Konzernhaftungsrecht: Die Haftung der Konzernmuttergesellschaft für ihre Tochtergesellschaften im deutschen und englischen Recht 9783161579479, 3161482387

Ein Vorteil des Zusammenschlusses in einem Konzern liegt in der Haftungsbeschränkung. Damit verbunden sind aber auch Gef

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Konzernhaftungsrecht: Die Haftung der Konzernmuttergesellschaft für ihre Tochtergesellschaften im deutschen und englischen Recht
 9783161579479, 3161482387

Table of contents :
Cover
Titel
Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Einführung
Kapitel I: Die gesetzlichen Regelungen zur Haftung im Über-Unterordnungskonzern im deutschen Kapitalgesellschaftsrecht
§ 1: Die Entscheidung zur Normierung eines eigenständigen Konzernrechts im deutschen Aktienrecht
I. Der Konzernbegriff im deutschen Gesellschaftsrecht
II. Der Grundsatz der alleinigen Haftung der Konzernmitglieder
§ 2: Die Haftung im Vertragskonzern
I. Überblick über die gesetzliche Regelung des Vertragskonzerns
II. Die Verlustausgleichspflicht
1) Die dogmatische Einordnung der Verpflichtung zum Verlustausgleich
a) Der Streit um den Schwerpunkt der gesetzgeberischen Intention für die Begründung einer Verlustausgleichspflicht
b) Stellungnahme
c) Die Verlustausgleichspflicht als Ausdruck einer negotiorum gestio?
d) Die Verlustübernahmepflicht als gesetzliches Schuldverhältnis
2) Die Vereinbarkeit der Regelungen zum Vertragskonzern mit EG-Recht
a) Stellungnahme
b) Ergebnis
3) Der mittels der Verlustübernahmepflicht auszugleichende Jahresfehlbetrag
a) Entstehung und Fälligkeit der Verlustausgleichspflicht
b) Die Beendigung des Vertrages während eines laufenden Geschäftsjahres und die Behandlung der Abwicklungsverluste
c) Der Anspruch auf Abschlagszahlungen
d) Existenzsicherung nach Vertragsbeendigung
III. Sicherheitsleistung nach Vertragsbeendigung
1) Gesicherte Forderungen
2) Anspruchsinhalt
IV. Die Übertragbarkeit der §§ 302, 303 AktG ins GmbH-Recht
1) Die zweckändernde Wirkung eines mit einer GmbH abgeschlossenen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages
2) Die Verlustübernahmepflicht im GmbH-Vertragskonzern
a) Umfang der Verlustausgleichspflicht
b) Stellungnahme
V. Schadensersatzpflicht des herrschenden Unternehmens nach Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages
1) Haftungstatbestand
a) Haftung für die Unterlassung von Weisungen
b) Stellungnahme
2) Schadensersatzpflicht
3) Verzicht und Vergleich
4) Geltendmachung des Ersatzanspruchs
Zusammenfassung zu § 2
§ 3: Die Haftung im faktischen Aktienkonzern
I. Systematische Einordnung der gesetzlichen Regelung
II. Das Schutzsystem des §§ 311, 317 AktG
III. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 311 AktG
1) Abhängigkeitsverhältnis
2) Veranlassung im Konzerninteresse
a) Veranlassung auf der Grundlage eines Hauptversammlungsbeschlusses
b) Organverflechtungen
c) Beweisprobleme
3) Rechtsgeschäfte und Maßnahmen
4) Die Frage nach der Nachteiligkeit der Veranlassung
a) Grundsätze
b) Die fehlende Vergleichbarkeit mit der Lage in einer unabhängigen Gesellschaft
c) Einzelheiten zur Benachteiligung
d) Die Zulässigkeit strukturverändernder Entscheidungen
aa) Mit der Strukturveränderung einhergehende Bestandsgefährdung der abhängigen Gesellschaft
bb) Die Begründung wirtschaftlicher Abhängigkeiten ohne Bestandsgefährdung
e) Die Nachteiligkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen
aa) Die Änderung des Unternehmensgegenstandes
(1) Zum Begriff des Gesellschaftszwecks und des Unternehmensgegenstandes
(2) Die Ausrichtung des Unternehmensgegenstandes auf den Konzern
bb) Das Konzerninteresse als Zweck der Gesellschaft
5) Die Nachteilshöhe
IV. Die Ausgleichspflicht
V. Anwendbarkeit des § 311 AktG in mehrstufigen Unternehmensverbindungen
1) Durchgehende Kette faktischer Abhängigkeiten
2) Durchgehende Kette von Beherrschungsverträgen
a) Mittelbare Einflussnahmen der Muttergesellschaft
b) Unmittelbare Einflussnahmen
3) Beherrschungsvertrag zwischen Tochter- und Enkelgesellschaft
4) Beherrschungsvertrag der Enkelgesellschaft mit der Mutter- und der Tochtergesellschaft
5) Beherrschungsvertrag zwischen Enkel- und Muttergesellschaft
VI. Spannungsverhältnis zwischen § 311 AktG und den allgemeinen Verfassungsgrundsätzen der AG
1) Die Regelungen zur Kapitalerhaltung
2) Allgemeine Schadensersatzansprüche
3) Verhältnis des § 311 AktG zur Beschlussanfechtung
VII. Folgen des fehlenden Nachteilsausgleichs
1) Dogmatische Einordnung der Regelung in § 317 AktG
2) Der Inhalt des Schadensersatzanspruches aus § 317 AktG
Zusammenfassung zu § 3
§ 4: Die Haftung im faktischen GmbH-Konzern
I. Die Anwendbarkeit der §§ 311, 317 AktG auf den faktischen GmbH-Konzern
II. Unzulänglichkeit der gesetzlichen Normierung im GmbH-Recht
Kapitel II: Grundlegung der Treuepflichthaftung
§ 5: Treuepflichten als allgemeines Prinzip des Gesellschaftsrechts
I. Die Entwicklung der Treuepflichten im Gesellschaftsrecht
II. Die dogmatische Herleitung der Treuepflichten im Gesellschaftsrecht
1) Anknüpfungspunkte zur Begründung gesellschaftsrechtlicher Treuepflichten
2) Die mitgliedschaftliche Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft
3) Mitgliedschaftliche Treuepflichten zwischen den Gesellschaftern
a) Der deliktsrechtliche Ansatz von Mertens
b) Schuldvertragliche Lösungsansätze
c) Die Ableitung aus der mitgliedschaftlichen Zweckbindung
d) Die Treuepflichten zwischen Gesellschaftern als Ausdruck des allgemeinen Grundsatzes von Treu und Glauben
e) Die gesellschafterliche Treuepflicht als Ausprägung einer culpa in contrahendo
f) Mitgliedschaftliche Treuepflichten als Ergebnis der richterlichen Rechtsfortbildung
4) Machtbezogene Treuepflichten
5) Die Lehre vom einheitlichen gesetzlichen Schutzpflichtverhältnis
Zusammenfassung zu § 5
§ 6: Treuepflichten gegenüber der Einmanngesellschaft
I. Die GmbH als Veranstaltung der Gesellschafter
II. Das Verbot existenzgefährdender bzw. existenzvernichtender Eingriffe
1) Zur Einordnung der Rechtsprechung nach dem Bremer – Vulkan – Urteil des BGH
2) Das Alternativmodell der Organhaftung
a) Stellungnahme
b) Zwischenergebnis
III. Das Eigeninteresse der Gesellschaft
1) Die Zulässigkeit nachteiliger Weisungen im GmbH-Recht
2) Die Frage nach den Grenzen der rechtlichen Eigenständigkeit der GmbH
a) Die Rechtspersönlichkeit der GmbH
b) Die Rechtsfähigkeit als unzureichendes Kriterium der Rechtspersönlichkeit
c) Der Zweck der juristischen Person und ihr Eigeninteresse
d) Dauerhafte Satzungsänderung und punktuelle Satzungsdurchbrechung
3) Das Konzerninteresse als Interesse der Gesellschaft
4) Unterscheidung zwischen Gesellschaftsinteresse und Unternehmensinteresse
Zusammenfassung zu § 6
§ 7: Der Inhalt der Treuepflicht
I. Inhalte der mitgliedschaftlichen Treuepflicht
1) Bestandsschutz
2) Kriterien zur Konkretisierung der mitgliedschaftlichen Treuepflicht
3) Unterscheidung zwischen börsennotierten- und nicht börsennotierten Gesellschaften
II. Inhalt der vertrauens- und mehrheitsbezogenen Treuepflichten
Zusammenfassung zu § 7
Kapitel III: Treuepflichten im Konzern und ihre Haftungskonsequenzen
§ 8: Treuepflichten im Konzern
I. Treuepflichten gegenüber dem Konzernverbund
II. Treuepflichten im Vertragskonzern
1) Treuepflichten bei Abschluss eines Beherrschungsvertrages
2) Treuepflichten bei Bestehen und nach Beendigung eines Beherrschungs- bzw. Gewinnabführungsvertrages
III. Treuepflichten des herrschenden Gesellschafters im faktischen Konzern
1) Treuepflicht und Konzerneingangsschutz
2) Wettbewerbsverbote im Konzern und Treuepflichten bei der Anteilsveräußerung
3) Mehrheitsbezogene Rücksichtnahmepflichten
IV. Treuepflichten zwischen Schwestergesellschaften eines Konzerns
V. Treuepflichten in mehrstufigen Abhängigkeitsverhältnissen
1) Machtbezogene Treuepflichten in mehrstufigen Abhängigkeitsverhältnissen
2) Mitgliedschaftliche Treuepflichten in mehrstufigen Abhängigkeitsverhältnissen
Zusammenfassung zu § 8
§ 9: Der Schadensersatzanspruch der abhängigen Gesellschaft
1) Kein Auschluss eines Schadensersatzanspruchs bei Bestehen einer Anfechtungsmöglichkeit
2) Verschuldensmaßstab
3) Das Klagerecht bei Treuepflichtverletzungen im Konzern
4) Die Sonderproblematik um die Unausgleichbarkeit der bei der abhängigen Gesellschaft verursachten Schäden
a) Die Rechtsfigur des qualifiziert faktischen Konzerns
b) Das TBB – Urteil des BGH
c) Zur dogmatischen Einordnung der Rechtsprechung in und nach TBB
d) Gründe für die fehlende Möglichkeit zur Durchführung eines Einzelausgleichs
aa) Abgrenzung
bb) Die Fälle der Vermögensvermischung
(1) Ansätze zur Begründung einer Durchgriffshaftung wegen Vermögensvermischung
(2) Stellungnahme
e) Die Verlustausgleichspflicht im faktischen Konzern
aa) Analogie zu §§ 302, 303 AktG im faktischen Konzern
bb) Die Geschäftsführung ohne Auftrag als Begründungsansatz einer Verlustausgleichspflicht
(1) Gegenargumente
(2) Stellungnahme
Zusammenfassung zu § 9
§ 10: Alternative und weitergehende Haftungsmodelle
1) Die Haftung wegen der Verletzung einer Pflicht zur Konzernleitung
2) Die Haftung des herrschenden Unternehmens als faktischer Geschäftsführer
a) Die Voraussetzungen einer faktischen Geschäftsführung
b) Die Pflichten eines faktischen Geschäftsführers (insbesondere die Haftung aus Insolvenzverschleppung)
3) Deliktische Haftungsansätze
a) Die Einordnung der Tochtergesellschaft als Verrichtungsgehilfe der Muttergesellschaft
b) Die Anstifterhaftung des herrschenden Unternehmens
aa) Stellungnahme
bb) Der Schutzgesetzcharakter der Buchführungspflicht
(1) Die Fälle der Strafbewehrung
(2) Der Schutzgesetzcharakter von §§ 41 GmbHG und 91 AktG
cc) Der Schutzgesetzcharakter von § 130 OWiG
4) Die Haftung der Muttergesellschaft für die ausreichende Ausstattung der Tochtergesellschaft mit Kapital
a) Problemstellung
b) Abgrenzung von den Fällen der nominellen Unterkapitalisierung
c) Die Begründung einer Haftung wegen materieller Unterkapitalisierung
aa) Überblick über den Meinungsstand
bb) Anerkennung der Durchgriffshaftung durch den Gesetzgeber
cc) Die Frage nach dem Bestehen einer Verpflichtung zur angemessenen Kapitalausstattung
dd) Die Lösung über § 826 BGB
ee) Verschulden bei Vertragsschluss
ff) Die Verpflichtung zur Liquidation im Vorfeld der Insolvenzreife
gg) Die Treuepflicht der Gesellschafter im Falle einer materiellen Unterkapitalisierung der Gesellschaft
Zusammenfassung zu § 10
Kapitel IV: Die Haftung zwischen gleichgeordneten Unternehmen im Konzern
§ 11: Der Gleichordnungskonzern
1) Formen
2) Der Unternehmensbegriff
a) Herkömmliche Begründungsansätze
b) Der organisationsrechtliche Ausgangspunkt Mülberts
c) Stellungnahme
3) Die Haftung im Gleichordnungskonzern
a) Die Haftung im Gleichordnungsvertragskonzern
aa) Analogiebildung zu den Regelung des Aktienvertragskonzerns
bb) Aufwendungsersatzansprüche im Gleichordnungsvertragskonzern
cc) Treuepflichtverletzungen im Gleichordnungsvertragskonzern
b) Die Haftung im faktischen Gleichordnungskonzern
c) Analogie zu den Regelungen über den Verlustausgleich
4) Die Haftung zwischen gleichgeordneten Gesellschaften im Unterordnungskonzern
Zusammenfassung zu § 11
Kapitel V: Die Haftung einer Muttergesellschaft nach englischem Recht
§ 12: Grundlagen
I. Rechtsquellen des englischen Kapitalgesellschaftsrechts
II. Der Begriff des Konzerns
III. Der Vertragskonzern im englischen Gesellschaftsrecht
1) Zur Zulässigkeit des Vertragskonzerns im englischen Recht
2) Stellungnahme
IV. Faktische Konzernverhältnisse
V. Allgemeine Schutzmechanismen im britischen Gesellschaftsrecht
1) Konzerneingangsschutz
2) Gläubigerschutz durch Staatsaufsicht
3) Kapitalerhaltung
4) Besondere Schutzvorschriften vor Benachteiligung in börsennotierten Gesellschaften
§ 13: Die Haftung des herrschenden Unternehmens
I. Gesetzliche Regelungen im Companies Act zur Begründung einer Haftung der Muttergesellschaft
II. Haftungsregeln im Falle der Insolvenz der Tochtergesellschaft
1) Fraudulent trading
2) Wrongful trading
a) Normadressaten und Anwendbarkeit auf Muttergesellschaften
b) Umfang der Ersatzpflicht
3) Sonstige Instrumente zum Schutz der Gläubiger in der Insolvenz
III. Die Durchgriffshaftung im common law
1) Grundlagen
2) Ausnahmen vom Salomon – Prinzip
a) Die Durchgriffshaftung in der Unternehmensgruppe
aa) Die Haftung der Muttergesellschaft aufgrund der Kontrolle der Tochtergesellschaft
bb) Das Kriterium der wirtschaftlichen Einheit
cc) Zwischenergebnis
b) Rechtsmissbräuchliche Verhalten
c) Deliktische Ansprüche
d) Vicarious Liability
e) Das Agency-Prinzip
f) Haftung nach Grundsätzen des „Trusts“
Zusammenfassung zu § 13
§ 14: Treuepflichten im englischen Kapitalgesellschaftsrecht
I. Grundlagen
II. Die Majority Rule im englischen Kapitalgesellschaftsrecht
III. Anknüpfungspunkte zur Begründung gesellschaftsrechtlicher Treuepflichten
1) Rücksichtnahmepflichten der Mehrheit gegenüber Minderheitsgesellschaftern
2) Der Schutz der Minderheitsgesellschafter durch Section 459 CA 1985
a) Tatbestandsvoraussetzungen
aa) Benachteiligung der Interessen eines Gesellschafters
bb) Benachteiligung durch die Art und Weise der Führung der Gesellschaft oder ein Verhalten der Gesellschaft
cc) Unfaires Verhalten
b) Rechtsfolgen
c) Zwischenergebnis
3) Treuepflichten gegenüber der Gesellschaft
a) Die ultra vires doctrine
b) Die Einschränkung der ultra vires-Doktrin und ihre heutige Bedeutung
c) Die Möglichkeit der Gesellschafterversammlung zur Genehmigung einer Pflichtverletzung des Geschäftsführers
d) Das vorherrschende Verständnis von der Natur einer Kapitalgesellschaft im englischen Recht
IV. Die Haftung der Muttergesellschaft als constructive trustee
1) Die Fälle des trusteeships de son tort
2) Die Fälle der Teilnahme an bzw. Anstiftung zu einem breach of trust
3) Die Fälle eines knowing receipt bzw. dealing with the trust property
Zusammenfassung zu § 14
§ 15: Vergleichende Betrachtung zur Rechtslage in Deutschland
Kapitel VI: Die Haftung der Muttergesellschaft in grenzüberschreitenden Unternehmensverbindungen
§ 16: Zur kollisionsrechtlichen Anknüpfung im faktischen Konzern
I. Die Frage nach dem Bestehen eines einheitlichen Konzernstatuts
II. Zum Umfang der Anknüpfung
III. Begründungsansätze zur kollisionsrechtlichen Behandlung von Einflussnahmen im Verhältnis Mutter-Tochtergesellschaft
1) Grundüberlegungen
2) Der ergebnisorientierte Ansatz Klockes
3) Zur Theorie der wirtschaftlichen Sonderanknüpfung
4) Zur Einordnung der Normen des Konzernrechts
a) Die Suche nach versteckten Kollisionsnormen im deutschen Konzernrecht
b) Die Eingriffsnormenqualität der konzernrechtlichen Vorschriften
5) Der Schutzzweck der konzernrechtlichen Normen
6) Die Anknüpfung an die Gesellschafterstellung des herrschenden Unternehmens
7) Die Frage nach der Stärke der Betroffenheit 686 Zusammenfassung zu § 16
§ 17: Die kollisionsrechtliche Behandlung von Vertragskonzernen
I. Die Zulässigkeit eines grenzüberschreitenden Vertragskonzerns
II. Die Vereinbarung deutschen Rechts als Wirksamkeitsvoraussetzung
III. Die Anknüpfung an das Statut der abhängigen Gesellschaft
§ 18: Besonderheiten im Gleichordnungskonzern
§ 19: Das Gesellschaftsstatut
I. Die Sitztheorie
II. Die Gründungstheorie
III. Vermittelnde Ansätze aus dem Schrifttum
1) Die Differenzierungslehre Grasmanns
2) Die Schwerpunktlehre Wiedemanns
3) Die Überlagerungstheorie Sandrocks
4) Die Kombinationslehre Zimmers
IV. Die Entwicklung in der Rechtsprechung des EuGH
1) Von Daily Mail zu Centros
2) Das Überseering – Urteil des EuGH
a) Zur Einordnung des Überseering-Urteils
aa) Meinungsspektrum
bb) Unterscheidung zwischen Wegzugs- und Zuzugsfällen
b) Offene Fragen
V. Gründe für und wider die Sitztheorie
VI. Der Schutz vor den Folgen der Gründungstheorie
1) Sonderanknüpfung und Niederlassungsfreiheit
2) Sonderanknüpfung und Durchgriffshaftung
VII. Zum Umfang des Gesellschaftsstatuts
1) Meinungsspektrum zur kollisionsrechtlichen Anknüpfung der Durchgriffshaftung
2) Stellungnahme
Ergebnis zu § 19
Zusammenfassung und Ausblick
Literaturverzeichnis
Table of Cases
Stichwortverzeichnis

Citation preview

JUS PRIVATUM Beiträge zum Privatrecht Band 90

Susanne Wimmer-Leonhardt

Konzernhaftungsrecht Die Haftung der Konzernmuttergesellschaft für die Tochtergesellschaften im deutschen und englischen Recht

Mohr Siebeck

Susanne Wimmer-Leonhardt, geboren 1966 in Kaiserslautern; 1986-89 Banklehre; 1989-93 Studium der Rechtswissenschaften an der Universität des Saarlandes; 1995 Promotion; 1995-97 Referendariat in Rheinland-Pfalz; 1997-2003 wissenschaftliche Assistentin am Lehrstuhl von Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. Michael Martinek an der Universität des Saarlandes; 2003 Habilitation.

978-3-16-157947-9 Unveränderte eBook-Ausgabe 2019 ISBN 3-16-148238-7 ISSN 0940-9610 (Jus Privatum) Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. © 2004 Mohr Siebeck Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Computersatz Staiger in Rottenburg/N. aus der Garamond Antiqua gesetzt, von Guide-Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden.

Vorwort Die vorliegende Untersuchung wurde im Sommersemester 2003 von der Rechtsund Wirtschaftwissenschaftlichen Fakultät der Universität des Saarlandes als rechtswissenschaftliche Habilitationsschrift angenommen und anschließend einer Aktualisierung im Lichte der neuesten Entwicklungen vor allem auf dem Gebiet des internationalen und europäischen Gesellschaftsrechts unterzogen. Literatur und Rechtsprechung konnten dabei weithin bis Herbst 2003, danach nur noch vereinzelt berücksichtigt werden. Die Studie entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftliche Assistentin am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung von Herrn Professor Dr. Dr. Dr. h.c. Michael Martinek, der mich in jeglicher Hinsicht unterstützt hat, mir neben den alltäglichen Herausforderungen des Universitätslebens doch viel Zeit für mein „Opus" gelassen hat und dem ich für meine „Lehrjahre" in großer Dankbarkeit verbunden bin. „Von der Pike auf" durfte ich am Lehrstuhl und an dem von Professor Martinek geleiteten Institut für Europäisches Recht nicht nur das Handwerk der rechtswissenschaftlichen Lehre und Forschung erlernen, sondern auch wertvolle und mein Selbstverständnis prägende Anregungen zu den Grundlagen und Aufträgen der Jurisprudenz erfahren. Danken möchte ich auch Herrn Professor Dr. Günther Hönn für seinen stets hilfreichen Rat und die rasche Erstattung des Zweitgutachtens. Mein weiterer Dank gilt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Lehrstuhl und Institut von Professor Martinek und hier insbesondere Frau Ulrike Staats, Herrn Jochen Hell, Herrn Jürgen Metzger sowie Frau Dr. Manuela Maria Schmidt für ihre tatkräftige Mitwirkung bei den Abschlussarbeiten. Auch dürfen in meiner Danksagung die School of Law der University of Warwick und insbesondere der seinerzeitige Lecturer Herr Andrew Otto nicht unerwähnt bleiben, die mir in vielfältiger Weise Hilfestellungen bei meinem Forschungsaufenthalt in England geleistet haben. Besonderen Dank schulde ich aber auch der Rechtsanwaltskanzlei CMS Hasche Sigle, die mir für meine Arbeit den CMS Hasche Sigle-Förderpreis 2003 verliehen hat, sowie dem Wissenschaftsfond der DZ Bank AG für den großzügigen Druckkostenzuschuss, der mir über den Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft für die Veröffentlichung meiner Arbeit gewährt wurde. Ein ganz besonders dringendes Anliegen ist es mir aber, meinen Eltern und meiner Familie von Herzen Dank zu sagen, die so unschätzbar viel Geduld mit mir aufbringen mussten und mich in so verständnisvoller und herzlicher Weise unter-

VI

Vorwort

stützt haben. Besonders herausstellen möchte ich vor allem meine Mutter, durch deren aufopferungsvolle Fürsorge für meine Tochter Christine diese Habilitationsschrift überhaupt erst möglich wurde. Meiner Tochter Christine sei diese Arbeit gewidmet. Kaiserslautern, im April 2004

Susanne Wimmer-Leonhardt

Inhaltsübersicht Abkürzungsverzeichnis

XXI

Einführung

1

Kapitel I:

Die gesetzlichen Regelungen zur H a f t u n g im UberU n t e r o r d n u n g s k o n z e r n im deutschen Kapitalgesellschaftsrecht § 1:

Die Entscheidung zur N o r m i e r u n g eines eigenständigen Konzernrechts im deutschen Aktienrecht

9

§2:

Die H a f t u n g im Vertragskonzern

13

§ 3:

Die H a f t u n g im faktischen Aktienkonzern

64

§ 4:

Die H a f t u n g im faktischen G m b H - K o n z e r n

148

Kapitel II:

Grundlegung der Treuepflichthaftung § 5:

Treuepflichten als allgemeines Prinzip des Gesellschaftsrechts Zusammenfassung zu § 5

157 193

§6:

Treuepflichten gegenüber der Einmanngesellschaft Zusammenfassung zu § 6

193 266

§ 7:

Der Inhalt der Treuepflicht Zusammenfassung zu § 7

274 293 Kapitel III:

Treuepflichten im Konzern und ihre Haftungskonsequenzen § 8:

Treuepflichten im Konzern Zusammenfassung zu § 8

295 329

§ 9:

Der Schadensersatzanspruch der abhängigen Gesellschaft Zusammenfassung zu § 9

330 391

§10: Alternative und weitergehende Haftungsmodelle Zusammenfassung zu § 10

394 451

VIII

Inhaltsübersicht Kapitel IV:

Die H a f t u n g zwischen gleichgeordneten U n t e r n e h m e n im Konzern §11: Der Gleichordnungskonzern Zusammenfassung zu § 11

455 493 Kapitel V:

Die H a f t u n g einer Muttergesellschaft nach englischem Recht § 12: Grundlagen

501

§13: Die H a f t u n g des herrschenden Unternehmens Zusammenfassung zu § 13

526 586

§ 14: Treuepflichten im englischen Kapitalgesellschaftsrecht Zusammenfassung zu § 14

588 656

§15: Vergleichende Betrachtung zur Rechtslage in Deutschland

659

Kapitel VI:

Die H a f t u n g der Muttergesellschaft in grenzüberschreitenden Unternehmensverbindungen Zusammenfassung u n d Ausblick

751

Literaturverzeichnis

787

Table of cases

849

Stichwortverzeichnis

857

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis Einführung

Kapitel I:

Die gesetzlichen Regelungen zur Haftung im UberUnterordnungskonzern im deutschen Kapitalgesellschaftsrecht § 1:

D i e E n t s c h e i d u n g zur N o r m i e r u n g eines eigenständigen K o n z e r n r e c h t s im deutschen A k t i e n r e c h t I. Der Konzernbegriff im deutschen Gesellschaftsrecht II. Der Grundsatz der alleinigen Haftung der Konzernmitglieder . . .

§2:

D i e H a f t u n g im V e r t r a g s k o n z e r n I. Uberblick über die gesetzliche Regelung des Vertragskonzerns . . II. Die Verlustausgleichspflicht 1) Die dogmatische Einordnung der Verpflichtung zum Verlustausgleich a) D e r Streit um den Schwerpunkt der gesetzgeberischen Intention für die Begründung einer Verlustausgleichspflicht b) Stellungnahme c) Die Verlustausgleichspflicht als Ausdruck einer negotiorum gestio? d) Die Verlustübernahmepflicht als gesetzliches Schuldverhältnis . . . .

2) Die Vereinbarkeit der Regelungen zum Vertragskonzern mit E G - R e c h t a) Stellungnahme b) Ergebnis

3) Der mittels der Verlustübernahmepflicht auszugleichende Jahresfehlbetrag a) Entstehung und Fälligkeit der Verlustausgleichspflicht b) Die Beendigung des Vertrages während eines laufenden Geschäftsjahres und die Behandlung der Abwicklungsverluste . . . . c) D e r Anspruch auf Abschlagszahlungen d) Existenzsicherung nach Vertragsbeendigung

X

Inhaltsverzeichnis

III. Sicherheitsleistung nach Vertragsbeendigung 1) Gesicherte Forderungen 2) Anspruchsinhalt

40 41 42

IV. Die Übertragbarkeit der §§ 302, 303 AktG ins G m b H - R e c h t . . . . 46 1) Die zweckändernde Wirkung eines mit einer G m b H abgeschlossenen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages 47 2) Die Verlustübernahmepflicht im GmbH-Vertragskonzern . . . . 51 a) Umfang der Verlustausgleichspflicht b) Stellungnahme

V. Schadensersatzpflicht des herrschenden Unternehmens nach Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages 1) Haftungstatbestand a) Haftung für die Unterlassung von Weisungen b) Stellungnahme

2) Schadensersatzpflicht 3) Verzicht und Vergleich 4) Geltendmachung des Ersatzanspruchs

§ 3:

51 52

54 55 58 58

59 61 62

Zusammenfassung zu § 2

63

Die H a f t u n g im faktischen A k t i e n k o n z e r n

64

I. Systematische Einordnung der gesetzlichen Regelung II. Das Schutzsystem des §§311,317 AktG III. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 311 AktG ^Abhängigkeitsverhältnis 2) Veranlassung im Konzerninteresse a) Veranlassung auf der Grundlage eines H a u p t versammlungsbeschlusses b) Organverflechtungen c) Beweisprobleme

3) Rechtsgeschäfte und Maßnahmen 4) Die Frage nach der Nachteiligkeit der Veranlassung a) Grundsätze b) Die fehlende Vergleichbarkeit mit der Lage in einer unabhängigen Gesellschaft c) Einzelheiten zur Benachteiligung d) Die Zulässigkeit strukturverändernder Entscheidungen aa) Mit der Strukturveränderung einhergehende Bestandsgefährdung der abhängigen Gesellschaft bb) Die Begründung wirtschaftlicher Abhängigkeiten ohne Bestandsgefährdung

64 71 73 73 78 81 83 85

86 86 86 88 89 94 95 97

Inhaltsverzeichnis e) Die Nachteiligkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen aa) Die Änderung des Unternehmensgegenstandes (1) Zum Begriff des Gesellschaftszwecks und des Unternehmensgegenstandes (2) Die Ausrichtung des Unternehmensgegenstandes auf den Konzern bb) Das Konzerninteresse als Zweck der Gesellschaft

XI 100 103 103 105 107

5) Die N a c h t e i l s h ö h e

114

IV. Die Ausgleichspflicht

115

V. A n w e n d b a r k e i t des § 311 A k t G in mehrstufigen U n t e r nehmensverbindungen

118

1) D u r c h g e h e n d e Kette faktischer Abhängigkeiten 2) D u r c h g e h e n d e Kette v o n Beherrschungsverträgen

119 120

a) Mittelbare Einflussnahmen der Muttergesellschaft b) Unmittelbare Einflussnahmen

120 121

3) Beherrschungsvertrag zwischen Tochter- u n d E n k e l gesellschaft 4) Beherrschungsvertrag der Enkelgesellschaft mit der Mutteru n d der Tochtergesellschaft 5) Beherrschungsvertrag zwischen E n k e l - u n d M u t t e r gesellschaft

124 128 129

VI. Spannungsverhältnis zwischen § 311 A k t G u n d den allgemeinen Verfassungsgrundsätzen der A G

130

1) Die Regelungen z u r Kapitalerhaltung 2) Allgemeine Schadensersatzansprüche 3) Verhältnis des § 311 A k t G zur Beschlussanfechtung

130 133 134

VII. Folgen des fehlenden Nachteilsausgleichs

137

1) D o g m a t i s c h e E i n o r d n u n g der Regelung in § 317 A k t G 138 2) D e r Inhalt des Schadensersatzanspruches aus § 317 A k t G . . . 140

§ 4:

Z u s a m m e n f a s s u n g zu § 3

144

Die Haftung im faktischen GmbH-Konzern

148

I. Die A n w e n d b a r k e i t der §§ 311, 317 A k t G auf den faktischen G m b H - K o n z e r n II. Unzulänglichkeit der gesetzlichen N o r m i e r u n g im G m b H - R e c h t

148 149

XII

Inhaltsverzeichnis Kapitel II:

Grundlegung der Treuepflichthaftung § 5:

T r e u e p f l i c h t e n als allgemeines P r i n z i p des G e s e l l s c h a f t s r e c h t s . . . . 157 I. Die Entwicklung der Treuepflichten im Gesellschaftsrecht II. Die dogmatische Herleitung der Treuepflichten im Gesellschaftsrecht

162

1) A n k n ü p f u n g s p u n k t e zur Begründung gesellschaftsrechtlicher Treuepflichten

163

2) Die mitgliedschaftliche Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft

164

3) Mitgliedschaftliche Treuepflichten zwischen den Gesellschaftern

167

a) b) c) d)

D e r deliktsrechtliche Ansatz von Mertens Schuldvertragliche Lösungsansätze Die Ableitung aus der mitgliedschaftlichen Zweckbindung Die Treuepflichten zwischen Gesellschaftern als Ausdruck des allgemeinen Grundsatzes von Treu u n d Glauben e) Die gesellschafterliche Treuepflicht als Ausprägung einer culpa in contrahendo f) Mitgliedschaftliche Treuepflichten als Ergebnis der richterlichen Rechtsfortbildung

§ 6:

159

169 170 173 180 182 184

4) Machtbezogene Treuepflichten

187

5) Die Lehre vom einheitlichen gesetzlichen Schutzpflichtverhältnis

191

Zusammenfassung zu § 5

193

T r e u e p f l i c h t e n g e g e n ü b e r der E i n m a n n g e s e l l s c h a f t

193

I. Die G m b H als Veranstaltung der Gesellschafter

196

II. Das Verbot existenzgefährdender bzw. existenzvernichtender Eingriffe

200

1) Zur Einordnung der Rechtsprechung nach dem Bremer - Vulkan - Urteil des B G H

203

2) Das Alternativmodell der Organhaftung

211

a) Stellungnahme b) Zwischenergebnis

III. Das Eigeninteresse der Gesellschaft

214 219

220

1) Die Zulässigkeit nachteiliger Weisungen im G m b H - R e c h t . . . 223 2) Die Frage nach den Grenzen der rechtlichen Eigenständigkeit der G m b H a) Die Rechtspersönlichkeit der G m b H

231 233

Inhaltsverzeichnis b) Die Rechtsfähigkeit als unzureichendes Kriterium der Rechtspersönlichkeit c) Der Zweck der juristischen Person und ihr Eigeninteresse d) Dauerhafte Satzungsänderung und punktuelle Satzungsdurchbrechung

3) Das Konzerninteresse als Interesse der Gesellschaft

XIII

239 244 250

254

4) Unterscheidung zwischen Gesellschaftsinteresse und Unternehmensinteresse

§7:

255

Zusammenfassung zu § 6

266

Der Inhalt der Treuepflicht

274

I. Inhalte der mitgliedschaftlichen Treuepflicht 1) Bestandsschutz

274 275

2) Kriterien zur Konkretisierung der mitgliedschaftlichen Treuepflicht

277

3) Unterscheidung zwischen börsennotierten- und nicht börsennotierten Gesellschaften

285

II. Inhalt der Vertrauens- und mehrheitsbezogenen Treuepflichten . 287 Zusammenfassung zu § 7

293

Kapitel III:

Treuepflichten im Konzern und ihre Haftungskonsequenzen §8:

Treuepflichten im Konzern I. Treuepflichten gegenüber dem Konzernverbund II. Treuepflichten im Vertragskonzern

295 295 299

1) Treuepflichten bei Abschluss eines Beherrschungsvertrages . . 299 2) Treuepflichten bei Bestehen und nach Beendigung eines Beherrschungs- bzw. Gewinnabführungsvertrages

300

I I I . Treuepflichten des herrschenden Gesellschafters im faktischen K o n z e r n

301

1) Treuepflicht und Konzerneingangsschutz

302

2) Wettbewerbsverbote im K o n z e r n und Treuepflichten bei der Anteilsveräußerung 3) Mehrheitsbezogene Rücksichtnahmepflichten

312 320

IV. Treuepflichten zwischen Schwestergesellschaften eines Konzerns

321

V. Treuepflichten in mehrstufigen Abhängigkeitsverhältnissen . . . . 322

XIV

Inhaltsverzeichnis

1) Machtbezogene Treuepflichten in mehrstufigen Abhängigkeitsverhältnissen 2) Mitgliedschaftliche Treuepflichten in mehrstufigen Abhängigkeitsverhältnissen

§ 9:

323 324

Zusammenfassung zu § 8

329

D e r Schadensersatzanspruch der abhängigen Gesellschaft

330

1) Kein Auschluss eines Schadensersatzanspruchs bei Bestehen einer Anfechtungsmöglichkeit 2) Verschuldensmaßstab 3) Das Klagerecht bei Treuepflichtverletzungen im Konzern . . . 4) Die Sonderproblematik um die Unausgleichbarkeit der bei der abhängigen Gesellschaft verursachten Schäden . . . a) Die Rechtsfigur des qualifiziert faktischen Konzerns b) Das TBB - Urteil des B G H c) Z u r dogmatischen E i n o r d n u n g der Rechtsprechung in und nach TBB d) G r ü n d e f ü r die fehlende Möglichkeit zur D u r c h f ü h r u n g eines Einzelausgleichs aa) A b g r e n z u n g bb) Die Fälle der Vermögensvermischung (1) Ansätze zur Begründung einer Durchgriffshaftung wegen Vermögensvermischung (2) Stellungnahme e) Die Verlustausgleichspflicht im faktischen K o n z e r n aa) Analogie zu §§ 302, 303 A k t G im faktischen Konzern bb) Die Geschäftsführung ohne Auftrag als Begründungsansatz einer Verlustausgleichspflicht (1) Gegenargumente (2) Stellungnahme

Zusammenfassung zu § 9 § 1 0 : Alternative u n d weitergehende Haftungsmodelle 1) Die Haftung wegen der Verletzung einer Pflicht zur Konzernleitung 2) Die Haftung des herrschenden Unternehmens als faktischer Geschäftsführer a) Die Voraussetzungen einer faktischen Geschäftsführung b) Die Pflichten eines faktischen Geschäftsführers (insbesondere die H a f t u n g aus Insolvenzverschleppung)

3) Deliktische Haftungsansätze a) Die E i n o r d n u n g der Tochtergesellschaft als Verrichtungsgehilfe der Muttergesellschaft

331 336 338 343 345 347 353 362 362 368 369 373 380 380 387 388 389

391 394 395 396 398 402

408 409

Inhaltsverzeichnis b) Die Anstifterhaftung des herrschenden Unternehmens aa) Stellungnahme bb) D e r Schutzgesetzcharakter der Buchführungspflicht (1) Die Fälle der Strafbewehrung (2) Der Schutzgesetzcharakter von §§ 41 G m b H G und 91 A k t G cc) D e r Schutzgesetzcharakter von § 130 O W i G

4) Die H a f t u n g der Muttergesellschaft f ü r die ausreichende Ausstattung der Tochtergesellschaft mit Kapital a) Problemstellung b) Abgrenzung von den Fällen der nominellen Unterkapitalisierung c) Die Begründung einer H a f t u n g wegen materieller Unterkapitalisierung aa) Uberblick über den Meinungsstand bb) Anerkennung der Durchgriffshaftung durch den Gesetzgeber cc) Die Frage nach dem Bestehen einer Verpflichtung zur angemessenen Kapitalausstattung dd) Die Lösung über § 826 BGB ee) Verschulden bei Vertragsschluss ff) Die Verpflichtung zur Liquidation im Vorfeld der Insolvenzreife gg) Die Treuepflicht der Gesellschafter im Falle einer materiellen Unterkapitalisierung der Gesellschaft

Zusammenfassung zu § 10

XV 410 411 416 416 417 423

426 427 427 428 428 432 433 438 440 449 450

451

Kapitel IV:

Die H a f t u n g zwischen gleichgeordneten U n t e r n e h m e n im Konzern §11: Der Gleichordnungskonzern

455

1) F o r m e n

455

2) D e r U n t e r n e h m e n s b e g r i f f

457

a) H e r k ö m m l i c h e Begründungsansätze b) D e r organisationsrechtliche Ausgangspunkt Mülberts c) Stellungnahme 3) D i e H a f t u n g i m G l e i c h o r d n u n g s k o n z e r n a) Die H a f t u n g im Gleichordnungsvertragskonzern aa) Analogiebildung zu den Regelung des Aktienvertragskonzerns bb) Aufwendungsersatzansprüche im Gleichordnungsvertragskonzern

458 464 465 477 478 478 482

XVI

Inhaltsverzeichnis cc) Treuepflichtverletzungen im Gleichordnungsvertragskonzern

483

b) Die Haftung im faktischen Gleichordnungskonzern

483

c) Analogie zu den Regelungen über den Verlustausgleich

486

4) Die Haftung zwischen gleichgeordneten Gesellschaften im Unterordnungskonzern

490

Zusammenfassung zu § 11

493

Kapitel V:

Die Haftung einer Muttergesellschaft nach englischem Recht § 12: G r u n d l a g e n I. Rechtsquellen des englischen Kapitalgesellschaftsrechts II. Der Begriff des Konzerns III. Der Vertragskonzern im englischen Gesellschaftsrecht

501 503 506 509

1) Zur Zulässigkeit des Vertragskonzerns im englischen R e c h t . . 510 2) Stellungnahme IV. Faktische Konzernverhältnisse V. Allgemeine Schutzmechanismen im britischen Gesellschaftsrecht 1) 2) 3) 4)

Konzerneingangsschutz Gläubigerschutz durch Staatsaufsicht Kapitalerhaltung Besondere Schutzvorschriften vor Benachteiligung in börsennotierten Gesellschaften

§ 1 3 : D i e H a f t u n g des herrschenden U n t e r n e h m e n s I. Gesetzliche Regelungen im Companies Act zur Begründung einer Haftung der Muttergesellschaft

511 513 515 515 517 518 520 526 526

II. Haftungsregeln im Falle der Insolvenz der Tochtergesellschaft.. 529 1) Fraudulent trading 2) Wrongful trading a) Normadressaten und Anwendbarkeit auf Muttergesellschaften b) Umfang der Ersatzpflicht 3) Sonstige Instrumente zum Schutz der Gläubiger in der Insolvenz

531 536 538 542 543

Inhaltsverzeichnis

III. Die Durchgriffshaftung im common law

XVII 547

1) Grundlagen

552

2) Ausnahmen vom Salomon - Prinzip

558

a) Die Durchgriffshaftung in der Unternehmensgruppe aa) Die Haftung der Muttergesellschaft aufgrund der Kontrolle der Tochtergesellschaft bb) Das Kriterium der wirtschaftlichen Einheit cc) Zwischenergebnis b) Rechtsmissbräuchliche Verhalten c) Deliktische Ansprüche d) Vicarious Liability e) Das Agency-Prinzip f) H a f t u n g nach Grundsätzen des „Trusts"

Zusammenfassung zu § 13

§ 14: Treuepflichten im englischen Kapitalgesellschaftsrecht I. Grundlagen II. Die Majority Rule im englischen Kapitalgesellschaftsrecht

561 561 562 566 569 572 573 578 584

586

588 588 591

III. Anknüpfungspunkte zur Begründung gesellschaftsrechtlicher Treuepflichten

596

1) Rücksichtnahmepflichten der Mehrheit gegenüber Minderheitsgesellschaftern

598

2) Der Schutz der Minderheitsgesellschafter durch Section459 CA 1985

601

a) Tatbestandsvoraussetzungen aa) Benachteiligung der Interessen eines Gesellschafters bb) Benachteiligung durch die Art und Weise der Führung der Gesellschaft oder ein Verhalten der Gesellschaft cc) Unfaires Verhalten b) Rechtsfolgen c) Zwischenergebnis

3) Treuepflichten gegenüber der Gesellschaft a) Die ultra vires doctrine b) Die Einschränkung der ultra vires-Doktrin und ihre heutige Bedeutung c) Die Möglichkeit der Gesellschafterversammlung zur Genehmigung einer Pflichtverletzung des Geschäftsführers d) Das vorherrschende Verständnis von der Natur einer Kapitalgesellschaft im englischen Recht

602 602 605 607 613 614

616 619 621 625 633

IV. Die Haftung der Muttergesellschaft als constructive trustee . . . . 643 1) Die Fälle des trusteeships de son tort

649

XVIII

Inhaltsverzeichnis 2) Die Fälle der Teilnahme an bzw. Anstiftung zu einem breach of trust 3) Die Fälle eines knowing receipt bzw. dealing with the trust property Zusammenfassung zu § 14

650 652 656

§ 1 5 : V e r g l e i c h e n d e B e t r a c h t u n g z u r Rechtslage in D e u t s c h l a n d

659

Kapitel VI:

Die Haftung der Muttergesellschaft in grenzüberschreitenden Unternehmensverbindungen § 1 6 : Z u r k o l l i s i o n s r e c h t l i c h e n A n k n ü p f u n g im f a k t i s c h e n K o n z e r n . . . 664 I. Die Frage nach dem Bestehen eines einheitlichen Konzernstatuts II. Z u m U m f a n g der A n k n ü p f u n g

665 667

III. Begründungsansätze zur kollisionsrechtlichen Behandlung von Einflussnahmen im Verhältnis Mutter- Tochtergesellschaft . 668 1) 2) 3) 4)

Grundüberlegungen Der ergebnisorientierte Ansatz Klockes Zur Theorie der wirtschaftlichen Sonderanknüpfung Zur Einordnung der N o r m e n des Konzernrechts a) Die Suche nach versteckten Kollisionsnormen im deutschen Konzernrecht b) Die Eingriffsnormenqualität der konzernrechtlichen Vorschriften

5) Der Schutzzweck der konzernrechtlichen N o r m e n 6) Die A n k n ü p f u n g an die Gesellschafterstellung des herrschenden Unternehmens 7) Die Frage nach der Stärke der Betroffenheit Zusammenfassung zu § 16 §17: Die kollisionsrechtliche Behandlung von Vertragskonzernen I. Die Zulässigkeit eines grenzüberschreitenden Vertragskonzerns

671 674 675 678 678 679 682 684 686 689 691 691

II. Die Vereinbarung deutschen Rechts als Wirksamkeitsvoraussetzung

693

III. Die A n k n ü p f u n g an das Statut der abhängigen Gesellschaft . . . . 694 § 1 8 : B e s o n d e r h e i t e n im G l e i c h o r d n u n g s k o n z e r n

699

Inhaltsverzeichnis

§ 1 9 : Das Gesellschaftsstatut I. Die Sitztheorie II. Die Gründungstheorie III. Vermittelnde Ansätze aus dem Schrifttum 1) 2) 3) 4)

Die Die Die Die

XIX

701 703 706 707

Differenzierungslehre Grasmanns Schwerpunktlehre Wiedemanns Uberlagerungstheorie Sandrocks Kombinationslehre Zimmers

708 709 710 711

IV. Die Entwicklung in der Rechtsprechung des E u G H

712

1) Von Daily Mail zu Centros 2) Das Überseering - Urteil des E u G H a) Z u r E i n o r d n u n g des Überseering-Urteils aa) Meinungsspektrum bb) Unterscheidung zwischen Wegzugs- und Zuzugsfällen b) O f f e n e Fragen

V. Gründe für und wider die Sitztheorie

714 717 719 719 720 724

726

VI. Der Schutz vor den Folgen der Gründungstheorie

729

1) Sonderanknüpfung und Niederlassungsfreiheit 2) Sonderanknüpfung und Durchgriffshaftung

730 734

VII. Zum Umfang des Gesellschaftsstatuts 1) Meinungsspektrum zur kollisionsrechtlichen Anknüpfung der Durchgriffshaftung 2) Stellungnahme

735 736 742

Ergebnis zu § 19

747

Zusammenfassung und Ausblick

751

Literaturverzeichnis

787

Table of Cases

849

Stichwortverzeichnis

857

Abkürzungen a.A. a.a.O. Abs. ABl abl. Abw. AC ACLC AcP a.D. ADAC ADHGB A/D/S a.E. a.F. äff. AG AktG AktR A.L.J.R. All E.R. allg. ALR A.L.R Alt. amtl. AnfG Anh. Anm. App.Cas. ArbGG arg. Art. Artt. AT Aufl. AWD

anderer Ansicht am angegebenen Ort Absatz Amtsblatt ablehnend Abweichung Law Reports, Appeal Cases, House of Lords and Privy Council Australien Company Law Cases Archiv für die civilistische Praxis außer Dienst Allgemeiner Deutscher Automobil Club Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen am Ende alte Fassung affirmed Aktiengesellschaft, Amtsgericht Aktiengesetz Aktienrecht Australian law journal Reports All England Law Reports allgemein Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten Australian Law Reporter Alternative amtlich Anfechtungsgesetz Anhang Anmerkung Law Reports Appeal Cases (1875 - 1890) Arbeitsgerichtsgesetz argumentum Artikel Artikel (Plural) Allgemeiner Teil Auflage Außenwirtschaftsdienst des Betriebsberaters

BAG BauR BayObLG BB

Bundesarbeitsgericht Baurecht Bayerisches Oberstes Landesgericht Der Betriebs-Berater

XXII Bd. BCC BCLC Beav Begr. BerDGesVR Beschl. Betr. BFH BGB BGBl. BGH BGHSt

Abkürzungen

B Kart A BLR BMF

Band British company cases Butterworths Company law cases Beavan's English Rolls Court Reports Begriff, Begründung Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht Beschluss betrifft Bundesfinanzhof Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Strafsachen Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Bundeskartellamt Business Law Review, London Bundesministerium der Finanzen

BörsenG BRAO BRAGO BSG Bsp. BStBl. BT-Drs. BT-Drucks. Bull BV BVerfGE BW bzw.

Börsengesetz Bundesrechtsanwaltsordnung Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung Bundessozialgericht Beispiel Bundessteuerblatt Bundestagsdrucksache Bundestagsdrucksache Bulletin Besloten vennootschap Entscheidungen des Bundesverfassungsgericht Burgerlijk Wetboek (Niederländisches Bürgerliches Gesetzbuch) beziehungsweise

c. ca. CA C.A. Cal.Rep Cant.L.R. Cass. Crim. CDDA CERCLA

chapter circa Companies Act C o u r t of Appeal California Reporter, Fallrechtsammlung Canterbury Law Review Cassation criminelle C o m p a n y Directors Disqualification Act 1986 Comprehensive Environmental Response Compensation and Liability Act Law Reports, Chancery Division; Chapter High Court, Chancery Division culpa in contrahendo Circuit civil Chief Justice Cambridge Law Journal Commonwealth Law Reports command

BGHZ

Ch. Ch.D. c.i.c. Cir. Civ CJ C.L.J C.L.R cmd.

Abkürzungen

XXIII

Cmmd Co cod. CoLaw C o Lawyer Colum. L.Rev. C.P. CR C.S. Ct

Command Papers Company codex Company Lawyer Company Lawyer Columbia University Law Review Law Reports, Common Pleas Computer und Recht Court of Session Court

D DB dens, ders. d.h. Die AG DJT D.L.R DNotZ DPrR DStrR dt. DZWiR

Digesten; Recueil Dalloz Der Betrieb denselben derselbe das heißt Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift) Deutscher Juristentag Dominion Law Reports Deutsche Notar-Zeitschrift Deutsches Privatrecht Deutsches Steuerrecht deutsch Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

EC ECR ed. E.D eds. EDV EG EG AktG EGV Einl. endg. ER Erg. Bd. etc EU EuGH EuGHE EuroEG EuZW e.V. EWG EWiR EWS

European Community Extraordinary Contractuel Relief Reporter Editor / edition Eastern District Editors Elektronische Datenverarbeitung Europäische Gemeinschaft Einführungsgesetz Aktiengesetz Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Einleitung endgültig English Reports Ergänzungsband et cetera Europäische Union Europäischer Gerichtshof Sammlung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs Euro-Einführungsgesetz Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht eingetragener Verein Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht

F., F.2d, F.3d.

Federal Reporter, Fallrechtssammlung der Bundesberufungsgerichte, 1., 2. bzw. 3. Serie folgende (folgende Seite)

f.

XXIV FAZ ff. FG FGG

Abkürzungen

Fla J Int L.L Fla St U . L Rev FN FR FS FSA FSAMA FSR F.Supp

Frankfurter Allgemeine Zeitung fortfolgende (folgende Seiten) Festgabe Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Florida Journal of International Law Florida State University Law Review Fußnote Federal Register Festschrift Financial Service Act; Financial Services Authority Financial Service and Market Act 2000 Fleet Street Reports Entscheidungssammlung der bundesstaatlichen Distriktgerichte

G GA GbR gem. GenG GesR GesRZ GF GG ggf GK GmbH GmbHG GmbHR GmbH-RdSch GoA grds. GS GVG GWB

Gesetz Generalanwalt Gesellschaft bürgerlichen Recht gemäß Genossenschaftsgesetz Gesellschaftsrecht Der Gesellschafter Geschäftsführer, Geschäftsführung Grundgesetz gegebenenfalls Großkommentar Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau (Zeitschrift) GmbH-Rundschau (Zeitschrift) Geschäftsführung ohne Auftrag grundsätzlich großer Senat Gerichtsverfassungsgesetz Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung

h.A. HS HGB Hdb. HL HLSc h.L. h. M. HRR Hrsg.

herrschende Ansicht Halbsatz Handelsgesetzbuch Handbuch House of Lords English Law Reports, House of Lords, Scotch and Divorce Appeal Cases herrschende Lehre herrschende Meinung Höchstrichterliche Rechtsprechung Herausgeber

IA IAS IASB ICR

Insolvency Act International Accounting Standards International Accounting Standards Board Irish Chancery Reports

Abkürzungen i.d.F. i.d.R. i.d.S. i.E. i.Gr. i.H.d. i.H.v. IHK Ine insbes. InsO Intl. Int'l R . L . & E c o n IPR IPRax I.R.C iS(d, e, v) i.Ü. i.V.m. l.W.S.

iZw JA J.B.L. J.C.P J . Fin. Econ. JuS JW JZ

XXV

in der Fassung in der Regel in diesem Sinn im Ergebnis in Gründung in Höhe der in Höhe von Industrie- und Handelskammer Incorporation insbesondere Insolvenzordnung Internationale International Review of Law and Economics Internationales Privatrecht Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts Internal Revenue Code im Sinne (des, eines, von) im Übrigen in Verbindung mit im weiteren Sinne im Zweifel Juristische Arbeitsblätter The Journal of Business Law Juris Classeur Periodique Journal of Financial Economics Juristische Schulung Juristische Wochenschrift Juristenzeitung

krit. KritV KStG KTS KWG

Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz Kapitalgesellschaften und C o -Richtlinien Gesetz Kapitalgesellschaftsrecht Law Reports, King,s Bench Kraftfahrzeug Kommanditgesellschaft; Kammergericht Kölner Kommentar Konkursordnung Kommissionsdokument Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich Konzern Konzernrecht Deutsche Treuhand-Gesellschaft, Aktiengesellschaft, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, kritisch Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft Kapitalsteuergesetz Konkurs-, Treuhand- und Schiedsgerichtswesen Gesetz über das Kreditwesen

L.C.

Lord Chancellor

KAGG KapAEG KapCoRiLiG KapGesR K.B. Kfz KG KK KO KOM KonTraG Konz. KonzernR KPMG

XXVI

Abkürzungen

LEXIS LG liSp L.J. LM L.M.C.L.Q. LöschG L.Q.R. L.R. L.Rev. LT Ltd.

Datenbank, auch mit sonst unveröffentlichten Entscheidungen Landgericht linke Spalte Lord Justice Lindemaier / Möhring (Nachschlagewerk) Lloyds Maritime and Commercial Law Quarterly Löschungsgesetz Law Quarterly Review Law Report Louisiana Law Review Law Times Reports Limited

-m. m. abl. Anm. Macq MDR Mio. MK M.L.R. m.N. MonULR M.R. MitbestG MittBayNot MüHB-AG MünchHdb. m.w.N.

-mäßig, -maßen mit ablehnenden Anmerkungen Macqueen's Scotch Appeal Cases, House of Lords Monatsschrift für Deutsches Recht Millionen Münchner Kommentar Modern Law Review mit Nachweisen Monash University Law Report Master of the Rolls Mitbestimmungsgesetz Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins Münchner Handbuch Aktiengesellschaft Münchner Handbuch mit weiteren Nachweisen

N NB N.E. n. F. NJW NJW-RR N.L.J No. Nr. n.rk. NSWLR N.W. NZA NZG NZLR NZZ

Note, Noten Neue Betriebswirtschaft Northeastern Reporter neue Folge Neue Juristische Wochenschrift Neue Juristische Wochenschrift — Rechtsprechungsreport New law Journal Number Nummer nicht rechtskräftig New South Wales Law Reports Northwestern Reporter Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht New Zealand Law Reports Neue Züricher Zeitung

OBA OHG OLG OLGR

Österreichisches Bankarchiv Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auf dem Gebiet des Zivilrechts Orderlagerschein-Verordnung

OLSchVO

Abkürzungen

XXVII

OxJLS

Oxford Journal of Legal Studies

P. para, pic PLC pp. ppa pW

Pacific Reporter Paragraph public company limited by shares Public limited company (Zeitschrift) pages per procura (-tionem) positive Vertragsverletzung

Q.B. QBD QC

Queens Bench Queens Bench Division Queens Counsel

r. RabelsZ rd. Rdnr. Rdsch. RefE Reg. RegBegr. RegE Rev Rev.trim.dr.com RG RGRK

RIW RN RS. Rspr. Rwiss.

ruie Rabeis Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht rund Randnummer Rundschreiben Referentenentwurf Registrar Regierungsbegründung Regierungsentwurf Revision Revue trimestrielle dedroit commercial et de droit economique Reichsgericht Das Bürgerliche Gesetzbuch mit besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofes Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen (zitiert nach Band und Seite) Recht der internationalen Wirtschaft Randnummer Rechtssache Rechtsprechung Rechtswissenschaft

s. s. S. SAG S.A.L.J. SA S.C. sch. ScheckG Schlussanh. SchuldR S.E. sec. Sess SH Slg

siehe section Satz, Seite Schweizerische Aktiengesellschaft The South African Law Journal Société Anonyme Session Cases Schedule Scheckgesetz Schlussanhang Schuldrecht Societas Europaea section Session Schleswig-Holstein Sammlung

RGZ

XXVIII

Abkürzungen

S.L.T sog. ss. Stan.L.Rev StGB str. StückAG StVG Supp

Scots Law Times sogenannte(r) Sections Stanford Law Review Strafgesetzbuch streitig Stückaktiengesetz Straßenverkehrsgesetz Supplement

TBBR

Tijdschrift voer Belgisch Burgerlijk Recht

u.a. U.Chi.L.Rev UK UmwG UmwandlG unstr. Urt. U.S. USA U.S.C US-GAAP u.U.

unter anderem University of Chicago Law Review United Kingdom Umwandlungsgesetz Umwandlungsgesetz unstrittig Urteil Entscheidungssammlung des U.S. Supreme Court United States of America United States Code Generally Accepted Accounting Principles unter Umständen

v. Va.L.R VersR vGA vgl. Vol. Vorb. VVaG

versus, gegen Virgina Law Review Versicherungsrecht verdeckte Gewinnausschüttung vergleiche Volume Vorbemerkung Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit

WB1 WG WiB WLR WM w.N. WPg WpHG WpUG WuB WuW/E

Wirtschaftsrechtliche Blätter (Zeitschrift, Österreich) Wechselgesetz Wirtschaftliche Beratung Weekly Law Reports Wertpapier-Mitteilungen weitere Nachweise Die Wirtschaftsprüfung Wertpapierhandelsgesetz Wertpapiererwerbs- u. Ubernahmegesetz Wirtschafts- u. Bankrecht Wirtschaft und Wettbewerb -Entscheidungssammlung

z z.B. ZBB ZEup ZfB ZfbF

zu, zur, zum zum Beispiel Zeitschrift für Zeitschrift für Zeitschrift für Zeitschrift für

Bankrecht und Bankwirtschaft Europäisches Privatrecht Betriebswirtschaft betriebswirtschaftliche Forschung

Abkürzungen ZGR ZHR Ziff. ZIP ZInsO ZPO ZÖR ZRP ZStW zust. ZVG

Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Ziffer Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht Zivilprozessordnung Zeitschrift für öffentliches Recht Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft zuständig Gesetz über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung

XXIX

The limited liability corporation is the greatest single discovery of modern times. Even steam and electricity are less important than the limited liabilitiy corporation 1 .

Einleitung Dieser im britischen Recht gern zitierte Satz aus den Anfängen des letzten Jahrhunderts mag in seinem Pathos etwas weit gehen. Er zeigt aber den hohen Stellenwert auf, den Kapitalgesellschaften im heutigen Wirtschaftsleben einnehmen. Deren eigentliches wirtschaftliches Machtpotential entwickelte sich freilich erst im Zusammenschluss mit anderen Gesellschaften. Konzerne gelten aufgrund ihrer Effizienz und Flexibilität als die in der wirtschaftlichen Praxis bei weitem wichtigste Form der Unternehmensorganisation. Dreiviertel aller Aktiengesellschaften in Deutschland mit rund 90 % des Kapitals und etwa die Hälfte der Gesellschaften mbH sind in Konzernen organisiert2. Auch nimmt der Trend zur Unternehmenskonzentration ständig zu. Stellvertretend hierfür stehen Schlagzeilen machende Fusionen wie die von Daimler/Chrysler, Hoechst/Rhone Poulenc und Vodafone/ Mannesmann. Ein maßgeblicher Vorteil des Zusammenschlusses in einem Konzern ist ohne Zweifel der der Haftungsbeschränkung. Diese beruht freilich auf der Vorstellung des historischen Gesetzgebers, dass jede rechtliche Einheit zugleich eine wirtschaftlich autonome Einheit ist, was der heutigen Rechtswirklichkeit diametral entgegensteht3. Der Konzern ist, wie bereits Ludwig Raiser 1964 festgestellt hat, selbst ein poly-korporativer Verband4. Er wird gegründet, muss finanziert, geleitet 1 So Prof. N. M. Butler, ehemals Präsident der Columbia Universtiät, zitiert von A. L. Diamon, in Orhnial (ed.), Limited Liability and the Corporation (Law Society of Canada, 1982) S. 42; vgl. auch Sealy, Company Law and Commercial Reality, 1984 S. 1; Hicks/Goo, Cases and Materials on Company Law S. 100. 2 Altmeppen, Die Haftung des Managers im Konzern (1998), Einleitung. 3 Die Tatsache, dass insbesondere in allen westlichen Rechtsordnungen sich eine Gesellschaft an einer anderen Gesellschaft beteiligen darf, erscheint heute zwar ganz selbstverständlich, war es aber in der historischen Entwicklung mitnichten: So verbot etwa das belgische Recht bis 1985 die Beteiligung von anderen Gesellschaften an einer Société des Personnes a Responsabilité Limitée (SPRL, Art. 119,1 L.C.S. ); dieses Verbot wurde erst durch das Gesetz vom 15.7.1985, Mon. Belge vom 14.8.1985, aufgehoben; seitdem heißt die GmbH in Belgien „Société Privée à Responsabilité Limitée 4 Raiser, Die Konzernbildung als Gegenstand rechts- und wirtschaftswissenschaftlicher Untersuchung in: Raiser/Sauermann/Schneider (Hrsg.), Das Verhältnis der Wirtschaftswissen-

2

Einleitung

und überwacht werden, er hat Rechenschaft zu legen und wird eines Tages wieder aufgelöst. Vor allem schreibt man ihm aber eigene Interessen zu, die durchaus nicht identisch mit den Interessen der einzelnen Verbandsmitglieder sein müssen. Gerade diese Interessenkonflikte sind es aber, welche die Frage der Haftung aufwerfen, wenn eine Tochtergesellschaft für die Interessen des Konzerns eingesetzt und dabei ausgebeutet wird. Dieses Problems versuchte man in Deutschland im Aktienrecht durch eine gesonderte Konzerngesetzgebung H e r r zu werden, deren Hintergrund eben die Uberzeugung ist, dass auf Seiten eines herrschenden Unternehmens die ansonsten grundsätzlich vorhandene Interesseneinheit zwischen den Teilhabern einer Gesellschaft nicht mehr besteht. Im übrigen Kapitalgesellschaftsrecht unterblieb allerdings auch bei uns eine gesonderte Regelung. D i e sich im Zusammenhang mit der Frage nach der Verantwortung eines herrschenden Unternehmens auftuenden Probleme sind bereits Gegenstand einer kaum noch übersehbaren Flut von Monographien und Aufsätzen gewesen. Dabei lag ein Schwerpunkt des Interesses lange Zeit bei der Behandlung des Phänomens des qualifiziert faktischen Konzerns, der als das „eigentliche Sorgenkind des K o n zernrechts" galt. Von diesem Rechtsinstitut hat der B G H seit seinem Urteil vom 17.9.2001 in Sachen Bremer

nun freilich „ A b s c h i e d " 6 genommen. Das

Vulkan5

Problem, wie den Fällen zu begegnen ist, in denen sich einzelne schädigende E i n flussnahmen der Konzernobergesellschaft nicht mehr nachweisen lassen, ist damit allerdings nicht aus der Welt. O f f e n ist aber auch, ob die Heranziehung der Regelungen zum Verlustausgleich außerhalb eines Vertragskonzerns nun tatsächlich gänzlich ihre Berechtigung verloren hat. Allgemein kann der bereits 1991 aufgestellte Befund von Karsten

Schmidt,

der feststellte: „Unser Detailwissen auf die-

sem Gebiet (dem Konzernrecht) ist beträchtlich, doch insgesamt wissen wir kaum, worüber wir sprechen 7 , nach wie vor nur unterschrieben werden 8 . Die Wurzel dessen sieht man darin, dass keine Einigkeit über das Leitbild und den Regelungsgegenstand des Konzernrechts besteht 9 . Eines der primären Ziele aller Bestrebungen ist sicher der Schutz der Gläubiger einer abhängigen Gesellschaft. D e r Frage, wie man deren berechtigten Schutzinteressen gerecht werden kann, kann man sich grundsätzlich von vier Ausgangspunkten her nähern 1 0 . Zum einen auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung, die den besonderen Konzerngefahren Rechnung tragen soll, wie wir sie in Deutschland zumindest für Teilbereiche des Konzernrechts vorfinden. Diese Regelungen wurden Schaft zur Rechtswissenschaft, Soziologie und Statistik, (1964), S. 51, 54; vgl. auch Bälz, Einheit und Vielheit im Konzern, FS Raiser S. 287 ff. 5 N J W 2001, 3622. 6 Vgl. insoweit bereits die 1991 veröffentliche Arbeit von Altmeppen, Abschied vom „qualifiziert faktischen" Konzern, dessen Titel sich insoweit mittlerweile zum geflügelten Wort weiterentwickelt hat. 7 K. Schmidt, Z H R 155 (1991), 417, 419. 8 Zöllner (in FS Kropff S. 333, 341) meint gar sarkastisch, „das deutsche Konzernrecht (hätte) noch immer Bereiche, die an die Sümpfe Floridas erinnern". 9 U. H. Schneider, in FS Lutter S. 1193, 1194. 10 Vgl. auch Schmitthoff, Groups of Companies S. XIV.

Einleitung

3

allerdings lange Zeit auch über den eigentlichen Anwendungsbereich der gesetzlichen Normen hinaus herangezogen, um eine „spezifische Konzernhaftung" unter dem Stichwort „qualifiziert faktischer Konzern" zu entwickeln. Spätestens seit dem Bremer VW&arc-Urteil besinnt man sich allerdings auch in Deutschland wieder vermehrt allgemeiner Haftungsinstitute 11 , die einen zweiten und dritten Weg des Gläubigerschutzes eröffnen. Zum einen auf der Grundlage einer Direkthaftung des herrschenden Gesellschafters oder aber einer Innenhaftung gegenüber den von ihm abhängigen Gesellschaften. Ersteres ist der Ausgangspunkt der Durchgriffshaftung, die vor allem auch im anglo-amerikanischen Bereich unter der Parole piercing the corporate veil besondere Bedeutung erlangt hat. Ein Haftungssystem lässt sich aber auch auf der Prämisse der Anerkennung besonderer Treuepflichten der Muttergesellschaft gegenüber ihrer Tochtergesellschaft entwickeln. Denkbar ist schließlich noch, sich diesem Problem vor allem von der insolvenzrechtlichen Seite her zu nähern. Vom letzterem Blickwinkel aus hat vor nicht all zu langer Zeit Ehricke in seiner Habilitationsschrift „Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz" diese Frage behandelt 12 . Recht zu geben ist ihm dabei sicher darin, dass regelmäßig erst im Zeitpunkt der Insolvenz des abhängigen Unternehmens die Ansprüche der Gläubiger des abhängigen Unternehmens gegen ein herrschendes Unternehmen praktische Bedeutung erlangen 13 , weshalb es in diesem Fall der Fälle von äußerster Wichtigkeit ist, die Haftungsmasse der Gläubiger soweit wie möglich zu vergrößern 1 4 Wenn man allerdings bedenkt, dass im GmbH-Bereich in weit über 50% der Fälle, in denen die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragt wird, dieses bereits mangels Masse abgelehnt wird 1 5 , und im Übrigen die durchschnittliche Konkursquote bei 3 bis 4% liegt, so wird deutlich, dass auf diesem Wege allein kein ausreichender Gläubigerschutz erzielt werden kann 16 . Auch lässt sich die Annahme durch nichts belegen, dass, soweit nur ein in einen Konzern eingebundenes " Teilweise w u r d e bereits das TBB - Urteil als R ü c k f ü h r u n g auf die allgemeinen G r u n d s ä t ze der gesellschaftsrechtlichen D u r c h g r i f f s h a f t u n g verstanden (vgl. etwa Bauder, BB 1993,1103, 1104; Ebenroth, in FS B o u j o n g S. 99; Heidenhain, L M N r . 6 zu § 302 A k t G 1965; Schanze, A G 1993, 376, 378; a.A. u n d weiterhin hierin eine spezifische K o n z e r n h a f t u n g e n t d e c k e n d : Drygala, G m b H R 1993, 317; Hommelhoff, Z G R 1994, 395, 406, 418; Krieger, Z G R 1994, 375, 377; Limmer, D S t R 1993, 765, 768. 12 Z u m g r e n z ü b e r s c h r e i t e n d e n Insolvenzrecht vgl. Habscheid, Grenzüberschreitendes internationales Insolvenzrecht der Vereinigten Staaten v o n A m e r i k a u n d der B u n d e s r e p u b l i k Deutschland. 13 Vgl. Ehricke, Das abhängige K o n z e r n u n t e r n e h m e n in der Insolvenz (1998) S. 3, 13 ff.). 14 Ehricke, Das abhängige K o n z e r n u n t e r n e h m e n in der Insolvenz (1998) S. 13 ff. 15 Laut den A n g a b e n des Statistischen Bundesamtes w u r d e n 2003 bei 20034 Insolvenzen im G m b H - B e r e i c h n u r bei 9765 ein Verfahren eröffnet, 10269 w u r d e n mangels Masse abgelehnt; 2002 w u r d e n bei insgesamt 19770 beantragten Verfahren 10252 mangels Masse abgewiesen; betrachtet m a n die letzten fünf Jahre, in denen die alte K o n k u r s o r d n u n g n o c h galt, k a m es sogar in ü b e r 70 % der Insolvenzen nicht z u r E r ö f f n u n g eines Verfahrens (vgl. im einzelnen die Statistik in Z I P 1999,2182); anders sieht die Statistik allerdings bei Aktiengesellschaften aus, hier w u r d e n v o n insgesamt 508 Verfahren im Jahr 2003 n u r 181 u n d 2002 von insgesamt 631 Verfahren 189 mangels Masse abgelehnt. 16 Kühler, Z G R 2000, 550, 557 mit H i n w e i s auf Strobl, in FS C l e m m S. 389, 408.

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Einleitung

Unternehmen insolvent wird, aufgrund dessen Einbindung in den Unternehmensverbund regelmäßig genügend Masse zur Verfügung steht, um ein Verfahren zu eröffnen 1 7 . In einem Großteil der Fälle kann daher dieser Weg nicht der entscheidende Schlüssel für die Lösung der hier anstehenden Probleme sein. E r soll daher unter Hinweis auf die Ausführungen Ehrickes

in dieser Arbeit auch nicht weiter

untersucht werden. G e h t es um Haftungsfragen im Gesellschaftsrecht, sind Ausgangspunkt der Prüfung naturgemäß die Ansprüche der Gläubiger, die gegenüber einer Gesellschaft keine Befriedigung erlangen können und sich deshalb an die hinter der G e sellschaft stehenden Gesellschafter halten wollen. Von diesem Blickwinkel aus ist die Frage nach einer Direkthaftung der Gesellschafter sicher prädestiniert. Gleiches gilt aber auch für die Antwort, da die Außenhaftung eines Gesellschafters dem Prinzip der Haftungsbeschränkung

im Kapitalgesellschaftsrecht

wider-

spricht. E b e n dies ist aber der Grund, weshalb die Durchgriffshaftung im Kapitalgesellschaftsrecht, ausgenommen vom Fall der Vermögens- und Sphärenvermischung, sich bislang nicht durchsetzen konnte. Zwar sieht man teilweise mit dem Urteil des B G H in Sachen KB V vom 24.6.2002 bereits eine neue Ära der D u r c h griffshaftung eingeleitet 1 8 . Bedenkt man die Erfahrungen, die man im amerikanischen Recht mit diesem Institut gemacht hat, erscheint es jedoch mehr als fragwürdig, o b wir uns tatsächlich auch in Deutschland einer „jurisprudence metaphor"

of epithet

and

zuwenden sollten 1 9 . D e r Gesetzgeber mag hier wie auch anderenorts 2 0

durchaus die Haftungsbeschränkung vor der Vorstellung eingeführt haben, dass eine rechtliche Einheit auch eine wirtschaftliche Einheit darstellt. D i e Erkenntnis, dass dies nicht der Fall ist, rechtfertigt es indes nicht, die Haftungsbeschränkung aufzuheben. Im Zentrum der nachfolgenden Untersuchung soll daher auch die Frage stehen, wie eine abhängige Kapitalgesellschaft im K o n z e r n selbst geschützt werden kann 2 1 , aufbauend auf der elementaren Einsicht, dass der beste Schutz, den man einem Gläubiger zuteil werden lassen kann, immer noch die Erhaltung eines liqui-

17 So aber Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998) S. 2 (vgl. allerdings auch denselben a.a.O. in Fn. 4). 18 Vgl. hierzu unten S. 208. 19 Phillip I. Blumberg, The law of coporate groups 6 (1983) S. 8. 20 Vgl. für den anglo-amerikanischen Rechtskreis nur Blumberg, Connecticut Journal of Intl. Law 1999, 397: „Anglo-American corporation law has traditionally been bottomed upon the concept that each corporation, like each human being, is a separate juridical person with its own legal rights and duties; this is entity law. This doctrine arose centuries ago and was well suited to deal with the needs of a simpler economic society. It was a time when corporations generally could not own other corporations, and corporate groups with holding companies or parent corporations were unknown. At that time, each corporation was a separate economic enterprise as well as a separate legal entity. This is not longer the case 21 Natürlich sind die oben angeführten Wege nicht als sich gegeneinander ausschließende Alternativen, sondern als grundsätzliche Ansätze der Problembewältigung zu verstehen, die auch nebeneinander Geltung beanspruchen können. Die Frage ist nur, wo man die Schwerpunkte setzt.

Einleitung

5

den Schuldners ist22. D i e s kann nach der hier vertretenen und im nachfolgenden zu u n t e r m a u e r n d e n A n s i c h t a l l e r d i n g s n u r g e l e i s t e t w e r d e n , w e n n m a n in e i n e m a u f eigenständigen juristischen Personen aufbauenden System deren Interessen nicht v o n a n d e r e n P e r s o n e n a b l e i t e t . B e g r e n z t w i r d die U n t e r s u c h u n g d a b e i a u f d e n V e r t r a g s k o n z e r n 2 3 u n d d e n f a k t i s c h e n K o n z e r n 2 4 , w o b e i - i m A n s c h l u s s an die F r a g e n a c h d e r H a f t u n g eines h e r r s c h e n d e n G e s e l l s c h a f t e r s - a b r u n d e n d a u c h e i n B l i c k a u f die H a f t u n g z w i s c h e n g l e i c h g e o r d n e t e n G e s e l l s c h a f t e n g e w o r f e n w e r d e n soll. U n t e r s u c h t w e r d e n soll i n s o w e i t a l l e r d i n g s n i c h t n u r die d e u t s c h e R e c h t s o r d n u n g , s o n d e r n a u c h die R e c h t s l a g e in E n g l a n d . D i e s e ist f ü r die h i e r i n t e r e s s i e r e n d e n F r a g e n g l e i c h aus m e h r e r e n G r ü n d e n b e d e u t s a m . A b g e s e h e n d a v o n , dass das e n g l i s c h e R e c h t n a c h w i e v o r w e i t ü b e r die e n g l i s c h e n G r e n z e n h i n a u s m a ß g e b l i c h e n E i n f l u s s h a t 2 5 , m a c h t die K e n n t n i s d e r a u c h h i e r t r a d i t i o n e l l b e s t e h e n d e n U n t e r s c h i e d e z u r R e c h t s l a g e in K o n t i n e n t a l e u r o p a , t r o t z g e w i s s e r v o r a l l e m e u roparechtlich begründeter A n n ä h e r u n g e n 2 6 beider R e c h t s s y s t e m e 2 7 , eine D i s k u s -

2 2 Soweit es um die Haftung der Geschäftsführung geht, beginnt sich auch in Deutschland die Erkenntnis durchzusetzen, dass hier nicht erst dann angesetzt werden darf, wenn es um Fälle der Insolvenzverschleppung geht, sondern bereits vorher anhand von Standards eine Kontrolle einsetzen und eine Haftung für Schäden auch durchgesetzt werden muss (aus rechtsvergleichender Perspektive vgl. nur Lutter, Z G R 1998, 190 206 ff., der insoweit hervorhebt, dass in anderen Ländern wie den U S A Klagen der Gesellschafter für die Gesellschaft und gegen die Direktoren, insbesondere aber auch gegen die Großaktionäre einer Gesellschaft bereits „Legion' sind (Lutter; a.a.O. S. 192 unter Hinweis auf Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht (1991) S. 392 ff.; Coffee, in Feddersen/Hommelhoff/Schneider, Corporate Governance S. 165 ff.). 2 3 Mit Hüffer, (AktG § 1 8 Rn. 3) wird insoweit zwischen Vertragskonzernen, Eingliederungskonzernen und faktischen Konzernen unterschieden. 2 4 Im Eingliederungskonzern wird der Gläubigerschutz insbesondere durch die Begründung einer gesamtschuldnerischen Mithaftung der Hauptgesellschaft im weitest denkbaren Sinne gewährt. Nicht gesondert eingegangen wird auch auf isolierte Gewinnabführungsverträge und andere Unternehmensverträge. Zwar dürften gerade bei Vorliegen eines Gewinnabführungsvertrages die Vermutungen des § § 1 7 Abs. 2 und 18 Abs. 1 S. 3 A k t G kaum zu widerlegen sein (Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 12 I). I.d.R. werden Gewinnabführungsverträge aber mit Beherrschungsverträgen verknüpft und nur selten isoliert abgeschlossen (vgl. nur Hüffer, A k t G § 2 9 1 Rn. 24). 2 5 Zwar hat das aus den Ländern England, Wales, Schottland und Nordirland bestehende Vereinigte Königreich keine einheitliche Rechtslage, trotzdem hat das englische Kapitalgesellschaftsrecht über die geographischen Grenzen von England hinaus hier aber beträchtliche Bedeutung erlangt. Auch folgt der irische C A grundsätzlich dem englischen C A 1985 und dem Insolvency Act 1986. Darüber hinaus folgt aber auch außerhalb Europas im Einzugsbereich des common law das Company law vielfach dem englischen Vorbild (so etwa in Kanada, Australien, Indien, Pakistan, Singapur und den anglophonen Staaten Afrikas wie etwa Nigeria). 2 6 Auch die Entwicklung des englischen Gesellschaftsrechts ist von der immer stärker werdenden Flut europäischer Richtlinien maßgeblich geprägt worden (Treibel/Hodgson/Kellenter/ Müller, Englisches Handels- und Wirtschaftsrecht, 2. Aufl. S. 212 f.), deren Auswirkungen teilweise aber auch sehr kritisch beurteilt werden (vgl. etwa Edwards, E C Company Law 1999, S. 410 ff, die meint, das englische Gesellschaftsrecht sei aufgrund des Gemeinschaftsrechts „in a worse State than at any time this Century"). 2 7 Abgesehen von den auf der europäischen Rechtssetzung fussenden parallelen Regelungen

6

Einleitung

sion über die Chancen und Sinnhaftigkeit einer einheitlich europäischen Regelung auch auf dem Gebiet des Konzernrechts erst möglich. Insbesondere bietet das englische Gesellschaftsrecht aus Sicht der Aktionäre aber auch die besten Voraussetzungen für den Sitz multinationaler Konzerne. Im H i n b l i c k auf diesen Standortvorteil wird bereits angenommen, dass, durch den D r u c k institutioneller Investoren bedingt, Gesellschaften zunehmend ihren Sitz nach England verlagern werden 2 8 . In der Tat erfreut sich der Zusammenschluss von Gesellschaften in einem Unternehmensverbund hier auch besonderer Beliebtheit. So haben allein die 50 größten Gesellschaften in Großbritannien über 10.000 Tochtergesellschaften, mit einem aritmethischen Mittel von etwa 2 3 0 Gesellschaften pro Muttergesellschaft 2 9 . Dass der Aufbau einer Gesellschaftsgruppe in Großbritannien derart verbreitet ist, ist zum einen mit der Struktur des englischen Gesellschaftsrechts zu begründen, das eine Gesellschaftsgründung besonders einfach und kostengünstig ermöglicht 3 0 . Zum anderen war bei einem Zusammenschluss von mehr als 20 Personen zum Zwecke der Gewinnerzielung im Geschäftsverkehr die Wahl der Kapitalgesellschaftsform von Seiten des Gesetzgebers bislang vorgeschrieben 3 1 . Zu erklären ist dies aber auch mit den bestehenden kapitalmarktrechtlichen Bestimmungen 3 2 . Vor allem ermöglicht es aber auch die Striktheit, mit der englische Gerichte das Prinzip der Selbständigkeit jeder gesellschaftsrechtlichen Einheit vertreten, und die bisher gezeigte Zurückhaltung bei Zulassung einer Durchgriffshaftung, wenn Gesellschaften versuchen, sich durch Gründung einer Tochtergesellschaft vor R i siken im Geschäftsverkehr abzuschirmen 3 3 . Die anstehenden Reformvorhaben im britischen Gesellschaftsrecht könnten ein Weiteres dazu beitragen, dass sich diese

wird zunehmend auch eine Annäherungen des anglo-amerikanische case-law zu dem kontinentalen Recht und umgekehrt unseres Rechts an das Fallrecht beobachtet (Vgl. hierzu Klaus-Peter Berger, ZBB-Report 1998 S. 135). 28 Vgl. hierzu Monks, Robert A. G., Modern Company Law for a Competitve Economy: the strategic framework, Corporate Governance: An international Review, Vol.8, 2000, No. 1, S. 16-24. 29 Vgl. Prentice, Connecticut Journal of International Law, 1999, 305, 306 ff. 30 Vgl. auch Prentice, Connecticut Journal of International Law 1999, 407 f. (Symposium Bericht). 31 Ende Dezember 2002 wurde die Begrenzung der Gesellschafterzahl einer unter dem Partnership Act 1890 oder dem Limited Partnerships Act 1907 gegründeten Personengesellschaft auf 20 Personen durch die Regulatory Reform Order 2002 nunmehr allerdings aufgehoben. 32 So muss etwa nach Rule 9 ( 1 ) des City Codes jeder, der im Laufe der Zeit mindestens 30 % der Stimmrechte erwirbt, ein Angebot bezüglich der übrigen Gesellschaftsanteile derselben Klasse machen. Auch besteht in England bereits seit langem ein grundsätzliches Verbot nur teilweiser Ubernahmeangebote. Teilweise Ubernahmeangebote bedürfen der ausdrücklichen Genehmigung (Rule 36 (1) City Code). Eine wichtige Ergänzung des grds. Verbots nur teilweiser Unternehmensübernahmen stellt außerdem die Regelung dar, wonach ein freiwilliges Ubernahmeangebot davon abhängig gemacht werden muss, dass es tatsächlich zu einer Mehrheitsbeteiligung des Bieters kommt. 33 Vgl. Prentice, Connecticut Journal of International Law, 1999, 305, 309 ff. mit weiteren u.a. historischen und steuerrechtlichen Gründen für diese Entwicklung.

Einleitung

7

Standortvorteile des Königreichs hier noch vergrößern 34 . So hat das britische Handelsministerium (Department of Trade and Industry) 1998 eine Expertenkommission (steering group) eingesetzt, die Vorschläge zu einer umfassenden Reform des englischen Gesellschaftsrechts erarbeitete, welche 2001 in einem Abschlussbericht präsentiert wurden und deren Ziel auch der Ausbau weiterer Wettbewerbsvorteile Englands beim Wettstreit um die Ansiedlung neuer Gesellschaften auf der Insel ist 35 . Im Juli 2002 erschien auf dieser Grundlage das Weißbuch „Modernising Company Law", in dem die Regierung ihrer Vorstellungen von einem modernen Company Law der Öffentlichkeit präsentiert 36 . Angestellt werden demzufolge auch bereits berechtigte Spekulationen darüber, ob Großbritannien nicht zukünftig zu einem „europäischen Delaware" avancieren könnte 3 7 , was angesichts der Entscheidungen des E u G H in Sachen Uberseering und Inspire Art besondere Bedeutung gewinnt 38 . Die damit aufgeworfene Frage der Grenzüberschreitung und die Tatsache, dass multinationale Unternehmensverbände zu den Hauptakteuren des modernen Wirtschaftslebens gehören, lässt allerdings auch eine rechtliche Betrachtung rein nationaler Regelungen nur noch eingeschränkt sinnvoll erscheinen. Zu klären gilt es daher weiterhin, wann ein Regelungssystem zum Schutz der Gläubiger einer abhängigen Gesellschaft überhaupt zur Anwendung kommt. Diese Frage ist bereits deshalb von besonderer Bedeutung, da gerade im Bereich des Konzernrechts international nach wie vor deutlich unterschiedliche Schutzsysteme bestehen 39 . Aufbauend auf den vorgenannten Erwägungen wird im Folgenden daher zunächst die gesetzliche Regelung des Aktiengesetzes über die Haftung in verbundenen Unternehmen dargestellt, um sodann die Frage nach deren Ubertragbarkeit auf den GmbH-Konzern zu stellen. Daran schließt die Frage nach der Funktionsfähigkeit allgemeiner Haftungstatbestände im Konzern an. Dabei wird der Schwerpunkt des Interesses auf dem Schutz der abhängigen G m b H liegen, die sich in der Vergangenheit als besonders insolvenzgefährdet und damit „gläubigergefährlich" erwiesen hat. Im Anschluss hieran wird die Rechtslage in England behanVgl. auch hierzu Monks a.a.O. (Fn. 28). Vgl. Modern Company Law: Final Report unter 1.13 (Competitiveness and Modern Economic Needs). 3 6 Abrufbar auf der Homepage des Department of Trade and Industry unter http://www. dti.gov.uk/cid/review.htm. 37 Cheffins, Company Law - Theory, Structure and Operation, 1997, S. 441 ff.; Halbhuber, ZeuP 2 0 0 3 , 4 1 8 , 4 3 6 ; kritisch insoweit allerdings Carruthers/Villiers, E B L R 2000, 9 1 , 9 5 , gleiche Ambitionen werden teilweise allerdings auch in Frankreich mit der Société par actions simplifiée verfolgt (vgl. Guyon, Rev. Sociétés 2000, 255, 258: „Cet arrêt ( Centros), peut faire bénéficier la France d'un effet Delaware"). 3 8 In der Praxis hat das Uberseering-Urteil bereits Wirkung entfaltet. So hat die Gründung englischer Limited Companies, die ihre Tätigkeit in Deutschland entfalten wollen, erheblich zugenommen. Im Internet bietet man unter Adressen wie www.tschuessdeutschland.de bereits Komplettlösungen für Limited Gründungen zu Festpreisen an (vgl. Bücker, in FAZ vom 8.10.2003). 39 Blaurock, ZEuP 1998, 479; vgl. insoweit auch Kindler, Hauptfragen des Konzernrechts in der internationalen Diskussion Z G R 1997, 449. 34

35

8

Einleitung

delt. H i e r k ö n n e n die A u s f ü h r u n g e n allerdings nicht an den allgemeinen H a f tungstatbeständen des Kapitalgesellschaftsrechts H a l t machen. D a in England der Gläubigerschutz vor allem ü b e r das Insolvenzrecht gesucht wird, muss vielmehr ebenfalls auf diese Möglichkeiten eingegangen w e r d e n . Ein besonderes A u g e n m e r k wird dabei auf die mittlerweile auch im englischen Gesellschaftsrecht spürbar w e r d e n d e T e n d e n z gelegt, z u m i n d e s t einem herrschenden Gesellschafter besondere Treuepflichten aufzuerlegen. D e r Schutz der Minderheitsgesellschafter w i r d in beiden Teilen der Arbeit dabei n u r insoweit eine Rolle spielen, als sich hieraus ein Schutz der Gesellschaft selbst ableiten lässt bzw. eine entsprechende E r ö r t e r u n g wie im Bereich der Treuepflichten z u m richtigen Verständnis der Pflichtenlage v o n N ö t e n ist. D e r letzte Teil der A r b e i t beschäftigt sich schließlich mit der Frage, welches Recht z u r A n w e n d u n g k o m m t , w e n n M u t t e r - u n d Tochtergesellschaft verschiedenen R e c h t s o r d n u n g e n angehören. Insoweit wird, w e n n auch mit unterschiedlichen B e g r ü n d u n g e n , von der ganz herrschenden M e i n u n g eine eindeutige A n t w o r t gegeben: Z u r A n w e n d u n g k o m m e n soll das Gesellschaftsstatut der abhängigen G e sellschaft, w o m i t sich natürlich die Frage anschließt, wie dieses zu b e s t i m m e n ist. D e r hierüber seit J a h r z e h n t e n geführte Streit hat d u r c h das bereits e r w ä h n t e Urteil in Sachen Uberseering v o m 5.11.2002 40 n u n m e h r eine entscheidende W e n d u n g erfahren. Die bislang in D e u t s c h l a n d v o r h e r r s c h e n d e Sitztheorie wird vor d e m H i n t e r g r u n d dieser E n t s c h e i d u n g in bisheriger F o r m keinen Bestand h a b e n k ö n n e n . D i e A u s w i r k u n g e n , die dieses Urteil auf das Gesellschaftsrecht in E u r o p a z u k ü n f tig haben w i r d , lassen sich bislang allenfalls erahnen.

40

ZIP 2002, 2037.

Kapitel I:

Die gesetzlichen Regelungen zur Haftung im Uber- Unterordnungskonzern im deutschen Kapitalgesellschaftsrecht § 1: Die Entscheidung zur Normierung eines eigenständigen Konzernrechts im deutschen Aktienrecht Vorrangiges Anliegen jeden modernen Gesellschaftsrechts sind der Gläubigerund Minderheitenschutz 1 . Minderheitsgesellschafter müssen allgemein vor unfairer Benachteiligung, Gläubiger vor ungerechtfertigten finanziellen Gefahren geschützt werden. Außer Streit steht, dass in abhängigen Gesellschaften die Gefahren für die Außenseiter besonders hoch einzuschätzen sind. Die besondere Konzerngefahr ist damit zu begründen, dass der bei einer selbständigen Gesellschaft in der Regel vorhandene Gleichlauf der Interessen der Gesellschaft, ihrer Gesellschafter und der Gesellschaftsgläubiger an einer erfolgreichen Unternehmenstätigkeit in einer abhängigen Gesellschaft nicht mehr ohne weiteres vorausgesetzt werden kann 2 . Zwar hat jeder Mehrheitsgesellschafter die Möglichkeit einer dominierenden Kontroll- und Einflussmacht. Ein Gesellschafter, der nur über die Beteiligung an einer Gesellschaft verfügt, legt aber regelmäßig Wert darauf, dass diese Gesellschaft gewinnbezogen geleitet wird. In einem Unternehmensverbund wird die Frage der Gewinnmaximierung indes nicht mehr isoliert in Bezug auf einzelne Gesellschaften betrachtet, sondern im Gesamtgefüge aller am Unternehmensverbund Beteiligten. Dies kann es als durchaus vorteilhaft erscheinen lassen, die Interessen einer Tochtergesellschaft im Interesse des Gesamtkonzerns zurückzustellen 3 . Aus diesem Grund wurde in Deutschland als erster Rechtsordnung der Welt mit der Aktienrechtsnovelle aus dem Jahre 1965 das Recht der verbundenen U n ternehmen verbundspezifischen Sonderregelungen unterstellt ( § § 1 5 ff., 291 ff. AktG), da man das Gesellschaftsrecht als solches nicht für ausreichend hielt, die Außenseiter jedenfalls einer abhängigen Aktiengesellschaft bzw. Kommanditgesellschaft auf Aktien angemessen gegen die besonderen Konzerngefahren zu 1 Vgl. statt aller nur die Stellungnahme der Group of German Experts on Corporate Law zum Konsultationsdokument der High Level Group of Experts on Corporate Law, abgedruckt in ZIP 2002, 1310. 2 B G H v. 16.9.1985 = B G H Z 95, 330, 334 (Autokran)-, B G H v. 29.3.1993 = B G H Z 122, 123 (TBB). 3 Vgl. auch B G H v. 19.9.1994 = A G 1995, 35, 36.

10

Kapitel I: Die gesetzlichen Regelungen zur Haftung

schützen 4 . Historisch betrachtet ist dies vor dem Hintergrund zu verstehen, dass im deutschen Gesellschaftsrecht der Minderheitenschutz zunächst nur wenig ausgebildet war, weshalb man die erkannten verbundspezifischen Gefahren als A n satzpunkt für eine Verbesserung der als schutzwürdig erachteten

Positionen

nahm 5 . Mit der so begründeten Zäsur zwischen privaten Mehrheitsgesellschaftern und herrschenden Unternehmen wurde eine grundlegende Entscheidung zugunsten eines eigenständigen Konzernrechts getroffen 6 .

I. Der Konzernbegriff

im deutschen

Gesellschaftsrecht

N a c h der Definition des § 18 Abs. 1 S. 1 A k t G liegt ein K o n z e r n vor, wenn „ein herrschendes und ein oder mehrere abhängige Unternehmen unter der einheitlichen Leitung des herrschenden Unternehmens zusammengefasst" sind. Was unter dem konzernspezifischen Merkmal der „einheitlichen Leitung" zu verstehen ist, wurde v o m Gesetzgeber allerdings offen gelassen 7 . Dementsprechend finden sich hierzu im Schrifttum auch unterschiedliche Ansätze 8 . Umstritten ist schon, ob der Unterscheidung zwischen einheitlicher Leitung und Zusammenfassung in § 18 Abs. 1 A k t G eine besondere Bedeutung z u k o m m t 9 . Uberwiegend wird dies verneint, da durch die einheitliche Leitung die Zusammenfassung der verbundenen Unternehmen bereits gewährleistet ist 1 0 . Teilweise wird aber auch das Zusammentreffen rechtlicher und wirtschaftlicher Kriterien durch die Verbindung von „einheitlicher Leitung" einerseits und „Zusammenfassung" andererseits betont. So könne der Begriff der Leitung auf die grundlegenden Leitungsfunktionen im A k tien- oder G m b H - Unternehmen aus rechtlicher Sicht bezogen werden. Das Merkmal der Zusammenfassung charakterisiere indes eher den wirtschaftlichen Prozess der Verbindung mehrerer Unternehmen zu einer Konzerneinheit 1 1 . D i e Anlehnung an eine wirtschaftliche Betrachtungsweise eröffne methodisch die Möglichkeit, den konzernrechtlichen Leitungsbegriff aus den Leitungsstrukturen

4 Ausführlich Dettling, Die Entstehungsgeschichte des Konzernrechts im Aktiengesetz von 1965 (1997), S. 213 ff. 5 Wiedemann, Die Unternehmensgruppe im Privatrecht (1988), S. 39. 6 Emmerich/Sonnenschein/Habersack, 7. Aufl. § 1 II 4. 7 Die an die einheitliche Leitung zu stellenden Anforderungen gesetzlich festzulegen, erschien ihm angesichts der vielfältigen Formen, die die Wirtschaft für die Konzernleitung bereits damals herausgebildet hatte, nicht möglich (Regierungsbegründung, abgedruckt bei Kropff S. 33). 8 Hüffer, AktG § 18 Rn. 8 ff.; Koppensteiner, in KK, § 18 Rn. 12 ff. 9 Koppensteiner, in KK § 18 Rn. 3. 10 Emmerich/Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht § 4 III 1 d); Emmerieb, in Emmerich/ Habersack § 18 Rn. 15; Koppensteiner, in KK § 18 Rn. 3. 11 Abeltshauser, Leitungshaftung (1998,), S. 41; zum engen Zusammenhang zwischen gesetzlicher Definition und wirtschaftlicher Konzernwirklichkeit vgl. auch die Regierungsbegründung abgedruckt bei Kropff S. 33.

§ 1: Die Entscheidung

zur Normierung

eines eigenständigen

Konzernrechts

11

und Leitungsfunktionen eines Einheitsunternehmens zu entwickeln und zu konkretisieren12. Auch nach der herrschenden Auffassung wird allerdings das, was einheitliche Leitung ausmacht, aus der Eigenart des Konzerns als wirtschaftlicher Einheit heraus bestimmt13. Ausgehend von diesem Vorverständnis des Konzerns als wirtschaftliche Einheit wird von ihr ein enger Konzernbegriff vertreten. Ein Konzern liegt danach nur vor, wenn die Konzernspitze für die zentralen unternehmerischen Bereiche eine einheitliche Planung aufstellt und bei den Konzerngliedern durchsetzt. Insbesondere eine Koordination des Finanzbereichs wird dabei für unverzichtbar gehalten14. Von den Vertretern eines weiten Konzernbegriffs wird es demgegenüber für ausreichend gehalten, wenn sich die Leitungstätigkeit auf andere zentrale Bereiche des unternehmerischen Handelns beschränkt15. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist eine deutliche Linie insoweit bislang nicht zu erkennen16. Auch in der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 18 AktG 1 7 wird lediglich festgestellt, dass die einheitliche Leitung sich nicht auf „alle irgendwie wesentlichen Bereiche der unternehmerischen Tätigkeit" beziehen muss. Als Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung sei es vielmehr bereits anzusehen, „wenn die Konzernleitung die Geschäftspolitik der Konzerngesellschaften und sonstige grundsätzliche Fragen ihrer Geschäftsführung aufeinander abstimmt". Diese Abstimmung kann sich „auch in der lockeren Form gemeinsamer Beratungen vollziehen oder aus einer personellen Verflechtung der Verwaltungen ergeben." Angesichts der „Diffusität und Unbestimmtheit" des Begriffs der einheitliche Leitung hob Zöllner daher auch hervor, bei der Konzernvermutung des § 18 Abs. 1 S. 3 AktG handele es sich nicht um eine Vermutung im engeren Sinne, sondern um „eine in ein irreführendes gesetzliches Gewand gekleidete Rechtsfolgenerstrekkung, nämlich zur Erstreckung der Konzernfolge auf solche Tatbestände, in denen ein Konzern im eindeutigen Sinne gar nicht vorliegt, sondern entweder nur ein vermuteter ohne die Möglichkeit der Widerlegung der Vermutung oder eines jener unzähligen Gebilde aus der breiten Grauzone der Unternehmensgruppen, in denen gewisse Koordinierungen der Unternehmensziele erfolgen, aber rechtlich eindeutig als einheitliche Leitung zu qualifizierende Verhaltensweisen nicht positiv Abeltshauser, Leitungshaftung (1998), S. 41. Vgl. auch Koppensteiner, in K K § 18 Rn. 15 m.w.N. 14 Koppensteiner; in KK § 18 Rn. 20; Hüffer, AktG § 18 Rn. 9 m.w.N.; vgl. auch Raiser, Kapitalgesellschaftsrecht, 3. Aufl. § 51 Rn. 40. 15 Hiernach wird es als genügend angesehen, dass die einheitliche Leitung bei anderen unternehmerischen Grundfunktion (Beschaffung, Produktion, Absatz, Organisation) oder bei der Personalpolitik erfolgt (vgl. Emmerich/Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht § 4 III 1 m.w.N.). 16 Emmerich/Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht § 4 III 1 b m.w.N., die allerdings zumindest eine Tendenz der Rechtsprechung hin zu einem weiten Konzernbegriff, wenigstens für den Bereich der Konzernmitbestimmung (vgl. etwa BayOblG München Beschl. v. 24.3. 1998 = AG 1998, 523, 524), konstatieren. 17 Abgedruckt bei Kropff S. 33. 12

13

Kapitel

12

I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

konstatierbar sind" 1 8 . Gerade diese Weite der Vermutungsregelung in § 18 Abs. 1 S. 3 A k t G für den Fall der Abhängigkeit legt es aber nahe, auch den Konzernbegriff weit zu verstehen 19 . Letztendlich handelt es sich bei der hier geführten Diskussion aber wohl auch eher um eine „unterschiedliche Akzentsetzung als um einen echten Gegensatz" 2 0 . Im Zweifelsfall muss jeweils das konkrete Gesamterscheinungsbild der Unternehmensgruppe darüber entscheiden, ob eine einheitliche Leitung oder nur eine partielle Zusammenarbeit vorliegt 2 1 .

II. Der Grundsatz der alleinigen Haftung der

Konzernmitglieder

Auch der Tatbestand eines Konzerns ändert freilich noch nichts an dem Grundsatz der eigenen und ausschließlichen Haftung jeder so verbundenen Gesellschaft für die von ihr eingegangenen Verbindlichkeiten. Will man ein Konzernunternehmen für die Verbindlichkeiten eines anderen heranziehen, bedarf es einer besonderen Begründung 2 2 . Auf der Grundlage einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung, sei es eines Schuldbeitritts, einer Garantieübernahme, einer Bürgschaft oder einer Patronatserklärung ist die Begründung einer Haftung natürlich jederzeit möglich 2 3 . Im Einzelfall kommt sicher auch eine Haftung der herrschenden Gesellschaft aufgrund eines eigenen Verschuldens bei Vertragsschluss 24 oder auf der Grundlage besonderer Haftungstatbestände im Bereich der Produkt- oder U m welthaftung in Betracht 2 5 . Indes erzielt man hiermit nur eine Haftung in Ausnahmefällen 26 . D e r deutsche Gesetzgeber hat daher ein besonderes Schutzsystem für

Zöllner, in Referat 59 D J T R 35, 37. Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 4 III 1 c), die überdies darauf hinweisen, dass hierfür auch die Überlegung spricht, dass auf diesem Wege den wenigen Vorschriften, die an das Vorliegen eines Konzerns Rechtsfolgen knüpfen (insb. §§ 290 ff. H G B ) , ein möglichst weiter Anwendungsbereich gesichert wird. 2 0 Vgl. Emmerich/Habersack, § 18 Rn. 10. 21 Raiser, Kapitalgesellschaftsrecht § 51 Rn. 40. 22 Emmerich/Sonnenschein/Habersack, 7. Aufl.; § 20 IV 1 m.w.N. 2 3 Insbesondere mit der Patronatserklärung hat man in der Kautelarpraxis ein an die spezifischen Bedürfnisse verbundener Unternehmen angepasstes eigenständiges und flexibles Sicherungsinstrumentarium entwickelt. 2 4 Vgl. hierzu noch unten S. 440 ff. 2 5 Vgl. hierzu etwa Oehler, ZIP 1990,1445,1450 ff.; Ossenbühl, Umweltgefährdungshaftung im Konzern (1999), S. 31 ff.; K. Schmidt, in Umweltschutz im Unternehmen, Umwelt- und Technikrecht Bd. 26 S. 69, 80 ff.; H. P. Westermann, Z H R 155 (1991), 223; auch im Ausland ist die Begründung einer Inanspruchnahme der Muttergesellschaft gerade in diesem Bereich GeEnvironmental Regenstand besonderer Regelung vgl. etwa für die USA den Comprehensive sponse Compensation and Liability Act ( C E R C L A ) 42 U.S. C. §§ 9601-75 (1994). 2 6 Vorschläge zur Begründung einer grundsätzlichen Garantiehaftung der Muttergesellschaft für die Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaft, wie sie etwa im französischen Schrifttum im Hinblick auf die Machtposition der herrschenden Gesellschaft gemacht wurden (vgl. hierzu D. Schmidt, Z G R 1982, 276, 287 f.), wurden auch dort allgemein abgelehnt (Hannoun, Bull Joly 1991, 483, M. Wolf, Konzernhaftung (1995), S. 84 m.w.N.) und kommen auch für das deutsche Recht nicht in Betracht. 18

19

§ 2: Die Haftung

im Vertragskonzern

13

den Bereich der verbundenen Unternehmen begründet, wobei im Grundsatz zwei Arten von Konzernen unterschieden werden: der Unterordnungskonzern und der Gleichordnungskonzern. Der Schwerpunkt der Regelung wurde dabei schon im Hinblick auf die Bedeutung in der Praxis deutlich auf den Unterordnungskonzern gelegt, auf den auch hier zunächst einzugehen sein wird. Entsprechend der gesetzlichen Systematik ist dabei zunächst die Haftung im Vertragskonzern näher zu beleuchten.

§ 2: Die Haftung im Vertragskonzern I. Überblick über die gesetzliche Regelung des

Vertragskonzerns

Durch den Abschluss eines Beherrschungsvertrages wird im Aktiengesellschaftsrecht ein gesetzliches Regelungsgefüge in Gang gesetzt, das dem herrschenden Unternehmen mit der Befreiung von den Kapitalerhaltungsvorschriften ( § 2 9 1 Abs. 3 A k t G ) und der Konstituierung eines umfassenden Weisungsrechts (§ 308 Abs. 1 A k t G ) wesentliche Vorteile bringt. Die abhängige Gesellschaft wirtschaftet nach Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags im Interesse des herrschenden Unternehmens 2 7 . Im Gegenzug hierzu hat der Gesetzgeber umfangreiche Schutzmechanismen vorgesehen. Neben den Regelungen zum Schutz des Anfangsvermögens der abhängigen Gesellschaft (§§ 300 bis 303 A k t G ) wurden Vorschriften zum Schutz des Vermögens der außenstehenden Aktionäre (§§ 304 bis 307 A k t G ) sowie Normen über den Umfang des Weisungsrechts und die besondere Haftung der gesetzlichen Vertreter ( § § 3 0 8 bis 310 A k t G ) geschaffen. Für die im Rahmen dieser Arbeit zu erörternde Frage der Haftung des herrschenden gegenüber den von ihm abhängigen Unternehmen steht der in § 302 A k t G niedergelegte und im Nachfolgenden zu behandelnde Verlustausgleichsanspruch natürlich im Mittelpunkt des Interesses.

II. Die Verlustausgleichspflicht Nach Abschluss eines Beherrschung- und Gewinnabführungsvertrages ist die herrschende Gesellschaft verpflichtet, die Verluste der abhängigen Gesellschaft auszugleichen (§ 302 A k t G ) und nach seiner Beendigung den Gläubigern der abhängigen Gesellschaft Sicherheit zu leisten (§ 303 A k t G ) 2 8 . Der hinter der BegrünAltmeppen, in M K zum A k t G § 302 Rn. 10. Jedenfalls für den Fall, dass kein Insolvenzverfahren durchgeführt werden kann, wird auch ein unmittelbarer Zahlungsanspruch gegen das herrschende Unternehmen zu Recht bejaht (vgl. nur Emmerich/Sonnenschein/Habersack, 7. Aufl. § 20 IV 5; Koppensteiner; in K K , 2. Aufl. § 303 Rn. 15; Hüffer, A k t G § 303 Rn. 7 m.w.N.; grds. für einen unmittelbaren Anspruch auf Befriedigung im Insolvenzfall Altmeppen, Die Haftung des Managers im Konzern (1998), S. 25 f., da in diesem Fall jedenfalls der Sicherungsfall eingetreten sei; für den qualifiziert faktischen 17

28

14

Kapitel I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

dung dieser Vorschriften stehende Grundgedanke des Gesetzgebers wird in der Literatur indes nicht einheitlich beurteilt. Die Frage nach der Regelungsintention des Gesetzgebers und dem Normzweck der Verlustausgleichspflicht mag nach Abschluss eines Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrages von nachgeordneter Bedeutung sein. Entscheidende Bedeutung kommt ihr aber zu, wenn es um die Möglichkeit einer analogen Anwendung dieses Regelungskomplexes geht. Diese Frage hat auch nach Aufgabe der Rechtsprechung zum qualifiziert faktischen Konzern 2 9 nichts an ihrer Brisanz eingebüßt 30 und kann daher auch hier nicht unerörtert bleiben.

1) Die dogmatische

Einordnung

der Verpflichtung

a) Der Streit um den Schwerpunkt der gesetzgeberischen Begründung einer Verlustausgleichspflicht

zum

Verlustausgleich

Intention für die

Vielfach sieht man den maßgeblichen Regelungszweck des § 302 A k t G darin, die durch § 291 Abs. 3 A k t G angeordnete weitgehende Lockerung der Vermögensbindung zu kompensieren 3 1 . Andere heben im Anschluss an die Begründung zum Regierungsentwurf hervor 32 , dass in der Verlustausgleichspflicht vor allem ein Korrelat für die Strukturänderung der Gesellschaft zu sehen ist, die nach Abschluss eines Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrages im Interesse des herrschenden Unternehmens wirtschaftet 3 3 . Wer aufgrund eines Gewinnabführungsvertrages das Ergebnis der abhängigen Gesellschaft erhalte oder aufgrund eines Beherrschungsvertrages in der Lage sei, sich die abhängige Gesellschaft insgesamt dienstbar zu machen, der habe das Verlustrisiko zu tragen, da auch nur er die Chancen

Konzern bei Zahlungsunfähigkeit der abhängigen Gesellschaft vgl. auch B G H v. 16.9.1985 = B G H Z 95, 330 347; B G H v. 19.9.1988 = B G H Z 105, 168, 183; B G H v. 23.09.1991 = B G H Z 115,187, 200; B G H v. 11.11.1991 = B G H Z 116, 37, 42. 29 Vgl. hierzu unten S. 344. 30 Vgl. auch hierzu unten S. 380 ff. 31 B G H v. 14.12.1987 = B G H Z 103, 1, 10; B G H v. 20.2.1989 = B G H Z 107, 7, 18; B G H v. 23.09.1991 = B G H Z 115, 187, 197; Assmann, JZ 1986, 123, 126; Ensthaler/Kreher, BB 1995, 1422, 1424; Hüffer, A k t G §302 Rn.3; Emmerich/Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht §20 V 1 a); Kleindiek, Strukturvielfalt (1991), S. 141 ff.; Stimpel, in FS f. Goerdeler S. 601, 614 ff., 620; ders. Z G R 1991, 144, 151 ff.; Ulmer, N J W 1986, 1579, 1584; Wonnemann, BB 1990, 217, 220; zu der Gesetzeslage vor 1965 vgl. bereits Mestmäcker, Verwaltung, Konzerngewalt und Rechte der Aktionäre (1958) S. 335, der die Pflicht eines herrschenden Unternehmens, einen bilanzmäßigen Verlust der beherrschten Gesellschaft zu übernehmen, für eine unabweisbare Notwendigkeit hielt, wenn man den Grundsatz der Kapitalerhaltung nicht nur formell, sondern seinem materiellen Gehalt nach auf eingegliederte Gesellschaften anwenden wolle. 32 Vgl. die Regierungsbegründung abgedruckt bei Kropff S. 391: „Wer die Geschicke der Gesellschaft bestimmen kann, muss auch für ihre Verluste einstehen." 33 B G H v. 11.11.1991 = B G H Z 116,37,41 f.; („Stromlieferung"); Altmeppen, DB 1999,2453; Drüke, Haftung der Muttergesellschaft (1990), S. 175 ff.; Hommelhoff, in FS für Goerdeler S. 221, 226 ff.; Koppensteiner, in KK § 302 Rn. 4; ders., in Probleme des Konzernrechts S. 87 f.; 94 ff.; Limmer, Haftungsverfassung (1992), S. 295 ff.; W. Müller, in FS für Rowedder S.277 (279); Wilhelm, Beendigung (1976), S. 51 f.

5 2: Die Haftung

im

Vertragskonzern

15

wahrnehmen könne bzw. in der Lage sei, die Risiken zu beherrschen 34 . Teilweise wird dabei der Ubergang der Leitungsmacht auf das herrschende Unternehmen und damit die Außerkraftsetzung des § 76 AktG als das Entscheidende auch besonders betont 35 . Das maßgebliche Element des Beherrschungsvertrags ist hiernach in der Einräumung des Weisungsrechts zu sehen, wohingegen die Veränderung des Leitungsmaßstabes nur Folge der Übertragung der Leitungsmacht sei 36 . Der Gesetzgeber habe in dieser Regelung das Prinzip „Herrschaft = Haftung" niedergelegt, weshalb es geradezu „erstaunlich" sei, dass dem Entscheidungsmaßstab teilweise so weitgehende Bedeutung zuerkannt werde 3 7 .

b)

Stellungnahme

Durch den Verlustausgleich werden nicht nur die Kapitalerhaltungsgrundsätze „auf die Muttergesellschaft verlängert" 3 8 . Zwar kann die Außerkraftsetzung der Kapitalerhaltungsvorschriften 3 9 als ein Motiv zur Begründung einer Verlustausgleichspflicht angesehen werden, der Normzweck der Regelung geht aber hierüber hinaus 40 . So löst die mit Abschluss eines Beherrschungsvertrages vorgenommene Umstrukturierung der abhängigen Gesellschaft, die fortan als eine im Dienst des herrschenden Unternehmens stehende anzusehen ist, den Verlustausgleichsanspruch aus, ohne dass es darauf ankommt, ob der Vertrag auch tatsächlich praktiziert wird 4 1 . Der Verlust ist auch dann zu übernehmen, wenn er rein externe Ursachen hat und nicht auf Eingriffe der herrschenden Gesellschaft zurückgeführt werden kann 42 . Insbesondere gibt es Beherrschungsverträge, bei denen eine Einschränkung des Kapitalschutzes schon deshalb nicht zur Debatte steht, weil die Möglichkeit nachteiliger Weisungen ausgeschlossen wurde 4 3 . Das herrschende Unternehmen muss auch nicht Gesellschafterin der abhängigen Gesell34 Koppensteiner, in: Probleme des Konzernrechts, S. 87, 96; ders. in KK § 302 Rn. 4 m.w.N.; ähnlich Michalski/Zeidler, NJW 1996, 224. 35 Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 338 f. 36 Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 429. 37 Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 339 f., wobei der Verfasser allerdings auch hervorhebt, dass dieses Prinzip im übrigen Gesellschaftsrecht abgelehnt wurde, weshalb er auch eine Analogie dieser Vorschriften bei anderen Gesellschaftsformen für „höchst problematisch" hält (a.a.O. S. 350). 38 K. Schmidt, in Heidelberger Konzernrechtstage S. 109, 116. 39 So wurde in der Regierungsbegründung ausdrücklich betont, dass die Regelung des § 291 Abs. 3 AktG eingeführt wurde, um Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge mit einem Aktionär nicht an den Kapitalerhaltungsregeln der §§ 57, 58 und 60 AktG scheitern zu lassen (Regierungsbegründung abgedruckt bei Kropff S. 378; hierauf weist insb. auch Altmeppen, in MK zum AktG § 302 Rn. 9 hin). 40 Für einen doppelten Zweck daher auch Hommelhoff, in FS Goerdeler S. 229 ff.; Kort, Der Abschluss von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen (1986), S. 146. 41 Altmeppen, DB 1999, S. 2453 i.V.m. Fn. 7. 42 Regierungsbegründung abgedruckt beiKropffS. 391; BGH v. 11.11.1991 =BGHZ 116,37, 41; Altmeppen, in MK zum AktG §302 Rn.9; Emmerich/Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht, 7. Aufl. § 20 IV 3; H ü f f e r , AktG § 302 Rn. 11; Koppensteiner, in KK § 302 Rn. 9; Krieger, in Münchner Hdb. GesR Band 4 § 70 Rn. 55. 43 Vgl. Koppensteiner, in KK § 302 Rn. 4.

16

Kapitel I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

schaft sein, u m der Verlustausgleichspflicht zu unterliegen 4 4 . Mag diese Konstellation in der Praxis auch so gut wie nicht vorkommen, so ist sie nach der gesetzgeberischen Konzeption doch ohne weiteres möglich und kann damit bei der dogmatischen Begründung nicht als irrelevant außer Acht gelassen werden. Damit kann der G r u n d der N o r m aber auch nicht maßgeblich in der Außerkraftsetzung der Kapitalerhaltungsregeln gesehen werden. Auch die Einräumung eines umfassenden Weisungsrechts spielt f ü r die Begründung der Verlustausgleichspflicht im Beherrschungsvertrag nur eine untergeordnete Rolle 45 . Natürlich liegt kein Beherrschungsvertrag vor, wenn die Leitung nicht im Sinne des § 291 Abs. 1 S. 1 A k t G einem anderen U n t e r n e h m e n unterstellt wurde 4 6 . Die Betonung liegt hier aber auf der Unterstellung. Die Weisungsbefugnis stellt „nur ein Mittel der Unterstellung" dar 4 7 . Durch den Beherrschungsvertrag wird das Eigeninteresse der Gesellschaft durch das Konzerninteresse überlagert. Eine Leitungsmacht, die nur zum Vorteil der abhängigen Gesellschaft eingesetzt werden dürfte, könnte eine Verlustausgleichspflicht nicht rechtfertigen. Die Weisungsmöglichkeit dient nur der Absicherung der durch den Beherrschungsvertrag vollzogenen Interessenausrichtung. Letztere ist nicht deren - wenn auch unwiderleglich vermutete - Folge. Zwar wird in der Regierungsbegründung schlicht festgestellt, dass, „wer die Geschicke der Gesellschaft bestimmen kann oder ihren ganzen Gewinn erhält, ... auch f ü r Verluste einstehen (muss)" 4 8 . Aus dem Regelungssystem der §§ 291 ff. A k t G ergibt sich aber deutlich, dass der Gesetzgeber dabei von einer Leitung im Konzerninteresse u n d nicht im Interesse der abhängigen Gesellschaft ausgegangen ist 49 . Die Maßgeblichkeit der Interessenausrichtung für die Begründung der Verlustausgleichspflicht wird auch dadurch bestätigt, dass nicht nur das Recht zu nachteiligen Weisungen abbedungen (§ 308 Abs. 1 S. 2 AktG), sondern grundsätzlich das Recht zur Weisungserteilung vertraglich beschränkt 5 0 , wenn nicht gar ausge-

44

Vgl. auch Joost, in Heidelberger Konzernrechtstage S. 133, 140. A.A. Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 350 ff. 46 Dabei genügt es aber, wenn das herrschende Unternehmen in der Lage ist, eine auf das Gesamtinteresse der verbundenen Unternehmen ausgerichtete Zielkonzeption zu entwickeln und durchzusetzen (.Altmeppen, in MK zum A k t G §291 Rn. 86; Hüffer, A k t G §291 Rn. 10; Krieger, in Münchner H d b . GesR, Band 4 § 70 Rn. 5 jeweils m.w.N.; enger Koppensteiner, in KK § 291 Rn. 29, 34, der eine Unterstellung aller Leitungsfunktionen verlangt). 47 Altmeppen, in MK zum A k t G § 291 Rn. 54. 48 Regierungsbegründung, abgedruckt bei Kropff, A k t G 1965 S. 391. 49 Vgl. hierzu auch die Regierungsbegründung, abgedruckt bei Kropff, A k t G 1965 S. 374: „Nur der Beherrschungsvertrag gibt nach dem Entwurf dem herrschenden Unternehmen das Recht, die abhängige Gesellschaft unter seine Leitung zu stellen und sie bei dieser Leitung auch zu für sie nachteiligen Maßnahmen anzuweisen", wobei der Einbruch in die Struktur der Aktiengesellschaft allerdings nur zur Verfolgung der Belange des herrschenden Unternehmens oder der mit ihm und der Gesellschaft konzernverbundenen Unternehmen vollzogen werden darf (§308 A k t G und hierzu die Regierungsbegründung abgedruckt bei Kropff, A k t G 1965 S. 403). 50 Hüffer, A k t G § 308 Rn. 13. 45

§ 2: Die Haftung

im

Vertragskonzern

17

schlössen w e r d e n kann51, o h n e dass dies etwas an der Ausgleichspflicht ändert52. D i e h i e r n i e d e r g e l e g t e n R e g e l u n g e n k ö n n e n d a m i t a b e r a u c h n i c h t als A u s d r u c k eines - nicht existierenden53 - P r i n z i p s , dass H e r r s c h a f t die H a f t u n g des H e r r s c h e n d e n b e g r ü n d e t , reduziert w e r d e n 5 4 , m a g dieses in der Vorstellung des historischen Gesetzgebers auch noch einen gewissen R a u m e i n g e n o m m e n haben. H e r r s c h a f t s m a c h t o h n e d a s R e c h t z u r ( n a c h t e i l i g e n ) W e i s u n g s e r t e i l u n g b e s t e h t a u c h in e i n e m f a k t i s c h e n K o n z e r n . Dies m a c h t aber deutlich, dass t r a g e n d e r G r u n d f ü r die Regelung einer Verlustausgleichspflicht beim Beherrschungsvertrag n u r die nach s e i n e m A b s c h l u s s g e ä n d e r t e I n t e r e s s e n a u s r i c h t u n g sein k a n n . c) Die

Verlustausgleichspflicht

als Ausdruck

einer

negotiorum

gestio?

B l e i b t z u k l ä r e n , o b d i e R e g e l u n g i n § 3 0 2 A k t G , w i e d i e s h ä u f i g v e r t r e t e n w i r d , als W e i t e r e n t w i c k l u n g d e s a u f t r a g s r e c h t l i c h e n P r i n z i p s z u v e r s t e h e n ist, n a c h d e m jede G e s c h ä f t s b e s o r g u n g im Fremdinteresse f ü r den Geschäftsbesorger

ohne

N a c h t e i l a u s g e h e n m u s s 5 5 . Z u z u g e b e n ist d i e s e r A n s i c h t , d a s s d i e V e r l u s t a u s gleichspflicht, lange b e v o r der G e s e t z g e b e r die M ö g l i c h k e i t z u m A b s c h l u s s eines 51 O b das Weisungsrecht gänzlich abbedungen werden kann, ist umstritten; die h.M. (vgl. etwa Hüffer, AktG § 291 Rn. 11, Koppensteiner, in KK § 291 Rn. 13; Krieger, in Münchner H d b . GesR, Band 4 § 70 Rn. 6) hält das Recht zur Weisungsbefugnis für unverzichtbar, da sonst das Regelungssystem des Vertragskonzerns und des faktischen Konzerns mangels nachvollziehbaren Inhalts des Begriffs Beherrschungsvertrages die tatbestandliche Abgrenzung verlieren würde. Wie soeben dargestellt, liegt der maßgebliche Inhalt des Beherrschungsvertrages aber in der Interessenausrichtung auf die Belange des herrschenden Unternehmens. Wollen die Parteien eine solche Zusammenarbeit begründen, ohne dass gegenseitige Leistungen u.U. als Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften geahndet werden, ist kein Grund ersichtlich, warum ihre Vertragsfreiheit dabei eingeschränkt und ihnen die Abbedingung des Weisungsrechts verboten werden sollte (Altmeppen, in MK zum A k t G § 291 Rn. 94 ff.). Ein herrschendes Unternehmen wird einen solchen Vertrag ohnehin nur abschließen, wenn es sicher ist, auch ohne verbindliche Weisungen seine Interessen in der abhängigen Gesellschaft durchsetzen zu können. 52 Nach Bitter (Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 341) passt sich dies indes sogar nahtlos in seine Vorstellung ein, da der Gesetzgeber davon ausgegangen sei, Einschränkungen der Eingriffsrechte des herrschenden Unternehmens könnten nichts an der Regelaussage ändern, dass eine Führung der abhängigen Gesellschaft allein in deren Eigeninteresse im Falle der Leitung durch das herrschende Unternehmen nicht mehr möglich ist. Indes vermutet das Gesetz auch für den Fall der einfachen Abhängigkeit von einem anderen Unternehmen, dass das abhängige und das herrschende Unternehmen einen Konzern bilden und das abhängige Unternehmen somit unter der Leitung des herrschenden steht (§18 Abs. 1 AktG). Auch dies zeigt, dass allein der Fakt der Leitung nicht das Entscheidende für die Begründung einer Verlustausgleichspflicht sein kann. Maßgeblich ist die vertragliche Unterstellung unter das Konzerninteresse und die damit einhergehende Zweckänderung. 53 So die heute ganz h.M. vgl. nur Lutter, Z G R 1982, 245, 266; ders., in Heidelberger Konzernrechtstage S. 183, 195; Priester, in FS Semler S.561, 573 f.; Ulmer, A G 1986, 123, 126; vgl. auch Kleindiek, Strukturvielfalt (1991), S. 111, 137 m.w.N. 54 So aber Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 350. 55 Altmeppen, in MK zum AktG §302 Rn. 12, ders., Abschied vom qualifiziert faktischen Konzern (1991), S. 74 ff., 93, 121; K. Schmidt, Z H R 155 (1991), 417, 429;/. Wilhelm, D B 1986, 2113, 2116; auch Emmerich/Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht, 7. Aufl. § 11 III 3 und Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 448 weisen auf die „unverkennbare Verwandtschaft" mit Geschäftsbesorgungsverträgen hin.

18

Kapitel

I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages normierte, als Folge eines Organschaftsvertrages bereits bekannt war, der zum Zwecke der Bildung einer steuerlichen Organschaft abgeschlossen wurde 5 6 und eine finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung voraussetzte 57 . In der Praxis wurde hierfür eine Kombination von Gewinnabführungs- und Betriebsführungsvertrag oder ein reiner Betriebsführungsvertrag geschlossen 58 . Durch den Organschaftsvertrag verpflichtete sich eine Organgesellschaft nach außen im eigenen Namen aufzutreten, aber im Innenverhältnis zum Organträger ausschließlich nach dessen Weisungen und für dessen Rechnung zu handeln 59 . In Ermanglung einer speziellen Regelung im Aktienrecht vor Inkrafttreten des Aktiengesetzes von 196 5 6 0 wurde die Verlustübernahmepflicht des Organträgers aus allgemeinen Regelungsgrundsätzen des Schuldrechts abgeleitet. Der Organvertrag wurde weitgehend je nach Ausgestaltung als Geschäftsbesorgungsvertrag mit Dienstleistungscharakter bzw. als Auftrag mit Elementen des Kommissionsgeschäfts verstanden 61 . Damit wurde der Organträger gemäß §§ 669, 670 B G B ggf. i.V.m. § 675 B G B als verpflichtet angesehen, alle Mittel zur Verfügung zu stellen, die zur Durchführung dieser Aufgaben benötigt wurden, was die Pflicht zur Deckung etwaiger Verluste einschloss 62 . Durch das Aktiengesetz von 1965 wurde die einheitliche Organschaft in zwei Unternehmensverträge, den Beherrschungsvertrag einerseits und den Gewinnabführungsvertrag anderseits, geteilt 63 . Dabei wurde auch in der Regierungsbegründung darauf hingewiesen, dass die Verlustausgleichspflicht insoweit nicht neu sei, „als sie der Sache nach Bestandteil des sogenannten Organvertrages" ist 6 4 , weshalb auch bereits vor der Normierung des § 302 A k t G eine Pflicht zur Verlustübernahme, hergeleitet aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen, anerkannt war 6 5 . Damit ist allerdings noch nicht hinreichend dargetan, dass die dogmatischen Wurzeln der nunmehr gesetzlich normierten Verlustausgleichspflicht für den Fall des A b schlusses eines Beherrschungsvertrages nach wie vor unmittelbar im Auftragsrecht gefunden werden können 6 6 . Gegen eine unmittelbar auftragsrechtliche Einordnung spricht hier vor allem, dass durch den Abschluss eines Beherrschungsvertra5 6 Zu den neueren Entwicklungen in diesem Zusammenhang vgl. Graf Kerßenbrock, Organschaft ab 2002: Wichtiger gewordenes Instrument steuerlicher Gestaltung für Konzerne und internationale Investoren; R I W 2002, 889 ff. 5 7 Vgl. hierzu Rasch, Deutsches Konzernrecht, 2. Aufl. S. 82 ff. 58 Hueck, D B 1959, 223, 224. 59 Rasch, Deutsches Konzernrecht, 2. Aufl. S. 93 f. 6 0 In § 256 A k t G von 1937 war lediglich vorgesehen, dass die Vereinbarung einer Gewinngemeinschaft, Gewinnabführung, Betriebspacht, Betriebsüberlassung oder Betriebsführung zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung der Hauptversammlung bedurfte. 61 Rasch, Deutsches Konzernrecht, 2. Aufl. S. 85 f. 62 Rasch, Deutsches Konzernrecht, 2 Aufl. S. 85 f. 63 Hommelhoff in FS Goerdeler S. 221, 228. 6 4 Abgedruckt bei Kropff A k t G 1965 S. 376. 6 5 Abgedruckt bei Kropff, A k t G 1965 S. 390. 6 6 Im Übrigen hielt man teilweise auch vor der Novellierung des Aktienrechts das Auftragsrecht in entscheidenden Punkten der Organschaft nicht für gerecht werdend (vgl. Ballerstedt, D B 1956, 813, 815).

§ 2: Die Haftung

im

Vertragskonzern

ges, anders als d u r c h A b s c h l u s s eines O r g a n s c h a f t s v e r t r a g e s i.S.d. § 2 5 6

19 AktG

1 9 3 7 6 7 , n a c h h e u t e w e i t g e h e n d einhelliger A u f f a s s u n g materiell der Z w e c k der G e sellschaft g e ä n d e r t w i r d 6 8 . Z w a r ließ die R e g i e r u n g s b e g r ü n d u n g n o c h o f f e n , o b der B e h e r r s c h u n g s v e r t r a g einen O r g a n i s a t i o n s v e r t r a g d a r s t e l l t 6 9 . I n d e s b e s t e h t h e u t e w e i t g e h e n d E i n i g k e i t darüber, dass ein B e h e r r s c h u n g s v e r t r a g in s e i n e n W i r k u n g e n w e i t ü b e r d i e j e n i g e n eines s c h u l d r e c h t l i c h e n V e r t r a g e s h i n a u s r e i c h t u n d als O r g a n i s a t i o n s v e r t r a g z u klassifizieren i s t 7 0 . E s k o m m t zu g r u n d l e g e n d e n S t r u k t u r ä n d e r u n g e n , da n a c h d e m A b s c h l u s s des Vertrages die a b h ä n g i g e G e s e l l s c h a f t so z u sehen ist, dass sie i m D i e n s t e des h e r r s c h e n d e n U n t e r n e h m e n s steht u n d in dessen I n t e r e s s e tätig w i r d . D a m i t hat der A b s c h l u s s des B e h e r r s c h u n g s v e r t r a g e s a b e r n a c h h e r r s c h e n d e r u n d r i c h t i g e r A n s i c h t z w e c k ä n d e r n d e W i r k u n g 7 1 . D e r urs p r ü n g l i c h e G e s e l l s c h a f t s z w e c k w i r d d a h i n g e h e n d geändert, dass f o r t a n die a b hängige G e s e l l s c h a f t p r i m ä r i m K o n z e r n i n t e r e s s e tätig zu w e r d e n h a t 7 2 , w a s d u r c h § 3 0 8 A b s . 1 A k t G bestätigt w i r d 7 3 . E i g e n e G e w i n n e r z i e l u n g s a b s i c h t e n d ü r f e n da-

6 7 Vgl. hierzu Hueck, D B 1959, 223, 224, der mit der damaligen h.M. in der Organschaft auch keine Satzungsänderung sah. 68 Altmeppen, in MK zum AktG § 302 Rn. 10; Koppensteiner; in KK vor § 291 Rn. 68; MUlbert, Aktiengesellschaft (1996), S. 163; ders., in FS Lutter S. 535, 536; Wiedemann, GesR I § 3 I 3 a; für die GmbH B G H v. 14.12.1987 = B G H Z 1 0 3 , 1 , 4 f.; B G H v. 24.10.1988 = B G H Z 105,324, 337 ff.; B G H v. 30.1.1992 = ZIP 1992, 395, 397 f.; Ulmer, in Hachenburg § 53 Rn. 142; Kleindiek, ZIP 1988, 613, 616 f., 620; vgl. auch Emmerich /SonnenscheiniHabersack, §11 III; a.A. etwa Kort, Abschluss (1986), S. 60 f. 6 9 Vgl. Regierungsbegründung abgedruckt bei Kropff S. 376. 7 0 Vgl. nur Hüffen AktG §291 Rn. 17; Kleindiek, Strukturvielfalt (1991), S. 130 f.; Koppensteiner, in KK vor § 291 Rn. 68 jeweils mit umfangreichen weiteren Nachweisen. 71 Vgl. nur Koppensteiner, in KK vor § 291 Rn. 68; Zöllner, in KK § 179 Rn. 124 m.w.N.; der Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages mit einer GmbH ist nach h.M. daher auch nur bei Zustimmung aller Gesellschafter zulässig Emmerich, in Scholz KonzernR Rn. 216; Eschenbruch, Rn. 3182; Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt (1996), S. 163 ff.; Priester, in Scholz § 53 Rn. 171; Ulmer, in Hachenburg, 8. Aufl. §53 Rn. 142 ff.; Zöllner, in Baumbach/Hueck, Schlussanhang I, GmbH-Konzernrecht Rn. 39; vgl. auch Schilling, Z H R 140 (1976), 535; ders., in FS Hefermehl 383, 390; Timm, G m b H R 1987, 8, 11; a.A. etwa Lutter/Hommelhoff, 15. Aufl. Anh. § 13 Rn. 64. 72 Nach teilweiser Auffassung folgt eine Änderung des Gesellschaftszwecks auch bereits daraus, dass durch den Abschluss des Vertrages die Autonomie der Gesellschaft aufgehoben wird, die Bestandteil deren Zwecks sei (vgl. etwa Mülbert, Aktiengesellschaft (1996), S. 157, 454; Sonnenberg Die Änderung des Gesellschaftszwecks (1990) S. 55, 74). Die Konsequenz, dass die Ausübung faktischer Leitungsmacht erst nach einer Änderung des Gesellschaftszwecks durch die Hauptversammlung zulässig ist, wird allerdings nur noch vereinzelt gezogen (vgl. Sonnenberg, a.a.O. S. 119, a.A. aber Mülbert, a.a.O. S. 454). Indes ist diesem Ansatz grundsätzlich entgegen zu halten, dass die Autonomie zwar dem gesetzlichen Leitbild entspricht, nicht aber dem Gesellschaftszweck angehört. Eine Zweckänderung allein durch die Begründung einer faktischen Abhängigkeit anzunehmen, wird zu Recht als systemwidrig abgelehnt (vgl. auch Timmann, Die Durchsetzung von Konzerninteressen in der Satzung der abhängigen Aktiengesellschaft (2000), S. 48 m.w.N.); für eine Zweckänderung bedarf es grundsätzlich eines satzungsändernden Beschlusses der Hauptversammlung; dass ein solcher zur Begründung einer faktischen Abhängigkeit nicht notwendig ist, ergibt sich aber bereits aus § 17 Abs. 2 AktG. 73 Hommelhoff, Konzernleitungspflicht (1982), S. 92 ff.; Hüffer, AktG §291 Rn. 17; Kleindiek, ZIP 1988, 616 f.; Mülbert, Aktiengesellschaft (1996), S. 163; Sonnenberg, Die Änderung

20

Kapitel I: Die gesetzlichen Regelungen zur Haftung

mit nur noch verfolgt werden, wenn dies nicht im Widerspruch zu den Interessen der herrschenden Gesellschaft bzw. des Konzerns steht. Anerkannt ist dementsprechend, auch für den Fall einer fehlenden Weisung, eine Pflicht zu „konzernfreundlichem Verhalten", da auch dann der Beherrschungsvertrag und die mit ihm einhergehende Zweckänderung nicht ignoriert werden darf 7 4 . Einen unterschiedlichen Verhaltensmaßstab anzulegen, je nachdem ob eine Weisung erteilt wurde oder nicht, wäre widersprüchlich. D e r Umstand, dass ohne Vorliegen einer konkreten Weisung dem Vorstand der abhängigen Gesellschaft ein Ermessenspielraum zusteht, wie er den geänderten Gesellschaftszweck verfolgt, steht dem nicht entgegen, sondern ist dessen logische Konsequenz 7 5 . Ein Widerspruch dazu, dass die Muttergesellschaft nach § 308 A k t G konkrete Weisungen erteilen darf, wenn sie die Konzerninteressen in bestimmter Weise verfolgt haben möchte, ist hierin nicht zu erblicken 7 6 . Allerdings kann aus der Verpflichtung zum konzernfreundlichen Verhalten auch eine Pflicht resultieren, wichtige Angelegenheiten der Muttergesellschaft zu unterbreiten, so dass diese entscheiden kann, ob sie der Tochtergesellschaft eine Weisung erteilt oder nicht 7 7 . E r k e n n t man aber, dass durch die mit dem Abschluss des Beherrschungsvertrages verbundene Zweckänderung das Konzerninteresse zum Interesse der abhängigen Gesellschaft selbst wird 7 8 , passt auch das Bild einer Geschäftsbesorgung im Fremdinteresse hier nicht mehr ohne weiteres 7 9 . Die Geschäftsbesorgung fußt auf dem Gedanken der Wahrung der Interessen eines anderen unter grundsätzlicher Beibehaltung der eigenen Interessen, wohingegen der Beherrschungsvertrag zu einer Angleichung der Interessen führt. Die Verlustübernahmepflicht ist auch anders ausgestaltet und weitergehend als die Aufwendungsersatzpflicht nach A u f tragsrecht 8 0 . des Gesellschaftszwecks (1990), S.57f.; Ulmer, in Hachenburg § 53 Rn. 142; B G H v. 30.1.1992 = ZIP 1992,395,397. 74 Hüffer, AktG § 308 Rn. 20; Koppensteiner, in K K § 308 Rn. 48 f.; Martens, in FS Fischer S. 449 f.; a.A. Geßler, in Geßler/Hefermehl §308 Rn. 75 f, wobei allerdings eingeräumt wird, dass sich der Vorstand der abhängigen Gesellschaft nicht bewusst gegen den Konzern stellen darf, weshalb das herrschende Unternehmen auch in bedeutenden Fragen zu informieren und zu konsultieren sei. 75 A.A. Timmann, Die Durchsetzung von Konzerninteressen in der Satzung der abhängigen Aktiengesellschaft (2000), S. 51 auch unter Hinweis auf „praktische Schwierigkeiten" des Vorstandes bei der Ermittlung des Konzerninteresses; Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Frage, welche Entscheidung bei der Verfolgung eines Gesellschaftszwecks die richtige ist, bestehen aber grundsätzlich und sind der Stellung eines Vorstandes als Leiter einer Gesellschaft immanent; dies spricht allerdings nur dafür, ihm einen weiten Ermessenspielraum zuzubilligen. 76 A.A. Timmann, Die Durchsetzung von Konzerninteressen in der Satzung der abhängigen Aktiengesellschaft (2000), S. 61, der die Auffassung vertritt, nur bei Erteilung einer konkreten Weisung erfolge eine Ausrichtung auf die Interessen des Konzerns. 77 Hüffer, AktG, 5. Aufl. § 308 Rn. 20 m.w.N. 78 Vgl. zum Zusammenhang zwischen Gesellschaftszweck und dem Interesse der Gesellschaft noch ausführlich unten S. 244 ff. 79 Vgl. auch Kleindiek, Strukturvielfalt (1991), S. 131 f.; im Ergebnis auch Koppensteiner, in KK §302 Rn. 4 a.E. 80 Hommelhoff in FS Goerdeler S.221, 228 ff.; Ulmer, in Probleme des Konzernrechts,

§ 2: Die Haftung

im

Vertragskonzern

21

Bei der Verlustausgleichspflicht handelt es sich auch nicht um eine Sanktion für die Verletzung einer wie auch immer gearteten Treuepflicht 81 . Dagegen spricht bereits die Anknüpfung der Haftung der herrschenden Gesellschaft an rein objektive Voraussetzungen. Die herrschende Gesellschaft haftet, ohne dass es auf ein Fehlverhalten ihrerseits ankommt und ohne dass ihr eine Entlastungsmöglichkeit zusteht 82 . Der Schutz des Ausgangsvermögens einer abhängigen Gesellschaft in einem Vertragskonzern ist Ausfluss der Erkenntnis, dass ein Zweck nur von einer existenten Gesellschaft verfolgt werden kann. Überwiegend wird daher auch aus dem Normzweck der Verlustausgleichspflicht des § 302 AktG die Verpflichtung des herrschenden Unternehmens abgeleitet, den Bestand des abhängigen Unternehmens für die Dauer des Vertrages zu respektieren und zu garantieren 83 , weshalb es auch keine existenzgefährdenden Weisungen erteilen darf 84 . Dies gilt um so mehr, als der Gesetzgeber von 1965 mit seiner Regelung sicher nicht hinter den bereits anerkannten Schutz einer Organgesellschaft 85 , auf den in der Regierungsbegründung Bezug genommen wurde 86 , zurückfallen wollte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die liquiditätsbedingte Bestandsgefährdung im Vertragskonzern damals nicht vollständig bedacht worden ist87. Der Ansicht, nach der ein solcher Schutz nicht besteht, da Normen zur Aufrechterhaltung zureichender Liquidität fehlten und § 308 AktG einschränkungslos S. 26, 56; sicher nicht falsch ist es aber, wenn man im Hinblick darauf, dass die Interessen einer Gesellschaft zum Interesse einer anderen gemacht werden, zumindest eine gewisse Nähe zu dem Gedanken des §670 BGB betont (vgl. auch Stimpel, Probleme des Konzernrechts, S. 11, 22); gegen eine Herleitung der Verlustausgleichspflicht aus dem Auftragsrecht auch v. Becker, Methodologische Probleme des qualifiziert faktischen G m b H - K o n z e r n s (1994), S. 78 f. m.w.N.; vgl. auch Pentz, Rechtsstellung der Enkel A G (1994), S. 41 unter Hinweis darauf, dass §670 BGB nicht dazu herangezogen werden könne, das allgemeine Lebensrisiko abzusichern. 81 Zur Treuepflichthaftung vgl. unten S. 157 ff. 82 So auch Ulmer, A G 1986, 123, 125 m.w.N. 83 So auch Altmeppen, in MK zum A k t G § 302 Rn. 35; ders., Die Haftung des Managers im Konzern (1998), S. 22; Hüffer, A k t G § 308 Rn. 19: §§ 300 ff., 304 ff. 84 O L G Düsseldorf v. 7.6.1990 = ZIP 1990, 1333, 1337 (das sich insoweit gar auf Art. 14 G G beruft); vgl. auch Authenrieht, G m b H R 1984, 198; Clemm, Z H R 141 (1977), 197, 204 ff.; Emmerich/Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht, § 23 IV 4 c; Geßler, Z H R 140 (1976), 433,440; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht (1982), S. 148 ff.; 307 ff.; Hüffer, A k t G §308 Rn. 19; Immenga, Z H R 140 (1976), 301, 303 ff, 306; Kleindiek, Strukurvielfalt im Personengesellschaftkonzern S. 168 ff.; Köhler, Z G R 1985, 307, 318; Krieger, in Münchner H d b . GesR Band 4 §70 Rn. 134; Schulze-Osterloh, Z H R 142 (1978), 519, 523 f.; Sina, Die A G 1991,1, 7 f.; Semler, in FS Stiefel S. 719, 750; Ulmer, Z H R 148 (1984), 391, 408 ff.; Wühlern, Die Beendigung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags S. 139 ff.; Zeidler, N Z G 1999, 692, 694 f.; a.A. Koppensteiner, in KK § 308 Rn. 32 ff.; Neuhaus, Die zivilrechtliche Organhaftung des Vorstandes einer beherrschten Aktiengesellschaft im sogenannten faktischen Konzern und im Vertragskonzern (1969), S. 94 f.; tendenziell auch Wellkamp, W M 1993, 2155, 2156. 85 Bereits vor der Normierung der Vorschriften zum Aktienvertragskonzern hatte ein Organträger der Organgesellschaft die zur Durchführung ihrer Aufgaben benötigten Mittel zur Verfügung und damit auch ihre Zahlungsfähigkeit sicherzustellen (Rasch, Deutsches Konzernrecht, 1944, S. 92). 86 Regierungsbegründung bei Kropff A k t G 1965 S. 390 (mit Hinweis auf den aus „allgemeinen Rechtsgrundsätzen" hergeleiteten Verlustübernahmeanspruch). 87 Kleindiek, Z G R 2001, 479,495.

22

Kapitel

I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

Weisungen zulasse 88 , kann daher auch nicht gefolgt werden. Neben der Niederlegung der Verlustausgleichspflicht spricht gegen sie die Existenz der Vorschriften zur Sicherung der in der A G verbleibenden Aktionäre und Gläubiger, denen ebenfalls die Wertung entnommen werden muss, dass das Gesetz von der Fortexistenz der Gesellschaft ausgeht. Insbesondere ist der Gleichwertigkeit von Ausgleich (§ 304 AktG) und Abfindung (§ 305 AktG) zu entnehmen, dass bestandsgefährdende Weisungen verboten sind, da man dem Aktionär nicht zumuten kann, die Abfindung zu wählen, weil er befürchten muss, bei einer Insolvenz keinen Ausgleich erhalten zu können 8 9 . Im Übrigen wird, indem dem herrschenden Unternehmen die Leitung des abhängigen unterstellt wird, an § 76 Abs. 1 A k t G angeknüpft. Auch dies schließt aber die Pflicht zur Fortführung der Gesellschaft mit ein, da Leitung den Bestand der zu leitenden Gesellschaft voraussetzt 90 . Die Gegenansicht, die darauf verweist, auch in der Regierungsbegründung werde von der Existenzgefährdung der abhängigen Gesellschaft ausgegangen 91 , beachtet nicht hinreichend, dass hier von der Zeit nach Beendigung des Vertrages die Rede ist. Sicher ist es nicht zu bestreiten, dass nach Beendigung eines Beherrschungsvertrages die abhängige Gesellschaft, auf sich allein gestellt, Schwierigkeiten haben wird, auf dem Markt zu bestehen 92 . Dies rechtfertigt es aber nicht, während der Dauer des Beherrschungsvertrages die Existenz der abhängigen Gesellschaft bedrohende Weisungen als rechtmäßig anzuerkennen 9 3 . Auch in der Begründung zum Regierungsentwurf wird festgestellt, dass es das eigentliche Ziel der Regelung ist, „der Gesellschaft die für ihr Leben als Kapitalgesellschaft erforderliche Substanz und ihren Gläubigern das haftende Kapital zu erhalten" 94 . d) Die Verliistübernahmepflicht

als gesetzliches

Schuldverhältnis

Die Verlustübernahmepflicht stellt sich dabei als Anspruch auf der Grundlage eines gesetzlichen Schuldverhältnisses dar 95 . Das Gesetz erklärt die Verlustübernahmepflicht nicht zum notwendigen Bestandteil des Beherrschungs- bzw. Gewinnabführungsvertrages, sondern schreibt sie selbst vor 96 und begründet so ein Dauerschuldverhältnis 97 . Da die Verlustübernahmepflicht Folge der Interessenausrichtung auf 88

So Koppensteiner, in K K § 308 Rn. 32. Kleindiek, Strukturvielfalt (1991), S. 169. 90 Kleindiek, Strukturvielfalt (1991), S. 168; Schatz, Sicherung des Gesellschaftsvermögens S. 24; Geßler, Z H R 140 (1976), 433, 439. 91 Koppensteiner, in K K § 302 Rn. 32 mit H i n w e i s auf die R e g i e r u n g s b e g r ü n d u n g zu § 303 u n d § 305 A k t G , a b g e d r u c k t bei Kropff S. 393, 397. 92 Z u r Frage, inwieweit der abhängigen Gesellschaft nach Beendigung des Vertrages Wied e r a u f b a u h i l f e zu leisten ist vgl. u n t e n S. 37 ff. 93 So Koppensteiner, in K K § 308 Rn. 32, 35. 94 R e g i e r u n g s b e g r ü n d u n g bei Kropff, A k t G 1965 S. 388. 95 K. Schmidt, Z G R 1983, 513, 516 ff.; ebenso Hüffer, A k t G § 3 0 2 R n . 4 ; Koppensteiner, in K K § 302 Rn. 7; Kusterer, D S t R 1 9 9 6 , 1 1 4 , 1 1 7 ff.; W. Müller, in FS R o w e d d e r S. 277,281; f ü r eine vertragliche H a f t u n g allerdings Gansweid, G e m e i n s a m e Tochtergesellschaft S. 140; Timm, G m b H R 1987, 8, 17. 96 K Schmidt, Z G R 1983, 513, 517. 97 D e m Z w e c k des § 302 A k t G , das nominelle N e t t o b i l a n z v e r m ö g e n der abhängigen Gesell89

§ 2: Die Haftung im

Vertragskonzern

23

ein anderes Unternehmen und der damit verbundenen Möglichkeit der Einflussnahme ist, nicht aber Folge konkreter Eingriffe 9 8 , ist diese Haftung zudem als Zustandsbzw. Gefährdungshaftung zu qualifizieren".

2) Die Vereinbarkeit der Regelungen zum Vertragskonzern

mit EG-Recht

Bevor auf die konkrete Ausgestaltung der Verlustausgleichspflicht eingegangen werden kann, ist zunächst noch zu einer neuerdings in der Literatur laut werdenden Ansicht Stellung zu nehmen, nach der die deutsche Konzerngesetzgebung unter europarechtlichen Gesichtspunkten bedenklich sei 1 0 0 . Auch dies ist nicht nur für die Frage des Fortbestandes bzw. der Auslegung 1 0 1 der hier getroffenen R e g e lungen von Interesse, sondern vor allen Dingen auch für deren Analogiefähigkeit 1 0 2 . So vertritt etwa Schön die Ansicht, Artt. 15., 16 der 2. Kapitalrichtlinie 1 0 3 müsse ebenso wie §§ 57, 58, 62 A k t G als strenges Auszahlungsverbot außerhalb offener Ausschüttungen des korrekt festgestellten Gewinns verstanden werden 1 0 4 . D a für Konzernverhältnisse eine ausdrückliche Zulassung verdeckter R ü c k g e währvorgänge durch Europarecht aber nicht vorgesehen sei, sei das im deutschen Gesetz niedergelegte Konzernprivileg, das eine Aufhebung der §§ 57 ff A k t G begründe, im Grundsatz mit den Vorgaben der Kapitalrichtlinie unvereinbar 1 0 5 . A l lerdings ergibt sich für den Vertragskonzern nach Schön eine gemeinschaftsrechtliche Legitimation daraus, dass dieser einer besonderen R e c h t s f o r m für verbundene Unternehmen ähnele und weder der E G - V e r t r a g noch das europäische Sekundärrecht dem Kapitalgesellschaftsrecht einen Typenzwang vorgebe. D a m i t müsse aber das europäische Sekundärrecht den Vertragskonzern wie jede andere schaft von Vertragsbeginn bis zur Beendigung des Vertrages konstant aufrechtzuerhalten, entspricht die Vorstellung von einer nur fallweisen Zahlungsverpflichtung nicht (K. Schmidt, ZGR 1983, 513, 518 f.; vgl. auch Kusterer, DStR 1996, 114, 117). 98 Regierungsbegründung abgedruckt bei Kropff, AktG 1965 S.391; BGH v. 11.11.1991 = BGHZ 116, 37, 41; Hüffer, AktG § 302 Rn. 11; Koppensteiner, in KK § 302 Rn. 9; Krieger, in Münchner Hdb. GesR, Band 4 § 70 Rn. 55. 99 Ulmer, NJW 1986,1579, 1584; ders., AG 1986,123, 127 f.; für eine typisierte Konzernleitungshaftung allerdings Stimpel, ZGR 1991, 144, 152. 100 Schön, in FS Kropff S. 294,298 ff.; ders., RabelsZ 64 (2000), 1,24; vgl. auch Mülbert, in FS Lutter S. 535, 552 f. allerdings mit anderen Gründen. 101 Zum Einfluss des Europarechts auf die Auslegung des §311 AktG vgl. Schön, in FS Kropff S. 285, 300. 102 Yg] nur Mülbert, in FS Lutter S.535, 554, der in Konsequenz seiner Ergebnisse eine Analogie des § 302 Abs. 1 AktG auf sonstige, nicht auf die eigene Gewinnerzielung ausgerichtete Gesellschaften ablehnt. 103 Zweite Richtlinie 77/91/EWG zur Koordination der Schutzbestimmungen ... v. 13.12. 1976, ABl. EG Nr. L 26/1976, 1, abgedruckt bei Habersack, Europäisches Gesellschaftsrecht Rn. 206 ff. 104 Schön, in FS Kropff S. 285, 294. 105 Schön, in FS Kropff S. 285, 294 f.; dagegen bereits Habersack, Europäisches Gesellschaftsrecht Rn. 171 für den Vertragskonzern, für den faktischen Konzern vgl. Rn. 172; abl. auch Emmerich!Habersack, §311 Rn. 82; Schwarz, Europäisches Gesellschaftsrecht S. 380 Fn. 653.

24

Kapitel I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

Organisationsform akzeptieren, womit, anders als bei der faktischen Konzernierung, auch nachteilige Konsequenzen für die Vermögensbindung der abhängigen Gesellschaft hinzunehmen seien106. Eine regelrechte Unvereinbarkeit der Verlustausgleichsregelung des § 302 Abs. 1 AktG mit dem europäischen Kapitalbindungsstandard stellt indes Mülbert fest 107 . Die aus den Artt. 1 Abs. 2, 15, 16 der 2. Kapitalrichtlinie abzuleitende gemeinschaftsrechtliche Regel, dass in einer gesellschaftszweckkonformen Leistung an die Aktionäre keine verdeckte Einlagenrückgewähr liegt, ließe sich nur als zwingende Höchstvorgabe verstehen. Damit statuiere die Kapitalrichtlinie aber auch insoweit einen Höchststandard, als die faktische Einschränkung des Kapitalbindungssystems bei Gesellschaften mit atypischem Formalziel nicht durch eine pauschale Verlustausgleichspflicht kompensiert werden dürfe. Damit stehe die pauschale Verlustausgleichspflicht des § 302 Abs. 1 AktG, jedenfalls bei EinmannGesellschaften108, aber im Widerspruch zu den Vorgaben der Kapitalrichtlinie109. Im Übrigen würde auch die Niederlassungsfreiheit für Gesellschaften mit atypischem Formalziel durch die hier aufgestellten Regeln „mehr oder minder stark beeinträchtigt" werden 110 . a)

Stellungnahme

Art. 15 Abs. 1 der 2. Kapitalrichtlinie regelt im Kern, dass Ausschüttungen namentlich in Form von Dividenden und Zinsen für Aktien nur gezahlt werden dürfen, wenn hierdurch das im Jahresabschluss ausgewiesene Nettoaktivermögen den Betrag des gezeichneten Kapitals zuzüglich der nach Gesetz oder Satzung nicht ausschüttungsfähigen Rücklagen nicht unterschreitet. Eine ausdrückliche Regelung über die verdeckte Rückgewähr besteht zwar nicht. Dennoch besteht im Ergebnis weitgehende Einigkeit darüber, dass auch diese von der Richtlinie erfasst und somit grundsätzlich verboten ist 111 . Gefolgert wird dies zu Recht aus Sinn und Zweck der in der Kapitalrichtlinie niedergelegten Regelungen, die eine Ausschüttung in den genannten Grenzen nur auf der Grundlage eines Jahresabschlusses erlauben, um das Kapital bzw. dauerhaft gebundene Rücklagen beeinträchtigende offene Ausschüttungen zu unterbinden. Erst Recht muss damit aber eine verdeckte Einlagenrückgewähr grundsätzlich verboten sein 112 . Schön, in FS Kropff S. 285, 299. Mülbert, in FS Lutter S. 535, 553. 1 0 8 Bei mehrgliedrigen Gesellschaften, meint Mülbert, könne die pauschale Verlustausgleichspflicht u.U. mit dem in Art. 42 der Kapitalrichtlinie verankerten Grundsatz der Gleichbehandlung aller Aktionäre zu rechtfertigen sein ( M ü l b e r t , in FS Lutter S. 535, 553 i.V.m. Fn. 50). 109 Mülbert, in FS Lutter S. 535, 552 f. 110 Mülbert, in FS Lutter S. 535, 552. 111 Mülbert, in FS Lutter, S. 535, 545; Schön, in FS Kropff S. 285,292 ff.; Werlauff, E C Company Law S. 175 ff.; a.A. etwa Ullrich, Verdeckte Vermögensverlagerungen S. 10 ff. 1 1 2 Ausführlich Mülbert, in FS Lutter S. 535, 546 f., der u.a. zu Recht darauf hinweist, dass der insoweit teilweise auch angeführte Gleichbehandlungsgrundsatz (vgl. etwa Schön, in FS Kropff S. 285, 293) sich hingegen nicht gegen die verdeckte Rückgewähr an sich, sondern vielmehr gegen die Ungleichbehandlung einzelner Gesellschafter richtet. 106 107

§ 2: Die Haftung im

Vertragskonzern

25

N a c h § 291 Abs. 3 A k t G sind Leistungen aufgrund eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrages aber nicht als Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsregeln der §§ 57, 58 und 60 A k t G zu sehen. Als Leistungen in diesem Sinne gelten bei einem Gewinnabführungsvertrag die Abführung des Bilanzgewinns und bei einem Beherrschungsvertrag Vermögenszuwendungen der abhängigen Gesellschaft an das herrschende Unternehmen aufgrund rechtmäßiger Weisungen 1 1 3 . Ist das herrschende Unternehmen, wie in der Regel, Aktionär der abhängigen Gesellschaft, so könnte man darin eine gegen §§ 57, 58, 60 A k t G verstoßende verdeckte G e w i n n ausschüttung sehen. Diesen Bedenken soll § 291 Abs. 3 A k t G begegnen. I m vorliegenden Zusammenhang geht damit aber die Frage einher, ob eine Lockerung der Vermögensbindung im Vertragskonzern mit den Regelungen der Kapitalrichtlinie vereinbar ist. Gegen die Ansicht Schöns, nur im Vertragskonzern, nicht aber im faktischen K o n z e r n sei eine Lockerung der Kapitalbindung zulässig, ist zunächst einmal MUlbert darin beizupflichten, wenn er feststellt, dass ein K o n z e r n auch im Fall des Vertragskonzerns vom geltenden Recht nicht zu einer der Figur der juristischen Person gleichgestellten „Rechtsformalternative" erhoben wird 1 1 4 . Dementsprechend kann für den Vertragskonzern insoweit aber auch nichts anderes gelten als für den faktischen K o n z e r n , bei dem es Schön aus europarechtlichen Gesichtspunkten für geboten hält, den § § 5 7 ff. A k t G volle Wirkung zuzuerkennen 1 1 5 . Würde man der Auffassung Schöns folgen, so müsste konsequenterweise überdies auch die Verfolgung jeder genossenschaftlichen Zwecksetzung mit Artt. 1 5 , 1 6 der 2. Kapitalrichtlinie unvereinbar sein 1 1 6 . D i e durch einen Beherrschungsvertrag konzernierte Gesellschaft ist nur ein gesetzlich geregelter Fall einer Gesellschaft mit atypischer, d.h. nicht auf Gewinnerzielung ausgerichteter Zwecksetzung. Dies könnte allerdings nur dann richtig sein, wenn die Artt. 15, 16 der Kapitalrichtlinie für die A G einen enumerativen Katalog europarechtlich zulässiger Gesellschaftszwecke voraussetzten. Wie Mülbert auch insoweit zu Recht betont hat, geht es im Grunde um die E n t scheidung, o b der Gesellschaftszweck die Reichweite des aktienrechtlichen Vermögensbindungssystems absteckt oder ob auf der anderen Seite das Vermögensbindungssystem den Kreis der zulässigen Verbandszwecke bestimmt 1 1 7 . N a c h wohl allgemeiner Überzeugung stellt die Aktiengesellschaft aber grundsätzlich eine zweckneutrale Rechtsform dar. Zwar wird vereinzelt vertreten, dass eine genossenschaftliche Zwecksetzung der aktienrechtlichen Vermögensbindung wider-

Emmerich, in Emmerich/Habersack § 291 Rn. 75. Mülbert, in FS Lutter S. 535, 537. 115 Schön, in FS Kropff S. 287, 300. 116 So zu Recht Mülbert, in FS Lutter S. 535, 538 unter Hinweis darauf, dass bei einer genossenschaftlichen Zwecksetzung gerade die Einräumung der Möglichkeit, etwa von einer Einkaufs-AG verbilligt Waren zu beziehen (entsprechendes gilt für Umsatzrückvergütungssysteme), der Ausfüllung des Gesellschaftszwecks dient. 117 Mülbert, in FS Lutter S. 535, 538. 113 114

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Kapitel I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

streite 118 . Ein Grund, warum eine ideelle Zwecksetzung und damit die Förderung der Interessen Dritter zulässig sein sollte, nicht jedoch die Festsetzung eines Zwecks, der die Förderung der Interessen der Mitglieder zum Gegenstand hat, ist indes nicht ersichtlich 119 . Zwar ist es sicher richtig, dass die Kapitalerhaltungsvorschriften in diesem Fall nicht in gleicher Weise funktionieren können wie bei einer auf Gewinnerzielung ausgerichteten Gesellschaft. Dies gilt aber für jede Gesellschaft mit nicht erwerbswirtschaftlicher Zielrichtung 120 . Schön will den Vermögensschutz auch für Gesellschaften mit atypischem Formalziel teilweise an der gesetzestypischen Gewinnerzielungsabsicht messen121. Festzuhalten ist jedoch, dass es einen unterschiedlichen Bewertungsmaßstab hinsichtlich des Vermögensschutzsystems einer konkreten Gesellschaft nicht geben kann 122 . Ignoriert man den atypischen Zweck einer Gesellschaft im Rahmen der Kapitalerhaltungsregeln, müssten dementsprechend auch die Pflichtverletzung und der Schaden im Rahmen der §§ 93, 116, 117 AktG nach der typisch gewinnorientierten Zwecksetzung beurteilt werden 123 . Einen Schadensersatzanspruch gegen einen Vorstand auch nur zu erwägen, weil dieser den Zweck seiner Gesellschaft verfolgt hat, erscheint aber geradezu abwegig124. Vor allem aber würde im Fall, dass man die gewinnorientierte Zwecksetzung allgemein zum Maßstab erheben würde, eine atypische Zweckssetzung geradezu unvollziehbar 125 . Dementsprechend kann der Grundsatz, dass an die Gesellschafter nur die von der Gesell118 Großmann, Unternehmensziele im Aktienrecht S.238 ff.; Sonnenberg, die Änderung des Gesellschaftszwecks (1990), S. 49 ff. 1 , 9 Der im Anschluss an das Autokran-Urteil des B G H von Wiedemann (ZGR 1986, 656, 659) geäußerten Auffassung, untypische gesellschaftsrechtliche Gestaltungsformen, die nicht wirtschaftlich motiviert seien, sondern lediglich rechtliche Vorteile abschöpfen wollten, seien unzulässig, ist nicht zu folgen, weshalb diese auch einer Zweckausrichtung auf Konzerninteressen nicht entgegen stehen kann. Wiedemann knüpft an die Frage an, ob die vertragliche Gestaltungsfreiheit ihre Grenzen lediglich im zwingenden Recht findet oder auch den dispositiven gesetzlichen Regelungen Grundsätze (Typen) entnommen werden können. Der Ansatz der Typuskonzeption hat sich aber zu Recht nicht durchsetzten können, da er bereits nicht erklären kann, wieso der Gesetzgeber dann überhaupt zwischen zwingenden und dispositiven Normen unterscheidet (ablehnend auch Lutter, AcP 180 (1980), 84, 106 f.; ausführlich hierzu auch Beinert, Die Konzernhaftung für die satzungsmäßig abhängig gegründete GmbH (1995), S. 40 f.). 120 Timmann, Die Durchsetzung von Konzerninteressen in der Satzung der abhängigen Aktiengesellschaft (2000), S. 290; uneingeschränkt die Zulässigkeit einer genossenschaftlichen Zwecksetzung bejahend auch K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. § 41 I 1 a; Raiser, Recht der Kapitalgesellschaften, 3. Aufl. § 4 Rn. 6; Steding, J Z 1995, 591, 594. 121 Da nach Schön (ZGR 1996, 429, 454 ff.) die Gewinnerzielungsabsicht dem Gläubigerschutz dient, will er deren Fehlen auch durch eine Haftung der Aktionäre wegen materieller Unterkapitalisierung sanktionieren; auf der anderen Seite will er die atypische Zwecksetzung im Rahmen der §§57, 58, 62 AktG aber für den Fall einer öffentlich-rechtlichen Zielsetzung als Maßstab heranziehen ( a.a.O. S. 453 f.). 122 So zu Recht Mülbert, in FS Lutter S. 535, 542. 123 Mülbert, in FS Lutter S. 535, 542. 124 Zur Bedeutung der atypischen Zwecksetzung für den Nachteilsbegriff des §311 AktG vgl. noch unten S. 107 ff. 125 Mülbert, in FS Lutter S. 535, 542; vgl. zum Ganzen auch Eberth, Die Aktiengesellschaft mit atypischer Zwecksetzung (2000) S. 94 ff.

5 2: Die Haftung

im Vertragskonzern

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schaft erzielten Gewinne verteilt werden dürfen, aber auch nur uneingeschränkt gelten, wenn die Gesellschaft gewinnmaximierend tätig ist. Für den Fall, dass eine Gesellschaft dem genossenschaftlichen Prinzip folgt, müssen auch Spielräume f ü r eine darüber hinausgehende Wertverteilung bestehen 1 2 6 , soweit nicht das zur Deckung der Grundkapitalziffer erforderliche Vermögen bzw. nicht ausschüttungsfähige Rücklagen angegriffen werden 1 2 7 . Gegen europarechtliche Vorschriften verstößt dies dann nicht. Durch das Freistellungswahlrecht in Art. 1 Abs. 2 S. 1, 2. Alt. der Kapitalrichtlinie f ü r Genossenschaften sollte dem nationalen Gesetzgeber ermöglicht werden, hinsichtlich in der Rechtsform der A G betriebenen Genossenschaften sogar gänzlich davon abzusehen, ein Garantiekapital vorzuschreiben 1 2 8 . Dies zeigt aber deutlich, dass der europäische Gesetzgeber grundsätzlich keine Bedenken gegen die Verfolgung eines genossenschaftlichen Förderzwecks hatte. N u r muss im Fall, dass ein Mitgliedsland von der Möglichkeit der Nichtanwendung der Richtlinie hier Gebrauch macht, eine Gesellschaft mit genossenschaftlicher Zwecksetzung verpflichtet werden, die Bezeichnung Genossenschaft zu verwenden 1 2 9 . Anderenfalls ist dies nicht nötig, trotzdem aber eine genossenschaftliche Zwecksetzung erlaubt. Im Hinblick darauf kann aber auch eine dem genossenschaftlichen Förderzweck entsprechende Leistung aus dem Gesellschaftsvermögen an die Gesellschafter keine verbotene verdeckte Einlagenrückgewähr i.S.d. Artt. 15, 16 darstellen 130 . Wie sich allerdings aus Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie implizit ergibt, sind auch zweckkonforme Leistungen nur solange zulässig, wie nicht das gebundene Kapital angegriffen wird, das nicht einmal f ü r eine offene Einlagenrückgewähr zur Verfügung steht. Bereits aus den Erwägungsgründen der Richtlinie ergibt sich, dass das gebundene Kapital als Sicherheit f ü r die Gläubiger prinzipiell erhalten bleiben 131 bzw. bei Nichtanwendung der Richtlinie der rechtsgeschäftliche Verkehr auf die genossenschaftliche Zwecksetzung hingewiesen werden muss. Im Übrigen ergibt sich eine Grenze der Ausschüttungsbefugnis auch daraus, dass jede Zweckverfolgung den Bestand einer Gesellschaft voraussetzt, weshalb dieser durch eine entsprechende Leistung auch nicht gefährdet werden darf 1 3 2 . Wie sich aus den vorstehenden Erörterungen bereits ergibt, muss der atypische Gesellschaftszweck konsequenterweise auch im nationalen Recht f ü r die Frage 126 Mülbert, in FS Lutter S. 535, 539; dies gilt umso mehr, wenn man in den Kapitalschutzregeln auch eine Ausprägung der Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft erkennt (vgl. Hüffer, AktG § 53 a Rn. 18), die vom Zweck der Gesellschaft bestimmt wird (ausführlich hierzu unten S. 244 ff.). 127 Eine andere Frage ist es, wann in einem solchen Fall eine Analogie zu der Verlustausgleichsregelung des §302 Abs. 1 A k t G angezeigt erscheint (vgl. hierzu unten S. 112). 128 Mülbert, in FS Lutter S. 535, 548 f. m.w.N. 129 Ein Freistellungswahlrecht besteht überdies auch für Investmentgesellschaften mit veränderlichem Kapital (Art. 1. Abs. 2 S. 1, 1. Alt. der 2. Kapitalrichtlinie). 130 Mülbert, in FS Lutter S. 535,549, wobei dieser auch insoweit zu Recht betont, dass dieses Ergebnis auch nicht auf die genossenschaftliche A G beschränkt ist, sondern auch bei sonstigen Gesellschaften mit atypischer Formalzielsetzung gilt. 131 Mülbert, in FS Lutter S. 535, 550. 132 Mülbert, in FS Lutter S. 535, 549.

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Kapitel I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

nach dem Vorliegen einer verbotenen verdeckten Ausschüttung erheblich sein. Zwar fallen grundsätzlich auch hier über den insoweit zu engen Wortlaut des § 57 Abs. 1 S. 1 AktG hinaus nicht nur offene, sondern auch verdeckte Leistungen unter das Verbot der Einlagenrückgewähr 133 . Eine solche kann aber nur angenommen werden, wenn ein Missverhältnis zwischen der Leistung der Gesellschaft und der Gegenleistung des Gesellschafters vorliegt 134 . Der hierbei regelmäßig angestellte Vergleich mit Konditionen, die einem Dritten gewährt worden wären, wird aber implizit auf der Grundlage der Annahme einer gewinnorientierten Gesellschaft vorgenommen. Damit darf er aber nicht auf Gesellschaften mit genossenschaftlicher Zwecksetzung übertragen werden. Es wäre geradezu widersprüchlich, eine genossenschaftliche Zwecksetzung zuzulassen, ihre Verfolgung aber als Verstöße gegen Kapitalerhaltungsvorschriften zu sanktionieren. Eine andere Frage ist es, ob die damit europarechtlich zulässige Möglichkeit einer zweckkonformen Ausschüttung innerhalb der Grenzen des gebundenen Kapitals die Regelung der Verlustausgleichspflicht in § 302 Abs. 1 AktG als europarechtswidrig erscheinen lässt 135 . Dies nimmt Mülbert an, da er die Ansicht vertritt, hier sei ein Höchststandard des Kapitalschutzes begründet worden 136 . Dieser Ansicht steht nicht entgegen, dass die strengeren deutschen Kapitalerhaltungsvorschriften bereits bei Schaffung der Richtlinie bestanden. Insoweit wird zu Recht hervorgehoben, dass die entgegengesetzte Auffassung eine gewollte Rechtsangleichung konterkarieren könnte 137 . Entscheidend muss vielmehr die Frage sein, ob der europäische Gesetzgeber eine abschließende oder offene Regelung treffen wollte. Ein ausdrücklicher Vorbehalt zugunsten weitergehender nationaler Regelungen fehlt in der Kapitalrichtlinie. Intensiv erörtert wurde die Frage nach der Qualität der Kapitalrichtlinie als Mindestnormierung bzw. Maximalstandard im Zusammenhang mit der verdeckten Sacheinlage 138 . Hieraus lassen sich allerdings noch keine Schlussfolgerungen für die Auslegung der Artt. 15, 16 der Richtlinie herleiten, da, nach richtiger Ansicht, die Angleichungsfunktion jeweils separat für die einzelnen Bestimmungen festzulegen ist 139 . Grundsätzlich muss aber in Fällen, in denen die Frage, ob der europäische Gesetzgeber einen Mindest- oder Höchststandard begründen wollte, nicht klar beantwortet werden kann, aus dem Subsidiaritätsprinzip eine Vermutung für den offenen Charakter der Maßnahme abgeleitet werden, womit von einer MindestregeVgl. nur Hüffer, AktG § 57 Rn. 7 f. Hüffer, AktG § 57 Rn. 8 m.w.N. 135 Hierfür Mülbert, in FS Lutter S. 535, 553, jedenfalls für Einmann-Gesellschaften. 1 3 6 A.A. und für eine Mindestnorm Drinkuth, Die Kapitalrichtlinie S. 183 ff.; Habersack, Europäisches Gesellschaftsrecht Rn. 166; Schwarz, Europäisches Gesellschaftsrecht Rn. 596. 137 Mülbert, in FS Lutter S. 535, 550 f.; gegen Ebenroth/Kräuttner, D B 1990, 2143, 2156; Lutter/Gehling, WM 1989, 1445, 1459. 1 3 8 Vgl. hierzu die eingehende Darstellung des Diskussionsstandes bei Drinkuth, Die Kapitalrichtlinie m.N. des Meinungsstandes in Fn. 113, Fn. 121, Fn. 132. 1 3 9 Vgl. nur Merkt, RabelsZ 61 (1997) S. 647, 657 m.w.N.; noch weitergehend Mülbert, in FS Lutter S. 535, 551, der insoweit sogar die Auslegung einer Bestimmung von der konkreten Rechtsfrage abhängig machen will. 133 134

§ 2: Die Haftung im

Vertragskonzern

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lung auszugehen ist' 4 0 . Natürlich darf auf der anderen Seite die nationale Gesetzgebung den europäischen Vorgaben auch nicht zuwider laufen. Dies wäre aber der Fall, und insoweit ist Mülbert

durchaus noch zu folgen, wenn der nationale G e -

setzgeber das Vorliegen einer verdeckten Rückgewähr bei Gesellschaften, deren Z w e c k nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet ist, am Maßstab der Gewinnmaximierung bemessen könnte, da sich dann, wie gesehen, ein atypischer Gesellschaftszweck nicht verfolgen ließe 1 4 1 . Indes wird dies im deutschen Konzernrecht auch nicht getan. D u r c h die Regelung einer Verlustausgleichspflicht werden keine zweckkonformen Leistungen an die herrschende Gesellschaft verunmöglicht. I m Gegenteil hat der Gesetzgeber in § 291 Abs. 3 A k t G sogar klargestellt, dass durch Leistungen aufgrund eines Beherrschungs- bzw. Gewinnabführungsvertrags nicht gegen das Verbot der verdeckten Gewinnausschüttung verstoßen wird 1 4 2 . Sicher geht nach dem Gesagten eine „anlassunabhängige Verlustausgleichspflicht, die auf die Erbringung gesellschaftszweckkonformer Leistungen" reagiert, über den von der Kapitalrichtlinie begründeten Kapitalbindungsstandard hinaus. Damit wird die Verfolgung des in einem Vertragskonzern bestehenden atypischen Gesellschaftszwecks der abhängigen Gesellschaft aber nicht verhindert. Vielmehr soll auf diesem Wege, wie bereits in der Regierungsbegründung zum Ausdruck gebracht wurde, „der Gesellschaft die für ihr Leben als Kapitalgesellschaft erforderliche Substanz und ihren Gläubigern das haftende Kapital" erhalten werden 1 4 3 , da man im Vertragskonzern die Gefahren für den Bestand der abhängigen Gesellschaft als besonders hoch erkannt hat. Dies kann nicht als Widerspruch zu den Vorgaben der Kapitalrichtlinie qualifiziert werden, zumal die Erhaltung des Bestandes jeder Zweckverfolgung immanent ist 1 4 4 . Eine andere Frage ist es, ob die Verlustausgleichspflicht auf alle Gesellschaften mit atypischer Zwecksetzung auszudehnen ist 1 4 5 . Dies ist zu verneinen, soweit nicht eine dem Vertragskonzern vergleichbare Gefahrenlage geschaffen wird 1 4 6 . I m Übrigen liegt aber auch kein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit vor, wenn wie in § 300 Nr. 3 A k t G über den Schutz des gebundenen Kapitals hinaus zweckkonformen Leistungen an die Gesellschafter Grenzen gezogen werden. A u c h die Vorschrift des § 300 Nr. 3 A k t G hat den Zweck, die Möglichkeiten des herrschenden Unternehmens zu begrenzen, durch Ausübung seiner Weisungsmacht oder in anderer Weise, Gewinne der Untergesellschaft zu Lasten ihrer Sub-

1 4 0 Überzeugend Merkt, RabelsZ 61 (1997) S. 647, 677 ff., der insoweit auch aufzeigt, dass eine solche Vermutungsregel auch auf der Linie der neueren Rechtsprechung des E u G H liegt (a.a.O. S. 680 ff.). 141 Mülbert, in FS Lutter S. 535, 552. 1 4 2 Regierungsbegründung bei Kropff, AktG 1965 S. 378. 143 Regierungsbegründung bei Kropff, AktG 1965 S. 388. 144 Insoweit auch Mülbert, in FS Lutter S. 535, 549. 1 4 5 Hierin sieht Mülbert, in FS Lutter S. 535, 553 die faktische Aufhebung eines zentrales Merkmals der europäisierten Rechtsform AG, nämlich der auf die Einlageerbringung beschränkten Aktionärshaftung. 1 4 6 Vgl. hierzu unten S. 112.

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Kapitel

I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

Stanzbildung an sich zu ziehen 1 4 7 . Der Gesetzgeber wollte auch mit dieser Regelung „der Gesellschaft die für ihr Leben als Kapitalgesellschaft erforderlich Substanz und ihren Gläubigern das haftende Kapital" erhalten 1 4 8 . Die Verfolgung eines atypischen Gesellschaftszwecks wird hierdurch ebenso wenig verunmöglicht 1 4 9 wie gegen die Niederlassungsfreiheit verstoßen wird 1 5 0 . Unabhängig von der Frage, ob die Niederlassungsfreiheit durch eine solche Regelung überhaupt tangiert wird 1 5 1 , ist die Verfolgung des Schutzes der Gläubiger einer Gesellschaft jedenfalls als legitimes Allgemeininteresse anerkannt 1 5 2 . Regelungen, die den Bestand einer Gesellschaft sichern sollen, um den Gläubigern ihren Schuldner zu erhalten, können damit jedenfalls nicht als unverhältnismäßig angesehen werden.

b) Ergebnis Die Regelungen der Artt. 15, 16 der 2. Kapitalrichtlinie sind ebenso wie die §§ 57 ff. A k t G als strenges Auszahlungsverbot außerhalb offener Ausschüttungen des korrekt festgestellten Gewinns zu verstehen. Allerdings ergibt sich aus der Zulassung der genossenschaftlichen Zwecksetzung, dass eine zweckkonforme Leistung innerhalb der Grenzen des gebundenen Kapitals weder gegen die Kapitalrichtlinie noch gegen die §§ 57 ff. A k t G verstößt. § 291 Abs. 3 A k t G ist insoweit als Klarstellung zu interpretieren. Aber auch in der Regelung einer Verlustausgleichspflicht, wie sie in § 302 A k t G zu finden ist, kann kein Verstoß gegen europarechtliche Vorgaben gesehen werden. Hierdurch wird nur der Bestand der in einem Vertragskonzern gebundenen abhängigen Gesellschaft gesichert, ohne dass die Verfolgung des Konzerninteresses hierdurch unmöglich gemacht werden würde.

3) Der mittels der Verlustübernahmepflicht Jahresfehlbetrag

auszugleichende

Der aufgrund der Verlustausgleichspflicht auszugleichende Jahresfehlbetrag ist der negative Saldo, der ohne die Verlustübernahmepflicht in der Gewinn- und Verlustrechnung gemäß § 275 Abs. 2 Nr. 20 bzw. § 275 Abs. 3 Nr. 19 H G B auszuweisen wäre 1 5 3 . Es handelt sich insoweit um eine fiktive Betrachtung, da der Ertrag aus der Verlustübernahme in die Gewinn- und Verlustrechnung eingeht und somit bei Bestehen eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen kein Jahresfehlbetrag entstehen kann (§ 277 Abs. 3 S. 2 H G B ) 1 5 4 . Ein Ausgleich ist allerdings nicht Hüffen A k t G § 300 Rn. 12. Regierungsbegründung bei Kropff AktG 1965 S. 388. 1 4 9 Dies erkennt auch Mülbert, in FS Lutter S. 535, 552 an. 1 5 0 Auch Mülbert meint insoweit nur, dass die Niederlassungsfreiheit „mehr oder minder stark beeinträchtigt" wird. 151 Auch in anderen europäischen Ländern wird die Ausrichtung der Interessen einer Gesellschaft auf die ihrer Muttergesellschaft keineswegs ohne weiteres für zulässig gehalten (zur Rechtslage in England vgl. unten S. 512 f.). 152 Vgl. hierzu unten S. 730. 153 Altmeppen, in M K zum A k t G § 302 Rn. 16; Hüffer, AktG, § 302 Rn. 11. 154 Eschenbruch, Konzernhaftung Rn. 3017. 147

148

§ 2: Die Haftung im

Vertragskonzern

31

erforderlich, soweit der Verlust dadurch gedeckt werden kann, dass die abhängige Gesellschaft andere, nach dem Vertragsschluss gebildete Gewinnrücklagen (§ 266 Abs. 3 A I I I Nr. 4 H G B , § 158 Abs. 1 S. 1 Nr. 4d A k t G ) auflöst 1 5 5 . Entsprechendes gilt für nach Abschluss des Vertrages gebildete Gewinnvorträge 1 5 6 . Gläubiger des Anspruchs ist die abhängige Gesellschaft, wodurch man es insoweit mit einer reinen Innenhaftung zu tun hat 1 5 7 . Wird die abhängige Gesellschaft als Gemeinschaftsunternehmen geführt und bestehen mithin mehrere herrschende Unternehmen, haften diese nach richtiger und herrschender Ansicht mit Rücksicht auf den Schutz der Gläubiger der abhängigen Gesellschaft und den Z w e c k der Vorschrift, die bei Vertragsschluss vorhandenen bilanzielle Substanz der Gesellschaft zu schützen, als Gesamtschuldner 1 5 8 . a) Entstehung

und Fälligkeit

der

Verlustausgleichspflicht

D e r Anspruch auf Verlustausgleich entsteht nach heute ganz herrschender Ansicht grundsätzlich mit Abschluss des Geschäftsjahres, in dem der Jahresfehlbetrag eingetreten ist 1 5 9 . Umstritten ist allerdings der Zeitpunkt seiner Fälligkeit. Nach teilweiser Auffassung tritt die Fälligkeit erst mit Feststellung des Jahresabschlusses bzw. der Zwischenbilanz ein, da vorher noch nicht feststehe, was der andere Vertragsteil zu leisten habe 1 6 0 . Träfe dies zu, hätte das herrschende Unternehmen allerdings die Möglichkeit, durch die Verzögerung der Bilanzfeststellung den Verlustausgleich hinauszuzögern. Auch bedarf es für eine Abweichung von der Fälligkeitsregel des § 271 Abs. 1 B G B besonderer Gründe, die für den Verlustausgleichsanspruch jedenfalls dem Grunde nach nicht ersichtlich sind. Uberwiegend wird daher auch vertreten, dass der Anspruch spätestens mit Ende des Geschäftsjahres fällig wird, womit ab diesem Zeitpunkt in ihn vollstreckt werden kann 1 6 1 . Eine Stundung der Verlustausgleichspflicht muss hier nach Sinn und Zweck der Regelung grundsätzlich ausscheiden 1 6 2 . 155 Häffer, AktG § 302 Rn. 14; Krieger, in Münchner Hdb. GesR Band 4 § 70 Rn. 58; Kaiser, Recht der Kapitalgesellschaften, 3. Aufl. § 54 Rn. 56. 156 Emmerich/Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht §20 V 3; ausführlich hierzu Emmerich, in Emmerich/Habersack § 302 Rn. 32 ff. 157 Hüffer, AktG § 302 Rn. 4; nur wenn der Anspruch von der Gesellschaft nicht geltend gemacht wird, können ihn die Gesellschafter entsprechend §§317 IV, 309 IV AktG geltend machen (Emmerich/Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht § 20 V). 158 Emmerich/Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht, 7. Aufl. §20 V 2a); Hüffer, AktG § 302 Rn. 21; Koppensteiner, in KK § 302 Rn. 24 m.w.N.; a.A. K. Schmidt, DB 1984,1181, 1184. 159 Anders allerdings eine ältere, namentlich von Geßler, in Geßler/Hefermehl/Eckhardt/ Kropff, AktG, 1976, § 302 Rn. 41 vertretenen Auffassung, nach der der Ausgleichsanspruch erst mit der Feststellung des Jahresabschlusses der abhängigen Gesellschaft entstehen soll, womit er zugleich auch fällig werde (vgl. auch Würdinger, GK zum AktG § 302 Anm. 6 mit Anm. 14). 160 OLG Schleswig v. 3.4.1987 = Die AG 1988,382; Eschenbruch, Konzernhaftung Rn. 3019; Koppensteiner; in KK §302 Rn.26f.; Lwowski/Groeschke, WM 1994, 613, 614; Raiser, Recht der Kapitalgesellschaften, 3. Aufl. § 54 Rn. 57. 161 Emmerich, in Hommelhoff u.a., Entwicklungen im GmbH-Konzernrecht S. 64, 81 f.; Emmerich/Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht, 7. Aufl. § 20 V 5; Hüffer, AktG § 302 Rn. 15 m.w.N. 162 Auch eine Weisung des herrschenden Unternehmens, den als Ausgleich geschuldeten Be-

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Kapitel I: Die gesetzlichen Regelungen zur Haftung A u c h der B G H hat in seinem Urteil v. 11.10.1999 1 6 3 nun entschieden, dass der

Anspruch auf Ausgleich eines Jahresfehlbetrages bereits mit dem Stichtag der J a h resbilanz der beherrschten Gesellschaft entsteht und gleichzeitig mit seiner E n t stehung fällig wird. Dabei soll auch die H ö h e der Ausgleichspflicht nicht durch den festgestellten Jahresabschluss festgelegt werden, sondern durch den zum B i lanzstichtag zutreffend ausgewiesenen Fehlbetrag 1 6 4 . Insoweit hat Kleindiek

allerdings

zu Recht darauf hingewiesen, dass sich durch eine gesetzeskonforme

Wahrnehmung bilanzpolitischer Gestaltungsspielräume der Ausgleichsanspruch beeinflussen lässt, weshalb, solange dieses Entscheidungsermessen ausgeübt werden kann, die H ö h e der Ausgleichsforderung auch noch nicht rechtsverbindlich feststeht 1 6 5 . Welchen Betrag die herrschende Gesellschaft konkret schuldet, kann damit aber auch erst mit der Abschlussfeststellung gesagt werden 1 6 6 . D a es allerdings, wie bereits bemerkt, dem Z w e c k des Gesetzes zuwiderlaufen würde, wenn das herrschende Unternehmen durch eine von ihm veranlasste Hinausschiebung der Abschlussfeststellung seine Zahlungspflicht verzögern dürfte, was im E x t r e m fall gar die Bestandsgefährdung der Tochtergesellschaft zur Folge haben könnte, muss ein Anspruch insoweit bestehen, wie eine vorläufige Berechnung am A b schlussstichtag einen Fehlbetrag ergibt. Allerdings steht der darauf aufbauende Zahlungsanspruch unter dem Vorbehalt etwaiger Korrekturen durch die spätere Abschlussfeststellung 1 6 7 .

b) Die Beendigung des Vertrages während eines laufenden und die Behandlung der Abwicklungsverluste

Geschäftsjahres

Endet der Beherrschungsvertrag im Laufe eines Geschäftsjahres, etwa aufgrund einer Kündigung aus wichtigem G r u n d (§ 297 A k t G ) 1 6 8 , so ist nach heute wohl einhelliger Auffassung für das Rumpfgeschäftsjahr eine Zwischen- bzw. Stichtagsbitrag dem herrschenden Unternehmen vorübergehend als Darlehen zu gewähren, ist nach §§ 302 Abs. 1, 308 Abs. 1 AktG i.V.m. §134 BGB unzulässig (Emmerich, in Emmerich/Habersack § 302 Rn. 40a). Ein Verzicht auf oder Vergleich über den Verlustausgleichsanspruch ist grundsätzlich nur unter den engen Voraussetzungen des § 302 Abs. 3 AktG möglich (vgl. hierzu Emmerich, in Emmerich/Habersack § 302 Rn. 49 ff.). 163 BGH v. 11.10.1999 = BGHZ 142, 382 = NJW 2000, 210; vgl. hierzu auch die zustimmenden Anmerkungen von Altmeppen, DB 1999, 2453, 2454; Hennrichs, WuB II A. §302 AktG 2.00; J. Hoffmann, NZG 2001, 205, 206; Spindler, LM Nr. 12, §302 AktG 1965; zustimmend auch Zöllner, in Baumbach/Hueck 17. Aufl. Anh. GmbH-Konzernrecht Rn. 78. 164 BGH v. 11.10.1999 = BGHZ 142, 382 = NJW 2000, 210. 165 Kleindiek, ZGR 2001, 479, 486. 166 Kleindiek, ZGR 2001, 479, 487. 167 Kleindiek, ZGR 2001, 479, 491. 168 Ob durch die Insolvenzeröffnung über das Vermögen insbesondere der herrschenden Gesellschaft ein Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag automatisch endet, ist umstritten; die herrschende Meinung nimmt dies an (grundlegend BGH v. 14.12.1987 = BGHZ 103, 1, 6 f. = NJW 1988, 1326; weitere Nachweise bei Emmerich, in Emmerich/Habersack §297 Rn. 52 ff. sowie bei Trendelenburg, NJW 2002, 647 ff.); gute Gründen sprechen indes gegen eine Weiterführung der Rechtsprechung des BGH v. 14.12.1987 = NJW 1988, 1326, nach dem unter der Konkursordnung von einer automatischen Beendigung auszugehen war, da die Insolvenzordnung die Voraussetzungen, unter denen ein Unternehmen fortgeführt werden kann, gesenkt

§ 2: Die Haftung im

Vertragskonzern

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lanz aufzustellen, da anderenfalls das herrschende Unternehmen die Möglichkeit hätte, durch vorzeitige Beendigung des Vertrages während des Verlaufs eines schlechten Geschäftsjahres sich der Verpflichtung der Ü b e r n a h m e der letztlich von ihm verursachten Schäden zu entziehen 1 6 9 . Ein etwaig sich hieraus ergebender Fehlbetrag ist auszugleichen 1 7 0 . Entsprechendes gilt, wenn die abhängige Gesellschaft im Laufe eines Geschäftsjahres aufgelöst wird 1 7 1 . H i e r ist auf den Tag der Auflösung eine Schlussbilanz aufzustellen. Umstritten ist dabei allerdings die B e handlung der sogenannten Abwicklungsverluste. Hierunter versteht man die U n terbilanz, die sich nach Auflösung der Gesellschaft bei der Abwicklung ergibt 1 7 2 . Zwar ist eine Auflösung aufgrund der Insolvenz der abhängigen Gesellschaft solange nicht denkbar, als das herrschende Unternehmen solvent ist, wenn man der auch hier vertretenen Auffassung folgt, dass das herrschende Unternehmen die Insolvenz des abhängigen Unternehmens gerade abwenden muss 1 7 3 . Allerdings kann die Auflösung einer Gesellschaft auch andere Gründe haben. F ü r diese Fälle bleibt es aber bei dem Streit, o b sich die Ausgleichspflicht auch auf etwaige A b w i c k lungsverluste der abhängigen Gesellschaft erstreckt. Während die bislang wohl überwiegende Ansicht eine Ü b e r n a h m e dieser Verluste ablehnt, da diese nicht mit dem auf eine werbende Tätigkeit zielenden G e w i n n - und Verlustbegriff der §§ 301 ff. A k t G vergleichbar seien und nach Auflösung der abhängigen Gesellschaft die herrschende Gesellschaft auch keinen Anspruch mehr auf Gewinnabund sich damit deutlich für den Versuch einer Sanierung der Gesellschaft unter erleichterten Anforderungen ausgesprochen hat. Wird ein Unternehmen aber saniert, verliert ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag auch nicht seinen Sinn (so zu Recht Trendelenburg, NJW 2002, 647, 649 m.w.N.; zur Gegenansicht vgl. Emmerich, in Emmerich/Habersack § 297 Rn. 52 ff. m.w.N.); zur Frage, ob eine abhängige Gesellschaft überhaupt bei Beachtung des § 302 AktG insolvent werden kann, vgl. zudem sogleich unten S. 35 ff. 169 Auch diese Ansicht war früher umstritten, vgl. nun aber BGH v. 14.12.1987 = B G H Z 103, 1, 9; BGH v. 19.9.1988 = B G H Z 105, 168, 182; Emmerich/Sonnenschein/Habersack, in FS Hefermehl S.283, 292 f, 304; Hüffer, 7. Aufl., §20 V 3; Hengeler/Hoffmann-Becking, AktG § 302 Rn. 13; Koppensteiner, in KK § 302 Rn. 18; Krieger, in Münchner Hdb. GesR Bd. 4, §70 Rn.33; Kaiser, Recht der Kapitalgesellschaften, 3. Aufl., §54 Rn. 53; K. Schmidt, in Konzernrechtstage S. 107, 121 f.; H. Wilhelm, Die Beendigung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages (1976), S. 48 ff.; a.A. noch Meister, WM 1976, 1182, 1184; Pelzer, AG 1975, 309,311. 170 BGH v. 14.12.1987 = BGHZ 103, 1,9 ff. ausführlich Altmeppen, in MK zum AktG § 302 Rn. 23 ff. m.w.N. 171 Nach h.M. hat die Auflösung einer Vertragspartei, jedenfalls in der Mehrzahl der Fälle, auch gleichzeitig die Beendigung eines Unternehmensvertrages zur Folge (a.A. etwa Koppensteiner, in KK §297 Rn. 26 ff.; §302 Rn. 19, der nur einen Kündigungsgrund aus wichtigem Grund annimmt, wobei nach Koppensteiner aber auch die Schlussbilanz mit dem Auflösungsstichtag zu erstellen ist; vgl. zum Ganzen auch Altmeppen, in MK zum AktG § 302 Rn. 16 ff.). Zumindest für den Fall der Auflösung der abhängigen Gesellschaft macht der Unternehmensvertrag aber tatsächlich keinen Sinn mehr, weshalb in diesem Fall von seiner Beendigung auszugehen ist (vgl. insoweit auch Emmerich, in Emmerich/Habersack § 297 Rn. 51 m.w.N.; differenzierend allerdings für den Fall der Auflösung der herrschenden Gesellschaft Emmerich, a.a.O. §297Rn. 50 f.). 172 Emmerich, in Emmerich/Habersack § 302 Rn. 39. 173 Ausführlich Altmeppen, in MK zum AktG § 297 Rn. 117 ff.

34

Kapitel I: Die gesetzlichen Regelungen zur Haftung

führung bzw. auf Leitung der aufgelösten Gesellschaft habe 1 7 4 , wird zunehmend eine Ubernahmepflicht jedenfalls insoweit bejaht, wie die Verluste aufgrund einer negativen Uberlebensprognose von vornherein in die Abwicklungseröffnungsbilanz aufzunehmen sind 1 7 5 . Begründet wird dies damit, dass andernfalls das herrschende Unternehmen seinen Einfluss dazu benutzen könnte, die Auflösung der abhängigen Gesellschaft herbeizuführen, um so der weiteren Verlustausgleichspflicht zu entgehen. Auch wird auf die Gefahr der Umgehung des § 303 A k t G hingewiesen. Maßgebend für eine Einbeziehung der Abwicklungsverluste spricht, dass das Gesetz auf den „sonst entstehenden Jahresfehlbetrag" abstellt und dieses „Entsteh e n " nach den Bilanzierungsregeln des H G B und den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung bestimmt werden muss. Somit gilt zwar grundsätzlich das Stetigkeitsgebot (§ 252 Abs. 1 Nr. 6 H G B ) , nach § 252 Abs. 1 Nr. 2 H G B ist allerdings nur dann von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit

auszugehen,

wenn dem nicht tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten entgegenstehen. Sprechen aber die Umstände für eine negative Fortführungsprognose, so muss die B e wertung unter Veräußerungsgesichtspunkten und unter Berücksichtigung der A b wicklungskosten vorgenommen werden 1 7 6 , womit ein Jahresfehlbetrag regelmäßig in erheblichem U m f a n g erhöht wird 1 7 7 . Dies gilt nicht nur bei der Auflösung der abhängigen Gesellschaft, sondern auch bei der Beendigung eines Unternehmensvertrages aus anderem Grund, wenn offensichtlich ist, dass das bislang abhängige Unternehmen aufgrund der bisherigen Einbindung in den K o n z e r n auf dem Markt allein nicht mehr bestehen können wird 1 7 8 . Zwar entsteht der aufgrund einer negativen Fortführungsprognose ermittelte Jahresfehlbetrag erst mit dem Ende der Vertragslaufzeit, und § 302 A k t G spricht von einem ansonsten „während der Vertragsdauer" entstehenden Jahresfehlbetrag. Auch das Ende der Vertragslaufzeit ist aber noch Teil der Vertragslaufzeit. Die B e endigung des Unternehmensvertrages ist somit bei der nach § 252 Abs. 1 Nr. 2 H G B vorzunehmenden Prognose zu berücksichtigen, da für diese die Verhältnisse am Abschlussstichtag maßgebend sind 1 7 9 und die Beendigung des Unternehmensvertrages mit dem Abschlussstichtag zusammenfällt. Zu Recht wird in diesem Zu-

174 Koppensteiner, in KK, 2. Aufl. § 302 Rn. 19; Mertens, ZGR 1984, 542, 552; ebenso Ceßler, in Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff §302 Rn. 15; Hengeler/Hoffmann-Becking, in FS Hefermehl S.283, 293 f.; Lwowski/Groeschke, WM 1994, 613, 615 f.; BFHE 90, 370 =WM 1968, 409; offengelassen in BGH v. 19.9.1988 = BGHZ 105, 168, 183. 175 Altmeppen, in MK §302 Rn.27ff.; ders., DB 1999, 2453, 2456; Meister, WM 1976, 1182, 1186 f.; Peltzer, AG 1975, 309,311 ;Raiser, Recht der Kapitalgesellschaft, 3. Aufl., § 54 Rn. 55; K. Schmidt, ZGR 1983, 513, 531 ff.; Wilhelm, Beendigung S. 55; weitere Nachwiese bei Emmerich, in Emmerich/Habersack § 302 Rn. 39. 176 Adler/Düring/Schmaltz, § 252 HGB Rn. 32 ff. 177 Weif Müller, in FS für Kropff S. 517, 524. 178 Altmeppen, in MK zum AktG §302 Rn.39ff.; Weif Müller, in FS für Kropff S.518, 524 ff.; Noack, Gesellschaftsrecht Rn. 730; K. Schmidt, ZGR 1983, 513, 532 f. 179 Adler/Düring/Schmaltz, § 252 HGB Rn. 21; Budde/Geißler, in Beck Bilanz-Kommentar § 252 Rn. 12; Schulze-Osterloh, in Baumbach-Hueck, 17 Aufl. § 42 Rn. 244.

$ 2: Die Haftung

im Vertragskonzern

35

sammenhang auch darauf hingewiesen, dass der Zeitpunkt, zu dem die Entstehung eines Aufwands oder Ertrags verursacht wurde, nicht mit dessen bilanzieller Berücksichtigung übereinstimmen muss 180 , auch wenn insoweit bislang weitgehend nur Beispiele für Verluste gebildet wurden, die vor Beginn eines Unternehmensvertrages verursacht wurden, aber dennoch bei der Berechnung des Jahresfehlbetrages nach § 302 AktG berücksichtigt werden mussten 181 . Damit darf aber, wenn Zweifel an der Uberlebensfähigkeit des bislang abhängigen Unternehmens nach Beendigung des Vertrages bestehen, nicht zu fortgeführten Buchwerten bewertet werden. Der letzte Verlustausgleichsanspruch ist in einem solchen Fall vielmehr auf der Basis von Zerschlagungswerten zu berechnen (§ 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB), was im Übrigen auch dem Vorsichtsprinzip des § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB entspricht, nachdem grundsätzlich geprüft werden muss, ob sich an der Bewertung eines Vermögensgegenstandes deshalb etwas ändert, weil ein Unternehmensvertrag wegfällt 1 8 2 . Anderenfalls wäre die vormals abhängige Gesellschaft eine juristische Sekunde nach Beendigung des Beherrschungsvertrages überschuldet, wobei dann die Bewertung des Vermögens auf jeden Fall zu Zerschlagungswerten erfolgen muss 183 . In diesem Fall würde aber der Verlustausgleich seine Funktion verfehlen, die darin zu sehen ist, dass der Gesellschaft zumindest bilanziell dasjenige Vermögen erhalten bleibt, welches ihr zu Beginn des Vertrages zustand. Eine denkbare Stützung anderer Bewertungsgrundsätze auf die Ausnahmeregelung des § 252 Abs. 2 HGB ist vor dem Hintergrund des soeben Gesagten sodann nicht notwendig 1 8 4 . Dass eine derartige Fortführungsprognose teilweise schlicht als „wenig seriöses Prognosespielchen" abgelehnt wird 1 8 5 , kann die Richtigkeit dieser Überlegungen nicht tangieren 186 . c) Der Anspruch auf

Abschlagszahlungen

Soweit während des Bestehens eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages ein Verlustausgleich zu spät käme, da zu diesem Zeitpunkt über das Unternehmen bereits das Insolvenzverfahren eröffnet wäre, ist entgegen der wohl noch 180 Weif Müller, in FS für Kropff S. 517, 522, 525 unter Bezugnahme auf Geßler, in Geßler/ Hefermehl/Eckhardt/Kropff §302 Rn. 11, der im Zusammenhang mit Entstehungsursachen, die vor Beginn des Vertrages liegen, darauf hinweist, dass, wenn der Verlust nach HGB auszuweisen ist, der Verursachung i.S. einer strengen Kausalität nicht weiter nachgegangen werden muss. 181 Weif Müller, in FS für Kropff S. 517, 522 nennt als Beispiele etwa Drohverlustrückstellungen bei schwebenden Verträgen und vergessenen Passiva. 182 Weif Müller, in FS Kropff S. 517, 527. 183 Altmeppen, Die Haftung des Managers im Konzern (1998), S. 8, 24; vgl. auch bereits K. Schmidt, in ZGR 1983, 511, 533. 184 Adler/Düring/Schmaltz, § 252 HGB Rn. 107 nennen als begründete Ausnahmefälle auch die Einbeziehung bzw. Entlassung aus einem Konzernverbund, die wesentliche Veränderung in der Gesellschafterstruktur, den Wechsel des Managements, soweit damit eine Änderung der unternehmerischen Konzeption einhergeht, sowie eine grundlegend andere Einschätzung der Unternehmensentwicklung. 185 Mertens, ZGR 1984, 5542, 552. 186 So auch Weif Müller, in FS Kropff S. 517, 525.

Kapitel I: Die gesetzlichen Regelungen zur Haftung

36

herrschenden Auffassung 1 8 7 im Interesse des umfassenden Schutzes der Lebensfähigkeit der abhängigen Gesellschaft bereits während eines laufenden Geschäftsjahres ein Anspruch auf Abschlagszahlungen auf den am Ende des Geschäftsjahres fällig werdenden Verlustausgleich zu verlangen 1 8 8 . Zwar kann ein Anspruch auf Zahlung eines Jahresfehlbetrages regelmäßig erst entstehen, wenn ein ausgleichspflichtiger Fehlbetrag vorliegt, was grundsätzlich erst am Bilanzstichtag als Ende der maßgebenden Periode feststellbar ist 1 8 9 . Dieser Grundsatz kann allerdings dann nicht gelten, wenn aufgrund der Verluste das Ende der Periode gar nicht erreicht werden kann, da die Zahlungsunfähigkeit droht. In diesem Fall steht während der laufenden Periode fest, dass ein Jahresfehlbetrag existiert, unsicher ist nur noch die H ö h e . D a m i t ist es für diesen Fall aber auch gerechtfertigt, eine A b schlagszahlung zu verlangen, da anders dem Zweck der Regelung nicht Rechnung getragen werden kann, die darauf abzielt, während der Dauer des Beherrschungsvertrages die Existenzfähigkeit des abhängigen Unternehmens aufrechtzuerhalten 1 9 0 . Solange der Verlustausgleichsanspruch werthaltig ist, besteht während der D a u e r eines Beherrschung- oder Gewinnabführungsvertrages dann aber auch kein G r u n d zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens 1 9 1 . Eine von einem bevorstehenden Bilanzverlust unabhängige Pflicht zur „stetigen und unverzüglichen" Liquiditätsausstattung der abhängigen Gesellschaft im Vertragskonzern, wie sie vereinzelt gefordert wird, lässt sich dem Zweck des G e setzes bzw. einer mit dem Unternehmensvertrag einhergehenden Erhaltungs- und Schutzpflicht allerdings nicht entnehmen 1 9 2 . Zwar ist richtig, dass der Gesetzgeber bei der Regelung der Verlustausgleichspflicht offensichtlich die Vorstellung verfolgt hat, die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft auf diesem Wege erhalten zu k ö n nen. A u c h hatte man bereits vor Inkrafttreten des Aktiengesetzes von 1965 bei den damals bekannten Unternehmensverträgen eine Vorschusspflicht nach § 669 B G B bzw. einen Aufwendungsersatzanspruch nach § 670 B G B angenommen 1 9 3 . D e m mit der Regelung verfolgten Zweck, den Bestand der abhängigen Gesellschaft für die Zeit des Bestehens des Beherrschungsvertrages zu sichern, kann aber durch eine unterjährige Verlustdeckung, die auf den späteren periodischen Verlustausgleichsanspruch angerechnet wird, ausreichend Rechnung getragen werden. Eine

Krieger, in Münchner Hdb. GesR Band 4 § 70 Rn. 60 m.w.N. Altmeppen, §297 in MK zum AktG §297 Rn. 117 ff.; Emmerich/Sonnenschein/Habersack, 7. Aufl. §20 V 5; Priester, ZIP 1989, 1301, 1307f.; zurückhaltend aber BGH v. 19.9.1988 = BGHZ 105, 168, 184 = NJW 1988, 3143 = WM 1988, 1525, 1530. 189 Koppensteiner, in KK § 302 Rn. 26. 190 Altmeppen, in MK zum AktG § 302 Rn. 36; Emmerich/Sonnenschein/Habersack, 7. Aufl. §20 V 5; Priester ZIP 1989, 1301, 1307; auch K. Schmidt will das Periodizitätsprinzip bei zwingenden Gründen in den Hintergrund treten lassen (K. Schmidt, ZGR 1983, 513, 521 f.). 191 Altmeppen, DB 1999,2453, 2456. 192 A.A. Kleindiek, Strukturvielfalt (1991), S. 173 ff., 319, der dies unter dem Hinweis befürwortet, der abhängigen Gesellschaft sei die eigenverantwortliche Liquiditätsversorgung im Vertragskonzern unmöglich oder zumindest stark erschwert; vgl. dens., auch in ZGR 2001, 479, 494. 193 Kleindiek, Strukturvielfalt (1991), S. 185 ff., 191. 187 188

§2: Die Haftung

im Vertragskonzern

37

darüber hinaus gehende Pflicht, einen „unabhängig von der konkreten Ursache drohenden Liquiditätsengpass" der abhängigen Gesellschaft unverzüglich auszugleichen 194 als Ausdruck einer „unternehmerischen Mitverantwortung" 1 9 5 , entspricht indes nicht der Systematik des Gesetzes und ist zur Erreichung des gesetzgeberischen Ziels auch nicht erforderlich 1 9 6 . Demgegenüber zeigt der Anspruch auf Abschlagszahlung bei drohender Zahlungsunfähigkeit auf den zu erwartenden Verlustausgleich 197 einen Weg auf, der, ohne das Schutzsystem des Aktiengesetzes zu verlassen, die Intention des Gesetzgebers verwirklichen kann 1 9 8 . d) Existenzsicherung

nach

Vertragsbeendigung

N a c h Beendigung des Beherrschungsvertrages steht der abhängigen Gesellschaft grundsätzlich kein Anspruch gegen das Mutterunternehmen mehr zu. Zwar besteht durchaus die Gefahr, dass die abhängige Gesellschaft aufgrund der vorherigen Einbindung in das Konzerngefüge auf sich allein gestellt nicht mehr überlebensfähig ist, da sie mittlerweile der Substanz beraubt wurde oder aufgrund nicht vorgenommener, aber notwendig gewesener Investitionen auf dem Markt nicht mehr konkurrenzfähig ist 199 . Indes war auch dem Gesetzgeber bewusst, dass das Zurückstellen der Interessen der abhängigen Gesellschaft zugunsten von Konzernbelangen 2 0 0 es nach Vertragsbeendigung „zweifelhaft" erscheinen lässt, „ob sie (die abhängige Gesellschaft) auf sich gestellt noch lebensfähig ist" 201 . Gerade deshalb wurde die Regelung des § 303 Abs. 1 A k t G geschaffen, die das herrschende U n t e r n e h m e n verpflichtet, den Gläubigern der abhängigen Gesellschaft nach Beendigung eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrages f ü r ihre vor der Beendigung begründeten Forderungen Sicherheit zu leisten 202 . Zwar hat der B G H in seinem „Gervais" - Urteil 2 0 3 die Auffassung vertreten, dass der Beherrschungsvertrag vom Fortbestand der abhängigen Gesellschaft ausgehe und den herrschenden Unternehmensgesellschafter verpflichte, „deren Exis194

So Kleindiek, Strukturvielfalt (1991), S. 319 f. Kleindiek, Strukturvielfalt (1991), S. 192, versteht das Gebot zum Liquiditätsschutz auch als Konkretisierung der grundsätzlichen Pflicht zur ordnungsgemäßen Konzerngeschäftsführung; ob eine Pflicht zur Konzernleitung besteht, soll an späterer Stelle noch erörtert werden (vgl. unten S. 395 f.). 196 Gegen eine Pflicht zur fortlaufenden Liquiditätszufuhr auch Koppensteiner, in KK § 302 Rn. 8; Lwowski/Groeschke, W M 1994, 613, 615 m.w.N. 197 Altmeppen, Die Haftung des Managers im Konzern (1998), S. 8, 23; Emmerich/Habersack, Aktienkonzernrecht § 302 Rn. 41, Priester, ZIP 1989,1301, 1306 ff. 198 Vgl. oben S. 35 f. 199 Altmeppen, Die Haftung des Managers im Konzern (1998), S. 6; Emmerich/Sonnenschein/Habersack, 7. Aufl. §20 I 2, wo in Fn. 6 darauf aufmerksam gemacht wird, dass vielen dieses Problem erstmals Anfang 1997 bewusst wurde, als Philips den Unternehmensvertrag mit Grundig beendete. 200 Regierungsbegründung abgedruckt bei Kropff, Vorbemerkung zum Dritten Buch S. 374. 201 Regierungsbegründung abgedruckt bei Kropff, Vorbemerkung zum Dritten Buch S. 392 f. 202 Regierungsbegründung abgedruckt bei Kropff, Vorbemerkung zum Dritten Buch S. 392 ff. 203 B G H v. 5.2.1979 = NJW 1980, 231. 195

38

Kapitell:

Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

tenz f ü r die Gegenwart zu erhalten und f ü r die Z u k u n f t zu sichern". Soweit es die Existenzerhaltung f ü r die Z u k u n f t betrifft, wird dem allerdings zu Recht entgegen gehalten, dass nur die Existenzsicherung während der Vertragsdauer den berechtigten Erwartungen der Beteiligten entspricht und auch der Gesetzgeber, wie die Ausführungen der Regierungsbegründung zeigen, nicht eine Existenzsicherung f ü r die Zeit nach Vertragsbeendigung begründen wollte 204 . D e m Regelungskonzept der §§ 302, 303 A k t G ist nur zu entnehmen, dass die abhängige Gesellschaft nach Beendigung des Vertragskonzerns bilanziell mit der gleichen Substanz ausgestattet sein soll, wie sie zur Beginn des Vertrages bestanden hat 205 . Daher ist auch eine Verpflichtung zur Vereinbarung einer Wiederaufbauhilfe abzulehnen 2 0 6 , zumal zu Beginn eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages noch gar nicht absehbar ist, wie am Ende der Beherrschungszeit die konkrete „Wiederaufbauhilfe" aussehen sollte 207 . Abgesehen davon wäre solch eine Regelung auch bereits praktisch kaum durchsetzbar, da das herrschende U n t e r n e h m e n regelmäßig über die Mehrheit in der Hauptversammlung verfügt, die über den Vertrag beschließt (§ 293 AktG). Damit ist freilich noch nicht beantwortet, inwieweit Maßnahmen zulässig sind, die nach Vertragsbeendigung den Bestand der Gesellschaft aller Voraussicht nach gefährden. Diskutiert wird in diesem Zusammenhang etwa ein Verbot zum A b z u g stiller Reserven 208 , da die Möglichkeit hierzu als wichtigster G r u n d dafür angesehen wird, w a r u m der mit den §§ 300, 301 A k t G bezweckte Schutz der Substanz der abhängigen Gesellschaft häufig nicht erreicht wird 2 0 9 . Das Gesetz enthält insoweit keine Aussage. Insbesondere ist §301 A k t G nicht anwendbar 2 1 0 . Eben hieraus wird aber ganz überwiegend der Schluss gezogen, dass auch vorvertragliche stille

204

Ulmer, A G 1986, 123, 126. Vgl. n u r R e g i e r u n g s b e g r ü n d u n g a b g e d r u c k t bei Kropff S. 375. 206 Teilweise w i r d eine Pflicht des Vorstandes der abhängigen Gesellschaft ( v e r b u n d e n mit einem e n t s p r e c h e n d e n A n s p r u c h auf Schadensersatz bei Z u w i d e r h a n d l u n g ) a n g e n o m m e n , bei Vertragsschluss, „an die Zeit nachher zu d e n k e n u n d e n t w e d e r Weisungen auszuschließen, die die A u f n a h m e des eigenständigen Betriebes erschweren o d e r der Gesellschaft die nötige Ü b e r gangshilfe sichern" (Geßler; in G e ß l e r / H e f e r m e h l v o r § 300 Rn. 6; vgl. auch H. Wilhelm, Die Beendigung des Beherrschungs- u n d G e w i n n a b f ü h r u n g s v e r t r a g e s (1976), S. 116, z u r „Wiedera u f b a u h i l f e " insb. S. 119 ff.; Kleindiek, Strukturvielfalt (1991), S. 203 ff.). 207 Altmeppen, Die H a f t u n g des Managers im K o n z e r n (1998), S. 7; auch Zöllner, Z G R 1992, 173, 186 ff. lehnt eine Verpflichtung z u r A u f n a h m e von Regelungen, die die Existenzfähigkeit der Gesellschaft sicherstellen sollen, schon mit Rücksicht auf nicht prognosefähige E n t w i c k l u n gen w ä h r e n d der Laufzeit des Vertrages ab. 208 Vgl. Grüner, Die Beendigung v o n G e w i n n a b f ü h r u n g s - u n d Beherrschungsverträgen (2001), Teil II; z u s t i m m e n d Emmerich I Sonnenscheini Habersack, § 2 0 III 2; teilweise wird auch verlangt, dass der Vorstand f ü r die A u f n a h m e von Regelungen sorgt, die die Gesellschaft vor d e m A b z u g stiller Reserven s c h ü t z t (Hommelhoff, Die K o n z e r n l e i t u n g s p f l i c h t (1982), S. 309 ff.; ebenso Geßler, in G e ß l e r / H e f e r m e h l § 3 0 1 R n . 2 0 f f . ; Meilicke, D B 1974, 417; Sonnenschein, Z G R 1981, 429, 438 f). 209 Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 20 III 2. 210 Emmerich, in E m m e r i c h / H a b e r s a c k § 301 Rn. 19. 205

§ 2: Die Haftung

im

Vertragskonzern

39

Reserven während des Bestehens eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages jederzeit aufgelöst werden können 2 1 1 . D e m ist grds., ausgehend von der jetzigen Gesetzeslage, auch zuzustimmen, allerdings unter der Einschränkung, dass die Substanz der Gesellschaft nicht in einer Weise angegriffen wird, die ihren Bestand gefährdet. Während der Dauer des Vertrages ist die Bestandserhaltungspflicht des herrschenden Unternehmens, wie gesehen 2 1 2 , bereits dem Regelungssystem des Gesetzes selbst zu entnehmen 2 1 3 . Hieraus folgen aber auch Schranken hinsichtlich der Einflussnahmebefugnisse der herrschenden Gesellschaft. Für Weisungen und Maßnahmen, die nach Beendigung der Verlustausgleichspflicht die Uberlebensfähigkeit der Gesellschaft bedrohen, ergeben sich Schranken des Weisungsrechts aus der mitgliedschaftlichen Treuepflicht eines Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft. Die Treuepflicht eines Gesellschafters verbietet, wie an späterer Stelle noch ausführlich zu zeigen sein wird 2 1 4 , diesem - unabhängig von dem konkreten Gesellschaftszweck - Einflussnahmen, die den Bestand der Gesellschaft gefährden, da deren Existenz notwendige Voraussetzung jeder Zweckverfolgung ist 2 1 5 . Fehlt es allerdings an einer Gesellschafterstellung, können Weisungen, die den Bestand der Gesellschaft nach Beendigung des Vertrages bedrohen, soweit sie nicht gegen das Gesetz, die Satzung oder den Vertrag verstoßen, nur dann als unzulässig angesehen werden, wenn es sich um evidente Missbrauchsfälle handelt 2 1 6 . Formuliert wurden mit dem Vorstehenden freilich nur Grenzen der Einwirkungsbefugnisse. Eine Pflicht, die abhängige Gesellschaft unabhängig hiervon aktiv konkurrenzfähig zu erhalten bzw. ihre Konkurrenzfähigkeit wiederherzustellen, kann aus alledem nicht abgeleitet werden, zumal damit Investitionen für die herrschende Gesellschaft einhergehen könnten, die dieser schlechterdings unzumutbar wären und ihre eigene Konkurrenzfähigkeit am Markt gefährden könnte 2 1 7 . Eine andere Frage ist es aber, ob eine bestehende Konzernintegration nicht aufrechterhalten werden muss, wenn die Tochtergesellschaft erkennbar ohne diese nicht mehr selbständig existieren kann 2 1 8 . Wie an späterer Stelle noch ausführlich zu behandeln sein wird, ergibt sich aus der mitgliedschaftlichen Treuepflicht eines Gesellschafters - unabhängig vom Zweck der Gesellschaft - eine Pflicht, die Exis-

2 1 1 B G H v. 20.5.1997 = B G H Z 135, 374 = N J W 1997, 2242; Emmerich, in Emmerich/Habersack § 301 Rn. 19; Hüffer, AktG § 301 Rn. 4 jeweils m.w.N. 2 1 2 Vgl. auch Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 23 V 4c m.w.N. 2 1 3 Vgl. bereits oben S. 36. 2 1 4 Die Treuepflichten eines Gesellschafters entfalten ihre volle Bedeutung vor allem im Bereich des GmbH-Rechts, weshalb die grundsätzliche Diskussion um die Begründung und die Reichweite der Treuepflichten vor allem auch dort vorgenommen werden soll. 2 1 5 Vgl. hierzu noch ausführlich unten S. 275 f. 216 Emmerich/Sonnensckein/Habersack, Konzernrecht § 23 V 4c. 2 1 7 Zur Wiederaufbauhilfe vgl. auch noch unten S. 300. 2 1 8 Für den faktischen Konzern formuliert auch Limmer, Die Haftungsverfassung des faktischen GmbH-Konzerns (1992), S. 122, ein Verbot zur Aufhebung einer bestehenden Konzernintegration, wenn die Muttergesellschaft ansonsten ihre Tochter in die für sie existenzvernichtende Freiheit entließe.

40

Kapitel I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

tenz der Gesellschaft nicht zu gefährden. Geht mit der Beendigung des Unternehmensvertrages eine Existenzgefährdung einher, kann die herrschende Gesellschaft aufgrund dieser Pflicht daher daran gehindert sein, den Vertrag zu beenden. Dass der Gesetzgeber, der um die Treuepflichten im Kapitalgesellschaftsrecht noch nicht wusste 2 1 9 , die Aufhebungsmöglichkeit des Vertrages nicht beschränkt hat, steht dem nicht entgegen 220 . Vielmehr gilt es, die Vorschriften des Gesetzes vor dem Hintergrund der heutigen Erkenntnisse auszulegen. Allerdings ist die Bestandserhaltungspflicht eines herrschenden Gesellschafters nicht schrankenlos. Das Recht zur Auflösung einer Gesellschaft wird hierdurch nicht tangiert 2 2 1 . Ist die erforderliche Mehrheit hierfür allerdings nicht zu erreichen 2 2 2 , kann das herrschende U n t e r n e h m e n nicht zu einer andauernden Fortsetzung des Unternehmensvertrages gezwungen werden. Die würde dem Telos der gesetzlichen Regelung, der von der grundsätzlichen Aufhebbarkeit der Unternehmensverbindung ausgeht, widersprechen.

III. Sicherheitsleistung

nach

Vertragsbeendigung

Da die Verlustübernahmepflicht mit Beendigung des Vertrages ebenfalls ihr Ende findet, gilt es, Gläubiger zu schützen, die vor Vertragsende ihre Ansprüche gegen die abhängige Gesellschaft begründet haben, denen aber die Verlustübernahmeverpflichtung nicht mehr zugute k o m m e n kann, da ihre Ansprüche erst nach Vertragsbeendigung fällig werden. Aus diesem G r u n d bestimmt § 303 A k t G , dass das herrschende U n t e r n e h m e n im Falle der Beendigung eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages den Gläubigern der abhängigen Gesellschaft Sicherheit zu leisten hat, wenn ihre Forderungen begründet worden sind, bevor die Eintragung der Beendigung des Vertrages in das Handelsregister nach § 10 H G B als bekannt gemacht gilt und sich die Gläubiger 6 Monate nach der Bekanntmachung der Eintragung zu diesem Zweck bei dem herrschenden U n t e r n e h m e n melden. Worauf die Beendigung beruht, ist irrelevant. Ausgenommen hiervon sind nach § 303 Abs. 2 A k t G lediglich bestimmte Gläubiger, die bereits über die notwendige Sicherheit verfügen.

219

Vgl. unten S. 68. Anders wohl Hüffer, A k t G § 296 Rn. 5, der meint, die gesetzliche Entscheidung sei so hinzunehmen, da dem Gesetzgeber die Problematik um die Existenzgefährdung bewusst gewesen sei; nicht bewusst waren ihm allerdings die heutigen Erkenntnisse um die Treuepflicht eines herrschenden Gesellschafters (vgl. ausführlich unten S. 274 ff.). 221 Vgl. unten S. 276. 222 Wie bereits oben hervorgehoben wurde, muss der aufgrund eines Beherrschungsvertrages herrschende Gesellschafter keineswegs Mehrheitsgesellschafter der abhängigen Gesellschaft sein. 220

5 2: Die Haftung

1) Gesicherte

im

Vertragskonzern

41

Forderungen

Da es nur auf den Zeitpunkt der Forderungsbegründung vor Bekanntmachung der Vertragsbeendigung ankommt, nicht aber auf die Fälligkeit, werden auch bedingte und befristete Forderungen erfasst 223 . Gewisse Probleme bereitet in diesem Zusammenhang die Frage, inwieweit f ü r Ansprüche aus Dauerschuldverhältnissen Sicherheit zu leisten ist, die vor dem genannten Zeitpunkt begründet wurden 2 2 4 . Hier taucht die aus dem Personengesellschaftsrecht bekannte Frage auf, ob mit dieser Regelung eine Endloshaftung geschaffen wurde, zumal § 303 A k t G nicht in den Anwendungsbereich des Nachhaftungsbegrenzungsgesetzes einbezogen wurde 225 . Der B G H hat f ü r den Fall einer Verschmelzung festgestellt, dass der künftig fällig werdende Gesamtbetrag die Obergrenze des zu sichernden Betrages darstellen müsse, wobei das konkret zu ermittelnde Sicherungsinteresse allerdings dahinter zurück bleiben könne 2 2 6 . N a c h anderer Auffassung wird im Interesse der Rechtssicherheit in Analogie zu §§ 26,160 H G B f ü r eine Einführung der F ü n f j a h resfrist plädiert 227 . Ein Bedürfnis zur Haftungsbegrenzung besteht insbesondere bei unbefristeten Dauerschuldverhältnissen ohne Zweifel. Eine Endloshaftung würde der Muttergesellschaft ein unüberschaubares und unzumutbares Haftungsrisiko aufbürden. Aus diesem G r u n d ist das Interesse der Muttergesellschaft an einer Beendigung ihrer H a f t u n g mit den Interessen der Gläubiger abzuwägen 2 2 8 . Schutzwürdig ist ein Gläubiger damit aber nur insoweit, wie er mit dem Bestehen des Schuldverhältnisses rechnen konnte. Da aber ein Gläubiger grundsätzlich mit der ordentlichen Kündigung eines Vertragspartners rechnen muss, ist auch sein schutzwürdiges Sicherungsinteresse durch diese Kündigungsmöglichkeit der abhängigen Gesellschaft begrenzt. Die Rechtslage entspricht derjenigen des § 159 Abs. 3 H G B in der Fassung vor Inkrafttreten des Nachhaftungsbegrenzungsgesetzes, weshalb es auch sachgerecht erscheint, sich an die hierzu entwickelte Lehre in Rechtsprechung und herrschendem Schrifttum anzulehnen 2 2 9 . Damit sind aber auch nur diejenigen Ver223

Im Grundsatz unstreitig: vgl. nur Hiiffer, A k t G § 303 Rn. 2; Koppensteiner, in KK § 303

Rn.8. 224 Hierunter fallen auch die Ausgleichsansprüche, die eine Enkelgesellschaft gegenüber der Tochtergesellschaft in einem mehrstufigen Vertragskonzern hat, weshalb bei Beendigung des Unternehmensvertrages zwischen der Mutter- und der Tochtergesellschaft auch die Enkelgesellschaft berechtigt ist, von der Muttergesellschaft Sicherheiten zu verlangen. 225 Im Hinblick darauf wird die Rechtslage hier auch als offen bezeichnet vgl. Altmeppen, in MK zum A k t G § 303 Rn. 27; Emmerich/Sonnenschein/Habersack, 7. Aufl. § 20 VI 2c; Hiiffer, A k t G §303 Rn. 3. 226 B G H v. 18.3.1996 = N J W 1996, 1539, 1540 unter Bezugnahme auf § 22 U m w G ; für eine Orientierung an dem konkret zu bestimmenden Sicherungsinteresse des Gläubigers auch O L G Frankfurt v. 16.2.2000 = A G 2001,139 = N Z G 2000, 933. 227 Emmerich/Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht §20 VI 2; Jaeger, DB 1996, 1069, 1070 f.; Habersack, in FS Koppensteiner, S. 31, 37 ff. 228 Vgl. insoweit die Rspr. zu § 159 Abs. 3 H G B a.F.: B G H v. 19.5.1983 = B G H Z 87, 286, 290 ff. = N J W 1984, 833, B G H v. 19.5.1983 = N J W 1983, 2940, 2941; vgl. auch Baumbach/ Duden/Hopt, 28. Aufl. § 128 Anm. 5 B m.w.N. 229 Altmeppen, in MK zum AktG § 303 Rn. 31.

42

Kapitel I: Die gesetzlichen Regelungen zur Haftung

bindlichkeiten aus dem unbefristeten Dauerschuldverhältnis zu sichern, die bis zur nächsten ordentlichen Kündigungsmöglichkeiten entstehen. Bei befristeten Dauerschuldverhältnissen ist demgegenüber Sicherheit für den Gesamtbetrag der künftig fällig werdenden Forderungen zu leisten 2 3 0 . N i c h t zu folgen ist demgegenüber der Ansicht, nach der die § § 2 6 , 160 H G B analog heranzuziehen sind. Hätte der Gesetzgeber dies gewollt, hätte er den § 303 A k t G im Rahmen des Nachhaftungsbegrenzungsgesetzes entsprechend ändern können. Gegen eine analoge Anwendung spricht aber auch die Interessenlage. So gibt es gerade bei vertraglich verbundenen Gesellschaften Kreditgeber, die im Vertrauen auf die Solvenz der Muttergesellschaft langfristige Kredite gewähren, deren Rückzahlung aber nicht innerhalb der Fünfjahresfrist geschuldet wird. D i e Regelung des § 303 A k t G hat aber gerade ihren G r u n d in dem Misstrauen gegen die Überlebensfähigkeit der abhängigen Gesellschaft nach Beendigung des U n t e r n e h mensvertrages, weshalb ein Sicherungsbedürfnis auch über die Fünfjahresfrist hinaus bestehen kann 2 3 1 .

2)

Anspruchsinhalt

Inhaltlich richtet sich der Anspruch nach §§ 232 ff. B G B . Das herrschende Unternehmen kann den Anspruch aber auch dadurch erfüllen, dass es eine Bürgschaftserklärung abgibt (§ 303 Abs. 3 A k t G ) . Kontrovers diskutiert wird allerdings die Frage, o b die Gläubiger statt der Sicherheitsleistung auch direkte Zahlung vom herrschenden Unternehmen verlangen können, wenn die abhängige Gesellschaft vermögenslos geworden ist 2 3 2 . D e r B G H hat dies zunächst für den Fall des qualifiziert faktischen Konzerns unter Bezugnahme auf den Grundsatz von Treu und Glauben bejaht 2 3 3 . Diese Rechtsprechung wurde sodann auch auf den Fall der B e endigung eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages übertragen 2 3 4 . In der Tat macht ein Anspruch der Gläubiger gegen das herrschende Unternehmen auf Sicherheitsleistung gemäß § 303 Abs. 1 A k t G keinen Sinn, wenn der Ausfall bei der abhängigen Gesellschaft sicher ist und kein Insolvenzverfahren mehr durchgeführt wird 2 3 5 . Entsprechend § 322 A k t G verwandelt sich daher in einem solchen Fall der Anspruch auf Sicherheitsleistung in einen direkten Zahlungsanspruch gegen das herrschende Unternehmen. Gegen einen solchen direkten Haftungsan230 Vgl. auch Altmeppen, in MK zum AktG §303 Rn. 32 im Anschluss an BGH v. 18.3.1996 = NJW 1996, 1539, 1540. 231 Altmeppen, in MK zum AktG 5 303 Rn. 30. 232 Hierfür etwa Emmerich/Sonnenschein/Habersack, 7. Aufl., Konzernrecht, §20 VI 5; Hüffer, AktG, § 303 Rn. 7; Stimpel, in FS Goerdeler S. 601, 617. 233 BGH v. 16.9.1985 = BGHZ 95, 330, 347; BGH v. 19.9.1988 = BGHZ 105, 168, 183; BGH v. 23.09.1991 = B G H Z 115, 187, 200; BGH v. 11.11.1991 = BGHZ 116, 37, 42. 234 Emmerich, in Emmerich/Habersack § 303 Rn. 24; Hüffer, AktG § 303 Rn. 7; Koppensteiner, in KK § 303 Rn. 15 jeweils m.w.N.; vgl. auch OLG Frankfurt v. 16.2.2000 = AG 2001, 139. 235 Emmerich/Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht, 7. Aufl. § 20 VI 5; Hommelhoff, EWiR 1985, 885, 886; Koppensteiner, in KK § 303 Rn. 15; Ulmer, in Hachenburg, 8. Aufl. Anh. §77 Rn. 173.

§ 2: Die Haftung im

Vertragskonzern

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spruch kann auch nicht geltend gemacht werden, dass der Gesetzgeber mit der in § 303 Abs. 1 A k t G angeordneten Pflicht zur Sicherheitsleistung eine Zahlungspflicht als weitergehende Rechtsfolge ausschließen wollte 2 3 6 . Vielmehr sollte dem Schwebezustand Rechnung getragen werden, wie er bei Ablauf eines Beherrschungsvertrages besteht. D a die Gläubiger von dem herrschenden Unternehmen vollwertige Sicherheiten verlangen können, erleidet dieses in solch einem Fall auch keinen Nachteil 2 3 7 . Allerdings ist ein unmittelbarer Anspruch nur dann zu bejahen, wenn der Ausfall endgültig feststeht 2 3 8 . Dies ist aber nur der Fall, wenn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der abhängigen Gesellschaft mangels Masse abgelehnt, das Verfahren aus diesem G r u n d eingestellt oder die Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöscht wurde 2 3 9 . Ansonsten bleibt es bei dem Grundsatz, dass die vom Gesetz vorgegebene Konzerninnenhaftung nicht im Wege der „Auslegung" zu einer Konzernaußenhaftung umgewandelt werden darf 2 4 0 . Teilweise wird dem unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts 2 4 1 sowie die Regelungen in § 773 Abs. 1 Nr. 3 B G B und § 43 I n s O allerdings entgegengehalten, maßgebend könne nicht die Beendigung des Insolvenzverfahrens sein, sondern nur dessen Eröffnung, und zwar auch dann, wenn die Gesellschaft, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, noch Verlustausgleichsansprüche gegen das herrschende Unternehmen hat 2 4 2 . D u r c h die genannten Regelungen würde gezeigt, dass der K o n k u r s der klassische Sicherungsfall sei, was auch gelten müsse, wenn der Sicherungsnehmer ein solcher i.S.d. § 303 A k t G ist. Richtig ist, dass bei der Bürgschaft nach § 773 Abs. 1 Nr. 3 B G B die Einrede der Vorausklage entfällt, wenn über das Vermögen des Hauptschuldners das Insolvenzverfahren eröffnet wurde und der Gläubiger sich nicht aufgrund eines Pfandrechts oder Zurückbehaltungsrechts befriedigen kann (§ 773 Abs. 2 B G B ) 2 4 3 . Steht So Werner in FS Goerdeler S. 677, 684 ff., zustimmend Gätsch S. 166. Vgl. nur Ulmer, in Hachenburg, 8. Aufl., Anh. § 77 Rn. 174. 238 Emmerich/Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht, 7. Aufl. §20 VI 5; Koppensteiner; in KK § 303 Rn. 15; vgl. auch Hüffer, AktG § 303 Rn. 7 m.w.N. 239 Emmerich, in Emmerich/Habersack § 303 Rn. 24 m.w.N., wobei Emmerich zwar darauf hinweist, dass der Ausfall „endgültig" feststehen muss, sodann aber meint, dass auch die Insolvenzeröffnung ausreichen soll, da dann „für den Regelfall bereits seine Inanspruchnahme feststeht" (Rn. 25). 240 Emmerich/Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht, 7. Aufl. §20 VI 5; Hüffer, AktG § 303 Rn. 7 m.w.N. 241 RGv. 21.3.1881 = R G Z 4, 123, 124. 242 Altmeppen, in MK § 303 Rn. 43 ff. 243 Auch die Entscheidung des RG v. 21.3.1881 = R G Z 4, 123 beruhte auf einem Bürgschaftsfall; zwar gab es damals die Regelung des § 773 Abs. 1 Nr. 3 BGB noch nicht, allerdings war eine Ausnahme von der Regel, dass der Bürge, „in zweiter Linie" haftet, anerkannt, wenn der Schuldner abwesend war und nicht in angemessener Frist erreicht werden kann; diesen Fall hielt das RG mit dem Konkurs des Hauptschuldners wegen der langen Dauer des Verfahrens für vergleichbar. 236 237

44

Kapitel I: Die gesetzlichen Regelungen zur

Haftung

dem Bürgen die Einrede der Vorausklage nach § 773 BGB bzw. 349 HGB nicht mehr zu, greift auch § 43 InsO 244 , da dann ein Fall vorliegt, bei dem mehrere Personen nebeneinander für dieselbe Leistung auf das Ganze haften 245 . Auch wenn im Grundsatz ein Sicherungsgeber nicht neben dem Schuldner haftet, sondern nur dann, wenn die Schuld (endgültig) nicht beglichen wird 2 4 6 , spricht dieser Befund insoweit für die vorgenannte Argumentation. Auf der anderen Seite sind neben diesen allgemeinen Grundsätzen für den Fall der Insolvenz eines Schuldners die prinzipiellen Wertungen des Gesellschafts- und Insolvenzrechts zu beachten, das sich grundsätzlich für eine Innenhaftung bzw. für den geregelten Ablauf eines Insolvenzverfahrens in der Hand eines Insolvenzverwalters ausgesprochen hat, wenn es um den Fall der Geltendmachung von Ansprüchen der Gläubiger der Gesellschaft gegen deren Gesellschafter geht. Dementsprechend wurde in diesem Zusammenhang auch schon früh für eine analoge Anwendung des § 171 Abs. 2 HGB plädiert 247 . Im Konkurs der abhängigen GmbH solle entsprechend der Wertung dieser Vorschrift, das herrschende Unternehmen Zahlung zur Abdeckung von Sicherungen lediglich zur Masse schulden 248 . Dem ist die Rechtsprechung mit der Argumentation entgegengetreten, dass für eine Analogie zu § 171 Abs. 2 HGB im Rahmen des § 303 AktG kein Raum sei 249 . Für den Fall des Konkurses bestehe nur der Anspruch auf Sicherheitsleistung, solange der Ausfall nicht feststehe. Stehe er aber fest, dann könnten die Sicherheiten auch verwertet werden. In Fortführung dessen wird vielfach die Auffassung vertreten, dass auch während eines laufenden Insolvenzverfahrens ein direkter Zahlungsanspruch bestehen müsse, soweit absehbar ist, dass ein Gläubiger mit seiner Forderung ausfallen wird 2 5 0 . Angeführt wird gegen eine entsprechende Anwendung des § 171 Abs. 2 HGB auch, es gehe insoweit nicht darum, „ein der Höhe nach begrenztes, den Gläubigern haftendes Vermögen ... dem Zugriff einzelner Gläubiger zu entziehen", sondern um eine unbeschränkte Haftung für Forderungen, mit deren Ausfall im Konkursverfahren der abhängigen Gesellschaft zu rechnen ist 251 . Der Hinweis auf die unbegrenzte Haftung kann aber zumindest nach Einführung des dem Vorbild des § 171 Abs. 2 HGB folgenden § 93 InsO nicht mehr tragend sein. Nach dieser Vorschrift werden alle Ansprüche wegen persönlicher Haf244 § 43 InsO ist grundsätzlich als insolvenzrechtlichen Entsprechung zu § 421 BGB zu verstehen (vgl. nur Schuhmacher, in Wimmer (Hrsg.) InsO, §43 Rn. 1), nach ganz herrschenden Meinung wird diese Regelung überdies aber auch etwa dann analog angewandt, wenn es um die Sachmithaftung massefremder Gegenstände handelt (Vgl. nur K. Schmidt, in Kilger, KO, 16. Aufl. § 68 Anm. 4 m.w.N. bzw. für § 43 InsO, Weis, in Hess/Weis/Wienberg, § 43 Rn. 11). 245 Kuhn/ Uhlenhruck, KO, 11. Aufl. § 68 Rn. 1 (§ 43 InsO entspricht vollumfänglich der früheren Regelung in § 68 KO). 246 Vgl. nur Bülow, Recht der Kreditsicherheiten Rn. 1. 247 Assmann, JZ 1986. 928, 937; K. Schmidt, ZIP 1986,146,147; Wiedemann, ZGR 1986, 656, 667. 248 Assmann, JZ 1986, 928, 937. 249 BGH v. 23.09.1991 = B G H Z 115, 187, 190 f = N J W 1991, 2142, 2145 (Video). 250 OLG Frankfurt a.M. v. 16.2.2000 = AG 2001, 139, 140 Emmerich, in Emmerich/Habersack § 303 Rn. 25; Emmerich/Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht § 20 VI 5 m.w.N. 251 OLG Frankfurt a.M. v. 16.2.2000 = AG 2001, 139, 141.

5 2: Die Haftung

im

Vertragskonzern

45

tung eines Gesellschafters f ü r die Verbindlichkeiten einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit in der Weise in das Insolvenzverfahren einbezogen, dass diese Ansprüche während des Verfahrens der alleinigen Einziehungsbefugnis des Insolvenzverwalters unterliegen. Die persönliche H a f t u n g der Gesellschafter soll ebenso wie die H a f t u n g im Falle eines Gesamtschadens (§ 92 InsO) der Gesamtheit der Gläubiger zugute kommen. Dies beruht auf dem Gedanken, dass die Erlangung von Sondervorteilen durch die Ermöglichung eines gesonderten Zugriffs auf das Vermögen des persönlichen Gesellschafters verhindert werden soll. Folgerichtig zieht die Rechtsprechung diese Regelung f ü r den Ausnahmefall einer direkten H a f t u n g eines Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft f ü r Gesellschaftsschulden analog heran 2 5 2 . Zwar spricht der Wortlaut der Regelung nur von Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit bzw. Kommanditgesellschaften auf Aktien 2 5 3 . Bereits der Regierungsbegründung zu §105 RegE InsO 2 5 4 (entspricht nun § 9 3 InsO) ist aber zu entnehmen, dass der Gesetzgeber die Vorschrift auf alle Gesellschaftsformen angewandt wissen wollte, bei denen die Gesellschafter persönlich haften. Hieraus sowie aus dem Zweck der Vorschrift, der in erster Linie in der Gleichbehandlung der Gläubiger liegt 255 , wird zu Recht der Schluss gezogen, dass der Anwendungsbereich der Regelung über den vom Wortlaut abgesteckten A n wendungsbereich hinausgezogen werden muss 256 . Die gleichen Wertungen gelten aber auch f ü r den Fall, dass die herrschende Gesellschaft eine Pflicht zur Sicherheitsleistung nach § 303 A k t G hat und der Ausfall bereits während eines laufenden Insolvenzverfahrens feststeht. Auch hier ist ein geregelter Verfahrensablauf auf das auch nicht unbeschränkte Vermögen der herrschenden Gesellschaft zur Vermeidung eines Gläubigerwettlaufs geboten 2 5 7 . D e m 252 LG Hildesheim v. 16.1.2001 = D S t R 2001, 1447 = Z I n s O 2001, 474 (für den Fall einer Vermögensvermischung); zustimmend Haas/Holla, DStrR 2001, 1447; für eine entsprechende Anwendung des § 93 InsO auf die GmbH-Durchgriffshaftung auch Gottwald-Haas, Insolvenzrechtshandbuch §92 Rn. 271; K. Schmidt, Z G R 1996, 209, 217; a.A. Kühler/PrüttingNoack, Gesellschaftsrecht Rn. 499. 253 Lüke, in Kübler/Prütting, InsO § 93 Rn. 11. 254 BT-Drs. 12/2443,139 f. 255 BT-Drs. 12/2443,139 f.; vgl. hierzu auch App, in Wimmer (Hrsg)., § 93 Rn. 1; zu weiteren Zwecken Oepen, ZIP 2000, 526, 533. 256 LG Hildesheim V. 16.1.2001 =DStR2001,1447,1448 = Z I n s O 2001,474; für eine Direkthaftung der Gesellschafter nur „außerhalb des Insolvenzverfahrens" auch der B G H im „KBV"Urteil v. 24.6.2002 = JZ 2002, 1047 = ZIP 2002, 1578 f ü r die vom ihm begründete Durchgriffshaftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs (vgl. hierzu Altmeppen, ZIP 2002, 1553, 1560 (Analogie zu § 93 InsO) sowie zum Ganzen unten S. 200 ff.); vgl. auch L A G Köln v. 20.6.2003 = ZIP 2003, 1893. 257 Die umstrittene Frage, ob § 93 InsO auch Ansprüche gegen einen Gesellschafter aufgrund einer rechtlich selbständigen eigenen Verpflichtung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft erfasst (dagegen die h.M. vgl. nun B G H v. 4.7.2002 = Z I P 2002, 1492, 1493; B F H ZIP 2002,179,180; Bitter, Z I n s O 2002, 557, 558 f.; Brandes, in MK § 93 Rn. 21; Habersack, in Staub, GK zum H G B § 128 Rn. 76, 80; K. Schmidt, Z G R 1996, 209, 217f.; Schmidt/Bitter, ZIP 2000, 1077, 1082; für eine Ausdehnung der Vorschrift zum Schutz der Gläubigergesamtheit demgegenüber Kesseler, Z I n s O 2002, 549; ders., ZIP 2002, 1974; Pelz, Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts in der Insolvenz (1999), S. 84 ff.; wohl auch Eickmann, H K - I n s O , 2. Aufl. §93 Rn.3), braucht hier nicht entschieden zu werden. Eine Zuweisung von Mithaftungsansprüchen gegen

46

Kapitel I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

e n t s p r e c h e n d ist a b e r a u c h d a n n , w e n n w ä h r e n d eines l a u f e n d e n I n s o l v e n z v e r f a h rens der A u s f a l l der G l ä u b i g e r bereits ganz o d e r teilweise f e s t s t e h t , die A u s f a l l h a f t u n g n u r v o m I n s o l v e n z v e r w a l t e r geltend zu m a c h e n . D i e M ö g l i c h k e i t einer d i r e k t e n I n a n s p r u c h n a h m e b e s t e h t nur, w e n n ein I n s o l v e n z v e r f a h r e n aus o b e n g e n a n n ten G r ü n d e n n i c h t ( m e h r ) d u r c h g e f ü h r t w i r d .

IV. Die Übertragbarkeit

der §§302, 303 AktG ins

GmbH-Recht

D i e f ü r d e n A k t i e n k o n z e r n k o n z i p i e r t e R e g e l u n g in d e n §§ 3 0 2 , 3 0 3 A k t G ist n a c h ganz ü b e r w i e g e n d e r A n s i c h t auf den B e h e r r s c h u n g s v e r t r a g m i t einer

GmbH

g r u n d s ä t z l i c h zu ü b e r t r a g e n 2 5 8 . Z w a r hat m a n i m R a h m e n der N o v e l l e des G m b H G e s e t z e s i m J a h r e 1 9 8 0 b e w u s s t ein b e s o n d e r e s K o n z e r n h a f t u n g s r e c h t n i c h t eing e f ü h r t 2 5 9 , s o n d e r n sich auf einige w e n i g e d r i n g l i c h e G e s e t z e s ä n d e r u n g e n

be-

s c h r ä n k t 2 6 0 . A l l e r d i n g s k a n n hieraus n o c h n i c h t g e s c h l o s s e n w e r d e n , dass der G e s e t z g e b e r diese M a t e r i e n i c h t f ü r r e g e l u n g s b e d ü r f t i g g e h a l t e n h a t 2 6 1 . A u c h das B V e r f G geht d a v o n aus, dass a u f g r u n d der B e s c h r ä n k u n g der G m b H - N o v e l l e v o n die Gesellschafter an die Insolvenzmasse ist nach der Gesetzesintention jedenfalls dann anzunehmen, wenn ein Gesellschafter oder Organmitglied den Haftungstatbestand gegenüber allen Gesellschaftsgläubigern verwirklicht hat. Ausgenommen werden nach der herrschenden Auffassung lediglich Ansprüche einzelner Gläubiger, insbesondere aufgrund rechtsgeschäftlicher Verpflichtung oder unerlaubter Handlung, da diese nur die Funktion haben, die Verluste des jeweiligen Anspruchsinhaber gegenüber der Gesellschaft auszugleichen ( B G H v. 4.7. 2002 = ZIP 2002, 1492, 1494). Dies ist nicht die Situation des §303 AktG. Hier geht es insbesondere auch nicht um den vom B G H angesprochenen Fall der persönlichen Sicherheitsgewährung (Bürgschaft) eines Gesellschafters für einen Gläubiger der Gesellschaft, der zur Erhaltung der Privatautonomie nicht dem § 93 InsO unterstellt werden sollte ( B G H a.a.O.), sondern um einen Anspruch auf Sicherheitsleistung, der allen Gläubigern der Gesellschaft zusteht. 2 5 8 Aus der Rechtsprechung vgl. zuletzt nur B G H v. 5.11.2001 = B G H WM 2002, 77, 78 = N J W 2002, 822; aus der Literatur: Emmerich/Sonnenschein/Habersack, 7. Aufl. § 34 IV 2; Emmerich, in Scholz, 9. Aufl., Anhang KonzernR Rn. 12; ders., in Entwicklungen im GmbH-Konzernrecht S. 81 ff.; Kleindiek, Strukturvielfalt (1991), S. 129 ff.; Kort, Der Abschluss von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen (1986), S. 146 ff.; Lutter/Hommelhoff, 15. Aufl. Anh. §13 Rn. 33; Ulmer, in Hachenburg, 8. Aufl., Anh. §77 Rn.208ff.; vgl. auch B G H v. 24.10.1988 = B G H Z 105, 324 = N J W 1989,295 = ZIP 1989, 29 m. Anm. Kort, B G H v. 30.01.1992 = N J W 1992, 1452; gegen eine Analogie allerdings Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), a.A. auch Bitter, ZIP 2001,265 ff.; ders., Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 360. 2 5 9 Der Regierungsentwurf eines GmbH-Gesetzes aus dem Jahre 1971 (RegE eines GmbH G und eines EG, BR-Drs. 595/71) sah noch die Einführung einer konzernrechtlichen Regelung vor, ebenso wie ein vom Bundesjustizministerium herausgegebener Referentenentwurf aus dem Jahre 1969. Beide Entwürfe richteten sich weitgehend an den konzernrechtlichen Vorschriften des Aktiengesetzes von 1965 aus. Sie sahen Regelungen für den Vertragskonzern und den faktischen Konzern vor, die den §§ 300 ff. und 311 ff. AktG entsprachen. Diese Vorschläge wurden nach erheblicher Kritik allerdings nicht verwirklicht (vgl. hierzu auch Gäbelein, G m b H R 1987, 221). 260 Limmer, Haftungsverfassung (1992), S. 3 m.w.N. 261 Ulmer, Z H R 148 (1984), 402 f.; Boujong, in FS Brandner, 25; a.A. Kleinert, in FS Helmrich S. 667 f.

§ 2: Die Haftung

im

Vertragskonzern

47

1 9 8 0 a u f e i n i g e w e s e n t l i c h e Ä n d e r u n g e n eine e i n d e u t i g e E n t s c h e i d u n g des G e s e t z g e b e r s g e g e n die H a f t u n g d e r K o n z e r n s p i t z e b e i m G m b H - K o n z e r n n i c h t e r k e n n b a r i s t 2 6 2 . A l l e r d i n g s d ü r f e n a u c h n i c h t p a u s c h a l alle a k t i e n r e c h t l i c h e n V o r s c h r i f t e n z u m V e r t r a g s k o n z e r n a u f die G m b H a n g e w e n d e t w e r d e n . V i e l m e h r m u s s i m E i n z e l n e n g e p r ü f t w e r d e n , o b die s t r u k t u r e l l e n U n t e r s c h i e d e z w i s c h e n A G u n d G m b H G e i n e r A n a l o g i e i m E i n z e l f a l l n i c h t e n t g e g e n s t e h e n 2 6 3 . E n t s c h e i d e n d ist j e w e i l s die V e r g l e i c h b a r k e i t d e r R e c h t s l a g e

1) Die zweckändernde Beherrschungs- und

Wirkung eines mit einer GmbH Gewinnabführungsvertrages

abgeschlossenen

E b e n s o w i e d e r A b s c h l u s s eines B e h e r r s c h u n g s - u n d G e w i n n a b f ü h r u n g s v e r t r a g e s m i t e i n e r A G h a t a u c h d e r A b s c h l u s s eines s o l c h e n V e r t r a g e s m i t e i n e r

GmbH

z w e c k ä n d e r n d e W i r k u n g . D i e s hat auch der B G H sehr deutlich z u m A u s d r u c k g e b r a c h t 2 6 4 . I n s b e s o n d e r e gilt dies a u c h d a n n , w e n n die h e r r s c h e n d e G e s e l l s c h a f t A l l e i n g e s e l l s c h a f t e r i n i s t 2 6 5 . Z w a r w i r d in d i e s e m F a l l das G e w i n n b e z u g s r e c h t a n derer Gesellschafter nicht berührt. A u c h besteht im G m b H - R e c h t grundsätzlich 262 BVerfG v. 20.8.1993 = ZIP 1993, 1307; dies hält Ehricke für methodisch unsauber; er geht davon aus, dass aufgrund der Nichtregelung der Gesetzgeber eine entsprechende Reglung nicht wollte (Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 332). Dies wäre aber nur dann zu bejahen, wenn der Gesetzgeber eine abschließende Regelung beabsichtigt hätte. Dagegen spricht aber die Begründung des Regierungsentwurfs zur Novelle 1980, die deutlich macht, dass nicht alle zu regelnden Fragen des GmbH-Rechts abschließend geregelt werden sollten (abgedruckt bei Deutler, Das neue GmbH-Recht in der Diskussion, (1981), S. 9). Zwar ist die Regierung, wie Ehricke zu Recht feststellt, nicht der Gesetzgeber; wird ihr Entwurf aber vom Gesetzgeber übernommenen, ist der Schluss nicht zu rechtfertigen, dass hier eine andere Intention bestand. Im Übrigen macht auch Ehricke darauf aufmerksam, dass auch, wenn keine planwidrige Lücke bestehe, eine gesetzesübergreifende Rechtsfortbildung statthaft ist, wenn sonst Probleme nicht erfassbar sind und damit ein unabweisbares Bedürfnis besteht (a.a.O. S. 333). 263 Emmerich/Sonnenschein/Habersack, 7. Aufl. § 3 2 II 2; Ulmer, in Hachenburg, 8. Aufl., § 7 7 Anh. Rn. 185. 2 6 4 „Der Unternehmensvertrag (ist) ein gesellschaftsrechtlicher Organisationsvertrag, der den rechtlichen Status der beherrschten Gesellschaft satzungsgleich insbesondere dadurch ändert, dass die Weisungskompetenz der Gesellschafterversammlung auf die herrschende Gesellschaft übertragen, der Gesellschaftszweck unter Aufhebung der unabhängigen erwerbswirtschaftlichen Teilnahme am Wirtschaftsverkehr bei einem in der Regel gleichbleibenden Unternehmensgegenstand am Konzerninteresse ausgerichtet und in das Gewinnbezugsrecht des Gesellschafters eingegriffen wird" ( B G H v. 30.1.1992 = N J W 1992, 1452 = Z I P 1992, 395, 398 m.w.N.). 2 6 5 B G H v. 24.10.1988 = B G H Z 105, 324, 331 = N J W 1989, 295, 296 (Supermarkt); B G H v. 30.1.1992 = N J W 1992,1452 = ZIP 1992, 395 (Siemens); für eine Anwendung der §§ 302 f. A k t G im Rahmen eines GmbH-Vertragskonzerns, wenn die abhängige G m b H eine Einpersonengesellschaft ist, auch B G H v. 5.11.2001 = W M 2002, 77 = N J W 2002, 822; a.A. Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 357 ff. m.w.N., der ein Eigeninteresse der Gesellschaft ablehnt und unter dieser Prämisse konsequent auch den Abschluss eines Beherrschungsvertrages nicht für erforderlich hält, um die Gesellschaft dem Konzerninteresse zu unterstellen. Allerdings ist der Ablehnung eines Eigeninteresses einer G m b H bereits vom Grundsatz her nicht zu folgen, weshalb der h.M. im Ergebnis zuzustimmen ist, wenn sie

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Kapitel I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

ein umfassendes Weisungsrecht der Gesellschafter, weshalb es bei einer Einmanngesellschaft bereits vor Abschluss eines Beherrschungsvertrages dem herrschenden U n t e r n e h m e n möglich ist, dem Geschäftsführer Weisungen zu erteilen 266 . Wie bereits ausgeführt, ist es aber nicht die A n k n ü p f u n g an die Leitungsmacht 2 6 7 , sondern die Unterstellung der Gesellschaft unter das Konzerninteresse, die es notwendig werden lässt, ihre vermögensmäßige Substanz zu schützen 2 6 8 . Im Übrigen sind auch im GmbH-Vertragskonzern die Kapitalerhaltungsvorschriften aufgehoben 269 . Zwar ist dies, anders als f ü r den Aktienvertragskonzern (vgl. § 291 Abs. 3 A k t G ) nicht ausdrücklich geregelt 270 . Indes kann hier nichts anderes gelten, da ansonsten das G m b H - V e r m ö g e n bei Abschluss eines Unternehmensvertrages bei gleicher Interessenlage ohne sachlichen G r u n d in weitergehenden U m f a n g geschützt wäre als das einer Aktiengesellschaft 2 7 1 . Die in der Literatur teilweise anzutreffende Auffassung, dass die Befugnisse des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft durch einen Beherrschungsvertrag nicht erweitert würden, weshalb es auch keiner Analogie zu den §§ 302, 303 A k t G bedürfe 2 7 2 , ist nicht nur f ü r die mehrgliedrige Gesellschaft nicht haltbar. Das Recht zu Weisungserteilung umfasst außerhalb eines Beherrschungsvertrages nicht auch das Recht, der Gesellschaft nachteilige Weisungen zu erteilen 273 . Erst durch die mit dem Abschluss des Beherrschungsvertrages einhergehende Unterstellung unter das Konzerninteresse ist diese Möglichkeit in Analogie zu § 308 A k t G eröffnet 2 7 4 . für die Ausrichtung auf das Konzerninteresses den Abschluss eines Beherrschungsvertrages verlangt. Zum Eigeninteresse einer Einmanngesellschaft vgl. ausführlich unten S. 220 ff. 266 Insoweit ist Altmeppen, in Roth/Altmeppen Anh. 13 Rn. 25 Recht zu geben, wenn er feststellt, dass die Möglichkeit des Alleingesellschafters, Weisungen direkt und nicht nur in Gestalt von protokollierungsbedürftigen Gesellschafterbeschlüssen (§ 48 Abs. 3 G m b H G ) geben zu können, als Vorteil kaum ins Gewicht fällt. 267 Vgl. hierzu bereits oben S. 15 f.; a.A. Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 350 ff. 268 Auch im G m b H Vertragkonzern wird der Sorgfaltsmaßstab des GmbH-Geschäftsführers analog §§ 308 Abs. 2, 310 A k t G modifiziert (vgl. Altmeppen, Die Haftung des Managers im Konzern (1998), S. 73; ders., in Roth/Altmeppen, 4. Aufl. Anh. § 13 Rn. 83; Ulmer, in Hachenburg Anh. § 77 Rn. 220). 269 Cahn, Kapitalerhaltung im Gesellschaftsrecht (1998), S. 87; Eschenbruch, Rn. 3191, 3377; Fleck, in FS 100 Jahre G m b H G S. 391, 395 f.; ders., Z G R 1990, 31, 47; ders., G m b H R 1993, 550, 553; Hommelhoff, W M 1984, 1105, 1110; Kahlert, Verdeckte Gewinnausschüttung an Nichtgesellschafter im Gesellschaftsrecht (1994), S. 245; Lutter, in FS Stiefel S. 505, 530 f. Westermann, in Scholz § 30 Rn. 9, 35; vgl. auch Schön, Z H R 159 (1995), 351, 373 m.w.N.; a.A. Brandes, in FS Kellermann S. 25, 33; Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 280 f.; Kiihbacher, Darlehen an Konzernunternehmen, Versicherung und Vertragsanpassung (1993), S. 50 ff.; Meister, WM 1980,390, 399 f.; Peltzer, G m b H R 1995,15,17; Sonnenhol/Stützle, DB 1979, 925, 927; Zöllner, in Baumbach/Hueck Anh. KonzernR Rn. 77; a.A. auch Bitter, ZIP 2001. 265, 276 f. 270 Für eine analoge Anwendung der §§291 ff. A k t G aber auch B G H v. 14.12.1987 = B G H Z 103,1, 6; B G H v. 19.9.1988 = B G H Z 105,168,183; B G H v. 11.11.1991 = B G H Z 116, 37 ff. 271 Westermann, in Scholz § 30 Rn. 9. 272 So Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 431. 273 Vgl. hierzu noch ausführlich unten S. 223 ff., 269. 274 Inwieweit nachteilige Weisungen in einer Einmanngesellschaft durch den Alleingesellschafter im Übrigen möglich sind vgl. unten S. 223 ff.

