barock gehört es zur Bauornamentik, besonders in den ephemeren Festdekorationen des 17. und 18. Jahrhunderts, in der Gartenarchitektur, den Grabmonumenten und den Architekturcapricci.22 Dort ist die Kugel in der Regel aber ein Element unter anderen. Mit den Architekturvisionen Boullées, Ledoux’ und Lequeus jedoch gerät diese Form zum Baukörper selbst und rückt so aus der Peripherie ins Zentrum der Bedeutungsproduktion. Mit der Französischen Revolution begann für die Kugelmetapher eine neue politische Karriere. Mit der Abschaffung der Monarchie und der Ausrufung des Volkes zum neuen Souverän war ein gefährliches Vakuum politischer Symbolik entstanden. Die Suche nach Bildern politischer Zentralität, die den König zu ersetzen in der Lage gewesen wären, erwies sich jedoch als ungeheuer schwierig.23 Für das Abstraktum der Volkssouveränität musste ein symbolischer »Körper« gefunden werden, der ähnlich prägnant staatliche Einheit bezeichnen konnte, wie dies beim Körper des Königs der Fall gewesen war.

20 Zur Geschichte der Kugelmetapher in der griechischen Philosophie seit Platon vgl. Otto Brendel : Symbolik der Kugel . Archaeologischer Beitrag zur Geschichte der älteren griechischen Philosophie, in: Mitteilungen des Deutschen Archaeologischen Instituts, Roemische Abteilung Band 51, 1936, 1– 2, S. 1– 95. 21 Grundlegend dazu Percy Ernst Schramm : Sphaira. Globus. Reichsapfel . Wanderung und Wandlung eines Herrschaftszeichens von Caesar bis zu Elisabeth II., Stuttgart 1958. 22 Werner Oechslin dokumentiert die ornamentale und ikonographische Spannweite für ihre Verwendung in Malerei und Architektur in: Pyramide et sphère. Notes sur l’architecture révolutionaire du XVIIIe siècle et ses sources italiennes, in: Gazette des beaux-arts, 77, 1971, S. 201– 238, bes. 218 f f. 23 Vgl. zu diesem Wechsel des politischen Einheitssymbols die historische Untersuchung von Lynn Hunt : Symbole der Macht – Macht der Symbole. Die Französische Revolution und der Entwurf einer politischen Kultur, Frankfurt/M. 1989.

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Dieser war, als Bild wie als faktische Präsenz, immerhin ein derart mächtiges Zeichen gewesen, dass selbst noch das Flugblatt Matière à reflection pour les jongleurs couronnées, mit dem die Hinrichtung des Königs am 21. Januar 1793 gefeiert wurde und das seinen abgetrennten Kopf zeigte, wie er am Schopf von der Hand des Henkers emporgehalten wurde, ex negativo ein zugkräftigeres Bild abgab als die meisten Versuche der revolutionären Bildpropaganda, positive Zeichen für »le peuple souverain« zu erfinden. (Abb. 14) Hier setzte die revolutionäre Karriere der Kugelmetapher ein, ausgelöst wahrscheinlich durch das Pamphlet von Emmanuel-Joseph Sieyes mit dem Titel Was ist der Dritte Stand? 24 aus dem ersten Jahr der Revolution, der mit dem Bild von der Kugel versucht hatte, die Idee der Gleichheit aller vor dem Gesetz überhaupt erst vorstellbar zu machen: »Ich stelle mir das Gesetz als Mittelpunkt einer großen Kugel vor: Alle Bürger ohne Ausnahme befinden sich im gleichen Abstand auf der Oberfläche und nehmen da gleiche Plätze ein. Alle hängen gleichermaßen vom Gesetz ab, alle stellen ihre Freiheit und ihr Eigentum unter seinen Schutz. Das nenne ich die gemeinsamen Rechte der Bürger, durch die sie alle gleich sind … « 25 Der Volkssouverän hatte nun einen Körper: abstrakt wie der Begriff und gleichzeitig prägnant bildhaft, eine Figur, aber eine aus der Geometrie, die in erster Linie einen Raum mit definierter Begrenzung beschrieb und geeignet schien, das Vakuum politischer Macht im Inneren des Souveräns symbolisch zu umschreiben. Übertragen wurde diese Figur auf

24 Emmanuel-Joseph Sieyes : Was ist der dritte Stand?, Rolf Hellmut Foerster (Hg.): Frankfurt/M. 1968 (franz. Titel des Pamphlets von 1789: Qu’est-ce que le tiers état ? ). 25 Ebd., S. 136. 26 Begriffsgeschichte und Forschungsmeinungen sind zusammengefasst bei: Gabor Kiss: Nation als Formel für gesellschaftliche Selbstrepräsentation der Demokratie, in: Jörg-Dieter Gauger, Justin Stagl (Hg.): Staatsrepräsentation (Schriften zur Kultursoziologie Bd.12), Berlin 1992. Die Literatur dazu ist umfangreich und befasst sich mit den historischen Varianten von »Fremd- und Selbstbeschreibung« (Kiss) solcher Gemeinschaften, d.h. auch mit dem Ein- und Ausschluss von bestimmten Bevölkerungsgruppen, allerdings nicht mit dem von Frauen aus den Definitionen von »Volk« und »Nation«. Die Geschlechterdifferenz ist in diesem Wissenschaftsdiskurs »unsichtbar«. Zur staatstheologischen Vorgeschichte im Mittelalter muss auf die mittlerweile klassisch zu nennende Arbeit von Ernst H. Kantorowicz: Die zwei Körper des Königs. Eine Studie zur politischen Theologie des Mittelalters, München 1990 (engl. Originalausgabe: The King’s Two Bodies. A Study in Medieaval Political Theology, Princeton, New Jersey 1957) hingewiesen werden, dort besonders zum populum, S. 221. Otto Kallscheuer und Claus Leggewie haben eine lebendige Diskursgeschichte zur Nation, ausgehend von der Französischen Revolution, geliefert: Deutsche Kulturnation versus französische Staatsnation? Eine ideengeschichtliche Stichprobe, in: Helmut Berding (Hg.): Nationales Bewußtsein und kollektive Identität. Studien zur Entwicklung des kollektiven Bewusstseins in der Neuzeit, 2, Frankfurt/M. 1994, S. 112–162.

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die Architektur, auf Bauten, die imaginiert, aber nie gebaut wurden, die also im Bild blieben, Visionen, die betrachtet wurden und im Betrachten einerseits als bildliche Metapher auf den Souverän verwiesen und andererseits die Vorstellung eines erfahrbaren Kugelraumes weckten, welcher der Vielheit des Volkes, das sich in einem solchen Raum versammelte, die Einheit dieses Souveräns körperlich erfahrbar einschrieb. Für die Bauten, in denen der neue Souverän die Rituale seiner politischen Repräsentanz zelebrieren sollte – besonders die Versammlungsorte der gesetzgebenden Körperschaften – galt die Kugelform als ein ebenso eindeutiges wie einprägsames Zeichen für die »Einheit und Unteilbarkeit« der neuen, vom Volk instituierten und regierten Nation. Sie gehörte nun zum symbolischen Apparat der Diskurse um die politischen Schlüsselbegriffe »Volk« und »Nation«,26 mit dem diese Einheitsabstrakta sichtbar, fassbar, erlebbar, nachvollziehbar werden sollten. In seinem Pamphlet hatte Sieyès die Nation mit dem Dritten Stand, dem Bürgertum, gleichgesetzt. Diese bürgerliche Gemeinschaft der Gebildeten und Gleichgesinnten wiederum bildete das sogenannte Volk– eine Gemeinschaft,die sich sowohl über die Politik wie über die Kultur definierte. »Volk« und »Nation« bezeichneten eine Gemeinschaft von Gleichen nicht nur im Sinne von Bildung, Besitz und Politik, sondern auch im Sinne des Geschlechts und der Hautfarbe: Nur weiße Männer konnten Mitglieder jener Gruppen sein, welche die Legitimität zur Ausübung politischer Souveränität miteinander verhandelten.27

27 Im Übrigen lief der Ausschluss der Frauen mit dem der Männer anderer Hautfarbe parallel, z. T. bis in die Begründungsstrategien. Zur diesbezüglichen Diskursgeschichte vgl. Sigrid Weigel : Zum Verhältnis von »Wilden« und »Frauen« im Diskurs der Aufklärung, in: dies.: Topographien der Geschlechter. Kulturgeschichtliche Studien zur Literatur, Reinbek bei Hamburg 1990, S. 115 –148. Neuere Forschungen zu den Bildwelten von Kolonialismus, Sklaverei und Abolitionismus um 1800 finden sich in: Annegret Friedrich u.a. (Hg.): Projektionen. Rassismus und Sexismus in der Visuellen Kultur, Marburg 1997; Karl Hölz, Viktoria Schmidt-Linsenhoff, Herbert Uerlings (Hg.): Weiße Blicke. Geschlechtermythen des Kolonialismus, Marburg 2005.

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Die Intensität und mediale Vielfalt, mit der sich die Gemeinschaft der Bürger in den Revolutionsjahren als Universalie inszenierte, zeigt, dass für sie mit dem Gelingen dieser Operation die Legitimation zur Herrschaft stand und fiel. Opern, Theaterstücke, Revolutionsfeste, Bilder, Statuen, Flugblätter, Monumente und Entwürfe für öffentliche Bauten, die zumeist wegen fehlender Mittel nicht realisiert werden konnten, sind Zeugnisse eines Ringens um kollektive Selbstrepräsentanz, das in Abstrakta wie »Volk«, »Nation« oder der revolutionären Trias »Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit« seine korporative Einheit suchte. Die Revolutionsikonographie zeigte diese Begriffe meist als weibliche Allegorien, eine Praxis der Verkörperung, die sich in den nationalen Bildsprachen des 19. Jahrhunderts noch intensivieren sollte.28 (Abb. 15)

Architektur als Bild Zwischen Metapher und Symbol »Mais le langage le plus énergique est celui où le Signe a tout dit avant qu’on parle«, sagt Rousseau in seinem »Essai sur l’origine des langues« 29 und meint damit eine vorsprachliche Form der Verständigung über den Augensinn. Sie ist für ihn eine Art Urszene der Kommunikation der Gefühle. Sprache ist bereits Entfremdung. Für Rousseau beginnt Sprache denn auch eben nicht im Wort, sondern in der Trope, in der »langage figuré«, kurz, im auf den Augensinn gerichteten Bild.30 So artikuliert sich in der sensualistisch orientierten Spätaufklärung der Traum von einer Welt, als Zeichen und Bezeichnetes noch eins gewesen sein sollen, eine Zeit der Bilder, der unangezweifelten Substanz des zu Sehenden. Die Ideologen der Französischen Revolution versuchten, dieses nicht-entfremdete Arkadien, die rückwärts gewandte Utopie des Einsseins von Zeichen und Natur, in ihre Gegenwart hineinzuzwingen. Ihre politischen Bildinszenierungen bezeichneten so nicht nur die jeweils gemeinten Werte, sondern

28 Die Literatur hierzu, vor allem aus der Geschlechterforschung, ist umfangreich. Es seien genannt: Viktoria Schmidt-Linsenhoff (Hg.): Sklavin oder Bürgerin? Französische Revolution und Neue Weiblichkeit 1760 –1830, Katalog Historisches Museum Frankfurt 1989, mit einer reichen Materialsammlung; Susanne von Falkenhausen : Italienische Monumentalmalerei im Risorgimento 1830 –1890. Strategien nationaler Bildersprache, Berlin 1993; Silke Wenk : Versteinerte Weiblichkeit. Allegorien in der Skulptur der Moderne, Köln, Weimar, Wien 1996. 29 Jean-Jacques Rousseau : Essai sur l’origine des langues ou il est parlé de la mélodie et de l’imitation musicale, Texte établi et annoté par Charles Porset , Bordeaux 1968, S. 31. 30 Ebd., S. 44.

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darüber hinaus einen Mythos: Die Vorstellung einer Identität von Zeichen und Bezeichnetem steht hier als aussagekräftige Analogie mit dem aufklärerischen Mythos einer Identität von Mensch, Gesellschaft und Natur, von Gesehenem und Wahrheit. »Affermissons la liberté et tout deviendra facile, pour parvenir joignons aux instructions de la parole le langage énergique des monuments (Hervorhebung S.F.): la confiance qu’il est necessaire d’inspirer sur la stabilité de nos nouvelles lois s’établira, par une sorte d’instinct (Hervorhebung S.F.), sur la solidité des édifices destinés à les conserver et à en perpétuer la durée«, heißt es 1792 in einem Bericht für das Parlament über die öffentlichen Gebäude.31 Sein Autor Kersaint ist wie Boullée von der Effektivität der Architektur als Sprache überzeugt. Dass er sie als energische bezeichnet, zeigt, dass er Rousseaus Ideal einer Sprache, die zum Instinkt spricht, kennt und teilt. Die Metapher hingegen war für Rousseau bereits eine Kommunikationsform, die der Bewusstheit bedurfte, die sich jedoch ebenso wie die Ur-Kommunikation jener die Gefühle ansprechenden »energischen« Zeichen bediente, nur dass

31 Zit. nach Pérouse de Montclos 1969, S. 181 f. Der Verwaltungsbeamte Armand-Guy Kersaint in seinem Discours sur les monuments publics, prononcé le 15 décembre 1791, vor dem Conseil Départemental de Paris, dessen stellvertretendes Mitglied er war. Dieser Discours wurde auf Anordnung des Conseil, mit Entwürfen der Architekten Legrand und Molinos für einen Palais National versehen, gedruckt und am 12. Februar 1792 der Nationalversammlung sowie dem König unterbreitet. Vgl. Armand-Guy Kersaint : Discours sur les monuments publics, Paris (Impr. De Didot ainé) 1792, sowie den Katalog Les Architectes de la Liberté 1789 –1799, École nationale supérieure des Beaux Arts, Ministère de la Culture et de la Communication des Grands Travaux et du Bicentenaire (Hg.): Paris 1989, S. 141 f., 147 f., 150 f., 328. Außerdem James A. Leith : Space and Revolution. Projects for Monuments, Squares, and Public Buildings in France 1789 –1799, Montreal, Kingston, London, Buffalo 1991, S. 105.

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dies nun nicht mehr spontan geschah, sondern mit »erwachtem« Geist.32 Dieser wiederum konnte auf ein der Gemeinschaft gemeinsames Verständigungswissen rekurrieren. So sehr die Doktrin der Französischen Revolution Rousseausche Natur und den Staat in eins bringen wollte, so wenig konnte sie hinter diesen zivilisatorischen Zustand der Bewusstheit zurückgehen. Die Metapher bot sich als eine Sprachfigur des Brückenschlags zwischen der Natur und der Rationalität staatlicher Ordnungsversuche an. So schlägt Kersaint vor, mit der Ewigkeitsmetaphorik öffentlicher Monumentalbauten die neuen Gesetze der Revolution im öffentlichen Bewusstsein zu verankern. Die Metapher kommt zwar aus dem Regelwerk antiker Rhetorik, bezeichnet jedoch eine Art Grenzoperation zwischen Sprache und Bild, deren Wirkung sich auf das bildhafte Fühlen und Denken richtet. Sie figuriert Sinn über die Analogie; insofern könnte sie auch als eine Art Brücke zwischen den beiden Darstellungssystemen von Sprache und Bild aufgefasst werden. Symptomatisch ist, dass die Denkfigur der Analogie nicht nur die Doktrin der Revolution prägte, sondern darüber hinaus die wesentlichen philosophischen Modelle der Zeit. Das analogische Verfahren, Bedeutungen aus einem bestimmten Bereich mit Sprach- und visuellen Bildern aus einem anderen Sinnzusammenhang zu erklären, zu legitimieren und sinnlich vorstellbar zu machen, ist also ein Strukturmerkmal, das Kultur und Politik der Revolutionsjahre verband. Am deutlichsten lässt sich das an der jakobinischen Politik der Bilder und ihrer Revolutionsikonographie verfolgen, deren integraler Bestandteil die »Monuments« sind, für die Kersaint in seinem Bericht eine Politik entwirft. Gerade in ihren Ordnungsentwürfen und der Art ihrer Propagierung zeigt sich die Französische Revolution noch als Fortsetzung des »klassischen Zeitalters«, dessen Epistem Foucault zufolge die Ähnlichkeit ist.33 Emblematik, Metapher und Allegorie prägen die Überzeugungsmethoden der Revolutionsideologen umso mehr, als das Machtsystem, das sie propagieren, keinen zentralen, königlichen Realkörper mehr aufzuweisen hat, sondern sich auf so moderne, zukunftsweisende Abstrakta wie »Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit« beruft. Die Revolution erscheint als Kippfigur zwischen

32 Ebd., S. 47: »L’image illusoire offferte par la passion se montrant la prémiere, le langage qui lui répondoit fut aussi le prémiér inventé; il devint ensuite métaphorique, quand l’esprit éclairé, reconnaissant sa prémiére erreur, n’en employa les expressions que dans les mêmes passions qui l’avoient produîte.« 33 Vgl. Michel Foucault : Die Ordnung der Dinge, aus dem Franz. von Ulrich Köppen, Frankfurt/M. 1974 (frz.: Les mots et les choses, Paris 1966). Pérouse de Montclos schildert Boullées Situierung in diesem kulturellen und intellektuellen Kontext sehr treffend, vgl. ders. 1969, S. 204, passim.

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Klassik und Moderne, die für die Propagierung des Neuen das »Klassische« braucht: als Stil, als Ordnungsmodus, als rhetorische Struktur. Rousseaus »energisches« Zeichen, noch im Zeitalter der Ähnlichkeit generiert,34 setzt sich in den Sprachtheorien Goethes und der Romantiker in der Auffassung vom Begriff des Symbols fort. Allerdings wird nun das Symbol gegenüber der Metapher, obwohl nicht genau von diesem abgrenzbar, aufgewertet, vor allem, weil die Metapher in ihrer rhetorischen Funktion des Überzeugens nun als Lügenwerk bewertet wurde, während das Symbol als unhintergehbar direkt und frei von jeder Verunreinigung durch bewusst konstruierende Intentionalität beschrieben wurde. Die deutschsprachige Kunstwissenschaft zieht bisher den Begriff des Symbols dem der Metapher vor 35 und zeigt sich damit sehr traditionsbewusst in ihrem Bezug auf die Geschichte deutscher Geisteswissenschaft seit dem 19. Jahrhundert. Auch die Architekturikonographie, wie sie Günter Bandmann der deutschen Kunstgeschichte nach 1945 wieder nahegebracht hatte, ordnet ihre Begrifflichkeit für die Darstellungsmodi der Architektur auf dieser Grundlage. Das Symbol gilt nach wie vor als Ausdruck des Vorsprachlich-Unbewussten und wird deshalb, wenn es um Bewertungshierarchien der Interpretation geht, über Allegorie und Metapher in ihrer sprachlich-historischen Bedingtheit und Begrenztheit gestellt.36 Zurückzuführen ist diese Präferenz, so vermute ich, außerdem auf den Medienunterschied zwischen Sprache/Text und bildender Kunst, denn dem Begriff des Symbols als geistigem Zentrum menschlicher Sinnproduktion eignet in der deutschen Tradition die Fähigkeit, ein Wesen- und Wahrhaftes auszudrücken, das in idealistischem Sinn medienunabhängig und mithin medienübergreifend gefasst werden kann, während die Metapher, aus der Rhetorik kommend, als stärker an die Sprache gebunden erscheint. Zudem gibt der Begriff der Me-

34 Vgl. Foucault 1974, bes. das 4. Kapitel. 35 Das von Ernst Cassirer (Philosophie der symbolischen Formen, Berlin 1923 –1931) beeinfl usste Interpretationsmodell von Panofsky, der, um ein berühmtes Beispiel zu nennen, von der Perspektive als symbolischer Form spricht (Erwin Panofsky: Die Perspektive als symbolische Form, in: Vorträge der Bibliothek Warburg, 1924/1925, Leipzig, Berlin 1927, S. 258 – 330, wiederveröf f. in: ders.: Aufsätze zu Grundfragen der Kunstwissenschaft, hg. v. Hariolf Oberer und Egon Verheyen, Berlin 1992, S. 99 – 168) macht das sehr deutlich. Vgl. auch den Überblick von Johann Konrad Eberlein : Inhalt und Gestalt: die ikonographisch-ikonologische Methode, in: Hans Belting, Heinrich Dilly, Wolfgang Kemp, Willibald Sauerländer, Martin Warnke (Hg.): Kunstgeschichte. Eine Einführung, Berlin 1988, S. 169 –190. 36 Vgl. Günter Bandmann : Ikonologie der Architektur, in: Jahrbuch für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft, 1951, S. 67 –109, wiederveröf f. in: Martin Warnke (Hg.): Politische Architektur in Europa vom Mittelalter bis heute: Repräsentation und Gemeinschaft, Köln 1984, S. 19 – 71.

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tapher gleichzeitig das Konstruierte des Textes/des Bildes zu verstehen und führt deshalb gleichsam das Gegenteil des Wahrhaften mit sich: das Gemachte, welches das Wahre zu maskieren droht. Gerade deshalb jedoch scheint mir der Begriff der Metapher auch für eine medienspezifisch und kritisch orientierte Kunstwissenschaft geeignet zu sein, um bildhafte Strukturen der Sinnstiftung – auch in der Architektur – zu analysieren. Die Metapher schafft Bedeutung durch »Ähnlichkeit in Gestalt und Funktion«, wie es im Lexikon der Kunst 37 formuliert wird, und in dieser bildhaften Ähnlichkeit als Übertragungsweise, die sie zu einer Vorstellungsfigur zwischen Sprache und Bild macht, liegt die Chance, den latenten Bedeutungen bildlicher Sinnstiftung auf die Spur zu kommen. In der Latenz bleibt zumeist insbesondere der geschlechtersemantische Anteil öffentlicher Sinnstiftungsprozesse, denn Geschlechtermetaphern sind in der Regel, in der Sprache wie in der bildenden Kunst, Zeichen, die omnipräsent und doch »unsichtbar« sind. Im Rousseauschen Sinne bewusst sind sie den Rezipienten über eine bereits gefestigte gemeinsame Sinntradition, die jedoch nicht das offensichtliche Signifikat bildet, sondern eine Art Subtext, der das Signifikat um einen »Unterton« der Geschlechterzuweisungen erweitert. Gerade dieser Subtext leistet Wesentliches für die Naturalisierung der ersten Bedeutung. Kollektive Sinnproduktion, die wiederum über diese Prozesse der Naturalisierung ihrer Repräsentationen den Effekt der Verbindlichkeit hervorbringt, ist deshalb jenseits der Ordnung der Geschlechter nicht vorstellbar.

Zur Lesbarkeit »sprechender« Architektur Ist der Kugelbau Boullées nun dem Kult der »Vernunft« oder der »Natur« gewidmet? Boullées Entwurf formuliert die Geschlechterambivalenz, die mit dieser Architekturmetapher verbunden ist, radikal aus und lässt sie in ihrer Dualität unversöhnt stehen. Boullées Architekturvisionen sind »sprechende« Architektur, d.h., sie sind als sinnstiftende intendiert. Auf sie könnte angewandt werden, was Barthes für die Bilder der Werbung formuliert hat, nämlich dass »die Bedeutung des Bildes mit Sicherheit intentional ist … Das Werbebild ist unverhohlen (Hervorhebung im Original) oder zumindest emphatisch.« 38 Unverhohlen und emphatisch sind Boullées Entwürfe zweifelsohne.

37 Neubearbeitung, erschienen in Leipzig ab 1987. 38 Roland Barthes : Der entgegenkommende und der stumpfe Sinn, aus dem Französischen von Dieter Hornig, Frankfurt/M. 1990, S. 28 f. Das Zitat stammt aus dem 1964 veröffentlichten Essay »Rhetorik des Bildes «.

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Für Boullées Entwürfe wie für die Kultarchitektur nach ihm gilt, und das macht sie vergleichbar mit den Strukturen der Werbung, dass ihre Bestimmung für einen politischen Kult eine meist recht präzise Botschaft voraussetzt, welche wiederum eine architektonische Rhetorik hervorbringt. Das metaphorische Repertoire dieser Rhetorik wird in der Kultarchitektur der Französischen Revolution für die Moderne bereits voll entfaltet. Gerade für die Architektur entsteht so eine Dialektik von politisch-kultischer Intention und Ästhetik: Wo die Architektur etwas mitteilen soll, wird sie zum intelligiblen Bild. Sie transportiert Sinn durch Anschauung. Und in der Anschauung gewinnt wiederum der Kunstcharakter, die Ästhetik, gegenüber anderen Spezifika der Architektur wie Funktion, Ökonomie oder convenance an Gewicht. Die sprechende Architektur handelt sich also der Logik der Boulléeschen Bild-Entwürfe zufolge durch ihre Funktion, den Sinn eines Kultes zu vermitteln, gerade kein Weniger an Kunstcharakter durch ein Mehr an »Indienstnahme« ein, sondern diese Funktion bildet im Gegenteil die Voraussetzung für die dem Architekten üblicherweise verwehrte künstlerische Freiheit der poetischen Erfindung.39

Kult, Bau, Bild Boullées Traktat Architecture, Essai sur l’art, während der Revolutionsjahre verfasst, blieb zu seinen Lebzeiten unveröffentlicht. Obwohl unter den Zeitgenossen, die ihm nahe standen, besonders unter seinen Schülern, wohl bekannt, blieb er ansonsten vergessen bis zu seiner Wiederentdeckung 1929.40 Diese Schrift mit den sie begleitenden Entwürfen bildete die Grundlage für eine Rezeption seiner Architektur als sogenannte

39 Vgl. dazu Boullée in der Einleitung seines Traktats: »Wie wenig bemühte man sich in der Tat bis heute um die Poesie der Architektur, die doch ein sicheres Mittel ist, das Vergnügen der Menschen zu erhöhen und den Künstlern einen gerechten Ruhm zu sichern. Ja, es ist meine Überzeugung, dass unsere Bauwerke, vor allem die öffentlichen, in gewisser Weise Gedichte sein sollen.« (Boullée 1987, S. 44) 40 Durch Emil Kaufmann : Architektonische Entwürfe aus der Zeit der französischen Revolution, in: Zeitschrift für bildende Kunst 63 (1929/1930), S. 38 – 46; zur Revolutionsarchitektur, v. a. Ledoux, vgl. ders.: Von Ledoux bis Le Corbusier. Ursprung und Entwicklung der Autonomen Architektur, Wien, Leipzig 1933; ders.: Étienne-Louis Boullée, in: The Art Bulletin, Vol. XXI, 1939, S. 213 – 227; sowie ders.: Three Revolutionary Architects: Boullée, Ledoux and Lequeu, in: Transactions of the American Philosophical Society, Philadelphia 2, 1960 (1953), und ders.: Architecture in the Age of Reason. Baroque and Post-Baroque in England, Italy, and France, Cambridge, Mass. 1955. Zur weiteren Geschichte der Editionen und der Rezeption vgl. Boullée 1987.

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Revolutionsarchitektur, ein Begriff, den Emil Kaufmann, der »Entdecker« des Traktats, lanciert hatte. Kaufmann bezeichnete damit allerdings in erster Linie eine ästhetische Revolution in der Architekturgeschichte: die Autonomisierung der architektonischen Form, die für ihn mit Boullée und Ledoux einsetzt. Die moderne Wiederentdeckung Boullées und anderer Architekten der Zeit wie Claude Nicolas Ledoux begann also im Zeichen der Form, nicht der Rhetorik oder der diskursiven Funktion. »Revolutionsarchitektur« – dieses Etikett eröffnete einen mehrdeutigen, aber prägnanten Assoziationsrahmen für die Wunschbilder der Moderne. Es suggerierte Umwälzung, Traditionsbruch, Neuerung, und das nicht nur im künstlerisch-avantgardistischen Sinne, sondern später auch, analog dazu, in politischer Hinsicht. Das ging soweit, dass in den 1970 er Jahren die architektonische Form in gleichsam kulturanthropologischer Analogie zur politischen Revolution gelesen wurde, genauer: Die Französische und die Oktoberrevolution wurden parallel gesetzt und ein jeweils entsprechendes Bedürfnis formalästhetischer Radikalisierung konstatiert.41 Merkwürdig ist, dass Boullée zwar unter dem modernistischen Paradigma der Autonomie der Form zu neuer Berühmtheit gekommen ist, dies aber mit Entwürfen, die überwiegend solchen Funktionen zugerechnet werden können, die als säkulare Kulte zu bezeichnen sind, wie dies beim bereits erwähnten Entwurf eines Newton-Kenotaphs von 1784 der Fall ist. Es muss also eine Beziehung bestehen zwischen dem, was in den Augen einer Rezeption künstlerischer Moderne als Freisetzung oder Autonomisierung der Form in der Architektur gesehen wird, und der kultisch orientierten Sinnstiftung. Für uns ist es wichtig, dieser Frage nachzugehen, weil sie erlaubt, Form und Metapher aufeinander

41 Vgl. besonders Adolf Max Vogt: Russische und französische Revolutionsarchitektur 1917/1789, Köln 1974. Wie nicht anders zu erwarten, hat auch hier inzwischen die postmoderne Kritik an Utopie und Projekt der Moderne die Positionen geändert, vgl. z.B. die editorische Notiz von Beat Wyss in: Boullée 1987.

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zu beziehen, also auch die Geschlechtermetapher, und zwar gerade innerhalb einer ästhetischen Traditionslinie, die nach der »reinen« Form sucht. Hier deutet sich bereits jener Konflikt zwischen Autonomie und Sinnstiftung an, der die künstlerische Moderne mit konstituiert hat. In seinem Traktat zur Architektur, dessen Motto »Ed io anche son pittore« diesen Konflikt gleichsam auszustellen scheint, gibt Boullée Hinweise, die diese Beziehung beleuchten, und zwar in vielerlei Hinsicht: im Begleittext, im Aufbau, in den Titeln der Entwurfsgruppen und in seiner Entwurfspraxis selbst. Das erste Projekt seines Traktats ist dem religiösen Kult gewidmet: das Monument zur Feier des Fronleichnamfestes (Abb. 16, 17). Das ist immerhin merkwürdig: Nicht eine Kirche entwirft er, sondern das Monument eines Kultes. Ein Monument 42 ist kein Ort religiöser Handlung, sondern für Boullée der einer betrachtenden Kontemplation. Er formuliert Testfragen, um herauszufinden, ob ein Bau den Anforderungen dieser Aufgabe entspricht: Ruft er »durch den bloßen Anblick … ein Gefühl der Ehrfurcht« hervor ? »Fürchtet man ihn zu entweihen, wenn man sich erkühnt, ihn zu betreten? Ruft der Ort den tiefen Respekt hervor, den religiöser Glaube mit sich bringt? Offenbart sich in ihm der Charakter des Großen, der sich durch die mitreißende Begeisterung, die vom Genialen ausgeht, auf den Betrachter überträgt und ihn mit Staunen und Bewunderung erfüllt? Erscheint er in seiner Gesamtheit

42 Die Begriffsgeschichte des Wortes Monument ist vielschichtig und kompliziert. Zu Boullées Zeiten hatte sich bereits der Kult der architektonischen Gedenkmonumente für Berühmte Männer in den Landschaftsgärten durchgesetzt. Boullées Auffassung ist von dieser Praxis geprägt. Für eine allgemeinere Begriffsgeschichte vgl. Volker Plagemann : Denkmäler und Brunnen in Hamburg. Flut 1771 – Feldzug 1870/71, Habilitationsschrift, Aachen 1973, Typoskript, S. 12 – 63; und Horst Bredekamp : Monumentale Theologie: Kunstgeschichte als Geistesgeschichte, in: Ferdinand Piper : Einleitung in die Monumentale Theologie. Eine Geschichte der christlichen Kunstarchäologie und Epigraphik, Nachdruck der Ausgabe Gotha 1867 mit einer Einleitung von Horst Bredekamp, Mittenwald 1978, besonders S. 9 f f.

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wie ein Werk, das über die menschlichen Kräfte geht und damit unfaßbar wird?« 43 Das heißt: Der Kultort (Tempel, Monument) muss etwas offenbaren: das Große, umschrieben auch als das Geniale, das über die menschlichen Kräfte geht. Dann nur repräsentiert er Ausgangsort und Ziel, Gegenstand und Effekt des Kultes, den Glauben. Das heißt aber auch, Künstler/Architekt und das Göttliche (den Kultgegenstand) in eins zu setzen. Der Architekt vollbringt Geniales, Übermenschliches, um Übermenschliches zum Ausdruck zu bringen. Dies als künstlerisches »Dienstleistungsverhältnis« gegenüber dem, wie auch immer gearteten, Göttlichen anzusehen, wäre wohl ein Missverständnis heutiger Lesart gegenüber der damaligen Auffassung. Auch Boullées Formulierung, dass der Architekt die »Natur ins Werk« setze, spricht für seine Vergöttlichung des Architekten, der so zum Demiurgen wird. Hier liegt die Parallele zum Mythos künstlerischer Autonomie der Moderne, der von einem entsprechenden Künstler-Mythos begleitet ist und der den Rahmen für das Boullée-Revival bereitgestellt hat. Über diese Sakralisierung künstlerischen Tuns wird die Radikalisierung der Form – heute gern Autonomisierung genannt – hergeleitet, denn ein solcher Zweck duldet keine Kompromisse. Ein anderes Kriterium Boullées leitet uns zurück zu den bereits skizzierten Gedanken über den Eintritt der Architektur ins Bildhafte, gelenkt von der Aufgabe kultischer Repräsentation: »Fürchtet man, ihn (den Kultort, S.F.) zu entweihen, wenn man sich erkühnt, ihn zu betreten?« 44 Und: Der bloße Anblick allein muss den Sinn des Baus zum Ausdruck bringen. So wird aus dem Ort kultischer Handlung das Monument und, in der radikalsten Konsequenz, die Boullée auch formuliert, das Schauen selbst zur Kulthandlung, zum Gegenstand des Kultes. Kultorte sind symbolische Orte der Einheit, sei diese religiöser, kultureller oder politischer Natur. Das gilt auch für die anderen Bauaufgaben des Traktats: Ein Monument des öffentlichen Dankes (der Regierten an die Regierenden), eine Basilika, ein Theater, der Palast eines Herrschers, ein Justizpalast, ein Nationalpalast, ein Gemeindepalast, ein Kolosseum, eine öffentliche Bibliothek und als eigentlicher Höhepunkt die Grabmonumente, darunter insbesondere der Kenotaph für Newton. Da geht es um die Reverenz gegenüber dem Herrscher, um die Ausübung gesellschaftlicher Prinzipien wie das Recht (Justizpalast) oder die Selbstregierung (National- und Gemeindepalast), um Stätten zur Vermittlung des gemeinsamen Bildungsguts (Theater,

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Boullée 1987, S. 71. Ebd.

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Bibliothek), um öffentliche Spiele (das Kolosseum) und um den Kult des Gedenkens bürgerlicher Wissenshelden (Grabmonument für Newton). Sie alle werden, zu extremer Monumentalität getrieben, Bilder einer geheiligten Zentralität. Einige Entwürfe zu Boullées Traktat waren noch vor der Revolution entstanden. Für Boullée waren sie auch nach 1789 aktuell, weil sie eine Sprache architektonischer Erhabenheit entwickelten, wie sie auch in der Republik für die Kulte der Einheit gesucht wurde. Diese grundlegende Sinnstruktur der sakralisierten Einheit war also offenbar von der Monarchie auf die Republik übertragbar, wenn auch unterschiedlich gefüllt. Zur Trias von »Kult, Bau, Bild« kommt an dieser Stelle ein vierter Begriff hinzu: der Architekturentwurf, der, wenn er unausgeführt blieb, wie bei Boullées Entwürfen für den Traktat, in der Forschung auch als Architekturvision bezeichnet wird. Dieser Dreierbeziehung ist nämlich eine Spannung eingeschrieben, die unaufhebbar bleibt und die in der Gattung der Architekturvision zur medialen Grundeigenschaft wird: Ein Bau wird imaginiert als Bild einer Kultstätte, und zwar unabhängig von seiner Ausführung. Ein Architekturentwurf war üblicherweise Planungsvorlage für die Realisierung eines Baus und somit eine nach genau vorgegebenen Regeln vollzogene zeichnerische Abstraktion des zukünftigen Baukörpers in Grundriss, Schnitt usw., die, wenn es darum ging, sich den Bau vorzustellen, in einem Verfahren der Entabstrahierung gelesen werden musste wie eine Partitur, deren Musik man innerlich hören wollte. Selbstverständlich war auch die Gattung der Architekturzeichnung erweiterbar in Richtung auf eine malerische Ausführlichkeit, besonders bei der Präsentation von Gebäudeansichten, sodass die Grenze zwischen technisch orientierter Codierung der Zeichnung und einer bildhaften Darstellung mit dem Charakter einer Vedute fließend wurde.45 Auch die Grenze hin zu einer Architekturvision ist unter dem Gesichtspunkt zeichnerisch-malerischer Machart sicherlich fließend. Für die Zeichnungen in Boullées Traktat wie für die meisten der während der Französischen Revolution entstandenen Entwürfe anderer Autoren für öffentliche Bauten galt, dass sie nie ausgeführt wurden. Ein praktischer Grund war, dass die wirtschaftliche Situation ihre

45 Eine Klassifizierung der unterschiedlichen Entwurfspraxen, die den historischen Wandel umfassend berücksichtigt, hat Winfried Nerdinger für den Katalog des Deutschen Architekturmuseums Frankfurt: Die Architekturzeichnung: Vom barocken Idealplan zur Axonometrie: Zeichnungen aus der Architektursammlung der Technischen Universität München, Winfried Nerdinger (Hg.), München 1986, entworfen. 46 Vgl. dazu auch Elke und Hans-Christian Harten : Die Versöhnung mit der Natur – Gärten, Freiheitsbäume, republikanische Wälder, heilige Berge und Tugendparks in der Französischen Revolution, Hamburg 1989; und Leith 1991.

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Realisierung nicht erlaubte. Stattdessen wurde die Praxis ephemerer Feste und ihrer Aufbauten – Altäre des Vaterlandes, Heilige Berge und Ähnliches 46 – intensiviert, um den Mangel an gebauten Kulträumen für eine Inszenierung revolutionärer Einheit so weit wie möglich wettzumachen. Ein Blick in die Geschichte der Architekturwettbewerbe der Academie Royale und ihrer Fortsetzung während der Revolutionsjahre zeigt jedoch, dass die Tradition einer Entwurfstätigkeit, die sich an den kanonischen Bauaufgaben orientierte, welche die Akademie formulierte, kaum je im Zusammenhang mit einer Ausführung der Entwürfe gedacht war. Die bei den Akademiewettbewerben praktizierte Entwurfsart für öffentliche Bauaufgaben47 in ihrer Anlehnung an Phantasien des Erhabenen – besonders ausgeprägt in der Grabarchitektur und den Entwürfen für Nekropolen und Basiliken – schien den Status der höchsten Gattung innerhalb architektonischer Bildpraxis einzunehmen, analog zum Historienbild bei den Akademiewettbewerben für den Prix de Rome der Maler.48 Wenn es also für die Epoche der Französischen Revolution zumeist um Entwürfe geht und erst im Verlauf des 19. Jahrhunderts auch um ausgeführte Bauten, so muss diese Spannung zwischen Vision und Konkretion einer Bauidee mitgedacht werden, zumal nicht nur Boullées Entwürfe so ausgearbeitet waren, dass sie die Vorstellung weckten, der Blick auf die Zeichnung könnte den Blick auf ein entsprechendes ausgeführtes Gebäude ersetzen. Damit wurde die Kategorie des Blicks zum angenommenen Angelpunkt der Wahrnehmungsweise von Architektur; die Erfahrbarkeit eines begehbaren Baukörpers trat demgegenüber zurück. Dies wiederum hatte, wie beim Entwurf Boullées für den Tempel der Vernunft/Natur zu sehen sein wird, Einfluss auf die Entwurfskriterien selbst, denn nun schob sich der Bildcharakter vor die praktischeren Werte der Funktionalität und der Ausführbarkeit. Fragen der Lesbarkeit, der »Übersetzung« von Grundriss und Schnitt, stellten sich unter diesen Prämissen völlig anders.

47 Vgl. Jean-Marie Pérouse de Montclos : Les Prix de Rome. Concours de l’Académie royale d’architecture au XVIIIe siècle, Paris (École nationale des Beaux-Arts) 1984. 48 Beispielhaft erschlossen für die Revolutionsjahre ist der Wettbewerb der Architekturakademie des Jahres II der Revolution bei Werner Szambien : Les Projets de l’an II, Paris 1986. Die Institution des Prix de Rome wurde vor allem im Umfeld der Wanderausstellung The Grand Prix de Rome: paintings from the Ecole des BeauxArts 1797 –1863, die in der National Academy of Design, New York, 1984 begann, erforscht. Vgl. außerdem Philippe Grunchec : Les concours des prix de Rome: 1797 – 1863, Pieces d’archives et oeuvres documentées, Paris 1989; Albert Boime : The Prix de Rome : Images of Authority and Threshold of Official Success, in: Art Journal (New York) 1984, 44 (3), S. 281– 289; sowie der Tagungsband: French Academy, classicism and its antagonists, June Hargrove (Hg.), Newark, London, Toronto 1990.

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Damit sind die Koordinaten abgesteckt für eine Genealogie der Kugelmetapher und ihrer Derivate Grotte, Gruft und Tumulus in ihrem historischen Verlauf und in den Veränderungen ihrer semantischen Bezüge. Die Kuppel in Boullées Tempel der Vernunft/Natur markiert den Ausgangspunkt dieser Genealogie (Abb. 18): Sie ist glatt, ungegliedert – anders als die gerippten Kuppeln der bisherigen sakralen Kultbautradition. Das unterstreicht ihre geometrische Reinheit und Perfektion als Baukörper. Für Boullée bewirkt dies Ordnung und Symmetrie und folglich Schönheit – wohingegen Felsmulde und Grotte in der unteren, erdnahen Sphäre aus unregelmäßigen Körpern bestehen, die Boullée bezeichnenderweise »corps obscurs« 49 nennt, also dunkle Körper, deren »Gestalt (sich) unserem Verständnis entzieht«.50 Dagegen haben die regelmäßigen Körper, insbesondere die Kugel, für Boullée den ästhetischen Vorteil, auf einen Blick erfassbar zu sein. Er sucht in der Architektur also Ordnung als Garanten für einen verstehenden Blick, dem nichts entgeht. Unübersichtlichkeit ist ihm verhasst. Das wird wohl auch der Grund sein, warum vergleichbare

49 Zit. nach Rosenau 1976, S. 121. Rosenau übersetzt sie nicht wörtlich, sondern übernimmt bereits den später im Traktat von Boullée gebrauchten Ausdruck der »corps irregulier«, wenn sie diese »dunklen« Körper mit »irregular volumes« übersetzt (S. 86). Boullées Wortwahl an dieser Stelle halte ich jedoch für aufschlussreich, da sie verdeutlicht, wie er seine Formenlehre mit den Passionen der damaligen Wahrnehmungslehre auflädt und so Formen metaphorisch besetzt. In der deutschen Ausgabe (Boullée 1987) wird »corps obscurs« übersetzt mit »Körper von unbestimmter Form« und für das französische Original »corps bruts« (S. 55), hässliche Körper, angegeben, was auf einem redaktionellen Fehler beruhen mag. Inhaltlich sind die Varianten kaum von Bedeutung, obwohl ich die der »obskuren« Körper vorziehe, da sie die Aufklärungsmetaphorik von licht als schön, vernünftig usw. kontra dunkel als hässlich, unvernünftig, wie sie Boullée hier rhetorisch nutzt, adäquat überträgt. 50 Boullée 1987, S. 56.

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Inszenierungen »unordentlicher Natur«, wie die der Felsgrotte, damals zwar in der Architektur der Landschaftsgärten modern sind, in seinen Entwürfen jedoch kaum auftauchen. Daher ist gerade diesem unverhofften Auftauchen von »Chaos« in seiner Ästhetik besondere, sinnstiftende Bedeutung zuzumessen. Der Entwurf gehört nicht zu jenem Konvolut von Zeichnungen, von dem man annimmt, dass Boullée es zur Illustration des Traktats, aus dem die eben skizzierten Gedanken stammen, einsetzen wollte. Es gibt meines Wissens unter ihnen keinen Entwurf, der den Kontrast von regelmäßigen und unregelmäßigen »Körpern« ebenso prägnant zum Hebelpunkt seiner Wirkungsziele machte. Einzig der Entwurf zum Justizpalast (Abb. 19) kommt einer derartigen Kombination von glatter Symmetrie und grober Natura naturata in einem Grottenmotiv am Portal nahe. Umso erstaunlicher, dass Lankheit, Vogt u.a. Architekturhistoriker den Entwurf ohne Einschränkungen in der typologischen Nachfolge seines Newton-Kenotaph (Abb. 21) von 1784 sehen. In ihm hatte Boullée versucht, die Kugel als den perfektesten und bisher noch nie realisierten Raumkörper zumindest im Entwurf umzusetzen. Der Kenotaph sollte Denkmal für Newton und Kultbau für die damals verbreitete Newton-Verehrung zugleich sein. Boullée erfand dafür ein Architektur-Bild, das die Nachwelt bis heute fasziniert. Das Innere des Baus (Abb. 20) ist in Boullées Beschreibung »eine große Kugel, deren Gravitationszentrum (diese Begriffswahl ist als unmittelbare Anlehnung an Newtons Theorie zu sehen, d. A.) man durch eine Öffnung betritt, die im Sockel angebracht ist, über dem sich das Grabmal erhebt. Hier sind die einzigartigen Vorteile dieser Form: wohin man blickt (Wie in der Natur), man gewahrt nur eine fortlaufende Oberfläche – ohne Anfang, ohne Ende –, und je mehr man sich in ihr bewegt, desto größer wird sie. Diese Form, die niemals verwirklicht wurde und die doch die einzige für dieses Monument geeignete ist, bewirkt durch ihre Krümmung, dass der Betrachter sich dem, was er ansieht, nicht nähern kann. Wie durch hundert starke Kräfte wird er an dem Platz festgehalten, der ihm zugeteilt ist, und da 38

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dieser im Zentrum liegt, hält er einen Abstand ein, der die Wirkung der Illusion noch verstärkt … Frei und abgesondert von allen können seine Blicke sich nur der Unendlichkeit des Himmels zuwenden. Das Grabmal ist der einzige materielle Gegenstand.« 51 Die Kugel war hier Bild eines Weltalls, das seit Newtons Theorie vom System der rotierenden Gravitation der Körper rational erfassbar und zugleich aber unerfahrbar unendlich war – genau wie die Form der Kugel für Boullée: »Die Kugel bietet uns die Lösung eines Problems, das als ein Paradox betrachtet werden könnte, wäre nicht geometrisch bewiesen, dass die Kugel ein unendliches Polyeder ist: aus der perfektesten Symmetrie leitet sich die unendlichste Vielfalt ab.« 52 Die Ableitung unseres Entwurfs aus dem Newton-Kenotaph war der Ausgangspunkt für Lankheit, um den Aspekt der Vernunft als inhaltlich entscheidenden für die Benennung des Tempels einzuführen, denn die Kugel war nun als Metapher für Vernunft erschlossen. Allerdings steht dem immerhin die doch mächtige Präsenz der von unten hinaufdrängenden »dunklen« Körper von Grottenhügel und Fruchtbarkeits- wie Todesgöttin entgegen. Sie macht das gesamte Bild, das dieser Raum inszeniert, viel eher zu einer Inszenierung des Sublimen in der Zusammenwirkung des Schönen – der perfekten Form der Kugel – mit dem Schaurigen – der dunklen, der Diana von Ephesus gewidmeten Grotte – die gerade in dieser Zusammen schau des unvereinbar Scheinenden den Menschen zu überwältigen droht,53 als zum eindimensionalen Emblem der Vernunft. Wie erklärt

51 Boullée 1987, S. 133 f. 52 Boullée 1987, S. 57. 53 Boullées Ästhetik ist im Sinne der Ästhetik des Sublimen als Wirkungsästhetik angelegt – zum ästhetikgeschichtlichen Umfeld des Sublimen vgl. Herbert Dieckmann, Das Abscheuliche und Schreckliche in der Kunsttheorie des 18. Jahrhunderts, in: Die nicht mehr schönen Künste. Grenzphänomene des Ästhetischen, hg. v. Hans Robert Jauß, München 1968, S. 271– 317. Zu Boullées Einsatz des Sublimen im Kontext einer Ästhetik der Natur vgl. auch Pérouse de Montclos 1969, S. 197 – 207.

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sich diese fast durchgängige Neigung besonders, wie bereits erwähnt, der deutschen Forschung,54 den Tempel-Entwurf zu einem Bild des Sieges der Vernunft (Kugel) zu vereindeutigen? Offenbar erweist sich hier die Stärke einer langen Tradition, die erst Newton und dann Boullée selbst wiederbelebt haben: der Mythos der Kugel als Bild des geordneten Kosmos.55 Der Versuch Boullées, im Newton-Kenotaph die vollkommene stereometrische Form der Sphäre in Architektur zu übersetzen, ist wahrscheinlich der Aspekt seines Schaffens, der Zeitgenossen und moderne Rezeption am meisten fasziniert hat. Der Mythos der Kugel ist der einer analogen Perfektion: Architektur ist gleich Welt, die Kugel eine Art Stein der Weisen des Architekten, der ihn der Gebundenheit an die Erde gerade durch die perfekte Analogie mit ihr entheben soll. Denn die Kugel ist eine zutiefst a-tektonische Form – ohne Basis, der gerichteten Schwerkraft durch ihre perfekte allseitige »Regularité« 56 entzogen, ja gleichsam die Metapher der Schwerelosigkeit, der Loslösung von der Erde. So kann sie in Boullées Newton-Kenotaph den Kosmos verkörpern: nicht etwa die Erde in physiognomischer Analogie, wie das z.B. beim Reichsapfel Tradition war,57 sondern das wissenschaftlich erkannte Universum in abstrakter Analogie zu Newtons Theorie. Eine verblüffend genaue formale Entsprechung der Boulléeschen Auffassung scheint sich zu Platons Beschreibung des Kosmos als Sphaira im Timaios zu ergeben: Sie sei » die Figur, die von allen die vollkommenste und am meisten sich selber gleich ist «.58 Mit seiner Kugel als architektonischem Bildkörper überführt Boullée New-

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Vgl. dazu Anm. 12. Vgl. Schramm 1958. Rosenau 1976, S. 121 (im Kap. »De l’essence des corps«). Vgl. Schramm 1958. Zit. nach ebd., S. 8. Vgl. dazu auch Vogt 1969, S. 294 f. Vgl. Pérouse de Montclos 1984, S. 193.

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tons mathematische Abstraktion über die Form in eine mythogene, geschichtsimmune Analogie. Warum man nun gerade diese typologische Ableitung für den Entwurf eines Tempels der Natur/Vernunft angenommen hatte, mag daran liegen, dass ein Vergleich vom Innenbau des Tempels (vgl. Abb. 11) mit dem Außenbau des Kenotaphs das Kugelelement nachvollziehbar erscheinen lässt, wenn auch im Tempel vom geringeren Radius der Mulde bereits beeinträchtigt. Hingegen verflüchtigt sich der Eindruck des Vergleichbaren, wenn die Ansichten beider Außenbauten nebeneinander betrachtet werden: Im Newton-Kenotaph (Abb. 21) ragt die Kugel mehr als zur Hälfte aus den sie stützenden Zylinderringen heraus, beim Tempel (Abb. 22) nur eine flache Kalotte; beim Newton-Kenotaph sind darüber hinaus die Ringe angeschnitten, um den Blick auf eine ganze Kugel als zugrunde liegendes Prinzip zu visualisieren. Hinzu kommt, dass der untere Scheitelpunkt dieser Kugel beim Newton-Kenotaph das Bodenniveau nicht einmal berührt, während beim Tempel die innere Mulde sich mit dem Scheitel weit unter Bodenniveau absenkt, sodass der erdbezogene, dunkle Charakter des sich daraus erhebenden Grottenhügels umso deutlicher wird. Eher als der Tempel der Vernunft/Natur käme also der NewtonKenotaph für eine bautypologische Ableitung jener Kuppelzentralbauten infrage, die als Tempel der Gleichheit, der Natur usw. für die Kulte der Französischen Revolution entworfen wurden. Mit ihm hatte Boullée fünf Jahre vor der Revolution die Metapher der glatten Kugel in der Architektur etabliert. Bereits ein Jahr danach tauchte sie in den Wettbewerben der Académie Royale d’Architecture auf, und zwar bezeichnenderweise für Bauaufgaben, die Zentralität und Einheit thematisierten. Der Grand Prix von 1785 wurde für ein Grabmonument der Herrscher eines großen Reiches vergeben, ein Thema, das Boullée im Übrigen später auch in sein Essai aufgenommen hat, also bereits zu Zeiten der Revolution. Jean Charles Moreau gewann den ersten Preis mit einer quadratischen Anlage (Abb. 23),59 die die Gräber der Berühmten Männer der Nation beherbergen sollte – auch 41

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diese Funktion war in der Aufgabe vorgesehen. Im Zentrum der Anlage erhob sich als Grab des Herrschers ein riesiger Rundbau mit einer Kuppel, die, offensichtlich von Boullée angeregt, außen eine glatte Oberfläche hatte, innen jedoch imperial-antik mit Kassetten dekoriert war. Der Entwurf zeigt zwei Grundgedanken, die 1785 noch nicht im Widerstreit standen: Zum einen ist er dem Gedanken verpflichtet, dass die Einheit der Nation im absolutistischen Herrscher verkörpert war, zum anderen wird dieses nationale Zentrum bereits im Ansatz »dezentriert«, wenn ihm in der Peripherie die Gräber Berühmter Männer der Nation beigegeben werden. Hier deutet sich eine Verschiebung in der Bezeichnung nationaler Einheit in Richtung auf das »Volk« an, die später in der bewegten Baugeschichte des Pantheon 60 als Ort nationaler Identität, repräsentiert in den Grabmälern Berühmter Männer aus Wissenschaft, Politik und Kultur als Stellvertreter des Volkes, ihre Entsprechung findet. Die andere Preisaufgabe, die 1785 Kugelbauten nach sich zog, war ein Newton-Kenotaph. Der Ausschreibungstext geht wohl auf Boullée selbst zurück. Dort heißt es: »Ce monument élevé à la gloire du plus grand génie doit moins respirer la magnificence que la grandeur imposante et la noble simplicité. Il sera possible de faire présenter par une allégorie ingénieuse et analogue aux ecrits du grand Newton à quel usage peut être destiné le monument qu’on propose.« 61 Interessant an der Formulierung des Wettbewerbs ist die Verwendung des Begriffs der Allegorie nicht etwa für eine allegorische Personifikation in der Tradition Cesare Ripas, sondern gedacht für den Baukörper selbst. Produziert werden sollte der allegorische Sinn über das analogische Denken architektonischer Form, bezogen auf die Theorie Newtons. Da ist es kaum überraschend, wenn die Teilnehmer meist Boullées Grund-

60 Vgl. dazu: Mona Ozouf: Das Pantheon, in: dies.: Das Pantheon. Freiheit Gleichheit Brüderlichkeit, Berlin 1996 (franz. Erstverö f f. 1984). 61 Pérouse de Montclos 1984, S. 233.

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idee der Kugel variierten, wie im Entwurf von Pierre- Jules Delespine (Abb. 24).62 Wenige Jahre später erschien die Kugel in den Architekturvisionen der Revolution, v. a. in den Akademiewettbewerben des Jahres II,63 für die Tempel des revolutionären Einheitskultes und für Versammlungsbauten, in denen die »Souvraineté du Peuple« gepflegt werden sollte. Der Entwurf von Jean-Nicolas Sobre für einen Tempel der Unsterblichkeit, zwischen 1793 und 1797 entstanden ( Abb. 25 ),64 zeigt, dass in diesem Zusammenhang der Boulléesche Traum vom radikalsphärischen Bau und damit auch seine kosmisch-rationalen Assoziationen eher weiterverfolgt werden als in Boullées Tempel der Vernunft/Natur, der ins Jahr 1793 datiert wird. Sobre lässt die Dimension des Traums besonders deutlich werden: Eine Halbkugel ist an der Basis von Wasser umgeben, sodass eine Spiegelung erzeugt wird, die dem Betrachter aus einer bestimmten Entfernung die Illusion einer perfekten Sphäre erzeugt. Architektur ist hier in der Tat Bild – bis hin zur Fixierung einer Betrachterdistanz. Näherte sich der Betrachter dem – nie ausgeführten – Bau oder beträte er ihn gar, würde die Täuschung offenbar. Hier wird die Spannung zwischen Architekturvision und ausführungsorientierter Entwurfszeichnung erneut deutlich: Zwar könnte solch ein Halbkugelbau technisch eher ausgeführt werden als z.B. Boullées Entwurf für ein Newton-Keno-

62 Vgl. ebd. 63 Vgl. Szambien 1986. 64 Über die genaue Datierung besteht Uneinigkeit. Szambien (1986, S. 90 f.) gibt an, der Entwurf sei im Jahr VI der Revolution ausgestellt worden. So kann die Datierung auf den Zeitraum zwischen der Einführung des Kultes der Unsterblichkeit und 1797/1798 eingegrenzt werden. Leith datiert den Entwurf 1799, da er im Salon 1799 ausgestellt wurde (S. 315). Außerdem verweist er auf eine Publikation von 1834. Die dort abgebildete Zeichnung scheint eine Umzeichnung neueren Datums vom Entwurf, der bei Szambien veröffentlicht ist, zu sein. Ich vermute, dass Sobres Entwurf in die Jahre der Jakobinerherrschaft einzuordnen ist, denn nach der Entmachtung der Jakobiner sind kaum noch ähnlich radikale Kugelentwürfe zu finden.

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taph; in der kalkulierten Betrachterrealität, fixiert in der Zeichnung, erwiese sich jedoch gerade eine Ausführung des Baus als eine Operation des Scheins.

Bauten der Brüderlichkeit Der Mythos der Kugel ist der höchster Vollendung: Sie ist laut Boullée, der damit die Kugelmetaphorik antiker Philosophie aufnimmt und in die Semantik der Architektur überführt, eine Form, »die alle Eigenschaften der Körper in sich vereinigt. Alle Punkte ihrer Oberfläche sind gleich weit von ihrem Zentrum entfernt. Das Ergebnis dieses einmaligen Privilegs besteht darin, dass, von welchem Standpunkt auch immer wir diesen Körper betrachten, es keinen Blickwinkel gibt, der jemals die herrliche Schönheit seiner Form beeinträchtigen könnte, die sich unserem Blick immer als vollkommen darbietet.« 65 Dieser Mythos erschließt sich also und ist gedacht auf der Basis der Anschauung, des Blicks. Als unendliches Polyeder leitet sich bei der Kugel außerdem, und das ist wichtig, für Boullée »aus der perfektesten Symmetrie … die unendlichste Vielfalt ab.« Aus der Mathematik der Körper 66 erschließt sich also für die Kugel unabhängig von einer Gestaltähnlichkeit mit der Erdkugel die Metapher für Totalität, einer Totalität, die nirgends verankert ist, ohne Oben und Unten, ohne Hierarchie und ohne Schwerpunkt. Ein Körper der Körperlosigkeit, der Immaterialität, Bild einer Abstraktion und als solches einer Transzendenz jenseits von Geschlecht oder himmlischer Autorität. Die Kugel erscheint so als die Phantasie eines Einsseins ohne ein Anderes. Als solche wird sie die Metapher der Volkssouveränität selbst, gedacht als Totalität ohne Hierarchie und ohne innere Differenz. Sie vereint auf paradoxe, da perfekte Weise Abgeschlossenheit und Unendlichkeit und signalisiert, dass das Volk als Souverän ohne die Notwendigkeit einer externen Autorisierung zur Macht auszukommen vermag – die Monarchie von Gottes Gnaden hatte immerhin noch einer kirchlichen Salbung bedurft. Die Kugel schien darüber hinaus als – im Entwurf imaginierter – architektonischer Raum den perfekten Erfahrungsraum zu bilden für etwas, das bisher noch keine visuelle Repräsentation in einem symbolischen Körper der Einheit gefunden hatte: die Vielheit der das politische Kollektiv »Volk« bildenden männlichen Subjekte, denn sie repräsentierte ja im mathe-

65 Boullée 1987, S. 57. 66 Die Mathematik der Körper ist bereits in der altgriechischen Philosophie zentraler Ausgangspunkt für die Metaphorisierung der Kugel, vgl. Brendel 1936.

