Kreiselpumpen - Handbuch für Entwicklung, Anlagenplanung und Betrieb [5 ed.] 9783662597842

Die Wissenschaft der Kreiselpumpen in einem Buch Die komplexen Funktionen der Kreiselpumpe regen immer wieder neue Fors

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German Pages XLV, 1339 [1372] Year 2020

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Kreiselpumpen - Handbuch für Entwicklung, Anlagenplanung und Betrieb [5 ed.]
 9783662597842

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Johann Friedrich Gülich

Kreiselpumpen Handbuch für Entwicklung, Anlagenplanung und Betrieb 5. Auflage

Kreiselpumpen

Johann Friedrich Gülich

Kreiselpumpen Handbuch für Entwicklung, Anlagenplanung und Betrieb 5. Auflage

Johann Friedrich Gülich Villeneuve, Schweiz

ISBN 978-3-662-59784-2 ISBN 978-3-662-59785-9  (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-662-59785-9 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 1999, 2004, 2010, 2013, 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Springer Vieweg ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer-Verlag GmbH, DE und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Heidelberger Platz 3, 14197 Berlin, Germany

Vorwort zur fünften Auflage

Betriebskosten und Verfügbarkeit von Kreiselpumpen werden wesentlich durch ein breites Spektrum strömungstechnischer Phänomene bestimmt, deren Kenntnis gleichermaßen für die Pumpenentwicklung, die Anlagenplanung und für die Analyse von Problemen oder Schadensfällen notwendig ist. In diesem Buch wird daher versucht, die Strömungstechnik der Kreiselpumpen im weitesten Sinne in praxisrelevanter Form darzustellen. Neben den hydraulischen Grundlagen und der Auslegung der hydraulischen Komponenten werden Themen behandelt wie Strömungskräfte, Kennlinienstabilität, Kavitation als Strömungserscheinung und Schadensursache, die Strömung in Dichtspalten und Radseitenräumen sowie die dort entstehenden Kräfte, alle erdenklichen Arten von hydraulisch erregten Schwingungen an der Pumpe selbst oder an Rohrleitungen, schließlich auch Materialfragen wie hydraulisch induzierte Ermüdungsbrüche, Erosionskorrosion und Abrasion. Strömungstechnische Gesichtspunkte gilt es ferner zu beachten bei der Pumpenauswahl, die nur dann optimal ist, wenn das Zusammenwirken von Pumpe und Anlage bezüglich Rohrleitungsführung, Zuströmung zur Pumpe, Regelung und Betriebsführung beachtet wird. Beim Auftreten von Anlageproblemen wirken oft mehrere der erwähnten Phänomene zusammen. Deshalb sind nicht nur die betroffenen Komponenten, sondern auch die Maschine als Ganzes sowie deren Verhalten in der Anlage zu analysieren. Schwingungen gehören nach wie vor zu den schwierigsten Problemen in der Anlage, die Hersteller wie Betreiber beschäftigen. Wichtige Ergänzungen widmen sich diesem Thema. Die vorliegende 5. Auflage wurde im Wesentlichen durch folgende Informationen ergänzt: 1. Anhand von Anlagenproblemen werden in Abschn. 10.14 Schwingungen an großen Vertikalpumpen (mit Leistungen bis etwa 4000 kW) besprochen. Ungleichförmige Zuströmung durch das Einlaufbauwerk ist eine häufige Ursache von Störungen, obwohl meist in Modellversuchen – scheinbar – nachgewiesen wurde, dass keine unzulässigen Wirbel oder Ungleichförmigkeiten in der Zuströmung auftraten. Anhand einiger Schadensfälle in Anlagen wird gezeigt, dass erfolgreiche Modellversuche

V

VI

Vorwort zur fünften Auflage

nach der Froud’schen Ähnlichkeit keineswegs immer Schadensfreiheit garantieren. Denn die hydraulischen Erregerkräfte sind durch Trägheitskräfte bestimmt, die nicht durch die Froude-Zahl modelliert werden können. Ungleichförmige Zuströmung erzeugt instationäre Kräfte auf Pumpe und Steigrohr, die sich mittels der Angaben in Abschn. 10.14 abschätzen lassen. 2. Zur Unterstützung bei der Schwingungsdiagnose werden in Kap. 10 instationäre Strömungszustände und ihr Einfluss auf die Anregungen von Schwingungen vertieft besprochen. Versuchsdaten von Druckpulsationen und R ­ otor/Stator-Interferenzkräften bei Schaufeldrehklang werden in dimensionsloser Form gebracht, die eine Übertragung auf andere Pumpen erleichtern. Anhand von Anlageproblemen werden kavitationserregte Schwingungen und Instabilitäten besprochen. 3. Eine neue Methode zur Berechnung der hydraulischen Laufradwechselwirkung wird in Abschn. 10.6.3 vorgestellt. Tafel 10.4 liefert einen Satz von Formeln zur Berechnung der Kräfte in Spaltdichtungen. 4. Die weiter gestiegenen Computerkapazitäten führten dazu, dass instationäre numerische Strömungsberechnungen nunmehr als Stand der Technik gelten können. In der Literatur wird der Einsatz der Numerik meist als Erfolgsgeschichte dargestellt. Eine statistische Untersuchung der in der Praxis erzielten Genauigkeit zeigt allerdings, dass eine kritischere Herangehensweise durchaus angebracht wäre, Abschn. 8.8.4. 5. In Kap. 7 wird die Auslegung von Vorsatzläufern vertieft. Zudem wird die Auslegung von Zwillingsspiralen für mehrstufige Pumpen und radialen Einlaufgehäusen besprochen. 6. In Kap. 13 erscheint eine neue Methode zur Berechnung des Einflusses von Gas-Flüssigkeitsgemischen auf Förderhöhe und Wirkungsgrad radialer und halb­ axialer Pumpen. Emulsionen von unmischbaren Flüssigkeiten zeigen Anomalien, die die Pumpenleistung stark beeinflussen, wie anhand eines Versuches in Abschn. 13.1 gezeigt wird. 7. In Abschn. 14.1 werden die Ursachen von Laufradbrüchen behandelt. Die zu erwartenden Laufradspannungen lassen sich anhand eines Diagrammes abschätzen. 8. Kleinere Ergänzungen und Korrekturen wurden in allen Kapiteln vorgenommen; die folgende Tabelle gibt eine detaillierte Übersicht. 9. Die 4. englische und die 5. deutsche Auflage sind inhaltlich weitgehend gleich, aber nicht identisch. Villeneuve (Schweiz) Im Mai 2020

J. F. Gülich

Ergänzungen zur 5. Auflage

Lesern, die mit der 4. Auflage (2014) vertraut sind, kann die folgende Zusammenstellung einen schnellen Überblick über die Themen geben, die in der vorliegenden Auflage neu behandelt wurden.

Abschn. Thema

Abb., Tafel, Gl.

1.6

Druckrückgewinn in gekrümmten Diffusoren

Abb. 1.24, Gl. (1.54)

3.2.6

Berechnung der Reibungsbeiwerte und Optimierung von Dichtspalten mit tiefen Nuten

Abb. 3.14-1 bis 3.14-3, Tafel 3.7(4)

4.5.1

Gl. (4.15a), (4.17a) Auslegung von Einlaufringen und Laufrädern für niedrigen Förderstrom: Maßnahmen bei Lärm und Schwingungen durch überdimensionierten Laufradeintritt oder zu starkes Abdrehen des Laufrads. Exponenten für das Abdrehen des Laufrads

5.2.6

Zusätzliche Messdaten zur Teillast-Rückströmung am Laufradeintritt

Gl. (5.7c), Tafel D5.1, Abb. 5.16

5.6.6

Gehäusenuten zur Verhinderung von Kennlinieninstabilitäten von halboffenen (halbaxialen) Laufrädern

Abb. 5.43-1

5.9

Bemerkungen zu den Grenzen unseres Verständnisses von 3-dimensionalen Strömungen

6.2.4

Einige Messergebnisse zur Saugzahlbegrenzung

6.3.1

Einfluss der Dichtspaltweiten (Leckstrom) auf NPSH3

6.8.2.3

Instationäre Kavitation in der Spirale

Abb. 6.47

6.8.3

Eintrittsringe zur Verminderung von Kavitationsproblemen bei Teillastbetrieb

Abb. 6.48, 6.49

7.2.4

Auslegung von Saugrädern mit flacher Druckverteilung

Tafel D7.1-1, Abb. 7.10-1

7.3.4

„Doppelt-wirkende“ Laufräder mit spezifischen Drehzahlen von nq @



    













QT>@



Abb. 3.24   Druckzahlen a allgemeine Tendenzen (Werte für Nabe nach [19]), b ψopt für einstufige Spiralgehäusepumpen von verschiedenen Herstellern

Eine ähnliche Auswertung mehrstufiger Pumpen von verschiedenen Herstellern ergab hingegen, dass der Faktor fT = 1,0 für Leitradpumpen gebräuchlicher ist, um das Risiko instabiler Kennlinien zu verringern.

Bestpunkt :

ψopt = 1,21fT e−0,77nq /nq,Ref = 1,21 fT e−0,408 ωs

nq,Ref = 100

(3.26)

Q = 0: Leitradpumpen: ψo = 1,31e−0,3nq /nq,Ref

nq,Ref = 100

(3.27)

ψo = 1,25 e−0,3nq /nq,Ref

nq,Ref = 100

(3.28)

Q = 0: Spiralgeh¨ausepumpen :

3.9  Statistische Angaben über Druckzahlen …

135

Die Auslegung für höhere Druckzahlen führt zu flacheren Q-H-Kurven und die Gefahr von Kennlinieninstabilitäten steigt entsprechend. Wird hingegen eine steile Kennlinie benötigt, wählt man ψopt nach der unteren Grenzkurve (oder noch tiefer). Abb. 3.24 enthält zusätzlich noch Druckzahlen ψo bei Förderung gegen geschlossenen Schieber (Kap. 4). Druckzahlen für die Auslegung von Abwasserpumpen mit ein-, zwei- oder dreischaufeligen Laufrädern werden in Abschn. 7.4 gebracht. Aufgrund des Verlaufes ψ = f(nq) nach Abb. 3.24 und Gl. (T3.2.8 u. 11) lassen sich die Geschwindigkeitskomponenten c2u* und w2u* berechnen. Gibt man sich einen Zuströmwinkel vor, kann auch die Relativgeschwindigkeit w1* am Laufradeintritt bestimmt werden. Solche Angaben können für Abschätzungen dienlich sein, ohne dass man Einzelheiten über die Pumpe kennen oder berechnen muss. Abb. 3.25 zeigt ein solches Diagramm mit den getroffenen Annahmen, in das auch die mittlere Relativgeschwindigkeit wsp* = (cax2 + ¼usp2)0,5/u2 in Dichtspalten eingetragen wurde. Für α1 = 90° gilt d1* ≈ w1* sodass man den Laufradeintrittsdurchmesser aus d1 = d2 × d1* erhält. In Abb. 3.26 sind Gesamtwirkungsgrade einstufiger Radialpumpen als Funktion der spezifischen Drehzahl dargestellt, wobei der Auslegungsförderstrom als wichtiger Parameter erscheint. Der Gesamtwirkungsgrad erreicht im Bereich von nq = 40 bis 50 für eine gegebene Pumpengröße ein Maximum, das wie folgt zustande kommt: Links vom Maximum steigen die Nebenverluste mit fallendem nq gemäß Gl. (T3.5.10 bis 12) exponentiell an. Bei hohen spezifischen Drehzahlen (nq > 70) steigen die hydraulischen Verluste mit wachsendem nq an infolge zunehmender Mischungsverluste, die vorwiegend

1.2 1.1 1.0 0.9 0.8 0.7 0.6 0.5 0.4 0.3 0.2 0.1 0.0

psi c2u* oder c3 w2u* w1* oder d1* wsp*

0

50

100

150

200

250

nq

300

Abb. 3.25   Geschwindigkeiten am Laufradeintritt, -austritt und im Dichtspalt, berechnet mit ηh = 0,87, kn = 1, β1a = 15°, Spaltweite s aus Gl. (3.12), Spaltstrom aus Gl. (T3.5.10). Alle Geschwindigkeiten sind auf u2 bezogen. Für α1 = 90° gilt d1* ≈ w1*

136

3  Grundlagen der hydraulischen Berechnung 1.0 ηopt

0.9 0.8 0.7 Q = 10 m3/s Q = 1 m3/s Q = 0,3 m3/s Q = 0,1 m3/s Q = 0,03 m3/s Q = 0,01 m3/s Q = 0,005 m3/s

0.6 0.5 0.4

10

20

30

40

50

60

70

80

90

nq

100

Abb. 3.26   Wirkungsgrad einstufiger, einflutiger Radialpumpen

durch Ungleichförmigkeiten der Strömungsverteilung über die Schaufelhöhe und Sekundärströmungen verursacht werden. Wie aus Abb. 3.26 zu erkennen, steigt der Gesamtwirkungsgrad mit dem Förderstrom; hierin erkennt man den Einfluss der Pumpengröße: Da Q ~ n × d23 ist, erfasst man mit dem Förderstrom indirekt den Einfluss von Laufraddurchmesser und Drehzahl. Bei sehr kleinen Pumpen bzw. Förderströmen fallen zudem die mechanischen Verluste stark ins Gewicht (Abschn. 3.6.4). Die Wirkungsgrade nach Abb. 3.26 gelten für Laufräder ohne Axialschubentlastung; werden Entlastungsbohrungen angebracht, ist der Wirkungsgrad gemäß Gl. (T3.9.9) zu korrigieren. Eine Alternative zu Gl. T3.9.1 und Abb. 3.26 bieten Gl. T3.9.1A und Abb. 3.26-1. Diese Formel stützt sich auf [B.15]. Sie hat den Vorteil, den Einfluss der Wandrauigkeit einzubeziehen. Der Parameter in der Grafik ist Qopt/n* anstelle von Qopt. Aber ein Diagramm mit Qopt als Parameter zeigt für die üblichen Drehzahlen sehr ähnliche Resultate. Dies beweist Abb. 3.26-2, die etwas bequemer zu handhaben ist. Gl. T3.9.1A dürfte bessere Näherungswerte als Gl. T3.9.1 für kleine Pumpen mit Qopt < 50 m3/h ergeben. Jedoch sind alle Prognosen des Wirkungsgrads aufgrund statistischer Daten in Bezug auf kleine Pumpen unsicher, weil der Einfluss der Wandrauigkeit groß ist und weil die mechanischen Verluste einen beträchtlichen Teil der Antriebsleistung ausmachen können. Die Wirkungsgrade halbaxialer und axialer Pumpen sind in Abb. 3.27 dargestellt. Etwa ab nq > 70 liegen die Wirkungsgrade halbaxialer Laufräder leicht höher als bei Radialpumpen: Das liegt daran, dass die Strömungsverteilung über die Schaufelbreite infolge der stärkeren Deckscheibenkrümmung bei den Radialrädern mit zunehmender spezifischer Drehzahl ungleichförmiger wird, wodurch größere Verwirbelungsverluste entstehen als bei halbaxialen Laufrädern, die nur schwach gekrümmte Deckscheiben aufweisen.

3.9  Statistische Angaben über Druckzahlen …

137

ηopt

1.0

Q/n* = 100´000 m3/h

0.9

Q/n* = 10´000 m3/h Q/n* = 1´000 m3/h

0.8

Q/n* = 300 m3/h Q/n* = 100 m3/h Q/n* = 30 m3/h

0.7

Q/n* = 10 m3/h Q/n* = 3 m3/h

0.6

Q/n* = 1 m3/h Q/n* = 0.500 m3/h Q/n* = 0.300 m3/h

0.5

n* = n/nRef nRef = 1000 rpm valid for ε = 4 µm

0.4

0.3 0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

nq

Abb. 3.26-1   Wirkungsgrade von einstufigen, einflutigen Radialpumpen, berechnet mit Gl. T3.9.1A; Parameter Qopt/n* 1.0

Q= Q= Q= Q= Q= Q= Q= Q= Q= Q= Q=

0.9 0.8

ηopt

0.7 0.6

36´000 m3/h 3´600 m3/h 1´080 m3/h 360 m3/h 100 m3/h 50 m3/h 20 m3/h 10 m3/h 5 m3/h 2 m3/h 1 m3/h

0.5

valid for ε = 4 µm

0.4 0.3 0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

nq

Abb. 3.26-2   Wirkungsgrade von einstufigen, einflutigen Radialpumpen, berechnet mit Gl. T3.9.1A; Parameter Qopt

138

3  Grundlagen der hydraulischen Berechnung 1.0 ηopt

0.9 0.8 0.7 Q = 10 m3/s Q = 0,3 m3/s Q = 0,03 m3/s Q = 0,005 m3/s

0.6 0.5

50

100

Q = 1 m3/s Q = 0,1 m3/s Q = 0,01 m3/s 150

200

250

300

nq

Abb. 3.27   Wirkungsgrad halbaxialer und axialer Pumpen

Die Wirkungsgrade in Abb. 3.26 und 3.27 wurden nach Gl. (T3.9.1 u. T3.9.3) berechnet. Diese empirischen Formeln zeigen, dass sich die Verluste in einem weiten Bereich von Pumpengrößen und spezifischen Drehzahlen nicht mit einfachen Potenzgesetzen erfassen lassen – ein Sachverhalt, der bei der Umrechnung der Wirkungsgrade vom Modell auf die Großausführung zu beachten ist (s. Abschn. 3.10). Die Wirkungsgrade mehrstufiger Industriepumpen nach Abb. 3.28 und Gl. (T3.9.2) liegen wegen zusätzlicher Verluste in den Rückführkanälen in der Regel unter den Werten einstufiger Pumpen. Bei Speicherpumpen, die weniger kompakt gebaut werden

ηopt

1.0 0.9 0.8 0.7 0.6

Q = 1 m3/s Q = 0,3 m3/s Q = 0,1 m3/s Q = 0,03 m3/s Q = 0,01 m3/s Q = 0,005 m3/s

0.5 0.4

10

15

20

25

30

Abb. 3.28   Wirkungsgrad mehrstufiger, einflutiger Pumpen

35

40

45

nq

50

139

3.9  Statistische Angaben über Druckzahlen … 1.0 ηopt 0.9 0.8 0.7 Q = 10 m3/s Q = 1 m3/s Q = 0,3 m3/s Q = 0,1 m3/s Q = 0,03 m3/s Q = 0,01 m3/s Q = 0,005 m3/s

0.6 0.5 0.4

10

15

20

25

30

35

nq

40

Abb. 3.29   Wirkungsgrad einstufiger, doppelflutiger Pumpen. Q entspricht Qopt der Pumpe, während nq mit dem Förderstrom einer Radseite zu berechnen ist (Gl. (T3.4.15))

als Pumpen für industrielle Anwendungen, erzielt man hingegen ähnliche Wirkungsgrade wie in Abb. 3.26. Doppelflutige Pumpen erreichen gemäß Abb. 3.29 und Gl. (T3.9.4) bei nq  70 – wie beim Gesamtwirkungsgrad – die Mischungsverluste für den Abfall des hydraulischen Wirkungsgrades verantwortlich sind. Bei sehr kleinen Pumpen (Förderströmen) sinkt der hydraulische Wirkungsgrad infolge erhöhter relativer Rauigkeit: Die absolute Rauigkeit bleibt – bedingt durch das Gussverfahren – etwa konstant; zudem lassen sich enge Kanäle weniger gut putzen; schließlich ist auch der wirtschaftliche Anreiz, den Wirkungsgrad zu verbessern, bei Pumpen großer Leistung weitaus bedeutender als bei Kleinpumpen. Wenn man – z. B. bei kleinen Pumpen – unsicher über den hydraulischen Wirkungsgrad ist, kann folgende Faustformel dienlich sein:

ηh =

1 (1 + η) 2

(3.28a)

140

3  Grundlagen der hydraulischen Berechnung 1.0 ηh 0.9

0.8

0.7

Q = 10 m3/s Q = 0,3 m3/s Q = 0,03 m3/s Q = 0,005 m3/s 10

20

30

40

50

Q = 1 m3/s Q = 0,1 m3/s Q = 0,01 m3/s 60

70

80

90

nq

100

Abb. 3.30   Hydraulischer Wirkungsgrad einstufiger, einflutiger Radialpumpen

ηh

1.0

0.9

0.8

0.7

Q = 1 m3/s Q = 0,1 m3/s Q = 0,01 m3/s

Q = 10 m3/s Q = 0,3 m3/s Q = 0,03 m3/s Q = 0,005 m3/s 50

100

150

200

250

nq

300

Abb. 3.31   Hydraulischer Wirkungsgrad halbaxialer und axialer Pumpen

Gl. (3.28a) liefert auch bei Teillast – ja sogar bei Q = 0 – noch sinnvolle Werte. Die mitunter verwendete Beziehung ηh = η0,5 ergibt weder bei sehr niedrigen Gesamtwirkungsgraden (Kleinpumpen) noch bei Teillast brauchbare Daten. Die nach Tafel 3.9 oder Abb. 3.26, 3.26-1, 3.26-2, 3.27, 3.28, 3.29, 3.30, 3.31 und 3.32 ermittelten Wirkungsgrade weisen Streuungen in der Größe von Δη = ±0,2 (1 − η) auf, die durch Unterschiede im Konstruktionskonzept (z. B. Kompaktheit der Maschine), in der Güte der hydraulischen Auslegung, in den Spaltspielen, bei der Axialschubentlastung und der mechanischen Ausrüstung bedingt sind. Liegen genügend

141

3.9  Statistische Angaben über Druckzahlen … 1.0 ηh 0.9

0.8 Q = 1 m3/s Q = 0,3 m3/s Q = 0,1 m3/s Q = 0,03 m3/s Q = 0,01 m3/s Q = 0,005 m3/s

0.7

0.6

10

20

30

40

50

nq

60

Abb. 3.32   Hydraulischer Wirkungsgrad mehrstufiger Radialpumpen

Messdaten einer oder mehrerer Pumpenreihen vor, lassen sich die Koeffizienten der Gleichungen in Tafel 3.9 leicht so anpassen, dass die Daten mit einer minimalen Standardabweichung korreliert werden. Abb. 3.33 zeigt, wie die Nebenverluste und die hydraulischen Verluste in Laufrad und Leitapparat von der spezifischen Drehzahl abhängen. Diese Abbildungen illustrieren die Tendenzen; sie dienen zur Veranschaulichung der Zusammenhänge, können aber auch für eine grobe Beurteilung nützlich sein: So muss man bei nq  1 entspricht Überlast, während der Betrieb bei q*  BHN (Brinellhärte) sind erhebliche Schäden zu erwarten. Abschließend sei nochmals betont, dass alle hier gegebenen Formeln nur grobe Anhaltswerte liefern können, die mit großen Unsicherheiten behaftet sind. Wegen der außerordentlichen Komplexität der an der Kavitationserosion beteiligten Prozesse ist dies kaum anders zu erwarten. Für die ingenieurmäßige Beurteilung von Kavitationsproblemen stellen die Formeln in Tafel 6.1 aber heute das einzige bekannte Verfahren dar, das die Zusammenhänge in einem breiten Rahmen in konsistenter Weise beschreibt und mit geringem Aufwand in der Praxis gehandhabt werden kann. Eine sorgfältige Analyse und Interpretation der Beobachtungen in der Anlage und der Messungen ist dabei – wie bei allen komplexen Anlageproblemen – unerlässlich, um Fehlschlüssen vorzubeugen.

386

6  Saugverhalten und Kavitation

6.7  Die Wahl des Zulaufdruckes in der Anlage (NPSHA)

387

Tafel 6.1 (2): Abschätzung des Risikos von Kavitationsschäden rH =

SαT 8 π (1 - α T )

pi =

Gl.

Deckelmaterial α T

C5 rH a CNLRef

Plexiglas

r 2

u1 1+ rH2 x

0,23

6.1.11 6.1.12

Erosionsrate Stahl 0,16 aus C5 = 2500 m-1; S = schallabsorbierende Flächen Implosionsdruck r = Abstand zwischen Laufrad und Meßaufnehmer, r = Hallradius x H pi 3 F  p  für pi >70 N/mm2 -28 W 6.1.13 PER = C3 cor  i  C3 = 8,5⋅10 bei rostfreiem Stahl m2 FMat  pRef  Saugfläche Blasenfeldlänge aus Kavitationsschall Druckfläche Implosionsdruck aus Blasenfeldlänge Implosionsdruck aus Erosionsmessung

0,52

 I Lcav = 5,4⋅105  ac LRef  IRef

   

 I Lcav = 3,9⋅105  ac LRef  IRef

   

0,56

 L pi = C4 (p1 − pv)  cav  LRef

pi =

 ∆pRef   ∆p

   

 ∆pRef   ∆p

0,91

 PER FMat  I  Ref Fcor

1,1⋅109 

   

1,06

  

0,35

1,15

  

 a   a  Ref

 aRef     a 

   

0,33

Relative Erosionsrate

ε=

ER,2 ER,1

 NL2 =   NL1

   

0,333

pRef

 CV2 =   CV1

   

0,38

 ρ"Ref   ρ"

Erosionsschwellpi,ES = FS = (0,054 bis 0,15) Rm wert 2,92

 α  α  Ref

 aRef     a 

  

 α  α  Ref 0,15

0,13

   

   

 ρ"   ρ"  Ref

0,14

 ρ"   ρ"  Ref

 αRef     α 

0,15

   

   

6.1.14a 0,17

6.1.14b

0,12

6.1.15

Erosion Saugfläche

C4 18

Druckfläche

67

Für ferritische Stähle in Süßwasser oder Deionat

6.1.16 6.1.17

2,92

6.1.18

6.7 Die Wahl des Zulaufdruckes in der Anlage (NPSHA) Wie ausführlich dargelegt (s. auch Abb. 6.9, 6.10 und 6.14), erscheinen ausgedehnte Blasenfelder lange, bevor ein messbarer Förderhöhenabfall, wie z. B. NPSH3, wahrzunehmen ist. Um Lärm, Schwingungen und Erosionsschäden vorzubeugen, wird daher der Zulaufdruck in der Anlage – der NPSHA-Wert – in den meisten Anwendungen deutlich über dem NPSH3-Wert eingestellt (eine Ausnahme bildet die in Abschn. 11.2 besprochene Kavitationsregelung). Wesentliche Gesichtspunkte für die Festlegung des NPSHA-Wertes sind (s. a. [1]): • die Umfangsgeschwindigkeit u1 am Laufradeintritt, • das Laufradmaterial, • das Fördermedium sowie dessen Temperatur und Gasgehalt, • der verlangte Betriebsbereich (z. B. bei Teillastrezirkulation oder bei Q > QSF), • die Eigenschaften der Pumpe, die Güte des Sauglaufrades und die Zulaufbedingungen.

388

6  Saugverhalten und Kavitation

Betrachtet man eine gegebene Pumpe, deren erforderliche NPSH-Werte gemäß den verschiedenen Kavitationskriterien als Funktion der Drehzahl und des Förderstromes bekannt sind, ist in der Anlage ein NPSHA-Wert bereitzustellen, der den sicheren Betrieb der Pumpe gestattet (s. Tafel 2.2). Um den NPSHA-Wert zu vergrößern, gibt es verschiedene Möglichkeiten: 1. Pumpe tiefer oder Saugbehälter höher aufstellen 2. Verringerung der Druckverluste in der Saugleitung 3. Einbau einer Vorpumpe 4. Druck im Gaspolster über Saugwasserspiegel erhöhen Geht man umgekehrt von einem gegebenen NPSHA-Wert aus, ist die einzusetzende Pumpe so auszuwählen, dass ein störungsfreies Arbeiten der Pumpe im ganzen Lastbereich gewährleistet ist. Die Kriterien für störungs- und schadensfreien Betrieb sind: K1  Erfüllung des geforderten Betriebsbereiches, z. B.: kann der maximal verlangte Förderstrom gefahren werden? (Kap. 11). K2  Vermeidung unzulässiger Schwingungen, Pulsationen und Geräusche. K3  Begrenzung des Kavitationsabtrages bzw. Erreichen der geforderten Lebensdauer des Laufrades. Tafel 6.2 zeigt, wie man den NPSHA-Wert für verschiedene Anwendungsfälle festlegen kann. Betont sei, dass derartige Angaben nur grobe Empfehlungen darstellen können, die häufig konservativ sein mögen, andererseits in Problemfällen keine Schadensfreiheit garantieren können. Erläuterungen zu Tafel 6.2 • Ein ungeeignetes Laufrad, ungünstige Zulaufbedingungen oder Eintrittsgehäuse, ausgedehnter Teillast- oder Überlastbetrieb erfordern einen höheren NPSHA-Wert. • Je nach Fluid können ggf. kleinere NPSHA ausreichend sein. • KWS bezeichnen Kohlenwasserstoffgemische mit verschiedenen Siedekurven oder andere Flüssigkeiten, die schwache Implosionsenergien freisetzen, bei denen also gemäß Gl. (6.24) etwa ΔTu > 5  °C gilt. • Kriterium K1 ist selbstverständlich in allen Anwendungen zu erfüllen. • Voraussetzung für die Anwendung von Tafel 6.2 ist der Einsatz eines geeigneten Werkstoffes. Die Angabe „Cr-Ni-Stahl“ bedeutet, dass ein gleich- oder höherwertiger Werkstoff als 1,4317 (G-X5 Cr Ni 13 4) einzusetzen ist. • Bei korrosiven Medien sind Zuschläge zum berechneten NPSHA-Wert nötig.

6.7  Die Wahl des Zulaufdruckes in der Anlage (NPSHA)

389

• Bei Umfangsgeschwindigkeiten über 50 m/s steigt das Risiko von Kavitationsschäden rasch an – auch wenn man hochvergütete Chromnickelstähle einsetzt. Nur begrenzte Blasenfeldlängen können dann zugelassen werden. Ab u1 = 75 bis 80 m/s muss die Pumpe praktisch blasenfrei betrieben werden. Die Erosionsgefahr lässt sich anhand der in Abschn. 6.6.3 bis 6.6.8 besprochenen Methoden beurteilen. Dies erfordert stroboskopische Blasenbeobachtungen, Kavitationsschallmessungen oder zuverlässige Vorausberechnung der Blasenfeldlänge oder des NPSHi-Wertes. • Für den Chromnickelstahl 1,4317 wurde nach Tafel 6.1 die Blasenfeldlänge ermittelt, die maximal zulässig ist, wenn eine Laufradlebensdauer von 40.000 h erreicht werden soll. Für die Berechnung wurde ein Metallabtrag von 6 mm in 40.000 h angenommen. Das Ergebnis ist in Abb. 6.36 dargestellt; für andere Verhältnisse kann nach Gl. (6.31) umgerechnet werden, wenn man nicht die Berechnung nach Tafel 6.1 vorzieht. Lcav,al = Lcav,graph



Rm Rm,Ref

0.7 

LI,Ref �e LI �eRef

2 0.35 Rm,Ref = 800N/mm LI,Ref = 40′ 000 h �eRef = 6 mm.

(6.31)

• Bei Pumpen mit ungünstigen Zuströmverhältnissen und großen schallabstrahlenden Gehäuseflächen (ggf. mit geringer Wandstärke) kann der Lärmpegel infolge Kavitation kräftig ansteigen. Sind Lärmgarantien einzuhalten, sollte man den ­ NPSHA-Wert so wählen, dass die Pumpe genügend weit oberhalb NPSHo arbeitet, weil gemäß Abschn. 6.5.2 das Maximum des Kavitationslärmes nahe bei NPSHo zu erwarten ist. • Bei besonders kritischen Fällen sind genauere Analysen und weitere Zuschläge angezeigt. • Günstige Betriebserfahrungen mit einer gegebenen Pumpe bei gleicher Anwendung (u1, Lastbereich, Fluid) können kleinere NPSHA rechtfertigen. 200

Kaltwasser Gasgehalt 24 ppm oder Kesselwasser über 140 °C Kaltwasser Gasgehalt 0.05 ppm

Lcav,zul [mm]

150

100

50

0

0

50

100

150

NPSHA [m]

Abb. 6.36   Zulässige Blasenfeldlänge als Funktion des NPSHA-Wertes für Stahl 1.4317

390

6  Saugverhalten und Kavitation

Mitunter ist es zweckmäßig, das Verhältnis des NPSHA- zum NPSH3-Wert als Sicherheitszuschlag FNPSH auszudrücken. Dieser Wert lässt sich leicht ermitteln, wenn man NPSHA aufgrund von Tafel 6.2 festgelegt hat.

Tafel 6.2 Festlegung des NPSHA-Wertes

u1 (m/s) < 10 < 20

Fluid Alle

Kriterien Festlegung des NPSHA-Wertes NPSHA ≥ 1,25 NPSH3 mindestens: NPSHA = NPSH3 + 0,5 m K1 (K2) Kohlenwasserstoffe Ziel: Betriebsbereich sichern; Toleranzen und (außer Benzin u. ähnl.) Unsicherheiten abdecken

σA ≥ σ3 + FR FF {0,05 + 2 (u1/uRef)3}

10 ÷ 50

Wasser K2, K3

20 ÷ 60

KWS

Wasser

K3

Cr-Ni-Stahl

K1

> 60

KWS Cr-Ni-Stahl

K1 K2

> 75

Wasser T < 200 °C Cr-Ni-Stahl

K1 K3

50 ÷ 75

10 ÷ 25 > 25

Entgastes Wasser K2 α < 5 ppm, T < 100 °C Cr-Ni-Stahl K3

KWS = Kohlenwasserstoffe

uRef = 100 m/s. Nur sinnvoll für σA < σi Fluidfaktoren FF 1,0 Wasser α > 5 ppm; t < 200 °C Meerwasser, korrosive Medien ≥ 1,15 0,75 KWS ∆Tu > 5 °C Risikofaktoren FR Betrieb bei 0,8 < q* < 1,1 1,0 Betrieb bei Teillastrezirkulation oder Druckflächenkavitation bei Q > QSF 1,2 Ungünstige Zulaufverhältnisse ≥ 1,1 Blasenfeldlänge, Kavitationsschall oder Betriebserfahrungen unter gleichen Bedingungen müssen bekannt sein, um auf ausreichende Laufradlebensdauer überprüfen zu können, Tafel 6.1 Blasenvolumen ist zu begrenzen, um unzulässige Schwingungen, Pulsationen und Lärm zu vermeiden NPSHA ≥ NPSHi Praktisch blasenfreier Betrieb ist notwendig, sonst in kurzer Zeit Schäden. σA ≥ σ3 + FR FF {0,05 + 2(u1/uRef)3} uRef = 100 m/s Sehr erosiv; Blasenvolumen oder ggf. Kavitationsschall begrenzen, Tafel 6.1

Der Sicherheitszuschlag auf NPSH3 ist definiert als FNPSH =

NPSHA σA = NPSH3 σ3

Der nach Tafel 6.2 bestimmte Wert für NPSHA ist nur dann ausreichend, wenn folgendes beachtet wird: 1. Das Laufrad ist im Bestpunkt für einen Anstellwinkel von i < 3° (bis 5°) ausgelegt. 2. Die Zuströmung ist einigermaßen gleichmäßig (Kriterien werden in Abschn.11.7.3 gegeben) 3. Keine übermäßigen Wirbelzöpfe im Eintrittsgehäuse. Achtung: Das obige Verfahren ist rein empirisch. Es kann keine Schadensfreiheit garantieren. In anderen Fällen kann es konservativ sein.

6.8  Kavitationsschäden: Analyse und Abhilfe

391

Gemäß Abb. 6.14 ist – je nach Laufradauslegung bei einem gewählten Wert von FNPSH – mit ganz unterschiedlichen Blasenfeldlängen zu rechnen. Das bedeutet entsprechend auch unterschiedliche Risiken bezüglich Lärm, Schwingungen und Erosion.

6.8 Kavitationsschäden: Analyse und Abhilfe 6.8.1 Aufnahme des Schadens und der Betriebsparameter Um geeignete Maßnahmen zur Lösung von Kavitationsproblemen definieren zu können, ist eine sorgfältige Analyse der Betriebsbedingungen angezeigt; sie umfasst folgende Elemente (als „Checkliste“ zu benutzen): • Schadensbild und Ort: Laufradeintritt, Saugfläche, Druckfläche, Einlauf, Leitvorrichtung • Stärke des Angriffs: ΔEMax, LSchaden von Eintrittskante, LBeginn, Skizze, Foto • Betriebsparameter: Q, H, n, NPSHA = f(Q) • Systemkennlinie und maximaler Förderstrom • Betriebsdauer für verschiedene Betriebszustände (ggf. Histogramm) • Auslegungsdaten der Pumpe: Qopt, Hopt mit zugehöriger Drehzahl; Kennlinie mit NPSH-Kurven (Abnahmeversuch): NPSH3-Anstieg bei Teillast? (könnte auf zu großen Laufradeintrittsdurchmesser hindeuten) • Material der Komponente: Zugfestigkeit; Materialbezeichnung (ggf. chemische Analyse) • Fördermedium: Art, Wasseranalyse; korrosive Agenzien, Temperatur, Gasgehalt • Geometrische Daten (hier für Laufrad): d2,eff, d1, dn, ß1B (außen, Mitte, Nabe), a1,a, a1m, a1i, A1q (Kartonlehre), Schaufeleintrittsprofil (Kartonlehre, Taster) • Verzögerungsverhältnisse: w1q/w1m und c3q/c2 bei Qopt, Qmax und im Betriebspunkt. • Sind die Schaufeleintrittswinkel nicht bekannt, kann man sie beurteilen nach ßA1 = arc sin (a1/t1). • Saugstutzen- oder Durchmesser der Einlauftrompete • Laufradkorrektur d2* = d2,eff/d2,nom (effektiver, nominaler Laufraddurchmesser) • Regelung der Pumpe, transiente Zustände, Störfälle (Art, Häufigkeit, Dauer) • Erhöhung der Wassertemperatur am Laufradeintritt durch Zufuhr von Spaltstrom und Entlastungswasser vor dem Laufrad; entsprechender Anstieg des Sättigungsdruckes. • Kavitationsdiagnose mit Körper- oder Flüssigkeitsschall nach Abschn. 6.6.5. Zulaufbedingungen  • Trockenaufstellung: Bögen, Abzweigstücke, Armaturen erzeugen ungleichförmige Geschwindigkeitsprofile, wenn nicht eine genügend lange Ausgleichsstrecke vorhanden ist. Zwei und mehr Bögen in verschiedenen Ebenen erzeugen Vordrall (Abhilfe: z. B. durch Gleichrichter).

392

6  Saugverhalten und Kavitation

• Nassaufstellung: Beobachtung der Zulaufströmung auf Oberflächenwirbel, Rotation, Bodenwirbel, luftziehende Wirbel. • Einlaufgehäuse von Pumpen mit durchgehender Welle: Rippe dort vorhanden, wo die beiden die Welle umströmenden Teilströme zusammentreffen? Rippen zu dick oder ungünstig profiliert? Durch den Einlauf erzeugte Störungen steigen mit wachsendem Förderstrom. Eine ungünstige Gestaltung des Einlaufgehäuses kann Wirbelzöpfe hervorrufen oder die Laufradanströmung in unzulässigem Maße stören. Zur Analyse des Einlaufgehäuses muss man Kriterien wie Flächenverlauf und Nabenversperrung heranziehen (Abschn. 7.13).

6.8.2 Kavitationsformen und typische Arten von Kavitationsschäden Kavitation kann am Laufschaufeleintritt, im Laufradkanal, an Einlaufrippen, in der Leitvorrichtung sowie im Bereich von Dichtspalten der Laufräder oder der Entlastungseinrichtung auftreten. Je nach den geometrischen Verhältnissen von Laufrad, Einlauf und Leitvorrichtung, dem Förderstrom der Pumpe und dem vorhandenen Zulaufdruck bilden sich unterschiedliche Kavitationsformen aus.

6.8.2.1 Kavitationsschäden am Laufradeintritt Am häufigsten werden Kavitationsschäden am Laufradeintritt beobachtet, weil hier die niedrigsten Drücke in der Pumpe auftreten. Das Erosionsbild lässt oft Rückschlüsse auf die Schadensursache zu; typische Arten von Kavitationsformen und -schäden am Laufradeintritt seien anhand Tafel 6.3 besprochen. Der Förderstrom stoßfreien Eintritts QSF und der mit dem NPSHA-Wert gebildete Kavitationsbeiwert σ A sind nach den Angaben aus Abschn. 6.8.1 zu berechnen, da diese Größen für die Beurteilung wesentlich sein können. • An den Schaufeln anliegende Blasenfelder gemäß Abb. 6.5 und 6.37 (die Blasen implodieren nahe der Wand). Anliegende Blasenfelder können bei Q > QSF Schäden auf der Druckfläche und bei Q   @

ψ >@

9.1  Die Strömung im Radseitenraum

 

,65VPDOONR  UPD[U NR 













  ϕ>@

Abb. 9.6   Einfluss des Radseitenraums auf die Förderdaten, nq = 26, Reu2 = 1,6 × 106. (ISR = Radseitenraum)

'6

76 FX

,65IORZ FX NRX

FXX

E

Abb. 9.7    Einfluss der Geschwindigkeitsverteilung am Laufradaustritt auf die Wechselwirkung zwischen Hauptförderstrom und Radseitenraumströmung. Links: Energie aus dem Hauptförderstrom wird in den Radseitenraum (ISR) übertragen; rechts: Pumpwirkung der Radseitenwand erhöht Geschwindigkeit des Hauptstroms. DS  Deckscheibe, TS Tragscheibe

662

9  Hydraulische Kräfte

Die Wirkung auf die Förderhöhe, wie in Gl. 9.1f beschrieben, kann an der Trag- und der Deckscheibe in dieselbe Richtung gehen (sich also gegenseitig verstärken) oder sie kann an einer Scheibe positiv und an der anderen negativ sein (und sich bis zu einem gewissen Grad kompensieren). Gleichung 9.1f zeigt auch, dass die Wechselwirkung zwischen Hauptförderstrom und Radseitenraumströmung sowohl von der Spaltweite als auch vom Geschwindigkeitsgradienten bestimmt wird. Manchmal kann man sogar bei einem relativ engen Spalt eine starke Wechselwirkung beobachten und umgekehrt kann eine nur schwache Wechselwirkung trotz großem Spalt bestehen. Ein gutes Beispiel für die oben beschriebenen Phänomene ist in Abb. 5.30, wo die Wirkung der Geschwindigkeitsverteilung auf die Flüssigkeitsrotation im Radseitenraum an der Deckscheibe einer Leitradpumpe gezeigt wird. Die turbulente Kernströmung weist gemäß Abb. 9.1 weder in Umfangs- noch in Radialgeschwindigkeit Gradienten auf; sie ist folglich frei von Schubspannungen. In der Kernströmung ist die Radialgeschwindigkeit cr = 0, und zwar auch dann, wenn eine Leckage vorhanden ist. Bei radial einwärts gerichtetem Spaltstrom ist dann cr an der Gehäusewand größer als am Rad, während cr bei auswärts strömender Leckage an der Radscheibe größer als am Gehäuse ist. Die Umfangsgeschwindigkeit in der Kernströmung steigt bei radial einwärts gerichtetem Spaltstrom mit dem Eintrittsdrall (Qsp × c2u), sodass sich dann oft k > 0,5 einstellt, während sie bei Auswärtsströmung mit dem Spaltstrom Qs3 sinkt und k  1 auch die örtliche Radreibung negativ wird (das Fluid „treibt das Rad an“). Der Radius, bei dem cu = ω r (also k = 1,0) wird, lässt sich nach Daten in [19] grob abschätzen aus der Korrelation:

r(k=1) = 9ϕ0,44 sp mit ϕsp nach Gl. (T9.1.1) r2

(9.2a)

Die Gl. 9.2a ergibt ähnliche Radienverhältnisse wie man aus Abb. 9.9 für k = 1,0 abliest. Der große Einfluss des Spaltstroms ϕsp durch den Radseitenraum und dessen Umfangsgeschwindigkeit kE beim Eintritt in den Radseitenraum wird aus Abb. 9.10 deutlich, die nach Tafel 9.1 (2) mit d2 = 400  mm, sax/r2 = 0,065, n = 3000 1/min, den Rauheiten εR = εw = 4 µm und ν = 10−6 m2/s berechnet wurden. Diese Diagramme zeigen: Strömung radial einwärts  • kE > ko: Tritt der Spaltstrom mit hoher Umfangsgeschwindigkeit in den Radseitenraum ein, steigt die Rotation und die Radreibung sinkt mit zunehmendem Spaltstrom (Abb. 9.10). Wie Rechnung und Versuch [51] zeigen, kann die Radreibung bei großer Leckage auf einen Bruchteil des Werts ohne Durchströmung absinken. Bei Spaltspielen, die in etwa nach Gl. 3.12 ausgeführt werden, liegt ϕsp in der Nähe von 5 × 10−4; die Abweichungen gegenüber der Berechnung für den nicht durchströmten Radseitenraum bleiben dann unter etwa 25 %. Erweitern sich die Spaltspiele im Betrieb infolge Abnützung auf den doppelten Wert des Neuspiels, werden Werte um ϕsp = 15 × 10−4 erreicht. • kE @T  

 







UDGLDODXVZlUWV GVS  

MVS

UDGLDOHLQZlUWV GVS  



Abb. 9.10   Einfluss des Spaltstromes und der Eintrittsgeschwindigkeit auf die Radreibungsverluste; Lit. [20] entspricht [51]

Die Abb. 9.11 zeigt den Einfluss von ϕsp und kE auf die Fluidrotation im Radseitenraum, wobei kcp den Mittelwert für k darstellt, der auf die korrekte Druckabsenkung nach Gl. T.9.1.5 führt. Auch dieses Diagramm macht deutlich, dass eine Radseitenraumberechnung ohne korrekte Berücksichtigung von Spaltstrom und Eintrittsrandbedingung kE im allgemeinen Fall keine zuverlässigen Ergebnisse erwarten lässt. Die in Abb. 9.10 und 9.11 dargestellten Faktoren fL und kcp/ko hängen ab von der radialen Erstreckung des Radseitenraums, d. h. vom Verhältnis des Dichtspaltdurchmessers zum Laufraddurchmesser: dsp* = dsp/d2; denn bei dsp* =  1,0 müssen diese Faktoren 1,0 werden. Der Einfluss von dsp* geht aus Abb. 9.12 und 9.13 hervor, die für kE = 0,5 berechnet wurden, was also ψth = 1,0 entspricht. Radseitenraumströmung und damit Radreibungsverluste sowie Axialkraft sind Funktionen gemäß k, PRR, Fax = f(kE, ϕsp, dsp*, Re, εR, εw), die sich nicht in einfache Formeln fassen lassen. Dabei ist kE mit der lokalen Umfangskomponente am Radseitenraumeintritt zu bilden (kE = c2u/u2 = ½  ψ/ηh ist nur eine Schätzung). Die Berechnung gemäß Tafel 9.1 (2) liefert eine erste Näherung für diese Zusammenhänge. Bei numerischen Berechnungen sind die Randbedingungen – insbesondere kE – richtig zu setzen, damit eine sinnvolle Lösung ermöglicht wird. Die Abb. 9.10 bis 9.13 erlauben aber eine gute qualitative und quantitative Beurteilung, wie wichtig diese Effekte im Einzelfall sein mögen.

9.1  Die Strömung im Radseitenraum

669

PLWWOHUHU5RWDWLRQVIDNWRU NR 

   N FS NR

   

N( 



N( 



N( 

  

N(  



UDGLDODXVZlUWV GVS 

MVS





UDGLDOHLQZlUWV GVS 

Abb. 9.11   Einfluss des Spaltstromes und der Eintrittsgeschwindigkeit auf die Rotation im Radseitenraum. Ohne Leckage: ko = 0.45 (LQIOXVVYRQGVS  N( 



SKLVS 











 

I/













   









 GVS



Abb. 9.12   Einfluss des Spaltstroms und des Dichtspaltdurchmessers auf die Rotation im Radseitenraum bei kE = c2u/u2 = 0,5

Wegen der engen Wechselwirkung zwischen der Hauptströmung am Laufradaustritt und dem Fluid im Radseitenraum ist es schwierig, die wirklichen Radreibungsverluste zu messen. Im Bestreben, die Wirkung des Spiralgehäuses auf die Radreibung zu erfassen, wurden mitunter Versuche gefahren, bei denen eine rotierende Scheibe in einem

670

9  Hydraulische Kräfte (LQIOXVVYRQGVS  N( 



SKLVS        

  

NFSNR

        









 GVS



Abb. 9.13   Einfluss des Spaltstromes und des Dichtspaltdurchmessers auf die Rotation im Radseitenraum bei, kE = c2u/u2 = 0.5

Spiralgehäuse untersucht wurde. Dabei werden aber die von der Scheibe abgeschleuderten Grenzschichten an der großen benetzten Gehäuseoberfläche stark abgebremst, sodass das Fluid gemäß Abb. 9.3 mit entsprechend kleiner Umfangskomponente in den Radseitenraum eintritt. Als Folge davon wurden Radreibungsbeiwerte gemessen, die die mit engen Gehäusen ermittelten um etwa 40–70 % überschreiten. In den verwendeten Gehäusen lag rw/r2 etwa bei 1,3 bis 1,4; Gl. T9.1.3 und T9.1.15) liefern dann tatsächlich Reibungsbeiwerte in der gemessenen Größe. Solche Werte für die Verlustberechnung von Pumpen einzusetzen, wäre indessen falsch, weil die Strömungsverhältnisse im Spiralgehäuse infolge der großen Umfangsgeschwindigkeit dort völlig anders sind (kE ist entsprechend hoch). Bei Messungen in [55] wurde eine rotierende Scheibe in einem Spiralgehäuse gemessen, wobei wahlweise der Strömungsaustausch zwischen Radseitenraum und Spirale durch eine zylindrische Abdeckung teilweise entkoppelt wurde. Je stärker die Entkopplung, desto geringer war die Radreibungsleistung, was den oben geschilderten Sachverhalt bestätigt. In anderen Arbeiten wurde versucht, durch stationäre Schaufeln der Strömung am Außendurchmesser der Scheibe einen Drall aufzuprägen; auch diese Maßnahme blieb erfolglos, da es sehr schwierig ist, einen Drallstrom zu erzeugen, der die Größe der Hauptströmung nach einem Laufrad erreicht. Als Folge wurden wiederum Radreibungsbeiwerte gemessen, die 50–80 % über den Werten liegen, die für die Berechnung von Pumpen zugrunde zu legen sind [11]. Einzig die in [51] und [46] verwendeten Messanordnungen, bei der Laufrad und Scheibe unabhängig voneinander angetrieben wurden, können als wirklich repräsentativ für die Verhältnisse in einer Pumpe angesehen werden.

9.2 Axialkräfte

671

Richtlinien für die Gestaltung von Radseitenräumen  1. Axialer Wandabstand: sax/d2 = 0,015 bis 0,04. Konstruktives Minimum: 3–5 mm je nach Pumpengröße. Zur Beachtung: Enge Radseitenräume setzen die Laufradeigenfrequenz herab und verstärken die Wechselwirkung zwischen Struktur und Strömung (Abschn.10.7.3). 2. Große Radseitenraumvolumina vermeiden, um Leistungsverlust durch Radreibung nicht unnötig zu erhöhen (turbulente Dissipation). In Hochdruckpumpen können sich weite Radseitenräume bezüglich Schwingungen besonders schädlich verhalten, wenn Spalt A groß und die Überlappung x klein ist (Abschn. 10.7.3). 3. Keine Rippen und zerklüftete Konturen der Gehäusewand, die die Fluidrotation im Radseitenraum bremsen und die Radreibungsverluste erhöhen. Radseitenräume mit rmax/r2 > 1,0 (Abb.  9.5) wirken sich besonders ungünstig auf den Wirkungsgrad aus; sie können sogar die Förderhöhe beeinträchtigen. Der Wirkungsgradverlust ist in etwa proportional zu (rmax/r2)5. 4. Bei Spiralgehäusen sind weite Radseitenräume oft unvermeidlich; es empfiehlt sich dann eine Gestaltung ähnlich Abb. 9.3, in der Fluid mit niedriger Umfangsgeschwindigkeit aus der wandnahen Spiralgehäuseströmung die Pumpwirkung der Radseitenwände wenig behindert, sodass das von den Radscheiben beschleunigte Fluid seine Energie an die Hauptströmung übertragen kann (Versuchsdaten wurden in Abschn. 3.10.3 erwähnt). Der Wirkungsgrad verschlechtert sich nicht durch diese Art der Gehäusegestaltung. 5. Weite, zur Spirale offene Radseitenräume in Hochdruckpumpen können bei Teillastrückströmung die Axialkraft erhöhen und Schwingungen hervorrufen. In diesem Fall kann das Gehäuse so ausgelegt werden, dass ein definierter Spalt A mit ausreichender Überlappung entsteht. Haupt- und Radseitenraumströmung werden auf diese Weise entkoppelt [31]. Eine gewisse Einbuße an Förderhöhe und Wirkungsgrad ist bei dieser Maßnahme nicht auszuschließen. 6. Bei Leitradpumpen sollten Haupt- und Radseitenraumströmung weitgehend entkoppelt werden, um Strömungsumschläge im Radseitenraum infolge Teillastrezirkulation zu vermeiden (Axialkraftexkursionen) [18, B.20]: Der Spalt A zwischen den Seitenscheiben von Laufrad und Leitrad ist dabei relativ eng zu wählen: 2 A/d2 = 0,007 bis 0,01; die Überdeckung soll xov/A = 2 bis 4 sein (Abb. 9.1). Durch Hilfsschaufeln auf den Radscheiben kann die Rotation des Fluids erhöht werden (näheres dazu in Abschn. 9.2.7).

9.2 Axialkräfte 9.2.1 Axialkraftberechnung allgemein Zur Dimensionierung des Axiallagers der Pumpe und eines eventuell vorgesehenen Axialkraftausgleichs muss die resultierende Axialkraft (häufig auch als Axialschub bezeichnet) auf den Pumpenrotor bekannt sein. Sie setzt sich aus folgenden Anteilen zusammen

672

9  Hydraulische Kräfte

S

S

S U

)'V

46S

S

)7V S U

),

G6S S

G'

)Z SDPE

Abb. 9.14   Druckverteilungen und Axialkräfte am Laufrad einer einstufigen Pumpe

(Abb. 9.14): Kräfte FTs und FDs aus der Druckverteilung, die auf beide Radseitenwände wirken, Impuls FI und unausgeglichene Wellenschübe Fw; bei Vertikalpumpen tritt noch das Rotorgewicht hinzu. Als Randbedingung für die Druckverteilung wird der statische Druck p2 am Laufradaustritt benötigt; er berechnet sich aus der statischen Druckerhöhung im Laufrad, die bei drallfreier Zuströmung durch Gl. T9.2.1 gegeben ist (Tafel 3.7(1)). Bei der Berechnung der Axialkräfte auf die Radscheiben kommt es nur auf Druckdifferenzen gegenüber dem Druck p1 am Laufradeintritt an. Da der Unterschied zwischen c1 m und c2 m in Gl. T9.2.1 unbedeutend ist, lässt sich der Druck am ­ Laufradaustritt auch näherungsweise aus Gl. T9.2.2 ermitteln, ohne dass die Geschwindigkeiten in Gl. T9.2.1 berechnet zu werden brauchen. Oft wird in dieser Gleichung auch ηh,La/ηh = 1 gesetzt, wodurch p2 einige Prozent zu tief veranschlagt wird. Die Größe RG = Hp/H in Gl. T9.2.1 heißt Reaktionsgrad. Im Allgemeinen steigt RG mit der spezifischen Drehzahl; dies zeigt Abb. 9.14–1, die nach Gl. T9.2.2 berechnet wurde. Messergebnisse sind in Abb. 9.14–2 als Reaktionsgrad RG dargestellt, und als Koeffizient ψp der statischen Druckerhöhung im Laufrad in Abb. 9.14–3. Die Kurven RG = Hp/H = f(q*) haben ein Minimum nahe am oder unter dem Bestpunkt. RG steigt bei q* > 1 steil an, weil dort die Förderhöhe wegen des geringen Druckrückgewinns im Diffusor sinkt. Dagegen nimmt der Druckanstieg im Laufrad etwa linear mit dem Förderstrom ab. Bei Q = 0 beträgt ψp,0 = 0,9 bis 0,94 (theoretisch ψp,0 = 1). Je niedriger die spezifische Drehzahl, desto steiler ist die Kurve RG = f(q*) für q* > 1 wegen der Strömungsbeschleunigung im engsten Leitrad- oder Spiralquerschnitt. Bei Teillast steigt der statische Druck am Laufradaustritt, da sich der Impulsaustausch zwischen Rotor und Stator verstärkt.

673

9.2 Axialkräfte

RG = Hp/H

0.95 0.90 0.85 0.80 0.75 0.70 0.65 0.60

Eq. T9.2.2 test data

0

50

100

150

nq

200

Abb. 9.14–1   Reaktionsgrad RG im Bestpunkt als Funktion der spezifischen Drehzahl, gerechnet mit Gl. (T9.2.2)

1

RG = Hp/H

0.95

nq33 = 0.237x2 - 0.309x + 0.868

0.9 0.85 0.8 0.75 0.7

nq22 = 0.271x2 - 0.286x + 0.764

0.65

q*

0.6 0 nq22 nq33, a3* = 0.09

0.5 nq33 nq16

1

1.5 nq33, a3* = 0.07 nq36

Abb. 9.14–2   Reaktionsgrad RG als Funktion von q* aufgrund von Messungen an Leitradpumpen

Zur Berechnung der Axialkraft kann ein Abschätzen der Kurve ψp = f(q*) aus Abb. 9.14–3 zweckmäßiger sein als die Verwendung der Daten in Abb. 9.14–2. Dazu kann eine lineare Funktion angesetzt werden (ψp,opt lässt sich hierzu berechnen). Die Kurve für nq = 36 fällt etwas aus dem Rahmen, weil das Laufrad einen großen Schaufelaustrittswinkel und eine entsprechend hohe Druckzahl hatte (ψopt = 1,0).

674

9  Hydraulische Kräfte

1 0.8

ψp

0.6 0.4 0.2 nq7

0

nq16

0

nq22

nq33

0.5

nq36

1

nq130

q*

1.5

Abb. 9.14–3   Statischer Druckanstieg im Laufrad aufgrund von Messungen; nq = 36 mit ψopt = 1,0 (Spirale)

Daten zu Abb. 9.14–2 und 9.14–3 nq

7

16

22

33

130

Abb.

13.10

5.26

4.5

5.19

5.29

Die Axialkräfte auf die Radscheiben ergeben sich aus dem Integral über die durch Gl. 9.2 gegebene Druckverteilung zu F = 2 π ∫ p r dr. Dabei erstreckt sich die Integration von rsp oder rD bis r2. Im Allgemeinen ist die Integration für Trag- und Deckscheibe getrennt durchzuführen. Hierzu stehen zwei Möglichkeiten offen: A) Man setzt für den Rotationsfaktor einen Mittelwert ein, der aus Gl. T9.1.3 und gegebenenfalls T9.1.4 oder aus Abb. 9.8 bestimmt wird und erhält die Kraft auf eine Radscheibe zu:   2  ρ 2 (9.3) F = πr22 1 − x2 �pLa − u22 k 1 − x2 4 Für die Deckscheibe gilt x = xsp = dsp/d2 und für die Tragscheibe x = xD = dD/d2. Diese Rechnung mit einem Mittelwert k ist dann zweckmäßig, wenn die Leckage null oder sehr gering ist. B) Sucht man den Einfluss der Leckage genauer zu erfassen, wird zunächst Gl. T9.1.9 wie oben beschrieben integriert; daraus kann sodann nach Tafel 9.1 der Axialkraftsenkungsbeiwert cA errechnet werden. Dieser Beiwert erfasst die durch die Rotation des Fluids hervorgerufene Verringerung ∆F der Axialkraft gegenüber dem Fall mit p = p2 = konstant (gleichbedeutend mit k = 0). Die Reduktion wird auf eine

9.2 Axialkräfte

675

Kraft FRef bezogen, die einer Druckverteilung mit k = 1 entspricht und auf die Fläche π r22 wirkt. Der Beiwert cA ist somit definiert als: r 8 �p r dr x 4�F �F (9.4) r2 = = 4 cp x dx = cA = FRef πρu22 r22 ρu22 r22 1

Mit seiner Hilfe errechnet sich die Kraft auf eine Radscheibe zu:    ρ F = πr22 1 − x 2 �pLa − u22 cA (9.5) 4 Aus cA lässt sich ebenfalls ein Mittelwert kA,av bestimmen, der mit Gl. 9.3 auf die gleiche Axialkraft führt wie Gl. 9.5; er berechnet sich aus Gl. T9.1.8a. Wegen der aufwendigeren Berechnung der Rotation nach Gl. T9.1.9 und der ohnehin vorhandenen Unsicherheiten empfiehlt sich in vielen Fällen die Berechnung mit Mittelwerten von k gemäß A. Für eine Empfindlichkeitsanalyse des Leckageeinflusses hingegen wäre auf Methode B zurückzugreifen. Die Resultierende der Kräfte auf Trag- und Deckscheibe FHY = FTs − FDs errechnet sich im allgemeinen Fall kTs ≠ kDs aus Gl. T9.2.8. Werden die Rotationsfaktoren auf Trag- und Deckscheibe hingegen als gleich angenommen, vereinfacht sich die Berechnung auf Gl. T9.2.7. Grundsätzlich wären in Gl. T9.2.3, 9.2.7 und 9.2.8 Mittelwerte für kA entsprechend Gl. 9.1.8a einzusetzen. Berechnet man die Axialkraft mit dem Mittelwert k nach Gl. T9.1.8 anstatt mit kA aus Gl. T9.1.8a, ergeben sich höhere Kräfte; die Rechnung liegt daher meist auf der sicheren Seite. Die Unterschiede dürften bei kleinen Leckagen und nicht allzu kleinen Radienverhältnissen meist unbedeutend sein. Nach dem Impulssatz (Abschn. 1.2.3) wirkt als weitere Axialkraft der Impuls des Förderstroms auf das Laufrad; er beträgt FI = ρQ(c1m − c2m cos ε2), wenn ε2 der Winkel zwischen der mittleren Stromlinie am Laufradaustritt und der Rotorachse ist (ε2 = 90° bei Radialrädern). Unausgeglichene Wellenschübe Fw sind für jeden Pumpentyp gesondert zu analysieren. Bei der einstufigen Pumpe mit überhängendem Laufrad nach Abb. 9.14 ist Fw = π/4 dD2 (pamb − p1). Die Axialkraft auf den Rotor ist die Resultierende der oben besprochenen Kräfte: Fax = FHY − FI + Fw + FKupl (bei mehrstufigen Pumpen sind diese Kräfte für jede Stufe zu analysieren und für den Rotor zu summieren). Wenn die verwendete Kupplung Axialkräfte übertragen kann, ist die Kupplungskraft FKupl zu berücksichtigen. Eine in Richtung Saugseite wirkende Kraft wird positiv gezählt. Liegt der Zulaufdruck über dem Atmosphärendruck, wird der Anteil Fw negativ; er entlastet das Axiallager entsprechend. Die hier besprochenen Zusammenhänge gelten grundsätzlich für geschlossene radiale oder halbaxiale Laufräder. Ist die statische Druckerhöhung im Laufrad an Deck- und Tragscheibe verschieden, sind Gl. T9.2.3 und T9.2.4 für Trag- und Deckscheibe mit ∆pLa,Ts, kTs und ∆pLa,Ds, kDs getrennt auszuwerten.