§ 2: Die Haftung

im

Vertragskonzern

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Eine Beschränkung der Weisungsmacht durch die Treuepflicht, w i e sie v o r A b schluss des Vertrages bestand, besteht in diesem Fall nicht mehr 2 7 5 . Dies gilt, wie im Rahmen der A u s f ü h r u n g e n u m die Haftung der herrschenden Gesellschaft im faktischen K o n z e r n noch im Einzelnen zu zeigen sein wird 2 7 6 , auch dann, w e n n in der Tochtergesellschaft keine Minderheitsgesellschafter existieren 2 7 7 . Dementsprechend bejaht der B G H unter Hinweis auf die Möglichkeiten, der abhängigen Gesellschaft fürderhin nachteilige Weisungen zu erteilen, auch f ü r die Einmanngesellschaft zu Recht den organisationsrechtlichen Charakter eines solchen Unternehmensvertrages, da die „unabhängige erwerbswirtschaftliche Teilnahme der abhängigen Gesellschaft am Wirtschaftsverkehr" f ü r die Dauer eines solchen Vertrags außer K r a f t gesetzt und die Tätigkeit der Gesellschaft am Konzerninteresse ausgerichtet wird 2 7 8 . Die Gesellschaft übernimmt eine dienende, am K o n z e r n i n teresse ausgerichtete Rolle 2 7 9 . Mit der Einordnung des Beherrschungsvertrages als organisationsrechtlicher Vertrag befindet sich der B G H in Übereinstimmung mit der nahezu einhelligen Auffassung in der Literatur zum GmbH-Vertragskonzernrecht 2 8 0 , die konsequent, im Hinblick auf den materiell satzungsändernden Charakter des Vertrages, den f ü r die Ermächtigung des Geschäftsführers zu seinem Abschluss 2 8 1 notwendigen Zustimmungsbeschluss der Gesellschafterversammlung der abhängigen G m b H 2 8 2 den GmbH-rechtlichen Vorschriften über Satzungsänderungen (§§ 53, 54 G m b H G ) unterwirft 2 8 3 . Im Hinblick auf seine zweckändernde W i r k u n g sowie die meist mit einem solchen Vertrag einhergehende Durchbrechung des Gleichbe275 Zu den Beschränkungen durch die Treuepflicht in einer nur faktisch konzernierten GmbH vgl. unten S. 274 ff. 276 Vgl. unten S. 220 ff. 277 A.A. Bitter, ZIP 2001, 265, 272 ff.; auch Zöllner; in Baumbach/Hueck Schlussanhang I, GmbH-Konzernrecht Rn. 35 geht davon aus, dass die Ausübung der Konzernmacht keiner Erlaubnis durch einen Beherrschungsvertrag bedarf; trotzdem geht er aber grundsätzlich von deren satzungsänderndem Charakter aus (Rn. 37a). 278 BGH v. 30.1.1992 = NJW 1992, 1452 = ZIP 1992, 395, 398. 279 Ulmer, in Hachenburg, 8. Aufl., § 53 Rn. 142. 280 Vgl. die umfangreichen Literaturnachweise in BGH v. 24.10.1988 = BGHZ 105, 324, 331; Decher, in MünchHbd GesR, Band 3, § 72 Rn. 4; Kleindiek, ZIP 1991, 1330,1334; Priester, ZGR 1996, 189, 193 f.; kritisch aber Gäbelein, GmbHR 1989, 502, 503. 281 Der Vertrag selbst bedarf nur der Schriftform ( A l t m e p p e n , in Roth/Altmeppen Anh. § 13 Rn.32; Zöllner, in Baumbach/Hueck, Schlussanhang I, GmbH-Konzernrecht Rn. 38); er wird wirksam, sobald er ins Handelsregister eingetragen wurde (zu den formalen Anforderungen im Einzelnen vgl. BGH v. 24.10.1988 = BGHZ 105, 324; ausführlich hierzu auch Ulmer in Hachenburg §53 Rn. 146 m.w.N.); einer Eintragung in das Handelsregister der herrschenden Gesellschaft bedarf es nicht (str., vgl. Lutter/Hommelhoff, Anh. § 13 Rn. 61 m.w.N.). 282 Auf Seiten der herrschenden Gesellschaft ist in Analogie zu § 293 Abs. 2 AktG ebenfalls die Zustimmung der Gesellschafterversammlung zu verlangen. Da es hier am satzungsändernden Charakter der sich aus dem Unternehmensvertrag für die herrschende Gesellschaft ergebenden Rechte und Pflichten fehlt, folgt die Erforderlichkeit des Zustimmungsbeschlusses aber nicht aus § 53 GmbHG {Zöllner, in Baumbach/Hueck, Schlussanhang I, GmbH-Konzernrecht Rn. 41 m.w.N.). 283 BGH v. 24.10.1988 = BGHZ 105, 324, 338; Koppensteiner, in Rowedder, 3. Aufl. Anh. § 52 Rn. 61; Ulmer, in Hachenburg § 53 Rn. 143 m.w.N.

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Kapitel

I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

handlungsgrundsatzes wird überwiegend - über die satzungsändernde Dreiviertelmehrheit des § 53 Abs. 2 GmbHG hinaus - für seine Wirksamkeit aber auch die Zustimmung aller an der Abstimmung nicht beteiligten oder überstimmten Gesellschafter gefordert 284 . Der Auffassung, die in Anlehnung an die Regelung für das Aktienkonzernrecht nur eine satzungsändernde Mehrheit verlangt 285 , ist eine Absage zu erteilen 286 . Im Aktienrecht hat man von der grundsätzlich auch dort für eine Änderung des Zwecks der Gesellschaft in Entsprechung zu § 33 Abs. 1 S. 2 BGB erforderlichen Zustimmung aller Mitglieder 2 8 7 - im Interesse der vom Gesetzgeber erwünschten Bildung von Vertragskonzernen - für Unternehmensverträge eine gesetzliche Ausnahme vorgesehen 288 , da in kapitalistisch ausgestalteten Gesellschaften die Zustimmung aller Gesellschafter nur schwer zu erlangen sein wird und der Gesetzgeber die Interessen der Minderheitsaktionäre anderweitig geschützt hat (vgl. §§ 304 ff. AktG) 2 8 9 . Im GmbH-Recht fehlen entsprechende Minderheitsschutzvorschriften nach Art der §§ 304 ff. AktG. Auch unter dem Gesichtpunkt der Rechtsklarheit und Rechtsicherheit ist hier die Zustimmung aller zu fordern 290 . Im Übrigen ist die GmbH, anders als die AG, in der Regel personalistisch ausgestaltet. In einer Gesellschaft aber, die auf die enge Verbundenheit ihrer Mitglieder gegründet ist, besteht auch kein entsprechendes sachliches Erfordernis, von dem Grundsatz der Zustimmung aller für eine Zweckänderung abzuweichen 291 . Verlangt man aber die Zustimmung aller, so erledigt sich auch die Bedeutung der Frage, ob das herrschende Unternehmen einem Stimmverbot nach

284 K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. §38 III 2 a; Ulmer, in Hachenburg § 53 Rn. 145; Zöllner, in Baumbach/Hueck, GmbHG, Schlussanhang I, GmbH-Konzernrecht, Rn. 39 jeweils mit w.N. 285 Esch, BB 1986, 272; Lutter/Hommelhoff, 15. Aufl. Anh. § 13 Rn. 54; Kort S. 109 ff.; Koppensteiner, in Rowedder, 3. Aufl. Anh. § 52 Rn. 55; Timm, ZIP 1986, 1387, wobei wiederum nach einzelnen Stimmen innerhalb dieser Auffassung dem herrschenden Unternehmen allerdings kein Stimmrecht zuerkannt wird; nicht mehr vertreten wird die zunächst von Timm, (BB 1981, 1493 f.) geforderte 9/10 Mehrheit (vgl. dens., GmbHR 1989, 13; GmbHR 1992, 215); der BGH hat diese Frage bislang offen gelassen BGH v. 24.10.1988 = BGHZ 105, 324. 286 Etwas anderes gilt nur, wenn ausnahmsweise die Zustimmung aller aufgrund einer konkreten Satzungsbestimmung entbehrlich ist (Emmerich, in Scholz, 9. Aufl. Anhang Konzernrecht Rn. 166). 287 H ü f f e r , AktG, 5. Aufl. §179 Rn. 33; Mülhert, Aktiengesellschaft (1996), S. 161, 234; Wiesner, in Münchner Hdb. GesR Band 4 § 9 Rn. 10; Zöllner, in KK § 179 Rn. 113; vgl. zu weiteren Nachweisen Tröger, Treupflicht im Konzernrecht (2000), S. 215 Fn. 3. 288 Ulmer, in Hachenburg, 8. Aufl., § 53 Rn. 143. 289 Zur Unternehmensbewertung unter Berücksichtigung des Börsenkurses in diesem Zusammenhang vgl. nun den Beschluss des BGH v. 12.3.2001 - (DAT/Atlanta) = DB 2001, 969 m. Anm. Meilicke/Heidel S. 973; allg. zum Streitstand hinsichtlich der Frage der Berücksichtigung des Börsenkurses bei der Bemessung von Abfindung und variablem Ausgleich im Unternehmensvertragsrecht vgl. auch Henze, in FS Lutter S. 1101 ff. 290 Ulmer, in Hachenburg, 8. Aufl., § 53 Rn. 143; hierfür auch Emmerich/Sonnenschein/ Habersack, § 32 II 3; Fleck, ZGR 1988, 104, 134; Priester, in Scholz § 53 Rn. 171; ders., in Hommelhoff u.a.(Hrsg.), Entwicklungen im GmbH-Konzernrecht S. 160; Schilling, ZHR 140 (1976), 535. 291 Vgl. auch Priester, in Hommelhoff u.a. (Hrsg.), Entwicklungen im GmbH-Konzernrecht S. 164.

§ 2: Die Haftung

im

Vertragskonzern

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§ 47 Abs. 4 G m b H G unterliegt 292 . Allerdings kann in Ausnahmefällen sich aus der Treuepflicht heraus die Pflicht ergeben, dem Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages zuzustimmen 2 9 3 . Dies wird man insbesondere dann annehmen müssen, wenn nur hierdurch das Uberleben der abhängigen Gesellschaft sichergestellt werden kann 2 9 4 .

2) Die Verlust üb ernahmepflicht

im

GmbH-Vertragskonzern

Die Verlustausgleichspflicht ist nach dem oben Gesagten als notwendiges Gegenstück der mit ihrer Ausübung verbundenen zulässigen Benachteiligung der beherrschten Gesellschaft zu verstehen 2 9 5 . Sie dient dem Schutz der G m b H , ihrer außenstehenden Gesellschafter und Gläubiger, indem sie die Aushöhlung der bilanzmäßigen Substanz der Gesellschaft verhindert 2 9 6 .

a) Umfang der Verlustausgleichspflicht Umstritten ist allerdings, ob bei Abschluss eines Beherrschungsvertrages mit einer G m b H im Hinblick auf den geringeren Schutzstandard der Kapitalerhaltungsvorschriften im G m b H - R e c h t die Verlustausgleichspflicht auf eine Stammkapitaldeckungspflicht zu beschränken ist. Während nach vielfacher Ansicht eine Begrenzung der Verlustausgleichspflicht grundsätzlich auch bei der G m b H nicht in Betracht kommt 2 9 7 , wird dem teilweise entgegen gehalten, im G m b H - R e c h t sei die 292 Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 32 II 3 b); diese Frage g e w i n n t n u r d a n n G e w i c h t , w e n n nach der Satzung ausnahmsweise n u r eine qualifizierte M e h r h e i t erforderlich ist. F ü r diesen Fall sind allerdings auch die §§ 304 f. A k t G analog h e r a n z u z i e h e n (vgl. auch Zöllner, in B a u m b a c h / H u e c k Schlussanhang I, G m b H - K o n z e r n r e c h t Rn. 47). F ü r einen Stimmrechtsausschluss der h e r r s c h e n d e n Gesellschaft ist in einem solchen Fall allerdings ebenso wenig wie im A k t i e n r e c h t R a u m (so zu Recht die h.M. vgl. n u r Emmerich, in Scholz, 9. Aufl., A n h a n g K o n zernrecht Rn. 157, Koppensteiner, in R o w e d d e r , A n h . § 52 R n . 54; Krieger, D S t R 1992, 432, 435; Lutter/Hommelhoff\ 15. Aufl. A n h . § 1 3 R n . 3 8 ; Ulmer, in H a c h e n b u r g , 8. Aufl. § 5 3 Rn. 144 m.w.N.; a.A. Altmeppen, in R o t h / A l t m e p p e n , A n h . § 13 Rn. 40; Zöllner, in B a u m b a c h / H u e c k , Schlussanhang I, G m b H - K o n z e r n r e c h t Rn. 40 m.w.N.). D e r gegenteiligen M e i n u n g wird zu Recht entgegengehalten, dass die A b s t i m m u n g allein der Minderheitsgesellschafter den Z w e c k der Regelung ins Gegenteil v e r k e h r e n w ü r d e . A u c h k a n n ein solcher Beschluss nicht einer materiellen Beschlusskontrolle dergestalt u n t e r w o r f e n w e r d e n , dass der Beherrschungsvertrag im Interesse der Gesellschaft liegen muss (so Timm BB 1981, 1495; Lutter/Hommelhoff, 14. Aufl. A n h . 13 Rn. 44; anders n u n aber Lutter/Hommelhoff 15. Aufl., A n h . § 13 Rn. 64; ablehnend auch Koppensteiner, in R o w e d d e r , A n h . § 52 Rn. 56 m.w.N.), da d u r c h den Beherrschungsvertrag der Z w e c k der Gesellschaft geändert w i r d ( z u m Z u s a m m e n h a n g zwischen Z w e c k u n d I n teresse der Gesellschaft vgl. eingehend n o c h u n t e n S. 244 ff.). 293 K. Schmidt, G e s R § 38 III 2 a). 294 Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 32 II 3 b) m.w.N.; vgl. auch Ulmer, in H a c h e n b u r g § 5 3 Rn. 146. 295 Z u r Vereinbarung der V e r l u s t ü b e r n a h m e als Voraussetzung der steuerlichen O r g a n schaft (§§ 14, 17 S.2 N r . 2 KStG) vgl. B G H v. 30.9.1999 = N J W 2000, 69; z u m Verhältnis der Verlustausgleichspflicht nach Steuer- u n d K o n z e r n r e c h t ausführlich Walter, G m b H R 1999, 1017 ff. 296 B G H v. 14.12.1987 = B G H Z 103, 1, 10. 297 Brandner, in H e i d e l b e r g e r K o n z e r n r e c h t s t a g e S. 207,215; Geitzhaus, G m b H R 1989, 397,

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Kapitel I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

Vermögensbindung, anders als bei der AG, weitgehend disponibel 298 . Im Hinblick darauf sei aber auch die Verlustausgleichspflicht aus § 302 A k t G im Sinne einer Stammkapitaldeckungspflicht zu begrenzen 299 . Damit sei aber die Ubernahmepflicht auf den Ausgleich einer sonst entstehenden Unterbilanz unter Einschluss einer etwaigen Uberschuldung zu beschränken 300 . Im Übrigen könne das herrschende Unternehmen den Ausweis sonstiger Verluste durch Auflösung freier Rücklagen aber vermeiden, auch wenn diese bereits vor Vertragsschluss gebildet wurden. Im Rahmen dieser Ansicht wird teilweise allerdings wiederum danach differenziert, ob man es mit einer E i n m a n n - G m b H oder einer mehrgliedrigen Gesellschaft zu tun hat 301 . N u r bei Ersterer bzw. bei Einverständnis aller Gesellschafter dürfe die Verlustausgleichspflicht an der Grenze der bilanziellen Deckung des Stammkapitals ihr Ende finden 3 0 2 . Anderes müsse aber für den Fall gelten, dass dem nicht zustimmende Minderheitsgesellschafter existierten 303 . Ansonsten würden die Interessen der Minderheitsgesellschafter verkürzt, weshalb es in diesem Fall grundsätzlich bei der Übernahmepflicht in der in § 302 Abs.l A k t G geregelten H ö h e bleiben müsse 304 . b)

Stellungnahme

Die unterschiedlichen Ansichten, die hier vertreten werden, haben ihren Ausgangspunkt in der unterschiedlichen Sichtweise, mit der die Regelung der Verlustausgleichspflicht an sich begründet wird. Versteht man diese nur als „Verlängerung der Kapitalerhaltungsvorschriften", wäre sie in der Tat zumindest bei der Ein405,406; Joost, in Heidelberger Konzernrechtstage S. S. 133, 140; Kleindiek, G m b H R 1992, 574, 582 f. Limmer, G m b H R 1992, 265, 272; Müller, in FS Koppensteiner S.277, 284 f.; Oser, W p G Sonnenschein/Holz1994, 312, 320; K. Schmidt, in Heidelberger Konzernrechtstage S. 109, 117; dorf, JZ 1992, 715, 719 f.; Wiedemann, Z G R 1986, 656, 667; wohl auch B G H v. 5.11.2001 = WM 2001,77,78. 298 Zöllner; in Baumbach/Hueck 17. Aufl. Anh. Konzernrecht Rn. 78. 299 Assmann, JZ 1986, 928, 936; Ebenroth, A G 1990, 188, 195; Ebenroth/Wilken, ZIP 1993, ZIP 1993, 558, 561 f.; Fleck, W M 1986, 1205, 1209 f.; Mayer, DStR 1992, 756, 760; Rehbinder, A G 1986, 85, 98; Reuter, Z H R 146 (1982), 1,21 -Schwark, JuS 1987,443, 450 f.; Ulmer, A G 1986, 123,129; Vonnemann, BB 1990,217,222; Ziegler, W M 1989,1941,1942 ff.; Zöllner, JZ 1992, 381, 383 f. 300 Ulmer, in Hachenburg Anh. § 77 Rn. 163. 301 Emmerich, in Scholz, Anhang Konzernrecht Rn. 188; Ulmer, in Hachenburg Anh. §77 Rn. 163 m.w.N. 302 Vgl. auch Zöllner, in Baumbach/Hueck 17. Aufl., Anh. Konzernrecht Rn. 78; Kropff, in FS Semler 1993, 517, 531; Altmeppen in Roth/Altmeppen, 4. Aufl., Anh. § 13 Rn. 75; Koppensteiner, in Rowedder, Anh. §52 Rn. 112; offen gelassen von B G H v. 20.2.1989 =. B G H Z 107, 7, 16 f. = N J W 1989, 1800; für die Personengesellschaft Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 475 f.; gegen eine solche Differenzierung etwa Ziegler, W M 1989, 1041, 1044; a.A. Kort, Der Abschluss von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen im GmbH-Recht (1986), S. 146; Hommelhoff, WM 1984, 1105, 1112f., Möhring, Schutz der Gläubiger einer konzernabhängigen G m b H (1992), S. 116. 303 Vgl. hierzu aber auch Altmeppen, in Roth/Altmeppen, 4. Aufl., Anh. § 13 Rn. 80, der darauf hinweist, dass diese Unterscheidung, wenn man richtigerweise für den Abschluss eines solchen Vertrages die Zustimmung aller verlangt, wenig relevant ist. 304 Ulmer, in Hachenburg Anh. § 77 Rn. 164 m.w.N.

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Vertragskonzern

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manngesellschaft auf eine Stammkapitaldeckungspflicht zu begrenzen 3 0 5 . Wie bereits oben festgestellt wurde, kann der Zweck der Verlustausgleichspflicht aber nicht hierauf reduziert wären. Die Verlustausgleichspflicht ist als Ausdruck der grundsätzlichen Verpflichtung zur Risikoübernahme infolge der Ausrichtung auf das Konzerninteresse und nicht nur als Verlängerung des Kapitalerhaltungsschutzes zu verstehen 3 0 6 . D e m Gesetzgeber ging es u m die Erhaltung der „bilanzmäßigen Substanz" der Gesellschaft 3 0 7 , und zwar nicht nur im Interesse der Minderheitsgesellschafter, sondern auch der Gläubiger. Der Hinweis auf die Vermögensbindung kann, wie bereits oben betont wurde 3 0 8 , schon deshalb nicht tragend sein, da bei Abschluss eines Beherrschungsvertrages mit einem Nichtgesellschafter gar keine Vermögensbindung existiert, die entfallen könnte 3 0 9 . Trotzdem schließt dies auch bei der A G nicht die Verlustausgleichspflicht aus 310 . Hinzuweisen ist auch nochmals darauf, dass der Verlustausgleich auch dann zu leisten ist, wenn der Verlust rein externe Ursachen hat 311 . Vor diesem Hintergrund kann die Außerkraftsetzung der Kapitalerhaltungsvorschriften allenfalls als ergänzender, keinesfalls aber als tragender G r u n d f ü r die Statuierung einer Verlustausgleichspflicht herangezogen werden. Dementsprechend kann aber auch der bei der G m b H bestehende geringere Kapitalschutz nicht die Reduzierung der Verlustausgleichspflicht begründen. Bejaht man die Analogie zu den §§ 302, 303 A k t G im Hinblick auf die gleiche Interessenlage im GmbH-Vertragskonzernrecht, ist es wenig überzeugend, mit dem Hinweis auf die „relevanten Unterschiede" zwischen A G und G m b H die f ü r die Begründung eines Verlustausgleichsanspruchs maßgeblichen Wertungen wieder beiseite zu schieben 312 . Sicher gibt es bei der Kapitalbindung zwischen A G und 305

O b für die mehrgliedrige Gesellschaft im Hinblick auf die mitgliedschaftliche Treuepflicht etwas anders gilt (vgl. so nun auch Emmerich, in Scholz Anhang Konzernrecht Rn. 188; zurückhaltender noch in der 8. Aufl. Anh. Konzernrecht Rn. 228 f.), hinge dann davon ab, welchen Inhalt man der Treuepflicht insoweit beimisst (vgl. hierzu ausführlich unten). 306 K. Schmidt, in Heidelberger Konzernrechtstage S. 109, 117. 307 Vgl. Regierungsbegründung abgedruckt bei KropffS. 375; mit dem Hinweis hierauf eine Beschränkung des Verlustausgleichs auf das Stammkapital auch bei der G m b H verneinend Möbring, Schutz der Gläubiger einer konzernabhängigen G m b H (1992), S. 116. 308 Vgl. oben S. 15 f. 309 Joost, in Heidelberger Konzernrechtstage S. 133, 140. 310 Vgl. bereits oben S. 16. 311 Joost, in Heidelberger Konzernrechtstage S. 133, 140; der Ansicht, dass f ü r die Globalhaftung kein Schutzstandard begründet werden könne, der in den zugrundeliegenden Einzelausgleichsansprüchen keine Grundlage findet (so Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 476) kann daher auch nicht gefolgt werden. Gleiches gilt, wenn darauf verwiesen wird, dass auf den über die Deckung des Stammkapitals hinausgehenden Betrag jederzeit bei einer Einmann-Gesellschaft wieder verzichtet werden könne (vgl. Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 476). Erkennt man in der Verlustausgleichspflicht die Konsequenz einer Risikoübernahme und nicht nur die Folge der Außerkraftsetzung der Kapitalerhaltungsvorschriften, ist auch § 302 Abs. 3 AktG hier analog anzuwenden (a.A. Stimpel, Z G R 1991, 159 unter Hinweis darauf, dass die Vermögensbindung bei der G m b H nicht wie bei der A G durch § 291 Abs. 3 A k t G außer Kraft gesetzt werde). 312 So aber Altmeppen, in Roth/Altmeppen, 4. Aufl., Anh. § 13 Rn. 76; für den Bereich des qualifiziert faktischen Konzerns, insoweit auf einen Wertungswiderspruch hinweisend auch Brandner, in Heidelberger Konzernrechtstage S. 207, 216.

54

Kapitel I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

G m b H relevante Unterschiede. Gerade diese sind aber f ü r die Begründung der Verlustausgleichspflicht nicht die tragenden.

V. Schadensersatzpflicht des herrschenden Unternehmens nach Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages Anerkanntermaßen k o m m t neben der Verlustübernahmepflicht auch ein Schadensersatzanspruch der abhängigen Gesellschaft gegenüber der herrschenden in Betracht 3 1 3 , wenn diese die vertraglichen und gesetzlichen Schranken des Weisungsrechts nicht einhält bzw. bei Erteilung von Weisungen nicht die Sorgfalt eines ordentlichen u n d gewissenhaften Geschäftsleiters beachtet 3 1 4 . Dies ist nicht nur f ü r den Vertragskonzern i.S.d. Aktiengesetzes, sondern auch f ü r den G m b H - V e r tragskonzern anerkannt. Bereits der Regierungsbegründung ist zu entnehmen, dass das herrschende U n t e r n e h m e n „nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen aufgrund des Vertrages" haftet, weshalb man auch eine besondere aktienrechtliche Regelung hierüber f ü r entbehrlich hielt 315 . Umstritten ist aber, ob der Anspruch auf Schadensersatz seine Grundlagen unmittelbar in § 309 A k t G i.V.m. § 31 BGB hat 316 , auf eine Analogie zu §309 A k t G zu stützen ist 317 oder als Vertragsverletzung (nun §280 Abs. 1 BGB, bislang pVV) anzusehen ist. Für den G m b H - K o n zern wird überdies auf die hier bestehende ausgeprägte Treuepflicht des herrschenden Unternehmens hingewiesen 3 1 8 . Anzumerken ist zunächst, dass dieser Streit seine Bedeutung weitgehend verloren hat, nachdem anerkannt ist, dass auf den Ersatzanspruch der abhängigen Gesellschaft gegen das herrschende U n t e r n e h m e n die Abs. 3 bis 5 des § 309 A k t G jedenfalls entsprechend anzuwenden sind 319 . Uberwiegend wird der Schadensersatzanspruch wohl auf eine Vertragsverletzung gestützt 3 2 0 , w o f ü r insbesondere die 313 Baumbach/Hueck, § 309 Rn. 1; Emmerich, in H o m m e l h o f f S. 78 f.; Emmerich, in Scholz, A n h a n g K o n z e r n r e c h t Rn. 189 f.; Koppensteiner, in KK § 3 0 9 Rn. 25; Mestmäcker, in Festgabe K r o n s t e i n S. 135 f.; Wiedemann, G e s R I, 350. 314 Betrachtet w e r d e n im F o l g e n d e n n u r die besonderen Schadensersatzsprüche des K o n zernrechts; bei unzulässiger A u s ü b u n g v o n Leitungsmacht kann i d e a l k o n k u r r i e r e n d neben der H a f t u n g nach § 309 A k t G aber u.a. auch eine Ersatzpflicht nach 117 A k t G in Betracht k o m m e n , da der H a f t u n g s a u s s c h l u s s des § 117 Abs. 7 N r . 2 A k t G die zulässige A u s ü b u n g von Leitungsmacht voraussetzt (vgl. n u r Hüffer, A k t G , 5. Aufl. § 309 Rn. 1 m.w.N.). 315 Vgl. R e g i e r u n g s b e g r ü n d u n g a b g e d r u c k t bei KropffS. 404 f. 316 Würdinger, in G K z u m A k t G § 309 Rn. 6 f. 317 Altmeppen, in R o t h / A l t m e p p e n A n h . § 13 Rn. 79; Beuthien, JuS 1970, 55; Mertens, A c P 168 (1968), 225, 228 f.; Ulmer, in FS Stimpel S. 705, 712. 318 Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 32 IV 3; Emmerich, in Scholz, A n h a n g K o n z e r n recht Rn. 189. 319 Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 2 3 VII 2 a); Emmerich, in E m m e r i c h / H a b e r s a c k in K K § 309 Rn. 25; Ehricke, Das abhängige K o n z e r n u n t e r n e h m e n § 309 Rn. 21; Koppensteiner, in der Insolvenz (1998), S. 443 f.; ausführlich Exner, Beherrschungsvertrag u n d Vertragsfreiheit (1984), S. 85 ff.; Kantzas, Das Weisungsrecht im Vertragskonzern, (1988), S. 188 ff. 320 Altmeppen, in M K § 3 0 9 Rn. 137 f.; Emmerich, in E m m e r i c h / H a b e r s a c k § 3 0 9 Rn. 21;

5 2: Die Haftung

im

Vertragskonzern

55

Formulierung in der Regierungsbegründung herangezogen wird 3 2 1 . Auch ist es sicher richtig, dass der organisationsrechtliche Charakter des Beherrschungsvertrages die A n w e n d u n g schuldrechtlicher Grundsätze bei dessen Verletzung nicht ausschließt 322 . Zumindest immer dann, wenn es u m die Frage der Begründbarkeit eines Schadensersatzanspruches in einem mehrstufigen Konzernverhältnis bei Bestehen einer durchlaufenden Kette von Beherrschungsverträgen geht, kann die R ü c k f ü h r u n g des Schadensersatzanspruchs auf eine Verletzung des Beherrschungsvertrages freilich nicht mehr weiterhelfen, da zwischen Mutter- und Enkelgesellschaft kein Vertrag besteht 3 2 3 . Hier ist die H a f t u n g der herrschenden Gesellschaft f ü r Schädigungen der Enkelgesellschaft, die ihre Geschäftsleitung zu verantworten hat, auf eine Analogie zu § 309 A k t G zu stützen 3 2 4 . Aber auch im Verhältnis unmittelbar zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft spricht nichts dagegen, die Grundlage der H a f t u n g in § 309 A k t G zu suchen. A n z u f ü h r e n ist hierfür, dass auch diejenigen, die den Anspruch auf eine Vertragsverletzung stützen, zur Konkretisierung der Haftungsausgestaltung auf § 309 A k t G zurückgreifen müssen 3 2 5 . Die Frage, ob man die H a f t u n g insoweit mit einem Anspruch direkt aus § 309 A k t G i.V.m. § 31 BGB oder analog § 309 A k t G begründet, ist ohne weitere Bedeutung.

1)

Haftungstatbestand

Bleibt zu klären, ob § 309 Abs. 1 A k t G nur als Verschuldensmaßstab zu verstehen ist und es daher f ü r die H a f t u n g eines zusätzlichen Haftungstatbestands bedarf. Teilweise wird dies vertreten und f ü r die H a f t u n g zudem das Vorliegen einer rechtwidrigen Weisung verlangt 326 . Eine unzulässige und somit rechtswidrige Weisung liegt danach vor, wenn die Nachteile der abhängigen Gesellschaft höher liegen als die Vorteile f ü r den Konzern. Dies folge daraus, dass das Konzerninteresse sich aus der Summe der Interessen der im Konzern zusammengefassten Wirtschaftskraft definiert. Soweit dann aber ein U n t e r n e h m e n des Konzerns mehr geschädigt wird,

Koppensteiner, in K K § 309 Rn. 25; Ehricke, Das abhängige K o n z e r n u n t e r n e h m e n in der Insolvenz (1998), S. 443 f.; ausführlich Exner, Beherrschungsvertrag u n d Vertragsfreiheit (1984), S. 85 ff.; Kantzas, Das Weisungsrecht im Vertragskonzern, (1988), S. 188 ff. 321 A b g e d r u c k t bei Kropff S. 404. 322 Kleindiek, Strukturvielfalt (1991), S. 170. 323 Altmeppen, in M K § 309 Rn. 35. 324 Vgl. n u r Altmeppen, in M K § 3 0 9 R n . 3 5 m.w.N.; zu den weiteren Einzelheiten einer Schadensersatzpflicht in m e h r s t u f i g e n U n t e r n e h m e n s v e r b i n d u n g e n w i r d a u f g r u n d des engen systematischen Z u s a m m e n h a n g s auch f ü r die Fälle, dass m e h r e r e Beherrschungsverträge hintereinandergeschaltet w u r d e n , auf die D a r s t e l l u n g der B e h a n d l u n g der H a f t u n g in faktischen K o n zernverhältnissen verwiesen. 325 So zu Recht Hüffer, A k t G § 309 Rn. 27. 326 Koppensteiner, in K K § 309 Rn. 8 f. u n t e r H i n w e i s darauf, dass das G e s e t z eine H a f t u n g o h n e U n r e c h t , abgesehen v o n den gesetzlich a n g e o r d n e t e n Fällen der G e f ä h r d u n g s h a f t u n g , nicht k e n n e u n d auch d e m systematischen Verhältnis v o n § 308 u n d § 309 A k t G widerspreche; vgl. auch Krieger, in M ü n c h n e r H d b . Band 4 § 70 Rn. 144.

56

Kapitel I: Die gesetzlichen Regelungen zur

Haftung

als es einem anderen nützt, ist per saldo der K o n z e r n benachteiligt, weshalb eine solche Maßnahme nicht in seinem Interesse liegen kann 3 2 7 . N a c h anderer Ansicht löst auch eine rechtmäßige Weisung einen Schadensersatzanspruch aus, wenn bei ihrer Erteilung die erforderliche Sorgfalt nicht angewandt wurde 3 2 8 . Danach ist eine Weisung auch dann zulässig, wenn sie zwar im Konzerninteresse liegt, aber der Gesellschaft einen unverhältnismäßig großen Nachteil bringt 3 2 9 . Soweit der gesetzliche Vertreter dabei allerdings gegen die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführers gehandelt habe, hafte er nach § 3 0 9 A k t G 3 3 0 . Teilweise erkennt man § 309 Abs. 1 A k t G auch eine Doppelfunktion als Unrechtstatbestand und Verschuldensmaßstab zu, wofür die Ubereinstimmung mit der Regelung in § 9 3 A k t G angeführt wird 3 3 1 . Z u m Teil wird aber auch die Bedeutungslosigkeit des Streits betont 3 3 2 . K o n n t e die K o n z e r n leitung bei Weisungserteilung davon ausgehen, dass ein dem Nachteil äquivalenter Vorteil besteht, so haftet sie in jedem Falle nicht, wenn sich später herausstellt, dass die Weisung tatsächlich nicht den Konzerninteressen gedient hat 3 3 3 . Zu folgen ist der Ansicht, die § 309 Abs. 1 A k t G als zusätzliche Schranke für das Weisungsrecht des herrschenden Unternehmens aus § 308 Abs. 1 A k t G begreift. Dieses Verständnis entspricht dem Zusammenhang zwischen den §§ 308 und 309 A k t G und macht deutlich, dass die Sorgfaltspflichtverletzung hier eine D o p p e l funktion hat. Sie begründet sowohl die Rechtswidrigkeit der Weisungserteilung als auch das Verschulden der gesetzlichen Vertreter des herrschenden U n t e r n e h mens J

.

Eine Haftung des herrschenden Unternehmens ist damit zu bejahen, wenn bei der Weisungserteilung nicht die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsmanns angewandt wurde. Bereits aus dem Zusammenhang mit § 308 Abs. 1 S. 2 A k t G ergibt sich dabei, dass der Bezugsrahmen der anzuwendenden Sorgfalt das Konzerninteresse sein muss 3 3 5 . N u r wenn die Weisung im K o n z e r n i n teresse liegt, hält sie sich im Rahmen der durch den Beherrschungsvertrag einge-

Koppensteiner, in KK § 308 Rn. 30; gegen die Zulässigkeit von Weisungen, die der abhängigen Gesellschaft einen übermäßigen Nachteil zufügen, auch Würdinger, in GK zum AktG Anm. 13; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht (1982), S. 149; Glaser, Grenzen des Weisungsrechts im Vertragskonzern (1982), S. 117 ff. 328 Geßler, in Geßler/Hefermehl §309 Rn.20; Eschenbruch, Konzernhaftung (1996), Rn. 3041; Kantzas, Weisungsrecht (1988), S. 166 f. 329 Geßler, in Geßler/Hefermehl § 308 Rn. 54. 330 Geßler in Geßler/Hefermehl, § 309 Rn. 20. 331 Hüffer, AktG § 309 Rn. 13 m.w.N. 332 Altmeppen, in MK § 309 Rn. 68 ff.; ders., Die Haftung des Managers im Konzern (1998), S. 34 ff. 333 Koppensteiner, in KK § 309 Rn. 9; ebenso Emmerich/Sonnenschein/Habersack, 7. Aufl. § 23 V 2 b); nach Altmeppen, Die Haftung des Managers im Konzern (1998), S. 34 f., handelt es sich bei diesem Meinungsstreit daher auch weitgehend um ein beiderseitiges Missverständnis, das sich bei genauem Hinsehen als gegenstandslos erweist. 334 Emmerich, in Emmerich/Habersack § 309 Rn. 29. 3 3 5 Vgl. auch Emmerich, in Emmerich/Habersack § 309 Rn. 33. 327

§ 2: Die Haftung

im

Vertragskonzern

57

räumten Leitungsmacht 336 . Damit sind aber auch Weisungen, die zu Vermögensnachteilen auf Seiten der abhängigen Gesellschaft führen und denen keine entsprechenden Vorteile auf Seiten des herrschenden Unternehmens oder eines ihr verbundenen Unternehmens entgegenstehen, unzulässig 337 . Rechtswidrigkeit liegt natürlich auch bei gesetzes- und sittenwidrigen Weisungen vor. Weitere Schranken können sich aus der Satzung oder dem Beherrschungsvertrag selbst ergeben 338 . Insbesondere sind nach ganz herrschender Meinung dem Weisungsrecht des herrschende Unternehmens aber auch dort Grenzen gesetzt, wo der Gesellschafterversammlung von Gesetzes wegen Beschlusszuständigkeiten als weisungsfester Kernbereich zwingend zugewiesen sind, wozu insbesondere Satzungsänderungen oder sonstige Satzungsfragen gehören 339 . Auch aus den Grundsätzen der Holzmüller - Entscheidung des BGH 3 4 0 kann sich eine Beschränkung des Weisungsrechts der Muttergesellschaft ergeben. Nach den hier entwickelten Grundsätzen muss der Vorstand die Hauptversammlung analog §119 Abs. 2 A k t G konsultieren, wenn eine Entscheidung von derart grundlegender Bedeutung ist, dass der Vorstand vernünftigerweise nicht annehmen kann, er dürfe die Entscheidung in eigener Verantwortung treffen 341 . Folgt man dem, muss konsequenterweise auch nach Abschluss eines Beherrschungsvertrages eine entsprechende Pflicht bestehen und die Kompetenz der Gesellschafterversammlung bestehen bleiben 342 . Ferner sind aber auch Weisungen, die Verluste auf Seiten der Tochtergesellschaft nach sich ziehen, unzulässig, wenn der Verlustausgleich nicht mehr sichergestellt ist 343 . Wie bereits oben festgestellt wurde, darf grundsätzlich auch die Lebensfähigkeit der Gesellschaft nicht gefährdet werden 344 . Zwar wird teilweise ge336

Koppensteiner, in KK § 309 Rn. 8 m.w.N. Vgl. zum Ganzen auch Emmerich, in Emmerich/Habesack § 309 Rn. 34. 338 Vgl. Emmerich, in Emmerich/Habersack § 308 Rn. 55 ff. 339 O L G Stuttgart v. 29.10.1997 = A G 1998, 585, 586; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht (1982), S. 149; Koppentsteiner, in KK § 308 Rn. 36. 340 B G H v. 25.2.1982 = B G H Z 83, 122, 131 = W M 1982,388. 341 Vgl. zu dieser umstritten Entscheidung etwa Hüffer, A k t G § 119 Rn. 16ff. 342 Vgl. auch Krieger, in Münchner H d b . GesR Band 4 §70 Rn. 115; Sina, A G 1991, 1, 4; Timmann, Die Durchsetzung von Konzerninteressen in der Satzung der abhängigen Aktiengesellschaft (2000), S. 60; f ü r den GmbH-Vertragskonzern vgl. auch O L G Stuttgart v. 29.10.1997 = A G 1998, 585, 586, das insoweit aber auch darauf hinweist, dass das Stimmverbot des §47 Abs. 2 G m b H G durch den Beherrschungsvertrag ausgeschaltet wird (vgl. auch Zöllner, in Baumbach/Hueck Schlussanhang I, GmbH-Konzernrecht Rn. 48);. a.A. und gegen eine Beschränkung des Weisungsrechts Sieger/Hasselbach, A G 1999, 241, 245 ff. 343 Emmerich, in Emmerich/Habersack § 308 Rn. 64 f. m.w.N. 344 O L G Düsseldorf v. 7.6.1990 = ZIP 1990, 1333, 1337 (das sich insoweit gar auf Art. 14 G G beruft); vgl. auch Authenricht, G m b H R 1984, 198; Clemm, Z H R 141 (1977), 197, 204 ff.; Emmerich/Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht, 7. Aufl. §23 V 4 c; Geßler, Z H R 140 (1976), 433, 440; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht (1982), S. 148 ff.; 307 ff.; Hüffer, A k t G §308 Rn. 19 m.w.N.; Immenga, Z H R 140 (1976), 301, 303 ff, 306; Kleindiek, Strukturvielfalt (1991), S. 168 ff.; Köhler, Z G R 1985, 307, 318; Krieger, in Münchner H d b . GesR Band 4 § 70 Rn. 134; Schulze-Osterloh, Z H R 142 (1978), 519, 523 f.; Sina, Die A G 1991, 1, 7 f.; Semler, in FS Stiefel S. 719, 750; Ulmer, Z H R 148 (1984), 391, 408 ff.; Wilhelm, Die Beendigung des Beherrschungs337

58

Kapitel

I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

gen eine solche Begrenzung angeführt, dass eine juristische Person als solche keinen Eigenwert besitze und auch in der gesetzlichen Regelung darauf verzichtet worden sei, die Uberlebensfähigkeit der abhängigen Gesellschaft, trotz dahingehender Bedenken, sicherzustellen 345 . Soweit es um den Fortbestand der Gesellschaft während des Bestehens des Vertrages geht, ist die dahingehende Intention des Gesetzgebers aber bereits den §§ 300 ff. AktG zu entnehmen 346 . a) Haftung für die Unterlassung von

Weisungen

§ 309 AktG begründet eine Haftung für die Erteilung von Weisungen. Offen ist, inwieweit auch für das Unterlassen von Weisungen gehaftet werden kann. Teilweise lässt man mit dem Konzernleitungsrecht i.S.d. § 308 AktG auf der anderen Seite eine Konzernleitungspflicht der herrschenden Gesellschaft korrespondieren. Indem die Leitungspflichten des Vorstandes einer Gesellschaft auf den „Konzernvorstand" übertragen werden, wird die Ansicht vertreten, dieser müsse das unternehmerische Geschehen im Konzern durch Grundsatzentscheidungen vorgeben 347 . Es existiere eine Weisungspflicht, da der Konzernleitung durch den Beherrschungsvertrag die Leitung der abhängigen Gesellschaft im Umfang des eingeräumten Weisungsrechts anstelle des Vorstandes oder unter Ausschaltung desselben übertragen worden sei. Von der herrschenden Ansicht im Schrifttum wird die Begründung einer solchen Pflicht indes abgelehnt 348 . b)

Stellungnahme

Altmeppen hebt hervor, dass die Lehre von der Konzernleitungspflicht auf der Auffassung beruht, im Beherrschungsvertrag müsse das Weisungsrecht grundsätzlich im Einzelnen präzisiert sein 349 . Insoweit weist er zutreffend darauf hin, dass dies bereits im Ansatz nicht stimmt 350 . Aus § 308 Abs. 1 AktG ergibt sich lediglich, dass die herrschende Gesellschaft auf der organisationsrechtlichen Grundlage eines Beherrschungsvertrages berechtigt ist, dem Vorstand der abhängigen Gesellschaft Weisungen zu erteilen. Der Beherrschungsvertrag führt jedoch nicht zur Verpflichtung der Obergesellschaft, die Leitungsfunktionen umfassend auszu-

und Gewinnabführungsvertrages (1976), S. 139 ff.; leidler, NZG 1999, 692, 694 f.; a.A. Koppensteiner, in KK, 2. Aufl. § 308 Rn. 32 ff.; Neuhaus, Die zivilrechtliche Organhaftung des Vorstandes einer beherrschten Aktiengesellschaft im sogenannten faktischen Konzern und im Vertragskonzern (1969), S. 94 f.; tendenziell auch Wellkamp, WM 1993, 2155, 2156. 345 Vgl. etwa Koppensteiner, in KK § 308 Rn. 32 ff.; Wellkamp, WM 1993, 2155, 2156 f. 346 Hierzu und zu Weisungen, die nach Beendigung des Vertrages die Lebensfähigkeit gefährden, vgl. bereits oben S. 35 ff. 347 Hommelhoff\ Konzernleitungspflicht (1982), S. 165 ff., 178, 305 ff.; zust. U. H. Schneider, BB 1981, 249, 256; tendenziell auch Würdinger, in GK zum AktG §309 Anm. 3; vgl. auch Aheltshauser, Leitungshaftung (1998), S. 243 f.; Timm, Die Aktiengesellschaft (1980), S. 95 ff. 348 Flame, BGB AT 1/2, Die juristische Person S. 90 Fn. 97; H ü f f e r , AktG, § 309 Rn. 10; Koppensteiner, in KK, 2. Aufl. §308 Rn.41; K r o p f f , ZGR 1984, 112, 116 ff.; Mertens, in KK §76 Rn. 54 f.; Rehbinder, ZHR 147 (1983), 464, 467 ff. 349 Vgl. hierzu aber Altmeppen, i n M K § 2 9 1 Rn.61 ff.; § 309 Rn. 51. 350 Vgl. auch Altmeppen, in MK zum AktG § 309 Rn. 52.

5 2: Die Haftung

im

Vertragskonzern

59

üben 3 5 1 . Ist eine Pauschalermächtigung zulässig, kann das herrschende Unternehmen hiervon Gebrauch machen, ohne dies zu müssen, womit grundsätzlich auch keine H a f t u n g gegenüber der abhängigen Gesellschaft f ü r die Unterlassung von Weisungserteilungen besteht. Die Obergesellschaft kann folglich die Geschäftsleitung dem abhängigen Unternehmen vollumfänglich belassen, die in diesem Fall auch die volle Verantwortung im Rahmen der Leitungsmacht behält 3 5 2 . Die Frage, ob gegenüber der abhängigen Gesellschaft eine Leitungspflicht besteht, ist allerdings von der Frage zu trennen, ob die Geschäftsleitung des herrschenden Unternehmens gegenüber der eigenen Gesellschaft verpflichtet ist, von der Möglichkeit zur Weisungserteilung Gebrauch zu machen 3 5 3 . Verneint man eine Konzernleitungspflicht, bedeutet dies auf der anderen Seite natürlich nicht, dass man eine Pflicht zum Handeln f ü r den Fall einer vorhergehenden Pflichtverletzung nach §§ 309 Abs. 2 A k t G i.V.m. 249 S. 1 BGB nicht bejahen müsste 3 5 4 . Entsprechendes gilt, wenn vorher nicht erkennbare Nachteile einer Weisung nach Erkennen noch behoben werden können, allgemein Handlungsbedarf auf Seiten der abhängigen Gesellschaft besteht und deren Vorstand durch eine vorangegangene Weisung blockiert ist oder etwa nur mehrere Weisungen zusammen eine sinnvolle Verhaltensdirektive begründen können 3 5 5 . Eine Pflicht z u m Handeln besteht daneben natürlich auch dann, wenn die Parteien tatsächlich die Verantwortung f ü r bestimmte Aufgaben aufgrund des Beherrschungsvertrages neu verteilt haben und der Vorstand dadurch entlastet werden soll 356 . Auch k o m m t eine H a f t u n g f ü r „Unterlassen" in Betracht, wenn derjenige, an den die Weisungsbefugnis übertragen wurde, nicht hinreichend überwacht wurde 3 5 7 .

2)

Schadensersatzpflicht

Ein Schadensersatzanspruch entsteht freilich nur, wenn durch die sorgfaltswidrige Weisungserteilung der abhängigen Gesellschaft ein Schaden entstanden ist (§ 309 Abs. 2 S. 1 AktG) 3 5 8 . Schwierigkeiten bei der Schadensfeststellung ergeben sich, wenn man den Verlustausgleichsanspruch hier berücksichtigt. Die Schwierigkeiten steigern sich überdies, wenn mit dem Beherrschungsvertrag, wie in der Regel 359 , ein Gewinnabführungsvertrag verbunden ist. Würde man dies bei der 351

Aheltshauser, L e i t u n g s h a f t u n g (1998), S. 42. Abeltshauser, L e i t u n g s h a f t u n g (1998), S.42. 353 Altmeppen, in M K § 3 0 9 Rn. 53 auch u n t e r H i n w e i s auf die Regelung in § 9 1 A b s . 2 A k t G ; vgl. auch Emmerich, in E m m e r i c h / H a b e r s a c k § 308 Rn. 35, der z u t r e f f e n d aber auch darauf hinweist, dass dies k a u m pauschal b e a n t w o r t e t w e r d e n kann. 354 Emmerich, in E m m e r i c h / H a b e r s a c k § 309 Rn. 35. 355 Hüffer, A k t G § 309 Rn. 10; vgl. auch Koppensteiner, in K K § 309 Rn. 3. 356 Altmeppen, Die H a f t u n g des Managers im K o n z e r n (1998), S. 32 f.; vgl. näher Hommelh o f f , K o n z e r n l e i t u n g s p f l i c h t (1982), S. 310 ff.; 315 ff. 357 Altmeppen, in M K z u m A k t G § 309 Rn. 58. 358 Die Beweislast h i e r ü b e r haben die abhängige Gesellschaft bzw. deren klagende A k tionäre o d e r Gläubiger (vgl. n u r Emmerich, in E m m e r i c h / H a b e r s a c k , § 309 Rn. 36 m.w.N.). 359 A u s steuerlichen G r ü n d e n wird ein Beherrschungsvertrag regelmäßig z u s a m m e n mit ei352

60

Kapitel

I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

Durchführung der hier angezeigten Gesamtvermögensdifferenzhypothese berücksichtigen, würde sich die Auswirkungen einer nachteiligen Weisung darauf beschränken, die Höhe des abzuführenden Gewinns zu vermindern bzw. die des Verlustausgleiches zu erhöhen 3 6 0 . Teilweise wird mit Rücksicht darauf auch die Entstehung eines Schadens auf Seiten der abhängigen Gesellschaft verneint 3 6 1 . Da damit für den Regelfall der Schadensersatzanspruch der abhängigen Gesellschaft aber leer liefe, wird von der herrschenden Meinung die Auffassung vertreten, dass bei der Schadensberechnung die Verlustausgleichs- und Gewinnabführungspflicht nicht herangezogen werden darf 3 6 2 . Teilweise wird, trotz grundsätzlicher Anerkennung der Schadensersatzpflicht, eine Haftung der herrschenden Gesellschaft im Ergebnis aber auch abgelehnt, da dies nur zu einem „sinnlosen Hin- und Herschieben von Beträgen" führen würde 3 6 3 . Dem wird allerdings zu Recht entgegengehalten, dass bereits die Möglichkeit der Geltendmachung eines solchen Schadensersatzanspruches die abhängige A G wirksam davor schützt, von ihrem Vertragspartner geschädigt zu werden, auch wenn dieser später das Geschäftsergebnis übernimmt, weshalb einer solchen Ausübung auch nicht der Einwand des § 242 B G B entgegengehalten werden kann 3 6 4 . Diese präventive Wirkung kann die Vornahme schädigender Handlungen verhindern, die u.U. nach Beendigung des Beherrschungsvertrages der vormals abhängigen Gesellschaft deren Existenzmöglichkeit auf dem Markt weiter erschweren würden. Der Schadensersatzanspruch ist sofort fällig und nicht erst am Ende des Geschäftsjahres. Ein fälliger und liquider Schadensersatzanspruch vermindert einen etwaigen Jahresfehlbetrag bzw. erhöht einen anstehenden Gewinn und ist damit auch zu aktivieren (§ 246 H G B ) und zu realisieren 365 . Soweit der Schadensersatzanspruch allerdings nicht geltend gemacht wird, „verschwindet" er, wenn am Abschlussstichtag der Verlustausgleichsanspruch bzw. der Gewinn an das herrschende Unternehmen weitergeleitet wird 3 6 6 . Damit wird auch das teilweise bemängelte „Hin- und Herschieben" von Geldern vermieden, ohne einer vom Gesetzgeber vorgesehenen Schadensersatzverpflichtung 367 die praktische Bedeutung abzuerkennen. nem Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen, da nur in diesem Fall von einer Organschaft ausgegangen werden kann, die Voraussetzung für eine einheitliche Besteuerung ist (im einzelnen Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 13 II 4). 360 Emmerich, in Emmerich/Habersack § 309 Rn. 37 ff. 361 Brachvogel, Leitungsmacht und Verantwortlichkeit (1967), S. 124; Koppensteiner, in KK § 3 0 9 Rn. 10. 362 Emmerich, in Emmerich/Habersack § 309 Rn. 40 m.w.N.; Eschenbruch, Konzernhaftung Rn. 3043; Hüffer, A k t G § 309 Rn. 17; Mertens, AcP 168 (1968), 225, 231. 363 Mertens, AcP 168 (1968), 225, 231, der eine Ausnahme von diesem Grundsatz allerdings dann machen will, wenn in die Substanz der abhängigen Gesellschaft eingegriffen würde; ebenso Hüffer, AktG, 3. Aufl. § 309 Rn. 18. 364 Altmeppen, Die Haftung des Managers im Konzern (1998), S. 39. 365 Altmeppen, Die Haftung des Managers im Konzern (1998), S. 38. 366 Altmeppen, Die Haftung des Managers im Konzern (1998), S. 38; ders., in M K zum AktG § 3 0 9 Rn. 85. 3 6 7 Vgl. RegBegr. abgedruckt bei Kropff S. 404 f.

5 2: Die Haftung

im

Vertragskonzern

61

Zu klären bleibt schließlich, ob bei der Berechnung der H ö h e des Schadensersatzanspruchs Konzernvorteile berücksichtigt werden dürfen. Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass bei Geltendmachung eines Schadensersatzanspruch i.S.d. § 309 A k t G nur der Schaden liquidierbar wäre, „der der Differenz zwischen der Benachteiligung der Gesellschaft und der Begünstigung anderer Konzernunternehmen entspricht" 3 6 8 . Zugunsten dieser Auffassung wird angeführt, dass nur so das grundlegende schadensersatzrechtliche Haftungskriterium des Rechtswidrigkeitszusammenhangs beachtet werde, da bereits bei der Frage, ob der Konzerngeschäftsführer pflichtwidrig gehandelt hat, auf die Gesamtinteressen des Konzerns abzustellen sei 369 . Indes wird nach dieser Ansicht zwar dem Pflichtwidrigkeitszusammenhang Rechnung getragen, der Sinn und Zweck der Regelung des § 309 A k t G aber missachtet 370 , da maßgebend f ü r die Schadensersatzpflicht nur sein kann, ob die abhängige Gesellschaft überhaupt geschädigt werden durfte. War die Benachteiligung der Vermögensinteressen der abhängigen Gesellschaft gegenüber den auf Seiten des Konzerns stehenden Vorteilen aber unverhältnismäßig, durfte die Weisung nicht erteilt werden 3 7 1 . Damit ist aber auch der Gesamtschaden zu liquidieren, da eine solche Schädigung ganz zu unterbleiben hat 372 .

3) Verzicht und Vergleich Die Regelung in § 309 Abs. 3 A k t G beschränkt in weitem U m f a n g die Möglichkeit, auf den Ersatzanspruch zu verzichten oder sich über ihn zu vergleichen. Für den Fall einer E i n m a n n - G m b H bzw. des vorliegenden Einverständnisses aller Gesellschafter wird parallel zur Frage nach der H ö h e des Verlustausgleichsanspruchs allerdings vereinzelt auch darauf verwiesen, dass die Vermögensinteressen der G m b H anders als die einer A G weithin disponibel seien. Dementsprechend werde aber auch die in den §§ 309 Abs. 3, 310 Abs. 4 A k t G eingeschränkte Möglichkeit eines Verzichts auf die Schadensersatzansprüche durch die wesentlich geringere Kapitalbindung in der G m b H , in der grundsätzlich nur das zur bilanziellen Deckung des Stammkapitals erforderliche Vermögen gebunden ist (§§30, 31, 43 Abs. 3 G m b H G ) , überlagert 3 7 3 . Die Parallelziehung zur H ö h e der Verlustausgleichspflicht trägt hier indes bereits deshalb nicht, da diese, wie oben gezeigt wurde, nicht an der Stammkapitalziffer ihr Ende findet. Vor allem entspricht eine solche Begrenzung aber auch nicht 368

Koppensteiner, in KK § 309 Rn. 12. Altmeppen, Die Haftung des Managers im Konzern (1998), S. 31. 370 Vgl. zu den sich nach der Mindermeinung ergebenden „absurden Ergebnissen" (so Mertens, AcP 169 (1968), 225, 231) die Beispiele von Altmeppen, in MK zum A k t G § 309 Rn. 97. 371 Emmerich, in Emmerich/Habersack § 308 Rn. 51, § 309 Rn. 41. 372 Altmeppen, in MK zum AktG § 309 Rn. 99; ders., Die Haftung des Managers im Konzern (1998), S. 42, der, soweit es den Konzerngeschäftsführer betrifft, allerdings hervorhebt, dass bei diesem die Vorteile, die dem Konzern erwachsen, intern (im Gesamtschuldverhältnis zwischen ihm und dem Konzern) haftungsmindernd zu berücksichtigen sind, da anderenfalls der Konzern auf seine Kosten bereichert wäre. 373 Altmeppen, Die Haftung des Managers im Konzern (1998), S. 74. 369

62

Kapitel 1: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

Sinn und Zweck der Regelung, die eine Sanktion dafür vorsehen soll, dass eine rechtswidrige Weisung erteilt wurde, insbesondere eine solche, die gegen das Konzerninteresse verstößt. Würde man dieser Auffassung folgen, wäre eine dem Konzerninteresse zuwiderlaufende Weisung ermöglicht, soweit damit nicht das Stammkapital angegriffen würde 374 Diese Auffassung beruht im Grunde auf der Erwägung, dass in einer GmbH die Gesellschafter mit ihrer Gesellschaft grundsätzlich tun können, was ihnen beliebt, soweit sie nicht gegen die zwingenden Vorschriften zum Kapitalschutz verstoßen. Nach dieser Ansicht ist es mit anderen Worten zulässig, wenn jenseits der Grenze des Stammkapitalerhaltungsgebotes die Gesellschafter entgegen dem Interesse der Gesellschaft (das sich im Vertragskonzern als das Interesse des Konzerns darstellt375) die Geschäftsführung bestimmen 376 . Vor diesem Hintergrund verwundert es dann aber nicht, wenn auch ein Schadensersatzanspruch aus § 309 AktG im Ergebnis nur in der Höhe der Stammkapitalziffer anerkannt wird. Wie an späterer Stelle ausführlich darzustellen sein wird, kann dieser Ansicht allerdings bereits im Ansatz nicht gefolgt werden. Die Regelungen zur Kapitalerhaltung stellen eine wesentliche Grundlage zum Schutz der Gesellschaft und ihrer Gläubiger dar. Sie können alleine einen wirksamen Schutz allerdings nicht begründen. Die Reduktion des Schutzes der Gesellschaft und damit ihrer Gläubiger bei Einverständnis aller Gesellschafter auf dieses gesetzlich vorgegebene Minimum ist der tragende Grund, weshalb man insbesondere auch im Ausland unserem System der Kapitalbindung vor dem Hintergrund der enormen Anzahl masseloser Insolvenzen im GmbH-Bereich Versagen vorwirft. Dieses Verständnis gilt es daher aber auch grundsätzlich zu hinterfragen377. 4) Geltendmachung

des

Ersatzanspruchs

Der Schadensersatzanspruch steht der abhängigen Gesellschaft zu und ist somit grundsätzlich vom Vorstand der abhängigen Gesellschaft geltend zu machen. Nach § 309 Abs. 4 S. 2 AktG steht dieses Recht aber auch jedem Aktionär sowie Gläubigern nach § 309 Abs. 4 S. 3 AktG zu, wenn sie von der abhängigen Gesellschaft keine Befriedigung erlangen können. Es handelt sich hierbei um den gesetzlich geregelten Fall einer actio pro socioi7S. Diese Möglichkeit spielt allerdings in der Praxis aufgrund der während der Vertragszeit geltenden Verlustausgleichspflicht keine große Rolle.

3 7 4 Abgesehen davon gilt nach Altmeppen das Stammkapitalerhaltungsgebot hier weiter (vgl. Altmeppen, in Roth/Altmeppen, 4. Aufl., Anh. § 13 Rn. 108), womit es eines Schadensersatzanspruches insoweit sowieso nicht bedürfte. 3 7 5 Vgl. oben S. 15 ff. 376 Altmeppen, in Roth/Altmeppen Anh. § 13 Rn. 24. 3 7 7 Vgl. hierzu ausführlich unten S. 196 ff. 3 7 8 Ausführlich Altmeppen, in MK zum AktG § 309 Rn. 123 ff.

5 2: Die Haftung im

Vertragskonzern

Zusammenfassung

63

zu §2

Die Regelungen des Aktienrechts begründen bei richtiger Auslegung für die Dauer eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages ein ausgereiftes Schutzsystem sowohl für die abhängige A G wie auch für die abhängige G m b H , womit auch deren Gläubiger und Minderheitsgesellschafter ausreichend geschützt werden. B e sondere Bedeutung k o m m t in diesem Zusammenhang den Regelungen in §§ 302, 303 A k t G zu. Danach ist nach Abschluss eines Beherrschung- und Gewinnabführungsvertrages das herrschende Unternehmen verpflichtet, die Verluste der abhängigen Gesellschaft auszugleichen und nach seiner Beendigung den Gläubigern der abhängigen Gesellschaft Sicherheit zu leisten. Ein Verstoß gegen europarechtliche Vorgaben ist in der Normierung einer Verlustausgleichspflicht, wie sie in § 302 A k t G zu finden ist, nicht zu erkennen. A u f diesem Wege wird nur der Bestand der in einem Vertragskonzern gebundenen abhängigen Gesellschaft gesichert, ohne dass die Verfolgung des Konzerninteresses unmöglich gemacht werden würde. D e r Anspruch auf Verlustausgleich entsteht mit Abschluss des Geschäftsjahres, in dem der Jahresfehlbetrag eingetreten ist und wird spätestens mit Ende des G e schäftsjahres fällig. U m dem Ziel der gesetzlichen Regelung, der Bestandserhaltung der abhängigen Gesellschaft während der Vertragsdauer, gerecht zu werden, bedarf es allerdings der Anerkennung eines Anspruchs auf Abschlagszahlungen für den Fall, dass andernfalls die Existenz der abhängigen Gesellschaft bereits während der Laufzeit des Vertrages nicht aufrechterhalten werden kann. Eine B e schränkung der Verlustausgleichspflicht auf eine Stammkapitaldeckungspflicht für den Fall einer abhängigen G m b H ist mit dem Telos der Regelung nicht zu vereinbaren, da diese als Ausdruck der grundsätzlichen Verpflichtung zur Risikoübernahme in Folge der Ausrichtung auf das Konzerninteresse und nicht nur als Verlängerung des Kapitalerhaltungsschutzes zu verstehen ist 3 7 9 . Ergänzt wird der Schutz im Vertragskonzern durch eine Schadensersatzpflicht des herrschenden Unternehmens für den Fall der rechtswidrigen Weisungserteilung. Eine Haftung des herrschenden Unternehmens ist zu bejahen, wenn bei der Weisungserteilung nicht die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften G e schäftsmanns angewandt wurde. D e r Sorgfaltspflichtverletzung k o m m t insoweit eine Doppelfunktion hat. Sie begründet sowohl die Rechtswidrigkeit der Weisungserteilung als auch das Verschulden der gesetzlichen Vertreter des herrschenden Unternehmens. Aus dem Zusammenhang mit § 308 Abs. 1 S. 2 A k t G ergibt sich, dass der Bezugsrahmen der anzuwendenden Sorgfalt das Konzerninteresse sein muss 3 8 0 . Eine Pflicht zur Weisungserteilung besteht gegenüber der abhängigen Gesellschaft allerdings nicht, weshalb auch kein Anspruch auf Schadensersatz für den Fall ihrer Unterlassung existiert. Die ausführlichen Regelungen zum Vertragskonzern beruhen auf der gesetzgeberischen Vorstellung, diesen der Praxis als Regelinstrument an die Hand zu ge379 380

K. Schmidt, in Heidelberger Konzernrechtstage S. 109, 117. Vgl. auch Emmerich, in Emmerich/Habersack § 309 Rn. 33.

64

Kapitel I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

ben. Abweichend von dieser Intention dominiert in der Rechtswirklichkeit allerdings nicht der Vertragskonzern, sondern die faktische Unternehmensverbindung. F ü r den Bereich des Aktienrechts hat diese eine gesetzliche Regelung in den § § 3 1 1 ff. A k t G erfahren, die im Nachfolgenden betrachtet werden soll.

§ 3: Die Haftung im faktischen Aktienkonzern Das Regelungsmodell der § § 3 1 1 ff. A k t G will schädigende Einflussnahmen eines herrschenden Unternehmens auf eine abhängige Gesellschaft mit Hilfe einer Kombination von Dokumentations-, Publizitäts- und Haftungsnormen 3 8 1 verhindern 3 8 2 . Im Zentrum des gesetzlichen Normengefüges um die Verantwortlichkeit der Muttergesellschaft im faktischen Aktienkonzern steht § 3 1 1 A k t G 3 8 3 . N a c h dieser Vorschrift darf das herrschende Unternehmen seine Einflussmöglichkeiten nicht dazu benutzen, die Organwalter der abhängigen Gesellschaft zu einer nachteiligen Handlung zu veranlassen. Etwas anderes gilt nur, wenn der Nachteil im selben Geschäftsjahr ausgeglichen oder wenigstens ein Rechtsanspruch auf Ausgleich durch bestimmte Vorteile gewährt wird. K o m m t es hierzu nicht, macht sich das herrschende Unternehmen nach § 317 A k t G schadensersatzpflichtig.

I. Systematische

Einordnung

der gesetzlichen

Regelung

N a c h wie vor nicht vollständig geklärt ist die dogmatische Bedeutung des Regelungsmodells der § § 3 1 1 ff. A k t G . Vereinzelt wird § 3 1 1 A k t G dahingehend verstanden, dass die Veranlassung eines nachteiligen Rechtsgeschäfts oder einer nachteiligen Maßnahme grundsätzlich unrechtmäßig ist und der vorgesehene N a c h -

381 Wenn der Vorstand, der Aufsichtsrat oder aber der Abschlussprüfer - die je eine eigene Prüfungs- und Erklärungspflicht trifft (§§312, 313, 314 AktG) - die uneingeschränkte Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen nicht zu bestätigen vermögen (§315 AktG), kann jeder Aktionär eine Sonderprüfung bei Gericht beantragen. Kommt der Vorstand mit der Aufstellung bzw. Vorlage des jährlichen Abhängigkeitsberichts in Verzug, droht ihm Zwangsgeld (§407 AktG). Vorstand, Aufsichtsrat und Abschlussprüfer sind bei Meidung von drohenden Freiheitsstrafen (§§ 400 Abs. 1 Nr.l, 403 AktG; ggf. § 266 bzw. § 263 StGB), sowie gesamtschuldnerischer zivilrechtlicher Haftung (§§ 318 Abs. 1 und Abs. 2, 116; 93 Abs. 2 AktG; 323 H G B ) gehalten, Erklärungen zum Abhängigkeitsbericht vollständig und richtig abzugeben. Mit dem Prüfungsbericht soll jedem Aktionär, aber auch jedem Gläubiger das Informationsmaterial verschafft werden, das benötigt wird, um die Schadensersatzansprüche wegen Verletzung der §§ 311 ff. AktG geltend zu machen (§§ 317, 318 i.V.m. § 309 Abs. 4 AktG). 382 Kropff, in MK zum AktG vor § 311 Rn. 5. 383 Ansatzpunkt für die Anwendung der haftungsrechtlichen Vorschriften der §§311 ff. AktG ist nicht das Bestehen eines formellen Konzerns i.S. d. § 18 AktG, sondern die Abhängigkeit. Da im Falle der Abhängigkeit ein faktischer Konzern vermutet wird (§18 Abs. 1 S.2 AktG), werden die Regelungen der §§311 ff. AktG regelmäßig und auch hier aber unter der Uberschrift „faktischer Konzern" besprochen.

§ 3: Die Haftung im faktischen

Aktienkonzern

65

teilsausgleich eine Sanktion auf dieses Verbot darstellt 3 8 4 . N a c h überwiegender Auffassung wird indes eine solche Einflussnahme erst dann als unrechtmäßig qualifiziert, wenn der Nachteilsausgleich nicht rechtzeitig erfolgt 3 8 5 . Im Übrigen ist sie zulässig 3 8 6 . Gegen die Verbotsthese spricht bereits die Entstehungsgeschichte des Gesetzes. So ist man von der ursprünglichen Idee eines Verbots jeglicher nachteiligen E i n flussnahmen 3 8 7 zugunsten einer Uberprüfung der Angemessenheit der Einflussnahmen abgewichen 3 8 8 , nachdem sich die Erkenntnis durchgesetzt hatte, dass eine Zusammenarbeit auch im faktischen K o n z e r n im Endeffekt durchaus im Interesse aller konzernverbundenen Unternehmen liegen kann 3 8 9 . D a m i t wird der für eine unabhängige Gesellschaft aufgebaute Schutzmechanismus keineswegs aufgegeben. Insbesondere wird der Zweck der Gesellschaft durch dieses Regelungssystem nicht geändert. Die in §§ 311 ff. A k t G zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Duldung 3 9 0 nachteiliger Einflussnahmen auf die abhängige Gesellschaft bezieht nicht die Verletzung des Unternehmenszwecks und Unternehmensgegenstands in die Billigung mit ein 3 9 1 . D e r Ansicht MUlberts,

der den § § 3 1 1 ff. A k t G eine zweck-

ändernde F u n k t i o n beimisst, da auf der Grundlage dieser Regelung sich der Vorstand der abhängigen Gesellschaft dem beherrschenden Einfluss öffnen dürfe, kann nicht gefolgt werden 3 9 2 . Ein Recht, einer abhängigen Gesellschaft im K o n zerninteresse nachteilige Anweisungen zu geben, ist hieraus nicht abzuleiten 3 9 3 . Verhält sich eine Maßnahme aufgrund eines zu erwartenden Nachteilsausgleichs aber für die abhängige Gesellschaft zweckneutral, ist kein Grund ersichtlich, weshalb ein Vorstand eine solche nicht durchführen können sollte 3 9 4 , auch wenn sie auf Veranlassung eines herrschenden Unternehmens erfolgt. N a c h Miilbert

ist al-

lerdings auch die A u t o n o m i e einer Gesellschaft Bestandteil des Verbandszweckes und damit Teil des Gesellschaftsinteresses 3 9 5 , weshalb die Begründung einer A b hängigkeitslage eine Änderung dieses Verbandszwecks mit sich bringe 3 9 6 . D a durch, dass das Gesetz außerhalb des Konzernrechts von dem Leitbild einer unabhängigen Gesellschaft ausgeht, wird diese Unabhängigkeit aber noch nicht zum Teil des Gesellschaftszwecks. D e r Verbandszweck ist der Grund, weshalb die G e -

384 e j n Verbot vor allem Würdinger, GK zum AktG § 311 Anm. 5 und § 318 Anm. 1 (aufgegeben allerdings in Aktienrecht § 72 I); grundlegend Mestmäcker, in FS Kronstein S. 129; siehe aber auch Bäh, in FS Ludwig Raiser S. 287, 308 ff.; ders., AG 1992, 277, 303 f. 385 Baumbach/Hueck, §311 Rn. 5; Flume, Jurist. Person §4 IV; Geßler, in FS Westermann S. 145, 155; Habersack, in Emmerich/Habersack, 311 Rn. 8; Koppensteiner, in KK vor §311 Rn. 6; Krieger, in Münchner Hdb. § 69 Rn. 13; Kropff, in MK zum AktG § 311 Rn. 19; Lutter, AG 1990, 179; Mülbert, Aktiengesellschaft (1996), S. 285 ff.; Scheffler, AG 1990, 173; K. Schmidt, GesR §31 IV 2 b; Timm, NJW 1987, 977, 982;/. Wilhelm, Rechtsform und Haftung (1981), S. 219 ff.; Wiedemann, Unternehmensgruppe (1988), S. 46; im Sinne einer Duldung Geßler, in FS H. Westermann S. 145, 150 ff.; a.A. Würdinger, in GK zum AktG § 311 Rn. 5; Bälz, in FS Raiser S. 287, 308 ff.; ders., AG 1992, 277, 303. 386 Die hier behandelten Fragen werden häufig im Zusammenhang mit der Zulässigkeit faktischer Konzerne behandelt, wenngleich es insoweit, wie K. Schmidt, GesR § 31 IV 2 b, zu Recht feststellt, nicht um die Frage der Zulässigkeit des faktischen Konzerns an sich geht, sondern um die Frage nach der Rechtmäßigkeit einer nachteiligen Einflussnahme.

66

Kapitel I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

sellschaft e x i s t i e r t 3 9 7 . D i e M e h r h e i t s v e r h ä l t n i s s e in der G e s e l l s c h a f t e r v e r s a m m l u n g h a b e n auf diesen a b e r k e i n e n E i n f l u s s 3 9 8 . N a t ü r l i c h ist der G e s e l l s c h a f t s z w e c k r e g e l m ä ß i g darauf g e r i c h t e t , dass die G e s e l l s c h a f t selbständig u n d e i g e n n ü t z i g z u r G e w i n n e r z i e l u n g a m W i r t s c h a f t s v e r k e h r t e i l n i m m t 3 9 9 . D a s s die M e h r h e i t der A n teile der G e s e l l s c h a f t v o n einer a n d e r e n G e s e l l s c h a f t gehalten w e r d e n , lässt die M ö g l i c h k e i t , dieses Ziel zu v e r w i r k l i c h e n , indes g r u n d s ä t z l i c h u n b e r ü h r t . E i n e G e s e l l s c h a f t k a n n a u c h i m R a h m e n eines K o n z e r n v e r b u n d e s u n t e r B e r ü c k s i c h t i gung ihres Z w e c k s g e f ü h r t w e r d e n 4 0 0 . E b e n diese E r k e n n t n i s hat a u c h d e n G e s e t z g e b e r veranlasst, v o n der n o c h i m ersten R e f e r e n t e n e n t w u r f z u m A k t i e n g e s e t z v o n 1 9 5 8 v o r g e s e h e n e n R e g e l u n g a b z u s e h e n , n a c h der z u r V e r m e i d u n g der G e f a h r v o n M a c h t m i s s b r a u c h n o c h ein totales V e r b o t des E i n f l u s s e s i m f a k t i s c h e n K o n z e r n in V e r b i n d u n g m i t d r a k o n i s c h e n H a f t u n g s b e s t i m m u n g e n (vgl. § 2 8 4 des R e f e r e n t e n w u r f s 1 9 5 8 ) e i n g e f ü h r t w e r d e n sollte, m i t d e m Ziel, ein n u r f a k t i s c h h e r r s c h e n d e s U n t e r n e h m e n in d e n V e r t r a g s k o n z e r n h i n e i n z u z w i n g e n 4 0 1 . D a s s die a u t o n o m e F ü h r u n g der G e s e l l s c h a f t Teil des G e s e l l s c h a f t s z w e c k s ist, lässt sich a u c h n i c h t d e n § § 117, 3 1 1 ff. A k t G e n t n e h m e n . N i c h t die E i n f l u s s n a h m e an sich w i r d m i t einer

3 8 7 Vgl. noch § 284 RefE von 1958, der in Abs. 1 lautete:" Wer als gesetzlicher Vertreter oder als Inhaber eines herrschenden Unternehmen oder wer als Angestellter im Auftrag eines herrschenden Unternehmens eine abhängige Aktiengesellschaft oder K G a.A., ohne dass das herrschende Unternehmen auf Grund eines Unternehmensvertrages berechtigt ist, in den wesentlichen Fragen der Geschäftsführung Weisungen zu erteilen, durch Weisungen zu einer Maßnahme bestimmt, ist der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet ... Neben ihm haftet das herrschende Unternehmen als Gesamtschuldner". 3 8 8 Anders aber Koppensteiner, in KK vor § 311 Rn. 9, der meint, der Entstehungsgeschichte könne eine normative Anerkennung des Konzerns nicht entnommen werden. 3 8 9 Der Gesetzgeber griff insoweit die Anregung Flumes auf, der statt einer „zivilrechtlichen Strafnorm" gegen jegliche Einflussnahme vorgeschlagen hatte, den gesamten Geschäftsverkehr einer abhängigen Gesellschaft mit dem herrschenden Unternehmen einer besondere Prüfung zu unterstellen, über den unter Verantwortung von Vorstand, Aufsichtsrat und Wirtschaftsprüfer Rechenschaft abzulegen ist (Flume, Der Referentenentwurf eines Aktiengesetzes, 1958, S. 25 f.). 3 9 0 Dazu, dass die §§311 ff. AktG verbundbedingte Einwirkungen nur hinnehmen, vgl. auch Geßler, in FS Westermann S. 145, 148 f.; zustimmend Koppensteiner, in KK vor §311 Rn. 7 f. 391 Zöllner, in FS Kropff S. 333, 343. 392 Mülbert, Aktiengesellschaft (1996), S. 281 ff., 453 ff., nach dem der Gesetzgeber das Problem der Zweckänderung schlicht übersehen haben soll. 3 9 3 Vgl. mir Altmeppen, Die Haftung des Managers im Konzern (1998), S. 59. 3 9 4 Vgl. hierzu auch noch unten S. 130. 3 9 5 So Mülbert, Aktiengesellschaft (1996), S. 157; Sonnenberg, Die Änderung des Gesellschaftszwecks (1990), S. 33 f., 73; Timm, Die Aktiengesellschaft als Konzernspitze (1980), S. 28. 396 Mülbert, Aktiengesellschaft (1996), S.280f. 3 9 7 Vgl. hierzu noch unten S. 244 ff. 398 Dimke/Heiser, N Z G 2001, 241, 247 m.w.N. 399 Ulmer, in Hachenburg, 8. Aufl. § 1 Rn. 9 m.w.N.; vgl. auch Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindung im GmbH-Recht (1988), S. 97. 400 Strohn, Die Verfassung der Aktiengesellschaft im faktischen Konzern (1977), S. 19. 4 0 1 Auf Anregung Flumes (vgl. Referentenentwurf eines Aktiengesetzes, 1958, S. 25 f.) wurde anstatt dessen der gesamte Geschäftsverkehr einer abhängigen Gesellschaft mit dem herrschenden Unternehmen einer besonderen Prüfung unterstellt.

§ 3: Die Haftung

im faktischen

Aktienkonzern

67

Schadensersatzpflicht geahndet, sondern nur die Einflussnahme zum Nachteil der Gesellschaft 402 . Daher verstößt eine Konzernierung allein auch nicht gegen die Treuepflicht des herrschenden Gesellschafters. Zwar wird häufig nach der Einbindung einer Gesellschaft in einen Unternehmensverbund die Gesellschaft auf die Bedürfnisse des Konzerns ausgerichtet werden 403 . Damit ist aber nicht zwangsläufig ein Verstoß gegen die Interessen der abhängigen Gesellschaft verbunden 404 . Auch innerhalb eines Unternehmensverbundes kann eine Gesellschaft ihren Zweck verfolgen und mit Gewinn wirtschaften. Im Gegenteil wird das Wirtschaften angesichts der Globalisierung der Märkte und der steigenden Konkurrenz häufig nur in einem Verbund mit anderen Gesellschaften gewinnbringend möglich sein, da für die Konkurrenzfähigkeit einer gewisse Größe erforderlich ist, die einzelne Unternehmen, auf sich allein gestellt, meistens nicht erlangen können. Für die Konzernierung bedarf es daher auch keiner Satzungsänderung oder eines Beschlusses der Hauptversammlung 405 . Zwar meint Emmerich, aufgrund der Konzerneinbindung finde auch im einfach faktischen Konzern eine Ausrichtung der abhängigen Gesellschaft auf die Ziele und Zwecke des herrschenden Unternehmens statt 406 , weshalb geprüft werden müsse, ob nicht mit jedem Fall der Konzernbildung eine Änderung des Zwecks der abhängigen Gesellschaft einhergehe407. Zur Bestätigung dieser Position verweist er auf Stimmen des österreichischen Schrifttums. Auch diese hielten bei einer Konzernierung eigentlich eine Satzungsänderung für erforderlich, so dass die Gesellschafter der abhängigen Gesellschaft der Konzernierung mit zumindest qualifizierter Mehrheit zustimmen müssten 408 . Allerdings beziehen sich die Stimmen, auf die Emmerich insoweit verweist, auf die 4 0 2 A.A. Timm, Die Aktiengesellschaft als Konzernspitze (1980), S. 28, nach dem „die Verletzung der unbeeinflussten, autonomen Geschäftsführung der A G mit Schadensersatzpflichten" belegt ist. 403 Raiser, Recht der Kapitalgesellschaften, 3. Aufl. § 53 Rn. 5. 404 Hopt, Z G R 1993, 534, 563; Michalski, A G 1997, 152, 155. 4 0 5 Ebenso wenig bedarf es einer „Konzernierungserklärung", auch hiergegen spricht die „konzernoffene" Ausgestaltung der A G durch die §§311 ff. AktG: ganz h.M. vgl. nur Emmerich/Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht § 8 III 4 a; Habersack, in Emmerich/Habersack vor § 311 Rn. 1 mit umfangreichen Nachweisen. 4 0 6 Auch nach Hommelhoff, Die Konzernleitungspflicht (1982), S. 109 ff., ergibt sich aus den §§311 ff. AktG, dass eine Leitung auch zu Lasten des Schutzes von Gläubigern und Minderheitsaktionären der abhängigen Gesellschaft erfolgen dürfe, wenn der Widerspruch zwischen Konzernleitung und Außenseiterschutz nicht anders auflösbar sei; noch weitergehend Luchterhandt, Z G R 133 (1970), 1, 13, nach dem bei einem Konflikt zwischen faktischer Konzernleitung und Außenseiterschutz die Belange der Konzernspitze sogar grundsätzlich Vorrang haben; dagegen ausdrücklich Kropff, §311 R n . 2 1 ; allerdings vertrat auch der B G H in seinem Urteil vom 26.3.1984 = B G H Z 90, 381,396 die Auffassung, dass den §§311 ff. A k t G die Vorstellung eines vom herrschenden Unternehmen getragenen konzernmäßigen Gesamtinteresses zugrunde liegt, dem die Belange der abhängigen Gesellschaft praktisch untergeordnet werden. 407 Emmerich, A G 1991, 303, 305 unter Bezugnahme auf die Ausführungen von Mestmäcker, in Verwaltung, Konzerngewalt und Rechte der Aktionäre (1958). 408 Emmerich, A G 1991, 303, 305 mit Hinweis auf Doralt, Z G R 1991, 252, 273 f.; Krejci, in Verhandlungen des 10. österreichischen Juristentages, Bd. 1/1 Wien, S. 303 ff. m.w.N.

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Kapitel I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

Begründung einer qualifiziert faktischen Konzernierung 4 0 9 . Auf dieses Rechtsinstitut wird an späterer Stelle noch z u r ü c k z u k o m m e n sein 410 . Allein die Begründung einer einheitlichen Leitung bedeutet indes noch nicht, dass die Eigeninteressen einer abhängigen Gesellschaft außer Acht gelassen würden. Indem das Gesetz die Möglichkeit der Nachteilszufügung mit einer Kompensationsanordnung verbunden hat, aufgrund derer sich der Nachteil im Verhältnis zum Eigeninteresse letztlich neutral verhält 411 , hat sich der Gesetzgeber f ü r den Fall einer faktischen Konzernierung gerade gegen eine Ausrichtung des Gesellschaftszwecks auf das Konzerninteresse ausgesprochen. Da der Ausgleich auch alle durch die verzögerte Nachteilsausgleichung entstehenden Verzögerungsschäden erfassen muss 412 , wird der Zweck auch nicht eingeschränkt.- Durch die Regelung der §§311 ff. A k t G wird die Existenz eines vom Interesse des herrschenden Gesellschafters und damit vom Konzerninteresse unberührten Eigeninteresses der abhängigen Gesellschaft vielmehr bestätigt, indem vorbehaltlich des Nachteilsausgleichs Rechtsgeschäfte und Maßnahmen verboten werden, die für die abhängige Gesellschaft nachteilig sind. Das Konzerninteresse spielt nur insofern eine Rolle, als ein zeitversetzter Nachteilsausgleich im Falle einer nachteiligen Einwirkung überhaupt nur zulässig ist, wenn sich diese durch das Konzerninteresse legitimieren lässt 413 . Damit können die §§311 ff. A k t G aber auch als besonders geregelter Ausdruck gesellschaftsrechtlicher Treuepflichten verstanden werden 4 1 4 , mit denen ein an das Abhängigkeitsverhältnis angepasstes System geschaffen werden soll 415 . Zwar wurde das Aktienkonzernrecht in einer Zeit entwickelt, in der Treuepflichten des Aktionärs weitgehend abgelehnt wurden 4 1 6 . Die Beziehung zur Aktiengesellschaft selbst sah man nur als eine lockere Verbindung an 417 . Gerade dies ließ aber den Ge-

409

Doralt, Z G R 1991, 252, 273. Vgl. hierzu unten S. 345 ff. 411 Vgl. auch Tröger, Treupflicht im Konzernrecht (2000), S. 204. 4,2 Koppensteiner, i n K K § 3 1 1 Rn. 63\ Kropff, in MK zum A k t G § 311 Rn. 38. 413 Koppensteiner, in KK § 311 Rn. 61. 414 A.A. und für eine Uberlagerung der §§311 ff. A k t G durch die allgemeine mitgliedschaftliche Treuepflicht Henze, BB 1996, 489, 499; Zöllner, Z H R 162 (1998), 235 ff.; vgl. auch Tröger, Treupflicht im Konzernrecht (2000), S. 210 ff.; für einen Ausschluss der Haftung aufgrund einer Treuepflichtverletzung im Anwendungsbereich des §311 AktG aber Habersack, in Emmerich/ Habersack, § 311 Rn. 89 m.w.N. 415 Bevor die Treuepflicht auch in der Aktiengesellschaft anerkannt war, wurde bereits hervorgehoben, dass §318 AktG die Verantwortlichkeit herstellt, die im Personengesellschaftsrecht für herrschende Gesellschafter kraft der Treuepflicht gilt (vgl. Reuter, Z H R 146 (1982), 1, 5); dass die Regelungen des Konzernrechts auch in der Treubindung der herrschenden Gesellschaft gegenüber dem abhängigen zumindest ihre Wertungsgrundlage haben, erkennt auch der B G H an (vgl. B G H v. 5.6.1975 = B G H Z 65, 15, 18 ff.; B G H v. 16.2.1980 = B G H Z 80, 69, 74 ff.; B G H v. 5.12.1983 = B G H Z 89, 162, 166; B G H v. 16.9.1985 = B G H Z 95, 330, 344). 416 Vgl. die Nachweise über den Streitstand zur aktienrechtlichen Treuepflicht zu Beginn der 60er Jahre bei Zöllner, Die Schranken der Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden (1963), S. 336. 417 Zöllner, Z H R 162 (1998), 235, 237. 410

§ 3: Die Haftung

im faktischen

Aktienkonzern

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setzgeber auf den Plan treten, um klarzustellen, dass ein beherrschender Einfluss nicht zum Nachteil der abhängigen Gesellschaft ausgeübt werden darf 4 1 8 . Zwar hat man von der ursprünglichen Idee Abstand genommen, einen Ausgleich f ü r eine nachteilige Einflussnahme nur im gleichen Geschäft zuzulassen. Der Forderung der Wirtschaft, die darauf abzielte, einen Ausgleich innerhalb des Konzernverhältnisses im Ganzen als ausreichend zu normieren, kam man aber bewusst nicht nach 419 . D u r c h den zeitversetzten Nachteilsausgleich wollte man zwar die Konzernierung erleichtern, auf der anderen Seite aber deutlich machen, dass dies nicht auf Kosten der abhängigen Gesellschaft gehen darf 4 2 0 . Diese Intention fügt sich in das heute bestehende Bild eines von Treuepflichten geprägten Verhältnisses zwischen der Gesellschaft und ihren Mitgliedern ein 421 . Indem man auf Seiten des Gesetzgebers gerade verhindern wollte, dass ein beherrschender Einfluss zum Nachteil der abhängigen Gesellschaft ausgeübt wird 4 2 2 , wird das Eigeninteresse der Gesellschaft geschützt 4 2 3 . Der Schutz der Minderheitsgesellschafter und der Gläubiger der Gesellschafter ist insoweit ein erwünschter Reflex. Dass es u m den Schutz der abhängigen Gesellschaft selbst geht und nicht nur u m den Schutz der Vermögensinteressen der Außenseiter der Gesellschaft 424 , zeigt sich bereits dadurch, dass diese Schutzsysteme auch dann greifen, wenn keine Außenseiter existieren, die es zu schützen gilt 425 .

418

Regierungsbegründung, abgedruckt bei KropffS. 408. Kropff in MK zum A k t G § 311 Rn. 19. 420 Vgl. hierzu die Regierungsbegründung, abgedruckt bei Kropff S. 408: „weder Interessen des herrschenden Unternehmens oder eines Konzerns noch Belange der Allgemeinheit (können) eine Benachteiligung der Gesellschaft rechtfertigen"; zwar wird die Gesetzesbegründung insoweit teilweise als nicht ganz klar qualifiziert (K. Schmidt, GesR § 31 IV 2 b); erkennt man aber mit dem Gesetzgeber für den Fall, dass alle Vor- und Nachteile innerhalb einer Rechnungsperiode ausgeglichen werden, die Wahrung der Interessen der abhängigen Gesellschaft an, kann auch von einer Unstimmigkeit der Gesetzesbegründung insoweit keine Rede sein. 421 Vgl. auch Habersack, in Emmerich/Habersack, §311 Rn. 4, nach dem vor dem Hintergrund der Anerkennung der mitgliedschaftlichen Treuepflicht dem Verbot nachteiliger Einflussnahmen nur insoweit eigenständige Bedeutung zukommt, als man das Vorsatzerfordernis des § 117 A k t G auf die Haftung wegen Treuepflichtverletzung erstreckt (vgl. hierzu noch unten S. 356 ff.). 422 Regierungsbegründung abgedruckt bei Kropff S. 408. 423 H.M.: vgl. etwa Flume, 1/2 § 4 IV; Koppensteiner, in KK vor § 311 Rn. 4; Kropff, in MK zum A k t G §311 Rn. 10; Mülhert, Aktiengesellschaft (1996), S. 277 ff., Strohn S. 16 ff.; Semler, Leitung und Überwachung Rn. 286 Fn. 419; für einen reinen Vermögensschutz aber Hommelh o f f , Konzernleitungspflicht (1982), S. 132 ff.; zur Unterscheidung zwischen Vermögens- und Eigeninteresse vgl. bereits die Konzernrechtskommission (Untersuchung zur Reform des Konzernrechts, Bericht der Studienkommission des Deutschen Juristentages 1967 Rn.244). 424 So aber Kropff, in MK zum A k t G § 311 Rn. 10. 425 Dass es sich hier um eine „Ausprägung des Grundgedankens der Treuepflicht" handelt, erkennt auch Kropff, in MK zum A k t G vor § 311 Rn. 100 an; vgl. im Übrigen auch Altmeppen, Die Haftung des Managers im Konzern (1998), S. 84 f.; J. Wilhelm, Kapitalgesellschaftsrecht (1998), Rn. 428 ff. 419

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Kapitel

I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

V o r d e m H i n t e r g r u n d d e r h e u t i g e n E r k e n n t n i s s e u m die T r e u e p f l i c h t e n 4 2 6 d e r G e s e l l s c h a f t e r e i n e r K a p i t a l g e s e l l s c h a f t 4 2 7 ist die b e s o n d e r e B e d e u t u n g des § 3 1 1 A k t G i m V e r h ä l t n i s eines h e r r s c h e n d e n G e s e l l s c h a f t e r s z u s e i n e r G e s e l l s c h a f t d a m i t w e n i g e r i m V e r b o t d e r N a c h t e i l s z u f ü g u n g z u s e h e n , als v i e l m e h r in d e r M ö g l i c h k e i t , d e n N a c h t e i l s a u s g l e i c h b i s z u m E n d e des G e s c h ä f t s j a h r e s

hinauszuzö-

gern428. D a m i t wird keine Schädigung der abhängigen Gesellschaft zugelassen429. V i e l m e h r v e r s u c h t m a n m i t H i l f e d e r g e s t e i g e r t e n R e c h e n s c h a f t s p f l i c h t e n 4 3 0 das a u c h h i e r b e s t e h e n d e S c h ä d i g u n g s v e r b o t g e r a d e z u g a r a n t i e r e n 4 3 1 . D a es s i c h n i c h t u m e i n e m o d i f i z i e r t e F o r m des S c h a d e n s e r s a t z e s f ü r U n r e c h t s z u f ü g u n g

han-

delt432, sollte hier auch nicht v o n einem Schädigungsprivileg433, sondern n u r v o n einem Konzernprivileg gesprochen werden434. Z u einem im Gesetz besonders normierten A n s p r u c h auf Schadensersatz aufgrund der Verletzung der gesellschaftsr e c h t l i c h e n T r e u e p f l i c h t e n k o m m t es e r s t , w e n n d e r N a c h t e i l s a u s g l e i c h

unter-

b l e i b t b z w . v o n v o r n h e r e i n n i c h t m ö g l i c h ist ( § 3 1 7 A k t G ) . 4 2 6 Vgl. dazu, dass bei der Auslegung eines Gesetzes nicht nur die dem historischen Gesetzgeber bewusst gewesenen Zwecke zu beachten sind, sondern die Gesamtheit aller einer Norm zugrundeliegenden Zwecke vgl. nur Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft (1995), Kap. 4 2c). 4 2 7 Schranken werden dem mitgliedschaftlichen Einwirkungspotential eines Gesellschafters auch im Aktienrecht nach heute herrschender Ansicht bereits durch dessen allgemeine mitgliedschaftliche Treuepflicht gesetzt; zur Unterscheidung zwischen mitgliedschaftlichen und mehrheitsbezogenen Treuepflichten vgl. noch unten S. 164 ff., 187 ff.). 4 2 8 Die Veranlassung eines Rechtsgeschäfts oder eine Maßnahme, die mit einem Nachteil verbunden ist, ist nicht treuepflichtwidrig, wenn gleichzeitig ein Nachteilsausgleich stattfindet oder eine Verpflichtung hierzu übernommen wird, da es dann „unter dem Strich" gesehen an einer Benachteiligung gerade fehlt (Kropf/.\ in M K zum AktG §311 Rn. 213; K. Schmidt, GesR § 39 III 2 c); ähnlich Emmerich, in Scholz, 9. Aufl. Anhang Konzernrecht Rn. 75 m.w.N.); dass ein Ausgleich alsbald stattfindet, könnte ohne entsprechende gesetzliche Regelung an der Unrechtmäßigkeit der Benachteiligung allerdings nicht ändern (Martens, G m b H R 1984, 269; Ulmer, Z H R 148 (1984), 412; noch unentschlossen K. Schmidt, G m b H R 1979, 127; zur weiteren Nachweisen auch zur gegenteiligen Auffassung vgl. K. Schmidt, GesR § 39 III 2 c). 4 2 9 Diesen Schluss rechtfertigen auch nicht die aus dem Schadensersatzrecht bekannten Begriffe der Vorteilsanrechung und des Nachteilsausgleichs; vielmehr zeigt der Regelungszusammenhang, dass es bei der Rechtzeitigkeit des Ausgleichs bereits an einer Pflichtverletzung fehlt (vgl. bereits oben S. 64 ff.). 4 3 0 Vgl. hierzu auch Altmeppen, Die Haftung des Managers im Konzern (1998), S. 60; ders., Abschied vom „qualifiziert faktischen" Konzern (1991), S. 12 ff., 24 ff. 431 Altmeppen, ZIP 1996, 693, 695; ders., Die Haftung des Managers im Konzern (1998), S. 58; Bommert, Verdeckte Vermögensverlagerungen im Aktienrecht (1989), S. 182 f.; Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern (1998), S. 65 f.; Flume, B G B AT 1/2, Die juristische Person, S. 127; Geßler, in FS Fischer S. 131, 138; J . Wilhelm, Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person (1981), S. 221 ff.; ders., Kapitalgesellschaftsrecht (1998) Rn. 423 ff.; Würdinger, in G K zum AktG §311 Anm. 5. 4 3 2 So aber Kellmann, B B 1969, 1512; ders., Z G R 1974, 221; dagegen auch K. Schmidt, GesR § 3 1 IV 2 b). 433 Lutter, in Hommelhoff, Entwicklungen im GmbH-Konzernrecht S. 192,205; einschränkend allerdings ders., in FS Steindorff S. 125, 148; a.A. Altmeppen, Die Haftung des Managers im Konzern (1998), S. 58; Hoffmann-Becking, Referat auf dem 59. Dt. Juristentag, Sitzungsbericht R S. 100, 101. 434 Kropff in M K zum AktG § 311 Rn. 15.

5 3: Die Haftung

im faktischen

Aktienkonzern

71

II. Das Schutzsystem des §§311, 317 AktG Weitgehende Einigkeit besteht darüber, dass durch das Regelungssystem der § § 3 1 1 ff. A k t G das Eigeninteresse der abhängigen Gesellschaft, nicht aber ihr Eigenwille geschützt werden soll 4 3 5 . N u r vereinzelt finden sich aber Stimmen, die aus der Vermögensbezogenheit des Regelungssystems die nahezu unbegrenzte Zulässigkeit von nicht vermögensmäßig bewertbaren Rechtsgeschäften und konzernintegrativen Maßnahmen ableiten 4 3 6 . Ganz überwiegend wird die Auffassung vertreten, dass ein ausreichender Schutz nur gewährt werden kann, wenn man das zu schützende Interesse nicht nur auf den Umfang des Gesellschaftsvermögens erstreckt, sondern auch auf die Erhaltung bzw. Schaffung von Unternehmensfunktionen, die für ein selbständiges Auftreten am Markt erforderlich sind 4 3 7 . Unterschiedliche Formulierungen finden sich allerdings hinsichtlich der Frage, wieweit der Schutz vor konzernintegrativen bzw. anderen in die Organisation der Gesellschaft eingreifenden Maßnahmen geht. Teilweise sieht man das Eigeninteresse durch eine konzernintegrative Maßnahme erst als verletzt an, wenn die abhängige Gesellschaft bei Auflösung der Konzernverflechtung nicht mehr selbständig überlebensfähig ist 4 3 8 . Andere betonen die Unzulässigkeit von Maßnahmen, die die Gesellschaft derart umgestalten, dass das unternehmerische Eigeninteresse als Maßstab für die Begrenzung des beherrschenden Einflusses nicht mehr bestimmbar ist 4 3 9 bzw. durch die die Gesellschaft als wirtschaftlich autonomer Unternehmensträger vernichtet wird 4 4 0 . Eng verknüpft ist hiermit die Frage, ob die abhängige Gesellschaft nach diesem Regelungssystem in der Form aufrecht erhalten werden soll, wie sie zur Zeit der Entstehung des Abhängigkeitsverhältnisses bestand 4 4 1 , oder ob nur danach zu fragen ist, wie eine unabhängige Gesellschaft sich in einer entsprechenden wirtschaftlichen Situation jeweils verhalten hätte. Die Entscheidung dieser Frage wirkt sich ganz entscheidend darauf aus, in welchem Umfang man Konzerleitungsmaßnahmen für zulässig hält, da, je länger eine Konzerneinbindung währt, auch die konzerninternen Verflechtungen zunehmen, was mit entsprechenden strukturellen und organisatorischen Veränderungen auf Seiten der abhängigen Gesellschaft einhergeht 4 4 2 . Müsste die Gesellschaft in der Form aufrechterhalten werden, wie sie 435 Koppensteiner; in K K vor §311 Rn. 4; Strohn Die Verfassung der Aktiengesellschaft im faktischen Konzern, (1977), S. 17; Semler, Leitung und Überwachung (1996) S. 114; vgl. auch Mülbert, Aktiengesellschaft (1996), S.273 m.w.N. 436 Luchterhandt, Z H R 133 (1970), 1, 12, 30 f. 437 Koppensteiner, in K K vor § 311 Rn. 4 m.w.N. 438 Strohn Die Verfassung der Aktiengesellschaft im faktischen Konzern, (1977), S. 90, 100 f., 116; Martens, Wirtschaftsabhängigkeit (1979), S. 65 R n . 2 0 . 439 Flume, 1/2 S. 123; Martens, D B 1970, 865, 867; Mestmäcker, in FS Kronstein S. 129, 147; Rehbinder, Konzernaußenrecht (1969), S . 2 4 6 f . ; vgl. auch Kleindiek, Strukturvielfalt (1991), S. 51 m.w.N. 440 Hommelhoff Konzernleitungspflicht (1982), S. 138. 4 4 1 So etwa Koppensteiner, in K K § 311 Rn. 26. 442 Mülbert, Aktiengesellschaft (1996), S. 276 f.

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Kapitel

I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

zur Zeit der Begründung des Abhängigkeitsverhältnisses bestand, wäre der Maßstab für die Beurteilung einer Maßnahme als nachteilig natürlich ein völlig anderer als für den Fall, dass es jeweils auf die wirtschaftliche und rechtliche Situation einer als unabhängig gedachten Gesellschaft zur Zeit der Vornahme der Maßnahme ankommt. Hierauf wird im Rahmen der Diskussion um die einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen des § 311 A k t G zurückzukommen sein, da erst vor diesem Hintergrund auch der genaue Regelungszweck der Vorschrift ermittelt werden kann. Entsprechendes gilt auch für die Beurteilung der Funktionsfähigkeit des auf Schädigungsverbot, Nachteilsausgleich und Abhängigkeitsbericht beruhenden Regelungsmodells der § § 3 1 1 ff. A k t G . So wurden vor allem in den ersten zwei Jahrzehnten nach Inkrafttreten der § § 3 1 1 ff. A k t G diese sehr kritisch bewertet 4 4 3 . Insbesondere bei intensiver Verstrickung zwischen Mutter- und Tochtergesellschaften sei diese Haftungsordnung unpraktikabel 444 . Teilweise wird gar vertreten, dass auch bei dezentral geführten Konzernen - aufgrund der Indienstnahme des abhängigen Unternehmens durch das herrschende - eine Beurteilung einzelner Vorgänge auf ihre Vor- oder Nachteiligkeit und erst recht eine Quantifizierbarkeit solcher Maßnahmen ausscheide 445 . Dies gelte insbesondere, wenn hierdurch die Unternehmensstruktur betroffen sei. Der Vergleich mit dem Verhalten eines selbständigen Unternehmens sei hypothetisch und daher gerade bei länger dauernden Konzernverbindungen nicht brauchbar. Aber selbst wenn feststehe, dass eine Maßnahme nachteilig sei, bereite es kaum überwindbare Schwierigkeiten, diesen Nachteil höhenmäßig zu beziffern, damit ein entsprechender Ausgleich gewährt werden könne. Im Übrigen sei die Regelung auch unvollständig, da ein herrschendes Unternehmen eine Tochtergesellschaft auch unabhängig von „Rechtsgeschäften" oder „Maßnahmen" schädigen könne, etwa indem es ein Konkurrenzunternehmen gründe oder fördere 446 . Auch bestünden auf Seiten des Tochtermanagements nur „wenig natürliche Anreize", gegenüber dem faktisch übergeordneten Muttermanagement Nachteilsausgleichs- bzw. Schadenersatzansprüche geltend zu machen. Darüber hinaus sei es auch für Außenstehende kaum möglich, nachzuweisen, dass ein Nachteil vorliege, wenn dabei die Durchforstung moderner Konzerngefüge vorausgesetzt wird. Bemängelt wurde auch, dass der Begriff der Veranlassung schwer zu erfassen sei. Maßnahmen würden in der Regel zwischen der 443 Emmerich, A G 1987, 1, 3; Emmerich/Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht, § 2 4 II; Henze, B B 1996, 489, 498 f.; Immenga, in FS Böhm S.253, 259; ders., Z G R 1978, 269, 275 f.; Koppensteiner, in K K vor §291 Rn.57; §311 R n . 4 9 ; Martens, D B 1970, 865, 866 ff.; Neuhaus, D B 1970, 1919; Reul, Gleichbehandlung (1991), S. 279 ff.; Reuter, Z H R 146 (1982), 1, 13 ff.; Schilling, Z G R 1978, 415, 420; K. Schmidt, GesR §31 IV 1; positiv zur gesetzlichen Regelung aber Flume, A G 1988, 88, 90 f.; Hommelhoff, Z G R 156 (1992), 295, 313; ders., Gutachten 59. D J T G 20 ff, 24 ff.; Kropff in Lutter/Semler, Rechtsgrundlagen S. 71, 80 f.; ders., in Lutter, 25 Jahre Aktiengesetz S. 19, 47 f.; Lutter, Z H R 151 (1987), 444, 460; Rittner, Z G R 1990, 203, 214, 218. 4 4 4 Gegen die Zulässigkeit eines zentral organisierten Konzerns daher auch Hommelhoff, Konzernleitungspflicht (1982), S. 123 ff.; ders. in Mestmäcker/Behrens S. 90, 99. 445 Reuter, Z H R 146 (1982), 1, 28. 446 Wiedemann, Die Unternehmensgruppe im Privatrecht (1988), S. 47.

§ 3: Die Haftung

im faktischen

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Aktienkonzern

Konzernleitung und dem Vorstand der abhängigen Gesellschaft besprochen und dann von diesem in seine unternehmerische Verantwortung übernommen; nur wenn diese Übernahme nicht erfolge, werde eine Maßnahme als veranlasst anzusehen sein 4 4 7 . Bedenklich sei weiterhin die persönliche Abhängigkeit des Abschlussprüfers, der auf Vorschlag des Aufsichtsrats der abhängigen Gesellschaft (§ 124 Abs. 3 A k t G ) von den Gesellschaftern ( § 3 1 8 Abs. 1 H G B ) für die kurze Dauer von nur einem Jahr ( § 3 1 8 Abs. 1 S. 3 H G B ) bestellt werde 4 4 8 . Eine gewisse präventive Wirkung wird allenfalls dem Abhängigkeitsbericht zugeschrieben 4 4 9 . Da dieser Bericht außenstehenden Dritten, vor allem Gläubigern, aber nicht zugänglich ist, würde auch er ihre Klägerposition nicht entscheidend verbessern 4 5 0 .

III. Die Tatbestandsvoraussetzungen

des §311

AktG

1)Abhängigkeitsverhältnis Das Schutzsystem der § § 3 1 1 ff. A k t G setzt bereits bei einfacher Abhängigkeit einer Gesellschaft von einer anderen ein. Die einfache Abhängigkeit i.S.d. § 17 A k t G ist somit, wenngleich die schwächste Form einer Unternehmensverbindung, diejenige, an die das A k t G bereits die meisten konzernrechtlichen Folgen knüpft. Auf diese Weise soll der Schutz einer abhängigen Gesellschaft so weit wie möglich vorverlegt werden. Ansatzpunkt für die Anwendung der haftungsrechtlichen Vorschriften der § § 3 1 1 ff. A k t G ist folglich nicht, dass die Unternehmensgruppe unter einer einheitlichen Leitung steht, d.h. einen formellen Konzern i.S.d. § 18 A k t G bildet, so dass ein Heranziehen der § § 3 1 1 ff. A k t G grundsätzlich auch außerhalb eines Konzernverhältnisses möglich ist. Was unter einem abhängigen Unternehmen zu verstehen ist, wird in § 17 A k t G legal definiert 4 5 1 . Abhängigkeit liegt hiernach vor, wenn ein herrschendes Unternehmen die Möglichkeit hat, auf die abhängige Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar 4 5 2 einen beherrschenden Einfluss auszuüben 4 5 3 . Diese Definition ist für sich genommen freilich wenig aussagekräftig. Aufgrund des unverkennbaren ZusamHommelhoff Z H R 156 (1992), 295, 297. Hommelhoff, Z H R 156 (1992), 295, 303. 4 4 9 Der Abhängigkeitsbericht des deutschen Aktienrechts hat im europäischen Vergleich keine Parallele - mit Ausnahme des (gescheiterten) Vorschlags für eine Konzernrichtlinie. Er lässt sich allenfalls etwa mit dem im französischen Recht für die société anonyme vorgeschriebenen Bericht des commissaire aux comptes über die Geschäfte zwischen der Gesellschaft und ihren Organen vergleichen, wobei aber gerade dort für Geschäfte zwischen Konzerngesellschaften gesetzliche Erleichterungen vorgesehen sind. 450 Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 2 6 I 1. 4 5 1 Ausgegangen wird mit der herrschenden Meinung von einem einheitlichen aktienrechtlichen Abhängigkeitsbegriff, wofür insbesondere die Systematik des Gesetzes spricht, das durch die vorangestellten Definitionsnormen deutlich macht, dass insoweit von einheitlichen Begriffen ausgegangen wird (Koppensteiner; in K K § 17 Rn. 10). 4 5 2 Vgl. schon § 16 Abs. 4 AktG. 4 5 3 Ausführlich Koppensteiner, in K K § 17 Rn. 12 ff. 447 448

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Regelungen

zur

Haftung

menhangs der Definitionsnormen in den §§ 15 ff. A k t G mit den Bestimmungen des dritten Buches des Aktiengesetzes wird zur Bestimmung dieses Begriffs daher auch die N o r m herangezogen, die den Schutz der abhängigen Gesellschaft, Aktionäre und Gläubiger zum Gegenstand hat 454 . Als unproblematisch abhängigkeitsbegründend kann das auch praktisch wichtigste Instrument der Herrschaft über eine Gesellschaft angesehen werden, die Mehrheitsbeteiligung. Bei einer Mehrheitsbeteiligung 4 5 5 wird das Vorliegen der Abhängigkeit vermutet (§17 Abs. 2 AktG), woran sich wiederum die Vermutung eines faktischen Konzerns k n ü p f t (§18 Abs. 1 S. 2 AktG). Abhängigkeit ist aber auch bei einer Beteiligung unter 50 % möglich, soweit Umstände hinzutreten, die einen der Mehrheitsbeteiligung entsprechenden Einfluss vermitteln 4 5 6 . So kann auch eine sogenannte Hauptversammlungsmehrheit 4 5 7 oder eine abgeleitete Stimmenmacht, etwa auf der Basis von Treuhandverhältnissen oder Stimmbindungsverträgen, Abhängigkeit begründen 4 5 8 . Auch beständige familiäre Beziehungen, die zur Folge haben, dass eine Familie grundsätzlich als G r u p p e einheitlich abstimmt, begründet Abhängigkeit 4 5 9 . D e n k b a r ist natürlich auch, dass ein beherrschender Einfluss von mehreren gleichgeordneten U n t e r n e h m e n ausgeübt wird, wenn zwischen diesen eine Interessenkoordination erfolgt u n d somit eine ausreichende sichere Grundlage f ü r die Ausübung gemeinsamer Herrschaft besteht 4 6 0 . Die Abhängigkeitsbegründung durch Satzungsbestimmungen ist bei der A G im Hinblick auf § 23 Abs. 5 A k t G und der grundsätzlichen Unzulässigkeit von Mehrstimmrechtsaktien nach § 12 Abs. 2 AktG 4 6 1 , anders als bei der G m b H , allerdings kaum noch möglich 4 6 2 . Nach teilweiser Auffassung soll aber auch eine rein wirtschaftlich fundierte Machstellung, zu denken ist etwa an die Einbindung in ein Vertriebsnetz oder langfristige Kauf- und Lieferverträge, als Entstehungsgrundlage für eine Abhängigkeit im Sinne des Aktiengesetzes ausreichen können 4 6 3 . Zwar wird in der Regierungsbegründung eine solche Möglichkeit, trotz einiger Skepsis, nicht grundsätzlich ausge454

Koppensteiner, in K K § 17 Rn. 11 m . w . N . Vgl. hierzu § 1 6 A k t G . 456 O L G Saarbrücken v. 22.9.1992, Z I P 1992, 1623, 1624; Emmerich/Sonnenschein/Habersack, 7. Aufl., § 3 V. 457 Bewegt sich die durchschnittliche H a u p t v e r s a m m l u n g s p r ä s e n z üblicherweise auf einer b e s t i m m t e n H ö h e , k a n n dies dazu f ü h r e n , dass bereits eine Minderheitsbeteiligung eine sichere H a u p t v e r s a m m l u n g s m e h r h e i t verleiht ( E m m e r i c h , in E m m e r i c h / H a b e r s a c k § 1 7 Rn. 19 m.w.N.; Koppensteiner, in K K § 17 Rn. 36). 458 Vgl. zu weiteren Beispielen Emmerich, in E m m e r i c h / H a b e r s a c k § 17 Rn. 19 ff.; z u m D e p o t s t i m m r e c h t der Banken vgl. Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 3 5 b) m . w . N . 459 Emmerich, in E m m m e r i c h / H a b e r s a c k § 17 Rn. 19. 460 B G H v. 4.3.1974 = B G H Z 6 2 , 1 9 3 , 1 9 6 ff.; B G H v. 16.9.1985 = B G H Z 95, 330, 349; B G H v. 19.9.1994 = A G 1995, 35 ff. (dazu K. Schmidt, Z I P 1994, 1742 f.); Hüffer, A k t G § 17 Rn. 13 ff. 461 Z u r ausnahmsweisen F o r t g e l t u n g von M e h r s t i m m r e c h t e n vgl. aber auch § 5 E G A k t G . 462 G r u n d s ä t z l i c h z u r Möglichkeit der K o n z e r n b i l d u n g auf statutarischer G r u n d l a g e Beuthien, Z I P 1993, 1589 ff. 463 Dierdorf, H e r r s c h a f t u n d Abhängigkeit einer Aktiengesellschaft auf schuldvertraglicher u n d tatsächlicher G r u n d l a g e (1978), S. 152 ff.; Hirte, D e r qualifiziert faktische K o n z e r n (1992), 455

§ 3: Die Haftung

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Aktienkonzern

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schlössen 464 . Auch ist hierin zu lesen, dass in § 311 A k t G „die Verantwortlichkeit für die Ausübung rein tatsächlicher, also nicht auf einem Beherrschungsvertrag beruhender Beherrschungsmacht" geregelt wird 465 . Zugleich wird aber auch darauf hingewiesen, dass rein tatsächliche Verhältnisse zur Abhängigkeitsbegründung nur selten ausreichen werden, da sie dem herrschenden Unternehmen in aller Regel nicht gestatten, sich die abhängige Gesellschaft ohne Rücksicht auf zufällige Entwicklungen und Ungewissheiten über die Mitwirkung anderer zu unterwerfen 4 6 6 . Wirtschaftliche Machtpositionen können zur Begründung eines Abhängigkeitsverhältnisses im konzernrechtlichen Sinne grundsätzlich aber schon deshalb nicht taugen, da die wirtschaftliche Abhängigkeit regelmäßig nur eine sektorelle Beeinflussung ermöglicht 4 6 7 . Zwar existieren heute Vertragsformen, denkt man nur an das Franchising oder Just-in-Time- Verträge, die durchaus zu einer umfassenden wirtschaftlichen Abhängigkeit einer Gesellschaft führen können 4 6 8 . Eine Einbeziehung dieser Vertragsgestaltungen in das Konzernrecht würde dieses Rechtsgebiet indes uferlos werden lassen 469 . Die Abhängigkeitsfeststellung wäre auch undurchsichtig, zumal derartige Verträge keiner Publizitätspflicht unterliegen 4 7 0 . Es entstünden kaum zu bewältigende Abgrenzungsschwierigkeiten, wodurch auch die Rechtssicherheit beeinträchtigt wäre 4 7 1 . Vor allem wäre eine solche Einbeziehung aber auch von der Sache her nicht angemessen. Dies ist allerdings weniger der insoweit wenig aussagekräftigen Legaldefinition des § 17 A k t G und seiner Entstehungsgeschichte zu entnehmen, als vielmehr dem Regelungszusammenhang mit dem Normenkomplex der §§311 ff. AktG. Gesetzgeberisches Ziel ist es, vor den Gefahren einer innergesellschaftlichen Machtverlagerung zu schützen 472 . Im Falle einer nur wirtschaftlichen Abhängigkeit ist der Maßstab der §§311,317 Abs. 2 A k t G für die Bestimmung der Nachteiligkeit veranlasster Maßnahmen indes nicht funktionsfähig, da eine Geschäftsleitung, die sich ökonomischen Zwängen beugt, nicht sorgfaltswidrig handelt. §317 Abs. 2 A k t G setzt aber voraus, dass die abhängige Gesellschaft als selbständiger, mit marktmäßigen Entscheidungsspielräumen gedachter Unternehmensträger vorstellbar ist, der nur wegen der verbandsinternen Einwirkung eines anderen Unternehmens die vorS. 19 ff.; Reinhardt!Schultz, GesR §58 I 1 c); H. Werner, Abhängigkeitstatbestand (1979), S. 140 ff. 464 Vgl. Regierungsbegründung abgedruckt bei Kropff, S. 31, anknüpfend an die Rechtsprechung zu § 15 Abs. 2 A k t G a.F. 465 Regierungsbegründung abgedruckt bei Kropff A k t G S. 407. 466 Regierungsbegründung abgedruckt bei Kropff, A k t G S. 31. 467 Ulmer ZGR 1978, 457, 461. 468 Vgl. hierzu eingehend Oechsler, Z G R 1997, 464 ff.; vgl. hierzu insbesondere auch Martinek, Franchising (1987), S. 640 ff, 644 f.; ders., Moderne Vertragstypen, Bd. II S. 75; Teubner, Z H R 154 (1990), 295,318. 469 Emmerich ! Sonnenschein! Habersack, Konzernrecht, 7. Aufl. § 3 II 3a). 470 Koppensteiner, in FS Stimpel S. 811, 819 f.; ders., in KK §17 Rn. 50; Ulmer, Z G R 1978, 457, 465 f. 471 Däubler, CR 1988, 834, 837. 472 Vgl. hierzu Koppensteiner, in KK § 17 Rn. 50; ders., in FS Stimpel S. 811, 816; Köhler, N J W 1978, 2474, 2476; Ulmer, Z H R 1978, 468 f.

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Kapitel I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

handenen A l t e r n a t i v e n nicht w a h r n i m m t . B e i e i n e m wirtschaftlich abhängigen U n t e r n e h m e n sind solche A l t e r n a t i v e n v o n v o r n h e r e i n n i c h t v o r h a n d e n 4 7 3 . Z u R e c h t wird in diesem Z u s a m m e n h a n g daher auch darauf hingewiesen, dass eine w i r t s c h a f t liche A b h ä n g i g k e i t v o r allem die P o s i t i o n eines U n t e r n e h m e n s als W e t t b e w e r b e r tangiert, so dass ihm S c h u t z v o r der B e e i n t r ä c h t i g u n g seiner M a r k t s t e l l u n g gewährt w e r d e n muss. H i e r z u taugt der im Z u s a m m e n h a n g mit einer A b h ä n g i g k e i t i.S.d. A k t i e n g e s e t z e s v o r allem in R e d e stehende N o r m e n k o m p l e x der § § 3 1 1 ff. A k t G aber nicht, da hier statisch auf einen reinen V e r m ö g e n s s c h u t z abgestellt w i r d 4 7 4 . D a her ist auch nach A u f f a s s u n g der R e c h t s p r e c h u n g der hier zu gebende S c h u t z besser in den R e g e l u n g e n des allgemeinen Zivilrechts o d e r anderen speziellen R e c h t s g e b i e ten wie d e m W e t t b e w e r b s - u n d K a r t e l l r e c h t zu s u c h e n 4 7 5 . E s sollte indes davon A b stand g e n o m m e n w e r d e n , die sich in diesem B e r e i c h stellenden P r o b l e m e d e m Vertragsrecht zu e n t z i e h e n u n d e i n e m R e c h t s g e b i e t zu ü b e r a n t w o r t e n , welches dafür nicht ausreichend e n t w i c k e l t i s t 4 7 6 . A u f g a b e des G e s e l l s c h a f t s r e c h t s ist es, eine O r g a n i s a t i o n für eine gemeinsame Z w e c k v e r f o l g u n g zu schaffen. D i e s e

Funk-

tionsfähigkeit wird d u r c h eine V e r s c h i e b u n g der innergesellschaftlichen M a c h t b a lance gefährdet, w e n n ein anderes U n t e r n e h m e n die M e h r h e i t an der G e s e l l s c h a f t hält. D i e s e r G e f a h r soll mit M i t t e l n des K o n z e r n r e c h t s begegnet werden. Ö k o n o m i sche Z w ä n g e stellen indes die Tauglichkeit der durch das G e s e l l s c h a f t s r e c h t v o r g e geben O r g a n i s a t i o n nicht in F r a g e , da sie v o n außen auf eine Gesellschaft einwirk e n 4 7 7 . D e m w i r d z w a r teilweise entgegengehalten, m o d e r n e Vertragstypen wie das F r a n c h i s i n g seien gerade dadurch g e k e n n z e i c h n e t , dass auf die u n t e r n e h m e n s i n t e r n e O r g a n i s a t i o n eines Vertragspartners eingewirkt w e r d e 4 7 8 . Indes muss z w i s c h e n der hier allein m a ß g e b e n d e n gesetzlich v o r g e g e b e n gesellschaftsrechtlichen u n d der inn e r b e t r i e b l i c h e n O r g a n i s a t i o n unterschieden w e r d e n . D i e vertragliche V e r e i n b a rung b e s t i m m t e r R e g e l u n g e n , die z u m Ziel h a b e n , den betrieblichen A b l a u f in einem U n t e r n e h m e n in ein b e s t i m m t e s S y s t e m einzufügen, ändert nichts an der gesetzlich v o r g e g e b e n e n innergesellschaftlichen Verteilung der A u f g a b e n z w i s c h e n den O r g a nen einer G e s e l l s c h a f t . D a m i t greifen aber auch V e r e i n b a r u n g e n ü b e r die O r g a n i s a tion der B e t r i e b s f ü h r u n g , t r o t z der hier ü b l i c h e n bis ins D e t a i l gehenden V o r g a b e n i n n e r b e t r i e b l i c h e r A b l ä u f e 4 7 9 , nicht in die gesellschaftsrechtliche

Zuständigkeits-

o r d n u n g einer Gesellschaft ein.

4 7 3 Vgl. Koppensteiner, in FS Stimpel S. 811, 819; Köhler, N J W 1978, 2474, 2477; Martens, Wirtschaftsabhängigkeit (1979), S. 63 f.; Tröger, Treupflicht im Konzernrecht (2000), S. 19. 474 Martens, Wirtschaftsabhängigkeit (1979), S. 65 ff. 4 7 5 B G H v. 26.3.1984 = B G H Z 90, 381, 395 f. 476 Heyder, Der qualifizierte faktische Aktienkonzern (1997), S. 31. 477 K. Schmidt, Z G R 1980, 277, 284; Würdinger, GK, 3. Aufl. § 17 Anm. 3; vgl. auch Tröger, Treupflicht im Konzernrecht (2000), S. 23; aus dem gleichen Grund kann auch die Einflussmöglichkeit, basierend auf einem besonderen Vertrauensverhältnis zu einer leitenden Person einer Gesellschaft, nicht zu einer Abhängigkeit in diesem Sinne führen (Koppenteiner, in KK § 1 7 Rn. 52; Säcker, Z H R 151 (1987), 66). 478 Oechsler, Z G R 1997, 464, 468. 4 7 9 Vgl. die Bsp. bei Oechsler, Z G R 1997, 464, 468 f.

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Vor allem schafft ein wirtschaftliche Abhängigkeit begründender Vertrag aber auch nicht eine derartige Konfliktsituation, wie sie dem Regelungsmodell der §§311 ff. A k t G zugrunde liegt. Hintergrund der konzernrechtlichen Regelungen ist die Vorstellung von einer besonderen Konzerngefahr, die damit begründet wird, dass der Gleichlauf der Interessen der Gesellschaft, der Gesellschafter und der Gesellschaftsgläubiger an einer erfolgreichen Geschäftstätigkeit der Gesellschaft nicht mehr ohne weiteres vorhanden ist, wenn einer der Gesellschafter außerhalb der Gesellschaft anderweitige unternehmerische Interessen verfolgt und innerhalb der Gesellschaft die Möglichkeit hat, die Geschäftstätigkeit an diesen anderweitigen unternehmerischen Interessen auszurichten. Die §§311 ff. A k t G zielen darauf ab, die Folgen dieser entgegengesetzten Interessen zu kompensieren, ohne eine Konzernierung zu verhindern. Bei den eine wirtschaftliche Abhängigkeit begründenden Vertragstypen wie dem Franchising bzw. den Just-in-TimeVerträgen ist hingegen ein solcher Interessenkonflikt nicht gegeben 480 . Mit der ganz herrschenden Meinung ist daher davon auszugehen, dass Abhängigkeit i.S.d. Konzernrechts grundsätzlich eine gesellschaftsrechtliche Vermittlung voraussetzt 4 8 1 und aus wirtschaftlichen Austauschbeziehungen folgende Abhängigkeiten den Tatbestand des § 17 A k t G nicht erfüllen 4 8 2 . Abzulehnen ist mit der herrschenden Auffassung aber auch eine Beherrschung allein aufgrund einer personellen Verflechtung, insbesondere aufgrund eines Doppelmandates, oder eines Entsendungsrechtes 4 8 3 . Bei Doppelmandaten im Vorstand oder Aufsichtsrat lassen sich grundsätzlich bereits keine Aussagen darüber treffen, welches U n t e r n e h m e n abhängig u n d welches herrschend ist 484 . Hier ist vielmehr die Frage nach dem Bestehen eines Gleichordnungskonzerns aufgeworfen 4 8 5 .

480 N o c h weniger können Kredit- oder allgemeine Lieferbeziehungen, weder allein noch im Zusammenhang mit einer einfachen Beteiligung, als ausreichend für eine Abhängigkeit in diesem Sinne angesehen werden ( B G H v. 26.3.1984 = B G H Z 90, 381, 399; Koppensteiner, in KK § 17 Rn. 50; Raiser, Kapitalgesellschaftsrecht § 51 Rn. 13 S. 545/546; Hüffer, A k t G § 17 Rn. 8). 481 B G H v. 4.3.1974 = B G H Z 62, 193, 199; B G H v. 26.3.1984 = B G H Z 90, 381, 395; B G H Z 20.2.1989 = B G H Z 107, 7, 10; Bayer, in MK zum A k t G § 17 Rn. 29; Hüffer, A k t G § 17 Rn. 8 f.; Emmerieb, in Emmerich/Habersack § 17 Rn. 15; Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 3 II 3 a; Koppensteiner, in FS Stimpel S. 811, 816 ff.; ders., in KK §17 Rn. 50; Lutter/Hommelhoff 15. Aufl. Anh. § 13 Rn. 7; K. Schmidt, GesR § 31 II 3 b; Raiser, Recht der Kapitalgesellschaften, 3. Aufl. § 51 Rn. 20; Zöllner, in Baumbach/Hueck, GmbH-Konzernrecht Rn. 10; a.A. Dierdorf, Herrschaft und Abhängigkeit (1978), S. 152 ff.; Prühs, D B 1972, 2001 ff.; Werner, Der aktienrechtliche Abhängigkeitstatbestand (1979), S. 152 ff. 482 Vgl. auch Zöllner, Z H R 162 (1998), 235, 238, der im Hinblick darauf, dass in einem Konzern die Konzernglieder durch das vertragsähnliche Verhältnis der Mitgliedschaft verbunden sind, auch den Begriff des „faktischen Konzerns" kritisiert. 483 Emmerich, in Emmerich/Habersack § 17 Rn. 19a auch unter Hinweis auf die in diese Richtung weisende Regelung des § 101 Abs. 2 S. 4 AktG; Krieger, in Münchner Handbuch des AktR, 2. Aufl. § 68 Rn. 47; Koppensteiner, in KK § 17 Rn. 52; Säcker, Z H R 151 (1987), 66. 484 Koppenteiner, in KK § 17 Rn. 52; Dierdorf, Abhängigkeit (1978), S. 202 ff.; Tröger, Treupflicht im Konzernrecht (2000), S. 27. 485 Vgl. hierzu unten S. 455 ff.

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Kapitel

I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

Dies bedeutet auf der anderen Seite allerdings nicht, dass tatsächliche Abhängigkeiten grundsätzlich unberücksichtigt bleiben müssten bzw. dürften. Mit der herrschenden Auffassung in Rechtsprechung 486 und Lehre 4 8 7 ist vielmehr davon auszugehen, dass auch eine relevante Beteiligung 488 unterhalb von 5 0 % für die Begründung einer Abhängigkeit im Sinne des Aktiengesetzes ausreicht, wenn aufgrund tatsächlicher Umstände ein gleicher Effekt wie bei einer Mehrheitsbeteiligung erreicht werden kann. Durch die Beteiligung wird aber ein Anknüpfungspunkt geliefert, der es erlaubt, den ausgeübten Einfluss mitgliedschaftlichen Bindungen zu unterwerfen und so dem Gesellschaftsrecht zu unterstellen 489 . 2) Veranlassung

im

Konzerninteresse

Die Veranlassung zu einer nachteiligen Maßnahme ist der herrschenden Gesellschaft auch bei Durchführung des Nachteilsausgleichs allerdings, wie bereits die Entstehungsgeschichte der Norm zeigt, nur erlaubt, wenn sie im Konzerninteresse liegt 490 . Der Begriff der Veranlassung setzt dabei eine Einflussnahme der herrschenden Gesellschaft voraus und ein dadurch verursachtes Verhalten der abhängigen Gesellschaft 491 . Rein passive Konzernwirkungen 4 9 2 können eine Ausgleichspflicht nach § § 3 1 1 , 3 1 7 A k t G nicht begründen 493 . Zu fordern ist ein zielgerichtetes Verhalten, das auf der beherrschenden Stellung der Muttergesellschaft beruht 4 9 4 und für die in Frage stehende Handlung kausal 4 8 6 B G H v. 4.3.1974 = B G H Z 6 2 , 1 9 3 , 1 9 9 ; B G H v. 13.10.1977 = B G H Z 69, 334, 347; B G H v. 26.3.1984 = B G H Z 90, 381, 391; B G H v. 20.2.1989 = B G H Z 107, 7, 15; vgl. auch O L G Düsseldorf v. 19.11.1999 = N Z G 2000, 314, 315; O L G Köln v. 25.11.1998 = N Z G 1999, 769, 771; für den Fall eines Stimmbindungsvertrages auch L G Bielefeld v. 12.2.1999 = A G 2000, 232, 233. 487 Emmerich, in Emmerich/Habersack § 1 7 Rn. 18; Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 3 II 5a); Geßler, in Geßler/Hefermehl AktG § 17 Rn. 60; H uff er, A k t G § 17 Rn. 8 f.; Köhler, N J W 1978, 2474, 2476 f.; Kaiser, Recht der Kapitalgesellschaften, 3. Aufl. §51 Rn. 16; Ulmer, Z G R 1978, 457, 472 ff.; H.P. Westermann, ZIP 1982, 385 f.; a.A. Koppensteiner, in FS Stimpel S. 811,821. 4 8 8 Bloße Splitterbeteiligungen reichen hierfür nicht. 489 Tröger, Treupflicht im Konzernrecht (2000), S. 25. 490 Flume, Die juristische Person S. 122; Kropff in M K zum A k t G § 311 Rn. 217; eine andere Auffassung würde auch dazu führen, dass die Konzernspitze im faktischen Konzern nachteilige Weisungen im Interesse Dritter erteilen dürfte, obwohl dies selbst im Vertragskonzern, einer weitergehenden Stufe der Konzernierung, nicht gestattet ist (Habersack, in Emmerich Habersack § 311 Rn. 39, 60; Hüffer, AktG 5 311 Rn. 43; Koppensteiner, in K K § 311 Rn. 61; K. Schmidt, GesR, §31 IV 2 b; vgl. auch Kropff, in M K zum A k t G § 311 Rn. 217 m.w.N.; a.A. Würdinger, in G K , 3 . A u f l . § 3 1 1 Anm. 2 e). 491 Kropff, in M K zum AktG § 311 Rn. 72 f. 4 9 2 So zieht die Konzerneinbindung etwa erhebliche Publizitäts-, Dokumentations- und Duldungspflichten nach sich (vgl. näher hierzu Kropff, in FS für Lutter S. 1133, 1135 ff.). 4 9 3 Auch eine Analogie scheidet hier aus, da das Schutzsystem der §§311 ff. A k t G keineswegs zum Ausgleich aller nachteiligen Konzernfolgen verpflichten will (ausführlich Kropff, in FS für Lutter S. 1133, 1142 ff., der nur im Einzelfall bei erheblichen Beeinträchtigungen durch die nachteiligen passiven Konzernwirkungen einen Anspruch aus dem Gesichtspunkt der Treuepflicht in Erwägung zieht). 494 Koppensteiner, in K K § 311 Rn. 2 ff u. § 317 Rn. 10 ff.

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war 4 9 5 . Allgemeine, unverbindliche Ratschläge oder Anregungen, die den Handlungsspielraum der abhängigen Gesellschaft nicht beeinflussen sollen, sind nicht unter den Begriff der Veranlassung zu fassen. Allein dass die Idee zu einer Maßnahme von Seiten des herrschenden Unternehmens herrührt, kann - will man den Zusammenhang zwischen beherrschender Stellung und Veranlassung, wie er im Gesetz zum Ausdruck kommt, nicht außer acht lassen - nicht genügen 496 . Auf der anderen Seite kann sich der hier maßgebliche Begriff der Veranlassung aber auch nicht auf Weisungen reduzieren. Ein echtes Weisungsrecht kann ohnehin nur durch den Abschluss eines Beherrschungsvertrages begründet werden (§§ 291 Abs. 1, 308 AktG), weshalb ohne einen solchen auch keine Folgepflicht für den Vorstand der abhängigen Gesellschaft bestehen kann. Der Vorstand entscheidet, bei Bestehen einer rein faktischen Abhängigkeit, rechtlich gesehen in eigener unternehmerischer Verantwortung (§§ 76 Abs. 1 , 1 1 9 Abs. 2 A k t G ) , ob er einer Weisung der herrschenden Gesellschaft Folge leisten will oder nicht 4 9 7 , da in einer A G , anders als in der G m b H , gegenüber der Geschäftsleitung keinerlei Weisungsbefugnisse bestehen 4 9 8 . Allerdings wird das herrschende Unternehmen regelmäßig seine tatsächliche Macht aufgrund der bestehenden Stimmenmehrheit zur Durchsetzung einer Weisung benutzen und auf diesem Wege die einheitliche Leitung durchsetzen. Dementsprechend muss aber der Begriff der Veranlassung im Hinblick auf den Normzweck auch weit ausgelegt werden 4 9 9 , weshalb auch nicht der Auffassung gefolgt werden kann, dass eine Veranlassung ausscheidet, wenn die Geschäftsleitung der abhängigen Gesellschaft die gewünschte Maßnahme in ihre unternehmerische Verantwortung einstellt. Dies ist bereits mit dem Schutzzweck der N o r m nicht zu vereinbaren 5 0 0 . Es genügt, wenn das herrschende Unternehmen deutlich macht, dass es ein bestimmtes Verhalten der abhängigen Gesellschaft für

495 Adler/Düring/Schmaltz, §311 Rn. 33; Koppensteiner, in K K §311 R n . 4 ; Paehler, Die Zulässigkeit des faktischen Aktienkonzerns (1972), S. 34; Würdinger, in G K zum A k t G §311 Anm. 4. 496 Koppensteiner, in K K § 311 Rn. 2. 497 Wiedemann, Geßler, in FS Westermann 145ff, 155; Scheffler, A G 1990, 174; vgl. auch Unternehmensgruppe (1988), S. 44, 47. 498 Koppensteiner, in K K vor § 311 Rn. 24. 4 9 9 Vgl. nur Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 2 5 I 1; Kropff in M K zum AktG §311 Rn. 73; Rudolf Nirk, in Nirk/Brezing/Bächle, Handbuch der Aktiengesellschaft l.Teil Rn. 1224. 5 0 0 Entgegen teilweise vertretener Ansicht liegt hier auch keine BGB-Innengesellschaft vor, bei der eine Abstimmung zwischen herrschenden und abhängigen Unternehmen vorgenommen werde, mit dem Ziel, die Unternehmensführung beider Gesellschaften zur Förderung der Gesamtgewinnerzielung im Unternehmensverbund zu koordinieren (/. Wilhelm, Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person (1981), S. 221 ff.; ders., Kapitalgesellschaftsrecht Rn. 423 ff. m.w.N.; im Anschluss an ihn auch Altmeppen, Die Haftung des Managers im Konzern (1998), S. 56 f.). Abgesehen vom Vertragsschluss dürfte es hierfür in der Regel bereits an dem gemeinsam verfolgten Zweck fehlen. Zwar mag es Fälle geben, in denen eine derartige Zweckvereinbarung vorliegt. Dies reicht für eine derartig grundsätzliche Annahme aber nicht aus. Insbesondere kann von einem gemeinsamen Zweck keine Rede sein, wenn das herrschende Unternehmen aufgrund seiner Leitungsmacht sich die abhängige Gesellschaft für ihre Zwecke zu Nutze macht.

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Kapitel I: Die gesetzlichen Regelungen zur Haftung

wünschenswert oder erforderlich hält 5 0 1 . Dies kann auch auf der Basis allgemeiner Anweisungen oder Richtlinien geschehen, soweit sich daraus konkrete Direktiven für bestimmte Fälle ableiten lassen 5 0 2 . Auch Rechtsgeschäfte, die das herrschende Unternehmen als Bevollmächtigter der abhängigen Gesellschaft vornimmt, sind stets als veranlasst anzusehen 5 0 3 . Besteht Abhängigkeit von mehreren Müttern, ist - im Falle der vermuteten Koordination der Einflussausübung - die Veranlassung der Gemeinschaft zuzurechnen, auch wenn sie nur von einer der herrschenden Gesellschaften ausgesprochen wird 5 0 4 . Anders ist nur zu entscheiden, wenn eine der herrschenden Gesellschaften erkennbar unabhängig von der anderen Mutter gehandelt hat 5 0 5 . Im Hinblick auf die sonst denkbaren Umgehungsmöglichkeiten braucht nach allgemeiner Meinung die Veranlassung auch nicht an den Vorstand der Gesellschaft gerichtet zu sein, es genügt eine nachgeordnete Stelle 5 0 6 . Selbst Einwirkungen auf den Aufsichtsrat der Tochtergesellschaft sind als Veranlassungen in diesem Sinne zu qualifizieren 5 0 7 . Im H i n b l i c k auf den Umgehungsgesichtspunkt ist zudem anerkannt, dass U r h e b e r der Veranlassung nicht der Inhaber oder gesetzliche Vertreter des herrschenden Unternehmens sein muss. Auch Angestellte oder andere Personen kommen in Frage, wenn die abhängige Gesellschaft den Eindruck haben musste, die Veranlassung gehe vom herrschenden Unternehmen aus. Das Bestehen einer Vollmacht wird insoweit nicht vorausgesetzt, da es sich hier nicht um eine Willenserklärung, sondern um ein tatsächliches Verhalten handelt 5 0 8 . Allerdings ist zu verlangen, dass dem herrschenden Unternehmen die Handlung der benannten Person zurechenbar ist, was nicht der Fall ist, wenn die Organe der herrschenden Gesellschaft von deren Tätigwerden keine Kenntnis hatten und diese auch nicht haben mussten. Umstritten ist, ob dem herrschenden Unternehmen auch bewusst gewesen sein musste, dass sein Verhalten geeignet ist, die abhängige Gesellschaft zu einer bestimmten Maßnahme zu veranlassen 5 0 9 . Teilweise wird dies verlangt, da es sich bei der Veranlassung zwar nicht um eine Willenserklärung, wohl aber um ein zielgerichtetes Verhalten handelt, das dementsprechend auch ein entsprechendes B e wusstsein voraussetzt 5 1 0 . N a c h anderer Ansicht wird das Erfordernis eines VeranKoppensteiner, in KK § 311 Rn. 2 m.w.N. Koppensteiner, in KK §311 Rn. 9; Paehler, Die Zulässigkeit des faktischen Aktienkonzerns (1972), S. 34. 503 Habersack, in Emmerich/Habersack §311 Rn.31; Hüffer, AktG §311 Rn. 17; Koppensteiner, in KK §311 Rn. 15; Kropff, in MK zum AktG §311 Rn. 109; Würdinger, in GK zum AktG §311 Anm. 4. 504 A/D/S, §311 Rn.25ff.; Koppensteiner, in KK §311 Rn. 12; Kropff, in MK zum AktG §311 Rn. 129; für den Fall, dass aufgrund einer Grundvereinbarung zwischen den Müttern gehandelt wurde Habersack, in Emmerich/Habersack § 311 Rn. 26. 505 Kropff, in MK zum AktG § 311 Rn. 130. 506 Kropff, in MK zum AktG § 311 Rn. 77; Würdinger, in GK zum AktG § 311 Anm. 4. 507 Koppensteiner, in KK § 311 Rn. 16. 508 Emmerich, in Emmerich/Habersack § 311 Rn. 24; Koppensteiner, in KK § 311 Rn. 10. 509 Kropff, in MK zum AktG § 311 Rn. 75; Neuhaus, DB 1970, 1913, 1915 f. 510 Kropff, in MK zum AktG § 311 Rn. 75 m.w.N. 501 502

§ 3: Die Haftung

im faktischen

Aktienkonzern

81

lassungsbewusstseins mit dem Schutzzweck der N o r m und einem Vergleich mit der herrschenden Theorie zur Willenserklärung abgelehnt 511 . Maßgebend könne nur sein, ob sich die abhängige Gesellschaft aus ihrer Sicht veranlasst sehen durfte 512 . Nachdem die Mindermeinung ihre Ansicht nun dahingehend präzisiert hat, dass auch ein potentielles Veranlassungsbewusstsein für die Bejahung einer Veranlassung ausreicht, mit anderen Worten, eine Veranlassung nur ausscheiden soll, wenn das Veranlassungsbewusstsein trotz pflichtgemäß angewandter Sorgfalt fehlt 513 , dürfte sich dieser Streit allerdings weitgehend erledigt haben. a) Veranlassung auf der Grundlage

eines

Hauptversammlungsbeschlusses

Unzweifelhaft ist, dass eine Veranlassung im Sinne des § 311 A k t G auch durch die Stimmabgabe in der Hauptversammlung erfolgen kann 514 . Dies folgt aus dem Fehlen einer § 117 Abs. 7 Nr. 1 A k t G entsprechenden Ausnahme für die Ausübung des Stimmrechts 515 . Unstreitig ist dies, wenn die Hauptversammlung ausnahmsweise selbst über Maßnahmen oder Rechtsgeschäfte entscheidet. Dies ist etwa bei Beschlüssen nach § 119 Abs. 2 A k t G der Fall sowie bei der Zustimmung zu einem Unternehmensvertrag nach § 292 AktG 5 1 6 . Auch Verschmelzungs- und Spaltungsbeschlüsse werden, wie sich §§ 27, 125 U m w G entnehmen lässt, vom Anwendungsbereich der Regelung erfasst 517 . Im Anschluss an die //ö/zw?Ä//er-Entscheidung des BGH 5 1 8 bestehen auch ungeschriebene Zuständigkeiten der Hauptver-

511

Koppensteiner, in KK §311 Rn.3. Hüffer, AktG § 311 Rn. 16. 513 Kropff, in MK zum AktG § 311 Rn. 75. 514 Vgl. nur Adler/Düring/Schmaltz, § 311 Rn. 32; Beuthien, JuS 1970, 53, 57; Hüffer, A k t G §311 Rn. 17; Koppensteiner, in KK §311 Rn. 16; Krieger, in Münchner Handbuch zum AktR, 2. Aufl., §69 Rn. 65; Kropff, in MK zum A k t G §311 Rn. 111; Würdinger, in GK zum A k t G §311 Anm. 4. 515 Vgl. nur Emmerich, in Emmerich/Habersack §311 Rn.29 m.w.N.; vgl. bereits Regierungsbegründung abgedruckt bei Kropff, A k t G 1965 S. 408: „Der Entwurf verbietet dem herrschenden Unternehmen, das keinen Beherrschungsvertrag abgeschlossen hat, die abhängige Gesellschaft zu nachteiligen Rechtsgeschäften oder Maßnahmen zu veranlassen. Dieses Verbot ist umfassend. Es ist nicht, wie das des § 117 des Entwurfs, auf den Fall der Beeinflussung von bestimmten Verwaltungsmitgliedern beschränkt. Vielmehr ist gleichgültig, auf welchem Wege die abhängige Gesellschaft zu nachteiligen Rechtsgeschäften oder Maßnahmen veranlasst wird. N a mentlich gilt das Verbot des §311 auch für die Ausübung des Stimmrechts in der Hauptversammlung. Ein herrschendes Unternehmen darf sich bei der Stimmrechtsausübung nicht nur von seinen eigenen Interessen leiten lassen. Der Grundsatz, dass die Ausübung des Stimmrechts keine Verantwortung begründet, gilt nur für den breit gestreuten Aktienbesitz. Bei ihm ist eine solche Verantwortlichkeit nicht sachgerecht, da das Gesetz bei ihm davon ausgehen kann, dass alle Aktionäre die gleichen gesellschaftlichen Interessen verfolgen. Wenn ein Aktionär dies ausnahmsweise nicht tut, genügt zum Schutze der anderen Aktionäre die Möglichkeit, den Hauptversammlungsbeschluss anzufechten (§243 Abs. 2). Diese Interessengleichheit der Aktionäre kann bei einer abhängigen Gesellschaft nicht unterstellt werden". 516 Emmerich, in Emmerich/Habersack § 311 Rn. 29; Koppensteiner, in KK § 311 Rn. 17. 517 Emmerich, in Emmerich/Habersack § 311 Rn. 29. 518 B G H v. 25.2.1982 = B G H Z 83, 122 = N J W 1982, 1703. 512

82

Kapitel I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

Sammlung bei grundlegenden Entscheidungen der Geschäftsführung. Auch hier liegt eine Veranlassung i.S.d. § 311 A k t G vor 5 1 9 . N i c h t einheitlich wird die Frage beantwortet, ob § 311 A k t G auch auf Gewinnverwendungsbeschlüsse anzuwenden ist bzw. auf Beschlüsse, die die Gesellschaft nicht unmittelbar zu einer Maßnahme veranlassen. Ersteres wird teilweise bezweifelt, da an der Ausschüttung alle Gesellschafter in gleicher Weise beteiligt sind 520 . Da es f ü r den Begriff der Veranlassung nicht auf eine Ungleichbehandlung der Gesellschafter ankommt, ist eine Veranlassung aber auch hier anzunehmen. Eine formale Gleichbehandlung schließt nicht aus, dass es etwa zu einem die Existenz der Gesellschaft bedrohenden Liquiditätsabzug kommt, der in einer ordnungsgemäß geführten Gesellschaft unterblieben wäre 5 2 1 . Da es der „Leitgedanke" des § 311 A k t G ist, „die abhängige Gesellschaft vor einer Schädigung durch das herrschende U n t e r n e h m e n ... zu schützen" 5 2 2 , ist § 311 A k t G grundsätzlich weit zu verstehen, weshalb als Veranlassung über den Wortlaut hinaus auch Hauptversammlungsbeschlüsse anzusehen sind, die die Gesellschaft nicht unmittelbar zu einer Maßnahme veranlassen 523 . Daher sind unter den Begriff der Veranlassung auch Beschlüsse zu fassen, die eine U m w a n d l u n g oder Auflösung der Gesellschaft oder die Änderung ihres Unternehmensgegenstandes zum Inhalt haben 5 2 4 . Da der Schutz der Gesellschaft selbst in Rede steht, ist an dieser Stelle auch nicht danach zu differenzieren, ob die Gesellschaft außenstehende Aktionäre hat 525 . Entscheidend kann ebenso wie bei einer unmittelbaren Veranlassung einer Maßnahme nur sein, ob der Beschluss auf der Stimmrechtsausübung des herrschenden Unternehmens beruht. Eine andere Frage ist, ob derartige Beschlüsse auch als nachteilig zu qualifizieren sind 526 . Von vornherein aus dem Anwendungsbereich des § 311 A k t G auszunehmen sind - aufgrund der insoweit bestehenden gesetzlichen Sonderregelungen - nach ganz herrschender Meinung allerdings Beschlüsse, die auf die Zustimmung zum Abschluss eines Beherrschungsbzw. Gewinnabführungsvertrages sowie auf eine Eingliederung gerichtet sind 527 .

519 520

Kropff, in M K z u m A k t G § 311 Rn. 112. Koppensteiner, in K K § 3 1 1 Rn. 17; Rehbinder,

A W D 1969, 346: „wohl eher zu vernei-

nen". 521

Kropff, in M K z u m A k t G Rn. 113. R e g i e r u n g s b e g r ü n d u n g a b g e d r u c k t bei Kropff S. 407. 523 Vgl. auch Kropff, in M K § 311 Rn. 114. 524 Habersack, in E m m e r i c h / H a b e r s a c k § 3 1 1 Rn. 30 m.w.N.; a.A. etwa Koppensteiner, in K K § 311 Rn. 17 m.w.N., der im H i n b l i c k hierauf bereits das Bestehen einer Veranlassung verneint. 525 A . A . Kropff, in M K z u m A k t G § 3 1 1 Rn. 116; eine andere Frage ist es allerdings, ob mit der Ä n d e r u n g des U n t e r n e h m e n s g e g e n s t a n d e s auch eine Ä n d e r u n g des Zwecks einher geht (vgl. hierzu noch u n t e n S. 103 ff.). 526 Vgl. hierzu u n t e n S. 100 ff. 527 Habersack, in E m m e r i c h / H a b e r s a c k §311 Rn. 30; Hüffer, A k t G § 3 1 1 Rn. 17; Koppensteiner, in K K § 291 Rn. 3; Kropff, in M K z u m A k t G § 311 Rn. 117. 522

5 3: Die Haftung

b)

im faktischen

Aktienkonzern

83

Organverflechtungen

Als problematisch für die Frage nach dem Bestehen einer Veranlassung können sich auch Organverflechtungen erweisen. Organverflechtungen sind auch auf der Vorstandsebene nicht verboten 528 . Allerdings hat in solchem Falle der Doppelmandatsträger die Interessen beider Gesellschaften zu wahren, weshalb auch die Interessen einer Gesellschaft nicht zur Förderung der Interessen einer anderen beeinträchtigt werden dürfen529. Naturgemäß treten in einer solchen Situation jedoch Loyalitätskonflikte auf, weshalb, jedenfalls für den Fall der Organverflechtung zwischen Personen in der Geschäftsleitung des herrschenden Unternehmens und dem Vorstand der Tochter, teilweise gar vom Vorliegen eines qualifiziert faktischen Konzerns ausgegangen wurde530. Ob nach dem Urteil des BGH in Sachen Bremer Vulkan531 überhaupt noch an der Rechtsfigur des qualifiziert faktischen Konzerns festgehalten werden kann, braucht an dieser Stelle noch nicht entschieden zu werden532. Jedenfalls dürfte spätestens nach der Entscheidung des BGH in Sachen T 5 5 5 3 3 feststehen, dass allein aus der Personenidentität in den Leitungsorganen der Ober- und Untergesellschaft noch nicht auf das Bestehen eines qualifiziert faktischen Konzerns geschlossen werden kann 534 . Selbst wenn man die Einzelausgleichsfähigkeit nicht als entscheidend für die Verwirklichung dieses Tatbestandes anerkennt bzw. anerkannt hat, kann von der Doppelmandatsträgerschaft noch nicht per se auf eine Leitungsdichte rückgeschlossen werden, wie sie als ein Tatbestandsmerkmal des qualifiziert faktischen Konzerns überwiegend verlangt wurde535. Gegen die grundsätzliche 5 2 8 Ganz hA: vgl. nur Hüffer, AktG § 311 Rn. 22; Kropff in M K § 311 Rn. 95; Martens, Z H R 159 (1995), 567, 573; Mertens, in K K § 7 6 Rn. 112;/. Semler, in FS Stiefel S.719, 732 ff.; Strohn, Die Verfassung der Aktiengesellschaft im faktischen Konzern (1977), S.47; a.A. wohl Säcker, Z H R 151 (1987), 59, 68 f. 5 2 9 B G H v. 21.12.1979 = N J W 1980, 1629 f.; B G H v. 26.3.1984 = B G H Z 90, 381, 398; Hüffer, AktG § 116 Rn. 5, 8, f.; Kropff, in M K zum A k t G §311 Rn. 94; Ulmer, N J W 1980, 1603; Säcker, Z H R 151, (1987), 59, 70. 530 Säcker, Z H R 151, 59, 65 ff.; Hommelhoff Die Konzernleitungspflicht (1982), S. 141 f.; ebenso Krieger, in Münchner Hdb. zum Gesellschaftsrecht Bd. 4, 1. Aufl. § 69 Rn. 29, für den Fall, dass alle Vorstandsmitglieder bzw. die Mehrheit des Vorstandes der abhängigen Gesellschaft gleichzeitig in der Geschäftsleitung des herrschenden Unternehmens tätig sind (anders nach TBB, - nun aber in der 2. Aufl. § 69 Rn. 118); vgl. auch Paschke, Z H R 152, 263, 284 sowie Arbeitskreis-GmbH-Reform, Thesen und Vorschläge, B D . II 1972; 45, 59 f.; einschränkend Decher, Personelle Verflechtungen (1990), S. 92; Mertens, in K K § 76 Rn. 112 („Indiz"); v. Werder, Vorstands-Doppelmandate im Konzern, D B 1989, 37 ff. 5 3 1 B G H v. 17.9.2001 = N J W 2001, 3622. 5 3 2 Vgl. hierzu ausführlich unten S. 344 ff. 5 3 3 B G H v. 29.3.1993 = B G H Z 122, 123 vgl. hierzu noch ausführlich unten S. 347ff. 5 3 4 Ablehnend auch Hoffmann-Becking, Z H R 150, 570, 579 ff.; Koppensteiner, in KK § 311 Rn. 18; U.H. Schneider, Z H R 150, 609, 623; Johannes Semler, in FS Stiefel, 719, 754; Lindermann, A G 1987, 225., 237; Wiedemann, ZIP 1986, 1293, 1303; Deilmann, Die Entstehung des qualifiziert faktischen Konzerns (1990), S. 110 ff.; Drüke, Die Haftung der Muttergesellschaft für die Haftung der Tochtergesellschaft (1990), S. 153 ff. 5 3 5 Vgl. nur Koppensteiner, in K K §311 Rn. 19; Lindermann, A G 1987, 225, 231; vgl. auch Altmeppen, Abschied vom qualifiziert faktischen Konzern (1991) S. 11 f.

84

Kapitel I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

Unzulässigkeit einer Doppelmandatsträgerschaft spricht vor allem aber auch der Verzicht des Gesetzgebers, die Vorstandsmitgliedschaft in der abhängigen A G mit derjenigen in der Geschäftsleitung des herrschenden Unternehmens f ü r unvereinbar zu erklären 5 3 6 . Fraglich ist allerdings auch, ob f ü r den Fall der Organverflechtung ohne weiteres die Regelungen der §§311 ff. A k t G eingreifen können. Z u m Teil wird dem entgegen gehalten, dass Maßnahmen, die Organe von sich aus vornehmen, nicht von außen veranlasst seien 537 . Folgte man diesem Ansatz, würde indes das Regelungssystem der §§311 ff. A k t G weitgehend zur Disposition des herrschenden Unternehmens gestellt 538 . Die Anwendbarkeit des §311 A k t G ist mit der herrschenden Auffassung daher zu bejahen, wenn die Organe des herrschenden Unternehmens im Vorstand oder Aufsichtsrat der abhängigen Gesellschaft tätig sind und auf diesem Wege das Verhalten der abhängigen Gesellschaft beeinflussen 5 3 9 . Sinn und Zweck der Regelung ist es, Einwirkungen von Seiten der herrschenden Gesellschaft zu erfassen 540 . Solche liegen aber auch vor, wenn ein Vorstandsmitglied der abhängigen Gesellschaft, das auch Mitglied der Geschäftsführung der herrschenden Gesellschaft ist, eine H a n d l u n g zum Nachteil des abhängigen Unternehmens vornimmt 5 4 1 . Damit ist es aber auch gerechtfertigt, hier von einer Veranlassung des herrschenden Unternehmens i.S.d. §311 A k t G zu sprechen 5 4 2 . Auch f ü r den Fall der Entsendung leitender Angestellter des herrschenden U n ternehmens in den Vorstand der Tochtergesellschaft liegt die Veranlassung so nahe, 536

Altmeppen, Abschied vom qualifiziert faktischen Konzern (1991), S. 11 f., der zudem darauf hinweist, dass dies auch wenig sinnvoll gewesen wäre, da eine solche Anordnung ohne weiteres durch eine Besetzung mit dem Vorstand des herrschenden Unternehmens eng verbundener Personen umgangen werden könnte. 537 Vgl. Adler/Düring/Schmaltz, §311 Rn.33; wohl auch Hoffmann-Becking, Z H R 150 (1986), 570, 577. 538 Koppensteiner, in KK §311 Rn. 18. 539 Emmerich/Sonnenschein/Habersack, §25 I 2 b); Eschenbruch, Rn. 3322; Koppensteiner, in KK § 311 Rn. 18; Krieger, in H d b . zum AktR, 2. Aufl. § 69 Rn. 63; Kropff, in MK zum AktG §311 Rn. 97; Mestmäcker, in F G KronsteinS. 129, 141•,Neuhaus, DB 1970, 1913, 1916; Lindermann, Die A G 1987, 225; Rehbinder, Konzernaußenrecht und allgemeines Privatrecht (1969); Säcker, Z H R 151 (1987), 59; Semler, in FS Stiefel S.719, 760; Stein, Z G R 1988, 163, 178 ff.; Strohn, Die Verfassung der Aktiengesellschaft im faktischen Konzern (1977), S. 47; Ulmer, in FS Stimpel S. 507, 712 ff.; Hüffer, A k t G § 311 Rn. 22 f.; zurückhaltend Paehler, Die Zulässlgkeit des faktischen Konzerns (1972), S. 36 f nur Veranlassungsvermutung. 540 Kropff in MK § 311 Rn. 97. 541 Keine Hilfe stellt es dar, wenn insoweit vertreten wird, für den Fall konzernspezifischer Interessenkollision unterliege der Inhaber eines Doppelmandats einem Stimmverbot analog § 34 BGB (Semler; in FS Stiefel, 754 ff.; Krieger, in Münchner H d b . zum Gesellschaftsrecht Bd.4; § 69 Rn. 35; Hoffmann-Becking, Z H R 150, 570, 580, 582; Deilmann, Die Entstehung des qualifiziert faktischen Konzerns (1990), S. 169). Zum einen wäre das nur dann möglich, wenn zumindest ein Vorstandsmitglied keine Verbindungen zur Konzernmutter hat. Vor allem spricht hiergegen aber, dass die Vorstandsmitglieder immer in der Lage sein müssen, die Interessen ihrer A G wahrzunehmen (Altmeppen, Abschied vom qualifiziert faktischen Konzern (1991), S. 12; gegen ein Stimmverbot auch Koppensteiner, in KK §311 Rn. 18; Wiesner, in Münchner H d b . z. Gesellschaftsrecht Bd. 4. § 19 Rn. 23). 542 Koppensteiner, in KK § 311 Rn. 18; Kropff, in MK zum A k t G § 311 Rn. 97 ff.

§ 3: Die Haftung im faktischen

Aktienkonzern

85

dass sie grundsätzlich zu vermuten ist 5 4 3 . Anders ist allerdings der Fall zu behandeln, in dem die Vertretung des herrschenden Unternehmens im Aufsichtsrat der abhängigen Gesellschaft sitzt 5 4 4 , da der Aufsichtsrat der Geschäftsführung ferner steht 5 4 5 . c)

Beweisprobleme

D e r Nachweis darüber, dass eine Maßnahme auf einer Veranlassung des herrschenden Unternehmens beruht, ist für Außenstehende grundsätzlich nur schwer zu erbringen 5 4 6 . Das Meinungsspektrum in der Literatur, auf welche Weise der abhängigen Gesellschaft Beweiserleichterungen zu verschaffen sind, ist breit gefächert. Teilweise wird bei einem Handeln der abhängigen Gesellschaft zu ihrem Nachteil grundsätzlich von einem Beweis des ersten Anscheins für eine Veranlassung durch das herrschende Unternehmen ausgegangen 5 4 7 . Demgegenüber nimmt die herrschende Meinung insoweit nur eine tatsächliche Vermutung an. Hierbei ist allerdings wiederum umstritten, ob diese Vermutung nur im Falle eines Konzernverhältnisses gilt 5 4 8 und ob sie voraussetzt, dass das herrschende Unternehmen oder andere Konzernmitglieder durch das Handeln der Gesellschaft zu ihrem Nachteil einen Vorteil erlangt haben 5 4 9 . Zu folgen ist hier der differenzierten Sichtweise Kropffs,

der hervorhebt, dass

sich eine zu schematische Sicht der Dinge verbietet und es grundsätzlich auf die Gesamtumstände im konkreten Fall, insbesondere die Dichte der Konzernleitung, ankommen muss 5 5 0 . D i e grundsätzliche Annahme eines Beweises des ersten A n scheins überzeugt nicht, da nicht jeder einer abhängigen Gesellschaft nachteilige Pflichtenverstoß des Vorstandes nach der Lebenserfahrung die Annahme rechtfertigt, dass dieser Pflichtenverstoß auf einer Veranlassung des herrschenden Unternehmens beruht 5 5 1 . In Anlehnung an die bei der Festlegung des Kreises der berichtspflichtigen Geschäfte in § 312 Abs. 1 S. 2 A k t G zum Ausdruck gekommenen 543 Decher, Personelle Verflechtungen im Aktienkonzern (1990), S. 138 ff.; Raiser, Recht der Kapitalgesellschaften, § 53 Rn. 31 m.w.N. 544 Der umgekehrte Fall ist bereits durch § 100 Abs. 1 Nr. 2 ausgeschlossen. 545 Koppensteiner, in KK §311 Rn.20; ausführlich Kropff, in MK zum AktG §311 Rn. 105 ff. auch zu den Fällen, in denen ausnahmsweise eine beweiserleichternde Vermutung doch sachgemäß ist; grds. für eine widerlegbare Vermutung H Uff er, AktG § 311 Rn. 23. 546 Kropff in MK zum AktG § 311 Rn. 81. 547 Koppensteiner, in § 311 Rn. 6; Habersack, in Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 33. 548 H Uff er, AktG § 311 Rn. 21; Krieger, in Münchner Hdb. zum AktR § 69 Rn. 66; a.A. und für einen prima-facie Beweis bereits bei einfacher Abhängigkeit Emmerich/Sonnenschein/ Habersack, §25 I 3; Habersack, in Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 33 m.w.N. 549 Hierfür Habersack, in Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 33; Decher, Personelle Verflechtungen (1990), S. 173 f.; Strohn, Die Verfassung der Aktiengesellschaft im faktischen Konzern (1977), S. 49 ff., 52; J. Semler, in FS Stiefel S. 719, 760; a.A. Hüffer, AktG § 311 Rn. 20 m.w.N. 550 Kropff, in MK zum AktG § 311 Rn. 84 ff. 551 Kropff, in MK zum AktG § 311 Rn. 84; erst recht geht es zu weit, eine Vermutung dafür aufzustellen, dass ein Verhalten der abhängigen Gesellschaft grundsätzlich auf einer Veranlassung der herrschenden Gesellschaft beruht (so aber Bachelin, Der konzernrechtliche Minderheitenschutz (1969), S. 63 ff.; Würdinger, in GK zum AktG §317 Anm. 9; dagegen zu Recht Koppensteiner; in KK § 311 Rn. 7).

86

Kapitel I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

g e s e t z g e b e r i s c h e n W e r t u n g e n k a n n allerdings v e r m u t e t w e r d e n , dass nachteilige R e c h t s g e s c h ä f t e m i t v e r b u n d e n e n U n t e r n e h m e n d u r c h das h e r r s c h e n d e U n t e r n e h m e n veranlasst w u r d e n . D i e s ist z u m i n d e s t f ü r den F a l l s a c h g e r e c h t , dass ein K o n z e r n v e r h ä l t n i s vorliegt, da dann v o n einer S t e u e r u n g des k o n z e r n i n t e r n e n L i e f e r - und L e i s t u n g s v e r k e h r s d u r c h das h e r r s c h e n d e U n t e r n e h m e n ausgegangen w e r d e n k a n n 5 5 2 . B e i n i c h t k o n z e r n i n t e r n e n R e c h t s g e s c h ä f t e n u n d M a ß n a h m e n gilt dies allerdings nur, w e n n das h e r r s c h e n d e U n t e r n e h m e n o d e r ein m i t i h m v e r b u n denes U n t e r n e h m e n h i e r d u r c h einen V o r t e i l erlangt o d e r e r w a r t e t h a t 5 5 3 . I n diesem F a l l e r s c h e i n t diese A n n a h m e allerdings n i c h t n u r bei V o r l i e g e n eines K o n z e r n v e r hältnisses, s o n d e r n g r u n d s ä t z l i c h in allen F ä l l e n der A b h ä n g i g k e i t g e r e c h t f e r t i g t , a u c h w e n n k e i n e e i n h e i t l i c h e L e i t u n g i.S.d. § 18 A k t G v o r l i e g t 5 5 4 . D a r ü b e r hinaus k o m m e n a b e r a u c h die seit der 7 ß 5 - E n t s c h e i d u n g 5 5 5 a n e r k a n n t e n E r l e i c h t e r u n gen bei der S u b s t a n t i i e r u n g s l a s t hier z u m T r a g e n 5 5 6 . D a n a c h genügt es bei i n n e r g e s e l l s c h a f t l i c h e n A n g e l e g e n h e i t e n , in die ein A u ß e n s t e h e n d e r r e g e l m ä ß i g k e i n e n E i n b l i c k hat, w e n n er A n h a l t s p u n k t e v o r t r ä g t , die es w a h r s c h e i n l i c h m a c h e n , dass die v o n i h m zu b e w e i s e n d e n T a t s a c h e n v o r l i e g e n . In diesem F a l l hat der B e k l a g t e n ä h e r e A n g a b e n zu m a c h e n , w e n n er diese T a t s a c h e n k e n n t u n d i h m die D a r l e g u n g z u z u m u t e n ist. A n d e r n f a l l s gilt das V o r b r i n g e n als z u g e s t a n d e n .

3) Rechtsgeschäfte

und

Maßnahmen

K e i n e g r ö ß e r e n P r o b l e m e b e r e i t e n h i n g e g e n die B e g r i f f e des R e c h t s g e s c h ä f t e s b z w . der M a ß n a h m e . H i e r u n t e r sind alle G e s c h ä f t s f ü h r u n g s h a n d l u n g e n zu v e r s t e h e n , die A u s w i r k u n g e n auf die V e r m ö g e n s - o d e r E r t r a g s l a g e des a b h ä n g i g e n U n t e r n e h m e n s h a b e n k ö n n e n 5 5 7 . D e r B e g r i f f der M a ß n a h m e ist i n s o w e i t als O b e r b e g r i f f zu v e r s t e h e n , w o b e i h i e r v o n a u c h U n t e r l a s s u n g e n erfasst w e r d e n , w e n n die G e s e l l s c h a f t o h n e die V e r a n l a s s u n g die m a ß g e b e n d e H a n d l u n g

vorgenommen

hätte558.

4) Die Frage nach der Nachteiligkeit

der Veranlassung

a) Grundsätze I m Z e n t r u m des I n t e r e s s e s steht der B e g r i f f der N a c h t e i l i g k e i t . A n d e r s als b e i m B e s t e h e n eines B e h e r r s c h u n g s v e r t r a g e s ist es im F a l l e einer rein f a k t i s c h e n K o n z e r n i e r u n g d e m V o r s t a n d n i c h t gestattet, die I n t e r e s s e n der eigenen G e s e l l s c h a f t Kropff, in MK § 311 Rn. 86. Kropff, in MK zum AktG §311 Rn. 85 ff.; ebenso Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 2 5 I 3; vgl. auch B G H v. 1.3.1999 = WM 1999, 850; enger z.B. aber Eschenbruch, Konzernhaftung (1996), Rn. 3323. 554 Habersack, in Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 32 f.; Kiethe, WM 2000, 1182, 1188; Koppensteiner, in KK § 311 Rn. 6. 555 B G H v. 29.3.1993 = B G H Z 122, 123. 556 Kropff, in MK § 311 Rn. 88. 557 Eschenbruch, Konzernhaftung (1996J, Rn. 3320; Koppensteiner, in KK §311 Rn. 8. 558 Kropff, in MK zum AktG § 311 Rn. 136. 552 553

5 3: Die Haftung

im faktischen

Aktienkonzern

87

zugunsten von Konzernbelangen zurückzustellen 5 5 9 . Mit Hilfe der Regelung des § 3 1 1 A k t G soll die Gesellschaft im Ergebnis Vermögens- und ertragsmäßig so dastehen, als ob sie unabhängig sei. Vergleichsmaßstab muss daher ein Unternehmen sein, das sich, abgesehen von der Abhängigkeit, in der gleichen wirtschaftlichen und rechtlichen Lage befindet. N u r auf diese Weise wird man dem Zweck der Vorschrift gerecht, die nicht vor dem allgemeinen Risiko des Marktes, Verluste zu erleiden, schützen will, sondern nur vor den spezifischen Risiken einer Abhängigkeit 5 6 0 . Der Nachteilsbegriff erfasst „jede Minderung oder konkrete Gefährdung der Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft ohne Rücksicht auf Quantifizierbarkeit, soweit sie als Abhängigkeitsfolge eintritt" 5 6 1 . Damit entfällt aber bereits die Nachteiligkeit einer Maßnahme, wenn auch ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft sich ebenso verhalten hätte und nicht nur die Ersatzpflichtigkeit gemäß § 317 Abs. 2 A k t G . Eine ältere in der Literatur vertretene Auffassung, wonach § 317 Abs. 2 A k t G für die Nachteilsbestimmung irrelevant ist und bereits jede Verschlechterung der Vermögens- und Ertragslage zu einem Nachteil führt 5 6 2 , verkennt, dass eine Nachteilszufügung bereits begrifflich die Verletzung rechtlich geschützter Interessen der abhängigen Gesellschaft voraussetzt 5 6 3 . Nicht jede Beeinträchtigung oder Gefährdung der momentanen Vermögens- oder Ertragslage muss aber gegen die Interessen der abhängigen Gesellschaft verstoßen, da nicht eine kurzfristige Gewinnmaximierung, sondern die Erwirtschaftung langfristig gesicherter Einnahmen im Zentrum einer sinnvollen Geschäftspolitik stehen muss 5 6 4 . Als maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Nachteiligkeit stellt sich der Moment des Erlasses der Maßnahme dar. O b sich die Entscheidung im Ergebnis als richtig erwiesen hat, weil sie die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft verbessert hat, hängt auch von außerhalb eines Unternehmens liegenden Einflüssen, wie insbesondere der Entwicklung des Marktes ab, und kann unter Umständen erst nach geraumer Zeit feststellbar sein. Diese Umstände können indes nicht bei der Beurteilung der Frage herangezogen werden, ob eine Maßnahme im Interesse der Gesellschaft getroffen wurde oder nicht. Entscheidend kann nur sein, was sich zur Zeit der Vornahme der Maßnahme als richtig darstellt 565 . Hierfür bedarf es Regierungsbegründung, abgedruckt bei Kropff., Vorbemerkung zum Dritten Buch S. 374. Koppensteiner, in K K § 311 Rn. 22 m.w.N. 5 6 1 B G H v. 1.3.1999 = B G H Z 141, 79 = W M 1999, 850, 851; Hüffer, AktG §311 R n . 2 5 m.w.N.; Koppensteiner, i n K K § 3 1 1 Rn. 28; Kropff, in M K zum AktG §311 Rn. 138. 562 Godin/Wilhelmi, §311 Anm. 3; Kellmann, B B 1969, 1509, 1514 f.; Leo, A G 1965, 352, 357; K. Müller, Z G R 1977, 1, 14; Würdinger, Aktienrecht S. 344. 563 Ulmer, Z H R 148 (1984), 391, 413; Timmann, Die Durchsetzung von Konzerninteressen in der Satzung der abhängigen Aktiengesellschaft (2000), S. 77 m.w.N. 564 Sonnenberg, Die Änderung des Gesellschaftszwecks (1990), S. 54 f.; Timmann, Die Durchsetzung von Konzerninteressen in der Satzung der abhängigen Aktiengesellschaft (2000), S. 78. 5 6 5 Hierfür spricht auch die Regelung in § 313 Abs. 1 Nr. 2 AktG, wo als maßgebender Zeitpunkt für den Abschlussprüfer auf den Zeitpunkt der Vornahme abgestellt wird (vgl. auch Timmann, Die Durchsetzung von Konzerninteressen in der Satzung der abhängigen Aktiengesellschaft (2000), S. 92). 559 560

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Kapitell:

Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

aber eines Beurteilungsmaßstabes, der mit der Frage, wie ein sorgfältiger und gewissenhafter Geschäftsleiter in dieser Situation gehandelt hätte, gegeben wird. Wenn die ganz herrschende Meinung 566 daher auf eine ex ante Betrachtung abstellt, so ist dies nicht die Konsequenz aus der Aufnahme des Sorgfaltsmaßstabs in die Beurteilung der Nachteiligkeit einer Maßnahme 567 , vielmehr ist umgekehrt dieser Sorgfaltsmaßstab aufzunehmen, weil allein die ex ante Betrachtung zu sachgemäßen Ergebnissen führen kann 568 . b) Die fehlende Vergleichbarkeit mit der Lage in einer unabhängigen Gesellschaft Der Vergleich mit einer nicht faktisch abhängigen Gesellschaft ist allerdings nur möglich, wenn in einer unabhängigen Gesellschaft eine vergleichbare Situation denkbar ist. Ist dies ausnahmsweise nicht der Fall, müssen die Besonderheiten der Abhängigkeitssituation in die Bewertung mit einbezogen wersden 569 . Dementsprechend hat auch der B G H die Auferlegung einer Gewerbesteuerumlage nach der reinen Belastungsmethode mit unterstellter selbständiger Steuerpflicht als für eine abhängige Gesellschaft nachteilig im Sinne der §§311, 317 AktG angesehen, da die besondere Situation der Klägerin als Organgesellschaft im Rahmen einer gewerbesteuerlichen Organschaft mit der hypothetischen Lage der Gesellschaft als unabhängig schon deshalb nicht vergleichbar war, weil die Organgesellschaft nicht selbst Steuerschuldnerin war und der verteilungsfähige Steueraufwand des Organkreises sich in der Regel nicht mit der Summe der hypothetischen Steuerschulden der Einzelorgane deckt. Aus diesem Grund muss in einem solchen Fall die Frage der Nachteiligkeit eines solchen Umlageverfahrens aus der kraft Gesetzes vorgegebenen Situation der gewerbesteuerlichen Organschaft heraus ermittelt werden 570 . Damit war aber die Gewerbesteuerumlage nach der reinen Belastungsmethode bei unterstellter selbständiger Steuerpflicht schon vom Ansatz her nachteilig, da so die regelmäßig eintretenden organschaftlichen Steuerminderungseffekte allein bei der herrschenden Gesellschaft als Organträgerin verblieben 571 . Zwar wird dem teilweise entgegengehalten, ein Nachteil liege hier nicht vor, da das herr566 Yg[ n u r Hüffer! AktG § 311 Rn. 28 m.w.N.; a.A. und f ü r eine ex post Betrachtung insb. Stimmen aus dem älteren Schrifttum, die hier eine Parallele zur Schadensbestimmung ziehen wollen, vgl. etwa Kellmann, BB 1969, 1509,1513; Rasner, BB 1966,1043, 1046. 567 So aber Timmann, Die Durchsetzung von Konzerninteressen in der Satzung der abhängigen Aktiengesellschaft (2000), S. 90. 568 Grundlegend zum weiten Ermessenspielraum der Geschäftsleitung vgl. das B G H Urteil in Sachen ARAG/Garmenbeck, v. 21.4.1997 = B G H 133, 244 = N J W 1997, 1926; auch der Corporate Governance, Kodex orientiert sich mit seinen „muss"-Vorschriften, „soll"-Empfehlungen und „kann" bzw. „sollte"-Anregungen deutlich an den verwaltungsrechtlichen Regeln des gebundenen bzw. freien Ermessens. 569 Vgl. auch hierzu die Entscheidung des B G H v. 1.3.1999 = B G H Z 141, 79 = W M 1999, 850. 570 B G H v. 1.3.1999 = B G H Z 141, 79 = W M 1999, 850; kritisch hierzu Feddersen, Z G R 2000, 523 ff. 571 B G H v. 1.3.1999 = B G H Z 141, 79 = W M 1999, 850, hierzu auch Marx, DB 1996, 950, 954 f.

§ 3: Die Haftung

im faktischen

Aktienkonzern

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sehende Unternehmen einen Ausgleichsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gegen das abhängige Unternehmen habe, wobei der Vermögensvorteil in der Entlastung von der Gewerbesteuer liege, die ohne die Verlagerung der Steuerschuldnerschaft auf den Organträger hätte entrichtet werden müssen 572 . Nicht erörtert wird allerdings, wieso nur der Organträger von den Vorteilen der organschaftlichen Steuerminderungseffekte profitieren und der Bereicherungsanspruch auch dann bestehen soll, wenn, wie im Fall des B G H , der Gewerbesteueraufwand durch Erstattungen entfällt. Zur Recht wird darauf hingewiesen, dass in diesem Fall auch kein Raum für einen Bereicherungsanspruch besteht 573 . Abgesehen von solchen Sonderkonstellationen bleibt es aber bei dem Grundsatz, dass der Nachteilsbegriff nur eine Minderung oder konkrete Gefährdung der Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft erfasst, die nicht auch ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft vorgenommen hätte 574 . c) Einzelheiten

zur

Benachteiligung

Zur Feststellung der Nachteiligkeit einer Maßnahme werden als Beurteilungshilfe weitgehend sinngemäß die Grundsätze zur Ermittlung verdeckter Gewinnausschüttungen 5 7 5 herangezogen 576 . Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes 5 7 7 liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor, wenn eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die H ö h e des Einkommens der Kapitalgesellschaft 572

So Pyszka, G m b H R 1999, 812. Kiethe, WM 2000, 1182, 1184. 574 B G H v. 1.3.1999 =.WM 1999, 850; Hüffer, A k t G §311 Rn. 25; Krieger, in H d b . §69 Rn. 65. 575 Der Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung stammt aus dem Steuerrecht, wo man versucht, eine korrekte Besteuerung zu gewährleisten, indem man die Zurechnung bestimmter Leistungen der Gesellschaft an die Gesellschafter zu dem körperschaftssteuerpflichtigen Gewinn der Gesellschaft ermöglicht (vgl. hierzu eingehend Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmensteuerrecht §19; Wrede, in Münchner Handbuch des GesR Band 3 §61 Rn. 11 ff.; zu den steuerrechtlichen Auswirkungen der Aufdeckung verdeckter Gewinnausschüttungen bei der Kapitalgesellschaft und ihren Anteilseignern vgl. O F D München/Nürnberg v. 21.8.2002, BB 2002, 2001). 576 Hüffer, AktG §311 Rn. 30; Koppensteiner, in KK §311 Rn. 37; Krieger, in Münchner Handbuch A G § 69 Rn. 66. 577 B F H v. 22.2.1989 = BStBl. II 1989, 475; BFH v. 22.2.1989 = BStBl. II 1989, 631 ff.; B F H v. 30.8.1995 = D B 1995, 2451; B F H v. 23.10.1996 = N J W 1997, 1031. ausführlich hierzu Schön, in F G Flume S. 265 ff.; vgl. aus letzter Zeit B F H v. 17.10.2001 = RIW 2002, 162, 164 m.w.N. (im konkreten Fall hatte die deutsche Tochtergesellschaft einer luxemburgischen und italienischen Gesellschaft im Veranlagungszeitraum von ihrer italienischen Mutter 95-99 % ihrer Warenbestände erworben, wobei die Rohgewinnspanne deutlich unter der Marge lag, die in vergleichbaren Transaktionen zwischen fremden Dritten erzielt wird); vgl. zum Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung auch Abschnitt 31 Abs. 3 KStR. In Ergänzung dieser Definition verlangte der B F H in seinem Urteil v. 7.8.2002 (= DB 2002,2686) nun außerdem, dass die Unterschiedsbetragsminderung bei der Körperschaft die Eignung hat, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. EstG auszulösen (vgl. hierzu Wassermeyer, DB 2002,2668 ff., der insoweit aber darauf hinweist, dass diese Entscheidung „nahtlos" auf der bisherigen Rechtsprechung aufbaut). 573

90

Kapitel

I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

auswirkt und nicht im Zusammenhang mit offenen Ausschüttungen steht 578 . Hieran anlehnend wird auch im Gesellschaftsrecht eine verdeckte Gewinnausschüttung „in jeder außerhalb der förmlichen Gewinnverwendung vorgenommenen Leistung der Gesellschaft aus ihrem Vermögen an einen ihrer Gesellschafter, der keine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht," gesehen 579 . Diese Grundsätze wurden auf die Frage nach der Angemessenheit einer Maßnahme i.S.d. § 311 AktG übertragen. Als nachteilig gelten im Einzelnen dementsprechend etwa vom Marktpreis abweichende Verrechnungspreise, die Geltendmachung unangemessen hoher Vergütungsansprüche für konzerninterne Dienstleistungen oder nicht gerechtfertigte Konzernumlagen 580 . Auch konzerninterne Sicherungsgeschäfte ohne Risikoprämie für die sicherheitsleistende Gesellschaft, aber auch die unentgeltliche Abgabe von Geschäftschancen an andere Konzernmitglieder gelten als nachteilig. Gleiches gilt für die Aufteilung von Aufträgen auf verschiedene Gesellschaften in der Weise, dass davon nur einzelne Gesellschaften profitieren, während anderen kein Gewinn belassen wird oder nicht einmal eine Kostendeckung gesichert ist 581 . Auch der Einbezug in ein konzernweites Cash-Management-System582 kann einen ausgleichspflichtigen Nachteil begründen 583 , etwa wenn keine marktüblichen Zinsvergütungen bestehen 584 oder die Geldmittelüberlassung nicht abgesichert wird 585 . Das gleiche gilt für eine sonstige Zentralisierung des Finanzwesens bei der Konzernspitze, die zu einem vollständigen Abzug von Liquidität - insbesondere durch tägliches Clearing - bei der abhängigen Gesellschaft führt 586 . Nicht übersehen werden darf allerdings, dass die Grundsätze über die verdeckte Gewinnausschüttung prinzipiell eine andere Zielrichtung haben als diejenigen

578 Zur Bestimmung der Höhe zieht der B F H einen Fremdvergleich heran. Hiernach ist der Gewinn um die Differenz zwischen dem tatsächlich vereinbarten Preis und dem Preis zu erhöhen, den voneinander unabhängig Vertragspartner unter vergleichbaren Umständen vereinbart hätten (vgl. hierzu auch Andresen, R I W 2002 S. 134, 135). 579 B G H v. 13.11.1995 = N J W 1996, 589f.; B G H v. 1.12.1986 = N J W 1987, 1194, 1195; Emin Hachenburg § 29 Rn. 133; Hueck/ merich, in Scholz, 9. Aufl. § 2 9 Rn. 98; Goerdeler/Müller, Fastrich, in Baumbach/Hueck § 29 Rn. 70; Priester, in Münchner Handbuch GesR Band 3, 2. Aufl. § 60 Rn. 26 ff. jeweils m.w.N. 580 Eschenbruch, Konzernhaftung (1996), Rn. 3315; zu Einzelheiten vgl. Kropff, in M K zum A k t G § 311 Rn. 198 ff.; häufig wird man es hier auch mit einer verdeckten Gewinnausschüttung zu tun haben. 581 Vgl. etwa den Architektenfall B G H v. 19.9.1994 = ZIP 1994, 1690, 1693. 582 Die Einstellung nahezu des gesamten Betriebskapitals einer abhängigen G m b H in ein zentrales Cash-management-System des Konzern auf Veranlassung der Konzernleitung, wo es infolge des wirtschaftlichen Zusammenbruchs des Gesamtkonzerns verloren ging, lag auch der Bremer-Vulkan Entscheidung zugrunde (vgl. hierzu noch unten S. 200ff.). 583 Ausführlich dazu Vetter!Stadler, Haftungsrisiken beim konzernweiten Cash Pooling (2003), Rn. 102 ff. 584 Priester, ZIP 1989, 1302. 585 Eschenbruch, Konzernhaftung (1996), Rn.3317; O L G Hamm v. 10.5.1995 = A G 1995, 512 (verbotene Einlagenrückgewähr durch Gewährung eines ungesicherten Darlehens an einen mittelbaren Gesellschafter); zu weiteren Beispiele vgl. Kropff, in M K zum A k t G §311 Rn. 164 ff., 180 ff. 586 Schneider, W M 1993, 782, 783; Burgard, W M 1993, 925, 928.

§ 3: Die Haftung

im faktischen

Aktienkonzern

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zur Ermittlung eines Nachteils im Sinne des § 311 A k t G 5 8 7 . Während es bei der verdeckten Gewinnausschüttung um die Erlangung eines Vorteils geht, der dem G e sellschafter in dieser F o r m nicht zusteht, steht bei § 311 A k t G die Frage im Raum, ob durch die Veranlassung des herrschenden Unternehmens der Gesellschaft ein Nachteil entstanden ist 5 8 8 . Auch wenn die zur verdeckten Gewinnausschüttung entwickelten Grundsätze hierbei häufig eine Entscheidungshilfe sein können, wenn der Vorteil des herrschenden Unternehmens sich im Nachteil des abhängigen Unternehmens ausdrückt 5 8 9 , kann letztendlich immer nur die im Gesetz vorgegebene Frage entscheidend sein, ob auch ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer einer unabhängigen Gesellschaft in der konkreten Situation so entschieden hätte 5 9 0 . Dabei darf bei der Beurteilung einer Maßnahme als vor- oder nachteilig insbesondere auch die wirtschaftliche Einbindung einer Gesellschaft nicht aus der Betrachtung ausgeschlossen werden. Vergleichsmaßstab der U n a b hängigkeit kann immer nur die rechtliche, keinesfalls aber die wirtschaftliche U n abhängigkeit sein. Wirtschaftlich unabhängige Unternehmen, beruhend auf der Vorstellung eines vollkommenen Marktes mit atomistischer Konkurrenz, existieren in der Realität nicht und können daher auch nicht als Richtschnur der E n t scheidung eines ordentlichen Geschäftsführers dienen. Damit darf aber auch die wirtschaftliche Einbindung in einen K o n z e r n nicht außen vor bleiben 5 9 1 und die Vor- oder Nachteiligkeit eines Geschäftes isoliert ohne Berücksichtigung der G e samtumstände beurteilt werden 5 9 2 . Wirtschaftliche Verflechtungen können sich sehr wohl auf die Frage nach der Angemessenheit einer Gegenleistung auswirken 5 9 3 . Aber auch konkret zu erwartende zukünftige wirtschaftliche Entwicklungen eines Unternehmens müssen Berücksichtigung finden. So mag eine Ausrichtung der Produktion auf die Interessen der Konzernspitze unter Aufgabe einer rentablen Produktpalette isoliert betrachtet sich als nachteilig für das abhängige Unternehmen darstellen. Wird ihr auf der anderen Seite hierfür aber in Zukunft für die neuen Erzeugnisse ein solventer und dauerhafter Abnehmer beschert, kann

Feddersen, Z G R 2000, 523, 531 m.w.N. Auch Kropff in MK zum AktG § 311 Rn. 160 ff. betont, dass sich aus der stärker auf den Vorteil des Gesellschafters gerichteten Perspektive des Steuerrechts auch Unterschiede ergeben können; einschränkend zur Übertragbarkeit auch A/D/S, § 311 Rn. 147; zu den Unterschieden vgl. auch Brezing, AG 1975,225, 231; vgl. aber auch Schön, in F G Flume S. 265, 273, der hervorhebt, dass der B F H einen Vorteilszufluss heute nicht mehr unbedingt verlangt. 589 Feddersen, Z G R 2000, 523, 531, spricht hier von einer indiziellen Wirkung der steuerrechtlichen Behandlung. 590 Habersack, in Emmerich/Habersack § 311 Rn. 41. 591 Habersack, in Emmerich/Habersack § 311 Rn. 41 m.w.N. 5 9 2 Weitergehend wohl noch Lutter, JZ 1993, 580, der meint, es müsse nicht „stets und immer Rücksicht auf die Belange der abhängigen Gesellschaft genommen" werden, vielmehr müsse die Konzernleitung „auch einmal zu Nachteilen für die abhängige Gesellschaft führen können", wobei er auf die Rechtslage im französischen Recht hinweist (vgl. hierzu auch Lutter, in FS Kellermann S. 257 ff.). 5 9 3 Auch in der steuerrechtlichen Diskussion wird neuerdings die Richtigkeit der Besteuerung konzerninterner Lieferungen und Leistungen nach dem Fremdvergleichsprinzip angezweifelt (vgl. hierzu D. Schneider, DB 2003, 53 ff.). 587

588

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Kapitel I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

eine solche Entscheidung nicht außerhalb des Ermessenspielraums eines ordentlichen Geschäftsmanns angesehen werden 5 9 4 . Zwar wird in der Regierungsbegründung darauf hingewiesen, dass ein allgemeiner Ausgleich von Nachteilen mit Vorteilen aus dem Beherrschungsverhältnis nicht in Betracht kommt und sich das herrschende Unternehmen nicht auf „irgendwelche Vorteile" der abhängigen Gesellschaft aus dem Beherrschungsverhältnis berufen kann 595 . Insoweit geht es allerdings nicht um den Ausgleich einer nachteiligen Maßnahme, sondern um die vorrangige Frage, ob überhaupt ein nachteiliges Geschäft vorliegt. Natürlich muss das konkrete Geschäft beurteilt werden. Auch dürfen nicht „irgendwelche", mit diesem nicht zusammenhängenden Vorteile Berücksichtigung finden. Dies verbietet es aber nicht, bei Beurteilung der Frage, ob auch ein ordentlicher Geschäftleiter in der konkreten Situation ohne den beherrschenden Einfluss so gehandelt hätte, die wirtschaftlichen Tatsächlichkeiten zu beachten 596 . Vor diesem Hintergrund kann aber auch die Frage nach dem Konzerninteresse durchaus eine maßgebliche Rolle spielen. Ist eine Gesellschaft wirtschaftlich von der Einbindung in einer florierenden Unternehmensgruppe abhängig, etwa weil ihre Produktion auf diese ausgerichtet ist und sich auf dem freien Markt keine entsprechenden Abnehmer der Produkte finden, ist auch die Wohlfahrt des Konzerns in ihrem Interesse. Eine isolierte Betrachtung der Interessen ist hier nicht möglich. Damit kann es im Rahmen einer Konzerneinbindung aber auch notwendig sein, kurz- oder mittelfristig Gewinneinbußen hinzunehmen, um die wirtschaftliche Situation des Konzernverbundes insgesamt zu festigen, wenn dadurch auch dem abhängigen Unternehmen langfristig Vorteile erwachsen. Dies kann auch eine Kreditgewährung oder die Bestellung einer Kreditsicherheit für die herrschende Gesellschaft oder eines Schwesterunternehmens im Interesse der abhängigen Gesellschaft rechtfertigen, wenn der Untergang der anderen Gesellschaft auch den Niedergang oder zumindest die Inkaufnahme schwerer finanzieller Einbussen der abhängigen Gesellschaft bedeuten würde. In derartigen Fällen steht dem Vorteil der herrschenden Gesellschaft auch ein tatsächlicher, wenngleich nicht notwendigerweise messbarer Vorteil aus Seiten des abhängigen Unternehmens entgegen. Die Vorteilsgewährung ist insoweit nicht durch das Gesellschaftsverhältnis, sondern durch die wirtschaftliche Abhängigkeit veranlasst. Eine rein rechnerische Betrachtung der Äquivalenz zwischen Leistung und Gegenleistung der konkreten Maßnahme ist hier nicht (immer) zielführend. Dementsprechend muss, auch wenn es um die Berücksichtigungsfähigkeit von Vorteilen geht, zwar verlangt werden, dass sie zur Zeit der Vornahme konkret, wenngleich nicht notwendigerweise bezifferbar, bestimmbar sind und auch von einem pflichtgemäß handelnden Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft für die Inkaufnahme eines Nachteils akzeptiert worden wären. Nicht verlangt werden darf aber, dass der Vorteil die bilanziellen Auswirkungen der Maßnahme 594 595 596

Zu s t r u k t u r v e r ä n d e r n d e n Entscheidungen vgl. sogleich noch unten S. 94 ff. R e g i e r u n g s b e g r ü n d u n g a b g e d r u c k t bei Kropff S. 409. Vgl. auch Habersack in Emmerich/Habersack § 311 R n . 41 m . w . N .

§ 3: Die Haftung im faktischen

Aktienkonzern

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in jedem folgenden Geschäftsjahr neutralisiert 5 9 7 . H i e r f ü r kann man nicht den durch die N o r m b e z w e c k t e n Schutz der Außenseiter und deren Interessen an einer Gewinnausschüttung, wie sie ohne die erfolgte Einflussnahme bestehen würde, anführen 5 9 8 . E s geht insoweit nicht darum, dass durch den Vorteil die Gesellschaft, ihre A k t i o n ä r e und Gläubiger so gestellt werden, wie sie ohne die veranlasste M a ß n a h m e stehen würden 5 9 9 . Dies entspricht nicht dem Regelungssystem des Gesetzes. D u r c h die § § 3 1 1 ff. A k t G wird die abhängige Gesellschaft geschützt und dadurch auch der gewünschte Schutz der Außenseiter erzielt. D i e s e r Schutz ist aber, wie bereits betont wurde 6 0 0 , ein abgeleiteter und kein primärer. D e m e n t s p r e c h e n d sind auch nicht die Außenseiter vermögensmäßig so zu stellen, wie sie ohne Benachteiligung der Gesellschaft gestanden hätten, sondern die Gesellschaft. E i n A n s p r u c h auf eine ganz bestimmte höhenmäßig zu beziffernde Gewinnausschüttung steht den A k t i o n ä r e n grundsätzlich nicht zu. M a ß g e b e n d ist hierfür allein der von der Gesellschaft gemachte G e w i n n . Wenn dieser G e winn in einem J a h r niedriger ausfällt, weil sich in diesem J a h r ein Nachteil bilanzmäßig niederschlägt und erst in späteren Jahren durch entsprechende Vorteile wieder neutralisiert wird, so ist dies von den A k t i o n ä r e n hinzunehmen. D a f ü r ist ihr Gewinnanteil in den Folgejahren höher. D e m e n t s p r e c h e n d sind die G e w i n n erwartungen der Gesellschafter aber auch kein G r u n d , einem Vorteil, der in der zu erwartenden Erwirtschaftung langfristig h ö h e r e r Erträge liegt, deshalb die Berücksichtigungsfähigkeit zu versagen, weil im ersten J a h r dieser Vorteil n o c h nicht voll zu B u c h e schlägt 6 0 1 . E i n e solche Sichtweise würde eine langfristige U n ternehmensplanung im K o n z e r n grundsätzlich vereiteln und k ö n n t e der Gesellschaft selbst im Ergebnis gar zum Nachteil gereichen. Dies gilt u m s o mehr, als oft gar nicht absehbar sein wird, wann ein Nachteil bzw. ein Vorteil bilanziell w i r k sam wird 6 0 2 . Entscheidend kann auch insoweit nur sein, ob ein ordentlicher G e schäftsleiter einen entsprechenden Vorteil akzeptieren würde, weil er hierdurch den Interessen der Gesellschaft am besten gerecht werden kann. Diese Sichtweise entspricht auch der E r k e n n t n i s , dass man es, wie später n o c h näher zu zeigen sein wird, bei den § § 3 1 1 ff. A k t G im Verhältnis des herrschenden Gesellschafters zu seiner Gesellschaft mit einer besonderen Ausprägung dessen mitgliedschaftlicher Treuepflicht zu tun hat 6 0 3 , weshalb als M a ß s t a b für die Nachteiligkeit einer M a ß -

597 Für den zu gewährenden Nachteilsausgleich so etwa Koppensteiner, in KK § 311 Rn. 68; Krieger, in Münchner Handbuch AG § 69 Rn. 75; Nirk Rn. 2521; wobei Koppensteiner (Rn. 69) eine Ausnahme für den Fall macht, dass es sich um den Ausgleich eines nicht quantifizierbaren Nachteils durch einen nicht quantifizierbaren Vorteil handelt (darauf, dass dies wenig konsequent ist, weist auch Kropff, in MK zum AktG § 311 Rn. 242 in Fn. 428 hin). 598 Für den Nachteilsausgleich so Koppensteiner, in KK § 311 Rn. 68 m.w.N. 5 9 9 Zum Nachteilsausgleich vgl. noch unten S. 115 ff. 600 Vgl. oben S. 69. 601 So auch für den Nachteilsausgleich Kropff, in MK zum AktG § 311 Rn. 245. 602 Kropff, in MK zum AktG § 311 Rn. 248. 603 Insoweit muss den späteren Ausführungen vorgegriffen werden, vgl. zur Treuepflicht im Kapitalgesellschaftsrecht ausführlich unten S. 157 ff.; für das Vorliegen einer Benachteiligung

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Kapitel I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

n ä h m e g r u n d s ä t z l i c h a u c h n u r das E i g e n i n t e r e s s e der G e s e l l s c h a f t m a ß g e b e n d sein kann604. D i e Frage, o b ein N a c h t e i l vorliegt, setzt a u c h n i c h t voraus, dass die V e r m ö g e n s e i n b u ß e b e w e r t b a r o d e r gar b e z i f f e r b a r ist 6 0 5 . D i e s e F r a g e stellt sich erst, u m dies n o c h m a l s zu b e t o n e n , w e n n die vorrangige F r a g e n a c h B e s t e h e n eines N a c h t e i l s ü b e r h a u p t b e j a h t w u r d e , die allein nach den G r e n z e n des u n t e r n e h m e r i s c h e n E r messens zu b e a n t w o r t e n ist. E i n e Q u a n t i f i z i e r b a r k e i t des N a c h t e i l s k a n n für dessen B e j a h u n g aber auch bereits deshalb n i c h t verlangt w e r d e n , da anderenfalls der d u r c h die N o r m angestrebte S c h u t z n i c h t zu erreichen w ä r e , da es natürlich auch N a c h t e i l e gibt, die, e x - a n t e b e t r a c h t e t , n i c h t b e w e r t b a r 6 0 6 b z w . nicht ausgleichsfähig sind 6 0 7 . E n t s c h e i d e n d ist auch nicht, o b sich der N a c h t e i l b i l a n z m ä ß i g ausw i r k t . Z w a r ist davon a u s z u g e h e n , dass sich ein N a c h t e i l i r g e n d w a n n auch in der B i l a n z niederschlägt. D i e s k a n n aber auch längere Z e i t auf sich w a r t e n lassen 6 0 8 .

d) Die Zulässigkeit strukturverändernder

Entscheidungen

D i e F r a g e n a c h der Z u l ä s s i g k e i t einer auf einer b e s t e h e n d e n S t r u k t u r a u f b a u e n d e n E n t s c h e i d u n g ist zu u n t e r s c h e i d e n v o n der B e u r t e i l u n g s t r u k t u r v e r ä n d e r n d e r E n t s c h e i d u n g e n , wie e t w a die A u s g l i e d e r u n g e n v o n U n t e r n e h m e n s f u n k t i o n e n an a n dere K o n z e r n g l i e d e r 6 0 9 , die A u f g a b e b i s h e r i g e r T ä t i g k e i t s f e l d e r o d e r I n v e s t i t i o n e n in b i s h e r n i c h t b e w i r t s c h a f t e t e n G e s c h ä f t s b e r e i c h e n 6 1 0 b z w . die U n t e r l a s s u n g s o l c h e r M a ß n a h m e n . D i e B e u r t e i l u n g einer s o l c h e n M a ß n a h m e als v o r - o d e r n a c h t e i lig b e r e i t e t r e g e l m ä ß i g g r o ß e S c h w i e r i g k e i t e n 6 1 1 . G e r a d e diese V e r ä n d e r u n g e n sind a b e r häufig unerlässlich, w e n n ein bislang u n a b h ä n g i g e s U n t e r n e h m e n in einen bei Verletzung der mitgliedschaftlichen Treuepflicht i.Ü. auch Habersack, in Emmerich/Habersack § 311 Rn. 30; vgl. auch Kropf'f, in MK zum AktG § 311 Rn. 114. 604 In Einzelfällen ist es allerdings denkbar, dass auch, wenn die Nachteiligkeit einer Maßnahme für die Gesellschaft im Hinblick auf die damit einhergehenden Vorteile abzulehnen ist, in der Veranlassung ein Verstoß gegen die gegenüber den Minderheitsgesellschaftern bestehenden besonderen Rücksichtsnahmepflichten zu erkennen ist, die aus der mehrheitsbezogenen Treuepflicht des herrschenden Unternehmens abzuleiten sind. Dies kann der Fall sein, wenn die Gewinnrechte der Minderheitsgesellschafter zunächst unverhältnismäßig gemindert würden, weil diese auf entsprechende Einnahmen finanziell angewiesen sind, was insbesondere bei personalistisch ausgestalteten Gesellschaften möglich ist. 605 Ganz. h.M. vgl. nur Habersack, in Emmerich/Habersack, §311 Rn. 39; Kropff in MK zum AktG § 311 Rn. 139 jeweils m.w.N.; a.A. noch Baumbach/Hueck, § 311 Rn. 8. 606 Koppensteiner, in K K § 3 1 1 Rn. 31; Kropff in MK zum AktG §311 Rn. 156,216. 607 Soweit allerdings die Veranlassung eines nicht ausgleichsfähigen Nachteils bzw. Risikos vorliegt, führt dies unmittelbar zur Unrechtshaftung des § 317 AktG {Adler/Düring/Schmaltz, R 311 Rn. 59, 80; Hüffer, AktG §311 Rn.25; Koppensteiner, in KK §311 Rn. 58; K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. § 31 IV 3 b, der allerdings § 317 insoweit analog anwenden möchte, da nach seiner Auffassung § 317 AktG die Ausgleichsfähigkeit der Nachteilszufügung voraussetzt). 608 Vgl. nur Kropff, in MK zum AktG § 311 Rn. 149. 609 Z.B. Entscheid des O L G Frankfurt (Urt. v. 22.1.1988) betreffend Ausgliederungen der Datenverarbeitung an ein anderes Konzernglied, AG 1988, 109. 610 Eschenbruch, Konzernhaftung ("1996,), Rn. 3318 f. 611 Nach Eschenbruch, Konzernhaftung (1996J, Rn. 3318 trifft die Obergesellschaft jedenfalls eine Pflicht zu einer angemessenen Risikoverteilung und einer Gefahrenkompensation; Hüffer, AktG §311 Rn. 34 will einen Nachteil dann annehmen, wenn eine Maßnahme für die

§ 3: Die Haftung

im faktischen

Aktienkonzern

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Konzern integriert wird. Zwar muss eine Spezialisierung für die abhängige Gesellschaft nicht notwendigerweise nachteilig sein und wird durchaus auch von unabhängigen U n t e r n e h m e n durchgeführt 6 1 2 . Auch kann die Konzentration von A u f gaben etwa auf dem Gebiet der Datenverarbeitung oder dem Vertrieb mit maßgeblichen Vorteilen für die abhängige Gesellschaft verbunden sein, vorausgesetzt, die abhängige Gesellschaft behält die Kontroll- und Steuerungsmöglichkeiten 6 1 3 . Je stärker und langfristiger eine Maßnahme in die Geschäftstätigkeit der abhängigen Gesellschaft indes eingreift, desto schwieriger wird es sein, die Frage ihrer N a c h teiligkeit zu beantworten, auch wenn man die heute bestehenden verfeinerten betriebswirtschaftlichen Investitions- und Wirtschaftlichkeitsrechnungen berücksichtigt 614 . Als Vergleichsmaßstab kann auch hier nur die hypothetische Entscheidung eines pflichtbewussten Vorstands einer unabhängigen Gesellschaft herangezogen werden. Trotzdem wird sich häufig nur schwer entscheiden lassen, ob eine solche Maßnahme nachteilig ist, da sich die konkreten Auswirkungen ex-ante nicht bzw. kaum bestimmen lassen 615 . Diese „Lücke" des Schutzes will man teilweise unter Berücksichtigung der gegensätzlichen Wertungen des § 311 A k t G , der auf der einen Seite den faktischen Konzern anerkennt, auf der anderen Seite aber den A u ßenseiterschutz anstrebt, schließen, indem man nur Konzerne mit locker gefügten Leitungsstrukturen zulässt 616 . N u r wenn die abhängige Gesellschaft den Status eines autonomen Unternehmens behalte, könne das Ausgleichssystem der §§311 ff. A k t G funktionieren. Daher sei es aber auch unzulässig, die abhängige Gesellschaft derart intensiv auf den Konzern auszurichten bzw. in den Konzern zu integrieren, dass ihre selbständige Existenzfähigkeit nach Beendigung des Abhängigkeitsverhältnisses in Frage gestellt wird 6 1 7 . aa) Mit der Strukturveränderung einhergehende Bestandsgefährdung der abhängigen Gesellschaft Anerkannt ist, dass durch die Konzernleitung nicht der Bestand der abhängigen Gesellschaft gefährdet werden darf 6 1 8 . N a c h herrschender Ansicht ist das hier zu schützende Interesse nicht nur auf den U m f a n g des Gesellschaftsvermögens zu beabhängige Gesellschaft unkalkulierbare o d e r erhebliche Risiken o h n e entsprechende C h a n c e n mit sich bringt. 612 Hüffen A k t G § 3 1 1 R n . 2 6 ; Koppensteiner, in K K § 3 1 1 R n . 2 1 ; Kiehne, D B 1974, 321, 323; Kropff in M K z u m A k t G § 311 Rn. 206. 613 Kropff in M K z u m A k t G § 311 Rn. 11. 614 Kropff in M K z u m A k t G § 311 Rn. 177 f. 615 Koppensteiner, in K K § 311 Rn. 44 m . w . N . 616 Hommelhoff K o n z e r n l e i t u n g s p f l i c h t (1982), S. 132 ff., 139. 617 Krieger, in M ü n c h n e r H a n d b u c h des A k t G § 6 9 Rn. 27; Koppensteiner, in K K § 3 1 1 Rn. 43 ff.; Strohn, Die Verfassung der Aktiengesellschaft im faktischen K o n z e r n (1977), S. 88 ff., 125 ff.; Hommelhoff, K o n z e r n l e i t u n g s p f l i c h t (1982); a.A. Decher, D B 1990, 2005, 2009; U. H. Schneider, Z G R 1980, 511, 544. 618 Als v e r b o t e n e b e s t a n d s g e f ä h r d e n d e M a ß n a h m e n sind natürlich nicht n u r die Existenz g e f ä h r d e n d e S t r u k t u r v e r ä n d e r u n g e n zu qualifizieren, s o n d e r n auch andere M a ß n a h m e n , wie etwa die H e r s t e l l u n g eines H a f t u n g s v e r b u n d e s gegenüber G l ä u b i g e r n d u r c h gesamtschuldneri-

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Kapitel I: Die gesetzlichen Regelungen zur Haftung

schränken, sondern auch auf die Erhaltung bzw. Schaffung von Unternehmensfunktionen, die für ein selbständiges Auftreten am Markt grundsätzlich erforderlich sind 6 1 9 . Das herrschende Unternehmen darf die abhängige Gesellschaft durch organisatorische oder sonstige Strukturmaßnahmen nicht in ein so hohes Abhängigkeitsverhältnis bringen, dass die Tochter bei einer Beendigung des Konzernverhältnisses nicht mehr selbständig am Markt fortexistieren kann 6 2 0 . Insbesondere dürfen nicht lebenswichtige Ressourcen aus der abhängigen Gesellschaft, wie etwa die für ihre Fortexistenz notwendige erforderliche Liquidität, das fachkundige Personal oder ganze Betriebsstätten entzogen werden 6 2 1 . Derartiges ist immer als Nachteilszufügung i.S.d. § 311 A k t G zu qualifizieren 6 2 2 . Auch die Zentralisierung wesentlicher operativer Unternehmensfunktionen (insbesondere Vertrieb, ggf. auch Produktion und Einkauf) kann zu einer B e standsgefährdung der abhängigen Gesellschaft führen und den Befund einer nachhaltigen Beeinträchtigung ihres Eigeninteresses rechtfertigen 6 2 3 . Stets k o m m t es jedoch auf den Umfang der Zentralisierung und deren Auswirkungen für das jeweilige Unternehmen an. So kann sich die Zentralisierung des Einkaufs auch auf ein Aushandeln der Einkaufsbedingungen beschränken und eine unbedenkliche Serviceleistung des herrschenden Unternehmens darstellen 6 2 4 . Die Konzernleitung darf aber nicht sämtliche haftungs- und gewährleistungsrelevanten Bereiche in eine abhängige Gesellschaft ausgliedern und dadurch die abhängige Gesellschaft spekulativ zum Nachteil der Gesellschaftsgläubiger einsetzen 6 2 5 .

sehe Haftungsübernahme der Konzerntöchter für die Verbindlichkeiten ihrer Mutter- oder Schwestergesellschaften (vgl. den TBB Fall v. 29.3.1993 = B G H Z 122, 123, 129) oder der Missbrauch der abhängigen GmbH als Kostenträger für ein Projekt, dessen Risiken seine Durchführung als Spekulation auf Kosten der Gläubiger erscheinen lässt, wie es sich etwa im EDV-Fall ( B G H v. 13.12.1993 = WM 1994, 203) darstellte; nach O L G Dresden (Urt. v. 19.12.1996 = G m b H R 1997, 215, 218 f.) nimmt eine Muttergesellschaft auch keine angemessene Rücksicht auf die Belange der Tochtergesellschaft, wenn diese durch Ausgründung eines unrentablen Unternehmensteils entsteht und mit unzureichendem Kapital ausgestattet wird, so dass sie ohne die Mutter nicht überlebensfähig ist. 619 Koppensteiner, in KK vor § 311 Rn. 4 m.w.N. 620 Burgard, WM 1993, 925, 929; Kropff, in MK zum AktG § 311 Rn. 155. 621 B G H v. 12.2.1996 = N J W 1996, 1283, 1284; LutterIHommelhoff, 15. Aufl. Anh. §13 Rn. 27; Hüffer, AktG § 302 Rn. 8a. 622 Zur Beeinträchtigung des Eigeninteresses einer abhängigen Gesellschaft vgl. auch die weiteren Beispiele bei Lutterf/Hommelhoff, 15. Aufl. Anh. § 13 Rn. 27; vgl. auch Timmann, Die Durchsetzung von Konzerninteressen in der Satzung der abhängigen Aktiengesellschaft (2000), S. 233 f. m.w.N.; vgl. hierzu aber auch Mülbert, Aktiengesellschaft (1996), S. 484 f. 623

Burghard, WM 1993, 925, 929.

Kein Verstoß gegen das Eigeninteresse der abhängigen Gesellschaft liegt i.d.R. auch vor, wenn die abhängige Gesellschaft von vornherein nur beschränkten Aufgaben dient. 625 B G H v. 13.12.1993 =MittBayNot 1994, 244; zu weiteren Fallgruppen vgl. Decher, aaO Rn. 23 ff.; Drygala, G m b H R 1993, 324 ff.; Kowalski, GmbHR1993, 56ff. 624

§3: Die Haftung im faktischen Aktienkonzern

97

bb) Die Begründung wirtschaftlicher Abhängigkeiten ohne Bestandsgefährdung Von den Fällen der Bestandsgefährdung abgesehen, kann die Begründung wirtschaftlicher Abhängigkeiten an sich allerdings noch nicht als Nachteilszufügung qualifiziert werden. Wirtschaftliche Abhängigkeiten sind unvermeidbare Folge des heutigen Geschäftslebens. Entscheidend ist immer, welches Ausmaß sie annehmen und welche Risiken hiermit für die abhängige Gesellschaft verbunden sind. Bestehen etwa vertragliche Absicherungen für den Fall, dass eine Konzerneinbindung aufgelöst wird, die es einer Gesellschaft ermöglichen, ihr Unternehmen wieder auf die Bedürfnisse am Markt auszurichten, bestehen auch keine Bedenken, die Struktur eines Unternehmen vollständig auf ein herrschendes Unternehmen auszurichten. Die Tatsache, dass ein K o n z e r n zentral geführt wird, ist ebenfalls noch kein Nachteil i.S.d. § 311 A k t G . Dies ist auch dem Regelungssystem der § § 3 1 1 ff. A k t G so nicht zu entnehmen 6 2 6 . Insbesondere kann der Ansicht nicht gefolgt werden, die § § 3 1 1 ff. A k t G könnten nur in dezentral, nicht aber in zentral geführten Konzernen funktionieren. Diese wäre nur gerechtfertigt, wenn durch dieses Regelungssystem die Gesellschaft in der konkreten Ausgestaltung geschützt werden sollte, wie sie zur Zeit der Begründung des Abhängigkeitsverhältnisses bestand 6 2 7 . Dann müsste man in der Tat jeweils die in der Vergangenheit liegenden, bisher zulässigen Maßnahmen mit in die Bewertung einer Folgemaßnahme einbeziehen und fragen, ob - unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft vor der Vornahme der zwischenzeitlich durchgeführten Maßnahmen - die jetzige E n t scheidung nachteilig ist 6 2 8 . Dies ist allerdings weder praktikabel noch entspricht es dem gesetzlichen Regelungssystem. Natürlich ändert sich durch eine fortschreitende Verbundintegration der Maßstab dessen, was ein sorgfältiger Leiter einer (rechtlich) unabhängigen Gesellschaft in der jeweilig zur Entscheidung stehenden Situation tun würde, da sich, je größer die wirtschaftliche Abhängigkeit einer G e sellschaft ist, der Entscheidungsspielraum der Geschäftsleitung entsprechend verengt 6 2 9 . Daraus kann jedoch noch nicht geschlussfolgert werden, dass die auf eine erste Veranlassung folgenden und aufbauenden Veranlassungen der ersten zuzurechnen sind und dies bei der Beurteilung der Nachteiligkeit mit „Konsequenzen für den U m f a n g des nach § 317 A k t G zu ersetzenden Schadens" zu berücksichtigen ist 6 3 0 .

Anders etwa Hommelhoff, Konzernleitungspflicht (1982), S. 139. So Koppensteiner, in KK § 311 Rn. 26. 628 So Koppensteiner, in KK § 311 Rn. 26, 46. 629 Koppensteiner nennt hier als Beispiel, dass der Produktionsapparat einer Gesellschaft auf andere Konzernglieder ausgerichtet wurde, wobei, ausgehend von dieser Lage, es auch nicht mehr als sorgfaltswidrig angesehen werden könne, weiteren Einzelspezifikationen der Konzernspitze zu folgen (Koppensteiner, in KK § 311 Rn. 46). 630 Koppensteiner, in KK §311 Rn. 46; von der grds. Nachteiligkeit von Folgeveranlassungen ausgehend auch A/D/S, § 311 Rn. 56. 626 627

98

Kapitel

I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

Über die §§311 ff. AktG soll erreicht werden, dass auch eine Benachteiligung der abhängigen Gesellschaft im Konzerninteresse ausgeglichen wird. Da für die Frage, ob überhaupt bzw. in welcher Höhe eine Nachteilszufügung vorliegt, aber darauf abzustellen ist, wie ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft entschieden hätte (§317 Abs. 2 AktG), kann maßgeblicher Zeitpunkt für die hier anzustellende Beurteilung nur derjenige sein, in dem die Entscheidung getroffen wurde (vgl. auch §§ 312 Abs. 3 S. 1 und 313 Abs. 1 S. 2 AktG). Hierüber besteht auch in der Literatur weitgehende Ubereinstimmung, da unvorhersehbare Entwicklungen in der Zukunft von niemandem berücksichtigt werden können 631 . Dies gilt aber nicht nur für die erste Entscheidung, die eine Gesellschaft nach Eintritt der faktischen Abhängigkeit zu treffen hat, sondern auch für alle Folgeentscheidungen. Auch eine rechtlich unabhängige Gesellschaft kann aufgrund der Entwicklungen am Markt gezwungen sein, sich in eine Situation einer zunehmenden wirtschaftlichen Abhängigkeit zu begeben. Erfolgt eine solche Maßnahme auf Veranlassung eines herrschenden Unternehmens und ist diese zur Zeit der Vornahme als nicht nachteilig zu bewerten bzw. ist der hiermit verbundene Nachteil ausgleichbar, so ist damit aber auch diese Situation bei der Beurteilung der sich anschließenden Entscheidung zugrunde zu legen. Andernfalls könnte der Beurteilungsmaßstab des §317 Abs. 2 AktG nicht greifen. Niemand kann eine sachgerechte Entscheidung treffen, wenn er hierfür die unter Umständen über Jahre ergangenen und eine Umgestaltung der Gesellschaft herbeiführenden Entscheidungen außer Betracht lassen müsste, da niemand sagen kann, wie sich dann das Unternehmen entwickelt hätte. Eine Fixierung der rechtlichen und wirtschaftlichen Situation auf diejenige vor Begründung der Abhängigkeitslage kann daher aber auch nicht als vom Gesetzgeber gewollt angesehen werden. Damit verbietet es sich aber auch, eine wirtschaftliche Situation der Entscheidung zu Grunde zu legen, wie sie zur Zeit der Entscheidung nicht mehr existiert. Von vornherein nicht unter §311 Abs. 1 AktG fallen damit auch Initiativen des herrschenden Unternehmens, die sich, nach einer betriebswirtschaftlichen Prognose zur Zeit der Vornahme, zunächst als neutral oder günstig darstellen und erst später als nachteilig herauskristallisieren 632 . Ein Nachteil kann nur vorliegen, wenn eine Handlung von dem so eröffneten Entscheidungsspektrum nicht mehr gedeckt wird 6 3 3 , was dann der Fall ist, wenn die Gefahren eines Geschäftes durch die hiermit verbundenen Chancen nicht mehr aufgewogen werden. Hierzu ist insbesondere auch die Eingehung von Risiken zu zählen, die bei Realisierung zur Insolvenz der Gesellschaft führen können.

631 Vgl. bereits Regierungsbegründung abgedruckt bei Kropff S. 419; vgl. auch Emmerich/ Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht, §25 II 1 c); Geßler, in FS für H. Westermann S. 145, 163; Koppensteiner, in KK § 311 Rn. 23; K r o p f f , in MK zum AktG § 311 Rn. 141,143;/. Wilhelm, Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person (1981), S. 232 ff.; Würdinger, in GK zum AktG § 311 Anm. 6; a.A. Kellmann, ZGR 1974, 220, 221. 632 Raiser, Recht der Kapitalgesellschaften, 3. Aufl., § 53 Rn. 24. 633 Koppensteiner, in KK § 311 Rn. 44.

5 3: Die Haftung

im faktischen

Aktienkonzern

99

Allein eine insgesamt vorliegende hohe Leitungsdichte stellt ein solches Risiko indes nicht dar und ist somit für die Beurteilung einer Maßnahme als vor- oder nachteilig auch nicht entscheidend. Entscheidend ist nur die jeweilige konkret zu beurteilende Maßnahme. Damit sind aber auch zentral geführte Konzerne zulässig, vorausgesetzt, die einzelnen von der Konzernleitung ausgehenden Beeinflussungen lassen sich noch isolieren und dementsprechend bewerten 6 3 4 . Ist dies der Fall, kann aus der Höhe der Leitungsdichte allein aber noch nicht geschlussfolgert werden, dass dem abhängigen Unternehmen ein Nachteil zugefügt wurde 6 3 5 . Grundsätzlich untersagt werden können aber auch nicht alle langfristig wirkenden, im Verbundinteresse liegenden Umstrukturierungsmaßnahmen mit der Begründung, dass sich anderenfalls eine schleichende Auszehrung der Substanz eines abhängigen Unternehmens nicht verhindern ließe 6 3 6 . Umstrukturierungsmaßnahmen sind um ein sinnvolles Zusammenarbeiten verbundenen Unternehmen auf den heutigen globalen Märkten zu ermöglichen, nicht zu vermeiden und müssen auch dann, wenn sie vorrangig im Verbundinteresse liegen, keineswegs nachteilig für die einzelne Gesellschaft sein. Entscheidend kann auch hier nur die Frage sein, ob sich hieraus auch Vorteile für das abhängige Unternehmen ergeben bzw. ob die hiermit einhergehenden Nachteile ausgleichsfähig sind 6 3 7 . Eine zunächst nicht absehbare Entwicklung, die sich im Nachhinein als für die Gesellschaft nachteilig erweist, ist indes, wie alle nachteiligen Entwicklungen auf dem Markt, hinzunehmen. Ein lückenloser Schutz hiervor ist weder bei verbundenen noch bei unverbundenen Gesellschaften möglich und hat weniger etwas mit der typischen Konzerngefahr zu tun, als vielmehr damit, dass unternehmerische Führungsentscheidungen grundsätzlich mit Unsicherheiten behaftet sind, weshalb hier auch ein entsprechend weiter Entscheidungsspielraum bestehen muss 6 3 8 . Die konsequente Verfolgung der Gegenansicht, die zu einer weitgehenden Nachteiligkeit entsprechender Folgemaßnahmen und deren fehlender Ausgleichs-

6 3 4 Sollte dies nicht der Fall sein, kommt man in den Problembereich, der bislang unter dem Stichwort „qualifiziert faktischer Konzern" behandelt wurde (vgl. hierzu unten S. 343 ff.). 635 Altmeppen S. 43; ausführlich auch Flume, AT 1/2, Die juristische Person, S. 122 ff, der darauf hinweist, dass schon die Rechtsfigur des Gleichordnungskonzerns die Annahme widerlegt, dass hohe Leitungsdichte im faktischen Konzern gegen §311 ff. A k t G verstoßen müsse (a.A. Koppensteiner, in K K vor § 293 Anm. 30; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht (1982), 141 m.w.N.). 6 3 6 So Tröger, Treupflicht im Konzernrecht (2000), S. 207. 637 Kropff in M K zum A k t G § 311 Rn. 208; Martens, D B 1970, 865, 867; Mestmäcker, in FS Kronstein S. 129, 147; i.E. auch Strohn, Die Verfassung der Aktiengesellschaft im faktischen Konzern (1977), S. 90, 100 f., 116, wobei allerdings die Ansicht, dass bei weitgehender Möglichkeit der Nachteilszufügung gegen Leistung eines finanziellen Ausgleichs nicht gesichert sei, dass die abhängige Gesellschaft die ihr auf diesem Wege zufließenden Finanzmittel wieder unternehmerisch anlege (Strohn, a.a.O. S. 17 f.), nicht überzeugen kann. Für die Frage, ob ein Nachteil ausgleichsfähig ist, kann es nicht darauf ankommen, ob der Ausgleich richtig eingesetzt wird, sondern nur, ob er von der Geschäftsleitung richtig eingesetzt hätte werden können. 6 3 8 Der B G H hat mit seiner Entscheidung in Sachen „ARAG/Garmenbeck" = v. 21.4.1997 = B G H B B 1997, 1169 = ZIP 1997, 883 ff. klargestellt, dass dem Vorstand ein erheblicher unternehmerischer Entscheidungsspielraum bleiben muss.

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Kapitell:

Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

fähigkeit 639 führen würde, würde das mit der gesetzlichen Regelung angestrebte Ziel der Ermöglichung einer faktischen Konzernierung weitgehend konterkarieren, da Schadensersatzansprüchen keine legitimierende Wirkung zukommt. Vielmehr korrespondieren mit ihnen Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche 640 . Dieser Betrachtungsweise, die ihren Ursprung wohl eher in einem tiefen Misstrauen gegen Konzernverhältnisse überhaupt hat, ist daher aber auch bereits vom Ansatz entgegenzutreten. Entgegenzutreten ist aber auch Zöllner641, nach dessen Ansicht das Modell des §311 AktG grundsätzlich auf das Prinzip „dulde und liquidiere" hinausläuft. Ein Nachteilsausgleich kommt nur bei Ausgleichsfähigkeit in Betracht. Fehlt es hieran, muss die Maßnahme unterbleiben bzw. nach §317 Abs. 1 AktG i.V.m. §249 S. 1 BGB rückgängig gemacht werden. Unter Umständen kann ein nachteiliger Eingriff in die Unternehmensstruktur, der nicht durch eine finanzielle Zuwendung ausgleichsfähig ist, aber auch im Wege der Durchführung anderer struktureller Maßnahmen ausgeglichen werden, womit die Gesellschaft in eine ihren bisherigen Vermögensinteressen entsprechende Situation versetzt wird. N u r Maßnahmen, die derart stark auf die Unternehmensstruktur einwirken würden, dass die Tochtergesellschaft ohne die Mutter nicht mehr lebensfähig wäre, sind als zu risikoreich und damit als nicht ausgleichsfähig zu werten. Dies bedeutet auf der anderen Seite aber nicht, dass die wirtschaftliche Unabhängigkeit der abhängigen Gesellschaft in der Form aufrechterhalten werden müsste, wie sie vor der Abhängigkeitsbegründung bestanden hat 642 . Die Begründung einer wirtschaftlichen Abhängigkeit, die für die Gesellschaft mit Vorteilen verbunden ist und die ihre Lebensfähigkeit ohne den Konzern auch nicht grundsätzlich gefährdet, da eine Umstellung auf den freien Markt ohne weiteres möglich bleibt, kann nicht als nachteilig angesehen werden. Ebenso wenig liegt hierin ein Treuepflichtverstoß, wenngleich Zöllner643 insoweit zuzustimmen ist, als er feststellt, dass den §§311 ff. AktG in Bezug auf die Treuepflichten keine abschließende Regelung zu entnehmen ist 644 . e) Die Nachteiligkeit

von

Hauptversammlungsbeschlüssen

Wenngleich auch Hauptversammlungsbeschlüsse als Veranlassungen des herrschenden Unternehmens gewertet werden können 645 , ist ihre Beurteilung als nachteilig nicht so einfach. Wie bereits hervorgehoben wurde, erfasst § 311 AktG nicht nur Beschlüsse, aufgrund derer die Hauptversammlung ausnahmsweise zu Fragen

639

Zieht man f ü r die Bewertung eines Nachteils die Situation vor der Verbundintegration heran, w ü r d e das betriebswirtschaftlich Machbare überstiegen; die fehlende Bewertbarkeit würde aber zur fehlenden Ausgleichsfähigkeit und damit zur Unzulässigkeit der Veranlassung f ü h ren (vgl. auch Tröger, Treupflichten im Konzern (2000), S. 206 f.). 640 Hüffer, A k t G § 317 Rn. 10. 641 Z H R 162 (1998), 235, 245. 642 So aber Zöllner, Z H R 162 (1998), 235, 245. 643 Z H R 162 (1998), 235, 245. 644 645

Vgl. hierzu noch unten S. 157 f. Vgl. oben S. 81 f.

§ 3: Die Haftung

im faktischen

Aktienkonzern

101

der Geschäftsleitung Stellung nimmt 6 4 6 . Hier kann f ü r die Frage der Nachteiligkeit folglich nicht darauf abgestellt werden, wie ein ordentlicher u n d gewissenhafter Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft in dieser Situation gehandelt hätte 647 . Dies schließt aber nicht aus, auch Beschlüsse, die nicht den in den Kompetenzbereich der Geschäftsleitung fallen, an §§ 311 ff. A k t G zu messen. A n z u k n ü p fen ist dann nicht an den Kompetenzbereich eines Geschäftsleiters, sondern an den Sorgfaltsmaßstab eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsmanns 6 4 8 , der im Interesse der Gesellschaft handelt. N i c h t außer Acht gelassen werden dürfen in diesem Zusammenhang aber auch die besonderen Wertungen des Gesetzes. Dementsprechend sind aber Beschlüsse, die eine Änderung des Zwecks oder eine Beendigung der Zweckverfolgung zum Gegenstand haben aus der Betrachtung als vor- oder nachteilig ausgenommen. Die Fassung eines Auflösungsbeschlusses muss auch in Abhängigkeitslagen möglich sein, da die Auflösung der Gesellschaft als vom Gesetz vorgesehene Maßnahme der Beendigung der Gesellschaft im Belieben der Gesellschafter stehen muss 6 4 9 . Zwar ist es, worauf an späterer Stelle z u r ü c k z u k o m m e n sein wird 6 5 0 , im Einzelfall denkbar, dass das herrschende Unternehmen durch den Auflösungsbeschluss seine gegenüber den Minderheitsaktionären bestehenden, mehrheitsbezogenen Treuepflichten verletzt. Insoweit handelt es sich indes nicht um Fälle, die sich mit §311 A k t G erfassen ließen. Auf der Grundlage dieses Regelungssystems sollen nicht alle denkbaren Interessen der Außenseiter geschützt werden, sondern nur solche, die sich über den Schutz der abhängigen Gesellschaft verwirklichen lassen. Allein an deren Benachteiligung k n ü p f t § 311 A k t G an. Damit sind aber auch nur deren Interessen f ü r die Beurteilung heranzuziehen. Zwar verstößt ein Gesellschafter, der entgegen den Interessen seiner Gesellschaft handelt, gegen seine gesellschaftsrechtliche Treuepflicht, weshalb § 311 A k t G insoweit auch als gesetzlich geregelter Ausdruck dieser Treuepflicht anzusehen ist. Diese Interessen sind aber, wie an späterer Stelle noch ausführlich darzulegen sein wird, losgelöst von den Interessen der Gesellschafter zu bestimmen. Entscheidend hierfür ist allein der Zweck der Gesellschaft 651 . Ein Auflösungsbeschluss kann als gesetzlich vorgegebenes Mittel der Beendigung der Gesellschaft aber nie gegen die Interessen der Gesellschaft verstoßen 646

So Timmann, Die Durchsetzung von Konzerninteressen in der Satzung der abhängigen Aktiengesellschaft (2000), S. 157 ff., der meint, der Gesetzgeber habe mit §311 ff. A k t G daher eine Ausnahme von § 117 Abs. 7 AktG nur insoweit vorgesehen, wie in den Kompetenzbereich des Vorstandes eingewirkt werde; konsequent insoweit dann auch für die Anfechtungsmöglichkeit nach §243 Abs. 2 A k t G (Timmann, Die Durchsetzung von Konzerninteressen in der Satzung der abhängigen Aktiengesellschaft (2000), S. 212 f.). 647 Vgl. oben S. 87 f. 648 Vgl. auch § 43 G m b H G , der ebenso wie § 93 A k t G auszulegen ist, auch wenn bei erstem von Geschäftsmann, im zweiten Fall aber von Geschäftsleiter die Rede ist. 649 B G H v. 28.1.1980 = B G H Z 76, 352, 353 ff, Lutter, Z G R 1981, 171, 177 f.; Rehbinder, Konzernaußenrecht und allgemeines Privatrecht (1969), S. 237; grds. auch Kropff, in MK zum A k t G §311 Rn. 116; a.A. Stahl, Das Verbot der Benachteiligung abhängiger Aktiengesellschaften (1972), S. 95 ff. 650 Vgl. unten S. 292. 651 Vgl. hierzu noch ausführlich unten S. 220 ff.

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Kapitel I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

u n d d a m i t als nachteilig q u a l i f i z i e r t w e r d e n . D a s s die A u f l ö s u n g N a c h t e i l e f ü r die M i n d e r h e i t s a k t i o n ä r e mit sich b r i n g e n k a n n , ist im R a h m e n des § 3 1 1 A k t G f o l g lich o h n e B e d e u t u n g 6 5 2 . D e m e n t s p r e c h e n d n i m m t die ganz h e r r s c h e n d e A u f f a s s u n g auch zu R e c h t an, dass der B e s c h l u s s ü b e r die A u f l ö s u n g einer G e s e l l s c h a f t n i c h t der R e g e l u n g des § 3 1 1 A k t G u n t e r f ä l l t 6 5 3 . E n t s p r e c h e n d e s gilt f ü r einen B e schluss, der eine Ä n d e r u n g des Z w e c k s der G e s e l l s c h a f t z u m G e g e n s t a n d hat. A u c h der Z w e c k einer G e s e l l s c h a f t steht z u r u n e i n g e s c h r ä n k t e n D i s p o s i t i o n der G e s e l l s c h a f t e r , w e n n sie sich der im G e s e t z h i e r f ü r v o r g e s e h e n e n M i t t e l b e d i e n e n . E i n e B e n a c h t e i l i g u n g i.S.d. § 3 1 1 A k t G k a n n allerdings in e i n e m B e s c h l u s s ü b e r die G e w i n n v e r w e n d u n g liegen. Z w a r w i r d teilweise eine A n w e n d b a r k e i t des § 3 1 1 A k t G a u c h h i e r v e r n e i n t , da alle A k t i o n ä r e gleich b e h a n d e l t w ü r d e n . A u c h w ü r d e n legitime G l ä u b i g e r i n t e r e s s e n n i c h t tangiert, da diese k e i n e n A n s p r u c h d a r a u f h ä t ten, dass die A u s s c h ü t t u n g v e r t e i l u n g s f ä h i g e r G e w i n n e u n t e r b l e i b t 6 5 4 . A b e r a u c h diese A u f f a s s u n g w i r d v o r d e m H i n t e r g r u n d der V o r s t e l l u n g v e r t r e t e n , dass die G e s e l l s c h a f t n i c h t u m i h r e r s e l b s t willen g e s c h ü t z t w i r d , s o n d e r n m i t den V o r s c h r i f t e n der § § 3 1 1 ff. A k t G n u r die G l ä u b i g e r s o w i e M i n d e r h e i t s a k t i o n ä r e der G e s e l l s c h a f t einen S c h u t z e r f a h r e n s o l l e n 6 5 5 . D a m i t ist dieser A n s i c h t a b e r a u c h bereits v o m A n s a t z her zu w i d e r s p r e c h e n 6 5 6 . B e r e i t s aus der R e g i e r u n g s b e g r ü n d u n g geht k l a r hervor, dass der G e s e t z g e b e r v o r r a n g i g v e r h i n d e r n w o l l t e , dass ein b e h e r r s c h e n d e r E i n f l u s s z u m N a c h t e i l der a b h ä n g i g e n

Gesellschaft

ausgeübt

w i r d 6 5 7 . D e r S c h u t z der M i n d e r h e i t s g e s e l l s c h a f t e r und der G l ä u b i g e r der G e s e l l s c h a f t e r ist dabei die e r w ü n s c h t e K o n s e q u e n z dieses g e s e t z g e b e r i s c h e n Ziels. E s w i d e r s p r i c h t allerdings d e m W o r t l a u t dieser R e g e l u n g , v o r allem a b e r auch, w i e n o c h zu zeigen sein w i r d , der R e c h t s f i g u r der j u r i s t i s c h e n P e r s o n ü b e r h a u p t , bei der F r a g e n a c h der R e i c h w e i t e des f ü r die a b h ä n g i g e G e s e l l s c h a f t a u f g e b a u t e n S c h u t z e s n i c h t deren I n t e r e s s e n zu b e t r a c h t e n , s o n d e r n n u r diejenigen der G l ä u b i ger u n d M i n d e r h e i t s g e s e l l s c h a f t 6 5 8 . F ü r den an dieser Stelle allein i n t e r e s s i e r e n d e n § 3 1 1 A k t G s p r i c h t hier gegen bereits, dass dieser a n e r k a n n t e r m a ß e n bei einer B e -

652 A.A. Kropf'f, in MK AktG §311 Rn. 116 (entgegen der ganz h.M.) unter Hinweis auf die mögliche Verletzung legitimer Interessen der Außenseiter; a.A. wohl auch Habersack, in Emmerich/Habesack § 311 Rn. 4, 30. 653 A/D/S, §311 Rn. 30; Koppensteiner, in KK §311 Rn. 17; Krieger, in Münchner Handbuch zum AktG §69 Rn. 73. 654 Koppensteiner, in KK § 311 Rn. 17; Rehbinder, AWD 1969, 346, 348; vgl. auch Axer, in Lutter/Scheffler/U.H. Schneider, (Hrsg.), Handbuch der Konzernfinanzierung Rn. 7.44 (Vollausschüttung ohne jede Thesaurierung aufgrund der Kompetenz der Hauptversammlung bedenkenfrei); a.A. Habersack, in Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 30. 655 Koppensteiner, in KK §311 Rn. 17; Rehbinder, AWD 1969, 346, 348; a.A. Prühs, AG 1973, 395, 400; Werner, in FS Stimpel S. 935, 943. 656 Zum Eigeninteresse einer Gesellschaft vgl. S. 244 ff. 657 Vgl. die Regierungsbegründung abgedruckt bei Kropff S. 407: „Leitgedanke" ist der Schutz der abhängigen Gesellschaft sowie S. 408: „weder Interessen des herrschenden Unternehmens oder eines Konzerns noch Belange der Allgemeinheit (können) eine Benachteiligung der Gesellschaft rechtfertigen". 658 A.A. Kropff, in MK zum AktG § 311 Rn. 10.

§ 3: Die Haftung

im faktischen

Aktienkonzern

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nachteiligung der Gesellschaft auch dann eingreift, wenn keine Minderheitsgesellschafter existieren und keine Gläubiger vorhanden sind. Für die Beurteilung eines Gewinnverwendungsbeschlusses bedeutet dies, dass dieser nur als nachteilig qualifiziert werden kann, wenn er dies f ü r die Gesellschaft selbst ist. Hierbei darf aber natürlich nicht die gesetzliche Vorgabe außer Acht gelassen werden, wonach Gewinnausschüttungen in dem dort vorgegebenen Maße grundsätzlich zulässig sind. Eine Gewinnausschüttung ist daher auch nur in Ausnahmefällen unzulässig, etwa wenn hierdurch eine wirtschaftlich erforderliche Rücklagenbildung oder gewinnbringende Aktivität verhindert bzw. der Gesellschaft sogar Liquidität entzogen wird, die zur weiteren Existenzerhaltung unentbehrlich ist 659 . Bereits an dieser Stelle sei auf den Grundsatz hingewiesen, dass Gesellschafter auch bei der Geltendmachung eines durch das Gesetz zuerkannten eigennützigen Rechtes an ihre mitgliedschaftliche Treuepflicht gebunden sind 660 . Hierauf gründet sich auch bei einem Gewinnverwendungsbeschluss die Pflicht, die Interessen der Gesellschaft zu berücksichtigen, ohne dass es notwendig wäre, die herrschende Gesellschaft einer besonderen Finanzierungsverantwortung zu unterwerfen 6 6 1 . aa) Die Änderung des Unternehmensgegenstandes Zweifelhaft ist auch, ob die Änderung des Unternehmensgegenstandes unter § 311 A k t G gefasst werden kann 6 6 2 . Bevor dieser Frage nachgegangen werden kann, gilt es allerdings vorab die Begriffe des Zwecks und des Gegenstandes einer Gesellschaft sowie ihr Verhältnis zueinander zu klären, da auch insoweit keineswegs Einigkeit in Rechtssprechung und Lehre besteht. (1) Z u m Begriff des Gesellschaftszwecks und des Unternehmensgegenstandes Der Begriff des Gesellschaftszwecks wird anders als der des Unternehmensgegenstandes (vgl. § 23 Abs. 3 Nr. 2 A k t G ) nicht als ausdrücklicher Bestandteil der Satzung genannt und ist demgemäß in seiner Auslegung sowie in seinem Verhältnis zum Unternehmensgegenstand umstritten. Während früher zum Teil auf eine Differenzierung zwischen beiden Begriffen verzichtet wurde 6 6 3 , finden sich heute

659 Kropff in M K z u m A k t G § 3 1 1 Rn. 113, der überdies auch darauf a u f m e r k s a m macht, dass bereits im Vorfeld der Bilanzaufstellung, etwa d u r c h die Beeinflussung der Bilanzierungswahlrechte, nachteilige Veranlassungen möglich sind. 660 Z u m Inhalt mitgliedschaftlicher Treuepflichten u n t e n S. 274 ff. 661 Vgl. hierzu auch n o c h u n t e n S. 431; f ü r eine F i n a n z i e r u n g s v e r a n t w o r t u n g der K o n z e r n spitze dagegen grds. U.H. Schneider, Z G R 1984, 497, 509 ff.; im Falle der Zentralisierung des Fin a n z w e s e n s vgl. auch Kroff in M K z u m A k t G § 311 Rn. 285; dagegen Claussen, A G 1985, 173, 183 ff. 662 Dagegen Koppensteiner, in K K § 311 Rn. 17; Krieger, in M ü n c h n e r H d b . A G § 69 R n . 73; Kropff, in G e ß l e r / H e f e r m e h l / E c k a r d t / K r o p f f , A k t G § 3 1 1 Rn. 102; a.A. n u n aber Kropff, in M K z u m A k t G § 3 1 1 Rn. 116 f ü r den Fall, dass a u ß e n s t e h e n d e A k t i o n ä r e existieren; a.A. auch Emmerich, in E m m e r i c h / H a b e r s a c k § 3 1 1 R n . 30, w e n n dies die Eigenständigkeit der Gesellschaft in Frage stellt. 663 Quassowski, in Schlegelberger § 146 A n m . 14; R G D R 1939, 720; weitere N a c h w e i s e bei

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Kapitel

I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

hierzu verschiedene Ansätze. Nach teilweiser Auffassung erfasst der Gesellschaftszweck zwei Bestandteile, das Gesellschaftsziel, das in der Regel auf Gewinn gerichtet ist, und den Unternehmensgegenstand, der die eingesetzte Tätigkeit umschreibt 664 . Teilweise trifft man auch auf die Ansicht, im Aktienrecht hätte eine gegenüber dem GmbH-Recht eigenständige Begriffsbestimmung zu erfolgen, da das AktG, anders als das GmbHG (vgl. § § 1 , 3 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG), keine Unterscheidung zwischen Zweck und Gegenstand treffe 665 . Nach herrschender Ansicht, der auch hier gefolgt werden soll, beschreibt der Unternehmensgegenstand indes die Tätigkeit der Gesellschaft, mittels derer diese ihren wirtschaftlichen oder auch nicht wirtschaftlichen Zweck als letztendlichen Grund des Zusammenschlusses verfolgt 666 . Der Gegenstand des Unternehmens ist somit das zum Einsatz gebrachte Mittel zur Erreichung des Ziels der Personenvereinigung, wie es im Verbandszweck beschrieben wird 6 6 7 . Die Zweck - Mittel - Relation besteht mithin zwischen Gesellschaftszweck und Unternehmensgegenstand und nicht, wie von der oben angeführten Mindermeinung vertreten, zwischen Gesellschaftsziel und Gegenstand des Unternehmens. Zu Recht wird insoweit darauf hingewiesen, dass der Unternehmensgegenstand schon im Hinblick auf die für Zweckänderungen nach § 33 Abs. 1 S. 2 BGB erforderliche Zustimmung aller Gesellschafter „nur sehr zurückhaltend" dem Gesellschaftszweck zugeordnet werden sollte, da diese in einer AG regelmäßig kaum zu erzielen sein wird 6 6 8 . Es ist auch nicht angezeigt, hier eine Unterscheidung zwischen GmbH und AG zu treffen, da es sich hier um ein allgemeines verbandsrechtliches Problem handelt, das in allen Verbandsformen gleich zu behandeln ist 669 .

Zöllner; in KK § 179 Rn. 113 mit dem Hinweis darauf, dass im neueren Schrifttum wohl einhellig eine Differenzierung vorgenommen wird. 664 LutterlHommlhoff GmbHG § 1 Rn. 2; Zöllner, in KK § 179 Rn. 112 ff. 665 Brändel, in GK zum AktG § 3 Rn. 14. 666 Emmerich, in Scholz, 9. Aufl. § 1 Rn.2; H ü f f e r , AktG §23 Rn. 22; Reuter, ZHR 151 (1987), 237,240; Roth, in Roth/Altmeppen § 1 Rn. 1 jeweils m.w.N. 667 Kraft, in KK §23 Rn.43; v. Falkenhausen, AG 1961, 123; Fabricius, Relativität der Rechtsfähigkeit (1963), S. 100 f.; Lüdtke-Handjery, BB 1973, 68 f.; Emmerich, in Scholz § 1 Rn. 2a; Priester, in Scholz §53 Rn. 174; W. U. Schilling, BB 1997, 373, 375; H ü f f e r , AktG §23 Rn. 22; allerdings kann auch der Unternehmensgegenstand nur auf Grund einer Satzungsänderung verändert werden (K. Schmidt, GesR § 4 II 3 b). Aus diesem Grund bedürfen auch Entscheidungen, die den Unternehmensgegenstand verändern, wie z.B. der Beteiligungserwerb auf bislang unternehmensfremden Gebieten (vgl. auch Henssler, in FS Zöllner S. 203, 211 f.), wegen deren satzungsändernden Charakters gem. § 53 GmbHG bzw. § 179 Abs. 2 AktG eines qualifizierten Mehrheitsbeschlusses der Gesellschafterversammlung (Henssler, in FS Zöllner S. 203, 232; Emmerich, in Scholz, Anhang Konzernrecht Rn. 119; Koppensteiner, in Rowedder Anh. § 52 Rn. 44 m.w.N.); etwas anderes soll dann gelten, wenn die Satzung der Muttergesellschaft eine Konzernklausel enthält, in der die Gesellschaft ermächtigt wird, Tochtergesellschaften zu gründen bzw. zu erwerben (vgl. hierzu Henssler, in FS Zöllner S. 203, 214). 668 H ü f f e r , AktG § 23 Rn. 22. 669 Pentz, in MK § 23 Rn. 76 m.w.N.

§3: Die Haftung

im faktischen

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(2) Die Ausrichtung des Unternehmensgegenstandes auf den Konzern Gegen eine A n w e n d u n g der Regelungen der §§311 ff. A k t G auf einen Beschluss, der die Veränderung des Gegenstandes des Unternehmens zum Inhalt hat, wird teilweise geltend gemacht, dass es sich insoweit um eine Maßnahme handle, die zwar konzernpolitisch relevant, aber nicht abhängigkeitsspezifisch wäre. Es handele sich u m eine Grundlagenänderung des Gesellschaftsverhältnisses, die formal alle Aktionäre in gleicher Weise betreffe und gegen die die Aktionäre durch die Anfechtungsmöglichkeit in ausreichendem Maße geschützt seien 670 . Mit dieser Begründung könnten allerdings weitgehend alle Beschlussfassungen in einer Hauptversammlung aus dem Anwendungsbereich des § 311 A k t G herausgenommen werden. Natürlich liegt es grundsätzlich in der Freiheit der Gesellschafter, sich einen Unternehmensgegenstand zu wählen, mag dies auch mit hohen Risiken verbunden sein 671 . In einem Abhängigkeitsverhältnis besteht aber auch bei Grundlagenentscheidungen die erhöhte Gefahr, dass dabei nicht im Interesse der Gesellschaft gehandelt wird. Dass in einem solchen Fall formal alle Gesellschafter gleich behandelt werden, ist nicht entscheidend, sondern nur die Frage, ob die abhängige Gesellschaft benachteiligt wird 6 7 2 . Damit ist aber auch eine Änderung des Unternehmensgegenstandes nachteilig, wenn auf dieser Grundlage der Gesellschaftszweck aller Voraussicht nach nicht mehr oder nicht mehr in gleich guter Weise verwirklicht werden kann 6 7 3 . Zwar bestehen gegen die Zulässigkeit einer satzungsmäßigen Ausrichtung des Unternehmensgegenstands auf die Struktur des Konzerns keine grundsätzlichen Bedenken. Auch ist es unter einem allgemein gehaltenen Unternehmensgegenstand nicht generell nachteilig, wenn eine wirtschaftliche Auslagerung von Unternehmensfunktionen oder eine Spezialisierung auf die Bedürfnisse des Konzerns stattfindet 6 7 4 . Eine Ausrichtung des Unternehmensgegenstandes auf den Konzern kann durchaus auch positive wirtschaftliche Auswirkungen mit sich bringen 6 7 5 . Dies ist zweifellos aber nicht der Fall, wenn ein lukratives Betätigungsfeld des abhängigen Unternehmens gegen ein weniger gewinnversprechendes ausgetauscht wird, weil das herrschende U n t e r n e h m e n selbst in diesem Bereich tätig werden will oder tätig ist. Eine satzungsmäßige ebenso wie eine tatsächliche Ausrichtung auf die Interessen des Konzerns ist ohne gleichzeitige Änderung des Unternehmenszwecks nur solange zulässig, wie dies mit dem Zweck der Gesellschaft, im eigenen Interesse Gewinn zu erzielen, vereinbar ist 676 . 670

Koppensteiner, in KK §311 Rn. 17. Grenzen werden hier grundsätzlich nur durch die allgemeinen Gesetze gezogen (insbesondere §§ 134, 138 BGB); vgl. nur Hüffer, AktG §23 Rn.23. 672 Vgl. bereits oben S. 81 ff. 673 Zum Zusammenhang zwischen Zweck und Interesse der Gesellschaft vgl. unten S. 244 ff. 674 Vgl. oben S. 97 ff. 675 Krieger, Z G R 1994, 375, 386; Timmann, Die Durchsetzung von Konzerninteressen in der Satzung der abhängigen Aktiengesellschaft (2000), S. 350 f. m.w.N. 676 Aus der Möglichkeit zu satzungsmäßiger Ausrichtung kann für den Bereich außerhalb allerdings nicht der Schluss gezogen werden, dass die wirtschaftliche Selbständigkeit zum Eigeninteresse zählt (so aber Timmann, Die Durchsetzung von Konzerninteressen in der Satzung der abhängigen Aktiengesellschaft (2000), S. 235). Die Begründung wirtschaftlicher Abhängig671

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Kapitel I: Die gesetzlichen Regelungen zur Haftung

Eine die Gewinnaussichten beschneidende Änderung oder Verengung des Unternehmensgegenstandes ist folglich als Nachteil i.S.d. § 311 A k t G zu werten. O b die Gesellschaft noch außenstehende Aktionäre hat oder nicht, ist insoweit ohne B e deutung, wenn mit der Änderung des Unternehmensgegenstandes nicht gleichzeitig auch eine Änderung des Unternehmenszwecks einhergeht 6 7 7 . Bei gleichbleibendem Zweck ist eine Änderung des Unternehmensgegenstandes jedenfalls dann nachteilig, wenn sich dies aller Voraussicht nach gegenüber dem Zweck der Gesellschaft, Gewinn zu erzielen, nicht zumindest neutral verhält. N u r vor dem Hintergrund einer zulässigen Ausrichtung des Tätigkeitsbereichs auf die Wahrnehmung von Funktionen im Konzern, ist es auch als nicht nachteilig zu qualifizieren, wenn später diese Vorgaben umgesetzt werden 6 7 8 . Kann die Gesellschaft auf der Grundlage des geänderten Unternehmensgegenstandes nicht einmal mehr ihre Existenz sichern, ist ein dahingehender Beschluss unabhängig von einer gleichzeitigen Zweckänderung bereits nach § 241 Nr. 3 A k t G wegen eines Verstoßes gegen das Wesen der Aktiengesellschaft als nichtig zu qualifizieren 6 7 9 . Zum Wesen der Aktiengesellschaft zählen die Vorschriften des „unverbrüchlichen Normenbestandes" des Aktienrechts 6 8 0 . N e b e n der Ausstattung mit eigener Rechtspersönlichkeit gehören hierzu insbesondere auch die Vorschriften, welche die Aufhebung der Rechtspersönlichkeit nur unter bestimmten Voraussetzungen und nur durch bestimmte Rechtsvorgänge erlauben. Unzulässig ist damit aber auch eine Liquidation auf „kaltem Wege" 6 8 1 . Jede Zweckverfolgung setzt als unabdingbare Bedingung die Existenz des Zweckverfolgers voraus, weshalb der Bestand unabhängig von dem Inhalt des zu verfolgenden Zwecks immer gewährleistet sein muss. Unvereinbar ist damit aber die Wahl eines Unternehmens-

keiten ist nahezu unvermeidbar. Die wirtschaftliche Selbständigkeit ist insbesondere aber auch von der Bestandserhaltung zu trennen. Die Bestandserhaltung ist unabdingbare Voraussetzung jeder Zweckverfolgung und damit der Sockel jedweden Interesses einer Gesellschaft. Nicht jede wirtschaftliche Abhängigkeit führt aber bereits zu einer Bestandsgefährdung. Allerdings kann eine Maßnahme dann als zu risikoreich und daher als nachteilig qualifiziert werden, wenn sie zu einer derart hohen Abhängigkeit von einer Gesellschaft führt, dass der Bestand der abhängigen Gesellschaft gefährdet ist, wenn die Beziehung endet. 677 A.A. Kropff, in MK zum AktG § 311 Rn. 116, der nur für den Fall einer mehrgliedrigen AG §311 AktG hier für anwendbar hält; generell gegen dessen Anwendbarkeit A/D/S, §311 Rn. 30; Krieger, in Münchner Handbuch zum Aktienrecht §69 Rn. 73; nach Abwägung auch Koppensteiner, in KK §311 Rn. 17; für die Einbeziehung aber zu Recht Habersack, in Emmerich/Habersack, §311 Rn. 30. 678 Konsequent wird in diesem Fall auch im GmbH-Konzern eine Verletzung der Eigeninteressen abgelehnt (vgl. hierzu auch Beinert, Die Konzernhaftung für die satzungsmäßig abhängig gegründete GmbH (1995), S. 102; Hommelhoff, Z G R 1994, 403 f.; Lutter, DB 1994 129, 130). 679 Timmann, Die Durchsetzung von Konzerninteressen in der Satzung der abhängigen Aktiengesellschaft (2000), S. 263. 680 Semler, in Münchner Handbuch §41 Rn. 14; Zöllner, in KK §241 Rn. 96; a.A. Hüffer, in MK zum AktG §241 Rn. 66, der vom Vorrang der präziser gefassten zweiten Tatbestandsvariante ausgeht. 681 Timmann, Die Durchsetzung von Konzerninteressen in der Satzung der abhängigen Aktiengesellschaft (2000), S. 242 ff.

§ 3: Die Haftung im faktischen

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gegenständes, der ersichtlich den wirtschaftlichen Ruin der Gesellschaft bedeutet oder gar darauf abzielt, etwa indem die einzig profitable Betriebssparte zugunsten der Mutter- oder einer Schwestergesellschaft aufgegeben wird 6 8 2 . Auch eine G e sellschaft mit nichtwirtschaftlicher Zwecksetzung muss zumindest kostendeckend arbeiten können, sonst kann sie ihren Unternehmenszweck nicht nachhaltig verfolgen. Dies ist als allgemeines Prinzip des Verbandsrechts zu werten. Ein B e schluss, der ersichtlich den Ruin der Gesellschaft bedeutet, ist daher nicht nur im Aktienrecht, sondern auch im G m b H - R e c h t analog § 241 Nr. 3 1. Alt. A k t G 6 8 3 als nichtig zu qualifizieren 6 8 4 . D a ein Nachteilsausgleich, im Falle, dass der Bestand der Gesellschaft gefährdet ist, nicht möglich ist, führt dies grundsätzlich auch zur Schadensersatzpflicht des herrschenden Unternehmens 6 8 5 . Ein Nachteilsausgleich ist allenfalls bei einer Schmälerung der Gewinnaussichten ohne Existenzgefährdung denkbar. G r u n d sätzlich setzt ein solcher Ausgleich die Zuführung von Vermögensvorteilen voraus, die geeignet sind, seine bilanziellen Auswirkungen im nächsten Jahresabschluss zu neutralisieren 6 8 6 . H a t die Gesellschaft vor der Gegenstandsänderung Gewinn erzielt, kann eine bloße Verlustübernahme, bei gleichbleibendem Zweck, als Nachteilsausgleich damit aber nicht genügen. Als generelle Möglichkeit der Nachteilsausgleichung k o m m t die Verlustübernahme nur dann in Betracht, wenn der Z w e c k der Gesellschaft nicht auf Gewinn ausgerichtet ist 6 8 7 . Ist ein angemessener Nachteilsausgleich allerdings nicht möglich, bleibt es beim Schadensersatzanspruch des § 3 1 7 A k t G 6 8 8 . bb) Das Konzerninteresse als Zweck der Gesellschaft Zu klären bleibt, ob auch der Zweck der Gesellschaft auf die Förderung der Interessen einer anderen Gesellschaft, mit anderen Worten auf deren Streben nach G e winn, ausgerichtet werden kann. Wäre dies zulässig, schließt sich die Frage an, ob die Nachteiligkeit einer wenngleich zu Verlusten der abhängigen Gesellschaft füh-

6 8 2 Vgl. auch Timmann, Die Durchsetzung von Konzerninteressen in der Satzung der abhängigen Aktiengesellschaft (2000), S. 244; gleiches gilt, wenn an die Konzernmitglieder nur unter Selbstkostenpreis verkauft werden darf. 6 8 3 Auch wenn man mit Hüffer, dem Wesen der Aktiengesellschaft nur eine Auffangfunktion zuerkennt (vgl. MK zum AktG § 241 Rn. 66), greift diese Regelung mangels Verstoßes gegen eine konkrete gläubigerschützende oder im öffentlichen Interesse liegende Norm hier ein. 6 8 4 Vgl. auch Ulmer, in Hachenburg Anh. § 77 G m b H G Rn. 88; Winter, Treubindungen (1988), S. 213, die bei einem Beschluss, der gegen das Bestandsinteresse verstößt, Nichtigkeit analog § 241 Nr. 3 AktG aufgrund eines Verstoßes gegen gläubigerschützende Interessen annehmen. 685 Timmann, Die Durchsetzung von Konzerninteressen in der Satzung der abhängigen Aktiengesellschaft (2000), S. 263. 686 Hüffer, AktG § 311 Rn. 39. 6 8 7 Zum Sonderfall einer Ausrichtung auf das Konzerninteresse vgl. sogleich. 6 8 8 O b sich über diese Regelung auch eine Verlustübernahmepflicht als Mindestschadensersatz begründen lässt, oder ob es hierfür einer Analogie zu § 302 AktG bedarf und inwieweit eine solche zulässig ist, wird an späterer Stelle noch zu erörtern sein (vgl. hierzu unten S. 142 f.).