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matischen Sinne die vollkommene Einheit einer unendlichen Vielheit. In der Zeichnung, der Architekturvision, der Kugel ist also die Vorstellung des vom Volk oder seinen Vertretern betretbaren, erfahrbaren Kultraums, der die der Kulthandlung Beiwohnenden und die »Priester« dieses Kultes (Abgeordnete zum Beispiel) gleichermaßen umhüllt, verbunden mit dem Bildzeichen der Totalität. Die Suggestion der Anschauung ist verknüpft mit jener der räumlichen Erfahrbarkeit. Allerdings wird die Kugel in der Revolution nicht nur in der streng abstrakten mathematischen Analogie verwandt. Besonders in der Übergangszeit zwischen der konstitutionellen Monarchie und der Ausrufung der Republik finden sich auch Bezüge zu älteren Traditionen bzw. Mischformen des Kugelbildes, die mehr als eine Tradition abrufen. Aus dem Jahr 1790 stammt der Entwurf von Nicolas-Marie Gatteaux für eine Säule von über 100 Meter Höhe (Abb. 26), die als Monument der Revolution auf dem Platz der zerstörten Bastille weithin sichtbar stehen sollte.67 Sie war bekrönt von einem Globus mit den Bourbonen-Lilien. Auf diesem wiederum stand die Statue der Liberté. Die Kugel wird hier noch wie im Barock als Bauornament mit Emblemcharakter eingesetzt, was sie, besonders in Verbindung mit dem Lilienzeichen der Dynastie, eher mit der Tradition des Reichsapfels 68 verbindet. In Kombination mit der weiblichen Allegorie der Freiheit jedoch wird sie hier auch für die neue Revolutionssemantik der Volkssouveränität erschlossen. Die Idee eines zentralen Staatswillens oszilliert hier also noch zwischen König und Volk. Als symptomatisch für den engen Zusammenhang zwischen der Form architektonischer Verkörperung staatlicher Zentralität und

67 Leith 1991, S. 69 f f. 68 Ausführlich zur Genese und Entwicklung des Reichsapfels, zuerst als »Abbild« der Erde und damit Ausweis globalen Herrschaftsanspruchs, bis zur Reduktion auf ein Herrschaftsemblem ohne reale weltumfassende Entsprechung vgl. Schramm 1958.

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ihrem staatstheologisch-kultischen Bedeutungshorizont können die Entwürfe für die Versammlungsorte staatsbürgerlicher Selbstregierung angesehen werden. Das Heilige, das vorher der Figur des Herrschers vorbehalten war, musste nun übertragen werden auf das Parlament. Gerade der Verlust eines zentralen staatstheologischen Körpers, wie er im Königskörper existiert hatte, machte besondere Anstrengungen nötig, um die gesetzgebende Versammlung als neues Zentrum aufzuwerten. Der »Körper«, der sich nun dazu anbot, sollte der Versammlungsraum sein, der so zum Kultraum sakralisiert wurde. Damit war auch der Akt der Gesetzgebung selbst geheiligt und die Parlamentarier wurden Ausübende eines Kults, gleichsam »Priester« einer neuen Staatsreligion. Die Grenzen zu den »Tempeln« des von Robespierre eingeführten revolutionären Kults wurden fließend, was sich auch daran zeigte, dass für Parlament wie Tempel gleichermaßen die Kugelform beliebt wurde. Die symbolische Leere, die der tote König und die Dechristianisierungskampagne hinterlassen hatten und die eine Gefahr für die labile Legitimation des neuen Staates darstellte, wurde mit dem Konstrukt einer nicht christlich-kirchlichen Universalreligion gefüllt. Im Jahr III der Revolution publizierte Dupuis in Paris eine Schrift mit dem Titel L’origine de tous les cultes ou religion universelle, die kurzerhand die Geschichte aller Götter als die der Natur selbst erklärte. Alle Mythologien seien Allegorien des Kampfes »de la lumière et des ténèbres«. Boullées Traktat zeigt, wie sehr ihm dieses Konstrukt entgegenkam.69 Bereits kurz vor der Revolution, im Februar 1789, hatte die Königliche Akademie für Architektur als Wettbewerbsaufgabe den Entwurf eines Gebäudes für die Generalstände vergeben.70 Da dieser Versammlungsort nicht die sakral aufgeladene Bedeutung der späteren Natio-

69 Vgl. Pérouse de Montclos 1969, S. 206. Dort auch das Zitat aus Charles – François Dupuis: L’origine de tous les cultes ou réligion universelle, Paris, An III. 70 Ich folge hier der Darstellung von Leith 1991, S. 79 f f.

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nalversammlung hatte, fand die Kugel als Bauidee in den eingereichten Entwürfen noch keine Verwendung. Zudem ging es darum, drei Ständen Raum zu bieten. Das Machtzentrum lag eindeutig beim König. Offenbar kam niemand auf die Idee, diesem Bau eine Bedeutung zu verleihen, die jener vergleichbar gewesen wäre, die, wie bereits geschildert, bis dahin vor allem in den Akademieprojekten zu Grabmonumenten eines Herrschers als zentral angelegten, monumentalen Rundbauten geführt hatte. Anders wurde dies, als die Stände sich im Mai 1789 zu einer einzigen Nationalversammlung konstituierten. Das Projekt von Louis Combes (Abb. 27),71 noch während der konstitutionellen Monarchie entstanden, wie der geplante Thron erkennen lässt, ist als Rundbau in Anlehnung an das römische Pantheon geplant – bis auf die Innenkuppel, die als glatte, nicht kassettierte Halbkugelwölbung den Einfluss Boullées in der Radikalisierung der sphärischen Grundform zeigt. Allerdings lässt sich die politische Ambivalenz des Staatssystems, wie es 1789 bis 1792 bestand, im Entwurf nachvollziehen. Ganz offensichtlich liegt ihr noch keine klare Vorstellung über den symbolischen Status der Nationalversammlung zugrunde, was nichts anderes heißt, als dass die bis dahin geführten öffentlichen Debatten keine Grundlage für politische Eindeutigkeit gelegt hatten. Noch war die politische Situation irreduzibel komplex. So füllte Combes den Innenraum (Abb. 28) buchstäblich vom Scheitel bis zur Sohle mit Zeichen von Zentralität unterschiedlicher Herkunft. Auf dem Boden des Versammlungsraumes hat Combes, in Anlehnung an die Innenraumgestaltung monumentaler Grabmalsvisionen der Spätaufklärung,72 die berühmten Geisteshelden wie z.B.

71 Vgl. ebd., S. 91 f., leider ohne Angaben zur Datierung, aber sicher vor der Ausrufung der Republik entstanden. 72 Dafür hat nicht nur Boullée selbst einige Beispiele geliefert, wie seine Entwürfe für den Essai (Newton-Denkmal, Grabmal für den Marschall Turenne) zeigen, sondern auch Entwürfe wie die von Jean Charles Moreau und Pierre-François-Léonard Fontaine für den Grand Prix 1785, vgl. Pérouse de Montclos 1984, S. 193 f.

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Newton gewidmet waren, im Mittelpunkt einen Altar vorgesehen, der hier allerdings nicht dem Gedenkkult einer einzelnen berühmten Person gewidmet ist, sondern dem Vaterland,73 der »Nation«. Auf der Rückseite des Saales stand, noch oberhalb der Höhe der obersten Sitzreihe, also höher als der Altar und höher auch als die Abgeordneten, der Thron, den der König von einem dahinter liegenden eigenen Salon besteigen konnte. Dieser war bekrönt von einem halbsphärenförmigen Baldachin mit Lilie. Die Halbsphäre des Baldachins fand ihr monumentalisiertes Echo in der Halbkugel des Gewölbes. Die Halbkugel wiederum, die den Saal überwölbte, trug zusätzlich ein Gemälde. (Abb. 29) Es zeigte einen Himmel mit Sternen und Wolken und einer weiblichen Allegorie der Wahrheit mit Palmzweig und Stern in den Händen, die in vertikaler Achse mit dem Thron über den Versammelten schweben sollte. Ein reicher Apparat verschachtelter Zeichen überzieht den Raum mit architektonischen, dekorativen und figurativen Signifikanten. Wäre eine derartige Hyperreferentialität nur als künstlerische Unsicherheit zu verbuchen oder bildet sie nicht vielmehr die prekäre Mehrdeutigkeit einer politischen Übergangssituation ab? Eine der Herkunftslinien dieser Zeichen findet sich im Gedenkkult der Spätaufklärung, der das antike und christliche Motiv des Altars adaptiert hatte, den die Revolution zum Altar des Vaterlandes umgewidmet hatte. Er sprach keineswegs den König an, sondern ausschließlich die Abgeordneten: Der König war ja bereits legitimiert durch die Zeremonie der Salbung. Für die Abgeordneten geschah dies am Altar, an dem sie den heiligen Schwur auf das Wohl der Nation leisteten. Was bei der Fête de la Fédération am 14. Juli 1790 eingeführt worden war, nämlich dass nicht der König, wohl aber die politischen Repräsentanten am Altar des Vaterlandes schworen und in dieser heiligen Handlung eine der königlichen Salbung analoge Legitimation erfuhren, ist hier in der baulichen Anordnung von Altar und Thron deutlich lesbar wiederholt. Es finden sich also zwei Legitimationsformen für die zentrale Vertretung der chose publique nebeneinander: die kirchliche von Gottes Gnaden im Falle des Königs und die der zivilen, staatsbürgerlichen Selbstrepräsentanz bei den Abgeordneten. Dies sei hier herausgestellt, weil es sich unmittelbar auf die Formen auswirkt, mit denen politische Zentralität oder Einheit visuell inszeniert und bezeichnet wird. Das zeigt sich dann in den oberen

73 Zu diesem Kultmotiv vgl. Kathrin Hoffmann-Curtius: Opfermodelle am Altar des Vaterlandes seit der Französischen Revolution, in: Gudrun Kohn-Waechter (Hg.): Schrift der Flammen. Opfermythen und Weiblichkeitsentwürfe im 20. Jahrhundert, Berlin 1991, S. 57 – 92.

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Zonen des Raumes, und zwar in der mehrschichtigen Verwendung des Kugel-Zeichens. So steht der Thronbaldachin als Abbild des Himmels in einer langen Tradition imperialer wie kirchlicher Herrschaftszeichen. Wie die Kuppel in der christlichen Bautradition seit Byzanz hat er als Herrschaftszeichen eine staatstheologische Grundlage.74 Auch die Ausmalung der Kuppel in dem Entwurf von Combes zeigt den Himmel. Dieser »Himmel« im Sinne eines Abbildes hat jedoch wenig zu tun mit der Kugel als Abstraktion eines mathematisch aufgefassten Kosmos. Er rekurriert auf Traditionen, die noch die Vorstellungen des Mittelalters und der Renaissance prägten, die den Kosmos in die Dualität von Himmel und Erde geteilt hatten. Beliebt war im 16. Jahrhundert auch die Verbindung des Globus mit einem umlaufenden Band mit den Sternzeichen, wie sie sich hier auf dem Balken unter der Kuppel wiederfindet. Dieses Programm repräsentiert den universalen Anspruch der konstitutionellen Monarchie im ersten Jahr der Revolution in einer additiven Struktur, die der politischen Struktur entspricht, zusammengesetzt aus dem die Welt überspannenden Himmel, der Transhistorie suggerierenden Lenkerfunktion der Sterne (der Nachthimmel sollte genau dem Stand der Sternbilder zum Zeitpunkt des Sturms auf die Bastille entsprechen) und dem Globus als Abbild der Erde. Diese aus verschiedenen Traditionen montierte Vision des Kosmischen als Ausweis des universal Verbindlichen geht epochal hinter Newton und Kepler zurück auf wesentlich ältere, voraufklärerische Muster mythischen Charakters.75 Paradox erscheint es, dass eine derartige Anhäufung von Zeichen der Universalität noch einmal zentriert werden muss im weiblichen Bildkörper der Allegorie: die »Wahrheit«, die in der Himmelskuppel platziert ist. Welche Posi-

74 Hans Sedlmayr schildert das in: Architektur als abbildende Kunst, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Phil.-hist. Klasse, Sitzungsberichte, 225. Bd., 3. Abhandlung, Wien 1948, S. 17. Auf die asiatisch-antiken Traditionen verweist E. Baldwin Smith: The Dome. A Study in the History of Ideals, Princeton 1950, S. 81 f. 75 Dazu umfassend Schramm 1958.

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tion nimmt sie in diesem Schema ein? Die Präsenz einer weiblichen Personifikation scheint innerhalb der Sinnstruktur des Entwurfs offenbar notwendig zu sein. Allerdings ist es für die Aufrechterhaltung seiner Struktur zweitrangig, ob es sich dabei um eine Wahrheit, eine Gleichheit, die Vernunft oder die Natur handelte. Es stellt sich eher die Frage, was diese weibliche Allegorie inmitten von baulichen Metaphern und Bildern einer vorgeblich geschlechtsindifferenten Universalität zu suchen hat. Offenbar soll sie die Abgeordneten wie den König auf den von ihr bezeichneten Wert verpflichten, wie das in der 50

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Regel für die weibliche Allegorie gilt. Das wiederum lässt die Vermutung zu, dass die weibliche Allegorie der Wahrheit als Leitwert eine Universalität füllen soll, die offenbar der Gefahr ausgesetzt ist, sich als symbolische Leerstelle zu erweisen. Entwürfe wie dieser erscheinen als von einem enormen Bedürfnis bildhaften Zeigens geprägt, das sich aus den Impulsen spätaufklärerischer Pädagogik und dem revolutionären Ehrgeiz zur Formung des »neuen« Menschen erklären lässt. Dann aber erstaunt doch immer wieder der Kontrast solch mythisch-irrationaler Montagen zum Vernunftpostulat der Revolution. Extremes Beispiel dieser merkwürdigen Mischung sind die bekannten Kugelentwürfe Lequeus für einen Tempel der Gleichheit (Abb. 30) und einen Tempel der Erde (Abb. 31). Er wählt die ganze, glatte Kugel als Baukörper, d.h. er favorisiert die radikalgeometrische Vision aus Boullées Newton-Kenotaph. Innen jedoch baut er sie aus zu einem üppigen Bildtheater, das die metaphorische Einheit des Außenbaus illustrativ zum Verschwinden bringt. Im Sinne Boullées wäre das nicht gewesen. Im Schnitt erweist sich die Kugel der Gleichheit übrigens in der inneren Gebäudehülle als eine Art Ei.76 Die Assemblée Nationale wurde aus Geldmangel nicht gebaut. Die Pläne, die Volkssouveränität als Universalie auch dem »Volk« nachvollziehbar zu machen, wurden davon jedoch nicht aufgehalten. Es wurden Bauten entworfen für Stadtparlamente und kleinere Kultgebäude, die das Prinzip der Assemblée Nationale und der zentralen Tempel in den politischen Praktiken der Provinzen und Städte verankern sollten. So entwarf Boullée einen Palais Municipal (Abb. 32) mit einem Versammlungsraum unter einer glatten, undekorierten halbsphärischen Kuppel riesigen Ausmaßes. Für den Wettbewerb zu Temples décadaires im Jahr II der Revolution (1794) wurden Bauten entworfen, um den Kult der Volkssouveränität bis in die Provinzen zu tragen. In ihnen sollte die unterste Kategorie der revolutionären Feste, die Fêtes décadaires, vollzogen werden.77 Auch hier gibt es Kuppelbauten, im Außenbau zumeist dem römischen Pantheon nachempfunden, innen mit halbsphärischen Kuppeln nach dem Muster des Newton-Kenotaphs. In dem Entwurf von Durand und Thibault für einen kleinen Temple décadaire 78 (Abb. 33) ist die Innenwölbung mit sternartigen Löchern versehen, eine unmittelbare Übernahme vom

76 Abbildung bei Leith, S. 178 und 180. 77 An jedem zehnten Tag des neuen Revolutionskalenders sollten diese Kulthandlungen stattfinden. Die Sakralisierung des zivilen Lebens sollte mit dieser kapillaren Feststruktur so vorangetrieben werden, dass der Alltag aller Bürger davon gezeichnet worden wäre. 78 Abbildung vgl. Leith 1991, S. 182 f.

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Newton-Kenotaph und Anspielung auf Boullées Kosmos-Phantasien. Für den Temple décadaire… pour une petite ville de 5000 a 6000 ames 79 (Abb. 34) hatte Durand diese Variante radikalisiert, indem er auch außen nicht nur ein Kugelsegment wie beim Pantheon-Typus, sondern eine Halbkugel zeigte. Solche Räume – sie blieben alle ungebaut – sollten die Erfahrungsräume für eine neue politische Realität bilden, indem sie jedem männlichen citoyen durch die Teilnahme am Kult die Möglichkeit boten, sich als Teil dieser selbstreferentiellen Autorität zu fühlen. Der Kult konnte in rituellen Handlungen bestehen, wie bei den diversen Festen, in den politischen Handlungen der Selbstregierung oder in der erhebenden Kontemplation eines Monuments. Auch Frauen waren in dieses Geflecht der Rituale politischer Selbstkonstruktion eingebunden. Die Art ihrer Teilnahme war allerdings eine ganz andere: Sie wurden von den Regisseuren dieser Ereignisse eingesetzt als lebende Allegorien revolutionärer Tugenden, als Ursprungsmetaphern einer normativ verstandenen Natur und als Nationalallegorien, als Bilder des revolutionär Weiblichen, als affirmierende Zuschauerinnen bei Parlamentssitzungen und Schwurritualen, als Pars-pro-toto-Repräsentantinnen der staatlichen Keimzelle Familie,80 aber nicht als Teilhabende oder gar Repräsentantinnen der Selbstregierung. Ungeachtet also dieser auf die Geschlechter rekurrierenden Teilung der egalitären Ganzheit »Volk« fand der Citoyen des Dritten Standes im – Bild vom – sphärischen Kultraum eine politische Metapher für seine begrenzte Auffassung von »Volk«, die damit als allumfassend inszeniert wurde. Allerdings zeigte unser Blick auf die Strukturen im Einzelnen, dass die Repräsentationsformen dieser Einheit und Unteilbarkeit 81 Montagen von Zeichen aus bildallegorischen wie architektonischen Registern waren, deren Konstruktionscharakter ebenso unübersehbar war wie das Drängen nach einer Naturalisierung des Dargestellten im Mythischen. Der im Grunde allegorisch strukturierte Zeichenapparat war gleichsam zu immer stärkerer Hybridität getrieben von eben jenem Begehren einer Einheit von Signifikat und Signifikanten, wie sie gegen Ende des 18. Jahrhunderts dem Symbol im Gegensatz zur Allegorie zugeschrieben wurde.82 Die Analogie zwischen

79 Zit. nach der Abbildung in ebd., S. 257. 80 Zu diesen Strukturen der Feste der Revolution vgl. Baxmann 1989. 81 Damit ist angespielt auf die von Jacques-Louis David organisierte Fête de l’Unité et de l’Indivisibilité de la République in Paris am 10. August 1793, deren sechs Stationen von David gestaltet worden waren, u. a. mit einer Fontaine de la Regénération, einem Triumphbogen, einer Freiheitsstatue und einer Statue des Volkes als HerkuleS. Zu den Revolutionsfesten vgl. Mona Ozouf: La Fête révolutionnaire. 1789 –1799, Paris 1976, und Baxmann 1989, bes. S. 68 f.

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dieser Auffassung der Wirkungs- und Funktionsweise des Symbols und dem Bedeutungshorizont der Montagen verstärkte in der vom Symbol erhofften Totalität einer »Unteilbarkeit« von Zeichen und Bezeichnetem das allegorisch Bezeichnete gleichsam als sein Echo. Zentral für diese zwiespältige Bezeichnungsstruktur zwischen Allegorie und Symbol ist die Geschlechtersemantik, welche die Brüche im Einheitsphantasma bildlich überbrücken sollte. Wenn bei Combes die weibliche Personifikation der Verité in der alles überwölbenden Kuppel über Thron und Schwuraltar als rituelle Orte der Selbstvergewisserung männlicher Funktionsträger schwebt, so fasst sie bildlich wie räumlich König und Volk zu einer Einheit der Macht zusammen, deren Wunschcharakter bereits zum Zeitpunkt des Entwurfs deutlich geworden war.

Vernunft oder Natur? Boullées Tempel im Licht der Revolutionssemantik Wie nun fügt sich Boullées Tempel der Vernunft/Natur in dieses Tableau einer Revolution der Einheit und der Vernunft? Wie bereits dargestellt, entspricht er nicht so recht dem Typus des Newton-Kenotaphs als Entsprechung einer radikalen Vernunft: Im Außenbau wird keine ganze Kugel suggeriert, und der Innenraum ist nicht wie im Newton-Kenotaph eine ununterbrochene, fortlaufende Oberfläche, an der das Auge nirgends hängen bleibt, sondern bietet eine artikulierte Szenerie. Um das bildsprachliche Umfeld dieses Entwurfs besser zu

82 Vgl. den Artikel Allegorie (Anselm Haverkamp und Bettine Menke) in: Karlheinz Barck u.a. (Hg.): Ästhetische Grundbegriffe, Bd. 1, Stuttgart, Weimar 2000, S. 49 – 104. Dort auch weiterführende Literatur u.a. zur Debatte um Allegorie und Symbol um 1800.

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beleuchten, müssen seine Bestandteile sowie ihre Syntax mit anderen Architekturmetaphern aus Boullées Werk verglichen werden. Boullées architektonische Metaphernsprache hat zudem reiche Nachfolge im säkularen Kultbau des 19. Jahrhunderts gefunden, um den es später gehen wird. Es ist nicht seine Tempel-, sondern seine Grabarchitektur, die ähnliche Verhältnisse der Baukörper wie sein Tempel der Natur/Vernunft aufweist, im Außenbau wie im Schnitt. Ein Vergleich mit ihren typologischen Besonderheiten könnte uns Auskunft geben über die Assoziationsfelder, die Boullée für diesen Bau via »Ähnlichkeit« metaphorisch eröffnen wollte. So ist z. B. seine Nekropole mit zentralem Kuppelbau (Abb. 35) mit dem Tempel vergleichbar: Die breit, gedrückt gelagerten Proportionen von Zylinderringen und relativ niedriger, versenkt erscheinender Kalotte entsprechen im Typus dem Außenbau des Tempelentwurfs. Aus Boullées Traktat wissen wir, welchen »Charakter« er mit derartigen Proportionsverhältnissen bewirken wollte. »Caractère« ist für Boullée » … die Wirkung, die vom Objekt ausgeht und die auf uns einen Eindruck (im französischen Original: »Impression« 83) macht. Einem Werk Charakter verleihen heißt, alle geeigneten Mittel richtig anzuwenden, damit in uns nur die Empfindungen hervorgerufen werden, die dem Gegenstand angemessen sind.« 84 Allerdings speist Boullée diesen Charakter 85 aus Analogien zur Natur, insbesondere zu den Licht- und Stimmungsassoziationen der Jahreszeiten, und nicht aus hierarchisch der Funktion zugewiesenen Gestaltungsbestimmungen, wie sie die bisherige Baukonvention gefordert hatte. So hält Boullée für Paläste und Basiliken nicht determinierte Säulenordnungen für angemessen, sondern die bildhafte Assoziation des Sommers, seines »caractère« der »Magnificence« und Pracht, während das düstere Licht und die kahle Erde des Winters Vorbilder sind für das Ausdrucksziel von Boullées Grabbauten und Friedhöfen. Die architektonische Analogie dafür ist die »architecture ensevelié«, die begrabene Architektur: »Das Bild der versunkenen Architektur gestaltet man durch niedrige und gedrückte, in die Erde gesunkene Proportionen.« 86 Mit diesem Konzept vom Bild einer begrabenen Architektur 87 als Wirk-

83 Vgl. den Abschnitt zum »caractère« im französischen Text, in: Rosenau 1976, S. 123. Daher auch die folgenden Verweise auf das französische Original. 84 Boullée 1987, S. 66. 85 Zum Begriff des caractère in der Architektur des 18. Jahrhunderts vgl. Werner Szambien: Symmétrie, Goût, Caractère, Paris 1986. Der Begriff findet sich aber auch in anderen Bereichen, so z.B. in der Gartenkunst, wie Christian Cay Laurenz Hirschfeld: Theorie der Gartenkunst, Leipzig 1779 –1785, bezeugt. 86 Boullée 1987, S. 70 (Hervorhebung d. A.). 87 »Le tableau de l‘architecture ensevelié« – vgl. Rosenau 1976, S. 135.

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ungsanalogie zum Winter meinte Boullée, das Ausdrucksvermögen der Malerei erreicht zu haben. Die gedrückten Proportionen sollen dem Betrachter (»le spectateur«) den Eindruck vermitteln, dass die Erde ihm einen Teil des Baus vorenthält (»dérobe«),88 ihn verbirgt. So sehr sich Boullée hier auf die Natur beruft, so ist doch deutlich, dass er für seine Poetik des Grabbaus von den ägyptischen Pyramiden angeregt worden war – eine Faszination, die sich auch bei den Zeitgenossen in den Entwürfen vor allem zu Grabmonumenten und Nekropolen niederschlug und die Akademiewettbewerbe prägte. Dem Betrachter sollte mit dieser Form des Totengedenkens aber eben nicht Vergänglichkeit, sondern im Gegenteil das ewige Überdauern angesichts irdischer Zeitlichkeit suggeriert werden, eine Dialektik der Zeitachsen des Gedächtnisses, die der im Nationalsozialismus von Speer entwickelten Theorie von »Ruinenwert« der NS-Bauten vergleichbar ist.89 Als »vorprogrammierte Ruinen« 90 sollten sie noch im Verfall, den Grabbauten des Alten Ägypten vergleichbar, lange nach dem Untergang der Kultur, die sie erbaut hatte, von deren Größe zeugen. Verstärkt wird dieser Caractère des Düsteren, halb von der Erde Zurückeroberten bei seinem Tempelentwurf von dem Umstand, dass der Innenraum in Bezug auf das äußere Erdniveau ebenfalls versenkt

88 Ebd., dt.: »Dieses Vorgehen folgt aus den … Beobachtungen, dass diese (Grab-) Monumente niedrige und gedrückte Proportionen haben müssen, die als Ganzes den Betrachter zufriedenstellen, wobei dieser sich aber gleichzeitig vorstellen kann, dass ihm die Erde einen Teil davon verbirgt.« Vgl. Boullée 1987, S. 128. 89 Dazu einführend Peter Reichel: Der schöne Schein des Dritten Reiches. Faszination und Gewalt des Faschismus, Frankfurt/M. 1994, S. 122; außerdem Speer selbst in: ders.: 1969, S. 68 f. 90 Eine Formulierung von Angela Schönberger: Die Staatsbauten des Tausendjährigen Reiches als vorprogrammierte Ruinen?, in: Idea 6/1987, S. 97 –107. Schönberger »denunziert« diese Theorie als Verbrämung der kriegsvorbereitenden Mangelwirtschaft für moderne Baumaterialien. Jenseits der Sachzwänge jedoch bleibt der Bezug auf die Monumentalität von Bauten versunkener Kulturen als metaphorische Verdichtung im mehrfachen Sinne, nämlich in den Bauvisionen Hitlers und Speers, den Realisierungen von NS-Kultbauten und der NS-Rhetorik.

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ist – anders als beim Newton-Kenotaph, jedoch anderen Grabinnenräumen bei Boullée ähnlich, wie dem einer Grabpyramide für den Marschall Turenne (Abb. 36), die in seinem Traktat die »begrabene Architektur« illustrieren sollte. Es zeigt sich nun, dass die Interpretationen, die unseren Tempel als Tempel der Vernunft bestimmen, darauf beruhen, alle Kuppelformen bei Boullée mit jener des NewtonKenotaphs gleichzusetzen. Sie machen im Ergebnis die Kuppelform per se zum zentralen Emblem der Vernunft als »Überwinderin« einer nicht rational begreifbaren Natur. Das Oben der Kuppel gegenüber dem Unten der Grotte wird so als eindimensionales Bild der Beherrschung der Natur durch die Vernunft gelesen. Das allerdings erscheint mir als ein zu grobes Raster für die Mehrdeutigkeiten dieser baulichen Inszenierung. Mit dem Typus des sphärischen Baus als Bild des wissenschaftlich begriffenen Universums hat dieser Tempel mit seiner abgesenkten Außenkalotte kaum Gemeinsamkeiten, hingegen zeigt er im Innen- wie im Außenbau Parallelen zu Boullées Grabarchitektur. Damit ist ein neues assoziatives Bezugsfeld für den Tempel erschlossen, das nur schwer vereinbar ist mit dem revolutionären Kult der Vernunft. Das zweite sinnstiftende Element des Entwurfs, die Diana Ephesia, wird, da Boullée bei seinen Bauten äußerst sparsam war mit figurativen Attributen, mit Personifikationen der Natur in der gleichzeitigen Revolutionsikonographie verglichen. Lankheit zeigt zwei Beispiele: die ägyptisierende Version einer Natur als »Fontaine de la Régénération« (Abb. 37), die beim bereits erwähnten Fest der Einheit und Unteilbarkeit vom 10. August 1793 während des Festrituals die – männlichen – Repräsentanten der Nation mit dem regenerierenden Strahl ihrer Brüste nährte. Näher verwandt ist sein zweites Beispiel, die Natur als Diana Ephesia auf einem Heiligen Berg, der im vorübergehend zum Vernunfttempel umgewidmeten Münster von Straßburg stand. (Abb. 38) Die Heiligen Berge waren anstelle der Altäre in vielen Kirchen errichtet worden, als nach der Dechristianisierungskampagne am 10. November 1793 das Fest der Vernunft als Ersatzkult angeboten wurde. 56

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Ein weiteres, von Lankheit nicht gezeigtes Beispiel verdeutlicht das Assoziationsfeld des offiziellen Kultes einer vernunftbestimmenden wie -bestimmten Natur: Eine nährende Natur, mit einer kleinen Erdkugel bekrönt, zeigt der Frontispiz von Blanchards »Catéchisme de la nature« aus demselben Jahr. (Abb. 39) Umhüllt von der aufgehenden Sonne, verweist die Figur der Natur darauf, dass der revolutionäre Naturkult ein Lichtkult war, in Anlehnung an die »grundsätzliche aufklärerische Metapher von Licht und Finsternis«,91 wobei die Finsternis die Werte der Gegenaufklärung gebiert. Der ideale Ort für diesen Kult der Natur als die Kraft, die »Fanatismus und Unwissenheit« vertreibt, befindet sich denn auch unter freiem Himmel.92 Baxmann bezeichnet jene Auffassung von Natur, mit der die Jakobiner ihr Staatsverständnis begründen, als »normative Natur«, deren Ordnung im von Robespierre veranlassten »Kult des Höchsten Wesens« verehrt wird. Sie ist moralisch, brüderlich, tugendhaft, harmonisch – eine »normativ interpretierte« 93 Verbindung von Anthropologie und Naturphilosophie in Rousseauscher Tradition. Die Vernunft als lichtes Kind einer derart aufgefassten Natur erscheint nun kaum als adäquate Bestimmung des Metaphernumfeldes in Boullées Tempelentwurf. Gerade in dem düsteren Zusammenklang mit der architektonischen Unordnung – der »corps bruts« der Felsbrocken und der dunklen Höhlenöffnung als Figur des Unbeherrschbaren, weil nicht Ein-Sehbaren – entspricht die Diana Ephesia bei Boullée ganz und gar nicht dem jakobinischen Bild einer wohlgeordneten, vernunftgenerierenden Natur als Vorbild und Ableitung ihres politisch-gesellschaftlichen Systems. Es gibt einen anonymen Entwurf für einen Tempel mit Halbsphären-Kuppel und einer Diana Ephesia als Kultstatue (Abb. 40) mit der 91 Jochen Schmidt, Einleitung, in: ders. (Hg.): Aufklärung und Gegenaufklärung in der europäischen Literatur, Philosophie und Politik von der Antike bis zur Gegenwart, Darmstadt 1989, S. 6. 92 Vgl. Harten 1989, S. 109. 93 Vgl. für dieses und das vorhergehende Zitat Baxmann 1989, S. 47 und 44.

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Inschrift »Elle est la source de tous le bien«.94 Der unbekannte Autor hatte ein ausschließlich optimistisches Programm mit der Diana Ephesia gekoppelt – unter dem Balken laufen Inschriften mit den Werten des neuen irdischen Paradieses (»Energie«, »Abondance«). Es leuchtet ein, warum die dunkle Grotte in diesem Zusammenhang nicht auftaucht. In der Tat kombiniert die Revolutionsikonographie die Naturgottheit in der Regel nicht mit einer Grotte. Die Propagandisten der Revolution stellten die Grotte meist, wie in dem Entwurf eines Heiligen Berges von Bonnet von 1794 (Abb. 41),95 in den Kontext einer sie bekrönenden Statue des Herkules. Als Sinnbild des siegreichen Volkes hat er die Feinde der Revolution, die sich in dieser Grotte winden, in die Flucht geschlagen. Damit klingen bereits die ersten Koordinaten für die Assoziationsfelder des Grottenmotivs in der Revolution an. Dieses wiederum variiert ältere Traditionen, die hier kurz zusammengefasst werden können. Von primärer Bedeutung ist die auf den Schoß der »Mutter Erde« bezogene Leibmetaphorik, gleich ob es sich um Fluchtort-, Grab- oder Höllenanalogien handelt. Die Grotte hat also sowohl mit Geburt wie mit Tod zu tun und ist in unterschiedlichen Analogie- und Funktionszusammenhängen zu finden – vom Kultbau bis zur kühlenden Gartengrotte. Bredekamp beschreibt, wie mit dem Grottenmotiv als Leibmetaphorik von Schoß und Höhlengeburt ein animistisches Weltverständnis bis in die Diskurse des naturwissenschaftlichen Denkens des 16. und 17. Jahrhunderts hineinwirkt.96 Die naturmagischen

94 Vgl. Szambien 1986, S. 84 f. Szambien nimmt an, er könnte vom Boulléeschen Entwurf inspiriert sein. Dagegen spricht, dass die Kuppel gerippt ist. 95 Ein Heiliger Berg mit einem Tempel der Gleichheit, Herkules und Grotte, in der lt. beigegebener Beschreibung das Verbrechen und die Tyrannei angekettet sind. Der Tempel ist von einer Viktoria bekrönt, vgl. Szambien 1986, S. 100. 96 Horst Bredekamp: Die Erde als Lebewesen, in: kritische berichte 1981, Heft 4/5, S. 5 – 37.

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Vorstellungen von Erdgeburt, Tod und Hölle werden auch die Grottenanlagen in den Gärten seit dem16. Jahrhundert bis zum Landschaftsgarten begleitet haben,97 wie in der Proserpinagrotte98 von 1786 in der Eremitage von Arlesheim (Abb. 42). Im Tempel der Vernunft/Natur erscheint die Front der Grotte (Abb. 43) in einer tektonischen Form, die in den damals modischen ägyptisierenden Portalformen besonders für Grabmäler und Gefängnisse zitiert wird, wie in dem Entwurf Favarts für ein Gefängnis von 1793 (Abb. 44).99 Seit der Mitte des 18. Jahrhunderts ist das Grottenmotiv fester Bestandteil des Ausdrucksrepertoires der sprechenden Architektur, insbesondere aber der Revolutionsarchitektur: »Bald wird das Tor zum Geheimnisträger par excellence werden … ein Mittelding aus Nische, Schacht und Gruft« 100 – eine Beschreibung, die den Charakter des Unheimlichen bestätigt. Die Grotte scheint im visuellen Diskurs revolutionärer Vernunft also in der Regel Zeichen für das von der normativen Vernunft Abweichende zu sein – im Gefängnisbau ist das Durchschreiten des Grottenportals für den Gefangenen das Signal, dass er aus dem irdischen Paradies der Vernunft in eine unterirdische Hölle moralischer Verdammung ausgestoßen wird; und dieser Übergang wird, wie auch schon in der christlichen Ikonographie, mit der Vulvametapher der Grotte bezeichnet, die den Eingang zur Hölle bildet.101

97 Zur Typologie der künstlichen Grotten vgl. Rietzsch 1987, sowie Reinhard Zimmermann: Künstliche Ruinen. Studien zu ihrer Bedeutung und Form, Wiesbaden 1989. 98 Proserpina ist bezeichnenderweise Göttin sowohl der Unterwelt wie der Natur. Vgl. Adrian von Buttlar: Der Landschaftsgarten: Gartenkunst des Klassizismus und der Romantik, Köln 1989, S. 241 f. 99 Vgl. Szambien 1986, S. 125 –129. 100 Vogt 1969, S. 284 f. 101 So findet sich in einem Malerhandbuch vom Berg Athos, welches das Bildprogramm der Hagia Sophia in Konstantinopel zur Grundlage hat, der Hinweis, die Hölle sei wie eine dunkle Höhle unter Bergen darzustellen, vgl. Herbert Vorgrimler: Geschichte der Hölle, München 1993, S. 356.

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In der politischen Bildersprache der Revolution – und diese umfasst auch die Entwürfe einer bildhaft aufgefassten Architektur – kommt die Grotte also ausschließlich als grausiger Ort des Bösen, des Ancien Régime, der Unvernunft, zum Einsatz. Damit wird verständlich, warum die Verkörperung der Natur, sofern sie im jakobinischen Sinne »licht«, also vernünftig ist, eben nicht mit dem Grottenmotiv verknüpft wird. An den Diskussionen und Bauvisionen für Gefängnisse im späten 18. Jahrhundert lassen sich im Übrigen Ungleichzeitigkeiten damaliger Gesellschaftsvorstellungen ablesen. So gehört die Grottenmetaphorik, mit der Favart seinen ansonsten nüchternen Entwurf erst als Gefängnis »lesbar« macht, zu einem moralisch orientierten Bild von Strafe, das dem von Foucault102 geschilderten panoptischen Konzept von Kontrolle voranging. Allerdings erweisen sich in den Praktiken der letzten Jahrzehnte des 18. Jahrhunderts noch beide Modelle als wirksam. Anthony Vidler hat das in seinem Buch The Writing of the Walls 103 auch im Zusammenhang mit der Baugeschichte anderer Institutionen wie dem Hospital und der Schule geschildert, die für die Strukturierung allgemeiner sozialer Kontrolle wegbereitend gewesen waren. So wurden für die Hospitäler Gebäude entworfen, die einer mechanistisch-aufklärerischen Auffassung von Gesellschaft folgend machines à guérir sein sollten: rational organisiert, ohne Dekoration, hygienisch, gut durchlüftet und auf einen Blick überschaubar. Als ideale Form wurde die kreisförmige Anlage betrachtet. Noch bevor 1786 Jeremy Bentham sein Panopticon (Abb. 45) publizierte, zeigten die Ergebnisse der Königlichen Akademie für Architektur in Paris, dass dieser Gedanke bereits kursierte: Für den Grand Prix von 1778 war die Aufgabe eines Gefängnisses für fünfhundert Gefangene gestellt worden. In den Entwürfen von Louis Combes104 und Jaques-Pierre Gisors (Abb. 46), letzterer ein Protégé des damals an der Akademie sehr einflussreichen Boullée,105 zeigt sich der Versuch, die Anlage so radikal wie möglich zu zentralisieren. Dafür wurde die Kreisform als Grundriss gewählt. Die Zellen lagen um einen großen Hof gereiht. Ähnliches ist beim Wettbewerb von 1780 für einen Schulbau (Collège) an dem Entwurf von Trouard (Abb. 47)106 zu beo-

102 Michel Foucault: Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses, Übers. von W. Seitter, Frankfurt/M. 1976 (frz.: Surveiller et punir. Naissance de la prison, Paris 1975). 103 Anthony Vidler: The writing of the walls. Architectural theory in the late enlightenment, Princeton 1986, S. 73 f. 104 Vgl. Vogt 1969, S. 342 f. 105 Vgl. Pérouse de Montclos 1984, S. 159 f. 106 Vgl. Vogt 1969, S. 337 f.

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bachten. Das Entscheidende dabei ist, dass hier die Tendenzen zur »Zentralsymmetrie«107 des Spätbarock nicht mehr in Varianten über der Grundform des Quadrats gelöst werden, d.h. meist im Verbundsystem mehrerer Höfe, sondern in einem zirkulären Zentral-Bau, dass sie also hinsichtlich der Rundform ein strukturales Element mit dem Kugelbau teilen. 1791 adoptierte die Französische Revolution Benthams Panopticon – der englische Autor wurde zum citoyen français ernannt. Die Rezeption seines Werkes bereicherte die Diskussion um den Idealtypus des Gefängnisbaus. Der bereits eingeführten Zentrierung um einen runden Innenhof gesellte sich ein Turm in der Mitte dieses Hofes hinzu, der den panoptischen Rund- und Einblick in alle Zellen gleichzeitig und vom selben Standort aus erlauben sollte. »Je dirai que Bentham est le complémentaire de Rousseau. Quel est, en effet, le rêve rousseauiste qui a animé bien des révolutionnaires? Celui d’une société transparente, à la fois visible et lisible en chacune de ses parties; qu’il n’y ait plus de zones obscures, de zones aménagées par les privilèges du pouvoir royal ou par … le désordre; que chacun, du point qu’il occupe, puisse voir l’ensemble de la société … Que les regards ne rencontrent plus d’obstacles …« 108 Der Blick als sozial kontrollierende Kraft schließt an die Lichtmetaphorik der Aufklärung an in einer Mischung von Funktionalitätsdenken, bürgerlicher Moralität, die im Gedanken und in den Praktiken einer transparenten Gesellschaft gründet, und dem bildhaften Denken der Spätaufklärung. Die Revolution, besonders der Jakobinismus, will diese Elemente, die älter sind als die Revolution, rigoros in die Rituale und den Alltag des gesellschaftlichen Lebens überführen. Mit einer erstaunlichen Unmit dieses »à la fois visible et lisible en chacune de ses parties« zurück zu

107 Ein Begriff, den Vogt, ebd., verwendet. 108 Michel Foucault: L’oeuil du pouvoir, in: ders.: Dits et Écrits 1954 –1988, Bd. III, 1976 –1979, Paris 1994, S. 195.

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Boullées Auffassung der Kugelform: auf einen Blick übersehbar, auch von innen von einem Standpunkt aus mit dem Blick erfassbar. Die Metaphern von Kreis und Kugel waren offenbar verbreitet, eingebettet in eine universalistische Rhetorik der kontrollierenden Vernunft; und so werden auch Benthams Erwägungen zum Rundbau nicht nur von utilitaristischen Erwägungen geprägt gewesen sein. Wie Foucault beobachtet, implizierte Benthams Reformprogramm eine Ambivalenz, die von seiner auch metaphorisch-bildlich geprägten Auffassung des disziplinierenden Blicks herrührte. Der Blick war jedoch Foucault zufolge bereits von subtileren Mechanismen gesellschaftlicher Kontrolle überholt worden. So ist Bentham einerseits »archaisant«, wenn er den Blick ins Zentrum seiner Utopie rückt, modern jedoch, wenn er den Wert von Machttechniken generell erkennt.109 Muss nicht diese Form des Gefängnisses als eine Art Kehrseite des Phänomens erscheinen, um das es uns hier geht? Die Transparenz und Egalität des revolutionären Gesellschaftsentwurfs äußert sich in der Sphäre als Bild des Newtonschen Kosmos ebenso wie im runden all-einsichtigen Gefängnishof. Als Idee festigt sich Vidler zufolge dieser Gefängnisbautyp erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts.110 Die Revolution realisiert ihn nicht. Gebaut wird er jedoch in diesen Jahren durchaus, wenn auch nicht in der Republik. Ein Beispiel dafür, dass dieses reformerisch-utilitaristische Gedankengut sich auch an der Peripherie, und dort bemerkenswerterweise in einer Monarchie durchsetzt, ist das Gefängnis auf dem Felsinselchen Santo Stefano bei Ventotene zu Zeiten des bourbonischen Königreichs beider Sizilien, gebaut 1796, also drei Jahre, bevor – Ironie der Geschichte – auch in Neapel eine allerdings kurzlebige jakobinische Republik ausgerufen wird. (Abb. 48) Ein geschlossener Hof in hufeisenförmigem Grundriss ist zur Rundumsicht mit einem panoptischen Turm in der Mitte ausgestattet. Von außen dringt durch kleine Maueröffnungen nur soviel Licht in die Zellen, dass die Bewacher im Turm die Gefangenen in den Zellen sehen, diese aber nicht nach außen schauen und auch ihre im Turm verborgenen Bewacher nicht sehen können. Und hier wird ein Widerspruch erkennbar, der wiederum an unser Grottenmotiv anschließt. Eigentlich sind die Gefangenen ja aus der Gemeinschaft der im Lichte der Vernunft Lebenden ausgeschlossen; d.h. moralisch gesehen, steht ihnen nur das Dunkel zu. Dem kontrollierenden Blick wäre dies allerdings nicht zuträglich. Das Bild der Transparenz, für die Kreis und Kugel rhetorisch bürgen, wird also insofern vereinseitigt zugunsten einer Position der Kon-

109 Ebd., S. 202. 110 Vidler 1986, S. 52.

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trolle, als der Blick nur von einem privilegierten Ort im Zentrum zum Rand gerichtet werden kann. In den bereits erwähnten Entwürfen für Versammlungsräume der Revolution diente das Rund der parlamentarischen Arena hingegen einer vielfachen Kontrolle durch Sehen und Gesehen-Werden: Die Blicke konnten zwischen den Abgeordneten hin- und hergehen, aber auch die Zuschauer sahen ihre Repräsentanten. Im Übrigen wurden bei den Gefängnisentwürfen große Anstrengungen unternommen, um in der Gestaltung der Außenhaut des Gebäudes für die Passanten den Eindruck abweisender, hermetischer Abgeschlossenheit zu erwecken. Das Runde verbürgte nun beides, Licht wie Dunkel des aufklärerischen Reformprojekts. Das Abweisende, Schreckliche daran gehörte zum »caractère« der Bauaufgabe Gefängnis, wie ihn noch Blondel in seinem Cours d’architecture (1771–1777) zur Norm erhoben hatte. »Barbare« und »terrible« sollte diese Architektur Blondel zufolge sein, »Mit einem Wort, alles muß Dunkelheit verraten und Schrecken und Zwang für Verbrecher zeigen«, schrieb Milizia noch 1785.111 Vorbild für die stilistische Ausprägung dieses Typus waren Werner Busch zufolge112 die Carceri von Piranesi. Der dort geschilderte Raum ist perspektivisch nicht nachvollziehbar und vermittelt deshalb den Eindruck des Chaotischen. »Piranesis Carceri-Innenräume sind Bilder dessen, was die wirkliche Architektur nur an der Außenfront demonstrieren kann«,113 nämlich mit schwerer Rustika, Grottenportalen und anderen architektonischen Chiffren von Chaos, Schrecken und Dunkelheit – d.h. gerade jenen Formen, die Boullée als »corps obscurs« und »corps irreguliérs« bezeichnet hatte. Insofern gilt für den Gefängnisbau des späten

111 Blondel und Milizia zit. nach: Werner Busch: Piranesis »Carceri« und der Capriccio-Begriff im 18. Jahrhundert, in: Wallraf - Richartz - Jahrbuch, Bd. 39, 1977, S. 209 – 224, bes. S. 222 f. 112 Ebd. 113 Ebd., S. 224.

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18. Jahrhunderts, ob gebaut oder nur geplant, eine ähnlich paradoxe Verknüpfung der Assoziationsfelder, wie sie für Boullées Tempel der Natur/Vernunft zu beobachten war: Rundbau und Grotte, licht und dunkel, Ordnung und Chaos, Ratio und Animismus, Abstraktion und Materie – Chiffren abstrakter Totalität gekoppelt mit Chiffren bedrohlich materieller Weiblichkeit. Verhilft nun diese Bestandsaufnahme zu einer eindeutigen Bezeichnung des Tempels, vorausgesetzt, dies wäre unsere Absicht? Man könnte, um für die Benennung als Tempel der Natur zu argumentieren, zum Beispiel einwenden, die Natur habe, auch in der Aufklärung, ihre zwei Seiten – die lichte und die bedrohliche. Die Ästhetik des Sublimen, Erhabenen im 18. Jahrhundert zeugt ja davon. Die Natur ist dort sublim, wo sie dem Menschen neben ihrem Glanz auch das »Gefühl des Drohenden, Zwingenden, Unheimlichen, Grenzenlosen (vermittelt), bei dem der Mensch sich klein und unterlegen fühlt«.114 Gerade dieser Anteil jedoch musste im programmatisch inszenierten Festtableau der Natur, wie es von Robespierre dekretiert war, verdrängt werden. Für die Revolution, die Rousseau als ihren Vordenker verehrte, war die harmonische Natur Mutter, Regulativ und Legitimation der Vernunft und nicht umgekehrt. Und harmonisch ist die Natur in diesem Entwurf nicht – sie wird im Gegenteil ausschließlich mit den Metaphern des Schaurig-Chaotischen bezeichnet. Aber auch für eine Benennung als Tempel der Vernunft tun sich Probleme auf. Sie würde nämlich bedeuten, dass die obere Hälfte des Tempels, die sphärische Kuppel mit der glatten Oberfläche, als sinnstiftendes Element Priorität gewönne gegenüber der Grotte. Die Kuppel/Kugel als mathematisch berechnete Form, also als höchster Ausdruck menschlicher Naturbeherrschung, überwölbt die rohe Natur von Mulde und Grotte und verweist für Lankheit nach einfachem Oben-Unten-Schema auf eine Herrschaft der Vernunft über die Natur. Zur Kugel ergänzt, umschlösse diese sogar die Natur, eine Interpretation, die Boullées Bau zum Emblem totaler Naturbeherrschung machen würde. Für Boullée sind jedoch die Oben-Unten-Verhältnisse im Bild nicht einfach identisch mit Herrschaftsverhältnissen, wie aus seinen Thesen zur Grabarchitektur hervorgeht. Für ihn soll der versunkene Grabbau den Eindruck erwecken, von der Erde überwältigt worden zu sein. Gerade in diesem Verhältnis der Uneindeutigkeit – es schaut ja noch ein Stück heraus – liegt die Poesie im Register des Sublimen, die er anstrebt und die den Architekten zum Maler zu erheben vermag.

114 Peter-Eckhard Knabe: Schlüsselbegriffe des kunsttheoretischen Denkens in Frankreich, Düsseldorf 1972, S. 452.

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Für die Revolution Robespierres war die Natur »der Totalitätshorizont, die einheitsstiftende Kategorie, von der aus eine … staatliche Ordnung im Tableau repräsentierbar sein sollte«.115 Sinnambivalenzen und eine allzu große Bildmagie, wie sie Boullée erreichen wollte, hätten diese neue Ordnung jedoch gesprengt. Boullées Inszenierung wäre also für den Kontext des revolutionären Natur- wie des Vernunftkultes unbrauchbar gewesen, denn sie scheint die Ästhetik des Sublimen geradezu mustergültig nachzuvollziehen. Ihre Gestaltungstopoi aus dem Grabbau speisen sich aus der Anschauung des Schrecklichen: »Tempel des Todes, Euer Anblick soll die Herzen erstarren lassen … Diese Art Bauwerk erfordert die Poesie der Architektur noch viel mehr als jede andere.«116 Und gerade der schaurige, dunkle, bedrohliche, weil unbeherrschbare Anteil dieses Sublimen wird in einer Inszenierung von Natura naturata – der gebauten Natur der Felsmulde – und Natura naturans – der Natur hervorbringenden Natur in der Diana Ephesia – allegorisch konstruiert in Bildern des Weiblichen: eine Fruchtbarkeitsgöttin, die gleichzeitig zum antiken Totenkult gehört, ein furchterregender, dem männlich kontrollierenden Blick nicht zugänglicher, dunkler Erd-Raum, sein vulvaartiger Eingang in der Form einer Grotte. Für Weiblichkeit als Assoziationsfeld in der Bezeichnungspraxis revolutionärer Selbstbeschreibung kann Ähnliches gesagt werden wie für die Natur: Sie hat, kurz gesagt, ihre zwei Seiten, die in den Dichotomien von Chaos und Ordnung, von Überwältigung (im Falle der Natur) bzw. Begehren (im Falle der Weiblichkeit) und Kontrolle, von Ratio und Magie gefasst werden können. Der revolutionäre Egalitätsentwurf, der seinerseits extrem gefährdet war durch die Differenzen von Gesellschaft, Geschlecht und Rasse,117 wurde, wie Baxmann118 dar-

115 Baxmann 1989, S. 157. 116 Boullée 1987, S. 124. 117 Die Diskussionen und politischen Kämpfe um die Abschaffung oder Aufrechterhaltung der Sklaverei in den Kolonien, um die Gleichberechtigung von Schwarzen und »Mulatten« und ihre Einbeziehung in die Staatsbürgerrechte sind langwierig und kompliziert. Am 4. Februar 1794 wird die Sklaverei in den Kolonien abgeschafft; bereits vorher hatten Mulatten und freie Schwarze politische Rechte zugesprochen bekommen (4. April 1792). Spätestens unter dem Konsulat Napoleons wurde all dies wieder zurückgenommen. Die Auseinandersetzungen lassen sich auch an der Ikonographie der politischen Flugblätter ablesen, vgl. Michel Vovelle (Hg.): La Révolution Française. Image et Récit, Bd. II, Paris 1986, S. 232. Zu den visuellen Diskursen um die Sklavenbefreiung aus der Perspektive der Geschlechterforschung vgl. Viktoria Schmidt-Linsenhoff: Sklaverei und Männlichkeit um 1800, in: Annegret Friedrich, Birgit Haehnel, Viktoria Schmidt-Linsenhoff, Christina Threuter (Hg.): Projektionen. Rassismus und Sexismus in der Visuellen Kultur, Marburg 1997, S. 96 –111. 118 Baxmann 1989.

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legt, fundiert in einer Rückführung auf die Natur, die ihrerseits über Bilder der Weiblichkeit repräsentiert wurde. Aber so wie die inneren Differenzen der Egalität negiert werden mussten, so mussten auch die un-ordentlichen, unkontrollierbaren Seiten der Bedeutungsfelder von Natur und Weiblichkeit aus der Repräsentation ausgeschlossen werden, in der Hoffnung, damit auch die entsprechenden Dynamiken der Projektion und des Begehrens, der »contagion visuelle«,119 zu eliminieren und zumindest zu kontrollieren. Eine merkwürdige Analogie entstand so zwischen den Vorstellungen der Natur als Fundierungsmythos einer egalitären Gesellschaft, die aber die Frauen vom Staatsbürgertum ausschloss, des Weiblichen, über das diese Natur verbildlicht wird, das jedoch in den Männern ein die Idee verunreinigendes Begehren auslöste, und der Vorstellung der Egalität selbst, die ihrerseits die Angst vor der politischen Partizipation einer nicht zu bändigenden Volksmasse in sich barg. All diese Phantasmen von Einheit, Ursprung und Unmittelbarkeit, die in der Revolutionsrhetorik eine Kette der internen Verweise bildeten – von der geordneten Natur zur »naturidentischen« Weiblichkeit zur Egalität als gesellschaftlichem Naturzustand und zurück – waren von immanenten Dichotomien gefährdet, die eben jene Einheitsphantasien in Frage stellten, die sie hervorgebracht hatten. Für die Figur der Artemis/Demeter/Diana von Ephesus, bei Boullée die kaum sichtbare Bekrönung der unheimlichen Grotte, gilt Ähnliches. Sie gehört zum Repertoire der revolutionären Naturikonographie in weiblicher Gestalt. Jacques-Louis David nimmt sie zum Zentrum seiner Inszenierung des Festes der Einheit 1793. Die Fontaine de la Régénération, die bereits erwähnte monumentale Statue der Diana Ephesia, aus deren Brüsten reines Wasser floss, war als Repräsentation der Natur 120 auf den Trümmern der Bastille errichtet worden. 86 Kommissare der Assemblées Primaires tranken in einem geordneten Ritual nacheinander von diesem Wasser, zum Zeichen der Einheit alle aus demselben Kelch. Das Umfeld dieser Inszenierung – im Freien, auf einem Statuensockel erhöht, vor einer Kulisse von Bäumen (Abb. 49) – macht deutlich, dass diese Natur, diese Demeter, die andere, lichte, egalitäre und geordnete Seite jener Figur repräsentiert, die bei Boullée, in das Halbdunkel des Tempelraums gehüllt, die Grotte bekrönt. Diese »schaurige« Seite der Demeter, die in Verbindung mit der Grotte eher ihrer Tochter Persephone, der Göttin des Totenreiches, nahekommt, bringt uns wieder zurück zur doppelgesichtigen Ästhetik des Sublimen. 119 Ein Begriff aus einem Rapport De l’instruction par les yeux, lu à la Société libre de l’institution, le 8 brumaire an VII, zit. nach Baxmann 1989, S. 60. 120 Baxmann 1989, S. 71.

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Der Kult des Betrachtens Die Ästhetik des Sublimen braucht die Versenkung in die Anschauung, um, der sensualistischen Anthropologie der Aufklärung entsprechend, auf die Gefühle der Menschen einzuwirken. Im Unterschied zu den Tableaux der Revolutionsfeste, die auf der Grenze zwischen menschenbildender Anschauung und performativer Wiederholung im Ritual funktionierten und in denen die Bürger Teil des Bildes wurden, denn sie konnten an der Fontaine trinken oder den Heiligen Berg zur Statue der »Freiheit« hinaufspazieren, verbannt Boullée die Menschen vom Kultort, den er mit dem Tempel der Natur/Vernunft entworfen hat. Wie die Planer der revolutionären Rituale die Feste,121 so nannte im Übrigen auch Boullée seine Entwürfe Tableaux. Boullées Entwurf hätte, ausgeführt, enorme Ausmaße gehabt – die Mutmaßungen für den Gewölberadius reichen von 130 bis 390 Meter.122 Die Zeichnung des Schnitts (Abb. 11) zeigt jedoch keinen Ort für kultische Handlungen. Eventuelle Besucher hätten mühsam über die mannshohe Basis der Kolonnaden klettern oder am Ausgang eines Tunnels auf gleicher Höhe mit der Diana verweilen, nicht aber in die Mulde hinabsteigen können. Der Kult erschöpft sich hier offenbar in der Kontemplation eines gewaltigen Stimmungsbildes, dem gegenüber der Mensch sich als winzig empfinden musste. Das Sublime sollte nur über das Auge erfahrbar sein, denn es konstituierte sich aus der Distanz zu jenem Bedrohlichen, das den erhabenen Schauer erst und ausschließlich in der Betrachtung auslösen konnte. Das Kultobjekt blieb unnahbar, im Schauen erschöpfte sich der Kult. Die architektonische Metaphernsprache erreichte so höchste Bedeutung. Ihre extreme, auf keinerlei baupraktische Erwägungen Rücksicht nehmende Ausprägung, die dafür sorgte, dass es beim Entwurf blieb, mag auch den Stoff für ihre

121 Zum Fest als Tableau s. Baxmann 1989, bes. S. 51. 122 Lankheit 1973, S. 22.

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Ausbeutung bei der Nachwelt geliefert haben. Radikal befreit von den Regeln der »Convenance« und den Codes des kirchlich-religiösen Kults, konnte der nationale Gedenkkult des 19. Jahrhunderts diese Architektursprache für seine Monumente plündern und ihre Einzelteile neu montieren.