676

9  Hydraulische Kräfte

Die Axialkraftberechnung ist mit Unsicherheiten behaftet, weil folgende Größen nicht genau bekannt sind: a) Laufradverluste und damit p2; b) die Rotationsfaktoren kTs und kDs bzw. der Betrag der Leckagen; c) eventuelle Unterschiede zwischen p2,Ts und p2,Ds (besonders bei Teillast), bei Radialrädern mit hoher spezifischer Drehzahl und bei halbaxialen Pumpen; d) geometrische Toleranzen wie Spaltspiele, axiale Rotorstellung und Gusstoleranzen des Laufrads. Wegen dieser Berechnungsunsicherheiten sind Sicherheitszuschläge bei der Auslegung der Axiallager angezeigt. Da die Rechnung ohnehin ungenau ist, werden zur Axialkraftabschätzung auch Faustformeln verwendet, für radiale und halbaxiale geschlossene Laufräder z. B. Gl. T9.2.12. Solche Formeln zu verwenden, ist sinnvoll, wenn das Axiallager aus konstruktiven Gründen überdimensioniert ist oder man über entsprechende Erfahrung verfügt, dass die so gewählten Axiallager zweckmäßig bemessen sind. Die Formeln in Tafel 9.1 und 9.2 sind für genauere Untersuchungen und Empfindlichkeitsanalysen geeignet, um die Wirkung einzelner Parameter – z. B. des Spaltspiels – auf die Axialkraft abzuschätzen.

9.2.2 Einstufige Pumpen mit einflutigem, überhängendem Laufrad Wird das Laufrad nicht entlastet, erfolgt die Berechnung nach Abschn. 9.2.1. Der Anteil des Impulses ist meist gering. Betrag und Richtung (Vorzeichen) des Wellenschubs können aber in Sonderfällen zu Problemen führen und sind entsprechend zu analysieren. So kann es bei hohen Zulaufdrücken (z. B. Kesselumwälzpumpen) zur Schubumkehr kommen: die resultierende Kraft wirkt in Richtung Druckseite, was bei der Lagerauswahl zu berücksichtigen ist. Für Anwendungen mit reinen Flüssigkeiten werden die Laufräder nach Abb. 9.15 häufig mit einem zweiten Dichtspalt auf der Tragscheibe und Entlastungsbohrungen ausgeführt. Gleiche Dichtspaltdurchmesser, gleiche Drücke p2, gleiche Leckagen und gleiche Radseitenraumgeometrie vorausgesetzt, sind die Kräfte auf beide Seiten zwischen dsp und d2 ausgeglichen. Im entlasteten Raum auf der Tragscheibe stellt sich auf dem

Abb. 9.15   Laufrad mit Entlastungsbohrungen

ε2 d2a

dsp

d2i ds2

dD

9.2 Axialkräfte

677

­ urchmesser der Entlastungsbohrungen – bei richtiger Dimensionierung – im WesentD lichen der Zulaufdruck ein; die Rotation in diesem Raum führt auf eine Druckverteilung, die mit einem Rotationsfaktor gemäß Tafel 9.1 berechnet werden kann. Wie in Abschn. 9.1 besprochen, bestimmt die Geschwindigkeitsverteilung am Laufradaustritt die Eintrittsrandbedingung für die Leckage durch den Radseitenraum (kE in Abb. 9.4). Die Variation von c2u bzw. des Rotationsfaktors kE als Funktion des Förderstroms bildet eine der Hauptunsicherheiten bei der Berechnung der Axialkraft auf ein Laufrad mit Entlastungsbohrungen und Dichtspalt auf der Tragscheibe. Die Wirkung einer Änderung (oder der Unsicherheit) von kE auf die Axialkraft kann gemäß Abb. 9.20 und Gl. 9.5e auf die gleiche Weise erfolgen wie für doppelflutige Laufräder. Da in Realität keine vollständige Symmetrie herrscht, empfiehlt es sich, die Axialkraft eines nicht entlasteten Rads nach Gl. T9.2.7 zu berechnen und für das entlastete Rad 10–20 % dieses Werts als Restschub anzunehmen. Eine Alternative oder Ergänzung hierzu ist die Berechnung nach Gl. 9.5e mit z. B. (kE,DE – kE,NDE) = 0,5. Hinzu kommen noch unausgeglichene Wellenschübe Fw und der Impuls FI sowie die Anteile aus etwaigen Unterschieden zwischen dsp und ds2, sodass sich Gl. T9.2.14 für die Berechnung der resultierenden Axialkraft auf den Rotor ergibt. Man kann nämlich den Dichtspaltdurchmesser auf der Tragscheibe verschieden von dsp ausführen, um einen definierten Schub zu erhalten oder um einen hohen Wellenschub in Richtung Druckseite auszugleichen. Der Schub berechnet sich nach Gl. T9.2.7, wozu dD durch ds2 ersetzt wird. Dies führt auf Gl. T9.2.13. Meist wird pro Laufradkanal eine Entlastungsbohrung angebracht. Damit der Druck im entlasteten Radseitenraum nicht infolge Drosselung in den Entlastungsbohrungen über den Zulaufdruck steigt, soll die Summe aller Entlastungsbohrungen mindestens einen vier- bis fünfmal größeren Querschnitt aufweisen als dem Spaltspiel entspricht; dabei ist etwaiger Dichtspaltverschleiß während des Betriebs zu berücksichtigen. Entlastungsbohrungen verdoppeln die Dichtspaltverluste nach Tafel 3.7(1) und beeinträchtigen somit den Wirkungsgrad der Pumpe. Zudem wird die Strömung am Laufradeintritt gestört. Oberhalb von nq = 50 kann man etwa mit 1 % Wirkungsgradeinbuße rechnen. Anstelle von Entlastungsbohrungen können Rückenschaufeln auf der Tragscheibe angeordnet werden, um die Axialkraft teilweise auszugleichen. Diese Art der Entlastung spart Herstellkosten und ist z. B. bei Säurepumpen gebräuchlich. Sie wird immer dann eingesetzt, wenn die Förderflüssigkeit mit Feststoffen beladen ist (z. B. Abwasser- oder Feststoffpumpen), da die Rückenschaufeln den Radseitenraum weitgehend frei von Feststoffen halten. Berechnung und Auslegung werden in Abschn. 9.2.7 behandelt.

678

9  Hydraulische Kräfte

9.2 Axialkräfte

679

680

9  Hydraulische Kräfte

9.2 Axialkräfte

681

9.2.3 Mehrstufige Pumpen Bei mehrstufigen Hochdruckpumpen treten Axialkräfte von vielen Tonnen auf, sodass ein hydraulischer Axialkraftausgleich notwendig wird. Dennoch ist immer ein Axiallager erforderlich, dessen Größe weitgehend durch die Genauigkeit beeinflusst wird, mit der die Axialkräfte berechnet werden können. Eine Bewertung der in Abschn. 9.2.1 besprochenen Unsicherheiten der Berechnung zeigt, dass die Bandbreite des erwarteten Schubs – verglichen mit einer wirtschaftlich vertretbaren Lagergröße – bedeutend ist. Daher werden Lagergröße und Axialkraftausgleichssystem mehrstufiger Pumpen häufig aufgrund von Axialkraftmessungen für den jeweiligen Pumpentyp bestimmt. Will man dennoch Rechnungen ausführen, so muss man auf die Gl. T9.2.3 bis T9.2.5 oder T9.2.8 zurückgreifen, wobei die unterschiedliche Richtung der Leckage auf Trag- und Deckscheibe (außer bei der letzten Stufe) zu beachten ist. Die Leckage auf der Tragscheibe reduziert den Rotationsfaktor auf k  0,5 und verringert so die Kraft auf die Deckscheibe: Beide Effekte addieren sich (Abb. 9.17) und führen zu einem erhöhten Schub. Bei Spielvergrößerung im Betrieb verstärkt sich dieser Mechanismus und vergrößert so die Axialkraft weiter. Folglich müssen Ausgleichsvorrichtung und Lager sowohl für Neuspiel als auch für die maximal zugelassene Spielvergrößerung dimensioniert werden. Die axiale Rotorstellung kann einen Einfluss auf die Axialkraft haben, besonders dann, wenn Radseitenraum und Hauptströmung nicht genügend entkoppelt sind, dergestalt, dass die Teillastrückströmung ungehindert in den Radseitenraum eindringen kann (Spalt A in Abb. 9.1 groß). Ein Beispiel für eine so verursachte Schubumkehr bei Rotorverschiebung zeigt Abb. 5.35. Dabei ist zu bedenken, dass der Restschub nur einen Bruchteil der hydraulischen Kräfte auf den Rotor ausmacht und kleine Toleranzen in der Berechnung des hydraulischen Schubs große Änderungen im Restschub bedeuten. Dieser Sachverhalt ist für Axialkraftberechnungen mehrstufiger Pumpen stets zu beachten. Bei mehrstufigen Pumpen verdienen auch unausgeglichene Wellenschübe eine sorgfältige Analyse, da sie infolge der hohen Drücke erhebliche Werte annehmen können. Wegen der oft komplizierten Rotorkonstruktion und der unterschiedlichen Drücke in den verschiedenen Stufen, besteht die Gefahr, diese Anteile zu übersehen oder falsch zu behandeln. In einer Konstruktion mit aufgeschrumpften Laufrädern wie in Abb. 2.8, in denen der Durchmesser ds3 der Zwischenstufendichtung größer als der Wellendurchmesser ist, tritt eine Kraft gemäß Gl. T9.2.10a auf. Für den Axialkraftausgleich mehrstufiger Pumpen gibt es gemäß Abb. 9.18 eine Reihe von Möglichkeiten: Entlastungsscheiben (Abb. 9.18a) erzeugen eine der Axialkraft entgegengerichtete Kraft und ermöglichen bei richtiger Dimensionierung eine vollständige, selbsttätige Kompensation der Axialkraft, indem sich im Radialspalt an der Scheibe infolge axialer Verschiebung des Rotors der notwendige Druck aufbaut.

682

9  Hydraulische Kräfte

Da sich der Schub selbsttätig ausgleicht, sind die Berechnungsunsicherheiten weniger gravierend. Probleme treten aber z. B. infolge Transienten auf, bei denen das Wasser im Spalt verdampfen könnte (Gegenmaßnahme: nachgeschalteter Drosselspalt). Entlastungsscheiben werden meist, wie in Abb. 9.18a, mit einer axial durchströmten Vordrossel ausgeführt, die für einen stabilen Betrieb der Entlastungsscheibe nötig ist. Sie erlaubt größere Spaltweiten sax an der Scheibe, weil in ihr der Druck von p1 auf pz abgedrosselt wird. Steigt die Axialkraft auf die Laufräder, verschiebt sich der Rotor in Abb. 9.18a nach links, der axiale Abstand sax an der Scheibe sinkt und drosselt so den Entlastungsstrom. Infolge des reduzierten Durchflusses sinkt der Druckverlust über die Vordrossel und der Druck pz steigt und erzeugt so eine höhere Ausgleichskraft. In jedem Betriebspunkt stellt sich auf diese Weise ein Gleichgewicht ein. Die Spaltweiten s und sax, die Länge der Vordrossel sowie innerer und äußerer Radius der Scheibe müssen daher sorgfältig aufeinander abgestimmt werden. Dabei gilt es sicherzustellen, dass die Gegenkraft auf die Scheibe in allen Betriebszuständen größer als die resultierende Axialkraft auf den Rotor ist. Diese Forderung muss ebenfalls bei Spaltspielerweiterung und transienten Zuständen erfüllt werden. Die größte Kraft auf die Scheibe ergibt sich, wenn das Axialspiel gegen null geht, weil dann über die Vordrossel kaum Druck abgebaut wird. Diese Maximalkraft lässt sich nach [32] erheblich vergrößern, wenn man den Spalt leicht konisch macht, wie das in Abb. 9.18a durch den Winkel α angedeutet ist. Die Scheibe ist zudem mechanisch sehr steif zu entwerfen, damit sie sich unter Last nicht unzulässig verformt. Einzelheiten zur Berechnung und Betrachtungen zur Stabilität finden sich in [26, 30, 32, 41]. Infolge der Wellendurchbiegung stellt sich die Scheibe leicht schräg. Dieser Parallelitätsfehler erzeugt ein Kippmoment, das stabilisierend wirkt (also die Scheibe in eine parallele Lage zurückdrängen möchte). Auf die resultierende Axialkraft hat die Schrägstellung kaum Einfluss, die Kavitationsanfälligkeit steigt hingegen [26, 41]. Entlastungskolben (Abb. 9.18b) liefern eine der Axialkraft entgegengerichtete Kraft, die sich annähernd aus der Kolbenfläche und dem Druck vor dem Kolben berechnet:

 π 2 d − d2sh − �FEK 4 EK 2 ρ 2  2  π 2 dEK − d2sh ω kin − k2out = 4 4

FEK = pEK �FEK

(9.5a) (9.5b)

Der Ausdruck ΔFEK berücksichtigt die Rotation des Fluids: am Eintritt des Kolbens kann man kin = 1,0 und am Austritt kout = 0,2 setzten (rsh = dsh/2 = Radius der Welle am Kolben). Der Kolbendurchmesser entspricht in etwa dem Dichtspaltdurchmesser dEK ≈ dsp am Laufradeintritt; die Kolbenlänge liegt meist nahe bei LEK = 0,8 × dEK. Da keine selbsttätige Anpassung (wie bei der Scheibe) vorhanden ist, muss die Axialkraft für die Dimensionierung des Kolbens möglichst genau bekannt sein. Ein relativ großes Axiallager ist erforderlich, um den Restschub aufzunehmen, der

9.2 Axialkräfte

683

durch die Unsicherheiten der Berechnung, Schubänderungen als Funktion der Last und Spielvergrößerungen im Betrieb bedingt ist. Dem Vorteil einer sehr robusten Konstruktion mit hoher betrieblicher Zuverlässigkeit steht der Nachteil einer erhöhten Leckage und eines größeren Axiallagers mit entsprechenden Verlusten gegenüber. Gemäß einer Schadensstatistik großer Kesselspeisepumpen traten an 533 Pumpen mit Entlastungsscheibe 310 Schadensfälle auf, während von 511 Pumpen mit Entlastungskolben nur 27 Schäden gemeldet wurden [32]3. Zudem empfiehlt es sich, den Entlastungsstrom im Betrieb durch eine Messung zu überwachen, um eine Zunahme des Entlastungsstroms infolge Spielerweiterung frühzeitig zu erkennen. Stufenkolben: Mit Stufenkolben (Abb. 9.18c) versucht man, die Vorteile von Entlastungsscheibe und Entlastungskolben zu verbinden und deren Nachteile zu mildern. Das funktioniert aber nur, wenn der Axialspalt zwischen den beiden Kolben sich entsprechend der Axialkraft ändern kann. Der Druck an der Stufe beträgt in etwa:

pz =

pEK 1+

L1 dEK,2 2 L2 dEK 2

(9.5c)

Wenn man den Druckabbau an der Stufe und den Effekt der Rotation vernachlässigt, ergibt sich die Kraft auf den Kolben näherungsweise aus:

π  π  + pz dEK,2 2 − dEK 2 − �FEK FEK = pEK dEK 2 − dsh 2 4 4

(9.5d)

Für eine genauere Berechnung muss die Axialspaltweite bekannt sein. Diese hängt von der Konstruktion des Axiallager ab. Bei allen Entlastungssystemen mit Scheiben oder Kolben wird das Entlastungswasser mit einer Rohrleitung zum Saugstutzen zurückgeführt, sodass auf der Niederdruckseite der Entlastungseinrichtung im Wesentlichen der Zulaufdruck (bzw. NPSHA) ansteht (zuzüglich des meist geringen Druckverlusts in der Entlastungsleitung). Ist keine Vorpumpe vorhanden, kann der Entlastungsstrom auch in den Zulaufbehälter zurückgeführt werden. Um Ausdampfen in der Entlastungsleitung vorzubeugen, kann eine Drosselstelle (z. B. eine Blende) kurz vor dem Eintritt in den Saugtank in die Entlastungsleitung eingebaut werden. Auf diese Weise kann ein ausreichend hoher Gegendruck am Austritt des Entlastungskolbens (oder -scheibe) erzeugt werden, der Kavitation am Kolben vermeidet. Es ist empfehlenswert, den Entlastungswasserstrom zu messen (Messblende in der Entlastungsleitung); auf diese Weise lässt sich die Spaltspielerweiterung durch Verschleiß verfolgen, wenn der Entlastungsstrom steigt. Gegenläufige Anordnung der Laufräder. Bei mehrstufigen, doppelflutigen Pumpen nach Abb. 2.13 ergibt sich ein praktisch vollkommener Ausgleich für die Axialkraft ohne

3Ob

diese Zahlen für den heutigen Stand der Technik noch repräsentativ sind, ist nicht bekannt, da keine entsprechend weitgespannten Untersuchungen vorliegen.

684

9  Hydraulische Kräfte

Wirkungsgradeinbuße (Abschn. 9.2.4). Bei einflutigen Laufrädern mit gegenläufiger Anordnung nach Abb. 2.9 bis 2.11 ist die Axialkraft weitgehend ausgeglichen; die Umführungskanäle bedingen aber komplizierte Gussstücke. Andererseits verbessert der Kolben in Pumpenmitte das rotordynamische Verhalten erheblich (Abschn. 10.6). Eine zweistufige Pumpe mit gegenläufig angeordneten Laufrädern gemäß Abb. 9.19 erfordert besondere Aufmerksamkeit, weil die Druckverteilungen auf den Tragscheiben der beiden Laufräder keineswegs gleich sind. Die Leckage an der Tragscheibe der zweiten Stufe strömt radial einwärts. Dort ist die Rotation des Fluids stärker als an der Tragscheibe der ersten Stufe, wo die Leckage radial auswärts strömt. Diese Verhältnisse lassen sich gut nach den in Tafel 9.1 und 9.2 dargestellten Methoden berechnen. Wenn sich die Spaltspiele an der Mittelbuchse im Betrieb durch Verschleiß erweitern, entstehen hohe Axialkräfte. Würde man fälschlicherweise die Axialkräfte auf die Welle als weitgehend ausgeglichen annehmen, werden Lagerschäden wahrscheinlich, wenn sich die Dichtspaltspiele im Betrieb infolge Verschleiß aufweiten. Die Axialkraftberechnung nach Tafel 9.1 liefert in Bestpunktnähe und darüber recht genaue Ergebnisse. Dagegen können die berechneten Axialkräfte bei Teillastrückströmung stark von den gemessenen abweichen, weil die Tangentialgeschwindigkeit in den Radseitenraum dann sehr klein werden kann. Einzelentlastung der Laufräder, ähnlich Abb. 9.15, ist bei vertikalen Pumpen nach Abb. 2.14 mit halbaxialen Lauf- und Leiträdern gebräuchlich. Bei Hochdruckpumpen wird sie aus wirtschaftlichen Gründen (Wirkungsgrad, Baukosten) kaum angewandt, zumal eine Entlastungsvorrichtung ohnehin notwendig ist, um den Druck vor der Wellendichtung auf ein zulässiges Maß zu senken. Dagegen werden die Laufräder von Niederdruckpumpen mitunter einzeln entlastet, um einen Ausgleichskolben zu vermeiden. Wie bei einstufigen Pumpen mit Entlastungsbohrungen (Abschn. 9.2.2) bildet die nichtquantifizierbare Abhängigkeit der Geschwindigkeitsverteilung am Laufradaustritt vom Förderstrom die Hauptunsicherheit bei der Axialkraftberechnung. Dieser Einfluss, der sich im Rotationsfaktor kE am Radseitenraumeintritt äußert, lässt sich nach Abschn. 9.2.4, Gl. 9.5e berechnen. Rückenschaufeln: Man könnte auch Rückenschaufeln (Abschn. 9.2.7) einsetzen. Dies ist jedoch bezüglich des Wirkungsgrads bei mehrstufigen Pumpen wesentlich ungünstiger als die oben beschriebenen Ausgleichssysteme, weil mit Rücksicht auf Bautoleranzen und Dehnungen keine genügend engen Axialspiele zwischen Rückenschaufeln und Gehäuse ausgeführt werden können und eine Entlastungsdrossel mit Rücksicht auf die Wellendichtung ohnehin nötig ist.

9.2.4 Doppelflutige Laufräder Bei doppelflutigen Laufrädern ist die Axialkraft zwar theoretisch vollständig ausgeglichen, infolge unsymmetrischer Teillastrückströmungen, unvermeidbarer Toleranzen in der Laufradgeometrie, der Zuströmung zu beiden Radhälften und in den Spaltspielen (unterschiedliche Leckage und damit unterschiedliche Rotationsfaktoren)

9.2 Axialkräfte

685

treten aber in der Praxis sowohl stationäre als auch instationäre Axialschübe auf. Der instationäre Anteil ist häufig größer als der stationäre, sodass eine Schubumkehr mit niedriger Frequenz auftreten kann. Sie ist manchmal mit bloßem Auge als eine axiale Rotorbewegung mit einer Periode von etwa einer bis zu mehreren Sekunden wahrnehmbar. Wenn das Axiallager ausreichend dimensioniert ist und keine ungewöhnlich großen Erregerkräfte auftreten, sind solche Rotorbewegungen jedoch unschädlich – es sei denn, die Amplituden würden mit Rücksicht auf die Wellendichtung unzulässig groß. Man kann die Dichtspaltdurchmesser an beiden Laufradhälften unterschiedlich ausführen, um eine definierte Axialkraft zu erhalten. Der Durchmesserunterschied kann aber kaum so groß gewählt werden, dass der resultierende statische Schub wirklich größer wird als die instationären Anteile. Die Berechnung – auch z. B. des Einflusses von unterschiedlichen Leckagen auf beiden Laufradseiten – erfolgt nach Gl. T9.2.8, wobei xD = ds2/d2 gesetzt wird; ds2 ist hier gemäß Abb. 9.16 der kleinere Dichtspaltdurchmesser. Wenn ds2 ≠ dsp ausgeführt und auf beiden Seiten der gleiche Rotationsfaktor angenommen wird, kann auch Gl. T9.2.13 verwendet werden. Die resultierende Impulskraft ist bei doppelflutigen Laufrädern null. Aus Messungen an doppelflutigen Pumpen wurden Axialkraftbeiwerte fax abgeleitet, die einen Anhaltspunkt für die Lagerdimensionierung entsprechend Gl. T9.2.15 liefern können (gegebenenfalls mit Axialkräften von der Kupplung). Bei vertikalen Pumpen ist zudem das Rotorgewicht zu berücksichtigen Der Bereich für die stationären und instationären Schubanteile ist in Tafel 9.2 bei Gl. T9.2.15 aufgeführt. Die untere Grenze gilt jeweils für Betrieb in Bestpunktnähe; die obere für Teillastbetrieb unterhalb etwa q* ≈ 0,40. Bei Teillastbetrieb ist die Strömungsverteilung am Laufradaustritt erwartungsgemäß nicht gleichförmig (Abschn. 5.8 und 10.7.3). Dadurch entsteht eine Axialkraft aufgrund der unterschiedlichen Umfangsgeschwindigkeiten c2u auf den beiden Laufradseiten. Die Randbedingungen für die Integration des Radseitenraums nach Tafel 9.1 ändern sich entsprechend. Die Ergebnisse eines Berechnungsbeispiels für ein Laufrad mit spezifischer Drehzahl von nq = 27 sind in Abb. 9.20 dargestellt. Die Rotationsfaktoren am Eintritt des Radseitenraums – kE,DE und kE,NDE – wurden als unabhängige Variable behandelt. Der Index DE steht für Antriebs-, NDE für Nichtantriebsseite. Bei der Vorausberechnung ist Abb. 9.16   Doppelflutiges Laufrad

S

VD[

S ') UZ

GVS

GV

686

9  Hydraulische Kräfte

p2

p2 FDs

FTs

k < 0.5

k = 0.5 QSP

Qs3

k > 0.5 Fimphub

dshaft

k = 0.5

ds3

Abb. 9.17   Druckverteilung am Laufrad einer mehrstufigen Pumpe

α

a

c

b

QE pz

s

L1

L2

QE dsh

p1

dsh

dEK

dEK,2

dEK Pre-throttle Abb. 9.18   Axialkraftentlastung mehrstufiger Pumpen. a Entlastungsscheibe; b Entlastungskolben; c Stufenkolben

unbekannt, an welcher Radseite der größte Wert von kE auftritt; die Kraftrichtung bleibt daher unbekannt. In dieser Rechnung wurden für kE,DE Werte zwischen 0,2 und 0,7 eingesetzt und kE,NDE bewegte sich zwischen 0,2 und 0,5. Wenn man fax gegen die Differenz der Rotationsfaktoren (kE,DE – kE,NDE) aufträgt, ergeben sich für fax Werte in einem engen Bereich, den man näherungsweise mit einer linearen Korrelation, Gl. 9.5e, beschreiben kann:

fax ≡

ρ 2 u 2 2



Fax d22 − d2sp

   = 0,14 kE,DE − kE,NDE

(9.5e)

9.2 Axialkräfte

687

Abb. 9.19   Zweistufige Prozesspumpe mit gegenläufig angeordneten Laufrädern, Sulzer  

ID[  N('(N(1'(

ID[>@

   

N('(N(1'(>@

 













Abb. 9.20   Axialkraftfaktor für ein doppelflutiges Laufrad

Im Extremfall könnte man kE,DE = 0,7 und kE,NDE = 0,2 erwarten; als Axialkraftfaktor ergäbe sich dann fax = 0,07. Die gemessene Radialkraft in Abschn. 10.7.3 (Abb. 10.35B) variiert von +10.000 N bis –25.000 N; dies entspricht fax,stat = 0,048. Bei der dynamischen Kraft zeigten sich Schwankungen von fax,dyn = ± 0,007. Die Abb. 9.20 und Gl.  9.5e sind brauchbar zur Abschätzung der Axialkräfte an einem doppelflutigen Laufrad, die durch geometrische Toleranzen und ungleichmäßige Geschwindigkeitsverteilungen bei Teillast entstehen. Der Einfluss der Einströmbedingungen in die Radseitenräume auf die Axialkräfte auf Laufräder mit Entlastungslöchern und tragscheibenseitigem Dichtspalt (Abb. 9.15) kann ebenfalls mittels Gl. 9.5e berechnet werden.

688

9  Hydraulische Kräfte

Zusätzlich zur Ungleichförmigkeit der Geschwindigkeitsverteilung am Laufradaustritt sind auch geringförmige Unterschiede in der statischen Druckverteilung zu erwarten.

9.2.5 Halbaxiale Laufräder Geschlossene halbaxiale Laufräder lassen sich grundsätzlich nach Abschn. 9.2.1 und den Tafeln 9.1 und 9.2 behandeln. Da d2a > d2i ist, muss die Berechnung stets nach den Gl. T9.2.3 und 9.2.4 für Trag- und Deckscheibe getrennt durchgeführt werden, wobei entsprechend r2a und r2i einzusetzen sind. Am Laufradaustritt ist die durch Gl. T9.2.8a definierte Kraft Fd2a-d2i zu addieren. Die Unsicherheiten der Berechnung werden aber noch dadurch vergrößert, dass auf der äußeren und inneren Stromlinie unterschiedliche statische Drücke herrschen, die – besonders bei Teillast – nicht genau bekannt sind. Man verwendet daher für die Lagerdimensionierung Faustformeln oder Messungen. Für geschlossene Laufräder können die Gl. T9.2.12 oder 9.2.16 angewandt werden. In diesen Gleichungen ist für nicht entlastete Laufräder der Durchmesser ds2 des Dichtspalts auf der Tragscheibe einzusetzen (Abb. 9.15). Der empirische Faktor fha (nach Versuchen in [B.18]) berechnet sich für geschlossene Laufräder aus Gl. T9.2.16. Für halboffene Laufräder wird der empirische Faktor fha aus Gl. T9.2.17 ermittelt, wobei dsp = d1 einzusetzen ist [B.18, B.2].

9.2.6 Axialpumpen Zur Berechnung der Axialkraft von Propellerpumpen kann man die axiale Komponente des Schaufelauftriebs über die Schaufelhöhe integrieren. Dieser Aufwand lohnt sich jedoch nur in Sonderfällen. Oft wird man sich mit einer Faustformel gemäß Gl. T9.2.18 begnügen können. Hinzu kommt noch der unausgeglichene Wellenschub, der sich nach Abschn. 9.2.1 analog Abb. 9.14 berechnen lässt. Die Impulsanteile von Ein- und Austritt heben sich auf. Da Axialpumpen sehr steile Kennlinien haben, ist der Axialkraftanstieg bei Teillast zu beachten.

9.2.7 Rückenschaufeln Durch Hilfsschaufeln (Rückenschaufeln) auf der Tragscheibe lässt sich die Rotation des Fluids im Radseitenraum intensivieren und so die Axialkraft reduzieren. Häufig werden Rückenschaufeln auch eingesetzt, um den Druck an der Wellendichtung zu verringern oder um den Radseitenraum von Fremdkörpern frei zu halten (Abwasser- und Feststoffpumpen). Soweit wie möglich, wird für den Abstand zwischen Gehäuse (Schleißwand) und Rückenschaufeln das konstruktive Minimum gewählt, das sich aus Herstelltoleranzen, Wärmedehnung und Verformung unter Last ergibt. Hingegen müssen zur

9.2 Axialkräfte

689

Standardisierung der Bauteile einer Pumpenreihe die Höhe h der Rückenschaufeln und die Spaltweite s so angepasst werden, dass der Abstand zwischen der Laufradmittelebene und der Schleißwand bei allen Laufrädern gleichen Durchmessers, die mit demselben Lagerträger kombiniert werden, konstant bleibt. Rückenschaufeln werden oft als radiale Rippen mit Rechteckquerschnitt ausgeführt, manchmal auch als rückwärts gekrümmte Hilfsschaufeln, deren Form in Austrittsnähe denen der Laufschaufeln ähnelt. Diese Auslegung wird auch gewählt, wenn zusätzlich Entlastungsbohrungen angebracht werden. Nur geringe (oder gar keine) Wirkungsgradeinbuße wird mit dieser Anordnung erwartet, da die Rückenschaufeln eine ähnliche Druckerhöhung erzeugen wie die Laufschaufeln. Die Rückenschaufeln sind dann in ihrer Wirkung vergleichbar mit halboffenen Laufrädern bzw. mit dem doppeltwirkenden Laufrad aus Abb. 7.16. Die Fluidrotation steigt mit der Anzahl und der Höhe h der Hilfsschaufeln und sinkt mit zunehmender Spaltweite s (Abb. 9.21 in Tafel 9.3). Erhöhte Rotation bedeutet einen zusätzlichen Leistungsaufwand gegenüber einer glatten Radscheibe, sodass der Wirkungsgrad der Pumpe sinkt – jedenfalls wenn radiale Rückenschaufeln ausgeführt werden. Die Wirkungsgradeinbuße steigt mit abnehmender spezifischer Drehzahl und fällt unterhalb nq = 20 stark ins Gewicht. Einige Versuche deuten darauf hin, dass rückwärtsgekrümmte Rückenschaufeln allenfalls nur eine geringe Wirkungsgradeinbuße bedingen. Systematische Versuche, die diesen Befund bestätigen, sind aber nicht bekannt. Wie bei der Radreibung steigt die Verlustleistung mit der fünften Potenz des Durchmessers. Da die Drücke nur dem Quadrat des Durchmessers proportional sind, ist es sinnvoll, die Hilfsschaufeln auf einem Durchmesser dRS ƒ@

Abb. 9.25   Verteilung des statischen Drucks und Strömungsverhältnisse in Spiralgehäusen

9.3 Radialkräfte

701

Beim Auslegungsförderstrom entspricht der Laufradabströmwinkel etwa dem Zungenwinkel, die Verzögerung der Strömung erfolgt weitgehend nach dem Drallsatz und die Druckverteilung ist nahezu gleichförmig; sie wird nur im Bereich der Zunge etwas gestört. Um diese Störung gering zu halten, sollte der Skelettwinkel αz gemäß dem Anstellwinkel i3 = 0 bis –2° gewählt werden. Das Profil der Zunge sollte gegenüber der Anströmung unempfindlich sein, also elliptisch oder in ähnlicher Form (aber nicht halbkreisförmig). Die Profilierung soll zudem vorwiegend auf der Saugseite der Zunge angebracht werden. Bei Teillast (q* q@



Abb. 9.27   Wanddruckmessungen bei verschiedenen Volumenströmen in einer Einfachspriale auf dem Radius r/r2 = 1,03. Die Zungenposition liegt bei ε = 0; nq = 35; [34]

9.3 Radialkräfte

703

dem Förderstrom verhalten; daher fällt das Radialkraftminimum nicht immer exakt mit Best- oder Auslegungspunkt zusammen. • Der Förderstrom, bei dem das Radialkraftminimum auftritt, wird weitgehend durch den Auslegungspunkt des Spiralgehäuses bestimmt, weil sich dort die gleichförmigste Strömung in der Spirale einstellt. Weicht der Auslegungsförderstrom des Laufrads von dem der Spirale ab, so hat das nur einen untergeordneten Einfluss. Betreibt man also zwei verschiedene Laufräder in einem gegebenen Spiralgehäuse, so findet man das Radialkraftminimum nach [10] beim etwa gleichen Förderstrom bzw. auf der Leitapparatcharakteristik. Verwendet man dagegen ein gegebenes Laufrad in zwei verschiedenen Spiralgehäusen, verschiebt sich das Radialkraftminimum mit wachsendem Spiralgehäusequerschnitt zu größeren Förderströmen. • Die Radialkraft steigt bei Teillast und Überlast an; sie erreicht bei Teillast ein relatives Maximum, das meist bei Q = 0 liegt (s. hierzu Abb. 9.28, in der der Radialkraftverlauf für Einfachspiralen und andere Gehäusebauarten dargestellt ist). • Je größer die Spiralquerschnitte für einen gegebenen Zungendurchmesser dz sind, desto höher werden die Ungleichförmigkeiten bei Teillastströmung. Der Radialkraftbeiwert    (LQIDFKVSLUDOH   

5LQJUDXPJHKlXVH RKQH/HLWDSSDUDW

N5X  

5LQJUDXPJHKlXVH PLW/HLWDSSDUDW

   'RSSHOVSLUDOH 





M



Abb. 9.28   Radialkraft in verschiedenen Gehäusebauarten, nq = 19  [42]





704

9  Hydraulische Kräfte

von Einfachspiralen steigt deshalb mit wachsender spezifischer Drehzahl bis zu einem Maximalwert an, der im Bereich nq = 50 bis 60 liegt (Abb. 9.46 in Tafel 9.7). Das Maximum wird vermutlich dadurch bedingt, dass sich die Ungleichförmigkeit der Druckverteilung über dem Laufradumfang bei hohem nq durch Rückströmungen vom Spiralgehäuse in den Saugraum teilweise abbaut, wenn bestimmte Grenzwerte der örtlichen Schaufelbelastung überschritten werden. • Bei niedriger Teillast ist die auf das Laufrad wirkende Radialkraft auf einen Punkt unterhalb der Zunge gerichtet (Abb. 9.26a); bei hohem Durchfluss wirkt die Radialkraft auf einen im Vergleich zum Teillastbetrieb um etwa 180° versetzten Punkt (Abb. 9.26b). Im Bestpunktbereich wechselt also die Radialkraftrichtung um 180°; die Richtung ist daher nahe dem Bestpunkt unsicher. • Für eine gegebene Pumpe variiert die Radialkraftrichtung mit q*. Betrachten wir verschiedene Pumpen, so hängt die Radialkraftrichtung von der Gehäuseform und somit von der spezifischen Drehzahl ab. In Abb. 9.26 ist diese Abhängigkeit nach Messungen in [1] für Q = 0 angegeben. • Alle Angaben über Größe und Richtung der Radialkraft sind mit Unsicherheiten behaftet, weil der Flächenverlauf im Spiralgehäuse und die Radseitenräume die Druckverteilung – und damit die Radialkraft – beeinflussen. • Wie oben ausgeführt, lässt sich die eigentliche Radialkraft nicht ohne Sondermaßnahmen von den Spaltkräften trennen; bei axialen Spaltdichtungen beeinflusst das Spaltspiel folglich die gemessenen Radialkräfte. Daher sind in Tafel 9.7 Radialkraftbeiwerte für normale und doppelte Spaltspiele angegeben; Normalspiele entsprechen etwa den Werten nach Gl. 3.12. • Wenn der Abstand der Spiralgehäusezunge vom Laufrad stark vergrößert wird, behindert die Zunge bei Q = 0 die Zirkulation des Fluids weniger und die Radialkraft sinkt gegenüber dem Wert bei kleinem Zungenabstand um einige Prozent. In einem unendlich großen Gehäuse entstehen keine Radialkräfte. Ist die Druckverteilung in der Spirale ungleichförmig, so ist sie es notwendigerweise auch in den Radseitenräumen. Druckunterschiede im Radseitenraum bewirken Ausgleichsströmungen von der Spirale zum Radseitenraum (und umgekehrt). Die Strömung erfolgt aus Bereichen mit hohem zu solchen mit niedrigem Druck. Diese Ausgleichsströmungen mildern die Druckunterschiede. Infolgedessen ist bei Betrieb außerhalb des Bestpunktbereichs die Strömung im Radseitenraum keineswegs rotationssymmetrisch. Die Abb. 9.29 illustriert dies anhand von CFD-Berechnungen einer Einfachspirale (nq = 26) bei Teillast (links) und Überlast (rechts). In Bereichen niedrigen Drucks finden wir hohe Geschwindigkeiten, in Bereichen mit hohem Druck sind die Geschwindigkeiten niedrig (wie aufgrund der Bernoulli’schen Gleichung zu erwarten). Bei Teillast, wenn der Druck vor dem Spiralendquerschnitt hoch ist, strömt das Fluid um die Zunge von der Spirale in den Radseitenraum. Der Staupunkt befindet sich auf der Druckseite der Zunge im Druckstutzen; die Strömung löst entsprechend auf der Saugseite ab. Bei Überlast ist der Druck vor dem Endquerschnitt niedrig und das Fluid strömt

9.3 Radialkräfte

705

Abb. 9.29   Drücke und Geschwindigkeitsvektoren im Radseitenraum, Berechnung Hochschule Luzern

vom Radseitenraum zur Spirale. Der Staupunkt liegt auf der Saugseite der Zunge und die Strömung löst auf der Druckseite (im Druckstutzen) ab. Der Druckrückgewinn im Diffusor verschlechtert sich entsprechend. Die im Zusammenhang mit Abb. 9.29 besprochenen Strömungsmechanismen lassen sich gut vergleichen mit den Erosionsbildern in den Radseitenräumen von Spiralgehäusepumpen in den Abb. 14.34 bis 14.36. Die Rechenergebnisse für Strömung und Druckverteilung stimmen qualitativ mit der Darstellung in Abb. 9.25 überein: bei Teillast Strömungsablösung saugseitig hinter der Zunge, bei Überlast im Druckstutzen.

706

9  Hydraulische Kräfte

Die berechnete Druckverteilung im Radseitenraum ist in Abb. 9.30 dargestellt. Interessanterweise wachsen die Druckänderungen über den Umfang mit abnehmendem Radius. Nahe dem Einlauf zum Dichtspalt bei r/r2 = 0,6 bewegt sich der Druck zwischen cp = 0,47 und 0,78, während die Drücke nahe dem Laufradaußendurchmesser zwischen cp = 0,74 und 0,93 liegen. Infolge dieser Druckunterschiede ändern sich auch die Druckdifferenz über dem Dichtspalt, die Leckage sowie die Dichtungskraft über dem Umfang. Die Radseitenräume waren gegenüber dem Spiralgehäuse voll offen bei einem axialen Spalt von sax = 0,05 × d2. Die momentanen, von der Umfangsposition abhängenden Volumenströme durch die individuellen Laufradkanäle Qi sind in Abb. 9.30 ebenfalls eingetragen. Die nichtrotationssymmetrische Druckverteilung im Radseitenraum könnte auch ein Kippmoment auf das Laufrad erzeugen. Die Asymmetrie der Strömung durch den Radseitenraum erklärt die ungleichförmigen Erosionsmuster, die man am Spiralgehäuse von Pumpen unter abrasiven Betriebsbedingungen beobachtet; einige Bilder sind in Abschn. 14.5.6 zu sehen. Im Gegensatz zu den Resultaten in Abb. 9.30 zeigten die Messungen in [34] ziemlich konstante Werte für die Druckverteilung im Radseitenraum (Abweichung vom mittleren Druck weniger als 5 %), weil der Spalt A recht eng war; zudem war der Radseitenraum weit (etwa sax = 0,07 × d2). Dieser Versuch bestätigt, dass ein kleiner Spalt A mit genügender Überlappung und breitem Radseitenraum hilft, die Drücke im Radseitenraum auszugleichen und die Radialkraft auf die Deckscheibe des Laufrads zu vermindern.

9.3.4 Pumpen mit Doppelspirale















 UU  UU  UU  4L4DY

  









 

UHODWLYHFKDQQHOIORZ

FS>@

Doppelspiralen werden eingesetzt, um die Radialkraft zu verringern. Führt man 180° gegenüber der Spiralgehäusezunge eine zweite Zunge ein, wird gemäß Abb. 9.30-1 offensichtlich

          ZUDSDQJOH>ƒ@

Abb. 9.30    Druckverteilung im Radseitenraum und momentaner Volumenstrom Qi durch individuelle Laufradkanäle bezogen auf den mittleren Durchsatz pro Kanal Qav = Qtotal/zLa; q* = 0,5, instationäre Berechnung mit 7 × 106 Knoten, Hochschule Luzern

707

9.3 Radialkräfte 0.07

kR, Eq. 9.6

0.06

kRu, Eq. 9.6a

kR and kRu

0.05 0.04 0.03 0.02 0.01 0.00

q* 0.0

0.2

0.4

0.6

0.8

1.0

1.2

1.4

Abb. 9.30-1   Radialkraftbeiwerte einer Doppelspirale, nq = 90 [24]

die Umfangssymmetrie verbessert. Die Druckverteilung in beiden Teilspiralen (über einen Umschlingungswinkel von 180°) verhält sich analog zu Abb. 9.25 und 9.26, wie Messungen aus [24] zeigen. Gemäß Abb. 9.31 genügt schon eine kurze Rippe, um die Radialkraft bei Q = 0 weitgehend auszugleichen (Versuch 4). Durch Verlängern der Rippe bis zur vollen Doppelspirale, Versuch 2, ergibt sich ein über dem Förderstrom nahezu konstanter Radialkraftverlauf. Im Bereich von q* = 0 bis etwa 1,1 findet man daher häufig, dass die Abhängigkeit der Radialkraft vom Förderstrom schwach und unsystematisch ist, z. B. [1]. Auch die Radialkraftrichtung ist bei Doppelspiralen unsicher. Bei Förderströmen, die den Auslegungspunkt des Spiralgehäuses wesentlich übersteigen, kann die Radialkraft von Doppelspiralen hingegen stark zunehmen, wie aus Abb. 9.28 hervorgeht. Der Anstieg kommt dadurch zustande, dass innerer und äußerer Kanal unterschiedliche Strömungswiderstände aufweisen. Folglich wird der Durchfluss durch beide Kanäle verschieden groß, sodass das Laufrad in beiden Halbspiralen in unterschiedlichen Betriebspunkten auf der Kennlinie läuft (Abschn. 10.7.1. Auf diese Weise erzeugt das Laufrad in beiden Halbspiralen unterschiedliche Spaltdrücke, die eine entsprechende Radialkraft hervorrufen. Da die Strömungswiderstände quadratisch mit dem Förderstrom wachsen, kann die Radialkraft bei q* > 1 steil ansteigen, während die Wirkung bei Teillast gering ist. Für die Auslegung der Querschnittsverläufe in Doppelspiralen existieren unterschiedliche Philosophien zur Verlustminimierung; dies wirkt sich dann auch auf die Radialkräfte aus. Bei hohen spezifischen Drehzahlen kann sich der Verlauf kR = f(q*) in Doppelspiralen stärker ändern als bei mäßigem nq, weil die großen Spiralenabschnitte stärkere Ungleichförmigkeiten der Strömungsverteilung verursachen. Die Abb. 9.31 vermittelt einen Eindruck hiervon. Diese Radialkräfte wurden durch Integration des über dem Laufradumfang (auf r/r2 = 1,05) gemessenen statischen Drucks bestimmt. Wenn die beiden Spiralgehäusezungen nicht um 180° versetzt sind, was aus konstruktiven Gründen manchmal der Fall ist (mittengeteilte Pumpen oder Entwässerung der unteren Spirale), wird die Umfangssymmetrie gestört und die Radialkraft steigt gegenüber der

708

9  Hydraulische Kräfte 

)5)5VY

(LQIDFKVSLUDOH

9HUVXFK 

9HUVXFK 9HUVXFK

9HUVXFK 













T

Abb. 9.31   Radialkraftausgleich durch Doppelspiralen (Radialkraft FR bezogen auf Kraft in ­Einfachspirale FR,0,SV bei Q = 0; [B.9])

180-Grad-Spirale wieder an, dergestalt, dass eine um 90° versetzte Spiralgehäusezunge überhaupt keine ausgleichende Wirkung mehr hat, wie das durch den Faktor FDsp in Abb. 9.48, Tafel 9.7 belegt wird [17]. Wenn der Umschlingungswinkelnahe bei 120° liegt, was bei mittengeteilten Pumpen vorkommt, kann eine Rippe in der oberen Gehäusehälfte den Radialschub vermindern. Mit Bezug auf Abb. 9.31 ist zu erkennen, dass es eine optimale Länge für die Rippe im Druckstutzen gibt: Während die Rippe in Versuch 3 zu kurz war (sie ergab ein Radialkraftmaximum bei q* = 0,75), war die Rippe in Versuch 1 anscheinend zu lang und führte zu höherem Strömungswiderstand und einem stärkeren Radialschub bei hohem Durchsatz.

9.3.5 Pumpen mit Ringraum Wie oben besprochen, kommt die Radialkraft von Einfachspiralen bei Q = 0 dadurch zustande, dass die Zunge die Rotation des Fluids im Gehäuse beim Betrieb gegen geschlossenen Schieber behindert und somit stromabwärts der Zunge durch Ablösungen ein Druckminimum entsteht. Im unbeschaufelten, konzentrischen Ringraum hingegen kann das Fluid bei Q = 0 nahezu frei zirkulieren. Daher nimmt die Radialkraft bei Pumpen mit Ringraum bei Q = 0 ihren kleinsten Wert an; sie steigt dann mit zunehmendem Förderstrom etwa linear an (Abb. 9.28). Bei Überlast, wenn der Ringraum wesentlich zu klein für den geförderten Volumenstrom ist, ergibt sich ein ausgeprägtes Druckminimum im Bereich stromaufwärts des Druckstutzens; dann steigt auch die Radialkraft: Der Druckstutzen wirkt wie eine kräftige Senke.

9.3 Radialkräfte

709

Tafel 9.7 enthält eine Formel zur Berechnung des Radialschubs in Ringgehäusen. Die verfügbaren Daten erlauben keine Rückschlüsse auf den Einfluss der spezifischen Drehzahl. Bei kR = f(q*) handelt es sich um eine quadratische Funktion, die einen steilen Anstieg bei q* > 1 erwarten lässt.

9.3.6 Leitradpumpen Die Radialkraft in Leitradpumpen entsteht durch geometrische Toleranzen des Leitrads sowie durch Asymmetrien in der Abströmung wie sie z. B. durch den Druckstutzen hervorgerufen werden können. Dies besonders dann, wenn das Leitrad kurze Kanäle mit nur geringer Überdeckung aufweist. Durch einen Stützschaufelring, der im Wesentlichen aus wirkungsfreien Schaufeln besteht, lässt sich die Radialkraft also kaum verringern. Die vorliegenden Messungen lassen keine eindeutige Abhängigkeit der Radialkraftbeiwerte von der spezifischen Drehzahl oder sonstigen geometrischen Parametern erkennen. Einzig eine Exzentrizität des Laufrads gegenüber dem Leitrad führt zu definierten Radialschüben, die etwa proportional zur Exzentrizität sind und dezentrierend wirken [21]. Da meist nur geringe Exzentrizitäten auftreten, haben diese Radialkraftanteile wenig praktische Bedeutung; sie sind in den statistischen Messdaten in Tafel 9.7 implizit enthalten.

9.3.7 Radialkraft infolge ungleichförmiger Zuströmung Einlaufgehäuse von Pumpen mit durchgehender Welle (mehrstufige, oder doppelflutige einstufige Pumpen) erzeugen vor dem Laufrad eine über den Umfang ungleichförmige Geschwindigkeitsverteilung (Abschn. 7.13). Insbesondere stellt sich über eine Hälfte des Laufrads vorwiegend ein Mitdrall ein, während die andere Hälfte im Wesentlichen mit Gegendrall beaufschlagt wird (Abb. 7.50). Diese Variation in der Umfangskomponente c1u führt nach der Euler-Gleichung zu unterschiedlicher Arbeitsübertragung in den verschiedenen Segmenten des Laufrads. Hierdurch entsteht eine stationäre Radialkraft, die als Funktion des Förderstroms nach Größe und Richtung wechselt. Die Abb. 9.32 zeigt Messungen aus [B.20] an einem Laufrad mit nq = 33: bei Versuch 1 war ein Einlaufgehäuse montiert, wie es bei mehrstufigen Pumpen verwendet wird, während bei Versuch 2 ein Einsatz mit Rippen vorhanden war, der die Zuströmung zum Laufrad vergleichmäßigte. Nach diesen Versuchen wachsen die durch ungleichförmige Zuströmung erzeugten Radialkräfte besonders bei q* ≫ 1 stark an, weil die durch das Einlaufgehäuse hervorgerufenen Störungen mit zunehmenden Trägheitskräften (wachsender Geschwindigkeit) steigen. Über Radialkraftmessungen an einer halbaxialen Pumpe (geschätzt nq = 160) mit ungleichförmiger Zuströmung wurde in [52] berichtet. Dabei lag die maximale örtliche Übergeschwindigkeit etwa 25 % über dem Mittelwert (cmax/cmittel = 1,25). Es ergaben sich Radialkraftbeiwerte von ähnlicher Größe und Tendenz wie bei den Radialrädern nach [B.20], wie aus Abb. 9.32 hervorgeht. Während Abb. 9.32 Radialkraftbeiwerte bezogen auf Förderhöhe und b2 gemäß Gl. 9.6 liefert, wurden dieselben Daten in Abb. 10.68 mit u2 und d2a gemäß Gl. 9.7a ausgewertet, weil diese Form sich besser für halbaxiale Pumpen eignet.

710

9  Hydraulische Kräfte 0.050

q* = 1.25

kR,y [-]

9.32 0.040

0.030

q* = 1.0 0.020

q* = 1.06

F q* = 0.5

0.010

q* = 0.5

0.000

kR,x [-]

-0.010

q* = 0.75 -0.020

q* = 1.0

-0.030 -0.010

-0.005

q* = 0.25 q* = 1.25

0.000

0.005

Test 1 , nq33 Test 2 , nq33 Test 3 , nq160

0.010

0.015

0.020

0.025

Abb. 9.32   Einfluss der Zuströmung auf die statischen Radialkraftbeiwerte nach Richtung und Betrag. Dargestellt sind die Werte kR nach Gl. 9.6. Versuch 1: mit Einlaufgehäuse mehrstufiger Pumpen; Versuch 2: mit Rippen, die eine weitgehend rotationssymmetrische Zuströmung liefern [B.20]; Versuch 3: halbaxiale Pumpe [52]. Eine vom Koordinatenursprung zu einem beliebigen Punkt auf der Kurve gezogene Linie ergibt den Kraftvektor nach Betrag und Richtung. Beispiel: Vektor F liefert den Radialkraftbeiwert bei etwa q* = 1,1 mit den dimensionslosen Komponenten in y-Richtung Fy = 0,033 und in x-Richtung Fx = 0,01

Die Kraftrichtung hängt stark vom Förderstrom ab. Derartige Variationen beeinflussen die Lagerbelastung und damit das Schwingungsverhalten von Hochdruckpumpen (Kap. 10). Diese Ergebnisse bestätigen, dass verschiedene Sektoren eines Laufrads (sogar im stationären Betrieb) bei unterschiedlichen Strömungszuständen – das bedeutet auch bei verschiedenen Punkten auf der Kennlinie – arbeiten. Solche Radialkräfte können durch Unsymmetrien in der Geometrie stromaufwärts oder stromabwärts des Laufrads erzeugt werden. Die Kraftrichtungen in Abb. 9.32 hängen ab von der Pumpenkonstruktion, dem Versuchsaufbau und dem gewählten Koordinatensystem. Die Versuchsdaten lassen sich in dieser Hinsicht nicht miteinander vergleichen.

711

9.3 Radialkräfte

In einstufigen Pumpen mit doppelflutigem Laufrad und Doppelspirale können die durch ungleichförmige Zuströmung (Abb. 9.32) verursachten Radialkräfte ähnlich groß sein wie die Kräfte, die durch eine ungleichmäßige Druckverteilung in der Spirale entstehen. Folglich ist zu erwarten, dass Richtung und Stärke des Radialschubs in diesen Pumpen stark von der Lage des Saug- und Druckstutzens zueinander abhängen. Die durch ungleichförmige Zuströmung zu einem halbaxialen (bei hohem nq) oder axialen Laufrad erzeugten Radialkräfte können – etwas spekulativ – mittels Gl. 9.8 abgeschätzt werden.   H Lsch 2 2 ¯ ¯ FR = kR,D ρgHd2 mit kR,D = fsinβcosβ (9.8) H d2 H ist die Förderhöhe im betrachteten Betriebspunkt und ∆H ist die Förderhöhendifferenz, die aus der Q-H-Kurve für eine Förderstromdifferenz ∆Q abzulesen ist. Dabei entspricht ∆Q der Differenz, die sich aus angenommenen oder gemessenen Unterschieden in der Zuströmgeschwindigkeit ergibt. Beispiel: wenn die axiale Zuströmgeschwindigkeit ein asymmetrisches Profil aufweist, das um ±5 % vom Mittelwert abweicht (Abb. 9.33), wird ∆H für ∆Q = ± 0,05 × Q abgelesen. Lsch ist die Schaufellänge und β¯ = 0, 5(β1B + β2B ) ist der Mittelwert aus den Schaufelwinkeln. Der Faktor f in Gl. 9.8 bedarf der experimentellen Bestätigung. Mit f = 1,0 erhält man für Axialpumpen einen Radialkraftbeiwert kR,D in ähnlicher Größe wie nach Tafel 9.7. Über CFD-Berechnungen der Strömung in einem Einlaufbauwerk wurde in [9] berichtet. Der Einfluss einer ungleichförmigen Zuströmung auf die Schwingungen großer Vertikalpumpen wird in Abschn. 10.14 ausführlich besprochen.

9.3.8 Axialpumpen Radialkräfte an Axialpumpen werden im Wesentlichen durch ungleichförmige Zuströmung (Eintrittskrümmer oder andere Störungen) verursacht. Störungen der Umfangssymmetrie in der Abströmung hinter dem Laufrad tragen ebenfalls zur Radialkraft bei. Die

H

∆H

Q

FR

cax

∆Q ∆Q Abb. 9.33   Wirkung einer asymmetrischen Zuströmung auf die Radialkraft eines Laufrads mit hoher spezifischer Drehzahl

712

9  Hydraulische Kräfte

­ adialkraftbeiwerte werden gemäß Tafel 9.7 mit dem Laufradaußendurchmesser gebildet. R Nach Messungen in [42] betragen die stationären Radialkraftbeiwerte kR,D = 0,02 für q* ƒ@



Abb. 9.34   Radialkraftänderung über eine Laufradumdrehung, Versuch T2. Die Spiralzunge CW liegt bei 240° [7]

4Zur Abkürzung

wird im Folgenden der Ausdruck Kraft auch für den Kraftbeiwert kRu verwendet.

714

9  Hydraulische Kräfte

T   T   T   &:

  

N5X\

 

       

N5X[ 









   

Abb. 9.35   Radialkraft als Orbit dargestellt, Versuch T2. Die Achse des Druckstutzens (Spiralenzunge CW) ist auf der positiven x-Achse [7]

denselben Versuch (Test T2 in Tab. 9.1). Betrachtet man z. B. den Durchfluss q* = 1,4, liegt hier die maximale Amplitude bei kRu,dyn,peak =  0,45. Diese Spitze (d. h. die höchste Radialkraft während einer Umdrehung) wäre relevant für die Anregung von Schwingungen und für die mechanische Belastung. Die mittlere Kraft über eine Laufraddrehung ist kRu,dyn,av = 0,36 (gestrichelte schwarze Linie in Abb. 9.34). Das Verhältnis von Spitze zu Mittelwert beträgt 1.25. Bei hohem Förderstrom sind in Abb. 9.34 drei deutliche Spitzen zu erkennen. Die höchste Amplitude tritt auf, wenn die Schaufelaustrittskante sich der Spiralenzunge nähert, weil dann das Fluid mit der höchsten Geschwindigkeit auf die Zunge prallt. Wenn hingegen die Öffnung am Laufradeintritt in eine Position nahe zum Druckstutzen kommt, besteht quasi eine direkte Verbindung zwischen Druck- und Saugstutzen. Dadurch sinkt die örtliche Förderhöhe stark und die Radialkraft weist ein Minimum auf (bei ungefähr 285° in Abb. 9.34). Bei niedrigem Durchsatz mit starker Rückströmung beobachtet man ebenfalls drei Spitzen, aber versetzt gegenüber den Spitzen bei hohem Förderstrom (welche Strömungsformen hierfür verantwortlich sind, ist noch unbekannt). Die Versuchsergebnisse aus der zitierten Literatur wurden auf die Definition gemäß Gl. 9.6a in kRu umgerechnet. Die Koeffizienten der statischen (oder stationären) Kraft kRu,stat sind in Abb. 9.36 dargestellt; die instationären (dynamischen) Kräfte kRu,dyn sind in Abb. 9.37 für Spiralen zu sehen und in Abb. 9.38 für Ringgehäuse. Die relevanten Daten der Versuchspumpen sind in Tab. 9.1 aufgelistet.

9.3 Radialkräfte

715

Tab. 9.1  Messungen der Radialkraft bei einschaufligen Laufrädern Versuch

Gehäuse

nq

εsch

d1*

β2B

b2*

dz*



°



°





Lit.