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Kapitell:

Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

renden Maßnahme in diesem Fall noch bejaht werden kann und welche Folgen hieran zu knüpfen sind 689 . Der Gesellschaftszweck gehört als verbandskonstituierendes Element zu den essentialia negotii des Gesellschaftsvertrages 690 . Der Umstand, dass in der Mehrzahl der Fälle neben dem Unternehmensgegenstand der Zweck nicht ausdrücklich erwähnt wird, kann hiergegen nicht angeführt werden, da in diesem Fällen der Gesellschaftsvertrag dahingehend auszulegen ist, dass es bei der Regel bleibt und der Zweck der Gesellschaft auf Gewinnerzielung gerichtet ist 691 . Insoweit kommt der Zweck immanent im Unternehmensgegenstand zum Ausdruck. Unstreitig können aber auch andere Zwecke, etwa ideeller oder gemeinnütziger Art, vereinbart werden 692 . Soll ein anderer Zweck als der der Gewinnerzielung verfolgt werden 693 , muss dies in der Satzung allerdings deutlich zum Ausdruck gebracht werden 694 , da dieser Zweck nicht mehr durch Auslegung dem Unternehmensgegenstand ohne weiteres entnommen werden kann 695 . Eine gewollte, aber nicht aus der Satzung ersichtliche veränderte Zwecksetzung kann keine Wirkung entfalten. Auch eine Änderung des Unternehmensgegenstandes, aufgrund derer die Gewinnaussichten der Gesellschaft ersichtlich verschlechtert oder gar auf Null reduziert würden, widerspricht, wie gesehen, dem Gesellschaftszweck. Für eine diesbezügliche Änderung des Unternehmensgegenstandes bedarf es daher grundsätzlich auch einer Änderung des Zwecks der Gesellschaft 696 . Damit müssen aber auch die Voraussetzungen einer Zweckänderung eingehalten werden 697 . 6 8 9 Zur Frage, wie eine Veränderung des Gesellschaftszwecks und des Unternehmensgegenstandes zu einer Veränderung des Beurteilungsmaßstabes führt, welche Maßnahmen für die abhängige Gesellschaft nachteilig i.S. d. § 311 ff. AktG sind, vgl. insbesondere auch Timmann, Die Durchsetzung von Konzerninteressen in der Satzung der abhängigen Aktiengesellschaft (2000), S. 84 ff. 690 Ulmer, in Hachenburg, 8. Aufl. § 1 Rn. 9; LutterlHommelhoff, 15. Aufl. § 1 Rn. 11; MUlbert, in FS Lutter S. 535, 539; K. Schmidt, Verbandszweck und Rechtsfähigkeit im Vereinsrecht (1984), S. 30. 691 Hüffer, AktG § 23 Rn. 22; vgl. auch Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindung im GmbH-Recht (1988), S. 97. 692 Zöllner, in KK, § 179 Rn. 112. 6 9 3 Von einer gleichzeitigen Änderung des Zwecks ist etwa auch auszugehen, wenn vor dem Hintergrund eines geänderten Unternehmensgegenstandes eine Gewinnerzielung schlechthin ausgeschlossen ist. Dies wird man etwa annehmen können, wenn beschlossen wird, dass fürderhin nur noch an die Muttergesellschaft zum Selbstkostenpreis verkauft werden soll. 694 Ulmer, in Hachenburg, 8. Aufl. § 1 Rn. 9; vgl. auch Tieves, Der Unternehmensgegenstand der Kapitalgesellschaft (1998), S. 40 m.w.N. 6 9 5 Vgl. auch Hommelhoff, Z G R 1994, 395, 403 für den Fall der Gründung einer 100 %igen Tochtergesellschaft. 6 9 6 Vgl. auch Röhricht, in G K zum AktG § 23 Rn. 103; Zöllner, in KK § 179 Rn. 114 m.w.N. 6 9 7 Für eine Zweckänderung bedarf es in Entsprechung zu § 33 Abs. 1 S. 2 B G B nach herrschender und richtiger Auffassung insbesondere der Zustimmung aller Gesellschafter (Hüffer, AktG §179 Rn. 113 f.; Habersack, Z G R 1996, 545, 562; Mülbert, Aktiengesellschaft (1996), S. 234; K. Schmidt, GesR § 4 II 3 a; Semler, Münchner Handbuch des AktG § 39 Rn. 53; Reuter, Z G R 1987, 473, 475, 482 f.; Zöllner, in K K § 179 Rn. 113 f.; für die GmbH Lutter/Hommelhoff, 15. Aufl. § 53 Rn. 19; Priester, in Scholz § 53 Rn. 183; Zöllner, in Baumbach/Hueck § 53 Rn. 14; a.A. etwa Timm, Aktiengesellschaft (1980), S. 31; Wiedemann, GesR I § 3 I 3 und § 6 III 2, die

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Aktienkonzern

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A b e r a u c h , w e n n die V o r a u s s e t z u n g e n einer an sich w i r k s a m e n Z w e c k ä n d e r u n g v o r l i e g e n , stellt sich i m m e r n o c h die F r a g e , o b die M e h r u n g des G e w i n n s einer a n d e r e n G e s e l l s c h a f t einen zulässigen G e s e l l s c h a f t s z w e c k d a r s t e l l t 6 9 8 . F ü r d e n B e r e i c h der G m b H b e s t e h e n h i e r g e g e n g r u n d s ä t z l i c h k e i n e B e d e n k e n 6 9 9 . F r a g l i c h ist j e d o c h , o b dies a u c h bei der A k t i e n g e s e l l s c h a f t i m H i n b l i c k auf die h i e r h e r r s c h e n de S a t z u n g s s t r e n g e zulässig ist. V e r e i n z e l t w i r d h i e r g e g e n v o r g e b r a c h t , bei der A k tiengesellschaft s t ü n d e n die K a p i t a l e r h a l t u n g s v o r s c h r i f t e n b e r e i t s der E i n f ü h r u n g des g e n o s s e n s c h a f t l i c h e n P r i n z i p s , dass auf die F ö r d e r u n g der M i t g l i e d e r angelegt ist, e n t g e g e n , da h i e r m i t gegen das V e r b o t der v e r d e c k t e n

Gewinnausschüttung

v e r s t o ß e n w e r d e 7 0 0 . D a m i t w ä r e erst r e c h t die A u s r i c h t u n g auf die I n t e r e s s e n n u r eines G e s e l l s c h a f t e r s unzulässig. D i e s e A n s i c h t k a n n indes n i c h t ü b e r z e u g e n . D i e Z u l ä s s i g k e i t des G e s e l l s c h a f t s z w e c k s k a n n n i c h t an der F u n k t i o n s t a u g l i c h k e i t des K a p i t a l s c h u t z s y s t e m s der A k t i e n g e s e l l s c h a f t g e m e s s e n w e r d e n . D a s a k t i e n r e c h t liche K a p i t a l s c h u t z s y s t e m ist p r i n z i p i e l l n u r bei der e r w e r b s w i r t s c h a f t l i c h ausgerichteten Gesellschaft vollständig funktionstauglich, gleichwohl bestreitet auch die M i n d e r m e i n u n g 7 0 1 n i c h t die M ö g l i c h k e i t e i n e r ideellen Z w e c k s e t z u n g 7 0 2 . I n der g e n o s s e n s c h a f t l i c h e n Z w e c k s e t z u n g liegt a u c h k e i n e v e r d e c k t e G e w i n n a u s s c h ü t t u n g . Allenfalls k ö n n t e m a n ü b e r l e g e n , o b die V e r w i r k l i c h u n g

dieser

Z w e c k s e t z u n g als E i n l a g e n - o d e r K a p i t a l r ü c k g e w ä h r e i n z u o r d n e n ist. V o r a u s s e t z u n g f ü r d e n V o r w u r f e i n e r K a p i t a l a u s z a h l u n g ist allerdings, dass die B e g ü n s t i -

insoweit § 179 Abs. 2 S. 2 AktG heranziehen wollen; vgl. hiergegen u.a. ausführlich Timmann, Die Durchsetzung von Konzerninteressen in der Satzung der abhängigen Aktiengesellschaft (2000), S. 163 ff., der zutreffend darauf hinweist, dass die nach § 179 Abs. 2 AktG für die Änderung des Unternehmensgegenstandes erforderliche 3 /4-Mehrheit der Tatsache Rechnung trägt, dass insoweit eine gewisse Flexibilität zur Anpassung an die wirtschaftlichen Verhältnisse bestehen muss. Eine solche Notwendigkeit besteht hinsichtlich des Gesellschaftszwecks indes nicht. 6 9 8 Auszugehen ist im Nachfolgenden von einem feststehenden Verbandszweck, der auf die Gewinnerzielung der Mitglieder bzw. eines Teils der Mitglieder gerichtet ist; die Festlegung eines vom veränderlichen Willen der herrschenden Gesellschaft abhängigen Gesellschaftszwecks würde einen Verstoß gegen die Verbandsautonomie der abhängigen Gesellschaft darstellen (so zu Recht Timmann, Die Durchsetzung von Konzerninteressen in der Satzung der abhängigen Aktiengesellschaft (2000), S. 136 ff). Die Festlegung des Gesellschaftszwecks kann nicht vom Willen eines Außenstehenden abhängig gemacht werden. Hierin wäre auch ein Widerspruch zum Regelungssystem der §§311 ff. AktG zu sehen (Timmann a.a.O., der in einer dynamischen Konzernausrichtung daher auch einen Verstoß gegen § 23 Abs. 5 S. 2 AktG sieht). Die Festlegung auf das Interesse einer anderen Gesellschaft, wie sie sich zur Zeit der Festlegung darstellt, wird damit aber nicht gehindert. 6 9 9 Zu den Folgen vgl. allerdings noch unten S. 112. 700 Großmann (1980) S.238; Sonnenberg, Die Änderung des Gesellschaftszwecks (1990), S. 50. 7 0 1 Die Mindermeinung argumentiert etwa auch mit der fehlenden Funktionstauglichkeit des § 150 AktG bei einer genossenschaftlichen Zwecksetzung, obwohl diese grundsätzlich bei jeder nicht erwerbswirtschaftlichen Zwecksetzung nicht voll funktionsfähig ist (ausführlich Timmann, Die Durchsetzung von Konzerninteressen in der Satzung der abhängigen Aktiengesellschaft (2000), S. 109 ff.). 7 0 2 Ausführlich dazu, dass das Aktiengesetz auch nach Vorstellung des Gesetzgebers zweckoffen gestaltet wurde Timmann, Die Durchsetzung von Konzerninteressen in der Satzung der abhängigen Aktiengesellschaft (2000), S. 104 ff.

110

Kapitel

I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

gung in Abweichung von betrieblichen Interessen der Gesellschaft mit Rücksicht auf die individuellen Interessen eines Gesellschafters erfolgt 703 . Ein Verstoß gegen betriebliche Interessen liegt aber nicht vor, wenn die Begünstigung nach dem Zweck der Gesellschaft geradezu geboten ist 704 . Das Verbot einer entsprechenden satzungsrechtlichen Regelung lässt sich auch dem Regelungszusammenhang des Aktienrechts nicht entnehmen. Die Einführung einer mitgliedsfördernden Zwecksetzung lässt anders als eine verdeckte Gewinnausschüttung die innergesellschaftliche Kompetenzordnung unberührt und verletzt auch nicht den Gleichbehandlungsgrundsatz. Auch wird dem Publizitätsbedürfnis ausreichend Rechnung getragen, da der Gesellschaftszweck der Satzung entnommen werden kann, die beim Handelsregister ausliegt 705 . Ein grundsätzlicher Unterschied zwischen der fraglos zulässigen ideellen und einer mitgliedsfördernden Zwecksetzung ist daher nicht erkennbar 706 , weshalb auch letztere als zulässig anzuerkennen ist 707 . Noch nicht geklärt ist damit allerdings, ob dies auch insoweit gilt, wie es um die Förderung des Zwecks eines herrschenden Unternehmens bzw. eines Konzerns als solchen geht. Insoweit stellt sich die Frage, ob die Vorschriften über den Beherrschungsvertrag nicht als abschließende Regelung anzusehen sind, die einer entsprechenden Satzungsregelung entgegenstehen. In der Begründung des Regierungsentwurfs zum Aktiengesetz wird ausgeführt, dass der Entwurf „die Verfolgung von Konzerninteressen zum Nachteil der abhängigen Gesellschaft nur zu(lässt), wenn durch Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages die in dem Entwurf vorgesehenen gesetzlichen Sicherungen zum Schutz der außenstehenden Aktionäre und Gläubiger eingreifen oder wenn es sich um eine eingegliederte Gesellschaft handelt, bei der außenstehende Aktionäre nicht Schön, ZGR 1996, 429, 454m.w.N. Schön, ZGR 1996, 429, 454; allerdings vertritt Schön, in FG Flume S. 269 f., 276 auch die Ansicht, dass eine Gewinnverlagerung nach § 8 Abs. 3 S. 2 KStG auch dann korrigiert werden kann, wenn die Tochtergesellschaft nach ihrer Satzung zwar nicht auf Gewinnerzielung angelegt ist, aber dem herrschenden Unternehmen oder anderen Konzerngesellschaften wirtschaftliche Vorteile bei deren Einkunftserzielung bringt. Hier würde die Gewinnerzielungsabsicht des herrschenden Unternehmens auch die Tochtergesellschaft „infizieren", weshalb eine verdeckte Gewinnausschüttung auch hier nur vermieden werden könne, wenn ein angemessener Gewinnaufschlag im Entgelt enthalten sei. Unabhängig von diesen aus steuerrechtlicher Sicht angestellten Überlegungen kann eine mit dem Gesellschaftszweck konform gehende Leistung jedenfalls aber nicht als eine nach §§ 57 I, III AktG verbotene Vermögenszuwendung angesehen werden. 705 Ausführlich Timmann, Die Durchsetzung von Konzerninteressen in der Satzung der abhängigen Aktiengesellschaft (2000), S. 110 ff., der allerdings für die mitgliederfördernde AG aus Gläubigerschutzgründen außerdem einen entsprechenden Firmenzusatz verlangt (Timmann, a.a.O. S. 307 ff.); dies wird man ohne entsprechende gesetzliche Regelung indes nicht verlangen können. Neugläubiger können sich über Zweck und Gegenstand der Gesellschaft, mit der sie in Geschäftsbeziehung treten wollen, in zumutbarer Weise beim Handelsregister informieren. 706 Timmann, Die Durchsetzung von Konzerninteressen in der Satzung der abhängigen Aktiengesellschaft (2000), S. 113. 707 Vgl. auch Timmann, Die Durchsetzung von Konzerninteressen in der Satzung der abhängigen Aktiengesellschaft (2000), S. 113 f., auch unter Hinweis darauf, dass das Genossenschaftsgesetz nicht als abschließende Regelung im Hinblick auf die Möglichkeit der Begründung einer mitgliederfördernden Zwecksetzung qualifiziert werden kann. 703 704

§ 3: Die Haftung

im faktischen

Aktienkonzern

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vorhanden sind und deren Gläubiger der Entwurf durch eine Mithaftung der Obergesellschaft schützt" 7 0 8 . Auch wird hervorgehoben, dass „lediglich aufgrund eines Beherrschungsvertrages ... auch der Vorstand der abhängigen Gesellschaft die Interessen der eigenen Gesellschaft zugunsten von Konzernbelangen zurückstellen (darf)" 7 0 9 . Hierin bestehe der entscheidende Unterschied zwischen den auf einem Beherrschungsvertrag beruhenden und den rein tatsächlichen Konzernverhältnissen. Der Gesetzgeber hat hier offensichtlich allerdings nur die Regelfälle in seine Überlegung einbezogen, in denen der Gesellschaftszweck auf die Erzielung von Gewinn ausgerichtet ist. In diesen Fällen darf ohne den Abschluss eines Beherrschungsvertrages nicht das Interesse einer anderen Gesellschaft verfolgt werden. Die Möglichkeit einer satzungsmäßigen Ausrichtung wurde indes nicht bedacht. Von einem abschließenden Charakter kann insoweit daher auch nicht ausgegangen werden 7 1 0 . Es ist auch kein Grund ersichtlich, warum eine ideelle Zwecksetzung und damit die Förderung der Interessen Dritter oder eine genossenschaftliche Zwecksetzung zulässig sein sollte, nicht jedoch die Festsetzung eines Zwecks, der die Förderung der Interessen nur eines Teils oder auch nur eines Mitglieds zum Gegenstand hat, wenn alle Gesellschafter dem zugestimmt haben 7 1 1 . Zwar ist auch hier sicher der Hinweis richtig, dass die Kapitalerhaltungsvorschriften in einem solchen Fall nicht in gleicher Weise funktionieren können wie bei einer auf Gewinnerzielung ausge7 0 8 Abgedruckt bei Kropf"f AktG 1965 S. 17; vgl. auch S. 329: „Nur der Beherrschungsvertrag gibt nach dem Entwurf dem herrschenden Unternehmen das Recht, die abhängige Gesellschaft unter seine Leitung zu stellen und sie bei dieser Leitung auch zu für sie nachteilige Maßnahmen anzuweisen". 7 0 9 Abgedruckt bei Kropff, AktG 1965 S. 374; auch im Zusammenhang mit § 2 4 3 Abs. 2 AktG 1965, der die ehemals in § 179 Abs. 2 S.2 A k t G 1937 enthaltene sogenannte „Konzernklausel" abgeschafft hat, wird festgestellt: „Diese sogenannte Konzernklausel ist entbehrlich, weil sich aus den Vorschriften des Entwurfs über verbundene Unternehmen ergibt, inwieweit Konzerninteressen verfolgt werden dürfen, und weil außerhalb von Konzernen die Erlangung von Sondervorteilen auf Kosten anderer Aktionäre nicht schutzwürdig ist" (Begr. RegE, abgedruckt bei Kropff, A k t G 1965 S. 329). 7 1 0 Vgl. auch Timmann, Die Durchsetzung von Konzerninteressen in der Satzung der abhängigen Aktiengesellschaft (2000), S. 127. 7 1 1 Die im Anschluss an das Autokran Urteil des B G H (Urt. v. 16.9.1985 = B G H Z 95, 330 ff.) von Wiedemann, ( Z G R 1986, 656, 659) geäußerte Auffassung, untypische gesellschaftsrechtliche Gestaltungsformen, die nicht wirtschaftlich motiviert seien, sondern lediglich rechtliche Vorteile abschöpfen wollten, seien unzulässig, ist nicht zu folgen und kann daher auch einer Zweckausrichtung auf das Konzerninteressen nicht entgegen stehen. Wiedemann knüpft an die Frage an, ob die vertragliche Gestaltungsfreiheit ihre Grenzen lediglich im zwingenden Recht findet oder ob auch den dispositiven gesetzlichen Regelungen Grundsätze (Typen) entnommen werden können. Der Ansatz der Typuskonzeption hat sich aber zu Recht nicht durchsetzen können, da er bereits nicht erklären kann, wieso der Gesetzgeber dann überhaupt zwischen zwingenden und dispositiven Normen unterscheidet (ablehnend auch bereits Lutter, AcP 180 (1980), 84, 106 f.; ausführlich auch Beinert, Die Konzernhaftung für die satzungsmäßig abhängig gegründete G m b H (1995), S.40 f.; grundlegend zur Satzungsautonomie bei Festlegung des Gesellschaftszwecks Zöllner, in KK § 179 Rn. 71 ff.). 712 Timmann, Die Durchsetzung von Konzerninteressen in der Satzung der abhängigen Aktiengesellschaft (2000), S. 290.

112

Kapitel

I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

r i c h t e t e n G e s e l l s c h a f t . D i e s e m E i n w a n d ist a b e r d a n n w i e d e r u m e n t g e g e n z u h a l t e n , dass dies e b e n s o f ü r j e d e a n d e r e G e s e l l s c h a f t m i t n i c h t e r w e r b s w i r t s c h a f t l i c h e r Zielrichtung gilt712. E i n e somit auch insoweit zulässige Z w e c k ä n d e r u n g gehört aber zu den u n a b d i n g b a r e n R e c h t e n d e r A k t i o n ä r e u n d k a n n n i c h t u n t e r H e r a n z i e h u n g des u r s p r ü n g l i c h e n Z w e c k s als n a c h t e i l i g q u a l i f i z i e r t w e r d e n . I s t d e r Z w e c k e i n e r G e s e l l s c h a f t a u f die F ö r d e r u n g e i n e r a n d e r e n G e s e l l s c h a f t o d e r g a r e i n e s U n t e r n e h m e n s v e r b u n d e s a u s g e r i c h t e t , s o ist das I n t e r e s s e d e r a b h ä n g i g e n G e s e l l s c h a f t m i t d e m Interesse dieser Gesellschaft bzw. mit dem Konzerninteresse identisch713. D a m i t f e h l t a b e r a u c h die N a c h t e i l i g k e i t e i n e r M a ß n a h m e o d e r e i n e s R e c h t s g e s c h ä f t s , w e n n i n f o l g e d e s s e n , e n t s p r e c h e n d d e m G e s e l l s c h a f t s z w e c k , die I n t e r e s s e n eines anderen Unternehmens verfolgt werden714. Ausgehend v o m gesetzlichen Leitbild einer gewinnorientierten

Gesellschaft,

w i r d die F u n k t i o n s f ä h i g k e i t

des

§311

A k t G d a m i t s i c h e r b e s c h r ä n k t , n i c h t a b e r a u ß e r K r a f t g e s e t z t 7 1 5 , da M a ß n a h m e n , die m i t d e m Z w e c k d e r G e s e l l s c h a f t n i c h t z u v e r e i n b a r e n s i n d , w e i t e r h i n als n a c h teilig z u q u a l i f i z i e r e n s i n d 7 1 6 . A l l e r d i n g s m a c h t e i n e s o l c h e Z w e c k s e t z u n g e i n e Analogieziehung zu den § § 3 0 2 , 3 0 3 A k t G n o t w e n d i g 7 1 7 . Hiergegen kann nicht e i n g e w a n d t w e r d e n , dass dies d e m R e c h t d e r G e s e l l s c h a f t e r w i d e r s p r e c h e , d e n G e s e l l s c h a f t s z w e c k f r e i z u w ä h l e n 7 1 8 . D i e G e s e l l s c h a f t e r w e r d e n d u r c h die A n a l o g i e 7 1 3 Zur Frage nach dem Eigeninteresse einer Gesellschaft vgl. u.a. auch Lehmann, in FS Beusch, 483, 489; Lutter; ZIP 1985, 1425,1433; Windbichler, in FS Kissel S. 1291, 1300. 7 1 4 A . A . K r o p f f , in M K zum A k t G §311 Rn. 155, der hier von einer qualifizierten Nachteilszufügung ausgeht; nach Kropffs Ansicht kann eine abhängige Gesellschaft nur auf der Grundlage eines Beherrschungsvertrages in den Dienst einer herrschenden Gesellschaft genommen werden, da ein Recht, der abhängigen Gesellschaft Nachteile zuzufügen, nur unter der Voraussetzung möglich sei, dass die Außenseiter der Gesellschaft geschützt würden (Kropff, in FS Semler S. 520, 532 f.; dagegen zu Recht auch Hommelhoff, Z G R 1994, 395, 404). Abgesehen davon, dass es bei einer Zweckausrichtung bereits an der Nachteiligkeit einer Maßnahme fehlt, die der Verfolgung dieses Zweckes dient, ist der Schutz der Gläubiger über eine Analogieziehung zu den §§ 302, 303 A k t G zu erreichen; zum Schutz der Gesellschafter vgl. Fn. 717. 7 1 5 Nach Hommelhoff, Konzernleitungspflicht (1982), S. 139 ff., sind Beschlüsse der Hauptversammlung, die durch intensivere Einbindung der abhängigen Gesellschaft in den Konzern die Funktionsfähigkeit der §§311 ff. A k t G außer Kraft setzen, wegen Verstoßes gegen das zwingende Organisationsstatut der Aktiengesellschaft gemäß §241 Nr. 3 A k t G nichtig. Hommelhoff meint mit den von ihm u.a. angesprochenen „umfassenden Gesamtvorgaben" im Bereich der Unternehmenspolitik (S. 144 f.) offenbar aber nur Beschlüsse nach § 119 Abs. 2 A k t G und nicht Bestimmungen zum Gesellschaftszweck; vgl. auch Kleindiek, Strukturvielfalt (1991), S. 51, 73. 7 1 6 Die Anerkennung eines Bestandsinteresses ist allerdings auch bei einer solchen Gesellschaft unverzichtbar, da jede Interessenverfolgung notwendigerweise die Existenz des Interessenträgers voraussetzt (vgl. auch Hommelhoff, Z G R 1994, 404 f.; vgl. auch Beinert, Die Konzernhaftung für die satzungsmäßig abhängig gegründete G m b H (1995), S. 67 ff.; Büscher, Die qualifiziert faktische Konzernierung (1999), S. 148). 7 1 7 Im Hinblick auf die Analogieziehung zu den §§ 302, 303 A k t G bedarf es daneben allerdings keiner besonderen Anzeige der Zweckänderung an die Altgläubiger, verbunden mit deren Berechtigung Sicherheiten zu verlangen (so aber Hommelhoff, Z G R 1994, 395, 405). Die Minderheitsgesellschafter sind bereits dadurch hinreichend geschützt, dass es für eine Zweckänderdung der Einstimmigkeit bedarf. 7 1 8 So aber Tieves, Der Unternehmensgegenstand der Kapitalgesellschaft (1998), S. 165, der

§ 3: Die Haftung

im faktischen

Aktienkonzern

113

zu den Vorschriften des Vertragskonzerns nicht daran gehindert, einen Zweck zu wählen, der dem nach Abschluss eines Beherrschungsvertrages entspricht. Tun sie dies aber, können sie sich nicht den Konsequenzen entziehen, die eine solche Interessenausrichtung nach den Vorstellungen des Gesetzgebers zur Folge hat. Der Vergleich mit einer Gesellschaft mit ideeller oder genossenschaftlicher Zwecksetzung rechtfertigt insoweit kein anderes Ergebnis. Der Gesetzgeber hat mit den Vorschriften über den Vertragskonzern deutlich z u m Ausdruck gebracht, dass er f ü r den Fall der Ausrichtung der Interessen einer Gesellschaft auf die Interessen eines anderen Unternehmens erhöhte Gefahren f ü r die Gesellschaft, ihre Gläubiger und die außenstehenden Gesellschafter verbindet. Zwar sind letztere im Falle einer Zweckänderung nicht betroffen, da hierfür Einstimmigkeit zu verlangen ist 719 . Die Gefahren im Übrigen bleiben indes bestehen. Insbesondere besteht auch im H i n blick auf die Gefahrenhöhe ein Unterschied, ob man es mit einer Gesellschaft zu tun hat, welche die Interessen aller Gesellschafter, einen ideellen Zweck oder den auf Gewinnerzielung ausgerichteten Zweck eines anderen Unternehmens zu fördern erstrebt 7 2 0 . In den beiden ersten Fällen wird regelmäßig ein Interesse bestehen, die Gesellschaft als solche zur Erfüllung ihrer Aufgabe dauerhaft am Leben zu erhalten. Im zweiten Fall ist dies nicht ohne weiteres vorauszusetzen 7 2 1 . Dass bei einer solchen Zweckausrichtung kein Weisungsrecht der Obergesellschaft begründet wird und die Kapitalerhaltungsvorschriften nicht außer Kraft gesetzt werden, ist insoweit nicht relevant 722 . Wie bereits oben angeführt wurde, ist als tragender G r u n d f ü r die Begründung einer Verlustausgleichspflicht, die Ausrichtung des Interesses auf das eines anderen Unternehmens anzusehen 7 2 3 . überdies meint, die Gläubiger seien hinreichend gewarnt, da die Satzung die fehlende Gewinnerzielungsabsicht der Gesellschaft klarstelle. 719 Anders Wiedemann, in GK zum A k t G § 179 Rn. 56, der für den Fall eines Wechsels von einer wirtschaftlichen zu einer ideellen Zwecksetzung einen qualifizierten Mehrheitsbeschluss zulassen und zum Ausgleich § 305 A k t G analog anwenden will. 720 A.A. Timmann, Die Durchsetzung von Konzerninteressen in der Satzung der abhängigen Aktiengesellschaft (2000), S. 128, der meint, hiermit seien keine zusätzlichen Gefahren für die Außenseiter verbunden. 721 Angezeigt erscheint daher die Analogie zu § 302 Abs. 1 AktG grundsätzlich auch in den Fällen, in denen der Gesellschaftszweck ausnahmsweise den langfristigen Verzehr des Gesellschaftsvermögens zulässt (vgl. hierzu ausführlich Eberth, Die Aktiengesellschaft mit atypischer Zwecksetzung (2000), S. 106 ff.; zustimmend Mülbert, in FS Lutter S. 535, 544). 722 A.A. Hommelhoff, Z G R 1994, 395, 404 f., der meint, der notwendige Außenseiterschutz sei bei einer statuarischen Konzernierung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern durch warnende Publizität und gegenüber den Minderheitsgesellschaftern durch Selbstschutz nach den Anregungen des „Süssen Urteils" ( B G H v. 16.2.1981 = B G H Z 80, 69, 75) zu leisten. Allerdings plädiert er hier auch für die Anerkennung des Schutzes eines Eigeninteresse-Kerns, der bei Gesellschaften mit knapper Eigenkapitalausstattung das Gesellschaftsvermögen ein Stück oberhalb der Stammkapitalziffer schützen soll. Insoweit geht es aber weniger um die Frage eines Schutzes des Eigeninteresses der Gesellschaft, als vielmehr um die Frage einer materiellen Unterkapitalisierung. Auch Hommelhoff, Z G R 1994, 395, 405 in Fn. 45 hebt hervor, dass es hier zu Abgrenzungsschwierigkeiten gegenüber der Durchgriffshaftung wegen eklatanter U n terkapitalisierung kommt. Ein Problem, auf das an späterer Stelle noch zurückzukommen sein wird, vgl. unten S. 426 ff. 723 Vgl. bereits oben S. 16 f.

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5) Die

Kapitel

I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

Nachteilshöhe

Da es für die Entscheidung über die Nachteiligkeit einer Maßnahme auf die Zeit der Vornahme der Handlung ankommt, kann der Nachteil i.S.d. § 311 A k t G nicht mit dem Schaden gleichgesetzt werden, der aus der Veranlassung folgt 724 . Dementsprechend ist auch für die Bemessung der Höhe des Nachteils auf die Beurteilung eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer unabhängigen Gesellschaft zur Zeit der Vornahme des Geschäftes abzustellen 725 , da es widersprüchlich wäre, das O b einer nachteiligen Handlung nach dem Zeitpunkt der Vornahme zu beurteilen, die Höhe des Nachteils aber von der späteren Entwicklung abhängig zu machen 726 . Von diesem Grundsatz kann auch dann keine Ausnahme gemacht werden, wenn sich bei einem zunächst als nachteilig erscheinenden Vorgang bereits bis zum Ende des Geschäftsjahres gezeigt hat, dass ein Schaden nicht entstehen wird 727 . Dementsprechend verbietet es sich aber auch, zur Feststellung der Nachteile alljährlich den durch diese Maßnahme beeinflussten Ertragswert der abhängigen Gesellschaft zu ermitteln und mit einem unter Ausschluss dieser Maßnahme bestimmten hypothetischen Ertragswert zu vergleichen 728 . Es geht hier nicht um die Feststellung eines Schadens, weshalb auch der spätere Erfolg bzw. Misserfolg der Konzernpolitik nicht maßgebend für die Beurteilung und Bemessung der Nachteiligkeit einer Maßnahme sein darf 729 . Die Bemessung eines solchen Nachteils ex ante kann im Einzelfall allerdings erhebliche Schwierigkeiten bereiten, insbesondere, wenn kein Marktpreis oder vergleichbare Leistungen vorhanden sind 730 oder es um die Feststellung der mit dem Geschäft verbundenen Chancen und Risiken geht. Kann die Höhe des Nachteils nicht ermittelt werden und liegt somit die Veranlassung eines nicht ausgleichsfähigen Nachteils bzw. Risikos vor, führt dies grundsätzlich unmittelbar zur U n rechtshaftung des § 317 AktG 7 3 1 . Eine Ausnahme hiervon kann nur dann gemacht werden, wenn das herrschende Unternehmen eine Verpflichtung übernimmt, an der Feststellung der Nachteiligkeit der Auswirkungen der veranlasstem Maßnahme mitzuwirken und einen den Feststellungen entsprechenden Ausgleich vorzu-

724 Baumbach/Hueck, §311 Rn. 9; Koppensteiner in K K §311 Rn. 30; ders., Z G R 1973, 1, 13 ff.; Strohn, Die Verfassung der Aktiengesellschaft im faktischen Konzern (1977), S. 83; a.A. Kellmann, Z G R 1974, 220, 222 f.; Möbring, in FS Schilling S. 253, 264. 725 Vgl. nur Kropff, in M K zum A k t G § 311 Rn. 141 m.w.N. 726 Hüffer, A k t G §311 R n . 2 8 ; Koppensteiner, in K K §311 R n . 2 9 ; / . Wilhelm, Rechtsform (1981), S. 232 ff.; anders Kellmann, Z G R 1974, 220, 222 f.; Würdinger, in GK, 3. Aufl. § 3 1 7 Anm. 4 anders allerdings § 311 Anm.6. 727 So aber Krieger, in Münchner Handbuch zum AktG § 69 Rn. 69; dagegen zu Recht Kropff, in MK zum AktG § 311 Rn. 145. 728 So Albach, N B 1966, 204, 205; diesen Gedanken unter Berücksichtigung neuer bewertungstheoretischer Ansätze aufgreifend Wieland, Die Abbildung von Fremdeinfluss im Abhängigkeitsbericht (1998), S. 224 ff. 729 Gegen diesen Ansatz daher auch die ganz h.M., vgl. nur Koppensteiner, in K K §311 Rn. 34; Kropff, in M K zum AktG § 311 Rn. 179 jeweils m.w.N. 730 Koppensteiner, in K K zu § 311 Rn. 38. 731 Vgl. hierzu unten S. 137 ff.

§ 3: Die Haftung im faktischen

Aktienkonzern

115

nehmen 7 3 2 . D e n k b a r ist etwa auch die Vereinbarung von Wiederaufbauhilfen nach Beendigung der Konzernierung, wenn bestimmte Abteilungen (z.B. Forschungsoder Vertriebsabteilung) auf Veranlassung des herrschenden Unternehmens aufgegeben wurden 7 3 3 . Zwar wird damit von dem als maßgeblich erkannten Prinzip der ex-ante Betrachtung scheinbar abgerückt. Dieses Prinzip beruht indes auf der Erwägung, dass ein Verhalten, das den Sorgfaltsmaßstäben einer unabhängigen G e schäftsleitung entspricht, nicht nachteilig sein kann. Wird aber eine Vereinbarung getroffen, die die Nachteiligkeit eines Risikos ausschaltet, dürfte auch der G e schäftsführer einer unabhängigen Gesellschaft eine solche Maßnahme treffen 7 3 4 . Dieser Möglichkeit zum Nachteilsausgleich kann man nicht prinzipiell entgegen halten, ein solches Garantieversprechen könne wegen der fehlenden Vorhersehbarkeit längerfristiger Entwicklungen eines Unternehmens auf dem Markt nicht mit der für einen Konfliktfall notwendigen Präzision formuliert werden, weshalb hierdurch keine ausreichende Sicherheit gewährt werden könne 7 3 5 . Zwar mag es Fälle geben, in denen diese F o r m der Ausgleichsgewährung scheitern muss, da sie voraussetzt, dass der Nachteil zumindest nachträglich noch auf die Veranlassung zurückgeführt werden kann 7 3 6 . In vielen Bereichen wird sich eine solche Feststellung indes durchaus treffen lassen, weshalb hier auch eine entsprechende Vereinbarung zuzulassen ist. Kein hinreichender Ausgleich kann bei der Veranlassung nicht quantifizierbarer Nachteile allerdings in der Vereinbarung einer pauschalen Verlustdeckungspflicht gesehen werden, da das Schutzsystem der § § 3 1 1 ff. A k t G nicht erst eingreift, wenn die abhängige Gesellschaft die Verlustzone erreicht hat, sondern unabhängig v o m Eintreten eines Verlustes jeder Nachteil ausgeglichen werden soll, der durch eine Einflussnahme des herrschenden Unternehmens veranlasst wird 7 3 7 . In diesem Fall k o m m t es zur Schadensersatzpflicht 7 3 8 .

IV. Die Ausgleichspflicht Die besondere Bedeutung der Regelung des § 311 A k t G ist darin zu sehen, dass die Veranlassung zu einer nachteiligen Maßnahme dann zugelassen wird, wenn der Nachteil noch im selben Geschäftsjahr durch das herrschende Unternehmen ausgeglichen oder wenigstens ein Rechtsanspruch auf Ausgleich durch bestimmte Vorteile gewährt wird. Hierbei ist auch ein durch den hinausgeschobenen Aus732 Koppensteiner, in KK § 311 Rn. 86 ff.; Kropff, DB 1967, 2204, 2206; Luchterhandt, ZHR 133 (1970), 1, 27, 53 f.; Neubaus, DB 1971, 1193, 1194. 733 Koppensteiner, in KK § 311 Rn. 87 m.w.N. 734 Koppensteiner, in KK §311 Rn. 88; auch Habersack, in Emmerich/Habersack §311 Rn. 65 weist darauf hin, dass es im Falle einer entsprechenden Garantie bereits an einem Nachteil fehlt. 735 So Hommelhoff Konzernleitungspflicht (1982), S. 127 f. 736 So auch Koppensteiner, in KK § 311 Rn. 88. 737 A.A. wohl Adler/Düring/Schmaltz, § 311 Rn. 59. 738 Kropff, in MK zum AktG § 317 Anh. 45 ff.

116

Kapitel I: Die gesetzlichen Regelungen zur Haftung

gleich eingetretener Verzögerungsnachteil zu berücksichtigen 7 3 9 . N i c h t ganz unumstritten ist allerdings, wie diese Ausgleichspflicht dogmatisch einzuordnen ist. Früher nahm man verbreitet an, dass es sich hier um eine F o r m einer Schadensersatzverpflichtung handele 7 4 0 . Demgegenüber wird von der heute ganz herrschenden Meinung in der Ausgleichspflicht eine eigene Art der Kompensationsleistung erblickt 7 4 1 . Eine Deutung des Ausgleichs als Schadensersatzpflicht ist bereits mit dem Wortlaut der Regelung, vergleicht man § 311 A k t G mit § 317 A k t G , nicht zu vereinbaren, da auf der einen Seite von Nachteil und Ausgleich, in § 3 1 7 A k t G aber von Schaden und Schadensersatz die Rede ist und hier ersichtlich nicht dasselbe gemeint wurde 7 4 2 . Vor allem fehlt es aber auch an einem inneren Grund, bei vollem Ausgleich eines veranlassten Nachteils, von einer Schadensersatzpflicht auszugehen 7 4 3 . Die Tatsache, dass der Ausgleich verzögert vorgenommen werden darf, rechtfertigt keine andere Bewertung, da, solange die vom Gesetz hierfür vorgesehene Frist währt, nicht von einer rechtswidrigen Pflichtverletzung die Rede sein kann, die eine Schadensersatzpflicht nach sich ziehen könnte. Eine solche Pflichtverletzung tritt erst ein, wenn der Ausgleichsanspruch vor Ablauf des Geschäftsjahres nicht erfüllt wird. Diese Deutung entspricht auch der Entstehungsgeschichte des Gesetzes. Sinn und Zweck des nachträglichen Ausgleichs sollte es sein, Leistung und Gegenleistung eines ungleichgewichtigen Geschäfts zu egalisieren 7 4 4 . Auch wenn es sich hierbei nicht um eine Gegenleistung im technischen Sinne handelt 7 4 5 , da diese nicht vertraglich vereinbart wurde, sondern auf einer gesetzlichen Vorgabe beruht, hat diese Regelung zum Ziel, einen Ausgleich zu schaffen, der die Funktion einer vertraglich vereinbarten Gegenleistung, nämlich die Herstellung eines wirtschaftlichen Gleichgewichts, übernimmt. D a eben diese Funktion v o m Gesetz übernommen wurde, kann aber auch nicht der Auffassung gefolgt werden, die - mit Blick auf die Qualifikation der Aus-

739 Habersack, in Emmerich/Habersack § 311 Rn.67; Hüffer, AktG §311 Rn.40; Koppensteiner, in KK § 311 Rn. 63; Kropff, in MK zum AktG § 311 Rn. 227 m.w.N. 740 Für eine Einordnung der Ausgleichspflicht im Rahmen der Vorteilsanrechnung Balz, in FS Raiser S. 287, 308; Würdinger, in GK zum AktG § 311 Anm. 5,6, 9; für eine Ersetzungsbefugnis, durch welche sich das herrschende Unternehmen von seiner Schadensersatzpflicht befreien kann Kellmann, BB 1969, 1509, 1512 ff.; ders., ZGR 1974, 219, 221; K. Müller, ZGR 1977, 1, 16; Wälde, DB 1972,2289, nicht eindeutig Geßler, in FS Westermann S. 145,160 f.; der im Ausgleich „eine Art gesetzliche facultas alternativa" sieht, die aber zwischen herrschenden Unternehmen und abhängiger Gesellschaft vereinbart worden sein müsste. 741 A/D/S §311 Rn. 62; Habersack, in Emmerich/Habersack §311 Rn.61; Hüffer, AktG §311 Rn. 37; Koppensteiner, in KK §311 Rn. 74; Krieger, in Münchner Handbuch AG §69 Rn. 75; Neuhaus, DB 1971,1193, 1194; Werner, AG 1972, 167, 168. 742 Vgl. Kropff in MK zum AktG § 311 Rn. 220. 743 Kropff, in MK zum AktG §311 Rn.221. 744 Regierungsbegründung abgedruckt bei Kropff S. 409 f.; vgl. i.U. auch Kropff, in MK zum AktG §311 Rn. 224. 745 Vgl. Hüffer, AktG § 311 Rn. 41.

§ 3: Die Haftung im faktischen

Aktienkonzern

117

gleichspflicht als Gegenleistung - davon ausgeht, hier müsse eine einvernehmliche Festlegung derselben erfolgen 7 4 6 . Soweit in diesem Zusammenhang auf die Regelung in §§ 315, 316 B G B verwiesen wird, wird verkannt, dass es sich bei dem N a c h teilsausgleich zwar um einen wirtschaftlichen Gegenwert, nicht aber um eine G e genleistung im technischen Sinn handelt 7 4 7 . Zwar wird teilweise auch geltend gemacht, der Vorstand der abhängigen A G müsse, bevor er seiner Gesellschaft einen Nachteil zufügt, diesen richtig bewerten und von der herrschenden Gesellschaft die Zusage der Leistung verlangen. Anderenfalls dürfe eine Benachteiligung der eigenen Gesellschaft nicht erfolgen. Aus diesem G r u n d könne der Nachteilsausgleich aber auch nicht einseitig diktiert werden, sondern müsse nach Art und H ö h e mit dem Vorstand der abhängigen A G vereinbart werden 7 4 8 . Indes dürften dieser Deutung die Privilegierungsfunktion der Regelung 7 4 9 wie auch ihr Wortlaut 7 5 0 entgegenstehen. Das Gesetz will die Möglichkeit der Veranlassung einer nachteiligen Maßnahme erlauben, wenn bis zum Ende des Geschäftsjahres ein Nachteilsausgleich erfolgt. Zwar kann davon ausgegangen werden, dass bei Bestehen einer fortdauernden faktischen Abhängigkeit der Vorstand der abhängigen Gesellschaft regelmäßig einen angemessenen Ausgleich akzeptieren würde. Die Frage ist aber doch, wie die Lage zu bewerten ist, wenn er dies nicht tut. D a diese Gefahr bei Auslaufen der Abhängigkeit auch praktische Relevanz erhält, erkennt für diesen Fall auch die Mindermeinung eine Ausnahme von der von ihr geforderten einvernehmlichen Festlegung des Ausgleichs an und meint hier sei das herrschende Unternehmen schutzbedürftig und könne den Ausgleich durch einseitige Bestimmung in bar leisten, da sonst das abhängige Unternehmen u.U. die Zahlung eines bis dahin eingetretenen höheren Schadensersatzanspruchs erzwingen k ö n n t e 7 5 1 . Damit wird im Ergebnis aber anerkannt, dass es nicht dem Zweck des Gesetzes und dessen Privilegierungsfunktion entspricht, der abhängigen G e sellschaft zu erlauben, einen angemessenen Ausgleich abzulehnen und damit einen Schadensersatzanspruch aufleben zu lassen. Zwar meint Kropff,

die Privilegierung läge darin, dass das herrschende Unter-

nehmen die abhängige Gesellschaft zu einer nachteiligen Maßnahme veranlassen dürfe, verbunden mit der Erklärung über den Ausgleich werde man sich noch einigen 7 5 2 . Indes liegt in der Zulassung der Veranlassung einer nachteiligen Maßnahme gegen Nachteilsausgleich noch keine Privilegierung. Diese wird erst dadurch geschaffen, dass man dem herrschenden Unternehmen erlaubt, den Nachteil zeitverSo Kropff in MK zum AktG § 311 Rn. 249 ff. Hüffer, AktG § 311 Rn. 41. 748 Altmeppen, ZIP 1996, 693, 695 ff.; ders., Die Haftung des Managers im Konzern (1998), S. 61; Geßler, in FS Westermann S. 145,161; im Ergebnis auchJ. Wilhelm, Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person (1981), S. 221 ff.; ders., Kapitalgesellschaftsrecht Rn. 423 ff, wobei sich hier die Notwendigkeit einer Abstimmung aber bereits daraus ergibt, dass Wilhelm bei Vorliegen eines faktischen Konzerns von einer BGB-Innengesellschaft ausgeht. 749 Vgl. Habersack, in Emmerich/Habersack § 311 Rn. 71. 750 Vgl. insoweit auch Koppensteiner, in KK § 311 Rn. 77. 751 Kropff, in MK zum AktG § 311 Rn. 252. 752 Kropff, in MK zum AktG § 311 Rn. 251. 746

747

118

Kapitel I: Die gesetzlichen Regelungen zur Haftung

setzt auszugleichen. Eine solche Möglichkeit würde aber faktisch nicht eröffnet werden, wenn die abhängige Gesellschaft unmittelbar erklären könnte, dass sie einen wie auch immer gestalteten Ausgleich nicht akzeptiere. Hält man ein Einvernehmen für erforderlich, würde eine solche Erklärung unmittelbar einen Schadensersatzanspruch begründen und damit die vom Gesetz bezweckte Privilegierungsfunktion aushebeln. Dementsprechend kann hier aber auch kein Einvernehmen verlangt werden, wobei auch keine Differenzierung zwischen der Art und der H ö h e des Ausgleichs zu machen ist 7 5 3 . Sicher ist es richtig, dass die Frage, ob der Vorteil zur vollen Kompensation des Nachteils geeignet ist, nicht nur von seinem objektiven Wert, sondern auch von seiner Brauchbarkeit im Unternehmen der Gesellschaft abhängt 7 5 4 . Indes ist ein Vorteil, der von der abhängigen Gesellschaft nicht brauchbar ist, bereits kein i.d.S. ausgleichsfähiger und somit berücksichtigungsfähiger Vorteil. Dass es zur Klärung der Frage, was als ausgleichsfähiger Vorteil Verwendung finden kann, einer Rücksprache mit dem Vorstand der abhängigen Gesellschaft bedarf, bedeutet nicht, dass hier ein Einvernehmen i.S. einer Vereinbarung über den Nachteilsausgleich erzielt werden müsste. Daher ist aber auch mit der ganz herrschenden Auffassung davon auszugehen ist, dass das herrschende Unternehmen die A r t und Weise des Ausgleichs einseitig bestimmen kann 7 5 5 .

V. Anwendbarkeit des §311 AktG in Unternehmensverbindungen

mehrstufigen

Auch wenn das Gesetz diesen Fall nicht geregelt hat, wird die Rechtswirklichkeit weniger von zweigliedrigen, als vielmehr von mehrstufigen Konzernverhältnissen bestimmt. D i e einheitliche Leitung ist hier dadurch geprägt, dass sich Zielkonzeption, Durchführung und Kontrolle des Mutterunternehmens - wenn auch nur mittelbar - auch auf die Enkel- und Urenkelgesellschaften beziehen. Die Grundlagen der Konzernierung können innerhalb eines solchen Konzerns verschiedenartiger N a t u r sein, was natürlich auch Auswirkungen auf die Haftung des Mutterunternehmens hat. D e n Besonderheiten solch mehrstufiger Konzernbeziehungen in den hier interessierenden Haftungsfragen sind die nachfolgenden Ausführungen gewidmet, wobei in die Betrachtung allerdings nur die Enkelgesellschaft mit aufgenommen werden soll. Die hier gefundenen Ergebnisse sind auf weiter untergliederte Konzernverhältnisse sinngemäß zu übertragen.

So aber Koppensteiner, in KK § 311 Rn. 77. Vgl. Koppensteiner, in KK § 311 Rn. 77. 755 Beuthien, DB 1969, 1783; Habersack, in Emmerich/Habersack §311 Rn.71; Hüffer, AktG §311 Rn.41; Kellmann, BB 1969, 1512; Krieger, in Münchner Handbuch AG §69 Rn. 77; Möhring, in FS Schilling S. 253, 265; Paehler, Die Zulässigkeit des faktischen Konzerns (1972), S. 49; Würdinger, in GK zum AktG, 3. Aufl. § 311 Rn. 10. 753

754

5 3: Die Haftung im faktischen

1) Durchgehende

Kette faktischer

Aktienkonzern

119

Abhängigkeiten

F ü r den Fall einer durchgehenden Kette faktischer Konzernbeziehungen zwischen Enkel-, Tochter- und Muttergesellschaft ist nicht nur die Tochtergesellschaft, sondern auch die Enkelgesellschaft von der Muttergesellschaft abhängig, da die Beteiligung der Ersteren der Muttergesellschaft zugerechnet wird ( § 1 6 Abs. 4 A k t G ) . O b die Muttergesellschaft einen bei der Enkelgesellschaft eingetretenen Nachteil auszugleichen hat, entscheidet sich indes allein danach, ob sie diesen veranlasst hat bzw. ob ihr die Veranlassung zuzurechnen ist. Zu weit geht es, eine generelle Vermutung dafür aufzustellen, dass eine von der Tochtergesellschaft vorgenommene Einflussnahme grundsätzlich von der Muttergesellschaft ausgeht 7 5 6 . Eine teilweise gesehene allgemeine Lebenserfahrung, welche die Vermutung rechtfertigt, dass die Veranlassung auf einer Zwischenstufe grundsätzlich dazu dient, die Konzernpolitik und generelle Vorgaben der Konzernleitung in deren Auftrag durch konkrete Einflussnahmen in unteren Konzernstufen umzusetzen 7 5 7 , kann zumindest in dezentral geführten Konzernen nicht bestätigt werden. Entscheidend muss immer sein, ob aus Sicht der Enkelgesellschaft die Veranlassung durch die Tochter auch als Veranlassung der Muttergesellschaft erscheint, da sie davon ausgehen muss, dass die Einflussnahme Ersterer auf einem dahingehenden Willen der Muttergesellschaft beruht 7 5 8 . O b dieser Eindruck entstehen musste, richtet sich aber vor allem nach der konkreten Ausgestaltung der Unternehmensverbindung 7 5 9 , weshalb für eine entsprechend Vermutung auch nur in zentral geführten Konzernen Raum ist. Kann eine gemeinsame nachteilige Veranlassung ohne Ausgleich von einer der beiden herrschenden Gesellschaften aufgrund dessen allerdings bejaht werden, haften beide Gesellschaften der Enkelgesellschaft als Gesamtschuldner 7 6 0 . Soweit eine Einwirkung der Konzernmutter auf die Enkelgesellschaft erfolgt, kann dies auf der anderen Seite aber auch nicht grundsätzlich als gleichzeitige Veranlassung der Tochtergesellschaft angesehen werden 7 6 1 . Dies wird man nur dann annehmen können, wenn die Enkelgesellschaft organisatorisch in die Tochtergesellschaft eingegliedert ist 7 6 2 . Andernfalls würde die Entscheidung des Gesetzgebers gegen eine allgemeine Konzernhaftung missachtet werden.

So aber Kropff, in MK zum AktG §311 Rn. 133. Kropff, in MK zum AktG § 311 Rn. 133; dafür das bereits die Konzernlage eine entsprechende Zurechnung rechtfertigt: Würdinger, in GK zum AktG §312 Anm. 3; Kronstein BB 1967,637,640. 758 Hüffer, AktG §311 Rn. 18. 759 Hüffer, AktG § 311 Rn. 18; Koppensteiner, in KK § 311 Rn. 11. 760 Kropff, in MK zum AktG § 311 Rn. 133. 761 A/D/S, § 311 Rn. 24; Koppensteiner, in KK § 311 Rn. 13; Kropff, in MK zum AktG § 311 Rn. 135. 762 Kropff in MK zum AktG § 311 Rn. 135. 756 757

120

Kapitell:

2) Durchgehende

Die gesetzlichen

Kette von

Regelungen

zur

Haftung

Beherrschungsverträgen

Bleibt zu klären, ob die §§311 ff. AktG im Verhältnis zwischen Mutter- und Enkelgesellschaft anwendbar sind, wenn die Konzernunternehmen durch eine ununterbrochene Kette von Beherrschungsverträgen verbunden sind. Das O L G Frankfurt hat in einer Entscheidung vom 4.4.2000 die Verpflichtung zur Erstellung eines Abhängigkeitsberichts der Enkel-AG hier verneint763, da es die außenstehenden Aktionäre ausreichend durch die Ansprüche abgesichert sieht, die der Tochter gegen die Muttergesellschaft zustehen. Zu Recht macht Cahn insoweit allerdings darauf aufmerksam gemacht, dass gemäß §§ 16 Abs. 4, 17 Abs. 2 AktG auch die Enkelgesellschaft gegenüber der Muttergesellschaft bei Vorliegen einer ununterbrochenen Kette von Beherrschungsverträgen abhängig ist, ohne dass ein Beherrschungsvertrag zwischen ihnen besteht, womit nach dem Wortlaut des § 311 AktG die Regelungen zum faktischen Beherrschungsverhältnis durchaus Anwendung finden könnten 764 . Die Frage ist indes, ob das mit Sinn und Zweck dieses Regelungsgefüges auch vereinbar ist. a) Mittelbare

Einflussnahmen

der

Muttergesellschaft

Einhellig verneint wird die Anwendbarkeit der §§311 ff. AktG im Verhältnis zwischen Mutter- und Enkelgesellschaft bei Bestehen einer ununterbrochenen Kette von Beherrschungsverträgen, wenn es um die Haftung der Muttergesellschaft für Einwirkungen auf die Enkelgesellschaft geht, die über die Tochtergesellschaft vermittelt wurden765. Hier wird nur das durch die Beherrschungsverträge jeweils eingeräumte Weisungsrecht ausgeübt, weshalb für die Anwendung der Regelungen zum faktischen Konzern kein Raum ist. Fraglich ist allerdings, wer hier der Haftung nach § 309 AktG 766 ausgesetzt ist. Eine Haftung der Tochtergesellschaft ist sicher abzulehnen, wenn die Weisung für sie bindend war. Mangels anderweitiger Handlungsmöglichkeiten kann hier nur die Muttergesellschaft767 nach Maßgabe der §§ 308 ff. AktG als Haftende in Betracht kommen 768 . War die Weisung demgegenüber wegen eines Verstoßes gegen O L G Frankfurt v. 4.4.2000 = BB 2000, 1487, vgl. dazu Pentz, NZG 2000, 1103 ff. Vgl. Cahn, BB 2000, 1477. 765 Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 24 V 3b); Koppensteiner, in KK, 2. Aufl. vor § 311 Rn.23; Würdinger, in GK zum AktG §291 Anm. 30; Kropff, in MK zum AktG Anh. §311 Rn. 21 ff.; Hüffer, AktG § 311 Rn. 15; Habersack, in Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 8 f.; Krieger, in Münchner Handbuch des Gesellschaftsrechts Bd. 4, 2. Aufl. § 69 Rn. 60; im Ergebnis auch Cahn, BB 2000, 1480 f. 766 Vgl. hierzu bereits oben S. 54 ff. 767 Emmerich, in Emmerich/Habersack § 309 Rn. 9; Hüffer, AktG § 309 Rn. 7; Koppensteiner, in KK § 309 Rn. 19; Kronstein, BB 1967, 637, 644; a.A. und für eine Haftung der Tochtergesellschaft neben der Muttergesellschaft Rehbinder, ZGR 1977, 581, 610; Mertens, AcP 169 (1968), 225, 233 auch bei bindenden Weisungen. 768 bereits hervorgehoben wurde, kann jedenfalls die Begründung einer Haftung der Muttergesellschaft hier nicht mehr mit einer Verletzung des Beherrschungsvertrages erklärt werden, da zwischen Mutter- und Enkelgesellschaft ein Beherrschungsvertrag nicht existiert, weshalb zumindest in diesem Fall die Haftung auch auf eine Analogie zu § 309 AktG zu stützen ist (vgl. i.E. auch Altmeppen, in MK zum AktG § 309 Rn. 35). 763

764

5 3: Die Haftung im faktischen

Aktienkonzern

121

§ 308 Abs. 1 S. 2 A k t G nach § 308 Abs. 2 S. 2 A k t G nicht bindend, verbleibt es bei der Haftung der Tochtergesellschaft 7 6 9 . I m Hinblick auf die durchgehende Kette der Beherrschungsverträge und der damit wenn auch vermittelten vertraglichen Leitungsmacht der Konzernspitze wird aber auch in diesem Fall eine Haftung der Muttergesellschaft unmittelbar gegenüber der Enkelgesellschaft bejaht 7 7 0 .

b) Unmittelbare

Einflussnahmen

Im Falle einer direkten Einflussnahme der Muttergesellschaft ohne vorherige A b stimmung mit der Tochtergesellschaft könnte eine Anwendung der § § 3 1 1 ff. A k t G allerdings durchaus in Betracht zu ziehen sein 7 7 1 , da das herrschende Unternehmen dann die durchgängige Kette von Beherrschungsverträgen ignoriert und statt dessen direkt eine Weisung an die Enkelgesellschaft leitet. Ein eigenes Weisungsrecht der Muttergesellschaft gegenüber der Enkelgesellschaft allein aufgrund der durchlaufenden Kette von Beherrschungsverträgen besteht aufgrund des F e h lens einer entsprechenden vertraglichen Grundlage nicht 7 7 2 . Hiergegen spricht auch, dass andernfalls das Recht des Vorstandes der Tochtergesellschaft zunichte gemacht würde, die Weisungen der Muttergesellschaft zu überprüfen 7 7 3 . Auch eine Übertragung des Weisungsrechts der Tochtergesellschaft auf die Muttergesellschaft ist nicht möglich, da es sich bei dem Weisungsrecht nicht um ein selbständiges subjektives Recht handelt 7 7 4 . Wollen die Parteien der Muttergesellschaft ein unmittelbares Weisungsrecht einräumen, bedarf es einer Vertragsänderung, die nicht ohne Mitwirkung der Enkelgesellschaft und der Zustimmung durch deren Hauptversammlung zu erreichen ist. A u c h eine Delegation des Weisungsrechts ist prinzipiell nur dann zulässig, wenn hierdurch diese Mitwirkungsbefugnisse nicht unterlaufen werden, was nur dann der Fall ist, wenn die Delegation sachlich und zeitlich deutlich begrenzt und somit von einer Übertragung des Weisungsrechts zu unterscheiden ist 7 7 5 . Zu bedenken gilt es im diesem Zusammenhang außerdem, dass Delegatare grundsätzlich nur als Erfüllungsgehilfen des Weisungsberechtigen - hier also der TochterEmmerich, in Emmerich/Habersack § 309 Rn. 10. Altmeppen, in MK § 309 Rn. 34; Emmerich, in Emmerich/Habersack § 309 Rn. 10. 771 Altmeppen, Die Haftung des Managers im Konzern (1998), S. 118, ebenso Pentz, NZG 2000, 1103, 1106. 772 Emmerich, in Emmerich/Habersack §308 Rn. 6; Görling, Konzernhaftung (1998), S. 136; Koppensteiner, in KK §308 Rn. 4; Krieger, in Münchner Hdb. §70 Rn. 137; Pentz, Die Rechtsstellung der Enkel-AG in einer mehrstufigen Unternehmensverbindung (1994), S. 114 f.; Rehbinder, ZGR 1977, 581, 610, 633 Wanner, Konzernrechtliche Probleme mehrstufiger Unternehmensverbindungen (1998), S. 61. 773 Koppensteiner, in KK § 308 Rn. 4; Pentz, Die Rechtsstellung der Enkel-AG in einer mehrstufigen Unternehmensverbindung (1994), S. 114; Rehbinder, ZGR 1977, 581, 610; vgl. ausführlich zu den der Tochtergesellschaft daraus entstehenden Nachteilen Cahn, BB 2000, 1477, 1481. 774 Ganz h.M.: vgl. nur Emmerich, in Emmerich/Habersack §308 Rn. 16, Hüffer, AktG §308 Rn. 6 m.w.N. 775 Vgl. nur Hüffer, AktG § 308 Rn. 6 m.w.N.; teilweise wird die Zulässigkeit einer Delegation aber auch grundsätzlich verneint, vgl. etwa Geßler, in Geßler/Hefermehl §308 Rn. 17 f.; dagegen nun aber zu Recht Altmeppen, in MK § 308 Rn. 39 ff. m.w.N. 769

770

122

Kapitel I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

gesellschaft - zu qualifizieren sind, womit dessen Haftung selbst aus § 309 AktG nicht berührt wird 7 7 6 . Die Haftung für einen Erfüllungsgehilfen kann allgemein jedoch nur einen Geschäftsherrn treffen, der die Kontrollbefugnis und Verantwortung dafür hat, dass der Erfüllungsgehilfe die Vertragspflichten des Geschäftsherrn erfüllt. Für den Fall einer durchlaufenden Kette von Beherrschungsverträgen gibt Altmeppen daher zu bedenken, dass die Vorstellung, die Muttergesellschaft übe das Weisungsrecht der Tochtergesellschaft unter deren Kontrolle als Erfüllungsgehilfe aus, hier zu einem perplexen Ergebnis führe, da die Muttergesellschaft als Delegatarin des Weisungsrechts den Weisungen der Tochtergesellschaft zu folgen hat (§ 665 BGB), umgekehrt aber die Tochtergesellschaft kraft des Beherrschungsvertrages dazu verpflichtet sei, jede von der Muttergesellschaft gewünschte Weisung an die Enkelgesellschaft durchzuleiten 7 7 7 . Hieraus zieht er den Schluss, dass die Ausübung der Weisungsbefugnis durch die Muttergesellschaft einen anderen Legitimationsgrund haben müsse 778 . Nach seiner Einsicht ist die Muttergesellschaft hier nicht als Delegatarin anzusehen, vielmehr erwerbe sie das Weisungsrecht „aufgrund der wirtschaftlichen Fusion mit ihrer Tochtergesellschaft" 779 . Aber abgesehen davon, dass der Vergleich mit einer wirtschaftlichen Fusion ohnehin nur bei einem kombinierten Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag trägt, nicht aber bei einem (zugegebenermaßen seltenen) isolierten Beherrschungsvertrag, kann aus der wirtschaftlichen Vergleichbarkeit beider Fälle noch kein eigenes Weisungsrecht einer Gesellschaft hergeleitet werden, mit der kein Beherrschungsvertrag abgeschlossen wurde. Hierfür fehlt es an der gesetzlichen Grundlage. Auch würde man andernfalls die Mitwirkungsrechte der Enkelgesellschaft bei Abschluss eines entsprechenden Vertrages umgehen. Entgegenzuhalten ist dieser Sichtweise überdies, dass auch das Weisungsrecht der Mutter- gegenüber der Tochtergesellschaft nur insoweit besteht, als die Weisungen den Belangen der herrschenden oder verbundenen Unternehmen dienen (§ 308 Abs. 1 S. 2 AktG). N u r insoweit sind aber auch „nachteilige" Weisungen gegenüber der Enkelgesellschaft erlaubt. Weisungen, die offensichtlich diese Voraussetzungen nicht erfüllen, müssen von einer abhängigen Gesellschaft nicht befolgt und an eine nachfolgende Enkelgesellschaft auch nicht durchgeleitet werden (§ 308 Abs. 2 S. 2 AktG). In diesem Rahmen besteht dann aber auch eine Kontrollbefugnis gegenüber einer Muttergesellschaft, an die das Weisungsrecht gegenüber der 776

Emmerich, in Emmerich/Habersack §308 Rn. 13; Krieger, in Münchner H d b . §70 Rn. 145; Hüffer, A k t G §308 Rn. 5; Eschenbruch, Konzernhaftung (1996) Rn. 3030; Mertens, AcP 168 (1968), 225, 228. 777 Mangels Kontrollmöglichkeit daher auch bereits die Zulässigkeit einer Delegation an ein übergeordnetes Unternehmen verneinend Koppensteiner, in KK § 308 Rn. 8; dagegen aber zu Recht Altmeppen, in MK § 308 Rn. 58 unter Hinweis darauf, dass, wenn sogar einem Dritten das Weisungsrecht eingeräumt werden könne, dies erst recht f ü r die Muttergesellschaft gelten müsse. 778 Altmeppen, in FS Lutter S. 975, 988, 992. 779 Vgl. aber auch Altmeppen, in MK zum A k t G § 308 Rn. 58, wo er von eine Delegation ausgeht, allerdings unter Hinweis darauf, dass deren dogmatische Grundlagen noch nicht geklärt seien.

$ 3: Die Haftung

im faktischen

Aktienkonzern

123

E n k e l g e s e l l s c h a f t d e l e g i e r t w u r d e 7 8 0 . O f f e n ist d a m i t a b e r n u r die B e h a n d l u n g d e r F ä l l e , in d e n e n die f ü r die E n k e l g e s e l l s c h a f t n a c h t e i l i g e W e i s u n g z w a r n i c h t d e n B e l a n g e n des K o n z e r n s g e d i e n t h a t , dies a b e r n i c h t o f f e n s i c h t l i c h w a r , t r o t z d e m a b e r d e r V e r t r e t e r d e r M u t t e r g e s e l l s c h a f t g e g e n s e i n e P f l i c h t e n als o r d e n t l i c h e r u n d g e w i s s e n h a f t e r G e s c h ä f t s m a n n v e r s t o ß e n hat. F ü r d i e s e n B e r e i c h g e n ü g t es aber, die Z u r e c h e n b a r k e i t e i n e r P f l i c h t v e r l e t z u n g d u r c h die M u t t e r g e s e l l s c h a f t g e g e n ü b e r d e r T o c h t e r g e s e l l s c h a f t zu v e r n e i n e n , da in d i e s e m F a l l k e i n e E i n f l u s s n a h m e m ö g l i c h k e i t e n s e i t e n s d e r T o c h t e r g e s e l l s c h a f t b e s t e h e n . H i e r h a f t e t allein die Muttergesellschaft nach § 309 A k t G analog781. V o n d e n F ä l l e n d e r D e l e g a t i o n a b g e s e h e n , stellt s i c h b e i B e s t e h e n e i n e r d u r c h gehenden K e t t e v o n Beherrschungsverträgen für den Fall direkter E i n w i r k u n g e n d e r M u t t e r g e s e l l s c h a f t a b e r a u c h a l l g e m e i n die F r a g e , o b ein A n s p r u c h d e r E n k e l g e s e l l s c h a f t g e g e n ü b e r d e r M u t t e r g e s e l l s c h a f t aus § § 3 1 1 , 3 1 7 A k t G n o c h in B e t r a c h t k o m m e n k a n n 7 8 2 . T e i l w e i s e w i r d dies b e j a h t , da ein A n s p r u c h d e r E n k e l g e sellschaft gegenüber der Muttergesellschaft e n t s p r e c h e n d § 3 0 9 A b s . 2 A k t G i.V.m. § 3 1 A k t G h i n t e r d e m des § 3 1 7 A k t G z u r ü c k b l e i b e 7 8 3 . § 3 1 7 A k t G n ä h m e als

780

A.A. Altmeppen,

in FS Lutter S. 975, 987, der meint hier bestünde kein Kontrollbedürfnis

mehr. 781 Inwieweit bei einer Delegation allgemein der Delegatar analog § 3 0 9 AktG neben dem herrschenden Unternehmen haftet, ist umstritten (ausführlich hierzu Altmeppen, in M K zum A k t G § 308 Rn. 40 ff. m.w.N., entscheidend ist insoweit, inwieweit man den gesetzlichen Vertreter der herrschenden Gesellschaft selbst weiterhin nach § 309 AktG für haftbar hält oder nur für ein Auswahlverschulden haften lassen will). Soweit es den hier interessierenden Fall einer Delegation des Weisungsrechts an ein übergeordnetes Konzernunternehmen betrifft, ist jedenfalls der Ansicht Altmeppens zu folgen und eine Haftung des Delegatars nach § 309 AktG zu bejahen. Aber auch außerhalb der Fälle der Delegation ist die analoge Anwendung des § 3 0 9 AktG für den Fall einer direkten Weisung der Muttergesellschaft eröffnet (vgl. für indirekte Weisung bereits oben S. 120 ff.). Erkennt man an, dass eine Muttergesellschaft im Falle einer durchlaufenden Kette von Beherrschungsverträgen für indirekte Weisungen nach § 309 A k t G haften muss, gilt dies erst recht, wenn sie unmittelbaren Einfluss nimmt. Zwar gibt Altmeppen, (MK zum A k t G § 309 Rn. 37) zu bedenken, dass der Muttergesellschaft nach der h.M. kein unmittelbares Weisungsrecht zusteht, womit ihr jegliche Schädigung verboten sein müsste, ungeachtet dessen, ob sich die Schädigung im Rahmen dessen hält, was die Enkelin nach §§ 308, 309 AktG normalerweise hinzunehmen hätte. Auch insoweit kann ihm aber nur zugestimmt werden. Da kein direktes Weisungsrecht besteht, wird auf jeden Fall gegen die Sorgfaltspflicht des § 309 A k t G verstoßen. Trotzdem verbleibt es hier aber bei der analogen Anwendung dieser Norm, wenn man ihren Regelungsgehalt darin erkennt, dass die Verantwortlichkeit derjenigen begründet werden soll, die auf der Grundlage eines Beherrschungsvertrages Leitungsmacht ausüben. Auf die Befolgungspflicht kann es insoweit nicht ankommen. Eine Befolgungspflicht besteht auch bei offensichtlich unzulässigen Weisungen des unmittelbaren Vertragspartners nicht. Entscheidend für die Haftung ist allein der beherrschungsvertragliche Hintergrund der ausgeübten Einflussnahme und die generelle Möglichkeit vertragliche Weisungsmacht, wenn auch vermittelt, auszuüben. Einen Unterschied in der Haftung danach zu machen, ob die Weisung direkt oder indirekt erteilt wurde, wäre nicht sachgerecht. Allerdings haftet die Muttergesellschaft, die die Tochtergesellschaft in solcher Weise übergeht, auch dieser gegenüber. 7 8 2 Für eine Anwendung hier Cahn, B B 2000, 1481 ff.; Pentz, Die Rechtsstellung der EnkelA G in einer mehrstufigen Unternehmensverbindung (1994), S. 217; Rehbinder, Z G R 1977, 581, 610 für den Fall einer von der Tochtergesellschaft nicht autorisierten Einflussnahme. 783 Cahn, B B 2000, 1477, 1483.

124

Kapitel 1: Die gesetzlichen Regelungen zur Haftung

Maßstab das Interesse der abhängigen Gesellschaft, während die Organe des herrschenden Unternehmens ihre Weisungen auf der Grundlage eines Beherrschungsvertrags am Konzerninteresse ausrichten könnten (§ 308 Abs. 1 S. 2 A k t G ) . D a m i t verstießen sie aber selbst dann nicht notwendigerweise gegen die Sorgfaltsanforderungen des § 309 Abs. 1 A k t G , wenn die Maßnahme für das abhängige U n t e r n e h men nachteilig sei 7 8 4 . Diese Begründung kann bei einer durchgehenden Kette von Beherrschungsverträgen indes bereits deshalb nicht überzeugen, da hier eine Ausrichtung auf das Konzerninteresse auf jeder Stufe durch die vertragliche Unterlegung legitimiert ist. Ein Anspruch aus den § § 3 1 1 ff. A k t G setzt das Fehlen eines beherrschungsvertraglichen Hintergrundes voraus. Liegt ein solcher aber vor, ist ein Hintenanstellen der Interessen der abhängigen Gesellschaft gerechtfertigt. Die § § 3 1 1 ff. A k t G unterscheiden auch nicht zwischen direkter und indirekter Einflussnahme 7 8 5 , weshalb es widersprüchlich wäre, bei einer direkten Einflussnahme die Anwendbarkeit zu bejahen, für den Fall einer indirekten Veranlassung aber zu verneinen. Auch das Argument, dass die Tochtergesellschaft gegen die Zahlungsunfähigkeit der Muttergesellschaft geschützt werden müsse und deshalb die § § 3 1 1 ff. A k t G im Verhältnis Enkel-, Muttergesellschaft eingreifen müssten 7 8 6 , ist nicht überzeugend. Wird die Muttergesellschaft insolvent, könnte auch die Enkelgesellschaft ihre etwaigen Ansprüche aller Voraussicht nach nicht bei der Muttergesellschaft durchsetzen, so dass dies an der H ö h e der Verlustübernahmepflicht der Tochtergesellschaft wenig ändert. Mit der ganz herrschenden Auffassung ist daher davon auszugehen, dass die § § 3 1 1 ff. A k t G in einem solchen Fall neben den Regeln für den Vertragskonzern zum Schutz der abhängigen Gesellschaft nicht anwendbar sind 7 8 7 .

3) Beherrschungsvertrag

zwischen Tochter- und

Enkelgesellschaft

Während der Abschluss eines Beherrschungsvertrages zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft an der Geltung der § § 3 1 1 ff. A k t G im Verhältnis zur Enkelgesellschaft unstreitig nichts ändert 7 8 8 , ist die Anwendbarkeit der § § 3 1 1 ff. A k t G im Verhältnis zwischen Mutter- und Enkelgesellschaft heftig umstritten, wenn nur zwischen E n k e l - und der Tochtergesellschaft ein Beherrschungsvertrag besteht. N a c h wohl überwiegender Auffassung schließt der Beherrschungsvertrag in diesem Fall die Anwendbarkeit des § 311 A k t G nicht nur zwischen Tochter- und E n kelgesellschaft aus, sondern auch im Verhältnis zwischen Mutter- und Enkelgesell-

Cahn, BB 2000, 1477, 1483. Dies erkennt auch Cahn, BB 2000, 1477, 1481 an. 786 Pentz, NZG2000, 1103, 1106. 787 Altmeppen, in MK § 309, Rn. 29; Hüffer, AktG, 5. Aufl. § 311 Rn. 15; Kropff, in MK zum AktG Anh. zu § 311 Rn. 17 ff, 21 ff, 53 ff. m.w.N. 788 Vgl. Kropff, in MK zum AktG §311 Anh. Rn. 10 ff.; Habersack, in Emmerich/Habersack, §311 Rn. 18 m.w.N. 784

785

§ 3: Die Haftung

im faktischen

Aktienkonzern

125

schaft 7 8 9 . Gegen die Anwendbarkeit der Regelungen zum faktischen Konzern wird geltend gemacht, der Beherrschungsvertrag zwischen Tochter- und Enkelgesellschaft legitimiere auch unmittelbar nachteilige Weisungen der Muttergesellschaft 7 9 0 . Auch führe eine kumulative Anwendung der §§ 300 ff. A k t G und der § § 3 1 1 ff. A k t G zu einem Ubermaß des Schutzes für die Enkelgesellschaft 7 9 1 . Ein ausreichender Schutz sei auch durch einen Anspruch der Enkelgesellschaft gegen die Muttergesellschaft analog § 309 A k t G 7 9 2 bzw. für die außenstehenden A k tionäre und die Gläubiger der Enkelgesellschaft entsprechend § § 3 1 7 Abs. 4, 318 Abs. 4 i.V.m. 309 Abs. 4 S. 3 A k t G 7 9 3 zu erreichen. Verwiesen wird schließlich auch auf § 305 Abs. 2 Nr. 2 A k t G , der hier als abschließende Regelung des Schutzes der Belange der Enkelgesellschaft und ihrer außenstehenden Aktionäre vor den G e fahren mehrstufiger Konzernherrschaft verstanden wird 7 9 4 . Zudem könne die Enkelgesellschaft gar nicht entscheiden, ob eine Veranlassung der Muttergesellschaft nicht etwa auf einer Ermächtigung der Tochtergesellschaft beruhe 7 9 5 . Teilweise wird auch eine Differenzierung dahingehend vorgenommen, ob die Einwirkung unmittelbar oder mittelbar über die Tochtergesellschaft vorgenommen wurde 7 9 6 , wobei eine Anwendbarkeit der § § 3 1 1 ff. A k t G nur im ersten Fall bejaht wird. Soweit indes der Weg über die Tochtergesellschaft gewählt wurde, würde die Weisung in den Verantwortungsbereich der Tochtergesellschaft treten, die entscheide und dementsprechend zu verantworten habe, ob sie die Weisung erteilt oder nicht. Die These von dem übermäßigen Schutz der Enkelgesellschaft kann hier von vornherein nicht überzeugen, wenn man den Ausschluss der § § 3 1 1 ff. A k t G nur bei indirekten, nicht aber bei direkten Einwirkungen der Muttergesellschaft für sachgerecht hält, da auch bei letzteren die Enkelgesellschaft grundsätzlich ihre vertraglichen Ansprüche gegen die Tochtergesellschaft behält 7 9 7 . Im Übrigen kann 789 Hüffer, AktG §311 Rn. 15; Koppensteiner, in K K vor §311 R n . 3 5 , Kropff in M K zum AktG Anh. §311 Rn. 61 ff.; Paschke, A G 1988, 196, 201 ff.; Würdinger, in G K zum AktG §311 Rn. 16; Krieger, in Münchner Hdb. des GesR § 6 9 R n . 6 0 ; Luchterhand, Deutsches Konzernrecht bei grenzüberschreitenden Konzernverbindungen (1971), S. 121 ff.; a.A. Cabn, B B 2000, 1477, 1478 ff.; Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 2 4 V 3 b); Görling, Konzernhaftung (1998), S. 218,222; Haesen, Die Abhängigkeit im faktischen Konzern (1970), S. 57 ff.; Kronstein, B B 1967, 637, 641; Sonnenschein, B B 1975, 1088, 1093; Wilhelm, Die Beendigung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages (1976), S. 131 f.; für modifizierte Anwendung Pentz, Die Rechtstellung der Enkel A G (1994), S. 201 ff. 790 Würdinger, in G K zum AktG § 311 Anm 16. 791 Koppensteiner, in K K vor § 311 Rn. 35; Rehhinder, Z G R 1977, 581, 631 f. 792 Würdinger, in G K zum AktG § 311 Anm. 16. 793 Rehhinder, Z G R 1977, 581, 632 f. 794 Vgl Koppensteiner, in K K vor §311 Rn. 35; Paschke, A G 1988, 196,201 f. 795 Kropff, in M K zum A k t G § 311 Anh. Rn. 63. 796 W. F. Bayer, in FS Ballerstedt S. 157,182, Rehhinder, Z G R 1977, 581, 633; weiter differenzierend Pentz, Rechtsstellung der Enkel - A G (1994), S. 201 ff, 213, der bei unmittelbarer Einwirkung die §§311 ff. AktG anwenden will, bei mittelbaren Einfluss die Muttergesellschaft aber auf der Grundlage einer Treuepflichtverletzung, ohne die Privilegierung des § 311 A k t G haften lassen will. 7 9 7 So Rehbinder, Z G R 1977, 581, 633; ausführlich gegen das Argument eines übermäßigen Schutzes in diesem Fall auch Habersack, in Emmerich/Habersack § 311 Rn. 19.

126

Kapitel I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

dieser Auffassung aber auch deshalb nicht gefolgt werden, da - bei einer Zahlung der Muttergesellschaft an die Enkelgesellschaft - eine durch die Einflussnahme der Muttergesellschaft bei der Enkelgesellschaft verursachte Einbuße entfällt, f ü r die die Tochtergesellschaft eine Ausgleichszahlung leisten müsste 798 . Gleichzeitig wird die Muttergesellschaft bei einer Zahlung an die Enkelgesellschaft von einer etwaigen Verpflichtung gegenüber der Tochter aus §§311, 317 A k t G bzw. aufgrund einer Treuepflichtverletzung befreit, die vor dem Hintergrund entstanden sein kann, dass diese selbst der Enkelgesellschaft aufgrund des Beherrschungsvertrages zu Zahlungen verpflichtet ist, die Folge der Weisungen der Muttergesellschaft an die Enkelgesellschaft sind. Gegen die Anwendbarkeit der §§311 ff. A k t G kann auch nicht eingewandt werden, die § 305 Abs. 2 Nr. 2 A k t G enthielten eine abschließende, die §§311 ff. A k t G verdrängende Regelung 7 9 9 . Der Abfindungsanspruch berücksichtigt nur die Interessen der außenstehenden Gesellschafter der abhängigen Gesellschaft, w o hingegen die §§311 ff. A k t G auch die Interessen der Gesellschaft selbst sowie deren Gläubiger schützen. Hervorgehoben wird in diesem Zusammenhang überdies, dass der Schutz der außenstehenden Gesellschafter der Enkelgesellschaft nicht von der Rechtsform der Tochter- und Muttergesellschaft abhängt, da ein Recht auf Abfindung in Aktien der Muttergesellschaft den außenstehenden Aktionären der Enkelgesellschaft nur zustehen kann, wenn es sich bei beiden herrschenden Unternehmen um Aktiengesellschaften bzw. K G a A handelt 8 0 0 . Dagegen ist der Schutz, den die §§311 ff. A k t G gewähren, von der Rechtsform des herrschenden Unternehmens unabhängig 8 0 1 . Vor allem aber gilt es zu bedenken, dass, bei Fehlen eines Beherrschungsvertrages zwischen M u t t e r - und Tochtergesellschaft, der Beherrschungsvertrag zwischen Tochter- und Enkelgesellschaft nicht eine Weisung der Muttergesellschaft an die Enkelgesellschaft legitimieren kann. Da bereits ein vertraglich legitimiertes Weisungsrecht gegenüber der Tochtergesellschaft fehlt, besteht erst recht kein solches gegenüber der Enkelgesellschaft. Wirkt die Muttergesellschaft eigenständig auf die Enkelgesellschaft ein, fehlt der beherrschungsvertragliche Hintergrund, der es erlaubt, zum Nachteil der abhängigen Gesellschaft Handlungen zu veranlassen, die im Interesse der Konzernspitze liegen. Auch der Ansicht, dass eine vertraglich beherrschte Gesellschaft nicht gleichzeitig faktisch abhängig sein könne, da ihre Verwaltung nicht gem. § 308 A k t G weisungsgebunden und trotzdem durch die §§311 ff. A k t G in ihrer Eigenständigkeit und ihrem Eigenwillen geschützt sein könne 8 0 2 , kann nicht gefolgt werden. Die Weisungsgebundenheit beruht auf dem Beherrschungsvertrag und besteht mithin nur gegenüber dem Vertragspartner, 798

Cahn, BB 2000, 1477, 1479. So Koppensteiner, in K K vor § 311 Rn. 35. 800 Bernwald, Mehrstufige U n t e r n e h m e n s v e r b i n d u n g e n aus der Sicht des Aktiengesetzes (1974) S. 98; Cahn, BB 2000, 1480. 801 Koppensteiner, in K K v o r § 311 Rn. 31. 802 So Kropff, in M K z u m A k t G § 3 1 1 A n h . 67, wenngleich er diese E r w ä g u n g e n selbst f ü r nicht entscheidend hält (a.a.O. Rn. 68). 799

§ 3: Die Haftung

im faktischen

Aktienkonzern

127

nicht aber gegenüber einer anderen Gesellschaft, auch nicht, wenn diese Gesellschaft den Vertragspartner beherrscht. Sicher wird durch den Abschluss eines Beherrschungsvertrages das Eigeninteresse der Gesellschaft modifiziert, aber eben dahingehend, dass fürderhin die Interessen dieses Vertragspartners maßgebend sind, nicht aber die irgendeiner anderen Gesellschaft. Damit bleibt aber auch der Anspruch aus § § 3 1 1 , 317 A k t G bestehen, wenn die Muttergesellschaft eine Enkelgesellschaft zu einer für sie und die Tochtergesellschaft nachteiligen Maßnahme veranlasst. Die grundsätzlich zu bejahende Anwendbarkeit der §§311 ff. A k t G im Verhältnis zwischen Mutter- und Enkelgesellschaft darf auf der anderen Seite allerdings nicht die Sicht darauf versperren, dass die Frage, was für die Enkelgesellschaft als nachteilig zu qualifizieren ist, durchaus durch den Beherrschungsvertrag zwischen Tochter- und Enkelgesellschaft beeinflusst wird, da dieser Vertrag in die Struktur der vertraglich beherrschten Gesellschaft eingreift. Nachteilig ist, wie bereits dargestellt wurde 8 0 3 , nur, was dem Eigeninteresse der Gesellschaft widerspricht. Wird ein Beherrschungsvertrag abgeschlossen, so wird die abhängige Gesellschaft aber in die Dienste der herrschenden Gesellschaft gestellt und so auf deren Interessen ausgerichtet 8 0 4 . Veranlassungen, die im Interesse der Tochtergesellschaft liegen, sind für die Enkelgesellschaft folglich nicht nachteilig, wenn sie dieser durch einen Beherrschungsvertrag verbunden ist und daher ihre Interessen auf die der Tochtergesellschaft ausgerichtet sind. Wohl aber ist die Nachteiligkeit zu bejahen, wenn die Veranlassung nur im Interesse der Muttergesellschaft liegt. Wenn in diesen Fällen die Frage nach der Unabhängigkeit i.S.d. § 317 Abs. 2 A k t G gestellt wird, ist damit nur die Unabhängigkeit gegenüber der Muttergesellschaft, nicht aber die Unabhängigkeit gegenüber jedermann gemeint. An der Anwendbarkeit der § 311 ff. A k t G gegenüber der Muttergesellschaft ändert sich aber auch bei indirekten Veranlassungen über die Tochtergesellschaft nichts 8 0 5 . Die Vorschriften der § § 3 1 1 ff. A k t G unterscheiden nicht danach, ob man es mit einer direkten oder indirekten Einflussnahme zu tun hat 8 0 6 . Wollte man eine solche Differenzierung bejahen, müsste sie konsequenterweise auch bei einer durchlaufenden Kette von faktischen Abhängigkeiten vorgenommen werden 8 0 7 , womit bei indirekten Veranlassungen die Muttergesellschaft gegenüber der Enkelgesellschaft haftungsfrei wäre 8 0 8 . Eine Konsequenz, die zu Recht nicht gezogen wird. Richtigerweise kann es daher nur darum gehen, die § § 3 1 1 ff. A k t G insgesamt anzuwenden oder gar nicht. Eine Anwendung ist aber zu bejahen, da die Haftung hier als Folge der Verantwortlichkeit für die aus dem Verhalten der MuttergeVgl. oben S. 86 ff. Vgl. auch Kropff, in M K zum A k t G Anh. § 311 Rn. 14. 8 0 5 Anders W.F. Bayer, in FS Ballerstedt S. 157,182; Rehbinder, Z G R 1977, 581, 633. 806 in K K §311 Rn. 11; vgl. auch Kropff, in M K Cahn, B B 2000, 1477, 1479; Koppensteiner, zum A k t G Anh. §311 Rn. 63. 807 pür eine Haftung der Muttergesellschaft im allseitig faktischen Konzern bei indirekter Veranlassung einer Maßnahme der Enkelgesellschaft auch Koppensteiner, in K K § 311 Rn. 11. 808 Cahn, B B 2000, 1477, 1479. 803 804

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Kapitel I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

sellschaft folgende Zufügung von Nachteilen aufgestellt wurde. Diese H a f t u n g wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Beherrschungsvertrag nachteilige Weisungen der Tochtergesellschaft legitimiert, da hiermit nur die Einflussnahmen der Tochter- gegenüber der Enkelgesellschaft erlaubt werden. Eine Aussage über das Verhältnis zur Muttergesellschaft wird damit nicht getroffen 8 0 9 . Eine andere Frage ist es allerdings, ob die Enkelgesellschaft in einem solchen Fall auch einen Abhängigkeitsbericht aufstellen muss. Dies wird man mit Blick auf den Grundgedanken des § 316 A k t G verneinen können 8 1 0 .

4) Beherrschungsvertrag der Enkelgesellschaft und der Tochtergesellschaft

mit der Mutter-

Möglich ist auch der Abschluss eines Beherrschungsvertrages der Enkelgesellschaft mit der Tochter- u n d der Muttergesellschaft. In diesem Fall sind die §§311 ff. A k t G hinsichtlich der Enkelgesellschaft sowohl im Verhältnis zur Tochter- als auch im Verhältnis zur Muttergesellschaft ausgeschlossen 811 . Als problematisch wird es insoweit allerdings angesehen, dass Weisungen der Muttergesellschaft gegenüber der Enkelgesellschaft auch Auswirkungen auf die Tochtergesellschaft haben können, da sich deren gegenüber der Enkelgesellschaft bestehende Verlustübernahmepflicht hierdurch vergrößern kann 8 1 2 . Keine Schutzlücke besteht, soweit auch zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft ein Beherrschungsvertrag abgeschlossen wurde 8 1 3 . Aber auch im Falle einer nur faktischen Abhängigkeit der Tochtergesellschaft gegenüber der Muttergesellschaft ist Erstere nicht schutzlos gestellt. So stimmt sie bereits als Aktionärin der Enkelgesellschaft über den Abschluss des Beherrschungsvertrages mit ab. Damit kann sie aber auf eine Vereinbarung dringen, durch die das Weisungsrecht zwischen ihr und der Muttergesellschaft gegenüber der Enkelgesellschaft koordiniert wird und bei Weisungen der Muttergesellschaft ihre Belange berücksichtigt werden 8 1 4 . Geschieht dies nicht, ist eine von der Muttergesellschaft veranlasste Zustimmung der Tochtergesellschaft zum Abschluss eines Beherrschungsvertrages zwischen Mutter- und Enkelgesellschaft als nachteilige Veranlassung zu qualifizieren. Aber auch ohne eine Abrede, nach der die durch Einwirkungen der Muttergesellschaft entstehenden Verluste 809 Cahn, BB 2000, 1477, 1479 f.; Görling, Konzernhaftung (1998), S.220; wenn in §308 Abs. 1 S. 2 von konzernverbundenen Unternehmen die Rede ist, so können hiermit nur solche gemeint sein, die von dem aus dem Beherrschungsvertrag heraus herrschenden Unternehmen abhängig sind, da die Förderung ihrer Belange i.d.R. zumindest mittelbar auch im Interesse des insoweit herrschenden Unternehmens liegt. 810 Kropff, in MK zum AktG § 311 Anh. Rn. 78; a.A. Cahn, BB 2000,1477,1483, zu w.N. des insoweit bestehenden Meinungsspektrums vgl. Kropff, in MK zum AktG § 311 Rn. 55 ff. 811 Ganz h.M. vgl. nur Kropff in MK zum A k t G § 309 Rn. 24; § 311 Anh. Rn. 33, 39 m.w.N.; a.A. Pentz, Die Rechtsstellung der Enkel-AG (1994), S. 175. 812 Aus diesem Grund gegen die Zulässigkeit eines doppelstöckigen Beherrschungsvertrages Pentz, Die Rechtsstellung der Enkel-AG (1994), S. 175. 813 Vgl. nur Kropff, in MK zum AktG § 311 Anh. Rn. 42. 814 Kropff, in MK zum AktG § 311 Anh. Rn. 43.

§ 3: Die Haftung

im faktischen

Aktienkonzern

129

auch von dieser auszugleichen sind, sind bei der Tochtergesellschaft eintretende Nachteile, die auf Einwirkungen der Muttergesellschaft bei der Enkelgesellschaft beruhen, von der Muttergesellschaft auszugleichen. Auch hier liegt eine Situation vor, in der der Kreis möglicher Veranlassungsempfänger nicht rein formal bestimmt werden darf 8 1 5 . Durch den Beherrschungsvertrag ist die Enkelgesellschaft organisatorisch auch in die Tochtergesellschaft eingegliedert 816 . Daher ist eine Weisung der Muttergesellschaft gegenüber der Enkelgesellschaft aber auch als nachteilige Veranlassung gegenüber der Tochtergesellschaft anzusehen, wenn sich hierdurch deren Verlustübernahmepflicht gegenüber der Enkelgesellschaft erhöht 817 .

5) Beherrschungsvertrag

zwischen Enkel- und

Muttergesellschaft

Ein Nachteil der Tochtergesellschaft kann für den Fall eines Beherrschungsvertrages zwischen Enkel- und Muttergesellschaft aber auch dann eintreten, wenn sie zwar der Enkelgesellschaft selbst nicht zum Verlustausgleich verpflichtet ist, sich aber ihre Beteiligung an der Enkelgesellschaft durch die Einwirkungen der Muttergesellschaft im Wert mindert. Zwar hat die Enkelgesellschaft gegenüber der Muttergesellschaft einen Anspruch auf Verlustausgleich. Gleichwohl sind bei der Enkelgesellschaft aber Nachteile denkbar, die sich bilanztechnisch nicht oder erst später auswirken 8 1 8 . Ein Schutz der Tochtergesellschaft bei Abschluss eines Beherrschungsvertrages zwischen Mutter- und Enkelgesellschaft nach §§ 304, 305 A k t G besteht nicht immer, da sie jedenfalls dann nicht als außenstehender Aktionär angesehen wird, wenn die Muttergesellschaft alleiniger Anteilseigner der Tochtergesellschaft ist 8 1 9 . Aber auch insoweit gilt es, bereits bei einer veranlassten Zustimmung zum Abschluss des Beherrschungsvertrages die Belange der Tochtergesellschaft angemessen zu berücksichtigen, was etwa durch die Vereinbarung einer Werthaltigkeitsgarantie geschehen kann 8 2 0 . Bleibt noch zu klären, ob für den Fall eines Beherrschungsvertrages nur zwischen Mutter- und Enkelgesellschaft die § § 3 1 1 ff. A k t G zwischen Enkel- und Tochtergesellschaft anwendbar bleiben. Uberwiegend wird dies verneint 8 2 1 und damit begründet, dass die Tochtergesellschaft nur die beherrschungsvertraglichen Rechte der Muttergesellschaft ausübe. Dies gelte auch dann, wenn die Mutterge-

Vgl. auch bereits oben S. 119 f. Kropff in MK zum AktG §311 Rn. 135. 8 1 7 Zum Fall der Wertminderung der Beteiligung vgl. sogleich. 8 1 8 Vgl. Kropff, in M K zum AktG §311 Anh. Rn. 46. 819 Kropff in M K zum A k t G § 304 Rn. 21, 311 Anh. Rn. 47; z.T. wird die Stellung eines Unternehmens als außenstehender Aktionär bereits verneint, wenn Konzern- oder Abhängigkeitsbeziehungen zum anderen Vertragsteil bestehen (näher Kropff, § 304 Rn. 18 ff). 820 Kropff, in M K um AktG § 311 Anh. Rn. 49. 821 Habersack, in Emmerich/Habersack § 311 Rn. 18; Hüffer, A k t G §311 Rn. 15; Koppensteiner, in K K vor § 311 Rn. 34; Krieger, in Münchner Handbuch § 69 Rn. 60; a.A. Görling, Konzernhaftung (1998) S. 222; Pentz, Die Rechtsstellung der Enkel-AG (1994), S. 218. 815 816

130

Kapitell:

Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

sellschaft der Tochtergesellschaft freie Hand lasse. Dass die Tochtergesellschaft im Willen der Muttergesellschaft der Enkelgesellschaft Weisungen erteilt, ist sicher möglich 8 2 2 , zwingend ist dies indes keineswegs. Erfolgt die Einflussnahme der Tochtergesellschaft auf die Enkelgesellschaft, ohne dass dies auf den Willen der Muttergesellschaft zurückzuführen ist, steht einer Anwendung der § § 3 1 1 ff. A k t G in diesem Verhältnis nichts im Wege. Bei der Frage nach der Nachteiligkeit der veranlassten Maßnahme ist allerdings wiederum die mit dem Beherrschungsvertrag einhergehende Ausrichtung auf die Interessen der Muttergesellschaft zu berücksichtigen. Eine Veranlassung zu einer Maßnahme, die auch der Muttergesellschaft zum Vorteil gereicht, kann damit aber nicht als für die Enkelgesellschaft nachteilig beurteilt werden.

VI. Spannungsverhältnis zwischen §311 AktG und den Verfassungsgrundsätzen der AG

allgemeinen

Dass die Einräumung der Möglichkeit zum zeitverschobenen Nachteilsausgleich in einem gewissen Spannungsverhältnis zu einigen Regelungsbereichen des Aktienrechts steht, wurde im Rahmen der bisherigen Ausführungen in Teilbereichen bereits deutlich. Während in einigen Fällen das Verhältnis grundsätzlich als geklärt angesehen werden kann, bestehen in anderen nach wie vor erhebliche Differenzen. Weitgehende Einigkeit besteht darin, dass § 76 A k t G durch § 311 A k t G weder beschränkt noch durchbrochen wird 8 2 3 . Der Vorstand einer Aktiengesellschaft ist nicht verpflichtet, einer Veranlassung durch das herrschende Unternehmen zu folgen 8 2 4 . Er darf es aber tun, wenn mit einem Nachteilsausgleich seitens des herrschenden Unternehmens zu rechnen ist. Soweit dies allerdings nicht der Fall ist, bleibt es bei der Haftung nach § 93 A k t G 8 2 5 .

1) Die Regelungen zur

Kapitalerhaltung

Umstritten ist allerdings das Verhältnis zu den Regelungen der Kapitalerhaltung. Eine nachteilige Maßnahme kann und wird sich, isoliert betrachtet, sehr häufig als verdeckte Gewinnausschüttung an das herrschende Unternehmen darstellen 826 . Nach den Vorschriften der §§ 57, 58, 60 A k t G sind offene und verdeckte Vermögensverlagerungen, die wegen der Mitgliedschaft aller oder einzelner Aktionäre erbracht werden und nicht durch einen Gewinnverwendungsbeschluss gedeckt 822 Ygj z u r A u s ü b u n g des Weisungsrechts durch einen Dritten bereits oben S. 121. 823 Hüffer, A k t G § 311 Rn. 48; Koppensteiner, in K K § 311 Rn. 90; Kropff, in M K zum A k t G § 3 1 1 Rn. 281; Habersack, in Emmerich/Habersack § 311 Rn. 78; a.A. Wilhelm, Rechtsform und Haftung (1981), S. 243 ff. 8 2 4 Ebenso wenig werden die Pflichten des Aufsichtrates durch die § § 3 1 1 ff. A k t G berührt (Habersack, in Emmerich/Habersack § 311 Rn. 81). 825 Habersack, in Emmerich/Habersack § 311 Rn. 78. 826 Habersack, in Emmerich/Habersack § 311 Rn. 82.

§ 3: Die Haftung

im faktischen

Aktienkonzern

131

sind, aber unzulässig und nach § 62 A k t G sofort zurückzugewähren 827 . Dies würde der Möglichkeit zum zeitversetzten Nachteilsausgleichung widersprechen, weshalb nach herrschender Meinung die Regelung des § 311 AktG die strikte Vermögensbindung insoweit auch lockert 8 2 8 . Nach anderer Auffassung ist auch eine Lockerung des Verbots der verdeckten Gewinnausschüttung durch die Einräumung der Möglichkeit zum verzögerten Nachteilsausgleich ausgeschlossen 829 . Begründet wird dies mit dem Vorrang des Außenseiterschutzes, der durch den nachträglichen Ausgleich gefährdet werden könnte. D e r schuldrechtliche Ausgleichsanspruch belaste die abhängige Gesellschaft mit genau demjenigen Risiko, das mit dem Verbot der Einlagenrückgewähr vermieden werden sollte, nämlich dem Risiko der Insolvenz des herrschenden Unternehmens 8 3 0 . Auch spreche für die uneingeschränkte Geltung des Verbots der verdeckten Gewinnausschüttung, dass anderenfalls das herrschende Unternehmen für von ihm nicht veranlasste Vorteilszuwendungen einer strengeren Haftung unterläge als für von ihm veranlasste, da ihm nur im letzteren Fall die Erleichterungen des § 311 Abs. 2 A k t G zugute kämen 8 3 1 . Eine gewisse Inkonsistenz wird auch darin gesehen, dass, soweit die Muttergesellschaft nicht auf die Tochtergesellschaft unmittelbar einwirkt, sondern auf die Enkelgesellschaft und erst dadurch mittelbar die Nachteilszufügung bei der Tochtergesellschaft erfolgt, (nach dieser Ansicht) § 3 1 1 A k t G nicht zur Anwendung kommt. Folge dessen wäre es, dass mittelbar verdeckte Gewinnausschüttungen strengeren Rückforderungsansprüchen unterlägen als unmittelbare Zuwendungen der abhängigen A G 8 3 2 . Schön hält es gar unter europarechtlichen Gesichtspunkten für geboten, den §§ 57 ff. A k t G im faktischen Aktienkonzern volle Geltungskraft zuzuerkennen, da ansonsten ein Verstoß gegen die strengen Vorgaben der Artt. 15, 16 der 2. Kapitalrichtlinie vorliege 8 3 3 .

Vgl. nur Hüffer, AktG § 57 Rn. 2 m.w.N. O L G Stuttgart v. 21.12.1993 = A G 1994, 411, 412; L G Düsseldorf v. 22.12.1978 = A G 1979, 290, 291 f.; A/D/S, § 311 Rn. 75; Habersack, in Emmerich/Habersack § 311 Rn. 82; HefermehliBungeroth, in Geßler/Hefermehl § 57 Rn. 64; Herne, B B 1996, 489, 498 f.; Hommelhoff, Gutachten G zum 59. Deutschen Juristentag S. 48; Hüffer, A k t G § 311 Rn. 49; Koppensteiner, in KK §311 Rn. 107; Lutter, in K K , 2. Aufl., § 5 7 Rn. 80 f.; Krieger, in Münchner Handbuch A G § 69 Rn. 47; Kropff in M K zum AktG § 311 Rn. 326 ff.; Michalski, A G 1989,261,264 f. Ulmer, in Hachenburg, 8. Aufl. Anh. § 7 7 Rn. 56; soweit das Schutzsystem der §§311 ff. AktG funktionstüchtig bleibt auch Strohn, Die Verfassung der Aktiengesellschaft im faktischen Konzern (1977), S. 134; i.E. auch Altmeppen, ZIP 1996, 693, 695 f., der allerdings die §§ 57, 62 A k t G nicht für verdrängt hält, sondern lediglich durch den Ausgleich i.S. d. § 311 Abs. 2 AktG eine verbotene Leistung i.d.S. für nicht gegeben erachtet; einschränkend Bayer, in FS Lutter S. 1011, 1030 f. 829 Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern (1998), S. 64 ff.; Bäh, in FS Raiser S. 287, 302 ff.; Bommert, Verdeckte Vermögensverlagerung im Aktienrecht (1989) S. 182; Würdinger, in G K zum A k t G § 3 1 8 Anm. 1. 830 Schön, Z G R 1995, 351, 372. 831 Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern (1998), S. 65 f. 832 Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern (1998), S. 66. 833 Schön, in FS Kropff S. 285, 294, 299. 827

828

132

Kapitell:

Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

Indes muss es bereits als widersprüchlich qualifiziert werden, wenn Schön meint, den Vertragskonzern müsse das sekundäre Europarecht wie jede andere Organisationsform akzeptieren und deshalb hier, anders als bei der faktischen Konzernierung, auch nachteilige Konsequenzen für die Vermögensbindung der abhängigen Gesellschaft hinnehmen 834 . Auch der Vertragskonzern wird vom geltenden Recht nicht zu einer der juristischen Person gleichgestellten „Rechtsformalternative" erhoben 835 . Damit kann für Vertragskonzern aber auch nichts anderes als für den faktischen Konzern gelten. Weder die Regelungen zum Vertragskonzern 836 noch zum faktischen Konzern verstoßen aber gegen die Kapitalrichtlinie. Entscheidend für die Ermöglichung eines uneingeschränkten zeitverschobenen Nachteilsausgleichs spricht, dass die Ziele der Kapitalschutzvorschriften hierdurch materiell gewahrt bleiben 837 . Ausgleichsfähigkeit und damit die Möglichkeit zum zeitversetzten Nachteilsausgleich besteht nur, wenn eine Leistung, wie sie in Form und Höhe des Ausgleichs zu gewähren ist, von einem ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft als Gegenleistung eines Rechtsgeschäft oder einer Maßnahme hätte akzeptiert werden dürfen 838 . Durch die gesetzliche Normierung der Verpflichtung zum Nachteilsausgleich wird die abhängige Gesellschaft so gestellt, als ob der Ausgleich von vornherein Bestandteil des Rechtsgeschäfts oder Gegenleistung der Maßnahme gewesen wäre 839 . Die Möglichkeit, den Ausgleich zeitversetzt zu erfüllen, ist mit der Stundung einer Gegenleistung zu vergleichen. Auch hierin liegt aber kein Vermögensnachteil, da der Ausgleich die aus der Verzögerung entstehenden Nachteile erfassen muss 840 . Der Hinweis auf das Insolvenzrisiko des herrschenden Unternehmens, welches bis zum Ende des Geschäftsjahres auf Seiten der abhängigen Gesellschaft liegt, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Existiert ein konkretes Insolvenzrisiko, so müssen zwischen abhängiger und herrschender Gesellschaft entsprechende Absicherungen für den Ausgleichsanspruch vereinbart werden 841 . Auch für die Frage, ob ein zeitversetzter Nachteilsausgleich möglich ist, ist entscheidend, ob ein unabhängiger Dritter eine Stundung ohne Absicherung oder Risikozuschlag gewährt hätte. Da die Möglichkeit zum zeitversetzten Nachteilsausgleich durch §311 AktG somit nur eröffnet ist, wenn der abhängigen Gesellschaft hierdurch keine Vermögensnachteile entstehen, ist aber auch für einen sofortigen Rückforderungsanspruch auf der Grundlage einer verdeckten Gewinnausschüttung kein Raum. Da der Kapitalschutz nicht aufgeSchön, in FS Kropff S. 285, 299. Mülbert, in FS Lutter S. 535, 537. 8 3 6 Vgl. hierzu bereit oben S. 23 ff. 837 Kropff, in MK zum AktG § 311 Rn. 325 m.w.N. 838 Kropff, in MK zum AktG § 311 Rn. 226. 8 3 9 Allerdings hat die abhängige Gesellschaft gegen die herrschende Gesellschaft nach ganz h.M. keinen durchsetzbaren Rechtsanspruch, da der Ausgleich erst am Ende des Geschäftsjahres erfolgen muss und bei Vernachlässigung der Schadensersatzanspruch nach §317, 318 AktG begründet ist (vgl. nur Hüffer, AktG § 311 Rn. 38 m.w.N.). 840 Kropff, in MK zum AktG § 311 Rn. 329. 841 Kropff, in MK zum AktG § 311 Rn. 228, 329. 834 835

$ J: Die Haftung im faktischen

133

Aktienkonzern

weicht, sondern nur in anderer F o r m durchgesetzt wird 8 4 2 , liegt aber auch kein Verstoß gegen Artt. 1 5 , 1 6 der Kapitalrichtlinie vor 8 4 3 . Auch kann, wie bereits obige Ausführungen gezeigt haben, keine Rede davon sein, dass § 3 1 1 A k t G auf mittelbare Nachteilszufügungen nicht anwendbar wäre. Bleibt noch das Argument, dass für veranlasste Vermögensverschiebungen weniger streng gehaftet würde als für nicht veranlasste 8 4 4 . Zum einen ist bereits die theoretische Möglichkeit, dass eine Tochtergesellschaft ohne Zutun ihrer O b e r g e sellschaft die Enkelgesellschaft veranlasst, der Muttergesellschaft einen Vorteil zuk o m m e n zu lassen, kaum von praktischer Relevanz. Gewährt die Enkelgesellschaft der Muttergesellschaft einen Vorteil, spricht vielmehr eine Vermutung dafür, dass dies auch auf einer, wenn auch mittelbaren, Veranlassung der Muttergesellschaft beruht. Vor allem besteht aber materiellrechtlich kein G r u n d für einen sofortigen Rückgewähranspruch - der nur für den Fall eines Vermögensnachteils zu bejahen ist - , wenn das Gesetz eine Ausgleichspflicht schafft, die einen solchen Vermögensnachteil seitens der abhängigen Gesellschaft verhindert. Ignorierte man die Nachteilsausgleichspflicht und bejahte damit einen Vermögensnachteil und so einen sofortigen RückZahlungsanspruch, würde man eine N o r m entgegen ihrer Entstehungsgeschichte und ihres Telos zur Gegenstandslosigkeit

verdammen.

Zwar wird insoweit geltend gemacht, § 311 A k t G habe auch dann noch einen A n wendungsbereich, da eine Nachteilszufügung möglich wäre, ohne dass dies mit einem für eine verdeckte Gewinnausschüttung notwendigen Vorteil für einen G e sellschafter verbunden wäre 8 4 5 . Aber abgesehen davon, dass man teilweise auch für das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung einen Vorteilszufluss nicht mehr für erforderlich hält 8 4 6 , wäre, auch wenn man am Erfordernis des Vorteils für den Gesellschafter oder einen ihm verbundenen Dritten für das Vorliegen einer verdeckten Vermögensausschüttung festhält, dem Anwendungsbereich des § 3 1 1 A k t G weitgehend seine ihm vom Gesetzgeber zugedachte Bedeutung genommen, ließe man die Möglichkeit zum zeitversetzten Nachteilsausgleich nur noch in den Fällen zu, in denen dem Nachteil kein Vorteil auf Seiten eines anderen K o n z e r n u n ternehmens entgegensteht 8 4 7 .

2) Allgemeine

Schadensersatzansprüche

Hinsichtlich des Verhältnisses zu § 117 A k t G 8 4 8 ist mit der heute ganz herrschenden Auffassung eine klare Feststellung dahingehend zu treffen, dass § 3 1 1 A k t G nach dem allgemeinen Grundsatz lex specialis

derogat

legi generali

Vorrang vor der

Kropff, in MK zum AktG § 311 Rn. 327 f. Vgl. auch Habersack, in Emmerich/Habersack §311 Rn. 82; Habersack, Europäische Gesellschaftsrecht Rn. 172. 844 So Gihn, Kapitalerhaltung im Konzern (1998), S. 65f. 845 Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern (1998), S. 65. 846 Vgl. hierzu aus steuerrechtlicher Sicht Schön, in FG Flume S. 265, 273. 847 Kropff, in MK zum AktG § 311 Rn. 331. 848 Nach Lütter, AcP 180 (1980), 84, 115 wird in § 117 AktG, wenn auch unzureichend, der Loyalitätsverstoß als Folge der allgemeinen Förderpflicht normiert. 842

843

134

Kapitel

I: Die gesetzliehen

Regelungen

zur

Haftung

allgemeinen Regelung des § 117 A k t G haben muss, da anderenfalls die Möglichkeit zum gestreckten Nachteilsausgleich weitgehend leer laufen würde 8 4 9 . Dies wird auch von denjenigen zugestanden, die gerne auf die Vorschrift des § 117 zurückgreifen würden, da sie das Regelungsmodell der § § 3 1 1 ff. A k t G nicht für funktionstauglich halten 8 5 0 . Erst wenn der Nachteilsausgleich nicht erfolgt, haftet das herrschende Unternehmen nicht nur aus § 3 1 7 Abs. 1 A k t G , sondern daneben auch aus der Grundnorm des Schädigungsverbots in § 117 A k t G , die dann, wie sich auch aus dem Umkehrschluss zu § 117 Abs. 7 Nr. 2 und 3 A k t G ergibt, wieder auflebt 851 . Für eine Uberlagerung der § § 3 1 1 ff. A k t G durch die allgemeine gesellschaftsrechtliche Treuepflicht, wie dies im Schrifttum teilweise vertreten wird 8 5 2 , ist bereits deshalb kein Raum, da es sich hier 8 5 3 um eine besondere, gesetzlich niedergelegte Regelung der Treuepflichten handelt, was auf der anderen Seite allerdings nicht bedeutet, dass außerhalb des Anwendungsbereichs der § § 3 1 1 ff. A k t G nicht auch im Aktienkonzern Raum für eine weitere Treuepflichthaftung wäre, da dieses Regelungssystem insoweit nicht abschließend ist 8 5 4 .

3) Verhältnis des §311 AktG zur

Beschlussanfechtung

Da eine nachteilige Veranlassung in einem Hauptversammlungsbeschluss liegen kann, ist aber auch die Frage nach dem Verhältnis des § 311 A k t G zu § 243 A k t G 8 5 5 aufgeworfen. So entfällt nach dem Wortlaut des § 243 Abs. 2 S. 2 A k t G auch bei einem erstrebten Sondervorteil zu Lasten der Gesellschaft durch eine Ausgleichregelung zugunsten der anderen Aktionäre die Anfechtbarkeit des Beschlusses 8 5 6 . Demgegenüber ist nach § 311 A k t G der Nachteil gegenüber der Gesellschaft aus849 Habersack, in Emmerich/Habersack § 3 1 1 Rn. 88; Hommelboff, Die Konzernleitungspflicht (1982), S. 121, 139; Hüffer, A k t G § 3 1 1 R n . 5 0 ; Koppensteiner, in K K § 3 1 1 Rn. 108; Kropff, in M K zum A k t G § 3 1 7 Rn. 106; ders., D B 1967, 2147, 2 1 5 0 f f . ; Mertens, in K K § 117 R n . 4 6 ; Strohn, Die Verfassung der Aktiengesellschaft im faktischen Konzern (1977), S. 32 ff. m.w.N.; a.A. Würdinger, in G K zum A k t G § 311 Anm. 5. 850 Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 376 f., 437 ff. 851 Habersack, in Emmerich/Habersack § 311 Rn. 88; Hüffer, A k t G § 3 1 1 R n . 5 0 ; Koppensteiner, in K K § 317 Rn. 39 ff.; Mertens, in K K § 117 Rn. 46; Raiser, Recht der Kapitalgesellschaften, 3. Aufl. § 53 Rn. 41; a.A. und für eine Verdrängung des § 117 durch § 317 A k t G : Brüggemeier, A G 1988, 93, 101 f.; Geßler, D B 1965, 1729, 1730. 852 Henze, B B 1996, 489, 499; Zöllner, Z H R 162 (1998), 235 ff.; vgl. auch Tröger, Treupflicht im Konzernrecht (2000), S. 210 ff.; für einen Ausschluss der Haftung aufgrund einer Treuepflichtverletzung im Anwendungsbereich des § 311 A k t G aber Habersack, in E m m e r i c h / H a b ersack § 311 Rn. 89 m.w.N. 8 5 3 Vgl. auch bereits oben S. 93. 8 5 4 Vgl. hierzu noch unten S. 157 ff. 8 5 5 Die Regelung in § 243 A k t G hat vielfache Kritik erfahren (eingehend hierzu Hüffer, in FS Kropff S. 134 ff), was de lege lata freilich nichts an der Existenz dieser N o r m und ihrer Beachtlichkeit für die Rechtspraxis ändern kann. 8 5 6 Wenn der Beschluss darauf gerichtet ist, zum Schaden der anderen Aktionäre einen Sondervorteil zu erlangen, ohne dass davon gleichzeitig auch die Gesellschaft nachteilig betroffen ist, so ist § 311 A k t G von vornherein nicht berührt.

§ 3: Die Haftung

im faktischen

Aktienkonzern

135

zugleichen. Im Übrigen lässt 311 AktG einen verzögerten Nachteilsausgleich zu, während nach § 243 Abs. 2 S. 2 AktG der zur Beseitigung der Anfechtbarkeit des Beschlusses notwendige Ausgleich im Beschluss selbst enthalten sein muss, wenn zum Schaden der Gesellschaft oder der anderen Aktionäre ein Gesellschafter mit Ausübung seines Stimmrechts für sich oder einen Dritten einen Sondervorteil zu erlangen versucht 857 . Soweit es um Schädigungen der Gesellschaft geht, ist nach herrschender Meinung als Ausgleich, entgegen dem Wortlaut des § 243 Abs. 2 S. 2 AktG, allerdings nur eine Leistung an die Gesellschaft selbst anzuerkennen, da eine an die Aktionäre fließende Ausgleichszahlung den Gläubigerinteressen nicht Rechnung tragen kann 858 . Etwas anderes soll nur gelten, wenn den Gläubigerbelangen durch spezielle Schutzvorschriften hinreichend Rechnung getragen wird 8 5 9 . Insoweit soll es bei der wortgetreuen Anwendung des § 243 Abs. 2 S. 2 AktG bleiben. Damit reduziert sich das Spannungsverhältnis weitgehend auf die Frage nach der Möglichkeit, den Nachteilsausgleich an die Gesellschaft verzögert zu leisten 860 . Obwohl dies die Privilegierungsfunktion des §311 AktG in diesem Bereich weitgehend eliminieren würde, hält man überwiegend bei Fehlen einer Ausgleichsregelung eine sofortige Anfechtung für möglich 861 . Man glaubt, den Aktionären die Anfechtungsmöglichkeit als wichtigsten Rechtsbehelf gegen Hauptversammlungsbeschlüsse belassen zu müssen, zumal die Ausgleichmöglichkeit auf die laufende Konzernleitung zugeschnitten sei. Nach anderer Ansicht ist §311 Abs. 2 AktG auch hier der Vorrang einzuräumen, da ansonsten die Möglichkeit zum nachträglichen Nachteilsausgleich zunichte gemacht würde 8 6 2 , wobei teilweise allerdings eine Ausnahme für Grundsatzentscheidungen 863 , existenzgefährdende Maßnahmen 8 6 4 bzw. Beschlüsse mit strukturänderndem Charakter 8 6 5 gemacht wird. Teilweise will man schließlich eine Anfechtung zwar zulassen, allerdings soll

857 Als Sondervorteil i.S. d. § 243 Abs. 2 AktG kommt nach allgemeiner Auffassung dabei jedweder Vorteil in Betracht, der dem Gesellschafter eine sachwidrige Bevorzugung gewähren soll (vgl. nur H ü f f e r , AktG § 243 Rn. 35; K. Schmidt, in GK zum AktG § 243 Rn. 54; Zöllner, in KK §243 Rn. 215 f.). 858 Zöllner, in KK § 243 Rn. 242, 253; H ü f f e r , AktG § 243 Rn. 40; ders., in MK zum AktG § 243 Rn. 95; K. Schmidt, in GK zum AktG § 243 Rn. 60; a.A. etwa Geßler, in FS Barz 97, 99 f.; a.A. auch Mülbert, Aktiengesellschaft (1996), S. 290 f., der gemäß dem Wortlaut auch bei der Verfolgung von Sondervorteilen zu Lasten der AG für die Möglichkeit einer Ausgleichszahlung an die anderen Aktionäre plädiert. 859 H ü f f e r , AktG § 243 Rn. 40 m.w.N. 860 Vgl. nur K r o p f f , in MK zum AktG § 311 Rn. 120. 861 Habersack, in Emmerich/Habersack §311 Rn. 85; H ü f f e r , AktG §311 Rn.48, §243 Rn.43; Kropff in MK zum AktG §311 Rn. 118; K. Schmidt, in GK zum AktG §243 Rn.58; Zöllner, in KK § 243 Rn. 255. 862 Abrell, BB 1974, 1463, 1467; Nirk, Rn. 2513; Bollmann, Der Schadensersatzanspruch gemäß § 317 AktG (1995), S. 70. 863 Strohn, Die Verfassung der Aktiengesellschaft im faktischen Konzern (1977), S. 40 ff. 864 Maul, Die faktisch abhängige SE (1998), S. 51. 865 Koppensteiner, in KK §311 Rn. 109.

136

Kapitel I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

durch die nachträgliche Ausgleichsgewährung der Anfechtende sodann klaglos gestellt werden 8 6 6 . Der herrschenden Meinung, die eine Anfechtungsmöglichkeit im Interesse des Außenseiterschutzes trotz der Regelung in § 311 A k t G f ü r geboten hält, ist bereits vom Ansatz zu widersprechen. Z u m einen ist mit der Gegenansicht zu betonen, dass dem die gesetzliche Konzeption entgegensteht, da man andernfalls die Möglichkeit zur einheitlichen Konzernleitung durch den Ausschluss der Privilegierungsfunktion des §311 A k t G bei Hauptversammlungsbeschlüssen 8 6 7 beschränkt 8 6 8 . Vor allem gilt es aber auch zu bedenken, dass der Ausgleich nach § 311 A k t G zeitversetzt nur dann erfolgen darf, wenn der abhängigen Gesellschaft hierdurch im Ergebnis keine Vermögensnachteile entstehen 8 6 9 . Damit ist im Falle eines ausgleichsfähigen Nachteils ein die Gesellschaft benachteiligender Beschluss aber auch weder nach § 241 Abs. 1 Nr. 3 A k t G nichtig 870 noch nach § 243 Abs. 2 A k t G anfechtbar 8 7 1 , da in diesem Fall ebenso wenig wie im Falle, dass ein sofortiger Nachteilsausgleich erfolgt oder eine Verpflichtung hierzu eingegangen wird, von einer Schädigung der Gesellschaft gesprochen werden kann. Vielmehr ist die Einflussnahme in den Grenzen des § 311 A k t G zulässig. Es wird daher auch nicht bei Veranlassung einer solchen Maßnahme zum Schaden der Gesellschaft gehandelt, wie es § 243 Abs. 2 A k t G f ü r die Begründung eines Anfechtungsrechtes verlangt 872 . Anders ist nur zu entscheiden, wenn bereits bei der Beschlussfassung feststeht, dass der Nachteilsausgleich nicht gezahlt werden kann oder soll. N u r in diesem Falle liegt eine Handlung „zum Schaden der Gesellschaft" vor, weshalb dann auch ein Anfechtungsrecht besteht. Das Argument, die Anfechtung würde so „zum stumpfen Schwert", da die Monatsfrist des § 246 Abs. 1 A k t G regelmäßig abgelaufen sei, ehe feststeht, ob ein Ausgleich erfolgt oder nicht 873 , rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Wird der Ausgleich nicht gezahlt, ist das herrschende U n ternehmen zu Schadensersatz verpflichtet (§317 AktG), womit in erster Linie der frühere Zustand wieder herzustellen ist (§ 249 S. 1 BGB). Damit einher geht auch

866

Martens, A G 1974, 9,13. A u c h außerhalb jener nach § 119 Abs. 2 A k t G . 868 MUlbert, Aktiengesellschaft (1996), S. 293, Koppensteiner, in K K § 311 Rn. 109. 869 Bei einem existenzvernichtenden Eingriff bzw. einer f ü r die Gesellschaft nachteiligen S t r u k t u r v e r ä n d e r u n g fehlt es i.d.R. bereits an der Einzelausgleichsfähigkeit. 870 Soweit in einem von einem H a u p t v e r s a m m l u n g s b e s c h l u s s gebilligten Vorgang ein Verstoß gegen Kapitalerhaltungsvorschriften liegt, wird der Beschluss bereits nach § 2 4 1 N r . 3 A k t G f ü r nichtig gehalten (vgl. n u r Hüffer, A k t G § 2 4 1 Rn. 17; MUlbert, Aktiengesellschaft (1996), S. 291 jeweils m.w.N.). 871 Dies gilt auch f ü r die Z u s t i m m u n g z u m Abschluss eines Betriebspacht- u n d Betriebsüberlassungsvertrages; eine A n f e c h t u n g i.S. d. § 2 9 2 Abs. 3 S.2 A k t G ist folglich n u r möglich, w e n n der Vertrag nicht mit einem h e r r s c h e n d e n Gesellschafter abgeschlossen w u r d e , der N a c h teil bei Abschluss des Vertrages mit einem h e r r s c h e n d e n U n t e r n e h m e n s g e s e l l s c h a f t e r nicht ausgleichsfähig ist o d e r nicht ausgeglichen w e r d e n soll (a.A. Hüffer, in M K § 243 Rn. 105; Koppensteiner, i n K K $ 311 Rn. 109). 872 Vgl. i.E. auch Mülbert, Aktiengesellschaft (1996), S. 293 m . w . N . 873 Kropff in M K z u m A k t G § 311 Rn. 122. 867

5 3: Die Haftung im faktischen

Aktienkonzern

137

der Anspruch, eine fortdauernde Beeinträchtigung zu beseitigen 8 7 4 , was auch die Verpflichtung zu einer Zustimmung zur Aufhebung bzw. Änderung eines vormals gefassten Beschlusses erfassen kann.

VII. Folgen des fehlenden Nach teilsausgleichs Ein unmöglicher oder fehlender Nachteilsausgleich führt zum Schadensersatz gemäß § 317 A k t G , ohne dass ein weiteres Verschulden des herrschenden U n t e r n e h mens erforderlich wäre 8 7 5 . Dies folgt aus der Maßgeblichkeit des in Abs. 2 A k t G formulierten normativen, objektiv gefassten Haftungsmaßstabes 8 7 6 , wonach es nur darauf ankommt, dass sich die veranlasste Entscheidung nicht mehr im unternehmerischen Ermessensspielraum dessen gehalten hat, was ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft in sonst gleicher Lage getan hätte. Dass nach § 3 1 7 Abs. 2 A k t G die Ersatzpflicht entfällt, wenn auch ein ordentlicher Vorstand einer unabhängigen Gesellschaft das für den Schadenseintritt kausale Geschäft getroffen hätte, ist damit auch nicht als Folge einer Exkulpationsmöglichkeit zu verstehen. Vielmehr entfällt in diesem Fall bereits die Nachteiligkeit des Rechtsgeschäfts oder der M a ß n a h m e 8 7 7 , womit der Tatbestand des § 317 Abs. 1 A k t G ausgeschlossen wird 8 7 8 . Erst wenn die Nachteiligkeit feststeht und der Ausgleich nicht stattfindet oder von vornherein nicht möglich ist, tritt Rechtswidrigkeit ein. Die Privilegierungsfunktion des § 311 A k t G ist dann aus der Betrachtung auszuschließen, weshalb neben den Schadensersatzanspruch aus § 3 1 7 A k t G auch die allgemeinen Anfechtungs- und Haftungstatbestände treten 8 7 9 . Insbesondere sind neben § 3 1 7 A k t G auch die §§ 57, 60, 62 A k t G anwendbar 8 8 0 .

Hüffen AktG § 317 Rn. 10. So ganz h.M. Emmerich/Sonnenschein/Habersack, §27 II 1; Habersack, in Emmerich/ Habersack § 317 Rn. 5; Hüffen AktG § 317 Rn. 5; Koppensteinen in KK § 317 Rn. 14; Kropff in MK zum AktG § 317 Rn. 26; a.A. Brüggemeier, AG 1988, 91, 100. 876 Vgl. nun auch die grundlegende Entscheidung des BGH (Urt. v. 1.3.1999) zu § 317 Abs. 2 AktG in AG 1999, 372, 374. 877 Vgl. bereits oben S. 87. 878 Habersack, in Emmerich/Habersack § 317 Rn. 7; Hüffen AktG § 317 Rn. 11. 879 Habersack, in Emmerich/Habersack §311 Rn. 83; Hüffen AktG §317 Rn. 17; Koppensteiner, in KK § 317 Rn. 40. 880 Habersack, in Emmerich/Habersack § 317 Rn. 34; Hüffen AktG § 317 Rn. 17; Lutter, in KK, 2. Aufl., §57 Rn. 81; Koppensteiner, in KK, 2. Aufl. §317 Rn.40; Krieger, in Münchner Handbuch AG §69 Rn. 59, 96; a.A. Michalski/Zeidler, AG 1980, 261, 264, die meinen die Anwendung des § 62 AktG sei neben § 317 AktG überflüssig, dagegen zu Recht Habersack, in Emmerich/Habersack § 311 Rn. 83 in Fn. 227 unter Hinweis auf die unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen. 874

875

138

Kapitell:

Die gesetzlichen

1) Dogmatische

Einordnung

Regelungen

der Regelung

zur

Haftung

in § 317 AktG

Die früher teilweise anzutreffende Ansicht, § 317 AktG stehe im Mittelpunkt des Schutzsystems des faktischen Konzerns und der in § 311 AktG geregelte Ausgleich sei nur eine besondere Form des Schadensersatzes, ist heute der Einsicht gewichen, dass als Grundnorm § 311 AktG anzusehen ist und § 317 AktG nur der Durchsetzung des dort normierten Verbotes dient 881 . Den beiden Regelungen liegt damit ein einheitlicher Gedanke zugrunde, weshalb auch die Frage, welches Verhalten rechtswidrig und damit haftungsbegründend ist, mit Blick auf §311 AktG entschieden werden muss. Aus demselben Grund kann aber auch die Streitfrage, ob es sich bei § 317 AktG um einen deliktischen Haftungstatbestand 8 8 2 als Verschärfung zu § 117 AktG handelt oder um eine organschaftliche Haftung 8 8 3 , weder in dem einen noch in dem anderen Sinn entschieden werden. Für die Qualifikation als Organhaftung wird geltend gemacht, das herrschende Unternehmen nehme Organfunktionen für sich in Anspruch, wofür insbesondere die Regelung in § 317 Abs. 2 AktG spreche 884 . Im Übrigen wird auch angeführt, dass der Vorstand selbst im Anwendungsbereich des § 311 AktG nicht nach § 93 AktG hafte und die damit eingeschränkte Verantwortlichkeit durch die Haftung nach § 317 AktG ergänzt werde 8 8 5 . Auch sei die Haftung des § 317 AktG in ihrer konkreten Ausgestaltung dem Vorbild der Vorstandshaftung in § 93 AktG bzw. der Organhaftung bei Bestehen eines Beherrschungsvertrages nachgebildet 886 . Die Haftung des herrschenden Unternehmensgesellschafters in einem faktischen Konzern beruht indes nicht darauf, dass das herrschende Unternehmen organschaftliche Befugnisse wahrgenommen hat. Das herrschende Unternehmen hat weder die Stellung eines Organs noch besitzt es Leitungsmacht in Form eines Weisungsrechts 887 . Die Leitungsverantwortung des Vorstandes (§ 76 AktG) wird durch dieses Regelungssystem weder durchbrochen noch eingeschränkt 888 , weshalb das herrschende Unternehmen auch nicht an der Stelle des Vorstandes Organfunktionen übernimmt. Hintergrund der Haftung ist vielmehr, dass das herrschende Unternehmen der abhängigen Gesellschaft einen Nachteil zufügt, ohne diesen, wie es das Gesetz vorsieht, auszugleichen. Damit verstößt es gegen seine Treue-

881 Vgl. bereit oben S. 70; vgl. i.ü. Habersack, in Emmerich/Habersack §317 Rn. 2; H ü f f e r , AktG § 317 Rn. 1; Krieger, in Münchner Hdb. § 69 Rn. 103 f.; K r o p f f , in MK zum AktG § 317 Rn. 5. 882 Vgl. etwa Habersack, in Emmerich/Habersack § 317 Rn. 11. 883 So die h.M. vgl. DJT-Konzernrecht Rn. 416; Koppensteiner, in KK §317 Rn. 5; K r o p f f , in MK zum AktG § 317 Rn. 8; Mestmäcker, in FS Kronstein S. 129, 141; Möbring, in FS Schilling S. 253,263. 884 K r o p f f , in MK zum AktG § 317 Rn. 8 m.w.M. 885 Koppensteiner, in KK § 317 Rn. 5. 886 K r o p f f , in MK zum AktG § 317 Rn. 8. 887 Vgl. Habersack, in Emmerich/Habersack §317 Rn. 11 m.w.N. 888 H ü f f e r , AktG, §311 Rn. 48; Koppensteiner, i n K K § 3 1 1 Rn. 90; K r o p f f , in Geßler/Hefermehl § 311 Rn. 29; a.A. Wilhelm, Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person (1981), S. 243 ff.

5 3: Die Haftung

im faktischen

Aktienkonzern

139

pflicht als Gesellschafter 8 8 9 , weshalb die Regelung in §317 A k t G auch als Ausdruck und Folge der hier verletzten Treuepflichten anzusehen ist 890 . Der Umstand, dass der Vorstand der abhängigen Gesellschaft im Anwendungsbereich des § 311 A k t G nicht haftet, rechtfertigt keine andere Auffassung 8 9 1 . Zwar bleibt als Maßstab, an dem die Sorgfaltspflichten des Vorstandes zu messen sind, auch im faktischen Konzern das Eigeninteresse der abhängigen Gesellschaft unverändert bestehen 892 . Dieses Eigeninteresse wird aber auch nicht verletzt, wenn der der Gesellschaft zugefügte Nachteil ausgeglichen wird. Sicher würde ohne die gesetzlich aufgestellte Verpflichtung zum Nachteilsausgleich eine Nachteilszufügung ohne Ausgleichsregelung eine H a f t u n g nach § 93 A k t G nach sich ziehen. Indem das Gesetz allerdings selbst einen zeitversetzten Ausgleich erlaubt und gleichzeitig eine Pflicht hierzu statuiert, fehlt es f ü r den Fall, dass mit einer Ausgleichszahlung zu rechnen ist, aber bereits an der Pflichtwidrigkeit, wenn eine solche Maßnahme durchgeführt wird. Das Gesetz erweitert hier den Handlungsspielraum der Geschäftsleitung, weshalb ein Handeln, das sich in diesem Rahmen hält, auch keinen Anspruch aus § 93 und § 116 A k t G nach sich ziehen kann 8 9 3 . Daher entspricht auch die Ansicht, bereits die nachteilige Veranlassung sei rechtswidrig und es entfalle nur die H a f t u n g bei rechtzeitiger Vorteilsausgleichung 8 9 4 , nicht der Wertung des Gesetzes, die den zeitverschobenen Nachteilsausgleich gerade als zulässig erklärt. Haftungsgrund des § 317 A k t G ist die kompensationslose Nachteilszufügung, nicht aber die nachteilige Veranlassung selbst, soweit der Ausgleich möglich ist 895 . Selbst wenn man der Ansicht ist, der Ausgleich sei als Rechtmäßigkeitsbedingung anzusehen, weshalb bis zum Ausgleich die Veranlassung „schwebend rechtswidrig" sei 896 , tritt Rechtswidrigkeit erst ein, wenn nicht rechtzeitig ausgeglichen wird 8 9 7 . Damit tritt die H a f t u n g des herrschenden Unternehmens aber auch nicht an die Stelle der H a f t u n g des Vorstandes oder ergänzt sie 898 . Auch § 317 Abs. 2 A k t G kann nicht f ü r eine organschaftliche H a f t u n g ange889

Zu N o t w e n d i g k e i t einer Gesellschafterstellung z u r Bejahung eines Abhängigkeitsverhältnisses vgl. o b e n S. 77. 890 Vgl. bereits oben S. 70. 891 So aber Koppensteiner, in K K § 317 Rn. 5. 892 D u r c h die Möglichkeit z u m zeitversetzten Nachteilsausgleich wird den K o n z e r n i n t e r e s sen gegenüber den Interessen der Gesellschaft nicht der Vorrang eingeräumt (so aber Luchterhandt, Z H R 133 (1970), 1, 46 ff.; f ü r den Fall, dass dies n o t w e n d i g ist, u m ü b e r h a u p t einen faktischen K o n z e r n bilden zu k ö n n e n , auch Hommelhoff, K o n z e r n l e i t u n g s p f l i c h t (1982), S. 137). A n d e r s als der Abschluss eines Beherrschungsvertrages hat eine faktische K o n z e r n i e r u n g keine z w e c k ä n d e r n d e W i r k u n g , weshalb auch weiterhin n u r das Eigeninteresse der Gesellschaft, nicht aber dasjenige des h e r r s c h e n d e n U n t e r n e h m e n s d e m Vorstand als Maßstab dienen darf. 893 Ist mit einem Ausgleich nicht zu rechnen bzw. ist der N a c h t e i l bereits nicht ausgleichsfähig, darf der Vorstand eine solche M a ß n a h m e hingegen nicht d u r c h f ü h r e n , weshalb er d a n n u n mittelbar nach § 93 A k t G haftet (Kropff, in M K z u m A k t G § 3 1 7 Rn. 106). 894 So Würdinger, in G K z u m A k t G § 317 R n . 2. 895 Vgl. auch H u f f er, A k t G § 317 Rn. 6 m . w . N . 896 So Beuthien, D B 1969, 1781, 1783; ihm folgend Koppensteiner, in K K § 3 1 7 Rn. 8; Möhring, in FS Schilling S. 253, 261. 897 Vgl. auch Hüffer, A k t G § 317 Rn. 6. 898 So aber Koppensteiner, in K K § 3 1 7 Rn. 5.

140

Kapitel I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

f ü h r t werden. Hiermit wird nur auf das Verhalten der Leitungsorgane Bezug genommen, u m hieran die H a f t u n g des herrschenden Unternehmens zu knüpfen 8 9 9 . Die H a f t u n g wird indes nicht normiert, weil der herrschende Unternehmensgesellschafter sich organschaftliche Befugnisse angemaßt hat. Ebenso wenig wie der organschaftliche Ansatz der herrschenden Meinung kann aber auch die Ansicht überzeugen, nach der § 317 A k t G als Verschärfung gegenüber § 117 A k t G anzusehen ist 900 . Es geht hier nicht um eine allgemeine deliktische H a f t u n g , sondern u m die H a f t u n g des herrschenden Gesellschafters, der seine Pflicht, die Interessen der abhängigen Gesellschaft zu wahren, verletzt hat 901 . Auch die Vertreter des deliktischen Erklärungsansatzes erkennen, dass die nachteilige Einflussnahme durch das herrschende U n t e r n e h m e n als Sanktion f ü r eine Treuepflichtverletzung eingestuft werden kann 9 0 2 . Sie führen hiergegen aber die Regelung in § 317 Abs. 3 A k t G an, wonach neben dem herrschenden Unternehmen als Gesamtschuldner die gesetzlichen Vertreter des herrschenden Unternehmens haften. Die Begründung einer zusätzlichen, zur besseren Durchsetzung der Ziele der Vorschrift aufgestellten 9 0 3 Geschäftsleiterhaftung 9 0 4 neben der H a f t u n g des herrschenden Unternehmens spricht allerdings nicht gegen die hier vorgenommene und f ü r eine deliktische Einordnung der Regelung 905 , sondern nur f ü r eine getrennte Betrachtung der Haftungstatbestände.

2) Der Inhalt des Schadensersatzanspruches

aus §317

AktG

Der Inhalt des Schadensersatzanspruches aus §317 A k t G bestimmt sich nach §§ 249 ff. BGB und ist somit grundsätzlich in F o r m der Naturalrestitution zu leisten. Was durch Naturalrestitution nicht kompensiert werden kann, ist durch Geld zu ersetzen 9 0 6 . Einzustehen ist f ü r den Schaden, der durch den unterlassenen Ausgleich 907 der nachteiligen Maßnahme entstanden ist 908 . Der tatsächliche Schaden 899

Habersack, in E m m e r i c h / H a b e r s a c k § 317 Rn. 11. So Habersack, in E m m e r i c h / H a b e r s a c k § 317 Rn. 11. 901 Bereits in der R e g i e r u n g s b e g r ü n d u n g w u r d e daher auch darauf verwiesen, dass eine H a f t u n g anderer P e r s o n e n n u r aus § 117 A k t G bzw. allgemeinen R e c h t s g r u n d s ä t z e n abzuleiten ist (Regierungsentwurf a b g e d r u c k t bei Kropff, S. 419). 902 Vgl. noch Habersack, in E m m e r i c h / H a b e r s a c k 1. Aufl. § 317 Rn. 7. 903 Vgl. R e g i e r u n g s b e g r ü n d u n g a b g e d r u c k t bei Kropff S. 419. 904 D e r gesetzliche Vertreter des h e r r s c h e n d e n U n t e r n e h m e n s handelt bereits seiner Gesellschaft gegenüber pflichtwidrig, w e n n er eine nicht ausgleichsfähige M a ß n a h m e bei der abhängigen Gesellschaft als O r g a n der h e r r s c h e n d e n Gesellschaft veranlasst u n d so seine Gesellschaft der abhängigen gegenüber schadensersatzpflichtig macht. Gleicht er diesen Schaden bei der abhängigen Gesellschaft aus, erlischt auch die Schadensersatzverpflichtung der h e r r s c h e n d e n G e sellschaft, w o m i t auch kein A n s p r u c h seiner Gesellschaft gegen ihn m e h r besteht. 905 Vgl. auch Kropff, in M K z u m A k t G § 317 Rn. 8 in Fn. 12. 906 Koppensteiner, in KK § 317 Rn. 18. 907 Z u m H a f t u n g s g r u n d vgl. bereits o b e n S. 139. 908 Kropff, in M K z u m A k t G § 3 1 7 Rn. 33; Luchterband, Z H R 133 (1970), 1, 36; Leo, A G 1965, 356; Werner, A G 1967,125; a.A. Würdinger, in G K z u m A k t G § 317 A n m . 2, Geßler, in FS W e s t e r m a n n S. 160, nach denen der Schaden aus der nachteiligen Weisung zu ersetzten ist, da diese bereits die H a f t u n g b e g r ü n d e . 900

5 3: Die Haftung im faktischen

Aktienkonzern

141

kann daher den U m f a n g des ex ante zu beurteilenden Nachteils übersteigen 9 0 9 , aber auch unterschreiten 9 1 0 . I m letzteren Fall ist jedoch im H i n b l i c k auf den Sanktionscharakter der N o r m , der es verbietet, dem herrschenden Unternehmen eine spätere positive Entwicklung zugute kommen zu lassen, der zuvor ermittelte Nachteil als Mindestschaden zu liquidieren 9 1 1 . Trotz der vom Gesetzgeber aufgestellten Verpflichtung zur Erstellung eines Abhängigkeitsberichts (vgl. § § 3 1 2 ff. A k t G ) , der als Prüfungsgrundlage für die Anwendung der §§ 311, 317 A k t G dienen soll 9 1 2 , wird sich die Frage, wie sich die Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft im Einzelnen entwickelt hätte, wenn der Ausgleich nicht unterlassen worden wäre, teilweise nur schwer beantworten lassen. Dies gilt insbesondere, wenn das oder die schadensbegründenden Ereignisse weiter zurückliegen oder intensiv auf die abhängige Gesellschaft eingewirkt wurde. So steht häufig ein mehrjähriger Geschäftszeitraum in Rede, in dem mit einer Vielzahl von Handelspartnern eine noch sehr viel größere Anzahl von Rechtsgeschäften getätigt wurde. Hier muss zur Bestimmung des Schadens vor allem auch auf § 2 8 7 Z P O zurückgegriffen werden. Ü b e r § 287 Z P O werden bei Schadensersatzprozessen die normalen Darlegungs- und Beweisanforderungen hinsichtlich Entstehung und H ö h e eines Schadens in mehrfacher Hinsicht ermäßigt, da ein strenger Beweis insoweit häufig kaum durchführbar ist und der Schuldner der Verursacher der Beweisnotlage ist 9 1 3 . Hiermit wird allerdings nicht das schädigende Ereignis, der Haftungsgrund selbst, erfasst. Zu diesem gehört aber neben dem rechtswidrigen Tun oder Unterlassen auch die haftungsbegründende Kausalität, weshalb diese vom Kläger grundsätzlich gemäß § 2 8 6 Z P O darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen sind 9 1 4 . A n wendbar ist § 287 Abs. 1 S. 1 Z P O allerdings auf den haftungsausfüllenden Tatbestand 9 1 5 . A u c h wenn sich die Abgrenzung zwischen haftungsbegründender und haftungsausfüllender Kausalität teilweise schwierig gestaltet und im Einzelnen umstritten ist 9 1 6 , gilt grundsätzlich, dass zum haftungsbegründenden Tatbestand die Betroffenheit des Geschädigten durch das Schadensereignis gehört, womit zur Koppensteiner, in KK § 317 Rn. 15. Koppensteiner, in KK § 317 Rn. 17. 911 H.M.: vgl. Hüffer, AktG §317 Rn. 7; Krieger, in Münchner Handbuch zum AktG §69 Rn. 91; Kropff, in MK § 311 Rn. 31 ff. m.w.N. auch zu älteren, heute überwiegend abgelehnten Ansichten. 912 Dieser jährlich vom Vorstand der abhängigen Gesellschaft zu erstellende Rechenschaftsbericht über ihre Beziehungen zur herrschenden wird grds. von Abschlussprüfern (ausgenommen davon ist die sogenannte „kleine AG"; kritisch zu dieser Befreiung Hommelhoff G 55 f) und vom Aufsichtsrat der abhängigen Gesellschaft überprüft (§§312-314 AktG). Wird der Bericht nicht ordnungsgemäß erstellt, haften Vorstand und Aufsichtsrat der abhängigen Gesellschaft gemäß § 318 AktG für den dadurch entstehenden Schaden. § 315 AktG sieht die Möglichkeit einer Sonderprüfung vor. 913 Hartmann, in Baumbach/Lauterbach § 287 Anm. 1 A. 914 Zu Beweiserleichterungen im Zusammenhang mit der Frage einer Veranlassung vgl. bereits oben S. 85 ff. 9.5 Prutting, in MK, ZPO § 287 Rn. 13. 9.6 Prutting, in MK, ZPO § 287 Rn. 10 ff. 909 910

142

Kapitell:

Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

haftungsbegründenden Kausalität insbesondere der Zusammenhang zwischen schädigender Handlung und Rechtsgutsverletzung zu zählen ist. Der kausale Zusammenhang zwischen Haftungsgrund und dem entstandenen Vermögensschaden ist dagegen der haftungsausfüllenden Kausalität zuzurechnen 9 1 7 . Uberträgt man dies auf § 3 1 7 Abs. 1 A k t G , ergibt sich daraus folgendes: Zum haftungsbegründenden Tatbestand gehören die Abhängigkeit, die Veranlassung 918 sowie der Eintritt eines Nachteils ohne Ausgleich, wobei es nach § 317 Abs. 2 allerdings dem herrschenden Unternehmen obliegt, den Nachteil zu widerlegen bzw. den Ausgleich zu beweisen. Sind diese Umstände bewiesen bzw. als vorliegend zu vermuten, steht die rechtswidrige Handlung und die Betroffenheit der abhängigen Gesellschaft und damit der Haftungsgrund fest. Der Schaden kann dann vom Gericht nach § 287 Z P O geschätzt werden. Allerdings muss die Klägerseite dem Gericht hinreichende Kriterien zur Bestimmung der Schadenshöhe liefern 9 1 9 . Fehlen jegliche Anhaltspunkte zur Schadensbemessung - zumindest für einen Mindestschaden 9 2 0 - , hat das Gericht die Klage abzuweisen 9 2 1 . Im Zusammenhang mit der Zuerkennung eines Mindestschadens ist auch die Frage aufgeworfen, ob eine Pauschalierung des entstandenen Schadens derart zulässig ist, dass insoweit der Jahresverlust, der bei der abhängigen Gesellschaft eingetreten ist, angesetzt werden kann 9 2 2 . Dies wird teilweise für den Fall einer ausgeglichenen Bilanzierung vor Eintritt des haftungsbegründenden Tatbestandes bejaht, wenn nicht damit zu rechnen war, dass ohne die nachteilige Maßnahme sich dies geändert hätte und Gründe vorliegen, die für einen Schadenseintritt zumindest in dieser Höhe sprechen 9 2 3 . Vielfach sieht man die Regelung des § 287 Z P O insoweit aber auch überdehnt, zumal eine solche Überdehnung nicht erforderlich sei, da für den Fall einer qualifiziert faktischen Konzernierung § 302 A k t G analog anzuwenden sei 9 2 4 . Was unter einem qualifiziert faktischen Konzern im Einzelnen zu verstehen ist und ob hierauf überhaupt noch ein Anspruch gestützt werden sollte, muss an dieser Stelle offen gelassen werden. Hierfür müsste zuviel vorweg genommen werden. Entsprechendes gilt auch für die Überlegung, die Bildung eines qualifizierten faktischen Konzerns selbst als nachteilige Maßnahme im Sinne des § 317 Abs. 1 A k t G anzusehen und den eingetretenen Jahresverlust als den daraus resultierenden, nach § 287 Z P O zu schätzenden Mindestschaden zu behanPrüttmg, in M K , Z P O § 287 Rn. 13 m.w.N. Zu Beweiserleichterungen in diesem Zusammenhang vgl. bereits oben S. 85. 919 Koppensteiner, in K K § 3 1 7 Rn. 19 a.E.; Prutting, in MK, Z P O § 2 8 7 Rn. 17; Stein/J-Leipold, § 287 Rn. 25. 9 2 0 B G H v. 12.10.1993 = N J W 1994, 663; außerdem B G H v. 26.11.1990 = W M 1991,281. 921 Prutting, in M K , Z P O , § 287 Rn. 28 f. 922 Koppensteiner, in K K § 3 1 7 Rn. 19 m.w.N.; ebenso Altmeppen, D B 1994, 1912, 1915 (für einen Anspruch nach § 3 0 f. G m b H G ) ; ähnlich Balz, A G 1992, 292f, Gäbelein, die A G 1990, 187; Hoffmann-Becking, in 59. D J T R 179; tendenziell auch Schulze-Osterloh, ZIP 1993, 1838; a.A. die h.M. vgl. etwa Hüffer, AktG § 3 1 7 Rn. 9; Stodolkowitz, ZIP 1992, 1521; Wiedemann, D B 1993, 152; K. Schmidt, in Hdb. Konzernrecht S. 112; Deilmann, Die Entstehung des qualifiziert faktischen Konzerns (1990), S. 123 ff jeweils m.w.N. 923 Koppensteiner, in K K § 317 Rn. 19. 9 2 4 Vgl. Hüffer, A k t G § 317 Rn. 9 m.w.N. 917

918

§ 3: Die Haftung

im faktischen

Aktienkonzern

143

dein 9 2 5 . Festzustellen ist jedenfalls, dass nach der bisherigen Rechtsprechung für das Vorliegen eines qualifiziert faktischen Konzerns die fehlende Möglichkeit eines Einzelausgleichs verlangt wurde, insbesondere weil sich einzelne schädigende Eingriffe nicht mehr isolieren ließen 9 2 6 . Diese Fälle sind aus der hier anzustellenden Betrachtung ausgenommen. Auf sie wird an späterer Stelle zurückzukommen sein. Können bereits einzelne der abhängigen Gesellschaft nachteilige Maßnahmen nicht festgestellt werden, ist die Möglichkeit einer Schadensschätzung von vornherein nicht eröffnet 9 2 7 . Eine andere Frage ist es auch, ob eine Analogie zu § 302 A k t G damit begründet werden kann, dass im Verhältnis zwischen herrschenden und abhängigen Unternehmen ein Zustand geschaffen wurde, in dem die abhängige Gesellschaft ganz auf die Interessen der herrschenden Gesellschaft ausgerichtet wurde. Diese Frage stellt sich unabhängig davon, ob einzelne schädigende Maßnahmen einen Schadensersatzanspruch nach sich ziehen. Auch hierauf wird an späterer Stelle zurückzukommen sein 9 2 8 . Können einzelne nachteilige Maßnahmen und Rechtsgeschäfte festgestellt und, wenn auch mit Hilfe von Beweiserleichterungen 9 2 9 , auf eine Veranlassung des herrschenden Unternehmens zurückgeführt werden, steht einem Einzelausgleich grundsätzlich nichts im Wege, wenn auch der entstandene Schaden nach § 287 Z P O geschätzt werden muss. Natürlich ist die Schätzung eines Schadens nicht möglich, wenn diese mangels greifbarer Anhaltspunkte „völlig in der Luft hängen" würde 9 3 0 . Dies ist aber etwa dann nicht der Fall, wenn die Gesellschaft vor Eintritt des haftungsbegründenden Tatbestandes Jahresüberschüsse erzielt hat und keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass sich dies ohne die durchgeführten nachteiligen Maßnahmen geändert hätte. Lässt sich der Schaden hier nicht konkret beSchiessl, A G 1985, 188. Im Aktienrecht sind die für eine solche Haftung maßgeblichen Punkte noch sehr viel weniger geklärt als im GmbH-Recht (vgl. etwa Goette, DStR 1993, 568; Kropff Die A G 1993, 485, 486, Kaiser, Kapitalgesellschaftsrecht § 53 Rn. 6). Grundsatzurteile des B G H sind hierzu nicht ergangen. Lediglich Instanzgerichte haben sich mit dem qualifizierten faktischen Aktienkonzern befasst, allerdings meist nur am Rande mit der Definition und nicht mit Haftungsfragen (Ablehnung eines qualifizierten faktischen Aktienkonzern durch O L G Stuttgart, v. 13.3.1994 = Die A G 1994, 564; L G Mannheim v. 17.1.1990 = W M 1990, 760 „ S E N " ; nur das O L G Hamm v. 3.11.1986 = ZIP 1986, 1554 „Banning", hat einen qualifiziert faktischen Aktienkonzern angenommen); in der Literatur wurde vielfach für eine Übertragung der im G m b H Recht hierzu entwickelten Grundsätze plädiert (vgl. hierzu Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 28 III 1; Hüffer, A k t G § 302 Rn. 8a; Krieger, in Hbd. § 69 Rn. 113, 115 ff.; Kropff in M K Anh. § 317 Rn. 23 ff m.w.N.); teilweise wurde aber auch bereits vor der Entscheidung in Sachen Bremer Vulkan (vgl. hierzu unten S. 200 ff.) davon ausgegangen, dass der qualifiziert faktische Aktienkonzern nur eine nutzlose Erfindung der Wissenschaft sei (in diese Richtung Altmeppen, Abschied vom qualifiziert faktischen Konzern (1991), S.47; Koppensteiner, in KK vor §311 Rn. 24; Mertens, Die A G 1987, 40; Seydel, Konzernbildungskontrolle (1995) S. 329); vgl. hierzu unten S. 345 ff. 9 2 7 Vgl. oben S. 142 ff. 9 2 8 Vgl. unten S. 380 ff. 9 2 9 Vgl. oben S. 85. 9 3 0 Zur Unzulässigkeit in einem solchen Fall vgl. B G H v. 22.5.1984 = B G H Z 91, 243, 256; B G H v. 26.11.1986 = N J W 1987, 909, 910; Greger in Zöller § 287 Rn. 4 m.w.N. 925

926

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Kapitell:

Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

stimmen, ist es dann auf der Grundlage des § 287 ZPO aber auch gerechtfertigt, den Jahresverlust als Mindestschaden anzusetzen. Dies gilt auch, wenn die abhängige AG durch die Einflussnahmen insolvent geworden ist. Allerdings kann der gesamte Insolvenzschaden nicht von dem herrschenden Unternehmen geltend gemacht werden, wenn feststeht, dass auch andere Umstände, wie etwa nachteilige Veränderungen auf dem Markt, zu der Insolvenz der Gesellschaft beigetragen haben. Insoweit handelt es sich nicht um ein Problem der kumulativen bzw. alternativen Kausalität, bei der eine Handlung mitursächlich für einen bestimmten Schaden in seinem vollem Umfang ist, sondern um ein Problem der Bestimmung der zutreffenden Schadenshöhe, das sich ergibt, wenn einzelne Nachteilszufügungen nur zu einem Teil zu der insgesamt feststellbaren Vermögenseinbuße beigetragen haben. Auch insoweit ist der auf die Einflussnahme des herrschenden Unternehmen zurückgehende Schaden zu schätzen, mit der Folge, dass nicht der gesamte Insolvenzschaden von dem herrschenden Unternehmen zu tragen ist. Eine grundsätzliche Undurchführbarkeit des Einzelausgleichs kann auch hier nicht angenommen werden 931 .

Zusammenfassung zu § 3 Zurückzukommen ist an dieser Stelle auf die eingangs zu diesem Paragraphen aufgeworfene Frage 932 nach der Funktionsfähigkeit der §§311 ff. AktG. Teilweise sieht man auch heute noch in § 311 AktG eine - im Hinblick auf den zu den mitgliedschaftlichen Pflichten erlangten Erkenntnisstand - überholte Norm 933 , die allenfalls in einfach strukturierten Fällen funktionstauglich ist 934 . Überwiegend hat sich die lange Zeit allzu negative Beurteilung der §§311 ff. AktG aber gewandelt 935 . Zurückzuführen ist dies nicht zu letzt auf eine von Hommelhoff durchgeführte rechtstatsächliche Untersuchung 936 , die belegt, dass das System des Nachteilsausgleichs und Abhängigkeitsberichts in der Praxis durchaus funktionsfähig ist. Die Einschätzung, dass die Vorstandsmitglieder abhängiger Gesellschaften sich nicht gegen nachteilige Maßnahmen des herrschenden Unternehmens wehren

A.A. Drygala, GmbHR 1993, 321. Vgl. oben S. 72. 933 Zöllner, ZHR 162 (1998), 235, 245. 934 Zöllner, ZHR 162 (1998), 235,240. 9 3 5 Auch der BGH hat mit seinem Urteil v. 1.3.1999 (NJW 1999, 1706 = W M 1999, 850 = WuB II A. §317 AktG 1.99) mittlerweile eine höchstrichterliche Entscheidung zu der Frage der Nachteiligkeit einer Maßnahme i.S. d. §§ 311 ff. AktG getroffen; vgl. hierzu auch Kleindiek, DStR 2000, 559 ff.; aus der instanzengerichtlichen Rspr. vgl. die Nachweise bei Kropff, in MK zum AktG vor § 311 Rn. 29 in Fn. 65. 936 Hommelhoff, ZHR 156 (1992), 295, 313; Hommelhoff selbst (Gutachten zum 59. DJT G 22) weist zwar darauf hin, dass die von ihm durchgeführte Befragung keinen repräsentativen Charakter habe, nichtsdestotrotz aber durchaus gewichtige Aufschlüsse im Grundsätzlichen liefern könne. 931

932

Zusammenfassung

zu § 3

145

würden, kann, wie sich hieraus ergab, so nicht bestätigt werden 9 3 7 . Allein das Bestehen einer Berichtspflicht, aufgrund derer nachteilige Einflussnahmen des herrschenden Unternehmens aufgenommen werden müssen, entfaltet bereits eine starke Vorfeldwirkung, die dafür sorgt, dass nachteilige Einflussnahmen in der Regel von vornherein unterblieben 9 3 8 . Aber auch, wenn es zu solchen k o m m t , hat man auf der Grundlage der anerkannten Beweiserleichterungen bei Feststellung der Tatbestandsvoraussetzungen und den Möglichkeiten der Schadensschätzung ein wirksames Regelungssystem an der H a n d , das den Besonderheiten einer faktischen Unternehmensverbindung Rechnung trägt 9 3 9 . Entgegenzutreten ist daher auch der These, §311 A k t G stelle sich vor dem heutigen Erkenntnisstand über mitgliedschaftliche Pflichten als überholte N o r m dar 940 . Vielmehr gilt es, die Regelung vor diesem Hintergrund zu interpretieren 9 4 1 . Angesichts der heutigen Erkenntnisse um die Treuepflichten der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft ist die besondere Bedeutung des § 311 A k t G im Verhältnis eines herrschenden Gesellschafters zu seiner Gesellschaft weniger im Verbot der Nachteilszufügung zu sehen, als vielmehr in der Möglichkeit, den Nachteilsausgleich bis zum Ende des Geschäftsjahres hinauszuzögern. Damit wird keine Schädigung der abhängigen Gesellschaft zugelassen. Ziel der Regelung ist es vielmehr, mit Hilfe der gesteigerten Rechenschaftspflichten das auch hier bestehende Schädigungsverbot zu garantieren. Da es sich nicht um eine modifizierte F o r m des Schadensersatzes f ü r Unrechtszufügung handelt, sollte auch nicht von einem Schädigungsprivileg, sondern von einem Konzernprivileg gesprochen werden. Zu einem im Gesetz besonders normierten Anspruch auf Schadensersatz aufgrund der Verletzung der gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten k o m m t es erst, w e n n der Nachteilsausgleich unterbleibt bzw. von vornherein nicht möglich ist (§317 AktG). Allein die Möglichkeit, dass ein Nachteilsausgleich im Einzelfall nicht durchzuführen ist, berechtigt aber noch nicht dazu, einem Regelungsmodell in allen anderen Fällen die Funktionstauglichkeit abzustreiten. Vielmehr gilt es, es

937

Hommelhoff, Z H R 156 (1992), 295, 300 ff. Hommelhoff, in 59. D J T 1992, G 5 (16 ff.); ders., Z H R 156 (1992), 295, 313; Hüffer, A k t G § 312 Rn. 1; Lutter, Z H R 151 (1987), 444, 459 ff. 939 Vgl. auch Altmeppen, Die H a f t u n g des Managers im K o n z e r n (1998), S. 61; ders., Z I P 1996, 693; Flume, D i e juristische P e r s o n S. 125 Fn. 111; Forster, in W i r t s c h a f t s p r ü f e r - H a n d b u c h 1992 A b s c h n i t t F R n . 676, S.440; Gätsch, G l ä u b i g e r s c h u t z im qualifiziert faktischen K o n z e r n (1997) S. 144 f.; Hommelhoff, G u t a c h t e n G z u m 59. D t . Juristentag S. 19 ff.; Hüffer, A k t G § 311 Rn. 9; Lutter, Z H R 151 (1987), 444, 460 u n t e r A u f g a b e seiner in S A G 1976, 152, 159 geäußerten These, bei d e n §§311 ff A k t G handele es sich m e h r o d e r minder u m eine Scheinlösung; ders., D B 1992, 2185 ff. u n d insb. z u m Abhängigkeitsbericht in St. Galler K o n z e r n r e c h t s g e s p r ä c h S. 139; Kropff in FS Kastner S. 279, 283 f.; Neye, D B 1996,1521; Papagiannis, D e r faktische A k t i e n k o n z e r n (1993), S. 131; Rowedder, in: E n t w i c k l u n g e n im G m b H - K o n z e r n r e c h t S. 20, 34; K. Schmidt, J Z 1992, 856, 858 f.; Timm, N J W 1992, 2185, 2193 f.; auch die wirtschaftsrechtliche A b t e i l u n g des 59. D t . Juristentages hat nahezu einstimmig d e m Beschlussvorschlag z u g e s t i m m t , dass die § § 3 1 1 ff. A k t G konzeptionell z u t r e f f e n d angelegt sind (vgl. Sitzungsbericht R S. 191). 940 So Zöllner, Z H R 162 (1998), 235, 245. 941 Vgl. o b e n S. 68 f. 938

146

Kapitel

I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

konsequent anzuwenden 9 4 2 , u m s o mehr, als ein überzeugenderes Alternativmodell bislang nicht gefunden werden konnte 9 4 3 . Dies gilt auch, wenn es u m strukturelle Veränderungen der Gesellschaft geht. Insbesondere in diesem Zusammenhang wurde der Vorwurf erhoben, die Regelung der §§311 ff. A k t G könne nur vermögensmäßige Auswirkungen einer nachteiligen Veranlassung erfassen, sie sei konzeptionell aber ungeeignet, strukturellen Veränderungen, die durch konzernintegrative Maßnahmen bei der abhängigen Gesellschaft verursacht wurden, zu begegnen 9 4 4 . Natürlich steigt im Zuge zunehmender Verbundintegration die wirtschaftliche Abhängigkeit einer Tochtergesellschaft, was dazu führen kann, dass das Tätigkeitsfeld mehr und mehr an den Belangen des Konzerns ausgerichtet wird 9 4 5 . Damit einher geht sicher auch eine Verengung des wirtschaftlichen Betätigungsspielraums der abhängigen Gesellschaft 9 4 6 . Damit wird aber das System der §§311 ff. A k t G nicht funktionsuntauglich. Wirtschaftliche Verflechtungen sind in unserem heutigen Wirtschaftssystem unvermeidbar, weshalb sie sich häufig auch in einem Unternehmensverbund nur als Folge einer ordnungsgemäßen Ermessensausübung im Interesse der Gesellschaft darstellen werden. N u r soweit eine solche vom herrschenden Unternehmen veranlasste Maßnahme von vornherein als nachteilig f ü r die abhängige Gesellschaft zu bewerten ist, ist sie, wenn sich ihre Auswirkungen aufgrund der Tragweite nicht quantifizieren lassen 947 , nach § 317 A k t G i.V.m. § 249 BGB rückgängig zu machen. Ist dies nicht möglich bzw. stehen die hierfür erforderlichen A u f w e n d u n gen außer Verhältnis zum N u t z e n , ist ein Schadensersatzanspruch in Geld zu gewähren 9 4 8 . Liegt die Umstrukturierung auch im Interesse der abhängigen Gesellschaft, ist eine solche Maßnahme indes rechtmäßig 9 4 9 und somit bei der Beurteilung zukünftiger Veranlassungen als vor- oder nachteilig zugrunde zulegen. Hierauf aufbauende Entscheidungen sind dann nicht Folge der Abhängigkeit von einem herrschenden Unternehmen, sondern der wirtschaftlichen Gegebenheiten. Stellt sich eine solche Umstrukturierung im Nachhinein f ü r die abhängige Gesellschaft als nachteilig heraus, verwirklicht sich nur das jeder Gesellschaft unterliegende Risiko, dass eine unternehmenspolitische Entscheidung, trotz aller Sorgfalt, unrichtig war 9 5 0 . H i e r f ü r kann weder der Vorstand der abhängigen Gesellschaft noch das 942

Kiethe, W M 2000, 1182, 1184. Kropff, in M K z u m A k t G § 311 Rn. 28, 32 ff. 944 Hommelhoff, K o n z e r n l e i t u n g s p f l i c h t (1982), S. 132 ff.; Seydel, K o n z e r n b i l d u n g s k o n trolle (1995), S. 226 ff. 945 Z u m Fall der Ä n d e r u n g des U n t e r n e h m e n s g e g e n s t a n d e s vgl. aber auch bereits oben S. 103 ff. 946 Koppensteiner, in K K § 311 Rn. 25. 947 Vgl. hierzu im Einzelnen, insbesondere den Fällen, dass d u r c h die U m s t r u k t u r i e r u n g s m a ß n a h m e n die Existenzfähigkeit der Gesellschaft gefährdet wird, o b e n S. 95 ff. 948 D e r Vorstand einer abhängigen Gesellschaft, der eine solche M a ß n a h m e d u r c h f ü h r t bzw. die sich aus § 3 1 7 A k t G ergebenden A n s p r ü c h e gegen das h e r r s c h e n d e U n t e r n e h m e n nicht geltend macht, macht sich selbst gegenüber seiner Gesellschaft schadensersatzpflichtig. 949 Soweit sie o h n e Z u s t i m m u n g der H a u p t v e r s a m m l u n g ergehen kann. 950 Vgl. o b e n S. 98 ff. 943

Zusammenfassung

zu § 3

147

herrschende Unternehmen verantwortlich gemacht werden. Soweit letzteres trotzdem befürwortet wird, liegen die G r ü n d e hierfür wohl eher in einem tiefen Misstrauen gegen die faktische Konzernierung überhaupt und der damit verbundenen Konzerngefahren für die abhängige Gesellschaft, die so indes nicht bestätigt werden können. Anzuerkennen gilt es vielmehr, dass der faktische Konzern auch wirtschaftpolitisch als durchaus positive Kraft zu bewerten 9 5 1 und eine Konzernierung keineswegs nur mit Nachteilen f ü r die abhängigen Gesellschaften verbunden ist. Einer besonderen Behandlung müssen allerdings die Fälle unterzogen werden, in denen der Zweck einer Gesellschaft auf denjenigen einer anderen Gesellschaft ausgerichtet wird. Ein G r u n d , w a r u m eine ideelle Zwecksetzung und damit die Förderung der Interessen Dritter oder eine genossenschaftliche Zwecksetzung zulässig sein sollte, nicht jedoch die Festsetzung eines Zwecks, der die Förderung der Interessen nur eines Teils oder auch nur eines Mitglieds z u m Gegenstand hat, wenn alle Gesellschafter dem zugestimmt haben, ist derweil nicht ersichtlich. Zwar ist sicher richtig, dass die Kapitalerhaltungsvorschriften hier nicht in gleicher Weise funktionieren können wie bei einer auf Gewinnerzielung ausgerichteten Gesellschaft. Auf der anderen Seite gilt dies aber ebenso f ü r jede andere Gesellschaft mit nicht erwerbswirtschaftlicher Zielrichtung. Zu beachten gilt es hierbei allerdings, dass, wenn der Zweck einer Gesellschaft auf die Förderung einer anderen Gesellschaft oder gar eines Unternehmensverbundes ausgerichtet ist, das Interesse der abhängigen Gesellschaft mit dem Interesse dieser Gesellschaft bzw. mit dem Konzerninteresse identisch ist. Damit fehlt aber die Nachteiligkeit einer Maßnahme oder eines Rechtsgeschäfts, wenn infolgedessen, entsprechend dem Gesellschaftszweck, die Interessen eines anderen Unternehmens verfolgt werden. Ausgehend vom gesetzlichen Leitbild einer gewinnorientierten Gesellschaft wird die Funktionsfähigkeit des § 311 A k t G damit beschränkt, wenn auch nicht ganz außer Kraft gesetzt, da Maßnahmen, die mit dem Zweck der Gesellschaften nicht zu vereinbaren sind, weiterhin als nachteilig zu qualifizieren sind. Trotzdem macht eine solche Zwecksetzung eine Analogieziehung zu den §§ 302, 303 A k t G notwendig, da der Gesetzgeber mit den Vorschriften über den Vertragskonzern deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass er f ü r den Fall der Ausrichtung der Interessen einer Gesellschaft auf die Interessen einer anderen erhöhte Gefahren f ü r die abhängige Gesellschaft verbindet.

951 Vgl. etwa Lutter, in H o l d i n g - H d b . Teil A Rn. A 2 ff.; Hintzen, D S t R 1998, 1319; Holtmann, D S t r R 1998, 1278; aus betriebswirtschaftlicher Sicht vgl. G. Schenk, K o n z e r n b i l d u n g (1997), S. 220 u n d Z f b F 1997, 652, 658 ff. m . w . N .

148

Kapitel I: Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

§ 4: Die Haftung im faktischen GmbH-Konzern I. Die Anwendbarkeit der §§311, 317 AktG auf den faktischen GmbH-Konzern D i e „ n a t ü r l i c h e K o n z e r n o f f e n h e i t " der G m b H , die eine E r t e i l u n g u n m i t t e l b a r e r W e i s u n g e n d u r c h die G e s e l l s c h a f t e r e r l a u b t u n d s o m i t eine D u r c h s e t z u n g des K o n z e r n w i l l e n s o h n e die v e r t r a g l i c h l e g i t i m i e r e n d e L e i t u n g s m a c h t eines B e h e r r s c h u n g s v e r t r a g e s g r u n d s ä t z l i c h e r m ö g l i c h t 9 5 2 , hat dazu g e f ü h r t , dass der G r o ß t e i l der heute e x i s t i e r e n d e n G m b H - K o n z e r n e f a k t i s c h e K o n z e r n e sind. N i c h t s d e s t o t r o t z hat der G e s e t z g e b e r v o n einer K o d i f i k a t i o n des K o n z e r n r e c h t s h i e r a b g e s e h e n 9 5 3 . D e r V o r s c h l a g , das R e g e l u n g s m o d e l l des A k t i e n r e c h t s z u m

faktischen

K o n z e r n a u c h auf das G m b H - R e c h t a u s z u d e h n e n , hat bislang allerdings n u r w e nig A n k l a n g g e f u n d e n 9 5 4 . D i e g a n z h e r r s c h e n d e M e i n u n g l e h n t eine s o l c h e U b e r t r a g u n g a b 9 5 5 . A u c h die R e c h t s p r e c h u n g hat die Ü b e r n a h m e der § § 3 1 1 ff. A k t G auf den G m b H - K o n z e r n a b g e l e h n t 9 5 6 . N e b e n der g r u n d s ä t z l i c h e n K r i t i k an d e m R e g e l u n g s m o d e l l der § § 3 1 1 ff. A k t G 9 5 7 w e r d e n gegen eine A n a l o g i e v o r allem s t r u k t u r e l l e U n t e r s c h i e d e z w i s c h e n den b e i d e n G e s e l l s c h a f t s f o r m e n

hervorge-

hoben958. Z w a r k ö n n e n die g r u n d s ä t z l i c h e n B e d e n k e n gegen die F u n k t i o n s f ä h i g k e i t des M o d e l l s der § § 3 1 1 ff. A k t G n i c h t ü b e r z e u g e n 9 5 9 . A u c h b e r u h t diese R e g e l u n g n i c h t darauf, dass, w i e teilweise v o r g e b r a c h t w i r d , bei einer a b h ä n g i g e n A G der Eschenbruch, Konzernhaftung (1996), S. 260. Lediglich Teilaspekte aus dem Mitbestimmungs-, Steuer- und Bilanzrecht des GmbHKonzerns sind inner- und außerhalb des G m b H G gesetzlich geregelt. 954 Für eine Teilanalogie allerdings Kropff, in FS Semler S. 536 ff.; ders., in FS Kastner S. 279, 296 ff.; siehe auch Bälz, AG 1992, 277, 293 ff.; Koppensteiner, in Rowedder Anh. nach §52 Rn. 51; Rowedder, in Hommelhoff, Entwicklungen im GmbH-Konzernrecht ( Z G R Sonderheft 6) S.20ff.; ein eng an die § § 3 1 1 , 3 1 7 AktG angelehntes Haftungsmodell für die GmbH vertritt auch L. Möhring, Zum Schutz der Gläubiger einer konzernabhängigen GmbH (1992), S. 91 ff., 234 ff. 955 Assmann, in FS 100 Jahre GmbH-Gesetz S. 657, 695 ff.; Emmerich/Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht, § 31 12; Flume, Die juristische Person S. 89, 128; Hommelhoff, Die Konzernleitungspflicht (1982), S.248 f, 252 f.; Lutter, Entwicklungen im GmbH-Konzernrecht (ZGR Sonderheft 6) S. 205; Hommelhoff/Freytag, DStR 1996,1409, 1414; Raiser, Recht der Kapitalgesellschaften, 3. Aufl. § 53 Rn. 7; Schilling, in FS Hefermehl S. 390, 398, 402; Ulmer, Z H R 148 (1984), 392, 411 ff.; Zöllner, in Baumbach/Hueck, 17. Aufl., GmbH-Konzernrecht Rn. 82. 956 Vgl. bereits B G H v. 5.6.1975 = B G H Z 65, 15 = N J W 1976, 191 (ITT) und dies obwohl bereits 1973 der Entwurf eines GmbH-Konzernrechts von der Bundesregierung vorgelegt wurde, der für den faktischen GmbH-Konzern eine den §§311 ff. AktG entsprechende Vorschriften vorsah (§§247 ff. des Regierungsentwurfs eines GmbH-Gesetztes (BT-Drucks. 7/253); aus neuster Zeit B G H v. 17.9.2001 = N J W 2001, 3622, 3623 (Bremer Vulkan) und dazu Röhricht, in Gesellschaftsrecht in der Diskussion S. 3, 12. 957 Vgl. etwa Versteegen, Konzernverantwortlichkeit (1993), S. 130 f m.w.N. 958 B G H v. 16.9.1985 = B G H Z 95, 330, 340; Emmerich!Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht, §31 II 1; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht (1982), S.252; Raiser, Recht der Kapitalgesellschaften, 3. Aufl. § 53 Rn. 7. 959 Vgl. oben S. 145 ff. 952

953

§ 4: Die Haftung im faktischen

149

GmbH-Konzern

Vorstand aus seinen zwingend autonomen Organfunktionen verdrängt werde, auf die Aktionäre normalerweise keinerlei Einfluss hätten 9 6 0 . Dies kann bereits deshalb nicht überzeugen, da durch die § § 3 1 1 ff. A k t G in keiner Weise Einfluss auf die K o m p e t e n z der Organe genommen wird 9 6 1 . Entscheidend gegen die Ü b e r t r a gung dieses Regelungsmodells spricht aber das Fehlen einer Pflicht zur Aufstellung eines Abhängigkeitsberichts im G m b H - R e c h t , der durch einen neutralen Abschlussprüfer und den Aufsichtsrat zu prüfen wäre 9 6 2 . Dies sind aber für das Funktionieren eines zeitversetzten Nachteilsausgleichs notwendige Voraussetzungen, da dieser andernfalls nicht wie erforderlich kontrolliert werden kann 9 6 3 . Zwar wurde auch vorgeschlagen, nicht nur das Haftungskonzept der § § 3 1 1 , 3 1 7 A k t G auf die G m b H zu übertragen, sondern auch die Grundsätze über den A b hängigkeitsbericht nach § 3 1 2 A k t G 9 6 4 . Indes kann eine Verpflichtung zur A u f stellung eines Abhängigkeitsberichts nur durch eine gesetzliche A n o r d n u n g geschaffen werden. I m Ü b r i g e n ist auch eine dem § 314 Abs. 2 A k t G vergleichbare Pflichtprüfung hier nicht möglich, da das G m b H G einen obligatorischen A u f sichtsrat nicht vorsieht. D a m i t fehlt aber eine Grundvoraussetzung für das F u n k tionieren des Systems der § 3 1 1 ff. A k t G , weshalb auch die Abteilung Wirtschaftsrecht des 59. Deutschen Juristentages nahezu einstimmig die unterschiedlose Ausdehnung der § § 3 1 1 ff. A k t G

auf den faktischen

GmbH-Konzern

abgelehnt hat 9 6 5 . M i t dieser Ablehnung stellt sich indes gleichzeitig die Frage, auf welche Grundlage eine Haftung des herrschenden Gesellschafters im faktischen G m b H - K o n z e r n gestützt werden kann.

II. Unzulänglichkeit der gesetzlichen Normierung

im

GmbH-Recht

Anerkannt ist im Grundsatz, dass der alleinige Verweis auf die Kapitalerhaltungsregeln der §§ 30 ff. G m b H G einer abhängigen G m b H keinen

ausreichenden

Schutz gewähren kann 9 6 6 . Dies gilt auch dann, wenn man mit der ganz herrschen960 Auch Hommelhoff Konzerleitungspflicht (1982), S. 120 ff., und Ihde, Der faktische GmbH-Konzern (1974), S. 146, weisen auf die im Gegensatz zum GmbH-Recht existierende eigenverantwortliche Stellung des Vorstandes einer AG als eine der tragenden Säulen des Haftungskonzepts der §§311 ff. AktG hin; a.A. Versteegen, Konzernverantwortlichkeit (1993), S. 279. 961 Vgl. nur Hüffen AktG § 311 Rn. 48, § 317 Rn. 17 m.w.N. 962 Emmerich, in Scholz GmbHG Anhang Konzernrechts Rn. 156 und § 13 Rn. 37 m.w.N.; Assmann, JZ 1986, 928 f.; Ulmer, ZHR 148 (1984), 391, 416 f. 963 Kropff in MK zum AktG § 311 Rn. 97. 964 Rowedder, ZGR - Sonderheft 6 S. 20, 29 ff., 33 ff.; dagegen allerdings auch Kropff, in FS Semler S. 537. 9 6 5 Sitzungsbericht R S. 188,189,192. 966 Auf die Einzelheiten der Kapitalerhaltung soll hier nicht eingegangen werden. Die Frage, wann gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften des GmbHG verstoßen wird, insbesondere wann eine Auszahlung i.S. d. § 30 GmbHG vorliegt, stellt sich grundsätzlich unabhängig davon, ob man es mit einer konzernierten Gesellschaft zu tun hat. Zu betonen ist allerdings, dass nach heute ganz herrschenden Meinung eine Auszahlung i.S. d. § 30 GmbHG nicht nur bei Auszahlun-

150

Kapitell:

Die gesetzlichen

Regelungen

zur

Haftung

den Auffassung 967 den Anwendungsbereich der §§ 30, 31 GmbHG im Bereich des Konzerns nicht einschränkt 968 . Zwar gilt es zu berücksichtigten, dass bei erkennbaren Risiken häufig Rückstellungen und Wertberichtigungen notwendig werden 969 , womit gerade bei existenzbedrohenden Situationen für eine TochterGmbH unter Zugrundelegung einer korrekten Bewertung sehr schnell der Fall einer Unterdeckung eintreten kann 970 . Dennoch bleiben weitgehende Schutzlücken bestehen. Verwiesen sei hier nur auf die von Ulmer angeführten Beispiele der Entziehung betriebsnotwendiger Liquidität oder die Veräußerung betriebsnotwendiger Betriebsmittel auf Veranlassung des herrschenden Unternehmens, durch die erhebliche stille Reserven realisiert und an die Gesellschafter ausgeschüttet werden, ohne dass ein Verstoß gegen § 30 GmbHG vorliegt 971 . Vor allem setzt die Ra-

gen an einen Gesellschafter selbst, sondern auch an die mit dem Gesellschafter verbundenen Unternehmen bejaht wird (zu den Einzelheiten vgl. insbesondere Cahn, Andreas, Kapitalerhaltung im Konzern (1998); ausführlich auch H. P. Westermann, in Scholz § 30 Rn. 34 ff.). Dabei haftet bei kapitalverletzenden Leistungen an mit dem Gesellschafter verbundene dritte Personen grundsätzlich der Gesellschafter, wenn er diese veranlasst hat oder hierdurch begünstigt wird, nach § 3 1 G m b H auf Rückzahlung. O b auch der Empfänger haftet, entscheidet sich danach, ob er von dem Verstoß gewusst hat oder ihn hätte erkennen müssen, vgl. nur Hueck/ Fastrich, in Baumbach/Hueck §31 Rn. 12. Daneben ist nach ständiger Rechtsprechung aber auch etwa die Kredithilfe eines mit einem Gesellschafter der kreditnehmenden Gesellschaft verbundenen Unternehmens, an dem dieser maßgeblich beteiligt ist, im Rahmen der Eigenkapitalersatzregeln einer Gesellschafterleistung gleichzustellen (§ 32 a Abs. 3 G m b H G , vgl. bereits B G H V. 21.9.1981 = B G H Z 8 1 , 3 1 1 , 3 1 5 (HeLaBa/Sonnenring); B G H v. 27.11.2000 = N J W 2001, (Hrsg.), Handbuch des Kapitalersatzrechts, 1490 m.w.N.; umfassend v. Gerkan/Hommelhoff, 2. Aufl. 2002); zu den Unstimmigkeiten bei der Verjährung von Ansprüchen aus Kapitalerhaltung aufgrund der mit der Schuldrechtsmodernisierung begründeten neuen Verjährungsregeln vgl. Müller, B B 2002, 1377,1379. 9 6 7 Vgl. etwa B G H v. 22.10.1990 = N J W 1991, 1057, 1059 f. 9 6 8 Da eine analoge Anwendung des §311 A k t G bei der G m b H ausscheidet, gibt es hier auch kein Konzernprivileg; die Kapitalerhaltungsvorschrift des § 30 G m b H G hat damit volle Geltung. Vermögenszuwendungen der Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaft, die nicht dem ungebundenen Vermögen entnommen werden können, sind daher grundsätzlich unzulässig (vgl. hierzu auch Bayer, in FS Lutter S. 1011, 1031, der aber auch darauf hinweist, dass Berichten aus der Praxis zu entnehmen ist, dass im Rahmen einer zentralen Konzernfinanzierung den Schranken des Kapitalerhaltungsrechts häufig keine Beachtung geschenkt wird). 9 6 9 Vgl. Ulmer, in FS Pfeiffer 853, 868 f. 9 7 0 Nach neuer Rechtsprechung des B G H fällt der Erstattungsanspruch nach § 31 G m b H G auch nicht bei nachträglicher Wiederherstellung des Stammkapitals wieder weg ( B G H v. 29.5.2000 = ZIP 2000, 1251 = B B 2000, 1483 (mit zustimmender Anm. von Tbümmel) = N Z G 2000, 883 mit Anm. Altmeppen (zustimmend im Ergebnis, ablehnend in den Gründen) unter Aufgabe von B G H v. 11.5.1987 = ZIP 1987, 1113; vgl. hierzu auch Benecke, ZIP 2000, 1969 ff.; allerdings erfasst nach neuster Rechtsprechung in Ubereinstimmung mit der überwiegenden Ansicht im Schrifttum die Ausfallhaftung des § 31 Abs. 3 G m b H G nicht den gesamten Fehlbetrag; vielmehr soll hier die Haftung auf den Betrag der Stammkapitalziffer beschränkt sein ( B G H v. 25.2.2002 = N J W 2002, 1803 = W M 2002, 960, 961 m.w.N. aus der Literatur). 971 Ulmer, in Hachenburg Anh. 77 Rn. 84; vgl. auch Röhricht, in FS 50 Jahre B G H S. 83, 97, der in diesem Zusammenhang insbesondere auf sog. „Aschenputtelgesellschaften" hinweist, bei denen die Weichen „von Anbeginn an auf eine Benachteiligung der Gesellschaft ohne Entnahme von Stammkapital und ohne weitere Eingriffe von Seiten der Gesellschafter gestellt sind". Auch in diesem Fall helfen die §§ 30, 31 G m b H G nicht weiter.

5 4: Die Haftung

im faktischen

GmbH-Konzern

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pitalerhaltungsschranke des § 30 G m b H G nach ihren Wortlaut aber die Auszahlung zugunsten eines Gesellschafters voraus 9 7 2 . Damit ist ein ausreichender Schutz der abhängigen G m b H und ihrer Gläubiger auf diesem Weg nicht zu erreichen, wenn die Tochtergesellschaft veranlasst wird, im Konzerninteresse verlustreiche Geschäfte weiterzuführen, ohne dass dies zu einer von § 30 G m b H G fassbaren Vermögensmehrung beim herrschenden oder einem verbundenen Unternehmen führt 9 7 3 . Erfasst werden können auch nicht die Fälle, in denen die Gesellschaft mit einem Schadensersatzanspruch belastet wird 9 7 4 , weil entsprechend den Weisungen der Gesellschafter eine Handlung vorgenommen oder unterlassen wurde, die sie einem Dritten gegenüber schadensersatzpflichtig gemacht hat 9 7 5 . Auch wird durch den Erstattungsanspruch des § 31 G m b H G nur der jeweilige Wert der Vermögensverlagerung erfasst, womit die Gesellschaft nicht vor den - aus dem Vermögenstransfer folgenden - weitergehenden Schäden geschützt wird 9 7 6 . Zwar wird außerhalb des durch die §§ 30 f. G m b H G geschützten Vermögens eine Rückzahlungspflicht auch unter dem Stichwort der unzulässigen verdeckten Gewinnausschüttung diskutiert 9 7 7 , worunter nach ganz herrschender Meinung, parallel zu den bei der Kapitalerhaltung anerkannten Gründsätzen 9 7 8 , insbesondere auch Leistungen an mit einem Gesellschafter verbundene Unternehmen fallen können 9 7 9 . Uberwiegend besteht aber Einigkeit darüber, dass Vermögenszuwendungen an einzelne Gesellschafter, anders als im Aktienrecht, in der G m b H nicht grundsätzlich unzulässig sind 9 8 0 . Bereits dem Begriff der verdeckten GewinnausVgl. dazu H.-P. Westermann, in Scholz, 9. Aufl. § 30 Rn. 19 ff. Ulmer, in Hachenburg Anh. 77 Rn. 84 i.V.m. Fn. 124. 9 7 4 Vgl. auch Keßler, G m b H R 2001, 1095, 1098; ders., G m b H R 2002, 945, 949. 9 7 5 Zu weiteren Beispielen vgl. Keßler, G m b H R 2002, 945, 949. 976 Keßler, G m b H R 2002, 945, 949. 9 7 7 Nachdem man die zivilrechtliche Problematik verdeckter Gewinnausschüttungen erkannt hatte, wurde dieser Begriff auch ins Gesellschaftsrecht eingeführt (Ballerstedt, Kapital, Gewinn und Ausschüttung bei Kapitalgesellschaften (1949), S. 170 ff.; Schneider, Z G R 1985, 279, 280 f. m.w.N.; Goerdeler/Müller, in Hachenburg § 2 9 Rn. 124 m.w.N.). Die ganz herrschende Meinung versteht hierunter eine „jede außerhalb der förmlichen Gewinnverwendung vorgenommene Leistung der Gesellschaft aus ihrem Vermögen an einen ihrer Gesellschafter, der keine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht" ( B G H v. 13.11.1995 = N J W 1996, 589 f.; B G H v. 1.12.1986 = N J W 1987, 1194, 1195; Emmerich, in Scholz § 2 9 R n . 9 8 ; Hueck, in Baumbach/Hueck § 29 Rn. 68 jeweils m.w.N.). Für den Bereich des Konzernrechts ist hier neben der Überlassung von Geschäftschancen an das herrschende Unternehmen ( B G H v. 21.6.1999 = N J W 1999, 2817, wo allerdings die Haftung wegen einvernehmlichen Handelns der Gesellschafter verneint wurde), insbesondere auch an Konzernumlagen ohne hinreichende Gegenleistung ( B G H v. 5.6.1975 = B G H Z 60, 324 = N J W 1976, 191) sowie an Austauschgeschäfte zu unangemessenen Konditionen zu denken ( B G H v. 15.5.1972 = B B 1972, 894; B G H v. 13.11.1995 = W M 1996, 116 = N J W 1996, 589); zur verdeckten Gewinnausschüttung vgl. auch bereits oben S. 90. 9 7 8 Vgl. oben S. 149 f. in Fn. 966. 9 7 9 Ganz h.M. vgl. nur H. P. Westermann, in Scholz § 2 9 Rn. 100; Lutter/Hommelhoff, 15. Aufl. § 29 Rn. 55; Roth, in Roth/Altmeppen § 29 Rn. 63 jeweils mit umfangreichen w.N. 980 Während im Aktienrecht strenge Regeln (§§ 57, 58 AktG) zum Schutz des Vermögens der abhängigen Gesellschaft bestehen, mit einem sich daraus ableitenden umfassenden Verbot verdeckter Gewinnausschüttungen und einer Rückgewährpflicht nach § 6 2 AktG, kennt das 972 973

152

Kapitel I: Die gesetzlichen Regelungen zur Haftung

schüttung wird, wenngleich er sich weitgehend etabliert hat, daher auch nicht zu U n r e c h t kritisch begegnet 9 8 1 . Auch der B G H weist darauf hin, dass mit dem steuerrechtlichen Begriff Gewinnausschüttung noch nichts gesagt ist 9 8 2 . Die eigentliche Frage ist, welchen Zulässigkeitsschranken eine Vermögenszuwendung unterliegt und welche Rechtsfolgen sich hieran knüpfen 9 8 3 . M i t der herrschenden Ansicht sind hier, neben den Kapitalerhaltungsregeln, vor allem der Gleichbehandlungsgrundsatz 9 8 4 , die innergesellschaftliche Kompetenzverteilung 9 8 5 sowie die Treuepflicht zu nennen 9 8 6 . J e nachdem, gegen welchen Grundsatz verstoßen wurde, entscheidet sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen 9 8 7 und gegen wen ein Rückzahlungs- oder Schadensersatzanspruch geltend gemacht werden

GmbHG nur die Regeln über den Kapitalschutz in den §§ 30 ff GmbHG. Anders als im Aktienrecht sind verdeckte Gewinnausschüttungen nach h.M. daher auch nur dann als Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften zu werten, wenn sie zu einer Unterbilanz führen oder eine solche verstärken (BGH v. 23.6.1997 = NJW 1997,2599,2600); allerdings kann in einem solchen Fall auch ein Verstoß gegen die mitgliedschaftliche Treuepflicht der Gesellschafter, den Gleichbehandlungsgrundsatz oder die innergesellschaftliche Kompetenzverteilung vorliegen (Hueck/Fastrich, in Baumbach/Hueck § 29 Rn. 71 m.w.N.). 981 Vgl. etwa Goerdeler/Müller, in Hachenburg §29 Rn. 124 m.w.N.; Tries, Gewinnausschüttungen (1991) S. 25 ff.; Stimpel, AG 1986, 117 spricht gar davon, dass der Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung gesellschaftsrechtlich falsch ist und besser hätte vermieden werden sollen; im Hinblick auf Auszahlungen, die unter §§ 30, 31 GmbHG fallen vgl. auch BGH v. 23.6.1997 = BGHZ 136, 125= NJW 1997,2599, 2600. 982 BGH v. 23.6.1997 = BGHZ 136, 125 = NJW 1997, 2599. 983 Unstreitig besteht ein bereicherungsrechtlicher Anspruch, wenn man es mit einem Fall des Missbrauchs der Vertretungsmacht zu tun hat; insoweit handelt es sich aber nicht um ein spezielles Problem des Gesellschaftsrechts (so zu Recht Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 293 f. m.w.N.). 984 Verdeckte Ausschüttungen müssen im Hinblick auf den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz den Gesellschaftern gleichermaßen zugute kommen. 9 8 5 Entscheidungen über die Gewinnausschüttung sind der Gesellschafterversammlung (§§ 29, 42 a Abs. 2, 46 Nr. 1 GmbHG) zugewiesen (vgl. nur Hueck/Fastrich, in Baumbach/ Hueck § 29 Rn. 73 ff.). Ein Missachtung dieser Kompetenzverteilung führt nach einhelliger Auffassung zu einer Rückzahlungspflicht; streitig ist insoweit nur die Rechtsgrundlage, auf die diese zu stützen ist (z.T. Analogie zu § 31 GmbHG (so etwa Lutter/Hommelhoff, 15. Aufl. § 29 Rn. 54); überwiegend wird demgegenüber die Rückabwicklung auf bereicherungsrechtliche Grundsätze gestützt, da das auf den Gläubigerschutz zugeschnittene und betragsmäßig auf den Schutz des Stammkapitals ausgerichtete System des § 31 GmbHG hier nicht passt, im innergesellschaftlichen Bereich aber die Vertretungsmacht des Geschäftsführers versagt, vgl. Emmerich, in Scholz §29 Rn. 103 ff.; Hueck/Fastrich, in Baumbach/Hueck §29 Rn. 76 m.w.N.; ausführlich auch Hager, ZGR 1989, 71, 76 ff.; vgl. auch Schulze Osterloh, in FS Stimpel S. 487, 492 ff.). 986 Vgl. zum Ganzen nur Hueck/Fastrich, in Baumbach/Hueck § 29 Rn. 72 ff. mit umfangreichen weiteren Nachweisen. 987 So richtet sich bei Verstößen gegen § 30 GmbHG der RückZahlungsanspruch nach § 31 GmbHG (vgl. bereits oben S. 150 Fn. 966), wobei Gutgläubigkeit beim Empfang nur die Erstattungspflicht nach § 31 Abs. 2 GmbHG beschränkt; im Falle einer Treuepflichtverletzung haftet der Gesellschafter auf Schadensersatz nur bei Verschulden (vgl. noch unten S. 336 ff.), wohingegen ein bereicherungsrechtlicher Anspruch grundsätzlich verschuldensunabhängig besteht; zu den Voraussetzungen und Folgen einer Ungleichbehandlung vgl. Hueck/Fastrich, in Baumbach/Hueck § 29 Rn. 73.

§ 4: Die Haftung

im faktischen

GmbH-Konzern

153

k a n n 9 8 8 . D i e s h e i ß t a b e r a u c h , dass, w e n n alle G e s e l l s c h a f t e r der Z u w e n d u n g z u s t i m m e n u n d die G r e n z e des § 3 0 G m b H G n i c h t t a n g i e r t w i r d , als S c h r a n k e f ü r eine V e r m ö g e n s z u w e n d u n g i m G m b H - R e c h t g r u n d s ä t z l i c h 9 8 9 n u r die T r e u e p f l i c h t der G e s e l l s c h a f t e r b l e i b t 9 9 0 . U m auf diese einen A n s p r u c h s t ü t z e n zu k ö n n e n , m u s s n i c h t auf das R e g e l u n g s s y s t e m der §§ 3 1 1 ff. A k t G z u r ü c k g e g r i f f e n w e r d e n 9 9 1 . S i c h e r s p r i c h t n i c h t s d a g e gen, die h i e r z u m A u s d r u c k k o m m e n d e g e s e t z l i c h e A n e r k e n n u n g des E i g e n i n t e r esses der a b h ä n g i g e n A G a u c h f ü r das G m b H - K o n z e r n r e c h t f r u c h t b a r zu m a c h e n 9 9 2 . E r k e n n t m a n allerdings, dass es sich bei d i e s e m R e g e l u n g s m o d e l l

im

V e r h ä l t n i s des h e r r s c h e n d e n G e s e l l s c h a f t e r s zu seiner G e s e l l s c h a f t 9 9 3 n u r u m eine spezielle A u s p r ä g u n g der m i t g l i e d s c h a f t l i c h e n T r e u e p f l i c h t h a n d e l t , in der es v o r allem u m die N o r m i e r u n g einer speziellen P r i v i l e g i e r u n g des h e r r s c h e n d e n U n t e r n e h m e n s i m f a k t i s c h e n A k t i e n k o n z e r n geht, so b e d a r f es f ü r die B e g r ü n d u n g des A n s p r u c h s gegen das h e r r s c h e n d e U n t e r n e h m e n selbst k e i n e r A n a l o g i e b i l d u n g . Z w a r hält Kropff

die e n t s p r e c h e n d e A n w e n d u n g der § § 3 1 1 , 3 1 7 A k t G , u n t e r A u s -

schluss der M ö g l i c h k e i t , d e n N a c h t e i l s a u s g l e i c h h i n a u s z u s c h i e b e n , i n s b e s o n d e r e 988 p a r a l l e l z u d e n Kapitalerhaltungsvorschriften wird bei Leistungen an Dritte auch hier teilweise die generelle Aussage getroffen, ein Anspruch bestehe grundsätzlich nur gegenüber dem (mittelbar) begünstigten Gesellschafter, während Ansprüche gegen den (unmittelbar) begünstigten Dritten nur in Betracht kommen sollen, wenn ihm die Vertragsverletzung durch den Gesellschafter zugerechnet werden kann oder er sich einer unerlaubten Handlung schuldig gemacht hat (H. P. Westermann, in Scholz § 29 Rn. 110). Begründet wird dies damit, dass nur der Gesellschafter in dem hier relevanten Sonderrechtsverhältnis zur Gesellschaft steht (Roth, in Roth/Altmeppen § 29 Rn. 63). Indes wird man danach differenzieren müssen, worauf die Unzulässigkeit beruht. Liegt ein Verstoß gegen die innergesellschaftliche Kompetenzverteilung vor und wurde der Geschäftsführer beim Vertragsabschluss als Vertreter ohne Vertretungsmacht tätig, so wendet sich der bereicherungsrechtliche Anspruch an den Leistungsempfänger. Es gilt insoweit zu unterscheiden zwischen der innergesellschaftlichen Gleichstellung einer Zuwendung an einen Nichtgesellschafter mit einer solchen an den Gesellschafter, aufgrund derer der Geschäftsführer als Vertreter ohne Vertretungsmacht zu behandeln ist, und der sich anschließenden Frage, wer diese Leistung der Gesellschaft ohne Rechtsgrund empfangen hat. Wird nicht an den Gesellschafter geleistet, kann sich ein Anspruch gegen ihn allerdings immer noch auf eine Treuepflichtverletzung stützen (vgl. hierzu ausführlich unten S. 157 ff.). Eine schlichte Übertragung der zu den §§30 ff. G m b H G entwickelten Grundsätze ist ebenso wenig wie eine Analogie zu § 31 G m b H G möglich. Abgesehen davon, dass es an einer Norm wie § 32 a Abs. 3 G m b H G insoweit fehlt, geht es nicht um die zum Gläubigerschutz aufgestellten Regelungen zur Kapitalerhaltung, weshalb auch für den Rückzahlungs- bzw. Schadensersatzanspruch nach dem jeweiligen Haftungsgrund zu differenzieren ist. 9 8 9 Zu einem möglichen Anspruch aufgrund eines existenzvernichtenden Eingriffs vgl. noch unten S. 200 ff. 9 9 0 Verstöße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz bzw. die innergesellschaftliche Kompetenzverteilung werden im Nachfolgenden nicht weiter behandelt; hierin ist kein grundsätzlicher Ansatz zum Schutz einer abhängigen Gesellschaft zu finden. Ein Verstoß gegen die innergesellschaftliche Kompetenzverteilung kann durch einen Gesellschafterbeschluss verhindert, ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz durch eine Ausgleichszahlung beseitigt werden (vgl. nur Hueck/Fastrich, in Baumbach/Hueck § 29 Rn. 72). 9 9 1 So aber Emmerich, A G 1975, 287 f.; ders., in Der GmbH-Konzern (1976) S. 5 f, 11 f., 13 ff.; ähnlich Martens, DB 1970, 868 f. 9 9 2 Vgl. auch Ulmer, Z H R 148 (1984), 391, 412 f. 9 9 3 Für das Verhältnis zwischen Mutter- und Enkelgesellschaft vgl. noch unten S. 324 ff.

Kapitel I: Die gesetzlichen

154

Regelungen

zur

Haftung

bei der Einmann-Gesellschaft für „sachgerechter" als eine Heranziehung der Treuepflicht 994 . Damit vermeidet man aber nur eine Entscheidung darüber, ob auch gegenüber einer Einmanngesellschaft der Alleingesellschafter Treuepflichten innehat, bzw. man lässt einen Anspruch im Konzern zu, wenn man ansonsten das Bestehen einer Treuepflicht insoweit ablehnt 995 . Dies ist vor dem Hintergrund zu verstehen, dass der Schutz des Vermögens einer GmbH bei Bestehen einer Treuepflichtverletzung auch über das gebundene Kapital hinaus zwar bei einer mehrgliedrigen Gesellschaft grundsätzlich anerkannt ist 996 , nach wenngleich umstrittener Ansicht aber nicht bei der Einmann-GmbH bzw. bei Zustimmung aller Gesellschafter 997 . Versucht man die Einmanngesellschaft zumindest bei Abhängigkeit zu schützen, indem man sich des §311 AktG besinnt, sieht man sich allerdings tendenziell genötigt, den Unternehmensbegriff über seinen Wortlaut hinaus auszudehnen 998 , um Sachverhalte unter den Regelungsbereich des Konzernrechts pressen zu können, ohne im Endeffekt alle Probleme auf dieser Ebene lösen zu können. Überdies erscheint es wenig schlüssig, das Eigeninteresse einer abhängigen Einmanngesellschaft als schutzwürdig anzuerkennen, wenn man Treuepflichten des Alleingesellschafters gegenüber seiner Gesellschaft grundsätzlich ablehnt und die Übertragung des Regelungsmodells der §§311 ff. AktG auf den faktischen GmbH-Konzern als unsachgemäß erkannt hat. Bereits an dieser Stelle kristallisiert sich heraus, dass für die Begründung eines in sich geschlossenen Konzepts des Schutzes einer abhängigen Gesellschaft und ihrer Gläubiger die Frage entscheidend ist, ob eine Nachteilszufügung auch gegenüber einer Einmanngesellschaft durch ihren Alleingesellschafter als Verletzung der mitgliedschaftlichen Treuepflicht anzusehen ist. Könnte dies bejaht werden, würde sich ein entsprechender Anspruch zwar nicht mehr als Spezifikum des Konzernrechts darstellen 999 . Wohl wäre dieser Anspruch aber den Besonderheiten bei Bestehen einer Unternehmensverbindung anzupassen 1000 . 994

Kropff, in FS Semler S. 539. Koppensteiner, in R o w e d d e r , 4. A u f l . , A n h . nach § 52 R n . 51 i.V.m. § 43 R n . 7. 9 9 6 Vgl. nur B G H v. 5.6.1975 = B G H Z 65, 15, 18 = N J W 1976, 191 (ITT)- B G H v. 3.7.1978 = W M 1978, 1205; Lutter, in H e i d e l b e r g e r Konzernrechtstage S. 183, 194 m . w . N . 997 Gäbelein, A G 1990, 185, 187; Koppensteiner, in R o w e d d e r , 4. Aufl., § 4 3 R n . 5, 70 ff.; A n h . nach § 52 R n . 51; Zöllner, in B a u m b a c h / H u e c k K o n z e r n R R n . 53, 100; vgl. auch Lutter, in H e i d e l b e r g e r Konzernrechtstage S. 183, 194 m . w . N . 9 9 8 Vgl. hierzu noch unten S. 457 ff. 9 9 9 H i e r m i t ist allerdings noch nicht gesagt, dass es im Z u s a m m e n h a n g mit A n s p r ü c h e n abh ä n g i g e r U n t e r n e h m e n nicht sachgerecht ist, eine Teilanalogie auch zu k o n z e r n r e c h t l i c h e n R e gelungen des A k t i e n r e c h t s zu b e g r ü n d e n ; so kann e t w a die W e r t u n g des § 317 Abs. 2 A k t G für die Frage h e r a n g e z o g e n werden, w a n n eine M a ß n a h m e als nachteilig anzusehen ist. Zu befürw o r t e n ist auch eine p u n k t u e l l e A n a l o g i e insoweit, als es u m die Ü b e r n a h m e der R e g e l u n g z u m Einzelklagerecht der G l ä u b i g e r auch ins Recht des G m b H - K o n z e r n s geht; entsprechendes gilt f ü r die G r u n d s ä t z e z u r B e w e i s l a s t u m k e h r zu Lasten des herrschenden U n t e r n e h m e n s (vgl. auch Ulmer, Z H R 148 (1984), 391, 413; insoweit zu Recht f ü r eine Teilanalogie auch Kropff, in FS Semler S. 536 ff.; ders., in FS Kastner S. 279, 292; vgl. auch Tiebert, Die analoge A n w e n d u n g des aktienrechtlichen Konzernrechts auf den G m b H - K o n z e r n (1985), S. 137 ff.; vgl. auch B G H v. 16.9.1985 = B G H Z 95, 330, 340 f.). 1000 Vgl. hierzu unten S. 295 ff. 995

§ 4: Die Haftung

im faktischen

GmbH-Konzern

155

G e g e n die N o t w e n d i g k e i t z u r A n e r k e n n u n g m i t g l i e d s c h a f t l i c h e r T r e u e p f l i c h ten i m G e s e l l s c h a f t s r e c h t k a n n jedenfalls n i c h t das B e s t e h e n des S t i m m v e r b o t e s nach § 4 7 A b s . 4 G m b H G geltend g e m a c h t w e r d e n 1 0 0 1 . Z w a r w i r d dieses v o r allem v o n d e n j e n i g e n , die sich g r u n d s ä t z l i c h gegen das B e s t e h e n v o n T r e u e p f l i c h t e n in der G m b H w e n d e n , gar als „ K a r d i n a l n o r m " des G m b H - K o n z e r n r e c h t s b e z e i c h n e t 1 0 0 2 . I n einer E i n m a n n g e s e l l s c h a f t k a n n diese f ü r die m e h r g l i e d r i g e G e s e l l s c h a f t ohne Frage bedeutende Vorschrift1003 aber von vornherein nicht wirken1004. A u c h w i r d das S t i m m r e c h t n a c h h e r r s c h e n d e r M e i n u n g 1 0 0 5 n i c h t bereits dann ausges c h l o s s e n , w e n n sich der G e s e l l s c h a f t e r in e i n e m i r g e n d w i e gearteten K o n f l i k t z w i s c h e n s e i n e n a u ß e r g e s e l l s c h a f t l i c h e n I n t e r e s s e n u n d d e n e n der G e s e l l s c h a f t b e f i n d e t 1 0 0 6 . I n s o w e i t w i r d zu R e c h t darauf h i n g e w i e s e n , dass dies auf K o s t e n der R e c h t s s i c h e r h e i t ginge u n d ein s a c h g e r e c h t e s Z u s a m m e n w i r k e n der G e s e l l s c h a f t e r e n t s p r e c h e n d i h r e r B e t e i l i g u n g in F r a g e stellen w ü r d e 1 0 0 7 . E t w a s anderes gilt nur, w e n n die I n t e r e s s e n k o l l i s i o n einen G r a d e r r e i c h t , dass der G e s e l l s c h a f t e r g l e i c h s a m als R i c h t e r in eigener Sache a u f t r e t e n w ü r d e 1 0 0 8 . D i e Z u e r k e n n u n g

eines

S t i m m r e c h t s k a n n allerdings n o c h n i c h t als E n t s c h e i d u n g des G e s e t z e s g e w e r t e t w e r d e n , d e n G e s e l l s c h a f t e r n a u c h das R e c h t z u z u g e s t e h e n , e n t g e g e n den I n t e r e s sen der G e s e l l s c h a f t a b z u s t i m m e n . 1001 jvjac^ herrschender Meinung stehen die Regelung in § 47 Abs. 4 G m b H G und die mitgliedschaftliche Treuepflicht als Instrumente nebeneinander, die das gleiche Ziel verfolgen (Liebs, in FS Claussen .S. 251, 252); teilweise sieht man in § 4 7 Abs. 4 S.2 G m b H G aber auch eine spezialgesetzliche Ausprägung der Treuepflicht (vgl. zum Ganzen Wackerbarth, Grenzen der Leitungsmacht (2001) S.262 f. m.w.N.). 1 0 0 2 So insbesondere Flume, Die juristische Person 1/2 S.233; zu den teilweise umstritten Einzelfällen, in denen ein Stimmverbot anzunehmen ist, vgl. Zöllner, in Baumbach/Hueck § 47 Rn. 49 ff. m.w.N.; hervorzuheben ist dabei insbesondere, dass nach herrschender und richtiger Auffassung das Stimmverbot auch für eine juristische Person gilt, wenn diese von einem Gesellschafter beherrscht wird, der selbst dem Stimmverbot unterliegt; hier ist anzunehmen, dass sich der Wille des vom Stimmrechtsausschluss unmittelbar Betroffenen in der juristischen Person durchsetzt ( H ü f f e r , in Hachenburg § 47 Rn. 132; Koppensteiner, in FS Schönherr S. 209; MeyerLandrut, § 47 Rn. 37; K. Schmidt, in Scholz § 47 Rn. 160; Schneider, Z H R 150 (1986), 619 f.; Zöllner, in Baumbach/Hueck § 47 Rn. 66; abw. Wilhelm, Rechtsform und Haftung (1981), S. 159 ff., der hier ein weisungsunabhängiges Not- oder Ersatzorgan bestellen will). 1 0 0 3 Auch Zöllner (Baumbach/Hueck, Schlussanhang I, GmbH-Konzernrecht Rn. 59 m.w.N.) weist auf die Möglichkeit der Minderheit hin, einzelne Rechtsgeschäfte mit dem herrschenden Unternehmen zum Gegenstand der Tagesordnung der Gesellschafterversammlung und damit der Abstimmung zu machen. Im Hinblick auf das Stimmverbot des Mehrheitsgesellschafters kann dann die Minderheit eine auf Unterlassung des geplanten Rechtsgeschäfts gerichtete Weisung an den Geschäftsführer erreichen (vgl. hierzu auch Koppensteiner, in Rowedder, 4. Aufl. Anh. § 52 Rn. 73). 1004 Ebenso wenig greift das Stimmverbot des § 47 Abs. 4 GmbHG, wenn alle Gesellschafter in gleicher Weise vom selben Ausschlusstatbestand betroffen und damit gleichmäßig befangen sind (vgl. nur Zöllner, in Baumbach/Hueck § 47 Rn. 62). 1005 Limmer, Haftungsverfassung (1992), S. 167 f. m.w.N. 1006 y o n e j n e r grundsätzlichen Lockerung der Stimmverbote für den Bereich des Konzernrechts darf allerdings auch nicht ausgegangen werden (vgl. auch Zöllner, in Baumbach/Hueck § 47 Rn. 70a; K. Schmidt, in Scholz, 9. Aufl. § 47 Rn. 107). 1007 B G H v . 20.1.1986 = N J W 1986, 2051 m.w.N. 1 0 0 8 B G H v. 20.1.1986 = N J W 1986, 2051.

156

Kapitel I: Die gesetzlichen Regelungen zur Haftung

Die grundsätzliche Bedeutung der Treuepflichthaftung ergibt sich zudem auch in einer mehrgliedrigen Gesellschaft vor allem aber auch daraus, dass die tatsächlichen Gegebenheiten in einer abhängigen Gesellschaft den rechtlichen Möglichkeiten vielfach nicht entsprechen. Vielmehr werden Minderheitsgesellschafter häufig gar nicht in der Lage sein, über F ü r und Wider von Geschäften mit herrschenden Unternehmen zu entscheiden, da ihnen insoweit die notwendige

Sachkunde

fehlt 1 0 0 9 . Auch die unabhängig von einem Stimmrechtsausschluss

bestehende

Möglichkeit der Anfechtungsklage wegen Zweckwidrigkeit bietet hier regelmäßig nur unzureichenden Schutz, da sie nur gegenüber Maßnahmen eingreifen kann, die Gegenstand eines Gesellschafterbeschlusses sind 1 0 1 0 . D e r außerhalb dessen in faktischen Konzernen häufig auf die Geschäftsleitung ausgeübte Einfluss bleibt davon unberührt. Auch muss die Anfechtungsklage in einer Zeit erhoben werden, innerhalb derer gerade Minderheitsgesellschafter, die der Geschäftsführung weniger nahe stehen, die Zweckwidrigkeit häufig nicht ohne weiteres erkennen k ö n nen 1 0 1 1 . All dies weist auf die Wichtigkeit hin, die die Treuepflicht und die ihr innewohnende Möglichkeit der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs hinsichtlich eines durch ihre Verletzung eingetretenen Schadens, gerade auch für den Bereich des G m b H - Konzernrechts hat.

1009 Bei Unterlassungsklagen liegt das Problem in der Praxis überdies häufig in der unzureichenden Bestimmtheit des zu Unterlassenden. ,01° Zöllner, in Baumbach/Hueck, Schlussanhang I, GmbH-Konzernrecht Rn. 60. 1011 Zöllner, in Baumbach/Hueck, Schlussanhang I, GmbH-Konzernrecht Rn. 60.

K a p i t e l II:

Grundlegung der Treuepflichthaftung § 5: Treuepflichten als allgemeines Prinzip des Gesellschaftsrechts Wolfgang Zöllner hat vor nicht allzu langer Zeit hervorgehoben, dass das Konzernrecht bisweilen ein „Gefühl des Unbehagens und Ungenügens" hinterlässt, da es an einem einheitlichen Bewertungsmaßstab, an dem seine Probleme gemessen werden können, bislang fehlt 1 . Diesem Manko will er begegnen, indem er sich den hier stellenden Fragen vom Blickwinkel der Treuepflicht als allgemeinem Prinzip des Gesellschaftsrechts aus zu nähern versucht 2 . D e m Gedanken Zöllners, in der Treuepflicht einen einheitlichen „Ansatz f ü r Problemlösungen" 3 im Konzernrecht zu finden, soll auch hier nachgegangen werden. Für diesen Ausgangspunkt spricht nicht nur, dass mittlerweile auch die Rechtsprechung sich zur Lösung konzernrelevanter Konstellation wieder allgemeiner Haftungsansätze besinnt, sondern die Treuepflicht auch flexible Lösungsmöglichkeiten, insbesondere auch bei grenzüberschreitenden Unternehmensverbindungen, bereitzuhalten verspricht 4 . Die hier zu entwickelnden Gedanken sind auch keineswegs nur auf das G m b H Recht zu beschränken. Dass in den §§311 ff. A k t G bereits eine Spezialregelung f ü r nichtvertragliche Abhängigkeitsbeziehungen niedergelegt wurde, steht dem nicht entgegen, da diese zumindest nicht abschließend ist 5 . Allerdings darf die f ü r den faktischen Aktienkonzern getroffene gesetzliche Entscheidung auch nicht einfach mit dem Argument beiseite geschoben werden, der Gesetzgeber hätte, wenn aktienrechtliche Treuepflichten bereits bei Inkrafttreten des Aktiengesetzes anerkannt gewesen wären, die konzernrechtlichen Regeln strenger ausgestaltet 6 . N a türlich war es Ziel des Gesetzgebers, die Gesellschaft, Gläubiger und Minderheits-

1

Zöllner, Z H R 162 (1998), 235, 236. Zöllner, Z H R 162 (1998), 235, 236. 3 Zöllner, Z H R 162 (1998), 235, 246. 4 Dies gilt auch für Ansprüche eines Unternehmensgesellschafters. Als Beispiel sei hier etwa die Begründung eines Auskunftsanspruchs eines ausländischen Unternehmens genannt, das an einer deutschen Gesellschaft beteiligt ist und nach den Buchführungsvorschriften seines Heimatlandes für die von ihm zu erstellende Bilanz besondere Daten der deutschen Gesellschaft benötigt (vgl. Emde, ZIP 1998, 725, 727 f., der allerdings in diesem Zusammenhang auch die Regelung des §294 Abs. 3 S.2 H G B heranziehen möchte, was jedoch nur dann zu einem Anspruch führen kann, wenn man es mit einem herrschenden Unternehmen zu tun hat). 5 Zöllner, Z H R 162 (1998), 235, 241. 6 Zöllner, Z H R 162 (1998), 235, 241, 245. 2

158

Kapitel

II: Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

aktionäre vor den Konzerngefahren in besonderem Maße zu schützen 7 . Abgesehen davon wollte er die Konzernierung aber auch erleichtern, da man erkannt hatte, dass der Zusammenschluss von Unternehmen durchaus auch positive Effekte auf die Wirtschaft haben kann 8 . Diese Entscheidung für eine Privilegierung faktischer Unternehmensverbindung im Aktienrecht kann nicht unter Bezugnahme auf allgemeine Treuepflichterwägungen einfach außer Kraft gesetzt werden 9 . Richtig ist aber sicher, dass die §§311 ff. AktG, denkt man nur an etwaige Wettbewerbsverbote der Gesellschafter 10 oder pflichtwidrige Unterlassungen zum Schaden der Gesellschaft 11 , keine abschließende Regelung zur Treuepflichtbindung im faktischen Aktienkonzern bieten 12 . Hiergegen spricht bereits die Regierungsbegründung, in der nur davon gesprochen wird, dass auf diesem Wege das „Kernstück der Regelung des sogenannten faktischen Konzerns" normiert werden sollte 13 . Zwar hatte der Gesetzgeber sich damals noch keine Vorstellung über die hier bestehenden Treuepflichten gebildet 14 . Vor dem Hintergrund der mittlerweile erlangten Erkenntnisse hat man nun aber ein flexibles Instrument an der Hand, um den vielfältigen Problemen im Gesellschafts-, insbesondere aber auch im Konzernrecht begegnen zu können. Damit ist es aber auch nicht nötig, §311 AktG über seinen Wortlaut hinaus auszudehnen und etwa aufgrund der hier begründeten Einflussnahmemöglichkeiten zu einer Pflicht zur Schadensabwendung zu erweitern 1 5 . Zwar wird der Idee, die Treuepflicht als grundlegenden Ansatz zur Bewältigung auch der konzernrechtlichen Problematik heranzuziehen, deren bislang fehlende Strukturierung entgegengehalten, die es als dogmatisch wenig überzeugend erscheinen lasse, die Treuepflicht zu einer „das Gesetz überlagernden Allzweckwaffe" zu entwickeln. Dies gelte umso mehr, als es auch mit dem insbesondere im A k tienrecht notwendigen Maß an Rechtssicherheit nicht konform gehe 16 . Richtig ist 7 Vgl. Regierungsbegründung abgedruckt bei Kropff AktG S. 374: „Gesellschaftsrechtlich ist es vielmehr unumgänglich, dass solche (faktischen) Unternehmensverbindungen erfasst und durchsichtiger gemacht, dass die Aktionäre und Gläubiger gegen die mit ihnen verbundenen Gefahren und Nachteile besser geschützt und dass Leitungsmacht und Verantwortlichkeit in Einklang gebracht werden". 8 Vgl. bereits oben S. 147. 9 Paschke, in FS Serick S. 309, 327. 10 So kann ein herrschendes Unternehmen die Tochtergesellschaft auch dadurch schädigen, dass es ein Konkurrenzunternehmen gründet oder fördert ( W i e d e m a n n , Die Unternehmensgruppe im Privatrecht (1988), S. 47). 11 An eine Pflicht zur Handlung ist etwa zu denken, wenn es darum geht, die Gesellschaft vor einem besonders risikoreichen Geschäft zu warnen, von dessen Gefahren (etwa drohende Insolvenz des Geschäftspartners) nur der Gesellschafter weiß. 12 Gegen abschließende Natur auch Emmerich/Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht § 8 III 4; Tröger, Treupflicht (2000), S. 211 ff.; Zöllner ZHR 162 (1998), 235, 241. 13 Regbegr. abgedruckt bei K r o p f f , AktG S. 407 ff. 14 Vgl. oben S. 68 15 Vgl. etwa K r o p f f , in MK zum AktG § 311 Rn. 284, der die Auffassung vertritt, die Treuepflicht ergäbe sich erst aus der Zulassung von Einflussnahmen durch § 311 AktG, etwa im Fall, dass die Konzernleitung von den besonderen Gefahren eines Geschäfts Kenntnis erhält. 16 Kropff i n M K z u m AktG vor §311 Rn. 19.

§ 5: Treuepflichten

als allgemeines

Prinzip des

Gesellschaftsrechts

159

hieran allerdings nur, dass die Treuepflichten im Gesellschaftsrecht bislang nicht hinreichend strukturiert sind. Dies bedeutet aber nicht, dass sich mit Hilfe der Treuepflichten nicht ein Instrument finden ließe, mit dem den im Konzernrecht auftretenden Problemen grundsätzlich und von einem einheitlichen Ansatz aus begegnet werden könnte. Aufgerufen wird nur dazu, eine ohne Frage notwendige Strukturierung der Treuepflichten anzustreben, um dem Gebot der Rechtssicherheit gerecht werden zu können und zu vermeiden, dass mit einem nicht hinreichend konkretisierten Begriff Pflichten begründet werden, denen die dogmatische Rechtfertigung fehlt. Um diesen Weg beschreiten zu können, bedarf es deshalb einiger sehr grundsätzlicher Überlegungen zu den Treuepflichten im Gesellschaftsrecht.

I. Die Entwicklung

der Treuepflichten

im

Gesellschaftsrecht

Die Existenz von gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten ist heute als Bestandteil der ungeschriebenen Legalordnung des Gesellschaftsrechts weitgehend anerkannt 17 , und dies nicht nur im Recht der Personengesellschaften, sondern rechtsformübergreifend auch im Kapitalgesellschaftsrecht. Zwar wurden gesellschaftsrechtliche Treuepflichten zunächst, namentlich von Alfred Hueckn, für den Bereich des Personengesellschaftsrechts entwickelt 19 . Die dort herausgebildeten Grundsätze sind mittlerweile aber in das Kapitalgesellschaftsrechts übertragen worden, wobei als „geistiger Vater" 20 hier vor allem Walter Stimpel21 zu nennen 17 Vgl. nur Lutter/Hommelhoff, 15. Aufl. § 14 Rn. 18; Winter, in Scholz, G m b H G , 9. Aufl. § 14 Rn. 50; Janke, Gesellschaftsrechtliche Treuepflicht (2003) S. 21 jeweils mit umfangreichen weiteren Nachweisen; zu Überlegungen, entsprechende Pflichten für eine zukünftige Europäische Privatgesellschaft ausdrücklich zu regeln vgl. etwa Heider, in Hommelhoff/Helms (Hrsg), Neue Wege in die Europäische Privatgesellschaft S. 140 f. 18 Der Treuegedanke im Recht der O H G in FS Hübner S. 75; ders., Der Treuegedanke im modernen Privatrecht (1947), insb. S. 13 ff.; vgl. aber auch die Arbeiten von Robert Fischer, N J W 1954, 777 ff.; Zöllner, Die Schranken der Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden (1963), S. 335 ff. und Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft (1970), S. 261 ff. 19 Im Personengesellschaftsrecht ist seit den Zeiten des R G anerkannt, dass ein Gesellschafter zur Wahrung der Interessen der Gesellschaft und zur Schonung der Interessen seiner Mitgesellschafter verpflichtet ist (vgl. hierzu bereits R G v. 17.1.1940 = R G Z 162, 388, 394; R G v. 18.5.1942 = R G Z 169, 153, 155 f.; R G v. 1.4.1943 = R G Z 171, 51, 54; B G H v. 15.6.1959 = B G H Z 30, 195, 201; B G H v. 10.6.1965 = B G H Z 44, 40; B G H v. 28.4.1975 = B G H Z 64, 253; B G H v. 18.10.76 = B G H Z 68, 81, 82; aus der Literatur vgl. nur K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. § 2 0 IV 2 a) m.w.N. 2 0 So Lutter, Z H R 162 (1998), 164. 21 Stimpel, in Pehle/Stimpel, Richterliche Rechtsfortbildung S. 15, 18 ff., vgl. aber auch die grundlegenden Arbeiten von Ballerstedt, Kapital, Gewinn und Ausschüttung bei Kapitalgesellschaften (1949); Zöllner, Die Schranken der Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden (1963), S. 349 ff.; ders., in K K § 2 4 3 Rn. 189 ff.; aus der heutigen Literatur vgl. auch Assmann, in G K zum AktG Einl. Rn. 261; Brändel, in G K zum A k t G § 1 Rn. 30; Dreher, Z H R 157 (1993), 150, 151; Filimann, Treuepflichten (1991), S. 76 ff.; Habersack, Mitgliedschaft

160

Kapitel

II:

Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

ist. Aber auch Marcus Lütter22 und Wolfgang Zöllner23 haben in diesem Bereich große Pionierarbeit geleistet. Als besonders klärungsbedürftig wurde erkannt, ob auch zwischen den Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft Treuepflichten bestehen können, da man für das Verhältnis zwischen diesen nicht wie im Verhältnis zwischen Gesellschafter und Gesellschaft 24 unmittelbar auf die Mitgliedschaft als besonderem Rechtsverhältnis 25 zurückgreifen konnte 26 . Richtungsweisende Äußerungen findet man von Seiten der höchstrichterlichen Rechtsprechung hierzu erstmals in der /TT-Entscheidung 27 aus dem Jahre 1975 28 , in der der B G H mitgliedschaftliche Treuebindungen zunächst für das GmbH-Recht anerkannte 29 . Diese Entscheidung ist auch deshalb (1996), S. 62 f.; Henze, in FS Kellermann S. 141,143 ff.; ders., B B 1996, 489,490; Hennrichs, AcP 195 (1995), 221, 242 ff.; Hüffer, A k t G § 53 a Rn. 14, 20; Kort, ZIP 1990, 294, 295; Lutter, Z H R 153 (1989), 446, 452 ff.; ders., Z H R 162 (1998), 164,168; Nehls, Treuepflicht (1993), S. 62 ff.; Piepenburg, Treupflichten (1996), S. 123 ff.; Raiser, Recht der Kapitalgesellschaften, 3. Aufl. § 2 8 Rn. 36 ff.; K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. § 20 IV 2 c) § 28 I 4; Schnorbus, JuS 1998, 877, 879; Timm, N J W 1988, 1582, 1583; ders., W M 1991, 481, 482; Wiedemann, J Z 1989, 447; Winter, Treuebindungen (1988); ders., Z G R 1994, 570 jeweils m.w.N.; gegen eine Treuepflicht aber vor allem nach wie vor Flume, Juristische Person S. 268 ff.; ders., ZIP 1996,161; weitere Nachweise zur älteren, einer Treuepflicht ablehnend gegenüberstehenden Literatur bei Dreher, Z H R 157 (1993), 150, 151. 22 Lutter, AcP 180 (1980), 84,102 ff.; ders., Z G R 1981,171; ders.-, Z H R 152 (1989), 446; ders., Z H R 162(1998), 164. 23 Zöllner, Die Schranken der Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden (1963); ders., in K K § 2 4 3 Rn. 189 ff.; ders., Z H R 162 (1998), 235. 2 4 Vgl. insoweit B G H v. 1.4.1953 = B G H Z 9, 157, 163; B G H v. 9.6.1954 = B G H Z 14, 25, 38; B G H v. 5.6.1975 = B G H 65, 15, 18; B G H v. 1.2.1988 = B G H Z 103, 184, 194. 2 5 Zur Rechtsnatur der Mitgliedschaft als subjektivem Recht wie auch als Rechtsverhältnis, aus dem sich subjektive Rechte, aber auch Pflichten ergeben können vgl. K. Schmidt, J Z 1991, 157, 158, der hervorhebt, dass die Mitgliedschaft insoweit als Einheitsbegriff zu verstehen ist, unter den beides zu fassen ist. Im Rahmen der Diskussion der sich aus der Mitgliedschaft ergebenden Treuepflichten geht es natürlich um die Mitgliedschaft als Rechtsverhältnis. 2 6 Gerade aus dem Grund, dass bei einer juristischen Person alle Rechtsbeziehungen auf das Verhältnis zur juristischen Person zugeschnitten sind, wurde ursprünglich das Bestehen von Treuepflichten der Gesellschafter untereinander auch abgelehnt (vgl. nur Hueck, Der Treuegedanke im modernen Privatrecht S. 14 f.; Schilling, in Hachenburg, 6. Aufl. § 13 Rn. 3). 2 7 Der Entscheidung lag vereinfacht folgender Sachverhalt zugrunde: Ein ausländisches Großunternehmen (ITT) hatte als Mehrheitsgesellschafter der Komplementär-GmbH zweier G m b H & C o K G ' s diese Gesellschaften und ihre Töchter zum Abschluss von „Beratungsverträgen" mit einer weiteren Tochtergesellschaft des Großunternehmens veranlasst, durch die sich die Tochtergesellschaften zur Abführung einer Konzernumlage in Höhe von 1 % des Jahresumsatzes verpflichteten. Die Tochtergesellschaften erhielten tatsächlich jedoch keine Beratungsleistungen, die eine Umlage in dieser Höhe gerechtfertigt hätten. Der Kläger, ein Minderheitengesellschafter der Komplementär-GmbH mit einem Kapitalanteil von 15 % und der beiden KG's mit jeweils 40 % , machte mit der Klage die Rückzahlung der abgeführten Konzernumlage geltend. 2 8 B G H v . 5.6.1975 = B G H Z 65, 15. 2 9 Vor dieser Entscheidung hat man auf Seiten des 2. Senats das Bestehen von Treuepflichten in Kapitalgesellschaften zwar grundsätzlich anerkannt, für die konkret zu fällenden Entscheidungen war diese Anerkennung allerdings jeweils bedeutungslos (vgl. im einzelnen Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindungen im G m b H Recht (1988), S.41; ebenso Flume, ZIP 1996, 161, 162).

§ 5: Treuepflichten

als allgemeines

Prinzip des

Gesellschaftsrechts

161

von besonderer Bedeutung, weil hier die Grundsätze zur Haftung im Rahmen einer gesellschaftsrechtlichen Sonderrechtsbeziehung auf einen Konzernsachverhalt angewandt wurden 30 . Freilich war zu dieser Zeit die Rechtsprechung noch von der Vorstellung einer Abhängigkeit der Treuepflichten vom Bestehen einer besonders personalistischen Struktur der jeweiligen Kapitalgesellschaft durchdrungen31. Dementsprechend wurde zunächst auch bestritten, dass bei kapitalistisch strukturierten Gesellschaften Treuepflichten zwischen den Gesellschaftern bestehen können. Insbesondere herrschte die Auffassung vor, in einer Aktiengesellschaft gäbe es keine Treuepflichten zwischen den Aktionären 32 . Vielmehr seien hier, anders als bei einer Personengesellschaft oder einer GmbH, die Rechtsbeziehungen der Aktionäre nur auf die Gesellschaft 33 und nicht auf persönliche Beziehungen zu den Mitaktionären gerichtet, weshalb auch keine Treuepflichten zwischen den Gesellschaftern bestehen könnten 34 . Ausprägung dessen war die bereits vom Reichsgericht 35 zur Legitimation von Mehrheitsentscheidungen verfochtene Auffassung, dass ein Mehrheitsbeschluss seine Rechtfertigung in sich trage36. In der Linotype-Entscheidung aus dem Jahr 1988 37 stellte der B G H in Anknüpfung an das ITT - Urteil sodann allerdings fest, dass auch in einer AG Treuepflichten des Mehrheitsgesellschafters gegenüber den Mitgesellschaftern bestehen können. Eine AG könne ähnlich einer GmbH so ausgestaltet werden, dass sie einer Personengesellschaft nahe komme 38 . Damit wurde auch für den Bereich des Aktienrechts die Treuepflicht des Mehrheitsgesellschafters gegenüber den Mitgesellschaftern neben die bereits anerkannte Treuepflicht der Aktionäre gegenüber der AG gestellt 39 . Mit der Girmes - Entscheidung aus dem Jahre 1995 erkannte der K. Schmidt, ZIP 1993, 549, 550. B G H v. 1.4.1953 = BGHZ 9, 157, 163; BGH v. 5.6.1975 = BGHZ 65, 15, 19; BGH v. 9.6.1954 = BGHZ 14,25,38; BGH v. 27.10.1955 = BGHZ 18, 350,365; = BGH JZ 1976, 561, 562. 32 RG V. 21.9.1938 = R G Z 158, 248, 254; BGH v. 27.10.1955 = BGHZ 18, 350, 365; Hueck, Der Treuegedanke im modernen Privatrecht S. 14 ff.; Martens, in Rechtsdogmatik und Rechtspolitik S. 251 ff.; Fechner, Die Treubindung des Aktionärs (1942), S. 39 ff. 33 Vgl. hierzu bereits RG v. 22.1.1935 = RGZ 146, 385, 395 ff.; BGH v. 9.6.1954 = BGHZ 14, 25, 38; im Gegensatz zur herrschenden Literatur gab es auch Stimmen, die eine über § 242 B G B hinausgehende Treuepflicht der Aktionäre gegenüber der AG ablehnten (vgl. Hueck bis zur 13. Aufl. vor § 54 Rn. 11). 34 Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft (1970), S. 270 f.; Meyer-Landrut in GK zum AktG, 3. Aufl., § 1 Rn. 35; kritisch dazu insbesondere Lutter, JZ 1976, 225; Zöllner, in KK §243 Rn. 195; Wiedemann, GesR. 1, §2 I lb und § 8 II 3; ders., JZ 1976, 392, 394; ders., JZ 1989, 447 f. 35 RG v. 8.4.1908 = RGZ 68, 235;RG v. 19.9.1931 = R G Z 146, 71, 76;RG = R G Z 146, 385, 395; RG v.21.9.1938 = R G Z 158, 248, 254; vgl. aber bereits Fechner, Die Treubindung des Aktionärs (1942), S. 83 ff. 36 BGH v. 28.1.1980 = BGHZ 76, 352, 353; zustimmend Fiume, ZIP 1996, 161, 162; kritisch dazu etwa Wiedemann, JZ 1989,447, der darauf hinwies, dass sich damit nahezu jede Mehrheitsdiktatur unterstützen ließe; vgl. für die Herabsetzung des Grundkapitals BGH v. 9.2.1998 = BGHZ 138,71. 37 BGH v. 1.2.1988 = BGHZ 103, 184; vgl. dazu Lutter, ZHR 153 (1989), 446; Timm, NJW 1988, 1582 f.; Wiedemann, JZ 1989, 447 ff. 38 BGH v. 1.2.1988 = BGHZ 103, 184,195. 3 9 Zur Treuepflicht des Mehrheitsaktionärs gegenüber seinen Mitgesellschaftern bei einer 30

31

162

Kapitel

II: Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

B G H schließlich auch das Bestehen von Treuepflichten von Minderheitsaktionären in einer Aktiengesellschaft unter bestimmten Voraussetzungen an 40 . Damit rückte der II. Senat ein weiteres Stück von der ursprünglich angenommenen rechtsformspezifischen Abhängigkeit der Treuepflichten von Verbandsmitgliedern ab und schloss sich einer insoweit auch in der heutigen Literatur 41 vorherrschenden rechtsformübergreifenden Sichtweise an. So überwiegen heute die Stimmen, die das Bestehen von Treuebindungen nicht auf eine auf partnerschaftliche Zusammenarbeit ausgerichtete Gesellschaft reduzieren, sondern insbesondere auch an die besonderen Einwirkungsmöglichkeiten der Gesellschafter auf die Gesellschaft und die mitgliedschaftlichen Rechte anderer Gesellschafter knüpfen. Von diesem Ausgangspunkt betrachtet ist die personalistische Ausgestaltung einer Gesellschaft für das Bestehen von Treuepflichten irrelevant 42 . Allerdings wird auf die Realstruktur einer Gesellschaft bei der Frage nach dem Umfang der Treuepflichten im Einzelfall abgestellt 43 . Vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse und der herrschenden rechtsformübergreifenden Sichtweise der Treuepflichten erscheint es angezeigt, deren Herleitung und Reichweite für die AG und GmbH gemeinsam zu diskutieren und rechtsformspezifische Besonderheiten nur dort herauszustellen, wo sie existieren.

II. Die dogmatische im

Herleitung der Gesellschaftsrecht

Treuepflichten

Nicht so eindeutig wie die Frage nach dem Bestehen von Treuepflichten im Gesellschaftsrecht ist die Frage nach ihrer dogmatischen Einordnung zu beantworten, über die auch heutzutage noch „einige Verwirrung" besteht 44 . Zwar ist nakombinierten Kapitalherabsetzung und -erhöhung vgl. insb. auch BGH v. 5.7.1999 =BGHZ 142, 167ff. („Hilgers") =BGH NJW 1999, 3197 =ZIP 1999, 1444 = LM H. 12/1999 § 8 AktG 1965 Nr. 1 ( N o a c k ) = WuB H. 7/2000 § 229 AktG 1.00 (Hirte)- zum Ganzen auch Nehls, Die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht (1993); Lutter, ZHR 162 (1998), 164 ff.; Hennrichs, AcP 195 (1995), 221; vgl. auch Herne, ZHR 162 (1998), 186 ff.; skeptisch allerdings nach wie vor Flume, ZIP 1996, 161. 40 BGH v. 20.3.1995 = BGHZ 129, 136; vgl. zur Treuebindung in der AG auch H u f f er, in FS Steindorff S. 416; Dreher, DStR 1993, 1632. 41 Vgl. Winter, in Scholz, 9. Aufl. §14 Rn. 50; Wiedemann, GesR I, § 8 II 3; K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. §20 IV d; Raiser, ZHR 151 (1987) 422, 430 ff.; Baumbach/Hueck, § 13 Rn.23; Henze, Hdb. z. GmbH-Recht, 2. Aufl. Rn. 832; Schieddl, in Münchner Hdb. GesR III, §32 Rn. 13. 42 Winter, Mitgliedschaftliche Treubindungen im GmbH-Recht (1988), S.62; auch die Unternehmensrechtskommission traf eine rechtsformneutrale Unterscheidung zwischen personenbezogenen Unternehmen und Publikumsunternehmen (Unternehmensrechtskommission, Bericht Rn.618ff., 1708 ff.). 43 Vgl. Lutter, ZHR 153 (1989), 446, 452 ff.; K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. §20 IV 2 d; Wiedemann, GesR I § 8 II 3; ders., JZ 1988, 447, 448. 44 Hennrichs, AcP 195 (1995), 221, 225; ähnlich Paschke, in FS Serick S. 309, 313, 318 („...noch immer nicht hinreichende dogmatische Rechtfertigung der gesellschafterbezogenen

5 5: Treuepflichten

als allgemeines

Prinzip des

Gesellschaftsrechts

163

mentlich Lutter der Auffassung, die Herleitung gesellschaftsrechtlicher Treuepflichten bedürfe keiner besonderen Erörterung mehr. Vielmehr seien sie als „a priori existentes verbandsrechtliches Prinzip .... heute gewohnheitsrechtlich etabliert" und dies in ihrer Ausprägung als Rechtspflicht der Gesellschafter zur Gesellschaft wie auch als Rechtspflicht der Gesellschafter untereinander 45 . Allerdings weist auch Lutter darauf hin, dass die Frage nach den Grenzen dieser Pflichten keineswegs als geklärt angesehen werden kann, ebenso wenig wie die von ihm eidetisch als „Appendix" bezeichnete Frage, ob auch in einer Einpersonengesellschaft Treuepflichten des Alleingesellschafters gegenüber der Gesellschaft anzuerkennen sind 46 . Nicht unumstritten ist zudem, welche Bedeutung der Realstruktur einer Gesellschaft im Endeffekt hier zukommt 4 7 .

1) Anknüpfungspunkte Treuepflichten

zur Begründung

gesellschaftsrechtlicher

Hilfreich erscheint zur Klärung dieser Probleme zunächst die Frage nach den Anknüpfungspunkten der gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten. Karsten Schmidt unterscheidet rechtsfunktional drei solcher Punkte. Neben der Korrelation zwischen Rechtsmacht und Verantwortung sind dies das mitgliedschaftliche Gemeinschaftsverhältnis sowie die mitgliedschaftliche Zweckförderungspflicht. Rechtsdogmatisch ist nach seiner Auffassung die Treuepflicht jedoch in all ihren Ausgestaltungen organisationsrechtlich als Bestandteil des Mitgliedschaftsverhältnisses zu verstehen 48 . Der organisationsrechtliche Ansatz, der die Treuepflicht als spezifisch gesellschaftsrechtliche Pflicht begreift, ist in der Literatur heute vorherrschend. Überwiegend wird dabei davon ausgegangen, dass die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht eine gesteigerte, über die „schlichte Normalität" des § 2 4 2 B G B hinausgehende Pflichtenbindung schaffe 4 9 , da das Verbundensein in einer Gesellschaft ein höheres Maß an gegenseitiger Rücksichtnahme verlange, als der allge-

Treupflicht") sowie unlängst U. H. Schneider/Burgard, in FS Ulmer S. 579, 581: „Rechtsgrundlage und Geltungsgrund der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht sind umstritten". 45 Lutter, Z H R 162 (1998), 164, 166 m.w.N.; vgl. aber auch Flame, ZIP 1996, 161 ff. 4 6 Vgl. Lutter, Z H R 162 (1998), 164, 166 ff. und 183; eine Treuepflicht im Sinne eines Bestandsschutzes auch hier bejahend etwa Ulmer, Z H R 148 (1984), 418 ff.; Priester, Z G R 1993, 512 ff.; Winter, Z G R 1994, 587; weitergehend Ziemons, Die Haftung der Gesellschafter für Einflussnahmen auf die Geschäftsführung der G m b H (1996), S.98 ff, S. 181; ablehnend indes Lutter, ZIP 1985, 1425, 1428 ff.; LutterlHommelhoff, 15. Aufl. Anh. § 13 Rn. 42, § 14 Rn. 22; Zöllner, in Baumbach/Hueck, GmbH-Konzernrecht Rn. 100; Flume, Juristische Person S. 61. 4 7 So vertritt etwa Paschke, in FS Serick S. 309, 321, im Gegensatz zur herrschenden Meinung die Ansicht, dass die Realstruktur insoweit nicht maßgebend ist. 48 K. Schmidt, GesR § 2 0 IV m.w.N.; vgl. auch Lutter, Z H R 162 (1998), 164, 166 f. 49 Lutter, Z H R 153 (1989), 446, 452; ders., AcP 180 (1980), 84, 103 f.; ebenso Dreher, ZHR 157 (1993), 150, 159; Immenga, in FS 100 Jahre G m b H G S. 189, 190; Timm, W M 1991, 481, 482; ähnlich Winter, in Scholz, 9. Aufl. § 14 Rn. 50 („sie hat zwar ihren Ursprung in der Regel des § 2 4 2 B G B , ist aber zu einem weiterreichenden eigenständigen Rechtsinstitut entwickelt worden").

164

Kapitel II: Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

meine Grundsatz von Treu und Glauben bzw. das Schädigungsverbot des § 826 BGB gewähren könne 5 0 .

2) Die mitgliedschaftliche

Treuepflicht gegenüber der

Gesellschaft

Weitgehender Konsens besteht heute darüber, dass aufbauend auf dem Gesellschaftsvertrag auch die Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft als verpflichtet anzusehen sind, je nach Ausgestaltung der Gesellschaft, sich für deren Belange einzusetzen bzw. alles zu unterlassen, was deren Interesse schädigen könnte 5 1 . Die Erkenntnis, dass die Gesellschafter aufgrund ihrer Mitgliedschaft die Pflicht haben, nicht entgegen den Interessen der Gesellschaft zu handeln, teilen auch grundsätzliche Gegner einer Treuepflicht im Gesellschaftsrecht, wie namentlich Flume. Bestritten wird lediglich, dass es sinnvoll ist, sich hierfür auf die Treuepflicht-Formel als „Leerformel" zu berufen 52 . Anerkannt wird aber, dass das Stimmrecht auf die Verwirklichung des Gesellschaftsinteresses gerichtet sein muss und kein Mitglied es zur Erlangung von Sondervorteilen oder zum Schaden der Gesellschaft einsetzen darf 53 . Damit wird die Förderpflicht gegenüber der Gesellschaft, anders als das Bestehen von Treuepflichten zwischen den Gesellschaftern, jedenfalls was die mehrgliedrige Gesellschaft betrifft 5 4 , aber auch nicht grundsätzlich in Frage gestellt, da hier ohne weiteres auf das zwischen den Gesellschaftern und ihrer Gesellschaft bestehende Rechtsverhältnis zurückgegriffen werden kann 55 . Richtungsweisend für die heute herrschende Ansicht zur Begründung der Treuepflichten im Kapitalgesellschaftsrecht war vor allem die 1980 vorgelegte Abhandlung zur Theorie der Mitgliedschaft von Lutter56, der den Zusammenhang zwischen der Verbandsmitgliedschaft und der spezifisch verbandsrechtlich bzw. gesellschaftsrechtlich geprägten mitgliedschaftlichen Förderpflicht hervorgehoben und sich für eine alle Gesellschaftsformen erfassende, vorrangig an der Realstruktur ausgerichtete Sichtweise mitgliedschaftlicher Treuepflichten ausgesprochen hat. Als Bestandteil des Mitgliedschaftsverhältnisses sind die so verstandenen Treuepflichten als Hauptpflichten zu qualifizieren 57 und nicht nur, wie dies teil50

Kaiser, in H a c h e n b u r g § 14 Rn. 52. I n s b e s o n d e r e auch im Anschluss an Zöllner, Die Schranken der S t i m m r e c h t s m a c h t bei d e n privatrechtlichen P e r s o n e n v e r b ä n d e n (1963) S. 318 ff., 322 ff., so die heute ganz h.M.; vgl. n u r U.H. Schneiderl Burgard, in FS U l m e r S. 579, 581; Weber, Vormitgliedschaftliche Treubind u n g e n (1999), S. 124; ausführlich f ü r die G m b H Winter, Mitgliedschaftliche T r e u b i n d u n g e n im G m b H - R e c h t (1988), S. 96 ff. m . w . N . 52 So Flume, Z I P 1996, 161, 165. 53 Flume, Juristische P e r s o n § 8 I S. 270. 54 Z u den Besonderheiten bei der Einmanngesellschaft vgl. u n t e n S. 193 ff. 55 B G H v. 9.6.1954 = B G H Z 14, 25, 38; B G H v. 1.2.1988 = B G H Z 103, 184; aus neuerer Zeit aus der Rspr. O L G N a u m b u r g v. 30.11.1998 = N Z G 1999, 353, 354 m.w.N.; aus der Literatur vgl. n u r Lutter, Z H R 162 (1998), 164, 177. 56 A c P 180(1980), 84. 57 B G H v. 1.2.1988 = B G H Z 103, 184, 195 im A n s c h l u ß an Lutter, A c P 180 (1980), 84, 102 ff.; vgl. auch Fischer, in G K § 105 Rn. 31 a; Grundmann, D e r Treuhandvertrag (1997), S. 154; Limmer, H a f t u n g s v e r f a s s u n g (1992), S. 51 f.; Lutter/Hommelhoff; 15. Aufl. § 14 Rn. 18 m.w.N.; 51

§ 5: Treuepflichten als allgemeines Prinzip des

Gesellschaftsrechts

165

weise vertreten wird, als Ausprägung des allgemeinen Grundsatzes von Treu und Glauben 5 8 . Damit handelt es sich aber auch nicht nur um eine schuldrechtliche Verpflichtung 5 9 . Die gesellschaftsrechtliche Förderpflicht stellt sich vielmehr organisationsrechtlich als Bestandteil des Mitgliedschaftsverhältnisses dar. M i t guten Gründen wurde daher auch vorgeschlagen, mit Blick auf eine möglichst klare Trennung von dem allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben, hier besser nur von mitgliedschaftlichen Förder- 6 0 oder Loyalitätspflichten 6 1 zu sprechen 6 2 . M a ß geblich steht dem allerdings die weitgehende Etablierung des Begriffs der Treuepflichten entgegen, der aus dem juristischen Sprachgebrauch kaum wegzudenken ist. Angezeigt scheint es aber, zur besseren Abgrenzung zumindest den Begriff der mitgliedschaftlichen Treuepflichten zu verwenden 6 3 . Diese mitgliedschaftliche Treuepflicht gebietet auch den Gesellschaftern einer Aktiengesellschaft, dem Z w e c k der Gesellschaft nicht zuwiderzuhandeln. E b e n s o wie bei anderen Gesellschaftsformen gilt auch hier, dass es widersprüchlich wäre, auf der einen Seite einer Gesellschaft beizutreten und dadurch die gemeinsame Zweckverfolgung zu verabreden, auf der anderen Seite diese Zweckverfolgung durch Stimmrechtsausübung oder auf andere Weise aber wieder zu hintertreiben 6 4 . Die Tatsache, dass es sich bei Aktiengesellschaften in der Regel um Publikumsgesellschaften handelt, steht dieser Erkenntnis nicht im Wege. Zwar liegt der Schwerpunkt bei Publikumsgesellschaften, hinsichtlich der dem Gesellschafter einer K a pitalgesellschaft grundsätzlich innewohnende Doppelrolle als Verbandsmitglied und Kapitalanleger 6 5 , deutlich auf der zweiten Seite. Dies bedeutet indes nicht, dass mitgliedschaftliche Förderpflichten hier von vornherein nicht existierten. N u r zur Bestimmung ihres Umfangs ist die konkrete Ausgestaltung bzw. Struktur der Gesellschaft maßgebend 6 6 . Das Bestehen überwiegender Anlegerinteressen teilweise wird auch eine differenzierte Lösung vertreten und, soweit es um besondere aus der Treuepflicht ableitbare Verhaltenspflichten geht, diese aus der gesellschaftsrechtlichen Förderpflicht abgeleitet; zur Begründung inhaltlicher Schranken bei der Ausübung von Gesellschaftsrechten allerdings auf § 242 BGB zurückgegriffen (vgl. etwa Häuser, Unbestimmte Maßstäbe S. 176 ff. - für das Personengesellschaftsrecht). 58 So aber Keßler; in Staudinger, 12. Aufl. vor § 705 Rn. 42; Schmiedel, ZHR 134 (1970), 173, 182; Schulze v. Lasaulx, § 705 Rn. 66; Roth, in MK, 3. Aufl. § 242 Rn. 120 („Unterschied zu den anderen Geboten des §242 BGB lediglich in der Intensität"). 59 Kort, ZIP 1990, 294, 295. 60 Lutter, AcP 180 (1980), 84, 103 ff. 61 Raiser, Das Unternehmen als Organisation S. 142 ff.; Wiedemann, GesR I, 432. 62 I.E. ebenso Flume, ZIP 1996, 161, 165. 63 Vgl. zu weiteren Unterscheidungen im Rahmen der Treuepflichten unten S. 187 ff. 64 Zöllner, ZHR 162 (1998), 235, 239 in Fn. 20. 65 Auch der Gesetzgeber hat sich etwa bei seiner vor kurzem eingeführten Regelung zum Squeeze out (§§ 327 a ff AktG) bei Unternehmensübernahmen vor allem an den anlegerbezogenen Elementen der „hybriden Aktionärsstellung" orientiert, die insb. in einer börsennotierten Gesellschaft ohne Frage überwiegen; bereits in der Feldmühle-Entscheidung des BVerfG v 7.8.1962 (BVerfGE 14, 263 ff.) war der Schutz der zwangsweise ausscheidenden Aktionäre auf die Absicherung ihrer vermögensmäßigen Interessen beschränkt worden; vgl. auch BVerfG v. 23.8. 2000 (Moto Meter) AG 2001,43. 66 Vgl. hierzu noch unten S. 278.

166

Kapitel

II: Grundlegung

der

Treuepflicbtbaftung

schließt das Bestehen mitgliedschaftlicher Förderpflichten aber nicht aus. Z w a r ist davon auszugehen, dass gerade bei Kleinaktionären die Anlegerinteresse ganz im Vordergrund stehen. D a d u r c h können die durch Mitgliedschaft übernommenen Pflichten gegenüber der Gesellschaft jedoch nicht z u m Erlöschen gebracht und den Aktionären der Status von Bausparern zugedacht werden 6 7 . Insbesondere wenn es u m B e s t i m m u n g der Einzelheiten und konkreten Inhalte einer so verstandenen Treuepflicht geht, herrscht jedoch große Unsicherheit. A u c h die B e g r ü n d u n g einer Treuepflicht in der Einmanngesellschaft bereitet nach wie vor Probleme. Diese Fragen können allerdings nicht losgelöst von den Treuepflichten der Gesellschafter zu ihren Mitgesellschaftern diskutiert werden. Es ist nicht möglich, Treuepflichten im Gesellschaftsrecht dem Versuch einer Systematisierung zu unterziehen, wenn man nicht auch auf das zwischen den Gesellschaftern einer Gesellschaft bestehende Verhältnis eingeht, das mit den Treuepflichten gegenüber der Gesellschaft meist in einem A t e m z u g genannt wird und auf das diese, wenn auch selten ausdrücklich, häufig zurückführt werden. Die U r s a c h e hierfür ist im Verständnis dessen zu finden, was als das Interesse einer Gesellschaft erkannt wird. So sieht man im Eigeninteresse einer Gesellschaft vielfach die Zusammenfassung, Bewertung und A b w ä g u n g der Einzelinteressen der an einer G e sellschaft Beteiligten 6 8 . Stellt man aber auf die Bewertung und A b w ä g u n g der Interessen der Gesellschafter untereinander ab, ist man sehr schnell bei der Frage nach den zwischen ihnen bestehenden Treuepflichten angelangt. D a m i t verwundert es aber auch nicht, dass insoweit regelmäßig zwischen mehrgliedrigen und eingliedrigen Gesellschaften differenziert wird 6 9 . So verstanden, stellt sich die Treuepflicht grundsätzlich als Instrument des Minderheiten- und weniger des Gläubigerschutzes dar 7 0 . D a s Verständnis u m die Treuepflichten zwischen den Gesellschaftern stellt sich damit als notwendige Grundlage einer D i s k u s s i o n über die Frage dar, ob es sich bei den Treuepflichten gegenüber der Gesellschaft nur u m eine A u s p r ä g u n g der Treuepflichten der Gesellschafter untereinander handelt oder ob diesen eigenständige Bedeutung z u k o m m t . Eine Frage, die, wie die Rechtsfigur der E i n m a n n - G m b H sehr deutlich macht, nicht unentschieden bleiben kann.

6 7 Zu der Frage, ob sich aus der Mehrheitsbeteiligung eine erhöhte Pflichtenbindung ergibt vgl. unten S. 187ff. 68 Hommelhoff, Konzernleitungspflicht (1982), S. 246 ff.; Hopt, Z G R 1993, 534, 538; Kühler, G e s R § 14 III 2 a; Möbring, Z u m Schutz der Gläubiger einer konzernabhängigen G m b H (1992), S. 24; Timmann, Die Durchsetzung von Konzerninteressen in der Satzung der abhängigen Aktiengesellschaft (2000), S. 79; Ziemons, Die H a f t u n g der Gesellschafter für Einflussnahmen auf die Geschäftsführung der G m b H (1996), S. 86; vgl. auch F o r u m Europaeum Konzernrecht Z G R 1998, 672, 710; zur Frage, ob unter den Beteiligten nur die Gesellschafter zu fassen sind oder auch andere Interessengruppen wie Gläubiger und Arbeitnehmer der Gesellschaft, vgl. unten S. 255 ff. 6 9 Vgl. nur Röhricht in FS 50 Jahre B G H S. 83, 104. 70 Burgard Z I P 2002, 827, 829.

5

Treuepflichten

3) Mitgliedschaftliche

als allgemeines

Treuepflichten

Prinzip des

zwischen den

167

Gesellschaftsrechts

Gesellschaftern

I m G r u n d s a t z ist das B e s t e h e n b e s o n d e r e r Treuepflichten auch zwischen den G e sellschaftern einer Kapitalgesellschaft heute a n e r k a n n t 7 1 . K e i n e s w e g s enträtselt ist aber die F r a g e nach der d o g m a t i s c h e n H e r l e i t u n g dieser Pflichten. V o r allem das Verhältnis z w i s c h e n den gesellschafterlichen T r e u e p f l i c h t e n und der sich aus der Mitgliedschaft ergebenden Z w e c k f ö r d e r u n g s p f l i c h t stellt sich als u n z u r e i c h e n d geklärt dar 7 2 . So hält m a n teilweise den R ü c k g r i f f auf die Treuepflichten nicht für n o t wendig, w e n n es u m das V e r b o t geht, dem verabredeten Z w e c k n i c h t z u w i d e r z u h a n deln 7 3 . W i e o b e n gesehen 7 4 , stellt sich die mitgliedschaftliche T r e u e p f l i c h t gegenüber der Gesellschaft aber gerade als A u s d r u c k der Z w e c k f ö r d e r u n g s p f l i c h t dar. Z u r d o g m a t i s c h e n H e r l e i t u n g v o n T r e u e p f l i c h t e n z w i s c h e n den G e s e l l s c h a f tern w e r d e n s e h r u n t e r s c h i e d l i c h e W e g e b e t r e t e n . T e i l w e i s e w i r d d e m G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g , j e d e n f a l l s bei d e r p e r s o n a l i s t i s c h a u s g e s t a l t e t e n G m b H , eine D o p p e l n a t u r z u e r k a n n t , d u r c h den a u c h R e c h t s b e z i e h u n g e n der G e s e l l s c h a f t e r u n t e r e i n a n d e r b e g r ü n d e t w ü r d e n . U b e r w i e g e n d w i r d gegen die B e g r ü n d u n g u n m i t t e l b a r e r v e r t r a g l i c h e r A n s p r ü c h e z w i s c h e n den G e s e l l s c h a f t e r n a b e r auf die r e c h t l i c h e V e r s e l b s t ä n d i g u n g d e r G e s e l l s c h a f t h i n g e w i e s e n , w a s indes organisationsrechtliche Rechtsbeziehungen

keineswegs

zwischen ihnen verhindern

soll 7 5 .

A u c h das G e s e t z s e l b s t w i r d z u r B e s t ä t i g u n g d e r E x i s t e n z s o l c h e r B e z i e h u n g e n h e r a n g e z o g e n . S o spiegle die N o r m i e r u n g der A u s f a l l h a f t u n g in den § § 2 4 , 31 A b s . 3 G m b H G den C h a r a k t e r der G m b H als P e r s o n e n v e r b a n d wider, d e r i m G e g e n s a t z z u r A G eine p e r s o n a l i s t i s c h - i n d i v i d u a l i s t i s c h e P r ä g u n g h a b e u n d bei dem von einer persönlichen Verbundenheit der Gesellschafter untereinander ausz u g e h e n sei 7 6 . A b e r a u c h im A k t i e n r e c h t f i n d e t m a n g e s e t z l i c h e B e l e g e f ü r das B e s t e h e n w e c h s e l s e i t i g e r P f l i c h t e n z w i s c h e n den G e s e l l s c h a f t e r n . I n s b e s o n d e r e § 2 4 3 A b s . 2 S. 1 A k t G w i r d als t y p i s c h e r F a l l d e r N o r m i e r u n g des T r e u e p f l i c h t g e d a n k e n s i m A k t i e n r e c h t a n g e s e h e n 7 7 , d e r e i n e n H i n w e i s n i c h t n u r auf g e s e l l s c h a f Aus jüngster Zeit vgl. nur B G H v. 7.7.2003 = BB 2003, 1918. Zöllner, Z H R 162 (1998), 235, 239. 73 So meint etwa Zöllner, Z H R 162 (1998), 235, 239 in Fn. 20, ein Verbot, dem verabredeten Zweck zuwiderzuhandeln, ergäbe sich bereits aus der Zweckförderungspflicht, wofür der Rückgriff auf die allgemeine Treuepflicht nicht notwendig sei. Allerdings könne die Treuepflicht Bedeutung bei der Bestimmung des Ausmaßes der gesellschafterlichen Bindungen haben. Je weiter eine Entscheidung ihrer Art nach von der Geschäftsführung entfernt sei, insbesondere also bei Satzungsänderungen und anderen Grundlagenentscheidungen, desto eher müsse aber der Treuegedanke zur Begründung von Rücksichtspflichten herangezogen werden. Gänzlich sei man schließlich auf ihn angewiesen, wenn es um die Begründung von Rücksichtspflichten zwischen den Mitgesellschaftern gehe. 74 Vgl. oben S. 164 f. 75 Vgl. nur Hüffer, in FS für Steindorf S. 59, 68 ff. 76 Ballerstedt, Kapital (1949), S. 182 ff., Raiser, in Hachenburg, 8. Aufl. § 13 Rn. 6. 77 Vgl. Lutter, J Z 1976,225; ders., Z H R 153 (1989), 446,454 f.; Weber, Vormitgliedschaftliche Treuebindungen (1999), S.53; Wiedemann, GesR I § 2 I 1 b bb; Zöllner, Die Schranken der Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden (1963), S. 335 ff.; krit. grds. Martens, in Rechtsdogmatik und Rechtpolitik S. 251 ff.; Nehls, Die gesellschaftsrechtliche Treupflicht im Aktienrecht (1993), S. 48 f. 71 72

168

Kapitel

II: Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

terliche Treuepflichten gegenüber der Gesellschaft, sondern auch zwischen den Gesellschaftern geben soll 78 . Vereinzelt wurde aber auch auf das Bestehen einer schuldrechtlichen Nebenabrede verwiesen 79 , nicht zu vergessen der deliktsrechtliche Ansatz von Mertens80. Diese beiden Ansätze unterscheiden sich von der herrschenden Auffassung in ihrer Konsequenz vor allem dadurch, dass sie die inhaltlichen Bindungen der Gesellschafter untereinander ausschließlich aus dem Verhältnis zu den anderen Gesellschaftern herleiten und die Gesellschaft als Bezugspunkt der Gesellschafterpflichten insoweit ausblenden. Der individualrechtliche Ansatz, der diesen Theorien zugrunde liegt, hätte allerdings zur Folge, dass aus Treuepflichtverletzungen resultierende Ansprüche auch dann den Mitgesellschaftern persönlich zugesprochen werden müssten, wenn die Treuepflichtverletzung zu einem Schaden der Gesellschaft geführt hat 81 . Neben der Frage nach der Richtigkeit dieser verschiedenen Begründungsansätze erweist sich zudem als klärungsbedürftig, welche Bedeutung der in diesem Zusammenhang immer häufiger hervorgehobenen Korrelation zwischen Macht und Verantwortung zuzumessen ist. Die Bedeutung der Wechselbeziehung zwischen Macht und Verantwortung wurde insbesondere von Zöllner82 betont, der mit seinen Überlegungen insoweit auf breite Anerkennung gestoßen ist 83 . Zumindest für den Umfang der Treuepflichten soll es maßgebend sein, ob man es mit einem Mehrheits- oder Minderheitsgesellschafter zu tun hat84. Die Treuepflichten werden als Pendant zu den Einwirkungsmöglichkeiten der Mehrheit und anderer Einflussträger verstanden. „Macht soll nicht ohne Verantwortung, unbestimmt umschriebener Einfluss nicht ohne Bindung sein" 85 . Ein Ansatz, der insbesondere

78 Lutter, ZHR 153 (1989), 446, 454; a.A. Pascbke, in FS Serick S. 309, 320, der in §243 Abs. 2 AktG keinen „schlüssigen Nachweis" für die Existenz einer Rechtsbeziehung zwischen den Gesellschaftern erkennen will. 79 Hachenburg, 5. Aufl. Allgemeine Einleitung Rn. 25; Tb. Hoffmann, GmbH-Rdsch. 1963, 61,63. 80 Mertens, AcP 178 (1978), 227, 243, f., 249, 253; ders., in FS. Fischer S. 461 ff.; ders., in Hachenburg §43 Rn. 103 ff. 81 So zu Recht Winter, Mitgliedschaftliche Treubindungen im GmbH-Recht (1988), S. 45. 82 Zöllner, Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden (1963), S. 335 ff.; vor ihm bereits Fechner, Die Treubindung des Aktionärs (1942) S. 76 f. (noch mit Überschneidungen mit anderen Kriterien, Mestmäcker, Verwaltung (1958) S. 214 f.; vgl. auch bereits RG v. 31.3.1931 =RGZ 132,149, 163. 83 Brändel, in GK zum AktG § 1 AktG Rn. 86; Dreher, ZHR 157 (1993), 150, 154 f.; Hennrichs, AcP 195 (1995), 221, 235 ff.; Nonn, Zustimmungspflichten (1995) S.21 ff.; Raiser, in Hachenburg §14 Rn. 52; Schöne, WM 1992, 209, 212; Timm, WM 1991, 481, 482; Wiedemann, GesR I S. 432; ders., JZ 1976, 392, 393; ders., DB 1993, 141, 143; Winter, Mitgliedschaftliche Treubindungen im GmbH-Recht (1988), S. 43 ff., 63 ff. 84 Lutter, AcP 180 (1980), 84, 109. 85 Zöllner, ZHR 162 (1998), 235, 237 mit Hinweis auf die Ausführungen von Mestmäcker, Verwaltung, Konzerngewalt und Rechte der Aktionäre (1958), S. 345, 348 ff.; aber auch Zöllner, Die Schranken der Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden (1963), S. 342 ff.