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Der Landschaftsgarten

Zur Genealogie säkularer Kultformen der Moderne Die Säkularisierung der religiösen Kultpraxis, deren erster kollektiver Höhepunkt die Rituale der Französischen Revolution darstellen, ist Voraussetzung für eine/n bis heute aktuelle Gedächtniskult/ur des Nationalen. Aber wie vollzog sich dieser Wechsel von der kultischen Handlung zu einer Art kultischen Blicks, wie er für die Etablierung politischer Kulte bedeutsam wurde? Und wo vollzog sich diese Veränderung ? Immerhin veränderte sich damit der mediale Charakter des Kultes. Auch die zu einem Kult immer gehörende »Priesterschaft« veränderte Status, Aussehen, Anzahl und Funktion. Und was hatten diese Verschiebungen in der kulturellen Praxis von Kult und Politik mit den Staatsformen der Moderne zu tun, vor allem mit der Einführung des neuen Volkssouveräns? Haben die neuen, säkularisierten Kultformen politischer Selbstbeschreibung zu tun mit den seit der Aufklärung veränderten Formen einer diskursiven Erzeugung von Macht, die Foucault beschrieben hat? Ich habe nun durchaus nicht vor, diese Fragen zu beantworten, denn sie führen weit über den Rahmen hinaus, der hier gesteckt ist, sie werden jedoch das Folgende beeinflussen. Eine Genealogie säkularer Kultformen der Moderne, wobei mit dem Begriff der Moderne hier jene Epoche bezeichnet ist, die mit der Französischen Revolution beginnt, wäre meines Erachtens in einer kulturellen Praxis seit der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts anzusetzen, die vorwiegend, aber nicht nur, von der Aristokratie betrieben wurde: dem Landschaftsgarten mit seinen Tempel- und Memorialbauten. Als Vorbereitung zum Kult bürgerlicher Werte könnte diese Praxis insofern gesehen werden, als sie in vom Hof unabhängigen Räumen kultiviert wurde. Sie entspräche also auch einer Absetzbewegung von der Zentralität des Hofes und den Ritualen absoluter Monarchie, noch bevor die neuen Formen bürgerlicher Öffentlichkeit zu greifen begannen. Der Landschaftsgarten bot den konkreten Erfahrungsraum, oder besser, den Raum für eine konkrete Repräsentation von Diskursen der Aufklärung, die eines gemeinsam hatten: die Suche nach einer ideologischen Zentralität außerhalb und gegen die alten Zentren von Hof und Kirche. Gesucht wurde diese Zentralität in der Natur, deren Konzept Anknüpfungspunkte für diverse Ordnungsdiskurse bot: Naturreligion, neue Staatstheologien, die nun am Naturrecht und nicht mehr an der Stellvertretung Christi orientiert waren, eine Anthropologie, welche die Historie als eine des Verfalls und der Entfremdung 69

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vom Ursprung denunzierte und die nach universellen Mustern für Religion, Sprache, Imagination, Mythen, Symbolformen quer durch die damals bekannten Weltkulturen suchte. Als wichtigstes »Organ« der Erkenntnis wurde das Auge angesehen. Auch die Sprachtheorien der Zeit sahen in Blick und Geste den Ursprung von Sprache, wie bereits bei Rousseaus Origine des Langues deutlich geworden ist. Das Interesse an den Kultgebäuden der frühen Antike, Ägyptens und Indiens projizierte diesen Ansatz auch auf die Kultformen anderer Zeiten und Kulturen. Kultbauten wurden nun als symbolische Baukörper aufgefasst, d.h., es bestand weder die Notwendigkeit einer konkreten Nutzung für eine rituelle Handlung, noch musste man sie betreten, um ihre sinngebenden Früchte zu ernten. Stattdessen musste man ihre Formen »lesen«.123 Nicht die Kulthandlung war wichtig, sondern der Symbolgehalt der Form, die Verbindung zwischen dem Bild, das der Bau gab, und der Imagination des oder der Betrachtenden. In gewisser Weise scheint sich diese Phänomenologie des Kultes aus einem Zusammenspiel von Erkenntniswillen und der Mythisierung einer neu zu begreifenden Totalität zu nähren. Unter diesem Blickwinkel würde auch die scheinbare Paradoxie eines Kultes der Vernunft verständlich. Wenn Kult und Religion als Praktiken einer Kodierung von Identität verstanden werden, dann ist das Wuchern unterschiedlichster nicht-christlich-kirchlicher Kulte im 18. Jahrhundert aus heutiger Perspektive gerade im Zusammenhang mit der Aufklärung leichter nachvollziehbar. Bis zur Französischen Revolution hatten diese Kulte privaten, gelegentlich gar klandestinen Charakter, wie bei den Freimaurern, wenn sie, ob gewollt oder nicht, den Zentralgewalten von Kirche und Monarchie missfielen.124 Dass es sich bis zur Revolution um eine Zeit der Transition handelt, zeigt der Umstand, dass ein universeller Ansatz wohl gesucht wurde, dieser sich aber in einer willkürlich erscheinenden, der privaten Phantasie und Bildung von Logen- und Sektengründern und den Erbauern von Landschaftsgärten anheimgestellten Vielfalt von Kulttopoi niederschlug. Es mangelte also nicht an Kultobjekten und deren »Stiftern« aus der aufgeklärten, liberalen Aristokratie und der bürgerlichen Intelligenz. Unklarer war die Situation auf der anderen Seite: Wer waren die Subjekte dieser »Religionen« der »Tugend«, der »Schönheit«, der »Natur«, der »Vernunft«, der »Freundschaft«, der »Er-

123 Als Beispiel aus der umfangreichen Literatur beziehe ich mich hier auf Alessandra Ponte : Architecture and Phallocentrism in Richard Payne Knight’s Theory, in: Beatriz Colomina (Hg.): Sexuality & Space, New York 1992, S. 273 – 306. 124 Vgl. Alexander Piatigorsky : Who’s afraid of Freemasonry? The Phenomenon of Freemasonry, Harvill 1997.

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D ER L ANDSCHAFTSGARTEN

innerung« an berühmte Kulturhelden wie zum Beispiel Isaak Newton und Jean-Jacques Rousseau, deren Denkmäler in einigen dieser Gärten standen? 125 Zum einen waren es die »Stifter« selbst, und insofern sind diese Kulte selbstreferentiell. Das zeigt sich im Übrigen auch in der neuen Praxis der adligen »Gärtner«, sich nicht mehr in der Kirche, sondern im eigenen Garten, mit entsprechendem Grabmonument, beerdigen zu lassen.126 Aber gerade die Aristokratie feierte in ihren Gärten das Weltbild und die Werte, die von der bürgerlichen Intelligenz – den Philosophen, Physikern, Astronomen – bereitgestellt wurden. Abseits vom Hof scheint der liberale Adel offenbar darauf angewiesen gewesen zu sein, seine fehlende Orientierung durch die ebenfalls noch nicht gefestigten Inhalte bürgerlicher Identitätssuche zu kompensieren. Neuere Gartenforschung kommt zu dem Schluss, dass der Adel seine Sympathien für »republikanische Tugenden« und den Naturbegriff Rousseaus in den letzten Jahrzehnten des Ancien Régime in seinen aufwendigen Parkgestaltungen nicht etwa zur Schaustellte, um der Republik den Weg zu bereiten, sondern um die Seigneurie, das System feudalen Grundbesitzes, das die Anlage der Parks erst ermöglichte, im Sinne der Aufklärung umzudeuten und neu zu legitimieren.127 Wie ließe sich der Landschaftsgarten als Kultort schauender Kontemplation beschreiben? Meist ist er so entworfen, dass der »Wanderer« einem bestimmten Weg folgen muss. Er tritt ein in eine Art allegorische Erzählung, die sich entlang dieses Weges in inszenierten Bildern entfaltet. »Gemachte« Natur, Ruinen, Tempel, Grotten, Vulkane, Wasserfälle, Quellen, Denkmäler und Labyrinthe präsentieren sich als aufeinander folgende Tableaux. Oft folgen die Stationen des Weges einer quasi-religiösen Logik der Passage vom Dunkel zum Licht, ähnlich den Initiationsriten der Freimaurer.128 So wird

125 Das erste Denkmal für Newton befindet sich im Garten von Stowe, England; Rousseaus – reale – Grabstätte befand sich im Park von Ermenonville des Marquis René-Louis de Girardin, entstanden ab 1766, vgl. Viola Klein: Der Temple de la philosophie moderne in Ermenonville, Frankfurt/M., Bern, New York 1996. Leergräber und Denkmäler für Rousseau finden sich auch in anderen Gärten, so im Wörlitzer Park (1782), vgl. Adrian von Buttlar: Das Grab im Garten. Zur naturreligiösen Deutung eines arkadischen Gartenmotivs, in: Heinke Wunderlich (Hg.): »Landschaft« und Landschaften im achtzehnten Jahrhundert, Heidelberg 1995, S. 79 –119, bes. S. 104. 126 Dazu ausführlich ebd. 127 Vgl. Susan Taylor-Leduc: Luxury in the garden: La Nouvelle Héloïse reconsidered, in: Studies in the History of Gardens & Designed Landscapes, Vol. 19, Number 1, Spring 1999, S. 74 – 85. 128 Eine typisierte Schilderung des Weges und der Stationen mit ihren ikonographischen Traditionen und den Übernahmen aus der Freimaurerei bietet von Buttlar 1995. Bei ihm auch ausführliche Angaben zur neueren Forschung.

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die künstliche Landschaft mit ihren Staffagen insgesamt zum Raum eines in individueller, schauender Versenkung vollzogenen Kultes : »Welcher weise Freund des einsamen Spaziergangs muss nicht lebhaft gerührt werden, wenn er in einem waldigen Revier auf ein Monument stößt, das dem Andenken eines Mannes, den er schätzen kann, geheiligt ist. Der Mond steigt über die Gebüsche mit seinem feyerlichen Lichte herauf … Kein Laut wird gehört, ringsum tiefe Stille und Feyer. Von dem Eindruck dieser Scene beherrscht, in seine Betrachtungen und seine Wehmut versenkt, lehnt sich der empfindsame Betrachter an eine gegenüberstehende Eiche (die wohl als gerade zu diesem Zwecke dort angepflanzt vorzustellen ist, S.F.), sieht hin, wo das Mondlicht den Namen seines Sulzers erhellt, sieht wieder weg, und eine Thräne fällt.« 129 Diese oft zitierte Beschreibung eines idealen Rezeptionsvorgangs im Landschaftsgarten vom deutschen Gartentheoretiker Hirschfeld, die sich auf ein Denkmal für Johann Georg Sulzer bezieht, dient meist als Zeugnis für die Kultivierung einer Empfindsamkeit, die nurmehr Selbstzweck ist. Aber hier wird mehr beschrieben als nur der Kult der Rührung und einer diffusen Naturreligiosität. Deutlich wird auch der grundlegende Zusammenhang zwischen Kult und Identität. Der erinnernde Blick auf das Monument des »Berühmten Mannes« Sulzer, bürgerlicher Intellektueller der Spätaufklärung, ist ein identifikatorischer, ähnlich dem Blick des Bürgers auf den Helden des bürgerlichen Historien- und Ereignisbildes, der mit Davids »Schwur der Horatier« und den Bildern zu den zeitgenössischen Ereignissen der amerikanischen Revolution130 später als die Landschaftsgärtnerei einsetzt. Die Rührung des Betrachters erleuchtet, heiligt diesen selbst. Der Kult ist also selbstreferentiell, Objekt und Subjekt sind identisch. Hirschfeld findet auch dafür eine prägnante Formulierung: »Wir haben keine Westminster-Abbey, wo die Asche der ersten Männer der Nation neben der Asche ihrer Kö-

129 Christian Cay Lorenz Hirschfeld: Theorie der Gartenkunst, Bd. II, 1780, S. 60 f. (Reprint mit einem Vorwort von Hans Foramitti, Hildesheim, New York 1973). 130 Als Beispiele wären zu nennen der Tod des General Wolfe von Benjamin West, Der Tod des Major Peirson von John Singleton Copley (1782/1784), die beide christologische Motive in ihre Ikonographie weltlichen Heldentodes übernehmen und damit ähnliche Topoi der Französischen Revolution vorwegnehmen (zur Übernahme des Beweinungstopos bei West vgl. Werner Busch: Das sentimentalische Bild. Die Krise der Kunst im 18. Jahrhundert und die Geburt der Moderne, München 1993, S. 58 f.), oder Die Unabhängigkeitserklärung der englischen Kolonien in Amerika von John Trumbull (1789/1795), dessen Vergleich mit Davids Ballhausschwur die strukturellen Unterschiede zwischen den beiden Revolutionen deutlich macht. Vgl. die Abbildungen in Alfred Neumeyer: Geschichte der amerikanischen Malerei: von der kolonialen Frühzeit bis zur naiven Malerei im 18. und 19. Jahrhundert, München 1974, Nr. 58 und 120.

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nige ruht. Wir haben nicht einmal, wie Frankreich, eine Akademie, die den Genies vom höchsten Range eine Statue zu bewirken weiß. Die Verdienste der Wissenschaften und Künste sehen noch unter uns keine Anstalt zu ihrer öffentlichen Verehrung … Aber in unsern Gartenrevieren ist Raum und Macht, uns selbst zu ehren, indem wir zur Ehre unserer verdientesten Männer Denkmäler setzen.« 131 Keine transzendente Autorität wird angebetet. Der eigentliche Gegenstand dieser Kultpraxis ist das bürgerliche Subjekt selbst, das sich in ihr erst fundieren muss. Insofern kündigt sie die selbstreferentielle Autorität des Volkes in der Konstruktion der Volkssouveränität bereits an. Wir könnten diesen Kult als eine Art Gründungsritual bürgerlicher Identität interpretieren, das, wie alle solche Rituale, zur Selbstvergewisserung immer aufs Neue aufgeführt werden muss. Allerdings bleiben sowohl das Signifikat des Kultes (der männliche Bürger) als auch die Signifikanten (die geweihten Gegenstände, Orte, Bauten, Themen, »Berühmte Männer «), gerade in ihrer noch nicht festgelegten Vielfalt der Formen, merkwürdig diffus und wandelbar. Wichtig ist mir hier allerdings nicht eine eindeutige inhaltliche Benennung dieser Praxis, sondern die besondere Medialität des Kult-Verfahrens, die ebenso wie die wissenschaftlichen und philosophischen Verfahren der Zeit auf einer Zentralität des Blicks beruht. Die Kultorte der Gartenarchitektur, deren Kontemplation der Läuterung des werdenden bürgerlichen Subjekts im Doppelsinn von Ethik und Ästhetik gewidmet war, leiten von der individuellen Kult-ivierung dieser diffusen, säkularen Religiosität über zum kollektiven, öffentlichen, normierten Kult national orientierter politischer Identitäten im 19. Jahrhundert bis ins frühe 20. Jahrhundert. Seine Orte sind die Nationaldenkmäler. In Deutschland wären hier in erster Linie die Walhalla und das Völkerschlachtdenkmal zu nennen. Die Verschiebung dieser kult-urellen Praxis ins Kollektive führt seit dem letzten Viertel des 18. Jahrhunderts auch einen Wandel der Kult-Räume und -performanzen herbei: vom privaten Garten zum öffentlichen Park, von einer Vielzahl von Tempeln, Grab- und Denkmälern, Grotten, Quellen, Hügeln, Tälern, Bäumen usw. zum zentrierten Ort, von der erwanderten und erschauten Erzählung individueller Wahrheitssuche und Erleuchtung im Garten hin zum konzentrierten Ritus der Massen am zentralen Nationaldenkmal um 1900. Einen Vorgeschmack dieses Strukturwandels bietet ein Ort wie der »Wald der Gräber « im Park Monceau, angelegt in den 1770 er Jahren vom Herzog von Orléans, dem späteren »Philippe Égalité«. Ein Stich aus Carmontelles Werk Jardin de Monceau (1779) zeigt wandelnde

131

Hirschfeld 1779 –1785, Bd. III, S. 148.

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Gruppen von zwei bis drei Personen auf Wegen, die sich zwischen Bäumen an den Grabmonumenten vorbei schlängeln (Abb. 50).132 Der private Garten aristokratischer Landbesitzer wird allmählich einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Aus dem Bürgertum konnten nur (Neu)Reiche an dieser Praxis teilhaben, wie z.B. der als Stückeschreiber zu Wohlstand gekommene Beaumarchais, bekannt als Autor des Mariage de Figaro. Er besaß einen Garten in Sichtweite der Bastille, ausgestattet mit allen Zutaten eines Gartens à la mode : einem künstlichen See, einem Denkmal für Dupaty, einer chinesischen Brücke, einem »grünen Saal«, der für das spätere Grab Beaumarchais’ bestimmt war, und einem Denkmal zum Ruhme Voltaires. Entworfen hatte die Anlage Francois-Joseph Belanger. Immerhin drei dieser fabriques waren dem Gedenken gewidmet. Das gewichtigste dieser Monumente, das Voltaire-Denkmal, wurde als Stich publiziert.133 Die Entwürfe für Garten und Staffagen waren 1788 entstanden. Der Eingang zum Garten von der Straße her war unterirdisch, mit einem Portal in Grottenmanier mit Rustika und der Inschrift: »Cet jardin fut planté/ L’an premier de la liberté« (1789). Der Denkmalcharakter wird also auf den Garten insgesamt ausgedehnt und der städtischen Öffentlichkeit vor Augen geführt, ein frühes Zeugnis für das bürgerliche Sich-Selbst-ein-Denkmal-Setzen. In aller Knappheit setzten Auftraggeber und Architekt zudem die Ikonographie des Landschaftsgartens als Natur in »Freiheit« – im

132 Vgl. von Buttlar 1989, Abbildung 63. Dort auch eine hervorragende Darstellung der geistesgeschichtlichen und politischen Diskurszusammenhänge des Landschaftsgartens, u.a. zur Genese des Denkmalkultes aus den Grabdenkmälern der Landschaftsgärten. 133 Vgl. dazu Jean Stern: À l’ombre de Sophie Arnould. Francois-Joseph Belanger Architecte des Menus Plaisirs Premier Architecte du comte d’Artois, Bd. I, Paris 1930, S. 218 f.

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Gegensatz zum barocken Ziergarten mit seinen beschnittenen, » unfreien« Pflanzen134 – analog zum gerade entstandenen Freiheitskult der Revolution, wie die Inschrift besagt. Hier findet sich die Passage vom privaten zum öffentlich-politischen Kult im Landschaftsgarten unmittelbar bezeugt. Nur das Voltaire-Denkmal ist von der Straße aus zu sehen (Abb. 51): Über einem recht monumentalen Grottenhügel mit Eingang wölbt sich eine Kugel, bekrönt von der nicht identifizierten Statue eines männlichen Aktes in der Haltung eines Hermes Psychopompos mit einer Fackel in der Linken, der als Genius des revolutionären Frankreich gedeutet werden kann.135 Mit Äquatorband und den auf der Oberfläche eingetragenen Umrissen der Kontinente ähnelt die Kugel eher den Globen der Renaissance als der Boulléeschen Kugel-Abstraktion, die über ihre stereometrische Reinheit auf die kosmische Abstraktion der Newtonschen Lehre verweist. Für Vogt ist dieses Denkmal nicht Voltaire als Literaten, sondern als Propagator des Newton-Mythos gewidmet.136 Vogt sieht es in der Nachfolge des Newton-Kenotaphs als Übersetzung dieses gigantischen Baus in die Staffagenarchitektur. Das Denkmal führt jedenfalls, im entscheidenden Jahr des Umschwungs von bisher privat verfolgten politischen und kulturellen Visionen zur politischen Realität der Revolution, die Metaphern Grotte/Tumulus und Kugel zusammen. Dies geschieht allerdings nicht in

134 Dieser Freiheitsdiskurs lässt sich für England bereits zu Beginn des 18. Jahrhunderts verfolgen, vgl. von Buttlar 1989, S. 9 ff. 135 Die Figur des Hermes als Genius Frankreichs ist eine Abwandlung älterer Genienikonographie, die für die Französische Revolution z.B. in Jean-Baptiste Regnaults Gemälde La liberté ou la mort von 1794 belegt ist, vgl. zu Regnaults Bild Horst Meller: Liberté, Egalité, Fraternité: Revolutionäre und Konterrevolutionäre Dreifaltigkeiten, in: Dietrich Harth, Jan Assmann (Hg.): Revolution und Mythos, Frankfurt/M. 1992, S. 104 –127. 136 Vogt 1969, S. 318.

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der formalen Radikalität Boulléescher Architektursprache, sondern eher als emblematische Assemblage, wie sie für die Gattung der Gartenstaffage üblich ist. Erst als es im Jahrzehnt nach der Revolution 1789 darum geht, aus Objekten individueller Kontemplation die Räume kollektiver Kulterfahrung abzuleiten, und das heißt auch, aus Staffagen Architektur zu machen, kommt es zu jenen konzentrierten Analogien architektonischer Baukörper. Die nächste Etappe nach dem privaten Garten auf dem Weg zum politischen Kult ist der öffentliche Garten der Revolution. Als prägnantes Beispiel sei das Grabmal genannt, das der Jakobinerklub der Cordeliers mit Unterstützung von Sansculotten und radikalen Frauen im Garten des Klubs für Jean-Paul Marat, Ami du Peuple, errichten ließ. Ein zeitgenössischer Stich137 zeigt eine ähnliche Situation wie im Wald der Gräber von Monceau. (Abb. 52) Allerdings ist das Publikum zahlreicher, und jene Affekte der Betrachter/innen, welche die Kontemplation des Grabmals hervorrufen soll (die Darstellung scheint darauf angelegt zu sein, möglichst einen Querschnitt durch die Bevölkerung zu zeigen), werden mit didaktischer Überzeichnung in exklamatorischen Gesten vorgeführt. Das Denkmal folgt in der Anlage der bereits konventionellen Gartenikonographie. Es ist umstanden von Bäumen, die eine Art heiligen Hain entstehen lassen, und folgt der etablierten Zweischichtenstruktur: unten eine künstliche Grotte für das Grab, darauf eine vierseitige, oben abgeflachte Pyramide, auf dieser eine Urne mit der Inschrift: »Hier ruht Marat, der Freund des Volkes, ermordet von den Feinden des Volkes, am 13. Juli 1793.« 138 Zahlreiche Planungen von öffentlichem Grün, von Plätzen und Denkmälern zeigen das Bemühen der Revolutionäre, die kultische Bildwelt, wie sie sich in den Landschaftsgärten ausgebildet hatte, 137 Bibl. Nat., Estampes, Coll. de Vinck, Vol. 32, Nr. 5321. Diese Angaben folgen Leith 1990, S. 336, Anm. 41. Abbildung ebd. S. 130. 138 Vgl. Leith 1991, S. 130. Zu den Gärten der Revolution vgl. außerdem Harten 1989.

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für die Bilder und Rituale der neuen revolutionären Gesellschaft zu nutzen. Wichtigster Bestandteil ist das nun nicht mehr individuell, sondern kollektiv gepflegte Gedenken, an Märtyrer der Revolution wie an Ereignisse. Nicht nur das Bildrepertoire wird nun zunehmend normiert, groß sind zudem auch die Bemühungen, die Gedenkorte zu zentrieren und eine Bedeutungshierarchie der Kultinhalte in einer entsprechenden räumlichen Topographie festzulegen. Diese Strategie ergab sich gleichsam zwangsläufig aus dem neuen Problem, nun nicht mehr nur einzelner Geistes- und Kulturhelden zu gedenken, sondern die Formen des Gedenkkultes so umzustrukturieren, dass sie die symbolische Sicht- und Erfahrbarkeit der Volkssouveränität, der politischen Teilhabe des Volkes als Abstraktum einer anonymen Vielzahl, unterstützen konnten; und dazu bot sich die räumliche Struktur der öffentlichen Fest- und Schwurrituale an. Diese fanden an den symbolisch aufgeladenen Orten historischer Ereignisse statt – eine Tendenz, die später vor allem für die Denkmäler anonymer Gefallener üblich wurde, die an Orten der Schlacht gebaut wurden. Im jakobinischen Paris war der wichtigste dieser Orte die vom »Volk« erstürmte und zerstörte Bastille. Der Entwurf von Pierre-Francois Palloy, den er der Assemblée nationale vorstellte, sah für die Umgebung der Bastille einen Jardin national (Abb. 53) vor und auf der Place de la Bastille selbst ein Denkmal (Abb. 54) anlässlich ihrer Erstürmung.139 Auf einer künstlichen Grotte, gebaut aus den Steinen der zerstörten Bastille, ruht ein Modell der Bastille selbst, auf dem wiederum eine Gedenksäule aufragt, die von einer Liberté bekrönt wird. Die Grotte bezeichnet hier nicht den Ruheort des im Tode zur Erde zurückgekehrten Märtyrers wie in den Grabdenkmälern, sondern, wie bereits beim Gefängnisbau und in den Entwürfen für Heilige Berge der Revolution, den Ort des Bösen, Anderen der Revolution. Gleichzeitig signalisiert sie aber auch, da sie ja andererseits »Ur«-Bestand-

139

Vgl. dazu Leith 1991, S. 75 f.

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teil des Repertoires heiliger Grabarchitektur ist, die Sakralität bzw. die Sakralisierung dieses Ortes, wo das Böse buchstäblich zerstört worden ist. Der metonymische Übergang vom »Bösen« der Gefängnisfestung zur geheiligten Grotte wird noch deutlicher im Entwurf von Prieur für einen Tempel der Freiheit am selben Ort: 140 (Abb. 55) Hier fungiert das Bild der zerstörten Bastille selbst als Grotte, auf der der Rundtempel steht. Der vergitterte Grotteneingang verweist hier eher als beim Entwurf von Palloy auf eine damals noch aktuelle Bedrohung durch die Feinde der Revolution. Gleichzeitig implizieren Tempel und Obelisk den Triumph über diese Bedrohung.

140

Vgl. ebd.

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Tumulus und Turm

Alterität im Diskurs nationaler Einheit des 19. Jahrhunderts Als bauliche Metapher des im Politischen fixierten Kultes oszilliert die Grotte zwischen einer positiven und einer negativen Besetzung: dem Gedenken an den geheiligten Helden – hier ist die Grotte Zeichen für die Rückkehr zur »Mutter Natur« als Ort der Totenruhe – und der Bedrohung – hier ist sie Zeichen für etwas, was außerhalb der »eigenen« Identität lokalisiert wird, etwas Feindliches. In beiden Fällen wird sie jedoch kombiniert mit den Zeichen für eine heldenhafte Überwindung dessen, was mit der Grotte bezeichnet wird. Tempel, Obelisken, Säulen, Heilige Berge, welche die Grotte/Gruft bekrönen, signalisieren den jeweiligen Sieg: den über das Vergessen im Tod, den über das Verschwinden in der Materie nach dem Tod durch die Transzendierung des Heldentodes im kollektiven Gedenken und den über die Mächte des Ancien Régime, die in die Grotte am Fuß des Heiligen Berges verbannt sind. Die Grotte signalisiert also im positiven wie im negativen Sinne das weiblich konnotierte »Andere« eines männlich-bürgerlichen Kollektiv-Ichs, ein Anderes, dessen Überwindung in dieser dualen Struktur signalisiert wird. Für das Ancien Régime sei hinzugefügt, dass dieses selbst mit Zuschreibungen des Weiblichen auf vielen Ebenen überzogen worden war – sein Stil (die Rocaille), seine Bildmotive (z. B. Bouchers niedliche Akte mit Hündchen, Fragonards Die Schaukel), die mit dem männlichen Stil und den Heldenthemen eines an Sparta orientierten Klassizismus (wie Davids Schwur der Horatier) konfrontiert wurden,141 seine Dekadenz, verursacht von der höfischen Mätressenkultur.142 Boullées Tempel der Natur/Vernunft, Belangers Newton-Denkmal, viele Entwürfe für öffentliche »Kult« - Gebäude der Revolution, die besprochen worden sind, repräsentieren in der Dualität von Kugel und Grotte/Tumulus (Hügelgrab) ein symbolisches Ganzes: das Subjekt einer bürgerlichen Revolution, das nach seiner ideologischen Emanzipation in der Aufklärung seine politische Emanzipation zu legitimieren sucht. Die Bilder, die diese Bauten vor uns erstehen lassen, sind wunderbare Beispiele für die »mythische Anschauung« der Revolution, 141 Vgl. dazu Elmar Stolpe: Klassizismus und Krieg. Über den Historienmaler Jacques-Louis David, Frankfurt/ M. 1985. 142 Die berühmte Halsbandaffäre, begleitet von drastischen Karikaturen, speiste auch die Königin in dieses pornografisch besetzte Register ein. Vgl. u. a. Simon Schama, Der zaudernde Citoyen. Rückschritt und Fortschritt in der Französischen Revolution, München 1989, Kap. 6. Dort auch Angaben zur zeitgenössischen Literatur- und Klatschproduktion, wie z. B. dem Recueil des mémoires sur l’affaire du collier, Paris 1787.

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wie sie Dietrich Harth beschrieben hat: »Mythische Anschauung, das ist totalisierende Intuition, und diese ist trennfaul. Sie liebt den Zusammenhang zwischen dem, was die Logik trennen muß, zwischen Zeichen und Bild, zwischen Glaube und Wissen, zwischen Magie und Empirie, zwischen Menschen und Göttern. In der modernen, von Rationalität beherrschten und daher auf Trennungen bedachten Welt wird diese Vereinigungskraft der mythischen Anschauung … gerade wiederentdeckt. Darin liegt eine Gefahr, da im einseitigen Streben nach Einheit, das die Alterität dogmatisch ausschließt, stets ein Moment des Totalitären zur Geltung kommt.« 143 Diese vorsichtige, aus liberalem Geist mehr noch als aus postmoderner Kritik am Projekt der Moderne genährte Kritik wird durch unseren Befund verkompliziert, denn Totalität wird im bildlichen Kontrastieren mit der Alterität erst zum Sprechen gebracht. Die mythische Anschauung speist sich offenbar nicht aus Eindeutigkeiten, und dennoch scheint sie sie hervorzubringen. Gerade im Modus des Bildes, der Metapher, scheint das Weibliche als Signifikant, in einer Funktion der Einschreibung des Natürlichen in immanenter Alterität und zugleich als latente Bedeutung, mythisch strukturierte Einheitsphantasien vor dem Erkennen der Verkennung bewahren zu sollen.

Grottenhügel und Hügelgrab Grottenhügel und abgesenkte Kuppel, beides Derivate der Kugelform, beziehen sich in Boullées Tempelentwurf mit ihren erdnahen Wölbungen als architektonische Metaphern also auf ein weiblich konnotiertes Assoziationsfeld. Um dieses genauer umschreiben zu können, sollen die Form- und Bedeutungsverschiebungen der Neuzeit für die visuelle Topologie der »Erde« in aller Kürze nachvollzogen werden. Matthias Merian der Ältere veröffentlichte 1618 144 eine Nutrix Terra (Abb. 56): Die Erdkugel ist in gleichsam animistischer Belebung stillender Mutterkörper – die Vorstellungen von Erdkugel und weiblicher Fruchtbarkeit sind zur symbolischen Deckung gebracht. Mit der mathematischen Belegung des Bildes vom wissenschaftlich errechenbaren Kosmos seit den Entdeckungen Newtons jedoch treten diese Vorstellungen auseinander. Das mathematische Bild der Kugel als perfekter Körper, das Boullée versucht hatte, in seinem Entwurf

143 Dietrich Harth: Revolution und Mythos. Sieben Thesen zur Genesis und Geltung zweier Grundbegriffe historischen Denkens, in: Dietrich Harth, Jan Assmann (Hg.): Revolution und Mythos, Frankfurt/M. 1992, S. 9 – 35, hier S. 22 (Hervorhebung d. A.). 144 Kupferstich, Ill. zu M. Maier, Atalanta Fugiens, Oppenheim 1618, S. 17. Vgl. auch Bredekamp 1981.

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eines Newton-Kenotaphs architektonisch zu »verkörpern«, bezeichnet nun nicht mehr die weiblich-materiell imaginierte Erde, sondern den Kosmos als Überwindung des Irdischen, der Schwerkraft und der Materie. Für Boullée ist indes auch dies eine Metapher für Natur, aber eben für eine kosmisch-mathematisch transzendierte Natur. Das einheitliche Bild von der Welt – und von Natur – zeigt sich nunmehr aufgespalten in die Immaterialität des total erfassbaren Kosmos als absolut regelmäßige Sphäre einerseits – die Kugel, die ein Allgemeines jenseits von Materialität wie Dualität der Geschlechter signifizieren soll – und in das Bild von der Erde als Grab, Hügel, Grotte, wie es im spätaufklärerisch-frühromantischen Stimmungsbild der Naturgrotte, in den Portalen in Grottenform, in der Gartengrotte als Natura naturata, im Erdgrab/Tumulus und in der Gruft zu finden ist. Die Vorstellung von Natur selbst ist nun gespalten – in das mathematische Erkenntnismodell und in die Natur als weibliche, nicht rational erfassbare. Die weiblich imaginierte Natur wiederum hat ebenfalls zwei mögliche »Gesichter«: das einer dämonisierten Weiblichkeit als Bild der Anti-Vernunft und das des positiv besetzten Schoßes, der die Rückkehr zur Mutter-Erde verspricht. Beides ist im Bild der Grotte inkorporiert, das oszilliert zwischen diesen Polen von Zuflucht, Ursprung oder Heimat (des Männlichen) und der Bedrohung (des Männlichen) durch ein archaisch »Weibliches «, das im psychoanalytischen Register mit der Kastrationsdrohung verbunden werden kann. Das Erdgrab in Hügelform – der Tumulus, der im frühen 19. Jahrhundert und dann noch einmal im Nationalsozialismus als Kollektivgedenkstätte gefallener Soldaten wichtig werden sollte – hingegen lässt die Trost versprechende Rückkehr des Toten zu eben diesem Ursprung assoziieren. Grotte – wie das Beispiel aus der Spätaufklärung, die Proserpina-Grotte in Arlesheim – und Tumulus (Erdgrab) eröffnen also gegenüber der frühbarocken, nährenden Mutter Erde bei Merian ein modifiziertes, dichotomes Assoziationsfeld von Weiblichkeit. Während mit der Nutrix Terra sozusagen eine Ganzkörper-Analogie zwischen dem Mutterkörper und der Erdgestalt hergestellt wird, ist 81

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die Analogie beim Tumulus auf den mütterlichen Bauch, bei der Grotte auf die gebärende wie bedrohliche Vulva gerichtet, also auf Teilbilder des Mutterkörpers. Analoge Strukturen finden sich im Übrigen in den mittlerweile gut erforschten Geschlechterentwürfen des 18. und 19. Jahrhunderts mit ihrer Spaltung zwischen einer »menschlich«-allgemeingültigen, unausgesprochen männlich konnotierten Vernunft, die den Mann als gesellschaftlich handelndes Subjekt legitimiert, und einer Natur als Weibliches schlechthin.145 Georg Simmel gelang bereits 1911 eine treffende Beschreibung dieser Struktur einer Bestimmung des Einen aus der Beziehung »zu einem andern, das seinerseits sein Wesen an jenem bestimmt.« Dieses Eine »wächst zu einem Absoluten auf, das die Relation trägt und normiert.« 146 Er zeigte dies an der Relationskonstruktion von Begriffspaaren wie Ich und Welt, Subjekt und Objekt, Männlichkeit und Weiblichkeit. Georg Simmel formulierte mit seiner These, dass in dieser dichotomen Denkstruktur das Weibliche als »Ergänzungsbestimmung«147 des sich absolut setzenden Männlichen definiert sei, das sich seinerseits zur objekten Norm erhebe, einen Vorläufer heutiger Theorien der Alterität, die in den Wissenschaftsdiskurs nicht nur der Geschlechterforschung Einzug gehalten haben.148 Ein solches System interner Alterität durchzieht und stützt auch die Semantik politischer Einheit, wie die Metaphorik von Kugel und Grotte für die Kultbauvisionen der Französischen Revolution gezeigt hat. Die Architekturrhetorik der Französischen Revolution hatte das Metaphernrepertoire bereitgestellt, aus dem sich auch die Nationaldenkmäler und -tempel des 19. Jahrhunderts speisten. Gruft und Tu-

145 Zum Geschlechterdiskurs der Aufklärung vgl. Lieselotte Steinbrügge: Das moralische Geschlecht. Theorien und literarische Entwürfe über die Natur der Frau in der französischen Aufklärung, Weinheim, Basel 1987, zum Weiblichkeitsbild der Französischen Revolution vgl. den Katalog Sklavin oder Bürgerin? Französische Revolution und Neue Weiblichkeit 1760 – 1830, Viktoria Schmidt-Linsenhoff (Hg.): Frankfurt/M. 1989, mit umfangreichem Bildmaterial. 146 Georg Simmel: Das Relative und das Absolute im Geschlechter-Problem, (1911), in: ders.: Schriften zur Philosophie und Soziologie der Geschlechter, Frankfurt/M. 1985, S. 200. 147 Ebd. und folgende. 148 Alterität, »Otherness«, ist, besonders im angloamerikanischen Raum, zu einem zentralen Stichwort all jener Theorien und Wissenschaften geworden, die sich zum Ziel gesetzt haben, Positionen kulturell konstruierter Hegemonien mitsamt ihren Ausschlüssen sichtbar zu machen und gleichzeitig Gegenmodelle zu entwickeln. Auf die Geschlechterforschung folgten die Ansätze der Postcolonial Theory und der Queer Theory, die diesen Hegemonien das jeweils als das ausgeschlossene Andere bestimmte entgegenstellen mit Konzepten alternativer Identitäten oder dem Versuch, fixierte Identitäten durch ihre Hybridisierung zu durchkreuzen. Zwei Grundlagentexte seien hier erwähnt: Edward W. Said: Orientalism, New York 1978; Trinh T. Minh-Ha: Women. Native. Other. Writing Postcolonialism and Feminism, Bloomington, Indiana 1989.

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mulus werden im säkularen Kultbau des 19. Jahrhunderts, vor allem in der Gedenkarchitektur, überaus beliebt. Anders sieht es jedoch mit der glatten Kugel als kultischem Baukörper aus. Mit der Ernennung Napoleons zum Konsul auf Lebenszeit und dann zum Kaiser verschwindet sie aus dem architektonischen Metaphernreservoir, denn ihre Funktion als Signifikant der Einheit des souveränen Volkes hat sich historisch erübrigt. Der Kult der Gleichheit ist nun politisch unglaubwürdig geworden. Die selbstreferentielle Legitimation der Volkssouveränität bricht auf in eine Beziehung von Volk und Führer beziehungsweise Herrscher. Auch die Strukturen der Legitimation von Staat und Herrschaft verändern sich. In einer Art asymmetrischer Polarität legitimieren sich Volk und Kaiser gegenseitig,149 das determinierende Gewicht liegt jedoch beim Kaiser. Die Kugel taucht nun wieder auf in Form des Globus oder Reichsapfels als Attribut der Herrscherfigur in der Tradition alter Kaiserikonographie, auf die sich auch Napoleon bezieht, wie in François Gérards Porträt Napoleons im Krönungsornat von 1810 (Abb. 57), das den Globus mit Kreuz auf einem Kissen ruhend neben dem stehenden Empéreur zeigt.150 Diese Verschiebung von Anwendungsbereich und Bedeutungsspektrum der Kugelgestalt nach dem Ende der Revolution unterstützt meine These, dass die Kugel als architektonische Metapher eine radikale, nichthierarchische, dafür aber totale und androzentrische Volkssouveränität verkörpert hatte, die »rein« nur während der Jakobiner-Republik

149 Vgl. dazu für die figurativen Repräsentationsformen Susanne von Falkenhausen: Vom »Ballhausschwur« zum »Duce«. Visuelle Repräsentation von Volkssouveränität zwischen Demokratie und Autokratie, in: Annette Graczyk (Hg.): Das Volk. Abbild, Konstruktion, Phantasma, Berlin 1996, S. 3 – 17. 150 Rainer Schoch hat in seiner Untersuchung Das Herrscherbild in der Malerei des 19. Jahrhunderts, München 1975, eine Reihe von Napoleon-Porträts versammelt, vgl. Abb. Nr. 47 (mit der Datierung 1806). In Andrea Appianis Apotheose Napoleons von 1808, einem Deckengemälde im Palazzo Reale in Mailand, ruht die Hand des in der Gestalt Jupiters gezeigten Napoleon auf dem Globus (Abb. Nr. 83).

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Anwendung finden konnte und mit dem 18. Brumaire vollends aus den Visualisierungen staatlicher Identitäten verschwinden musste, um erst, wie später zu sehen sein wird, mit der sowjetischen, prästalinistischen Diktatur des Proletariats wieder in den Horizont einer »architecture parlante« zu rücken.151 Mit der Restauration veränderten sich auch die Visualisierungsformen staatlich-nationaler Identität. Das konfliktreiche Nebeneinander von bürgerlicher Emanzipation und wieder eingesetzter Monarchie von Gottes Gnaden ließ keine »totalen« Metaphorisierungen mehr zu. Zentrale Kult-Strukturen, wie sie die Revolution installiert hatte, kamen ebenfalls nicht mehr zustande. Der Traum von der Egalität konnte keine Grundlage für Modelle politischer Identität mehr sein; stattdessen führte der Weg zu staatlichen Modellen der Einheit über die Autorität, wie sie in den Mischformen zwischen absolut verstandener und konstitutioneller Monarchie seit der Restauration installiert worden war. In allen Bereichen öffentlicher Kunst152 entstanden unterschiedlich gewichtete Montagen, die es erlauben sollten, auch ideologisch widersprüchliche oder gar konkurrierende Modelle von Fürst und Bürger, Staat, Nation und kultureller Identität bruchlos zusammenzuführen.153 Ein wichtiger Faktor solcher Versuche, die ideologischen und sozialen Brüche innerhalb der national konzipierten Gesellschaften im Bild zu harmonisieren, waren die großen Projekte nationaler Denkmäler des 19. Jahrhunderts: das Denkmal zur Schlacht von Waterloo, die Walhalla, das Völkerschlachtdenkmal, um

151 Zum Beispiel mit den Kugelbauentwürfen Ivan Leonidows für ein Lenin-Institut von 1927, vgl. Andrei Gozak, Andrei Leonidow: Ivan Leonidow – The Complete Works, New York 1988, S. 42ff. 152 Man kann dies für Europa insgesamt sagen, wenn auch natürlich den jeweiligen politischen Verhältnissen entsprechend modifiziert. Für die Monumentalmalerei Italiens habe ich das verfolgt in: von Falkenhausen 1993. 153 Für das Denkmal fasst Thomas Nipperdey: Nationalidee und Nationaldenkmal in Deutschland im 19. Jahrhundert, in: Historische Zeitschrift 206, 1968, S. 329 – 385, die im 19. Jahrhundert vorhandenen Tendenzen zusammen.

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nur die wichtigsten zu nennen. Ein näherer Blick auf die bauliche Rhetorik dieser Monumente soll nun Aufschluss über die Semantik dieser »neuen«, doch fragmentierten Einheitskonzepte des Nationalen geben und klären helfen, was nun an die Stelle der Kugel als Bautopos nationaler »Transzendenz« tritt. Zusammenfassend kann die Grundstruktur des architektonischen Denkmals im 19. Jahrhundert – die unzähligen Personendenkmäler sind nicht unser Thema – als eine zweischichtige Gliederung in einen Unterbau und einen Oberbau beschrieben werden. Dabei ist der Unterbau der Rückkehr des oder der toten Helden zur Erde gewidmet, zumeist in der Form von Tumulus und/oder Gruft. Der Oberbau signalisiert, wie bereits erprobt in den Denkmälern der Französischen Revolution, die Überwindung der Endlichkeit eines Heldenlebens im Tode durch das kollektive Gedenken. Die Ausformungen dieses Schemas können jedoch sehr verschieden sein. Die Französische Revolution, mit der das politisch-öffentliche Denkmal erst installiert wird, führt verschiedene Varianten ein. Neben der Kombination von Kugel und Grotte gibt es als Oberbauten über den Gruftkonstruktionen auch gräzisierende Tempeltypen wie im Grabmal der Märtyrer der Freiheit von Favart (Abb. 58) von 1794 154 mit offener Säulenhalle auf griechischem Kreuzgrundriss und einer Gruft zwischen den Treppenrampen, aber auch Obelisken, Pyramiden und Säulen als Oberbauten.155 In Deutschland hatte der Wettbewerb für ein Monument Friedrichs II. von Preußen 1796 die Tradition des national verstandenen Denkmals begründet. Der Beitrag des Berliner Architekten Friedrich Gilly (Abb. 59), der die französischen Architekturvisionen genau studiert hatte, wurde zwar weder ausgezeichnet noch gebaut, hatte jedoch eine beeindruckende Wirkungsgeschichte als eines der einflussreichsten

154 Der Entwurf entstand im Rahmen der Wettbewerbe des Jahres II der Revolution zu Bauten im Zusammenhang mit dem von Robbespierre eingeführten Staatskult des »Höchsten Wesens«; vgl. Leith 1991, S. 179f. 155 Auch hierzu gutes Bildmaterial bei Leith 1991, besonders im Kapitel VI.

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Werke des deutschen Klassizismus. Die »kultische« Bauaufgabe wie der monumentale und strenge Stil seines Entwurfs machten diesen zum willkommenen Vorläuferbeispiel für Hitlers Architekten Albert Speer, der ein Modell nach dem Entwurf in der Berliner Kunstbibliothek in Auftrag gab, dessen Fotografien im August/Septemberheft 1942 von Die Baukunst. Die Kunst im Deutschen Reich publiziert wurden (Abb. 60). Die Titelseite des Heftes schmückte die Abbildung einer der beiden Schauseiten mit dem Blick in die Gruft. Das Modell war fotografisch derart ins Bild gesetzt, dass flüchtige Betrachtung suggerieren mochte, es handle sich um tatsächlich gebaute Architektur. Speers Anrufung Gillys als Wegbereiter der NS-Architektur bezog sich nicht zuletzt auf die Wirkungsästhetik dieses Entwurfs, die Gilly selbst im Sinne einer Ästhetik des Erhabenen formuliert hatte. Der Anblick des Denkmals sollte den »nahenden Wanderer« schon aus der Ferne mit »ehrfurchtsvollem Schauer« erfüllen.156 Die Gruft machte als Bild der Rückkehr des Toten zur (Mutter) Erde den Heldentod nachempfindbar; der darüber errichtete Tempel hingegen signalisierte die Transzendierung dieses Todes im Akt des am Denkmal praktizierten öffentlichen Gedenkens. Mit dem Sieg der Alliierten über Napoleon endete erst eigentlich die Epoche der Revolution. Mit dem Wiener Kongress begann ein neues Kapitel. Europa bestand sowohl aus Staaten, die sich bereits national definierten, als auch aus Ländern wie Deutschland und Italien, die eine nationale Einheit erst erträumten. Die siegreich beendeten Befreiungskriege führten in Deutschland zu einer Flut von Denkmalsprojekten, die diesen Traum repräsentierten und seine Realisierungschancen stärken sollten. Allerdings schien die ästhetische Verunsicherung groß zu sein, denn die bisher zur Verfügung stehenden Bautypen waren bereits vom politischen Gegner symbolisch besetzt, im mehrfachen Sinne: von Frankreich als Nation, von Napoleon als Fremdherrscher und der revolutionären Volksherrschaft als feindlichem politischem System, denn im restaurativen Deutschland unterlag jede Formulierung einer radikalen Demokratie der Zensur.

Waterloo Das erste ausgeführte Denkmal, das den Sieg über Napoleon feierte, befand sich allerdings nicht in Deutschland, sondern auf dem Schlachtfeld von Waterloo (Abb. 61). Bereits 1815 war ein 60 Meter 156 Zit. nach: Alste Oncken: Friedrich Gilly 1772 – 1800, Berlin 1981 (Erstveröffentlichung in: Forschungen zur deutschen Kunstgeschichte 5, Berlin 1935), S. 49.

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hoher, in der Ebene des Schlachtfeldes weithin sichtbarer Grabhügel fertiggestellt worden.157 Ihn bekrönte die Plastik eines Löwen mit einer Weltkugel unter der rechten Pfote. Die Kugel fand hier also einerseits wieder ihren prärevolutionären Ort als plastisches Attribut einer Zentralfigur, andererseits jedoch war mit diesem neu entwickelten Typus des gigantischen Tumulusgrabes in seiner Anspielung auf die Rückkehr der Gefallenen in den Leib der Muttererde eine Form entstanden, die eine erstaunliche Entsprechung aufwies zu den Folgen, die die neue Art des Volkskrieges gegen Napoleon herbeigeführt hatte: Eine enorme Anzahl von Toten, die zu einem nicht geringen Teil aus Freiwilligen verschiedener Länder bestand und deren Heldentod eine Art multinationalen, all-europäischen »Befreiungskrieg« bezeugten. Die Form musste also symbolisch so eindeutig wie umfassend sein. Angesichts der europaweiten und massenhaften Beteiligung an diesem Krieg war außerdem die Herausstellung einer oder mehrerer besonders denkwürdiger Personen – eines Herrschers etwa oder eines Heerführers – als Zentralfigur des Denkmals nicht möglich. Auch Statuen einzelner »Märtyrer«-Figuren, die ähnlich wie Marat oder Pelletier in der Jakobinerrepublik stellvertretend für das Volk hätten stehen können, entsprachen nicht diesen Erfordernissen, da sie zu partikular gewesen wären. Einzeldenkmäler – für einen Herrscher oder für einen Volkshelden – hätten die vielfältigen Repräsentationsbedürfnisse der beteiligten Länder, ihrer Herrscher und ihrer Volksgruppen nicht gleichberechtigt befriedigen können. Man suchte also eine Form für das erste Volksdenkmal des 19. Jahrhunderts, das ikonographisch wie formal diesen Unterschieden der anzusprechenden Gruppen und Dynastien gegenüber indifferent blieb, jedoch den Kontext des Volkskrieges gegen Napoleon zu symbolisieren vermochte. Die Lösung fand sich im Rückgriff auf den Tumulus, das

157 Vgl. Peter Hutter: »Die feinste Barbarei«. Das Völkerschlachtdenkmal bei Leipzig, Mainz 1990, S. 45.

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Hügelgrab, das als »Ur-« Form des Totenkultes galt, in Kombination mit dem Löwen, der die Dimension des Todes mit jener des tapferen Heldentums krönen sollte.158 Als Fortführung dieser prähistorischen Form des Erdhügels galt die architektonische Grundform des Kegels bzw. der Rundpyramide, wie sie aus den visionären Entwürfen idealstadt-ähnlicher Nekropolen des späten 18. Jahrhunderts bekannt war.159 Für das Waterloo-Denkmal jedoch ging man hinter diese historische Stufe bewusst zurück, indem man sich gegen die gebaute Form für einen, allerdings monumentalen, Erdhügel entschied. Rhetorisch bedeutet dies einen entscheidenden Unterschied, denn die jeweils angesprochenen Symbolfelder sind völlig verschieden. Die Rundpyramide war bereits bekannt aus dem Repertoire der Revolutionsarchitektur. Boullée hatte sie in Berufung auf ägyptische Grabmäler in Entwürfen von Nekropolen und Grabbauten angewandt. In seinen »Bildern« umgab die Landschaft diese Bauten. Allerdings steuerte die Kombination von Architektur und umgebender Natur bei Boullée nicht, wie wenige Jahrzehnte später im Register der Romantik, auf eine Verschmelzung beider zu, sondern erhöhte die Dramatik des entworfenen Architektur-Bildes durch den Kontrast zwischen der Natur und dem Menschenwerk der Architektur, dabei der im Grunde noch spätbarocken Rhetorik einer Ästhetik des Sublimen folgend. Beim Waterloo-Denkmal von 1815 hingegen geht es um etwas anderes: Landschaft und Mal sollten eins werden, verschmelzen. Die Gebeine der Helden waren in jener »Mutter-Erde« geborgen, die sie mit ihrem Blut getränkt hatten. Es scheint um eine Art Neuauflage des bereits geschilderten Bedürfnisses der jakobinischen Ideologen zu gehen, eine Einheit zwischen Zeichen und Bezeichnetem herzustellen, eine Unmittelbarkeit, die sich hier in einer dreifachen »Authentizität« herstellen soll: die des Materials (Erde vom Schlachtfeld), die der Form (Urform Tumulus) und die des Ortes (ein Denkmal auf dem Schlachtfeld selbst). Damit wird allerdings jener Teil des Denkmals übermächtig, der die Rückkehr der Helden zur Erde signalisiert, gleichsam eine Materialisierung ihres

158 Dass der Löwe zugleich auch als Anspielung auf das britische Empire als dem stärksten Allierten gegen Napoleon verstanden werden konnte, mag ein gewünschter Nebeneffekt gewesen sein, solange nicht auf eine konkrete Herrscherfigur verwiesen wurde. 159 Als Beispiel sei hier genannt der Entwurf von Pierre-François-Léonard Fontaine für ein »Sepulchral Monument for the Sovereigns of a Great Empire«, 1785, dessen Mitte von einer monumentalen Rundpyramide gebildet wird, aber auch Boullées Entwurf einer »General View of Cenotaphs«, beide abgebildet in: John D. Bandera: The City of the Dead: French Eighteenth-Century Designs for Funeral Complexes, in: Gazette des Beaux-Arts, 101, 1983, S. 25 – 32, hier S. 26 (Etienne-Louis Boullée) und S. 30 (Pierre-François-Léonard Fontaine).

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Todes in der »letzten Ruhe« der Erde. Der Tempel hingegen, dem bisher skizzierten zweiteiligen Schema von Tempel und Gruft zufolge der Ort der Transzendierung des Helden, entfällt hier völlig. Dementsprechend verliert gerade jener Aspekt an Bedeutung, der den vielfachen Soldatentod umdeutet in einen Wert, der alle Gedenkenden verbindet und auf eine gemeinsame Zukunft verweist. Das Denkmal erzeugt zwar in der Konzentration auf den Tumulus ein monumentales Bild der Eindeutigkeit, impliziert jedoch paradoxerweise eine extreme Polarisierung geschlechtlicher Alterität: Tote Helden vereinen sich mit »Mutter« Erde. Verglichen mit den Tempelformen, wie sie den Unterbau von Denkmalsentwürfen der Revolution bekrönt hatten, erscheint der Löwe auf seinem Sockel, der den Erdhügel abschließt, als eine Notlösung, die letztlich doch zu erkennen gibt, dass dieses Europa der Sieger eben keine Einheit bildet und diese offenbar auch nicht in einem Zeichen vorgeben kann – oder will. Von den Kultarchitekturen der Revolution ist man hier weit entfernt; Spuren dieses historischen Bruchs sind jedoch spürbar. So wird der Erdhügel aufgehäuft unter Mitwirkung der Bürger von Lüttich,160 was an die Praxis der gemeinschaftlichen Konstruktion von Festräumen der Französischen Revolution erinnert.161 Das »Volk« ist nun immerhin eine politische und öffentliche Kategorie geworden. Das hat Auswirkungen nicht nur auf die Kult-Metaphern, sondern auch auf die Auftraggeberschaft von öffentlichen Denkmälern, die durchaus nicht ausschließlich beim Herrscher liegt. Landesweite Aufrufe zur Subskription für die Finanzierung von Denkmälern werden üblich, gelegentlich auch in offener Konkurrenz zur Kommittenz des Herrschers.

Deutschtum und Denkmalssemantik Das Waterloo-Denkmal ist für das 19. Jahrhundert das einzige mir bekannte, ausgeführte Tumulusdenkmal von nationaler – hier gar internationaler – Bedeutung. Die Umbruchsituation um 1814, bevor die kleinstaatlichen Fürstenhäuser wieder fest etabliert sind, scheint also immerhin noch eine mögliche Öffnung zu suggerieren in Rich160 Vgl. Reinhart Koselleck: Kriegerdenkmale als Identitätsstiftungen der Überlebenden, in: Odo Marquard, Karlheinz Stierle (Hg.): Identität (Poetik und Hermeneutik, Bd. VIII), München 1979, S. 255 – 276, hier S. 261. 161 Davon zeugen Flugblätter, wie z. B. das anonyme Blatt mit der Unterschrift: »L’offre du Patriotisme, et l’activité des Citoyens de Paris pour l’avancement des travaux du Champ de Mars destinés a la Fête du 14 Juillet 1790«, abgebildet in: Schmidt-Linsenhoff 1989, S. 398. Hier sind im Übrigen Frauen und Männer gleichermaßen im Einsatz.

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tung auf eine stärkere politische Präsenz des Volkes, die dieses sich durch seine Mitwirkung am Kampf gegen Napoleon gleichsam verdient hat – eine Hoffnung, die jedoch bald enttäuscht wird. Für einen kurzen Moment werden »Volk« und »Nation« in Deutschland von den wenigen demokratisch orientierten Kräften synonym gedacht. Allerdings verunklart sich diese Haltung bald, indem, anders als in Frankreich, eine weitere ideelle Größe mit diesem Einheitskonzept verbunden wird: ein überkonfessionell vorgestelltes Christentum. Deutlich wird diese Mischung in Ernst Moritz Arndts nie realisiertem Projekt für ein Völkerschlachtdenkmal bei Leipzig,162 geschrieben 1814: »Ich befehlige (dies wäre bereits ein Unterschied gegenüber der Lütticher Bürgerbeteiligung, S.F.) einige tausend Soldaten oder Bauern in die Ebene von Leipzig hin und lasse sie in der Mitte des meilenlangen Schlachtfeldes einen Erdhügel von etwa 200 Fuß Höhe auftürmen. Auf dem Erdhügel werden Felssteine gewälzt, und über diesen wird ein kolossales, aus Eisen gegossenes und mit mancherlei Anspielungen und Zeichen geziertes Kreuz errichtet, das Zeichen des Heils und der Herrscher des neuen Erdballs. Das Kreuz trägt eine große goldene Kugel, die weit in die Ferne leuchtet. Das Land rings um den Hügel, etwa 10 bis 15 Morgen weit, wird für ein geheiligtes Land erklärt, mit Wall und Graben eingefasst und mit Eichen bepflanzt.« 163 Wie in Waterloo ist ein gigantischer Tumulus geplant, wie dort nicht als gebaute Architektur, sondern als Erdhügel von 200 Fuß Höhe. Ähnlich ist darüber hinaus das Verhältnis von Unter- zu Oberbau. Arndt will den Hügel bekrönt sehen mit einem Kreuz, das wiederum eine Kugel trägt. Kein architektonischer Oberbau, sondern ein visuell gegenüber dem Tumulus eher schwaches Zeichen, das selbst wiederum doppelt ist, statt einheitlich: das Kreuz, gekoppelt mit der Kugel. Nach den bisherigen Erfahrungen mit den Metaphern der Revolution in Frankreich liegt die Vermutung nahe, dass hier zusammengezwungen werden soll, was nicht zusammen geht: Kirche und Egalität; es sei denn, Arndt läse die Kugel als Herrschaftszeichen im traditionellen Sinn. Die Kugel als Attribut, nicht als architektonische Form, ist übrigens die dritte Gemeinsamkeit, die das Waterloo-Denkmal und das Arndtsche Projekt teilen. Arndt lässt seine Leser im Ungewissen, ob er sich auf die vorrevolutionäre oder die egalitäre Tradition bezieht. Er gibt eine gemeinsame Lesart von Kreuz und Kugel. Das Kreuz, das die Kugel trägt – nicht wie herkömmlich bei den

162 Ausführlich erschlossen von Kathrin Hoffmann-Curtius: Das Kreuz als Nationaldenkmal: Deutschland 1814 und 1931, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte, 1985, Bd. 48, S. 77 – 100. 163 Zitiert nach: Hutter 1990, S. 43. 164 Hoffmann-Curtius 1985, S. 80.

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Herrschergloben, die ihrerseits das Kreuz tragen –, sei »das Zeichen des Heils und der Herrscher des neuen Erdballs«.164 Anders als Hoffmann - Curtius nehme ich nicht an, dass Arndt auf die Tradition der Revolutionsarchitektur rekurriert, obwohl dies seiner politischen Position als Fürstenfeind nahekäme. Eine genaue Lesart dieser Formulierung suggeriert vielmehr eine Umkehrung der Hierarchien, die nun aus der Religion die zentrale Kategorie von Herrschaft macht und damit die Fürstenherrschaft zumindest ideell außer Kraft setzen möchte. Außerdem gibt es im Entwurf einen strukturell gravierenden Unterschied zu den Kugelbauten der Revolution, denn hier ist die Kugel wieder zum Attribut geworden. Sie ist nicht mehr zentraler Signifikant und imaginierter Erfahrungsraum von Gleichheit. Diesem Unterschied in der formalen Anlage entspricht die Differenz im Politischen, die Arndts Position gegenüber der antiklerikalen Position der radikal-republikanischen Jakobiner markiert. Die merkwürdige metaphorische Unentschiedenheit in Arndts Entwurf macht aber auch die inhaltliche Unsicherheit der politischen Diskurse um »Volk« und »Nation« in Deutschland deutlich. Der Volksbegriff wird eher mit Vorstellungen eines kirchlich orientierten Ständestaates verknüpft, also mit Modellen von Staat und Gesellschaft, die wenig gemein haben mit den französischen Diskursen von Volkssouveränität, Gleichheit und Demokratie. Ablesbar ist das z. B. an den unterschiedlichen Konzepten von »Nation«: Die staatsbürgerliche Nation der citoyens – wohlgemerkt unter Ausschluß der Frauen aus dem Gleichheitspostulat, was bedeutet, dass die Egalität die Ungleichheit der Geschlechter als volksimmanente Differenz zur Voraussetzung wie zur Folge hat – steht gegen die Kulturnation Herders und später gegen die Nation der von Schicksal und Blut vereinten Deutschen.165 Die legitimatorischen Mythenbildungen, mit denen diese vagen Vorstellungen auf deutscher Seite gefüllt werden, sind bekannt: Germanentum, christliches und deutsch-kaiserliches Mittelalter. Erstaunlich ist allerdings im Rückblick und vor allem im Vergleich mit Frankreich immer wieder, wie wenig diese Vorstellungen von der zeitgenössischen Situation geprägt sind. Sie scheinen sich in einem von der Aktualität merkwürdig abgespaltenen Bereich auszubilden. Die Vorstellung einer Trennung von Kultur und Politik, die für das deutsche Bildungsbürgertum typisch wurde, scheint sich nach 1814 schnell zu etablieren.166

165 Eine zusammenfassende Darstellung der diesbezüglichen Forschung u. a. von Kohn, Deutsch und Renan bietet Heinrich August Winkler in: ders. (Hg.): Nationalismus, Königstein/Ts. 1978, S. 5 ff. 166 Ich verweise hier v.a. auf Aleida Assmann: Arbeit am nationalen Gedächtnis. Eine kurze Geschichte der deutschen Bildungsidee, Frankfurt / M. 1993.