Daten

T1

Spirale

50

320

0,5

1,14

[12]

Mittel

T2

Spirale

45

325

0,48

30

0,49

1,15

[7]

Mittel

T3

Ring

44

332

0,42

35

0,33

1,58

[4]

Spitze

T12

Ring

44

332

0,42

35

0,33

1,58

[4]

Spitze

T13

Ring

44

360

0,42

35

0,33

1,58

[4]

Spitze

T4

Spirale

44

332

0,42

35

0,33

1,10

[4]

Spitze

T15

Spirale

44

332

0,42

35

0,33

1,10

[4]

Spitze

T14

Spirale

45

360

0,42

35

0,33

1,10

[4]

Spitze

T5-A

Spirale

43

360

0,35

8

0,29

1,30

[38]

Spitze

T5

Spirale

43

360

0,35

8

0,29

1,30

[39]

Spitze

T6

Spirale

40

360

0,35

16

0,29

1,30

[39]

Spitze

T7

Spirale

32

360

0,48

9

0,24

1,12

[40]

Spitze

T8

Ring

27

360

0,48

9

0,24

1,53

[40]

Spitze

T9

Ring

43

332

0,42

35

0,33

1,58

[45]

T10

Ring

43

420

0,42

35

0,33

1,58

[45]

T11

Ring

43

332

0,42

35

0,33

1,58

[49]

kRu,stat

0.5

T1 volute - 320 - - 1.14

0.4

T2 volute - 325 - 30 - 1.15

0.3

T4 volute - 332 - 35 - 1.10 T5 volute - 360 - 8 - 1.30

0.2

T7 volute - 360 - 9 - 1.12

0.1 0.0 0.0

T8 annulus - 360 - 9 - 1.53 0.5

1.0

1.5

q*

2.0

Abb. 9.36   Statische Radialkräfte. (Volute Spirale, annulus Ringraum)

Die Versuche wurden durchnummeriert: T1, T2 usw. Die Bezeichnungen der Kurven entsprechen dem Format (Beispiel Versuch 2): T2 Spirale-325–30; dz* = 1,15 [7]. Die erste Zahl bedeutet den Umschlingungswinkel der Schaufel εsch = 325°, die zweite Zahl bezeichnet den Schaufelaustrittswinkel β2B = 30° und der relative Abstand der Spiralenzunge ist dz* = dz/d2. Bei der Interpretation der Daten ist Folgendes zu beachten:

716

9  Hydraulische Kräfte 0.6

T1 volute - 320 - - 1.14

kRu,dyn

0.5

T2 volute - 325 - 30 - 1.15 T4 volute - 332 - 35 - 1.10

0.4

T15 volute - 332 - 35 - 1.10 T6 volute - 360 - 16 - 1.30

0.3

T5 volute - 360 - 8 - 1.30

0.2

T7 volute - 360 - 9 - 1.12 T5-A volute - 360 - 8 - 1.30

0.1 0.0 0.0

T14 volute - 360 - 35 - 1.10 0.5

1.0

1.5

q* 2.0

unsteady forces, volute casing

N5XG\Q

Abb. 9.37   Dynamische Radialkräfte in Spiralen, Maxima über eine Laufraddrehung (volute Spirale) 

7DQQXOXV



7DQQXOXV



7DQQXOXV



7DQQXOXV



7DQQXOXV



7DQQXOXV

 

7DQQXOXV 





T



XQVWHDG\IRUFHVDQQXODUFDVLQJ

Abb. 9.38   Dynamische Radialkräfte in Ringgehäusen, Maxima über eine Laufraddrehung (annulus Ringraum)

• Bei den Kräften aus [40] bis [4] handelt es sich um Kraftspitzen während einer Laufraddrehung. Einige dieser Werte sind aus den Orbits abgelesen. • Die Daten aus [12] und [7] sind über eine Laufraddrehung gemittelte Kräfte. Das Verhältnis von Amplitudenspitzen zum Mittel kann, gestützt auf Versuche in [7] und [4], im Bereich von 1,2 bis 1,3 angenommen werden. Um einen Vergleich mit den übrigen Daten in Abb. 9.37 zu erleichtern, wurde das Kräftemittel jeweils mit dem Faktor 1,25 multipliziert (was eine gewisse Streuung beinhaltet). • In [40] wurden sehr große statische Kräfte gemessen: Die Form der Kurven lässt vermuten, dass das Gehäuse überdimensioniert war und daher der Bestpunkt des Gehäuses nicht im untersuchten Durchflussbereich liegt. Dagegen liegen die dynamischen Kräfte bei hohem Durchsatz weit unter den Werten aus anderen Messungen. Möglicherweise sind die niedrigeren dynamischen Kräfte durch die kleine spezifische Drehzahl und ein überdimensioniertes Gehäuse zu erklären.

9.3 Radialkräfte

717

• Die Eintrittskanten der Laufräder in [39] und [38] sind mit d1i/d1a = 0,87 ausgelegt. Die Eintrittskante des Laufrads in [39] und [40] ist mit d1i/d1a = 0,73 ausgeführt. Alle anderen zitierten Publikationen verwendeten d1i/d1a = 1,0. Das kleinere d1i/d1a könnte auch dazu beigetragen haben, dass in [38] bis [39] niedrigere Kräfte gemessen wurden. • Alle Werte wurden aus Grafiken in Publikationen abgelesen. Die Genauigkeit ist, wenn die statische Komponente nicht angegeben war, nicht besser als ± 10  % (besonders wo die Kräfte aus den Orbits abgelesen werden mussten). • In [4] und [49] wurde dieselbe Pumpe verwendet, die ihrerseits ein skaliertes Modell der Pumpe in [45] war. Folglich sollten die Ergebnisse der Tests T3, T9 und T11 nahe beieinander liegen. Tatsächlich unterscheiden sie sich aber stark. In [45] und [49] wurden die Kräfte mit einem Betriebsauswuchtungsverfahren bestimmt. Die direkten Messungen in [4] mit Dehnmessstreifen sind als zuverlässiger anzusehen. Wegen dieser Unsicherheit bleiben Zweifel an den Schlüssen, die aus den Versuchen in [45] und [49] zu ziehen sind. • Kavitationseinflüsse können ebenfalls zu den Unterschieden bei den Kraftmessungen der verschiedenen Autoren beigetragen haben. Aus dieser Analyse ergeben sich folgende Schlüsse: 1. Die größten Kräfte in Abb. 9.37 wurden für Austrittswinkel von β2B = 35° gemessen. Die Kräfte gehen auf weniger als die Hälfte zurück, wenn β2B von 35° auf unter 10° reduziert wird. 2. Mit Ausnahme der Werte in [40] folgen die statischen Kraftkoeffizienten in Abb. 9.36 dem für Einfachspiralen typischen Verlauf (Abb. 9.28). Allerdings sind die ­Kraftkoeffizienten kleiner als in Abb. 9.46, nicht zuletzt, weil Deck- und Tragscheibe rechtwinklig zur Pumpenachse stehen; so wirken keine Radialkräfte auf die Wände in den Radseitenräumen. 3. Abgesehen von den Daten in [40] weist die hydraulische Unwucht ein Minimum bei q* = 0,6 bis 0,7 auf, wenn das Laufrad in einer Spirale arbeitet (Abb. 9.37). Hingegen nehmen die instationären Kräfte kontinuierlich mit q* zu, wenn sich das Laufrad in einem Ringgehäuse befindet. Sie verhalten sich analog zu den statischen Radialkräften in Pumpen mit mehrschaufligen Laufrädern (Abb. 9.28). Dieser Befund bestätigt, dass die Druckverteilung p(ε) in der Spirale die hydraulische Unwucht stark beeinflusst. Wirkung der Schaufelform βB (ε)  Die Schaufelbelastung am Austritt wird bestimmt durch den Schaufelaustrittswinkel β2B und den Umschlingungswinkel εsch der Schaufel. Die Schaufel vermittelt dem Fluid eine tangentiale Geschwindigkeit, mit der es auf die Spiralenzunge prallt. Je größer der Schaufelaustrittswinkel, desto höher wird diese Geschwindigkeit und der damit verbundene Impuls. Ein kleiner Austrittswinkel (zusammen mit einem großen Umschlingungswinkel) vermindert die Schaufelbelastung und die hydraulische

718

9  Hydraulische Kräfte

Unwucht in einem gegebenen Gehäuse. Versuche mit verschiedenen Laufrädern in einem gegebenen Gehäuse zeigen Folgendes (vgl. Abb. 9.36 bis 9.38 und Tab. 9.1): • Zwei Laufräder mit demselben Umschlingungswinkel (360°) wurden in [39] mit Schaufelaustrittswinkeln von β2B = 8° und 16° untersucht (Versuch T5 und T6). Bei hohem Durchsatz stieg die hydraulische Unwucht mit größerem Austrittswinkel signifikant an, während die statische Radialkraft praktisch unbeeinflusst blieb. • Die Laufräder in den Versuchen in [40] hatten sehr kleine Austrittswinkel (β2B = 8° bis 9,5°) zusammen mit Umschlingungswinkeln von 320° bis 400°. Die Schaufelbelastung war gering; die hydraulische Unwucht war verhältnismäßig klein (Abb. 9.37). Die statischen Radialkräfte sind jedoch ungewöhnlich hoch (Abb. 9.36). Dies könnte von der überdimensionierten Spirale herrühren, wie der Charakter der statischen Kraftkurve vermuten lässt. Der Umschlingungswinkel (bei fast gleichem β2B) hatte wenig Einfluss auf die Druckzahl und die hydraulische Unwucht. • Eine Parameterstudie an einer Pumpe mit offenem Einkanallaufrad in einem Spiralgehäuse wurde in [7] durchgeführt; die wichtigsten Daten waren nq = 45, β1B = 5°, β2B = 30°, εsch = 325°. Bei genau gleicher Schaufelform wurde die Laufradaustrittsbreite von b2/d2 = 0,29 bis 0,69 verändert. Die Gehäusebreite b3 wurde dabei der Laufradbreite angepasst, während der Laufradeintrittsdurchmesser konstant bei d1/d2 = 0,48 belassen wurde: Die Laufradaustrittsbreite hatte wenig Einfluss auf die Radialkraftkoeffizienten kRu gemäß Gl. 9.6a. Dieses Ergebnis bestätigt, dass die absolute dynamische Kraft proportional zur Laufradaustrittsbreite ist. Gleichzeitig beweist dies auch, dass Gl. 9.6a einen zweckmäßigen Ansatz darstellt. Die Schaufelbelastung (bzw. die Geschwindigkeitsverteilung im Laufrad) wurde anscheinend durch die Laufradaustrittsbreite wenig beeinflusst. Vielleicht ist das so, weil die Gehäusebreite der veränderten Laufradbreite angepasst worden war. Bei ­unverändertem Gehäuse wären die Rückströmung und die Wechselwirkung zwischen ­Laufrad- und Gehäuseströmung möglicherweise größer. • In [4] wurden Versuche mit drei Laufrädern in einem gegebenen Ringgehäuse mit einem Ringdurchmesser von dz* = 1,58 (Abb.  9.39) und in einer gegebenen Spirale mit dz* = 1,1 (Abb.  9.40) durchgeführt. Alle Laufräder hatten dieselben Eintritts- und Austrittswinkel (β1B = 9°, β2B = 35°). Verglichen mit den Basisversuchen T3 und T4 hatte das Laufrad in den Versuchen T12 und T15 eine geringere Schaufelbelastung am Austritt und also eine höhere Belastung über den vorderen Teil der Schaufel. Das Laufrad in den Versuchen T13 und T14 hatte dasselbe β(r) wie im Basisversuch, aber einen größeren Umschlingungswinkel (360° statt 332°). Diese Versuche zeigen: 1) Bei gegebener Schaufelbelastung am Austritt bringt der größere Umschlingungswinkel keinen Vorteil. 2) Niedrigere Schaufelbelastung am Austritt verringert die Radialkraft in der Spirale leicht, bringt aber bei einem Ringgehäuse kaum Vorteile. 3) Wo sich die Kräftemaxima und -minima auf dem Umfang befinden, wird durch die Wechselwirkung zwischen der Laufrad- und der Gehäuseströmung bestimmt – also durch die Gestaltung des Laufrads des und Gehäuses.

9.3 Radialkräfte

Abb. 9.40   Radialkraft verschiedener Laufräder im selben Spiralgehäuse, q* = 1. T4 Basisversuch; T15 niedrigere Schaufelbelastung am Austritt; T14 größerer Umschlingungswinkel [4]

T3 T12 T13

kRu,dyn

0.6

0.4

0.2

ε [°] 0

90

180

0.8

kRu,dyn

Abb. 9.39   Radialkraft verschiedener Laufräder im selben Ringgehäuse, q* = 1. T3 Basisversuch; T12 niedrigere Schaufelbelastung am Austritt; T13 größerer Umschlingungswinkel [4]

719

270

360

T4 T15 T14

0.6 0.4 0.2

ε [°] 0

90

180

270

360

Einfluss der Flächenverteilung im Gehäuse A(ε)  Die Strömung im Gehäuse bestimmt die Druckverteilung p(ε) über dem Laufradumfang. Je größer der Unterschied zwischen den Tangentialgeschwindigkeiten in Laufrad und Gehäuse, desto stärker treten beide Komponenten in Wechselwirkung. Damit die hydraulische Unwucht bei hohem Volumenstrom klein bleibt, müssen die Gehäusequerschnitte vor dem Druckstutzen groß genug sein: Die Strömung darf sich bei hohem Durchsatz nicht zum Druckstutzen hin beschleunigen, da dort sonst eine Druckabsenkung stattfände, die die Radialkraft verstärken würde. Die Ergebnisse der verfügbaren Versuche lassen sich wie folgt zusammenfassen: • Der Einfluss des Abstands der Spiralzunge wurde in [12] untersucht. In ein gegebenes Gehäuse wurden verschiedene Spiralzungen eingesetzt. Im Bereich von dz* = dz/d2 = 1,07 bis 1,24 wirkte sich der Zungenabstand nur wenig auf die hydraulische Unwucht bei q* > 0,8 aus. Bei geschlossenem Schieber stieg kRu,dyn von 0,3 auf 0,35 an, wenn der Zungenabstand von dz* = 1,24 auf 1,07 verringert wurde. Man beachte, dass sich diese Ergebnisse auf die über eine Laufraddrehung gemittelte instationäre Radialkraft beziehen. Die Förderhöhe wurde durch die Modifikationen des Zungenabstands kaum beeinflusst. Der Wirkungsgrad ging mit höherem dz* zurück – insbesondere bei q* > 1; der Bestpunkt verschob sich zu höherem Durchsatz (vermutlich wurde A3q größer). • Wegen der Wechselwirkung zwischen Gehäuse- und Laufradströmung verhält sich eine gegebene Laufschaufel in verschiedenen Gehäusen anders. Die Abb. 9.41 zeigt hierzu ein Beispiel. In diesen Versuchen war die Radialkraftspitze im Ringgehäuse bei q* = 0,5 um 40 % niedriger als im Spiralgehäuse. Dies ist dadurch bedingt, dass die Strömung in Ringgehäusen mit bei abnehmendem Volumenstrom immer gleichförmiger wird. Bei q* = 1,25 ist das Radialkraftmaximum im Ringgehäuse ungefähr 5 % höher als im Spiralgehäuse, weil sich in Ringgehäusen der Druck p(ε) mit

720

9  Hydraulische Kräfte 0.7

0.7

0.6

0.5

kRu,dyn

kRu,dyn

0.6 0.4 0.3 q* = 0.5 q* = 1 q* = 1.25

0.2 0.1 0.0 0

90

180

0.5 0.4 0.3 0.2

annulus

q* = 0.5 q* = 1 1.25

0.1 0.0

270 [°] 360

0

90

volute 180

270 [°] 360

Abb. 9.41   Radialkräfte an gegebenem Laufrad in verschiedenen Gehäusen T3 (Ring), T4 (Spirale) [4]

wachsendem Volumenstrom stärker ändert. Diese Beobachtungen bestätigen die Messungen an Pumpen mit mehrschaufligen Laufrädern: Bei Teillast sind die Radialkräfte in Ringgehäusen kleiner als in Spiralen; bei Förderströmen über dem Bestpunkt kehrt sich diese Tendenz um (Abb. 9.28). Wie anfangs postuliert, sollte eine Abweichung vom kreisförmigen Orbit den Einfluss des Gehäuses auf die hydraulische Unwucht widerspiegeln. Um diesen Einfluss aufzuzeigen, wurden die Radialkraftorbits von drei verschiedenen Laufrädern aus Versuchen mit einem Spiral- und einem Ringgehäuse analysiert. Das Verhältnis der größten zur kleinsten Orbitachse wurde in Abb. 9.42 und 9.43 über dem Förderstrom aufgetragen. Das Verhältnis der größten zur kleinsten Orbitachse wird bei einem kreisförmigen Orbit 1,0. Daher lässt sich der Einfluss des Gehäuses auf die hydraulische Unwucht durch die Quadratwurzel des Orbitverhältnis erfassen. Gemäß den Versuchen in Abb. 9.42 und 9.43 liegt dieser Einfluss für q* > 0,7 unter 20 %. Diese Grafiken zeigen auch, dass der Gehäuseeinfluss von der Belastungsverteilung der Laufschaufel abhängt. Die Orbits des Laufrads mit reduzierter Belastung am Austritt (und folglich höherer Belastung vorn) sind im Spiralgehäuse am stärksten verzerrt, obwohl die Kraftspitzen hier nicht höher waren als bei den anderen Laufrädern. Daraus folgt, dass man (im Prinzip) den Flächenverlauf im Gehäuse A(ε) und die Schaufelwinkel β(ε) zusammen optimieren müsste, um die hydraulischen Kräfte zu minimieren. Umgekehrt könnte aus der falschen Kombination eines „guten“ Laufrads und eines „guten“ Gehäuses eine unerwartet hohe hydraulische Unwucht resultieren, wenn die Gehäuse- und Laufradcharakteristiken nicht gut aufeinander abgestimmt sind. Schwankungen des Antriebsmoments  Bei den Messungen in [7] schwankte das Antriebsmoment wie folgt: bei q* = 1: ±3 %; bei q* = 0,28: ±20 %; und bei q* = 1,4: ±8 %. Die

9.3 Radialkräfte

Abb. 9.43   Verhältnis von größter zu kleinster Achse der Radialkraftorbits. Versuch mit verschiedenen Laufrädern im gleichen Ringgehäuse T3 Basisversuch; T12 niedrigere Schaufelbelastung am Austritt; T13 größerer Umschlingungswinkel [4]

T4

orbit ratio [-]

1.6 volute

T15

T14

1.4 1.2 1.0 0.0

1.6 orbit ratio [-]

Abb. 9.42   Verhältnis von größter zu kleinster Achse der Radialkraftorbits. Versuch mit verschiedenen Laufrädern im gleichen Spiralgehäuse T4 Basisversuch; T15 niedrigere Schaufelbelastung am Austritt; T14 größerer Umschlingungswinkel [4]

721

0.5

1.0

q* [-] 1.5

annulus

1.4 1.2 1.0

T3 0.0

T12 0.5

T13 1.0 q* [-] 1.5

größte Schwankung tritt zu dem Zeitpunkt auf, in dem die Laufschaufelaustrittskante an der Spiralzunge vorbeiläuft. In einem rotationssymmetrischen (oder unendlich großen) Gehäuse würde ein Laufrad kein schwankendes Antriebsmoment erzeugen. Schwankungen des Antriebsmoments spiegeln also den Einfluss des Gehäuses auf die Strömung wider und in gewissem Maß auch auf die Radialkräfte. Je nach q* entstehen 70–90 % der Schwankungsamplitude bei der Drehfrequenz, der Rest hauptsächlich bei 2fn und 3fn. Die instationären Radialkräfte weisen ebenfalls Spitzen bei 2fn und 3fn auf, die in direktem Verhältnis zu den Spitzen in den Grafiken kRu,dyn = f(ε) in Abb. 9.34 und 9.39 bis 9.41 stehen: zwei Spitzen mit Kraftanteilen bei 2fn und drei Spitzen mit Anteilen bei 3fn. Axialkraftschwankungen  entsprachen in der Größe den Schwankungen des Antriebsmoments. Wurde die Breite s des axialen Spalts zwischen dem Gehäuse und der Schaufel des offenen Laufrads von s/b2 = 0,005 auf 0,053 vergrößert, so blieb der statische Radialkraftkoeffizient kRu,stat weitgehend unbeeinflusst; die hydraulische Unwucht nahm bei niedrigem Volumenstrom ab (bei Q = 0 um 20 %), stieg aber bei hohem Förderstrom um bis zu 20 % an. Bei ähnlichem Spaltspiel war die hydraulische Unwucht bei dem geschlossenen Laufrad 7 % höher als bei dem offenen – vermutlich wegen der zusätzlichen Kraft auf die Deckscheibe. Modellgesetze  Prinzipiell haben Drehzahl und Größe keinen systematischen Einfluss auf die Radialkraftkoeffizienten, solange keine Resonanzen zwischen hydraulischer Unwucht und Eigenfrequenzen der Versuchseinrichtung entstehen [7]. Der Versuchsbereich erstreckte sich von n = 600 bis 1100 rpm, Re = u2r2/v = (0,9 bis 1,6) × 106,

722

9  Hydraulische Kräfte

d2 = 156 bis 240 mm. Bei der höchsten Drehzahl stieg die hydraulische Unwucht um etwa 5 % bei hohem Volumenstrom an; Kavitation ist als Ursache zu vermuten. System und Zuströmung können sich stark auf die hydraulische Unwucht auswirken, wie Versuche in [49] zeigen; eine Resonanz mit Strömungsschwankungen im Zulaufbecken verdoppelte hier die hydraulischen Unwuchtkoeffizienten kR, wenn die Drehzahl von 1450 auf 1000 rpm zurückgefahren wurde. Diese Beobachtung ist eher auf Systemeinflüsse zurückzuführen, als dass eine Verletzung der Modellgesetze zu vermuten wäre. CFD-Studien  Von Versuchen und CFD-Analysen an einem Einkanallaufrad in einer Spiralgehäusepumpe wird in [38] berichtet. Daten von Interesse sind: nq = 42, ϕ2,opt = 0,03, ψopt = 0,62, ηopt = 0,63, b2* = 0,29, d1* = 0,35, β1B = 13°, β2B = 8°, Schaufelumschlingungswinkel εsch = 360°. Instationäre CFD-Berechnungen der Pumpe vom Saug- bis zum Druckstutzen wurden mit insgesamt etwa 900.000 Elementen (Finite Element Code) durchgeführt. Die Druckzahl wurde bei dieser Rechnung über einen Bereich von q* = 0,25 bis 1,4 korrekt vorhergesagt; aber bei q* = 1,75 wurde die Förderhöhe ungefähr 25 % zu niedrig eingeschätzt. In Anbetracht der sehr ungleichförmigen instationären Strömung ist die gute Übereinstimmung unterhalb von q* = 1,4 beachtlich. Die Radialkräfte wurden mit CFD generell zu schwach bewertet; bei q* = 1,57 verhielten sich die Versuchsergebnisse zu den CFD-Werten etwa wie FR,test/FR,CFD = 1,45. Ein Teil dieser Diskrepanz könnte davon herrühren, dass die auf Radseitenwände und Dichtspalte einwirkenden Kräfte in der Berechnung vernachlässigt wurden. Die errechneten Radialkräfte ergaben im wesentlichen kreisförmige Polarplots (Orbits), während die Orbits der gemessenen Kräfte mit zunehmendem Volumenstrom immer ovaler wurden. Daraus kann man schließen, dass die Wechselwirkung zwischen der Strömung im Gehäuse und im Laufrad mit CFD ungenügend erfasst wurde. Dieses Defizit könnte auf das Turbulenzmodell zurückzuführen sein, das die Dissipation in Rückströmungen schlecht zu erfassen vermag. CFD-Berechnungen in [3] ergaben ähnliche Ergebnisse: die berechneten Orbits waren nahezu kreisförmig, während die gemessenen Orbits oval waren mit bis zu FR,test/FR,CFD = 1,5. Die maximale Kraftamplitude wirkte etwa in Richtung Druckstutzen bzw. kurz vor die Spiralzunge, wie nach Abb. 9.25 und 9.26 für die statischen Kräfte zu erwarten. Die gemessene und berechnete statische Druckverteilung über den Laufradumfang bestätigten diesen Sachverhalt. Der statische Druck ψp in der Spirale änderte sich über den Umfang entsprechend der Messung bei d/d2 = 1,1 und der CFD-Rechnung. Bei q* = 1,57 variierte er im Bereich von ψp = 0,3 bis 0,41 (oder ±15 % um den mittleren statischen Druck am Laufradaustritt). Am wenigsten änderte er sich bei q* = 0,63. Die Druckvariation im Gehäuse ist verantwortlich für die statische Radialkraft; entsprechend liegt deren Minimum bei q* = 0,63 (Abb.  9.36). Die im Relativsystem mit CFD berechneten Kräfte müssen nach Gl. 9.8a ins Absolutsystem umgerechnet werden.

Fx,abs = Fx,rel cosφ − Fy,rel sinφ Fy,abs = Fx,rel sinφ + Fy,rel cosφ

(9.8a)

9.3 Radialkräfte

723

Kavitation  Oft nehmen hörbare Geräusche, hydraulische Unwucht und synchrone Schwingungen bei Förderströmen weit über dem Bestpunkt stark zu – obwohl die Förderhöhe mit q* abnimmt. Kavitation ist eine mögliche Ursache; aber es ist unklar, ob Kavitation der dominierende Faktor für diesen Anstieg ist. Zweifellos trägt Kavitation zur Geräuschentwicklung und den Schwingungen bei [47]. Wenn große Kavitationsblasenfelder kollabieren, kann sich dies direkt auf die Erregerkräfte auswirken. Dieser Effekt ist an der Entstehung von Luftschall bei hohem Durchfluss beteiligt. Kavitation könnte aber auch indirekt durch Veränderungen der Strömungsform (also des Energieumsatzes) wirksam sein, analog zu den Einflüssen, die im Zusammenhang mit Abb. 6.17 erörtert wurden. Man kann auch beobachten, dass die Schwingungen bei Förderströmen über dem Bestpunkt steil zunehmen, bei sehr hohem Durchfluss aber wieder abnehmen. Dieses Verhalten lässt sich mit der höheren Nachgiebigkeit des Mediums bei ausgedehnten Zonen mit Zweiphasenströmung erklären (dämpfender Effekt, wie in Abschn. 6.5.2 erörtert). Strömungsformen  Wegen des geforderten Kugeldurchgangs werden die Laufräder mit extrem großer Austrittsbreite b2 gestaltet. Infolgedessen herrscht schon im Bestpunkt eine starke Rückströmung am Laufradaustritt. Der an einer Stelle (beispielsweise an der Tragscheibe) austretende Förderstrom fließt seitlich ab und an einer anderen Stelle (z. B. nahe der Deckscheibe) erneut in das Laufrad. Dabei wird Energie durch Wirbel und Grobturbulenz während der Rückströmung dissipiert (Skizze in Abb. 9.44). Bei Rückströmung sind Druckpulsationen und Schwingungen eher breitbandig und haben weniger diskrete Frequenzen. Mit wachsendem Förderstrom nimmt die Rückströmung ab. Als Folge davon wird die Strömung strukturierter und die Energie auf ein schmaleres Frequenzband konzentriert. Mit anderen Worten: Die Anregung von Schwingungen mit diskreten Frequenzen (in diesem Fall die synchrone Komponente) kann zunehmen. Die Strömungsablösung wird durch die scharfe Umlenkung am Laufradeintritt weiter verstärkt. Eine radial auf das Laufrad einwirkende hydraulische Kraft FR kann als eine äquivalente Druckdifferenz Δp, die auf die projizierte Fläche d2 × b2 wirkt, ausgedrückt werden: Δp = FR/(d2 × b2) oder Δp/(ρgH) = kR = kRu/ψ. Nehmen wir als Beispiel Abb. 9.44   Strömungsform in einem Einkanallaufrad

c1r cax

724

9  Hydraulische Kräfte

­ersuch T2: Bei maximalem Volumenstrom q*  V =  1,34 mit einer Kraftspitze von kRu = 0,44 und ψ = 0,55 erhält man kR = 0,8. In anderen Worten: Die Förderhöhenschwankungen erreichen 80 % der gesamten Förderhöhe. Generell hängen die Radialkräfte – und ebenso der Wirkungsgrad – von der dreidimensionalen Strömung ab. Die 3D-Strömungsverteilung wird bestimmt durch alle Auslegungsparameter (d1*, b2*, dz*, d1i/d1a, β2B, β1B usw.) sowie die Formen des Meridianschnitts, der 2D- oder 3D-Schaufel βB(ε) und des Gehäuses A(ε). Die Kombination dieser Charakteristika, nicht irgendein spezifischer Parameter oder eine bestimmte Form, bestimmt das Strömungsfeld. Breite Ausrundungsradien zwischen der Schaufel und den Radseitenwänden blockieren einen Teil des Kanals. Das könnte sich sowohl auf die hydraulische Unwucht als auch auf den Wirkungsgrad und bezüglich Kavitation günstig auswirken. So ähneln manche Bauarten von Einkanalrädern einem spiralförmigen Kanal, der mit wenig Variation im Querschnitt vom Laufradeintritt zum Austritt führt. Eine andere Möglichkeit ist die Strömungsoptimierung mit einer dreidimensionalen Laufschaufel. Bis heute findet man in der Literatur keine einfachen Regeln (falls solche überhaupt möglich sind) zur Berücksichtigung all dieser Parameter und Eigenschaften. Mittels Messung des Auslenkungsorbits im Dichtspalt kann die Richtung der Radialkraft bestimmt werden. Wenn die Unwucht bei hohem Förderstrom eine Kraft auf den Bereich vor der Spiralzunge (Abb. 9.26) ausübt, könnte man versuchen, die Spirale dort aufzuweiten, um so die Strömung stärker zu verzögern und mehr Druck aufzubauen. Abschätzung von Radialkräften: Die statischen Radialkräfte in Spiralgehäusen können mit den Kurven (T1 und T2) in Abb. 9.36 abgeschätzt werden, denn diese Kurven liegen einigermaßen nah beieinander. Ohnehin sind die dynamischen Kräfte entscheidend. Gestützt auf die Messdaten in Abb. 9.37 wurde eine Korrelation zur Vorhersage der hydraulischen Unwucht einschaufliger Laufräder in Spiralgehäusepumpen abgeleitet (für Ringgehäuse gibt es nicht genug zuverlässige Angaben). Die Formeln sind in Tafel 9.6 aufgeführt. Die Minima der Kurven kRu,dyn in Abb. 9.37 liegen nahe bei q* = 0,6. Deshalb wurde in einem ersten Schritt eine Korrelation für kRu,dyn,min entwickelt (Gl. T9.5.1 und T9.5.2). Sie hängt stark vom Schaufelaustrittswinkel ab; während die Einflüsse von Umschlingungswinkel, relativem Laufradeintrittsdurchmesser und dem Abstand der Spiralzunge wenig ausgeprägt sind. Die erhaltenen Ergebnisse sind tendenziell befriedigend, es wären aber noch mehr Meßdaten (über einen breiteren Bereich) nötig, um die Exponenten zu erhärten. Oberhalb von q* = 0,6 nehmen die Radialkräfte quadratisch mit dem Volumenstrom zu, wie durch Gl. T9.5.3 beschrieben. Die Korrelationen in Tafel 9.6 gelten bis hinunter auf q* = 0,5. Eine Korrelation für Kräfte unterhalb dieses Förderstroms erübrigt sich, weil die Werte bei Teillast nicht höher sind als die Kräfte bei großem q*, die für die Auslegung zu verwenden sind. Außerdem ist der Betrieb bei q*  NPSH0 sein 3. Niedrige Pumpendrehzahl 4. Pumpenrotor gut wuchten und Antriebsstrang sorgfältig ausrichten 5. Ventile, in denen hohe Druckdifferenzen abgedrosselt werden, können erheblichen Lärm verursachen. Daher sind geräuscharme Armaturen zu wählen. Dabei ist auf genügenden Gegendruck zu achten, damit keine Kavitation im Ventil auftritt, die meist mit großer Lärmerzeugung verbunden ist. 6. Niedrige Strömungsgeschwindigkeiten in den Rohrleitungen verringern den von den Rohrleitungen abgestrahlten Schall. 7. Abzweigstücke, Blenden, Kniestücke, scharfe Bögen und plötzliche Querschnittserweiterung verursachen Strömungsablösungen und entsprechenden Lärm und sollten daher soweit wie möglich vermieden bzw. strömungsgünstig ausgelegt werden 8. Formstücke und Armaturen mit Mindestabstand L > 10 D vor der Pumpe anordnen, damit die Lärmentwicklung nicht durch ungünstige Laufradanströmung und Wechselwirkungen verstärkt wird 9. Geräuscharme Motoren, Kupplungen und gegebenfalls Getriebe wählen; Lüfter von Elektromotoren nur für eine Drehrichtung 10. Körperschalldämmung durch Wahl geeigneter Rohrabstützungen

762

10  Schwingungen und Geräusche

11. Die Fortleitung von Körperschall in Rohrleitungen lässt sich durch elastische Kompensatoren weitgehend unterbinden, sofern keine Schallbrücken vorhanden sind 12. Kleine Aggregate gegebenfalls elastisch aufstellen, wenn dadurch kein Schwingungsproblem erzeugt wird 13. Dickwandige Gehäuse und Rohrleitungen dämmen den Schall; Pumpen mit großflächigen, dünnwandigen Gehäusen strahlen vermehrt Schall ab 14. Die Raumgestaltung hat einen wesentlichen Einfluss auf die Lärmbelästigung: in einem Raum mit harten, glatten Wänden, Boden und Decke (z. B. Fliesen) wird der Schall stark reflektiert und der Lärmpegel steigt mangels absorbierender Flächen; schallabsorbierende Wände, Decken und Einbauten verringern den Lärm 15. Durch Schalldämmung lässt sich die Lärmausbreitung in die Umgebung verringern; eine thermische Isolierung aus Mineralwolle mit Abdeckblech (Dicke 1 bis 2 mm) reduziert den Schall um etwa 1 bis 4 dB; je dicker das Abdeckblech, desto besser die Dämmung; Mineralwolle ohne Abdeckung ist wirkungslos; Aluminium dämmt weniger gut als Stahl 16. Mit einer Schallschutzhaube lässt sich der Schall – je nach Konstruktion – um 10 bis 30 dB vermindern, wobei die Dämmwirkung im Bereich hoher Frequenzen besser ist als bei tiefen 17. Um den von Pumpen erzeugten Luftschall an der Quelle zu reduzieren, sind primär die Maßnahmen zur Verringerung der Druckpulsationen gemäß Tafel 10.2 anzuwenden 18. Einlaufgehäuse, die eine ungleichförmige Strömungsverteilung am Laufradeintritt erzeugen, sind zu vermeiden 19. Durch größere Wandstärken der abstrahlenden Flächen (Gehäuse, Rohrleitungen, Grundplatten) lässt sich der abgestrahlte Luftschall bei gegebener Stärke der Schallquelle vermindern (bei Verdopplung der Wandstärke verringert sich der Luftschall um etwa 4,5 dB) 20. Die Grundplatte strahlt häufig intensiven Lärm ab, wenn sie nicht ausgegossen wurde; Dämpfungskassetten können installiert werden, um den Lärm zu reduzieren Bei allen schalltechnischen Maßnahmen ist zu beachten, dass der Antrieb der Pumpe (z. B. Elektromotor mit Lüfter), Rohrleitungen, Hilfsaggregate, Armaturen oder sonstige Fremdschallquellen einen oft erheblichen, wenn nicht dominierenden Beitrag zum wahrgenommenen Gesamtschallpegel leisten. Weitere Informationen zu Lärm finden sich in [47, 54, 57].

10.5  Übersicht über mechanische Schwingungen bei Kreiselpumpen

763

10.5 Übersicht über mechanische Schwingungen bei Kreiselpumpen Schwingungen verschiedener Art sind eine der häufigsten Ursachen für betriebliche Probleme an Kreiselpumpen; zur Lösung solcher Schwierigkeiten muss man das Zusammenspiel strömungstechnischer und mechanischer Phänomene zu verstehen suchen. Begrifflich sind drei Schwingungstypen zu unterscheiden: Freie Schwingungen entstehen, wenn man ein aus Masse, Feder und Dämpfung bestehendes System durch einen Schlag anregt und es danach sich selbst überlässt. Das System schwingt dann mit seinen Eigenfrequenzen, wobei die Amplituden um so schneller abnehmen, je stärker die Dämpfung ist. Ein Anschlagversuch wird häufig durchgeführt, um die Eigenfrequenzen von Lagerträgern, Grundplatten oder anderer Strukturen zu ermitteln. Erzwungene Schwingungen entstehen, wenn ein aus Masse, Feder und Dämpfung bestehendes System durch eine periodische Kraft angeregt wird. Auf diese Weise erregt eine Unwucht Schwingungen eines Pumpenrotors, die sich über die Lager auf Gehäuse und Fundament übertragen. Die Reaktion des Systems auf die Anregung hängt vom Verhältnis der Erregerfrequenz ω zur Eigenfrequenz ωE und von der Dämpfung ab. Bei ω/ ωE = 1 tritt Resonanz auf und die Amplituden können bei geringer Dämpfung sehr groß werden (Resonanzüberhöhung). Die zeitliche Beziehung zwischen Erregung und Systemantwort wird durch den Phasenwinkel beschrieben. Bei kleiner Dämpfung und ω ≪ ωE folgt das System der Erregung praktisch ohne Verzögerung; bei Resonanzdurchgang springt der Phasenwinkel von unter 90° auf über 90°. Bei stark gedämpften Systemen ändern sich die Amplituden bei Resonanz kaum; der Phasensprung ist in solchen Fällen ein besseres Indiz für einen Resonanzdurchgang als der Amplitudenverlauf. Eine Eigenfrequenz gerät nicht nur mit einer definierten, in ihrer Nähe liegenden, Erregerfrequenz in Resonanz, sondern sie kann auch selektiv durch breitbandige Mechanismen angeregt werden. Beobachtet man z. B. bei Teillast breitbandige Druckpulsationen im Bereich von 5 bis 40 Hz, würde eine bei 25 Hz liegende Eigenfrequenz der Grundplatte in deren Spektrum resonanzartig hervortreten, obwohl das Druckpulsationsspektrum keine ausgeprägte Spitze bei 25 Hz zeigt. Weitere Beispiele für Resonanzerscheinungen im Pumpenbau sind die Erregung von Wellenschwingungen durch umlaufende Ablösungen oder der Lagergehäuseträger durch Wechselwirkungskräfte zwischen Rotor und Stator. Selbsterregte Schwingungen treten auf, wenn eine Koppelung zwischen der schwingenden Struktur und dem schwingungserregenden Mechanismus vorhanden ist, dergestalt, dass sich die Schwingung selbst anfacht. Wird eine Pumpenwelle zu Schwingungen angeregt, treten in den Dichtspalten Reaktionskräfte auf. Wenn die Dämpfung klein ist und die Strömung im Dichtspalt den Rotororbit in Drehrichtung anfacht, entsteht eine selbsterregte Schwingung: Der Rotor ist instabil und seine

764

10  Schwingungen und Geräusche

Amplituden werden nur durch Nichtlinearitäten (Berührung im Dichtspalt) begrenzt (Abschn. 10.6.6). Während freie Schwingungen beim Pumpenbetrieb keine wesentliche Rolle spielen, sind vor allem erzwungene, aber auch selbsterregte Schwingungen häufig Ursachen von Problemen. Typische Kategorien hierfür sind: 1. Laterale Wellenschwingungen treten als erzwungene Schwingungen praktisch immer in messbarer Größe auf, da mechanische und hydraulische Restunwuchten unvermeidlich sind. Diese für Kreiselpumpen wichtigste Schwingungsart wird im Abschnitt „Rotordynamik“ besprochen. Die Messung von Wellenschwingungen erfolgt fast ausschließlich durch Abstandsgeber, die in Lagernähe installiert sind. 2. Torsionsschwingungen des Pumpenrotors können Bedeutung erlangen, wenn der Antrieb ein zeitlich variables Drehmoment liefert. Dies ist z. B. der Fall bei Elektromotoren, die über einen Frequenzumrichter gespeist werden (Abschn. 10.13). 3. Lagergehäuseschwingungen sind vorwiegend als Reaktionen des Lagergehäuses auf laterale Wellenschwingungen wahrnehmbar. Die Messung erfolgt meist durch Beschleunigungsaufnehmer in vertikaler, horizontaler und axialer Richtung. Resonanzen des Lagergehäuses mit dem Schaufeldrehklang treten mitunter auf, wenn eine halboffene Konstruktion gewählt wird. Geschlossene Lagergehäuse sind im Allgemeinen steif genug, sodass ihre niedrigste Eigenfrequenz oberhalb des Schaufeltons liegt. Wegen der komplexen Geometrie ist die Vorausberechnung der Eigenfrequenzen von Lagergehäusen aufwendig (3D-FE-Analyse); daher werden Resonanzen mitunter erst auf dem Prüfstand oder im Betrieb entdeckt. Man versucht in solchen Fällen, die Eigenfrequenz durch Verstimmung mittels Zusatzmasse oder Versteifung aus dem Betriebsbereich zu verschieben. Mittels Anschlagversuch lässt sich die Eigenfrequenz messen. 4. Schwingungen des Systems Pumpe/Grundplatte werden durch Rotorschwingungen und Druckpulsationen angeregt und auf das Pumpenfundament übertragen. Grundplattenschwingungen haben drei transversale und drei Rotationsfreiheitsgrade, die für Hochdruckpumpen hinsichtlich Resonanzgefahr mit den Erregerfrequenzen zu untersuchen sind. Erregerkräfte können auch von den Rohrleitungen und dem Antriebsaggregat kommen. 5. Axiale Rotor- oder Lagergehäuseschwingungen sind bei einstufigen, doppelflutigen Pumpen häufig im Teillastbetrieb zu beobachten. Sie werden durch zeitlich variable Laufradabströmung verursacht und sind dann besonders ausgeprägt, wenn die Rezirkulationsströmung am Laufradaustritt in instationärer Weise einen Radseitenraum beeinflusst. Solche Effekte sind meist niederfrequent, sodass axiale Rotorbewegungen vom Auge wahrnehmbar sein können. 6. Schwingungen an Vertikalpumpen (Abschn.  10.14). Hier sind nicht nur Schwingungen der Welle, sondern auch des Steigrohrs und die Kopplung zwischen beiden Elementen zu beachten. Dazu kommen noch Schwingungen des Systems Motor/Untersatz. Je nach Länge des Steigrohrs liegen dessen Eigenfrequenzen im Bereich der Drehfrequenz oder bei nur wenigen Hertz. Dann können auch

10.6 Rotordynamik

765

Störungen in der Zuströmung, insbesondere Wirbelzöpfe, Schwingungen erzeugen (Abschn. 10.14 und 11.7.3). Da die Radiallager in Vertikalpumpen keine definierte Last erhalten, sind Steifigkeit und Dämpfung des Schmierfilms gering. Die Lager neigen daher zu instabilem Lauf, was sich in chaotischen Schwingungsorbits äußert. Unzulässig hohe Schwingungen der oben beschriebenen Art können zu einer Reihe von Störungen führen: Fundamentschwingungen, Kupplungs- oder Lagerschäden, vorzeitiger Dichtspaltverschleiß und Schäden an mechanischen Wellendichtungen oder Leitungen (s. a. Tafel 10.1). Bei der Analyse von Schwingungsproblemen hilft in vielen Fällen das Modell des Einmassenschwingers. Die entsprechenden Grundlagen werden in Abschn. 17.8 behandelt.

10.6 Rotordynamik 10.6.1 Übersicht Der Pumpenrotor als bewegliches Element und Ort der Energieübertragung ist die Quelle aller von der Pumpe angeregten Schwingungen. Vorausberechnung und Beherrschung der Wellenschwingungen sind daher für die Betriebssicherheit von Hochdruckpumpen von größter Bedeutung. Die Aufgabe rotordynamischer Analysen ist es demnach, Erreger- und Reaktionskräfte zu bestimmen und die Eigenwerte und Eigenformen sowie das Verhalten bei erzwungenen Schwingungen zu berechnen. Obwohl Wellenschwingungsprobleme an allen Pumpentypen auftreten können und die im folgenden besprochenen physikalischen Zusammenhänge sinngemäß auf alle Pumpen zutreffen, haben rotordynamische Untersuchungen für mehrstufige Pumpen mit hohen Umfangsgeschwindigkeiten die weitaus größte Bedeutung [1, 21, 30]. An einem Pumpenrotor greifen im Wesentlichen folgende Kräfte an: 1. Stationäre Kräfte wie Eigengewicht, Radial- und Axialschübe, die die Reaktionskräfte in den Lagern bestimmen und über Steifigkeit und Dämpfung der Lager auch das dynamische Verhalten entscheidend beeinflussen können. 2. Als Erregerkräfte wirken neben der mechanischen Unwucht periodische und stochastische hydraulische Kräfte in radialer (und axialer) Richtung, deren drehfrequente Anteile am wichtigsten sind. Dazu kommen mitunter umlaufende Ablösungen („rotating stall“) oder unausgeglichene Schaufelkräfte sowie stochastisch wirkende Kräfte infolge Ablösungen, Rezirkulation und Turbulenz. All diese Erregerkräfte sind – unabhängig von der Rotorschwingung – immer vorhanden. 3. Hydraulische Reaktionskräfte entstehen durch die Schwingbewegung des Rotors: Infolge der Auslenkung ändert sich die Druckverteilung über den Laufradumfang. Dies gilt sowohl für geschlossene als auch offene Laufräder (Alford-Effekt). Hierdurch werden in Hochdruckpumpen beträchtliche Reaktionskräfte erzeugt, obwohl

766

10  Schwingungen und Geräusche

die Schwingungsamplituden meist unter 0,1 mm liegen. Auch in Dichtspalten ergeben sich infolge der Schwingungsbewegung des Rotors über den Umfang ungleichförmige Druckverteilungen, die erhebliche Reaktionskräfte hervorrufen. Wechselwirkungskräfte dieser Art sind nur vorhanden, wenn der Rotor Schwingungen ausführt. 4. Wechselwirkungskräfte entstehen auch in Gleitlagern, da die Druckverteilung im tragenden Schmierfilm von der Rotorschwingung abhängt. 5. Kupplungskräfte können den Rotor durch Ausrichtungsfehler (z. B. Unterschiede kalt/heiß), durch Störungen in der Kupplung selbst oder durch Übertragung von Störkräften aus Antrieb oder Getriebe anregen [12, B.19].

10.6.2 Kräfte in Spaltdichtungen Kräfte in den Spaltdichtungen am Laufrad und am Entlastungskolben haben einen dominierenden Einfluss auf das Schwingungsverhalten eines Pumpenrotors: Sie bestimmen weitgehend die Eigenwerte und Eigenformen der Schwingung, die Amplituden bei erzwungenen Schwingungen und die Stabilitätsgrenze mehrstufiger Pumpen. Die ohne Wirkung der Spaltdichtungen (in Luft) berechnete kritische Drehzahl einer mehrstufigen Pumpe liegt nämlich bei etwa 30–50 % des effektiven Werts im Betrieb. Daher sind rotordynamische Berechnungen mehrstufiger Pumpen in Luft nicht direkt aussagefähig und nicht einmal als erste Näherung zu gebrauchen (außer für Trockenlauf). Die Strömungskräfte in einer Spaltdichtung werden meist mit einem linearisierten Ansatz erfasst (z. B. [13, 21]). Die radialen und die tangentialen Kraftkomponenten beschreibt man dabei durch Feder- (k), Dämpfungs- (c) und Massenkoeffizienten (m), die dem Weg, der Geschwindigkeit bzw. der Beschleunigung der Rotorbewegung proportional sind:        .    ..  F k kc x c cc x m mc x .. (10.7) − x = + + Fy − kc k − cc c y˙ − mc m y y Die Koeffizienten ohne Index beschreiben die Reaktionskräfte, die in Richtung der Auslenkung, der Schwinggeschwindigkeit oder -beschleunigung wirken; während die Terme mit Index (Koppelterme) jeweils die Reaktionskräfte kennzeichnen, die senkrecht zu diesen Vektoren entstehen. Die resultierenden Kräfte kann man sich als Integrale über die Druckverteilung im Spalt und die Wandschubspannungen am Rotor vorstellen. Der Ansatz nach Gl. 10.7 wurde für Bewegungen bei zentrischer Ruhelage des Rotors im Spalt abgeleitet; er gilt aber näherungsweise auch für statische Exzentrizitäten des Rotors, wenn diese nicht mehr als etwa 50 % der Spaltweite betragen. In Gl. 10.7 wurde Rotationssymmetrie angenommen (die jeweils auf einer Diagonalen stehenden Werte sind gleich); diese Annahme ist für kurze Spalte (Lsp/dsp  < 0,5) weitgehend erfüllt. Für lange Spalte, z. B. Entlastungskolben mit Lsp/dsp  > 0,75, ist noch eine vierte Matrize zur

10.6 Rotordynamik

767

Berücksichtigung der Schrägstellung anzusetzen, wenn der Dichtspalt nicht durch tiefe Ringnuten unterteilt wird, damit sich die Strömung über den Umfang ausgleichen kann. Die Koeffizienten dieser Gleichung hängen von der Spaltgeometrie und den Strömungsbedingungen ab; sie werden experimentell oder mit Rechenprogrammen bestimmt, [3, 13, 34, 38, 56, 66, 75, 77, 146]. Für kurze Spalte, wie sie am Laufradeintritt oder als Zwischenstufendichtung verwendet werden, liefert Abb. 10.12 in etwa den Bereich, in dem diese Koeffizienten für glatte Spalte oder solche mit flachen Rillen liegen (Rillentiefe kleiner als etwa 0,5 mm). Die Abb. 10.12 enthält die Definitionsgleichungen der Koeffizienten sowie den Bereich der Versuchsparameter, in dem gemessen wurde. Man erkennt in Abb. 10.12, dass die Koppelsteifigkeit k∗c mit zunehmendem Vordrall am Dichtspalteintritt und wachsendem Verhältnis Umfangs- zu axialer Durchflussgeschwindigkeit steigt. Die direkte Dämpfung c* sinkt hingegen, wenn das Verhältnis von Axial- zu Umfangsgeschwindigkeit wächst. Alle anderen Koeffizienten hängen nicht merklich von den Strömungsbedingungen ab. Oben in Abb. 10.12 sind die Bereiche markiert, in denen Spaltringe und Zwischenstufendichtungen liegen.

'LPHQVLRQVORVH.RHIIL]LHQWHQ

 

=ZLVFKHQ VWXIHQ GLFKWXQJ

/DXIUDG HLQWULWW

F

N F



$OOHNXU]HQ6SDOWH

ω5 FD[

  





8W



Gültig für: • gerade Spalte, L/R < 0.3 • glatt oder gerillt • ×5HX× • ×±V5×± • 0.4 < cax/ωR < 1.0 k* = 0.37 bis 0.7 cc* = - 0.03 bis 0.07 m* = - 0.04 bis 0.18 mc* = - 0.03 bis 0.07

L R ∆p k* s L R ∆p kc = kc* s k=

Definitionen:

L s cax c=

L R ∆p c* sω

cc =

Abb. 10.12   Kräfte in kurzen Spaltdichtungen [13]

L R ∆p cc * sω



FD[ω5

R

cu,inlet

Ut* =

ωR

Reu =

m=

2sωR ν

L R ∆p

mc =

s ω2

m*

L R ∆p s ω2

mc*

768

10  Schwingungen und Geräusche

Wesentlich für die Beurteilung des Rotorverhaltens sind die resultierenden Radialund Tangentialkräfte, die von der Amplitude A und der Schwingfrequenz Ω abhängen; für kreisförmige Orbits lassen sie sich mit den dimensionslosen Koeffizienten aus Abb. 10.12 wie folgt schreiben:     ∗  2 + m Fr = LR p As −k∗ − c∗c  ω ω     (10.8) ∗  2 Ft = LR p As +k∗c − c∗  − m c ω ω Eine negative, der momentanen Auslenkung entgegengerichtete Radialkraft wirkt zentrierend und erhöht somit die Rotoreigenfrequenzen. Eine negative, der momentanen Orbitumfangsbewegung entgegengerichtete Tangentialkraft bremst die Schwingbewegung und wirkt somit dämpfend. Erfolgt die Orbitbewegung entgegen der Drehrichtung und ist Ft > 0, läuft der Rotor stabil. In Abb. 10.13 sind diese Zusammenhänge dargestellt. Vernachlässigt man den geringen Einfluss der Koppelmasse, so ergibt sich die Stabilitätsgrenze aus Gl. 10.8 für Ft = 0 und für k∗c = c*  Ω/ω. Hieraus resultiert eine Grenzfrequenz für die Schwingbewegung:

Grenz =

ωk∗c c∗

(10.9)

Oberhalb derer eine positive Dämpfung vorhanden ist – der Rotor also stabil läuft. Unterhalb dieser Grenze treten selbsterregte Schwingungen auf und ein Betrieb in

Ft

ΩGrenz =

kC* c*

ω

C B A Orbitbewegung entgegen Drehrichtung

Orbitbewegung in Drehrichtung

Bereich

Orbitbewegung

A

in Drehrichtung

B C

Ω>0 entgegen Drehrichtung Ω < 0

Abb. 10.13   Zur Rotorinstabilität

Ω ω

k c* kc * Ω < c* ω kc * Ω > c* ω

Ft

Rotor

Ft < 0

stabil

Ft > 0 Ft > 0

instabil stabil

10.6 Rotordynamik

769

diesem Bereich ist nicht möglich. Die Grenzfrequenz steigt proportional zu Betriebsdrehzahl und Koppelsteifigkeit und sinkt mit zunehmender Dämpfung. Wenn die Rotorschwingung mit der niedrigsten (drehzahlabhängigen) Eigenfrequenz fe1 erfolgt, wird die Stabilitätsgrenze bei folgender sekundlichen Betriebsdrehzahl n(s) erreicht:

n(s) =

fe1 c∗ k∗c

(10.10)

Für unwuchterregte (erzwungene) Schwingungen ist die Schwingfrequenz gleich der Drehfrequenz; aus Gl. 10.9 folgt:

1 ≤ c∗ /k∗c

(10.11)

Das heißt, dass der Rotor bei allen Drehzahlen stabil läuft, wenn c∗ /k∗c (genügend weit) über eins liegt. Dies ist also eine Voraussetzung dafür, dass die Pumpe überhaupt betrieben werden kann. Für die Wirkung von Spaltdichtungen gelten folgende Zusammenhänge: • Alle Koeffizienten sind proportional zur Druckdifferenz über den Spalt sowie zu dessen Durchmesser. • Alle Koeffizienten sind umgekehrt proportional zur Spaltweite. • Da die Druckdifferenz über den Spalt proportional zur Dichte des Fluids ist, fallen die Spaltkräfte mit der Dichte. Verglichen mit kaltem Wasser, sinken demnach bei leichten Kohlenwasserstoffen sowohl die Eigenwerte, die von der Dichtspaltsteifigkeit abhängen, als auch die Dämpfungen: Schwingungsmessungen mit kaltem Wasser auf dem Prüfstand sind nicht ohne Weiteres auf den Anlagenbetrieb mit leichten Kohlenwasserstoffen übertragbar. • Die Radialkraft wird durch die Federsteifigkeit bestimmt, da diese den Massenterm und die Koppeldämpfung überwiegt. Die Federsteifigkeit einer kurzen Spaltdichtung (Lsp/rsp  0,5 fehlen zuverlässige Messdaten. Wenn lange Dichtspalte von tiefen Nuten unterbrochen sind, die einen gewissen Druckausgleich über den Umfang erlauben, kann die Berechnung nach Tafel 10.4(1) für jeden Abschnitt getrennt durchgeführt werden. • Die relative Rauheit: ε/(2s0) liegt in der Größenordnung von 0,008. Bei Pumpen mit hoher Reynolds-Zahl (hohem Hst) sind die Dichtspalte daher hydraulisch rau. Dieser Effekt kann mittels CFD kaum korrekt erfasst werden. • Die berechneten Rotorkoeffizienten sind mit beträchtlicher Unsicherheit behaftet; dies trifft aber auf alle Rechenmethoden ebenso wie auf die Messwerte zu. • Der Austrittsverlustbeiwert ζA ist von großer Bedeutung. ζA = 0,85 kann als normal gelten, aber ζA = 0,85 ergibt größere Steifigkeit als ζA = 1,0 und liegt somit auf der unsicheren Seite. • ζE hängt vom Eintrittsdrall Ut* ab und davon, wie scharfkantig der Dichtungseintritt ist: Bereits ein kleiner Radius oder eine Fase verringern ζE drastisch.

10.6 Rotordynamik

773

Abb. 10.15   Einfluss der Teillastströmung auf die Wellenschwingungen bei doppeltem Neuspiel q* = 0,25 [43]

• Geometrische Toleranzen, vor allem solche der Spaltweite; bei Annahme von Fertigungstoleranzen H7/h7 ergibt sich in etwa ΔDmax = 2s0 + 0,092 mm für Pumpen mittlerer Größe und ΔDmin = 2s0. • Änderungen der Spaltweite über die Länge infolge Fertigungstoleranzen, z. B. bei Entlastungskolben Für Lochmuster kann die Steifigkeit mit kHP = 0,75  × kPlain [21] oder gemäß Tafel 10.4(1) unter Verwendung der äquivalenten Spaltweite abgeschätzt werden. Die Lochmuster in den Versuchen in [21] hatten in etwa folgende Dimensionen bezogen auf die radiale Spaltweite s: Lochdurchmesser d: d/s = 10; Lochtiefe h: h/s = 3 bis 4; Lochfläche/ Gesamtfläche: γ = 0,4 bis 0,5; d/h = 3,3 bis 2,5. Über numerische Berechnungen der rotordynamischen Koeffizienten eines gerillten Entlastungskolbens (L/D = 1,2) wurde in [101] berichtet. Das Modell schloss den Radseitenraum mit ein, um den Drall am Eintritt des Dichtspalts korrekt zu erfassen (CFD: cu/usp = 0,96, gemäß Tafel 9.1 ergab sich 0,9). CFD-Parameter: 8x106 Netzelemente; SST k-ω; y+ = 1,1; fünf Orbitfrequenzen Ω wurden ausgewertet, danach die Dichtungskoeffizienten durch Regressionskurven bestimmt. Die CFD-Ergebnisse wurden mit „finite difference“ und „bulk-flow codes“ verglichen. Alle drei Methoden ergaben ähnliche Werte für die direkte Steifigkeit, während sich für alle anderen Koeffizienten große Unterschiede herausstellten. Für die direkte Masse waren die Abweichungen extrem.