§ 5: Treuepflichten

als allgemeines

Prinzip des

Gesellschaftsrechts

169

auch zur Begründung der einem herrschenden Unternehmen obliegenden Treuepflichten herangezogen werden kann 86 . Keineswegs geklärt ist allerdings, ob diesem Ansatz tatsächlich, wie Karsten Schmidt meint, nur funktionale Bedeutung zukommt, weshalb auch der rechtsdogmatischen Anknüpfung der sich aus einer solchen Einwirkungsmacht ergebenden Pflicht nachzugehen ist 87 . Insbesondere fragt sich vor dem Hintergrund der rechtlichen Selbständigkeit der juristischen Person, ob der Gesichtspunkt gesteigerter Einflussnahmemöglichkeiten nicht erst den qualifizierten Kontakt eines Sonderverhältnisses zwischen den Gesellschaftern begründet 88 , oder ob auf ein unabhängig davon bereits bestehendes Sonderrechtsverhältnis als Rechtsgrundlage für besondere Verhaltenspflichten zurückgegriffen werden kann 89 . Damit einher geht die Frage, ob man es bei den Treuepflichten wirklich nur mit einem „einheitlichen, aber facettenreichen Rechtsinstitut" zu tun hat 90 oder nicht vielmehr mit verschiedenen, auch dogmatisch unterschiedlich zu begründenden Treuepflichtverhältnissen 91 . a) Der deliktsrechtliche

Ansatz

von Mertens

Die deliktsrechtliche Konzeption von Mertens, der sich grundsätzlich für eine Rückführung sonderprivatrechtlicher Haftungstatbestände ins Deliktsrecht ausgesprochen hat 92 , will die Mitgliedschaft, entgegen der ganz überwiegenden Auffassung, nicht nur ihn ihrem rechtlichen Bestand, sondern in ihrem gesamten Zuweisungsgehalt schützen. Danach würde jede Verkürzung der in der Mitgliedschaft zusammengefassten Herrschafts-, Teilhabe- und Vermögensrechte einen Eingriff in ein sonstiges Recht bedeuten, sofern sich dieses nicht nur als Reflex einer Veränderung des Gesellschaftsvermögens darstellt 93 . Zum Ausgleich der Schäden im letzteren Fall möchte Mertens außerdem eine Haftung auf der Grundlage der Verletzung deliktsrechtlicher Verkehrspflichten zum Schutz fremden Vermögens begründen 94 . Diese Verkehrspflichten leitet er aus einer Reihe von HaftungsLimmer, Haftungsverfassung (1992), S. 49 ff.; Lutter/Timm, N J W 1982, 409, 416. Weber, Vormitgliedschaftliche Treubindungen (1999), S. 130 f. 88 Hennrichs, AcP 195 (1995), 221, 238; M. Winter, Mitgliedschaftliche Treubindungen (1988), S. 69. 8 9 Nach Zöllner ( Z H R 162 (1998), 235, 237) liegt die Wurzel der Treuepflichten in der Mitgliedschaft, die im Vertrauen darauf eingegangen werde, dass ein Machtträger, der Einfluss auf die Verfolgung des gemeinsamen Zwecks nehmen könne, von diesem Einfluss nicht zum Nachteil des Verbandes und seiner Mitglieder Gebrauch macht (vgl. auch ders., Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden (1963), S. 350). 9 0 So K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. § 20 IV 1 c). 91 Auch der B G H hat die Treuepflicht als selbständige Rechtsgrundlage neben die Mitgliedschaft gestellt (vgl. B G H v. 19.9.1994 = ZIP 1994, 1597, 1599; kritisch hierzu Flume, ZIP 1996, 161, 163). 92 Mertens, AcP 178 (1978), 227, 243 f, 249, 253; ders. in FS Fischer S.461 ff.; ders. in Hachenburg § 43 Rn. 103 ff.; vgl. dagegen ausführlich nur Canaris, in FS Larenz S. 27, 35 ff. 93 Mertens, in FS Fischer S. 461, 468 f. 94 Mertens, in FS Fischer S. 461, 468, 472. 86 87

170

Kapitel II: Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

tatbeständen des Sonderprivatrechts ab 95 . Die diesen Haftungstatbeständen zugrunde liegenden Wertungen seien in Ergänzung zu den §§ 823 Abs. 1, 2, 826 BGB in das Deliktsrecht zu übernehmen, wobei er insb. den „funktionswidrigen Machtgebrauch", die „sozialwidrige Risikoabwälzung" und die „Übernahme einer fremdvermögensbezogenen sozialen Rolle" als Fallgruppen unterscheidet 96 . Indes stellt die Verletzung organisationsrechtlicher Pflichten ebenso wenig eine unerlaubte Handlung dar wie die Verletzung vertraglicher Pflichten 97 . Hierfür fehlt es bereits an der Vergleichbarkeit des Zuweisungsgehalts der Mitgliedschaft mit einem der in § 823 Abs. 1 BGB ausdrücklich genannten absoluten Rechte. Mertens selbst weist in seiner Kommentierung zu § 823 BGB darauf hin, dass der Schutz des § 823 Abs. 1 BGB auf solche sonstigen Rechte beschränkt sein muss, die in ähnlicher Weise wie die ausdrücklich aufgeführten Rechte durch einen spezifischen Zuweisungsgehalt und eine sozialtypische Offenkundigkeit charakterisiert sind 98 . Davon kann im Zusammenhang mit dem „Zuweisungsgehalt" der Mitgliedschaft (anders als bei deren Bestand) aber keine Rede sein 99 . Die Begründung deliktsrechtlicher Verkehrspflichten, wie Mertens sie vorschlägt, würde überdies zur Einführung einer deliktsrechtlichen Generalklausel führen, was bereits der Systematik des BGB widerspricht, welches einen Ersatz für Vermögensschäden nur in den besonders gesetzlich geregelten Fällen gewähren will 1 0 0 . Darüber hinaus gilt es zu bedenken, dass die Beziehungen zwischen den Mitgliedern einer Gesellschaft weitgehend durch die Sonderordnung des Verbandes beherrscht werden. Das Deliktsrecht hingegen ist auf Eingriffe von jedermann zugeschnitten und nicht auf solche, die vor dem Hintergrund einer von einer verbandsrechtlichen Ordnung geprägten Sonderbeziehung vorgenommen werden, weshalb auch nicht das Deliktsrecht, sondern diese Sonderbeziehung Grundlage der Problemlösung sein sollte 101 . b) Schuldvertragliche

Lösungsansätze

Abzulehnen ist aber auch der Ansatz, der zur Herleitung der Treuepflichten eine neben dem Gesellschaftsvertrag bestehende besondere schuldrechtliche Nebenabrede konstruieren will 1 0 2 . Sicher ist es ohne weiteres möglich, rechtsgeschäftlich besondere Verpflichtungen zwischen den Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft Vgl. insoweit die g r u n d l e g e n d e n A u s f ü h r u n g e n in A c P 178 (1978), 227 ff. Mertens, A c P 178 (1978), 227, 251 f. 97 U. H. Schneider; in Scholz § 4 3 Rn. 216; Wiedemann, Die Ü b e r t r a g u n g u n d Vererbung von Mitgliedschaftsrechten bei Handelsgesellschaften (1965) S. 39. 98 Mertens, in M K , 2. A u f l . § 823 R n . 101. 9 9 Vgl. ausführlich hierzu Winter, Mitgliedschaftliche T r e u b i n d u n g e n im G m b H - R e c h t (1988), S. 55; gegen den deliktsrechtlichen A n s a t z von Mertens auch Berger, Z H R 149 (1985), 599, 602 f.; Flume, 1/2 § 8 V 3 Fn. 188; Lutter, A c P 180 (1980), 126 f. 142 f.; Wiedemann, GesR I § 8 IV 1 c dd; Wilhelm, R e c h t s f o r m u n d H a f t u n g bei der juristischen Person (1981), S. 354; Zöllner, in B a u m b a c h / H u e c k § 43 R n . 2. 100 So zu Recht Berger, Z H R 149 (1985), 599, 60. 101 Lutter, A c P 180 (1980), 84, 142. 102 Vgl. hierzu Hachenburg, 5. A u f l . (1926), Allg. Einl. A n m . 25; Th. Hoffmann, GmbHRdsch. 1 9 6 3 , 6 1 , 6 3 ; Verhoeven, G m b H - K o n z e r n i n n e n r e c h t R n . 195 ff. 95 96

§ 5: Treuepflichten

als allgemeines

Prinzip des Gesellschaftsrechts

171

i m o d e r n e b e n d e m G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g zu b e g r ü n d e n 1 0 3 . S o w e i t s o l c h e n i c h t vere i n b a r t w u r d e n , k ö n n e n sie a b e r n i c h t z u r H e r l e i t u n g g e s e l l s c h a f t e r l i c h e r T r e u e p f l i c h t e n e i n f a c h fingiert w e r d e n 1 0 4 . D e r Gesellschaftsvertrag einer Kapitalgesellschaft kann zur A b l e i t u n g schuldvertraglicher B e z i e h u n g e n z w i s c h e n den Gesellschaftern, o h n e dahingehende b e s o n d e re V e r e i n b a r u n g 1 0 5 , bereits deshalb nicht h e r a n g e z o g e n w e r d e n , da er sich nach ganz herrschender M e i n u n g einer schuldvertraglichen Q u a l i f i z i e r u n g 1 0 6 entzieht. D i e Satzung abstrahiert v o n den B e s o n d e r h e i t e n individueller P e r s o n e n u n d ist, sobald sie errichtet w u r d e 1 0 7 , als v o n der P e r s ö n l i c h k e i t seiner Mitglieder losgelöste V e r f a s sung des „ E i g e n l e b e n s " einer G e s e l l s c h a f t zu v e r s t e h e n 1 0 8 . D a m i t k ö n n e n auf der G r u n d l a g e des Gesellschaftsvertrages aber auch keine b e s o n d e r e n „schuldrechtlichen B e z i e h u n g e n " z w i s c h e n den G e s e l l s c h a f t e r n hergeleitet w e r d e n 1 0 9 . Z w a r w i r d teilweise, z u m i n d e s t f ü r die p e r s o n a l i s t i s c h o r g a n i s i e r t e G m b H , das B e s t e h e n v o n R e c h t s b e z i e h u n g e n auf v e r t r a g l i c h e r B a s i s z w i s c h e n den M i t g l i e d e r n a u s g e h e n d v o n d e m A n s a t z a n g e n o m m e n , es sei n i c h t z w i s c h e n P e r s o n e n g e s e l l s c h a f t e n auf der einen u n d K a p i t a l g e s e l l s c h a f t e n auf der a n d e r e n Seite z u u n t e r s c h e i d e n 1 1 0 . E n t s c h e i d e n d sei v i e l m e h r die S t r u k t u r des V e r b a n d e s , w o b e i z w i s c h e n d e m V e r b a n d auf v e r t r a g l i c h e r B a s i s ( M o d e l l P e r s o n e n g e s e l l s c h a f t )

und

s a t z u n g s m ä ß i g e r B a s i s ( M o d e l l K ö r p e r s c h a f t ) zu d i f f e r e n z i e r e n sei. C h a r a k t e ristisch f ü r einen V e r t r a g s v e r b a n d sei a b e r die K o o r d i n a t i o n individueller I n t e r e s sen, die d e n M i t g l i e d s c h a f t s e r w e r b d o r t zu e i n e m A u s t a u s c h v o n V e r s p r e c h e n s t e m p l e , „die I n t e r e s s e n der P a r t n e r i m R a h m e n des V e r b a n d s z w e c k s zu a c h t e n u n d z u f ö r d e r n " . D e m g e g e n ü b e r sei bei e i n e m S a t z u n g s v e r b a n d die G e s e l l s c h a f t

103 Bereits Ballerstedt hat hervorgehoben, dass zwischen der rechtlichen Selbständigkeit einer Gesellschaft und deren interner Organisation kein notwendiger Zusammenhang besteht, weshalb auch wechselseitige Verpflichtungen der Gesellschafter auf der Grundlage der Satzung einer GmbH möglich sind (Ballerstedt, Kapital (1949), S. 181 ff.). 104 Vgl. nur Hadding, GesRZ 1984, 41 Fn. 40 („rechtlich unhaltbar"); i.E. ebenso Paschke, in FS Serick S.309, 319; K. Schmidt, G m b H R 1979, 125; Ulmer, Z H R 141 (1977); ausführlich gegen die Theorie einer schuldrechtlichen Nebenabrede auch Weher, Vormitgliedschaftliche Treubindungen (1999), S. 116 ff.; Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindungen im GmbH-Recht (1988), S. 46 ff. 105 Insoweit handelt es sich sodann allerdings um „zufällige", nicht materielle Bestandteile der Satzung (vgl. Lutter/Hommelhoff, 15. Aufl. § 2 Rn. 11). 106 Baumhach/Hueck, § 2 Rn. 5; Lutterl Hommelhoff, 15. Aufl. § 2 Rn. 10; Schmitt-Leithoff in Rowedder § 2 Rn. 2; Ulmer, in Hachenburg §2 Rn. 5; K. Schmidt, GesR 4. Aufl. § 5 I 1 b; Würdinger, Aktienrecht (1981), S. 21, 39 f. 107 Vgl. zur Unterscheidung zwischen der Satzungserrichtung als rechtsgeschäftlichem Handeln und der Satzung als Verfassung des Verbandes, K. Schmidt, GesR 4. Aufl. § 5 I 1 b. 108 So bereits R G v. 29.10.1940 = R G Z 165, 140, 145; B G H v. 6.3.1967 = B G H Z 47, 172,179: „Diese (die Satzung) ist zwar zunächst ein von den Gründern geschlossener Vertrag, ... . Mit der Entstehung des Vereins löst sie sich aber völlig von deren Person." 109 So aber Emmerich, in Scholz, 9. Aufl. § 13 Rn. 36, der hier allerdings auch auf § 242 B G B abstellt (vgl. hierzu noch unten S. 180 ff.). 110 So Reuter, in MK, 2. Aufl. § 38 Rn. 1, ders., in MK, 4. Aufl. § 38 Rn. 1 ff. (wobei Reuter grundsätzlich allerdings am dualistischen Begriff der Mitgliedschaft festhalten will).

172

Kapitel II: Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

durch die D o m i n a n z einer überindividuellen Leitidee geprägt 1 1 1 . Ahnlich diesem, insbesondere von Reuter

vertretenen Ansatz will Martens

die rechtliche Qualifi-

zierung des Status davon abhängig machen, ob die konkrete Gesellschaft eine vom Mitgliederbestand unabhängige, dem Selbstzweck der Unternehmensführung dienende Organisation oder auf die Ziele konkreter Individuen und partnerschaftliche Zusammenarbeit ausgerichtet sei, bei der jeder Gesellschafter unmittelbar dem Mitgesellschafter gegenüber Rechte- und Pflichtenbindungen eingehe 1 1 2 . D e m Ansatz ist indes entgegenzuhalten, dass strukturelle Ähnlichkeiten zwischen einer personalistisch geprägten Kapitalgesellschaft und einer Personengesellschaft noch keine vertraglichen Rechtsbeziehungen der Gesellschafter untereinander schaffen können, die eine Umbewertung der rechtlichen Verfassung einer Gesellschaft rechtfertigen könnte. An der Rechtsnatur der Satzung einer G m b H als Organisationsvertrag kann die personalistische Ausgestaltung einer Gesellschaft nichts ändern 1 1 3 . Auch bei dieser hat sich die Verbandsorganisation im U n terschied zur Personengesellschaft von den als Mitgliedern beteiligten Personen gelöst und beruht auf einer gegenüber den Gründern verselbständigten Verfassung 1 14 . D a m i t stehen, anders als bei einer Personengesellschaft, die Mitglieder untereinander aber nicht in einem Vertragsverhältnis, welches als dogmatische Grundlage für die Entfaltung von Treuepflichten zwischen den Gesellschaftern dienen könnte 1 1 5 . A u c h die sinnfällige und häufig zitierte A n m e r k u n g Wiedemanns,

es könne im

H i n b l i c k auf die Möglichkeit der U m w a n d l u n g einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft nicht angehen, dass ein Gesellschafter seine in der Personengesellschaft anerkannte Pflichtenstellung gegenüber den Mitgesellschaftern aus Anlass der U m w a n d l u n g in eine Kapitalgesellschaft mit denselben Mitgliedern abstreifen und seine Pflichten so gleichsam „beim Eintritt in die Kapitalgesellschaft in der G a r d e r o b e " abgeben könne 1 1 6 , kann hieran nichts ändern. Zu R e c h t weist Flume

darauf hin, dass es hier nicht um die „ A b g a b e " von Pflichten geht.

Vielmehr stehen mit der U m w a n d l u n g in eine juristische Person die Mitglieder nicht mehr wie in einer Personengesellschaft in einem persönlichen Vertragsverhältnis zueinander, sondern werden Mitglieder einer Verbandsperson 1 1 7 . Aus der Rechtssubjektivität einer Kapitalgesellschaft folgt nicht nur, dass die Gesellschaft im Außenverhältnis alleiniges Zuordnungssubjekt ist, sondern auch im Innenverhältnis unmittelbare schuldvertragliche Beziehungen zwischen den Gesellschaftern ausgeschlossen werden 1 1 8 . 111

Reuter, in MK, 2. Aufl. § 38 Rn. 1. Martens, Mehrheits- und Konzernherrschaft (1970), S. 130 ff., 134 ff., insb. S. 142 ff. 113 So zu Recht Paschke in FS Serick S. 309, 319; i.E. ebenso Winter, Treubindungen (1988), S. 59 ff. 114 Paschke in FS Serick 309, 316 f. 115 Flume, Die juristische Person 1/2 § 8 I S. 268; Paschke in FS Serick S. 309, 317 m.w.N. 116 Wiedemann, GesR I S. 433. 117 Flume, Die juristische Person 1/2 § 8 I S. 269. 118 Zöllner, Die Schranken der Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden (1963), S. 324; vgl. auch bereits Immenga, Kapitalgesellschaft (1970), der sehr plastisch 112

§

c) Die Ableitung

Treuepflichten als allgemeines Prinzip des

aus der mitgliedschaftlichen

Gesellschaftsrechts

173

Zweckbindung

Uberwiegend wird die Treuepflicht in Kapitalgesellschaften aber auch nicht mit Hilfe eines schuldvertraglichen Rechtsverhältnisses begründet, sondern auf die - j e d e r Mitgliedschaft in einem privatrechtlichen Verband immanente - Zweckbindung 1 1 9 und der sich hieraus ableitenden mitgliedschaftlichen Förderpflicht zurückgeführt 1 2 0 . Wie bereits hervorgehoben wurde, hatte insbesondere Lutter

den

Zusammenhang zwischen der Verbandsmitgliedschaft und den spezifisch verbandsrechtlich geprägten Förderpflichten herausgearbeitet 1 2 1 . N a c h seiner A n sicht soll aus dem Zusammenschluss zur gemeinsamen Zweckverfolgung aber auch zwischen den Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft die Pflicht abzuleiten sein, diesem Zweck nicht zuwiderzuhandeln. Als aus dem Gemeinschaftsverhältnis folgend, seien diese Pflichten organisationsrechtlich als Bestandteil des M i t gliedschaftsverhältnisses aufzufassen 1 2 2 . Die positiv-gesetzliche Rechtsgrundlage wird dabei auch für das Verhältnis zwischen den Gesellschaftern nicht in § 242 B G B , sondern in § 705 B G B als allgemeinem Rechtsprinzip des Gesellschaftsrechts gesucht 1 2 3 . D e r Rückgriff auf diese Vorschrift wird vor dem Hintergrund der Prämisse vorgenommen, sämtliche Verbände würden durch Vertragsbeziehungen der Mitglieder mit dem Ziel der Verwicklung eines gemeinsamen Zwecks k o n stituiert. Unterschiede soll es nur insoweit geben, als die Bindung an den gemeinschaftlichen Z w e c k je nach Gesellschaftstyp mal enger und mal weniger eng ausgestaltet sei 1 2 4 . Beizupflichten ist dieser Auffassung sicher darin, dass der Gesellschaftsvertrag als Organisationsvertrag nicht nur die Organisation der Gesellschaft regelt, sondern auch Grundlage organisationsrechtlicher Pflichten der Mitglieder gegenüber dem Verband ist 1 2 5 . D i e Verpflichtung, die ein Gesellschafter durch seine Mitgliedschaft eingeht und mit der er sich zur Förderung des Gesellschaftszwecks verpflichtet 1 2 6 , kann allerdings nur Pflichten gegenüber dem Verband begründen. Die davon spricht, dass durch die juristische Person als Zurechnungsobjekt jede direkte Verbindung zwischen den Gesellschaftern zerschnitten werde. 119 Zöllner, Die Schranken der Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden, (1963), S. 318 ff. 120 Vgl. insb. Lutter, AcP 180 (1980), 84. 121 Vgl. bereits oben S. 164. 122 Lutter, AcP 180 (1980), 84,103; vgl. auch/f. Schmidt, GesR, 4. Aufl. §20 IV 1 b. 123 Vgl. Hammen, ZBB 1993, 239, 242; Lutter, ZHR 153 (1989), 446, 454; Marsch-Barner, ZHR 157 (1993), 172, 173; differenzierend Häuser, Unbestimmte „Maßstäbe" (1981), S. 176 ff. und Winter, Treubindungen (1988J, S. 13 ff., die die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht des Personengesellschafters aus der Förderpflicht legitimieren, soweit aus ihr besondere Verhaltenspflichten abgeleitet werden, dagegen aus § 242 BGB, soweit sie eine Schranke für die Ausübung von Gesellschafterrechten darstelle; Häsemeyer, ZHR 160 (1996), 109, 113 beruft sich sowohl auf § 705 BGB als auch auf § 242 BGB, der zumindest über § 705 BGB unmittelbar einschlägig sein soll (vgl. dort Rn. 19). 124 Lutter AcP 1980 (180), 84, 95. 125 Vgl. nur Winter, Treubindungen (1988), S. 64 m.w.N.; a.A. allerdings Wiedemann, GesR I § 6 IV 3 b bb. 126 Insoweit ist Lutter durchaus zuzustimmen, wenn er von der Förderpflicht, „als Grund-

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Kapitel II: Grundlegung der

Treuepflichthaftung

Mitgliedschaft in einer juristischen Person wird nicht durch einen Vertrag mit den Mitgliedern begründet. Sie beruht auf dem Erwerb eines Geschäftsanteils an der Gesellschaft, weshalb auch nur zur ihr ein Rechtsverhältnis besteht 1 2 7 . Bei Verbänden mit einem überindividuellen Zweck kann nicht davon ausgegangen werden, jemand, der einem solchen Verband beitrete, wolle die Förderung der Interessen anderer „zufälliger" Gesellschafter versprechen 1 2 8 . Dass in Bezug auf die Mitgliedschaft monistische Verständnis Lutters129,

der

auch im Kapitalgesellschaftsrecht aus dem Zusammenschluss zu einem gemeinsamen Zweck eine Pflicht der Gesellschafter untereinander zur Zweckförderung ableiten will, widerspricht dem im Gesetz verankerten Dualismus zwischen Personengesellschaftsrecht auf der einen und Körperschaftsrecht auf der anderen Seite 1 3 0 . Sicher hat sich, historisch gesehen, das Recht der Kapitalgesellschaft aus dem Recht der Personengesellschaft entwickelt, die auf dem Vertrauen zwischen den Gesellschaftern aufbaut und auf dem gegenseitigen Versprechen beruhte, den gemeinsamen Zweck zu fördern 1 3 1 . D i e Weiterentwicklung der Personengesellschaft hin zur juristischen Person und die damit verbundene Anerkennung deren rechtlicher Selbständigkeit hat aber die entscheidende Konsequenz, dass die Zweckförderungspflicht grundsätzlich nur noch gegenüber der Gesellschaft selbst besteht und nicht mehr gegenüber den anderen Gesellschaftern 1 3 2 . D i e These von der einheitlichen rechtlichen Struktur der Mitgliedschaft, die auf der Vorstellung beruht, sämtliche Verbände würden durch Vertragsbeziehungen der Mitglieder mit dem Ziel der gemeinschaftlichen Zweckverfolgung gegründet, ist daher auch mit dem geltenden Recht als unvereinbar zu erklären 1 3 3 . Unerklärt bleibt aber auch der teilweise vertretene Standpunkt, die rechtliche Verselbständigung einer G m b H beschränke sich auf die Inhaberschaft und die Aufbringung des Gesellschaftsvermögens sowie die Zuordnung der Rechte und norm des gesamten Korporationsrechts" spricht (vgl. Lutter, Z H R 153 (1989), 446, 454; den., AcP 180 (1980), 84, 102 f). 127 Allg. Reuter, in MK, 4. Aufl. § 34 Rn. 22. 128 Reuter, in MK, 4. Aufl. § 38 Rn. 6. 129 O b der monistische Mitgliedschaftsbegriff tatsächlich, wie Reuter (MK, 4. Aufl. §38 Rn. 3) meint, heute als herrschend bezeichnet werden kann, sei an dieser Stelle dahingestellt; Reuter begründet dies damit, dass auch der B G H eine Treuepflicht zwischen den Aktionären anerkannt habe (a.a.O. Rn. 4); ob diese Treuepflichten zwischen den Gesellschaftern tatsächlich aus der Zweckbindung abgeleitet werden, ist allerdings noch zu klären. 130 Vgl. insbesondere auch Reuter, in MK, 4. Aufl. § 3 8 Rn. 5; dass die Unterschiede zwischen beiden Verbandsformen heute als „deutlich kleiner" erkannt worden sind als früher angenommen, ändert nichts daran, dass diese strukturellen Unterschiede nach wie vor bestehen (dies räumt auch Weher, Vormitgliedschaftliche Treubindungen (1999), S. 123 ein). 131 Im englischen Gesellschaftsrecht wird zur Einschränkung der Einwirkungsmacht der Gesellschafter hier bis heute aus Justinians Institutionen, aus dessen Titel „De Societate" zitiert (vgl. Blisset v. Daniel (1853) 10 Hare 493, 523; wiederum zitiert von Lord Wilberforce in Ebrahimiv. Westbourne Galleries Ltd. (1973) AC 360, 381). 132 Der Umstand, dass Personengesellschaften als rechtsfähig anerkannt sind, läßt sie noch nicht zur juristischen Person werden; hier bleibt es bei dem Grundsatz, dass sich die Gesellschafter gegenseitig die Zweckförderung versprechen. 133 Reuter, in MK, 3. Aufl. § 38 Rn. 2 f.

$ 5: Treuepflichten als allgemeines Prinzip des Gesellschaftsrechts

175

Pflichten gegenüber Dritten, das interne Gesellschaftsverhältnis werde aber von einem unmittelbaren Rechtsverhältnis zwischen den Gesellschaftern geprägt 1 3 4 . Die Vertreter dieser Ansicht weisen selbst darauf hin, dass man sich hier von dem Verständnis der G m b H als juristischer Person, wie es zur Zeit der Schaffung des Gesetzes herrschend war, abwendet 1 3 5 . A u c h bei einer grundsätzlich personalistisch ausgestalteten juristischen Person existiert keine unmittelbare vertragliche Basis für die Rechtsbeziehungen zwischen den Gesellschaftern. D i e Ausfallhaftung der übrigen Gesellschafter in §§ 24, 31 Abs. 3 G m b H G gegenüber der Gesellschaft ist Folge der gegenüber der Aktiengesellschaft geringeren Gründungssicherung 1 3 6 und des geringeren Kapitalschutzes, begründet aber keine unmittelbare Treuebeziehung zwischen den Gesellschaftern. D a das Gesetz nichts von einem unmittelbaren Rechtsverhältnis der Mitglieder zueinander weiß 1 3 7 , können hieraus aber auch keine mitgliedschaftlichen Treuepflichten gegenüber anderen Mitgliedern abgeleitet werden 1 3 8 . Auch im Aktienrecht lässt sich aus § 243 Abs. 2 A k t G kein Beleg für die Existenz mitgliedschaftlicher Treuepflichten zwischen den G e sellschaftern herleiten 1 3 9 . Wird gegen die mitgliedschaftliche Treuepflicht verstoßen, wird entgegen den Interessen der Gesellschaft gehandelt 1 4 0 . Soweit es um Schäden der Gesellschaft geht, nimmt aber auch die herrschende Meinung eine teleologische Reduktion dieser Vorschrift vor 1 4 1 , da erkannt wurde, dass die A n fechtbarkeit eines Beschlusses, der einen Schaden der Gesellschaft nach sich zieht, nicht durch eine Ausgleichszahlung an die Gesellschafter, wie es § 243 Abs. 2 S. 2 A k t G vorsieht, beseitigt werden kann 1 4 2 . Dies bestätigt aber nur, dass in Bezug auf mitgliedschaftliche Treuepflichten zwischen den Gesellschaftern § 243 Abs. 2 134 So H. P. Westermann, in Scholz Einleitung, 9. Aufl. Rn. 7; Wiedemann, Gesellschaftsrecht § 2 I 1. 135 H. P. Westermann, in Scholz Einleitung, 9. Aufl. Rn. 7. 136 Hüffer, AktG § 24 Rn. 1. 137 Auch Westermann hat im Anschluss an die ITT-Entscheidung des (BGH v. 5.6.1975 = BGHZ 65, 15, 18) auf die „eigenartige" Begründung von Treuepflichten ohne Rechtsverhältnisgrundlage hingewiesen (vgl. H. P. Westermann, in: Der GmbH-Konzern, S. 25, 35); vgl. auch Paschke, in FS Serick S. 309, 317; Flume, Juristische Person 1/2 § 8 I S. 269. 138 Hüffer, in FS Steindorff S. 70; dagegen auch Hennrichs, AcP 195 (1995), 221, 220. 139 Grundsätzlich gegen die Begründung einer Rechtsbeziehung zwischen den Gesellschaftern auf der Grundlage dieser Vorschrift Paschke, in FS Serick S. 313, 320; a.A. Lütter, ZHR 153 (1989), 446, 454; eine andere Frage ist es, ob diese Regelung, soweit es um die Beziehung zwischen den Gesellschaftern geht, als Ausdruck einer mehrheitsbezogenen Treuepflicht verstanden werden kann. 140 Vgl. bereits oben S. 164 f. 141 Bachelin, Der konzernrechtliche Minderheitenschutz (1969), S. 67 f.; Hüffer, AktG § 243 Rn. 37, 40; Schilling, in FS Hengeler S. 226, 231 ff.; K. Schmidt, in GK, § 243 Rn. 60; Zöllner, in KK §243 Rn. 242 ff.; a.A. Geßler, in FS Barz S. 97, 99 ff.; ausführlich auch Mülbert, Aktiengesellschaft (1996), S. 288 ff. 142 Hüffer, AktG § 243 Rn. 37, Rn. 40; auch in der Regierungsbegründung wurde im Hinblick auf die Ausgleichszahlung nur auf die Schäden der Gesellschafter Bezug genommen (vgl. Regierungsbegründung abgedruckt bei Kropff S. 329); Hommelhoff Konzernleitungspflicht (1982), S. 251 hält eine Ausgleichszahlung nur bei Kleinaktionären in Publikumsgesellschaften für möglich, für unternehmerisch tätigen Aktionär seien Kompensationsmöglichkeiten nicht gegeben.

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Kapitel II: Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

A k t G keine Aussage zu entnehmen ist 143 . Zwar wird es teilweise für widersprüchlich gehalten, dass das herrschende Schrifttum die Regelung des § 243 Abs. 2 A k t G einerseits als Spezialfall der Treuebindung der Gesellschafter ansieht 144 , es andererseits aber ablehnt, „die Ausgleichsklausel des § 243 Abs. 2 S. 2 A k t G auf solche Treupflichtbindungen anzuwenden, die in § 243 Abs. 1 A k t G angesiedelt werden" 1 4 5 . Begründet wird die Widersprüchlichkeit aber dadurch, dass man nicht hinreichend zwischen mitgliedschaftlichen und mehrheitsbezogenen Treuepflichten 1 4 6 unterscheidet 1 4 7 . 143 Anderes gilt im Hinblick auf machtbezogene Rücksichtnahmepflichten. Allein die Motivation eines Gesellschafters, der nach einem Sondervorteil strebt, macht einen Beschluss noch nicht anfechtbar (vgl. nur Hüffer, in MK zum A k t G § 243 Rn. 84). Vielmehr muss der Beschluss geeignet sein, der Erlangung von Sondervorteilen zu dienen. Dies setzt aber voraus, dass sich ein bestimmtes Machtpotential durchsetzen konnte; zum Wesen dieser Regelung als Instrument zur Kontrolle von Mehrheitsmacht vgl. ausführlich Hüffer, in MK zum A k t G § 243 Rn. 47 f., der allerdings auch für eine Beschlusskontrolle von Zufallsmehrheiten plädiert; auch Zöllner, in KK § 243 Rn. 225, meint, es sei theoretisch denkbar, dass ein Beschluss anfechtbar sei, wenn nur bei dem Inhaber einer Einzelaktie Vorsatz hinsichtlich der Erlangung eines Sondervorteils für sich oder einem Dritten vorliege; richtig ist, dass der Tatbestand des § 243 Abs. 2 A k t G nicht eine bestimmte Beteiligungshöhe voraussetzt; sehr wohl beruht diese Vorschrift aber auf dem Gedanken, dass das Streben nach einem Sondervorteil kausal für einen dahingehend gefassten Beschluss war. Dies ist bei einer auf Zufall beruhenden Mehrheit (bzw. einer auf Zufall beruhenden Sperrminorität) nicht der Fall. Der Einfluss, dessen Kontrolle durch die hier niedergelegte Vorschrift erreicht werden soll, besteht dann nicht. Soweit mit einem auf einer zufälligen Mehrheit beruhenden Beschluss nicht gegen den Zweck der Gesellschaft verstoßen wird (in diesem Fall läge bereits ein Anfechtungsgrund nach §243 Abs. 1 A k t G vor), ist dieser daher auch nicht anfechtbar; auch Zöllner, in KK § 243 Rn. 226 weist darauf hin, dass die Mehrheit nur dann für einen solchen Beschluss stimmen wird, wenn die Hauptversammlung durch einen Aktionär von nicht unerheblichem Einfluss, u.U. unter Mitwirkung der Verwaltung, getäuscht worden ist; hier kann die Machtposition des Täuschenden auf sein überlegenes Wissen zurückgeführt werden; im Ergebnis dürfte diese Frage aber auch rein akademisch sein, da der Fall kaum denkbar ist, dass ein Beschluss, der nur die Aktionäre, nicht aber die Gesellschaft zum Vorteil eines Gesellschafters schädigt, aufgrund einer zufälligen Mehrheit gefasst wird; vorstellbar ist die Mehrheitsmacht eines Minderheitsgesellschafters nur bei einem vorherigen Zusammenschuss mit anderen (zur mehrheitsbezogenen Treuepflicht vgl. noch unten S. 187). 144 B G H v. 1.2.1988 = B G H Z 103, 184, 193; Dreher, Z H R 157 (1993), 150, 153; ders., ZIP 1993, 332, 335; Henze, in FS Kellermann S. 141, 147 f.; Lutter, JZ 1976, 225; ders., Z H R 153 (1989), 446,454 f., 457;). Reul, Gleichbehandlung (1991), S. 263; K. Schmidt, in GK § 243 Rn. 52; Wiedemann, GesR I §2 I 1 b bb; Winter, Treubindungen (1988), S. 105; zu weiteren Einzelregelungen, die als Ausprägung der Treuepflicht gesehen werden Weber, Vormitgliedschaftliche Treubindungen (1999), S. 59; krit. Nehls, Die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht im Aktienrecht (1993), S. 48 f. 145 Mülhert, Aktiengesellschaft (1996), S. 348 f., der dementsprechend auch teilweise für eine analoge Anwendung des § 243 Abs. 2 S. 2 A k t G auf Treuepflichtverstöße, die nach § 243 Abs. 1 A k t G angreifbar sind, plädiert. 146 Vgl. hierzu noch unten S. 164 ff. 147 Unterläßt man diese Unterscheidung, kommt man wie Zöllner in KK §243 Rn. 241 zu der Folgerung, den Funktionsbereich des § 243 Abs. 2 S. 2 A k t G dahingehend einzuschränken, dass er bei Treuepflichtverletzungen gänzlich unanwendbar ist; eine solche, dem Wortlaut nicht entsprechende Reduktion wird vermieden, wenn man sich dem hier vertretenen zweigeteilten Verständnis der Treuepflichten anschließt, durch das auch eine Regelung wie § 243 Abs. 2 A k t G besser eingeordnet werden kann; soweit es um mehrheitsbezogene Treuepflichten geht, beste-

5 i: Treuepflichten

als allgemeines

Prinzip des Gesellschaftsrechts

177

Begründet man die Treuepflichten zwischen den Gesellschaftern allein auf der mitgliedschaftlichen Förderpflicht, lassen sich allgemein keine Rücksichtnahmepflichten der Gesellschafter untereinander erklären, die mit dem Zweck der Gesellschaft u.U. sogar konfligieren können 148 . Vielmehr erscheint es auf dieser Grundlage geradezu widersprüchlich, vom Mehrheitsgesellschafter einer Gesellschaft bei der Durchführung einer Maßnahme zu verlangen, dass er die Interessen der Gesellschaft mit denen des Mitgesellschafters abwägt und unter Umständen gar zurückstellt 149 , da Letzterem die Förderung des Gesellschaftszwecks zum Nachteil gereichen könnte 150 . Um dieses Ergebnis zu rechtfertigen, beruft sich auch Lutter auf den vor allem von Zöllner151 propagierten Ansatz, nach dem das Maß des Einflusses mit dem Maß der anzuwendenden Rücksichtnahme korrespondieren muss. Vor dem Hintergrund seiner Gestaltungsmöglichkeiten sei ein Mehrheitsgesellschafter auch Treuhänder der Minderheit und so in seinem Handeln sehr viel stärker an den gemeinsamen Zweck gebunden 152 . Indes macht Zöllner selbst darauf aufmerksam, dass mit der Zweckförderungspflicht Rücksichtspflichten zwischen den Gesellschaftern nicht zu begründen sind und man hier „ganz und gar" auf den Treuegedanken angewiesen ist153. Dass die Zweckförderungspflicht zum einen und die gegenüber einem Mitgesellschafter bestehende Rücksichtnahmepflicht zum anderen auch konträr ausgerichtet sein können, wird besonders deutlich, wenn es sich um Fälle der Einziehung einer Mitgliedschaft im Gesellschaftsinteresse dreht. Aber auch in Fällen, in denen es sich um Strukturentscheidungen handelt, die keinen Zusammenhang mit der Zweckverfolgung der Gesellschaft aufweisen, kann das Abstellen auf die Zweckförderungspflicht keine Pflicht zur Vornahme bzw. Unterlassung einer bestimmten Entscheidung begründen154. hen keine Bedenken, dem Verantwortungsträger zuzuerkennen, seiner Verantwortung dadurch gerecht zu werden, dass er dem Betroffenen einen angemessenen Ausgleich gewährt. Insoweit kann auch der Gesetzeszweck als sachgerecht erkannt werden, einem Mehrheitsgesellschafter in grundlegenden Fragen der Gesellschafts- und Unternehmensstruktur (die häufig den Gesellschaftszweck nicht berühren werden) Maßnahmen gegen den Willen der Minderheit zu ermöglichen (Geßler, in FS Barz S. 97, 103; H ü f f e r , AktG §243 Rn. 37). Dieser Rechtsgedanke kann auch auf andere Fälle einer machtbezogenen Treuepflichtverletzung übertragen werden (a.A. Weber, Vormitgliedschaftliche Treubindungen (1999), S. 95 in Fn. 139). 148 Vgl. H ü f f e r , in FS Steindorff S. 59, 70 m.w.N. 149 So Lutter, AcP 180 (1980), 84, 120 f. 150 Vgl. auch Ulmer, in MK, 3. Aufl. § 705 Rn. 182, der ebenfalls den Ansatz Lutter insoweit als „zu eng" ablehnt; allerdings greift auch Lutter in seinem grundlegenden Aufsatz zur Theorie der Mitgliedschaft auf § 242 BGB zurück, wenn es nur um die Wahrung mitgliedschaftlicher Interessen, insbesondere derer der Minderheiten geht, und nicht um die Zweckverfolgung der Gesellschaft (Lutter; AcP 180 (1980), 84, 116, mit dem Verweis darauf, dass der Hinweis auf die fortbestehende Loyalitätspflicht der Mitgliedschaft hier nur ergänzenden Charakter habe). 151 Zöllner, Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht personenbezogener Verbände (1963), S. 337, 350. 152 Lutter, AcP 1980 (1980), 84, 114. 153 Zöllner, ZHR 162 (1998), 235, 239 Fn. 20; ebenso Ulmer, in MK, 3. Aufl. § 705 Rn. 182. 154 Henze, ZHR 162 (1998), 184, 192; auf den Grundsatz, dass das Maß des Einflusses des Gesellschafters grundsätzlich dem Maß seiner Verantwortung und der sich hieraus ergebenden

178

Kapitel

II: Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

Gilt es somit aber auch in der Herleitung, eine Pflicht zur Förderung des Gesellschaftszwecks sowie eine Pflicht zur Rücksichtnahme auf außerhalb vom Gesellschaftszweck liegende Interessen anderer Mitglieder zu unterscheiden, so wird der Rückgriff auf die vor allem von Wiedemann vorgenommene Einteilung der Treuepflichten in mitgliedschaftliche und mehrheitsbezogene155 Treuepflichten zwingend 156 . Wiedemann erkennt mitgliedschaftlichen Treuepflichten anspruchsbegründende als auch rechtshemmende Wirkungen zu, wohingegen er den mehrheitsbezogenen Treuepflichten die Funktion einer reinen Rechtsausübungsschranke zuweist 157 . Damit ist freilich noch keine Aussage über die dogmatischen Wurzeln der Treuepflichten getroffen. Auch Hüffer möchte eine Unterscheidung zwischen Treuepflichten treffen, die der Sicherung des Unternehmens selbst dienen, und solchen, die die Gesellschafter untereinander zur Rücksichtnahme verpflichten 158 . Dabei nimmt er, ausgehend vom Personengesellschaftsrecht, eine Differenzierung zwischen schuldrechtlich und organisationsrechtlich zu qualifizierenden Pflichten vor159. Eine Pflicht sei organisationsrechtlich einzustufen, wenn es „um die Wirkungseinheit selbst geht", und schuldrechtlich, „wenn die Mitgliederinteressen einzelner Gesellschafter betroffen sind" 160 . Diese Unterscheidung will er auch auf das Kapitalgesellschaftsrecht übertragen, wobei er allerdings die Frage, ob, wie im Personengesellschaftsrecht, auch im Kapitalgesellschaftsrecht schuldrechtliche Pflichten bestehen können, „nicht vertiefen" möchte, obwohl er gegen ihr Bestehen auch dort keine „durchgreifenden Bedenken" hegt161. Jedenfalls seien die Treuepflichten zwischen den Gesellschaftern durchgängig als Pflichten vertraglichen Ursprungs anzuerkennen162. Pflicht zur Rücksichtnahme entsprechen muss, beruft sich auch der BGH in der Girmes Entscheidung v. 20.3.1995 = NJW 1995, 1739, 1741, während er in NJW 1992, 3167, 3171 (Urt. v. 22.6.1992) noch meinte, „der Schutzbereich der Treupflicht gegenüber Mitgesellschaftern (erstrecke sich) grundsätzlich nur auf den vom Gesellschaftsvertrag erfassten, durch den Gesellschaftszweck umschriebenen mitgliedschaftsrechtlichen Bereich"; augenscheinlich kann, wenn es etwa um Fragen der Auflösung oder der Zweckänderung geht, der Gesellschaftszweck aber kein Maßstab mehr sein. 155 Wiedemann unterscheidet daneben auch noch organschaftliche Treuepflichten, die im hier zu untersuchenden Zusammenhang aber nicht weiter von Interesse sind. 156 Vgl. auch Weber, Vormitgliedschaftliche Treubindungen (1999), S. 67 ff.; gegen eine solche Unterscheidung grundsätzlich allerdings K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. §20 IV 1 c in Fn. 121. 157 Wiedemann, in FS Heinsius S. 949, 950 ff.; ähnlich Immenga, in FS 100 Jahre GmbHG S. 189, 205 ff, der fordert, die Treuepflicht als allgemeinen Rechtssatz aufzugeben und nach den Funktionen der Treuepflicht zu unterscheiden, wobei er die Treuepflicht als Instrument der Inhaltskontrolle von Gesellschafterbeschlüssen, zur Begründung von Loyalitätspflichten und als Rechtsmissbrauchsschranke ansieht. 158 H ü f f e r , in FS Steindorff S. 59, 66 f. 159 Im Anschluß an Hüffer ebenso Weher, Vormitgliedschaftliche Treubindungen (1999), S. 114; a.A. etwa Winter, Mitgliedschaftliche Treubindungen (1988), S. 10 f., der sich grds. für eine schuldrechtliche Qualifizierung im Zusammenhang mit Treuepflichten im Personengesellschaftsrecht ausspricht. 160 H ü f f e r , in FS Steindorff S. 59, 66 f. 161 H ü f f e r , in FS Steindorff S. 59, 67 f. 162 H ü f f e r , in FS Steindorff S. 59, 68.

§ y. Treuepflichten

als allgemeines

Prinzip

des

Gesellschaftsrechts

179

Der Unterscheidung zwischen Pflichten, bei denen es um die Gesellschaft und die Förderung ihres Zwecks geht, sowie Pflichten, die sich mit der Rücksichtnahme zwischen den Gesellschaftern befassen, ist nach dem Vorgesagten zu folgen. Nochmals ist indes darauf hinzuweisen, dass sich schuldrechtliche Pflichten zwischen den Gesellschaftern bei einer Kapitalgesellschaft nicht aus dem Gesellschaftsvertrag ableiten lassen. Aber auch die dogmatische Grundlage für das Bestehen organisationsrechtlicher Pflichten zwischen den Gesellschaftern gilt es zu klären. Nach Hiiffer bedeutet die Entstehung der juristischen Person nur den Ubergang der „Aktivposten aus der Treubindung von der Vor-AG oder VorGmbH auf die juristische Person", nicht aber deren Untergang, weshalb auf der Grundlage der Satzung als Organisationsvertrag auch das Rechtsverhältnis zwischen den Mitgliedern bestimmt werde 163 . Von vornherein unerklärt bleibt damit aber, wie auf diesem Wege Treuepflichten zwischen Gesellschaftern begründet werden sollen, die erst später der Kapitalgesellschaft beigetreten sind. Dementsprechend weist auch Hüffer darauf hin, dass mit dem Hinweis auf den vertraglichen Ursprung der Treuepflichten die Frage nach ihrer rechtlichen Begründung „erst teilweise beantwortet" ist 164 . Auch Ulmer beruft sich auf den Gesellschaftsvertrag zur Begründung der Treuepflichten, indem er diesem eine Doppelfunktion zuerkennt. Er sieht hierin nicht nur die maßgebende Grundlage der juristischen Person sowie ihrer Rechtsbeziehungen zu den Gesellschaftern, sondern auch, nach der Erlangung der rechtlichen Selbständigkeit der Gesellschaft, die Basis für die Beziehungen der Gesellschafter untereinander, soweit sich dies aus entsprechenden Regelungen oder seinem Gesamtcharakter ergäbe 165 . Dabei wird insbesondere auf die persönliche Verbundenheit der Gesellschafter untereinander, das Angewiesensein auf gegenseitiges Vertrauen und Rücksichtnahme hingewiesen, wie es bei einem Personenverband typisch sei, und die auch die Gesellschafter untereinander verpflichte, die festgesetzten Leistungen zu erbringen und den Gesellschaftszweck zu fördern. Zwar hätte die ältere Lehre und Rechtsprechung unmittelbare Beziehungen zwischen den Gesellschaftern aufgrund der Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft verneint, mittlerweile seien diese aber in Form der Treuepflichten von der Rechtsprechung und der ihr folgenden Literatur anerkannt worden 166 . Inwieweit sich aus 163 Hüffer, in FS Steindorff S. 59, 67; ebenso Weber, Vormitgliedschaftliche Treubindungen (1999), S. 122 f., der meint, die strukturellen Unterschiede zwischen Körperschaftsrecht und Personengesellschaftsrecht könnten hier nicht entgegen gehalten werden, da heute Personengesellschaften nicht mehr nur als mit Sondervermögen ausgestattete Vertragsgemeinschaften der Gesellschafter angesehen werden, sondern als verselbständigter Personenverband, weshalb die Unterschiede zwischen diesen Formen „deutlich kleiner" wären als ihre Gemeinsamkeiten. Indes ändert die Tatsache, dass man eine Persongesellschaft immer mehr auch als verselbständigten Personenverband ansieht, nichts daran, dass hier zwischen den Gesellschaftern, anders als bei der Kapitalgesellschaft, auch unmittelbare vertragliche Beziehungen bestehen. 164 Hüffer, in FS Steindorff S. 59, 68, 78 führt die Treuepflichten im Ergebnis auf eine richterliche Rechtsfortbildung zurück; vgl. hierzu sogleich unten S. 184 ff. 1 6 5 Vgl. Ulmer, in Hachenburg § 2 Rn. 4. 166 Ulmer, in Hachenburg § 13 Rn. 8.

180

Kapitel II: Grundlegung der

Treuepflichthaftung

der persönlichen Verbundenheit oder besonderen

Einwirkungsmöglichkeiten

Rücksichtnahmepflichten herleiten lassen, wird sogleich zu erörtern sein 1 6 7 . N a c h wie vor unerklärt bleibt damit aber, wie sich hieraus eine Pflicht zur Zweckförderung zwischen den Gesellschaftern ableiten soll. Wenn zur Erklärung dieser Pflicht auf die Rechtsbeziehungen zwischen den Gesellschaftern hingewiesen wird, die heute mit den Treuepflichten anerkannt seien, wird die Existenz der Treuepflichten herangezogen, um ihr Bestehen zu begründen. Es ist daher an der Erkenntnis festzuhalten, dass mit der Entstehung der juristischen Person eine Zäsur im Verhältnis der Mitglieder untereinander stattfindet, da sie ab diesem Zeitpunkt nicht mehr wie in einer Personen- oder Vorgesellschaft 1 6 8 in einem persönlichen vertraglichen Verhältnis zueinander stehen, sondern nur noch Mitglieder in der Verbandsperson sind 1 6 9 . D a m i t kann die Satzung aber auch nicht unmittelbar zur Begründung gesellschaftsrechtlicher Treuepflichten zwischen den Gesellschaftern herangezogen werden.

d) Die Treuepflichten zwischen Gesellschaftern Grundsatzes von Treu und Glauben

als Ausdruck des

allgemeinen

Vor allem, wenn es um die Treuepflichten zwischen den Gesellschaftern geht, findet sich immer wieder auch der Hinweis auf § 2 4 2 B G B 1 7 0 . Teilweise werden die gesellschaftlichen Treuepflichten mit der Pflicht, sich nach Treu und Glauben zu verhalten, gleichgesetzt 1 7 1 , oder es wird zumindest für Teilbereiche auf § 242 B G B verwiesen 1 7 2 . Prinzipiell kann diesem Ansatz sicher zugestanden werden, dass in dem allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben ein flexibler Ausgangspunkt zur Begründung von Treuepflichten bestehen würde. D e r Hinweis darauf, dass es „unverkrampfter" 1 7 3 wäre, die gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten bei § 2 4 2 B G B einzuordnen, kann indes als dogmatische Begründung kaum genügen. Die Flexibilität einer gewünschten Begründung kann im Ergebnis auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Generalklausel von Treu und Glauben hier eindeutig überdehnt und mit der Anknüpfung an § 242 B G B weit über das hinausgegangen

Vgl. unten S. 183 f., 187 ff. Zum Innenverhältnis der Gesellschafter bei der Vor-Gesellschaft vgl. nur Hueck/ Fastrich, in Baumbach/Hueck § 11 Rn. 8 m.w.N. 169 Flume, Die juristische Person 1/2 § 8 I S. 269. 170 Zur Ablehnung der Herleitung der mitgliedschaftlichen Treuepflicht (verstanden als Zweckförderungspflicht) gegenüber der Gesellschaft aus § 242 B G B vgl. bereits oben S. 164 f. 171 So etwa Hennrichs, AcP 195 (1995), 221, 229 ff.; Keßler, in Staudinger vor § 705 Rn. 42; Kropff in FS für Lutter S. 1133, 1145; Roth, in MK, 4. Aufl., §242 Rn. 152 („Unterschied lediglich in der Intensität"); Teichmann, in Soergel § 242 Rn. 40 f. 172 Vgl. etwa Lütter, AcP 180 (1980), 84, 116, der auch die Auffassung vertritt, dass für einen ganzen Bereich, der herkömmlich mit der Treuepflicht erklärt wird, das allgemeine Verbot missbräuchlicher Ausnutzung von Rechtsposition aus § 242 B G B schon genügen würde. Womit sich allerdings die Frage stellt, in welchem Verhältnis die gesellschafterliche Treuepflicht zum Grundsatz von Treu und Glauben steht (vgl. auch Grundmann, Der Treuhandvertrag (1997), S. 148, unter Hinweis auf die offenstehende Klärung dieses Verhältnisses). 173 Hennrichs, AcP 195 (1995), 221, 229. 167

168

§ 5: Treuepflichten

als allgemeines Prinzip des

Gesellschaftsrechts

181

würde, was man im Wege der Auslegung und fallweisen Konkretisierung dem Gesetz allein noch entnehmen kann 1 7 4 . Gegen die R ü c k f ü h r u n g der Treuepflichten auf die individualschützende N o r m des § 242 BGB wird überdies vorgebracht, damit könne nicht erklärt werden, wieso Ansprüche aus der Verletzung von Treuepflichten zwischen den Gesellschaftern nur f ü r die Gesellschaft sollen geltend gemacht werden können und u.U. Interessen zu berücksichtigen sind, die zwar solche der Gesellschaft, nicht aber der jeweiligen Gesellschafter im Zeitpunkt der zu treffenden Entscheidung sind 175 . Auch könnte auf dieser Grundlage schwerlich eine Pflicht zur Zustimmung zur Änderung des Gesellschaftsvertrages selbst herleitet werden, da damit die von der Regelung vorausgesetzte Rechtsbeziehung selbst geändert würde 1 7 6 . Teilweise wird die Begründung einer konkreten Entscheidung mit Hilfe des § 242 B G B gar gänzlich f ü r unmöglich gehalten 177 . Soweit es um die Begründung mitgliedschaftlicher Zweckförderungspflichten zwischen den Gesellschaftern geht, gilt es vor allem aber zu bedenken, dass es sich hierbei u m aus dem Mitgliedschaftsverhältnis abzuleitende Hauptpflichten handelt 178 . Hauptpflichten können aber nicht einfach mit einem allgemeinen rechtsethischen Prinzip oder dem Grundsatz von Treu und Glauben erklärt werden 1 7 9 . Hauptpflichten, verstanden als diejenigen Pflichten, die ein Vertragsverhältnis typisieren 180 , können schon mit Rücksicht auf die Grundsätze der Privatautonomie nur auf der Grundlage vertraglicher Verpflichtungen begründet werden 1 8 1 . Dass 174

Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 4. Aufl. S. 241; ähnlich Lutter; AcP 180 (1980), 84,103; vgl. auch Hüffer, in FS Steindorff S. 59, 71 („§ 242 BGB ist überfordert, soweit Eigenbelange der Organisation auf dem Spiel stehen"). 175 So zu Recht Hüffer, in FS Steindorff S. 59, 71. 176 Hüffer, in FS Steindorff, S. 59, 71. 177 AusführlichJ. Schmidt, in Staudinger (1995) § 242 Rn. 174 ff., 182. 178 Lutter, AcP 180 (1980), 84, 103 f.; LutterlHommelhoff 15. Aufl. § 14 Rn. 18; vgl. auch Hadding, in Soergel § 705 Rn. 58. 179 Konsequenterweise wird aus diesem Grund auch von Lutterl Hommelhoff, 15. Aufl. § 14 Rn. 18 eine Einordnung der Treuepflicht unter §242 BGB abgelehnt; gegen eine Einordnung unter §242 BGB auch Kort, ZIP 1990, 294,295; Marsch-Barner, Z H R 157 (1993), 172,173;Rob. Fischer, in G K zum H G B , 3. Aufl. § 105 Anm. 31 a a.E.; a.A. Hennrichs, AcP 195 (1995), 221, 231; entgegen der herrschenden Meinung aus diesem Grund bereits das Bestehen einer mitgliedschaftlichen Förderpflicht zwischen den Gesellschaftern verneinend U.H. Schneider/Burgard, in FS Ulmer S. 579, 581 f. (Inhalt der Treuepflicht zwischen den Gesellschaftern sind danach allein Schutz- und Rücksichtnahmepflichten, beruhend auf den Einwirkungsmöglichkeiten der zur Treue Verpflichteten auf die Interessen des anderen Teils, wobei insoweit § 242 BGB berufen wird). 180 Vgl. hierzu Medicus, Bürgerliches Recht Rn. 206; abzulehnen ist hier das Verständnis von Hennrichs AcP 195 (1995), 221, 232, der in einem Schuldverhältnis ohne primäre Leistungspflichten aufgrund der Tatsache, dass hier nur Verhaltenspflichten bestehen, diese als Hauptpflichten klassifizieren will. 181 Dass in Ausnahmefällen mit Hilfe der Arglisteinrede auch aus einem ansonsten nichtigen Vertrag ein Erfüllungsanspruch hergleitet werden kann, widerspricht dem nicht. Zwar wird in diesem Zusammenhang hervorgehoben, erst das Heranziehen des Grundsatzes von Treu und Glauben bringe den Anspruch zum Entstehen (vgl. Canaris, Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht (1981), S. 267), weshalb §242 BGB keineswegs nur rechtsbegrenzende Wir-

182

Kapitel II: Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

über diese Tatsache bislang hinwegsehen wurde, ist wohl vor allem mit der Unbestimmtheit der Zweckförderungspflicht im Gesellschaftsrecht zu erklären, die zur Ausformung einer konkreten Pflicht der jeweiligen Auslegung unter Zugrundelegung der Besonderheiten des Einzelfalls bedarf. In der Treuepflicht w i r d teilweise ein notwendiges Korrelat zu den hier bestehenden offenen Entscheidungsstrukturen gesehen, das frei für eine Anpassung an neu eintretende Umstände sein müsse 182 . Von diesem Ausgangspunkt ist man von einer Parallelziehung zu einer wesentlichen Funktion des allgemeinen Grundsatzes von Treu und Glauben - nämlich der der Ergänzungsfunktion - aber nicht weit entfernt. Die Tatsache, dass die Zweckförderungspflicht, anders als andere vertragliche Hauptpflichten, generalklauselartig weit offen ist und der Konkretisierung bedarf, darf indes nicht darüber hinwegtäuschen, dass man es hier nach wie vor mit einer Hauptpflicht zu tun hat 1 8 3 , die grundsätzlich nur auf einer vertraglichen Verpflichtung beruhen kann. e) Die Treuepflicht als besondere Ausprägung

einer culpa in

contrahendo

Damit scheidet zur Begründung mitgliedschaftlicher Treuepflichten zwischen den Gesellschaftern aber auch ein Rückgriff auf das Rechtsinstitut der culpa in contrahendo184 (vgl. nun § 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB) aus. A u s einem vorvertraglichen oder ähnlichen Schuldverhältnis können keine Hauptpflichten erwachsen 1 8 5 , sondern nur die mittlerweile in § 241 Abs. 2 BGB niedergelegten Pflichten zur R ü c k sichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils 186 . Die undifferenzierte Ableitung aller gesellschaftsrechtlicher Treuepflichten aus einem allgemeinen Prinzip wie dem des Vertrauens, auf dem die culpa in contrahendo beruht 1 8 7 , würde überdies das Risiko in sich bergen, dass damit kaum noch die Grenzen eines Dezisionsspielraums festgesetzt werden könnten. Diese Gefahr erkenk u n g habe. Indes w e r d e n hier keine neuen Vertragspflichten geschaffen. Diese beruhen inhaltlich auf der vertraglichen Vereinbarung. Verhindert w i r d nur die B e r u f u n g auf ihre Nichtigkeit. O h n e eine vorherige vertraglicher Vereinbarung k ö n n t e ein solcher A n s p r u c h indes nicht begründet w e r d e n . 182 Lutter, A c P 180 (1980), 84, 102; Kaiser, Z H R 151 (1987), 422 f.; Zöllner, Die Schranken der Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden (1963), S. 2, 343. 183 Vgl. auch Grundmann, Der Treuhandvertrag (1997), S. 149, 154 ff., der allerdings nur z w i s c h e n H a u p t - u n d N e b e n p f l i c h t e n , als Pflichten, den Z w e c k durch Erfüllung der H a u p t pflicht zu fördern, differenziert. Indes bestehen z w i s c h e n den Gesellschaftern insbesondere auch R ü c k s i c h t n a h m e p f l i c h t e n , die, w i e oben gezeigt, nur der B e r ü c k s i c h t u n g s c h u t z w ü r d i g e r Interessen anderer M i t g l i e d e r dienen, ohne dass diese Interessen im Z u s a m m e n h a n g mit der F ö r d e r u n g des Z w e c k s der Gesellschaft stehen müssen. 184 Vgl. e t w a Winter, Mitgliedschaftliche T r e u b i n d u n g e n im G m b H - R e c h t (1988), S. 70 f., der die A u f f a s s u n g vertritt, bei der Verletzung der den Gesellschaftern untereinander obliegenden Treuepflicht handle es sich im Personengesellschaftsrecht u m eine p V V und bei der G m b H u m eine cic. 185 Dies erkennt auch Winter, Mitgliedschaftlichen T r e u b i n d u n g e n im G m b H - R e c h t (1988), S. 80 an, der daher auch, w e n n g l e i c h zu U n r e c h t , f ü r eine E i n o r d n u n g der Treuepflicht als N e benpflicht plädiert. 186 Vgl. nur Heinrichs, in Palandt § 3 1 1 Rn. 13. 187 Vgl. statt aller Brox, SchuldR I R n . 56; g r u n d l e g e n d z u r cic Ballerstedt, A c P 151 (1950/ 51), 501 ff. 188 Paschke, in FS Serick S. 309, 321.

5 5: Treuepflichten

als allgemeines

Prinzip des Gesellschaftsrechts

183

nen auch diejenigen an, die ohne weitere Anknüpfung an den Gesellschaftsvertrag auf die richterliche Rechtsfortbildung zur dogmatischen Begründung der gesellschaftsvertraglichen Treuepflichten verweisen 188 . Entsprechendes gilt, wenn man nur auf § 242 B G B abstellt. Es ist bereits vom Ansatz her grundsätzlich der Versuch abzulehnen, Leistungspflichten aus einem allgemeinen rechtsethischen Prinzip ableiten zu wollen. Damit wird ein solches Prinzip überdehnt. Nur Rechtsausübungsschranken bzw. Schutzpflichten lassen sich auf diesem Weg nachvollziehbar begründen 189 . Bezogen auf die Treuepflichten im Gesellschaftsrecht, können damit zwar Rücksichtnahmepflichten zwischen den Gesellschaftern auf einen Vertrauenstatbestand gestützt werden, nicht aber aktive Förderpflichten der Mitglieder untereinander. Differenziert man allerdings zwischen mitgliedschaftlichen Treuepflichten und Rücksichtnahmepflichten zwischen den Gesellschaftern, scheint sich zumindest für zweite hier ein Begründungsansatz zu eröffnen. Soweit eine Parallele zu dem Rechtsinstitut der culpa in contrahendo zur Herleitung gesellschaftsrechtlicher Treuepflichten gezogen wird, wird darauf verwiesen, dass durch die Möglichkeit eines Gesellschafters, aufgrund seiner Mitgliedschaft Entscheidungen mit grundsätzlicher Wirkung für andere Verbandsmitglieder zu treffen, ein „qualifizierten Kontakt" zwischen den dem innergesellschaftlichen Entscheidungssystem unterworfenen Personen begründet werde 190 . Dabei ergebe sich wie bei der culpa in contrahendo ein erhöhter Pflichtenstandard daraus, dass sich die Parteien in den „Einzugsbereich" des andern Teils begeben hätten und damit „redlicherweise auf dessen gesteigerte Sorgfalt vertrauen" dürften 191 . Allerdings beruht das Rechtsinstitut der culpa in contrahendo auf der Werbung und Inanspruchnahme besonderen Vertrauens. Daran hat sich durch die Kodifizierung dieses seit langem gewohnheitsrechtlich anerkannten Rechtsinstituts nichts geändert 192 . Soweit es um die Gesellschafter einer Publikumsgesellschaft geht, ist deren Verhältnis aber nicht durch ein besonderes gegenseitiges Vertrauen gekennzeichnet 193 . Allein dass ein Gesellschafter durch seine Mitgliedschaft die Möglichkeit hat, Entscheidungen mit Wirkung gegenüber anderen Gesellschaftern zu treffen, begründet kein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen ihnen. Wie abwegig eine solche Annahme wäre, wird offensichtlich, wenn man an die anonymen Anleger einer börsennotierten Aktiengesellschaft denkt. Anders liegt es bei stark personalistisch ausgestalteten Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter auf die Zusammenarbeit mit den anderen Gesellschaftern zur Vgl. die Bsp. bei Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft S. 240 f. So Winter, Mitgliedschaftliche Treubindungen im GmbH-Recht (1988), S. 69. 191 Zur Bedeutung des Vertrauensgedankens vgl. bereits Hueck, Der Treuegedanke im Recht der O H G in FS Hübner S. 75; ders., Der Treuegedanke im modernen Privatrecht (1947), insb. S. 13 ff. 192 Vgl. die Regierungsbegründung zu §311 Abs. 2, abgedruckt in Albrecbt/Flohr/Lange, Schuldrecht (2001), S. 304; vgl. auch Heinrichs, in Palandt § 311 Rn. 3. 193 Vgl. auch Reuter, in M K , § 38 Rn. 4; auf den häufig fiktiven Charakter des Vertrauensverhältnisses zwischen den Gesellschaftern weist bereits Zöllner, Die Schranken der Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden (1963), S. 341, hin. 189

190

184

Kapitel

II: Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

Erreichung des Gesellschaftszwecks angewiesen sind. Hier liegt durchaus ein Verhältnis vor, das einen besonderen Vertrauenstatbestand schaffen und somit auch als Grundlage zur Herleitung besonderer Rücksichtnahmepflichten zwischen den Gesellschaftern herangezogen werden kann 194 . Dementsprechend kommt hier auch ein Anspruch aus culpa in contrahendo (§§ 280 Abs. 1,311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB) in Betracht, wenn entsprechende Treuepflichten verletzt werden. Außerhalb dieser Strukturen kann im Kapitalgesellschaftsrecht indes nicht auf eine besondere Inanspruchnahme von Vertrauen abgestellt werden, um besondere Rücksichtnahmepflichten zu begründen 195 . Aus der Mitgliedschaft ergibt sich bei nicht personalistisch ausgestalteten Kapitalgesellschaften somit aber auch keine rechtliche Sonderverbindung, die besondere Rücksichtnahmepflichten gegenüber den Mitgesellschaftern begründen könnte 196 . Ob sich aus dem Bestehen einer besonderen Machtposition heraus derartige Rücksichtnahmepflichten herleiten lassen, wird im Nachfolgenden nochmals aufzugreifen sein 197 . f ) Mitgliedschaftliche Treuepflichten als Ergebnis der richterlichen Rechtsfortbildung Nach wie vor offen ist damit aber, wie die Anerkennung mitgliedschaftlicher Förderpflichten zwischen den Gesellschaftern begründet werden kann. Bislang haben diejenigen, die erkannt haben, dass aus dem Mitgliedschaftsverhältnis zur Gesellschaft mitgliedschaftliche Treuepflichten der Gesellschafter untereinander unmittelbar nicht zu begründen sind, es aufgrund „der Metamorphose der schuldrechtlichen Grundlagen des Zusammenschlusses der Gründergesellschafter nach der Registereintragung zu verselbständigten organisationsrechtlichen Beziehungen" auch nicht für möglich gehalten, für gesellschafterbezogene Treupflichten eine satzungsrechtliche Grundlage nachzuweisen, wenngleich man dies mit Blick auf eine einheitlich-institutionelle Fundierung dieser Treuepflichten als durchaus erstrebenswert 198 , wenn nicht gar im Hinblick auf die Qualifizierung der Treuepflichten als Hauptpflichten als notwendig erkannt hat. Es verwundert daher auch nicht, wenn immer wieder der Gesellschaftsvertrag herangezogen wird, um mitgliedschaftliche Treuepflichten auch zwischen den Gesellschaftern begründen zu können 199 . Stellt man hierfür aber wie etwa Ulmer auf

194 Zöllner, Die Schranken der Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden (1963), S. 354; a.A. H ü f f e r , AktG § 53 a Rn. 15, der meint, in Kapitalgesellschaften könne ein von gegenseitigem Vertrauen getragenes Gemeinschaftsverhältnis regelmäßig nicht für die Begründung von Treuepflichten herangezogen werden. 195 Grds. gegen diese Möglichkeit H ü f f e r , AktG § 53 a Rn. 15. 196 Anders Hennrichs, AcP 195 (1995), 221, 242 f. 197 Vgl. unten S. 187 ff. 198 Paschke, in FS Serick S. 309, 318. 199 Zumindest wird betont, dass die Treuepflichten zwischen den Gesellschaftern untereinander besser auf den Organisationsvertrag bzw. bei späterem Beitritt auf den Beitrittsvertrag zu gründen seien als auf eine mehrdeutige Sonderbeziehung (vgl. H ü f f e r , ZHR 153 (1989), 85, 87); vgl. hierzu bereits oben S. 179.

§

Treuepflichten

als allgemeines

Prinzip des

Gesellschaftsrechts

185

den Gesamtcharakter des Vertrages und die persönliche Verbundenheit zwischen den Gesellschaftern ab, so ruft dies ein Rechtsinstitut in Erinnerung, das bereits seit langem als Uberleitungstatbestand zur Begründung auch vertraglicher Hauptpflichten gegenüber einem außerhalb eines Vertrages stehenden Dritten bekannt ist: den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. Hierfür muss nicht eine neue richterrechtliche Generalklausel 200 , gestützt 201 auf deren „praktische Notwendigkeit" und einer gesetzlichen Ableitungsbasis, bestehend aus einigen mehr oder weniger passenden gesetzlichen Regelungen 202 , geschaffen werden, die die unterschiedliche Herkunft der Treuepflichten im Gesellschaftsrecht nur wieder verschleiern würde und im Ergebnis keine zufriedenstellende Begründung für das Bestehen mitgliedschaftlicher Zweckförderungspflichten im Verhältnis der Gesellschafter zueinander liefern könnte 203 . Zwar wurde der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter entwickelt, um einen Außenstehenden in die Sorgfalts- und Obhutspflichten eines zwischen anderen Personen geschlossenen Vertrages einzubeziehen 204 . Anerkanntermaßen wird er heute aber auch zur Begründung von Leistungspflichten gegenüber einem außerhalb eines Vertragsverhältnisses stehenden Dritten herangezogen 205 , wenn dieser Dritte ein besonderes, wenn nicht gar das primäre Interesse an der Erfüllung der Hauptleistungspflicht selbst hat 206 . Bei diesen Konstellationen ist die besondere Verbindung zwischen Leistung und Drittinteresse notwendigerweise auf einzelne, meist sogar auf einen einzigen Dritten beschränkt. Dies ist der Grund, warum man auf eine Fürsorgepflicht bzw. ein besonderes persönliches Näheverhältnis,

So Hüffen in FS für Steindorff S. 59, 68 ff.; ders, AktG. § 53 a Rn. 15 m.w.N. Für eine Rechtsfortbildung bedarf es eines besonderen Grundes, der allgemein in der Erkenntnis eines besonderen rechtsethischen Prinzips zu suchen ist, das es zu beachten gilt (vgl. Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 241.). 202 Neben § 242 und § 705 BGB beruft Hüffer hier vor allem das Wettbewerbsverbot der §§112, 113 HGB, den Gleichbehandlungsgrundsatz des § 53 a AktG sowie das Verbot zur unzulässigen Verfolgung von Sondervorteilen in § 243 Abs. 2 AktG. 203 Hüffer selbst weist darauf hin, das Normadressat der Gleichbehandlungspflicht nur die Gesellschaft ist, ein Aktionär aber nicht von seinen Mitaktionären Gleichbehandlung fordern kann ( H ü f f e r , AktG § 53a Rn. 4); auch lassen sich aus den aus dem Personengesellschaftsrecht stammenden Vorschriften nicht ohne weiteres Pflichten zwischen den Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft herleiten; allein § 243 Abs. 2 AktG weist auf Treuepflichten zu anderen Gesellschaftern hin; die Unterscheidung zwischen dem Verbot zur Erstrebung von Sondervorteilen zum Schaden der Gesellschaft oder anderen Aktionären, läßt aber noch nicht den Schluss zu, dass damit auch mitgliedschaftliche Förderpflichten zwischen den Gesellschaftern anerkannt werden (vgl. zu dieser Vorschrift bereits oben S. 175 f.). 204 Ziegltrum, Der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte (1992), S. 28 f. mit Nachweisen zur Rechtsprechung. 205 So bereits in BGH v. 6.7.1965 = NJW 1965, 1955; BGH v. 11.1.1977 = NJW 1977, 2073; BGH v. 28.4.1982 = NJW 1982, 2431; BGH v. 29.9.1982 = NJW 1983, 1053; BGH v. 2.11.1983 = NJW 1984, 355; BGH v. 5.6.1985 =WM 1985, 1274; BGH v. 10.10.1985 =WM 1985, 1475; BGH v. 1.10.1987= NJW 1988,200, ebenso = OLG Hamm ^.19.9.1985 = MDR 1986, 1026; LG München v. 18.11.1982 = NJW 1983, 1621. 206 Gernhuber, Schuldverhältnis (1989), §21 III 3. 200 201

186

Kapitel

II:

Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

wie bei den klassischen Fällen der Schutzpflichtverletzung gegenüber Dritten 2 0 7 , als Abgrenzungskriterium hier verzichten kann 2 0 8 . Die in diesem Zusammenhang gewonnenen Erkenntnisse könnten auch für die Herleitung von Förder- und Loyalitätspflichten zwischen den Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft fruchtbar gemacht werden. Dem steht nicht entgegen, dass diesen Pflichten kein Schuldvertragsverhältnis zugrunde liegt. Auch ein gesellschaftsvertraglich begründetes Rechtsverhältnis kann ausreichende Grundlage eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter sein 2 0 9 . Die Überlegung, das Rechtsinstitut des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter im Gesellschaftsrecht fruchtbar zu machen, ist auch keineswegs neu. So werden insbesondere innerhalb eines mehrstufigen Konzernrechtsverhältnisses die Treuepflichten zwischen Mutter- und Enkelgesellschaft in der Literatur teilweise aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter abgeleitet 210 . Auch der B G H hat etwa darauf hingewiesen, dass das zwischen dem Beirat und einer Personengesellschaft vorliegende Rechtsverhältnis Schutzwirkungen zugunsten der Gesellschafter entfalten kann 2 1 1 . Allerdings hat nicht jeder Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft an der Förderung des Gesellschaftszwecks ein derart zentrales Interesse, dass es gerechtfertigt erscheinen ließe, das Bestehen einer gesellschafterlichen Förderpflicht nicht nur gegenüber der Gesellschaft, sondern auch zwischen den Gesellschaftern anzuerkennen. Ein derartiges besonderes Interesse besteht nur, wenn die Gesellschaft von ihrer Struktur her auf eine besonders enge Zusammenarbeit ausgelegt ist und sich daher eine Schädigung der Interessen der Gesellschaft unmittelbar auch auf die Interessen der Gesellschafter in einem Maße nachteilig auswirkt, die mit den Auswirkungen bei der Gesellschaft selbst vergleichbar ist. Diese für alle Gesellschafter auch erkennbare Lage lässt es angemessen erscheinen, in einer streng personalistisch ausgestalteten Gesellschaft, in Anlehnung an das Rechtsinstitut des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter die Förderpflichten auch gegenüber den Mitgesellschaftern als bestehend anzuerkennen, womit auch an dem organisationsvertraglichen Ursprung dieser Pflichten festgehalten werden kann. Damit ist der heute herrschenden Auffassung allerdings insoweit zu widersprechen, als sie die Realstruktur der Gesellschaft nur für den Umfang der Treuepflichten für maßgebend hält. Im Zusammenhang mit der Frage nach dem Bestehen von Zweckförderungspflichten zwischen den Gesellschaftern entscheidet die Realstruktur einer Gesellschaft nicht nur über deren Umfang, sondern über ihr Vorhandensein überhaupt 2 1 2 . In einer Publikumsgesellschaft existieren folglich keine 2 0 7 Vgl. hierzu die Rechtsprechungsübersicht bei Urban, „Vertrag" mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (1989), S. 91. 208 Gernhuber, Schuldverhältnis (1989), §21 III 3. 2 0 9 Vgl. Stimpel, A G 1986, 117, 119. 2 1 0 Vgl. hierzu eingehend noch unten S. 325 f. 2 1 1 B G H v. 22.10.1984 = N J W 1985, 1900. 2 1 2 Dies bedeutet auf der anderen Seite natürlich nicht, dass Gesellschafter nicht u.U. für die Gesellschaft die Ansprüche aus einer Treuepflichtverletzung gegenüber der Gesellschaft durch einen anderen Gesellschafter geltend machen können.

5 i:

Treuepflichten

als allgemeines

Prinzip

des

Gesellschaftsrechts

187

mitgliedschaftlichen Treuepflichten i.S.v. Zweckförderungspflichten zwischen den Gesellschaftern, sondern nur gegenüber der Gesellschaft selbst 213 . Zu klären bleibt allerdings, ob bzw. wann in einer Publikumsgesellschaft Rücksichtnahmepflichten unter den Gesellschaftern bestehen.

4) Machtbezogene

Treuepflichten

In einer nicht personalistisch ausgestalteten Kapitalgesellschaft können Rücksichtnahmepflichten zwischen den Gesellschaftern nicht auf die Gewährung und Inanspruchnahme eines besonderen Vertrauens zu den Mitgesellschaftern gestützt werden. Es verwundert daher nicht, wenn immer wieder auch auf die Möglichkeit zur Einflussnahme auf die Interessen anderer Gesellschafter zur Begründung besonderer Treuepflichten hingewiesen 214 und verlangt wird, dass mit dem Maß des Einflusses das Maß der Rücksichtnahme korrespondieren muss 215 . Der Anspruch, dass insbesondere die Gesellschaftermehrheit einer Kapitalgesellschaft bei ihren Beschlüssen auf die Interessen der betroffenen Minderheitsgesellschafter angemessen Rücksicht zu nehmen hat, ist weitgehend anerkannt 216 . Man sieht in den so begründeten Rücksichtnahmepflichten den Ausfluss der Schädigungsmöglichkeit, die typischerweise aus der Mehrheit der Stimmrechtsmacht herrührt. Diese durch die Mitgliedschaft vermittelten Einwirkungsmöglichkeiten auf die Interessen der anderen Gesellschafter sollen eine besondere, über die deliktsrechtlichen Jedermanns-Pflichten hinausgehende Pflichtenbindungen schaffen 217 . Zwar weist insbesondere K. Schmidt darauf hin, es sei rechtsdogmatisch noch nicht hinreichend geklärt, ob neben die Sonderrechtsbeziehung aus der Mitgliedschaft bei der faktischen Abhängigkeit auch eine Sonderrechtsbeziehung aus der Leitungsmacht trete 218 . Dies beruht allerdings darauf, dass es nach seiner Ansicht verfehlt ist, zwischen mitgliedschaftlichen und mehrheitsbezogenen Treuepflichten zu unterscheiden 219 . Damit versperrt man sich den Zugang zu deren dogmatischen Wurzeln. Zwar sieht man in der Korrelation zwischen Rechtsmacht und 2 1 3 Zum Umfang der Förderpflicht in einer Publikumsgesellschaft vgl. im Übrigen unten S. 278 ff. 214 Paschke, in FS Serick S. 309, 320; Timm, W M 1991, 4 8 1 , 4 8 2 f. sieht hierin sogar den „tragenden Rechtsgrund". 2 1 5 B G H v. 5.6.1975 = B G H Z 65, 15, 19 („ITT"); B G H v. 20.3.1995 = B G H Z 129, 136 („Girmes"), zur Treuepflicht des Mehrheitsaktionärs vgl. auch B G H v. 5.7.1999 = B G H Z 142, 167 ff. = N J W 1999, 3197 („Nilgers"); Zöllner, Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden (1963), S.337, 350; ähnlich Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft (1970), S. 264 ff., 274. 216 Kort, Z I P 1990, 294; Lutter, Z H R 153 (1989), 446; Henze, in FS Alfred Kellermann S. 141; Immenga, FS 100 Jahre G m b H - G e s e t z S. 189; Raiser, Z H R 151 (1987), 422, 433; Winter, Mitgliedschaftliche Treubindungen im G m b H - R e c h t (1988), S. 1 ff. 217 Häsemeyer, Z H R 160 (1996), 109, 113; a.A. Hennrichs, A c P 195 (1995), 221, 236, der die Auffassung vertritt, ein Mehrheitsaktionär würde allein aufgrund seiner besonderen Einwirkungsmöglichkeiten keine besondere Rücksichtnahmepflichten innehaben. 218 K. Schmidt, G e s R 4. Aufl., § 39 III 2 c). 2 1 9 Vgl. K. Schmidt, G e s R 4. Aufl., § 2 0 IV 1 c), Fn. 121.

188

Kapitel

II:

Grundlegung

der

Treuepflichtbaftung

Verantwortung teilweise auch nur ein bloßes Wertungstopos, das keine Auskunft über die dogmatischen Grundlagen der Treuepflichten geben könne 2 2 0 . Begründet man besondere Pflichten mit der Machtposition und Einflussmöglichkeit einer Person, so muss man aber auch anerkennen, dass hier auf ein selbständiges, unabhängig neben dem Vertrauensgrundsatz bestehendes Prinzip abgestellt wird. Hier wird nicht nur eine „Funktion der Treuepflicht" 2 2 1 beschrieben. Vielmehr geht es um die Erkennung und Anerkennung eines eigenen rechtsethischen Prinzips, das ebenso wie der Vertrauensgrundsatz Grundlage für die Schaffung rechtsübergreifenden Rechtsfortbildungen sein kann 2 2 2 . Der Grundsatz, dass Macht Verantwortung nach sich zieht, darf freilich nicht mit der, vor allem in den Jahren vor Inkrafttreten des A k t G , häufiger vertretenen These verwechselt werden, dass Herrschaft auch die Haftung des Herrschenden nach sich ziehen müsse 2 2 3 . Ein solch allgemeines Prinzip existiert nicht 2 2 4 und wird in dieser Form heute auch nicht mehr vertreten 2 2 5 . Bestünde es, wäre die unzweifelhaft zulässige Konstruktion eines geschäftsführenden Alleingesellschafters nicht denkbar. Die Erkenntnis allerdings, dass auch im privatrechtlichen Bereich eine eindeutig schwächere Partei des Schutzes bedarf, ist bereits seit langem im Grundsatz anerkannt. Die Möglichkeit zur Selbstbestimmung kann nicht existieren, wenn durch die Macht eines anderen eine Fremdbestimmung eintritt 2 2 6 . Zwang und Pri-

220 Paschke, in FS Serick S. 309, 317; ähnlich K. Schmidt, der hierin einen (von mehreren) rechtsfunktionalen Anknüpfungspunkt sieht, der nicht mit der rechtsdogmatischen Grundlage der Treuepflichten verwechselt werden dürfte (GesR § 20 IV 1 b); vgl. auch Kort, ZIP 1990, 294, 296. 2 2 1 So aber Hennrichs, AcP 195 (1995), 221, 236. 222 Larenzl Canaris, Methodenlehre des Rechts, 4. Aufl. S. 241. 223 Müller-Erzbach, Handelsrecht (1969), S. 180 f.; ders., AcP 154 (1955), 299, 342 f.; ders., J Z 1956, 705, 708 f.; weitere Nachweise bei Hoffmann, N J W 1969, 577, 579 in Fn. 23 sowie bei Wiedemann, GesR I § 10 III 2 a (S. 543). 2 2 4 Auch mit der Aussage in der Regierungsbegründung, dass, wer die Geschicke der Gesellschaft bestimmen könne oder ihren ganzen Gewinn enthalte, auch für die Verluste einstehen müsse (Regierungsbegründung abgedruckt bei Kropff S. 391), sollte ein solch allgemeines Haftungsprinzip nicht niedergelegt werden. Dies wird auch durch die Verknüpfung von Gewinnbezug und Haftung bestätigt. Ein Prinzip des Gleichlaufs von Gewinnbezug und Haftung ist ersichtlich nicht existent (vgl. auch Pentz, Rechtsstellung der Enkel A G (1994), S. 36 f.). 2 2 5 Vgl. bereits B G H v. 17.3.1966 = B G H Z 45, 204, 205 f = N ] W 1966, 1309 (Rektor)-, ausführlich hierzu Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 142 ff. m.w.N.; allerdings werden die Regelungen über den Verlustausgleich im Vertragskonzern teilweise als Ausdruck dieses Prinzips verstanden, vgl. etwa Timm, G m b H R 1987, 8, 12 („ausführliche Anordnung des Gleichlaufs von Herrschaft und Haftung für den Fall des Vertragskonzerns"); vgl. auch Kleindiek, Strukturvielfalt (1991), S. 137, allerdings auch unter Hinweis darauf, dass hiermit noch nicht viel gewonnen ist, „weil das deutsche Recht einen allgemeinen Rechtssatz des Inhalts: wer herrscht, muss auch haften, gerade nicht kennt"; kritisch zu diesem Begründungsansatz auch Lutter, Z G R 1982, 245, 266; ders., in Heidelberger Konzernrechtstage S. 183, 195; Priester, in FS Semler S.561, 573 f.; Ulmer, A G 1986, 123, 126; Säcker, Z H R 151 (1987), 59, 64; Westermann, in FS für Harry Westermann S. 563, 575. 226 Säcker, in M K , 3. Aufl. Einleitung Rn. 30 m.w.N.

5 í: Treuepflichten

als allgemeines

Prinzip des

Gesellschaftsrechts

189

vatautonomie sind miteinander unvereinbar 227 . Auch Hennrichs, für den das Abstellen auf dieses Prinzip nur von „beschränktem Wert" ist 228 , erkennt an, dass der Gedanke der Korrelation zwischen Rechtsmacht und Verantwortung unserer gesamten rechtstaatlichen Ordnung immanent ist 229 , weshalb auch die teilweise an diesem Gedanken geübte Kritik 230 keine Berechtigung hat 231 . Natürlich treffen in einer Wirtschaftsordnung grundsätzlich unterschiedlich starke Parteien aufeinander, und natürlich lassen sich hieran nicht immer besondere Rücksichtnahmepflichten des Stärkeren knüpfen. Dies ist aber unproblematisch, wenn die wirtschaftliche Macht des Stärkeren dadurch aufgehoben wird, dass auch andere „Starke" auf dem Markt existieren 232 . Diese Balance funktioniert aber nur, wenn die schwache Partei Ausweichmöglichkeiten hat, nicht hingegen, wenn sie an die stärkere gebunden bzw. ihren Einwirkungsmöglichkeiten ausgeliefert ist. Hier müssen dem Inhaber einer besonderen Machtposition gegenüber denjenigen, auf deren Rechtsposition er dadurch nachteilig einwirken kann, besondere Rücksichtnahmepflichten auferlegt werden. Dies wird für den herrschenden Unternehmensgesellschafter in der Regierungsbegründung auch deutlich zum Ausdruck gebracht 233 . Als allgemeines Prinzip ist diese Pflicht aber keineswegs auf das eine andere Gesellschaft beherrschende Unternehmen zu beschränken 234 und gilt damit auch für den „Nichtunternehmensmehrheitsgesellschafter". Auch private Mehrheitsgesellschafter 235 können durch ihre Einflussmöglichkeit die Interessen der Minderheit verletzen 236 . Für die 227 228 229 230

256 f.

Statt aller Säcker, in MK, 3 Aufl. Einleitung Rn. 30. Hennrichs, AcP 195 (1995), 221, 236. Hennrichs, AcP 195 (1995), 221, 239. Vgl. etwa Martens, in: K. Schmidt (Hrsg.), Rechtsdogmatik und Rechtspolitik S.251,

231 Hennrichs, AcP 195 (1995), 221,239 verweist in diesem Zusammenhang auch auf die „gebundenen" Freiheitsrechte des Grundgesetzes, auf § 117 AktG sowie die Regelungen des Konzernrechts. 232 Flume, AT § 1 7. 2 3 3 Vgl. Regierungsbegründung, abgedruckt bei Kropff, AktG 1965 S. 408: Die Auferlegung einer Verantwortlichkeit auch für die Ausübung des Stimmrechts „findet ihre Rechtfertigung darin, dass ein Aktionär, der als Unternehmen seinen beherrschenden Einfluss auf die Gesellschaft ausübt, in eine besondere Pflichtenstellung gegenüber den anderen Aktionären tritt. Denn er verfügt auf Grund seiner Machtposition, die von der Aktiengesellschaft in ihrer herkömmlichen Struktur nicht berücksichtigt worden ist, der Sache nach auch über das Vermögen seiner Mitaktionäre und darf hierbei die durch das Interesse aller Aktionäre gezogenen Grenzen nicht überschreiten". 2 3 4 So aber Ulmer, Z H R 148, 391, 418f; Hommelhoff, Die Konzernleitungspflicht (1982), S. 248; Wiedemann, JZ 1976, 392, 394. 2 3 5 Die Überlegungen, wann ein Unternehmen auf ein anderes beherrschenden Einfluss hat, können hier entsprechend zur Begründung der Machtposition eines Privatgesellschafters herangezogen werden. 2 3 6 Dass Aktionären kein Weisungsrecht gegenüber der Geschäftleitung zusteht, rechtfertigt keine andere Entscheidung (a.A. Bachmann, N Z G 2001, 961, 971, der im Hinblick auf die „gebremste Einflussnahme" der Aktionäre auf die Geschäftspolitik die Begründung weiterer Rücksichtnahmepflichten für entbehrlich hält); dass trotzdem Einflussnahmen möglich sind, zeigen die Regeln zum faktischen Konzern, die auf die hier bestehenden besonderen Konzern-

190

Kapitel II: Grundlegung der

Treuepflichthaftung

Begründung einer spezifisch konzernrechtlichen Sonderrechtsbeziehung (§§ 242, 2 7 6 B G B ) , abgeleitet aus der unternehmerischen Leitungsmacht des Mutterunternehmens, ist hier kein R a u m und keine Notwendigkeit 2 3 7 . E b e n s o wenig wie der Vertrauensgrundsatz ist dieses Prinzip auch auf

gesellschaftsrechtsspezifische

Sachverhalte zu beschränken 2 3 8 oder notwendigerweise an das Bestehen eines Vertrages zu knüpfen, weshalb die auf der Korrelation zwischen Macht und Verantwortung gründenden Rücksichtnahmepflichten auch keine vertraglichen sind 2 3 9 . Kein R a u m ist für die Begründung einer besonderen Rücksichtnahmepflicht bei der Verfolgung eigener Interessen allerdings, wenn die Einwirkungsmöglichkeiten aller Beteiligter auf die jeweiligen Interessen der anderen in gleichem M a ß e bestehen, ohne dass zwischen ihnen ein besonderes Vertrauensverhältnis existiert. Wie der B G H im Girmes-Fall

bestätigt hat, können allerdings auch Minder-

heitsgesellschafter, wenn sie sich zusammenschließen, eine Machtposition erlangen, durch die sie die Interessen anderer Gesellschafter verletzen können. Erklärt man das Bestehen der Rücksichtnahmepflichten allerdings mit einer besonderen Machtposition, ist nicht jeder Gesellschafter einer Publikumsgesellschaft den anderen Gesellschaftern gegenüber zur Treue verpflichtet. Machtbezogene Treuepflichten eines Minderheitsgesellschafters entstehen erst, wenn dieser allein oder aufgrund eines abgestimmten Verhaltens mit anderen Gesellschaftern 2 4 0

eine

Machtposition innehat oder erlangt, die ihm eine entsprechende Einflussnahmemöglichkeit auf die Interessen anderer, etwa auf der Grundlage einer Sperrminorität, eröffnet. Außerhalb dessen bestehen keine besonderen Einflussnahmemöglichkeiten, die eine besondere Rücksichtnahmepflicht rechtfertigen könnten. Allein die Möglichkeit, dass andere anonyme Kleinaktionäre ebenso abstimmen könnten und deshalb ein Beschluss nicht die erforderliche Mehrheit erlangt, kann keine besonderen Treuepflichten gegenüber den Mitgesellschaftern begründen. Hier hängt die Einwirkungsmöglichkeit von Zufälligkeiten ab, was zu einer Pflichtenbegründung nicht genügen kann, weshalb auch der allgemeine Hinweis auf das Bestehen einer Sonderrechtsbeziehung aufgrund der Mitgliedschaft nicht ausreichend ist 2 4 1 . Insofern muss es bei der Freiheit der Stimmrechtsausübung bleiben, soweit nicht die Grenze des § 826 B G B überschritten wird 2 4 2 .

gefahren reagieren, gegenüber den Treuepflichten aber keineswegs als abschließend anzusehen sind. 2 3 7 Für eine spezifisch konzernrechtliche Sonderrechtsbeziehung und gegen die Treuepflichtslösung aber Limmer, Haftungsverfassung (1992), S. 64 ff. 2 3 8 Auch die Sonderbehandlung der Verbraucher in vielen Bereichen wird man auf dieses Prinzip zurückführen können. 2 3 9 A.A. Huffer, in FS Steindorff S. 59, 78. 2 4 0 Zur Neudefinition und Bedeutung der Begriffe „Kontrolle" und „abgestimmtes Verhalten" im französischen Recht durch das Gesetz vom 15.5.2001 vgl. Storp, RIW 2002, 409, 422. 2 4 1 A . A . H ä s e m e y e r , Z H R 160(1996), 110,113 2 4 2 Eine andere Frage ist es, ob ein institutioneller Stimmrechtsbündler nicht u.U. einer eigenen Haftung unterliegt (vgl. hierzu etwa Hüffer, AktG § 53a 20b).

§ 5: Treuepflichten

als allgemeines

Prinzip

des

Gesellschaftsrechts

191

Der Hinweis, dass auch der Kleinstaktionär einer Treuepflicht unterliegen müsse, da niemand seine Rechte „schikanös" ausüben dürfte 2 4 3 , rechtfertigt keine andere Entscheidung. Dass es niemandem erlaubt sein kann, seine Rechte schikanös auszuüben, bedarf keiner weiteren Begründung. Insbesondere bedarf es zur Begründung des Verbots eines schikanösen und damit böswilligen Handelns keiner besonderen Pflichtenbeziehung. Hier handelt es vielmehr um einen Grundsatz, der auch außerhalb besonderer Einwirkungsmöglichkeiten Geltung beanspruchen kann. Mit Hilfe dieser Erkenntnis lassen sich daher auch keine besonderen Treuepflichten zwischen den Teilnehmern im Rechtsverkehr herleiten. Anders ist die Lage aber, wenn ein Rechtsverkehrsteilnehmer aufgrund einer besonderen Machtposition schädigend auf die Interessen eines bestimmten Personenkreises einwirken kann. Soweit solcherart begründete Pflichten verletzt werden, kann der Schadensersatzanspruch freilich nicht auf dem Rechtsinstitut der culpa in contrahendo beruhen. Grundlage dieser H a f t u n g ist die Gewährung in Anspruch genommenen Vertrauens. Daran hat die Kodifizierung dieses Rechtsinstituts in §§311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB nichts geändert 244 . Im Hinblick auf die Ähnlichkeit der Pflichtenbegründung, die in beiden Fällen auf der A n k n ü p f u n g an ein allgemeines rechtsethisches Prinzip beruht, kann allerdings eine Analogie zu §§280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB insoweit gezogen werden.

5) Die Lehre vom einheitlichen gesetzlichen

Schutzpflichtverhältnis

Uberlegenswert erscheint noch, ob mitgliedschaftliche Treuepflichten auf der einen Seite sowie Vertrauens- und machtbezogene Rücksichtnahmepflichten auf der anderen Seite nicht mit Hilfe der Lehre vom einheitlichen gesetzlichen Schutzpflichtverhältnis wieder einer gemeinsamen Grundlage zugeführt werden könnten. Teilweise wird in dieser Lehre ein Ansatz f ü r eine einheitliche dogmatische Begründung der Treuepflichten gesehen 245 . Die Lehre vom einheitlichen gesetzlichen Schutzpflichtverhältnis geht vor allem auf Canaris zurück, der die Auffassung vertritt, die Rechtsinstitute der positiven Forderungsverletzung (vgl. nun § 280 Abs. 1 BGB), der culpa in contrahendo (§§311, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB) und des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter seien alle Bestandteile eines auf Vertrauen beruhenden, einheitlich gesetzlichen und damit außervertraglichen Schutzverhältnisses 246 . Als Vorteil dieser Lehre wird es angesehen, dass die Aufspaltung von Pflichtverletzungen im Hinblick auf ein und dasselbe Erhaltungsinteresse in verschiedene H a f t g r ü n d e vermieden wird, da sie die oben ge243

Hennnchs, A c P 195 (1995), 221, 236 f. Statt aller vgl. n u r Heinrichs, in Palandt § 311 Rn. 3. 245 Weber, Vormitgliedschaftliche T r e u b i n d u n g e n (1999), S. 120 m . w . N . 246 G r u n d l e g e n d Canaris, J Z 1965,475, 477; grundsätzliche Z u s t i m m u n g hat diese Lehre gef u n d e n bei Esser/E. Schmidt, SchuldR A T I § 2 9 ; Frost, „Vorvertragliche" u n d „vertragliche" Schutzpflichten, (1981), S. 138 ff.; Gerhardt, J Z 1970, 535 ff.; v. Lackum, Verschmelzung u n d N e u o r d n u n g (1970), S. 1, 58 ff.; K. Müller, N J W 1969,2169,2172 ff.; Müller-Graff, J Z 1976,153, 155f; Roth, in M K § 242 Rn. 125 ff.; Thiele, J Z 1967,649, 654; Zschoche, VersR 1978,1089,1090 f. 244

192

Kapitel II: Grundlegung der

Treuepflichthaftung

nannten Institute mit Hilfe eines einheitlichen gesetzlichen Schutzverhältnisses erklärt 247 . Allerdings ist der im Rahmen dieser Lehre alles entscheidende Begriff des Vertrauens auch im hier interessierenden Kapitalgesellschaftsrecht keineswegs der einzige Ansatz zur Begründung von Treuepflichten. Vielmehr lässt sich hier eine besondere Vertrauensbeziehung in den meisten Fällen gerade nicht bejahen 2 4 8 . Allgemein hat sich das Kriterium des Vertrauens aber auch als nicht ausreichend erwiesen, um ein taugliches Abgrenzungsmerkmal etwa für die Einbeziehung D r i t ter in den Schutzbereich eines Vertrages zu bilden, weshalb hier auch als Abgrenzungskriterium weiterhin auf ein besonderes Näheverhältnis zu dem Dritten abgestellt werden muss 2 4 9 . Dieser Lehre ist aber auch insoweit nicht zu folgen, als hier grundsätzlich davon ausgegangen wird, dass die im Rahmen einer Sonderverbindung bestehenden Pflichten unabhängig von einem Vertragsschluss sind 2 5 0 , weshalb auch sie bei der Bestimmung der konkreten Pflichtenlage notgedrungen wieder auf den zugrundeliegenden Vertrag zurückgreifen muss 2 5 1 . Zwar sind auch im Kapitalgesellschaftsrecht die Rücksichtnahmepflichten unabhängig von einem Vertragsschluss zwischen den Gesellschaftern zu erklären. Indes muss, soweit es um die aus dem Gesellschaftszweck abgeleiteten Förderpflichten geht, auf den Inhalt der gegenüber der Gesellschaft vertraglich begründeten Pflichten zurückgegriffen werden. Zwar werden diese Pflichten nicht auf der Basis einer vertraglichen Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern begründet, sondern mit Hilfe eines auf einer richterlichen Rechtsfortbildung beruhenden Rechtsinstituts 2 5 2 übergeleitet. Dieser Uberleitungstatbestand kann aber nicht mit der Lehre eines einheitlichen gesetzlichen Schutzverhältnisses erklärt werden, da diese im Bereich des Drittschutzes die gegenüber einem Dritten bejahten Pflichten aus der U m g e b u n g löst, aus der sie entnommen werden müssen, nämlich der des Vertragsverhältnisses 2 5 3 . D a m i t kann die Lehre vom einheitlich gesetzlichen Schuldverhältnis aber auch keine Erklärung für das Bestehen von Hauptpflichten gegenüber einem D r i t ten liefern 2 5 4 . Bereits wegen dieser Unvollständigkeit ist dieses Modell zur einheitlichen Erklärung der Treuepflichten im Gesellschaftsrecht aber abzulehnen. Canaris, JZ 1965, 475 ff. Vgl. oben S. 183. 249 Dies dürfte auch der Grund dafür sein, dass bedeutende Vertreter der Vertrauenshaftung wie Canaris (in 2. FS für Larenz S. 27, 99) und Honsell (JuS 1976, 621, 627) doch den personenrechtlichen Einschlag weiterhin als Abgrenzungskriterium benötigen; gegen die Vertrauenslehre auch Picker, AcP 183 (1983), 369, 420 ff.; Schürmann, Haftung im mehrgliedrigen bargeldlosen Zahlungsverkehr, (1994) S. 252 ff.; Ziegltrum, Der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte (1992) S. 125 ff. 250 Canaris, Vertrauenshaftung (1981), S. 428 ff. 251 E. Schmidt, JA 1978, 597ff; Winterfeld, Drttschadensliquidation und Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (1983), S. 47 m.w.N. 252 Zur dogmatischen Herleitung des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter vgl. Gottwald, in MK, 4. Aufl. § 328 Rn. 102. 253 Gernhuber, Schuldverhältnis (1989), §21 II 6 d); vgl. auch Wimmer-Leonhardt, Die Haftung gegenüber den Bankkunden im mehrgliedrigen Zahlungsverkehr (1996), S. 136 ff. 254 Selbst Canaris, JZ 1965, 475, 479 in Fn.38 räumt ein, dass bei Störungen im Leis247

248

5 6: Treuepflichten

gegenüber

der Einmanngesellschaft

Zusammenfassung

193

zu $ ß

Die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht lässt sich nicht auf eine einzige Rechtsgrundlage zurückführen. Gegenüber der Gesellschaft fußt sie auf der Mitgliedschaft und beinhaltet die Pflicht, den Zweck der Gesellschaft zu fördern 255 . Derartige mitgliedschaftliche Treuepflichten sind zwischen den Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft auf der Grundlage des Rechtsinstituts des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter nur dann als bestehend anzuerkennen, wenn man es mit einer stark personalistisch geprägten Kapitalgesellschaft zu tun hat. Demgegenüber beruhen Rücksichtnahmepflichten grundsätzlich auf einem allgemeinen rechtsethischen Prinzip des Vertrauens bzw. der Korrelation zwischen Macht und Verantwortung. Zwischen allen Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft bestehen Rücksichtnahmepflichten auf der Grundlage eines besonderen Vertrauensverhältnisses nur in stark personalistisch geprägten Gesellschaften. In Publikumsgesellschaften unterliegen nur Gesellschafter mit einer besonderen Machtposition einer derartigen Pflichtenbindung. Diese können in einer Person allein konzentriert sein oder durch Zusammenschluss der Gesellschafter entstehen. Sie sind mit dem allgemeinen Prinzip zu erklären, dass eine besondere Machtposition auch eine besondere Verantwortung nach sich zieht. Eine zufällig eintretende Sperrminorität oder Antragsmehrheit in einer Publikumsgesellschaft ohne vorherige Absprache kann indes keine Treuepflichten zwischen den Gesellschaftern begründen 256 .

§ 6: Treuepflichten gegenüber der Einmanngesellschaft Die Frage nach den „Wurzeln" der Treuepflicht hat auch für die Frage Bedeutung, ob in einer Einmann-Gesellschaft eine Treuepflicht des Alleingesellschafters gegenüber der Gesellschaft bestehen kann 257 . Bei der Frage nach dem Bestehen von Treuepflichten in Einmanngesellschaften wird weitgehend zwischen GmbH und tungsverhältnis ein Anspruch aus pVV neben dem Anspruch aus einem einheitlichen Schutzverhältnis selbstständige Bedeutung erlangt; gegen die Tauglichkeit dieser Lehre im Bereich von Leistungspflichten auch Keitel, Rechtsgrundlage und systematische Stellung des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte (1988), S. 72 f.; Winterfeld, Drttschadensliquidation und Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (1983), S. 46 ff. 255 Womit natürlich auch die Pflicht zur Rücksichtnahme auf deren Interessen erfasst ist. 256 A.A. Berding, W M 2002, 1149, 1151; Heinrichs, AcP (1995), 221, 237; gegen eine gesellschaftsrechtliche Treuepflicht individuell handelnder Kleinaktionäre aber Dreher, ZHR 157, 150, 158 ff. 257 Diese Frage ist insbesondere im GmbH - Recht im Hinblick auf die hier bestehende große Anzahl von Einmanngesellschaften von großer praktischer Bedeutung (Ulmer, in Hachenburg, 8. Aufl. Einl. Rn. 72); als Aktiengesellschaften kommt die Einmanngesellschaft in weitaus geringerem Umfang vor (K. Schmidt, GesR 4. Aufl. § 26 III 2 d); im Zuge der Privatisierung ehemaliger DDR-Staatsbetriebe durch die Treuhandanstalt wurde allerdings durchaus eine beträchtliche Zahl auch von Einmann-AG's gegründet (vgl. hierzu Bollmann, Der Schadensersatzanspruch gemäß § 317 AktG bei Schädigung der abhängigen Eine-Person AG (1995), S. 18).

194

Kapitel II: Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

Aktiengesellschaft differenziert. Für die A G wird im Hinblick auf die hier bestehende Vermögensbindung und die eigenständige Entscheidungsbefugnis des Vorstandes ein Eigeninteresse auch von grundsätzlichen Gegnern eines solchen bei der G m b H 2 5 8 ohne weiteres anerkannt 2 5 9 . Für das Bestehen eines Eigeninteresses der Aktiengesellschaft spricht auch bereits die Regierungsbegründung z u m Dritten Buches des Aktiengesetzes, w o ausdrücklich niedergelegt wurde, dass diese Vorschriften u.a. dem Schutz der Gesellschaft gegen eine Aushöhlung ihrer f ü r ihr Leben als Kapitalgesellschaft notwendigen bilanzmäßigen Substanz dienen sollen 260 . Zwar wird dem teilweise entgegengehalten, bei diesem Eigeninteresse handele es sich nur u m die gebündelte Vertragserfüllungspflicht gegenüber Arbeitnehmern und Gläubigern 2 6 1 . Allerdings hat der Gesetzgeber ein besonderes Interesse der Arbeitnehmerschaft an dem Bestand des Unternehmens nicht in die Regelung mit einfließen lassen 262 . Überdies greifen die §§ 300 bis 303 A k t G sowie die §§ 308 ff. A k t G auch dann ein, wenn keine Gläubiger oder außenstehenden Aktionäre vorhanden sind 263 . Damit wird aber deutlich, dass auch in einem Vertragskonzern der Bestand der Gesellschaft zu schützen ist und dieses Interesse eigenständig neben die Gläubiger- und Gesellschafterinteressen treten soll 264 . Ebenso spricht auch der Regelungskomplex der §§311 ff. A k t G f ü r ein Eigeninteresse der AG 2 6 5 . Auch hier werden etwaige Ansprüche nicht dadurch ausgeschlossen, dass keine außenstehenden Gesellschafter oder Gläubiger vorhanden sind 266 . Damit wird das Interesse der Gesellschaft von den im Einzelfall bestehenden konkreten Interessen außenstehender Gesellschafter oder Gläubiger abstrahiert. Anders stellt sich die Situation bei der G m b H dar. Während für die Mehrpersonengesellschaft ein weitgehender Schutz der G m b H auf der Grundlage der Treuepflicht im Grundsatz anerkannt ist, wird das Bestehen einer Treuepflicht in der E i n m a n n - G m b H überwiegend abgelehnt. Teilweise wird ein Eigeninteresse allerdings zumindest f ü r die abhängige E i n m a n n - G m b H auch anerkannt 2 6 7 . So vertritt 258 Ygj etwa Flume, Die juristische P e r s o n 1/2 (S. 59 ff). 259 Vgl. etwa Fleck, Z H R 149, 387, 394; Hommelhoff, Die Konzernleitungspflicht (1982), S. 256; Lutter; in FS Steindorff S. 143, 145, 147; ders., Z I P 1985, 1425, 1428; E. Rehbinder, AG 1986, 85,90; Röhricht, in Gesellschaftsrecht in der D i s k u s s i o n S. 3, 13; Timmann, Die D u r c h s e t z u n g von Konzerninteressen in der Satzung der abhängigen Aktiengesellschaft (2000), S. 221; K. Schmidt, Z I P 1986,146, 148; P. Ulmer, Z H R 148, 391, 416 ff. 260 R e g i e r u n g s b e g r ü n d u n g a b g e d r u c k t bei Kropff, A k t G , S. 373 ff. u n d 388. 261 Wiedemann, Die U n t e r n e h m e n s g r u p p e im Privatrecht (1988), S. 87. 262 Koppensteiner, in K K vor § 300 Rn. 1, 8. 263 Sonnenschein, in M e s t m ä c k e r / B e h r e n s S. 49, 51; vgl. auch Koppensteiner, in K K v o r § 300 Rn. 8. 264 A/D/S, § 3 0 0 Rn. 4; Hüffer, A k t G § 3 0 2 R n . 2 ; Limmer, H a f t u n g s v e r f a s s u n g (1992), S . 2 9 9 f . ; gegen ein von Gläubiger- u n d Aktionärsinteressen isolierbares Interesse der Gesellschaft aber etwa Koppensteiner, in K K v o r § 300 Rn. 1, 8. 265 Vgl. auch hier die R e g i e r u n g s b e g r ü n d u n g a b g e d r u c k t bei Kropff S. 409; Hüffer, A k t G § 3 1 7 Rn. 1. 266 Vgl. n u r Habersack, in E m m e r i c h / H a b e r s a c k § 312 Rn. 6, Kropff, in M K § 312 Rn. 27; U. H. Schneider/Burgard, in FS U l m e r S. 579, 592 jeweils m.w.N.; kritisch allerdings Götz, A G 2000, 498 ff. 267 Ulmer, Z H R 148 (1984), 416 ff.; ders., in Hachenburg A n h . § 77 Rn. 75 u n d 83 ff. m.w.N.;

§6:

Treuepflichten

gegenüber

der Einmanngesellschaft

195

insbesondere Ulmer die Auffassung, im Unternehmensverbund müßte man sich von der aus „dem klassischen G m b H - R e c h t bekannten Gleichsetzung von Gesellschafts- und Gesellschafterinteresse" lösen und eine Rücksichtnahmepflicht des herrschenden Unternehmens auf die Eigeninteressen der abhängigen Gesellschaft auch dann anerkennen, wenn dieser Alleingesellschafter der G m b H ist und nicht der Mitbestimmung unterliegt. Begründet wird dies mit einer Rechtsanalogie zu den §§317, 300 ff., 322, 324 AktG 2 6 8 . Demgegenüber lehnen der B G H und das überwiegende Schrifttum eine Analogieziehung zu den konzernrechtlichen Regeln des Aktienrechts zum Schutz einer G m b H und ihrer Gläubiger vor Eingriffen ihres Alleingesellschafters ab 269 . Damit stellt sich die allgemeine Frage, ob ein Alleingesellschafter gegenüber „seiner" Gesellschaft besondere Treuepflichten haben kann, aber gerade auch für das Konzernrecht als besonders relevant dar, denkt man an die häufige Existenz 100%iger Tochtergesellschaften, die insbesondere in der Rechtsform der G m b H sehr verbreitet sind 270 . Die gleichen Fragen stellen sich im Grundsatz aber auch, wenn man es zwar mit einer Gesellschaft zu tun hat, in der mehrere Gesellschafter existieren, diese sich aber über die D u r c h f ü h r u n g einer die Gesellschaft schädigenden Maßnahme einig sind. Erkennt man die Wurzeln der gesellschaftlichen Treuepflicht vor allem in der Inanspruchnahme von Vertrauen u n d der Verantwortung aufgrund einer besonderen Machtposition gegenüber den Mitgesellschaftern, so ist es in der Tat schwer, eine Treuepflicht des Alleingesellschafters gegenüber der Gesellschaft zu begründen. Es verwundert daher nicht, wenn Zöllner, der gerade auch diesen Ansatz betont 2 7 1 , meint, die Befürworter einer Treuepflicht gegenüber der Einmanngesellschaft hätten deren „Wurzeln" aus den Augen verloren 2 7 2 .

weitergehend Ziemons, Die H a f t u n g der Gesellschafter f ü r E i n f l u s s n a h m e n auf die G e s c h ä f t s f ü h r u n g der G m b H (1996), S. 97 ff. 268 Ulmer, Z H R 148 (1984), 391, 419. 269 Vgl. insbesondere n u n auch das Bremer Vulkan B G H U r t . v. 17.9.2001 = N J W 2001, 3622: „ D e r Schutz einer abhängigen G m b H gegen Eingriffe ihres Alleingesellschafters folgt nicht d e m H a f t u n g s s y s t e m des K o n z e r n r e c h t s des Aktienrechts (§§291 ff., 311 ff. A k t G ) , s o n dern ist auf die E r h a l t u n g ihres Stammkapitals u n d die G e w ä h r l e i s t u n g ihres Bestandsschutzes b e s c h r ä n k t . . . " ; vgl. hierzu auch Röhricht, in Gesellschaftsrecht in der D i s k u s s i o n S. 3, 12 m . w . N . u n d ausführlich u n t e n S. 200 ff. 270 R u n d 45 % aller G m b H ' s sind Einpersonengesellschaften, weitere 37 % haben n u r zwei Gesellschafter, bei denen es sich überdies häufig u m Ehegatten handelt ( B u r g a r d , Z I P 2002, 827, 828 m.w.N.). 271 Vgl. o b e n S. 168. 272 Zöllner, Z H R 162 (1998), 235, 239; dass Treuepflichten des Alleingesellschafters gegenü b e r der Gesellschaft dogmatisch nicht schlüssig zu b e g r ü n d e n seien, meint u.a. auch Kropff, in M K z u m A k t G vor § 311 Rn. 99.

196

Kapitel II: Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

I. Die GmbH als Veranstaltung der

Gesellschafter

Die Beantwortung der Frage nach dem Bestehen einer Treuepflicht des Alleingesellschafters gegenüber seiner GmbH ist unmittelbar mit der Frage verknüpft, ob ein vom Gesellschafterinteresse zu unterscheidendes Eigeninteresse der Gesellschaft existiert. Die Gegner eines solchen Eigeninteresses weisen darauf hin, dass es bei der Diskussion um die Treuepflichten grundsätzlich um die Interessen der Gesellschafter gehe, die in der mehrgliedrigen Gesellschaft zum Interesse der Gesellschaft gebündelt seien und dadurch einen eigenständigen Charakter erhielten 273 . Soweit mehrere Gesellschafter vorhanden sind, könne ein solches Interesse daher auch ohne weiteres bejaht werden, da hier das Mehrheitsinteresse sich auch dann nicht mit dem Gesellschaftsinteresse decke, wenn man dieses vom Interesse der Gesellschafter her ableitet 274 . Soweit die Treuepflicht nur aus dem Verhältnis zu den Mitgesellschaftern abgeleitet wird 275 , liegt die Ablehnung eines Eigeninteresses der Gesellschaft sicher nahe 276 . Uberwiegend wird aber auch von denjenigen, die der Treuepflicht gegenüber der Mehrpersonen-GmbH eigenständige Bedeutung zuerkennen, ein vom Interesse der Gesellschaftergesamtheit unabhängiges Gesellschaftsinteresse verneint 277 . Auch Vertreter, die die Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft als „a priori existentes verbandsrechtliches Prinzip" anerkennen und wie Lutter aus der Zweckförderungspflicht gegenüber der Gesellschaft ableiten 278 , sind der Auffassung, es handle sich bei der Verwendung des Begriffs des Interesses der Gesellschaft um eine bloße Metapher für die Bündelung verschiedener Interessen 279 , der aber deshalb nützlich sei, weil damit die Zuständigkeit der Gesellschaft zur Geltendmachung von Ansprüchen der Gesamtheit deutlich werde sowie die Verpflichtung der Gesellschafter auf das gemeinsam festgelegte Ziel 280 . Trotzdem wird darauf verwiesen, dass die GmbH-Gesellschafter die „Herren der Gesellschaft" 281 seien, die, in den Grenzen der zwingenden Regelungen zur Kapitalerhaltung, beliebig über das Vermögen der Gesellschaft disponieren und diese jederzeit auflösen Vgl. bereits oben S. 166. Vgl. nur Ulmer, Z H R 148 (1984), 391, 416. 275 Verhoeven, GmbH-Konzern-Innenrecht (1978) Rn. 159 ff., 300; Wolany, Rechte und Pflichten des Gesellschafters einer GmbH (1964), S. 114 f. 276 Winter, Z G R 1994, 570, 578; zum Streit um die Frage nach der Existenz eines Eigeninteresses bei der GmbH vgl. auch Beinert, Die Konzernhaftung für die satzungsmäßig abhängig gegründete GmbH (1995), S. 67 ff., 95 ff. 277 Koppensteiner, in Rowedder, 4. Aufl §43 Rn. 70; Lutter, ZIP 1985, 1428; Rehbinder, AG 1986, 90; Röhricht, WPg 1992, 766, 784 f.; Zöllner, in Baumbach/Hueck, GmbH-KonzernR Rn. 35; weitere Nachweise bei Ziemons, Die Haftung der Gesellschafter für Einflussnahmen auf die Geschäftsführung der GmbH (1996), S. 95. 278 Lutter, Z H R 162 (1998), 164, 166 m.w.N. 279 Lutter, Z H R 162 (1998), 164, 183. 280 Lutter, Z H R 162 (1998), 164,183; teilweise wird aber auch die Ansicht vertreten, ein „dechiffriertes Eigeninteresse" tauge nicht als Topos zur Begründung konkreter Pflichten (Bachmann, N Z G 2001, 961, 971 in Fn. 177). 281 Insoweit auch Ulmer, Z H R 148 (1984), 391,415. 273

274

§6:

Treuepflichten

gegenüber

der Einmanngesellschaft

197

könnten 282 . Die Gesellschafter seien nicht Treuhänder, sondern Eigentümer der Gesellschaft 283 , die über das Weisungsrecht ihre Eigentumsrechte ausübten 284 . Dementsprechend könne eine GmbH aber ebenso wie eine Personengesellschaft den Interessen der Gesellschafter dienstbar gemacht werden. Sie sei, anders als die AG, nicht von einem eigenverantwortlich agierenden Vorstand in ihrem Eigeninteresse zu leiten, sondern als „Werkzeug" ihres Gesellschafters zu betrachten, das dieser „nahezu beliebig für seine freigewählten Zwecke instrumentalisieren" dürfe 285 . Auch Flume betont, dass die GmbH materiell gesehen eine Personengesellschaft sei, die der Gesetzgeber nur zum Zwecke der Haftungsbeschränkung vermögensmäßig verselbständigt habe 286 . Ein vom Gesellschafterwillen unabhängiges Eigeninteresse der Gesellschaft sei auch mit dem Recht der Gesellschafter, die Gesellschaft jederzeit ganz oder teilweise zu liquidieren, umzuwandeln oder ihre Satzung zu ändern, nicht vereinbar287 und damit abzulehnen 288 . Da die Treuepflicht verzichtbar sei, könne das Interesse der Gesellschaft „auch unabhängig von einer förmlichen Änderung des Gesellschaftszwecks von Fall zu Fall definiert werden" 289 . Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, wenn das Bestehen einer Treuepflicht gegenüber einer Einmann-GmbH verbreitet als „künstlich anmutende Konstruktion" 290 negiert wird 291 , jedenfalls soweit nicht durch die Regelung zur Mitbestimmung auch andere Interessen ins Spiel gebracht werden292. Damit könnten, wenn es nur einen Gesellschafter gibt oder sich die Gesellschafter einig sind, diese im Rahmen der zwingenden Normen mit der Gesellschaft auch tun und lassen, was sie wollen. Ein umfassendes Sondervorteilsverbot, wie es den strengen Kapitalerhaltungsvorschriften der §§ 57 ff. AktG entspräche, existiere außerhalb

282 Im Hinblick darauf einen Bestandsschutz verneinend: LG Bremen v. 19.11.1997 =ZIP 1998, 561, 562 f, 565 f. (Bremer Vulkan)-, Eschenbruch, Konzernhaftung (1996) Rn.3373; Zöllner, in Baumbach/Hueck GmbH-KonzernR Rn. 83. 283 Lutter/Hommelhoff, 14. Aufl. §13 Rn. 22 (nicht mehr erwähnt allerdings in der 15. Aufl.). 284 Wonnemann, BB 1990, 217, 219. 285 Röhricht, in Gesellschaftsrecht in der Diskussion S. 3, 14. 286 Flume, Die juristische Person § 2 VII 2 (S. 59 ff). 287 Drüke, Die Haftung der Muttergesellschaft für die Schulden der Tochtergesellschaft (1990), S. 49; Wiedemann, Unternehmensgruppe (1988), S. 87; Zöllner, in Baumbach/Hueck, GmbH-Konzernrecht Rn. 83; vgl. auch Lutter, ZIP 1985, 1425, 1428. 288 Drüke, Die Haftung der Muttergesellschaft für die Schulden der Tochtergesellschaft (1990), S. 48 ff., 122 f.; Emmerich, AG 1987, 1, 4; Gäbelein, AG 1990, 185, 187; Semler, in FS Goerdeler S. 559, 571 f.; Wiedemann, Unternehmensgruppe (1988), S. 87; vgl. auch noch Lutterl Hommelhoff, GmbHG in der 14. Aufl. § 13 Rn. 22. 289 Emmerich/Sonnenschein!Habersack, § 30 V 1 auch unter Hinweis auf die entsprechende Lage bei der Geschäftsführerhaftung nach §43 II GmbHG (vgl. auch B G H v. 28.9.1992 = BGHZ 119, 257,161; B G H v. 10.5.1993 = BGHZ 122, 333). 290 So Kropff, in FS Semler S. 536. 291 Vgl. Lutter, ZIP 1985, 1425, 1428 ff.; Zöllner, in Baumbach/Hueck GmbH-KonzernR Rn. 83, Flume, Die juristische Person S. 61. 292 Lutter, ZHR 162 (1998), 164, 183; ders., in FS Steindorff S. 125 ff.

198

Kapitel

II:

Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

des Aktienrechts nur im Hinblick auf die Interessen von Mitgesellschaftern 2 9 3 . Aus diesem Grund könne die Gesellschaft aber auch in einem wie auch immer gearteten Konzerninteresse geführt und der Geschäftsführung auch für die Gesellschaft nachteilige Weisungen erteilt werden 2 9 4 . Den Interessen der Gesellschafter sei grundsätzlich der Vorrang einzuräumen, da die Gesellschaft eine „Veranstaltung der Gesellschafter" sei 2 9 5 . Selbst ein Verbot der Existenzgefährdung wird teilweise nicht anerkannt 2 9 6 , vielmehr könnten auch Weisungen erteilt werden, die die Gesellschaft „aussauge" 2 9 7 , da die einzige Schranke vor einem eigennützigen Ausplündern der G m b H die §§ 30 ff. G m b H G seien 2 9 8 . Darüber hinaus sei die Gesellschaft und ihr Vermögen nicht geschützt 2 9 9 . Zu diesem Ergebnis kommen weitgehend auch diejenigen, die unter dem Eigeninteresse einer Einmanngesellschaft nur die Summe der Gläubigerinteressen verstehen 3 0 0 , da Interessen Dritter nur insoweit berücksichtigungsfähig seien, als deren Berücksichtigung durch gesetzliche Normen angeordnet wurde. Die „Ausplünderung" der Gesellschaft wird auch nicht als unbillig angesehen, da die Gläubiger in unserer Rechtsordnung nicht davor geschützt würden, wie „ihr Geschäftspartner seine Geschäfte führt" 3 0 1 . Die Gesellschafter treffe insbesondere auch nicht die Pflicht zur kaufmännisch sorgfältigen Erhaltung des Gesellschaftsvermögens und damit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung 3 0 2 , weshalb es einem Geschäftsführer bei Vorliegen einer entsprechenden Weisung auch erlaubt sei, Spekulationsgeschäfte vorzunehmen, die durch die grob fahrlässige Missachtung der Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Kaufmanns zur Insolvenz der Gesellschaft führen 3 0 3 . Auch aus § 317 A k t G ergebe sich nichts anderes, da es sich hier um eine speziell aktienrechtliche Vorschrift handele, 293 294

Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 359. Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 359,

499. U.H. Schneider, in Scholz, 9. Aufl. § 43 Rn. 63; ähnlich Röhricht, WPg 1992, 766, 784 f. Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 318 f. 297 Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 328, 402. 2 9 8 Diese Ansicht sieht sich allerdings genötigt, im Rahmen von Konzernverhältnissen nicht haltbare Analogien zu begründen; so ist auch nach Ehricke eine Weisung, die nicht dazu geeignet ist, den Unternehmenswert mittelfristig zu steigern bzw. den Gewinn zu maximieren, rechtswidrig; die Haftung der herrschenden Gesellschaft will er dabei auf §§ 43 Abs. 2 G m b H G , 830 Abs. 2 B G B stützen (vgl. Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 395); der hier maßgebliche Sorgfaltsmaßstab ergäbe sich aus einem hypothetischen Vertrag zwischen herrschenden und abhängigen Unternehmen, nach dem nur solche Maßnahmen erlaubt seien, die aus ex ante Sicht geeignet sind, eine mittelfristige Steigerung des Unternehmenswertes herbeizuführen; vgl. hierzu noch unten S. 410 ff.). 2 9 9 Vgl. auch B G H v. 14.12.1959 = B G H Z 31, 258, 278; B G H v. 12.11.1979 = G m b H R 1980, 127, 129; B G H v. 12.12.1983 = N J W 1984, 1037; B G H v. 16.9.1985 = B G H Z 95,330, 340. 300 Vgl. etwa Wiedemann, in 50 Jahre Bundesgerichtshof, Festgabe Band II, S. 337, 353 („Summe der Arbeitnehmer- und anderen Gläubigerinteressen"); ebenso Bachmann, NZG 2001, 961, 971 in Fn. 177; auch nach Ehricke, Das abhängige Konzerunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 402, können alle in diesem Zusammenhang genannten Interessen auf Interessen anderer zurückgeführt werden. 301 Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 402. 302 Vonnemann, B B 1990, 217, 219, 220. 3 0 3 So Semler, in FS Goerdeler S. 551, 553, 556. 295 296

§6:

Treuepflichten

gegenüber

der Einmanngesellschaft

199

die auf die GmbH nicht übertragen werden könne. Ein wie im Aktienrecht existierender geschützter Bereich autonomer Organfunktionen käme den weisungsgebundenen Geschäftsführern bei der GmbH zu keinem Zeitpunkt zu 304 . Auch die höchstrichterliche Rechtsprechung stellte zunächst fest, dass sich ein vom Willen der Gesellschafter unabhängiges Eigeninteresse „nicht leicht begründen" lasse 305 , weshalb in einer GmbH die Alleingesellschafter bzw. die einverständlich handelnden Gesellschafter in den Grenzen des § 30 GmbHG frei seien, über das Gesellschaftsvermögen nach ihrem Belieben zu verfügen 306 . Unter Berufung auf die Ausführungen Zöllners entschied daher auch der B G H , dass in der Einpersonen-GmbH der Wille der Gesellschafter mit dem der Gesellschaft identisch und jedenfalls außerhalb der Gefährdung von Gläubigerinteressen ein von der Gesamtheit der Gesellschafterinteressen unabhängiges Gesellschaftsinteresse, mit dem eine Treuepflicht des Gesellschafters korrespondiere, nicht anzuerkennen sei 307 . Gleichzeitig wurde für den Bereich des qualifiziert faktischen Konzerns indes ein über die Kapitalerhaltungsvorschriften hinausgehender Schutz begründet und insoweit auch ein von den Interessen der Gesamtheit der Gesellschafter bzw. eines Alleingesellschafters unabhängiges Eigeninteresse anerkannt 308 . Außerhalb dessen sollten nach Ansicht des B G H die alleinigen oder einvernehmlich handelnden Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH dieser grundsätzlich aber weder als Geschäftsführer aus § 43 Abs. 2 GmbHG noch als Gesellschafter unter dem Gesichtspunkt einer unerlaubten Handlung (etwa § 823 Abs. 2 B G B i.V.m. § 266 StGB) oder im Hinblick auf eine Treuepflichtverletzung Schadensersatz schulden, wenn sie ihr einvernehmlich Vermögen entziehen, das zu Deckung des Stammkapitals nicht benötigt wird 309 . Eine Ausnahme von diesen Vonnemann, B B 1990, 217, 220. B G H v. 16.9.1985 = B G H Z 95, 330, 340, 345 f. 3 0 6 B G H v. 16.9.1985 = B G H Z 95, 330, 345 f.; vgl. auch Emmerich in Scholz, Anhang Konzernrecht Rn. 72 m.w.N. 3 0 7 B G H v. 28.9.1992 = B G H Z 119, 257, 262 = N J W 1993, 193, 194 unter Berufung auf Zöllner, in Baumbach/Hueck Anh. Konzernrecht Rn. 35; vgl. auch B G H v. 10.5.1993 = Z I P 1993, 917, wonach das eine Treuepflicht begründende Eigeninteresse außerhalb von Angriffen auf das Stammkapital grundsätzlich nicht gegeben sei; dabei wurde allerdings ausdrücklich offen gelassen, ob das auch bei existenzgefährdenden Eingriffen gilt; nach dem Senatsurteil vom 23.6.1997 (ZIP 1997,1450) bestimmen sich die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen § 30 G m b H G im Übrigen selbst dann ausschließlich nach §31 G m b H G , wenn es den Beteiligten auf die Umgehung der Vorschrift ankommt; aus jüngster Zeit vgl. B G H v. 22.9.2003 = B B 2003, 2427 m.w.N. 3 0 8 B G H v. 16.9.1985 = B G H Z 95, 330; B G H v. 29.3.1993 = B G H Z 122, 123, 130; B G H v. 13.12.1993 = N J W 1994, 446; B G H v. 25.11.1996 = N J W 1997, 943; auch in der Entscheidung v. 12.2.96 = N J W 1996,1283 wies der B G H unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung zum qualifiziert faktischen Konzern noch darauf hin, dass gegen das Eigeninteresse einer Gesellschaft verstoßen werde, wenn die Gesellschafter ohne Liquidationsbeschluß alle Ressourcen aus der Gesellschaft abziehen, selbst wenn diese Entscheidung vom Alleingesellschafter getroffen wurde (anders noch B G H v. 12.12.1983 = N J W 1984, 1037; zur Bedeutung der Möglichkeit eines Einzelausgleichs in diesem Zusammenhang vgl. noch unten S. 359); auf den hiermit verbundenen Widerspruch wiesen bereits Beinert, Die Konzernhaftung für die satzungsmäßig abhängig gegründete G m b H , (1995) S. 89 f.; Tieves, Der Unternehmensgegenstand der Kapitalgesellschaft (1998), S. 565; Winter, Z G R 1994, 570, 575, 589 f. hin. 3 0 9 B G H v. 21.6.1999= B G H Z 142, 92 = N J W 1999, 2817= ZIP 1999, 1352 (Altmeppen); un304

305

200

Kapitel II: Grundlegung der

Treuepflichthaftung

Grundsätzen wurde für die Fälle einer Existenzgefährdung der Gesellschaft aber in Betracht gezogen 3 1 0 . Eine Haftung wegen einer durch eine Pflichtverletzung gegenüber Dritten verursachten Belastung des Gesellschaftsvermögens mit einer Schadensersatzverpflichtung wurde allerdings auch dann ausgeschlossen, wenn es dadurch zu einer Beeinträchtigung des Stammkapitals oder zur Insolvenz der G e sellschaft k o m m t 3 1 1 , da die zwingenden Kapitalerhaltungsregeln der § § 3 0 f., 43 Abs. 3 S. 1 und S. 3 G m b H G nur Auszahlungen an Gesellschafter erfassten 3 1 2 . Hierunter falle aber nicht die bloße Belastung des Gesellschaftsvermögens mit A n sprüchen Dritter.

II. Das Verbot existenzgefäbrdender bzw. existenzvernichtender Eingriffe In der Literatur wurde ein Schutz vor existenzgefährdenden Eingriffen bei der E i n m a n n - G m b H auch außerhalb einer Konzernverbindung bereits frühzeitig bejaht 3 1 3 . So ergebe sich aus den Liquidationsvorschriften ein grundsätzliches Verbot „kalter" Liquidationen 3 1 4 . Auch ziele § 30 G m b H G auf einen präventiven Gläubiter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung (BGH v. 10.12.1984 = BGHZ 93, 146 sowie BGH v. 27.3.1995 = ZIP 1995, 736) erklärte der BGH außerdem, dass ein Gesellschafter bei einer schuldhaft zustimmenden Mitwirkung an einer das Stammkapital verletzenden Auszahlung selbst keiner von § 31 Abs. 3 GmbHG unabhängigen Haftung unterliegen würde, da hierdurch die tendenziell auf eine Haftungsbegrenzung des Mitgesellschafters angelegte Regelung des § 31 Abs. 3 GmbHG unterlaufen werde; zustimmend Fastrich, in Baumbach/Hueck, 17. Aufl. §31 Rn. 17a m.w.N.; a.A. unter Betonung auf das Verschuldenserfordernis Altmeppen, ZIP 1999, 1355; ders., ZIP 2002, 961, 962 ff.; scharf ablehnend auch Wilhelm, DB 1999, 2349 ff. („unhaltbar"). 310 BGH v. 21.6.1999 = BGHZ 142, 92, 95. 311 BGH v. 31.1.2000 = NJW 2000, 1571 = Z I P 2000, 492 = LM H. 6/2000 §30 GmbHG Nr. 67 (Wilhelm)-, kritisch hierzu Altmeppen, DB 2000, 657 ff. 312 Anders freilich liegt der Fall, wenn es sich um den Verzicht auf ein bereits entstandenes Forderungsrecht handelt (zur Tragweite eines solchen Verzichts BGH v. 18.9.2000 = NJW 2001, 223); anzumerken ist überdies, dass der II. Senat kurze Zeit zuvor entschieden hatte, dass die Verkürzung der Verjährungsfrist nach § 43 Abs. 4 GmbHG im Anstellungsvertrag nur insoweit zulässig ist, als der Schadensersatzbetrag nicht erforderlich ist, um die Gläubiger der Gesellschaft zu befriedigen, wobei er sich ausdrücklich auch auf § 43 Abs. 3 GmbHG bezogen hat (BGH v. 15.11.1999 = NJW 2000, 576; dazu Altmeppen, DB 2000, 261 ff.; für eine generelle Unzulässigkeit der Verkürzung der Verjährungsfrist aufgrund des zwingenden Charakters des § 43 GmbHG Lutter/Hommelhoff, 15. Aufl. § 43 Rn. 29); aufgegeben nunmehr aber durch BGH v. 16.9.2002 = NJW 2002, 3777. 313 Winter, Mitgliedschaftliche Treubindung im GmbH-Recht (1988), S. 203 ff.; ders., ZGR 1994, 570, 585 ff.; ebenso Emmerich/Habersack, Anh. I zu §318 Rn. 35; Gehrlein, NJW 2000, 1089,1090; Goette, in Ulmer (Hrsg.), Haftung im qualifiziert faktischen Konzern - Verbleibende Relevanz nach dem TBB-Urteil", ZHR Beiheft 70, 2002, S. 11, 22 f.; Keßler, GmbHR 2001, 1095, 1099; Lutter/Hommelhoff, 15. Aufl. §30 Rn. 7; Nissing, Eigeninteresse der Gesellschaft oder Liquidation auf kaltem Weg (1993), S. 94 ff.; Priester, ZGR 1993, 512, 520 ff.; Röhricht, in FS 50 Jahre BGH S. 83, 101, 103; Schnauder/Müller - Christmann, JuS 1998, 980, 984. 314 Winter, Mitgliedschaftliche Treubindung im GmbH-Recht (1988), S. 202 ff.; ders., ZGR 1994, 570, 585 ff.; vgl. auch Emmerich, in Scholz Anhang Konzernrecht Rn. 90 m.w.N.

§6:

Treuepflichten

gegenüber

der Einmanngesellschaft

201

gerschutz. Das zu schützende Vermögen erstrecke sich daher über das garantierte Kapital hinaus auch auf die wertmäßigen und gegenständlichen Existenzgrundlagen der Gesellschaft 3 1 5 . Hieraus entnimmt man zumindest ein Verbot der Existenzgefährdung, das die zwingende Grenze aktiver Einflussnahmen des Gesellschafters gegenüber seiner Gesellschaft bilde. Nach endgültiger Aufgabe der Rechtsprechung zum qualifiziert faktischen Konzern im Bremer Vulkan Urteil v o m 17.9.2001 3 1 6 anerkennt auch die höchstrichterliche Rechtsprechung bei existenzgefährdenden bzw. existenzvernichtenden Eingriffen ein Eigeninteresse der G m b H 3 1 7 . Danach ist eine abhängige G m b H nicht nur v o r Eingriffen ihres Alleingesellschafters in das zur Erhaltung des Stammkapitals notwendige Vermögen geschützt, vielmehr sei auch deren Bestand in der Form von ihm zu achten, dass er angemessen auf die Eigenbelange der Gesellschaft Rücksicht nimmt. A n einer solchen Rücksichtnahme fehle es aber, wenn die G m b H infolge der Eingriffe ihres Alleingesellschafters nicht mehr in der Lage sei, ihren Verbindlichkeiten nachzukommen 3 1 8 . Allerdings soll auch ein bestandsvernichtender Eingriff nur dann zu einer Haftung des Alleingesellschafters führen, wenn sich die Fähigkeit der Gesellschaft zur Befriedigung ihrer Gläubiger nicht schon durch die Rückführung entzogenen Stammkapitals gemäss § 3 1 G m b H G wiederherstellen lässt 319 . In „Ergänzung" hierzu meinte der B G H im „KBV" Urteil vom 24.6.2002, Zugriffe der Gesellschafter auf das Gesellschaftsvermögen, die nicht angemessen Rücksicht auf dessen Zweckbindung zur vorrangigen Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger nehmen würden, stellten einen „Missbrauch der 315 Fleck, in FS 100 Jahre GmbHG S.391, 398 ff., ders., ZGR 1990, 31, 36 ff., 42, der allerdings nur existenzgefährdende Auszahlungen an die Gesellschafter, nicht aber existenzgefährdende Risikogeschäfte hierunter fassen will; vgl. auch Hartmann, GmbHR 1999, 1061,1066 ff.; Mülbert, DStR 2001, 1937, 1941 f.; Priester, ZGR 1993, 512, 525 f.; Roth, ZGR 1993, 170, 191; Ulmer, in FS Pfeiffer S. 853, 868 ff.; ablehnend gegenüber der neuen Rechtsprechung allerdings etwa Nassall, ZIP 2003, 969 ff. 316 BGH v. 17.9.2001 = NJW 2001, 3622; bestätigt durch BGH v. 25.2.2002 = NJW 2002, 1803 = WM 2002, 960, 962 sowie durch BGH v. 24.6.2002 = ZIP 2002, 1578; dafür, dass zumindest im Sinne eines Bestandschutzes ein Eigeninteresse der GmbH auch vom BGH anerkannt wird, spricht auch, dass der BGH einen Anspruch auf Verlustausgleich für die Zeit der Durchführung eines nichtigen Organ- und Ergebnisgewinnabführungsvertrages mit einer EinmannGmbH als abhängiger Gesellschaft anerkennt, da auch hier der Schutz der Gläubiger durch Erhaltung des Verlustausgleichanspruchs und durch Sicherstellung ihrer Forderungen gewährleistet werden muss (BGH v. 5.11.2001 = WM 2002, 77, 78). 317 Offen gelassen noch in BGH v. 31.1.2000 =NJW 2000, 1571; vgl. auch v. 10.5.1993 = NJW 1993, 1922; BGH v. 28.9.1992 =ZIP 1993, 1734, 1735; BGH v. 21.3.1994 = N J W - RR 1994, 806, 807; BGH v. 21.6.1999 =BGHZ 142, 92 =NJW 1999, 2817; vgl. hierzu auch H. P. Westermann, in Scholz, Einl. Rn. 8, der darauf hinweist, dass die Frage über das Eigeninteresse im Konzernrecht solange nicht entschieden werden musste, wie man die Haftung in Anlehnung an die Regeln über den Vertragskonzern begründet hat. 318 Der BGH stellte insoweit ohiter dicta fest, dass der Schutz einer abhängigen GmbH gegen Eingriffe ihres Alleingesellschafters nicht dem Haftungssystem des Aktienrechts folge, sondern auf die Erhaltung ihres Stammkapitals und die Gewährung ihres Bestandsschutzes beschränkt sei, der allerdings eine angemessene Rücksichtnahme auf die Eigenbelange der GmbH fordere. 319 BGH v. 17.9.2001 = NJW 2001, 3622, 3623.

202

Kapitel

II:

Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

Rechtsform der G m b H (dar), der zum Verlust des Haftungsprivilegs führen muss, soweit nicht der der G m b H durch den Eingriff insgesamt zugefügte Nachteil schon nach § § 3 0 , 31 G m b H G vollständig ausgeglichen werden kann oder kein ausreichender Ausgleich in das Gesellschaftsvermögen erfolgt" 3 2 0 . In einer mehrgliedrigen Gesellschaft unterliegen dieser Haftung nicht nur der Gesellschafter, der das Vermögen abgezogen hat, sondern auch diejenigen, die durch ihr Einverständnis mit dem Vermögensabzug an der Existenzvernichtung der Gesellschaft mitgewirkt haben 3 2 1 . Die Gesellschaftsgläubiger können damit außerhalb des Insolvenzverfahrens unmittelbar gegen die an den Eingriffen in das Gesellschaftsvermögen mitwirkenden Gesellschafter vorgehen, um ihre Forderungen geltend zu machen, wenn sie von der Gesellschaft keine Befriedigung erlangen können. Geschützt wird auf diesem Wege allerdings allein der Bestand der Gesellschaft. Eingriffe, die nur eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage nach sich ziehen, genügen für eine Haftung nach dieser Rechtsprechung nicht 3 2 2 . Ein bestandsvernichtender Eingriff liegt aber erst vor, wenn unter Missachtung der Regeln einer geordneten Liquidation der Gesellschaft die für ihr Uberleben wesentlichen Vermögenswerte entzogen oder Geschäfte mit spekulativem Charakter abgeschlossen werden 3 2 3 , wenn die Risiken außer Verhältnis zu den Vermögensverhältnissen stehen und im Verwirklichungsfall die Gläubiger treffen müssen 3 2 4 . Mit dieser Rechtsprechung befindet sich der 2. Senat nun auch im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Strafrecht 3 2 5 , nach der ein Vermögensschutz auch oberhalb der Stammkapitalgrenze zugunsten der Gesellschaft im Falle einer einvernehmlichen Entnahme der Gesellschafter nach § 266 S t G B bejaht wird, wenn sich daraus eine Existenzgefährdung der Gesellschaft ergibt 3 2 6 . Hier wurde 3 2 0 B G H V. 24.6.2002 („KBV") = ZIP 2002,1578 = J Z 2002,1047,1048; unter demselben Vorbehalt bejahte der B G H die Haftung aus § 826 B G B . 3 2 1 B G H v. 25.2.02 = N J W 2002, 1803, 1805; vgl. hierzu auch Henze, B B 2002, 1011. 3 2 2 B G H v. 25.2.2002 = N J W 2002, 1803 = W M 2002, 960, 962. 3 2 3 Teilweise wird aus dem Umstand, dass der B G H in der Begründung seiner Urteile vom 25.2.2002 und vom 24.6.2002 („KBV") vor allem vom Abzug bzw. Entzug des Vermögens spricht, geschlussfolgert, es hätte insoweit eine Verengung der Haftungsvoraussetzungen stattgefunden (so Lutter/Banerjea, Z G R 2 0 0 3 , 4 0 2 , 4 0 5 f.). Da der B G H indes weiterhin die Haftung insgesamt als solche wegen eines existenzvernichtenden Eingriffs qualifiziert, kann hiervon nicht ausgegangen werden. Vielmehr handelt es sich bei dem Abzug von Vermögen nur um eine Form wie nach Ansicht der Rechtsprechung ein solcher Eingriff vorgenommen werden kann. Dazu, dass die Formulierung in den beiden letzten BGH-Urteilen nicht wörtlich genommen, sondern nur beispielhaft aufgefasst werden darf, vgl. auch Lutter/Banerjea, Z G R 2003,402,415. 3 2 4 B G H v. 31.1.2000 = W M 2000, 575, 576; anerkennt man eine Verpflichtung, den Bestand der Gesellschaft zu schützen, so wäre es überdies konsequent, eine Haftung auch für sorgfaltswidrige Weisungen zu bejahen, die die Gesellschaft in die Insolvenz getrieben haben, weil ihr hierdurch Schadensersatzpflichten oder Vertragsstrafen gegenüber Dritten entstanden sind. Insoweit geht es nicht nur um die Realisierung von Geschäftsrisiken. Letztere liegen nur vor, wenn ein sich ein mit einem Geschäft eingegangenes Risiko realisiert, ohne dass dies sorgfaltswidrig durch Einflussnahmen herbeigeführt wurde. 3 2 5 Vgl. hierzu Ulmer, in FS Pfeiffer S. 856 ff. 3 2 6 B G H v. 24.8.1988 = W M 1989, 136, 137; B G H v. 29.5.1987 = B G H S t 34, 379 = G m b H R 1987, 464; B G H v. 18.11.1983 = N S t Z 1984, 118, 119.

§ 6: Treuepflichten

gegenüber

der Einmanngesellscbaft

203

bereits seit langem die Eigenständigkeit der GmbH betont und hervorgehoben, dass weder die Organe der Gesellschaft noch die Gesellschafter berechtigt seien, das Vermögen der GmbH „willkürlich preiszugeben" 327 . Auch die Gesamtheit der Gesellschafter dürfe nicht unter „Missbrauch" ihrer Stellung als Organ der GmbH bestimmen, was dem Wesen der GmbH zuwiderlaufe, wobei es unerheblich sei, ob dabei bereits gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften verstoßen werde oder nicht 328 . 1) T.ur Einordnung der Rechtsprechung nach dem Bremer Vulkan - Urteil des BGH Auch der B G H hatte bereits vor der Entscheidung in Sachen Bremer Vulkan ein Eigeninteresse der Einmann-Tochter gegenüber der Muttergesellschaft in der Rechtsprechung zum qualifiziert faktischen Konzern angenommen, gleichzeitig aber die Möglichkeit einer Treuepflichtverletzung des Einmann-Gesellschafters gegenüber „seiner" GmbH abgelehnt329. Bejaht man allerdings ein Eigeninteresse der GmbH und macht hieran eine Haftung bei dessen Verletzung fest, so ist dies auch außerhalb einer fortgesetzten Handlung anzuerkennen. Eine rechtmäßige Handlung kann nicht erst dadurch rechtswidrig werden, dass sie fortgesetzt vorgenommen wird 330 . Es ist daher folgerichtig, wenn der BGH einen Bestandsschutz der GmbH gegen existenzgefährdende Eingriffe ihres Alleingesellschafters nun grundsätzlich und auch außerhalb von Konzernsachverhalten anerkennt, nachdem ein Verbot existenzgefährdender Eingriffe bereits zuvor mehrfach in den Raum gestellt worden war 331 . Ob bzw. inwieweit332 dabei erst mit Bremer Vulkan der Bruch mit den Grundsätzen zum qualifiziert faktischen Konzern vollzogen wurde oder es sich insoweit nur um eine „Evolution" des bereits im TBB-Urteil angelegten Haftungskonzepts handelt333, soll an dieser Stelle noch nicht diskutiert werden. Hierfür wäre zuSo bereits B G H v. 24.6.1952 = BGHSt 3, 32, 39 f. B G H v. 29.5.1987 = B G H S t 34, 379, 388 f.; vgl. im Einzelnen zu der Rechtsprechung der Strafsenate und zu dem unbefriedigenden Ergebnis, dass §266 StGB als Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 B G B verletzt sein kann, ohne dass ein Verstoß gegen die Treuepflicht oder § 43 GmbH vorliegen soll Winter, Z G R 1994, 570, 575 ff. 3 2 9 B G H v. 29.3.1993 = N J W 1993, 1200, 1203. 330 Winter, Z G R 1994, 570, 590 in Anknüpfung an Reuter, Z H R 146 (1982), 21; ders., vor §21 Rn. 44. 3 3 1 Vgl. bereits oben S. 199 f. 332 Vereinzelt wird vertreten, das Bremer Vulkan-XJneA beträfe nur die Haftung eines herrschenden GmbH-Alleingesellschafters, während für die mehrgliedrige GmbH und für die A G die Grundsätze über den qualifiziert faktischen Konzern fortgelten würden, so Eberl-Borges, WM 2003, 105; freilich ist dieser Meinung durch die nachfolgenden Urteile, insbesondere dem ÄßV-Urteil des B G H v. 24.6.2002 = Z I P 2002, 1578 = J Z 2002, 1047 (vgl. hierzu sogleich) der Boden entzogen worden; aber bereits auf der Grundlage des Bremer Vulkan Urteils sprach nichts dafür, dass diese Haftung nur für einen Alleingesellschafter gelten sollte (vgl. nur Raiser, in FS Ulmer S. 493, 501 f.). 3 3 3 So Ulmer, ZIP 2001, 2021 ff.; zustimmend Röhricht in Gesellschaftsrecht in der Diskussion S. 3, 12; vgl. auch Wilhelm, NJW 2003, 175, 176. 327 328

204

Kapitel II: Grundlegung der

Treuepflichthaftung

nächst zu klären, was man unter einem qualifiziert faktischen K o n z e r n versteht bzw. verstanden hat 3 3 4 . Darauf wird an späterer Stelle z u r ü c k z u k o m m e n sein 3 3 5 . Festzustellen ist jedenfalls ein Wandel in der höchstrichterlichen Rechtsprechung, der durch einen Beitrag des Vorsitzenden des Gesellschaftsrechtsenats Röhricht

in

der Festschrift zum 50jährigen Bestehen des B G H eingeleitet wurde und in dem die Grundlagen der sich nun im Bremer

Vulkan-Urteil

manifestierten Aussagen

niedergelegt wurden 3 3 6 . U b e r die Frage, wie diese Haftung einzuordnen ist, herrscht allerdings noch Unsicherheit. A u c h Röhricht ließ in seinen Ausführungen zur Eingriffshaftung offen, o b es sich hier um eine allein an dem objektiven Missbrauch existenzgefährdender bzw. vernichtender Einzeleingriffe des Alleingesellschafters anknüpfende Haftung handelt oder vielmehr um eine Verschuldenshaftung wegen eingriffsbedingter Verletzung des Eigeninteresses der Gesellschaft 3 3 7 . Hervorgehoben wurde allerdings, dass es sich nicht um eine spezifische Konzernhaftung handele 3 3 8 . Zwar wurde im Bremer

Vulkan Urteil noch vom „Schutz einer abhängigen G m b H " ge-

sprochen. A n dem faktischen Konzernverhältnis bestand im Verhältnis der hier beteiligten Unternehmen aber kein Zweifel, weshalb dies als der eigentliche Grund für die Aufnahme des Begriffs der Abhängigkeit im Leitsatz angesehen werden muss 3 3 9 . Mittlerweile hat der 2. Senat aber in zwei weiteren Urteilen bestätigt, dass der Gläubigerschutz in der G m b H nicht mehr von der Unternehmenseigenschaft des Mehrheits- oder Alleingesellschafters abhängen soll 3 4 0 , womit auch die bereits zuvor erfolgte Betonung des Senatsvorsitzenden, es handele sich nicht um eine konzernrechtliche Haftung, bestätigt wurde 3 4 1 . O f f e n ist damit aber nach wie vor, worin die Rechtsgrundlage dieser Haftung zu sehen ist 3 4 2 . Unzweifelhaft ist nur, dass es hier um mehr als nur um eine deliktische Haftung wegen vorsätzlicher Gläubigerschädigung (§ 826 B G B ) oder strafbarer Untreue (§§ 823 Abs. 2 B G B i.V.m. 266 S t G B ) gehen soll 3 4 3 . So sah man nach BreZur Entwicklung dieser Rechtsfigur vgl. unten S. 344 ff. Vgl. hierzu unten S. 353 ff. 336 Röhricht, Die GmbH im Spannungsfeld zwischen wirtschaftlicher Dispositionsfreiheit ihrer Gesellschafter und Gläubigerschutz in FS 50 Jahre B G H , S. 83 ff. 337 Röhricht, in FS 50 Jahre B G H S. 83, 111 Fn. 69; auch Wiedemann (in F G 50 Jahre B G H S. 337, 353) hob vor nicht allzu langer Zeit, wenngleich vor der Entscheidung in Sachen Bremer Vulkan, hervor, dass eine „vertiefte dogmatische Basis" zur Begründung eines Bestandsschutzes noch offen stehe. 338 Röhricht, in FS 50 Jahre B G H S. 83, 121; von einer neuen Regelung der Konzernhaftung sprachen allerdings Römermann/Schröder, G m b H R 2001, 1015. 3 3 9 So auch Ulmer, ZIP 2001,2021, 2023. 3 4 0 B G H v. 25.2.2002 = N J W 2 0 0 2 , 1803; B G H v. 24.6.2002 („KBV") = ZIP 2002, 1578 = J Z 2002, 1047. 3 4 1 Zurückhaltend H. P. Westermann, N Z G 2002,1129,1132 f., der es für „noch nicht ausgemacht" hält, ob die „Existenzvernichtungshaftung oder der missbrauchsbedingte Verlust der Haftungsbeschränkung in Bezug auf Verbindlichkeiten der Gesellschaft für einen beherrschenden Gesellschafter schärfere Haftungsrisiken heraufbeschwört". 3 4 2 Auch der B G H selbst verweist nur auf die unterschiedlich in der Literatur zu seiner Rechtsprechung entwickelten Haftungsmodelle ( B G H v. 24.6.2002 {„KBV") = Z I P 2002, 1578 = J Z 2002,1047,1048). 334

335

5 6: Treuepflichten

gegenüber

der Einmanngesellschaft

205

mer Vulkan teilweise mit der vom BGH befürworteten Ausfallhaftung eine Treuepflichthaftung des Alleingesellschafters begründet 344 . Hierfür spricht, dass auch Röhricht sich in seinen Ausführungen auf Quellen zur Treuepflichthaftung bezieht 345 . Auch betont er, dass bei Anerkennung eines eigenen Schadensersatzanspruchs der insolventen GmbH auf Ersatz ihres Ausfalls, Tatbestand und Rechtsfolge dieser Haftung „in eine gewisse Parallele zu der weiterreichenden Interessenund Treuepflichtverletzung bei der mehrgliedrigen GmbH rücken würde" 346 . Nach anderer Ansicht ist der Rückgriff auf die Treuepflicht des Alleingesellschafters zur Respektierung des Eigeninteresses der GmbH als dogmatische Basis zur Begründung einer entsprechenden Haftung abzulehnen, da die Bestandsschutzhaftung nur darauf abziele, die Fähigkeit der GmbH zur Gläubigerbefriedigung gegen existenzvernichtende Eingriffe zu gewährleisten. Damit gehe es nicht um eine Haftung des Gesellschafters im Interesse der GmbH, sondern um eine Haftung im Interesse der Gläubiger. In der Tat betonte der BGH zunächst, dass ein bestandsvernichtender Eingriff nur dann zu einer Haftung des Alleingesellschafters für die Verbindlichkeiten der abhängigen GmbH führen soll, wenn sich die Fähigkeit der GmbH zur Befriedigung ihrer Gläubiger nicht schon durch die Rückführung entzogenen Stammkapitals gemäß §31 GmbHG wiederherstellen lässt 347 . Ulmer hält dies in Fortführung der TBB - Rechtsprechung jedoch für berechtigt, da es beim Bestehen derartiger Ansprüche nicht ohne weiteres zur Insolvenz der Gesellschaft oder jedenfalls zum Gläubigerausfall kommen werde 348 . Nach der Entscheidung des BGH in Sachen KBV weist Wilhelm nun allerdings zu Recht darauf hin, dass die Betonung des Vorrangs der Prüfung der §§ 30 ff. GmbHG die hier konstituierte Haftung offensichtlich doch nicht einschränken soll, da im KBV-Fall alle angeführten Vermögensverschiebungen nach diesen Vorschriften und den erweiternden Grundsätzen über kapitalersetzende Gesellschafterleistungen prüfbar waren 349 . Vor allem ist es aber auch dogmatisch nicht zu begrünAltmeppen, ZIP 2001,1837, 1842; vgl. auch Henze, NZG 2003, 649, 658. Ulmer, ZIP 2001, 2021, 2027; für die Begründung der Haftung mit der Verletzung des zwischen GmbH und Gesellschafter bestehenden Sonderrechtsverhältnisses auch K. Schmidt, NJW 2001, 3577, 3580 m.w.N.; dass alle in den neu ergangenen Urteilen beurteilten Verhaltensweisen unter §§311,317 AktG bzw. die mitgliedschaftliche Treuepflicht fallen und das Bremer Vulkan Urteil als Treuepflichthaftung verstanden werden kann, betont auch H.-P. Westermann, NZG 2002, 1129, 1132, 1135 f.; an anderer Stelle meint er allerdings, die Existenzvernichtungshaftung sei „wohl am ehesten deliktisch" einzuordnen (a.a.O. S. 1133); auch Ulmer spricht in seiner Anmerkung zum „KB V"-Urteil (JZ 2002,1049) nun von einer „Neubelebung des Durchgriffskonzepts". 345 So wird etwa Bezug genommen auf das Werk von Winter, Mitgliedschaftliche Treubindungen im GmbH-Recht (1988), S. 202 ff.; ders., ZGR 1994, 570, 585 ff.; aber auch auf Ulmer, ZHR 148 (1984), 391, 416 ff.; Priester, ZGR 1993, 512, 521 ff. 346 Röhricht, in Gesellschaftsrecht in der Diskussion S. 3, 15. 347 BGH v. 17.9.2001 = NJW 2001, 3622, 3623. 348 Ulmer, ZIP 2001, 2021, 2023 unter Bezugnahme auf Röhricht, in FS 50 Jahre BGH S. 114 f., 121. 349 Wilhelm, NJW 2003, 175, 178; darauf, dass der Anwendungsbereich der §§30, 31 GmbHG hier eröffnet war, weist auch Ulmer, JZ 2002,1049,1051 hin; würde man den Vorrang bejahen, hätte die vom BGH bejahte Haftung allerdings keine allzu große praktische Bedeutung; in 343 344

206

Kapitel II: Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

den, insoweit die Subsidiarität einer Verhaltenshaftung wegen Existenzvernichtung anzunehmen 350 . Daran wäre allenfalls zu denken, wenn sich die Existenzvernichtungshaftung aus den Kapitalschutzvorschriften ableiten und diese ergänzen würde 351 , die in einer Einmanngesellschaft allein dem Schutz der Gläubiger zu dienen bestimmt sind 352 . Schwer haltbar ist es indes, zur Begründung eines Eigeninteresses der Gesellschaft allein die Interessen der Gläubiger in die Waagschale zu werfen 353 . Zwar weist auch Röhricht darauf hin, dass das vom B G H anerkannte Eigeninteresse der Gesellschaft „letztlich nur ein anderer Ausdruck für das Befriedigungsinteresse ihrer Gläubiger" sei354. Insoweit betont Altmeppen aber zu Recht, dass einem Haftungsansatz eine „zirkuläre Tendenz" innewohnt, wenn man die Pflicht des Alleingesellschafters aus dem Gläubigerinteresse herleitet, um deren Interessen aus einer solchermaßen geschaffen Pflicht befriedigen zu können 355 . Die Begründung von Pflichten der Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft vor dem Hintergrund der Überlegung, ein „Haftungsreservoir für die Gläubiger" 356 schaffen zu wollen, ist zwar verständlich, kann als dogmatische Grundlage aber kaum genügen. Auch mit dem Hinweis, dass das Gesetz keine „Liquidation auf kaltem Wege" erlaubt, ist noch keine dogmatische Begründung für eine Haftung des Alleingesellschafters geliefert, wenn er die Gesellschaft ruiniert. Hiermit wird nur auf ein wertungsmäßig als richtig erkanntes Ergebnis verwiesen 357 . Ebenso wenig genügt der HinBetracht käme sie allerdings etwa beim E n t z u g b e t r i e b s n o t w e n i g e r Liquidität, die nicht von § 30 G m b H G erfasst wird (Ulmer, J Z 2 0 0 2 , 1 0 4 9 , 1 0 5 2 ) . 350 Vgl. auch Altmeppen, Z I P 2002, 961, 964; Diem, Z I P 2003, 1282, 1285; dazu, dass die Kapitalerhaltungsvorschriften nicht einer w e i t e r g e h e n d e n H a f t u n g entgegenstehen k ö n n e n , vgl. auch LutterlBanerjea, Z G R 2003, 402, 421, w o b e i diese allerdings die F o r d e r u n g des B G H im /CSV-Urteil nach Ausgleich des insgesamt der Gesellschaft entstandene Schadens f ü r zu weitgeh e n d halten u n d eine M i s s b r a u c h s h a f t u n g verneinen wollen, w e n n die Gesellschaft nach E r f ü l lung des A n s p r u c h s aus § 3 1 G m b H G nicht m e h r insolvent ist (Lutter/Banerjea, Z G R 2003, 402, 423 ff.). 351 So sieht etwa Raiser, in FS U l m e r S. 493, 503 den p r i m ä r e n A n k n ü p f u n g s p u n k t der H a f t u n g in der m a n g e l n d e n Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger u n d erst s e k u n d ä r in der Einf l u s s n a h m e o h n e angemessene Rücksicht auf die Belange der Gesellschaft, weshalb er in A n l e h n u n g an §§ 30, 31 G m b H G auch eine verschuldensunabhängige Ausgleichsverpflichtung a n n e h m e n will, die er als K o m b i n a t i o n einer Erfolgs- u n d Verhaltenshaftung versteht. Dieser A n s p r u c h diene der Sicherung eines f ü r die Befriedigung der Gläubiger ausreichenden H a f tungsvermögens, „der strukturell u n d f u n k t i o n e l l den E r s t a t t u n g s a n s p r u c h nach § 31 G m b H G ergänzt" (a.a.O. S. 505). 352 Hueck/Fastrich, in B a u m b a c h / H u e c k § 30 Rn. 3. 353 Vgl. etwa Wiedemann, in F G 50 J a h r e B G H S. 337, 353, der b e t o n t , die A n e r k e n n u n g eines Bestandsschutzinteresses sei b e g r ü n d b a r , w e n n m a n dieses als „Bündel berechtigter H a f t u n g s e r w a r t u n g e n des Rechts- u n d Geschäftsverkehrs versteht". 354 Röhricht, in Gesellschaftsrecht in der D i s k u s s i o n S. 3, 15. 355 Altmeppen, Z I P 2001, 1837, 1842, insoweit vgl. auch Zöllner, in B a u m b a c h / H u e c k A n h . K o n z e r n r e c h t R n . 83. 356 So K. Schmidt, N J W 2001, 3577, 3580. 357 Altmeppen, Z I P 2001, 1837, 1842; der H i n w e i s auf § 7 3 G m b H G trägt insoweit nicht (a.A. Haas, W M 2003, 1929, 1940), da hier eine B e s t i m m u n g f ü r die Verteilung des Gesellschaftsvermögens nach Abschluss einer Liquidation getroffen w u r d e (vgl. n u r Schulze-Osterloh, in B a u m b a c h / H u e c k § 72 R n . 1; § 73 Rn. 1). Diese Vorschrift k o m m t n u r in der A b w i c k l u n g

§ 6: Treuepflichten

gegenüber

der

Einmanngesellschaft

207

weis, dass die Kapitalerhaltungsvorschriften auf einen präventiven Gläubigerschutz zielten und deshalb das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen sich über das garantierte Kapital hinaus auch auf die wertmäßigen und gegenständlichen Existenzgrundlagen der Gesellschaft erstrecken müsse 358 . Hier zielt die Argumentation in dieselbe Richtung wie bei dem Versuch, eine Haftung aufgrund einer materiellen Unterkapitalisierung zu begründen 3 5 9 . Ebenso wenig wie dort ist sie aber auch hier überzeugend 3 6 0 . Durch das Gebot zur Aufbringung und Erhaltung des Stammkapitals sollte kein umfassender Schutz der Gesellschaftsgläubiger geschaffen werden. Es wird nur geboten, das festgesetzte Kapital aufzubringen und verboten, das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen wieder an die Gesellschafter zurückzuzahlen. Insoweit kann auch von einer Zweckbindung des Kapitals zum Schutz der Gläubiger gesprochen werden. Ein Schutz der Existenz der Gesellschaft kann aus der Kapitalbindung aber bereits deshalb nicht abgeleitet werden, da der Gesetzgeber gerade darauf verzichtet hat, die Kapitalausstattung an den Umfang der Geschäftstätigkeit und des damit verbundenen Risikos zu knüpfen. Indem er nur ein Stammkapital von 25.000 € unabhängig vom Gegenstand des konkreten Unternehmens zwingend vorsieht, wollte er nur einen Mindestschutz schaffen, der allein die Existenz der Gesellschaft aber nicht gewähren und damit als Gläubigerschutz auch nicht genügen kann. Damit kann hieraus aber auch nicht eine Pflicht zur Existenzsicherung bzw. ein Verbot der Existenzgefährdung abgeleitet werden. Deshalb wird die Sicherungsfunktion dieser Vorschriften für die Gläubiger einer Gesellschaft nicht negiert 3 6 1 , ihr wird nur nicht eine derart umfassende Bedeutung zuerkannt, wie man dies teilweise gerne hätte, um die Anerkennung eines selbständigen Eigeninteresses der Gesellschaft gegenüber dem Alleingesellschafter vermeiden zu können. Westermann2,62 weist überdies darauf hin, dass ein solches Verständnis nicht nur nicht mit dem Telos der Kapitalerhaltungsvorschriften des G m b H G zu vereinbaren sei, sondern auch der vom B G H in diesem Zusammenhang bestätigten Handhabung der Ausfallhaftung der von einer Vermögensauskehrung nicht profitierenden Gesellschafter wider-

zur Anwendung und normiert für diesen Fall ein besonderes Kapitalerhaltungsgebot. Diese Regelung ist auf die Lage in einer werbenden Gesellschaft nicht übertragbar, will man nicht die Wertung der §§ 30 f. G m b H G umgehen. Etwas anderes könnte man nur dann in Erwägung ziehen, wenn es den Gesellschaftern auf die Existenzvernichtung der Gesellschaft außerhalb eines ordnungsgemäßen Liquidationsverfahrens zum Nachteil der Gläubiger geradezu ankommt. In diesem Fall greift aber auch bereits § 826 B G B ein. 358 Fleck, in FS 100 Jahre G m b H G S.391, 398ff., ders., Z G R 1990, 31, 36ff., 42, der allerdings nur existenzgefährdende Auszahlungen an die Gesellschafter, nicht aber existenzgefährdende Risikogeschäfte hierunter fassen will; vgl. auch Hartmann, G m b H R 1999, 1061, 1066 ff.; Mülhert, D S t R 2001, 1937, 1941 f.; Priester, Z G R 1993, 512, 525 f.; Roth, Z G R 1993, 170, 191; Ulmer, in FS Pfeiffer S. 853, 868 ff. 3 5 9 Vgl. zu diesem Zusammenhang nun auch Lutter/Banerjea, Z G R 2003, 402, 419 f. 3 6 0 Zur materiellen Unterkapitalisierung vgl. noch ausführlich unten S. 428 ff. 3 6 1 So aber Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 127. 3 6 2 N Z G 2 0 0 2 , 1129, 1133.

208

Kapitel II: Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

spreche 363 . Gegen letztere hat sich mit überzeugenden G r ü n d e n vor allem aber auch bereits Altmeppen ausgesprochen und betont, man könne eine Verhaltenshaftung nicht damit ablehnen, dass in § 31 Abs. 3 G m b H G entgegen dessen Wortlaut und Entstehungsgeschichte 3 6 4 eine Haftungsbegrenzung angelegt sei, da der Mitgesellschafter nach dem Gesetz ohne Verschulden in die H a f t u n g gerät 365 , dann aber eine H a f t u n g ebenfalls verneinen, wenn schuldhaft gehandelt wurde 3 6 6 . Die H a f t u n g eines Gesellschafters aufgrund existenzvernichtender Eingriffe lässt sich allerdings auch nicht mit der in neue Gestalt gegossenen alten Fallgruppe einer Durchgriffshaftung wegen Institutsmissbrauchs befriedigend begründen 3 6 7 . Zwar sieht man in dem nun ergangenen ÄTJV-Urteil weitgehend eine Absage an den Treuepflichtansatz und ein Obsiegen des Durchgriffskonzepts, da der B G H insoweit maßgeblich auf den Missbrauch der Rechtsform der G m b H abstellt, der zu einem Verlust des Haftungsprivilegs führen müsse 368 und damit Erinnerungen an die altbekannte Durchgriffshaftung weckt 3 6 9 . Der B G H lässt einen direkten Anspruch gegen die Gesellschafter allerdings nur f ü r den Fall zu, dass kein Insolvenzverfahren durchgeführt wird und die Gläubiger von der Gesellschaft wegen deren Masselosigkeit keine Befriedigung erlangen können 3 7 0 , da man dies zur Vermeidung eines „umständlichen u n d f ü r die Gläubiger unzumutbaren Umwegs einer doppelten Geltendmachung zunächst gegen die G m b H und dann nach Pfändung und Uberweisung ihres Anspruchs gegen den Gesellschafter" als sinnvoll erkannt hat 371 . Zur Begründung der direkten Inanspruchnahme verwies Röhricht372 in seinen wegbereitenden Ausführungen noch auf den Rechtsgedanken der § 93 Abs. 5 S. 1 u n d 4 A k t G sowie § 309 Abs. 4 S. 3 und 5 AktG 3 7 3 , wenngleich in den nachfolgenden Urteilen die direkte Inanspruchnahmemöglichkeit hierauf nicht gestützt wird. In der Literatur werden daher auch Überlegungen zugunsten einer

363 Auch nach Ulmer, JZ 2002, 1049, 1051 stellt es einen Wertungswiderspruch zur nun bejahten höhenmäßig nicht begrenzten Durchgriffshaftung dar, dass nach der neuen Rechtsprechung des B G H ( B G H Z 142, 92, 96) ein Gesellschafter, der die Verletzung der Kapitalschutzvorschriften mitgetragen hat, ohne selbst das Vermögen zu empfangen, nur aufgrund einer auf die H ö h e des Stammkapitals reduzierten Ausfallhaftung herangezogen wird. 364 Vgl. dazu eingehend Altmeppen, ZIP 2002, 961, 962 f. 365 Soweit es um die verschuldensunabhängige Ausfallhaftung i.S. d. §31 Abs. 3 G m b H G geht, ist dem B G H darin zu folgen, wenn er diese Haftung auf das gezeichnete Kapital beschränkt (so auch Altmeppen, ZIP 2002, 961, 962). 366 Altmeppen, ZIP 2002, 961, 964. 367 So aber Bitter, W M 2001,2133,1239 f., der auf die Normzwecklehre als Unterfall des allgemeinen Missbrauchstatbestandes zurückgreift; vgl. auch Lutter/Banerjea, Z G R 2003, 402, 440; Hoffmann, N Z G 2002, 68, 71 (Durchgriffshaftung analog §§ 128, 129 HGB). 368 B G H v. 24.6.2002 = ZIP 2002, 1578, 1580. 369 Ulmer, JZ 2002, 1049; vgl. auch Wilhelm, N J W 2003, 175, 177; Keßler, G m b H R 2002, 945, 949, will hingegen in KBV ein neues Durchgriffskonzept des B G H entdecken. 370 B G H v. 24.6.2002 = ZIP 2002, 1578, 1580. 371 Röhricht, in Gesellschaftsrecht in der Diskussion S. 3, 15. 372 Röhricht, in Gesellschaftsrecht in der Diskussion S. 3, 15. 373 Zu diesem das gesamte Aktienrecht durchziehenden Rechtsgedanken vgl. auch §§ 62 Abs. 2; 117 Abs. 5; 310 Abs. 4; 317 Abs. 4, 318 Abs. 4 AktG.

5 6: Treuepflichten

gegenüber

der Einmanngesellschaft

209

Analogie zu § 128 HGB laut374. Allerdings vermeidet es der B G H auch im KBVUrteil, sich endgültig festzulegen, indem er ohne weitere Ausführungen auf die für den Verlust des Haftungsprivilegs bei einem derartigen Missbrauch der Rechtsform „im Schrifttum entwickelten unterschiedlichen Haftungsmodelle" verweist 375 . Das Abstellen allein auf den altbekannten Missbrauchsgedanken kann indes keine ausreichende Rechtssicherheit liefern und daher auch zur Begründung einer unmittelbaren Inanspruchnahme der Gesellschafter nicht genügen376. Allgemeine Formeln wie der Missbrauch der Rechtsform sind bei weitem zu undifferenziert, um hieran eine Durchgriffshaftung zu knüpfen, weshalb man ihr auch bereits seit langem und zu Recht vorwirft, dass man mit Hilfe der hier verwendeten Formeln alles begründen kann, aber doch „niemand zu überzeugen vermag" 377 . Der Rückgriff auf den allgemeinen Begründungsansatz, nachdem ein missbräuchlicher Gebrauch des Instituts der juristischen Person zum Verlust des Haftungsprivilegs führen soll, birgt die Gefahr in sich, dass der Grundsatz der beschränkten Haftung im Kapitalgesellschaftsrecht weitgehend entwertet wird 378 . Teilweise in der Vergangenheit vorgenommene Versuche, einen Generaltatbestand der Durchgriffshaftung zu entwickeln und diese insgesamt mit einem Missbrauch der Rechtsform der juristischen Person zu begründen379, sind daher auch zu Recht gescheitert380, weshalb die Durchgriffshaftung und ihre dogmatische Rechtfertigung heute vor allem an einzelnen Fallgruppen diskutiert wird 381 . Altmeppen meint gar, der Durchgriff sei „keine dogmatische Erklärung, sondern gleichfalls nur die Bezeichnung eines gewünschten Ergebnisses auf der Grundlage eines seit mehreren Jahrzehnten überwunden Entwicklungsstandes"382. Zur Lösung der Fälle, die bislang 374 Ulmer, J Z 2002, 1049, 1050; H.-P. Westermann, N Z G 2002, 1129, 1136; vgl. auch Benecke, B B 2 0 0 3 , 1 1 9 0 , 1 1 9 3 ; vorher bereits Bitter, W M 2 0 0 1 , 2 1 3 3 , 2 1 3 9 f., der dabei für eine Differenzierung zwischen den verschiedenen Gläubigergruppen plädiert; auch Raiser, in FS Ulmer S.493, 504 meint, es sei „überzeugender", nicht eine Analogie zu den Regelungen des Aktiengesetzes zu berufen, sondern vielmehr in Anlehnung an die allgemeine Durchgriffslehre dem Gesellschafter eine Berufung auf die Haftungsbeschränkung des § 13 Abs. 2 G m b H G zu verweigern, „wenn er deren funktionelle Voraussetzungen mißachtet" ; a.A. Haas, W M 2003, 1929, 1937, nach dessen Ansicht die Gesellschafterhaftung wegen Existenzvernichtung eine reine Sicherungsfunktion zugunsten der Gläubiger erfülle und somit „von dem in § 128 H G B geregelten Einstehenmüssen für fremde Verbindlichkeiten grundverschieden" sei. 3 7 5 B G H v. 24.6.2002 = J Z 1047, 1048; auch nach H.-P. Westermann, N Z G 2002, 1129, 1137 „überrascht" dies „ein wenig", da ein unmittelbarer Anspruch im Deliktsfall unbezweifelbar ist. 3 7 6 Vgl. auch Altmeppen, ZIP 2001, 1837, 1842. 3 7 7 Vgl. auch Altmeppen, ZIP 2002, 1553, 1561. 3 7 8 Allgemein zur Durchgriffshaftung vgl. auch noch unten S. 369 ff. 3 7 9 Insbesondere Rolf Serick, Rechtsform und Realität der juristischen Person 203 ff.; vgl. aber auch Bauschke, B B 1975, 1322; Erlinghagen, G m b H R 1962, 169 (176), Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft (1970), S. 405; Kuhn, in FS R. Fischer S. 351, 353; Stauder, G m b H R 1968, 72, 75. 3 8 0 Vgl. hierzu noch unten S. 369 ff. 3 8 1 Vgl. nur Mertens, in Hachenburg Anh. § 13 Rn. 48 ff. m.w.N. 382 Altmeppen, ZIP 2002, 961, 966; auch Befürworter des Durchgriffsmodells weisen darauf hin, dass sie die Durchgriffslösung nur wegen des praktischen Ergebnisses dem Innenhaftungs-

210

Kapitel II: Grundlegung der

Treuepflichthaftung

allgemein unter dem Stichwort des Institutsmissbrauchs diskutiert wurden, sollte jedenfalls zur Begründung eines unmittelbaren Anspruchs der Gläubiger der G e sellschaft nur auf § 826 B G B zurückgegriffen werden, da insoweit die Haftung auf Extremfälle beschränkt werden muss 3 8 3 . Möglicherweise gibt der KBV-Fall

auch

durchaus „Anlass, die deliktsrechtliche Anspruchsgrundlage ernster zu nehmen als es bisher manchmal gesehen w u r d e " 3 8 4 . Allerdings muss man sich dabei davor in A c h t nehmen, die Tatbestandsvoraussetzung zu sehr zu verdünnen. Außerhalb dessen ist mit Wilhelm385

aber zu Recht hervorzuheben, dass die U m -

schreibung des Missbrauchs zur Begründung einer Durchgriffshaftung nicht weiterbringt, weshalb auch der B G H auf konkretisierende Umschreibungen wie die „gebotene" und „angemessene" Rücksichtnahme auf die Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens und von der Beeinträchtigung der Fähigkeit der Gesellschaft zur Bedienung ihrer Verbindlichkeiten „in einem ins Gewicht fallenden Ausmaß" zurückgreift 3 8 6 . Damit knüpft er aber an die 7 5 5 - R e c h t s p r e c h u n g an 3 8 7 . Geht es aber um die angemessene Berücksichtigung der Belange der Gesellschaft, liegt der Haftung im Kern ein Anspruch der Gesellschaft selbst zu Grunde, der nur für den Fall der masselosen Insolvenz unter Rückgriff auf den oben bereits angesprochenen Regelungsgedanken den Gläubigern unmittelbar zugänglich zu machen ist 3 8 8 . In Begründungsnöte kommen daher auch diejenigen, die die dem TBB-Urteil

nachfol-

genden Urteile als dessen Weiterführung erkennen, dabei aber meinen, die in

TBB

im Mittelpunkt stehende Haftungsvoraussetzung der Beeinträchtigung der Interessen der abhängigen Gesellschaft 3 8 9 „sei nicht der eigentliche Haftungsgrund", da dies zu einem Anspruch der Gesellschaft hätte führen müssen 3 9 0 . N u r als Anspruch der Gesellschaft lässt sich die hier bejahte Haftung aber begründen. Allerdings kann, in Anwendung des in den oben genannten Vorschriften zum Ausdruck kommenden Rechtsgedankens, im Falle, dass kein Insolvenzverfahren durchgeführt wird, der Anspruch unmittelbar von den Gläubigern geltend gemacht werden. Erkennt man als entscheidende Haftungsvoraussetzung damit aber an, dass die Gesellschafter nicht nur auf den ihnen zustehenden, von der Gesellschaft erwirtschafteten Überschuss zugegriffen haben, sondern darüber hinaus ihr Vermögen konzept vorziehen (vgl. nur Lutterl Banerjea, ZGR 2003, 402, 411 ff.); zur Rechtsprechung des Reichsgerichts und der früheren Rechtsprechung des BGH zur Durchgriffshaftung vgl. den Überblick bei Altmeppen, ZIP 2002, 1553, 1555. 383 Ein solcher Fall lag allerdings wohl auch dem KBV-X5ne\\ zugrunde, weshalb der BGH die Sache auch unter dem Hinweis zurückverwies, dass ein solcher Anspruch (§ 826 BGB) nicht auszuschließen ist (BGH v. 24.6.2002 = J Z 2002, 1047). 384 So H.P.- Westermann, NZG 2002, 1129, 1135. 385 Wilhelm, NJW 2003, 175, 177. 386 Wilhelm, NJW 2003, 175, 178, wobei er allerdings auch insoweit abwertend von „in der Anwendung nicht prognostizierbaren Missbrauchsfloskeln" spricht. 387 Vgl. hierzu noch unten S. 347 ff. 388 Dafür, dass eine Verschuldensinnenhaftung hier nicht aufgegeben werden sollte, auch K. Schmidt, NJW 2001, 3375, 3380; eine Innenhaftung nimmt auch Raiser, in FS Ulmer S. 493, 504 an. 3 8 9 Vgl. hierzu noch unten S. 356 f. 390 Wilhelm, NJW 2003, 175, 176, 177.

§6:

Treuepflichten

gegenüber

der Einmanngesellschaft

211

entzogen haben, dass den Zwecken der Gesellschaft zu dienen bestimmt ist391, stellt sich die Frage, weshalb sie dieser erst bei einer Bestandsvernichtung haften sollten. Zu begründen wäre dies nur, wenn man die Interessen der Gesellschaft mit den Interessen der Gläubiger gleichsetzt392. Insoweit ist aber wiederum auf den bereits hervorgehobenen berechtigten Einwand Altmeppens zurückzukommen, der auf die dogmatische Fragwürdigkeit eines Ansatzes hinweist, der eine Pflicht konstituiert, um eine erwünschte Haftung begründen zu können 393 . Möglicherweise kann eine auch dogmatisch befriedigende Erklärung der hier als notwendig erkannten Haftung aber über eine Analogie zu § 43 GmbHG gefunden werden 394 . Könnte man die Haftung eines Alleingesellschafters auf eine Analogie zur Geschäftsführerhaftung stützen, wäre die Begründung eines - überwiegend abgelehnten - von anderen Interessen unabhängigen Eigeninteresses der Einmanngesellschaft zur Herleitung einer Treuepflicht des Alleingesellschafters u.U. nicht notwendig. 2) Das Alternativmodell

der

Organhaftung

Im Gegensatz zur Durchgriffshaftung „als einer durch Missachtung der juristischen Persönlichkeit der GmbH sich ergebender unmittelbaren Haftung der Gesellschafter gegenüber den Gläubigern", versteht der Begründer der Organhaftungstheorie Wilhelm diese als „Sorgfaltshaftung der eine organschaftliche Position innehabenden Gesellschafter gegenüber der GmbH als selbständiger juristischer Person" 395 . Nach seiner Ansicht ist die Haftungsbeschränkung im GmbH-Recht verfehlt 396 . Es befürwortet daher eine Haftung der Gesellschafter immer dann, wenn die Geschäftsführer „als bloße Figuren der eigentlich bestimmungsmächtigen Gesellschafter zu qualifizieren" sind, wie dies grundsätzlich in Unternehmensverbindungen mit einer GmbH als abhängiger Gesellschaft oder

B G H v. 24.6.2002 („KBV") = ZIP 2002, 1578 = J Z 2002, 1047, 1048. Zu diesem Ansatz in der englischen Rechtsprechung für den Fall, dass sich die Gesellschaft in der Nähe der Insolvenz befindet vgl. unten S. 627. 393 Altmeppen, ZIP 2001, 1837, 1842, insoweit vgl. auch Zöllner, in Baumbach/Hueck Anh. Konzernrecht Rn. 83. 394 So betont insbesondere Wilhelm (NJW 2003, 175, 178), dass die Organhaftung eines in die Geschäftsführung eingreifenden Gesellschafters einer Haftung nach § 826 B G B bzw. einer allgemeinen Durchgriffshaftung vorgehe; zur Begründung dieser Haftung zieht er nun aber keine Analogie zu §43 G m b H G mehr, sondern beruft sich auf §§280, 311 Abs. 2 Nr. 3, 241 Abs. 2 B G B (vgl. hierzu noch unten S. 213). 395 Wilhelm, Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person (1981), S. 354; ders., D B 1986,2113, 2117; im Anschluss hieran auch Altmeppen, Abschied (1991), S. 60 mit Fn. 45, der allerdings die Haftung nunmehr nicht nur an eine analoge Anwendung des § 43 G m b H G knüpfen will (.Altmeppen, ZIP 2001, 1837, 1843); für die AG auch Würdinger, D B 1973, 45, 47 f. unter Anlehnung an die US-amerikanische Rechtsprechung; als Sorgfaltsmaßstab im Falle einer unternehmerischen Einflussnahme für eine Analogie zu §43 G m b H G auch Emmerich, A G 1975, 287 m.w.N.; Schulze-Osterloh, Z G R 1983, 129, 159; Schilling, BB 1975, 1451, 1452; ders., in FS Hefermehl S. 385; U. H. Schneider, Z G R 1980, 511, 533 ff. 391

392

396 Wilhelm, D B 1986, 2113, 2120; der Meinung, dass die Bedeutung der Fremdorganschaft „überschätzt" werde, ist auch Altmeppen, Abschied (1991) S. 60.

212

Kapitel II: Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

bei einer Einmann-GmbH der Fall sei397. Wilhelm hebt hervor, es gäbe einen allgemeinen Rechtsgrundsatz der Pflichtgebundenheit fremdbezogener Machtausübung. Daher könne die gesetzliche Beschränkung einer Organhaftung auf die Geschäftsführer nur insoweit aufrechterhalten werden, als diese selbständig Gewalt in der Gesellschaft hätten, was nur solange der Fall sei, wie die Gesellschafter auf die Geschäftsführung keinen Einfluss nähmen. Wilhelm will damit alle Gesellschafter, die geschäftsführend, leitend oder beherrschend die Geschicke einer Gesellschaft bestimmen, haften lassen, wenn sie dabei nicht die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns beachten 398 . Eine Beschränkung auf herrschende Unternehmen wird dabei allerdings nicht vorgenommen 399 . Das Vermögen der Gesellschaft sei im Rahmen der §§ 30 ff. GmbHG und der Vorschriften über eine geordnete Liquidation grundsätzlich fremdes Vermögen 400 . Die so begründete Haftung wird auch keineswegs auf nachteilige Einflussnahmen durch aktives Tun beschränkt. Eine Haftung wird vielmehr auch dann bejaht, wenn die maßgebenden Gesellschafter es unterlassen haben, von ihren Einflussmöglichkeiten, trotz ausreichender Übersicht, Gebrauch zu machen, um die Gesellschaft vor einem Schaden zu bewahren401. Damit werden ihnen entsprechend einem Geschäftsführer umfassende Tätigkeits- und Uberwachungspflichten auferlegt402. Sogar zu erhöhten Gläubigerrisiken führende Praktiken bei der Finanzierung der GmbH, wie die Betreibung einer unterkapitalisierten Gesellschaft, soll zu einer Haftung der maßgebenden Gesellschafter entsprechend § 43 GmbHG führen 403 . Der Treuepflichtthese wird entgegengehalten, hier sei im Wesentlichen die Haftung der Gesellschafter wegen bloßer Untätigkeit ausgeschlossen, womit auch kei397 Wilhelm, Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person (1981), S.355; nach diesem Ansatz müsste dann aber auch bei Einwirkungen der Muttergesellschaft auf eine Enkelgesellschaft diese aufgrund der angemaßten Stellung den Bindungen der regulären Verwaltungsorgane aus § 43 G m b H G bzw. § 93 AktG unterliegen (Wilhelm, in FS Flume II S. 337, 394 ff.). 398 Wilhelm, Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person (1981), S.356; auch das US-amerikanische Gesellschaftsrecht begründet eine Haftung des kontrollierenden Mehrheitsgesellschafters, sofern dieser Einfluß auf die Leitung des beherrschten Gesellschaft nimmt. Anknüpfungspunkte durch diese Haftung ergeben sich aus allg. fiduciary duties. Dabei geht auch das US-amerikanische Recht weniger von einer mitgliedschaftlichen, als eher von einer organschaftsähnlichen Haftung aufgrund der faktischen Übernahme von Leitungsfunktionen aus (Abeltshauser, Leitungshaftung (1998), S. 93 ff.). 399 A.a.O. S. 336 ff.; 345 ff.; 349 ff. 400 Wilhelm, N J W 2003,175, 179. 401 Wilhelm, a.a.O. S. 355 f ; ders., D B 1986, 2118. 402 Vgl. insbesondere Wilhelm, Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person (1981) S. 285 ff., 355 f.; tendenziell folgend Schulze-Osterloh, Z G R 1983, 123, 158 f.; im Ergebnis auch Flume, Die juristische Person, S. 86, 88 f., der ebenfalls auf die Fremdgeschäftsführung des herrschenden Unternehmens bei Ausübung von Leitungsmacht im Konzernverbund abstellt und dieses für Nachteile der abhängigen Gesellschaft zwar nicht analog §43 GmbHG haften lassen will, wohl aber aus negotiorum gestio. Zu Recht wird hiergegen allerdings auf die Unvereinbarkeit dieses Ansatzes mit der an anderer Stelle (vgl. Flume, a.a.O. S. 61) betonten uneingeschränkten Weisungsmacht der Gesellschafter und der Gleichsetzung von Gesellschafts- und Gesellschafterinteressen hingewiesen (Ulmer, in Z H R 148 (1984), 391, 314 in Fn. 77). 403 Wilhelm, Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person (1981), S. 285 f., 356 f.

§6: Treuepflichten gegenüber der Einmanngesellschaft

213

ne Pflicht für die Gesellschafter zur sorgfältigen Leitung oder Kontrolle der Geschäftsführung im Gläubigerinteresse zu begründen sei 404 . Die so entstehenden Haftungslücken könnten indes nicht hingenommen werden, wenn eine Verschiebung der Verantwortlichkeit und des Verantwortlichkeitsgefühls von der Geschäftsführung auf die Gesellschafter stattgefunden habe. Eine Sorgfaltsverletzung könne auch durch das „Geschehenlassen von Maßnahmen trotz zur Verhinderung genügend einflussstarker Position sowie ausreichender Ubersicht" erfolgen 405 . Damit unterlägen die Gesellschafter aber auch der Haftung entsprechend dem Gesichtspunkt der Ingerenz und Risikoübernahme. Daher sei ein Weiterlaufenlassen der Geschäfte ohne die kaufmännisch notwendigen Reaktionen ebenso haftungsrelevant wie die Hinnahme eines untauglichen Geschäftsführers 406 . Da allerdings auch die Treuepflichtthese ein Verbot schuldhafter Schädigung der GmbH statuiere, bestehe zwischen Organhaftung und der Haftung aus Treuepflichtverletzung insoweit kein grundsätzlicher Unterschied, vielmehr sei die Treuepflichthaftung bloß ein wesensgleiches Minus zur Organhaftungsthese. Auf der anderen Seite weist Wilhelm aber auch darauf hin, dass die Treuepflichthaftung im Grund auch bloße Abstimmungs- und Destinatärgesellschafter erfasse, die er grundsätzlich von der Sorgfaltshaftung aufgrund einer Einwirkung auf die Belange der Gesellschaft ausnehmen will 407 . Mittlerweile meint er allerdings, es sei „eine Geschmacksfrage", ob man im Hinblick auf die Sorgfaltshaftung der die Leitung einer Gesellschaft bestimmenden Gesellschafter „von einer Haftung aus mitgliedschaftlichem Sonderrechtsverhältnis, Treuepflicht oder negotiorum gestio" spreche 408 . Auch sei diesem Anspruch durch die Schuldrechtsreform nun eine gesetzlich normierte Grundlage gegeben worden, die er in §§ 280, 311 Abs. 2 Nr. 3, 241 Abs. 2 BGB sieht 409 . Dem Ansatz Wilhelms ist insbesondere Altmeppen gefolgt. Auch nach ihm stellt sich die Organhaftung in der Kapitalgesellschaft nach Maßgabe der §43 GmbHG und § 93 AktG nur als besondere Ausprägung einer allgemeinen Haftung für Fremdgeschäftsführung dar 410 . Allerdings will er die Haftung der Gesellschafter in der GmbH nicht mehr allein auf eine Analogie zu §43 GmbHG stützen 411 . Es sei übersehen worden, dass die gewöhnliche Geschäftsführerhaf-

404 Gegen eine Haftung wegen unterlassener Einflußnahme etwa Ulmer, ZHR 148, (1984) 414 f.; Winter, Mitgliedschaftliche Treubindung im GmbH-Recht (1988), S. 119. 405 Wilhelm, Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person (1981), S. 356. 406 Wilhelm, DB 1986, 2113, 2117. 407 Wilhelm, DB 1986,2113,2118. 408 Wilhelm, N J W 2003, 175, 179. 409 Wilhelm, N J W 2003, 175, 179. 410 Altmeppen, ZIP 2001, 1837, 1843. 411 Altmeppen, ZIP 2001, 1837, 1843 f. 412 Nach BGH v. 31.1.2000 = N J W 2000, 1571 haftet ein geschäftsführender Alleingesellschafter einer GmbH dieser für die von ihm durch eine Pflichtverletzung gegenüber Dritten verursachte Belastung des Gesellschaftervermögens selbst dann nicht, wenn es dadurch zu einer Beeinträchtigung des Stammkapitals oder zur Insolvenz der GmbH kommt.

214

Kapitel II: Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

tung nach § 43 Abs. 3 G m b H G grundsätzlich verzichtbar ist 412 . Damit würde aber diese Lehre, auch wenn sie den richtigen dogmatischen Ansatz aufgezeigt habe, noch keine abschließend überzeugende Begründung für die Gesellschafterhaftung in der Einmann-GmbH bringen 4 1 3 . Gelöst werden soll dieses Problem mit einer analogen Anwendung des § 93 Abs. 5 S. 2 und 3 AktG und der hierauf begründeten Unverzichtbarkeit einer Gesellschafterhaftung analog §43 GmbH G für gröblich sorgfaltswidriges Verhalten, durch das der Gläubigerbefriedigung gewidmete Vermögen vernichtet wurde 4 1 4 . Uberwiegend ist der Ansatz Wilhelms allerdings auf Ablehnung gestoßen. Entgegengehalten wird ihm vor allem die Weisungskompetenzen der Gesellschafter sowie die fehlende Rechtfertigung für eine Respektierung der GmbH um ihrer selbst willen 415 . Die Motivation dieses haftungsrechtlichen Ansatzes zeige sich in dem Argument, die Haftungsbeschränkung bei der GmbH sei grundsätzlich verfehlt. Wilhelm gehe es damit weniger um eine Lösung der Herrschaftsproblematik, als vielmehr um eine grundsätzliche Korrektur der Haftungsbeschränkung im GmbH-Recht. Betont wird auch der vermeintliche Widerspruch zur Haftungsfreistellung eines Geschäftsführers, der aufgrund einer Weisung der Gesellschafter gehandelt hat 416 .

a)

Stellungnahme

Zu folgen ist der Organhaftungslehre im Ausgangspunkt darin, dass der Schutz einer Gesellschaft vor ihren Gesellschaftern und Geschäftsführern gleichzeitig auch der beste Schutz der Gläubiger der Gesellschaft ist. Diesen Schutz versucht man allerdings auf einem Wege zu erreichen, der nicht der Konzeption des Gesetzes entspricht. § 43 GmbHG fungiert hier als Auffangtatbestand für eine erwünschte Haftung der die Geschicke der Gesellschaft bestimmenden Gesellschafter 417 , wobei die Kompetenzverteilung zwischen Geschäftsführern und Gesellschaftern missachtet wird, die es den Gesellschaftern prinzipiell erlaubt, auf die Geschäftsführung Einfluss zu nehmen, ohne dass sie deswegen den organschaftlichen Handlungspflichten und entsprechenden Haftungssanktionen eines Geschäftsleiters unterworfen wären 4 1 8 . Zwar ist es, wie noch zu zeigen sein wird 4 1 9 , richtig, dass die 413

Altmeppen, ZIP 2001, 1837, 1844. Altmeppen, ZIP 2001, 1837, 1845; ders., ZIP 2002, 1553, 1562. 4 1 5 B G H V. 16.9.1985 = B G H Z 95, 330, 340; Hüffer, N J W 1982, 428; Koppensteiner; ZHR Beiheft Nr. 62 S. 97; Stein, Das faktische O r g a n (1984), S. 171, 178 ff.; Schanze, A G 1982, 42, 43; Röhricht, in FS 50 J a h r e B G H S. 103; Ulmer, Z H R 148 (1984), 391, 414. 416 Ulmer, Z H R 148 (1984), 391, 414. 4 1 7 Wenn hier von beherrschendem oder herrschendem Gesellschafter gesprochen w i r d , so ist dies u n a b h ä n g i g davon, ob man es mit einem Unternehmensgesellschafter zu tun hat oder nicht. Legal definiert ist in § 17 A k t G z w a r nur der Begriff des herrschenden U n t e r n e h m e n s . D e m steht allerdings nicht entgegen, f ü r die Frage, w a n n Herrschaft über eine Gesellschaft anz u n e h m e n ist, allgemein auf die A u s s a g e n in den § 17 i.V.m. § 16 A k t G z u r ü c k z u g r e i f e n . 418 Assmann, J Z 1986, 928; Ulmer, Z H R 148 (1984), 391, 414; vgl. auch Lutter/Hommelhoff, 15. A u f l . A n h . § 13 R n . 18 m . w . N . 4 1 9 Vgl. unten S. 220 ff. 414

§6:

Treuepflichten

gegenüber

der Einmanngesellschaft

215

Interessen der Gesellschaft benachteiligende Einflussnahmen der Gesellschafter zu einer Haftung gegenüber der Gesellschaft führen müssen. Dies gilt auch dann, wenn dieser Benachteiligung alle Gesellschafter zustimmen oder es sich um eine Einmanngesellschaft handelt. Nicht zu begründen ist aber eine Haftung der Gesellschafter wegen bloßer Untätigkeit. Dies würde einer Pflicht zur sorgfältigen Leitung bzw. Kontrolle der Geschäftsführung voraussetzen, die Gesellschafter, auch wenn sie von ihrer ihnen nach dem gesetzlichen Regelungskonzept zustehenden Einflussnahmemöglichkeit Gebrauch machen, nicht haben 420 . Nachdem Wilhelm seine Sorgfaltshaftung nunmehr auf §§280, 311 Abs. 2 Nr. 3, 241 BGB gestützt sehen will421, hat sich dieser Ansatz den Boden für eine Haftungsbegründung wegen bloßer Untätigkeit überdies selbst entzogen. Aus einer Pflicht zur Rücksichtnahme lassen sich keine Geschäftsleiterpflichten herleiten 422 . Zu folgen ist Wilhelm allerdings, wenn er an eine besondere Machtposition zur Begründung von Rücksichtnahmepflichten anknüpft 423 . Eine Pflicht zum aktiven Tätigwerden kann aber nur dann in Erwägung gezogen werden, wenn sich ein Gesellschafter unter Verdrängung des ordentlich bestellten Geschäftsführers an dessen Stelle setzt und so zum faktischen Geschäftsführer mutiert 424 . Wollte man dem Mehrheitsgesellschafter allein wegen der erteilten Weisungen die Verantwortung für die Übernahme einer organschaftlichen Leitung auferlegen, so würde überdies missachtet, dass Weisungsgeber die Gesellschafterversammlung in ihrer Gesamtheit ist, auch wenn der Beschluss, auf dem die Weisung beruht, auf einer Mehrheitsentscheidung begründet ist425. Dies ist nicht nur eine formale Frage. Vielmehr handelt es sich hier um eine solche originärer Zuständigkeiten. Einzelne Gesellschafter haben im Verhältnis zur Gesellschaft keine organschaftlichen Befugnisse. Es geht hier auch nicht um die Haftung aufgrund der Verletzung einer Pflicht zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung 426 . Insbesondere führt die Gesellschafterversammlung als Organ der Gesellschaft auch kein fremdes Geschäft, wenn sie dem Geschäftsführer eine Weisung erteilt. Zwar ist nach Altmeppen gerade diese grundsätzliche Kritik spätestens seit dem Zeitpunkt überholt, mit dem der Gesellschaft ein nicht disponibles Eigeninteresse zuerkannt worden sei427. Daraus folge zwingend, dass „fremde Geschäfte" geführt würden, soweit das Vermögen aus Gläubigerinteressen zur Gläubigerbefriedigung benötigt wird. Es sei nicht sinnvoll, eine Unterscheidung danach zu treffen, ob sich der Gesellschafter selbst 420

Vgl. auch Ulmer, J Z 2 0 0 2 , 1049. Wilhelm, N J W 2003, 175, 179. 422 Vgl. z u m Inhalt m e h r h e i t s b e z o g e n e r Treuepflichten n o c h u n t e n S. 287 ff. 423 Wilhelm, N J W 2003, 175, 179. 424 Z u r H a f t u n g des faktischen G e s c h ä f t s f ü h r e r vgl. n o c h u n t e n S. 396 ff. 425 Die Weisung einzelner Gesellschafter ist n u r bei einer e n t s p r e c h e n d e n G r u n d l a g e in der Satzung beachtlich oder, w e n n einem Gesellschafter das Weisungsrecht im Einzelfall d u r c h Beschluss ü b e r t r a g e n w u r d e (Koppensteiner; in Rowedder, 4. Aufl. § 43 Rn. 29 f.; Lutter/Hommeh o f f , 15. A u f l . § 37 Rn. 19 ff m.w.N.). 426 H i e r v o n zu unterscheiden ist die Frage, ob den Gesellschaftern gegenüber der Gesellschaft keine Treuepflichten obliegen. 427 Altmeppen, Z I P 2001, 1837, 1843. 421

216

Kapitel

II: Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

zum Geschäftsführer bestimmt habe oder durch Weisungen die Geschäfte der Gesellschaft dirigiere 428 . Gefolgt werden kann allerdings auch hier nur im Ansatz, nicht aber in den Schlussfolgerungen. Richtig ist es, wenn Altmeppen feststellt, dass die Haftung eines Gesellschafters nicht davon abhängen kann, ob er sich selbst zum Geschäftsführer bestellt oder das Gesellschaftskapital vernichtet, indem er einem Fremdgeschäftsführer Weisungen erteilt 429 . Richtig ist auch, wenn erkannt wird, dass die Gesellschafter aufgrund ihrer Mitgliedschaft in einer rechtlichen Beziehung zu der Gesellschaft stehen und jede Einflussnahme damit pflichtgebunden ist. Damit wird die Erteilung einer Weisung durch die Gesellschafter aber noch nicht zur „Fremdgeschäftsführung" 4 3 0 . Dies ist unabhängig davon, ob man es mit einem Alleingesellschafter oder einer Gesellschafterversammlung zu tun hat. Die Gesellschaftergesamtheit führt nicht die Geschäfte der Gesellschaft, sondern bildet als ihr oberstes Organ ihren Willen. Eine Weisungserteilung durch Beschluss stellt damit keine Fremdgeschäftsführung dar. Entsprechendes gilt, wenn eine Weisung durch einen Alleingesellschafter erteilt wird 4 3 1 . Nach Altmeppen haften Alleingesellschafter bzw. einvernehmlich handelnde Gesellschafter nur, wenn es um die Kapitaldeckungspflicht im Interesse der Gläubigerbefriedigung geht. In diesem Falle führe ein Gesellschafter die Geschäfte auch und gerade im Interesse der Gläubiger 432 . Daher schlage das Handeln eines Gesellschafters zur Fremdgeschäftsführung um, sobald sein Handeln Vermögen betrifft, das zur Gläubigerbefriedigung benötigt wird 4 3 3 . Die Vorstellung, ein und dieselbe Weisung sei hinsichtlich eines einheitlich vorzunehmenden Rechtsgeschäfts nur soweit das zur Gläubigerbefriedigung benötigte Vermögen tangiert ist, eine Fremdgeschäftsführung, zeigt indes die Schwächen dieses Ansatzes auf. Indem nicht mit dem Interesse der Gesellschaft, sondern mit dem der Gläubiger argumentiert wird, setzt sich dieser Ansatz überdies derselben Kritik aus, die er selbst zuvor und zu Recht gegen einen Treuepflichtansatz vorgebracht hat, der die Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft mit den Interesse der Gläubiger begründen will. Würde ein Geschäft der Gläubiger geführt, warum sollte dann der Gesellschaft der Ersatzanspruch zustehen? Von diesen Überlegungen zu unterscheiden ist allerdings die Frage, welchen Pflichten ein Gesellschafter etwa bei der Stimmabgabe für einen Beschluss zur Weisungserteilung unterliegt. Die Tatsache, dass die Gesellschafter den Willen der Gesellschaft bilden, ist nicht mit einer völligen Freiheit bei der Stimmabgabe gleichzusetzen 434 . Existieren rechtliche oder auch selbstgesetzte Grenzen bei der Altmeppen, ZIP 2001, 1837, 1843 i.V.m. Fn. 80. Altmeppen, ZIP 2001, 1837, 1843 f. 430 So aber Altmeppen, ZIP 2001, 1837, 1843 in Anlehnung an die Lehre Wilhelms. 431 Zur Frage, inwieweit es bei einer Einmann-Gesellschaft eines förmlichen Gesellschafterbeschlusses des Einmanngesellschafters bedarf, vgl. unten S. 224; zur Unwirksamkeit einer treuepflichtwidrigen Weisung eines Alleingesellschafters, vgl. S. 226 f. 432 Altmeppen, in Roth/Altmeppen § 13 Rn. 97. 433 Altmeppen, ZIP 2001, 1837, 1843. 434 Insbesondere darf auch der so festgesetzte Wille der Gesellschaft nicht mit ihren Interes428 429

§6:

Treuepflichten

gegenüber

der Einmanngesellschaft

217

Beschlussfassung bzw. Weisungserteilung und werden diese Grenzen überschritten, kann eine Stimmabgabe unwirksam und damit ein entsprechender Beschluss anfechtbar bzw. die Weisungserteilung eines Alleingesellschafters nichtig sein 435 . Dies macht aber deutlich, dass es hier nicht um eine Haftung aufgrund der Führung fremder Geschäfte geht, sondern vielmehr um die Verletzung von Pflichten, die den Gesellschaftern insbesondere aufgrund ihrer Mitgliedschaft in einer Gesellschaft bzw. aufgrund ihrer besonderen Machtposition obliegen. Diese Pflichten werden mit dem Oberbegriff der Treuepflichten erfasst und sind auch keineswegs auf Maßnahmen im Rahmen der Geschäftsführung beschränkt 436 . Diese Einordnung entspricht der Stellung der Gesellschafter in der Gesellschaft und im Unternehmensverbund. Sie zeigt aber auch, dass eine Unterscheidung zwischen der Haftung des Einmanngesellschafters in seiner Position als Gesellschafter und als Geschäftsführer zu treffen ist. Letzterer haftet für Unterlassungen, da er eine Pflicht zur Geschäftsführung hat. Eine solche Pflicht hat der Alleingesellschafter einer Gesellschaft indes nicht, soweit er einen Fremdgeschäftsführer bestellt hat. Dass § 43 GmbHG zur Begründung einer Haftung des Gesellschafters 437 so nicht passt, erkennt im Ergebnis auch Altmeppen, wenn er darauf hinweist, dass eine Analogie zu § 43 GmbHG zur Begründung wegen dessen grundsätzlicher Disponibilität allein nicht ausreicht. Nach ganz herrschender Meinung ist die Geschäftsleiterhaftung i.S.d. § 43 Abs. 2 GmbHG nämlich verzichtbar, soweit es sich nicht ausnahmsweise um einen Fall der Einlagenrückgewähr handelt 438 . Zwar ist auch die Auffassung zu finden, die Geschäftsführerhaftung sei grundsätzlich unverzichtbar, wenn sie zur Gläubigerbefriedigung erforderlich sei 439 . Insoweit stellt man sich allerdings gegen den Wortlaut des § 43 Abs. 3 GmbHG 440 . Damit käme man aber zu dem Ergebnis, dass der Schuldner selbst grundsätzlich auf den gegen ihn bestehenden Anspruch verzichten kann 441 . Hier wird die Systemwidrigkeit der

sen gleichgesetzt w e r d e n . Die Tatsache, dass eine juristische Person keinen eigenen W i l l e n bilden kann, sondern sich d a f ü r ihrer O r g a n e bedienen muss, bedeutet nicht, dass sie keine originären Interessen hat, die mit einem gefassten Beschluss konfligieren k ö n n e n (vgl. hierzu noch unten S. 244 ff.). 4 3 5 Vgl. hierzu sogleich S. 226 f. 4 3 6 Vgl. bereits oben S. 274 ff. 4 3 7 H i e r v o n zu unterscheiden ist die Frage, ob § 4 3 G m b H G nicht f ü r das M a ß der a n z u w e n d e n d e n Sorgfalt h e r a n z u z i e h e n ist (vgl. unten S. 278 f.). 438 Fleck, G m b H R 1974, 224, 227; Koppensteiner, in R o w e d d e r , 4. A u f l . § 4 3 R n . 4 0 , 32, 24; Mertens, in H a c h e n b u r g § 4 3 R n . 92; Schneider, in Scholz § 4 3 R n . 187; Zöllner, in Baumbach/ H u e c k § 43 R n . 37 ff, vgl. auch B G H v. 31.1.2000 = N J W 2000, 1571. 4 3 9 So w o h l Lutter/Hommelhoff, 15. A u f l . § 4 3 R n . 2 8 ; vgl. auch B G H v. 15.11.1999 = N J W 2000, 576 bezogen auf die A b k ü r z u n g der Verjährung, aufgegeben n u n m e h r aber durch B G H v. 16.9.2002 = N J W 2002, 3777. 4 4 0 A u c h w ü r d e dies zu einem W e r t u n g s w i d e r s p r u c h zu § 93 Abs. 5 S. 2 u n d 3 A k t G führen, da auch hier die Vorstandshaftung disponibel ist, w e n n der Vorstand seine Sorgfaltspflicht nicht gröblich verletzt hat ( A l t m e p p e n , ZIP 2001, 1837, 1844). 441 Eine A u s n a h m e w i l l Altmeppen in A n a l o g i e zu § 93 Abs. 5 S. 2 u n d 3 A k t G allerdings f ü r den Fall machen, dass die Pflichten gröblich verletzt w u r d e n u n d der A n s p r u c h zur Gläubigerb e f r i e d i g u n g erforderlich ist (dagegen K. Schmidt, N J W 2001, 3577, 3580).

218

Kapitel II: Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

Vermischung der Position des Geschäftsführers mit der des Gesellschafters offensichtlich 442 . Gleichwohl bleibt die Feststellung Altmeppens richtig, wenn er meint, es sei nicht sachgerecht, zwischen der H a f t u n g des Alleingesellschafters f ü r den Fall zu unterscheiden, dass er auch Geschäftsführer ist oder durch Weisungen die Geschäfte der Gesellschaft dirigiert 443 . Dies liegt aber in seiner Verpflichtung als Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft begründet, die ihm eine Weisungserteilung z u m Nachteil des Interesses der Gesellschaft verbietet. Auch ein Verzicht auf den der Gesellschaft zustehenden Anspruch gegen ihn als Gesellschafter muss dementsprechend grds. unzulässig sein 444 . Hierdurch wird nicht die Haftungsbeschränkung des § 13 Abs. 2 G m b H G unterlaufen 4 4 5 . D e n Gläubigern haftet nach wie vor nur das Gesellschaftsvermögen. Ermöglicht man einem Alleingesellschafter-Geschäftsführer, die Gesellschaft zu schädigen, unterläuft man aber auch den Schutz, den das Gesetz in § 43 G m b H G f ü r die Gesellschaft aufstellen wollte 4 4 6 . Anders ist die Rechtslage hinsichtlich der Frage nach dem Vorliegen einer Fremdgeschäftsführung allerdings zu beurteilen, wenn die Fremdgeschäftsführung (von denselben Stimmen in der Literatur) zur Begründung eines A u f w e n dungsersatzanspruches der abhängigen Gesellschaft herangezogen wird, weil diese im Interesse eines herrschenden Unternehmens gehandelt hat 447 . Insoweit ist als Geschäftsführer die abhängige Gesellschaft anzusehen, nicht das herrschende U n ternehmen als Mehrheitsgesellschafter, womit ebenfalls die fehlende Stimmigkeit obiger Begründung aufgezeigt wird 4 4 8 . Die Gesellschafterstellung der Mutterge442 In seinem Beitrag Z I P 2002, 961, 967 will Altmeppen die H a f t u n g s v o r a u s s e t z u n g e n allerdings u n m i t t e l b a r den § 43 Abs. 3 G m b H G , § 93 Abs. 3 N r . 1 A k t G e n t n e h m e n . 443 Altmeppen, Z I P 2001, 1837, 1843 i.V.m. F n . 80. 444 Z u m Eigeninteresse der Gesellschaft vgl. sogleich u n t e n S. 220 ff.; a.A. etwa B G H v. 7.4.2003 = Z I P 2003, 945; B G H v. 22.9.2003 = N J W 2004, 365 m . w . N . 445 Vgl. aber auch B G H v. 31.1.2000 = N J W 2000, 1571, w o n a c h der g e s c h ä f t s f ü h r e n d e Alleingesellschafter einer G m b H dieser f ü r die v o n ihm d u r c h eine Pflichtverletzung gegenüber D r i t t e n verursachte Belastung des Gesellschaftervermögens selbst d a n n nicht haftet, w e n n es d a d u r c h zu einer Beeinträchtigung des Stammkapitals o d e r z u r Insolvenz der G m b H k o m m t . Allerdings k o m m t auch der B G H etwas in Verlegenheit, w e n n er selbst darauf hinweist, dass auch der Verzicht einer G m b H auf ein z u r D e c k u n g des Stammkapitals erforderliches F o r d e rungsrecht gegenüber einem ihrer Gesellschafter als A u s z a h l u n g zu qualifizieren ist, es im k o n kreten Fall allerdings u m die Frage gehe, ob ein A n s p r u c h der G m b H , der als G e g e n s t a n d der Vermögensverlagerung z u g u n s t e n des Gesellschafter-Geschäftsführers in Betracht käme, überh a u p t entstanden ist. Wie auch Altmeppen ( Z I P 2001, 1837,1844) insoweit zu Recht feststellt, ist indes eine „ U n t e r s c h e i d u n g z w i s c h e n d e m Verzicht (auf einen bereits entstandenen A n s p r u c h der G m b H gegen ihren E i n m a n n - G e s e l l s c h a f t e r - G e s c h ä f t s f ü h r e r ) u n d einem (die E n t s t e h u n g dieses A n s p r u c h s schon im A n s a t z vereitelnden) Einverständnis des Gesellschafters mit „sein e m eigenen" Verhalten als G e s c h ä f t s f ü h r e r unschlüssig. D e r H i n w e i s aber, dass auch in der A G niemand auf die Idee käme, einen Verzicht auf die V o r s t a n d s h a f t u n g , soweit ihn § 93 A k t G z u lässt, am Verbot der E i n l a g e n r ü c k r ü c k g e w ä h r scheitern zu lassen, w e n n der Vorstand auch G e sellschafter der A G ist (was i.d.R. der Fall ist), zeigt n u r w i e d e r u m , dass R ü c k f ü h r u n g u n d Gleichstellung der G e s e l l s c h a f t e r h a f t u n g mit der H a f t u n g der Geschäftsleitung nicht passt. 446 Vgl. hierzu n o c h u n t e n S. 225 ff. 447 Vgl. hierzu n o c h u n t e n S. 387 f. 448 Folgte m a n d e m A n s a t z Altmeppens in seiner K o n s e q u e n z , w ä r e der Alleingesellschafter

§6:

Treuepflichten

gegenüber

der Einmanngesellschaft

219

sellschaft ist für die dogmatische Begründung eines solchen Anspruchs ohne jede Bedeutung. Insoweit geht es nicht um das gesellschaftsinterne Verhältnis zwischen Gesellschaft und ihren Gesellschaftern 449 . Gegen den Ansatz von Wilhelm sprechen aber nicht nur diese Überlegungen, sondern spricht, insbesondere für den Bereich des Konzernrechts, auch die Tatsache, dass auf diesem Wege der durch die Konzernrechtsgesetzgebung vorgesehenen Trennung zwischen Privat- und Unternehmensgesellschafter keine Rechnung getragen werden kann 4 5 0 . Auch diese Differenzierung kann man nur hinreichend berücksichtigen, wenn man der hier vertretenen Treuepflichthaftung grundsätzlich folgt und im Rahmen der Frage nach dem Beweis- und Verschuldensmaßstab die vom Gesetzgeber vorgegebene Wertung einfließen lässt 451 . b)

Zwischenergebnis

Die Organhaftung ist nicht zur Begründung eines Anspruchs gegen den Alleingesellschafter geeignet. Will man eine Haftung des Alleingesellschafters begründen, so ist man auf den Treuepflichtansatz verwiesen, wie ihn offensichtlich auch Röhricht ansatzweise vor Augen gehabt hat. Die Interessen der Gläubiger können dabei aber nicht zur Begründung einer Treuepflicht des Alleingesellschafters gegenüber der Gesellschaft angeführt werden. Als die alles entscheidende Frage stellt sich daher dar, was unter den der „Dispositionsfreiheit entzogenen eigenen Belangen der G m b H " 4 5 2 zu verstehen ist. Wie bereits Zöllner hervorhoben hat, lässt sich das Gesellschaftsinteresse „sinnvoll nur mit Hilfe des Gesellschaftszwecks" umschreiben 453 . Die Begründung eines Eigeninteresses aus dem Gesellschaftszweck lehnt Zöllner selbst im Ergebnis aber u.a. mit der Begründung ab, dass die Gesellschaftergesamtheit den Zweck jederzeit wieder ändern könnte 454 . Dieses, aber auch andere angeführte Argumente gegen die Bejahung eines eigenständigen, von den Interessen anderer unabhängigen Interesses der Gesellschaft, gilt es im Nachfolgenden kritisch zu hinterfragen. Erkennt man deren fehlende Tragfähigkeit und leitet man das Eigeninteresse der Gesellschaft nicht mehr unmittelbar aus Gläubigerschutzgründen ab, wäre aber auch kein Grund mehr ersichtlich, die Haftung des Einmanngesellschafters bei Schädigungen der Gesellschaft erst im Insolvenzfall einsetzen zu lassen 455 . im Falle der Weisungserteilung zugunsten seiner Person als herrschendem Unternehmen zum einen haftbar als Fremdgeschäftsführer gegenüber seiner Gesellschaft, während die abhängige Gesellschaft im Falle der Ausführung der Weisung gleichzeitig einen Aufwendungsersatzanspruch als Fremdgeschäftsführer gegenüber dem Gesellschafter hätte. Im Hinblick auf dieselbe Weisung hätte die Gesellschaft damit einmal die Position als Geschäftsherr und einmal als G e schäftsführer inne, was auch die fehlende Stimmigkeit dieses Ansatzes aufzeigt. 4 4 9 Vgl. hierzu noch unten S. 389 f. 450 Wiedemann, Die Unternehmensgruppe im Privatrecht (1988), S. 85. 4 5 1 Vgl. hierzu auch noch unten S. 337 f., 365 f. 452 Röhricht, in Gesellschaftsrechts in der Diskussion S. 3, 13. 453 Zöllner, in B a u m b a c h / H u e c k Anh. Konzernrecht Rn. 83. 454 Zöllner, in B a u m b a c h / H u e c k Anh. Konzernrecht Rn. 83. 4 5 5 Die H a f t u n g auf den Insolvenzfall beschränkend, aber Röhricht, in F G 50 Jahre B G H S. 83 ff., 103 ff.

220

Kapitel II:

Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

III. Das Eigeninteresse der Gesellschaft Das heute vorherrschende Verständnis der GmbH wird von Röhricht sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, wenn er meint: „Jenseits des Interesses des Gesellschafters, seiner Tätigkeit unter Ausschluss persönlicher Haftung nachzugehen, verkörpert die GmbH in Ermangelung schützenswerter Interessen von Mitgesellschaftern ausschließlich das Befriedigungsinteresse der Gläubiger" 456 . Erkennt man aber, dass aus Gläubigerschutzgründen ein Eigeninteresse der Gesellschaft auch im Sinne eines Bestandsschutzes nicht abzuleiten ist 457 , wäre es nur konsequent, auch eine Bestandsgefährdung der Gesellschaft durch ihre Gesellschafter nicht für pflichtwidrig zu halten. Vor dem Hintergrund eines solchen Verständnisses könnte es nicht als Missbrauch der Rechtsform angesehen werden, wenn die Gesellschafter die GmbH für ihre Zwecke instrumentalisieren und dabei „ausbluten" lassen 458 . Zur Untermauerung dieser These stellen die Vertreter dieser Ansicht heraus, dass die Gläubiger in unserer Rechtsordnung nicht davor geschützt seien, wie „ihr Geschäftspartner seine Geschäfte führt" 4 5 9 . Diese Wortwahl allein zeigt indes bereits, dass hier Gesellschaft und Gesellschafter gleichgesetzt werden und ignoriert wird, dass Geschäftspartner der Gläubiger eben nicht die Gesellschafter sind, sondern die Gesellschaften. Die Tatsache, dass die GmbH ebenso wie die AG eine eigenständige juristische Person ist und die Gesellschafter zur Beschränkung ihrer eigenen Haftung ihr Vermögen von dem der Gesellschaft getrennt haben, wird schlicht ignoriert. Den Schritt, die juristische Person um ihrer selbst willen zu respektieren 460 , will man nicht gehen, da dies eine „weder rechtsgeschichtlich noch rechtssystematisch zu rechtfertigende Verabsolutierung einer nur zur Erfüllung begrenzter Aufgaben geschaffenen Rechtsfigur" wäre 461 . Es handele sich um eine reine Zweckschöpfung, mit dem Ziel, auch unterhalb der Ebene von Großunternehmen unternehmerisches Handeln unter Beschränkung der Haftung zu ermöglichen. Diese - insbesondere auch vom Vorsitzenden des gesellschaftsrechtlichen Senats des B G H vertretene - Ansicht, gilt es zumindest kritisch zu hinterfragen. Unbestritten ist, dass es sich bei der GmbH um eine für begrenzte Zwecke geschaffene Schöpfung des Rechts handelt. Die Frage ist aber doch, ob diese Schöpfung nicht zumindest in diesen Grenzen zu respektieren ist. Anerkennt man, dass die Gesellschafter mit „ihrer Schöpfung" nicht tun und lassen können, was sie wollen, stellt sich die Frage, worin die Rechtfertigung gesehen wird, diesen der Juristischen Person gegenüber geschaffenen Respekt auf ihre Existenz zu beschränken und nicht auf den Zweck, zu dem diese Rechtsfigur geschaffen wurde, auszuweiRöhricht, in Gesellschaftsrecht in der Diskussion S. 3, 14. Vgl. oben S. 206. 4 5 8 So dementsprechend auch Ehricke, AcP 199 (1999), 258, 302 f. 459 Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 402. 4 6 0 Vgl. nur Röhricht, in FS 50 Jahre B G H S. 83, 103; anders allerdings etwa Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person (1981), S. 330 ff. 461 Röhricht, in FS 50 Jahre B G H S. 83, 103. 456

457

Wilhelm,

§ 6: Treuepflichten

gegenüber

der

Einmanngesellschaft

221

ten. Es existieren im GmbH-Recht nicht nur feste Vorgaben darüber, auf welchem Wege eine Gesellschaft aufgelöst wird, sondern auch darüber, wie der Zweck der Gesellschaft geändert werden kann 4 6 2 . Derartige Regelungen bestehen auch und gerade im Interesse Dritter. Die Tatsache, dass im Aktienrecht eine strengere Vermögensbindung als im GmbH-Recht besteht, erlaubt noch nicht den Schluss, hier gäbe es keine mitgliedschaftlichen Treuepflichten gegenüber der Gesellschaft. N a türlich ist in der G m b H die Dispositionsbefugnis der Gesellschafter weiter und nur das gezeichnete Stammkapital zugunsten der Gläubiger gebunden. Ebenso wenig wie sich hieraus ein Bestandsschutz ableiten lässt 463 , ist damit aber gesagt, dass die Gesellschafter oberhalb dieser Grenze mit der Gesellschaft tun und lassen können, was sie wollen 4 6 4 . Zur Begründung ihrer These weisen die Gegner eines eigenständigen Gesellschaftsinteresses darauf hin, dass die Frage einer von Minderheitsinteressen unabhängigen Treuepflicht für die G m b H nicht anders beurteilt werden dürfe als für die Personengesellschaft. Bei der Personengesellschaft impliziere aber die gemeinsame Zweckbindung, dass das Interesse der Personengesellschaft mit dem Interesse der Gesellschafter identisch ist 465 . Unter Bezugnahme auf die /TT-Entscheidung 4 6 6 wird darauf hingewiesen, dass der B G H die Annahme einer Treuepflicht in der G m b H gerade damit begründet habe, dass „die inneren Verhältnisse der G m b H ... auf eine deutliche Nähe zu den Personengesellschaften angelegt sein können". Daher hätten diejenigen, die ein Eigeninteresse der G m b H bejahten, sich aber „in Wirklichkeit von der Basis der Treuepflicht gelöst" 4 6 7 . Unwidersprochen gilt, dass in einer Personengesellschaft das Interesse der Gesellschaftergesamtheit nicht von dem der Gesellschaft zu unterscheiden ist. Hier konnte sich das Interesse aber auch nicht in einer juristischen Person verselbständigen 468 . Wenn zur Ablehnung eines Eigeninteresses einer Kapitalgesellschaft auf die Argumentation des B G H in der /TT-Entscheidung zurückgegriffen wird, so wird übersehen, dass das Gericht hier die Parallele zu den Personengesellschaften gezogen hat, um eine zwischen den Gesellschaftern bestehende Treuepflicht zu begründen 469 . Im Verhältnis zwischen Gesellschaft und ihren Gesellschaftern wurde indes als selbstverständlich anerkannt, dass im Hinblick auf „die gesetzliche Ausgestaltung der G m b H als juristische Person" Treuepflichten bestehen 470 . Vgl. auch Priester, Z G R 1993, 520. Vgl. oben S. 206 f. 4 6 4 Die Möglichkeit eines Einwands gegen einen Erfüllungsanspruch eines (ehemaligen) Alleingesellschafters gegenüber der Gesellschaft aufgrund einer Treuepflichtbindung im Hinblick auf den Verbandszweck erwägt nun auch H.-P. Westermann, N Z G 2 0 0 2 , 1 1 2 9 , 1 1 3 8 , auch wenn dieser den Gläubigern nur reflexartig zugute kommen würde. 465 Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 314 unter Hinweis auf Flame, Juristische Person § 2 VII 3. 4 6 6 B G H v. 5.6.1975 = B G H Z 65, 15, 19. 467 Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 314 i.V.m. Fn. 72. 4 6 8 Vgl. hierzu sogleich noch unten S. 233 ff. 4 6 9 B G H v . 5.6.1975 = B G H Z 65, 15, 19. 4 7 0 Vgl. B G H v. 5.6.1975 = B G H Z 65, 15, 18: „ . . . jedenfalls (ist) anzuerkennen, dass nicht 462 463

222

Kapitel II: Grundlegung der

Treuepflichthaftung

Trotzdem ist aber auch der B G H der Auffassung, bei der E i n m a n n - G m b H fielen die Willensbildung der Gesellschaft und die der Gesellschafter zusammen, weshalb sich ungeachtet von deren rechtlicher Selbständigkeit auch die Interessen der Gesellschaft subjektiv stets mit den Interessen des Gesellschafters deckten 4 7 1 . Das Interesse der Gesellschaft sei mit dem der Gesellschafter identisch 4 7 2 , jedenfalls soweit es die Kapitalbindung oberhalb der Stammkapitalgrenze betrifft und der Bestand der Gesellschaft durch die Eingriffe der Gesellschafter nicht vernichtet werde 4 7 3 . D a r ü b e r hinaus wird ein schützenswertes, vom Gesellschafterinteresse zu unterscheidendes eigenes Interesse der Gesellschaft verneint, weshalb auch ein GmbH-Geschäftsführer, der einer Weisung der Gesellschafter folgt oder selbst alleiniger Gesellschafter der G m b H ist, nicht für eine Minderung des Gesellschaftsvermögens hafte 4 7 4 . Auch wenn durch eine Pflichtverletzung gegenüber Dritten das Gesellschaftsvermögen durch das Verschulden des geschäftsführenden Alleingesellschafters in einer Weise belastet werde, dass es zu einer Beeinträchtigung des Stammkapitals oder zur Insolvenz der G m b H k o m m t , gelte nichts anderes 4 7 5 . Dies ergebe sich schon aus einem Umkehrschluss zu § 4 3 Abs. 3 G m b H G 4 7 6 , dem ersichtlich die Erwägung zugrunde liege, dass der Wille der G m b H durch denjenigen ihrer Gesellschafter gebildet werde, soweit keine unverzichtbaren Regeln der Kapitalerhaltung in Rede stehen. Dementsprechend schulde auch der alleinige Gesellschafter der G m b H weder aufgrund einer Treuepflichtverletzung noch unter dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung Schadensersatz, wenn er der Gesellschaft Vermögen entziehe, das zur D e c k u n g des Stammkapitals nicht benötigt werde 4 7 7 , soweit er dadurch den Bestand der Gesellschaft nicht gefährde 4 7 8 .

nur die Beziehungen zwischen Gesellschaftern und GmbH, sondern auch die der Gesellschafter untereinander von der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht bestimmt sein können" (Kursivhervorhebung durch Verfasserin). 471 BGH V. 19.4.1971 = B G H Z 56, 97, 101; offengelassen in BGH v. 16.9.1985 = BGHZ 95, 330, 345 f.; gegen ein Eigeninteresse und eine sich daraus ableitende Treuepflicht wiederum BGH v. 28.9.1992 = BGHZ 119,257 ff = NJW 1993,193 = DB 1993, 34, 35; vgl. auch v. 29.3.1993 = BGHZ 122, 333, 336 , BGH v. 28.9.1992 = WM 1992, 2053, 2054; Lutter, ZIP 1985,1425, 1428; a.A K. Schmidt, ZIP 1988,1497, 1505 f. 472 BGH v. 31.1.2000 = WM 2000, 575, 576. 473 BGH v. 17.9.2001 = NJW 2001, 3622, 3623. 474 BGH v. 14.12.1959 = B G H Z 31, 258, 278; BGH v. 28.9.1992 = BGHZ 119, 257; v. 29.3.1993 = BGHZ 122, 333, 336; BGH v. 21.6.99 = WM 1999, 1565. 475 BGH v. 31.1.2000 - II ZR 189/99 =WM 2000, 575 = N Z G 2000, 544; a.A. Vorinstanz (OLG Karlsruhe). 476 Vgl. auch § 64 Abs. 2 S. 3 GmbHG. 477 BGH v. 21.6.1999 = NZG 1999, 1001; BGH v. 10.5.1993 = ZIP 1993, 917. 478 BGH v. 17.9.2001 = NJW 2001, 3622 (Bremer Vulkan)-, hinsichtlich des Bestandsschutzes noch offen gelassen in BGH v. 29.3.1993 = BGHZ 122, 333, 336; BGH v. 24.3.1980 = BGHZ 76, 326, 335; BGH V. 10.5.1993 = ZIP 1993, 917; BGH v. 21.4.1994 = ZIP 1994,872, 874 Ii Sp.; BGH v. =WM 2000, 575, 576; für einen Schutz der Einmann-GmbH vor dem Entzug existenznotwendiger Liquidität auch jenseits der Grenze des §30 GmbHG vgl. aber auch bereits OLG Karlsruhe v. 25.7.1997 = GmbHR 1998, 235 = O L G R 1997, 79 ff. (unter Bezugnahme auf §826 BGB).

$ 6: Treuepflichten

gegenüber

der Einmanngesellschaft

223

Wie bereits festgestellt wurde, können Regelungen, die zum Gläubigerschutz die Verpflichtung aufstellen, als minimale Kapitaldecke das Stammkapital zu erhalten, nicht begründen, wieso außerhalb dieser Verpflichtung zum Nachteil der Gesellschaft gehandelt werden können soll, auch wenn nicht gleich die Existenz der Gesellschaft vernichtet wird. Ein solches Recht könnte sich u.U. aber aus der umfassenden Weisungsberechtigung der Gesellschafter gegenüber der Geschäftsführung ableiten lassen, was folglich als maßgeblicher Unterschied zur Rechtslage im Aktienrecht (vgl. dort §§ 76, 291 A k t G ) hier auch regelmäßig betont wird 479 . Der Frage nach der Berechtigung dieser Argumentation muss indes nachgegangen werden.

1) Die Zulässigkeit nachteiliger Weisungen im

GmbH-Recht

Im Hinblick auf das umfassende Weisungsrecht der Gesellschafter einer G m b H herrscht die Auffassung vor, auch das Gesellschaftsinteresse benachteiligende Weisungen seien zulässig, soweit sie auf einem wirksamen Beschluss der Gesellschafter beruhten 480 . Soweit die Treuepflicht gegenüber anderen Gesellschaftern nicht verletzt werde, sei bei einem formell ordnungsgemäß zustande gekommenen Beschluss nur danach zu fragen, ob ein Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften vorläge. Sei dies nicht der Fall, müsse eine Weisung der Gesellschafter befolgt werden 481 . Der Geschäftsführer im G m b H - R e c h t sei als Garant eines eigenständigen, dem Schutz von Minderheiten, Arbeitnehmern und Gläubigern dienenden Interesses bereits deshalb ungeeignet, weil er uneingeschränkt den Weisungen der Gesellschafter unterworfen sei und in einer nicht dem MitbestG unterliegenden G m b H nach § 38 Abs. 1 G m b H G jederzeit abberufen werden könne 4 8 2 . Oberstes Organ einer G m b H ist ohne Frage die Gesellschafterversammlung. Sie bestellt die Geschäftsführer und beruft sie ab. Auch ist es ihr grundsätzlich gestattet, unmittelbar in die Belange der Gesellschaft einzugreifen (§ 37 G m b H G ) 4 8 3

Vgl. nur Altmeppen, ZIP 2001, 1837, 1840 m.w.N. Altmeppen, D B 1991, 2226; Basten, G m b H R 1990, 444; Ehlke, D B 1986, 526; Flame, B G B AT 1/2, Die juristische Person S.61f; Kohl, M D R 1992, 208; Reemann, ZIP 1990, 1310; Ulmer, WPg 1986, 688, ders., Z H R 148 (1984), 391, 415; auch der B G H (Urt. v. 12.2.1996 = N J W 1996, 1283) nahm unter Hinweis auf die Weisungsbefugnis an, dass grundsätzlich keine Verpflichtung bestehe, den Geschäftsbetrieb einer G m b H im Interesse von Gesellschaftsgläubigern im bisherigen Umfang fortzuführen, auch wenn die Vollstreckungsaussichten etwaiger Gesellschaftsgläubiger beeinträchtigt würden; vgl. auch O L G Frankfurt v. 7.2.1997 = D B 1997, 922 m.w.N. 481 Semler, in FS Goerdeler S. 551, 557. 482 Ulmer, in Z H R 148 (1984), 391, 401. 483 Diese Weisungsbefugnis bildet im Zusammenspiel mit dem bei der Beschlußfassung in der Gesellschafterversammlung geltenden Mehrheitsprinzip (§47 Abs. 1 G m b H G ) auch die Grundlage der Herrschaftsmacht des über die Stimmenmehrheit verfügenden herrschenden Unternehmensgesellschafters im faktischen GmbH-Konzern. Seine Herrschaftsmacht ist somit gesellschaftsrechtlich legitimiert, ohne dass es einer beherrschungsvertraglichen Grundlage bedarf. 479 480

224

Kapitel

II: Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

und als „Herren der Gesellschaft" 484 dem Geschäftsführer Weisungen zu erteilen. Diese Abhängigkeit der Geschäftsführer von den Gesellschaftern bedingt für den Fall der Weisungserteilung grundsätzlich ihre Freistellung von der Haftung gegenüber der Gesellschaft 485 . Dessen ungeachtet ist die Weisungsbefugnis der Gesellschafter aber nicht schrankenlos. Insbesondere wird auch eine Pflicht des Geschäftsführers, den Weisungen der Gesellschafter zu folgen, nur bei nicht nichtigen 486 oder nicht (mehr) anfechtbaren Weisungen bejaht 487 . Wenig ergiebig ist zur Absteckung der Schranken der Weisungsmacht in der Einmanngesellschaft freilich der Hinweis, dass es für eine Weisung grundsätzlich eines ordnungsgemäß zustande gekommenen Gesellschafterbeschlusses bedarf 488 . Für den Einmanngesellschafter, der gleichzeitig Geschäftsführer ist, ist bereits auf das Erfordernis eines förmlichen Gesellschafterbeschlusses zu verzichten 489 . Maßgebend ist, dass der Einmann-Gesellschafter als Geschäftsführer mit dem Willen des höchsten Organs der GmbH handelt, und dies ist der Alleingesellschafter selbst 490 . Geschäftsführungsmaßnahmen, die der Einmanngesellschafter als Geschäftsführer vornimmt, sind daher grundsätzlich 491 in gleicher Weise als gedeckt anzusehen, als wenn sie auf einem Beschluss der Gesellschafterversammlung beruhten. § 48 Abs. 3 GmbHG steht dem nicht entgegen. Eine Protokollierung nach § 48 Abs. 3 GmbHG hier zu verlangen, wäre unnötiger Formalismus 4 9 2 . Aber auch wenn der Geschäftsführer nicht mit dem Alleingesellschafter identisch ist, führt ein Verstoß gegen die Protokollierungspflicht des § 48 Abs. 3 GmbHG nicht zur Nichtigkeit von dessen Beschlüssen 493 . Auch mündlich erteilte Weisungen sind als wirksam anzusehen 494 . Ulmer, ZHR 148 (1984), 391, 415. BGH v. 14.12.1959 = BGHZ 31, 258, 278. 486 p r a g e nach d e r Nichtigkeit eines Beschlusses wird grundsätzlich in Anlehnung an die Regelungen des Aktienrechts beantwortet (vgl. nur Zöllner in Baumbach/Hueck Anh. § 47 Rn. 19). 487 Schneider, in Scholz §43 Rn. 102; Zöllner, in Baumbach/Hueck §37 Rn. 12 m.w.N.; BGH v. 13.4.1994 = BGHZ 125, 366, 372. 488 Für die mehrgliedrige Gesellschaft vgl. nur Lutter/Hommelhoff, 15. Aufl. §43 Rn.22; Mertens, in Hachenburg § 43 Rn. 69; Koppensteiner, in Rowedder, 4. Aufl. § 43 Rn. 30. 489 BGH v. 28.9.1992 =BGHZ 119, 257, 261 f.; Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 334; Lutterl Hommelhoff, 15. Aufl. § 43 Rn. 22; Mertens, in Hachenburg § 43 Rn. 70; Zöllner, in Baumbach/Hueck § 48 Rn. 30. 490 Altmeppen, DB 2000, 657. 491 Zu den Ausnahmen vgl. sogleich. 492 Zöllner, in Baumbach/Hueck § 43 Rn. 30. 493 Dies wird aus der Streichung der noch im Regierungsentwurf vorgesehen Nichtigkeitsfolge abgeleitet (vgl. Bericht des Rechtsausschusses BT-Dr. 8/3908 S. 75; H ü f f e r , in Hachenburg §48 Rn. 67; Lutter/Hommelhoff 15. Aufl. §48 Rn. 17; Roth, in Roth/Altmeppen §48 Rn.44; vgl. auch BGH v. 27.3.1995 =ZIP 1995, 643, 645 (keine Protokollierung jedenfalls notwendig, wenn durch Schriftform Sinn der Vorschrift, Sicherheit über den Inhalt eines in der Einpersonen-Gesellschaft getroffenen Beschlusses in gleicher Gewissheit erreicht werden kann; vgl. auch das brandenburgische OLG v. 13.2.2002 = GmbHR 2002, 432); auch ein konkludentes Verhalten genügen lassend BGH v. 27.1.1997 = GmbHR 1997, 547; abw. noch Lutter, DB 1980, 1322. 494 Str. ist allerdings, inwieweit sich der Gesellschafter auf einen nicht protokollierten Beschluss berufen kann (gegen die Möglichkeit der Berufung grds. K. Schmidt, in Scholz §48 484

485

§ 6: Treuepflichten gegenüber der

Einmanngesellschaft

225

Hieraus wird der Schluss gezogen, ein Einpersonengesellschafter sei als G e schäftsführer auch bei bewusst das Gesellschaftsvermögen schädigendem Verhalten grundsätzlich freigestellt, solange er dabei nicht gegen die Vorschriften zur Kapitalerhaltung verstoße 4 9 5 . Entsprechendes gelte, wenn ein vom Alleingesellschafter zu unterscheidender Geschäftsführer hierzu angewiesen wurde. Dies gilt es kritisch zu hinterfragen. Anerkannt ist zunächst, dass schwere Verstöße gegen das Gesetz oder die guten Sitten zur Nichtigkeit eines Beschlusses führen können 4 9 6 . Darüber hinaus ergeben sich Schranken für die Freiheit der Gesellschafter, mit ihrer Gesellschaft zu verfahren, wie es ihrem Willen entspricht, auch aus spezifisch gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen 4 9 7 sowie entgegenstehenden Vorgaben der Satzung 4 9 8 . Weitgehend anerkannt ist vor dem Hintergrund der Regelung in § 43 Abs. 3 G m b H G auch und vor allem, dass das Weisungsrecht unter dem Vorbehalt der Wahrung des Stammkapitals steht, weshalb eine Weisung nicht ausgeführt werden darf, wenn das Vermögen der Gesellschaft nicht mehr zur Disposition der G e sellschafter steht 4 9 9 . Zwar wird vereinzelt die Auffassung vertreten, dies gelte nicht, wenn eine Weisung einstimmig beschlossen wurde 5 0 0 . Indes kann die Einstimmigkeit eines Beschlusses an der Rechtswidrigkeit der Weisung nichts ändern. Ein Grund, weshalb die Einstimmigkeit des Beschlusses geeignet sein soll, ein Handeln zu rechtfertigen, das sich im Ergebnis als Gläubigerschädigung darstellt und gesetzlichen Vorgaben zuwiderläuft, ist nicht ersichtlich 5 0 1 . Dementsprechend hat auch ein Alleingesellschafter jedenfalls insoweit die wirtschaftliche Selbständigkeit der G m b H zu achten 5 0 2 . Teilweise wird darüber hinaus eine Berufung auf ein „Einverständnis mit sich selbst" dem Gesellschafter-Geschäftsführer aber auch grundsätzlich verwehrt, wenn es um die Gläubigerbefriedigung geht 5 0 3 . Eine solche Ausnahme bedarf indes einer besonderen Begründung, will man nicht die E i n m a n n - G m b H , entgegen der gesetzlichen Konzeption, gegenüber der mehrgliedrigen Gesellschaft benachRn. 78; O L G Köln v. 3.6.1993 = B B 1993, 1388,1390; ähnlich Koppensteiner, in Rowedder, 4. Aufl. § 48 Rn. 23; differenzierend Zöllner, in Baumbach/Hueck § 48 Rn. 29 m.w.N.). Dritten jedenfalls wird, soweit die Beschlussfassung unstreitig oder bewiesen ist, die Berufung nicht versagt (K. Schmidt, in Scholz § 48 Rn. 78). 495 Zöllner, in Baumbach/Hueck § 43 Rn. 28 m.w.N. 496 K. Schmidt, in Scholz § 45 Rn. 22. 497 So ist etwa die Pflicht des Geschäftsführers zu einer ordnungsgemäßen Buchführung, die ihm das Gesetz nach §41 G m b H G auferlegt, zwingend, ebenso wie die Insolvenzantragspflicht gemäß § 64 G m b H G unabdingbar ist. 498 Demgemäss ist auch eine Weisung unzulässig, die der Satzung widerspricht, jedenfalls sofern kein satzungsdurchbrechender Gesellschafterbeschluss vorliegt (vgl. hierzu noch unten 5. 250 ff.). 499 Entsprechendes wird nunmehr auch für den Fall einer Weisung angenommen, die einen existenzvernichtenden Eingriff zum Gegenstand hat, vgl. Diem, ZIP 2003, 1283, 1288. 500 So etwa Fleck, G m b H R 1974, 227. 501 Koppensteiner, in Rowedder, 4. Aufl. § 43 Rn. 33; ebenso Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 330; a.A. Fleck, G m b H R 1974, 227. 502 Altmeppen, Abschied vom qualifiziert faktischen Konzern (1991), S. 61. 503 Vgl. Altmeppen, D B 2000, 657, 660; gegen ein Weisungsrecht im Falle der Gefährdung der Gesellschaftsgläubiger auch Meyke, ZIP 1998, 1179, 1182.

226

Kapitel

II:

Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

teiligen. Eine Rechtfertigung dafür, das Weisungsrecht in der Einmanngesellschaft weitergehenden Schranken zu unterstellen als in anderen Gesellschaften, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Unabhängig von der Zahl der Gesellschafter entspricht es der Regelung des GmbH-Rechts, dass ein Geschäftsführer als solcher nicht haftet, wenn er in Ubereinstimmung mit den Gesellschaftern eine Handlung vornimmt, soweit der insoweit formulierte „Wille" der Gesellschafter wirksam ist. Dass es nur einen Gesellschafter gibt und dieser auch Geschäftsführer ist, kann hieran nichts ändern. Allein die Aussage, es sei wertungsmäßig nicht nachvollziehbar, dass ein beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer, der die Gesellschaft durch sorgfaltswidriges Handeln in die Insolvenz führe und dabei unbefriedigte Gläubiger zurücklasse, sich immer auf ein „Einverständnis mit sich selbst" berufen können soll 504 , kann als Argument zur Begründung einer Haftung des Alleingesellschafters nicht genügen. Die Grundwahrheit, dass „der Wille der GmbH durch denjenigen ihrer Gesellschafter gebildet wird", tangiert dies nicht. Auf der anderen Seite ist damit indes auch noch nicht gesagt, dass die Berufung auf dieses Einverständnis immer möglich ist. Allerdings gilt es zunächst festzustellen, dass die hier zugegebenermaßen aufgedeckte wertungsmäßige Unbilligkeit ebenso besteht, wenn die Gesellschaft durch die Weisungen eines mit dem Geschäftsführer nicht identischen Alleingesellschafters oder einer einvernehmlich handelnden Gesellschafterversammlung in die Insolvenz getrieben werden sollte 505 . Wird zur Beseitigung des aufgezeigten Wertungswiderspruchs die insoweit nicht passende Geschäftsführerhaftung auf die herrschenden Gesellschafter ausgeweitet, so wird dies vor dem Hintergrund der Annahme getan, im GmbHG klaffe eine Schutzlücke, weshalb - trotz der Eigenständigkeit der juristischen Person dieses keinen hinreichenden Schutz der Gesellschaft vor ihren eigenen Gesellschaftern gewähren könne 506 . Gerade dies ist aber die Frage, die es zu klären gilt. Gäbe es ein von den Interessen der Gesellschafter unabhängiges Interesse der Gesellschaft und eine sich darauf aufbauende Pflicht, die Interessen der Gesellschaft nicht zu verletzen, so wäre eine Weisung, die gegen diese Pflicht verstößt, treuepflichtwidrig. In diesem Fall dürfte in einer Einmanngesellschaft eine solche Weisung des Alleingesellschafters durch den Geschäftsführer aber nicht ausgeführt werden. Eine treuepflichtwidrig abgegebene Stimme ist ebenso wie die gegen ein Stimmverbot (§ 47 Abs. 4 GmbHG) abgegebene Stimme 507 unwirksam 508 . Zwar sind auf einer Treuepflichtverletzung gründende Weisungsbeschlüsse grundsätzlich nur anfechtbar 509 , weshalb auch eine Befolgungspflicht des Geschäftsführers Vgl. Altmeppen, D B 2000, 657, 660. Zum Verbot existenzvernichtender Eingriffe vgl. aber auch schon S. 200 ff. 5 0 6 Dazu dass die sich aus § 4 3 Abs. 1 G m b H G ergebenden Pflichten einem Gesellschafter grundsätzlich nicht obliegen vgl. bereits oben S.214 f. (a.A. etwa Altmeppen, D B 2000,657, 660); anderes gilt nur, wenn ein Gesellschafter faktisch die Unternehmensleitung übernommen hat (vgl. hierzu noch unten S. 396 ff.). 5 0 7 Zum Fall der Umgehung eines Abstimmungsverbots nach § 47 Abs. 4 G m b H G vgl. O L G Düsseldorf v. 8.3.2001 = N Z G 2001, 991. 508 Marsch-Barner, Z H R 157 (1993), 172, 188; K. Schmidt, in Scholz § 45 Rn. 107. 509 Lutter, Z H R 153, (1989), 458; Lutter/Grunewald, A G 1989, 109, 115; Lutterl Hammel504

505

§ 6: Treuepflichten

gegenüber

der Einmanngesellschaft

227

b e j a h t w i r d , w e n n die A n f e c h t u n g s f r i s t v e r s t r i c h e n 5 1 0 b z w . m i t e i n e r A n f e c h t u n g n i c h t ( m e h r ) z u r e c h n e n ist. Z u b e d e n k e n gilt es a l l e r d i n g s , dass b e i e i n e r E i n m a n n - G m b H n u r d i e s e u n w i r k s a m e S t i m m a b g a b e e x i s t i e r t , w e s h a l b a u c h ein d a r a u f b a s i e r e n d e r B e s c h l u s s u n w i r k s a m sein m u s s 5 1 1 . B e i e i n e m f e h l e r h a f t e n E i n m a n n - B e s c h l u s s p a s s t das A n f e c h t u n g s e r f o r d e r n i s n i c h t , das s i c h als e i n I n s t r u ment darstellt, welches z u m Austragen v o n K o n f l i k t e n z w i s c h e n der M e h r h e i t und der Minderheit einer Gesellschaft entwickelt wurde512. Eine Trennung zwis c h e n S t i m m a b g a b e u n d B e s c h l u s s ist a u c h d e s h a l b n i c h t s a c h g e r e c h t , da d i e s e r u n m i t t e l b a r m i t d e r W i l l e n s b i l d u n g des A l l e i n g e s e l l s c h a f t e r s

ohne

Zwischen-

schritte zustande k o m m t und nur so dem S c h u t z z w e c k einer B e s t i m m u n g 5 1 3 bzw. Verpflichtung R e c h n u n g getragen werden kann. E i n e unwirksame Weisung kann a b e r d e n G e s c h ä f t s f ü h r e r n i c h t b i n d e n 5 1 4 . V o r a l l e m k a n n s i c h a b e r a u c h ein E i n m a n n g e s e l l s c h a f t e r - G e s c h ä f t s f ü h r e r nicht auf ein treuepflichtwidriges und damit u n w i r k s a m e s Einverständnis mit sich selbst z u r ü c k z u z i e h e n . A b e r a u c h , w e n n m a n es m i t e i n e r b i n d e n d e n W e i s u n g z u t u n h a t 5 1 5 , e t w a w e i l in e i n e r m e h r g l i e d r i g e n G e s e l l s c h a f t h i n s i c h t l i c h eines a u f e i n e r t r e u e p f l i c h t w i d r i -

hoff, § 1 4 Rn. 29; K. Schmidt, in Scholz § 4 5 Rn. 107; Timm, W M 1991, 481, 486; B G H v. 16.2.1980 = B G H Z 80, 69; anders allerdings, wenn es um einen „dauerhaften Dispens von der Beachtung des Gesellschaftszwecks" geht Winter, Mitgliedschaftliche Treubindungen im GmbH-Recht (1988), S. 202; vgl. auch Hartmann, G m b H R 1999, 1061,1064. 510 Lutter/Hommelhoff 15. Aufl. § 37 Rn. 22 m.w.N.; vorher wird der Geschäftsführer für aufgerufen gehalten, am Gesellschaftsinteresse zu befinden, ob er die Gesellschafterweisung ausführt oder nicht; vgl. aber auch Schneider, A G 1983, 205, 211, 213 sowie Lutter/Hommelhoff, 14. Aufl. § 1 Rn. 13 die darauf hinweisen, dass die Gewinnerzielungsabsicht in einer Handelsgesellschaft Inhalt des Verbandszwecks ist, und folglich keine Unternehmenspolitik betrieben werden darf, die diesem Ziel zuwiderläuft. Dementsprechend sollen aber auch G e schäftsführer, die gegen diese Pflicht verstoßen, sich selbst dann nach § 43 G m b H schadensersatzpflichtig machen, wenn ihr Handeln auf einer Weisung der Gesellschaftermehrheit beruht, da der Zweck bis zu seiner Änderung alle Organe bindet. Anderslautende Beschlüsse der Gesellschafterversammlung würden die Satzung verletzen und dürfen von den Geschäftsführern nicht vollzogen werden (abgeschwächt nunmehr im Hinblick auf die bloße Anfechtbarkeit des Beschlusses aber Lutter/Hommelhoff, 15. Aufl. § 1 Rn. 13; vgl. hierzu auch noch unten Fn. 515). 511 Für die Unwirksamkeit eines auf einer unwirksamen Stimmabgabe beruhenden Beschlusses vgl. auch B a y O b l G , Beschluß vom 17.11.2000-3Z B R 271/00 = B B 2001, 13,14, wo es um einen Verstoß gegen § 181 B G B ging; ebenso Lindemann, Die Beschlussfassung in der Einmann-GmbH (1995), S.201 ff.; a.A. Winkler, D N o t Z 1970, 476, 486. 512 Lindemann, Die Beschlussfassung in der Einmann-GmbH (1996), S. 163 ff. 5 1 3 Vgl. B a y O b l G Beschluss vom 17.11.2001 = B B 2 0 0 1 , 13, 14. 5 1 4 Unwirksam ist auch eine Weisung, die ohne Beschlussfassung ergeht. Demgegenüber muss es bereits aus Rechtssicherheitsgründen natürlich bei der reinen Anfechtbarkeit bleiben, wenn man mit einem förmlich gefassten Beschluss in einer mehrgliedrigen Gesellschaft zu tun hat. 5 1 5 Auch eine nicht mehr anfechtbare Weisung entfaltet nach ganz herrschender Meinung Bindungskraft (vgl. nur U. H. Schneider, in Scholz, 9. Aufl. § 43 Rn. 101 mit weiteren Nachweisen); während des Laufs der Anfechtungsfrist braucht bzw. darf die Weisung indes nicht befolgt zu werden; dies gilt jedenfalls dann, wenn deren Anfechtung mit Aussicht auf Erfolg zu erwarten ist (Altmeppen, Die Haftung des Managers im Konzern (1998), S. 88; ders., in Roth/Altmeppen § 3 7 Rn. 17; Koppensteiner, in Rowedder, 4. Aufl. § 4 3 Rn. 35; U. H. Schneider, in Scholz,

228

Kapitel

II: Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

gen Stimmausübung beruhenden Beschlusses die Anfechtungsfrist versäumt wurde 516 , wird hierdurch noch nicht ein etwaiger Schadensersatzanspruch der Gesellschaft gegenüber dem herrschenden Gesellschafter ausgeschlossen 517 . Zwar wird in einem solchen Fall der Wille der Gesellschaft durch die Gesellschafterversammlung wirksam festgesetzt. Der so artikulierte Wille der Gesellschaft ist aber von ihrem Interesse zu unterscheiden. Wie sonst wäre eine Regelung wie die der §§311 ff. AktG zu erklären, die unzweifelhaft auch auf Veranlassungen durch Hauptversammlungsbeschlüsse Anwendung findet. Nun wäre zwar der Einwand denkbar, in der AG sei bereits aufgrund der gegenüber der GmbH bestehenden Strukturunterschiede ein Eigeninteresse anerkannt, das hier nur seinen gesetzlichen Ausdruck gefunden habe. Dieser Einwand wäre indes zirkulär, da es hier gerade um die Uberprüfung der Maßgeblichkeit dieser Strukturunterschiede im Hinblick auf das Bestehen eines Eigeninteresses der Gesellschaft geht. Auch in der AG ist ein von der Hauptversammlung im Rahmen ihrer Zuständigkeiten formulierter Wille für den Vorstand bindend (§§ 82 Abs. 2, 83 Abs. 2 AktG) 5 1 8 . Das gilt auch, wenn ein Beschluss zwar anfechtbar war, aber nicht angefochten wurde 5 1 9 . Dies schließt ein Eingreifen der §§311 ff. AktG aber nicht aus, da hier ein eigenes Interesse der Gesellschaft anerkannt ist, das mit diesem für den Vorstand bindenden Willen der Gesellschafterversammlung differieren kann 520 . Allein der Umstand, dass in der GmbH die Gesellschafterversammlung dem Geschäftsführer grundsätzlich Weisungen erteilen darf, kann damit aber auch noch nicht den Schluss rechtfertigen, der so formulierte Wille und das Interesse der Gesellschaft seien immer identisch. Auch die Tatsache, dass in einer GmbH in weitaus größerem Umfang Weisungen an die Geschäftsleitung erteilt werden können, erlaubt diesen Schluss nicht. Natürlich haben die Gesellschafter bei diesen Weisungen einen großen Ermessensspielraum, in dem Raum für Zweckmäßigkeitserwägungen besteht. Grenzen werden diesem aber anerkanntermaßen u.a. durch die Treuepflicht der Gesellschafter gesetzt 521 , womit an dieser Stelle freilich noch nicht die 9. Aufl. §43 Rn. 102 jeweils mit weiteren Nachweisen; insb. Altmeppen hebt für den Fall einer mehrgliedrigen Gesellschaft dabei auch hervor, dass der Geschäftsführer der GmbH die Anfechtbarkeit solcher Beschlüsse, die mit der Stimmenmacht des herrschenden Gesellschafters zustande gekommen sei, regelmäßig erkennen müsse und sich nicht zum Werkzeug des herrschenden Gesellschafters machen dürfe ( A l t m e p p e n , Die Haftung des Managers im Konzern (1998) S. 88). 516 Nach herrschender, wenngleich nicht unumstrittener Ansicht können anfechtbare Beschlüsse im GmbH-Recht ebenso wie im Aktienrecht allein durch rechtsgestaltende Klage beseitigt werden (vgl. hierzu ausführlich Casper, ZHR 163 (1999), 54 ff.). 517 Zum Verhältnis zwischen Anfechtung und Schadensersatz vgl. auch noch unten S. 331 ff. 518 Zuständig ist die Hauptversammlung dabei auch, wenn der Vorstand sie gem. §119 Abs. 2 AktG zuständig gemacht hat ( H ü f f e r , AktG § 83 Rn. 5). 519 H ü f f e r , AktG § 93 Rn. 25 m.w.N.; trotzdem kann der Vorstand aber haftbar sein, wenn er von seiner Anfechtungsbefugnis (§§245 Nr. 4, 5 AktG) pflichtwidrig keinen Gebrauch macht {Hüffer, AktG § 93 Rn. 26). 520 Vgl. oben S. 100 ff. 521 Mertens, in Hachenburg § 43 Rn. 74 ff.; U. H. Schneider, in Scholz, 9. Aufl., § 37 Rn. 53 a; OLG Frankfurt v. 7.2.1997 =DB 1997, 922 m.w.N. (wobei nach Auffassung des OLG

§ 6: Treuepflichten

gegenüber der Einmanngesellschaft

229

Behauptung verbunden werden soll, dass ein selbständiges Eigeninteresse auch tatsächlich besteht. Es geht insoweit nur um die Feststellung, dass etwaige Grenzen einer Freiheit nicht mit der Erkenntnis über das grundsätzliche Bestehen der Freiheit einfach negiert werden dürfen. Auch der Vorschrift des § 43 Abs. 3 S. 3 G m b H G , nach der der Geschäftsführer außerhalb der Verletzung von Kapitalschutzvorschriften nicht haftet, wenn er auf Weisung der Gesellschaft gehandelt hat, kann nicht entnommen werden, dass die Gesellschaft benachteiligende Weisungen der Gesellschafter zulässig sind. Insoweit wird nur geregelt, dass die Verpflichtung z u m Schadensersatz gegenüber der Gesellschaft dann „nicht aufgehoben" wird, wenn auf Weisung der Gesellschafter die Kapitalerhaltungsvorschriften verletzt wurden und der Anspruch zur Gläubigerbefriedigung erforderlich ist. Daraus kann zwar der Schluss gezogen werden, dass außerhalb dessen die Ersatzpflicht des Geschäftsführers bei Bestehen einer Weisung „aufgehoben" wird, wenn aufgrund dieser entgegen § 43 Abs. 1 G m b H G die Angelegenheiten der Gesellschaft nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns geführt werden. Den Schluss, dass in diesem Fall keine Pflichtverletzung gegenüber der Gesellschaft stattfindet, rechtfertigt diese Regelung aber nicht 5 2 2 . Das Gesetz stellt den Geschäftsführer hier nur von der H a f t u n g frei 523 . Würde es bereits an einer Pflichtverletzung fehlen, müsste eine Schadensersatzpflicht nicht erst aufgehoben werden. Damit kann aus dieser Regelung aber auch nicht der Schluss gezogen werden, die Gesellschafter könnten mit ihrer Gesellschaft tun und lassen, was sie wollten, weil sie zumindest einvernehmlich aufgrund ihrer Weisungsbefugnis das aktuelle Interesse der Gesellschaft bestimmen könnten. Wäre dies der Fall, würde es bereits an der Pflichtverletzung fehlen, wenn diesem Interesse gemäß gehandelt wird. Das gegen das Bestehen eines vom Alleingesellschafter zu unterscheidenden Eigeninteresses der G m b H vorgebrachte Argument, § 43 Abs. 3 S. 3 G m b H G zeige, dass nicht einmal die Sorgfaltspflicht des Geschäftsführers um die Selbständigkeit der Gesellschaft willen uneingeschränkt gilt 524 , ist damit nicht stichhaltig. Auszugehen ist vielmehr davon, dass das Gesetz in einer f ü r personalistisch ausgestaltete Kapitalgesellschaften geschaffenen Gesellschaftsform, bei der das persönliche Interesse der Gesellschafter am F o r t k o m m e n der Gesellschaft regelmäßig sehr groß ist, den Gesellschaftern die Möglichkeit eröffnen wollte, auf die Unternehmenstätigkeit Einfluss zu nehmen, ohne sich mit der Geschäftsführung darüber auseinander setFrankfurt allerdings sogar der Gesellschaft offensichtlich nachteilige Weisungen unbedenklich sein sollen). 522 § 43 Abs. 3 G m b H G spricht auch nur davon, dass „insbesondere" eine Schadensersatzpflicht besteht, wenn Kapitalerhaltungsvorschriften verletzt werden. Damit wird dieser Fall als besonders wichtiger, keineswegs aber als einziger Fall einer Schadensersatzpflicht begründenden Sorgfaltspflichtverletzung des Geschäftsführers hervorgehoben. 523 Dies gilt überdies auch nur für den Bereich des faktischen Konzerns; im Vertragskonzern wird diese Regelung, im Hinblick auf die hier bestehenden besonderen Gefahren, durch eine entsprechende Anwendung des §310 A k t G verdrängt (vgl. Emmerich/Habersack, §310 Rn. 5 m.w.N.). 524 Wilhelm, Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person (1981), S. 344.