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Das Hügelgrab von Waterloo, das Realität wurde, und das Tumulus - Projekt von Arndt für die Völkerschlacht bei Leipzig, das Vision blieb, entstanden, bevor die Herrscherhäuser des europäischen Kontinents wieder fest etabliert waren, weichen von den bisherigen zweischichtigen Schemata öffentlicher Memorialbauten ab. Sie konzentrieren sich auf ein Zeichen, den Tumulus, der mit unterschiedlichen Attributen – dem Löwen, dem Kreuz – ausgestattet ist. Strukturell und funktional ist dieses Zeichen der weiblichen Personifikation der Nation vergleichbar: Beide repräsentieren eine Nation, bestehend aus männlichen Subjekten, beide werden beliebig eingesetzt mit austauschbaren Attributen, die ihre jeweils spezifische Lesart ikonographisch vermitteln. Hier wird zudem spürbar, wo und wie sich die Übergänge zwischen Allegorie und Symbol verwischen, nämlich im Einsatz von Bedeutungsfeldern des Weiblichen. Sie kommen dort zum Einsatz, wo die »Konstruiertheit« allegorischer Sinngebung als Sichtbarkeit von Brüchen analog zu jenen Brüchen gelesen wird, die sich in der Fragmentierung der politischen Systeme und ihrer Machtzentren manifestieren und den national definierten Einheitsgedanken bedrohen. Als Zeichen aus dem Assoziationsfeld von Natur als Erde stellt der Tumulus eine Metapher der Einswerdung oder Verschmelzung des Heldensubjekts mit dem Nationalkollektiv über die Verschmelzung mit der Mutter/Erde zur Verfügung, das die Einswerdung der Metapher mit dem Symbol als Traum einer Kommunikation der Unmittelbarkeit umschließt. Der Tumulus scheint der kleinste gemeinsame metaphorische Nenner für das »Volk« zu sein, hier vertreten in den Zigtausenden anonymer Gefallener. Der Typus des Erdgrabs suggeriert eine symbolische Einheit von Ort, Material und historischem Moment, die metaphorisch verdichtet wird in der Weiblichkeit der bergenden Hülle. Hinzu kommt, dass diese Male keine Leergräber waren, wie dies zum Beispiel bei Boullées Entwurf für ein Newton-Kenotaph der Fall gewesen wäre, sondern tatsächliche Totenstätten für Tausende. Der Tumulus weist voraus auf spätere Repräsentationen des »Volkskörpers «, wie sie Wilhelm Kreis in den Soldatenmälern des Nationalsozialismus entwerfen wird. Die Metapher vom Volkskörper wird dann analog geführt zur Metaphorik von Rasse, Blut und Boden und findet im Bild vom Tumulus in der freien Landschaft die Ähnlichkeit von Materialität und Körperhaftigkeit, gebündelt in der Einheit von Bau-/Soldaten-/Mutter- Körper und Natur. Vollends naturalisiert, also als unhinterfragbar mythisch konstruiert wird dieses Bild vom Volk als »Körper« im weiblichen Konnotat von »Erde«, das gleichzeitig auch »Ursprung«, »Ursprünglichkeit« signalisiert. Eine umfassende, mythisch-schicksalhafte Identität des Einen wird suggeriert, aber auch hier wieder in einer inhärenten Dualität: Der »Volkskörper «, 92

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männlich, soldatisch – zu ihm gehört, wer den Soldatentod zu sterben bereit ist – ist geborgen, kehrt zurück in den weiblichen Körper der Mutter/Erde. Dieser weibliche Körper wird nicht als Teil dieses Volkskörpers imaginiert, sondern als seine bewahrende Hülle. Angelegt sind die Zutaten für diese NS-Montage phantasmatischen »Deutschtums« schon bei Ernst Moritz Arndt. Den Architekten und Ideologen um 1810 schien es schwierig, Bauformen und -stile für nationale Denkmäler zu finden, die nicht bereits anderweitig metaphorisch belegt waren. Neben der Antike und ihrem Nachleben wurde auch die Gotik herangezogen, obwohl sie bis dato vor allem als Stil christlicher Frömmigkeit gegolten hatte und im 18. Jahrhundert in der Gartenarchitektur entsprechend als Stimmungsvehikel eingesetzt worden war. Bekanntestes Beispiel ist Schinkels Entwurf für das Kreuzberg-Denkmal in Berlin (Abb. 62), errichtet auf Befehl Friedrich Wilhelms III. zwischen 1818 und 1821 zum Gedenken an die Befreiungskriege.167 Dass die Gotik historisch gesehen von Frankreich ausgegangen war und somit als Nationalstil denkbar ungeeignet, war damals nicht Bestandteil des öffentlichen Bewusstseins. Als völkische Ursprungsmetapher schien die Gotik jedoch gerade den fürstenfeindlichen Patrioten nicht eindeutig genug zu sein, denn sie wurde mit dem mittelalterlichen Kaisertum verknüpft und von den Herrschern der Restauration besonders gepflegt. Zur Gotik kam ein Bild des Deutschen als »Barbar« hinzu, als Germane, unberührt von kultivierenden Fremdeinflüssen wie dem römischen, in Anlehnung jedoch an die Schriftquellen der Römer. Das Hügelgrab als germanischer Brauch

167 Vgl. u. a. den Ausstellungskatalog Karl Friedrich Schinkel. Architektur Malerei Kunstgewerbe, Berlin (West) 1981, S. 143 –145. Friedrich Wilhelm III. hatte im Übrigen wohl zuerst eine antikisierende Variante in Form einer Säule in Anlehnung an die Trajanssäule bevorzugt und wurde vermutlich vom Kronprinzen umgestimmt. Dieses Denkmalsprojekt ersetzte den ursprünglich von Schinkel vorgeschlagenen gotischen Dom, der als zu aufwendig abgelehnt wurde. Vgl. ebd.

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ließ sich denn auch mit Tacitus bezeugen.168 Der Tumulus, eine vorund frühhistorische Grabform nicht nur des germanischen Nordens, sondern verbreitet und auch damals rezipiert aus der Kenntnis des kleinasiatischen Raums, wurde also gerade mit Hilfe antiker Quellen als genuiner – und im Grunde auch einzig überlieferter – Beitrag germanischer Baukultur, oder besser Barbarentums, beansprucht. Arndt und seine Zeitgenossen mögen das Germanentum noch als egalitäre Gesellschaftsform aufgefasst und damit eine fürstenfeindliche Position verbunden haben. Dies mag ein Grund dafür sein, dass die Form des Tumulus in der Denkmalsarchitektur des 19. Jahrhundert nicht nur in Deutschland, sondern generell im Europa der Restauration kaum Nachfolge gefunden hat, ebenso wenig wie die Kugel. Zwei Hypothesen bieten sich als Erklärung an. Zum einen kann die Tumulus-Rezeption um 1814 als Analogie zur Kugel der Revolutionsikonographie in Frankreich begriffen werden: Für die jakobinische Republik hatte die Kugel das »Volk« im Sinne der Egalität bezeichnet, allerdings auf der Basis einer Auffassung des Volkes im Sinne einer staatsbürgerlich verstandenen Gemeinschaft. Auch der Tumulus signifiziert »Volk« und Egalität, nun allerdings nicht bezogen auf eine Verfassung, sondern auf ein gemeinsames »Schicksal«, das ab 1813 in Deutschland zunehmend völkisch definiert wird. Während die Kugel einen Ursprung in der Abstraktion der Vernunft suggeriert, rekurriert der Tumulus auf einen Ursprung in einer prähistorischen Urzeit. Beide Male wird mit der Kompaktheit des Baukörpers, der die formalen Binnendifferenzierungen auf ein Minimum reduziert, metaphorisch auf eine totalisierende Volks-Einheit verwiesen. Der entscheidende Unterschied zwischen diesen Diskursivierungen von »Volk« besteht darin, dass mit der radikalsphärischen Kugel eine Art Immaterialität bezeichnet wird, wie sie die Ableitung des Volksbegriffs aus dem Abstraktum seiner politischen Souveränität impliziert, während das Hügelgrab mit der gleichen Unbedingtheit auf die Materialität verweist, die einen Volksbegriff kennzeichnen soll, der von gemeinsamer Erde und gemeinsamem Blut abgeleitet ist. Wenn also die Tumulus-Form nach 1814 bei Planungen für Nationaldenkmäler keine Verwendung fand, dann wohl, weil auch dieses Bild einer Volkseinheit, so reaktionär es heute erscheinen mag, ebenso wenig wie das der jakobinischen Kugel bei den Fürstenhäusern des Deutschen Bundes auf Gegenliebe stieß. Auch wenn man die frühen egalitären Implikationen, wie sie Arndt noch mit dem Germanentum verband, nicht teilte, konnte der Rückbezug auf die Germanen das Wiederaufleben der Monarchie von Gottes Gnaden während der 168 Hutter 1990, S. 44. Eine gute Zusammenfassung dieser Ableitungsversuche vor dem Hintergrund der verschiedenen politischen Tendenzen ebd., S. 15 ff.

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Restauration nicht legitimieren helfen. Die kulturellen wie die territorialen Konzepte von Monarchie einerseits und Volk/Nation andererseits zeigen unter anderem hier ihre unterschiedlichen, zum Teil unvereinbaren Voraussetzungen. Der Tumulus implizierte aber noch eine weitere strukturelle Konsequenz, die seinen sinnstiftenden Einsatz behinderte: Mit ihm konnte im Grunde keine zweischichtige Gedenkstruktur visualisiert werden, denn er war nach unten in der Erde verankert und als gerundete Form nach oben abgeschlossen, konnte also weder unten ergänzt noch oben mit einem Tempelbau oder dergleichen aufgestockt werden. Das heißt, dass für die Nachwelt in dieser Form zwar der materielle Tod in seiner Einheit von Ort und Materie des Geschehens erinnerbar blieb, nicht aber das Warum, der von den Überlebenden konstruierte Sinnhorizont dieses kollektiven Heldentodes, wie er bislang im Tempel über der Gruft repräsentiert worden war. In Waterloo und im Projekt von Arndt für die Völkerschlacht bei Leipzig wurden dem Erdhügel zwar Attribute aufgesetzt, die diese zweite Sinnebene des Gedenkens allerdings nur als schwache ikonographische Addition zum Tod selbst figurieren konnten. Bei den national angelegten Heldendenkmälern stand jedoch mehr auf dem Spiel: Die zweite, »obere« Sinnebene repräsentierte die eigentliche, säkulare Religion, die die Nation zusammenschmieden sollte, d.h. die Ebene der »Auferstehung«, der Erlösung nach dem Tod, die sich erst im Bewusstsein der Nachlebenden erfüllen konnte. Diese Dualität von Tod und der Transzendierung des Todes in einer nationalen »Religion« ließ sich im Tumulus also nicht adäquat darstellen. Erst im »Dritten Reich« wurde diese Dualität des Gedenkens insofern aufgelöst, als die Materialität des Todes als Rückkehr zur Erde auf eine Transzendierungsebene traf, die ebenfalls eine – vorgebliche – Materialität sakralisierte: den Rassekörper als Volkskörper. Und nun fanden sich auch wieder Tumulusformen wie in den Entwürfen (Abb. 63) des » Generalbaurates für die Gestaltung der Kriegsgräber« Wilhelm Kreis – neben den Plastiken von Thorak und Breker und den 95

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Aufmärschen des militarisierten Volkskörpers selbst wohl die kompakteste Visualisierung der NS-Identität. Das heißt aber keineswegs, dass damit die Totalität des Nationalsozialismus als Einheit ohne Rekurs auf eine Geschlechtersemantik repräsentierbar geworden wäre, dass hier also das gelungen sei, was zur Zeit der Propagierung der Menschenrechte als Staatsgrundlage nicht vollzogen worden war – im Gegenteil, gerade dieser »Volkskörper« wurde in extrem polarisierten Geschlechtercodierungen visualisiert. Nach diesem kurzen Vorgriff auf die Wiederkehr autoritär gewendeter Volksherrschaft im Nationalsozialismus muss nun die Genealogie architektonischer Kultmetaphorik für das restaurative 19. Jahrhundert wieder aufgenommen werden. Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges wird sie auf deutsche Beispiele beschränkt sein, denn gerade in Deutschland werden bereits lange vor der Reichsgründung Projekte für große Denkmäler lanciert, die den Anspruch nationaler Gültigkeit haben. Wie bereits beschrieben, stößt die Kugelform im 19. Jahrhundert auf wenig Sympathien, von eher randständigen Versuchen ephemerer Bauten im Rahmen der Weltausstellungen abgesehen. Aber auch hier kommt sie über den Rahmen relativ kleiner Bauten, die meist industrielle Neuerungen in Schauwerte verwandeln sollten, nicht hinaus.169 Zum ideologiestiftenden Metazeichen wird sie erst im 20. Jahrhundert mit der Weltausstellung von New York 1939, vorbereitet in den Bauvisionen von Architekten des sowjetischen Konstruktivismus wie Leonidow in den 20er Jahren. Für das 19. Jahrhundert nach 1814 hingegen sind gegenüber der Revolutionsarchitektur motivische Verschiebungen in der Baumetaphorik der Denkmäler – das wichtigste Medium des politischen Kultes bis 1918 – zu beobachten. Verbreiteter als der Tumulus – zumindest in der Entwurfstätigkeit der Architekten, denn im Vormärz wurden nur wenige größere Vorhaben realisiert – waren seit der Niederschlagung Napoleons die bereits erprobten klassizistischen Formen mit Gruft/Krypta/Grotte im Sockel und einem Tempeloberbau, auch noch, als im Deutschland der Restauration gerne auf die Neogotik als Fundus für eine Rhetorik symbolisch besetzter historischer Stile im öffentlich-repräsentativen Bau zurückgegriffen wurde. Keines dieser Projekte jedoch übertraf den bereits erwähnten Entwurf Gillys für ein Friedrich-Denkmal von 1797 an Monumentalität und komplexer Artikulation. Für seinen 1814 publizierten Vorschlag für ein Nationaldenkmal der Völkerschlacht bei Leipzig (Abb. 64), vom Architekten im Begleittext in unmittelbarem Bezug auf die Kultbauten der Französischen

169 Zur Architektur der Weltausstellungen vgl. Mattie 1998.

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Revolution bezeichnenderweise auch »Nationaltempel« genannt, hatte Friedrich Weinbrenner einen Entwurf eingedeutscht, den er bereits 1806 für Napoleons Plan eines Monument dédié à la Grande Armée (Abb. 65) entwickelt hatte.170 Die Struktur wie die Bestandteile schienen ihm also, dem Kanon des international gültigen Klassizismus folgend, für den Zweck eines Denkmals, unabhängig vom Kontext, prinzipiell austauschbar zu sein. Sein Entwurf bestand aus einer Variante seiner Rekonstruktion des Mausoleums von Halikarnassos, allerdings erhöht um einen gewaltigen Sockel. In der »napoleonischen« Variante war dieser Sockel, der an Boullées Entwurf eines Justizpalastes 171 mit einem zweistöckigen Sockel erinnert, glatt gewesen. Die »deutsche« Version zeigte ihn mit einem Relieffries, Zinnen und Schießscharten, mit denen Weinbrenner ihm den Charakter einer »gothischen Festung« geben wollte. Vier rustizierte Rundbogenportale führten in Gänge mit Tonnengewölbe, an deren Kreuzungspunkt sich eine Gruft befand, in der die »Bildsäule von Teutschland« aufragte: die » ›von Frankreich unterjochte Germania‹ – im Begriff, den Schleier abzuwerfen, den Reichsapfel zu enthüllen und sich zu erheben«.172 Der Sockel barg außerdem noch Grabkammern »für die Gebeine der erschlagenen Krieger«.173 Im Gegensatz zur jakobinischen Denkmalsikonographie, in der die Gruft als Verbannungsort der besiegten Feinde ein Ort schauriger Alterität war, wird hier in der Gruft die deutsche Nationalallegorie aufgestellt. Aber warum wurde ihr kein Siegestempel zugeordnet ? Die Antwort ist einfach: Napoleon war zwar besiegt, aber die nationale Einheit noch nicht hergestellt. Insofern meint die Gruft hier den Ort des Grabes (der siegreichen gefallenen Soldaten), impliziert aber

170 Der Entwurf ist bei Klaus Lankheit: Friedrich Weinbrenner und der Denkmalskult um 1800, Basel, Stuttgart 1979, S. 25f., ausführlich beschrieben. 171 Abgebildet in: Boullée 1987, S. 101. 172 Ebd., S. 26. 173 Zitiert aus der Begleitschrift des Architekten, nach ebd.

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gleichzeitig die Utopie nationaler Auferstehung. Die Repräsentationsform der Allegorie verband sich mit der Verweisstrategie der »Unmittelbarkeit« des Ortes (das Schlachtfeld), die Figur der »Germania« mit den Soldatengräbern am Ort der Schlacht. Eine ähnliche Semantisierung der Gruft ist im Übrigen in der Legende von Friedrich II. Barbarossa, der im Kyffhäuser auf die Wiedererstehung des Reiches wartet,174 angelegt, die vom konservativ- nationalen Spektrum als Gründungsmythos des Reiches installiert wurde und Jahrzehnte später ebenfalls ihren Niederschlag in der Denkmalsarchitektur fand. In Weinbrenners Entwurf besteht der Oberbau aus einem »Tempel des Ruhmes und des Sieges« – eine reichlich vage Umschreibung des angestrebten Kultinhalts. Den Kultraum hatte Weinbrenner in dieser »deutschen« Fassung mit einem überkonfessionell intendierten christlichen Altar versehen – ein weiterer Hinweis auf die Bedeutung des Christentums in Deutschland gerade in dieser Phase intensiver Sakralisierung nationaler Werte.175 Die Kuppel über dem Kreuzaltar ist nach außen in einer getreppten und gekappten Pyramide verborgen, die in einer Quadriga abschließt. Die Gesamtsilhouette bekommt so Pyramidencharakter und betont eher eine bauliche Einheit mit dem Akzent auf Gruft und Tumulus, als eine Trennung in die dunkle, erdnahe Sockelzone und einen lichten Tempelbau, wie dies bei Favarts Entwurf für ein Denkmal für die Märtyrer der Revolution zu sehen war. Die starke Betonung der Vertikale, die aus den aufeinander getürmten Bausegmenten – Sockel mit Gruft, Tempel, Pyramide und Quadriga – hervorging, weist voraus auf die vertikal betonten, turmartigen Lösungen, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts für Nationaldenkmäler wie dem Kyffhäuserdenkmal, gebaut 1892 – 1896, entworfen wurden. In Leo von Klenzes Monument für die Befriedung Europas (Abb. 66), ebenfalls von 1814 und wie Weinbrenners Entwurf für das Schlachtfeld von Leipzig gedacht, ist dagegen die Zweiteilung in Gruft und Tempel, mit ihren stärker in der Horizontalen gelagerten Proportionen, in größerer Klarheit durchgeführt. Die Anlehnung an griechische Vorbilder ist unverstellt, sie wirkt in ihrer Deutlichkeit programmatisch. In der Tat ist Klenzes Programm – noch – europäisch:

174 Zu Legende und Kyffhäuser-Denkmal vgl. Monika Arndt: Das Kyffhäuser-Denkmal – Ein Beitrag zur politischen Ikonographie des Zweiten Kaiserreiches, in: WallrafRichartz-Jahrbuch, Bd. XL, 1978, S. 75 –127. 175 Symptomatisch für diesen Diskurs ist bereits vor 1813 C.D. Friedrichs »Tetschener Altar«. Aber auch Schinkels Vorschlag für ein Denkmal der Völkerschlacht – ein gotischer Denkmaldom – zeigt, wie schnell die Verknüpfung von Christentum und nationaler Identität in Deutschland bereits Fuß gefasst hatte (zu den neogotischen Entwürfen vgl. Hutter 1990, S. 33 f.).

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»Das Denkmal, durch das geeinte Europa erstellt, wird auch sein gemeinsamer Besitz sein. Errichtet in der Mitte des Kontinents, soll es zur Feier paneuropäischer Feste dienen … Die Nationen werden hier den symbolischen Ort ihrer Vereinigung finden.« 176 Dieser hoffnungsvolle, bald enttäuschte Internationalismus, der neben dem gerade nach 1813 akut werdenden »Teutschtum« wie ein Residuum des aufklärerischen 18. Jahrhunderts wirkt, ist visuell ausgewiesen im rigorosen Klassizismus Klenzes. Allerdings hatte auch hier die Sockel-/Gruftzone gegenüber den Entwürfen der Revolution und den antiken Vorbildern ein sehr viel größeres Gewicht und zeigt an, dass im sich formierenden Kult des Nationalen das Grab, bzw. der Tod für das Vaterland im Zentrum stehen wird. Klenze ließ von diesem nach wie vor als allgemeingültiges Ideal begriffenen Klassizismus aber auch nicht ab, als es darum ging, die Walhalla (Abb. 67) als »teutsches« Gegenstück zum Panthéon der Franzosen zu planen.177 Diesen Standpunkt teilte er mit dem Bauherrn, Kronprinz Ludwig von Bayern, der beim Preisausschreiben von 1814 einen dorischen Tempel im »reinsten antiken Geschmack« gefordert hatte. Auch der dreifache Sockel war bereits im ersten Wettbewerb vorgesehen. Nach damaligen Kenntnissen der griechischen Architektur bedeutete er allerdings eine Abweichung vom angestrebten Vorbild, die Klenze besonders begründen zu müssen glaubte. Er tat dies, und das ist aufschlussreich, indem er den gewaltigen Unterbau von einer »angeblich vorzeitliche(n) Verwandtschaft zwischen Griechen und Deutschen, ›einunddemselben Urstamm hellenischer und

176 Zit. nach Hutter 1990, S. 38. 177 Zur Walhalla vgl. v.a. Leopold Ettlinger: Denkmal und Romantik. Bemerkungen zu Leo von Klenzes Walhalla, in: Martin Warnke (Hg.): Politische Architektur in Europa vom Mittelalter bis heute: Repräsentation und Gemeinschaft, Köln 1984, S. 224–246; Jörg Traeger (Hg.): Die Walhalla. Idee, Architektur, Landschaft, Regensburg 1979; Adrian von Buttlar: Leo von Klenze. Leben – Werk – Vision, München 1999, bes. S. 141–164.

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germanischer Völker‹ …«178 herleitete. Dieser monumentale, hohe Sockel könnte nun seinerseits architekturhistorisch mit Friedrich Gillys Entwurf eines Denkmals für Friedrich II. von Preußen von 1797 in Verbindung gebracht werden, den Klenze kopiert hat.179 Wenn man jedoch die Entwürfe von Weinbrenner und Klenze von 1814 nebeneinander sieht, scheint die gerade nach der endgültigen Niederlage Napoleons wachsende und nicht mehr abklingende Bedeutung des Unterbaus bei national intendierten Denkmälern in Deutschland einen Hinweis zu geben, in welche Richtung sich der Diskurs über die deutsche »Nation« konsolidieren wird: Die »Mutter Erde«, in der die nationalen Helden ruhen, wird zentraler Bezug für die Identität des »Vaterlandes«. Dann aber stellt sich die Frage, warum die Walhalla zwar mit mächtigem Sockel, aber immerhin, in der Hochzeit »teutscher« Gotik, als griechischer Tempel gebaut wurde, also im damaligen »internationalen« Stil. Klenze, der, anders als Schinkel, in seiner gesamten Karriere ein hartnäckiger Verfechter des griechischen Stils gewesen war, hatte in der Tat immer wieder die Angriffe der Verfechter eines »teutschen« Stiles abzuwehren und tat dies mit der »These der indogermanischen Einwanderung der arischen Rasse nach Norden, die Klenze damals seiner Architektur- und Kulturtheorie zugrunde legte, um angesichts des romantisch-patriotischen Diskurses die absolute Gültigkeit des griechischen Leitbildes zu begründen«.180 Darüber hinaus vermute ich, dass dies auf den politisch schwierigen Status des nationalen Diskurses zwischen Restauration und bürgerlicher Partizipation in Deutschland zurückzuführen ist. Der griechische Tempel konnte als Zeichen einer Transzendenz im Sinne einer Kultur-Nation gelesen werden, der sich sowohl Bürger wie Monarch zuordnen konnten, weil sie keine bestimmte Staatsform bezeichnete. Die Walhalla figurierte als eine vage, gleichsam metaphysische Utopie jenseits politischer Konkretisierung und damit auch von keiner bestimmten politischen Position aus angreifbar. Dieses Pantheon berühmter Deutscher veranschaulichte eine deutscher Identität, die niemandem wehtat – weder dem (gespaltenen) bürgerlichen Lager, noch dem bayrischen König, der bei einem Zusammenschluss aller deutscher Teilstaaten zu einer Nation einen Machtverlust zu befürchten gehabt hätte.

178 Hutter 1990, S. 49. 179 Abgebildet bei: Werner Gauer: Die Walhalla und ihre antiken Vorbilder, in: Jörg Traeger (Hg.): Die Walhalla. Idee, Architektur, Landschaft, Regensburg 1979, S. 45. 180 Von Buttlar 1999, S. 160. Dort auch mehr zur Verfestigung dieser Begründung des »Neugriechentums« als deutsch, die dann in den 1850er Jahren in der späteren Gefolgschaft Klenzes für die antisemitsche Rassenlehre Gobineaus kulminierte, vgl. S. 313 f.

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In den Jahrzehnten, die der Erbauung der Walhalla folgten, wurden in Deutschland kaum größere Denkmalsprojekte mit nationalem Anspruch entworfen, geschweige denn realisiert. Der Möglichkeiten, die Gründe dafür zu diagnostizieren, gibt es viele und zum Teil gelten sie auch für andere Länder Europas, die zwischen Monarchie und Demokratie, Adel, Bürgertum und Arbeiterschaft, konfessionellen Konflikten, wirtschaftlichen, sozialen und politischen Modernisierungsproblemen und anderen Symptomen einer »Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen«181 nationale Konsolidierung suchten. Eine nationale Denkmalskultur im bürgerlichen Sinne hatte im Vormärz ihren Ausdruck in den Individualdenkmälern für deutsche Kulturhelden, also in der Tradition der »Berühmten Männer«, gefunden, wie im Gutenberg-Denkmal 1837 in Mainz, dem Schiller-Denkmal in Stuttgart 1839, oder nach der gescheiterten Revolution von 1848 in Denkmälern für Herder, Wieland, Lessing und Goethe. In ihnen artikulierte sich auf städtischer Ebene der Anspruch des Bürgertums auf politische Teilhabe, den die Restauration auf nationaler Ebene unterband.182 Jedenfalls entstand, was große architektonische Denkmalsbauten betraf, zwischen dem Ende der Befreiungskriege gegen Napoleon, auf das sich das Siegesmal von Waterloo und die Denkmalsvisionen zur Leipziger Völkerschlacht bezogen hatten, und der Gründung des deutschen Kaiserreichs 1871 im Klima der Restauration ein symbolisches Vakuum nationaler Einheitsentwürfe. Es wurde nur von zwei realisierten Projekten unterbrochen, die beide von Ludwig I. von Bayern in Auftrag gegeben und von Klenze entworfen worden waren: der Walhalla und der Befreiungshalle bei Kelheim, eingeweiht 1863.183

Turm und Grottenhügel im Kaiserreich Die Reichsgründung 1871 jedoch bot endlich die Gelegenheit, aus der Situation retrospektiver Utopie, oder: einer »kontrapräsentischen Erinnerung«,184 herauszutreten und im Vollgefühl des Triumphes über

181 Eine Formulierung, die, zumeist auf die historischen »Verspätungen« der deutschen Geschichte bezogen, das Nebeneinander von Modernisierung und Konservatismus im Deutschland des 19. Jahrhunderts umschreiben soll, vgl. Wolfgang Hardtwig: Der deutsche Weg in die Moderne. Die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen als Grundproblem der deutschen Geschichte 1789 – 1871, in: ders.: Nationalismus und Bürgerkultur in Deutschland 1500 –1914, Göttingen 1994, S. 165 –190. 182 Dazu Hardtwig 1994, S. 203. 183 Vgl. dazu und zur Situation bis 1870: Hutter 1990, S. 49 – 53. 184 Ein Begriff aus der Gedächtnistheorie, wie Jan Assmann sie systematisch zusammengefasst hat in: Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und politische

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Frankreich neu-alte Genealogien für eine historisch hergeleitete »Naturwüchsigkeit« der deutschen Nation zu erfinden. Die Dimension des Gedächtnisses, die nun aktiviert wurde, war eine »fundierende«:185 Das kaiserliche Reich von Bismarcks Gnaden gründete sich »sinnvoll, gottgewollt, notwendig und unabänderlich« 186 in einer mythischen Erzählung, die Kaiser Friedrich Barbarossa als Präfiguration Kaiser Wilhelms I. einsetzte und zudem noch den Sieg über Napoleon in der Völkerschlacht bei Leipzig mit der Schlacht von Sedan verband, als die Deutschen ihren entscheidenden Sieg gegen die Franzosen im Krieg 1870/71 gewonnen hatten. So wurde zum einen der Sieg der europäischen Verbündeten gegen Napoleon gleichsam »eingedeutscht«, indem das Lied der heldenhaften deutschen Freiwilligen gesungen wurde, und außerdem in der Verbindung von Leipzig und Sedan die deutsche Überlegenheit über das »Welsche« herausgestellt. Die Programmschriften zu den Nationaldenkmälern, die im Kaiserreich entstanden, pflegten eine Rhetorik, die nicht nur die Kriegsreden des Ersten Weltkriegs vorwegnahm, sondern auch jene Diskurse deutschen, völkischen Mannestums und eines gesunden, weil militarisierten Volkskörpers, die vom Turnvater Jahn zum rassischen Volkskörper des Nationalsozialismus zu führen schienen.187 Die demokratische wie generell bürgerliche Perspektive auf die Nation, wie sie 1813 noch präsent gewesen war, wurde in diesen Denkmälern auch dort, wo patriotische Vereine die Initiatoren waren,188 gleichsam monarchisch überschrieben.189 Der Kult, der hier in Einweihungs- und völkischen Körperertüchtigungsfesten190 in einer monarchisch umgedeuteten Turner-Tradition gefeiert wurde, war dem königlichen Reichsgründer Wilhelm I. und Bismarck gewidmet; der Gedanke nationaler Einheit war nun unzweideutig und klassenübergreifend auf die monarchische Reichsidee ausgerichtet. Die beiden größten Vorhaben dieser Art, beide realisiert – und auch diese neue Situation gegenüber den Vision gebliebenen Phantasien, um die es hier bisher meist ging, mag auf die veränderte 184 [Fortsetzung v. S. 103] Identität in frühen Hochkulturen, München 1992, hier u. a. S. 78 ff. Die kontrapräsentische Erinnerung geht »von Defizienz-Erfahrungen der Gegenwart aus und beschwört in der Erinnerung eine Vergangenheit, die meist die Züge eines Heroischen Zeitalters annimmt« (S. 79). 185 Ebd. 186 Ebd. 187 Beispielhaft dazu: Deutschlands Denkmal der Völkerschlacht, das Ehrenmal seiner Befreiung und nationalen Wiedergeburt. Weiheschrift des Deutschen Patriotenbundes, bearbeitet von dessen erstem Schriftführer Dr. Alfred Spitzner, Leipzig 1913. 188 Der »Deutsche Kriegerbund«, der das Kyffhäuser-Denkmal initiiert hatte, zählte 1873 bei seiner Gründung 214 Vereine mit 27.500 Mitgliedern; 1907 waren es bereits 1,7 Millionen (vgl. Hardtwig 1994, S. 309, Anm. 4). 189 Eine ausführliche Analyse dieses Prozesses ist bei Hardtwig 1994 zu finden.

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Ausgangslage der nunmehr vollzogenen Nationsgründung zurückzuführen sein – wurden vom selben Architekten, Bruno Schmitz, entworfen: das Kyffhäuser-Denkmal (Abb. 68), gebaut 1892 –1896, und das Völkerschlachtdenkmal (Abb. 69), das 1913 eingeweiht wurde. Beide wurden als Orte eines Nationalkultes erbaut im Gefühl, dass nun, im kleindeutschen Reich unter preußischer Dominanz, der Weg frei war für etwas, das im Deutschland der Kleinstaaterei und der heimlichen Hegemonie des Vielvölkerstaates Österreich (auch diesen hatten die Preußen ja inzwischen besiegt) nicht möglich gewesen war: Deutschtum an zentralem Ort mit einem unübersehbaren Monument zu »verkörpern«, gleichsam Stein werden zu lassen in einer auftrumpfenden Figur der Beharrung. Damit ging eine Veränderung des Vokabulars architektonischer Formen für Denkmäler einher, die ich, kurz vorweggenommen, als Polarisierung von Gruft und Turm bezeichnen möchte. Die Vertikale des Turms verdrängte völlig die Horizontale der Tempelbauten. Die Gruft hingegen gewann an Bedeutung und wurde zum architektonischen Bindeglied zwischen »deutschem« Fels/deutscher »Mutter« -Erde und mannhaftem Turm. In ihrer Anlage haben die beiden Denkmäler bei allen Differenzen im Detail symptomatische Gemeinsamkeiten, die zeigen, dass ihre Kultfunktion bei der Planung immer mitbedacht wurde. Die Planer imaginierten konkrete Festabläufe mit großen Menschenmengen. So wichtig also der Aspekt des Blicks, des ergriffenen Schauens auch hier gewesen sein mag, so liegt in diesem Grad planerischer Konkretion

190 »Den Freunden des Gedankens, unser Volk durch die Fortbildung deutscher Körperzucht im Rahmen vaterländischer Kunst zu stärken, wird … das deutsche Freiheitsmal die gemeinsame Feststätte werden; hier werden sie sich als Deutsche Kampfbund … zum Wettstreite der Kräfte einfinden. Als Endzweck schwebt ihnen dabei vor, … die Gesundheit und Kraft des ganzen Volkskörpers in das Licht der allgemeinen … Betrachtung zu führen«, so Spitzner in seiner Weiheschrift für das Völkerschlachtdenkmal, S. 40. An den »Eilbotenläufen« zur Einweihung des Völkerschlachtdenkmals am 18. Oktober 1913 beteiligten sich 43 000 aktive Turner; zum 12. Deutschen Turnfest im Juli 1913 in Leipzig kamen fast 200 000 Zuschauer (Hardtwig 1994, S. 310, Anm. 4).

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in Bezug auf die kultischen Handlungen, die dort stattfinden sollten, ein wesentlicher Unterschied zu den Tempeldenkmalsvisionen des späten 18. Jahrhunderts, die vor allem auf die tableau-artige Wirkung ihres Anblicks hin kalkuliert waren. Die betrachtende Kontemplation einer Architektur, die gleichsam in ihrer Gänze als visuelle Allegorie des Kultgehaltes fungierte, wich hier der Teilnahme an einem genau inszenierten Festgeschehen, das eingebettet war in einen monumentalen baulichen Rahmen. Am ehesten ließe sich die Art, wie die »Gemeinde der Gläubigen« sich dem heiligen Ort näherte, mit dem Topos der barocken Wallfahrtskirche vergleichen: Beide Denkmäler bekrönen einen Berg in der Landschaft und sind weithin sichtbar. Das Nähern der Gläubigen wird zur Prozession, die Patrioten werden zu Pilgern. Anders als in den ebenfalls genau geplanten Festen der Französischen Revolution macht bereits die Isolierung der Kultorte in der Landschaft, also außerhalb eines städtischen Kontextes, und ihre räumliche Erhöhung auf einem Berg deutlich, dass hier nicht die Fiktion der Egalität, der Volkssouveränität, sondern die politische Realität des monarchischen Obrigkeitsstaates erfahrbar werden sollte, in einer Kultform, die nationale Einheit in der Figur einer gottgegebenen Autorität suggerierte, welche wiederum die internen Spaltungen – so waren z. B. die Arbeiter aus den Kriegerbünden herausgedrängt worden191 – transzendieren sollte. In einer Hinsicht gab es jedoch eine Gemeinsamkeit zwischen Jakobiner-Staat und deutschem Kaiserreich: Die Feste waren straff organisiert und das »Volk« nahm »in klarer Gliederung und strenger Hierarchie am Festakt teil«.192 (Abb. 70) Stilistisch verlässt Schmitz sowohl beim Kyffhäuser-Denkmal (Abb. 71) wie im Völkerschlachtdenkmal die Schemata der historistischen Architektur und versucht, die Türme über gewaltigen Sockelgeschossen, zur Gänze überzogen mit Granitrustika, als aus dem Fels gewachsen erscheinen zu lassen.193 Der roh behauene Stein der Rustika, der hier nicht, wie sonst z. B. im Palastbau üblich, auf die Sockel-

191 Ebd., S. 194. 192 Ebd., S. 193, zu den wilhelminischen Festen. Zum historischen Hintergrund, dem sozialen Umfeld, der Mentalitätsgeschichte und den sozialen Praktiken bezogen auf das Völkerschlachtdenkmal vgl. ausführlich auch Stefan - Ludwig Hoffmann: Sakraler Monumentalismus um 1900. Das Leipziger Völkerschlachtdenkmal, in: Reinhart Koselleck, Michael Jeismann (Hg.): Der politische Totenkult. Kriegerdenkmäler in der Moderne, München 1994, S. 248 – 280. 193 Eine detaillierte Baubeschreibung für das Kyffhäuser-Denkmal findet sich bei Monika Arndt, ansonsten vgl. Lutz Tittel: Monumentaldenkmäler von 1871 bis 1918 in Deutschland. Ein Beitrag zum Thema Denkmal und Landschaft, in: Ekkehard Mai, Stephan Waetzoldt (Hg.): Kunstverwaltung, Bau- und Denkmal-Politik im Kaiserreich, Berlin 1981, S. 215 – 275.

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zone beschränkt war, glich den Turm als Ganzes optisch dem Fels an, aus dem er aufragte. Die Sockel bargen Varianten des Grotten-/Gruftmotivs, die jeweils den Geländebedingungen angepasst waren. So war beim Kyffhäuser-Denkmal dem Sockel eine grottenartige Vertiefung vorgelagert, die sich aus einer »Sparmaßnahme« ergeben hatte: Auf dem Berg befand sich ein aufgelassener Steinbruch, den zu füllen zu teuer gekommen wäre. So kam man auf die Idee, ihn als Grottenmotiv szenisch äußerst wirksam zu adaptieren und mit einer gewaltigen Figur des auf seinem Thron aus dem Schlaf erwachenden Barbarossa zu bestücken, der der Legende zufolge im Kyffhäuser schlafend auf die Wiedererweckung der Reichsidee gewartet hatte. Oberhalb dieses »Barbarossa (Felsen)-Hofes« war die Reiterstatue Kaiser Wilhelms I. der Frontseite des Turms vorgegliedert. Das Gruftmotiv wiederum, das durchaus an die künstliche Architektur von Grotte und Fels in Boullées Entwurf zum Tempel der Natur/Vernunft erinnert (ein Entwurf, der jedoch damals unbekannt war), wurde gedoppelt durch eine runde, kuppelgewölbte »Ehrenhalle« 194 im Inneren des Turmsockels. Ähnlich archaisierend war auch das Völkerschlachtdenkmal angelegt. Die Neo-Stile des Historismus wurden abgelöst von den Stilfiguren germanisierender Ursprünglichkeit: dem roh behauenen Stein der Rustika, der kantigen Stilisierung der Bauplastik, den vergröberten Zitaten einer Art von ahistorisch stillgestellter Ur-Romanik – auch und gerade in dieser stilistischen Verweisstruktur ließe sich die Entfernung vom historistischen Paradigma ablesen –, in den baulichen Details von Pfeilern, Kapitellen und Gewölben. Anders als beim Kyffhäuserdenkmal, aber folgerichtig auf die Funktion dieses Baus als Denkmal für Gefallene ausgerichtet,195 befindet sich die Gruft hier im Inneren des Sockels und ist ausgestattet mit den Kolossalfiguren

194 Für eine genaue Baubeschreibung vgl. Monika Arndt 1978. 195 Interessant ist der Umstand, dass der Einbau der Gruft erst 1899, nach Auffindung eines Massengrabes von Gefallenen der Völkerschlacht beschlossen wurde (Hutter 1990, S. 119), das die Identität von Kult- und Totenort authentisierte.

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soldatischer »Wächter« (Abb. 72) und den »Sinnbildern« »deutscher« Tugenden: Die »Volkskraft«, der »Heldenmut«, die »Opferwilligkeit« und die »Frömmigkeit«. Einzige weibliche Tugendfigur war die der Volkskraft in Gestalt einer gigantischen Caritas, umgedeutet zur weiblichen Fruchtbarkeit mit zwei Säuglingen an der Brust (Abb. 73). Wie Hutter in seiner Monographie des Denkmals beobachtet, weicht diese Praxis, Tugendallegorien in männlicher Gestalt zu figurieren, von der bisherigen ikonographischen Tradition ab196 und liefert ein weiteres Indiz für die »Virilisierung«, die der reichsdeutsche völkische Diskurs als nationale Identitätsvorlage praktizierte.197 Beide Denkmäler waren eingebettet in Platzanlagen (Abb. 74: Kyffhäuser-Denkmal), die viele tausend Personen für die geplanten Kulthandlungen nationalen Gedenkens fassen konnten. Eine weitere Gemeinsamkeit ist bereits eingeführt mit dem Waterloo-Denkmal und den frühen Plänen für das Völkerschlachtdenkmal z. B. von Ernst

196 Ebd., S. 161. 197 Hutter 1990 zitiert Julius Langbehn (Rembrandt als Erzieher, Leipzig 1900, S. 325; 1. Auflage 1890) als »Erklärung für die Geschlechtstransformation der Tugenden«: »Napoleon I. und Bismarck sprechen beide gelegentlich von männlichen und weiblichen Völkern und rechnen dabei beiderseits die Deutschen zu den ersteren; wollen die Deutschen ihrer Natur treu bleiben, so wissen sie also, wie sie sich zu entwickeln haben.« Ebd., Anmerkung 294. Darüber hinaus ließe sich diese Verweisstruktur auch in der stilistischen »Sprache« der Volkskraft nachvollziehen, die eine Art innerer Geschlechterpolarisierung aufweist: Die weibliche Fruchtbarkeit ist ausgewiesen an den beiden männlichen »Leibesfrüchten«, die sie stillt – ähnlich ist dies bei Honoré Daumiers »République«, entworfen für einen Regierungswettbewerb 1848, zu beobachten. Zudem ist dieser Mutter-Körper nicht anders als die männlichen Kriegertugenden stilisiert, sondern ähnlich: frontal und blockhaft, mit ausgeprägter Muskulatur in reduzierten, massiven Volumen. Auch das Gesicht zeigt die kantige Schematisierung der männlichen Figuren. 198 Auch zur Barbarossa-Legende vgl. ausführlich ebd. 199 Ein treffender Ausdruck; entnommen aus einem Interview von Gertrud Koch, vgl. Kultur als Handlung. Ein Interview mit Gertrud Koch von Martin Saar und Ruth Sonderegger, in: Texte zur Kunst, September 1999, 9. Jg., Heft 35, S. 130 –137, hier S. 134.

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Moritz Arndt: die Identität von Ort und Motiv des Gedenkens. Beim Völkerschlachtdenkmal wird der Ort der Schlacht endlich, nach fast hundertjährigen Planungen, zum Ort des Kultes, während das Kyffhäuser-Denkmal den Ort der zentralen Gründungslegende der Nation zur aktiven Kultstätte198 macht. In beiden Fällen fungieren die Assoziationsfelder des Geschlechts über die Polarisierung in »männlichen« Turm und »weiblicher« Gruft als »Semantisierungsmaschine«199 von Einheit. Diese Dichotomie erscheint als umso ausgeprägter, je größer die Kluft zwischen dem Mythos nationaler Harmonie und der Realität gesellschaftlicher Konfliktfelder im zweiten deutschen Kaiserreich ist. Dieter Langewiesche hat diese zusammengefasst: »Als das Deutsche Reich am 1. Januar 1871 ins Leben trat, erfüllte sich ein Traum, den zuvor viele, die sich für die Einheit der Nation einsetzten, als ein Zerrbild deutscher Nationalgeschichte verdammt hatten. Süddeutsche Demokraten und großdeutsche Katholiken, legitimistische Konservative und revolutionäre Sozialisten – sie alle hatten vor 1871 ein Heiliges evangelisches Reich deutscher Nation, wie der Berliner Hofprediger Adolf Stoecker den kleindeutschen Nationalstaat mit preußisch-protestantischem Übergewicht bald nennen sollte, energisch bekämpft.«200 In der wilhelminischen Ära trat also mit dem Turm eine auffallende Materialisierung des Geschlechtszeichens für Virilität an die Stelle der Tempel-Metaphern. Eine Postkarte der Zeit, veröffentlicht 1993 in der Architekturzeitschrift Daidalos mit der treffenden Überschrift »Die Deutschen Nationaldenkmäler angetreten zum Größenvergleich« (Abb. 75),201 lässt die symbolische Latenz ebenso manifest werden wie

200 Dieter Langewiesche: Plötzlich wollten alle nur das eine. Die Reichsgründung von 1871 einte auch die deutsche Politik: Harm-Hinrich Brandt aber wirft einen Blick über die Grenzen hinaus. (Rezension von: Harm-Hinrich Brandt, Deutsche Geschichte 1850 bis 1870. Entscheidung über die Nation, Stuttgart, Berlin, Köln 1999), in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31. 1. 2000, S. 53. 201 Daidalos, September 1993, Nr. 49, S. 35.

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den gemeinschaftlichen Fetischismus, mit dem diese »Objekte« besetzt wurden. In der Kugel für die Volkssouveränität und im griechischen Tempel für das Geistige einer nationalen Ethik war die abstrahierende Transzendenz des Gemeinwesens jenseits von der Materialität des Geschlechts verortet gewesen; nun errichtete sich deutsches Mannestum im Turm das Zeichen für die »vitale«, kolonisierende Nation des späten 19. Jahrhunderts.202 Dieses offenkundige Zeigen einer Symbolisierung nun auch des männlichen Geschlechts, das damit aus der Latenz des Nicht-Genannten, aber Gemeinten heraustrat und sich als explizit Männliches zur Leitnorm erhob, war zugleich in seiner ReHierarchisierung des architektonischen Zeichens das extreme Gegenstück zur Kugel-Metapher. Nicht nur als Bauform für Bismarcktürme und die großen Nationaldenkmäler, sondern auch für die Massengedenkstätten ungenannter und ungezählter Gefallener des Ersten Weltkriegs hatte sich die Turmform eingebürgert und bezeichnete ein kollektives Männliches, eingebettet in die autoritäre Struktur des wilhelminischen Reiches, in der identitätsbildenden Verallgemeinerung massenhaften und anonymen Soldatensterbens.203

202 Vgl. Wolfgang Pehnt: Turm und Höhle, in: Moderne Architektur in Deutschland 1900 bis 1950. Expressionismus und Neue Sachlichkeit, Stuttgart (Ausstellungskat. Frankfurt) 1994. 203 Vgl. Koselleck 1979.

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Die Kugel im 20. Jahrhundert

Säkulare Kulträume moderner Massengesellschaft Für das 20. Jahrhundert konzentriert sich die Genealogie von Einheitsmetaphern in der Architektur säkularer Kulte wieder auf die Kugelform. Dem Turm bleibt die Rolle des Hintergrundes, vor dem sich die Figur der Kugel gleichsam absetzt. Deshalb wird es nun nicht um die Karriere des Turms im 20. Jahrhundert gehen – in den kristallinen und organischen Turmformen des deutschen Expressionismus, die noch im Bann der älteren Turmmythen stehen,204 oder den US-amerikanischen Hochhäusern. Der Turm taucht in den Kultinszenierungen der politischen Systeme des 19. und 20. Jahrhunderts als Symptom einer »autoritären« Unterbrechung zwischen der Volkssouveränität der Französischen Revolution und den modernen Demokratien auf. In eine Makro-Perspektive gestellt, zeigt sich, dass diese Unterbrechung mit der Ungleichzeitigkeit in der Ausformung der modernen politischen Systeme im 19. Jahrhundert zu tun hat, die nicht als lineare Entwicklungsgeschichte der Demokratie, abgeleitet von der radikalen Republik der jakobinischen Revolution, verlaufen ist. Binär überspitzt ließe sich folgender Befund formulieren: Die Kugelform als Bedeutungsträger für Bauten im politisch-öffentlichen Raum geht zusammen mit demokratischen Konzepten der Souveränität. Sie zählt zu jener Gruppe von Repräsentationen oder Verkörperungen, die das symbolische Vakuum füllen sollten, das der tote Königskörper hinterlassen hatte: Personifikationen des revolutionären Götterhimmels, Tempel, Denkmäler, Heilige Berge. Allerdings wies dieser Bau-Körper, der seine Verweiskraft über seine Eigenschaften als geometrischer Körper gewonnen hatte, eine Besonderheit auf. Obwohl Verkörperung der Souveränität, Gleichheit und Einheit des Volkes, umschrieb er selbst als Form ein Vakuum und bildete damit auf gefährliche Weise das grundsätzliche Symbolisierungsproblem der Volkssouveränität ab, dem ein zentraler politischer Körper fehlte. Der Turm hingegen beschrieb über seine Vertikalität nicht nur eine gleichsam Gestalt gewordene Virilität, sondern damit einhergehend eine hierarchisch imaginierte gesellschaftliche und politische Ordnung, deren Volk als um eine zentrale Autorität geschart und auf diese ausgerichtet imaginiert wurde, wie aus den Ritualen um das Völkerschlachtdenkmal und ihrer baulichen Rahmung deutlich geworden ist. Die Turmmetapher wird mit dem Ende des Ersten Weltkrieges und des Kaiserreiches und

204 Vgl. Pehnt 1994.

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der Ausrufung der Republik für die Denkmalsarchitektur zwar nicht generell unüblich, aber sie ist nicht mehr das beherrschende Motiv.205

Zwischen Himmel und Erde Anders als die Turmform, die nicht nur metaphorisch vielseitig war, sondern auch im Rahmen von modernen Strategien der Verwertung von Fläche und Raum als Hochhaus adaptiert werden konnte, verblieb die Kugelform auch im 20. Jahrhundert architektonisch lange im Feld der Vision, des Architektur-Bildes, in dieser Hinsicht den Entwürfen Boullées verwandt. Wo immer nun Kugelbauten entworfen wurden, kam, begründet in dieser Freiheit von unmittelbarer Funktion und Verwertung, gleichzeitig ein meist universell verstandener Symbolwert irgendeiner Ordnung ins Spiel. Die glatte, ganze Kugel, der Architektentraum, den Boullée als Erster geträumt hat, konnte in seiner radikalsten Form erst seit den späten 30er Jahren dieses Jahrhunderts gebaut werden, allerdings nur in den Schauarchitekturen der Weltausstellungen. Dies bestimmt auch den Wandel ihres metaphorischen Einsatzes mit, wie am Beispiel der eingangs erwähnten Democracity auf der New Yorker Weltausstellung 1939 deutlich werden wird. Das bedeutet aber keineswegs, dass die traditionelleren Varianten der gerippten Kuppel, der Gruft und des Tumulus nun nicht mehr verwendet worden wären. Es hat aber zur Folge, dass sich hier eine Art rhetorischer Dichotomie auftut, die Retrospektive und Utopie nicht nur im Sinne des technischen Fortschritts thematisiert, sondern dies auch parallel in die Bedeutungsstiftung politischer Systeme übertragbar macht. Mit anderen Worten: Die »radikal« moderne Form spricht von technischer wie von politischer Modernität, die traditionellen Formen – nicht unbedingt vom Gegenteil, wie sich noch zeigen wird. Wenige Jahre, bevor Emil Kaufmann mit seinen Veröffentlichungen die Entwürfe von Boullée und Ledoux der Fachwelt wieder in Erinnerung rief,206 erregte der Architekturstudent Ivan Leonidow mit seiner Diplomarbeit an den VChUTEMAS (Höhere künstlerische Werkstätten, eine Lehranstalt, die dem Bauhaus vergleichbar war) in den UdSSR Aufsehen. Sein Entwurf für eine Lenin-Bibliothek in

205 Zur Geschichte der Gefallenendenkmäler in der Weimarer Republik vgl. Eckhard Gruber: » …das Leben baut den Tod ein.« Krieger- und Gefallenendenkmäler in der Weimarer Republik, in: Daidalos, September 1993, Nr. 49, S. 72 – 81. Diese waren zum größten Teil Figuren-, nicht architektonische Denkmäler. 206 Zuerst 1929 mit: Architektonische Entwürfe aus der Zeit der französischen Revolution, in: Zeitschrift für bildende Kunst, 1929, S. 38 – 46.

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Moskau von 1927 (Abb. 76) erscheint heute wie eine technologisch hochmoderne Reflexion Boulléescher Visionen für die Bauten imaginärer Staatsgebilde. Allerdings speist sich Leonidows Baurhetorik nicht aus der Kenntnis Boullées, sondern aus den aktuelleren Quellen von Suprematismus und Konstruktivismus. Die offensichtlichen Parallelen jedoch haben Adolf Max Vogt und Hans Sedlmayr, allerdings unter entgegengesetzten Vorzeichen, zu weitreichenden, epochenüberspannenden Analogiekonstruktionen angeregt, auf die noch zurückzukommen sein wird. Thema seines Entwurfs war laut Begleittext das Lenin-Institut als kollektives Wissenszentrum der UdSSR.207 Symbolische, sich ergänzende Bezugspunkte waren das Kollektiv, das Wissen und die Zentralität, in der diese zusammengeführt werden sollten. Das zentrale Zeichen ist eine Glaskugel (im Modell hergestellt aus einer Glühbirne), die, einer Mongolfiere gleich, am unteren Scheitelpunkt mit der Erde vertäut und außerdem, um die Festigkeit zu erhöhen, an einem schmalen, hohen Gerüst verspannt ist. Kugel und Gerüst teilen sich eine kreisrunde Plattform, an die im rechten Winkel zwei schmale Flachbauten »andocken« (Abb. 77). Meine Beschreibungsmetaphorik aus der Raumfahrt entspricht durchaus den Intentionen suprematistisch-konstruktivistischer Architektursprache jener Jahre.208 Angeregt von Malewitsch bewegte sie sich in Träumen von frei im Raum schwebenden und fliegenden Städten

207 Vgl. Gozak, Leonidow 1988, S. 120. 208 Vgl. Selim O. Chan-Magomedow: Pioniere der sowjetischen Architektur. Der Weg zur neuen sowjetischen Architektur in den zwanziger und zu Beginn der dreißiger Jahre, Dresden 1983, S. 283 f. Zu Malewitschs Zahlenmystik, die jene Formen und Raster generierte, die wenig später auch in der Entwurfspraxis der konstruktivistischsuprematistischen Architekten Bedeutung gewannen, vgl. John Milner: Kazimir Malevich and the Art of Geometry, New Haven, London 1996.

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durchaus im Bereich des Kosmischen. Bautechnisches Prinzip war für Leonidow die maximale Nutzung der technologischen Möglichkeiten; Glas, Stahl und Stahlbeton sollten die Materialien sein. Der Plan sah in den Flachbauten eine riesige Bibliothek mit neuesten Buchtransportsystemen und Forschungsinstitute vor, die via Telefon und Radio miteinander vernetzt sein sollten (damit sie gleichzeitig an einem gemeinsamen Projekt arbeiten konnten – der Internet-Gedanke hat Vorläufer). Die Kugel hingegen konnte als Planetarium, von Leonidow als »wissenschaftlich-optisches Theater« bezeichnet, als Auditorium und als Massenversammlungsraum genutzt werden. Nutzung und Baumetaphorik verschränken sich in einer Weise, die die simple Abfolge einer Funktion, der dann die Form folgt, außer Kraft setzt. Die sich versammelnden Massen und der massenhafte Blick in den Kosmos im Planetarium scheinen sich als Funktionszuweisungen gar erst aus der Form der Kugel und ihrem Bedeutungsfeld abgeleitet zu haben. Die Parallelen zu Boullées Newton-Kenotaph liegen auf der Hand und ließen sich, auf das politische System der Diktatur des Proletariats mit seinen symbolischen Valenzen zugespitzt, ausbauen. Wenn man die vom Newton-Kenotaph inspirierten Kugelbau-Entwürfe der jakobinischen Architekten hinzunimmt, werden zudem die Analogien zwischen der totalen Demokratie als Herrschaft des Volkes und dem prä-stalinistischen Sowjetsystem deutlich: Die Massenversammlungsorte und Hoheitsräume des herrschenden Volkes im Zeichen der Egalität werden in beiden Systemen mit Vorliebe als Sphärenbauten imaginiert. Die Kugel repräsentiert dann nicht nur die Egalität, sondern sie scheint auf als Erfahrungs- und Partizipationsraum dieser Gleichheit – sie bildet das Theater, auf dem diese gleichzeitig dargestellt und erfahrbar wird. Schauspieler (das Bühnenmaterial der Repräsentation, zusammen mit dem Raum und dem Ritual), Dargestellte (die Gemeinschaft der Gleichen) und Zuschauer (die Gleichen, denen gezeigt wird, dass sie es sind) werden identisch, eine Struktur, die dem politischen Kult der Moderne zu eigen ist. Als Abstrakta bedürfen Egalität und Volk solch performativer und räumlicher Konkretion, um erfahrbar zu werden. Die Kugelmetapher böte gleichsam »optimale« Bedingungen, um diesbezüglich größtmögliche Vereindeutigung im semantischen Feld herzustellen – Voraussetzungen, die hingegen bei den Symbolisierungsapparaten politischer Mischformen, wie bei den wilhelminischen Denkmälern, kaum gegeben sein können, denn diese sind das Resultat von Montagen, die in ihren Bestandteilen einerseits auf die unterschiedlichen, zu integrierenden Gruppen Bezug nehmen, um Einheit aufscheinen zu lassen, die aber andererseits der immer drohenden Gefahr neuerlicher Fragmentierung ausgesetzt sind.

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Warum aber war dann dem Kugelbau keine Karriere bei den großen, öffentlichen Bauvorhaben der UdSSR seit 1927 vergönnt? Technisch wäre es nun möglich gewesen, einen derart von der Erde losgelösten, schwerelos erscheinenden Bau zu realisieren. Das Argument, dass die wirtschaftliche Lage solche Bauten nicht zuließe, wurde zwar sowohl von den zeitgenössischen Gegnern des konstruktivistischen Bauens in der UdSSR wie von späteren Wissenschaftlern als Begründung dafür vorgebracht, dass ein revolutionäres System nicht auch radikale Bauformen realisiert hatte. Angesichts der teuren Mammutprojekte der Stalin-Ära erscheint diese Erklärung allerdings recht phantasielos. Ein russischer Interpret bietet strukturell orientierte Beobachtungen zum sowjetischen Kulturgeschehen an, die hier weiterhelfen könnten. Boris Groys formuliert ein metastrukturales Modell für das Verhältnis von Totalitarismus und Vielfalt (oder Differenz), das den Vorteil hat, nicht seinerseits die Gleichmacherei aller Totalitarismen zu betreiben, denn es argumentiert aus dem Denksystem des Stalinismus heraus. Zudem könnte es hier weiterhelfen, wenn es um die Spezifik des Konzeptes und der Form von Einheit und seinen Symbolisierungen in der UdSSR unter Stalin geht und um die Frage, warum die Form der Kugel diesbezüglich kein Erfolg war. Groys zufolge war das »wichtigste Prinzip des dialektischen Materialismus in seiner leninistisch-stalinistischen Fassung« das »sogenannte ›Gesetz der Einheit und des Kampfes der Gegensätze‹ …«, demzufolge zwei widersprüchliche Aussagen sich nicht ausschließen, sondern in einem »dynamischen Verhältnis« zueinander stehen.209 »Ein logischer Widerspruch bildet in seiner inneren Struktur den realen Konflikt der gegensätzlichen geschichtlichen Kräfte ab, der den lebendigen Kern des Lebens ausmacht.« Während das »bürgerliche« Denken gerade aufgrund seiner logischen Konsistenz als »einseitig, rein formal und innerlich ›tot‹ …« kritisiert wird, ist der innere Widerspruch für das stalinistische Denken ein Zeichen von Lebendigkeit, Kraft und Wahrhaftigkeit. Für heutiges Differenzdenken mag dies vielversprechend klingen, die Konsequenzen dieser Doktrin sind jedoch ganz andere, denn sie ist als Einheitsmodell gedacht: »Alle Widersprüche waren ständig präsent, kämpften ständig gegeneinander und bildeten ständig eine Einheit. Derjenige, der auf einer bestimmten Aussage bestand, machte sich insofern schuldig, als er diese Einheit der Gegensätze zerstörte.« Für Groys ist diese Lehre von der Einheit die »Grundfigur und das ganze innere Geheimnis des stalinistischen

209 Zitate und Paraphrasierung des Folgenden beziehen sich auf Boris Groys: Die gebaute Ideologie, in: Peter Noever (Hg.): Tyrannei des Schönen. Architektur der StalinZeit, Kat. Österreichisches Museum für angewandte Kunst, Wien 1994, S. 15 – 21, hier S. 16.