774

10  Schwingungen und Geräusche

10.6 Rotordynamik

775

Entlastungskolben:  Die Länge des Entlastungskolbens liegt meist im Bereich von L/D = 0,7 bis 1,0. Bei langen Spalten dieser Art ist die mögliche Schrägstellung des Rotors entsprechend der Biegelinie zu beachten. Schrägstellung beeinträchtigt die Steifigkeit der Dichtung, sodass bei Entlastungskolben oft eine oder zwei tiefe Nuten in die Drosselbüchse gedreht werden, um einen Druckausgleich über den Umfang zu fördern. Die Kräfte auf den Kolben sollten dann getrennt für zwei oder drei Abschnitte berechnet werden. Für jeden Abschnitt, der auf eine tiefe Nute folgt, wäre dann cu,in/ (ωR) = 0,5, ζE = 0,15 und ζA =  0,85 anzunehmen. Experimentelle Daten über die Koeffizienten von langen Dichtungen im für Hochdruckpumpen benötigten Bereich sind schwer zu erhalten, weil bei hohen Druckdifferenzen sehr große Kräfte auftreten, die versuchstechnisch nur schwierig zu beherrschen sind. Für lange Spalte werden daher theoretische Ansätze verwendet [34, 66]. Der Entlastungskolben einer Hochdruckpumpe, über den z. B. 200 bar abgedrosselt werden, hat eine stark zentrierende Wirkung auf den Rotor und bestimmt damit weitgehend die Rotorlage in diesem Bereich. Wenn die vertikalen Positionen der Lager und der Entlastungsbüchse nicht richtig aufeinander abgestimmt sind, können hieraus Wechselspannungen in der Welle, eventuell Wellenbrüche, entstehen. Eine hohe Dämpfung ist das wichtigste Kriterium für den schwingungsarmen Betrieb einer mehrstufigen Pumpe. Zur Vergrößerung der Dämpfung – und damit der Stabilitätsreserve – stehen zwei Wege offen:

776

10  Schwingungen und Geräusche

1. Reduktion der Strömungsgeschwindigkeit innerhalb des Spalts in Umfangsrichtung. Diese Maßnahme wirkt sich in zweifacher Hinsicht positiv aus, da nicht nur die direkte Dämpfung erhöht, sondern auch die Koppelsteifigkeit als antreibende Kraft reduziert wird; die Koppelsteifigkeit ist nämlich etwa proportional zur mittleren Strömungsgeschwindigkeit in Umfangsrichtung. Eine solche Wirkung kann man erzielen durch raue Oberflächen am Stator oder durch Strömungshindernisse in Umfangsrichtung, wie z. B. durch Wabenmuster [22, 37]. Führt man gerillte Dichtspalte aus, um die Leckagen zu reduzieren, sind die Rillen auf dem Stator anzubringen (reibende Oberflächen vergrößern sich). Auch Spiralnuten im stehenden Spaltring reduzieren die Koppelsteifigkeit, wenn sie so angeordnet sind, dass eine Pumpwirkung entgegen der Drehrichtung erzeugt wird [21]. Je kürzer der Spalt, desto weniger wirksam sind derartige Maßnahmen, weil der Strömungsweg zu kurz ist, um den Eintrittsdrall innerhalb des Dichtspalts abzubauen. Ein rauer Stator ist hingegen dann wirksam, wenn der Spalt lang (Lsp/dsp  > 0,5) und der Vordrall groß ist (cu/u  > 0,5). 2. Reduktion des Vordralls, mit dem die Strömung in den Spalt eintritt. Hierzu kann man eine Drallbremse vorsehen [41]. In [13, 43] wird die starke Erhöhung der Dämpfung durch eine Drallbremse am Entlastungskolben gezeigt: Die Amplituden sanken bei doppeltem Neuspiel um mehr als 50 %, wenn eine Drallbremse eingebaut war. Am Laufraddichtspalt ist eine Drallbremse ebenfalls wirksam, während an der Zwischenstufendichtung der Drall durch die Rückführschaufeln bereits beseitigt ist. Für sehr kurze Spalte lässt sich eine Verbesserung nur mittels Drallbremse erreichen. Nach Abschn. 9.1 wächst der Drall am Dichtspalteintritt bei radial einwärts gerichteter Leckage mit dem Leckstrom, der lokalen Umfangskomponente der Laufradabströmung und dem Verhältnis der Laufrad- und Dichtspaltradien r2/rsp. Insbesondere bei kleinen spezifischen Drehzahlen ergibt sich so eine beträchtliche Vorrotation mit entsprechend ungünstiger Wirkung auf das Schwingungsverhalten (Abschn. 9.1). Vergrößert sich der Spaltstrom infolge Dichtspaltverschleißes, so steigt auch die Vorrotation zum Spalt, weil die bremsende Wirkung der stationären Gehäusewand immer weniger ins Gewicht fällt. Wenn andererseits bei Teillast rezirkulierendes Fluid aus der Leitvorrichtung mit kleiner Umfangsgeschwindigkeit in den Radseitenraum strömt, vermindert sich der Vordrall der Spaltströmung. Dann steigt die Rotordämpfung – unter Umständen schlagartig – an, und die Schwingungsamplituden fallen. Dies beweisen die Messungen an einer Kesselspeisepumpe bei q* = 0,25 und doppeltem Spiel an Laufrädern und Kolben (Abb. 10.15, [43]): beim Hochfahren fallen die Amplituden bei etwa 6600 1/min plötzlich ab, was darauf zurückzuführen ist, dass der Entlastungswasserstrom mit wachsender Drehzahl steigt. Offensichtlich trat bei dieser Drehzahl genügend viel rezirkulierendes Wasser in den Radseitenraum, sodass der Vordrall ähnlich wirksam unterdrückt wurde wie mit einer Drallbremse.

10.6 Rotordynamik

777

10.6.3 Hydraulische Laufradwechselwirkung Wenn der Pumpenrotor schwingt, die Laufräder somit aus ihrer zentrischen Lage ausgelenkt werden, ändert sich die Druckverteilung über den Laufradumfang. Es entstehen – wie bei durchströmten Spalten – Reaktionskräfte, die wiederum durch Gl. 10.7 linearisiert dargestellt werden können. Diese Kräfte wirken nicht nur über die Laufradaustrittsbreite, sondern auch auf die Radseitenwände, sofern diese einen Winkel von weniger als 90° mit der Pumpenachse bilden. Der Effekt der Radseitenwände kann erheblich sein. Über die Messung der Steifigkeits-, Dämpfungs- und Massenkoeffizienten wird z. B. in [13] berichtet. Die Abb. 10.16 enthält die an Leitradpumpen gewonnenen Ergebnisse sowie die Versuchsparameter und Definitionen der dimensionslosen Reaktionskraftkomponenten; die in [15] zitierten Koeffizienten sind von ähnlicher Größe. Als Tendenzen kann man festhalten: Die resultierende Radialkraft nach Gl. 10.8 hat wenig Einfluss auf die Eigenwerte, weil die direkte Steifigkeit klein ist und sich die Wirkung der Masse und der Koppeldämpfung (beide Terme sind bedeutend) gegenseitig etwa aufheben. Insgesamt ist der Einfluss der Laufradwechselwirkung auf die

Abb. 10.16   Laufradwechselwirkungskräfte [13]; zur Beachtung: die Reynolds-Abhängigkeit ist fraglich (s. Text)

778

10  Schwingungen und Geräusche

Eigenfrequenzen leicht negativ. Die Tangentialkraft wirkt destabilisierend, weil die Koppelsteifigkeit relativ groß und die Dämpfung klein ist. Die Grenzdrehzahl, bei der das Laufrad zur Instabilität beiträgt, ergibt sich aus Gl. 10.9 und Abb. 10.13. Im Vergleich zu den Spaltkräften ist der Effekt der hydraulischen Laufradwechselwirkung etwa eine Größenordnung kleiner; die Anwendung dieser Gleichung ist folglich für den gesamten Rotor wenig aussagefähig. Messungen desselben Laufrads jeweils mit Spiralgehäuse und mit Leitrad ergaben nur geringe Unterschiede in den Koeffizienten. Ebenso waren die Unterschiede zwischen Leitrad und Ringraum gering. Sehr kleine Kräfte ergaben sich bei Laufrädern, bei denen der Winkel zwischen Deckscheibe und Pumpenachse 90° betrug. Aus diesen Befunden ergibt sich, dass die hydraulische Laufradwechselwirkung wesentlich durch die Deckscheibe beeinflusst wird [21]. Um die destabilisierende Wirkung der Laufradwechselwirkungskräfte zu minimieren, sollte die radiale projizierte Fläche der Deckscheibe eine möglichst kleine Angriffsfläche für Radialkräfte bieten. Messungen an konischen Körpern zur Modellierung der Radseitenwände zeigen, dass die Koeffizienten wachsen, wenn die Radseitenraumweite abnimmt. Mit zunehmendem Vordrall steigt die Koppelsteifigkeit und damit die destabilisierende Wirkung der Radseitenwand. Die durch den Radseitenraum einwärts strömende Leckage vergrößert vor allem den Betrag der direkten Steifigkeit, die dezentrierend wirkt und somit die Eigenwerte reduziert [40]. Den physikalischen Mechanismus, der der hydraulischen Laufradwechselwirkung zugrunde liegt, kann man sich analog zum Bernoulli-Effekt vorstellen, der im Zusammenhang mit Abb. 10.14 besprochen wurde; denn im Radseitenraum und auf den Bändern der Radseitenscheiben sind Tangentialgeschwindigkeiten dominierend. Die Strömung wird nicht durch eine aufgeprägte Druckdifferenz bestimmt und die Abstände zwischen Rotor und Stator sind vergleichsweise groß. Deshalb ist kein Lomakin-Effekt an den Radseitenscheiben einschließlich der Wirkung von Spalt A zu erwarten. Dies bedeutet, dass die direkte Steifigkeit dezentrierend sein muss. Gestützt auf Versuchsdaten in [13, 99, 143, 144, 145] wurden Korrelationen zur Berechnung der hydraulischen Laufradwechselwirkung entwickelt, mit denen sich die rotordynamischen Koeffizienten als Funktion von Geometrie, Reynolds-Zahl und Fördergrad q* ermitteln lassen, s. Tafel 10.4(2).

10.6 Rotordynamik

779

780

10  Schwingungen und Geräusche

Bezüglich Pumpen mit großer Förderhöhe scheinen die Messungen in [13] besonders relevant hinsichtlich Geometrie, Reynolds-Zahl und Drall am Eintritt in den Radseitenraum. Erläuterungen zu den Korrelationen und den physikalischen Zusammenhängen: 1. Die Korrelationen basieren auf 29 Messpunkten über den Bereich von: Re = 7×105 bis 7×107; q*  =  0,25 bis 1,4; Ls/r2 =  0 bis 0,25; sax/r2 =  0,016 bis 0,18; gA/ r2 = 0,0045 bis 0,06; d2 = 160 bis 370 mm; Definition der Geometrie in Abb. 10.16. Die Größen sax/r2 und gA/r2 dürften stark nichtlinear wirken, da deren Effekt rasant steigt, wenn der Abstand zum Stator gegen null geht. Bei der Berechnung ist es ratsam, nicht über die erwähnten Grenzen hinaus zu extrapolieren, sondern lediglich die mit den obigen Maxima und Minima erzielten Werte zu verwenden. Der Einfluss des Parameters Ls wurde so formuliert, dass die in [99] mit einem 2D-Laufrad (Ls = 0) gemessenen Werte richtg erfasst werden. 2. Ein Einfluss der Reynolds-Zahl ist nicht eindeutig nachzuweisen. Einige Messungen in [13] zeigten eine deutliche Abhängigkeit der direkten Koeffizienten von Re, aber keine Abhängigkeit der Koppelkoeffizienten. Im Gegensatz dazu hatte die Drehzahl (oder Re) in den Untersuchungen in [99, 143, 144, 145] keinen systematischen Einfluss auf die Beiwerte im Bereich von n = 500 bis 2000 min−1. Bei den tangentialen Kräften (Koppeltermen) scheint eine Abhängigkeit von der Reynolds-Zahl plausibel; die entsprechend den Messdaten optimierten Re-Exponenten sind höher als für die direkten Terme. Der scheinbare Widerspruch zwischen [13] und den anderen Versuchen hinsichtlich des Re-Einflusses kann daher rühren, dass die Laufradwechselwirkung durch Subtraktion der Dichtspaltkräfte vom Total der in [13] gemessenen Kräfte ermittelt wurden (s. u.). 3. Die Re-Exponenten in Tafel 10.4(2) wurden durch Maximierung des Bestimmtheitsmaßes optimiert; allerdings ist die Zahl der Messpunkte gering. Der hohe Re-Exponent des Koppelterms für die Masse kann angezweifelt werden; die physikalische Bedeutung der Koppelmasse entzieht sich sowieso der Vorstellung. 4. Der Fördergrad q* beeinflusst c2u und daher den Drall am Eintritt in den Radseitenraum (Abb. 5.15). Dieser Effekt ist besonders wichtig bei Rückströmung am Laufradaustritt (Abb. 5.30, 5.35, 10.15, 10.35 und 10.36). Da die dreidimensionale Strömung von der Auslegung des Laufrads und des Diffusors abhängt, ist es nicht möglich, allgemeine Regeln aufzustellen. Die Messungen in [13] zeigen einige allgemeine (in den Korrelationen erfasste) Tendenzen, dies allerdings mit großer Streuung. 5. Während das Verhältnis d3/d2 (Spalt B) die Rotor-Stator-Wechselwirkung ganz erheblich beeinflusst, hat es so gut wie keinen Einfluss auf die hydraulische Laufradwechselwirkung. Dies, weil die Schwingungsamplituden verschwindend klein sind im Vergleich zu Spalt B. 6. Die Zahl der Laufschaufeln, die Schaufelaustrittswinkel und die hydraulische Auslegung des Diffusors haben kaum Einfluss auf die Koeffizienten.

10.6 Rotordynamik

781

7. Die direkte Steifigkeit wirkt immer dezentrierend; d. h. sie reduziert daher tendenziell die Rotoreigenfrequenzen. In den Versuchen mit Spaltdichtungen in [13] wurde zwar eine geringe zentrierende Wirkung der direkten Steifigkeit festgestellt; es besteht aber der Verdacht, dass sich dieses Ergebnis auf eine unkorrekte Trennung der Einflüsse von Dichtspalt und Laufrad zurückführen lässt (s. u.). 8. Die wichtigsten geometrischen Parameter, die bis jetzt aus diesen Messungen gewonnen wurden, sind: Spalt A, Deckscheibenprojektion Ls und sax (Spalt F). Großes Ls und kleine Spalte A und F verstärken die Wechselwirkungskräfte. Besonders erhöht sich die dezentrierende Wirkung des Laufrads; ein negativer Wert k* ergibt eine positive, dezentrierend wirkende Kraft (Gl. T10.4.28). 9. Ls hängt von der Form der Radseitenwand ab; diesen Wert bei gekrümmten Deckscheiben zu bestimmen, ist oft etwas willkürlich. Die zylindrische Verlängerung der Spaltdichtung übt einen Einfluss aus, den man nicht ausklammern darf. Ein Integral über die gesamte Radseitenwand wäre nötig, um die in Wechselwirkung korrekt zu ermitteln. 10. Bei den veröffentlichten Versuchen gibt es einige grundlegende Probleme: 1) Mit Radialspaltdichtungen, wie sie in [13, 99, 143, 144, 145] verwendet wurden, werden die direkten Kräfte im Dichtspalt weitgehend eliminiert, aber alle Erscheinungen, bei denen Tangentialgeschwindigkeiten eine Rolle spielen – d. h. direkte Dämpfung und Koppelterme – lassen sich nicht eliminieren. 2) Verwendet man Radialspaltdichtungen, beeinflusst die zylindrische Verlängerung der Radseitenwand bis zum Radialspalt die direkte Steifigkeit und den Massenterm, aber auch alle anderen Beiwerte. 3) Wird die Messung mit einer Ringspaltdichtung durchgeführt (d. h. mit der Konfiguration einer realen Pumpe), dann müssen die Dichtspaltkräfte rechnerisch subtrahiert werden. Da die Kräfte der Dichtspalte um eine Größenordnung höher sind als die Laufradwechselwirkung, erhält man also die gesuchten Koeffizienten, indem man zwei große Zahlen voneinander subtrahiert. So erhält man einen winzigen Restbetrag, der mit großer Unsicherheit behaftet ist. Aus diesem Grund weichen die in [13] mit axialen Spaltdichtungen erzielten Resultate von den Messungen mit Radialspaltdichtungen deutlich ab. 11. Sämtliche Messungen weisen große Unsicherheiten auf. In [13] wurden in Prozentzahlen folgende Standardabweichungen angegeben; die erste Zahl betrifft Messungen im Bestpunkt, die zweite gilt für q* = 0,25:

k∗ : ±25(±100); k∗c : ±25(±110); c∗ : ±50(±200); c∗c : ±70(±260); m∗ : ±35(±120); m∗c : ±30(±150).

12. Die Korrelationen in Tafel 10.4 (2) sind ebenfalls mit großen Unsicher heiten behaftet. Nur die Korrelation für die direkte Steifigkeit ist einigermaßen befriedigend (Abb. 10.16-1, wo die gemessenen Steifigkeitswerte gegen die mit der Korrelation berechneten Werte aufgetragen wurden). Das Bestimmtheitsmaß von c* betrug R2 = 0,89, aber alle anderen Koeffizienten korrelierten nur schwach (R2 = 0,63 bis 0,7).

782

10  Schwingungen und Geräusche 0 -2

k* (test)

-4 -6 -8

y = 0.9988x R² = 0.931

-10 -12 -12

-10

-8

-6

-4

-2

0

k* (predicted)

Abb. 10.16-1   Direkte Steifigkeit: Vergleich der Versuchsdaten mit der Korrelation (Gl. T10.4.22)

10.6.4 Lagerreaktionen Die Druckverteilung im Schmierfilm eines Gleitlagers hält den äußeren, auf den Lagerzapfen wirkenden Kräften das Gleichgewicht. Je größer die Lagerbelastung, desto kleiner ist die Schmierfilmdicke. Da derartige Änderungen im Bereich von nur einigen Hundertstel Millimetern liegen, weisen radiale Gleitlager eine erhebliche Steifigkeit auf; in weiten Betriebsbereichen wirken sie zudem dämpfend. Das dynamische Verhalten von Gleitlagern lässt sich für kleine Schwingbewegungen durch Gl. 10.7 beschreiben, wobei die Massenterme null gesetzt werden. Die für die Berechnung notwendigen Koeffizienten erhält man aus Versuchen des Lagerherstellers oder Rechenprogrammen. Die Einflussparameter sind: • Lagertyp: zylindrische Lager sind für Hochdruckpumpen ungeeignet, weil sie zu Instabilität neigen („oil whip“). Die Instabilität ist dadurch bedingt, dass die Tangentialkraft nach Gl. 10.8 bei ω/Ω > 2 positiv wird. Da der Rotor mit seiner Eigenfrequenz schwingt, bedeutet dies, dass eine Lagerinstabilität auftritt, wenn die Betriebsdrehzahl den doppelten Wert der kritischen Drehzahl erreicht. Mehrgleitflächenlager und Kippsegmentlager werden wegen ihrer guten Dämpfungseigenschaften vorwiegend für Hochdruckpumpen verwendet. Kippsegmentlager sind inhärent stabil. Wälzlager haben eine sehr hohe Steifigkeit, bringen aber wenig Dämpfung; für hohe Drehzahlen bei hoher Belastung sind sie ungeeignet. Instabilitäten der in Abschn. 10.6.6 beschriebenen Art können bei Wälzlagern nicht auftreten. • Zähigkeit und damit Temperatur des Schmieröls (dies ist auch beim Vergleich gemessener und berechneter Schwingungen zu beachten). • Lagerspiel und Verhältnis Lagerbreite zu -durchmesser • Lagerbelastung: Hoch belastete Lager wirken stabilisierend, schwach belastete Lager destabilisierend.

783

10.6 Rotordynamik

Die Bestimmung der Lagerbelastung, von der die dynamischen Lagerkoeffizienten direkt abhängen, birgt große Unsicherheiten. Denn nur das Rotorgewicht ist mit einiger Genauigkeit bekannt. Der Radialschub von Leitradpumpen oder Pumpen mit Doppel- oder Mehrfachspiralen ist der Größe nach nur statistisch bekannt, während seine Richtung weitgehend unbestimmt ist. Zudem ändert er sich als Funktion des Förderstroms nach Größe und Richtung, was für manches scheinbare Paradoxon im Schwingungsverhalten von Pumpen verantwortlich sein kann, wenn der Schub bei einem bestimmten Betriebspunkt die Lager entlastet. Ein stark belastetes Kippsegmentaxiallager erzeugt ein Rückstellmoment gegen eine Wellenverbiegung und wirkt dämpfend. Dies ist vor allem dann von Bedeutung, wenn der Überhang des Axiallagertellers die Eigenform bestimmt (d. h. wenn die größten Amplituden in Nähe des Axiallagertellers zu erwarten sind).

10.6.5 Eigenwerte und kritische Drehzahlen Für die rotordynamische Analyse einer mehrstufigen Pumpe kommt nur ein Computerprogramm in Frage, das gestattet, den Rotor, die dynamischen Reaktionen der Lager und Dichtspalte und die hydraulische Laufradwechselwirkung zu modellieren. Ziel der Analyse ist es zunächst, die gedämpften Eigenwerte (das sind die von der Drehzahl abhängigen Eigenfrequenzen), die Eigenformen und die Dämpfung zu bestimmen. Die Resultate werden zweckmäßig in einem Campbell-Diagramm gemäß Abb. 10.17 dargestellt: Dort

180

fE B

D ä m p fu n g s b e iw e rte 160

0 ,2 3

0 ,3 2 0 ,1 3 0 ,4 5

120 100 80 60 4000

0 ,3 3

0 ,2 1 0 ,3 8

0 ,4 1 0 ,2 9

fkr

S y n c h ro n e S c h w in g u n g (A n fa h rs tra h l) 5000

Betriebsdrehzahl

Frequenz (Hz)

140

6000 7000 8000 R o to rd re h z a h l

9000

N e u s p ie l D o p p e lte s N e u s p ie l D o p p e lte s N e u s p ie l m it D ra llb re m s e

Abb. 10.17   Campbell-Diagramm

m in -1

784

10  Schwingungen und Geräusche

wurden die Eigenwerte über der Drehzahl für Neuspiel, doppeltes Neuspiel und doppeltes Neuspiel mit Drallbremse am Entlastungskolben aufgetragen. Der Anfahrstrahl schneidet diese Kurven bei den kritischen Drehzahlen fkr, die stark von den Rückstellkräften in den Dichtspalten abhängen. Die kritische Drehzahl ist zu unterscheiden von der Eigenfrequenz bei der Betriebsdrehzahl fEB. Dies ist die Frequenz, mit der die Welle schwingen würde, wenn man sie im Betrieb mit einem Schlag erregte; wie Abb. 10.17 zeigt, hängt auch sie stark von den Rückstellkräften in den Dichtspalten ab. Bei einer Rotorinstabilität schwingt die Welle mit ihrer Eigenfrequenz – bei einer unwuchterregten Resonanz mit fkr. Eine kontinuierliche Spielveränderung führt auf unendlich viele Werte für fEB und fkr. In Abb. 10.17 sind ebenfalls einige Dämpfungsbeiwerte D eingetragen. D ist das Lehr’sche Dämpfungsmaß: D = 1 entspricht dem Grenzfall aperiodischer Dämpfung („critical damping“). Für die Resonanzüberhöhung QA gilt näherungsweise QA =  1/(2 D). Bei gegebener Drehzahl reduziert sich die Dämpfung im gezeigten Beispiel bei einer Spielverdoppelung um etwa 40 %. Die Drallbremse am Entlastungskolben erhöht die Dämpfung markant, hat aber auf die Eigenfrequenzen praktisch keinen Einfluss. Zu jedem Eigenwert gehört eine bestimmte Eigenform, die die räumliche Biegelinie darstellt, mit der die Eigenschwingung erfolgt. Die Abb. 10.18 zeigt die beiden am wenigsten gedämpften Eigenformen einer Kesselspeisepumpe, die für eine Betriebsdrehzahl von 7900 1/min (132 Hz) berechnet wurden. Bei Form A treten die größten Amplituden in Rotormitte auf; die Eigenfrequenz liegt hier unter der Drehfrequenz. Bei Form B sind die Schwingungen bei den Überhängen von Kupplung und Axiallagerteller am größten; die Eigenfrequenz liegt leicht über der Drehfrequenz. Die Schwingungsform A ist besser gedämpft als B, weil die Schwingungsamplituden in Dichtspalten und Lagern größer sind.

Abb. 10.18   Berechnete Eigenwerte und Eigenformen, n = 7900  1/min Mode B (145 Hz)

Mode A (97 Hz)

10.6 Rotordynamik

785

Die Wellenschwingungen einer mehrstufigen Pumpe verlaufen im Allgemeinen nicht in einer Ebene, wie bei einem einfachen Balken auf zwei Abstützungen. Zu jeder Eigenform gehört wiederum eine bestimmte Dämpfung. Da die Dämpfung der Schwinggeschwindigkeit proportional ist, gilt Folgendes: Liegt eine Lagerstelle oder ein Dichtspalt in einem Schwingungsbauch, erhöht dies Element die Dämpfung; liegt es nahe einem Schwingungsknoten, trägt es nicht zur Dämpfung bei. Destabilisierende Elemente sind andererseits in einem Knoten am wenigsten und in einem Schwingungsbauch am stärksten schädlich. Diese Zusammenhänge gilt es bei der Optimierung der Rotorkonstruktion zu beachten, um die Dämpfung zu maximieren. Erfahrungsgemäß vergrößern sich die Dichtspaltweiten im Betrieb langsam infolge Verschleiß, sodass ihre versteifende und dämpfende Wirkung abnimmt. Dieser Sachverhalt ist bei der Auslegung der Pumpe zu berücksichtigen, indem man eine maximal zulässige Spaltweite (häufig doppeltes Neuspiel) definiert und die Analyse, wie in Abb. 10.17, für Neu- und Maximalspiel durchführt. Dabei stellt sich oft heraus, dass bei erweitertem Spiel kritische Drehzahlen in den Betriebsbereich fallen. Dies ist zulässig, solange die Dämpfung genügend hoch ist, da dann eine Resonanz im Betrieb kaum messbar ist – ganz im Gegensatz zu den Verhältnissen bei Turbokompressoren, die wegen fehlender Dämpfung in den Dichtspalten nicht bei einer kritischen Drehzahl betrieben werden können. Die Erfahrung zeigt, dass bei D >0,2 ein Betrieb auf oder nahe der kritischen Drehzahl vollkommen akzeptabel ist; bei maximaler Spielerweiterung und maximaler Betriebsdrehzahl soll D >0,05 eingehalten werden, um Rotorinstabilitäten zu vermeiden [13]. Registriert man die Amplituden von Wellenschwingungen als Funktion der Drehzahl, so lässt sich die Rotordämpfung aus dem Verlauf der Amplituden und des Phasenwinkels recht gut qualitativ beurteilen: Bei starker Dämpfung steigen die Amplituden als Funktion der Drehzahl mit Exponenten, die kleiner als zwei sind, oder sie wachsen im Extremfall überhaupt nicht, wie in Abb. 10.15 beim Versuch mit Drallbremse. Bei schwacher Dämpfung hingegen wachsen die Amplituden (im unterkritischen Bereich) quadratisch mit der Drehzahl oder in Resonanznähe mit Exponenten von über zwei. Neben der Betrachtung der gedämpften Eigenwerte anhand eines ­ CampbellDiagramms erfolgt die rotordynamische Analyse mittels Berechnung der erzwungenen Wellenschwingungen. Dabei werden drehfrequente Erregerkräfte aufgebracht und man beurteilt die berechneten Amplituden im Vergleich zu zulässigen Werten oder definiert Faktoren, die die Empfindlichkeit der Maschine gegenüber Unwuchterregung quantifizieren. Die Empfindlichkeitsfaktoren sind anhand ausgeführter Pumpen mit bekanntem Betriebsverhalten zu kalibrieren [13]. Zusammenfassend ergeben sich folgende Parameter, die einen Einfluss auf die Rotordynamik haben und bei einer vollständigen Analyse zu berücksichtigen sind: • Rotorgeometrie: Lagerabstand, Wellendurchmesser, Massenverteilung, insbesondere überhängende Wellenteile (Kupplung, Axiallagerteller)

786

10  Schwingungen und Geräusche

• Radiallager: Lagertyp, relatives Spiel, Belastung: Eigengewicht, Radialschub als Funktion von q*, Breite/Durchmesser, Zähigkeit des Schmierfilms • Axiallager: Masse und Überhang, Belastung (Steifigkeit, Dämpfung), Rückstellmoment gegenüber Biegeschwingung • Kupplung: Typ, Masse und Überhang, Ausrichtfehler • Dichtspalte/Entlastungskolben: Oberflächengeometrie (glatt, Rillen, Waben), Spaltweite, Länge/Durchmesser, Druckdifferenz, Vordrall, Reynolds-Zahlen (in Axial- und Umfangsrichtung), Schrägstellung bei langen Dichtspalten, Leckage durch Radseitenraum • Hydraulische Laufradwechselwirkung: Laufradgeometrie (b2, d2), Winkel zwischen Deckscheibe und Achse, Leckage durch Radseitenraum, Vordrall der in den Radseitenraum einströmenden Leckage.

10.6.6 Rotorinstabilitäten Selbsterregte Schwingungen (Rotorinstabilitäten) können durch radiale Gleitlager, Dichtspalte oder durch die hydraulische Laufradwechselwirkung hervorgerufen werden. Solche Instabilitäten entstehen dadurch, dass der schwingende Körper – Lagerzapfen, Dichtspalt oder Laufrad – eine Druckverteilung erzeugt, die den Schwingungsorbit in seiner Bewegungsrichtung antreibt, und dass diese antreibende Kraft größer als die der Orbitbewegung entgegengerichtete Dämpfungskraft ist. Zwei Effekte wirken zusammen, um eine derartige Druckverteilung zu erzeugen: die Verdrängerwirkung der Orbitbewegung und ein Gleitlagereffekt, der durch Fluidtransport in der Grenzschicht der rotierenden Welle erzeugt wird. Rotorinstabilitäten können durch alle Mechanismen verursacht werden, die eine Orbitbewegung in Drehrichtung bewirken [31]: 1. Turbulente Strömung in Spaltdichtungen am Laufrad und Entlastungskolben 2. Die laminare Strömung in einem Gleitlager ergibt für das Verhältnis Schwingfrequenz zu Drehfrequenz Ω/ω = 0,45 bis 0,48 3. Hydraulische Laufradwechselwirkung 4. Erregerkräfte bei offenen Laufrädern (Alford-Effekt) 5. Innere Reibung im Rotor, z. B. durch Bewegung in Schrumpfsitzen d. h. Schrumpfsitz zu lang und/oder zu schwach: Ω/ω = 0,2 bis 1,0 6. Flüssigkeitsansammlung im Rotor: Ω/ω = 0,5 bis 1,0, z. B. in Hohlwelle oder in Kupplung Da sich die Mechanismen 5 und 6 durch konstruktive Maßnahmen leicht vermeiden lassen, haben nur die Effekte 1 bis 3 im Pumpenbau Bedeutung. Allen drei ist gemeinsam, dass die Strömung um das schwingende Bauteil eine Tangentialkraft erzeugt, die in Drehrichtung wirkt und der Dämpfungskraft entgegengerichtet ist. Die Dämpfung steigt dabei mit Ω/ω, sodass Instabilitäten unterhalb einer bestimmten Orbitgrenzfrequenz auftreten.

10.6 Rotordynamik

787

Charakteristisch für die häufigsten Instabilitäten ist, dass der Rotor mit seiner niedrigsten Eigenfrequenz unterhalb der Betriebsdrehzahl der Welle schwingt. Es handelt sich also meist um eine subsynchrone Schwingung. Steigert man die Drehzahl nach Auftreten einer Instabilität, bleibt die Frequenz der Schwingung annähernd konstant, aber die Amplitude steigt scharf und wird nur durch nichtlineare Effekte wie Anstreifen des Rotors begrenzt. Die Abb. 10.19 zeigt das beschriebene Verhalten sehr deutlich: Die Wellenschwingungen einer mehrstufigen Pumpe wurden beim Hochlauf von 1500 bis 5500 1/ min aufgezeichnet (die Pumpe lief in Luft; auf der Ordinate sind doppelte ­Scheitelwerte

Abb. 10.19   Rotorinstabilität einer mehrstufigen Pumpe gemessen beim Hochlauf

788

10  Schwingungen und Geräusche

in μm aufgetragen). Die obere Graphik nennt man Bode-Diagramm. Im Spektrum (oberes Bild) erkennt man eine Eigenfrequenz des Rotors bei 35 Hz. Das Kaskadendiagramm (unteres Bild) zeigt die unwuchterregte synchrone Schwingung, die mit der Drehzahl steigt. Bei etwa 5000 1/min erscheinen plötzlich subsynchrone Schwingungsspitzen, die scharf ansteigen. Hierbei handelt es sich eindeutig um eine Rotorinstabilität, die bei der Eigenfrequenz von 35 Hz verharrt, obwohl die Drehzahl weiter anstieg. Es wurden aber auch vereinzelt übersynchrone Instabilitäten beobachtet, die dadurch verursacht sein müssen, dass Fluid mit Umfangsgeschwindigkeiten cu > ωR in Spalte eintrat. Als Abhilfe bieten sich dann Drallbremsen an. Zwei Fälle von supersynchroner Rotorinstabilität wurden in [129] beschrieben. Fall 1: Eine zweistufige Pumpe, nq = 11, mit gegenläufig angeordneten halboffenen Laufrädern (Pumpe ähnlich wie Abb. 9.19) zeigte Rotorinstabilität bei 1,34×fn, wenn die Wellenhülse am Mittelkolben mit Nuten am rotierenden Teil versehen war (die Oberfläche der Statorbuchse war glatt). Man beachte, dass bei glattem Rotor und Stator keine Instabilitäten zu beobachten waren. Die Instabilität trat bei Teil- und Überlast auf – aber nicht nahe am Bestpunkt. Die Nuten auf dem Rotor (Tiefe 1,3 mm, Breite 1,6 mm, Land 1,6 mm) erzeugten eine hohe Koppelsteifigkeit sowie negative Dämpfung, weil die Rotation des Mediums im Spalt wegen Reibung auf der durch die Nuten vergrößerten Rotoroberfläche zunimmt. Zudem ist der Vordrall cu,in/(ωR) am Eintritt zur Mittelbuchse hoch, weil das Verhältnis d2/dsp bei nq = 11 groß ist; dies ergibt sich aus der Integration des Radseitenraums nach Abschn. 9.1. Die Instabilität verschwand, wenn am Mittelkolben eine glatte Wellenbüchse eingebaut wurde. Durch Rückenschaufeln auf der Tragscheibe des Laufrads ließ sich die Instabilität ebenfalls beseitigen, weil die Strömung im Radseitenraum dann die Form eines erzwungenen Wirbels mit kleinem cu,in am Mittelkolben annimmt. Bemerkenswert: Die in der Mittelkolbenspülleitung gemessenen Druckpulsationen zeigten den genau gleichen Typ von Instabilität wie der Rotor: Die Druckpulsationen wurden also durch hohe Rotoramplituden bei Teillast verursacht – und nicht umgekehrt wie das meist zu vermuten steht. Fall 2: Supersynchrone Schwingungen traten an großen Abwasserpumpen mit nq = 86 auf. Diese Instabilität wurde durch die hydraulische Laufradwechselwirkung an der langen, nahezu zylindrischen Laufraddeckscheibe hervorgerufen; das Laufrad hatte eine ähnliche Form wie in Abb. 7.21. Je nach Fördergrad und Drehzahl traten verschiedene Instabilitäten mit vorwärts- und rückwärtsgerichteten Rotororbits auf. Drei identische Pumpen in identischen Systemen verhielten sich stark unterschiedlich: dies zeigt, wie empfindlich ein instabiler Rotor auf undefinierbare Toleranzen und Strömungsformen im Radseitenraum reagieren kann. Während Rückwärtsorbits häufig durch Rotoranstreifen verursacht werden, war dies hier nicht der Fall. Der Rückwärtsorbits könnte vielmehr durch Rückströmung aus dem Spiralgehäuse ausgelöst worden sein. Da eine Pumpe mit nq = 86 sehr große Spiralquerschnitte aufweist, kann Rückströmung unschwer in den Radseitenraum gelangen und so den Rückwärtsorbit auslösen. Im Radseitenraum gemessene Druckpulsationen traten im

10.6 Rotordynamik

789

Gleichtakt mit den Rotorschwingungen auf. Die Druckpulsationen waren offensichtlich durch Rotorbewegungen verursacht (und nicht umgekehrt!). Die Schwingungen konnten eliminiert werden durch Luftinjektion in den Radseitenraum, Rückenschaufeln auf der Laufraddeckscheibe oder kleine Rippen („spoilers“) im Gehäuse. Durch all diese Maßnahmen ließen sich die unstabilen Strömungsvorgänge im Radseitenraum aufbrechen. Die instationären, dreidimensionalen Strömungsvorgänge im Spalt, die zur Lagerinstabilität führen, sind schwer anschaulich zu machen; sie seien vereinfacht anhand von Abb. 10.20 erläutert: Das Fluid zirkuliert im Spalt etwa mit der halben Umfangsgeschwindigkeit des Lagerzapfens. Zur Zirkulation tragen sowohl die Wandschubspannung als auch eine Verdrängerwirkung bei, die durch die Orbitbewegung e×Ω verursacht wird. Die Druckverteilung im Spalt ist nicht symmetrisch zur Auslenkung, sondern sie hat ihr Maximum vor der engsten Stelle des Spalts (Gleitlagertheorie). Aus der Druckverteilung im Spalt resultiert somit nicht nur eine der Auslenkung e entgegengerichtete Kraft FB,r, sondern auch eine Tangentialkraft FB,t in Drehrichtung. Wird diese größer als die Dämpfung, verkleinert die durch die Orbitbewegung verursachte Zentrifugalkraft Fz den Spalt weiter: Damit kommt es zu einer selbsterregten Schwingung, d. h. zur Instabilität. Hierfür gibt es drei Gründe: 1) Die antreibende Tangentialkraft wächst mit der mittleren Umfangsgeschwindigkeit des Fluids cu im Spalt; 2) ein instabiler Rotor schwingt mit seiner Eigenfrequenz; 3) die mittlere Tangentialgeschwindigkeit entspricht etwa der halben Umfangsgeschwindigkeit des Rotors. Anders ausgedrückt: Instabilität tritt in einem Lager oder Dichtspalt auf, wenn die Tangentialgeschwindigkeit cu im Spalt gleich der Umfangsgeschwindigkeit des Rotors bei seiner niedrigsten Eigenfrequenz ωE ist, d. h. wenn cu  = r  × ωE ist. Wie in Abschn. 10.6.2 ausgeführt, ist die Reduktion der mittleren Umfangsgeschwindigkeit im Spalt durch Drallbremsen am Eintritt des Spalts oder durch raue Oberflächen eine wichtige Maßnahme, um die Stabilität zu erhöhen. Durch Erhöhung Abb. 10.20   Zum Mechanismus der Instabilität. W Wellenzentrum; FB Kraft infolge hydrodynamischer Lagerwirkung, B Bohrungszentrum; FZ Zentrifugalkraft infolge Orbitbewegung; e Exzentrizität; Ω Winkelgeschwindigkeit des Schwingungsorbits; ω Winkelgeschwindigkeit der Welle

FB,t FB FB,r

W B

ω FZ e



790

10  Schwingungen und Geräusche

der Eigenfrequenz lässt sich der stabile Betriebsbereich ebenfalls erweitern, da das Verhältnis Betriebsdrehzahl/Eigenfrequenz für die Stabilitätsgrenze maßgebend ist.

Die Mechanismen der Instabilitäten in der Spaltströmung und im Radseitenraum (ein erheblicher Effekt der hydraulischen Laufradwechselwirkung) kann man sich qualitativ ähnlich vorstellen wie für das Lager beschrieben, obwohl die Strömung hier meist voll turbulent ist. Die Unterschiede zwischen erzwungenen Schwingungen und Rotorinstabilitäten sind in Tafel 10.5 nochmals herausgearbeitet.

10.7 Hydraulische Schwingungsanregung 10.7.1 Wechselwirkung zwischen Laufrad- und Statorströmung Geschwindigkeitsänderung über die Schaufelteilung  Die nach Betrag und Richtung instationäre Abströmung des Laufrads (Abb. 10.5) erzeugt ein Druckfeld, das mit der Frequenz zLan/60 umläuft. Die zeitlich veränderliche Anströmung der Leitvorrichtung induziert ihrerseits komplexe Druckfelder im Stator. Beide Druckfelder bewegen sich

10.7  Hydraulische Schwingungsanregung

791

relativ zueinander; sie enthalten die Laufradperiodizität p2 = ν2zLa und die Leitradperiodizität p3 = ν3zLe. Im raumfesten Bezugssystem rotiert das Druckfeld mit p2fn, Gehäuse und Lager erfahren also Erregerkräfte mit dieser Frequenz. Im drehenden Bezugssystem bewegt sich das Druckfeld mit p3fn, Laufräder und Rotor werden mit dieser Frequenz erregt. Zur Illustration seien die Messungen in [53] gemäß Abb. 10.21 herangezogen: In Abb. 10.21a sind die im Spiralgehäuse (also im Absolutsystem) gemessenen zeitlichen Druckverläufe über eine Laufradumdrehung dargestellt; das siebenschauflige Laufrad ergibt eine deutliche Periodizität der Druckschwankungen, die nur langsam mit zunehmendem Abstand vom Laufradaustritt abnehmen. Der Druckverlauf im Relativsystem wurde von einem im Laufrad montierten Geber über zwei Umdrehungen aufgenommen (Abb. 10.21b). Da die Pumpe eine Doppelspirale hatte, weist das im Relativsystem gemessene Druckfeld die Grundperiodizität 2 auf. Die Interferenz der Druckfelder von Laufrad und Leitrad lässt sich zwar nicht exakt berechnen, sie hat aber eine große Bedeutung für die Auswahl geeigneter Kombinationen von Lauf- und Leitschaufelzahl, [10, 17, 27, 29]. Ohne die komplizierte Struktur der Druckfelder in Lauf- und Leitrad im Einzelnen zu kennen, kann man für beide Felder je eine Fourier-Reihe ansetzen und das resultierende Druckfeld als Produkt beider Reihen ermitteln, s. Gl. 10.12b, in der ϕ2 und ϕ3 die Winkelkoordinaten von Rotor und Stator bezeichnen.

p2 =

∞  ν2 =1

a2,ν cos ν2 zLa ϕ2

p3 =

∞ 

a3,ν cos ν3 zLe ϕ3

(10.12b)

ν3 =1

Das so entstandene neue Druckfeld enthält zwei Periodizitäten, die der Differenz p2 − p3 und der Summe p2 + p3 entsprechen.

Abb. 10.21   Instationäre Druckverläufe. a Mit dem Laufrad umlaufend, gemessen im Absolutsystem bei q* = 1, b gemessen im Relativsystem bei q* = 0,7 [53]

792

10  Schwingungen und Geräusche

In einer Einfachspirale (zLe = 1) bewegt sich das Laufrad durch einen Druckzyklus pro Umdrehung. Dies trifft aber ebenso zu, wenn die Rotationssymmetrie des Druckfelds im Stator auf irgendeine andere Weise zerstört wird, – z. B. dadurch, dass die Strömung in einem Leitradkanal abgelöst ist, wie unten besprochen. Bei Leitradpumpen hat die Summe p2 + p3 in den meisten Fällen keine praktische Relevanz, weil die zugehörigen Frequenzen hoch (und damit energiearm) sind. Hingegen kann Lärm bei hohen Frequenzen entsprechend p2 + p3 auftreten, wenn die Druckpulsationen durch Phasenresonanz verstärkt werden, wenn Gehäuse und Leitungen im fraglichen Frequenzbereich zu starker Lärmabstrahlung neigen oder wenn die hydraulischen Erregerkräfte hoch sind – z. B. kleiner Abstand zwischen Laufrad und Leitrad oder pulsierende Laufradabströmung. Von höchster Relevanz ist die Differenz:

m = |p2 − p3 | = |ν2 × zLa − ν3 × zLe |

(10.13)

für die Auswahl geeigneter Lauf- und Leitschaufelzahlen. Drei Bedingungen haben große praktische Bedeutung: Bedingung m  = 0  Lauf- und Leitschaufelzahl weisen gemeinsame ganzzahlige Multiplikatoren auf; d. h. die Laufschaufeln treten an zwei oder mehr Positionen am Laufradumfang gleichzeitig mit den Leitschaufeln (oder Spiralzungen) in Wechselwirkung. Die Druckpulsationen verstärken sich entsprechend. Dabei wird die Laufradscheibe mit null Durchmesserknoten (wie ein Regenschirm) angeregt, was sich auch in Axialschubschwankungen äußern kann. Torsionsschwingungen können ebenfalls erregt werden. Bedingung m  = 1  Die Schaufelkräfte des Laufrads haben eine Resultierende, die ungleich null ist. Dann werden laterale Schwingungen mit dem Schaufeldrehklang (und höheren Ordnungen) angeregt. Die Laufradscheibe wird mit einem Durchmesserknoten angeregt. Um Schwierigkeiten mit Wellenschwingungen bei ν2 zLa fn zu vermeiden, sollte man m = 1 in der ersten und zweiten Ordnung nie zulassen (möglichst bis zur dritten Ordnung vermeiden). Zahlreiche Schwingungsprobleme in Anlagen wurden durch Schaufelzahlkombinationen verursacht, die zu m = 1 in der zweiten Ordnung führten; insbesondere die Kombinationen 5&9 oder 5&11 (Abb. 10.49), 6&11, 4&5. Bedingung m  ≥ 2  Die Laufradscheiben werden zu Schwingungen angeregt, wenn eine Laufradeigenfrequenz mit der Erregerfrequenz ν3 zLe fn in Resonanz gerät. Dann können Ermüdungsbrüche von Deck- und Tragscheibe entstehen. Da den Schaufeln durch Scheibenschwingungen ebenfalls Verformungen aufgeprägt werden, können auch Schaufelbrüche durch Radscheibenschwingungen beeinflusst werden. Die Zahl m entspricht der Anzahl Durchmesserknoten, mit der das Laufrad erregt wird: bei m = 1 schwingt das Laufrad um einen, bei m = 2 um zwei Durchmesserknoten usw. (Abb. 10.22).

793

10.7  Hydraulische Schwingungsanregung

Abb. 10.22   Laufradschwingungen mit einem oder zwei Durchmesserknoten

Man beachte Laterale Erregerkräfte sind NICHT unbedingt proportional zu Druckpulsationen – obwohl dies mitunter zu beobachten ist. Diese Tatsache folgt aus der Theorie, z. B. [17, 27]; sie wird aber auch durch Versuche in [67, 126] bestätigt. Die Versuche in [126] erfolgten mit einem sechsschaufeligen Laufrad, das mit Leiträdern mit fünf und sechs Schaufeln kombiniert wurde: Bei der Kombination 6–6 (ergibt m = 0) wurden hohe Druckpulsationen und niedrige Radialkräfte gemessen, während bei der Kombination 6–5 (ergibt m = 1) niedrige Druckpulsationen und hohe Radialkräfte gemessen wurden. Dass die lateralen (radialen) Erregerkräfte nicht proportional zu den Druckpulsationen sein müssen, hat zwei Gründe: 1) Radialkräfte ergeben sich aus der Integration der Druckverteilung über dem Laufradumfang: Diese kann nicht mittels eines einzigen Drucksensors erfasst werden. 2) Man betrachte eine Pumpe mit geradzahliger Schaufelkombination (ganzzahligen Vielfachen) in Lauf- und Leitrad. Dann heben sich die Kräfte von gegenüberliegenden Schaufeln aus Symmetriegründen auf; aber die Druckschwankungen addieren sich. Die Beziehung zwischen dem rotierenden (Index 2) und dem stationären Bezugssystem (Index 3) lautet: ϕ3 = ϕ2 – ω×t. Druckknoten m – gegeben durch Gl. 10.13 – rotieren im stationären System mit der Winkelgeschwindigkeit ωS und im rotierenden System mit ωR [107, 122]:

ωS =

ν2 zLa ω m

ωR =

ν3 zLe ω m

(10.13a)

Wenn die Modalform „m“ gemäß Gl. (10.13) positiv ist, rotiert das Druckfeld in derselben Richtung wie das Laufrad; wenn „m“ negativ ist, rotiert es entgegen der Rotordrehung. Die entsprechenden Frequenzen im stationären und rotierenden System sind:

ωS fS = ν2 zLa =m fn ω

ωR fR = ν3 zLe =m fn ω

(10.13b)

Als Anwendungsbeispiel von Gl. 10.13b werden die Moden für die Kombination zLa = 7 mit zLe = 12 in Tab.  10.2 und Abb. 10.22-1 im stationären System dargestellt. Bei Schaufelfrequenz tritt ein rückwärts-drehender Mode mit fünf Durchmesserknoten auf. Bei 2zLafn dreht ein Druckfeld mit zwei Knoten in derselben Richtung wie das Laufrad.

794

10  Schwingungen und Geräusche

Tab. 10.2  Frequenzen rotierender Druckfelder

ν3

ν2

m

Stationäres System ωS/ω

1

1

−5

−1,4

fS/fn 7

Rotierendes System ωR/ωn fR/fn −2,4

12

1

2

2

7,0

14

6,0

12

2

3

−8,0

24

5

−7,0

21

3

−3

−1

−35

35

−36

36

Abb. 10.22-1   Modalformen der Rotor/Stator Druckfelder im stationären System. Y-Achse: Δp* nach Gl. 10.1, ω1 = ωS; ωN = ω; zLa = 7; zLe = 12 [6]

Resonanzbedingung: Um eine Resonanz mit akustischen oder mechanischen Eigenfrequenzen (Laufrad oder Stator) zu erregen, muss eine Drehfrequenz des Druckfeldes ωS oder ωR mit einer Eigenfrequenz zusammenfallen. Eine Anwendung dieser Theorie auf einen folgenschweren Schaden findet sich in [107], wo über Schäden an einer vertikalen Kühlmittelumwälzpumpe von Siedewasserreaktoren berichtet wird. Der Radseitenraum oberhalb der Tragscheibe wurde durch eine Scheibe mit 1000 mm Durchmesser und 25 mm Dicke abgeschlossen. Diese ringförmige Scheibe war an einen inneren Zylinder angeschweißt; es traten Ermüdungsrisse an diesen Schweißnähten auf, sodass die Scheibe zerbrach. Trümmer fielen auf die Tragscheibe, wodurch Abrasion an der Tragscheibe entstand, die zur Zerstörung des Laufrads führte (30 kg Abrieb fanden sich im Reaktorkühlkreislauf). Das Laufrad hatte fünf Schaufeln, das Gehäuse war eine Doppelspirale. Die Ursache für die Brüche an der Scheibe war eine Resonanz zwischen Eigenfrequenzen dieser Scheibe und umlaufenden Druckfeldern, die durch die Rotor-Stator-Wechselwirkung entstehen. Die kritische Eigenform der Scheibe war diejenige mit zwei Durchmesserknoten: m = 2. Im stationären System trat sie in Resonanz mit zwei Druckfeldern zweiter Ordnung (ν2 = 2): bei ν3 = 6 ergab sich m = −2 (rückwärts drehend) und bei ν3 = 4 erhält man m = 2 (vorwärts drehend). Beide Moden drehen bei n = 1344  min−1 mit etwa 224 Hz in entgegengesetzter Richtung. Wenn sich ein vorwärts und ein

10.7  Hydraulische Schwingungsanregung

795

rückwärtsdrehendes Druckfeld mit derselben Eigenform und Frequenz überlagern, entsteht eine stehende Welle. Dies könnte erklären, warum die an der Scheibe gemessenen Spannungen bei m = 2 etwa doppelt so hohe Amplituden hatten wie bei m = 0 und m = 3. Die umlaufenden Druckfelder waren in Resonanz mit einer Eigenfrequenz der Scheibe, die in Luft 353 Hz, in Wasser aber nur 224 Hz betrug. Der Einfluss der Zusatzmasse durch das Wasser κ = 224/353= 0,63 ist somit ähnlich der Schätzung nach Gl. 10.15a. Eine gegebene Eigenform (z. B. m = 2) kann durch viele Kombinationen von ν2 und ν3 erreicht werden. Man muss deshalb die Analyse der Druckfelder und möglicher Resonanzen bis zu genügend hohen Werten von ν2 und ν3 ausdehnen, die sich aus der Situation ergeben. Leider lassen sich die Amplituden der Druckfelder nicht vorausberechnen, sodass sich das Schadenspotenzial nicht quantifizieren lässt. Man wird versuchen, Resonanzen zu vermeiden; das ist aber wegen der hohen Zahl möglicher Eigenformen bei Pumpen mit variabler Drehzahl nicht immer möglich. Zu dem Bruch der Scheibe könnte auch ein zu geringer Abstand zwischen Spiralzunge und Laufrad beigetragen haben, wenn es sich dabei nicht etwa um die Hauptursache handelt. Drehende Druckfelder mit mehreren Durchmesserknoten gemäß Gl. 10.13 wurden in [122] experimentell nachgewiesen; dabei wurden zwei Laufräder mit zLa = 6 und 9 mit 20 Statorschaufeln untersucht. In diesen Versuchen wurden die zeitabhängigen Druckverläufe (Modalformen) durch zehn über den Umfang angeordnete Druckaufnehmer gemessen. Die gemessenen Moden entsprachen denen gemäß Gl. 10.13 erwarteten für m = 2 mit der Frequenz fR/fn = ν2×zLa bei ν2 = 3 und ν3 = 1; Amplituden bei ν2 = 1 und 2 mit ν3 = 0 wurden auch beobachtet. Die durch rotierende Druckfelder erzeugten Gehäusedeformationen wurden mit einer großen Zahl von Beschleunigungsaufnehmern gemessen, die auf dem Deckel der Pumpturbine angebracht waren [123]. Die zeitabhängigen Deformationen entsprachen den Moden gemäß Gl. 10.13. Rotierende Moden (Druck, Schall, Deformationen oder Spannungen) können als Phasendifferenzen über dem Umfang im rotierenden oder stationären System gemessen werden. Druckpulsationen und radiale Erregerkräfte wurden im rotierenden Laufrad in [125] gemessen; das Laufrad (zLa = 6) wurde kombiniert mit zLE = 5, 7 und 11 (man beachte, dass diese Kombinationen in der Praxis nicht verwendet werden sollen). Die gemessenen vorwärts- und rückwärtsdrehenden Moden von Druckpulsationen und Radialkräften entsprachen den Erwartungen nach Gl. 10.13b. Die Wellenorbits drehen im selben Sinn wie die Kräfte; die Drehrichtung in Relativ- und Absolutsystem ist gleich. Doppelflutige Laufräder mit versetzten Schaufeln Doppelflutige Laufräder werden häufig mit einer Mittelrippe ausgeführt, die bis zum Außendurchmesser herausgezogen wird Abb. 7.48, dergestalt dass die Schaufeln beider Laufradseiten gegeneinander versetzt angeordnet werden können (Skizze in Tafel 10.2). Sofern richtig ausgeführt, lassen sich Druckpulsationen und hydraulische Erregerkräfte bei Schaufelfrequenz (tendenziell) durch den Schaufelversatz reduzieren. Diese Maßnahme ist primär für Hochdruckpumpen von Interesse, die mit Doppelspiralen gebaut werden. Wenn der

796

10  Schwingungen und Geräusche

Umschlingungswinkel der Doppelspirale εsp = 180° ist, würde ein Schaufelversatz mit der halben Teilung t2/2 eine Kombination ergeben, bei der zwei Schaufeln gleichzeitig an den gegenüber liegenden Spiralzungen vorbeilaufen. Die Druckpulsationen würden somit verstärkt. Um diese Situation zu vermeiden, kann der Versatzwinkel δst nach den folgenden Kriterien gewählt werden: • Doppelspiralen mit Umschlingungswinkel εsp = 180°: δst = ¼ 360/zLa; i.e. δst = 13° für sieben Schaufeln und δst = 18° für fünf Schaufeln. • Doppelspiralen mit Umschlingungswinkel εsp = 165°: δst = ½ 360/zLa kann für alle Schaufelzahlen gewählt werden. • Ein sechsschaufliges Laufrad sollte nicht mit εsp = 180° kombiniert werden; stattdessen wäre εsp = 165° auszuführen. • Bei Einfachspiralen ist ein Versatz mit der halben Teilung δst = ½ 360/zLa günstig. Bei Laufrädern mit versetzten Schaufeln können die dominierenden Amplituden von Druckpulsationen und Erregerkräften bei 2 × zLa × fn (anstatt bei zLa × fn) auftreten – allerdings würde man kleinere Amplituden als bei nichtversetzten Schaufeln erwarten, da die Pulse nur die Breite b2 statt 2 × b2 haben (b2 ist definiert als die Austrittsbreite pro Laufradseite). Der Schaufelversatz verändert die Strömungsverteilung am Laufradaustritt, die von q* abhängt. Der optimale Versatz hängt somit von der unbekannten und betriebspunktabhängigen Strömungsverteilung ab. Ein Schaufelversatz erzielt daher nicht unbedingt die erhoffte Wirkung. Versuche mit verschiedenen Versatzwinkeln finden sich in [147]; Pumpe mit Einfachspirale nq = 37; zLa = 6. Die Druckpulsationen reduzierten sich durch einen Versatz von δst = 24° oder 36° um etwa 50 %. Bei Versatzwinkel nahe bei einer halben Teilung wurde eine Förderhöhenreduktion von 3 % gemessen (kaum zu verallgemeinern). Der Wirkungsgrad war aber nicht beeinflusst; die veränderte Abströmung hätte demnach den Abströmbeiwert verringert. Die Druckpulsationen im Eintrittsgehäuse wurden durch den Versatz nicht verändert. Während die Amplituden bei Schaufelfrequenz durch den Versatz abnehmen, können Breitbandeffekte infolge Ausmischung der Strömung am Laufradautritt zunehmen. Strömungsänderungen über dem Laufradumfang  Wie in Abschn. 1.4.1 besprochen, wird die Druckverteilung in einer Kreiselpumpe einzig durch die Geschwindigkeitsverteilung bestimmt. Im Absolutsystem sind die Stromlinien gekrümmt und der Druck stellt sich örtlich so ein, dass er den aus der Stromlinienkrümmung resultierenden Zentrifugalkräften das Gleichgewicht hält (Gl. 1.26). Wenn also in der Spirale variable Drücke über den Laufradumfang gemessen werden, so hängt die Strömung um die Laufschaufeln notwendigerweise von der momentanen Umfangsposition der Schaufeln ab. Die Schaufelkräfte ändern sich somit über dem Umfang; ihre Resultierende ergibt die von den Schaufeln erzeugte Radialkraft. Die bloße Tatsache, dass überhaupt eine Radialkraft auf

10.7  Hydraulische Schwingungsanregung 1.3

797

210° Mittelwert

1.2 1.1

30° 330°

30°

frei ausblasend q* = 0.25



q* = 0.5 q* = 0.75

ψtot

1.0

q* = 1.0

0.9

q* = 1.25

210°

q* = 1.5 q* = 1.63

0.8



0.7 0.6 0.5 -1.0

330° -0.5

0.0

0.5

1.0

1.5

2.0

2.5

3.0

q*

3.5

Abb. 10.23   Transiente Fördercharakteristiken eines individuellen Laufradkanals während einer Umdrehung um 360° in einer Einfachspirale (nach [63])

das Laufrad einwirkt, lässt den Schluss zu, dass die Laufradkanäle in jeder Umfangsposition an einem anderen Betriebspunkt arbeiten müssen. Der experimentelle Beweis dieser Schlussfolgerung wurde in [64, 63] geliefert: Bei einer Spiralgehäusepumpe (nq = 26) wurden die örtlichen Volumenströme und Totaldrücke über eine Schaufelteilung an zwölf Umfangspositionen bestimmt. Der Durchsatz wurde dabei mittels Hitzdrahtanemometrie bestimmt, wobei die radiale Abströmgeschwindigkeit über eine Schaufelteilung gemessen wurde (bei den Versuchen wurde Luft als Fördermedium verwendet). Die Druckzahl ψtot wurde mit einer Totaldrucksonde gemessen und das Messsignal über eine Teilung integriert4. Die Ergebnisse sind in Abb. 10.23 dargestellt; q* entspricht dem örtlichen Fördervolumen durch einen Laufradkanal dividiert durch den nominalen Durchfluss pro Kanal im Bestpunkt (Qopt/zLa). Jede der geschlossenen Kurven in Abb. 10.23 stellt die ­ Druck-Durchfluss-Charakteristik eines einzelnen Laufradkanals während einer Umdrehung um 360° bei einem gegebenen mittleren Förderstrom im Druckstutzen dar (z. B. bei q*tot = 0,75). Zusätzlich zu den Charakteristiken eines einzelnen Laufradkanals zeigt Abb. 10.23 die mittlere gemessene Fördercharakteristik zwischen Saug- und Druckstutzen und auch die ψtot-q*-Kurve des Laufrads bei freier Abströmung ohne Gehäuse in die Atmosphäre.

4Die

Definition des Totaldrucks ψtot entspricht Gl. 8.9.