230

Kapitel II: Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

zen zu müssen, ob die jeweilige Maßnahme tatsächlich die beste für die Gesellschaft ist. Insoweit k o m m t das Vertrauen des Gesetzes in die Richtigkeit eines Mehrheitsbeschlusses zum Ausdruck. Die Geschäftsleitung darf bei einer Weisung daher auch nur prüfen, ob der Beschluss wirksam und für sie bindend ist 5 2 5 . D u r c h diese Bindung werden Konflikte bei der Ausführung der Beschlüsse vermieden, die die hier vorgesehene Einflussnahmemöglichkeit auf die Geschäftsführung unmöglich machen bzw. zumindest wesentlich verkomplizieren würde. In K o n s e quenz dessen kann dem Geschäftsführer auch nicht die Verantwortung auferlegt werden, wenn die Angelegenheiten der Gesellschaft nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns geführt wurden. D a m i t werden aber noch nicht Schadensersatzansprüche der Gesellschaft gegenüber den Gesellschaftern verhindert, wenn diese dabei schuldhaft eine eigene Pflicht gegenüber der Gesellschaft verletzt haben. Die Haftungstrennung des § 13 Abs. 2 G m b H G würde durch die Anerkennung eines unabhängigen Eigeninteresses nicht aufgelöst. „Für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet den Gläubigern derselben (auch dann) nur das Gesellschaftsvermögen". Die Gesellschaft muss sich auch gegenüber ihrem Geschäftsführer die Weisungen ihres obersten Gesellschaftsorgans zurechnen lassen 5 2 6 . Es entspricht aber der hier übernommenen primären Verantwortlichkeit der Gesellschafter, wenn sie für eine Pflichtverletzung gegenüber der Gesellschaft auch einzustehen haben. Etwas anderes lässt sich auch nicht etwa daraus ableiten, dass ein Verzicht auf Ersatzansprüche, außer den in § 43 Abs. 3 G m b H G geregelten, grundsätzlich möglich ist (vgl. § 43 Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 9 b Abs. 1 G m b H G ) 5 2 7 . Dies lässt noch nicht den Umkehrschluss zu, dass der Schutz der Gesellschaft nur dann nicht für die Gesellschafter disponibel ist, wenn er mittelbar dem Schutz der Gläubiger dient 5 2 8 . Abgesehen davon, dass der Verzicht auf einen Ersatzanspruch gegen den 525 Nur eingeschränkt ist daher auch der Auffassung zu folgen, bei der GmbH könnten die Gesellschafter gänzlich über die Geschäftsführung bestimmen, da ein Geschäftsführer - anders als der Vorstand einer A G - keine selbständige Position gegenüber den Gesellschaftern habe (statt aller Flume B G B AT 1/2, Die juristische Person S. 61 f, der hervorhebt, die GmbH sei materiell als Personengesellschaft zu verstehen und nur um der Haftungsbeschränkung willen vermögensmäßig als juristische Person gegenüber den Gesellschaftern verselbständigt; vgl. auch O L G Frankfurt v. 7.2.1997 = D B 1997, 922); soweit es um die Prüfung der Wirksamkeit und Anfechtbarkeit einer Weisung geht, besteht diese Position durchaus auch in der GmbH. 526 B G H v. 12.12.1983 = N J W 1984, 1088 m.w.N. 527 Anders Möhring, Zum Schutz der Gläubiger einer konzernabhängigen GmbH (1992), S. 78; zur entsprechenden Problematik der Abkürzung der Verjährungsfrist eines nicht unter den Sondertatbestandes des § 43 Abs. 2 G m b H G fallenden Schadensersatzanspruchs gegen den Geschäftsführer vgl. B G H v. 16.9.2002 = N J W 2002, 3777; anders noch B G H v. 15.11.1999 = ZIP 2000,135 f., wo sich der B G H für die Unzulässigkeit der Abkürzung der Verjährungsfrist von nicht unter den Sondertatbestand des § 4 3 Abs. 3 G m b H G fallenden Schadensersatzanspruch ausgesprochen hat, soweit der Schadensersatzbetrag zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger notwendig ist. 528 So zieht etwa K. Schmidt, ZIP 1988, 1497, 1506 f.; den., ZIP 1989, 545, 546 f. zur Begründung eines Bestandsinteresses vor allem den Gläubigerschutz heran, da dem Rechtsgedanken des § 43 Abs. 3 S. 2 G m b H G zu entnehmen sei, dass die Gesellschafter immer dann nicht auf Schadensersatzansprüche verzichten könnten, wenn Gläubigerinteressen berührt seien. Der

§6:

Treuepflichten gegenüber der Einmanngesellschaft

231

Geschäftsführer - bzw. ein Vergleich darüber - durchaus zweckmäßig sein und damit im Interesse der Gesellschaft liegen kann 5 2 9 , ist anerkannt, dass ein Verzichtsbeschluss anfechtbar ist, wenn dadurch die Gesellschafter gegen ihre Treuepflicht verstoßen bzw. gesellschaftsfremde Sondervorteile verfolgen 5 3 0 . Dafür, dass der aktuelle Wille 5 3 1 der Gesellschafter nicht das Interesse der G e sellschaft berührt, spricht mittelbar auch die Aussage des B G H , wonach auch bei einer E i n m a n n - G m b H der Abschluss eines Beherrschungsvertrages

organisa-

tionsrechtlichen Charakter hat, da zwar die § § 3 7 Abs. 1, 46 Nr. 6 G m b H G eine Einflussnahme der Gesellschafter auf die Geschäftsführung der G m b H zulasse und so die Möglichkeit einer Einflussnahme und Befugnis zur Erteilung von Weisungen im Sinne des § 308 Abs. 1 S. 1 A k t G in der Regel weitgehend übereinstimmen werden. Indes erfasse § 308 Abs. 1 S. 2 A k t G auch den Fall, dass eine den B e langen des herrschenden Unternehmens dienende, der abhängigen Gesellschaft nachteilige Weisung erteilt werde 5 3 2 . Dies zeigt aber, dass auch der B G H das Interesse der abhängigen Gesellschaft jedenfalls hier nicht mit dem Willen ihres Alleingesellschafters gleichsetzt.

2) Die Frage nach den Grenzen der rechtlichen der GmbH

Eigenständigkeit

Mit den hier angeführten Argumenten, die die Tragweite der bislang gegen das B e stehen eines Eigeninteresses vorgebrachten Gründe in Frage stellen, ist freilich noch keine Begründung für das Bestehen eines solchen, von den Gesellschaftern unabhängigen Eigeninteresses geliefert worden. Entscheidende Frage für bzw. gegen das Bestehen eines Eigeninteresses ist, wieweit die rechtliche Selbständigkeit der G m b H gegenüber ihren Gesellschaftern reicht. Es gilt den bereits hervorgehobenen und nach wie vor tragenden Grund für das Bestreiten eines Eigeninteresses der Gesellschaft zu hinterfragen. Diesen sieht man aber darin, dass die Erhebung der G m b H nach außen als Wirkungseinheit zur juristischen Person zwar zu bejahen, sie mateGläubigerschutz sei allgemein auch in der Einmanngesellschaft für die Gesellschafter nicht disponibel, selbst wenn er nur mittelbar über einen Schutz der Gesellschaft erfolge (vgl. auch K. Schmidt, ZIP 1986, 146, 149; andere stellen insbesondere auf den Vertrauensschutz der Gesellschaftsgläubiger ab, der im Konzern neben den reinen Kapitalschutz nach § 30 f. GmbH treten müsse (Limmer, Haftungsverfassung (1992), S. 40 ff., 157 ff.; Schramm, Konzernverantwortung (1991), S. 111 ff.). 5 2 9 Zu denken ist etwa an Fälle, in denen auf diesem Wege der Gesellschaft ein grundsätzlich fähiger Geschäftsführer erhalten wird. 530 Zöllner, in Baumbach/Hueck § 43 Rn. 37 m.w.N. 5 3 1 Anders liegt es natürlich, wenn die Gesellschafter den Zweck der Gesellschaft ändern (vgl. zum Zusammenhang zwischen Zweck und Interesse noch unten S. 244 ff.). 5 3 2 B G H v. 30.1.1992 = ZIP 1992, 395, 398 auch unter Bezugnahme auf die Begründung zum Regierungsentwurf zum G m b H G v. 31.1.1972, BT-Drs. VI/3088 S. 210, in der deutlich hervorgehoben wurde, dass grundsätzlich „die gesellschaftsrechtlichen Mittel zur Beherrschung einer Gesellschaft . nur zu Zwecken eingesetzt werden dürfen, die sich innerhalb der Interessen der Gesellschaft halten" und eine Ausnahme hiervon nur zu machen ist, wenn mit dem herrschenden Unternehmen zuvor ein Beherrschungsvertrag abgeschlossen wurde.

232

Kapitel II:

Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

riell aber als Personengesellschaft zu verstehen sei, die n u r u m der H a f t u n g s b e s c h r ä n k u n g willen v e r m ö g e n s m ä ß i g als juristische P e r s o n gegenüber den G e s e l l schaftern verselbständigt w u r d e 5 3 3 . D i e s e A r g u m e n t a t i o n zeigt, dass, auch w e n n die rechtliche Selbständigkeit nicht n u r der A G , s o n d e r n auch der G m b H als juristische P e r s o n heute außer Streit steht, die F r a g e nach ihrer Eigenständigkeit gegenüber ihren G e s e l l s c h a f t e r n damit n o c h nicht geklärt ist. Allein aufgrund der S t r u k t u r u n t e r schiede zur A G lässt sich diese Eigenständigkeit, wie gesehen, weder grundsätzlich negieren n o c h b e j a h e n . U m sich diesem P r o b l e m zu nähern, muss man sich daher ein S t ü c k weit mit dem Wesen der juristischen P e r s o n an sich beschäftigen, z u m i n d e s t s o w e i t dies für die K l ä r u n g der hier interessierenden F r a g e n v o n B e d e u t u n g ist. Z w a r w a r dieser F r a g e n k r e i s lange Zeit aus der juristischen D i s k u s s i o n v e r s c h w u n den 5 3 4 . N a c h der A u f g a b e der R e c h t s p r e c h u n g z u m qualifiziert faktischen K o n z e r n zeigen sich aber bereits vereinzelt S t i m m e n , die auf diese G r u n d l a g e der D e b a t t e hinweisen, o h n e sie freilich w e i t e r zu v e r f o l g e n 5 3 5 . O b i g e A u s f ü h r u n g e n m a c h e n aber deutlich, dass der F r a g e nach der T r e u e p f l i c h t g e g e n ü b e r einer E i n m a n n - G e sellschaft sinnvoll nicht o h n e einige grundsätzlichen E r ö r t e r u n g e n zur E i g e n s t ä n digkeit der juristischen P e r s o n nachgegangen w e r d e n kann. H i e r z u liegen die W u r zeln für eine A b l e h n u n g bzw. B e f ü r w o r t u n g der Treuepflicht, jedenfalls in der E i n manngesellschaft, zu tief in den Vorstellungen ü b e r das W e s e n der G m b H

als

juristischer P e r s o n an sich verankert. S o sieht m a n vielfach in der j u r i s t i s c h e n P e r s o n als s e l b s t ä n d i g e m R e c h t s s u b j e k t , das im R e c h t s v e r k e h r B e t e i l i g t e r v o n R e c h t s v e r h ä l t n i s s e n sein k a n n , n u r ein e n r e c h t s t e c h n i s c h e n K u n s t g r i f f i m D i e n s t e der Z w e c k m ä ß i g k e i t u n d N ü t z l i c h k e i t 5 3 6 . A u s der S e l b s t ä n d i g k e i t der j u r i s t i s c h e n P e r s o n k ö n n e indes s c h o n deshalb k e i n e T r e u e p f l i c h t der G e s e l l s c h a f t e r g e g e n ü b e r der G e s e l l s c h a f t abgeleitet w e r den, da diese ein K o n s t r u k t des G e s e t z e s sei 5 3 7 . R e d u z i e r t m a n das W e s e n e i n e r j u r i s t i s c h e n P e r s o n a b e r auf e i n e n r e c h t s t e c h n i s c h e n K u n s t g r i f f , so liegt es in der Tat nahe, in der G e s e l l s c h a f t n u r eine reine „Veranstaltung der G e s e l l s c h a f t " zu e r k e n n e n u n d ein eigenes, v o m W i l l e n der G e s e l l s c h a f t e r l o s g e l ö s t e s I n t e r e s s e eines s o l c h e n G e b i l d e s a b z u l e h n e n , s o w e i t der G e s e t z g e b e r , w i e im A k t i e n r e c h t , ein solc h e s n i c h t a u s d r ü c k l i c h v o r g i b t . V o r d i e s e m H i n t e r g r u n d ist es k o n s e q u e n t , w e n n f ü r die G m b H v e r t r e t e n w i r d , h i e r ü b t e n die G e s e l l s c h a f t e r m i t d e m W e i s u n g s r e c h t n u r ihre E i g e n t u m s r e c h t e aus 5 3 8 , w e s h a l b sie m i t d e m V e r m ö g e n der G e s e l l schaft, auf w e l c h e s sie ihre H a f t u n g b e s c h r ä n k t h a b e n , a u c h „nach B e l i e b e n u m 533 Statt aller Flume, B G B AT 1/2, Die juristische Person S. 61 f.; vgl. auch O L G Frankfurt v. 7.2.1992 = DB 1997,922. 534 Vgl. Teuhner, KritV 1987, 61. 535 Vgl. etwa Altmeppen, ZIP 2002, 1553, 1555; Bitter, WM 2001, 2133, 2139. 536 Hadding, in Soergel, 13. Aufl. vor § 21 Rn. 7; v. Lübtow, in FS für Ernst Wolf S. 451, 452; K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. § 8 II 1. 537 Bachmann, N Z G 2001, 961, 971; Röhricht, in FS 50 Jahre B G H S. 83, 103; a.A. Hartmann, G m b H R 1999,1061 f.; Ziemons, Die Haftung der Gesellschafter für Einflussnahmen auf die Geschäftsführung der GmbH (1996), S. 98 ff.; Wilhelm, Rechtsform und Haftung (1981), S. 337. 538 Wonnemann, BB 1990, 217, 219.

§6:

Treuepflichten

gegenüber

der Einmanngesellschaft

233

springen" könnten 539 . Damit wäre in den §§ 30 ff. GmbHG tatsächlich die einzige Schranke für ein eigennütziges Ausplündern der GmbH durch ihre Gesellschafter zu sehen 540 . Der Begriff des „rechtstechnischen Kunstgriffs" ist freilich kein unbekannter. Bereits Jhering, als maßgeblicher Vertreter der Genießertheorie, einer Theorie, die nur die hinter der Verbandsperson stehenden Mitglieder als wahre Rechtsträger anerkannte, sprach von der juristischen Person nur als rechtstechnischem Kunstgriff 541 . Dieser Ansatz kann zwar in dieser Form sicher als überwunden angesehen werden. Trotzdem verwundert es nicht, dass man, vor dem Hintergrund der Vorstellung der juristischen Person als bloßem Kunstgriff, gerade in der Treuepflicht gegenüber der Einmann-GmbH auch nur eine „künstlich anmutende Konstruktion" entdecken kann 542 . Eng damit zusammen hängt es, wenn man die EinmannGmbH zwar als von der Rechtsordnung anerkanntes Gebilde akzeptiert, sie rechtstheoretisch aber nicht für überzeugend begründbar hält 543 . Gänzlich offenbar werden die Probleme mit dem Verständnis um die juristische Person, wenn neuerdings unter Rückgriff auf eine im anglo—amerikanische Recht noch verbreitete Meinung 544 diese als bloßes Fiktivum dargestellt wird, die nur als „Netz von expliziten und impliziten Verträgen" zwischen den an der Gesellschaft beteiligten oder sonst betroffenen Personen zu verstehen sei 545 . Auf der Grundlage eines solchen Verständnisses lässt sich die Einmanngesellschaft nicht erklären 546 . Sie bedeutet einen Rückschritt in Zeiten, in denen die juristische Persönlichkeit der Kapitalgesellschaft selbst negiert wurde. Sehr deutlich wird dies, wenn Bitter meint, die Anerkennung einer Treuepflicht bzw. einer mitgliedschaftlichen Sonderbeziehung gegenüber der Einpersonengesellschaft laufe auf „die Anerkennung eines Vertragsverhältnisses des Gesellschafters mit sich selbst heraus" 547 . a) Die Rechtspersönlichkeit

der

GmbH

Die Tatsache, dass im Recht der Kapitalgesellschaften die juristische Persönlichkeit der Gesellschaften, historisch betrachtet, zunächst nur sehr zurückhaltend und jedenfalls nicht mit der Konsequenz einer durchgehenden Trennung zwischen

539 Anders allerdings etwa K. Schmidt, in Scholz § 47 Rn. 26, 30 m.w.N.; zum Meinungsstand vgl. bereits oben S. 196 ff. 540 Vonnemann, BB 1990, 217, 219, 220, der entgegen Wilhelm insbesondere auch hervorhebt, die Gesellschafter treffe nicht die Pflicht zur kaufmännisch sorgfältigen Erhaltung des Gesellschaftsvermögens und damit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung. 541 Jhering, Geist des römischen Rechts, 4. Aufl., Bd. III/l § 61 S. 356. 542 K r o p f f , in FS Semler S. 536. 543 So noch ausdrücklich BGH v. 11.10.1956 = BGHZ 21, 384. 544 Vgl. hierzu unten S. 636 ff. 545 Bitter, WM 2001,2133, 2139. 546 Vgl. zu den dementsprechenden Schwierigkeiten, die man im englischen Recht auf der Grundlage eines solchen Verständnisses mit der Erklärung der Einmanngesellschaft hat, noch unten S. 639. 547 Bitter, WM 2001, 2133, 2139.

234

Kapitel II: Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

G e s e l l s c h a f t u n d G e s e l l s c h a f t e r v o l l z o g e n w u r d e , w u r d e b e r e i t s v o n Wilhelm548

in

seiner H a b i l i t a t i o n s s c h r i f t a u s f ü h r l i c h d a r g e s t e l l t 5 4 9 . I n s b e s o n d e r e w a r i m E n t w u r f des G e s e t z e s v o n 1 8 9 2 ü b e r die G e s e l l s c h a f t mit b e s c h r ä n k t e r H a f t u n g a u c h n o c h a u s d r ü c k l i c h o f f e n g e l a s s e n w o r d e n , o b es sich bei der G m b H ü b e r h a u p t u m eine j u r i s t i s c h e P e r s o n h a n d e l t 5 5 0 . Z u f o l g e n ist Wilhelm

a b e r a u c h darin, w e n n er

feststellt, dass diese „zeit- u n d s i t u a t i o n s b e d i n g t e " m a n g e l n d e K o n s e q u e n z auf der G r u n d l a g e der h e u t i g e n E r k e n n t n i s s e n i c h t m e h r a u f r e c h t e r h a l t b a r i s t 5 5 1 . Z u r B e s t ä t i g u n g seiner F e s t s t e l l u n g greift Wilhelm vignys

a u c h auf die A u s f ü h r u n g e n von

Sa-

z u r ü c k . Z w a r hat dieser i m R a h m e n seiner F i k t i o n s t h e o r i e 5 5 2 die A k t i e n g e -

sellschaft in i h r e r d a m a l i g e n A u s f o r m u n g n i c h t richtig e i n o r d n e n 5 5 3 u n d erst r e c h t n i c h t die G m b H b e r ü c k s i c h t i g e n k ö n n e n . N a c h d e m die j u r i s t i s c h e P e r s ö n l i c h k e i t der G m b H h e u t e u n b e s t r i t t e n feststeht, s p r i c h t a b e r n i c h t s dagegen, z u m b e s s e r e n V e r s t ä n d n i s des U m f a n g s der E i g e n s t ä n d i g k e i t einer j u r i s t i s c h e n P e r s o n sich m i t d e n bereits v o n Savigny

h i e r z u g e m a c h t e n A u s f ü h r u n g e n a u s e i n a n d e r zu s e t z e n

u n d dessen E r w ä g u n g e n a u c h auf die K a p i t a l g e s e l l s c h a f t e n a u s z u d e h n e n 5 5 4 . O h n e w e i t e r e s ü b e r t r a g b a r ist d a m i t a b e r a u c h die E r k e n n t n i s v o n der V e r s c h i e d e n h e i t des W i l l e n s der K o r p o r a t i o n v o n d e m i h r e r Mitglieder, w e s h a l b die M e h r heit a u c h bereits v o n Savigny

n i c h t als b e f u g t a n g e s e h e n w u r d e , m i t u n e i n g e -

s c h r ä n k t e r M a c h t ü b e r die K o r p o r a t i o n z u v e r f ü g e n 5 5 5 . Z w a r ging a u c h

Savigny

d a v o n aus, dass die j u r i s t i s c h e P e r s o n k ü n s t l i c h gebildet u n d d e m e n t s p r e c h e n d als

Wilhelm, Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person (1981), S. 340 ff. Nach Ansicht der 1. Kommission bestand das „Wesen der juristischen Persönlichkeit" für das bürgerliche Recht allein darin, dass die an sich nur den natürlichen Personen zustehende Vermögensfähigkeit „kraft positiver Satzung einem Personenverein oder einem Vermögensinbegriffe beigelegt" ist (Mot. I, 78 = Mudgan I, 395); bereits in den Vorentwürfen zum B G B wurde aber hervorgehoben: „Auf dem Gebiete des Privatrechts handelt es sich bei der juristischen Person immer um die Beziehungen eines Vermögens, wodurch nicht ausgeschlossen ist, dass juristische Personen unter Umständen ohne ein bereits vorhandenes Vermögen entstehen und ungeachtet des Wegfalls des Vermögens fortbestehen können; es handelt sich um ein Vermögen, das zur Erreichung eines gewissen Zwecks verwendet werden soll." ( G e b h a r d , in: Die Vorlagen der Redaktoren für die 1. Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfs einer bürgerlichen Gesetzbuchs, hrsg. von Werner Schubert, B G B AT, Teil 1, S. 516). 5 5 0 Vgl. RT-Aktenstück Nr. 660 S. 3737. 5 5 1 Nicht gefolgt werden kann allerdings der Auffassung Wilhelms, wenn er meint, dass die Folgerung aus einer konsequenten Trennung notgedrungen die Annahme einer Organhaftung der maßgeblichen Gesellschafter sein müsse (vgl. Wilhelm, Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person (1981), S. 340); zur Tragweite dieser Theorie vgl. S. 211 ff. 5 5 2 Die Fiktionstheorie anerkennt nur natürliche Personen als geborene und der Rechtsordnung vorgegebene Rechtssubjekte. Soweit auch überindividuellen sozialen Einheiten als juristischen Personen eine gleichartige Rechtsfähigkeit zugemessen werden soll, kann dies nur auf der Grundlage eines im objektiven Recht begründeten Aktes der Gleichstellung geschehen, durch welche die Personenhaftigkeit fingiert wird. 5 5 3 Vgl. ausführlich Wilhelm, Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person (1981), S. 341 ff. 554 Wilhelm, Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person (1981), S. 348. 5 5 5 System II S. 283, 329 ff.; ähnlich Puchta, Pandekten, 11. Aufl. S. 39; Henkel, Zur Theorie der juristischen Person im 19. Jhd. (1972); gegen das „Mißverständnis der Lehre Savignys als Fiktionstheorie" vgl. Flume, Die juristische Person § 1 I 2. 548

549

§ 6: Treuepflichten

gegenüber

der Einmanngesellschaft

235

„bloße Fiktion" zu juristischen Zwecken angenommen werde 556 . Als Missverständnis ist es zwischenzeitlich aber aufgedeckt worden, Savigny habe die Auffassung vertreten, der Verband habe keine Realität 557 , bzw. nur der Mensch könne Rechtsträger sein. Von dem „künstlichen oder willkürlichen Dasein" spricht Savigny, wie bereits Flume ausführlich dargestellt hat, nur im Hinblick darauf, dass ihre Existenz nicht notwendig ist 558 . Rechtsträger ist aber auch nach Savigny die Korporation selbst und nicht die einzelnen Mitglieder, auch nicht in ihrer Gesamtheit 559 . Diese haben vielmehr nur an dem idealen Ganzen teil, weshalb sie auch nur dessen Interessen, wenn auch in autonomer Entscheidung, verfolgen dürfen 560 . Dabei machte bereits Savigny auf die Wichtigkeit des von der Korporation verfolgten Zwecks aufmerksam, der dadurch gefördert werden soll, dass man der Korporation die Vermögensfähigkeit zuerkannt hat 561 , womit er die Bedeutsamkeit des Zwecks der Gesellschaft zur Bestimmung ihrer Eigenständigkeit hervorhob 562 . Dass Savigny ein von den Mitgliedern über die zwingenden Gläubigerschutzbestimmungen hinausgehendes Eigeninteresse der juristischen Person vorausgesetzt hat 563 , lässt zwar nach Ulmer noch nicht ohne weiteres den Schluss auf das Bestehen eines solchen Interesses bei der GmbH zu 564 . Wenig konsequent ist es auf der anderen Seite aber, angesichts der dominierenden Rolle der Gesellschafter im GmbHG, ohne weiteres von einer Gleichsetzung von Gesellschafts- und Gesellschafterinteresse auszugehen, für den Fall des Konzerns - im Hinblick auf die „konzernspezifischen Gefahren für die abhängige Gesellschaft und ihre Gläubiger" sich von dieser Gleichsetzung aber wieder zu lösen und ein von dem Alleingesellschafter eigenständiges Eigeninteresse der Gesellschaft hier anzuerkennen 565 . Entsprechendes gilt, wenn man ein Eigeninteresse erst anerkennt, sobald System I I S . 236. So Wieacker, in FS Huber S. 339, 363, 366 f, vgl. dagegen Flume, Die Juristische Person § 1 I; K. Schmidt, GesR 4. Aufl. § 8 II 2 b). 5 5 8 Vgl. Flume, Die juristische Person § 1 I 2. 5 5 9 Vgl. Flume, Die juristische Person § 1 I 2. 560 Flume, Die juristische Person § 7 II 2. 5 6 1 System I I S . 324. 5 6 2 Dass ohne gemeinsamen Zweck kein Gesellschaftsverhältnis entsteht und dieser das konstituierende Element eines überindividuellen Verbandes ist, dürfte heute nicht mehr fraglich sein (grundlegend bereits v. Gierke, Die Genossenschaftstheorie (1963) S.631 ff.; R. Fischer in Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts Bd. 63 (1913), Die Bedeutung des Zwecks für die Aktiengesellschaft S. 327, 333 m.w.N.; vgl. aus dem heutigen Schrifttum nur K. Schmidt, GesR 4. Aufl. § 4 I 2 b; Wiedemann, GesR I § 1 I 1 b; H. Westermann, in FS Schnorr v. Carolsfeld S. 517, 521 ff.). 5 6 3 Vgl. auch hierzu ausführlich bereits Wilhelm, Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person (1981), S. 339 ff., 348 f. 5 6 4 So Ulmer, Z H R 148 (1984), 391, 418 f. 5 6 5 Vgl. Ulmer, Z H R 148 (1984), 391, 416 ff, 419, der insoweit auf eine Rechtsanalogie zu dem Rechtsgedanken eines vom Mitgliedergesamtinteresse losgelösten eigenständigen Schutzes, der den §§300 ff., 317, 322, 324 AktG zugrunde liegt, abstellt; ähnlich Assmann, J Z 1986, 928, 931; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht (1982), S. 256; wohl auch Weithrecht, Haftung der Gesellschafter (1990), S. 56. 556 557

236

Kapitel

II: Grundlegung

der

Treuepflichtbaftung

eine Gesellschaft ihren Verbindlichkeiten nicht mehr nachkommen kann bzw. in ihrer Existenz gefährdet wird 566 . Der juristischen Person nur dann ein Eigeninteresse zuzuerkennen, wenn es besonders gefährdet erscheint oder dieser Schutz im Interesse der Gläubiger als notwendig angesehen wird, lässt die Anerkennung eines solchen Eigeninteresses als reine Fiktion für bestimmte Problemfälle erscheinen, ohne dessen grundsätzliche Existenz zu akzeptieren. Aufgeworfen ist aber die Frage, ob die Anerkennung eines Eigeninteresses nicht zwangsläufig mit der Anerkennung der juristischen Persönlichkeit einhergehen muss. Um diese Frage klären zu können, muss (und kann) an dieser Stelle nicht der gesamte, vor allem im 19. Jahrhundert sehr heftig geführte Theorienstreit um das Wesen der juristischen Person aufbereitet werden, zumal dieser in vielen Bereichen nur noch unter dogmengeschichtlichen Aspekten interessant ist567. Bereits Wieacker hat darauf hingewiesen, dass es nach dem Wegfall der dereinst herrschenden rechtsphilosophischen und sozialtheoretischen Prämissen nicht sinnvoll ist, diese Theorien „zu konservieren, sie fortzuentwickeln oder zwischen ihnen auszuwählen568. Im Ergebnis dürfte heute auch feststehen, dass sich keine der früheren Positionen uneingeschränkt halten lässt569. Bedeutung haben allerdings auch heute noch die sich grundsätzlich gegenüber stehenden Modelle der Fiktionstheorie und der verbalen Verbandspersönlichkeit, die aus dem Streit des 19. Jahrhundert maßgeblich erwachsen sind570. Auch Raiser wies erst unlängst auf die „Spannung zwischen individualistischer und kollektivisticher Gesellschaftstheorie und zwischen idealistischen, normpositivistischen und realistischen Rechtslehren" hin, die diesem Theorienstreit zugrunde liegt 571 , und die auch das heutige Verständnis der juristischen Person noch beherrscht. Die Tatsache, dass der Streit um das Wesen der juristischen Person seit langem „abgeklungen" ist572, zeigt nur, dass man weitgehend „einen modus vivendi ... für den Tagesgebrauch" gefunden hat573, bzw., wie Brecher es treffend ausdrückte, „der Ernst, mit dem die Banner der Theorien entVgl. hierzu bereits oben S. 200 ff. So Hadding, in Soergel, 13. Aufl. vor § 21 Rn. 7. 568 Wieacker, in FS Huber S. 339; zur Darstellung der Vielzahl von Theorien um die juristische Person vgl. H. J. W o l f f , Organschaft und juristische Person, Band I (1929). 569 Vgl. Larenz/Wolf AT, 8. Aufl. § 9 Rn. 7 ff.; vgl. auch Hadding in Soergel vor § 21 Rn. 8 ff.; K. Schmidt, GesR 4. Aufl. § 8 II 2. 570 Die Theorie des personifizierten Zweckvermögens (Brinz, Lehrbuch der Pandekten Bd. 1, 3. Aufl. §§ 60, 61), die als drittes Modell diesen teilweise an die Seite gestellt wird, kann insoweit als extreme Konsequenz der Fiktionstheorie verstanden werden (Raiser AcP 199 (1999), 104, 112.), nach der auch ein bestimmten Zwecken gewidmetes, aber subjektloses Sondervermögen (Anstalt und Stiftung) als juristische Person verstanden werden kann. Als besonderes Verdienst dieser Theorie ist die Herausarbeitung der Zweckbezogenheit der hier in Rede stehenden Gebilde herauszustellen. 571 Raiser, AcP 199 (1999), 104, 111. 572 Larenz, AT, 7. Aufl. S. 133. 573 Man definiert die juristische Person heute als zweckgebundene Organisation, der die Rechtsordnung die Rechtsfähigkeit verliehen hat (Reuter in MK, vor §21 Rn. 2); bzw. etwas ausführlicher als eine „durch einen rechtlichen Akt geschaffene, auf Dauer angelegte Personenvereinigung oder Organisation, die als von der Summe der jeweiligen Mitglieder und Sachwalter (Organe) zu unterscheidenden Einheit selbst Rechte und Pflichten haben kann, durch ihr zure566

567

§ 6: Treuepflichten

gegenüber

der

Einmanngesellschaft

237

rollt wurden,... einem pragmatischen common sense gewichen" ist 574 . Man bedient sich der juristischen Person mit „technischer Selbstverständlichkeit", ohne es für notwendig zu erachten, „alle Probleme, die sich hinter dieser Rechtsfigur verbergen, wieder und wieder zu reflektieren" 575 . Gleichwohl zeigen Arbeiten wie die von Rittner57b, Flume577, aber auch von John57i, Ott579 und aus letzter Zeit insbesondere von Raiser™, dass die Diskussion um das Wesen der juristischen Person nie ganz erloschen ist. So bemühte sich etwa Rittner im Gegensatz zur heute herrschenden Auffassung um einen rechtsethischen Begriff der juristischen Person, die ebenso wie die natürliche Person Ausgangspunkt der Rechtshandlungen sein soll. Nach Rittners von Hegels Philosophie beeinflusster Auffassung ist die juristische Person „eine überindividuelle Wirkungseinheit der Rechtsordnung, die zur Verwirklichung einer bestimmten, wenn auch veränderlichen, inhaltlich begrenzten und rechtlich verfassten Substanz objektiven Geistes in einem dialektischen Prozess dienen soll, die dem Personalen aber dadurch verhaftet bleibt, dass Rechtspersonen unmittelbar oder mittelbar durch andere juristische Personen in sie eingegliedert sind, die Rechtsperson bleiben und jene Substanz in der durch die konkrete Gliederung bestimmten Weise immerfort realisieren, und dass sie (die Wirkungseinheit) in wesentlichen Hinsichten, wenigstens aber soweit ihre Aufgabe reicht, der Rechtsperson gleichgestellt ist" 581 . Da Rittner das seiner Definition innewohnende maßgebliche Kriterium „des Uberindividuellen" letztlich auf die durch Rechtsfähigkeit erlangte Selbständigkeit der juristischen Person gegenüber den in sie eingegliederten Personen zurückführt 582 , wurde allerdings die Frage aufgeworfen, ob sich dieser Ansatz von der herrschenden Lehre tatsächlich mehr als nur graduell unterscheidet 583 . Allerdings entsteht die Wirkungseinheit nach Rittner nicht erst infolge der Eintragung, sondern bereits durch den Aufbau einer handlungsfähigen Organisation im Zuge des Gründungsprozesses, weshalb es sich nach ihm bereits insoweit um eine juristische Person handelt, wenn auch um eine noch nicht vollendete584. Damit sei chenbare Handlungen ihrer Organe Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen und dadurch als selbständiges Rechtssubjekt am Rechtsverkehr teilnehmen kann" (Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 8. Aufl. 1997 S. 166; Raiser, AcP 199 (1999), 104, 105). 574 Brecher, in FS für A. Hueck S. 233 f. 575 K. Schmidt, GesR 4. Aufl. § 8 II 1. 576 Rittner, Die werdende juristische Person (1973). 577 Flume, Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts Bd.1/2: Die juristische Person (1983). 578 Die organisierte Rechtsperson: System und Probleme der Personifikation im Zivilrecht (1977), S. 66 ff. 579 Ott, Recht und Realität der Unternehmenskorporation (1977). 580 Raiser AcP 199 (1999), 104 ff. 581 Rittner, Die werdende juristische Person (1973), S. 229. 582 Rittner, Die werdende juristische Person (1973), S. 230. 583 Ulmer, ZHR 140, 61, 64. 584 Deren Gestalt ist nach Rittner insofern eigentümlich, als sie noch nicht zur ständigen Verwirklichung dieser Substanz berufen ist, sondern ihre Aufgabe darin besteht, den Entstehungsprozeß zum Abschluss zu bringen (Rittner, Die werdende juristische Person (1973), S. 319).

238

Kapitel

II: Grundlegung

der

Freuepflichtbaftung

nicht die förmliche Anerkennung in Gestalt staatlicher Registrierung oder Konzession der für die Entstehung juristischer Personen entscheidende Vorgang, sondern die Bildung einer überindividuellen geistigen Wirkungseinheit 585 . Auch Flume spricht in Anschluss an Rittner von der juristischen Person als „Wirkungseinheit" 586 . Allerdings werden nach Flume „mit dem Begriff der juristischen Person ... die unterschiedlichen 'Wirkungseinheiten" erfasst, denen nach unserer Rechtsordnung die Eigenschaft der juristischen Person zukommt, indem sie in den Formen, welche die Rechtsordnung zur Verfügung stellt, ... als juristische Personen verfasst sind" 587 . Damit kommt es nach ihm nicht auf das reale Erscheinungsbild der Verbände an, sondern auf die positivrechtliche Ausgestaltung der Verbandstypen. In den sechziger und siebziger Jahren traten neben die bis dahin vorherrschenden philosophischen Denkmodelle zudem soziologische und politikwissenschaftliche Überlegungen. So will insbesondere Raiser5SS das Unternehmen selbst und nicht die Gesellschaft als Substrakt der juristischen Person verstehen. Er kritisiert angesichts der sozialen Macht und politischen Bedeutung großer Verbände eine Zivilrechtsdogmatik, die sich auf einen lediglich systemimmanent-rechtstechnisch konzipierten Begriff der juristischen Person beschränkt 589 . Insbesondere wirft er der Fiktionstheorie vor, dass diese die dem Recht vorgegebene soziale und psychische Wirklichkeit der gesellschaftlichen Kollektive zu wenig würdige, die bereits „in der Anschauung des täglichen Lebens als eigenständig handelnde Entitäten neben die natürlichen Personen treten" 590 . Nach seiner Ansicht kann eine gehaltvolle Konzeption der juristischen Person nur entstehen, wenn man die Wechselwirkungen zwischen gesellschaftlicher Wirklichkeit der Verbände und normativem Verbandsrecht in sich aufnimmt 591 . Dementsprechend müsse in Abgrenzung gegenüber dem Positivismus und Formalismus der dogmatischen Jurisprudenz an der kulturellen und somit „gesellschaftlichen und philosophisch-politischen Verankerung des Begriffs der juristischen Person und der Anerkennung sozialer Gebilde als juristische Person durch das Recht" festgehalten werden 592 . Nach Raiser sind juristische Personen als „im sozialen Leben als eigenständige Einheiten auftretende handlungsfähige Verbände und Organisationen" zu definieren, „welche das geltende Recht gleich natürlichen Personen als prinzipiell uneingeschränkt rechtsfäVgl. Raiser, AcP 199 (1999), 104, 123. Flume, Die Juristische Person § 1 V. 587 Flume, Die Juristische Person § 1 V. 588 Raiser, Das Unternehmen als Organisation (1969). 589 Raiser, AcP 199 (1999), 104, 124, auch die Ausführungen Otts, Recht und Realität der Unternehmenskorporation (1977), S. 85 f. werden dahingehend verstanden, dass die hohe symbolische und politische Bedeutung bei der Definition des Rechtsbegriffs der juristischen Person nicht außer Acht gelassen werden dürfen. 590 Raiser, AcP 199 (1999), 104, 114. 591 Raiser, AcP 199 (1999), 104, 114 f. 592 Raiser, AcP 199 (1999), 104,122 im Anschluß an Schönfeld, Rechtsperson und Rechtsgut im Lichte des Reichsgerichts als Vorarbeit zu einer künftigen Wirklichkeitslehre des Rechts in Festgabe zum 50jährigen Bestehen des Reichsgerichts, Bd. 2, 1929, S. 191 ff. 585 586

§ 6: Treuepflichten

gegenüber

der

Einmanngesellschaft

239

hig anerkennt" 593 , weshalb auch die BGB-Gesellschaft als juristische Person anzusehen wäre 5 9 4 . b) Die Rechtsfähigkeit

als unzureichendes

Kriterium der

Rechtspersönlichkeit

Macht man das Wesen der juristischen Person nur an der Rechtsfähigkeit fest bzw. versteht sie unabhängig von einem staatlichen Akt als überindividuelle geistige Wirkungseinheit, so müsste man in der Tat auch die Gesamthand, der der BGH mittlerweile die Rechtsfähigkeit zuerkannt hat, soweit sie Außengesellschaft ist, als juristische Person verstehen 595 . Allein dies zeigt, dass der Streit um die Rechtsnatur der juristischen Person keineswegs überholt ist, sondern aktueller den je. Wären Personengesellschaften ebenso wie Kapitalgesellschaften juristische Personen, so wäre aus der Rechtspersönlichkeit in der Tat kein Argument mehr für ein von den Gesellschaftern unabhängiges Eigeninteresse der Gesellschaft abzuleiten. Hinsichtlich der Rechtsfähigkeit der BGB-Außengesellschaft spricht der BGH 5 9 6 von einer nach „außen bestehenden beschränkten Rechtssubjektivität". Die BGB-Gesellschaft wird als rechtsfähige anerkannt, soweit sie im Rechtsverkehr als Gesamthandsgemeinschaft eine Rechtsposition einnehmen kann 597 , was grundsätzlich der Fall ist, wenn diesem Umstand nicht spezielle Gesichtspunkte entgegenstehen 598 . Insoweit ist die BGB-Gesellschaft Zuordnungssubjekt. Diese Auffassung geht konform mit der Tatsache, dass die BGB-Gesellschaft auch in §§ 191 Abs. 2 Nr. 1 U m w G i.V.m. 202 Abs. 1 Nr. 1 U m w G als Rechtsträger bezeichnet wird 5 9 9 und durch § 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO mittlerweile auch ihre Insolvenzfähigkeit anerkannt ist 600 . Auch § 14 Abs. 2 BGB bestätigt die Anerkennung des Gesetzes hinsichtlich der möglichen Rechtsfähigkeit von Personengesellschaften. Gleichzeitig weist der BGH aber darauf hin, dass die Zuerkennung der Rechtsfähigkeit in dieser Form noch nicht gleichbedeutend mit der Anerkennung der

Raiser, AcP 199 (1999), 104, 137. Raiser, AcP 199 (1999), 104,143, auch die Auffassung/o^ws, der in seinem Buch, wie der Titel „Die organisierte Rechtsperson" bereits zeigt, einen Begriff der „organisierten Rechtsperson" zu entwickeln versucht, der allgemeiner und umfassender ist als der übliche Begriff der juristischen Person, hält eine Unterscheidung zwischen Gesamthand und juristischer Person sinnwidrig (vgl. hierzu auch Raiser AcP 199 (1999), 104, 125 f.). 595 So in der Tat Timm, ZGR 1996, 247, 251 f. 596 BGH v. 29.1.2001 =BGH NJW 2001, 1056 = ZIP 2001, 330; bestätigt in BGH Beschl. v. 18.2.2002 = NJW 2002, 1207 (Rechts- und Parteifähigkeit im Zivilprozeß sowie akzessorische Gesellschafterhaftung). 597 Zur Parteifähigkeit der GbR als Träger, der sich aus Art. 14 GG ergebenden Grundrechte vgl. nun auch BVerfG Beschluss v. 2.9.2002 = NJW 2002, 3533. 598 BGH v. 29.1.2001 = NJW 2001, 1056 = ZIP 2001, 330 m.w.N. 599 Nach der Regierungsbegründung sind im Hinblick auf die „neue Sicht von der Natur der Gesamthand, die Unterschiede zwischen juristischer Person und Gesamthand ... zwischenzeitlich (gar) eingeebnet" (Begründung zum Regierungsentwurf des UmwG 1994, BT-Drs. 12/6699 S. 74). 600 BGH v. 29.1.2001 = NJW 2001, 1056 = ZIP 2001, 330 ff. 593 594

240

Kapitel II: Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

B G B - G e s e l l s c h a f t als juristische Person ist 6 0 1 . D a m i t vermeidet er einen Widerspruch zu § § 2 1 , 22 54 B G B . Zwar spricht § 2 1 B G B davon, dass ein Verein erst durch die Eintragung Rechtsfähigkeit erlangt, weshalb nach § 54 B G B auf den nichtrechtsfähigen Verein die Vorschriften der B G B - G e s e l l s c h a f t Anwendung finden. D i e Rechtsfähigkeit der B G B - G e s e l l s c h a f t ist aber der Gruppe ihrer gesamthänderisch verbundenen Mitglieder zugeordnet, während die Rechtsfähigkeit des Vereins aufgrund dessen eigener Rechtspersönlichkeit besteht 6 0 2 . Eben diese eigene Rechtspersönlichkeit macht aber die juristische Person aus. Deutlich spricht daher auch § 1 A k t G davon, dass die Aktiengesellschaft eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit ist. D i e Anerkennung der „Gesamtrechtsfähigkeit" 6 0 3 einer Personengesellschaft nähert diese der Kapitalgesellschaft zwar an, der grundsätzliche Dualismus im Gesellschaftsrecht, wie er in unserem Gesetz verankert wurde, wird hierdurch aber nicht aufgehoben. D e r wesentliche Unterschied zwischen einer juristischen Person und einer Personengesellschaft liegt darin, dass die juristische Person im Verhältnis zu ihren Mitgliedern eine andere Person ist, w o hingegen Personengesellschaften mit der Gesamtheit ihrer jeweiligen Mitglieder identisch sind 6 0 4 . Eigenständigkeit von dieser Gesamtheit kann aber erst durch die staatliche Anerkennung der eigenen Rechtspersönlichkeit erlangt werden. Teilweise wird allerdings auch sehr eindringlich betont, dass der normpositivistische Ansatz die soziale und psychische Wirklichkeit der gesellschaftlichen K o l lektive nicht ausreichend würdige 6 0 5 . Auch nach der germanistischen Theorie von der realen Verbandspersönlichkeit bzw. Kollektivpersönlichkeit mit ihrem P r o tagonisten Otto v. Gierke606

ist die Verbandsperson keine Schöpfung des objekti-

ven Rechts, sondern Realität. Verbände werden hiernach als überindividuelle L e bewesen betrachtet und der Blick auf ihre gesellschaftliche und psychische Realität gerichtet. Vorbild sind dabei die ursprünglichen Kollektive wie Familienverbände, Gemeinden und Staat, welche das Recht nicht erschafft, sondern vorfindet und nur gemäß ihren eigenen Funktionsbedingungen begrenzt ausgestalten kann. Danach könnten auch Verbände ein überindividuelles Eigenleben entfalten, durch das sie natürlichen Menschen gleichgestellt werden. D e r Staat könnte dieses Eigenleben zwar in rechtmäßige Bahnen lenken, hätte es im Übrigen aber durch die A n e r k e n -

6 0 1 „Soweit sie in diesem Rahmen eigene Rechte und Pflichten begründet, ist sie (ohne juristische Person zu sein) rechtsfähig". 6 0 2 B G H v. 29.1.2001 = ZIP 2001,330 ff.; Huber, in FS Lutter S. 107,108 f. spricht daher auch von einem „gespaltenen Begriff der Rechtsfähigkeit". 6 0 3 Diesen Begriff hat neuerdings Beuthien, J Z 2003, 715, 721 zur Vermeidung weiterer Begriffsverwirrungen in die Diskussion eingebracht und dabei hervorhoben, dass die Vermögenswie auch die Verpflichtungsfähigkeit der BGB-Gesellschaft „nicht auf einer wie immer gearteten einzelpersonalen Rechtsfähigkeit der Personengesellschaft selbst, sondern auf den in dieser gesellschaftsrechtlich gebündelten Rechtsfähigkeiten der Personengesellschafter" beruht. 604 Huber, in FS Lutter S. 107, 113 f. 605 Raiser, AcP 199 (1999), 104, 114. 6 0 6 Deutsches Privatrecht I S. 471 ff.; ebenso H a f f , Grundlagen einer Körperschaftslehre (1915), Vorwort S. III; ders., Institutionen S. 110 ff.

§6:

Treuepflichten

gegenüber

der Einmanngesellschaft

241

nung als juristische Person zu achten, womit sie als bloße Verrechtlichung vorgefundener Realitäten verstanden werden 607 . Realität ist die Personengesellschaft ohne Frage. Dies erkennt das Gesetz wie auch die Rechtsprechung mit der Zuerkennung der Rechtsfähigkeit einer Personengesellschaft aber auch in ausreichendem Maße an. Allerdings als das, was es ist, als Zusammenschluss von Personen. Wie der B G H zu Recht bestätigt, wird damit die Personengesellschaft nicht zur juristischen Person. Die soziale Realität reicht weder aus, um Gierkes Theorie zuzustimmen, noch um Savignys Fiktionstheorie zu widerlegen608. Zwar kann es auch als Verdienst der Theorie von der verbalen Verbandspersönlichkeit angesehen werden, dass von der Vorstellung Abschied genommen wurde, die juristische Person werde letztendlich doch nur von natürlichen Personen getragen609. Die Gierkesche Vorstellung einer Verbandspersönlichkeit kann indes die Einmann-Gesellschaft nicht einordnen 610 . Da sie in der Personenvereinigung das Substrat der körperschaftlichen juristischen Person begreift, muss der Wegfall der Mitglieder bis auf eines nach dieser Auffassung das Ende der juristischen Person bedeuten 611 . Schon im gemeinen Recht war aber anerkannt, dass die körperschaftliche juristische Person bestehen bleibt, wenn sie nur noch ein Mitglied hat 612 . Dementsprechend ging auch bereits das Reichsgericht 613 davon aus, dass der Fortbestand der juristischen Person sich hier aus den „für juristische Personen geltenden allgemeinen Grundsätzen" ergibt 614 . Die Ansicht, die Einpersonen-Gesellschaft sei rechtstheoretisch nicht überzeugend begründbar 615 , hat sich daher auch als nicht haltbar herausgestellt616. Zu erklären ist sie allerdings nur, 607 Vgl. auch Regelsberger, Pandekten Band I § 75 I (S. 291): „Das positive Recht schafft in der Regel diese sozialen Gebilde nicht; es findet sie als Erzeugnisse des Gemeinlebens vor und bekleidet sie dem Bedürfnis und seiner Aufgabe entsprechend mit Rechtsfähigkeit". 608 So zu Recht K. Schmidt, GesR 4. Aufl. § 8 II 4 unter Bezugnahme auf Flume, Juristische Person § 1 1 . 609 Reuter, in M K , vor § 21 Rn. 1. 6 1 0 „Denn offenbar kann eine Person niemals eine Personengesamtheit mit einem gegen die Individualwillen rechtlich verselbständigten Gesamtwillen bilden" Gierke, Genossenschaftstheorie (1963), S. 836. 611 Gierke, Deutsches Privatrecht (1895), S. 557. 612 Vgl. hierzu die Digestenstellen 1. 7 § 2 Dig. quod cujuscunq. univ. (3, 4): sed si universitas ad unum redit, magis admittiturposse eum convenire et conveniri, cum ius omnium in unum reciderit et stet nomen unversitatis. Dementsprechend wurde auch im Preussischen A L R II, 6 § 1 7 7 bestimmt, dass Corporationen und Communen fortdauern, wenn nur noch ein Mitglied vorhanden ist. 613 R G Z 2 2 , 1 1 6 ff., R G Z 23, 202 ff. 6 1 4 R G Z 23, 202,203 (das Gericht berief sich zu Belegung dieser Auffassung neben den oben genannten Stellen der Digesten und den Vorschriften des A L R auch auf 1. 85 § 1 Dig. de R. J . (50, 17): Non est novum, ut quae semel utiliter constituía sund, durent, licet ille casus exstiterit, a quo initium capere non possint; vgl. zum Ganzen auch Flume, 1/2 § 4 III m.w.N. aus der früheren Rechtsprechung. 6 1 5 So B G H v. 11.10.1956 = B G H Z 21, 384. 6 1 6 Im Personengesellschaftsrecht muss es demgegenüber bei dem Dogma der Unmöglichkeit der Einmann-Personengesellschaft bleiben. Dies folgt aus der Sozietätskonstruktion der Personengesellschaften (vgl. nur K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. § 8 IV 2 b m.w.N.). Die These, dass eine Einpersonen-Gesamthandsgesellschaft weder begrifflich noch strukturell ausgeschlossen

242

Kapitel

II:

Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

wenn man an der Idee Savignys eines „idealen Ganzen" 6 1 7 anknüpft, das als juristische Person verfasst ist 6 1 8 . Die entscheidende und richtige Erkenntnis der Fiktionstheorie besteht darin, dass die Rechtsfähigkeit juristischer Personen auf positivrechtlicher Zuweisung 6 1 9 beruht und dem Staat eben nicht wie bei natürlichen Personen zwingend vorgegeben ist 6 2 0 . N u n mag man die Frage stellen, wo der entscheidende inhaltliche Unterschied zwischen einer BGB-Gesellschaft liegt, bei der die Rechtsfähigkeit der Gruppe ihrer gesamthänderisch verbundenen Mitglieder zugeordnet ist, und einem Verein, dessen Rechtsfähigkeit aufgrund seiner eigenen Rechtspersönlichkeit besteht 6 2 1 . Nach dem monistischen Ansatz ist der tradierten Vorstellung eines dualistischen Systems vor allem deshalb nicht zu folgen, weil sich ein Differenzierungskriterium, das Personengesellschaften und juristische Personen strukturell unterscheidet, nicht finden lasse 622 . Richtig ist sicher, dass sich dieses Differenzierungskriterium nicht in der Haftungsbeschränkung findet. Die Haftungsbeschränkung ist, wie bereits Flume konzediert, kein Wesensmerkmal der juristischen Person. Es gibt, wie der nicht eingetragene Idealverein zeigt, Gesamthandsgesellschaften, in denen kein Gesellschafter haftet, ebenso wie es juristische Personen mit unbeschränkter Haftung gibt (vgl. etwa §§ 6 Nr. 3, 105 G e n G ) 6 2 3 . Der maßgebliche Unterschied besteht weniger im Außenverhältnis als vielmehr im Innenverhältnis der Gesellschaften. Im Außenverhältnis nehmen sowohl die Personengesellschaften wie die juristischen Personen als rechtsfähige Einheiten am Rechtsverkehr teil und können Träger von Rechten und Pflichten sein. Der entscheidende Unterschied besteht aber darin, dass es in der Gesamthand vertragliche Beziehungen nur zwischen den Gesellschaftern gibt, in der juristischen Person indes nur zwischen den Mitgliedern und der juristischen Person 6 2 4 . In der Personensei und ihr Verbot vielmehr nur aus der Gleichwertigkeit der Figur des Einzelkaufmanns vor dem Hintergrund des Fehlens eines rechtspolitischen Bedürfnisses zu rechtfertigen sei, ist daher nicht haltbar (a.A. aber Kaiser, in FS Zöllner S. 469, 484; Weimar, ZIP 1997, 1769). 617 Savigny, System II, 243. 618 Flume, 1/2 § 4 III. 6 1 9 Dies kann durch einen besonderen Akt (Konzessionssystem) oder durch die Erfüllung staatlich gesetzter Bedingungen (System der Normativbestimmungen) geschehen. 620 K. Schmidt, GesR 4. Aufl. § 8 II 4; darauf, dass auch in der internationalen Diskussion der Ansatz, nachdem vom „realen" Bestehen einer Verbindung, auf deren Rechtspersönlichkeit geschlossen werden kann, sich nicht durchgesetzt hat, weist Zimmer, B B 2003 1, 2 (unter Bezugnahme auf eine im Laufe des Jahres 2003 erscheinende Schrift zur Legal Personality in V O C 1602 - 400 Years of Company Law) hin. 6 2 1 B G H v. 29.1.2001 = ZIP 2001, 330 ff.; Huher in FS Lutter S. 107, 108 f. spricht daher auch von einem „gespaltenen Begriff der Rechtsfähigkeit". 622 Raiser, in FS Zöllner S. 469, 484 ff. 6 2 3 Hierzu und weiteren Gesichtspunkten, aufgrund derer eine Differenzierung nicht berechtigt ist, detailliert Bergmann, Die fremdorganschaftlich verfasste O H G (2002); allerdings weist Flume zu Recht darauf hin, dass die juristische Person zumindest auf die Haftungsbeschränkung „angelegt" ist (kritisch hierzu Raiser, in FS Zöllner S. 469, 484). 6 2 4 Weiterhin ist als Unterschied die grundsätzliche Unabhängigkeit der juristischen Person vom Schicksal ihrer Mitglieder hervorzuheben (zu weiteren Einzelheiten vgl. nur Flume, Die Personengesellschaft S. 54 ff.; 90 ff.).

§ 6: Treuepflichten

gegenüber

der Einmanngesellschaft

243

gesellschaft sind die Mitglieder untereinander verpflichtet, weil sie sich zusammengeschlossen haben, u m einen gemeinsamen Zweck zu verfolgen. Nach der rechtlichen Verselbständigung in der juristischen Person besteht diese Verpflichtung zur Zweckverfolgung gegenüber der Gesellschaft selbst 625 . Dies verkennen die Vertreter, die ins Zentrum ihrer Überlegungen das Auftreten eines Kollektivs in der sozialen Wirklichkeit stellen und die Fähigkeit einer Gesamthand betonen, im Außenverhältnis als Träger von Rechten und Pflichten zu erscheinen. Wenn Raiser meint, Flumes Rekurs auf den Unterschied zwischen dem Gesellschaftsvertrag einer Personengesellschaft, der Rechtsbeziehungen nur zwischen den Gesellschaftern begründet, und einer Satzung, die ein Rechtsverhältnis lediglich zwischen der juristischen Person und ihren Mitgliedern konstituiert, sei überholt, seit die Rechtsprechung Treuepflichten zwischen den Mitgliedern einer juristischen Person anerkannt habe 6 2 6 , so schließt dies nur den Kreis bei der A u f d e k kung der Unrichtigkeit des monistischen Ansatzes. Hier w i r d ohne weiteres vorausgesetzt, dass Treuepflichten zwischen den Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft ihren Ursprung in der Satzung haben. Dies ist indes nicht der Fall. Originäre mitgliedschaftliche Treuepflichten gibt es, wie die obigen Ausführungen gezeigt haben, zwischen den Mitgliedern einer juristischen Person nicht 6 2 7 . Es kann sie nicht geben, da bei einer juristischen Person keine vertraglichen Rechtsbeziehungen zwischen den Mitgliedern bestehen. Man kann eine vertragliche Beziehung nicht mit mitgliedschaftlichen Treuepflichten erklären, deren Voraussetzung eine vertragliche Beziehung wäre. Soweit Treuepflichten auch zwischen den Mitgliedern einer juristischen Person zu bejahen sind, sind sie entweder abgeleitet oder außervertraglichen Ursprungs 6 2 8 . Zuzustimmen ist Raiser an seiner Kritik Flumes allerdings insoweit, als er feststellt, dass es inkonsistent ist, vor dem Hintergrund dieser Einsichten, das Unternehmen mit der juristischen Person Aktiengesellschaft grundsätzlich „identifizieren" zu wollen und so die ansonsten durchgehaltene methodische Trennung z w i schen normativem Rechtsbegriff und, wie Raiser meint, der „dahinter stehenden Rechtswirklichkeit" aufzugeben 6 2 9 . Die Begriffe Unternehmen und Unternehmensträger stellen keine „Antithese" dar, die dadurch aufgehoben werden müsste, dass „man die Aktiengesellschaft als das verfaßte Unternehmen begreift" 6 3 0 . Zuzugeben ist Flume allerdings, worauf an späterer Stelle noch zurückzukommen sein wird, dass das Gesetz selbst teilweise den Begriff des Unternehmens mit dem des Unternehmensträgers gleichsetzt. Dies setzt sich auch im allgemeinen Sprachgebrauch fort. Es wundert daher nicht, wenn auch im Zusammenhang mit der Frage nach dem Gesellschafts- bzw. Unternehmensinteresse keine begriffliche Klarheit herrscht und man das Unternehmensinteresse teilweise als das Interesse der Ge625 626 627 628 629 630

Reuter, in M K , § 34 R n . 20. Raiser, in FS Zöllner S. 469, 484. Vgl. oben S. 167 ff. Vgl. oben S. 184 ff. Raiser, A c P 199 (1999), 104, 127. So Flume, Die juristische Personen § 2 VII 1.

244

Kapitel II: Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

sellschaft selbst darzustellen versucht 6 3 1 . D i e hier bestehende Begriffsverwirrung ist einer Klärung der rechtlichen Verhältnisse wenig zuträglich. Daher sollten zumindest dort, w o es auf die Differenzierung ankommt, die Begriffe Gesellschaft Unternehmen im Verhältnis Subjekt und O b j e k t verwandt werden 6 3 2 . c) Der Zweck der juristischen

Person und ihr

Eigeninteresse

M i t der Anerkennung der Eigenständigkeit der G m b H auch und gerade von ihren Mitgliedern ist ihr aber auch ein von diesen unabhängiges Eigeninteresse zuzuerkennen. Dieses Eigeninteresse wird durch den Zweck der Gesellschaft als ihrem „Lebensgesetz" 6 3 3 bestimmt, das sich durch die rechtliche Verselbständigung von den Gesellschaftern und deren individuellen Interessen löst. D e r Zweck schreibt die Grundlage der Gesellschaft fest und sichert sie so gegen willkürliche Änderungen, womit ihm zugleich eine begrenzende Funktion z u k o m m t 6 3 4 , ohne dass freilich hierdurch die Grenzen ihrer Rechtspersönlichkeit bestimmt würden 6 3 5 . A n diesen Verbandszweck ist das einzelne Mitglied bei seinem Handeln innerhalb des Verbandes gebunden 6 3 6 . In dem Versprechen, den Zweck zu fördern, wurzelt seine mitgliedschaftliche Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft. Mit dieser Pflicht korrespondiert ein Anspruch der Gesellschaft gegenüber den Gesellschaftern auf Achtung des von ihnen selbst festgesetzten Zwecks. Dass ein Zusammenhang zwischen Z w e c k und mitgliedschaftlicher Treuepflicht besteht, wird zwar auch in der Literatur vielfach betont 6 3 7 , ohne freilich einer Kongruenz immer zuzustimmen 6 3 8 . Vgl. hierzu noch unten S. 255 f. Vgl. noch näher unten S. 257 f. 6 3 3 So Wiedemann, GesR I § 1 1 b aa S. 10; vgl. auch B G H v. 11.11.1985 = B G H Z 96, 245, 251 f. = N J W 1986, 1604; ähnlich Reuter, Z G R 1987, 475, 483 der insoweit von der „Leitidee" spricht; für den Vereinszweck auch Beuthien, B B 1987, 6, 7. 634 K. Schmidt, GesR, 4. Aufl., § 4 II 3; Westermann, in FS Schnorr von Carolsfeld S. 517, 531. 6 3 5 Die Rechtssubjektivität einer juristischen Person wird mit anderen Worten nicht auf diejenigen Rechtsverhältnisse begrenzt, die vom Verbandszweck gedeckt sind (K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. § 4 II 2 a) m.w.N.; zur geschichtlichen Entwicklung vgl. v. Gumpert, Rechtsfolgen einer Überschreitung des Unternehmensgegenstandes (2002) S. 96 ff.); zur ultra vires Doktrin im englischen Recht vgl. noch unten S. 619 ff. 636 Zöllner, Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden (1963), S. 27, S. 318 ff.; vgl. insbesondere aber auch K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. § 4 II 3 a; ders., BB 1987, 556, 558; Wiedemann, GesR I § 1 I 1 b) bb); grds. auch Mülhert, Aktiengesellschaft (1996), S. 139 f. 6 3 7 Vgl. bereits oben S. 165. 6 3 8 Beispielhaft sind die Ausführungen Zöllners, wenn er einerseits meint, ein Verbot, dem verabredeten Zweck zuwiderzuhandeln, ergäbe sich bereits aus der Zweckförderungspflicht, wofür der Rückgriff auf die allgemeine Treuepflicht nicht notwendig sei (wenngleich er der Treuepflicht Bedeutung bei der Bestimmung des Ausmaßes der gesellschafterlichen Bindungen zugesteht vgl. Z H R 162 (1998), 235, 239 in Fn. 20); an anderer Stelle vertritt er aber die Ansicht, dass es, soweit es um Bindungen an die Interessen der Gesellschaft geht, sich die Treubindung eng mit der Bindung an der Gesellschaftszweck „berühre". Je näher der jeweilige Entscheidungsbereich der Zweckverfolgung steht, umso stärker sei die Bindung an das Gesellschaftsinteresse (Zöllner, in Baumbach/Hueck Anh. § 4 7 Rn. 51); hinsichtlich einer Treuepflicht gegenüber der Einmanngesellschaft meint er indes wiederum, deren Befürworter hätten deren „Wur631

632

§ 6: Treuepflichten gegenüber der

Einmanngesellschaft

245

Häufig wird ihm hier aber auch nur insoweit eine Bedeutung zuerkannt, wie es sich um den gemeinsamen Z w e c k mehrerer Gesellschafter handelt. Verständlich wird dies, wenn man die Gesellschaft nur als Vertragsnexus versteht 6 3 9 . Unvereinbar ist dies freilich mit der Tatsache, dass es auch in einer Einpersonengesellschaft einer Zwecksetzung bedarf 6 4 0 . Zwar wird gegen das maßgebliche Abstellen auf den Zweck der Gesellschaft teilweise eingewandt, die Zwecktheorien auch in der F o r m der Vorstellung eines „organisierten Zweckvermögens" würden das Wesen der juristischen Person nur in einem Teilaspekt des Ganzen treffen 6 4 1 . O b es sich hierbei wirklich nur um einen Teilaspekt handelt, sei an dieser Stelle dahingestellt. Jedenfalls kann aber bereits dieser Aspekt für die hier maßgebliche Diskussion um das Eigeninteresse der juristischen Person die wesentliche Erkenntnis bringen, dass es sich bei der juristischen Person nicht nur um eine Menschenansammlung handelt, ein reines Ordnungs- oder Vertragsgefüge bzw. um eine bloß verselbständigte Vermögensmasse 6 4 2 . Erkennt man in der juristischen Person ein organisiertes Handlungssystem 6 4 3 , das auf der Grundlage des ihm gegebenen Zwecks und dessen staatlicher Anerkennung eine Identität erfahren hat, die sich von derjenigen seiner Mitglieder abhebt, so fällt es mit der darin liegenden Anerkennung seiner Autonomie auch nicht mehr schwer, ihm ein Eigeninteresse unabhängig von seinen Mitgliedern zuzugestehen, das durch den Gesellschaftszweck determiniert wird. Dass das vom Gesetz für die Gesellschaft aufgebaute System zum Schutz vor ihren Gesellschaftern bei Fehlen von Minderheitsgesellschaftern teilweise nicht greift, bedeutet nicht, dass ein Alleingesellschafter das Eigeninteresse der Gesellschaft nicht zu achten hätte. D i e Eigenständigkeit auch einer Einmanngesellschaft gegenüber ihrem Gesellschafter bringt das Gesetz mittlerweile 6 4 4 in den Vorschriften der § 35 Abs. 4 und § 48 Abs. 3 G m b H G über das Selbstkontrahierungsverbot

zeln" aus den Augen verloren (Zöllner, ZHR 162 (1998), 235, 239). Bereits 1963 hat er selbst aber das Verhältnis zwischen Gesellschaftszweck und Gesellschaftsinteresse mit dem von siamesischen Zwillingen verglichen, Zöllner, Die Schranken der Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden (1963), S.318. Auch Winter, ZGR 1994, 570, 582 betont, dass die Treuepflicht gegenüber der GmbH, wie gerade im Anschluss an die Ausführungen Zöllners in seiner Habilitationsschrift erkannt worden sei, „nichts anderes (sei) als die Bindung des Gesellschafters an den Gesellschaftszweck bei allen Maßnahme, die materiell dem Bereich der Geschäftsführung zuzuordnen sind". 6 3 9 Vgl. hierzu bereits oben S. 233. 640 Zur Möglichkeit der jederzeitigen Zweckänderung vgl. sogleich S. 250 f. 641 So Teubner, KritV 1987, 61, 67. 642 Teubner KritV 1987, 61, 70. 643 Teubner KritV 1987, 61, 72 f., versteht unter einer juristischen Person ein organisiertes Handlungssystem eines Kollektivs, wobei er Kollektiv als Selbstbeschreibung eines organisierten Sozialsystems, als Verknüpfung von Identität und Handlungsfähigkeit definiert. Indes beschreibt sich das System nicht selbst, sondern wird beschrieben durch die Mitglieder bei der Gründung. Erst durch diese Beschreibung und deren Anerkennung durch die Rechtsordnung kann Autonomie entstehen. 644 §35 Abs. 4 S. 1 und §48 Abs. 3 GmbH wurden 1980, §35 Abs. 4 S. 2 GmbHG 1991 ins GmbHG eingeführt.

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Kapitel II: Grundlegung der

Treuepflichtbaftung

und die Beschlussfassung in der E i n m a n n - G m b H deutlich zum Ausdruck 6 4 5 . F ü r und nicht, wie teilweise angenommen wird, gegen ein solches Eigeninteresse spricht auch die Zwischenschaltung eines Geschäftsführers, der die Interessen der Gesellschaft wahrnehmen soll, auch wenn er weisungsgebunden ist. Auch der G e schäftsführer einer G m b H hat die Pflicht, die ihm erteilten Weisungen auf ihre Rechtsmäßigkeit hin zu überprüfen. Insbesondere darf er treupflichtwidrige Weisungen eines Alleingesellschafters nicht ausführen 6 4 6 . Die Feststellung, dass es wirklichkeitsfremd sei, anzunehmen, ein Geschäftsführer würde die Ausführung selbst einer nichtigen Weisung verweigern 6 4 7 , kann hieran nichts ändern. Dass es für ihn persönliche Unannehmlichkeiten bedeuten kann, wenn er dieser Pflicht nachkommt, hebt die Verpflichtung nicht auf 6 4 8 . Gerade aus diesem Grund ist er keine bloße Marionette der Gesellschafter, sondern Treuhänder des Gesellschaftsinteresses, wenn auch der Weg, der genommen werden soll, um diese Interessen zu verwirklichen, durch die Gesellschafter näher bestimmt werden kann. Vor allem spricht gegen die Begründung eines Eigeninteresses der Gesellschaft mit dem G e sellschaftszweck aber auch nicht der von Wiedemann

erhobene Einwand, dass

dann die Kautelarpraxis die Verfolgung des Konzerninteresses verbal in den G e sellschaftszweck aufnehme, „so dass die abhängige Gesellschaft schon genetisch keine I m m u n a b w e h r " mehr bereithalte 6 4 9 . Gegen die Begründung eines Bestandschutzes, um den es Wiedemann

hier geht, trägt dieser Einwand bereits deshalb

nicht, da jede Zweckverfolgung den Bestand des Zweckverfolgers voraussetzt 6 5 0 , Auch die Schwierigkeiten, die man teilweise mit dem Begriff eines eigenen subjektiven Rechts hat, wenn es um juristische Personen geht, stehen der Anerkennung eines Eigeninteresses nicht entgegen. Zwar ist nach Rittner

das Verständnis der heu-

te herrschenden Auffassung von der juristischen Person als zweckgebundener Organisation unvereinbar mit ihrer Fähigkeit, Trägerin subjektiver Rechte zu sein. Nach seiner Ansicht hat die „Zurücksetzung" des Rechtssubjekts zugunsten des subjektiven Rechts oder des Zwecks der Gesellschaft die „schmerzvolle Alterna-

645 Ulmer, Z H R 148 (1984), 391, 408; vgl. auch Zöllner, in Baumbach/Hueck §35 Rn. 78 a.E.; vor der Einführung des § 3 5 Abs. 4 G m b H G hatte der B G H noch entschieden, dass der Einmann-Gesellschafter-Geschäftsführer nicht den Beschränkungen des § 181 B G B unterliege und dies damit begründet, dass bei der Einmann-GmbH die Willensbildung der Gesellschaft und des Gesellschafters zusammenfalle, weshalb sich die Interessen der Gesellschaft subjektiv stets mit dem Interesse des Gesellschafters deckten ( B G H v. 19.4.1971 = B G H Z 56, 97, 101). 646 Vgl. bereits oben S. 223 ff. 647 Ehncke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 330. 648 Eine andere Frage ist, ob der Geschäftsführer immer haftet, wenn er aufgrund einer nichtigen Weisung der Gesellschafter tätig geworden ist; teilweise will man dem Geschäftsführer, soweit der Schadensersatz nicht zugunsten von Gläubigern zu leisten ist, hier den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung zuerkennen, vgl. Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 330; Mertens, in Hachenburg §43 Rn. 78 m.w.N. 649 Wiedemann, in FS 50 Jahre B G H S. 337, 353, der grundsätzlich allerdings zugibt, dass man die Pflichten eines Alleingesellschafters gegenüber der Gesellschaft aus seiner Bindung an den satzungsmäßigen Gesellschaftszweck ableiten kann. 650 Zur analogen Anwendung der §§302, 303 AktG in einem solchen Fall vgl. im Übrigen unten S. 254.

§ 6: Treuepflichten

gegenüber

der Einmanngesellschaft

247

t i v e " , dass man e n t w e d e r subjektive R e c h t e als „ Z w e c k g e b u n d e n h e i t e n " u m d e f i n i e ren o d e r d o c h zumindest den B e g r i f f des s u b j e k t i v e n R e c h t s danach spalten müsse, o b sein Träger eine natürliche o d e r juristische P e r s o n sei 6 5 1 . A u c h Vertreter der T h e o r i e der Z w e c k p e r s o n i f i k a t i o n 6 5 2 m a c h e n darauf a u f m e r k s a m , dass der B e g r i f f des s u b j e k t i v e n R e c h t s auf juristische P e r s o n e n nicht recht passe. D e f i n i e r t man subjektives R e c h t als die v o n einer R e c h t s o r d n u n g verliehene, z u r B e f r i e d i g u n g m e n s c h l i c h e r Interessen dienende M a c h t und e r k e n n t bei juristischen P e r s o n e n n u r ein „ B e s t i m m t s e i n v o n R e c h t s g ü t e r n oder G e b u n d e n s e i n v o n P e r s o n e n für einen gewissen Z w e c k " als gegeben an 6 5 3 , so bereitet der B e g r i f f des s u b j e k t i v e n R e c h t s in der Tat auch S c h w i e r i g k e i t e n . O b man nun aber v o n s u b j e k t i v e n R e c h t e n einer j u ristischen P e r s o n n u r insoweit spricht, wie dies für die Z w e c k v e r f o l g u n g n o t w e n d i g ist, o d e r v o n Z w e c k g e b u n d e n h e i t e n , die analog s u b j e k t i v e r R e c h t e zu behandeln sind 6 5 4 , ist nicht entscheidend. M a ß g e b e n d ist n u r die E r k e n n t n i s , dass mit der Z w e c k b e g r ü n d u n g eine B i n d u n g an diesen einhergeht und der juristischen P e r s o n , zu der diese B i n d u n g besteht, ein R e c h t hierdurch verschafft w i r d 6 5 5 . A n k n ü p f e n d an den G e s e l l s c h a f t s z w e c k kann die Gesellschaft damit aber auch als T r ä g e r eines eigenen s u b j e k t i v e n R e c h t s b e z e i c h n e t w e r d e n , s o w e i t es u m die v o n der R e c h t s o r d nung verliehenen, auf die B e f r i e d i g u n g der durch den G e s e l l s c h a f t s z w e c k b e s t i m m ten Interessen geht 6 5 6 . D a m i t wird aber auch die V e r k n ü p f u n g der Interessen einer Gesellschaft mit deren Z w e c k offensichtlich. Verständlich wird auch, w a r u m im G e sellschaftsrecht die B e g r i f f e des Z w e c k s und des Interesses häufig s y n o n y m v e r w e n det w e r d e n 6 5 7 bzw. der Z w e c k zur B e s t i m m u n g des Interesses

herangezogen

w i r d 6 5 8 . O f f e n s i c h t l i c h wird a u ß e r d e m , dass diese durch den Z w e c k der Gesellschaft b e s t i m m t e n Interessen nach deren rechtlicher Verselbständigung v o n denen der G e sellschafter unterschieden werden müssen. D i e B e h a u p t u n g , n u r n a t ü r l i c h e P e r s o n e n k ö n n t e n I n t e r e s s e n h a b e n , da es sich bei der j u r i s t i s c h e n P e r s o n n u r u m D e n k m u s t e r handele, u m e i n e m b e s t i m m t e n , z w i s c h e n z a h l r e i c h e n M e n s c h e n b e s t e h e n d e n V e r t r a g s g e f l e c h t eine B e z e i c h n u n g Rittner, Die werdende juristische Person (1973), S. 193 ff. Wieacker, in FS Huber S. 364, vgl. zu weiteren Nachweisen vgl. Rittner, Die werdende juristische Person (1973), S. 185. 653 Vgl. Ennerccerus/Nipperdey, AT I, 15. Aufl. S. 438. 654 Auch Savigny betrachtete den Begriff des subjektiven Rechts vor dem Hintergrund eines individualistischen Vernunftsrechts und musste daher in der Zuweisung subjektiver Rechte an andere als natürliche Personen eine materielle Fiktion des Gesetzgebers sehen (vgl. hierzu Wieacker, in FS Huber S. 339, 362). 655 Zu der Erkenntnis, dass die Rechtsmacht, die man diesem Rechtssubjekt zuerkannt hat, zweckgebunden ist und eine zweckfremde Rechtsausübung einen Rechtsmissbrauch darstellt vgl. nur Ennerccerus/Nipperdey, AT 1,15. Aufl. S. 438 f. 656 Vgl. auch Ziemons, Die Haftung der Gesellschafter für Einflussnahmen auf die Geschäftsführung der GmbH (1996), S. 104 ff. 657 Vgl. auch Martinek, Franchising (1987), S. 536. 658 Mülbert in FS Lutter S. 535, 539 m.w.N., der aber auch auf das in Detailfragen insoweit uneinheitliche Bild in der Literatur hinweist und selbst mehrere Bestandteile des Gesellschaftszwecks unterscheidet; gegen eine Rückführung des Eigeninteresses auf den Gesellschaftszweck allerdings Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 418; Reiner, Unternehmerisches Gesellschaftsinteresse und Fremdsteuerung (1995), S. 16. 651 652

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Kapitel II: Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

zu geben, die gesetzliche Standardisierungen von Verhaltenspflichten und Rechten erlaube 659 , negiert den oben festgestellten Unterschied zwischen juristischer Person und Personengesellschaft. Unerklärt bleibt aber auch die These, der Begriff Interesse könne nur menschliche Interessen beinhalten. Zwar wäre es nur von terminologischer Bedeutung, wenn man hinsichtlich einer juristischen Person anstatt von Interessen von einem eigenen Anspruch auf Zweckverfolgung sprechen würde. Das Problem ist allerdings, dass mit der Negierung eines Interesses häufig auch eine mit einem solchen Anspruch korrespondierende Pflicht verneint wird. Ein Grund, weshalb aufgrund der Zweckbindung bereits begrifflich nicht von einem eigenen Interesse der Gesellschaft gesprochen werden könnte, ist aber auch nicht ersichtlich 660 . Das Wort Interesse geht auf das lateinische Kompositum inter-esse (dazwischen sein) zurück und gewann substantiviert die Bedeutung „aus Ersatzpflicht resultierender Schaden", woraus sich einerseits die Bedeutung „Zinsen" aus Sicht des Schuldners, aus Sicht des Gläubigers aber die Bedeutung „Gewinn, Nutzen, Vorteil" ableitete 661 . Letztere Bedeutung hat sich bis heute auch in einem allgemeineren Sinne von persönlichen Belangen gehalten. Das Verständnis des Begriffs im Sinne der „geistigen Teilnahme" und die davon ausgehende Bedeutung „Aufmerksamkeit", „Neigung" entwickelte sich unter französischem Einfluss erst im 18. Jahrhundert. Im letzteren Sinne kann dieser Begriff in Bezug auf eine juristische Person zwar sicher nicht verwandt werden, wohl aber im Sinne der Belange einer dann auch juristischen Person. Diese Belange werden durch den dieser Rechtsperson gegebenen Zweck konstituiert und durch die rechtliche Verselbständigung zu ihren eigenen gemacht. Eine Absage ist vor diesem Hintergrund aber der Auffassung zu erteilen, die nach Anerkennung eines festgelegten Verbandszwecks diesen Zweck bei näherer Umschreibung sofort wieder mit den Zielen der Gesellschafter in Verbindung bringen will. Wenn man die Gesellschaft nur als Mittel zur Zweckverfolgung der Gesellschafter ansieht, birgt dies die Gefahr in sich, sie als eigenständigen Interessenträger zu negieren und ihre Interessen weiterhin von den u.U. sich verändernden Interessen der Gesellschafter abhängig zu machen. Dementsprechend verwundert es auch nicht, wenn die Bedeutung des Zwecks für das Eigeninteresse der Gesellschaft zwar erkannt 662 , trotzdem aber zur Bestimmung des Eigeninteresses auf die Interessen der Gesellschafter und Gläubiger zurückgegriffen wird 663 . Na659 So Adam A G 1990,243,247; im Anschluss hieran auch Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 315. 660 Die Diskussion um das „Unternehmen an sich" zeigt hier nach wie vor Folgen. Vertritt man die Ansicht, nur Menschen könnten Interessen haben, stellt es allerdings eine Brücke dar, wenn man ähnlich wie teilweise in England (vgl. hierzu noch unten S. 599) insoweit auf das Interesse der „Idealgesellschafter" abstellt (so Ziemons, Die Haftung der Gesellschafter für Einflussnahmen auf die Geschäftsführung der GmbH (1996), S. 98). 661 Duden, Das Herkunftswörterbuch S. 290. 662 Zöllner hat bereits 1963 das Verhältnis zwischen Gesellschaftszweck und Gesellschaftsinteresse mit dem von siamesischen Zwillingen verglichen, Zöllner, Die Schranken der Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden (1963), S. 318. 663 Beispielhaft Bloß, Unternehmensgruppe (1999), S. 47.

5 6: Treuepflicbten gegenüber der Einmanngesellschaft

249

türlich kann man den Zweck der Gesellschaft, Gewinn zu erzielen, nicht losgelöst von der Frage beurteilen, weshalb sich die Gesellschafter an einer Gesellschaft beteiligen. D e r G r u n d ist selbstverständlich die angemessene Partizipierung an den Gewinnen der Gesellschaft. Dies ist systemimmanent und der der Mitgliedschaft innewohnende Zweck. Aus diesem G r u n d stellt es natürlich auch keine Treuepflichtverletzung dar, wenn an Gesellschafter der Gesellschaftsgewinn ausgeschüttet wird, auch wenn der Gesellschaft dadurch keine Vorteile zuteil werden 6 6 4 . Die Nuancen in den Ausgangspunkten sind insoweit auch sicher gering. N i c h t aber die sich hieraus ergebenden Folgen, wenn der Zweck der Gesellschaft und die Interessen der Gesellschafter auseinander driften. Lässt man letztere nach Festschreibung des Zwecks weiterhin Einfluss auf die Interessen der Gesellschaft nehmen, so werden die Schwierigkeiten verständlich, wenn es um die Feststellung des konkreten Inhalts der Interessen der Gesellschaft geht, die insbesondere auch für die Festlegung der Pflichten der Geschäftsführung entscheidend sind. Erst dann stellen sich Fragen wie die, ob sich das Interesse der Gesellschaft ändert, wenn ihr Alleingesellschafter nur noch die Förderung einer anderen Gesellschaft im Auge hat, für die er die Gesellschaft gerne ausbeuten würde, oder ob auch in diesem Fall Interessen potentieller Gesellschafter zu berücksichtigen sind, denen es um die F ö r derung nur dieser Gesellschaft geht? Ist das Bild eines Gesellschafters entscheidend, der sein gesamtes Vermögen in einer Gesellschaft investiert hat und damit vor allem auch deren langfristigen Bestand im Auge hat oder das Interesse eines Gesellschafters, der sein Vermögen gestreut hat und auf kurzfristige möglichst hohe R e n diten Wert legt und damit u.U. auch Geschäfte befürwortet, die für die Gesellschaft mit hohen Risiken verbunden sind? 6 6 5 Eine solche Diskussion und die damit ver-

664 So findet sich teilweise im englischen Gesellschaftsrecht die Auffassung, dass, wenn man die Gesellschaft als selbständige Einheit auffasse, jede Gewinnausschüttung mit einer Pflichtverletzung der Geschäftsleitung verbunden wäre (vgl. hierzu die Ausführungen von Dine, The Company Lawyer 1999, S. 191, die auf entsprechende Passagen aus der Rechtsprechung hinweist: „the words „ the company " do not mean the entity itself divorced from its members nor do they mean the members divorced form others. If the former were the case, it would always be a breach of directors's duty for directors to vote to declare a dividend since a dividend enriches the members at the expense of the company with no corresponding benefit to the company."). 665 Diese Diskussion wird insbesondere auch im angloamerikanischen Recht geführt, wo traditionell die Vorstellung vorherrscht, dass ein Geschäftsführer die Interessen der Gesellschaft und der Gesellschafter, denen die Gesellschaft gehöre, zu verfolgen hat; dies wirft aber die Frage auf, welche Interessen der Gesellschafter im Konkreten als maßgeblich anzusehen sind; vgl. hierzu ausführlich auch Booth, The Business Lawyer 1998 Vol. 53 S. 429, 430 ff., der selbst mit guten Gründen vertritt, dass entscheidend insoweit das Bild eines Gesellschafters sein muss, der Vermögensinteressen nur an einer Gesellschaft hat („undiversified stockholder"). Damit könne die Treuepflicht auch des Geschäftsführers aber nicht gegenüber Gesellschaftern bestehen, die in verschiedenen Gesellschaften ihr Kapital investiert haben und deren Interessen mit denen eines undiversified stockholders, etwa wenn es um die Eingehung risikoreicher Geschäfte geht, konfligieren können. Damit bestehe die Treuepflicht gegenüber einem Gesellschafter, der das Fortkommen nur dieser konkreten Gesellschaft im Auge hat und damit „more simply, to the corporation itself; dies gelte umso mehr, als die Interessenausrichtung an einem diversified stockholder praktisch undurchführbar ist (Booth, a.a.O. S. 435); vgl. zum Ganzen auch noch unten S. 599.

250

Kapitel

II: Grundlegung

der

Treuepflichtbaftung

bundene Verwirrung kann nur aufkommen, wenn man das Interesse der Gesellschaft, so wie es von den Gesellschaftern bei ihrer Gründung festgelegt wurde, nicht von den veränderlichen Interessen der Gesellschafter löst. Erst dies führt zu dem Ergebnis, dass man dem Interesse einer Gesellschaft unterschiedliche Bedeutungsinhalte beimisst und es als „schillernden" Begriff qualifiziert 666 . Sicher sind die Interessen der Gründungsgesellschafter zur Zeit der Gründung mit den Interessen der Gesellschaft gleichzusetzen. Unerheblich ist es aber für das Interesse der Gesellschaft, wenn nach der Erlangung der rechtlichen Selbständigkeit sich deren Ziele und Interessen ändern, soweit dies nicht zu einer Zweckänderung führt. d) Dauerhafte

Satzungsänderung

und punktuelle

Satzungsdurchbrechung

Auch die Tatsache, dass die Gesamtheit der Mitglieder den Zweck der Gesellschaft wieder ändern kann, rechtfertigt nicht die Annahme, aus diesem Grund hätte ein Interesse der Gesellschaft neben dem einhelligen Willen der Gesellschafter keine Daseinsberichtigung 667 . Wollen die Gesellschafter den Zweck der Gesellschaft ändern, müssen sie dies ausdrücklich im Wege einer Satzungsänderung tun 668 . Allein der Wille der Gesellschaftergesamtheit oder auch eines Alleingesellschafters kann eine Zweckänderung nicht bewirken. Vereinzelt versucht man dem Problem zwar dadurch Herr zu werden, indem man die Existenz „punktuell" gegen den Gesellschaftszweck verstoßender Maßnahmen leugnet, weil die Zielvorgabe „Gewinnerzielung" immer nur langfristig über eine gesamte Rechnungsperiode hinweg gesehen werden könne 669 . Daher verstoße etwa auch eine einzelne verdeckte Gewinnausschüttung nicht gegen den Gesellschaftszweck. Maßgebend sei nur, ob unter dem Strich noch ein angemessener Gewinn verbleibe. Nur dauerhafte und ständig wiederholte nachteilige Eingriffe könnten den Gesellschaftszweck verletzten. Zweck einer Gesellschaft ist es i.d.R. aber nicht, nur am Ende einer Rechnungsperiode schwarze Zahlen geschrieben zu haben, sondern die grundsätzliche Ausrichtung der Gesellschaft auf Erwirtschaftung von Gewinnen 6 7 0 . Diese Zielvorgabe besteht ständig und erwächst nicht nur einmal im Jahr zum Leben. Damit sind aber Eingriffe und Maßnahmen insbesondere auch zugunsten eines anderen Unternehmens, die dem Zweck der Gesellschaft zuwiderlaufen, auch wenn sie punktuell vorgenommen werden, nicht zulässig 671 . 666 Vgl. etwa Timmann, Die Durchsetzung von Konzerninteressen in der Satzung der abhängigen Aktiengesellschaft (2000), S. 27,134 f. 667 So aber Zöllner; Die Schranken der Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden (1963), S. 73; ders., in Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Aufl. Schlussanhang I, GmbH-Konzernrecht Rn. 83; gegen das Bestehen einer Treuepflicht bei Zustimmung aller Gesellschafter auch Kropff in FS Semler S. 517, 536 m.w.N. 668 Vgl. Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Aufl. § 53 Rn. 13 f. 669 Tieves, Der Unternehmensgegenstand der Kapitalgesellschaft (1998), S. 586 f. 670 Gegen diese Ansicht daher auch Timmann, Die Durchsetzung von Konzerninteressen in der Satzung der abhängigen Aktiengesellschaft (2000), S. 56. 671 Dies zeigt auch § 311 AktG, der ebenfalls auf einen Ausgleich des einzelnen nachteiligen Eingriffs abzielt.

5 6: Treuepflichten

gegenüber

der

Einmanngesellschaft

251

Insbesondere ist es aber auch widersprüchlich, ein aus dem Gesellschaftszweck abgeleitetes Eigeninteresse der Gesellschaft und somit das Bestehen einer Treuepflicht der Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft anzuerkennen, trotzdem aber eine Befreiung von dieser Pflicht durch einen (nicht zweckändernden) Beschluss der Gesellschaftergesamtheit für zulässig zu halten, solange es sich dabei um einen „punktuellen Dispens" von der Zweckbindung handelt672. Hier kommt die Frage auf, wie es gerechtfertigt werden soll, dass ein Verpflichteter durch sein Einverständnis mit der Pflichtverletzung seine Verpflichtung aufheben können soll 673 . Der Standpunkt, das Gesellschaftsinteresse leite sich zwar aus dem satzungsmäßigen Gesellschaftszweck ab, seine Beachtung unterliege im Einzelfall aber der Dispositionsbefugnis der Gesellschafter, bedarf zumindest der näheren Begründung 674 . Bei der gängigen Unterscheidung zwischen punktuellen Satzungsdurchbrechungen und Satzungsänderungen bei dauerhafter Zweckänderung der auch die Rechtsprechung 675 im Anschluss an Priester676 folgt, ist zwischen der Treuepflichtverletzung und der Wirksamkeit eines entsprechenden Beschlusses zu unterscheiden. Punktuelle Satzungsdurchbrechungen, die ohne Einhaltung der formellen Voraussetzungen einer Satzungsänderung vorgenommen wurden, werden, anders als formlos durchgeführte dauerhafte Satzungsdurchbrechungen, von der h.M. nicht für unwirksam gehalten677. Ob Satzungsdurchbrechungen, bei denen sich die Wirkung des Beschlusses in der betreffenden Maßnahme erschöpft, anfechtbar sind, hat der B G H allerdings offen gelassen678. Um eine Treuepflichtverletzung zu verhindern, müssen aber auch bei einer punktuell wirkenden Maßnahme die Satzungsänderungsformalien eingehalten werden. Neben der Einstimmigkeit 679 eines 672 So aber Winter; Z G R 1994, 570, 583, der allerdings selbst „gewisse Bedenken" im Hinblick auf § 48 Abs. 3 G m b H G hat; vgl. aber auch Zöllner, Die Schranken der Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden (1963), S. 330. 673 Zu der Ausnahme einer förmlichen Satzungsdurchbrechung vgl. noch sogleich. 674 Beinert, Die Konzernhaftung für die satzungsmäßig abhängig gegründete G m b H (1995), S. 23 unter Hinweis auf B G H v. 7.6.1993 = B G H Z 119, 257, 262. 675 B G H v. 7.6.1993 = ZIP 1993, 1074. 676 Z H R 151 (1987), 40, 55 ff.; vgl. hierzu auch Winter, Z G R 1994, 570, 582 ff. 677 B G H v. 7.6.1993 = B G H Z 123, 15 = N J W 1993, 2246 = ZIP 1993, 1074; entsprechendes gilt im Übrigen für Ergänzungen und Erweiterungen der Satzung (vgl. O L G Köln v. 11.10.1995 = D B 1996, 466). 678 B G H v. 7.6.1993 = B G H Z 123, 15 = N J W 1993, 2246 = Z I P 1993, 1074; offen gelassen auch B G H v. 25.1.1960 = B G H Z 32, 17, 29; B G H v. 11.5.1981 = W M 1981, 1218, 1219. 679 Als allgemeiner Grundsatz des Verbandsrechts ist eine Zweckänderung nach h.M. gemäß § 33 I 2 B G B nur mit Zustimmung aller Mitglieder möglich ( E m m e r i c h , in Scholz, 9. Aufl. § 1 R n . 2 a; Hefermehl/Bungenroth, in Geßler, in Geßler/Hefermehl AktG § 179 Rn. 114; Hüffer, AktG § 179 Rn. 33; Mülhert, Aktiengesellschaft (1996), S. 161, 234 Fn. 362; K. Schmidt, GesR 4. Aufl. § 4 II 3 a); Westermann, in FS Schnorr von Carolsfeld S. 517, 528; Wiesner, in Handbuch des GesR § 9 Rn. 8; Würdinger, AktienR § 10 II 1 b; Zöllner, in K K § 179 Rn. 113; ders., Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden (1963), S. 30 m.w.N.; a.A. etwa Raiser, Recht der Kapitalgesellschaften, 3. Aufl. § 16 Rn. 71; Wiedemann, GesR I § 3 I 3, die sich mit den für allgemeine Satzungsänderungen geltenden Grundsätzen begnügen. Zwar wird bei Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabfüh-

252

Kapitel II:

Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

gegen d e n s a t z u n g s m ä ß i g e n Z w e c k der G e s e l l s c h a f t v e r s t o ß e n d e n B e s c h l u s s e s b e darf es f o l g l i c h einer B e u r k u n d u n g g e m ä ß § 5 3 A b s . 2 G m b H G 6 8 0 . Allenfalls k a n n m a n , w e n n sich der B e s c h l u s s auf eine M a ß n a h m e b e z i e h t , die sich m i t i h r e r D u r c h f ü h r u n g erledigt u n d n i c h t zu ständig d e m Z w e c k w i d e r s p r e c h e n d e n H a n d l u n g e n f ü h r t , auf die R e g i s t e r e i n t r a g u n g v e r z i c h t e n 6 8 1 . D i e E i n t r a g u n g zu v e r l a n gen, w ä r e h i e r u n n ö t i g e r F o r m a l i s m u s 6 8 2 . O h n e die E i n h a l t u n g der ü b r i g e n V o r a u s s e t z u n g e n liegt a b e r jedenfalls eine S a t z u n g s v e r l e t z u n g v o r 6 8 3 , was die A n f e c h t b a r k e i t eines e n t s p r e c h e n d e n B e s c h l u s s e s n a c h sich z i e h t 6 8 4 . Z w a r f i n d e t sich in u n s e r e m G e s e t z n i c h t , wie in a n d e r e n R e c h t s o r d n u n g e n , eine a u s d r ü c k l i c h e R e g e l u n g darüber, dass B e s c h l ü s s e , die gegen den Z w e c k der G e s e l l s c h a f t v e r s t o ß e n , a n f e c h t b a r s i n d 6 8 5 . D i e s e r g i b t sich a b e r aus a l l g e m e i n e n G r u n d s ä t z e n 6 8 6 . A l l e r dings liegt n i c h t in j e d e r p u n k t u e l l e n S a t z u n g s v e r l e t z u n g i m p l i z i t eine p u n k t u e l l e S a t z u n g s ä n d e r u n g 6 8 7 . W ä r e dies der Fall, w ä r e ein e n t s p r e c h e n d e r B e s c h l u s s n i c h t n u r a n f e c h t b a r , s o n d e r n w e g e n eines V e r s t o ß e s gegen § 5 3 A b s . 2 G m b H G n a c h § 2 4 1 N r . 2 A k t G analog n i c h t i g . D e m steht a b e r die W e r t u n g des § 2 4 3 A b s . 1 A k t G e n t g e g e n , n a c h d e m die S a t z u n g s w i d r i g k e i t eines B e s c h l u s s e s g r u n d s ä t z l i c h n u r zu dessen A n f e c h t b a r k e i t f ü h r t 6 8 8 . D a m i t ist ein s o l c h e r B e s c h l u s s - w i r d er rungsvertrages auch der Zweck der Gesellschaft geändert. Die Tatsache, dass im Aktienrecht in § 293 I AktG hierfür nur eine Dreiviertelmehrheit gefordert wird, ist als Ausnahme von dem Grundsatz und im Hinblick auf die sich hieran anschließenden Rechtsfolgen zu werten; auch die Tatsache, dass nach den §§ 296, 297 AktG der Vorstand berechtigt ist, einen Beherrschungsvertrag ohne Mitwirkung der Hauptversammlung zu beenden, lässt noch nicht den Schluss zu, dass die Zuständigkeit der Hauptversammlung für Zweckänderungen kein zwingendes Strukturprinzip zumindest des AktG sei (so aber Mülbert, Aktiengesellschaft (1996), S.454). Auch wenn man in dieser rechtspolitisch überaus kontrovers beurteilten Regelung (hierzu Koppensteiner, in KK §311 Rn.4; H. Wilhelm, Beendigung S.20; Vetter, ZIP 1995, 345, 346) eine Zweckänderung sieht, so erscheint es näherliegend, hierin einen eng begrenzten Ausnahmefall, als eine Außerkraftsetzung eines Prinzip zu sehen (vgl. auch Tröger, Treupflicht (2000), S.250f.). 680 Lutter/Hommehoff, § 53 Rn. 14; Ulmer, in Hachenburg § 53 Rn. 32 m.w.N. 681 Priester, Z H R 151 (1987), 40, 47 ff, 54, 58; ders., in Scholz, 9. Aufl. §53 Rn. 30 m.w.N.; a.A. Zöllner, in Baumbach/Hueck § 53 Rn. 23 b m.w.N. 682 Marquardt, in Handbuch des GesR, Band 3, § 22 Rn. 76. 6 8 3 Vgl. auch Marquardt, in Handbuch des GesR, Band 3, § 22 Rn. 71. 684 Lutter/Hommelhoff, 15. Aufl. § 53 Rn. 26 m.w.N. 6 8 5 Für eine Anfechtbarkeit des Rechtsgeschäfts sogar Art. 2:7 des niederländischen BW („Ein von einer juristischen Person vorgenommenes Rechtsgeschäft ist anfechtbar, wenn es den Zwecken der Gesellschaft nicht dienlich ist und der Vertragspartner dies wusste oder ohne besondere Nachforschung hätte wissen müssen."). Allerdings wurde auch entschieden, dass eine Haftungserklärung der Tochter für Schulden der Muttergesellschaft nicht anfechtbar ist, wenn 1. die Aktivitäten der Tochter eng verwoben sind mit denen der übrigen Konzerngesellschaften und 2. die Muttergesellschaft gemäß Art. 2:403 B W erklärt hat, für die Schulden der Tochter einzustehen; Pres. Rb. Anrhem v. 28.12.1987; KG 1988, 37 (Amstelland). Ebenso wird eine Anfechtung nicht für möglich gehalten, wenn in der Satzung steht, dass die Tochter im Konzerninteresse tätig wird (Timmerman/Lennarts, Z G R 1993, 490, 500). 6 8 6 Vgl. nur K. Schmidt, in Scholz § 45 Rn. 115 m.w.N. 6 8 7 So aber Lutter/Hommelhoff, 15. Aufl. § 5 3 Rn. 26; a.A. zu Recht Marquardt, in Handbuch GesR Band 3, § 22 Rn. 76. 6 8 8 Vgl. auch Zöllner, in Baumbach/Hueck § 53 Abs. 23a.

§ 6: Treuepßicbten gegenüber der

Einmanngesellschaft

253

nicht angefochten - grundsätzlich zwar wirksam, nichtsdestotrotz ist er aber rechtswidrig. Etwas anderes gilt, wie bereits hervorgehoben wurde, wenn man es mit einem gegen den Z w e c k der Gesellschaft verstoßenden punktuell wirkenden Beschluss eines Alleingesellschafters zu tun hat. Dieser ist von vornherein unwirksam, da hier nur die eine treupflichtwidrig abgegebene und damit nichtige Stimme existiert 6 8 9 . Zöllner

hebt hervor, bei der Satzungsdurchbrechung gehe es, „wie noch vielfach

verkannt" werde, um die Frage, inwieweit eine qualifizierte Mehrheit durch B e achtung von Satzungsänderungsanforderungen die Anfechtbarkeit einer von der Satzung abweichenden Einzelfallregelung vermeiden kann 6 9 0 . Dies ist im G r u n d satz sicher richtig. D a m i t werden aus dem Problemkreis aber nicht die Fälle ausgenommen, in denen alle Gesellschafter einer treuepflichtwidrigen Maßnahme zustimmen bzw. die Anfechtbarkeit eines Beschlusses entfallen ist. Wie bereits festgestellt wurde 6 9 1 , besagt die Tatsache, dass die Frist für die Anfechtung eines Beschlusses verstrichen ist oder ein Beschluss bereits deshalb nicht anfechtbar ist, weil dieser einstimmig gefasst wurde, nichts über dessen Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit 6 9 2 und damit über die Frage aus, inwieweit hierauf ein Schadensersatzanspruch der Gesellschaft gestützt werden kann. D i e Rechtswirksamkeit eines Beschlusses ist von seiner Rechtmäßigkeit zu unterscheiden. D i e Rechtswidrigkeit eines gegen den Zweck der Gesellschaft verstoßenden B e schlusses kann nur durch Erfüllung aller Voraussetzungen einer Satzungsänderung vermieden werden. D i e Anderbarkeit der Zwecksetzung folgt aus der Satzungsautonomie und der Überlegung, dass, wenn Ausnahmen und Einzelfallregelungen in die Satzung aufgenommen werden können, dies auch im Nachhinein noch zulässig sein muss 6 9 3 . Gleichzeitig ergibt sich aus der Zwecksetzung aber auch die N o t w e n digkeit der Einhaltung der Anderungsvoraussetzungen, will man rechtmäßig eine Maßnahme durchführen, die dem ursprünglichen Z w e c k entgegensteht. Dies gilt für punktuell wirkende ebenso wie für zustandsbegründende

Zweckänderun-

gen 6 9 4 . O h n e die Einhaltung der notwendigen Formalien ist ein gegen den Zweck der Gesellschaft verstoßender Beschluss als treuepflichtwidrig zu qualifizieren. Würde man hierauf verzichten, wäre insbesondere eine Einmanngesellschaft gegenüber ihrem Alleingesellschafter schutzlos gestellt und das Verlangen, einer Kapitalgesellschaft auch in diesem Fall einen Zweck zu geben, weitgehend sinnlos 6 9 5 . 689 Vgl. bereits oben S. 227; a.A. wohl Priester, in Scholz, 9. Aufl. § 53 Rn. 30a; Zöllner, in Baumbach/Hueck § 53 Rn. 23a. 690 Zöllner, in Baumbach/Hueck § 53 Rn. 23b. 691 Vgl. oben S. 227 f. 692 Vgl. auch Hüffer, AktG § 243 Rn. 56. 693 Ulmer, in Hachenburg § 53 Rn. 30; Zöllner, in KK § 179 Rn. 93 f. 694 Habersack, ZGR 1994, 354, 367 f., vgl. auch v. Gumpert, Rechtsfolgen einer Überschreitung des Unternehmensgegenstandes im Gemeinschaftsprivatrecht (2002), S. 228; Zöllner, in Baumbach/Hueck § 53 Rn. 23b m.w.N.; für eine grds. Unterscheidung zwischen anfechtbaren Einzelregelungen und satzungsdurchbrechenden Dauerregeln K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. § 36 III 4 c) bb). 695 Abzulehnen ist daher auch die teilweise vertretene Ansicht, bei punktuellen Satzungs-

254

Kapitel II: Grundlegung

3) Das Konzerninteresse

der

Treuepflichthaftung

als Interesse der Gesellschaft

Zulässig ist es allerdings, den Zweck einer Gesellschaft auf den Zweck einer anderen Gesellschaft auszurichten 6 9 6 . Dies muss allerdings eine Analogie zu den §§ 302 ff. A k t G nach sich ziehen, da hier im Wesentlichen dieselben Ergebnisse erzielt werden wie mit Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages. Dem Erfordernis einer solchen Analogieziehung kann man nicht das Prinzip der Haftungsbeschränkung in § 13 Abs. 2 G m b H G entgegenhalten 697 . Dieses wird durch die Begründung einer Verpflichtung zum Verlustausgleich nicht aufgehoben. Insbesondere betrifft die Verlustausgleichspflicht auch nicht alle Gesellschafter, sondern nur den Unternehmensgesellschafter, dessen Interesse die Gesellschaft zu verfolgen hat. Insoweit muss aber den Wertentscheidungen des Gesetzes Rechnung getragen werden 6 9 8 , zumal sonst das Schutzsystem des Konzernrechts sehr leicht umgangen werden könnte 6 9 9 . Zwar kann eine solche Satzungsregelung nicht die Kapitalschutzvorschriften modifizieren 7 0 0 . Zuwendungen bis an die Grenze des Stammkapitals werden auf diesem Wege aber ermöglicht. Die Gefährdung des Bestandes der Gesellschaft ist allerdings auch in diesem Fall nicht erlaubt, da jede Zweckverfolgung die Existenz des Zweckverfolgers voraussetzt 7 0 1 . Die Grundsätze der Treuepflichthaftung können damit aber auch nur noch im letzteren Fall Hilfe vor einem Ausbeuten der Gesellschaft im Interesse einer anderen bieten 702 . Hinsichtlich eines zweckändernden Beschlusses kann natürlich nicht gefordert werden, dass dieser durch das (bisherige) Gesellschaftsinteresse getragen d u r c h b r e c h u n g e n b e d ü r f e es w e d e r einer E i n t r a g u n g noch einer B e u r k u n d u n g (vgl. etwa Lawall, D S t R 1996, 1169, 1173 f.; weitere N a c h w e i s e bei v. Gumpert, Rechtsfolgen einer U b e r schreitung des U n t e r n e h m e n s g e g e n s t a n d e s im G e m e i n s c h a f t s p r i v a t r e c h t (2002), S.228 f.; dagegen auch Zöllner, in B a u m b a c h / H u e c k § 53 Rn. 23c). 696 A u c h bei der Aktiengesellschaft ist t r o t z der hier h e r r s c h e n d e n Satzungsstrenge anerkannt, dass diese einen nichtwirtschaftlichen Z w e c k verfolgen k a n n (vgl. n u r Brändel, in G K § 3 Rn. 17; Wiedemann, G e s R I S. 156, ders., Z G R 1975, 385, 427; Winkler, N J W 1970, 449, 450, 452); dieser k a n n auch in der F ö r d e r u n g der o d e r einzelner Mitglieder der Gesellschaft liegen (Strohn, Die Verfassung der Aktiengesellschaft im faktischen K o n z e r n (1977), S. 57; H. Westermann, in FS Schnorr v. Carolsfeld S. 526 f.). 697 Teilweise w i r d argumentiert, dass die A n e r k e n n u n g der Zulässigkeit einer abhängig geg r ü n d e t e n Gesellschaft zwangsläufig die A n e r k e n n u n g der H a f t u n g s b e s c h r ä n k u n g des § 1 3 Abs. 2 G m b H G nach sich ziehen m ü s s t e u n d nicht d u r c h die K o n z e r n h a f t u n g außer K r a f t gesetzt w e r d e n d ü r f t e (Windbichler, in FS Kissel S. 1287, 1300, im Anschluss hieran auch Beinert, Die K o n z e r n h a f t u n g f ü r die satzungsmäßig abhängig gegründete G m b H (1995), S. 49, 189). 698 Z u r A n a l o g i e z i e h u n g zu d e n §§ 302 f. A k t G vgl. auch n o c h u n t e n S. 380 ff. 699 So auch Beinert, Die K o n z e r n h a f t u n g f ü r die satzungsmäßig abhängig gegründete G m b H (1995), S. 189; dass f ü r d e n Fall der A u s r i c h t u n g einer abhängigen Gesellschaft auf die Verfolgung der Interessen des K o n z e r n s eine d e m Beherrschungsvertrag vergleichbare zentralistische L e i t u n g s s t r u k t u r möglich ist, hebt auch Hommelhoff, Die Konzernleitungspflicht (1982), S. 258 f. hervor; grds. gegen die Möglichkeit der I n d i e n s t n a h m e einer abhängigen Gesellschaft auf a n d e r e m Wege als d u r c h d e n Abschluss eines Beherrschungsvertrages Kropff, in FS Semler S. 517, 533 ff., 540. 700 j ) e r Abschluss eines Beherrschungsvertrages ist daher auch keineswegs sinnlos, w e n n m a n die Möglichkeit einer satzungsmäßigen A u s r i c h t u n g erlaubt. 701 Vgl. bereits o b e n S. 275 ff. 702 Dass die ITT - E n t s c h e i d u n g des B G H die Fälle einer satzungsmäßigen A u s r i c h t u n g ei-

§ 6: Treuepflichten

gegenüber

der Einmanngesellschaft

255

wird. Die Bestimmung, aber auch die Änderung des Zwecks und damit die Festlegung des Interesses einer Gesellschaft, obliegt allein den Gesellschaftern 7 0 3 . U b e r ihr Recht zur Zwecksetzung steht es ihnen frei, das Interesse einer Gesellschaft auch auf das Interesse einer anderen Gesellschaft auszurichten 7 0 4 . Die Tatsache, dass das Gesetz die Möglichkeit z u m Abschluss eines Beherrschungsvertrages eröffnet, steht dem nicht entgegen 705 . O h n e eine solche Zweckausrichtung darf aber auch eine abhängige Gesellschaft nicht entgegen ihrem Eigeninteresse im Interesse des Konzerns geführt werden 7 0 6 . Auch eine Ausrichtung des Unternehmensgegenstandes auf die Bedürfnisse des Konzerns ändert an der auf Gewinnerzielung gerichteten Zwecksetzung der Gesellschaft grundsätzlich nichts, weshalb auch sie nur zulässig ist, wenn sie mit dem Zweck der Gesellschaft zu vereinbaren ist, auch auf der Grundlage des geänderten Unternehmensgegenstandes noch Gewinn zu erzielen 707 .

4) Unterscheidung zwischen und Unternehmensinteresse

Gesellschaftsinteresse

Eine Quelle der Schwierigkeiten, die man mit dem Begriff des Eigeninteresses einer Gesellschaft und infolgedessen der ihr gegenüber bestehenden Treuepflicht hat, ist sicher auch in der Vermengung dieses Begriffs mit dem des Unternehmensinteresses zu finden. Auch hierauf ist im Folgenden kurz einzugehen. Der Begriff des Unternehmensinteresses rückte in den 70er Jahren bei der Suche nach einem sachgerechten Maßstab zur Beurteilung der Frage, ob die Geschäftsführung ihren Aufgaben korrekt nachkommt oder sachfremde Interessen in den Mittelpunkt ihrer Unternehmensleitung stellt, zunehmend in den Mittelpunkt der rechtswissennes U n t e r n e h m e n s auf die U n t e r n e h m e n s p o l i t i k einer h e r r s c h e n d e n Gesellschaft so nicht m e h r erfassen kann, stellt auch Mertens, Z G R 1994, 426, 435 heraus. 703 N a c h allgemeiner M e i n u n g sind nicht erwerbswirtschaftliche Zielsetzungen, seien sie wirtschaftlicher A r t , indes o h n e Gewinnerzielungsabsicht, seien sie ideeller Art, zulässig (Großmann, U n t e r n e h m e n s z i e l e im A k t i e n r e c h t (1980), m . w . N . auch z u r geschichtlichen E n t wicklung). 704 Beinert, Die K o n z e r n h a f t u n g f ü r die satzungsmäßig abhängig gegründete G m b H (1995), S. 38 ff., Beuthien Z I P 1993, 1589 ff.; K. Schmidt, G e s R , 4. Aufl. § 38 III 3, § 39 II 1. 705 Teilweise wird allerdings b e f ü r c h t e t , dass bei Zulassung einer s a t z u n g s g e m ä ß abhängigen Gesellschaft die G r e n z e n z u m Vertragskonzern verwischt w ü r d e n ( M ü l b e r t , Aktiengesellschaft (1996), S. 493) bzw. f ü r ein herrschendes U n t e r n e h m e n jeder Anlaß entfiele, einen Beherrschungsvertrag abzuschließen. L e t z t e r e m k a n n allerdings bereits deshalb nicht gefolgt w e r d e n , da d u r c h die satzungsmäßige A u s r i c h t u n g die Kapitalerhaltungsvorschriften nicht außer K r a f t gesetzt w e r d e n k ö n n e n ; ein direktes Weisungsrecht kann in einer G m b H allerdings auch einem Einzelnen eingeräumt w e r d e n (Raiser, R e c h t der Kapitalgesellschaften, 3. Aufl. § 2 7 Rn. 6, Pache, G m b H R 1995, 712, 715; ausführlich, K. Schmidt, in Scholz, 9. Aufl. § 45 Rn. 15). 706 A.A. etwa Altmeppen, D B 1991, 2225, 2229. 707 Dass die Eingliederung in einen K o n z e r n u n d die damit einhergehende A u s r i c h t u n g v o n P r o d u k t i o n s - u n d Vertriebstätigkeit auf den K o n z e r n f ü r das eigene Profitinteresse der Gesellschaft, etwa d u r c h die Sicherung der A b s a t z c h a n c e n o d e r die N u t z u n g v o n Synergieeffekten, d u r c h a u s förderlich sein kann, erkennt auch Timmann, Die D u r c h s e t z u n g v o n K o n z e r n i n t e r e s sen in der Satzung der abhängigen Aktiengesellschaft (2000), S. 36.

256

Kapitel II:

Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

s c h a f t l i c h e n D i s k u s s i o n 7 0 8 . N i c h t das eng auf den G e s e l l s c h a f t e r k r e i s b e z o g e n e Gesellschaftsinteresse709

müsse Verhaltensrichtlinie

der G e s c h ä f t s l e i t u n g

sein,

s o n d e r n das U n t e r n e h m e n s i n t e r e s s e 7 1 0 . N u r dieses g e w ä h r e i m R a h m e n e i n e r p l u ralen

Unternehmensverfassung

eine

hinreichende

Beurteilungsgrundlage

für

r e c h t m ä ß i g e s u n d u n r e c h t m ä ß i g e s V e r h a l t e n v o n O r g a n m i t g l i e d e r n 7 1 1 . T r o t z der B e d e n k e n gegen die U n b e s t i m m t h e i t dieses B e g r i f f s , sah u n d sieht m a n hierin ein e n A u s d r u c k des z u n e h m e n d u n t e r n e h m e n s r e c h t l i c h e n D e n k e n s in R e c h t s p r e chung und Wissenschaft712. D a s , w a s I n h a l t des U n t e r n e h m e n s i n t e r e s s e s l e t z t e n d l i c h sein soll, w i r d i m S c h r i f t t u m allerdings h ö c h s t u n t e r s c h i e d l i c h a u f g e f a s s t 7 1 3 . S o w e i t der B e g r i f f des U n t e r n e h m e n s i n t e r e s s e s v e r w e n d e t 7 1 4 u n d dabei ü b e r h a u p t v o n d e m des G e s e l l s c h a f t s i n t e r e s s e s u n t e r s c h i e d e n w i r d 7 1 5 , w i r d h i e r u n t e r w e i t g e h e n d ein die u n t e r s c h i e d l i c h e n I n t e r e s s e n der in e i n e m U n t e r n e h m e n z u s a m m e n t r e f f e n d e n G r u p pen, aber mit dem Interesse keiner G r u p p e identisches Integrationsmittel, verstand e n 7 1 6 . T e i l w e i s e s e t z t m a n das U n t e r n e h m e n s i n t e r e s s e d e m G e s e l l s c h a f t s i n t e r e s s e

708 Aheltshauser, Leitungshaftung im Kapitalgesellschaftsrecht (1998), S.4 m.w.N., vgl. aus jüngster Zeit dazu Krämer, Das Unternehmensinteresse als Verhaltensmaxime (2002). 7 0 9 Zur Auslegung des Begriffs vgl. Großmann, A., Unternehmensziele im Aktienrecht (1980), S. 12 ff. 7 1 0 Etwas anders gilt erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens (mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird die gemeinschaftliche Befriedigung der Insolvenzgläubiger zum obersten Ziel; dies gilt auch, wenn die Eigenverwaltung angeordnet wurde; dies darf nach § 270 Abs. 2 Nr. 3 InsO nur geschehen, wenn keine Verzögerungen oder sonstigen Nachteile zu erwarten sind, wobei als Vergleichsmaßstab ein gedachtes Regelverfahren heranzuziehen ist; gesellschaftsrechtliche Bindungen des Geschäftsleitungsorgans beschränken dieses nur insoweit, wie sie auch einen Insolvenzverwalter in einem Regelinsolvenzverfahren an der Ausübung seiner Verfügungsbefugnis hindern könnten (ausführlich Prutting/Huhn, ZIP 2002, 777 ff.); dementsprechend ändert sich hier auch die Pflichtenbindung der Geschäftsleitung). 711 Brinkmann, Unternehmensinteresse und Unternehmensstruktur (1983); ders., A G 1982, 122 {L-, Junge, in FS für v. Caemmerer, 547 ff.; Jürgenmeyer, Das Unternehmensinteresse (1984); Raiser, in FS für R. Schmidt, 101 ff.; Teubner, Z H R 149, 470 ff.; zum Verhältnis des Unternehmensinteresses zur Treuepflicht von GmbH-Gesellschaftern Raiser, Z H R 151 (1987), 422 ff., eher kritisch Schmidt-Leithoff, Die Verantwortung der Unternehmensleitung (1989), S. 62 ff.; sowie auch Reiner, G., Unternehmerisches Gesellschaftsinteresse und Fremdsteuerung (1995), S. 12 f. 7 1 2 So Raiser, Recht der Kapitalgesellschaften, 3. Aufl. § 6 Rn. 15. 7 1 3 Kritisch Reiner, G., Unternehmerisches Gesellschaftsinteresse und Fremdsteuerung (1995), S. 12 f.; zu den interessenpluralistischen und interessenmonistischen Unternehmenstheorien und der Frage, ob die zwischen diesen bestehenden Gegensätze dadurch überwunden werden können, dass man das Unternehmen als Netzwerk von Verträgen begreift vgl. Kühler, in FS Zöllner 321, 323 mit Hinweis auf Jensen!Meckling, Theory of the Firm: Managerial Behavior, Agency Costs and Ownership Structure, J. Fin. Econ. 3 (1976), 305 f.; Easterbrook/Fischel, The Economic Structure of Corporate Law (1991), S. 1 ff. 7 1 4 Vgl. etwa Laske, Z G R 1979, 173 ff.; Mertens, Z G R 1977, 270, 275 ff.; Raisch, in FS Hefermehl S. 347 ff.; Th. Raiser, in FS R. Schmidt S. 101 ff.; Schilling, in FS Geßler S. 159, 165, H. P Westermann, Z G R 1977, 219, 222; Wiedemann, Z G R 1977, 160, 165. 7 1 5 Vgl. etwa Wiedemann, Gesellschaftsrecht § 11 2 III (S. 625). 716 Wiedemann, Gesellschaftsrecht § 11 2 III (S. 625 f.); neben den Anteilseigner, den Gläubiger oder der Allgemeinheit (Hommelhoff, Die Konzernleitungspflicht (1982), S. 256.) werden

§6:

Treuepflichten

gegenüber

der Einmanngesellschaft

257

aber auch bewusst gleich 717 oder verwendet die Begriffe synonym 718 . Die Gleichsetzung oder gar Ersetzung des Begriffs des Gesellschaftsinteresses durch den des Unternehmensinteresses bringt allerdings eine maßgebliche Bedeutungsverschiebung mit sich, deren Auswirkungen deutlich werden, wenn man hieran die gegenüber der Gesellschaft anzuwendende Sorgfalt der Geschäftsführung sowie die ihr gegenüber bestehende Treuepflicht der Gesellschafter misst 719 . Dass das Unternehmensinteresse scharf von dem Gesellschaftsinteresse zu unterscheiden ist, hat indes bereits Zöllner in seiner Habilitationsschrift betont 720 . Für die Anknüpfung der Pflichten eines Gesellschafters an dem Unternehmensinteresse fehlt es an einer „tragfähigen Fundierung" 721 . Die Gesellschafter sind unmittelbar aufgrund ihrer Mitgliedschaft nur zur Zweckförderung und damit dem Interesse der Gesellschaft im oben beschriebenen Sinne verpflichtet, nicht aber den Interessen anderer in einem Unternehmen Involvierten 722 . Das „Unternehmen an sich" 723 kann gar keine Interessen haben, denen die Gesellschafter verpflichtet sein könnten. Lässt man Ideen von der Gleichsetzung der Gesellschaft mit dem Unternehmen außer Betracht 724 und versteht mit der herkömmlichen Auffassung die Gesellschaft als Träger des Unternehmens 725 , so ist deren Verhältnis als Subjekthierzu auch die Arbeitnehmer gezählt; das auch Arbeitnehmerinteressen an der Erhaltung ihres Arbeitsplatzes zumindest in der mitbestimmten Gesellschaft rechtlich relevant sind, bedarf auch angesichts der Regelungen über die Mitbestimmung keiner weiteren näheren Begründung (vgl. hierzu Ulmer, Z H R 148 (1984), 391, 409 f.). 7 1 7 Vgl. Flume, Die juristische Person S. 56 ff. ders., in FS Beitzke S. 63; Mertens, in K K § 76 Rn. 6 f, kritisch Zöllner, in K K Einl. 134. 7 1 8 Vgl. auch bereits oben S. 243; vgl. auch Säcker, in FS Lukes S. 547, 550 ff. 7 1 9 Vgl. auch Teubner, Z H R 149, 470, 488. 720 Zöllner, Die Schranken der Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden (1963), S. 73. 721 Insoweit zu Recht Bachmann, N Z G 2001, 961, 971. 7 2 2 Etwas anderes gilt nur bei Bestehen besonderer Rücksichtnahmepflichten, die aber eine besondere persönliche Beziehung zu den Mitgesellschaftern voraussetzen oder aufgrund einer besonderer Machtposition zur Entstehung gelangen können. 7 2 3 Zu Rathenaus Ideen vom modernen Großunternehmen und zu dem dafür von Fritz Hausmann (JW 1927, 2953 ff.), geprägten Schlagwort „Unternehmen an sich" vgl. eingehend Riechers, Das „Unternehmen an sich". Die Entwicklung eines Begriffs in der Aktienrechtsdiskussion des 20. Jahrhunderts (1996), 7 ff, 16 ff. 7 2 4 So etwa Flume, U m ein neues Unternehmensrecht; ders., in FS f. Beitzke S. 43 ff.; Schillimg, Z H R 144 (1980), 136 ff.; vgl. die ausführliche Kritik hierzu von Rittner, Z H R 144, 330 ff.; Vorschläge über ein neues Unternehmensrecht, aufgrund dessen das Unternehmen als juristische Person verselbständigt werden sollte (Raiser, Das Unternehmen als Organisation S. 166 ff.) und der A G als Anteilseignerverband neben dem Arbeitnehmerverband nur ein Stimmrecht in der Unternehmensversammlung zu gewähren wäre (so im Rahmen der Mitbestimmungsdiskussion: Boettcher/Hase/Kunze/v.Nell-Breuning/Ortlieb/Preller, Unternehmensverfassung als gesellschaftspolitische Forderung (1968) S. 114 ff.) wurden nie zur politischen Forderung erhoben, da dies einer Enteignung gleichgekommen wäre; diese Überlegungen sollen daher auch hier nicht weiter beachtet werden. 7 2 5 Zur Verwirrung trägt es natürlich bei, dass der Unternehmensbegriff auch durch das Gesetz teilweise zur Bezeichnung eines Rechtsträgers herangezogen wird (vgl. hierzu noch unten S. 457 ff.); insoweit ist der Unternehmensbegriff aber als Überbegriff zu verstehen, mit dem das Gesetz auch Rechtssubjekte erfassen will, die nicht Gesellschaften sind. Bei der Frage nach dem

258

Kapitel II: Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

Objekt-Beziehung zu qualifizieren 7 2 6 . Damit kommt das Unternehmen als solches mangels Subjektsqualität als Träger eines besonderen Unternehmensinteresses aber von vornherein nicht in Betracht 7 2 7 . Auch im Aktienrecht kann die Meinung nicht überzeugen, nach der das Gesellschaftsinteresse mit dem Interesse des Unternehmens gleichzusetzen sei, da auch eine Unterscheidung zwischen Unternehmen und Unternehmensträger im H i n blick darauf nicht möglich sei, dass es sich bei einem Unternehmen u m nichts anders als die in der juristischen Person inkorporierte, als Aktiengesellschaft verfasste Zweck-, Handlungs- und Wirkungseinheit handele 7 2 8 . Begründet w i r d diese Ansicht damit, dass eine Berücksichtigung des Verbandsinteresses, verstanden als das gemeinsame Interesse der Aktionäre, mit der Eigenverantwortlichkeit des Vorstandes im Widerspruch stünde, der in seiner Geschäftsführung gerade nicht vom Willen der Gesellschafter abhängig sein soll. Dem Vorstand stünde auch keine Leitungsmacht gegenüber dem Verband der Gesellschafter zu 7 2 9 . Die Leitung, die der Vorstand auszuüben habe, beziehe sich vielmehr auf die wirtschaftliche und soziale Organisations- und Wirkungseinheit. Erkennt man der Gesellschaft allerdings ein selbständiges, von den Interessen anderer zu trennendes Eigeninteresse zu, wird dieser Argumentation der Boden entzogen. A n der Ablehnung der Einbeziehung der Interessen Dritter bei der Bestimmung des Eigeninteresses ändert es auch nichts, dass man später die Diskussion mit den Schlagworten Shareholder - Value bzw. Stakeholder Konzept (teilweise) in ein anderes Gewand gekleidet hat. Die Übernahme des Shareholder - Value - A n satzes beruht auf dem Erfolg US-amerikanischer Unternehmen und der Attraktivität US-amerikanischer Unternehmen sowie der Tatsache, dass beim Wettbewerb u m Eigenkapital auf den internationalen Finanzmärkten die Eigenkapitalrendite zu einem immer wichtigeren Kriterium in dem Wettstreit um potentielle Anleger wird 7 3 0 . Dies hat dazu geführt, dass die in den U S A entwickelten Managementlehren auch hierzulande immer mehr Geltung erlangt und insbesondere börsennotierte deutschen Unternehmen der auf der anderen Seite des Atlantiks geprägten Gesellschafts- u n d U n t e r n e h m e n s i n t e r e s s e geht es indes allein u m das Verhältnis z w i s c h e n Gesellschaft u n d U n t e r n e h m e n , bei d e m es nur auf die Interessen der Gesellschaft als Rechtsträger ankommen kann. 726 Jürgenmeyer, Das U n t e r n e h m e n s i n t e r e s s e (1984), S. 62, 172 f., Rittner, G m b H R 1981, 277, 288 m . w . N . ; vgl. auch H. P. Westermann, Z G R 1981, 393, 397. 7 2 7 Die L e h r e v o m „ U n t e r n e h m e n an sich", die ein umfassendes absolutes von den Gesellschaftern u n a b h ä n g i g e s Eigeninteresse b e f ü r w o r t e t e , kann auch als ü b e r w u n d e n angesehen w e r d e n . Die Gesellschafter b e s t i m m e n das Interesse einer Gesellschaft, indem sie ihr einen Z w e c k geben u n d diesen auch w i e d e r ändern k ö n n e n (vgl. auch Timmann, Die D u r c h s e t z u n g von Konzerninteressen in der Satzung der abhängigen Aktiengesellschaft (2000), S. 135). Insbesondere ist eine Gesellschaft aber auch nicht, w i e von den Vertretern dieser Lehre gefordert, im Interesse der G e s a m t w i r t s c h a f t gegen ihre A u f l ö s u n g zu schützen (vgl. hierzu auch Ziemons, Die H a f t u n g der Gesellschafter f ü r E i n f l u s s n a h m e n auf die G e s c h ä f t s f ü h r u n g der G m b H (1996), S. 82 ff.). 7 2 8 Vgl. Mertens in KK § 76 R n . 6 f. m . w . N . 729 Mertens in KK § 76 R n . 6. 730 Törschle/Glaum/Mandler, D B 1998, 889.

§ 6: Treuepflichten

gegenüber

der Einmanngesellschaft

259

Shareholder-Value-Bewegung731 folgen 732 , womit gleichzeitig dem in kontinentaleuropäischen Ländern traditionell verbreiteten Gedanken der Rücken gekehrt wurde, nicht nur die Eigentümer, sondern auch andere Personengruppen, wie insbesondere die Arbeitnehmer, hätten ein berechtigtes Interesse am Fortkommen des Unternehmens, das bei unternehmenspolitischen Entscheidungen mit zu berücksichtigen seien (sog. Stakeholder-Ansatz)7^. Oberstes Ziel einer an Shareholder-value-Gvan&sitzen orientierten Unternehmensführung ist es, grob gesagt, aber auch, den Marktwert eines Unternehmens zu steigern 734 . Teilweise wird folglich auch hervorgehoben, dass im Ergebnis mit dem „Modewort" 735 Shareholder Value nichts anders als nur eine „Spielart des altbekannten Modells der Gewinnmaximierung" beschrieben wird 736 . Die grundlegende Problematik bei Klärung der Frage, ob Interessen Dritter zu berücksichtigen sind, wird mit der Umstellung der Begrifflichkeiten nicht berührt 737 . Aber auch der Rückzug auf die auf der Grundlage der „Konkordanztheorie" im Rahmen des § 76 AktG angewandte Formel, es sei Aufgabe des Vorstandes, im Einzelfall zwischen den Interessen der Aktionäre, Arbeitnehmer und der Öffentlichkeit abzuwägen 738 , läßt die entscheidende Frage offen, warum der Vorstand diese Interessen zu berücksichtigen hat. Der Vorstand ist zu allererst der Gesellschaft verpflichtet. Die Interessen der Stakeholder sind daher auch nur insoweit von ihm zu berücksichtigen, als ansonsten die Gesellschaft einer von ihr eingegangenen Verpflichtung nicht nachkommen würde. Die Bedeutung dieser Sichtweise in Abgrenzung zum Stakeholder-Ansatz wird deutlich, wenn es um die Investitionspolitik der Gesellschaft oder etwa die Entscheidung über freiwillige Sozialleistungen geht. Sind mit ihnen nicht Erwartungen eines unternehmerischer Mehrwerts verknüpft, sondern u.U. gar negative Auswirkungen auf die Ertragskraft des Unternehmens, stellen sie sich als unvereinbar mit dem Gesellschaftsinteresse dar.

731 Zu den Vorteilen des Shareholder-orientierten Modells vgl. aus jüngerer Zeit nur Hansmann/Kr aakmann in The Georgetown Law Journal (2001) Band 89 S. 439 ff. insbesondere S. 449 ff. 732 Groh, D B 2000, 2153; Pellens/Fülbier, Z G R 2000, 572 m.w.N.; insbesondere wird auch von institutionellen Anlegern verstärkt eine an Shareholder-Value-Gnindsitzen ausgerichtete Unternehmensführung erwartet bzw. gar verlangt. Mittlerweile orientieren sich, entgegen anfänglicher massiver Kritik und Skepsis (teilweise sah man im Shareholder-Value nur eine rücksichtslose Form des angelsächischen Kapitalismus, vgl. etwa Vontobel NZZ v. 15.6.1996 S. 14), dementsprechend auch die Mehrheit der Großunternehmen an diesem Konzept (KPMG-Studie 1999, vgl. AG-Report 2000 S. 214 ff). 7 3 3 Vgl. Förschle/Glaum/Mandler, DB 1998, 889. 7 3 4 Zur Wirkungsweise des Shareholder-Value-Konzepts vgl. eingehend Pape, Wertorientierte Unternehmensführung, 2. Aufl. 1999. 735 Mülbert, Z G R 1997, 129; W. U. Schilling, BB 1997, 373. 736 Groh, D B 2000, 2153. 7 3 7 Freilich liegt nach den Shareholder-Value-Ansatz die Betonung auf den Interessen der Anteilseigner und nicht der Gesellschaft selbst, vgl. hierzu noch sogleich. 738 H uff er, AktG § 76 Rn. 12; Hopt in G K AktG § 93 Rn. 151; Mertens in KK § 76, 19; Ulmer, AcP 2002,143,154 m.w.N.

Kapitel II: Grundlegung der

260

Treuepflichthaftung

Insoweit besteht Übereinstimmung mit dem Sbareholder-Value-Konzept739

der

heute wohl herrschenden Meinung 7 4 0 . Versuche, die Gegensätze zwischen beiden Konzepten durch den Hinweis zu entschärfen, dass auch Arbeitnehmer und das Gemeinwesen daran interessiert seien, langfristig ertragsstarke und widerstandsfähige Gesellschaften zu schaffen, weshalb auch diese ein Interesse an Umstrukturierungen hätten 7 4 1 bzw. (auf der anderen Seite) die Erhaltung von Arbeitsplätzen im Inland ein positives Kunden Image brächte, können den grundsätzlichen Zielkonflikt zwischen beiden Ansätzen nicht auflösen 7 4 2 und eine Begründung dafür liefern, weshalb die Leitung einer Gesellschaft verpflichtet sein sollte, Interessen von Kreisen zu berücksichtigen, die den Eigeninteressen der Gesellschaft u.U. entgegenstehen, nur weil diese ein wie auch immer geartetes Interesse an dem Unternehmen haben. Zwar wird teilweise die Entstehungsgeschichte des Leitungsauftrags in § 76 A k t G bemüht. D i e im A k t G 1937 noch ausdrücklich enthaltene Verpflichtung auf das „Wohl des Betriebs und seiner Gefolgschaft und den gemeinen N u t z e n von Volk und R e i c h " habe man nur terminologisch, nicht aber inhaltlich als nicht mehr zeitgemäß angesehen 7 4 3 . Sehr schnell wird dann aber auch die Diskussion über das für die Leitung der A G verbindliche Unternehmensinteresse wieder berufen, die maßgeblich durch die unternehmerische Mitbestimmung Mitte der 70er Jahre angestoßen

worden

war 7 4 4 . Teilweise verhält man sich dieser Diskussion gegenüber auch neutral und vertritt wie Ulmer

die Ansicht, die aktienrechtlichen Vorschriften sprächen sich

weder für das eine noch das andere Konzept aus, sondern ließen dem „Vorstand mit Rückendeckung des Aufsichtsrates" R a u m für unterschiedliche Zielsetzungen „im breiten Spektrum zwischen Shareholder

und Stakeholder

Value"745.

Zwar sei die

Gewinnerzielung i.d.R eine Richtschnur für das Handeln der Gesellschaftsorgane. Die weite Fassung des § 76 A k t G stehe aber einer Berücksichtigung anderer holder-lnteressen

Stake-

nicht entgegen.

Zuzugeben ist Ulmer,

dass der weiten Fassung des § 76 A k t G kein eigenes K o n -

zept zu entnehmen ist. Allein dies rechtfertigt es aber noch nicht, die Interessen der Stakeholder

zu berücksichtigen. Ulmer

meint, sein Prinzip der Offenheit ließe

R a u m für „Satzungsregelungen, die die Ausrichtung des für die Leitungsorgane

Ulmer, AcP 2002, 143,156. Anders als nach dem Shareholder-Value-Ansatz ist nach der hier vertretenen Auffassung das Interesse der Gesellschafter aber nur insoweit entscheidend, wie es bei der Festlegung des Gesellschaftszwecks seinen Ausdruck gefunden hat. Eine andere Frage ist es, ob die zum Shareholder-Value-Modell angestellten Überlegungen nicht auch der Verfolgung des Gesellschaftszweckes dienen (vgl. hierzu sogleich). Nivelliert werden die unterschiedlichen Sichtweisen vom Ergebnis her weitgehend, wenn man auf der Grundlage des Shareholder-Value-Konzepts in die Abwägung auch die Interessen der potentiellen Gesellschafter aufnimmt. 741 Vgl. etwa Busse v. Coleb, ZGR 1997, 289. 742 Ulmer, AcP 2002,143,156; A. v. Werder ZGR 1998, 75. 743 Raisch, FS Hefermehl S. 347, 361; weitere Nachweise bei Raiser, Recht der Kapitalgesellschaften, 3. Aufl. § 14 Rn. 14. 744 Hommelhoff in FS Lutter S. 95,104. 745 Ulmer, AcP 2002,143, 158 f. 739

740

§ 6: Treuepflichten

gegenüber

der

Einmanngesellschaft

261

maßgebenden Unternehmensziels auf das Shareholder-Value-Konzept sicherstellen sollen", wobei er auf die Satzungsautonomie bei Festlegung des Gesellschaftszwecks verweist746. Hierdurch werde „die Flexibilität der AG als Rechtsform auch gegenüber den Herausforderungen des globalen Wettbewerbs" unterstrichen 747 . Damit hebt er aber selbst die entscheidende Bedeutung des Gesellschaftszwecks hervor. Da der Zweck der Gesellschaft aber, in Ermangelung anderer Angaben, i.d.R. auf Gewinn ausgerichtet ist, fehlt es an einer Grundlage für die Berücksichtigung von Interessen, die mit dem Gewinnstreben der Gesellschaft konfligieren. Dieser Erkenntnis folgend, wird auch im Schrifttum zunehmend die Gewinnerzielungsabsicht der typischen Gesellschaft betont, der der Vorstand bei fehlender abweichender Satzungsregelung folgen muss748. Die für eine Verpflichtung zur Verfolgung der Interessen der Stakeholder angeführten Argumente werden bereits von Ulmer selbst widerlegt, wenn er hervorhebt, dass die Interessen Dritter vom Gesetzgeber außerhalb des Aktienrechts sachgerecht berücksichtigt werden bzw. zu berücksichtigen sind749 und ihre Inkorporierung in das AktG nicht systemkonform mit der primären Funktion des Gesellschaftsrechts als Organisationsrecht ist 750 . Aber auch die Berufung auf die Anknüpfung des § 76 AktG an § 70 AktG 1937 ist aus heutiger Sicht nicht zur Untermauerung des Stakeholder-Konzepts geeignet751, zumal auch auf dem Shareholder-Value- Konzept fußende Überlegungen mit dem KonTraG mittlerweile Einzug in das Aktienrecht gefunden haben 752 . Die zumindest partielle Anerkennung des Shareholder-Value-Prinzips im Gesellschaftsrecht, das auf die Verfolgung der egoistischen Gewinnmaximierungsinteressen der Kapitalgesellschafter gerichtet ist, wirft allerdings schon die Frage auf, Ulmer, AcP 2002, 143, 159 i.V.m. Rn. 83. Ulmer, AcP 2002,143, 159; ein Vorbehalt gelte nur bei paritätischer Mitbestimmung unterliegenden AG's, da hier die gesetzlich verankerte unternehmerische Mitbestimmung der Arbeitnehmer und die von ihr erwartete Einflussnahme auf die Unternehmenszielbestimmung entgegenstünden. Dies dürfte durch Satzungsgestaltung nicht konterkariert werden (Ulmer, AcP 2002, 143, 160 m.w.N.). 748 Vgl. etwa Groh, D B 2000, 2156 ff in Anknüpfung an Mestmäcker, Verwaltung, Konzerngewalt und Rechte der Aktionäre (1958) S. 37; Wiedemann in FS Rob. Fischer S. 888; Jürgenmeyer, Unternehmensinteresse (1984) S. 172 ff.; im Grundsatz auch Mülbert, Z G R 1997,140 ff.; 155 f., 171; Busse v. Cölbe, Z G R 1997, 289 f.; Zöllner, A G 2000, 145, 146 f.; Wymeersch, Z G R 2001,303 f. 749 Die Wahrung der Interessen der Belegschaft ist Aufgabe des Arbeitsrechts, die des Gemeinwesens Aufgabe des öffentlichen Rechts. 750 Ulmer, AcP 2002,143, 158. 751 Ulmer, AcP 2002, 143, 158 auch unter Hinweis darauf, dass es eines MitbestGes 1976 nicht bedurft hätte, wenn bereits über § 76 AktG die Interessen der Stakeholder vom Vorstand hätten berücksichtigt werden müssen. 752 Hierauf beruhen etwa die Regelungen über die erleichterte Gewährung von Aktienoptionen als Anreiz für Führungskräfte, um ihr Handeln an der Steigerung des Unternehmenswertes der Gesellschaft zu orientieren, aber auch die in § 71 AktG aufgenommene Zulassung des Rückerwerbs eigener Aktien als indirektes Mittel zu Desinvestition von Eigenkapital und zur Börsenkurssteigerung (vgl. Begr. RegE KonTraG zu § 71 Abs. 1 Nr. 8, § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG, zit. bei Ernst/Seibert/Stuckert, KonTraG, KapAEG, StückAG, EuroEG S. 47, 78). 746 747

262

Kapitel II: Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

i n w i e w e i t dies etwas a m I n h a l t der T r e u e p f l i c h t der G e s e l l s c h a f t e r g e g e n ü b e r i h r e r G e s e l l s c h a f t ä n d e r n k a n n 7 5 3 . D i e s e auf d e n I n h a l t der T r e u e p f l i c h t e n g e r i c h t e t e F r a g e b r a u c h t an dieser Stelle, an der es u m das B e s t e h e n e i n e r s o l c h e n P f l i c h t ü b e r h a u p t geht, a b e r n i c h t v e r t i e f t z u w e r d e n 7 5 4 . H i e r sei der H i n w e i s g e n ü g e n d , dass a u c h m i t A n e r k e n n u n g des Sbareholder-Value-Ansatzes

sich jedenfalls k e i n e

R ü c k k e h r zu einer r e i n e n G e s e l l s c h a f t e r o r i e n t i e r u n g bei V e r f o l g u n g der G e s e l l s c h a f t s i n t e r e s s e n w i e in d e n A n f ä n g e n des A k t i e n r e c h t s 7 5 5 r e c h t f e r t i g e n lässt. D i e s w i d e r s p r i c h t d e n m i t t l e r w e i l e e r l a n g t e n E r k e n n t n i s s e n ü b e r die E i g e n s t ä n d i g k e i t der j u r i s t i s c h e n P e r s o n , i n s b e s o n d e r e in F o r m einer A k t i e n g e s e l l s c h a f t . V o r allem f i n d e t mit der A n e r k e n n u n g der g r u n d s ä t z l i c h e n W i r k u n g s w e i s e eines s o l c h e n K o n z e p t s k e i n e Ä n d e r u n g o d e r E r w e i t e r u n g des G e s e l l s c h a f t s z w e c k s statt, i n d e m d e m Z w e c k der G e s e l l s c h a f t , G e w i n n zu e r z i e l e n , ein v o r r a n g i g e r Z w e c k z u r M a x i m i e r u n g der G e w i n n e der G e s e l l s c h a f t e r v o r a n g e s t e l l t w i r d . D e r

Shareholder-

V^/we-Begriff ist w e d e r ein s c h a r f u m r i s s e n e r R e c h t s b e g r i f f , n o c h gibt er p r ä z i s e V e r h a l t e n s a n w e i s u n g e n an die G e s c h ä f t s l e i t u n g 7 5 6 . I m E n d e f f e k t k a n n m a n auch Kühler in FS Zöllner S. 326. Vgl. hierzu noch unten S. 282 ff. 755 Groh, D B 2000, 2153, 2158. 756 Hommelhoff, ZfB-Ergänzungsheft, 4/97 S. 17, 18; natürlich ist mit der Frage nach der Berücksichtigung der Aktionärsinteressen aber auch der Problembereich der Verantwortung und Kontrolle im Unternehmen eng verbunden, der unter dem Stichwort „corporate governance" zu einem zentralen Thema der 90er Jahre wurde und dessen Bedeutung seit dem ständig gestiegen ist (Forschte/Glaum!Mandler, D B 1998, 889). Mit den Mitteln der Corporate Governance soll das Management auf die Interessen der Aktionäre verpflichtet werden (vgl. hierzu etwa Feddersen/Hommelhoff /Schneider (Hrsg.), Corporate Governance (1996); Hommelhoff/ Mattheus, A G 1998, 249 ff.), nachdem man erkannt hat, dass eine Berücksichtigung der Interessen der Gesellschafter auf der Basis rein demokratischer Grundsätze („stockholder democracy"), kein Weg ist, Publikumsgesellschaften zu leiten. In Deutschland wurden, nachdem sich eine von der Bundesregierung eingesetzte Expertenkommission für einen deutschen Corporate Governance Kodex ausgesprochen hatte, von einer vom Bundesministerium der Justiz eingesetzte Expertenrunde (Kodex-Kommission) nun entsprechende Regeln ausgearbeitet. Die Regierungskommission wurde am 6.9.2001 vom Bundesjustizministerium unter der Leitung des Aufsichtsratsvorsitzenden der TyssenKrupp AG, Cromme, eingesetzt und legte bereits am 26.2.2002 die endgültige Version des Kodexes vor. Die von der Kommission entwickelten Verhaltensregeln werden nach dem Vorbild angelsächsischer „Seif-Regulation"' als unverbindliche Empfehlungen im Bundesanzeiger veröffentlicht. Allerdings sind börsennotierte Gesellschaften verpflichtet, im Geschäftsbericht eine verbindliche Erklärung darüber abzugeben, ob und inwieweit sie die Regeln des Kodex befolgen oder nicht (§ 161 S. 1 AktG; kritisch gegenüber dieser Regelung als verfassungsrechtlich bedenklich Wolf, ZRP 2002, 59); die Kommission Deutscher Corporate Governance Kodex bleibt als „Standing - Commission" bestehen, um den Kodex an die Entwicklung der Corporate Governance anzupassen. Die neuesten Entwicklungen sind abrufbar unter http://www.corporate-governance-code.de, wobei aber zu beachten ist, dass für die nach §161 S. 1 AktG notwendige Entsprechens-Erklärung allein die vom Bundesministerium für Justiz im amtlichen Teil der elektronischen Bundesanzeiger bekannt gemachte Fassung des Kodex entscheidend ist; (der englische Combined Code, der als Vorbild für den Deutschen Corporate Governance Kodex diente, findet sich als Anhang zu den Listing Rules der englischen Finanzdienstleistungsaufsicht auf deren Webseite: http://www.fsa.gov.uk/pubs/ukla/lr_com code3.pdf); besondere Bedeutung kommt inhaltlich u.a. sicher dem Wunsch nach erhöhter Publizität (z.B. Zugänglichmachung wichtiger Daten (z.B. Geschäftsbericht), Termine und Unternehmensnachrichten im Internet; Übertragung der Hauptversammlung im Internet) bzw. der 753

754

5 6: Treuepflichten

gegenüber

der Einmanngesellschaft

263

hierin eine effiziente Methode sehen, dem Gesellschaftszweck zu dienen, da die Steigerung des Unternehmenswertes grundsätzlich mit dem Zweck der Gesellschaft, Gewinn zu erzielen, konform geht. Die Tatsache, dass, bei Befriedigung des Gewinnstrebens der Anleger, die Gesellschaft insbesondere auch für Neuanleger attraktiv wird, kommt der Gesellschaft zugute, da die Möglichkeit, durch Anleger der Gesellschaft neues Kapital zuzuführen, grundsätzlich derjenigen der Fremdkapitalbeschaffung vorzugswürdig und somit auch im Interesse der Gesellschaft ist. Dass hierfür gewisse Konzessionen, etwa hinsichtlich der Höhe der Dividende, zu machen sind, die anderenfalls in die Rückstellungen eingeflossen wäre, steht dem nicht entgegen 7 5 7 . Wie bereits mehrfach hervorgehoben wurde, ist der Ermessensbereich, wie der Zweck der Gesellschaft zu erreichen ist, sehr groß. Deshalb ist aber auch in einer börsennotierten Gesellschaft die Gesellschafterstellung nicht auf die eines bloßen Anlegers zu reduzieren, dessen einziges Interesse die Maximierung des von ihm eingesetzten Kapitals ist und dem gegenüber der Gesellschaft, deren Mitglied er geworden ist, keine Pflichten obliegen. Natürlich hat jeder Gesellschafter ein berechtigtes Interesse, an dem Gewinn der Gesellschaft zu partizipieren. Dieses Interesse ist aber ein abgeleitetes und, anders als das der Gesellschaft, gerade kein Selbstzweck. A n dieser Stelle sei ein Satz von Werder zitiert: „Schlagworte wie Shareholder Value können notwendig sein, um verkrustete Strukturen aufzubrechen. N u r muss man aufpassen, dass einen die Schlagworte nicht erschlagen" 7 5 8 . Man muss sich davor in Acht nehmen, durch die Verfolgung einer einseitig überzogenen Shareholder-Value-Philosophie der Verpflichtung zur Verfolgung des Verbandszweckes nicht mehr gerecht zu werden. Der Zweck der Gesellschaft kann, als deren Grundlage, durch ein solches Konzept, dass im Ergebnis diesem Zweck zu dienen bestimmt ist, nicht seinen Stellenwert verlieren. Ebenso wenig kann er etwas am Inhalt der Mitgliedschaft und der sich hieraus ergebenden Verpflichtung ändern, den Gesellschaftszweck zu fördern. Damit ist aber auch der zu der oben genannten Auffassung Raisers eingenommenen extremen Gegenposition Grohs eine Absage zu erteilen, nach der die Verfolgung der Shareholder-Value-Grunds'itze prinzipiell zu begrüßen ist, selbst wenn die Verfolgung des Gewinnmaximierungsziels zur Preisgabe des Unternehmens führt 7 5 9 . Hier w i r d das Mittel z u m Zweck erhoben. Eine andere Frage ist, ob vor dem Hintergrund der auch gesetzlichen Anerkennung eines Konzeptes w i e dem des Shareholder Value, politisch eingefärbte MeiO f f e n l e g u n g von Interessenkonflikten zu (vgl. zu dem Corporate Governance Kodex auch Seibert, BB 2002, S. 581 ff.). Im G r u n d e w i r d aber auch hier nur bestätigt, dass der Vorstand die Gesellschaft in eigener V e r a n t w o r t u n g o r d n u n g s g e m ä ß zu leiten hat u n d hierbei an die Vorgaben in der Satzung u n d somit insbesondere an den Gesellschaftszweck g e b u n d e n ist (vgl. auch Groh, D B 2000, 2153, 2158). 7 5 7 Der Befund, dass w i r u n s auf dem Weg zu einem „Sonderrecht" f ü r k a p i t a l m a r k t a k t i v e Aktiengesellschaften befinden ( H o m m e h o f f , Z G R 2000, 768 f., 771), k a n n auch unter diesem B l i c k w i n k e l bestätigt w e r d e n . 758 Werder, Z f B - E r g ä n z u n g s h e f t 4/97 S. 9, 15 mit H i n w e i s auf eine F o r m u l i e r u n g von Gentz. 759 Groh, DB 2000, 2153, 2158.

264

Kapitel II: Grundlegung der

Treuepflichtbaftung

nungen, nach denen es heute nicht mehr als das oberste Ziel eines Unternehmens angesehen werden könne, seinen Gewinn zu maximieren, vielmehr in einer sozialen Markwirtschaft auch andere Ziele wie etwa die sozialen Belange der Arbeitnehmer und der Allgemeinheit zu berücksichtigen seien 7 6 0 , noch haltbar sind 7 6 1 . N a c h dem hier vertretenen Verständnis war diese Auffassung indes bereits vor dieser Neuregelung nicht begründbar. Zur Verfolgung des Gesellschaftszwecks wird eine Gesellschaft rechtlich verselbständigt. Allein aus diesem Grund existiert sie. Natürlich muss eine Gesellschaft ihren vertraglichen und gesetzlichen Verpflichtungen nachkommen und insoweit die Interessen ihrer Gesellschafter, ihrer Arbeitnehmer und sonstigen Vertragspartner berücksichtigen. Die Erfüllung dieser Pflichten ist im Ergebnis aber nichts anderes als ein Mittel zur Erreichung des Z w e c k s 7 6 2 . Ein in sich geschlossenes System ergibt sich nur vor dem Hintergrund der Erkenntnis, dass die Geschäftsleitung primär die durch den Gesellschaftszweck bestimmten Interessen der Gesellschaft wahrnehmen muss. Diese muss sich im Rahmen ihrer Tätigkeit natürlich in die Regelungen der Gesamtwirtschaft einfügen und darf das Gemeinwohl nicht gefährden. Dies ist vom Vorstand zu beachten, da andernfalls die Gefahr einer Auflösung der Gesellschaft besteht (§ 396 A k t G ) 7 6 3 . N e b e n den vertraglichen bzw. kraft Gesetzes bestehenden Verpflichtungen der Gesellschaft sind auf der Grundlage der Anerkennung eines Prinzips, dass Macht Verantwortung begründet 7 6 4 , im Einzelfall auch besondere Rücksichtnahmepflichten zu bejahen, wenn Gesellschaften allein oder im Verbund aufgrund ihrer G r ö ß e eine besondere wirtschaftliche und damit gesellschafts- und sozialpolitische Machtposition innehaben und so besondere Einwirkungsmöglichkeit auf die Interessen anderer. Insoweit kann man sicher auch von einer Art der sozialen Verantwortung sprechen. Rücksichtnahmepflichten, die aus einer besondere Machtposition herzuleiten sind, können, ebenso wenig wie jedem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft, aber auch nicht jeder Gesellschaft in einer Gesellschaftsordnung auferlegt werden. I m Grundsatz ist dem Neoklassiker Friedman

in seiner Ablehnung einer bereits

Anfang der 60er Jahre in Reaktion auf die in Amerika (wiederum) sehr viel früher aufkommenden Tendenz, Unternehmer allgemein einer besonderen „sozialen Ver-

Vgl. etwa Raiser, Recht der Kapitalgesellschaften, 3. Aufl. § 14 Rn. 13. Dagegen Groh, D B 2000, 2153, 2158 mit einer ausführlichen Darstellung der historisch gewandelten Vorstellungen im Aktienrecht. 7 6 2 Die Geschäftsleitung hat diese Interessen zu beachten, da sie andernfalls eine Pflichtverletzung seitens der Gesellschaft zu verantworten hat und damit ihre eigenen Pflichten der Gesellschaft gegenüber verletzt. Wie ein Vorstand bzw. Geschäftsführer alle die hier zu berücksichtigenden Interessen im besten Interesse der Gesellschaft zu einem Ausgleich bringt, ist natürlich seinem Ermessen überlassen. Dabei kann er auch Interessen des Gemeinwohls berücksichtigen, wenn er der Auffassung ist, dass dies den Zwecken der Gesellschaft, etwa aufgrund der Verbesserung ihres Standings, nützt. O b und in welchem Umfang der Geschäftsleitung selbst unmittelbare Pflichten gegenüber den genannten Personengruppen obliegen, braucht hier nicht erörtert zu werden. 7 6 3 Vgl. bereits Regierungsbegründung abgedruckt bei Kropff S. 98. 7 6 4 Vgl. oben S. 187 ff. 760 761

§ 6: Treuepflichten

gegenüber

der Einmanngesellschaft

265

antwortung" zu unterziehen, nach wie vor zuzustimmen, wenn er meint: „Few trends could so tborougly undermine the very foundation of our free society as the acceptance by corporate officals of a social responsibility otber than to make as much moneyfor their stockholders aspossible " 765 . In einem freien Wirtschaftssystem gibt es prinzipiell nur eine Verantwortung für die Beteiligten, die besagt, dass die verfügbaren Mittel möglichst gewinnbringend eingesetzt und Unternehmungen unter dem Gesichtspunkt der größtmöglichen Profitabilität geführt werden müssen, solange dies unter Berücksichtigung der festgelegten Regeln des Spiels geschieht, d.h. unter Beachtung der Regeln des offenen und freien Wettbewerbs und ohne Betrugs- und Täuschungsmanöver 766 . Die Erkenntnis Adam Smiths, nach der es nur darum gehen kann, eine Gesetzesstruktur zu finden, die sicherstellt, dass ein Individuum, das seine persönlichen Interessen wahrnimmt, wie von „unsichtbarer Hand geführt" ein Ziel erreicht, das eigentlich nicht Teil seiner Absicht war 767 , hat an Geltungsanspruch insoweit nichts eingebüßt. Die Einsicht, dass man auf der Grundlage des vorgenannten Prinzips da, wo Strukturen im heutigen Zeitalter der Globalisierung ein Machtpotential erreichen, dessen Einwirkungsmöglichkeiten auf eine Gemeinschaft derart groß sind, dass man sich diesen nicht oder kaum noch entziehen kann, auch eine soziale Verantwortung in Form einer besonderen Pflicht zur Rücksichtnahme auf diejenigen anzuerkennen hat, die diesem Einfluss in erhöhtem Masse ausgesetzt sind768, kann nur als Ausnahme zu Regel gelten. In welchem Umfang solche Rücksichtnahmepflichten bestehen, hängt vom Einzelfall ab und kann keiner allgemeingültigen Definition zugeführt werden. Hieraus ergibt sich aber noch keine allgemeine soziale Verantwortung großer Gesellschaften oder Unternehmensverbände 769 . Hält man rechtspolitisch mehr für erforderlich, bedarf es zur Auferlegung entsprechender Pflichten einer gesetzlichen Regelung.

765 Friedman, Capitalism and Freedom (1962), S. 133. 766 Friedman, Capitalism and Freedom (1962) S. 133. 767 Adam Smith, The Wealth of Nation (1776), Bd. IV, Kap. II S. 421: „.led by an invisible hand to promote an end which was no part of his intention. Nor is it always the worse for the society that it was no part of it. By pursuing his own interest, he frequently promotes that of the society more effectually than when he really intends to promote it. I have never known much good done by those who affected to trade for the public good". 768 Zu denken ist etwa an Verhandlungen, bei denen die Vernichtung eines Großteils der Arbeitsplätze in einer Region in Rede steht. 7 6 9 Andere Ansichten sind insbesondere auch aus dem anglo-amerikanischen Bereich vielfach vernehmbar, vgl. etwa Dahl, Buisness and Society Review 1972 S. 17: „eyery large corporation should be thought of as a social enterprise; that is, as an entity whose existence and decisions can be justified only insofar as they serve public or social purposes" (weitere Nachweise bei Parkinson, Corporate Power and Responsibility: Issues in the Theory of Company Law (1993), S. 23 in Fn. 76).

266

Kapitel II: Grundlegung

der

Zusammenfassung

Treuepflichthaftung

zu §6

Die Frage, ob ein Eigeninteresse der Einmann-GmbH existiert oder nicht, wird sehr unterschiedlich beantwortet. Zurückzuführen ist dies auf sehr unterschiedliche Vorstellungen von der GmbH als juristischen Person selbst und ihrer Beziehung zu ihren Gesellschaftern. Einander gegenüber stehen die Auffassung von einer Gesellschaft als „Veranstaltung der Gesellschafter", die kein Selbstzweck ist, sondern nur „Vehikel für den Schutz Dritter" 770 , sowie die von einer Gesellschaft mit einem eigenständigen, unabhängigen Interesse. Nur letztere Ansicht wird dem Wesen der juristischen Person gerecht. Um die Eigenständigkeit einer juristischen Person anzuerkennen, muss sie losgelöst von ihren Mitgliedern betrachtet und darf nicht nur als deren Gesamtorganisation verstanden werden 771 . Anderenfalls kann man die Einmanngesellschaften und damit im Endeffekt das Wesen der juristischen Person als solches nicht richtig erfassen. Das Eigeninteresse der Gesellschaft darf auch nicht mit dem Unternehmensinteresse verwechselt werden 772 . Es geht hier nicht um die Bündelung einzelner in einem Unternehmen (bei Handlungen für oder gegenüber der Gesellschaft) zusammentreffender Interessen 773 , die durch diese Bündelung erst zu einem eigenständigen Interesse würden, sondern um ein von diesen aufeinandertreffenden Einzelinteressen unabhängiges Interesse der Gesellschaft selbst, abgeleitet aus ihrem Zweck 774 . Insoweit hat Teubner Recht, wenn er feststellt, es sei notwendig, sich von der Vorstellung zu lösen, die Gesellschaft sei nur „sozialer Schnittpunkt spezifischer Interessenverfolgungen" und folglich kein eigenständiger Akteur. Tut man dies nicht, ist die Gefahr groß, dass man die Eigenständigkeit der juristischen Person „hinweginterpretiert" 775 . Bei Gleichsetzung des Gesellschaftsinteresses mit dem Unternehmensinteresse wird die Gesellschaft selbst als bloßes Medium behandelt, ohne deren eigene Rechtspersönlichkeit als juristische Person tatsächlich anzuerkennen. Der im Gesetz selbst angelegten Trennung zwischen juristischen Personen und Personengesellschaften kann man so nicht gerecht werden. Damit muss aber auch der Ansicht, nach der eine Gesellschaft kein Interesse hätte, das nicht auf Interessen anderer zurückzuführen sei776, eine klare Absage er-

770

Möhring, Zum Schutz der Gläubiger einer konzernabhängigen GmbH (1992), S. 82. Teubner, KritV 1987, 61, 65. 772 Vgl. oben S. 255 ff. 773 So etwa Ulmer, Z H R 148 (1984), 391, 420; ähnlich Priester, Z G R 1993, 515, 521. 774 Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob Interessen Dritter nicht deshalb zu berücksichtigen sind, weil die Gesellschaft entsprechende Verpflichtungen eingegangen ist bzw. ihr kraft Gesetzes solche auferlegt wurden. Der Umstand, dass eine Person Interessen anderer zu berücksichtigen hat, sei es aufgrund Vertrages oder Gesetzes, macht diese Interessen aber noch nicht zu ihren eigenen. Dementsprechend ist aber auch für das Bestehen einer Treuepflicht allein die Erkenntnis maßgebend, dass es ein von den Interessen der Gesellschafter zu unterscheidendes Gesellschaftsinteresse gibt, für dessen Bestimmung der Gesellschaftszweck maßgebend ist, der auf der Grundlage des gewählten Unternehmensgegenstandes zu verfolgen ist. 775 So Teubner, KritV 1987,61,63. 776 Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 402. 771

5 6: Treuepflichten

gegenüber

der

Einmanngesellschaft

267

teilt werden. Die Anerkennung eines Eigeninteresses der Gesellschaft ist auch kein Paradoxon, ebenso wenig wie es ein Zirkelschluss ist, ein Handlungssystem als Rechtssubjekt anzuerkennen und ihm infolgedessen auch ein Eigeninteresse zuzubilligen. Vielmehr ist das eine notwendige Konsequenz des anderen 777 . Damit handelt es sich bei der Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft auch nicht nur um einen reflexartigen, aus der Treuepflicht zwischen den Gesellschaftern abgeleiteten Schutz 7 7 8 . Vielmehr ist diese Pflicht als eine unmittelbar der Gesellschaft gegenüber bestehende Pflicht auf der Grundlage der Mitgliedschaft zu verstehen 779 . Dieser Ansatz greift auch nicht deswegen zu kurz, weil hier schutzwürdige Gläubigerinteressen nicht einbezogen würden 7 8 0 . Der beste Schutz der Gläubiger einer Gesellschaft besteht immer noch darin, die Gesellschaft selbst zu schützen und somit ihnen den Schuldner zu erhalten. Der Ansatz, ein Eigeninteresse der Gesellschaft erst anzuerkennen, wenn sie in ihrem Bestand gefährdet wird, ist inkonsequent. Das Interesse der Gesellschaft wird danach erst dann von dem Interesse der Gesellschafter gelöst, wenn man in den Bereich der Existenzgefährdung kommt. Die dem zugrunde liegende Einsicht, dass, je näher die Gefahr einer Insolvenz rückt, die Gläubigerinteressen in den Vordergrund und die Gesellschafterinteressen zurücktreten müssen 7 8 1 , ist in dieser Allgemeinheit zwar sicher richtig. N u r wird hiermit nichts über das Interesse der Gesellschaft ausgesagt. Insbesondere wird nicht erklärt, wann und insbesondere auf welchem Wege diese Interessen in das Interesse der Gesellschaft Eingang finden sollen. Durch die Bestandsgefährdung wird der Zweck der Gesellschaft nicht geändert. Der B G H negiert mit dieser Rechtsprechung die Bedeutung des Zwecks der Gesellschaft für deren Interesse. Dies wird offensichtlich, wenn man bei Fehlen von Minderheitsgesellschaftern die Funktion der Gesellschaft auf die eines „Haftungsträgers für die in Verfolgung seiner (des Gesellschafters) geschäftlichen Aktivitäten begründeten Verbindlichkeiten" beschränkt 782 . Könnte ein Alleingesellschafter mit Ausnahme der Existenzgefährdung mit der Gesellschaft „tun und lassen", was er wollte, hätte die Zwecksetzung tatsächlich keine Bedeutung. Vor allem wäre es nicht notwendig, eine Satzungsänderung zu verlangen, um das InterZ u m Paradox des Unternehmensinteresses vgl. Teubner, Z H R 149 (1985), 485. Vgl. auch Priester; Z G R 1993, 512, 521 ff.; rechtsrelevante Treuepflichten nur aus dem Verhältnis zu den Mitgesellschaftern ableitend aber Verhoeven, GmbH-Konzern-Innenrecht (1978), Rn. 159 ff, 300; Wolany, Rechte und Pflichten des Gesellschafters einer G m b H (1964), S. 114 f. 779 Reuter, in M K 4. Auf. § 34 Rn. 22; eingehend hierzu auch Winter, Mitgliedschaftliche Treubindungen (1988), S. 63 ff. m.w.N. 7 8 0 So aber Möhring, Z u m Schutz der Gläubiger einer konzernabhängigen G m b H (1992), S. 78, dem allerdings insoweit Recht zu geben ist, als er feststellt, dass die mitgliedschaftliche Treuepflicht nicht nur einen Mehrheitsgesellschafter trifft, sondern alle Gesellschafter, wobei er allerdings darauf abstellt, dass sich auch in einer pluralistischen Gesellschaft eine Mehrheit für eine die Gesellschaft willkürlich schädigende Maßnahme finden kann. 7 8 1 D i e Bedeutung, die das Gesetz dem Gläubigerschutz beimisst, wird insbesondere durch die Insolvenzantragspflicht exemplifiziert. 782 Röhricht, in F S 50 Jahre B G H S. 83, 104. 777 778

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Kapitel II:

Grundlegung

der

Treuepflicbthaftung

esse der Gesellschaft zu ändern, insbesondere auf das Interesse einer anderen Gesellschaft auszurichten 783 . Ein solches Verständnis widerspricht der Rechtsnatur der juristischen Person, die als Rechtssubjekt kraft staatlicher Anerkennung zum Träger eines eigenständigen, von den Interessen der Gesellschafter verselbständigten Interesses geworden ist. Röhricht meint, der von ihm vorgeschlagene784 und nun auch vom BGH 7 8 5 vertretene Ansatz einer Verpflichtung zur Respektierung des Bestandes einer Gesellschaft beschreibe eine „mittlere Linie", durch die ein wirksamer Gläubigerschutz insoweit begründet werde, wie „dies ohne Preisgabe der an die Zulassung der GmbH geknüpften Erwartungen möglich" sei 786 . Unerklärt bleibt allerdings, wieso die Gesellschafter die Erwartung haben dürfen, mit der Gesellschaft Zwecke verfolgen zu können, die nicht dem Zweck entsprechen, den sie selbst der Gesellschaft gegeben haben. Die Inkonsequenz dieser Rechtsprechung wird gänzlich offensichtlich, wenn man zwar bei Fehlen einer Minderheit für die Ausübung von Konzernmacht auf eine abhängige GmbH nicht die Erlaubnis eines Beherrschungsvertrages verlangt, auf der anderen Seite im Abschluss eines Beherrschungsvertrages mit einer GmbH aber eine Satzungsänderung erblickt, die notwendig ist, um die GmbH im Konzerninteresse leiten zu dürfen 787 . Vor allem gilt es aber zu berücksichtigen, dass, wenn man die Haftung an einem existenzgefährdenden Eingriff festmacht, auch nur für den Schaden der GmbH gehaftet werden dürfte, der hierdurch entstanden ist 788 . Dieser muss indes keineswegs mit dem Ausfall der Gläubiger identisch sein 789 . Wurde die GmbH jahrelang nicht entsprechend ihrem Zweck geführt, sondern für andere Interessen des Gesellschafters eingesetzt, so wird der letztendliche Eingriff, der die Existenz der GmbH schließlich zerstört hat, kaum noch einen nennenswerten Schaden begrünVgl. hierzu noch sogleich. Röhricht, in FS 50 Jahre B G H S. 83, 98. 785 B G H v. 17.9.2001 = N J W 2001, 3622. 786 Röhricht, in FS 50 Jahre B G H S. 83, 98. 787 Vgl. B G H v. 24.10.1988 = B G H Z 105,324. 331 = N J W 1989,295,296 (Supermarkt); B G H v. 30.1.1992 = N J W 1992, 1452 = ZIP 1992, 395 {Siemens), wo das Gericht ausdrücklich auch für die Einmanngesellschaft feststellt, dass durch den Beherrschungsvertrag der Gesellschaftszweck betroffen wird, da „an die Stelle einer unabhängigen erwerbswirtschaftlichen Teilnahme am Wirtschaftsverkehr, die zu dem selbstverständlichen Bestandteil des von einer G m b H G verfolgten, im Gesellschaftsvertrag konkretisierten Gesellschaftszwecks zu rechnen ist, ... bei einem in der Regel gleichbeleibenden Unternehmensgegenstand eine dienende, dem Interesse der Konzernspitze untergeordnete gesellschaftliche Tätigkeit (tritt)"; vgl. auch B G H v. 5.11.2001 = WM 2002, 77, 78; a.A. und insoweit konsequent Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 357 ff m.w.N. 788 In der Literatur wird demgegenüber als Folge des existenzvernichtenden Eingriffs überwiegend die unbeschränkte Haftung der Gesellschafter analog §128 H G B angenommen (vgl. nur LutterlBanerjea, Z G R 2003, 402, 430 m.w.N.). J. Vetter (ZIP 2003, 601, 602) hingegen spricht sich für eine auf den Vermögensentzug beschränkte Anwendung der §§ 128, 129 H G B aus. Der B G H selbst folgert in seinem ATßV-Urteil (Urt. v. 24.6.2002 = BB 2002, 1823) aus dem existenzvernichtenden Eingriff zwar den Verlust des Haftungsprivilegs. Allerdings überstieg in den bisher zu entscheidenden Fällen das entzogene Vermögen auch den Betrag des geltend gemachten Ersatzanspruchs (vgl. hierzu auch Hölzle, ZIP 2003, 1376, 1381). 789 Ulmer, ZIP 2001,2021, 2028. 783 784

§ 6: Treuepflichten gegenüber der

Einmanngesellschaft

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det haben 7 9 0 . N u r wenn man das Eigeninteresse der Gesellschaft bereits im Vorfeld anerkennt, lassen sich entsprechende Ansprüche auch im Insolvenzverfahren geltend machen. Im Ü b r i g e n wird aber auch die Inanspruchnahme der Gesellschafter erst im Falle der Insolvenz häufig nicht zur Gläubigerbefriedigung genügen. Ziel muss es sein, die Gesellschaft selbst als Schuldner zu erhalten. Dies ist aber nur durch eine Loslösung von der Interessenbetrachtung einzelner Gruppen im jeweiligen Einzelfall und der Hinwendung zu der Anerkennung eines zweckbestimmten Eigeninteresses der Gesellschaft selbst möglich. D i e Weisungsbefugnis der Gesellschafter und der gegenüber der A G geringere Kapitalschutz rechtfertigen es nicht, der G m b H ein Eigeninteresse abzuerkennen 7 9 1 . A u c h wenn der Gesetzgeber noch von einer gewissen Miteigentumsvorstellung der Gesellschafter ausgegangen sein mag 7 9 2 , darf die G m b H als juristische Person nicht der Personengesellschaft gleichgesetzt werden 7 9 3 . Sicher unterliegen die Gesellschafter einer G m b H nicht so strengen Kapitalerhaltungsregeln wie in einer A G , und natürlich ergeben sich hieraus größere Gestaltungsspielräume. B e gründet liegt dies aber in der Vorstellung des Gesetzgebers von der G m b H als typische Gesellschaftsform kleinerer Unternehmen, in der das eigene Interesse der Gesellschafter an der Zweckverfolgung regelmäßig besonders groß ist und denen man daher auch flexiblere Einwirkungs- und Handlungsmöglichkeiten als in einer Publikumsgesellschaft einräumen wollte 7 9 4 . D a m i t wurde allerdings noch kein Freibrief gegeben, entgegen der Zweckförderungspflicht den selbst festgesetzten Zweck ohne Satzungsänderung einfach zu ignorieren. N u r dieser Z w e c k macht ein Rechtssubjekt als alleinigen Anspruchsgegner im Rechtsverkehr berechenbar und nur unter der Voraussetzung dieser Berechenbarkeit ist seine Verselbständigung zu rechtfertigen. Entzieht der Gesellschafter der Gesellschaft Vermögen und verhindert damit etwa notwendige Investitionen oder Reparaturen, so stellt dies daher auch eine Verletzung der Eigeninteressen der Gesellschaft dar, auch wenn hierdurch nicht gegen Regelungen zur Kapitalerhaltung verstoßen oder die Existenz der Gesellschaft (schon) gefährdet wird. Natürlich ist es erlaubt, um langfristiger G e w i n n aussichten willen, kurzfristige oder gar mittelfristige Verluste oder Vermögenseinbußen der Gesellschaft in Kauf zu nehmen. Soll es aber wirklich zulässig sein, dass

790 Vgl. auch Ulmer, ZIP 2001,2021, 2028, der auch auf die möglich Einwendung seitens der Gesellschafter hinweist, dass bereits eine Uberschuldung bestanden habe oder der Schaden auch anderweitige Ursachen gehabt hat; vgl. auch auch Haas, WM 2003,1929,1937 m.w.N.: „War die Forderung gegen die Gesellschaft ... im Zeitpunkt des Eingriffs nicht mehr in vollem Umfang oder gar nicht werthaltig, so ist dies im Rahmen der Ausfallhaftung zu berücksichtigen". 791 Vgl. auch Ziemons, Die Haftung der Gesellschafter für Einflussnahmen auf die Geschäftsführung der GmbH (1996), S. 126 ff. 792 Vgl. Wilhelm, Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person (1981), S. 343 ff. 793 A.A. etwa Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 359. 794 Vgl. auch Ziemons, Die Haftung der Gesellschafter für Einflussnahmen auf die Geschäftsführung der GmbH (1996), S. 126.

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Kapitel II: Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

ein geschäftsführender Alleingesellschafter eines U m z u g s u n t e r n e h m e n s einen für die Geschäfte der Gesellschaft dringend benötigten L K W der Gesellschaft verkauft, u m sich selbst Liquidität zu verschaffen? Lässt man dies zu, ignoriert man, dass es sich hier eben nicht u m das Eigentum des Gesellschafters, sondern u m das der Gesellschaft handelt. Diese rechtliche Trennung ist auch von einem Alleingesellschafter oder der Gesamtheit der Gesellschafter bei A u s ü b u n g ihres Weisungsrechts zu respektieren, da sie diese als Preis der H a f t u n g s b e s c h r ä n k u n g selbst begründet haben 7 9 5 . Die Unterschiede in der Kapitalbindung zur A G werden damit nicht ignoriert. In der A G w u r d e eine vollumfängliche Vermögensbindung geschaffen - mit dem daraus resultierenden absoluten Verbot verdeckter Gewinnausschüttungen, während in der G m b H §§ 30, 31 G m b H G nur der Sicherung des Stammkapitals dienen. In einer G m b H können daher auch Entnahmen gemacht werden oder, u m beim Beispiel des L K W ' s zu bleiben, dieser z u m Nutzen eines Gesellschafters verkauft werden, wenn er von der Gesellschaft nicht benötigt w i r d und diese ausreichend mit Kapital versorgt ist 796 . Derartige, in Bezug auf die Zwecke der Gesellschaft neutrale Transaktionen sind hier erlaubt. Zweck der Gesellschaft ist die Erwirtschaftung von Gewinn auf der Grundlage des gewählten Unternehmensgegenstandes, nicht die Anhäufung von (totem) Kapital. Damit ist es aber noch nicht zulässig, der Gesellschaft notwendige Betriebsmittel zu entziehen oder Investitionen zu verhindern, die für die A u f rechterhaltung der Konkurrenzfähigkeit der Gesellschaft auf dem Markt notwendig sind. Durch die Regelungen zur Kapitalerhaltung darf man sich nicht den Blick auf die Pflichten der Gesellschafter gegenüber ihrer Gesellschaft verstellen lassen und den darin z u m Ausdruck kommenden Schutzgedanken als abschließend erkennen. Seit langem ist anerkannt, dass die Kapitalvorschriften z u m Schutz der Gläubiger und Minderheitsgesellschafter nicht ausreichend sind 7 9 7 , weshalb teilweise auch über die Abschaffung einer Verpflichtung zur Mindestkapitalisierung nachgedacht

7 9 5 A . A . w o h l B G H v. 22.9.2003 = N J W 2004, 365 m . w . N . ; e t w a s anderes ergibt sich insbesondere auch nicht aus der grds. M ö g l i c h k e i t , auf A n s p r ü c h e der Gesellschaft nach § 4 3 G m b H G zu verzichten, solange nicht s c h u t z b e d ü r f t i g e Drittinteressen berührt w e r d e n ; sicher unterliegt nach § 4 6 Nr. 8 G m b H G die G e l t e n d m a c h u n g dieser A n s p r ü c h e der Gesellschafterv e r s a m m l u n g , da es sich hier u m ein Internum der Gesellschaft handelt, die für ihr A n s e h e n u n d ihren Kredit b e d e u t s a m sein k a n n ( B G H v. 20.11.1958 = B G H Z 28, 357). Dies bedeutet indes nicht, dass die Gesellschafter völlig frei in der Entscheidung d a r ü b e r sind, ob sie auf die Gelt e n d m a c h u n g derartiger A n s p r ü c h e verzichten. A u c h insoweit sind sie in ihrer Dispositionsbefugnis durch ihre Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft gebunden (a.A. Möhring, Z u m Schutz der Gläubiger einer k o n z e r n a b h ä n g i g e n G m b H (1992), S. 77 f.). 7 % In einer m e h r g l i e d r i g e n Gesellschaft gilt dies freilich nur, w e n n der Z u w e n d u n g an einen Gesellschafter alle anderen Gesellschafter z u s t i m m e n . 7 9 7 A u c h A u s l a n d steht der Kapitalschutz unter „Beschuss" (vgl. Schön, Z H R 2002, 1 unter B e z u g n a h m e auf den A u f s a t z von Enriques/Macey, C r e d i t o r s versus Capital F o r m a t i o n : The C a s e against the European Legal C a p i t a l , C o r n e l l L a w R e v i e w 86 (2001), 1165 ff.). In den U S A w u r d e von der Einrichtung eines festen G r u n d k a p i t a l s gewerblich tätiger juristischer Personen daher auch bereits vor 20 J a h r e n mit d e m „Revised M o d e l C o r p o r a t i o n A c t " der „Abschied eingeleitet" (Schön, Z H R 2002, 1; vgl. hierzu auch Merkt, U S - a m e r i k a n i s c h e s Gesellschaftsrecht R n . 371 ff.).

§ 6: Treuepflichten

gegenüber

der Einmanngesellschaft

271

wird 798 . Indes bedarf es nicht erst der Abschaffung insbesondere im Gründungsstadium durchaus sinnvoller Vorschriften 799 , um ein Eigeninteresse der Gesellschaft akzeptieren zu können, mit dem die Anerkennung einer originären Treuepflicht der Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft einhergeht, die unabhängig davon besteht, ob alle Gesellschafter einer nachteiligen Maßnahme zugestimmt haben oder nur ein Gesellschafter existiert. Zwar wird ein entsprechender Anspruch der Gesellschaft bei Verletzung dieser Pflichten von einem Geschäftsführer gegenüber einem Alleingesellschafter in der Praxis kaum geltend gemacht werden. Im Bereich verbundener Unternehmen besteht die Möglichkeit der Inanspruchnahme analog §§317 Abs. 4 i.V.m. § 3 0 9 AktG aber auch durch die Gläubiger der konzernierten GmbH. Sicher kann man auf diesem Wege die Gesellschaft nicht vor wirtschaftlichem Misserfolg schützen, wohl aber vor zweckwidrigem Einsatz. Würde sich im Bewusstsein des Wirtschaftsverkehrs manifestieren, dass eine Gesellschaft auch außerhalb der Bestandsgefährdung und der Kapitalerhaltungsvorschriften keine „reine Veranstaltung der Gesellschafter" ist, würden man dem Ziel, die Insolvenzanfälligkeit der GmbH zu reduzieren, sicher näher rücken. Das Urteil in Sachen Bremer Vulkan ist mit Aufgabe einer nicht haltbaren Analogie 800 und der zumindest partiellen Anerkennung eines Eigeninteresses der Gesellschaft ein erster Schritt in die richtige Richtung, mit dem man allerdings nicht stehen bleiben darf 8 0 1 . Das System der Haftungsbeschränkung kann nur funktionieren, wenn man die Eigenständigkeit der juristischen Person anerkennt und den Gesellschaftern die Pflicht auferlegt, das gegebene Versprechen, die Zwecke der Gesellschaft zu fördern, auch zu halten. Die beschränkte Haftung in einer Kapitalgesellschaft ist, wie Fuentes treffend für das amerikanische Gesellschaftsrecht 7 9 8 Insbesondere gegenüber Banken macht der Markt derartige Regelungen sicher unnötig, da hier ein ausreichender Individualschutz durch private Vereinbarungen zu erreichen ist. O b dies auch bei Kleingläubigern der Fall ist, ist allerdings die Frage. Insbesondere machen Regelungen zur Mindestkapitalisierung aber auch bei der Gründung einer Gesellschaft Sinn, um das Auftreten einer beschränkt haftenden Gesellschaft ohne Kapital bereits unmittelbar nach der Gründung zu verhindern, wenngleich auch hier andere Lösungsansätze denkbar sind (möglich wäre auch, dass man wie in Belgien die Gründungsgesellschafter zunächst einige Zeit persönlich haften lässt, ehe die beschränkte Haftung eingreift). 7 9 9 Vgl. hierzu auch den kürzlich der EU-Kommission übergegebenen Bericht der nach ihrem Vorsitzenden Jaap Winter benannten Expertenkommission, in dem hervorhoben wird, dass die Mindestkapitalvorschriften weitgehend als wesentlicher Eckstein für die Sicherung des Gläubigerschutzes und der Interessen der Anteilseigner angesehen werden. Uberzeugt ist die Expertenkommission aber auch davon, dass diese Regelungen zwar vor der leichtfertigen Gründung von Gesellschaften abschrecken können. Dass sie jedoch nur zu einem geringen Schutz der Gläubiger vor unüberlegtem Kapitaleinsatz führen und überhaupt keinen Schutz bieten können, wenn das Kapital zum Ausgleich von Verlusten eingesetzt wird (Report of the High Level Group of Company Law Experts on a Modern Regulatory Framework for Company Law in Europe vom 4.11.2002, Zusammenfassung S. 14, Einzelheiten S. 82 ff., insb. S. 87, veröffentlicht auf der Internetseite der Europäischen Kommission, www.europa.eu.int/comm/internal_ market/en/Company/company/modern). 8 0 0 Vgl. hierzu noch unten S. 360 ff. 8 0 1 Vgl. insoweit auch K. Schmidt, N J W 2001, 3577: „Die Entscheidung ist als Fortschritt im Haftungsrecht der G m b H einzuordnen, allerdings nicht als Schlusspunkt der Diskussion".

272

Kapitel II: Grundlegung

der

formuliert hat, keineswegs eine „carte blanche",

Treuepflichthaftung die den Gesellschaftern die F ü h -

rung der Gesellschaft aufs Geratewohl unabhängig von jeglichen Treuepflichten und Maßstäben erlaubt 8 0 2 . Dies gilt ohne Abzüge auch für das deutsche Kapitalgesellschaftsrecht. D i e Sicht der herrschenden Meinung ist vor dem Hintergrund der Angst zu verstehen, eine juristische Person um ihrer selbst Willen zu respektieren und sie so zu verabsolutieren, da diese nur zur Erfüllung begrenzter Aufgaben geschaffen worden sei 8 0 3 . Letzteres ist sicher richtig. Soweit es gerade um die Erfüllung der Aufgaben oder, mit anderen Worten, des Zwecks geht, für die sie geschaffen wurde, ist sie aber auch zu respektieren und zwar auch von denjenigen, die sie ins Leben gerufen haben. N u r so ist es zu rechtfertigen, dass diejenigen, die mit einer juristischen Person in geschäftlichen Verkehr treten, auch nur diese in A n spruch nehmen k ö n n e n 8 0 4 . D e n Vorteil der Haftungsbeschränkung haben die G e sellschafter, weil sie sich für ihre „Veranstaltung" eine bestimmte F o r m gewählt und ein eigenständiges Rechtssubjekt ins Leben gerufen haben. D a n n müssen sie aber auch die „Spielregeln" dieser F o r m , sprich deren Satzung und das Gesetz sowie die Eigenständigkeit des so geschaffenen Rechtssubjekts respektieren 8 0 5 . Dies tun sie nicht, wenn sie sich bei ihren Handlungen nicht von dem Interesse der G e sellschaft leiten lassen, das sie ihr selbst gegeben haben. D a m i t werden nicht risikoreiche Geschäfte verboten 8 0 6 . Wohl aber Geschäfte, die dem Z w e c k der Gesellschaft entgegenstehen. D i e Anerkennung eines Eigeninteresses ist damit nicht, wie teilweise angeführt wird, Ausdruck reiner Begriffsjuristerei 8 0 7 , sondern vielmehr konsequente Folge der Schaffung einer eigenständigen juristischen Persönlichkeit. N u r wenn man das Gesellschaftsinteresse von den jeweiligen im Einzelfall bestehenden Interessen anderer (natürlicher) Personengruppen abstrahiert, kann man allgemein den Erwartungen gerecht werden, die in eine solche Rechtsfigur gesetzt werden dürfen. N u r auf diesem Wege kann die Gesellschaft in ein System gebettet werden, in dem die Fuentes, Selon Hall Law Review 1997, 1023, 1035. Vgl. nur Röhricht, in FS 50 Jahre B G H S. 83, 103. 8 0 4 Vgl. auch Wilhelm, N J W 2003, 175, 179 in Fn. 54: „Wenn man die juristische Person mit dem ihr vorbehaltenen Vermögen ernst nimmt, betreibt man Gläubigerschutz (u.a.) und nicht eine Verabsolutierung der juristischen Person". 8 0 5 Auch in der Literatur wird zunehmend erkannt, dass es nicht hinnehmbar ist, wenn die Gesellschafter trotz der Haftungsbeschränkung des § 13 Abs. 2 G m b H G die Gesellschaft einfach beiseite schieben könnten, indem sie ihre Vorstellungen ungehindert durchsetzen, sich dann aber, wenn es um die Folgen ihres Handelns geht, wieder auf die Rechtssubjektivität der GmbH und die damit einhergehende Haftungsbeschränkung berufen können (vgl. auch Becker, Das gesellschaftsrechtliche Wettbewerbsverbot (1997) S. 121 ff., 171 ff., 250 ff.) Die Haftungsbeschränkung lässt sich nur rechtfertigen, wenn die Gesellschafter auf der anderen Seite auch die Selbständigkeit der Gesellschaft respektieren {Priester, Z G R 1993, 512, 520). 806 Weitergehend Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 318, der meint, selbst ein Verbot der Existenzgefährdung sei nicht anzuerkennen, da die Haftungsbeschränkung dazu anreizen solle effiziente Projekte auch dann durchzuführen, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Totalverlustes besteht, weshalb der Sinn der Haftungsbeschränkung geradezu eine Existenzgefährdung voraussetze. 807 Zöllner, in Baumbach/Hueck, Schlussanhang I, GmbH-Konzenrecht Rn. 83; weitere Nachweise bei Altmeppen, ZIP 2001,1837,1842. 802

803

§ 6: Treuepflichten

gegenüber

der Einmanngesellschaft

273

Haftungsbeschränkung ihre Rechtfertigung findet und dem berechtigten Vertrauen aller Interessenträger Rechnung getragen werden kann, die in Kontakt mit einer juristischen Person treten. „Spielarten" wie das „Auslaufenlassen" einer GmbH oder die Betreibung von „Aschenputtel-Gesellschaften" 808 haben in einem solchen System keinen Platz 809 . Damit hat eine juristische Person aber durchaus einen Selbstzweck, begründet durch die rechtliche Anerkennung ihrer eigenständigen Existenz mit dem Ziel, den ihr gegebenen Zweck zu verfolgen. Wollen die Gesellschafter diesen Zweck, den sie selbst bei der Gründung gewählt haben, nicht mehr, müssen sie den von der Rechtsordnung vorgeschriebenen Weg gehen und der Gesellschaft einen anderen Zweck geben oder sie auflösen 810 . Solange dies nicht geschieht, sind sie verpflichtet, im Interesse der Gesellschaft, entsprechend ihres Zwecks zu handeln, unabhängig davon, ob man es mit einer Ein- oder Mehrpersonengesellschaft zu tun hat. Um es pathetisch auszudrücken, ist getreu dem Motto Rudolph von Jberings auch hier der Zweck „Schöpfer" des Rechts 811 . Handeln in der Gesellschaft ist nur insoweit gerechtfertigt, als es an den festgesetzten Zielen der Gesellschaft ausgerichtet ist 812 . Aus diesem Grund hat die Sorgfaltshaftung aber auch nicht, wie Wilhelm meint, von vornherein eine Lücke 813 . Zwar ist ihm darin zuzustimmen, dass es nicht hinnehmbar wäre, wenn die Gesellschafter ohne jede Verantwortlichkeit auf die Geschicke einer juristischen Person einwirken dürften, wo dies die Geschäftsleitung nur verantwortlich tun darf 814 . Allerdings ergibt sich hieraus nicht deren organschaftliche Verantwortlichkeit 815 , sondern vielmehr eine Bestätigung für die Richtigkeit einer möglichen Inanspruchnahme der Gesellschafter auf der Grundlage einer Treuepflichtverletzung, die ihren Grund in der gesellschaftsrechtlichen Förderpflicht der Gesellschafter hat und sich organisationsrechtlich als Bestandteil des Mitgliedschaftsverhältnisses darstellt. Aus dem Mitgliedschaftsverhältnis ergibt sich die Pflicht der Gesellschafter, die Interessen der Gesellschaft zu fördern, ebenso wie sich als „Medaillengegenseite" hieraus das Verbot ableitet, die Gesellschaft zu schädigen816.

Vgl. hierzu auch Röhricht, in F G 50 Jahre B G H S. 91, 97 ra.w.N. Diese Fälle spielten auch in der Geschichte des qualifiziert faktischen Konzerns immer wieder eine Rolle (vgl. zach Altmeppen, ZIP 2001, 1837, 1841). 810 Vgl. auch Priester, Z G R 1993, 520. 811 Jhering, Der Zweck im Recht (1904/05), Vorrede S. V. 812 Teuhner, KritV 1987, 61, 62. 813 So aber Wilhelm, Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person (1981), S. 345. 814 Wilhelm, Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person (1981), S. 349. 815 So aber Wilhelm, Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person (1981), S. 349. 816 Lutter, Z H R 162 (1998), 164, 179. 808 809

274

Kapitel II: Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

§ 7: Zum Inhalt der Treuepflicht

I. Inhalte der mitgliedschaftlichen

Treuepflicht

Nach Anerkennung einer selbständigen mitgliedschaftlichen Treuepflicht zwischen Gesellschaft und Gesellschafter gewinnt die Frage an Bedeutung, welchen Inhalts diese Pflichten im Einzelnen sind 817 . Wie bereits an anderer Stelle hervorgehoben wurde, können mitgliedschaftliche Treuepflichten, anders als die aus einer besonderen Vertrauensbeziehung herzuleitenden oder auf der Grundlage der Korrelation zwischen Macht und Verantwortung bestehenden Rücksichtnahmepflichten 818 , sowohl anspruchsbegründende als auch rechtshemmende Wirkungen haben 819 . Insbesondere kann sich auf der Grundlage einer mitgliedschaftlichen Treuepflicht auch eine Pflicht zur Stimmabgabe gründen 820 . Eine allgemeingültige Formel dafür, wie sich ein Gesellschafter in einer bestimmten Situation zu verhalten hat, lässt sich allerdings nur schwer finden. Sicher können auch nicht alle Bereiche aufgezählt werden, in denen mitgliedschaftliche Treuepflichten eine Rolle spielen. Dafür ist die Vielfalt des Anwendungsbereichs der Treuepflichten viel zu groß 821 und dafür sind die denkbaren Gesellschaftsstrukturen viel zu unterschiedlich 822 . Bestimmt werden kann allerdings ein grundsätzliches Minimum dessen, was an mitgliedschaftlicher Treuepflicht zu verlangen ist, sowie Kriterien, die für die inhaltliche Konkretisierung im Einzelfall herangezogen werden können. Grundlage der Beurteilung sind dabei, neben dem gesetzlichen Rahmen der jeweiligen Gesellschaftsform, die satzungsmäßigen Bestimmungen sowie ihre konkrete Ausgestaltung.

8 1 7 Vgl. auch K. Schmidt, N J W 2001, 3577, 3580: „Die künftige Arbeit w i r d der H e r a u s a r b e i tung u n d K o n k r e t i s i e r u n g des sich aus der Gesellschafterstellung ergebenden P f l i c h t e n r a h m e n s zu w i d m e n sein". 818 Vgl. hierzu bereits oben S. 187 ff. 819 Wiedemar.in, in FS H e i n s i u s S. 949, 950. 8 2 0 I. E. ebenso Zöllner, Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden (1963) S. 354 f ü r das auf Vertrauen begründete Verhältnis z w i s c h e n Gesellschaftern einer stark personalistisch ausgestalteten G m b H ; zu d e m Z u s a m m e n hang z w i s c h e n Vertrauen u n d der B e g r ü n d u n g von Treuepfhchten z w i s c h e n den Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft vgl. oben S. 182 ff. 821 Vgl. allerdings die ausführliche Darstellung bei Weber, Vormitgliedschaftliche Treubind u n g e n (1999), S. 69 ff., der aber selbst insoweit von einem „geradezu w i l d w u c h e r n d e n F a l l m a terial" spricht ( W e b e r a.a.O. S. 69) u n d nur über einzelne A n w e n d u n g s b e r e i c h e berichten w i l l . 822 Hueck, in B a u m b a c h / H u e c k § 13 R n . 22 f.; Raiser, in H a c h e n b u r g § 14 Fn. 52; vgl. Hennrichs, A c P 195 (1995), 222, 240: „die gesellschaftsrechtliche Treupflicht (ist) eine „ R a h m e n " oder „Generalpflicht", aus der s u b s u m p t i o n s f ä h i g e k o n k r e t e Verhaltenspflichten erst durch w e r t e n d e Konkretisierung im Einzelfall zu g e w i n n e n sind".

§ 7: Tum Inhalt der

1)

Treuepflicht

275

Bestandsschutz

Wie die herrschende Lehre 8 2 3 und mittlerweile auch die Rechtsprechung anerkennen 824 , ergibt sich aus dem Eigeninteresse der Gesellschaft zunächst eine grundsätzliche Verpflichtung der Gesellschafter zur Respektierung der Existenz auch einer Einmanngesellschaft 8 2 5 . Mit der Anerkennung eines Eigeninteresses auch gegenüber der Einmanngesellschaft kann der Auffassung, ein Existenzschutz sei abzulehnen, da keine Regelungsgrundlage existiere, aufgrund derer ein diese Existenz gefährdendes Verhalten eines Gesellschafters sanktioniert werden könnte 8 2 6 , eine klare Absage erteilt werden. Diese Grundlage ist in der Treuepflicht zu finden. Ein Anspruch auf Ersatz eines durch ihre Verletzung entstandenen Schadens ist auf § 280 Abs. 1 BGB zu stützen. Selbst wenn der Zweck der Gesellschaft nicht auf Gewinnerzielung, sondern darauf gerichtet ist, die Interessen des Alleingesellschafters zu fördern, darf der Bestand der Gesellschaft nicht gefährdet werden, da grundsätzliche Voraussetzung jeder Zweckverfolgung die Existenz des Zweckverfolgers ist 827 . Bereits die Vorschriften über die Notwendigkeit eines geordneten Liquidationsverfahren zeigen, dass eine Liquidation „auf kaltem Wege" durch existenzvernichtende Maßnahmen nicht dem Willen des Gesetzgebers entspricht 8 2 8 . Die Tatsache, dass nur die Gesellschafter Vermögensinteressen in der Gesellschaft haben und sie über deren „Leben und Tod" entscheiden können 8 2 9 , bedeutet nicht, dass sie mit der Gesellschaft tun und lassen können, was sie wollen. Sicher können sie auch über die „Vernichtung" der Gesellschaft entscheiden. Aber nur auf dem Wege, den das Gesetz hierfür vorgesehen hat 830 . Damit dürfen der Gesellschaft aber keine Produktionsgrundlagen oder Liquidität entzogen werden, ohne die der Gesellschaft ein Bestehen am Markt nicht weiter möglich ist. Die Gesellschaft darf nicht in eine vorhersehbare Uberschuldung oder Zahlungsunfähigkeit getrieben werden 8 3 1 . Insbesondere müssen auch mit einer 823 Fleck, Z H R 149 (1985), 387, 394 f.; ders., Z G R 1990, 31, 36 ff.; Priester, Z G R 1993, 512, 521; K. Schmidt, ZIP 1986, 146, 148 f.; ders., ZIP 1988, 1497, 1505 f.; ders., ZIP 1989, 545, 546 f.; Tieves, Unternehmensgegenstand (1998), S. 581 f.; Winter, Treubindungen (1988), S.207; vgl. auch Emmerich, in Scholz, 9. Aufl., Anhang Konzernrecht Rn. 89 m.w.N.; a.A. etwa L. Möhring, Zum Schutz der Gläubiger einer konzernabhängigen G m b H (1992), S. 85 ff., 168 f. 824 Vgl. oben S. 201. 825 Vgl. bereits oben S. 200 ff. 826 So Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 402. 827 I.E. ebenso Ulmer, Z H R 148 (1984), 391, 420, der das Bestandserhaltungsinteresse allerdings deshalb anerkennt, weil er hierin das gemeinsame Minimum der Interessen der verschiedenen Beteiligten erkennt. 828 Nissing, Eigeninteresse der Gesellschaft (1993), S. 94 ff.; Tieves, Unternehmensgegenstand (1998), S. 581 f.; Priester, Z G R 1993, 512, 521; Winter, Treubindungen (1988) S. 204 f.; a.A. E. Möhring, Zum Schutz der Gläubiger einer konzernabhängigen G m b H (1992), S. 85 f. 829 Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 424. 830 Emmerich, in Scholz, 9. Aufl., Anhang Konzernrecht Rn. 89; Winter, Treubindung (1988), S. 204 ff., 214; Ulmer, in Hachenburg G m b H Anh. §77 Rn. 86, Nissing, Eigeninteresse der Gesellschaft (1993), S. 93 ff., 123; Priester, Z G R 1993, 512, 520 f. 831 Vgl. auch Ulmer, in Hachenburg Anh. § 77 Rn. 87 für einen herrschenden Gesellschafter.

276

Kapitel II: Grundlegung der

Treuepflichthaftung

Existenzgefährdung einhergehende Risikogeschäfte unterbleiben 8 3 2 . Die Gesellschaft darf auch nicht „ausgetrocknet" werden, indem Geschäfte bewusst einer anderen Gesellschaft zugeleitet werden 8 3 3 bzw. ihr eine weitere Tätigkeit am Markt gar untersagt wird. Hierher gehört auch der A b z u g von Finanzmitteln oder von Geschäftsaktivitäten von einer Tochtergesellschaft und deren Verlagerung auf eigens neu gegründete Konzerntöchter ( „ G m b H - S t a f e t t e " ) außerhalb einer geordneten Liquidation 8 3 4 . Ein solches Verhalten ist weder mit dem Bestandsinteresse vereinbar noch mit dem später noch näher zu behandelnden Wettbewerbsverbot. Erforderlich ist allerdings, dass mit den Maßnahmen, die zur Existenzvernichtung der abhängigen G m b H führen, ein Eingriff in gesicherte Rechtsposition der Gesellschaft verbunden ist. Das ist nicht schon dann der Fall, wenn die Muttergesellschaft einer abhängigen G m b H jede weitere Unterstützung finanzieller oder sonstiger Art verweigert, wenn hierzu keine vertragliche oder sonstige Verpflichtung besteht 8 3 5 . Dies gilt auch dann, wenn diese Unterlassung zur Illiquidität der Gesellschaft führt. Wird der Weg über die Auflösung gewählt, kann das Verbandsinteresse indes bereits naturgemäß keine Berücksichtigung finden 8 3 6 . Das Recht zur Auflösung steht den Gesellschaftern prinzipiell uneingeschränkt zu 8 3 7 . D e r Rücksichtnahmepflicht gegenüber den Minderheitsgesellschaftern wird durch die Abfindung ihrer Mitgliedschaft in der Regel Genüge getan. Demgegenüber würde eine Verweigerung der Auflösung zu einer nicht zumutbaren Kapitalbindung der auflösungswilligen Gesellschafter führen 8 3 8 . Diese Freiheit der Entscheidung gilt grundsätzlich auch im Fall einer übertragenden Auflösung durch die Muttergesellschaft an eine andere Tochtergesellschaft 8 3 9 . Allerdings muss mit Blick auf Art. 14 G G sichergestellt sein, dass die Minderheitsgesellschafter eine dem Wert ihrer Unternehmensbeteiligung entsprechende Entschädigung erhalten 8 4 0 . N u r in extremen Ausnahmensituationen kann aufgrund besonderer Vertrauens- oder mehrheitsbezogener Rücksichtnahmepflichten eine Auflösung für eine gewisse Zeit hinauszuschieben sein 8 4 1 . 832

Winter, ZGR 1994, 570, 585 ff., 591 f.

Vgl. Priester; Z G R 1993, 512, 526. 8 3 4 Vgl. auch B G H v. 23.9.1991 = B G H Z 115, 187. 8 3 5 Zur Problematik der Unterkapitalisierung vgl. noch unten S. 426 ff. 836 Zöllner, Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden (1963), S. 344. 8 3 7 Vgl. auch B G H v. 28.1.1980 = B G H Z 76, 352; B G H v. 1.2.1988 = B G H Z 103, 184. 8 3 8 Vgl. auch Henze, 162 (1998), 186, 190 f. 8 3 9 Von einer übertragenden Auflösung spricht man allgemein, wenn das Vermögen einer Gesellschaft auf deren Mehrheitsaktionär oder einem von diesem beherrschte Gesellschaft übertragen wird und die Gesellschaft sodann augelöst wird (vgl. hierzu Lutter/Drygala in FS Kropff, S. 193, 221). 8 4 0 Vgl. insoweit insbesondere den Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 23.8.2000 (1 BvR 68/95, 1 BvR 147/97 („Moto-Meter") = N J W 2001, 279 ff.), wo das Gericht feststellte, dass Minderheitsaktionäre nicht davor geschützt sind, auf dem Wege einer „übertragenden Auflösung" aus einer Gesellschaft hinausgedrängt zu werden, soweit sie wirtschaftlich voll entschädigt werden; zur übertragenden Liquidation und den dabei zu beachtenden Verfahrensregeln vgl. M. Roth, N Z G 2003, 998 ff. m.w.N. 8 4 1 Denkbar ist dies etwa bei dem von Lutterl Drygala, in FS für Kropff S. 191,222 genann833

5 7: Zum Inhalt der

2) Kriterien zur Konkretisierung

277

Treuepflicht

der mitgliedschaftlichen

Treuepflicht

Die mitgliedschaftliche Treuepflicht geht über ein bloßes Verbot zur Existenzgefährdung aber hinaus, wenn man, wie hier, das Eigeninteresse nicht nur als gemeinsames Minimum der Interessen aller Beteiligten, insbesondere der Gläubiger und Arbeitnehmer der Gesellschaft, interpretiert 8 4 2 , sondern aus dem Zweck der Gesellschaft selbst ableitet. Auch die Pflicht zur Respektierung des Bestandes der Gesellschaft resultiert nicht unmittelbar aus einer Pflicht zum Schutz der Gläubigerinteressen 843 . Selbst in dem zugegebenermaßen sehr theoretischen Fall, dass eine Gesellschaft keine Gläubiger hat, darf ein Alleingesellschafter aufgrund seiner mitgliedschaftlichen Treuepflicht keine Maßnahmen ergreifen, die der Gesellschaft die Existenzfähigkeit raubt. Leitet man die Treuepflicht aus dem Zweck ab, ist darüber hinaus aber auch jede andere, das Interesse der Gesellschaft verletzende Maßnahme unzulässig, auch wenn der Bestand durch diese nicht unmittelbar gefährdet wird. Die Gesellschafter dürfen in einer Kapitalgesellschaft bei Maßnahmen oder Beschlüssen, die unmittelbar oder mittelbar 8 4 4 im Zusammenhang mit der Zweckverfolgung stehen 845 , ihre eigenen Interessen nur insoweit verfolgen, wie sie dabei nicht gegen die Interessen der Gesellschaft verstoßen 8 4 6 . Dabei ist insbesondere in Abhängigkeitslagen auch darauf zu achten, dass der Gesellschaft nicht die Möglichkeit genommen wird, ihre Ziele eigenständig unter Aufrechterhaltung aller f ü r eine selbständige unternehmerische Tätigkeit erforderlichen Funktionen optimal zu verwirklichen 8 4 7 .

ten Beispiel, dass die Mehrheit mit der Auflösung der Minderheit eine bedeutende Geschäftschance abschneidet bzw. allg. bei einer Auflösung zur Unzeit (BGH v. 1.2.1988 = BGHZ 103, 184,189 = NJW 1988,1579). 842 So aber Priester, ZGR 1993, 515, 520; Ulmer, ZHR 148 (1984), 391, 420. 843 So zieht etwa K. Schmidt, ZIP 1988,1497,1506 f.; ders., ZIP 1989, 545, 546 f. zur Begründung eines Bestandsinteresses vor allem den Gläubigerschutz heran, da dem Rechtsgedanken des § 43 Abs. 3 S. 2 GmbHG zu entnehmen sei, dass die Gesellschafter immer dann nicht auf Schadensersatzansprüche verzichten könnten, wenn Gläubigerinteressen berührt seien. Der Gläubigerschutz sei allgemein auch in Einmanngesellschaften für die Gesellschafter nicht disponibel, selbst wenn er nur mittelbar über einen Schutz der Gesellschaft erfolge (K. Schmidt, ZIP 1986,146, 149; ders., ZIP 1988, 1497, 1505; andere stellen insbesondere auf den Vertrauensschutz der Gesellschaftsgläubiger ab, der im Konzern neben den reinen Kapitalschutz nach § 30 f. GmbH treten müsse (Limmer; Haftungsverfassung (1992), S. 40 ff., 157 ff.; Schramm, Konzernverantwortung (1991), S. 111 ff.). 844 Zu denken ist hier etwa an Strukturentscheidungen in Reaktion auf geänderte Bedingungen des Marktes. 845 Anderes gilt naturgemäß bei Beschlüssen, die nicht der Zweckverfolgung dienen, wie dies etwa bei Auflösungsbeschlüssen oder zweckändernden Beschlüssen der Fall ist; auch darf dem Gesellschafter gegen seinen Willen natürlich nicht eine Leistungsvermehrung auferlegt werden (§ 53 Abs. 3 GmbHG; Winter, in Scholz, 9. Aufl § 14 Rn. 57). 846 Insoweit strenger zwischen Geschäftsführungsangelegenheiten und anderen Gesellschaftsangelegenheiten unterscheidend Winter, in Scholz, 9. Aufl. § 14 Rn. 56 ff m.w.N.; wobei allerdings auch Winter hervorhebt, dass auch bei anderen Gesellschaftsangelegenheiten „allgemein gilt..., dass ein Gesellschafter die GmbH nicht zwecks Erlangung gesellschaftsfremder Vorteile oder durch eine sonstige zweckwidrige Rechtsausübung schädigen darf". 847 Zu diesem Verständnis des Eigeninteresses in Abgrenzung zum reinen Vermögensinter-

278

Kapitel

II: Grundlegung

der

Treuepflicbtbaftung

Wie weit die Förderpflicht der Gesellschafter im Einzelnen reicht, hängt, wie bereits erwähnt, allerdings auch von der Realstruktur der Gesellschaft ab 848 . In jedem Fall ergibt sich aus der mitgliedschaftlichen Förderpflicht aber ein Schädigungsverbot der Gesellschafter gegenüber ihrer Gesellschaft 849 . Dies gilt nach dem oben Gesagten auch in der Einmann-Gesellschaft 850 . Dieses „Schädigungsverbot" darf indes nicht dahingehend verstanden werden, dass ein Treuepflichtverstoß immer bereits dann vorliegt, wenn der Gesellschaft durch eine Maßnahme ein Schaden entstanden ist. Ein Handeln gegen das Eigeninteresse der Gesellschaft und damit ein Treuepflichtverstoß kann bereits nicht vorliegen, wenn sich dieses zur Zeit der Entscheidung objektiv als geeignet dargestellt hat, den Zweck der Gesellschaft zu fördern. Mit der Pflicht der Gesellschafter, den Zweck der Gesellschaft zu fördern, wird kein bestimmter Erfolg versprochen. Eine Maßnahme, die die Vermögenslage der Gesellschaft verschlechtert hat, ist damit noch nicht objektiv treuwidrig. Die Entscheidung um das Bestehen einer Pflichtverletzung kann nur zur Zeit der in Rede stehenden Handlung gefällt werden. Maßgeblich kann daher nur sein, ob zum Zeitpunkt der Entscheidung sich diese als zweckgemäß dargestellt hat. Dies ist aber der Fall, wenn auch ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsmann so gehandelt hätte 851 . Hiermit wird nicht der Pflichtenumfang eines Geschäftsleiters auf den eines Gesellschafters übertragen. Die Geschäftsleitung ist verpflichtet, die Geschäfte der Gesellschaft in deren Interesse zu führen. Die Gesellschafter müssen nur in dem Umfang, in dem sie für die Gesellschaft Entscheidungen treffen bzw. zu treffen hätten, deren Interesse beachten. Damit ist aber eine Entscheidung, die für die Gesellschaft gegen deren Interessen allein im persönlichen Interesse des Gesellschafters getroffen wurde, objektiv treupflichtwidrig. Gleiches gilt für zweckwidrige Entscheidungen, die auf einer unzureichenden esse vgl. auch bereits die Konzernrechtskommission (Untersuchung zur Reform des Konzernrechts, Bericht der Studienkommission des Dt. Juristentages, 1967 Rn.244); zum Umfang des Schutzes des Eigeninteresses einer faktisch abhängigen Aktiengesellschaft vgl. auch Mülbert, Unternehmensgruppe (1996), S. 274 ff.; eingehend auch Strohn, Die Verfassung der Aktiengesellschaft (1977), S. 16 ff. 848 Die Pflichten eines Aktionärs einer Publikumsgesellschaft zur Förderung des Gesellschaftszwecks reduzieren sich grds. auf ein reines Nichtschädigungsverbot, während in einer GmbH mit wenigen Gesellschaftern, durchaus auch positive Stimmpflichten zu bejahen sein können; innerhalb einer Gesellschaft sind die mitgliedschaftlichen Treuepflichten der Gesellschafter allerdings für jedes Mitglied gleich (vgl. auch Reuter, in MK. 4. Aufl. § 34 Rn. 23); hinzutreten können neben die mitgliedschaftliche Treuepflicht jedoch mehrheits- bzw. vertrauensbezogene Treuepflichten. 849 Vgl. bereits „ITT' BGH v. 5.6.1975 = BGHZ 65, 15, 18 f.; Rehbinder, Die AG 1986, 88, 95; Krieger, in Münchner Handbuch zum Gesellschaftsrecht Bd. 4, Aktiengesellschaft § 71 Rn. 14; Limmer, Die Haftungsverfassung des faktischen GmbH-Konzerns (1992), S. 106 ff. 850 I. E. ebenso Priester, ZGR 1993, 515, 532; Ziemons, Die Haftung der Gesellschafter für Einflussnahmen auf die Geschäftsführung der GmbH (1996), S. 97 ff.; a.A. H. Schneider, BB 1991,1681,1684 ff.; Meyer-Arndt, BB 1992,534, 5}5tt.;Knobbe-Keuk, GmbHR 1992, 333, 335; Mertens/Cahn, in FS Heinsius S. 545, 561; vgl. auch noch Röhricht, WPg 1992, 766, 784 f., mit dem Hinweis es gebe kein Eigeninteresse der Gesellschaft und in der Marktwirtschaft gebe es keine Zuordnung von Geschäftschancen. 851 Vgl. auch bereits Winter, Treubindungen (1988) S. 109 f.

§ 7: Zum Inhalt

der

Treuepflicht

279

Entscheidungsgrundlage beruhen. Eine andere Frage ist es, ob damit zugleich auch schuldhaft gehandelt wurde. Dies wäre nur der Fall, wenn die Außerachtlassung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsmanns auch den maßgeblichen Verschuldensmaßstab f ü r einen Gesellschafter darstellte 852 . Eine Frage, die an späterer Stelle nochmals aufzugreifen sein wird 8 5 3 . Mit der A n k n ü p f u n g an den Entscheidungsmaßstab eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsmanns drängt sich jedenfalls die Parallele zur Nachteilszufügung in einem faktischen A G - K o n z e r n gegenüber der abhängigen Gesellschaft auf 854 . Die Nachteiligkeit einer Maßnahme entfällt hier, wenn auch ein ordentlicher u n d gewissenhafter Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft sich ebenso verhalten hätte, u n d nicht nur deren Ersatzpflichtigkeit gemäß § 317 Abs. 2 AktG 8 5 5 . Wie bereits hervorgehoben wurde, hat in der Regelung der §§311 ff. A k t G auch die gesellschafterliche Treuepflicht des herrschenden Gesellschafters einer abhängigen Aktiengesellschaft ihren besonderen gesetzlichen Ausdruck erfahren 8 5 6 . Damit kann zur Beurteilung der Frage, wann ein Verhalten als objektiv treuepflichtwidrig zu qualifizieren ist, aber auf die Ausführungen zur Nachteiligkeit einer Maßnahme i.S.d. §311 A k t G verwiesen werden 8 5 7 . Ebenso wie dort ist aber auch hier das Ermessen zu betonen 8 5 8 , das bei einer unternehmerischen Entscheidung zugestanden werden muss, da es grundsätzlich mehrere Wege gibt, wie das Eigeninteresse einer Gesellschaft verfolgt werden kann 8 5 9 . Dies entspricht 852 Z u r U n t e r s c h e i d u n g zwischen o b j e k t i v e m P f l i c h t e n m a ß s t a b u n d subjektiver Vorwerfbarkeit auch Winter; Mitgliedschaftliche T r e u b i n d u n g e n (1988), S. 109 ff.; z u r Parallelproblematik des § 93 A b s . 1 S. 1 A k t G , der nach h.M. eine D o p p e l f u n k t i o n in d e m Sinne einnimmt, dass er neben d e m Verschuldensmaßstab als A u f f a n g t a t b e s t a n d zugleich festlegt, welche Pflichten d e m Vorstand bei seiner A m t s f ü h r u n g z u k o m m e n , vgl. n u r Hüffer, A k t G § 93 Rn. 3 m.w.N.; f ü r § 4 3 G m b H G Mertens, in H a c h e n b u r g § 4 3 Rn. 15 ff.; a.A. allerdings etwa Zöllner, in B a u m b a c h / H u e c k § 4 3 Rn. 11 f., f ü r das G m b H - R e c h t , der die A u f f a s s u n g vertritt, § 4 3 A b s . 1 G m b H G bestimme den Verschuldensmaßstab, w ä h r e n d sich der Pflichtenkreis des Geschäftsf ü h r e r s hieraus nicht ergäbe. 853 Z u r Frage des Verschuldensmaßstabs vgl. u n t e n S. 336 ff. 854 D e r Begriff des ordentlichen G e s c h ä f t s m a n n s ist mit demjenigen der ordentlichen u n d gewissenhaften Geschäftsleiters in § 93 I A k t G identisch (vgl. n u r Altmeppen, in R o t h / A l t m e p pen § 43 Rn. 3 m.w.N). 855 Vgl. o b e n S. 87. 856 Z w a r w i r d in der R e g i e r u n g s b e g r ü n d u n g vor allem darauf hingewiesen, dass die b e s o n dere Pflichtenstellung des h e r r s c h e n d e n U n t e r n e h m e n s in der b e s o n d e r e n M a c h t p o s i t i o n gegenüber d e n anderen M i t a k t i o n ä r e n b e g r ü n d e t liege ( R e g i e r u n g s b e g r ü n d u n g a b g e d r u c k t bei Kropff, A k t G 1965 S. 408). Indes besteht das Schädigungsverbot heute a n e r k a n n t e r m a ß e n auch, w e n n keine sonstigen Gesellschafter existieren. Die E r k l ä r u n g der R e g i e r u n g s b e g r ü n d u n g ist vielmehr v o r d e m damaligen Stand der E r k e n n t n i s s e zu verstehen, bei d e m Treuepflichten in der Aktiengesellschaft n o c h keine A n e r k e n n u n g g e f u n d e n hatten (vgl. auch bereits o b e n S. 68). 857 F ü r E i n f l u s s n a h m e n eines h e r r s c h e n d e n U n t e r n e h m e n s weist auch Emmerich, in Scholz, A n h a n g K o n z e r n r e c h t Rn. 80 darauf hin, dass in allen Fällen, in denen ein Schaden i.S. d. § 317 Abs. 2 A k t G a n z u n e h m e n ist, auch eine Schädigung im Sinne des aus der Treuepflicht des herrschenden U n t e r n e h m e n s abgeleiteten Schädigungsverbots vorliegt. 858 Z u m u n t e r n e h m e r i s c h e n Ermessen der Geschäftsleitung vgl. jüngst M. Roth, U n t e r n e h merisches Ermessen u n d H a f t u n g des Vorstandes (2001). 859 B G H v. 21.4.1997 = Z I P 1997, 883 ff. ( A R A G ) ; Lutter, Z H R 162 (1998), 164, 170.

280

Kapitel II: Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

auch der Vorstellung des Gesetzes, das sich grundsätzlich z u m Mehrheitsprinzip bekennt. Zwar kann die Vermutung, die grundsätzlich f ü r die Richtigkeit eines Mehrheitsbeschlusses streitet 860 , bei Entscheidungen, die auf der von einem herrschenden Unternehmen gehaltenen Mehrheit beruhen, nicht aufrechterhalten werden 8 6 1 . Auf der anderen Seite darf man dieses grundlegende Prinzip aber auch nicht dadurch aushebeln, dass man „überspannte Anforderungen" an die mitgliedschaftliche Treuepflicht der Mehrheit stellt 862 . Die Schwierigkeit besteht darin, die Grenzen des Ermessens 8 6 3 im Einzelfall abzustecken 8 6 4 . Dies gilt u m s o mehr, w e n n man bedenkt, dass es den Gesellschaftern auch erlaubt sein muss, zur Erlangung langfristiger Vorteile f ü r die Gesellschaft kurzfristige Vermögenseinbußen hinzunehmen. Uber ein reines Benachteiligungsverbot hinaus können sich aus der mitgliedschaftlichen Treuepflicht allerdings auch aktive Förderpflichten ergeben. In welchem U m f a n g dies der Fall ist, hängt, neben dem statuarischen Zweck 8 6 5 , vor allem von der Realstruktur der Gesellschaft ab 866 . Die mitgliedschaftliche Förderpflicht ist in einer auf persönliche Zusammenarbeit aufgebauten Gesellschaft, wie bereits hervorgehoben wurde, eine andere als in einer Publikumsgesellschaft 8 6 7 . Damit kann in einer personalistisch ausgestalteten Gesellschaft durchaus etwa die Pflicht bestehen, an einer Gesellschafterversammlung teilzunehmen 8 6 8 . Im Einzelfall

860 K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. § 16 II 4; Lutter, Z G R 1981, 171, 180; Timm, Z G R 1987, 403, 420; Wiedemann, GesR I 8 III 2 a. 861 Vgl. auch Timmann, Die Durchsetzung von Konzerninteressen (2000), S. 198 f., der sich in Abhängigkeitslagen, wenn aufgrund des Beschlussgegenstandes davon auszugehen ist, dass sich der Konzernkonflikt auswirkt, sogar für eine „Unrichtigkeitsvermutung" ausspricht; weitergehend noch Wiedemann, GesR I § 8 III 2 a, nach dem die Richtigkeitsgewähr immer dann fehlen soll, wenn ein Aktionär - oder eine homogene Gruppe von Aktionären - über die erforderliche Kapitalmehrheit verfügt, ohne dass es darauf ankommen soll, ob er Privatgesellschafter oder Unternehmer ist. 862 Darauf, dass bei überspannten Anforderungen an die Treuepflicht des Mehrheitsaktionärs das Mehrheitsprinzip ausgehöhlt werden könnte, weisen insbesondere Marsch-Barner, Z H R 157 (1993), 172, 177, 192 ff und Hennrichs, AcP 195 (1995), 222, 236 hin; freilich ist auch dies eine Frage der konkreten Ausgestaltung der Treuepflicht, nicht aber der Grundlage der Treuepflicht selbst (vgl. insoweit auch Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz, (1998), S. 441 in Fn. 241). 863 Grundsätzlich bereits Mestmäcker, Verwaltung, Konzerngewalt und Rechte der Aktionäre (1958), S. 195; Paschke, in: FS Serick (1992), 317; Marsch-Barner, Z H R 157 (1993), 172, 176; Kort, ZIP 1990, 296; eher vorsichtig Hennrichs, AcP 195 (1995), 236. 864 Dazu Brändel, in GK, § 1, Rn. 86; Timm, W M 1991, 483; Nehls, Die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht im Aktienrecht (1993) S. 67 f. und 75 f.; Lutter, AcP 180 (1980), 105 ff.; Raiser, § 12, Rn. 35; Zöllner, Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden (1963), S. 343; Wiedemann, in: FS Heinsius (1991) 950 f. 865 Lutter, AcP 180 (1980), 84, 109 nennt hier sehr anschaulich das Beispiel des Gesangvereins und der freiwilligen Feuerwehr. 866 Lutter, AcP 180 (1980), 84,109; vgl. hierzu auch Winter, Mitgliedschaftliche Treubindungen im GmbH-Recht (1988); sowie bereits oben S. 278. 867 Die Rechtsform hat dabei, wie gesehen, nur indizielle Bedeutung (K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. §20 IV 2 d); und zum Ganzen auch bereits oben S. 162). 868 Baumbach/Hueck, § 13 Rn. 30 m.w.N.

§ 7: Zum Inhalt der

Treuepflicht

281

k a n n a u c h eine P f l i c h t z u r S t i m m a b g a b e in e i n e m b e s t i m m t e n S i n n e z u b e j a h e n s e i n 8 6 9 , s o w e i t der T r e u e p f l i c h t n i c h t b e r e i t s d u r c h eine S t i m m e n t h a l t u n g G e n ü g e getan w e r d e n k a n n 8 7 0 . J e k a p i t a l i s t i s c h e r eine G e s e l l s c h a f t ausgestaltet ist, d e s t o d e u t l i c h e r tritt die a k t i v e F ö r d e r p f l i c h t a b e r h i n t e r der S c h r a n k e n f u n k t i o n der F ö r d e r p f l i c h t z u r ü c k u n d k a n n sich bei e i n e r P u b l i k u m s g e s e l l s c h a f t a u c h ganz auf eine N i c h t s c h ä d i g u n g s p f l i c h t b e s c h r ä n k e n 8 7 1 . Z u r B e s t i m m u n g des I n h a l t s d e r F ö r d e r p f l i c h t e n i m E i n z e l n e n leistet a u c h d e r a u f A. HueckF2

z u r ü c k g e h e n d e u n d v o n ZöllnerH7i

weiterentwickelte Ansatz

w e r t v o l l e H i l f e , w o n a c h die T r e u e p f l i c h t g e g e n ü b e r d e r G e s e l l s c h a f t u m

so

s c h w ä c h e r w i r d , j e w e i t e r die z u t r e f f e n d e E n t s c h e i d u n g v o n d e r e i g e n t l i c h e n G e s c h ä f t s f ü h r u n g e n t f e r n t i s t 8 7 4 . H i n t e r g r u n d d i e s e r Ü b e r l e g u n g ist, dass G e s c h ä f t s f ü h r u n g s a n g e l e g e n h e i t e n g r u n d s ä t z l i c h u n m i t t e l b a r auf die V e r f o l g u n g des G e s e l l s c h a f t s z w e c k s g e r i c h t e t s i n d 8 7 5 . D a die G e s e l l s c h a f t e r a u f g r u n d i h r e r M i t g l i e d s c h a f t a b e r z u r F ö r d e r u n g des G e s e l l s c h a f t s z w e c k s v e r p f l i c h t e t s i n d 8 7 6 , m u s s j e d e r G e s e l l s c h a f t e r b e i A u s ü b u n g seines S t i m m r e c h t s die e i g e n e n I n t e r e s sen h i n t e r d e n e n des V e r b a n d e s z u r ü c k t r e t e n l a s s e n 8 7 7 . B e i E n t s c h e i d u n g e n , die d e n Z w e c k des V e r b a n d e s n i c h t b e r ü h r e n , ist d i e s e B i n d u n g i n d e s n i c h t g e g e b e n . 8 6 9 B G H v. 25.9.1986 = B G H Z 98, 276, 279 ff.; B G H v. 23.3.1987 = WM 1987, 841; B G H v. = G m b H R 1991, 92; O L G Hamburg v. 28.6.1991 = G m b H R 1992, 43, 45, 47. 870 Winter, in Scholz § 14 Rn. 60 m.w.N. 871 Hueck, in Baumbach/Hueck, 17. Aufl. § 13 Rn. 23 ff.; Kort, ZIP 1990, 294, 295 f.; nur in Ausnahmefällen wird man auch in einem nicht personalistisch geprägten Gesellschaftsverhältnis positive Stimmpflichten bejahen können, was etwa dann der Fall sein kann, wenn die Mehrheit nach der Zahl aller in der Gesellschafterversammlung erschienen Mitglieder berechnet wird (Zöllner, Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden (1963), S. 354 f.); der Grundsatz, dass die Gesellschafterrechte nicht entgegen den Interessen der Gesellschaft ausgeübt werden dürfen, gilt auch hier; nimmt ein Gesellschafter an einer Gesellschafterversammlung teil und übt so seine Gesellschafterrechte aus, darf er dies nicht entgegen den Interessen der Gesellschaft tun. Hat die Teilnahme aber die gleiche Wirkung wie eine Stimmabgabe und ist in einer, in eine bestimmte Richtung ausgeübten Stimmabgabe eine Verletzung der Treuepflicht zu sehen, kann sich hieraus auch in einer kapitalistischen Gesellschaft die Pflicht eines Gesellschafters ergeben, entweder auf das Stimmrecht gänzlich zu verzichten, indem er der Versammlung fern bleibt, oder das Stimmrecht ohne Verletzung seiner Treuepflichten auszuüben, was in diesem Fall nur dadurch geschehen kann, dass er in einer bestimmten Weise abstimmt. Dies setzt natürlich voraus, dass nur eine Entscheidung ohne Verletzung einer Treuepflicht möglich ist, da alles andere eine Schädigung der Gesellschaft bedeuten würde. Im Übrigen kann diesen Fällen nur begegnet werden, wenn der Gesellschafter seine Rechtsstellung bewusst missbraucht, um andere Gesellschafter zu schädigen, indem er etwa eine Beschlussfassung blockiert. 8 7 2 Der Treuegedanke im Recht der O H G in FS Hübner S. 72 ff. 8 7 3 Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden S. 344 ff.; zustimmend u.a. Weber, Vormitgliedschaftliche Treubindungen (1999), S. 70; kritisch aber etwa MUlbert, Aktiengesellschaft (1996), S. 217 f. 8 7 4 Vgl. auch Zöllner, A G 2000, 153. 875 Zöllner, Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden (1963), S. 322 f. 8 7 6 Dagegen allerdings Zöllner, A G 2000,153. 8 7 7 So auch Zöllner, Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden (1963) S. 323.

282

Kapitel

II: Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

Dies heißt freilich nicht, dass nicht auch bei Grundlagenentscheidungen die Interessen des Verbandes zu berücksichtigen sein können, wenn eine entsprechende Zweckverfolgungsnähe vorliegt 878 . Keine mitgliedschaftlichen Treuepflichten bestehen nur bei Regelungen, die keinen Bezug zum Zweck der Gesellschaft aufweisen (zu denken ist etwa an eine Entscheidung über die Größe des Aufsichtsrates), oder bei denen wie bei der Auflösung der Gesellschaft die Zweckförderungspflicht bereits von der Sache her außer Acht gelassen werden muss 879 . Nichtsdestotrotz können im Einzelfall aber Vertrauens- oder mehrheitsbezogenen Rücksichtnahmepflichten eine Rolle spielen, wenn durch eine Entscheidung in schutzwürdige Interessen einzelner Gesellschafter eingegriffen wird. Zur Entwicklung allgemeiner Grundsätze wird in diesem Zusammenhang teilweise auch der Blick über die Grenzen geworfen. So hat jüngst Luttermann auf die Parallele zwischen der Bremer Vulkan Entscheidung und der im angloamerikanischen Recht entwickelten business judgement rule verwiesen, durch die der 2. Senat einen „transnationalen" Konsens hergestellt habe880. Die Anlehnung an die Grundsätze der business judgement rule sind insoweit sicher zu begrüßen, als sie nur eine zurückhaltende Judizierung der Entscheidungen der Geschäftsleitung zulassen 881 und somit für einen weiten unternehmerischen Ermessensspielraum sprechen. Dabei wird grundsätzlich die Haftung auf ein Handeln ultra vires bzw. ein betrügerisches Verhalten (fraud) begrenzt 882 . Allerdings darf nicht übersehen werden, dass das, was das unternehmerische Ermessen noch erlaubt, auch im angloamerikanischen Recht keineswegs unumstritten ist883. Weitgehende Ubereinstimmung dürfte allseits nur herrschen, wenn es um betrügerisches Handeln geht 884 . Sehr viel schwieriger ist die Frage zu beurteilen, was ein Handeln ultra vires nach sich zieht. Auch hierauf wird im Rahmen des angestellten Rechtsvergleichs zur Rechtslage in England noch zurückzukommen sein885. Bleibt zu klären, ob und inwieweit die Normierung von Regelungen, die auf dem Shareholder - Value - Prinzip basieren, sich auf die mitgliedschaftliche Treue878 Zöllner, Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden (1963) S. 345. 879 Insoweit kann auch Zöllner nicht voll zugestimmt werden, wenn er meint, solche Eingriffe in die Rechte anderer Gesellschafter könnten ihre Rechtfertigung nur im Verbandsinteresse finden und dürften nur erfolgen, wenn sie im Verbandsinteresse lägen ( Z ö l l n e r , AG 2000, 154); einschränkend aber hinsichtlich der Auflösung S. 155, wo klargestellt wird, dass insoweit keine Bindung an das Verbandsinteresse bestehen kann. 880 Luttermann, BB 2001, 2433, 2436. 881 Nach dieser Doktrin liegt eine Entscheidung der Geschäftsleitung „beyond judicial inquiry if taken in good faith and in the exercise of honest judgement in the lawful and legitimatie futherance of corporate purposes" (Stoner v Walsh, 772 F. Supp. 790, 798 f. (1991) im Anschluss an Auerbach v. Bennett, 47 N.Y.2d 619, 629 (1979) und Galef v. Alexander, 615 F.2d 51, 57 (2d Cir. 1980). 882 Zum US-amerikanischen Recht, insbesondere im Staate Delaware vgl. auch insoweit Luttermann, DB 2001, 2433, 2436 m.w.N. 883 Arsalidou, The Impact of Modern Influences on the Traditional Duties of Care, Skill and Dilligence of Company Directors (2001). 884 Vgl. hierzu noch unten S. 569 ff. 885 Vgl. für das englische Recht unten S. 619 ff.

5 7: 7.um Inhalt

der

283

Treuepflicht

pflicht ausgewirkt hat886. D e r Reformgesetzgeber von 1998 wollte mit den Regel u n g e n des K o n T r a G u n d des K a p A E G die d e u t s c h e n P u b l i k u m s g e s e l l s c h a f t e n in i h r e r A u s r i c h t u n g a u f die B e d ü r f n i s s e u n d E r w a r t u n g e n d e r i n t e r n a t i o n a l e n F i n a n z m ä r k t e u n t e r s t ü t z e n 8 8 7 . D i e s e Ö f f n u n g h i n z u d e n K a p i t a l m ä r k t e n m a c h t es s i c h e r a u c h e r f o r d e r l i c h , das A k t i e n r e c h t i m Z u s a m m e n h a n g m i t a u f d e m K a p i t a l markt aktiven Gesellschaften entsprechend zu interpretieren888. A u f der anderen S e i t e d a r f dies a b e r n i c h t d a z u f ü h r e n , dass d e r G e s e l l s c h a f t s z w e c k aus d e n A u g e n auf der

v e r l o r e n w i r d 8 8 9 . U n b e s t r e i t b a r b a s i e r t das Sbarebolder-Value-Konzept Verfolgung der egoistischen G e w i n n m a x i m i e r u n g s i n t e r e s s e n

der

Kapitalgesell-

schafter890, denen hier R e c h n u n g getragen w e r d e n sollte. D a h e r wird teilweise a u c h die F r a g e g e s t e l l t , o b die P o s i t i o n d e r A k t i o n ä r e i m H i n b l i c k a u f das holder-Value-Prinzip

Share-

n e u b e s t i m m t w e r d e n m u s s 8 9 1 . I n d e s k a n n die p a r t i e l l e E r -

m ö g l i c h u n g d e r S t e i g e r u n g des U n t e r n e h m e n s w e r t e s , u m e i n e G e s e l l s c h a f t a u f 8 8 6 So wurde zur Förderung einer an Shareholder-Value Grundsätzen orientierten Unternehmensleitung es börsennotierten Unternehmen ermöglicht, die faktisch in der Regel Konzerne sind, ihren Konzernabschluss nach US-amerikanischen Regeln ( U S - G A A P ) bzw. den darauf beruhenden IAS zu erstellen (§ 292 a H G B ) , womit die tatsächliche Unternehmensentwicklung deutlicher widergespiegelt und so auch für Anleger transparenter wird. Von der Verpflichtung zur Konzernrechnungslegung nach H G B wurde damit befreit; vgl. auch Pellens/Fülbier, ZGR 2000, 572, 592; Schön, Z G R 2000, 704, 729 ff. Zwar ist die Regelung des § 2 9 2 a H G B zeitlich befristet bis zum 31.12.2004. Dies entspricht aber auch der Vorstellung der Kommission der E U , die die IAS in der E U integrieren will; im Hinblick hierauf wurde in der am 6.6.2002 von der EU-Kommission verabschiedeten „Verordnung betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsgrundsätze" ( D B 2002, 1231) angeordnet (Art. 4), dass kapitalmarktorientierte Unternehmen ab dem 1.1.2005 ihre Konzernabschlüsse nach internationalen Rechnungslegungstandards aufzustellen haben, die von der E U in einem bestimmten formalen Verfahren in das EU-Recht übernommen worden sind; für Unternehmen, deren Wertpapiere zum öffentlichen Handel in einem Nichtmitgliedstaat zugelassen sind, wird diese Frist auf Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1.1.2007 beginnen, erstreckt (Art. 9). Als Ausdruck des Shareholder Value Prinzips ist aber auch die Möglichkeit des Erwerbs eigener Aktien zum Zwecke der Einziehung zu nennen (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG). Durch die Einziehung verringert sich aufgrund des geringeren Fremdkapitalzinses der Gesamtkapitalkostensatz, womit der Unternehmenswert steigt. Als drittes Instrument ist schließlich die Regelung in § 192 Abs. 2 Nr. 3 A k t G hervorzuheben. Durch die Erlaubnis, den Managern Bezugsrechte zu gewähren, sollen diese zu einer an langfristigen Wertsteigerungen orientierten Unternehmensstrategie motiviert werden (so die Gesetzesbegründung in BT-Drs. 13/9712 S. 23). 8 8 7 Vgl. allg. Begr. zum RegE des KonTraG, BT-Dr. 13/9712, S. 11 sowie zum RegE des KapAEG, BR-Dr. 967/96 S. 8 ff. 8 8 8 Der Befund, dass wir uns auf dem Weg zu einem Sonderrecht für kapitalmarktaktive Aktiengesellschaften befinden (Hommelhoff, Z G R 2000, 768, 771) kann unter diesem Blickwinkel nur bestätigt werden ( H o m m e l h o f f , Z G R 2000, 768 f. weist insoweit auch am Beispiel des Auskunftsrechts der Aktionäre sowie der Regelung in § 267 Abs. 3 S. 2 H G B darauf hin, dass jedenfalls für börsennotierte Gesellschaften besondere Anforderungen an den Schutz der Anleger gestellt werden). 8 8 9 Vgl. bereits oben S. 262 f. 8 9 0 Dies entspricht auch durchaus der Vorstellung des US-amerikanischen Aktienrechts, wo man die Corporation traditionell als Veranstaltung der Gesellschafter versteht, die deren Vermögensinteresse ebenso zu dienen bestimmt ist wie eine Personengesellschaft ihrem Inhaber (Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht S. 72; Wymeersch, A G 1995, 299, 309). 891 Kühler, in FS Zöllner S. 326.

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Kapitel II:

Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

dem Kapitalmarkt für Kapitalanleger attraktiver zu machen, nichts an dem Wesen der Gesellschaft als Zweckverband ändern, in dem es auf die Verfolgung eines überindividuellen Zwecks ankommt und nicht auf die individuellen Interessen der Mitglieder und das Motiv ihrer Beteiligung 8 9 2 . Für das Gesellschaftsinteresse und damit die mitgliedschaftliche Treuepflicht ist allein der Zweck der Gesellschaft und deren Ziel, Gewinn zu erwirtschaften, entscheidend 8 9 3 . Zwar wird das Ziel der Gesellschaft, ihren Gewinn zu maximieren, weitgehend mit dem Anliegen der A k tionäre, eine Maximierung der Marktwertes ihres eingesetzten Kapitals zu erreichen, gleichgesetzt werden können 8 9 4 . Dies ist aber nicht grundsätzlich der Fall 8 9 5 . D i e Tatsache, dass im deutschen Aktienrecht Instrumente zur Verfügung gestellt wurden, die eine Gewinnmaximierung in Gestalt der Maximierung der Unternehmens- und Anteilswerte ermöglichen, macht die Gesellschaft noch nicht zur „Veranstaltung der Gesellschafter" 8 9 6 . Wie bereits hervorgehoben wurde, widerspricht eine R ü c k k e h r zu einer reinen Gesellschafterorientierung wie in den Anfängen des Aktienrechts 8 9 7 , den mittlerweile erlangten Erkenntnissen über die Eigenständigkeit der juristischen Person. Das Gesetz eröffnet mit der Anerkennung der Wirkungsweise eines solchen Prinzips nur eine neue Möglichkeit, dem Gesellschaftszweck zu dienen 8 9 8 . Damit wird der Inhalt der Mitgliedschaft aber nicht auf einen Anspruch auf Zahlung von Dividende reduziert. Die Zulässigkeit einer Entscheidung unter Zugrundelegung der Shareholder-Value-Prinzipien

lässt sich damit

auch nicht mit einem strikten J a oder Nein beantworten. Entscheidend ist immer die Beurteilung im konkreten Einzelfall 8 9 9 . Soweit die Verfolgung des der-Value-Konzepts

Sharehol-

dem Gesellschaftszweck entgegenläuft, widerspricht sie dem

Gesellschaftsinteresse und ist damit treupflichtwidrig 9 0 0 . 8 9 2 Anders noch das im A D H G B niedergelegte Aktienrecht, das auch nach den Novellen von 1870 und 1884 noch von der Vorstellung beherrscht war, dass es sich bei der A G um eine Veranstaltung der Gesellschafter handele. Insbesondere bestand hier auch noch ein Weisungsrecht gegenüber dem Vorstand (vgl. Bösselmann., Die Entwicklung des Aktienwesens im 19. Jahrhundert (1939); Lehmann, Das Recht der Aktiengesellschaft Bd. 1 (1964), S. 77 ff.; weitere Nachweise bei Groh, DB 2000, 2153, 2154). 8 9 3 Vgl. auch Tröger, Treupflicht im Konzernrecht (2000), S. 129. 8 9 4 Vgl. Mülbert, Z G R 1997, 129, 159. 8 9 5 So können die Interessen durchaus auseinanderlaufen, wenn es um Investitionen geht, die der Ausschüttung einer hohen Dividende zwar entgegenstehen, die Gesellschaft aber langfristig wettbewerbsfähig machen. 8 9 6 So aber Groh, D B 2000, 2153, 2158. 897 Groh, D B 2000, 2153, 2158. 8 9 8 Vgl bereits oben S. 262 f. 899 Werder, ZfB-Ergänzungsheft 4/97 S. 9, 15. 9 0 0 Auch die Fragen, die unter dem Schlagwort Corporate Governance diskutiert werden, können nur zum Ziel haben, sofortige, kostengünstige Reaktionen der Gesellschaften auf Veränderungen im wirtschaftlichen Umfeld zu gewähren. Es gibt daher auch nicht nur ein Corporate-Governance-Modell, vielmehr kann das, was bei einem Unternehmen als optimale Governance Regelung angesehen werden kann, bei einem anderen völlig unangebracht sein Die Rolle des Gesetzgebers kann daher hier auch nur darin bestehen, ein Regelwerk zu schaffen, das es Anlegern und Gesellschaften gestattet, ihre Governance-Regelungen nach ihren jeweiligen Bedürfnissen zu gestalten, und das dem Markt eine Kontrolle der Gesellschaften ohne unnötige

§ 7: Zum Inhalt der Treuepflicht

285

A n welcher Stelle der Diskussion wir uns befinden, wird deutlich, w e n n in diesem Z u s a m m e n h a n g vorgeschlagen w i r d , es sollte in Besinnung auf die eigentlichen A u f g a b e n eines U n t e r n e h m e n s m a n a g e m e n t s besser v o n einer „ O r i e n t i e r u n g am U n t e r n e h m e n s w e r t " gesprochen w e r d e n , da bei erfolgreichem Wirtschaften das P r o b l e m der Erfolgsverteilung bereits seine Brisanz verlieren würde 9 0 1 . In diesem Z u s a m m e n h a n g wird auch der „geläufigere" Begriff des U n t e r n e h m e n s i n t e r esses ins Spiel gebracht 9 0 2 . Wie bereits oben h e r v o r g e h o b e n w u r d e , entscheidet dieser aber gerade nicht ü b e r die mitgliedschaftliche Treuepflicht. Wenn den in das U n t e r n e h m e n s i n t e r e s s e einfließenden Interessen einzelner G r u p p e n Berücksichtigung zu schenken ist, d a n n deswegen, weil dies bei der Verfolgung des Z w e c k s n o t w e n d i g ist 903 . D a m i t k o m m t den Interessen der Gesellschafter gegenüber d e m Interesse der Gesellschaft aber auch nicht der Vorrang zu. Vielmehr ist bei der Z w e c k v e r f o l g u n g zwischen den relevanten Interessen ein Ausgleich zu suchen, u m den Z w e c k optimal verwirklichen zu k ö n n e n . In diesem Z u s a m m e n h a n g k a n n den Interessen der Kapitalanleger u n t e r H e r a n z i e h u n g der Shareholder-Value-Grundsätze 9 0 4 daher auch n u r d a n n ein besonderer Stellenwert eingeräumt werden 9 0 5 , w e n n d a d u r c h andere Interessen nicht verletzt w e r d e n .

3) Unterscheidung zwischen börsennotiertenund nicht börsennotierten Gesellschaften Lutter hat vor nicht allzu langer Zeit h e r v o r g e h o b e n , dass ein Börsengang eine S t r u k t u r e n t s c h e i d u n g sei, die nur v o m G r u n d o r g a n der Gesellschaft der H a u p t versammlung getroffen w e r d e n kann 9 0 6 . D u r c h diese S t r u k t u r e n t s c h e i d u n g w ü r den sich auch die Treuepflichten der Gesellschafter u n t e r e i n a n d e r „lockern" 9 0 7 . Verwiesen w i r d auch auf die Regelung der §§ 3 A b s . 2, 186 Abs. 3 S. 4 A k t G , die einen H i n w e i s darauf gäben, dass gesellschaftsrechtliche Schutzinteressen z u r ü c k g e n o m m e n w e r d e n k ö n n e n , „ w e n n der M a r k t das gleiche oder a n n ä h e r n d das gleiche leistet" 9 0 8 . Dies w i r f t die Frage auf, o b u n d inwieweit ein Börsengang auch A u s w i r k u n g e n auf die mitgliedschaftliche Treuepflicht hat. Einschränkungen gestattet (Skog, in FS Lutter S. 1551,1560); zum deutschen Corporate-Governance-Kodex vgl. bereits oben S. 262 Fn. 756. 901 Werder, ZfB-Ergänzungsheft 4/97 S. 9,15. 902 Vgl. auch Werder, ZfB-Ergänzungsheft 4/97 S. 9,15. 903 Vgl. bereits oben S. 264. 904 Zur Umsetzung des Shareholder-Value-Gedankens vgl. auch Hüffer, 5. Aufl. § 76 Rn. 12; ders., Z H R 161 (1997), 214, 217 f. m.w.N. 905 Vgl. auch Hommelhoff, ZfB-Ergänzungsheft 4/97 S. 17 ff. 906 Durch den Gang zur Börse ändert sich das auf eine Gesellschaft anwendbare Recht, worüber nur die Hauptversammlung befinden kann (Lutter, in FS Zöllner S 363, 378; Lutterl Leinekugel, ZIP 1998, 225, 230 m.w.N.; zur Bedeutung des Börsengangs für die Struktur der Gesellschaft vgl. auch Wiedemann, in GK, 4. Aufl. § 186 Rn. 159). 907 Lütter, in FS Zöllner S. 363, 378. 908 Vgl. hierzu Lutter, in FS Zöllner S. 363, 375; zu den Besonderheiten des Anleger- und Minderheitenschutzes bei Gang bzw. Weggang zu bzw. von der Börse kann hier nicht weiter eingegangen werden, vgl. auch hierzu Lutter, in FS Zöllner S. 363, 382.

286

Kapitel II:

Grundlegung

der

Treuepflicbthaftung

Unstreitig ist, dass das Gesetz sehr deutlich zwischen börsennotierten und nicht börsennotierten Gesellschaften unterscheidet 909 . Richtig ist auch, dass das Aktien- und Bilanzrecht mittlerweile in einer Weise vom Kapitalmarktrecht überlagert und durchdrungen wird, die es u.U. erforderlich werden lässt, auch Bestimmungen, die keinen direkten Bezug zum Kapitalmarktrecht aufweisen, im Zusammenhang mit auf dem Kapitalmarkt aktiven Gesellschaften eigenständig zu interpretieren, was zu neuen Auslegungsergebnissen führen kann 910 . Im Hinblick auf die fortschreitende Angleichung des europäischen Rechts ist auch zu erwarten, dass diese weitere besondere Regelungen für auf dem Kapitalmarkt aktive Gesellschaften schaffen wird, womit sich die Unterschiede zwischen listed und close companies voraussichtlich sogar noch verstärken 911 . De lege ferenda wird teilweise auch vertreten, unterhalb der Kapitalmarktschwelle gäbe es keinen weiteren Differenzierungsbedarf nach Art des Rechtformdualismus A G - GmbH, da insoweit ein flexibles Einheitsrecht genüge 912 . Aber auch wenn es angezeigt ist, bei der Auslegung einzelner Regelungen danach zu unterscheiden, ob man es mit einer börsennotierten Gesellschaft zu tun hat oder nicht, wird durch die Börsennotierung das Eigeninteresse der Gesellschaft nicht geändert, dem man sich durch die Mitgliedschaft verpflichtet. Sicherlich ist die mitgliedschaftliche Förderpflicht bei einer börsennotierten Gesellschaft 9 0 9 Am deutlichsten wird dies auf dem Gebiet der Rechnungslegung; so wurde insbesondere durch das Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz (KapAEG) börsennotierten Unternehmen ermöglicht, ihre Konzernabschlüsse unter bestimmten Bedingungen nach „international anerkannten Rechnungslegungsstandards" zu errichten; zunehmend wird aber darauf hingewiesen, dass für Börsengesellschaften nicht nur im Bereich des Kapitalmarktrechts, sondern auch im sie konstituierenden Gesellschaftsrecht zusätzliche Regeln und Grundsätze gelten, vgl. Lutter, in FS Zöllner S. 363, 372, auch unter Hinweis darauf, dass im französischen Recht Sonderregeln für „Sociétés faisant publiquement appel a tépargne" seit langem existieren (Guyon, Droit des Affaires, Bd. I, 9. Aufl., nos. 219, 283 ff.). 910 Hommelhoff, ZGR, 770 f. am Beispiel des Konzernbilanzrechts. 911 Lutter, in FS Zöllner S. 363, 382; ebenso Hommelhoff, Z G R 2000, 769; in anderen europäischen Ländern wird bei börsennotierten Aktiengesellschaften gar bereits von einem unterschiedlichen Gesellschaftstyp gegenüber nichtbörsennotierten Gesellschaften gesprochen (vgl. für Italien etwa Weigmann, in FS Lutter S. 203, 212). 912 Roth, Das System der Kapitalgesellschaften im Umbruch - ein internationaler Vergleich (1990), S. 19, 23 f.; in Deutschland wurde bereits 1937 die Forderung erhoben, das Aktienrecht elastischer zu gestalten und die dann nicht mehr notwendige Rechtsform der GmbH abzuschaffen, vgl. Curt Fischer, ZfB 1937, 177 ff.; vgl. hierzu auch Stroth, Das Recht der GmbH bis 1933 Tatsachen Entwicklungen, Reformvorschläge (1992), S. 102 ff. m.w.N.; für eine Deregulierung sprach sich aber auch der im Auftrag der EU-Kommission erstellte Ernst & Young-Bericht „The simplification of the operating regulations for Public Limited Companies in the European Union" aus, der in Deutschland allerdings weitgehend abgelehnt wurden (vgl. etwa Lutter, AG 1995, 307; ders., AG 1997, 538; vgl. auch Habersack, Europäisches Gesellschaftsrecht (1999), Rn. 57; Hommelhoff, in Roth, Das System der Kapitalgesellschaften im Umbruch - ein internationaler Vergleich (1990), S. 26, 50; Hopt, ZIP 1998, 96, 101 f.; Neuling, Deutsche GmbH und englische private Company (1997), S. 222; für Differenzierung nach Größenkriterien hingegen Hirte, in de Kluvier/van Gerven, The European Private Company? (1995) S. 95, 106; ders., in: Grundmann, Systembildung und Systemlücken in Kerngebieten des Europäischen Privatrechts (2000), S. 211, 231.

§ 7: Zum Inhalt der

287

Treuepflicht

auf eine Nichtschädigungspflicht reduziert 9 1 3 . Sie verschwindet aber auch bei einem Kleinanleger als Hauptpflicht der Mitgliedschaft nicht völlig 9 1 4 . F ü r mitgliedschaftliche Treuepflichten zwischen den Gesellschaftern ist nach dem hier vertretenen Ansatz in einer börsennotierten Gesellschaft hingegen ohnehin kein Raum, da solche Gesellschaften grundsätzlich nicht personalistisch ausgestaltet sind. Zwar mag es Fälle geben, in denen eine personalistisch ausgestaltete O H G oder G m b H erst kurz vor dem Börsengang und zu diesem Z w e c k in eine A G umgewandelt wurde 9 1 5 . Spätestens mit dem Börsengang verliert sie aber ihre personalistische Struktur, auch wenn tatsächlich erst wenige Gesellschafter an ihr beteiligt sind 9 1 6 . Maßgebend ist, dass mit dem Handel der Aktie an der Börse die Gesellschaft einem breiten Publikum offen steht. Abgesehen von dem deliktsrechtlichen Schutz, der u.a. durch die Einordnung der Mitgliedschaft als „sonstiges R e c h t " i.S.d. § 823 Abs. 1 B G B eröffnet ist, kann ein Gesellschafter in einer Publikumsgesellschaft gegen einen anderen Gesellschafter aufgrund der Verletzung eigener Interessen i.d.R. somit nur vorgehen, wenn dieser seine machtbezogenen Rücksichtnahmepflichten ihm gegenüber verletzt hat.

II. Inhalte der vertrauern- und mehrheitsbezogenen

Treuepflichten

Soweit die mehrheitsbezogenen Treuepflichten eines herrschenden Gesellschafters in Rede stehen, ist freilich zu beachten, dass ein Schutz dann nicht nötig ist und somit auch eine Verpflichtung zur Rücksichtnahme nicht besteht, wenn die Gesellschafter bereits durch den Markt ausreichend geschützt werden. In diesem Fall existiert keine Machtposition, vor der die Minderheitsgesellschafter behütet werden müssten. Dieser Gedanke k o m m t , wie bereits hervorgehoben wurde, auch im Gesetz deutlich zum Ausdruck. Ein ausreichender Schutz ist allerdings auch bei börsennotierten Gesellschaften durch den Markt nicht immer zu erreichen, denkt man nur an den Fall, dass ein G r o ß a k t i o n ä r seine Beteiligung an der Gesellschaft „auf einen Schlag" auf den Markt wirft. Natürlich hat auch ein Großaktionär ein Recht auf die Veräußerung seiner Aktien, allerdings nicht in einer Weise, die das Aktienkapital der übrigen Aktionäre erheblich beeinträchtigt, soweit dies auch anders möglich ist. Hier ist eine Interessenabwägung anzustellen, die eine Verpflichtung zu einer möglichst kursschonenden Veräußerung mit sich bringen kann 9 1 7 . Vgl. bereits oben S. 278. Dass das Kapitalmarktrecht den Aktionär bzw. potentiellen Aktionär in seiner Eigenschaft als Investor besonders schützt, ändert hieran nichts. Insoweit steht nicht die gesellschaftsrechtliche Beziehung im Blickpunkt. Der Vergleich ist hier vielmehr mit dem ebenso als notwendig empfundenen Schutz des Verbrauchers zu ziehen. 9 1 5 Hierzu Schürmann/Körfgen, Familienunternehmen auf dem Weg zur Börse, 2. Aufl. S. 189 ff. 9 1 6 A.A. Ziemons/Jaeger, A G 1996, 358, 363, die meinen, auch nach der Einführung an der Börse könne die personalistische Struktur einer Gesellschaft nach wie vor bestehen; anders zu Recht Bachmann, Z G R 2001, 351, 352. 913

914

917

Ziemons/Jaeger,

AG 1996, 358, 361.