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Totalitarismus. Denn dieser Totalitarismus erhebt den Anspruch, in sich selbst alle Gegensätze zu vereinen, die es überhaupt gibt. Der Stalinismus verwirft nichts, sondern nimmt alles in sich auf … Das einzige, was für das stalinistische Denken unerträglich ist, ist ein Festhalten an der logischen Konsequenz einer Position, die eine gegenseitige Position ausschließt. Darin sieht die stalinistische Ideologie eine Weigerung, sich dem Leben und dem Kollektiv zu stellen, die nur vom bösen Willen diktiert werden kann.« Für solche Häretiker blieben dann nur die Umerziehung oder die Eliminierung, wie die Schauprozesse zeigten. Für die Architektur bedeutete dies, dass jedes »Gebäude in sich widersprüchlich und undefinierbar (ist) – das Ganze sieht dagegen einheitlich aus und hat einen unverwechselbaren Stil«.210 Groys treibt sein paradox schlüssiges Argument auf die Spitze mit einer Definition stalinistischer Kunst: Angestrebt sei die maximale innere ästhetische Widersprüchlichkeit jedes einzelnen Kunstwerks. Hingegen kann für ihn die Forderung nach stilistischer Reinheit »nur in einer pluralistischen, ›bürgerlichen‹ Gesellschaft entstehen, in der sich ein Architekt dadurch profiliert, dass er etwas anderes macht als alle anderen. Das Ganze entsteht als Summe dieser individuellen Bemühungen und ist eigentlich auch undefinierbar, weil in sich widersprüchlich: Jedes einzelne Gebäude hat einen bestimmten Stil, aber das Ganze ist eben pluralistisch, hat keinen einheitlichen Stil.« 211 So gesehen mussten die formal und konzeptuell radikal konsequenten Entwürfe konstruktivistischer Architekten wie Leonidow in ihrer Reduktion auf geometrische Baukörper, feste Raster und neueste Technologien und dem Verzicht auf jedes Dekor auch als radikale, bürgerliche Leugnung des dialektischen Materialismus, ja des Lebens selbst erscheinen, als kalt, schematisch und tot. Gesucht wurde dagegen, eine beliebte Floskel der sowjetischen Fachdiskussion der 30er Jahre, die Stärke der Ausdruckskraft sowjetischer Architektur.212 Aber reicht dies, um die Ablehnung des Konstruktivismus als Stil zu erklären? Immerhin hätte man ja vermuten können, dass eine radikale Utopie von Staat und Gesellschaft auch radikal neue Formen verlangte. Gerade im Utopiecharakter stalinistischer Ideologie jedoch ist die von Groys aufgezeigte Einheit der Widersprüche

210 Ebd., S. 17. 211 Ebd. 212 Verwendet auch noch von Chan-Magomedow 1983, z. B. S. 263. Sprechendes Beispiel für die vitalisierende Metaphorik Bauten gegenüber ist der Text von Karo Alabjan: Gegen Formalismus, Schematismus und Eklektizismus, der im April 1934 in der Zeitschrift des sowjetischen Architektenverbandes, Architektur der UdSSR, veröffentlicht wurde, in dt. Sprache abgedruckt in: Noever 1994, S. 22 – 25.

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nachvollziehbar, denn indem die Stalinzeit »sich als eschatologische Zeit nach dem Ende der Geschichte, verstanden als Geschichte des Klassenkampfes« 213 sah, ließ sie gleichzeitig das »Goldene Zeitalter« mit der Beschwörung des von Stalin verordneten heiteren sozialistischen Lebens in die Jetztzeit rücken214 – und dieses musste geschildert werden, in den Bildern einer »Agitation zum Glück«,215 wie im Formenreichtum der Architektur. In den Augen der Führung ließ sich das für die Augen des Volkes nur im Rückgriff auf altbekannte Stile und Bautypen, wie dem Palast, machen, die ihrerseits »Reichtum«, und sei es den des Klassenfeindes, signalisierten. So ließ sie »alle historischen Stile wiederauferstehen … soweit sie des Giftes ihrer historisch bedingten Verneinungen entleert (waren).« 216 Aus den Widersprüchen wurde so ein verschachteltes, unentscheidbares Nebeneinander und aus der Vielfalt der Stile – innerhalb eines einzelnen Gebäudes wie allgemein – paradoxerweise ein eindeutiger, stalinistischer Baustil. Aus zwei Gründen habe ich Groys’ meines Erachtens sehr interessante Interpretation hier etwas ausführlicher eingeflochten. Zum einen liefert sie Anstöße, um das Problem der Symbolisierung politischer Einheit im Vergleich der »totalitären« Systeme dieses Jahrhunderts neu zu überdenken, zum anderen bietet sie eine interessante Perspektive, wenn der Blick nun, Leonidows Entwurf vor Augen, erneut zurückgeht auf Boullées Tempel der Natur/Vernunft. Eine erste Reaktion auf das eben Gesagte könnte sein: Ja, es gibt eine Analogie zwischen der Sowjetutopie und der jakobinischen Demokratie. Bei genauerem Hinsehen wird jedoch deutlich, dass die politische Einheitssemantik der Französischen Revolution eine andere Struktur hat. Sie lebt aus der Dichotomie, von Gut und Böse, Harmonie und Abschreckung, Licht und Dunkel, künstlich und natürlich, männlich und weiblich – in Boullées Entwurf ersichtlich aus dem Kontrast zwischen gebauter kosmischer Harmonie (der glatten Kuppel) und (gebauter) schrecklicher Natur. Leonidows Entwurf hingegen konzentriert sich auf ein Superzeichen, die Kugel. Weder die Französische Revolution noch der Stalinismus haben eine derart uni-forme Repräsentationsfigur in ihre politische Bildsprache integriert. Es wäre spannend zu fragen, warum dies so ist, denn schließlich läge die Annahme nicht

213 Groys 1994, S. 21. 214 Eine eindrucksvolle Schilderung hierzu bei Andrej Iknonikov: Architektur und Utopie, in: Noever 1994, S. 28 – 36. 215 Hubertus Gaßner, Irmgard Schleier, Karin Stengel (Hg.): Agitation zum Glück. Sowjetische Kunst der Stalinzeit, Ausstellungskat. Kassel, St. Petersburg 1993/1994 (Bremen 1994). 216 Groys 1994, S. 21.

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fern, dass der Versuch, Totalität zu zeigen, zwangsläufig die Tendenz mit sich brächte, die entsprechende Semantik zu vereindeutigen. Gerade den Bedeutungsstiftungen im Zusammenhang mit politischer Propaganda wird gerne nachgesagt, dass sie Polysemie so weit wie möglich ausschließen müssen, um zu funktionieren.

Das Bodenlose der Massendemokratie Sedlmayr und Democracity Leonidow und Boullée hatten gemeinsam, dass sie in revolutionären Zeiten mit ungünstiger Wirtschaftslage entwarfen. So blieb es bei Architekturvisionen, die sowohl formal als auch symbolisch in hohem Maße aufgeladen waren. So wenig konkrete Wirkung Leonidows Entwurf hatte, so war er doch im Westen durch die Publikation Grandes Constructions von Robert Mallet-Stevens 217 und El Lissitzkys Schrift Russland. Die Rekonstruktion der Architektur in der Sowjetunion 218 von 1930 bekannt geworden, denn Hans Sedlmayr sah sich 1939 bemüßigt, auf ihn einzugehen, als er in einer Vorwegnahme seiner Thesen zum Verlust der Mitte (1948) die architektonische Kugelform in seinem Aufsatz Die Kugel als Gebäude, oder: Das Bodenlose als »abstrakte« Bauform einer »extremistischen« Architektur, als Symptom für den Verlust von Erdgebundenheit und Lebensfülle denunzierte.219 Sedlmayr sah in Leonidows Entwurf die Wiederaufnahme der »Bodenlosigkeit« eines Ledoux, vorgeführt an dessen Kugelbauentwurf, dem Haus des Flurwächters (Abb. 78). Sedlmayrs Feindbild einer abstrakt-utopischen, die Erde verleugnenden Architektur verknüpft den Kult- und Denkmalbau der Französischen Revolution mit der Architektur der Weltausstellungen. 1948 führt er dies, politisch und polemisch entschärft, fort und bindet es unter dem Gesichtspunkt der Architektur als abbildende Kunst 220 ein in jenen metahistorischen

217 Robert Mallet-Stevens: Grandes Constructions, Paris o. J. (ca. 1929), Bd. 2, Tafel 42. 218 El Lissitzky: Russland. Die Rekonstruktion der Architektur in der Sowjetunion, Wien 1930, Abb. S. 101. Dort auch andere Entwürfe für Kugelbauten, wie z. B. eine Badeanstalt von A. Nikolski, S. 25 und Abb. S. 66. Dieses Buch ist mit zusätzlichen Texten unter dem Titel: 1929. Russland: Architektur für eine Weltreligion, Berlin, Frankfurt/M., Wien 1965, in einem Nachdruck publiziert worden. 219 Hans Sedlmayr: Die Kugel als Gebäude, oder: Das Bodenlose, in: Das Werk des Künstlers (Kunstgeschichtliche Zweimonatsschrift, hg. v. H. Schrade) 1, 1939/1940, S. 279 – 310. Ich zitiere hier nach dem Wiederabdruck in: Klaus Jan Philipp (Hg.): Revolutionsarchitektur. Klassische Beiträge zu einer unklassischen Architektur, Braunschweig, Wiesbaden 1990, S. 125 – 154. 220 Sedlmayr, Wien 1948. 221 Ders.: Verlust der Mitte. Die bildende Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts als Symptom und Symbol der Zeit, Salzburg 1948.

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Rahmen, den er im selben Jahr in Verlust der Mitte 221 totalisiert. Die Argumentation Sedlmayrs in Die Kugel als Gebäude zeigt gerade dort, wo sie sich mit dem Kugelbau als »Symptom« befasst, ihrerseits eine Symptomatik, die einem zeittypischen Phantasma der NS-Ideologie verpflichtet ist, das wiederum zum Anfang meiner Erzählung zurückführt: der Konfrontation zwischen Speers Kuppelvisionen und dem Kugelbau der New Yorker Weltausstellung 1939. Für Sedlmayr ist es kein Zufall, dass »ein riesiger Kugelbau« den »Mittelpunkt der Weltausstellung von Neuyork« bilden wird:»Solches Zusammentreffen kann nicht zufällig sein.Es ist zu vermuten, dass ein innerer Zusammenhang zwischen der Idee des Kugelgebäudes und dem ›bodenlosen‹ Geist jener Revolutionen besteht, die es erst seit der Französischen gibt.« 222 Das Bodenlose ist hier buchstäblich gemeint. Für ihn ist die Leugnung der Erdgebundenheit der Architektur über den Weg der geometrischen Abstraktion das Symptom einer Krankheit, eben jenes »bodenlosen« Geistes der Revolutionen von 1789 und 1917. Der Entwurf Leonidows ist ihm »unfreiwilliges und deshalb um so schauerlicheres Symbol für den Geist, der die Erde verneint«.223 Löbliches Gegenbeispiel architektonischer Gesundheit ist ihm Werner Marchs zur Hälfte in die Erde gesenktes »Reichssportfeld« in Berlin. Kronzeuge der Krankheit ist ihm El Lissitzky, dessen Kommentar zu Leonidows Entwurf er zitiert und an den für ihn signifikanten Stellen mit Ausrufezeichen versieht: »Die Überwindung des Fundaments, der Erdgebundenheit, geht noch weiter und verlangt die Überwindung der Schwerkraft an sich (!). Verlangt die schwebenden Körper (!), die physisch-dynamische Architektur. – Wenn auch die aktuelle Wirklichkeit noch die Reduktion dieser Zukunftspläne und Planungen verlangt, so zeigt sich doch schon ihr gesunder (!) Kern für 222 Sedlmayr 1939, S. 126. 223 Ebd., S. 148. 224 Ebd., S. 147, Hervorhebungen von Sedlmayr.

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den heutigen Tag (!).«224 Das Phantasmatische einer totalisierenden Zeitgeistmetaphorik scheint Kläger und Angeklagte zu vereinen. Dem Namen El Lissitzkys fügt Sedlmayr die Klammer »(ein Jude?)« bei, so dass der Leser zur Schlussfolgerung verlockt wird, dies könne eine Erklärung für die Krankheit sein.225 Sedlmayrs Feindobjekt formiert sich zu dem bekannten tautologischen Bündel von Revolution, Extremismus, Marxismus, Judentum, ausgewiesen im ästhetischen Symptom der Abstraktion, genauer, Abstraktion von der menschlichen Gestalt, denn diese abstrakte Architektur basiert auf der kalten, unmenschlichen Geometrie und verleugnet die anthropomorphen Grundlagen bisheriger Bautradition. Die »neu-klassische Bewegung von heute« hingegen sei »der Versuch, das abstrakte Bauen zu überwinden, indem man die Erde, das Tektonische, die Schwere des Stoffs, den Stein wieder bejaht, das Unmenschliche, das der abstrakten Konstruktion anhaftet, zu überwinden, indem man »Ordnungen« beschwört, die die Erde als Standfläche und den Mensch als Maß der Dinge anerkennen. … Der Anführer der Gegenbewegung war um 1800 und ist heute Deutschland.« 226 Die Gegner indes seien die maschinenorientierten Kulturen der USA und der UdSSR. Dass in der UdSSR die Kugel als Baumetapher auf ebenso wenig Gegenliebe gestoßen war 227 wie in Nazi-Deutschland, dass also Visionen wie die Leonidows bereits seit 1932 undenkbar geworden waren, nimmt Sedlmayr nicht zur Kenntnis. Sedlmayr macht jene Dichotomie wieder auf, die bereits aus den Bauvisionen von Boullée bekannt ist: Die »reine« Kugelform als Bild eines erdüberwindenden Weltalls steht dem anderen Rund, der Erde, in ihrer unregelmäßigen, »natürlichen« Form und Materialität gegenüber. Sedlmayr verbucht die beiden größten Massengesellschaften jener Jahre, UdSSR und USA, auf der erdüberwindenden Seite, während der Nationalsozialismus – ungenannt, aber durchaus deutlich – als Bewahrer einer Blut-und-Boden-Gesundheit angerufen wird, die im Wesentlichen über die parallele Metaphorisierung von Mutterboden, Mutter-Erde, Heimat und Mutterleib konstruiert wird. Dass sich zu diesem Zeitpunkt, 1939, baustilistisch UdSSR und Nationalsozialis-

225 Ebd. 226 Ebd., S. 152. 227 Sehr gut zu verfolgen ist dies am Verlauf des Wettbewerbs zum Sowjetpalast. Bei der ersten Ausschreibung 1931 waren noch einige Kugelbauentwürfe eingeschickt worden. Nach der Festigung der neuen stalinistischen Kulturpolitik wurden die Bedingungen des Wettbewerbs geändert, und der Turmbauentwurf mit einer Kolossalstatue Lenins von Boris Jofan u. a. errang den ersten Platz – was wiederum zu einer gedanklichen Rückkehr zu den Turmdenkmälern des 19. Jahrhunderts führen könnte, die wir hier nicht ausbauen werden (vgl. dazu auch: Noever 1994, S. 151ff., mit sehr guten Abbildungen).

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mus verwandter sind als UdSSR und USA, verkennt Sedlmayr. Auch die Reden, die in der Sowjetunion gegen die konstruktivistische Architektur und im Nationalsozialismus gegen die internationale Moderne geführt wurden, ähneln sich besonders dort, wo sie gegen das »Leblose«, »Kalte« dieses Bauens zu Felde ziehen,228 das sich jenseits des Menschen – d.h. seines Bildes und Maßes – situiert. Materie und Differenz im Sinne einer jeweils spezifischen Verortung der Architektur im »Leben« und in einer regional, rassisch oder sonstwie ausgewiesenen Identität soll einer Globalisierung, Internationalisierung oder Gleichmacherei (Sedlmayrs Begriff dafür 229) der Bauformen entgegenwirken. Hier ähneln sich die Argumente Sedlmayrs und die der sowjetischen Gegner des konstruktivistischen Bauens im Ergebnis: Es ging ihnen um die anthropomorphe Gestalt des Baus und um die Erkennbarkeit einer Hierarchie der Funktionen im Bau. Man könnte dies als eine Art »Realismus« der Architektur bezeichnen, als den Versuch, ein »Wiedererkennen« des »Menschen« in seiner Sozialität mit dem Bau zu gewährleisten. Man könnte sogar so weit gehen und hier, analog zu der These, dass das (realistische) »Menschenbild« in der Kunst oder auch: der »ganze Körper«230 im Abbild für den/die Betrachter/in eine Funktion der Spiegelung im Sinne der Lacan’schen Spiegelfunktion »als Bildner der Ich-Funktion« 231 habe, diese in einem erweiterten Sinne auf eine derart »anthropomorph« angelegte Architektur übertragen. Übertragen würde damit weniger eine Spiegelung im Körperbild als antizipatorisches Idealbild des Ich, als vielmehr eine Ausweitung der Funktion einer Selbstvergewisserung auf das (Kollektiv-)Ich, bezogen auf Raum und Bild der es umgebenden Architektur. Eine solche Annahme trüge dazu bei, Architektur innerhalb der symbolischen Ordnung zu situieren, als Ort und Funktion einer Art der kollektiven Wieder-(V)er-Kennung, innerhalb von politisch-sozialen Systemen, denen es darauf ankommt, ihre Normen allgegenwärtig zu halten. Die entsprechende Metaphorisierung scheint wiederum besonders ausgeprägt auf die »Semantisierungsmaschine« der Geschlechterdualität angewiesen zu sein, welche

228 Für Beispiele aus der UdSSR vgl. Chan-Magomedow 1983 und Groys 1994. 229 Sedlmayr 1939, S. 133. 230 Zur Debatte um die visuelle Repräsentationsform des »ganzen Körpers« als ein Spezifikum der Kunst im Nationalsozialismus im Verhältnis zur Fragmentierung des Körperbildes in der Kunst der Avantgarden vgl. Sigrid Schade: Der Mythos des »Ganzen Körpers«. Das Fragmentarische in der Kunst des 20. Jahrhunderts als Dekonstruktion bürgerlicher Totalitätskonzepte, in: Ilsebill Barta, Zita Breu, Daniela Hammer-Tugendhat, Ulrike Jenni, Irene Nierhaus, Judith Schöbel (Hg.): Frauen. Bilder. Männer. Mythen. Kunsthistorische Beiträge, Berlin 1987, S. 239 – 260. 231 Vgl. Jacques Lacan: Das Spiegelstadium als Bildner der Ichfunktion, in: ders.: Schriften I, Olten 1973, S. 61 – 70.

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den ikonographischen Apparat einer »sprechenden« Architektur, wie sie die Inszenierungen der modernen Diesseits-Religionen charakterisiert, durchzieht. Die Rückkehr zum Turm in Jofans Entwurf für den Palast der Sowjets im Moskau der 30er Jahre232 (Abb. 79) und die Tumulus-verwandten Entwürfe des »Generalbaurat für die Gestaltung der Kriegsgräber« Wilhelm Kreis für Gefallenendenkmäler auf erobertem russischem Boden aus den Jahren des ersten Russlandfeldzuges 1940/1941 zeigen beide in ihrer prononcierten Tektonik eine Erdverbundenheit im Sinne Sedlmayrs. Sie ziehen ihre systempolitische Bedeutungsdifferenz – Jofans Turm dient als überdimensionierter Sockel für eine gigantische Leninstatue, während der Tumulus von Wilhelm Kreis die Blut-und-Boden-Materialität des Rassegedankens ausstellt – über die Assoziationsfelder von Männlichkeit und Weiblichkeit: in der »phallischen« Vertikalität des Turms, der in der (weiblichen) Erde »wurzelt«, und in der Fast-Verschmelzung der Tumulusform mit der eroberten Erde. In seinem Entwurf für ein Ehrenmal am Dnjepr (1941) (Abb. 80) kodiert Wilhelm Kreis die sphärische Radikalität einer Boulléeschen Rundpyramide um, indem er die Rundpyramide mit einer gestuften Rustizierung überzieht, sie so um ihre glatte Außenhaut bringt und damit ihren Bezug zur Ewigkeit des Heldengedenkens auf die Erde des Schlachtfeldes, die eroberte Erde, umorientiert.233 Damit evoziert er archaische Totenkultformen, die vor den griechischen Tempel und

232 Der Wettbewerb für den Palast der Sowjets ging durch vier Runden. Bei der ersten Runde 1931 waren noch modernistische Architekten aus dem Westen wie Le Corbusier sowie russische Konstruktivisten wie Leonidow beteiligt gewesen.1931 hatten Leonidow u. a., darunter auch Jofan, noch Kugelbauentwürfe eingereicht. 1933 fiel jedoch die Entscheidung für einen Turmentwurf von Jofan u. a. Dieser Wettbewerb wurde symptomatisch für den stalinistischen Paradigmenwechsel in der Architektur. Vgl. die berühmte Analyse von Max Raphael: Das Sowjetpalais. Eine marxistische Kritik an einer reaktionären Architektur, in: ders.: Für eine demokratische Architektur. Kunstsoziologische Schriften. Mit einem Nachwort von Jutta Held, Frankfurt/M. 1976, S. 53 – 132. Zum Wettbewerb vgl. Noever 1994, S. 51 – 55 und 151 – 161.

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seine Implikationen von geistiger Transzendenz zurückgehen. Ohne Turm oder Tempel als Oberbau, allein über eine radikale Monumentalisierung des Tumulus-Motivs, wird hier in der massenhaften Rückkehr toter Soldaten in den »Mutterleib« Erde eine Art Ermächtigung des deutschen Volkskörpers zur endlosen Ausdehnung des »deutschen« Mutterleibes Erde signifiziert: »Ein heiliger Boden bedeckt sie. Es ist die Erde, die Mutter alles Seins. Erdhaft groß, einfach und edel sei die Form dieser Steine …«, dichtet dazu der Architekt selbst.234 Die Bedeutungszuweisungen des Männlichen und Weiblichen entsprechen also nicht einfach der Dichotomie von Kosmos und Erde, sondern kreuzen sich vielfältig in einem System der semantischen Beziehungen, das sich in den jeweiligen Anwendungszusammenhängen realisiert. In der Zusammenschau dieser Entwürfe aus Nationalsozialismus und Stalinismus mit dem von Sedlmayr verabscheuten Kugelbau auf der Weltausstellung in New York 1939 wird nachvollziehbar, wie sich den Dichotomien von Kugel und Turm, von reiner Kugel und Kuppeloder Tumulusform, von Erde und Kosmos, von Männlich und Weiblich noch die der politischen Systeme – totalitär und demokratisch – hinzugesellt, wobei sich in dem Feld des »Totalitären« wiederum die Gegnerschaften von Faschismus/Nationalsozialismus und Stalinismus konfrontieren. Diese Gegensatzpaare insgesamt ordnen das Feld der modernen, säkularen Kulte. Sedlmayr knüpft eine vergleichbare Genealogie, wenn er als typische Anwendungsbereiche des Kugelbaus den Bogen spannt vom revolutionären Kult um 1789 über die Weltausstellungen des 19. Jahrhunderts – dort verkörpert dieser »… in

233 Vgl. Ekkehard Mai, Von 1930 bis 1945: Ehrenmäler und Totenburgen, in: Winfried Nerdinger, Ekkehard Mai (Hg.): Wilhelm Kreis. Architekt zwischen Kaiserreich und Demokratie 1873 – 1955, München 1994, S. 156 – 167. 234 Wilhelm Kreis: Kriegerdenkmale des Ruhms und der Ehre im Altertum und in unserer Zeit, in: Bauwelt 11/12, 1943, S. 6, zit. nach: Meinhold Lurz: Die Kriegerdenkmalsentwürfe von Wilhelm Kreis, in: Berthold Hinz, Hans-Ernst Mittig u. a.: Die Dekoration der Gewalt, Gießen 1979, S. 190.

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dem Symbol der Weltkugel den planetarischen, ›kosmopolitischen‹ Geist dieser Veranstaltungen und seine Bodenlosigkeit wie nichts anderes …« 235 – zur »bolschewistischen Propaganda«. Der Kugelbau wird ihm zufolge auf Grund seiner ausgeprägten Symbolkraft in den Dienst gestellt: 1789 vom Kult der Revolution, im 19. Jahrhundert bei den Weltausstellungen von der Reklame »des kapitalistischen Zeitalters«, nach 1917 von der revolutionären Propaganda, 1939 in New York von konsumistischer Reklame. Für die Kultbauten des Nationalsozialismus, die ihre Verweiskraft vor allem aus zwei Bezügen holen, den Erhabenheitsformeln antiker Bauten und der Betonung erdgebundener Schwerkraft durch die jeder »guten« Architektur innewohnende Tektonik, formuliert Sedlmayr einen vergleichbaren Sündenfall der Indienstnahme hingegen nicht.

New York und Berlin 1939 Medienspektakel und kultische Performanz im sphärischen Raum Während in Berlin Albert Speer das endgültige Modell für die gigantische Kuppelhalle an der zukünftigen Nord-Süd-Achse der »Reichshauptstadt« fertigstellte, eröffnete in New York die Weltausstellung unter den Motti »Building the World of Tomorrow« und »For Peace and Freedom«. Die synthetische Faser, das Plastik, der Farbfilm, die Klimaanlage und das Fernsehen waren die wichtigsten Neuerungen, die hier der Weltöffentlichkeit vorgestellt wurden. Treibende Kraft

235 Sedlmayr 1939, S. 145. Erhellend für die politische wie wissenschaftspolitische Tragweite der Position Sedlmayrs noch in den Jahren nach 1945 ist der Aufsatz von Willibald Sauerländer: Hans Sedlmayrs »Verlust der Mitte« (1993), wieder abgedruckt in: ders.: Geschichte der Kunst – Gegenwart der Kritik, hg. v. Werner Busch, Wolfgang Kemp, Monika Steinhauser, Martin Warnke, Köln 1999, S. 229 – 238. 236 Vgl. Winfried Kretschmer: Geschichte der Weltausstellungen, Frankfurt/M., New York 1999, S. 208.

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der »Welt von Morgen« waren die »Global Players« der Wirtschaft,236 deren Gebäude dreiviertel der Ausstellungsfläche einnahmen, in erster Linie die Autokonzerne General Motors, Chrysler und Ford, aber auch Elektro- und Stahlkonzerne. Zwei Bauten, welche das Gelände überragten, bildeten das Metazeichen für diese Motti: Perisphere, der eingangs erwähnte Kugelbau von 54 Meter Durchmesser und Trylon, ein 185 Meter hoher Obelisk. (Abb. 81) Trylon und Perisphere, der größte freistehende Kugelbau bislang, spiegelten sich in einem Wasserbecken (Abb. 82, 83) – die Assoziation mit dem Kugelbauentwurf für einen Tempel der Unsterblichkeit von Jean-Nicolas Sobre (Abb. 25) drängt sich auf, mit dem Unterschied, dass hier die Wasserfläche nicht zur optischen Vervollständigung des Kugel-Effekts gebraucht wurde, sondern schlicht als zusätzliches Hoheits- und Schauelement eingesetzt wurde. Der Effekt des Freistehens der Kugel sollte noch dadurch verstärkt werden, dass die Pfeiler, auf denen sie ruhte, mit Glas umkleidet waren, das die Stützen optisch verschwinden lassen sollte.237 Dieser Kugelbau besaß eine glatte, strahlend weiße Außenhaut aus dünnem Stahlbeton auf einer schweren Stahlbetonkonstruktion. Was Leonidow bei seinem Projekt der Leninbibliothek als eine Art Fesselballon mit Verschnürungen imaginiert hatte, die die Kugel – gerade noch – mit der Erde verbanden, ist hier so weit wie möglich zu

237 Vgl. Lois Craig and the staff of the Federal Architecture Project: The Federal Presence. Architecture, Politics, and Symbols in United States Government Buildings, Cambridge, Mass., London 1978, S. 409. Zu dieser Weltausstellung und seiner Architektur vgl. außerdem: Donald J. Bush: The Streamlined Decade, New York 1985, S. 154 – 170; Terry Smith: Making the Modern. Industry, Art and Design in America, Chicago, London 1993, S. 405 – 421; New York World’s Fair 1939, A Special Issue of the Magazine of Art, Vol. 32, Nr. 5, May 1939; Roland Marchand: The Designers go to the Fair: Walter Dorwin Teague and the Professionalization of Corporate Industrial Exhibits, 1933 – 1940, in: Design Issues: Vol. VIII, Nr. 1, Fall 1991, S. 4 – 17, und Nr. 2, Spring 1992, S. 23 – 41.

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einem freien Stand vorangetrieben worden – einem Stand, wohlgemerkt, keinem Schweben, wie dies hingegen Leonidows Szenarium impliziert. Es ging in New York also offenbar nicht um Vorstellungen einer Verlagerung städtischer Lebensräume in den Kosmos, wie sie El Lissitzky phantasiert hatte. Die US-demokratische Utopie sah am Ende der Depression-Ära, kurz vor dem Einmarsch Hitlers in Polen, anders aus als zehn Jahre zuvor im sowjetischen Konstruktivismus: Sie blieb durchaus auf der Erde und manifestierte sich in den Visionen einer autogerechten, aber demokratischen Welt, welche die störungsfreie Organisation einer motorisierten Massengesellschaft mit der Freiheit, die Stadt der Zukunft mit der Natur und neueste Technologien mit paradiesischen Zuständen verband. Nach einem Jahrzehnt der Wirtschaftskrise, die tiefe Armut bis zum Hunger, massenhafte Migrationsbewegungen und Umsiedlungen sowie die gewaltsame Niederschlagung von Streik- und Protestbewegungen mit sich gebracht hatte, waren derartige Bilder sicher in der Lage, die Phantasie der Besucher zu beschäftigen. Dabei glich die Vision, die vom Ausstellungskomitee für die Perisphere in Auftrag gegeben worden war und die das zentrale Thema der World Fair anschaulich machen sollte, in ihren wesentlichen Elementen jener, die vom Autokonzern General Motors in seinem riesigen »Futurama« inszeniert wurde (Abb. 84), d.h. zwischen öffentlicher Sphäre und Industrie gab es eine tiefgreifende Kongruenz. Insgesamt konnte man sogar den Eindruck gewinnen, als ob in diesem Zusammenklang die Industrie die Dominante gewesen sei. In beiden Fällen hatten Designer, nicht Architekten das Wort, was zu der Vermutung Anlaß gibt, dass es nunmehr die Designer waren, die die Kultbauten, die »Architecture parlante « der neu zu ordnenden Massengesellschaft entwarfen. Sie waren es, die, jenseits von Bauhaus und Klassizismus, die Bauformen zu Sprechen brachten und die nun, dank der Technik des Stahlbeton, die Utopie einer Aufhebung der Differenz von Zei124

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chen und Bezeichnetem, die den Bau Symbol werden ließ und von der die Visionäre der Französischen Revolution nur hatten träumen können, in einem bisher ungeahnten Maße vorantrieben. Die Kugel der Perisphere barg das Modell einer amerikanischen Stadt des Jahres 2039 mit dem anspielungsreichen Namen »Democracity«, entworfen vom Designer Henry Dreyfus. Die Besucher konnten von zwei langsam rotierenden, kreisförmigen Emporen einem suggestiven Schauspiel mit Blick auf das Modell beiwohnen. Begleitet von symphonischer und chorischer Musik wurde das Licht in der Kuppel auf Nachtstimmung mit Sternenflimmern heruntergefahren und die Modellstadt nächtlich erleuchtet (Abb. 85), per Film wurden Männerfiguren in die Kuppel projiziert, die unterschiedliche gesellschaftliche Bereiche repräsentieren sollten, während eine Erzählerstimme die glückliche Zukunft in Democracity unter dem Motto von Fortschritt und Brüderlichkeit erläuterte. Die Parallelen zu Boullées Nachtversion des Newton-Kenotaph mit seinem simulierten Sternenhimmel (Abb. 86) sind augenfällig, ebenso das gemeinsame Assoziationsfeld mit den sphärischen Kuppelbauten der Französischen Revolution, die eine Gemeinschaft der Brüder vereinen sollten. Die Kugel, deren glatte Haut von außen in geometrischer Vollkommenheit brüderliche Gleichheit signifizieren soll, inkorporiert hier gleichzeitig im gerundeten Innenraum, der die Betrachter umhüllt, das Dämmerlicht weiblich vorgestellter Geborgenheit. Während im dunklen Innenraum des Newton-Kenotaphs am Leergrab auf dem »Grund« der Kugel dem Newtonschen Genie wie seiner Theorie des Kosmos gehuldigt werden sollte, lassen die Besucher der Perisphere das Bild ihrer idealen Zukunft auf sich wirken. In der Designer-Architektur der Weltausstellung verknüpft sich nun die betrachtende Kontemplation frühbürgerlicher Kultpraxis mit dem Eventcharakter, den die spektakuläre Verbindung der Technologien von Kunstlicht, Sound, Film und Transportbändern evoziert. An die 125

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Stelle choreographierter Massenbewegung am Ort des Kultes, wie sie bei den Nationaldenkmälern um 1900 eingesetzt wurde, tritt nun die Immersion in Designerräume und -szenarien, welche die Simulationsanstrengungen der Panoramen und Dioramen des 19. Jahrhunderts 238 zu perfektionieren scheinen. Bei der Immersion, die ich hier als Wahrnehmungsbeziehung des Menschen mit dem Umraum denke, erweist sich ein neuerlicher, vergleichender Blick auf Speers Kultarchitekturen als sinnvoll. Für Perisphere und Democracity können die Wirkungsschichten des Gebäudes analog zu Außenbau und Innenraum beschrieben werden. Die glatte Kugel des Außenbaus zeigt als Anblick nach dem Boulléeschen Muster die symbolische Repräsentation demokratischer Einheit, der abgedunkelte Innenraum bietet ein multimediales Schauspiel der erträumten gemeinsamen Zukunft nach den neuesten Maßstäben immersiver Darstellung. Beides fordert die passive Wahrnehmung des Sehens und Hörens heraus. Wie könnte im Vergleich die Beziehung zwischen Architektur und Mensch bei Lichtdom und Kuppelhalle von Speer beschrieben werden? Ich beschränke mich auf den Lichtdom, da dieser im Gegensatz zur Kuppelhalle realisiert wurde. Zudem ähnelten die Rezeptions– muster der Kuppelhalle dem zufolge, was über die Planungen bekannt ist, jenen des Lichtdoms.239 Der Lichtdom wurde am Abend des 11. September 1936 erstmals für eine parteipolitische Kundgebung aktiviert. Die Flagscheinwerfer, die das Zeppelinfeld umstellten, wurden in dem Augenblick eingeschaltet, als Hitler auf dem Nürnberger Reichstagsgelände eingetroffen war, um vor mehr als 200 000 Menschen dem »Appell der Politischen Leiter« beizuwohnen.240 Ein Detail sollte man sich bei den Rezeptionssituationen des NS -Führerkults präsent halten, dass nämlich der »Führer« angesichts der anwesenden Massen und der ihnen entsprechenden Größenverhältnisse der Aufmarschorte von eben diesen Massen kaum gesehen werden konnte. Es wurden auch keine Großleinwände mit seinem Bild installiert,

238 Vgl. die erste deutschsprachige Publikation zur Geschichte der Panoramen von Stephan Oettermann: Das Panorama. Die Geschichte eines Massenmediums, Frankfurt/M. 1980, das erst 1997 auf Englisch publiziert wurde (The Panorama: History of a Mass Medium, New York 1997). Vgl. auch die Rezension dieses Buches von S. Gronert: Das Panorama, in: kritische berichte, 9. Jahrgang, 1981, Heft 3, S. 39 – 50. Vgl. außerdem: Sehsucht. Das Panorama als Massenunterhaltung des 19. Jahrhunderts, Ausstellungskat. Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Bonn 1993; Bernar Comment: The Painted Panorama, New York 2000; sowie Jonathan Crary: Suspensions of Perception: Attention, Spectacle, and Modern Culture, Cambridge, Mass., London 1999. 239 Vgl. Speer 1969, S. 167. 240 Vgl. Krauter 1997, S. 148 ff.

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um dieses Manko auszugleichen. Nicht sein Anblick also konnte im Mittelpunkt des Kultgeschehens stehen. Dagegen konnte seine Stimme per Lautsprecher den Raumverhältnissen angepasst werden. Die Anwesenden, die in militärischen Formationen aufmarschiert waren, hörten des »Führers« Stimme und sprachen gemeinsam die Formeln, mit denen sie auf die Volksgemeinschaft eingeschworen wurden. Dabei wurden sie umschlossen und zusammengefasst von den Strahlen des Lichtdoms – ein Schauspiel, »noch schöner und eindrucksvoller als alle vorhergegangenen«, wie der Korrespondent der New York Times berichtete 241 – für ihn als Außenstehenden ein Schauspiel, für die Massen hingegen die kultische Performanz der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft als arischer Volkskörper, gesteigert als kollektives Erleben durch Speers lichtarchitektonischen Raum, den dieser selbst post factum als einen Höhepunkt in der Kunst der Menschenbeeinflussung bezeichnet hat.242 Wie können nun die Rezeptionsunterschiede zwischen den beiden Räumen von Perisphere und Lichtdom beschreiben werden? Der Hauptunterschied scheint mir in der Positionierung der Rezipient/ innen zu liegen: Während das Medienspektakel kapitalistischer Zukunftsträume in Democracity den Betrachter/Hörer verlangt, dem in seiner passiven Aufmerksamkeit zu einer Art Einfühlung in diese Zukunftswelt verholfen werden soll, fordert der NS-Kult die rituelle Teilnahme des Einzelnen im Kollektiv, in einer Verschmelzung passiven Erfahrens eines überwältigenden Kultraums mit der Mobilisierung im kollektiven kultischen Akt. Selbstermächtigung als Mitglied des Kollektivs geht einher mit Selbstentmächtigung in der Hingabe an das vom »Führer« verordnete Gemeinsame. In beiden Fällen wurden immersive Szenarien eingesetzt, um Simulationen zu erzeugen; dabei sind herkömmliche und hochmoderne Elemente in unterschiedlicher Weise zusammengeführt. Während in New York die immersiven Qualitäten von Bild und Ton intensiviert wurden, ohne dabei die herkömmliche Betrachterdistanz zugunsten simulierter Präsenz vollkommen zu eliminieren, gelang es Speer mit dem Lichtdom, kultische Präsenz zu erzeugen und die Simulation von Kollektivität mit dem Einsatz von militärischer Sichttechnologie zu unterstützen. Beiden gemeinsam ist eine wichtige Voraussetzung immersiver Wahrnehmung: die Abgeschlossenheit des Wahrnehmungsraums gegen ein Außen, wobei dieser Wahrnehmungsraum idealerweise als sphärisch ausgebildet und erfahren wird. Die zu Be-

241 New York Times, 12. September 1936, zit. nach: ebd., S. 155, Anm. 497. 242 Vgl. Albert Speer: Architektur. Arbeiten 1933 – 1942, Frankfurt/M. u.a. 1981, S. 8.

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ginn der Untersuchung eingeführte Binnendifferenz im Kugelschema bleibt gleichzeitig erhalten: dem Gleichheitszeichen der glatten, ungegliederten Kugel im Außenbau der Perisphere steht bei Lichtdom und Kuppelhalle die gerippte Struktur der hierarchisch gegliederten Halbkugel entgegen, welche beides impliziert: die Einheit des Volkskörpers und die autoritäre Struktur der NS-Herrschaft.

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Gedächtnis und Immersion Kulträume am Ende des 20. Jahrhunderts

Memorialarchitekturen I Das Imperial War Museum North (Daniel Libeskind) Zwei Felder, in denen Kugelbauten von Bedeutung waren, wurden bisher verfolgt: das politische Ritual an Versammlungsorten wie dem Parlament, den Tempeln des revolutionären Kults und den nationalen Gedenkstätten, und die Weltausstellungen. Die Expo in New York vereinte in ihren baulichen Großzeichen paradigmatisch, wie keine Expo seither, die Semantik des Politischen mit der des Wirtschaftswachstums. Im Repertoire von Weltausstellungen sind Kugelbauten auch nach 1945 zu finden, nun allerdings meist nicht mit glatter Außenhaut, sondern facettiert, wie die geodätische Kuppel von Buckminster Fuller in Montreal 1967 (Abb. 87) oder der französische Pavillon in Osaka 1970. Sie fungieren dann nicht mehr als Superzeichen für das gesamte Gelände wie in New York, sondern als ein Motiv unter anderen. Aus der politischen Kultur moderner Demokratie hingegen scheint mittlerweile das kultische Element weitgehend verschwunden zu sein, abgewandert in die neuen, oft religiös legitimierten Fundamentalismen, die allerdings bisher wenig Stoff für die Aufrichtung baulicher Zeichen bieten, sondern ihr Heil, wie bei den Taliban, eher im Ikonoklasmus suchen. Der Kult öffentlichen Gedenkens hat sich seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges geändert von der Errichtung positiver Zeichen nationaler Einheit hin zu den Zeichen des Gedenkens an die Shoa oder an die amerikanischen Toten des Vietnamkrieges, deren Sinnhorizont und identifikatorischer Rahmen bei den jewei129

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ligen Stifter- und Opfergruppen sowie in der breiten Öffentlichkeit buchstäblich umstritten ist.243 Zwischen dem Gedenken an sinnloses Massenmorden und der Konstruktion nationaler Identität ist der Diskursrahmen des Imperial War Museum North in Manchester von Daniel Libeskind situiert.244 Das »Mutterhaus« des Imperial War Museum war 1920 im Crystal Palace der Londoner Weltausstellung von 1851 eröffnet worden und befindet sich heute im prächtigen Barockbau des ehemaligen Bethlem Royal Hospital in London, der im Typus Regierungsbauten wie das Washingtoner Capitol mit zentraler Kuppel und Säulenportikus vorwegnimmt. Gewidmet »all military operations in which British or Commenwealth forces have been involved since August 1914«, formuliert seine Selbstbeschreibung bündig, es sei »the national Museum of twentieth century conflict«.245 Die Dependance in Manchester soll die Konzentration dieser Form des musealen Gedenkens nationaler und imperialer Kriegsgeschichte in der Hauptstadt entzerren und den diesbezüglich unterprivilegierten Norden Englands aufwerten helfen. Die Schwierigkeiten, die Aufgabe eines solchen Museums, das die Vokabeln »Imperial« und »War« im Namen trägt, heutigen demokratisch-postimperialen und multiethnischen Ansprüchen anzuschmiegen, wurden von Libeskind mit Hilfe eines gigantischen Metazeichens übertönt, das er wie folgt erläuterte: »Conflict has been a constant factor of the twentieth century as the world has repeatedly fragmented into warring factions. I have imagined the globe broken into fragments and taken the pieces to form the building – three shards – together they represent conflict on land, in the air and on water.« 246 (Abb. 88) Gebaut wurden die ineinander verzahnten »Scherben« des zersprungenen Globus in Stahlbeton, Stahl und Aluminium. Die größte Scherbe, die dem Krieg zu Lande gewidmet ist, wölbt sich nur wenig geschwungen über einem kaum sichtbaren Stützbau; ihre

243 Zur Gedenkkultur, insbesondere bezogen auf die Shoa, vgl. vor allem die Publikationen von James E. Young : Formen des Erinnerns. Gedenkstätten des Holocaust, Wien 1997 (engl. Erstveröff.: The Texture of Memory. Holocaust Memorials and Meaning, New Haven, London 1993), ders.: Nach-Bilder des Holocaust in zeitgenössischer Kunst und Architektur, Hamburg 2002, dort v. a. die Kapitel über die sogenannten Gegen-Denkmale von Hoheisel , Gerz, Ullman, Whiteread, Stih und Schnock (engl. Veröff.: At Memory’s Edge. After-Images of the Holocaust in Contemporary Art and Architecture, New Haven u. a. 2002). 244 Libeskind bekam den Auftrag zum Bau des Museums im Juni 1997, die Bauarbeiten begannen im Januar 2000. 245 Vgl. die Website des Museums: www.iwm.org.uk/corporate/corphist.htm, 16. 4. 2004. 246 Zitiert nach: The Trustees of the Imperial War Museum (Hg.): Imperial War Museum North, Guidebook, o. O. 2002, S. 45.

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tiefsten Kanten berühren den Boden. Die Reminiszenz des Tumulusgrabes ist unübersehbar und auch in dem nur von den Multimediashows zum Thema erhellten, völlig vom Tageslicht abgeschnittenen und in tristem Sichtbeton ausgekleideten Hauptraum deutlich zu spüren. Die Wölbung wird jedoch, um in der Kriegsmetapher zu bleiben, von der Scherbe für den Luftkrieg wie von einem Schrapnell durchschlagen, wobei die Luftscherbe gleichzeitig die Funktion des Turms übernimmt, der die Präsenz des Museums bereits aus der Ferne ankündigen soll. Mit der Gräue des Sichtbetons im Inneren kontrastiert die glänzende Haut aus Aluminium, die die Scherben außen umhüllt. Zersprungene Welt, durchbohrter Tumulus, Glanz der (Kriegs-)Technologie im Außenbau, grau-stumpfe Innenhaut des Sichtbetons – das Vokabular ist in der für Libeskind üblichen Weise zu sprechender Emblematik getrieben. Der Versuch, diese Ansprache mit den Mitteln modernster Technologie möglichst unmittelbar und verständlich zu gestalten, verbindet das Imperial War Museum mit der Architektur der Weltausstellungen. Gleichzeitig führt der Bau die Diskurse von Museum, Memorialkultur und Monument in einer Rhetorik zusammen, die es fertigbringt, das Grauen des Krieges in die Formeln heutiger musealer Eventkultur zu gießen. Die Museumsdidaktik wird mit neuesten audiovisuellen Inszenierungen in Großformat praktiziert, die die Immersion der Besucher in den Szenarien zum Ziel haben. Dieser immersive Effekt wird noch gesteigert durch die höhlenartig dunklen Räume unter der Erdscherbe. Die Besucher befinden sich gleichsam im Inneren des Tumulusgrabes,247 wenn sie mit Bild und Ton überwältigt werden. Immersion als mediale Technologie erweist sich als der Versuch, die Distanz betrachtender Wahrnehmung zu überspringen, um an ihre Stelle etwas zu setzen, das von den 247 Der Vergleich ließe sich auch auf Platons Höhlengleichnis (Politeia, 7. Buch, 514 a – 515 b) erweitern, das regelmäßig herangezogen wird, wenn es um neue Bildtechnologien und ihren dunklen Betrachterumraum geht. Das damit implizierte Register der Täuschung möchte ich hier nicht weiter verfolgen.

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Gestaltern dieser Situationen gerne als Erfahrung bezeichnet wird. Diese überwältigende »Erfahrung« scheint der Moral gleichsam eine Schneise durch die betrachtende Distanz bahnen zu sollen, um in der Empathie oder dem Nacherleben, hier des Krieges, der ja gerade in seinen Gräueln letztlich als kaum darstellbar gilt, das didaktische Ziel unabweisbar im erlebenden Subjekt verankern zu können. So wird im Imperial War Museum die wahrnehmungstechnische zur moralischen Immersion der Besucher und zum festen Bestandteil heutiger Memorialpraxis, die sich nicht nur medientechnologisch mit der Eventkultur von Expos und Themenparks kreuzt.

Memorialarchitekuren II Der Wettbewerb zum Denkmal für die ermordeten Juden Europas Ähnliches versuchten die meisten der Teilnehmer am Wettbewerb für das umstrittenste Denkmal des letzten Jahrzehnts in Deutschland – das Denkmal für die ermordeten Juden Europas 248 – zu erreichen. 528 Entwürfe wurden 1994 eingereicht. Fast alle planten für das große, flache Gelände in der Nähe des Brandenburger Tores in Berlin eine mehrteilige, begehbare Erlebnisarchitektur, mit dem Ziel, das Begehen zu einer immersiven Erfahrung der Empathie mit dem Leiden, dem Tod, dem Grauen und der Trauer von Opfern und Überlebenden werden zu lassen. Kugel, Turm und Tumulus gehören hier nach wie vor zum Standardrepertoire baulicher Memorialrhetorik, ergänzt von ins Riesenhafte transponierten Symbolen aus der Kultur der Opfer wie der Menora und dem Davidstern. Ein recht begrenztes Set von Wahrnehmungsmodulen prägt die Entwürfe, die noch eine Ahnung aufklärerischer Erhabenheitsästhetik mit sich führen und, ähnlich den Rezeptionszielen immersiver Technologien, Wahrnehmung in ein Erleben jenseits von Entzifferung und so in die Gefühlsökonomie von Erfahrung überführen sollen. Das

248 Die Diskussion um dieses Denkmal ist gut dokumentiert, weshalb ich sie hier nicht darstellen werde, vgl. die skandalös tendenziöse Dokumentation der Bürgerinitiative Perspektive Berlin e.V. (Hg.): Ein Denkmal für die Ermordeten Juden Europas. Dokumentation 1988 –1995, Berlin 1995 (skandalös, weil ihr kritische Argumente apriori als antisemitisch gelten), sowie: Neue Gesellschaft für Bildende Kunst e.V. (Hg.): Der Wettbewerb für das ›Denkmal für die Ermordeten Juden Europas‹. Eine Streitschrift, Berlin 1995, in dem die Texte einiger Autor/innen versammelt sind, oder Henryk M. Broder, der im SPIEGEL 16/1995 unter dem Titel Deutschmeister des Trauerns eine scharfe Kritik an dem Memorialprojekt formuliert. Zum Wettbewerb selbst vgl. die Kurzdokumentation Künstlerischer Wettbewerb Denkmal für die ermordeten Juden Europas, hg. von der Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen, Berlin o. J. (1995).

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Monument soll, wie ein Wettbewerber es formuliert, den Besucher emotional so ansprechen, »… dass er sich nicht gegen seine Betroffenheit wehren kann.«249 »Ängsträume« der Leere 250, »Erdwunden«251 als Gruben oder klaffend aufgerissene Tumuli (Abb. 89), die Massengräber suggerieren sollen,252 Türme in Anlehnung an die Türme der Krematorien, dunkle Hohlwege und unterirdische Räume, welche die Besucher durchschreiten müssen, und gewaltige Kugeln, entweder meteorgleich in das Gelände eingeschlagen,253 als Reminiszenz des Newton-Kenotaphs in der Nachtversion,254 oder mit einem »gewaltigen Riß « 255 (Abb. 90) versehen, zeugen von den Anstrengungen, gerade jene Wahrnehmungsdistanz gleichsam zu übertreten oder zu unterlaufen, die das Kritische an der Ästhetik des Erhabenen wach hält. Der Schauer des Erhabenen, der noch den Wanderer trifft, der Friedrich Gillys Denkmal für Friedrich II. von Preußen aus der Ferne erblickt,256 wird gegen das Eintauchen in die Gefühlsregister von Angst, Ausweglosigkeit, Fatalität eingetauscht. Anders allerdings als im Genre der Expoarchitektur fanden jene Entwürfe, in denen die Suggestionsbemühung am offenbarsten in monumentale Illustration umschlug, keine Gnade vor den Augen der Fachjury, was aber eher mit kaum offen artikulierter Ratlosigkeit gegenüber dem äußerst problematischen Status des Mahnmalprojekts zu tun gehabt haben mag als mit Argumenten formaler Qualität. Eike Geisel fand für die widerspruchvolle Position eines solchen Denkmals in einer national angelegten Gedenkpraxis so scharfe wie treffende Worte: »Gedenk-

249 250 251 252 253 254 255 256

Vgl. Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen (Hg.): Nr. 1089. Ebd., Nr. 1137. Ebd., Nr. 1232. Ebd., Nr. 1133. Ebd., Nr. 1302. Ebd., Nr. 1504. Ebd., Nr. 1018. Vgl. Oncken 1981, S. 49.

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stätten, Museen und Denkmäler sind die Südfrüchte der nationalen Identität. Und die delikateste unter ihnen ist das Holocaust-Denkmal, das in Berlin errichtet werden soll.« Für ihn war das geplante Denkmal »nur der rituelle Schlußstein einer jahrelang gepflegten Bemächtigungspraxis« von Deutschen; deutlichstes Beispiel dafür ist die Formel des »Neigungsjuden«, mit der die Initiatorin des Denkmal-Projekts sich selbst beschrieb. »In ihrem Fall«, so Geisel, »blieb es freilich nicht bei Neigung und Wahlverwandtschaft, also bei den durchschnittlichen Zudringlichkeiten, derer sich die Juden erwehren müssen. Sie unternahm den erfolgreichen Versuch, die toten Juden unter deutsche Vormundschaft zu bringen.« 257 Hier mehr noch als im Problem einer grundsätzlichen Nichtdarstellbarkeit der Shoa muss denn wohl auch der Grund gesucht werden für den Umstand, dass die Diskussionen nicht abreißen wollten und dass keiner der 1995 ausgezeichneten Entwürfe gebaut wurde. Nationales Gedenken war bisher zumeist den »eigenen« Toten gewidmet gewesen, die, siegreich oder besiegt, dem Kult nationaler Identität doch immerhin als Helden zur Verfügung stehen konnten. Hier jedoch ist eine Zuordnung von »Eigenem« und von Heldentum kaum möglich, es sei denn, aus »Neigungsjuden würden durch Zwangsadoption dann vollwertige Nachkommen der Toten.« 258 Für Geisel war dieses Projekt identifikatorische Erbschleicherei. Wer den Status des »Neigungsjuden« anstrebt, mag sich in der – uneingestandenen – Hoffnung wiegen, das Problem, wie sich über eine Täteridentifikation nationale Identität im Memorialzeichen aufrichten ließe, zu umgehen. In der Tat würde dies die merkwürdige Brechung der großen architektonischen Zeichen nationaler Kulttradition – zerborstene Kugeln, aufgerissene Hügelgräber –, die doch eigentlich die Shoah als historische Katastrophe nachvollziehbar machen sollte, erklären. Ob der 2005 fertiggestellte Entwurf von Peter Eisenman (Abb. 91), der am Wettbewerb nicht teilgenommen hatte, dieser ambivalenten Dynamik wird entgehen können, ist zu bezweifeln.

Immersion I Weltausstellungen und Medien-Avantgarde Das »Sich-nicht-wehren-können« scheint eine treffende Umschreibung für die sensorische Zielgerade zu sein, welche die Szenographen259 257 Eike Geisel : Die Fähigkeit zu mauern, in: konkret, 5/1995, S. 48, Wiederabdruck in: Neue Gesellschaft für Bildende Kunst (Hg.): Der Wettbewerb für das ›Denkmal für die ermordeten Juden Europas‹, Berlin 1995, S. 43– 47. 258 Ebd., S. 46.

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bei ihren Entwürfen für immersive Szenarien von Expo-Pavillons und Themenparks antreibt. Dabei geht es längst nicht mehr nur um die Illusion einer Immersion des Betrachters in ein Bild, wie sie mit den Mitteln des großen Formats, eines möglichst perfekten Mimetismus oder einer Rundumansicht wie im Panorama betrieben worden war, sondern um eine sehr viel physischere Entgrenzung der Raumwahrnehmung, eine wahrnehmungstechnologisch hervorgerufene Destabilisierung der Position und des Raumgefühls beim Betrachter. Und gleichsam als negative Bestätigung der Beobachtungen Sedlmayrs zur Kugel als Loslösung von der Erde werden solche Szenarien mit Vorliebe in Kugelkonstruktionen situiert. In Sedlmayrs Vorstellung ist die Erde, obwohl ebenfalls rund, offenbar eher plan, denn die Verwurzelung in ihr sichert dem Bau die Tektonik, das Oben und Unten. Erde und Bau gleichermaßen werden so zu Garanten wie Analogien für einen sicheren, stabilen Betrachterstandort. In die Aufhebung dieses wohlgeordneten, hierarchischen Raumgefüges setzt nun der neue Berufstand des Szenographen seinen ganzen, medien-demiurgischen Ehrgeiz. Der Entgrenzung und Globalisierung der Themenentspricht seine beruflich grenzüberschreitende Praxis. So bildete der Themenpark der Expo 2000 »mit dem Ausstellungsbereich ›Global House‹ und den dort gezeigten ›Weltweiten Projekten‹ und dem ›Global Dialogue‹ als interkulturellem Diskurs eine Welt von Best-practice-Beispielen, -Strategien und -Ansätzen. Dann«, so Thomas Spring, »kommt der Szenograph und übersetzt die Hauptthesen, die zentralen Botschaften und positiven Visionen – er nimmt die Weltkugel, drückt, formt und zieht, stülpt das Innere des

259 Szenograph, Entwerfer von Themenparks, Expo-Räumen und -Installationen, »kann jeder sein: Graphiker, Designer, Comic-Zeichner, Filmleute, Computerspezialisten oder auch berühmte Schriftsteller, die sinnstiftende Bilder beisteuern«. Vgl. Medienarchitektur. ARCH+ im Gespräch mit Joachim Krausse (Gesprächspartner: Nikolaus Kuhnert , Angelika Schnell), in: ARCH+ 149/150, April 2000, S. 26 –29, hier S. 27.

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Globus nach außen«,260 und setzt seine Vision in virtuelle, oft auch interaktive Räume um. Vorläufer dieser Szenographen, die sich heute aus den ins Unendliche gewachsen scheinenden Möglichkeiten der digital darstellenden Medien bedienen können, waren Künstler gewesen, denen diese Verfügbarkeit des Virtuellen noch nicht zu Gebote stand: die Mitglieder der Gruppe E.A.T. (Experiments in Art & Technology), 1967 vom Ingenieur Billy Klüver und vom Künstler Robert Rauschenberg gegründet, oder Karlheinz Stockhausen, beide beteiligt an der Expo 1970 in Osaka. E.A.T. hatte den Pavillon von Pepsi-Cola (Abb. 92) entwickelt und bespielt, Stockhausen den deutschen Pavillon. (Abb. 93) Beide Pavillons waren Kugel- bzw. Kuppelbauten und werden heute für Bauweise, Ausstattung und Nutzung als Prototypen einer multimedialen, synästhetischen Medienarchitektur betrachtet.261 Den Kugelkonstruktionen liegt die Wabenbauweise der geodätischen Sphäre von Buckminster Fuller zu Grunde, die bereits auf der Expo 1967 in Montreal für den US - Pavillon eingesetzt worden war. Interessanter als der Außenbau war nun allerdings die Gestaltung und Bespielung des Inneren geworden. Im Pepsi-Cola Pavillon wurden die Besucher durch einen unterirdischen Gang (Abb. 94: Schnitt), »dessen Wände in dem Maße dunkler wurden, wie die Besucher in einen dämmrigen, muschelförmigen Raum hinabstiegen,« 262 über eine Treppe in den Kuppelraum des Pavillons geleitet und befanden sich dann unter einem Rundspiegel mit einer 210 - Grad-Wölbung und 30 Meter Durchmesser aus aluminiumbeschichteter Kunststofffolie, der sie mit ihrem umgekehrten Spiegelbild konfrontierte. Die Kuppel war mit einem ausgeklügelten Soundsystem ausgestattet, das es den Besuchern erlaubte, mit tragbaren Kopfhörgeräten Klänge zu hören, die über ihre Bewegung auf dem Boden gesteuert wurden. Auch das Licht konn-

260 Thomas Spring : Danses de Travail, in: Martin Roth u. a. für die EXPO 2000 Hannover GmbH (Hg.): Der Themenpark der EXPO 2000, S. 169.