798

10  Schwingungen und Geräusche

Die in der Grafik angegebenen Winkel zeigen die Position des Laufradkanals im Verhältnis zur Spiralzunge; diese befindet sich bei ε = 0°. Beim Betrachten der gemessenen minimalen und maximalen Volumenströme stellt man fest: • Wenn die Pumpe bei q*tot = 0,25 (Messwert am Druckstutzen) mit einer mittleren Druckzahl von ψtot = 1,2 arbeitet, ändert sich der Volumenstrom eines individuellen Laufradkanals zwischen den Extremwerten von q*  = −0,7 (Rückströmung) und q* = 1,1 (Vorwärtsströmung) mit Förderhöhen von ψ = 1,13 bis 1,25. Der statische Wanddruck in der Spirale (in Abb. 9.27) variiert zwischen den Extremen ψstat = 0,42 und 1,1. Die stärkste Rückströmung erfolgt bei etwa 330°, wo der statische Druck in der Spirale seinen höchsten Wert hat (Abb. 9.27). • Wenn die Pumpe bei q*tot = 1,63 (Messwert am Druckstutzen) mit einer mittleren Druckzahl von ψtot = 0,91 arbeitet, schwankt der Volumenstrom in einem einzelnen Laufradkanal zwischen den Extremwerten q* = 1,1 bis q* = 2,9 mit Förderhöhen von ψ = 0,6 bis 1,1. Der statische Wanddruck in der Spirale bewegt sich zwischen den Extremen ψstat = 0,23 und 0,94 (Abb. 9.27). Die stärkste Vorwärtsströmung stellt sich bei ungefähr 340° ein, wo der statische Druck in der Spirale sein Minimum erreicht (Abb. 9.27). • Im Bestpunkt ändern sich Fördervolumen und Förderhöhe über den Umfang nur wenig, weil die Druckverteilung nahezu konstant ist (Abb. 9.27). Den ψ-q*-Kurven der einzelnen Laufradkanäle in Abb. 10.23 überlagern sich noch Druckspitzen (der Übersicht halber nicht dargestellt), die sich mit Schallgeschwindigkeit durch die Spirale bewegen. Sie entstehen bei jedem Durchgang einer jeden Schaufel unter der Spiralzunge. Es handelt sich also um Druckpulsationen bei Schaufeldrehklang im akustischen Fernfeld. Diese interessante Beobachtung lässt (falls bestätigt) vermuten, dass eine Wechselwirkung zwischen akustischen Wellen und der Laufradströmung auftreten kann. Anders gesagt: Der für die Strömung in einem Laufradkanal verantwortliche Gegendruck kann auch durch akustische Wellen aus dem System beeinflusst werden (analog zur stationären Systemkennlinie). Ein momentaner örtlicher Druckanstieg in der Spirale würde also kurzfristig den Förderstrom durch den betroffenen Laufradkanal reduzieren – wenigstens bis zu einer gewissen Frequenz. Ebenso würde ein kurzer örtlicher Druckabfall den Förderstrom durch den Kanal erhöhen. Die anhand von Abb. 10.25 erläuterten Mechanismen sind also auch bei akustischen Druckschwankungen wirksam. Mit steigender Frequenz der Schallwellen hemmt die Trägheit des Fluids im Laufradkanal die Reaktion der Strömung auf die akustische Druckänderung. Man kann die Hypothese aufstellen, dass die Trägheitseffekte zunehmen, wenn die akustische Frequenz fac die Frequenz fT = 1/TT übersteigt. Diese Frequenz ist durch die Verweilzeit TT = Lc/w des Fluids durch den Laufradkanal gegeben. Um die Größenordnung dieser Frequenz fT abzuschätzen, nehme man die Kanallänge an als Lc = (r2 − r1)/sin βav und βav = ½(β1B + β2B). Mit r1 = r2/2 und βav = 30° erhält man Lc = r2; unter Annahme der

10.7  Hydraulische Schwingungsanregung

799

mittleren Relativgeschwindigkeit durch den Kanal zu w = u2/2 = 0,5ω × r2 wird dann die mit der Verweilzeit definierte Frequenz fT = ω/2 oder fT/fn = π. Nach diesem Kriterium würden Schallwellen die Strömung in den Laufradkanälen mindestens bis zur dreifachen Drehfrequenz beeinflussen. Bei den Versuchen in [63] wurde ihr Einfluss sogar noch bei Schaufeldrehklang nachgewiesen, d. h. beim Siebenfachen der Drehfrequenz. Druckpulsationsmessungen im rotierenden Laufrad einer Modellpumpe sind in Abb. 10.24a (oben) dargestellt [14]. Diese Pumpturbine hatte 20 verstellbare und 20 fixe Leitschaufeln, denen ein Spiralgehäuse nachgeschaltet war. Im Spektrum erscheinen dominante Spitzen bei Drehfrequenz und bei f = zLe × fn (analog zu Abb. 10.21b). Im Weiteren sieht man Spitzen bei ν × zLe × fn, deren Amplituden mit wachsendem ν abnehmen. Die Spitzen bei ν = 2 bis 19 werden durch die ungleichförmige Druckverteilung in der Spirale verursacht. Da die Ungleichförmigkeit gemäß Abb. 9.25 mit abnehmendem Förderstrom zunimmt, steigen auch die Druckpulsationen. Dies ist aus Abb. 10.24 ersichtlich, wo die Amplituden für zwei verschiedene Förderströme aufgetragen wurden. Das gleiche Verhalten zeigen Messungen am letzten Laufrad einer mehrstufigen Pumpe, wobei das Leitrad in einen Ringraum förderte [6, 7, 139]. Das Leitrad hatte zwölf Schaufeln, weshalb die höchste Spitze im Spektrum bei f = 12 × fn zu finden ist (Abb. 10.24b, unten). Ein möglicher der Mechanismus für die Ursache der Druckschwankungen ist in Abb. 10.25 skizziert: Die ungleichförmige Druckverteilung im Ringraum (oder in der Spirale) ruft über dem Umfang Änderungen im Volumenstrom durch die einzelnen Laufradkanäle hervor. Diese Durchflussschwankungen erzeugen entsprechende Druckpulsationen. Ähnliche Spektren wie in Abb. 10.24a wurden in Versuchen in [45, 125] gemessen (Abb. 10.24c). Die einstufige Versuchspumpe hatte ein Leitrad (d3/d2 = 1,01) gefolgt von einer Spirale. Die Druckpulsationen wurden wiederum auf der Schaufeldruckseite nahe der Austrittskante gemessen. Die Druckverteilung über dem Umfang der Spirale entsprach dem Verlauf in Abb. 9.27. Als Folge der variablen Gegendrücke in der Spirale variieren die Durchsätze der Laufradkanäle – und daher auch die Druckpulsationen – über dem Umfang: Diese erreichen dort ihr Maximum wo der Gegendruck in der Spirale sein Minimum aufweist. Nahe dem Bestpunkt variieren die Druckpulsationen nur wenig; aber die Unterschiede nehmen zu je weiter sich der Betriebspunkt von Qopt entfernt. Bei q* > 1 findet sich das Druckminimum stromaufwärts der Spiralzunge; dort erreicht der Durchsatz pro Laufradkanal sein Maximum (Abb. 10.23). Messungen an einer einstufigen Spiralgehäusepumpe bestätigen die starke Variation der Druckpulsationen über dem Umfang, [90]: Bei q* = 0,2 fielen die Amplituden von Δp* = 0,05 (bei ε = 30°) auf Δp* = 0,015 bei ε = 270° (ε = 0 an der Zunge). Die ungleichförmige Druckverteilung im Gehäuse – Spirale oder Ringraum – erzeugt Druckspitzen bei den Ordnungen ν = 2fn bis (zLa − 1)fn. Dies zeigen die Messungen in [45], die wie in Abb. 10.21 auf dem rotierenden Laufrad durchgeführt wurden. Bei q* > 1,5 traten die höchsten Druckspitzen auf, wenn eine Schaufel in die Zone tiefsten

800

10  Schwingungen und Geräusche

a

b

p*

c

0.256 0.128 0.064 0.032 0.016 0.008 0.004 0.002 0.001 0

1

2

3

4

5

6

7

8

9 10 11 12

f/fn

Abb. 10.24   Im rotierenden Laufrad gemessene Druckpulsationen, cp = Δpd*, Gl. 10.1. a Pumpturbine (nq = 30) mit Leitrad und Spirale, [14]; b Pumpe mit Leitrad und Ringraum bei q* = 0,8, nq = 22 [6]; c zLe = 11 (schematisch) ähnlich wie [45, 125]

10.7  Hydraulische Schwingungsanregung

Hmax

801

Individuelle Kanäle Hmin

’H

Hmin

Hmax ’Q

Abb. 10.25   Variation des Durchsatzes durch individuelle Laufradkanäle infolge einer ungleichförmigen Druckverteilung über den Umfang in einem Ringgehäuse

Drucks stromaufwärts der Zunge lief. Bei Teillast findet sich die Zone tiefsten Drucks dagegen stromabwärts der Zunge; Abb. 9.25 und 9.27). Über dem Umfang variierende Druckpulsationen erzeugen Seitenbänder mit den Frequenzen νzLefn wie mittels Dehnmessstreifen auf den Radseitenwänden gemessen wurde. Auf diese Weise können Seitenbänder Laufradeigenfrequenzen erregen. Aus zahlreichen Messungen und CFD-Untersuchungen lassen sich einige allgemeine Eigenschaften ableiten (z. B. [6, 7, 45, 53, 90, 125, 130]): • Stellt man Druckpulsationen im Zeitbereich dar, erscheinen die Amplituden der Schaufelfrequenz zLafn bei Teillast (etwa q* < 0,8) als Druckminima, dagegen als Druckspitzen bei Überlast (etwa q* > 1,1 bis 1,2). In Abb. 10.25-1a und b wird dies schematisch dargestellt, während Abb. 10.25-1c den Sachverhalt anhand von Messungen bei verschiedenen q* zeigt. • Zu Abb. 10.25-1: Die Unterschiede im Verlauf der Kurven p(t) bei q* > 1 (Druckspitzen) und q* < 1 (Druckminima) lassen sich wie folgt erklären: Bei q* > 1 ist die Radialgeschwindigkeit c3m hoch und c3u ist niedrig; die Spiralzunge oder Leitschaufel wird folglich mit negativem Anstellwinkel angeströmt. Der Staudruck liegt auf der Saugseite (dies ist die dem Laufrad zugewandte Seite) während auf der Druckseite ein Unterdruck entsteht. Hier kann örtliche Kavitation auftreten, wie in Abb. 5.17, wo bei q* = 1,5 bei jedem Schaufeldurchgang eine instationäre Blase zu beobachten war. Das genau gleiche Phänomen wurde mit einer Hochgeschwindigkeitskamera gefilmt: bei q* = 1,17 entstand bei jedem Schaufeldurchgang eine Kavitationsblase auf der Druckseite der Spiralzunge (d. h. im Eintrittsbereich des Druckstutzens, s. Foto Abb. 6.47). Beim Schaufeldurchgang variierte der Anströmwinkel α3 von etwa 25°bis 75° [148]. Im Gegensatz zum negativen Anstellwinkel bei q* > 1 wird der Anstellwinkel bei

802

10  Schwingungen und Geräusche

a q* = 1.5

p*

1

0 0

b

0.2

0.4

0.6

0.8

t*

1

p*

1 0.5

q* = 0.6

0 0

0.2

0.4

0.6

c

q*

1.2

1.0

0.72

0.8

t*

0.7

1

0.4

Abb. 10.25-1   Druckpulsationen gemessen im Relativsystem auf der Schaufelaustrittskante: a) und b): Pumpe mit sieben Leitschaufeln (schematisch über eine Umdrehung); c) Pumpe mit Doppelspirale  zwei Umdrehungen, [53]. Druckspitzen bei q* > 1 (negative Anstellwinkel) und Druckminima bei q* < 1 (positive Anstellwinkel)

Teillast positiv, sodass der Staudruck auf der Druckseite liegt und auf der Saugseite ein Druckminimum entsteht, das durch einen Druckaufnehmer auf der Schaufelaustrittskante registriert werden kann. Kavitation kann dann auf der Saugseite entstehen, wie die Fotos in Abb. 6.43 und 6.44 bezeugen. • Im Bestpunkt sind die Druckpulsationen unbedeutend; in Abb. 10.25-1c sind die Druckminima bei q* = 1 etwas stärker ausgeprägt als die -maxima, was auf einen leicht positiven Anstellwinkel schließen lässt – wie man für die Bestpunktauslegung erwarten würde. • Bei sehr tiefer Last werden die Strömungsformen infolge Ablösung und Rückströmung zunehmend chaotisch, sodass der Effekt des Anstellwinkelns verwischt werden kann. • Die nahe der Laufschaufelaustrittskante gemessenen Druckpulsationen sind viel höher als die in Abb. 10.9 dargestellten Werte im Druckstutzen (oder Saugstutzen). • Die höchsten Amplituden werden auf der Laufschaufeldruckseite nahe der Austrittskante gemessen, weil hier der Abstand zur Zunge oder zu den Leitschaufel am geringsten ist. Hier sind die Geschwindigkeitsschwankungen naturgemäß am größten. Niedrigere Druckpulsationen werden auf der Saugseite der Schaufelaustrittskanten gemessen.

10.7  Hydraulische Schwingungsanregung

803

• Die Druckspitzen werden schärfer, wenn das Verhältnis d3/d2 abnimmt5. • Innerhalb der Schaufelkanäle sind die Druckpulsationen deutlich tiefer als am Laufradautritt: In Kanalmitte erreichen sie nur etwa die Hälfte und im Bereich des engsten Querschnitts nur etwa ein Viertel bis ein Fünftel der Werte am Austritt. • In den Radseitenräumen sind die Druckpulsationen kleiner als am Laufradaustritt; mit abnehmendem Spalt A wachsen die Unterschiede. Bei Spalt A/r2 = 0,0085 betrugen die Pulsationen im Radseitenraum etwa ein Drittel der Werte am Laufradaustritt [6]. • Im Stator sind die höchsten Druckpulsationen an den Leitschaufeleintrittskanten zu erwarten. • Seitenbänder mit Δf = fn werden durch ungleichförmige Druckverteilung in der Spirale (oder Ringraum) erzeugt. Seitenbänder werden bei f = νzLefn beobachtet; sie haben aber meist deutlich niedrigere Amplituden als die Schaufelfrequenz und werden daher häufig übersehen (weil bedeutungslos; Abb. 10.24). • Jegliche Ungleichförmigkeit im Druckverlauf über dem Umfang moduliert die Schaufelfrequenz. Die ungleichförmige Druckverteilung im Stator kann dabei als Welle der Länge entsprechend 360°(bzw. 180° bei Doppelspiralen) aufgefasst werden (Abb. 9.27). Seitenbänder mit Δf = fn können auch durch rotierende Druckverteilungen erzeugt werden, also durch hydraulische Unwucht (Gusstoleranzen) oder durch eine außermittige Laufradbohrung. Die Abb. 10.25-2 zeigt die Amplituden (null bis Spitze) gemessener Druckpulsationen bei Schaufelfrequenz aus verschiedenen Veröffentlichungen. Einzelheiten zu den verschiedenen Versuchen finden sich in Tab. 10.3. Um Versuche mit verschiedenen d3/d2 vergleichen zu können, wurden alle Daten gemäß Gl. 10.13c auf d3/d2 = 1,06 umgerechnet. Dies gilt auch für die Versuche in [90], die mit d3/d2 = 1,1 durchgeführt wurden (obwohl die Druckaufnehmer sich bei dx/d2 = 1,025 befanden). Diese Art der Normalisierung wurde auch für die Radialkraftbeiwerte in Abb. 10.28-1 vorgenommen.

pRef = ptest



d∗3,test − 1 d∗3,Ref − 1

0.77

und kRef = ktest



d∗3,test − 1 d∗3,Ref − 1

0.77

mit d∗3,Ref = 1,06 (10.13c)

Etwa die Hälfte der Messungen erfolgte an der Laufschaufelaustrittskante (also bei Frequenz zLe*fn) während der Rest der Daten in der Spirale oder dem Leitrad aufgenommen wurde (also bei Frequenz zLa*fn). Die Abb. 10.25-2 soll die allgemeinen Tendenzen und die Größenordnung zeigen. Die im Einzelfall zu erwartenden Druckpulsationen hängen natürlich von der Pumpengeometrie ab sowie von den Methoden zur Messung und Auswertung. 5Die

Versuchsbedingungen in [125] waren allerdings nicht repräsentativ für Hochdruckpumpen, die weder mit d3* = 1,01 auszulegen sind, noch mit Schaufelkombinationen, die zu m = 1 führen, Gl. 10.13. Zudem ist deren Betrieb bei q* > 1,5 meist nicht gefordert.

804

10  Schwingungen und Geräusche

p*Ref, zero-to-peak

0.15 Test 1

Test 3

Test 4

Test 5

Test 8

Test 9

Test 10

Test 11

Test 2

Test 12

0.10

0.05

0.00

0.0

0.5

1.0

1.5

q*

Abb. 10.25-2   Druckpulsationen (einfache Amplitude) bei Schaufelfrequenz nach Versuchen in Tab. 10.3

Tab. 10.3  Versuchsdaten zu Abb. 10.25-2 Stator

System

zLa

zLe

d3/d2

nq

Frequenz

Lit.

Test 1

Spirale

stationär

7

1

1.1

25

zLa*fn

90

Test 2

Leitrad

rotierend

7

12

1.058

22

zLe*fn

7

Test 3

Leitrad

rotierend

7

12

1.058

22

zLe*fn

6

Test 4

Leitrad

stationär

7

12

1.058

22

zLa*fn

6

Test 5

Le+Sp

rotierend

6

5

1.011

zLe*fn

125

Test 6

Le+Sp

rotierend

6

7

1.011

zLe*fn

125

Test 7

Le+Sp

rotierend

6

11

1.011

zLe*fn

125

Test 8

Leitrad

stationär

1.058

zLa*fn

67

Test 9

Leitrad

stationär

1.028

zLa*fn

67

Test 10

Leitrad

stationär

1.044

zLa*fn

67

Test 11

Leitrad

stationär

7

zLa*fn

67

Test 12

Le+Sp

rotierend

9

zLe*fn

14

20

1.095

Die Daten in Abb. 10.25-2 lassen sich mit den Messungen in Abb. 10.4, 10.21, 10.24, 10.26, 10.27 und 10.28 vergleichen, wobei aber die Einflüsse von q* und zu beachten wären. Strömungsablösungen im Leitrad: Die Rotor-Stator-Wechselwirkung steigt, wenn die Laufradabströmung ungleichförmiger wird. Daher steigen sowohl die Druckpulsationen

10.7  Hydraulische Schwingungsanregung

805

Abb. 10.26   Im rotierenden Laufrad gemessene Druckverläufe, zLe = 12, q* = 0,9, nq =  22; links: n = 3000 1/min; rechts: n = 5000 1/min [6]

(Abb. 10.9) als auch die Erregerkräfte (Abb. 10.39, 10.40 und 10.41) bei Teillast stark an. Dies trifft ebenfalls zu, wenn die Strömung in einem oder mehreren Leitradkanälen abreißt, wie das bei alternierenden oder rotierenden Ablösungen der Fall ist. Messungen in [6, 7] demonstrieren deutlich die Wirkung von Ablösungen in Leitradkanälen auf die Druckpulsationen – und die Wechselspannungen im Laufrad. Hierzu zeigt Abb. 10.26 den im rotierenden Laufrad über eine Umdrehung gemessenen Druck nahe an den Laufschaufelaustrittskanten, während Abb. 10.27 den im engsten Leitradquerschnitt über 300 Umdrehungen gemessenen Druck darstellt. Im linken Teil von Abb. 10.26 ist die Strömung in einem Leitradkanal abgerissen, was dazu führt, dass die doppelte Schwingweite in einem der zwölf Zyklen etwa um den Faktor zwei gegenüber den ungestörten Kanälen steigt. Im rechten Teil von Abb. 10.26 ist die Strömung in zwei Leitradkanälen abgelöst; man erkennt folglich zwei Spitzen, die etwa doppelt so hoch sind wie in den übrigen Kanälen mit nichtabgelöster Strömung. Der Druck am Eintritt der abgelösten Kanäle steigt. Die Druckdifferenz über den Kanal und der Fluidstrom sinken entsprechend: Der Kanal ist teilweise oder gänzlich blockiert. Die Förderung durch den Laufradkanal, der sich durch den Bereich des abgelösten Leitradkanals bewegt, reduziert sich ebenfalls, wie aus Abb. 10.23 und 10.25 deutlich wird. Das durch den versperrten Leitradkanal verdrängte Fluid verschiebt sich zu benachbarten Kanälen, wo die Geschwindigkeit entsprechend der Kontinuitätsbedingung steigt. Infolgedessen sinkt der örtliche Druck am Eintritt zu den Kanälen mit vergrößertem Durchfluss. Wie in Abb. 10.5 gezeigt, ändert sich auch der Anströmwinkel der Leitschaufeln, wodurch Unterdruckspitzen erzeugt werden, wie sie in Abb. 10.4 und 10.27 stark hervortreten. Auch in Abb. 10.4 zeigt sich, dass ein Minimum des momentanen Drucks mit einem Maximum der Geschwindigkeit zusammenfällt, und umgekehrt (vgl. Kurven für p2 und cA1). Gemäß Strömungsbeobachtungen mit Fadensonden ändern sich die Strömungsformen und Ablösungen als Funktion der Zeit (s. auch Versuch in Abb. 5.17) und von Kanal zu Kanal. Die Abb. 10.261 zeigt zwei momentane Strömungsbilder: Im linken Foto ist die Strömung anliegend und vorwärts, während das Fluid im rechten Foto (das zeitlich unmittelbar nach dem linken Foto folgt) stagniert.

806

10  Schwingungen und Geräusche

Abb. 10.26-1   Fadensonden im Leitradkanal zeigen instationäre oder wechselnde Ablösungen in benachbarten Kanälen [138]

Entsprechend der Anzahl abgelöster Leitradkanäle zs erscheinen im Druckpulsationsspektrum im rotierenden System zusätzliche Spitzen bei der Frequenz f = zs (fn − fRS): Jedesmal wenn eine Laufschaufel an einer Störung (einem abgelösten Leitradkanal) vorbeiläuft, entsteht ein Druckpuls. Wenn die Druckpulsationen an irgendeiner Stelle im Stator gemessen werden, treten Spitzen bei der Frequenz f = zsfRS auf, wenn zs Ablösungen umlaufen. Die Abb. 10.27 zeigt Druckmessungen im engsten Leitradquerschnitt aufgezeichnet über 300 Umdrehungen. Die Drücke im engsten Querschnitt, am Leitradaustritt und in der Mitte dazwischen sind als Funktion der dimensionslosen Zeit in Abb. 10.28 aufgetragen6. Diese Abbildungen zeigen: • Im Bereich A in Abb. 10.27, bis zu t* = 30 und oberhalb t* = 90 in Abb.  10.28 verläuft die Strömung relativ ungestört. • Bei der Druckspitze (im Bereich C in Abb. 10.27 bzw. in Abb. 10.28 bei t* = 70) ist die Strömung im Leitradkanal abgelöst, und es ist praktisch kein Durchfluss vorhanden (der Kanal ist blockiert). Dies erkennt man daran, dass die Druckdifferenz zwischen Kanalmitte und -austritt null ist. • Der niedrigste Druck (Bereich B in Abb. 10.27 und t* = 45 in Abb.  10.28) ist an dem Kanal zu beobachten, an dem der größte Durchsatz auftritt, denn bei hohem Volumenstrom wird der Druckrückgewinn im Diffusor am größten. • Da der Druck am Leitradaustritt durch den Druck im Ringraum aufgeprägt wird, ist der Druck dort im wesentlichen konstant; schon in der Kanalmitte sind die

6Die

dimensionslose Zeit ist definiert als t* = t × fn.

807

10.7  Hydraulische Schwingungsanregung

Abb. 10.27   Im engsten Leitradquerschnitt gemessene Druckverläufe, zLa = 7, q* = 0,8, nq = 22 [6]

1.2

∆p*

1.1 1.0 0.9 0.8

diffuser throat

0

50

mid-channel

100

outlet

t fn [-]

150

Abb. 10.28   Instationäre Drücke im Leitrad beim Durchlauf einer langsam rotierenden Ablösung, q* = 0,8; nq = 22 [6]

Druckschwankungen nur einen Bruchteil so stark wie am Leitradeintritt. Diese Beobachtungen stimmen gut mit den Versuchsergebnissen in Abb. 10.4 überein. • Es ist bedeutsam festzuhalten, dass diese Versuche an einer einstufigen Pumpe durchgeführt wurden, deren Diffusor in einen Ringraum förderte. In Hochdruckpumpen dieses Typs ist der Ringraum sehr eng. Infolgedessen ändert sich die Druckverteilung über den Umfang deutlich. Wie im Zusammenhang mit Abb. 10.23 besprochen, ändert sich der Volumenstrom durch die einzelnen Laufradkanäle über dem Umfang entsprechend dem örtlichen Gegendruck am Leitradeintritt. Diese Förderschwankungen verstärken die Strömungsinstabilitäten und somit die Laufradspannungen. Die Beobachtung, dass Laufradermüdungsbrüche in der letzten Stufe wahrscheinlicher

808

10  Schwingungen und Geräusche

sind als in den übrigen Stufen, wäre somit durch den Einfluss der ungleichmäßigen Druckverteilung im Ringgehäuse auf den momentanen Durchfluss in den Laufradkanälen und die dadurch verstärkten instationären Strömungsphänomene zu erklären. Es ist bemerkenswert, dass die Anzahl abgelöster Zellen in diesen Versuchen von der Rotordrehzahl abhing (Abb. 10.26). Dies könnte vom Einfluss der Reynolds-Zahl auf die Strömungsablösung herrühren (wenig wahrscheinlich bei Re >107). Eine andere Erklärung wäre, dass die Strömung durch die Laufradkanäle durch Druckpulsationen im System (akustische Effekte) beeinflusst wurde, wie oben im Zusammenhang mit Abb. 10.23 besprochen, z. B. durch Resonanz zwischen stehenden Wellen und dem Schaufeldrehklang. Eine weitere Hypothese wäre: Wenngleich alle relativen Druckdifferenzen in einer Pumpe unabhängig von der Drehzahl sind, wächst die absolute Druckdifferenz p(ε) über den Umfang des Austrittsgehäuses mit dem Quadrat der Drehzahl. Die höheren Druckunterschiede könnten zu Ablösungen in mehr als einem Leitradkanal führen, wie im Zusammenhang mit Abb. 10.25 besprochen. Dass die Ablösung zunächst in einem oder zwei Leitradkanälen (und nicht in allen) stattfindet, mag verschiedene Gründe haben: 1) Wie erwähnt, variiert die Druckverteilung im Austrittsringraum über dem Umfang; die Ablösung beginnt dann in dem Leitradkanal, der den höchsten Gegendruck erfährt. 2) Wegen Strömungsschwankungen und geometrischen Toleranzen setzen die Ablösungen nicht bei dem exakt gleichen Förderstrom ein. Sobald die Strömung in einem Kanal ablöst, wird Fluid zu den Nachbarkanälen verdrängt, wodurch sich die Ablöseneigung dort verringert. Die durch blockierte Kanäle erzeugten Druckspitzen führen zu erhöhten Wechselbelastungen im Laufrad. Um vorzeitige Ablösung zu vermeiden, sollte die Verzögerung in den Leitradkanälen die durch Gl. 1.44 definierten Grenzwerte keinesfalls überschreiten (gegebenenfalls auch tiefer angesetzt werden). Radialkräfte bei Leitschaufelfrequenz zLefn  Durch die Wechselwirkung zwischen Laufrad und Leitrad entstehen Radialkräfte, die mit der Frequenz zLefn auf das Laufrad wirken. Hierzu wurden Messungen (mit Dehnmessstreifen auf der Welle) in [125] an einem Radialrad (nq ≈ 30) und mit einem halbaxialen Laufrad (nq ≈ 160) in [131] veröffentlicht. Das Radialrad hatte sechs Schaufeln, die mit Leiträdern mit fünf, sieben und elf Schaufeln kombiniert wurden. Diese Kombinationen ergeben m = 1 gemäß Gl. 10.13, was hohe Radialkräfte bei Schaufelfrequenz erwarten lässt; zudem war der Abstand zu den Leitschaufeln sehr gering: d3/d2 = 1,01. Die gemessenen Kräfte wurden gemäß Gl. 10.13c auf d3/d2 = 1,06 normiert und in Abb. 10.28-1 dargestellt. Bei höheren Leitschaufelzahlen nehmen die Kräfte ab – vermutlich, weil die Strömung über die verkleinerte Leitschaufelteilung dann gleichmäßiger wird. Diese Beobachtung wird durch numerische Rechnungen in [130] bestätigt, indem die Druckpulsationen und Radialkräfte bei der Kombination zLa = 6; zLe = 9 niedriger waren als bei zLa = 6; zLe = 7; Die am Radialrad gemessenen Kräfte in Abb. 10.28-1 sind grobe Schätzungen aus den publizierten Kaskadendiagrammen in [125]; wie erwähnt, sind die Kräfte ungewöhnlich

10.7  Hydraulische Schwingungsanregung

809

Abb. 10.28-1   Instationäre Radialkräfte bei Schaufelfrequenz (einfache Amplituden); [125, 131, 135]. kRu nach Gl. 9.6a. Achtung: die obersten drei Kurven nur verwenden, wenn m = 1 (nach Gl. 10.13)

hoch wegen kleinem Schaufelabstand und ungünstiger Schaufelzahlkombination. Zudem liegt die Kurve für die Kombination zLa = 6/zLe = 11 (mit m = 1 in der zweiten Ordnung) unter den beiden Versuchen, bei denen m = 1 in der ersten Ordnung erfüllt war. Diese Parameter wären für die Auslegung einer Hochdruckpumpe nicht akzeptabel: so erhielte man z. B. für Hopt,st = 600 m, d2 = 400  mm, n = 5200  min−1 mit der Kombination zLa = 6 mit zLe = 11 im Bestpunkt eine Radialkraft bei Schaufelfrequenz in der Größenordnung von ±5000 N und den doppelten Wert bei q* = 0,6. Bei einer Auslegung mit d3/d2 = 1,06 käme man im Bestpunkt auf etwa ±1300 N. Die Wechselwirkungskräfte bei der halbaxialen Pumpe (zLa = 6; zLe = 7) sind eine Größenordnung tiefer als bei der Radialpumpe [131]. Die Schaufelzahlkombination ist zwar ungünstig, aber der Abstand zwischen Lauf- und Leitrad ist vermutlich groß. Die Radialkräfte wiesen Maxima und Minima auf, die von Instabilitäten in der Q-H-Kennlinie abhingen: ein Förderhöhenmaximum bei q* = 0,75 fiel mit einem Kraftminimum zusammen und das Kraftmaximum nahe q* = 0,5 lag bei einem relativen Minimum in der Q-H-Kurve. Diese Extrema wurden durch plötzliche Änderungen in der Geschwindigkeitsverteilung am Laufradautritt verursacht, die Ablösungen und Rückströmungen im Leitrad hervorrufen. Es steht zu vermuten, dass die Kraftminima dort entstehen, wo die Strömung gleichmäßiger ist als bei den Kraftmaxima. Dies erklärt dann auch das Verhalten der Förderhöhe, die von den Strömungsverlusten abhängt. Eine Vergrößerung des Spalts zwischen Laufschaufeln und Gehäuse (halboffenes Laufrad) reduzierte die Instabilitäten und die Radialkräfte (ähnlich zu den in Abschn. 5.5.2 beschriebenen Versuchen). Laufschaufelaustritts- und Leitschaufeleintrittskanten in [131] lagen senkrecht zur Achse; es ist daher beachtenswert, dass Gl. 10.13 auf radiale, halbaxiale und axiale Pumpen anwendbar zu sein scheint. Die Abb. 10.28-1 zeigt auch Messungen an einer Spiralpumpe [135]; es handelt sich um dieselbe Maschine wie in [90].

810

10  Schwingungen und Geräusche

Hydraulische Erregerkräfte und Schwingungen bei Schaufelfrequenz werden durch verschiedene Mechanismen verursacht, deren Intensität von einer Reihe von Auslegungsparametern abhängt: a) Kraft Fw wird verursacht durch die Nachlaufdellen der Laufschaufeln, d. h. durch endliche Schaufeldicke und Grenzschichtversperrung, die mit zunehmendem Förderstrom bzw. Re-Zahl abnehmen sollte: Fw nimmt ab mit q*. b) Kraft Fnu wird verursacht durch die Ungleichförmigkeit der Abströmung über die Laufschaufelteilung. Wenn die Beaufschlagung der Laufradkanäle variiert (Abb. 10.23), entstehen Amplituden mit f =ν2fn mit ν2 = 1, 2, 3 usw. Bei Teil- und Überlast wird die Abströmung zunehmend ungleichförmig; daher erreicht Fnu ein Minimum nahe beim Bestpunkt. Dieser Effekt dürfte meist dominieren, wie gemäß Abb. 10.28-1 anzunehmen. c) Kraft Fm=1: Bei m = 1 nach Gl. 10.13 ergeben die Schaufelkräfte eine von null verschiedene Resultierende. Dieser Mechanismus wäre auch bei unendlich dünnen Schaufeln, ohne Grenzschichtversperrung und bei vollkommen gleichmäßiger Abströmung wirksam. Die Erregerkraft steigt mit der Schaufelbelastung bzw. der Arbeitsübertragung durch die Schaufeln. Wenn die Leistungskurve P = f(Q) mit dem Förderstrom steigt (typisch für nq < 80), steigen diese Kräfte mit dem Förderstrom (besonders bei q* > 1). Fm=1 dürfte mit Q steigen. Wie die instationären Kräfte mit dem Förderstrom variieren, hängt ab von der relativen Stärke der Kraftkomponenten (Fw, Fnu, Fm=1). Wie in Abschn. 9.3.9 besprochen, steigen die synchronen Erregerkräfte von Einschaufelrädern mit dem Quadrat der Drehzahl (oberhalb des Minimums bei q* = 0,6). Dieser Befund ließe sich mit der mit q* wachsenden Schaufelbelastung erklären. Die Druckpulsationen in Abb. 10.25-1 und die radialen Erregerkräfte in Abb. ­10.28-1 bei Schaufelfrequenz wurden aus veröffentlichten Spektren abgelesen. Die Spitzen bei Schaufelfrequenz im Zeitbereich können jedoch viel größer sein als im Frequenzbereich. Der Grund für diese Differenz ist: Das Signal im Zeitbereich enthält nicht nur die Schaufelfrequenz, sondern auch deren Harmonische. Diesen Sachverhalt kann man nachvollziehen, indem man Sinuswellen mit f = ν zLafn mit ν = 1, 2, 3 überlagert; oder in allgemeiner Form durch Überlagerung von Schwingungen, deren Frequenzen ganzzahlige Vielfache einer Grundfrequenz sind. Aus diesem Grund sind auch die aus Spannungsmessungen zurückgerechneten Druckschwankungen am Laufradaustritt viel höher als die Werte in Abb. 10.25-2. Diese Zusammenhänge sind zu beachten, wenn man die Erregerkräfte bei Schaufelfrequenz aus den Daten in Abb. 10.28-1 abschätzen möchte, um die Anregung von erzwungenen Lagergehäuseschwingungen zu berechnen. Phasenresonanz  Wenn die Phasengeschwindigkeit einer Störung die Schallgeschwindigkeit erreicht oder überschreitet, werden starke Druckwellen abgestrahlt. Die Phasengeschwindigkeit des Laufraddruckfelds ist cph = u2 p2/m. Hieraus folgt, dass man große Werte von

10.7  Hydraulische Schwingungsanregung

ν2 zLa p2 = m |ν2 zLa − ν3 zLe |

811

(10.14)

vermeiden sollte, um nicht starke Druckpulsationen durch Phasenresonanz zu riskieren [10]. Ein anderes Kriterium für Phasenresonanz nach [17] lautet:   u2 d∗vol m zLa zLe − zLa ± = (10.15) zLe zLa a ± cvol ν2 Phasenresonanz tritt ein, wenn die an zwei Leitschaufeln durch den Vorbeilauf der Laufschaufeln erzeugten Wellen gleichzeitig an der Spiralgehäusezunge, im Druckstutzen oder an der Messstelle ankommen. Dann entstehen an diesen Stellen entsprechend hohe Druckschwankungen. Diese Pulsationen haben die Frequenz ν2 zLa fn, entsprechen also der ν2-ten Ordnung des Schaufeldrehklangs. Die Pluszeichen in Gl. 10.15 gelten für Phasenresonanz im Druckstutzen, die Minuszeichen für Resonanz an der Spiralzunge. Diese Zusammenhänge wurden abgeleitet für große Speicherpumpen, bei denen zwischen Laufrad und Spirale ein Leitrad angeordnet ist. Die Größe d*vol = dvol/d2 ist dabei repräsentativ für den Weg, den die Welle von der Leitschaufeleintrittskante zum Druckstutzen bzw. zur Zunge zurücklegt; dvol ist also ein mittlerer Spiraldurchmesser und cvol eine mittlere Geschwindigkeit (meist vernachlässigbar gegenüber der Schallgeschwindigkeit a). Phasenresonanz liegt dann vor, wenn Gl. 10.15 für m = 0 oder ± 1 für ν2 = 1, 2, 3,… in etwa erfüllt wird. Da die Wege, die die Wellen zurücklegen und die Schallgeschwindigkeit nicht sehr genau bestimmt werden können, muss Gl. 10.15 für eine gewisse Streubreite ausgewertet werden, also linke und rechte Seite z. B. im Band ± 0,02 liegen. Eine Art Lock-in-Effekt könnte auftreten, da sich die Reflexionspunkte der Schallwellen in komplizierten Geometrien entsprechend den angeregten Moden etwas verschieben können. Die Druckpulsationsmessungen in [17, 78] ließen sich nach Gl. 10.15 erklären. Phasenresonanz tritt vermutlich häufig auf; sie wird nur nicht als solche erkannt, solange die Amplituden unschädlich bleiben. Als Beispiel mögen die Messungen in Abb. 10.29 dienen, die an einer Pumpe mit sechs Laufschaufeln und elf Leitschaufeln aufgenommen wurden. Die unter der Grafik tabellierten Zahlen wurden aus dem Phasenresonanzkriterium nach Gl. 10.14 errechnet. Demnach wäre Phasenresonanz für die Ordnungen 12, 24 und 30 zu erwarten, durch was die Messung bestätigt wird. Die 18. Ordnung wäre schwächer und kommt auch deutlich schwächer in der Messung (logarithmischer Maßstab!). Da die gemessenen Druckpulsationen für jede Frequenz durch die Systemantwort beeinflusst werden, kommt dem Ergebnis trotz der Übereinstimmung ein gewisser Zufallscharakter zu. Phasenresonanz als Ursache hoher Druckschwankungen und Lärm kann leicht übersehen werden, weil sie bei denselben Frequenzen auftritt wie der Schaufeldrehklang, d. h. bei ν2 × zLa × fn. Wenn Phasenresonanz diagnostiziert wurde, empfiehlt es sich, zuerst die Rotor-Stator-Wechselwirkung gemäß Tafel 10.2 zu reduzieren – vor

10  Schwingungen und Geräusche RELATIVE PRESSURE AMPLITUDE

812 60

12

dB

ORDERS

40

18

6 13

1

26

20

20

21

30

25 23

0

0

100

200

300

400

500

FREQUENCY

Order

ν2 ν2*zLa

ν3*zLe

ν3 1 2 3 4

24

11 22 33 44

600 Hz

1

2

3

4

5

6

7

6 1.2 0.4 0.2 0.2

12 12 1.2 0.6 0.4

18 2.6 4.5 1.2 0.7

24 1.8 12 2.7 1.2

30 1.6 3.8 10 2.1

36 1.4 2.6 12 4.5

42 1.4 2.1 4.7 21

Abb. 10.29   Druckpulsationen im Druckstutzen, zLa = 6, zLe = 11. Je höher die sich aus Gl. 10.14 ergebende Zahl, desto schärfer ist die Phasenresonanz [11]

allem durch Vergrößerung von Spalt B – bevor man eine Änderung der Schaufelzahlkombination in Betracht zieht, die neue Komponenten verlangen würde und so teurer zu stehen käme. In den Spektren von Luftschallmessungen an einer kleinen mehrstufigen Pumpe (Hst  < 10 m, d2  < 100 mm) mit Kunststoffgehäuse und sehr dicken Laufschaufelaustrittskanten fanden sich Spitzen bei den Frequenzen ν2 × zLa × fn bei allen Ordnungen von ν2 = 1 bis 12. Für die (ungünstig gewählte) Kombination von sechs Lauf- und sieben Leitschaufeln ergaben sich aus dem Kriterium Gl. 10.14 Phasenresonanzen bei allen Ordnungen ν2 = 1 bis 7, während die Ordnungen ν2 = 8 bis 12 nach Gl. 10.15 zu erwarten sind. Im Pumpenbau wurde Phasenresonanz kaum als alleinige Ursache von hohen Schwingungen, Schaufelbrüchen oder Lärm identifiziert. Dagegen kann Phasenresonanz mitunter einzelne Spitzen in einem Spektrum erklären. Unzulässig hohe Erregerkräfte können dagegen entstehen, wenn verschiedene Faktoren sich verstärkend zusammentreten; z. B. abnorm ungleichförmige Laufradabströmung, akustische Resonanzen im System oder in hydraulischen Kanälen innerhalb der Pumpe, schwache Strukturen (mechanische Resonanzen) oder hoher Schallabstrahlungsgrad. Um die Auswirkungen von Phasenresonanzen zu vermindern, sind gemeinsame ganzzahlige Multiplikatoren in der Schaufelzahlkombination sowie Kombinationen mit

10.7  Hydraulische Schwingungsanregung

813

zLe − zLa = 1 strikt zu vermeiden. Zudem lassen sich die Schaufelzahlen so wählen, dass die Phasenresonanzen zu möglichst hohen Frequenzen verschoben werden, bei denen der Energieinhalt gering ist. In Wasserturbinen und großen Speicherpumpen wird Phasenresonanz häufiger beobachtet [28]. Als mögliche (allerdings nicht immer genügend wirksame) Gegenmaßnahmen werden genannt: 1) Mit einer Bohrung in der Spiralzunge lassen sich die Pulsationen abschwächen; 2) mittels eines druckluftgefüllten Schlauchs, der über den Umfang in die Spirale eingelegt wird, lässt sich die Nachgiebigkeit des Fluids erhöhen [28]. Eine Bohrung in der Spiralzunge kostet allerdings etwas Wirkungsgrad. Laufradschwingungen  Schwingungsformen mit m  >  2 haben wenig praktische Bedeutung, weil die Struktureigenfrequenzen meist genügend hoch sind, sodass keine Resonanzen auftreten. Eine Ausnahme bilden Laufräder von Großpumpen oder Pumpturbinen (mit d2 > 2000 mm) und großer Förderhöhe, besonders bei Leichtbauweise, wo auch Moden mit mehr als zwei Durchmesserknoten (m > 2) Probleme bereiten können [80]. Zur Überprüfung der Resonanzgefahr zwischen Laufradeigenfrequenz und Erregerfrequenz ν3 zLe fn müssen die Eigenfrequenzen berechnet oder gemessen werden. Dabei darf die durch die Laufradschwingung induzierte Wasserbewegung – die mitschwingende Wassermasse – nicht vernachlässigt werden, da sie die Eigenfrequenzen erheblich herabsetzt. Aus einem Diagramm in [80] lässt sich für das Verhältnis der Laufradeigenfrequenzen κ in der Pumpe und in Luft die Beziehung Gl. 10.15a ableiten:

κ≡

sax fWasser = 0,38 + 2,14 fLuft d2

(10.15a)

Die Gl. 10.15a gilt für die Schwingung mit zwei Durchmesserknoten; bei einem Durchmesserknoten ist κ noch etwa 35 % tiefer. Je enger die Radseitenraumweite sax, desto größer ist die mitschwingende Wassermasse (und desto niedriger die Eigenfrequenz), weil dem Fluid im engen Spalt durch die Laufradverformung größere Amplituden aufgezwungen werden. Die Gl. 10.15a gilt streng nur für die in [80] untersuchten Geometrien, kann aber einen Anhaltspunkt für Abschätzungen liefern. Aus Messungen in [45] lassen sich weitere Angaben für das Verhältnis der Laufradeigenfrequenzen κ in der Pumpe und in Luft ableiten: • Ohne Leitrad (entsprechend offenen Radseitenräumen) κ = 0,72; 0,67; 0,64 für m = 1; 2; 3 also für ein bis drei Durchmesserknoten • Mit Leitrad (entsprechend geschlossenen Radseitenräumen) κ = 0,58; 0,59; 0,56 für m = 1; 2; 3 also für ein bis drei Durchmesserknoten Bei Entkopplung der Radseitenräume von der Hauptströmung (durch Einführen von Spalt A) erhöht sich die Zusatzmasse, weil der Fluidaustausch zwischen Radseitenraum

814

10  Schwingungen und Geräusche

und Leitapparat behindert wird. Physikalisch ist der Effekt ähnlich wie bei einer Verkleinerung der Radseitenraumweite. Die Versuche in [45] erfolgten an einer einstufigen Pumpe mit Leitrad und Spirale (etwa nq = 30). Das Laufrad hatte sechs Schaufeln mit β2B = 32°; der Abstand zwischen Lauf- und Leitschaufeln betrug nur d3* = 1,01. Eine ungleichförmige Druckverteilung über dem Laufradumfang, wie sie durch ein Spiralgehäuse oder einen Ringraum erzeugt wird, erzeugt Druckspitzen bei Frequenzen mit den Ordnungen ν = 2 bis (zLa − 1) × fn. Dies belegen Versuche in [45], bei denen die Druckpulsationen am rotierenden Laufrad gemessen wurden (wie in Abb. 10.21). Die höchsten Druckspitzen (bei q* > 1,5) wurden beobachtet, wenn eine Laufschaufel sich in die Unterdruckzone stromaufwärts der Spiralzunge bewegte. Bei Teillast wurden die höchsten Druckspitzen im Bereich der Unterdruckzone stromabwärts der Spiralzunge gemessen (Abb. 9.26 und 9.27). Diese Druckpulsationen führten auch zu Spannungsspitzen, die mittels Dehnmessstreifen an den Laufradscheiben gemessen wurden. Dabei wurden Seitenbänder mit den Frequenzen ν × zLe × fn registriert. Die Wechselkräfte an den Lauf- und Leitschaufeln können Ermüdungsbrüche an den Schaufeln oder den Laufradseitenwänden verursachen. Unzureichende Radseitenwandoder Schaufelstärken und mangelnde Gussqualität verschärfen derartige Probleme. Ein zu geringer Abstand zwischen Lauf- und Leitschaufeln stellt oft die Hauptursache solcher Brüche dar (s. Abschn. 14.1 und Tafel 10.2). Die Auswahl von Materialien mit ungenügender Zeitstandfestigkeit unter korrosiven Bedingungen ist eine weitere Ursache (Kap. 14).

10.7.2 Umlaufende Ablösungen Umlaufende Ablösungen (RS, „rotating stall“) im Laufrad oder Leitrad erregen Schwingungen bei definierten Frequenzen unterhalb der Drehfrequenz. Der Entstehungsmechanismus sei anhand von Abb. 10.30 erläutert: Das dort dargestellte Schaufelgitter arbeitet mit hohem Anstellwinkel (oder großer Verzögerung) an der Grenze zur Entstehung örtlicher Ablösungen. Wenn nun die Strömung an Schaufel A zuerst ablöst,

B

Abb. 10.30   Rotierende Ablösungen

A

C

10.7  Hydraulische Schwingungsanregung

815

weil der lokale Anstellwinkel infolge Ungleichförmigkeiten in der Strömung oder der Geometrie größer als der Mittelwert ist, versperrt das Totwasser in der Ablösezone einen Teil des Kanalquerschnitts. Durch diese Versperrung wird Fluid zu den beiden Nachbarkanälen verdrängt. Bei Schaufel B vergrößert sich dadurch der Anstellwinkel, sodass nun an Schaufel B die Strömung ablöst. Bei Schaufel C hingegen verkleinert sich der Anstellwinkel und die Tendenz zur Ablösung sinkt entsprechend. Auf diese Weise verschiebt sich die Ablösezone entgegen der Drehrichtung mit einem Bruchteil der Anströmgeschwindigkeit (w1 beim Laufrad, c3 beim Leitrad). Folglich läuft die Störung im Absolutsystem in Drehrichtung um, wobei das Frequenzverhältnis fRS/fn erfahrungsgemäß beim Laufrad 0,50 bis 0,90 und beim Leitrad 0,1 bis 0,15 der Rotordrehfrequenz fn beträgt [48]. Neuere Versuche zeigen, dass umlaufende Ablösungen auch bei tieferen Frequenzen auftreten können und dass die Anzahl abgelöster Leitradkanäle sowie die Umlauffrequenzen fRS von q* abhängen. Einige Beispiele seien für geschlossene und halboffene radiale und halbaxiale Laufräder aufgeführt: 1. In einer Pumpturbine (nq = 30) mit zLa = 9 und zLe = 20 wurden umlaufende Ablösungen bei q* = 0,42 bis 0,78 gemessen. Das Frequenzverhältnis lag bei fRS/fn = 0,014 bis 0,028 und die Anzahl abgelöster Kanäle variierte zwischen 3 und 5 [14]. 2. In einer Pumpe mit zLa = 7 und zLe = 12 traten umlaufende Ablösungen zwischen q* = 0,6 bis 0,8 mit fRS/fn = 0,007 auf. Die Anzahl abgelöster Kanäle variierte zwischen 1 und 3; sie hing nicht nur von q* sondern auch von der Drehzahl ab (Abb. 10.26; [6]). Die im rotierenden Laufrad gemessenen Druckpulsationen sind in Abb. 10.31 dargestellt. Bei q* = 1 erkennt man zwölf gleichförmige (durch die zwölf Leitschaufeln verursachte) Druckspitzen, die in jeder Umdrehung an der gleichen Stelle am Umfang beobachtet werden. Dagegen tritt bei q* = 0,8 eine höhere Druckspitze hervor, deren Umfangsposition sich mit der Zeit ändert. Diese Spitze verschiebt sich in 70 Umdrehungen um etwa 180°, woraus eine Frequenz von fRS/ fn = 0,5/70 = 0,007 resultiert. Die Fortpflanzung dieser Ablösung durch das Leitrad ist

Abb. 10.31   Fortpflanzung einer Ablösung durch das Leitrad gemessen im rotierenden Laufrad; links: q* = 0,8, ein abgelöster Kanal; rechts: q* = 1, keine Ablösung; zLe = 12 [6]

816

10  Schwingungen und Geräusche

Abb. 10.32   Durchlauf einer langsam rotierenden Ablösung durch das Leitrad; instationäre Druckmessung am Leitradeintritt; q* = 0,8 [6]

auch in der Druckmessung am Leitradeintritt in Abb. 10.32 zu erkennen an einer deutlichen Druckspitze, deren Breite etwa 20 Umdrehungen entspricht. Diese Spitze läuft während 140 Umdrehungen einmal um den Umfang des Leitrads. Wie aus Abb. 10.26 hervorgeht, hing die Anzahl der abgelösten Kanäle von der Drehzahl ab. 3. In einer Pumpe mit zLa = 7 und zLe = 8 wurden umlaufende Ablösungen in zwei oder drei Kanälen bei fRS/fn = −0,008 bis 0,02 beobachtet [72]. Beginn und Art der Ablösungen hingen von q* sowie dem Verhältnis d3/d2 ab, das zwischen 1,035 und 1,1 variierte. 4. In einer halbaxialen Pumpe nq =  160 mit zLa = 6, zLe =  7 traten umlaufende Ablösungen im unstabilen Bereich der Q-H-Kennlinie auf [131]. Drei Arten wurden beobachtet: 1) Nahe dem Förderhöhenmaximum bei q* < 0,7 rotierten die Ablösungen mit etwas unter Drehfrequenz. Die Ablösungen verschwanden nahe dem Förderhöhenminimum bei q* = 0,5. 2) Unterhalb q* = 0,5 rotierten die Ablösungen etwa mit 2fn; dieses Phänomen verschwand bei q* = 0,3. 3) Dort rotierten die Ablösungen mit 3fn. All diese Frequenzen waren aber nicht konstant, sondern sie nahmen jeweils mit q* ab. 5. In einer halbaxialen Pumpe mit offenem Laufrad, nq = 90 mit zLa = 5, zLe = 9, traten umlaufende Ablösungen im Leitrad auf [132]; und zwar im unstabilen Bereich der Q-H-Kurve bei q* = 0,68 bis 0,82. Zwei Ablösezellen rotierten mit der Frequenz fRS = 0,42 Hz oder fRS/fn = 0,042. 6. In einer halbaxialen Pumpe mit geschlossenem Laufrad, nq = 43 mit zLa = 6, zLe = 13, traten umlaufende Ablösungen im Leitrad auf. Die Q-H-Kurve war unstabil mit einer Hysterese. Die Druckpulsationen erreichten bei q* = 0,5 Werte von Δψs = ±0,2. Bei q* = 0,62 rotierte eine Ablösezelle mit fRS/fn = 0,083. Bei q* = 0,3 traten  zwei Ablösezellen mit fRS/fn = 0,133 auf. Neben der Schaufelfrequenz gab es kleine Seitenbänder [133, 134].

10.7  Hydraulische Schwingungsanregung

817

7. Umlaufende Ablösungen (RS) im Turbinenbremsbetrieb wurden mittels Messung von Druckpulsationen zwischen Lauf- und Leitrad und Strömungsbeobachtungen untersucht [136]. Die Strömungsvorgänge ließen sich mit dünnen, fluoreszierenden Drähten (d = 0,14 mm) sichtbar machen. Beschleunigungsaufnehmer (an den vorstehenden Achsen der verstellbaren Leitschaufeln montiert), lieferten Signale, mit denen sich RS mit einem mathematischen Modell erkennen ließ. Die Ablösungen im Leitrad liefen mit der Frequenz fRS/fn = 0,7 um. Aus den durch RS verursachten Druckschwankungen waren während eines RS-Zyklus vier Phasen zu unterscheiden: 1) Bei ansteigendem Druck wurde der Leitradkanal normal durchströmt; 2) nahe dem Druckmaximum löste die Strömung ab und blockierte den Kanal ähnlich wie anhand von Abb. 10.26, 10.27 und 10.28 beschrieben; 3) bei abnehmendem Druck entsteht eine Rückströmung; 4) das Fluid blockiert den Kanal wiederum, wenn das Druckminimum erreicht wird. Anschließend steigt der Druck wieder bei normaler Durchströmung und ein neuer Zyklus beginnt. Die ablösungsbedingten Druckschwankungen modulieren die Schaufelfrequenz, wodurch Seitenbänder bei ±0,7 × fn bei zLafn und bei 2zLafn entstehen. Die mechanischen Schwingungen waren stärker zu Beginn der Ablösung als bei vollausgebildeter Ablösung, während bei den Druckpulsationen das genaue Gegenteil der Fall war. Es zeigt sich erneut, dass Schwingungen nicht unbedingt proportional zu Druckpulsationen sein müssen; denn die schwingungserregenden Kräfte ergeben sich aus der Integration der Druckverteilung über dem Profil, während es sich bei den Druckpulsationen um ein lokales Phänomen handelt. Umlaufende Ablösungen treten oft in Bereichen mit flachen oder instabilen Kennlinien auf, die durch entsprechende hydraulische Auslegung zu vermeiden sind oder die außerhalb des Betriebsbereichs liegen müssen. Schäden oder betriebliche Probleme, die eindeutig auf niederfrequente umlaufende Ablösungen zurückzuführen waren, wurden nicht bekannt. Die Ablösung als solche mag zu schädlichen Druckpulsationen führen; deren Umlauf mit niedriger Frequenz kann dabei unbedeutend sein und daher unentdeckt bleiben. Die klassische Erklärung für rotierende Ablösungen ist die Überschreitung eines bestimmten Anstellwinkels. Aller Wahrscheinlichkeit nach können rotierende Ablösungen aber auch dann entstehen, wenn im Kanal eine zulässige Verzögerung überschritten wird. Dieser Mechanismus ist bei Pumpen zu vermuten. Wie in Kap. 5 ausführlich besprochen, tritt Ablösung bei Teillast unvermeidlich in jeder Pumpe irgendwo zwischen dem Bestpunkt und Q = 0 auf. Dies trifft zu auf Pumpen mit oder ohne Schwingungsproblemen und mit oder ohne instabilen Kennlinien. Wegen geometrischer Toleranzen sowie Schwankungen und Asymmetrien in der Strömung ist es zudem sehr unwahrscheinlich, dass die Ablösung bei demselben Förderstrom gleichzeitig in allen parallelen Kanälen einer Komponente einsetzt. Auch ist es wahrscheinlich, dass die Strömungsformen in voll abgelöster Strömung in parallelen Kanälen nicht identisch sind. Deshalb kann man postulieren, dass wechselnde oder umlaufende Ablösungen in Leitradpumpen eher die Regel als die Ausnahme sind.

818

10  Schwingungen und Geräusche

Offensichtlich sind Leitradpumpen bezüglich umlaufenden oder wechselnden Ablösungen empfindlicher als Pumpen mit Einfachspirale. Schwingungsspektren jeglicher Art zeigen oft Spitzen, die vom Volumenstrom abhängen und sich mit der Messstelle auf weitgehend unerklärte Weise ändern. Solange diese Spitzen die zulässigen Grenzwerte nicht überschreiten, lohnt es sich kaum, deren Ursachen nachzugehen; sie werden als harmlos beiseite gelassen. Während die Strömungsformen in den Laufradkanälen weitgehend durch Z ­ entrifugalund Corioliskräfte bestimmt werden, sind Grenzschichtströmung und Anströmprofil maßgebend für die Strömungsablösung im Leitrad. Rotierende oder wechselnde Ablösungen sind daher im Leitrad eher zu erwarten als im Laufrad. Die durch umlaufende Ablösungen hervorgerufenen Störungen machen sich nicht notwendig als Durchsatzschwankung der Maschine bemerkbar; dies kann jedoch der Fall sein, wenn sie mit akustischen Wellen des angeschlossenen Systems in Resonanz geraten, wie das bei Kompressoren häufig der Fall ist. Bei Kompressoren mit großen Schaufelzahlen treten umlaufende Ablösungen im Bereich des Maximums der ­Q-H-Kurve fast immer auf; sie bilden die Pumpgrenze des Verdichters. Bei Pumpen mit ihren kleinen Schaufelzahlen treten umlaufende Ablösungen dagegen eher selten in Erscheinung oder sie werden mit Instabilitäten verwechselt, wenn sie als subsynchrone Schwingung nahe bei der Betriebsdrehzahl beobachtet werden. Über ein Beispiel wird in [62] berichtet: An Speisepumpen trat bei leicht überkritischem Betrieb eine Resonanz zwischen breitbandigen Erregerkräften und der Rotoreigenfrequenz auf. Die Erregung wurde durch Rezirkulation am Laufradeintritt hervorgerufen, die bereits in Bestpunktnähe auftrat, wobei die Schwingfrequenz in einem festen Verhältnis zur Drehfrequenz stand. Zur Abhilfe wurde eine Rezirkulationsbremse am Laufradeintritt dadurch verwirklicht, dass die Dichtspaltringe radial einwärts verlängert und mit axialen Nuten versehen wurden. Dadurch wurden die Umfangskomponente des rezirkulierenden Fluids reduziert und die Schwingungserregung weitgehend unterdrückt. Umlaufende Ablösungen der in Abb. 10.30 beschriebenen Art treten vermutlich bei kavitierenden Pumpen häufiger auf: Sie verursachen eine niederfrequente Modulation starker Kavitationsgeräusche, indem die Größe der Kavitationszonen periodisch schwankt, wenn das Laufrad über den Umfang ungleichförmig angeströmt wird. Dies ist z. B. bei Pumpen mit durchgehender Welle der Fall (vgl. hierzu Abschn. 7.13).

10.7.3 Übrige Erregermechanismen Neben den besprochenen Vorgängen können Schwingungen durch hydraulische Wechselkräfte über eine Reihe weiterer Mechanismen angeregt werden, die (soweit verfügbar) anhand von Schadensfällen und Versuchen besprochen werden sollen. Kavitation in Laufrad und Eintrittsgehäuse Ausgedehnte Kavitation erzeugt breitbandige Druckschwankungen, die Schwingungen und Lärm anregen können (s. Abschn.