288

Kapitel II: Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

Die aus einer besonderen Vertrauensbeziehung bzw. der Korellation zwischen M a c h t u n d Verantwortung abgeleiteten Rücksichtnahmepflichten sind allerdings als reine Rechtsausübungsschranken zu verstehen 9 1 8 . D a r ü b e r hinausgehende Pflichten lassen sich aus einem allgemeinen rechtsethischen Prinzip ebenso wenig wie aus § 242 B G B ableiten 9 1 9 . D e m e n t s p r e c h e n d kann sich auch eine Pflicht z u r A u s ü b u n g des Stimmrechts hierauf nicht gründen oder, u m bei dem oben genannten Beispiel zu bleiben, eine Pflicht zu kursschonender Veräußerung nicht zu einer Pflicht z u r Kurspflege ausbauen. Soweit es u m die inhaltliche Konkretisierung der Vertrauens- und mehrheitsbezogenen Treuepflichten geht, kann w i e d e r u m an die von Zöllner bereits in seiner Habilitationsschrift gemachten A u s f ü h r u n g e n a n g e k n ü p f t werden, w o n a c h die Kontrolle einer A b s t i m m u n g an den Maßstäben der Verhältnismäßigkeit zu messen ist 920 . D a n a c h ist ein Eingriff in Rechte der Minderheit n u r h i n z u n e h m e n , w e n n eine A b w ä g u n g mit den Interessen der Gesellschaft stattgefunden hat u n d die M a ß n a h m e bei Berücksichtung der Relation zwischen Mittel u n d Z w e c k verhältnismäßig war. A u c h der B G H hat bereits in seiner Kali-und-Salz-Entscheidung, im Z u s a m m e n h a n g mit der Frage nach der Rechtmäßigkeit eines Bezugsrechtsausschlusses 9 2 1 , im Hinblick auf die auf besonderen Einwirkungsmöglichkeiten g r ü n d e n d e n Rücksichtnahmepflichten der Mehrheit die Kriterien der Verhältnismäßigkeit und Erforderlichkeit einer M a ß n a h m e herangezogen 9 2 2 . Das f ü r den Bezugsrechtsausschluss entwickelte Sachgrunderfordernis, nachdem die Zulässigkeit von Eingriffen in Mitgliedsrechte der Aktionäre davon abhängt, ob sie z u r W a h r u n g des Gesellschaftsinteresses erforderlich u n d verhältnismäßig sind, ist aber darüber hinaus zu verallgemeinern 9 2 3 . 918

So auch Wiedemann, in FS Heinsius S. 949, 950. Vgl. Hadding, in Soergel, 11. Aufl. § 705 Rn. 58. 920 Vgl. Zöllner, Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden (1963), S.351; den., in KK, 1. Aufl. §243 Rn.200; vgl. auch Hüffer, AktG § 53 a Rn. 20; Lutter, in KK, 2. Aufl. § 243 Rn. 60 m.w.N. 921 Anders als noch das RG, das der Ansicht war, ein Ausschluss läge im freien Ermessen der Mehrheit und sei allenfalls durch die guten Sitten und Treu und Glauben begrenzt (RGZ). 922 B G H v. 13.3.1978 = B G H Z 71, 40, 43 ff. (Kali und Salz), B G H v. 19.4.1982 = B G H Z 83, 319 ff. (Holzmann)-, B G H v. 9.11.92 = N J W 1993, 400, 401; B G H v. 7.3.1994 = B G H Z 125, 239; für das genehmigte Kapital hat der B G H in seinem Urteil v. 23.6.1997 = B G H Z 136, 133 = NJW 1997, 2815 unter Aufgabe der Rspr. in B G H v. 19.4.1982 = B G H Z 83, 319, allerdings darauf verzichtet, dass der Beschluss, mit dem der Vorstand ermächtigt wird, das Grundkapital durch Ausgabe neuer Aktien zu erhöhen, alle Einzelheiten enthalten muss, die für die Beurteilung erforderlich sind, ob die Maßnahme im Interesse der Gesellschaft gerechtfertigt ist. Teilweise wurde dieses Urteil so verstanden, dass damit zwar nicht vom Erfordernis der Rechtfertigung im Interesse der Gesellschaft, wohl aber von dem Verhältnismäßigkeitserfordernis abgerückt worden sei (Kindler, ZGR 1998, 35, 49 ff.; teilweise weitergehend Bezzenberger, ZIP 2002, 1917 ff. (bloße Missbrauchskontrolle eines Bezugsrechtsausschlusses zugunsten außenstehender Kapitalgeber erforderlich); a.A. allerdings zu Recht Hüffer, AktG § 203 Rn. 35; Wolf, AG 1998, 212, 214). 923 Zöllner, Z H R 162 (1998), 235, 244; ders., Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden (1963), S. 349 ff.; O L G Stuttgart v. 12.5. 1999 = N Z G 2000, 159 (für die Umstrukturierung einer Unternehmensgruppe). 919

5 7: Zum Inhalt der

Treuepflicht

289

Auch die Verwendung dieser aus dem öffentlichen Recht bekannten Kriterien wird verständlich, wenn man sich auf den G r u n d der Rücksichtnahmepflichten eines Mehrheitsgesellschafters besinnt. Die Anlehnung an die Verhältnismäßigkeitsprüfung beim Handeln eines Trägers hoheitlicher Gewalt 9 2 4 beruht auf der N o t wendigkeit, die durch eine besondere Machtposition erlangten Einwirkungsmöglichkeiten auf die Interessen anderer zu kontrollieren, da es sich hier um ein Verhältnis handelt, das nicht wie im Privatrecht typisch durch ein Gleichgewicht der Machtverhältnisses gekennzeichnet ist, sondern gerade durch Machtungleichheit, weshalb in dieses Verhältnis auch die Wertungen des Grundgesetzes miteinfließen müssen 9 2 5 . Damit ist aber auch die aus dem öffentlichen Recht bekannte Verhältnismäßigkeitskontrolle sachgerecht, wenn sich ein Mehrheitsgesellschafter oder Minderheitsgesellschafter, die sich zu einer Mehrheit zusammengeschlossen haben, ihrer Macht bedienen. Zuzustimmen ist damit aber auch Lutter

darin, dass eine Entscheidung, die in

die Rechte anderer Mitglieder eingreift, umso stärker aus dem gemeinsamen Ziel heraus legitimiert werden muss, je stärker der Eingriff in die mitgliedschaftlichen Einzelinteressen eingreift 9 2 6 . Auch wenn eine Maßnahme im Gesellschaftsinteresse liegt und alle Gesellschafter sich zur Förderung desselben verpflichtet haben, können, aufgrund der gegenüber der Minderheit bestehenden Rücksichtnahmepflichten, die gegenüber der Gesellschaft bestehenden Förderpflichten zurücktreten, wenn die Abwägung zeigt, dass die Interessen der Minderheitsgesellschafter durch die Entscheidung in einer Weise eingeschränkt werden, die außer Verhältnis zu der durch die Maßnahme erstrebten Zweckförderung steht. Gerade hierin zeigt sich aber auch die Verschiedenheit der mitgliedschaftlichen und mehrheitsbezogenen Treuepflichten wie auch ihr Ineinandergreifen, wenn es um eine konkrete E n t scheidungsfindung geht. Ein solches Aufeinandertreffen kann freilich nur bei Entscheidungen stattfinden, die den Gesellschaftszweck berühren. Bei Entscheidungen, die keinen Zusammenhang mit der Zweckverfolgung aufweisen 9 2 7 , kann aus der Pflicht zur Förderung des Gesellschaftszwecks eine Pflicht zur Vornahme einer bestimmten Grundlagenentscheidung nicht hergeleitet werden. Auch scheidet die N o t w e n d i g keit einer sachlichen Rechtfertigung am Gesellschaftsinteresse aus, wenn dem G e setz zu entnehmen ist, dass entsprechende Beschlüsse mit der erforderlichen Stimmenmehrheit gefasst werden können bzw. die sachliche Rechtfertigung sich aus dem Gesetz selbst ergibt 9 2 8 . So ist insbesondere bei einem Auflösungsbeschluss keine besondere Rechtfertigung aus dem Gesellschaftszweck zu verlangen, nach924 Zöllner, Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden (1963), S. 351 f. 925 Säcker, in MK, 2. Aufl. Einl. Rn. 53 ff. 926 Lutter, AcP 1980 (1980), 84, 124. 9 2 7 Vgl. auch Henze, Z H R 162 (1998), 186, 192. 9 2 8 B G H v. 9.2.1998 = B G H Z 138, 71 = N J W 1998,2054 (für die Herabsetzung des Grundkapitals einer Aktiengesellschaft); für die Einführung von Höchststimmrechten vgl. B G H v. 19.12.1977 = B G H Z 70, 117, 121 ff (Mannesmann), insoweit wird angenommen, dass §134 Abs. 1 S. 2 AktG bereits eine normative Abwägung gegen die Interessen der vom Höchststimm-

290

Kapitel II: Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

dem der Gesetzgeber die Beendigung der Gesellschaft in das Ermessen der Gesellschafter gestellt und nicht an weitere Voraussetzungen geknüpft hat 9 2 9 . Gleiches gilt f ü r eine Änderung des Zwecks der Gesellschaft. Die Möglichkeit der Gesellschaftermehrheit, aufgrund ihrer Machtposition die gesellschaftsbezogenen Interessen der Minderheit zu beeinträchtigen, kann jedoch auch bei Beschlüssen, die nicht am Gesellschaftszweck zu messen sind, die Pflicht begründen, auf die Interessen der Minderheit Rücksicht zu nehmen 9 3 0 . Soweit zeitgleich ein Nachteilsausgleich stattfindet und die Vermögenslage der Gesellschafter „unter dem Strich" 931 unberührt bleibt, fehlt es allerdings bereits an der Zufügung eines Vermögensnachteils, womit grundsätzlich 9 3 2 auch keine Pflichtverletzung gegenüber den Mitgesellschaftern angenommen werden kann. Aber auch wenn das Gesetz selbst Abfindungs- und Ausgleichsansprüche vorsieht, ist f ü r eine Begründung besonderer Rücksichtnahmepflichten regelmäßig kein Raum. Der Schutz der Gesellschafter wird in diesem Fall durch das Gesetz selbst vorgenommen. Damit können auch grundlegende Umorganisationen bzw. Desinvestitionen vorgenommen werden, ohne dass es hierfür einer besonderen materiellen Begründung bedarf 9 3 3 . Aus dem Bereich des Konzernrechts sei hier etwa auf die Regelung der §§ 304 ff. A k t G 9 3 4 hingewiesen, die zum Schutz des Vermögens der außenstehenden Aktionäre bei Abschluss eines Beherrschungs- und recht betroffenen Minderheitsaktionäre enthält; vgl. auch Hüffer, 5. Aufl. § 243 Rn. 27 f., der allerdings zu Unrecht eine sachliche Rechtfertigung auch bei der Änderung des Unternehmensgegentandes und der Vermögensübertragung ablehnt (vgl. hierzu nächste Fn. sowie bereits oben S. 255). 929 B G H v. 1.2.1988 = B G H Z 103,184; ebenso für die Einschränkung des Unternehmensgegenstandes O L G Düsseldorf v. 9.12.1993 = W M 1994, 337, mit der Begründung, dass, was für die Auflösung einer Kapitalgesellschaft, also die gänzliche Beendigung des Unternehmenszwecks gelte, erst recht für die bloße Einschränkung des Unternehmensgegenstandes gelten müsse. Hier verkennt das Gericht allerdings, dass, anders als bei der Auflösung, im Falle einer alleinigen Änderung des Unternehmensgegenstandes der Gesellschaftszweck unverändert erhalten bleibt. Natürlich kann eine Änderung oder Aufgabe des Unternehmenszwecks nicht daran gemessen werden, ob der Zweck gefördert wird (vgl. bereits Zöllner, Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden (1963), S. 345). Dies gilt für eine Änderung des Unternehmensgegenstandes indes nicht. Dieser ist durchaus daran zu messen, ob mit ihm der regelmäßige Zweck der Gesellschaft, Gewinn zu erzielen, noch zu erreichen bzw. gleich gut zu erreichen ist. 930 B G H v. 1.2.1988 = B G H Z 103,184; B G H v. 5.6.1975 = B G H Z 65, 15,18 f.; i.E. auch Wiedemann, GesR I § 8 II 3 a, III 2 a. 931 Kölling, N Z G 2000, 8, 12. 932 Zu dem Fall einer übertragenden Auflösung, wenn ein besonderes Beteiligungsinteresse auf Seiten der Minderheitsgesellschafter besteht vgl. etwa Lutter/Drygala, in FS Kropff S. 191, 221 f. 933 Lutter, Z G R 1981, 171, 181; Timm, JZ 1980, 668; weitere Nachweise bei Hüffer, in MK zum A k t G § 243 Rn. 63; zu prüfen ist insoweit nur, ob Ungleichbehandlungen oder Ermessensmissbräuche vorliegen. 934 Zur Bestimmung der Höhe der Abfindung oder des Ausgleichs für außenstehende oder ausgeschiedene Aktionäre vgl. insb. auch BVerfG v. 10.12.1999 = NJW-RR 2000, 841; BVerfG v. 8.9.1999 = NJW-RR 2000, 842 umgesetzt vom B G H in seinem Beschluß vom 12.3.2001 = D B 2001, 969 = Z I P 2001, 734 (DAT!Altana)-. Bewertung der Aktien grundsätzlich nach Börsenkurs.

§ 7: T.um Inhalt der

Treuepßicbt

291

Gewinnabführungsvertrages begründet wurden 9 3 5 . Zwar wird auch die Auffassung vertreten, diese Regelungen dienten nur der Abgeltung von Nachteilen, deren Rechtmäßigkeit von den entsprechenden Vorschriften vorausgesetzt, nicht aber begründet werde 9 3 6 . Für einen unternehmerischen Freiraum der Mehrheit gäbe es keine überzeugenden Gründe, w e n n es dabei darum ginge, der Mehrheit zu ermöglichen, ihre Ziele ohne Bindung an den Gesellschaftszweck zu verfolgen. Vor allem seien solche G r ü n d e auch durch den Hinweis auf die Ausgleichs- und Abfindungsregelungen der §§ 304, 305 A k t G bzw. der Abfindungsregelungen im U m w G nicht dargetan 9 3 7 . Mittlerweile wird aber auch von den Vertretern dieser Auffassung darauf verwiesen, dass, im Hinblick auf den „gegenwärtigen Stand der Dogmatik", die die Beschlusskontrolle der Treuepflicht zuordnet, der „behutsamen Vorgehensweise" der Rechtsprechung zu folgen sei, die danach fragt, ob die für den jeweiligen Beschlussinhalt vorgesehene gesetzliche Regelung f ü r eine Inhaltskontrolle noch Raum lässt 938 , wenngleich man insgesamt die Frage, inwieweit Grundlagenbeschlüsse der materiellen Beschlusskontrolle unterliegen, f ü r noch „nicht abschließend geklärt" hält 939 . Letzteres liegt freilich auch in der unzureichenden Trennung zwischen mitgliedschaftlichen und mehrheitsbezogenen Treuepflichten begründet. Der Hinweis auf die Zweckbindung jedenfalls kann bei einer Grundlagenentscheidung wie dem Abschluss eines Beherrschungsvertrages bereits deshalb nicht tragen, da dieser zweckändernde Wirkung hat 9 4 0 . Die Ausgleichs- und Abfindungsregelungen in den §§ 304, 305 A k t G können somit auch nicht als Ausfluss etwaiger mitgliedschaftlicher Treuepflichten verstanden werden. Da das Gesetz

935 Vgl. aber etwa auch § 29 U m w G ; auch das neue Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (das W p Ü G trat am 1.1.2002 in Kraft; BT-Drs. 14/7477) will die Minderheitsaktionäre der Zielgesellschaft besonders schützen (vgl. nur Zinser, W M 2002, S. 14, 15 ff.; zur Begründung der einzelnen Regelungen des Regierungsentwurfs vgl. den Abdruck in ZIP 2001 S. 1262 ff.), dies macht insbesondere die Normierung im 5. Abschnitt des W p Ü G deutlich, wo die Verpflichtung zur Abgabe eines Pflichtangebotes ab dem Zeitpunkt aufgestellt wird, wo jemand unmittelbar oder mittelbar die Kontrolle über eine Gesellschaft erlangt (von einer Kontrolle in diesem Sinne wird dabei bereits ab einer Inhaberschaft von 30 % der Stimmrechte der Gesellschaft ausgegangen, vgl. §§ 29 ff. WpÜG); zur Möglichkeit des Squeeze out (Ausschluss von Minderheitsaktionären) nach §§ 327a ff. A k t G vgl. etwa Grunewald, in ZIP 2002,18 ff.; auch der Vorschlag der Europäischen Kommission vom 2.10.2002 für eine Übernahmerichtlinie hat neben der Integration der europäischen Finanzmärkte, der Harmonisierung des Übernahmerechts und der Erhöhung der Rechtssicherheit vor allem den Schutz der Minderheitsaktionäre im Sinn (vgl. Art. 5 des Vorschlags, abgedruckt in ZIP 2002, S. 1863, 1867 f.; ebenso bereits Art. 5 des im Juni 2000 verabschiedeten gemeinsamen Standpunktes des Rates zur Übernahmerichtlinie (geänderter Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates auf dem Gebiet des Übernahmeangebote, abgedruckt in WM-Beil. 2/2000, Anlage 1; dazu Neye, A G 2000, 289 ff.; Krause, N Z G 2000, 905 ff.; Pötzsch/Möller, WM-Beil. 2/2000, 3, 4 ff.). 936 Hüffer, in Geßler/Hefermehl § 243 Rn. 55; Martens, in FS Fischer S. 446; Wiedemann, Z G R 1980, 157. 937 Hüffer, in Geßler/Hefermehl § 243 Rn. 55. 938 Hüffer, in MK zum A k t G § 243 Rn. 63. 939 Vgl. nur Hüffer, A k t G § 243 Rn. 26 m.w.N. 940 Vgl. oben S. 19.

292

Kapitel

II:

Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

aber selbst die entsprechenden Schutzinstrumente und somit die Voraussetzungen vorsieht, wann von der Verhältnismäßigkeit einer solchen Entscheidung gegenüber den Minderheitsaktionären auszugehen ist, ist hier auch für mehrheitsbezogene Rücksichtnahmepflichten grundsätzlich 941 kein Raum 9 4 2 . Allgemein besteht die Pflicht, die Verfolgung eigennütziger Ziele im Hinblick auf die betroffenen Interessen der Minderheitsgesellschafter u.U. hintanzustellen bzw. diesen einen angemessenen Ausgleich zu gewähren, aber auch für eine Gesellschaftergruppe, die sich zur Mehrheit zusammengeschlossen hat 9 4 3 . Außerhalb klarer Machtverhältnisse ist in kapitalistisch ausgestalteten Gesellschaften für Treuepflichten zwischen den Gesellschaftern aber kein Raum. Hier bleibt es bei dem im Gesetz verankerten Grundsatz, dass eine Mehrheitsentscheidung ihre Rechtfertigung in sich trägt 9 4 4 . Der hiergegen erhobene Einwand, dass sich damit nahezu jede Mehrheitsdiktatur unterstützen ließe 9 4 5 , kann schon deshalb nicht greifen, da eine Diktatur das Bestehen eines Herrschaftsverhältnisses voraussetzt, das bei Fehlen eines Mehrheitsgesellschafters oder eines entsprechenden Gruppenzusammenschlusses aber gerade nicht existiert 9 4 6 . Fehlt es an klaren Mehrheitsstrukturen, stehen - in nicht personalistisch ausgestalteten Gesellschaft - damit aber auch Abänderungen in Struktur- und gesellschaftsvertraglichen Fragen, im freien Ermessen der Gesellschafter, soweit durch sie nicht ausnahmsweise der Zweck der Gesellschaft verletzt wird 9 4 7 . Insoweit hat der Satz von den Gesellschaftern als Herren der Gesellschaft durchaus seine Berechtigung. 9 4 1 Nur in Extremfällen können trotz entsprechender Schutzvorkehrungen im Gesetz besondere Rücksichtnahmepflichten zu bejahen sein; für den Fall einer übertragenden Auflösung nennen Lutter/Drygala, in FS Kropff S. 191, 222 in Fn. 119 etwa das Beispiel der Auflösung zur Unzeit bzw. den Fall, dass die Mehrheit mit der Auflösung den Zweck verfolgt, die Minderheit von einer besonderen Geschäftschance abzuschneiden. 9 4 2 Vgl. auch Winter, Treubindungen (1988), S. 164, der insoweit von einer vorweggenommenen Interessenabwägung durch den Gesetzgeber spricht. 9 4 3 Dazu, dass die im Girmes Fall aufgestellten Voraussetzungen auf alle Grundlagenentscheidungen übertragen werden können vgl. auch Henze, Z H R 162 (1998), 186, 192 ff. (Henze erläutert die hier anzuwendenden Kriterien der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit an den Bsp. der Kapitalerhöhung, Kapitalherabsetzung und Auflösung). 9 4 4 So bereits R G v. 8.4.1908 = R G Z 68, 235; R G v. 19.9.1931 = R G Z 146, 71, 76; R G v. 22.1.1935 = R G Z 146, 385, 395; R G v. 21.9.1938 = R G Z 158, 248, 254; vgl. grds. auch B G H v. 28.1.1980 = B G H Z 76, 352, 353: „Ein mit der nötigen Mehrheit gefasster Auflösungsbeschluss bedarf keiner sachlichen Rechtfertigung; er trägt seine Rechtfertigung in sich" (wobei im konkreten Fall allerdings die Anfechtbarkeit analog § 243 Abs. 2 A k t G aufgrund eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens bejaht wurde); zustimmend Flume, ZIP 1996, 162; vgl. auch B G H v. 9.2.1998 = B G H Z 138, 71 (Sachsenmilch-Entscheidung). 945 Wiedemann, J Z 1989, 447; für eine generelle Beschlusskontrolle auch Martens, G m b H R 1984,370. 9 4 6 Das Gesetz, die guten Sitten bzw. der Gleichbehandlungsgrundsatz sind überdies natürlich immer zu achten. 9 4 7 Da in diesen Fällen der Zweck der Gesellschaft häufig nicht tangiert ist und somit auch eine Verletzung der mitgliedschaftlichen Treuepflicht nicht in Rede stehen kann, verwundert es angesichts des Diskussionsstandes um die Treuepflichten im Gesellschaftsrecht nicht, dass gerade in diesem Bereich die Frage nach der Geltung von Treuepflichten in besonderem Maße umstritten ist (vgl. nur Weber, Vormitgliedschaftliche Treubindungen (1999), S. 78).

§ 7: Zum Inhalt der

Zusammenfassung

Treuepflicht

293

zu §7

Die Differenzierung zwischen den durch die Mitgliedschaft begründeten Treuepflichten der Gesellschafter gegenüber ihrer Gesellschaft sowie den Vertrauens- und mehrheitsbezogenen Rücksichtnahmepflichten zwischen den Gesellschaftern, die nicht als „qualitative Steigerung" gegenüber den mitgliedschaftlichen Treuepflichten missverstanden werden dürfen, ist auch bei der Frage nach den Inhalten der Treuepflichten notwendig, um einerseits einer undifferenzierten Ausdehnung derselben begegnen zu können, andererseits die Arbeit mit ihnen im Rahmen einer konkreten Entscheidungsfindung zu erleichtern. Die mitgliedschaftliche Treuepflicht bestimmt, in welchem Umfang ein Gesellschafter seine Position zum Nutzen der Gesellschaft einsetzen muss. Sie ist innerhalb einer Gesellschaft für jedes Mitglied identisch und kann sowohl anspruchsbegründende als auch rechtshemmende Wirkungen haben. Eine allgemeingültige Formel dafür, wie sich ein Gesellschafter in einer bestimmten Situation zu verhalten hat, lässt sich zwar kaum finden. Dafür ist die Vielfalt des Anwendungsbereichs der Treuepflichten zu groß und dafür sind die denkbaren Gesellschaftsstrukturen auch zu unterschiedlich. Bestimmt werden kann jedoch ein Minimum dessen, was an mitgliedschaftlicher Treuepflicht zu verlangen ist, sowie Kriterien, die für die inhaltliche Konkretisierung im Einzelfall herangezogen werden können. So ergibt sich aus dem Eigeninteresse der Gesellschaft die Verpflichtung der Gesellschafter zur Respektierung ihrer Existenz. Da sich die mitgliedschaftliche Treuepflicht aus dem Zweck der Gesellschaft selbst ableitet, geht sie über ein bloßes Verbot zur Existenzgefährdung im Übrigen hinaus und beinhaltet auch das Verbot zur Schädigung der Gesellschaft. Allerdings kann ein Handeln gegen das Eigeninteresse der Gesellschaft und damit ein Treuepflichtverstoß bereits nicht vorliegen, wenn sich dieses zur Zeit der Entscheidung objektiv als geeignet dargestellt hat, den Zweck der Gesellschaft zu fördern. Dies ist der Fall, wenn auch ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsmann in der konkreten Situation so gehandelt hätte. Über ein reines Benachteiligungsverbot hinaus können sich aus der mitgliedschaftlichen Treuepflicht aber auch aktive Förderpflichten ergeben. In welchem Umfang dies der Fall ist, hängt, neben der Bedeutung der Entscheidung für die Verfolgung des statuarischen Zwecks, vor allem von der Realstruktur der Gesellschaft ab. Keine mitgliedschaftlichen Treuepflichten bestehen nur bei Entscheidungen, die keinen Bezug zum Zweck der Gesellschaft aufweisen, oder bei denen wie bei der Auflösung der Gesellschaft die Zweckförderungspflicht bereits von der Sache her außer Acht gelassen werden muss. Es können jedoch Vertrauens- oder mehrheitsbezogenen Rücksichtnahmepflichten eine Rolle spielen, wenn durch eine Entscheidung in schutzwürdige Interessen einzelner Gesellschafter eingegriffen wird. Bestehen derartige Rücksichtnahmepflichten, ist zu klären, wann im Hinblick auf die Interessen anderer eine Einwirkung zu unterlassen ist bzw. nur modifiziert oder gegen Nachteilsausgleich vorgenommen werden darf. Mitgliedschaftliche Treuepflichten und mehrheits- bzw. vertrauensbezogene Rücksichtnahmepflichten können im Einzelfall auch konfligieren. In diesem Fall ist vom

294

Kapitel II:

Grundlegung

der

Treuepflichthaftung

V e r p f l i c h t e t e n eine A b w ä g u n g z w i s c h e n i h n e n v o r z u n e h m e n . D e m e n t s p r e c h e n d darf eine M a ß n a h m e n i c h t g e t r o f f e n b z w . ein B e s c h l u s s n i c h t gefasst w e r d e n , w e n n z w a r die I n t e r e s s e n der G e s e l l s c h a f t d a d u r c h g e f ö r d e r t , die I n t e r e s s e n der M i t g e sellschafter j e d o c h in u n v e r h ä l t n i s m ä ß i g e r A r t u n d W e i s e b e e i n t r ä c h t i g t w e r d e n . A u f der G r u n d l a g e einer s o l c h e n D i f f e r e n z i e r u n g lassen sich aber a u c h die g e s e t z l i c h e n A b f i n d u n g s - u n d A u s g l e i c h s a n s p r ü c h e l e i c h t e r e i n o r d n e n , e b e n s o w i e das V e r h ä l t n i s der T r e u e p f l i c h t g e g e n ü b e r d e m G r u n d s a t z der G l e i c h b e h a n d l u n g 9 4 8 besser verständlich wird949.

9 4 8 Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist als allgemeiner Grundsatz des Gesellschaftsrechts anerkannt ( B G H v. 6.10.1960 = B G H Z 33, 175, 186; B G H v. 11.11.1965 = B G H Z 44, 245,256; Hueck, Der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung S. 35 ff, 44 ff.; Hüffer, § 53 a Rn. 1; Zöllner, Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden (1963) S. 301 ff.; zur GmbH Raiser, in Hachenburg § 14 Rn. 67 ff.; zur O H G Ulmer, in G K H G B § 105 Rn. 252 ff.) und seit 1978 auch im Gesetz verankert (vgl. § 53a AktG, beruhend auf der 2. EG-Richtlinie zum Gesellschaftsrechts [vgl. § 42 der EG-Kapitalschutzrichtlinie]); die dogmatische Einordnung des Gleichbehandlungsgebots ist bislang aber umstritten; nach teilweiser Ansicht hat man es mit einem überpositiven, unmittelbar aus der Gerechtigkeitsidee entwickelten Grundsatz zu tun hat (so bereits Raiser, Z H R 111 (1948), 75, 81 ff, 83 f.; ähnlich Hueck, Der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung im Privatrecht S. 128 ff.); nach teilweiser Auffassung wird der Geltungsgrund aber auch im Willen der Beteiligten bzw. im Gemeinschaftsverhältnis gesehen (vgl. zum Ganzen auch Ulmer, in MK, 3. Aufl. § 705 Rn. 199 ff.); insbesondere ist aber auch die Frage umstritten, ob hierin ein eigenständiges Rechtsinstitut oder ein Bestandteil der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht zu erblicken ist; überwiegend wird vertreten, dass beide den gleichen Ursprung haben und funktional vergleichbar sind ( B a u m b a c h / Hueck, §13 Rn. 35; Ulmer, in G K H G B §105 Rn.253; G. Hueck, Der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung S. 107 ff.; 112 f, 171; Hüffer, in FS Steindorff S. 59, 72; M. Winter, Mitgliedschaftliche Treubindungen (1988), S. 82 m.w.N.). 9 4 9 Nach dem Gleichbehandlungsgebot ist der Gesellschaft eine willkürliche, durch Gesellschaftsinteressen sachlich nicht gerechtfertigte oder unverhältnismäßige Differenzierung zwischen den Gesellschaftern verboten ( B G H v. 6.10.1960 = B G H Z 33, 186; B G H v. 13.3.1978 = B G H Z 71, 40 m. Anm. Lutter, Z G R 1979,401; O L G Frankfurt v. 21.1.1986 = WM 1986,1144, 1149; O L G Köln Urt. v. 20.9.01 = BB 2001, 2603; Lutter/Hommelhoff, 15. Aufl. § 14 Rn. 30; U. H. Schneider, in Scholz § 43 Rn. 18 ff. m.w.N.). Probleme bereitet es nach oben Gesagtem daher auch, will man aufbauend auf der mitgliedschaftlichen Treuepflicht einem Mehrheitsgesellschafter weitergehende Pflichten auferlegen als einem Minderheitsgesellschafter. Versucht man indes den Ursprung mehrheitsbezogener Pflichten nicht mehr unmittelbar in der Mitgliedschaft zu suchen, sondern in einem allgemeinen Prinzip, nach dem Macht Verantwortung begründet, werden unmittelbar aus der Mitgliedschaft sich ergebende Pflichten, aber auch Abwehrbefugnisse, nicht mehr mit Widersprüchen belastet.

Kapitel III:

Treuepflichten im Konzern und ihre Haftungskonsequenzen § 8: Treuepflichten im Konzern Treuepflichten haben nicht zuletzt im Konzernrecht besondere Bedeutung erlangt. Dies v e r w u n d e r t nicht, denkt man an die vielfältigen Einflussmöglichkeiten einer Muttergesellschaft gegenüber einer v o n ihr abhängigen Gesellschaft 1 . Bereits der /TT-Entscheidung aus dem Jahre 1975 2 , mit der die Treuepflichthaftung im Kapitalgesellschaftsrecht etabliert wurde 3 , lag ein Konzernsachverhalt zugrunde 4 . Da die Grundlagen im Vorstehenden ausführlich behandelt wurden, wird im Folgenden nur noch auf einige Besonderheiten im Rahmen v o n Konzernbeziehungen eingegangen. H i e r f ü r soll zunächst der Frage nachgegangen werden, inwieweit gegenüber dem K o n z e r n als solchem Treuepflichten bestehen können.

I. Treuepflichten gegenüber dem

Konzernverbund

Die Annahme, die Mitglieder eines K o n z e r n s hätten bereits aufgrund ihrer K o n zernzugehörigkeit Treuepflichten gegenüber dem K o n z e r n v e r b u n d , lässt sich indes selbst mit der sogenannten klassischen Einheitstheorie nicht begründen. A u c h die Vertreter dieses theoretischen Ansatzes 5 hatten den K o n z e r n nicht zum eigenen Rechtssubjekt erhoben, wenngleich dies teilweise in der Literatur so verstan1 BGH v. 10.2.1977 = GmbHR 1977, 129; BGH v. 23.9.1985= NJW 1986, 584; BGH v. 12.6.1989 = WM 1989, 1335; BGH v. 5.12.1983 = BGHZ 89, 162 (Heumann/Ogilvy) und dazu Wiedemann/Hirte, ZGR 1986, 163 ff. 2 BGH v. 5.6.1975 = BGHZ 65, 15 = NJW 1976, 191 m. Anm. Ulmer. 3 Der BGH machte hier das Bestehen einer Rückzahlungspflicht der beklagten Mehrheitsgesellschafterin hinsichtlich einer empfangenen verdeckten Gewinnausschüttung von der Frage abhängig, ob sie ihre gegenüber dem klagenden Gesellschafter bestehende Rechtspflicht zur Rücksichtnahme verletzt habe. Diese Rücksichtnahmepflicht wurde auf eine besondere gesellschaftsrechtliche Treuepflicht begründet, die einer schädigenden Einflussnahme des herrschenden Unternehmens Grenzen setzt. 4 Zuvor vertrat man in der Rechtsprechung die Auffassung, durch Weisungen an den Geschäftsführer könnten die Gesellschafter nur unter den Voraussetzungen des § 826 BGB schadensersatzpflichtig werden (vgl. etwa BGH v. 14.12.1959 =BGHZ 31, 258, 278), da allein aufgrund der Tatsache, dass jemand eine juristische Person beherrsche, er nicht für deren Verbindlichkeiten haftbar gemacht werden könne (BGH v. 4.7.1961 =WM 1961, 1103, 1104 unter Bezugnahme auf BGH v. 29.11.1956 = BGHZ 22, 226, 233). 5 Vgl. insbesondere Isay, Das Recht am Unternehmen (1910); Kronstein, Die abhängige juristische Person (1931).

296

Kapitel

III:

Treuepflichten

im Konzern

und ihre

Haftungskonsequenzen

den und dargestellt wurde6. Aber selbst wenn die klassische Einheitstheorie einen solchen Inhalt gehabt hätte und der Konzern von ihr als eigenständiges Rechtssubjekt verstanden worden wäre, wird dies heute, da mit dem geltenden Recht nicht vereinbar, nirgends mehr vertreten. Dies gilt auch dann, wenn die Tochtergesellschaft nur einen unselbständigen operativen Geschäftsbereich führt7. Tritt der Konzern seinen Geschäftspartnern als Einheit gegenüber, so ist es eine Frage der Rechtsgeschäftslehre, ob sich hieraus u.U. eine Bindung aller am Unternehmensverbund beteiligten Gesellschaften ergibt8. Anzutreffen ist allerdings durchaus die Ansicht, das Verhältnis von „Einheit und Vielheit" im Konzern müsse in Bezug auf die rechtliche und soziale Handlungsfähigkeit des Gesamtverbandes neu durchdacht werden9. So versteht insbesondere Teubner den Konzern als „polykorporatives Netzwerk" 10 . Nach ihm wird das Hierarchiedenken, welches die Organisationsmacht allein in der Konzernspitze lokalisiere, den wesentlichen Charakteristika des Konzerns nicht gerecht. Vor dem Hintergrund eines Verständnisses des Rechts als autopoietischem System11 geht Teubner davon aus, dass das Netzwerk als Koordination autonomer Aktionszentren die Vorstellung über den Konzern bestimmen solle 12 . Danach stellt der Konzern ein Rechtsubjekt eigener Art dar, wenngleich sich dieses Rechtssubjekt von den traditionellen Rechtssubjekten signifikant unterscheide13. Es stelle sich die paradoxe Aufgabe, das Netzwerk als Rechtssubjekt zu qualifizieren, ohne es zugleich als Rechtsperson zu begreifen14. Eine Zurechnung von Handlungen und Rechtspositionen wird daher auch nicht einfach gegenüber dem 6 Vgl. etwa Bork, Z G R 1994, 237, 243; Ehricke, Z G R 1996, 300, 307; dagegen Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt (1996); ausführlich auch Jaschinski, D i e Haftung von Schwestergesellschaften (1997), S. 29 ff m.w.N. 7 In der Literatur wird teilweise zwischen Stammhauskonzernen, Industrieholding-Konzernen und Finanzholding-Konzernen unterschieden (Hucke/Schröder, D B 1998, 2205, 2206); während sich bei einem Industrieholding-Konzern die Leitung auf die Ergebniskontrolle bei den Tochtergesellschaften sowie auf eine Überwachung strategischer Unternehmensentscheidungen bei diesen Unternehmen, wie etwa die Koordination des Auftretens am Kapitalmarkt, beschränkt bzw. sich auf die Benennung der Führungskräfte der Tochtergesellschaft bezieht (vgl. im einzelnen Hucke/Schröder, D B 1998, 2205, 2207) und bei einem reinen FinanzholdingK o n z e r n gar auf die reine Finanzierung und spätere Ergebniskontrolle der Tochtergesellschaft reduziert ist, nimmt bei einem Stammhauskonzern die Leitungsgesellschaft des Konzerns gleichzeitig auch die operativen Geschäfte wahr. Die Tochtergesellschaft betreibt meist nur einen unselbständigen operativen Geschäftsbereich oder übernimmt aus steuerrechtlichen Gründen einzelne Unternehmensfunktionen. I.d.R. wird hier durch einen Ergebnisabführungsvertrag auch eine direkte Zurechnung des Handelns einzelner Konzerngesellschaften auf das G e samtergebnis des Konzerns ermöglicht. 8 Vgl. hierzu noch später. 9 Teubner, KritV 1987, 61, 77. 1 0 Von einem polykooperativen Unternehmen als vom Konzernrecht begründeter neuer Rechtform spricht auch Bälz, in FS für Raiser S. 287, 320 ff. 11 Vgl. Teubner/ Sugarman, Recht als autopoietisches System (1989). 12 Teubner, Z G R 1 9 9 1 , 1 8 9 , 203; ders., in Sugarman/Teubner, Regulation Corporate Groups in Europe S. 67, 88. 13 Teubner, Z G R 1991, 189, 204. 14 Teubner, Z G R 1 9 9 1 , 1 8 9 , 2 0 3 .

$ 8: Treuepflichten

im Konzern

297

Konzern als solchem vorgenommen. Vielmehr unterscheidet Teubner drei Zurechnungsebenen: die einzelnen Konzernunternehmen, die Konzernspitze sowie das Netzwerk selbst15. Unter Letzterem versteht er indes nicht die Summe der Konzernmitglieder, sondern vielmehr die Interorganisationsbeziehungen zwischen den einzelnen Konzerneinheiten 16 . Anders als die (so verstandene) Einheitstheorie knüpft Teubner Rechtsfolgen somit nicht an den Konzernverbund an, sondern an eine Handlungsverflechtung für einzelne Handlungssektoren. Diese Handlungsverflechtungen dürften haftungsrechtlich nicht für irrelevant erklärt werden, sondern müssten zu einem „sektoralen Konzerndurchgriff" führen 17 . Diese Überlegungen haben auch für die Frage nach dem Bestehen von Treuepflichten im Konzernverbund Bedeutung. Nach Auffassung Teubners trifft die Vorstellung der Konzernspitze als Organ oder als Mitglied der Tochtergesellschaft zur Begründung einer Haftung nicht deren konzernspezifische Rolle 18 . Nach seiner Meinung sollten das Ausmaß der Treuepflichten im Konzern selbst als auch die Kriterien für eine Durchgriffshaftung in den einzelnen Merkmalen des Konzernverbundes identifiziert werden, und nicht aus dem Mitgliedschaftsstatus der Muttergesellschaft im Verband der Tochtergesellschaft mühselig abgeleitet werden. Daher seien die Treuepflichten unmittelbar als Pendant konzernrechtlicher Leitungsmacht zu entwickeln, die von vornherein auf die Besonderheiten der rechtlichen Organisation Konzern zugeschnitten seien19. Die konzernrechtliche Leitungsmacht ist, wie bereits ausgeführt wurde, in der Tat ein Ansatz, Treuepflichten in Form von mehrheitsbezogenen Rücksichtnahmepflichten zwischen den Konzernmitgliedern zu begründen. Diese berechtigen aber nicht einen Haftungsdurchgriff auf den Konzernverbund selbst, wie Teubner ihn anstrebt, auch wenn es sich hierbei nur um den Fall eines „sektoralen Haftungsdurchgriffs" im oben beschriebenen Sinne handeln soll, sondern nur eine Haftung des „Machtinhabers" aufgrund seiner machtbezogenen Einflussnahme. Die Konstruktion eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter zur Begründung von weiteren (mitgliedschaftlichen) Treuepflichten zwischen den Konzernmitgliedern ist auch keineswegs, wie Teubner meint, „abenteuerlich"20, sondern der Anker, der davor schützt, Haftungsansprüche ohne ausreichende dogmatische Grundlage zu begründen und so in ein „Fahrwasser der freien Rechtsfindung" außerhalb jedes Subsumtionszusammenhangs abzugleiten21. Eine „Vielfachzurechnung" damit zu rechtfertigen, dass, bezogen auf einen bestimmten Handlungssektor im KonzernNetzwerk, eine Handlungsverflechtung besteht, ist keine ausreichende dogmatische Grundlage für einen Haftungsdurchgriff. Ebenso wenig können auf einen HandTeubner, Z G R 1991, 189, 204 f. Teubner, in FS Steindorff S. 261, 275. 17 Teubner, Z G R 1991, 189, 210 f. 18 Teubner, Z G R 1991, 189, 208. 19 Teubner, Z G R 1991, 189, 209. 20 So Teubner, Z G R 1991, 189,209. 21 Gegen die Theorie Teubners im Zusammenhang mit der ähnlich begründeten Netzwerkhaftung im Bereich des Franchising daher auch Martinek, in Staudinger § 6 7 5 A 167; ders., in RabelsZ 57 (1993) S. 577, 583; ders., Moderne Vertragstypen, Bd. III S. 378, 382. 15 16

298

Kapitel III:

Treuepflichten im Konzern und ihre

Haftungskonsequenzen

lungszusammenhang Treuepflichten gestützt werden. Auch in einem Verbund sind Treuepflichten keineswegs, wie Teubner

meint, „selbstverständlich" 2 2 . Etwas ande-

res gilt nur, wenn sich mehrere Konzernmitglieder zur Verwirklichung eines Projekts oder, allgemeiner, einer gemeinsamen Aufgabe zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammengeschlossen haben. Hier bestehen zwischen diesen K o n zernmitgliedern natürlich auch gesellschaftsrechtliche Treuepflichten. N a c h Teubners

Auffassung muss die Theorie eines Konzerns zur Verfügung ge-

stellt werden, der die Fehler eines pauschalen Einheitsdenkens ebenso vermeidet wie das Denken im Bild der „abhängigen Gesellschaft". E r ist der Ansicht, dass die eingriffsbezogene Konzernhaftung auf der Grundlage der § § 3 1 1 ff. A k t G bzw. die Haftung aufgrund einer Treuepflichtverletzung keinen wirksamen

Gläubiger-

schutz liefern könne 2 3 . Dabei ignoriert er allerdings weitgehend, dass das Bild eines Konzerns, das von der Vorstellung der Abhängigkeit einer Gesellschaft von einer anderen bestimmt wird, dasjenige unseres Gesetzes ist. Von dieser Vorstellung kann man sich nicht einfach lösen und ohne Anbindung an das Gesetz ein eigenes Haftungssubjekt schaffen. D e r Konzernverbund (oder Teile desselben) wird auch durch Handlungsverflechtungen noch nicht zu einem Rechtssubjekt. Richtig ist sicher, dass der K o n z e r n als hochdifferenziertes Rechtsgebilde etabliert ist und sich hieran auch Rechtsfolgen knüpfen 2 4 . Wenn Teubner

aber verlangt, dass ein

solches Gebilde auch vom Recht als eigenständiges Haftungssubjekt anerkannt wird 2 5 , so kann dies nur als Forderung de lege ferenda

angesehen werden, die im

geltenden Recht indes keine Grundlage findet. Eine Treuepflicht gegenüber dem K o n z e r n als solchem kann auch nicht damit begründet werden, man habe es hier regelmäßig mit Gesellschaften bürgerlichen Rechts zu tun. Vereinzelte Stimmen, die einen solchen Ansatz vertreten haben 2 6 , sind zu R e c h t auf Kritik gestoßen 2 7 . Bei einem faktischen K o n z e r n fehlt es, von den oben beschriebenen Ausnahmen abgesehen, bereits an einer vertraglichen Grundlage zur gemeinsamen Zweckverfolgung, so dass hier eine Einordnung als B G B - G e s e l l s c h a f t schon deshalb ausscheidet 2 8 . D i e Befolgung der Weisungen der herrschenden Gesellschaft durch die abhängige beruht auf deren durch ihre Teubner, ZGR 1991, 189, 209. Teubner, ZGR 1991, 189, 210 f. 24 Teubner, in FS Steindorff S. 261, 276. 25 Teubner, in FS Steindorff S. 261, 276. 26 So vor allem Harms, Konzerne im Recht der Wettbewerbsbeschränkungen (1968) S. 154; ihm folgend Birlenbach, Die Begriffe des herrschenden und abhängigen Unternehmens im Recht des Unterordnungskonzerns im Aktiengesetz (1973), S. 33; Werner, JuS 1977, 141, 142; vgl. auch Schilling, in GK, 2. Aufl. § 256 Anm. 4. 27 Eingehend Rehbinder, Konzernaußenrecht und allgemeines Privatrecht (1969), S. 76 ff.; ebenso Emmerich, ZHR 132 (1969), 370, 371; Reuter, ZHR 146 (1982), 1, 10 f.; Lutter, in FS Stimpel S. 825, 829; H. P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaften (1970), S. 182 ff.; Wilhelm, Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person (1981), S. 220. 28 A.A. Harms, Konzerne im Recht der Wettbewerbsbeschränkungen (1968); vgl. auch Wilhelm, Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person (1981), S.221 ff.; dagegen Reuter, ZHR 146 (1982), 1,9 f. 22

23

299

§ 8: Treuepflichten im Konzern

Stimmrechtsmacht begründeter Einflussnahmemöglichkeit und kann nicht als konkludente Annahme einer auf den Abschluss eines Gesellschaftsvertrages gerichteten Willenserklärung ausgelegt werden 2 9 . Selbst bei einem auf vertraglicher Basis beruhenden Unterordnungskonzern muss die Annahme einer B G B - Gesellschaft trotz der „an sich denkbaren Förderung eines gemeinsamen Z w e c k s " 3 0 ausscheiden, da diese ein Mindestmaß an Gleichberechtigung und Gleichbehandlung der Vertragsparteien fordert 3 1 . Zwar meint Wilhelm?2,

bei einem faktischen K o n -

zern bestehe nur eine tatsächliche, mangels Bestehens eines Beherrschungsvertrages indes keine rechtliche Abhängigkeit, woraus er den Schluss zieht, es wäre hier durchaus R a u m für die Annahme einer B G B - Gesellschaft. D e n gemeinsamen Zweck des Zusammenschlusses sieht er in der Koordinierung der Unternehmensführung zur Förderung der Gewinnerzielung je der einzelnen Unternehmen im Rahmen der Gesamtgewinnerzielung im Unternehmensverbund 3 3 . Indes kann die Tatsache, dass auf der einen Seite die herrschende Gesellschaft aufgrund ihrer Mitgliedschaft verpflichtet ist, den Z w e c k der abhängigen Gesellschaft zu fördern und dies folglich auch bei der Verfolgung ihres eigenen Zwecks berücksichtigen muss, während auf der anderen Seite die abhängige Gesellschaft verpflichtet ist, die Interessen ihrer Mitglieder zu wahren, soweit dies nicht der Verfolgung des eigenen G e sellschaftszwecks entgegensteht, noch keinen gemeinsamen Z w e c k i.S.d. § 705 B G B begründen. Allein der Umstand, dass aus der Mitgliedschaft gegenseitige Treuepflichten zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern abzuleiten sind, begründet keinen Gesellschaftsvertrag zwischen diesen 3 4 .

II. Treuepflichten im

Vertragskonzern

1) Treuepflichten bei Abschluss eines Beherrschungsvertrages Im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages ist die Frage aufgeworfen worden, ob der Treuepflicht u.U. eine Pflicht der Gesellschafter zur Zustimmung zu einem solchen Vertragsschluss entnommen werden kann 3 5 . Zwar kann sich auf die mitgliedschaftliche Treuepflicht eines Gesellschafters u.U. auch eine positive Stimmpflicht gründen 3 6 . Erkennt man Anders Harms, Konzerne im Recht der Wettbewerbsbeschränkungen (1968), S. 148. Geßler, in Geßler/Hefermehl AktG § 18 Rn. 37. 31 Balz, in FS Raiser S. 287, 323; Rehbinder, Konzernaußenrecht und allgemeines Privatrecht (1969), S. 78; Huber, ZHR 131 (1968), 193,206; Lutter, in FS Stimpel S. 825, 829; zweifelnd insoweit D. Schmidt, ZGR 1982, 276, 287; gegen eine Qualifizierung als BGB - Gesellschaft auch Jaschinski, Die Haftung von Schwestergesellschaften (1997), S. 68 ff.; Koppensteiner, in KK § 18 Rn. 7; Paehler, Die Zulässigkeit des faktischen Konzerns (1972), S. 11 f. 32 Wilhelm, Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person (1981), S. 221 ff. 33 Wilhelm, Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person (1981), S. 224. 34 Vgl. nur Ulmer, in MK § 705 Rn. 1, 15 ff. 35 Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 434; Emmerich, in Scholz, 9. Aufl. Anhang Konzernrecht Rn. 166. 36 Vgl. oben S. 281. 29 30

300

Kapitel III:

Treuepflichten im Konzern und ihre

Haftungskonsequenzen

aber, dass diese Pflicht auf der Verpflichtung aufbaut, den Zweck der Gesellschaft zu fördern, wird deutlich, dass sich hieraus keine Pflicht zur Zweckänderung ableiten lässt 3 7 . Ist auf der Grundlage des bestehenden Zwecks eine Bestandserhaltung nicht möglich, wollen aber nicht alle bzw. will, im Fall eines Beherrschungsvertrages, nicht eine qualifizierte Mehrheit der Gesellschafter der Zweckänderung zustimmen, ist die Gesellschaft aufzulösen 3 8 .

2) Treuepflichten bei Bestehen und nach Beendigung bzw. Gewinnabführungsvertrages

eines

Beherrschungs-

N a c h Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages darf das herrschende Unternehmen der abhängigen Gesellschaft nachteilige 3 9 Weisungen erteilen. Die Ausrichtung des Zwecks der abhängigen Gesellschaft auf die Förderung der Interessen der Muttergesellschaft lässt das Interesse der abhängigen G e sellschaft an der eigenen Existenz allerdings unverändert, da nur eine bestehende Gesellschaft einen Zweck verfolgen kann 4 0 . Soweit das herrschende Unternehmen Gesellschafterin der abhängigen Gesellschaft ist, hat damit auch sie die Pflicht, den Bestand der Gesellschaft nicht zu gefährden. Hieraus kann sich die Pflicht ableiten, den Unternehmensvertrag weiterzuführen oder die Gesellschaft aufzulösen 4 1 . Allein dass die abhängige Gesellschaft ohne den Unternehmensvertrag sich auf dem Markt schwer tun wird, begründet indes keine Pflicht zur Wiederaufbauhilfe 4 2 . Die Pflicht des herrschenden Unternehmensgesellschafters, das Gewinnstreben der abhängigen Gesellschaft zu fördern, besteht erst wieder nach Beendigung der Unternehmensvertrages, mit dem der ursprüngliche Z w e c k der Gesellschaft von neuem auflebt. Hierauf lässt sich keine Nachschusspflicht im Hinblick auf ein zu Zeiten des Unternehmensvertrages rechtmäßiges Handeln der Muttergesellschaft gründen. D i e mitgliedschaftlichen Förderpflichten des herrschenden G e sellschafters, bezogen auf das Gewinnstreben der abhängigen Gesellschaft, bestehen nach Beendigung des Vertrages nur für die Zukunft und im gleichen Umfang wie für die übrigen Gesellschafter. A b e r auch aus einer den anderen Gesellschaftern gegenüber bestehenden Rücksichtnahmepflicht lässt sich eine Wiederaufbauhilfe nicht herleiten. Aus mehrheitsbezogenen Treuepflichten können grundsätz3 7 Anders für den Fall, dass nur auf diesem Wege die Gesellschaft am Leben erhalten werden kann Emmerich, in Scholz, 9. Aufl. Anhang Konzernrecht Rn. 166, 156, der hier allerdings eine Analogie zu den §§ 304, 305 AktG für unverzichtbar hält. 38 Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob auch auf anderem Wege (etwa durch eine Kapitalherabsetzung wie im Gz'rmes-Fall) eine Bestandserhaltung erreicht werden kann; ist dies der Fall, ergibt sich die Zustimmungspflicht aus der mitgliedschaftlichen Treuepflicht, da Grundlage jeder Zweckförderung eine existente Gesellschaft ist (vgl. bereits oben S. 275); zur Problematik der Weiterführung einer Gesellschaft trotz bestehender Unterkapitalisierung vgl. noch unten S. 450 f. 3 9 Bezogen auf den ursprünglichen Zweck. 4 0 Vgl. bereits oben S. 275. 41 Vgl. bereits oben S. 40. 42 Vgl. oben S. 38.

§ 8: Treuepflichten im Konzern

301

lieh keine Leistungspflichten abgeleitet werden 4 3 . Eine Pflicht zur Rücksichtnahme kann überdies nur hinsichtlich anstehender bzw. geplanter Handlungen bestehen, nicht aber für vormals pflichtgemäß vorgenommene Maßnahmen nachträglich begründen werden.

III. Treuepflichten des herrschenden Gesellschafters im faktischen Konzern A u f der Grundlage des vorstehend Gesagten kann der Auffassung eine klare Absage erteilt werden, die Muttergesellschaft dürfe eine von ihr nur faktisch abhängige Gesellschaft ganz in den Dienst des Konzerns stellen und dabei deren eigene Interessen ignorieren. A u c h in einem faktischen K o n z e r n können die Eigeninteressen der abhängigen Gesellschaften verletzt werden. D e r Z w e c k einer Gesellschaft ändert sich durch die Begründung einer faktischen Abhängigkeit nicht 4 4 . Wenn Ehricke ein Eigeninteresse ablehnt, weil die abhängige Gesellschaft nicht mit einer wirtschaftlich unabhängigen Gesellschaft verglichen werden kann, da die O b e r g e sellschaft „jederzeit die Möglichkeit habe, über das wirtschaftliche Handeln der Untergesellschaft zu disponieren" 4 5 , so missachtet er den Zusammenhang zwischen dem Zweck und dem Eigeninteresse einer Gesellschaft, dem auch ein herrschender Unternehmensgesellschafter verpflichtet ist. A u c h wenn eine Gesellschaft von einem ihrer Gesellschafter wirtschaftlich abhängig ist, darf dieser nicht zum Nachteil der Gesellschaft deren Gewinn schmälern oder ihre Möglichkeiten, zukünftigen Gewinn zu erwirtschaften, behindern. Dies gilt für die mehrgliedrige Gesellschaft ebenso wie für die Einmanngesellschaft, wenn deren Zweck auf die Erzielung von G e w i n n ausgerichtet ist 4 6 . Eine Analogieziehung zu § 308 A k t G verbietet sich im faktischen K o n z e r n , da es hier an der strukturändernden Wirkung eines abgeschlossenen Beherrschungsvertrages fehlt 4 7 . Soll eine Gesellschaft nicht mehr mit Gewinnerzielungsabsicht geführt, sondern in den Dienst des K o n zerns gestellt werden, so ist ein Unternehmensvertrag abzuschließen oder die G e sellschafter müssen sich des Mittels der Satzungsänderung in F o r m der Z w e c k änderung bedienen 4 8 . Vgl. bereits oben S. 183. Zur Frage, inwieweit das Regelungssystem der §§311 ff. AktG zweckändernde Wirkung hat; vgl. bereits oben S. 65; offen lassend allerdings noch Emmerich/Sonnenschein, Konzernrecht, 6. Aufl. § 4a IV 3 b) bb) mit Hinweis auf Überlegungen, die vor allem im Ausland dahingehend angestellt werden (nicht mehr aufgeworfen wurde diese Frage allerdings in 7. Aufl.). 45 Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 419. 46 Vgl. oben S. 244 ff. 47 A.A. Emmerich, in Scholz, 9. Aufl. Anhang Konzernrecht Rn. 104, für den Fall, dass die übrigen Gesellschafter mit der erforderlichen Mehrheit der Konzernierung zugestimmt hätten, da darin auch die Einwilligung in eine Nachteilszufügung liege. 48 Vgl. hierzu bereits oben S. 254 f.; auch zu nur punktuellen Abweichungen vom materiellen Satzungsinhalt und damit auch von der Gewinnerzielungszwecksetzung vgl. bereits oben S. 250 ff.; dass die gänzliche Aufgabe der Gewinnerzielungsabsicht eine Zweckänderung voraus43

44

302

Kapitel

III:

1) Treuepflicht und

Treuepflichten

im Konzern

und ihre

Haftungskonsequenzen

Konzerneingangsschutz

Treuepflichten werden vor allem auch als Mittel der Konzernbildungskontrolle im G m b H - R e c h t diskutiert 4 9 , wohingegen man im Hinblick auf das gesetzliche Regelungskonzept des Aktienrechts weitgehend der Ansicht ist, dieses lasse keinen Raum f ü r einen anders gearteten außergesetzlichen Schutzansatz 5 0 . D e n §§311 ff. A k t G könne entnommen werden, dass die A G grundsätzlich ohne Mitwirkung der Aktionäre in einem Konzern eingebunden werden kann 5 1 . Abgesehen von den in §§20 ff. A k t G , §§15, 21 ff. W p H G vorgesehenen Regelungen bzw. den seit 1.1.2002 geltenden Vorschriften des Wertpapiererwerbs- und Ubernahmegesetzes 52 könnten der Erwerb und die Veräußerung von Aktien keinen besonderen Verhaltens- oder Rücksichtnahmepflichten unterworfen werden 5 3 . Richtig ist sisetzt, erkennt im G r u n d s a t z auch die h.M. an, vgl. etwa Hüffer, A k t G § 23 Rn. 22; Kraft, in K K § 3 R n . 10; Würdinger, A k t i e n R § 10 II 1 b); Zöllner, in K K § 179 Rn. 114; K. Schmidt, G e s R § 4 II 3 a). 49 U n b e s t r i t t e n ist die Sicherung der U n a b h ä n g i g k e i t der G m b H in erster Linie A u f g a b e des Gesellschaftsvertrages (vgl. n u r Emmerich, in Scholz, 9. Aufl., A n h a n g K o n z e r n r e c h t R n . 48 ff. m.w.N.); fehlt es an einer solchen Regelung allerdings, ist m a n aber v o r allem auf die G r u n d s ä t z e der Treuepflicht verwiesen. 50 Timm, N J W 1987,977 ff.; vgl. auch Habersack, in E m m e r i c h / H a b e r s a c k , v o r § 311 Rn. 9 f. m.w.N.; f ü r die B e g r ü n d u n g bzw. Ä n d e r u n g eines Beherrschungsvertrages hat auch der B G H ( B G H v. 15.6.1992 = B G H Z 119, 1, 7) festgestellt, dass die a u ß e n s t e h e n d e n A k t i o n ä r e die Einb i n d u n g in eine K o n z e r n h e r r s c h a f t grundsätzlich h i n n e h m e n müssen. 51 Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 8 III 4 a) m . w . N . 52 Mit d e m I n - K r a f t - T r e t e n des W e r t p a p i e r e r w e r b s - u n d U b e r n a h m e g e s e t z e s (BGBl I 2001, 3822) z u m 1.1.2002 w u r d e in D e u t s c h l a n d erstmals ein verbindlicher R e c h t s r a h m e n f ü r U n t e r n e h m e n s ü b e r n a h m e n geschaffen. D e r hiermit abgelöste U b e r n a h m e k o d e x w a r von vielen U n t e r n e h m e n nicht a n e r k a n n t w o r d e n , u n d Verstöße gegen ihn blieben letztlich sanktionslos. A u s diesem G r u n d erlangte er auch nicht a n n ä h e r n d die B e d e u t u n g , d e n etwa der City Code on Takeover and Mergers in G r o ß b r i t a n n i e n hat (vgl. hierzu noch u n t e n S. 515 f.). Erklärtes Ziel des Gesetzes ist es, R a h m e n b e d i n g u n g e n bei U n t e r n e h m e n s ü b e r n a h m e n u n d anderen ö f f e n t lichen A n g e b o t e n z u m E r w e r b v o n Wertpapieren in D e u t s c h l a n d zu schaffen, die v o n einer A k tiengesellschaft o d e r einer Kommanditgesellschaft auf A k t i e n mit Sitz im Inland ausgegeben w u r d e n , sofern die Wertpapiere z u m H a n d e l an einem organisierten M a r k t zugelassen sind (§§ 1 , 2 1 u n d III W p U G ) . D a m i t soll d e n A n f o r d e r u n g e n der Globalisierung u n d der F i n a n z m ä r k t e angemessen R e c h n u n g getragen w e r d e n , u m h i e r d u r c h d e n W i r t s c h a f t s s t a n d o r t u n d Fin a n z p l a t z D e u t s c h l a n d auch im internationalen W e t t b e w e r b weiter zu stärken (Harbarth, ZIP 2002, 321); freilich dient dieses G e s e t z v o r allem d e m Schutz der A k t i o n ä r e der Zielgesellschaft; die Ü b e r n a h m e an sich u n d die damit regelmäßig einhergehende K o n z e r n i e r u n g soll hierdurch aber w e d e r erschwert n o c h gar ausgeschlossen w e r d e n ; auch das Pflichtangebot gegenüber den a u ß e n s t e h e n d e n A k t i o n ä r e n k n ü p f t an die bereits u n t e r K o n t r o l l e stehende Aktiengesellschaft an u n d soll d e n a u ß e n s t e h e n d e n A k t i o n ä r e n n u r das Ausscheiden aus dieser Gesellschaft ermöglichen (Emmerich/Sonnenschein/Habersack, K o n z e r n r e c h t § 8 III 1). 53 Zu den d u r c h das Gesetz z u r Regelung von öffentlichen A n g e b o t e n z u m E r w e r b v o n Wertpapieren u n d v o n U n t e r n e h m e n s ü b e r n a h m e n e i n g e f ü h r t e n N e u e r u n g e n bezüglich der Mitteilungs- u n d Veröffentlichungspflichten nach §§21, 22 W p H G vgl. etwa Sudmeyer, BB 2002, 685; zu der N e u r e g e l u n g des „directors dealing" (§ 15a W p H G ) nach d e m 4. F i n a n z m a r k t f ö r d e r u n g s g e s e t z vgl. Weiler/Tollkühn, D B 2002,1923 ff. (§ 15a W p H G b e g r ü n d e t erstmals eine gesetzliche Pflicht der Vorstands- u n d Aufsichtsratsmitglieder b ö r s e n n o t i e r t e r Gesellschaften, A n - u n d Verkäufe v o n A k t i e n „ihrer" Gesellschaft o f f e n zu legen. Zusätzlich sind auch Mitglieder v o n G e s c h ä f t s f ü h r u n g s - o d e r A u f s i c h t s o r g a n e n eines M u t t e r u n t e r n e h m e n s des E m i t t e n t e n

5 8: Treuepflichten

im

Konzern

303

eher, dass die Konzernoffenheit des Aktienrechts, das in dem Regelungssystem der §§311 ff. A k t G seinen Ausdruck gefunden hat, nicht durch einen auf Treuepflichten gestützten Präventivschutz ins Gegenteil verkehrt werden darf 5 4 . Der Schutz vor den mit einer Abhängigkeit verbundenen allgemeinen Gefahren, der über die §§311 ff. A k t G zu erreichen ist, schließt allerdings nicht aus, dass auf der G r u n d lage der mitgliedschaftlichen Treuepflicht ein weitergehender Schutz vor besonderen Gefahren begründet werden kann, der u.U. zu einem Wettbewerbsverbot des herrschenden Unternehmens führen kann 5 5 . Hierauf wird z u r ü c k z u k o m m e n sein. Die eigentliche Diskussion um den Konzerneingangsschutz wird dadurch erschwert, dass die Arten, wie eine Gesellschaft in Abhängigkeit geraten kann, vielfältig und die Anforderungen, die an die U b e r p r ü f u n g dieses Vorgangs gestellt werden, unterschiedlich sind. Gerät eine Gesellschaft durch einen Beschluss ihrer Gesellschafter in Abhängigkeit, etwa weil die Gesellschafter der Übertragung vinkulierter Anteile zustimmen bzw. von anderen satzungsmäßigen Vorkehrungen zur Sicherung der Unabhängigkeit befreien oder eine Mehrheitsbeteiligung begründen oder verstärken, indem eine Kapitalerhöhung unter Ausschluss der Bezugsrechte der Mitgesellschafter 5 6 durchgeführt wird, so ist die Frage nach einer Inhaltskontrolle solch abhängigkeitsbegründender Beschlüsse aufgeworfen. N a c h ganz herrschender Ansicht ist ein die Abhängigkeit einer G m b H begründender Beschluss einer Inhaltskontrolle zu unterziehen 5 7 . Auch der B G H hat in seinem grundlegenden Süssen - Urteil 5 8 entschieden, dass die Gesellschafterversammlung einer G m b H Befreiung von einem laut Satzung bestehenden Wettbewerbsverbot der Gesellschafter, durch die die G m b H in die Abhängigkeit gerät, nur erteilen darf, wenn dies im Interesse der Gesellschaft geboten sei. Die hier vom B G H entwickelte Beschlusskontrolle wird auf andere Fälle der Abhängigkeitsbegründung durch Gesellschafterbeschlüsse übertragen 5 9 . verpflichtet, die von ihnen getätigten G e s c h ä f t e in Wertpapieren o f f e n zu legen; nicht geregelt w u r d e v o m Gesetzgeber allerdings die E i n b r i n g u n g der A k t i e n in eine v o n d e m b e t r e f f e n d e n O r g a n m i t g l i e d d o m i n i e r t e Gesellschaft; erstreckt w u r d e die Meldepflicht n u r auf A n g e h ö r i g e u n d V e r w a n d t e 1. G r a d e s [§ 15a Abs. 1 W p H G ] ) . 54 Emmerich/Sonnenschein/Habersack, K o n z e r n r e c h t § 8 III 4 a). 55 Emmerich/Sonnenschein/Habersack, K o n z e r n r e c h t § 8 III 4 a); Zöllner, Z H R 162 (1998), 235, 245. 56 G r u n d l e g e n d B G H v. 13.3.1978 = B G H Z 71, 40 (Kali und Salz)-, B G H v. 19.4.1982 = B G H Z 83, 319 (Holzmann). 57 Emmerich, A G 1991, 303, 305; Emmerich/Sonnenschein/Habersack, K o n z e r n r e c h t § 8 II 3 m . w . N ; eine Inhaltskontrolle ist danach auch dann d u r c h z u f ü h r e n , w e n n der Gesellschafter, der die M e h r h e i t e r w e r b e n möchte, v o m Stimmrecht ausgeschlossen ist u n d der M e h r h e i t s b e schluss u n t e r M i t w i r k u n g allein der übrigen Gesellschafter gefasst wird ( B G H v. 16.2.1981 = B G H Z 80, 69, 75; Lutter/Hommelhoff, 15. Aufl. A n h . § 1 3 Rn. 15; Ulmer, in H a c h e n b u r g , A n h . 77 Rn. 60; Habersack, in E m m e r i c h / H a b e r s a c k , A n h . § 318 Rn. 12 m.w.N.; a.A. allerdings Altmeppen in R o t h / A l t m e p p e n , A n h . 13 Rn. 120 f.; skeptisch auch Zöllner, in B a u m b a c h / H u e c k , Schlussanhang I Rn. 69). 58 B G H v. 16.2.1981 = B G H Z 80, 69 = N J W 1981, 1512. 59 Jansen, K o n z e r n b i l d u n g s k o n t r o l l e im faktischen G m b H - K o n z e r n (1993), S. 161 ff. m.w.N.; d e m e n t s p r e c h e n d ist aber auch der Beschluss ü b e r den Ausschluss eines Bezugsrechts dann sachlich gerechtfertigt, w e n n dies z u r E r h a l t u n g der Selbständigkeit der Gesellschaft u n d

304

Kapitel III:

Treuepflichten

im Konzern

und ihre

Haftungskonsequenzen

Als dogmatische Grundlage und Maßstab der Inhaltskontrolle wird die mitgliedschaftliche Treuepflicht der Gesellschafter angesehen 60 . In Einzelfragen besteht allerdings nach wie vor Unsicherheit 61 . Auch diese Unsicherheiten lassen sich vermindern, wenn man, anknüpfend an der oben hergeleiteten Zweiteilung, zwischen mitgliedschaftlichen Treuepflichten und mehrheitsbezogenen bzw. vertrauensbezogenen Rücksichtnahmepflichten unterscheidet und insbesondere die Grundlage dieser Pflichten nicht aus den Augen verliert. Beschlüsse, die den Zweck der Gesellschaft nicht verändern sollen, dürfen grundsätzlich dem Interesse der Gesellschaft nicht zuwiderlaufen. Tun sie es doch, verstoßen die Gesellschafter mit einer solchen Beschlussfassung gegen ihre mitgliedschaftliche Treuepflicht 6 2 . Bestehen aufgrund besonderer Vertrauensbeziehungen zwischen den Gesellschaftern oder eines besonderen Machtpotentials einzelner besondere Rücksichtnahmepflichten gegenüber Minderheitsgesellschaftern, ist bei der Beschlussfassung zudem eine Abwägung mit deren Interessen vorzunehmen, die auch im Interesse der Gesellschaft nicht außer Verhältnis beeinträchtigt werden dürfen 6 3 . Mit den Mitteln der sachlichen Beschlusskontrolle können freilich nicht ohne weiteres die Fälle erfasst werden, in denen die Abhängigkeit nicht auf einem Beschluss der Gesellschafterversammlung beruht. So kann eine Abhängigkeit auch darauf zurückzuführen sein, dass ein Mehrheitsgesellschafter seine Anteile an ein konkurrierendes Unternehmen veräußert hat 64 oder selbst eine unternehmerische Tätigkeit beginnt. Während im Hinblick auf die „Konzernoffenheit" der A G ganz überwiegend vertreten wird, die außenstehenden Aktionäre müssten die Begründung eines Abhängigkeitsverhältnisses 65 hinnehmen, ist es im GmbH-Recht durchaus umstritten, ob aus der Treuepflicht das Gebot abzuleiten ist - jedenfalls zur Abwehr von Fremdeinflüssen notwendig ist ( E m m e r i c h / S o n n e n s c h e i n / H a b e r s a c k , K o n zernrecht § 8 III 4 b) m.w.N.); für die abhängigkeitsbegründende Verschmelzung Lutter, U m w G , 2. Aufl. § 13 Rn. 38. 60 Binnewies, Konzerneingangskontrolle (1996), S. 224 ff.; Emmerich/Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht § 8 II 3; Grauer, Konzernbildungskontrolle (1991), S. 76, 82 ff.; Liebscher, Konzernbildungskontrolle (1995), S. 281 ff. 6 1 Streitig ist etwa, inwieweit es auf die Realstruktur der Gesellschaft ankommt bzw., ob die Inhaltskontrolle bei Satzungsänderungen ebenso zu erfolgen hat wie bei einfachen abhängigkeitsbegründenden Gesellschafterbeschlüssen (hierfür etwa Emmerichi/Sonnenschein!Habersack, Konzernrecht § 8 II 3; enger Koppensteiner, in Rowedder, 4. Aufl. Anh. 52 Rn. 37 - Inhaltskontrolle von satzungsändernden Beschlüssen nur in Missbrauchs- oder Umgehungsfällen). 6 2 Vgl. zum G a n z e n auch schon oben S. 277 ff. 6 3 Vgl. bereits oben S. 287 ff.; ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz begründet als Verstoß gegen eine gesetzliche Generalklausel (vgl. nur Hiiffer, A k t G § 53 a Rn. 4) bereits einen Anfechtungsgrund gemäß § 243 A b s . 1 A k t G . Hierfür bedarf es nicht einer Berufung besonderer Treuepflichten aller Gesellschafter untereinander (auch zum Gleichbehandlungsgrundsatz vgl. bereits oben S. 294). 6 4 Hier hilft auch der Hinweis von Jansen, Konzernbildungskontrolle im faktischen G m b H - K o n z e r n (1993), S. 194 f. nicht weiter, dass eine Minderheit, die über 1 0 % der G e schäftsanteile verfügt, die getroffene oder geplante Maßnahme z u m Gegenstand eines Gesellschafterbeschlusses machen kann (§ 50 Abs. 2 G m b H G ) . 6 5 Vgl. hierzu bereits oben S. 73 ff.

§ 8: Treuepflichten im Konzern

305

bei der personalistischen G m b H - alle zur Abhängigkeit einer Gesellschaft führenden Maßnahmen von der Zustimmung zumindest einer qualifizierten Mehrheit der Gesellschafter abhängig zu machen 6 6 . Zwar wird bei Fehlen entsprechender Satzungsbestimmungen von einer starken Meinung in der Literatur auch hier das Konzept einer präventiven Konzernbildungskontrolle aufgegeben und auf die Möglichkeiten einer verschärften Überwachung der Geschäftsführung durch die Gesellschafter verwiesen 6 7 . Teilweise wird aber auch die vor allem für die abhängige Personengesellschaft aufgestellte These 6 8 , eine faktische Konzernierung und die Beachtung des Gesellschaftsinteresses der abhängigen Gesellschaft schlössen sich per se aus, auf die abhängige G m b H übertragen. N a c h diesem Ansatz führt daher auch die Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung zu einer Uberlagerung des Gesellschaftsinteresses und so zu einem Verstoß gegen die Treuepflicht. Zulässig sei eine faktische Konzernierung damit nur, wenn alle Gesellschafter der Einbeziehung in den K o n z e r n zugestimmt hätten oder diese zumindest dulden würden 6 9 . Verschiedentlich ist man auch der Ansicht, ein entsprechender Zustimmungsbeschluss müsse den Anforderungen an eine Satzungsänderung genügen 7 0 und unterläge einer materiellen Beschlusskontrolle 7 1 . Teilweise hält man auch bereits die Abhängigkeitsbegründung für eine derart strukturverändernde Maßnahme, dass aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht für alle zur Abhängigkeit der G m b H von einem Unternehmensgesellschafter führenden Maßnahmen die Zustimmung einer qualifizierten Mehrheit der Gesellschafter verlangt wird 7 2 . Plädiert wird teilweise aber auch für eine Pflicht des Gesellschafters einer personalistischen Gesell66 Betrachtet werden auch hier nur die Risiken für die abhängige Gesellschaft; zu den auf der Ebene des künftig herrschenden Unternehmens sich stellenden Fragen vgl. etwa Emmerich/ Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht § 7,1 2; § 9. 67 Altmeppen, in Roth/Altmeppen Anh. §13 Rn. 130 ff.; Zeidler, in Michalski, GmbHG, Syst. Darst. 4 Rn. 206 f. jeweils m.w.N. 68 Reuter, ZHR 146 (1982), 1, 10; Ulmer, in ZHR Beiheft 62, S.26, 33, 50, 53. 69 Zöllner, in Baumbach/Hueck Schlussanh. I Rn. 57; für Einstimmigkeit des Zustimmungsbeschlusses auch Sonntag, Konzernbildung S. 103. 70 Grauer, Konzernbildungskontrolle (1991), S. 126; Wiedemann, Die Unternehmensgruppe im Privatrecht (1988), S. 64; für das Zustimmungserfordernis einer qualifizierten Mehrheit der Gesellschaft zur Zeit der Abhängigkeitsbegründung und erneut bei Konzernierung Emmerich, in Scholz Anhang Konzernrecht Rn. 57ff., Emmerich, AG 1991, 303 71 Grauer, Konzernbildungskontrolle (1991), S. 127; Liehscher, Konzernbildungskontrolle (1995), S. 287. 72 Wiedemann, Die Unternehmensgruppe im Privatrecht (1988), S. 64 ff.; Emmerich, in Scholz, Anh. Konzernrecht Rn. 57; Kaiser, Kapitalgesellschaftsrecht 3. Aufl. Rn.20; a.A. Koppensteiner, in Rowedder, 4. Aufl. Anh. § 52 Rn. 40 m.w.N.; die Frage, ob ein qualifiziert faktischer Konzern durch einen qualifizierten Mehrheitsbeschluss legitimiert werden kann (dagegen die ganz h.M., ausführlich Grauer, Konzernbildungskontrolle (1991) m.w.N.) oder zumindest durch die Zustimmung aller Gesellschafter (so wohl Emmerich, in Scholz Anh. Konzernrecht Rn. 112), ist eine Frage, die sich nur stellt, wenn an der Rechtsfigur des qualifiziert faktischen Konzerns noch weiter festzuhalten wäre (vgl. hierzu unten S. 345 f.); zum Präventivschutz beim Übergang zum qualifiziert faktischen Konzern vgl. auch OLG Hamm v. 3.11.1986 = (Banning) NJW 1987,1030 (kritisch hierzu allerdings zu Recht die ganz überwiegenden Stellungnahmen in der Literatur vgl. etwa Timm, NJW 1987, 977 ff.; Mertens, AG 1987, 255; Koppensteiner, in KK vor § 311 Rn. 27 m.w.N.); gegen einen konzernrechtlichen Präventivschutz bei Entstehung eines

306

Kapitel

III:

Treuepflichten

im Konzern

und, ihre

Haftungskonsequenzen

schaft, der eine unternehmerische Tätigkeit aufnimmt, in Vorkehrungen einzuwilligen, die eine Ausübung von Leitungsmacht ausschließen73. Indes geht mit der Konzernierung weder eine Änderung des Unternehmensgegenstandes noch eine solche des Gesellschaftszwecks einher 74 . Die Einbindung in einer Unternehmensgruppe kann, wie bereits hervorgehoben wurde, sogar im Interesse einer abhängigen Gesellschaft liegen75. Damit kann mit ihr auch nicht bereits ein Verstoß gegen die mitgliedschaftliche Treuepflicht verknüpft werden 76 . Dies gilt für die GmbH ebenso wie für die AG 7 7 . Aus diesem Grund lässt sich aus der Treuepflicht aber auch kein generelles Zustimmungserfordernis der Gesellschafterversammlung zur Konzernierung herleiten 78 . Bestätigt wird dieses Ergebnis durch das Gesetz selbst, das ein Zustimmungserfordernis der Gesellschafter nur beim Vertragskonzern, nicht aber bei der faktischen Konzernierung bzw. für die Begründung eines faktischen Abhängigkeitsverhältnisses aufgestellt hat 79 Hieran ändert auch der im Anschluss an die Holzmüller-Entscheidung des B G H 8 0 weithin akzeptierte Grundsatz nichts, dass für Strukturmaßnahmen von herausragender Bedeutung es der Zustimmung der Gesellschafter bedarf 81 . Betroffen sind hiervon Entscheidungen, die in besonders starkem Maße in die Mitgliedsrechte der Gesellschafter und deren im Anteilseigentum verkörperte Vermögensinteressen eingreifen 82 . Allein die Konzernierung verletzt unmittelbar aber weder qualifiziert faktischen Aktienkonzerns vgl. auch L G Mannheim v. 17.1.1990 = A G 1991, 29 f. (SEN). 73 Zöllner, in Baumbach/Hueck Schlussanhang I, GmbH-Konzernrecht Rn. 71; ähnlich Lutter/Hommelhoff, 15. Aufl., Anh. 13 Rn. 15, die eine eventuelle Pflicht zur Schaffung statuarischer Sonderrechte für Minderheiten zum Schutz vor den Gefahren der Abhängigkeit bejahen. 74 Emmerich/Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht § 8 III 1 in Fn. 53 m.w.N.; anders Emmerich, A G 1991, 303, 305. 75 Allerdings ist die Außerachtlassung der Interessen der abhängigen Gesellschaft bei einem Unternehmensmehrheitsgesellschafter wahrscheinlicher als bei einem privaten Mehrheitsgesellschafter, weshalb es gerechtfertigt erscheint, diese Erkenntnis in die Beweislastverteilung miteinfließen zu lassen. Zwar kann eine abhängige Gesellschaft auch aufgrund der Bedingungen am Markt Nachteile erleiden und insolvent werden, ohne dass dies auf ein Verschulden der herrschenden Gesellschaft zurückgeführt werden könnte. Jedoch ist eine zu einer Schädigung der abhängigen Gesellschaft führende Einflussnahme der herrschenden Gesellschaft dann zu vermuten, wenn zum Nachteil der abhängigen Gesellschaft ein Geschäft mit der herrschenden Gesellschaft oder einem anderen Konzernunternehmen abgeschlossen wurde, das diesen zum Vorteil gereicht (vgl. hierzu auch bereits oben S. 85 f.). 7 6 Vgl. hierzu oben S. 274 ff. 7 7 Zur faktisch abhängigen A G vgl. bereits oben S. 64 ff. 7 8 A.A. Emmerich, in Scholz, Anhang Konzernrecht Rn. 57, der meint, aufgrund der Treuepflichten müssten die Gesellschafter alles unterlassen, was die Selbständigkeit der Gesellschaft beeinträchtigen könnte; allein die Abhängigkeit von einem anderen Unternehmen beeinträchtigt aber nicht die Interessen der abhängigen Gesellschaft. 7 9 Vgl. für die Ausgliederung im Wege der „partiellen Gesamtrechtsnachfolge aber § 125 S. 1, 13, 65 UmwG. 8 0 B G H v . 25.2.1982 = B G H Z 83, 122. 81 Vgl. hierzu etwa Habersack, in Emmerich/Habersack vor § 311 Rn. 33 ff.; Kindler, Z G R 1997, 449, 452; weitere Nachw. bei Hüffer, AktG § 119 Rn. 17 f. 8 2 Eine solche Entscheidung liegt bei der Veräußerung oder dem Erwerb der Beteiligung an einer anderen Gesellschaft, die einen nicht unerheblichen Teil des Gesellschaftsvermögens der

§ 8: Treuepflichten

im

Konzern

307

die I n t e r e s s e n d e r U n t e r g e s e l l s c h a f t n o c h die R e c h t e b z w . V e r m ö g e n s i n t e r e s s e n d e r G e s e l l s c h a f t e r d e r a b h ä n g i g e n G e s e l l s c h a f t 8 3 . A u c h r e c h t s p o l i t i s c h hält m a n es f ü r v e r f e h l t , eine s o l c h e Z u s t i m m u n g s p f l i c h t z u b e g r ü n d e n 8 4 , z u m a l a u c h a n d e r e L ä n d e r eine solche nicht k e n n e n w ü r d e n 8 5 . International herrscht w o h l weitgeh e n d die A n s i c h t v o r , die K o n z e r n r e c h t s b i l d u n g s k o n t r o l l e i m W e s e n t l i c h e n d e m K a r t e l l r e c h t 8 6 z u ü b e r l a s s e n 8 7 . Z w a r w u r d e d i e s e r W e g d u r c h die E i n f ü h r u n g des W p Ü G in D e u t s c h l a n d f ü r b ö r s e n n o t i e r t e G e s e l l s c h a f t e n n u n t e i l w e i s e v e r l a s sen88. E i n e Zustimmungspflicht der Gesellschafterversammlung der Zielgesellschaft w u r d e hierbei aber gerade nicht begründet89. M i t der ü b e r w i e g e n d e n A u f f a s s u n g 9 0 ist d a h e r d a v o n a u s z u g e h e n , dass die S i c h e r u n g d e r U n a b h ä n g i g k e i t e i n e r

Obergesellschaft tangiert, sicher vor. Die Vermögenssituation der Untergesellschaft wird durch den Beteiligungserwerb unmittelbar aber nicht berührt, ebenso wenig wie die Rechte der Minderheitsgesellschafter. 8 3 Diskutiert wird allerdings, ob die Entscheidung zur Ergreifung von Abwehrmaßnahmen gegen feindliche Ubernahmeangebote eine derartig grundsätzliche Frage ist, dass hierüber die Hauptversammlung entscheiden muss (dafür Dinke/Heiser, N Z G 2001, 241, 249 ff.); dies ist indes ein anderer Problemfall, da durch die Abwehr eines feindlichen Übernahmeangebots verhindert wird, dass die Aktionäre ihre Aktien zu einem deutlich über dem Aktienkurs liegenden Preis veräußern können, womit unmittelbar in ihre Vermögensinteressen eingegriffen wird; für den Bereich des W p Ü G vgl. nun § 33 W p Ü G . 84 Hopt, in Balzarini/Carcano/Mucciarelli (Hrsg.) S. 52; Kindler, Z G R 1997, 449, 452. 8 5 Vgl. die verschiedenen Länderberichte zum Konzernrecht in Balzarini/Carcano/Mucciarelli (Hrsg.): für Belgien: Benoit-Moury, S. 140 f.; 178 ff.; für Frankreich: Guyon, S. 204 ff.; für Großbritannien: Prentice, S. 283 f.; für die Niederlande: Timmermann, S. 336; für Portugal: Engrdcia Antunes, S. 368 ff.; für Spanien: Roja, S. 404 ff., 411 f. sowie für die USA: Blumberg, S. 421 ff. 8 6 Auf das Spannungsverhältnis zwischen § 1 G W B und dem aus der Treuepflicht abgeleiteten Wettbewerbsverbot eines herrschenden Unternehmens weisen auch Altmeppen, in Roth/ Altmeppen Anh. § 13 Rn. 124 und Ulmer, in Hachenburg Anh. § 77 Rn. 64 hin. 87 Kindler, Z G R 1997, 449, 463. 8 8 Die besondere Sachnähe zum Fusionskontrollverfahren zeigt sich bereits durch die Angleichung des Rechtschutzsystems des W p Ü G an das des G W B (vgl. hierzu Schnorbus, Z H R 166 (2002), 72, 76 ff.). 8 9 Allerdings kann die Hauptversammlung den Vorstand ermächtigen, Abwehrmaßnahmen gegen eine Übernahme zu treffen (§ 33 W p Ü G ) . Die Hauptversammlung ist grundsätzlich frei darin, ein Angebot zu verhindern (Hirte, in K K zum W p Ü G § 33 Rn. 46). Eine andere Frage ist es allerdings, ob sich nicht u.U. aufgrund der mitgliedschaftlichen Treuepflicht eines jeden Gesellschafter auch die Annahme eines entsprechenden Angebots verbieten kann (vgl. hierzu sogleich); bestätigt wurde durch den Gesetzgeber jedenfalls, dass Vorstand und Aufsichtsrat einer Zielgesellschaft auch in einer solchen Situation im Interesse ihrer Gesellschaft handeln müssen (§ 3 Abs. 3 W p Ü G ) ; die Treuepflichten werden durch die Neuregelung des W p Ü G nicht gelokkert; das W p Ü G beansprucht nur Rahmenbedingungen für ein faires und transparentes Verfahren zu schaffen, das den unterschiedlichen Interessen der an einem Übernahmeverfahren beteiligten Parteien Rechnung trägt (Regierungsbegründung BT-Drs. 14/7034 S. 28). 90 Altmeppen, in Roth/Altmeppen Anh. § 13 Rn. 117 ff.; Binnewies, Konzerneingangskontrolle (1996), S. 143 ff.; Doralt, Z G R 1991, 252, 261 ff.; Emmerich, in Scholz, 9. Aufl. Anhang Konzernrecht Rn. 48; Grauer, Konzernbildungskontrolle (1991), S. 72 ff.; Koppensteiner, in Rowedder, 4. Aufl. Anh. § 5 2 R n . 3 1 f f . ; Lutter/Hommelhoff, 15. Aufl., Anh. § 1 3 Rn. 14; U. H. Schneider, in Hommelhoff, Entwicklungen im GmbH-Konzernrecht S. 121 ff.; hinter, Treubindungen (1988), S. 239 ff.; Zöllner, in Baumbach/Hueck Schlussanhang I Rn. 68 ff. m.w.N.

308

Kapitel III:

Treuepflichten

im Konzern und ihre

Haftungskonsequenzen

Gesellschaft 9 1 , grundsätzlich Aufgabe des Gesellschaftsvertrages ist 92 und bleiben sollte. Damit ist allerdings noch nicht entschieden, ob einer Anteilsveräußerung an ein anderes bzw., allgemeiner, die Abhängigkeitsbegründung von einem anderen U n ternehmen die mitgliedschaftliche Treuepflicht nicht doch ausnahmsweise entgegenstehen kann. Soweit es um die Frage geht, inwieweit ein Mehrheitsgesellschafter eine unternehmerische, mit dem der abhängigen Gesellschaft konkurrierende Tätigkeit aufnehmen bzw. ausüben darf, ist dies eine Frage nach dem Bestehen eines Wettbewerbsverbots des herrschenden Gesellschafters, der gesondert nachgegangen werden soll 93 . Davon zu unterscheiden ist allerdings die Frage, inwieweit bereits ein Gesellschafter aufgrund seiner mitgliedschaftlichen Treuepflicht daran gehindert sein kann, seinen Anteil an eine konkurrierende Gesellschaft zu verkaufen. Zwar ist teilweise auf die Ansicht zu treffen, dass, soweit es um die Abhängigkeitsbegründung von einem konkurrierenden U n t e r n e h m e n durch Anteilsveräußerung gehe, diese - jedenfalls im Aktienrecht - gänzlich dem Wirkungsbereich der Treuepflichten entzogen sei, da es sich hier um ein Verhalten außerhalb des verbandsrechtlichen Bereichs handle, auf das die Treuepflicht als mitgliedschaftliches Rechtsinstitut keine A n w e n d u n g finden könne 9 4 . Diesem Ansatz ist jedoch entgegenzuhalten, dass die Möglichkeit der Anteilsveräußerung und die hiermit verbundene Einwirkungsmöglichkeit auf die Interessen der Gesellschaft ihren G r u n d gerade in der Stellung des Veräußerers als Gesellschafter hat 95 . Die Gegen-

91 Im Aktienrecht sind insoweit wegen der Satzungsstrenge des § 23 Abs. 5 A k t G allerdings Grenzen gesetzt; hier bleibt zum Schutz vor allem die Möglichkeit der Ausgabe von Namensaktien bzw. für nichtbörsennotierte Gesellschaften die Einführung von Höchststimmrechten (das KonTraG v. 27.4.1998 (BGBl. I S. 786) hat diese Möglichkeit auf nichtbörsennotierte Unternehmen beschränkt, vgl. § 134 Abs. 1 S.2 AktG; außerdem wurde auch die Ausgabe von Mehrstimmrechtsaktien verboten, um die Aktien als Anlagepapiere zu standardisieren vgl. §12 Abs. 2 AktG); zu denkbaren satzungsmäßigen Vorkehrungen vgl. Emmerich/Sonnenschein/ Habersack, Konzernrecht § 8 III 2. 92 Die Möglichkeiten, entsprechende Schutzvorkehrungen in der Satzung zu treffen, sind vielfältig; in erster Linie kommt hier die Vinkulierung der Anteile in Betracht, möglich ist aber auch die Einführung von Höchst- und Mehrfachstimmrechten, Wettbewerbsverboten, Ankaufs- und Vorkaufsrechten der Gesellschafter bzw. Ausschlussrechte gegenüber fremden U n ternehmensgesellschaftern (Emmerich/Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht § 8 II 2; zu den Einzelheiten, auf welche Weise im Gesellschaftsvertrag einer G m b H Vorsorge davor getroffen werden kann, dass die Gesellschaft nicht gegen ihren Willen in die Abhängigkeit eines anderen Unternehmens gerät vgl. Emmerich, in Scholz, 9. Aufl. Anhang Konzernrecht Rn. 49 ff.; möglich ist es natürlich aber auch, hiervon durch einen Gesellschafterbeschluss wieder abzuweichen, sei es, weil die Satzung bereits eine entsprechende Befreiungsmöglichkeit vorsieht oder die Satzung nachträglich insoweit geändert wird. In diesem Fall unterliegen entsprechende Gesellschafterbeschlüsse der bereits angesprochenen Inhaltskontrolle. 93 Vgl. unten S. 318 ff. 94 Assmann, in GK zum AktG, Einl Rn. 261; Assman!Bozenhardt, Ubernahmeangebote in Assmann/Basalmann/Bozenhardt, Z G R Sonderheft 9, S. 1, 73 ff.; Westermann, A G 1976, 309, 311 ff. 95 Lutter, AcP 180 (1980), 84, 126 f.; ders., Z H R 153 (1989), 446, 458; für den Mehrheitsaktionäre auch Wiedemann, Gesellschaftsrecht I § 8 III 3 a S. 451.

§ 8: Treuepflichten im Konzern

309

ansieht ist vor dem Hintergrund der Auffassung zu verstehen, dass Konflikte beim Anteilshandel allein durch kapitalmarktrechtliche Regeln zu lösen seien 9 6 . Unbestreitbar ist, dass im Grundsatz jeder Gesellschafter darin frei sein muss, seine Anteile zu veräußern. Auch dieser Freiheit sind aber Grenzen gesetzt. Sicher haben die Gesellschafter keine Nachforschungspflicht über die mit dem Kauf verbundenen Motive eines Käufers und können grundsätzlich darauf vertrauen, dass der Erwerber die Gesellschaft entsprechend seinen mit der Gesellschafterstellung übernommenen Pflichten führt. Tritt etwa aufgrund entsprechender, bereits im Vorfeld gemachter Äußerungen aber klar zu Tage, dass die Gesellschaft nur erworben werden soll, um sie „ausbluten" zu lassen 97 , weil man einen „lästigen" K o n k u r renten vom Markt drängen will, so verstößt auch ein Gesellschafter, der dies weiß und seine Anteile trotzdem veräußert, gegen seine mitgliedschaftlichen Pflichten als Gesellschafter 9 8 . Allein dass ein Vorgang kapitalmarktrechtlich nicht geregelt ist, kann die Anwendung der Treuepflicht im Einzelfall nicht grundsätzlich ausschließen 9 9 . E r k e n n t man an, dass ein Gesellschafter alles unterlassen muss, was die Gesellschaft schädigt 1 0 0 , so erfasst dies auch die Veräußerung von Anteilen. Dies gilt nicht nur für den Bereich der G m b H . Auch bei einer A G muss es nach dem Vorgesagten einem G r o ß a k t i o n ä r aufgrund seiner Treuepflichten untersagt sein, sein Aktienpaket einem Interessenten zu verkaufen, der die Gesellschaft auf gesetzlich nicht geregeltem Wege vernichten will 1 0 1 . Dass Aktien darauf angelegt sind, problemlos übertragen zu werden, bedeutet nicht, dass hierbei keinerlei Treuepflichten zu beachten wären 1 0 2 . Die mitgliedschaftliche Förderpflicht besteht so lange, wie die Gesellschafterstellung existiert, und schließt somit auch ihre Beendigung mit ein. D a m i t verbindet sich aber die Pflicht, eine Schädigung der Gesellschaft auch durch die Veräußerung der eigenen Anteile soweit möglich zu verhindern. Sicher dürfen die Beschränkungen nicht so weit gehen, dass die Veräußerung unmöglich gemacht wird. M i t der Anerkennung gewisser, an der Treuepflicht zu messender und abzuwägender Schranken wird der teilweise gar als „heilig" eingestufte Grundsatz der freien Verfügbarkeit der Aktien 1 0 3 aber nicht negiert. Auch 96 Assmann/Bozenhardt, Übernahmeangebote in Assmann/Basalmann/Bozenhardt, ZGR Sonderheft 9, S. 1, 73 ff.; Westermann, AG 1976, 309, 311 ff. 97 Klarstellend sei insoweit hervorgehoben, dass hier nicht die Fälle gemeint sind, in denen der Erwerber eine Auflösung oder Zweckänderung im Sinn hat. Natürlich kann eine Gesellschaft jederzeit, wenn die Gesellschafter sie nicht weiter fortführen wollen, aufgelöst werden. Dementsprechend verstößt auch ein Gesellschafter, der weiß, dass sein Nachfolger entsprechendes plant, nicht gegen seine Treuepflichten. 98 Vgl. auch Ziemons/faeger, AG 1996, 358, 360; Kropff, in MK vor § 311 Rn. 61. 99 Ziemons/Jaeger, AG 1996, 358, 360. 100 Weitergehend Emmerich, in Scholz, Anhang Konzernrecht Rn. 56 m.w.N., der aus der Treuepflicht die Pflicht ableitet, „alles zu unterlassen, was die Selbstständigkeit der Gesellschaft beeinträchtigen könnte". 101 Zurückhaltend Lutter, ZHR 1998 (162), 164, 172 ff. 102 Für nur „geringere Treue- und Förderpflichten" deswegen aber Kropff, in MK zum AktG vor §311 Rn. 60. 103 So Lütter, ZHR 162 (1998), 164, 173.

310

Kapitel

III:

Treuepflicbten

im Konzern

und ihre

Haftungskonsequenzen

ein herrschender Gesellschafter kann grundsätzlich frei über seine Beteiligung verfügen, soweit er diese nicht gerade einem Konkurrenten veräußern will, dem es erkennbar um die Zerstörung der Gesellschaft geht. In diesem Fall steht nicht mehr die nicht näher konkretisierte Gefahr einer Benachteilung der Eigeninteressen der Gesellschaft aufgrund einer Konzernierung im Raum, sondern es steht die gewollte Schädigung der Gesellschaft fest 104 . Diese Beschränkungen können nicht unter dem Hinweis darauf ausgeschaltet werden, es handele sich hier um ein stark eigennütziges Recht 105 . Entscheidend ist auch hier, wie stark durch die Ausübung dieses Rechts in die Eigeninteressen der Gesellschaft eingegriffen wird. Ein Recht kann immer nur so weit gehen, wie hierdurch nicht eigene Pflichten und die Rechte eines anderen verletzt werden. Liegt ein solcher Ausnahmefall, wie er oben beschrieben wurde, vor, kann die Pflichtverletzung gegenüber der Gesellschaft auch nicht einfach dadurch beseitigt werden, dass vor dem Verkauf der Beteiligung an ein Konkurrenzunternehmen die Anteile den Mitgesellschaftern angeboten werden 106 . Hiermit kann zwar u.U. den gegenüber Mitgesellschaftern bestehenden Rücksichtnahmepflichten Genüge getan werden 107 , eine Pflichtverletzung gegenüber der Gesellschaft verhindert dies aber nur, wenn die Mitgesellschafter die Anteile auch tatsächlich erwerben. Auch Lutter, der Treuepflichten in diesem Zusammenhang grundsätzlich für nicht existent hält, macht eine Ausnahme, wenn durch den Erwerb eine AG in eine qualifizierte Abhängigkeit geführt würde, ohne dass ein qualifiziert faktischer Konzern entsteht 108 . Hierunter versteht er eine Situation, in der der Verkauf an einen Konkurrenten geplant ist, der die Gesellschaft umgestalten und auf sich auszurichten gedenkt. Auch nach Lutter sind in einem solchen Fall die §§311 ff. AktG nicht mehr geeignet, den notwendigen Schutz zu gewähren, da diese weder auf die Verhinderung einer nachteiligen Umstrukturierung noch auf die Verhinderung des „Austrocknens" der Gesellschaft angelegt sind 109 . Sicher sprechen die §§311 ff. AktG für die Konzernoffenheit des Aktienrechts. Eine gegenüber weitergehenden Treuepflichten abschließende Regelung ist hierin aber nicht zu finden 110 , weshalb in Ausnahmefällen auch eine Übertragungsbeschränkung auf die mitgliedschaft104 A u s g e n o m m e n hiervon sind natürlich völlig legitime Bestrebungen in R i c h t u n g Z w e c k ä n d e r u n g oder auch A u f l ö s u n g der Gesellschaft. 105 A u c h Lutter, Z H R 162 (1998), 164, 173 hebt hervor, dass eigennützige Rechte der Treuepflicht u n t e r w o r f e n sind, w e n n auch nicht so stark. 106 A n d e r s w o h l Ziemons/Jaeger, A G 1996, 358, 364; anders w o h l auch Lutter, Z H R 162 (1998), 164, 173, der die A n b i e t u n g an die M i n d e r h e i t s a k t i o n ä r e allerdings praktisch f ü r k a u m d u r c h f ü h r b a r hält. 107 Soweit ü b e r h a u p t eine realistische Möglichkeit des E r w e r b s besteht, andernfalls k o m m e n z u r Beseitigung eines solchen Verstoßes n u r das A u s h a n d e l n v o n U b e r n a h m e a n g e b o t e n d u r c h die Erwerbsgesellschaft bzw. A b f i n d u n g s a n g e b o t e in Betracht. 108 In diesem Fall soll auch die M i n d e r h e i t analog § 3 0 5 A k t G eine A b f i n d u n g verlangen k ö n n e n (Lutter; Z H R 162 (1998), 174 in Fn. 63). 109 Lutter, Z H R 162 (1998), 164, 174 110 Vgl. auch Binnewies, K o n z e r n e i n g a n g s k o n t r o l l e (1996), S. 344, Liebscher, K o n z e r n b i l d u n g s k o n t r o l l e (1995), S. 388 ff., die ebenfalls bei atypischen personalistischen Aktiengesellschaften einen E i n g a n g s s c h u t z zulassen wollen.

§ 8: Treuepflichten

im

Konzern

311

liehe Treuepflicht gestützt werden kann 1 1 1 . Wollte man dies allein aufgrund der Rechtsform verneinen, w ü r d e das zu einer, mittlerweile zu Recht als nicht sachgerecht erkannten Sichtweise einer rechtsformspezifischen Abhängigkeit der mitgliedschaftlichen Treuepflichten zurückführen 1 1 2 . Auch der U m f a n g mitgliedschaftlicher Treuepflichten bestimmt sich nicht nach der Gesellschaftsform, sondern nach der Realform 1 1 3 . In jedem Fall verbieten sie aber die Schädigung einer Gesellschaft 1 1 4 . Dementsprechend kann es u.U. aber auch einem Großaktionär verboten sein, seine Anteile an ein Konkurrenzunternehmen zu verkaufen 1 1 5 . D e m kann man nicht entgegenhalten, eine Konzernierung diene regelmäßig dazu, den Wettbewerb etwa durch Marktaufteilung, Produktspezialisierung oder ähnliches zu beenden 1 1 6 . Zwar ist dies von der Sache her sicher richtig, die Frage ist aber immer, auf wessen Kosten dies geht und gehen darf. Der Wunsch eines Unternehmens, ein anderes vom Markt zu drängen, rechtfertigt noch nicht alle hierzu eingesetzten Mittel. Das Argument, die Gefahr ginge allein von dem Erwerber aus, dieser habe als (noch) Nichtmitglied aber keine Treuepflicht inne 117 , kann das Bestehen mitgliedschaftlicher Treuepflichten seitens des veräußerungswilligen Gesellschafters nicht entkräften. N u r durch die Veräußerung kann eine beabsichtigte Schädigung auch umgesetzt werden. Auch der Umstand, dass im neuen Wertpapiererwerbs- u n d Übernahmegesetz keine dahingehende Regelung existiert, bedeutet nicht, dass der Veräußerer von seinen Treuepflichten gegenüber der Gesellschaft insoweit freigestellt ist 118 . Die gesellschaftsrechtlichen Grundsätze und Haftungstatbestände 111 Dass es sich hier u m ein eigennütziges Recht handelt, bedeutet nicht, dass es s c h r a n k e n los ausgeübt w e r d e n k ö n n t e (zur A b w ä g u n g mit den Interessen v o n Minderheitsgesellschaftern vgl. S. 312.). 1,2 Dagegen zu R e c h t Winter, in Scholz, 9. A u f l . § 14 Rn. 50; Wiedemann, G e s R I, § 8 II 3; K. Schmidt, G e s R § 2 0 IV 2 d; Raiser, Z H R 151 (1987) 422, 430 ff.; Baumbach/Hueck, § 13 Rn. 23; Herne, H d b . z. G m b H - R e c h t , 2. Aufl. Rn. 832; Schieddl, in M ü n c h n e r H d b . G e s R III, § 3 2 Rn. 13. 113 Vgl. ausführlich o b e n S. 278 ff. 1,4 In Extremfällen k a n n daher auch außerhalb personalistischer S t r u k t u r e n eine Veräußer u n g s b e s c h r ä n k u n g a n z u n e h m e n sein, w e n n die mitgliedschaftliche Treuepflicht in ihrer A u s p r ä g u n g als Schädigungsverbot b e t r o f f e n ist; vgl. hierzu das einprägsame Bsp. v o n Lutter ( Z H R 162 (1998), 164, 172, der dieses basierend auf einen Bericht v o n Walter Stimpel wiedergibt), w o ein U n t e r n e h m e r seine Gesellschaft in eine A G u m g e w a n d e l t hatte u n d mit 30 % der A k t i e n an die Börse gegangen war. Einige Zeit später veräußerte er 70 % der A k t i e n an ein großes U n t e r n e h m e n , das w i e d e r u m k u r z darauf dieses Paket an ein K o n k u r r e n z u n t e r n e h m e n weitergab. Dieses begann bald darauf mit der „ P r o d u k t b e r e i n i g u n g " u n d n a h m so der abhängigen Gesellschaft jegliche Z u k u n f t s e r w a r t u n g . 115 Kropff, in M K v o r § 311 Rn. 61. 116 Kropff, in M K v o r § 311 Rn. 66. 117 So Binnewies, K o n z e r n e i n g a n g s k o n t r o l l e (1996), S. 339 f.; vgl. allerdings n u n auch Weber, Vormitgliedschaftliche T r e u b i n d u n g e n (1999); zu Loyalitätspflichten bereits im A n b a h n u n g s s t a d i u m der Mitgliedschaft vgl. auch K. Schmidt, G e s R , 4. Aufl. § 2 0 IV 1 b); § 2 6 II 3 a; Wittkowski, G m b H R 1990, 544, 549. 118 Reul (Pflicht z u r G l e i c h b e h a n d l u n g (1991) S. 262 f.) will d e m Kontrollgesellschafter generell, d.h. u n a b h ä n g i g v o n einer möglichen Schädigung der Gesellschaft, verbieten, aus d e n d e m mitgliedschaftlichen Bereich z u z u o r d n e n d e n Transaktionen Sondervorteile zu ziehen,

312

Kapitel III:

Treuepflichten im Konzern und ihre

Haftungskonsequenzen

bleiben hiervon unberührt 1 1 9 . Begründet die Veräußerung an ein konkurrierendes Unternehmen einen Verstoß gegen die mitgliedschaftliche Treuepflicht, kann dies im Übrigen auch durch einen Zustimmungsbeschluss der Gesellschafterversammlung nicht gerechtfertigt werden 1 2 0 . D i e oben angestellten Überlegungen zur Satzungsdurchbrechung können daran nichts ändern, da die hier in Rede stehenden Maßnahmen auf Dauer angelegt sind 1 2 1 . In einem solchen Fall reicht es auch nicht aus, die Frage nach den Abfindungs- bzw. Schadensersatzansprüchen der Minderheitsgesellschafter aufzuwerfen 1 2 2 . Hier geht es um einen Anspruch der Gesellschaft selbst. Ü b e r eine Abfindung bzw. die Aushandlung eines Übernahmeangebots lassen sich wohl Verstöße gegen die mehrheitsbezogenen Rücksichtnahmepflichten gegenüber den Mitgesellschaftern verhindern 1 2 3 , nicht aber Verstöße gegen die mitgliedschaftliche Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft. Findet trotzdem eine Veräußerung statt und führt das Konkurrenzunternehmen seine Strategie zur Vernichtung des Konkurrenten durch, verstößt natürlich auch es gegen seine mit der Ü b e r n a h m e der Beteligung begründete

mitgliedschaftliche

Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft 1 2 4 . D e r veräußernde Gesellschafter und das erwerbende Unternehmen haften insoweit der Untergesellschafter als Gesamtschuldner 1 2 5 .

2) Wettbewerbsverbote

im Konzern

Es bleibt zu klären, inwieweit den herrschenden Gesellschafter einer abhängigen Gesellschaft auch ein Wettbewerbsverbot treffen kann. Lange Zeit wurden Wettbewerbsverbote im Kapitalgesellschaftsrecht nur für den Fall anerkannt, dass die ohne den Minderheitsgesellschaftern ein Kaufangebot zu machen. Nach anderer Auffassung ist hier die Grenze der Treuepflicht allerdings erreicht, da andernfalls in die allgemeinen Marktrisiken und die freie Ubertragbarkeit der Aktien eingegriffen würde (Lutter, JZ 1976, 225, 231f.). Ein Pflichtangebot aufgrund der Treuepflicht könne daher nur bejaht werden, wenn von Seiten des in Einzelschritten seine Mehrheitsbeteiligung ausbauenden Gesellschafters eine Schädigung der Gesellschaft droht (Bloß, Die Unternehmensgruppe (1999) S. 38). 119 Vgl. insoweit auch Habersack, in Emmerich/Habersack, vor §311 Rn. 10 unter Hinweis auf den spezifisch kapitalmarktrechtlichen Ansatz, der diesem Gesetz zugrunde liegt. 120 Vgl. auch bereits S. 250 ff. 121 Anders gilt, wenn es im Ausnahmefall etwa nur um eine einmalige Befreiung vom Wettbewerbsverbot zur Durchführung eines bestimmten Geschäftes geht (zu den Voraussetzungen einer Satzungsdurchbrechung vgl. oben S. 251 f.). 122 Lutter, ZHR 162 (1998), 164, 172. 123 Auch auf Seiten des Konkurrenzunternehmens entstehen natürlich Rücksichtnahmepflichten gegenüber den Mitgesellschaftern mit dem Erwerb der Beteiligung, gegen die es verstößt, wenn es als herrschendes Unternehmen eine Politik betreibt, die zwangsläufig dazu führt, dass die abhängige Gesellschaft keinen Gewinn mehr erzielen kann und somit auch die Vermögensinteressen der Minderheitsaktionäre betroffen sind. 124 Zu den Möglichkeiten eines herrschenden Unternehmens, das die abhängige Gesellschaft nur noch im eigenen Interesse führen will, vgl. oben S. 13 ff., 107 ff. 125 Kein Verstoß gegen die mitgliedschaftliche Treuepflicht liegt natürlich vor, wenn die Wettbewerbssituation durch eine (auf der Grundlage des Gesellschaftszwecks rechtmäßige) Änderung des Unternehmensgegenstands beendet wird bzw., soweit dies nicht möglich ist, der Zweck der Gesellschaft selbst geändert oder die Gesellschaft aufgelöst wird.

§ 8: Treuepflichten im Konzern Satzung eine dahingehende Regelung enthielt 1 2 6 . Nachdem im ITT

313 - Urteil die

mitgliedschaftliche Treubindung des Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft bejaht worden war, wurde in der Folgezeit aber immer deutlicher, dass dem Gesellschafter einer G m b H auch ohne entsprechende Satzungsbestimmung untersagt sein kann, mit der Gesellschaft am Markt zu konkurrieren. N a c h d e m auch der B G H in seinem Urteil Heumann/Ogilvy127

ein Wettbewerbsverbot nach § 1 1 2

H G B in Bezug auf einen im Innenverhältnis die Geschicke des Unternehmens bestimmenden Gesellschafter einer G m b H & C o . K G angenommen hatte und dabei die Herleitung des Wettbewerbsverbot nicht nur rechtsformneutral aus der beherrschenden Stellung des Beklagten ableitete, sondern auch an ein die G m b H betreffendes Urteil 1 2 8 anknüpfte, zog man hieraus in der Literatur den Schluss, dass diese Entscheidung ebenso ausgefallen wäre, wenn man es mit einer G m b H zu tun gehabt hätte 1 2 9 . Später wurden diese Grundsätze auch auf den herrschenden G e sellschafter einer Aktiengesellschaft übertragen 1 3 0 . D i e Analogieziehung zu § 112 H G B 1 3 1 zur Begründung eines Wettbewerbsverbots kann im Kapitalgesellschaftsrecht allerdings nicht überzeugen 1 3 2 . Hier handelt es sich um ein amtsbezogenes Wettbewerbsverbot, da der persönlich haftende Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft auch Geschäftsführungsorgan ist 1 3 3 . Soweit man es nicht mit einem geschäftsführenden Gesellschafter zu tun hat, der zweifellos bereits aufgrund seiner Geschäftsführerstellung einem Wettbewerbsverbot unterliegt 1 3 4 , bleibt zur Begründung eines solchen Verbots, soweit es in der Satzung nicht ausdrücklich statuiert wurde, nur die mitgliedschaftliche Treuepflicht 1 3 5 , abgeleitet aus der Verpflichtung der Gesellschafter, den Zweck der Gesellschaft zu fördern. Allerdings sind auch die Einzelheiten, wann ein Gesellschafter einem Wettbewerbsverbot unterliegt, umstritten 1 3 6 . Während man bei der 126 Vgl. Schilling, in Hachenburg, 6. Aufl. § 3 Anm. 26; Winter, Treubindungen (1988), S. 239 m.w.N. 127 BGH v. 5.12.1983 = BGHZ 89, 162. 128 BGH v.16.2.1981 = BGHZ 80, 69 (Süssen). 129 Mertens/Cahn, in FS Heinsius S. 545, 547; Winter, Treubindung (1988), S. 245; Raiser, in FS Stimpel S. 855, 859. 130 Burgard, in FS für Marcus Lutter S. 1033, 1041. 131 So etwa Lutter/Hommelhoff, 15. Aufl. § 14 Rn. 23 m.w.N. 132 Koppensteiner, in Rowedder Anh. § 52 Rn. 38 m.w.N.; anderes gilt, wenn das herrschende Unternehmen faktisch die Geschäftsführung der Gesellschaft übernommen hat, da ein Geschäftsführer grundsätzlich aktive Förderpflichten gegenüber seiner Gesellschaft hat (vgl. auch Immenga, JZ 1984, 578, 579 f.); zu der Stellung des faktischen Geschäftsführers vgl. noch unten. 133 So zu Recht Wiedemann!Hirte, ZGR 1986, 163, 166 f, 171; wenn dagegen angeführt wird, § 112 HGB oder §284 AktG richteten sich an die Gesellschafter, weshalb der Rückgriff des BGH auf diese Vorschrift nicht mit dem Hinweis auf ein amtsbezogenens Wettbewerbsverbot widerlegt werden könne, so wird verkannt, dass beide Vorschriften sich an die persönlich haftenden Gesellschafter richten, die grds. zur Geschäftsführung berufen sind. 134 Raiser, in Hachenburg, 8. Aufl. § 14 Rn. 64. 135 Henze, BB 1996, 489, 497 m.w.N. 136 U. H. Schneider, im Scholz, 9. Aufl. §43 Rn. 126 a; vgl. hierzu auch Henze, Handbuch des GmbH-Recht, 2. Aufl. Rn. 882; Lawall, Das ungeschriebene Wettbewerbsverbot des GmbH-Gesellschafters (1996); ausführlich auch Michalski, in Michalski § 13 Rn. 237 ff.

314

Kapitel

III:

Treuepflichten

im Konzern

und ihre

Haftungskonsequenzen

A G w e i t g e h e n d n u r den h e r r s c h e n d e n Gesellschafter einem W e t t b e w e r b s v e r b o t unterstellt 1 3 7 , w e r d e n z u m i n d e s t bei einer personalistisch ausgestalteten G m b H alle Gesellschafter einem solchen V e r b o t u n t e r w o r f e n 1 3 8 . S o w e i t es das W e t t b e w e r b s v e r b o t eines h e r r s c h e n d e n Gesellschafters b e t r i f f t , ist überdies umstritten, o b n u r solche Gesellschafter, die einen b e h e r r s c h e n d e n Einfluss tatsächlich ausüben, an einer W e t t b e w e r b s t ä t i g k e i t gehindert s i n d 1 3 9 o d e r auch solche, die einen solchen ausüben k ö n n t e n 1 4 0 . U m s t r i t t e n ist auch, o b sich an d e m W e t t b e w e r b s v e r b o t etwas ändert, w e n n bereits bei der G r ü n d u n g b z w . d e m Beitritt zu einer G e sellschaft b e k a n n t war, dass ein h e r r s c h e n d e r Gesellschafter eine W e t t b e w e r b s t ä tigkeit a u s f ü h r t 1 4 1 bzw., o b auch der Gesellschafter einer E i n m a n n - G m b H einem W e t t b e w e r b s v e r b o t unterliegt 1 4 2 . Teilweise w i r d gar bei b r a n c h e n f r e m d e n G e s c h ä f t e n ein aus der Treuepflicht abgeleitetes Betätigungsverbot des Gesellschafters a n g e n o m m e n , w e n n die G e s e l l schaft o h n e w e i t e r e s ihre Geschäftstätigkeit auf diesen Bereich ausdehnen k ö n n t e . U n t e r B e r u f u n g auf die G e s c h ä f t s c h a n c e n l e h r e w i r d die A n s i c h t vertreten, die Belange der Gesellschaft hätten V o r r a n g v o r den privaten Vermögensinteressen des Gesellschafters 1 4 3 .

Die

Geschäftschancenlehre

wurde

im

US-amerikanischen

Recht v o r allem f ü r die G e s c h ä f t s f ü h r u n g s o r g a n e der Corporation

entwickelt144.

137 Burgard, in FS Lutter S. 1033, 1039 ff.; Emmerich/Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht § 8 III 4 c; Geiger, Wettbewerbsverbote (1996), S. 75 ff., 146 ff.; Henze, BB 1996, 489, 497; U. H. Schneider/Burgard, DB 2001, 963, 967; zurückhaltend Krieger, in Hdb. § 6 9 Rn. 17; K r o p f f , in MK vor § 311 Rn. 65 ff.; Tröger, Treupflicht (2000), S. 241 ff.; gänzlich gegen ein Wettbewerbsverbot auch eines herrschenden Gesellschafters bei der Aktiengesellschaft etwa Binnewies, Konzerneingangskontrolle (1996), S. 342. 138 U. H. Schneider, in Scholz, 9. Aufl. §43 Rn. 126 a; H. Winter, in Scholz, 9. Aufl. §14 Rn. 59; Zöllner, in BaumbachIHueck, Anh. Konzernrecht Rn. 21; Lutter/Timm, N J W 1982, 419; vgl. auch Priester, DStR 1992, 257: beherrschende Stellung oder Gesellschafter einer personalistischen GmbH, Röhricht, WPg. 1992, 771: abhängig von der Realstruktur der Gesellschaft. 139 BGH v. 5.12.1983 = B G H Z 89, 166 (offengelassen, ob Möglichkeit zu bestimmendem Einfluss genügt); O L G Hamm v. 9.11.1988 = G m b H R 1989, 259; O L G Köln v. 22.2.1991 = G m b H R 1991, 366; Armbrüster, ZIP 1997, 1273. 140 Lutter/Hommelhoff, 15. Aufl. §14 Rn.23; Raiser, in Hachenburg §14 Rn.64; U. H. Schneider, in Scholz, 9. Aufl. § 43 Rn. 126 a; Wiedemann/Hirte, ZGR 1986, 163; H. Winter, § 14 Rn. 59 in Scholz, 9. Aufl. § 14 Rn. 59; M. Winter, Treubindungen (1988), S. 250. 141 Gegen ein Wettbewerbsverbot in einem solchen Fall Emmeriehl Sonnenscheini Habersack, Konzernrecht § 8 IV unter Hinweis auf § 112 Abs. 2 HGB; vgl. auch Mertens!Cahn, in FS Heinsius S. 545, 561; a.A. BFH v. 28.2.1990 = BStBL. 1990 II S. 595 = GmbHR 1990, 413, 415. 142 Dagegen Armbrüster, ZIP 1997, 1278; Goette, Die GmbH nach der GmbH - Rechtsprechung (1997), S. 210; Lutter/Hommelhoff, § 14 Rn. 24; Röhricht, WPg 1992, 766; U.H. Schneider, § 43 Rn. 127; a.A. Priester, ZGR 1993, 531; wohl auch Mertens/Cahn, in FS Heinsius S. 561; für ein Wettbewerbsverbot des Geschäftsführers/Alleingesellschafters Clausen!Korth, in FS Beusch S. 117 f. (analog § 88 AktG). 143 Timm, G m b H R 1981, 177, 178 180 f.; nach Einfluss des Gesellschafters und Grund der Zuordnung der Geschäftschance zum Gesellschaftsvermögen unterscheidend aber Kübler/Waltermann, ZGR 1991, 162, 166 ff.; Tries, Verdeckte Gewinnausschüttung (1991), S. 196 f. 144 Mertens/Cahn, in FS Heinsius S. 545, 559 mit Hinweis auf die Entscheidungen Guth v. Loft (1939) 5 A. 2d 503; Johnston v. Greene, 121 A 2d 919, 923; Kaplan v. Fanton, 278 A 2 d 834, 836; Schreiber v. Bryan, 396 A. 2d 512, 519; Kerrigan v. Univta Savings Association, 317 N. E. 2d

§ 8: Treuepflichten im Konzern

315

D e r Geschäftsführer muss seine ganze Arbeitskraft dem Unternehmen widmen, bei dem er angestellt ist. Derartiges kann von einem Gesellschafter nicht erwartet werden. Es gilt insoweit zwischen amts- und mitgliedsbezogenen Pflichten ihrem Umfang nach zu unterscheiden 1 4 5 . Zwar wird die Geschäftschancenlehre im U S amerikanischen Recht teilweise auch zum Schutz der Minderheit einer abhängigen Gesellschaft herangezogen 1 4 6 . Ein Grund, wieso die Minderheit der Tochtergesellschaft insoweit schutzwürdiger sein soll als die Minderheitsgesellschafter der herrschenden Gesellschaft oder diejenigen einer anderen Schwestergesellschaft, wenn beide das Geschäft wahrnehmen können, ist allerdings nicht ersichtlich 1 4 7 . Auch der mitgliedschaftlichen Treuepflicht ist ein derartiges Verbot grundsätzlich nicht zu entnehmen 1 4 8 . D a die Gesellschaft auf der Grundlage ihrer Satzung nur im Rahmen des ihr zugewiesenen Unternehmensgegenstandes ihren Z w e c k der Gewinnerzielung verfolgt, kann aus der mitgliedschaftlichen Pflicht zur F ö r derung dieses Zwecks keine Pflicht hergeleitet werden, eine Geschäftstätigkeit in einem einen anderen Unternehmensgegenstand betreffenden Gebiet zu unterlassen. Etwas anderes wäre nur zu erwägen, wenn bereits konkrete Pläne bestehen, in absehbarer Zeit den Tätigkeitsbereich der Gesellschaft dahingehend auszudehnen. Soweit es um die Frage nach dem Bestehen eines Wettbewerbsverbots auf dem Gebiet des Unternehmensgegenstandes der Gesellschaft geht, ist bei personalistisch ausgestalteten Gesellschaften ein solches, abgeleitet aus der mitgliedschaftlichen Förderpflicht, mit der überwiegenden Auffassung 1 4 9 allerdings zu bejahen. Dies gilt nicht nur für die G m b H , sondern auch für die A G 1 5 0 . Zwar wird teilweise ein Wettbewerbsverbot im Aktienrecht auch gänzlich verneint 1 5 1 . Dabei wird aber die Bedeutung der Realstruktur der Gesellschaft für die Intensität der mitgliedschaftlichen Treuepflicht verkannt 1 5 2 . H a t man es ausnahmsweise mit einer per-

39, 43; Diedrick v. Helm, 14 N.W. 2d 913, 919; Granger v. Hirtz, 55 N.W. 2d 426, 436; A.L. Knutsen and the Kidd Bay Development Corp. v. W. b. Frushour 436 P. 2d 521, 525 f.; Toldeo Trus Comp. v. Nye, 392 F. Supp. 484; zur Geschäftschancenlehre vgl. ausführlich auch Polley, Wettbewerbsverbot und Geschäftschancenlehre (1993), U. H. Schneider; in Scholz §43 Rn. 144 m.w.N. 145 Mertens!Cahn, in FS Heinsius S. 545; Wiedemann/Hirte, ZGR 1986, 163, 167. 146 Z.B. Blaustein v. Panamerican Petroleum & Transport Co. 56 N.E. 2d 705; David J. Greene v. Dunhill Int., Inc., 249 A 2d 427; Knauff v. Utah, Construction & Mining Co., 227 F. Supp. 564, 575. 147 Mertens!Cahn, in FS Heinsius S. 545, 552. 148 Eine Treuepflichtverletzung kann allerdings etwa darin liegen, dass intern erlangte Informationen für eigene Zwecke genutzt werden, vgl. noch unten S. 319. 149 Emmerich, in Scholz, Anhang Konzernrecht Rn. 56; Lütter!Hommelhoff, 15. Aufl. § 14 Rn. 23; Lutter/Timm, NJW 1982, 419; Raiser, in FS Stimpel S. 864 f.; Winter, in Scholz §14 Rn. 59. 150 Krieger, in Münchner Handbuch §69 Rn. 17; Emmerich/Sonnenschein, Konzernrecht, 6. Aufl. § 4 a IV 3 b (anders aber nunmehr in der 7. Aufl. § 8 III 4, wo unter Aufgabe der Ansicht in der Voraufl. die Realstruktur der Gesellschaft nicht mehr als relevant angesehen und nur der herrschende Gesellschafter einer AG einem Wettbewerbsverbot unterstellt wird). 151 Immenga, JZ 1984, 578, 579; Koppensteiner, in KK vor § 311 Rn. 28. 152 Vgl. oben S. 278.

316

Kapitel III:

Treuepflickten

im Konzern und ihre

Haftungskonsequenzen

sonalistischen Ausgestaltung einer A G zu tun 1 5 3 und ist die Gesellschaft auf das persönliche Tätigwerden der Gesellschafter angelegt und angewiesen, so dürfen diese grundsätzlich nicht in Wettbewerb zu der Gesellschaft treten 1 5 4 . Dies gilt auch bei der Einmann-Gesellschaft 1 5 5 . Der Ansicht, bei einer Einmann-Gesellschaft existiere kein Eigeninteresse der Gesellschaft 1 5 6 und in der Marktwirtschaft gäbe es keine Z u o r d n u n g von Geschäftschancen 1 5 7 , wurde bereits oben ausführlich widersprochen. Dieses Wettbewerbsverbot gilt in einer personalistisch ausgestalteten Gesellschaft unabhängig davon, ob man es mit einer konzernierten oder nichtkonzernierten Gesellschaft zu tun hat. Zwar wird teilweise die Auffassung vertreten, das Wettbewerbsverbot eines herrschenden Unternehmensgesellschafters widerspräche den §§ 311 f. AktG 1 5 8 . Diese Regelung, die nicht bereits bei einer bloßen Gefährdung der Interessen der abhängigen Gesellschaft eingriffe, sondern erst, wenn es tatsächlich zu nachteiligen Veranlassungen gekommen sei, sei für den Konzernbereich abschließend. Dass den §§311 ff. A k t G gegenüber weitergehenden mitgliedschaftlichen Treuepflichten gerade keine abschließende Regelung entnommen werden kann, wurde indes bereits mehrfach betont 1 5 9 . Besteht ein Wettbewerbsverbot, kann die Gesellschafterversammlung von diesem aber auch nur dann rechtmäßig Befreiung erteilen, wenn dies im Einzelfall dem Interesse der Gesellschaft entspricht 1 6 0 . Die Auffassung, nach der ein Wettbewerbsverbot grundsätzlich abdingbar sei 161 und insbesondere dann entfallen soll, w e n n die anderen Gesellschafter von der Konkurrenztätigkeit im Zeitpunkt des Beteiligungserwerbs erfahren und trotzdem die Einstellung der Tätigkeit nicht ausbedungen haben 1 6 2 , kann nicht überzeugen. Es geht insoweit nicht u m eine den 153 Binnewies, Konzerneingangskontrolle (1996), S. 344 schätzt den Anteil der personalistischen AG's auf 10-15 %. 154 Etwas anderes ist nur dann anzunehmen, wenn der Wettbewerb ausnahmsweise im Interesse der Gesellschaft liegen sollte (vgl. auch B G H v. 16.2.1981 = B G H Z 80, 69 (Süssen) für den Fall der Befreiung von einem laut Satzung bestehende Wettbewerbsverbot der Gesellschafter). 155 Priester, Z G R 1993, 539; a.A. aber Lutter/Hommelhoff, 15. Aufl. §14 Rn.24; MeyerArndt, BB 1992, 534, 535 f.; Knobbe-Keuk, G m b H R 1992, 333, 335; Schweisheim, DStrR 1993, 245,246; Mertens/Cahn, in FS Heinsius S. 545, 561; auch die Finanzrechtsprechung ist von ihrer früheren Rechtsprechung, in der sie ein aus der Treuepflicht abgeleitetes Wettbewerbsverbot nicht nur eines herrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers, sondern auch eines Alleingesellschafters angenommen hatte, mittlerweile abgewichen (BFH v. 30.8.1995 = Z I P 1995, 1890; anders zuvor B F H v . 12.4.1989 = B F H E 156, 484, 487; B F H v. 26.4.1989 = B F H E 157, 138, 140 f.; FR 1989, 464, 465). 156 Vgl. U. H. Schneider, in Scholz, 9. Aufl. § 43 Rn. 127 m.w.N. 157 Röhricht, WPg 1992, 766, 784 f. 158 Binnewies, Konzerneingangskontrolle (1996), S. 342 f.; Immenga, JZ 1984, 578, 579; Lütter, Z H R 162 (1998), 164, 17; Seydel, Konzernbildungskontrolle (1995), S. 176. 159 Vgl. oben S. 157. 160 B G H v. 16.2.1981 = B G H 80, 69 (Süssen); vgl. auch Habersack, in Emmerich/Habersack, vor §311 Rn. 8 m.w.N. 161 Vgl. etwa Burgard, in FS Lutter S. 1033, 1051. 162 Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 8 II 4 unter Bezugnahme auf das Heumann/

§ 8: Treuepflichten im Konzern

317

anderen Gesellschaftern gegenüber geschuldete Treuepflicht, sondern um eine Pflicht gegenüber der Gesellschaft selbst. U m von der mitgliedschaftlichen Treuepflicht zu befreien, genügt aber auch die Mehrheit des § 53 G m b H G nicht 1 6 3 . Auch kann, wenn eine Gesellschaft als abhängige Gesellschaft von einem konkurrierenden Unternehmen begründet wird, § 112 Abs. 2 H G B nicht analog herangezogen werden 1 6 4 . Allerdings besteht von vornherein kein Wettbewerbsverbot, wenn die abhängige Gesellschaft satzungsmäßig auf die Interessen des herrschenden Gesellschafters ausgerichtet wurde 1 6 5 . Ist ein Wettbewerbsverbot jedoch zu bejahen, weil man es mit einer streng personalistisch ausgestalteten Gesellschaft zu tun hat und die abhängige Gesellschaft nicht nur den Zweck verfolgen soll, die Interessen des herrschenden Gesellschafters wahrzunehmen 1 6 6 , muss der Gesellschafter, wenn er trotzdem auf dem Gebiet seiner Gesellschaft weiterhin tätig werden will, darauf hinwirken, dass deren Unternehmensgegenstand entweder ganz geändert wird 1 6 7 oder die Tätigkeitssphären abgesteckt werden, so dass eine Treuepflichtsverletzung von vornherein ausscheidet. Eine Änderung des Unternehmensgegenstandes ist, wie bereits festgestellt wurde 1 6 8 , allerdings nur insoweit zulässig, als nicht der Zweck der Gesellschaft, Gewinn zu erzielen, beeinträchtigt oder gar zunichte gemacht wird. Anderenfalls könnte durch einen Mehrheitsentscheid die Verwirklichung des Zwecks der Gesellschaft dadurch unmöglich gemacht werden, dass der Unternehmensgegenstand auf einen Bereich verengt wird, auf dem sich nicht mehr mit G e w i n n wirtschaften lässt 1 6 9 . J e kapitalistischer eine Gesellschaft ausgestaltet ist, desto deutlicher tritt die aktive Förderpflicht allerdings hinter der Schrankenfunktion der Förderpflicht zurück und kann sich bei einer Publikumsgesellschaft darauf beschränken, dem Zweck der Gesellschaft im Rahmen des Tätigwerdens für die Gesellschaft nicht zuwiderzuhandeln 1 7 0 , insbesondere durch ihr Recht zur Stimmrechtsausübung die Gesellschaft nicht zu schädigen. Weitere Pflichten hat der Gesellschafter einer Publikumsgesellschaft grundsätzlich nicht 1 7 1 . Auch die Tatsache, dass bei einer Ogilvy Urteil des B G H v. 5.12.1983 = B G H Z 89, 162, 167, bei dem es allerdings um die Beherrschung einer GmbH & Co. K G ging. 163 Vgl. hierzu bereits oben S. 251 f.; a.A. die wohl h.M., vgl. etwa Michalski, in Michalski §13 Rn. 261 m.w.N. 164 A.A. Emmerich/Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht § 8 IV; B F H v. 16.12.1998 = G m b H R 1999, 667; gegen das Wettbewerbsverbot eines GmbH-Gesellschafters, der bereits vor der Gründung der Gesellschaft seine Konkurrenztätigkeit ausübte, auch B G H v. 9.3.1987 = G m b H R 1987, 302, 303. 165 Vgl. hierzu bereits oben S. 254 f. 166 Anderes gilt natürlich, wenn der Zweck der Gesellschaft in der Verfolgung der Interessen des herrschenden Unternehmens besteht. 167 Priester, Z G R 1993, 515, 532 m.w.N. 168 Vgl. oben S. 105. 169 Vgl. auch S. 106 f. 170 Kort, ZIP 1990, 294, 295 f. 171 Für Wettbewerbsverbot der Gesellschafter nur für die Fälle, dass das Gesellschaftsverhältnis auf einer engen persönlichen Bindung der Gesellschafter beruht auch Timm, G m b H R 1981, 177, 178 f.; Winter, in Scholz § 14 Rn. 59 m.w.N.; abw. Ivens, Das Konkurrenzverbot des GmbH-Gesellschafters S. 169 ff. m.w.N.

318

Kapitel

III:

Treuepflichten

im Konzern

und ihre

Haftungskonsequenzen

G m b H ein Gesellschafter aufgrund der Regelung in § 51 a G m b H G weitergehende Informationsrechte hat, kann bei einer kapitalistisch ausgestalteten Gesellschaft nicht die A n n a h m e eines generellen Wettbewerbsverbots rechtfertigen 1 7 2 , da die Gesellschaft die A u s k u n f t notfalls verweigern kann 1 7 3 . Dies gilt auch f ü r einen Unternehmensgesellschafter, der einen bestimmenden Einfluss auf eine Gesellschaft ausüben kann 1 7 4 . Z w a r w i r d in diesem Fall ein Wettbewerbsverbot in Literatur und Rechtsprechung 1 7 5 überwiegend auch in einer kapitalistisch strukturiert Gesellschaft bejaht 1 7 6 . Hervorgehoben wird die G e f a h r einer Interessenkollision bei Ausübung mitgliedschaftlicher Rechte durch einen im Geschäftszweig der Gesellschaft auch anderweitig unternehmerisch tätigen Mehrheitsgesellschafter, die die ohnehin mit einer Abhängigkeit verbundenen Gefahren eines Missbrauchs der Herrschaftsmacht noch verstärke 1 7 7 . Es wird das Risiko betont, dass andernfalls aufgrund einer Gesamtstrategie die abhängige Gesellschaft auf längere Sicht ausgeschaltet werden könnte, ohne dass dabei einzelne nachteilige Maßnahmen zu isolieren wären. A u s diesem G r u n d sei es erforderlich, das nur repressiv wirkende Verbot der nachteiligen Einflussnahme um einen entsprechenden Präventivschutz zu ergänzen, der unabhängig v o n der Realstruktur der abhängigen Gesellschaft bestehe 1 7 8 . Von dem grundsätzlich bestehenden Wettbewerbsverbot könne die Gesellschafterversammlung allerdings v o n Fall zu Fall Befreiung erteilen.

A.A. U. H. Schneider, in Scholz §43 Rn. 126 b. Vgl. auch Michalski, in Michalski § 13 Rn. 200 m.w.N. 174 Gegen ein „Sonderregiment" für Großaktionäre oder herrschende Unternehmen insoweit auch K r o p f f , in MK vor § 311 Rn. 65 f.; gegen ein Wettbewerbsverbot in kapitalistisch ausgestalteten Gesellschaften auch Krieger, in Münchner Hdb. AG, 2. Aufl., § 69 Rn. 17. 175 BGH v. 5.12.1983 = BGHZ 89, 162, 166 (Heumann/Ogilvy) = NJW 1984, 1351 (für den Fall, dass bestimmender Einfluss tatsächlich ausgeübt wird; offengelassen wurde allerdings die Frage, ob auch Möglichkeit zu bestimmendem Einfluss genügt); OLG Hamm v. 9.11.1988 = GmbHR 1989, 259; OLG Köln v. 22.2.1991 = GmbHR 1991, 366; Armbrüster, ZIP 1997,1273; Henze, BB 1996, 489, 497; LutterlHommelhoff, 15. Aufl. §14 Rn. 23; Raiser, in Hachenburg § 14 Rn. 64; U. H. Schneiderin Scholz, 9. Aufl. § 43 Rn. 126 a; Wiedemann/Hirte, ZGR 1986, 163; H. Winter, in Scholz, 9. Aufl. § 14 Rn. 59; M. Winter, Treubindungen (1988) S. 250; für die AG: Armbrüster, ZIP 1997, 1269, 1271; Burgard, in FS Lutter S. 1033, 1039 ff.; Emmerich/Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht § 8 III 4; Geiger, Wettbewerbsverbote im Konzernrecht (1996), S. 75 ff., 146 ff.; Habersack, in Emmerich/Habersack vor §311 Rn. 7; Henze, BB 1996, 489, 497; Raiser, in Hachenburg, 8. Aufl. § 14 Rn. 64 m.w.N.; a.A. Krieger, in Hdb. § 69 Rn. 17; K r o p f f , in MK vor 311 Rn. 65 ff.; Tröger, Treupflicht (2000), S. 241 ff. 176 Vgl. auch Emmerich/Sonnenschein!Habersack, § 8 II 4 (anders allerdings noch in der Vorauflage S. 81); MK zum AktG Anh. I § 318 Rn. 17; Ulmer, in Hachenburg Anh. § 77 Rn. 64; a.A. Lutter/Timm, NJW 1982, 409, 419. 177 M. Winter, Treubindungen (1988), S. 249 m.w.N. 178 Habersack, in Emmerich/Habersack, vor §311 Rn. 7; Henze, BB 1996, 489, 497; Kim, Der konzernrechtliche Präventivschutz im Recht der Kapitalgesellschaften (1999), S.93; Salf e l d , Wettbewerbsverbote (1987), S. 178 ff., 206 ff.; vgl. auch Lutter/Hommelhoff, 15. Aufl. § 14 Rn. 23; Winter, Treubindungen (1988), S.250; Ulmer, in Hachenburg Anh. KonzernR Rn. 64; Grauer, Konzernbildungskontrolle (1991), S. 91 ff.; Th. Raiser, in FS Stimpel S. 855, 860 ff.; Wiedemann/Hirte, ZGR 1986, 163, 166 ff.; Lutter, ZHR 151 (1987), 444, 457; kritisch Immenga, IZ 1984, 576, 579; Mertens/Cahn, in FS Heinsius S. 545, 555. 172

173

§ 8: Treuepflichten

im

Konzern

319

Indes darf weder ein Klein- noch ein Großaktionär seine Stellung als Gesellschafter dazu nutzen, der Gesellschaft Nachteile zuzufügen. Entzieht ein Gesellschafter der Gesellschaft konkrete Geschäftschancen, indem er etwa intern erlangte Kenntnisse für die eigene unternehmerische Tätigkeit verwertet, so führt dies unabhängig vom Bestehen eines Wettbewerbsverbots zu einer Treuepflichtsverletzung 1 7 9 . Entsprechendes gilt, wenn der Gesellschafter zur Förderung der eigenen Marktstellung auf die Gesellschaft schädigenden Einfluss nimmt 1 8 0 . Die Tatsache, dass die Gefahr für eine derartige Pflichtverletzung bei einem Mehrheitsgesellschafter u.U. größer ist als bei einem Kleinaktionär, kann den Inhalt der Pflichtenbindung aber nicht erweitern 1 8 1 . Damit lässt sich aber auch ein grundsätzliches Verbot, der Gesellschaft Wettbewerb zu machen, in einer kapitalistisch strukturierten Gesellschaft nicht begründen 1 8 2 . Der Gegenmeinung geht es vor allem um eine Möglichkeit, nachteiligen Einflussnahmen wirkungsvoller begegnen zu können, als dies mit Hilfe des aus der Treuepflicht abzuleitenden Schädigungsverbotes oder dem Schutzsystem der §§ 311 ff. A k t G möglich ist 1 8 3 . Hier kommen wieder die Bedenken an der Feststellbarkeit der Nachteiligkeit einer Maßnahmen und den lange gehegten Zweifeln an der Funktionstauglichkeit des Regelungssystems der § § 3 1 1 ff. A k t G zum Vorschein. Dass diese so nicht tragen, wurde bereits dargestellt 1 8 4 . Darüber hinaus ist die Begründung einer Pflicht zur Beseitigung der Gefahr der Nachteilszufügung aber auch nicht nötig, um eine wirksame Handhabe gegen die Gefahr ständiger Nachteilszufügungen zu haben 1 8 5 . Liegt eine schwere Treuepflichtverletzung vor, kann ein Gesellschafter auch ohne besondere Sat1 7 9 Voraussetzung ist natürlich immer, dass die Gesellschaft die Geschäftschance auch hätte wahrnehmen können und dies auch wollte (vgl. hierzu Pentz, in Rowedder, 4. Aufl. § 1 3 Rn. 91 f.). 180 Kropff, in M K zum A k t G vor § 311 Rn. 66. 181 Vgl. auch Mertens/Cahn, in FS Heinsius S.545, 557 ff.; Kropff, in M K vor §311 Rn. 66 hält bereits eine Aussage dahingehend, dass die Beherrschungssituation „stets oder doch typisch solche Nachteile für die Gesellschaft bringe", nicht für möglich und verneint dementsprechend auch ein allgemeines Wettbewerbsverbot des herrschenden Aktionärs. 182 Gegen ein Wettbewerbsverbot, das ausschließlich auf das Gefährdungspotential des Autonomieverlustes abstellt, vgl. auch Immenga, J Z 1984, 578, 579 f. mit dem zusätzlichen Hinweis, dass es hier zu einer undifferenzierten Vorverlagerung des Minderheitenschutzes komme, bei dem weder die vom herrschenden Unternehmen angestrebte Leitungsstrategie noch das damit verbundene Maß der Gruppenintegration Berücksichtigung finde. 183 Salfeld, Wettbewerbsverbote im Gesellschaftsrecht (1987), S. 180; auch nach Emmerich/ Sonnenschein/Habersack, Konzernrecht § 8 III 4 c) sind die §§311 ff. A k t G zwar bewusst konzernoffen ausgestaltet, indes werde hier nur ein Schutz formuliert vor den allgemeinen, sich aus der Abhängigkeit ergebenden Gefahren, nicht aber vor den besonderen Gefahren, die sich aus der Abhängigkeit von einem konkurrierenden Unternehmen ergeben würden. Die Erkenntnis unterschiedlich intensiver Gefährdung der Minderheitsinteressen je nach Intensität der Verbundintegration liegt auch bei all denjenigen zugrunde, die nur eine lockere, dezentrale Konzernorganisation mit den §§311 ff. A k t G für vereinbar halten (grundlegend in diese Richtung Hommelhoff, Konzernleitungspflicht (1982), S. 129 ff.; Kropff, Z G R 1984, 117 f.; K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. § 31 IV 2 b). 184 Vgl. hierzu bereits oben S. 144 f. 1 8 5 Gegen das Bestehen treuepflichtfundierter, präventivschützender Wettbewerbsverbote in einer kapitalistisch ausgestalteten A G auch Tröger, Treupflicht im Konzern (2000), S. 243.

320

Kapitel III:

Treuepflichten im Konzern und ihre

Haftungskonsequenzen

Zungsregelung ausgeschlossen werden. Dies ist für die G m b H allgemein anerkannt 1 8 6 und auch auf die A G zu übertragen. Damit hat man unabhängig von dem Schadensersatzanspruch gegen den Gesellschafter ein scharfes Schwert zur Verfügung, um, falls es zu Nachteilszufügungen kommt 1 8 7 , diese für die Zukunft zu verhindern 1 8 8 .

3) Mehrheitsbezogene

Rücksichtnahmepflichten

N e b e n den mitgliedschaftlichen Treuepflichten gewinnen in einer faktisch abhängigen Gesellschaft mit Minderheitsgesellschaftern natürlich auch die mehrheitsbezogenen Treuepflichten besondere Bedeutung 1 8 9 . Wie bereits hervorgehoben wurde, kann sich aufgrund der Rücksichtnahmepflicht eines Mehrheitsaktionärs die Pflicht ergeben, die Interessen der Minderheitsaktionäre angemessen zu berücksichtigen. Diese Interessen betreffen auch das Interesse der Minderheitsaktionäre an der Beibehaltung des Wertes ihrer Aktien, der Veräußerbarkeit ihres Anteils sowie der H ö h e des ausgeschütteten Gewinns. So kann etwa der Kurs einer Aktie erheblich fallen, wenn ein G r o ß a k t i o n ä r seine Aktien „auf einen Schlag" auf den Markt wirft. H i e r muss der Großaktionär, soweit möglich und zumutbar, einen (kurs-)schonenden Weg suchen, seine Anteile zu veräußern 1 9 0 . Dies darf allerdings nicht dazu führen, dass das eigennützige Veräußerungsrecht realiter nicht verwirklicht werden kann. Insoweit kann es nur um eine Interessenabwägung im Einzelfall gehen. Rücksichtnahmepflichten können auch eine Rolle spielen, wenn Kleinaktionäre in ihrer Gesellschaft durch eine Beteiligungsübertragung „eingemauert" werden, etwa weil die Mehrheitsgesellschafter ihre Aktien in eine Holding einbringen und deren Aktien an der Börse einführen, womit die Aktien der Kleinaktionäre unverkäuflich werden können 1 9 1 . Auch dieses Beispiel zeigt, dass die Interessen der Mitglieder betroffen sein können, ohne dass das Eigeninteresse der Gesellschaft nachteilig berührt sein muss. Aus der mitgliedschaftlichen

Zweckförderungspflicht

Vgl. nur Hueck/Fastrick, in Baumbach/Hueck Anh. § 34 Rn. 2 m.w.N. Dass auch innerhalb eines Konzerns Wettbewerb unter Beachtung der Interessen einer abhängigen Gesellschaft grundsätzlich möglich ist, wird besonders deutlich, wenn man etwa an die Beteiligungsstrukturen in der Automobilindustrie denkt. 188 Im Übrigen ist bei einer offensichtlichen Schädigung auch an einen Anspruch aus § 826 B G B zu denken, vgl. auch Kropff, in MK zum AktG § 303 Rn. 69. 189 Bereits in der Regierungsbegründung wurde hervorgehoben, dass ein Aktionär, der als Unternehmer seinen beherrschenden Einfluss auf die Gesellschaft ausübt, in eine besondere Pflichtenstellung gegenüber den anderen Aktionären tritt. „Denn er verfügt auf Grund einer Machtposition, die von der Aktiengesellschaft in ihrer herkömmlichen Struktur nicht berücksichtigt worden ist, der Sache nach auch über das Vermögen seiner Mitaktionäre und darf hierbei die durch das gemeinsame Interesse aller Aktionäre gezogenen Grenzen nicht überschreiten" (Regierungsbegründung abgedruckt bei Kropff, AktG 1965 S. 408). 186 187

190

Ziemons/Jaeger,

AG 1996, 358, 361.

So lag der Fall in der in diesem Zusammenhang häufig herangezogenen Entscheidung des amerikanischen Supreme Court Jones v. Ahmanson & Co. 1 Cal. 3 d 93, 81 Cal. Reptr. 592, 460 P. 2 d 464 (1969); ausführlich zu dieser Entscheidung Grossmann, AG 1975,158 ff. 191

§ 8: Treuepflichten im Konzern

321

lässt sich in einem solchen Fall eine Treuepflichtverletzung nicht ableiten 1 9 2 . Sehr wohl kann aus dem Rücksichtsnahmegebot der Mehrheitsgesellschafter aber eine Pflicht abzuleiten sein, die Interessen an der Veräußerung der Beteiligung bzw. den Modalitäten der Veräußerung mit den Interessen der Minderheitsaktionäre abzuwägen. Die Anerkennung von Rücksichtnahmepflichten bedeutet keineswegs, dass die rechtlich geschützte Veräußerbarkeit einer Beteiligung als eigennütziges Recht des Gesellschafters 1 9 3 nicht mehr garantiert ist. Insbesondere bedeutet sie nicht, dass der Mehrheitsaktionär eine Kurspflege betreiben muss 1 9 4 . Wohl aber, dass auch eigennützige Rechte nicht schrankenlos ausgeübt werden dürfen und auch bei der Verwertung den Interessen der Minderheit Rechnung getragen werden muss 1 9 5 . Die Rechtsprechung des B G H 1 9 6 , nach der ein Auflösungsbeschluss keiner Inhaltskontrolle unterliegt, kann dieser Erkenntnis nicht entgegen gehalten werden, da die Gesellschaft bei einer Liquidation nicht fortbesteht und die Folgen einer Auflösung alle Gesellschafter gleichermaßen treffen. Die Nachteile einer Veräußerung treffen demgegenüber nur die in der Gesellschaft verbleibenden G e sellschafter, nicht aber den Veräußernden 1 9 7 . D a m i t kann aber u.U. auch eine Pflicht bestehen, Kleinaktionären zu erlauben, ihre Aktien ebenfalls in eine H o l d ing einzubringen 1 9 8 . Auch kann die Pflicht eines Großaktionärs zu bejahen sein, die Aktien nicht auf einmal an der Börse zu verkaufen, sondern als Paket außerhalb oder, wenn dies nicht möglich und zumutbar sein sollte, zumindest nach und nach. Entscheidend ist immer die Abwägung der Interessen im Einzelfall.

IV. Treuepßichten

zwischen Schwestergesellschaften eines Konzerns

Kurz einzugehen ist noch auf die Frage, inwieweit auch zwischen Schwestergesellschaften eines faktischen Unterordnungskonzerns Treuepflichten bestehen. Teilweise werden solche auch im Verhältnis zwischen Schwestergesellschaften damit begründet, eine Unterscheidung zwischen Pflichten, die bei jedem Rechtsverhältnis aus § 242 B G B abzuleiten wären, und echten gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten sei nicht sinnvoll, da Grundlage jeder Treuepflicht die Verbindung durch ein Sonderrechtsverhältnis sei. Ein solches läge aber auch zwischen Schwestergesellschaften eines K o n z e r n s vor, da hierfür jeder „irgendwie qualifizierte K o n t a k t " 192 Auch in der Literatur wird darauf hingewiesen, dass bei eigennützigen Rechten, wie etwa der Veräußerungsbefugnis, die Nähe zur Zweckverfolgung „geringer" ist und eine Beeinträchtigung der Interessen durch die Veräußerung der Beteiligung eines Kleinaktionärs nicht auftreten wird (Ziemons/Jaeger; AG 1996, 358, 361 m.w.N.). 193 Zur Unterscheidung zwischen eigennützigen und uneigennützigen Rechten vgl. Hueck in FS HübnerS. 72, 81. 194 Vgl. bereits oben S. 287 ff. 195 Ziemons/Jaeger, AG 1996, 358, 361 m.w.N. 196 BGH v. 28.1.1980 = BGHZ 76, 352, 353; BGH v. 1.2.1988 = BGHZ 103, 184. 190. 197 Ziemons/Jaeger, AG 1996, 358, 362. 198 So die Entscheidung des Supreme Court im Fall Jones v. Ahmanson & Co.

322

Kapitel III: Treuepflichten

im Konzern

und ihre

Haftungskonsequenzen

genüge 199 . Die Gründe, die gegen die Herleitung mitgliedschaftlicher und mehrheitsbezogener Treuepflichten aus dem allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben sprechen, wurden bereits ausführlich dargelegt 200 . Auf sie kann verwiesen werden 201 . Der Hinweis auf das Bestehen einer Sonderverbindung ist wenig weiterführend. Insbesondere lässt sich kaum definieren, was unter einer Sonderverbindung zu verstehen ist und welcher soziale Kontakt noch ausreichen soll, um von einem Sonderrechtsverhältnis zu sprechen. Gute Gründe sprechen daher auch dafür, dieses Merkmal ganz aufzugeben 202 . Die Einbindung in ein Netzwerk, die eine Sonderverbindung zwischen den Netzwerkbeteiligten begründen soll 203 , genügt zur Herleitung von besonderen Treuepflichten und einer daran anknüpfenden Haftung für den Fall ihrer Verletzung nicht. N a c h J . Schmidt erschöpft sich die Aussagekraft des § 242 B G B gar in der Formulierung eines Aufrufs an alle Rechtsbeteiligten, sich redlich und gerecht zu verhalten 204 . Mitgliedschaftliche Treuepflichten zwischen nicht aneinander beteiligten Töchtern eines herrschenden Unternehmens können so nicht erklärt werden. Auch bestehen mangels qualifizierter Einwirkungsmöglichkeiten keine mehrheitsbezogenen Treuepflichten 205 . Soweit eine Schwestergesellschaft im Interesse einer anderen benachteiligt wird, beruht dies in der Regel auf der Entscheidung und der Macht der Muttergesellschaft 206 .

V. Treuepflichten in mehrstufigen

Abhängigkeitsverhältnissen

Bleibt die Frage, wie Einwirkungen einer Muttergesellschaft auf eine ihrer Enkelgesellschaften zu behandeln sind. Obwohl vielfach eine wie auch immer geartete Treuepflicht als Grundlage der Haftung des nur mittelbar herrschenden Unternehmens abgelehnt wird 2 0 7 , sind nach ganz herrschender Ansicht der Muttergesellschaft schädigende Einwirkungen auch auf die Enkelgesellschaft dennoch verboten 2 0 8 . Mit der Forderung, die aus dem Mitgliedschaftsverhältnis zwischen Tochter 199 200 201 202

So Jaschinski, Die Haftung von Schwestergesellschaften (1997), S. 162. Hierfür etwa Hennrichs, AcP 195 (1995), S. 221, 229 ff. Vgl. oben S. 180 f. Vgl. insb./. Schmidt, in Staudinger (1995) § 242 Rn. 159; vgl. aber auch Medicus,

§16113; Roth in MK § 242 Rn. 53 ff., 56.

SchuldR

Tröger, Treupflicht im Konzernrecht (2000), S. 55 sowie sogleich unten S. 323. J. Schmidt, in Staudinger (1995) §242 Rn. 180; vgl. auch Schultze-v. Lasaulx, in Soergel § 38 Rn. 6 („die Treuepflicht geht weiter als das zwischen sonstigen Rechtsbeteiligten einzuhaltende allgemeine Verhalten von Treu und Glauben"). 2 0 5 A.A. wohl Jaschinski, Die Haftung von Schwestergesellschaften im GmbH-Unterordnungskonzern (1997). 2 0 6 Inwieweit in einem Gleichordnungskonzern Treuepflichten bestehen, wird an späterer Stelle noch näher zu erörtern sein (vgl. unten S. 483). 207 Koppensteiner, in Rowedder, 4. Aufl., Anh. nach § 52 Rn. 76; K r o p f f , in FS Semler S. 517, 536; Schneider, B B 1980 S. 1057, 1061; zweifelnd auch Laule, in FS Semler S. 541, 550; ablehnend auch Reiner, Gesellschaftsinteresse (1995), S. 137 ff., 186 ff. 208 Assmann, in FS 100 Jahre G m b H G S. 657, 708 ff.; Emmerich, in Scholz, 9. Aufl. Anhang Konzernecht Rn. 79; Eschenbruch, Konzernhaftung (1996) Rn. 3374; Kleindiek, Strukturvielfalt 203 204

§ 8: Treuepflichten

im

Konzern

323

und Enkelgesellschaft begründeten Bindungen auf die Verbundspitze zu erstrecken 209 , ist allerdings noch nicht gesagt, worauf eine solche Erstreckung zu stützen ist. Auch der Appell Teubners, man solle Treuepflichten nicht „mühselig" aus dem Mitgliedschaftsstatus der Muttergesellschaft im Verband der Tochtergesellschaft herleiten, sondern unmittelbar dem Konzernverbund, verstanden als Netzwerk, entnehmen 210 , liefert keine Begründung 211 . Zwar ist ihm darin zuzustimmen, dass Treuepflichten als „Pendant konzernrechtlicher Leitungsmacht" entwickelt werden können 212 . Dies gilt allerdings nur für machtbezogene Rücksichtnahmepflichten. Mitgliedschaftliche Treuepflichten setzen indes die Mitgliedschaft voraus 213 . Auch die Feststellung des BGH, die Treuepflicht könnte über die Gesellschaft, an der eine Beteiligung bestehe, hinausweisen und auch nachteilige Veranlassungen in anderen gruppenzugehörigen Unternehmen erfassen, an denen eine Tochtergesellschaft eine unternehmerische Beteiligung hält, liefert keine tragende Begründung, auf was dieses „Hinausweisen" zu stützen sein soll. Die Erstreckung des Wettbewerbsverbots nach § 112 HGB auf ein an der Personengesellschaft nicht beteiligtes Unternehmen in der //e»ra.

D i e dort gemachten Ausführungen

können die Auffassung des B G H indes nicht stützen. So weist Kowalski

lediglich

darauf hin, dass eine Globalhaftung auch im Konkurs zum Tragen k o m m t , wenn die Eingriffe der Konzernmutter nicht mehr individualisierbar sind 4 6 0 . Demgegenüber bejahte Drygala

in allen Fällen der Insolvenz des abhängigen Unternehmens

eine Globalhaftung, womit sowohl die Fälle vor als auch nach Löschung erfasst wären 4 6 1 . Überwiegend und zu Recht wird indes weder in der Insolvenz noch in der Löschung einer Gesellschaft ein sachlicher G r u n d für die Verneinung der Einzelausgleichsfähigkeit zugefügter Nachteile gesehen 4 6 2 . Vielmehr ist auch nach Löschung einer Gesellschaft eine Einzelzwangsvollstreckung möglich, wenn sich herausstellt, dass die G m b H noch über Vermögen verfügt und deshalb nicht vollständig abgewickelt ist 4 6 3 .

453 Vgl. etwa OLG München NZG 1999, 1168, 1170, dagegen zu Recht Michalski/Koja de Vries in der hierzu ergangenen Anmerkung NZG 1999, 1170. 454 OLG München v. 3.12.1997 = DB 1998, 614. 455 Gültig bis 31.12.1998. 456 BGH v. 12.2.1996 - ZIP 1996, 637 = N J W 1996, 1283, 1284; vgl. dazu auch Zeidler, GmbHR 1997, 881, 882 f.; OLG Köln v. 26.8.1996 = GmbHR 1997, 220 m. Anm. von Schwennicke, WiB 1996, 526 und Gummen, WiB 1997, 529. 457 Vgl. auch Goette, Haftung im qualifiziert faktischen GmbH-Konzern (2002), S. 11, 22. 458 GmbHR 1993, 253 ff. 4 5 9 GmbHR 1993, 317 ff. 460 GmbHR 1993, 253,257. 461 Vgl. hierzu auch eingehend Zeidler, GmbHR 1997, 881, 882. 462 Vgl. Zeidler, GmbHR 1997, 881, 882. 463 Stellt sich nach der Löschung heraus, dass eine Gesellschaft noch über Vermögen verfügt, besteht die gelöschte Gesellschaft nach ganz h.M. fort (Schulze-Osterloh, in Baumbach/Hueck GmbHG, 17. Aufl. § 60 Rn. 67 m.w.N. auch zur Gegenmeinung). Für den Fall eines masselosen Konkurses hat auch der BGH in seinem Urteil v. 2.10.2000 = NJZ 2001, 370 = N Z G 2001, 126 unlängst festgestellt, dass dies einen Gesellschaftsgläubiger nicht hindert, einen Erstattungsanspruch der Gesellschaft zu pfänden und sich überweisen zu lassen, dazu Kiethe/Groeschke,

§9:

Der Scheidensersatzanspruch

der abhängigen

Gesellschaft

363

Auch der Ansicht, man solle an das „Tatbestandsmerkmal" der mangelnden Ausgleichsfähigkeit keine zu hohen Anforderungen stellen und auch in Fällen, in denen ein Einzelausgleich grundsätzlich möglich wäre, die pauschalierende Ausgleichsregelungen der §§ 302 ff. AktG analog heranziehen464, konnte bereits vor Bremer Vulkan nicht gefolgt werden. Hier fehlt es bereits an der grundsätzlichsten Voraussetzung zur Begründung einer Analogie, der Regelungslücke. Die hierfür angeführten Prozessrisiken des Klägers können prinzipiell nicht dafür herhalten, Haftungstatbestände über das systematisch Notwendige hinaus auszudehnen oder gar zu begründen 465 . In einer zentral geführten Unternehmensgruppe ist die Einzelausgleichsfähigkeit aufgrund der Dichte der durchgeführten Leitungsmaßnahmen sicher problematisch, was den Ruf nach der Anwendung der Regeln über den Verlustausgleich laut werden ließ. Man glaubte, dass in diesem Fall eine Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO nicht gelingen könne 466 bzw. man die Regelung zur Schadensfeststellung überdehnen müsste 467 . Bereits nach TBB hatte sich gleichwohl die Erkenntnis durchgesetzt, dass ein Einzelausgleich tatsächlich in weitaus größerem Umfang möglich ist, als zu Beginn der Diskussion um den qualifiziert faktischen Konzern angenommen468. Auch in einem zentral geführten Konzern können die Möglichkeiten zur Schadensbestimmung keineswegs prinzipiell als untauglich qualifiziert werden. Hier darf nicht aus „prozessökonomischen" Gründen eine sachlich nicht zu rechtfertigende Analogie gebildet werden, um eine gewünschte Rechtsfolge zur N Z G 2001, 504; vgl. auch Goette, Haftung im qualifiziert faktischen GmbH-Konzern (2002) S. 11,22. 464 Drygala, G m b H R 1993, 317, 320 unter Hinweis darauf, dass anderenfalls die Rechtsverteidigung im Prozess sich auf den Einwand konzentrieren könnte, die zugefügten Nachteile seien einzelausgleichsfähig, was für den Kläger ein erhebliches Prozessrisiko begründe. 465 Zu kritisierten war es daher auch, dass der B G H in der Tßß-Entscheidung ( B G H v. 29.3.1993 = N J W 1993,1200, 1201= WM 1993, 687, 689; insoweit in B G H Z 122,123 ff. nicht abgedruckt) meinte, auf das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs wegen verspäteter Insolvenzanmeldung aus §823 Abs. 2 B G B i.V.m. §64 Abs. 1 G m b H G käme es nicht an, wenn die Klage sich - auch - insoweit unter dem Gesichtspunkt der Konzernhaftung als begründet erweisen sollte; die Auffassung, dass hier eine konzernrechtlichen Haftung nicht nötig war, vertritt auch Altmeppen, EWiR 1993, 327 § 302 AktG 2/93 (Altmeppen). 466 Vgl. auch Zöllner, Z H R 162 (1998), 235, 240. 467 Hüffer, AktG § 317 Rn. 9 m.w.N. 468 Vgl. insbesondere auch B G H vom 2.10.2000 = N J W 2001, 370 = WM 2000, 2382 = N Z G 2001, 126 = D B 2000, 2420 = ZIP 2000, 2163 unter Aufhebung des Urteils des O L G München v. 28.1.1999 = N Z G 1999, 1169, das zuvor eine Einzelausgleichsmöglichkeit verneint hatte; vgl. auch O L G Celle v. 18.11.1998 = AG 1999, 572, 573; O L G Bremen v. 18.5.1999 = ZIP 1999,1671, 1673 m. Anm. Müller, EWiR 1999, 1057f.; O L G Oldenburg Urteil v. 10.2.2000 = N Z G 2000, 555; weitere Nachweise bei Michalski/Zeidler, N J W 1996, 224, 226; Jäger, N Z G 2001, 97, 105; deutlich auch Goette, DStR 2000, 1066; auch in der /iKto&rara-Entscheidung scheiterte eine Haftung aufgrund der Regelungen des Kapitalersatzes offensichtlich nur daran, dass die Klägerin die entsprechenden Ansprüche der vermögenslosen Gesellschaften nicht hatte pfänden und überweisen lassen. Die Quantifizierung dieser Ansprüche bereitete offensichtlich aber keine Schwierigkeiten, da eine Durchgriffshaftung wegen Vermögensvermischung durch den B G H gerade deshalb abgelehnt worden war, weil das Landgericht eine „wegen undurchsichtiger Buchführung verschleierte" Abgrenzung zwischen Privat- und Gesellschaftsvermögen nicht hatte feststellen können.

364

Kapitel

III:

Treuepflichten

im Konzern

und ihre

Haftungskonsequenzen

Anwendung zu bringen. Dies wurde mit Bremer Vulkan deutlich festgeschrieben. Vor dem Hintergrund der in TBB niedergelegten Haftungsvoraussetzungen war aber auch bereits vor dieser Entscheidung die Zuerkennung des Verlustausgleichsanspruchs im Kern als pauschalierter Schadensersatzanspruch zu verstehen 469 , was insbesondere dadurch deutlich wurde, dass auch der B G H einen Anspruch nur insoweit annahm, wie die eingetretenen Verluste auf den Einfluss des herrschenden Gesellschafters zurückzuführen waren 470 . Da es sich somit nur um eine Form der Problembewältigung im Zusammenhang mit dem Nachweis der Höhe des durch einen Eingriff in das Eigeninteresse einer abhängigen Gesellschaft eingetretenen Schadens handelte, war es nur konsequent, den Anspruch nicht daran festzumachen, ob ein Konzern vorliegt oder nicht 471 , und sich schließlich endgültig von der Analogie zu den §§ 302, 303 AktG zu lösen. Damit treten aber umso mehr die allgemeinen Grundsätze zur Ermittlung eines Schadens wieder in den Mittelpunkt des Interesses. Freilich wird häufig bereits die Frage nach dem Vorliegen nachteiliger Eingriffe überhaupt für außenstehende Gläubiger mangels Einblicksmöglichkeiten in die inneren Angelegenheiten einer Gesellschaft Schwierigkeiten bereiten. Insoweit ist auch der Rückgriff auf § 287 ZPO versperrt, da der konkrete Haftungsgrund grds. nach § 286 ZPO nachzuweisen ist, ehe ein Schaden nach § 287 ZPO auf der Rechtsfolgenseite geschätzt werden kann 472 . Dafür reicht die Begründung eines unkontrollierbaren Zustandes nicht aus 473 . Die Darlegung konkreter Anhaltspunkte für einzelne schädigende Maßnahmen des herrschenden Unternehmens wurde aber auch nach dem TBBUrteil verlangt 474 , da das Unvermögen der abhängigen Gesellschaften, ihren Verbindlichkeiten nachzukommen, „infolge" der Einwirkungen des herrschenden Unternehmens eingetreten sein musste 475 . Dabei wurden der Klägerseite hinsicht469 prieSfer! ; n pg Semler S. 561, 567; vgl. aber auch Altmeppen, in Roth/Altmeppen (3. Aufl.) Anh. § 1 3 Rn. 158,182. 4 7 0 Vgl. bereits oben S. 359 ff. 4 7 1 Vgl. auch Emmerich, in Scholz, 9. Aufl. Anhang Konzernrecht Rn. 113 m.w.N. 4 7 2 B G H v. 13.12.1951 = B G H Z 4 , 192, 196; B G H v. 11.1.1972 = B G H Z 58, 48, 53; B G H v. 27.2.1973 = LM Nr. 43 Z P O § 287 = N J W 1973,1413; B G H v. 28.4.1982 = N J W 1983, 998; ( G r e ger, in Zöller § 287 Rn. 3 m.w.N.). 4 7 3 So zu Recht Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 511 f. gegen Schieß, Personengesellschaft (1985), S. 93 f., der auf die „treuwidrige Bildung eines qualifiziert faktischen Konzerns ohne entsprechenden Gesellschafterabschluss" abstellen wollte. Dem wird entgegengehalten, dass es nicht möglich ist, die qualifizierte Konzernierung als Primärverletzung und die späteren Eingriffe als Folgeverletzungen anzusehen, da die konkrete Benachteiligung nicht erst durch die konzernbedingte Unkontrollierbarkeit, sondern völlig unabhängig davon eintreten kann (Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 511 f. m.w.N.). 4 7 4 Darüber hinaus musste der Kläger Umstände darlegen und beweisen, die die Annahme zumindest nahe legten, dass bei der Unternehmensführung die Belange der G m b H über bestimmte konkret ausgleichsfähige Einzeleingriffe hinaus beeinträchtigt wurden; zur Beweislastverteilung ausführlich Kowalski, G m b H R 1993, 258; Westermann, ZIP 1993, 554, 557; Drygala, G m b H R 1993, 28; Ummer, DStR 1993, 768; Schneider, W M 1993, 782. 4 7 5 B G H v. 29.3.1993 = B G H Z 122, 123, 130 (TBB); vgl. auch B G H v. 25.11.1996 = N J W 1997, 943, 944 ( M a n t e l k a u f ) .

§ 9: Der Schadensersatzanspruch

der abhängigen

Gesellschaft

365

lieh des Nachweises der Voraussetzungen für das Vorliegen eines entsprechenden Missbrauchstatbestandes aber maßgebliche Erleichterungen bei der Substantiierungslast zugestanden. Zwar reicht es nicht aus, wenn der Kläger auf eine enge Konzernführung, auf Personalunion bei den Organen, breite Zustimmungskataloge für die Geschäftsführung oder auf die Geschäftsführung durch einen EinmannGesellschafter hinweist 4 7 6 . Erst recht ist der schlichte Hinweis auf die Insolvenz der Gesellschaft unzureichend 4 7 7 , da es einen Erfahrungssatz, dass Insolvenzen abhängiger Gesellschaften auf das Verhalten eines herrschenden Unternehmens zurückzuführen sind, nicht gibt 4 7 8 . D a der Kläger die Interna der abhängigen Gesellschaft im allgemeinen jedoch nicht kennt, sind diesem bei der Substantiierung und Beweislast wegen Beweisnot, Beweisvereitlung oder fehlenden Einblicks in die Sphäre der anderen Partei aber weitgehende Erleichterungen zuzugestehen 4 7 9 . So genügt es, wenn der Kläger konkrete Anhaltspunkte für nachteilige Eingriffe seitens des herrschenden Unternehmens darlegt, wobei auch hinsichtlich der Frage, ob eine Maßnahme auf einer Veranlassung des herrschenden Unternehmens beruht, auf die im faktischen A k tienkonzern anerkannten Vermutungen zurückzugreifen ist 4 8 0 . Kann der Kläger weitere Einzelheiten wegen fehlenden Einblicks in den Konzernbereich indes nicht vortragen, gilt sein Vorbringen nach § 138 Abs. 3 Z P O dann als zugestanden, wenn der Beklagte, der im Gegensatz zum Kläger die maßgebenden Tatsachen kennt, dem nicht substantiiert entgegentritt 4 8 1 . Dies gilt auch insoweit, als der Vortrag mangels Einblicks in den dem Beklagten zugänglichen Geschehensbericht nicht den sonst zu stellenden Anforderungen genügt 4 8 2 . D e r herrschende Gesellschafter muss insb. widerlegen, dass sich die von ihm veranlassten Maßnahmen nicht mehr im Ermessensspielraum eines sorgfältigen Geschäftsleiters gehalten haben 4 8 3 . A u f dieser Grundlage wird es aber weitgehend auch Außenstehenden möglich sein 4 8 4 , den erforderlichen Nachweis über das Vorliegen nachteiliger Eingriffe durch die Obergesellschaft zu erbringen 4 8 5 . Anders zum Einmann-Gesellschafter, Westermann, ZIP 1993, 558. Ulmer, in Hachenburg Anh. § 13 Rn. 151/152; Lutter/Hommelhoff, 15. Aufl., Anh. § 13 Rn. 36; a.A. Schneider, WM 1993, 784; Burgard, WM 1993, 933. 478 Kropff, AG 1993, 485, 494. 4 7 9 Dass die seit TBB anerkannten Erleichterungen, bezüglich Darlegung und Beweis sowohl bei Treuepflichtsverletzungen aber auch bei Ansprüchen aus §§ 30, 31,43 Abs. 3 GmbHG auch nach Bremer Vulkan Bestand haben müssen, dürfte nicht bestreitbar sein (vgl. auch Altmeppen, ZIP 2001, 1837,1840 in Fn. 34). 4 8 0 Vgl. oben S. 85 ff. 481 Vgl. auch Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 516. 482 Für die Pauschalhaftung Urteil v. 29.3.1993 = BGHZ 122,123 = WM 1993, 687 = WuB II C § 13 GmbHG 1.93 U.H. Schneider. 483 Zum Verschulden vgl. bereits oben S. 337ff. sowie Lutter/Hommelhoff, Anh. § 13 Rn. 18. 484 Zu den Fällen der Vermögensvermischung vgl. allerdings noch unten S. 368 ff. 4 8 5 Dass das erhöhte Risiko der Verletzung der mitgliedschaftlichen Treuepflicht durch ein herrschendes Unternehmen und die dabei bestehenden Beweisschwierigkeiten mit Hilfe der Grundsätze der Beweiserleichterung bzw. Beweisverteilung bewältigt werden können, nimmt auch Hommelhoff, ZGR 1994, 395, 407 an. 476 477

366

Kapitel III:

Treuepflichten

im Konzern

und ihre

Haftungskonsequenzen

S o w e i t diese f e s t s t e h e n , sich a b e r a u c h die F o l g e n d e r s e l b e n n i c h t m e h r k o n k r e t n a c h w e i s e n lassen, k a n n auf die im G e s e t z n o r m i e r t e n B e w e i s e r l e i c h t e r u n g e n bei der S c h a d e n s b e s t i m m u n g z u r ü c k g e g r i f f e n w e r d e n 4 8 6 . S o ist h i e r z u n ä c h s t auf § 2 8 7 Z P O zu v e r w e i s e n 4 8 7 . E i n S c h a d e n , der d u r c h die V e r l e t z u n g der T r e u e p f l i c h t e n t s t a n d e n ist u n d sich n i c h t genau b e z i f f e r n b z w . isolieren lässt, ist nach § 2 8 7 Z P O zu s c h ä t z e n 4 8 8 . D a n e b e n ist a b e r a u c h § 2 5 2 S. 2 B G B zu n e n n e n 4 8 9 . F r e i l i c h w i r d die „freie Ü b e r z e u g u n g " in § 2 8 7 Z P O k a u m zu e i n e m a n d e r e n E r g e b n i s als das W a h r s c h e i n l i c h k e i t s u r t e i l des § 2 5 2 S. 2 B G B f ü h r e n 4 9 0 , w e s h a l b häufig a u c h beide V o r s c h r i f t e n n e b e n e i n a n d e r g e n a n n t w e r d e n 4 9 1 . A u c h bei der R e g e l u n g in § 2 5 2 A b s . 2 B G B h a n d e l t es sich u m eine F o r m der B e w e i s e r l e i c h t e r u n g 4 9 2 , die d e m

486 Dass der „Kern des Problems" die Beweisfrage ist, die es mit allgemeinen Beweislastgrundsätzen zu lösen gilt, nimmt auch Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 425 f., an. 487 Vgl. auch bereits Schulze-Osterlohe, Z G R 1983, 123, 125 f.; Gäbelein, AG 1990, 185, 187 (für die AG); Koppensteiner, in Rowedder Anh. § 52 Rn. 104 (für die GmbH), ders., Z H R - Beiheft 62/1989 S. 87, 98 f (für die AG), wobei letzterer allerdings die Heranziehung des Verlustes als Mindestschaden nur dann für möglich hält, wenn die Gesellschaft vor Eintritt des haftungsbegründenden Tatbestandes zumindest ausgeglichen bilanziert hat und nicht damit zu rechnen war, dass sich dies bei Beibehaltung des Status quo geändert hätte; für die Möglichkeit einer Heranziehung des §287 ZPO zur Bestimmung des konkreten Schadens aufgrund eines feststehenden Einzeleingriffs wird in der Literatur zu Recht insbesondere auch die „Saldenverrechnungsvereinbarung" im 7*ßS-Sachverhalt beispielhaft genannt (vgl. etwa Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S.513, 537; Kropff, AG 1993, 485, 494; Reiner, Gesellschaftsinteresse (1995), S. 288). 488 K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. § 39 III 4 b) bb); auch bei börsennotierten Gesellschaften kann man insoweit nicht einfach auf den Aktienkursverlust abstellen. Eine Schadensberechnung auf der Basis der Aktienkursverluste ist von vornherein bereits deshalb fragwürdig, da neben der in Frage stehenden Schadenshandlung für eine Kursveränderung zahlreiche Ursachen bestehen können, die sich im Einzelnen kaum feststellen bzw. beziffern lassen. Vor allem muss sich eine Schadenshandlung aber auch nicht unmittelbar in einem Kursverlust niederschlagen (für den Schaden eines Aktionärs aufgrund einer Treuepflichtsverletzung hielt der B G H in seinem „Girmes"-Urteil ( B G H v. 20.3.1995 = WM 1995, 882; vgl. hierzu Bungert, D B 1995,1749 ff.; Müller, ZIP 1994, 1416 ff.) die Schadensberechnung auf der Basis von Aktienkursverlusten allerdings für möglich). 489 Nach § 252 S. 2 B G B kann derjenige Gewinn ersetzt verlangt werden, der nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten gewesen wäre. 490 Vgl. nur Schiemann, in Staudinger § 252 Rn. 18 m.w.N. 491 Vgl. etwa B G H v. 15.3.1988 = N J W 1988, 3016; B G H v. 31.3.1992 = NJW - R R 1992, 852; B G H v. 6.7.1993 = N J W 1993, 2673; B G H v. 10.12.1996 = N J W 1997, 941. 492 Besondere Bedeutung hat die Regelung des § 252 S. 2 B G B seit langem in den Fällen, in denen es um die Frage nach dem Umfang eines Schadensersatzanspruchs bei der Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit einer selbständig tätigen Person geht. Auch hier wird die Rechtsprechung häufig vor schwierige Aufgaben bei der Schadensbezifferung gestellt. Diese Fälle sind aber mit den hier in Rede stehenden Konstellationen vom Grundsatz her vergleichbar. Auch hier geht es um die Feststellung eines Schaden, den eine (juristische) Person dadurch erleidet, dass sie nicht mehr frei ihr unternehmerisches Ziel, die Gewinnerzielung, verfolgen kann, sondern durch einen anderen, in den hier interessierenden Fällen dem herrschenden Unternehmensgesellschafter, ge- bzw. behindert wird (vgl. hierzu ausführlich Knobhe-Keuk, VersR 1976, 401, 406 ff.; zu den betriebswirtschaftlichen Rechenmethoden zur Ermittlung eines Schadens Frotz, VersR 1995, 1022 ff.).

§9:

Der Schadensersatzanspruch

der abhängigen

Gesellschaft

367

Schädiger aber die Möglichkeit belässt, nachzuweisen, dass der Geschädigte im konkreten Fall einen geringeren oder gar keinen Gewinn gemacht hätte 4 9 3 . Im Einzelfall kann hierauf sicher auch ein Anspruch auf Verlustausgleich gestützt werden. Einen solchen wird man annehmen müssen, wenn die Gesellschaft vor Beginn der schädigenden Einflussnahme eine ausgeglichene Bilanz gehabt und erst in deren Folge Verluste erlitten hat, obwohl die Bedingungen am Markt unverändert geblieben sind 4 9 4 . Da der Schadensersatzanspruch grundsätzlich auf Rückgängigmachung des Eingriffs gerichtet ist, muss ein entsprechender Ausgleich in Geld alle Verluste erfassen, die infolge des Eingriffs im Folgenden gemacht wurden. Der Schadensersatzanspruch ist allerdings keineswegs auf einen bloßen Verlustausgleich beschränkt. Wurde vor der Verletzungshandlung Gewinn erzielt, kann der Schadensersatzanspruch auch über einem bloßen Verlustausgleich liegen und die abhängige Gesellschaft den entgangenen Gewinn verlangen, der „mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte" (§ 252 S. 2 B G B ) . Zu denken ist hierbei etwa an Fälle, in denen eine gewinnträchtige Produktion aufgrund der Einflussnahme des herrschenden Unternehmens eingestellt wurde, ohne dass der Markt hierzu Veranlassung gegeben hatte, oder von diesem gar übernommen wurde. Auf der anderen Seite kann, wenn bereits bisher Verluste erzielt wurden, diese sich durch die Eingriffe aber noch erhöht haben, der Anspruch der abhängigen Gesellschaft auch nur diesen Teil der erlittenen Verluste erfassen. Entsprechendes gilt, wenn Veränderungen am Markt für Teile der Verluste verantwortlich gemacht werden können. Wichtigster Vergleichsmaßstab sind hier natürlich die früheren Bilanzen der abhängigen Gesellschaft, wobei allerdings auch das Bilanzergebnis insoweit nicht unbesehen übernommen werden darf. Vielmehr sind etwaige außerordentliche Erträge aus der Auflösung offener oder stiller Reserven aus dem festgestellten Gewinn herauszunehmen, ebenso wie auf der anderen Seite etwaige Sonderabschreibungen berücksichtigt werden müssen. Der Rückgriff auf diese Daten ist freilich nur solange möglich, wie eine ordnungsgemäße Buchführung vorliegt. N u r durch Einhaltung der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung wird sichergestellt, dass der Rechtsverkehr im Bedarfsfall zuverlässige Informationen über Herkunft, Bestand und Abfluss des Gesellschaftsvermögens erhält. Ist die Buchführung unrichtig bzw. unvollständig sind einzelne Maßnahmen i.d.R. nicht nachweisbar, geschweige denn ihre Beurteilung als vor- oder nachteilig mög4 9 3 Damit sind letztendlich die Umstände des konkreten Falles relevant (Grunsky, § 252 in M K Rn. 11), weshalb es sich hier auch nicht um den Fall einer abstrakten Schadensberechnung handelt; zwar ist die Terminologie hier nicht eindeutig. Zu folgen ist aber der Ansicht, dass eine abstrakte Schadensberechnung nur vorliegt, wenn der Geschädigte einen bestimmten Betrag als Mindestschaden ersetzt verlangen kann, unabhängig davon, ob er einen konkreten Vermögensnachteil erlitten hat (vgl. etwa § 288 B G B , § 376 Abs. 2 H G B ) ; dies sind indes nicht die Fälle, um die es hier geht (Grunsky, § 2 5 2 in M K Rn. 11; Knohbe-Keuk, VersR 1976, 401; Rüßmann, in AK vor §§ 249-253 Rn. 43). 4 9 4 Vgl. auch Koppensteiner, in Ulmer (Hrsg.), S. 87, 99; Kropf'f, A G 1993, 485, 494; SchulzeOsterloh, ZIP 1993, 1838; zur Möglichkeit der Schadensschätzung in Höhe des Jahresverlustes im Rahmen des § 3 1 7 A k t G vgl. Koppensteiner, in K K § 3 1 7 Rn. 19; dagegen Zöllner, in GS Knoppe-Keuk S. 369, 376.

368

Kapitel III:

Treuepflichten im Konzern und ihre

Haftungskonsequenzen

lieh. W o m i t man bei dem eigentlichen Problem der Unmöglichkeit der D u r c h f ü h rung eines Einzelausgleichs angelangt wäre 4 9 5 . D i e Pflicht, die Bücher einer Gesellschaft ordnungsgemäß zu führen, obliegt allerdings der Geschäftsleitung ( § 4 1 G m b H G , § 9 1 A k t G ) . Eine Inanspruchnahme der herrschenden Gesellschaft für die Verletzung einer entsprechenden Pflicht wäre allenfalls denkbar, wenn diese die Stellung eines faktischen Geschäftsführers eingenommen hätte 4 9 6 bzw. die Buchführungspflichten als Schutzgesetze zu qualifizieren wären und die Obergesellschaft zu deren Verletzung angestiftet hat. Sowohl die Qualifizierung einer Muttergesellschaft als faktische Geschäftsführerin als auch die Anstiftung zur Verletzung eines Schutzgesetzes sind jedoch Problembereiche, die nicht nur für die Haftung wegen der Verletzung von Buchführungspflichten Relevanz haben, weshalb sie auch gesondert diskutiert werden sollen 4 9 7 . Von der „ b l o ß " unsorgfältigen Buchführung sind allerdings wiederum die Fälle zu unterscheiden, in denen die Vermögen zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft regelrecht vermischt wurden. F ü r den Fall einer Vermögensvermischung ist eine Durchgriffshaftung auf die Muttergesellschaft weitgehend anerkannt. bb) D i e Fälle der Vermögensvermischung Grundlegendste Voraussetzung, einzelne Eingriffe auf die abhängige Gesellschaft ebenso wie einen hierdurch verursachten Schaden feststellen zu können, ist, dass deren Vermögen nicht mit dem des herrschenden Gesellschafters vermischt wurde. In der Literatur wurde verschiedentlich daher auch bereits die Frage gestellt, ob es sich bei den vormals mittels einer eigenständigen Konzernhaftung gelösten Fällen nicht vielmehr um Probleme der Vermögensvermischung gehandelt habe 4 9 8 . Von einer Vermögensvermischung ist auszugehen, wenn eine rechtliche Zuordnung der Vermögensgegenstände aufgrund einer unzureichenden Trennung der Vermögensmassen der Gesellschaft und ihrer Gesellschafter nicht mehr möglich ist 4 9 9 . In A b grenzung hierzu spricht man von Sphärenvermischung 5 0 0 , wenn die Trennung zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern nach außen verschleiert wird 5 0 1 . Insoweit handelt es sich um Fälle, in denen im organisatorischen Bereich die Sphäre der Gesellschaft und der Gesellschafter nicht unterschieden wird. Damit handelt es

495 496

Vgl. auch OLG Bremen v. 18.5.1999 = ZIP 1999, 1671 (Bremer Vulkan). Wobei sich wiederum die Frage nach der Höhe des hierdurch eingetretenen Schadens

stellt. Vgl. unten S.396ff., 416ff. Schulze-Osterloh, ZIP 1993, 1838,1841; ähnlich Versteegen, DB 1993,1225,1231; vgl. in diesem Zusammenhang auch Altmeppen, in Roth/Altmeppen (3. Aufl.) Anh. § 13 Rn. 179. 499 Geißler, GmbHR 1993, 71, 73; Lutter/Hommelhoff, 15. Aufl. § 13 Rn. 10 m.w.N. 500 Lutter, ZGR 1982, 244, 251; Baumbach/Hueck, §13 Rn. 5; Rehbinder, in FS Kübler S. 493, 498 f., 501; Ehricke, AcP 1999, 257, 299f; anders K. Schmidt, GesR 4. Aufl. § 9 IV 2, der den Begriff der Sphärenvermischung als Oberbegriff verwendet und hierunter die Fälle der gegenständlichen Sphärenvermischung und der haftungsbegründenden Sphärenvermischung fasst. 501 Als Beispiele werden insoweit genannt: die Führung ähnlicher Firmen, gleiche Geschäftsräume, gleiches Personal {Lutter/Hommelhoff, 15. Aufl. § 13 Rn. 11). 497 498

§ 9: Der Schadensersatzanspruch

der abhängigen

Gesellschaft

369

sich aber um ein Offenkundigkeitsproblem des Firmen- und Stellvertretungsrechts, aufgrund dessen eine Vertrauenshaftung entstehen kann 5 0 2 , nicht aber, wie vielfach angenommen wird 5 0 3 , um den Fall einer echten Durchgriffshaftung. F ü r die hier interessierenden Fälle der Unmöglichkeit eines Einzelausgleichs ist allein der Sachverhalt der Vermögensvermischung näher zu betrachten 5 0 4 . D i e Frage bleibt, wie ein hierauf gestützter Anspruch gegen das herrschende U n t e r n e h men dogmatisch zu begründen ist, auch wenn dies teilweise nicht mehr für notwendig gehalten wird 5 0 5 . Zwar sieht man weitgehend in der Vermögensvermischung einen der „wenigen relativ klar umrissenen Tatbestände" 5 0 6 im Bereich der Durchgriffshaftung, der sowohl von Seiten der Rechtsprechung 5 0 7 als auch der Literatur 5 0 8 grundsätzlich anerkannt ist 5 0 9 . Aber auch wenn es möglich ist, den Tatbestand zu beschreiben, ist damit noch keine Aussage darüber getroffen worden, worauf der Anspruch rechtlich zu stützen wäre. (1) Ansätze zur Begründung einer Durchgriffshaftung wegen Vermögensvermischung Als gescheitert können die in der Vergangenheit teilweise geführten Versuche angesehen werden, einen Generaltatbestand der Durchgriffshaftung

zu entwi-

ckeln 5 1 0 und diese insgesamt als Folge des Missbrauchs der R e c h t s f o r m der juristischen Person zu verstehen 5 1 1 . Dieser Ansatz hat sich nicht nur tatbestandlich als 502 K. Schmidt, BB 1985, 2074, 2075; ders., GesR § 9 IV 2 b; vgl. auch Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 109; Ehricke, AcP 1999, 257, 300 m.w.N. 503 Vgl. etwa Baumbach/Hueck, §13 Rn. 15; Geißler, GmbHR 1993, 71, 75; Wiedemann, WM Beilage 4/1975 S. 19. 504 Zur Vertrauenshaftung vgl. aber auch noch unten S. 376. 505 Vgl. etwa Flume, juristische Person § 3 III 3. 506 Altmeppen, in Roth/Altmeppen § 13 Rn. 25. 507 BGH v. 16.9.1985 = B G H Z 95, 330. 333 f. = N J W 1986, 188 {Autokran)-, BGH v. 12.11.1984 = B B 1985, 77 (für eine GmbH und Co KG); BGH v. 13.4.1994 = B G H Z 125, 366 = NJW 1994,1801; vgl. auch OLG Karlsruhe DR 1943, 811; O L G Nürnberg v. 26.5.1955 = WM 1955, 1566, 1567; OLG Rostock v. 25.7.1996 = DB 1996, 1818, 1819; BSG v. 1.2.1996 = GmbHR 1996, 604, 605. 508 Ygl. etwa Altmeppen, in Roth/Altmeppen §13 Rn.25; Heider, in MK zum AktG §1 Rn. 65; Kraft, in KK § 1 Rn. 55; K. Schmidt, BB 1985, 2074, 2075 f.; ders., ZIP 1994, 837, 838 ff.; Wiedemann, GesR Bd. I § 4 III 1 a. 509 Auch in Frankreich wird im Falle einer Vermögensvermischung zwischen zwei Unternehmen eine Insolvenzerstreckung auf der Grundlage einer confusion de patrimoine angenommen. 510 Beflügelt wurde die Diskussion um die dogmatischen Grundlagen der Durchgriffshaftung in der Rechtswissenschaft bereits in den fünfziger Jahren insbesondere durch die Schriften von Serick, Rechtsform und Realität juristischer Personen (1955); Müller-Freienfels, „Zur Lehre vom Durchgriff" bei juristischen Personen im Privatrecht AcP 156 (1957), 522 ff. und Drobnig, Haftungsdurchgriff bei Kapitalgesellschaften (1959). 511 Als erster versuchte Serick in seinem viel beachteten Werk „Rechtsform und Realität juristischer Personen", die Durchgriffshaftung einem dogmatischen Konzept zuzuführen. Nach seinem Erachten ist der Durchgriff allgemein als Folge des Missbrauchs der Rechtsform der juristischen Person zu verstehen. Ein solcher Missbrauch liege vor, wenn „mit Hilfe der juris-

370

Kapitel

III:

Treuepflichten

im Konzern

und ihre

Haftungskonsequenzen

z u u n g e n a u e r w i e s e n 5 1 2 . D i e P r o b l e m e , a u f die die D u r c h g r i f f s h a f t u n g a n g e w e n d e t w e r d e n s o l l , s i n d viel z u u n t e r s c h i e d l i c h , u m sie e i n e r g e m e i n s a m e n d o g m a t i s c h e n G r u n d l a g e z u f ü h r e n z u k ö n n e n 5 1 3 . G e m e i n s a m ist i h n e n nur, dass m a n es m i t e i n e r im Einzelfall v o r z u n e h m e n d e n Relativierung der Selbständigkeit

korporativer

R e c h t s p e r s o n e n im Verhältnis zu ihren Gesellschaftern und Mitgliedern zu tun h a t 5 1 4 . I n h a l t l i c h v e r b u n d e n s i n d die F ä l l e , a n h a n d d e r e r m a n die D u r c h g r i f f s h a f t u n g d i s k u t i e r t , allein d u r c h die Ü b e r l e g u n g , dass d e r j e n i g e n i c h t in d e n G e n u s s e i n e r H a f t u n g s b e s c h r ä n k u n g k o m m e n s o l l , d e r e i n e j u r i s t i s c h e P e r s o n in e i n e r dem Z w e c k der R e c h t s o r d n u n g widersprechenden Weise verwendet515. H i e r müsse d e n G e s e l l s c h a f t e r n e i n e B e r u f u n g a u f das H a f t u n g s p r i v i l e g des § 1 3 A b s . 2 G m b H G versagt werden. D a h e r v e r t r i t t a u c h die L e h r e v o m N o r m z w e c k , dass es z u r B e j a h u n g e i n e r D u r c h g r i f f s h a f t u n g d e r A n a l y s e d e r j e w e i l i g e n I n t e r e s s e n l a g e u n d des Z w e c k e s d e r in B e t r a c h t k o m m e n d e n E i n z e l n o r m b e d a r f 5 1 6 . A u s g a n g s p u n k t d e r B e g r ü n tischen Person ein Gesetz umgangen, vertragliche Verpflichtungen verletzt oder Dritte fraudulös geschädigt werden sollen" (Serick, Rechtsform und Realität (1980) S. 203 ff.) Vom Grundsatz der rechtlichen Selbständigkeit der juristischen Person gegenüber ihren Mitgliedern müsse dann abgewichen werden, was im Einzelfall zu einer Verneinung der Rechtspersönlichkeit der juristischen Person führen müsse (Serick, Rechtsform und Realität (1980), S. 14; ebenso der SerickSchüler Bauschke, B B 1975, 1322 f.). Da mit dem Erfordernis eines absichtlichen Rechtsmissbrauchs sehr hohe, dem Tatbestand des § 826 B G B nahekommende Erfordernisse aufgestellt werden, wurde teilweise auch auf eine objektiv-zweckwidrige Verwendung der juristischen Person abgestellt ( I m m e n g a , Kapitalgesellschaft (1970) S. 405 ff.; Kuhn, Strohmanngründung (1964), S. 199 ff.; ders., in FS R. Fischer S. 351, 353; auch der B G H verlangte in seiner Entscheidung B G H v. 30.1.1956 = B G H Z 20, 5, 13, dass die Einschaltung der juristischen Person objektiv im Widerspruch zur Rechtsordnung steht), teilweise auch konkretisiert in Form der Lehre vom Organisationsfehler (dieser vor allem auch im Zusammenhang mit der Unterkapitalisierung (vgl. hierzu noch unten S. 426 ff.) vertretene Ansatz geht davon aus, dass die Rechtsordnung es nicht zulassen könne, dass eine fehlerhafte Organisation der Gesellschaft dazu führe, einer Haftung zu entgehen; Erlinghagen, G m b H R 1962, 169, 171 f.; ähnlich Reinhard, in FS Lehmann S. 576, 592; weitere Nachweise bei Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 91). 5 1 2 Der Gedanke des Missbrauchs war dabei gleichermaßen als Tatbestand, Rechtsgrund und Rechtfertigung gedacht, wobei innerhalb diese Ansatzes weiterhin umstritten ist, ob der Missbrauch nur objektiv vorliegen muss (Erlinghagen, G m b H R 1962, 169, 176; Kuhwart, in FS R. Fischer S. 351, 353 f., aus neuerer Zeit Hanisch, ZIP 1981, 569, 575; Kowalski, G m b H R 1993, 253, 259; Teipel, Die Bedeutung der lex fori für die Anknüpfung des Haftungsdurchgriffs (1994)) oder ob darüber hinaus auch ein subjektives Element hinzutreten muss (so Serick, Rechtsform und Realität (1980), S. 203 ff.; Dempewolf D B 1961, 969, 972; Bauschke, B B 1975, 1322, 1324; Stauder, G m b H R 1968, 72, 75). 5 1 3 Vgl. auch Mertens, in Hachenburg Anh. § 13 Rn. 1, der dem Begriff des Durchgriffs nicht mehr als eine Stichwortfunktion beimisst. 514 Reuter, in M K vor §21 Rn. 20 ff. 5 1 5 In Rede stehen vor allem die Fallgruppen der materiellen Unterkapitalisierung, der Vermögens- und Sphärenvermischung sowie des Institutsmissbrauchs. 5 1 6 Grundlegend Müller- Freienfels, AcP 156, 522; Schanze, Einmanngesellschaft; vgl. weitere Nachweise bei Altmeppen, in Roth/Altmeppen, 4. Aufl. § 13 Rn. 21; Emmerich, in Scholz § 13 Rn. 80; Mertens, in Hachenburg Anh. § 13 Rn. 30. Allerdings wird auch die Normzwecklehre nicht ganz einheitlich verstanden. Teilweise erfasst man hiermit nur die Anwendung von Einzelnormen (Schanze, Einmanngesellschaft S. 102 ff.; K. Schmidt, spricht insoweit daher auch

§9:

Der Schadensersatzanspruch

der abhängigen

Gesellschaft

371

dung liegt für die Fälle, die durch Missachtung der gesetzlichen Voraussetzungen der Haftungsbeschränkung oder durch deren zweckwidrigen Missbrauch gekennzeichnet sind, weitgehend in einer teleologischen Reduktion des § 13 Abs. 2 GmbHG 5 1 7 . Einen vermittelnden Ansatz zur Normzwecklehre (modifizierte oder vermittelnde Normzwecklehre) vertritt dabei Rehbinder5K, indem er zwischen Fällen einer über die juristische Person hinaus generalisierbaren Normanwendung und den eigentlichen Durchgriffsproblemen, bei denen eine Identifizierung von juristischer Person und Gesellschafter stattfindet, unterscheidet. Auch bei der von Wiedemann eingeführten Unterscheidung zwischen Haftungs- und Zurechnungsdurchgriff 519 , die in der Literatur breite Gefolgschaft 520 erfahren hat, wird bei den unter dem Schlagwort Haftungsdurchgriff subsumierten Fällen eine grundsätzliche Orientierung an der Missbrauchstheorie vorgenommen 521 , wohingegen für die Fälle des Zurechnungsdurchgriffs auf die jeweilige Gesetzes- bzw. Vertragsauslegung abgestellt und somit an Kriterien der Normanwendung angeknüpft wird 522 . Teilweise wird speziell in der Weigerung, bei Bestehen einer Vermögensvermischung für die Schulden der Gesellschaft aufzukommen, auch ein Fall des venire contra factum proprium gesehen523. Nach anderer Auffassung wiederum werden insgesamt die unter dem Stichwort der Durchgriffshaftung diskutierten Fälle als Varianten einer bloßen Verhaltenshaftung angesehen524. Damit handelte es sich nicht um einen Durchgriff auf den Gesellschafter, sondern um eine originäre Haftung der Gesellschafter kraft eigenen Verhaltens. Neuerdings wird schließlich auch vertreten, im Falle der Vermögensvermischung gehe es allein um die Einstandspflicht für eine fehlerhafte Buchführung. Da die Geschäftsführer einer GmbH verpflichtet seien, für eine ordnungsgemäße Buchführung zu sorgen, seien sie nach § 43 Abs. 2 GmbHG gegenüber der Gesellschaft schadensersatzpflichtig, wenn sie diese Pflicht verletzten. Die Haftung wegen Vermögensvermischung sei damit nichts anderes als eine Haftung für nicht ordnungsgemäße Buchführung. Eine Haftung aus einer „wie immer gearteten" Rechtsfigur der Durchgriffshaftung hätvon einer „echten Normzweckmethode") wohingegen überwiegend in die Normzweckbetrachtung auch die die Haftungsbeschränkung selbst anordnende Norm (§ 13 Abs. 2 G m b H G ) einbezogen wird (Rehbinder, in FS Fischer S. 579, 580 ff.; Kübler, GesR §23 II 3; Ulmer, in Hachenburg Anh. § 30 Rn. 36, 38, 51 m.w.N.). 517 Emmerich, in Scholz §13 Rn. 80 m.w.N.; zum Missbrauch durch Verletzung der Dokumentationspflichten für den Fall der Vermögensvermischung vgl. Lutter/Banerjea, ZGR 2003,402, 427 f. 518 Rehbinder, Konzernaußenrecht und allgemeines Privatrecht (1969), S. 103 ff., 125; ders., in FS Fischer S. 579, 597 ff. 519 Vgl. Wiedemann, GesR I § 4 III, der die Vermögensvermischung insoweit als Problem des Haftungsdurchgriffs qualifiziert. 520 Emmerich, in Scholz § 13 Rn. 58, 69, 75; Raiser, Recht der Kapitalgesellschaften, 3. Aufl. § 29 Rn. 1 ff.; Stimpel, in FS Goerdeler S. 604 f.; weitere Nachweise bei Mertens, in Hachenburg Anh. §13 Rn. 32. 521 Heider, MK zum AktG § 1 Rn. 46. 522 Baumbach/Hueck, § 13 Rn. 15 f.; ähnlich Geißler, G m b H R 1993, 71, 72. 523 Vgl. Raiser, Recht der Kapitalgesellschaften, 3. Aufl. §29 Rn.24; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I S. 224. 524 Flume, die juristische Person § 3 III.

372 te n e b e n

Kapitel III: diesem

Treuepflichten bereits

im Konzern

gesetzlich

und ihre

vorgesehenen

Haftungskonsequenzen Haftungstatbestand

R a u m 5 2 5 . D e r T a t s a c h e , dass bei der V e r m ö g e n s v e r m i s c h u n g

keinen

Haftungsadressat

d e r j e n i g e ist, dessen V e r m ö g e n m i t d e m der G e s e l l s c h a f t v e r m i s c h t ist, u n d bei der G e s c h ä f t s f ü h r e r h a f t u n g n a c h § 4 3 A b s . 2 G m b H G i.V.m. § 4 1 G m b H G der G e s c h ä f t s f ü h r e r 5 2 6 , w i r d m i t d e m A r g u m e n t die B e d e u t u n g z u n e h m e n v e r s u c h t , dass a u c h ein G e s e l l s c h a f t e r , speziell die K o n z e r n m u t t e r , für die f e h l e r h a f t e B u c h f ü h r u n g in V e r a n t w o r t u n g zu n e h m e n ist, da auf diese n a c h § § 4 3 A b s . 2 , 4 1 G m b H G , 8 3 0 A b s . 2 , 8 4 0 A b s . 2, 4 2 1 ff. B G B z u r ü c k g e g r i f f e n w e r d e n k ö n n e , w e n n sie d e m G e s c h ä f t s f ü h r e r der T o c h t e r - G m b H b e s t i m m t e W e i s u n g e n g e g e b e n h a b e , die einer ordnungsgemäßen Buchführung widersprächen527. D i e R e c h t s p r e c h u n g steht A n s ä t z e n , eine „ m e h r o d e r w e n i g e r "

einheitliche

d o g m a t i s c h e B e g r ü n d u n g f ü r die F ä l l e der D u r c h g r i f f s h a f t u n g zu e n t w i c k e l n , w e i t g e h e n d z u r ü c k h a l t e n d g e g e n ü b e r 5 2 8 . D e r R e c h t s p r e c h u n g des B G H 5 2 9 , der i n s o w e i t auf der R e c h t s p r e c h u n g des R G a u f b a u t e 5 3 0 , k a n n k e i n e e i n h e i t l i c h e D e f i n i t i o n der D u r c h g r i f f s h a f t u n g e n t n o m m e n w e r d e n 5 3 1 . V i e l m e h r sei j e w e i l s i m E i n zelfall die F r a g e zu stellen, i n w i e w e i t das T r e n n u n g s p r i n z i p n a c h T r e u u n d G l a u ben einzuschränken sei532. F ü r den B e r e i c h der V e r m ö g e n s v e r m i s c h u n g w i r d die H a f t u n g v o r allem d a m i t b e g r ü n d e t , dass die B e f r e i u n g v o n der p e r s ö n l i c h e n H a f t u n g auf der G r u n d l a g e einer T r e n n u n g der V e r m ö g e n s s p h ä r e n der G e s e l l s c h a f t u n d der G e s e l l s c h a f t e r n i c h t Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 363. Für die entsprechende Pflicht des Vorstandes einer AG vgl. §91 AktG; eine Verletzung dieser Pflicht macht ihn nach § 93 Abs. 2 AktG schadensersatzpflichtig. 5 2 7 Vgl. Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 364. 5 2 8 B G H v. 12.11.1984 = BB 1985, 77; B G H v. 4.5.1977 = B G H Z 68, 312, 315 f. 5 2 9 B G H v. 30.1.1956 = B G H Z 20, 4, 11 f.; B G H v. 29.11.1956 = B G H Z 22, 226, 230; B G H v. 8.7.1970 = B G H Z 54, 222, 224, B G H v. 4.5.1977 = B G H Z 68, 312, 315; B G H v. 5.11.1980 = B G H Z 78, 318, 333; B G H v. 14.5.1974 = N J W 1974, 1371,1372. 5 3 0 Vgl. bereits R G Z 99,232, 234; R G Z 129, 50, 53 f.; weitere Nachweise bei Mertens, in Hachenburg Anh. § 13 Rn. 40 Fn. 54. 5 3 1 So stütze sich der B G H zunächst auf die bereits vom R G verwendete Formel, „dass die juristische Person und ihr Alleingesellschafter dann als eine Einheit behandelt werden müssen, wenn die Wirklichkeit des Lebens, die wirtschaftlichen Bedürfnisse und die Macht der Tatsachen es dem Richter gebieten, die personen- und vermögensrechtliche Selbständigkeit der GmbH und ihres alleinigen Gesellschafters hintanzusetzen ( B G H v. 29.11.1956 = B G H Z 22, 226, 230; B G H v. 26.11.1957 = WM 1958, 460, 481; vgl. auch O L G Nürnberg v. 26.5.1955 = WM 1955, 1566); an anderer Stelle meinte er, dass „die Rechtsfigur der juristischen Person" beiseite zu schieben sei, „falls eine sachgerechte Entscheidung nur dann möglich ist, wenn die realen Kräfte aufgesucht werden, die hinter der juristischen Person stehen" (BGH v. 4.7.1961 = G m b H R 1961, 161, 162) bzw. die ausnahmslose Anwendung des Trennungsprinzips zu Ergebnissen führt, die mit dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit unvereinbar sind und nicht als Recht anerkannt werden können ( B G H v. 30.1.1956 = B G H Z 20, 4, 12; ähnlich BSG ZIP 1996, 1134,1135); zu finden ist auch die allgemeine Formel, dass „die Rechtsfigur der juristischen Person nur in dem Umfang Beachtung finden könne, in dem ihre Verwendung dem Zweck der Rechtsordnung entspricht" ( B G H v. 30.1.1956 = B G H Z 20, 4, 14; B G H v. 29.11.1956 = B G H Z 22, 226; BSG ZIP 1994, 1944, 1946; BSG NZS 1998, 346, 347). 5 3 2 B G H v. 19.11.1956 = B G H Z 22, 226; B G H v. 26.11.1957 = WM 1958, 460, 461; B G H v. 4.7.1961 = G m b H R 1961,161,162; B G H v. 14.5.1974 = N J W 1974,1371,1372; B G H v. 3.11.1976 = WM 1977, 73, 75; BSG D B 1984,1103; BSG ZIP 1996,1134,1135; B A G N J W 1999, 740, 741. 525

526

§9: Der Schadensersatzanspruch

der abhängigen Gesellschaft

373

angebracht sei, wenn diese Trennung nicht mehr festzustellen ist 5 3 3 . Insbesondere könnten in einem solchen Fall auch die Kapitalerhaltungsvorschriften, deren E i n haltung eine unverzichtbare Voraussetzung für die Beschränkung der Haftung in einer Gesellschaft sei, nicht mehr funktionieren. Dies mache es aber notwendig, den Gläubigern außer dem nicht mehr wirksam geschützten Haftungsfond der Gesellschaft das Privatvermögen der Gesellschafter zur Verfügung zu stellen 5 3 4 , um ihnen einen unmittelbaren Haftungszugriff auf die Gesellschafter zu eröffnen 5 3 5 . D a m i t dürften sich die Gesellschafter nicht auf die rechtliche Selbständigkeit der G m b H als juristische Person berufen und seien so zu behandeln, als hätten sie das von der G m b H betriebene Handelsgeschäft selbst, ohne Beschränkung der Haftung auf das Gesellschaftsvermögen ( § 1 3 Abs. 2 G m b H G ) , geführt. In entsprechender Anwendung der §§ 105, 128 H G B müssten sie daher persönlich haften und könnten entsprechend § 129 Abs. 1 H G B Einwendungen, die die Gesellschaft nicht erheben kann, ebenfalls den Gesellschaftsgläubigern gegenüber nicht geltend machen 5 3 6 . Eine Einschränkung wird dabei allerdings insoweit gemacht, als die persönliche Haftung nur diejenigen Gesellschafter treffen könne, die aufgrund ihrer Einflußmöglichkeiten für den

Vermögensvermischungstatbestand

auch verantwortlich gemacht werden k ö n n e n 5 3 7 . (2) Stellungnahme Versteht man die N o r m z w e c k l e h r e , wie dies überwiegend getan wird, nicht nur als Fall der Anwendung von Einzelnormen, sondern auch als teleologische Reduktion der Trennungsnormen, so steht sie der institutionellen Missbrauchslehre zumindest sehr nahe, da auch sie die institutionelle Tragweite des Trennungsprinzips bzw. der Haftungsbeschränkung relativiert 5 3 8 . Teilweise wird der Unterschied der betreffenden Lehren daher auch nur darin gesehen, o b die Durchbrechung der Haftungsbeschränkung mit einem objektiven oder subjektiven Missbrauch der

533 BGH v. 16.9.1985 = B G H Z 95, 330, 333 f.; BGH v. 12.11.1984 = B B 1985, 77 (für eine GmbH und Co KG); BGH v. 13.4.1994 = BGHZ 125, 366 = N J W 1994, 1801; vgl. auch OLG Karlsruhe DR 1943, 811; O L G Nürnberg v. 26.5.1955 = WM 1955,1566,1567; O L G Rostock v. 25.7.1996= DB 1996,1818, 1819; BSG GmbHR 1996, 604, 605. 534 BGH v. 16.9.1985 = BGHZ 95, 330, 339 = WM 1985,1263 = WuB II C§ 13 GmbHG 1.86 Emmerich; BGH v. 12.11.1984 = WM 1985, 54 = WuB II C § 13 GmbHG 1.85 Pilartz. 535 Vgl. nur Th. Kaiser, Recht der Kapitalgesellschaften, 3. Aufl. § 29 Rn. 23; Lutter/Hommelhoff, §31 Rn. 11. 536 BGH v. 16.9.1985 = B G H Z 95, 330, 332; vgl. auch Ulmer in Hachenburg, Anh. §30 Rn. 57. 537 BGH v. 13.4.1994 = N J W 1994, 1801, 1802; vgl. auch Boujong, in FS Odersky S. 739, 743 f. m.w.N.; K. Schmidt, ZIP 1994, 837, 839. 538 Auch die Missbrauchslehren verstehen den Durchgriff als ein Problem der Trennung von Verband und Mitgliedern, so dass beide Ansätze als institutionelle Durchgriffslehren verstanden werden können (ausführlich Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 92, 97 m.w.N.; in der Normzwecklehre einen Unterfall des allgemeinen Missbrauchstatbestandes sehend auch Ulmer, in FS Duden S. 661, 678; nur die objektive Variante der Missbrauchslehre mit der institutionellen Durchgriffslehre gleichsetzend K. Schmidt, GesR § 9 II 1 a).

374

Kapitel

III:

Treuepßiehten

im Konzern

und ihre

Haftungskonsequenzen

Haftungsbeschränkung, insbesondere unter Berufung auf den Grundsatz von Treu und Glauben, oder mit einer teleologischen Reduktion der die Haftungsbeschränkung anordnenden N o r m begründet wird 5 3 9 . Letzterem Ansatz ist allerdings entgegenzuhalten, dass allein mit der Außerachtlassung der Haftungsbeschränkungsnorm noch kein Anspruch gegen einen Gesellschafter begründet wird, da § 13 Abs. 2 G m b H G nur die selbstverständliche Folge der eigenständigen Rechtspersönlichkeit einer Kapitalgesellschaft ist 5 4 0 . Damit kann aber auch die Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten einer juristischen Person nicht einfach auf eine Restriktion der Regelung in § 13 Abs. 2 G m b H bzw. § 1 Abs. 1 S. 2 A k t G gestützt werden. Diese Regelungen geben nur das grundsätzliche Trennungsprinzip wieder, aufgrund dessen juristische Personen im Verhältnis zu ihren Gesellschaftern sich hinsichtlich der Zuordnung von Rechten und Pflichten wie Dritte gegenüberstehen 5 4 1 . Auch wenn diese Vorschriften überhaupt nicht existierten, käme man nicht automatisch zur persönlichen Haftung der Gesellschafter. Erkennt man Kapitalgesellschaften als eigenständige juristische Personen an, bedarf es vielmehr einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung, um die Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften zu lassen 542 . Fehlt eine solche Ausnahmeregelung, bleibt es bei dem Grundsatz der Haftungsbeschränkung 5 4 3 . Zusätzlich wird in der neueren Rechtsprechung 5 4 4 und Literatur 5 4 5 daher auch eine Analogie zu den §§ 105, 128 H G B 5 4 6 zur Begründung eines entsprechenden Anspruchs gegen die Gesellschafter befürwortet. U m eine solche Analogie rechtfertigen zu können, müsste allerdings eine vergleichbare Interessenlage wie bei einer Personengesellschaft erkennbar sein, was im Kapitalgesellschaftsrecht grundsätzlich zu verneinen ist 5 4 7 . Teilweise wird ergänzend auch auf das Vertrauen der Gesellschaftsgläubiger abgestellt 548 . Das Vertrauen eines Gläubigers kann die Haftung eines Dritten allerdings nur dann begründen, wenn dieser Dritte auch tatsächlich persönliches Vertrauen in Anspruch genommen hat 5 4 9 , weshalb auch dieBitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 97 f. Zu Recht weist daher auch Flume, Juristische Person S. 84 darauf hin, das die Normzwecklehre keine Normanwendung, sondern die Setzung einer Norm bedeutet. 541 Vgl. nur Heider, in M K zum Aktiengesetz § 1 Rn. 45; Wilhelm, Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person (1981), S. 289. 542 Wilhelm, Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person (1981), S. 289 (Fn. 32). 543 Mummenhoff, Gründungssysteme und Rechtsfähigkeit S. 6 ff. 5 4 4 B G H v. 16.9.1985 = B G H Z 95, 330; O L G Düsseldorf v. 13.4.1994 = G m b H R 1990, 44. 545 Baumbach/Hueck, Anh. § 13 Rn. 15; Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 100; Boujong, in FS Ordesky S. 739, 743; Ulmer in Hachenburg Anh. § 3 0 Rn. 52. 5 4 6 So nun teilweise auch zur Begründung einer Durchgriffshaftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs (vgl. etwa Hoffmann, N Z G 2002, 68, 71). 5 4 7 Aus der teilweise berufenen Regelung des § 278 Abs. 1 AktG, wonach die K G a A „eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit (ist), bei der mindestens ein Gesellschafter den Gesellschaftsgläubigern unbeschränkt haftet", kann nur der Schluss gezogen werden, dass durch das Gesetz auch die persönliche Haftung eines Gesellschafters angeordnet werden kann, ohne dass dadurch die juristische Person in ihrem Wesen beeinträchtigt wird. 548 Heider, in M K zum Aktiengesetz § 1 Rn. 66 m.w.N. 5 4 9 Zum Vertrauen als Ansatz zur Begründung von Treuepflichten vgl. S. 183. 539

540

§9:

Der Schadensersatzanspruch

der abhängigen

Gesellschaft

375

ser Ansatz in den hier relevanten Fällen nur in Ausnahmefällen eine H a f t u n g begründen können wird. Eine auf §§ 43 Abs. 2,41 G m b H G , 830 Abs. 2, 840 Abs. 2,421 ff. BGB gestützte H a f t u n g des herrschenden Unternehmens würde schließlich voraussetzen, dass die H a f t u n g des Geschäftsführers ein deliktischer Anspruch ist, der als Grundlage f ü r eine Anstifterhaftung dienen könnte. Dieser Frage soll hier noch nicht nachgegangen werden, da in §§ 43 Abs. 2 G m b H G i.V.m. 830 Abs. 2 BGB teilweise ein gesetzlich normierter Anspruch erkannt wird, der grundsätzlich den Anspruch aufgrund einer Treuepflichtsverletzung verdrängen können soll 550 , weshalb diesem Ansatz auch gesondert nachzugehen ist. Für die hier interessierenden Fälle der Vermögensvermischung könnte die Verletzung der Grundsätze einer ordnungsgemäßen Buchführung jedenfalls auch dann keinen grundsätzlichen Lösungsansatz bieten, wenn § 43 Abs. 2 G m b H deliktisch zu qualifizieren wäre. Auf einen solchen Anspruch könnte nur ein Schadensersatzanspruch der Gesellschaft gestützt werden, der durch die Verletzung der Buchführungspflicht entstanden ist, woran sich die Frage anschließt, welcher Schaden dies sein sollte. An einen unmittelbaren Anspruch der Gesellschaftsgläubiger wäre nur zu denken, wenn es sich bei den Buchführungspflichten um Schutzgesetze handeln würde 5 5 1 . Aber auch wenn dies zu bejahen wäre, wäre ein Anspruch hieraus gegen die herrschende Gesellschaft nur möglich, wenn zum einen die Gläubiger vor dem Geschäftsabschluss Einblick in die Bücher genommen und diese so zur Grundlage ihrer Entscheidung f ü r den Geschäftsabschluss mit der Gesellschaft gemacht hätten und die herrschende Gesellschaft als Anstifter dafür verantwortlich gemacht werden könnte, dass die Bücher nicht ordnungsgemäß geführt wurden. N u r in diesem Fall wäre, soweit sich das aus den Büchern ergebende Bild der Gesellschaft deutlich positiver darstellt, als es tatsächlich ist, daran zu denken, einen Anspruch auf eine solche Schutzgesetzverletzung zu stützen, da dann zu vermuten wäre, dass der Gläubiger bei Kenntnis der wahren Lage den Vertrag mit der Gesellschaft nicht bzw. nicht ohne Sicherheiten geschlossen hätte. Eine grundsätzliche Erklärung der H a f t u n g des herrschenden Gesellschafters im Falle einer Vermögensvermischung ergibt sich hieraus indes nicht. Auch allgemeine Tatbestände wie die H a f t u n g aufgrund einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung liefern keinen allgemeinen Begründungsansatz in einem solchen Fall. Sicher k o m m t ein Anspruch aufgrund einer vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung in Betracht, wenn der herrschende Gesellschafter die Gesellschaft nur zum Zwecke der Gläubigerschädigung einsetzt 552 . Indes wird ein entsprechender Schädigungsvorsatz grundsätzlich nur sehr schwer nachweisbar sein. Aber auch auf der Basis des Grundsatzes eines venire contra factum proprium lässt sich eine solche H a f t u n g nicht begründen. Der Rechtsgedanke des venire contra factum proprium sieht den Treueverstoß in der sachlichen Unvereinbarkeit der Ver550 Ehricke, Das abhängige K o n z e r n u n t e r n e h m e n in der Insolvenz (1998), S. 327, 395 u n d hierzu u n t e n S. 410 ff. 551 Vgl. auch hierzu u n t e n S. 416 ff. 552 Mertens, ¡n H a c h e n b u r g A n h . § 13 Rn. 49.

376

Kapitel

III:

Treuepflichten

im Konzern

und ihre

Haftungskonsequenzen

haltensweisen eines aus einem Recht Berechtigen. Dieser Ansatz hat sicher dort seine Berechtigung, wo ein Rechtsinhaber durch sein Verhalten den Eindruck erweckt hat, er werde ein Recht nicht in dieser Form, nicht zu dieser Zeit oder überhaupt nicht geltend machen, und der Verpflichtete hierauf vertraut hat 5 5 3 . Bei einer Vermögensvermischung geht es jedoch nicht darum, dass ein einmal gegen eine bestimmte Person wirksam begründetes Recht nicht mehr ausgeübt werden darf. Der Gesellschafter erhebt nur den Einwand, selbst nicht Schuldner zu sein. Verweigert man ihm diesen Einwand 5 5 4 , verneint man die Einordnung des Gesellschafters als Dritten, womit die Eigenständigkeit der Gesellschaft als juristische Person negiert wird 5 5 5 . Eine solche Negierung ist, auch wenn man sie aus Gläubigerschutzgründen für notwendig oder sachgerecht hält, mit der grundsätzlichen Anerkennung einer Gesellschaft als juristische Person nicht vereinbar 556 . Erlaubt man den Gesellschaftsgläubigern dennoch, ihre gegen die Gesellschaft bestehenden Forderungen gegenüber den Gesellschaftern geltend zu machen, würde dies auf die Begründung eines Anspruchs zu Lasten eines Dritten, außerhalb einer konkreten gesetzlichen Regelung, hinauslaufen. Zwar wird auch im Rahmen des Grundsatzes des venire contra factum proprium diskutiert, ob sich hierauf subjektive Rechte begründen lassen 557 . Indes sind die hier diskutierten Probleme, wie etwa die Haftung kraft Rechtsscheins bzw. die Vertrauenshaftung aus Vertragsanbahnung, systematisch in anderen Bereichen des B G B anzusiedeln, und es sollte nicht versucht werden, sie mit Hilfe des allgemeinen Grundsatzes von Treu und Glauben zu lösen 5 5 8 . Wie bereits an anderer Stelle der Arbeit erörtert wurde, können Hauptpflichten nicht allein mit einem allgemeinen rechtsethischen Prinzip oder dem Grundsatz von Treu und Glauben erklärt werden 5 5 9 . Hiermit würden diese eindeutig überdehnt 5 6 0 . Insbesondere kann im hier interessierenden Zusammenhang aber auch keine „Uberleitung" eines Anspruchs auf einen Dritten, wie beim Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, stattfinden. Es geht hier nicht darum, auch einem Dritten einen Anspruch zu verschaffen, sondern einen Dritten zu verpflichten. Eine solche Verpflichtung zu Lasten eines Außenstehenden ist aber außerhalb einer gesetzlichen Regelung grundsätzlich nicht möglich.

Vgi. nur Wollkämmer, in Jauernig, 9. Aufl. § 242 Rn. 48 ff. m.w.N. Vgl. etwa B G H v. 16.9.1985 = B G H Z 95, 330, 333. 5 5 5 Hierzu Wilhelm, Rechtsform und H a f t u n g bei der juristischen Person (1981), S. 289. 5 5 6 Vgl. hierzu oben S. 233 ff. 5 5 7 Vgl. die Beispielsfälle b e i ] . Schmidt, in Staudinger § 242 Rn. 621 ff. 5 5 8 Ausführlich zu den einzelnen Problembereichen vgl. J. Schmidt, in Staudinger § 242 Rn. 629 ff. 5 5 9 Konsequenterweise wird aus diesem G r u n d auch von Lutter/Hommelhoff, 15. Aufl. § 14 Rn. 18 eine Einordnung der Treuepflicht unter § 242 B G B abgelehnt; hiergegen auch Kort, Z I P 1990, 294, 295; Marsch-Barner, Z H R 157 (1993), 172, 173; Roh. Fischer, in G K zum H G B , 3. Aufl. § 105 A n m . 31 a a.E.; a.A. Hennrichs, A c P 195 (1995), 222, 231. 5 6 0 Gegen die Heranziehung des Grundsatzes von Treu und Glauben, vgl. in diesem Zusammenhang auch Heider § 1 Rn. 48 mit Hinweis auf das so nicht zu befriedigende Bedürfnis an Rechtssicherheit. 553

554

§9:

Der Schadensersatzanspruch

der abhängigen

Gesellschaft

377

Ebenso wenig können die Überlegungen zur Haftung kraft eigenen Verhaltens 5 6 1 , sieht man von den Fällen der Anspruchsbegründung kraft gesetzten Rechtsscheins einmal ab 5 6 2 , unmittelbar weiterführen. Dass das Vermögen vermischt wurde, ist eine Tatsache, aber noch keine ausreichende Begründung für eine Haftung für fremde Forderungen. Hiermit wird der herrschende Gesellschafter noch nicht zum Schuldner der gegen die abhängige Gesellschaft bestehenden A n sprüche. Einziger Schuldner der Gesellschaftsgläubiger ist und bleibt auch im Falle einer Vermögensvermischung allein die Gesellschaft. Damit ist freilich noch nicht gesagt, dass hier keine Lösung zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger gefunden werden kann. Zu unterscheiden sind in diesem Zusammenhang zunächst einmal die Fälle der gegenständlichen Vermögensvermischung von den Fällen, in denen die Vermögensabgrenzung durch eine undurchsichtige Buchführung oder auf andere Weise „allgemein" unmöglich gemacht wird 5 6 3 . Die Fälle einer gegenständlichen Vermögensvermischung führen zu einer gegenständlichen Haftungserweiterung auf die Gegenstände, die nicht einem bestimmten Vermögen klar zugeordnet werden können. Dies kann bereits allgemeinen Rechtsgrundsätzen entnommen werden 5 6 4 . Das Gesetz selbst regelt den speziellen Fall einer typischen gegenständlichen Vermögensvermischung in § 1362 B G B . N a c h dieser Vorschrift ist zugunsten der Gläubiger eines Ehegatten zu vermuten, dass die im Besitz eines der Ehegatten oder beider Ehegatten befindlichen beweglichen Sachen dem Schuldner gehören. Vervollständigt wird der Schutz auf vollstreckungsrechtlicher Seite über § 739 Z P O . Begründet ist die Regelung mit dem bereits aus Zeiten des römischen Rechts als praesumtio

Muciana565

bekannten

Rechtsgedanken, dass dort, wo das Vermögen zweier Personen vermischt ist, den Gläubigern der Nachweis darüber, welche Vermögensgegenstände dem Schuldner gehören und welche derjenigen Person, mit der das Vermögen vermischt wurde, nicht mehr auferlegt werden kann 5 6 6 . Dieser Rechtsgedanke beansprucht nicht nur im Familienrecht für den Bereich zwischen Ehegatten Berechtigung. Zwar ist es richtig, dass man die Entscheidung darüber, ob auch in anderen Personenbeziehungen die Gefahr einer Vermögensverschiebung oder -Verschleierung ebenso Hierzu Flume, Die juristische Person § 3 III. 562 Mertens, in Hachenburg Anh. § 13 Rn. 16, 49. 563 K. Schmidt, GesR § 9 IV 2 a. 564 Vgl. hierzu etwa den Sachverhalt in O L G Nürnberg v. 26.5.1955 = W M 1955, 1566 f. (Verneinung einer Drittwiderspruchsklage gegen die Pfändung eines Vermögensgegenstandes wegen Fehlens einer klaren Vermögenstrennung); vgl. auch K. Schmidt, GesR § 9 IV 2 a; Stimpel, in FS Goerdeler S. 601, 615, im Anschluss hieran auch Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 107 f. 565 Qunintus Mucius ait: cum in controversiam venit, unde ad mulierem quid pervenerit, et verius et honestius est, quod non demonstratur unde haheat existimari a viro aut qui in postestate eius esset ad eam pervenisse evitandi autem turpis quaestus gratia circa uxorem hoc videtur Quintus Mucius prohas (D 24 1, 51; Cod. 5, 16, 6). 566 Auch Priester stellte die Frage, ob es in einem solchen Fall nicht genügt, den Gesellschaftern die Berufung auf die Zugehörigkeit eines Vermögensgegenstandes zu seinem persönlichen Vermögen abzuschneiden, ließ diese Frage im Ergebnis aber offen (Priester; Z G R 1993, 512, 529). 561

378

Kapitel III: Treuepflichten im Konzern und ihre

Haftungskonsequenzen

hoch ist wie unter Ehegatten, schon aus Gründen der Rechtssicherheit grundsätzlich dem Gesetzgeber überlassen muss, weshalb diese Regelung nicht etwa auf nichteheliche Lebensgemeinschaften einfach übertragen werden darf 567 . Für den Fall, dass die Vermögensvermischung zwischen zwei Personen tatsächlich feststeht, greift der ansonsten einer Analogie entgegenstehende Schutzgedanke der Betroffenen allerdings nicht mehr, da diese die Vermischung verursacht haben. Auch geht es in diesem Falle nicht mehr um die Frage, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass eine entsprechende Gefahr sich für die Gläubiger verwirklicht, sondern um ein tatsächlich realisiertes Risiko 5 6 8 . Aber auch, wenn sich die Vermischung nicht auf körperliche Gegenstände beschränkt, sondern das sonstige Vermögen der Gesellschaft und des Gesellschafters erfasst, bedarf es nicht einer Durchgriffshaftung unter Missachtung der Rechtspersönlichkeit einer Kapitalgesellschaft, um dieser Fälle Herr zu werden. Existiert keine ordnungsgemäße Buchführung, die eine Trennung der Vermögenssphären erlaubt, ist eine Vermutung dahingehend aufzustellen, dass der Gesellschafter, mit dessen Vermögen das der Gesellschaft vermischt wurde, den Teil seines Vermögens, der nicht nachweisbar vor Eintritt der Vermögensvermischung erworben wurde, auf Kosten der Gesellschaft unter Verstoß gegen deren Eigeninteresse erlangt hat, sei es, weil er Gegenstände der Gesellschaft für seine Rechnung verkauft, Forderungen der Gesellschaft für sich eingezogen oder Gelder der Gesellschaft auf seine Konten transferiert hat. Kann der Gesellschafter diese Vermutung nicht oder nur teilweise widerlegen, können die Gläubiger den der Gesellschaft gegen den Gesellschafter somit zu vermutenden Anspruch pfänden und sich überweisen lassen. Gleiches gilt für einen im Fall einer vollständigen Vermögensvermischung ebenfalls zu vermutenden Anspruch aus § 31 GmbHG, der mit dem Anspruch wegen Treuepflichtsverletzung konkurriert 5 6 9 . Auf diesen kann dann aber auch ein Anspruch gegen eine Schwestergesellschaft gestützt werden, wenn bei ihr die Vermögensvermischung stattgefunden hat 570 . 567

Münzberg, in Stein-Jonas, ZPO § 739 Rn. 11 m.w.N. Eine Heranziehung der zwischen Ehegatten bestehenden Beziehung auf den Bereich des Gesellschaftsrechts ist unserem Recht auch in anderen Bereichen keineswegs unbekannt. So wurde etwa die Regelung in § 3 1 Nr. 2 KO a.F., nach der im Konkurs eine Anfechtungsmöglichkeit für die zwischen Ehegatten innerhalb des letzten Jahres vorgenommenen gläubigerbenachteiligenden Rechtsgeschäfte vorgesehen war, nach herrschender Meinung zumindest auf die Gesellschafter einer GmbH, die über einen bestimmenden Einfluss verfügen, entsprechend angewandt (BGH v. 22.12.1971 = B G H Z 58, 20; BGH v. 17.9.1975 = N J W 1975, 2193; B G H v. 12.12.1985 = B G H Z 96, 352, 355-Jaeger-Henckel, § 3 1 Rn. 35; Kuhn/Uhlenbruch:, § 3 1 Rn. 25); vgl. nun aber § 138 Abs. 2 Nr. 1 InsO für den Fall, dass ein Gesellschafter zu mehr als einem Viertel an der Gesellschaft beteiligt ist. 569 Ein Vorrang des § 3 1 GmbHG besteht hier nicht und wird offensichtlich auch im Falle der vom BGH bejahten Durchgriffshaftung, trotz entsprechender Betonung, nicht ernsthaft angenommen (vgl. bereits oben S. 205 f.); dazu, dass auch in einer Einmanngesellschaft bzw. bei Einverständnis aller Gesellschafter auch außerhalb des § 30 GmbHG ein Schädigungsverbot besteht, vgl. oben S. 266 ff. (dagegen allerdings die noch herrschende Meinung vgl. nur Emmerich, in Scholz, Anhang Konzernrecht Rn. 72). 570 Zur Möglichkeit, bei einem Verstoß gegen § 3 1 GmbHG nicht nur gegen den Gesell568

§9:

Der Schadensersatzanspruch

der abhängigen

Gesellschaft

379

Obwohl die Vermutung in diesem Fall grds. in beide Richtungen wirkt, können die Gesellschaften selbst diesen Anspruch aber nicht gegen die jeweils andere geltend machen. Dem stünde das Verbot widersprüchlichen Verhaltens entgegen. Ein Gesellschafter, der eine solche Vermögensvermischung bei von ihm beherrschten Gesellschaften zu verantworten hat 571 , verletzt freilich auch seine mitgliedschaftlichen Treuepflichten 572 und haftet dementsprechend auch aus diesem Grund 573 . Ist die Forderung gegenüber dem Gesellschafter in einem solchen Fall allerdings nicht werthaltig, muss, da in einer Uberschuldungsbilanz Forderungen unter Berücksichtigung ihrer Durchsetzbarkeit zu bewerten sind, Verbindlichkeiten aber entsprechend § 253 Abs. 1 S. 2 H G B mit ihren Rückzahlungsbetrag 574 , regelmäßig das Insolvenzverfahren über die Gesellschaften eingeleitet werden, deren Vermögen vermischt wurde, womit die Verteilung der vermischten Vermögen in die Hände eines Insolvenzverwalters gelegt wird. Auch Altmeppen hebt entgegen der bislang ganz herrschenden Meinung neuerdings hervor, dass die Inanspruchnahme wegen Vermögensvermischung auf einer Beweislastumkehr beruht 575 . Zwar wirft ihm Ulmer vor, er würde damit Anspruchsgrundlage und Nachweisanforderungen vermischen. Auch hätte er nicht aufgezeigt, „auf welchen Anspruch die geschädigten Gläubiger unter Berufung auf

schafter, sondern auch gegen eine mit diesem verbundene Gesellschaft vorzugehen, vgl. bereits obenS. 150. 5 7 1 Hier kommt u.U. auch eine Haftung wegen einer Anstiftung des Geschäftsführers zur Verletzung der Buchführungspflicht in Betracht, vgl. hierzu noch unten S. 416 ff. 5 7 2 Gegen eine Verhaltenshaftung auch bei schuldhaften Verstoß gegen die Kapitalsicherungsbestimmungen der Gesellschafter, die an dieser mitgewirkt haben, ohne ihrerseits Empfänger der Auszahlung zu sein aber B G H Z 142, 92 unter Aufgabe von B G H v. 10.12.1984 = B G H Z 93,146; dagegen allerdings auch Altmeppen, ZIP 2002, 961; ders., ZIP 2002,1553, 1559 (vgl. hierzu auch bereits oben S. 208). 5 7 3 Auch Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 530 f., erkennt in der Vermögensvermischung eine Treuepflichtverletzung, allerdings gegenüber den Mitgesellschaftern. Hierauf will er einen Verlustausgleichsanspruch im Minderheitsinteresse stützen, da in einem solchen Fall nicht nur die Kapitalerhaltungsvorschriften außer Kraft gesetzt, sondern auch verdeckte Gewinnausschüttungen nicht feststellbar seien. Dies sei aber Voraussetzung für die im „Verhältnis der Gesellschafter untereinander geltende Haftungstrennung, ... die in der gleichmäßigen Beteiligung an Gewinn und Verlust besteht" (Bitter; a.a.O. S. 529). Abgesehen von den Bedenken gegen eine grundsätzliche Anerkennung von Treuepflichten zwischen Gesellschaftern (vgl. hierzu ausführlich oben S. 167 ff.), ist diesem Ansatz auch aus anderen Gründen entgegenzutreten. Während bei der Haftung aufgrund Vermögensvermischung der Anspruch des Gläubigers feststeht, wird von Bitter eine Haftung begründet, ohne dass der Nachweis geführt wurde, dass tatsächlich eine Benachteiligung bei der Gewinnverwendung vorgekommen ist. Die Schaffung einer Situation, in der nicht mehr feststellbar ist, welches Vermögen der einen und welches der anderen Gesellschaft gehört, verletzt unmittelbar nur die Treuepflicht gegenüber der jeweiligen Gesellschaft. O b überhaupt ein Anspruch auf Gewinnbeteiligung bestanden hätte, ist demgegenüber nicht nachgewiesen und kann bei Fehlen einer Buchführung auch nicht vermutet werden. Auch ist nicht ersichtlich, warum ein Verlustausgleichsanspruch der Gesellschaft Folge einer Vereitlung eines Gewinnanspruchs der Mitgesellschafter sein sollte. 5 7 4 Vgl. nur Schulze-Osterloh, in Baumbach/Hueck § 64 Rn. 25. 575 Altmeppen, ZIP 2002, 1553, 1559.

380

Kapitel III:

Treuepflichten

im Konzern

und ihre

Haftungskonsequenzen

die angebliche Beweislastumkehr ihren Anspruch sollen stützen können" 576 . Sollte er sich aber auf § 31 GmbHG beziehen 577 , sei zusätzlich die dort nicht vorgesehene Anspruchsberechtigung der GmbH-Gläubiger zu begründen578. Richtig ist sicher, dass sich der hier aufgezeigte Weg im Ausgangspunkt nur als Innenhaftung rechtfertigen lässt. Einem Ansatz, der es ablehnt, zur Begründung einer Durchgriffshaftung - in Missachtung der rechtlichen Selbständigkeit einer Kapitalgesellschaft unter Rückgriff auf nicht passende Normen des Personengesellschaftsrechts eine Anspruchsgrundlage zu konstruieren, nur um eine gewünschte Haftung irgendwie begründen zu können, ist indes grundsätzlich zu folgen 579 . Der Widerspruch zu einer „in jahrzehntelanger Diskussion herausgearbeiteten Durchgriffsdogmatik" 5 8 0 kann daran nichts ändern. Bei näherem Hinsehen handelt es sich bei der Durchgriffsdiskussion auch weniger um ein in sich geschlossenes System, als vielmehr um den Versuch der dogmatischen Rechtfertigung einzelner Fallgruppen581. Dass man nun für die Inanspruchnahme im Fall einer Vermögensvermischung eine schlüssige Begründung gefunden hat, hindert überdies nicht, in anderen Fällen einen Haftungsdurchgriff im Wege der höchstrichterlichen Rechtsfortbildung zu entwickeln 582 , falls dies notwendig sein sollte 583 . Die Möglichkeit zur Inanspruchnahme der Gesellschafter unmittelbar durch die Gläubiger einer Gesellschaft ist außerhalb eines Insolvenzverfahrens im Falle der Vermögensvermischung aber mit dem Rechtsgedanken der § 93 Abs. 5 S. 1 und 4 AktG sowie § 309 Abs. 4 S. 3 und 5 AktG zu begründen584. e) Die Verlustausgleichspflicht

im faktischen

Konzern

aa) Analogie zu §§ 302, 303 AktG im faktischen Konzern Bleibt die Frage, ob es nach Bremer-Vulkan noch Fälle gibt, in denen eine Analogieziehung zu §§ 302, 303 AktG zu rechtfertigen ist. Mit dem gefeierten „Abschied" von der Haftung im qualifiziert faktischen Konzern, so wie sie von der Rechtsprechung ausgestaltet worden war, ist noch nicht entschieden, ob unter bestimmten Umständen nicht doch eine Analogieziehung zu den §§ 302 f. AktG notwendig ist. So warnt auch K. Schmidt zu Recht davor, nun von einem Extrem ins andere zu fallen und jedweder Berechtigung einer Analogie zu §§ 302, 303 AktG eine Absage zu erteilen585. Wie bereits zu Beginn der Arbeit festgestellt wurde, ist entscheidender Grund für die Begründung einer Verlustausgleichspflicht nach Ab576 577 578

410.

Ulmer, JZ 2002,1049,1050. Was Altmeppen hier offensichtlich tut (vgl. ZIP 2002, 1553, 1159). Ulmer, J Z 2002, 1049, 1050; gegen Altmeppen auch LutterlBanerjea,

Z G R 2003, 402,

579 Altmeppen selbst beruft sich später allerdings durchaus auch auf §§ 128, 129 H G B (ZIP 2002, 1553, 1559). 580 Ulmer, J Z 2002,1049, 1050. 5 8 1 Vgl. zur Unterkapitalisierung noch unten S. 428 ff. 5 8 2 Auch dies sieht Ulmer als Argument gegen diesen Ansatz an (JZ 2002,1049, 1059). 5 8 3 Was allerdings zweifelhaft ist. 5 8 4 Vgl. auch bereits oben S. 339. 585 K. Schmidt, N J W 2001, 3577, 3580 f.

§9: Der Schadensersatzanspruch

der abhängigen

Gesellschaft

381

schluss eines Beherrschungsvertrags nicht der Übergang der Leitungsmacht, sondern die Ausrichtung auf die Zwecke einer anderen Gesellschaft. Wird nun der Zweck der Gesellschaft nicht durch Abschluss eines Beherrschungsvertrages, sondern durch Satzungsänderung auf eine andere Gesellschaft ausgerichtet, sind daher die §§ 302, 303 A k t G auch analog heran zu ziehen 586 . Entsprechendes muss aber auch gelten, wenn vertraglich oder rein tatsächlich eine Situation geschaffen wird, die derjenigen in einem durch einen Beherrschungsvertrag geprägtem Verhältnis entspricht. So können etwa Betriebspacht-, Betriebsüberlassungs- bzw. Betriebsführungsverträge so ausgestaltet sein, dass es sich materiell u m Beherrschungsverträge handelt 587 . O h n e h i n steht der Annahme eines Beherrschungsvertrages nicht entgegen, dass er nicht als solcher bezeichnet wurde, da die Rechtsnatur eines Vertrages sich nur nach seinem Inhalt, nicht aber nach seiner Bezeichnung richtet 5 8 8 . Allerdings wird ein solcher Vertrag regelmäßig unwirksam sein, weil es an der Zustimmung der Hauptversammlung der herrschenden Gesellschaft fehlt, bzw. nichtig nach § 304 Abs. 3 A k t G sein, weil die notwendige Ausgleichsregelung im Vertrag nicht enthalten ist 589 . Unwirksam ist ein Beherrschungsvertrag auch, wenn die H a u p t versammlung der abhängigen Gesellschaft nicht zugestimmt hat oder der Vertrag nicht ins Handelsregister eingetragen wurde 5 9 0 . Wird ein solch fehlerhafter Vertrag von den beteiligten Gesellschaften allerdings tatsächlich durchgeführt, so ist er nach herrschender Ansicht nach den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesell-

586 Zur Analogie zu den §§ 302, 303 A k t G in diesem Fall bereits oben S. 254; vgl. auch L. Möhring, Zum Schutz der Gläubiger einer konzernabhängigen G m b H (1992), S. 195, 208; eines besonderen Schutzes der außenstehenden Gesellschafter bedarf es, wie gesehen, in einem solchen Fall nicht, da eine entsprechende Zweckänderung nur einstimmig gefasst werden darf. 587 Hüffer, AktG § 292 Rn. 23; wann dies im Einzelnen der Fall ist, ist umstritten; teilweise wird dies regelmäßig bereits für den Fall eines Betriebführungsvertrages mit einer abhängigen Eigentümergesellschaft angenommen (Huber, Z H R 152 (1988), 123,149; Geßler, in Geßler/Hefermehl A k t G § 292 Rn. 85), teilweise wird auf den Inhalt des Vertrages abgestellt und gefragt, ob das betriebsführende Unternehmen im Einzelfall Einflussmöglichkeiten eingeräumt wurden, die dem Weisungsrecht des § 308 AktG entsprechen (Koppensteiner, in KK § 291 Rn. 19 ff.; Krieger, in Münchner Handbuch Band 4 § 72 Rn. 34 ff m.w.N.; ebenso Hüffer, AktG § 292 Rn. 24); teilweise wird auch angenommen, der Vertrag sei als Gewinnabführungsvertrag zu verstehen, wenn der Vertrag dazu führt, dass bei der abhängigen Gesellschaft kein Gewinn mehr entsteht (Oesterreich, Die Betriebsüberlassung (1979) S. 138 f.; zu Recht ablehnend aber Hüffer, AktG § 292 Rn. 23; Koppensteiner, in KK § 291 Rn. 66); entscheidend ist, ob durch den den Vertrag eine Rechtslage geschaffen wird, die derjenigen bei Abschluss eines Beherrschungsvertrages entspricht, wobei bei Abschluss eines Betriebsführungsvertrages mit einer abhängigen Eigentümergesellschaft allerdings eine Vermutung zugunsten eines Beherrschungsvertrages aufgestellt werden kann (vgl. Hüffer, AktG § 292 Rn. 24). 588 Altmeppen, in MK § 292 Rn. 139; Hüffer, A k t G § 292 Rn. 24; zu der Frage, ob im Personengesellschaftsrecht ein Gesellschaftsvertrag selbst als Beherrschungsvertrag qualifiziert werden kann vgl. Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften, (2000), S. 332 m.w.N. 589 Hüffer, AktG §292 Rn. 24; Huber, Z H R 152 (1988), 123, 140. 590 B G H v. 19.9.1988 = B G H Z 105, 324 = W M 1988, 1819; B G H v. 30.1.1992 = W M 1992, 524; B G H v. 5.11.2001 = B G H W M 2002, 77.

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Kapitel

III:

Treuepflichten

im Konzern

und ihre

Haftungskonsequenzen

schaft zu behandeln 5 9 1 . Damit endet ein vollzogener Vertrag erst, wenn sich einer der Partner auf seine Nichtigkeit beruft. Bis dahin ist das herrschende Unternehmen verpflichtet, Verluste der abhängigen Gesellschaft auszugleichen 592 . Die rückwirkende Aufhebung eines solchermaßen als wirksam zu behandelnden Vertrages ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch im G m b H - K o n z e r n grundsätzlich unzulässig, da auch hier das in der Regelung des § 296 Abs. 1 S. 2 A k t G zum Ausdruck kommende Schutzbedürfnis der abhängigen Gesellschaft, ihrer Gläubiger und Gesellschafter existiert 593 . Dies gilt auch, wenn die abhängige Gesellschaft eine E i n m a n n - G m b H ist 5 9 4 . Die Missachtung der gesetzlichen Vorschriften bei Abschluss eines Beherrschungsvertrages hat somit jedenfalls nicht die Unanwendbarkeit der Verlustausgleichspflicht zur Folge. Dies erkennen im Grundsatz auch diejenigen Stimmen im Schrifttum an, die der Rechtsprechung entgegenhalten, man dürfe nicht alle Mängel des Vertrages und der Zustimmbeschlüsse „gleichsam über einen Kamm" scheren und fehlerhafte Beherrschungsverträge, sobald die einmal vollzogen worden sind, als wirksam behandeln 5 9 5 . Die Übernahme der Verlustausgleichspflicht muss mit Blick auf die hier anzuerkennenden Schutzinteressen dann aber auch gelten, wenn der Abschluss eines Beherrschungsvertrages nie in Rede stand, trotzdem aber vertragliche Vereinbarungen getroffen wurden, die wie dieser eine Interessenausrichtung auf ein anderes Unternehmen zum Ziel haben. Aber auch bei einer rein tatsächlichen Ausgestaltung der Unternehmensorganisation, die die abhängige Gesellschaft zu einem bloßen Verfolger der Interessen des herrschenden Unternehmens werden lässt, ist mit Blick auf den Telos der §§ 302, 303 A k t G eine Verlustausgleichspflicht zu bejahen 5 9 6 . Die fehlende Weisungsmög5 9 1 B G H v. 14.12.1987 = B G H Z 1 0 3 , 1 = W M 1 9 8 8 , 2 5 8 ; B G H v. 11.11.1991 = B G H Z 116, 37, 39 = W M 1991, 2137; B G H v. 5.11.2001 = B G H W M 2002, 77, 78; Krieger, in Münchner Handbuch, Band 4 § 72 Rn. 36; weitere Nachweise auch zur unterinstanzlichen Rechtsprechung bei Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 11 IV; a.A. Kort, Bestandsschutz fehlerhafter Strukturänderungen im Kapitalgesellschaftsrecht (1998), S. 166 f.; Kleindiek, Z I P 1988, 613; für eine Heranziehung der Grundsätze der qualifiziert faktischen Konzernierung etwa Hüffer, A k t G § 292 Rn. 24 m.w.N. 5 9 2 B G H v. 5.11.2001 = W M 2002, 77, 78 m.w.N. 5 9 3 B G H V. 5.11.2001 = W M 2002, 77, 78; vgl. hierzu auch Huber, Z H R 1 5 2 ( 1 9 8 8 ) , 123, 142; Koppensteiner, in K K § 2 9 1 R n . 2 8 ; Krieger, in Münchner Handbuch, Band 4, § 7 2 Rn. 35; vgl. auch Altmeppen, Abschied vom „qualifiziert faktischen" Konzern (1991), S. 45 f., der die Anwendbarkeit dieser Vorschriften hier bereits aus dem Gesichtspunkt des venire contra factum proprium für richtig hält. 5 9 4 B G H v. 5.11.2001 = W M 2002, 77 f. (freilich steht hier nicht der Schutz des Gesellschafters, sondern nur der Gläubiger in Rede). 595 Emmerich, in Emmerich/Habersack, 2. Aufl. § 291 Rn. 29 f.; der zum Schutz der Gläubiger auch bei Nichtanwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft zumindest aber die Notwendigkeit einer analogen Anwendung der §§ 302, 303 anerkennt; für Analogie zu den §§ 302, 303 A k t G bei Unwirksamkeit oder Nichtigkeit eines Beherrschungsvertrages allerdings unter Bezugnahme auf die Grundsätze zum qualifiziert faktischen Konzern auch Hüffer, AktG § 292 Rn. 24 m.w.N.; zu den einzelnen Mängeln vgl. auch Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 1 1 IV. 596

Zwar meint Lehmann,

in FS Beusch S. 479, 483, es würde zu einer „unakzeptablen Aus-

§9:

Der Schadensersatzanspruch

der abhängigen

Gesellschaft

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lichkeit 597 steht dem nicht entgegen, da diese für sich genommen die Verlustübernahme auch nicht zu begründen vermag. Maßgeblich ist vielmehr, in wessen Interesse die Weisungen getroffen werden598. Die Weisungsmöglichkeit dient nur der Absicherung der durch den Beherrschungsvertrag vollzogenen Interessenausrichtung, was bereits dadurch bestätigt wird, dass nicht nur das Recht zu nachteiligen Weisungen abbedungen (§ 308 Abs. 1 S. 2 AktG), sondern grundsätzlich das Recht zur Weisungserteilung vertraglich beschränkt werden kann 599 , ohne dass dies etwas an der Ausgleichspflicht ändert600. Eine solche Interessenausrichtung setzt allerdings mehr voraus als Abhängigkeit im Sinne des § 17 AktG und eine partiell gegen die Eigeninteressen der abhängigen Gesellschaft verstoßende Ausübung von Leitungsmacht. Hier muss das Trennungsgebot zwischen herrschenden und abhängigen Unternehmen grundsätzlich missachtet werden601 und ein Zustand geschaffen worden sein, aufgrund dessen das abhängige Unternehmen ohne Rücksicht auf seine rechtliche Selbständigkeit und seine eigenen Interessen wie ein Bestandteil des herrschenden Unternehmens geführt wird 602 . Im Anschluss an K. Schmidtbm ist damit ein Verhältnis zu verlangen, das sich nur noch als organisa-

weitung des Begriffs (des qualifizier faktischen Konzerns) führen", wenn man bei einer satzungsmäßigen Ausrichtung auf das Konzerninteresse bereits einen qualifiziert faktischen Konzern annähme. Zuzugeben ist dieser Ansicht, dass der Begriff des qualifiziert faktischen Konzerns stark durch die Rechtsprechung und langanhaltende Diskussion vorbelastet ist und es hier leicht zu Missverständnissen über die Voraussetzungen einer entsprechenden Analogie kommen kann. Dies spricht aber nur dafür, hier den Begriff des qualifiziert faktischen Konzerns zu vermeiden; indes kann hierin kein entscheidender Grund gesehen werden, eine sachlich gerechtfertigte Analogie nicht zu bejahen. 5 9 7 Entscheidend hierauf abstellend allerdings Timmann, Die Durchsetzung von Konzerninteressen (2000), S. 129; vgl. auch Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 499. 5 9 8 Auch in der Regierungsbegründung, abgedruckt bei Kropff, A k t G 1965 S. 374 heißt es: „Nur der Beherrschungsvertrag gibt nach dem Entwurf dem herrschenden Unternehmen das Recht, die abhängige Gesellschaft unter seine Leitung zu stellen und sie bei dieser Leitung auch zu für sie nachteilige Maßnahmen anzuweisen". 599 Hüffen A k t G § 308 Rn. 13. 6 0 0 Zum Ganzen vgl. bereits oben S. 16 f. 601 K. Schmidt, N J W 2001, 3577, 3581 zieht als Beispiel insoweit etwa die Fertighaus-Entscheidung des B G H Urteil v. 4.5.1977 = ( B G H Z 68, 312 ff.) heran. 6 0 2 Zum Definitionsansatz des qualifiziert faktischen Konzerns über den Begriff der „Betriebsabteilung" vgl. etwa B A G v. 15.1.1991, ZIP 1991, 884, 889; Emmerich, WuB II C. § 1 3 Abs. 2 G m b H G 1.86 S. 30; ders., in Scholz, 8. Aufl., Anh. Konzernrecht Rn. 205 (zurückhaltender nun in der 9. Aufl. Rn. 120 ff.); Geizhaus, G m b H R 1989, 397, 402; Kleindiek, Strukturvielfalt (1991), S. 278; Krieger, in Heidelberger Konzernrechtstage S. 41, 46; Mayer, DStR 1992, 756, 759; Priester, ZIP 1986, 137, 142 f.; Schulze-Osterloh, Z G R 1983, 123, 152. 603 K. Schmidt, GesR, § 3 9 III 4 b) aa); ders., ZIP 1989, 545 ff.; ders., ZIP 1991, 1325, 1327; ders., Z H R 155 (1991), 417, 442; ders., ZIP 1993, 549, 551; ders., A G 1994, 189, 190 f. und 195; ders., ZIP 1994,1741,1744; ders., in Hommelhoff/Stimpel/Ulmer S. 109 ff.; für ein Nebeneinander von Struktur- und Verhaltenshaftung im Anschluss an K. Schmidt auch Abeltshauser, Leitungshaftung (1998) S. 257 f.; ähnlich Lutter, in A G 1990,179,183, nach dem ein qualifiziert faktischer Konzern vorliegen soll, wenn eine Gesamtbetrachtung ergäbe, dass die Geschäftsführung der abhängigen Gesellschaft in ihrem Kern auf die Muttergesellschaft übergegangen ist.