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te elektronisch gesteuert werden. »Der Betrachter konnte sich frei bewegen und sich an der Erschaffung seiner eigenen Erlebniswelt beteiligen; wenn Künstler dort auftraten, wurde der Zuschauer zum Teil eines totalen Theatererlebnisses.« 263 Fotos zeigen leicht verwirrte Besucher, die sichtlich versuchen, die Orientierung wiederzugewinnen (Abb. 95), denn der Übergang von der dunklen Tunnelpassage ins gleißende Licht unter der glitzernden Folienkuppel, der die Imagination einer Geburt anspielte, das sich mit der individuellen Bewegung ständig ändernde Spiegelbild im Rundspiegel, aber auch das dezentrierte Klangerleben erschwerten die Unterscheidung zwischen virtuellem und realem Raum, zwischen Betrachterstandort und Umraum sowie zwischen Innenraum und Raumgrenze. Die Soundmontagen von David Tudor, die Titel wie »Pepscillator«, »Pepsibird« und »Anima Pepsi« trugen, verknüpften für das menschliche Ohr hörbare Geräusche aus der Natur mit »mikroskopischen« Klängen wie den »Gehgeräuschen von Käfern, von Fledermäusen ausgesandten Ultraschall, Erdvibrationen und Nervenimpulse(n)«.264 Pepsi-Werbung und neueste Kompositionsverfahren verbanden sich auf eine Weise, die bei John Cage und Fluxus gelernt hatte und den tierischen Ernst künstlerischer Totalitätsansprüche ironisch mit der globalen Präsenz von Pepsi analog führte. Total jedoch sollte das Zuschauererleben sein, wie Billy Klüver betonte, dabei für jede/n individuell verschieden – eine Individualität des Erlebens, die dadurch zustande kam, dass weder Raum noch Raumhaut, die gleichzeitig (Spiegel-)Bildfläche war, eine eindeutig determinierte Betrachterposition vorgaben. Jede beliebige Position auf der Standfläche an der Basis der Kuppelwölbung ergab ein anderes Bild, bezogen auf die jeweils gespiegelten

261 Vgl. das Themenheft zur Medienarchitektur. Millenium Dome /Expo 2000 von ARCH+, 149/150, April 2000, besonders S. 118ff. 262 Billy Klüver : Pepsi-Cola Pavillon, Osaka 1970, in: ebd., S. 126 –127. 263 Ebd., S. 126. 264 Ebd., S. 127.

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Betrachter/innen – ein Wahrnehmungsdispositiv, das individuell und massenhaft zugleich war, demokratisch und gleichwertig, ohne optisch-akustisches Zentrum oder fixiertes Thema. Die Implikation, der Besucher könne »sein« Erleben mitgestalten, erwies sich allerdings als recht abstrakt, denn an die Stelle individueller Lenkbarkeit war eine konzeptuell determinierte Kontingenz getreten. Im deutschen Pavillon wurden ähnliche Effekte der Destabilisierung erreicht, allerdings vor dem Hintergrund einer dezidiert künstlerisch-universalistischen Programmatik, die von Karlheinz Stockhausen entwickelt worden war. Stockhausen hatte seit den frühen 50er Jahren ein kugelförmiges Auditorium als Idealform für das musikalische Erleben seiner »elektronischen Raum - Kompositionen« 265 propagiert und fand hier nun die Gelegenheit, seine Vorstellungen im großen, repräsentativen Rahmen eines Staatsauftrages für die Expo umzusetzen. Der bundesdeutsche Pavillon, entworfen von Fritz Bornemann, bestand aus vier kreisrunden, unterirdischen Ausstellungshallen, deren Oberfläche als parkartiges Gelände gestaltet war, aus dem das leuchtend blau verkleidete Kugelauditorium aufragte.266 Wesentlich scheint mir angesichts der Programmatik bereits dieses Blau der Kugel, das mehr auf Kosmisch-Sphärisches zu verweisen scheint als auf Irdisch-Diesseitiges. So inflationär das Kugelmotiv auf den Weltausstellungen geworden war, so verlieh diese Farbgebung dem Bau immerhin doch wieder ein gewisses Maß jener emblematischen Prägnanz, welche die Bauten der Expos lange zur sprechenden Architektur gemacht hatte. Stockhausen schildert seinen Idealraum so: »Meinen Vorstellungen entspräche ein kugelförmiger Raum, der rundum mit Lautsprechern versehen ist (Hervorhebung im Original). In der Mitte dieses Kugelraumes hinge eine schalldurchlässige, durchsichtige Plattform für die Hörer. Sie könnten von oben, unten und von allen Himmelsrichtungen eine für solche genormten Räume komponierte Musik hören.« Dies allerdings ist ihm keineswegs nur eine Phantasie über ideale Rezeptionsbedingungen seiner Werke, sondern gleichzeitig eine Vision sozialen Hörens: »Befänden sich in jeder größeren Stadt solche Räume, so bekäme auch das gemeinschaftliche Hören in Musikhallen, im Gegensatz zum Radiohören, wieder einen neuen Sinn.« Elektronische Musik wäre zudem in der Lage, permanente Programme

265 Karlheinz Stockhausen : Osaka -Projekt. Kugelauditorium EXPO 70, in: ders.: Texte zur Musik 1963 –1970, Band 3, Köln 1971, S. 153 –155, hier S. 153. Vgl. auch die übrige Dokumentation zum Osaka-Projekt, ebd., S. 155 –187. 266 Meine Beschreibung folgt v. a. Paul Sigl : Raum -Klang-Impressionen. Der deutsche Beitrag auf der Expo 70 in Osaka, in: ARCH+, 149/150, April 2000, S. 118 –121, sowie der Dokumentation bei Stockhausen 1971, S. 153 –187.

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zu produzieren, die jederzeit hörbar wären. »Im Klang zu sitzen, vom Klang umgeben zu sein, die Bewegungen der Klänge, ihre Geschwindigkeiten und Bewegungsformen verfolgen und erleben zu können, schafft tatsächlich eine vollkommen neue Situation des musikalischen Erlebens. (Hervorhebung im Original)« 267 Räumliche wie wahrnehmungstechnologische Totalität, Gemeinschaftlichkeit und Dauer machten aus den Möglichkeiten elektronischer Musik, gehört in einer Kugel, eine soziale Vision, welche die Musik wohl auch – was er nicht formuliert – aus dem bestehenden System kommerziellen Konsums herausgeholt hätte. Der Innenraum des Pavillons war weitgehend so konstruiert, wie Stockhausen sich das vorgestellt hatte, allerdings mit Einschränkungen, die zur Reduzierung jenes Effektes führten, auf den er vor allem setzte: die akustische Rundum-Umhüllung des Publikums. So hätte die schalldurchlässige Plattform auf Höhe des Äquators eingebaut sein müssen, um unterhalb der Plattform mindestens so viele Lautsprecher platzieren zu können wie oberhalb. In der Ausführung fehlten hier 3 Meter Höhe. (Abb. 96) Nichts desto trotz riss ihn der Effekt bei den Aufführungen immerhin zu der aufschlussreichen Metapher einer »musikalischen Raumfahrt« 268 hin, womit der Bogen zum kosmischen Blau der Außenhaut geschlagen wäre. Zu Raumklang und Klangraum kam der Lichtraum: Das Stahlrohrgerüst der Innenkuppel war ausgerüstet nicht nur mit 650 Einzellautsprechern, sondern auch mit Scheinwerfern an jedem Kreuzungspunkt der Netzgitter-Konstruktion. Alle waren elektronisch in alle Richtungen steuerbar. Das Netz der Lichtquellen ergab in dem total geschlossenen Raum das Bild eines nächtlichen Sternenhimmels (Abb. 97), der an jenen Effekt gemahnte, den Boullée mit seiner Nachtversion des Newton-Kenotaphs erzeugen wollte (Abb. 98). Die Zuhörer/-schauer saßen dabei nicht etwa auf der Grundlinie des Raumes – den es

267 Stockhausen 1971, S. 154f. 268 Ebd., S. 155.

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bei einer Kugel, egal wie kompromittiert durch die Zwänge der Statik, auch gar nicht geben sollte – sondern mitten drin, teilten also gleichsam den Raum mit den Sternen, statt sich den Himmel von der »sicheren« Erde aus zu betrachten. Was im Pepsi-Pavillon mit dem Rundspiegel und den individuellen Kopfhörern angelegt war, sollte hier mit dem Kugelraum als Klangraum erreicht werden. Dabei ging Stockhausen in einer Hinsicht weiter als E.A.T., denn er sorgte dafür, dass sich das Publikum nicht auf der Grundfläche, sondern in der Kugel aufhielt und dass die Zuschauerplattform durchlässig war für sein Darstellungsmedium, sodass die Besucher nicht nur von oben und den Seiten, sondern, und das ist für dieses Raumerleben von großer Bedeutung, auch von unterhalb ihres Standortes beschallt wurden. Intensiviert wurde diese Raumdynamik noch durch die Beweglichkeit der Klangquellen, die es den Besuchern zusätzlich erschwerte, sich selbst in Bezug auf die Herkunftsorte des Klanges zu lokalisieren. »Infolge der vollen akustischen Absorption ist der architektonische Raum akustisch ausgeschaltet, es bilden sich daher für das Ohr neue virtuelle Räume, die vom Komponisten bzw. vom Tonmeister am Mischpult ›gestaltet‹ werden können.« 269 Das raum-klangliche und technologische Konzept für diese Wahrnehmungssituation – Kugel, elektronische Musik, Flexibilität der Beziehung von Raum und Klang – wiederum ist eng verknüpft mit seiner auf Universalität zielenden Programmatik. Eine Relektüre seiner Texte aus den 60er Jahren berührt heute in besonderer Weise, da sich Termini, Visionen und Rhetorik medientechnologischer Globalisierung der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts gleichsam in nuce wiederfinden, in einem Stadium, das zwar bereits für die Zwecke nationaler Imagepflege, wie bei Expo-Pavillons üblich, nutzbar ist, aber technologisch wie ökonomisch noch nicht bis in die letzten Möglichkeiten kommerzieller Massennutzung gediehen ist. Utopisch-romantisch versetzt, träumt Stockhausen den Traum weltumspannender Gemeinschaft jenseits der Nationen, wie ihn die erste Nachkriegsgeneration wohl träumen muss, verkörpert in seiner »Weltmusik«, die durch die Technologie der Elektronik all das integrieren kann, was im kulturell Ungleichzeitigen weltweit gleichzeitig existiert. »Und wenn wir kosmisch denken, über die Erde hinaus, dann, so glaube ich, werden wir noch weitere Überraschungen … erleben, dass nämlich Schnitte durch unsere eigene Geschichte simul-

269 Fritz Winckel : Expo Osaka – die Stadt der Viertelmillion, in: Bauwelt 20, 61. Jg., 18. Mai 1970, S. 779 – 785, hier S. 784. 270 Vgl. hierzu und zum folgenden v. a. Stockhausen : Interview über TELEMUSIK, in: Stockhausen 1971, S. 79 – 84, hier S. 81. 271 Ebd., S. 83.

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tan im Kosmos existieren.« 270 McLuhans »Global Village« war bereits zum Schlagwort geworden, das auch Stockhausen einsetzte. Weltmusik, universale Musik, Simultaneität, Integration und Überwindung von Zeit und Raum unter dem Dach neuer Kommunikationsmedien, die es »erstmals möglich (machen), dass diese Welt eine Welt wird«, sind seine Stichwörter. Er spricht vom Anfang des Universalismus und davon, dass wir »immer mehr eine einzige Familie« werden.271 In TELEMUSIK (1966), einem Stück, das auch im Pavillon aufgeführt wurde, »integrierte« er elektronisch Klänge aus der ganzen Welt, die er »gefundene Musik« nennt und die von einem Interviewpartner als eine Mischung von Folklore und Kultmusik charakterisiert wird,272 mit seinen Kompositionen. Universalismus, für den Analogien im Phantasma einer Totalität von Wahrnehmung gesucht werden, inszenatorisch umgesetzt mit neuester Medientechnologie in einer vertrauten architektonischen Form – der Kugel. Die Anschließbarkeit an die Visionen eines Boullée liegen auf der Hand, die Unterschiede jedoch ebenso. Was Klüver, Rauschenberg, Tudor und andere im Pepsi-Pavillon experimentell-verspielt, gar ironisch ?, in die Sphäre von Corporate Design und Corporate Identity einfädelten – womit sie auch mit äußerster Unbefangenheit den realökonomischen Umraum medientechnologischer Globalisierung preisgaben – dekliniert Stockhausen in tiefem Glauben an die inhärent guten Kräfte globaler Medienkommunikation, in der Tradition romantisch-avantgardistischer Demiurgenträume, als Techno-Utopie kosmischer Einheit. Pepsi als Kult (immerhin singen dort Chinesinnen ein Pepsi-Mantra 273) oder der Kult – ja, wovon? Von der Vorstellung der einen und unteilbaren Welt? Stockhausens Traum von der Welt als harmonischem Dorf ist eine merkwürdig inhaltsleere Vision. Die Entgrenzung des Wahrnehmungsraumes von Auge und Gehör, der nun als Erlebens- und Erfahrungsraum von Totalität angesprochen wird, geht einher mit der Entgrenzung des Individuums in ein Gemeinschaftliches, das sich wiederum in einer Entgrenzung des Weltdorfes in den Kosmos hinein manifestiert. Diese ihrerseits wird als realisiert/realisierbar gesehen in den Medientechnologien des Digitalen, welche die Verschmelzung bisheriger Einzelmedien ermöglichen und in den Übertragungswellen von Funk und Fernsehen. »Einheit und Unteilbarkeit« war eines der Kultabstrakta der Französischen Revolution gewesen, mit denen die jakobinischen Konsens-

272 Vgl. ebd. 273 » ›Pep-Psi‹ waren aufgezeichnete Mantras, die zwei Chinesinnen sangen und dazu Cello und Akkordeon spielten. Die Hostessen waren aufgerufen, diese Mantras mitzusingen und die Besucher so zu führen, dass sie die Echoeigenschaften der Kuppel erleben konnten.« Klüver 2000, S. 127.

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strategen gesellschaftliche Harmonie jenseits von Interessen- und Machtkonflikten sowie eine wehrhafte Grenze gegenüber dem äußeren Feind zu sichern suchten. In den modernen, transnationalen Phantasien zum globalen Dorf bleibt der äußere Feind unerwähnt, besser, er findet in ihnen keine Bleibe mehr, denn nun geht es um eine Einheit ohne äußere Grenzen. Diese Phantasie scheint ihre Materialisierung in den Medien selbst und ihren Qualitätsmerkmalen zu finden, wobei diese Analogie so »dicht« imaginiert wird, dass die Metapher zur Natur der Sache selbst wird. Aber was wird aus der Kugel als architektonischem Raum, wenn die Kultvision, deren Verkörperung er bislang war, sich nun im Kommunikationsmedium verkörpert? Man könnte von einem Medienwechsel sprechen, der von den digitalen Medien eingeleitet wurde und der gerade bei der Gestaltung der Weltausstellungen früh und an prominenter Stelle nachvollziehbar wird. Korporative und nationale Interessen sorgen dafür, dass jeweils neueste Technologien, die für kleinere Anwender zu teuer wären, aus den Labors und Studios heraus in den Pavillons konzentrierte Anwendung finden. Das Medium wird hier insofern die Botschaft, als die Themen der Expos und ihrer Pavillons derart ausgerichtet werden, dass sie diesen Anwendungen maximalen Spielraum in den Inszenierungen der »Szenographen« geben können. Es stellt sich die Frage, ob diese Tautologie von Medium und Botschaft sich bis in Bereiche fortsetzt, die als Kulte des Medienzeitalters bezeichnet werden könnten, und welche Funktion dabei dem Kugelbau zukommt. Einen ersten Höhepunkt scheint die Diskussion um das Verhältnis von medialer Virtualität und Architektur, um virtuelle und gebaute Räume, mit der Expo 1970 in Osaka erreicht zu haben, denn die Pavillons von Konzernen und in geringerem Ausmaß von Nationen boten eine bis dato buchstäblich unvorstellbare Dichte an Mediengestaltungen im Inneren der Bauten. Was E.A.T. und Stockhausen entwickelt hatten, erschien gegenüber den gigantischen Filmleinwänden von »wrap around movies«274 in den Firmenpavillons eher spröde, denn anders als der Medienindustrie ging es den Künstlern nicht um eine Virtualität in Sinne einer mimetisch möglichst perfekten Fiktion von Realerleben, sondern um die Aufhebung räumlich fixierter, akustischer wie visueller, Wahrnehmung. Für beide, Künstler wie Medienindustrie, traf jedoch zu, was damals die Architektenzunft offenbar sehr verunsicherte: Es ging um einen »… Quantum leap in architectural design, a major change in the relative emphasis ac-

274 Martin Pawley : Architecture versus the Movies, in: Architectural Design, June 1970, S. 289.

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corded to interior and exterior, form and content. This quantum leap involves the substitution of mobile images for static forms – in a way the substitution of the laws of perception for the laws of force, mass and weight as the ultimate governing factors in the design of environment.« 275 An die Stelle von Konstruktionsprinzipien traten jene der Wahrnehmung; aus sprechender Architektur wurden zunehmend Hüllen für die neue »dream machine of simulated consciousness«. Die Grundvoraussetzungen modern(istisch)en Architekturverständnisses, die das Selbstbild des Architekten geprägt hatten, schienen außer Kraft gesetzt. Architektur als »screen«, die Wand als Bildfläche, nicht mehr eines Wandgemäldes, sondern eines von innen oder gar außen gegen die lichtdurchlässige Wand projizierten Bildes oder Films, machten ein Denken in Baukörpern, Reinheit der konstruktiven Form, oder festen, definierten Raumgrenzen obsolet. Die Reaktionen der Fachwelt 276 auf die Expo von Osaka zeigen sich heute als Vorläufer von Veränderungen, die sich inzwischen in Praxis und Theorie der Architektur etabliert haben. Architektur als Medium hat, vor allem im öffentlichen Bauen, ältere Traditionen der architektonischen Moderne verdrängt oder integriert. Im Rückblick zeigt sich nun auch der Revolutionstempel eines Boullée in anderem Licht, und die Bezeichnung »sprechende Architektur« für symbolisch ausgerichtete Bauten des 18. und 19. Jahrhunderts gewinnt eine neue, gewandelte Aktualität, verschoben von der Botschaft und ihrer Repräsentation auf das Medium und seine Wahrnehmungseffekte. Wie bereits erwähnt, waren Kugelbauten seit dem Einsatz von Buckminster Fullers Erfindung geodätischer Sphärenbauten auf der Expo 1967 in Montreal keine aufregende Neuheit mehr. In Osaka bildeten die Kugelkonstruktionen in der bei Expos üblichen Vielfalt der Bauformen bereits einen Typus für sich: »Solche einfachen Kugelformen werden lebendig, sie scheinen zu atmen und in den Dimensionen zu wachsen durch Spiegel, Film- und Lichtspiel, Farben und elektronischen Klang!«, so ein begeisterter Beobachter der Fachzeitschrift Bauwelt. »Architektur verlagert sich auf die elektronischen Mittel der Projektion in Audiovision«, setzt er fort.277 In diesem Kontext scheint die Kugel in erster Linie zum Nutzbau geworden zu sein, ein funktionaler Bautyp, um einen Idealraum für diese Audiovision zu schaffen. Dass seit Fuller die Kugel nicht mehr aus Beton gebaut werden muss, sondern aus einem flexiblen Wabengerüst und variablen Kunststoffen montiert werden kann, ist die technische Voraussetzung für diesen

275 Ebd., das folgende Zitat ebd., S. 291. 276 Die Berichte und Kritiken der Zeitschriften Bauwelt und Architectural Design des Jahrgangs 1970 zur Expo geben ein beredtes Bild der damaligen Diskussion. 277 Winckel 1970, S. 785.

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Wandel. Die Kunststoffe bieten die Möglichkeit, aus den Kugelwänden räumlich umfassende Bild- und Projektionsflächen zu machen, verspiegelt, von außen oder von innen transparent. Es dauerte denn auch nicht lange, bis zwei neue Zweige massenmedialer Komplexe diese Technologien aufnahmen: der Themenpark, wie ihn Disneyland in den 1950er Jahren inauguriert hatte, und die Wissenschaftsparks, die seit den 1980er Jahren entwickelt wurden. In beiden wurde der Kugelbau in jener Spannung von Symbol- und medientechnologischem Funktionsbau eingesetzt, die sich auf den Expos herauskristallisiert hatte. Während allerdings der Symbolwert bei den Expos immer mehr zurücktrat – zuletzt zu beobachten bei der Expo 2000 in Hannover, deren Aussteller ihre Bildinszenierungen meist in bereits bestehenden Messehallen installierten 278 –, blieb dieser im Sinne der sich immer stärker profilierenden Tautologie von Medium und Botschaft für die Themenparks wie für die neuen Wissenschaftsparks von Bedeutung. Im 1982 eröffneten Disney Theme Park Epcot in Orlando, Florida, bildet die geodätische Kugel mit dem sprechenden Namen »Spaceship Earth« das weithin sichtbare Zentrum der Anlage (Abb. 99); in seinem Inneren kann man in die Geschichte menschlicher Kommunikation eintauchen – »from the dawn of recorded time to the 21st century’s New Global Neighborhood.« 279 Beispielhaft wird das Zusammenfallen von Medium und Botschaft in einem Zeitkontinuum vorgeführt, das Menschheitsgeschichte metaphorisch gesprochen in einer Perspektive der filmischen Totalen unter den Telos der Kommunikationstechnologie stellt. Letztere wiederum mutiert zur anthropologischen Konstante, deren Zwangsläufigkeit ein derartiges Geschichtsbild zum Mythos naturalisiert und die Kommunikationsindustrie als naturgegeben erscheinen lässt. 278 Vgl. Medienarchitektur. ARCH+ im Gespräch mit Joachim Krausse, S. 27. 279 Vgl. die Website von Disneyworld: http://disneyworld.disney.go.com/wdw/ parks/attractionDetail?id=SpaceshipEarthAttraction, 20. 3. 2004. Außerdem Beth Dunlop : Building a dream: the art of Disney architecture, New York 1996.

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Die neue »Global Neighborhood« war bereits experimentell vorgelebt worden in den Gegenkulturen der Hippies und Avantgarde-Medienkünstler der 60er und 70er Jahre, wie der Movie Drome (Abb. 100) von Stan van der Beek, einem New Yorker Experimentalfilmer,280 zeigt, eine Low-Tech-Kuppel nach dem Muster der alternativen »Dome«-Architektur, wie sie Lloyd Kahn seit den späten 60er Jahren an der Westküste propagiert und praktiziert hatte.281 Über die innere Hülle der Halbkugel-Kuppel projizierte van der Beek für die bequem liegenden Betrachter/innen eine ständig wechselnde Montage Tausender Diapositive und Filme, die im Gegensatz zum späteren Omnimax-Kino ihren Montagecharakter keineswegs leugnete, sondern ihn als formales wie als Mittel der kontinuierlichen Verunsicherung prominent erfahrbar machte. (Abb. 101) Die Immersion war hier zwar durchaus ein Ziel, jedoch nicht als Simulakrum eines Realraumes, sondern als ein Eintauchen in ein vielteiliges, fragmentiertes Environment der Fremdheit: »VanDerBeeks Movie-Drome operiert als simultane Aufhebung des ›Apparats‹ und der ›Welt‹, wobei die ›Welt‹ als Gesamtheit ihres sichtbaren Outputs verstanden wird. Kurz: Movie-Drome konstruiert die ›Apparat(e)‹ als ›Welt‹ und die ›Welt‹ als ›Apparat‹. Die Projektionskuppel erweitert sozusagen unser Schädeldach nach

280 Vgl. dazu Liz Kotz : Die Disziplinierung des Expanded Cinema, in: X-Screen. Filmische Installationen und Aktionen der Sechziger- und Siebzigerjahre, hg. v. Matthias Michalka, Wien (Museum Moderner Kunst) 2003/2004, S. 46 – 58. Kotz positioniert van der Beeks Movie-Drome als gegenkulturelles Projekt gegen die offi ziellen Auftragsarbeiten z. B. von Ray und Charles Eames für die US-Regierung wie Glimpses of the USA, einer Filminstallation von sieben Leinwänden in einem geodätischen Dom mit 76 Meter Durchmesser für die American National Exhibition in Moskau 1959. 281 Vgl. Lloyd Kahn : Domebook 1 (1970) und 2 (1972), Bolinas (Shelter Publications), zwei Kult-Publikationen, die das Do-it-yourself-Bauen von Kugelhäusern á la Fuller mit Billigmaterialien populär machten, vgl. auch Kahns Refried Domes, 1989 publiziert, in dem er erklärt, dass die »Domes« nicht funktionieren (http://www. Shelterpub.com/_shelter/refried_does.html, 15. 6. 2005).

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außen, und es entsteht so etwas wie ein mit audiovisuellen Reizen gesättigte Cerebrum, in dem das waagerecht liegende Publikum in der Tat nicht nur ›das gesamte Weltbild‹, sondern mittels psychotropischer Bewusstseinserweiterung auch seine eigene Selbstentfremdung träumen kann.« 282

Immersion II Das sphärische Kino: Omnimax Vom dekorativen Knitterstil, zu dem Fullers Wabenkonstruktion in Epcot heruntergekommen war, führt La Géode (Abb. 102), der gigantische Sphärenbau in der Cité des Sciences in La Villette, Paris, eröffnet 1986, zurück zur glatten Kugel, nun aus spiegelndem Chromnickelstahl, entworfen vom Architekten Adrien Fainsilber. Die »pure« mathematische Form war durch die perfekte Glätte ihrer Außenhaut allerdings gleichzeitig zum Rundspiegel des sie umgebenden Stadtpanoramas geworden, mithin zum Bildträger. In ihrem Inneren beherbergte sie ein riesiges Omnimax-Filmtheater mit einer halbsphärischen Projektionsfläche von 1 000 Quadratmeter und einem Innendurchmesser von 26 Meter. Innen- wie Außenhaut dieser Kugel sind also Bildträger. Die Bauform selbst tritt jedoch nicht völlig hinter dieser Funktion der visuellen Transparenz zurück; sie ist in ihrer Umgebung weithin sichtbarer Signifikant einer Totalität des Blicks in einen totalen virtuellen Raum. Unbedingte Voraussetzung dieser Totalität ist ihr Gegenteil: das Gefangensein der Besucher in einem hermetisch geschlossenen Raum (Abb. 103), dessen Vorläufer der Kinoraum ist. Martin Pawley beobachtete diese Entwicklung bereits 1970 gelegentlich der Expo in 282 Eric de Bruyn: Das erweiterte Feld des Kinos oder Übung im Umkreis eines Quadrates, in: X-Screen. Filmische Installationen und Aktionen der Sechziger- und Siebzigerjahre, hg. v. Matthias Michalka, Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien (Köln) 2003/2004, S. 160 –185, hier S. 173.

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Osaka. Ein »galloping development in the fields of electronics, optics and the cinema« brachte eine Technologie hervor, die eine »enclosure in the form of controlled environmental conditions« erforderte. Die Entwicklung von »geodesic dome structures (generally for military purposes) made the idea of total enclosure once again feasible«.283 Das Omnimax-Kinoformat verbindet sich wenige Jahre später in den Themenparks in perfekter Symbiose mit dem Kugelbau, um den Besuchern, die im dunklen, geschlossenen Raum in einer völlig kontrollierten Situation zurückgelehnt in ihren Sesseln sitzen, die Virtualität eines entgrenzten, globalen Raumes zu vermitteln. Die lebendigsten Quellen zur Entwicklung der Omnimax-Filmtechnologie finden sich heute im Internet, denn die Cyberfans der 90er Jahre stießen bei der Suche nach ihren Wurzeln auf das Cinerama und die Folgen. Cinerama, als Immersionstechnologie (Abb. 104) entwickelt aus einem System mit drei Kameras und drei Projektoren (Abb. 105), das für das Training von Militärfliegern im Zweiten Weltkrieg eingesetzt worden war, kam seit 1952 in den Kinos zum Einsatz und wurde stetig weiterentwickelt.284 Heute ist diese Technologie nur noch bei privaten Sammlern zu besichtigen; technikhistorisch ist sie gegenüber Omnimax wohl als Dinosaurier zu bezeichnen. Alle Bestandteile – Filmformate, Kamera- und Projektionstechnik sowie die Projektionsflächen – wurden weiterentwickelt mit dem Ziel eines audiovisuellen Totalerlebnisses. Die Omnimax-Kinos (Abb. 106) repräsentieren den letzten Stand: Die Projektionsfläche umfasst (fast) 360 Grad mit enormen Ausmaßen, bereits ein Projektor reicht aus, um dank einer Fish-Eye-Linse diese Fläche bespielen zu können, die Projektionsfläche ist mit feinsten Löchern perforiert, um den »Wraparound«-12 000-Watt-Digital-Sound hinter der »Leinwand« gleichmäßig unfokussiert in den Raum fließen zu lassen, die Zuschauersitz-

283 Pawley 1970, S. 290. 284 Für diese Geschichte vgl. www.cybertheater.com/News_Views/Cinerama/ cinerama.html, 9. 5. 2004, dort auch die technischen Daten.

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reihen wurden von unten in die Mitte des Kugelraumes bewegt und der Projektor befindet sich nicht mehr über den Sitzreihen, sondern in ihrer Mitte, sodass sich die Zuschauer »in the center of the action« befinden, wie die Imax-Werbung im Internet formuliert.285 Das Ideal einer vollständig sphärischen Projektion ließ sich bisher nicht realisieren, da die Lichtreflexionen der Bilder der einen Kugelhälfte unerwünschte Spiegeleffekte auf der gegenüberliegenden Wölbung hervorrufen und die Wahrnehmung der Bilder behindern würden – ein Problem, mit dem das Rundum-Panorama nicht zu kämpfen hatte. Umso mehr Wert wurde auf jene technisch machbaren Faktoren gelegt, die einen Rundum-Effekt simulieren halfen: der hermetisch geschlossene, dunkle Raum und eine bis zu 310 Grad sphärisch gewölbte Bildfläche, die das Blickfeld der Betrachter seitlich wie nach oben und unten vollkommen füllt. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Betrachter eine fixierte Position in den Sitzreihen einnimmt, auf deren Blickfeld die Ausdehnung der Wölbung berechnet ist. Anders also als im Panorama des 19. Jahrhunderts (Abb. 107, 108), das dem Betrachter eine zylindrische Rundumleinwand präsentierte, die sich ihm erst erschloss, wenn er sich langsam um sich selbst drehte, ist der immersive Effekt hier von der festgelegten Betrachterposition abhängig, die dafür sorgt, dass der Betrachter die Grenzen der nicht völlig kugelförmigen Projektionsfläche nicht sehen kann. Ein weiterer Unterschied zum Panorama ist die Form der Bildfläche: zylinderförmig beim Panorama, gewölbt im Omnimax. Damit war das Problem der Panorama-Technologie mit der Schließung des Bildraumes nach oben sowie mit den sichtbaren oberen und unteren horizontalen Rändern der Leinwand auf überzeugendere Weise gelöst, als es das Faux-Terrain der Panoramen zu leisten imstande gewesen war, das zumindest den unteren Rand kaschieren sollte. Im Zentrum der Entwicklung bildimmersiver Settings steht die Überwindung des Rahmens, die im Omnimax-Kino dadurch bewirkt wird, dass das Blickfeld randlos gefüllt wird. Das Omnimax - Setting kann diesen Immersionseffekt (Abb. 109) noch maximieren, indem es der (fast) Kugelförmigkeit der »Leinwand«, welche den Wahrnehmungs- wie den Bildraum totalisiert, die filmische Bewegtheit des Bildes hinzufügt. Erst diese Fusion der Effekte von Raum und Bewegung führt zur Wahrnehmung eines bewegten, entgrenzten Raumes, der denn auch die Inhalte und Programmatik der Omnimax-Filme prägt. So scheint es bisher bei den Filmen, die unter solchen Bedingungen gezeigt werden, nicht in erster Linie um das Erzählen zu

285 Vgl. www.imax.com/images/popups/theatres-DOME-diagrams.gif, 23.5.2004. 286 Vgl. Pawley 1970, S. 290.

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gehen. Nicht der Plot, mithin auch nicht die Identifikation mit einem Helden oder einer Heldin stehen hier im Zentrum. Zu sehen gibt es Filme, die den in der Kugelform potenzierten Panorama-Effekt des bewegten, endlosen, häufig auch horizontlosen Raums zum Thema machen; Filme über Weltraumflüge, ferne Erdteile, den Kosmos, das Meer – möglichst Unterwasseraufnahmen – Vulkanausbrüche, extreme Formen der Natureroberung wie Bergsteigen, didaktisch- sensationalistische Filme aus der Welt der Naturwissenschaften – über den »Ursprung des Lebens« oder den menschlichen Körper mit Mikro-Aufnahmen im Riesenformat. »Climb the daunting heights of Everest. Experience the weightlessness of space. Dive into the undersea world of the most fearsome great white sharks.« Die Zuschauer tauchen ein – in die Mikroperspektive des menschlichen Körperinneren und die Makroperspektive endloser Weiten und ferner Welten, die sie bisher nur aus ihrer Phantasie kannten, so die Werbung.286 Mit dem Verschwinden des Rahmens und der kontinuierlichen Bewegung der Horizontlinie, hin bis zu ihrem gänzlichen Verschwinden, wird auch die Perspektive in unendlich changierende und bewegte Blickrichtungen aufgelöst. Der Betrachter in seinem Kinosessel erfährt die Kamerafahrten durch diese Räume als verkörpertes Kamera-Auge. Mit dem zentralperspektivischen Repräsentationsraum verliert sich auch der Fokus – des Bildes, der Erzählung, der Identifikation, der Projektion, des Spiegels. Die Ausgangssituation für die Entwicklung dieser immersiven Technologie war die Simulation des Luftkampfes, die implizierte, dass der Pilot über das Auge nicht nur den Gegner, sondern auch sich selbst als in Bewegung empfand. Auf der anderen Seite wurden Aktion und Reaktion des Piloten erst ermöglicht durch die Distanzierung der realen Gefahr und mit ihr der Todesangst auf die Ebene des Mediums, der Simulation selbst. Es ist durchaus vorstellbar, dass sich dieses Muster vom Training auch auf die reale Kriegssituation übertrug, mithin umgekehrt nun das reale Außen als medial vermittelt erfahren wurde. Filmische Immersion, die auf ständig sich verändernden Sichtachsen 149

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und Räumen beruht, unterläuft sicher nicht generell Narration, wie sie im bewegten und unbewegten Bild durch eine stabile Raumhierarchie mit nachvollziehbaren Verhältnissen von Figur (Protagonist) und Grund (Erzählraum), Betrachterposition und Fokus gesichert wird. Das bisher produzierte, relativ kleine Repertoire, das die Omnimax-Kinos der industriellen Welt bespielt, lässt jedoch vermuten, dass sich die narrativen Strukturen verändern. Erzählung basiert nicht mehr auf dem – auch visuellen – Dialog, zumindest dort, wo das Medium »zu sich selbst« kommt, d. h., seine spezifischen Möglichkeiten ausspielt. Eine Fish-Eye-Kamera z. B. ist ungeeignet für Nahaufnahmen von Gesichtern, die Identifikation und Projektion des Betrachters mobilisieren. Identifikation funktioniert hier anders als im Erzählkino: Der Pilot (des Raumschiffs, z. B.) ist identisch mit dem Auge/der Kamera im Raum, Auge und Kamera sind in Bewegung, und in dieser Bewegung liegt das zentrale narrative Element des Omnimax-Kinos. Simulierte Gefahr und Eliminierung eines stabilen Fokus – und mit ihm der Bedingung traditioneller Erzählung und der Position des Autors/Betrachters – erzeugen sich gegenseitig. Immersion als eine Figur der Unmittelbarkeit sinnlicher Erfahrung und Medialität (Vermittlung) als deren Gegenteil bedingen sich und halten einander in der Balance. Protagonist, Pilot, Betrachter und Auge fallen in eins; der Andere der Erzählung ist keine Person, sondern der Weltraum, der Weiße Hai, der explodierende Vulkan, der Dinosaurier. Der Betrachter identifiziert sich mit dem Piloten, dem Astronauten, dem Tiefseetaucher, der gleichzeitig das Auge/die Kamera ist. Eine Umkehrung der Dynamik des klassisch Sublimen scheint stattzufinden. Als Diderot im Salon von 1767 eines von Claude Joseph Vernets Bildern eines Schiffbruchs sah, transformierte er den Akt des Betrachtens eines relativ kleinen, schwer gerahmten Bildes in die als real vorgestellte Erfahrung der dort gemalten Katastrophe. Vom sicheren Boden des Salons betrat seine Imagination die gemalte Szene als ein Geschehen in Zeit und Raum: »Ich sah oder – ganz wie Sie wollen – glaubte zu sehen, wie ein weites Meer sich vor mir auftat. Ich war am Ufer bestürzt bei dem Anblick eines brennenden Schiffes. Ich sah, wie die Schaluppe sich dem Schiff näherte, wie sie sich mit Menschen füllte und wie sie sich entfernte. Ich sah auch, wie die Unglücklichen, die die Schaluppe nicht mehr hatte aufnehmen können, auf dem Oberdeck hin- und herliefen und Schreie ausstießen.«287 (Abb. 110) Bedingung für diese Art der imaginativen »Immersion« war die Distanz zwischen seiner Wahrnehmungsposition

287 Denis Diderot : Ästhetische Schriften, hg. v. Friedrich Bassenge, Bd. 2, Berlin 1967, S. 118.

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und dem Bild. Empathie und visuelles Gedächtnis waren notwendige Ingredientien für diese Art des Betrachtens. Jahre später, 1784, ließen die Brüder Montgolfier den ersten bemannten Ballon steigen, auf den sich Boullée bezog, als er eine Sensationslust beschrieb, die das Thema eines Omnimax-Filmes sein könnte: »Wenn man uns einen Menschen malt, mitten auf hoher See, nur Himmel und Wasser um sich, so ist dieses Schauspiel für uns wahrscheinlich dasjenige der Unendlichkeit. In dieser Situation ist alles um uns herum außer Reichweite gerückt. Es gibt keine Vergleichsmöglichkeiten mehr. Das gleiche geschieht in einem Ballon, in dem man, in den Lüften schwebend, die Erde aus den Augen verloren hat und von der ganzen Natur nur noch den Himmel erblickt. Wenn der Mensch so in der Unendlichkeit dahintreibt, in einem Abgrund unermesslicher Weite, wird er tief erschüttert durch das außergewöhnliche Schauspiel eines nicht fassbaren Raums.« 288 Im bewegten sphärischen Raum des Omnimax-Kinos werden Rahmen und perspektivischer Fokus und mit ihnen die Betrachterdistanz des Wahrnehmungsdispositivs ersetzt durch ein Dispositiv der körperlich erfahrbaren »Unmittelbarkeit« – Höhenangst und Schwindel, die »direkt« in die Magengrube fahren, sind typische Symptome. Die Differenz zwischen Kamera und Betrachterauge, im Erzählkino unter anderem durch Erzählfiguren auf der Leinwand wachgehalten, kollabiert, der Körper des Betrachters reagiert mit Schwindel und anderen physischen Symptomen körperlicher Angst(-lust) auf die Kamerafahrten, denen er wie in einer Achterbahn ausgesetzt ist; seine Eingeweide werden zu Anhängseln des Auges, wenn die Kamera mit den »Skydivers« (Abb. 111) durch den Raum taucht. Die Reaktionsbreite scheint auf ein Spektrum zwischen Angstlust und Entgrenzung ausgerichtet zu sein, das seine Ahnen in jenem schauenden Erleben haben mag, das die spätaufklärerische Ästhetik

288 Boullée 1987, S. 75.

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das Erhabene, spezifischer, das Natur-Erhabene genannt hatte, das aber damit wohl kaum abschließend beschrieben ist. Wichtigster Unterschied ist wohl der moderne Versuch, gerade jene Distanz wahrnehmungstechnisch zu unterlaufen, die zu Zeiten Kants und Schillers aus dem Schauer der Überwältigung das Erhabene destillieren sollte. Zudem haben diverse Genres der Filmgeschichte, wie der Horror- und der Science-Fiction-Film, die Gewohnheiten kulturellen Konsums in einer Weise transformiert, dass vom Erhabenen die Angstlust und die Entgrenzungsträume gleichsam unerlöst übrig geblieben zu sein scheinen – oder anders, diese erscheinen nun als losgelöst von den Szenarien bürgerlich konzipierter Subjektbildung, in denen dem Erhabenen hingegen eine gewichtige Funktion zugewiesen gewesen war. Die Bildwelten des Natur-Erhabenen aus dem 18. Jahrhundert – der Ozean, die Alpen, der Vulkanausbruch – können als Vorläufer jener fernen Welten gelten, die das Panorama des 19. Jahrhunderts mit Vorliebe präsentierte und die, potenziert, gigantisiert und gleichzeitig haut- wie pupillennah gebracht, nun in den Omnimax-Kinos die Besucher aufsaugen sollen. Allerdings sind die immersiven Szenarien von Panorama und Omnimax in einigen aufschlussreichen Aspekten des Blickregimes unterschieden. Die exotischen Welten, deren Kenntnis Alexander von Humboldt über das Panorama als Bildungsmedium vermitteln wollte, waren noch jene der fernen, kaum bereisten Erdteile, genauer, ihre physiognomische Gestalt. Humboldt zufolge würden der »Begriff eines Naturganzen, das Gefühl der Einheit und des harmonischen Einklangs im Kosmos umso lebendiger unter den Menschen, als sich die Mittel vervielfältigen, die Gesamtheit der Naturerscheinungen zu anschaulichen Bildern zu gestalten.«289 Einfach wäre es nun, zu meinen, dass das Omnimax-Kino schlicht eine

289 Vgl. Alexander von Humboldt : Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung, Teilband 2, hg. und kommentiert v. Hanno Beck , Darmstadt 1993, S. 79 f.

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Fortsetzung eben dieser Mittel der Veranschaulichung wäre, wenn da nicht die bereits geschilderten Nebeneffekte visueller Totalisierung wären, die wiederum weniger die anschauliche Übermittlung von physiognomischen Informationen befördern, als vielmehr die Wahrnehmungsstrukturen selbst verändern. Das Didaktische tritt hinter die – im buchstäblichen Sinne – Sensation zurück, und damit ändert sich auch der Zuschnitt der Themen vom panoramatischen Profil der Städte, fernen Landschaften und Schlachten (Abb. 112) hin zu Galaktischem. Die Galaxien haben keinen Horizont; und damit ist ein wichtiger Unterschied zwischen den Panoramen des 19. Jahrhunderts und dem Omnimax angesprochen. Der Horizont der Panoramen ist immer noch jener der Zentralperspektive des gemalten Bildes in der Tradition der Renaissance, allerdings zirkelartig erweitert im Sinne einer 360-GradRundumdrehung mit dem Betrachterort als innerer Spitze des Zirkels. Um den in der Regel relativ tief sitzenden Horizont der Panoramen mit dem Auge sukzessiv abzutasten, muss sich der Betrachter langsam um sich selbst drehen. Im Diorama, einer Variante des Panoramas, wird dies für den Betrachter erledigt, indem die zentrale Plattform, auf der er steht, sich dreht. Diese Art der 360-Grad-Rundumperspektive wird gelegentlich bereits als Erzeugerin der »Magie einer Position ohne festen Standort« aufgefasst, denn letzterer ginge in der Rotation des Beobachters verloren.290 Aber diese Rundumsituation beschränkt sich auf den Raum eines Zylinders, dessen Öffnung nach oben nicht in das Bild einbezogen ist. Die Besucherplattform in der Mitte kann denn auch als »Feldherrnhügel«291 gedacht werden, eine

290 Vgl. Hans-Georg Soeffner : Gesellschaft ohne Baldachin. Über die Labilität von Ordnungskonstruktionen, Weilerswist 2000, S. 360. Ich danke Horst Wenzel für den Hinweis auf diese Publikation. 291 Ulrich Giersch : Im fensterlosen Raum – Das Medium als Weltbildapparat, in: Martin Roth u. a. für die EXPO 2000 Hannover GmbH (Hg.): Der Themenpark der EXPO 2000, Band 1, Wien, New York 2000, S. 41– 47, hier S. 43.

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Assoziation, welche das Panorama nicht einfach in die Ahnenreihe der Immersionstechnologien einreiht, sondern seine Genealogie eher beim Schlachtenbild und der Kartographie sieht, mithin bei einer Blickordnung, die Kontrolle und Beherrschung suggeriert. Auch dem Produzenten des Panoramas an den Champs-Elysées, Philippoteaux, bot sich dieser erhöhte Posten an, um den Aufbau des Faux-Terrain seines Panoramas mit Feldherrngeste zu dirigieren. Le Monde Illustré war diese Szene am 2. November 1872 eine Illustration wert. (Abb. 113) Anders beim Omnimax: Der Betrachter ist im Sessel fixiert, während ein ständig sich bewegender Raum und ein umhüllender Ton ohne innere Hierarchien von oben und unten sein Gesichtsfeld und seinen Gehörsinn vollkommen ausfüllen, mit dem Effekt, dass sie ihn buchstäblich allseitig zu umfließen scheinen. Aus dem Zylinder ist eine Sphäre, ein kugelförmiger Raum der Wahrnehmung geworden, aus der Zirkelspitze der Betrachterposition, die eine fixierte Rundumperspektive mit eindeutigem Horizont implizierte, ist aufgrund des sich in alle Richtungen bewegenden, horizontlosen Raumes eine Ortlosigkeit geworden, die nicht einmal mehr als das Zentrum einer in ihren Außenmaßen eindeutig zu definierenden Kugel bezeichnet werden kann, denn vom Inneren jener Kugel gesehen, die die Projektionsfläche bildet, ist diese transparent, offen in den projizierten Raum des Meeres oder der Galaxie. Das alte Paradigma der Transparenz des Fensterbildes, gültig für die Malerei seit Alberti wie für das herkömmliche Kino, ist gleichsam räumlich verabsolutiert in der rahmenlosen Bildhaut des »Dome Screen«. Sphärischer Raum und immersive audio-visuelle Settings gehen, wie die Versuche von Stockhausen, E.A.T. und Omnimax gezeigt haben, eine gleichsam »natürliche« Verbindung ein. Die Frage, ob es um Immersion oder Kontrolle als Effekt wie als Antrieb dieser wahrnehmungstechnologischen Apparaturen und ihrer Weiterentwicklung geht, zeitigt Konsequenzen in vielerlei Hinsicht; sie ist von Bedeutung auch für die Ausgangsfrage: Was hat die Kugel 154

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als Baukörper mit modernem, säkularem Kult zu tun? Einige Thesen wurden bisher aus dem Beschriebenen entwickelt: 1. Für den Bau eines kollektiven Kulterlebens hat es einen Medienwechsel gegeben vom architektonischen Körper zum Medienkörper, vom Baukörper zum Wahrnehmungsraum, von der Konstruktion zur Leichtbaumontage, von der gebauten Wand zur transparenten Projektionshaut. 2. Der Inhalt des politischen Kultes, den der Kugelbau repräsentiert hat und dem er gleichzeitig den Raum der Vorstellung und Aufführung gegeben hat – kurz formuliert: die Souveränität eines Volkes als unteilbare Einheit, hat sich gewandelt. Im Zentrum steht nun die integrative Information: ihre Technologie, ihre Gesellschaft, ihre Globalität, ihre Leistungen und Effekte für eine massenhaft systematisierte Wahrnehmung. Historisch zeichnet dieser Befund auf der Ebene der Ordnung der Wahrnehmung und ihrer Räume den Übergang von einer nationalstaatlichen zu einer globalisierten, transnationalen Weltordnung nach. 3. In doppelter Hinsicht hätte sich gegenüber dem jakobinischen Kult der politischen Einheit nichts geändert. Wie dieser wäre der Medienkult – er sei hier provisorisch der Kürze halber so genannt – strukturell selbstreferentiell. Verehrten die Citoyens sich selbst, indem sie ihre frisch erfundene Souveränität zum Kult erhoben, so ist nun eine Medientechnologie Kultgegenstand des mit ihren Mitteln organisierten Kultraumes. Beiden liegt eine jeweils totalisierende Ordnung des Raumes zugrunde, deren Verschiebungen hier verfolgt wurden und die sich in beiden Fällen in der Form der Kugel äußert. Eine weitere strukturelle Gemeinsamkeit ist das Phantasma einer differenzlosen Universalität, das den Kult wie die Strukturierung seiner Kulträume antreibt. In den Visionen für die Kugelräume der Französischen Revolution wie in jenen für eine globale Medientechnologie jedoch bleibt es bei einer ungelösten Spannung zwischen den beiden Signifizierungsmomenten dieser Differenzlosigkeit – der sphärischen Hülle des Kugelbaus als Einheitskörper und dem Innenraum, dessen Leere nur mit der Einführung von Signifikanten, von Figuration, überbrückbar scheint. Dieses Problem der Leere eines idealiter un-hierarchisierten Raumes wird allerdings 1790 und 1990 jeweils unterschiedlich gelöst. In den Tempeln und Parlamentsräumen der Französischen Revolution repräsentiert ein allegorisch-figurativer Apparat die Abstraktionen politischer Einheit, der seine Lesbarkeit aus den Differenzen einer traditionsgebundenen Semantik der Geschlechter zieht. Der Kugelraum des Rundumkinos hingegen wird nicht durch ein Figurenprogramm gegliedert und re-hierarchisiert. Seine Raumgrenze, die »Hülle«, wird im unendlich bewegten, den Wahrnehmungsraum vollständig 155

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ausfüllenden Bild der Omnimax-Filme unsichtbar, aufgehoben. Auf der Wahrnehmungsebene vervielfältigen sich die Differenzen im bewegten Bild, das die Besucher völlig zu umgeben scheint, ins Unendliche; auf der Ebene des Gezeigten hingegen, der Filme selbst, mögen sie sich zu Klischees verfestigen, die den Bedeutungsfixierungen des allegorischen Revolutionsprogramms in nichts nachstehen. In dieser Auflösung des Kugelraums im Medium, könnte man meinen, steigert sich die Tautologie der Selbstreferentialität noch einmal. Der Kult des aufgeklärten Subjekts/Souveräns löst sich auf im Kult eines narzisstisch entgrenzten Ichs, das sich im Moment der Wahrnehmung selbst immer wieder formiert und verliert. Was sich in dieser Konstellation ebenfalls aufzulösen scheint, ist die Relation zwischen dem Individuum und dem Kollektiv – jenes Verhältnis, das erst die Notwendigkeit eines Kultes hervorbringt. Im Kult der Revolution und seinem Raum sollte das Individuum gleichzeitig mit seiner Erhebung zum politischen Subjekt auch seine Einbindung in das politische Kollektiv erleben. Dass diese Einbindung auch eine Verpflichtung mit sich brachte, machte das allegorische Figurenprogramm im Kultraum deutlich. Souverän war das politische Subjekt nur insofern, als es sich den gemeinsamen Werten von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Vernunft, deren Repräsentationen es im Kultraum gegenüberstand, unterstellte und dies mit der Kulthandlung auch darstellte. Wie wäre nun das Verhältnis von Individuum und Kollektiv in der Mediatisierung des Omnimax-Raumes vorstellbar? Gemeinsam sitzt das Publikum im Dunkeln, nur die transparent gewordene Raumhülle ist von der Projektion erleuchtet. Blickverbindungen zwischen den Zuschauern gibt es ebenso wenig wie ein räumlich sichtbar strukturiertes, auf einen Kultinhalt bezogenes Verweissystem. Das Erleben beim Eintauchen in den bewegten Immersionsraum des Rundum-Kinos ist konzentriert auf den jeweils individuellen Reaktionsraum hochgradig physischer Affekte wie dem Schwindel. Der Entfokussierung des Wahrnehmungsraumes steht eine Fokussierung auf den innerkörperlichen Affektraum gegenüber, der individuellen Entgrenzung die Isolation in der Menge (der Betrachter). Die Destabilisierung des Betrachterstandortes führt zu einem Entgrenzungserleben; die Stabilität einer Figur des Ichs wird nicht mehr in der Tektonik des Bildraumes bestätigt oder gespiegelt, sondern in einer um die vierte Dimension erweiterten zirkelförmigen Figur auf sich selbst zurückgeworfen – ein medial induzierter Narzissmus, der analog zur Tautologie von kugelförmigem Screen und dem durch den Screen entgrenzten Kugelbau im Medium des Omnimax strukturiert zu sein scheint. Zum Medium, das die Message ist, gesellt sich das Subjekt, das weder

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vom Medium noch von der Message auf seine Grenzen verwiesen wird. Im Kult der Immersion fällt die Selbstreferentialität des Mediums mit der Selbstreferentialität eines Subjekts zusammen, das kein Außen mehr hat, oder anders, dessen Differenzgefühl zwischen Innen und Außen medial außer Kraft gesetzt wurde. Stockhausens Traum einer globalen Integration aller medialen, kulturellen und ethnischen Differenzen unterscheidet nicht mehr zwischen Integration und Universalität; und Omnimax setzt dieses Phantasma einer Aufhebung oder Transzendierung von Grenzen und Differenzen, jenseits staatlicher oder gemeinschaftlicher Strukturen, auf der Ebene eines privatwirtschaftlich organisierten Medienkonsums um.

Gebauter Raum versus Medientransparenz Und was geschieht mit dem gebauten Raum in dieser Konstellation? Nicht nur der Betrachterstandpunkt wird im Seherleben des bewegten Rundum-Bildes aufgehoben, oder anders, in den innerkörperlichen Affektraum gezogen, auch im Raumerleben wird dem Individuum eine subjektstabilisierende Spiegelungsmöglichkeit in der Tektonik des Baukörpers entzogen, denn die Raumgrenzen haben sich in den »transparenten« Screen verwandelt. Während in einem ersten bei Boullée noch der Einbildungskraft vorbehaltenen Schritt der sphärische Innenraum bereits diese Dezentrierung vorbereitet hatte, potenziert die konsequente Medialisierung dieses architektonischen Raumes im Omnimax-Kino die Situation, indem sie den gebauten Raum selbst zur Funktion des Mediums werden lässt. Nicht der Raum der Kugel wird mehr erfahren, sondern der »absolute« BildZeit-Raum. Das hat zur Folge, dass jene Funktion, die in der Geschichte der säkularen Kultarchitektur bisher im Zentrum stand, nun obsolet wird: die des »Sprechens« der Architektur, des Baukörpers als Signifikanten – also jenes Programm, das die Visionen Boullées antrieb und das in der postmodernen Architektur der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts eine postfunktionale Reaktualisierung erfahren hatte. Das hieße aber auch, dass der Kugelbau des Omnimax-Kinos, wie er in den 80er und 90er Jahren des letzten Jahrhunderts als zentrales Zeichen für Themenparks und Weltausstellungen, als pädagogisches Spektakel über »Life-Sciences« und die Eroberung des Kosmos gebaut wurde, gelesen werden muss als ein Relikt Boulléescher Zeiten, als letzter Ausläufer einer aufklärerischen Trope: die Welt als vernunftorientiertes Gebilde, erklär- und abbildbar in der Logik der euklidischen Geometrie.

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Der Architekt Marcos Novak, einer der ersten, die den Entwurf von Architektur mit digitaler Technologie verbanden, erinnert sich an ein Schlüsselerlebnis: 1984, zweihundert Jahre nach Montgolfiers erstem bemannten Ballonflug, im Jahr, als der Macintosh-Computer auf den Markt kam, erlebte Novak auf der »Siggraph«, der Jahreskonferenz für Computergraphik, eine Projektion von Computeranimationen in einem Omnimax-»Dome«. »We flew through imaginary landscapes, both realistic and surreal. The one that caught my imagination was totally abstract, made of points and lines, but it nevertheless produced in me a truly visceral sensation. More than that, I registered the cognitive dissonance this involved: although my mind knew that this was an entirely artificial environment, my body accepted it as real …«292 Ich möchte diesen Moment seiner Erzählung gleichsam als Brückenschlag zwischen dem »Zeitalter« der Kugel als Signum eines aufklärerischen Verständnisses von Politik und Gemeinschaft und dem Zeitalter der digitalen Revolution lesen, denn hier, auf der Brücke, treffen sich die Kugel des Omnimax-Kinos, entkörperlicht als Screen, und die neue digitale Kultur unter dem Signum des »Visceralen«, der unmittelbaren Umsetzung des Sehens in den physischen Affekt. Der Verstand ist endlich überwältigt, der Bauch, die Reaktion des Körpers, sorgen dafür, dass das offensichtlich Künstliche als real akzeptiert wird – ein Ziel, das in den letzten Jahrzehnten die Entwicklung von Technologien der Virtual Reality vorangetrieben hat. Novak, wie die meisten Propheten von Virtual Reality und digitalen Netzwerken, knüpft, ausgehend von diesem körperlichen Beweis einer Naturidentität des Virtuellen, ein diskursives Netz von Analogien, die nun »Leben«, »Biologie«, »Natur« und digitale Netze, nein, eben nicht in eins setzen, aber gleichsam so dicht im Imaginären verweben (um im Bild zu bleiben), dass sich jede argumentative, denkerische Unterscheidung »natürlich« zu erübrigen scheint. Architektur ist nun die Architektur sich ständig wandelnder Netzwerke; Natur ebenso wie das Soziale werden nun als Netzwerke gedacht, ja Leben überhaupt, und mit diesen naturalisierenden Bildern vom Leben als komplexe, flüssige, sich wie die Natur ständig wandelnde Ordnung kommt auch der in den kritischen Theorien des Sozialen und Kulturellen lange zurückgewiesene Begriff der Evolution zu neuen Ehren: »The phenomenon of life is built upon the liquid interplay of the architecture of the DNA molecule and the mechanisms of evo-

292 Marcos Novak : Liquid, Trans, Invisible: The Ascent and Speciation of the Digital in Architecture. A Story, in: Digital, real: Blobmeister: erste gebaute projekte, hg. v. Peter Cachola Schmal , Basel, Boston 2001 (Ausstellungskat. Deutsches Architekturmuseum Frankfurt, 2001), S. 214 –247, hier S. 223.

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lution.«293 Zentral in diesem Denken ist die Überwindung besonders einer Differenz – zwischen der Immaterialität der Kommunikation von Information und der Materialität von Architektur. Das Denken in Netzwerken hat in der Geschichte der Architektur eine schnell vergessene Vorgeschichte, wie Mark Wigley gezeigt hat.294 Buckminster Fuller war mit McLuhan bereits 1963 der Ansicht, dass die Idee permanenter Siedlungen im Zeitalter der Hypermobilität und Computertechnologie obsolet sei; an die Stelle physischer Infrastruktur müssten atomisierte, nomadische Systeme treten. Damals wollten die Architekten der Delos-Symposien der Radikalität der Idee, dass physische Konfigurationen bereits redundant wären,295 nicht recht folgen, schließlich hätte sie dies um ihren Beruf gebracht. Inzwischen sind die Metaphern des Nomadischen, Anarchischen, Flüssigen, mit denen das Informationszeitalter sinnfällig gemacht wird, gängige Münze. Die Kritik an diesem Diskurs hat ihrerseits spätestens seit Beginn der 90er Jahre eingesetzt; 296 aber die Architekten tun, was sie können, um diese Ansätze über die nun praktikable und nicht mehr utopische digitale Entwurfspraxis des Morphing in das Bauen zu integrieren und damit den Widerspruch zwischen baulicher Statik und informationstechnologischer Fluidität, zwischen Materialität des Baus und Immaterialität der Technologie, zwischen räumlicher Fixierung und der Dimension einer Veränderung in der Zeit, zu überwinden.

293 Ebd., S. 225. 294 Mark Wigley : Network Fever, in: Grey Room 04, Summer 2001, S. 82 –122. Die erste Übertragung in die Architektur findet sich nach ersten Ansätzen in den städteplanerischen Utopien eines Le Corbusier bei Buckminster Fuller, für Wigley die Brückenfigur zwischen den 20er Jahren und dem Internet (S. 112 ff.). In diesem Artikel konzentriert Wigley sich auf die 60er Jahre und das Zusammentreffen von Fuller und McLuhan bei den Delos-Symposien zwischen 1963 und 1975, organisiert vom Architekten und Städteplaner Doxiadis . 295 Ebd., S. 112 f. 296 Vgl. z.B. Gretchen Bender, Timothy Druckery (Hg.): Culture on the Brink, Seattle 1994; Simon Penny (Hg.): Critical Issues in Electronic Media, Albany, New York 1995; N. Katherine Hayles : Virtual Bodies and Flickering Signifiers, in: October 66 (Fall 1993), S. 69 –91, N. Katherine Hayles : The Materiality of Informatics, in: Configurations 1.1 (1993), S. 147 –170. Für die Architekturdiskussion ist die Zeitschrift Grey Room seit 2000 eine wichtige Plattform geworden. Erwähnt sei noch der Band The Virtual Dimension. Architecture, Representation, and Crash Culture, hg. v. John Beckmann, New York 1998, der affirmative wie kritische Positionen versammelt.