10.7  Hydraulische Schwingungsanregung

819

6.5.1); hiervon sind alle Pumpentypen betroffen. Druckpulsationen und Lärm können in weiten Frequenzbereichen auftreten. Schadens- und Problemfälle wurden z.  B. beobachtet in den Bereichen: 600–800  Hz; 1000–2000  Hz; 3000–4000  Hz; 6000– 8000 Hz. Die Spektren waren breitbandig mit einer Energiekonzentration jeweils im mittleren Bereich. Im Einzelfall hängt der Frequenzbereich von diversen Faktoren ab: 1) NPSHA; 2) hydraulische Auslegung (erzeugte Dampfvolumina und Druckgradienten in der Implosionszone); 3) Wassertemperatur bzw. Fluid und Gasgehalt; 4) Bauteileigenfrequenzen, also der Reaktion der Struktur auf die Anregung. Starke, kavitationsbedingte Druckpulsationen mit wenigen Hertz können infolge Rezirkulation am Laufradeintritt entstehen und Schwingungen erzeugen. Rotierende Kavitationszonen können übersynchrone radiale Erregerkräfte bei f/ fn = 1,1 bis 1,2 erzeugen, die von rotierenden Ablösungen zu unterscheiden sind [15, 81]. Dieses Phänomen wurde bei Vorsatzläufern beobachtet, die bei Kavitationsbeiwerten arbeiten, bei denen ein Förderhöhenabfall infolge ausgedehnter Kavitationszonen eintritt. Beispiel halbaxiale Pumpe  An einer großen Kühlwasserpumpe (2000 kW) traten hohe Schwingungen am Lagerkörper mit zLafn und 2zLafn auf. Die Schwingungen wurden verursacht durch ausgedehnte Kavitation am Laufradeintritt im Bereich der engsten Querschnitte A1q, die infolge Abgussproblemen zu klein ausfielen. Vermutlich verstärkte die Nachlaufströmung der Kavitationsblasenfelder die Laufrad-Leitrad-Wechselwirkung und vergrößerte so die Anregung bei Schaufelfrequenz. Nach Lösung des Kavitationsproblems fielen die erwähnten Amplituden unter die zulässigen Werte. Beispiel Pipelinepumpe In [42, 91] wird von wiederholten Schäden an Gleitringdichtungen einer einstufigen Rohölpumpe mit doppelflutigem Laufrad berichtet, die auf Druckpulsationen im Bereich von 1200 bis 1800 Hz infolge starker Kavitation zurückzuführen waren. Daten der Pumpe: 3600 min−1; Qopt = 1,85  m3/s; Hopt = 616  m (nq = 28); 11.000 kW. Stroboskopische Beobachtungen des Laufradeintritts zeigten große Dampfvolumina am Laufradeintritt, die beim Betrieb mit Wasser zu schweren Schäden führen würden, mit Schweröl aber keine Erosion erzeugten. Bei q* > 1 entstanden im Einlaufgehäuse Kavitationsblasen und kavitierende Wirbel, die von der Abströmkante einer Rippe sowie außen am Laufradeintritt entstanden (Skizze in Abb. 10.32-1). Scharfe Kanten lösten diese Kavitation aus. Die Schwingungen nahmen stark ab, nachdem die ursprünglich stumpfe Rippe profiliert und die scharfen Kanten abgerundet wurden, wie in Abb. 10.32-2 skizziert. Diese Verbesserungen wurden in der Anlage verifiziert durch Versuche vor und nach der Modifikation (Abb. 10.32-3). Das ursprüngliche Laufrad, das entsprechend Konzept H gemäß Abb. 7.10 ausgelegt worden war, wurde durch ein Laufrad mit flacher Druckverteilung nach Konzept L ersetzt (die entsprechenden Eintrittskanten sind in Abb. 10.32-2 zu erkennen). Mittels Messungen von Druckpulsationen, Kavitationsschall, Körperschall und Radialkräften an einer Modellpumpe wurde eine deutliche Reduktion der kavitationsbedingten Erregerkräfte des neuen Laufrads gegenüber dem ursprünglichen nachgewiesen. Interessant ist, dass die am Lager gemessenen

820

10  Schwingungen und Geräusche

Abb. 10.32-1   Wirbel und Kavitationsblasenfeld in der Pumpe im Originalzustand [91]

Abb. 10.32-2   Laufrad- und Gehäuseänderungen [91]

Radialkräfte mit dem Kavitationsblasenvolumen zunehmen; dies folgt als Abb. 10.32-4, wo die Radialkraftbeiwerte über dem Kavitationsbeiwert aufgetragen sind. Kavitation in Spiralen oder Leiträdern Ausgedehnte Kavitation in Spiralen oder Leiträdern kann unzulässige Schwingungen und Lärm verursachen. So wurden an einer mehrstufigen Pumpe (ähnlicher Konstruktion wie Abb. 2.11) abnormale Geräuschentwicklung und unzulässige Schwingungen beobachtet. Messungen des Körperschalls am Gehäuse mittels Beschleunigungsaufnehmer ergaben Breitbandwerte hoher Intensität im Bereich von 2500 bis 6000 Hz, die vom Saugdruck abhingen. Auch die Lagergehäuseschwingungen bei Schaufelfrequenz stiegen infolge Kavitation, obwohl die Kavitation in der Doppelspirale der ersten Stufe auftrat. Ursache waren die Spiralendquerschnitte, die infolge Gießereiproblemen massiv kleiner waren als nach der Auslegung erforderlich. Lärm und Schwingungen stiegen mit q*; sogar im Bestpunkt

10.7  Hydraulische Schwingungsanregung

821

Abb. 10.32-3   Einfluss der Änderungen im Eintrittsgehäuse, gemessen in der Anlage mit dem neuen Laufrad bei 3600 min−1 und σA = 0,45 [91]

Abb. 10.32-4   Einfluss der Kavitation auf die radialen Erregerkräfte [91]

musste ein Saugdruck eingestellt werden, der etwa σA = 3,5 entsprach, um Lärm und Schwingungen auf die zulässigen Grenzen zu senken. Die Kavitation in der Spirale war durch eine starke Beschleunigung des Fluids mit entsprechender Absenkung des statischen Drucks zu erklären: c3q/c2 = 1,8 bis 2 bei q* = 1,3. Man vergleiche hierzu Abb. 6.15, wo bei c3q/c2 > 1,1 starke Kavitation im Leitrad auftrat. Ungleichförmige Zuströmung Ungleichförmige Zuströmung sowie Wirbelzöpfe können Schwingungen und Lärm hervorrufen; dazu gehören im besonderen auch Schwingungsprobleme an Vertikalpumpen (Abschn. 11.7.3). Wirbelzöpfe regen Schwingungen mit dem Schaufeldrehklang an, da die Schaufel bei jedem Durchschneiden des Wirbelzopfs eine stoßartige Belastung erfährt; Abb. 11.21 mag einen Eindruck hiervon vermitteln. In Pumpstationen mit großen Einlaufbauwerken wurde mitunter beobachtet, dass Wirbel in unregelmäßigen Abständen von mehreren Minuten (bis zu einer Stunde!) entstehen können. Die Schwingungen wachsen drastisch an, wenn der Wirbel durch die Pumpe läuft, während die Amplituden anschließend wieder

822

10  Schwingungen und Geräusche

auf akzeptable Wert sinken. Wenn sich Luft in der Pumpe oder im System ansammelt, kann das zu ähnlichem Verhalten führen; der Nachweis ist dann schwierig, weil sich eine solche Störung manchmal langsam über Stunden oder Tage aufbaut. Teillastrezirkulation  Teillastrezirkulation an Laufradeintritt und -austritt ist eine häufige Ursache von Schwingungen infolge der starken Wechselwirkung zwischen Rotor und Stator. Die Anregung ist vorwiegend breitbandig/stochastisch im Bereich unterhalb der Drehfrequenz. Ablösungen und Wirbel wirken auf ähnliche Weise. Auch der Schaufeldrehklang steigt im Regelfall bei Teillast an. Bei tiefer Teillast nehmen die breitbandigen Erregerkräfte bei niedrigen Frequenzen stark zu. Diese Zunahme erfolgt meist nicht schlagartig, sondern ganz allmählich. Die Abb. 10.33 zeigt ein Beispiel: dargestellt sind die Effektivwerte der Schwinggeschwindigkeiten, die an zwei verschiedenen Laufrädern gemessen wurden. Ein Laufrad hatte einen sehr großen Eintrittsdurchmesser, der zu einem Zuströmwinkel von nur β1a = 7° führte. Das zweite Laufrad hatte einen kleineren Eintrittsdurchmesser und der Zuströmwinkel betrug β1a = 13°. Durch Einsatz des Laufrads mit kleinerem Eintrittsdurchmesser ließen sich die Schwingungen bei q*  0,8; DS Ablösung im Leitrad, IR Rückströmung um Laufradeintritt

Die Abb. 10.37 zeigt die Spektren von Wellen- und Lagergehäuseschwingungen, die an der Nichtantriebsseite bei q* = 0,56 (Versuch in Abb. 10.35) gemessen wurden. Die Analyse des Frequenzverhaltens dieser Pumpe ergibt: 1. Bei Teillast zeigen sich mehrere Spitzen bei verschiedenen Frequenzen, meist im Bereich von f/fn = 0,03 bis 0,6. Wie oben erläutert, ist dies der Bereich mit Rückströmung am Laufradeintritt. 2. Lagergehäuseschwingungen: Spitzen nahe bei f/fn = 0,35 und um f/fn = 0,20 herum treten bei jedem Durchfluss auf, sind aber schwach bei q* > 0,79.

10.7  Hydraulische Schwingungsanregung

µ

827

Lagergehäuseschwingungen, NDEhorizontal

µ

Wellenschwingungen, NDE-x

Wellenschwingungen, NDE-y

Lagergehäuseschwingungen, NDE-vertikal

Abb. 10.37   Idealisierte Ordnungsspektren der Schwingungen bei q* = 0,56 (gleicher Versuch wie in Abb. 10.35). a, b y-Achse in μm; c, d y-Achse in mm/s RMS

3. Wellenschwingungen: Oberhalb von q*  >  0,79 beobachtet man nur Synchronschwingungen. 4. Aus Punkt 2 und 3 könnte man schließen, dass durchflussunabhängige Systemeigenschaften die Spitzen nahe bei f/fn = 0,35 und f/fn = 0,20 beeinflussen. 5. Die antriebs- und nichtantriebsseitigen Spitzen unterscheiden sich in Stärke und Frequenz. 6. Die Spitzen horizontaler und vertikaler Schwingungen unterscheiden sich in Stärke und Frequenz. Bei den Wellenschwingungen kann das auf örtlich unterschiedliche Lagereigenschaften – je nach der Belastungsrichtung – zurückzuführen sein. Bei den Lagergehäuseschwingungen können die Unterschiede durch die anisotrope Steifigkeit der Lagergehäuse und durch Systemeinflüsse (Druckpulsationen in Saug- und Druckleitungen) bedingt sein. 7. Die Spitzen können bei Wellen- und Lagergehäuseschwingungen bei verschiedenen Frequenzen auftreten. 8. Einige Frequenzspitzen hängen stochastisch vom Durchfluss ab. 9. Die synchrone Spitze (hydraulische Unwucht) ist bei Teillast klein. Sie nimmt mit dem Durchfluss signifikant zu, wird aber über dem Bestpunkt, wo die hydraulische Unwucht abnimmt, flach – vermutlich weil die Förderhöhe zurückgeht (Abb. 10.38).

10  Schwingungen und Geräusche

µ

828

Abb. 10.38   Wellenschwingungen (gleicher Versuch wie in Abb. 10.35)

10 Druckpulsationen im System und Leitungsschwingungen haben vermutlich einen Einfluss darauf, wie sich die Pumpe gegenüber den verschiedenen hydraulischen Anregungen verhält. Unstabile Kennlinien; Lagergehäuseschwingungen An einer sechsstufigen Pumpe wurde Lagergehäuseresonanz bei Schaufeldrehklang beobachtet, aber nur in einem engen Förderstrombereich mit leicht unstabiler Kennlinie. Außerhalb des instabilen Bereichs war die Anregung zu schwach, um die Resonanz hervortreten zu lassen (Abb. 10.39). Die Resonanz wurde nur in einem kleinen Drehzahlbereich beobachtet: Auch bei Drehzahlen oberhalb des Bereichs mit unzulässigen Schwingungen gingen die Schwingungsamplituden auf Normalwerte zurück. Dies ist ein klarer Hinweis, dass es sich um eine mechanische Resonanz handelte und nicht um eine unzulässig hohe hydraulische Anregung.

1.3

12

1.2

10 8

1.1

6 1.0 0.9

H/Hopt v-RMS

0.8 0.0

0.2

4

v [mm/s]

H/Hopt [-]

Hydraulische Unwucht Ungleichförmigkeiten in den Laufradkanälen verursachen eine mit der Drehzahl umlaufende Störung der Druckverteilung am Laufradaustritt, die

2 0.4

0.6

0.8

0 1.0 q* [-] 1.2

Abb. 10.39   Lagergehäuseresonanz bei Schaufeldrehklang im instabilen Bereich der Kennlinie

10.7  Hydraulische Schwingungsanregung

829

wie eine mechanische Unwucht drehfrequente Biegeschwingungen der Welle anregt. Man spricht daher von hydraulischer Unwucht. Bei unzureichender Gussqualität können solche Kräfte unzulässige Werte annehmen. Typische Gussfehler dieser Art sind ungleiche Schaufelteilungen oder -wandstärken, Winkelabweichungen an Schaufeleinoder -austritt, über den Umfang variable Austrittsbreiten oder Abweichungen des hydraulischen Zentrums von der Mitte der Wellenbohrung. Versuchsresultate zu den Radialkraftkoeffizienten finden sich in Abb. 10.42. Die hydraulische Unwucht dominiert bei großen Förderhöhen pro Stufe (ab etwa Hst > 500 bis 600 m) im Regelfall über die mechanische Unwucht. Diese drehzahlsynchrone radiale Erregerkraft steigt mit dem Förderstrom (sie ist bei Q = 0 klein), weil sie durch Auftriebsunterschiede an den einzelnen Schaufeln hervorgerufen wird. Bei voll abgelöster Strömung bzw. ausgeprägter Rezirkulation hat die Schaufelform nur geringen Einfluss auf die Strömung (Kap. 5). Besondere Beachtung erfordern die schwingungsanregenden Kräfte in Einschaufelrädern (z. B. von Abwasserpumpen; [55]). Einzelheiten und Messdaten hierzu finden sich in Abschn. 9.3.9. Ausrichtung von Laufradmitte zu Leitradmitte  Schwingungen können angeregt werden, wenn Laufrad und Leitrad axial nicht mittig ausgerichtet wurden. Um die Strömung zu glätten, empfiehlt sich bei kleinem Verhältnis b3/b2 eine Anschrägung am Leitradeintritt, wie sie auf der letzten Seite der Formelzeichen in Tafel 0.2 (2) skizziert ist [61]. Unbeschaufelte Ringräume In unbeschaufelten Ringräumen (glatter Leitring), oder wenn zwischen Laufrad und Leitschaufeln oder Spiralzunge große Abstände von etwa d3 > 1,25 ausgeführt werden, können Druckpulsationen mit Frequenzen von 60 bis 90 % des Schaufeldrehklangs auftreten [60]. Sie entstehen durch ungleichförmige Strömungsverteilungen am Laufradaustritt und hängen folglich vom Förderstrom ab (Abschn. 5.3.4). Schwingungsanregung durch Wirbelstraßen  Schwingungsanregung durch Wirbelstraßen kann in großen Pumpturbinen zu Schäden oder unzulässiger Lärmentwicklung führen. Bei Resonanz zwischen Wirbelablösefrequenz und Eigenfrequenz können Risse in Rippen, Schaufeln oder anderen Strukturen, z. B. bei Geschwindigkeitsmesssonden, entstehen (Abschn. 10.12.4). Es sind keine Fälle bekannt, bei denen Wirbelablösung an den Laufschaufelaustrittskanten im Pumpbetrieb als Ursache für unzulässige Schwingungen nachgewiesen wurde, vermutlich weil die Strömung zu unregelmäßig ist, als dass sich strukturierte Wirbel bilden könnten. Offene Axialräder Bei offenen Laufrädern führt die Orbitbewegung (analog zu durchströmten Dichtspalten) zu einer über den Umfang variierenden Spaltweite zwischen Schaufel und Gehäuse. Die daraus resultierenden Unterschiede in der Spaltströmung rufen eine über den Umfang variierende Schaufelarbeit hervor: An der Stelle des kleinsten Spiels ist die Schaufelarbeit nach [76] am größten. Dies führt zu

830

10  Schwingungen und Geräusche

dezentrierenden Radialkräften sowie zu Tangentialkräften (Alford-Effekt; [2, 15]). Messungen der Koppelsteifigkeit kc an Pumpen mit offenen Laufrädern sind nicht bekannt; gegebenenfalls kann man für eine Abschätzung auf die Versuche an Axialkompressoren in [76] zurückgreifen:

kc =

Mβ Dm hB

mit

β = −254 + 466 q∗ − 213 q∗2

(10.16)

In Gl. 10.16 bedeutet M das Drehmoment am Laufrad, Dm den mittleren Schaufeldurchmesser und hB die Schaufelhöhe; hB = ½  (Da–Di). Die Messungen wurden nur im Bereich von 0,92  0,08 anstreben. 18. Konstruktion des Rotors und Wahl der Kupplung dergestalt, dass kupplungs dominierte Moden (weil schwach gedämpft) vermieden werden. Ein belastetes Kippsegmentaxiallager hat gute Dämpfungseigenschaften; dennoch verdienen Moden, die durch den überhängenden Axiallagerteller dominiert sind, ebenfalls Beachtung. 19. Dämpfende Konstruktionselemente sind möglichst in einem Schwingungsbauch, destabilisierende Elemente in Schwingungsknoten anzuordnen. 20. Ungleichförmige Zuströmprofile vor dem Laufrad sind schädlich – besonders mit zunehmender spezifischer Drehzahl. 21. Akustische Resonanzen von stehenden Wellen mit dem Schaufeldrehklang (oder anderen Erregermechanismen) in Überströmkanälen oder im System vermeiden. 22. Strukturelle Resonanzen, z. B. an Lagergehäusen oder Grundplatten und Fundamenten, in kritischen Fällen durch vorherige Analyse vermeiden. 23. Die kritischen Drehzahlen – und damit auch die Stabilitätsgrenze – lassen sich durch folgende Maßnahmen erhöhen: – Dickere Welle, kürzerer Lagerabstand – Überhang von Kupplung und Axiallagerteller entschärfen: Masse verkleinern, Wellenteil verdicken und/oder verkürzen – Erhöhung der Lagersteifigkeit

838

10  Schwingungen und Geräusche

– Erhöhung der Steifigkeit der Dichtspalte an den Laufrädern und am Entlastungskolben: kleineres Spiel, keine – oder nur flache – Rillen, Lsp/dsp optimieren, größere Druckdifferenz über Dichtspalt – Durch eine Einspritzung von Fluid in den Spalt eines Entlastungskolbens bei der halben Spaltlänge lässt sich nach den Untersuchungen in [84] die Steifigkeit etwas erhöhen. – Reduktion des dezentrierenden Effekts der hydraulischen Laufradwechselwirkung 24. Maßnahmen zur Erhöhung von Dämpfung und Stabilitätsgrenze: – Drallbremse am Eintritt zu den Dichtspalten an den Laufrädern oder am Entlastungskolben – Rauher Stator an den Dichtspalten (Wabenmuster) – Kleinere Dichtspaltspiele – Größere Dichtspaltlängen – Destabilisierenden Effekt der hydraulischen Laufradwechselwirkung entschärfen: größere Breite des Radseitenraums, Winkel zwischen Laufraddeckscheibe und Rotorachse möglichst nahe an 90° – Mehrgleitflächenlager

10.9 Zulässige Schwingungen Die zulässigen Schwingungsamplituden werden in der Regel nach Normen wie [N.6] oder [N.16] beurteilt. Dabei werden für den bevorzugten Betriebsbereich und den erlaubten Betriebsbereich unterschiedliche Grenzen festgelegt. Diese Betriebsbereiche sind vertraglich festzulegen. Der bevorzugte Betriebsbereich umfasst den Betrieb in Bestpunktnähe, z. B. 0,85 5 × 106

Wirbelablösung

Mit SStr

stochastisch

Mit SStr

Strouhal-Zahl: SStr

0,2



0,3

Widerstandsbeiwert: ζD

1,0 bis 1,1

0,4 bis 0,7

0,7

Auftriebsbeiwert: ζL

0,35 bis 0,7

0,15 bis 0,2

0,2 bis 0,3

Zusätzlich zu den auf die Außenseite von Einlaufdüse und Pumpenkörper wirkenden Kräften erzeugt die Wucht des eintretenden Wassers Kräfte auf die Innenseite der Einlaufdüse, wenn die Zuströmung nicht rotationssymmetrisch ist. Der Mechanismus ist ähnlich den Impulskräften eines durchströmten Rohrbogens, aber das Wasser strömt ungleichmäßig und instationär von allen Seiten in die Einlaufdüse. Die Auftriebskraft schwankt in gleichförmiger ebenso wie in ungleichförmiger Zuströmung. Bei einem Zylinder im Abstand e von einer Wand kommt es für e/D  40, aber oft werden größere Abstände gewählt, was zur Verringerung der hydraulischen Erregerkräfte beiträgt. • Die Laufschaufelaustrittskante sollte auf der Druckseite profiliert werden und mit einem kleinen Radius beendet werden, Abb. 14.7-4. Halbaxiale Pumpen reagieren recht empfindlich auf die Form der Druckkante. Die optimale Form, die von der Druckverteilung auf der Schaufel abhängt, kann mit Modellversuchen optimiert werden. Die hydraulische Unwucht, die synchrone Schwingungen anregt, ist durch adäquate Gussqualität zu begrenzen (das ist gar nicht so einfach, denn das Gießen von großen halboffenen Laufrädern mit engen Toleranzen erfordert beträchtliche Erfahrung). Umlaufende Ablösungen („rotating stall“) könnten die Schwingungen beeinflussen und gegebenenfalls modulieren. „Rotating stall“ im Leitrad bei einer instabilen Kennlinie wurde in [132] untersucht (Daten: nq = 90; zLa = 5, zLe = 9). Die Ablösungen traten auf zwischen q*  =  0,68 und 0,82, Umlauffrequenz fRS =  0,42 Hz oder fRS/ fn = 0,042. Als Ursache wurde Strömungsablösung am Leitradeintritt bei der Nabe an der Leitschaufelsaugfläche festgestellt. Eine zweite Instabilität wurde bei q* = 0,6 infolge beginnender Rückströmung am Laufradeintritt beobachtet. Bei Einlaufdüsen mit Rippen kann deren Ausrichtung in Bezug auf die Bodenrippe möglicherweise die Strömung zur Einlaufdüse durch örtliche Strömungsablösung beeinflussen. Generell kann man sich fragen, ob diese Rippen nützlich sind, wenn eine geeignete Bodenrippe im Pumpensumpf vorhanden ist. Der Zweck solcher Rippen wäre, die Wirkung von Teillastrezirkulation auf die Sumpfströmung zu reduzieren. Aber ein Betrieb bei sehr niedrigem Förderstrom mit sehr starker Rückströmung kommt wahrscheinlich überhaupt nur dann infrage, wenn die Pumpe nicht optimal ausgelegt ist (zu großer Eintrittsdurchmesser und Anstellwinkel). Für normalen Betrieb scheint die Bodenrippe ausreichend. Ohne Bodenrippe sind allerdings Rippen in der Einlaufdüse absolut notwendig.

928

10  Schwingungen und Geräusche

Um den Einfluss der Wirbelablösung klein zu halten, sollte die Abströmkante derartiger Rippen nicht halbkreisförmig sein. Die Abströmkante kann entsprechend Tafel 10.13 gestaltet werden. Zwar können solche Einflüsse nicht quantifiziert werden und sind vielleicht unbedeutend, aber vorsichtshalber kann ein Entwurf bevorzugt werden, der möglichst geringe Wirbelablösung verspricht, ohne merkliche Mehrkosten.

10.14.4 Einfluss der Druckleitung auf Schwingungen Druckschwankungen im Austrittsflansch bedeuten Erregerkräfte, deren Größenordnung man abschätzen könnte, indem man die Amplituden des Druckpulsationsspektrums mit dem Querschnitt des Druckstutzens multipliziert. Wenn sie genügend hohe Energie enthalten, können breitbandige Druckpulsationen sowohl mechanische als auch akustische Eigenfrequenzen erregen, wie in [95] berichtet. Um die Wirkung solcher Kräfte auf die Schwingungen (Strukturen in der Regel über, aber gelegentlich auch unter dem Pumpenfundament) zu vermindern, sollte sich der Druckstutzen möglichst nahe am Fundament befinden (geringere Hebelwirkung). Die durch periodische Anregung hervorgerufenen stehenden Wellen – wie z. B. fn und zLa*fn – können in einfachen Rohrleitungssystemen berechnet werden, indem man eindimensionale Wellen gemäß Abschn. 10.12.3 annimmt, aber in komplexen Systemen können die Ergebnisse irreführend sein [24]. Hohe Druckpulsationen entstehen, wenn die Pumpe in einem flachen oder unstabilen Kennlinienbereich betrieben wird. Stochastische Amplituden und Breitbanderregung sind dann groß. Druckpulsationen können sich im Werksversuch stärker auswirken als im Anlagebetrieb – oder umgekehrt. In Werksversuchen wird die gesamte Förderhöhe mit einem Ventil gedrosselt und in Form von Breitbandpulsationen und Turbulenz dissipiert, was im realen Betrieb nicht der Fall ist. Darüberhinaus sind die Druckleitungen im Werk und in der Anlage bezüglich Abstützung, Steifigkeit und stehenden Wellen verschieden. Anlagen, in denen mehrere Pumpen gemeinsam in einen Sammler fördern, können wegen Strömungsablösung und Wirbeln an der 90-Grad-Umlenkung und zahlreichen reflektierenden Stellen problematisch sein.

10.14.5 Eigenfrequenzanalyse In mechanischer Hinsicht formen Motor, Motorstuhl, Steigrohr und Rotor eine Einheit, die durch die Unwuchten der Rotoren von Pumpe und Motor, durch Ausrichtefehler, hydraulische Kräfte und durch Druckpulsationen in der Druckleitung zu Schwingungen angeregt wird. Mit Finite-Element-Analysis (FEA) kann man – in einem einzigen komplexen Modell – diese am Fundament befestigte und an die Druckleitung angeschlossene Einheit berechnen. Dies entspricht dem Stand der Technik; die Analyse sollte alle Eigenfrequenzen und Eigenformen mindestens bis zu f = 1,25 × zLa × fn umfassen [104].

10.14  Schwingungen von Vertikalpumpen

929

10.14.5.1 Eigenfrequenzen und Schwingungen der Welle Die Spannweite zwischen den Lagern im Steigrohr kann man aufgrund von Erfahrung wählen und mit rotordynamischen Rechnungen überprüfen. Mit ISO 13709 (API610) [109] lässt sich prüfen, ob die Abstände richtlinienkonform sind (bis 100 mm Wellendurchmesser). Da die Radiallager von Vertikalpumpen nicht durch das Rotorgewicht belastet werden, lässt sich keine eindeutige Lagerbelastung definieren. Somit kann die Steifigkeit der Gleitlager nicht berechnet werden. Ebensowenig ist es möglich, die Lagerbelastung durch die Laufradunwucht, der vor allem das untere Lager ausgesetzt ist, zu quantifizieren. Zusätzlich entstehen durch Unwucht oder Verbiegung der Welle sowie durch nichtfluchtende Lager, Kräfte und Lagersteifigkeiten unbekannter Größe. Alle diese Effekte sind vorwiegend durch Fertigungstoleranzen bedingt und sind demzufolge statistisch verteilt. Die reale Wirkung der Lagersteifigkeiten auf die Eigenfrequenzen ist somit kaum zu erfassen. Die vom Förderstrom abhängige Axialkraft auf das Laufrad erzeugt in der Welle Zugspannungen, die die Eigenfrequenzen um etwa 10 % erhöhen [104]. Wird die Exzentrizität der Welle im Lager fast so groß wie das Lagerspiel, wird die Steifigkeit stark nichtlinear. In schwach belasteten zylindrischen Lagern kann der Rotor instabil werden, was sich in subsynchronen Schwingungen nahe bei ½ × fn äußert. 10.14.5.2 Eigenfrequenzen des Motors und der Komponenten oberhalb des Fundaments Die Eigenfrequenzen der Bauelemente über dem Fundament, also Motor, Motorstuhl und gegebenenfalls Lagergehäuse, können mit FEA berechnet werden. Quellen für Unsicherheiten bei solchen Rechnungen sind hauptsächlich: 1) Steifigkeit des Fundaments; 2) Unterfütterung mit Mörtel; 3) Ankerbolzen; 4) die Druckleitung und ihre Abstützungen. Die Eigenformen des Motors/Motorstuhls ähneln einem einseitig eingespanntem Biegebalken. Die Schwingungen dieser Komponenten werden vorwiegend durch die Unwucht des Motors angeregt [105], können aber auch durch Ausrichtefehler, Laufradunwucht, hydraulische Erregerkräfte und Druckschwankungen in der Druckleitung beeinflusst sein. Die Rohrleitungen, Armaturen, Dehnmuffen, die darin enthaltene Wassermasse und die Rohrleitungsabstützungen müssen bis zu einer Grenze modelliert werden, die man sich als Kugel mit einem Radius R = 2 × Hmotor (Motorhöhe oberhalb des Fundaments) vorstellen kann [104]. 10.14.5.3 Eigenfrequenzen von Steigrohren Eine Eigenfrequenz des Steigrohrs liegt oft in der Nähe der Drehfrequenz der Welle. Eine genaue Bestimmung der Steigrohreigenfrequenzen ist deshalb von größter Bedeutung für einen zuverlässigen Betrieb. Zum Berechnen der Eigenfrequenzen des Steigrohrs wird die in Pumpe und Steigrohr enthaltene Wassermasse zur Metallmasse hinzugerechnet. Drei weitere Einflüsse sind schwierig zu quantifizieren: 1) Die Steifigkeit der Verbindung mit dem Fundament, 2) die Zusatzmasse des Wassers außen um das

930

10  Schwingungen und Geräusche

Steigrohr herum; 3) die Wirkung der Rotormasse und der Lagersteifigkeit auf die Steigrohreigenfrequenz – insoweit eine Kopplung stattfindet. Steifigkeit der Verbindung mit dem Fundament (normalerweise Betonboden): die Stahlflansche und Ankerbolzen modelliert man mit FEA; Angaben zum Fundament erhält man vom Konstrukteur. Man könnte einen Teil des Betonfundaments mit in das FEA-Modell einbeziehen in Form einer ringförmigen Platte, deren innerer Durchmesser durch die Montageöffnung der Pumpe herum gegeben ist und deren äußerer Durchmesser zu Dboundary = (2 bis 3)×Dflange oder Rboundary = 2×Hmotor anzunehmen wäre [104]. Die Begrenzung wählt man so, dass die Verformung am Rand vernachlässigbar ist und die Platte als am äußeren Rand eingespannt gelten kann. Die Koppelung zwischen den Bauelementen über und unter dem Fundament hängt ab: 1) von der Steifigkeit des Fundaments; 2) von der Steifigkeit von Verbindungsflansch und Ankerbolzen; 3) der Steifigkeit des Pumpenkörpers an dieser Stelle. Ist die resultierende Steifigkeit sehr groß, ist die Kopplung zwischen den Motor- und Steigrohrschwingungen schwach. Bei unendlich großer Steifigkeit könnten Motor und Steigrohr als zwei voneinander unabhängige eingespannte Biegebalken angesehen werden. Ist demgegenüber die Steifigkeit der Verbindung zwischen der Pumpe-Motor-Einheit und dem Fundament schwach, ist die Kopplung zwischen den Schwingungen von Motor und Steigrohr stark. Bei sehr geringer Steifigkeit würde die Pumpe-Motor-Gruppe wie um ein Drehgelenk schwingen. In diesem Fall hätten auch die Druckleitung und ihre Abstützung größeren Einfluss auf die Eigenfrequenzen des Steigrohrs. Zusatzmasse des das Steigrohr umgebenden Wassers  In einem unendlichen Wasservolumen kann man die Zusatzmasse μad mit dem vom Steigrohr verdrängten Wasser gleichsetzen; d. h. pro Längeneinheit: μad = ¼π × ρ × D2cp[9]. In einem begrenzten Raum wird die Zusatzmasse größer, weil sich das von den Steigrohrschwingungen verdrängte Fluid wegen der Pumpensumpfwände nicht frei bewegen kann. Eine grobe Einschätzung mit analytischen Formeln ist möglich, indem man z. B. das Modell für die Zusatzmasse μad zwischen zwei konzentrischen Zylindern heranzieht (der innere Zylinder sei in Schwingung, der äußere steif; [9]).

π µad = Y ρ D2cp 4

mit Y =

(W/Dcp )2 + 1 (W/Dcp )2 − 1

(10.29)

μad = Zusatzmasse (in kg/m) des Wassers um das Steigrohr herum (zusätzlich zur Wassermasse im Steigrohr). Dcp =  Außendurchmesser des Steigrohrs; W = Pumpensumpfbreite; Standard-Sumpf: W = 2 × DT; für DT/Dcp = 20,5 resultiert Y = 1,29. Die Rippe an der Rückwand (falls vorhanden) behindert die Bewegung des von der Steigrohrschwingung verdrängten Wassers, was den Zusatzmasseneffekt verstärkt. Alles in allem scheint der Wert Y = 1,3 bis 1,5 vernünftig.

10.14  Schwingungen von Vertikalpumpen

931

Die Zusatzmasse variiert mit dem Wasserspiegel. Wenn der Abstand der Steigrohreigenfrequenz zu einer diskreten Erregerfrequenz (fn oder zLafn) klein ist, hängen die Schwingungen vom Wasserniveau (wie in CH7 und CH8, s. unten). Schwingungskopplung. Einfluss des Rotors auf die Eigenfrequenzen des Steigrohrs: Wenn die Schwingungsamplituden der Welle nur einen kleinen Bruchteil der Spiele der wassergeschmierten Lager betragen, ist der Einfluss des Rotors auf die Eigenfrequenzen des Steigrohrs unbedeutend. Liegt dagegen eine Eigenfrequenz des Steigrohrs nahe an der Drehfrequenz, entstehen hohe Schwingungsamplituden – sogar bei kleiner Unwucht. In diesem Fall ist die Lagersteifigkeit hoch und der Rotor muss in die Berechnung der Eigenfrequenzen des Steigrohrs mit einbezogen werden. Mit FEA-Programmen nach dem Stand der Technik können gekoppelte Schwingungen mit Federelementen zwischen Steigrohr und Welle berechnet werden. Besonders empfiehlt sich dies bei schlanken Steigrohren mit L/Dcp > 4, wenn nur kleine Amplituden zulässig sind, wenn stehende Wellen zu erwarten sind, bei einem schwachen Fundament oder bei schwacher Rohrleitungsabstützung. Eine starke Kopplung ist zu erwarten, wenn die Massen von Rotor und Steigrohr, oder deren Eigenfrequenzen, ähnlich groß sind. Dann muss das ­Rotor-Stator-System in einem einzigen Modell analysiert werden, weil die gekoppelte Eigenfrequenz sehr verschieden ist von den getrennt berechneten Werten für Rotor und Steigrohr. Der Zweck der Eigenfrequenzanalyse ist ja die Beurteilung des Resonanzrisikos; deshalb empfiehlt sich die Verwendung von Koppelschwingungsmodellen zur gründlichen Überprüfung der Auslegung von großen Vertikalpumpen. Die Koppelung von Welle und Steigrohr unter Verwendung der richtigen Steifigkeit für das Lager ist von größter Bedeutung im Hinblick auf sinnvolle Ergebnisse [108]. Neben den Eigenwerten sind auch die erzwungenen Schwingungen bei der größten zu erwartenden hydraulischen und mechanischen Unwucht zu analysieren. Die Analyse sollte auch Torsionsschwingungen und die Kombination von lateralen und torsionalen Moden einbeziehen. Da die Modellierung auf einer Reihe von Annahmen beruht, empfiehlt sich eine Empfindlichkeitsanalyse, um die Unsicherheiten der berechneten Eigenfrequenzen von Welle, Steigrohr und Motor zu bewerten und die nötigen Resonanzabstände entsprechend festzulegen. Die zu untersuchenden Phänomene umfassen: Zusatzmassen, Steifigkeit des Fundaments, Lagersteifigkeit, Einfluss der Druckleitungen.

10.14.6 Schadensfälle Eigenfrequenzen CH6 – Lagerinstabilität: Über eine Pumpe mit hohen Schwingungen und wiederkehrenden Schäden an Lagern und Wellendichtungen wird in [108] berichtet. In den Schwingungsspektren des Steigrohrs dominierten Amplituden bei 0,49 × fn, die bei Überschreiten eines Grenzwerts der Drehzahl schlagartig anstiegen. Das Steigrohr (LCP = 13,7 m) war sehr schlank mit etwa LCP/DCP = 37; die Welle war in acht

932

10  Schwingungen und Geräusche

Tab. 10.10  Berechnete Eigenfrequenzen der Statormoden im Vergleich zur Messung Eigenfrequenz gemessen bei n = 0 in Hz

5

15

30

FEA zu Versuch bei n = 0: fFEA/ftest

1,12

1,04

0,96

1,27

1,17

1,1

1,14

1,12

1,14

0,91

0,92

0,92

FEA zu Versuch bei n = 1600

min−1:

fFEA/ftest

Einfluss der Drehzahl nach Rechnung FEA: fn=1600/fn=0 Gedämpfte und ungedämpfte Eigenfrequenzen FEA bei 1600 fdamped/fundamped

min−1:

zylindrischen Lagern abgestützt. Die Wellenschwingungen wurden mit Abstandsgebern in Laufradnähe gemessen; mehrere Beschleunigungsaufnehmer wurden entlang des Steigrohrs montiert. Mit einem rotordynamischen FEA von Steigrohr, Welle und Motorstuhl wurde das Verhalten der Pumpe im Originalzustand sowie mit Kippsegmentlagern untersucht, mit denen das Problem schließlich gelöst wurde. Die Berechnungen lieferten unterhalb der maximalen Betriebsdrehzahl mehrere Eigenmoden von Stator und Rotor. In den Statormoden folgt die Welle den Auslenkungen des Steigrohrs, während in den Rotormoden die Wellenschwingungen dominieren und die Steigrohramplituden minimal sind. Die bei Stillstand durch Anschlagversuch gemessenen Steigrohreigenfrequenzen lagen bei 5, 15 und 30 Hz. Die berechneten Eigenfrequenzen bei n = 0 und n = 1600 min−1 sind in Tab. 10.10 aufgeführt. Schlussfolgerungen aus Tab. 10.10: • Die tieferen Moden wurden weniger genau vorausberechnet als die Moden mit hohen Frequenzen. • Die Abweichungen zwischen Rechnung und Versuch betrugen Stillstand 4–12 %. • Einfluss der Drehzahl gemäß Rechnung: bei 1600 min−1 sind die Eigenfrequenzen etwa 12 % höher als bei Stillstand. • Die gedämpften Eigenfrequenzen lagen etwa 8 % unter den ungedämpften. • Die Verwendung der Messdaten im Stillstand zur Bestimmung der Resonanzabstände wäre zu unsicher, weil der Drehzahleinfluss auf die Eigenfrequenzen nicht vernachlässigt werden darf – jedenfalls nicht bei der untersuchten Pumpe. Diese Zusammenhänge wurden von Untersuchungen an einem schlanken Steigrohr abgeleitet. Eine Übertragung auf große Kühlwasserpumpen mit kleinem Schlankheitsgrad bleibt unsicher. Die Berechnung der gedämpften Eigenwerte ergab Rotormoden mit negativer Dämpfung – also Instabilitäten – deren Eigenfrequenzen nahe der halben Betriebsdrehzahl lagen. Es handelte sich also um klassische Instabilität der Zylinderlager, was die Schäden erklärte. Mittels Kippsegmentlagern ließ sich in der Rechnung eine positive Dämpfung nachweisen, was im Anlageversuch anschließend bestätigt wurde.

10.14  Schwingungen von Vertikalpumpen

933

Wasserstandsabhängige Schwingungen Für eine gegebene Pumpstation kann der Wasserstand die Schwingungen beeinflussen: • Die Steigrohreigenfrequenzen steigen mit sinkendem Wasserspiegel, weil der Effekt der Zusatzmasse abnimmt. • Das Risiko der Bildung kohärenter Wirbelzöpfe steigt mit sinkender Überdeckung der Einlaufdüse. • Die Zuströmgeschwindigkeit cA = Q/(W×hwl) steigt mit fallendem Wasserspiegel hwl; die Strömung wird tendenziell ungleichförmiger und die Erregerkräfte steigen. CH7: Pumpendaten: n = 740  min−1, Q = 8250  m3/h, H = 40 m, nq = 70, P = 1070  kW. In [98] wird ein Schadensfall beschrieben, in dem der Resonanzabstand SM zwischen Steigrohreigenfrequenz und Drehfrequenz so klein war, dass die durch Ebbe und Flut bedingten Spiegeländerungen bedeutende Schwankungen in den oben am Motor gemessenen Schwingungen hervorriefen. Bei Ebbe betrug das Resonanzverhältnis SM = feigen/f = 0,93 und die Amplituden erreichten bis zu 17 mm/s RMS. Bei Flut sinkt die Eigenfrequenz infolge der vergrößerten Zusatzmasse (höherer Wasserspiegel); SM wird entsprechend kleiner, sodass die höchsten Amplituden bei Ebbe und die niedrigsten bei Flut registriert wurden. Mittels drei Schwingungstilgern, die an den Motor geschraubt wurden, ließen sich die Amplituden auf zulässige Werte reduzieren. Wie aus Abb. 10.76 hervorgeht, bestehen die als Einmassenschwinger konzipierten Schwingungstilger aus einer Masse und einer Feder in Gestalt eines Biegestabs. Gemäß des Fotos konnte die Eigenfrequenz der Schwingungstilger in der Anlage optimal eingestellt werden, da sich die vertikale Position der Masse (somit die Federsteifigkeit) verändern lässt. Über die Steigrohrschwingungen ist nichts bekannt. Es kann gut sein, dass es sich im vorliegenden Fall einzig um eine Resonanzanregung durch eine schwache Unwucht handelt. Zu bedenken ist aber, dass zwar die Symptome bekämpft aber die ursächlichen Erregerkräfte nicht reduziert wurden. In Fällen, wo unzulässig hohe Erregerkräfte auftreten, sind Schwingungstilger also nicht unbedingt zielführend. CH8: Über gezeitenabhängige Schwingungen an einer ­300-Kilowatt-Vertikalpumpe mit 1180 min−1 wurde in [103] berichtet. Bei Flut erreichten die Amplituden 11 mm/s bei einer Steigrohreigenfrequenz von 19,3 Hz (SM = 0,98), bei Ebbe nur 6 mm/s bei Steigrohreigenfrequenz von 20,8  Hz (SM  =  1,06). Zur Diagnose wurde ein Beschleunigungsaufnehmer am Steigrohr etwas oberhalb des Gehäuses der zweistufigen Pumpe montiert. Dieser Fall demonstriert erneut, wie empfindlich der Resonanzabstand auf den Wasserstand reagieren kann und wie genau die Vorausberechnung der Eigenfrequenzen sein muss, um derartige Probleme zu vermeiden – es sei denn, der Resonanzabstand wird genügend groß gewählt, um die Unsicherheiten der Berechnung abzudecken. Als Abhilfe im vorliegenden Fall konnte das Steigrohr gekürzt werden, um die Eigenfrequenzen genügend über die Drehfrequenz anzuheben.

934

10  Schwingungen und Geräusche

Abb. 10.76   Schwingungstilger [98]

Mittels Beschleunigungsaufnehmern an der Einlaufdüse wurden die Schwingungen bei verschiedenen Wasserständen auch in [113] untersucht. Mit abnehmender Überdeckung stiegen erwartungsgemäß die Steigrohreigenfrequenzen. Fazit: Die korrekte Berücksichtigung der Zusatzmasse bei eingetauchten Strukturen ist eine Voraussetzung für eine sachgerechte Analyse und Beurteilung. CH9: Lagerschäden infolge Steigrohrresonanz. Wiederholte Schäden an den Steigrohrlagern traten an einer halbaxialen Pumpe mit schlankem Steigrohr auf, dergestalt, dass eine Eigenfrequenz dritter Ordnung durch die Drehfrequenz (894 min−1, 14,9 Hz) angeregt wurde. Dabei erreichte die Schwinggeschwindigkeit am Motor 10 mm/s. Da der Resonanzabstand aber 23 % betrug, lag die Ursache nicht in einer Motorresonanz, sondern in einer Steigrohrresonanz. Dies ließ sich allerdings nur nachweisen, indem ein Beschleunigungsaufnehmer an der Einlaufdüse montiert wurde, wo dann auch 19 mm/s bei Drehfrequenz gemessen wurden. Durch Anschlagversuch wurden die drei niedrigsten Steigrohreigenfrequenzen zu 1 Hz, 5,5 Hz und 15,9 Hz bestimmt. Die dritte Eigenform wies also nur einen Resonanzabstand von 7 % gegenüber der Drehzahl auf. Alle Steigrohreigenfrequenzen waren als scharfe Spitzen in den Spektren oben am Motor sowie

10.14  Schwingungen von Vertikalpumpen

935

an der Einlaufdüse zu erkennen. Die Amplituden an der Düse waren aber viel höher als am Motor; das Problem lag also am Steigrohr und nicht am Motor – was aber nur durch Messungen an der Einlaufdüse festzustellen war. Zur Abhilfe wurde das Steigrohr gekürzt, wodurch sich ein Resonanzabstand von 16 % erreichen ließ. CH10: Steigrohrresonanz als Ursache für Wellenbrüche und Steigrohrrisse, [112]. Kühlwasserpumpe mit: Q = 15000 m3/h, H = 21 m, P = 1000 kW, nq = 106, n = 510 min−1 (fn = 8,5 Hz). Zu Beginn des Betriebs lagen die Motorschwingungen bei 2,5 mm/s; sie stiegen aber im Lauf der Zeit auf 5 mm/s. Nahe der Kupplung traten dabei Wellenbrüche infolge Ermüdung auf. Zudem zeigte das Laufrad leichte Anstreifspuren und einige Ankerbolzen am Fundament brachen. Nach einer ersten Reparatur mit Ersatz der Welle stiegen die Amplituden rasch auf 10 mm/s. Da der Resonanzabstand SM des Motorstuhls zur Drehzahl nur 4 % betrug, wurden Versteifungen angeschweißt. Mittels experimenteller Modalanalyse wurde eine Eigenfrequenz von 8,19 Hz (SM = –3,7  %) ermittelt, wenn die Ankerbolzen zum Fundament gelöst wurden. Bei angezogenen Bolzen betrug die Eigenfrequenz von 8,44 Hz (SM = –0,7 %); in diesem Fall sprangen die Amplituden am Motor auf 29 mm/s. Nach weiteren Versteifungen am Druckstutzen sanken die Motorschwingungen um 50 %, blieben aber über den zulässigen Werten. Zudem wurde am Steigrohr Risse entdeckt. Nun wurden Beschleunigungsaufnehmer an der Einlaufdüse montiert, die bei Drehfrequenz Amplituden bis 90 mm/s, entsprechend einer Auslenkung von 1,7 mm, registrierten. Die berechnete Steigrohreigenfrequenz betrug 8,1 Hz (SM = –4,5 %). Die Ursache allen Übels lag also in einem ungenügenden Resonanzabstand zwischen Drehfrequenz und Steigrohreigenfrequenz. Zur Abhilfe wurde an der Einlaufdüse eine Zusatzmasse von 2000 kg montiert; die Steigrohreigenfrequenz konnte somit auf 7,3 Hz (SM = −15 %) gedrückt werden. Danach sanken die Amplituden an der Düse auf 3 mm/s und am Motor auf nur 0,5 mm/s. Fazit: • Steigrohrresonanzen können mit Messungen an Bauteilen oberhalb des Fundaments nicht mit genügender Sicherheit entdeckt werden. • Eine Versteifung der Bauteile oberhalb des Fundaments und deren Verbindung mit dem Fundament können Steigrohrschwingungen verdecken oder gar verschärfen. CH11: Steigrohrresonanz verursacht Lagerschaden an 2­000-Kilowatt-Kühlwas‑­ serpumpe. Die Schwingungen an Motor und Bauteilen oberhalb des Fundaments lagen innerhalb der zulässigen Grenzen, aber im Steigrohr entstanden Risse und das unterste Lager zeigte erheblichen Verschleiß. Außerdem wiesen Einlaufdüse/Gehäusewand starke Spuren von Rotoranstreifen auf: Offensichtlich waren die Amplituden so groß, dass die Ermüdungsfestigkeit überschritten wurde (sonst hätten sich keine Risse bilden können). Über dem Fundament dominierten synchrone Schwingungsspitzen, sodass synchrone Erregung die wahrscheinliche Ursache war. Die Steigrohrschwingungen wurden zwar nicht gemessen, aber die berechnete Eigenfrequenz des Steigrohrs lag nahe an der Betriebsdrehzahl. Die zur Rissbildung erforderlichen Auslenkungen und Kräfte konnten unmöglich durch Unwuchten erreicht werden: Hohe Vergrößerungsfaktoren

936

10  Schwingungen und Geräusche

in Resonanznähe mussten also am Werk sein. Es war somit zu vermuten, dass Koppelschwingungen für die hohen Amplituden verantwortlich waren und so zur Rissbildung und zu den Lagerschäden führten. Zu Betriebsbeginn waren auch die Schwingungen an Motor und Lagerträger unzulässig hoch. Erst nach richtigem Unterfüttern der Grundplatte und mit zusätzlichen Abstützungen wurden sie auf ein annehmbares Niveau reduziert. So verschwanden die Symptome, aber die Erregerkräfte wurden nicht verkleinert. Dieser Fall, der sehr ähnlich wie CH9 und CH10 ist, zeigt nochmals, dass akzeptable Schwingungsmesswerte an den Bauteilen über dem Fundament nicht immer den Schluss zulassen, die Probleme seien gelöst. CH12: Schadensfälle an einer Kühlwasserpumpe [115]; Q = 4500  m3/h, H = 53 m, n = 885 min−1. Nach zwei Monaten Betriebsdauer traten schwere Schäden an den Spaltringen, Laufrädern und Lagern auf. An Laufrad und Welle war der Verschleiß lokal, während er an den feststehenden Bauteilen gleichmäßig über den ganzen Umfang erfolgte. Folglich mussten starke synchrone Rotorschwingungen aufgetreten sein. Die Schwingungen schwankten mit Perioden von wenigen Minuten. Diese Modulation wurde dadurch verursacht, dass sechs Pumpen parallel auf einer gemeinsamen weichen Betonstruktur installiert waren und die Druckleitungen in einen Sammler mündeten. So beeinflussten sich die Schwingungen der einzelnen Pumpen gegenseitig: Die Amplituden wachsen, wenn die Schwingungen in Phase sind, und fallen, wenn sie in Gegenphase sind. Um die Eigenfrequenzen aus einem Bode-Plot zu ermitteln, wurde ein Shaker mit variablen Frequenzen auf dem Motor installiert; zwei Geschwindigkeitsaufnehmer waren am Pumpengehäuse befestigt. Sowohl die Eigenfrequenzen des Motors als auch die des Steigrohrs waren sehr nah an der Betriebsdrehzahl (SM weniger als 2 %). Der geringe Resonanzabstand war verantwortlich für die extremen Schwingungen (oben am Motor 46 mm/s oder 0,5 mm Ausschlag) und die daraus resultierenden Schäden. Interessant ist, dass die Steigrohrresonanz dieselben Verschleißmuster erzeugte wie eine Unwucht. Schwingungen reagieren sehr empfindlich auf die Steifigkeit der Verbindung zwischen der Pumpen-Motor-Einheit und dem Fundament. Schließlich wurden die Probleme mit einer Versteifung der oberirdischen Bauelemente mittels Stützstreben und Ankerbolzen beseitigt. Über Schwingungsmodulation, weil sich auf einem gemeinsamen Fundament montierte Pumpen gegenseitig beeinflussten, wurde auch in [116] berichtet: Die Schwingungen variierten mit einer Periode von 18 min zwischen 1,6 und 6,3 mm/s.

10.14.7 Vergrößerungsfaktoren und Resonanzabstände Der Resonanzabstand SM sei als das Verhältnis der Eigen- zur Erregerfrequenz f definiert: SM = feigen/f; er wird auch als Prozentzahl angegeben: SM = 100(feigen/f – 1). Mit der Wahl eines ausreichenden Resonanzabstands verfolgt man zwei Zwecke:

10.14  Schwingungen von Vertikalpumpen

937

1. Es ist sicherzustellen, dass die Amplituden zulässige Werte nicht überschreiten. Die Vergrößerungsfaktoren müssen also genügend klein sein. Für technische Konstruktionen und Maschinen, lassen sich die Dämpfungswerte nur grob abschätzen; sie sind im Bereich von D = 0,02 bis 0,05 zu erwarten. 2. Die Unsicherheiten der Eigenfrequenzberechnung sind durch genügende Resonanzabstände abzudecken; bei Anwendung größter Sorgfalt dürften die Berechnungsunsicherheiten 5 bis 10 % betragen. Bei drehzahlgeregelten Pumpen ist der gesamte Drehzahlbereich zu betrachten, wobei den höchsten Drehzahlzahlen die größte Bedeutung zukommt, da die Erregerkräfte mit dem Quadrat der Drehzahl steigen. Die Vergrößerungsfaktoren der erzwungenen Schwingungen eines Einmassenschwingers lassen sich zur Beurteilung der benötigten Resonanzabstände heranziehen, obwohl eine Vertikalpumpe nicht unbedingt diesem Modell entspricht. Gemäß Abb. 10.77 sollten die Resonanzabstände nicht unter ±15 % gewählt werden, damit die Vergrößerungsfaktoren Werte von 3 bis 3,5 nicht übersteigen. Vergrößerungsfaktoren und Dämpfungswerte lassen sich im Versuch bestimmen, indem man die Übertragungsfunktionen misst. Dabei werden Motor, Steigrohr oder andere Komponenten durch einen Stoß oder mittels eines Shakers bei verschiedenen Frequenzen angeregt. Empfehlungen: 1) Resonanzabstände unter SM = 10 % sind als kritisch zu betrachten; 2) wenn irgend möglich sollte man SM < 15 % vermeiden; 3) in ISO 13709 [109] wird SM > 20 % empfohlen, was aber oft schwierig zu erreichen ist; 4) Empfehlungen in [124] für Motor und Motorstuhl: für n > 1200 min−1 SM = ± 20 %, für n NPSH0) die Förderhöhe HB erzeugt. Senkt man nun den Zulaufdruck bis NPSHA < NPSH0 ab, so fällt die Förderhöhe infolge Kavitation unter HB. Zu jedem beliebigen Wert von NPSHA entsteht so eine Kavitationskennlinie, die aus der Kennlinie des kavitationsfreien Zustands herausläuft bis zu Vollkavitation, bei der schließlich eine stabile Förderung unmöglich werden kann. Die Schnittpunkte der Anlagenkennlinie mit diesen Kavitationskennlinien bilden stabile Betriebspunkte, sofern sie über einer Grenze (Kurve A) liegen, unterhalb der die Förderung abreißt oder periodisch mit großen Amplituden schwankt (nicht zu verwechseln mit Druckpulsationen höherer Frequenz, die bei Vollkavitation meist abnehmen). Den stabilen Bereich zwischen kavitationsfreiem Betrieb und Kurve A kann man zur Selbstregelung der Pumpe ausnutzen; und zwar vorzugsweise dann, wenn das NPSHA direkt von der Fluidzufuhr zum Zulaufbehälter abhängt: Läuft dem Behälter

11.2 Regelung

967

mehr Fluid zu als momentan abgepumpt wird, steigt NPSHA und damit verschiebt sich der Betriebspunkt zu größerem Förderstrom. Strömt umgekehrt weniger Fluid in den Behälter als dem momentanen Förderstrom entspricht, sinkt der Flüssigkeitsspiegel und NPSHA fällt, wodurch die Pumpe in verstärkte Kavitation gerät, die verlangte Förderhöhe nicht mehr erbringen kann und so im Förderstrom zurückläuft. Ist die Pumpe mehrstufig, erfasst die Kavitation unter Umständen mehr als eine Stufe. Voraussetzung für die Kavitationsregelung sind niedrige Umfangsgeschwindigkeiten und geeignete Werkstoffwahl, um Kavitationsschäden in akzeptablen Grenzen zu halten. Derartige Verhältnisse liegen mitunter bei Schiffskondensatpumpen vor. Von solchen Sonderfällen abgesehen wird die Kavitationsregelung selten angewandt

16 14 12 10 8 6 4 2

28° 12°

0 400 300 200 100 0 1,0

η

28°

20°

12° 12°

0,8

20°

20°

25

28°

20

0,6

15

0,4

10

0,2 0

n = 490 min-1 0

0,5

1,0

1,5

2,0 2,5 Q [m3/s]

Abb. 11.8   Laufschaufelverstellung einer Propellerpumpe

3,0

3,5

5

0 4,0

NPSH3

P [kW]

H [m]

Laufschaufelverstellung  Halbaxiale und axiale Propellerpumpen ab etwa nq ≈ 150 lassen sich mittels verdrehbarer Laufschaufeln energetisch sehr günstig in einem großen Bereich regeln; der Mechanismus für die stufenlose Verstellung im Betrieb ist allerdings konstruktiv sehr aufwendig. Für jede Schaufelstellung ergibt sich eine Kennlinie nach Abb. 11.8. Durch die Schaufelverstellung kann der Anstellwinkel entsprechend dem verlangten Förderstrom nahezu optimal eingestellt werden, sodass die Wirkungsgradeinbuße gegenüber dem Auslegungspunkt gering ist. Diese Art der Regelung ist besonders geeignet für Axialpumpen, bei denen sich der Förderstrom maximalen Wirkungsgrads mit dem Verstellwinkel verschieben lässt, ohne dass sich die Förderhöhe im Bestpunkt wesentlich ändert. Hier ergeben sich bei flacher Anlagenkennlinie also günstige Verhältnisse, [7].

968

11  Verhalten der Kreiselpumpen in Anlagen

Halbaxiale Pumpen lassen sich mittels Schaufelverstellung bei steilen wie flachen Systemkennlinien oder auch bei Wasserspiegelschwankungen optimal regeln. Wegen Strömungs- und Fliehkräften sind die Verstellmomente für die Schaufeln sorgfältig zu analysieren [21]. Bei Radialpumpen kleiner bis mittlerer spezifischer Drehzahl überwiegen im Teillastbetrieb die Verluste im Leitrad gegenüber den Laufradverlusten; eine Laufschaufelverstellung wäre weder ausführbar noch technisch sinnvoll. Vordrallregler  Nach der Euler’schen Gleichung (Gl. T3.3.1), kann durch Änderung des Vordralls die Förderhöhe verändert werden: Sie wird durch Mitdrall am Laufradeintritt reduziert, durch Gegendrall hingegen vergrößert (Abb. 3.1). Der Vordrall fällt um so stärker ins Gewicht, je größer das Verhältnis d1/d2 ist, sodass der Regelbereich mit zunehmender spezifischer Drehzahl wächst. Vordrallregler werden daher meist nur für halbaxiale und axiale Laufräder angewandt. Der Vordrall wird durch drehbare, vor dem Laufrad angeordnete Schaufeln mit geeigneter Profilierung erzeugt. Führt man den Vordrallregler mit ungeteilten Schaufeln aus, ändert sich nur der Staffelungswinkel des Gitters; mit zunehmender Schaufelverstellung wird das Gitter mit größerem Anstellwinkel angeströmt, wodurch Ablösungen entstehen, die zu Wirkungsgradeinbuße, Schwingungen und Lärm führen. Die Abb. 11.9 zeigt die Kennlinien einer halbaxialen Pumpe mit Vordrallregelung: Der Wirkungsgrad verschlechtert sich mit zunehmendem Mitdrall erheblich (viel stärker als bei der Laufschaufelverstellung), wodurch der technisch sinnvolle Regelbereich eingegrenzt wird. Die Förderhöhe im Bestpunkt ändert sich gleichsinnig wie der Bestpunktförderstrom. Die NPSHR-Werte ändern sich wenig; dagegen verschieben sich die NPSH-Minima ähnlich stark wie die Bestpunktförderströme. Wie Abb. 11.9 zeigt, ist der Förderstromregelbereich bei flacher Anlagenkennlinie (HA,1) größer als bei hohen dynamischen Anteilen (HA,2). Die Vordrallregelung ist auch geeignet, wenn bei schwankendem Wasserspiegel bzw. variabler Förderhöhe ein bestimmter Volumenstrom zu liefern ist. Der Vordrall wird mit einer vor dem Laufrad angeordneten, verstellbaren Schaufelreihe erzeugt (Abb. 11.10). Bei einteiligen Schaufeln wird durch die Verstellung der Staffelungswinkel geändert (Abb.  11.10b). Bereits bei mäßigen Änderungen des Staffelungswinkels löst die Strömung ab. Infolgedessen verringert sich der Wirkungsgrad und es treten vermehrt Schwingungen und Lärm auf. Mehr konstruktiven Aufwand erfordert ein Vordrallregler mit zweiteiligen Schaufeln, bei denen der vordere Teil mit 90° Eintrittswinkel feststehend ausgeführt ist (Abb. 11.10c). Der hintere Teil der Vorleitschaufel ist drehbar, sodass sozusagen die Wölbung der Schaufeln verändert wird. Der Anstellwinkel wird also nicht verändert und die Gefahr von Ablösung reduziert. Bei starkem Verstellen des hinteren Schaufelteils lässt sich allerdings eine Ablösung nicht vollständig vermeiden, sie fällt aber geringer aus als bei einteiligen Schaufeln [2, 10, 19]. Die zweiteiligen Schaufeln ermöglichen einen breiteren Regelbereich als die einteiligen.

11.2 Regelung

969

Förderhöhe H/Hopt

2,0 HA,2

HA,1 1,0

90° 70°

50°

110° 0

NPSH/NPSHopt

110°

3,0

50°

2,5

50° 70°

90°

70°

2,0 90°

110°

1,5 1,0 0,5 1,2

η/ηopt

90° 50°

1,0 110°

70°

0,8 0,6 0,4 0,2

0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

1,2

q*

0

Abb. 11.9   Kennlinie einer halbaxialen Kühlwasserpumpe mit Vordrallregelung

Die Nachlaufströmung der Vorleitschaufeln führt zu einer Wechselwirkung mit den Laufschaufeln und zu erhöhten Schwingungen, Lärm und Wechselspannungen im Laufrad [6]. Führt man den Vordrallregler mit geteilten Schaufeln aus, dergestalt, dass sich durch Verstellung der hinteren Teilschaufeln die Wölbung ändert, werden Ablösungen und ihre nachteiligen Folgen in einem größeren Verstellbereich vermieden [2, 19]. Leitschaufelverstellung  Verstellt man die Leitschaufeln einer Radialpumpe mit kleiner bis mittlerer spezifischer Drehzahl, lässt sich der Bestpunkt in relativ weiten Grenzen verschieben, da man das Verzögerungsverhältnis c3q/c2 und die Stoßverluste am Leitradeintritt beim von der Anlage verlangten Förderstrom optimal einstellen kann (Abb. 5.18). Dieses energetisch vorteilhafte, aber konstruktiv sehr aufwendige Regelverfahren wird praktisch nur bei Pumpturbinen und Speicherpumpen angewandt.