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im Konzern

und ihre

Haftungskonsequenzen

t i o n s r e c h t l i c h e r Z u s t a n d erfassen l ä s s t 6 0 4 , w o b e i allerdings a u c h eine u m f a s s e n d e u n d d a u e r n d e L e i t u n g 6 0 5 i n s o w e i t n o c h n i c h t genügt. Z u v e r l a n g e n ist v i e l m e h r eine L e i t u n g u n t e r ständiger M i s s a c h t u n g der E i g e n i n t e r e s s e n der a b h ä n g i g e n G e sellschaft606. D i e G r ü n d e für die S c h a f f u n g eines s o l c h o r g a n i s a t i o n s r e c h t l i c h e n Z u s t a n d e s k ö n n e n vielfältiger N a t u r sein. S o k a n n i n s b e s o n d e r e a u c h eine aus Steuer- u n d h a f t u n g s r e c h t l i c h e n G r ü n d e n 6 0 7 d u r c h g e f ü h r t e B e t r i e b s a u f s p a l t u n g einen s o l c h e n Z u s t a n d n a c h sich z i e h e n 6 0 8 . A u c h w e n n sich i n s o w e i t eine generelle B e u r t e i l u n g

6 0 4 In die gleiche Richtung geht es, wenn Hommehoff für eine Analogie zu den §§ 302, 303 AktG einen Interessenumbruch verlangt, der dann vorliegt, wenn die Eigeninteressen der abhängigen Gesellschaft generell und nicht nur im Einzelfall den Interessen des herrschenden Unternehmens nachgestellt werden, vgl. Hommelhoff, in Heidelberger Konzernrechtstage S. 245, 247; ders., Z G R 1994, 395,406 ff., 419, vgl. auch Kleindiek, ZIP 1991,1330,1334; ders., G m b H R 1992, 574 ff.; a.A. etwa Timmann, der allerdings für den Fall einer statutarischen Ausrichtung auf der Grundlage einer Rechtsanalogie zu den §§225, 272 Abs. 3, 303 AktG, 22, 125, 204 UmwG den Gläubigern einen Anspruch auf Sicherheitsleistung für ihre Forderungen gewähren will, wenn im faktischen Konzern auf Initiative des herrschenden Unternehmens eine Anpassung des Gesellschaftszwecks oder des Unternehmensgegenstandes an die Bedürfnisse des Konzerns stattfindet (Timmann, Die Durchsetzung von Konzerninteressen (2000), S. 298 ff.). Eine dauerhafte Ausrichtung kann indes nicht nur über die Satzung, sondern auch auf tatsächlichem Wege durch organisatorische Maßnahmen stattfinden. Insbesondere zeigt das Gesetz mit der Regelung eines Verlustausgleichs bei Abschluss eines Beherrschungsvertrages, dass es auch und vor allem einen Schutz der abhängigen Gesellschaft erstrebt hat, wenn die Interessen eines Unternehmens auf die eines anderen dauerhaft ausgerichtet werden. 6 0 5 Insbesondere reicht hierfür auch nicht die Besetzung eines Aufsichtsrates mit Personen, die zu der Muttergesellschaft in einer besonders engen Beziehung stehen (so im Fall des O L G Hamm v. 3.11.1986 = (Banning) N J W 1987, 1030). 6 0 6 Noch enger K. Schmidt, GesR § 3 9 III 4 b aa): „de-facto-Fusion". Die insoweit an der Betonung einer in einem solchen Fall regelmäßig erforderlichen „hohen Leitungsdichte" geübte Kritik (vgl. etwa Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 502 f) kann nicht überzeugen. Zwar ist es richtig, dass in einem Beherrschungsvertrag bereits die Möglichkeit der Einflussnahme ausreicht, um einen Verlustausgleich zu begründen. Dies aber nur deshalb, da die mit Abschluss des Beherrschungsvertrages verbundene Zweckänderung eine Interessenausrichtung nach sich zieht. Wird ein solcher Zustand der Interessenausrichtung ohne Zweckänderung geschaffen, kann dies nur durch eine tatsächliche und ständige Einflussnahme erfolgen. Auch der Hinweis, dass dieses Kriterium einen Verlustausgleich nicht tragen würde, da eine höhere Leitungsdichte als etwa bei einer Einmanngesellschaft, bei der der Gesellschafter zugleich Geschäftsführer sei, gar nicht vorstellbar ist (Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 503) überzeugt nicht. Natürlich besteht hier eine nicht zu überbietende Leitungsdichte, dies ist aber auch nicht bedenklich, wenn diese Leitung entsprechend der Pflichtenlage im Interesse der Gesellschaft und nicht im Interesse eines anderen Unternehmens erfolgt (ein solches Eigeninteresse erkennt Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 314 ff. freilich nicht an, weshalb sein Lösungsansatz unter dieser Prämisse konsequent ist). 6 0 7 Mittlerweile ist die Begrenzung der Haftung der Besitzgesellschaft eines der Hauptmotive der Betriebsaufspaltung, da die steuerrechtlichen Vorteile hier in der Vergangenheit bereits reduziert wurden (vgl. Henssler, Z G R 2000, 478, 480 m.w.N.); vgl. allerdings auch die zum Schutz der Gläubiger aufgestellten Haftungsregelungen bei einer Spaltung nach dem Umwandlungsgesetz in dessen §§ 133, 134 (hierzu Müller, D B 2001, 2637 ff.). 6 0 8 Eine Betriebsaufspaltung ist grundsätzlich dadurch gekennzeichnet, dass bei ihr Funktionen, die ursprünglich von einem einheitlichen Unternehmen wahrgenommen wurden, nun

§9:

Der Schadensersatzanspruch

der abhängigen

Gesellschaft

385

aufgrund der Vielfalt der Gestaltungsvielfalt in diesem Bereich verbietet 6 0 9 , ist diesen Konstruktionen doch weitgehend gemeinsam, dass es hier zu einer Trennung des Haftungsrisikos und der Haftungsmasse kommt, womit Gefahren für die Gläubiger und Minderheitsgesellschafter der Betriebsgesellschaft verbunden werden 6 1 0 . Die Fälle, in denen Insolvenzverfahren mangels Masse bereits nicht eröffnet werden, sind daher auch gerade hier sehr häufig 6 1 1 . Liegt in einem solchen Fall die Leitung der Betriebsgesellschaft in den Händen der Besitzgesellschaft, so wird regelmäßig aber auch ein organisationsrechtlicher Zustand vorliegen 6 1 2 , der die Anwendung der § § 3 0 2 ff. A k t G rechtfertigt 6 1 3 . Allein die Ausrichtung der Produktions- und Vertriebstätigkeit auf den Konzern muss für die abhängige Gesellschaft allerdings noch keineswegs einen solch nachteiligen Zustand schaffen 6 1 4 . Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn eine Abrechnung nur nach Konzernverrechnungspreisen stattfindet 6 1 5 . Da bei einer tatsächlichen Interessenausrichtung der selbständige Zweck der abhängigen Gesellschaft unverändert fortbesteht, bestehen in einem solchen Fall, neben der Verlustausgleichspflicht, bei konkret nachweisbaren nachteiligen Eingriffen in die Interessen der abhängigen Gesellschaft auch Ansprüche aufgrund Treuepflichtverletzung bzw. § § 3 1 1 ff. A k t G 6 1 6 . Die Verlustübernahme stellt keine Legitimation 6 1 7 für schädigende Einflussnahmen auf die abhängige Gesellschaft

auf verschiedene selbständige Rechtsträger verteilt werden (vgl. Dehmer, Die Betriebsaufspaltung (1987) Rn. 1; Kaligin, Die Betriebsaufspaltung (2001), S. 17), wobei auf die Betriebsgesellschaft typischerweise die betrieblichen Aufgaben übertragen werden, während das Anlagevermögen überwiegend im Eigentum der Besitzgesellschaft steht, von der es an die Betriebsgesellschaft vermietet oder verpachtet wird. Die Besitzgesellschaft fungiert dabei häufig als von den Gefahren der Produktion freigestellter Vermögensträger und Gewinnempfänger (Henssler, Z G R 2000, 479, 480; Weimar, ZIP 1988, 1525). 609 Zöllner, in Baumbach/Hueck, Schlussanhang I Rn. 95. 610 Raiser, N J W 1995, 1804; ders., in FS Ulmer S.493, 494; Ulmer, in Hachenburg Einl. Rn. 16 m.w.N. 611 Lutter/Hommelhoff, 15. Aufl., § § 3 2 a/b Rn. 138 m.w.N. 6 1 2 Zu dem Fall, dass Betriebs- und Besitzgesellschaft von einem gemeinsamen Gesellschafter geleitet werden vgl. noch unten S. 488 ff. 6 1 3 Für die Bejahung eines qualifiziert faktischen Konzerns in einem solchen Fall bislang Emmerich, in Scholz, Anhang Konzernrecht Rn. 124 („indizielle Wirkung"); Holzwarth, Konzernrechtlicher Gläubigerschutz bei der klassischen Betriebsaufspaltung (1994), S. 191 ff.; Raiser, N J W 1995, 1804, 1805; a.A. Drygala, N J W 1995, 3237, 3238; Priester, in Heidelberger Konzernrechtstage S. 223, 241 ff.; Schulze-Osterloh, Z G R 1983, 123; Ziegler, Kapitalersetzende Gebrauchsüberlassungsverhältnisse und Konzernhaftung bei der G m b H (1989), S. 193 ff.; differenzierend Zöllner, in Baumbach/Hueck, Schlussanhang I Rn. 95; zur Entscheidung des B A G v. 8.9.1998 = N J W 1999, 2612 vgl. noch unten S. 486 ff. 614 Timmann, Die Durchsetzung von Konzerninteressen (2000), S. 36. 6 1 5 Zur Änderung des Unternehmensgegenstandes im Konzerninteresse vgl. bereits oben S. 105 ff., sowie im einzelnen auch Timmann, Die Durchsetzung von Konzerninteressen (2000), S. 34 ff. mit einzelnen Bsp. in Fn. 45 (S. 37). 6 1 6 Für einen Anspruch aus §302 A k t G neben §§311 ff. AktG auch Altmeppen, Abschied (1991), S. 45 f. 6 1 7 Legitimieren lässt sich ein solcher Zustand nur durch Abschluss eines Beherrschungsvertrages bzw. eine Zweckänderung, wobei auch an eine „gemischte Zielsetzung" in der Form zu

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Kapitel

III:

Treuepflichten

im Konzern

und ihre

Haftungskonsequenzen

dar 6 1 8 . Auf der anderen Seite hindert die Möglichkeit, einzelne schädigende Einflussnahmen zu isolieren, um es deutlich zu sagen, aber auch nicht die Begründung der Verlustausgleichspflicht 619 , weshalb diese Analogie auch nichts mit der Recht-

denken ist, dass gegenüber Dritten die Gesellschaft ihre gewinnorientierte Zielsetzung beibehält, gegenüber dem oder den verbundenen Unternehmen auf die Gewinnerzielung aber verzichtet wird, was dem Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages am nächsten kommt (vgl. auch Timmann, Die Durchsetzung von Konzerninteressen (2000), S. 33). Bestehen bleiben muss aber auch in diesem Fall die Verpflichtung zum Verlustausgleich analog §§ 302, 303 AktG, da sonst über die Satzung das Schutzsystem des Konzernrechts sehr leicht aushebelt werden könnte (so auch Beinert, Die Konzernhaftung für die satzungsmäßig abhängig gegründete G m b H (1995), S. 189, die trotzdem eine Heranziehung der Regelungen des Vertragskonzernrechts aber verneint). Die teilweise im Zusammenhang mit der Frage nach der Legitimationsmöglichkeit eines qualifiziert faktischen Konzerns vertretene Ansicht, dieser könne durch eine mit qualifizierter Mehrheit erteilte Zustimmung der Hauptversammlung erlaubt werden (vgl. etwa Krieger, in Münchner Handbuch, Band 4, § 69 Rn. 24; Seydel, Konzernbildungskontrolle bei der Aktiengesellschaft (1995), S. 266; für ein qualifiziertes Zustimmungserfordernis auch Emmerich, A G 1991, 303, 306; Sonnenschein, in Mestmäcker/Behrens S. 64 ff.), ist nicht haltbar: Der Gesetzgeber hat durch § 3 1 1 AktG deutlich gemacht, dass jede andere Form der nachteiligen Einflussnahme ohne Beherrschungsvertrag und ohne Nachteilsausgleich rechtwidrig und damit unzulässig ist. Etwas anders kann nur gelten, wenn über eine Satzungsänderung die Nachteiligkeit einer Einflussnahme beseitigt wird. 618 Assmann, J Z 1986, 928, 936 f.; Cahn, ZIP 2001, 2159, 2160 f.; Ulmer, in Hachenburg Anh. § 77 Rn. 142; ders., Z H R 148 (1948), 391, 425; zutreffend wird insoweit auch darauf hingewiesen, dass dies andernfalls zu einer nicht zu rechtfertigenden Privilegierung des herrschenden Unternehmens führen würde, was sich deutlich zeigt, wenn durch die nachteilige Einflussnahme nur der Gewinn geschmälert wird {Cahn, ZIP 2001, 2159,2161; Krieger, in Münchner Hdb., Band 4, § 6 9 , Rn. 127). Nach Cahn, ZIP 2001, 2159, 2162 hat (im Falle einer qualifiziert faktischen Konzernierung) eine Anrechnung des Einzelausgleichsanspruchs auf den Jahresfehlbetrag allerdings zu unterbleiben, wenn die abhängige Gesellschaft ohne die nachteiligen Einwirkungen Gewinn erzielt hätte, wobei im Zweifelsfall die hypothetische Gewinnerzielung jedenfalls dann zu vermuten ist, wenn die Gesellschaft vor der Interessenausrichtung Gewinn erzielt hat. Begründet wird dies damit, dass, wenn die die Einbußen verursachenden qualifizierten Eingriffe unterlassen worden wären, aufgrund des einzelausgleichsfähigen Anspruchs ein Uberschuss der abhängigen Gesellschaft zu verzeichnen gewesen wäre. Zu beachten ist allerdings, dass alle nachteiligen Eingriffe Einzelausgleichsansprüche nach sich ziehen und die Analogie zu §§ 302 ff AktG nicht auf der fehlenden Einzelausgleichsfähigkeit beruht, sondern auf der grundsätzlichen Interessenausrichtung der abhängigen Gesellschaft. Vom Bestehen konkreter Eingriffe ist dieser Anspruch dann aber auch unabhängig. Unterlässt man allerdings eine Anrechnung des Einzelausgleichsanspruchs, so verkennt man, dass in diesem auch der entgangene Gewinn enthalten ist. Hätte die Gesellschaft ohne Eingriff einen Gewinn von 100 gemacht und ist ihr durch den Eingriff stattdessen ein Verlust von 100 entstanden, so beläuft sich der Einzelausgleichsanspruch auf 200, würde man ihr daneben auch den Verlustausgleich zugestehen, hätte sie einen Anspruch von 300, was nicht interessengerecht ist (für eine grundsätzlich Anrechnung auch Assmann, J Z 1986, 928, 936 f.; Ulmer, in Hachenburg Anh. § 77 Rn. 142). Cahn geht bei seinem Beispiel (Jahresfehlbetrag 100.000,-, Folge des Einzeleingriffs 25.000,-) davon aus, dass ohne qualifiziert faktische Konzernierung ein Anspruch auf und somit Uberschuss von 25.000,bestanden hätte, wohingegen bei Anrechnung das Ergebnis der abhängigen Gesellschaft 0 betragen würde und somit eine Benachteiligung der abhängigen Gesellschaft festzustellen wäre. Dies setzt aber voraus, dass der Verlust in Höhe von 100.000,- tatsächlich durch die Konzernierung entstanden ist. (Inwieweit man sich zur Feststellung eines entsprechenden Anspruchs Vermutungen bedienen kann vgl. sogleich). Ist dies der Fall, so bestehen insoweit aber grds. auch Einzelausgleichsansprüche und somit insgesamt Ansprüche i.H.v. 125.000,-, womit wiederum

§9:

Der Schadensersatzanspruch

der abhängigen

Gesellschaft

387

sprechung des B G H zum qualifiziert faktischen Konzern nach TBB zu tun hat 620 . Man mag diesen Ansatz als partiellen Rückschritt zum Autokran-Urteil abtun, und vielleicht muss sogar jeder, der heute für eine Analogie zu den §§ 302, 303 AktG im faktischen Konzern eintritt, ebenso wie diejenigen, die vor Bremer Vulkan an der Rechtsfigur des qualifiziert faktischen Konzerns rütteln wollten, fürchten, „als Hinterwälder belächelt zu werden" 621 . Es lässt sich manchmal indes nicht vermeiden, einen Schritt zurückzugehen, wenn man zuvor falsch abgebogen ist. bb) Die Geschäftsführung ohne Auftrag als Begründungsansatz einer Verlustausgleichspflicht Bleibt zu klären, inwieweit das Auftragsrecht, das man teilweise neben der Organhaftung 622 bzw. zumindest als Tatbestand mit „Auffangfunktion" 623 zur Begründung einer Verlustausgleichspflicht des herrschenden Gesellschafters heranziehen will, hier tragfähig ist 624 . So wird teilweise argumentiert, es bestünde zwar in der AG aufgrund der dort bestehenden Leitungsmacht des Vorstandes, dem Prinzip der Ausschüttungssperre und der gesteigerten Rechnungslegungspflicht kaum Raum für eine Geschäftsführung im Fremdinteresse. Anderes gelte aber in der GmbH, in der ein herrschender Gesellschafter die Gesellschaft im Fremdinteresse wirtschaften lassen könne. Damit bestünde aber auch eine Verpflichtung, dieser zumindest die Verluste zu ersetzten, die ihr daraus entstünden 625 . Abgeleitet wird diese Verpflichtung aus einer Risikozurechnung, die ihre Wurzeln im Aufwendungsersatzgedanken des Auftragsrechts bzw. der negotiorum gestio habe 626 . ein Überschuss i.H.v. 25.000 gegeben wäre. Lässt sich der Verlust dagegen nicht auf konkrete Eingriffe der herrschenden Gesellschaft zurückführen, ist es auch nicht sachgerecht, über den tatsächlich eingetreten Verlust hinaus einen Anspruch zu bejahen. Cahns Ergebnis beruht auf dem Ansatz der Risikozuweisung, da er davon ausgeht, dass der Verlusteintritt auf Eingriffe der herrschenden Gesellschaft zurückzuführen ist, dies aber nur ausnahmsweise nachgewiesen werden kann. Erkennt man aber den Grund der Verlustübernahmepflicht nicht in der fehlenden Einzelausgleichsfähigkeit, so kann dieser Ansatz, wie obiges Beispiel gezeigt hat, nicht zu sachgerechten Ergebnissen führen. 6 1 9 Vgl. auch bereits oben S. 143. 620 K. Schmidt, N J W 1994, 447; den., A G 1994,189,195; Wilhelm, Kapitalgesellschaftsrecht (1998), Rn. 415 ff., 499 ff., 562 ff m.w.N. 621 Lehmann, in FS Beusch S. 479. 6 2 2 So Wilhelm, D B 1986, 2113, 2117; ders., Kapitalgesellschaftsrecht (1998), Rn. 563 ff., 568 f, nach dessen Auffassung es möglich sein soll, dass eine Organhaftung analog § 43 GmbH mit einer Geschäftsherrenhaftung nach §§ 683, 670 B G B zusammentrifft. 6 2 3 So Altmeppen, Abschied (1991), S. 60, 75. 6 2 4 Hierfür Altmeppen, Abschied (1991) S. 74 unter Hinweis auf Schilling, in FS Hefermehl S. 383, 389 („auftragsähnliches Rechtsverhältnis"); Reuter, Z H R 146 (1982), 1,21; Wilhelm, D B 1986,2113,2116f. 625 Altmeppen, Abschied (1991) S. 75. 626 Altmeppen, Abschied (1991) S. 74 f. im Anschluss an die Überlegungen von Schilling, in FS Hefermehl, 1976, 383, 389; Reuter, Z H R 146 (1982), 1,26; Wilhelm, D B 1986, 2113, 2116 f.; ein auf auftragsrechtlicher Basis beruhender Ansatz zur rechtlichen Würdigung konzerninternen Leitungsverhaltens wurde in neuerer Zeit auch vom schweizerischen Bundesgericht in einer steuerrechtlichen Entscheidung (StE 95, B 72.11 Nr. 3) angewandt. Auch hier wurde angenommen bzw. fingiert, die Tochtergesellschaft hätte als Beauftragte ihrer Muttergesellschaft gehan-

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Kapitel

III:

Treuepflichten

im Konzern

und ihre

Haftungskonsequenzen

Lasse sich der Tatbestand „Handeln im Fremdinteresse" allerdings nicht feststellen, bestehe auch kein G r u n d , dem herrschenden U n t e r n e h m e n das Geschäftsherrenrisiko zuzuweisen 6 2 7 . Gegen eine Analogie zu § 302 Abs. 1 A k t G wird angeführt, diese übergehe nicht nur die wesentlichen Unterschiede in der Situation des Beherrschungsvertrages der A G zu der des faktischen G m b H - K o n z e r n s , sondern vor allem auch das entscheidende Haftungskriterium bei einem Handeln im Fremdinteresse 6 2 8 . Gegen eine Analogieziehung zur Rechtslage im Beherrschungsvertrag spreche bereits, dass der Alleingesellschafter einer G m b H deren Geschäftsführung beherrschen dürfe 6 2 9 . Für die Begründung der Verlustausgleichspflicht mit dem Aufwendungsersatzgedanken des Auftragsrechts (§§ 667, 670 BGB) bzw. der negotiorum gestio spreche überdies, dass auch der Regelung in § 302 Abs. 2 A k t G der genannte Aufwendungsersatzgedanke zugrunde liege 630 . Soweit der Tatbestand des Handelns im Fremdinteresse des Gesellschafters bzw. eines ihm nahestehenden Unternehmens festgestellt worden sei, bedeute ein Verzicht der G m b H auf ihren Verlustausgleichsanspruch gegen den Gesellschafter oder sein anderes U n t e r n e h m e n sodann eine verdeckte Gewinnausschüttung, die gegen §§ 30, 31 G m b H G verstoßen könne 6 3 1 . (1) Gegenargumente Gegen die Heranziehung der Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag wird geltend gemacht, die Pflicht zur Übernahme des Risikos, das sich aus der Instrumentalisierung der abhängigen G m b H zugunsten des Konzerninteresses ergäbe, stehe zwar dem Gedanken des § 670 BGB nahe 632 , sei aber in seiner Ausprägung anders ausgestaltet u n d auch weitergehender als die Aufwendungsersatzpflicht nach Auftragsrecht 6 3 3 . Insbesondere würde, anders als im Auftragsrecht, bei der Verlustausgleichspflicht auch auf den konkreten Einzelnachweis verzichtet, dass die Vermögensschmälerung auf eine Konzernleitungsmaßnahme zurück-

delt, weshalb der letzteren einerseits die von der Beauftragten im R a h m e n dieses Auftragsverhältnisses erzielten G e w i n n e z u s t e h e n w ü r d e n , diese andererseits aber auch der Tochtergesellschaft deren A u f w e n d u n g e n u n d einen allfällig erwachsenen Schaden zu ersetzen habe (näher Vogel, D i e H a f t u n g der Muttergesellschaft (1997), S. 179 ff.). 627 Altmeppen, Abschied v o m qualifiziert faktischen K o n z e r n (1991), S. 75. 628 Altmeppen, Abschied v o m qualifiziert faktischen K o n z e r n (1991), S. 76. 629 Altmeppen, Abschied v o m qualifiziert faktischen K o n z e r n (1991), S. 75. 630 Vgl. Altmeppen, Abschied v o m qualifiziert faktischen K o n z e r n (1991), S. 74 f. mit H i n weis auf die geschichtliche E n t w i c k l u n g dieser Vorschrift; vgl. auch Wilhelm, D B 1986 2113, 2116. 631 Altmeppen, Abschied v o m qualifiziert faktischen K o n z e r n (1991), S. 76 ff.; zugelassen w e r d e n in diesem Z u s a m m e n h a n g auch weitreichende Beweiserleichterungen auf der G r u n d lage lebensnaher V e r m u t u n g e n bis hin z u r Beweislastumkehr. So w i r d insbesondere die A u f f a s sung vertreten, dass der Gläubiger n u r A n h a l t s p u n k t e darlegen müsse, die auf einen k o n z e r n i n ternen Leistungsaustausch schließen lassen, w o h i n g e g e n d e m Gesellschafter es obliege, die A n gemessenheit desselben nachzuweisen. 632 Stimpel, P r o b l e m e des K o n z e r n r e c h t s , S. 11, 22. 633 Hommelhoff, in Bilanz u n d K o n z e r n r e c h t (FS Goerdeler), 1987, S. 221, 228 ff.; Ulmer, in P r o b l e m e des K o n z e r n r e c h t s , S. 26, 56.

§ 9: Der Schadensersatzanspruch

der abhängigen

Gesellschaft

389

zuführen sei. Die Verlustausgleichspflicht beschränke sich nicht auf konzernspezifische Nachteile, sondern umfasse pauschal alle Verluste des beherrschten Unternehmens 6 3 4 . Dies lasse sich aber mit einem Aufwendungsersatzanspruch nicht mehr begründen. Eingewandt wird auch, die Bejahung eines Aufwendungsersatzanspruches bei unwirtschaftlichen Leistungen stünde im Widerspruch zu § 3 1 G m b H G , der für den Fall der Auszahlung des Stammkapitals lediglich die Erstattung des zuviel G e leisteten vorsehe 6 3 5 . A u c h müsse ein Anspruch auf der Grundlage der §§ 683, 670 B G B G m b H bereits deshalb ins Leere gehen, da keine Bindung an ein v o m Gesellschafterinteresse abweichendes Gesellschaftsinteresse bestehe. Vielmehr würde eine Gesellschaft, die für ihren Gesellschafter tätig wird, das tun, „was einzig ihre Existenz rechtfertigt" 6 3 6 . Vorgebracht wird auch, die Risikohaftung des Auftraggebers sei dogmatisch zu unbestimmt, um daraus eine Risikohaftung für jede fremdinteressenorientierte Tätigkeit ableiten zu k ö n n e n 6 3 7 . Einen allgemeinen Rechtssatz, wonach der, der die Vorteile einer Tätigkeit erhalte, das Risiko zu tragen habe, gäbe es nicht 6 3 8 . Insbesondere zeige auch die Existenz der Genossenschaft, dass auch dann nur eine beschränkte Haftung bestehen soll, wenn gemäß § 1 Abs. 1 G e n G ausschließlich die Mitglieder gefördert würden 6 3 9 . (2) Stellungnahme H a t sich eine faktisch abhängige Gesellschaft bei unverändertem Gesellschaftszweck in den Dienst einer anderen Gesellschaft gestellt und in deren Interesse ein Geschäft geführt, hat letztere die hierzu gemachten Aufwendungen der abhängigen Gesellschaft zu ersetzen 6 4 0 . Handelt eine Gesellschaft nicht in Verfolgung ihrer eigenen Zwecke, sondern zur Förderung des Zwecks einer anderen Gesellschaft, ist es nur folgerichtig, von einem Handeln im Fremdinteresse zu sprechen und der abhängigen Gesellschaft in Konsequenz dessen einen Aufwendungsersatzanspruch zuzubilligen. D e r Vergleich mit der Genossenschaft kann hier kein anderes Ergebnis rechtfertigen. In einer Genossenschaft besteht der Zweck der

634

Ulmer, in Probleme des Konzernrechts S. 26, 56; Reuter, Z H R 146 (1982), 1, 21; ebenso

Oechsler, ZGR 1997, 464, 488.

Versteegen, Konzernverantwortlichkeit (1993), S. 112. 636 Versteegen, Konzernverantwortlichkeit (1993), S. 112. 637 Timmann, Die Durchsetzung von Konzerninteressen (2000), S. 276. 6 3 8 Vgl. auch Kleindiek, Strukturvielfalt (1991), S. 139 im Zusammenhang mit der Legitimation des Verlustausgleichs. 639 Timmann, Die Durchsetzung von Konzerninteressen (2000), S. 276. 6 4 0 Zwar ist Voraussetzung eines Anspruchs auf Aufwendungsersatz auch ein entsprechender Fremdgeschäftsführungswille der abhängigen Gesellschaft (vgl. nur Vollkommer, in Jauernig, 9. Aufl. § 677 Rn. 9 f.); erforderlich ist folglich, dass sie nicht nur ein Geschäft abschließt, das im Interesse der herrschenden Gesellschaft liegt, sondern auch der Wille besteht, ein Geschäft für die herrschende Gesellschaft zu besorgen; dies ist bei einem objektiv im Interesse der herrschenden Gesellschaft liegenden Geschäft aber zu vermuten (allg. B G H v. 19.6.1963 = B G H Z 40, 21; B G H v. 23.2.1978 = B G H Z 70, 389, 396; B G H v. 18.9.1986 = B G H Z 98, 235, 240 m.w.N.). 635

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Kapitel III:

Treuepflichten

im Konzern und ihre

Haftungskonsequenzen

Gesellschaft in der Förderung der Mitglieder 641 , weshalb die Genossenschaft, wenn sie entsprechend diesem Zweck geleitet wird, im eigenen Interesse tätig wird. Dieser Anspruch besteht dann aber auch in einer Einmann- G m b H nicht nur, wenn das Stammkapital bilanziell nicht mehr gedeckt ist, da auch in Einmanngesellschaften die Gesellschafter nicht berechtigt sind, die Gesellschaft „entgegen dem Unternehmens- bzw. Gesellschaftsinteresse zu betreiben" 642 . Erkennt man, dass auch in einer Einmann-Gesellschaft ein Eigeninteresse existiert, das nicht mit dem Gesellschafterinteresse gleichzusetzen ist, wird auch hier im Fremdinteresse gehandelt, wenn die Gesellschaft nicht zur Zweckförderung, sondern für andere Interessen eingesetzt wird 643 . Dies gilt nicht nur im Falle der Unterdeckung. Das Bestehen einer Unterdeckung führt unter den Voraussetzungen des § 30 G m b H zu einem Erstattungsanspruch nach §31 G m b H G . Sie kann aber nicht ein vorher nicht existierendes Eigeninteresse begründen. Durch die Vorschriften zur Kapitalerhaltung wird ein zwingender Mindestschutz im Interesse der Gläubiger einer Gesellschaft statuiert 644 . Damit einher geht aber nicht die Erlaubnis, die Gesellschaft außerhalb dieses Vermögensschutzes entgegen ihrem Zweck zu verwenden 645 . Das Bestehen eines Aufwendungsersatzanspruchs kann die Analogie zu §§ 302, 303 AktG für den Fall, dass eine vollständige Ausrichtung auf die Interessen eines anderen Unternehmens stattgefunden hat, allerdings nicht hindern, da hier eine Situation geschaffen wird, die der nach Abschluss eines Beherrschungsvertrag entspricht. Mit dem Handeln im Fremdinteresse kann ein Aufwendungsersatzanspruch auch nur begründet werden, wenn die Verluste im Einzelfall auf ein Tätigwerden im Interesse der herrschenden Gesellschaft zurückgeführt werden können, wohingegen die Verlustausgleichspflicht analog § 302 AktG pauschal alle Verluste des beherrschten Unternehmens erfasst 646 . Zu widersprechen ist Altmeppen aber auch, wenn er davon ausgeht, dass die Geschäftsherrenhaftung eine Art Auffangfunktion habe und vorrangig die Geschäftsführerhaftung greife 647 . Die Organhaftung ist kein Weg, eine Haftung der herrschenden Gesellschaft zu begründen 6 4 8 . N u r wenn der herrschende Gesellschafter die Position eines faktischen Geschäftsführers eingenommen hat, kann auf § 43 G m b H G dessen Haftung statuiert werden. Die Möglichkeit zur Geltend641

Vgl. hierzu auch schon oben S. 25 f. A.A. aber Altmeppen, Abschied (1991), S. 73 f. 643 A.A. Versteegen, Konzernverantwortlichkeit (1993), S. 112. 644 Vgl. nur K. Schmidt, GesR, 4. Aufl. § 37 III 1. 645 Vgl. oben S. 269. 646 Ulmer, in Ulmer, Probleme des Konzernrechts S.26, 56; Reuter, Z H R 146 (1982), 1, 21; ebenso Oechsler, Z G R 1997, 464, 488; dass der B G H einen Anspruch aus Ersatz der eingetretenen Verluste verneint hat, wenn diese nicht auf die Konzernierung zurückgeführt werden konnten, steht dem nicht entgegen, da diese Rechtsprechung nur Folge der zu einer Analogie zu den §§ 302, 303 A k t G nicht passenden Haftungsvoraussetzungen im qualifiziert faktischen Konzern war (vgl. oben S. 354 ff.). 647 Altmeppen, Abschied (1991) S. 60, 75. 648 Vgl. oben S. 214 ff. 642

§9:

Der Schadensersatzanspruch

der abhängigen

Gesellschaft

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machung eines Aufwendungsersatzanspruchs schließt auch nicht die Treuepflichthaftung aus, wenn ein Gesellschafter die ihm obliegende Pflicht zur Förderung des Gesellschaftszwecks verletzt hat. Uber den Aufwendungsersatzanspruch sind grds. nur freiwillige Vermögensopfer der abhängigen Gesellschaft zugunsten des Geschäftsherrn zu erfassen. Auch wendet sich ein Anspruch aufgrund der Verletzung der mitgliedschaftlichen Treuepflicht gegen die herrschende Gesellschaft in ihrer Funktion als Gesellschafter und besteht somit unabhängig davon, ob aufgrund der Treuepflichtverletzung deren Interesse gefördert wurde oder nicht. Entscheidend ist nur, dass die Interessen der abhängigen Gesellschaft durch den Gesellschafter schuldhaft verletzt wurden. Ein solcher Anspruch erfasst auch den entgangenen Gewinn und kann damit auch deutlich über einem reinen Verlustausgleich liegen. Demgegenüber besteht der Anspruch auf Aufwendungsersatz verschuldensunabhängig und nur dann, wenn die abhängige Gesellschaft im Interesse eines anderen dessen Geschäfte besorgt hat. Dieser Anspruch besteht auch unabhängig von einer Mitgliedschaft und kann folglich auch unmittelbar gegenüber einer Schwestergesellschaft geltend gemacht werden, wenn in deren Interesse ein Geschäft geführt wurde.

Zusammenfassung

zu §9

Nachdem mit dem 77?.ß-Urteil die fehlende Möglichkeit zum Einzelausgleich zur Haftungsbegründung im qualifiziert faktischen Konzern ins Zentrum des Interesses gerückt war, hatte dieser seine Berechtigung als besondere Konzernform verloren. Von einer besonderen Konzernform konnte nur solange die Rede sein, als sachliche Unterscheidungsmerkmale wie eine besondere Leitungsdichte zur Abgrenzung zwischen einfacher und qualifiziert faktischer Konzernierung eine Rolle spielten. Mit dem maßgeblichen Abstellen auf die Ausgleichsfähigkeit der Interessenverletzung wurde indes deutlich, dass es im Kern nicht mehr um eine Konzernproblematik ging, sondern um eine Art der vereinfachten Schadenberechnung 649 . Dass dabei bereits das TBB-Urteil mit der Verletzung mitgliedschaftlicher Treuepflichten zu erklären war, erkannten im Grundsatz auch diejenigen, die ein schuldhaftes Handeln des herrschenden Gesellschafters verlangten und feststellten, diese Entscheidung nähere sich dem Schutzsystem der §§311,317 AktG an 650 . Da spätestens mit TBB der Grund für eine Unterscheidung zwischen einfacher und qualifiziert faktischer Konzernierung somit entfallen war, ist es zu begrüßen, dass sich die Rechtsprechung insoweit von der Analogie zu §§ 302 f. AktG löste, zumal der Begriff des qualifiziert faktischen Konzerns vor diesem Hintergrund nur noch als Quelle für Missverständnisse und Fehlentwicklungen dienen konnte 651 . Um einen Verstoß gegen das Eigeninteresse einer Gesellschaft durch ihren herrschenden Ge6 4 9 Dies zeigte sich auch darin, dass man einen Anspruch ausschloss, wenn der Verlust auf Umständen beruhte, die nicht auf die Konzernleitung zurückführbar waren. 650 Kropff, i n M K z u m AktG vor 311 Rn. 104; ders., A G 1993,485,490. 6 5 1 Vgl. etwa zur Diskussion über die grundsätzliche Zulässigkeit eines qualifiziert fakti-

392

Kapitel

III:

Treuepflichten

im Konzern

und ihre

Haftungskonsequenzen

seilschafter zu sanktionieren, müssen weder eine spezifische Konzernhaftung zum Einsatz gebracht noch die Grundsätze zum qualifiziert faktischen Konzern, u.U. gar außerhalb konzernrechtlicher Zusammenhänge, angewandt werden 652 . Ebenso wenig bedarf es hierfür aber auch der Anerkennung eines neuen, an den im TBB Urteil entwickelten Haftungsansätzen anknüpfenden gesellschaftsrechtlichen Haftungssystems, das man unter die Überschrift „Ausfallhaftung wegen existenzvernichtender Eingriffe" stellt. Das Eigeninteresse der Gesellschaft ist von ihren Gesellschaftern bereits aufgrund ihrer Treuepflicht und über das Bestandsinteresse hinaus zu achten. Daher sollte auch die mit Bremer Vulkan eingeleitete Haftung der Gesellschafter mit der mitgliedschaftlichen Treuepflicht begründet werden, deren Verletzung bei konzernabhängigen wie bei konzernunabhängigen Gesellschaften dieselben Rechtsfolgen nach sich zieht 653 . Die Beeinträchtigung durch schädigende Eingriffe eines herrschenden Gesellschafters ist auch nicht deswegen als spezifisches Konzernproblem zu behandeln, da sie außerhalb von Konzernen praktisch nicht vorkommt 6 5 4 . Zugegeben liegt in einem Konzern die Wahrscheinlichkeit dafür, dass eine abhängige Gesellschaft den Interessen des Konzerns dienstbar gemacht wird, höher als bei einer unabhängigen 655 . Dieser Erkenntnis kann jedoch hinreichend mit der Anerkennung von Vermutungen und Beweiserleichterungen Rechnung getragen werden 656 . Im Übrigen ist auch im G m b H - K o n zern auf die Wertung des § 317 Abs. 2 A k t G zurückzugreifen, weshalb ein schuldhafter Treuepflichtsverstoß bereits zu bejahen ist, wenn ein herrschender Gesellschafter bei seinen Einflussnahmen gegen den Sorgaltsmaßstab eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer unabhängigen Gesellschaft verstoßen hat 6 5 7 . Zurückzugreifen ist auf die Regelungen zum faktischen Aktienkonzern aber sehen Unternehmensverbundes, Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt (1996), S. 490 ff. 6 5 2 So hoben etwa Kiethe/Groeschke, ( N Z G 2001, 504, 505) vor der Entscheidung in Sachen Bremer Vulkan hervor, man könne die Grundsätze zum qualifiziert faktischen Konzern vom unmittelbaren Konzernzusammenhang abstrahieren, um einen auf gesellschaftsrechtliche Missbrauchsfälle bezogenen generalisierenden Lösungsansatz zu finden. 6 5 3 Gegen eine Differenzierung im Rahmen einer Verhaltenshaftung zwischen Konzernund Nichtkonzernsachverhalten bereits K. Schmidt, Z I P 1993, 549 ff.; ders., A G 1994, 189, 190 f.; Schanze, A G , 1993, 376, 377; Kühler, N J W 1993, 1204, 1205; Versteegen, D B 1993, 1225, 1226 ff.; Wiedemann, D B 1993, 141, 152. 654 Versteegen, D B 1993, 1225, 1226; vgl. auch Stimpel, A G 1986, 117, 121, nach dem die Schädigung einer G m b H durch ihren „schlichten Mehrheitsgesellschafter" Prozesserfahrung ist; vgl. auch Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 416, mit dem eingängigen Beispiel, dass kein Grund ersichtlich sei, einen Gesellschafter, der eine UmWeltorganisation unterstützen will, anders zu behandeln, als einen, der einer Gesellschaft Geld entzieht, weil er ein anderes Unternehmen damit unterstützen möchte. 6 5 5 A.A. wohl Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 413 ff., 416 mit dem Hinweis darauf, dass diese Gefahr noch nicht empirisch nachgewiesen worden sei. 6 5 6 Vgl. auch bereits oben S. 85 ff. 6 5 7 Vgl. bereits oben S. 337 ff.; der Begriff des ordentlichen Geschäftsmanns ist mit demjenigen des „ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters" in § 93 A k t G gleichzusetzen (vgl. nur Altmeppen, in Roth/Altmeppen, 4. Aufl. § 43 Rn. 3 m.w.N.).

§10: Alternative

und weitergehende

Haftungsmodelle

393

auch, wenn es um die Begründung eines direkten Klagerechts der Gläubiger ebenso wie der Minderheitsgesellschafter geht (§317 Abs. 4 i.V.m. §309 Abs. 4 S. 3 AktG) 6 5 8 . Im Insolvenzverfahren sind gemäß §§317 Abs. 4, 309 Abs. 4 S. 5 A k t G die Rechte der Gläubiger und Gesellschafter allerdings vom Insolvenzverwalter geltend zu machen. Auf diesem Wege kann, auch bei A n k n ü p f u n g der H a f t u n g an den allgemeinen Treuepflichtgedanken, den Besonderheiten, die sich aus der konzernrechtlichen Verbindung ergeben, ausreichend Rechnung getragen werden. Auf der anderen Seite ist dieses System aber offen f ü r neue „Haftungsphänomene" 6 5 9 , ohne dass man sich gezwungen sähe, diese durch grenzenlose Ausdehnung des Unternehmensbegriffs 6 6 0 ins Konzernrecht hineinpressen zu müssen. Darüber hinaus berechtigt ein solcher Ansatz zu der H o f f n u n g , dass ein derartiges Konzept auch auf europäischer Ebene besser akzeptiert wird. Abgesehen vom einem Anspruch auf Schadensersatz wegen Verletzung mitgliedschaftlicher Treuepflichten, kann ein herrschendes U n t e r n e h m e n aber auch einem Anspruch auf Aufwendungsersatz ausgesetzt sein, wenn die abhängige Gesellschaft in ihrem Interesse ein f ü r sie fremdes Geschäft geführt hat. In der Insolvenz ist auch ein solcher Anspruch vom Insolvenzverwalter zur Masse zu ziehen, womit er allen Gläubigern zugute k o m m t . Außerhalb des Insolvenzverfahrens haben die Gläubiger allerdings nur die Möglichkeit, den Anspruch zu pfänden und sich zur Einziehung überweisen zu lassen. Unabhängig von der Möglichkeit, auf diesem Weg einzelne Ansprüche gegen einen herrschenden Gesellschafter geltend zu machen, ist im Falle, dass eine abhängige Gesellschaft gänzlich auf die Verfolgung der Interessen des herrschenden Unternehmens ausgerichtet wurde, aber auch eine Analogie zu den Regelungen des Vertragskonzerns in §§ 302, 303 A k t G zu ziehen. Zu verlangen ist hierfür allerdings ein Zustand, bei dem die abhängige Gesellschaft unter ständiger Missachtung ihrer Eigeninteressen geleitet wird. Allein Probleme bei der Schadensfeststellung rechtfertigen eine solche Analogie auch bei zentral geführten Unternehmensverbindungen nicht. Liegt eine ordnungsgemäße Buchführung vor und berücksichtigt man die oben angesprochenen Beweiserleichterungen, werden sich einzelne nachteilige Eingriffe durchaus nachweisen und ein Schaden schätzen lassen. Sicher ist eine solche Schadensschätzung mit Unwägbarkeiten belastet, insbesondere, wenn die Konzernierung bereits seit längerem besteht. Indes lässt sie immer noch einen gerechteren Ausgleich zu, als dies eine generelle Verlustausgleichspflicht könnte. Erst so wird der Weg für eine auf den Einzelfall bezogene, ausgewogene Schadensfeststellung unter Bezugnahme auf die konkrete wirtschaftliche Situation einer Gesellschaft eröffnet.

658 Kropff, in MK zum A k t G vor 311 Rn. 104; für einen Rückgriff auf diese Vorschriften im faktischen G m b H - Konzern zur Begründung des Klagerechts der Gläubiger auch Ulmer, Z H R 148 (1984), 391,413. 659 Vgl. auch Schanze, A G 1993, 376, 377; für einen Rückgriff auf allg. Grundsätze auch Gäbelein, G m b H R 1992, 273; Heinsius, A G 1986, 99, 104 f.; Timm/Geuting, ZIP 1992, 821, Versteegen, DB 1993, 1225. 660 Vgl. zum Unternehmensbegriff noch unten S. 457 ff.

394

Kapitel III:

Treuepflichten im Konzern und ihre

Haftungskonsequenzen

Im Falle einer Vermögensvermischung ist der Weg, einzelne schädigende E i n griffe feststellen zu können, allerdings verschlossen. D i e sich hier stellenden P r o bleme lassen sich indes auch nicht einfach mit einer teleologischen Reduktion des § 13 Abs. 2 G m b H G und einem Durchgriff auf den herrschenden Gesellschafter lösen. Auch der allgemeine Grundsatz von Treu und Glauben bzw. besondere Missbrauchserwägungen erlauben es nicht, eine Person zum Schuldner der gegenüber einem anderen Rechtsträger vertraglich oder gesetzlich begründeten Ansprüche zu erheben. Allerdings ist bei einer gegenständlichen Vermögensvermischung im Rahmen der Vollstreckung zu vermuten, dass es sich bei dem vermischten Vermögen insgesamt um dasjenige des Schuldners handelt. Im Übrigen ist bei einer fehlenden Trennung der Vermögenssphären eine Vermutung dahingehend aufzustellen, dass der oder die Gesellschafter, mit deren Vermögen dasjenige der Gesellschaft vermischt wurde, das gesamte Vermögen, das nicht nachweisbar vor Eintritt der Vermögensvermischung erworben wurde, aufgrund eines Verstoßes gegen das Eigeninteresse der Gesellschaft erworben haben. Die Durchgriffshaftung, im Sinne einer Haftung der Mitglieder für die Verbindlichkeiten der juristischen Person, stellt sich damit selbst in ihrem anerkanntesten Fall der Vermögensvermischung als überflüssiges Konstrukt dar 6 6 1 , das nur die Gefahr in sich birgt, die Eigenständigkeit einer juristischen Person nicht ernst genug zu nehmen 6 6 2 . Eine Haftung der Mitglieder einer juristischen Person für deren Verbindlichkeiten ist außerhalb einer gesetzlichen Regelung damit prinzipiell nicht anzuerkennen 6 6 3 .

§ 10: Alternative und weitergehende Haftungsmodelle N e b e n der Treuepflicht wurden weitere Haftungsmodelle und Lösungsansätze entwickelt, die dem Schutzbedürfnis der Außenseiter einer abhängigen Gesellschaft Rechnung tragen sollen. Nachdem der Weg zum Schutz der Gläubiger über eine spezielle Konzernhaftung in der Rechtsprechung immer mehr in den Hintergrund gerückt ist, gewinnt neben den allgemeinen Vorschriften 6 6 4 natürlich auch die Frage nach alternativen Haftungsansätzen zunehmend an Bedeutung 6 6 5 . D e r 661 Die Durchgriffshaftung i.d.S. darf allerdings nicht mit dem Gläubigerzugriff nach §§317 Abs. 4, 309 Abs. 4 S. 3 AktG verwechselt werden; bei letzterem wird dem Gläubiger lediglich das Recht zur Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs der Gesellschaft eingeräumt, bei der Durchgriffshaftung hingegen erweitert sich der Kreis der haftenden Personen für die Forderung des Gläubigers gegenüber der Gesellschaft. 662 Auch Wilhelm, (Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person (1981), S. 308 ff., 330 ff.) hat sich daher gegen die Durchgriffslehren gewandt und ist vielmehr dafür eingetreten, die juristische Person selbst ernst zu nehmen; ebenfalls die Begründbarkeit einer Durchgriffshaftung prinzipiell angreifend Ehricke, AcP 199 (1999), 257. 663 Allerdings kann der Zweck einer Norm es durchaus notwendig machen, diese auch auf Personen auszudehnen, die nicht unmittelbar in der Norm genannt sind; so wird insbesondere im Rahmen des Kapitalerhaltungsrechts die Rückzahlungspflicht ausgeschütteten Eigenkapitals u.U. auch auf verwandte bzw. verbundene Personen erstreckt. 664 Zu nennen sind hier in erster Linie die Grundsätze der Kapitalerhaltung. 665 Vgl. auch Westermann, N Z G 2002, 1129, 1130.

§ 10: Alternative

und weitergehende

395

Haftungsmodelle

Frage nach der Berechtigung dieser Ansätze neben dem Treuepflichtansatz bzw. ihre Überlegenheit diesem gegenüber soll im Folgenden nachgegangen werden666. 1) Die Haftung

wegen der Verletzung einer Pflicht zur

Konzernleitung

Einer der vorgenannten Ansätze ist die Konzernleitungshaftung667. Die Ansicht, das Mutterunternehmen müsse der Tochtergesellschaft im Falle der Verletzung ihrer Pflicht zu ordnungsgemäßer Konzergeschäftsführung haften, lässt gewisse Gemeinsamkeiten mit dem Ansatz der Organhaftung erkennen. Nach dieser Auffassung verlagern sich im Falle der Konzernbildung die Zuständigkeiten, weshalb sich das herrschende Unternehmen gleich einem Organ an der Willensbildung und Entscheidungsfindung der abhängigen Gesellschaft beteilige. Damit würde es aber zum „faktischen Geschäftsführer", womit ihm auch die Pflicht zur ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleitung obläge668. Somit bestünden auch in einem dezentralisierten Konzern Leitungspflichten zur umfassenden Kontrolle und zum Einschreiten bei pflichtwidriger Tätigkeit 669 . Zur Begründung dieser Pflichten wird tief in die Geschichte geblickt. So zitiert Würdinger670 gar aus einem Brief Petrarcas an Kaiser Karl IV, der meinte: „Es wäre gewiss ohne zu freveln möglich gewesen, sie (seil, die Herrschaft) nicht zu ergreifen, da sie aber ergriffen ist, ist es ohne zu freveln nicht möglich, sie nachlässig zu führen". Dieser Vergleich mag auf den ersten Blick bestechen und passt ohne weiteres auch auf den Geschäftsführer einer Gesellschaft, nicht aber auf eine Konzernobergesellschaft. Zu Recht hat sich dieser Ansatz daher auch nicht durchsetzen können671. Ein herrschendes Unternehmen kann ganz oder teilweise seine Leitungsmacht ausüben, es muss dies aber nicht tun. Eine Pflicht zur Konzernleitung ist schon im Vertragskonzern abzulehnen und kann erst recht nicht für den faktischen

666 Nicht weiter eingegangen wird im Folgenden auf eine etwaig mögliche Haftung der Konzernobergesellschaft im Falle einer personellen Verflechtung ihrer Organe mit der abhängigen Gesellschaft über die Zurechnungsnorm des § 31 B G B (vgl. hierzu Imhof, Die Verantwortlichkeit der Konzernobergesellschaft (2002), S. 134 ff.). Diesem Ansatz kommt im Konzernhaftungsrecht nur eine sehr untergeordnete praktische Bedeutung zu, da aufgrund des bestehenden Schädigungsverbots seitens des herrschenden Unternehmens die Feststellung eines funktionalen Zusammenhangs zwischen schädigender Handlung des Organs und seiner doppelten Organstellung verzichtbar wird (vgl. auch Imhof, Die Verantwortlichkeit der Konzernobergesellschaft (2002), S. 213). 667 Ausführlich Hommelhoff Die Konzernleitungspflicht (1982), tendenziell zustimmend U.H. Schneider, Z G R 1980, 511, 532 ff.; ders., B B 1981, 249, 257 ff.; vgl. auch Lutter, Z G R 1982, 244, 267; ders., J Z 1993, 580. 668 U.H. Schneider, Z G R 1980, 511, 532 f.; ders., B B 1981, 249, 257. 669 U.H. Schneider, B B 1981, 249, 258. 670 Würdinger, in G K zum AktG, § 309 Anm. 3. 671 Eschenbruch, Konzernhaftung (1996) Rn. 3365; abl. auch Hüffer, AktG § 76 Rn. 17; Koppensteiner, in K K vor § 291 Rn. 30; Mertens, in K K § 76 Rn. 55; Rehbinder, Z H R 147 (1983), 464, 468; Rittner, AcP 183 (1983), 295, 301 ff., 306 ff.; H. P. Westermann, in FS Pleyer S. 421, 426 ff., 434 f.; entschieden auch Flume, Juristische Person § 3 III 3 (S. 90) Fn. 97 „grundsätzliche Verkehrung".

396

Kapitel III:

Treuepflichten

im Konzern und ihre

Haftungskonsequenzen

Konzern bejaht werden 6 7 2 . Hiergegen spricht bereits, dass § 311 A k t G eine Ausgleichspflicht ausdrücklich nur anordnet, wenn eine der abhängigen Gesellschaft nachteilige Maßnahme von dem herrschenden U n t e r n e h m e n tatsächlich veranlasst wurde. Zwar ergeben sich gegenüber dem Treuepflichtansatz, soweit es u m nachteilige Einflussnahmen des herrschenden Unternehmens gegenüber der faktisch abhängigen Gesellschaft geht, keine abweichenden Ergebnisse 6 7 3 , da auch hier auf den Sorgfaltsmaßstab eines ordentlichen Geschäftsführers abzustellen ist 674 . Maßgebliche Unterschiede bestehen aber, wenn es u m die Frage nach der H a f t u n g wegen unterlassener Ausübung der Konzernleitung geht. Auch durch das Ablassen von einer einmal ausgeübten Leitungstätigkeit wird die Tochtergesellschaft aber nicht führungslos, weshalb insoweit auch nicht eine Pflicht zur Fortsetzung derselben aus vorangegangenem Tun begründet werden kann 6 7 5 . Anders könnte allenfalls entschieden werden, wenn das herrschende Unternehmen tatsächlich als faktischer Geschäftsführer der Tochtergesellschaft zu qualifizieren wäre 6 7 6 .

2) Die Haftung des herrschenden als faktischer Geschäftsführer

Unternehmens

Eine faktische Geschäftsführung ist sicher f ü r den Fall anzunehmen, dass keine funktionierende Geschäftsleitung existiert, die die Interessen der Gesellschaft wahren könnte u n d die Leitung gänzlich von der Muttergesellschaft in die H a n d genommen wurde. In diesem Fall sind dem herrschenden Gesellschafter über die mitgliedschaftlichen Treuepflichten hinausgehende Pflichten aus der tatsächlich übernommenen Leitungsverantwortung aufzuerlegen. Dies gilt nicht nur bei einer abhängigen G m b H , sondern auch bei einer abhängigen A G , wenn der bestellte Vorstand als Verantwortungsträger tatsächlich verdrängt wurde 6 7 7 . Die Erkenntnis, dass nicht nur der formal ordnungsgemäß bestellte Geschäftsführer f ü r eine fehlgeschlagene Geschäftspolitik in Anspruch genommen werden muss, sondern auch eine Person, die die Geschicke einer Gesellschaft faktisch bestimmt, ist nicht nur in Deutschland 6 7 8 anerkannt. Im europäischen Ausland hat gerade dieser An672 673 674

A.A. U. H. Schneider, BB 1981, 249, 257 f. Eschenhruch, Konzernhaftung (1996) Rn. 3365 Fn. 542. Vgl. auch B G H v. 5.6.1975 = B G H Z 65,15 = N J W 1976,191; vgl. im Übrigen oben S. 278,

337 f. 675 Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob die Folgen einer nachteiligen Einwirkung im Hinblick auf eine dadurch begangene Pflichtverletzung nicht wieder beseitigt werden müssen. Hierfür bedarf es aber nicht der Begründung einer Konzernleitungspflicht, dies ergibt sich schon als Folge der Treuepflichtverletzung. 676 Für den Fall eines besonders geschaffenen Vertrauenstatbestandes vgl. aber auch Druey, in FS Lutter, S. 1069, 1080. 677 Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 379; Mertens, in KK § 93 Rn. 12; Stein, Das faktische Organ (1984), S. 184 ff.; im Ergebnis auch Hefermehl in Geßler/Hefermehl § 93 Rn. 8; ablehnend Hüffer, A k t G § 93 Rn. 12 m.w.N. 678 Grundlegend bereits die Rechtsprechung des RG: Vgl. nur RG v. 14.10.1887 = R G S t 16, 269, 270; RG v. 3.6.1910 = RGSt 43, 407, 413; RG v. 6.2.1930 = R G S t 64, 81, 84; RGZ v. 5.6.1934 = 144, 387; 152,277. Diese Rspr. ist vom B G H fortgesetzt und weiterentwickelt worden; vgl. B G H

5 10: Alternative

und weitergehende

397

Haftungsmodelle

satz z u r I n a n s p r u c h n a h m e der O b e r g e s e l l s c h a f t eines faktischen K o n z e r n s e r h e b l i c h e B e d e u t u n g e r l a n g t 6 7 9 . D i e s gilt i n s b e s o n d e r e a u c h f ü r u n s e r e n

Nachbarn

F r a n k r e i c h 6 8 0 . H i e r k a n n a u f g r u n d A r t . L 6 2 4 - 3 d e s C o d e d e C o m m e r c e ( A r t . 180 I d e s I n s o l v e n z g e s e t z e s a.F. 6 8 1 ) als K e r n s t ü c k d e s f r a n z ö s i s c h e n G l ä u b i g e r s c h u t z e s in d e n i n s o l v e n z r e c h t l i c h e n V e r f a h r e n d e r S a n i e r u n g o d e r d e r A u f l ö s u n g e i n e r G e sellschaft das G e r i c h t a n o r d n e n , dass die V e r b i n d l i c h k e i t e n des U n t e r n e h m e n s g a n z o d e r z u m Teil v o n e i n z e l n e n o d e r allen L e i t e r n d e r j u r i s t i s c h e n P e r s o n g e t r a g e n w e r d e n , w e n n d i e s e n e i n F e h l v e r h a l t e n n a c h z u w e i s e n ist u n d d a s v o r h a n d e n e V e r m ö g e n z u r B e f r i e d i g u n g d e r G l ä u b i g e r n i c h t a u s r e i c h t 6 8 2 . H i e r b e i w e r d e n als Geschäftsleiter nicht n u r die o r d n u n g s g e m ä ß bestellten G e s c h ä f t s f ü h r e r erfasst, s o n d e r n a u c h die faktischen683. D a v o n e i n e m f a k t i s c h e n G e s c h ä f t s f ü h r e r bereits d a n n ausgegangen wird, w e n n eine natürliche o d e r juristische P e r s o n eine o d e r mehrere H a n d l u n g e n der Unternehmensleitung v o r n i m m t u n d dabei H a n d l u n g s f r e i h e i t u n d U n a b h ä n g i g k e i t g e n i e ß t 6 8 4 , k o m m t d e r action

en comblement

de

passif

gerade f ü r die H a f t u n g einer M u t t e r g e s e l l s c h a f t b e s o n d e r e B e d e u t u n g zu685. In d e n z u m dirigeant

de fait e n t w i c k e l t e n G r u n d s ä t z e n w i r d t e i l w e i s e g a r d e r z w e i t e

entscheidende europäische Ansatz gesehen, der besondere

konzernspezifische

E n t w i c k l u n g s m ö g l i c h k e i t e n o f f e n b a r t 6 8 6 . I m H i n b l i c k auf d i e V e r e i n h e i t l i c h u n g s b e s t r e b u n g e n in d e r E U lässt d i e s d i e F r a g e u m s o b e d e u t e n d e r e r s c h e i n e n , i n w i e v. 24.6.1954 = B G H S t 3, 33, 37 f.; B G H v. 22.9.1982 = B G H S t 31, 118, 122; G m b H R 1983, 43; B G H v. 17.4.1967 = B G H Z 47, 341, 343; B G H v. 21.3.1988 = B G H Z 104, 44 = G m b H R 1988, 299. 679 Die Verantwortung des herrschenden Unternehmens als faktischer Geschäftsführer findet sich auch in Art. 9 Nr. 1 des Entwurfs der mittlerweile als gescheitert anzusehenden Europäischen Konzernrechtsrichtlinie (vgl. Z G R 1985, 444, 452). 680 Zur Rechtslage in England vgl. noch ausführlich unten S. 496 ff. 681 Gesetz Nr. 85-98 v.25.1.85; ohne inhaltliche Änderung umbenannt aufgrund der O r d o n nance Nr. 2000 - 912 v. 18.9.2000. Keine wesentlichen Auswirkungen auf die Ausfallhaftung hatte auch das Reformgesetz Nr.94-475 v. 10.6.94; dazu Böckenhoff, Reform des franz. Insolvenzrechts, R I W 1994,1053 und Dammann, Das neue franz. Insolvenzrecht, ZIP 1996, 300. 682 Vgl. hierzu etwa Angermüller, Die persönliche Haftung von Unternehmensleitern (1986); Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 532 ff.; Marquardt/Hau RIW 98,441,442; Junker, R I W / A W D 1986, 337; P. ]. Zahn, Die Geschäftsleiterhaftung im System des Gläubigerschutzes bei Insolvenz einer Kapitalgesellschaft in Frankreich (1986); ferner auch Süß, Die Erstreckungsklage - ein Damoklesschwert des franz. Rechts, EuZW 1996, 65; zur kollisionsrechtlichen Behandlung vgl. etwa Ebenroth/Kieser, Die Qualifikation der „action en comblement du passif nach Art. 180 des neuen französischen Insolvenzrechts, KTS 1988, 19; Grabinski, Die kollissionsrechtliche Behandlung des Durchgriffs (1991), S. 84 ff.; Zimmer, Internationales Gesellschaftsrecht (1996), S. 281 ff. und 293 ff. 683 " Lorsque le redressment judiciaire ou la liquidation judiciaire d'une personne morale fait apparaître une insufficance d'actif le tribunal peut, en cas de faute de gestion ayant contribué à cette insuffisance d'actif décider que les dettes de la personne morale seront supportées, en tout ou en partie, avec ou sans solidarité, par tous les dirigeants de droit ou défait, rémunérés ou non, ou par certain d'entre eux". 684 „Est un dirigeant défait celui qui, en toute souveraineté et indépendance, exerce une activité positive de gestion et de direction" (vgl. hierzu bereits Rives-Lange, Recueil Dalloz - Sirey 1975, Chronique 41, 42; vgl. auch CA Paris, 17.3.78, D. 1978,1.R., 420; vgl. im Übrigen Junker RIW 1986,337,343). 685 Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 531 m.w.N. 686 So wurde eine Muttergesellschaft etwa auch als faktische Geschäftsführerin in Anspruch

398

Kapitel III:

Treuepflichten

im Konzern

und ihre

Haftungskonsequenzen

w e i t s o l c h e E n t w i c k l u n g s m ö g l i c h k e i t e n a u c h der R e c h t s f i g u r des f a k t i s c h e n G e schäftsführers im deutschen R e c h t e n t n o m m e n werden können.

a) Die Voraussetzungen einer faktischen

Geschäftsführung

D i e V o r a u s s e t z u n g e n , w a n n eine faktische G e s c h ä f t s f ü h r u n g a n z u n e h m e n ist, sind u m s t r i t t e n . N a c h der s t r a f 6 8 7 - wie auch z i v i l r e c h t l i c h e n 6 8 8 R e c h t s p r e c h u n g ist hierv o n auszugehen, w e n n die G e s c h ä f t s f ü h r u n g mit Einverständnis der G e s e l l s c h a f t e r o h n e f ö r m l i c h e Bestellung faktisch ü b e r n o m m e n u n d ausgeübt wurde, w o z u es einer vollständigen Verdrängung des f o r m e l l Bestellten aus seiner Stellung d u r c h den tatsächlich H a n d e l n d e n allerdings nicht n o t w e n d i g e r w e i s e b e d a r f 6 8 9 . D i e h ö c h s t richterliche R e c h t s p r e c h u n g tendiert dazu, v o r allem das äußere A u f t r e t e n als m a ß gebliches K r i t e r i u m in die B e u r t e i l u n g e i n z u s t e l l e n 6 9 0 . I n t e r n e E i n w i r k u n g e n reichten n i c h t , vielmehr „müsse auch ein eigenes, nach außen h e r v o r t r e t e n d e s , üblicherweise der G e s c h ä f t s f ü h r u n g z u z u r e c h n e n d e s H a n d e l n gegeben sein 6 9 1 .

Sowohl

betriebsintern als auch nach außen hin müssten alle D i s p o s i t i o n e n w e i t g e h e n d v o n d e m faktischen G e s c h ä f t s f ü h r e r v o r g e n o m m e n w e r d e n , der auf sämtliche

Ge-

schäftsvorgänge b e s t i m m e n d e n Einfluss n e h m e 6 9 2 . D e n Versuch einer O b j e k t i v i e rung der m a ß g e b l i c h e n K r i t e r i e n hat in j ü n g e r e r Zeit das B a y O b L G v o r g e n o m m e n . N a c h seiner A u f f a s s u n g ist v o n einer f a k t i s c h e n G e s c h ä f t s f ü h r u n g

auszugehen,

w e n n v o n 8 klassischen M e r k m a l e n im K e r n b e r e i c h der G e s c h ä f t s f ü h r u n g ( B e s t i m m u n g der U n t e r n e h m e n s p o l i t i k , U n t e r n e h m e n s o r g a n i s a t i o n , Einstellung v o n M i t arbeitern, G e s t a l t u n g der G e s c h ä f t s b e z i e h u n g e n zu Vertragsparteien, V e r h a n d l u n gen mit K r e d i t g e b e r n , G e h a l t s h ö h e , E n t s c h e i d u n g e n in

Steuerangelegenheiten,

Steuerung der B u c h h a l t u n g ) mindestens 6 ü b e r n o m m e n w u r d e n 6 9 3 . N a c h anderer A n s i c h t verbietet sich aufgrund der Vielfalt der M ö g l i c h k e i t e n , die F ü h r u n g der täglichen U n t e r n e h m e n s g e s c h ä f t e zu ü b e r n e h m e n , indes eine derart generalisierende B e t r a c h t u n g 6 9 4 . In der L i t e r a t u r n i m m t m a n teilweise gar bei einzelnen W e i s u n g e n eines Mehrheitsgesellschafters o d e r eines h e r r s c h e n d e n K o n z e r n u n t e r n e h m e n s eine

genommen, wenn aufgrund ihrer Verantwortlichkeit auf der Grundlage einer unregelmäßigen und unordentlichen Buchführung große Verluste verschleiert wurden (CA Paris 23.1.92, JurisData Nr. 020457; Cass.com. 14.5.91, Bull. Cass.civ, IV Nr. 164, 118). Zur Inanspruchnahme des Geschäftsführers einer deutschen GmbH, die Mehrheitsgesellschafterin einer französischen société à responsabilité limitée gewesen war, als gérant de fait vgl. den Fall Gourdain/Nadler, Cass. com., Recueil Dalloz - Sirey 1978, Information Rapides 286 (Schilderung des Sachverhaltes auch bei A. funker, R I W 1986, 337, 344). 6 8 7 B G H v. 24.6.1954 = BGHSt 3, 32, 37; B G H v. 28.6.1966 = B G H S t 21, 101, 103; B G H v. 22.9.1982 = BGHSt 31, 118, 122; B G H v. 20.9.1999 = N S t Z 2000, 34, 35; B G H v. 10.5.2000 = WM 2000,1515, 1516. 6 8 8 Vgl. B G H v. 6.4.1964 = B G H Z 41, 282, 287; B G H v. 17.4.1967 = B G H Z 47, 341, 343; B G H v. 9.7.1979 = B G H Z 75, 96, 106; B G H v. 21.3.1988 = B G H Z 104, 44, 46. 6 8 9 B G H v. 21.3.1988 = B G H Z 104, 44, 46 f. 6 9 0 B G H v. 22.9.1982 = BGHSt 31, 118, 121; B G H v. 24.10.1973 = N J W 1974, 57. 6 9 1 B G H v. 25.2.2002 = WM 2002, 960, 962 m.w.N. 6 9 2 B G H v. 22.9.1982 = BGHSt 31, 118, 121; B G H v. 10.5.2000 = WM 2000, 1515, 1516. 6 9 3 B a y O b L G v. 20.2.1997 = D B 1997, 923. 694 Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 238.

§ 10: Alternative und weitergehende

Haftungsmodelle

399

faktische Organstellung an 6 9 5 . Nach anderer Auffassung ist hingegen selbst eine dauerhafte bestimmende Einflussnahme auf die Geschäftsführung 6 9 6 im Hinblick auf das im G m b H - R e c h t bestehende Weisungsrecht nicht ausreichend, um bereits eine Übernahme der Geschäftsführung annehmen zu können 6 9 7 . Vertreten wird schließlich auch, für eine faktische Geschäftsführung sei grundsätzlich nur Raum, wenn ein zumindest faktischer Bestellungsakt vorliege 6 9 8 . O h n e Frage ermöglichen Formulierungen, wonach die betreffende Person die Geschäftsführerfunktionen im maßgeblichen U m f a n g 6 9 9 übernommen haben bzw. die Geschäftsführung des nicht ordnungsgemäß bestellten Geschäftsführers ein U b e r g e w i c h t 7 0 0 oder eine überragende Stellung einnehmen muss 7 0 1 , kaum eine hinreichend sichere Abgrenzung, wann der Fall einer faktischen Ü b e r n a h m e der Geschäftsleitung vorliegt und wann nur Gesellschafterrechte ausgeübt werden. Aber auch die Entscheidung des B a y O b L G hilft bei der Entscheidungsfindung hier nicht wesentlich weiter. Abgesehen davon, dass die einzelnen aufgezählten Bereiche kaum immer gegeneinander aufgewogen werden können, ist auch ungeklärt, ob diese Aufgaben für immer übernommen worden sein müssen oder eine zeitweilige wesentliche Bestimmung dieser Gebiete durch die betreffende Person bereits ausreicht 7 0 2 . Sicher reicht die Erteilung einzelner Weisungen nicht aus, um von einer faktischen Geschäftsführung sprechen zu können 7 0 3 . I m Gegenteil entspricht es gerade den Vorstellungen des G m b H - G e s e t z g e b e r s , dass dem Geschäftsführer durch die Gesellschafter Weisungen erteilt werden dürfen. Etwas anderes muss aber gelten, wenn der bestellte Geschäftsführer nur die Stellung einer „Marionette" innehat, weil der Gesellschafter alle Entscheidungen selbst trifft. In diesem Fall ist es nicht mehr gerechtfertigt, ihm die Berufung darauf zuzulassen, dass er nur Gesellschafter ist und deshalb nicht der Geschäftsführerhaftung unterliegen kann 7 0 4 . Dass insoweit regelmäßig kein tatsächlicher, wenn auch rechtsunwirksamer Bestellungsakt besteht, an den anzuknüpfen wäre, kann die Ausdehnung der Pflichten auf den Hintermann in diesem Fall nicht verhindern 7 0 5 . Die Einschaltung eines StrohVgl. Schilling, in FS Hefermehl, 385 f.; Rehbinder, ZGR 1977, 581, 640 f. Für diesen Fall für die Annahme einer faktischen Geschäftsführung U. H. Schneider, BB 1981,249, 257; ders. in Scholz §43 Rn. 15; Wiedemann, JZ 1976, 393; K. Schmidt,JZ 1978, 661, 666; vgl. auch Immenga, ZGR 1978, 276. 697 Vgl. nur Konzen, NJW 1989, 2977, 2986; Ulmer, ZHR 148 (1984), 391, 416, ders., GmbHR 1984, 262. 698 Für die Haftung nach § 84 GmbHG: Tiedemann, in Scholz, 9. Aufl. § 84 Rn. 33, gegen ein solches Erfordernis Schaal, in Rowedder §82 Rn. 6, 84 Rn. 10 f. m.w.N.; Reich, DB 1967, 1663, 1664. 699 BGH v. 21.3.1988 = NJW 1988, 1789, 1790. 700 BGH v. 17.4.1984 = Strafverteidiger 1984, 461 f. 701 BGH v. 22.9.1982 = BGHSt. 31,118,120; BayOblG v. 20.2.1997 = DB, 922, 923; vgl. auch Dierlamm, NStZ 1996,157. 702 Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 238 ff. 703 So aber Schilling, in FS Hefermehl S. 385; Rehbinder, JZ 1977, 640 f. 704 Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 240. 705 U. H. Schneider, in Scholz §43 Rn. 15; Rehbinder, ZGR 1977, 581, 640; Schaal, in Ro695 696

400

Kapitel III:

Treuepflichten im Konzern und ihre

Haftungskonsequenzen

manns erfolgt häufig gerade gezielt, weil der Hintermann aus zwingenden rechtlichen Gründen nicht zum Geschäftsführer bestellt werden darf. Anknüpfungspunkt kann hier nur die tatsächliche Ü b e r n a h m e der Geschäftsführung sein 7 0 6 . Entsprechendes muss aber gelten, wenn der Geschäftsführer bis ins Detail ohne eigenen Entscheidungsspielraum angewiesen wird. Auch in diesem Fall besteht die erhöhte Gefahr, dass der bestellte Geschäftsführer die ihm gesetzlich auferlegten Pflichten nicht verantwortlich erfüllen kann 7 0 7 . Zwar zieht das Gesetz im G m b H G keine ausdrückliche Grenze, bis wohin die Dichte der Weisungen gehen darf 7 0 8 , doch ist diese G r e n z e dem Sinn und Zweck der jeweiligen N o r m und dem Verhältnis von Gesellschaftern zu Geschäftsführern zu entnehmen. O b eine bestimmte Pflicht oder auch ein Recht auf einen Dritten als faktischem Geschäftsführer auszudehnen ist, ist damit vor allem anhand der einzelnen gesetzlichen Regelungen dahingehend zu überprüfen, ob deren Anwendung auf den nicht oder nicht wirksam bestellten Geschäftsführer, wenn er wie ein wirksam bestellter handelt, gerechtfertigt ist 7 0 9 . Vor diesem Hintergrund wird die Frage der faktischen G e schäftsführung zunehmend auch als Normanwendungsproblem begriffen 7 1 0 . Faktischer Geschäftsführer kann dabei auch ein herrschendes Unternehmen sein. Natürlich kann allein aus der Stellung als herrschendem Unternehmen noch nicht auf die Position des faktischen Geschäftsführers gefolgert werden. Erforderlich ist vielmehr auch hier, dass bis in Detailfragen die Entscheidungen für die G e sellschaft tatsächlich von ihm gefällt werden 7 1 1 . Gleiches gilt, wenn in einem mehrstufigen K o n z e r n das herrschende Unternehmen, das nur mittelbar an einer G e sellschaft beteiligt ist, durch seine von ihm abhängigen Organmitglieder die Leitung umfassend bestimmt 7 1 2 . Dass ein herrschendes Unternehmen i.d.R. bereits nicht die rechtliche Eignung besitzen wird, um zum Geschäftsführer bestellt wedder §82 Rn. 11; Miller, in Meyer-Landrut/Miller/Niehus §§35-38 Rn. 105; Schilling, BB 1975, 1451,1452; BGH v. 22.9.1982 = BGHSt 31,118,122; weitere Nachweise bei Stein S. 105 f.; offengelassen in BGH v. 24.6.1954 = BGHSt. 3, 32, 38; nicht ganz deutlich Lutter/Hommelhoff, 15. Aufl. vor § 35 Rn. 11, die anscheinend nur den unwirksam bestellten Geschäftsführer als faktischen Geschäftsführer bezeichnen. 706 Zöllner, in Baumbach/Hueck, 17. Aufl. § 43 Rn. 3 m.w.N. 707 Zöllner, in Baumbach/Hueck § 37 Rn. 9,11 m.w.N. auch zur Gegenansicht. 708 Mertens, in Hachenburg §37 Rn.8f.; Konzern, NJW 1989, 2979; U.H. Schneider, in Scholz § 37 Rn. 38. 709 Weimar, GmbHR 1997, 476. 710 Roth, ZGR 1989, 421, 432; U. H. Schneider, in Scholz, 9. Aufl. §6 Rn.49; Weimar, GmbHR 1997, 476; vgl. auch K. Schmidt, in FS Rebmann S. 419 ff. in Bezug auf die Strafbarkeit faktischer Organe. 711 Nach Ansicht des BGH ist die Grenze zur faktischen Geschäftsführung regelmäßig dann überschritten, wenn der bestellte Geschäftsführer in allen wesentlichen Angelegenheiten und teilweise bis ins kleinste Detail angewiesen wird und somit nur noch Entscheidungsspielraum hinsichtlich Geschäftsführungsmaßnahmen mit untergeordneter Bedeutung hat (BGH v. 10.7.1996 = NJW 1997, 66, 67); weitergehend U.H. Schneider, BB 1981, 249, 257, der eine Koordination der Unternehmenspolitik durch das herrschende Unternehmen für ausreichend hält und daher im faktischen Konzern dessen Organhaftung bejahen will. 712 OLG Saarbrücken v. 12.7.1979 = AG 1980, 26, 28; Schilling, in FS Hefermehl S.389; E. Rehbinder, ZGR 1977,639; U. H. Schneider, ZGR 1980,511, 532 ff.; ders., in Scholz § 43 Rn. 19;

5 10: Alternative und weitergehende

Haftungsmodelle

401

werden zu können (vgl. § 6 Abs. 2 S. 1 G m b H G bzw. § 76 Abs. 3 A k t G ) , kann, entgegen der Ansicht des B G H 7 1 3 und Teilen der L e h r e 7 1 4 , die Bejahung einer faktischen Geschäftsführerschaft nicht verhindern 7 1 5 . Anderenfalls könnte man auch einen kriminellen Geschäftsführer für eine pflichtwidrige Handlung nicht heranziehen, da er als Geschäftsführer nach den Anforderungen des Gesetzes ebenfalls nicht tauglich ist 7 1 6 . D i e Grundlage der Geschäftsführerhaftung ist auch nicht vertraglicher N a t u r 7 1 7 . E b e n aus diesem G r u n d setzt die Haftung mit der tatsächlichen Ü b e r n a h m e der Geschäftsleiterfunktionen ein, unabhängig von der Frage, ob eine rechtswirksame Bestellung vorliegt 7 1 8 . Die Organhaftung ist damit eine gesetzliche Haftung 7 1 9 . Pflichtverletzungen der Geschäftsführer sind Gesetzesverstöße und keine Vertragswidrigkeiten 7 2 0 . A u c h verfassungsrechtliche Bedenken, die im H i n b l i c k darauf erhoben werden, dass etwa ein Verstoß gegen die Insolvenzantragspflicht nach § 84 Abs. 1 Nr. 2 G m b H G strafbewehrt ist, weshalb in der Ausdehnung dieser Pflicht auf den faktischen Geschäftsführers ein Verstoß gegen das Analogieverbot des Art. 103 Abs. 2 G G liegen könnte 7 2 1 , greifen nicht. Unabhängig davon, wie die Frage der G r e n z ziehung zwischen einer verbotenen Analogie und einer notwendigen Gesetzesauslegung für den Bereich des Strafrechts zu entscheiden ist 7 2 2 , können die hier erhobenen Bedenken dann nicht überzeugen, wenn man das Problem des faktischen Geschäftsführers als Normanwendungsproblem begreift. Damit kann für den hier interessierenden zivilrechtlichen Normenbereich, ohne durch das strafrechtliche Analogieverbot beschränkt zu sein, geprüft werden, inwieweit eine Ausdehnung des Normadressaten über den formell korrekt bestellten Geschäftsführer hinaus interessengerecht ist 7 2 3 . I m Übrigen sind die im Zivilrecht maßgeblichen F o r m e n der Verantwortlichkeit von denen des Strafrechts aber auch grundsätzlich zu unterscheiden. Während das Zivilrecht auf den wirtschaftlichen Ausgleich für erlitteFlume, Die juristische Person S. 88; a.A. Mertens, in FS R. Fischer 464; Ulmer, ZHR 148 (1984), 391,413. 713 Urteil V. 25.2.2002 = WM 2002, 960, 962. 714 Lutter/Hommelhoff, 15. Aufl. § 64 Rn. 50. 715 Die Möglichkeit einer Haftung der Muttergesellschaft als faktischer Geschäftsführer bejahend auch Eschenbruch, Konzernhaftung (1996) Rn. 3163; Hirte, NJW 95, 1202, 1203 sowie Kühler, ZGR 1995,502. 716 BGH v. 10.5.2000 = WM 2000, 1515, 1516; vgl. auch Altmeppen, Abschied (1991), S. 62. 717 So noch Schilling, in Hachenburg (6. Aufl.) § 43 Anm. 1. 718 Statt aller U.H. Schneider, in Scholz §43 Rn. 14; Zöllner, in Baumbach/Hueck §43 Rn. la; Koppensteiner, in Rowedder, 4. Aufl. §43 Rn. 51; Mertens, in Hachenburg §43 Rn. 15; zum Strohmann-GF vgl. Siegmann/Vogel, ZIP 1994, 1821. 719 Hüffer, AktG §92 Rn. 11; nach der Trennungstheorie ist hier zwischen der kooperationsrechtlichen und der schuldrechtlichen Ebene zu unterscheiden (Hüffer, AktG § 84 Rn. 2, Mertens in KK § 84 Rn. 2). 720 Mestmäcker, Verwaltung, Konzerngewalt und Rechte der Aktionäre (1958), S. 211. 721 Tiedemann, in Scholz § 84 Rn. 27 ff.; Kaligin, BB 1983, 790. 722 Vgl. hierzu K. Schmidt, in FS Rebmann, 438 ff.; aber auch Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 231; Schäfer, GmbHR 1993, 723. 723 Stein, ZHR 148, 231 ff.; K Schmidt, in FS Rebmann, 429 ff.; Roth, ZGR 1989, 432; Schneider, in Scholz, § 6 Rn. 47.

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Kapitel III: Treuepflichten im Konzern und ihre

Haftungskonsequenzen

ne Schäden unter Privaten abzielt, geht es im Strafrecht um die Unrechtssanktion im Verhältnis Staat - Privater. Auch wenn die Voraussetzungen für die Haftung im Zivilrecht mit denen im Strafrecht häufig übereinstimmen mögen, ergibt sich daraus keine zwingende Notwendigkeit, eine Einheit der Rechtsordnungen auf diesem Gebiet herzustellen 724 . Damit impliziert eine aus verfassungsrechtlichen Gründen notwendige enge Auslegung des § 84 GmbHG aber auch noch nicht die enge Auslegung des § 64 GmbHG 7 2 5 . Folglich ist, auch wenn man, mit Blick auf das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot im Strafrecht, der Strafdrohung nur den fehlerhaft bestellten Geschäftsführer unterwirft 7 2 6 , für die Strohmann-Fälle die Grenzen der Auslegung aber bereits als überschritten ansieht 727 , damit noch keine Entscheidung für das Zivilrecht getroffen worden. b) Die Pflichten eines faktischen (insbesondere die Haftung aus

Geschäftsführers Insolvenzverschleppung)

Ebenso wie die Frage nach den Voraussetzungen einer faktischen Geschäftsführung ist die Frage umstritten, welche Rechte und Pflichten ein faktischer Geschäftsführer hat. Die herrschende Auffassung erkennt einem faktischen Geschäftsführer nur eingeschränkt die Rechtsstellung eines wirksam bestellten Organs zu 728 . Erkennt man in dem Rechtsinstitut des faktischen Geschäftsführers ein Problem der Normanwendungskontrolle 7 2 9 , gilt es auch insoweit jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob eine Pflicht oder auch ein Recht auf einen faktischen Geschäftsführer ausgedehnt werden kann. Besondere Bedeutung gewinnt dies für den Fall, dass es sich um die Haftung aufgrund der Unterlassung einer Maßnahme handelt, da bei einer schädigenden Einflussnahme seitens eines herrschenden Unternehmensgesellschafters bereits eine Haftung aufgrund einer Treuepflichtverletzung zu bejahen ist, bei der der Sorgfaltsmaßstab des § 43 GmbHG entsprechend anzuwenden ist 730 . Zwar wird man, auch wenn man eine faktische Geschäftsführung bejaht hat, damit noch keine allgemeine Pflicht zur Geschäftsleitung begründen können, solange ein ordnungsgemäß bestellter Gesellschafter existiert 731 . Soweit der bestellte Geschäftsführer in einigen oder auch allen Geschäftsbereichen aber tatsächlich aus seiner Position ganz oder weitgehend verdrängt wurde, folgen aus der damit übernommenen Verantwortung auch Handlungspflichten 7 3 2 . Dem 724 Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S.232; Roth, ZGR 1989, 421, 425; K. Schmidt, in FS Rebmann, 433 f. und 436. 725 Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 233. 726 Ebenso Lutter/Hommelhoff, 15. Aufl. §84 Rn.3; Tiedemann, in Scholz §84 R n . 4 3 f . ; Kaigin, BB 1983, 790. 727 Vgl. auch Lutter/Hommelhoff, 15.Aufl. § 8 4 R n . 3 m.w.N.; a.A. BGH v. 28.6.1966 = BGHSt 21,103; BGH v. 22.9.1982 = BGHSt 31, 121. 728 Vgl. im einzelnen Stein, Das faktische Organ S. 11, 17 f.; Lutter/Hommelhoff, 15. Aufl., vor § 35 Rn. 11 f. 729 Vgl. bereits oben S. 401. 730 Vgl. hierzu oben S. 337. 731 Lutter/Hommelhoff, 15. Aufl., vor § 35 Rn. 12. 732 Weitergehend wohl noch U. H. Schneider, in Scholz, 9. Aufl § 43 Rn. 18 m.w.N.

§10:

Alternative

und weitergehende

Haftungsmodelle

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kann nicht entgegengehalten werden, dem bestellten Geschäftsführer verblieben i m m e r o r i g i n ä r e G e s c h ä f t s f ü h r e r a u f g a b e n u n d es d ü r f t e die S t e l l u n g eines G e s e l l schafters n i c h t m i t der eines G e s c h ä f t s f ü h r e r s „ v e r w i s c h t " w e r d e n 7 3 3 . L i e g t eine teilweise o d e r v o l l s t ä n d i g e Ü b e r n a h m e der G e s c h ä f t s f ü h r e r a u f g a b e n vor, ist die Ü b e r t r a g u n g e n t s p r e c h e n d e r H a n d l u n g s p f l i c h t e n n u r die l o g i s c h e K o n s e q u e n z daraus, dass a u c h die R e c h t s s t e l l u n g e n i m T a t s ä c h l i c h e n „ v e r w i s c h t " w u r d e n 7 3 4 . W e l c h e k o n k r e t e n P f l i c h t e n sich i m E i n z e l f a l l hieraus e r g e b e n , lässt sich j e d o c h e b e n s o w e n i g a b s c h l i e ß e n d b e a n t w o r t e n wie bei e i n e m t a t s ä c h l i c h b e s t e l l t e n G e s c h ä f t s f ü h r e r 7 3 5 . D i e a b s c h l i e ß e n d e A u f z ä h l u n g der e i n e m G e s c h ä f t s f ü h r e r o b l i e g e n d e n P f l i c h t e n ist w e d e r m ö g l i c h 7 3 6 n o c h ist die A u f s t e l l u n g eines f e s t s t e h e n d e n P f l i c h t e n k a t a l o g s sinnvoll, da dies r i s i k o b e h a f t e t e s H a n d e l n , das bei u n t e r n e h m e r i s c h e m H a n d e l n u n a b d i n g b a r ist, n u r b e h i n d e r n w ü r d e 7 3 7 . I n s o w e i t ist es s i c h e r richtig, g r u n d s ä t z l i c h einen o f f e n e n M a ß s t a b zu verlangen, der es erlaubt, a m E i n zelfall zu p r ü f e n , o b ein P f l i c h t v e r s t o ß v o r l i e g t o d e r n i c h t 7 3 8 . B e j a h t w i r d eine V e r p f l i c h t u n g des f a k t i s c h e n G e s c h ä f t s f ü h r e r s z u m H a n d e l n v o r allem d a n n , w e n n es u m i m ö f f e n t l i c h e n I n t e r e s s e n o r m i e r t e P f l i c h t e n geht, w o z u n e b e n der P f l i c h t z u r B u c h f ü h r u n g 7 3 9 a n e r k a n n t e r m a ß e n a u c h die P f l i c h t des f a k t i s c h e n G e s c h ä f t s f ü h r e r s z u r I n s o l v e n z a n t r a g s s t e l l u n g g e h ö r t 7 4 0 , die in der

Willburger, Durchgriff (1994), S. 54. Insbesondere wird man eine Pflicht zum Handeln auch dann bejahen müssen, wenn der faktische Geschäftsführer im Rahmen seiner Tätigkeit Kenntnisse bzw. Informationen erlangt hat, die einen ordentlich bestellten Geschäftsführer zum Tätigwerden verpflichten würden; zu denken ist hier etwa an die Wahrnehmung besonderer Geschäftschancen, die nur dem faktischen Geschäftsführer bekannt sind. 7 3 5 Auch für den tatsächlich bestellten Geschäftsleiter ist, obwohl sich sowohl im AktG (§§ 93, 309, 310, 317, 318 AktG) als auch im G m b H G (§ 43 GmbHG) einschlägige Vorschriften zu Verhaltenspflichten und Haftungsstandards finden, die Ausarbeitung konkreter Tatbestände und Haftungsmaßstäbe noch lange nicht abgeschlossen (Abeltshauser, Leitungshaftung im Kapitalgesellschaftsrecht (1998), S.2); zu den Versuchen, die einzelnen Geschäftsführerpflichten systematisch in Gruppen zusammenzufassen vgl. etwa Raiser, Kapitalgesellschaftsrecht, 3. Aufl § 32 Rn. 79, der insoweit 5 Gruppen unterscheidet; Zöllner, in Baumbach/Hueck § 35 Rn. 18 ff. (5 Gruppen), U. H. Schneider, in Scholz § 43 Fn. 26 ff. (4 Gruppen); teilweise wird hier auch der Blick auf die husiness judgement rule des US-amerikanischen Rechts gerichtet (Hopt, in FS Mestmäcker S. 918 ff.; vgl. hierzu auch Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 349 f.); besondere Bedeutung wird freilich vor allem den Grundsätzen der corporate governance zugemessen, wobei kritische Stimmen sicher nicht zu Unrecht aber zu bedenken geben, dass man Wunder auch hiervon nicht erwarten kann und eine Hinterfragung und Legitimierungsdebatte mit großer Wahrscheinlichkeit ins Leere stoßen wird (vgl. etwa Druey, in FS Zöllners. 129). 7 3 6 Ebenso Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 350 f. 7 3 7 Auch vor der Aufstellung zu detaillierter Corporate-Governance-Grundsätze ist damit zu warnen. 7 3 8 Vgl. Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 351. 739 Lutter/Hommelhoff, vor § 35 Rn. 11; a.A. noch Reich, D B 1967, 1663, 1664 f. 740 Ulmer, in Hachenburg § 64 Rn. 11 f.; a.A. aber Stein, Z H R 1984, 207, 230, welche stattdessen eine Pflicht des faktischen Geschäftsführers annimmt, die formellen Geschäftsführer zur Antragstellung aufzufordern. 733

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404

Kapitel III:

Treuepflichten im Konzern und ihre

Haftungskonsequenzen

Praxis erhebliche Bedeutung erlangt hat 7 4 1 . D i e Tatsache, dass noch ein tatsächlich bestellter Geschäftsführer existiert, der den Insolvenzantrag stellen könnte, kann den faktischen Geschäftsführer in diesem Fall ebenso wenig wie den Geschäftsführer innerhalb eines Geschäftsführergremiums, in dem die Prüfungspflicht u.U. sogar einem anderen Geschäftsführer zugewiesen wurde, von dieser Verpflichtung entbinden 7 4 2 . Vielmehr muss jeder, auch ein faktischer Geschäftsführer, soweit sich Anzeichen für eine Krise zeigen, eine Prüfung der Vermögenssituation durch Erstellung eines Vermögensstatus und Aufstellung einer Fortführungsprognose vornehmen 7 4 3 bzw. auf deren Durchführung hinwirken 7 4 4 . Alles andere würde zu dem untragbaren Ergebnis führen, dass nur andere für ein Verhalten desjenigen einzustehen hätten, der tatsächlich die Geschäfte geführt hat 7 4 5 . D a nach § 15 Abs. 1 I n s O neben den Gläubigern nur die Mitglieder des Vertretungsorgans zur Stellung des Antrags berechtigt sind, könnte man hieraus zwar schlussfolgern, dass ein faktischer Geschäftsführer gar keinen Antrag stellen darf und er dementsprechend hierzu auch nicht verpflichtet sein kann 7 4 6 . Indes liegt das hier vorzuwerfende Verhalten in der Weiterführung des Unternehmens trotz Insolvenzreife begründet, was sich aus dem Sinn und Z w e c k des § 64 G m b H G ergibt, den Rechtsverkehr durch die Fortführung einer insolventen G m b H oder durch eine Schmälerung der Haftungsmasse nicht zu gefährden. Dies ist aber auch dem faktischen Geschäftsführer vorzuwerfen. Die Stellung des Antrages ist nur das „äußere Zeichen", dass die Führung des Unternehmens nun aufgegeben wird 7 4 7 , und das zu setzen der faktische Geschäftsführer den tatsächlich zur Antragstellung Befugten anhalten kann. Abgesehen davon wird nach herrschender Auffassung aber auch dem faktischen Geschäftsführer ein Recht zur Antragsstellung zuerkannt 7 4 8 .

741 Lutter/Hommelhoff 15. Aufl. §64 Rn. 49; Ulmer; in Hachenburg §64 Rn. 13 jeweils m.w.N.; vgl. auch die Nachweise in BGH v. 21.3.1988 =BGHZ 104, 44, 46 und hierzu Roth, ZGR 1989, 421 ff. 742 Für eine Haftung in diesem Falle auch BGH v. 21.3.1988 = BGHZ 104, 44 ff.; Roth, ZGR 1989, 421, 425 jedenfalls für den Bereich des Zivilrechts. 743 BGH v. 1.3.1993 = GmbHR 1994, 460, 462; im Übrigen wird man auch eine Verpflichtung bejahen müssen, eine Organisationsstruktur einzuführen, die es jedem Geschäftsführer erlaubt, stichpunktartig auch die Geschäftstätigkeit der Mitgeschäftsführer zu überwachen und sich so ein Bild über die Gesamtlage der Gesellschaft zu machen (BGH v. 26.6.1995 = GmbHR 1995, 653, 654; NJW v. 20.2.1995 = RR 1995, 669, 670; Haas, NZG 1999, 373; Lutter/Hommelhoff, 15. Aufl. § 37 Rn. 32; Rohde, JuS 1995, 765, 766). 744 Ist der Geschäftsführer aufgrund mangelnden Sachverstandes hierzu selbst nicht in der Lage, muss er sich der Hilfe von Sachverständigen bedienen. Anderenfalls handelt er schuldhaft i.S. d. Deliktsrechts (Ulmer, in Hachenburg GmbHG § 64 Rn. 36; K. Schmidt, in Scholz, GmbHG § 64 Rn. 30; Schmidt-Leithoff in Rowedder GmbHG § 64 Rn. 48). 745 BGHv. 21.3.1988 = WM 1988, 757. 746 K. Schmidt, in Scholz § 64 Rn. 7. 747 K. Schmidt, ZIP 1980, 328 ff.; ders., JZ 1978, 661 ff. 748 Die Begründung einer Pflicht ohne die Einräumung eines entsprechenden Rechts wäre in der Tat wenig nachvollziehbar, vgl. dementsprechend auch Roth, ZGR 1989, 421, 423; Ulmer, in Hachenburg § 64 Rn. 11 jeweils m.w.N.; a.A. allerdings Stein, ZHR 1984 (148), 207, 230, welche stattdessen eine Pflicht des faktischen Geschäftsführers annimmt, die formellen Geschäftsführer zur Antragstellung aufzufordern.

5 10: Alternative und weitergehende

Haftungsmodelle

405

Liegt eine Verletzung der Insolvenzantragspflicht vor, hat daher auch ein faktischer Geschäftsführer den im Zeitpunkt der materiellen Insolvenz vorhandenen Gläubigern den durch die verspätete Antragstellung entstandenen Schaden zu ersetzen 7 4 9 . Seit dem Urteil des B G H v o m 16.12.1958 ist anerkannt, dass die Insolvenzantragspflicht Schutzgesetzcharakter zugunsten der Gesellschaftsgläubiger hat 7 5 0 . Hinsichtlich der Altgläubiger ist der zu ersetzende Schaden aus der Differenz zwischen der Q u o t e , die diesen zustehen würde, hätte der Geschäftsführer rechtzeitig das Insolvenzverfahren beantragt, und der tatsächlich erzielten Q u o t e ( „ Q u o t e n s c h a d e n " ) zu ermitteln 7 5 1 . F ü r den Vergleich der fiktiven und der tatsächlichen Q u o t e ist auf das in diesem Zeitpunkt effektiv vorhandene Vermögen 7 5 2 , nicht aber auf das nach Bilanzierungsgrundsätzen dokumentierte Vermögen abzustellen 7 5 3 . Die Pflicht zur Stellung des Insolvenzantrages ist allerdings Schutzgesetz nicht nur zugunsten der Altgläubiger, sondern auch der Gläubiger, die erst nach der I n solvenzreife ihre Gläubigerstellung erworben haben 7 5 4 . D e r U m f a n g des dabei den vertraglichen Neugläubigern zu ersetzenden Schadens war lange Zeit umstritten. Die Rechtsprechung beschränkte im Falle einer verspäteten Konkursantragstellung bis 1993 auch hier die Haftung auf die durch die Schmälerung der K o n k u r s masse hervorgerufene Differenz zwischen der vorhandenen Konkursquote und der bei pflichtgemäßem Verhalten des Geschäftsführers gezahlten Q u o t e 7 5 5 . Diese Begrenzung wurde mit der Entscheidung vom 6 . 6 . 1 9 9 4 7 5 6 im Interesse des Gläubigerschutzes für den vertraglichen Bereich allerdings fallen gelassen. N u n m e h r ist 749 Zum Ersatz weiterer Schäden insbesondere bei Arbeitnehmern vgl. Haas, NZG 1999, 373, 375. 750 BGH v. 16.12.1958 = BGHZ 29,100,102 ff.; Zweck der Insolvenzantragspflicht ist es vor allem, das im Zeitpunkt der Insolvenzantragspflicht vorhandene Vermögen den Gläubigern zu erhalten, vgl. Haas, NZG 1999, 373, 375; aber auch Lutter/Hommelhoff, 15. Aufl. § 64 Rn. 36; Schulze-Osterloh, in Baumbach/Hueck, 17. Aufl. § 64 Rn. 82 jeweils m.w.N.; gegen eine Qualifizierung des §64 Abs. 1 GmbHG als Schutzgesetz allerdings Altmeppen/Wilhelm, NJW 1999, 673, 678 f., die den Gesellschaftsgläubigern außerhalb eines Insolvenzverfahrens aber das Recht geben wollen, analog der aktienrechtlichen Vorschriften, die das Verfolgungsrecht der Gläubiger regeln, den Anspruch der Gesellschaft selbst geltend zu machen; dagegen vgl. etwa SchulzeOsterloh, in FS Lutter S. 707, 708 ff. m.w.N. 751 BGH v. 16.12.1958 = BGHZ 29, 100, 102; BGH v. 9.7.1979 = BGHZ 75, 96, 106; BGH v. 19.2.1990 = B G H Z 110, 342, 360; BGH v. 20.9.1993 = N J W 1993, 2931; BGH v. 6.6.1994 = GmbHR 1994, 539, 542; BGH v. 1.3.1993 = ZIP 1993, 763, 765. 752 BGH v. 16.12.1958 = BGHZ 29, 100, 102; BGH v. 1.3.1993 = ZIP 1993, 763, 766. 753 Hierzu gehören auch die Forderungen der Gesellschaft gegen den Geschäftsführer und die Gesellschafter (Goette, DStR 1998, 1308,1313). 754 BGH v. 16.12.1958 = BGHZ 29, 100; BGH v. 9.7.1979 = BGHZ 75, 96, 106; Mertens, in Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, § 92 Rn. 33. 755 Vgl. BGH v. 16.12.1958 = B G H Z 29, 100, 104; BGH v. 9.7.1979 = B G H Z 75, 96, 106; BGH v. 17.12.1984 = Die AG 1985,141,142; Mertens, in Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, § 92 Rdnr. 33; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 28 II 4 c. 756 BGH v. 6.6.1994 = B G H Z 126, 181 = N J W 1994, 2220; BGH v. 7.11.1994 = NJW-RR 1995, 289 f.; bestätigt in BGH v. 30.3.1998 = W M 1998, 944; zustimmend Lutter/Hommelhoff, 15. Aufl., §64 GmbHG Rdnr. 40 m.w.N.); einschränkend für Sozialversicherungsbeitragsschulden BGH v. 8.3.1999 = NJW 1999, 2182.

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Kapitel

III:

Treuepflichten

im Konzern

und ihre

Haftungskonsequenzen

den Neugläubigern das volle negative Interesse bei Rechtsgeschäften mit der Gesellschaft nach Eintritt der Insolvenzreife zuzusprechen und somit der Schaden zu ersetzen, der ihnen dadurch entsteht, dass sie in Rechtsbeziehungen zu einer überschuldeten oder zahlungsunfähigen G m b H getreten sind 7 5 7 . Dies ist sachgerecht, da bei Kenntnis der Insolvenzreife der Gläubiger in aller Regel nicht mit der Gesellschaft kontrahiert hätte 7 5 8 . Die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags hat auch den Zweck, potentielle Gläubiger der Gesellschaft dadurch vor Schaden zu bewahren, dass man die insolvent gewordene Gesellschaft, die nur über einen beschränkten Haftungsfonds verfügt, davon abhält, weiter auf dem Markt tätig zu werden 7 5 9 . Bei schuldhafter Verletzung der Insolvenzantragspflicht ist daher eine Schadensersatzpflicht der Vertretungsorgane für den gesamten Kontrahierungsschaden zu bejahen 7 6 0 , der von den Neugläubigern selbst geltend zu machen ist 7 6 1 . Bei Dauerschuldverhältnissen kommt es dabei darauf an, ob der Gläubiger bei Eintritt der Insolvenz kündigen kann. Ist dies, wie regelmäßig, der Fall, so ist er hinsichtlich der nach Eintritt der Kündigungsmöglichkeit erzeugten Forderungen als Neugläubiger zu behandeln 7 6 2 . Soweit es sich um gesetzliche, insbesondere deliktische Neugläubiger handelt, besteht nach herrschender Meinung 7 6 3 indes keine entsprechende Schadensersatzpflicht 7 6 4 . Durch die Regelung in § 64 G m b H G soll der Rechtsverkehr davor ge7 5 7 Zur Geltendmachung des Anspruchs aus §§ 823 Abs. 2 B G B , 64 G m b H G im Insolvenzverfahren vgl. ausführlich Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 260 ff. 7 5 8 Etwas anderes kann dann gelten, wenn der Geschäftsführer den Geschäftspartner über die besonderen Risiken des Geschäfts aufgeklärt hat (vgl. Haas, N Z G 1999, 373, 377). 7 5 9 Vgl. auch O L G Düsseldorf v. 20.11.1998 = N Z G 1999, 349; O L G Köln v. 20.6.1997 = N J W - R R 1998, 686, 687; O L G München v. 15.4.1996 = G m b H R 1998, 281, 282; O L G Naumburg v. 6.2.1997 = G m b H R 1998, 183, 184; zwar wird diese Ansicht teilweise mit dem Hinweis darauf kritisiert, dass § 64 G m b H G nur die Erhaltung des Gesellschaftsvermögens bezwecke, nicht aber einzelne Dritte vor Verträgen mit der Gesellschaft beschützen wolle (Lutter; D B 1994, 129, 134 f.; vgl. auch K Schmidt, in Scholz, 9. Aufl. § 6 4 R n . 3 7 f f . , 40; wohl auch Flume, ZIP 1994, 337, 338); indes zeigen die Regelungen der InsO (vgl. §§23, 26 Abs. 2 bzw. §§ 30 ff. InsO), dass hier nicht nur die am Verfahren unmittelbar Beteiligten, sondern auch der Geschäftsverkehr über die Insolvenz der Gesellschaft informiert werden soll (Bauder\ B B 1993, 2472, 2473; Müller, ZIP 1993, 1531, 1537; Wilhelm, EwiR 1994, 791,792; Fleck, G m b H R 1974, 224, 234; Haas, N Z G 1999, 373, 376); aus diesem Grund müssen aber auch Schäden, die aufgrund einer Verletzung der in § 64 Abs. 1 G m b H G innewohnenden Informationsfunktion beruhen, ersatzfähig sein (Haas, N Z G 1999, 373, 376). 7 6 0 Vgl. bereits Graf Lambsdorff/Gilles, N J W 1966, 1552. 761 Zur fehlenden Berechtigung der Insolvenzverwalter auch zur Geltendmachung des Quotenschadens vgl. O L G Karlsruhe v. 20.6.2002 = Z I P 2002, 2001, 2002 im Anschluss am B G H v. 30.3.1998 = B G H Z 138, 211. 7 6 2 L G Mainz v. 13.1.1998 = N J W - R R 1998, 473, Haas, N Z G 1999, 373, 375. 763 Altmeppen, in Roth/Altmeppen § 64 Rn. 34; Bork, Z G R 1995, 505, 519; Haas, Geschäftsführerhaftung und Gläubigerschutz (1997), S. 234 ff., ders., N Z G 1999, 373, 377 m.w.N.; für einen Bereicherungsanspruch vgl. L G Bonn v. 17.4.1998 = ZIP 1998, 923; offen lassend bislang der B G H (vgl. unlängst das Urt. des 2. Senats v. 7.7.2003 = Z I P 2003, 1713; zuvor bereits B G H v. 8.3.1999 = N J W 1999, 2182 für den Fall eines gesetzlichen Schuldverhältnisses [Sozialbeiträge]). 7 6 4 A.A. Kühler, Z G R 1995, 481, 496; Uhlenbruck, ZIP 1996,1641,1644 f.; Reif/Arnold, ZIP 1998, 1893, 1897 f, unter Hinweis darauf, dass nach Ansicht des B G H die Insolvenzantrags-

5 10: Alternative

und weitergehende

Haftungsmodelle

407

schützt werden, Rechtsgeschäfte mit insolventen Gesellschaften zu schließen. Zwar wird das Vertrauen auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Vertragspartners grundsätzlich nicht geschützt 7 6 5 , weshalb auch die Auffassung, § 64 G m b H G schütze das Vertrauen auf einen noch zureichenden Haftungsfond 7 6 6 bzw. die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit 7 6 7 , nicht vollends überzeugen kann. Zumindest handelt es sich aber um einen „Risikogradmesser" für die grundsätzliche Durchführbarkeit eines mit einer Gesellschaft abgeschlossenen Vertrages 768 . Es kann daher zumindest davon gesprochen werden, dass das Vertrauen darauf geschützt wird, nicht mit einer insolventen Gesellschaft einen Vertrag zu schließen. Ein solcher Vertrauenstatbestand ist im deliktischen Bereich aber nicht gegeben. Eine Haftungsausdehnung auf deliktische Schädigungen würde den Schutzzweck überdehnen und die H a f t u n g konturenlos machen 7 6 9 . Mit dem Insolvenzantrag wird die Gesellschaft noch nicht aus dem Rechtsverkehr ausgeschlossen 770 . Vielmehr nimmt sie bis zur Entscheidung über den Antrag weiter am Geschäftsverkehr (vgl. § 22 Abs. 1 Nr. 2 InsO) und danach, wenn auch in veränderter Form, am Rechtsverkehr teil. Da der Insolvenzantrag somit nicht dazu führt, dass die Gesellschaft aus dem Verkehr verschwindet, fehlt es insoweit aber an einem unmittelbaren Kausalzusammenhang zwischen Verletzung der Insolvenzantragspflicht und einem von der Gesellschaft insoweit zu verantwortenden Schaden 771 . Zwar wird teilweise geltend gemacht, dass auch ein vertraglicher Neugläubiger mit dem Insolvenzverwalter noch einen Vertrag hätte schließen können und man es in diesem Falle, wie auch im Falle, dass eine delitktische Schädigung infolge der Betriebsfortf ü h r u n g nach E r ö f f n u n g des Insolvenzverfahrens erfolgt sei, mit einer Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 I n s O zu tun habe 772 . D e m wird aber entgegengehalten, dass eine Masseverbindlichkeit nur vorliegt, wenn die Schädigung durch eine H a n d l u n g des Insolvenzverwalters begründet wurde, nicht aber, wenn es sich um eine aus dem Unternehmen heraus begangene Schädigung handelt, bei der nur der Unternehmensträger haftet. Solche Schädigungen führten mangels Zusammenhang mit Handlungen des Insolvenzverwalters nicht zu Masseverbindlichkeiten i.S.d § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO 7 7 3 . Die Auflösungstatbestände, bei denen ein Insolvenzantrag zu stellen sei, seien als Maßstab eines zu erwartenden Risikos im delikpflicht auch dazu diene, „konkursreife Gesellschaften mit beschränktem Haftungsfond vom Geschäftsverkehr fernzuhalten". Der Schutzzweck des §64 Abs. 1 G m b H G , den Gläubigern eine ausreichende Sicherheit für ihre Forderung zu bieten, sei nicht auf rechtsgeschäftliche Verbindlichkeiten beschränkt; für eine Haftung, wenn durch den rechtzeitigen „Gang zum Insolvenzrichter" die deliktische Schädigung hätte vermieden werden können, auch Lutter/Hommelhoff 15. Aufl. § 64 Rn. 41. 765 Bork, Z G R 1995, 505, 519. 766 Wiedemann, EWiR 1993, 583, 584. 767 Stengel, WuB II. C §43 G m b H G 2.93. 768 Haas, N Z G 1999, 373, 377. 769 Ulmer, ZIP 1993, 769, 771; a.A. Reiff/Arnold, ZIP 1998, 1893, 1897. 770 Haas, N Z G 1999, 373, 377; Altmeppen, ZIP 1997, 1173,1179; Lutter, ZIP 1997, 329, 333. 771 Haas, N Z G 1999, 373,177; Dellinger, WBI 1996, 173, 180f. 772 Vgl. Reiff/Arnold, ZIP 1998, 1893, 1896. 773 Vgl. Haas, N Z G 1999, 373, 377 in Fn. 54 m.w.N.

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Kapitel III:

Treuepflichten

im Konzern und ihre

Haftungskonsequenzen

tischen Bereich somit ungeeignet, was auch darin zum Ausdruck komme, dass es einem Geschäftsführer nicht gestattet ist, in seiner Finanzplanung Rücklagen für potentielle künftige Delikte der Gesellschaft vorzuhalten (§ 249 HGB), weshalb eine dahingehende mögliche Gefährdung Dritter in einer Uberschuldungsbilanz auch keinen Eingang findet 774 . Der Schaden, den deliktische Neugläubiger hier erleiden, liegt ebenso wie bei Altgläubigern und anderen gesetzlichen Gläubigern775 daher allein in der Quotenminderung und damit im Quotenschaden 776 . 3) Deliktische

Haftungsansätze

Teilweise wird in der Literatur auch dafür plädiert, die missbräuchliche Benutzung einer Gesellschaft mit Mitteln des Deliktsrechts zu regeln und nicht in das Sonderrecht der Konzerne auszuweichen777. Im Einzelfall kann eine Haftung des Alleingesellschafters sicher auch auf eine deliktische Grundlage gestellt werden. Insoweit kommt neben dem Anspruch aufgrund einer Schutzgesetzverletzung (z.B. §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB bzw. § 263 StGB) 7 7 8 insbesondere eine Haftung wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung (§ 826 BGB) 7 7 9 in Betracht. Gerade der Rückgriff auf § 826 B G B wird vor dem Hintergrund vorgenommen, dass in den bislang zum qualifiziert faktischen Konzern entschiedenen Fällen eine regelrechte Ausplünderung der Gesellschaft zum Nachteil der Gläubiger stattfand. Dennoch kann auf der Basis einer vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung, will man die Anforderungen an einen entsprechenden Schädigungsvorsatz nicht bis zu Unkenntlichkeit verdünnen, keine grundsätzliche Lösung der hier in Rede stehenden Probleme geliefert werden780. Der Rückgriff auf strafrechtliche Schutzgesetze bzw. § 826 BGB kann immer nur in besonders gelagerten Fällen als Ultima Ratio überzeugen781. Im Grundsatz ist Röhricht aber darin zu folgen, wenn er feststellt, dass es nicht sachgerecht ist, ein gesellschaftsrechtliches Haftungssystem punkHaas, NZG 1999, 373, 377. Vgl. hierzu aber auch LG Bonn ZIP 1998, 923. 776 Haas, NZG 1999, 373, 377; Altmeppen, NJW 1996, 1017, 1023. 7 7 7 Für den Fall der Unterkapitalisierung etwa auch Raiser; ZGR 1995, 156, 163. 778 So kann insbesondere der herrschenden Gesellschaft gegenüber der abhängigen eine Vermögensbetreuungspflicht i.S. d. § 266 StGB zukommen (vgl. insoweit insbesondere auch BGH v. 17.9.2001 = NJW 3622, 3623 (Bremer Vulkan) für den Fall einer zentralen Konzernfinanzierung und hierzu Luttermann, BB 2001, 2433, 2434); im Falle eines Liquiditätsverbundes muss die herrschende Gesellschaft zudem darauf hinweisen, wenn die Rückführung der von der abhängigen Gesellschaft eingebrachten Mittel nicht mehr gewährleistet ist, damit diese sie noch rechtzeitig abziehen kann. Andernfalls stellt sich die Frage eines Betruges durch Unterlassen (vgl. auch insoweit sowie zur Haftung nach §§ 823 Abs. 2 B G B i.V.m. 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG, B G H v. 17.9.2001 = NJW 3622, 3624 und hierzu insbesondere Wilken, DB 2001, 2383, 2385 f.). 779 So etwa Heidenhain, LM §302 AktG 1965 Nr.6; Röhricht ZGR 1995, 445, 465 Westerman, EWiR 1992 § 302 AktG 1/92 S. 15. 7 8 0 Zur Leistungsfähigkeit dieser Vorschrift in den Konzernhaftungsfällen Timm, ZIP 1992, 821, 823f; H.P. Westermann, in Hommelhoff/Stimpel/Ulmer S. 21, 24 f.; gegen eine Anwendung des § 826 BGB zur Lösung der Probleme im Bereich des qualifiziert faktischen Konzerns auch Weigl, Die Haftung im (qualifiziert) faktischen Konzern (1996), S. 71. 781 Vgl. auch Luttermann, BB 2001, 2433, 2434 m.w.N.:"Unternehmerisches Handeln ge774

775

§10:

Alternative

und weitergehende

Haftungsmodelle

409

tuell eingreifenden Missbrauchstatbeständen des allgemein Rechts wie § 826 B G B bzw. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB zu überlassen782. Hiergegen wird zu Recht auch die Zusammenschau der kapitalgesellschaftsrechtlichen Vorschriften angeführt, die sich deutlich für ein Bekenntnis des Gesetzgebers zur Notwendigkeit eines wirksamen Schutzsystems im Gesellschaftsrecht aussprechen783. Hieraus leitet sich die Forderung ab, „speziell gesellschaftsrechtlichen Problemlagen nach Möglichkeit auch durch gesellschaftsrechtliche Regeln Rechnung" zu tragen. Eine Verankerung der sich hier stellenden Probleme in § 826 BGB hätte überdies auch eine nicht zu rechtfertigende Uberspannung des subjektiven Tatbestandes dieser Norm zu Folge 784 . a) Die Einordnung der Tochtergesellschaft der Muttergesellschaft

als

Verrichtungsgehilfin

Einen Weg, die Obergesellschaft jedenfalls für deliktische Handlungen der Untergesellschaft verantwortlich zu machen, sieht Rehbinder aber in §831 BGB 7 8 5 . Nach diesem Ansatz kommt eine Haftung nach §831 BGB bereits dann in Betracht, wenn Delikte der Untergesellschaft „objektiv final auf Förderung der Obergesellschaft im Rahmen der Konzernkompetenz der Untergesellschaft gerichtet" waren786. Das deliktische Risiko müsse aber als beherrschbar erscheinen, was im Regelfall Personalunion in den Geschäftsführergremien „oder doch eine wesentliche Zentralisierung der Marktfunktionen der Untergesellschaft über die Leitungsphase hinaus" erfordere787. Ein Entlastungsbeweis sei zwar möglich. Wenn die Obergesellschaft aber „tatbestandsmäßige" Herrschaft ausübe, sei „sie nicht nur für die richtige Auswahl der Organe und leitenden Angestellten verantwortlich", sondern müsse auch Leitungs- und Uberwachungsfunktionen gegenüber der Untergesellschaft übernehmen788. Die Heranziehung des § 831 BGB überzeugt gleichwohl aus mehreren Gründen nicht. Zum einen zeigt schon die Entstehungsgeschichte der Norm 789 , dass diese auf eine natürliche Person als Verrichtungsgehilfen abstellt, auch wenn der Wortlaut der Regelung insoweit neutral ist790. Auf juristische Personen passt sie bereits hört zum Zivilrecht und kann weiterhin nur unzulänglich mit strafrechtlichen Kategorien erfasst werden". 782 Röhricht, in FS 50 Jahre B G H S. 83, 100. 783 Röhricht, in FS 50 Jahre B G H S. 83, 100, 116. 784 Röhricht, in FS 50 Jahre B G H S. 83, 116. 785 Rehbinder, Konzernaußenrecht (1969), 529 ff.; Kronstein, Juristische Person (1931) S. 82. 786 Rehbinder a.a.O. S. 538. 787 A.a.O. S. 538. 788 A.a.O. S. 540, nach Rebbinder (a.a.O. S. 546) ist, je geschlossener die Obereinheit ist, auch eine Organisations- und Aufsichtspflicht zu begründen, die dann „neben die Verantwortlichkeit aus der aktuellen Ausübung von Leitungsmacht (träte), die bei allen Konzerntypen regelmäßig zu deliktischer Verantwortlichkeit" führen soll. 789 Vgl. auch Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 130. 790 Vgl. hierzu auch K. Schmidt, Beilage VersR 1993, 6, der auch darauf hinweist, dass es bei §831 B G B um die Kopplung personalen Unrechts des Gehilfen und dem organisatorischen Unrecht des Geschäftsherrn geht.

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Kapitel III:

Treuepflichten

im Konzern

und ihre

Haftungskonsequenzen

deshalb nicht, da im Zuge der Einschaltung einer juristischen Person als Verrichtungsgehilfe es zu dem Phänomen des sogenannten Zwischengehilfen kommen könnte und insoweit zu einer von § 831 B G B insoweit „nicht gedeckten Potenzierung der Geschäftsherreneigenschaft" (§ 831 Abs. 2 als arg. e. contrario)791. Vor allem lässt sich auf dieser Grundlage für die im Konzernrecht anstehenden Probleme aber bereits deshalb keine Lösung finden, da Verrichtungsgehilfe nur ist, wer zu dem Geschäftsherrn nicht nur in einer gewissen Abhängigkeit steht, sondern von diesem auch eine Tätigkeit übertragen bekommen hat, hinsichtlich der er dem Weisungsrecht des Geschäftsherrn unterliegt 792 . Weisungsberechtigt ist aber auch in einer GmbH nur die Gesamtheit der Gesellschafter, nicht hingegen die Muttergesellschaft 793 . b) Die Anstifterhaftung

des herrschenden

Unternehmens

Neuerdings wird indes auch aus einem anderen Blickwinkel heraus angezweifelt, dass die Treuepflichthaftung der richtige Anknüpfungspunkt zur Sanktionierung der Eingriffe eines herrschenden Unternehmens in die Geschäftsführung einer von ihm abhängigen GmbH ist. So vertritt insbesondere Ehricke die Ansicht, dass aufgrund der regelmäßig über die Geschäftsleitung erfolgenden Einflussnahme bereits eine gesetzlich geregelte Anspruchsgrundlage in Form der §§ 43 Abs. 2 GmbHG i.V.m. 830 Abs. 2 B G B zur Verfügung stehe, die einen „nur gewohnheitsrechtlich anerkannten, unmittelbaren Anspruch aus der Verletzung der Treuepflicht" verdränge794. Im Aktienrecht werde die an sich einschlägige Haftungsgrundlage des §§ 93 Abs. 2 AktG i.V.m. 830 Abs. 2 B G B allerdings durch § 117 AktG als lex specialis verdrängt795, weshalb dieser Ansatz vor allem für den Bereich der GmbH überprüft werden müsse796. Die insoweit zu verlangende rechtswidrige Haupttat soll vorliegen, wenn der Geschäftsführer rechtswidrig seine Pflichten verletzt habe, was allerdings nicht Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 131 m.w.N. B G H v. 12.6.1997= WM 1998,257. 793 Eine Verrichtungsgehilfenhaftung der Gesellschaftergesamtheit erwägt auch Rehbinder nicht. Sie wäre auch abwegig. Dies gilt auch für den Fall, dass man es mit einer Einmanngesellschaft zu tun hat. Die Gesellschaftergesamtheit bildet den Willen der Gesellschaft. Im Verhältnis zwischen der juristischen Person und ihrem Organ selbst ist für eine Anwendung der Verrichtungsgehilfenhaftung aber bereits deshalb kein Raum, da § 8 3 1 Abs. 2 B G B voraussetzt, dass zwischen dem Verhalten des Geschäftsherrn und dem Verhalten des Ubernehmers der Geschäftsherrenpflichten unterschieden werden kann, woran es im Verhältnis einer juristischen Person zu ihrem Geschäftsleiter fehlt ( B G H v. 27.11.1990 = B a u R 1991, 377). An eine Haftung der Muttergesellschaft auf der Grundlage des § 831 B G B könnte allenfalls gedacht werden, wenn die Muttergesellschaft einen ihrer Angestellten zum Geschäftsleiter der Tochtergesellschaft bestimmt hat, um dort ihre Interessen wahrnehmen zu lassen, und dieser eine unerlaubte Handlung begeht. Allerdings steht die aus dem Anstellungsverhältnis stammende Weisungsbefugnis im Widerspruch zu den Pflichten eines Geschäftsleiters, denen hier der Vorrang eingeräumt werden muss, weshalb auch insoweit die Verrichtungsgehilfeneigenschaft zu verneinen ist. 794 Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 327, 395. 795 Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 368. 7 , 6 Zu § 117 AktG vgl. bereits oben S. 330 ff. 791

792

§10:

Alternative

und weitergehende

Haftungsmodelle

411

der Fall sei, wenn sein Handeln auf einer formell und materiell rechtmäßigen Weisung beruhe 7 9 7 . Allerdings sei eine Weisung, die etwa gegen die Interessen der Minderheit verstoße, treuwidrig und damit rechtswidrig, weshalb hier auch eine Anstifterhaftung in Betracht komme 7 9 8 . Damit hätte die Treuepflichtverletzung hier aber nur die Bedeutung eines Tatbestandsmerkmals 7 9 9 . Maßgebende Konsequenz des methodischen Vorrangs der Haftung nach §§ 43 Abs. 2 G m b H G , 830 Abs. 2 B G B wegen Weisungen, die in treuwidriger Weise zustande gekommen sind, sei aber die Notwendigkeit, dass Minderheitsgesellschafter ihre eigenen Interessen durch fristgerechte Anfechtung des ihre Rechte treuwidrig beeinträchtigenden Beschlusses wahren 8 0 0 . aa) Stellungnahme Abgesehen davon, dass eine Treuepflichtverletzung nach diesem Ansatz immer unsanktioniert bliebe, wenn eine Anfechtung unterbleibt bzw. von vornherein nicht in Betracht kommt 8 0 1 , genügt die Haftung des Geschäftsleiters nach § 43 G m b H G nicht, um eine Anstifterhaftung des herrschenden Unternehmens zu begründen. Eine Haftung als Anstifter kommt nur in Betracht, wenn jemand einen anderen zu einer unerlaubten Handlung vorsätzlich 802 bestimmt. Zwar ist es gleichgültig, dass der Teilnehmer selbst nicht Täter sein kann 8 0 3 , weshalb das herrschende Unternehmen, wenn es zu einer vorsätzlichen unerlaubten Haupttat anstiftet, kein Geschäftsführer sein müßte, um als Anstifter haften zu können. Auch sprechen gute Gründe dafür, im Zivilrecht anders als im Strafrecht eine Anstiftungshaftung nicht nur bei einer vorsätzlichen Bestimmung zum vorsätzlichen Delikt zu bejahen 8 0 4 , sondern auch die Bestimmung zu einer nicht vorsätzlich begangenen Haupttat für einen Schadensersatzanspruch gegen den Anstifter genügen zu lassen. In diesem Zusammenhang wird zu Recht auf den qualitativen Unterschied zum Strafrecht hingewiesen, da die Einstandspflicht im Zivilrecht nur dem Grund nach Schuldhaftung ist, ihr Umfang sich aber auch nach Schutzbereich und Adäquanz bestimmt 8 0 5 . Im Zivilrecht geht es anders als im Strafrecht nicht um eine Sanktion im Allgemeininteresse, Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 327 f. Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen In der Insolvenz (1998), S. 329 ff. 799 Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 395. 800 Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 395 f. 801 Vgl. hierzu bereits oben S. 331 ff. 8 0 2 Nahezu einhellige Ansicht: statt aller B G H v. 9.7.1979 = B G H Z 75, 96, 107; Ulmer, in Hachenburg § 64 Rn. 75; K. Schmidt, in Scholz § 64 Rn. 45; Reiner, in FS Boujong, 451; anders nur Karollus, ZIP 1995, 269, 273, der auch Fahrlässigkeit beim Teilnehmer ausreichen lassen will. 803 Stein, in M K § 830 Rn. 14. 8 0 4 So die noch h.M. mit dem Hinweis auf die strafrechtliche Vorprägung der zivilrechtlichen Haftung in diesem Bereich ( B G H v. 29.5.1964 = B G H Z 42, 118, 122, B G H v. 31.1.1978 = B G H Z 70, 277, 285; B G H v. 24.1.1984 = B G H Z 89, 383, 389; B G H v. 7.11.1994 = Z I P 1995, 124,126; vgl. im Übrigen Belling/Ehel-Borges, in Staudinger § 830 Rn. 30; Schiemann, in Erman § 830 Rn. 3; Mertens, in M K § 830 Rn. 14 jeweils mit w. N.; vgl. auch Ulmer, in Hachenburg § 64 Rn. 75; Schulze-Osterloh, in Baumbach/Hueck § 64 Rn. 91). 805 Deutsch, Rn. 498. 797

798

412

Kapitel III:

Treuepflichten

im Konzern

und ihre

Haftungskonsequenzen

s o n d e r n u m den Ausgleich individueller I n t e r e s s e n 8 0 6 . H i e r a u s kann man sicher den Schluss ziehen, dass die starren K a t e g o r i e n des Strafrechts, die d o r t w e g e n der strengen strafrechtlichen Prinzipien ihre B e r e c h t i g u n g haben, n i c h t i m m e r auf ein S y s t e m a n z u w e n d e n sind, das hinsichtlich der H a f t u n g s v o r a u s s e t z u n g e n

grundsätzlich

flexibler ausgestaltet ist. D a h e r sollte auch die T e i l n a h m e l e h r e aus d e m Strafrecht n i c h t e i n s c h r ä n k u n g s l o s in das Zivilrecht ü b e r n o m m e n w e r d e n , u m d o r t unbillige L ü c k e n in der V e r a n t w o r t u n g s k e t t e zu v e r m e i d e n 8 0 7 . A b e r auch w e n n hieraus ein flexibleres zivilrechtliches H a f t u n g s s y s t e m zu schlussfolgern i s t 8 0 8 , bleibt u n a b dingbare V o r a u s s e t z u n g der T e i l n e h m e r h a f t u n g die B e s t i m m u n g zu e i n e m o b j e k t i ven V e r s t o ß gegen eine als deliktsrechtlich zu qualifizierende N o r m . D a m i t ist aber die F r a g e nach der deliktsrechtlichen Q u a l i f i k a t i o n des § 4 3 G m b H G a u f g e w o r f e n 8 0 9 . V o n v o r n h e r e i n auszuschließen w ä r e dies, w e n n , wie teilweise v e r t r e t e n , die H a f t u n g des § 43 A b s . 2 G m b H G ein A n w e n d u n g s f a l l der p V V (nun § 2 8 0 A b s . 1 B G B ) des Anstellungsvertrages w ä r e 8 1 0 . G r u n d l a g e der H a f t u n g wäre in diesem Fall allein der Anstellungsvertrag. D e m steht allerdings entgegen, dass die P f l i c h t e n des G e s c h ä f t s f ü h r e r s gegenüber der Gesellschaft diesen aufgrund der tatsächlichen Ü b e r n a h m e der O r g a n s t e l l u n g u n d nicht aufgrund seines Anstellungsvertrages treffen. O b der Anstellungsvertrag w i r k s a m abgeschlossen w u r d e , ist u n e r h e b l i c h 8 1 1 . G r u n d l a g e der H a f t u n g ist damit das organschaftliche

Sonderrechtsverhältnis812.

D i e R i c h t i g k e i t dieser A u f f a s s u n g zeigt sich darin, dass d e m G e s c h ä f t s f ü h r e r die P f l i c h t e n gegenüber der G e s e l l s c h a f t , wie etwa § 4 3 A b s . 3 S. 3 G m b H G zeigt, auch z u m S c h u t z der G l ä u b i g e r auferlegt sind und damit dem vertraglichen B e r e i c h entz o g e n sein m ü s s e n 8 1 3 . D i e O r g a n h a f t u n g ist daher als Fall einer gesetzlichen H a f tung a n z u s e h e n 8 1 4 . D a m i t w i r d die H a f t u n g des O r g a n s a b e r n o c h n i c h t z u r u n e r l a u b t e n H a n d lung. § 4 3 G m b H G e n t s p r i n g t d e m k o r p o r a t i v e n S o n d e r r e c h t s v e r h ä l t n i s z w i s c h e n 8 0 6 Vgl. auch K. Schmidt, ZIP 1988, 1497, 1501 mit dem treffenden Hinweis, dass, wer den Geschäftsführer von der Stellung eines Insolvenzantrags abhält, nicht zu seiner Entlastung vortragen können sollte, dass er diesen hinters Licht geführt und deshalb zu einer unvorsätzlichen Insolvenzverschleppung veranlasst hat; vgl. auch K. Schmidt, in Scholz § 64 Rn. 45; ders., JZ 1978, 666; ders., ZIP 1980, 329; Stein, Das faktische Organ (1984), S. 156 f.; Karollus, ZIP 1995, 269, 273; Reimer, in FS Boujong, 450 f. 807 Mertens, in MK § 830 Rn. 14. 8 0 8 Ausführlich Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 216 ff. 8 0 9 Vgl. auch Ehricke, in Z G R 2000, 351, 369 ff. 810 Sudhoff; Der Gesellschaftsvertrag der GmbH, 7. Aufl., S.239; für die A G Baumbach/ Hueck, AktG § 93 Rn. 5; unklar B G H v. 6.4.1964 = B G H Z 41, 282, 287. 811 Mertens, in Hachenburg § 4 3 Rn. 15; Koppensteiner, in Rowedder, 4. Aufl. §43 Rn.51; U.H. Schneider, in Scholz, 9. Aufl. § 43 Rn. 14; Zöllner, in Baumbach/Hueck § 43 Rn. la. 8 1 2 Die Frage, inwieweit daneben auch eine Haftung auf vertraglicher Grundlage bei Bestehen eines wirksamen Dienstvertrages besteht, ist hier unerheblich (vgl. hierzu den Meinungsüberblick bei Zöllner, in Baumbach/Hueck § 43 Rn. 1; Lutter/Hommelhoff 15. Aufl. § 43 Rn. 3; Koppensteiner, in Rowedder § 43 Rn. 3). 813 Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 337 f. 8 1 4 Für die AG Hüffer, § 93 Rn. 11 m.w.N.; vgl. auch Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 338.

§ 10: Alternative

und weitergehende

Haftungsmodelle

413

der Gesellschaft und dem Geschäftsführer 815 . Dass die Pflichten aus §§ 43 GmbHG, 93 AktG solche aus dem Verhältnis Organ - Gesellschaft sind und nicht das Außenverhältnis zu beliebigen Dritten betreffen, ist unbestritten 816 . Da die Vorschriften des Deliktsrechts den einzelnen vor Eingriffen durch beliebige Dritte außerhalb von Sonderbeziehungen schützen soll 817 , scheidet damit aber auch eine Qualifizierung dieser Norm als deliktisch aus 818 . Dass die Geschäftsführerpflichten grundsätzlich nur im Verhältnis zwischen Gesellschaft und Geschäftsführer wirken, erkennt zwar auch Ehricke819 an. Allerdings möchte er für solche Pflichten, die auch im öffentlichen Interesse statuiert wurden, dennoch eine deliktische Einordnung befürworten 820 . Indes ist bereits der Gleichstellung der Verletzung einer jeden, wenn auch im öffentlichen Interesse aufgestellten Pflicht mit einer unerlaubten Handlung zu widersprechen. Unser Recht hat sich grundsätzlich für eine klare Begrenzung der deliktischen Haftung in drei Grundtatbeständen ausgesprochen. Zwar hat der Gesetzgeber auch außerhalb des 25. Titels des B G B unerlaubte Handlungen geregelt. Allein die Tatsache, dass eine Norm eine Haftung anordnet, genügt aber noch nicht, um sie als deliktsrechtlich zu qualifizieren. Hierfür bedürfte es vielmehr einer Haftungsanordnung auch außerhalb einer Sonderbeziehung. Ohne eine solche Haftungsanordnung mit fest umrissenen Haftungstatbeständen kann das Deliktsrecht seine Aufgabe der Abgrenzung von Güter- und Freiheitssphäre des Einzelnen nicht erfüllen 821 . Eine Teilnehmerhaftung käme allerdings auch dann in Betracht, wenn § 43 GmbHG Schutzgesetzcharakter zugewiesen werden könnte 822 . Weder in Bezug auf die Gesellschafter noch gar auf außenstehende Dritte können § 93 AktG 8 2 3 und § 43 GmbHG 8 2 4 aber als Schutzgesetze i.S.v. § 823 Abs. 2 B G B angesehen werden. Man könnte allenfalls die Frage stellen, ob sie Schutzgesetze zugunsten der Gesell-

K. Schmidt, GesR, 4. Aufl., § 36 II 4 a. Vgl. nur Lutter, Z H R 157 (1993), 464, 470; Reichert/Weller, ZRP 2002, 49, 52; U.H. Schneider, in Scholz, 9. Aufl. § 43 Rn. 217 jeweils mit weiteren Nachweisen. 8 1 7 Vgl. nur Teichmann, in Jauerning, 9. Aufl. vor § 823 Rn. 1. 818 K. Schmidt, GesR, 4. Aufl., § 36 II 4 a. 8 1 9 Z G R 2 0 0 0 , 351,375, 382. 8 2 0 Hierzu zählt er etwa die sich aus § 64 G m b H G ergebende Pflicht sowie die Pflicht, keine Zahlung entgegen § 30 G m b H G vorzunehmen. Weiterhin ordnet er auch die Anmelde-, Buchführungs- und Bilanzierungspflichten als Geschäftsleitungsorganpflichten mit Außenwirkung ein (Ehricke, Z G R 2000, 351, 376). 821 Larenz/Canaris § 75 I 1. 8 2 2 Dagegen aber auch Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 223. 8 2 3 Vgl. insoweit R G v. 30.11.1938 = R G Z 159, 211, 224; B G H v. 9.7.1979 = N J W 1979, 1829; Hüffer, 4. Aufl. Rn. 22; Mertens, in K K § 93 Rn. 177 m.w.N. 824 Großfeld, Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär (1968), S. 215; Mertens, in Hachenburg, 8. Aufl. § 43 Rn. 102, 116; Rowedder, in FS Semler S. 311, 313; Teichmann, in FS Mühl S. 663, 678; U.H. Schneider, in Scholz, 9. Aufl. §43 Rn.218; Wiedemann, Gesellschaftsrecht Bd. 1, 1980, S. 540, 541; a.A. nur Sonnenschein, Organschaft und Konzerngesellschaftsrecht (1976), S. 159 ff., der § 4 3 G m b H G als Schutzgesetz zugunsten der Gesellschafter wertet. 815

816

414

Kapitel III:

Treuepflichten im Konzern und ihre

Haftungskonsequenzen

schaft sind 8 2 5 . Zwar hätte diese Einschätzung für den Anspruch der Gesellschaft gegenüber der Geschäftsführung keine weitergehenden Folgen. Weitreichend wären die Folgen aber für die Teilnehmerhaftung der Muttergesellschaft. N i c h t ausreichend kann es für die Schutzgesetzqualität einer N o r m allerdings sein, dass diese dem Schutz bestimmter Personen zu dienen bestimmt ist 8 2 6 . Auch nach Ansicht des B G H muss die Entscheidung über die Schutzgesetzqualität einer N o r m letztlich immer auf die Frage ausgerichtet sein, ob die Schaffung eines individuellen Schadensersatzanspruchs „im Lichte des haftpflichtrechtlichen

Gesamtsystems

tragbar erscheint" 8 2 7 . Es ist ein G e b o t systematisch - teleologischer Auslegung § 823 Abs. 2 B G B , nicht so zu interpretieren, dass dadurch die Voraussetzungen und Grenzen, die § 823 Abs. 1 B G B und § 826 B G B gesetzt haben, im praktischen Ergebnis wieder unterlaufen werden. N o r m e n , die nur dem Vermögensschutz dienen, werden damit noch nicht zum Schutzgesetz. Hierfür bedarf es zusätzlicher Kriterien 8 2 8 . Solche Kriterien sind im H i n b l i c k auf die Schutzgesetzqualität der Geschäftsführerhaftung allerdings nicht ersichtlich 8 2 9 . D i e Begründung einer deliktischen Haftung für solche Pflichtverletzungen, deren Unrechtsgehalt mit der Organhaftung bereits präzise erfasst wird, würde ohne G r u n d die Gefahr einer Umgehung des in sich ausgewogenen Systems der Organhaftung in sich tragen. Gegen die Qualifikation der § 93 A k t G und § 43 G m b H G als Schutzgesetze spricht überdies auch die Subsidiaritätsthese des B G H . Danach ist ein deliktischer Schutz derselben Interessen über § 823 Abs. 2 B G B entbehrlich, wenn die Belange des Geschädigten bereits anderweitig ausreichend abgesichert sind 8 3 0 . Zwar k ö n n te man argumentieren, dass, wenn der Geschäftsführer illiquide ist, ein Anspruch aus § 830 Abs. 2 B G B gegen die herrschende Gesellschaft der Gesellschaft zu Gute käme. Gegen diese bestehen aber im Aktienrecht bereits Ansprüche aus § § 3 1 1 , 317 A k t G und in der G m b H aus der Verletzung ihrer mitgliedschaftlichen Treuepflicht. Die Argumentation Ehrickes,

dass ein bestehender

deliktsrechtlicher

Schutz eine Haftung aus einer Treuepflichtverletzung verdrängen soll 8 3 1 , kann damit nicht überzeugen. Vielmehr könnte man ein Schutzgesetz allenfalls damit begründen, dass sonst keine Sicherung der Belange der Geschädigten zu erreichen wäre. D a ein solcher Schutz aber existiert, besteht für die Annahme eines Schutzgesetzes kein Bedürfnis und für die Begründung eines deliktischen Anspruchs keine Grundlage 8 3 2 . Dementsprechend ist aber auch die Anstiftung zu einer VerletSo etwa Stein, Das faktische Organ (1984), S. 158 ff. So aber wohl Stein, Das faktische Organ (1984), S. 158 i.V.m Fn. 42. 827 BGH v. 8.6.1976 = BGHZ 66, 388, 390 im Anschluss an Knöpfle, NJW 1967, 698 f., ebenso Mertens, in MK § 823 Rn. 138; Steffen, in RGRK § 823 Rn. 56. 828 Larenz/Canaris, Schuldrecht BT Bd. II Hb. 2 § 77 II 4 a. 829 Dass es sich bei § 43 GmbHG nicht um ein Schutzgesetz handelt, erkennt auch Ehricke an (vgl. auch Ehricke, ZGR 2000, 351, 367 f.). 830 BGH v. 29.6.1982 = BGHZ 84, 312, 314, ähnlich BGH v. 19.2.1990 = BGHZ 110, 342, 360. 831 Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 327, 395. 832 Abgesehen davon würde, selbst wenn ein deliktischer Anspruch bestünde, die Haftung aufgrund einer Treuepflichtverletzung hierdurch nicht verdrängt werden, da es sich hier um eine aus der Mitgliedschaft abzuleitende Pflicht gegenüber der Gesellschaft handelt. 825

826

5 10: Alternative und weitergehende

Haftungsmodelle

415

zung vertraglicher oder organschaftlicher Pflichten für den Anstifter unter deliktsrechtlichen Gesichtspunkten folgenlos 8 3 3 D e r Verneinung des Schutzgesetzcharakters der Geschäftsleiterhaftung kann man auch nicht entgegenhalten, dass man dann auch anerkannte Schutzgesetze wie etwa § 64 G m b H G nicht als Schutzgesetz qualifizieren dürfte 8 3 4 . D i e Einordnung des § 64 G m b H G als Schutzgesetz begründet insoweit keinen Wertungswiderspruch, da hier der Tatsache besondere Bedeutung zuerkannt werden muss, dass eine Verletzung des § 64 G m b H G nach § 84 Abs. 2 G m b H G strafbewehrt ist 8 3 5 . Daher können auch gesellschafts- und gläubigerschädigende Weisungen an die G e schäftsführungsorgane, soweit dies zu einer Insolvenzverschleppung 8 3 6 führt, eine Teilnehmerhaftung der Muttergesellschaft, die sich auch insoweit das Verhalten ihrer Organe zurechnen lassen muss, begründen 8 3 7 . Dabei haftet der herrschende Gesellschafter auch dann als Anstifter, wenn der ordnungsgemäß bestellte G e schäftsführer sich fahrlässig in Unkenntnis 8 3 8 über die Insolvenzreife der Gesellschaft befand 8 3 9 , diese aber vom herrschenden Gesellschafter erkannt wurde und er dennoch eine Weisung erteilt hat, die zu einem Verstoß gegen § 64 G m b H G führte 8 4 0 . D e r Insolvenzverwalter hat grundsätzlich nach § § 8 4 0 , 421 ff. B G B ein Wahlrecht hinsichtlich des Haftungsschuldners und kann sich so den wirtschaftlich Potenteren zu Schadensersatzleistungen in die Masse heranziehen. Die Tatsache, dass der Geschäftsführer aufgrund einer Weisung der Gesellschafter tätig geworden ist, kann ihn in diesem Fall nicht entlasten, selbst wenn die Weisung auf einem einstimmigen Beschluss der Gesellschafterversammlung beruht 8 4 1 . Soweit der die Weisung erteilende herrschende Gesellschafter in diesem Zusammenhang als faktischer Geschäftsführer zu qualifizieren ist, plädiert Ehricke

mit Blick auf

einen möglichst umfassenden Schutz der Gläubiger vor verspäteter Insolvenzan833 Eine Ausnahme gilt nur, wenn eine persönliche Haftung etwa aus c.i.c wegen Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens in Betracht kommt oder der Anstifter selbst die Voraussetzungen des § 826 B G B erfüllt. 834 Vgl. Stein, Das faktische Organ (1984), S. 159 f. 835 Larenz/Canaris, Schuldrecht B T Bd. II Hb. 2 § 77 II 4 c. 836 Zum Schutzgesetzcharakter der Insolvenzverschleppungshaftung vgl. bereits B G H v. 16.12.1958 = B G H Z 29, 100, 102; B G H v. 9.7.1979 = B G H Z 75, 96, 106; B G H v. 19.2.1990 = B G H Z 110, 342, 360; B G H v. 20.9.1993 = N J W 1993, 2931. 837 B G H v. 9.7.1979 = B G H Z 75, 96, 107 = N J W 1979, 1829; Lutter/Hommelhoff, 15. Aufl. § 64 Rn. 49; K. Schmidt, in Scholz, 9. Aufl. § 64 Rn. 54; ders., ZIP 1988, 1495, 1501; Uhlenhruck, DStR 1991, 351, 352. 838 Eine derartige Konstellation ist insbesondere denkbar, wo die Buchhaltung und/oder das cash/management konzernzentral geführt werden. 839 Zu der Frage, ob eine fahrlässige Haupttat für eine Anstiftung im Zivilrecht ausreicht vgl. bereits oben S. 411 ff. 840 B G H v. 9.7.1979 = B G H Z 75, 96, 100; B G H v. 24.1.1961 = BGHSt 15, 306, 310 (wobei es sich stets um Fälle handelte, in denen unverbundene Unternehmen fahrlässig über die Uberschuldung in Unkenntnis waren); in diesem Fall wird regelmäßig aber auch ein Fall des § 826 B G B vorliegen, zumindest gegenüber dem Geschäftsführer, der dann nach § 64 G m b H G haftet. 841 Schmidt, in Scholz § 64 Rn. 4; Ulmer, in Hachenburg § 64 Rn. 32; zur Frage, ob in diesem Fall der Geschäftsführer von der Haftung des §43 G m b H G befreit wird vgl. B G H v. 18.3.1974 = N J W 1974,1088.

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Kapitel III:

Treuepflichten im Konzern und ihre

Haftungskonsequenzen

tragsstellung sogar dafür, sowohl die Anstifterhaftung als auch die Haftung als faktischer Geschäftsführer parallel anzuwenden 8 4 2 . A u c h dies kann indes systematisch nicht überzeugen. Eine Haftung als Täter schließt die Haftung als Anstifter grundsätzlich aus. bb) D e r Schutzgesetzcharakter der Buchführungspflicht Natürlich k o m m t eine Teilnehmerhaftung der Muttergesellschaft immer dann in Betracht, wenn sie zu der Verletzung eines Schutzgesetzes 8 4 3 angestiftet oder hieran mitgewirkt hat. Ein Fall scheint dabei, wie Skandale bei Enron, Xerox

Worldcom

oder

eindringlich vor Augen geführt haben, von besonderer Bedeutung zu sein:

die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung einer Gesellschaft. Das Ziel, auch das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Aussagekraft der Buchführung wieder zu festigen, hat neben Verbesserungen in den Buchhaltungsstandards 8 4 4 und des Prüfungswesens auch den R u f nach einer gesteigerten Verantwortung der Vorstände laut werden lassen 8 4 5 . In Konzernverhältnissen geht damit aber die Frage einher, inwieweit dieser Verantwortung auch ein herrschender Gesellschafter unterworfen werden kann. Zwar k o m m t eine eigene Pflicht der Muttergesellschaft zur Buchführung nur dann in Betracht, wenn sie als faktischer Geschäftsführer zu qualifizieren wäre. D a gerade bei abhängigen Gesellschaften häufig das herrschende Unternehmen auf die Buchhaltung der Tochtergesellschaft Einfluss nimmt, wenn es sie nicht gar komplett übernimmt, könnte sie allerdings eine Teilnehmerhaftung treffen, wenn es sich bei den insoweit maßgeblichen N o r m e n um Schutzgesetze handelte. (1) D i e Fälle der Strafbewehrung Jedenfalls die N o r m e n , in denen die Verletzung einer Buchführungspflicht strafbewehrt ist (vgl. § 82 Abs. 2 Nr. 2 G m b H G , § 4 0 0 A k t G , 331 H G B , § 283 Abs. 1 Nr. 5-7, Abs. 4 Nr. 1; Abs. 5 Nr. 1; § 283 b S t G B ) , sind ganz überwiegend als Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 B G B anerkannt 8 4 6 . A u c h wenn die Strafbewehrung allein Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 252. Gegen die Schutzgesetzeigenschaft etwa von §15 WpHG und §88 BörsenG a.F. vgl. BVerfG, v. 24.9.2002 = Z I P 2002, 1986, im Anschluss hieran auch OLG München v. 1.10.2002 gegen LG Augsburg vom 24.9.2001 = ZIP 2001, 1881, das die Schutzgesetzeigenschaft von § 88 Abs. 1 BörsenG bejaht hatte; gegen die Schutzgesetzeigenschaft von § 15 WpHG spricht nun bereits § 15 Abs. 6 WpHG (vgl. hierzu auch Reichert/Weller, ZRP 2002 49, 53); eine falsche Adhoc-Mitteilung kann allerdings Schadensersatzansprüche nach § 826 BGB auslösen (vgl. auch hierzu OLG München v. 1.10.2002 = ZIP 2002, 1989). 844 Insgesamt betrachtet ist die Bedeutung des Bilanzrechts in den letzten Jahren im Gesellschaftsrecht beträchtlich gestiegen; eine Tatsache, der man sich in der Rechtswissenschaft, anders als bei den Wirtschaftswissenschaftlern, erst sehr langsam bewusst wird (Henssler; JZ 1998, 701 [Tomberger-Urteil]). 845 FAZ v. 29.7.2002 unter Bezugnahme auf Äußerungen des EU-Kommissars Fritz Bolkesteins. 846 Altmeppen, in Roth/Altmeppen, 4. Aufl. § 82 Rn. 3; Biletzki, ZIP 1994, 9, 12; Canaris, in FS Larenz S. 50, 61; Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 356; Haas, WM 2003,1929,1938; Lutter/Hommehoff, 15. Aufl. § 82 Rn. 27; Schulze-Osterloh, 842

843

§ 10: Alternative

und weitergehende

Haftungsmodelle

417

nicht entscheidend f ü r eine Einordnung als Schutzgesetz ist, kann in ihr zumindest ein starkes Indiz f ü r den Schutzzweckcharakter einer Regelung, die der Vermeidung von Vermögensschäden dient, gesehen werden 8 4 7 . Teilweise wird das Strafgesetz, soweit es um Vermögensschädigungen geht, gar als „Paradigma eines Schutzgesetzes i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB" angesehen 848 . Äußerst umstritten ist indes, ob dies auch f ü r die in § 4 1 G m b H G bzw. § 9 1 A k t G aufgestellte allgemeine Verpflichtung zur Buchführung gilt 849 . (2) Der Schutzgesetzcharakter von §§ 41 G m b H G und 91 A k t G Die in § 41 G m b H G aufgestellte Pflicht des Geschäftsführers, f ü r eine ordnungsgemäße Buchführung der Gesellschaft zu sorgen, wird inhaltlich durch die Regelungen der §§ 238 ff. H G B , §§ 42, 42 a G m b H G konkretisiert, die selbst wiederum auf die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Buchführung verweisen 8 5 0 . In der A G ergibt sich die Pflicht des Vorstandes zur ordnungsgemäßen Buchführung aus § 91 A k t G , § 6 H G B i.V.m. § 2 3 8 ff. H G B . Was unter den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung im Einzelnen zu verstehen ist, w u r d e f ü r den Jahresabschluss durch das Bilanzrichtliniengesetz weitgehend kodifiziert und ist im Übrigen aus dem Zweck der Rechnungslegung abzuleiten 8 5 1 . Hinsichtlich der Frage, ob es sich bei den Buchführungspflichten um Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 B G B handelt, gibt der Wortlaut der oben genannten Regelungen indes nichts her. Insbesondere geht hieraus nicht hervor, ob diese Pflicht nur im Interesse der Selbstinformation in Baumbach/Hueck, 16. Aufl. § 82 Rn. 71 (für § 82 Abs. 2 Nr. 2 GmbHG); U. H. Schneider, in Scholz, 9. Aufl. §43 Rn. 236 (für §§283 ff. StGB); Stapelfeld, Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers für Fehlverhalten in der Gesellschafterkrise (1990), S. 267; Wimmer, NJW 1996, 2546, 2549 (für § 283 StGB); vgl. auch BGH v. 13.4.1994 = BGHZ 125, 366, 378 („Die Ansicht, die jedenfalls diese Strafvorschriften für Schutzgesetze i.S.d. §823 Abs. 2 BGB hält, ... ist ... nicht von der Hand zu weisen"). 847 Hager, in Staudinger (1999) §823 Rn. G 17; K. Schmidt, in FS Zeuner S.265; vgl. auch Mertens, in MK, 3. Aufl. § 823 Rn. 160 m.w.N.; vgl. insoweit auch BGH v. 13.4.1994 = BGHZ 125,366,378. 848 Canaris, in 2. FS Larenz S. 49 f., 58 ff.; ders., Schuldrecht II/2 § 77 II 4 c) m.w.N. 849 Für eine Einordnung als Schutzgesetz etwa Stapelfeld, Die Haftung des GmbH-Geschäftsleiters für Fehlverhalten in der Gesellschaftskrise (1990), S. 187 ff.; ders., GmbHR 1991, 95 ff.; Biletzki, ZIP 1997,9, 10 ff.; Heil/Russenschuck, BB 1998, 1749; U.H. Schneider, in Scholz §43 Rn. 236 a m.w.N.; tendenziell auch Crezelius, in Scholz §41 Rn. 8; K. Schmidt, ZIP 1994 837, 842; dagegen RG v. 4.2.1910 =RGZ 73, 34; BGH v. 10.7.1964 = BB 1964, 1273; SchulzeOsterloh, in Baumbach/Hueck, 17. Aufl. §41 Rn. 3; Lutter/Hommehoff GmbHG §41 Rn. 4; Hachenburg/Goerdeler, GmbHG §41 Rn. 11; Tiedchen, in Rowedder, §41 Rn. 13; Baumbach/ Hopt, 30. Aufl. § 238 Rn. 19; H ü f f e r , in Staub § 238 Rn. 4, 23; Kort, DB 1990, 921, 923; vgl. auch BGH v. 13.4.1994 = BGHZ 125, 366, 377 ff., wobei hier allerdings offen gelassen wurde, ob hinsichtlich der Schutzgesetzeigenschaft des § 41 GmbHG dann anders zu entscheiden wäre, wenn der Geschäftsführer dem Gläubiger einen Jahresabschluss aus konkretem Anlass ausgehändigt und im Vertrauen darauf Vermögensdispositionen getroffen hat, die wegen unrichtiger Angaben fehlgeschlagen sind. 850 Vgl. §238 Abs. 1 S. 1, §239 Abs. 4 S. 1, §241 Abs. 1 S. 2, Abs. 2, Abs. 3 Nr. 3, § 243 Abs. 1, §256 S. 1, § 257 Abs. 3 S. 1, § 264 Abs. 2 S. 1 HGB. 851 Biletzki, ZIP 1997, 9; Glade, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrichtliniengesetz (1986), Rn. 217; Schulze-Osterloh, in Baumbach/Hueck § 41 Rn. 16 m.w.N.

418

Kapitel III: Treuepflichten

im Konzern

und ihre

Haftungskonsequenzen

des Unternehmens besteht oder auch dem Schutz von Gesellschaftsgläubigern dienen soll 8 5 2 . A u c h den Materialien des G m b H G 8 5 3 bzw. Aktiengesetzes 8 5 4 kann hierzu nichts entnommen werden. Man muss die Frage nach dem Schutzgesetzcharakter der genannten Vorschriften daher aus dem Zweck der Grundsätze der ordnungsgemäßen Buchführung heraus beantworten 8 5 5 . Die B e f ü r w o r t e r eines Schutzgesetzcharakters weisen in diesem Zusammenhang v o r allem auf die Grundsätze der Wahrheit, Klarheit, Vollständigkeit und Vorsicht 8 5 6 hin, die auch dem Schutz v o n (potentiellen) Kreditgebern dienten 8 5 7 . Diese hätten ein berechtigtes Interesse daran, über die Kreditwürdigkeit des Schuldner-Unternehmens sachgerecht informiert zu werden 8 5 8 . Verwiesen wird aber auch auf die dem Bilanzrichtliniengesetz zugrunde liegende 4. EG-Richtlinie 8 5 9 und die Begründung zur G m b H - N o v e l l e 198 0 8 6 0 , die ebenfalls auf die Informations- und Schutzfunktion der Rechnungslegung hinwiesen. Demgegenüber wird v o n der herrschenden Auffassung der Schutzgesetzcharakter der Buchführungspflichten abgelehnt 8 6 1 , da es sich hier um Vorschriften mit öffentlich-rechtlicher Zielrichtung handele, die nicht im Hinblick auf den Schutz einzelner A k t e u r e erlassen w o r d e n seien. Die gläubigerschützende Wirkung sei damit allenfalls ein Reflex der Buchführungsvorschriften 8 6 2 . Biletzki, ZIP 1997,9, 11. Verhandlungen des Reichstages, 8. Legislaturperiode, I. Session 1890/92, fünfter Anlagenverband, 3715, 3748. 854 Die Regierungsbegründung zu § 91 AktG von 1965 (abgedruckt bei Kropff S. 120) verweist insoweit auf § 82 des AktG von 1937, für den man bereits den Schutzgesetzcharakter verneint hatte. 855 In Rede stehen hier die Buchführung und der Abschluss der Tochtergesellschaft, für den auch in Zukunft das HGB maßgeblich bleibt. Von der Ermächtigung in Art. 5 der Verordnung betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards vom 19.7.2002 (Verordnung (EG) Nr. 1606/2002, AB1EG Nr. 4. L 2431 ff. v. 11.9.2002; vgl. hierzu Kubier, NZG 2003, 358 ff.), die die Mitgliedstaaten ermächtigt, auch anderen Gesellschaften als börsennotierten Konzernobergesellschaften zu gestatten oder vorzuschreiben, dass sie nach den internationalen Standards bilanzieren, soll für den Einzelabschluss kein Gebrauch gemacht werden. Laut einer Pressemitteilung des Bundesministeriums der Justiz vom 15.10.2003 soll ab 1.1.2005 im Einzelabschluss die Verwendung der IAS zwar für Informationszwecke und bei der Offenlegung der Abschlüsse im Bundesanzeiger möglich sein. Für Gewinnausschüttung und steuerliche Zwecke soll es hingegen vorerst beim HGB-Abschluss bleiben, da die IAS insoweit keine geeignete Grundlage darstellten (Pressemitteilung des Bundesministeriums der Justiz v. 15.10.03, abrufbar unter http://www.bmj.bund.de). 856 Hierzu Glade, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrichtliniengesetz Teil I (1986), Rn.271ff. 857 Biletzki, ZIP 1997, 11 m.w.N. 858 Wöhe, Bilanzierung und Bilanzpolitik S. 43 ff. 859 BR-Drucks. 257/83 S. 63; dazu auch Stapelfeld, GmbHR 1991, 94, 96. 860 BT-Drucks. 8/1347, S. 27; vgl. auch Hartmann, Das neue Bilanzrecht und der Gesellschaftsvertrag der GmbH (1986), S. 3, 15 f. 861 H ü f f e r , AktG §91 Rn. 3 m.w.N.; Schulze/Osterloh, in Baumbach/Hueck §41 Rn.3 m.w.N. 862 Lutter/Hommelhoff, 15. Aufl. §41 Rn.4; Schulze-Osterloh, in Baumbach/Hueck, 17. Aufl. §41 Rn.3; ebenso Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 356. 852

853

§10: Alternative

und weitergehende

Haftungsmodelle

419

Versuche, allgemeine Regeln zur Ermittlung des Schutzgesetzcharakters einer N o r m aufzustellen, sind mehrfach unternommen w o r d e n 8 6 3 . Heute orientiert man sich an einer Vielzahl v o n Schutzzwecküberlegungen, w o b e i diese allerdings keiner bestimmten Rangfolge unterstellt werden 8 6 4 . Der Judikative steht dabei ein erheblicher Spielraum zu 8 6 5 . Maßgebende Bedeutung w i r d allerdings der Frage zuerkannt, ob eine N o r m dem Individualschutz dient 8 6 6 . Bereits hieran könnte man im Zusammenhang mit den Buchführungsvorschriften zweifeln, w e n n man an die ö f fentlich-rechtliche Zielrichtung der Vorschriften denkt. Der Individualschutz muss indes nur eines der gesetzgeberischen Anliegen der N o r m sein, auch w e n n daneben der auf die Allgemeinheit gerichtete Schutz im Vordergrund steht 8 6 7 . N u r w e n n der Schutz des Einzelnen reiner Reflex des Gesetzes ist, ist der Schutzgesetzcharakter v o n vornherein auszuschließen 8 6 8 . Die Auffassung, dass der Gläubigerschutz nur Reflex der Pflicht zur ordnungsgemäßen Buchführung ist, kann spätestens nach Inkrafttreten des Bilanzrichtliniengesetzes 8 6 9 indes nicht mehr überzeugen. Was unter den Grundsätzen einer o r d nungsgemäßen Buchführung zu verstehen ist, ist den Zwecken der Rechnungslegung zu entnehmen 8 7 0 . Beruht nationales Recht aber, wie im Bereich der Rechnungslegung, maßgeblich auf Richtlinien 8 7 1 und so auf dem Vollzug einer verpflichtenden A n w e i s u n g des europäischen Rechts, A r t . 249 Abs. 3 EGV, ist Basis des objektivierten Gesetzgebungswillens v o r allem aber der Richtlinientext und der in ihm verfestigte Wille des europäischen Gesetzgebers 8 7 2 . D e r Wille und die 863 Vgl. etwa Knöpfte, NJW 1967, 700; Schmiedel, Deliktsobligationen nach deutschen Kartellrecht (1973), S. 161 ff. 864 Schmiedel, Deliktsobligationen nach deutschen Kartellrecht (1973), S.226. 865 Hager, in Staudinger (1999) § 823 Rn. G 16. 866 Hager, in Staudinger (1999) § 823 Rn. G 19; Schiemann, in Erman, 10. Aufl. § 823 Rn. 157 jeweils m.w.N.; gegen eine isolierte Prüfung des Individualschutzzwecks und für eine umfassende Prüfung des persönlichen (und sachlichen) Schutzbereichs allerdings Karollus, Funktion und Dogma der Haftung aus Schutzgesetzverletzungen (1992), S. 345, was allerdings weitgehend zu gleichen Ergebnissen führen dürfte; nicht maßgebend ist es für die Frage nach der Schutzgesetzeigenschaft jedenfalls, ob der Anspruchsteller zum von der Bezugsnorm geschützten Personenkreis zählt (so aber Biletzki, ZIP 1994, S. 9, 11), dies ist vielmehr eine Frage der Reichweite des Schutzzwecks. 867 BGH V. 25.2.1959 = BGHZ 29, 344, 350; BGH v. 27.11.1963 =BGHZ 40, 306; BGH v. 30.4.1976 =BGHZ 66, 354, 355; BGH v. 23.2.1987 =BGHZ 100, 13, 14; BGH v. 11.7.1988 = BGHZ 105,121, 124; BGH v. 13.12.1988 = BGHZ 106, 204, 206; BGH v. 21.10.1991 = BGHZ 116, 7, 13; Mertens, in MK § 823 Rn. 162 m.w.N. 868 BGH v. 24.1.1984 = BGHZ 89, 383, 400 f. m.w.N.; BGH v. 3.2.1987 = BGHZ 100, 13, 18; Hager, in Staudinger (1999) § 823 Rn. G 19. 869 Gesetz vom 19.12.1985, BGBl. I S. 2355. 870 Biletzki, ZIP 1997, 9; Crezelius, in Scholz § 41 Rn. 10; Glade, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrichtliniengesetz (1986), Rn. 217; Schulze-Osterloh, in Baumbach/Hueck §41 Rn. 16 m.w.N. 871 Vgl. im Einzelnen LutterlHommehoff, vor § 41 Rn. 1 ff. 872 EuGH Slg 1984, 1891 = N J W 1984, 2021 (nationale Recht, das zur Durchführung einer Richtlinie erlassen worden ist, „im Lichte des Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie auszulegen"); dies betrifft nach EuGH Slg 1990, I 4135 ff., bestätigt durch EuGH Slg 1994, I 3325 = NJW 1994, 2474 nicht nur nationales Umsetzungsrecht, sondern jede nationale Norm, die

420

Kapitel III:

Treuepflichten

im Konzern

und ihre

Haftungskonsequenzen

Z i e l e des e u r o p ä i s c h e n G e s e t z g e b e r s sind d a h e r e n t s c h e i d e n d für die A u s l e g u n g der auf einer R i c h t l i n i e b e r u h e n d e n n a t i o n a l e n N o r m . D i e heute geltenden verschärften Rechnungslegungs- und Publizitätsvorschrift e n sollen n a c h der B e g r ü n d u n g z u r 4. E G - R i c h t l i n i e 8 7 3 , i n s b e s o n d e r e a b e r a u c h d e m d i r e k t e n I n f o r m a t i o n s b e d ü r f n i s der G l ä u b i g e r d i e n e n 8 7 4 . D i e G e s e t z g e b u n g z u m e u r o p ä i s c h e n B i l a n z r e c h t hatte seit j e h e r d e n S c h u t z der G e s e l l s c h a f t e r als a u c h D r i t t e r i m A u g e , w o b e i i m V o r d e r g r u n d die G e f ä h r d u n g der G e s e l l s c h a f t s gläubiger s t e h t 8 7 5 . B e r e i t s die P u b l i z i t ä t s r i c h t l i n i e aus d e m J a h r e 196 8 8 7 6 stellte fest, dass die T ä t i g k e i t v o n K a p i t a l g e s e l l s c h a f t e n einerseits häufig ü b e r die G r e n z e n des n a t i o n a l e n H o h e i t s g e b i e t s h i n a u s r e i c h t , andererseits aber „diese G e s e l l s c h a f t e n z u m S c h u t z e D r i t t e r lediglich das G e s e l l s c h a f t s v e r m ö g e n z u r V e r f ü g u n g s t e l l e n " . D i e s n a h m m a n in der 1. R i c h t l i n i e z u m A n l a s s , die P u b l i z i t ä t s v o r s c h r i f t e n e u r o p a w e i t zu regeln. D i e s e K o n z e p t i o n eines G l ä u b i g e r s c h u t z e s d u r c h U n t e r n e h m e n s p u b l i z i t ä t w u r d e in d e n n a c h f o l g e n d e n R i c h t l i n i e n ü b e r die E i n z e l b i lanz, d e n k o n s o l i d i e r t e n A b s c h l u s s 8 7 7 u n d die Z w e i g n i e d e r l a s s u n g 8 7 8 e r g ä n z t , i m G r u n d s a t z dabei a b e r b e s t ä t i g t 8 7 9 . D e m e n t s p r e c h e n d hat a u c h der E u G H in sein e m U r t e i l v o m 4 . 1 2 . 1 9 9 1 8 8 0 a u s g e f ü h r t , dass die O f f e n l e g u n g des J a h r e s a b s c h l u s ses h a u p t s ä c h l i c h der U n t e r r i c h t u n g D r i t t e r diene, die sich ü b e r die f i n a n z i e l l e Sit u a t i o n einer G e s e l l s c h a f t u n t e r r i c h t e n w o l l e n . B e s t ä t i g t w u r d e dieser S c h u t z z w e c k a u c h d u r c h das U r t e i l des E u G H v o m 2 9 . 0 9 . 1 9 9 8 8 8 1 , in d e m er feststellte,

eine Regelung enthält, die in den Sachbereich der Richtlinie fällt, also auch nicht angeglichene Normen, die bei Erlaß der Richtlinie vorhanden waren; vgl. hierzu auch Sonnenherger, ZvglRWiss 95(1996), 3, 45. 8 7 3 Bereits in der Präambel der Richtlinie 78/660 des Rates vom 25.7.1978 (ABl. 1978 L 222/ 11), wird klargestellt, dass die Koordinierung der einzelstaatlichen Vorschriften über die Gliederung und den Inhalt des Jahresabschlusses und des Lageberichts sowie über die Bewertungsmethoden und die Offenlegung dieser Unterlagen, insbesondere bei der A G und der GmbH, im Hinblick auf den Schutz der Gesellschafter sowie Dritter besondere Bedeutung zukommt. Es wird darauf hingewiesen, dass eine gleichzeitige Koordinierung auf diesen Gebieten bei den vorgenannten Gesellschaftsformen deswegen erforderlich ist, weil die Tätigkeit der betreffenden Gesellschaften einerseits häufig über das nationale Hoheitsgebiet hinausreicht und die Gesellschaft andererseits Dritten eine Sicherheit nur durch ihr Gesellschaftsvermögen bieten kann. 8 7 4 Zum direkten Gläubigerschutz des BilRiLiG vgl. nur Baumbach/Hopt, 30. Aufl. Einl. vor §238 Rn. 15. 8 7 5 Eingehend zur Schutzfunktion des europäischen Bilanzrechts Schön, Z H R 2000, 706 ff.; zu den vorrangig der Information und Transparenz dienenden IAS-Abschlüssen, die gemäß der EU-Verordnung betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards vom 19.7.2002 ab 2005 für den Konzernabschluss der Kapitalmarktunternehmen zwingend vorgeschrieben werden, vgl. aber auch Kühler, N Z G 2003, 358 ff. 8 7 6 Richtlinie vom 9.3.1968 (68/151/EWG), ABl E G Nr. L 65 vom 14.3.1968, S. 8 ff. 8 7 7 7. Richtlinie vom 13.6.1983 (83/349/EWG), ABl. E G Nr. L 193 vom 18.7.1983, S. 1 ff. 8 7 8 Richtlinie vom 22.12.1989 (89/666/EWG), ABl. E G Nr. L 395 vom 30.12.1989 S. 36 ff. 879 Habersack, Europäisches Gesellschaftsrecht S. 39 ff.; vgl. zum Ganzen auch Schwarz, Europäisches Gesellschaftsrecht (2000), S. 190 ff., 229 ff., 269 ff. und zur Umsetzung in Deutschland S. 274 ff.; zum angestrebten Schutz der Gesellschafter und Gläubiger durch das Europäische Bilanzrecht auch Schön, Z G R 2000, 706, 710 ff. 8 8 0 E u G H E 1991 I 5357; Erwägung 55 = N J W 1992, 165. 881 E u G H 29.9.98, Rs. C-191/95 (Kommission/Dt.), Slg. 1998 1-5449 = W M 1998, 2525

§ 10: Alternative und weitergehende

Haftungsmodelle

421

dass die Bundesrepublik gegen die ihr durch die erste Richtlinie 6 8 / 1 5 1 / E W G des Rates

vom

9.3.196 8 8 8 2

und

die 4. Richtlinie

78/660/EWG

des Rates

vom

25.7.1978 8 8 3 auferlegten Umsetzungspflichten über die Offenlegung von Jahresabschlüssen 8 8 4 verstoßen habe 8 8 5 . Zwar hatte die Bundesrepublik Deutschland angeführt, zum Kreis der Dritten, deren Schutz die Harmonisierung des nationalen Gesellschaftsrechts nach Art. 44 Abs. 2g (54 Abs. 2g a.F.) E G V diene, gehörten nicht alle natürlichen und juristischen Personen, sondern nur diejenigen, die zu der Gesellschaft in einer Rechtsbeziehung stünden. D e m hat der E u G H indes entgegengehalten, ein derart eingeschränktes Verständnis des Begriffs des Dritten sei weder mit Art. 44 Abs. 2g zu vereinbaren noch mit der 1. Richtlinie selbst. Art. 44 Abs. 2g spreche ganz allgemein vom Ziel des Schutzes der Interessen Dritter, ohne dass insoweit einzelne Gruppe unterschieden oder ausgeschlossen würden 8 8 6 . D e s weiteren normiert Art. 3 der 1. Richtlinie für jedermann das R e c h t , Abschriften der Jahresabschlüsse zugesandt zu bekommen. Diese Information sollte also jeder interessierten Person zugänglich gemacht werden 8 8 7 . D a m i t sollte gerade auch der Schutz solcher Personen angestrebt werden, die vor der Entscheidung stehen, ob sie mit der Gesellschaft in eine Geschäftsbeziehung treten oder nicht 8 8 8 . Zwar hat der B G H den Schutzgesetzcharakter noch 1994 mit der Begründung abgelehnt, dass ein G e - oder Verbot als Schutzgesetz nur dann geeignet sei, wenn „das geschützte Interesse, die Art seiner Verletzung und der Kreis der geschützten Personen hinreichend klargestellt und bestimmt s e i " 8 8 9 . O f f e n gelassen wurde allerdings, ob anders zu entscheiden gewesen wäre, wenn der Geschäftsführer einem Gläubiger einen Jahresabschluss aus konkretem Anlass ausgehändigt und dieser im Vertrauen darauf Vermögensdispositionen getroffen hat, die wegen unrichtiger Angaben fehlschlugen. Insoweit hat aber bereits K. Schmidt

festgestellt, dass die

Verknüpfung des Problems der Tatbestandsbestimmung mit Fragen des Zurechnungszusammenhangs zwischen Schutzgesetzverletzung und Schaden missver-

= NZG 1998, 902 ff., mit Anmerkungen v. Bohl, EuZW 1998, 762, Gehringer, EWS 1999, 65; Schulze-Osterloh, ZIP 1998, 1721, Thömmes, Intertax 1999, 34 und de Weerth, BB 1998, 2204. 882 ABl. 1968 L 65/8. 883 ABl. 1978 L 222/11. 884 Vgl. insoweit auch bereits vorher das Urteil des EuGH v. 4.12.97 Rs. C-97/96 „Verband deutscher Daihatsu-Händler e.V." = DB 1997, 2598 = NJW 1998, 129. 885 Nach der ersten Richtlinie sind die Mitgliedstaaten der EWG aufgrund der Regelung in Art. 2 I Buchst, f sowie Art. 3 verpflichtet, Vorschriften zu erlassen, nach denen Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien ihren Jahresabschluss beim zuständigen Register zu hinterlegen und damit offen zu legen haben. Außerdem müssen für den Fall, dass dieser Verpflichtung nicht nachgekommen wird, nach Art. 6 dieser Richtlinie geeignete Maßnahmen angedroht werden. Aufgrund der 4. Richtlinie 78/660 EWG des Rates vom 25.7.1978 ist die Publizitätspflicht auch auf Gesellschaften mit beschränkter Haftung ausgedehnt worden. 886 EuGH v. 4.12.1997 = EuGHE 1997 I, 6843, Erwägung 19 = WM 1998, 72. 887 EuGH v. 4.12.1997 = EuGHE 1997 I, 6843, Erwägung 22 = WM 1998, 72. 888 Nassall, WM 1999, 660; hierauf hat auch Generalanwalt Georges Gosmas im Verfahren Rs C-97/96 in seinen Schlussanträgen vom 3.7.97 (Erwägung 14) hingewiesen, EuGH v. 4.12.1997 = EuGHE 1997 I, 6845, 6849. 889 BGH v. 13.4.1994 = BGHZ 125, 366, 379 = EwiR 1994,681 (v. Gerkan).

422

Kapitel III:

Treuepflichten im Konzern und ihre

Haftungskonsequenzen

ständlich ist 8 9 0 . In dem vom B G H zu entscheidenden Fall war der eingetretene Schaden nicht auf die Verletzung der Buchführungspflicht zurückzuführen, weshalb es hier am Rechtswidrigkeitszusammenhang fehlte. Dies hat allerdings nichts mit der Frage zu tun, ob es sich bei der Pflicht zur ordnungsgemäßen Buchführung um ein Schutzgesetz handelt oder nicht. Auch im Zusammenhang mit § 64 G m b H G ist anerkannt, dass der N o r m z w e c k der Insolvenzantragspflicht neben dem Schutz einzelner Gläubiger auch auf die Fernhaltung insolvenzreifer G m b H ' s vom Geschäftsverkehr abzielt 8 9 1 , weshalb auch Neugläubiger vom Schutzzweck der N o r m erfasst werden. Die notwendige Individualisierbarkeit dieser Gläubiger wird dadurch als hinreichend gewährleistet angesehen, dass sie nach der Insolvenzreife mit dem Gemeinschuldner einen Vertrag geschlossen haben 8 9 2 . Vom Schutzbereich erfasst sind damit aber zunächst alle potentiellen neuen Gläubiger der insolventen Gesellschaft. Auf der Basis eines solchen Verständnisses der Individualisierbarkeit kann aber auch den Bilanzierungsvorschriften nicht von vornherein die Qualifikation als Schutzgesetze aberkannt werden, wenngleich die Frage, ob gerade aufgrund der fehlerhaften Bilanzierung ein Schaden bei einem Gläubiger bzw. einem neuen Gesellschafter entstanden ist, hier schwieriger zu beantworten sein wird. Dass mit einer Regelung der Schutz Einzelner angestrebt ist, reicht zur Bejahung der Schutzgesetzqualität indes noch nicht aus 8 9 3 . Entscheidende Bedeutung wird vielmehr auch der Frage zugemessen, ob die N o r m den Betroffenen in der Weise schützen will, dass er den Schutz selbst mit Hilfe eines Schadensersatzanspruchs soll verwirklichen k ö n n e n 8 9 4 . Dabei ist insbesondere auch danach zu fragen, ob der Geschädigte bereits durch andere Haftungsvorschriften ausreichend geschützt wird 8 9 5 . Dies ist indes nicht der Fall. Zwar ist daran zu denken, dass die Gläubiger Ansprüche der Gesellschaft gegen den Geschäftsführer aufgrund der fehlerhaften Buchführung pfänden (§§ 829 ff. Z P O ) und sich überweisen lassen (§ 835 Z P O ) können. Allerdings scheidet dieser Weg aus, wenn die Gesellschaft durch die mangelhafte Buchführung keinen (nachweisbaren) Schaden erlitten hat 8 9 6 . Ebenso wenig ist über die Insolvenzantragspflicht ein ausreichender Schutz gewährleistet. A u f diesem Wege wird den Altgläubigern nur der Quotenschaden ersetzt, wohingegen ihnen im Falle einer ordnungsgemäßen Buchführung mögK. Schmidt, ZIP 1994, 837, 842. BGH v. 6.6.1994 = BGHZ 126, 181, 194; zu den unterschiedlichen Reaktionen auf diese Urteil vgl. Schulze-Osterloh, in Baumbach/Hueck § 64 Rn. 26; zum Aspekt des Schutzes vor der Teilnahme am Rechtsverkehr durch § 64 GmbHG vgl. auch Karollus, ÖBA 1995, 11; Lutter; DB 1994, 129, 135. 892 Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 217. 893 Hager, in Staudinger (1999) § 823 Rn. G 20 m.w.N. 894 Hager, in Staudinger (1999) § 823 Rn. G 21; Mertens, in MK, 3. Aufl. § 823 Rn. 162; Medicus, Schuldrecht II, 10. Aufl. § 142 II 1 jeweils m.w.N. 895 BGH v. 5.2.1980 = N J W 1980, 1792; Biletzki, ZIP 1994, 9, 12; Knöpfte, NJW 1967, 697, 700; Schlosser, JuS 1982, 660. 896 So Biletzki, ZIP 1997,12; Stapelfeld, Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers für Fehlverhalten in der Gesellschaftskrise (1990), S. 70. 890

891

§10:

Alternative

und weitergehende

Haftungsmodelle

423

licherweise gar kein oder ein erheblich geringerer Schaden entstanden wäre, da sie bei wahrer Sachlage mit der Gesellschaft bereits vor der Insolvenzreife keine oder nur bei ausreichender Sicherheitsleistung Geschäfte getätigt hätten 897 . Auch ein Anspruch aus § 826 BGB kann aufgrund der hier bestehenden engen Voraussetzung nicht als ausreichender Schutz qualifiziert werden 8 9 8 . Vor dem Hintergrund der oben angestellten Erörterungen kann daher aber auch der Schutzgesetzcharakter der in § 41 GmbHG bzw. § 91 AktG normierten Buchführungspflichten bejaht werden. Ein Gläubiger, der die von ihm vorgenommenen Vermögensdispositionen, insbesondere die Einräumung eines Kredits, im Vertrauen auf die Richtigkeit der Buchführung der Gesellschaft vorgenommen hat, aufgrund derer ihm fälschlicherweise eine finanziell „gesunde" Gesellschaft vorgespiegelt wurde, kann daher gegen den Geschäftsführer nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 4 1 GmbH ( § 9 1 AktG) einen Anspruch geltend machen, wenn ihm hierdurch ein Schaden entstanden ist. Ebenso ist aber auch ein herrschendes Unternehmen den Gläubigern schadensersatzpflichtig, wenn es den Geschäftsführer zu einer Vernachlässigung oder gar Verfälschung der Bücher angestiftet bzw. hieran mitgewirkt hat, nachdem es die Buchführung für die Tochtergesellschaft ganz oder teilweise übernommen hatte. Hier haftet das herrschende Unternehmen nach § 830 Abs. 2 BGB als Teilnehmer. Von der Ursächlichkeit der fehlerhaften Buchführung für den eingetretenen Schaden wird man ausgehen können, wenn Gläubiger der Gesellschaft eine Vorleistung bzw. Kreditgewährung erst nach Einsicht in deren Bücher vorgenommen haben, sich deren tatsächliche finanzielle Lage aber bedeutend schlechter darstellte, als hierin ausgewiesen. In diesem Fall ist die Annahme gerechtfertigt, dass das Geschäft bei Kenntnis der wahren Lage nicht oder nicht ohne Sicherheiten abgeschlossen worden wäre 899 . cc) Der Schutzgesetzcharakter von § 130 OWiG Erhöhte Bedeutung könnte für die Haftung der Muttergesellschaft allerdings auch ein Auffangtatbestand 9 0 0 wie § 130 OWiG gewinnen. Nach § 130 OWiG handelt der Inhaber eines Betriebes oder Unternehmens ordnungswidrig, wenn er Aufsichtsmaßnahmen unterlässt, die erforderlich wären, um zu verhindern, dass Mit897 Eine Außenhaftung des GmbH-Geschäftsführers nach §823 Abs. 2 BGB i.V.m. §41 GmbHG nur in Fällen der masselosen Insolvenz der GmbH für notwendig erachtend aber Biletzki, ZIP 2000, 521 ff. 8 , 8 Auch ein Anspruch gegen den Geschäftsführer aufgrund der Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens wird nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen. 899 Entsprechendes wird bei Abschluss eines Geschäftes mit einer konkursreifen Gesellschaft angenommen (BGH v. 6.6.1994 = BGHZ 126, 181, 189; Lutter, DB 1994, 129, 135); zur Aufklärungspflicht einer Gesellschaft über ihre Vermögenssituation für den Fall der Insolvenzreife vgl. Biletzki, BB 2000, 521 m.w.N.; ebenso nimmt die Praxis auch im Fall der Verletzung anderer Aufklärungspflichten eine Vermutung der Kausalität zwischen dem Verstoß gegen die Aufklärungspflichten und dem Vertragsabschluß an (vgl. BGH v. 28.9.1990 =BGHZ 111, 75, 81 f.). 900 Es handelt sich hier um einen Auffangtatbestand, da diese Vorschrift nicht eingreift, wenn der Inhaber bereits selbst als Täter oder Mittäter haftet.

424

Kapitel III:

Treuepflichten

im Konzern

und ihre

Haftungskonsequenzen

a r b e i t e r b e t r i e b s b e z o g e n e V e r s t ö ß e gegen S t r a f - o d e r O r d n u n g s n o r m e n

bege-

h e n 9 0 1 . N a c h teilweiser A u f f a s s u n g hat eine s o l c h e A u f s i c h t s p f l i c h t in B e z u g auf die T o c h t e r g e s e l l s c h a f t e n eines K o n z e r n s a u c h deren M u t t e r g e s e l l s c h a f t 9 0 2 . A b e r a u c h w e n n m a n dies m i t der ü b e r w i e g e n d e n M e i n u n g zu R e c h t a b l e h n t 9 0 3 , k ö n n t e z u m i n d e s t eine T e i l n e h m e r h a f t u n g des h e r r s c h e n d e n U n t e r n e h m e n s in B e t r a c h t k o m m e n , w e n n es sich bei dieser V o r s c h r i f t u m ein S c h u t z g e s e t z h a n d e l t e 9 0 4 . A u c h diese F r a g e ist indes u m s t r i t t e n 9 0 5 . S o ist in § 1 3 0 O W i G z w a r eine A u f s i c h t s p f l i c h t a n g e o r d n e t , allerdings n u r in B e z u g auf an a n d e r e r Stelle geregelte Straftaten o d e r O r d n u n g s w i d r i g k e i t e n der im U n t e r n e h m e n o d e r B e t r i e b T ä t i g e n , w o m i t sie i n s o w e i t als Z u r e c h n u n g s - u n d S a n k t i o n s e r s t r e c k u n g s n o r m f u n g i e r t 9 0 6 . Z u n e h m e n d w i r d deshalb § 1 3 0

OWiG

a u c h n i c h t als a b s t r a k t e s G e f ä h r d u n g s d e l i k t v e r s t a n d e n 9 0 7 , s o n d e r n als N o r m , die auf die A b w e n d u n g bzw. B e s e i t i g u n g k o n k r e t e r Z u w i d e r h a n d l u n g e n

gerichtet

i s t 9 0 8 , w e s h a l b m a n hierin a u c h eine V o r s c h r i f t sieht, die ihr R e c h t s g u t den jeweils b e t r o f f e n e n S t r a f - u n d B u ß g e l d v o r s c h r i f t e n e n t l e h n t 9 0 9 . D a s o m i t v o n der R e g e lung in § 1 3 0 O W i G a b e r u n m i t t e l b a r auf die e i n z e l n e n S t r a f - und B u ß g e l d v o r s c h r i f t e n w e i t e r v e r w i e s e n w i r d , k a n n diese R e g e l u n g in B e z u g auf den f ü r ein S c h u t z g e s e t z e r f o r d e r l i c h e n I n d i v i d u a l s c h u t z c h a r a k t e r n u r als neutral b e z e i c h n e t w e r d e n 9 1 0 . A u s d i e s e m G r u n d k a n n sich der S c h u t z g e s e t z c h a r a k t e r a b e r a u c h n i c h t

901 Inhaber eines Unternehmens ist bei Kapitalgesellschaften die juristische Person selbst (Rogall, Karlsruher Kommentar zum OWiG, 2. Aufl. § 130 Rn. 23); bei einer Kapitalgesellschaft hat man es freilich nicht mit einem tauglichen Täter einer Aufsichtspflichtverletzung zu tun. Die Haftung der aufsichtspflichtigen Geschäftsleitung ist daher aus § 9 O W i G abzuleiten. 902 Rogall, in Karlsruher Kommentar § 130 Rn. 25. 903 Gegen eine Aufsichtspflicht gegenüber den Untergesellschaften unter Hinweis darauf, dass das Direktionsrecht wegen der Selbständigkeit derselben nicht in deren innere Organisation hineinreicht etwa Göhler, OWiG § 130 Rn. 5; Achenbach, in Frankfurter Kommentar zum G W B vor § § 3 8 - 3 9 Rn. 44; vgl. auch Hermanns!Kleier, Grenzen der Aufsichtspflicht in Betrieben und Unternehmen (1987), S. 25, die Konzerne bereits nicht als Unternehmen oder Betriebe ansehen; vgl. zum Ganzen auch Ransiek, Unternehmensstrafrecht (1996), S. 84 ff., 105 ff.; gegen das Bestehen einer Konzernleitungsverpflichtung des herrschenden Unternehmens vgl. bereits oben S.395 f. 904 Im Zivilrecht genügt, wie bereits oben erörtert, auch die nicht vorsätzlich begangene Haupttat für eine Anstiftung. 905 Gegen eine Einordnung als Schutzgesetz B G H v. 13.4.1994 = B G H Z 125, 366, 376 = N J W 1994, 1801; Limmer N J W 1996,2547, 2549; a.A. U. H. Schneider in Scholz § 43 Rn.236; dafür auch Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 365; differenzierend Lutter Z H R 157 (1993), 464, 478; K. Schmidt, ZIP 1994, 837, 841. 906 K. Schmidt, ZIP 1994, 837, 841. 907 So etwa Thiemann, Aufsichtpflichtverletzungen in Betrieben und Unternehmen (1976), S. 114; Cramer, in Karlsruher Kommentar, 1. Aufl. § 130 Rn. 17 m.w.N. 908 Rogall, ZStW 98 (1986), 573, 599; ders., in Karlsruher Kommentar, 2. Aufl. § 130 Rn. 16 f. m.w.N. 909 K. Schmidt, ZIP 1994, 837, 841; Göhler, O W i G § 130 Rn.3 a im Anschluss an Rogall, ZStW 98 (1986), 573, 585; gegen die Bedeutsamkeit dieser Differenzierung allerdings B G H v. 13.4.1994 = B G H Z 125, 366, 373. 910 K. Schmidt, ZIP 1994, 837, 841.

§ 10: Alternative und weitergehende

Haftungsmodelle

425

aus § 130 O W i G allein ergeben, sondern nur insoweit zuerkannt werden, als man es auch bei der jeweils verletzten Straf- bzw. Bußgeldvorschrift mit einem Schutzgesetz zu tun hat 9 1 1 . Zwar wendet der B G H auch gegen eine solch differenzierte Sichtweise ein, dass man auf diesem Weg den Grundsatz aus den Angeln hebe, dass Organisationspflichten der Organmitglieder nur der Gesellschaft gegenüber bestehen 9 1 2 . Auch bestünde für eine Haftung des Geschäftsführers kein Bedürfnis, soweit auch die Gesellschaft für den Schaden einzustehen habe. D i e § § 8 3 1 und 31 B G B , die die Haftung der Gesellschaft regeln, seien insoweit für den Bereich des Zivilrechts Spezialnormen 9 1 3 . Etwas anderes könne nur gelten, wenn Schutzgesetze verletzt worden seien, die das Insolvenzrisiko der Gesellschaftsgläubiger beträfen 9 1 4 . Indes statuiert § 130 O W i G eine persönliche Verhaltenspflicht des Inhabers bzw. derjenigen Person, auf die gemäß § 9 O W i G die Inhaberpflichten „übergewälzt" werden, womit sich diese N o r m grundlegend von § 8 3 1 B G B bzw. § 3 1 B G B unterscheidet 9 1 5 . Auch wird hier eine garantenähnliche Stellung 9 1 6 des Betriebsinhabers für im Betrieb begangene Pflichtverletzungen begründet, weshalb auch nicht zwischen einer Pflichtenstellung innerhalb und außerhalb der Krise unterschieden werden kann 9 1 7 . A b e r auch die Ansicht, es handele sich nur um interne O r g a n pflichten, kann bei einer Schutzgesetzverletzung nicht überzeugen, da es insoweit gerade um die Frage geht, ob die hier statuierten Pflichten auch gegenüber Dritten bestehen. Dementsprechend kritisiert auch K. Schmidt

zu Recht, dass bei der E n t -

scheidung des B G H unentschieden gelassen worden ist, ob § 130 O W i G den Schutzzweck der verletzen N o r m mit in seinen Tatbestand aufnehmen oder nur eine Bußgeldahndung ermöglichen will und somit eine reine Sanktionsnorm ohne eigenen Gebotsinhalt darstellt 9 1 8 . Zwar wird teilweise in dieser Vorschrift nur die Ermöglichung einer Zurechnung 9 1 9 bzw. die Erhaltung der O r d n u n g im Betrieb im Sinne eines staatlichen Ordnungsinteresses 9 2 0 gesehen. Überwiegend wird dem allerdings entgegengehalten, dass die Aufrechterhaltung der betrieblichen Ordnung kein Selbstzweck und nur insoweit von Interesse ist, als damit der Zuwiderhandlung gegen betriebsbezogene Pflichten entgegengewirkt werden kann 9 2 1 . Anders könne auch der hieran ge-

911 Mertens, in MK, 3. Aufl. §831 Rn. 43; ebenso K. Schmidt, ZIP 1994, 837, 841, Lutter, ZHR 157 (1993) 464, 478, vgl. Ransiek, ZGR 1992, 203, 223. 912 BGH v. 13.4.1994 = BGHZ 125, 366, 376. 913 Vgl. auch Wimmer, NJW 1996, 2546, 2549. 914 BGH v. 13.4.1994 = BGHZ 125, 366, 376 f. 915 Siegmann/Vogel, ZIP 1994, 1821, 1824. 916 Vgl. BT-Drs. V/1269 S. 69 „eine Art Garantenstellung"; vgl. auch Göhler, OWiG § 130 Rn. 2; Rogall, ZStW 98 (1986), 573, 612 ff. 917 Siegmann/Vogel, ZIP 1994, 1821, 1824. 918 K. Schmidt, ZIP 1994, 837, 842. 919 Spendel, in Leibziger Kommentar für den insoweit strukturgleichen (vgl. Rogall, im Karlsruher Kommentar, 2. Aufl. § 130 Rn. 11) § 323 a StGB Rn. 70. 920 Nachweise bei Rogall, in Karlsruher Kommentar § 130 Rn. 13. 921 Rogall, in Karlsruher Kommentar § 130 Rn. 13 m.w.N.

426

Kapitel III:

Treuepflichten im Konzern und ihre

Haftungskonsequenzen

koppelte Bußgeldrahmen nicht erklärt werden 9 2 2 . Auch der Wortlaut der Regelung („erforderlich ... um .. zu verhindern") spricht dafür, dass es hier um eine „drittbezogene Schadensverhinderungspflicht" geht 9 2 3 . Aus diesem G r u n d handelt es sich bei § 130 O W i G aber um eine Verstärkung des Rechtsgüterschutzes gegenüber betriebsbezogenen Zuwiderhandlungen durch eine Vorverlagerung des Schutzes, da der Betriebsinhaber solche bereits im Vorfeld zu verhindern hat, weshalb Schutzgut dieser N o r m auch die durch die betriebsbezogenen Straf- und Bußgeldvorschriften geschützten Rechtsgüter sind 9 2 4 . D a m i t wird aber auch der etwaige Schutzgesetzcharakter der N o r m e n durch § 130 O W i G aufgenommen.

4) Die Haftung der Muttergesellschaft für die ausreichende der Tochtergesellschaft mit Kapital

Ausstattung

Eingegangen werden soll hier schließlich auch noch auf ein Problem, dass gerade in Konzernverbindungen besondere Bedeutung erlangt hat: die Unterkapitalisierung. Die Unterkapitalisierung gilt seit langem als eines der „brennendsten" P r o bleme des Kapitalgesellschaftsrechts 9 2 5 , das natürlich auch bei nichtkonzernierten Gesellschaften auftreten kann. Auch führt eine enge Konzerneinbindung bzw. eine Ausrichtung auf die Konzernspitze noch nicht automatisch zu einer U n t e r k a pitalisierung der Untergesellschaft 9 2 6 . Allerdings hat sich die Gefahr der U n t e r k a pitalisierung für den Fall der Konzernierung als weitaus größer als in nichtkonzernierten Gesellschaften erwiesen, weshalb die Frage nach einer hierdurch ausgelösten Haftung gerade in faktischen G m b H - K o n z e r n e n 9 2 7 besondere Bedeutung erlangt hat. Auch wenn nach der Änderung der Rechtsprechung des B G H zum Schadensersatzanspruch der Neugläubiger im Falle der Insolenzverschleppung 9 2 8 die Frage nach einer Haftung wegen materieller Unterkapitalisierung in Teilbereichen an Bedeutung eingebüßt hat 9 2 9 , ist ihre Bedeutung doch nach wie vor groß, da auf diesem Wege Gläubiger vor der Eingehung von Geschäften durch eine materiell unterkapitalisierte Gesellschaft vor Eintritt der Insolvenzreife geschützt und ihnen ein Anspruch auch gegen die hinter der Gesellschaft stehenden Gesellschaf922 Rogall, ZStW 98 (1986), 573, 586; Brender, Die Neuregelung der Verbandstäterschaft im Ordnungswidrigkeitenrecht (1989), S. 167. 923 Tiedemann Gutachen, C zum 49. DJT S. C 56 f.; ebenso Rogall, in Karlsruher Kommentar § 130 Rn. 13; vgl. auch Siegmann/Vogel, ZIP 1994, 1821, 1825. 924 Göhler, OWiG § 130 Rn. 3a; Hermann/Kleier, Grenzen der Aufsichtspflicht in Betrieben und Unternehmen (1987), S.6; Ransiek, Unternehmensstrafrecht (1996), S. 110; Rogall, in Karlsruher Kommentar § 130 Rn. 13 m.w.N. 925 K. Schmidt, GesR § 9 IV 4 a. 926 L. Möhring, Schutz der Gläubiger einer konzernabhängigen GmbH (1992), S. 52 m.w.N. 927 Im Zusammenhang mit Aktiengesellschaften ist die Durchgriffshaftung wegen der dort herrschenden strengen Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungsvorschriften kaum praxisrelevant und kann daher vernachlässigt werden (dazu Braudel in GK § 1 Rn. 92 ff.; Hüffer, AktG § 1 Rn. 15 ff.; Kraft in KK § 1 Rn. 38 ff.). 928 BGH v. 6.6.1994 = GmbHR 1994, 539, 545; BGH v. 20.9.1993 = NJW 1993, 2931, 2932. 929 Roth/Altmeppen, GmbHG §13 Rn.31; a.A. Banjerjea, ZIP 1999, 1153 mit Hinweis auf die Entscheidung des BAG v. 3.9.1998 = ZIP 1999, 24.

§10: Alternative und weitergehende

Haftungsmodelle

427

ter verschafft werden könnte. Teilweise glaubt man auch gerade hierin den Weg zur Bewältigung des Problems existenzgefährdender oder sogar vernichtender E i n griffe gefunden zu haben 9 3 0 .

a)

Problemstellung

Von einer materiellen Unterkapitalisierung wird gesprochen, sobald ein ordentlicher Kaufmann der Gesellschaft neue Mittel zuführen würde, da ihr das zur B e triebsführung erforderliche Kapital nicht mehr zur Verfügung steht und von einem Kreditinstitut kein Kredit mehr zu erhalten ist 9 3 1 . Zur Feststellung des insoweit maßgeblichen Zeitpunktes wird auf die zu der Frage entwickelten Kriterien, ab wann ein Gesellschafterdarlehen in Eigenkapital umzuqualifizieren ist, Bezug genommen 9 3 2 . Obgleich gerade die mit der Unterkapitalisierung zusammenhängenden Fragen bereits eine umfangreiche Diskussion erfahren haben 9 3 3 , konnte eine entsprechende Haftung bislang noch nicht zufriedenstellend begründet werden. Möglicherweise lässt sich aber auch hier eine Lösung über den Weg der hier favorisierten Treuepflichthaftung der Gesellschafter finden.

b) Abgrenzung von den Fällen der nominellen

Unterkapitalisierung

Auszuklammern sind aus den hier anzustellenden Überlegungen zunächst aber die Fälle der nominellen Unterkapitalisierung, in denen die Gesellschafter nicht, wie eigentlich geboten, der Gesellschaft das erforderliche Kapital im Wege von Eigenkapital zugeführt haben, sondern als Darlehen oder in vergleichbarer F o r m . Zwar ist auch dieser Problemkreis für den Bereich der Konzernhaftung von weitreichender Bedeutung. Insoweit besteht mittlerweile aber eine gesetzliche Regelung in den §§ 32 a und 32 b G m b H G . Insbesondere kann hier aber auch für den Bereich des Konzernrechts auf eine gefestigte Rechtsprechung und eine bereits eingehende Aufarbeitung in der Literatur zurückgegriffen werden 9 3 4 . Erfasst werden auf diesem Wege nicht nur eigenkapitalersetzende Leistungen über Strohmänner 9 3 5 , sondern im H i n b l i c k auf die ansonsten bestehenden Umgehungsmöglichkeiten auch 930 Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 540 ff. 931 Emmerich, in Scholz, 9. Aufl. § 13 Rn. 82; Ulmer; in Hachenburg Anh. §30 Rn. 19, 59; Reinhardt, in FS Lehmann II S. 576, 590f; Kuhn, Ehrengabe für Heusinger, 1968, 203, 209. 932 Emmerich, in Scholz, 9. Aufl. § 13 Rn. 82 m.w.N. 933 Vgl. aus dem Schrifttum nur: Lutter/Hommelhoff, ZGR 1979, 31, 57 ff.; Kaiser, ZGR 1995,156,162 f.; Roth, ZGR 1993,170; Ulmer, in Hachenburg GmbHG Anh. § 30; Vonnemann, Haftung der GmbH-Gesellschafter bei materieller Unterkapitalisierung; ders., GmbHR 1992, 77; Weitbrecht, Haftung der Gesellschafter bei materieller Unterkapitalisierung der GmbH (1990); Wüst, JZ 1995, 1990; in der Rspr. für eine Haftung BGH v. 8.7.1970 =BGHZ 54, 222, 224, BSG v. 7.12.1983 = BSGE 56, 76 und BSG v. 27.9.1994 = BSG AG 1995,280; ablehnend hingegen BGH v. 4.5.1977 = BGHZ 68, 312, 316. 934 Vgl. insbesondere Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern (1998). 935 BGH v. 21.9.1981 =BGHZ 81, 311, 315 f.; BGH v. 10.10.1983 = GmbHR 1984, 18 f.; BGH v. 14.10.1985 = GmbHG 1986, 113, 114; OLG Celle v. 28.11.1984 = ZIP 1985,100; Baumbach/Hueck, § 32 a Rn. 26; Ulmer, in Hachenburg § 32 a, b Rn. 119; Pentz, in Rowedder §§ 32 a, b Rn. 70 (Fn. 74); v. Gerkan, GmbHR 1986,223; K. Schmidt, ZIP 1981, 694.

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Kapitel III:

Treuepflichten im Konzern und ihre

Haftungskonsequenzen

die Fälle, in denen das Darlehen bzw. eine gleichzusetzende Leistung durch ein mit dem Gesellschafter verbundenes Unternehmen gewährt wird, an dem dieser maßgeblich beteiligt ist 9 3 6 . Auf diese Problematik soll hier nicht weiter eingegangen werden. c) Die Begründung

einer Haftung

wegen

materieller

Unterkapitalisierung

aa) Uberblick über den Meinungsstand I m Gegensatz zu den Fällen der nominellen Unterkapitalisierung ist die Frage nach einer Haftung der Gesellschafter im Falle der materiellen Unterkapitalisierung hoch umstritten. Auch in der Rechtsprechung wird diese Frage nicht einheitlich beantwortet. D e r B G H lehnte einen solchen Haftungstatbestand bislang ab 9 3 7 oder ließ die Frage zumindest ausdrücklich offen 9 3 8 . Teilweise wurde zwar die Aussage im EDV-Peripherie-Urteil,

nach dem sich erst nach den erforderlichen

Aufklärungen beurteilen lasse, „ob der Beklagte die von ihm beherrschte G m b H mit ihrem beschränkten Haftungsvermögen etwa für ein Projekt missbraucht hat, das von vornherein mit Risiken in einer G r ö ß e n o r d n u n g behaftet war, die seine Durchführung als Spekulation auf Kosten der Gläubiger erscheinen l i e ß " 9 3 9 in der Literatur dahingehend verstanden, dass der Senat eine Haftung der Beklagten nunmehr auch unter dem Aspekt des Durchgriffs wegen Unterkapitalisierung erwägen will 9 4 0 . Bereits ein J a h r später hatte der B G H aber unter Hinweis auf die Fertz'g^»s-Entscheidung 9 4 1 darauf hingewiesen, dass die bloße Unterkapitalisierung noch keine Durchgriffshaftung der Gesellschaft in Abweichung von § 13 Abs. 2 G m b H G begründen kann 9 4 2 . Auch Boujong

als damaliger Vorsitzender des G e -

sellschaftsrechtssenats stellte fest, dass der B G H die persönliche Außenhaftung wegen materieller Unterkapitalisierung ablehne und nur die Haftung aus § 826 B G B anerkenne 9 4 3 . Soweit auf der Basis von § 826 B G B gläubigergefährdenden Schutzlücken abgeholfen wurde 9 4 4 , wurde aber stets der extreme Ausnahmecha936 BGH v. 21.9.1981 = B G H Z 81, 311, 315; BGH v. 19.9.1988 = B G H Z 105, 168, 176 f.; BGH v. 9.12.1991 = NJW 1992, 1176, 1168; BGH v. 14.12.1992 = B G H Z 121, 31, 35; BGH v. 11.7.1994 = B G H Z 127, 1, 5; BGH v. 21.6.1999 = Z I P 1999, 1314 m.w.N.; vgl. auch BGH v. 27.11.2000 - II ZR 179/99 = N Z G 2001, 223; die Rspr. befindet sich hier auch im Einklang mit Gerkan/Hommelder herrschenden Lehre, vgl. etwa Ulmer in Hachenburg §§32 a/b Rn. 121; hoff, Handbuch des Kapitalersatzsrechts, S. 122 ff.; Pentz, in Rowedder §32 a Rn. 71 ff.; vgl. auch Hueck/Fastrich, in Baumbach/Hueck § 32 a Rn. 24 m.w.N. 937 BGH v. 4.5.1977 = BGHZ 68, 312, 319 (Fertighaus); BGH v. 21.6.1999 = BGHZ 142,116 = NJW 1999, 2809; OLG Oldenburg v. 10.2.2000 = NZG 2000, 555. 938 BGH V. 4.7.1961 = GmbHR 1961,161,162; BGH v. 13.6.1977 = WM 1977, 841, 845; einen Fall einer nominellen Unterkapitalisierung erfasste BGH v. 14.12. 1959 = BGHZ 31,258, 270 ff.; ausführlich hierzu auch Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 53 f., S. 115 f. 9 3 9 BGH v. 13.12.1993 = NJW 1994, 446, 447. 940 Raiser, ZGR 1995, 156, 163. 941 BGH v. 4.5.1977 = BGHZ 68, 312, 319 (Fertighaus). 942 BGH v. 21.12.1994 = WM 1995, 396, 398. 943 Boujong, GmbHR 1992, 207; ders., in FS Ordesky S. 739, 745 f. 944 Vgl. etwa BGH v. 30.11.1978 = N J W 1979, 2104; BGH v. 12.4.1988 =NJW-RR 1988, 1181; BGH v. 16.3.1992 = ZIP 1992, 694; ähnlich im Ergebnis BSG v. 7.12.1983 = ZIP 1984, 1217.

5 10: Alternative und weitergehende

Haftungsmodelle

429

rakter der Durchgriffshaftung betont, die nur in krassen Schadensfällen, in denen dem Gesellschafter ein Missbrauchsvorwurf 9 4 5 gemacht werden kann, eingreifen soll 9 4 6 . A u c h sei die Entscheidung stets am Einzelfall zu orientieren, weshalb sie sich jeder dogmatischen Festlegung entziehen müsse 9 4 7 . E b e n s o haben sich der 5. und 8 Senat des B A G 9 4 8 deutlich gegen eine Durchgriffshaftung wegen Unterkapitalisierung ausgesprochen. Zum einen habe die Unterkapitalisierung bereits in § 64 G m b H G eine ausdrückliche Regelung gefunden, weshalb es weder rechtssystematisch noch von der Sache her geboten sei, auf die Regeln des Rechtsmissbrauchs zurückzugreifen 9 4 9 . Z u m anderen wird unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des B G H aber auch darauf verwiesen, dass der Gesetzgeber davon abgesehen habe, Regelungen zu schaffen, die das Stammkapital an den Gesellschaftszweck oder den Geschäftsumfang koppeln 9 5 0 . O f f e n e r gegenüber einer Unterkapitalisierungshaftung hat sich allerdings das B S G erwiesen, das immerhin eine gewisse Abhängigkeit zwischen der geplanten und der tatsächlich praktizierten Geschäftstätigkeit einer G m b H und dem hieraus abgeleiteten Finanzbedarf für erforderlich hielt 9 5 1 . In der Literatur wurde für den Fall einer qualifizierten (anfänglichen oder nachträglichen) Unterkapitalisierung eine persönliche Haftung indes vielfach für berechtigt gehalten. Hierfür müsse sie allerdings einen Grad erreicht haben, der für Insider klar und deutlich erkennbar ist 9 5 2 . Auch wird weitgehend die Insolvenz der 9 4 5 Allg. zur Durchgriffshaftung in Missbrauchsfällen vgl.: RG v. 22.6.1920 = RGZ 99, 232, 234; 103, 64, 66; RG v. 19.5.1930 = R G Z 129, 50, 53; BGH v. 3.7.1953 = BGHZ 10, 205, 208; BGH v. 30.1.1956 = BGHZ 20,4,12 (Prevag), BGH v. 29.11.1956 = BGHZ 22,226,230; BGH v. 8.7.1957 = BGHZ 25,115,117; BGH v. 7.11.1957 = BGHZ 26, 31, 33; BGH v. 12.3.1959 = BGHZ 29, 385, 392; BGH v. 8.7.1970 = BGHZ 54,222,224 (Siedlungsverein); BGH v. 7.6.1972 = BGHZ 59, 64, 68; BVerfG v. 11.11.1964 = BVerfGE 18,224, 235; BAG APNr.l zu §13 GmbHG (Mertens); BAG,v. 9.4.1987 = Betrieb 1988, 54, 55; LAG Bayern v. 8.5.1970 = GmbH-Rdsch. 1972, 31; BSG v. 26.3.1963 = BSGE 19, 18,20; BSG v. 26.1.1978 = BSGE 45, 279, 283; BSG v. 7.12.1983 = NJW 1984,2117,2119. 946 BGH v. 30.1.1956 = BGHZ 20, 4,11 f.; BGH v. 29.11.1956 = BGHZ 22, 226, 230; BGH v. 7.11.1957 = B G H Z 26, 31, 37; BGH v. 14.12.1959 = B G H Z 31, 258, 271; BGH v. 8.7.1970 = BGHZ 54, 222, 224; BGH v. 13.11.1975 = B G H Z 65, 265, 25lf; BGH v. 4.7.1961 = GmbHR 1961,162; BGH v. 14.5.1974 = NJW 1974, 1371,1372; BGH v. 22.10.1987 = DB 1988, 283. 947 BGH v. 4.7.1961 = GmbHR 1961,161, 162; BGH v. 3.11.1976 = WM 1977,73,75. 948 Urt. v. 10.2.1999 = B A G NJW 1999, 2299 = N Z A 1999, 39 = B B 1999, 479 = ZIP 1999, 878; ebenso Urt. 3.9.1998 = NJW 1999, 740 = ZIP 1999, 24 (8. Senat). 9 4 9 BAG v. 3.9.1998 = NJW 1999, 740, 741. 950 BAG v. 10.2.1999 = N J W 1999, 2299 f.; der 3. Senat hatte allerdings die „offenkundige Unterkapitalisierung" als Fall des Haftungsdurchgriffs genannt und dabei allgemein auf einen „objektiven Missbrauch der Haftungsbegrenzung" abgestellt (BAG v. 8.9 1998 = N J W 1999,

2612).

951 BSG v. 1.2.1996 = Z I P 1996, 1134 =GmbHR 1996, 604, 606; vgl. auch BSG v. 27.9.1994 = BSGE 75, 82, 84; deutlich zurückhaltender nunmehr allerdings BSG v. 29.19.1997 =SozR-3 7610 § 823 BGB Nr.5); zu früheren Urteilen vgl. Ulmer, in Hachenburg Anh. § 30 Rn. 48. 952 Erlinghagen, GmbHR 1962, 169; Erman, KTS 1959, 129; Kuhn, in FS Fischer S.351, 357 ff.; Lutter, ZGR 1982, 244, 247; Lutter/Hommelhoff, ZGR 1979, 31, 57 ff.; dies., GmbHG 15. Aufl., §13 Rn. 6; Meyer-Cording, JZ 1978, 11; Kaiser, ZGR 1995, 156, 164 ff.; Rehbinder; in FS R. Fischer S. 579, 583; Reinhardt, in FS H. Lehmann Bd. II S. 576, 592; Stimpel, in FS Goerdeler S. 608 f.; Ulmer, in FS Duden S. 661, 676 ff.; ders., in Hachenburg § 30 Rn. 50, 62 ff.; H. P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaften

430

Kapitel

III:

Treuepflichten

im Konzern

und ihre

Haftungskonsequenzen

Gesellschaft sowie Kausalität zwischen Unterkapitalisierung und Zusammenbruch verlangt. Uberwiegend wird die Haftung auch auf die maßgeblichen Gesellschafter beschränkt, da nur diese die Verantwortung für den eingetretenen Zustand trügen 953 . Weitgehend Uneinigkeit besteht indes, wenn es um die Frage nach der dogmatischen Begründung einer entsprechenden Haftung geht. Die größte Verbreitung hat auch hier die Lehre vom objektiven Normzweck erfahren 954 . Diesem Ansatz wird die Überlegung zugrundegelegt, dass die Garantiefunktion des Stammkapitals und die zu seiner Sicherung aufgestellten Vorschriften zugunsten der Gesellschaftsgläubiger dann verfehlt werden, wenn die Eigenkapitalausstattung der GmbH so gering ist, dass sie den Gläubigern im Krisenfall keine hinreichende Sicherheit bieten kann. Dementsprechend müsse der Sinnzusammenhang zwischen Stammkapital und Haftungsbeschränkung die „institutionelle Schranke" bei der den Gesellschaftern eingeräumten Privatautonomie bei der Bestimmung der Höhe des Stammkapitals bilden. Würde diese Schranke bei Gründung oder auch während des Bestehens der Gesellschaft missachtet, so würde auch die Rechtfertigung für den gesetzlichen Haftungsausschluss entfallen, ohne dass es auf weitere subjektive Momente ankomme 955 . Dabei wird auch nicht mehr, wie dies anfänglich teilweise vertreten wurde, die Haftung auf die Differenz zwischen vorhandenem und angemessenen Kapital beschränkt 956 . Nach anderer Auffassung sind indes auch die Fälle der qualifizierten materiellen Unterkapitalisierung allein auf der Grundlage des § 826 B G B einer Lösung zuzuführen 957 . Nach Roth wiederum ist es, ausgehend von der Prämisse, dass die Haftungsbeschränkung von einer angemessen Eigenkapitalausstattung abhänge 958 , „methodenehrlicher und interessengerechter, gleich § 823 Abs. 2 B G B in der Weise der Rechtsfortbildung zu eröffnen, dass der Schutzzweck des (so formulierten) Verhaltensgebots zum Dreh- und Angelpunkt der Schadensersatzhaftung wird" 9 5 9 . Teilweise sieht man schließlich auch in der Vertrauenshaftung einen tauglichen Lösungsansatz zur Bewältigung der hier entstehenden Probleme 960 . Vertre(1970), S. 301; Wüst, DStR 1991,1388,1424, 1426 f.; ders. , J Z 1995, 990, 993 ff.; a.A. und für Haftung bereit im Fall einfacher materieller Unterkapitalisierung Immenga, Kapitalgesellschaft (1970), S. 402 ff.; Wiedemann, GesR S. 224, 565 ff.; Winkler, B B 1969, 1202. 953 Ulmer, in Hachenburg Anh. § 30 Rn. 55 ff.; Wüst, J Z 1995, 990, 995. 954 Kuhn, Strohmanngründung bei Kapitalgesellschaften S. 207 ff., 214 ff.; Immenga, Personalistische Kapitalgesellschaft (1970), S. 402 ff., 410 ff.; Lutter/Hommelhoff GmbHG 15. Aufl., § 13 Rn. 6; Rehbinder, Konzernaußenrecht S. 122 ff.; Ulmer in Hachenburg Anh. § 30 Rn. 50 ff.; Stimpel in FS Goerdeler S. 601, 607 ff.; Wiedemann, GesR I § 10 IV 3; Winkler B B 1969, 1202 ff. 955 Ulmer in Hachenburg Anh. § 30 Rn. 38. 9 5 6 So Winkler B B 1969, 1202, 1205; Immenga Kapitalgesellschaft (1970), S . 4 1 0 f . ; dagegen Ulmer in Hachenburg Anh. § 30 Rn. 52a, 55, ders. In FS Duden S. 661, 679; Lutter/Hommelhoff G m b H G , 15. Aufl., § 13 Rn. 6; Kühler GesR § 17 VI 4; Raiser Z G R 1995, 156,169. 957 Baumbach/Hueck § 5 Rn. 5 f.; Ehricke, AcP 1999, 257, 275 ff.; Flume, Juristische Person S. 87; Hofmann N J W 1966, 1941, 1944 f.; Mertens in Hachenburg Anh. § 1 3 Rn. 15; SchulzeOsterloh, Z G R 1983, 123, 144; Wonnemann, G m b H R 1992, 77 ff.; weitere Nachweise bei Ulmer in Hachenburg Anh. § 30 Rn. 41 in Fn. 78. 958 Roth, Z G R 1993, 170, 176. 959 Roth, Z G R 1993, 170, 206.

§10:

Alternative

und weitergehende

Haftungsmodelle

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ten wird aber auch, dass im Falle der Unterkapitalisierung eine Aufklärungspflicht und eine entsprechende Vertrauenshaftung der Gesellschafter bestünde961 bzw. eine Pflicht zur Liquidation der Gesellschaft bereits im Vorfeld der Insolvenzreife, wenn die Finanznöte der Gesellschaft erkennbar in Zukunft aller Voraussicht nach nicht mehr zu beheben sind962. Schließlich wird auch die bereits angesprochene963 Theorie von der organschaftlichen Haftung des herrschenden Gesellschafters als Innenhaftung zur Lösung der Probleme der Unterkapitalisierung herangezogen 964 . Hiernach ist der maßgebende Gesellschafter gemäß § 43 GmbHG auch dann zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er die Gesellschaft dadurch schädigt, dass er die Aufnahme oder Fortsetzung des Geschäftsbetriebs trotz erkennbarer unzureichender Eigenkapitalgrundlage veranlasst und die Gesellschaft dadurch in die Insolvenz geführt hat 965 . Der Gesellschafter dürfte die zu geringe Vermögensmasse einer Gesellschaft nicht durch eine pflichtwidrige und schuldhafte Geschäftsleitung gefährden und damit vernichten 966 . Andernfalls hafte er aufgrund der Verletzung organschaftlicher Pflichten wie ein Geschäftsleiter entsprechend § 43 GmbHG. Ähnlich geht auch K. Schmidt davon aus, dass die „richtige Antwort" auf das Problem der Unterkapitalisierung das Konzept einer Verschuldenshaftung sei, da die Organe wie auch die Gesellschafter eine Finanzierungsverantwortung hätten und es ihnen daher nicht gestattet sei, eine unzureichend mit Finanzmitteln ausgestattete Gesellschaft auf dem Markt agieren zu lassen967. Dies erinnert an die Lehre von der Organisationsfehlerhaftung, nach der gar eine Pflicht zur angemessenen Kapitalausstattung begründet werden sollte 968 . Zu erwähnen bleibt schließlich noch, dass teilweise mit Blick auf die anhaltende Globalisierung auch erwogen wird, die Überlegungen zum U.S. - amerikanischen Rechtsinstitut des Piercing the Corporate Veil, bei dem die Unterkapitalisierung ein wichtiges Kriterium zur Begründung einer Durchgriffshaftung darstellt969,

Wüst, J Z 1995, 990, 994. Canaris in FS Giger S. 91, 119. 962 Roth, Z G R 1993, 170, 196. 963 Vgl. oben S. 211 ff. 964 Altmeppen, ZIP 1999, 881, 882; grundlegend Wilhelm, Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person (1981), S. 308 ff.; ders., D B 1986, 2113, 2117 ff.; vgl. auch K. Schmidt, GesR § 9 IV 4 c) bb). 965 Wilhelm, Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person (1981), S. 355 f., 357, 367. 966 Altmeppen, ZIP 1999, 881, 882 f. 967 K. Schmidt, GesR § 9 IV 4 c bb), § 18 II 5; ders., ZIP 1988, 1497, 1505 ff.; speziell für den Konzern U.H. Schneider, Z G R 1984, 497, 509 ff., 518; Rümker, Z G R 1988, 494 ff. 968 Reinhardt in FS Lehmann S. 576, 588 ff.; Erlinghagen, G m b H R 1962, 169, 174; dagegen aber die heute ganz h.M. vgl. nur Ulmer in Hachenburg, 8. Aufl. Anh. § 30 Rn. 36; zum Ganzen auch Vonnemann, Haftung der GmbH-Gesellschafter bei materieller Unterkapitalisierung S. 12 f sowie sogleich unten. 969 Vgl. etwa die Entscheidung Laya v. Erin Homes Inc., 352 S. E. 2 d 93, 101 (W.Va. 1986): „One fact which all the authorities consider significant... is wether the corporation was grossly undercapitalized for the purpose of the corporate undertaking".; vgl. im Übrigen hierzu auch Maier, Der Grundsatz der Kapitalerhaltung und die Durchgriffshaftung wegen Unterkapitali960 961

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Kapitel III:

Treuepflichten

im Konzern und ihre

Haftungskonsequenzen

auch im deutschen Recht heranzuziehen970. So erkennt man in der starken Unterkapitalisierung ein typisches Zeichen für die Missachtung der Eigenständigkeit der Corporation durch die Gesellschafter, weshalb auch Dritte diese Eigenständigkeit nicht beachten müssten971. Allerdings reicht auch nach U.S. - amerikanischem Recht die Unterkapitalisierung allein für einen Durchgriff nicht aus, da vielfach nur schwer feststellbar ist, was als angemessene Kapitalausstattung anzusehen ist. Vielmehr müssten weitere Umstände hinzutreten, um eine Durchgriffshaftung bejahen zu können972, wobei interessanterweise u.a.973 auch in der Beherrschung (domination) bzw. Kontrolle (control) einer Gesellschaft durch eine andere ein wesentliches Kriterium zur Begründung eines Haftungsdurchgriffs erkannt wird974. Grundsätzlich sollte es allerdings vermieden werden, unter Rückgriff auf derartige Überlegungen an überkommene Missbrauchslehren zur Bewältigung der Probleme der Unterkapitalisierung anzuknüpfen, auch wenn die Wiederbelebung der Durchgriffshaftung wegen Missbrauchs der Rechtsform in anderem Zusammenhang teilweise gefeiert wird975. bb) Anerkennung der Durchgriffshaftung durch den Gesetzgeber Möglicherweise könnte eine weitere Begründung für eine Durchgriffshaftung bei materieller Unterkapitalisierung aber auch unterbleiben, wenn der Gesetzgeber eine entsprechende Haftung mittlerweile anerkannt hätte. So ist in dem am 1.3.1999 in Kraft getretenen Bundes-Bodenschutzgesetz in § 4 Abs. 3 S. 4 normiert worden, dass auch derjenige zur Sanierung von Altlastengrundstücken verpflichtet ist, der aus handels- oder gesellschaftsrechtlichem Rechtsgrund für eine juristische Person einzustehen hat, der ein altlastenverseuchtes Grundstück gehört. Diese in sierung im deutschen und amerikanischen Gesellschaftsrecht S. 203 m.w.N. zur Rspr.; kritisch Matheson/Eby, Washington Law Review 2000, Vol. 75, S. 147,177 f. 970 Vgl. v. Arnim, NZG 2000, 1001, 1007. 971 V Arnim NZG 2000, 1001, 1007. 972 Vgl. v. Arnim NZG 2000,1001,1006 f.; Nacke, Die Durchgriffshaftung in der U.S. - amerikanischen Corporation S. 110 f.; Maier, Der Grundsatz der Kapitalerhaltung und die Durchgriffshaftung wegen Unterkapitalisierung im deutschen und amerikanischen Gesellschaftsrecht S. 203. 973 Eine Fallgruppenbildung findet anders als in Deutschland in den USA allerdings nicht statt. Vielmehr wird anhand einzelner Billigkeitskriterien jeweils im konkreten Einzelfall eine Entscheidung getroffen. Zu den verschiedenen hier angeführten Kriterien vgl. die Entscheidung Laya v. Erin Homes Inc. vom 16.12.86,352 S. E. 2 d 93, 97 (W.Va 1986) zitiert bei v. Arnim NZG 2000, 1001, 1006 f.; vgl. aber auch noch unten S. 550 f. 974 Vgl. etwa United States v. Reading Co., 253 U.S. 26, 62-63: „... wo zum Zwecke einer Aktionärsstellung Zuflucht genommen wurde, nicht zum Zwecke des Teilhabens an den Angelegenheiten der Corporation, wie sie für die Aktionäre als normal und gewöhnlich angesehen würde, sondern um sie zu einem bloßen Vertreter (agent) oder Werkzeug (instrumentality) oder Abteilung (department) einer anderen Gesellschaft zu machen, so werden die Gerichte durch die Form auf die Realität der Beziehungen zwischen den Gesellschaftern schauen, als wenn die corporate agency nicht bestehen würde und sie so behandeln, wie die Gerechtigkeit des Falles dies fordert" (zitiert nach Nacke, Die Durchgriffshaftung in der U.S. amerikanischen Corporation S. 83 Fn. 87), vgl. zur Durchgriffshaftung in den USA aus neuerer Zeit auch Haar, RabelsZ 2000, 537, 545 f. 975 Vgl. hierzu bereits oben S. 203 ff.

§10: Alternative

und weitergehende

Haftungsmodelle

433

der Literatur als „revolutionär" beschrieben Bestimmung 976 verfolgt, wie den Gesetzesmaterialien zu entnehmen ist, das Ziel, die ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit an die zivilrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten anzupassen977. Überrascht ist man angesichts der Diskussion um den Fragenkreis der Unterkapitalisierung allerdings, wenn man dabei als ersten Anwendungsfall dieser Vorschrift in den Materialien des Gesetzes die gesellschaftsrechtliche Durchgriffshaftung wegen Unterkapitalisierung findet 978 . Die Überraschung steigert sich aber sogar noch, wenn als weiterer Anwendungsfall unter Hinweis auf das TBB - Urteil der qualifiziert faktische Konzern als Anspruchsgrundlage genannt wird. Der Gesetzgeber scheint hier ohne weiteres diese Rechtsfiguren anzuerkennen. Indes gilt es dabei zu berücksichtigen, dass hier in der Begründung eines öffentlich-rechtlichen Gesetzes auf Rechtsfiguren des Gesellschaftsrechts verwiesen wird. Ohne Frage ist die Regierungsbegründung zur Ermittlung des Sinngehaltes eines Gesetzes von besonderem Wert 979 . Aber eben nur für die Ermittlung des Sinngehaltes des Gesetzes, das geschaffen wurde. Soweit auf „Rechtsinstitute" aus einem anderen Regelungszusammenhang verwiesen wird, sollen nur beispielhaft vermeintlich anerkannte Institute genannt werden, ohne dass man dem eine eigenständige Aussage über eine Anerkennung dieser „Rechtsinstitute" durch den Gesetzgeber entnehmen könnte 980 . Dass sich der Gesetzgeber in der Regierungsbegründung mit der Existenzberechtigung der insoweit genannten „Institute" nicht weiter auseinandergesetzt hat, zeigt sich im Übrigen bereits in der unrichtigen Wiedergabe der mit dem Tßß-Urteil aufgestellten Tatbestandsvoraussetzungen. Damit ist es aber auch weiterhin erforderlich, die Berechtigung einer Haftung wegen Unterkapitalisierung anhand der hierzu entwickelten Begründungsansätze zu überprüfen. cc) Die Frage nach dem Bestehen einer Verpflichtung zur angemessenen Kapitalausstattung Nicht überzeugen kann dabei allerdings die Lehre vom sogenannten Normzweck 981 , deren Vertreter überwiegend aus Sinn und Zweck der Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungsvorschriften des GmbHG eine Verpflichtung der Gesellschafter herleiten wollen, das Unternehmen auch für die Zeit seines Bestehens mit ausreichendem Kapital auszustatten982 und dementsprechend eine HafFleischer/Empt, ZIP 2000, 905. Stellungnahme des Bundesrates BT-Drucks. 13/6701 S. 51. 978 Vgl. Begr. RegE BT-Drucks. 13/6701, S. 51. 9 7 9 Vgl. hierzu Larenz/Canaris Methodenlehre der Rechtswissenschaft S. 149 ff. 9 8 0 Anders wohl Bitter, S. 132, der meint, hier würde die Durchgriffshaftung wegen Unterkapitalisierung vom Gesetzgeber „indirekt bestätigt" werden. 981 Kuhn, Strohmanngründung bei Kapitalgesellschaften S. 207 ff., 214 ff.; Immenga, Personalistische Kapitalgesellschaft (1970), S. 402 ff., 410 ff.; Rehbinder, Konzernaußenrecht S. 122 ff.; Ulmer in Hachenburg Anh. § 30 Rn. 50 ff.; Stimpel in FS Goerdeler S. 601,607 ff.; Wiedemann, GesR I § 10 IV 3; Winkler, BB 1969, 1202 ff. 982 Dagegen auch BGH v. 4.5.1977 = B G H Z 68, 312; B G H v. 26.3.1984 = B G H Z 90, 381, 388 f.; BAG v. 3.9.1998 = Z I P 1999, 24 m.w.N. auch zur gegenteiligen Ansicht; zurückhaltend 976

977

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Kapitel III:

Treuepflichten im Konzern und ihre

Haftungskonsequenzen

tung bejahen, wenn der Fall einer qualifizierten Unterkapitalisierung eintritt 9 8 3 . Hiergegen spricht bereits, dass der Gesetzgeber gerade davon abgesehen hat, eine Verpflichtung der Gesellschafter aufzustellen, ihre Gesellschaft angemessen mit Eigenkapital auszustatten 9 8 4 . Diese Entscheidung wurde vor dem H i n tergrund der Erkenntnis getroffen, dass der Finanzbedarf eines Unternehmens von derart vielen Faktoren abhängt, dass es regelmäßig kaum möglich sein wird, mit rechtlich gebotener Sicherheit zu bestimmen, wann eine Gesellschaft ausreichend mit Kapital versorgt ist 9 8 5 . Zu R e c h t hat man daher auch weitgehend von der Vorstellung Abstand genommen, allgemeine „Grundsätze ordnungsmäßiger Finanzierung" formulieren zu können 9 8 6 . Zwar wird man in Anlehnung an die zu §§ 32 a, b G m b H G entwickelten Grundsätze zumindest die Fälle, die als „qualifizierte Unterkapitalisierung" bezeichnet werden, mittlerweile hinreichend genau bestimmen können 9 8 7 . D i e E n t scheidung des Gesetzgebers sich neben den Kapitalerhaltungsregeln darauf zu beschränken, zur Gläubigersicherung nur eine Regelung hinsichtlich kapitalersetzender Gesellschafterleistungen aufzustellen, zeigt aber, dass er sehr bewusst darauf verzichtet hat, für die Fälle einer qualifizierten Unterkapitalisierung einen Haftungstatbestand zu statuieren 9 8 8 . Insbesondere lässt sich aus der Formulierung des Gesetzes, dass ein „ordentlicher Kaufmann" der Gesellschaft in deren Krise Eigenkapital zugeführt hätte, noch keine Pflicht zur Kapitalzuführung ableiten 9 8 9 . Die Regeln zum Kapitalersatz greifen nur, wenn ein Gesellschafter der Gesellschaft tatsächlich Kapital zugeführt hat. Dies beruht auf der Erkenntnis, dass das (künstliche) „ A m - L e b e n - E r h a l t e n " einer in die Krise geratenen Gesellschaft nicht auf Kosten der Gesellschaftsgläubiger gehen darf, weshalb im Insolvenzverfahren eine nachrangige Befriedigung der Gesellschafter angeordnet wurde, wenn sie sich auch BGH v. 28.6. 1999; = BGHZ 142,116 („Eigenkapitalersatzregeln (können) nur die tatsächlich gewährte Leistung erfassen, anders als das Berufungsgericht meint, aber eine Pflicht zur Gewährung weiterer Leistungen des Gesellschafters nicht begründen"), dagegen auch Flume, Jur. Person, 79 ff.; Wonnenmann., 167 ff.; skeptisch auch Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck) §5 Rn. 6 m.w.N. 983 Roth folgert aus einer so formulierten Pflicht seinen Schutznormansatz mit einer Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB (Roth, ZGR 1993, 107, 176). 984 Eine Pflicht, eine Gesellschaft angemessen zu kapitalisieren, besteht aufgrund besonderer Regelungen in Spezialgesetzen (vgl. §§10 KWG, 2 KAGG, 5 IV, 8, 15, 53 c 1 und 115 VAG) für Fälle, in denen ein besonderer Vertrauensschutz der Öffentlichkeit besteht. 985 Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 150; Kamprad, GmbHR 1969, 170; Wüst, JZ 1985, 818; Wonnemann, GmbHR 1992, 79; Begr. zum RegE 1971/ 73, BT-Drs. 7/253, 110; Arbeitskreis GmbH-Reform, 13 ff., 21 ff.; Ulmer in Hachenburg, Anh. §30, Rn. 6 f.; K. Schmidt, JZ 1985, 305; ders.,]Z 1984, 777; Raiser, ZGR 1995, 165 ff. 986 Luttermann, BB 2001, 2433, 2435; ausführlich insbesondere ders. in Unternehmen, Kapital und Genussrechte - Eine Studie über Grundlagen der Unternehmensfinanzierung und zum internationalen Kapitalmarktrecht S. 19 ff., 163 ff., 517 ff mit umfangreichen Nachweisen. 987 Vgl. hierzu Ulmer in Hachenburg Anh. § 30 Rn. 55 ff.; dazu Raiser ZGR 1995,156,165 f.; a.A. Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 150. 988 D a s abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 149; Ulmer in Hachenburg Anh. § 30 Rn. 3. 989 A.A. Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 131 f.; a.A. jedoch die h.M. vgl. nur Baumbach/Hueck § 32 a Rn. 2 m.w.N.

§10:

Alternative

und weitergehende

Haftungsmodelle

435

in einem solchen Fall dafür entschieden haben, der Gesellschaft statt EigenFremdkapital zuzuführen. Gesellschaften, die ihren Verpflichtungen aufgrund fehlenden Kapitals nicht mehr nachkommen können, sind vom Markt zu nehmen. Gerade und nur für diesen Fall stellt das Gesetz eine Verpflichtung auf, indem es den Geschäftsführern die Pflicht auferlegt, im Falle der Zahlungsunfähigkeit bzw. Uberschuldung der Gesellschaft den Insolvenzantrag zu stellen. Weitere Vorschriften über die Kapitalisierung der G m b H kennt das Gesetz nicht und können auch nicht über eine Analogie zu den Kapitalerhaltungsregeln begründet werden 9 9 0 . Von einer Lücke im Gesetz kann insoweit nicht ausgegangen werden. Die Vertreter der Normzwecklehre wenden zwar ein, dem Gesetzgeber könne nicht unterstellt werden, er habe den Gesellschaftern ermöglichen wollen, sich ohne Rücksicht auf den Geschäftsumfang bei einem extrem niedrigen Kapitaleinsatz das Haftungsprivileg für den Betrieb eines Handelsgeschäfts auf Kosten der Gesellschaftsgläubiger zu verschaffen 9 9 1 . Der Kapitalsicherung liege vielmehr der Gedanke zugrunde, dass das Stammkapital dem jeweiligen Geschäftsumfang anzupassen sei 9 9 2 . Richtig ist sicher, dass die Garantiefunktion des Stammkapitals weitgehend nicht erreicht werden kann, wenn die Eigenkapitalausstattung für eine Gläubigersicherung zu gering ist 9 9 3 . Unbewiesen bleibt aber die Prämisse, dass die Vorschriften über die Eigenkapitalsicherung einen allumfassenden Schutz der Gläubiger überhaupt anstreben. Entscheidend hiergegen spricht, dass der Gesetzgeber gerade darauf verzichtet, eine auf den Unternehmensgegenstand Bezug nehmende Kapitalausstattung zu regeln, und sich für einen bloßen Mindestschutz entschieden hat. Indem man nicht, wie etwa in England, eine Gesellschaftsgründung ohne Kapitalaufbringung zulässt, kann krassen Missbrauchsfällen bereits bei der Gesellschaftsgründung begegnet werden. Viel mehr lässt sich bei einem Mindeststammkapital von 25.000 Euro nicht erreichen. Damit wird die Sicherungsfunktion der Kapitalerhaltungsvorschriften für die Gläubiger einer Gesellschaft nicht negiert 9 9 4 , ihr wird nur nicht eine derart umfassende Bedeutung zuerkannt, wie man dies teilweise gerne hätte. Hätte der Gesetzgeber eine umfassende Garantiefunktion gewollt, hätte er die Kapitalausstattung an den Umfang der Geschäftstätigkeit und des damit verbundenen Risikos knüpfen müssen. Der Hinweis darauf, dass dies unterlassen worden sei, weil andernfalls eine zu hohe Rechtsunsicherheit bestanden hätte 9 9 5 , kann schwerlich eine Pflicht zur „angemessenen" Kapitalausstattung begründen, mit der gerade diese Rechtsunsicherheit erzeugt würde 9 9 6 . Die Tatsache, dass der 990 Ulmer, ZIP 2001, 2021, 2026 hält dies zwar für nicht ausgeschlossen, spricht sich im Ergebnis aber auch für eine Treuepflichthaftung aus. 991 Stimpel in FS Goerdeler S. 601, 608. 992 Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 127. 9 9 3 So auch Ulmer in Hachenburg Anh. § 30 Rn. 10. 9 9 4 So aber Bitter; Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 127. 995 Ulmer in Hachenburg Anh. § 30 Rn. 3 unter Hinweis auf den RegE 1971/73 (BT-Drs. VI 3088 S. 10). 9 9 6 So aber Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000),

436

Kapitel III:

Treuepflichten

im Konzern

und ihre

Haftungskonsequenzen

Gesetzgeber insoweit untätig geblieben ist, zeigt vielmehr, dass dem Kapitalschutz selbst vom Gesetz nicht diese umfassende Bedeutung zugemessen wird. Insbesondere ist in der angemessenen Kapitalausstattung nicht die Rechtfertigung für eine Haftungsbeschränkung der Gesellschafter zu sehen 997 . Die Nichthaftung der Gesellschafter einer juristischen Person muss nicht besonders gerechtfertigt werden. Sie ist die selbstverständliche Folge dessen, dass ein anderes Rechtssubjekt verpflichtet wird. Feststellen lässt sich allerdings, dass hier gerade diejenigen, die der Kapitalausstattung und -erhaltung einen derart hohen Stellenwert einräumen, im Übrigen die Auffassung vertreten, dass die Gesellschafter mit ihrer Gesellschaft tun können, was sie wollen, und folglich nur durch die Kapitalerhaltungsvorschriften an einer vollständigen Ausplünderung ihrer Gesellschaft gehindert sind 998 . Unter dieser Prämisse sind die Anstrengungen, die man auf sich nimmt, eine angemessene Kapitalausstattung zu begründen, verständlich. In diesem Zusammenhang hat auch Bitter in seiner Dissertation eine sehr bemerkenswerte ökonomische Analyse der Haftungsbeschränkung vorgenommen 999 , wobei er u.a. feststellt, dass mit der Haftungsbeschränkung die Gefahr einhergehe, eine Gesellschaft zur Externalisierung von Risiken zu benutzen 1000 , und ein Durchgriff dann zu befürworten sei, wenn sich die Gefahr der Externalisierung anders nicht wirksam einschränken lasse 1001 . Eine solche Externalisierung sei aber durch eine angemessene Eigenkapitalbeteiligung zu reduzieren, da auf diesem Wege die Kapitalgeber am Unternehmensrisiko beteiligt würden und der Anreiz zu unwirtschaftlichem Verhalten beseitigt werde 1002 . Ein Untenehmen mit angemessener Eigenkapitalausstattung stelle sich daher als bestmöglicher ökonomischer Zustand dar 1003 . Die Möglichkeit des Durchgriffs könne helfen, „die richtigen Anreize gegenüber den Gesellschaftern zu setzen, Kostenexternalisierungen durch die Haftungsbeschränkung zu unterlassen", wobei ein Durchgriff dann eher möglich sein solle, wenn der betreffende Gesellschafter mehrheitlich beteiligt ist und die Kontrolle

S. 128, die Rechtsunsicherheit würde zudem noch vergrößert, wenn man nur den Gesellschaftern eine Finanzierungsverpflichtung auferlegen will, die für die Unterkapitalisierung verantwortlich sind, ohne § 32 a Abs. 3 G m b H G analog anzuwenden (Bitter; Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 136), da hier die Frage aufgeworfen wird, ab welchem Grad der Beteiligung die Verantwortlichkeit beginnen soll. 997 So Bitter; Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 127. 998 Vgl. hierzu bereits oben S. 196 ff. 999 Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 150-207. ,00° Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 182 m.w.N. 1001 Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 191. 1002 Bitter; Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 193 ff. 1003 Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 199.

§10: Alternative

und weitergehende

Haftungsmodelle

437

ausübt 1004 . Darauf aufbauend will er tendenziell auch einen Durchgriff eher im Konzern und dort eher gegenüber einer Muttergesellschaft zulassen, die zu 100% an einer anderen Gesellschaft beteiligt ist 1005 . Auch solle eher zu Gunsten unfreiwilliger bzw. solcher Gläubiger ein Durchgriff stattfinden, die sich selbst nicht durch Einzelsicherungen schützen können, allerdings nur dann, wenn die Eigenkapitalausstattung nicht angemessen ist 1006 . Bitters deutlich vom amerikanischen Durchgriffsrecht 1007 inspirierter Lösungsansatz stellt im Ausgangspunkt sicher zu Recht fest, dass die Möglichkeit der Beschränkung der eigenen Haftung zu einer Externalisierung von Risiken genutzt werden kann und regelmäßig auch genutzt wird. Da das Eingehen von Risiken die Chance von Gewinnen mit sich bringt, ist dies grundsätzlich auch als erwünschte Folge der Haftungsbeschränkung zu qualifizieren, ohne die diese Risiken nicht eingegangen worden wären. Richtig ist aber sicher ebenso, dass eine solche Nachaußen-Verlagerung der Risiken - auch unter Zugrundelegung ökonomischer Gesichtspunkte - nicht grenzenlos sein darf. Erkennt man aber, dass ein Gesellschafter seine Treuepflichten gegenüber der Gesellschaft verletzt, wenn er Weisungen zu einem Geschäft erteilt, die den Bestand einer Gesellschaft bedrohen, so wird diese Externalisierung bereits durch die hier eintretende Innenhaftung eingeschränkt. Der Konstruktion einer systemwidrigen Durchgriffshaftung bedarf es hierfür nicht. Der entgegenstehende Ansatz wird von der Fehlvorstellung geleitet, dass die Gesellschafter nicht zur Förderung des Zwecks ihrer Gesellschaft verpflichtet sind, sondern sie auch zur Verfolgung anderer Interessen einsetzen können. Dass dies auch bei der GmbH, trotz des hier bestehenden Weisungsrechts, nicht haltbar ist, wurde bereits an anderer Stelle ausgeführt 1008 . Insoweit rechtfertigt auch die Parallelziehung zum Rechtsinstitut des piercing the corporate veil kein anderes Ergebnis. Sicher ist auch hier der Gedanke der Missachtung der Eigenständigkeit einer Gesellschaft für die Haftungsbegründung entscheidend gewesen. Damit wird allerdings noch keine ausreichende dogmatische Rechtfertigung zur Durchbrechung des im Gesetz verankerten Trennungsprinzips gegeben. Insbesondere muss die Rechtsprechung zum piercing the corporate veil auch vor dem Hintergrund der Tatsache gewürdigt werden, dass es in den USA ein festbestimmtes Gesellschaftskapital in den meisten Bundesstaaten nicht oder nur unter Festschreibung ganz geringer Beträge gibt, so dass den Gläubigern insoweit keine Haftungsgrundlage zur Verfügung gestellt wird, weshalb auch Bestimmungen zum Gläubigerschutz gegen eine Verringerung oder Aushöhlung des

1004

Bitter,

Konzernrechtliche

Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften

(2000),

S. 204 f. 1005 Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 205 unter Bezugnahme auf Easterbrook/Fischel, 52, U. Chi. L. Rev. 89,111 (1985). 1006 Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 206 f. 1007 Vgl. hierzu noch unten S. 549 ff. 1008 Vgl. oben S. 223 ff.

438

Kapitel

III:

Treuepflichten

im Konzern

und ihre

Haftungskonsequenzen

Gesellschaftskapitals nur eingeschränkt greifen 1009 . Eine dogmatische Rechtfertigung für eine Durchgriffshaftung im deutschen Kapitalgesellschaftsrecht lässt sich auf diesem Wege nicht finden. Aber auch der Einwand, die Kreditgewährung kurz vor der Insolvenzreife könne im Vergleich zu einer Kreditgewährung kurz nach Insolvenzreife ein solches Schutzgefälle, wie es die Rechtsprechung des B G H zum Anspruch der Neugläubiger mit sich bringe, nicht rechtfertigen 1010 , kann eine Unterkapitalisierungshaftung nicht begründen. Der Rechtsverkehr darf erst ab dem Zeitpunkt, ab dem der Insolvenzantrag hätte gestellt werden müssen, aufgrund der insoweit bestehenden gesetzlichen Regelung darauf vertrauen, dass eine Gesellschaft, die sich in einer derartigen finanziellen Situation befindet, nicht mehr im Wirtschaftsverkehr auftritt. Aus diesem gerechtfertigten Vertrauen rechtfertigt sich dann aber auch der Unterschied in der Haftung. Es bleibt daher bei dem Ergebnis, dass eine Pflicht zur angemessen Kapitalausstattung nicht besteht und auch nicht aus ungeschriebenen Rechtsgrundsätzen abgeleitet werden kann, wenngleich die Aussage Ulmersmi, dass dies heute weitgehend außer Streit stehen dürfte, wie obige Ausführungen gezeigt haben, etwas weit gehen dürfte. dd) Die Lösung über § 826 B G B Bleibt zu klären, inwieweit über § 826 B G B die Probleme der Unterkapitalisierung einer Lösung zugeführt werden können. Dieser Weg wurde insbesondere von der Rechtsprechung eingeschlagen, um zu einem Anspruch gegen die Gesellschafter in Fällen qualifizierter Unterkapitalisierung zu kommen 1 0 1 2 . Teilweise sah man hierin gar einen Ansatz, auch den unter der Uberschrift des qualifiziert faktischen Konzerns problematisierten missbräuchlichen Konzernleitungspraktiken entgegenzutreten 1013 . Problematisch ist in diesem Zusammenhang allerdings bereits das Kriterium der Sittenwidrigkeit einzelner Konzernleitungsmaßnahmen im Sinne eines „Verstoßes gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden". Allein die Verfolgung eigener Interessen reicht für einen Sittenverstoß noch nicht aus, auch wenn damit einhergehend die Schädigung eines anderen verbunden ist 1 0 1 4 . Der Anwendungsbereich des § 826 B G B ist grundsätzlich auf krasse Fälle Vgl. im einzelnen v. Arnim, N Z G 2000, 1001, 1005 f. Banerjea, ZIP 1999, 1153, 1155. 1011 Ulmer in Hachenburg Anh. § 30 Rn. 10. 1 0 1 2 B G H V. 30.11.1978 = N J W 1979,2104; B G H v. 15.4.1988 = D B 1988, 1848; O L G Karlsruhe v.13.5.1977 = W M 1978, 962. 1013 Röhricht, Z G R 1995, 445, 465; Heidenhain, LM AktG 1965 § 3 0 2 Nr. 6; Westermann, EwiR 1992 § 302 A k t G 1/92 S. 15; auch die Rechtsprechung ist missbräuchlichen Konzernpraktiken anfangs mit Hilfe des § 826 B G B begegnet: so das R G v. 22.6.1920 = R G Z 99,232; vgl. aber auch später etwa B G H v. 30.1.1956 = B G H Z 20, 4,12; auch in der Entscheidung des B G H v. 16.3.92 = W M 1992, 735 f. = B B 1992, 872 ging dieser von einer Haftung nach § 8 2 6 B G B aus; auch das 7*5ß-Urteil forden für die Konzernhaftung einen „objektiven Missbrauch", wobei ein solcher Missbrauch bei einer Spekulation zu Lasten der Gläubiger angenommen wurde; hier können Parallelen etwa zum „Architektenfall" ( B G H v. 30.11.1978 = W M 1979, 229) bei dem auch ein Gläubigerdurchgriff, gestützt auf § 826 B G B , zugelassen wurde, gezogen werden. 1 0 1 4 B G H v. 19.10.1987 = D B 1988, 226; dementsprechend wurde auch die Besicherung des 1009 1010

§10: Alternative und weitergehende

Haftungsmodelle

439

der Schädigung, wie etwa bei kollusivem Verhalten zum Nachteil der Gläubiger, zu beschränken 1 0 1 5 . Zwar wird ein sittenwidriges Handeln in der Literatur teilweise bereits dann bejaht, wenn der Kreditgeber wusste, dass die Besicherung das Stammkapital angreift 1 0 1 6 , bzw. jedenfalls dann, wenn beide Seiten bewusst dem Verbot des § 30 G m b H G zuwiderhandelten 1 0 1 7 . Diese Ansicht wird indes heute überwiegend als zu weitgehend abgelehnt 1 0 1 8 . D e r bloße Verstoß gegen eine gesetzliche N o r m kann ebenso wenig wie eine schlicht vertragswidrige Handlung zur Bejahung eines Sittenverstoßes genügen. A u c h das „Auslaufenlassen" einer G m b H bis hin zur masselosen Insolvenz unter gleichzeitiger Ü b e r n a h m e der geschäftlichen Aktivitäten durch eine neugegründete G m b H reicht noch nicht für die Bejahung der Sittenwidrigkeit aus, solange keine Umstände hinzutreten, die die besondere Verwerflichkeit begründen 1 0 1 9 . Grundsätzlich regeln die Vorschriften der Insolvenz- und Gläubigeranfechtung vielmehr abschließend, unter welchen Voraussetzungen die Gläubiger geschützt werden, wenn es um Rechtshandlungen geht, deren Inhalt und Zweck im Wesentlichen darin besteht, die Gläubiger zu benachteiligen 1 0 2 0 . Will man einen Sittenverstoß begründen, bedarf es daher auch über einen Anfechtungstatbestand hinausgehender U m s t ä n d e 1 0 2 1 . Aber auch wenn man Sittenwidrigkeit in krass unterkapitalisierten Gesellschaften bei einer einseitigen Verlagerung des Risikos auf die Gläubiger bejahen will 1 0 2 2 , liegt, von Problemen beim Kausalitätsbeweis einmal abgesehen 1 0 2 3 , die maßgebliche Schwierigkeit hier auf der subjektiven Seite des Tatbestandes. Zwar genügt zur Bejahung eines Anspruchs aus § 826 B G B auch ein bedingter Schädigungsvorsatz 1 0 2 4 . J e d o c h wird häufig auch ein solcher in F o r m der billigenden Inkaufnahme einer Gläubigerschädigung aufgrund eines vorhersehbaren Zusammenbruchs der Gesellschaft nicht gegeben sein, will man nicht von der qualifizierten UnterkapitaKredits einer Muttergesellschaft durch eine Tochtergesellschaft nicht allein schon deshalb als sittenwidrig angesehen, weil die GmbH danach nicht mehr genügend freies Vermögen hatte, um ihre Gläubiger zu befriedigen ( B G H v. 30.3.1998 = WM 1998, 968). 1 0 1 5 B G H v. 19.3.1998 = N J W 1998,2592,2594. 1016 1017

Messer, ZHR 1995, 375, 377.

Kühbacher,

Darlehen an Konzernunternehmen: Besicherung und Vertragsanpassung

S. 71; Meister, WM 1980, 390, 396.

B G H v. 19.3.1998 = N ] W 1998, 2592, 2594 = ZIP 1998, 793,795. B G H v. 12.2.1996 = N J W 1996, 1283; ebenso in einem vergleichbaren Fall O L G München v. 3.12.1997 = N Z G 1998, 350, 351; vgl. auch O L G Düsseldorf v. 29.11.2000 = N Z G 2001, 368 (Gesellschafter werden nicht für verpflichtet gehalten, im Interesse der Gläubiger den Geschäftsbetrieb fortzuführen); eventuellen Vermögensverschiebungen ist hier mit anderen Instrumenten als dem Vorwurf der Sittenwidrigkeit zu begegnen (hingewiesen wird in diesem Zusammenhang etwa auf § 25 H G B , aber auch auf die Möglichkeiten der Absichtsanfechtung nach Anfechtungsgesetz bzw. § 31 Nr. 1 K O (vgl. heute § 133 InsO). 1 0 2 0 B G H v. 19.3.1998 = N J W 1998, 2592, 2594 = ZIP 1998, 793, 795. 1 0 2 1 B G H v. 4.7.2000 = Z I P 2000, 1539; B G H v. 19.3.1998 = N J W 1998, 2592, 2594 = Z I P 1998, 793, 795 (Täuschungsabsicht oder Schädigungsvorsatz). 1 0 2 2 B G H v. 14.12.1959 = B G H Z 31, 258, 270f. = N J W 1960, 285; Baumbach/Hueck §13 Rn. 5; Ulmer in Hachenburg Anh. § 30 Rn. 32 m.w.N. 1023 Vgl. hierzu Winkler, B B 1969, 1202, 1204. 1 0 2 4 Statt aller Schiemann in Erman § 826 Rn. 14 m.w.N. 1018

1019

440

Kapitel III:

Treuepflichten im Konzern und ihre

Haftungskonsequenzen

lisierung bereits auf das Vorliegen des Schädigungsvorsatzes schließen 1 0 2 5 . D e m ist indes mit der überwiegenden Ansicht der Einwand der fehlenden methodischen Klarheit und Rechtssicherheit entgegenzuhalten 1 0 2 6 , da damit auf subjektiver Seite die Tatbestandsmerkmale bis zur „Unkenntlichkeit verdünnt" würden 1 0 2 7 . Will man ein wirksames Mittel zur Prävention der Marktteilnahme eindeutig unterkapitalisierter Gesellschaften auch außerhalb von Extremfällen finden, ist der Weg, der dahin führt, somit nicht über § 826 B G B zu finden 1 0 2 8 . ee) Verschulden bei Vertragsschluss Plädiert wird teilweise allerdings auch für eine Aufklärungspflicht bei Unterkapitalisierung und eine Vertrauenshaftung der Gesellschafter bei Nichtaufklärung 1 0 2 9 . Dass die Gesellschafter nicht an den Vertragsverhandlungen teilgenommen hätten, sei nicht maßgebend 1 0 3 0 . Die Gesellschafter könnten hier vielmehr in Anlehnung an die Rechtsprechung zur Prospekthaftung auch als „Täter hinter dem T ä t e r " in Anspruch genommen werden 1 0 3 1 . Zweifelhaft ist allerdings bereits, ob eine entsprechende Aufklärungspflicht besteht. D i e Frage, wann gegenüber einem Vertragspartner eine Pflicht zur Aufklärung über die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesellschaft bestehen, wird unterschiedlich beantwortet 1 0 3 2 . Zwar wird teilweise eine Pflicht zur Aufklärung im Falle der Unterkapitalisierung 1 0 3 3 bzw. allgemein bei Bestehen einer „bedrohlichen Vermögenssituation 1 0 3 4 bejaht. Uberwiegend wird für die Zeit vor Eintritt der Insolvenzreife eine solche Pflicht aber verneint 1 0 3 5 . In welchem U m f a n g im vorvertraglichen Bereich bzw. im Rahmen einer laufenden Geschäftsverbindung Aufklärungspflichten bestehen, lässt sich nur im k o n 1025 So etwa Banerjea, ZIP 1999,1153,1157, der dem Gesellschafter bei qualifizierter Unterkapitalisierung die Berufung darauf abschneiden will, dass er geglaubt hat, dass alles gut gehe; einen Rückschluss von der Gefährlichkeit einer Handlung auf den bedingten Vorsatz zieht allerdings auch der BGH (vgl. etwa Urt. v. 30.11.1978 = W M 1979, 229, 230); vgl. auch Boujong, GmbHR 1992, 209. 1026 Ulmer in Hachenburg Anh. § 30 Rn. 49; kritisch auch bereits Erlinghagen, GmbHR 1962, 169, 173; Erman, KTS 1959, 129, 130; Geßler, BB 1971, 665, 668; Immenga, Personalistische Kapitalgesellschaft (1970), S. 407, Kuhn, in Ehrengabe Heusinger S. 206; Einkler, BB 1969, 1202, 1294. 1027 Roth, ZGR 1993, 990, 994. 1028 Ulmer in Hachenburg, Anh § 30 Rn. 41 f.; Wüst, JZ 1995, 990, 994. 1029 So Canaris, in FS Giger S. 91, 119 ff. 1030 A.A. Ulmer, in FS Duden S. 661,668, nach dem der Gesellschafter grds. an den Vertragsverhandlungen teilgenommen haben muss. 1031 Canaris, in FS Giger S. 91 119 f. 1032 Vgl. hierzu BGH v. 23.2.1983 = B G H Z 87, 27, 34; BGH v. 27.10.1982 = WM 1982, 1322; BGH v. 25.1.1984 = WM 1984, 475, 477; BGH v. 2.3.1988 = W M 1988, 781; BGH v. 16.3.1992 = WM 1992, 735, 736; BGH v. 6.6.1994 = B G H Z 126, 181, 189; K Schmidt, GesR, §36 II 5 c; Ulmer, NJW 1983, 1577, 1578 f.; Zöllner, in Baumbach/Hueck § 43 Rn. 55 m.w.N. 1033 Ygj auch Drüke, Die Haftung der Muttergesellschaft für die Schulden der Tochtergesellschaft (1990), S. 57. 1034 Altmeppen/Wilhelm, NJW 1999, 673, 681. 1035 BGH v. 6.6.1994 = B G H Z 126, 181, 189 (grds. ablehnend); differenzierend Zöllner, in Baumbach/Hueck, 17. Aufl. § 43 Rn. 55.

§10:

Alternative

und weitergehende

Haftungsmodelle

441

kreten Fall entscheiden und ist im Einzelnen umstritten 1 0 3 6 . Allgemein wird eine Pflicht zur Aufklärung über solche Umstände angenommen, von denen erkennbar ist, das diese für den anderen Teil von wesentlicher Bedeutung sind oder sein k ö n nen, und die er sich selbst nicht oder nur unter unverhältnismäßigem Aufwand besorgen kann 1 0 3 7 , wenn der andere Teil mit Rücksicht auf Treu und Glauben darauf vertrauen durfte, aufgeklärt zu werden. I m Grundsatz gilt jedoch, dass derjenige, der einen Vertrag abschließt, zunächst einmal eigenverantwortlich sich darüber klar werden und gegebenenfalls informieren muss, welche Gefahren mit dem Vertragsschluss für ihn verbunden sind 1 0 3 8 . N u r dann, wenn die Risiken für die andere Seite offensichtlich nicht mehr abschätzbar sind, insbesondere weil es sich um G e fahren handelt, mit denen die andere Seite nicht zu rechnen braucht, darf darauf vertraut werden, dass man hierüber aufklärt wird. D a m i t soll der anderen Seite aber nicht das gesamte Vertragsrisiko abgenommen werden, weshalb insbesondere auch das Bestehen einer Konzernlage zur Begründung einer entsprechenden A u f klärungspflicht nicht ausreichen kann 1 0 3 9 . Eine Aufklärungspflicht ist nur hinsichtlich solcher Besonderheiten zu bejahen, die geeignet sind, den mit dem Vertrag verbundenen Z w e c k zu vereiteln, oder die erkennbare Gefahren für die Vertragsdurchführung beinhalten. Deswegen müssen sich die Parteien aber noch nicht allgemein über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse gegenseitig unterrichten. Dies gilt insbesondere auch, wenn einer Kapitalgesellschaft Kredit ohne Einräumung entsprechender Sicherheiten gewährt wird. Will der Kreditgeber die hiermit verbundenen Gefahren besser abschätzen, muss er sich über die Kreditwürdigkeit seiner potentiellen Schuldner informieren. Dies gilt auch dann, wenn sich die andere Seite bereits in einer angespannten oder bedrohlichen Vermögenssituation befin-

1 0 3 6 B G H v. 14.3.1991 = BB 1991, 933, 934; Emmerich, in MK, 4. Aufl. vor §275 Rn.77ff.; Wiedemann, in Soergel vor § 275 Rn. 153 ff. 1037 B G H v. 8.6.1978 = BB 1978, 1385; B G H v. 8.6.1978 = WM 1978, 1038, 1041; B G H v. 2.3.1978 = WM 1978, 723f; B G H v. 22.2.1973 = B G H Z 60, 221, 224; B G H v. 27.2.1974 = N J W 1974, 849, 851; B G H v. 14.3.1991 = BB 1991, 933, 934; B G H v. 28.9.1988 = N J W - R R 1989, 21. 1038 Emmerich, in MK, 4. Aufl. vor § 275 Rn. 77. 1 0 3 9 A.A. Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 107 ff., der meint, der Vertragspartner sei verpflichtet, über die Konzernlage, die herrschende Gesellschaft und die Art der Beherrschung aufzuklären, da aufgrund der Abhängigkeits- bzw. Beherrschungslage des Vertragspartners negative Auswirkungen auf dessen Vermögenslage zu erwarten seien, wobei er in zentralistisch organisierten Konzernen gar eine entsprechende Aufsichtspflicht des herrschenden Unternehmens über die Erfüllung dieser Pflicht in Anlehnung an § 831 B G B statuieren will; auf der anderen Seite vertritt er allerdings auch, dass die Möglichkeit der Änderung der wirtschaftlichen Lage eines Unternehmens keine besondere „Konzerngefahr" sei, da auch bei unverbundenen Unternehmen die Gefahr bestehe, dass aufgrund bestimmter Veränderungen, etwa in der Wirtschaftslage oder der Gesellschafterstruktur, sich eine von der Ausgangslage bei Vertragsschluss veränderte Situation ergeben könne, womit sich dieser Ansatz selbst den Boden zur Begründung einer entsprechenden Aufklärungspflicht entzieht; anders ist die Lage freilich zu beurteilen, wenn sich der Vertragspartner über das Bestehen einer Konzernlage besonders erkundigt (Canaris, in FS Giger S. 117; ders., in 2. FS Larenz, 93 ff.; Wiedemann, in Soergel vor § 275 Rn. 198; B G H v. 29.6.1977 = N J W 1977,1915 m.w.N.); die auf eine besondere Nachfrage hin bestehenden Auskunftspflichten dürfen aber nicht mit allgemeinen Aufklärungspflichten, die ein Vertragspartner von sich aus gewähren muss, verwechselt werden.

442

Kapitel

III:

Treuepflichten

im Konzern

und ihre

Haftungskonsequenzen

det. Auch bei einer Unterkapitalisierung kann die andere Seite noch nicht damit rechnen, hierüber aufgeklärt zu werden 1 0 4 0 . Vielmehr zeigt die Regelung der § 64 G m b H G bzw. § 92 A k t G gerade, dass die Gläubiger nur darauf vertrauen dürfen, dass sie nicht mit einer Gesellschaft in Geschäftsverbindung treten, die insolvenzreif ist. „Blindes" Vertrauen darauf, dass eine ausreichende Kapitaldecke vorhanden ist, kann zur Rechtfertigung eines Vertrauenstatbestandes nicht genügen 1041 . Soweit die Gesellschaft allerdings zahlungsunfähig bzw. überschuldet ist und die Pflicht besteht den Insolvenzantrag zu stellen, muss mit Blick auf § 64 G m b H G bzw. § 92 A k t G mit ihrem Auftreten auf dem Markt nicht mehr gerechnet werden 1 0 4 2 . Tut sie es dennoch, wird hiermit das allgemeine Geschäftsrisiko der Vertragspartner bei weitem überstiegen. Daher ist in diesem Fall aber auch die Begründung ungesicherter Neuverbindlichkeiten ohne Aufklärung über die Situation der Gesellschaft generell pflichtwidrig 1 0 4 3 . Darüber hinausgehende Auskunftspflichten bestehen allenfalls, wenn u m entsprechende Informationen gebeten wurde 1 0 4 4 . Allerdings trifft eine Pflicht zur Aufklärung grundsätzlich nur den potentiellen Vertragspartner. Dies ist allerdings die Gesellschaft, nicht aber ihre Gesellschafter. U n t e r gewissen Voraussetzungen wird bei der Verletzung von Aufklärungspflichten aber auch die Eigenhaftung eines Dritten anerkannt. Diskutiert wurde dies bislang vor allem in Bezug auf den Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft 1045 , 1040 D a f ü r allerdings Drüke, D i e H a f t u n g der Muttergesellschaft f ü r die Schulden der Tochtergesellschaft (1990) S. 54 ff.; Roth, Z G R 1993, 170, 197 f.; Weitbrecht (1990), S. 100 ff (Aufklärungspflicht, w e n n die Gesellschaft „offensichtlich k r e d i t u n w ü r d i g " ist); gegen eine allgemeine Verpflichtung z u r A u f k l ä r u n g der finanziellen Situation aber auch Ehricke, Das abhängige K o n z e r n u n t e r n e h m e n in der Insolvenz (1998), S. 109 f m.w.N.; Müller, Z I P 1993,1531,1534; anders gilt natürlich im Falle der Verletzung der Pflicht z u r richtigen A u s k u n f t im Falle der N a c h f r a g e B G H v. 29.6.1977 = N J W 1977, 1915 m.w.N.; vgl. hierzu auch Canaris, in FS Giger 117; ders., in 2. FS Larenz, 93 ff. 1041 Wüst, J Z 1995, 990, 994. 1042 e ; n e A u f k l ä r u n g s p f l i c h t im Stadium der Insolvenzantragspflicht d e m e n t s p r e c h e n d K. Schmidt, Z I P 1988, 1497, 1503 f.; N J W 1993, 2934, 2935 u n d ihm folgend Flume, Z I P 1994, 337, 338; vgl. auch B G H v. 27.10.1982 = N J W 1983, 676; O L G M ü n c h e n v. 14.7.1992 = N J W - R R 1993, 491; O L G H a m m v. 8.12.1992 = G m b H R 1993, 585; a.A. allerdings O L G Düsseldorf v. 18.11.1980 = D B 1981, 1182, 1183; Ulmer, N J W 1983, 1577, 1578 f.; f ü r eine A u f k l ä r u n g s p f l i c h t , w e n n bereits die Insolvenz d r o h t B G H v. 23.2.1983 = B G H Z 87, 27, 33; dagegen Schulze-Osterloh, in FS L u t t e r S. 707, 717, der die A u f f a s s u n g vertritt, der Vertragspartner sei d u r c h den Tatbestand des Betruges ausreichend geschützt, da mit der Vereinbarung der Vorleistung die Erklär u n g v e r b u n d e n sei, die Gesellschaft sei zur Zeit der Fälligkeit ihrer Gegenleistung zahlungsfähig. 1043 K. Schmidt, in Scholz, 9. A u f l . § 64 Rn. 69 m . w . N . (vgl. d o r t auch zu d e m Z e i t r a u m , im d e m die Voraussetzungen des § 64 G m b H G n o c h g e p r ü f t werden). 1044 I n s b e s o n d e r e besteht insoweit eine Pflicht z u r richtigen u n d vollständigen A u s k u n f t (Canaris, in FS Giger 117; ders., in 2. FS Larenz, 93 ff.; Wiedemann, in Soergel v o r § 275 Rn. 198; B G H v. 29.6.1977 = N J W 1977,1915 m.w.N.); hinsichtlich des U m f a n g s der I n f o r m a t i o n s p f l i c h t im Einzelnen ist allerdings auch insoweit auf die H ö h e des Risikos u n d die Z u m u t b a r k e i t der O f f e n l e g u n g abzustellen (K. Schmidt, in Scholz § 64 Rn. 69). 1045 Banjerjea, Z I P 1999, 1153, 1156; Müller, Z I P 1993, 1531, 1532 ff.; K. Schmidt, in Scholz, 9. Aufl. § 64 Rn. 66 ff. m . w . N .