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Kugel versus Netzwerk

Neu–alte Totalitäten Die Metapher vom Netzwerk evoziert andere Bilder von Totalität als die der Kugel. Ihre besondere Qualität scheint gerade die Verweigerung von Zentralität und Hierarchie zu sein. Der »Ur«-Typ des Netzwerks, das Spinnennetz, impliziert jedoch zumindest ein Zentrum; daneben wurden allerdings diverse andere Netzwerk-Topologien entwickelt.297 Dennoch gibt es Parallelen zu den Zentralitätsvisionen des Newtonschen Zeitalters. Wenn Fuller und McLuhan von der »global city« sprechen oder eine globale, post-euklidische Stadt imaginieren, die per Computer montiert wird, so scheint in dieser »Globalität« doch noch das Muster einer unifizierenden Kugelgestalt durch. Beim Delos-Symposium 1966 findet die These von Margaret Mead, Fuller und McLuhan, dass »communication networks have produced a single planetary society«, allgemeine Zustimmung. Dieses Planetarische, das auch Stockhausens Expo-Pavillon geprägt hatte, erinnert noch, so sehr es von der Vorstellung eines elektronischen Kommunikationsnetzwerks hervorgebracht wurde, an das Bild des vom internationalen Telefonnetz umspannten Globus, das Le Corbusier in den 20er Jahren für L’ Esprit Nouveau archiviert hatte.298 (Abb. 114) Vor dem Hintergrund der heutigen Vielfalt digitaler Netzwerk-Praktiken hingegen scheint sich diese Verschmelzung von Zentralität und Vernetzung verflüchtigt zu haben; heutige Netz-Topologien werden mo-

297 Vgl. Wigley 2001 für Bildbeispiele, sowie Alexander Galloway, Eugene Thacker : Protocol , Control, and Networks, in Grey Room 17, Fall 2004, S. 6 – 29, zu den unterschiedlichen Netzwerk-Topologien. 298 Vgl. Wigley 2001, S. 99.

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ralisch wie architektonisch gegen zentralisierte, hierarchische Strukturen von Bürokratie und Kontrolle positioniert.299 Dass die ersten digitalen Netzwerke für das Militär entwickelt wurden 300 und dass das Pentagon auf die hierarchielosen Organisationsformen »militanter« Netzwerke jeder Art Antworten sucht und findet, scheint diese Vorstellungen nicht ihrer Faszination zu berauben. Wie ein Bild dafür aussehen kann, zeigt das Titelblatt des Network-Centric Warfare Primer, der 2003 vom Office of Force Transformation des United States Department of Defense herausgegeben wurde. (Abb. 115) Es zeigt eine plurizentrale Netzwerkstruktur, in das schwere Waffen und digital hochgerüstete Soldaten nicht etwa in Kreisen, die eine allsymmetrische Kugel suggerieren könnten, sondern in Ovalen eingefügt sind; die Wahl des Ovals wird wohl als ein Kompromiss, im Sinne einer Abweichung von der einen Mittelpunkt implizierenden Figur des Kreises, zwischen der Zentralität militärischer Organisation und dem Netzgedanken zu verstehen sein.301 Ein Medium visueller Virtualität (der Bildschirm oder Screen) und

299 Vgl. Galloway, Thacker 2004, die meinen, dass das »Netzwerk-Fieber« delirante Tendenzen habe; es sei eine allgemeine Bereitschaft zu beobachten, Politik zu ignorieren, die in der »Black Box« der Technologie maskiert werde (S. 7). 300 Das Internet wurde aus ARPANET entwickelt, das 1969 vom U.S. Defense Department als Zusammenschluss der Computer von vier Universitäten installiert worden war, vgl. Wigley 2001, S. 83. 301 Mehr zum Thema bei Samuel Weber : Target of Opportunity: Networks, Netwar, and Narratives, in: Grey Room 15, Spring 2004, S. 6 – 27. Die erwähnte Abbildung findet sich auf S. 6, die Veröffentlichung ist jedoch auch im Internet zu finden: www.oft.osd.mil/library/library_files/document_318_NCW_GateFold-Pages. pdf, 18. 6. 2005.

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ein Raum (der sphärische) bilden also die Brücke, auf welcher der Architekt (Novak) die Architektur des digitalen Zeitalters imaginiert. Seitdem sind digitale Entwurfsprogramme, die seit den 60er Jahren im Flugzeug- und Autodesign angewandt werden, auch in den Architekturstudios angekommen und haben in den 90er Jahren ein anderes Fieber ausgelöst, das eng mit dem Netzwerk-Fieber verbunden ist: das Blob-Fieber. Die »Blob«-Architektur, auch »Liquid Design« oder »Non-Standard-Architektur« genannt, entstand durch das Experimentieren mit Computer-Software, die in der Lage ist, Körper und Räume mit beliebig gekurvten Oberflächen in der Dreidimensionalität zu entwerfen (Abb. 116, 117) – Formen, die nicht mit Lineal und Zirkel gezeichnet werden können und die über eine analogische Verknüpfung mit dem Bild der Falte302 theoretische Heimstatt bei Deleuze gefunden haben: »Owing to a bizarre series of events that is still to be reconstructed, Deleuze’s pli, when exported to America, morphed into the Deleuzian Fold and merged with the visualization of Leibniz’s differential calculus that computers now made available to most architects, regardless of their mathematical talents. As a result, algorithmically generated continuous functions soon became an almost ubiquitous component of architectural design …« – und mit ihnen »topology, a very abstract branch of high geometry that had until then seldom crossed paths with the mostly Euclidian la-

302 Vgl. Bernard Cache : Earth Moves. The Furnishing of Territories, übers. von Anne Boymann, hg. v. Michael Speaks, Cambridge, Mass., London 1995. Das Manuskript in französischer Sprache wurde 1983 fertiggestellt, vgl. Mario Carpo : L’architecure à l’ère du pli, in: Architecture d’aujourd’hui, Nr. 349 (Nov. – Dec. 2003), S. 98 –101, hier S. 100. 303 Mario Carpo : Post-Hype Digital Architecture: From Irrational Exuberance to Irrational Despondency, in: Grey Room 14, Winter 2004, S. 102 –115, hier: S. 103 f. Zur Blob-Architektur und der Falte vgl. auch die Sonderausgabe Folding in Architecture von Architectural Design, Profile 102, 1993, hg. v. Greg Lynn (Wiederaufl age mit Vorworten von Greg Lynn, Jeffrey Kipnis, Mario Carpo, London 2004), sowie die Ausstellung Non-Standard Architectures, Centre Georges Pompidou, Paris 2003/2004.

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bors of building.« 303 Digitale Entwurfsprogramme können aus einem algorithmischen Format eine fast unendliche Familie von Kurven in der dritten Dimension entwickeln. Brian Massumi veranschaulicht den digitalen Entwurfsprozess an einem nicht-digitalen Beispiel: »A topological figure is defined as the continuous transformation of one geometrical figure into another. Imagine a pliable coffee cup. Join the surfaces of the brim, enlarge the hole in the handle, and then stretch it so that all its sides are equally thick. You get a doughnut. You could then tie the doughnut into complex knots. All of the geometrical figures you can create this way are versions of the same topological figure: topological unity is, in and of itself, multiple. Of course it is impossible actually to diagram every step in a topological transformation. Practically, only selected stills can be presented.« 304 Dieser Entwurfsverlauf gleicht also eher einem Film, ist ein durchlaufender Prozess in der Zeit, der nur in »Filmstills« arretiert, aber nicht in einer begrenzten Zahl von Diagrammen erfasst werden kann, die als Abstraktion die Gesamtheit einer Konstruktion ablesbar machen, wie dies im klassischen Entwurfsprozess der Fall ist. Die sich aus dem digital determinierten, fließend ablaufenden Rechenprozess ergebenden Varianten der Ausgangsform sind unendlich. Massumi spricht von einem »vanishing into self-variety«, um das Fließende dieser virtuellen Varianten von Bauformen zu charakterisieren.305 Die Prinzipien dieser Entwurfspraxis und die Metaphorik, mit der sie beschrieben werden, können aufzeigen, welche Formen des »Sprechens« von Architektur heute verhandelt werden, nachdem einige der informationstechnologischen Netzwerk-Visionen von McLuhan und Buckminster Fuller Realität geworden sind, und welches Verhältnis von Einheit und Differenz sich hierin aus-»spricht«. Ein sehr anschaulicher Ausgangspunkt für eine Auseinandersetzung mit dieser Frage ist die Konfrontation zwischen zwei Demonstrationsreihen zur Geometrie, die Mario Carpo gegenübergestellt hat, um den Unterschied zwischen der euklidischen (Abb. 118) und der post-euklidischen Geometrie (Abb. 119) in ihrer Relevanz als Paradigmen architektonischer Entwurfspraxis auf drastische Weise zu verdeutlichen.306 »C’est la géometrie« kommt aus Le Corbusiers Urbanisme (1925), fand Eingang in französische Schulbücher und zeigt Le Corbusier als getreuen Fortsetzer der Boulléeschen Lehre von der Geometrie der Baukörper. Prominent vertreten ist die Kugel. »Ça

304 Brian Massumi : Line Parable for the Virtual (On the Superiority of the Analog), in: The Virtual Dimension. Architecture, Representation, and Crash Culture, hg. v. John Beckmann, New York 1998, S. 304 – 321, hier S. 306. 305 Massumi 1998, S. 306. 306 Carpo 2004, Abb. S. 106.

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aussi, c’est de la géométrie!« (1999) hingegen zeigt eine Studie für ein Lehrbuch zu topologischen Geometrien mit Beispielen für »multidimensionale Objekte« mit gekurvten Oberflächen, die verdeutlichen, warum die Metaphorik für die Formen des Liquid Design auf die Falte, das Flüssige, das Biomorphe rekurriert. Wie Novaks Erzählung bereits gezeigt hat, wird so Natur und Technologie diskursiv verschmolzen und technologische Entwicklung zu pseudo-biologischer Evolution. Das Bild von der Kante, dem Ort, wo in der Architektur Flächen aufeinanderstossen und das für die Grenze, die Ordnung, die Berechenbarkeit, die Fixierung von Differenz, die Ratio steht, soll abgelöst werden von der Falte, der geschwungenen, weichen Form, die das Problem des Übergangs, der Grenze lösen soll. Das Netz und die Falte sind aus Formen abgeleitete Parameter eines digital informierten Weltverständnisses der ständigen, bruchlosen Veränderung, einer Kontinuität in Zeit und Raum, die in einer Art analogischen Denkens von Architekten des Blob gleichsam eins zu eins umgesetzt werden. Mario Carpo wertet dies als ein Streben nach ontologischer Kontinuität, geboren unter anderem aus einer Reaktion gegen den »dekonstruktivistischen Kult des Bruchs«.307 Die Falte wird zum Emblem einer neuen Form des Einheitsdenkens, einer Form, die weniger auf die Zentralität der Raumform setzt, als vielmehr den Faktor Zeit in ihr Bild zu integrieren sucht – Einheit gleichsam erweitert um die vierte Dimension, als bruchlose Raum-Zeit-Kontinuität. Aber auch in diesem veränderten Szenarium sind Parallelen zu Boullée nicht zu übersehen: Wie dieser versteht sich der 308 Blob-Architekt häufig als Schöpfer von Parallelwelten zur Natur, wie dessen Newton-Kenotaph

307 Mario Carpo 2003, S. 100: »… une reaction au culte déconstructiviste de la fracture«. 308 Bei – sicher nicht erschöpfenden – Recherchen fanden sich in der Mehrzahl männliche Architekten, die ihre berufliche Persona über die Metaphorik des Blob definierten (u. a. Marcos Novak , Michael Benedict , Greg Lynn, Bernard Cache, William J. Mitchell).

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sind auch die Blob-Formen in der erträumten Einheit eines »digital workflow« 309 vom Entwurf bis zur Ausführung technisch bisher nicht realisierbar. Mit Virtual Reality zieht eine Art filmischen Denkens in die Theorie und die Entwurfspraxis der Architektur der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts ein, ein Denken in bewegten Bildern. Immersion ist um den Faktor Zeit erweitert, und da die gebaute Architektur dies bisher kaum einlösen kann, ist ein erheblicher Teil der technologisch aktuellen Entwurfspraxis darauf ausgerichtet, Experiment im virtuellen Raum zu bleiben, um die Freiheiten dieses immateriellen Raums auskosten zu können.310 Die Phantasien richten sich darauf, Architektur zu mediatisieren, aus der Wand, der Grenze zwischen Innen und Außen, transparente, weiche Häute, flexible, interaktive Medienscreens zu machen – eine Tendenz, die bereits an und in den Pavillons der Weltausstellungen der 60er Jahre sichtbar wurde. Mit der digitalen Entmaterialisierung geht eine intensive Belegung dieser biomorphen Architekturvisionen mit Körpermetaphoriken einher. Gekurvte Formen, weiche Häute implizieren eine weibliche, sinnliche, umhüllende Körperlichkeit in einer kaum verborgenen Sprache des Begehrens, die allerdings hinter der Faszination rasend schnell wachsender Rechnerkapazitäten und ihrer bildgenerierenden Möglichkeiten latent bleibt : »Wenn es eine – vielleicht sogar fetischhafte – Vorliebe der Architekten des digitalen Zeitalters für die amorphe, weibliche, formale Intelligenz der isomorphen Polyfläche geben mag – für den Blob –, wird eine solche Anziehung unweigerlich von

309 Statik und Bautechnik erlauben bisher keinen einheitlichen Produktionsprozess vom Entwurf zur Bauausführung, wie sie erstmals im Flugzeugbau mit der »File-to-Factory-Technologie « vom digitalen Computerdesign bis zur computergesteuerten Herstellung praktiziert wurde. So entsteht die eigenartige Paradoxie, dass gerade die digital entworfenen Blob-Formen der Non-Standard-Architektur, anders als die industriell hergestellten Elemente der standardisierten Architektur der Moderne, in mühsam entwickelten, handwerklichen Prozessen produziert werden müssen. Vgl. dazu sehr sachlich: Harald Kloft : Tragwerksplanung im Digitalen Workflow, in: Digital, real: Blobmeister: erste gebaute projekte, Basel, Boston (Ausstellungskat. Deutsches Architektur Museum Frankfurt) 2001, S. 8 –19. Die Suche nach formbaren Werkstoffen, die auch statisch zuverlässig sind, schreitet jedoch voran, wie z.B. ein Blick in die Website der Technischen Universiteit Delft zeigt: »What is known as ›liquid design architecture‹ by architects is called ›liquid design nightmares‹ by the building industry«, beginnt die Information zu einem Projekt »The Skin of a Blob«, das sich mit Glasfiber befasst (http://www.blob.tudelft.nl, 11. 6. 2005). 310 So erinnert sich Novak : »Although ›liquid architecture‹ was not limited to cyber-space, I made the strategic decision to suspend my involvement with physical architecture, and devote my time to championing the proposition that there would be a new architecture, and indeed entire cities, in this new space”, Novak 2001, S. 231.

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dem üblichen Gerede über Rechnerkapazität und Festplattengrößen überdeckt … Was würde geschehen, wenn wir uns das schuldbewusste Eingeständnis erlauben würden, dass der Computer in erster Linie endloses Spiel und Genusssucht ermöglicht? Würde dann nicht etwas anderes hinter den vielen ideologischen oder technologischen Rechtfertigungen für eine weiche, digitale Architektur lauern – vielleicht ein irrationaler, beinahe obszöner Wunsch nach ursprünglichen Lüsten, der perfide Zauber einer weichen gallertartigen Figur? Und könnten wir dann … lernen, den Blob zu lieben?« 311 fragt Peter Zellner in einem ehrenwerten Versuch, das Latente offenzulegen, und spricht mit der Gleichung von Gallert, Weiblichkeit und Genuss in Kombination mit diesem »wir« nolens volens die – nicht so – imaginäre Gemeinschaft männlicher, heterosexueller Kollegen an, deren Begehren offenbar ununterscheidbar zwischen dem kindlich-dyadischen und dem genitalen oszilliert. Greg Lynns Entwurf für ein Embryological House von 2000 (Abb. 120) mag hier stellvertretend für die Tendenz stehen. Die Semantisierungsmaschine Geschlecht tut weiterhin ihren Dienst, auch und gerade im Zeitalter digitaler Virtualität. Die Ideologie des Blob richtet sich nicht nur gegen das Jüngstvergangene der Postmoderne – die Kultivierung des Bruchs im Dekonstruktivismus –, sondern auch gegen die kühle Logik rationaler Bauprinzipien der Moderne: die Typenlehre eines Durand, den Standard eines Le Corbusier, die beide auf eine Reduktion von Komplexität gerichtet waren und eine – industrielle – Vervielfältigung von Architektur ermöglichten. Mit der Mediatisierung der Architektur nach dem Muster des Films – wobei der filmische Ablauf des Morphing nur die visuelle Oberfläche der Rechnertätigkeit bildet – stehen nun Ef-

311 Peter Zellner : Grübelei über den trügerischen Zauber einer soften digitalen Architektur Oder Wie ich lernte, mir keine Sorgen mehr zu machen und den Blob zu lieben, in: Digital, real: Blobmeister: erste gebaute projekte, Basel, Boston (Ausstellungskat. Deutsches Architektur Museum Frankfurt) 2001, S. 30 – 39, hier S. 38.

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fekte zur Verfügung, die den metaphorischen Apparat hergeben, mit dem der Aufstand gegen Norm und Statik als Unausweichlichkeit naturalisiert werden kann. Dass jedoch die alten Muster letztlich noch zwingend präsent sind, wird deutlich, wenn nun eben diese »alten« Tropen der Rationalität selbst verflüssigt, ins Unendliche gedehnt, in die Dynamik von Prozess und Evolution gemorpht werden und von einer neuen Typologie »im Schwebezustand«, vom »weichen Standard«, von der performativen Erweiterung des Modells die Rede ist.312 Das Schweben, das Weiche, das Performative, mit denen der Architektur das Statisch-Normative ausgetrieben werden soll, werden erst vorstellbar über die medialen Effekte der Entwurfsprogramme – wobei allerdings die affirmativ-utopisch ausgerichtete Architekturtheorie eben diesen Faktor des Medieneffekts gerne ungesagt lässt und gleich zur Ontologisierung schreitet. So scheint z. B. die »digitale Produzierbarkeit« dieser Architektur die »poststrukturalistische Utopie einer Welt« näher zu bringen, »in der es nur noch Unterschiede gäbe, sodass Sichunterscheiden nicht mehr ein Sichausschließen wäre«, wie Andreas Ruby Roland Barthes zitiert.313 Auch hier ist die Technologie »Mutter« des Gedankens, den die schiere Unendlichkeit der Formvarianten beim Blob-Entwurfsprozess evoziert. Dass den automatisch ablaufenden Rechenoperationen jeweils festgelegte Konfigurationen unterliegen, bleibt dabei unausgesprochen, ebenso der Gedanke, dass diese endlose Vielfalt mit Kontroll- und Eingriffsmöglichkeiten auf bisher nie erreichtem kapillarem Niveau einhergehen könnte, dass also die Vielfalt nur der Ausfluss von einigen wenigen Grundmustern, mithin auch eine formale Einförmigkeit in der Vielfalt das Resultat sein könnte, gegen die eines Tages die Architektur der Hochmoderne als Traum von Differenz erscheinen könnte – oder auch als Bollwerk gegen die unendliche ökonomische Verwertbarkeit dieser Variantenvielfalt, wie sie sich in der »Mass-Customization« (massenhafte Fertigung von Unikaten 314), der individuellen Maßanfertigung für den massenhaften Konsum von Gebrauchsgegenständen, bereits ankündigt.

312 Vgl. Andreas Ruby, Beyond Form. Architektur im Zeitalter ihrer digitalen Produzierbarkeit, in: Digital, real: Blobmeister: erste gebaute projekte, Ausstellungskat. Deutsches Architektur Museum Frankfurt (Basel) 2001, S. 206 – 212. 313 Roland Barthes : Über mich selbst, München 1978, S. 93. 314 Vgl. www.mass-customization.de/inhalt.htm, 19. 6. 2005. Die Digitalisierung von Design, Fertigung und Vertrieb erlaubt es, die Vorteile der Massenproduktion mit denen der kundenindividuellen Einzelanfertigung zu verbinden. Pionier ist hier der Computerhersteller Dell, der ein entsprechendes Fertigungs- und Vertriebssystem aufgebaut hat. Die dritte »World Conference on Mass Customization« fand 2005 in Hongkong statt, mit einer »mass customization study tour« nach Hangzhou, China.

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Sollte diese neue Möglichkeit einer unbegrenzten Vielfalt von Varianten einer Konfiguration, die nun die begrenzte Vielfalt standardisierter Modelle ersetzt, nicht eher als Diversität (diversity) denn als Differenz gedacht werden? Schließlich eliminiert der bruchlose Übergang der gemorphten Formen ineinander im Designprozess gerade jenes Dazwischen zwischen den Zeichen, das als Differenz gedacht wird und durch das die Zeichen erst bedeutsam werden. Diversität hingegen referiert auf definierte Identitäten von Varianten, die bereits modelliert und mithin aufrufbar, organisierbar, kontrollierbar und konsumierbar sind, deren Vielfalt unendliche Handlungsmöglichkeiten auf individueller Ebene suggerieren, deren informationstechnologische Grundlage jedoch gleichzeitig rigorose Formen umfassender Kontrolle erlaubt. Gerade diese Bruchlosigkeit jedoch, oder auch, das Homogene, das diese Diversität umgreift und das mit einem Begriff aus der Informatik als »Protokoll« bezeichnen werden kann, ver-führt zur Ontologisierung des Medialen.315 Omnimax und Virtual Reality (VR) hatten zum Ziel, durch die Abschaffung des äußeren »Bild«-Rahmens die Ontologisierung der Bilder als Präsenz und der Wahrnehmung der Betrachter als ein »Da Sein« zu erzeugen. Omnimax füllte das Sehfeld aus, und VR rückte das Auge in unmittelbare physische Nähe zum Bild. VR hat seine Anwendungsfelder, wie es scheint, mittlerweile verlagert, z.B. in den Operationssaal, da diese Technologie für den individuellen Gebrauch zu teuer ist. Omnimax bleibt an einzelne Lokalitäten gebunden, die im Rahmen einer städtischen Eventkultur aufgesucht werden müssen. Heute bietet der Bildschirm des PC jene Möglichkeiten, die von Architekturbüros genutzt werden, auch für den privaten Gebrauch; und hier wird nicht der äußere Bildrahmen eliminiert, sondern der zwischen den Bildern, in Fortsetzung der Sprache des Films. Ein Morphing-Programm muss nicht, wie der Film, geschnitten werden, zeigt also keine Diskontinuitäten mehr. Omnimax und Cyberspace teilen die Ideologie einer Ontologisierung des Mediums als Präsenz, einer Leugnung von Repräsentation. Wie Frances Dyson aufzeigt, scheint den Cyberspace- und Internet-Nutzern der äußere Rahmen ihres individuellen Bildschirms kein Hindernis zu sein, um ein Gefühl des »Du bist da« zu haben, anstelle des »als ob Du da wärst«. Dies wird Dyson zufolge ermöglicht

315 Galloway, Thacker 2004, S. 6 – 29. »Protocol«, ein Begriff aus der Informatik, der eine Technologie bezeichnet, die »… regulates fl ow, directs netspace, codes relationships, and coonects life forms … is less about power (confinement, discipline, normativity) and more about control (modulation, distribution, fl exibility)« (S. 10). Galloway und Thacker versuchen hier eine Theorie des politischen Widerstands als »Counter-Protocol« zu entwickeln, die jedoch in ihrem Festhalten an einer Ontologie des Protokolls letztlich recht ratlos wirkt.

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über eine Metaphorik des Raums, die aus der Architektur übernommen wird, um die User gegenüber der Immaterialität und Ortlosigkeit der virtuellen Medien imaginär ihres Ortes zu vergewissern. Aus den Betrachtern des Bildschirms werden Bewohner des Cyberspace, »netizens« (Netzbürger).316 Gegenüber den 1960 er Jahren hat sich also das Verhältnis der Diskurse von Architektur und Informationstechnologie umgekehrt: Nährten sich die Architekturvisionen von Fuller und McLuhan in den 1960 ern aus der Metaphorik der Informationstechnologie, so stabilisiert sich in den 1990ern letztere aus den architektonischen Metaphern des Raums, um die »Metaphysik der Präsenz der Architektur« für die Präsenz-Ideologie des virtuellen Raums zu nutzen.317 Dyson kommt zu einer wichtigen Schlussfolgerung: Der Wechsel von einer Manipulation der Repräsentation zur Manipulation einer Ontologie der Präsenz kann nur auf der Grundlage absoluter Hingabe (»Devotion«) der User funktionieren. Dieser Gedanke bietet zugleich auch eine Erklärung für ein anderes, seltsames Phänomen: Orte wie die Weltausstellung in Hannover 2000, der Londoner Millennium-Dome und andere Unternehmungen, die versuchen, ihre Anziehungskraft über die vom Omnimax-Kino bekannte Kombination von Architektur und Immersionsmedien im Sinne einer Kultur des Spektakels zu steigern, haben nur wenig Erfolg gehabt – ein weiterer Hinweis darauf, dass der Ort des Immersionskonsums an Bedeutung verliert, mithin auch die Öffentlichkeit, die Gemeinsamkeit dieses Konsums. Aber hier schließt sich die Frage an, ob nicht auch gerade das gefehlt hat, was Dyson als Voraussetzung der Leugnung des Akts des Sehens selbst und von Repräsentation, in der immersiven Phantasie des Hier-Seins und der Präsenz, postuliert hat: die »absolute devotion« der Konsument/innen dieser Spektakel. In einem Vortrag zum Scheitern des Millennium-Dome in London sprach Mark Dorrian davon, dass diese Architektur- und Medienspektakel ein »willing subject« 318 voraussetzten, das bereit sei, die recht unattraktive urbane und ästhetische Realität dieser Orte, die durchaus bis ins Groteske reichen kann, zu ignorieren, um in den Genuss der Immersionsangebote zu kommen.

316 Frances Dyson : »Space«, »Being«, and Other Fictions in the Domain of the Virtual, in: The Virtual Dimension. Architecture, Representation, and Crash Culture, hg. von John Beckmann, New York 1998, S. 27 – 45, hier: S. 31. 317 Zu den Legitimationsmetaphern des Raums für die Ideologie des Cyberspace vgl. Dyson 1998, zur Metaphysik der Präsenz der Architektur vgl. Peter Eisenman, Presentness and the ›Being-only-One‹ of Architecture, in: Anselm Haverkamp (Hg.): Reconstruction is/in America, New York 1995, S. 139. 318 Mark Dorrian : Urban Spectacle and the Rotary Eye, Vortrag auf der Konferenz Architecture between Spectacle and Use, Clark Art Institute, 29. – 30. 4. 2005, unveröffentlicht.

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Um wie viel leichter mag es da fallen, in »absoluter Hingabe« die Begrenzung des Bildfeldes auf dem Screen ebenso wie jenen Kokon und die Bewegungseinschränkungen zu vergessen, die den privaten User im heimischen Raum vor dem Computerbildschirm umgeben, in einem Akt »willentlicher« Versunkenheit, die von der Übernahme architektonischer Raum-Metaphern in den Diskurs des Cyberspace gestützt wird. An dieser Stelle sei kurz zusammengefasst: Die architektonische Praxis des Blob ist eingebettet in die Technologie und Diskurse der bildgenerierenden Computerprogramme, insbesondere der Virtual Reality und des Internet. Hier kreuzen sich das digitale Medium des bewegten Bildes, die Imagination von Netzwerken und immateriellen Räumen, die Architektur, das Spektakel und die öffentlichen, ortsfixierten Praktiken des Bildkonsums mit den privaten. Was ließe sich aus diesem Szenarium für unsere Frage nach den Räumen säkularer Kulte heute schließen? Für Debord 319 hatten in den 60er Jahren die Betrachter eine einseitige Beziehung zum Spektakel als einem Zentrum, das die Betrachter zwar vereint, aber gleichzeitig voneinander isoliert, wobei den Individuen ihre Isolation im Akt des Konsums eines Spektakels verborgen bleibt. Das Spektakel ist hier ein Warenfetisch, der Betrachter entfremdeter Konsument. Hier liegt ein zentraler Unterschied zum Kult. In den Spektakeln der Kulte politischer Einheit auf den Plätzen und in den »Tempeln« der politischen »Religion« nahmen die Individuen als Akteure wie als Zuschauer am Kultschauspiel in einer Art »exekutiver Mobilisierung« teil 320 und führten so ihre Gemeinschaft auf. Der politische Kult war performativer Akt und Betrachten zugleich; er sollte die Individuen als Bürger eines Staates vereinen. Das Spektakel bei Debord unterscheidet sich vom Kultspektakel also in zweierlei Hinsicht: Zum einen steht gegen die doppelte Isolierung des Zuschauers bei Debord die Zentrierung auf der Gemeinschaft im Kult, zum anderen kann die Teilnahme an den Kultspektakeln der Revolution wohl kaum als Konsumhandlung betrachtet werden. Dennoch ist gerade der Mediendiskurs, auch in seinen Globalitätsphantasien, besonders »fiebrig«, faszinations- und imaginationsgetrieben, nicht unähnlich dem Revolutionsfieber, das jede wirkungsvolle politische Religion entfaltet. Wie wäre jedoch die Verbindung

319 Ein kanonisch gewordener Text: Guy Debord: La societé du spectacle, Paris 1967. 320 Umberto Cerroni : Teoria della società di massa, Roma 1983, S. 318. Cerronis Begriff der »exekutiven Mobilisierung« bezeichnet eine Masse, die durch ein Gefühl kollektiver Macht aktiviert ist, die jedoch zugleich durch das Gefühl der Aufgehobenheit in einer kollektiven Identität vom politischen Eingreifen abgehalten wird.

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denkbar? Samuel Weber hat in einem Essay von 2004 »Networks, Netwar, and Narratives« zusammen gedacht, angeregt von den Post9/11-Entwicklungen in der militärischen Doktrin zur Anti-TerrorKriegführung.321 Eine zentrale Frage seines Textes möchte ich als aktuelle Variante unserer Ausgangsfrage begreifen, wie eine Semantik der Einheit strukturiert und erfahrbar wird: Was hält ein Netzwerk zusammen? Netzwerke, horizontal und dezentral organisiert, sind räumlich-zeitlich dispersiv und relativ indeterminiert; ihre Grenzen sind qua Struktur schwer zu bezeichnen. Ihnen fehlt ein Zentrum, eine Führung, eine Hierarchie. Im traditionellen militärischen Denken sind dies Defizite, denen jedoch auch Vorteile gegenüber stehen: Wo es kein Zentrum und keine Führung gibt, können diese auch nicht zerstört werden. Wie also können diese Vorteile von Netzwerkstrukturen mit den militärischen Notwendigkeiten von Führung und Lenkung vereint werden? Das Militär scheint an diesem Punkt von der Wirtschaft zu lernen, die für ihre Umsetzung digitaler Globalisierung in unternehmerische Strategien wiederum militärische Begriffe eingeführt hat: die »Mission«, den »Target«. Und in der Tat, das Militär greift nun zu Strategien der Zentralisierung und Fokussierung von Netzwerken, die den »Mission Statements« der Wirtschaft ähneln: Es sieht die Notwendigkeit von übergreifenden Narrativen, die nun die Führerpersönlichkeit ersetzen sollen und den »dispersed events« 322 einen Zusammenhalt geben sollen. An die Stelle des Helden, des Führers, tritt die »doctrinal leadership«, die den Informationsfluss formen soll und jene Geschichte hervorbringt, die die militärische Doktrin, ihre Strategie und ihre Taktiken informiert. Hier möchte ich eine Verbindung herstellen zur Paradoxie einer De-Hierarchisierung der globalisierten Medien mit dem dazugehörigen Diskurs des Fließens, Grenzenlosen, also einer Rede, die aus der Indeterminiertheit eine Tugend macht, und dem quasi-religiösen Charakter dieser Rede. Das Medienfieber formiert sich über ein selbstreferentielles Narrativ, das jede sozio-ökonomische Kontextualisierung aus den Augen zu verlieren scheint, das geprägt ist von Tropen der Naturalisierung und das Wahrnehmungsdispositive bereitstellt, die analog zu dieser Selbstreferentialität ein narzisstisches Betrachtersubjekt konstruieren. Eine weitere, historische Analogie sei ins Spiel gebracht: Auch der Kult des Citoyen, der Volkssouveränität, des bürgerlichen Subjekts, der sich in der Einheitsmetapher

321 Samuel Weber : Target of Opportunity: Networks, Netwar, and Narratives, in: Grey Room 15, Spring 2004, S. 6 – 27. 322 Ebd., S. 23. Vgl. auch den bereits erwähnten »Netwar-Centric War Primer«, dessen Aufmachung einer Publikation der »Corporate Culture« mit »Mission Statements« entspricht.

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der Kugel manifestierte, ist selbstreferentiell. Aber wie weit reicht diese Analogie? Der Kult der Volkssouveränität strukturierte sich über eine Semantik der Repräsentation. Auch die Bilder dieses Kultes, zu denen die Architekturvisionen Boullées zählen, lebten aus der Spannung zwischen immersiver Imagination und Betrachterdistanz, die Voraussetzung der Repräsentation ist. Der Medienkult hingegen zieht, wie dargelegt, seine Naturalisierungsdynamik aus der Ontologisierung des Visuellen als Präsenz;323 und im – tendenziell endlosen – Moment der Präsenz wird Geschichtslosigkeit, Vergessen »implementiert«, um im digitalen Bild zu bleiben. Könnte es sein, dass das Narrativ der Neuen Bildmedien eben dieses Vergessen als »Target« fokussiert? Historisch gesehen würde dies bestätigt von der Rede einer Auflösung der Nationalstaaten 324 im Zeitalter der Globalisierung, einer Rede, welche die Vorstellung einer konfliktfreien Welt mit sich führt, die aber von der Realität einer Hegemonie jenes Staates begleitet ist, welcher die technologische Vormachtstellung hat. Die Kriegführungen der USA seit 2001 zeigen jedoch auch, dass Sorge besteht, diese Vormachtstellung an andere Nationen verlieren zu können. Eine Schlussfolgerung des Gesagten wäre, dass, parallel zur medialen Induzierung von Ortlosigkeit, der Kugelbau seine Funktionen als baulicher Signifikant, als Bild, als Erfahrungsraum von Einheit verloren hat. Dafür spräche, dass es meines Wissens kaum Neubauten in Kugelgestalt gibt; auch der Londoner Millennium-Dome (Abb. 121) hatte keine Kugelform, sondern ähnelte eher einer Linse oder einem UFO, das auf der Erde vertäut war, um es am Abheben zu hindern. Der

323 Ich folge hier den Thesen von Frances Dyson. 324 Hier sei auf die gemeinsame Genese von »Geschichte« und »Nation« als Kollektivsingular in der Spätaufklärung (vgl. Reinhart Koselleck : Geschichte, Nation, beide in: Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland, hg. v. Otto Brunner, Werner Conze, Reinhart Koselleck , Bd. 2, Stuttgart 1975, Bd. 7, Stuttgart 1992) hingewiesen.

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Kugelbau wäre also bereits Vergangenheit, die realisierten Bauten mithin Spuren jüngster Geschichte, und damit ihrerseits Monumente geworden, allein schon auf Grund ihrer Insistenz auf einem – öffentlichen – Ort. Der Medienkünstler und Industriedesigner Krzysztof Wodiczko hat diese neue Monumentalität genutzt, als er 2000 325 beim binatio– nalen Kunstprojekt InSITE den Kugelbau des Omnimax-Theaters im Centro Cultural Tijuana, Mexiko, für eine Videoprojektion in Realzeit einsetzte. (Abb. 122) Die Projektion zeigte jeweils das Gesicht einer Frau, die über erlebte Traumata von Vergewaltigung, den Zerfall ihrer Familie, Alkoholismus, Repressionen am Arbeitsplatz und Polizeigewalt sprach. Das Projekt bezog sich auf die mexikanischen Frauen, die unter elenden Bedingungen in den Fabriken an der Grenze zwischen Mexiko und den USA arbeiten. Die Frauen hatten sich freiwillig zur Verfügung gestellt und waren mit einem »Headset« mit integrierter Kamera und einem Mikrophon ausgerüstet worden, sodass sich die Frauen während des Sprechens bewegen konnten. Wodiczko bezeichnet dieses Sprechen als »Testimony«, als ein Zeugnis-Ablegen von Menschen, die in der Regel keine öffentliche Stimme haben. Das Entscheidende für unseren Zusammenhang ist, dass die Videos nicht im Omnimax Theater, sondern auf die Außenhaut des Theaters, einer Kugel mit einem Durchmesser von 20 Meter, projiziert wurden und so vom Platz vor dem Kino aus gesehen werden konnten. Es ist sicher kein Zufall, dass 1982 ausgerechnet ein Kugelbau als zentrales Zeichen für dieses Kulturzentrum, das in der besonderen Grenzsituation Tijuanas die regionale Kultur und Geschichte pflegen sollte, gewählt worden war. Mit seinem Setting hatte Wodiczko den Monumentcharakter dieses Kugelbaus akzentuiert, aus dem Omnimax-Kino wieder eine »sprechende« Architektur und aus dem Platz einen Ort des gemeinsamen Sehens und der Debatte gemacht. Zugleich wurde, als die Außenhaut des Omnimax-Kinos zum Screen mutierte, der Kinoraum von innen nach außen, in die städtische Öffentlichkeit, gekehrt. Platz und Kino wurden so zu einem »… forum that granted them (den Frauen) enormous scale and visibility. Their huge talking heads attracted hundreds of onlookers who stood spellbound on a rainy night, as stories generally suppressed became audibly and visibly public.« 326 In einer Kombination von Architektur, urbanem

325 Vgl. dazu Patricia Phillips : Creating Democracy: A Dialogue with Krzysztof Wodiczko, in: Art Journal, Vol. 62, Nr. 4, Winter 2003, S. 32 – 49. Wodiczko erläutert hier seine Praxis der »Public Art”, u.a. im Sinne des Politikverständnisses von Chantal Mouffe und Ernesto Laclau. Vgl. außerdem http://web.mit.edu/idg/cecut. html, 15. 6. 2005.

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öffentlichem Raum, einer hochtechnologischen Aufzeichnungs- und Projektionsapparatur und der öffentlichen Rede von Individuen wurden sowohl Verortung wie Gedächtnis hergestellt, eine Verbindung, die gleichsam zwangsläufig auch die Dimension des Politischen hervorbrachte. Mit dieser Konzentration auf Ort und Gedächtnis praktizierten Wodiczko und die Teilnehmer/innen seiner Projekte eine der digitalen Dispersion gegenläufige Strategie, die ihre Argumente klugerweise nicht auf der Seite der Technologiefeindlichkeit suchte, sondern gerade den Zugang zur Medienöffentlichkeit zum Thema machte. So beschrieben, klingt das Projekt wie ein gutgemeintes, politisch korrektes Unternehmen, das sich zum Ziel setzte, Menschen einen öffentlichen Wirkungsraum zu verschaffen, die sonst keinen Zugang zu dieser Ressource haben. Wodickos Entscheidung, die Bilder der sprechenden Gesichter auf die Außenhaut der Omnimax-Kugel zu projizieren, führte jedoch eine merkwürdige Brechung in dieses Szenarium von Emanzipation und Identitätsförderung ein, denn die riesigen Gesichter waren durch den kugeligen Untergrund zu Fratzen verzerrt; die erzählenden Subjekte, die nun endlich eine Stimme hatten, waren zugleich zu monströsen Schau-Objekten geworden. Dieser Effekt war durch einen simplen Bruch zwischen Medium (dem Video) und Screen (der Kugel) erzielt worden: Für eine unverzerrte Projektion auf sphärischem Untergrund wäre die Filmtechnologie des Imax-Kinos vonnöten gewesen, die jedoch auch nur auf einem konkav gewölbten sphärischen Screen funktioniert hätte, nicht auf dem konvexen der Außenhaut. Erst das Format des Videofilms auf der Kugel brachte diese Spektakularität des Monströsen hervor. Kugel und Film »passten« gleichsam nicht zusammen, weshalb die Kugel nun vom Raumkörper der Einheit zur Bildfläche eines sozialen Anta-

326 Leah Ollman : Losing Ground: Public Art at the Border, in: Art in America, Vol. 89, May 2001, S. 68 – 71, bes. 70 f.

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gonismus mutierte. Gleichzeitig wurde sie so jedoch auch wieder als Architektur sichtbar, als Bauform. Interventionsorientierte künstlerische Praxis wie die Wodiczkos 327 begreift »… the city as a locus of competing interests, ideologies, and languages, and infiltrates preexisting forums and forms in order to dramatize rather than resolve conflicts inherent in modern life.« 328 Seine Strategie der spektakulären Deformation kann als Mittel einer solchen Dramatisierung aufgefasst werden, die den Verdacht einer Harmonisierung der involvierten sozialen und ethnischen Konflikte gar nicht erst aufkommen lässt. Dann aber stellt sich aufs Neue jene Frage, die partizipatorisch-interventionistische Kunstprojekte immer wieder mit sich bringen: Öffnet eine solche Strategie nicht die Kluft zwischen dem Künstler/Autor – der Künstlerin/Autorin, der/die das Szenarium entwickelt, und den Teilnehmer/innen, die sich ihm letztlich aussetzen? Spektakel und Kult haben historisch gesehen eine enge Beziehung, bedingen sich jedoch nicht gegenseitig. Kult ohne Spektakel ist kaum vorstellbar, Spektakel ohne Kult hingegen wohl. Goebbels hatte geplant, das Fernsehen als kollektive Kulthandlung in öffentlichen Hallen einzuführen, um das Bild des Führers in die Herzen des Volkes zu pflanzen. Die Industrie dagegen stand dieser Kollektivierung feindlich gegenüber, denn sie wollte den individuellen, privaten TV-Konsum, um den Profit zu maximieren.329 1935 gab es also noch einen Konflikt zwischen staatlicher Zentralisierung und privatwirtschaftlichen Interessen, die auf die Vereinzelung im Privaten setzten, um den Umsatz zu steigern. Heute ist dieser Konflikt nicht mehr relevant, da die digitale Vernetzung der Medien den Konflikt zwischen Kontrolle und gelenktem Informationsstrom einerseits und der Vereinzelung im Konsum andererseits aufgehoben hat – ein Symptom für die integrierte Gesellschaft des Spektakels, wie sie Guy Debord in einem späteren Text diagnostizierte,330 die sich durch ein flexibles Verhältnis von globaler Macht und lokalen Bedingungen auszeichnet. Als Jonathan Crary 1989 fragte, ob wir uns noch in einer Gesellschaft des Scheins befänden, oder bereits in einem nichtspektakulären glo-

327 Vgl. dazu auch: Nato Thompson, Gregory Sholette (Hg.): The Interventionists: User’s Manual for the Creative Disruption of Everyday Life, Ausstellungskatalog MassMoCa, North Adams, Mass. 2004/2005. 328 Eleanor Heartney : Critical Condition: American Culture at the Crossroads, Cambridge, New York 1997, S. 183. 329 Vgl. Jonathan Crary : Spectacle, Attention, Counter-Memory, in: October, Nr. 50, Fall 1989, S. 97 –107, bes. S. 104, der sich bezieht auf William Uricchio : Rituals of Reception, Patterns of Neglect: Nazi Television and its Postwar Representation, in: Wide Angle, Vol. 10, Nr. 4, 1988, S. 48 – 66. 330 Guy Debord : Commentaires sur la société du spectacle, Paris 1988, S. 17 – 19.

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balen System, das vor allem durch Kontrolle und Fluss von Information organisiert sei, war offenbar noch nicht deutlich, dass auch und gerade die Informationsgesellschaft eine Gesellschaft des Spektakels sein würde, da die digitale Information in der Lage ist, Bild und Ton aus unterschiedlichen Quellen zu integrieren und zu transportieren. Gerade Einheitsphantasien können diesen Integrationskräften gegenüber wohl kaum als angemessene Strategie des Widerstands gegen das paradoxe Gewebe von Globalisierung und Atomisierung betrachtet werden; sie würden zwangsläufig im Fundamentalismus enden – eine Tendenz, die sich in den blutigen »Kulturkampf«-Szenarien zu Beginn des 21. Jahrhunderts auch medienpolitisch verifiziert. Im Rückblick wird deutlich, dass die Einheitsimagines der Französischen Revolution nicht einfach als heroische Vorgeschichte moderner westlicher Freiheit gelesen werden können. Die Kugelmetapher der Jakobiner wie die Netzmetapher des digitalen Zeitalters, welche die dichte Verwebung von totalisierendem Traum und Technologie begleiten, waren und sind getragen von dem Wunsch, Differenzen wie die des Geschlechts und die sie begleitenden Oppositionen zu transzendieren. So zeigt sich in der Metaphorik des Fluiden, Grenzüberschreitenden, mit dem das World Wide Web utopisch aufgeladen wird, eine strukturelle Gemeinsamkeit mit dem Gleichheitstraum der Jakobiner als einer Erlösung von Differenz – und der Notwendigkeit, gerechte Formen des Umgangs mit ihr zu finden. Allerdings scheint die Wunschmaschine der Totalität nur über die Semantik der Differenzen angetrieben werden zu können, wobei die Radikalität der Totalität die Polarisierung der Differenzen bedingt. Die leere Mitte der Einheit wird gefüllt mit den normativ ausgeformten Versionen der Unterschiede. Hier, in der unmittelbaren Gegenwart, muss meine Geschichte der Kugelvisionen schließlich enden, denn sie hat sich als historischer »Endpunkt« eines Dispositivs erwiesen: Die stereometrische Allsymmetrie findet dort ihr Ende, wo die Figur einer Überwindung jeglicher Alterität vom Tempel der Gleichheit in den sphärischen Bildschirm, vom Politischen ins Mediale wandert.

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Literaturverzeichnis

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Verzeichnis der Abbildungen

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K UGELBAUVISIONEN 20. Étienne-Louis Boullée: Newton-Kenotaph, Schnitt mit Tageffekt innen, Federzeichnung laviert, 39,8 × 64,7 cm, Paris, Bibliothèque nationale, in: Vogt 1969, S. 24. 21. wie Abb.13. 22. wie Abb. 10. 23. Jean-Charles-Alexandre Moreau: Grabmonument für einen Herrscher, Preisgekrönter Entwurf des Wettbewerbs der Académie Royale d´Architecture, Schnitt, 1785, Paris, Bibliothèque nationale, in: Pérouse de Montclos 1984, S. 193. 24. Pierre-Jules Delespine: Newton-Kenotaph, Aufriss, 1785, Paris, Bibliothèque nationale, in: Vogt 1969, S. 108, Abb. 108. 25. Jean-Nicolas Sobre: Projekt für einen Tempel der Unsterblichkeit, Ansicht, 1793 – 1797, hier nach Landon, Annales du Museé, École française moderne. Architecture, 2nd ed., Paris 1834, S. 114 – 115, Tafel 65 – 66, in: Leith 1991, S. 311, Abb. 361. 26. Nicolas-Marie Gatteaux: Säule zum Andenken der Revolution, Ansicht, 1790, Radierung und Stich, 55,5 × 41 cm, Paris, Bibliothèque nationale, in: Leith 1991, S. 71, Abb. 70. 27. Louis Combes: Nationalversammlung, Ansicht, 1789, Paris, Archives Nationales, in: Leith 1991, S. 92, Abb. 96. 28. Louis Combes: Nationalversammlung, Schnitt, 1789, Paris, Archives Nationales, in: Leith 1991, S. 92, Abb. 97. 29. Louis Combes: Nationalversammlung, Detail Kuppel, in: Leith 1991, S. 93, Abb. 98. 30. Jean-Jacques Lequeu: Entwurf für einen Tempel der Gleichheit, Ansicht und Schnitt, 1793 – 1794, Federzeichnung laviert, 40,2 × 32 cm, Paris, Bibliothèque nationale, in: Leith 1991, S. 178, Abb. 198. 31. Jean-Jacques Lequeu: Entwurf für einen Tempel der Erde, Schnitt, 1794, Federzeichnung laviert, 51,5 × 35,1, Paris, Bibliothèque nationale, in: Leith 1991, S. 180, Abb. 202. 32. Étienne-Louis Boullée: Gemeindepalast, 1792, Schnitt, 1792, Federzeichnung laviert, 43 × 101 cm, Paris, Bibliothèque nationale, in: Pérouse de Montclos 1969, o. S., Abb. 111. 33. Charles-Étienne Durand und Jean-Thomas Thibault: Projekt für einen kleinen Tempel décadaire, Ansicht und Schnitt, Paris, Bibliothèque nationale, in: Leith 1991, S. 182, Abb. 204. 34. Charles-Étienne Durand: Entwurf für einen Temple décadaire, Ansichten, Schnitte und Grundriss, Paris, École des Beaux-Arts, in: Leith 1991, S. 257, Abb. 306. 35. Étienne-Louis Boullée: Projekt eines Denkmals zu Ehren des höchsten Wesens (Detail), zwischen 1781 und 1793, Federzeichnung laviert, 40 × 118 cm (Größe des ganzen Blattes), Paris, Bibliothèque nationale, in: Pérouse de Montclos, J.-M.: Étienne-Louis Boullée, Paris 1994, S. 127, Abb. 129. 36. Étienne-Louis Boullée: Entwurf für einen pyramidalen Kenotaph für Marschall Turenne, Schnitt, zwischen 1781 und 1793, Federzeichnung laviert, 43 × 65 cm, Paris, Bibliothèque nationale, in: Pérouse de Montclos, J.-M.: Étienne-Louis Boullée, Paris 1994, S. 159, Abb. 179. 37. Isidore-Stanislas-Henri Helman (nach Monnet): Der Brunnen der Erneuerung auf der Place de la Bastille am 10. August 1793, erste Station des Umzuges beim Fest der Einheit und Unteilbarkeit in Paris 1793, 1796, Radierung und Stich, 35 × 46 cm, Paris, Bibliothèque nationale, in: Herding, K.; Reichardt, R.: Die Bildpublizistik der Französischen Revolution, Frankfurt am Main, 1989, S. 29, Abb.19. 38. Monument der Natur in dem zum Tempel der Vernunft bestimmten Straßburger Münster, Kupferstich, Straßburg, Frauenhaus Museum, in: Lankheit 1973, S. 39, Abb. 30.

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VERZEICHNIS

DER

A BBILDUNGEN

39. Frontispiz von Auguste Blanchard (d. Ä.): Catéchisme de la Nature, Paris Jahr II (1793/94), Paris, Bibliothèque nationale, in: Harten 1989, S. 109, Abb. 47. 40. Anonym: Tempel mit Halbsphärenkuppel, Schnitt, New York, Cooper Hewitt Museum, in: Szambien 1986, S. 84, Abb. 62. 41. Alexis-François Bonnet: Entwurf für einen Tempel der Gleichheit, Ansicht, 1794, Zeichnung laviert, 42 × 100,5 cm, Paris, Musée Carnavalet, in: Szambien 1986, S. 100, Abb. 88. 42. Friedrich Wilhelm Gmelin: Proserpinagrotte mit Altar und Monstren in der Ermitage von Arlesheim (Schweiz), 1786, Stich, Basel, Stadt- und Münstermuseum, in: Buttlar, 1989, S. 241, Abb. 16. 43. Étienne-Louis Boullée: Tempel der Vernunft oder der Natur (Abb. 11, Detail), Grotteneingang. 44. Favart: Entwurf für ein Gefängnis (Detail), Ansicht des Eingangs, 1793, Federzeichnung laviert, 97 × 59 cm (Größe des ganzen Blattes), Paris, École des Beaux-Arts, in: Szambien 1986, S. 127, Abb. 123. 45. Jeremy Bentham: Panopticon, Grundriss und Schnitt, 1791, University College London Library, in: Comment 2000, S. 141, Abb. 70. 46. Jacques-Pierre Gisors: Entwurf für ein öffentliches Gefängnis, Grundriss, Preisgekrönter Entwurf des Wettbewerbs der Académie Royale d´Architecture 1778, Zeichnung laviert, Paris, École nationale supérieure des Beaux-Arts, in: Pérouse de Montclos, J.-M.: Étienne-Louis Boullée, Paris 1994, S. 190, Abb. 211. 47. Louis François Trouard: Collège, Grundriss, 1780, in: Vogt 1969, S. 112, Abb. 112.a. 48. Gefängnis S. Stefano, Ventotene, Grundriss, 1796, in: De Rossi, G. M.: Ventotene e S. Stefano, Un’agile ma esauriente guida per la riscoperta storica, archeologica e naturalistica delle due isole e per una loro »rilettura« nel Museo di Ventotene, o. O., o. J., S. 76. 49. wie Abb. 37. 50. Louis Carrogis Carmontelle: Wald der Gräber im Park Monceau, in: Carmontelle, L. C.: Jardin de Monceau, 1779, Tafel XII, Kupferstich und Radierung, 43,5 × 58,5 cm, Kassel, Staatliche Kunstsammlungen Schloß Wilhelmshöhe. 51. Blick auf den Garten von Beaumarchais, vom Boulevard aus gesehen, mit dem Voltaire-Denkmal, Paris, Bibliothèque nationale, in: Stern 1930, S. 221. 52. François Martin: Grabmal für Marat im Garten der Cordeliers, Paris, Bibliothèque nationale, in: Leith 1991, S. 130, Abb. 140. 53. Pierre-François Palloy: Entwurf für einen Jardin national bei der Bastille, 1792, Radierung, Paris, Bibliothèque nationale, in: Leith 1991, S. 76, Abb. 75. 54. Pierre-François Palloy: Säule für den Platz der Bastille, 1792, Radierung, Paris, Bibliothèque nationale, in: Leith 1991, S. 77, Abb. 76. 55. Armand-Parfait Prieur: Entwurf für einen Tempel der Freiheit auf den Resten der Bastille, Paris, Musée Carnavalet , in: Leith 1991, S. 74, Abb. 74. 56. Matthias Merian der Ältere: Nutrix Terra, 1618, in: Wüthrich, H. L. (Hg.): Maier, Michael: Atalanta fugiens hoc est Emblemata nova de secretis naturae chymica Authore Michaele Majero, Faks.-Ausgabe der Oppenheimer Orig.- Ausg. 1618, Kassel (u.a.) 1964, S. 17. 57. François Gérard: Napoleon I. im Krönungsornat, 1810, Öl auf Leinwand, 223 × 146,5 cm, Dresden, Gemäldegalerie Neue Meister, in: Langer, B. (Hg.): Pracht und Zeremoniell – Die Möbel der Residenz München, München 2002, S. 278, Abb. 119. 58. Favart: Entwurf für eine Tumba für die Märtyrer der Freiheit, Ansicht, 1794, Tusche und Aquarell, 65 × 101 cm, Paris, École des Beaux-Arts, in: Szambien 1986, S. 95, Abb. 80. 59. F. Gilly: Entwurf zu einem Tempel als Denkmal für Friedrich II, Gesamtansicht der Längsseite, 1796, Berlin, Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz.

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K UGELBAUVISIONEN 60. Friedrich Gilly: Denkmal für Friedrich den Großen, Modell nach Entwurf im Auftrag von Albert Speer, Fotografie, in: Die Baukunst. Die Kunst im Deutschen Reich, August/September 1942, Titelseite. 61. Waterloo Denkmal, Grabhügel bei Waterloo, 1815, Fotografie, in: Hutter 1990, S. 45, Abb. 14. 62. Meyer und C. Ohmann nach Schinkel: Erinnerungsblatt an die Grundsteinlegung des Kreuzberg-Denkmals, 1819, Lithographie, 69 × 46,1 cm, Berlin, Schlösser und Gärten, in: Karl Friedrich Schinkel. Architektur Malerei Kunstgewerbe, Kat. Ausst. Berlin (West) 1981, S. 144. 63. Wilhelm Kreis: Für Russland bestimmtes Ehrenmal am Dnjepr, 1941, Kreis-Archiv, Burg Arntz, in: Nerdinger, W.; Mai, E. (Hg.): Wilhelm Kreis, Architekt zwischen Kaiserreich und Demokratie 1873 – 1955, S. 156 (Erstveröffentlichung in: Die Baukunst. Die Kunst im Deutschen Reich, Juli 1941). 64. Friedrich Weinbrenner: Entwurf zu einem Nationaldenkmal der Schlacht bei Leipzig Ansicht (Detail), 1814, Federzeichnung, 45,5 × 57,5 cm, Karlsruhe, Staatliche Kunsthalle, in: Lankheit 1979, S. 27, Abb. 17. 65. Friedrich Weinbrenner: Monument dédié à la Grande Armée in Paris, 1806, Schülerkopie, Federzeichnung, 26 × 39 cm, Privatbesitz, in: Lankheit 1979, S. 23, Abb. 14. 66. Leo von Klenze: Monument für die Befriedung Europas, perspektivische Ansicht, 1814, Fotografie, Original verschollen, München, Bayerische Staatsbibliothek, in: Buttlar 1999, S. 73, Abb. 71. 67. Gustav Kraus: Die Einweihung der Walhalla am 18. Oktober 1842, Lithographie, 1842, Münchner Stadtmuseum, in: Buttlar 1999, S. 163, Abb. 191. 68. Bruno Schmitz: Kyffhäuser Denkmal auf dem Kyffhäuser, perspektivische Ansicht, 1896, in: Bruno Schmitz: XIII Sonderheft der Berliner Architektenwelt, Berlin 1913, S. 12. 69. Bruno Schmitz: Völkerschlachtdenkmal, 1898 – 1913, Ansicht, in: Pasener, J.: Berlin auf dem Weg zu einer neuen Architektur, München 1979, S. 96. 70. Einweihungsfeierlichkeiten des Völkerschlachtdenkmals am 18. Oktober 1913, Fotografie, in: Hutter 1990, S. 184, Abb. 90. 71. Bruno Schmitz: Kyffhäuser-Denkmal auf dem Kyffhäuser, 1896, Barbarossa-Nische, Fotografie, in: Bruno Schmitz: XIII Sonderheft der Berliner Architektenwelt, Berlin 1913, S. 15. 72. Bruno Schmitz: Kyffhäuser-Denkmal, 1896, Gruft mit Kolossalfiguren im Inneren des Sockels, Fotografie, in: Bruno Schmitz: XIII Sonderheft der Berliner Architektenwelt, Berlin 1913, S. 35. 73. Bruno Schmitz: Kyffhäuser-Denkmal, 1896, Gruft im Inneren des Sockels, Darstellung der Volkskraft, in: Bruno Schmitz: XIII Sonderheft der Berliner Architektenwelt, Berlin 1913, S. 38. 74. Bruno Schmitz: Kyffhäuser-Denkmal, 1896, Grundriss des Denkmals mit Platzanlage, in: Arndt 1978, S. 83, Abb. 7. 75. Rudolph, Q.: Postkarte, »Die deutschen Nationaldenkmäler angetreten zum Größenvergleich«, in: Daidalos, Nr. 49, September 1993, S. 35. 76. Ivan Leonidow: Architekturmodell (Detail), Entwurf für die Lenin-Bibliothek in Moskau, 1927, in: Chan-Magomedov, S.: VHUTEMAS. Moscou 1920 – 1930, Paris 1990, S. 629. 77. Ivan Leonidow: Architekturmodell, Entwurf für die Lenin-Bibliothek in Moskau, 1927 – 1970, in: Vogt 1974, S. 95, Abb. 28 b. 78. Claude Nicolas Ledoux: Haus des Flurwächters für Château et Fabriques de Mapertuis près de Coulommiers, Departement Seine-et-Marne, Ansicht, in: Ledoux, Claude Nicolas: L’architecture: considérée sous le rapport de l’art, des moeurs et de la législation, Bd. 2, Nachdr. der Ausg. Paris 1846, Nördlingen 1990, Tafel II, 254 im Original, Tafel (Bd. 2) 319 im Nachdruck.