970

11  Verhalten der Kreiselpumpen in Anlagen

a

b

c

α1

α1

c1

c0

c1

c0

IGV

Abb. 11.10   Halbaxiale Pumpe mit Vordrallregelung; a Anordnung des Vordrallreglers (IGV); b einteilige Schaufeln; c zweiteilige Schaufeln

11.3 Statische und dynamische Stabilität Eine Kennlinie gilt als stabil, wenn dH/dQ negativ ist – also die Förderhöhe mit zunehmendem Volumenstrom fällt. Weist die Anlagenkennlinie einen positiven Gradienten dHA/dQ auf, arbeitet die Pumpe in diesem Fall stabil, weil sie bei einer kleinen Störung um + dQ wieder auf den ursprünglichen Betriebspunkt zurückläuft: Infolge der Störung um dQ liefert die Pumpe weniger Förderhöhe, aber das System verlangt mehr, oder dHA > dH. Das Kriterium für einen statisch stabilen Betrieb, in dem der Arbeitspunkt bei gegebener Systemkennlinie im zeitlichen Mittel erhalten bleibt, lautet demnach dH/dQ < dHA/dQ. Zur Beurteilung der statischen Stabilität genügt somit die Kenntnis der Pumpen- und Anlagenkennlinien. Das Stabilitätskriterium kann auch erfüllt sein, wenn dH/dQ positiv (d. h. die Kennlinie „instabil“) ist; nämlich nach Abb. 11.11a dann, wenn die Anlagenkennlinie steiler als die Pumpencharakteristik ist, dergestalt dass sich nur ein Schnittpunkt beider Kennlinien ergibt: bei einer momentanen Störung um dQ verlangt das System dHA, die Pumpe liefert aber nur dH. Anders liegen die Verhältnisse, wenn die Anlagenkennlinie nach Abb. 11.11b im Arbeitspunkt einen kleineren Gradienten als die Pumpe aufweist: Bei einer momentanen Störung um dQ liefert die Pumpe einen größeren Förderhöhenzuwachs als die Anlage verlangt; das System kann den zusätzlichen Volumenstrom aufnehmen, die Störung vergrößert sich und der Betriebspunkt wandert von A zum höherem Durchfluss nach B. Bei einem momentanen Defizit –dQ würde der Betriebspunkt von A nach C laufen. Die Arbeitspunkte B und C sind stabil (erfüllen das Stabilitätskriterium), Punkt A ist instabil bei genügend flacher Systemkennlinie, wie sie z. B. beim Fördern in einen Druckkessel oder Hochbehälter bei geringen Druckverlusten auftritt. Unter dynamischer Instabilität versteht man eine selbsterregte Schwingung von Förderstrom und Druck um einen gegebenen Betriebspunkt. Damit derartige

11.3  Statische und dynamische Stabilität

971

a

b

+$

+ +

+

%

G+$

G+

$

G+

+$

G+$

&

+

G4

G4

4

4%

4

4%

Abb. 11.11   Statische Stabilität. a stabiler Betrieb; b instabiler Betrieb

Schwingungen auftreten können, müssen zwei Bedingungen erfüllt sein: 1) die Pumpenkennlinie muss instabil sein (d. h. einen positiven Gradienten dH/dQ haben); 2) im System muss eine genügend große Kompressibilität vorhanden sein, in der während eines Schwingungszyklus Energie gespeichert werden kann. Kompressible Volumina in diesem Sinn sind: dampferfüllte Räume wie Entgaser oder Kessel, Gaspolster zur Druckhaltung, Kavitationszonen oder die Elastizität und Kompressibilität heißen Wassers in großvolumigen Rohrleitungssystemen. Der Mechanismus einer dynamischen Instabilität kann wie folgt erklärt werden [8]: Man betrachte in Abb. 11.12 links den Betrieb im instabilen und rechts den Betrieb im stabilen Bereich der Kennlinie, wobei die Volumenstrom- und Druckverläufe über der Zeit dargestellt sind. Im instabilen Bereich ist dH/dQ positiv, was bedeutet, dass H in Abb. 11.12   Dynamische Instabilität

H

H

Q dQ

+

dH

+

dE

+

+

Q

t

dQ

t

dH

t

dE

+

-

+

-

t t

t

972

11  Verhalten der Kreiselpumpen in Anlagen

Phase mit Q schwingt. Die pro Schwingungszyklus ins System eingespeicherte Energie ergibt sich zu dE(t) = ρ g dH(t) dQ(t) und ist somit positiv und die Schwingung wird angefacht (s. Kap. 10, wonach eine selbsterregte Schwingung entsteht, wenn einem schwingungsfähigen System während eines Zyklus mehr Energie zugeführt als durch Dämpfung dissipiert wird). Auf dem stabilen Ast der Kennlinie ist dH/dQ hingegen negativ; Druck- und Volumenstromschwankung verlaufen in Gegenphase, dE wird negativ; d. h. die während der Störung zugeführte Energie wird dissipiert und es kann keine Schwingung angefacht werden (die Dämpfung ist stärker als die Erregung). Man beachte: In dieser Modellvorstellung und in Abb. 11.12 bedeuten H(t) und Q(t) die zeitlichen Änderungen, die nur mit einem dynamischen Modell berechnet werden können. Diese Vorgänge können nicht etwa dadurch erfasst werden, dass man die Nutzenergie dE/dQ differenziert mit E = ρ ×  g ×  H ×  Q; denn dies ergäbe nur den Gradienten der Leistungskurve P(Q), die mit der dynamischen Stabilität nichts zu tun hat. Wie in Abschn. 10.7.1 besprochen, lässt sich aus den Versuchen in [15] folgern, dass Druckschwankungen im System (stehende Wellen eingeschlossen) mit der Strömung durch die Laufradkanäle in Wechselwirkung treten können (s. Abb. 10.23 und 10.25). Diese Art von Wechselwirkung erklärt den eminenten Einfluss einer flachen oder unstabilen ­Q-H-Kurve auf die Schwingungen von Rohrleitungen und Pumpen. Die Stabilitätsanalyse erfolgt mit den Methoden der Regelungstechnik; neben Pumpen- und Systemkennlinien müssen auch die schwingende Fluidmasse sowie die Kompressibilitäten bekannt sein. Die Gefahr selbsterregter Schwingungen wächst mit zunehmender Instabilität der Pumpenkennlinie. Bei ungenügender Systemdämpfung können schon kleine (normalerweise kaum feststellbare) Instabilitäten in der Kennlinie selbsterregte Schwingungen hervorrufen. Ob Schwingungen tatsächlich auftreten, hängt ab vom Grad der Kennlinieninstabilität und von den Systemeigenschaften (insbesondere der Dämpfung). Eine dynamische Instabilität kann auch beim Einzelbetrieb einer Pumpe entstehen; sie äußert sich in niederfrequenten Schwankungen von Druck und Volumenstrom, die Rohrleitungsschwingungen verursachen und die Funktion des Regelsystems stören können.

11.4 Anfahren, Abschalten Zum Anfahren müssen Kreiselpumpen so weit mit Flüssigkeit gefüllt sein, dass eine Förderung einsetzen kann. Während des Anfahrens muss das vom Motor erbrachte Antriebsmoment MA(n) bei jeder Drehzahl größer als das an der Pumpe erforderliche Moment M(n) sein, damit die Pumpengruppe beschleunigt wird. Zur Analyse des Anlaufvorgangs ist daher das Pumpenmoment als Funktion der Drehzahl zu ermitteln. Nach den Ähnlichkeitsgesetzen gilt

11.4  Anfahren, Abschalten

973

hierfür im Regelfall M/MN = (n/nN)2 als genügend genaue Näherung.1 Für das Anfahren werden verschiedene Verfahren angewandt, die anhand von Abb. 11.13 besprochen werden sollen. Die Abb. 11.13a zeigt den Momentenverlauf über der Drehzahl; Abb. 11.13b die Pumpen- und Anlagenkennlinie und Abb. 11.13c den Momentenverlauf über q*. In Abb. 11.13a zeigt Kurve 1 den Momentenverlauf nach M/MN = (n/nN)2, der bei n = 0 theoretisch null wäre. Lager und Wellendichtungen erfordern bei n = 0 indessen ein Losbrechmoment, Punkt L, das der Antrieb überwinden muss. Es beträgt nur wenige Prozent des Nennmoments und braucht in der Regel nicht genauer analysiert zu werden. Mit steigender Drehzahl fällt dieses Moment, sodass bei etwa 10–20 % der Nenndrehzahl Punkt A auf Kurve 1 erreicht wird. Anfahren gegen geschlossenen Schieber  Pumpen, deren Leistungsaufnahme bei Q = 0 kleiner als im Bestpunkt ist (also bei kleinen bis mittleren spezifischen Drehzahlen), werden häufig gegen geschlossenen Schieber angefahren, weil dabei die Anfahrmomente am niedrigsten sind. Bei n = nN ist MGS/MN = Po/PN (Abb. 11.13c), der Momentenverlauf ergibt sich daher zu M/MN = Po/PN (n/nN)2: Kurve L-A-GS in Abb. 11.13a. Sobald die Nenndrehzahl erreicht ist, muss der Schieber geöffnet werden, wobei das Moment in von GS nach N läuft. Anfahren mit fluidgefüllter Leitung Wird mit einer fluidgefüllten, langen Leitung angefahren, so ist der Vorgang – auch bei offenem Schieber – wie das Anfahren gegen geschlossenen Schieber zu behandeln, weil eine große Fluidmasse zu beschleunigen ist. Wird das Fluid in der Zeit Δt von c1 auf c2 beschleunigt, bedeutet dies eine Höhendifferenz ΔHb, um die sich HA erhöht [B.15]:

�Hb ≈

L(c2 − c1 ) g �t

(11.5)

Die Gl. 11.5 erhält man durch Integration des instationären Terms in Gl. 1.7 für ∂c/∂t = (c2 − c1)/Δt. Mittels Gl. 11.5 kann man leicht abschätzen, ob ΔHb bei der Analyse des Anfahrvorgangs berücksichtigt werden muss oder wegen ΔHb 2,5 (Tafel 6.2). Während des Anfahrvorgangs wird die Flüssigkeitssäule in der Zulaufleitung durch die Druckdifferenz zwischen Behälter und Pumpeneintritt beschleunigt, wobei noch die Druckverluste abzuziehen sind. Die beim Anfahren maximal zulässige Geschwindigkeit, bei der entsprechend dem gewählten Zuschlag noch genügend NPSHA vorhanden ist, lässt sich mittels Gl. 11.5 berechnen. Für c1 = 0; c2 = cmax; ΔHb = He − FNPSHNPSH3 − Hv,s ergibt sich auf diese Weise Gl. 11.6a:

cmax ≈

g �tstart (He − FNPSH NPSH3 − Hv,s ) L

(11.6a)

Der zugehörige maximale Förderstrom lässt sich aus cmax und dem Rohrleitungsdurchmesser bestimmen. Wenn der Druckverlust Hv,s bei dem so erhaltenen Wert von cmax hoch ist, wird iteriert. Falls der Zuschlag FNPSH genügend hoch angesetzt wurde, kann man eventuell auf eine Iteration verzichten. Die Pumpe darf nicht gegen eine offene (oder gar entleerte) Druckleitung oder geringe Strömungswiderstände angefahren werden, ohne die nach Gl. 11.6a berechnete Grenze zu beachten. Fazit: Eine Pumpe mit einer langen Zulaufleitung muss mit kleinem Volumenstrom gegen einen Mindestmengenbypass oder ein wenig geöffnetes Drosselventil in der Druckleitung auf volle Drehzahl gebracht werden, bevor man schrittweise auf den vollen Volumenstrom herauffährt. Hat die Pumpe einen drehzahlvariablen Antrieb, kann die Drehzahl langsam gesteigert werden, sodass während des ganzen Startvorgangs genügend NPSHA vorhanden ist bzw. die maximale Geschwindigkeit nach Gl. 11.6a zu keinem Zeitpunkt überschritten wird. Hochlaufzeit  Die Abb. 11.14 zeigt je eine Kennlinie für Elektromotoren kleiner und großer Leistungsklasse sowie den Momentenverlauf einer Pumpe. Für die Beschleunigung der Gruppe steht das Moment MB = MA −  M zur Verfügung; es muss während des ganzen Hochlaufs mit Sicherheit positiv sein, um ein Hängenbleiben der Gruppe zu vermeiden. Mit dem Massenträgheitsmoment J aller rotierenden Teile (Pumpenrotor, Kupplung, gegebenenfalls Getriebe und Antriebsmaschine) gilt: MB = J dω/dt, hieraus erhält man die Hochlaufzeit zu: ω

t = ∫ 0

πJ n dn πJ n J ∫ dω = =  MB 30 0 MB 30 MB

(11.7)

Statt das Integral zu lösen, kann man die Summe über endliche Schritte bilden. In der Regel soll der Anfahrvorgang möglichst schnell erfolgen, d. h. M(n) soll möglichst klein gehalten werden. Wenn vom Netz her zulässig, können Elektromotoren direkt eingeschaltet werden, was große Anfahrmomente, aber hohe – oft inakzeptable – Stromaufnahme bedeutet. Mittels Anfahrtransformator oder Stern-Dreieck-Schaltung lässt sich die Stromaufnahme reduzieren, aber das Anfahrmoment des Motors reicht unter Umständen nicht aus, um die Gruppe zu beschleunigen, sodass beim Umschalten von Stern auf Dreieck wiederum

11.5  Ausfall des Antriebes, Druckstoß Kleine Elektromotoren 5 bis 40 kW mit voller Spannung Große Elektromotoren 250 bis 1000 kW mit voller Spannung

250

Drehmoment [%]

977

Von der Pumpe gefordertes Drehmoment

200 150 100 50 0

0

20

40

60

80 100 Motordrehzahl [%]

Abb. 11.14   Anlaufdrehmomentkurve von Elektromotor und Pumpe

hohe Stromspitzen auftreten. Wegen der Erwärmung des Motors ist auch die Einschalthäufigkeit der Pumpe bei der Analyse dieser Vorgänge zu beachten. Auslaufzeit  Nach dem Abschalten des Antriebs läuft die Pumpe aus, entsprechend dem Massenträgheitsmoment der Gruppe und dem Bremsmoment MR, das sich aus dem Pumpenmoment M = MN(n/nN)2 und den Verlustleistungen des Antriebs einschließlich Getriebe zusammensetzt. Die Berechnung der Auslaufzeit erfolgt gemäß Gl. 11.7, wenn man MB durch MR ersetzt. Die Drehzahl fällt als Funktion der Zeit etwa entsprechend einer Hyperbelfunktion, weil das Pumpenmoment zu Beginn des Auslaufens stark bremst. Die Auslaufzeit liegt je nach Pumpengröße zwischen 10 und 60 s; bei kleinen Pumpen auch darunter.

11.5 Ausfall des Antriebs, Druckstoß Bei plötzlichen Durchflussänderungen in einem Rohrleitungssystem entstehen Druckänderungen, die sich mit Schallgeschwindigkeit fortpflanzen (Druckstöße oder Wasserhammer). Ihre Größenordnung lässt sich aus Δp = ρ a Δv abschätzen; Δv ist die Geschwindigkeitsänderung und a ist die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Störung in der Rohrleitung gemäß Gl. 10.19. Die Größe der Druckamplituden und das Schädigungspotenzial von Druckstößen steigt mit der Rohrleitungslänge und der Strömungsgeschwindigkeit in der Leitung. Druckstöße entstehen z. B. beim raschen Schließen einer Armatur oder beim Ausfall des Pumpenantriebs mit plötzlichem Schließen der Rückschlagklappe, bei Fehlmanipulationen, infolge von Lufteinschlüssen, aber auch beim Umschalten von Pumpen und beim Anfahren. Theoretische Grundlagen zu Druckstößen, Berechnungsverfahren und Schutzmaßnahmen findet man in [4, 11, 25].

978

11  Verhalten der Kreiselpumpen in Anlagen

Die stärksten Druckstöße entstehen beim Zuschlagen einer Rückschlagklappe, da die Strömung schlagartig auf null verzögert wird (Klappenschlag). Von der Klappe läuft eine Welle ins System, bis sie an der nächsten Reflexionsstelle (Tafel 10.12) zurückgeworfen wird. Dabei kommt es jeweils hinter der Wellenfront zu einer Druckabsenkung, die auch Unterdrücke erzeugen kann. Druckstöße können zu erheblichen Schäden führen: Rohrleitungsbrüche infolge Über- oder Unterdruck, Abreißen der Flüssigkeitssäule bei Erreichen des Dampfdrucks mit anschließenden Kondensationsschlägen. Die Analyse von Druckstoßproblemen und die Auswahl und Optimierung von Gegenmaßnahmen ist daher für große Rohrleitungssysteme unerlässlich. Die früher üblichen grafischen Verfahren wurden weitgehend durch Computerberechnungen abgelöst. Niederdruckanlagen sind wegen des tiefen Berechnungsdrucks – und entsprechend dünner Wandstärken – besonders gefährdet. Es gibt verschiedene Schutzmaßnahmen, um Schäden zu vermeiden: Die Geschwindigkeitsänderung als Ursache des Druckstoßes lässt sich reduzieren, indem man mittels eines Schwungrads den Auslauf der Pumpe nach Antriebsausfall verlängert. Diese Maßnahme genügt aber nur für Rohrleitungen bis zu einer Länge von etwa 2 km. Durch einen Windkessel, der stromabwärts der Rückschlagklappe angeordnet wird, lässt sich der tiefste Druck hinter der Wellenfront anheben, indem der Windkessel Wasser in die Leitung nachspeist. Durch ein Standrohr oder ein Wasserschloss an einem ausgeprägten Hochpunkt des Systems kann die aktive Länge der Rohrleitung verringert werden, weil der Leitung auf diese Weise örtlich ein unveränderlicher Druck aufgeprägt wird. Durch Luft-Schnüffelventile können Unterdrücke reduziert werden; Druckentlastungsventile oder Berstscheiben bauen Überdrücke ab. Durch Optimierung des Schließgesetzes von Armaturen lässt sich die Geschwindigkeitsdifferenz Δv verringern. Strömt Wasser nach dem Abschalten aus der Anlage durch die Pumpe zurück, wird die Pumpe in entgegengesetzter Drehrichtung wie eine Turbine beschleunigt; dies sollte im Allgemeinen durch eine Rückschlagklappe verhindert werden. In manchen Anlagen wird jedoch ein kurzzeitiger Rückwärtslauf zugelassen, wofür Pumpe und Antrieb mechanisch ausgelegt werden müssen. Während des Rücklaufs wirkt kein äußeres Moment auf Pumpe und Antrieb; bremsend wirken nur Strömungsverluste infolge Falschanströmung und der Restdrall am Übergang vom Laufrad in die Saugleitung (sowie die Radreibung und die mechanischen Verluste). Die sich einstellende Rücklaufdrehzahl wächst mit der spezifischen Drehzahl; sie kann nach Gl. T12.1.8 abgeschätzt werden.

11.6 Zulässiger Betriebsbereich Selbstverständlich soll eine Pumpe bei der Anlagenplanung so ausgewählt werden, dass sie möglichst häufig in Bestpunktnähe läuft, weil sich dadurch die niedrigsten Energieund Unterhaltskosten erreichen lassen und die Gefahr von Anlageproblemen verringert wird; denn im Bestpunkt und knapp darunter erreichen die hydraulischen Erregerkräfte

11.6  Zulässiger Betriebsbereich

979

und die Kavitationsgefahr bei gegebenen Betriebsparametern in der Regel ein Minimum. Wie in Abschn. 11.2 erwähnt, ist ein Betrieb außerhalb des Bestpunktbereichs jedoch in vielen Prozessen unvermeidlich. Der Betrieb ist dabei so zu führen, dass die Pumpe weder Schaden nimmt noch übermäßigem Verschleiß ausgesetzt wird. Hierzu ist es sinnvoll, Bereiche für Dauer-, Kurzzeit- und Mindestmengenbetrieb zu definieren, auch wenn es sich dabei keinesfalls um scharfe Grenzen handeln kann. Folgende Kriterien sind zu verwenden: • • • • • • • •

Energiekosten, Erwärmung des Fluids bei tiefer Last Bauart der Pumpe Fördermedium und dessen Temperatur Leistungsklasse der Pumpe, Förderhöhe pro Stufe bzw. u2 Kavitationsgefahr (NPSHA, u1, Saugzahl, Vorsatzläufer) Teillastrezirkulation: hydraulische Erregerkräfte, Lärm, Kavitation Schwingungsverhalten der Pumpe und des Systems Stabilität der Q-H-Kurve, Leistungsaufnahme des Motors

Als Dauerbetriebsbereich seien Zustände zugelassen, in dem die Pumpe viele Tausend Stunden laufen kann, ohne Schaden zu nehmen oder sich übermäßig abzunutzen. Man kann diesen Bereich z. B. dadurch definieren, dass der Wirkungsgrad 80–85 % des Bestpunktwirkungsgrads der infrage stehenden Pumpe nicht unterschreiten soll. Diese Grenze ist nicht nur energetisch sinnvoll, sondern stellt meist auch sicher, dass der Betrieb außerhalb des Bereichs liegt, wo intensive Teillastrezirkulation (unter q* < 0,5) oder Ablösungen im Überlastgebiet auftreten. In der Praxis werden viele Pumpen überdimensioniert und laufen demzufolge mit mäßiger Teillastrezirkulation. Bei niedrigen bis mittleren Umfangsgeschwindigkeiten und robuster Konstruktion führt das meist nicht zu Schäden. Die Abb. 11.15 zeigt den Dauerbetriebsbereich als Funktion der spezifischen Drehzahl, der sich in etwa aufgrund des Wirkungsgradkriteriums ergibt. Diese Empfehlung gilt primär für große Pumpen ab 500 bis 1000 kW. Je größer die Förderhöhe pro Stufe und die Leistung, desto wichtiger wird es, möglichst weitgehend in Bestpunktnähe zu arbeiten, wobei auch das Fördergut einen Einfluss ausübt. Selbstverständlich handelt es sich in Abb. 11.15 nicht um starre Grenzen; entsprechend den oben aufgeführten Kriterien kann es durchaus sinnvoll sein, die Betriebsbereiche anders festzulegen. Kleine Pumpen – vor allem mit niedriger spezifischer Drehzahl – werden mitunter auch dauernd bei tiefer Teillast (unter q* ≈ 0,5) betrieben. Der Pumpenhersteller kann zudem die Bereiche abweichend festlegen; z. B. wegen der Instabilität in einer Propellerpumpenkennlinie. Der maximale Förderstrom ist insbesondere bezüglich Kavitationsgefahr im Überlastbereich zu begrenzen; allgemein gültige Regeln lassen sich hierfür kaum aufstellen, da das Kavitationsrisiko von der Saugradauslegung, dem Förderstrom stoßfreien Eintritts, NPSHA, Umfangsgeschwindigkeit am Laufradeintritt sowie Material- und Fluideigenschaften abhängt. Bei mehrstufigen Pumpen ist auch die Änderung des Axialschubs mit

980 Abb. 11.15   Empfohlene Bereiche für Dauer- und Kurzzeitbetrieb sowie minimale und maximale Förderströme

11  Verhalten der Kreiselpumpen in Anlagen q*

Abhängig von NPSH3 und NPSHA

q*Max

Kurzzeitbetrieb

1.0 Dauerbetriebsbereich

Kurzzeitbetrieb

0.5

0

50

q*Min

100

150

200

250

nq

dem Förderstrom zu beachten. Die obere Grenze für Dauerbetrieb in Abb. 11.15 gilt hinsichtlich Kavitation eher für Anwendungen mit geringer Kavitationsgefahr. Während Pumpen mit niedriger spezifischer Drehzahl relativ unempfindlich sind, ist der zulässige Betriebsbereich von Propellerpumpen durch die Stabilitätsgrenze, die maximale Leistungsaufnahme des gewählten Motors und einen starken Anstieg der Kavitation bei Teil- und Überlast recht scharf eingegrenzt, was bei der Anlagenplanung sorgfältig zu berücksichtigen ist. Dem Kurzzeitbetrieb seien abnormale Betriebszustände oder Störungen zugerechnet, die in der Regel eine vorzeitige Abnützung der Pumpe bedeuten und deren kumulierte Dauer pro Jahr etwa 100 h nicht überschreitet. Überlastbetrieb mit verstärkter Kavitation (z. B. beim Umschalten von parallel arbeitenden Pumpen) oder Betrieb mit starker Rezirkulation bei tiefer Teillast – insbesondere Mindestmengenbetrieb – gehören in diese Kategorie. Die in Abb. 11.15 gezeigten Grenzen geben einen Anhaltspunkt. Auch hier gibt es je nach Pumpentyp und Hersteller große Unterschiede hinsichtlich Schwingungs- und Kavitationsverhalten, die weitere oder engere Grenzen bedingen. Mindestmengenbetrieb  Eine Hochdruckpumpe großer Leistung kann nicht gegen geschlossenen Schieber gefahren werden, weil die Temperatur in der Pumpe dabei um mehrere Grad pro Sekunde ansteigen würde (großes Verhältnis von Energieeinspeisung zu Masse): es käme zu Verdampfung und Schäden, bevor eine Regelung eingreifen könnte. Solche Pumpen werden daher mit einem Mindestmengenbypass zum Zulaufreservoir ausgerüstet, der automatisch öffnet, wenn die Armatur in der Druckleitung schließt. Bei Hochdruckpumpen bis etwa nq = 35 werden die Mindestmengeneinrichtungen typischerweise etwa wie folgt dimensioniert: bei Leistungen bis etwa 2000 kW für q∗min = 0,1

11.6  Zulässiger Betriebsbereich

981

bis 0,15; bei wesentlich größeren Leistungen häufig für q∗min = 0,25. Einzelheiten über die Auslegung von Mindestmengensystemen, deren Regelung und der zugehörigen Komponenten wie Armaturen und Entspanner finden sich in verschiedenen Aufsätzen in [9]. Die Mindestmenge ist nicht nur aufgrund des Temperaturanstiegs des Fluids festzulegen, sondern auch, um Betrieb mit großen hydraulischen Erregerkräften und hohem Kavitationsrisiko zu vermeiden. Da die Intensität der Teillastrezirkulation mit zunehmender spezifischer Drehzahl zunimmt, wurde in Abb. 11.15 die untere Betriebsgrenze q∗min mit steigendem nq angehoben. Eine eventuelle Kennlinieninstabilität unterhalb der Mindestmenge ist unschädlich, da die Pumpe dort nicht betrieben wird. Bei Vorsatzläufern ist der Betriebsbereich unter Umständen wegen Pulsationen bei Teillast zu begrenzen (Abschn. 7.7.4). Temperaturerhöhung in der Pumpe Die Enthalpie erhöht sich in der Pumpe um den Betrag Δhtot = Pi/m, wenn Pi = P ηm die innere Leistung ist. Da die Enthalpie bei Drosselung konstant bleibt, erhöht sich die Temperatur eines Fluids bei der Drosselung des Förderstroms auf den Zulaufdruck um:

�TDr =

gH Pi �htot = = ˙ cp cp m cp ηi

(11.8)

mit cp als spezifische Wärme des Fluids. Um diesen Betrag erhöht sich also die Fluidtemperatur beim Durchströmen der Mindestmengenleitung. Dieselbe Temperaturerhöhung tritt auf in der Vorrichtung zur Axialschubentlastung oder beim Betrieb in einem geschlossenen Kreislauf. Aber auch im Druckstutzen ist die Temperatur etwas höher als im Zulaufbehälter. In der überwiegenden Mehrzahl der Anwendungen ist diese Temperaturerhöhung vernachlässigbar klein und ohne jegliche Bedeutung. Bei Hochdruckpumpen mit Förderhöhen über 2000 m (besonders bei heißem Wasser) ist die Temperaturerhöhung aber bei der Bestimmung der Dichte für genaue Messungen zu berücksichtigen. Die Temperaturerhöhung setzt sich aus zwei Anteilen zusammen: ΔT = ΔTv + ΔTis. Der Anteil ΔTv ist bedingt durch die Verluste in der Pumpe und ΔTis wird durch die isentrope Kompression des Fluids hervorgerufen. Die inneren Verluste in der Pumpe ergeben die Temperaturerhöhung:     gH Pi 1 �p 1 = −1 = −1 �Tv = (1 − ηi ) (11.9) ˙ cp m ηi ρcp ηi cp Die isentrope Kompression erhält man aus der Dampftafel oder einem ­Enthalpie-Entropie-Diagramm. Eine grobe Abschätzung für Wasser kann erfolgen nach:

Tis = 0,7

H Ts · TRef HRef

mit Ts als Zulauftemperatur in °C, TRef = 100 °C und HRef = 1000 m.

(11.10)

982

11  Verhalten der Kreiselpumpen in Anlagen

Wird die Temperaturdifferenz zwischen Ein- und Austrittsstutzen ΔT = TD −  TS gemessen und ΔTis nach Tafeln für die Zustandsgrößen von Wasser bestimmt [N.7], kann man ΔTv = ΔT − ΔTis berechnen. Auf diese Weise lässt sich aus Gl. (11.9) der innere Wirkungsgrad der Pumpe als ηi = Δhis/Δhtot bestimmen (mit Δhis = g H). Hierauf beruht die thermometrische Wirkungsgradmessung [N.2]. Da die Temperaturerhöhung meist im Bereich von 1 bis 4 °C liegt, also sehr gering ist, muss man bei Messung und Auswertung höchste Sorgfalt walten lassen.

11.7 Der Pumpenzulauf Kreiselpumpen können aus einer Kammer (Sumpf) in Nass- oder Trockenaufstellung oder aus Behältern über eine Zulaufleitung ansaugen. Eine möglichst gleichförmige, drall- und wirbelfreie Zuströmung ist dabei wichtig für einen störungsfreien Betrieb: Ein definierter Mitdrall würde die Förderhöhe verringern, ein Gegendrall würde Höhe und Leistung vergrößern und könnte den Antrieb überlasten; ungleichförmige Geschwindigkeitsverteilungen, Wirbel und Lufteinschlüsse verursachen Lärm und Schwingungen sowie eine Wirkungsgradeinbuße. Je höher die spezifische Drehzahl und je größer die Pumpe, desto empfindlicher reagiert sie auf derartige Zulaufstörungen, weil der Laufradeintrittsdurchmesser im Verhältnis zum Austrittsdurchmesser steigt und sich Ungleichförmigkeiten in der Zuströmung somit gemäß Gl. T3.3.1 stärker auf die Arbeitsübertragung auswirken. Saugt die Pumpe aus einem Behälter, einer Rohrleitung oder einem Kanal mit freiem Flüssigkeitsspiegel an, so können bei ungenügender Überdeckung der Einlauföffnung Wirbelzöpfe entstehen, die unter Umständen Luft bis in den Saugstutzen ziehen. Luftziehende Wirbel und deren Vermeidung werden in Abschn. 11.7.3 behandelt.

11.7.1 Zulaufleitungen Für die Auslegung von Zulaufleitungen (und die Diagnose eventueller Probleme) sind eine Reihe von Kriterien zu beachten: 1. Grundsatz: Die Zulaufleitung soll möglichst kurz und gerade ausgeführt werden. 2. Armaturen sollen den vollen Rohrleitungsquerschnitt mit möglichst wenig Einschnürung freigeben. 3. Sind Rohrbögen unvermeidlich, sind sie möglichst nur in einer Ebene anzuordnen, weil räumliche Krümmer infolge Überlagerung der Sekundärströmungen einen definierten Drall erzeugen. Zwischen Zulaufstörungen wie Armaturen oder Bögen und dem Pumpeneintritt soll ein gerades Rohrstück mit L/D > 5 bis 8 vorhanden sein. Bei räumlich hintereinander angeordneten Krümmern ist dieser Abstand

11.7  Der Pumpenzulauf

983

unter Umständen noch nicht ausreichend, um einen Drall zu dissipieren. Durch einen Gleichrichter und/oder Bögen mit Umlenkblechen lässt sich die Strömung in Problemfällen verbessern. Durch eine Beschleunigung der Strömung vor der Pumpe kann eine ungleichförmige cm-Verteilung teilweise ausgeglichen werden (Abschn. 1.8); eventuell vorhandene Umfangskomponenten cu der Zuströmgeschwindigkeit werden hingegen bei einer Reduktion des Leitungsdurchmessers noch verstärkt (infolge der Erhaltung des Dralls gemäß cu R = konstant). In [26] wird über Versuche zur Optimierung der Saugleitungen von Wassertransportpumpen (in teils) ähnlicher Anordnung wie in Abb. 11.16 berichtet; hier erwies sich eine Kombination von Beschleunigung und Umlenkrippen in den Bögen als die wirksamste Maßnahme. 4. Abzweigstücke unter 90° und tote Rohrenden (Blindflansche) erzeugen Wirbel und erfordern entsprechende Maßnahmen zur Strömungsverbesserung, wie unten anhand von Abb. 11.16 erläutert. 5. Der Übergang vom Zulaufbehälter auf die Leitung soll abgerundet, mit Fase oder mit einem Konus ausgeführt werden, um eine Strahleinschnürung zu vermeiden. Häufig wird ein Kreuz installiert, um die Entstehung eines Wirbels beim Übergang vom Behälter in die Zulaufleitung zu unterbinden. Der Fluidspiegel im Behälter soll mindestens 2 bis 4 D über dem Eintritt in die Zulaufleitung liegen, Einzelheiten hierzu in Abschn. 11.7.3. Werden Flüssigkeiten im Sättigungszustand gefördert, ist ein störungsfreies Einströmen des Fluids vom Tank in die Zulaufleitung besonders

H

1

2

1

2

Q r/d = 0.2 d

Abb. 11.16   Unsymmetrische Zuströmung zu einer doppelflutigen Pumpe; Wirbelbildung in Abzweigern und vor toten Rohrenden

984

11  Verhalten der Kreiselpumpen in Anlagen

wichtig, um örtlichem Ausdampfen (Kavitation) infolge Strahleinschnürung oder Wirbelbildung vorzubeugen. 6. Wird eine gesättigte Flüssigkeit gefördert, soll die Zulaufleitung vom Tank zur Pumpe nach dem Austritt aus dem Behälter zunächst über eine möglichst lange Strecke senkrecht nach unten verlegt werden, bevor sie gegebenenfalls waagerecht oder schräg fallend weitergeführt wird. Auf diese Weise wird die Gefahr des Ausdampfens verringert, weil der statische Druck im senkrechten Leitungsteil steigt. Wenn viel Gas in der Flüssigkeit gelöst ist, wird durch diese Anordnung entsprechend das Ausgasen reduziert. 7. Die Druckverluste sind mit Rücksicht auf NPSHA zu minimieren, weshalb die Strömungsgeschwindigkeit oft im Bereich von 1 bis 2 m/s gewählt wird. 8. Gasausscheidung ist zu vermeiden, um ein Abreißen der Förderung zu verhindern. Eine Zulaufleitung soll daher grundsätzlich ohne Hochpunkte verlegt werden, in denen sich Gas sammeln könnte. Saugt die Pumpe aus einem tieferliegenden Reservoir, herrscht in der Zulaufleitung Unterdruck, sodass gelöste Gase sich teilweise ausscheiden. Zur Vermeidung von Gasansammlungen soll die Saugleitung mit mindestens 10° Steigung verlegt. 9. Liegt der Zulauftank oberhalb der Pumpe und besteht die Gefahr von Gasausscheidung oder Verdampfung (Verfahrenstechnik, Kesselspeise- und Heißwasserpumpen), soll die Saugleitung mit mindestens 10° Gefälle verlegt werden. Gas- oder Dampfansammlungen in horizontalen Leitungen können zu unruhigem Lauf und bei Dampfkondensation zu Schäden infolge Druckstößen (Wasserhammer) führen. 10. Arbeitet die Pumpe mit Unterdruck, ist auch das Eindringen von Luft durch Wahl vakuumsicherer Dichtungen zu vermeiden (statische Dichtungen in Rohrleitung und Pumpe sowie Wellendichtungen). 11. Bei doppelflutigen Pumpen sollen die Zulaufleitung und eventuelle Armaturen so installiert werden, dass die Störungen symmetrisch zur Pumpe liegen, damit beide Laufradhälften gleichmäßig beaufschlagt werden. Dieses Problem wird unten anhand von Abb. 11.16 näher erläutert. Die Abb. 11.16 zeigt eine Anordnung, die sich für Anlagen anbietet, in denen mehrere Maschinen parallel arbeiten: Die Pumpen werden über eine gemeinsame Zubringerleitung gespeist, von der (oft zu kurze) Saugleitungen unter 90° zu den Pumpen abzweigen. Auf der Pumpenaustrittsseite wird das Fluid auf analoge Weise in die gemeinsame Druckleitung gefördert. Es ergibt sich so eine kompakte Anlage mit geringem Platzbedarf und günstigen Baukosten. Die Nachteile dieser Auslegung werden durch Abb. 11.16 deutlich: An dem rechtwinkligen Abzweiger löst die Strömung ab, es entstehen Totwassergebiete und Wirbel. Lärm, Schwingungen und erhöhte Verluste sind die Folge. Nach Abschn. 10.12 entstehen auch Wirbelstraßen, die durch stehende Wellen verstärkt werden können.

11.7  Der Pumpenzulauf

985

Mit verschiedenen Maßnahmen (oder deren Kombination) können diese Probleme vermieden werden: 1) Abzweigleitung genügend lang ausführen mit L/D > 8 bis 10, damit sich die Strömung ausgleichen kann; 2) keine scharfkantigen Übergänge: Eintritt gut abrunden oder anfasen; 3) abzweigende Saugleitung am Eintritt als Konus ausbilden, damit die Strömung beschleunigt wird (Abschn. 1.8); 4) Gleichrichter in den Saugleitungen stromab der Abzweigstellen; 5) Abzweig unter weniger als 45°. Handelt es sich um eine doppelflutige Pumpe wie in Abb. 11.16, werden beide Laufradhälften unterschiedlich beaufschlagt und arbeiten folglich auf leicht unterschiedlichen Punkten der Kennlinie und unter Umständen mit leichtem Axialschub.

11.7.2 Transientes Absinken des Zulaufdrucks Fördert eine Pumpe Fluid im Sättigungszustand (Verfahrenstechnik oder Speisewassertank im Kraftwerk), herrscht über dem Flüssigkeitsspiegel im Zulaufbehälter der Sättigungsdruck. Die Pumpe benötigt positiven Zulauf und der Zulaufbehälter wird oberhalb der Pumpe installiert. Wiederum ist die Rohrleitung ohne Hochpunkte und lange horizontale Strecken zu installieren, um Dampfansammlungen beim Ausdampfen in der Leitung zu vermeiden, die bei späterem Druckanstieg heftige Kondensationsschläge verursachen könnten. Durch Einspeisung kälteren Fluids oder verringerte Zufuhr von Energie (z. B. Anzapfdampf aus einer Turbine) in den Zulauftank, sinkt der Dampfdruck bei einer Laständerung. Um zu vermeiden, dass die Pumpe in unzulässige Kavitation (unter Umständen Vollkavitation) gerät, ist in solchen Anlagen ein Zuschlag zum NPSHA notwendig, der transiente Zustände berücksichtigt. Sinkt der Druck über dem Fluidspiegel von p1 auf p2, dampft ein Teil der im Behälter gespeicherten Flüssigkeit aus, bis sich die Sättigungstemperatur Tv = f(p2) einstellt. Da das Fluid nicht übersättigt sein kann, stellt sich das thermodynamische Gleichgewicht im Tank rasch ein. In der Zulaufleitung fließt hingegen während einer gewissen Zeit noch wärmeres Medium. Daher kann in der Leitung etwas Flüssigkeit ausdampfen, wenn der Fluidspiegel im Tank (NPSHA) zu tief liegt. Maßgebend hierfür ist der örtliche Sättigungszustand in der Leitung, der primär von der geodätischen Höhe abhängt. Die Zulaufhöhe ist nun gegenüber der Betrachtung des stationären Betriebs so zu vergrößern, dass beim Druckabfall im Tank in der Zulaufleitung keine Verdampfung auftritt. Da über dem Fluidspiegel der Dampfdruck pv,Tank herrscht, ist NPSHA = Hz,geo – ∑Hv. Damit beim Absenken des Systemdrucks im Zulaufbehälter ein Ausdampfen vermieden wird, muss NPSHA > NPSHerf + HTrans sein; HTrans ist ein Zuschlag auf die Zulaufhöhe, der für die Transienten gemacht wird, die der Anlagenplanung zugrunde gelegt werden. Die Durchlaufzeit eines Fluidteilchens durch die Zulaufleitung der Länge Ls beträgt ts = Ls/cs = Vs/Q (cs = Geschwindigkeit in der

986

11  Verhalten der Kreiselpumpen in Anlagen

Zulaufleitung, Vs deren Flüssigkeitsinhalt). Die zulässige Druckabsenkungsgeschwindigkeit im Zulaufbehälter beträgt dann:   ρ g HTrans ρ g HTrans Q dp = = cs = ρ g HTrans (11.11) dt zul ts Ls Vs Sämtliche Strömungsverluste in der Zulaufleitung lassen sich nach Tafel 1.5 zusammenfassen als ∑Hv = ζgescs2/2g. Hiermit folgt aus NPSHA = NPSHerf + HTrans = Hz,geo − ζgesc2s /2g:

HTrans = Hz,geo − NPSHerf − ζges 

dp dt

 zul

=

c2s 2g

  c2 ρ g cs Hz,geo − NPSHerf − �ζs s Ls 2g

(11.12)

(11.13)

Durch Differenzieren von Gl. 11.13 und Nullsetzen des erhaltenen Ausdrucks ergibt sich die optimale Geschwindigkeit in der Zulaufleitung, bei der die höchste Reserve gegenüber einer Ausdampfung in der Zulaufleitung besteht:

 cs =

2g (Hz,geo − NPSHerf ) 3�ζs

(11.14)

Für eine spezifizierte Druckabsenkungsgeschwindigkeit und Durchlaufzeit eines Fluidteilchens durch die Zulaufleitung können auf diese Weise die notwendige Zulaufhöhe und ein optimaler Zulaufleitungsdurchmesser bestimmt werden. Die zu erwartende Druckabsenkungsgeschwindigkeit in einer Anlage ergibt sich aus Prozessrechnungen, die eine Energiebilanz für den Zulauftank als Funktion der Zeit bei transienten Vorgängen umfassen, wobei alle in den Tank zu- und abgeführten Fluid- und Dampfvolumenströme sowie die Speicherkapazität der Fluidmasse im Tank zu berücksichtigen sind. Derartige Untersuchungen sind vor allem für thermische Kraftwerke (Entgaser) relevant [5, 22, 23], können aber in gleicher Weise für verfahrenstechnische Anlagen durchgeführt werden. Die Berechnung sei im Folgenden anhand von Tafel 11.1 und Abb. 11.17 beschrieben, die den Entgaser/Speisewassertank in einem thermischen Kraftwerk darstellt. Aus diesem Tank läuft das Kesselspeisewasser den Pumpen zu. Bevorzugt erhält jede Pumpe ihre eigene Zulaufleitung, wir betrachten aber den allgemeinen Fall, in dem eine Leitung vom Tank abgeht, die sich dann auf zPP parallel arbeitende Pumpen verzweigt (häufig werden – wie in Abb. 11.17– drei 50-Prozent-Pumpen installiert, von denen eine in Reserve steht).

987

11.7  Der Pumpenzulauf m2, h2

m1, h1

Qsw,E, Tsw,E, ρsw,E, hsw,E

m3, h3

T, pv,tank, VT, ρ, h, cp

A

Qs1, d1, L1,eq, V1

c

a b

Qs2

d

Hz,geo

d2,eq, V2

e

f

g

pv,pump

Abb. 11.17   Entgaser und Zulaufleitungen

Die einzelnen Schritte der Berechnung sind: 1. Analyse des Rohrleitungssystems. Im dargestellten System sind die Rohrleitungsstränge 1 von A bis d und 2 von d bis g zu unterscheiden. –  Strang 1 besteht aus i geraden Rohrstücken, die verschiedene Durchmesser di aufweisen können, und j Komponenten wie Rohrbögen, Abzweigern und Armaturen (gegebenenfalls auch einem Filter). Die Widerstände aller dieser Rohrleitungsstücke und Bauteile werden nach Tafel 1.5 zu einem äquivalenten Gesamtwiderstand ∑ζ1 zusammengefasst (Gl. T11.1.2), der sich auf den Rohrdurchmesser d1 bzw. die Geschwindigkeit c1 = 4 Qs1/(πd12) bezieht. Durch Strang 1 strömt der gesamte Förderstrom Qs1 aller in Betrieb stehenden Pumpen.

988



11  Verhalten der Kreiselpumpen in Anlagen

11.7  Der Pumpenzulauf

989

–  Strang 2 besteht ebenfalls aus i geraden Rohrstücken (mit gegebenenfalls verschiedenen Durchmessern di) und j Komponenten. Die Widerstände aller dieser Elemente werden nach Tafel 1.5 zu einem äquivalenten Gesamtwiderstand ∑ζ2 zusammengefasst (Gl. T11.1.3), der sich auf den Rohrdurchmesser d2 bzw. die Geschwindigkeit c2 = 4 Qs2 /(π d22 ) bezieht. Durch Strang 2 strömt der Förderstrom einer der zPP in Betrieb stehenden Pumpen: Qs2 = Qs1/zPP. 2. Beide Stränge werden sodann zu einem Gesamtwiderstand („ges“ gemäß Gl. T11.1.4) zusammengefasst, der berücksichtigt, dass in beiden Strängen verschiedene Volumenströme herrschen. Hat jede Pumpe ihre eigene Zulaufleitung, gilt Σζges = Σζ1, während Σζ2 null ist. 3. Die Durchlaufzeit eines Fluidteilchens vom Tank bis zum Eintrittsstutzen der Pumpe ergibt sich aus der Summe der Durchlaufzeiten durch die beiden Stränge nach Gl. T11.1.7. Bei Berechnung der Fluidvolumina in den beiden Strängen nach Gl. T11.1.5 bzw. T11.1.6 sind alle durchströmten Teile des Strangs zu berücksichtigen (z. B. auch Fluidansammlungen wie in einem Filter). Alle Komponenten sowie Durchmessersprünge werden gemäß Gl. T11.1.5 und T11.1.6 durch äquivalente Rohrlängen L1,eq und L2,eq ausgedrückt, die mit dem jeweiligen Bezugsdurchmesser auf das wirkliche Fluidvolumen führen. 4. Wurden die Widerstände der Zulaufleitung definiert, kann die optimale Geschwindigkeit bzw. der optimale Durchmesser in der Rohrleitung berechnet werden. Mit den oben getroffenen Definitionen lassen sich diese Größen – sowohl für ein verzweigtes System wie für den Fall individueller Zulaufleitungen – mittels Gl. T11.1.8 oder T11.1.9 berechnen. Die Stränge 1 und 2 werden dabei so bemessen, dass in ihnen die gleiche Geschwindigkeit herrscht. 5. Mit den gewählten Durchmessern sind nun die Widerstände Σζges, Σζ1, und Σζ2 nach Schritt 1 bis 3 zu überprüfen; gegebenenfalls ist die Rechnung gemäß Schritt 4 zu wiederholen. 6. Mit den endgültig festgelegten Durchmessern d1 und d2 lässt sich die zulässige Druckabsenkungsgeschwindigkeit nach Gl.  T11.1.10 berechnen. Um eine genügende Sicherheit gegen Ausdampfen zu erreichen, wird als erforderlicher NPSH-Wert NPSHerf = 1,3 NPSH3 empfohlen [B.26]. Selbstverständlich kann auch ein anderer Sicherheitsfaktor oder NPSHo eingesetzt werden. Die zulässige Druckabsenkungsgeschwindigkeit (dp/dt)zul nach Gl. T11.1.10 ist eine quadratische Gleichung in Bezug auf den Durchsatz Qs1; (dp/dt)zul weist folglich über dem Volumenstrom für ein gegebenes System ein Maximum auf. Meist sind für eine Anlage mehrere Lastfälle zu untersuchen. 7. Die effektive Druckabsenkungsgeschwindigkeit in der Anlage muss kleiner als deren oben berechneter zulässiger Wert sein. Sie ergibt sich aus den transienten Vorgängen wie Turbinenschnellschluss oder Lastabsenkung. Für derartige Transienten müssen die Massenströme in den Entgaser/Speisewasserbehälter sowie deren Enthalpien als Funktion der Zeit bekannt sein. Für das in Abb. 11.17 gezeigte Beispiel sind dies: der in den Tank eintretende Speisewasserstrom Qsw,E und dessen

990

11  Verhalten der Kreiselpumpen in Anlagen

Temperatur Tsw,E; weitere Massenströme von Flüssigkeit oder Dampf m1, m2, m3 usw. mit den Enthalpien h1, h2, h3 (in den Tank eintretende Massenströme positiv, austretende negativ einsetzen). Ferner muss der Flüssigkeitsinhalt VT bzw. mT im Tank zu Beginn des Transienten (Zeit t = 0) bekannt sein. Will man die Speicherwirkung der Stahlmassen der Tankeinbauten und der Tankwand ganz oder teilweise berücksichtigen, sind die entsprechenden Wärmekapazitäten als Wasserwerte zum Flüssigkeitsinhalt zu addieren. 8. Die Berechnung erfolgt nun in diskreten Zeitschritten Δt, die man zweckmäßig als Bruchteil der Durchlaufzeit ts festlegt; z. B. Δt = ts/10. Für jeden Zeitschritt berechnet man die Massenbilanz nach Gl. T11.1.11 sowie die Energiebilanz, aus der sich der Enthalpieabfall während des Zeitschritts gemäß Gl. T11.1.12 ergibt. Bei der Ableitung von Gl. T11.1.12 wurde angenommen, dass die Enthalpie während eines Zeitschritts n+1 linear mit der Zeit sinkt bzw. dass der aus dem Tank abgezogene Fluidstrom im Mittel die Enthalpie hn – Δh/2 aufweist. (Die Energiebilanz ergibt sich aus Gl. 1.1 und 1.3, da es sich um einen instationären Vorgang handelt.) In Gl. T11.1.12 wird vollkommene Durchmischung aller Fluidströme mit dem Tankinhalt vorausgesetzt; Wärmeverluste an die Umgebung und Wärmeaustausch mit den Einbauten und Wänden des Tanks, die eine gewisse Wärmekapazität haben, wurden vernachlässigt. Die Effekte dieser drei Annahmen kompensieren sich zu mindestens teilweise. 9. Nachdem die Enthalpieabsenkung innerhalb des Zeitschritts berechnet wurde, lassen sich die Temperaturabsenkung, der Dampfdruck im Tank pv,Tank und die weiteren Fluideigenschaften aus den Wasserdampftafeln bestimmen (Tafel 17.1 und 17.2). 10. Schließlich kann die Absenkung des NPSH aus Gl. T11.1.14 bzw. T11.1.15 berechnet werden, die sich daraus ergibt, dass der (Dampf-)Druck im Tank pv, Tank niedriger als der Dampfdruck pv, Pumpe vor der Pumpe ist, weil vor der Pumpe noch Fluid mit höherer Temperatur als im Tank vorhanden ist. Es gilt: Δpv = pv,Tank −  pv,Pumpe und ΔNPSHA = Δpv/(ρ g) und die effektive Druckabsenkungsgeschwindigkeit wird (dp/dt)eff   = Δpv/Δt. Zu beachten ist dabei, dass für t < ts die Fluidtemperatur am Pumpeneintritt gleich der Temperatur zu Beginn des Transienten bei t = 0 bleibt; erst ab dem Zeitpunkt t > ts gelangt allmählich kälteres Fluid in die Pumpe. Für t < ts gilt also: Δpv(t) = pv,Tank(t) −  pv,Pumpe(t = 0), während für t > ts anzusetzen ist: Δpv(t) = pv,Tank(t) −  pv,Pumpe(t − ts). Die effektive Druckabsenkungsgeschwindigkeit erreicht bei t = ts ihr Maximum und sinkt für t > ts, weil dann kälteres Fluid zur Pumpe gelangt. Die Abb. 11.18 zeigt diese Verhältnisse an einem Beispiel, bei dem die Durchlaufzeit ts = 80 s beträgt. 11. Für den Zeitpunkt mit der höchsten Druckabsenkungsgeschwindigkeit, also für t = ts, ist zu verifizieren, dass an keinem Punkt der Zulaufleitung der örtliche statische Druck den Dampfdruck des Fluids erreicht, um so zu verhindern, dass Fluid ausdampft. Nach jedem Rohrleitungsabschnitt (a bis g in Abb. 11.17) und hinter jeder Komponente erhält man den statischen Druck aus der Bernoulli’schen

991

11.7  Der Pumpenzulauf 

'DPSIGUXFNLP7DQNLQEDU



'DPSIGUXFNYRU3XPSHLQEDU 136+$LQP

      

W V 



























GSGW EDUV

    

W V

Abb. 11.18   Transientes Absinken des Zulaufdrucks

Gl. (1.7), während der Dampfdruck in der Zulaufleitung zur Zeit t = ts noch dem Wert bei t = 0 entspricht. Besonders zu betrachten sind die Punkte in der Zulaufleitung nach einer Komponente mit hohem Strömungswiderstand oder nach einem horizontalen Leitungsstück, in dem der Druck infolge der Reibungsverluste abnimmt, ohne dass der statische Druck – wie in einem vertikalen Rohrstück – zunimmt. Horizontale Strecken in der Zulaufleitung sowie örtliche Widerstände sind daher so klein wie irgend möglich zu halten. Die vorstehende Untersuchung ist für verschiedene Transienten und Anlagenzustände durchzuführen, wenn sich der ungünstigste Fall nicht mit Sicherheit im Voraus erkennen lässt (bei Kraftwerken stellt der Turbinenschnellschluss nach einem Lastabwurf den schärfsten Transienten dar). Übersteigt die effektive Druckabsenkungsgeschwindigkeit die zulässige, kommen folgende Maßnahmen in Betracht, um die Situation zu verbessern: Flüssigkeitsspiegel im Tank erhöhen, Tank höher setzen, Betriebsführung ändern, Wärmezufuhr in den Tank (Stützdampf); kürzere Zulaufleitung, Pumpe mit höherer Saugzahl, Strömungswiderstände reduzieren.

992

11  Verhalten der Kreiselpumpen in Anlagen

11.7.3 Einlaufbauwerke und Zulauf aus Behältern mit freiem Fluidspiegel Große Volumenströme aus natürlichen oder künstlichen Oberflächengewässern werden den Pumpen in der Regel über spezielle Einlaufbauwerke zugeführt, in die gegebenenfalls notwendige Anlagen zur Reinigung des Wassers von groben Feststoffe integriert werden. Hinweise zur Gestaltung von Einlaufbauwerken mit Rechen- oder Siebbandanlagen finden sich in [12] und [18]. Anwendungsbeispiele sind Pumpstationen für Bewässerung, Kühlwasser oder Abwasseranlagen. Das Einlaufbauwerk hat die Aufgabe, das Wasser mit möglichst gleichmäßigem Geschwindigkeitsprofil zum Pumpeneintritt zu leiten, der häufig als Einlaufdüse ausgeführt wird. Ist mehr als eine Pumpe installiert, saugt jede Pumpe in der Regel aus einer eigenen Kammer an, damit sich parallel arbeitende Pumpen nicht gegenseitig stören. Die Pumpen können in die Kammer eingetaucht werden (Nassaufstellung), oder über eine kurze Zulaufleitung aus der Kammer ansaugen (Trockenaufstellung). Je nach baulichen und anlagentechnischen Gegebenheiten gibt es sehr verschiedene Ausführungen für Einlaufbauwerk und Kammer (Pumpensumpf), die gegebenenfalls durch Modellversuche optimiert werden. Richtlinien und Angaben über Einlaufbauwerke finden sich z. B. in [N.4 u. N.10], [5, 12, 13, 18, 20, 25], [B.5], [B.15], [B.17]; in [20] findet man eine Übersicht über diese Arbeiten. Große Förderströme erfordern meist Pumpen mit hoher spezifischer Drehzahl, die (wie bereits erwähnt) besonders empfindlich auf ungleichförmige Geschwindigkeitsverteilungen am Laufradeintritt reagieren. In Einlaufbauwerken mit freiem Wasserspiegel äußern sich Zulaufstörungen oft in Form von Wirbelzöpfen, die unbedingt zu vermeiden sind. Da Einlaufbauwerke großer Anlagen eine bedeutende Investition darstellen und Betriebsstörungen an Pumpen in solchen Werken erhebliche Kosten verursachen können, gibt es viele Untersuchungen zu diesem Thema. Die im folgenden behandelten Strömungsvorgänge spielen sich in ähnlicher Weise in allen Behältern mit freiem Fluidspiegel ab, aus denen das Fördermedium einer Pumpe zugeführt wird. Die Ausführungen und Richtlinien in diesem Kapitel sind daher sinngemäß auf alle Situationen anwendbar, in denen eine Pumpe aus einem Tank, Kanal oder einer Rohrleitung mit freier Oberfläche beaufschlagt wird. Beispiele hierfür sind: Speisewasserbehälter in thermischen Kraftwerken, Tanklager, alle Arten von Behältern in der Verfahrenstechnik und unvollständig gefüllte Rohrleitungen, aus denen die Saug- oder Zulaufleitung abzweigt. Wirbelentstehung  Kleine Wirbel (Turbulenzen) sind das Charakteristikum einer glatten turbulenten Strömung; solche Wirbel beeinflussen den sicheren Betrieb nicht. Große Wirbel bilden sich in Scherströmungen, also an Stellen mit starken Gradienten im Geschwindigkeitsprofil; sie entstehen in verzögerter Strömung und Ablösezonen. Gemäß

11.7  Der Pumpenzulauf

993

Abschn. 1.4.2 sinkt der Druck in einem Wirbelgebiet von außen nach innen. Ein Wirbelzopf (im Folgenden kurz Wirbel) entsteht, wenn die Rotation so groß ist, dass sich im Wirbelzentrum ein gas- oder dampfgefüllter Kern bildet. Bei freier Oberfläche senkt sich der Fluidspiegel im Wirbelzentrum, weil der konstante Gasdruck oberhalb des Wasserspiegels aufgeprägt wird. Wirbel in Einläufen sind insbesondere dann schädlich, wenn sie bis in die Abflussöffnung reichen; man spricht dann von luftziehenden Wirbeln. Die Gefahr derartiger Wirbel in einer gegebenen Anlage steigt mit abnehmendem Wasserspiegel bzw. abnehmender Überdeckung S der Abflussöffnung oder Eintauchtiefe der Pumpe (Abb. 11.23). Im Folgenden seien unterschieden: • Die Überdeckung S als Höhendifferenz zwischen dem Fluidspiegel und der Abflussöffnung (oder die Eintauchtiefe der Pumpe) • Die kritische Überdeckung Scr als der Fluidspiegel, bei dem der Wirbel die Abflussöffnung gerade erreicht • S > Scr ist demnach eine notwendige Voraussetzung für den sicheren Betrieb einer Pumpe Man unterscheidet Oberflächenwirbel, die vom Wasserspiegel ausgehen, und Bodenoder Wandwirbel, die vollständig unter dem Fluidspiegel liegen und an einer festen Struktur entstehen (Abb. 11.19). Boden- oder Wandwirbel sind gefüllt mit aus der Lösung kommendem Gas und Dampf (entsprechend den Partialdrücken). In Einlaufbauwerken entstehen Wirbel im Besonderen infolge von: • Ungleichförmiger Zuströmung • Asymmetrien in Zu- und Abströmung, z. B. Entnahme aus einer Kammer oder einem Kanal • Umlenkungen, z. B. vom Zuführkanal in die Einlaufkammer • Verzögerung oder Beschleunigung der Strömung

Typ 1

2

3

5 (4)

6 Typ W4

Typ W2

Abb. 11.19   Klassifizierung der Stärke von Oberflächen- und Boden- bzw. Wandwirbeln

994

11  Verhalten der Kreiselpumpen in Anlagen

• Umströmung von Hindernissen (Rechen- und Siebbandanlagen, Stützpfeiler, Pumpen in Reihe) • Überströmung von Ausbuchtungen Entscheidend für das Entstehen von Wirbeln ist die Rotation, die im Fluid infolge derartiger Störungen erzeugt wird. Asymmetrien der Zuströmung oder Entnahme bilden hierbei einen entscheidenden Faktor. Die Gefahr von Wirbeln steigt daher mit zunehmender Rotation (Zirkulation) des Fluids und die kritische Überdeckung zur Vermeidung von Zöpfen ist der Rotation direkt proportional (Gl. T11.2.6 bis T11.2.8). Zur Beurteilung der Wirbelstärke sind folgende Klassifizierungen gebräuchlich (s. hierzu Abb. 11.19, [13, 20, 24]): Oberflächenwirbel Typ 1.  Typ 2.  Typ 3.  Typ 4. 