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VERZEICHNIS

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79. Boris M. Jofan, A. Šuko, Vladimir G. Gel´frejch: Überarbeiteter Entwurf für einen 420 m hohen Palast der Sowjets, perspekt. Ansicht, 1933, in Bodenschatz, H. (Hg.): Städtebau im Schatten Stalins: Die internationale Suche nach der sozialistischen Stadt in der Sowjetunion 1929 –1935, Berlin 2003, S. 174. 80. wie Abb. 63. 81. Nembhard N. Culin: Poster, 1937, in: Cohen, B.; Heller, S.; Chwast, S. (Hg.): Trylon and Perisphere. The 1939 New York World´s Fair, Kat. Ausst., New York 1989, S. 25. 82. Perisphere, 1939, New York World´s Fair, Fotografie, in: Kretschmer 1999, S. 212. 83. wie Abb. 6. 84. Futurama, 1939, New York World´s Fair, Fotografie, in: Cohen, B.; Heller, S.; Chwast, S. (Hg.): Trylon and Perisphere. The 1939 New York World´s Fair, Kat. Ausst., New York 1989, S. 45. 85. Democracity im Inneren der Perisphere, 1939, New York World´s Fair, in: Bush 1985, Abb. 115. 86. Étienne-Louis Boullée: Newton-Kenotaph, Schnitt mit Nachtversion innen, Federzeichnung laviert, 40 × 66 cm, Paris, Bibliothèque Nationale, in: Vogt 1969, S. 25. 87. Pavillon der USA mit Kuppel von Richard Buckminster Fuller, Weltausstellung Montreal 1967, Fotografie, in: Kretschmer 1999, S. 246. 88. Daniel Libeskind, Imperial War Museum North, Manchester, 2000 – 2002, Fotografie, in: The Trustees of the Imperial War Museum North (Hg.): Imperial War Museum North, o. O. (Manchester), o. J., S. 47. 89. Engelberg Kremser: Modell des Wettbewerbbeitrags für das Denkmal für die ermordeten Juden Europas, 1994, Fotografie im Besitz des Architekten. 90. Robert Würfel et al.: Modell des Wettbewerbbeitrags für das Denkmal für die ermordeten Juden Europas, 1994, in: Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen 1995, Nr. 1018. 91. Peter Eisenman: Denkmal für die ermordeten Juden Europas, 2001 – 2005, Berlin, in: Noever, P. (Hg.): Peter Eisenman. Barfuss auf weiß glühenden Mauern/ Barfoot on white-hot walls, Kat. Ausst., Wien, Österreichisches Museum für Angewandte Kunst, 2004/2005, Ostfildern-Ruit 2004, S. 159. 92. Experiments in Art & Technology (EAT): Pavillon von Pepsi-Cola, Expo Osaka, 1970, in: Bauwelt 20, Mai 1970, Jahrgang 61, S. 783. 93. Franz Bornemann: Auditorium der Deutschen Pavillon auf der Expo Osaka, Außenansicht, 1970, Fotografie, in: Arch+, Nr. 149/150, 2000, S. 122. 94. Experiments in Art & Technology (EAT): Pavillon von Pepsi-Cola, Schnitt, Expo Osaka, 1970, in: Arch+, Nr. 149/150, 2000, S. 130. 95. Experiments in Art & Technology (EAT): Pavillon von Pepsi-Cola, Innenansicht, Expo Osaka, 1970, Fotografie, in: Arch+, Nr. 149/150, 2000, S. 131. 96. Franz Bornemann: Auditorium der Deutschen Pavillon auf der Expo Osaka, Schnitt, 1970, in: Arch+, Nr. 149/150, 2000, S. 122. 97. Franz Bornemann: Auditorium der Deutschen Pavillon auf der Expo Osaka, Innenansicht, 1970, Fotografie, in: Bauwelt 40, Oktober 1970, Jahrgang 61, S. 1492. 98. wie Abb. 86. 99. Disney Theme Park Epcot in Orlando, Florida, 1982, Fotografie, in: Dunlop 1996, S. 54. 100. Stan van der Beek: Movie Drome, Stony Point, New York, Ansicht, 1965 (fotografiert von Lenny Lipton), in: Michalka, M. (Hg.): X-Screen, Filmische Installationen und Aktionen der Sechziger- und Siebzigerjahre, Kat. Ausst., Wien (Museum Moderner Kunst, Stiftung Ludwig) 2003/2004, Köln 2004, S. 41.

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K UGELBAUVISIONEN 101. Stan van der Beek: Movie Drome, Stony Point, New York, Innenansicht, 4. November 1968 (fotografiert von Peter Moore), in: Michalka, M. (Hg.): X-Screen, Filmische Installationen und Aktionen der Sechziger- und Siebzigerjahre, Kat. Ausst., Wien (Museum Moderner Kunst, Stiftung Ludwig) 2003/2004, Köln 2004, S. 42. 102. Adrien Fainsilber: La Géode, Cité des sciences et de l´homme, La Villette, Paris, 1986, in: Daidalos, Nr. 49, September 1993, S. 132. 103. Omnimax-Kino, Schnitt, Archiv d. A. 104. Reklame für Fred Waller´s Cinerama, 1949, in: www.panoscope360.com/historyen.html (2. 4. 2008) 105. Cinerama Setup, aus Begleitbroschüre zum Film The Wonderful World of the Brothers Grimm, in: www.billsart.blogspot.com/20070101archive.html (2. 4. 2008) 106. Darstellung des Imax Systems, in: Prospekt zur Discovery Channel Imax 3D Kuppel in Berlin, 2005. 107. Panorama Français, Schnitt (Detail), Paris, Bibliothèque Nationale, in: Oettermann 1997, S. 142. 108. Rotunde für Hendrik Willem de Mesdag: Panorama von Schevelingen, in: Comment 2000, S. 88. 109. Omnimax-Kino, Innenansicht mit Publikum und Film über Wasserfall, in: Werbeprospekt zum Discovery Channel Imax 3D Kino in Berlin, 2005. 110. Claude-Joseph Vernet: Schiffbruch, 1770, Öl auf Leinwand, 114,6 × 162,9 cm, München, Neue Pinakothek, in: Coudert, Marie-Claude (Hg.): Autour de Claude-Joseph Vernet. La marine à voile de 1650 à 1890, Kat. Ausst., Rouen (Musée de Beaux-Arts) 1999, S. 118, Abb. 24. 111. Skydivers. Adrenalin Rausch. Auf der Suche nach dem Kick, in: Werbeprospekt zum Discovery Channel Imax 3D Kino in Berlin, 2005. 112. Edouard Castres: Bourbaki-Panorama, 1881, Öl auf Leinwand, 980 × 11500 cm, Luzern, Stiftung Bourbaki-Panorama, in: Comment 2000, S. 214/215. 113. Felix-Emanuel-Henri Philippoteaux leitet die Herstellung seines Panoramas des Champs-Elysées, gleichzeitig wird das faux-terrain ausgelegt, Stich aus: Le Monde Illustré, 2. November 1872, in: Comment 2000, S. 17. 114. Graphische Darstellung des Internationalen Telefonnetzes, archiviert in den 20er Jahren von Le Corbusier für L´Esprit Nouveau, in: Wigley 2001, S. 99. 115. United States Department of Defence (Hg.): Network-Centric Warfare Primer, 2003, Office of Force Transformation, Titelbild, in: Weber 2004, S. 6. 116. Jakob + MacFarlane sarl d´architecture: Restaurant Le Georges, Centre Georges Pompidou, Paris, 1999, Computer Graphik, in: Cachola Schmal, P. (Hg.): Digital/Real: Blobmeister. Erste gebaute Projekte/First built projects, Basel, Boston, Berlin 2001, S. 133. 117. Bernhard Franken Architekten: The Bubble, IAA Frankfurt am Main, 1999, in: Cachola Schmal, P. (Hg.): Digital/Real: Blobmeister. Erste gebaute Projekte/ First built projects, Basel, Boston, Berlin 2001, S. 18, Abb. 16. 118. C´est la géométrie, Illustration in einem französischen Grundschulheft, publiziert in Le Corbusier, Urbanisme, 1925, hier in: Carpo 2004, S. 106. 119. »Ça aussi, c´est de la géométrie!«, unveröffentlichte Studie für eine Einführung in die topologische Geometrie, 1999, in: Carpo 2004, S. 106. 120. LynnFORM (Greg Lynn): Embryological House, 2000, Computer Graphik, in: Cachola Schmal, P. (Hg.): Digital/Real: Blobmeister. Erste gebaute Projekte/First built projects, Basel, Boston, Berlin, 2001, S. 31, Abb. 2. 121. Richard Rogers: Londoner Millennium Dome, 1999 – 2000, in: http//img78.exs. cx/img79/2748/DomeandCWpanorama.jpg (5. 6. 2005). 122. Krzysztof Wodiczko: The Tijuana Projection (CECUT Project), Videoprojektion, Tijuana, 2000, in: AA Files Nr. 43, S. 50.

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VERZEICHNIS

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Alle Abbildungen werden hier ausschließlich zu wissenschaftlichen Zwecken verwendet. Für erteilte Abbildungserlaubnisse sei an dieser Stelle gedankt. Bei einigen Bildern ließ sich die Quelle nicht ermitteln; für entsprechende Hinweise sind Verlag und Autorin dankbar.

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Register

A Ähnlichkeit 28, 29, 30, 54, 92 Akademie 36, 46, 49, 60, 73, 186 Académie Royale d’Architecture 36, 41, 185 Alabjan, Karo 114, 179 Alberti, Leon Battista 154 Allegorie, allegorisch 23, 26, 28, 29, 42, 45, 46, 48, 49, 50, 51, 52, 53, 65, 71, 92, 98, 104, 155, 156, 181, 187 Altar 19, 36, 48, 56, 98, 182 Altar des Vaterlandes 36, 48, 182 Alterität, s. auch Otherness 79, 80, 82, 89, 97, 177 Analogie 9, 27, 28, 32, 40, 41, 45, 52, 54, 58, 66, 81, 94, 115, 142, 172, 173 Ancien Régime 60, 71, 79 Anonym, Entwurf für einen Tempel mit Halbsphären-Kuppel und einer Diana Ephesia 57 Anschauung, s. auch Kontemplation 31, 44, 45, 65, 67, 79, 80 Antike, antik 14, 23, 28, 42, 44, 48, 49, 57, 65, 70, 93, 94, 99, 100, 122, 186 Architecture ensevelié, begrabene Architektur 54, 56 Architektur, sprechende s. auch architecture parlante 14, 20, 30, 31, 59, 84, 120, 124, 138, 143, 174 Architekturikonographie 9, 29 Architekturvision 7, 20, 23, 30, 35, 43, 45, 85, 116, 166, 170, 173 Arndt, Ernst Moritz 90, 91, 92, 93, 94, 95, 107, 179 Arndt, Monika 98, 104, 105, 179 Assmann, Aleida 91, 179 Assmann, Jan 75, 80, 101, 179, 181, 184 Audiovision, audiovisuell 131, 143, 146, 147 Aufklärung 25, 57, 61, 64, 67, 69, 70, 71, 79, 82, 186, 187 Autonomie 8, 32, 33, 34 Autonomie der Form 32

B Bandera, John D. 88, 179 Bandmann, Günter 29, 179 Barbarossa, Friedrich, Kaiser 98, 102, 105, 106 Barck, Karlheinz 53, 181 Barta, Ilsebill 119, 185 Barthes, Roland 30, 168, 179 Bastille 45, 49, 66, 74, 77, 78 Bauform 8, 9, 12, 108, 116, 146, 176 Bauhaus 110, 124 Baxmann, Inge 20, 52, 57, 65, 66, 67, 179 Beck, Hanno 152, 182 Beckmann, John 159, 164, 170, 179, 180, 184 Beek, Stan van der 145 Begehren 52, 65, 66, 167 Belanger, François-Joseph 74, 79, 186 Belting, Hans 29, 180 Bender, Gretchen 159, 179 Benedict, Michael 165 Bentham, Jeremy 60, 61, 62

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K UGELBAUVISIONEN Berding, Helmut 24, 182 Berg, Heiliger 35, 36, 56, 58, 67, 77, 79, 109, 181 Berg Athos 59 Berühmte Männer 33, 42, 73 Betrachter 19, 33, 38, 43, 55, 72, 76, 119, 125, 127, 135, 137, 138, 145, 148, 149, 150, 151, 153, 154, 156, 169, 170, 171 Bild Architektur als Bild 21, 26 Bild s. auch Anschauung 7, 8, 9, 17, 19, 21, 23, 24, 25, 26, 28, 30, 31, 35, 38, 39, 40, 43, 44, 50, 52, 54, 56, 57, 60, 62, 63, 64, 65, 66, 67, 70, 71, 72, 75, 77, 78, 79, 80, 81, 84, 86, 88, 89, 92, 93, 94, 110, 115, 118, 119, 124, 125, 126, 127, 130, 131, 135, 137, 139, 143, 144, 148, 149, 150, 151, 152, 153, 156, 157, 158, 161, 162, 163, 165, 166, 169, 171, 173, 175, 176, 177, 179, 183, 185, 187 Bismarck, Otto von 102, 106 Blanchard, Auguste I 57 Blick 8, 15, 36, 37, 41, 44, 52, 60, 61, 62, 63, 65, 69, 70, 72, 73, 85, 86, 103, 107, 112, 115, 125, 126, 146, 166, 183 Blob-Architektur 163 Blondel, Jacques-François 63 Boime, Albert 36, 179 Bonnet, Alexis-François 58 Bornemann, Fritz 138 Boucher, François 79 Boullée, Etienne-Louis 7, 8, 14, 15, 17, 18, 19, 20, 21, 23, 27, 28, 30, 31, 32, 33, 34, 35, 36, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 44, 46, 47, 51, 52, 53, 54, 55, 56, 57, 60, 62, 63, 64, 65, 66, 67, 76, 79, 80, 81, 88, 92, 97, 105, 110, 111, 112, 115, 116, 118, 125, 139, 141, 143, 151, 157, 165, 173, 179, 182, 183, 184, 185, 186, 187 Grabmal für den Marschall Turenne 47 Justizpalast 34, 38 Nekropole 54 Newton-Kenotaph 7, 21, 32, 34, 38, 39, 40, 41, 42, 44, 51, 52, 53, 56, 75, 81, 92, 112, 125, 133, 139, 165 Palais Municipal 51 Tempel der Vernunft bzw. Tempel der Natur 14, 17, 18, 36, 37, 41, 43, 53, 54, 56, 59, 64, 67, 79, 105, 115 Boymann, Anne 163, 180 Brandt, Harm-Hinrich 107, 183 Bredekamp, Horst 33, 58, 80, 179 Breker, Arno 95 Brendel, Otto 23, 44, 179 Breu, Zita 119, 185 Broder, Henryk M. 132, 179 Brunner, Otto 173, 183 Bruyn, Eric de 179 Buckminster Fuller, Richard 129, 136, 143, 159, 164 Bürgertum, s. auch Subjekt, bürgerliches 25, 74, 101 Busch, Werner 63, 72, 122, 179, 185 Bush, Donald J. 123, 180 Buttlar, Adrian von 59, 71, 74, 75, 99, 100, 180

C Cache, Bernard 163, 165, 180

198

R EGISTER Cachola Schmal, Peter 158, 184 Cage, John 137 Carmontelle, Louis Carrogis 73 Carpo, Mario 163, 164, 165, 180, 181 Cassirer, Ernst 29, 180 Cerroni, Umberto 171, 180 Chan-Magomedow, Selim O. 111, 114, 119, 180 Chaos 21, 38, 63, 64, 65 Charakter, caractère 20, 33, 35, 41, 49, 54, 55, 59, 63, 69, 70, 97, 172, 187 Cinerama 147, 182 Colomina, Beatriz 70, 185 Combes, Louis 47, 49, 53 Gefängnis 60 Nationalversammlung 27, 47 Comment, Bernard 126, 180 Convenance, s. auch Charakter, caractère 19, 31, 68 Conze, Werner 173, 183 Corps obscurs 37, 63 Craig, Lois 123, 180 Crary, Jonathan 126, 176, 180 Cyberspace 169, 170, 171

D Daumier, Honoré 106 David, Jacques-Louis 52, 66, 79, 187 Ballhausschwur 72, 83, 180 Fest der Einheit 56 Schwur der Horatier 72, 79 Debord, Guy 171, 176, 180 Dekonstruktivismus, dekonstruktivistisch 165, 167 Delespine, Pierre-Jules 43 Deleuze, Gilles 163 Delos-Symposium 159, 161 Demeter, s. Diana Ephesia 66 Demokratie, demokratisch 8, 9, 13, 14, 24, 83, 86, 90, 91, 101, 102, 109, 112, 115, 120, 121, 124, 126, 129, 130, 138, 180, 183, 184, 185 Denkmal, s. auch Nationaldenkmal 17, 33, 38, 47, 71, 72, 73, 74, 75, 76, 77, 79, 84, 85, 86, 87, 88, 89, 90, 93, 96, 97, 98, 99, 100, 101, 102, 103, 104, 105, 106, 109, 110, 112, 132, 133, 134, 179, 180, 181, 184, 185, 186, 187 Denkmal für Dupaty 74 Individualdenkmal 101 Voltaire-Denkmal 74, 75 Designer 123, 124, 125, 135, 184 Deutsch, Karl W. 91 Deutscher Kriegerbund 102 Diana Ephesia 18, 39, 56, 57, 58, 65, 66, 67 Diderot, Denis 150, 180 Dieckmann, Herbert 39, 180 Differenz 10, 44, 91, 113, 119, 124, 151, 159, 164, 165, 168, 169, 177 Dilly, Heinrich 29, 180 Diorama 153 Disneyland, s. auch Epcot in Orlando, Florida, Disney Theme Park 144 Distanz (des Betrachters), Betrachterdistanz 43, 67, 127, 131, 132, 150, 151, 152, 173

199

K UGELBAUVISIONEN Diversität, diversity 169 Dorrian, Mark 170, 180 Doxiadis, Constantinos A. 159 Dreyfus, Henry 125 Druckery, Timothy 159, 179 Dualität 18, 30, 49, 79, 81, 92, 95 Dunlop, Beth 144, 180 Dupuis, Charles-François 46 Durand, Charles-Etienne 51, 52, 167 Dyson, Frances 169, 170, 173, 180

E E.A.T. (Experiments in Art & Technology), s. auch Expo Osaka 1970, Pepsi-Cola Pavillon 136, 140, 142, 154 Eames, Charles 145 Eames, Ray 145 Eberlein, Johann Konrad 29, 180 Egalität, s. auch Gleichheit 62, 66, 84, 90, 91, 94, 104, 112 Einheit 8, 9, 10, 13, 23, 25, 26, 34, 35, 36, 41, 42, 44, 48, 51, 52, 53, 66, 80, 82, 83, 84, 88, 89, 92, 94, 95, 96, 98, 107, 109, 112, 113, 114, 115, 126, 128, 141, 142, 152, 155, 164, 165, 166, 171, 172, 173, 175, 177 Einheit, nationale, der Nation 42, 79, 86, 97, 101, 102, 104, 107, 129 Eisenman, Peter 134, 170, 180 Emblem, Emblematik, emblematisch 18, 23, 28, 39, 56, 64, 131, 138, 165 Entwurf 7, 10, 12, 14, 17, 20, 21, 23, 26, 30, 31, 32, 35, 36, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 44, 45, 46, 47, 49, 50, 51, 53, 55, 56, 58, 59, 60, 63, 64, 67, 74, 77, 78, 79, 80, 85, 86, 88, 91, 92, 93, 95, 96, 97, 98, 99, 100, 105, 110, 111, 112, 114, 115, 116, 117, 120, 121, 132, 133, 134, 135, 152, 158, 166, 167, 182, 186 Epcot in Orlando, Florida, Disney Theme Park 144, 146 ephemer 23, 36, 96 Erde, s. auch Natur, Diana Ephesia 18, 23, 40, 45, 49, 54, 55, 58, 64, 77, 80, 81, 85, 86, 88, 89, 92, 93, 94, 95, 100, 103, 110, 111, 113, 116, 117, 118, 120, 121, 123, 124, 135, 140, 151, 173, 179 Erfahrungsraum, s. auch Raum 44, 52, 69, 91, 141, 173 Erhabenes, s. auch Sublimes 36, 64, 86, 133, 152 Natur-Erhabenes 152 Erinnerung, kontrapräsentische 101, 102 Ettlinger, Leopold 99, 180 Euklid, euklidische Geometrie 157, 164

F Fainsilber, Adrien 146 Falkenhausen, Susanne von 26, 83, 84, 180 Falte 163, 165 Faux-Terrain 148, 154 Favart 59, 60, 85, 98 Grabmal der Märtyrer 85 Fest, Feier 20, 21, 33, 36, 51, 52, 56, 66, 67, 77, 99, 104, 179 Fêtes décadaires 51 Fête de l’Unité et de l’Indivisibilité de la République 52 Fête de la Fédération 48 Turnfest 103

200

R EGISTER Film, filmisch 125, 143, 144, 145, 148, 149, 152, 156, 164, 166, 167, 169, 175 Fluidität, das Fluide 10, 159, 177 Fontaine, Pierre-François-Léonard 47, 88 Fontaine de la Régénération 56, 66, 67 Form 8, 10, 21, 23, 26, 29, 32, 34, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 44, 45, 48, 55, 59, 60, 62, 63, 64, 65, 69, 70, 73, 77, 80, 83, 85, 87, 88, 90, 94, 95, 96, 103, 109, 110, 111, 112, 113, 114, 118, 121, 130, 141, 143, 146, 148, 149, 155, 163, 164, 165, 166, 168, 169, 177, 180, 185, 187 Foucault, Michel 28, 29, 60, 61, 62, 69, 181 Französische Revolution 7, 8, 9, 14, 20, 21, 23, 24, 26, 28, 31, 35, 36, 41, 48, 61, 69, 70, 72, 75, 79, 82, 85, 89, 97, 104, 109, 115, 116, 125, 141, 155, 177, 179, 181, 182, 185, 186 Friedrich, Annegret 25, 65, 181, 186 Friedrich Wilhelm III. 93 Futurama 124

G Galloway, Alexander 161, 162, 169, 181 Garten, s. auch Landschaftsgarten 18, 35, 59, 71, 72, 73, 74, 76, 180, 181 Garten, öffentlicher 76 Garten von Stowe 71 Jardin de Beaumarchais 74 Jardin National 77 Park Monceau 73 Park von Ermenonville des Marquis René-Louis de Girardin 71 Wörlitzer Park 71 Gaßner, Hubertus 115, 181 Gatteaux, Nicolas-Marie 45 Gattung 35, 36, 76 Gauer, Werner 100 Gauger, Jörg-Dieter 24, 183 Gedächtnis 55, 91, 101, 102, 129, 151, 175, 179 Gefallene, anonyme 77, 92 Gefängnis 59, 60, 62, 63, 77, 181 Geisel, Eike 133, 134, 181 geodätisch 129, 136, 143, 144, 145 Gérard, François 83 Germanen, Germanentum 91, 94 Gerz, Jochen 130 Geschlecht, s. auch Natur, Vernunft 25, 30, 44, 52, 65, 81, 82, 91, 107, 108, 155, 167, 177, 186, 187 Geschlechterdifferenz 9, 24 Geschlechtermetapher 30, 33 Geschlechtersemantik 53, 96 Geschlechtskonnotationen 20 Giersch, Ulrich 153, 181 Gilly, Friedrich 85, 86, 96, 100, 133, 184 Gisor, Jacques-Pierre 60 Gleichheit, s. auch Egalität 9, 24, 26, 28, 42, 50, 51, 83, 91, 109, 112, 125, 156, 185 Globalisierung 119, 135, 140, 141, 172, 173, 177 Gobineau, Joseph Arthur Comte de 100 Goebbels, Joseph 176 Gotik, gotisch 12, 93, 98, 100 Gozak, Andrei 84, 111, 181

201

K UGELBAUVISIONEN Grab 41, 42, 55, 58, 71, 73, 74, 76, 81, 97, 99, 180 Grabarchitektur 36, 54, 56, 64, 78 Grabbau 54, 55, 64, 65, 88 Grabdenkmal 74, 77 Grabmal 38, 39, 47, 76, 85 Grabmonument 35, 41, 71 Graczyk, Annette 83, 180 Grand Prix 36, 41, 47, 60, 187 Gronert, Siegfried 126, 181 Grotte 17, 18, 20, 21, 37, 39, 56, 58, 59, 60, 64, 65, 66, 71, 73, 75, 76, 77, 78, 79, 81, 82, 85, 96, 105, 185 Proserpina Grotte in der Eremitage Arlesheim 59 Groys, Boris 113, 114, 115, 119, 181 Gruber, Eckhard 110, 1810 Gruft 9, 21, 37, 59, 79, 81, 82, 85, 86, 89, 95, 96, 97, 98, 103, 105, 107, 110 Grunchec, Philippe 36, 181 Gutheim, F. A. 14, 181

H Hagia Sophia, Istanbul 59 Halikarnassos, Mausoleum 97 Halsbandaffäre 79 Hammer-Tugendhat, Daniela 119, 185 Hardtwig, Wolfgang 101, 102, 103, 181 Hargrove, June 36, 181 Harten, Elke 35, 57, 76, 181 Harten, Hans-Christian 35, 57, 76, 181 Harth, Dietrich 75, 80, 181, 184 Hautfarbe, s. auch Rasse 25 Haverkamp, Anselm 53, 170, 180, 181 Hayles, Katherine N. 159, 181 Heartney, Eleanor 176, 182 Held, Jutta 120, 185 Herder, Johann Gottfried 101 Herkules 58 Hermes Psychopompos 75 Herzog von Orléans, gen. Philippe Égalité 73 Hinz, Berthold 121, 184 Hirschfeld, Christian Cay Lorenz 54, 72, 73, 182 Hitler, Adolf 12, 14, 55, 86, 124, 126 Hoffmann, Stefan-Ludwig 104, 182 Hoffmann-Curtius, Kathrin 48, 90, 91, 182 Hoheisel, Horst 130 Holocaust, s. auch Shoa 130, 134, 187 Holocaust-Denkmal 134 Hölz, Karl 25, 182 Horizont 84, 98, 153, 154 Hospital, Hospitäler 60 Humboldt, Alexander von 152, 182 Hunt, Lynn 23, 182 Hutter, Peter 87, 90, 94, 98, 99, 100, 101, 105, 106, 182

202

R EGISTER

I Identität 24, 27, 42, 70, 72, 73, 79, 84, 89, 92, 96, 98, 100, 102, 105, 107, 119, 130, 134, 171, 179, 182, 183 Ideologie, ideologisch 69, 79, 84, 113, 114, 117, 167, 169, 170, 181 Iknonikov, Andrej 115 Ikonographie 59, 65, 72, 74 Ikonographie, politische 9, 98, 179 Revolutionsikonographie 26, 28, 56, 58, 94 Imagination, s. auch Phantasie 7, 8, 70, 137, 150, 171, 173 Immaterialität 44, 81, 94, 159, 170 Immersion, immersiv 9, 126, 127, 129, 131, 132, 134, 135, 145, 146, 148, 149, 150, 152, 154, 157, 166, 170, 173 Individuum 141, 156, 157, 171, 175 Information 153, 155, 159, 166, 177 Internet 112, 147, 148, 159, 162, 169, 171

J Jahn, Friedrich Ludwig, gen. Turnvater Jahn 102 Jakobiner, jakobinisch 7, 8, 17, 18, 28, 43, 57, 60, 62, 77, 83, 88, 91, 94, 97, 104, 109, 112, 115, 141, 155, 177 Jakobinerklub der Cordelier 76 Jauß, Hans Robert 39, 180 Jeismann, Michael 104, 182 Jenni, Ulrike 119, 185 Jofan, Boris Michailowitsch 118, 120

K Kahn, Lloyd 145, 182 Kallscheuer, Otto 24, 182 Kantorowicz, Ernst H. 24, 182 Kaufmann, Emil 15, 31, 32, 110, 182 Kemp, Wolfgang 29, 122, 180, 185 Kepler, Johannes 49 Kersaint, Armand-Guy 27, 28, 182 Kino, s. auch Omnimax, Cinerama 7, 146, 147, 154, 156, 174, 175, 179 Kipnis, Jeffrey 163, 181 Kiss, Gabor 24, 183 Klassizismus 59, 79, 86, 97, 99, 124, 180, 187 Klein, Viola 71, 183 Klenze, Leo von 98, 99, 100, 101, 180 Befreiungshalle bei Kelheim 101 Monument für die Befriedung Europas 98 Walhalla 73, 84, 99, 100, 101, 180, 187 Kloft, Harald 166, 183 Klüver, Billy 136, 137, 141, 183 Knabe, Peter-Eckhard 64, 183 Koch, Gertrud 106, 183 Kohn, Hans 91 Kohn-Waechter, Gudrun 48, 182 Kollektiv 44, 79, 111, 114, 119, 127, 156 König 8, 23, 24, 27, 45, 46, 47, 48, 50, 53, 73, 100, 182 Konstruktion 73, 83, 89, 118, 130, 139, 155, 164, 180

203

K UGELBAUVISIONEN Konstruktivismus, Konstruktivisten, konstruktivistisch 96, 111, 113, 114, 119, 120, 124 Körper, s. auch Verkörperung, Volkssouverän(ität) 23, 24, 37, 39, 44, 46, 80, 92, 109, 117, 119, 149, 151, 155, 158, 163, 182, 185 Baukörper 8, 14, 18, 23, 37, 42, 51, 54, 70, 76, 83, 114, 155, 164 Körper, politischer 109 Körper, weiblicher 93 Medienkörper 155 Volkskörper 11, 12, 13, 92, 95, 96, 102, 103, 121, 127, 128 Koselleck, Reinhart 89, 104, 108, 173, 182, 183 Kosmos 7, 23, 40, 49, 52, 62, 80, 81, 112, 121, 124, 125, 141, 149, 152, 157, 182 Kotz, Liz 145, 183 Krausse, Joachim 135, 144, 184 Krauter, Anne 11, 126, 183 Kreis, s. auch Rundbau, Kugel 7, 62, 162 Kreis, Wilhelm 92, 95, 120, 121, 184 Kretschmer, Winfried 122, 183 Kreuz 83, 90, 92, 182 Kriegerdenkmal 104, 182 Kugel 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 17, 23, 24, 37, 38, 39, 40, 41, 43, 44, 45, 47, 49, 51, 53, 62, 64, 75, 79, 80, 81, 82, 83, 85, 87, 90, 91, 94, 108, 109, 110, 111, 112, 113, 115, 116, 117, 118, 121, 123, 125, 126, 128, 132, 135, 136, 138, 139, 140, 141, 142, 143, 144, 146, 154, 155, 157, 158, 161, 162, 164, 173, 174, 175, 179, 186 Kugelbau 7, 9, 12, 21, 30, 42, 61, 91, 110, 112, 113, 116, 117, 121, 122, 123, 129, 142, 143, 144, 147, 155, 156, 157, 173, 174 Kugelmetapher 23, 24, 37, 112, 177 Kuhnert, Nikolaus 135, 184 Kult, kultisch 7, 8, 9, 10, 18, 19, 20, 30, 31, 32, 33, 34, 35, 41, 43, 45, 46, 51, 52, 56, 57, 67, 68, 69, 70, 71, 72, 73, 75, 76, 79, 83, 84, 86, 89, 96, 99, 102, 104, 105, 107, 112, 116, 121, 122, 126, 127, 129, 134, 141, 142, 155, 156, 157, 165, 171, 172, 173, 176 Kult, säkularer 21, 32, 54, 69, 83, 121, 155, 157, 171 Kultarchitektur 12, 31 Kultbau 8, 9, 14, 19, 38, 55, 58, 70, 96, 122, 124 Kultform 69, 70, 104 Kulthandlung 19, 34, 45, 51, 70, 106, 156, 176 Kultobjekt 67, 70 Kultort 34, 67, 71, 73, 104 Kultraum 10, 36, 45, 46, 52, 98, 127, 129, 155, 156 Medienkult 9, 155, 173 Kultpraxis, s. auch Praxis, kulturelle 69, 73, 125 Kulturnation 24, 91, 182 Künstler, s. auch Maler 34, 116, 136, 137, 142, 176, 186 Kuppel 11, 14, 18, 21, 37, 42, 49, 51, 53, 56, 58, 64, 80, 98, 110, 115, 121, 125, 129, 130, 136, 141, 145

L Lacan, Jacques 119, 183 Laclau, Ernesto 174 Landschaftsgarten 33, 38, 59, 69, 70, 71, 72, 74, 75, 76, 180 Langbehn, Julius 106 Langewiesche, Dieter 107, 183 Langner, Johannes 17, 183

204

R EGISTER Lankheit, Klaus 14, 17, 18, 38, 39, 56, 57, 64, 67, 97, 183 Larsson, Lars Olof 13, 183 Ledoux, Claude Nicolas 14, 15, 17, 23, 31, 32, 110, 116, 182, 185 Leggewie, Claus 24, 182 Legitimation, legitimieren 8, 26, 28, 46, 48, 64, 71, 79, 82, 83, 95, 129 Legrand, Jacques-Guillaume 27 Leibniz, Gottfried Wilhelm 163 Leith, James A. 27, 35, 43, 45, 46, 51, 76, 77, 85, 183 Leonidow, Andrei 84, 111, 181 Leonidow, Ivan 84, 96, 110, 111, 112, 114, 115, 116, 117, 118, 120, 123, 124, 181 Entwurf für den Palast der Sowjets 120 Lenin-Bibliothek 110, 123 Lequeu, Jean-Jacques 23, 31, 51, 182 Tempel der Erde 51 Tempel der Gleichheit 41, 51, 58, 177 Le Corbusier 15, 31, 120, 159, 161, 164, 167, 182 Libeskind, Daniel 129, 130, 131 Licht 11, 54, 57, 62, 63, 71, 115, 125, 136, 137, 183 Lissitzky, El 116, 117, 118, 124, 183 London 130, 170, 173 Bethlem, Royal Hospital 130 Crystal Palace, Weltausstellung 1851 130 Millennium-Dome 170, 173 Lurz, Meinhold 121, 184 Lynn, Greg 163, 165, 167, 181

M Madec, Philippe 17, 20, 184 Mai, Ekkehard 104, 121, 184, 187 Maler (der Architekt als Maler) 19, 64 Malewitsch 184 Malewitsch, Kasimir 111 Mallet-Stevens, Rob 116, 184 Männlichkeit, männliche 20, 44, 52, 53, 56, 65, 73, 75, 79, 81, 82, 92, 93, 106, 107, 108, 115, 120, 121, 165, 167, 186 Marat, Jean-Paul 76, 87 March, Werner 117 Marchand, Roland 123, 184 Marquard, Odo 89, 183 Massengesellschaft 14, 118, 124 Massumi, Brian 164, 184 Mass customization 168 Materialität 81, 92, 94, 95, 108, 118, 120, 159 Mattie, Erik 13, 96, 184 McLuhan, Marshall 141, 159, 161, 164, 170 Mead, Margaret 161 Medien, medial 9, 10, 26, 35, 69, 131, 134, 136, 142, 149, 156, 157, 168, 170, 172, 173, 176 Medienarchitektur 10, 135, 136, 137, 144, 184 Medienkult 9, 155, 173 Medium 96, 126, 142, 143, 144, 149, 150, 153, 156, 157, 162, 169, 171, 175, 181, 184 Meller, Horst 75, 184 Menke, Bettine 53, 181

205

K UGELBAUVISIONEN Merian, Matthias d. Ä. 80 Metapher, Metaphorik, metaphorisch, s. auch Geschlechtermetapher unter Geschlecht 8, 9, 14, 21, 25, 26, 27, 28, 29, 30, 32, 39, 40, 41, 44, 50, 52, 57, 62, 64, 75, 79, 80, 81, 82, 83, 89, 90, 92, 107, 108, 114, 139, 142, 159, 161, 164, 165, 170, 171, 177 Milizia, Francesco 63 Milner, John 111, 184 Minh-Ha, Trinh T. 82, 184 Mitchell, William J. T. 165 Mittig, Hans-Ernst 121, 184 Moderne 7, 23, 26, 29, 31, 32, 33, 34, 69, 72, 80, 101, 104, 108, 112, 119, 143, 166, 167, 179, 181, 182, 185, 187 Molinos, Jacques 27 Montgolfier, die Brüder 151, 158 Monument 12, 26, 27, 28, 33, 34, 38, 45, 52, 55, 68, 72, 74, 85, 88, 97, 98, 103, 131, 133, 174, 183 Moreau, Jean-Charles-Alexandre 41, 47 Morphing 159, 167, 169 Moskau, American National Exhibition in 1959 145 Mouffe, Chantal 174 Multimedia, multimedial 9, 126, 136 Mythos, mythisch 7, 21, 27, 34, 40, 44, 49, 51, 70, 75, 79, 80, 92, 102, 107, 119, 144, 181, 184, 185

N Napoleon, Bonaparte 65, 83, 86, 87, 88, 90, 96, 97, 100, 101, 102, 106 Narrativ 162, 172, 173, 187 Nation, national, s. auch Kulturnation 8, 9, 24, 25, 26, 27, 36, 41, 42, 48, 56, 68, 72, 73, 77, 79, 84, 85, 86, 89, 90, 91, 92, 93, 95, 96, 97, 98, 99, 100, 101, 102, 104, 106, 107, 108, 129, 130, 133, 134, 140, 142, 173, 179, 180, 183, 185 Nationaldenkmal 73, 82, 84, 90, 94, 98, 107, 108, 182, 184 Nationalsozialismus, nationalsozialistisch 12, 55, 81, 86, 92, 93, 96, 102, 117, 118, 119, 121, 122, 126, 127, 128 Natur 8, 17, 18, 20, 26, 27, 28, 30, 34, 35, 38, 39, 41, 46, 50, 52, 53, 54, 55, 56, 57, 59, 60, 64, 65, 66, 69, 70, 71, 74, 79, 81, 82, 88, 92, 106, 115, 124, 137, 142, 151, 152, 158, 165, 179, 181, 183, 185, 186 Naturalisierung, naturalisieren 30, 52, 92, 144, 158, 168, 172 Natura naturata 18, 38, 65, 81 Naturreligion 18, 69 Nekropole 36, 54, 55, 88 Nerdinger, Winfried 35, 121, 184 Netzwerk 158, 159, 161, 162, 163, 164, 171, 172 Neumeyer, Alfred 72, 184 Newton, Isaak 7, 17, 21, 32, 34, 35, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 47, 48, 49, 51, 52, 53, 56, 62, 71, 75, 79, 80, 81, 92, 112, 125, 133, 139, 161, 165, 187 Nierhaus, Irene 119, 185 Nikolski, Aleksandr 116 Nipperdey, Thomas 84, 184 Noever, Peter 113, 114, 115, 118, 120, 179, 184 Novak, Marcos 158, 163, 165, 166, 184

206

R EGISTER

O Obelisk 12, 78, 79, 85, 123 Oberer, Hariolf 29, 185 Oechslin, Werner 23, 184 Oettermann, Stephan 126, 184 Ollman, Leah 175, 184 Omnimax(-Kino) 10, 145, 146, 147, 148, 150, 151, 152, 153, 154, 156, 157, 158, 169, 170, 174, 175 Oncken, Alste 86, 133, 184 Ontologisierung, Ontologie, ontologisch 165, 168, 169, 170, 173 Ornament, Ornamentik, ornamental 9, 23 Otherness, s. auch Alterität 82 Oval 162 Ozouf, Mona 42, 52, 185

P Palloy, Pierre-François 77, 78 Panofsky, Erwin 29, 185 Panopticon, panoptisch 60, 61, 62 Panorama 126, 135, 148, 149, 152, 153, 154, 180, 181, 184, 186 Pantheon 14, 42, 47, 51, 52, 100, 185 Park, s. auch Garten 13, 71, 73 Pavillon 14, 129, 135, 136, 139, 140, 141, 142, 161, 166 Pawley, Martin 142, 146, 147, 148, 185 Pehnt, Wolfgang 108, 109, 185 Pelletier, Nicolas-Jacques 87 Penny, Simon 159, 185 Performanz, performativ 67, 112, 122, 127, 168, 171 Pérouse de Montclos, Jean-Marie 17, 27, 28, 36, 39, 40, 42, 46, 47, 60, 185 Persephone 66 Personifikation 23, 42, 50, 53, 56, 92, 109 Phantasie, s. auch Imagination 36, 44, 52, 70, 102, 124, 138, 142, 149, 166, 170 Phantasma, phantasmatisch 10, 66, 83, 93, 117, 118, 141, 155, 157, 180 Philipp, Klaus Jan 116, 186 Phillips, Patricia 174, 185 Piatigorsky, Alexander 70, 185 Piper, Ferdinand 33, 179 Piranesi, Giovanni Battista 63, 179 Plagemann, Volker 33, 185 Platon 23, 40, 131 Poesie 31, 64, 65 Ponte, Alessandra 70, 185 Porset, Charles 26, 185 Postmoderne, postmodern 32, 80, 157, 167 Präsenz 24, 39, 50, 90, 127, 131, 137, 169, 170, 173 Praxis, kulturelle, s. auch Kultpraxis 69 Prieur, A. P. 78 Prix de Rome 36, 179, 185 Propaganda 116, 122 Protocol 161, 169, 181 Pyramide 23, 55, 76, 85, 98, 184

207

K UGELBAUVISIONEN

R Raffael (~Raffaello Sanzio) 18 Raphael, Max 120, 185 Rasse, s. auch Hautfarbe 65, 92, 100 Raum 8, 13, 17, 24, 25, 39, 44, 47, 48, 49, 63, 65, 69, 72, 73, 110, 111, 112, 119, 127, 136, 137, 138, 139, 140, 141, 142, 146, 147, 148, 150, 151, 153, 154, 155, 156, 157, 163, 165, 171, 175, 181, 186 Raum, öffentlicher 109 Raum, sphärischer 122, 151 Raum, virtueller s. auch Cyberspace 137, 140, 142, 146, 166, 170 Wahrnehmungsraum, s. auch Erfahrungsraum 127, 141, 155, 156 Raumfahrt 111, 139 Rauschenberg, Robert 136, 141 Regnault, Jean-Baptiste 75 Reichel, Peter 55, 185 Reichsapfel 7, 23, 40, 45, 83, 97, 186 Religion, s. auch Naturreligion 8, 70, 91, 95, 120, 171 Renan, Ernest 91 Repräsentation 7, 8, 20, 29, 30, 34, 44, 66, 69, 83, 92, 99, 109, 112, 126, 143, 156, 169, 170, 173, 179, 180 Republik 35, 45, 47, 62, 71, 83, 94, 109, 110, 181 Restauration 84, 93, 94, 95, 96, 100, 101 Reudenbach, Bruno 17, 185 Revolution, amerikanische 72 Revolutionsarchitektur 14, 21, 31, 32, 59, 88, 91, 96, 116, 186, 187 Riefenstahl, Leni 11, 185 Rietzsch, Barbara 18, 59, 185 Ripa, Cesare 42 Ritual, Ritualität, Ritus, rituell 9, 25, 52, 53, 61, 66, 67, 69, 70, 73, 77, 109, 112, 127, 129, 134, 176, 187 Robespierre, Maximilien de 46, 57, 64, 65 Rocaille 79 Rom, Petersdom 12, 14, 180 Rosenau, Helen 17, 19, 20, 37, 40, 54, 185 Roth, Martin 136, 153, 181, 187 Rousseau, Jean-Jacques 26, 27, 29, 61, 64, 70, 71, 185 Ruby, Andreas 168, 185 Ruine 55, 59, 71, 186, 187 Rundbau 17, 18, 42, 47, 62, 64 Rustika 63, 74, 104, 105

S Said, Edward W. 82, 185 Salon 43, 48, 150 Sansculotte 76 Santo Stefano bei Ventotene, Gefängnis 62 Sauerländer, Willibald 29, 122, 180, 185 Schade, Sigrid 119, 185 Schama, Simon 79, 185 Schinkel, Karl Friedrich 93, 98, 100, 182 Entwurf für das Kreuzberg-Denkmal in Berlin 93 Entwurf für ein Denkmal der Völkerschlacht 98 Schleier, Irmgard 115, 181

208

R EGISTER Schmidt, Jochen 57, 186 Schmidt-Linsenhoff, Viktoria 25, 26, 65, 82, 182, 186 Schmitz, Bruno 103, 104 Kyffhäuser-Denkmal 98, 102, 103, 104, 105, 106, 107, 179 Völkerschlachtdenkmal 73, 84, 87, 90, 103, 104, 105, 106, 107, 109, 182 Schnell, Angelika 135, 184 Schnock, Frieder 130 Schöbel, Judith 119, 185 Schönberger, Angela 55, 186 Schrade, Hubert 116, 186 Schramm, Percy Ernst 23, 40, 45, 49, 186 Schule 60 Screen 143, 145, 146, 154, 156, 157, 158, 162, 171, 174, 175, 179, 183 Sedlmayr, Hans 14, 49, 111, 116, 117, 118, 119, 120, 121, 122, 135, 185, 186 Semantik 9, 44, 82, 85, 116, 129, 155, 172, 173, 177 Sennett, Richard 18, 186 Shoa, s. auch Holocaust 129, 130, 134 Sholette, Gregory 176, 187 Sieyes, Emmanuel-Joseph 8, 11, 24, 186 Sigl, Paul 138, 186 Simmel, Georg 82, 186 Simulation 127, 149 Singleton Copley, John 72 Sinnstiftung 30, 32, 33 Sklaverei 25, 65, 186 Smith, Terry 123, 186 Sobre, Jean-Nicolas 43, 123 Sockel 38, 89, 96, 97, 98, 99, 100, 105, 120 Soeffner, Hans-Georg 153, 186 Souverän 23, 24, 25, 44, 156 Speaks, Michael 163, 180 Speer, Albert 11, 12, 13, 14, 15, 55, 86, 117, 122, 126, 127, 183, 186 Große Halle 13, 14, 15 Lichtdom 11, 12, 126, 127, 128, 183 Spektakel 157, 170, 171, 176, 177 Sphäre, s. Kugelbau 17, 18, 37, 40, 43, 62, 81, 124, 136, 141, 154, 183 Spitzner, Alfred 102, 103, 180 Sprache 26, 27, 28, 29, 30, 35, 70, 106, 163, 166, 169, 179, 183 Architektur als Sprache 27 Spring, Thomas 135, 136, 187 Stagl, Justin 24, 183 Stalin, Iosif 113, 115, 179, 181, 184 Stalinismus, stalinistisch 14, 112, 113, 114, 115, 118, 120, 121 Steinbrügge, Liselotte 82, 186 Steinhauser, Monika 17, 122, 185, 186 Stengel, Karin 115, 181 Stern, Jean 74, 186 Stierle, Karlheinz 89, 183 Stih, Renata 130 Stockhausen, Karlheinz 136, 138, 139, 140, 141, 142, 154, 157, 161, 186, 187 Stoecker, Adolf 107 Stolpe, Elmar 79, 187 Strukturwandel 73 Subjekt 44, 70, 72, 79, 82, 132, 156, 157, 175 Subjekt, bürgerliches 73, 172

209

K UGELBAUVISIONEN Sublimes, s. auch Erhabenes 39, 64, 65, 66, 67, 88, 150 Subtext 30 Sulzer, Johann Georg 72 Suprematismus, suprematistisch 111 Symbol 7, 8, 23, 26, 29, 52, 53, 92, 116, 117, 122, 123, 125, 132, 144, 180, 182, 186 Szambien, Werner 36, 43, 54, 58, 59, 187 Szenograph 134, 135, 136, 142

T Tableau 53, 65, 67 Tacitus, Cornelius 94 Taylor-Leduc, Susan 71, 187 Technologie 114, 124, 125, 131, 132, 140, 142, 144, 147, 148, 149, 155, 158, 159, 162, 165, 166, 168, 169, 171, 177 Tempel, griechischer 100, 108, 120 Tempel der Natur/Vernunft 17, 36, 37, 41, 43, 53, 54, 59, 64, 67, 79, 105, 115 Thacker, Eugene 161, 162, 169, 181 Themenpark, s. auch Wissenschaftspark 7, 9, 10, 132, 135, 136, 144, 147, 153, 157, 181, 187 Thibault, Jean-Thomas 51 Thompson, Nato 176, 187 Thorak, Josef 95 Threuter, Christina 65, 186 Thron 47, 48, 53, 105 Tittel, Lutz 104, 187 Totalität 10, 44, 45, 53, 64, 70, 80, 96, 116, 139, 141, 146, 161, 177 Traeger, Jörg 99, 100, 187 Trajanssäule 93 Transhistorie 49 Transparenz 62, 146, 154 Transzendierung des Todes 86, 95 Transzendierung des Heldentodes 79 Troost, Gerdy 11, 187 Trouard, Louis François 60 Trumbull, John 72 Tudor, David 137, 141 Tugend 52, 70, 71, 106, 172 Tumulus 9, 21, 37, 75, 79, 81, 82, 83, 85, 87, 88, 89, 90, 92, 94, 95, 96, 98, 110, 120, 121, 131, 132, 133 Turenne, Henri de la Tour d´Auvergne, Vicomte de (~ Marschall Turenne) 56 Turm 9, 61, 62, 101, 103, 104, 105, 107, 108, 109, 120, 121, 132, 133, 185

U Uerlings, Herbert 25, 182 Ullman, Micha 130 Universalität 7, 9, 49, 50, 51, 140, 155, 157 Uricchio, William 176, 187 Utopie 26, 32, 62, 98, 100, 101, 110, 114, 115, 124, 141, 159, 168

V VChUTEMAS 110

210

R EGISTER Verheyen, Egon 29, 185 Verkörperung 26, 45, 60, 109, 142 Vernet, Claude Joseph 150 Vernunft 8, 17, 18, 20, 21, 30, 39, 40, 41, 50, 53, 56, 57, 59, 62, 64, 70, 81, 82, 94, 156 Versammlung 46 Nationalversammlung 27, 47 Versammlungsbau 43 Versammlungsort 25, 46, 129 Versammlungsraum 46, 47, 51, 63 Vidler, Anthony 60, 62, 187 Virtualität, s. auch Raum, virtueller 142, 147, 162, 167 Virtual Reality 158, 166, 169, 171 Vision, s. auch Architekturvision 25, 49, 51, 75, 92, 99, 102, 110, 111, 118, 124, 135, 138, 139, 140, 141, 155, 157, 164, 180 Vogt, Adolf Max 17, 19, 20, 32, 38, 40, 59, 60, 61, 75, 111, 179, 187 Volk 8, 23, 24, 25, 26, 42, 44, 45, 51, 52, 53, 58, 73, 76, 77, 83, 87, 89, 90, 91, 92, 94, 95, 100, 103, 104, 106, 109, 112, 115, 155, 176, 180 Volkskörper 11, 12, 13, 92, 93, 95, 96, 102, 103, 121, 127, 128 Volkssouverän, bzw. Souvraineté du 24 Volkssouverän, bzw. Souvraineté du People, s. auch Souverän 43 Volkssouveränität 7, 23, 44, 45, 51, 73, 77, 83, 91, 104, 108, 109, 172, 173, 180 Voltaire, François Marie Arouet de 74, 75 Vorgrimler, Herbert 59, 187 Vovelle, Michel 65, 187

W Waetzoldt, Stephan 104, 187 Wahrnehmung 8, 10, 126, 127, 131, 132, 141, 142, 143, 148, 154, 155, 156, 169 Warnke, Martin 29, 99, 122, 179, 180, 185 Washington, Capitol 12, 130 Washington, George 12, 13 Waterloo Denkmal 84, 86, 88, 89, 90, 92, 95, 101, 106 Weber, Samuel 162, 172, 187 Weiblichkeit, weibliche 26, 45, 48, 49, 50, 51, 53, 64, 65, 66, 79, 80, 81, 82, 92, 93, 106, 107, 115, 120, 125, 166, 167, 186, 187 Weigel, Sigrid 25, 187 Weinbrenner, Friedrich 97, 98, 100, 183 Entwurf für das Völkerschlachtdenkmal bei Leipzig 96, 97, 98 Monument dédié à la Grande Armée 97 Weltausstellung 7, 9, 12, 13, 96, 110, 116, 117, 121, 122, 123, 125, 129, 131, 134, 138, 142, 157, 166, 170, 183, 184 Expo 1970 Osaka 129, 136, 137, 138, 140, 142, 143, 147, 183, 186, 187 Expo 1970 Osaka:Deutscher Pavillon 136, 138 Expo 1970 Osaka:Pepsi-Cola Pavillon 136, 137, 140, 141, 183 Expo 2000 Hannover 135, 137, 144, 184 Weltausstellung London 1851 130 Weltausstellung London 1851:Crystal Palace 130 Weltausstellung New York 1939 11, 12, 13, 14, 96, 110, 117, 121, 122, 124, 127, 129 Weltausstellung New York 1939:Democracity 13, 110, 116, 125, 126, 127 Weltausstellung New York 1939:Trylon and Perisphere 13, 123, 124, 125, 126, 127, 128 Weltausstellung Paris 1937 14

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K UGELBAUVISIONEN Wenk, Silke 26, 187 Wenzel, Horst 153 West, Benjamin 72 Whiteread, Rachel 130 Wigley, Mark 159, 161, 162, 187 Wilhelm I., Kaiser 102 Wilhelm Kreis 92, 95, 120, 121, 184 Ehrenmal am Dnjepr 120 Kriegsgräber 95, 120 Winckel, Fritz 140, 143, 187 Winkler, Heinrich August 91, 187 Wissenschaftspark, s. auch Themenpark 144 Wodiczko, Krzysztof 174, 175, 176, 185 Wunderlich, Heinke 71, 180 Wyss, Beat 19, 32, 179

Y Young, James E. 130, 187

Z Zeichen 23, 24, 25, 26, 27, 29, 30, 32, 47, 48, 49, 52, 53, 59, 66, 79, 80, 88, 89, 90, 91, 92, 100, 108, 111, 112, 113, 125, 129, 134, 157, 169, 174 Zellner, Peter 167 Zentralität 23, 35, 41, 45, 47, 48, 69, 73, 111, 161, 162, 165 Zimmermann, Reinhard 59, 187

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Kultur- und Medientheorie Erika Fischer-Lichte, Kristiane Hasselmann, Alma-Elisa Kittner (Hg.) Kampf der Künste! Kultur im Zeichen von Medienkonkurrenz und Eventstrategien Dezember 2008, ca. 300 Seiten, kart., zahlr. Abb., ca. 28,80 €, ISBN: 978-3-89942-873-5

Sandra Poppe, Thorsten Schüller, Sascha Seiler (Hg.) 9/11 als kulturelle Zäsur Repräsentationen des 11. September 2001 in kulturellen Diskursen, Literatur und visuellen Medien Dezember 2008, ca. 294 Seiten, kart., ca. 28,80 €, ISBN: 978-3-8376-1016-1

Gerald Kapfhammer, Friederike Wille (Hg.) »Grenzgänger« Mittelalterliche Jenseitsreisen in Text und Bild Dezember 2008, ca. 300 Seiten, kart., zahlr. Abb., ca. 31,80 €, ISBN: 978-3-89942-888-9

Margreth Lünenborg (Hg.) Politik auf dem Boulevard? Die Neuordnung der Geschlechter in der Politik der Mediengesellschaft Dezember 2008, ca. 300 Seiten, kart., zahlr. Abb., ca. 29,80 €, ISBN: 978-3-89942-939-8

Christian Kassung (Hg.) Die Unordnung der Dinge Eine Wissens- und Mediengeschichte des Unfalls Dezember 2008, ca. 400 Seiten, kart., zahlr. Abb., ca. 33,80 €, ISBN: 978-3-89942-721-9

Kathrin Ackermann, Christopher F. Laferl (Hg.) Transpositionen des Televisiven Fernsehen in Literatur und Film Dezember 2008, ca. 200 Seiten, kart., zahlr. Abb., ca. 25,80 €, ISBN: 978-3-89942-938-1

Susanne Regener Visuelle Gewalt Menschenbilder aus der Psychiatrie des 20. Jahrhunderts Dezember 2008, ca. 220 Seiten, kart., zahlr. Abb., ca. 25,80 €, ISBN: 978-3-89942-420-1

Ulrike Haß, Nikolaus Müller-Schöll (Hg.) Was ist eine Universität? Schlaglichter auf eine ruinierte Institution Dezember 2008, ca. 160 Seiten, kart., ca. 12,80 €, ISBN: 978-3-89942-907-7

Christian Pundt Medien und Diskurs Zur Skandalisierung von Privatheit in der Geschichte des Fernsehens November 2008, ca. 400 Seiten, kart., ca. 36,80 €, ISBN: 978-3-89942-994-7

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Daniel Gethmann, Susanne Hauser (Hg.) Kulturtechnik Entwerfen Praktiken, Konzepte und Medien in Architektur und Design Science November 2008, 300 Seiten, kart., zahlr. Abb., ca. 29,80 €, ISBN: 978-3-89942-901-5

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Kultur- und Medientheorie Uwe Seifert, Jin Hyun Kim, Anthony Moore (eds.) Paradoxes of Interactivity Perspectives for Media Theory, Human-Computer Interaction, and Artistic Investigations Oktober 2008, 346 Seiten, kart., 35,80 €, ISBN: 978-3-89942-842-1

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Michael Schetsche, Martin Engelbrecht (Hg.) Von Menschen und Außerirdischen Transterrestrische Begegnungen im Spiegel der Kulturwissenschaft August 2008, 286 Seiten, kart., 27,80 €, ISBN: 978-3-89942-855-1

Christa Sommerer, Laurent Mignonneau, Dorothée King (eds.) Interface Cultures Artistic Aspects of Interaction August 2008, 348 Seiten, kart., zahlr. Abb., 34,80 €, ISBN: 978-3-89942-884-1

Geert Lovink Zero Comments Elemente einer kritischen Internetkultur August 2008, 332 Seiten, kart., 28,80 €, ISBN: 978-3-89942-804-9

Simone Loleit Wahrheit, Lüge, Fiktion: Das Bad in der deutschsprachigen Literatur des 16. Jahrhunderts Juli 2008, 390 Seiten, kart., 41,80 €, ISBN: 978-3-89942-666-3

Antonia Wunderlich Der Philosoph im Museum Die Ausstellung »Les Immatériaux« von Jean François Lyotard Juli 2008, 264 Seiten, kart., zahlr. Abb., 28,80 €, ISBN: 978-3-89942-937-4

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ZfK – Zeitschrift für Kulturwissenschaften

Birgit Althans, Kathrin Audem, Beate Binder, Moritz Ege, Alexa Färber (Hg.)

Kreativität. Eine Rückrufaktion Zeitschrift für Kulturwissenschaften, Heft 1/2008 März 2008, 138 Seiten, kart., 8,50 € ISSN 9783-9331

ZFK – Zeitschrift für Kulturwissenschaften Der Befund zu aktuellen Konzepten kulturwissenschaftlicher Analyse und Synthese ist ambivalent: Neben innovativen und qualitativ hochwertigen Ansätzen besonders jüngerer Forscher und Forscherinnen steht eine Masse oberflächlicher Antragsprosa und zeitgeistiger Wissensproduktion – zugleich ist das Werk einer ganzen Generation interdisziplinärer Pioniere noch wenig erschlossen. In dieser Situation soll die Zeitschrift für Kulturwissenschaften eine Plattform für Diskussion und Kontroverse über Kultur und die Kulturwissenschaften bieten. Die Gegenwart braucht mehr denn je reflektierte Kultur, historisch situiertes und sozial verantwortetes Wissen. Aus den Einzelwissenschaften heraus kann so mit klugen interdisziplinären Forschungsansätzen fruchtbar über die Rolle von Geschichte und Gedächtnis, von Erneuerung und Verstetigung, von Selbststeuerung und ökonomischer Umwälzung im Bereich der Kulturproduktion und der naturwissenschaftlichen Produktion von Wissen diskutiert werden. Die Zeitschrift für Kulturwissenschaften lässt gerade auch jüngere Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen zu Wort kommen, die aktuelle fächerübergreifende Ansätze entwickeln.

Lust auf mehr? Die Zeitschrift für Kulturwissenschaften erscheint zweimal jährlich in Themenheften. Bisher liegen die Ausgaben Fremde Dinge (1/2007), Filmwissenschaft als Kulturwissenschaft (2/2007) und Kreativität. Eine Rückrufaktion (1/2008) vor. Die Zeitschrift für Kulturwissenschaften kann auch im Abonnement für den Preis von 8,50 € je Ausgabe bezogen werden. Bestellung per E-Mail unter: [email protected] www.transcript-verlag.de