Drehung auf dem Wasserspiegel sichtbar  elle im Wasserspiegel D Der Wirbel zieht Farbe bis in die Einlaufdüse Der Wirbel zieht kleine Schwimmkörper (aber noch keine Luftblasen) bis in die Einlaufdüse Typ 5.  Der Wirbel zieht Luftblasen bis in die Einlaufdüse Typ 6.  Es bildet sich ein durchgehender Wirbel bis in die Düse Wand- oder Bodenwirbel Typ W1.  Typ W2.  Typ W3.  Typ W4. 

 chwache Drehung, kein zusammenhängender Wirbelkern erkennbar S Bei Farbeinspritzung ist ein zusammenhängender Wirbelkern erkennbar Wirbel erfüllt mit aus der Lösung kommender Luft Dampferfüllter Wirbel, Kavitationsschläge (Rotation ist so stark, dass  Dampfdruck erreicht wird).

Die Abb. 11.19 zeigt schematisch die beobachtbaren Wirbel entsprechend der obigen Klassifikation. Die Abb. 11.20 zeigt das Foto eines Oberflächenwirbels vom Typ 6 sowie eines Bodenwirbels vom Typ W4. Derartige Wirbel sind unzulässig; sie führen zu einer Reduktion von Förderhöhe oder Förderstrom, instationären Kräften auf das Laufrad bzw. die Welle, Schwingungen und Kavitation. Wie Aufnahmen mit einer Hochgeschwindigkeitskamera in [27] zeigen, werden Wirbelzöpfe durch die Schaufeln nicht notwendigerweise zerschlagen, obwohl der Wirbel beim Schaufeldurchgang durchschnitten wird. In der untersuchten Axialpumpe mit einem sechsschaufeligen Laufrad (nq = 150) stand der durchschnittene Wirbel auf der Schaufelsaug- und -druckseite leicht versetzt, ging aber auch durch das Leitrad (Abb. 11.21). In der Nachlaufströmung der Schaufel wird der Wirbel zwar gestört, aber der saugseitige Teil des Wirbels vereinigt sich in einiger Entfernung hinter der

11.7  Der Pumpenzulauf

995

Abb. 11.20   Wirbel Typ 6 und Bodenwirbel Typ W4. Foto: Lehrstuhl für Strömungsmaschinen, Universität Kaiserslautern

Schaufelaustrittskante wieder mit dem druckseitigen Teil. Wie ebenfalls in Abb. 11.21 zu erkennen, erweitert sich der Wirbel im Unterdruckgebiet auf der Saugseite zu einer großen Kavitationszone.

Abb. 11.21   Wirbel beim Durchgang durch eine Axialpumpe. Foto: Lehrstuhl für Strömungsmaschinen, Universität Kaiserslautern [27]

996

11  Verhalten der Kreiselpumpen in Anlagen

Vermutlich beeinflusst die Schaufelüberdeckung den Wirbeldurchgang durch das Laufrad; über das Verhalten von anderen Laufrädern, insbesondere Radialrädern, lässt sich daher keine Aussage machen. Auswirkung von Wirbeln auf den Betrieb  Wirbel, die bis in die Saugleitung oder Einlaufdüse reichen, beeinträchtigen den sicheren Betrieb der Pumpe über verschiedene Mechanismen:2 1. Änderung von Leistung, Förderhöhe und Förderstrom infolge des in die Saugleitung eingebrachten Dralls (Mit- oder Gegenrotation) 2. Reduktion von Förderhöhe, Förderstrom und Wirkungsgrad infolge Lufteintrag. Bei bis zu 2 % Luftvolumen am Gesamtförderstrom ist die Leistungseinbuße gering (Abschn. 13.2.4). Bei Gasanteilen zwischen 5 und 10 % reißt indessen die Förderung ab. 3. Luftziehende Wirbel sind (auch bei konstanten Werten von Wasserspiegel und Förderstrom) von Natur aus instationär, weil die Wirbelrotation in der Zuströmung zeitlich schwankt. Wirbel regen daher Schwingungen und Lärm an; auch Leistungsaufnahme und Förderdaten fluktuieren. 4. Jeder Durchgang einer Schaufel durch einen Wirbel erzeugt eine schlagartige Beanspruchung, die zu Schaufelbrüchen oder Lagerschäden führen kann. 5. Boden- oder Wandwirbel verändern ihre Position periodisch oder aperiodisch. Bei Kavitation kann dadurch der Beton beschädigt werden. Da jede Laufschaufel die Wirbel durchschneidet, ergeben sich dann Schwingfrequenzen ν zLa fn des Schaufeldrehklangs, bei denen ν keine ganze Zahl ist. Mehr oder weniger stationäre Oberflächenwirbel ergeben Anregungen bei zLa fn (Abschn. 10.7.1). 6. Die (oft) einseitige Anströmung der Einlaufdüse von Pumpen in Nassaufstellung erzeugt einen stationären Radialschub analog zu Abb. 9.32, Abschn. 9.3.7, der die Welle einer Biegewechselbeanspruchung unterwirft und Wellenbrüche hervorrufen kann [20].

2Die

Zahlenangaben im Folgenden stammen aus Versuchen, über die in [12, 13, 20] berichtet wird; solche Angaben dienen lediglich zur Illustration; sie lassen sich kaum verallgemeinern.

11.7  Der Pumpenzulauf

997

7. Lufteintrag in die Pumpe verursacht Lärm, Schwingungen sowie Druckpulsationen und erhöht die hydraulischen Kräfte. Bei Versuchen an einer axialen Pumpe (nq = 150) erhöhten sich beim Betrieb mit Wirbeln vom Typ 6 die hydraulischen Kräfte um den Faktor 5 und die Schwinggeschwindigkeiten um den Faktor 2 gegenüber dem Betrieb ohne Wirbel; die Messung erfolgte im Bestpunkt mit S/DT = 1,04 [20]. Die Druckpulsationen können im System zu Sekundärschäden führen, wenn sie andere Komponenten zu Schwingungen anregen (s. auch Abschn. 10.12) 8. Vorrotation, Wirbel und die dadurch erzeugten hydraulischen Erregerkräfte können zu Schäden an verschiedenen Komponenten der Pumpe und Steigleitung führen – bis hin zu Schaufelbrüchen [17]. 9. Lufteinschlüsse in Rohrleitungen, insbesondere auch in der Druckleitung stromabwärts des Pumpenaustritts, können zu Betriebsstörungen und sogar Rohrleitungsschäden führen (Druckstöße infolge Abreißens der Flüssigkeitssäule). 10. Bei gleichförmiger Zuströmung ziehen Oberflächenwirbel vom Typ 6 in der Regel weniger als 2 % Luft; bei extrem ungleichförmiger Zuströmung können hingegen bis zu 18 % des Förderstroms als Luft angesaugt werden [13]. Wenn Oberflächenwirbel 3–6 % des Volumenstroms als Luft mitreißen, verringert sich nach [13] der Wirkungsgrad der Pumpe um 7–20 %. 11. Eine in der Rohrleitung induzierte Rotation kann die Volumenstrommessung verfälschen (eine Rotation von Δα = arctan cu/cax = 20° ergab einen Messfehler von 2 % in einer Düsenmessung mit d/D = 0,6 [13]).

Empirische Daten zu Wirbeln  Für die Vorausberechnung der durch Zulaufstörungen verursachten Zirkulation und der dadurch induzierten Wirbel gibt es keine einfachen Methoden. Auch lassen sich Versuchsdaten kaum auf andere als die jeweils untersuchte Konfiguration übertragen. Sammlungen experimenteller Daten findet man in [12, 13, 20]. Aus diesen Versuchen wurden einige Beziehungen in Tafel 11.2 und 11.3 zusammengetragen, die für Abschätzungen dienlich sein können. Tafel 11.2 enthält Formeln für die kritische Überdeckung in verschieden Geometrien. Ist die Zirkulation bekannt, kann deren Einfluss nach Gl. T11.2.6 bis T11.2.8 beurteilt werden.

998

11  Verhalten der Kreiselpumpen in Anlagen

Tafel 11.3 enthält empirische Daten über luftziehende Wirbel. Wie erwähnt, beeinträchtigt mitgerissene Luft den Pumpenbetrieb. In [13] wurde der volumetrische Luftanteil über der Froude-Zahl aufgetragen; diese Statistik lässt sich als Gl. T11.3.1 wiedergeben. Wenn man annimmt, dass diese Daten in etwa für die kritische Überdeckung gelten, kann man Gl. T11.3.1 für eine grobe Beurteilung des mitgerissenen Gases bei kritischer Überdeckung heranziehen. Wenn man den Wirbeldurchmesser in der Abflussöffnung kennt oder schätzt, lässt sich der Lufteintrag durch den Wirbel berechnen, wenn man annimmt, dass die Luft die gleiche Geschwindigkeit wie das Wasser hat: Der Volumenanteil des Gases beträgt somit α = (dk/D)2, wenn dk der Wirbeldurchmesser und D der Rohrdurchmesser ist. In einer langen Rohrleitung wird ein eingetragener Drall allmählich durch Reibung und Verwirbelung abgebaut, was sich nach Gl. T11.3.2 bis T11.3.5 abschätzen lässt. Der Druckverlust in der Rohrleitung steigt mit zunehmendem Verhältnis des Dralls zum axialen Impulsstrom, bzw. cu/cax, was durch Gl. T11.3.6 korreliert wird. Versuchsauswertungen in

11.7  Der Pumpenzulauf

999

[13] ergaben, dass das Verhältnis von Wirbelkernradius zu Wirbellänge konstant ist. Aus diesem Befund lässt sich der Wirbelkernradius für den Fall der kritischen Überdeckung abschätzen, bei dem ja definitionsgemäß die Wirbellänge gleich der Wasserspiegelhöhe über dem Abfluss ist: Man ermittelt h = Scr aus Tafel 11.2 und erhält dann den Wirbelkernradius aus Gl. T11.3.7 oder T11.3.8 mit ksc aus Gl. T11.2.8. Bei Überdeckung S < Scr muss aber mit einer Zunahme des Kernradius gerechnet werden.

Kriterien für die Güte der Zuströmung  Nicht nur Wirbel, sondern auch jegliche Art von ungleichförmiger Zuströmung können zu Leistungseinbuße, Schwingungen und instationären Belastungen führen. Die Zuströmung zu großen Pumpen hoher spezifischer Drehzahl sollte daher die folgenden Gütekriterien erfüllen: • Ungleichförmigkeiten im axialen Geschwindigkeitsprofil am Laufradeintritt dürfen maximal ±10 % der mittleren Geschwindigkeit, auf einem Ringelement nur bis ±5 % betragen. Für nq > 200 soll die Ungleichförmigkeit generell auf ±5 % begrenzt werden [B.5].

1000

11  Verhalten der Kreiselpumpen in Anlagen

• Maximale Winkelabweichung im Zuströmwinkel Δα = ±5°; dabei gilt: Δα = arctan cu/cax • Stärke der Oberflächenwirbel höchstens Typ 2 (Delle in Fluidspiegel), denn Wirbel vom Typ 3 tragen bereits einen definierten Drall bis in die Einlaufdüse oder Saugleitung. • Stärke der Wand- oder Bodenwirbel höchstens Typ 1, denn Wirbel vom Typ W2 tragen bereits einen definierten Drall bis in den Abfluss. • Keine erkennbaren Wellen und Unstetigkeiten in der Zuströmung • Keinerlei Wirbel, die bis in die Einlaufdüse reichen • Kein Mitreißen von Luft Modellversuche  Wegen der hohen Investitionskosten großer Einlaufbauwerke und der Vielfalt unterschiedlicher Anlagenkonzeptionen sind oft Modellversuche zur Optimierung des Einlaufbauwerks angezeigt. Da es sich hier um Strömungen mit freien Oberflächen handelt, ist der Schwerkrafteinfluss zu berücksichtigen. In Modell und Ausführung ist daher die gleiche Froude-Zahl Fr = cT/(g D)0,5 einzuhalten. Erweitert man den Versuchsbereich bis zur Bedingung cModell = cAnlage liegt man auf der sicheren Seite. Da die Reynolds-Zahl in der Anlage wesentlich höher ist als im Modell, wird meist nur die Froud’sche Ähnlichkeit beachtet. Laut [N.10] sollen Zähigkeitseffekte die Ergebnisse nicht verfälschen, solange Re > 6 × 104 und We > 240 ist. Der Einfluss der Oberflächenspannung ST wird dabei anhand der Weber-Zahl We beurteilt; sie ist definiert durch We = cT (ρ DT/ST)0,5 und stellt das Verhältnis der Trägheits- zur Oberflächenkraft dar (an der Phasengrenze Wasser zu Luft ist ST = 0,073 N/m bei 20 °C). Gegenüber den diesbezüglichen Angaben in [N.10] sind jedoch Vorbehalte angebracht: Wie in Abschn. 10.14 anhand von Schadensfällen gezeigt, können an Vertikalpumpen schwere Schäden auftreten, obwohl Modellversuche durchgeführt wurden, die alle oben aufgeführten Qualitätskriterien erfüllten. Der geometrische Maßstabsfaktor zwischen Anlage und Modell soll den Wert 15 nicht überschreiten. Richtlinien für die Auslegung von Einlaufbauwerken  Aus den obigen Ausführungen, insbesondere Tafel 11.2 und 11.3, geht hervor, dass Wirbelprobleme mit der Froude-Zahl bzw. Geschwindigkeit wachsen. Einlaufbedingte Schwierigkeiten treten folglich meist bei hohem Durchsatz (q* > 0,8) auf, während der Teillastbetrieb eher durch die Rückströmung aus dem Laufrad dominiert wird. Dabei spielt aber die Wechselwirkung rückströmenden Fluids mit den Einbauten im Pumpensumpf eine Rolle. Um das Grundsätzliche zu zeigen, sei eine Einlaufkammer nach Abb. 11.23 betrachtet, in die eine Vertikalpumpe mit Einlaufdüse (Durchmesser DT) eingetaucht ist [B.17]. Um eine gleichförmige, wirbelfreie Zuströmung sicherzustellen, sind folgende Richtlinien und Kriterien zu beachten:

11.7  Der Pumpenzulauf

1001

1. Geschwindigkeit im Einlaufdüseneintritt: in [N.10] wird cT = 1,7 m/s (Bereich: 1,2–2,1 m/s) für Volumenströme über 1 m3/s empfohlen. Unter 0,3 m3/s wird ein Bereich von 0,6 bis 2,7 m/s zugelassen. Legt man den Einlaufdüsendurchmesser mit dem Bestpunktförderstrom und cT = 1,7 m/s aus, erreicht man bei q* = 1,25 in etwa die obere Grenze von 2,1 m/s, hat also auch bei maximalem Förderstrom noch gute Verhältnisse zu erwarten. Typische Werte für das Verhältnis Einlaufdüsen- zu Laufradeintrittsdurchmesser liegen im Bereich von DT/d1 = 1,75 ± 15 % (1,75 in [17]). 2. Wasserspiegelüberdeckung: Die Einlaufdüse muss eine Überdeckung (oder Eintauchtiefe) S aufweisen, um luftziehende Wirbel, die von der Wasseroberfläche ausgehen, zu vermeiden (das notwendige NPSHA ist ebenfalls zu berücksichtigen). Auch die Gefahr von Wand- und Bodenwirbeln wächst mit fallendem Fluidspiegel, weil der statische Druck abnimmt und so bereits bei einer geringeren Rotation der Druck im Wirbelkern soweit absinkt, dass sich ein Gas- oder Dampfkern bilden kann. Die Überdeckung hängt von der Konstruktion und der Qualität der Zuströmung ab: Werden die im Folgenden erläuterten Auslegungsrichtlinien für Einlaufbauwerke eingehalten, ist also mit einer einigermaßen gleichförmigen Zuströmung zu rechnen, kann die Wasserspiegelüberdeckung für offene Einlaufkammern ohne Tauchwand (Abb. 11.23) aus Gl. 11.15 ermittelt werden [N.10]:

S ≥ 1 + 2,3 Fr DT

mit Froude-Zahl Fr = √ oder: S = DT +

cT ; g DT

cT =

9,2 Q √ π D1,5 g T

4Q π D2T

(11.15)

(11.15a)

Eine Betrachtung von Gl. 11.15a lehrt, dass es einen optimalen Einlaufdüsendurchmesser geben muss, bei dem die notwendige Überdeckung – und damit die Baukosten – minimal werden. Durch Ableitung von Gl. 11.15a nach DT und Nullsetzen von ∂S/∂DT erhält man den optimalen Einlaufdüsendurchmesser DT,opt, der dieses Minimum der Eintauchtiefe ergibt:

  Q 0,4 DT,opt = 1,81 √ g

und cT,opt = 0,39 Q0,2 g0,4

(11.15b)

Für diesen optimalen Einlaufdüsendurchmesser ergeben sich die konstanten Werte Fropt = 0,29 und S/DT,opt = 1,67.3

3Bei extremen Förderströmen über Q = 16,7 m3/s = 60.000 m3/h wird die Grenze c  = 1,7 m/s der T empfohlenen Geschwindigkeit erreicht.

1002

11  Verhalten der Kreiselpumpen in Anlagen

Die aus Gl. 11.15 und 11.15b resultierenden Werte für die Optimalwerte von Eintauchtiefe, Einlaufdüsendurchmesser und Geschwindigkeit cT sind in Abb. 11.22 über dem Förderstrom aufgetragen. Messungen an Einlaufkammern [24] ergaben, dass die Überdeckungen nach Gl. 11.15 Wirbel mit Sicherheit unterdrücken; es wurden lediglich Wirbel vom Typ 2 – leichte Dellen im Wasserspiegel – beobachtet, die den Pumpenbetrieb nicht beeinträchtigen. Andererseits ergab eine Analyse von Anlagen mit Wirbelproblemen, dass bei fast allen Problemfällen die Überdeckung unter ST/DT = 1,5 lag [14]. Die Überdeckung gemäß Gl. 11.15 gilt für Einlaufkammern der in Abb. 11.23 dargestellten Bauart, aber ohne Rippen an Boden oder Rückwand, ohne Tauchwand oder sonstige Einbauten zur Drallreduktion. Gleichung 11.15 bildet zudem gemäß [13] die obere Hüllkurve verfügbarer Daten. Auslegungen nach Gl. 11.15 enthalten daher bei gleichförmiger Zuströmung eine gewisse Reserve. Bei sorgfältiger Auslegung mit drallbremsenden Strukturen (wie z. B. eine Rippe an Boden und Rückwand gemäß Abb. 11.23) kann man daher die Überdeckung etwa 10–25  %tiefer wählen, als es sich nach Gl. 11.15 und Abb. 11.22 ergäbe. Es gibt eine Reihe von Maßnahmen zur Reduktion der erforderlichen Eintauchtiefe und damit der Baukosten: • Eine feste Decke (gedeckte Kammer nach Abb. 11.26) oder eine Tauchschürze nach Abb. 11.23 verringert die notwendige Überdeckung um etwa 30 % gegenüber Gl. 11.15. Der Nachteil dieser Maßnahmen liegt darin, dass die Strömungsgeschwindigkeit in der Einlaufkammer dadurch erhöht wird. Bei unsachgemäßer Auslegung können dann schwere Schäden auftreten (s. Abschn. 10.14).

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Abb. 11.22   Minimale Eintauchtiefe und optimaler Einlaufdüsendurchmesser DT für Auslegung nach Gl. 11.15 und 11.15b

1003

11.7  Der Pumpenzulauf 1 DT

Curtain wall

X = 0.75 DT

0.1DT

C = 0.5D T

c ≤ 0.5 m/s

1DT

2.5 DT

S

Rear wall splitter

Lowest water level

DT

2 DT

W = 2 DT

0.5 DT

E > 4 DT

Floor splitter

Fillet L = 2 DT

Abb. 11.23   Einlaufkammer für Pumpe mit Nassaufstellung; sehr häufig ohne Tauchwand ausgeführt (vorzuziehen)

• Mit einer ringförmigen Tauchschürze (also einem Zylinder um die Pumpe) reduziert sich S um etwa 50 %. Eine Mindestüberdeckung von S/DT = 1,0 darf indes nie unterschritten werden.

1004

11  Verhalten der Kreiselpumpen in Anlagen

• Sehr wirksam zur Reduktion der Eintauchtiefe sind auch eine Platte, ein Gitter oder ein Lochblech. Diese horizontalen Einbauten sind dicht unter dem niedrigsten Fluidspiegel anzuordnen (100 bis 200 mm); zu tief eingetaucht sind sie unwirksam. • Mittels eines Floßes können luftziehende Wirbel unterdrückt werden. Die Auslegungsüberdeckung nach Gl. 11.15 ist selbstverständlich größer als die kritische Überdeckung, bei der Wirbel die Abflussöffnung erreichen. 3. Zulaufgeschwindigkeit in Einlaufbauwerk und Pumpenkammer: Frühere Auslegungsregeln [N.4], [B.5] begrenzten die Zulaufgeschwindigkeit auf 0,3 m/s, was häufig zu hohen Baukosten führte und oft unnötig konservativ war; in einer neuen Ausgabe des Hydraulic Institute [N.10] wurde die Grenze auf 0,5 m/s heraufgesetzt. Dieser Wert wird im Folgenden verwendet. Wird die Grenze von 0,5 m/s überschritten, entstehen durch den Staudruck auf der Kammerrückwand ungünstige, seitwärts gerichtete Strömungskomponenten und Wirbel In Abwasseranlagen müssen die Strömungsgeschwindigkeiten höher gewählt werden, um Feststoffablagerungen zu vermeiden: c = 0,7 bis 2 m/s werden in [20] erwähnt. 4. Kammerabmessungen (Abb. 11.23): Bestimmte Abmessungen der Pumpenkammer sind einzuhalten, um Wirbelbildung zu vermeiden. Aus der zitierten Literatur lassen sich folgende Empfehlungen ableiten (Fettdruck: bevorzugte Abmessungen): – Kammerlänge: E/DT ≥ 4 – Kammerbreite: W/DT = 2 (bis 2,5); Werte bis zu W/DT = 3 werden als oft zulässig bezeichnet, sind aber deutlich ungünstiger als W/DT = 2; diesen Wert sollte man daher möglichst wenig überschreiten. – Bodenabstand: C/DT = 0,4 bis 0,5 (0,3 bis 0,75). Ein zu geringer Bodenabstand ruft Bodenwirbel hervor. – Abstand von der Kammerrückwand: X/DT = 0,75 bis 1,0. Ein zu kleiner Abstand birgt das Risiko von Boden- oder Wandwirbeln; ein zu großer Abstand führt zu ungünstiger Umströmung des Pumpenkörpers, und es entstehen Wirbelstraßen, Oberflächenwirbel und Wirbelzöpfe. – Ecken zwischen Seiten- und Rückwand: 45-Grad-Fase = 0,2 W oder ausrunden. Bei den Versuchen in [24] waren die Kombinationen C/DT = 0,4 mit X/DT = 0,75 und C/DT = 0,5 mit X/DT = 0,75 am besten (geringste Wirbelbildung) und die Kombination C/DT = 0,4 mit X/DT = 1,0 am ungünstigsten. 5. Drallbremsende Strukturen dienen dazu, die Gefahr von Bodenwirbeln zu verringern. Bei Teillastrückströmung verhindern sie, dass eine Rotation im Sumpf induziert wird. Dies kann durch eine Rippe (wie in Abb. 11.23) oder einen Konus mit Rippen [B.5] erreicht werden. Diese Elemente werden unterhalb der Einlaufdüse

11.7  Der Pumpenzulauf

1005

angebracht. Ist der Bodenabstand zu groß, können Kreuz oder Rippen in die Einlaufdüse eingegossen oder -geschweißt werden. Ohne drallbremsende Strukturen besteht die Gefahr von Schwingungen; auch die Nullförderhöhe ist reduziert, was unter Umständen beim Anfahren Schwierigkeiten bereitet (Abschn. 11.8). Wird ein Konus verwendet, soll nur eine Rippe in Strömungsrichtung unter der Einlaufdüse eingebaut werden; eine Rippe quer zur Strömung verursacht naturgemäß Ablösungen und Wirbel [27]. Bei großen Volumenströmen (q* > 1) kann ein Wirbelzopf auf der Kegelspitze entstehen, wenn keine Längsrippe vorhanden ist (Beobachtungen in [27]). 6. Bodenwirbel entstehen durch Ablösungen oder starke Geschwindigkeitsgradienten in der Zuströmung. Reinigungsrechen, Umlenkungen, Einbauten, plötzliche Querschnittsänderungen oder Diffusoren mit unzulässig hohen Öffnungswinkeln können zu solchen Störungen führen. 7. Strömungsausgleich durch perforierte Wand (Abschn. 1.8): Wenn die Strömung im Einlaufbauwerk infolge baulicher Gegebenheiten ungleichförmig ist, kann man die Strömung glätten durch Einbauten vor dem Eintritt in die eigentliche Pumpenkammer, oder in der Kammer selbst (Abb. 11.24). Solche Einbauten können z. B. bestehen aus: perforierten Wänden (Mauerwerk mit Durchbrüchen), Lochblechen, eingerammten Pfählen oder Profilen. Bei stark ungleichförmiger Zuströmung werden zwei oder mehr Wände hintereinander eingebaut. Der Anteil der Durchtrittsfläche an der Gesamtfläche der Wand kann bei etwa 50 % gewählt werden. Wand oder Lochblech sollen einen genügenden Abstand L von der Pumpe haben, damit die an Querschnittssprüngen ablösenden Wirbel abklingen können: L/Dh > 20, wenn Dh der hydraulische Durchmesser der Öffnungen in Wand oder Lochblech ist, vgl. hierzu Tafeln 1.2 und 1.3. 8. Strömungsumlenkungen: Eine Zuströmung senkrecht zur Kammer wie in Abb. 11.24 führt wegen der 90-Grad-Umlenkung zu Wirbelbildung und ist tunlichst zu vermeiden: Die Pumpenkammern sollte man eher unter 45° zum Zuströmkanal anordnen; Länge der Kammern mindestens L = 8 DT. In [16] wird über Modellversuche zur Sanierung eines Einlaufbauwerks mit Schwingungs- und

Abb. 11.24   Ungünstige Zulaufverhältnisse infolge 90-Grad-Umlenkung werden durch Ausgleichsgitter verbessert

L

Pumpen

Ausgleichsgitter

1006

11  Verhalten der Kreiselpumpen in Anlagen

Kavitationsproblemen berichtet. Dabei konnten die ungünstigen Zuströmverhältnisse bei 90-Grad-Umlenkungen durch Boden- und Rückwandrippen sowie mittels perforierten Wänden entscheidend verbessert werden, obwohl die Überdeckung unter S/DT = 1,0 lag. 9. Schräge Flächen, die die Strömung verzögern oder beschleunigen, sollen einen maximalen Winkel von 10° (15°) nicht überschreiten. Dies gilt für verzögerte wie beschleunigte Strömung. 10. Parallel arbeitende Pumpen dürfen sich gegenseitig nicht stören. Dies lässt sich vermeiden durch getrennte Kammern (wenn Pumpen nebeneinander senkrecht zur Strömung angeordnet sind), große Abstände, kleine Strömungsgeschwindigkeit oder Ringschürzen, wenn die Pumpen in Strömungsrichtung hintereinander aufgestellt sind. 11. Mitreißen von Luft: Die Speisung der Einlaufkammer darf nicht über ein Wehr oder eine oberhalb des Fluidspiegels mündende Leitung erfolgen, damit keine Luft mitgerissen wird. Diese Regel gilt auch für alle Arten von Behältern mit freiem Fluidspiegel, um Mitreißen von Gas oder Dampf in die Saugleitung zu vermeiden. Auch ist ein Kurzschluss zwischen Ein- und Ausströmleitung des Behälters oft schädlich, da ein Drall in die Saugleitung eingetragen werden kann und sich das in den Behälter einströmende Fluid ungenügend mit dem Behälterinhalt vermischt. 12. Pumpen in Reihe: Werden mehrere Pumpen in Strömungsrichtung in einem Kanal angeordnet, soll ihr Achsabstand a mindestens a = (2 + 20 c/cref) DT betragen, wenn c die Geschwindigkeit im Kanal und cref = 1 m/s ist. Wegen der Wirbelablösungen an den umströmten Pumpen soll diese Geschwindigkeit 0,3 m/s nicht überschreiten. 13. Bei Trockenaufstellung saugt die Pumpe oft über einen Beschleunigungsbogen aus dem Sumpf an. Dabei soll die Zuströmgeschwindigkeit in der Kammer 0,5 m/s und im Eintrittsquerschnitt des Bogens 1,7 m/s nicht übersteigen. Auch hier muss eine Wasserspiegelüberdeckung vorhanden sein, damit keine Luft mitgerissen wird. Die Überdeckung ist nach Gl. 11.15c zu bestimmen, ähnlich [B.17]



cT −c S ≥ 0.2 + 1, 5 √ DT gDT

mit

cT =

4Q πD2T

oder

cT =

Q AT

(11.15c)

c = Geschwindigkeit in der Zulaufkammer AT = Eintrittsquerschnitt, wenn Rechteckbogen eingebaut wird Bei Trockenaufstellung ist zudem der Übergang vom Sumpf zum Einlaufbogen oder zur Zulaufleitung mit R/D > 0,1 bis 0,2 abzurunden, damit Strahleinschnürung, Wirbelbildung und Luftansaugen vermieden werden. 1 4. Gedeckte Kammern (Abb.  11.25): Die Höhe der Kammer soll etwa H ≈ 1 DT betragen oder so bemessen werden, dass die Geschwindigkeit am Eintritt in die Kammer 0,7 m/s nicht überschreitet. Ist die Höhe zu klein, wird das Fluid zu stark beschleunigt, wobei Querströmungen (ein leichter Drall oder eine Asymmetrie in der Zuströmung) verstärkt werden (Erhaltung des Drehimpulses). Daher sollten

1007

11.7  Der Pumpenzulauf

X

Rippe C

H = DT

S

L > 2 DT

DT

2 DT

Abb. 11.25   Gedeckte Einlaufkammer

gedeckte Kammern grundsätzlich mit Boden- und Rückwandrippe ausgeführt werden, um Querströmungen und die Bildung von Wand- und Bodenwirbeln zu vermeiden. Wird die Strömung in der gedeckten Kammer zu stark beschleunigt, prallt das Fluid auf die Rückwand, was wiederum die Wirbelbildung begünstigt. Durch Auskleidung der Ecken nach Abb. 11.23 oder durch Ausrunden wird die Wirbelbildung reduziert. 1 5. Siebbandmaschinen oder Rechen zur Wasserreinigung erzeugen infolge Einschnürung höhere Geschwindigkeiten. In [N.10] wird daher ein Abstand von L = 6DT zwischen dem Austritt aus der Siebbandmaschine und der Pumpe empfohlen. Die Geschwindigkeit am Austritt der Siebbandanlage soll 0,7 m/s nicht überschreiten. Durch sorgfältige Ausbildung des Zulaufs mit Boden- und Rückwandsplitter und Eckenauskleidung lässt sich der Abstand auf L = 3DT verkleinern, womit sich die Baukosten wesentlichen verringern [27]. Zusammenfassend nochmals die wichtigsten Maßnahmen, die sowohl für die Planung als auch Ertüchtigung der Anlage beim Auftreten von Störungen infrage kommen: • Gleichmäßige, symmetrische Zuströmung • Genügende Überdeckung • Kammerabmessung nach obigen Richtlinien • Boden- und Rückwandrippen • Eckenauskleidung Einlaufdüse  Die Höhe der Einlaufdüse kann zu etwa h/d1a = 0,7 gewählt werden. Der untere Rand der Düse soll horizontal ausgeführt werden, wobei der Übergang von

1008

11  Verhalten der Kreiselpumpen in Anlagen

dem horizontalen Schirm zur Vertikalen mit geringer Krümmung zu gestalten ist, um Ablösungen zu vermeiden. Die Abb. 11.26 zeigt eine Formgebung, bei der günstige Strömungseigenschaften erwartet werden. Die Kontur ist dabei als Klothoide berechnet, bei der die Krümmung sich als Funktion der Länge entwickelt. Eine elliptische Kurve kann ähnlich gestaltet werden. Die Einlaufdüse in Abb. 2.15 ist dagegen suboptimal, weil der horizontale Schirm zu klein und der Übergang von horizontal zu vertikal zu abrupt ist. Geschweißte Einlaufdüsen sollten möglichst gut der Kurve in Abb. 11.26 folgen, wozu mindestens drei Elemente notwendig sind.

11.7.4 Topfpumpen Vertikale Pumpen in Behälter- oder Topfbauweise nach Abb. 11.27 werden z. B. als Kondensatpumpen in Kraftwerken oder als Raffineriepumpen eingesetzt. Um günstige Zuströmverhältnisse zum Laufrad und störungsfreien Betrieb zu erreichen, sind folgende Hinweise zu beachten: • Gasausscheidung oder Ausdampfen am höchsten Punkt oberhalb des Eintrittsstutzens sind zu vermeiden (kein freier Fluidspiegel; beim Füllen und Anfahren für gute Entlüftung sorgen). Abb. 11.26   Einlaufdüse als Klothoide mit DT/d1a = 1,8 und Höhe h/d1a = 0,72

Abb. 11.27   Zulaufverhältnisse bei Topfpumpen cs

cax

Kreuz

11.8 Druckleitungen

1009

• Die axiale Geschwindigkeit cax zwischen Tank und Pumpenkörper soll in der Regel unter 1 bis 1,5 m/s liegen. • Die Geschwindigkeit im Eintrittsstutzen soll möglichst klein (cs < 2 m/s) gewählt werden, da die Ungleichförmigkeit der Zuströmung zum Laufrad mit zunehmendem Staudruck im Stutzen steigt. Ein großer Abstand zwischen Stutzen und Einlaufdüse trägt zur Vergleichmäßigung der Strömung bei. • Der Abstand zwischen Tankboden und Einlaufdüse soll DT/2 betragen. • Ohne drallbremsende Maßnahmen wie Kreuz (Abb. 11.27) oder Rippen in der Einlaufdüse oder im Saugkorb wird bei Teillastzirkulation eine starke Rotation im Tank induziert, die zu unruhigem Lauf und unzulässigen Schwingungen führen kann (z. B. bis zu Ermüdungsrissen in der Steigleitung). Auch Nullförderhöhe und Teillastkennlinie ändern sich stark, wenn das Kreuz fehlt. Drallbremsende Strukturen sind daher immer vorzusehen – besonders bei hoher spezifischer Drehzahl.

11.8 Druckleitungen Die Auslegung der Druckleitungen ist in erster Linie ein Optimierungsproblem: Mit steigendem Rohrdurchmesser sinken der Energiebedarf und die Förderhöhe der Pumpe, sofern die Druckverluste einen wesentlichen Anteil des Förderhöhenbedarfs ausmachen. Die Investitionskosten für die Rohrleitung steigen, während die Anschaffungskosten für die Pumpe abnehmen. Die Strömungsgeschwindigkeiten können daher in einem weiten Bereich gewählt werden: bei Leitungen von mehreren Kilometern Länge z. B. 1,5–3 m/s (mit Rücksicht auf die Druckverluste), bei kurzen Hochdruckleitungen dagegen 10–20 m/s wegen der hohen Anlagekosten. Auch das Fördermedium hat mitunter einen Einfluss auf die Wahl der Strömungsgeschwindigkeit, z. B. bei Gefahr von Erosionskorrosion oder Abrasion (zur Werkstoffwahl s. Kap. 14). Andererseits gibt es einen Mindestwert zur Vermeidung des Absetzens bei Feststofftransport (Abschn. 13.4). Heberleitungen:  Unter Heberleitungen versteht man Druckleitungen, bei denen in einem abfallenden Leitungsteil Energie zurückgewonnen wird (auch als Siphon bezeichnet). Ein Siphon kann verwendet werden, um Energie zurückzugewinnen oder um Rückströmung in Fällen zu vermeiden, wo man sich nicht auf eine Rückschlagklappe verlassen will (Pumpen über einen Deich). Typische Anwendungen für Siphons sind Beoder Entwässerung über einen Damm hinweg oder Kühlwasseranlagen in Kraftwerken. Die Abb. 11.28 zeigt schematisch eine Anlage mit Siphon, in der Wasser über einen höchsten Punkt mit der Höhe Hstat,F in ein Oberwasser gepumpt wird, das um Hstat,D über dem Zulaufwasserspiegel steht; zs ist die zurückgewonnene Höhe. Dargestellt ist auch der Verlauf des statischen Drucks in der Leitung. Aus der Bernoulli-Gleichung (Gl. 1.7) erhält man den Höhenbedarf HA der Anlage (Querschnitt 0–2) und den minimalen Druck pmin im Hochpunkt (Querschnitt 1–2):

1010

11  Verhalten der Kreiselpumpen in Anlagen Siphon Kontrollventil

c1

1

Θ zs Hstat,F

s

Hstat,D

c2

2

0

pamb pMin ∆Hmin

pv

Abb. 11.28   Heberleitung

HA = Hstat,D +

c22 +  Hv,0−2 2g

ρ pmin = pamb − ρ g zs − (c21 − c22 ) + � pv,1−2 2

(11.16)

(11.17)

Damit die Flüssigkeitssäule nicht abreißt, muss der Druck pmin am Hochpunkt genügend weit über dem Sättigungsdruck pv liegen. Erfahrungsgemäß wird ein Zuschlag von ΔHM = (pmin − pv)/(ρ g) = 1,5 bis 2,5 m gemacht, um genügend Sicherheit zu haben; der obere Wert ist einzusetzen, wenn das Wasser luftgesättigt ist, weil dann im Unterdruckgebiet entsprechend viel Luft aus der Lösung tritt. Sind die Druckverluste ∑Hv,1-2 hoch und nicht genau genug bekannt, ist der Zuschlag entsprechend zu vergrößern. Die maximal zulässige Siphonhöhe ergibt sich mit ΔHM aus Gl. 11.17 zu:

zs,max =

c2 − c22 pamb − pv − HM +  Hv,1−2 − 1 ρg 2g

(11.18)

11.8 Druckleitungen

1011

a

b H

H HA beim Füllen Hstat,F

Hstat,F

HA Normalbetrieb

C

F

C

HA beim Füllen HA Normalbetrieb B

B Hstat,D

Hstat,D A

Q

A

Q

Abb. 11.29   Anfahren einer Pumpe mit Heberleitung. a Hochpunkt C wird erreicht; b bei instabiler Kennlinie bleibt die Pumpe bei Punkt F (Q = 0) hängen, die Leitung wird nur teilweise gefüllt

Überschreitet die zu überwindende Höhendifferenz den Wert zs,max, kann man ein Kraftschlussbecken4 installieren oder drosseln, d. h. ∑Hv,1–2 vergrößern. Der Siphon funktioniert nur, wenn das Austrittsrohr stets eingetaucht ist, wenn die Leitung entlüftet wird und vakuumdicht ist. Beim Anfahren kann die Leitung mit einer Vakuumpumpe entlüftet werden, was wegen relativ hoher Kosten selten ausgeführt wird. Beim Anfahren mit entleerter Leitung lässt sich auch die Luft herausspülen, wenn genügend hohe Geschwindigkeiten erreicht werden. Nach [B.18] ist hierzu folgende Strömungsgeschwindigkeit notwendig:  cmin = 1,2 gDsin (11.19)

Fährt man die Pumpe mit leerer Leitung an, wird die eingeschlossene Luft zunächst komprimiert, bis der Druck um Δp = ρ g s (s = Eintauchtiefe nach Abb. 11.28) gestiegen ist. Danach wird die Luft herausgedrückt. Der Anfahrvorgang beginnt bei Punkt A in Abb. 11.29a (die Pumpe läuft zuerst in Vollkavitation). In dem Maße, wie sich die Leitung füllt, steigt der Wasserspiegel und der Arbeitspunkt der Pumpe verschiebt sich entsprechend zu kleineren Förderströmen über Punkt B zu C bis der Wert Hstat,F bzw. der Hochpunkt erreicht wird. Der sich bei Hstat,F im Punkt C einstellende Förderstrom Qc ist für die Berechnung von cmin nach Gl. 11.19 maßgebend. Die Pumpe ist also so auszulegen, dass der Hochpunkt C mit Sicherheit erreicht wird und dass dort der Förderstrom genügend groß ist, um die Luft auszuspülen. Vorzugsweise sollte der Hochpunkt außerhalb des instabilen Kennlinienbereichs liegen. Ist dies wie in Abb. 11.29b nicht der Fall, läuft die Pumpe durch den instabilen Bereich, wenn

4Das

ist ein offenes Becken auf einer Höhe, die etwa der maximal zulässigen Siphonhöhe entspricht. Der Siphon taucht in dieses Becken, aus dem das Wasser über ein Ablaufrohr abgeführt wird.

1012

11  Verhalten der Kreiselpumpen in Anlagen

die Kennlinie genügend steil ist: Auch in diesem Fall wird Punkt C erreicht. Verläuft die Kennlinie indessen flach wie die gestrichelte Kurve zu Punkt F in Abb. 11.29b, wird Punkt C nicht erreicht, und das Wasser bleibt in der Leitung unterhalb des Hochpunkts im Punkt F bei Q = 0 stehen, sodass die Pumpe nicht angefahren werden kann. Dieser Fall kann eintreten, wenn drallbremsende Strukturen vor dem Laufradeintritt fehlen. Unterschiede zwischen der Aufstellung auf dem Prüfstand und der Installation in der Anlage sind hierbei gegebenenfalls besonders zu beachten (die Einflussgrößen sind in Abschn. 5.6.8 beschrieben). Steigt die Leistungsaufnahme bei Teillast, ist der Motor entsprechend auszulegen. Sobald so viel Luft herausgespült ist, dass sich im fallenden Teil der Druckleitung eine geschlossene Wassersäule bildet, wirkt der Siphon und der Arbeitspunkt verschiebt sich von C nach B. Am Hochpunkt der Leitung wird ein automatisches Ventil installiert, das beim Abstellen der Pumpe Luft in die Leitung eintreten lässt, um das Vakuum zu brechen und so zu verhindern, dass Wasser aus dem Oberwasser durch die Leitung zurückfließt. Nur das in der Leitung vor dem Hochpunkt enthaltene Wasser strömt durch die Pumpe zurück und treibt sie unter Umständen in Turbinendrehrichtung an. Pumpe und Antrieb sind dafür auszulegen und es muss sichergestellt werden, dass der Motor nicht wieder eingeschaltet wird, bevor der Rotor stillsteht. Wegen Gefahr des Abreißens der Flüssigkeitssäule infolge von Lufteinschlüssen besteht bei Heberleitungen ein besonders hohes Druckstoßrisiko, sodass entsprechende Analysen notwendig sind.

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Turbinenbetrieb. Allgemeines Kennfeld

12

12.1 Rückwärtslaufende Kreiselpumpen als Turbinen 12.1.1 Theoretische und reale Kennlinien Rückwärtslaufende Kreiselpumpen können als Turbinen zur Energierückgewinnung in Verfahren eingesetzt werden, in denen große Flüssigkeitsströme in Drosselarmaturen entspannt werden. In manchen Prozessen werden bei der Entspannung gelöste Gase frei, sodass eine Zweiphasenströmung mit größerem Energieinhalt entsteht (Abschn. 13.3). In den vorangehenden Kapiteln wurden Kreiselpumpen – meist mit rückwärtsgekrümmten Schaufeln – behandelt, die als Arbeitsmaschinen Energie auf das Fluid übertragen. Die diesem bestimmungsgemäßen Pumpenbetrieb entsprechenden Drehund Durchströmrichtungen seien als positiv definiert. Eine Kreiselpumpe kann auch als Kraftmaschine Leistung abgeben, wenn Durchström- und Drehrichtung umkehren, also negativ werden (Abb. 12.1); man spricht dann von normalem Turbinenbetrieb (im Gegensatz zu anormalem Turbinenbetrieb, der in Abschn. 12.2 besprochen wird). Im Turbinenbetrieb liegt am Druckstutzen ein höherer Druck an als am Saugstutzen und der Leitapparat führt das Fluid dem äußeren Durchmesser des Laufrads zu. Welche Strömungsverhältnisse sich dabei ergeben, sei anhand von Abb. 12.2 erläutert, in der die Geschwindigkeitsdreiecke im Pumpen- und Turbinenbetrieb gegenübergestellt sind.1 Im Pumpenbetrieb sind der Zuströmwinkel zum Laufrad α1 und der Abströmwinkel β2 aus dem Laufrad weitgehend unabhängig vom Förderstrom: Der Winkel α1 wird durch

1Bei Turbinen- und Pumpenbetrieb werden für die Berechnungsstationen die gleichen Indices verwendet (Abschn. 3.1). In der Turbine strömt das Fluid von Hoch- zu Niederdruck entsprechend den Indizes 6, 5, 4, 3, 2, 1.

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 J. F. Gülich, Kreiselpumpen, https://doi.org/10.1007/978-3-662-59785-9_12

1015

1016

12  Turbinenbetrieb. Allgemeines Kennfeld

rotation

nozzle

Drehrichtung

single volute case

u2

runner (impeller)

c2

i2

α2

w2 β2 β1B

turbine outlet

turbine inlet

r2m

α1

c1

w1

u1

r1m

δ1

Abb. 12.1   Drehrichtung und Strömungsrichtung bei einer Pumpe in Turbinenbetrieb

+c2m Turbine

Pumpe M=0 H=0

c2u

-u2 w2

β2

w2

q*>>1 c2

α2

Q=0

q*=1 β2

c2u

w2 +u2

q*  0,7 praktisch unveränderlich ist (Abb. 4.19). Hieraus ergibt sich, dass die Absolutgeschwindigkeit c2 am Laufradaustritt – und damit nach Gl. 3.4 die spezifische Förderarbeit – mit steigendem Förderstrom sinken (Tafeln 3.3 und 4.1). Im Turbinenbetrieb liefert der Leitapparat dem Laufrad einen Zuströmwinkel α2, der unabhängig von q* ist. Das Fluid verlässt das Laufrad mit dem Winkel β1, der

12.1  Rückwärtslaufende Kreiselpumpen als Turbinen

1017

ebenfalls wenig vom Volumenstrom abhängt. Die Zuströmgeschwindigkeit c2 zum ­ Laufrad steigt folglich mit dem Volumenstrom (Abb. 12.2). Gemäß Gl. 3.4 steigt damit die spezifische Arbeit mit dem Durchfluss durch die Turbine. Formelmäßig ergibt sich dieser Zusammenhang, wenn man die Umfangskomponenten der Absolutgeschwindigkeit in Gl. 3.4 durch die Meridiankomponenten und die entsprechenden Winkel ausdrückt: Nach Abb. 12.2 ist c2u = c2m cot α2 und nach Abb. 3.1 lässt sich schreiben: c1u = u1 − w1u = u1 − c1m cot β1. Werden diese beiden Ausdrücke in Gl. 3.4 eingesetzt, ergibt sich die spezifische Schaufelarbeit einer Turbine zu:

Ysch = Yth =

Psch = u2 c2u − u1 c1u = u2 c2m cot α2 − u21 + u1 c1m cot β1 ρQLa

(12.1)

Die Winkel α2 und β1 in Gl. 12.1 sind Strömungswinkel. Der Zuströmwinkel α2 zum Laufrad lässt sich aus der Geometrie des Leitapparats (näherungsweise aus dem Querschnitt A3q) bestimmen. Die Abb. 12.3 zeigt hierzu schematisch den abgewickelten Kanal eines Leitapparats. Handelt es sich um eine Einfachspirale, ist zLe = 1. Für eine Doppelspirale gilt zLe = 2 und bei einem Leitrad stellt Abb. 12.3 eine Schaufelteilung dar. Das Fluid tritt durch den engsten Querschnitt A3q mit der Geschwindigkeit c3q = Q/(zLe A3q) ein; seine Umfangskomponente beträgt dann c3u = c3q cos α3B. Da es sich bei α3B um relativ kleine Winkel handelt, wirken sich Fehler in der Annahme von α3B im cos α3B nur geringfügig aus; man kann daher annähernd α3B = arc sin a3/t3 setzen. Im Leitapparat strömt der Volumenstrom Q, während das Laufrad mit QLa = Q ηv beaufschlagt wird. Die Zuströmwinkel ergeben sich aus:

r3,eff r3,eff Q cos α3B Q ηv und c2u = c3u = π fq d2b b2 r2 r2 zLe A3q r2 zLe A3q ηv tan α2 = r3,eff fq A2 cos α3B

c2m =

≈ α3B

t3 =

a3

πd3 zLe

Abb. 12.3   Bestimmung der Abströmung am Austritt des Leitapparats oder des Laufrads

(12.2)

1018

12  Turbinenbetrieb. Allgemeines Kennfeld

tan β2 =

Q ηv c2m = α3B u2 − c2u ) fq A2 (u2 − r3,effr2 QzLecos A3q

(12.3)

Die Zuströmwinkel im Absolut- und Relativsystem hängen also im Wesentlichen nur vom Volumenstrom und den Querschnitten zLe A3q und A2 ab. Bei doppelflutigen Laufrädern sind A2 und b2 für eine Laufradseite definiert. Der äquivalente effektive Radius reff am Leitradaustritt ergibt sich aus r3,eff = r3 + e3 + k3 × a3. Dabei ist e3 die Dicke der ­Leitschaufel- oder Spiralzungeneintrittskante und k3 ist ein empirischer Faktor, der aus Versuchen ermittelt wird (k3 = 0,25). Die Bedingung für den stoßfreien Eintritt lautet: τ2 tan β2  = tan β2B; der Volumenstrom stoßfreien Eintritts ergibt sich mit Gl. 12.3 aus:

tan β2B QSF = r3,eff A2 fq tan β2B cos α3B u2 A2 fq τ2 ηv + r2 zLe A3q

(12.4)

Der Volumenstrom stoßfreien Eintritts wächst also mit dem Querschnitt A3q des Leitapparats und dem Schaufelwinkel β2B. Der Betriebspunkt besten Wirkungsgrads liegt bei Turbinenbetrieb nahe beim Volumenstrom stoßfreien Eintritts. Der Bestpunkt bei Pumpenbetrieb liegt hingegen bei einem Abströmwinkel, der infolge der Minderumlenkung deutlich kleiner als der Schaufelwinkel ist. Der Abströmwinkel β1 aus dem Laufrad unterscheidet sich vom Schaufelwinkel β1B, weil auch im Turbinenbetrieb keine schaufelkongruente Strömung zu erwarten ist. Analog zu Abb. 12.3 lässt sich β1 aus dem engsten Querschnitt A1q abschätzen. Dabei tritt A1q an die Stelle von A3q und c1q an die Stelle von c3q. Im engsten Querschnitt A1q herrscht die Geschwindigkeit w1q = Qηv /(fq A1 q zLa ); die Umfangskomponente ist w1u = w1q cos βA1. Man erhält:

w1u =

ηv Q cos βA1 zLa fq A1q

tan β1 =

und c1u = u1 −

zLa A1q A1 cos βA1

mit

ηv Q cos βA1 zLa fq A1q

(12.5)

A1q b1 t1

(12.6)

βA1 = arcsin

Mit Gl. 12.2 und 12.5 ergibt sich die spezifische Schaufelarbeit nach Gl. 12.1 zu:   r3,eff d∗1 ηv zLe A3q Q ∗2 2 ( cos α3B + cos βA1 ) − d1 Ysch = u2 (12.7) u2 zLe A3q r2 zLa fq A1q Die spezifische Schaufelarbeit einer Turbine steigt nach Gl. 12.1 und 12.7 linear mit dem Durchsatz. Die Gerade Ysch = f(Q) schneidet bei Q = 0 die Ordinate gemäß Gl. 12.7 bei u12/g, Abb. 12.4. Die Steigung dieser Geraden wächst mit abnehmendem Querschnitt zLe A3q des Leitapparats. Die vom Fluid an die Schaufeln übertragene Leistung beträgt nach Gl. 12.1 bzw. 12.7:

12.1  Rückwärtslaufende Kreiselpumpen als Turbinen

1019

  Psch = ρQLa Ysch = ρQ2La fquA2 2 cot α2 + fquA1 1 cot β1 − u21 ρQLa     d∗1 ηv zLe A3q ∗2 Psch = u22 ρ ηv Q u2 zLeQ A3q r3,eff − d cos α + cos β 3B A1 1 r2 zLa fq A1q

(12.8)

Psch = f(Q) stellt also eine Parabel durch den Koordinatenursprung dar. Nach Gl. 12.8 bzw. 12.1 beginnt das Laufrad erst bei einem Durchsatz QL,th Leistung abzugeben; aus Psch = 0 oder Ysch = 0 ergibt sich:

QL,th =

u2 fq A2

u21 cot α2 +

2

u1 fq A1

cot β1

=

u2 zLe A3q d∗1 r3,eff r2

cos α3B +

d∗1 ηv zLe A3q zLa A1q fq

cos βA1

(12.9)

Die Parabel Psch = f(Q) hat somit einen zweiten Nullpunkt bei QL,th und ihr Minimum bei Q = 0,5 QL,th. Zwischen Druck- und Saugstutzen liegt die Energiedifferenz Y = g H an. Die Fallhöhe H ist (analog zum Pumpenbetrieb) als die Totalenergiehöhe definiert, für die dieselben Formeln gelten wie für die Förderhöhe (Tafel 2.2). Die vom Fluid an das Laufrad übertragene Schaufelarbeit Ysch = g Hth ist infolge von Strömungsverlusten kleiner als die Stutzenenergie Y = g H; betrachten wir die entsprechenden Energiehöhen, so gilt: Hth = ηh H = H −  Zh. Die von der Turbine an der Kupplung abgegebene Nutzleistung P ist infolge von Verlusten geringer als die zugeführte Energie ρ g H Q. Analog zu Tafel 3.5 ist die Leistungsbilanz einer Turbine (Abb. 12.5):   ρ g H Q=P+ρgH(1−ηh )QLa +ρgH(Qsp +QE )+ PRR + PS3 +Pm +Per (12.10) st

Auf der linken Seite steht die zugeführte Energie, auf der rechten die als Nutzleistung und in Form von Verlusten abgeführte Energie (hydraulische Verluste, Leckverluste, Radreibung, Zwischenstufendichtung, mechanische Verluste und Reibungsverluste der Axialschubausgleichsvorrichtung). Die Berechnung dieser Verluste erfolgt nach den Tafeln 3.5 bis 3.7. Die hydraulischen Verluste und die Leckagen verringern die Schaufelarbeit Psch entsprechend Gl. 12.11:   ρ g H ηh (Q − Qsp − QE ) = Psch = P + PRR + Ps3 + Pm + Per (12.11) st

Um die an der Kupplung abgegebene Leistung P zu erhalten, sind Radreibungs- und mechanische Verluste von Psch abzuziehen (Gl. 12.11). Der Kupplungswirkungsgrad η ist:

η=

P ρgHQ

(12.12)

Wie Gl. 12.1 zeigt, ist die Schaufelarbeit um so geringer, je größer die Umfangskomponente (der Restdrall) c1u am Laufradaustritt ist. Die entsprechende kinetische

1020

12  Turbinenbetrieb. Allgemeines Kennfeld 400

Bremse

H [m]

300 QL

200

HL

100

Zh

QL,th

Hth,L

0

u12 g

P [kW]

-100 1000

ΣPv

500

P

Psch

Psch,L

0 1 η

Hth

H

0,5 0 0,0

0,1

0,2 Q [m3/s]

0,3

0,4

Abb. 12.4   Theoretische und reale Turbinenkennlinien

Schall

ρgHQ

Pm

P

Psch

Per PRR

Ps3

Leckagen PL = ρ g H (Qsp +QE)

Hydraulische Verluste Pvh = ρ g H QLa(1-ηh)

Abb. 12.5   Leistungsbilanz einer Turbine

12.1  Rückwärtslaufende Kreiselpumpen als Turbinen

1021

Energie kann stromabwärts des Laufrads in der Regel nicht genutzt werden; sie schmälert also den Wirkungsgrad, da sie zwischen Laufradaustritt und Stutzen verwirbelt wird. Die Gl. 12.7 und 12.8 stellen die Kennlinien einer verlustlosen Turbine dar. Die realen Kennlinien ergeben sich gemäß Abb. 12.4, indem zur theoretischen Fallhöhe die Strömungsverluste addiert werden, H  = Hth + Zh, und von der Schaufelleistung die Nebenverluste nach Gl. 12.11 abgezogen werden. Dabei verschiebt sich auch der Volumenstrom, bei dem Leistung an der Kupplung abgegeben werden kann von QL,th zu einem höheren Wert QL. Um diesen Strom verarbeiten zu können, wird die Fallhöhe HL benötigt. HL setzt sich zusammen aus den Verlusten Zh und dem Anteil Hth,L, der dazu dient, die Radreibung sowie die mechanischen Verluste zu überwinden.

12.1.2 Leerlauf- und Widerstandskennlinien Der Betriebszustand mit M = 0 bzw. P = 0 ist als Leerlaufpunkt bei der Betriebsdrehzahl der Turbine zu verstehen; er wird beim Anfahren der Turbine durchlaufen, wenn diese ihre Betriebsdrehzahl erreicht (Anfahren ohne Last bei Öffnen der Drosselarmatur). Die Leerlaufkennlinie verbindet alle Punkte H(Q), die sich für M = 0 bei verschiedenen Drehzahlen einstellen. Nach den Ähnlichkeitsgesetzen (Tafel 3.4) erhält man mit QL ⁓ n und HL ⁓ n2  ⁓ Q2 die Leerlaufkennlinie als Parabel durch den Koordinatenursprung (Abb. 12.6). Diese Leerlaufkennlinie wird auch erreicht, wenn eine Kreiselpumpe bei Ausfall des Antriebs rückwärts durchströmt wird, wobei sich die Rücklaufdrehzahl einstellt (Abschn. 11.5). Steht in einer Anlage die statische Fallhöhe HA,stat zur Verfügung, läuft die Turbine nach Abb. 12.6 bei einer Fallhöhe HB, die um die Strömungsverluste Hv in Zulauf- und Ablaufleitung unter HA,stat liegt. Bei Lastabwurf würde die Turbine zu Punkt D1 auf der Leerlaufkennlinie laufen (sie „geht durch“), wenn HB erhalten bliebe; infolge der 300 250

D

HA,stat

D1

H [m]

200 150

12.6

B HB HA

M=0 n=0

100

n = 2500 n = 1300

50 0 0.000

n = 2000 n = 1600 0.005

0.010

0.015

0.020

Q [m3/s]

Abb. 12.6   Turbinenkennlinien bei verschiedenen Drehzahlen, Leerlaufkennlinie M = 0, Widerstandkennlinie n = 0 und Anlagenkennlinie HA

1022

12  Turbinenbetrieb. Allgemeines Kennfeld

Reduktion des Durchsatzes bzw. der Strömungsverluste stellt sich die etwas höhere Durchgangsdrehzahl entsprechend Punkt D in Abb. 12.6 ein (in der Anlage läuft die Turbine auf der Anlagenkennlinie direkt von B nach D). Bei festgebremstem Rotor (n  =  0) stellt sich bei einer gegebenen Fallhöhe ein bestimmter Durchfluss ein, der von den Strömungswiderständen in der Maschine abhängt. Der Zusammenhang Hw ⁓ Q2 ergibt die Widerstandskennlinie der Turbine, die eine Parabel durch den Koordinatenursprung darstellt. Dabei wird auf den stillstehenden Rotor ein hydraulisches Moment (Festbremsmoment) ausgeübt, das für eine gegebene Maschine proportional zur anliegenden Fallhöhe ist: Mw ⁓ Hw ⁓ Q2. Durchfluss und Moment hängen leicht von der Laufradstellung gegenüber dem Gehäuse ab. Da n = 0 ist, gelten die Ähnlichkeitsgesetze nach Tafel 3.4 offensichtlich nicht; die Maschine stellt einen reinen Strömungswiderstand dar, der wie ein Formwiderstand dem quadratischen Gesetz folgt. Während bei Radialmaschinen die Leerlaufkennlinie bei einem gegebenen Volumenstrom Q (wie in Abb. 12.6) über der Widerstandskennlinie liegt, verhalten sich Axialmaschinen umgekehrt, d. h. die Leerlaufkennlinie liegt unter der Widerstandskennlinie [12, 15]2. Folglich verringert sich beim Lastabwurf der Durchfluss einer Radialmaschine, während er bei einer Axialturbine steigt.

12.1.3 Berechnung der Kennlinien aufgrund empirischer Korrelationen Da sich weder die hydraulischen Verluste in der Turbine noch die Leerlauf- und Widerstandskennlinien vorausberechnen lassen, werden die Turbinenkennlinien häufig aufgrund statistischer Korrelationen abgeschätzt, sofern keine Messungen vorliegen. Dabei werden die Förderdaten im Wirkungsgradmaximum bei Turbinenbetrieb auf die entsprechenden Daten im Bestpunkt bei Pumpenbetrieb bezogen (Tafel 12.1). Die Verhältnisgrößen Hopt,T/ Hopt,P und Qopt,T/Qopt,P werden entweder in Beziehung zum Gesamtwirkungsgrad oder zum hydraulischen Wirkungsgrad gesetzt oder als Funktion der spezifischen Drehzahl dargestellt. In [17] werden acht Korrelationen dieser Art anhand von 35 Pumpen im Bereich von 12