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Haftungsmodelle

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wenn dieser ein eigenes besonderes wirtschaftliches Interesse an dem Geschäft hat oder besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch nahm. Unter diesen Voraussetzungen könnte dann aber auch eine Haftung der Muttergesellschaft in Betracht kommen 1 0 4 6 , weshalb die hier aufgestellten Haftungsvoraussetzungen etwas näher betrachtet werden sollen. Die Rechtsprechung zur Vertreterhaftung wegen wirtschaftlichen Eigeninteresses w u r d e vom Reichsgericht für die Fälle begründet, in denen der Vertreter der eigentliche Vertragsinteressent ist und nur aus formalen Gründen nicht selbst als Vertragspartei, sondern als Vertreter auftritt 1 0 4 7 . Ein lediglich mittelbares wirtschaftliches Interesse genügte nicht 1 0 4 8 . Gefordert wurde vielmehr, dass der Vertreter „gleichsam in eigener Sache" als „eigentlicher wirtschaftlicher Interessenträger" 1 0 4 9 gehandelt hat. Zwar hatte der B G H diese Rechtsprechung zunächst ausgeweitet und eine Haftung wegen eines überragenden Eigeninteresses bereits aufgrund der maßgeblichen Beteiligung an der Gesellschaft angenommen, in deren Namen die Vertragsverhandlungen geführt und dabei eine Sorgfaltspflichtverletzung begangen wurde 1 0 5 0 . Diese Rechtsprechung w u r d e alsbald aber wieder aufgegeben und kann heute als überholt angesehen werden, da man erkannt hat, dass die maßgebliche Beteiligung des Vertreters an der Gesellschaft im Hinblick auf § 13 Abs. 2 G m b H G nicht ausreichend sein kann, um dessen Haftung zu begründen 1 0 5 1 . Auch wenn neben der Kapitalbeteiligung Sicherheiten zur Absicherung von Gesellschaftsverbindlichkeiten gestellt werden, reicht dies nicht zur Begründung einer entsprechenden Haftung aus 1 0 5 2 . Solange die Gesellschaft wirtschaftlich gesund ist, ist die Gefahr, dass das zusätzlich für deren Zwecke eingesetzte Privatvermögen verloren geht, nicht gegeben und kann damit auch nicht Grundlage einer Eigenhaftung sein. Hier wird durch das besondere Interesse des kreditgebenden Geschäftsführers an dem Florieren der Gesellschaft auch kein höheres GefährZur Haftung aus Konzernvertrauen vgl. sogleich. Grundlegend RG v. 1.3.1928 =RGZ 120, 249, 252 f.; vgl. die weiteren Nachweise bei Steininger, Die Haftung des Geschäftsführers (1986), S. 53 ff.). 1048 BGH v. 23.2.1983 = ZIP 1983, 428,430; BGH v. 4.7.1983 = ZIP 1983,1061,1063; BGH v. 29.1.1992 = NJW-RR 1992, 605; BGH v. 3.10.1989 =NJW 1990, 389, 390. 1049 B G H v 29.1.1992 = NJW-RR 1992, 605. 1050 BGH v. 27.10.1982 =NJW 1983, 676; BGH v. 23.2.1983 =BGHZ 87, 27, 33 f. =NJW 1983, 1607; BGH v. 25.1.1984 = NJW 1984, 2284 m. krit. Anm. XViedemann-, anders aber BGH v. 5.7.1977 =VersR 1978, 59, 60; vgl. auch BGH v. 3.11.1976 = WM 1977,73, 76 für den Treugeber eines Gesellschafter-Geschäftsführers; zur Kritik an dieser Rechtsprechung vgl. u.a. Rehbinder, FS Robert Fischer, 1979, S. 579, 599. 1051 BGH v. 23.10.1985 = NJW 1986, 586; vgl. auch BGH v. 5.10.1988 = ZIP 1988, 1543, 1544 für den Kommanditisten und Geschäftsführer der Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG. 1052 BGH v. 6.6.1994 = BGHZ 126, 181 =NJW 1994, 2220, 2221; OLG Düsseldorf v. 31.3.1999 = NZG 1999, 944, 945; anders zuvor allerdings BGH v. 23.10.1985 = ZIP 1986, 26, 30; BGH v. 8.10.1987 = WM 1987, 1431, 1432; BGH v. 2.3.1988 = ZIP 1988, 505, 507; für den Kommanditisten einer GmbH & Co. KG bereits zuvor Urt. v. 25.1.1984 = ZIP 1984, 439, 441 f.; für den Fall, dass die Tätigkeit des Geschäftsführers auf die Beseitigung von Schäden abzielt, für die er anderenfalls von der Gesellschaft in Anspruch genommen werden könnte vgl. BGH v. 23.10. 1985 = ZIP 1986, 26,30. 1046

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III:

Treuepflichten

im Konzern

und ihre

Haftungskonsequenzen

dungspotential für die bereits vorhandenen oder durch neue Vertragsabschlüsse hinzukommenden Gesellschaftsgläubiger geschaffen 1053 . Für den Fall aber, dass die Gesellschaft in die Krise gerät und der Geschäftsführer Gesellschafter ist, werden seine Darlehen oder gleichgesetzte Leistungen, wenn sie nicht rechtzeitig abgezogen werden, den Kapitalersatzregeln unterworfen. Ein Grund, weshalb darüber hinaus eine Eigenhaftung bejaht werden sollte, ist nicht ersichtlich. Zwar greift der Hinweis auf den Kapitalersatzcharakter nicht, wenn es um Kredite und Kreditsicherheiten eines Geschäftsführers geht, der weder formal noch wirtschaftlich an der Gesellschaft beteiligt ist 1054 . Eine Gefährdung für die Gläubiger entsteht durch die Geschäftsführungsposition eines Kreditgebers aber erst, wenn die Gesellschaft in die Nähe der Insolvenz gerät 1055 . Nachdem die Rechtsprechung im Falle einer Verletzung der Insolvenzantragspflicht den Neugläubigern einen Anspruch auf vollen Ersatz des negativen Interesses gewährt 1056 , besteht aber auch in diesem Fall kein Bedürfnis mehr für eine Eigenhaftung des Geschäftsführers aus culpa in contrahendo (§§ 311 Abs. 3, 241 Abs. 2 BGB) 1057 . Vorgebracht werden gegen eine entsprechende Haftung aber auch grundsätzliche Gründe, da Zurechnungsgrund für die Eigenhaftung eines Vertreters das enttäuschte Vertrauen der Gegenseite sei, nicht aber das Streben nach wirtschaftlichen Vorteilen durch den Vertreter 1058 . Die Eigenhaftung eines Gesellschafters wegen der Inanspruchnahme eines besonderen Vertrauens könne daher nur bestehen, wenn auch ein besonderer Vertrauenstatbestand geschaffen wurde. Die Eigenhaftung eines in die Vertragsverhandlungen eingeschalteten Dritten, der in besonderem Maße persönliches Vertrauen in Anspruch nimmt, wurde mittlerweile auch vom Gesetzgeber aufgegriffen (§§280, 311 Abs. 3 S. 2, 241 Abs. 2 BGB), war aber bereits vorher im Grundsatz nahezu unbestritten 1059 . Von einem besonderen persönlichen Vertrauen lässt sich insoweit allerdings nur sprechen, wenn der Vertreter beim Verhandlungspartner ein zusätzliches, von ihm selbst ausgehendes Vertrauen auf die Vollständigkeit und Richtigkeit seiner Erklärungen hervorgerufen hat 1060 . Dies setzt mehr als die Inanspruchnahme des allgemeinen Verhandlungsvertrauens voraus, für das nur der Vertragspartner selbst einzusteSo aber Ulmer, ZIP 1993, 769, 770; dagegen Medicus, GmbHR 1993, 533, 535. Medicus, GmbHR 1993, 533, 536. 1055 BGH v. 6.6.1994 = BGHZ 126, 181 = NJW 1994, 2220, 2222; vgl. auch Canaris]Z 1993, 649, 650; Flume ZIP 1994, 337, 338 f. 1056 BGH v. 6.6.1994 = BGHZ 126,181,193 ff.; vgl. auch BGH v. 7.11.1994 = NJW 1995,398, 399; BGH v. 7.11.1994 = ZIP 1995, 124, 125. 1057 Eine Eigenhaftung des Geschäftsführers aufgrund eines wirtschaftlichen Eigeninteresses ablehnend auch BGH v. 6.6.1994 = BGHZ 126, 181, 183 ff. 1058 Ebenroth/Kräuter, BB 1990, 591; Fleck, EwiR 1990, 1218; Medicus, FS Steindorff S. 725, 734; K. Schmidt, in Scholz, 9. Aufl. § 64 Rn. 67; Steininger, BB 1986, 1045. 1059 BGH v. 5.4.1971 = BGHZ 56, 81, 87; BGH v. 21.1.1995 = BGHZ 63, 382, 384; BGH v. 17.6.1991 =NJW-RR 1991, 1241, 1242; OLG Celle v. 19.11.1993 = NJW-RR 1994,615; grundlegend Ballerstedt, AcP 150 (1950/1951), 519 und 524; Brandner, in FS Werner, 61; Steininger, Die Haftung des Geschäftsführers (1986), S. 87 ff.; vgl. auch Ulmer, in Hachenburg §64 Rn. 70; Lutter/Hommelhoff, 15. Aufl. § 43 Rn. 36 f. 1060 BGH v. 1.7.1991 =ZIP 1991, 1140, 1142 f. m.w.N. 1053 1054

§ 10: Alternative

und weitergehende

Haftungsmodelle

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hen hat 1 0 6 1 . Hier wird es sich vielmehr um Erklärungen im Vorfeld einer Garantiezusage handeln 1 0 6 2 . Die Insolvenz der Gesellschaft, über die hätte aufgeklärt werden müssen, reicht für die Schaffung eines solchen besonderen Vertrauenstatbestandes, bezogen auf die Person des Geschäftsführers oder eines anderen Vertreters, nicht aus 1 0 6 3 . Hier haftet der Geschäftsführer den Neugläubigern nur unter den Voraussetzungen des §§ 64 G m b H G , 823 Abs. 2 B G B 1 0 6 4 . Wollte man darüber hinaus eine Eigenhaftung des Vertreters begründen, müsste dies konsequenterweise immer bei Einschaltung eines Vertreters gelten, wenn der Vertragspartner durch ihn seine Aufklärungspflichten verletzt hat. Dass der Vertragsschluss unter E i n schaltung eines Vertreters dem Gläubiger im Falle der Verletzung einer Aufklärungspflicht grundsätzlich einen zweiten Schuldner verschaffen soll, ist indes nicht zu rechtfertigen und hat insbesondere auch nichts mit der Inanspruchnahme eines besonderen persönlichen Vertrauens zu tun 1 0 6 5 . Hier wurde vielmehr vom E r g e b nis her gedacht. Indes ist auch eine Schutzlücke mit der Anerkennung eines A n spruchs der Neugläubiger auf Ersatz des vollen negativen Interesses bei Verletzung der Insolvenzantragspflicht, wie gesehen, nicht mehr gegeben 1 0 6 6 . Soweit ein besonderer Vertrauenstatbestand im Einzelfall allerdings bejaht werden kann, kann dieser natürlich auch von einem herrschenden Unternehmen gesetzt worden sein, etwa wenn es als Vertreter der Tochtergesellschaft im Rahmen von Vertragsverhandlungen auftritt und dabei zum Ausdruck bringt, persönlich für die Erfüllung des Vertrages einstehen zu wollen 1 0 6 7 . Allein die auch nach außen Medicus, G m b H R 1993, 533, 537. B G H v. 6.6.1994 = B G H Z 126, 181, 189 m.w.N.; vgl. auch O L G Hamm v. 13.10.1992 = WM 1993,241, wo der Dritte erklärt hat, er verbürge sich für die Seriosität des Geschäfts; Ulmer in Hachenburg § 64 Rn. 70. 1 0 6 3 A.A. K. Schmidt, ZIP 1988, 1497, 1503; im folgend Flume, ZIP 1994, 337, 338, der den Geschäftsführer einer GmbH als deren Repräsentant immer einer Vertrauenshaftung unterziehen will, wenn dieser eine die Solvenz der Gesellschaft betreffende Informationspflicht verletzt, da die sorgfaltswidrige Verletzung einer Aufklärungspflicht über die finanzielle Unfähigkeit der Gesellschaft, die vereinbarte Vertragsleistung zu erbringen, ohne Sanktion bliebe, wenn nur die Gesellschaft selbst dafür einzustehen habe, dass ihr Geschäftsführer eine Offenbarungspflicht verletzt hat. Insoweit hebt der B G H aber zu Recht hervor, dass eine solche „Repräsentantenhaftung" mit der Haftung des Vertreters wegen Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens nichts mehr zu tun habe. „Sie wäre, da sie im praktischen Ergebnis die Konkursreife zur Haftungsvoraussetzung macht und die vorvertragliche Warnpflicht des Geschäftsführers im wesentlichen mit der Konkursantragspflicht gleichlaufen lässt (vgl. auch K. Schmidt, N J W 1993, 2934, 2935), ein im Wege der Rechtsfortbildung geschaffener Haftungstatbestand zum Zweck der Sanktion für die Fortführung einer konkursreifen GmbH. Dafür besteht neben der gesetzlichen Haftungsgrundlage der §§64 GmbHG, 823 Abs. 2 B G B weder ein Bedürfnis noch eine Legitimation" B G H v. 6.6.1994 = N J W 1994, 2220, 2222. 1 0 6 4 B G H v. 6.6.1994 = B G H Z 126, 181, 190 = N J W 1994, 2220, 2222. 1 0 6 5 Vgl. auch B G H v. 6.6.1994 = B G H Z 126, 181, 189. 1066 j ) a s Bestehen einer Aufklärungspflicht bei Unterkapitalisierung, wie sie Canaris bejaht, ist bereits grundsätzlich abzulehnen (vgl. oben S. 440). 1 0 6 7 Eine Muttergesellschaft hat insoweit allerdings keine Garantenstellung aufgrund des bestehenden Beherrschungsverhältnisses inne (a.A. Rehbinder, Konzernaußenrecht (1969), S. 338 f., da die Obergesellschaft Herr der Lage sei und Einblick in die Verhältnisse der Untergesellschaft habe, so dass sie als Vertreter Außenstehenden gegenüber eine besondere Obhuts1061

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III:

Treuepflichten

im Konzern

und ihre

Haftungskonsequenzen

kenntlich gemachte Einbindung der Tochtergesellschaft in den Konzern erlaubt indes noch keine Inanspruchnahme der Muttergesellschaft aufgrund eines etwaig bestehenden besonderen Konzernvertrauens. Zwar hat das Schweizerische Bundesgericht in einem Urteil aus dem Jahre 19941068 den Schadensersatzanspruch des Gläubigers einer insolventen Tochtergesellschaft gegen die Muttergesellschaft vor dem Hintergrund eines enttäuschten Konzernvertrauens für möglich gehalten, wenn der Gläubiger aufgrund des werbemäßigen Herausstreichens der Einbindung der Tochtergesellschaft in den Konzern darauf vertrauen durfte, dass die Muttergesellschaft für die Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit der Tochtergesellschaft einstehen werde. Hierzu hat bereits Laiier 1069 aber zu Recht feststellt, dass Vertrauen ein individueller Ansatz ist, der auch innerhalb eines Konzerns die Haftung gegenüber den Vertrauenden konzentriert und beschränkt. Je allgemeiner dieses Vertrauen konzipiert wird, desto größer wird die Gefahr, dass die Zahl der Vertrauenden unüberschaubar wird und so der individuelle Haftungsansatz in der Praxis zu einer nicht gewollten Globalhaftung mutiert. Der Begriff des Konzernvertrauens wurde von Eckhard Rebbinder in seinem Werk „Konzernaußenrecht und allgemeines Privatrecht" 1070 eher beiläufig eingeführt und später insbesondere von Wiedemann aufgenommen 1071 . Diese haben das Konzernvertrauen allerdings keineswegs in dem Sinne verstanden, dass allein die nach außen kundgemachte Einbindung in einen Konzern ausreicht, um eine Haftung der Muttergesellschaft zu begründen. Nur das „konkrete Vertrauen" soll nach Rehbinder geschützt sein. Dementsprechend weist er darauf hin, dass ohne Beteiligung an den Verhandlungen eine Haftung der Obergesellschaft auf dieser Grundlage kaum je in Betracht kommen wird 1072 . Auch allgemeine goodwill-Erklärungen und bloße Firmenähnlichkeiten reichen noch nicht für eine entsprechende Haftung aus1073. Andernfalls müsste bereits jede unechte Patronatserklärung zu einer Haftung der Muttergesellschaft führen. pflicht treffe; die Muttergesellschaft trete zwar formal als Vertreter der Gesellschaft auf, sei dabei aber in Wirklichkeit kein instruierter und an eine feste Marschroute gebundener Verhandlungsführer, sondern tatsächlich souveräner Herr der Verhandlungen; vgl. auch Ballerstedt, AcP 151, (1959/51), 521). Eine derartige Garantenstellung des herrschenden Unternehmens ist aus verschiedenen Gründen abzulehnen. Zum einen würde damit der Ausnahmecharakter der Einbeziehung Dritter in den Haftungsbereich aufgelöst, da Obergesellschaften (von den Fällen der Besetzung der Geschäftsleitung der abhängigen Gesellschaft mit Vertretern der herrschenden Gesellschaft einmal ganz abgesehen) bei jeder Einmischung in Vertragsverhandlungen die Haftung drohte, was zudem dem Grundsatz der Haftungsbeschränkung widersprechen würde. Zum anderen würde mit dem Abstellen auf die Beherrschungssituation aber auch das maßgebliche Kriterium der Haftung, die besondere Vertrauensinanspruchnahme, weitgehend ausgeblendet. 1068 Urteil vom 15.11.1994, BGE 120 II, 331 = Schweizerische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht 1995 m. Anra. Druey = AG 1996, 44. 1069 Lutter, in GS Knobbe-Keuk S. 229, 234. 1070 Rehbinder, Konzernaußenrecht (1969), S. 305 ff. 1071 Wiedemann, Die Unternehmensgruppe im Privatrecht (1988), S. 89 f. 1072 Rehbinder, Konzernaußenrecht (1969), S. 325, 334. 1073 Wiedemann, Die Unternehmensgruppe im Privatrecht (1988), S. 89 f.

§10: Alternative und weitergehende

Haftungsmodelle

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Insbesondere reicht aber der Hinweis, dass es sich um ein konzernverbundenes Unternehmen handelt, nicht aus, um eine Haftung der Konzernobergesellschaft zu begründen. Eine solche Bekanntmachung schreibt bereits das Gesetz durch die Vorschriften über die Veröffentlichung der Konzernabschlüsse vor. Aber auch allgemein gehaltene Aussagen, die darauf gerichtet sind, unmittelbar oder mittelbar das Ansehen der Gruppe und das Prestige der Muttergesellschaft auf die Tochtergesellschaft zu übertragen 1 0 7 4 genügen zur Schaffung eines entsprechenden Vertrauenstatbestandes nicht 1 0 7 5 . Sicher wird auch hier in gewissen Umfang für Vertrauen geworben und solches auch geschaffen, die Frage ist allerdings, wann dies ein M a ß annimmt, dass es rechtlich relevant wird 1 0 7 6 . So meint etwa Wiedemann,

dass, wenn die Muttergesellschaft der Tochterge-

sellschaft aus Werbegründen ihren eigenen Namen verleiht, sie sich über die R ü c k schlüsse im klaren sein müsse, die man im Geschäftsverkehr für ihre Verantwortlichkeit hieraus zieht 1 0 7 7 . Eine zulässige Firmenbildung unter Aufnahme des N a mens der Muttergesellschaft (etwa bei der Gründung einer G m b H & C o K G ) 1 0 7 8 kann indes nicht deren Haftung begründen, vorausgesetzt, die Firmen der Gesellschaften sind unterscheidbar. Diese Unterscheidbarkeit ist aber bei der Aufnahme eines Zusatzes neben dem N a m e n der Muttergesellschaft in der Firma der Tochtergesellschaft gegeben 1 0 7 9 . Mit dieser Unterscheidbarkeit ist aber für eine Haftung der Muttergesellschaft ebenso wenig R a u m wie für die Haftung einer natürlichen Person, die als Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft ihren N a m e n für die Firmenbildung überlassen hat. Daneben sind aber auch allgemein gehaltene Aussagen, wie ein „Unternehmen der X - G r u p p e " , für die Begründung eines solchen Vertrauenstatbestandes nicht ausreichend. Auch insoweit ist Lutter in jeder Hinsicht darin zu folgen, wenn er betont, dass durch die bestehenden Publizitätspflichten (vgl. etwa § 2 0 A k t G , § 2 1 W p H G , § 313 Abs. 2 H G B ) die Bekanntmachung der Konzernstrukturen nicht nur erlaubt, sondern sogar vorgeschrieben werde 1 0 8 0 . D e r Hinweis auf die Einbindung in einen Konzern entspricht „gerade der vom Gesetz gedachten Normalität und Zielrichtung" und kann damit nicht als Haftungsgrund herangezogen werden 1 0 8 1 . D a h e r können auch nur besondere Verhaltensweisen der Muttergesellschaft, etwa bei der Einbindung in die Vertragsverhandlungen der Tochtergesellschaft, die auf die Schaffung eines spezifischen Vertrauenstatbestandes gerichtet sind 1 0 8 2 , 1074 Lutter führt als Beispiele hier Wendungen wie „ein Unternehmen des X-Konzerns" aber auch die Aufnahme des Namens der Mutter in die Firma der Tochter an. 1075 Lutter, in GS Knobbe-Keuk S. 229, 236. 1076 Lutter, in GS Knobbe-Keuk S. 229, 238. 1077 Wiedemann, in FS Bärmann S. 1037, 1055 f.; ähnlich in: Die Unternehmensgruppe im Privatrecht (1988), S. 89 f. 1078 y o r jgj. Handelsrechtsreform im Jahre 1998 war die Aufnahme des Namens der Muttergesellschaft hier sogar zwingend vorgeschrieben (vgl. § 19 Abs. 2 HGB a.F.). 1079 Lutter, in GS Knobbe-Keuk S. 229, 238. 1080 Lutter, in GS Knobbe-Keuk S. 229, 239 f. 1081 Lutter, in GS Knobbe-Keuk S. 229, 240. 1082 D e n kbar w äre etwa, dass ein Vertreter der Muttergesellschaft zu den Vertragsverhand-

448

Kapitel

III:

Treuepflichten

im Konzern

und ihre

Haftungskonsequenzen

Grundlage f ü r eine H a f t u n g aus culpa in contrahendo (§§280 Abs. 1, 311 Abs. 3, 241 Abs. 2 BGB) sein 1083 , wobei auf diesem Wege natürlich nur eine Einstandspflicht der Obergesellschaft, nicht aber eine „konzernweite Einstandspflicht" ausgelöst wird 1 0 8 4 . N u r ausnahmsweise ist es denkbar, dass ein Dritter haftet, wenn er nicht persönlich, sondern ein anderer 1 0 8 5 die Vertragsverhandlungen geführt hat. Dies ist der Fall, wenn er sich nach Treu u n d Glauben das Verhalten einer weiteren Person zurechnen lassen muss, die an den Verhandlungen beteiligt war 1 0 8 6 . Die Parallele zur Prospekthaftung, die Canaris10*7 zur Begründung einer H a f t u n g der Gesellschafter als „Täter hinter dem Täter" zieht, kann insoweit allerdings nicht überzeugen. Bei der Prospekthaftung wird eine H a f t u n g der f ü r das Prospekt Verantwortlichen angenommen, da von diesen eine Entscheidungsgrundlage in den Verkehr gebracht wird, auf deren Richtigkeit und Vollständigkeit die potentiellen Anleger vertrauen dürfen 1 0 8 8 . An der Schaffung solch eines Vertrauenstatbestandes fehlt es aber gerade, wenn nicht mehr getan wird, als eine Gesellschaft zu gründen, die nicht oder nicht mehr ausreichend kapitalisiert ist. Das Kriterium der Tatherrschaft, auf das Canaris insoweit maßgeblich abstellt, kann keinesfalls ausreichende Grundlage einer Eigenhaftung der Gesellschafter sein, wie das Beispiel des Alleingesellschafter - Geschäftsführers sehr deutlich macht 1 0 8 9 . Ein hinter dem Verhandlungsführer Stehender muss sich das Verhalten desselben nach Treu und Glauben allerdings dann zurechnen lassen, wenn dieser als bloßer Strohmann fungiert hat, da der eigentlich Verantwortliche es anderenfalls in der H a n d hätte, sich der Einstandspflicht zu entziehen, indem er andere f ü r sich handeln läßt 1090 . N a c h Ehricke unterliegt ein herrschendes Unternehmen allerdings bereits dann einer Vertrauenshaftung, wenn es dem verhandelnden Geschäftsführer des abhängigen Unternehmens Weisungen erteilt hat 1091 . In diesem hingen mit der Tochtergesellschaft h i n z u t r i t t u n d zu erkennen gibt, dass man hinter der Tochtergesellschaft als solventer H e l f e r stehen wird. E n t s p r e c h e n d e s k a n n der Fall sein, w e n n die Muttergesellschaft auf eine b e s o n d e r e Q u a l i t ä t ihrer K o n z e r n l e i t u n g hingewiesen hat, a u f g r u n d derer ein D r i t t e r darauf vertrauen d u r f t e , dass ihm bei G e s c h ä f t e n mit der Tochtergesellschaft kein Schaden erwächst, u n d sie diesen selbst gesetzten Standard nicht eingehalten hat (Lutter; in GS K n o b b e - K e u k S. 229, 244); mit Druey, in FS L u t t e r S. 1069, 1080 ist es in diesem Fall auch gerechtfertigt, von einer Leitungspflicht zu sprechen, geschaffen d u r c h das z u v o r gesetzte Vertrauen in einen b e s t i m m t e n Standard e n t s p r e c h e n d e r K o n z e r n l e i t u n g . 1083 Lutter, in GS K n o b b e - K e u k S. 229, 240; sich Lutter grundsätzlich anschließend Druey, in FS L u t t e r S. 1069 ff. 1084 Hierauf weist Druey, in FS L u t t e r S. 1069, 1078 klarstellend zu der Ä u ß e r u n g von Fleischer ( Z H R 163 (1999), 461, 466) hin, dass das K o n z e r n v e r t r a u e n Folge einer (qualifizierten) Selbstdarstellung des K o n z e r n sei. 1085 Als „ A n d e r e r " gelten selbstverständlich nicht gesetzliche u n d rechtsgeschäftliche Vertreter der Muttergesellschaft, deren Verhalten sie sich bereits qua legem z u r e c h n e n lassen muss. 1086 Wiedemann, in Soergel § 2 7 5 R n . 2 1 9 ; O L G Z w e i b r ü c k e n v. 10.6.1992 = W M 1992, 1604,1607; vgl. auch O L G H a m m v. 6.11.1990 = N J W - R R 1991, 747. 1087 Canaris, in FS Giger S. 91 119 f. 1088 Vgl. zu den Einzelheiten Kiethe, Z I P 2000, S. 216 ff. 1089 Wiedemann, in Soergel v o r § 275 Rn. 219. 1090 Ebxicke, D a s abhängige K o n z e r n u n t e r n e h m e n in der Insolvenz (1998), S. 127. 1091 Uhriches A n s a t z ist vor d e m H i n t e r g r u n d seiner Ansicht zu verstehen, der Vertragspart-

§10:

Alternative

und weitergehende

Haftungsmodelle

449

Fall müsse sich das Mutterunternehmen das Verhalten des Geschäftsführers nach Treu und Glauben zurechnen lassen 1092 , da es im Falle der Weisungserteilung die Erklärung beherrscht habe und somit ein „Strohmanneffekt" vorläge 1093 . Die Erteilung einzelner Weisungen macht den Geschäftsführer indes noch nicht zum Strohmann der Gesellschafter bzw. eines herrschenden Unternehmens, auch wenn sie sich auf konkrete Geschäfte beziehen 1 0 9 4 . Im Gegenteil entspricht die Weisungserteilung der grundsätzlichen Vorstellung des Gesetzes. Eine Rechtsbeziehung der Gesellschafter gegenüber den Gesellschaftsgläubigern wird hierdurch nicht begründet 1 0 9 5 . ff) Die Verpflichtung zur Liquidation im Vorfeld der Insolvenzreife Nicht zu begründen ist z u m Schutz vor unterkapitalisierten Gesellschaften aber auch eine Pflicht zur Liquidation der Gesellschaft im Vorfeld der Insolvenzreife 1096 . Zur Begründung einer Pflicht bedarf es eines besonderen Verpflichtungsgrundes. Das Gesetz statuiert eine Pflicht zur Liquidation mit Blick auf das Schutzbedürfnis der Gläubiger der Gesellschaft aber erst mit Eintritt der Voraussetzungen des § 64 Abs. 1 G m b H G (§ 92 Abs. 2 A k t G ) auf Seiten des Geschäftsführers. Aus der Einberufungspflicht der Gesellschafterversammlung nach § 49 Abs. 3 G m b H G bei Verlust der Hälfte des Stammkapitals 1 0 9 7 lässt sich eine Verpflichtung der Gesellschafter zur vorherigen Liquidation nicht herleiten. N a t ü r ner sei verpflichtet, ü b e r die Konzernlage, die h e r r s c h e n d e Gesellschaft u n d die A r t der Beherrschung a u f z u k l ä r e n , w o b e i auch die K o n z e r n m u t t e r hafte, w e n n sie z w a r nicht selbst an den Vertragsverhandlungen teilgenommen, aber hierfür d e m v e r h a n d e l n d e n G e s c h ä f t s f ü h r e r des abhängigen U n t e r n e h m e n s Weisungen erteilt habe. In diesem Fall sei die herrschende Gesellschaft der D r i t t e , der weisungsabhängige G e s c h ä f t s f ü h r e r aber der Vierte, dessen Verhalten sich das M u t t e r u n t e r n e h m e n a u f g r u n d seiner Weisungsgebundenheit nach Treu u n d G l a u b e n z u rechnen lassen müsse. D a m i t w ü r d e im Fall, dass ein weisungsabhängiger G e s c h ä f t s f ü h r e r den Vertragspartner nicht ü b e r die K o n z e r n l a g e aufkläre, die dies anweisende M u t t e r neben der abhängigen Gesellschaft aus culpa in c o n t r a h e n d o haften. Allerdings n u r soweit, als diese tatsächlich die E r k l ä r u n g beherrscht habe, da anderenfalls der „ S t r o h m a n n e f f e k t " nicht vorläge (Ehricke, Das abhängige K o n z e r n u n t e r n e h m e n in der Insolvenz (1998), S. 128 f., allerdings auch u n t e r H i n w e i s auf die praktischen Schwierigkeiten hinsichtlich der Beweisbarkeit entsprechender Weisungen). Ein G r u n d , weshalb der G e s c h ä f t s f ü h r e r n u r bei der Weisung, nicht ü b e r die K o n z e r n l a g e a u f z u k l ä r e n , die Stellung eines S t r o h m a n n e s haben sollte, bei anderen Weisungen indes nicht, ist nicht ersichtlich, weshalb bei Z u g r u n d e l e g u n g dieser Ansicht ein G e s c h ä f t s f ü h rer d u r c h eine k o n k r e t e Weisungserteilung i m m e r z u m S t r o h m a n n w ü r d e . 1092 Ehricke, Das abhängige K o n z e r n u n t e r n e h m e n in der Insolvenz (1998), S. 128, f ü r den Fall, dass nicht ü b e r die K o n z e r n l a g e aufgeklärt w u r d e ( f ü r den Fall der u n z u r e i c h e n d e n Kapitalausstattung lehnt Ehricke a.a.O. S. 109 f. eine A u f k l ä r u n g s p f l i c h t allerdings ab). 1093 Ehricke, Das abhängige K o n z e r n u n t e r n e h m e n in der Insolvenz (1998), S. 128, der allerdings s o d a n n selbst einräumt, dass es hier an der S t r o h m a n n s t e l l u n g des Sachwalters fehlt, er die eigentlichen Schwierigkeiten mit diesem Lösungsansatz aber vor allem im prozessualen Bereich u n t e r d e m G e s i c h t s p u n k t der Beweisschwierigkeiten sieht. 1094 Z u m Fall, dass die Muttergesellschaft selbst z u m faktischen G e s c h ä f t s f ü h r e r w i r d vgl. oben S. 396 ff. 1095 Z u r Möglichkeit einer h i e r d u r c h verursachten Treuepflichtverletzung des h e r r s c h e n d e n Gesellschafters gegenüber seiner Gesellschaft vgl. aber o b e n S. 274 ff. 1096 So aber Roth, Z G R 1993, 170 196. 1097 E n t s p r e c h e n d e s gilt nach § 92 A b s . 1 A k t G bei der Aktiengesellschaft.

450

Kapitel III:

Treuepflichten im Konzern und ihre

Haftungskonsequenzen

lieh hat die Einberufung auch den Sinn, im Interesse der Gesellschaft den Gesellschaftern Gelegenheit zu geben, Maßnahmen zu ergreifen, die die finanzielle Situation der Gesellschaft verbessern, oder die Gesellschaft zu liquidieren. Damit wird aber noch keine Verpflichtung zur Liquidation begründet, ebenso wenig wie eine Verpflichtung, der Gesellschaft neues Eigenkapital zuzuschießen 1 0 9 8 . Auch die mitgliedschaftliche Treuepflicht lässt sich zur Begründung einer entsprechenden Pflicht nicht fruchtbar machen. Aufgrund der Treuepflicht sind die Gesellschafter verpflichtet, den Zweck der Gesellschaft zu fördern. D u r c h die Auflösung der Gesellschaft ist dies nicht möglich 1 0 9 9 . D i e mitgliedschaftliche Förderpflicht kann auf der anderen Seite selbst bei streng personalistisch ausgestalteten Gesellschaften aber auch nicht zu einer Nachschusspflicht für den Fall einer qualifizierten Unterkapitalisierung umgedeutet werden. Dies widerspricht der deutlichen Entscheidung des Gesetzgebers, auf eine Nachschusspflicht im Gesellschaftsrecht gerade zu verzichten 1 1 0 0 und sich auf Regeln zur Kapitalerhaltung zu beschränken. gg) Die Treuepflicht der Gesellschafter im Falle einer materiellen Unterkapitalisierung der Gesellschaft Wie bereits an anderer Stelle hervorgehoben wurde, liegt ein Verstoß gegen die mitgliedschaftliche Förderungpflicht allerdings vor, wenn die Gesellschafter die Geschäftsführung veranlassen, ein Geschäft abzuschließen, dass das Risiko einer Bestandsgefährdung der Gesellschaft in sich trägt 1 1 0 1 . J e stärker eine Gesellschaft unterkapitalisiert ist, desto eingeschränkter ist aber der Spielraum des Risikos, das bei Abschluss eines Geschäftes eingegangen werden darf, da berücksichtigt werden muss, dass die Gesellschaft unmittelbar insolvent werden könnte, wenn eine „Störung" auftritt 1 1 0 2 . Dies muss ein Geschäftsführer berücksichtigen, will er nicht gegen seine der Gesellschaft gegenüber bestehenden Sorgfaltspflichten verstoßen. D a m i t ist aber auch eine Weisung der Gesellschafter, trotzdem ein entsprechendes Geschäft abzuschließen, treuwidrig und zieht bei Verwirklichung des R i sikos entsprechende Schadensersatzpflichten der Gesellschafter nach sich. Bei krasser Unterkapitalisierung bleibt damit, außer der Untätigkeit, rein tatsächlich nur der Weg, die Gesellschaft zu liquidieren oder zu sanieren 1 1 0 3 . Daraus, dass die Vgl. hierzu bereits oben S. 433 ff. A.A. wohl Roth, Z G R 1993, 170, 202. 1100 Eine Nachschusspflicht besteht im Gesellschaftsrecht grundsätzlich nicht (vgl. bereits §707 BGB). 1 , 0 1 Vgl. hierzu bereits oben S. 275 f. 1102 Im Ergebnis, so auch die Vertreter der Organhaftungstheorie, vgl. Altmeppen, ZIP 1999, 881, 882, wenngleich dieses Ergebnis mit der Pflicht zur ordnungsgemäßen Geschäftsleitung begründend (vgl. hierzu bereits oben S. 211 ff.). 1103 Ahnlich, allerdings von einem anderen Haftungsgrund ausgehend, Altmeppen, ZIP 2001, 1837, 1846: „Die Haftung bezieht sich insbesondere nicht auf das „Unterlassen" von Eigenkapitalzufuhr, sondern allein auf dieses gröblich sorgfaltswidrige, die Gläubigerinteressen verletzende Betreiben von Geschäften zum Nachteil des konkret vorhandenen Gesellschaftsvermögens, dessen Schutz entweder Eigenkapitalzufuhr, Betriebseinstellung oder gegebenenfalls Beschränkung oder Änderung des Unternehmensgegenstandes verlangt hätte"; in der Begründung einer Unterlassungspflicht hinsichtlich solcher Eingriffe in das Vermögen oder die 1098 1099

§10: Alternative und weitergehende

Haftungsmodelle

451

Liquidation bzw. die Sanierung die einzig zulässigen Möglichkeiten des Handelns darstellen, ergibt sich aber noch keine dahingehende Verpflichtung. Ein Schutz derjenigen, die mit der Gesellschaft trotz dieser Situation in Unkenntnis der finanziellen Lage Geschäfte abschließen, wird aber dadurch gewährleistet, dass bei Verwirklichung des Insolvenzrisikos der Insolvenzverwalter die Schadensersatzansprüche der Gesellschaft gegen die Gesellschafter bzw. den Geschäftsführer geltend zu machen hat. Dass auf diesem Weg etwaigen Deliktsgläubigern kein Anspruch gegen die G e sellschafter verschafft werden kann, kann nicht als entscheidender Nachteil des hier vertretenen Ansatzes angesehen werden 1 1 0 4 . Einen besonderen Schutz, nicht der deliktischen Handlung einer finanzschwachen oder gar insolventen Person ausgesetzt zu werden, kann unser Rechtssystem grundsätzlich nicht liefern.

Zusammenfassung

zu §10

Soweit zur Lösung der Konzernproblematik und dem Schutz der Außenseiter weitere Haftungsansätze vorgestellt wurden, können diese nur in Teilbereichen überzeugen. Ein der Treuepflichthaftung allgemein überlegener Haftungsansatz ist hierbei nicht zu finden. Allerdings kann eine weitergehende Haftung des herrschenden Unternehmens zu bejahen sein, wenn es im Einzelfall die Stellung eines faktischen Geschäftsführers übernommen hat. In diesem Fall steht auch die M ö g lichkeit einer Haftung für Unterlassungen im Hinblick auf im öffentlichen Interesse normierte Pflichten im Raum. Hierfür bedarf es allerdings einer vollständigen bzw. nahezu vollständigen Verdrängung des tatsächlich bestellten Geschäftsleitungsorgans bei der Entscheidungsfindung für die abhängige Gesellschaft durch das herrschende Unternehmen. D i e Verletzung der Pflicht des ordentlich bestellten Geschäftsführers zur ordnungsgemäßen Geschäftsleitung kann indes nicht als Grundlage einer Anstifterhaftung des herrschenden Gesellschafters herangezogen werden, weshalb auch der Auffassung, nachdem Ansprüchen wegen Treuepflichtverletzung neben dieser bereits gesetzlich normierten Haftung keine Bedeutung z u k o m m e , eine klare Absage zu erteilen ist. Eine Anstifterhaftung k o m m t nur in Betracht, wenn ausnahmsweise das herrschende Unternehmen die Geschäftsleitung dazu aufgerufen hat, ein Schutzgesetz zu verletzen. D i e grundsätzliche Überlegenheit des Treuepflichtansatzes zeigt sich vor allem, wenn es um die Bewältigung der Probleme der Unterkapitalisierung geht. D i e Erkenntnis, dass sich der Geschäftsumfang einer Gesellschaft an der Kapitalausstattung ausrichten muss, liegt der gesamten Diskussion zur Unterkapitalisierung zu-

Geschäftschancen, die die Finanzkraft der abhängigen Gesellschaft zerstören, erkennt Luttermann., B B 2001, 2433, 2435 auch den Sinngehalt des Bremer-Vulkan-Urteils. 1 1 0 4 So Banerjea, ZIP 1999, 1153, 1156 gegen den Ansatz einer Anspruchsbegründung aus Verschulden bei Vertragsschluss.

452

Kapitel

III:

Treuepflichten

im Konzern

und ihre

Haftungskonsequenzen

gründe 1 1 0 5 . Aus dieser Erkenntnis lässt sich zum Schutz zukünftiger Gesellschaftsgläubiger aber noch keine Pflicht zur ausreichenden Kapitalausstattung außerhalb der gesetzlichen Regelungen ableiten. Die insoweit maßgebliche Frage liegt indes auch nicht darin, wie die Geschäfte einer Gesellschaft zu finanzieren sind, sondern bereits, eine Stufe vorher, bei der Frage, ob ein Geschäft unter Berücksichtigung der bestehenden Finanzlage überhaupt zulässig ist. Ist ein Geschäft mit Blick auf die schwache Finanzausstattung einer Gesellschaft zu risikoreich, weil damit die Gefahr einer Bestandsgefährdung einhergeht, darf es nicht abgeschlossen werden. Damit reduziert sich der Spielraum der Handlungsmöglichkeiten der Geschäftsführer wie der Gesellschafter im Rahmen ihrer Weisungstätigkeit aber sehr schnell und tendiert bei krasser Unterkapitalisierung gar gegen Null. Wird hiergegen verstoßen, macht sich die Geschäftsleitung bzw. machen sich bei Weisungserteilung der oder die Gesellschafter der Gesellschaft gegenüber schadensersatzpflichtig. Damit wird mittelbar auch dem Schutz (potenzieller) Gläubiger Rechnung getragen, die außerhalb eines Insolvenzverfahrens sich entsprechende Ansprüche der Gesellschaft pfänden und überweisen lassen können, wenn sie durch einen solchen Geschäftsabschluss einen Schaden dadurch erlitten haben, dass die Gesellschaft ihre Pflichten nicht mehr erfüllen kann. Der Konstruktion einer allgemeinen Durchgriffshaftung bedarf es hierfür nicht. Soweit die Lösung der sich hier stellenden Probleme über die Durchgriffshaftung neuerdings wieder vermehrt befürwortet wird 1 1 0 6 , geschieht dies auf der Grundlage einer stark von der amerikanischen Durchgriffshaftung inspirierten Vorstellung, die von dem Wunsch beseelt ist, schutzwürdige Gläubiger nicht mit einer illiquiden Gesellschaft allein zu lassen. Dieser Ansatz baut auf der Vorstellung einer Gesellschaft als bloßem Konstrukt der Gesellschafter zur eigenen Risikominimierung und Arbeitserleichterung auf, die, sobald sie nicht interessengerecht funktioniert, wieder hinwegzudenken ist. Dabei wird verkannt, dass die „rechtliche Schöpfung" der juristischen Person durchaus in der Lage ist, interessengerechte Lösungen zu liefern, wenn man sie konsequent anwendet und ihre Eigenständigkeit insbesondere auch gegenüber den Gesellschaftern achtet. Dies setzt jedoch voraus, dass die hier geschaffene Abstraktionshöhe im Innenverhältnis nicht negiert wird, indem man sie zum bloßen Arbeitsmittel der Gesellschafter degradiert. Nur unter dieser Voraussetzung hat man ein in sich geschlossenes System zur Hand, dass keinen der Beteiligten am Markt unsachgemäß benachteiligt. Insbesondere verschont man aber ein Rechtssystem mit einer Durchgriffshaftung, die, wie die amerikanischen Erfahrungen gezeigt haben, zwar sehr an Einzelfallgerechtigkeit interessiert ist, das Wort systematisch indes schwerlich verdient. Hiermit zwingt man den Rechtsanwender vielmehr, sich auf vage 1 1 0 7 bzw. nichtssagen-

Vgl. nur Stimpel, in FS Goerdeler S. 601, 607; vgl. auch B S G v. 1.2.1996= ZIP 1996,1134. Vgl. oben S. 208, 429 ff. 1107 Matheson/Raymond B. Eby, Washington Law Review Association 2000,147 ff. m.w.N.; für das englische Recht vgl. auch Gower, Principles of Modern Company Law, 6. Aufl., S. 171. 1105

1106

§10: Alternative und weitergehende

Haftungsmodelle

453

de Worthülsen zurückziehen 1 1 0 8 , die als Begründung für einen Haftungsdurchgriff bestenfalls wenig hilfreich sind und all zu oft den Problembereich noch verworrener machen 1 1 0 9 .

1108 Vgl. etwa Kinney Shoe Corp. V. Polan 939 F.2d (4th Cir. 1991), 209, 210: das Gericht bezeichnete hier die abhängige Gesellschaft als „transparent shell"; häufig wird auch davon gesprochen, dass die Tochtergesellschaft nur „mere sham" bzw. „alter ego" einer anderen Gesellschaft gewesen sei (vgl. nur Blumberg, The Law of Corporate Groups: Tort, Contract, and Other Common Law Problems in the Substantive Law of Parent and Subsidiary Corporations S. 123) oder bloßes Mittel (instrumentality) der herrschenden Gesellschaft, ihre Ziele durchzusetzen (Robert B. Thompson, Piercing the Corporate Veil: An Empirical Study, 76 Cornell L. Rev. (1991), 1036,1037). 1109 Vgl Franklin A. Gevurtz, Oregon Law Report (1997) S. 853, 855 f.; vgl. auch Robert B. Thompson, Piercing the Corporate Veil: An Empirical Study, 76 Cornell L. Rev. (1991), 1036: „The law in this area has not crystallized. Cases results are very fact specific, and the fact patterns that causes a court to pierce or not to pierce are not cleary unterstood. The area of uncertainty is broad enough that litigants have continued to bring a large number of cases".

Kapitel IV:

Die Haftung zwischen gleichgeordneten Unternehmen im Konzern Bevor rechtsvergleichend die Lage in England betrachtet wird, ist abschließend in diesem ersten Teil der Arbeit noch auf ein Problem einzugehen, dem in der Diskussion um die Haftung im Konzern bislang relativ geringe Beachtung geschenkt wurde1: der Haftung zwischen gleichgeordneten Konzernunternehmen. Sobald ein Unterordnungskonzern bejaht werden kann, was aufgrund des überaus weiten Unternehmensbegriffs der herrschenden Meinung2 sehr schnell der Fall ist, wird die Frage nach dem Rechtsverhältnis zwischen in einem Konzern verbundenen gleichgeordneten Unternehmen häufig nicht mehr gestellt, weshalb es nicht verwundert, dass man insoweit gar von einem „rechtlichen Niemandsland" 3 bzw. einer „terra incognita" spricht4. Dies hängt mit der, lange Zeit die Diskussion beherrschenden, spezifisch konzernrechtlich unterlegten Haftungsbegründung des Einmanngesellschafters zusammen sowie der gängigen Konzernrechtssystematik, die Unterordnungs- und Gleichordnungskonzerne gegenüberstellt, ohne zu berücksichtigen, dass auch in ein und derselben Unternehmensgruppe sowohl Gleich- als auch Unterordnungsverhältnisse vorkommen 5 . Mittlerweile lassen sich allerdings auch Stimmen vernehmen, die darauf hinweisen, man werde auf längere Sicht nicht mehr daran vorbeikommen, einen Zugriff der Gläubiger auch auf Schwestergesellschaften im Konzern zu ermöglichen, wenn das Haftungspolster des schuldnerischen Unternehmens zugunsten der Schwester ausgehöhlt wurde und das herrschende Unternehmen nicht zahlen kann6. Auch der B G H hat vor einiger Zeit den Anschein erweckt, dass er dem Modell einer Haftung zwischen gleichgeordneten Unternehmen nicht mehr gänzlich ablehnend gegenübersteht7. 1 Vgl. allerdings die Entscheidungen des B G H v. 19.1.1993 = B G H Z 121, 137 ff (WAZ/GfB) als neueres Beispiel einer Entscheidung, bei der ein Gleichordnungskonzern angenommen wurde; zu älteren Beispielen aus der Rechtsprechung vgl. Gromann, Gleichordnungskonzerne (1979), S. 10 ff. 2 Vgl. nur B G H v. 29.3.1993 = B G H Z 122, 123 (TBB); B G H v. 13.12.1993 = N J W 1994, 446 (ED V-Peripherie) 3 Theisen, Der Konzern, 2. Aufl. (2000), S. 77. 4 K. Schmidt, Z H R 155 (1991), 417 ff.; vgl. unlängst auch Raiser, in FS Ulmer S. 493 („ungelöstes Problem des deutschen Gesellschafts- und Konzernrechts"). 5 K. Schmidt, Z H R 155 (1991), 417, 421. 6 Drygala, Der Gläubigerschutz bei der typischen Betriebsaufspaltung (1991), S. 119ff.; Raiser, Z G R 1995, 156, 161 \Stimpel, in FS Goerdeler S. 601, 611; skeptisch allerdings Hommelhoff, Z G R 1994, 395, 398. 7 So meinte er in seinem Urteil vom 13.12.1993 = N J W 1994, 446 (EDV-Peripherie), dass es

§11: Der

Gleichordnungskonzern

455

U m das Verhältnis zwischen gleichgeordneten Unternehmen zu beleuchten, soll zunächst allerdings der gängigen Unterscheidung zwischen der Rechtslage in Gleichordnungs- und der in Unterordnungskonzernen gefolgt und getrennt die Haftung in einem reinen Gleichordnungskonzern und zwischen gleichgeordneten Unternehmen eines Unterordnungskonzerns untersucht werden. O b diese Unterscheidung haftungsrechtliche Relevanz besitzt, wird sich dabei ergeben.

§11: Der Gleichordnungskonzern Ein Gleichordnungskonzern liegt vor, wenn rechtlich selbständige Unternehmen, ohne voneinander abhängig zu sein, unter einheitlicher Leitung zusammengefasst sind (§18 Abs. 2 AktG) 8 . Die praktische Relevanz von Gleichordnungskonzernen ist im Verhältnis zu Unterordnungskonzernen, schon aufgrund des weiten Unternehmensbegriffs der herrschenden Meinung, bislang als gering einzustufen 9 . In einigen Bereichen hat allerdings auch er bereits durchaus Bedeutung erlangt. So weisen etwa Lutter/Drygala darauf hin, dass Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit vermehrt dazu übergehen, sich als Gleichordnungskonzerne zusammenzuschließen. Ebenso wird auch bei der Betriebsaufspaltung häufig ein Gleichordnungskonzern vorliegen, wenn die Leitung der Besitz- wie auch der Betriebsgesellschaft durch den oder die personenidentischen Gesellschafter des aufgespaltenen Unternehmens erfolgt 10 . 1) Formen Die Grundlage der einheitlichen Leitung in einem Gleichordnungskonzern kann rein tatsächlicher, aber auch vertraglicher Natur sein 11 . Ein Gleichordnungsvertrag stellt allerdings keinen Unternehmensvertrag i.S.d. A k t G dar 12 . Hier wird vielangesichts der Haftung des alleinigen Gesellschafters in dem zugrundeliegenden Fall einer Entscheidung darüber, ob bei einer „qualifizierten Gleichordnung" eine Verlustgemeinschaft und damit letztlich ein Haftungsverbund zwischen den von einer natürlichen Person beherrschten Gesellschaften bestehe, nicht bedürfe, da dies „jedenfalls keinen Grund darstellen (würde), den Gesellschafter aus seiner Verantwortung gegenüber den Gläubigern und etwaigen Minderheitengesellschaftern zu entlassen". 8 B G H v. 8.12.98 = DB 1999, 421 = ZIP 1999, 331. 9 Bayer, in MK zum A k t G § 18 Rn. 49; Koppensteiner, in KK § 18 Rn. 11; LutterlDrygala, ZGR 1995, 557; vgl. allerdings auch B G H v. 19.1.1993 = B G H Z 121, 137, 146 ff.; B G H v. 8.12.1998 = DB 1999, 421. 10 Altmeppen, in Roth/Altmeppen, 4. Aufl. Anh. § 13 Rn. 12; vgl. in diesem Zusammenhang auch Drygala, Der Gläubigerschutz bei der typischen Betriebsaufspaltung (1991), S. 85; ders., ZIP 1992,1630; ders., N J W 1995, 3237, 3238; K. Schmidt, Z H R 1991,429 f.; für eine Einordnung als qualifiziert faktischer Konzern in aller Regel allerdings G. Kaiser, N J W 1995, 1804; vgl. zum Ganzen auch Zöllner in Baumbach/Hueck Anhang I Rn. 95 m.w.N. 11 Ausführlich zur Entstehung vgl. Milde, Der Gleichordnungskonzern im Gesellschaftsrecht (1996), S. 104 ff. 12 Gromann, Gleichordnungskonzerne (1979), S. 229 f.; Hommelhoff, Konzernleitungs-

456

Kapitel

IV: Die Haftung

zwischen

gleichgeordneten

Unternehmen

im

Konzern

mehr regelmäßig eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts in Form einer Innengesellschaft vorliegen 1 3 . Auch die Gestaltungsformen eines faktischen Gleichordnungskonzerns sind vielfältig. Das Merkmal der einheitlichen Leitung ist das einzige organisationsrechtliche Element, das den Gleichordnungskonzern ausmacht 1 4 . Dabei muss die einheitliche Leitung keineswegs durch ein extra hierfür geschaffenes Leitungsorgan ausgeübt werden 1 5 . So können etwa mehrere Unternehmen von identischen Gesellschaftern geleitet werden, denen die Unternehmenseigenschaft fehlt 1 6 . Im Falle, dass die Gesellschafter keine eigene Leitungsmacht entfalten, kann die Abstimmung auch mittels personeller Verflechtung der Leitungsorgane oder regelmäßiger Abstimmung der verantwortlichen Unternehmensleiter ohne Gleichordnungsvertrag erfolgen 1 7 . Liegt die Leitung eines Unternehmens in der Hand eines anderen, wird in der Regel 1 8 allerdings ein Unterordnungskonzern vorliegen 1 9 . Dies zeigt die Bedeutung der Frage auf, ob die einheitliche Leitung durch ein Unternehmen erfolgt oder nicht 2 0 , und erklärt, weshalb der Unternehmensbegriff auch als „Schlüsselbegriff" des gesamten deutschen Konzernrechts gilt 21 . Auch wenn die Diskussion um den Unternehmensbegriff bereits seit Jahrzehnten geführt und teilweise gar als unergiebig eingestuft wird, kommt man an ihr spätestens bei der Entscheidung der Frage, ob ein Gleichordnungskonzern vorliegt, aber nicht mehr vorbei. Dies gilt umso mehr, wenn führende Gesellschaftsrechtler pflicht (1982), S. 389; Hüffer, A k t G § 291 Rn. 34; Koppensteiner, in K K § 291 Rn. 78; Milde, Der Gleichordnungskonzern im Gesellschaftsrecht (1996), S. 229; bereits in der Regierungsbegründung wurde festgestellt, dass „...ein solcher Vertrag kein Beherrschungsvertrag (ist), weil die Gesellschaft in einem solchen Gleichordnungskonzern selbst an der Willensbildung des Leitungsorgans beteiligt ist und ihr daher nicht die mit einem Beherrschungsvertrag verbundenen Gefahren drohen" (abgedruckt bei Kropff, S. 377). 13 Zum Abschluß des Gleichordnungsvertrages vgl. Altmeppen, in M K zum A k t G §§291 Rn. 213. 14 Vgl. auch Regierungsbegründung abgedruckt bei Kropff, S. 33. 15 B G H v. 8.12.1998 = D B 1999, 421; B G H v. 19.1.1993 = B G H Z 121, 137, 146f m.w.N.; Hüffer, A k t G § 18 Rn. 13 und 20; Emmerich, in Emmerich/Habersack, § 18 Rn. 30. 16 Auch auf der Grundlage einer Gewinngemeinschaft i.S. d. § 292 I Nr. 1 A k t G kann ein Gleichordnungskonzern entstehen, wenn die Zusammenarbeit zwischen mehreren Unternehmen zur Erzielung eines möglichst hohen Gesamtgewinns dazu führt, dass ohne gegenseitige Abhängigkeit der Beteiligten eine einheitliche Leitung der verbundenen Unternehmen begründet wird ( H ü f f e r , AktG § 292 Rn. 5). 17 Bayer, in M K zum A k t G § 18 Rn. 57; Lütter/Drygala, Z G R 1995, 557. 18 Auf die Möglichkeit, dass sich ein Unternehmen rein tatsächlich der Leitung eines andern unterstellt, wies allerdings Emmerich noch in der 1. Aufl. von Emmerich/Habersack (§18 Rn. 23) hin. 19 K. Schmidt, Z H R 155 (1991), 417, 423 ff.; Wellkamp, D B 1993, 2517, 2518. 2 0 Insbesondere im Zusammenhang mit der ¿4wfo&ratt-Entscheidung des B G H ( B G H v. 16.9.1985 = B G H Z 95, 330 = N J W 1986, 188) wurden Bedenken an der Einordnung der dort verbundenen Unternehmen als Unterordnungskonzern laut (vgl. insb. K. Schmidt, Z H R 155 (1991), 417, 432 ff.; ders., ZIP 1991, 1325, 1326 im Anschluss an Ehlke, D B 1986, 523, 524; mit dieser Frage beschäftigen sich auch die Beiträge von Wellkamp, D B 1993, 2517; Lutter/Drygala, Z G R 1995, 557). 2 1 Vgl. nur K. Schmidt, GesR § 31 II 1; vgl. bereits Bayer, in M K zum AktG § 15 Rn. 7.

5 11: Der

Gleichordnungskonzern

457

wie K. Schmidt im weiten Unternehmensbegriff der herrschenden Meinung gar den Grund für die lange Zeit in die falsche Richtung gehende Konzernrechtsprechung 2 2 überhaupt sehen 2 3 . Vor dem Hintergrund der Änderung dieser Rechtsprechung, könnte auch der „Berechtigung" dieses weiten Unternehmensbegriffs die Grundlage entzogen sein.

2) Der

Unternehmensbegriff

Julius von Gierke hatte noch versucht, einen für die gesamte Wirtschafts- und Rechtswissenschaft einheitlichen Unternehmensbegriff zu statuieren 24 . Derartige Versuche können heute als gescheitert angesehen werden. Vielmehr entspricht es allgemeiner Ansicht, dass der Begriff des Unternehmens, mit dem man sich sowohl unter handels-, wirtschafts- als auch steuerrechtlicher Sicht befassen muss, keineswegs in jedem Rechtsgebiet gleich verstanden wird und sogar innerhalb eines Gesetzes unterschiedliche Bedeutung erlangen kann. Auch innerhalb des Aktiengesetzes wird der Begriff des Unternehmens nicht gleich verwendet. So wird etwa in § 3 1 A k t G der Begriff des Unternehmens zur Bezeichnung eines Objekts verwandt 2 5 , wohingegen in den §§ 15 ff. A k t G mit Unternehmen überwiegend der Rechtsträger gemeint ist. Dies folgt bereits daraus, dass insoweit von „rechtlich selbständigen" Unternehmen gesprochen wird. Auch ist nur ein Rechtsträger fähig, beherrschenden Einfluss auszuüben 2 6 . Indes wird auch in den § § 1 5 ff. A k t G der Begriff des Unternehmens nicht nur in diesem Sinne verstanden. So spricht etwa § 16 A k t G zum einen von den Anteilen, die einem Unternehmen gehören und zum anderen von dem Einzelkaufmann als Inhaber des Unternehmens. Dennoch wird bereits in der Regierungsbegründung der Einzelkaufmann ausdrücklich auch als Unternehmen qualifiziert 27 . Damit verwendet bereits der Gesetzgeber diesen Begriff in einem doppelten Sinne. Der Unternehmensbegriff kann insoweit nur als Uberbegriff verstanden werden, mit dem sowohl ein Rechtsträger als auch eine Rechtseinheit als Zuordnungsobjekt der von einem Unternehmer verwendeten sachlichen und persönlichen Mittel gemeint sein kann. Weitgehend Einigkeit besteht daher heute auch darüber, dass für die Frage, welche Bedeutung man dem Unternehmensbegriff zumisst, es ganz maßgebend auf den Sinn der einzelnen Normen bzw. den Sinnzusammenhang eines Rechtsgebiets ankommen muss 28 . Vor dem Hintergrund der Erkenntnis, dass nicht nur der U n ternehmensbegriff im allgemeinen, sondern auch der Unternehmensbegriff im Recht der verbundenen Unternehmen nur normspezifisch zu erfassen ist, wird es Dies gilt zumindest für die Rechtssprechung vor Bremer Vulkan. Vgl. Karsten Schmidt, Z H R 1991, 417, 432 expliziert am Autokran-Fall des B G H . 24 Julius von Gierke, Z H R 111 (1948), 1 ff. 25 Koppensteiner; in K K § 15 Rn. 8. 26 Koppensteiner, in K K § 15 Rn. 9 m.w.N.; auch die Vorschriften der §§311 ff., 56 I, 71 d; 136 II, 89 II AktG gehen von dem Unternehmen als Träger von Rechten und Pflichten aus. 2 7 Abgedruckt bei Kropjf, S. 27 a.E. 28 Rittner, Wirtschaftsrecht (1987), § 7 Rn. 1. 22 23

458

Kapitel IV: Die Haftung zwischen gleichgeordneten

Unternehmen im Konzern

bereits als dogmatisch fragwürdig angesehen, wenn man nach „einem konzernrechtlichen Unternehmensbegriff" sucht 2 9 . Uberwiegend wird auch zwischen herrschenden und abhängigen Unternehmen bei der Begriffsbestimmung differenziert 3 0 . D e r Begriff des abhängigen Unternehmens, der nach ganz herrschender Meinung „in denkbar umfassendster Weise" zu verstehen ist 3 1 , bereitet in der R e gel aber keine Schwierigkeiten 3 2 . Im Zentrum des Interesses steht vielmehr die Frage, wann man von einem herrschenden Unternehmen sprechen kann 3 3 .

a) Herkömmliche

Begründungsansätze

D e r Aktiengesetzgeber von 1965 nahm „angesichts der großen praktischen Schwierigkeiten", die er mit einer B e s t i m m u n g des Unternehmensbegriffs verknüpft sah, von dem Versuch, einen solchen zu definieren, Abstand 3 4 , weshalb vor allem in der Zeit nach Inkrafttreten des Aktiengesetzes eine heftige D i s k u s sion hierüber geführt wurde. D i e s e Diskussion wird, o b w o h l n o c h nicht gänzlich abgeklungen 3 5 , heute in wesentlichen Punkten als überholt angesehen. So sollte nach dem funktionalen U n t e r n e h m e n s b e g r i f f jeder Gesellschafter, der für die Gesellschaft marktstrategisch plant und entscheidet, allein hierdurch bereits Unternehmensqualität i.S. des K o n z e r n r e c h t s erlangen 3 6 . D a m i t wären auch G e sellschafter, die eine Gesellschaft zu beherrschen vermögen und sich dabei unternehmerisch gebärden, als konzernrechtliches U n t e r n e h m e n zu behandeln gewesen. Ausschlaggebend für diese Begriffsbestimmung waren zwar teleologische Gesichtspunkte, da man den Z w e c k des Gesetzes darin erkannte, die Interessen der Minderheitsaktionäre und der Gesellschaftsgläubiger zu schützen. E n t s c h e i dend gegen diesen Ansatz spricht indes, dass nicht jede planende und leitende Tätigkeit bereits zur B e j a h u n g der Unternehmenseigenschaft eines Rechtsträgers ausreichen kann. Andernfalls müsste jeder Mehrheits- oder Alleingesellschafter, der auf die Geschäftsführung des U n t e r n e h m e n s Einfluß nimmt, als U n t e r n e h men angesehen werden. E s ist indes nicht Z w e c k des K o n z e r n r e c h t s , einen A k -

Anders allerdings K. Schmidt, AG 1994, 189, 191 ff. Würdinger, in Großkommentar vor § 15 Rn. 3; Luchterhandt, ZHR 132 (1969), 149, 153; Koppensteiner, in KK, § 15 Rn. 10, 53; ders., ZHR 131 (1968), 289, 307; a.A. Nordmeyer, Der Unternehmensbegriff im Konzernrecht (1970); W. Müller, in Wirtschaftsprüfer-Handbuch S. 127 ff. 31 Als potentiell abhängiges Unternehmen kommt nach ganz herrschender Ansicht jedwede rechtlich verselbständigte Unternehmensform in Betracht, wobei es, anders als für den Begriff des herrschenden Unternehmens, aber nicht als entscheidend angesehen wird, ob ein Interessenkonflikt auftreten kann (Bayer, in MK zum AktG § 15 Rn.47f. m.w.N.); vgl. hierzu noch unten S. 462. 32 Emmerich, in Emmerich/Habersack § 15 Rn. 25. 33 Koppensteiner, in KK §15 Rn. 53; etwas ausführlicher zum abhängigen Unternehmen Herrnring, Der Unternehmensbegriff im Aktiengesetz vom 6.9.65 (1970), S. 97 ff.; Würdinger, in FG Kunze S. 178 ff. 34 Regierungsbegründung, abgedruckt bei Kropff, S. 27. 35 Vgl. etwa Milde, Der Gleichordnungskonzern im Gesellschaftsrecht (1996), S. 9 ff. 36 So ursprünglich Brauksiepe, BB 1966, 869; Kropff, BB 1965, 1281, 1284; Möhring, NJW 1967, 1; Rasch, Deutsches Konzernrecht, 2. Aufl. (1955), S. 23 ff. 29 30

§11: Der

Gleichordnungskonzern

459

tionär allein aufgrund seiner Beteiligung z u m U n t e r n e h m e n zu stempeln. Vielmehr ist unabhängig von dem Verhalten gegenüber dem U n t e r n e h m e n , an dem er beteiligt ist, seine Unternehmensqualität zu ermitteln 3 7 . Vor allem ist dieser A n satz aber auch nicht mit der Definition des G l e i c h o r d n u n g s k o n z e r n s in §18 Abs. 2 A k t G vereinbar, da diese zeigt, dass allein die Leitung den Leitenden n o c h nicht z u m U n t e r n e h m e n macht 3 8 . A u c h wird der Zweck der konzernrechtlichen Regelung verkannt, der maßgeblich darin besteht, die Minderheitsgesellschafter u n d Gläubiger vor fremdunternehmerischen Aktivitäten eines herrschenden Gesellschafters u n d d e m daraus resultierenden Interessenkonflikt zu schützen 3 9 . Z u m Ausgleich von Schäden, die durch Privataktionäre erfolgen, ist demgegenüber die nicht konzernrechtliche Vorschrift des § 117 A k t G bestimmt 4 0 . Im Ü b rigen fehlt es aber auch an handhabbaren Kriterien, eine „strategisch planende" von der bloß den Besitz verwaltenden Beteiligung abzugrenzen 4 1 . Im Gegensatz zum funktionellen Unternehmensbegriff wurde von den Vertretern des institutionellen Unternehmensbegriffs, ausgehend vom Handelsrecht, das Vorhandensein eines eigenen Geschäftsbetriebs bzw. ein Mindestmaß an institutioneller Einrichtung verlangt 42 . Uneinigkeit bestand dabei aber darüber, ob die Schaffung einer derartigen Einrichtung bereits f ü r sich genommen zum Vorliegen eines Unternehmens führt 4 3 oder ob sie die Grundlage für eine Betätigung außerhalb der Gesellschaft darstellen muss 4 4 . Letztgenannte Auffassung setzt das konzernrechtliche U n t e r n e h m e n weitgehend mit dem handelsrechtlichen Gewerbebetrieb gleich 45 . Vorzugswürdig ist an dem institutionellen Unternehmensbegriff sicher, dass er seine Kriterien unabhängig von den Beziehungen des in Frage stehenden Rechtssubjekts zu dem von ihm beherrschten U n t e r n e h m e n gewinnt 4 6 . Auch die Kritik, dass hier der Regelungszweck des Gesetzes außer Acht gelassen würde, kann allenfalls f ü r die Variante gelten, die die Schaffung einer entsprechenden Einrichtung bereits ausreichen läßt, um von einem U n t e r n e h m e n sprechen zu können 47 . 37

Koppensteiner; in KK § 15 Rn. 11, 14, 23 m.w.N. Koppensteiner, in KK § 15 Rn. 17; Luchterhand, Z H R 131 (1968), 149, 162. 39 Haesen, Der Abhängigkeitsbericht im faktischen Konzern (1970), S. 9; Werner, JuS 1977, 141, 143; Koppensteiner, in KK § 15 Rn. 17 m.w.N. 40 Zöllner, Z G R 1976, 1, 7; Hefermehl, in GS Geßler S. 203. 41 Hohrmann, Der Staat als Konzernunternehmen (1983), S. 22. 42 Bolsenkötter, DB 1967 1098; Jahnherg/Schlaus, Die A G 1967, 33, 37 f.; Luchterhandt, Z H R 132, 149 ff.; Müller/Rieker, W p G 1967, 197, 201; D. Schäfer, BB 1966, 229 und N J W 1967, 1741. 43 So Schäfer, N J W 1967, 1741; Müller/Rieker, W P G 1967, 197; Raisch, JZ 1966, 549, 555; Godin/Wilhelmi, § 15 Rn. 2. 44 Bolsenkötter, DB 1967, 1098, 1101; Leo A G 1965, 352, 353; Nordmeyer, Der Unternehmensbegriff im Konzernrecht (1970), S. 78 ff. 45 Leo, A G 1965, 352, 354; Bolsenkötter, DB 1967, 1098, 1101; Luchterhandt, Z H R 132 (1969), 132, 155 f. 46 Milde, Der Gleichordnungskonzern im Gesellschaftsrecht (1996), S. 18. 47 So etwa Schäfer, N J W 1967, 1741; Müller!Rieker, W P G 1967, 197; Raisch, JZ 1966, 549, 555. 38

460

Kapitel IV: Die Haftung

zwischen

gleichgeordneten

Unternehmen

im

Konzern

Indes bedarf es grundsätzlich keines Gewerbebetriebes oder eines bestimmten Grades an institutioneller Organisation, um ein Unternehmen annehmen zu können 48 . Gegen Ersteres spricht bereits, dass auch bei Freiberuflern i.d.R. eine wirtschaftliche Betätigung vorliegt, die zu einem Interessenkonflikt führt, wie er für die gesetzliche Regelung maßgebend war. Hier die historisch begründete Ausgrenzung der Freiberufler aus dem Gewerbebegriff zum Anlass zu nehmen, diese Gruppe aus dem Unternehmensbegriff auszunehmen, ist mit dem Schutzzweck des Gesetzes unvereinbar, da kaum bestreitbar sein dürfte, dass auch Angehörige freier Berufe mit Gewinnerzielungsabsicht arbeiten 49 . Auch ist es sicher nicht sachgerecht, allein aus der Tatsache, dass das Aktienrecht dem Handelsrecht entstammt 5 0 , zu folgern, dass dort das Unternehmen des Kaufmanns als Handelsgewerbe bezeichnet werde, weshalb ein Vorverständnis des Gesetzgebers dahingehend anzunehmen sei, dass er nur Gewerbebetriebe als Unternehmen ansehen wollte 51 . Hätte der Gesetzgeber eine solche Intention gehabt, hätte er den Begriff des Gewerbes verwenden können 5 2 . Zwar mag sein, dass er nicht alle denkbaren Formen der unternehmerischen Betätigung in sein Kalkül mit aufgenommen hat, dies bedeutet aber nicht, dass sie von der Regelung nicht erfasst werden können, soweit der Wortlaut der Vorschrift einer entsprechenden Ausdehnung nicht entgegensteht. Die Tatsache, dass der Gesetzgeber den Unternehmensbegriff bewusst offen gelassen hat 53 , spricht gegen das enge Verständnis des institutionellen Unternehmensbegriffs, weshalb auch die Vertreter dieses Ansatzes ihre Ansicht, der Unternehmensbegriff beschränke sich auf die Ausübung von Gewerben, teilweise wieder revidieren, wenn es um die Einbeziehung von Freiberuflern geht 54 . Aber auch dem Ansatz, der ein Mindestmaß an institutioneller Einrichtung für die Bejahung eines Unternehmens verlangt, kann nicht gefolgt werden. Es lässt sich bereits keine in der Praxis handhabbare Formel dafür finden, was an betrieblicher Einrichtung notwendig ist, um von einem Unternehmen sprechen zu können 55 . Auch ohne jede Form der Einrichtung (lässt man nicht bereits den Brief48 Krieger, in Münchner H a n d b u c h des Gesellschaftsrechts, Band 4, § 68 Rn. 6 (S. 902) m.w.N.; a.A. nun Milde, der das Vorliegen eines in kaufmännischer Weise eingerichteten G e schäftsbetriebs verlangt, um von einem Unternehmen sprechen zu können. 49 Koppensteiner, in K K § 15 Rn. 20. 5 0 Von 1897 bis 1937 war das Aktienrecht im H G B , vorher (seit 1850) im A D H G B geregelt. 51 So aber Milde, D e r Gleichordnungskonzern im Gesellschaftsrecht (1996), S. 35 f. 52 Milde, D e r Gleichordnungskonzern im Gesellschaftsrecht (1996), S. 36, meint, der Gesetzgeber wollte nicht nur Handelsgewerbe mit seiner Regelung erfassen, sondern alle Gewerbe und hätte deshalb nicht den Begriff des Handelsgewerbes, sondern den Begriff des Unternehmens benutzt. Wäre dies die Intention des Gesetzgebers gewesen, so hätte er aber ohne weiteres den Begriff des Gewerbes benutzen können und nicht, wie er es getan hat, den des Unternehmens, auf dessen nähere Definition er zudem ausdrücklich verzichtet hat (dass dies ein Einwand ist, der seiner Argumentation entgegengehalten werden kann, räumt auch Milde, Der Gleichordnungskonzern im Gesellschaftsrecht (1996), S. 40 f., ein). 5 3 Vgl. Regierungsbegründung abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz S. 27. 5 4 Vgl. etwa Milde, D e r Gleichordnungskonzern im Gesellschaftsrecht (1996), S. 46, der insoweit zugibt, dass eine solche Auslegung der „bewußten Enthaltsamkeit" des Gesetzgebers im Hinblick auf eine Definition des Unternehmensbegriffs zuwider laufen würde. 55 Zöllner, Z G R 1 9 7 6 , 1 , 1 0 ; Koppensteiner, in K K § 15 Rn. 18.

§11: Der

Gleichordnungskonzern

461

kästen einer Wohnung und ein H a n d y ausreichen) kann einer unternehmerischen Betätigung nachgegangen werden. Beispielhaft sei eine Fallkonstellation herangezogen, die einem vor nicht allzu langer Zeit ergangen Urteil des O L G Frankfurt zugrunde lag 56 . Hier wurde eine. private limited Company von drei Piloten geführt, die die Geschäfte von ihrem Wohnsitz bzw. ihren unterschiedlichen Aufenthalten in verschiedenen Ländern aus führten. D e r Alleingesellschafter nahm die aktuellen Firmenunterlagen stets mit sich. „Erreichbar" war die Gesellschaft über die als „Repräsentanz" der Gesellschaft bezeichnete Wohnung der Freundin des Alleingesellschafters, w o dieser seinen Lebensmittelpunkt hatte. Eine derartige Fallgestaltung kann sicher als Ausnahme angesehen werden. Sie macht aber deutlich, dass eine bestimmte institutionelle Einrichtung kein maßgebliches Abgrenzungskriterium für die Frage sein kann, ob man es mit einem Unternehmen zu tun hat oder nicht 5 7 . Vor diesem und dem Hintergrund der Erkenntnis, dass dem Aktiengesetz selbst kein einheitlicher Unternehmensbegriff zugrunde liegt 5 8 , und daher für die B e stimmung des Unternehmensbegriffs vor allem die Orientierung am Gesetzeszweck maßgebend sein muss 5 9 , wird nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des B G H und der herrschenden Lehre für einen eingeschränkt funktionalen U n ternehmensbegriff eingetreten. D e r Grundstein für dieses Verständnis wurde vom B G H 1977 im Veba/Gelsenberg-\Jrtei\

gelegt 60 , indem er sich für eine nach Art

und Z w e c k der einzelnen Vorschriften differenzierende Auslegung des Unternehmensbegriffs aussprach 6 1 . Als maßgeblich wurde angesehen, dass „der Gesetzgeber Vorschlägen, Großaktionäre auch ohne weitere Anforderungen den für mögliche Herrschaftsträger aufgestellten Vorschriften ganz oder teilweise zu unterwerfen, ... nicht gefolgt ist" 6 2 . D a m i t wurde der sogenannte

Privatgesellschafter

insoweit aus dem Anwendungsbereich ausgeklammert 6 3 , da bei diesem die Gefahr, dass er die Rechte aus der Beteiligung zum Nachteil der Gesellschaft einsetzt, nicht

Urteil v. 23.6.1999 = RIW 1999, 783 = ZIP 1999, 1710 (OLG Frankfurt). Auch gibt es auf der anderen Seite Vereinigungen wie etwa Sportvereine oder Stiftungen, die, trotz der vorhandenen organisatorischen Strukturen, nicht als Unternehmen qualifiziert werden können. 58 Statt aller Koppensteiner, in KK § 15 Rn. 9. 59 Koppensteiner, in KK § 15 Rn. 11 m.w.N. 60 BGH v. 13.10.1977 = BGHZ 69, 334,337 ff. (VEBA/Gelsenberg); BGH v. 19.9.1994 = ZIP 1994, 1690, 1692 (Freiberuflerkonzern) =NJW 1994, 3288, 3290 m.w.N.; aus dem Schrifttum vgl. nur Hüffer, § 15 Rn. 7 f.; Koppensteiner, in KK § 15 Rn. 22; Lutter ZHR 151 (1987), 451; Timm, NJW 1992, 2185, 2188; Krieger, in Münchner Handbuch Band 4 §68 Rn. 8 jeweils mit w.N.; kritisch allerdings Müller, Wpg. 1978, 61; Wiedemann/Martens, AG 1976, 197, 232; Zö'11ner, ZGR 1976, 1,24. 61 Anders noch BGH v. 21.1.1965 = BGHZ 43,108,111, wo der BGH als Unternehmer noch denjenigen bezeichnet, der eigene Erwerbszwecke im Wirtschaftsleben verfolgt. 62 BGH v. 13.10.1977 = B G H Z 69, 334, 337 ff. unter Bezugnahme auf die Regierungsbegründung zu §§ 20, 21 AktG, abgedruckt bei Kropff, S. 41 f. 63 Anders noch der Vorschlag von Flume, Grundfragen der Aktienrechtsreform, 1960, S. 45 f., nachdem der Anwendungsbereich des Konzernrechts auf jede herrschende Person erstreckt werden sollte. 56 57

462

Kapitel

IV: Die Haftung

zwischen

gleichgeordneten

Unternehmen

im

Konzern

in g l e i c h e r W e i s e w i e b e i e i n e m U n t e r n e h m e n s g e s e l l s c h a f t e r d r o h t 6 4 . D i e s e r G e s e t z e s z w e c k w u r d e z u m M i t t e l p u n k t der A u s l e g u n g u m den U n t e r n e h m e n s b e g r i f f g e m a c h t 6 5 u n d f o r t a n b e t o n t , dass, da die a u f d e n § § 1 5 ff. A k t G

aufbauenden

§§ 2 9 1 - 3 2 7 A k t G vor allem z u m Schutz vor den mit einer K o n z e r n e i n b i n d u n g typ i s c h e n G e f a h r e n k o n z i p i e r t s e i e n , a u c h d e r B e g r i f f des ü b e r g e o r d n e t e n U n t e r n e h m e n s in d i e s e m Z u s a m m e n h a n g a u s g e l e g t w e r d e n m ü s s e 6 6 . A u s d i e s e m G r u n d sind nach mittlerweile ständiger höchstrichterlicher R e c h t s p r e c h u n g aber Gesells c h a f t e r a u c h i m m e r d a n n als U n t e r n e h m e n i.S. des § 1 7 A k t G a n z u s e h e n , w e n n sie a u ß e r h a l b d e r G e s e l l s c h a f t u n t e r n e h m e r i s c h e I n t e r e s s e n v e r f o l g e n , die s t a r k g e n u g s i n d , die e r n s t e B e s o r g n i s z u b e g r ü n d e n , dass sie d e s w e g e n z u m N a c h t e i l d e r G e s e l l s c h a f t h a n d e l n w e r d e n 6 7 . D a s S c h r i f t t u m ist d i e s e m A n s a t z w e i t g e h e n d g e f o l g t 6 8 . W i e s t a r k die i n s o w e i t m a ß g e b l i c h e n I n t e r e s s e n b i n d u n g e n sein m ü s s e n , ist im E i n z e l n e n allerdings umstritten69. E i n i g k e i t b e s t e h t i n s o w e i t , als es a u f die R e c h t s f o r m des U n t e r n e h m e n s g e s e l l schafters nicht a n k o m m e n kann, weshalb nicht nur Kapitalgesellschaften, sondern

Ausschussbericht zu den §§ 20, 21, abgedruckt bei Kropff, A k t G S. 41 f. Koppensteiner, K K § 15 Rn. 11. 6 6 Vgl. nur Koppensteiner, in K K § 15 Rn. 11. 6 7 B G H v. 8.5.1979 = B G H Z 74, 359, 364f (WA2); B G H v. 16.2.1981 = B G H Z 80, 69, 72 (Süssen); B G H v. 29.9.1982 = B G H Z 85, 84, 90 f. (ADAC); B G H v. 16.9.1985 = B G H Z 95, 330, 337 (Autokran); B G H v. 23.9.1991 = B G H Z 115, 187, 190 (Video); B G H Urteil v. 29.3.1993 = B G H Z 122, 123, 126 ff. (TBB); B G H v. 13.12.1993 = Z I P 1994, 207, 208 (ETC); und v. 19.9.1994 = ZIP 1994, 1690, 1692; B G H v. 25.11.1996 = ZIP 1997, 416, 417; B G H v. 2.10.2000 = N Z G 2001, 126, 127; K G Beschl. v. 6.4.1979 = Die A G 1980, 78; W u W / E O L G 1967, 1971 f.; O L G Köln v. 2.5.1990 = W M 1990, 1993, 1995; O L G Düsseldorf v. 16.10.1990 = Die A G 1991, 106, 108; O L G Saarbrücken v. 22.9.1992 = Z I P 1992, 1623, 1624; möglicherweise einen funktionalen Ausreißer bildet B G H v. 22.4.1991 = B G H Z 114, 203, 210, wonach die Unternehmensqualität einer G b R auch bei der Beteiligung an einer einzigen A G zu bejahen ist, wenn bei ihr das unternehmerische Interesse ihrer Gesellschafter in der Weise durchschlägt, dass sie sich über das bloße Halten der Aktien hinaus, hinsichtlich dieser Beteiligung wirtschaftlich planend und entscheidend betätigt. Wörtlich genommen wäre bei dieser Betrachtung von G b R und Gesellschaftern nicht einmal mehr erforderlich, dass die Gesellschafter selbst noch einer anderweitigen unternehmerischen Bindung unterliegen (das fordert allerdings die einzige Belegstelle des B G H Geßler, in Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff AktG § 1 5 Rn.41). Gegen eine solche Interpretation auch O L G Stuttgart v. 7.5.1992 = A G 1992, 459, 460; B G H v. 23.9.1991 = B G H Z 115,187; vgl. aber auch B A G v. 3.9.1998 = ZIP 1999, 24, der eine Person als Unternehmen ansah, weil diese neben der Leitung einer O H G auch die Leitungsmacht über eine als Betriebsgesellschaft gegründete G m b H hatte. Auf Bedenken in der Literatur, dass bei einer Betriebsaufspaltung ein Interessengegensatz nicht besteht (vgl. etwa Drygala, Gläubigerschutz bei der typischen Betriebsaufspaltung (1991), S. 86) wird nicht eingegangen (Drygala, a.a.O., S. 124 ff. will hier die Haftung auf das Gesellschaftsvermögen der Besitzgesellschaft beschränken). 68 Koppensteiner, in K K § 15 Rn. 22 ff.; H uff er, § 15 Rn. 9; Ulmer in Hachenburg Anh. § 77 R n . 2 2 ; Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 2 II; Emmerich, in Emmerich/Habersack, § 1 5 Rn. 8 ff., Lutter/Timm, B B 1978, 836, 837 f. 6 9 Vgl. etwa Baumbach/Hueck, § 15 Rn. 4; Hefermehl, in FS Geßler S. 213 f, Herrnring, Der Unternehmensbegriff im Aktiengesetz vom 6.9.1965 (1970), S. 69 ff., die eine leitende Einwirkung verlangen; anders die wohl überwiegende Meinung: vgl. Koppensteiner, in K K § 15 Rn. 22; Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 2 II 2, Lutter/Timm, B B 1978, 836, 837 (jeweils m.w.N.), die eine maßgebliche Beteiligung an einem anderen Unternehmen genügen läßt. 64 65

§ 11: Der

Gleichordnungskonzern

463

auch Einzelkaufleute oder Personengesellschaften Unternehmen in diesem Sinne sind 70 . Die Unternehmenseigenschaft wird auch nicht an den anderweitigen Betrieb eines Handelsgewerbes geknüpft, sie kann auch in freiberuflicher Tätigkeit begründet sein 71 . Auch die öffentliche Hand wird weitgehend als tauglicher Unternehmensträger angesehen 72 . Nach Ansicht der Rechtsprechung reicht es auch, dass ein Gesellschafter Prokurist in einem anderen Unternehmen ist, in dem der tatsächliche Einfluss über das formal im Besitz der Ehefrau des Prokuristen stehende Unternehmen materiell vom Prokuristen ausgeübt wird 7 3 . Auch ist eine formale Gesellschafterstellung nicht unbedingt erforderlich, um von einem herrschenden Unternehmen sprechen zu können. Vorausgesetzt wird nur, dass es sich um ein Unternehmen handelt, das spezifisch gesellschaftsrechtliche - nicht etwa bloß wirtschaftliche Macht über eine Gesellschaft hat und ausübt. Dabei genügt es aber auch, dass der als herrschendes Unternehmen in Betracht kommenden Person die entsprechende Rechtsstellung eines Dritten zuzurechnen ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn ein Dritter seine Beteiligung treuhänderisch für ein Unternehmen verwaltet. Äußerst problematisch erscheint im Hinblick auf die notwendigerweise vorzunehmende Abgrenzung zwischen Unter- und Gleichordnungskonzern allerdings die Ansicht, bereits die maßgebliche Beteiligung an einem anderen Unternehmen reiche zur Begründung der Unternehmenseigenschaft eines Gesellschafters aus 74 . Dabei genüge eine gesellschaftsrechtlich vermittelte beständige und umfassende Möglichkeit zur Einflussnahme, wie sie etwa dann besteht, wenn eine Hauptversammlung erfahrungsgemäß so besucht ist, dass eine unter 5 0 % liegende Beteiligung eines Großaktionärs ausreicht, um für einen längeren Zeitraum Beschlüsse mit einfacher Mehrheit durchzusetzen 7 5 . Entsprechendes gelte, wenn das Abstimmungsverhalten mehrerer an einer Tochtergesellschaft beteiligter Familienmitglieder koordiniert ist 7 6 . Bei Stimmrechtskonsortien oder Familienverbänden wird auch darauf abgestellt, ob ein Mitglied der fraglichen Gruppe bereits Unternehmensqualität besitzt und seinen Einfluss mittels der Gruppe bis zu der kritischen

B G H v. 23.9.1991 = B G H Z 115, 187, 189 ff.; B G H v. 29.3.1993 = B G H Z 122, 123, 127. B G H V. 19.9.94 = Z I P 1994, 1690, = A G 1995, 35 ( F r e i b e r u f l e r - K o n z e r n II); B G H v. 27.3.1995 = D B 1995, 1120 (Freiberufler-Konzern III). 72 So bereits B G H v. 13.10.1977 = B G H Z 69, 334 ( V e b a / G e l s e n b e r g ) ; ausführlich hierzu Koppensteiner, in K K § 15 Rn. 39 ff.; ders., Z G R 1979, 91; Kropff, Z H R 144 (1980), 74; Lutter/ Grunewald, W M 1984, 385 alle mit weiteren Nachweisen. 73 B G H v. 16.9.1985 = B G H Z 95, 330 (Autokran). 7 4 B G H v. 13.12.1993 = N J W 1994, 446; B G H v. 5.11.1997 = B G H Z 135, 107, 113 = N J W 1997, 1855 (Volkswagen). 7 5 B G H v. 5.11.1997 = B G H Z 135, 107, 114; B G H v. 18.6.2001 = B G H Z 148, 123 = B B 2001, 1597, 1598; einen maßgeblichen Einfluß auf die Besetzung der Leitungsorgane und der Gewinnverteilung des anderen Unternehmens ohne Mehrheitsbeteiligung ausreichen lassend, auch Krieger in Münchner Handbuch des Aktienrechts § 68 Rn. 8; Koppensteiner, in KK § 15 Rn. 28. 7 6 B G H v. 18.6.2001 = B B 2001, 1597, 1598. 7 7 O L G Hamm V. 2.11.2000 = A G 2001, 146, 147; O L G Hamburg v. 3.8.2000 = N Z G 2001, 471,473. 70 71

464

Kapitel IV: Die Haftung zwischen gleichgeordneten

Unternehmen

im Konzern

Grenze verstärken kann 77 . Nach teilweiser Auffassung sollen sogar Sperrminoritäten oder gar noch niedrigere Beteiligungen hier ausreichen78. Auch eine Zwischenholding soll nach weitgehender Auffassung zumindest dann als Unternehmen zu qualifizieren sein, wenn sie multiple maßgebliche Beteiligungen verwaltet 79 . Körperschaften des öffentlichen Rechts wird bereits dann die Unternehmensqualität zugesprochen, wenn sie lediglich ein in privater Rechtsform organisiertes Unternehmen beherrschen, da sie sich in diesem Fall nicht nur von den typischen Aktionärsinteressen, sondern auch von anderen Interessen, nämlich solchen, die aus ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgabe herrührten, leiten ließen 80 . Ebenso werden Gewerkschaften 81 und gar Religionsgemeinschaften82 mittlerweile wegen der Gefahr einer nachteiligen Einflussnahme als Unternehmen in diesem Sinne angesehen. b) Der organisationsrechtliche

Ausgangspunkt

Mülberts

Neuen Aufwind hat die Diskussion um den Unternehmensbegriff durch einen Beitrag Mülberts aus dem Jahre 1999 erfahren83. Er kritisiert, dass der Unternehmensbegriff der herrschenden Auffassung allein auf der schutzrechtlichen Komponente des Rechts der verbundenen Unternehmen basiere. Man müsse jedoch erkennen, dass dieser auch eine organisationsrechtliche Seite gleichwertig gegenüberstehe84. Dabei sei die Schutzrechtskomponente gar eine Konsequenz der Organisationsrechtskomponente, da die Etablierung einer Konzernorganisation erst konzernrechtliche Schutzbestimmungen notwendig mache, die die vermögensmäßigen Auswirkungen des für eine abhängige AG geltenden besonderen Regelungsstatuts auf die außenstehenden Aktionäre und Gläubiger kompensieren85. Erst durch die Qualifikation als Unternehmen erhalte der herrschende Gesellschafter die Möglichkeit, die Gesellschaft im Rahmen des § 311 AktG zu beeinflussen oder gar mit ihr einen Beherrschungsvertrag abzuschließen. Dieses Primat des Konzernorganisationsrechts habe sich allerdings noch nicht auf die rein schutzrechtliche Ausformung des Unternehmensbegriffs ausgeweitet. Ein die „Politik des Konzernrechts" verwirklichender Unternehmensbegriff müsse aber diesem funktionalen Vorrang der organisationsrechtlichen Komponente korrespondieren86.

78 Windbichler, in GK § 15 Rn. 38 ff.; gegen die Unternehmenseigenschaft eines Mehrheitsaktionärs, der zugleich Vorstandvorsitzender ist und Beteiligungen von 9 % bzw. 15 % an deren Tochtergesellschaften hält, in denen er zugleich Vorsitzender des Aufsichtsrats ist, aber B G H v. 18.6.2001 = BB 2001, 1597. 79 Koppensteiner, in KK §15 Rn. 35; Emmerich, in Emmerich/Habersack §15 Rn. 16 f. m.w.N. 80 BGH v. 17.3.1997 = BGHZ 135, 107, 113 f.; O L G Celle v. 12.7.2000 = ZIP 2000, 1981. 81 Hüffer, AktG § 15 Rn. 13. 82 Vgl. Krieger, in Münchner Handbuch des Aktienrechts § 68 Rn. 12. 83 Vgl. MUlbert, ZHR 1999, 1 ff. 84 Mülbert, ZHR 163 (1999), 1,21 m.w.N. 85 Mülbert, ZHR 163 (1999), 1, 28. 86 Mülbert, ZHR 163 (1999), 1,28.

§11: Miilbert

Der

465

Gleichordnungskonzern

unterscheidet in seiner U n t e r s u c h u n g ü b e r den B e g r i f f des „ ü b e r g e o r d -

neten U n t e r n e h m e n s " statusdefinierende, r e c h t s f o l g e n o r m i e r e n d e und p r o z e s s k o n trollierende N o r m e n . Statusdefinierend seien die f o r m a l e n

Definitionsnormen,

r e c h t s f o l g e n o r m i e r e n d , die N o r m e n , die auf den § § 1 5 ff. A k t G aufbauend an den Status als v e r b u n d e n e s U n t e r n e h m e n etc. b e s t i m m t e R e c h t s f o l g e n k n ü p f e n . P r o z e s s k o n t r o l l i e r e n d seien schließlich diejenigen R e g e l u n g e n , die einzelne A n f o r d e r u n gen an die O r g a n i s a t i o n s a k t e , die eine U n t e r n e h m e n s v e r b i n d u n g erstmalig b e g r ü n den o d e r u m s t r u k t u r i e r e n , treffen 8 7 . D a r a n a n k n ü p f e n d wird ein am G e s e t z e s z w e c k orientiertes, sehr differenziertes S y s t e m v o n U n t e r n e h m e n s b e g r i f f e n

entwickelt.

E n t s p r e c h e n d den V e r w e n d u n g s z u s a m m e n h ä n g e n k o m m t der A u t o r zu drei B e g r i f f s f u n k t i o n e n . So versteht er als U n t e r n e h m e n i.S.d. § 2 9 1 A b s . 1 S. 1 1. A l t , § 311 A b s . 1 A k t G einen R e c h t s t r ä g e r mit anderweitiger u n t e r n e h m e r i s c h e r B e t ä t i g u n g . G l e i c h e s gilt für den U n t e r n e h m e n s b e g r i f f in den § § 1 8 A b s . 1 S. 1 , 1 . H S , 2 9 1 A b s . 1 S. 1 , 2 . A l t A k t G s o w i e für die E i n g l i e d e r u n g und den T e i l g e w i n n a b f ü h r u n g s v e r t r a g . B e i G l e i c h o r d n u n g s k o n z e r n e n und G e w i n n g e m e i n s c h a f t e n soll der U n t e r n e h m e n s begriff als „ U n t e r n e h m e n s t r ä g e r " zu verstehen sein. B e i dem statusdefinierenden U n t e r n e h m e n s b e g r i f f der § § 1 6 A b s . 1, 19 A b s . 1 A k t G vertritt er schließlich die A u f f a s s u n g , dass eine k o n z e r n o r g a n i s a t i o n s r e c h t l i c h e N o r m i e r u n g der M e h r h e i t s und der wechselseitigen Beteiligung fehle, und daher als U n t e r n e h m e n j e d e r R e c h t s träger, also auch ein Privataktionär, zu verstehen sei 8 8 . D e r statutsdefinierende U n t e r n e h m e n s b e g r i f f der ü b r i g e n f o r m a l e n D e f i n i t i o n s n o r m e n b e s t i m m t nach seiner A n s i c h t den r e c h t s f o l g e n o r m i e r e n d e n U n t e r n e h m e n s b e g r i f f der k o r r e s p o n d i e r e n den materiellen K o n z e r n r e c h t s b e s t i m m u n g e n . D e r p r o z e s s k o n t r o l l i e r e n d e U n t e r n e h m e n s b e g r i f f b e s t i m m e hingegen den Inhalt des statusdefinierenden U n t e r n e h mensbegriffs 8 9 . D a r ü b e r hinaus sollten aber auch k o n z e r n r e c h t l i c h e V o r s c h r i f t e n analog auf N i c h t u n t e r n e h m e n s a k t i o n ä r e angewandt w e r d e n k ö n n e n , w e n n dieses der Interessenlage e n t s p r ä c h e 9 0 .

c) Stellungnahme Mülbert

w e i s t in s e i n e m B e i t r a g völlig zu R e c h t darauf hin, dass m i t d e m i m A k -

t i e n g e s e t z v e r w e n d e t e n B e g r i f f des U n t e r n e h m e n s w e i t g e h e n d der U n t e r n e h m e n s t r ä g e r g e m e i n t ist, n i c h t a b e r das U n t e r n e h m e n im e i g e n t l i c h e n S i n n e 9 1 . D a s G e s e t z hat sich h i e r einer d e m a l l g e m e i n e n S p r a c h g e b r a u c h

entsprechenden

s p r a c h l i c h e n V e r e i n f a c h u n g b e d i e n t , die im N a c h h i n e i n n u r als u n g l ü c k l i c h b e z e i c h n e t w e r d e n k a n n 9 2 . S i c h e r l i c h w ä r e es der s p r a c h l i c h e n G e f ä l l i g k e i t der R e g e l u n g e n in den § § 1 5 ff. A k t G n i c h t z u g u t e g e k o m m e n , w e n n m a n statt d e m B e g r i f f

MUlbert, Z H R 163 (1999), 1, 8 ff. MUlbert, Z H R 163 (1999), 1, 52 f. 89 MUlbert, Z H R 163 (1999), 1, 52. 90 MUlbert, Z H R 163 (1999), 1, 53. 91 Deutlich wird dies im Gesetz selbst etwa in § 16 Abs. 4 AktG, wenn a.E. von dem Einzelkaufmann als „Inhaber des Unternehmens" gesprochen wird. 92 Vgl. zu den auch hierdurch entstandenen Problemen bei der Abgrenzung zwischen Unternehmens- und Gesellschaftsinteressen bereits oben S. 255 ff. 87 88

466

Kapitel IV: Die Haftung

zwischen

gleichgeordneten

Unternehmen

im

Konzern

Unternehmen die Wendung Unternehmensträger verwandt hätte. Der weiteren Begriffsverwirrung hätte dies allerdings vorgebeugt. So muss der Rechtsanwender damit leben, dass das Gesetz unter Unternehmen einmal den Rechtsträger und einmal das Rechtsobjekt versteht (vgl. nur § 16 Abs. 4 AktG a.E.), was sicher auch ein Grund mit dafür ist, dass Forderungen wie diejenige laut wurden, die Begriffe Gesellschaft und Unternehmen als rechtlich identisch anzuerkennen 93 . Eine solche Identität besteht indes, wie gesehen, nicht 94 . Das Gesetz ist sprachlich ungenau und daher entsprechend seinem Sinngehalt auszulegen. Diese Ungenauigkeit von der Sache her beizubehalten, hätte jedoch schwerwiegende Konsequenzen 95 . Nicht gefolgt werden kann Mülbert allerdings in seinen Gründen, mit denen er den konzernrechtlichen Einheitsunternehmensbegriffs der herrschenden Meinung ablehnt. Zwar ist es sicher richtig, dass die Definitionsnormen der §§15 ff. AktG den von Mülbert als rechtsfolgenormierend bezeichneten Unternehmensbegriff des materiellen Konzernrechts bestimmen, weshalb der Unternehmensbegriff der formalen Definitionsnormen und der jeweils komplementären Rechtsfolgenormen notwendig inhaltlich übereinstimmen müssen 96 . Dies entspricht dem Aufbau des Gesetzes und dem Willen des Gesetzgebers. Dies muss dann aber auch für die von ihm als prozesskontrollierend gekennzeichneten Bestimmungen gelten. Nach Mülbert ist indes dem Gesetz der Gedanke einer notwendigen Identität von prozesskontrollierendem und statusdefinierendem Unternehmensbegriff fremd 97 . Nach seiner Auffassung bestehen bei den prozesskontrollierenden Bestimmungen nicht „ohne weiteres einsichtige Abweichungen in der Verwendung des Unternehmensbegriffs" 98 . So würden etwa die §§ 319 Abs. 1, 320 Abs. 1 AktG für die eingliedernde Aktiengesellschaft von der Hauptgesellschaft statt vom (übergeordneten) Unternehmen sprechen, weshalb nach seiner Meinung die eingliedernde AG nicht über Unternehmensqualität verfügen müsse 99 . Indes verwendet der Gesetzgeber den Begriff der Gesellschaft hier, weil er nur die Eingliederung der Aktiengesellschaft in eine andere Aktiengesellschaft regeln wollte. Bereits die Regierungsbegründung zeigt aber, dass auch der Gesetzgeber im Übrigen von der Unternehmenseigenschaft der Aktiengesellschaft ausging, indem er ausführt, dass „(e)in Unternehmen anderer Rechtsform ... nicht Hauptgesellschaft werden kann, weil es für die Gläubiger der eingegliederten Gesellschaft nicht die gleichen Garantien wie eine Aktiengesellschaft bietet" 100 . Damit besteht insoweit Ubereinstimmung zu der Definitionsnorm des § 18 AktG, in der von eingegliederten Unternehmen die Rede ist.

So etwa Flume, Personengesellschaft S. 48 f. Vgl. bereits oben S. 244. 9 5 Zur Begriffsverwirrung zwischen Unternehmens- und Gesellschaftsinteresse vgl. bereits oben S. 255 ff. 96 Mülbert, Z H R 163 (1999), 1, 13. 97 Mülbert, Z H R 163 (1999), 1, 12. 98 Mülbert, Z H R 163 (1999), 1, 10. 99 Mülbert, Z H R 163 (1999), 1, 10. 1 0 0 Regierungsbegründung abgedruckt bei Kropff, S. 422. 93

94

§ 11: Der

Gleicbordnungskonzern

Es überzeugt auch nicht, wenn Miilbert

467

meint, es bestehe auch im Zusammen-

hang mit § 2 9 1 Abs. 1 S. 1 A k t G keine Klarheit hinsichtlich des konzeptionellen und inhaltlichen Verhältnisses zwischen prozesskontrollierendem und statusdefinierendem Unternehmensbegriff 1 0 1 . D i e Tatsache, dass die Gründe, die man für die Regelung des § 291 Abs. 1 S. 1 A k t G angeführt hat, nicht alle tragend sind 1 0 2 , vermögen keine Begründung dafür zu liefern, weshalb hier von unterschiedlichen Unternehmensbegriffen in § 15 und § 291 Abs. 1 S. 1 A k t G auszugehen sein sollte. Auch der Rückschluss, da bei der Eingliederung kein Unternehmen vorliegen müsse, könne Sinn und Zweck der Regelung des § 291 Abs. 1 S. 1 A k t G nicht dafür herangezogen werden, dass ein Unternehmen i.S.d. § 15 A k t G vorliegen müsse, trägt im Hinblick auf das Vorgesagte nicht 1 0 3 . MUlbert

führt weiter aus, § 15 A k t G definiere alle Beteiligten von U n t e r n e h -

mensverträgen und der Eingliederung als verbundene Unternehmen, während § 292 Abs. 1 Nr. 2, 3 A k t G bewußt darauf verzichte, für den anderen Vertragsteil die Unternehmenseigenschaft vorzuschreiben 1 0 4 . Richtig ist sicher, dass die § 292 Abs. 1 Nr. 2 und 3 A k t G nicht voraussetzen, dass der „andere Teil" ein U n t e r n e h men ist. Die Tatsache allerdings, dass nach § 15 A k t G verbundene Unternehmen als rechtlich selbständige Unternehmen definiert werden, die Vertragsteile eines Unternehmensvertrages sind ( § § 2 9 1 , 292 A k t G ) , rechtfertigt nicht den Schluß, dass alle Beteiligten eines Unternehmensvertrages zwingend Unternehmen sein müssten 1 0 5 . Damit ist nur gesagt, dass, wenn ein Unternehmensvertrag von zwei Unternehmensträgern geschlossen wurde, man von verbundenen Unternehmen sprechen muss. Wird ein Unternehmensvertrag i.S.d. § 292 A k t G indes mit einem NichtUnternehmen geschlossen, so liegt zwar ein Unternehmensvertrag vor, damit wird der Nichtunternehmensvertragsteil aber nicht zum (verbundenen) Unternehmen i.S.d. § 15 A k t G 1 0 6 . Zwar ist es möglich, dass ein NichtUnternehmer erst aufgrund eines solchen Vertrages zum Unternehmen wird 1 0 7 , zwingend ist dies indes nicht 1 0 8 . A u c h der Ansicht Mülberts,

nach der jeder Vertragsteil eines Unter-

101 Im Übrigen trägt auch Mülberts Umschreibung des von ihm als prozesskontrollierend bezeichneten Unternehmensbegriffs als „Rechtsträger mit anderweitiger unternehmerischer Bindung" nur wenig zur Konkretisierung bei (a.a.O. S. 36 f.). 102 So etwa das Argument, dass nur ein Unternehmen einen angemessenen Ausgleich in angemessener Weise gewähren könne (dagegen zu Recht auch Koppensteiner, in K K § 291 Rn. 6). 103 Vgl. gegen die Argumentation Miilbert im Zusammenhang mit der Eingliederung bereits oben S. 466. 104 MUlbert, Z H R 163 (1999), 1, 11 f. 105 So aber Mülbert, a.a.O., S. 11 f. 106 Hüffer, AktG § 15 Rn. 12. 107 So wird etwa, wenn man gemäß §292 Abs. 1 Nr. 3 AktG einem NichtUnternehmen seinen Betrieb zur Pacht oder sonst wie überlässt, regelmäßig ein Unternehmen entstehen, wenn der „andere Vertragsteil", sodann den Betrieb fortführt. Der Abschluß eines Teilgewinnabführungsvertrages nach § 292 Abs. 1 Nr.2 AktG hat indes grundsätzlich keinen Einfluß auf die Unternehmenseigenschaft des anderen Vertragsteils. 108 Zwar meint auch Koppensteiner, in KK § 292 Rn. 6, der Wortlaut des § 15 AktG deute darauf hin, dass ein Unternehmensvertrag eine Unternehmensverbindung i.d.S. nur begründe, wenn die Beteiligten schon unabhängig vom Vertrag als Unternehmen zu qualifizieren seien;

468

Kapitel IV: Die Haftung zwischen gleichgeordneten

Unternehmen im Konzern

nehmensvertrages aufgrund der Regelung in § 15 A k t G als Unternehmen zu verstehen sei, kann damit nicht gefolgt werden. D a er aber für den Fall, dass ein verbundenes Unternehmen unabhängig von den Verbindungstatbeständen des § 15 A k t G über Unternehmensqualität verfügt, die Identität des Unternehmensbegriffs in den statusdefinierenden und den prozesskontrollierenden Vorschriften anerkennt 1 0 9 , bleibt für die von ihm vorgenommene Differenzierung kein R a u m mehr. N i c h t zu folgen ist insbesondere aber auch seiner Ansicht, nach der im Falle des § 16 Abs. 1 A k t G jeder Rechtsträger und damit auch eine Privatperson Unternehmensträger sein könne, da hier eine konzernorganisationsrechtliche Normierung der Mehrheits- und der wechselseitigen Beteiligung fehle 1 1 0 . Auch wenn ein Rechtsbegriff aufgrund seiner Weite R a u m für Auslegung läßt, darf man ihn doch nicht jeder Funktion berauben. Sicher hat der Gesetzgeber auf eine Definition angesichts der Vielfalt der unter den Unternehmensbegriff zu fassenden denkbaren F o r m e n einer unternehmerischen Betätigung verzichtet. Gleichwohl hat er durch den Begriff selbst der Auslegung eine wenn auch dehnbare Grenze gesetzt. Diese ist aber spätestens dann überschritten, wenn man dem Begriff jegliche Abgrenzungsfunktion zu einem beliebigen Rechtsträger aberkennt. Natürlich muss gerade der Unternehmensbegriff aufgrund seiner Weite normspezifisch ausgelegt werden 1 1 1 . Daher können auch Bestimmungen des Aktienrechts, die den Begriff des Unternehmens verwenden, aber mit einer Unternehmensverbindung nichts zu tun haben 1 1 2 , im Hinblick auf den Schutzzweck der Vorschriften für den Unternehmensbegriff der §§ 15-19 A k t G nicht maßgebend sein 1 1 3 . Auch die Eigenschaft als Formkaufmann ist belanglos, da diese nichts mit den spezifischen Regelungszielen des Konzernrechts zu tun hat 1 1 4 . MUlbert

ist

auch darin Folge zu leisten, wenn er betont, dass auch die organisationsrechtliche K o m p o n e n t e des Konzernrechts zu bedenken ist und man sich fragen muss, wem man die durch das Konzernrecht geschaffenen organisationsrechtlichen Möglichkeiten dadurch eröffnen will, dass man ihn als Unternehmen qualifiziert. D u r c h aber abgesehen davon, dass auch Koppensteiner erkennt, dass der Sinn der Bestimmung eine solche Differenzierung nicht verträgt, ist eine solche „Deutung" der Regelung des § 15 AktG auch nicht zu entnehmen; in § 15 steht nur, dass dann von verbundenen Unternehmen zu sprechen ist, wenn rechtlich selbständige Unternehmen Vertragsteile eines Unternehmensvertrages sind. Ob sie die Unternehmenseigenschaft vor oder nach Vertragsschluß erlangt haben, ist gleichgültig. Maßgebend ist nur, dass ab dem Zeitpunkt, wo man auf beiden Seiten des Vertrages ein Unternehmen hat, von verbundenen Unternehmen gesprochen werden kann. 109 Mülbert, Z H R 163 (1999), 1, 11. 110 Vgl. Mülbert, Z H R 163 (1999), 1, 52 f. 111

K. Schmidt, AG 1994, 189, 191.

Z.B. §23 III Nr. 2; 31, 32, 37 III Nr. 5; 39, 44 II; 52 IX; 57 III, 153 V, 158 I, 166 AktG. Zöllner, Z G R 1976,1,4. 114 Vgl. nur Hüffer, in AktG § 15 Rn. 11 m.w.N., der insoweit zu Recht feststellt, dass die Gegenauffassung auf dem institutionellen Unternehmensbegriff beruht und daher als überholt angesehen werden muss; nach der h.M. ist eine Kapitalgesellschaft nur dann als Unternehmensträger anzusehen, wenn sie auch die weiteren hierfür aufgestellten Merkmale erfüllt; insbesondere ist sie aber dann kein Unternehmen, wenn sie lediglich einen Gleichordnungskonzern leitet (vgl. auch Raiser, Kapitalgesellschaften §51 Rn. 6 m.w.N., a.A. Emmerich, in Emmerich/Habersack, § 15 Rn. 21 ff.). 112 113

5 11: Der

Gleichordnungskonzern

469

die Anerkennung dieser Grundsätze werden Überlegungen zur Bedeutung des Wortlauts eines Begriffs aber nicht gänzlich überflüssig und sind auch keineswegs, wie dies teilweise geltend gemacht wird, unergiebig 115 . Der Unternehmensbegriff ist sicher weit, keineswegs aber vollständig offen 116 . Auch eine noch so weite Auslegung darf nicht soweit gehen, dass einem Begriff keinerlei Bedeutung mehr für die Tatbestandsabgrenzung beigemessen wird. Die Funktion eines Tatbestandsmerkmals, einen Lebenssachverhalt von einem anderen abzugrenzen, kann nicht mehr erfüllt werden, wenn es ergebnisorientiert derart weit ausgelegt wird, dass alle Lebenssachverhalte erfaßt werden, die man hiermit erfassen will. Die Grenze jeder noch so weiten Auslegung muss der Wortsinn sein. Ein Begriff darf daher auch nicht über die Grenzen seines Wortsinns hinaus ausgelegt werden, um ein bestimmtes gewünschtes Ergebnis zu erlangen. Diese Grenze wird aber überschritten, wenn man auch rein gemeinnützige Vereinigungen wie Religionsgemeinschaften als Unternehmen qualifiziert. Auch eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die ein in privater Rechtsform organisiertes Unternehmen beherrscht, wird nicht schon deshalb zum Unternehmen, weil sie sich nicht nur von den typischen Aktionärsinteressen, sondern auch von ihren öffentlich-rechtlichen Aufgabe leiten lässt. Jeder Gesellschafter hat außerhalb seiner Beteiligung Interessen, durch die er sich in seinen Handlungen mehr oder weniger leiten lässt. Auch ein Kunstliebhaber mag mehr an der Vervollständigung seiner Sammlung als an dem Fortkommen der Gesellschaft interessiert sein, an der er beteiligt ist. Allein dadurch, dass nicht alle Interessen eines Gesellschafters mit dem Unternehmen, an dem er beteiligt ist, konform gehen, macht ihn noch nicht zum Unternehmen. Erst die Gefahrenhöhe bei einer anderen unternehmerischen Betätigung hat den Gesetzgeber den Schritt zur Normierung eines besonderen Konzernrechts gehen lassen. Kommt man hiervon ab und lässt auch andere Interessen wie etwa die einer Religionsgemeinschaft genügen, stellt man sich mit der gesetzgeberischen Intention in Widerspruch. Dem Wandel in der herrschenden Meinung, die vor dem Hintergrund der gesetzlichen Regelung und des mit ihr verfolgten Zwecks zwar zunächst noch eine unternehmerische Interessenbindung verlangte, später aber zunehmend jede denkbare Interessenkollision ausreichen ließ, um die Unternehmenseigenschaft eines Gesellschafters bejahen zu können, ist daher eine Absage zu erteilen. Darüber hinaus stellt sich aber auch die Frage, ob für die insoweit maßgebende unternehmerische Interessenbindung ein Unternehmen betrieben werden muss oder es ausreicht, dass, unabhängig davon, das wirtschaftliche Fortkommen eines oder mehrerer Unternehmen im Interesse einer Person steht. U m dem Wortlaut „Unternehmen" überhaupt eine Bedeutung zuzuerkennen, kann nur Ersteres richtig sein. Damit ist aber auch der weitgehend anzutreffenden Definition, wonach Unternehmen i.S. des Konzernrechts jeder Gesellschafter ohne Rücksicht auf seine Rechtsform ist, bei dem zu seiner Beteiligung an der Gesellschaft wirtschaftliche Interessenbindungen außerhalb der Gesellschaft hinzukommen, die stark ge115 116

So aber Koppensteiner, in KK § 15 Rn. 11. So Koppensteiner, in KK § 15 Rn. 11.

470

Kapitel

IV: Die Haftung

zwischen

gleichgeordneten

Unternehmen

im

Konzern

n u g sind, u m die e r n s t e B e s o r g n i s z u b e g r ü n d e n , d e r G e s e l l s c h a f t e r k ö n n e u m i h retwillen seinen Einfluss z u m Nachteil der Gesellschaft geltend machen117, nicht z u f o l g e n 1 1 8 . A u c h e i n G e s c h ä f t s f ü h r e r o d e r l e i t e n d e r A n g e s t e l l t e r ist u . U . e i n e m s t a r k e n I n t e r e s s e n k o n f l i k t a u s g e s e t z t , w e n n e r eine B e t e i l i g u n g an e i n e r G e s e l l s c h a f t h ä l t , in e i n e m a n d e r e n U n t e r n e h m e n a b e r a r b e i t e t u n d d o r t s e i n e n A r b e i t s p l a t z s i c h e r n m ö c h t e . I n s o w e i t d ü r f t e j e d o c h u n s t r e i t i g sein, dass s o l c h e I n t e r e s s e n a m F o r t k o m m e n eines U n t e r n e h m e n s einen Interessenträger n o c h nicht z u m U n t e r n e h m e n m a c h e n k ö n n e n , a u c h w e n n m a n sie u n t e r o b i g e D e f i n i t i o n s u b s u m i e ren k ö n n t e 1 1 9 . D i e G e f a h r , dass a u f g r u n d e i n e r a n d e r w e i t i g e n I n t e r e s s e n b i n d u n g die G e s e l l schafterstellung missbraucht werden könnte, kann damit nicht ausreichend sein120. Z u f o r d e r n ist v i e l m e h r eine p l a n e n d e u n d e n t s c h e i d e n d e w i r t s c h a f t l i c h e B e t ä t i g u n g , a u ß e r h a l b e i n e r r e i n e n B e t e i l i g u n g 1 2 1 . W i e w e i t m a n dieses T ä t i g w e r d e n a u c h i m m e r f a s s e n m a g , r e i c h t d a f ü r n i c h t ein b l o ß e s I n t e r e s s e , w e n n a u c h w i r t s c h a f t l i c h e r A r t , an e i n e m a n d e r e n U n t e r n e h m e n . S c h o n die E t y m o l o g i e des B e g r i f f s U n t e r n e h m e n m a c h t klar, dass i n s o w e i t e i n e E i n h e i t v o r l i e g e n m u s s , b e i d e r e i n T ä t i g w e r d e n in e i n e b e s t i m m t e R i c h t u n g s t a t t f i n d e t . D a h e r t r ä g t a u c h die v o r allem im Z u s a m m e n h a n g mit der Rechtsprechung z u m qualifiziert faktischen K o n z e r n a n z u t r e f f e n d e W e n d u n g n i c h t , w o n a c h a u c h e i n e P e r s o n U n t e r n e h m e n sein k a n n , die an e i n e m a n d e r e n m a ß g e b l i c h b e t e i l i g t i s t 1 2 2 . A b e r a u c h w e n n m a n n i c h t 117 Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 2 II 1 m.w.N. Iis Die gil t umso mehr, als der Unternehmensbegriff der herrschenden Meinung seinen Ausgangspunkt nicht im Haftungsrecht findet, sondern aus der Diskussion um § 20 A k t G stammt, wo er die verunglückte Beschränkung von Mitteilungspflichten auf Unternehmen kompensieren sollte (vgl. K. Schmidt, Z H R 155 (1991), 417, 432; ders., A G 1994, 189 ff.); abgesehen davon, wird in der Regierungsbegründung zu den § § 2 0 , 21 A k t G nur festgestellt, dass die Beherrschung durch ein Unternehmen mit spezifisch unternehmerischen Eigeninteressen die vom Konzernrecht abzuwehrenden Gefahren begründet ( K r o p f f , A k t G S. 41 f, vgl. auch die Vorbemerkungen der Regierungsbegründung zum Dritten Buch des AktG über verbunden Unternehmens abgedruckt bei Kropff, S. 373 ff.); angeknüpft wird dieses unternehmerische Interesse aber an einen Unternehmensträger, da hier typischerweise das Bestehen einer solchen Gefahr vermutet wird. Indes kann der Begründung nicht die Aussage entnommen werden, dass der Gesetzgeber sich durch diese Formulierung von dem herkömmlichen Unternehmensbegriffsverständnis lösen wollte. 1 1 9 Allerdings hielt der B G H im TBB-\Jne\\ es zur Begründung einer herrschenden Gesellschafterstellung für ausreichend, dass der Geschäftsführer mit der Ehefrau, als alleiniger Gesellschafterin von TBB, eine gemeinsame Unternehmenspolitik betrieb (der Senat verwies insoweit auf das zum Stimmverbot nach § 4 7 Abs. 4 G m b H G ergangene Urteil B G H v. 16.2.1981 = B G H Z 80, 69, 73 sowie auf die zu § 32 a Abs. 3 G m b H G ergangene Entscheidung B G H v. 16.12.1991 = ZIP 1 9 9 2 , 2 4 2 , 2 4 4 ; vgl. hierzu auch K. Schmidt, ZIP 1993, 549,551). 1 2 0 Auch dem Gesetzgeber war klar, dass er nicht alle Fälle von Interessenkollisionen erfasst, da er in der Begründung zu §§ 20, 21 AktG zum Ausdruck bringt, dass bei Aktionären, die keine Unternehmen sind, diese Gefahr „nicht in gleicher Weise" bestehe (abgedruckt bei Kropff, AktG S.41); hingegen wird nicht behauptet, dass in diesem Falle eine Gefahr nicht bestehen könnte; damit ist aber auch deutlich geworden, dass der Gesetzgeber nicht jeden Fall einer Gefahrenlage regeln wollte, sondern nur die, in denen die Gefahr einer Interessenkollision typischerweise besonders groß ist. 121 A.A. Koppensteiner, in K K § 15 Rn. 21 f m.w.N. 122 So für TBB auch K. Schmidt, ZIP 1993, 549, 551.

§11:

Der

Gleichordnungskonzern

471

nur die anderweitige Beteiligung, sondern die Einflussnahme ins Zentrum der Überlegungen stellt, wird verkannt, dass es dann nur um die Art der Einflussnahme gehen könnte. Andernfalls wäre nicht zu erklären, wieso die Einflussnahme eines Gesellschafters, der an verschiedenen Gesellschaften beteiligt ist, als unternehmerisch zu qualifizieren sein sollte, die eines Gesellschafters, der nur an einer Gesellschaft beteiligt ist, aber nicht 1 2 3 . Konsequenterweise könnte damit aber auch nur eine nachteilige Einflussnahme ein unternehmerisches Tätigwerden i.d.S. darstellen 1 2 4 , womit die Unzulänglichkeit dieses Ansatzes gänzlich offensichtlich wird. Sicher ist der herrschenden Meinung Recht zu geben, wenn sie darauf hinweist, dass die Einflussnahme eines an mehren Gesellschaften beteiligten Gesellschafters risikobehaftet ist. Allein von der Risikohaftigkeit der Einflussnahme kann aber noch nicht auf die Unternehmenseigenschaft geschlussfolgert werden. Die Qualifikation als Unternehmen kann nicht davon abhängen, ob, in welchem Umfang und mit welcher Zielrichtung jemand auf ein anderes Unternehmen Einfluss nimmt. Vielmehr muss diese Einordnung unabhängig hiervon vorgenommen werden können 1 2 5 . Ein abstrakt zu bestimmender Begriff kann, auch wenn er aufgrund des hier zu beachtenden Schutzinteresses weit auszulegen ist, nicht von der Frage abhängig gemacht werden, ob die Schutzinteressen im konkreten berührt werden oder nicht. Das Gesetz macht deutlich, wie auch die Vertreter des herrschenden Unternehmensbegriffs grundsätzlich anerkennen 1 2 6 , dass „das Vorhandensein eines Unternehmens unabhängig davon festgestellt werden muss, ob es sich um ein verbundenes Unternehmen handelt". Soweit das Vorliegen eines Unternehmens indes bejaht wird, wenn die Anteilseignerstellung an mehreren Unternehmen mit 123 Für den Fall einer nur mittelbaren Mehrheitsbeteiligung hält auch der B G H die Begründung der Unternehmenseigenschaft nicht für erforderlich. Hier seien die Aktionäre durch die allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Schutzinstrumente ausreichend geschützt, da die Einflussnahme nur mittels der Obergesellschaft ausgeübt werden könne. Dementsprechend verneinte er trotz möglicher Interessenkonflikte die Unternehmenseigenschaft eines Mehrheitsaktionärs, der zugleich Vorstandsvorsitzender der A G ist und Minderheitsbeteiligungen an deren Tochtergesellschaften hält, in denen er zugleich Aufsichtsratsvorsitzender ist ( B G H v. 18.6.2001 = B B 2001, 1597, 1598). Dass bei einer unmittelbaren Mehrheitsbeteiligung ein noch an anderen Gesellschaften beteiligter Gesellschafter für eine Gesellschaft nachteiligen Einfluss ohne Kontrolle der Minderheitsaktionäre ausüben kann, kann aber kein Grund sein, anders als bei einer nur mittelbaren Beteiligung, die Unternehmenseigenschaft mit der Begründung zu bejahen, es bedürfe hier eines Schutzes der Gesellschaften und ihrer Minderheitsaktionäre durch die Verpflichtung zur Aufstellung eines Abhängigkeitsberichts. Anderenfalls müsste im GmbH-Recht, wo eine Pflicht zur Aufstellung eines Abhängigkeitsberichts grundsätzlich nicht besteht, ein anderer Unternehmensbegriff gelten als im Aktienrecht. Der Wunsch nach der besseren Kontrollmöglichkeit eines Verhaltens kann die Unternehmenseigenschaft eines Gesellschafters schwerlich begründen. 124 Abgesehen davon üben auch Nichtgesellschafter wie etwa Kreditgeber Einfluss auf die Gesellschaft aus. 1 2 5 Zu Recht hebt insoweit auch Milde hervor, dass der Gesetzgeber in den §§ 15 ff. AktG im Hinblick auf die Unternehmenseigenschaft nicht nach der Beziehung unterschieden hat, in der das Rechtssubjekt zu einem anderen Unternehmen steht (Milde, Der Gleichordnungskonzern im Gesellschaftsrecht (1996), S. 43). 126 Koppensteiner, in K K § 15 Rn. 11.

472

Kapitel IV: Die Haftung zwischen gleichgeordneten

Unternehmen im Konzern

der einheitlichen Leitung dieser Gesellschaften verbunden ist, wird jedoch genau das Gegenteil propagiert 1 2 7 und die Gesetzessystematik ins Gegenteil verkehrt. Erst recht gilt dies, wenn bereits die Möglichkeit der reinen Einflussnahme in einem beteiligten Unternehmen als ausreichend angesehen wird. Auch hier werden die Begriffe des Unternehmens und der Unternehmensverbindung unzulässigerweise verknüpft 1 2 8 . Ein unternehmerisches Tätigwerden liegt daher erst vor, wenn eigenständige, von den Interessen eines bestehenden Unternehmens isolierbare wirtschaftliche Interessen verfolgt werden. M i t anderen Worten, ein Unternehmen muss seinen wirtschaftlichen Ausgangspunkt in sich tragen, der in mehr besteht als der reinen Einflussnahme auf eine Gesellschaft 1 2 9 . Hierfür spricht auch das bereits in den 60er Jahren hervorgehobene Argument, dass es andernfalls einer Regelung, wie sie in § 18 Abs. 2 A k t G zu finden ist, nicht bedurft hätte 1 3 0 , da man dann den v o m G e setzgeber geregelten Tatbestand des Gleichordnungskonzerns zur Gegenstandslosigkeit verdammt 1 3 1 . F ü r ihn bliebe nur noch der in der Praxis kaum anzutreffende Fall, dass eine natürliche Person mehrere Unternehmen leitet, ohne selbst an einer anderen Gesellschaft maßgeblich beteiligt zu sein. Dies widerspricht indes dem klaren Willen des Gesetzgebers. So wird es auch in der Regierungsbegründung als ein Fall des Gleichordnungskonzerns angesehen, wenn die einheitliche Leitung darauf beruht, „dass die Anteile der Konzernunternehmen in der H a n d eines Eigentümers, der kein Unternehmen ist, vereinigt sind" 1 3 2 . Hieraus folgt als U m kehrschluss, dass der multiple Beteiligungsbesitz allein noch niemanden zum herrschenden Unternehmen macht 1 3 3 . Die Unternehmenseigenschaft muss vielmehr an Kriterien festgemacht werden, die unabhängig von der Einflussmöglichkeit oder Einflussnahme auf weitere Gesellschaften sind 1 3 4 . D e m kann nicht entgegen gehalten werden, dass durch die Regierungsbegründung die Entscheidung des G e setzgebers, auf eine Definition des Unternehmensbegriffs zu verzichten, nicht re-

Vgl. Zöllner, ZGR 1976,1, 17, Müller, WPG 1978, 61, 62 f. Milde, Der Gleichordnungskonzern im Gesellschaftsrecht (1996), S. 29; da der Unternehmensbegriff unabhängig von dem Bestehen einer Unternehmensverbindung ausgelegt werden muss (vgl. auch Koppensteiner, in KK § 15 Rn. 11), besteht auch keine Veranlassung, den Unternehmensbegriff anders auszulegen, wenn es sich um ein herrschendes, ein abhängiges oder ein gleichgeordnetes Unternehmen handelt (ebenso Nordmeyer, Der Unternehmensbegriff im Konzernrecht (1970), S 79 ff.; Milde, Der Gleichordnungskonzern im Gesellschaftsrecht (1996), S. 43). 129 Nordmeyer, Der Unternehmensbegriff im Konzernrecht (1970), S. 74, 78; Würdinger, in FG Kunze S. 182. 130 Bolsenkötter, DB 1967, 1098, 1100; Janberg/Schiaus, AG 1967, 33, 37; Schäfer, BB 1966, 229, 231, so heute vor allem K. Schmidt, ZHR 155 (1991), 417, 433 unter Hinweis auf die Regierungsbegründung zu § 18 Abs. 2 AktG. 131 K. Schmidt, ZHR 155 (1991), 417; ders., ZIP 1993, 549, 550. 132 Abgedruckt bei Kropff AktG S. 33 f. 133 Luchterhand, ZHR 132 (1969), 149, 160 Fn. 37; Müller/Rieker, WPG 1967,197, 201; Bolsenkötter, DB 1967, 1098, 1100; Schäfer, BB 1966, 229, 231; Zöllner, ZGR 1976, 1, 20 f.; K. Schmidt, ZHR 155, (1991), 417, 433; ders., ZIP 1991, 1325, 1326. 134 Zöllner, ZGR 1976,1,17; Luchterhand, ZHR 132 (1969), 149,160 f. 127 128

§11: Der Gleichordnungskonzern

473

vidiert werden sollte 135 . Insoweit geht es nicht um eine Revidierung: Mit der hier zum Ausdruck kommenden Begründung sollte keine Definition gegeben werden, sondern eine Negativabgrenzung. Auch der Hinweis, die wesentliche Aussage dieser Regierungsbegründung bestehe in der Klarstellung, dass allein die Ausübung von einheitlicher Leitung die Leitungsinstanz nicht zum herrschenden Unternehmen macht 136 , rechtfertigt kein anderes Ergebnis 137 . Zwar wird teilweise auch eingewandt, dieser Satz der Regierungsbegründung befasse sich gar nicht mit dem Unternehmensbegriff 138 . Gemeint sei vielmehr der Fall, dass der Eigentümer die Verwaltungen personengleich besetze. Hierdurch entstehe eine einheitliche Leitung und die Unternehmen bildeten einen Gleichordnungskonzern, wenn der Eigentümer sich weder bei den Unternehmen noch sonst wirtschaftlich unternehmerisch betätige, sondern nur seine Rechte ausübe. In diesem Fall stünden die Unternehmen zwar unter einheitlicher Leitung, allerdings nicht unter der einheitlichen Leitung des Eigentümers. Dem ist allerdings entgegenzuhalten, dass bei dem genannten Fall die einheitliche Leitung gerade nicht, wie in der Begründung ausgeführt, auf der Vereinigung der Anteile in der Hand des Eigentümers beruht, sondern auf der personengleichen Besetzung 139 . Überdies ist es unwahrscheinlich, dass ein Mehrheitsgesellschafter nur die Verwaltungen personengleich besetzt, im Übrigen aber keinen weiteren Einfluss auf die Unternehmensleitung ausübt. Auch aus diesem Grund kann nicht davon ausgegangen werden, dass der genannte Fall der Vorstellung des Gesetzgebers entspricht 140 . Hätte der Gesetzgeber eine Beteiligung zur Begründung einer Unternehmenseigenschaft ausreichen lassen wollen, so hätte er eine Regelung wie § 36 Abs. 3 GWB (= § 23 Abs. 1 S. 10 GWB a.F.) einfügen können, wonach eine Person oder Personenvereinigung, die nicht Unternehmen ist, aber die Mehrheitsbeteiligung an einem Unternehmen hält, als Unternehmen anzusehen ist. Im Übrigen lassen aber auch Formulierungen des AktG erkennen, dass der herrschende Unternehmensbegriff nicht mit der Vorstellung des Gesetzgebers übereinstimmt. Insoweit machte Zöllner141 bereits früh auf § 134 Abs. 1 S. 4 AktG aufmerksam, der erkennen lässt, dass die bloße Beherrschung eines weiteren Unternehmens den Beherrschenden noch nicht zum Unternehmen machen kann 142 . 135

So aber Haesen, Der Abhängigkeitsbericht im faktichen Konzern (1970), S. 18; ebenso Wiedemann/Martens, A G 1976, 197, 198; der B G H selbst liefert in seiner grundlegenden Veba/ Ge/jetfèerg-Entscheidung keine eigenen Argumente, sondern beruft sich nur auf die Auffassung der vorstehend genannten. 136 Vgl. Koppensteiner, in KK § 15 Rn. 23 m.w.N. 137 Ebenso Milde, Der Gleichordnungskonzern im Gesellschaftsrecht (1996), S. 25. 138 Geßler, in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff § 15 Rn. 38. 139 Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 56. 140 So zu Recht Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 56. 141 Z G R 1976, 1, 15. 142 Der hiergegen vorgebrachte Hinweis von Wiedemann!Martens, dass eine Abhängigkeit im Sinne der §§15 ff. A k t G ohnehin nur im Verhältnis zu einem Unternehmen bestehen könne, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung (vgl. dagegen zu Recht auch die Erwiderung von Zöllner A G 1978, 40, 41; ihm insoweit zustimmend auch Koppensteiner, in KK § 15 Rn. 23).

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Kapitel IV: Die Haftung

zwischen gleichgeordneten

Unternehmen

im

Konzern

Zwar wird teilweise § 134 Abs. 1 S. 4 AktG als periphere Vorschrift abgetan, die überdies rechtspolitisch verfehlt sei143, weshalb nur entscheidend sein könne, dass der Gesetzgeber den Begriff bewusst nicht definiert habe. Soweit sich einzelne Begriffselemente im Gesetz finden, können diese trotz fehlender Gesamtdefinition nicht einfach als „unbeabsichtigtes obiter dictum"UA außer Acht gelassen werden 145 . Vielmehr kommt hier durchaus die Vorstellung des Gesetzgebers zum Ausdruck, dass er den multiplen Beteiligungsbesitz jedenfalls nicht als ausreichend zur Bejahung der Unternehmenseigenschaft angesehen hat 146 . Eine erkennbare Regelungsabsicht des historischen Gesetzgebers geht aber einer objektiv-teleologischen Auslegung vor 147 . Dieses Bild wird auch durch die Regelung in § 16 Abs. 4 AktG bestätigt 148 , wonach Anteile, die sich im sonstigen Vermögen eines Unternehmensinhabers befinden, dem Unternehmen als gehörend angesehen werden, wenn er Einzelkaufmann ist. Dem ist als Umkehrschluss zu entnehmen, dass eine entsprechende Zuordnung der im Privatbesitz gehaltenen Gesellschaftsanteile nur bei Einzelkaufleuten erfolgen soll. Zwar wird auch diesem Argument entgegengetreten und argumentiert, dieser Vorschrift komme keine Aussagekraft im Hinblick auf den Unternehmensbegriff zu 149 . Auch sei der Ausnahmecharakter dieser Vorschrift nicht belegt 150 . Fest steht jedoch, dass der Gesetzgeber nur eine auf einen einzelnen Fall beschränkte Zurechnungsvorschrift statuiert hat. Dies lässt aber durchaus den Schluss zu, dass er mit dem Unternehmensbegriff die Vorstellung eines Unternehmensvermögens verbunden hat, das es bei im Privatvermögen befindlichem multiplem Beteiligungsbesitz, unabhängig von den damit verbundenen Einflussmöglichkeiten, ansonsten nicht gibt 151 . Im Übrigen zeigt aber auch die Formulierung des § 309 Abs. 1 AktG, dass der Gesetzgeber in der Vorstellung des herkömmlichen Unternehmensbegriffs verhaftet war 152 . Die herrschende Meinung hat sich zur Begründung einer heute als falsch erkannten konzernspezifischen Haftung im qualifiziert faktischen Konzern zu einer Koppensteiner, in KK § 15 Rn. 23. Koppensteiner, in KK § 15 Rn. 23. 145 Ebenso Milde, Der Gleichordnungskonzern im Gesellschaftsrecht (1996), S. 23. 146 Es ist im Übrigen auch widersprüchlich, wenn die herrschende Auffassung zum einen die Regelungsabsicht des Gesetzgebers hinsichtlich des Unternehmensbegriffs verneint, auf der anderen Seite aber Argumente gegen das Verständnis der herrschenden Meinung über den Unternehmensbegriff mit der Regelungsabsicht des Gesetzgebers für unvereinbar erklärt (.Möhring, N J W 1967,1 \ Reinhardt!Schultz, S. 255; dagegen Luchterhand, Z H R 132 (1969), 149, 160; Milde, Der Gleichordnungskonzern im Gesellschaftsrecht (1996), S. 26) und sich dabei auf eine Textstelle beruft, die man, ebenso wenig wie § 134 Abs. 1 S. 4 AktG, als zentrale Norm des Konzernrechts ansehen kann. 147 Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft (1995), S. 164 f 148 Luchterhand, Z H R 132 (1969), 149, 156 f.; Rittner, in FS Flume II 241, 247. 149 Wiedemann/Martens, AG 1976, 197, 198. 150 Haesen, Der Abhängigkeitsbericht im faktichen Konzern (1970), S. 12. 151 Milde, Der Gleichordnungskonzern im Gesellschaftsrecht (1996), S. 23 f. 152 A.A. Koppensteiner, in KK § 15 Rn. 23 unter Hinweis auf die anerkannte Unternehmenseigenschaft der BGB-Gesellschaft; insoweit weist Zöllner, Z G R 1976, 1, 15 aber darauf hin, dass, auch wenn die Regelung des Gesetzes insoweit zu eng ist, sich damit doch zeige, welche Konstellationen der Gesetzgeber regeln wollte. 143 144

5 11: Der

Gleichordnungskonzern

475

Ausweitung des Unternehmensbegriffs hinreißen lassen, die nicht nur mit der gesetzgeberischen Intention 1 5 3 und dem Telos der konzernrechtlichen Regelungen in Widerspruch steht, sondern auch zu deutlichen Wertungswidersprüchen führte. Dies zeigen Vergleiche z u m H a f t u n g s u m f a n g bei der Einheits-Gesellschaft und der Holdinglösung, die zur Vermeidung einer persönlichen H a f t u n g teilweise vorgeschlagen wurden 1 5 4 , aber auch das von Bitter eingängig dargestellte Beispiel einer horizontalen Betriebsaufspaltung im Vergleich zur vertikalen Betriebsaufspaltung. So wäre nach herrschender Meinung die konzernrechtliche H a f t u n g eines Gesellschafters möglich, wenn nach einer horizontalen Betriebsaufspaltung er die Mehrheit der Anteile zweier Gesellschaften hält, nicht aber bei einer vertikalen Betriebsaufspaltung, aufgrund derer eine 100% ige Tochtergesellschaft der bereits bestehenden Gesellschaft gebildet wird. Wieso trotz gleicher Gefährdungssituation f ü r außenstehende Gesellschafter u n d Gläubiger im ersten Fall die Möglichkeit einer Konzernhaftung des Gesellschafters mit seinem Privatvermögen bestehen sollte, nicht aber im zweiten Fall, ist schwer nachvollziehbar 1 5 5 . Die herrschende Meinung beruft sich zur Begründung ihres Ergebnisses und zur Außerkraftsetzung der dagegen angeführten Argumente immer wieder auf den mit der Regelung verfolgten gesetzgeberischen Zweck 1 5 6 . Indes kann auch die hier angeführte Konzerngefahr im Ergebnis den Unternehmensbegriff der herrschenden Meinung nicht tragen. Die Konzerngefahr ist darin zu sehen, dass ein Unternehmen für die Zwecke eines anderen eingesetzt wird. Bei einer Mehrheitsbeteiligung an mehreren Gesellschaften besteht die Gefahr aber darin, dass ein solcher Einsatz auf der Horizontalebene stattfindet, womit noch nicht die H a f t u n g des Mehrheitsgesellschafters im Vertikalverhältnis erklärt wird 1 5 7 . Auch die Gefahr, 153 Der Gesetzgeber hat entgegen den vorherig verlautbarten Forderungen (vgl. etwa Flame, Grundfragen S. 45 ff.; Studienkommission Konzernrecht Rn. 103, 331) auf eine Beschränkung des Konzernrechts auf verbundene Unternehmen nicht verzichtet und damit bewusst gerade nicht jeden Rechtsträger zum tauglichen Konzernrechtssubjekt gemacht (vgl. auch ebenso Milde, Der Gleichordnungskonzern im Gesellschaftsrecht (1996), S. 14). 154 Priester, ZIP 1986, 137, 144; im Anschluss hieran auch Ebenroth/Wilken, BB 1991, 2229, 2233; Ehlke, DB 1986, 523, 526; Gummen, WiB 1997, 529, 530; Kessler, G m b H R 1992, 249, 250; Kohl, M D R 1992, 204, 208; Stimpel, Z G R 1991, 144, 157; Ulmer, in Hachenburg Anh. §77 G m b H R Rn. 156; hinsichtlich der Holding-Lösung wurden zwar auch Zweifel laut, ob eine solche Gestaltungsform tatsächlich die persönliche Haftung des Gesellschafters ausschließen kann (Baader, BB 1992, 1009, 1013; Emmerich, G m b H R 1987, 213, 215; Koppensteiner, in KK § 15 Rn. 37; weitere Nachweise bei Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 51 in Fn. 222, der insoweit zu Recht aber darauf hinweist (S. 53), dass das in diesem Zusammenhang überwiegend herangezogene Umgehungsargument bei einem Privatgesellschafter nur dann greifen kann, wenn ohne die Zwischenschaltung die Unternehmensqualität bereits bestanden hätte, was gerade zu prüfen ist. Auch wird darauf hingewiesen, dass eine unterschiedliche Behandlung der Haftung des Gesellschafters in der Einheitsgesellschaft und der sog. Holdinglösung nicht nachzuvollziehen ist; a.A. etwa Bayer, in MK zum AktG § 15 Rn. 30 ff.). 155 Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 53 f. 156 Vgl. nur Koppensteiner, in KK § 15 Rn. 23 m.w.N. 157 Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften (2000), S. 50 f.; auch Priester, in FS Semler S. 561, 562, 569 hebt hervor, dass die Konzernhaftung eine Antwort

476

Kapitel IV: Die Haftung zwischen gleichgeordneten

Unternehmen im Konzern

dass ein Gesellschafter Mittel aus einer Gesellschaft abzieht und für private Zwecke verwendet, kann nicht als konzernspezifisch qualifiziert werden 1 5 8 . Zwar wird überwiegend hervorgehoben, dass es vom Interessengegensatz her keinen Unterschied machen könne, ob eine Gesellschaft an einer anderen Gesellschaft Anteile hält oder der Mehrheitsgesellschafter auch Gesellschafter einer anderen Gesellschaft ist. Ubersehen wird dabei allerdings, dass nur ein Unternehmen selbst ein eigenes unmittelbares unternehmerisches Interesse hat. Das Interesse der an diesem beteiligten Gesellschafter ist, mag es auch noch so stark sein, auf die Förderung der Interessen dieses Unternehmens und damit auf die Förderung eines fremden Interesses bezogen. Das Interesse einer natürlichen Person, die an mehreren Gesellschaften beteiligt ist, mag nun im Einzelfall besonderes auf die F ö r d e rung der Interessen eines dieser Unternehmen fixiert sein. D e n n o c h ist dieses Interesse abgeleitet und kann je nach Sachlage auch einmal mehr auf das eine oder das andere Unternehmen ausgerichtet sein. Demgegenüber hat ein Unternehmen primär nur sein eigenes unternehmerisches F o r t k o m m e n zu verfolgen. Dieses Interesse ist originär. Sicher mag es auch an dem F o r t k o m m e n einer Gesellschaft interessiert sein, an der es maßgeblich beteiligt ist. Dieses Interesse wiederum ist aber ein abgeleitetes und damit sekundäres. Vorrang behält immer das eigene unternehmerische Interesse 1 5 9 . Dieser Unterschied zwischen der Beteiligung eines Unternehmens an einem anderen und der Beteiligung eines Gesellschafters an mehreren Gesellschaften wirkt sich auch bei der Beurteilung der abstrakten Gefahrenhöhe 1 6 0 für Außenstehende aus, der der Gesetzgeber Rechnung tragen wollte. Im Übrigen ist aber auch das in den § § 3 1 1 ff. A k t G niedergelegte besondere Konzernprivileg 1 6 1 damit zu erklären, dass der Gesetzgeber die faktische Konzernierung erleichtern wollte, da man die positiven wirtschaftspolitischen Aspekte einer solchen Unternehmensverbindung erkannt hat. Auch eine solche Privilegierung ist jedoch nur gegenüber auf dem Markt selbständig unternehmerisch tätigen Wirtschaftseinheiten zu rechtfertigen.

auf den Konzernkonflikt ist und mit ihr daher auch nur Konzerngefahren ausgeglichen werden sollten. 158 Vgl. auch Drygala, ZIP 1992, 1628, 1629; zutreffend insoweit auch Ziegler, WM 1989, 1077, dessen Lösungsvorschlag allerdings im Übrigen nicht zu folgen ist (Ziegler schränkt zwar nicht den Unternehmensbegriff ein, spricht sich aber für ein Haftungsprivileg für natürliche Personen im Hinblick auf deren Privatvermögen aus. Ein solches Haftungsprivileg ist dem geltenden Recht indes fremd und wird überwiegend daher auch abgelehnt (vgl. Brandner, in Hommelhoff u.a. GmbH-Konzern S.207, 217; Kohl, M D R 1992, 204, 208; Ulmer, in Hachenburg, Anh. § 77 Rn. 115 m.w.N.). Auch der B G H hat eine solche Begrenzung der Haftung auf das Beteiligungsvermögen abgelehnt ( B G H v. 13.12.1993 = N J W 1994, 446 (EDV)). 159 Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, eine derartige Differenzierung zwischen den Interessen wäre nicht möglich, da das Interesse der Gesellschaft mit dem seiner Mehrheitsoder sogar Alleingesellschafter identisch sei; dass dies nicht der Fall ist, wurde bereits ausführlich dargelegt (vgl. oben S. 244 ff.). 160 Darauf, dass die Gefahrenhöhe im konkreten Einzelfall identisch sein kann, kann es bei der Frage danach, wann von einem Unternehmen auszugehen ist, nicht ankommen. 161 Vgl. oben S. 70.

§11: Der

Gleichordnungskonzern

477

Sicher bezieht sich auch die U m s c h r e i b u n g des U n t e r n e h m e n s als eigenständig unternehmerisch tätige Wirtschaftseinheit auf den Begriff selbst und ist als A b g r e n z u n g s f o r m e l damit nur eingeschränkt hilfreich. Indes wird sich eine allgemeingültige D e f i n i t i o n dieses Begriffs auch kaum finden lassen 1 6 2 , was auf der anderen Seite allerdings n o c h nicht berechtigt, ihn gedanklich, wie dies teilweise getan wird, schlichtweg zu streichen und das K o n z e r n r e c h t ins U f e r l o s e auszudehnen 1 6 3 . D a eine nähere positive Begriffsbestimmung aufgrund der denkbaren Vielfalt unternehmerischer Betätigungen allerdings kaum möglich sein wird, kann, u m der Begriffsausdehnung G r e n z e n zu setzen, ähnlich wie im W e t t b e w e r b s r e c h t 1 6 4 aber eine negative Begriffsbestimmung hilfreich sein, mit der B e t ä tigungen, die keine unternehmerischen sind, aus dem U n t e r n e h m e n s b e g r i f f ausgeklammert werden. Auszugehen ist nach dem erkennbaren Willen des G e s e t z gebers dabei von den klassischen U n t e r n e h m e n s f o r m e n . Dies stellt allerdings keine abschließende Beurteilung dar, sondern lässt durchaus R a u m

dafür,

Rechtsgebilde in den U n t e r n e h m e n s b e g r i f f zu integrieren, deren Betätigung mit denen der h e r k ö m m l i c h e n U n t e r n e h m e n s f o r m e n vergleichbar ist. E i n e solche Vergleichbarkeit ist indes, um es nochmals zu betonten, bei Gesellschaftern mit multiplen Beteiligungsbesitz aber nicht gegeben.

3) Die Haftung im

Gleichordnungskonzern

Wendet man sich gegen den weiten Unternehmensbegriff der herrschenden M e i nung, gewinnt natürlich auch die Frage nach der Haftung im Gleichordnungskonzern zunehmend Bedeutung 1 6 5 . Teilweise wird insoweit allerdings bereits eine regelungsbedürftige Konfliktlage verneint, da ein konzernrechtlicher Interessenkonflikt zwischen den beteiligten Unternehmen im H i n b l i c k darauf, dass kein Unternehmen von dem anderen abhängig sei, nicht bestehe und somit auch nicht die Gefahr, dass eines der Unternehmen benachteiligt werde 1 6 6 . Es ist indes offensichtlich, dass, wie bei jedem Zusammenschluss, nicht jede Entscheidung über die Geschäftspolitik für alle Beteiligten gleich vorteilhaft sein kann 1 6 7 . Selbst in einem paritätisch besetzten Leitungsgremium sind Entscheidungen zu treffen, die die eine oder andere beteiligte Gesellschaft in mehr oder weniger vorteilhafter Weise betreffen kann 1 6 8 . Zunehmend wird daher auch in der Literatur darauf hingewiesen, dass auch bei einer horizontalen Konzernierung Benachteiligungen eine der

K. Schmidt, ZGR 1980, 277, 280. Vgl. bereits oben S. 468 ff. 164 Zum Begriff des Wettbewerbs vgl. etwa Rittner, Wettbewerbs- und Kartellrecht, 7. Aufl. (2003), § 1 Rn. 22 ff m.w.N. 165 Allgemeine Haftungstatbestände wie etwa die Haftung aufgrund eines zurechenbar veranlassten Rechtsscheins bleiben hier aus der Betrachtung ausgenommen. 166 Koppensteiner, in K K ^ 291 Rn. 77; Würdinger, in Großkomm, zum AktG § 18 Rn. 16. 167 Kropff, in MK zum AktG vor § 311 Rn. 106. 168 Lutter/Drygala, ZGR 1995, 557, 560. 162

163

478

Kapitel IV: Die Haftung

zwischen gleichgeordneten

Unternehmen

im

Konzern

beteiligten Gesellschaften möglich sind 169 . Dies gilt umso mehr, wenn man richtigerweise auch den Fall als Gleichordnungskonzern versteht, in dem ein Gesellschafter mehrere Gesellschaften „beherrscht" 1 7 0 . Gleichordnungskonzerne lassen sich nicht bereits dann zu Unterordnungskonzernen umqualifizieren, wenn es den beteiligten Unternehmen nicht immer gelingt, ihr Interesse im Rahmen des Gleichordnungskonzerns angemessen zur Geltung zu bringen 171 . Ein Unterordnungskonzern entsteht erst, wenn eine dauerhafte Abhängigkeit von einem anderen Unternehmen i.S.d. § 17 A k t G eintritt 172 . Die Tatsache allein, dass ein Unternehmen in einem paritätisch besetzten Leitungsgremium überstimmt wird oder ein mehrere Gesellschaften beherrschender Gesellschafter seinen Einfluss dazu ausnutzt, eine Gesellschaft zum Vorteil einer anderen zu benachteiligen, reicht hierfür nicht. Es bestätigt nur, dass auch in einem Gleichordnungskonzern Interessenkonflikte existieren. Die Frage ist, wie haftungsrechtlich darauf zu reagieren ist. Der Hinweis auf die Autonomie des Vorstandes nach § 76 AktG, die jedenfalls nachteilige Weisungen des Leitungsorgans ausschlösse 173 , kann insoweit ebensowenig wie im faktischen Unterordnungskonzern zum Schutz des Eigeninteresses einer abhängigen Aktiengesellschaft genügen 174 . In weitaus höherem Maße gilt dies, wie gesehen, für die G m b H . Auch diese darf nicht im Konzerninteresse benachteiligt werden und doch ist das Erfordernis von Haftungsregelungen unstreitig, wenn dem entgegen gehandelt wird 175 . a) Die Haftung

im

Gleichordnungsvertragskonzern

aa) Analogiebildung zu den Regelung des Aktienvertragskonzerns Bei Abschluss eines Gleichordnungsvertrages zwischen verschiedenen Unternehmen wird teilweise für eine Analogiebildung zu den Vorschriften des Aktienvertragskonzerns plädiert. So sollen, wenn der Konzernleitung gegenüber den Geschäftsleitungen der an einem Gleichordnungsvertrag beteiligten Gesellschaften nachteilige Weisungen möglich sind, was analog § 308 BGB immer dann der Fall sein soll, wenn die Gesellschafter mit der erforderlichen Mehrheit der Gründung des Gleichordnungskonzerns zugestimmt haben, auch die Rechtsfolgen der §§ 302, 303 A k t G eingreifen 176 . Teilweise wird die Vereinbarung einer Folgepflicht 169 LutterlDrygala, Z G R 1995, 557, 560; K. Schmidt, Z H R 155 (1991), 417, 443; Wellkamp, DB 1993,2517. 170 Vgl. oben S. 475 ff. 171 Dagegen zu Recht Lutter/Drygala, Z G R 1995, 557, 561 f., mit dem zutreffenden Hinweis auf den sonst unbemerkt möglichen Wechsel der Organisationsformen, vgl. auch Krieger, § 68 Rn. 81. 172 Vgl. hierzu oben S. 73 ff. 173 Gromann, Gleichordnungskonzerne (1979), S. 47 f.; Krieger, in Münchner H d b . zum A k t G § 68 Rn. 81. 174 Auch im faktischen Unterordnungskonzern bleibt die Leitungsmacht des Vorstandes durch die faktische Konzernierung unberührt. 175 Vgl. auch Lutter/Drygala, Z H R 1995, 557, 562 m.w.N. 176 Emmerich, in Emmerich/Habersack § 18 Rn. 36; Wellkamp, DB 1993, 2517, 2519 ff., für eine Anwendung der Regelungen, die im Falle des Vorliegens eines qualifiziert faktischen Kon-

§11:

Der

Gleichordnungskonzern

479

aber auch nur für den Fall für zulässig erachtet, dass die Parteien des Gleichordnungsvertrages einen horizontalen Verlustausgleich verabredet haben 1 7 7 . Nach überwiegender Auffassung besteht demgegenüber auch in einem vertraglichen Gleichordnungskonzern ein generelles Schädigungsverbot 1 7 8 , weshalb nachteilige Weisungen auch nicht zulässig sein können. Damit bedürfte es aber auch nicht der Notwendigkeit der Anordnung einer Verlustausgleichspflicht. Die Analogie zu den Regelungen des Unterordnungsvertragskonzerns kann im Gleichordnungsvertragskonzern nicht überzeugen. Diejenigen, die eine solche Analogie befürworten, gehen davon aus, § 76 A k t G sei im Gleichordnungsvertragskonzern eingeschränkt zu lesen, da die Vorstände nur noch die Macht zur Mitführung, nicht aber mehr zur alleinigen Führung hätten 1 7 9 . Man versteht § 291 Abs. 2 A k t G insoweit als lex specialis gegenüber § 76 A k t G 1 8 0 . D e m steht indes bereits entgegen, dass § 291 Abs. 2 A k t G gar keinen eigenständigen Regelungsgehalt hat. Hier wird nur festgestellt, dass ein Vertrag, durch den sich die beteiligten U n ternehmen, ohne voneinander abhängig zu sein, unter eine einheitliche Leitung stellen, keinen Beherrschungsvertrag darstellt, wenn durch den Vertrag nicht das eine von dem anderen abhängig wird. Damit kann hierin aber auch nicht die Grundlage für ein den § 76 A k t G verdrängendes Weisungsrecht gesehen werden 1 8 1 . Dies gilt auch, wenn es sich um für die Gesellschaft positive oder neutrale Weisungen handelt 1 8 2 . Gegen das Bestehen eines Weisungsrechts im Gleichordnungsvertragskonzern spricht überdies auch die Begründung des Regierungsentwurfs, nachdem eben nur Beherrschungsverträge die sonst zwingend vom Gesetz geforderte eigenverantwortliche Leitung der Gesellschaft durch den Vorstand beschränken können. N u r ein solcher Vertrag ist im Hinblick auf die insoweit ausdrückliche Regelung im Gesetz durch die mit ihm „verbundenen Einschränkungen der Vorschriften des Ersten Buches nicht unwirksam" 1 8 3 . Auf Gleichordnungsverträge ist § 308 A k t G nicht anwendbar. Damit bleibt den Vorständen der in einem Gleichordnungskonzern konzernierten Unternehmen aber in vollem Umfang die Leitungsbefugnis hinsichtlich ihrer Gesellschaften erhalten, womit sie zerns bzw. eines Vertragskonzerns bejaht werden, wenn die für eine unabhängige Gesellschaft geltenden Verantwortlichkeitsmaßstäbe zugunsten einer einheitlichen Konzernleitung verändert werden auch Raiser, Das Recht der Kapitalgesellschaften, 3. Aufl. § 56 Rn. 12 f. 177 K. Schmidt, in Z H R 155 (1991), 417, 430 f. 178 Gromann, Gleichordnungskonzerne (1979), S. 58 ff.; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht (1982), S. 388 f.; Krieger, in Münchner Hdb. zum A k t G § 68 Rn. 86; Lutter, Gutachten H zum 48. Dt. Juristentag S. 40 f.; Lutter/Drygala, Z H R 1995, 557, 566 f. 179 Hommelhoff, Konzernleitungspflicht (1982), S. 389; Wellkamp, D B 1993, 2517, 2519. 1 8 0 Insoweit auch Koppensteiner, in K K §291 Rn. 77, der allerdings trotz dieser Auffassung besondere Schutznormen wegen der fehlenden Abhängigkeit in diesem Bereich für überflüssig hält; soweit es sich um neutrale bzw. vorteilhafte Weisungen handelt, für eine Spezialregelung auch Gromann, Gleichordnungskonzerne (1979), S. 61. 181 LutterlDrygala, Z G R 1995, 557, 567; K. Schmidt, Z H R 155 (1991), 417, 428. 182 Dass der Vorstand eine für die Gesellschaft förderliche „Weisung" befolgen darf (vgl. nur Krieger, in Münchner Hdb. A G § 68 Rn. 86 m.w.N.) steht außer Frage; damit verbindet sich aber kein Weisungsrecht und eine entsprechende Folgepflicht. 1 8 3 Regierungsbegründung abgedruckt bei Kropff, S. 377.

480

Kapitel IV: Die Haftung zwischen gleichgeordneten

Unternehmen

im Konzern

auch frei entscheiden können, ob sie eine Weisung der eingerichteten einheitlichen Leitung befolgen oder nicht. Dies folgt im Übrigen auch zwingend daraus, dass in einem Gleichordnungskonzern das Kapitalsicherungssystem der §§ 57, 58, 62 A k t G nicht außer Kraft gesetzt wird. Damit muss dem Vorstand der einzelnen Gesellschaften auch möglich sein, die Befolgung einer Weisung, die gegen diese Vorschriften verstößt, zu verweigern. Eine Folgepflicht mit der Konsequenz, dass positive wie aber auch nachteilige Weisungen zu befolgen wären, kann auch nicht durch die ausdrückliche Vereinbarung einer Verlustausgleichspflicht legitimiert werden 1 8 4 . § 76 A k t G ist als zwingende organisationsrechtliche Regelung grundsätzlich nicht abdingbar. Auch ein Beschluss der Gesellschafter kann hieran nichts ändern. Ebensowenig wie mit einem solchen Beschluss ein Weisungsrecht der Gesellschaftergesamtheit gegenüber dem Vorstand begründet werden kann, kann als Folge eines solchen Beschlusses das Weisungsrecht eines einzelnen Gesellschafters oder eines Dritten entstehen. Dies bedeutet auf der anderen Seite nicht, dass in einem Gleichordnungskonzern nicht die Durchführung von Maßnahmen zulässig wäre, die „punktuell" betrachtet für eines der beteiligten Unternehmen nachteilig sind. In der Tat wird eine langfristige Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Unternehmen und eine K o ordinierung der Geschäftspolitik kaum möglich sein, ohne dass eines von ihnen ab und an einzelne Nachteile erleiden muss 1 8 5 . Wie bereits an anderer Stelle hervorgehoben wurde, kann es einer Geschäftsleitung aber auch nicht verwehrt sein, um langfristiger konkret verfolgter Ziele willen (kurz- oder mittelfristige) Vermögenseinbußen in Kauf zu nehmen 1 8 6 . Der Vorstand einer Gesellschaft verletzt daher auch nicht seine Pflichten, wenn er bei realistischer Aussicht langfristiger, überwiegender Vorteile kurzfristige Nachteile hinnimmt. Damit kann aber auch der Ansicht, dass ohne Weisungsrecht eine effektive konzernrechtliche Zusammenarbeit nicht möglich wäre 1 8 7 und die Begründung einer einheitlichen konzernrechtlichen Leitung keinen Sinn mache, nicht gefolgt werden. Durch den Abschluss eines Vertrages zur Begründung eines Gleichordnungskonzerns schließen sich die Konzernunternehmen zum gegenseitigen Nutzen zusammen. Damit verpflichten sie sich zur gemeinsamen Zweckverfolgung unter einheitlicher Leitung. Dies tangiert aber nicht die Befugnisse der Geschäftsleitungen der beteiligten Gesellschaften. Folgt der Vorstand eines der gleichgeordneten Unternehmen einer von diesem Zweck getragenen Entscheidung der Konzernleitung nicht, so begründet dies allerdings einen Pflichtverletzung seiner Gesellschaft, weshalb er selbst gegen seine Pflichten zur ordnungsgemäßen G e schäftsleitung verstößt. Eine Entscheidung indes, die einer Gesellschaft, auch unter Berücksichtigung etwaiger langfristiger Vorteile, im Ergebnis nur zum N a c h teil gereichen kann, entspricht nicht dem Zweck des Zusammenschlusses und

184 185 186 187

So K. Schmidt, Z H R 155 (1991), 417, 431. So zu Recht Wellkamp, DB 1993, 2517, 2519. Kropff, in MK zum AktG vor § 311 Rn. 110. Wellkamp, DB 1993,2517, 2518 ff.

§11: Der

Gleichordnungskonzern

481

braucht (bzw. darf vom Vorstand der gleichgeordneten Gesellschaft) daher auch nicht befolgt werden 1 8 8 . Einer Analogieziehung zu den Schutzregelungen des Unterordnungsvertragskonzerns ist hier nicht möglich. Diese Schutzregelungen beruhen darauf, dass durch den Abschluß eines Beherrschungsvertrages der Zweck der Gesellschaft geändert wird, weshalb auch uneingeschränkt Weisungen zulässig sind, mit denen die Interessen der herrschenden Gesellschaft verfolgt werden (§ 308 BGB) 1 8 9 . Dies ist nicht die Situation in einem Gleichordnungsvertragskonzern. Zweck eines Gleichordnungsvertrages ist grundsätzlich die Zusammenfassung der wirtschaftlichen Aktivitäten der Partnerunternehmen zur Erzielung höherer Gewinne 1 9 0 . Hier wird folglich regelmäßig eine Vereinbarung über eine gemeinsame Leitung getroffen, u m die jeweiligen Interessen gemeinsam besser verfolgen zu können. Damit entsteht eine BGB-Gesellschaft 1 9 1 . D u r c h die Vereinbarung einer gemeinsamen Leitung wird aber nicht der jeweilige Zweck einer oder gar aller beteiligten Gesellschaften geändert 1 9 2 . Insbesondere tritt an die Stelle der einzelnen Gesellschaftsinteressen nicht das Konzerninteresse. Der Vertrag wird vielmehr nur zur Ausnutzung von Synergieeffekten unter Beibehaltung der jeweiligen Zwecke der am Vertragsschluss beteiligten Gesellschaften geschlossen 193 . Mit dieser Auffassung wird nicht ein Aspekt des Gesellschaftszwecks, nämlich der der autonomen Zielverfolgung, außer Acht gelassen 194 . Abgesehen davon, dass die Autonomie einer Gesellschaft kein Bestandteil des Gesellschaftszwecks einer Gesellschaft ist 195 , wird die Autonomie durch den Abschluss eines Gleichordnungsvertrages auch nicht berührt. Die Begründung schuldrechtlicher Verpflichtungen, und u m eine solch rein schuldrechtliche Verbindung handelt es sich bei der Begründung einer Innengesellschaft 1 9 6 , kann die Eigenständigkeit der Zweckverfolgung nicht beseitigen. Anders ist die Rechtslage freilich, wenn eine Gesellschaft vertraglich auf die Interessen einer anderen ausgerichtet werden und fürderhin in deren Interesse wirt-

188

Kropff, in MK zum A k t G vor § 311 Rn. 111. Vgl. oben S. 19. 190 Gromann, Die Gleichordnungskonzerne im Konzern- und Wettbewerbsrecht (1979), S. 29; Jaschinski, Die Haftung von Schwestergesellschaften im GmbH-Unterordnungskonzern (1997), S. 142 Fn. 20. 191 Emmerich!Sonnenschein/Habersack, § 4 IV 2 a für den Gleichordnungsvertragskonzern; Jacob, Gleichordnungskonzerne S. 29; Keck, Nationale und internationale Gleichordnungskonzerne (1998), S. 238; vgl. auch Koppensteiner,in KK § 18 Rn. 7 m.w.N. 192 A.A. Timm, Die Aktiengesellschaft als Konzernspitze (1980), S. 154 f. 193 Ein Vertrag, der einer Gesellschaft voraussichtlich Nachteile bringen wird, darf von der Geschäftsleitung bereits nicht geschlossen werden. 194 So aber Timm, Die Aktiengesellschaft als Konzernspitze (1980), S. 155; vgl. auch Mülbert, Aktiengesellschaft, 2. Aufl. (1996). 195 Wäre dies der Fall, würde jede faktische Konzernierung oder Begründung einer wirtschaftlichen Abhängigkeit den Zweck einer Gesellschaft ändern. 196 K. Schmidt, GesR § 4 II 1 a. 189

482

Kapitel IV: Die Haftung

zwischen

gleichgeordneten

Unternehmen

im

Konzern

Schäften soll 197 . Dies setzt eine Änderung des Zwecks voraus, die vertraglich nur durch den Abschluß eines Beherrschungsvertrages möglich ist 198 . bb) Aufwendungsersatzansprüche im Gleichordnungsvertragskonzern Teilweise sieht man mit dem Abschluss eines Gleichordnungsvertrages aber auch eine horizontale Risikoverteilung einhergehen. So weist insbesondere K. Schmidt darauf hin, dass beim vertraglichen Gleichordnungskonzern eine Vergemeinschaftung der Geschäftsführung stattfinde, weshalb nach dem Vorbild der §§ 713, 670, 730 ff. B G B die Verluste im Gleichordnungskonzern horizontal verrechnet werden müssten 199 . Dabei zieht auch er einen Vergleich zum Beherrschungsvertrag. Hier sei der Grundgedanke der Verlustausgleichspflicht der herrschenden Gesellschaft in allgemeinen Ausgleichsprinzipien des B G B zu finden, nämlich dem der Fremdgeschäftsführung. Diesem Geschäftsbesorgungselement entspräche aber beim Gleichordnungsvertrag die Vergemeinschaftung der Geschäftsführung, weshalb es hier einer horizontalen Risikoverteilung bedürfe 200 . Dass der Gedanke der Fremdgeschäftsführung bereits beim Beherrschungsvertrag nicht ganz passt, wurde schon ausgeführt201. Richtig ist natürlich, dass § 713 B G B dem geschäftsführenden Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts einen Anspruch aus Aufwendungsersatz verschafft, wobei als Geschäftsführung jede zur Förderung des Gesellschaftszwecks bestimmte, für die Gesellschaft wahrgenommene Tätigkeit verstanden werden kann 202 . Aber selbst für den Fall, dass die Gesellschaften ihren gesamten Tätigkeitsbereich koordiniert haben und Maßnahmen einer Gesellschaft daher grundsätzlich auch für die Gesamthand als vorgenommen angesehen werden könnten, kann ein genereller Verlustausgleichsanspruch, wie er in § 302 AktG zu finden ist, nicht auf § 713 B G B gestützt werden. Zum einen sind nach § 713 B G B nur solche Aufwendungen erstattungsfähig, die ein Geschäftsführer bei seinen Handlungen für die Gesellschaft auch für erforderlich halten durfte 203 . Im Übrigen erfasst der Aufwendungsersatzanspruch zwar auch die durch die Geschäftsführung eingetretenen Verluste des Geschäftsführers 204 , womit auch in einem Gleichordnungsvertragskonzern den an der Konzernleitung beteiligten Gesellschaften ein Anspruch auf Ersatz der Verluste zustehen kann, die durch die Führung der Geschäfte der hier begründeten BGB-Gesellschaft entstanden sind. Beruhen diese Verluste allerdings auf externen oder rein internen, d.h. in einer der beteiligten Unternehmen begründeten Ursachen, kann 197 Für einen Verlustausgleich für den Fall, dass die Konzernleitung zu einer dauernden und nachhaltigen Beeinträchtigung der Eigeninteressen eines der beteiligten Gesellschaften geführt hat auch Lutter/Drygala, Z G R 1995, 557, 570 f. 198 Vgl. auch Altmeppen, im MK § 291 Rn. 221; zu dem Fall, dass eine entsprechende Zweckausrichtung trotzdem praktiziert wird, vgl. noch unten S. 486 ff. 199 K. Schmidt, Z H R 155 (1991), 417, 429. 200 K. Schmidt, Z H R 155 (1991), 417, 429. 201 Vgl. oben S. 20. 202 Ulmer, in MK § 709 Rn. 7. 203 B G H v. 2.7.1979 = NJW 1980, 339 - auch in Innengesellschaft. 204 Ulmer, in MK § 713 Rn. 15 m.w.N.

5 11: Der

483

Gleicbordnungskonzern

hierauf auch kein Anspruch aus Aufwendungsersatz gestützt werden. Abgesehen davon scheidet aber auch im Falle, dass ein Aufwendungsersatzanspruch zu bejahen ist, eine anteilige Haftung der Mitgesellschafter hierfür vor der Auseinandersetzung der Gesellschaft 2 0 5 , in Ermangelung einer abweichenden Vereinbarung, im Hinblick auf § 707 B G B grundsätzlich aus 2 0 6 . Eine Haftung, wie sie im Falle eines Beherrschungsvertrages seitens des herrschenden Unternehmens unabhängig von der Entstehungsursache der Verluste des abhängigen Unternehmens besteht 2 0 7 , existiert zwischen vertraglich verbundenen Unternehmen in einem Gleichordnungskonzern in der genannten F o r m daher nicht. I m Übrigen hilft dieser Ansatz von vornherein aber auch dann nicht weiter, wenn die Verluste einer der beteiligten Gesellschaften auf der Geschäftsführung eines besonders hierfür geschaffenen Leitungsorgans beruhen. Ein Rückgriff auf § 3 1 B G B ist bereits deshalb

nicht

möglich, da die Konzernleitungsinstanz kein Organ der einzelnen K o n z e r n m i t glieder im Sinne des § 31 B G B ist 2 0 8 . cc) Treuepflichtverletzungen im Gleichordnungsvertragskonzern Auch im Rahmen eines Gleichordnungsvertragskonzerns k o m m t allerdings eine Haftung aufgrund der Verletzung mitgliedschaftlicher Treuepflichten in Betracht. D u r c h den Gleichordnungsvertrag entsteht, wie bereits festgestellt wurde, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts 2 0 9 . Bereits auf dieser Grundlage sind sich die gleichgeordneten Gesellschaften zur gegenseitigen Treue verpflichtet und dürfen die anderen nicht schädigen 2 1 0 . Bei der regelmäßig außerdem vorliegenden kapitalmäßigen Verflechtung sind überdies die bereits besprochenen Treuepflichten aus der Mitgliedschaft zu beachten.

b) Die Haftung im faktischen

Gleicbordnungskonzern

Auch für den Bereich des faktischen Gleichordnungskonzerns wird teilweise für eine Heranziehung der Haftungsregeln des Aktienkonzernsrechts

plädiert 2 1 1 .

Auch dem ist indes die fehlende Vergleichbarkeit der Rechtslagen entgegenzuhalten. Die § § 3 1 1 ff. A k t G sind auf den Schutz der abhängigen Gesellschaft gerichtet,

205 Dazu, inwieweit bei der Innengesellschaft für eine Auseinandersetzung i.S. d. §§ 730 ff BGB überhaupt Raum ist vgl. Hadding, in Soergel vor § 730 Rn. 4 m.w.N. 206 H.M. BGH v. 2.7.1962 = B G H Z 37, 299, 301; BGH v. 10.4.1989 =ZIP 1989, 852, Hadding, in Soergel § 713 Rn. 10; von Gamm, in RGRK § 705 Rn. 24; Westermann, in Erman § 713 Rn. 5; a.A. aber insoweit gegen die h.M. Ulmer, in MK § 713 Rn. 14 für den Fall, dass kein Gesellschaftsvermögen vorhanden ist; anderes gilt allerdings, wenn der Geschäftsführer aufgrund seiner persönlichen Verpflichtung als Gesellschafter Gesamthandsgläubiger befriedigt (vgl. näher Hadding, in Soergel § 713 Rn. 10). 207 Vgl. oben S. 30. 208 Vgl. insoweit zu Recht Jaschinski, Die Haftung von Schwestergesellschaften im GmbHUnterordnungskonzern (1997), S. 166. 2 0 9 Vgl. bereits oben S. 481. 210 Gromann, Gleichordnungskonzerne (1979), S. 57; Koppensteiner, in KK § 18 Rn. 7; Lütter/ Drygala, ZGR 1995, 557, 566 m.w.N. 211 Emmerich, in Emmerich/Habersack, § 18 Rn. 37 m.w.N.

484

Kapitel IV: Die Haftung zwischen gleichgeordneten

Unternehmen im Konzern

mit dem Ziel, diese so zu stellen, als bestünde die Abhängigkeitslage nicht 2 1 2 . D e m gegenüber haben sich in einem Gleichordnungskonzern gleichberechtigte Partner zum gegenseitigen N u t z e n zusammengeschlossen. Diese Unterschiedlichkeit in der Grundkonzeption rechtfertigt keine Analogiebildung 2 1 3 . Anders soll nach teilweiser Auffassung allerdings dann zu entscheiden sein, wenn im Einzelfall „über die Personengleichheit hinaus weitere Gesichtspunkte in ähnlicher Weise wie ein beherrschender Einfluss die Gefahr begründen, dass ein Vorstandsmitglied E n t scheidungen zum Nachteil einer Gesellschaft trifft oder mittrifft" 2 1 4 . So könne etwa mit der personellen eine kapitalmäßige Verflechtung einhergehen, was bei unterschiedlich hohen Beteiligungen das Risiko beinhalte, dass „ähnlich wie bei beherrschendem Einfluss" eine der gleichgeordneten Gesellschaften zum Vorteil der anderen benachteiligt wird 2 1 5 . Aus diesem G r u n d müsse aber im Falle einer Benachteiligung das bevorzugte Unternehmen entsprechend § § 3 1 1 , 3 1 7 A k t G neben den beteiligten Vorstandsmitgliedern haften 2 1 6 . Eine

Unterscheidung

zwischen

Beherrschungsverhältnissen

und

beherr-

schungsähnlichen Verhältnissen zu treffen, ist sinnvoll jedoch kaum möglich. Hat ein Unternehmen gegenüber einem anderen ein einer Abhängigkeitslage „vergleichbares U b e r g e w i c h t " , liegt Abhängigkeit vor 2 1 7 . Fehlt es an einem solchen Ubergewicht, besteht auch kein Grund zur Verschaffung eines Konzernprivilegs und der Schadensersatzhaftung desjenigen, der die Benachteiligung nicht zu verantworten hat. Vielmehr ist, wenn die faktische Gleichordnung etwa darauf beruht, dass ein gemeinsamer Gesellschafter existiert, der seinen Einfluss zum N a c h teil einer der Gesellschaften ausgenutzt hat, nur eine Schadensersatzhaftung dieses Gesellschafters, nicht aber der anderen Gesellschaften - neben der Organverantwortung des Vorstandes - zu bejahen 2 1 8 . Allein die Tatsache, dass eine Gesellschaft von demselben Gesellschafter wie eine andere Gesellschaft beherrscht wird, begründet noch keine Treuepflichten zwischen den Gesellschaften 2 1 9 . Die durch den Zusammenschluss in dem K o n z e r n begründete Sonderverbindung reicht hierfür nicht aus 2 2 0 . Gleiches gilt für den Fall einer Doppelorganschaft, bei der ein Vor212

Lutter!Drygala,

ZGR 1995, 557, 565 mit V erweis auf Koppensteiner, in KK vor §311

Rn.4. Lutter/Drygala, ZGR 1995, 557, 565 f. Für eine Analogie in diesem Fall Kropff, in MK zum AktG vor § 311 Rn. 113 ff. 215 Kropff, in MK vor §311 Rn. 113. 216 Die Entscheidung, ob in diesem Fall nicht auch ein Abhängigkeitsbericht erstellt werden müsste, lässt Kropff, in MK zum AktG vor § 311 Rn. 115 im Ergebnis auf sich beruhen, da eine solche Verpflichtung ohne höchstrichterliche Entscheidung nicht durchsetzbar sei. 217 Vorausgesetzt, es besteht auch eine gesellschaftsrechtliche Vermittlung (vgl. hierzu bereits oben S. 73 ff.). 218 Die bevorzugte Gesellschaft haftet allenfalls dann selbst aufgrund einer Treuepflichtverletzung, wenn sie auch Gesellschafterin der geschädigten Gesellschaft ist oder zwischen ihnen eine Zweckgemeinschaft begründet wurde (vgl. auch LutterlDrygala, ZGR 1995, 557, 566). 219 Mitgliedschaftliche Treuepflichten sind nur aus der Mitgliedschaft in einer Gesellschaft und der damit bestehenden Zweckförderungspflicht abzuleiten (vgl. hierzu bereits oben S. 164 ff.). 220 A.A. Jaschinski, Die Haftung von Schwestergesellschaften im GmbH-Unterordnungskonzern (1997), S. 162 f. 213

214

5 11: Der

Gleichordnungskonzern

485

stand eine Gesellschaft zum Vorteil der anderen benachteiligt. Auch hier haftet außerhalb des Deliktsrechts nur der Vorstand aufgrund der von ihm begangenen Pflichtverletzung. Soweit eine kapitalmäßige Verflechtung zwischen den Gesellschaften besteht oder die Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks verabredet wurde221, kommt natürlich auch eine Treuepflichtverletzung der jeweiligen Gesellschaft in Betracht, die zum Nachteil der anderen agiert hat. Außerhalb dessen kann sich ein Anspruch gegen eine Schwestergesellschaft auch bei einer Verletzung der Kapitalerhaltungsvorschriften zu ihren Gunsten ergeben 222 . Auch ist für den Fall, dass sich eine Vermögensverschiebung an eine Schwestergesellschaft als verdeckte Gewinnausschüttung darstellt223, u.U. auch ihr gegenüber ein Anspruch aufgrund ungerechtfertigter Bereicherung zu bejahen 224 . Im Übrigen kommt im Einzelfall natürlich auch ein Aufwendungsersatzanspruch in Betracht, wenn eine Gesellschaft im Interesse einer anderen ein für sie fremdes Geschäft geführt hat 225 . Der Umstand, dass in Ausnahmefällen die Rechtsprechung bei Verletzung der Kapitalerhaltungs- und Kapitalersatzregelungen neben dem Anspruch gegen den Gesellschafter auch einen Anspruch gegen den empfangenden Dritten bejaht hat, um eine Umgehung dieser Vorschriften zu verhindern 226 , rechtfertigt es allerdings nicht, hieraus ein Prinzip zu formulieren und die Haftung eines Gesellschafters wegen eines existenzvernichtenden Eingriffs auf Schwestergesellschaften auszudehnen, weil deren Vermögen „dem nicht erreichbaren oder illiquiden Gesellschafter wirtschaftlich zuzurechnen ist" 227 . Raiser, der im Anschluss an die Entscheidung des B G H in Sachen Bremer Vulkan22% diesen Ansatz vertritt, ist bereits deshalb nicht zu folgen, weil sich die Haftung wegen der Verletzung des Eigeninteresses der Gesellschaft nicht aus den Kapitalerhaltungs- und Ersatzvorschriften ableiten lässt bzw. diese ergänzt229. Damit lassen sich die dort entwickelten Grundsätze auf die Haftung wegen existenzvernichtender Eingriffe aber auch nicht übertragen. Es handelt sich hier um eine Verhaltenshaftung, für die man nicht einfach einen Dritten heranziehen kann, wenn man beim Schuldner keine Befriedigung erhält. Offen bleibt überdies, weshalb ein Gesellschafter, der an einer Gesellschaft beteiligt ist, in der Vermögen angesammelt wurde, illiquide sein sollte. Hier kann in seine Beteiligung vollstreckt werden. Im Falle einer gläubigerbenachteiligenden Vermögensverschiebung von der Schuldnergesellschaft auf eine Schwestergesell221 Letzteres wird freilich gerade bei personellen Verflechtungen häufig der Fall sein (Hü)fer, § 1 8 Rn.21 hält die Grenze zum konkludenten Abschluss eines Gleichordnungsvertrages hier für fließend). 222 Vgl. bereits oben S. 150. 223 Zur Frage, wann eine Leistung als verdeckte Gewinnausschüttung anzusehen ist vgl. bereits oben S. 89 ff. 224 Vgl. oben S. 153. 225 Vgl. hierzu oben S. 389 ff. 226 B G H v. 28.9.1981 = B G H Z 81, 365; B G H v. 14.10.1985 = WM 1986,237,239. 227 So aber Raiser, in FS Ulmer S. 493, 507. 228 Vgl. hierzu oben S. 203 ff. 229 Vgl. hierzu bereits oben S. 205 ff.

486

Kapitel IV: Die Haftung

zwischen

gleichgeordneten

Unternehmen

im

Konzern

schaft ist überdies die Möglichkeit der Insolvenzanfechtung nicht außer Acht zu lassen. Insoweit kann auf die bereits von Ehricke in seiner Habilitationsschrift 2 3 0 gemachten ausführlichen Erläuterungen verwiesen werden 2 3 1 . c) Analogie

zu den Regelungen

über den

Verlustausgleich

In besonders engen Gleichordnungskonzernen wird teilweise „entsprechend der Rechtslage beim qualifiziert faktischen Unterordnungskonzern" auch eine Ver-

Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998). Unproblematisch ist eine Anfechtung bei einer unentgeltlichen Leistung nach §134 InsO möglich. Zu denken ist hier aber auch an eine Anfechtung nach § 133 Abs. 2 InsO, wobei die Schwestergesellschaft als nahestehende Person qualifiziert werden kann. Allerdings unterfallen Schwestergesellschaften i.d.R. nicht unmittelbar dem Wortlaut des §138 InsO. Auch darf die Norm nach ihrer Entstehungsgeschichte grundsätzlich nicht als Auffangtatbestand verstanden werden ( S t o d o l k o k o w i t z , in MK zur InsO § 138 BGH Rn. 27). Nicht gefolgt werden kann daher auch dem Ansatz Ehrickes, der, wenn es sich bei der betroffenen Gesellschaft um eine GmbH handelt, die Neuregelung mit §50 GmbHG in Einklang bringen möchte, da er in der Möglichkeit, die Einberufung einer Gesellschafterversammlung zu verlangen, einen qualifizierten Informationsvorsprung sieht. Aus diesem Grund dürfe die für die AG stimmige 25 %-Grenze nicht ohne weiteres auf die GmbH übertragen werden, da hier bereits bei einem wesentlichen geringeren Anteil Einflussmöglichkeiten bestünden, wobei er sich zur Bekräftigung auf den ersten Bericht der Insolvenzrechtskommission, Leitsatz 5.2.6. (414f.) beruft, wo die 25 %-Klausel zunächst nur für die AG vorgesehen war (Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998), S. 40). Nach seiner Ansicht müssen wegen der bestehenden Missbrauchsmöglichkeiten darüber hinaus aber auch alle Personen in den Anwendungsbereich des § 138 Abs. 2 Nr. 2 InsO fallen, die - weshalb auch immer - einen Informationsvorsprung erlangt haben. Hierunter fielen neben der Muttergesellschaft aber auch die Schwestergesellschaften des insolvent gewordenen Unternehmens, da diese sich wegen der Verbundenheit mit der Muttergesellschaft deren Insiderstellung als eigene zurechnen lassen müssten (auch dann, wenn keine mindestens 10%ige Beteiligung bestehe, Ehricke, a.a.O. S. 43 f.). Zum einen ist in der bloßen Möglichkeit, eine Gesellschafterversammlung einzuberufen, aber noch kein Informationsvorsprung gegenüber anderen Gesellschaftern zu erblicken. Auch widerspricht diese Auslegung des § 138 Abs. 2 Nr.2 InsO dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers. Vor allem geht es hier aber auch nicht um den eigenen möglichen Wissensvorsprung der Schwestergesellschaft, der hier zur Anfechtung berechtigen muss, sondern um deren Nähe zu dem die Schuldner- und Schwestergesellschaft beherrschenden Gesellschafter. Der Schwestergesellschaft kann das Wissen einer Muttergesellschaft nicht generell zugerechnet werden (anders Ehricke, a.a.O. S. 24 ff.). Allein entscheidend ist das Wissen des maßgeblichen Gesellschafters, der dieses ausnutzt, um Vermögensverschiebungen an ihm verbundene Personen zu veranlassen. Zwar wird nach § 138 Abs. 2 Nr. 1 InsO nur der Gesellschafter selbst als nahestehende Person qualifiziert. Uber § 138 Abs. 2 Nr. 3 werden aber auch diejenigen Personen erfasst, die mit den in Nr. 1 und Nr. 2 bezeichneten Personen in einer in Abs. 1 bezeichneten persönlichen Verbindungen stehen. Zwar sind hier nur die Verwandten natürlicher Personen genannt. Insoweit liegt aber eine Situation vor, die bereits zur Zeit der früheren KO als unzureichend erkannt worden war, weshalb man Verwandten in diesem Sinne auch verbundene Gesellschaften gleichgestellt hatte (vgl mir Hub er, in InsHdb. §30 Rn. 16; Kilger/K. Schmidt, §31 Anm.31; Henckel, in Jaeger §31 Rn.35; Gerhard/Kreft, 104, Uhlenhruck, GmbHR 1986, 109; zur Entwicklung der Rspr. vgl. den Uberblick bei Hess/Kropshöfer, § 31 Rn. 26). Als mit nahestehenden Gesellschaftern verbunden sind in entsprechender Anwendung des § 138 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. Abs. 1 InsO daher auch Gesellschaften anzusehen, die diese Gesellschafter der Schuldnergesellschaft beherrschen (vgl. auch Stodolkowitz, MK zur InsO § 138 Rn. 32 m.w.N. auch zur Gegenansicht). 230 231

§ 11: Der

Gleichordnungskonzern

487

lustausgleichspflicht analog §§ 302, 303 A k t G bejaht 2 3 2 . O b an dieser Auffassung nach Aufgabe dieser Rechtsfigur 2 3 3 festgehalten wird, ist offen. Jedenfalls kann die Enge der konzernrechtlichen Zusammenarbeit eine Analogie zu den §§ 302, 303 A k t G aber nicht rechtfertigen. In einem Gleichordnungskonzern liegt grundsätzlich eine andere Situation als bei einem Beherrschungsvertrag vor, da die Zusammenarbeit insoweit prinzipiell im Interesse beider Gesellschaften liegt. Eine noch so enge Zusammenarbeit auf der Grundlage einer umfassenden und dauernden Leitung des Zentralorgans kann eine pauschale Verlustausgleichspflicht i.S.d. § 302 AktG 2 3 4 daher nicht begründen 2 3 5 . Eine Analogie ist nur dann sachgerecht, wenn ein organisatorischer Zustand geschaffen wurde, der dem in einem U n t e r o r d nungsvertragskonzern entspricht 2 3 6 . Dazu muss allerdings eine Gesellschaft ganz auf die Belange einer anderen Gesellschaft ausgerichtet worden sein 237 . Dies ist freilich auch zwischen gleichgeordneten Unternehmen denkbar, w e n n ein Zustand erreicht wird, in dem eine gleichgeordnete Gesellschaft wie eine Betriebsabteilung einer anderen Gesellschaft geführt wird 2 3 8 , ohne dass die eine von der anderen abhängig ist. Zu denken ist auch hier etwa an Fälle im Zusammenhang mit einer Betriebsaufspaltung 2 3 9 . Freilich f ü h r t eine solche Konstellation nicht zu einer horizontalen Verlustgemeinscbaft 2 4 0 , sondern nur zu einer Verlustausgleichsverpflich232 Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 4 III 4 m.w.N.; vgl. auch Raiser, Recht der Kapitalgesellschaften, 3. Aufl. § 56 Rn. 13. 233 Vgl. oben S. 344 ff. 234 Ein Anspruch auf Ersatz entstandener Verluste kann hier nur von Fall zu Fall auf der Grundlage des oben erwähnten Aufwendungsersatzanspruchs bestehen. 235 Lutter/Drygala, Z G R 1995, 557, 570. 236 Der Vergleich mit der Situation in einem Gleichordnungsvertragskonzern hilft hier nicht weiter (so aber K. Schmidt, Z H R 155 (1991), 417, 442), da hier ein pauschaler horizontaler Verlustausgleich nicht zu begründen ist (vgl. oben S. 478 ff.). 237 Vgl. oben S. 382 ff. 238 K. Schmidt, Z H R 155 (1991), 417, 442; f ü r einen Verlustausgleich f ü r den Fall, dass die Konzernleitung zu einer dauernden und nachhaltigen Beeinträchtigung des Eigeninteresses einer der beteiligten Gesellschaften geführt hat, auch Lutter/Drygala, Z G R 1995, 557, 570 f.; Raiser, in FS U l m e r S.493, 508 will indes die H a f t u n g an die „haftungsbegründende Einseitigkeit der Konzernleitung ... trotz der rechtlichen G l e i c h o r d n u n g " anknüpfen, wenngleich er insoweit im Ergebnis keinen Unterschied z u m Ansatz von K. Schmidt, erkennt: Wie bereits ausgef ü h r t wurde, ist entscheidend für die Begründung einer Verlustausgleichspflicht aber nicht die A u s ü b u n g von Leitungsmacht, sondern die Interessenausrichtung (vgl. bereits oben S. 16 f.). 239 Werden sowohl Besitz- wie auch Betriebsgesellschaft von deren gemeinsamem privaten Gesellschafter geleitet, liegt ein Gleichordnungskonzern, kein U n t e r o r d n u n g s k o n z e r n vor (vgl. bereits oben S. 472 ff.). 240 So aber K. Schmidt, Z H R 155 (1991), 417, 444, der bei qualifiziert faktischer Gleichordnung einen Vergleich mit einer Entscheidung des B G H zieht, in der dieser allein aufgrund des Bestehens einer Partnerschaft im Rahmen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft die §§ 730 ff. B G B auf den unter den Partnern verwirklichten Tatbestand einer Vermögensgemeinschaft analog angewandt hat, und zwar „auch dann, w e n n die Partner... kein Gesellschaftsverhältnis begründet haben" ( B G H v. 12.7.1982 = B G H Z 84, 388, 391); dabei soll eine die A n w e n d barkeit der §§ 730 ff. BGB rechtfertigende entsprechende Interessenlage dann gegeben sein, w e n n zwischen den Schwestergesellschaften ein Zustand besteht, der dem einer vertraglich begründeten Verlustgemeinschaft gleichkommt; in diesem Fall sei auch ein horizontaler Risikoausgleich zwischen diesen Gesellschaften als gerechtfertigt anzusehen, weshalb über eine Ana-

488

Kapitel IV: Die Haftung

zwischen

gleichgeordneten

Unternehmen

im

Konzern

tung derjenigen Gesellschaft, auf deren Interessen eine andere Gesellschaft ausgerichtet wurde241. Beispielhaft sei hier auf einen 1998 vom BAG entschiedenen Fall verwiesen242, wo ein Anspruch der Betriebsgesellschaft gegen die Besitzgesellschaft auf eine entsprechende Anwendung der §§ 302, 322 AktG gestützt wurde243. Hier war die Besitzgesellschaft nicht Gesellschafterin der Betriebsgesellschaft, sondern der Leitungsmacht einer Holdinggesellschaft unterworfen. Obwohl das Gericht zunächst den Durchgriff auf das Schwesterunternehmen mit der umfassenden Steuerung durch die Besitzgesellschaft bejaht, wird dessen Haftung im konkreten Fall nicht an dessen beherrschender Stellung festgemacht. Eine Steuerungsbefugnis lag seitens des Schwesterunternehmens auch nicht vor. Die Haftung der Besitzgesellschaft wurde bejaht, da die Holdinggesellschaft bei ihrer beherrschenden Stellung sich der Besitzgesellschaft bedient und dabei nicht ausreichend auf die Interessen der Betriebsgesellschaft Rücksicht genommen hatte. Vielmehr seien „die Vorteile, die sich aus der unzureichenden Berücksichtigung der Interessen der Produktionsgesellschaft für den Unternehmensverbund ergaben", planmäßig zur Besitzgesellschaft gelangt244. Nach dem oben vertretenen Unternehmensbegriff lag hier, anders als vom BAG angenommen, allerdings kein Unter-, sondern ein Gleichordnungskonzern vor 245 . Die Verwaltungsgesellschaft führte als Komplementärin beider Gesellschaften nur die Geschäfte der beiden Unternehmen. Das BAG hatte sich in diesem Zusammenhang zunächst an die im TBB-Urteil entwickelten Grundsätze angelehnt, indem es von einem „objektiv missbräuchlichen" Verhalten sprach. Gleichwohl wurden für die Haftung von dem Gericht sodann eigenständige Kriterien entwickelt. So sah es das Gericht als entscheidend an, dass die Betriebsgesellschaft durch die Besitzgesellschaft gesteuert wurde, die Betriebsgesellschaft nicht für ihre Liquidität Vorsorgen kann und die Besitzgesellschaft nicht darzulegen und zu beweisen vermochte, dass sich eine unabhängige Gesellschaft auf gleichartige Verhältnisse eingelassen hätte246. Zentrales Kriterium der Haftung war damit die umfassende Steuerung der Betriebsgesellschaft durch die Besitzgesellschaft, wobei die Steuerung einen Grad erreicht haben muss, der bei einem Außenstehenden den Eindruck erweckt, man hätte es mit einer unselblogie zu §§ 730 ff. B G B eine horizontale Durchgriffshaftung eingeführt werden sollte, wenn in einem solchen Fall eine Schwestergesellschaft auf Kosten der anderen geschädigt wird. 241 A.A. Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 4 III 4, die für den Fall einer Analogie zu §§ 302,303 AktG von einer wechselseitigen Einstandspflicht der Schwestergesellschaften ausgehen; wieder anders Weil, Haftung in der Betriebsaufspaltung in Theobald (Hrsg.), Entwicklungen zur Durchgriffs- und Konzernhaftung S. 81, 102 ff, der für den Fall einer Betriebsaufspaltung die Ausgleichspflicht bei einem Unternehmenspachtvertrag gemäß § 302 Abs. 2 AktG fruchtbar machen will. 242 Insoweit handelt es sich um das bislang einzig bekannt gewordene höchstrichterliche Urteil zur Haftung einer Schwestergesellschaft. 243 B A G v. 8.9.1998 = N J W 1999,2612. 244 B A G v. 8.9.1998 = N J W 1999, 2612, 2614. 245 Anders das B A G sowie Henssler, Z G R 2000,479, 488 f., die entsprechend der herrschenden Meinung als herrschendes Unternehmen insoweit die Verwaltungsgesellschaft ansehen. 246 B A G v. 8.9.1998 = N J W 1999, 2612, 2613.

§11:

Der

489

Gleicbordnungskonzern

ständigen Betriebsabteilung der Besitzgesellschaft zu t u n 2 4 7 . D e m zweiten K r i t e r i u m , d e m des U n v e r m ö g e n s d e r B e t r i e b s g e s e l l s c h a f t z u r

Liquiditätsvorsorge,

w i r d d a g e g e n k a u m e i g e n s t ä n d i g e B e d e u t u n g b e i g e m e s s e n . V i e l m e h r b e k r ä f t i g t es n u r die V o r a u s s e t z u n g d e r U n s e l b s t ä n d i g k e i t d e r B e t r i e b s g e s e l l s c h a f t , da e i n e r B e triebsaufspaltung typischerweise ein einheitliches

Cash-Managment

zugrunde

l i e g t 2 4 8 . A l l e r d i n g s r ä u m t das B A G d e r B e s i t z g e s e l l s c h a f t die M ö g l i c h k e i t e i n , s i c h v o n d e r H a f t u n g z u b e f r e i e n , w e n n sie n a c h w e i s t , dass a u c h eine u n a b h ä n g i g e G e s e l l s c h a f t s i c h a u f e i n e d e r a r t i g e V e r h a l t e n s w e i s e e i n g e l a s s e n h ä t t e . H i e r k n ü p f t das G e r i c h t w o h l an § 3 1 7 A b s . 2 A k t G an, w o m i t d e r B e r e i c h d e r r e i n e n Z u s t a n d s h a f tung wieder verlassen wird. Freilich fehlt diesem M e r k m a l im B e r e i c h der B e t r i e b s a u f s p a l t u n g die t a t s ä c h l i c h e R e l e v a n z , w e n n die B e s i t z g e s e l l s c h a f t als V e r mögensträger und G e w i n n e m p f ä n g e r fungiert. I n d e r z e n t r a l e n A u s s a g e ist d i e s e r E n t s c h e i d u n g s o m i t z u f o l g e n , w e n n f e s t g e stellt w i r d , dass eine G e s e l l s c h a f t , die e i n e a n d e r e w i e e i n e u n s e l b s t ä n d i g e B e t r i e b s abteilung benutzt, deren Verluste auszugleichen hat249. E b e n s o wie im faktischen U n t e r o r d n u n g s k o n z e r n ist e i n e V e r l u s t a u s g l e i c h s v e r p f l i c h t u n g d a m i t a u f e n g b e grenzte Ausnahmesituationen

beschränkt250.

Liegt eine solche allerdings

vor,

Henssler, Z G R 2000, 479, 489. Henssler, Z G R 2000, 479, 489 f. 2 4 9 A.A. Henssler, Z G R 2000, 479, 493 ff., 499 f., der im konkreten Fall als Rechtsgrundlage für eine Haftung der Besitzgesellschaft im Falle der Insolvenz der herrschenden Gesellschaft § 242 B G B beruft, da die Vermögensverschiebung künstlich gewesen sei. Indes kann auf den allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben eine Haftung zwischen Schwestergesellschaften nicht gestützt werden. Dadurch, dass mehrere Gesellschaften unter einheitlicher Leitung zusammengefasst sind, entstehen noch keine schuldrechtlichen Beziehungen zwischen ihnen. Billigkeitserwägungen können auch nicht das Zusammenlegen der Massen in Falle der Insolvenz der Gesellschaften rechtfertigen. Ebensowenig kann die Haftung der Besitzgesellschaft mit der Idee eines umgekehrten Haftungsdurchgriffs erklärt werden. Ein solcher wird heute grundsätzlich als mit dem Trennungsprinzip des § 13 Abs. 2 G m b H G zu Recht als unvereinbar abgelehnt wird ( B G H v. 7.11.1957 = B G H Z 26, 31, 36 f.; B G H v. = N J W 1990, 738 f.; O L G Nürnberg v. 26.6.1997 = DStR 1999, 1822 m. Anm. Goette, O L G Dresden v. 28.4.1999 = N Z G 2000, 32, 34; K G , Beschl. v. 13.1.2003 = N Z G 2003, 333; Henssler, Z G R 2000, 478, 496; Mertens, in Hachenburg Anh. § 13 Rn. 23 ff.; K. Schmidt, GesR § 9 IV 6 m.w.N.); zur Begegnung einzelner Vermögensverschiebungen muss man sich der bestehenden Haftungs- und Zugriffsmöglichkeiten bedienen und darf nicht die rechtliche Selbständigkeit juristischer Personen negieren; auf einzelne Vermögensverschiebungen zwischen Schwestergesellschaften eines Konzerns ist daher mit den Mitteln der Regeln zur Kapitalerhaltung bzw., im Falle der Insolvenz, mit Hilfe der Insolvenzanfechtung zu reagieren (vgl. hierzu insb. Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz (1998); zur Rechtslage bei der Vermögensvermischung vgl. bereits oben S. 368 ff.); damit klärt sich aber nicht die Frage, wann auch ein genereller Anspruch auf Verlustausgleich zwischen ihnen bejaht werden kann. 2 5 0 Insoweit erübrigt sich die Konzernhaftung allerdings nicht dadurch, dass eine Aufspaltung nach dem U m w G vorgenommen wird (so Zöllner, in Baumbach/Hueck, Anhang I Rn. 95); der Umstand, dass hierin eine gesamtschuldnerische Haftung für die Altverbindlichkeiten vorgesehen wird bzw., für den Fall der klassischen Betriebsaufspaltung, auch eine Haftung der Besitzgesellschaft für die Forderungen der Arbeitnehmer, die binnen 5 Jahren nach dem Wirksamwerden der Spaltung auf Grund der § § 1 1 1 - 1 1 3 BetrVerfG begründet werden (§ 134 UmwG), ändert nichts an der Tatsache, dass hier nach der Aufspaltung eine Verlustübernahmepflicht aufgrund der oben hervorgehobenen besonderen organisationsrechtlichen Ausgestaltung bestehen muss. 247 248

490

Kapitel IV: Die Haftung

zwischen

gleichgeordneten

Unternehmen

im

Konzern

kommt es auf die Einzelausgleichsfähigkeit der Nachteile ebensowenig wie beim Unterordnungskonzern an 251 , weshalb daneben auch Ansprüche gegen die Verwaltungsgesellschaft, etwa aufgrund der Verletzung ihrer mitgliedschaftlichen Treuepflichten, geltend gemacht werden können. Für den davon zu unterscheidenden Fall, dass das Vermögen zweier gleichgeordneter Gesellschaften tatsächlich vermischt wurde und somit ein Einzelausgleich unmöglich gemacht wird, kann auf die oben hierzu gemachten Ausführungen verwiesen werden 2 5 2 . Besonderheiten gegenüber der Rechtslage im Unterordnungskonzern ergeben sich insoweit nicht.

4) Die Haftung zwischen gleichgeordneten im Unterordnungskonzern

Gesellschaften

Abschließend sei noch auf die Frage eingegangen, wie sich die Haftung zwischen gleichgeordneten Gesellschaften in einem Unterordnungsverhältnis darstellt. Wie bereits an anderer Stelle hervorgehoben wurde, kann der Anspruch einer Gesellschaft in Folge einer verdeckten Gewinnausschüttungen oder aufgrund eines Verstoßes gegen die Regeln zur Kapitalerhaltung nicht nur gegenüber einem Gesellschafter, sondern u.U. auch gegenüber einem Dritten geltend gemacht werden, wenn dieser mit dem Gesellschafter in enger rechtlicher oder persönlicher Verbindung steht 253 . Dies ist insbesondere auch in Bezug auf mit dem Gesellschafter verbundene Unternehmen weitgehend anerkannt 254 . Fraglich ist allerdings, wann darüber hinaus eine Haftung zu bejahen ist, und ob auch ein horizontaler Verlustausgleich zwischen einer abhängigen Gesellschaft und ihrer Schwestergesellschaft begründet werden kann. Zwar sind Unternehmen auf derselben Hierachiestufe eines Konzerns regelmäßig weder durch Beherrschungsverträge miteinander verbunden noch voneinander abhängig. Sorgt aber das herrschende Unternehmen dafür, dass das Vermögen einer abhängigen Gesellschaft zugunsten einer der Schwestergesellschaften ausgehöhlt wird, stellt sich die Frage, ob nicht gleichwohl Durchgriffsansprüche im Verhältnis der Schwestergesellschaften neben oder anstatt der Haftung des herrschenden Unternehmens entstehen können. Zur Begründung dafür, dass die Verhältnisse zwischen Unternehmen in einem faktischen Gleichordnungskonzern und gleichgeordneten Unternehmen in einem Unterordnungskonzern im Grundsatz gleichartig sind, hat bereits K, Schmidt auf die Regelung des § 18 Abs. 2 AktG verwiesen. Danach entsteht ein Konzernverhältnis unter gleichgeordneten Unternehmen „auch" dann, wenn es an einem herr-

A . A . Lutter/Drygala, Z G R 1995, 557, 570 f. Vgl. bereits oben S. 373 ff.; ebenso K. Schmidt, Z H R 155 (1991), 417, 438 f. 2 5 3 Vgl. bereits oben S. 149. 2 5 4 Vgl. nur Hueck/Fastrich, in B a u m b a c h / H u e c k § 3 1 Rn. 12 m . w . N . , dementsprechend w i r d auch die Kredithilfe eines mit einem Gesellschafter der k r e d i t n e h m e n d e n Gesellschaft verb u n d e n e n U n t e r n e h m e n s , an d e m dieser maßgeblich beteiligt ist, im R a h m e n der Eigenkapitalersatzregeln einer Gesellschafterleistung gleichgestellt (vgl. zuletzt B G H U r t . v. 27.11. 2000 = ZIP 2001, 115). 251

252

5 11: Der

Gleichordnungskonzern

491

sehenden Unternehmen fehlt 2 5 5 . Diese Definition schließt aber nicht aus, dass U n ternehmen untereinander auch dann in einem gleichartigen Rechtsverhältnis stehen, wenn „ihre Gleichordnung in der Hand eines herrschenden Unternehmens liegt" 2 5 6 . Unterordnungs- und Gleichordnungsverhältnisse zwischen U n t e r n e h men treffen in einem K o n z e r n regelmäßig zusammen 2 5 7 . Es ist daher K.

Schmidt

auch darin zu folgen, wenn er fordert, dass man sich von einer im Konzerntypendenken verhafteten Systematik lösen und vielmehr die Betrachtung der Rechtsverhältnisses zwischen den einzelnen in einem K o n z e r n verbundenen Unternehmen in den Vordergrund stellen sollte 2 5 8 . Anderenfalls gerät man in die Gefahr, die Gleichartigkeit von Rechtsverhältnissen und die darauf zu begründenden gleichen haftungsrechtlichen Regeln zu verkennen. I m Rechtsverhältnis zwischen Schwestergesellschaften in einem U n t e r o r d nungskonzern können mitgliedschaftliche Treuepflichten ebenso wie zwischen Gesellschaften eines Gleichordnungskonzern bestehen, wenn zwischen ihnen auch eine kapitalmäßige Verflechtung existiert oder sie sich zu einem bestimmten Zweck zusammengeschlossen haben. I m Falle, dass eine Muttergesellschaft die B e nachteiligung einer Schwestergesellschaft zugunsten einer anderen veranlasst hat, haften Mutter- und Schwestergesellschaft dann u.U. als Gesamtschuldner, wenn die Schwestergesellschaft an der Benachteiligung mitgewirkt hat. I m Übrigen besteht natürlich auch hier ein Anspruch auf Aufwendungsersatz, wenn eine Schwestergesellschaft im Interesse einer anderen ein Geschäft geführt hat 2 5 9 . Aber auch im oben dargestellten, v o m B A G entschiedenen Fall hätte die E n t scheidung nicht anders lauten können, wenn man es mit einem Unterordnungskonzern zu tun gehabt und eine Muttergesellschaft die Ausrichtung einer Schwestergesellschaft auf eine andere veranlasst hätte 2 6 0 . Arbeitet eine Gesellschaft nicht mehr zu eigenen Gewinnzwecken, sondern wird sie wie die Betriebsabteilung einer anderen Gesellschaft behandelt, ist in Analogie zu den §§ 302 ff. A k t G die G e sellschaft, auf deren Zwecke die abhängigen Gesellschaft faktisch ausgerichtet wurde, zum Verlustausgleich verpflichtet, da hier dasselbe Ergebnis wie mit dem K. Schmidt, Z H R 155 (1991), 417, 421. K. Schmidt, Z H R 1991,417, 421; Jaschinski, Die Haftung von Schwestergesellschaften im GmbH-Unterordnungskonzern (1997), S. 135 f.; a.A. etwa Krieger, in Münchner Hdb. §68 Rn. 83, der zwischen Schwestergesellschaften in einem Unterordnungsverhältnis die Möglichkeit des Bestehens einer Gleichordnungsverbindung grundsätzlich ablehnt, weshalb hier auch eine Horizontalhaftung zwischen Schwestergesellschaften nach den Grundsätzen des Gleichordnungskonzerns nicht bestehen könne. 2 5 7 Bereits in der Regierungsbegründung wird festgestellt, dass ein Unterordnungskonzern und ein Gleichordnungskonzern zusammentreffen können, „wenn etwa das herrschende Unternehmen eines Unterordnungskonzerns seinerseits wiederum Glied eines Gleichordnungskonzerns ist". In diesen Fall gelten auch die von einem der gleichgeordneten Konzernunternehmen beherrschten Konzernunternehmen mit den anderen gleichgeordneten Konzernunternehmen als konzernverbunden, „weil sie mit ihnen unter einheitlicher Leitung zusammengefasst sind (vgl. Regierungsbegründung zu § 18 AktG abgedruckt bei Kropff, S. 34). 258 K. Schmidt, Z H R 155 (1991), 417, 445. 2 5 9 Vgl. bereits oben S. 389 ff. 2 6 0 Das B A G ging hier ohnehin von einer Unterordnungskonstellation aus. 255 256

492

Kapitel IV: Die Haftung zwischen gleichgeordneten

Unternehmen im Konzern

Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages erzielt wird 2 6 1 . Dies muss auch für den Fall Geltung beanspruchen, in dem nicht die Besitzgesellschaft die Anteile der Betriebsgesellschaft hält und die Leitung übernommen hat, sondern der Allein- oder Mehrheitsgesellschafter der Besitzgesellschaft, unabhängig davon, ob er Unternehmer ist oder nicht. A u f die Einzelausgleichsfähigkeit einzelner Eingriffe k o m m t es hier, wie bereits erwähnt, nicht an 2 6 2 . Möglicherweise erscheint dieses Ergebnis, dass auch in einem Unterordnungskonzern, in dem durch die Macht eines herrschenden Unternehmens das Interesse einer abhängigen Gesellschaft auf das Interesse einer anderen abhängigen Gesellschaft ausgerichtet wird, die bevorteilte abhängige Gesellschaft den Verlustausgleich zu tragen hat, nicht jedem sofort einsichtig. Schließlich ist nicht sie es, von der die Einflussnahmen ausgehen. Gerade hierin zeigt sich aber die Bedeutung der Erkenntnis, dass die Verlustausgleichspflicht ihren tragenden Grund eben nicht in der Herrschaftsmacht hat, sondern in der Ausrichtung der Interessen auf diejenigen einer anderen Gesellschaft. D i e Einräumung des Weisungsrechts dient insoweit nur der Absicherung 2 6 3 . Unzweifelhaft haftet das herrschende Unternehmen aufgrund einer Treuepflichtverletzung bzw. nach § § 3 1 1 ff. A k t G , wenn es seine Macht dazu benutzt, einer von ihm abhängigen Gesellschaft Nachteile zuzufügen. O b sie selbst die Vorteile hieraus zieht oder eine andere von ihr abhängige Gesellschaft, ist insoweit nicht relevant. Die Einräumung einer Verlustausgleichspflicht ist aber nicht mit einer Treuepflichtverletzung und damit mit einer Verhaltenshaftung zu erklären. Entscheidend ist insoweit nur, dass die Interessen einer Gesellschaft aufgrund einer Zweckänderung mit denen einer anderen

Gesellschaft

gleichgeschaltet oder tatsächlich auf die Interessen einer anderen Gesellschaft ausgerichtet wurden. D a m i t muss den Verlustausgleich aber auch dasjenige Unternehmen tragen, auf dessen Interessen die Ausrichtung stattgefunden hat. Dies bezeugt, trotz der insoweit auch bestehenden Unterschiede, die zumindest anzuerkennende gedankliche Nähe dieser Regelung zum Aufwendungsersatzanspruch des § 670 B G B 2 6 4 . Zu Recht wurde daher auch auf den Widerspruch in der oben herangezogenen Entscheidung des B A G hingewiesen, das die Verlustausgleichspflicht zunächst an den schädigenden Einwirkungen der Besitzgesellschaft durch Ausübung der Steuerungsmacht festmachte, obwohl es an deren Leitungsmacht im konkreten Fall offensichtlich fehlte 2 6 5 . Die Haftung der Besitzgesellschaft wurde im Ergebnis aber auch nicht deshalb bejaht, weil beide der Leitungsmacht eines Drittunternehmens (Holdinggesellschaft) unterworfen waren. D i e Haftung der Schwestergesellschaft wurde vielmehr angenommen, weil „die Vorteile, die sich aus der unzureiVgl. bereits oben S. 287. A.A. 2öllner, in Baumbach/Hueck, Anhang I Rn. 95, der insoweit in der Aufspaltung und der damit verbundenen Entziehung der Anlagen den nicht ausgleichfähigen Nachteil erblickt. 2 6 3 Vgl. obenS. 16. 2 6 4 Vgl. insoweit auch bereits oben S. 17 ff. 2 6 5 Insoweit zu Recht Henssler, Z G R 2000, 478, 494. 261

262

§11: Der

Gleichordnungskonzern

493

chenden Berücksichtigung der Interessen der Produktionsgesellschaft für den Unternehmensverbund ergaben", planmäßig zur Besitzgesellschaft gelangt sind 266 . Insoweit war die Analogieziehung zu § 302 AktG aber berechtigt.

Zusammenfassung

zu § 11

Nachdem das Eigeninteresse einer Gesellschaft auch außerhalb einer faktischen Konzernierung anerkannt wurde, ist die Frage nach der Richtigkeit des weiten Unternehmensbegriffs der herrschenden Meinung berechtigter den je. Nachteilige Einflussnahmen eines Gesellschafters auf die Gesellschaft sind unabhängig davon, ob er Unternehmer ist oder nicht, auf der Grundlage seiner mitgliedschaftlichen Treuepflicht zu sanktionieren. Allerdings sind, wie der Gesetzgeber zu Recht erkannt hat, die insoweit bestehenden Gefahren für eine abhängige Gesellschaft größer als für eine unabhängige. Dieser konzernspezifischen Gefahr hat der Gesetzgeber durch die Konzerngesetzgebung, u.a. durch die Verpflichtung zur Aufstellung eines Abhängigkeitsberichts im faktischen Konzern, Rechnung getragen. Vor dem Hintergrund des Standes der Diskussion um die mitgliedschaftlichen Treuepflichten liegt die besondere Bedeutung der Konzerngesetzgebung aber nicht nur in dem durch sie zu erreichenden Schutz der abhängigen Gesellschaft, ihrer Minderheitsgesellschafter und Gläubiger, sondern auch in dem durch sie statuierten Konzernprivileg. Sowohl die Begründung eines besonderen Schutzes vor den Gefahren eines Konzerns als auch das hier niedergelegte Konzernprivileg sind indes nur zu rechtfertigen, wenn die die Gesellschaft beherrschende Person selbständig im Wirtschaftsverkehr auftritt. Liegt nur eine Mehrheitsbeteiligung an verschiedenen Gesellschaften vor, besteht die konzernspezifische Gefahr allein darin, dass eine Gesellschaft zum Nachteil einer andern bevorzugt wird, womit sie sich im horizontalen Verhältnis auswirkt. Nur die im Vertikalverhältnis wirkende konzernspezifische Gefahr beinhaltet aber typischerweise die Gefährdungen, vor denen der Gesetzgeber mit seiner Konzerngesetzgebung schützen wollte. Nur wenn der herrschende Gesellschafter Unternehmer ist, ist sein primäres Interessen nicht die Förderung der Interessen der Gesellschaft, an der er beteiligt ist, sondern die Förderung des eigenen Unternehmenszwecks. Bei einer mehrfachen Mehrheitsbeteiligung besteht zwar auch die Gefahr, dass zur Förderung der Interessen der einen Gesellschaft die Interessen der anderen zurückgestellt werden, weil der Gesellschafter glaubt, seine von der Gesellschaft abgeleiteten Interessen, nämlich sein Gewinnstreben, besser mit der einen als mit der anderen fördern zu können. Insoweit liegt indes nicht die gleiche typische Gefahrenlage vor, als wenn sich die konzernspezifische Gefahr im Vertikalverhältnis auswirkt 2 6 7 . Abgesehen davon ist die im Aktienrecht mit der Anwendung des §311 AktG verbundene Privilegierung durch die Zugestehung eines zeitverschobenen Nachteilsausgleichs bei einem Pri266 267

B A G v. 8.9.1998 = NJW 1999,2612, 2614. Vgl. oben S. 475 ff.

494

Kapitel

IV: Die Haftung

zwischen

gleichgeordneten

Unternehmen

im

Konzern

vataktionär auch fehl am Platz. Das Ziel dieser gesetzlichen Regelung, die Vereinfachung der Zusammenarbeit mehrerer auf dem Markt tätiger Unternehmen, ist hier nicht zu verwirklichen 268 . Daher hat man es aber auch nicht mit einem Unternehmen zu tun, wenn nur fremde unternehmerische Interessen, wenngleich zum eigenen Nutzen, gefördert werden. Um von einem Unternehmen sprechen zu können, darf die Förderung des eigenen wirtschaftlichen Interesses nicht nur von dem Erfolg eines anderen Unternehmens abgeleitet sein. Genau dies ist aber der Fall, wenn ein Gesellschafter nur deswegen am Fortkommen eines anderen Unternehmens interessiert ist, weil er auch an diesem beteiligt ist 269 . Dementsprechend ist auch einer Zwischenholding nicht nur dann die Unternehmenseigenschaft zu versagen, wenn sie nur die Beteiligung an einer Gesellschaft verwaltet 270 , sondern auch dann, wenn die Beteiligung an mehreren Gesellschaften verwaltet wird 271 . Ein Unterschied zu einer natürlichen Person, die an mehreren Gesellschaften maßgebliche Anteile hält, besteht insoweit nicht 272 . Wird die Frage nach der Haftung zwischen gleichgeordneten Unternehmen gestellt, ist K. Schmidt in seiner Forderung zu folgen, sich von einer im Konzerntypendenken verhafteten Systematik zu lösen und vielmehr die Betrachtung der Rechtsverhältnisse zwischen den einzelnen in einem Konzern verbundenen Unternehmen in den Vordergrund zu stellen 273 , da man andernfalls in die Gefahr gerät, die Gleichartigkeit von Rechtsverhältnissen und die darauf zu begründenden gleichen haftungsrechtlichen Regeln zu verkennen. Zu unterscheiden sind bei der Haftung auch hier im wesentlichen drei Konstellationen: die Haftung zwischen Unternehmen, die sich aufgrund eines Gleichordnungsvertrages zusammengeschlossen haben, die Haftung zwischen gleichgeordneten Unternehmen in einem faktischen Konzern und die Haftung gegenüber einem Unternehmen, dass auf die Interessen eines anderen vollständig ausrichtet wurde. Hinsichtlich der ersten Konstellation verbietet sich eine Analogieziehung zu den Regelungen des Unterordnungsvertragskonzerns. Der maßgebliche Grund A.A. wohl K r o p f f , in MK zum AktG vor § 311 Rn. 107. Auch Mülbert, S. 30 ff. hebt zu Recht hervor, dass der Gesetzgeber die konzernrechtlichen Organisationsformen zur Verfügung gestellt hat, um den koordinierten Ressourceneinsatz mehrerer rechtlich selbständiger Rechtsträger zu ermöglichen, womit nur diejenigen als Unternehmen zu verstehen sind, die andere unternehmerische Interessen verfolgen. 270 So auch Bayer, in MK zum AktG § 15 Rn. 27; Koppensteiner, in KK § 15 Rn. 35; Lutter, Holding Hdb. A 35; Mülbert, ZHR 163 (1999), 1, 34; Würdinger, FG Kunze 1969, 178, 183; vgl. auch OLG Saarbrücken AG 1980, 26, 28; bestätigt durch BGH Nichtannahmebeschluss v. = AG 1980, 342. 271 Ebenso Geßler, in FS Knur S. 145, 155 f.; Luchterhandt, ZHR 132,149, 164; Wiedemann! Martens, AG 1976, 197, 202 f.; Würdinger, in FG Kunze S. 178, 183; a.A. die heute wohl h.M. vgl. etwa Bayer, in MK zum AktG Rn. 27; Koppensteiner, in KK § 15 Rn. 35; Raiser, KapGesR § 51 Rn. 6; Selling, RIW 1991, 235, 239. 272 Dies erkennt auch Bayer, MK zum AktG § 15 Rn. 27 an, der allerdings in beiden Fällen mit der h.M. hier von einem Unternehmen ausgeht; anders ist die Sachlage natürlich, wenn die Holding neben der Verwaltung noch anderweitig unternehmerisch tätig wird. Hier ist nach einhelliger Auffassung von der Unternehmenseigenschaft auszugehen. 273 K. Schmidt, ZHR 155 (1991), 417, 445. 268

269

5 11: Der

Gleichordnungskonzern

495

für die Begründung der hier bestehenden Ausgleichspflicht, die Ausrichtung der Interessen einer Gesellschaft auf die einer anderen, ist insoweit nicht gegeben. Allerdings können Ansprüche auf eine Treuepflichtverletzung bzw. im Einzelfall auch auf einen Aufwendungsersatzanspruch gestützt werden. D i e Haftung zwischen gleichgeordneten Unternehmen eines faktischen Gleichordnungskonzerns entspricht derjenigen von Schwestergesellschaften in einem Unterordnungskonzern. F ü r beide bedarf es einer besonderen Begründung, die nicht bereits mit der Zusammenfassung in ein und demselben K o n z e r n gegeben wird. Eine Verhaltenshaftung k o m m t nur bei einem Verstoß gegen bestehende Verhaltenspflichten in Betracht. Veranlasst ein herrschender Gesellschafter seine Gesellschaft zugunsten einer anderen von ihm beherrschten Gesellschaft, ihre Interessen zurückzustellen, so verletzt er seine Treuepflichten. D i e begünstige gleichgeordnete Gesellschaft haftet selbst auf der Grundlage einer Treuepflichtverletzung aber allenfalls, wenn sie mit der benachteiligten Gesellschaft kapitalmäßig verflochten ist bzw. dann, wenn sie sich mit ihr zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks zusammengeschlossen hatte und die Treuepflichtverletzung mitverschuldet hat. Allein aus der Zusammenfassung in einem K o n z e r n lassen sich Treuepflichten zwischen den Konzernmitgliedern indes nicht ableiten. Allerdings können von Fall zu Fall Aufwendungsersatzansprüche nach allgemeinen Regeln in Betracht kommen, wenn eine Gesellschaft im Interesse einer anderen ein Geschäft führt 2 7 4 . Eine Verlustausgleichspflicht besteht indes nur, wenn die Interessen einer Gesellschaft vollständig auf die einer anderen ausgerichtet wurden.

2 7 4 Z u r Möglichkeit der Geltendmachung eines Anspruchs auch gegen eine Schwestergesellschaft bei Verletzung der Regeln zur Kapitalerhaltung bzw. im Falle einer verdeckten G e w i n n ausschüttung vgl. außerdem oben S. 149.

K a p i t e l V:

Die Haftung einer Muttergesellschaft nach englischem Recht Wenngleich man auch in England erkannt hat, dass die Rechtspraxis heute vom Erscheinungsbild der Unternehmensgruppe beherrscht wird, beruhen die bestehenden Regelungen doch ganz überwiegend auf dem Bild der einzelnen unabhängigen Gesellschaft 1 . D i e Sorge um einen besonderen „ K o n z e r n k o n f l i k t " hat hier bislang auch nicht in demselben U m f a n g Anerkennung gefunden wie in Deutschland 2 , so dass auch eine besondere Regelung des „Rechts der Unternehmensgrupp e " unterblieben ist 3 . N o r m e n speziell zur Unternehmensverbindung existieren nur fragmentarisch 4 . Traditionelle und noch immer verbreitete Sicht im englischen Recht ist die einer Gesellschaft, bei der die Geschäftsleitung weitgehend frei von Einflussnahmen der Gesellschafter die Geschäfte der Gesellschaft leiten kann 5 . N u r allmählich beginnt sich die Erkenntnis durchzusetzen, dass zumindest bei verbundenen Unternehmen die tatsächliche Lage eine andere ist. So wird, anders als in der Vergangenheit, in der die Konzernzugehörigkeit einer Tochtergesellschaft geradezu als Indiz für deren gesteigerte Bonität galt 6 und die aus dem B e Grantham, The company Lawyer 1997 S. 138 m.w.N. Zur Konzernproblematik vgl. etwa Farrar, „Ownership and Control of Listed Public Companies, Revising of Rejecting the Concept of Control in B. G. Pettet (Hrsg.), Company Law in Change, Current Legal Problems (1987), 71; D. D. Prentice, „Groups of companies: The English Experience" in Hopt (Hrsg.), Groups of Companies in European Laws (1982); Hadden, The control of Corporate Groups (1983); Clive M. Schmittboff, „The wholly owned and the controlled subsidiary (1978) J.B.L. 218; Wooldridge, Groups of Companies (1981); aus dem deutschen Schrifttum vgl. etwa Fleischer, AG 1999, 350 ff.; Schuherth, Konzernrelevante Regelungen im britischen Recht (1997). 3 Teilweise wird für Minderheitsgesellschafter oder Gläubiger einer abhängigen Gesellschaft auch bereits das Bestehen einer erhöhten Gefahr gegenüber solchen einer unabhängigen Gesellschaft negiert (Prentice, in: Das Konzernrecht im Ausland, Lütter (Hrsg.), 1994, S. 93, 114); überwiegend wird indes auch im englischen Schrifttum durchaus das Bestehen einer erhöhten Gefahr erkannt, was im Extremfall auch zum Niedergang einer Tochtergesellschaft aufgrund der Beherrschung durch die Muttergesellschaft führen kann (Davies, in Gower's Principles of Modern Company Law, 6. Aufl. S. 69 f.; Hadden, in: Das Gesellschaftsrecht der Konzerne, Mestmäcker/Behrens (Hrsg.) S. 329, 330 f.; Wooldridge, in: European Company Laws, Druey u.a. (Hrsg.), 1991, S. 103, 111 ff.; vgl. auch Grantham, The company Lawyer 1997 S. 138 m.w.N. 4 Prentice, Konzernrecht im Ausland (1994), S. 93; Tunc, Groups of Companies (1991), S. 2; Wooldridge, F., Groups of companies (1981), S. 29. 5 Grantham, J.B.L. 1991 S. 1, 4. 6 Vgl. etwa Richter Danckwert in Re Greater London Properties Lease (1959) 1 WLR 503, S. 508: „... the company (die UntergesellschaftJ has all the resources of Allied Bakeries (die Ober1

2

Kapitel

V: Die Haftung

einer Muttergesellschaft

nach englischem

Recht

497

h e r r s c h u n g s v e r h ä l t n i s e r w a c h s e n d e n R i s i k e n f ü r die T o c h t e r g e s e l l s c h a f t t e n d e n ziell e h e r als gering e i n g e s c h ä t z t w u r d e n 7 , in n e u e r e r Z e i t z u n e h m e n d auf die G e f a h r h i n g e w i e s e n , dass die I n t e r e s s e n der T o c h t e r g e s e l l s c h a f t u n d d a m i t i h r e r M i n d e r h e i t s g e s e l l s c h a f t e r u n d G l ä u b i g e r v o n der M u t t e r g e s e l l s c h a f t a u ß e r A c h t gelassen u n d sie v o r allem f ü r d e r e n eigene I n t e r e s s e n b e n u t z t w i r d 8 . N a c h w i e v o r h e r r s c h t allerdings die A n s i c h t vor, dass das V o r h a n d e n s e i n verb u n d e n e r U n t e r n e h m e n u n d die damit e i n h e r g e h e n d e n G e f a h r e n n i c h t z w a n g s l ä u fig die B e g r ü n d u n g b e s o n d e r e r k o n z e r n r e c h t l i c h e r R e g e l u n g e n verlangt, u m dieser H e r r w e r d e n zu k ö n n e n . Z u r L ö s u n g der a u f g e w o r f e n e n P r o b l e m e k n ü p f t m a n v i e l m e h r an die e i n z e l n e juristische P e r s o n an 9 . D i e k o n z e r n r e c h t l i c h e P r o b l e m a t i k w i r d damit v o r allem als eine des M e h r h e i t s - M i n d e r h e i t s - K o n f i k t s begriffen, die m a n v e r s u c h t , mit H i l f e allgemeiner privat- u n d g e s e l l s c h a f t s r e c h t l i c h e r G r u n d s ä t ze zu l ö s e n 1 0 . D i e k o n z e r n r e c h t l i c h e n B e s o n d e r h e i t e n , die sich h i e r b e i herausgebildet h a b e n , w e r d e n v o r allem an e x e m p l a r i s c h e n B e i s p i e l e n dargestellt 1 1 . A l l g e m e i n stand i m B l i c k p u n k t der H a f t u n g s f r a g e n bislang auch w e n i g e r das h e r r s c h e n d e U n t e r n e h m e n als M e h r h e i t s g e s e l l s c h a f t e r als v i e l m e h r der director gesellschaft,) and its prestige behind it and is able, therefore, which, probably,

it would not otherwise

der G e s e l l in a manner in

be able to do ..."., wobei in diesem Zusammenhang al-

lerdings auch anzumerken ist, das Richter Danckwert freundlichkeit von Wedderburg

to trade satisfactorily

wegen seiner besonderen Durchgriffs-

als „the leading modern iudical exponent of piercing the

corpo-

rate veil" bezeichent wurde, (1965), 28 M.L.R. 70. 7 Vgl. in diesem Sinne etwa Danckwerts J. a.a.O. S. 732 „... the holding company can have no interest except to keep its subsidiary company going as a part of its trading amalgamation ...". 8 So wurde etwa im Fall Re Southard & Co. (1979) 1 W L R 1198 die besondere Gefährdung außenstehender Gläubiger einer Untergesellschaft aufgrund des Abhängigkeitsverhältnisses betont und zu Zwecken des GläubigerscÄ«izes auf die „besondere Beziehung" zwischen Mutterund Tochtergesellschaft abgestellt. Nach Ablösung eines von ihr gegenüber der Gläubigerbank garantierten und durch eine floating charge gesicherten Darlehens der Untergesellschaft, hatte die Muttergesellschaft Seton Trust Ltd. als nunmehr gesicherter Hauptgläubiger die Zwangsliquidation ihrer wholly-owned subsidiary Southard & Co. beantragt. Dieser Antrag wurde nur von einer anderen konzernzugehörigen Gläubiger-Gesellschaft unterstützt; sieben außenstehende Gläubiger der subsidiary sprachen sich gegen die Liquidation aus. Mit Hinweis darauf, dass die mit der Abwicklung von der Muttergesellschaft angestrebten wirtschaftlichen Vorteile für den Konzernverbund durch den Missbrauch der Tochtergesellschaft auf Kosten der außenstehenden Gläubiger der Untergesellschaft erzielt würden, lehnte der Court of Appeal wie schon die Vorinstanz die Zwangsabwicklung der subsidiary ab. Neben dem Vorwurf, die ganze Vorgeschichte um den Antrag auf Zwangsliquidation sei höchst dubios gewesen, zog das Gericht als Entscheidungskriterium heran, dass die holding company in erheblichem Maße ihre Untergesellschaft kontrolliert und auf deren Geschäftsführung eingewirkt habe (vgl. hierzu auch Wilkinson, (1987) 8 Co.Lawyer, 126); vgl. auchJ. Hetherington, Defining the scope of controlling shareholders'fiduciary responsibilities (1987) 22 Wake Forest Law Review 9 at 21, für geschlossene Gesellschaften: „Theproblem in close corporation cases almost invariably is that, in one way or another, the majority has substantially or totally excludes the minority from sharing economic benefits generated by the business, while retaining and employing the minority's investment in the firm". 9 Wooldridge, Groups of Companies (1981) S. 9; Farrar's Company Law, 4. ed., S. 530 ff. 10 Blumberg, Z G R 1991, 327, 335 ff.; Wiedemann, Die Unternehmensgruppe im Privatrecht (1988), S. 2 f. " Abeltshauser, Leitungshaftung im Kapitalgesellschaftsrecht (1998), S. 321; ausführlich Blumberg, The Law of Corporate Groups, Bd. 1 - 4.

498

Kapitel

V: Die Haftung

einer Muttergesellschaft

nach englischem

Recht

Schaft 12 , der seine treuhänderischen Pflichten gegenüber der Gesellschaft 13 nicht verletzten darf 1 4 . Eine Haftung der Muttergesellschaft wird demgegenüber in weitaus geringerem Umfang als etwa in Deutschland bejaht 1 5 . Dies ist vor allem vor dem Hintergrund zu verstehen, dass in England traditionsgemäß das Trennungsprinzip insbesondere auch zwischen verbundenen Gesellschaften sehr streng gehandhabt wird 1 6 . Eine Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft wird, von Extremfällen abgesehen, nicht zugelassen, auch dann nicht, wenn die Gesellschaft von einem Unternehmensgesellschafter vollständig kontrolliert wird 17 . 12 Der Begriff des directors entspricht nicht dem deutschen Direktor; wenn im nachfolgenden von Direktor die Rede ist, ist dies daher im englischen Wortsinn zu verstehen; ein director wäre genau übersetzt als Vorstandsmitglied zu verstehen; die Position des Geschäftsführers einer G m b H entspricht etwa der eines englischen managing directors (vgl. Triehel/Hodgson/Kellenter, Englisches Handels- und Wirtschaftsrecht, 2. Aufl. (1995), Rn. 725). 13 Zu den treuhänderischen Pflichten eines directors bei Darlehen an Konzerngesellschaften vgl. unlängst das Urteil des High Court (Chancery Division) v. 29.11.2001 Miller v. Bain. 14 Demgegenüber spielen im deutschen Aktienrecht Haftungsklagen gegen das Management bislang eine untergeordnete Rolle (vgl. nur Lutter, Z G R 1998,191, 206 f. m.w.N.). 15 Für eine verstärktere Inanspruchnahme der Muttergesellschaft vgl. aber etwa Muscat, The liability of the Holding company(1996), S. 250 f. 16 Miller, American Business Law Journal (1998) Vol. 36, S. 73, 79, 82 m.w.N.; dies gilt auch im Vergleich zu verwandten Rechtsordnungen wie etwa den USA: Bekanntestes Beispiel für eine Durchbrechung ist wahrscheinlich der Fall Amoco Cádiz (Re Oil Spill by the Amoco Cadiz off the Coast of France on March 16, M D L Dokket No. 376/N.D. III. 1984, American Maritime Cases, 2123, 2191-2194), wo die Haftung der Muttergesellschaft für den Fall einer besonders zentralen Konzernstruktur anerkannt wurde. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall war der Tanker Amoco Cadiz, der der in Liberia inkorporierten Amoco Transport Company (ATC) gehörte, einer 100 %igen Tochter von Amoco International Oil Company ( A I O C ) , die wiederum Tochtergesellschaft von Standard Oil war, vor der Küste Frankreichs zerbrochen, was eine enorme Umweltkatastrophe hervorrief. Da ATC die geltend gemachten Ansprüche von etwa 2 Milliarden US-Dollar nicht aufbringen konnte, verklagte man die beiden Konzernobergesellschaften mit Erfolg. Angewandt wurde US-amerikanisches Recht. Als maßgebender Haftungsgrund wurde angesehen, dass AIOC die Akteurin war, die das schädigende Ereignis hätten verhindern können, da sie die Tochtergesellschaft kontrollierte. Auch Standard wurde herangezogen, weil ihre 100 %ige Tochtergesellschaften AIOC und ATC als bloße Instrumente von Standard tätig waren und zudem Standard das Schiff behandelt hatte, als sei es ihr eigenes. Das Gericht begründete die Haftung nicht nur mit dem eigenen fahrlässigen Verhalten der Muttergesellschaft, sondern auch mit der ausgeübten Konzernkontrolle. Hervorgehoben wurden dabei u.a folgende Kontrollindizien: Auftreten des Konzerns nach Außen als Einheit; Standard nahm zentrale Dienstleistungen (Koordination, strategische Planung, Finanzierung, Überwachung...) wahr; die Tochter war nur für Standard tätig; Netzwerk von Doppel- und Mehrfachorganen; untergeordnete Bedeutung der rechtlichen Trennung; Weisungsunterworfenheit höherer Angestellter; kein Bewusstsein der rechtlichen Trennung (das Urteil wurde vom Bundesappelationsgericht in den wesentlichen Punkten bestätigt (954 F. 2d 1279 (7 th Cir. 1992); vgl. zu weiteren Nachweisen auch Muchlinski, Multinational Enterprises (1995), S. 325). 17 Vgl. nur Miller, American Business Law Journal (1998) Vol. 36, S. 73, 75; betont wird insbesondere, dass der Tatbestand einer faktischen Konzernierung noch nicht mit der Benachteiligung der abhängigen Gesellschaften gleichgesetzt werden darf, da die Interessen der Tochtergesellschaft mit dem Gruppeninteresse und damit auch dem Interesse der Muttergesellschaft durchaus übereinstimmen können (Prentice, in Groups of Companies, Schmitthoff/Wooldridge (Hrsg.), 1991 S. 55, 60, 66).

Kapitel

V: Die Haftung

einer Muttergesellschaft

nach englischem

Recht

499

Allerdings gibt es Anzeichen dafür, dass auch in England die mit dem Trennungsprinzip aufgebauten Dämme langsam brüchig werden18. Die Besorgnis, die auf Seiten der Wirtschaft damit einhergeht, lässt sich recht deutlich an der Reaktion auf eine vor kurzem ergangene höchstrichterliche Entscheidung des House of Lords illustrieren, die schon aufgrund ihrer tatsächlichen Bedeutung nicht unerwähnt bleiben soll 19 . Zugrunde lag eine Klage von über 3000 Südafrikanern gegen die in England ansässige Muttergesellschaft Cape Plc., die durch ihre Arbeit mit Asbest bei deren Tochtergesellschaft bzw. aufgrund ihres Aufenthalts in mit Asbest kontaminierten Bereichen in ihrer Gesundheit geschädigt worden waren. Begründet wurde die Klage mit einer Verpflichtung der Muttergesellschaft zur Leitung und Überwachung ihrer Tochtergesellschaft. Die in England ansässige Muttergesellschaft müsse dafür Sorge tragen, dass ihre Tochtergesellschaften ihrerseits für ihre Arbeitnehmer und im Umfeld lebende Personen ausreichende Schutzmaßnahmen ergreifen, um diese vor gesundheitlichen Schäden zu bewahren. Wenngleich mit dem Urteil zunächst nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden worden war, nicht aber darüber, dass die Muttergesellschaft tatsächlich entsprechende Überwachungspflichten gegenüber ihren ausländischen Tochtergesellschaften hat, feierte man die Entscheidung auf Seiten der Kläger doch als ersten maßgeblicher Sieg im Kampf zur Durchsetzung ihrer Forderungen 20 . Nach der Zulassung der Klage schlössen die Parteien im Dezember 2001 sodann allerdings ein „settlement out of the court", aufgrund dessen jeder der südafrikanischen Arbeiter etwa 3000 Pfund erhielt (ungefähr 5000 Euro). Eine gerichtliche Entscheidung wollte man offensichtlich nicht riskieren. Interessant ist aber auch die Begründung, mit der die Klage vom House of Lords zugelassen wurde. Obgleich Südafrika als „natural forum" erkannt worden war und auch die vorgelagerten Gerichte über die Lehre vom forum non conveniens21 ihre Zuständigkeit zunächst abgelehnt hatten, erklärte das House of Lords die Klage für zulässig, da die Nichtzulassung einer Rechtsverweigerung gleichkom18 Vgl. zu den Ausnahmefällen, in denen eine Haftung der Gesellschafter, insbesondere eines Mehrheitsgesellschafters, mittlerweile bejaht wird im Einzelnen sogleich. 19 Entscheidung des House of Lords vom 20. Juli 2000 in Sachen Lübbe and Others v. Cape plc and Releated Appeals (2000) 1 W L R 1545. 20 Zum Ganzen auch Clough, Env. Liability 2000 S. 97 ff. 21 Nach der englischen Lehre vom forum non conveniens (vgl. hierzu insb. Huber, Die englische forum non conveniens - Doktrin, [1994]) kann die eigentlich bestehende Zuständigkeit eines Gerichts ablehnt werden, wenn die Gerichte eines anderen Staates besser geeignet sind, das Verfahren durchzuführen; zu den Ermessenskriterien bei der Entscheidung über die Frage nach der internationalen Zuständigkeit englischer Gerichte vgl. Lübbe et al. v. Cape plc. (2000) 1 W L R 1545; vgl. hierzu auch die Entscheidungsbesprechung von Blobel/Spätz, R I W 2001, 598 ff., insb. auch zu der Frage, inwieweit das E u G V U (seit dem 1.3.2002 [mit Ausnahme im Verhältnis zu Dänemark] ersetzt durch die EuGVVO), auch wenn der Kläger in einem Drittstaat, der Beklagte aber innerhalb der E U domiziliert, der Anwendung der Lehre des forum non conveniens entgegensteht; vgl. aber auch Court of Appeal Urteil v. 3.2.2001 ACE Insurance SA/ NV v. Zürich Insurance Co (zur Vorinstanz Vorpeil, R I W 2001, 449, 44 Nr. 38) nachdem ein englisches Gericht nicht daran gehindert ist, auf Grund der Doktrin des forum non conveniens ein Verfahren einzustellen, wenn der Anwendungsbereich des EuGVU eingreift.

500

Kapitel

V: Die Haftung

einer Muttergesellschaft

nach englischem

Recht

men würde. Für die Durchführung eines solchen Prozesses bedürfe man professioneller Hilfe von Rechtsanwälten und Experten, die man in Südafrika nicht bekäme, da hier den Klägern eine finanzielle Unterstützung zur Durchsetzung ihrer Ansprüche nicht zugänglich sei 22 . Die Lehre vom forum non conveniens sei nur anwendbar, wenn sichergestellt sei, dass an anderen Gerichtsständen eine kompetente Gerichtsbarkeit besteht, die das angemessene Forum für den Prozess darstellt und den Interessen aller Parteien und der Gerechtigkeit Rechnung trägt 23 . Bereits im Hinblick auf diese Begründung ist die Annahme gerechtfertigt, dass dies nicht die letzte Klage von Gläubigern ausländischer Tochtergesellschaften aus Ländern der Dritten Welt in England sein wird. Nach dem Urteil des EuGH in Sachen Überseering24 ist die Auseinandersetzung mit der Rechtslage in England aber auch bereits deshalb von besonderer Bedeutung, da traditionsgemäß das angloamerikanische Recht große Unterschiede zum kontinentalen Recht aufweist. Sind nunmehr englische Gesellschaften aber auch dann nach englischem Recht zu beurteilen, wenn sie ihren Sitz nach Deutschland verlegen25, wird man sich mit diesen Unterschieden in Zukunft vermehrt auch vor deutschen Gerichten auseinander zusetzen haben. Dies gilt natürlich auch für den Bereich der Haftung in verbundenen Unternehmen. Da es an einem besonderen Konzernrecht in England fehlt, kann es in dem anschließenden Rechtsvergleich allerdings nur darum gehen, Rechtsinstitute und Regelungen zu finden, die eine dem deutschen Konzernrecht vergleichbare Funktion erfüllen 26 . Hierfür müssen im Folgenden aber zunächst einige Grundlagen des englischen Gesellschaftsrechts dargestellt werden.

22 Lord Bingham of Cornhill in Lübbe etal. v. Capeplc. (2000) 1 W L R 1545, unter Fortführung der Entscheidungsgründe in Sachen Connelly v. R.T.Z. Corporation pic and Another (1997)4 All E R 335. 23 „The basic principle is that a stay will only be granted on the ground offorum non conveniens where the court is satisfied that there is some other availabe forum, having competent jurisdiction, which is the appropriate forum for the trial of the action, i.e. in which the case may be tried more suitably for the interests of all the parties and the ends of justice" zitiert von Lord Bingham in Lübbe v. Capeplc. (2000) 1 W L R 1545, aus der Entscheidung des House of Lords in Spilida Maritime Corporation v. Cansulex Ltd. (1986) 3 All E.R. 843; bereits in Sim v. Robinow (1892) 19R (Ct of Sess.) 665, 668 stellte Lord Kinnear fest:"... the plea can never be sustained unless the courts is satisfied that there is some other tribunal, having competent jurisdiction in which the case may he tried more suitably for the interests of all the parties and for the ends of justice". 2 4 Vgl. hierzu noch unten S. 717 ff. 2 5 Vgl. hierzu noch unten S. 719 ff. 2 6 Zu den besonderen Problemen der Rechtsvergleichung im Konzernrecht vgl. bereits U. Immenga, in FS Fischer S. 297 ff.

5 12:

501

Grundlagen

§ 12: Grundlagen A u c h das englische Gesellschaftsrecht unterscheidet Personengesellschaften nerships) general

u n d K a p i t a l g e s e l l s c h a f t e n ( c o m p a n i e s ) . Partnerships partnerships,

mited partnership,

limited

partnerships

u n d limited

liability

(part-

w e r d e n u n t e r t e i l t in partnerships.

D i e li-

d i e in e t w a u n s e r e r K G e n t s p r i c h t , w a r in E n g l a n d als M i t t e l z u r

H a f t u n g s b e s c h r ä n k u n g bislang allerdings wenig populär27, ganz im Gegenteil zu d e n K a p i t a l g e s e l l s c h a f t e n 2 8 . M i t d e m Limited

liability

Partnership

Act 2 0 0 0 h a t d e r

britische G e s e t z g e b e r n u n allerdings eine n e u e G e s e l l s c h a f t s f o r m geschaffen, die z w i s c h e n d e n t r a d i t i o n e l l e n F o r m e n der partnership

u n d d e r company

angesiedelt

ist 2 9 . D i e s e ist z w a r v o r a l l e m f ü r F r e i b e r u f l e r u n d s o g e n a n n t e B e r a t u n g s g e s e l l s c h a f t e n g e d a c h t . A n d e r s als in D e u t s c h l a n d m i t d e r P a r t n e r s c h a f t s g e s e l l s c h a f t o d e r in O s t e r r e i c h mit der Eingetragenen Erwerbsgesellschaft w u r d e j e d o c h darauf v e r z i c h t e t , d i e s e G e s e l l s c h a f t s f o r m auf b e s t i m m t e B e r u f s g r u p p e n z u

be-

s c h r ä n k e n 3 0 . D a i n d e s a u c h b e i d e r A u s e i n a n d e r s e t z u n g m i t d e r R e c h t s l a g e in D e u t s c h l a n d n u r die klassischen Kapitalgesellschaften betrachtet w u r d e n , sollen auch im R a h m e n der D a r s t e l l u n g der Rechtslage in E n g l a n d die A u s f ü h r u n g e n hierauf beschränkt w e r d e n . M i t g l i e d e r e i n e r U n t e r n e h m e n s g r u p p e s i n d r e g e l m ä ß i g „companies shares".

I n d e r P r a x i s s e l t e n s i n d d e m g e g e n ü b e r „unlimited"

limited

u n d „guarantee

by com-

27 Zum 31.3.2000 waren lediglich 7587 limited partnerships registriert (vgl. Mayson, French & Ryan on Company Law, 18. Aufl. S. 7). 28 Das englische company law schafft vielfältige Anreize: Die Gründung einer company ist einfach, die Gründungskosten sind gering. Auch wird diese Gesellschaftsform nicht durch das englische Körperschaftssteuerrecht benachteiligt, denn das Anrechnungsverfahren (imputation system) vermeidet eine Doppelbesteuerung der company und ihrer Gesellschafter. Ein wichtiger Vorteil bei der Fremdfinanzierung ist überdies, dass eine company leichter Kredit aufnehmen kann, weil sie ihren Gläubigern floating charges, eine besitzlose unbestimmte Sicherheit über ihr gesamtes Gesellschaftsvermögen, bestellen kann (Goode, Legal Problems of Credit and Security (1993), S. 46 ff.), die sich auf das gesamte gegenwärtige und zukünftige Vermögen oder Teile davon erstrecken können (demgegenüber dürfen natürliche Personen und Personengesellschaften nur bestimmte Sicherheiten bestellen, vgl. Davies, in Gower's Principles of Modern Company Law, 6. Aufl. S. 89). Darüber hinaus ist bei einer company die Gesellschafterzahl, anders als das bislang bei einer limited partnership der Fall war, nach oben hin nicht begrenzt (nach s 716 (1) Companies Act 1985 durfte bisher die Gesellschafterzahl einer limited partnership grundsätzlich nicht mehr als 20 Personen betragen; diese Beschränkung ist seit Ende Dezember 2002 durch die Regulatory Reform Order 2002 nun allerdings aufgehoben worden). 29 Man wollte hiermit auf die Bedürfnisse des internationalen Marktes reagieren und mit der limited liability partnership (LLP) eine Gesellschaftsform schaffen, die vor allem für international tätige Gesellschaften eine attraktive Rechtsform darstellt und so ein Abwandern in sog. „Off-shore" Standorte oder in ausländische Rechte verhindert. Man hatte erkannt, dass die der klassischen Zweiteilung der Gesellschaftsformen zugrundeliegende Vorstellung einer partnership als Gesellschaft, die vom persönlichen Engagement der nicht zahlreichen Gesellschafter geprägt ist, nicht mehr stimmt und zunehmend auch große partnerships heranwachsen, f ü r die allerdings die company gleichwohl keine geeignete Gesellschaftsform ist. 30 Vielmehr sollte eine attraktive Gesellschaftsform für alle Gewerbeformen gefunden werden, die erwarten lässt, dass der bereits einleitend erwähnte Standortvorteil Englands als Sitz international tätiger und verbundener Gesellschaften noch ausgebaut werden kann, ausführlich {Kilian, N Z G 2000,1008).

502

Kapitel

V: Die Haftung

einer Muttergesellschaft

nach englischem

Recht

parties''31, weshalb auch diese im Nachfolgenden nicht weiter berücksichtigt werden 32 . Beschränkt haftende Kapitalgesellschaften (companies limited by shares) werden als Standardform der britischen Kapitalgesellschaft auch in England unterschieden nach private companies limited by shares (ltd.) und public companies limited by shares (pic), was funktional in etwa der von uns getroffenen Unterscheidung in GmbH und AG entspricht. Der britische Gesetzgeber hat sich hier allerdings für eine Einheitskodifikation entschieden, weshalb auch die Unterschiede zwischen beiden Formen weitaus geringer sind als zwischen AG und GmbH 3 3 . Private und public companies unterliegen grundsätzlich denselben Rechtsregeln, ihre Anteile werden unterschiedslos shares, ihre Anteilseigner unterschiedslos shareholder oder member genannt 34 . Dementsprechend sind auch die innere Organisation einer private und public company und damit auch die Kompetenzen der Organe grundsätzlich identisch ausgestaltet. Es handelt sich insoweit weniger um verschiedene Gesellschaftsformen, als vielmehr um verschiedene Typen im Sinne von Abwandlungen einer Kapitalgesellschaftsform35. Rechtsformspezifische Besonderheiten, wie sie im deutschen Recht aufgrund der Kodifizierung im Aktienrecht bestehen, existieren im englischen Gesellschaftsrecht nicht. Es wird daher im nachfolgenden auch allgemein von company gesprochen und nur im Falle bestehender Unterschiede zwischen public und private company unterschieden. Ein solcher Unterschied besteht etwa bei der Verpflichtung zur Kapitalausstattung. So existieren für eine private limited company, anders als für die public company1'1', keine Vorschriften über ein bestimmtes Mindestkapital 37 , weshalb gerade diese Ge-

31 Bei einer private company limited by guarantee ist die Haftung anders als bei einer unlimited company beschränkt auf den im Memorandum festgesetzten Nachschussbetrag (vgl. hierzu Davies, in Gower's Principles of Company Law S. 10 f.). 32 Companies limited by guarantee werden insbesondere für wohltätige Zwecke bzw. Zwecke benutzt, die nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet sind (Miller, American Business Law Journal 1998 Vol. 36, S. 73, 109 f.). 3 3 Eine public company ist grundsätzlich von zwei Personen zu gründen, braucht zwei directors und ein Mindestkapital von 50.000,— Pfund. Demgegenüber kann dieprivate company von nur einer Person gegründet werden und setzt kein Mindeststammkapital voraus; auch ist bei der private company nur ein director vorgeschrieben; Unterschiede zwischen den beiden Gesellschaftstypen bestehen auch bei den kapitalmarktrechtlichen „Takeover Rules", den Mitteilungspflichten in ss. 198 ff. C A 1985 sowie den „Listing Rules". 34 Triebel/Hodgson/Kellenter/Müller, Englisches Handels- und Wirtschaftsrecht, 2. Aufl. (1995), S. 219. 35 Behrens, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung im internationalen und europäischen Recht., 2. Aufl., 3. Abschnitt VIII, Großbritannien Rn. 14; a.A. wohl C. M. Schmitthoff, Z G R 1978,446, 449. 3 6 Für die public company ist gesetzlich ein Mindestkapital von 50.000,— Pfund vorgesehen; abgesehen von der Kapitalausstattung unterliegt sie ähnlich wie die A G auch strengen Regularien im Hinblick auf die Rechnungslegung, Gewinnverteilung, Organkontrolle und Übertragung sowie den Erwerb von Gesellschaftsanteilen (vgl. Miller, American Business Law Journal 1998, Vol. 36 S. 73, 110 f.). 3 7 Allerdings hat neben Gesellschaftsgläubigern auch das Wirtschaftsministerium das Recht die gerichtliche Auflösung der Gesellschaft wegen offensichtlich unzureichender Finanzierung zu beantragen (vgl. zur Staatsaufsicht noch unten S. 517 f.).

§ 12:

Grundlagen

503

sellschaftsform sich auch besonderer Beliebtheit erfreut 3 8 . D a bei einer Company

private

allerdings das Verbot besteht, die Gesellschaftsanteile öffentlich anzubie-

ten, zählt sie jedoch zu den geschlossenen Gesellschaften und ist häufig personalistisch strukturiert. A u c h wird die Sonderstellung der private treten des Company

Company

seit Inkraft-

Act 1989 dadurch hervorgehoben, dass sie sich von bestimm-

ten, allgemein geltenden Vorschriften des Company

I. Rechtsquellen

des englischen

Act freizeichnen kann 3 9 .

Kapitalgesellschaftsrechts

Bedeutendeste Rechtsquelle des Kapitalgesellschaftsrechts ist der Companies 1985. Ergänzt wird er vom Companies

Act

Act 1989, durch den insbesondere die siebte

und achte E G - R i c h t l i n i e ins englische Recht umgesetzt wurde 4 0 . Besondere B e deutung hat gerade im Bereich der verbundenen Unternehmen aber auch der Insolvency

Act

1986 erlangt, der ausführliche Regelungen zum K o n k u r s - und

Zwangsabwicklungsverfahren enthält und der gerade für den Fall der Insolvenz einer Tochtergesellschaft auch Ansprüche zur Inanspruchnahme der Muttergesellschaft eröffnet 4 1 . Hinzuweisen ist darüber hinaus auf den Financial Market

Act 2 0 0 0 ( F S A M A ) 4 2 , der den bisherigen Financial

Services

Service

and

Act 1986 abge-

löst und dabei das britische Börsen- und Kapitalmarktrecht grundlegend reformiert hat 4 3 . D u r c h ihn wird der Investitionsbereich reguliert. Auch er enthält wichtige Vorschriften zum Schutz der Anleger sowie Vorschriften zu U n t e r n e h mensübernahmen. O b w o h l das britische Gesellschaftsrecht somit bereits eine weitreichende gesetzliche Regelung erfahren hat, bleibt daneben auch das Präzedenzfallsystem des common

law44

als wichtiger Grundpfeiler des englischen Gesellschaftsrechts be-

38 100.000 public limited companies stehen 1 000 000 private companies gegenüber (Lutter, ZGR 1998, 191, 193). 39 Frtebel/Hodgson/Kellenter/Müller, Englisches Handels- und Wirtschaftsrecht, 2. Aufl. (1995), S. 219. 40 Ergänzende Vorschriften enthalten auch der Criminal Justice Act 1993 zur Bekämpfung von Insidergeschäften, der Business Names Act 1985, der Companies Consolidation Act 1985 sowie der Company Directors Disqualification Act 1986, die im Rahmen der hier vorzunehmenden Untersuchung aber keine weitere Erörterung erfahren; zum Insolvency Act 1986 vgl. noch unten S. 529 ff. 41 Vgl. hierzu unten S. 538 ff. 42 Der Financial Service Act 2000 erhielt am 14.7.2000 den Royal Assent. 43 Vgl. hierzu Fleischer, RIW 2001, 817 ff. 44 Der Begriff „common law" wird in England in zweifacher Hinsicht verwendet. Zum einen dient es in seiner weiteren Bedeutung als Bezeichnung für das anglo-amerikanische Rechtssystem der Abgrenzung zum „civil law", mit dem das von römisch - rechtlichen Quellen geprägte kontinentaleuropäische Rechtssystem gemeint ist. Zum anderen dient es in seiner engen Bedeutung zur Bezeichnung des durch Rechtsprechung geschaffenen Rechts in Abgrenzung zum „locallaw", zum „equity law" sowie zum englischen „statute law", welches alle vom Parlament erlassenen Gesetze bezeichnet. Im letzteren Sinne wird der Begriff im Folgenden verwandt.

504

Kapitel V: Die Haftung einer Muttergesellscbaft

nach englischem

Recht

stehen. Im Übrigen haben aber auch die Richtlinien verschiedener Aufsichtsbehörden in diesem Zusammenhang besondere Bedeutung erlangt. Zu nennen ist etwa der City Code

on Takeover

and Mergers45,

der Verhaltensrichtlinien bei G e -

sellschaftszusammenschlüssen aufstellt und der u.a. als Modell für entsprechende Regelungen im deutschen freiwilligen Ubernahmekodex gedient hat 4 6 . Festzuhalten ist allerdings auch, dass in England unter der Leitung des ment of Trade and Industry

Depart-

zur Zeit eine weitreichende Überarbeitung des briti-

schen Gesellschaftsrechts stattfindet, die unter anderem auch eine Reduzierung des hier bestehenden komplexen Regelungswerks zum Ziel hat 4 7 . Ende Juli 2001 wurde der Abschlussbericht 4 8 über eine grundsätzliche R e f o r m und Modernisierung des britischen Gesellschaftsrechts vorgelegt auf dessen Grundlage die Regierung nun am 16.7.2002 ein „White Paper"

veröffentlich hat, in dem sie ihre Vorstel-

lungen eines modernen C o m p a n y Act darstellt 4 9 . D i e Schwerpunkte des Gesetzesvorhabens liegen neben R e f o r m der Unternehmensverfassung und der internen Corporate Governance, in der Verbesserung der Finanzverfassung, der Publizität, Rechnungslegung und Prüfung sowie der R e f o r m des Rechts der private panyia.

com-

Vorgesehen ist dabei insbesondere, rechtliche Verfahren, die unnötige E i n -

schränkungen und Kosten verursachen, zu verbessern oder abzuschaffen 5 1 . Auch das bestehende Kapitalerhaltungsrecht soll dereguliert werden 5 2 . So soll das Verbot der Gewährung finanzieller Hilfe durch die Gesellschaft zum Kauf von Anteilen der Gesellschaft für private

companies

beseitigt und dadurch finanzielle Trans-

aktionen in der Gesellschaft erleichtert werden 5 3 . Von der Einführung eines M i n destkapitals für Ltd. wird allerdings weiterhin abgesehen, wenngleich auch in England durchaus kontrovers diskutiert wird, ob dessen Einführung nicht not-

Abgedruckt bei Hirte, (Hrsg) WPüG, 2002. Forum Europeaum Konzernrecht ZGR 1998, 672, 683. 47 Dine, Company Law, 4. Aufl., S. 2 f. 48 Modern Company Law for a competitive Economy: Final Report, abrufbar unter http:// www.dti.gov.uk/cld/final_report/index.htm. 49 Abrufbar unter http://www.dti.gov.uk/cld/review.htm; die daraufhin anberaumte öffentliche Konsultationsphase endete am 29.11.2002. 50 Vgl. für einen Uberblick zu den inhaltlichen Schwerpunkten der Reform Lembeck, NZG 2003, 956 ff. 51 Geplant ist etwa die Abschaffung der zwingenden Bestellung eines company secretary. Der company secretary ist die wichtigste Beurkundungsperson der Gesellschaft, er führt das „company seal", veranlasst die Einberufung des general meeting und Sitzungen des hoard of directors. Auch alle wichtigen Dokumente der company werden von director und secretary, verbindlich für die Gesellschaft, gemeinsam unterschrieben. Bislang ist der company secretary zwingend zu bestellen. 52 Erleichtert werden sollen die Kapitalherabsetzung, der Erwerb eigener Anteile sowie Finanzierungshilfen beim Anteilserwerb. Daneben war geplant, (echte) nennwertlose Anteile einzuführen. Davon wurde wieder Abstand genommen, weil eine Sonderlösung für die Ltd. - die Kapitalrichtlinie schließt eine entsprechende Änderung für die plc aus - nicht für sinnvoll erachtet wird (Steering Group, Completing the Structure 7.3). 53 Modern Company Law: Final Report, Part I, Chapter 4: A New Regime for small and private companies unter 4.4. 45

46

§ 12:

Grundlagen

505

wendig ist, um unseriösen Gesellschaftsgründungen vorzubeugen 5 4 . Weitgehend bevorzugt man aber das als probater empfundene Mittel verstärkter Publizität 55 . Für größere Unternehmen ist die Aufstellung eines Operational and Financial Review, der zukünftige Planungen, Opportunitäten und Geschäftsstrategien enthalten soll 56 , vorgesehen 57 . Im Übrigen sollen auch „kleine" Gesellschaften im Sinne der Bilanzrichtlinie ihren Jahresabschluss einer vereinfachten Prüfung unterziehen 58 , was nach geltendem britischen Recht allerdings bislang schon weitgehend der Fall ist 59 . Als weiter Sicherung will man allgemein einen Katalog von Grundpflichten der directors niederlegen, um eine Grundlage für verantwortliche und sachgerechte Entscheidungen zu schaffen 60 . Die gesetzliche Erklärung soll klare Richtlinien an die Geschäftsleitung weitergeben und eine über 250 Jahre alte Rechtsprechung in Einklang mit modernen Rechtsregeln bringen 61 . Geplant ist vor allem aber eine grundsätzliche Reform der Rechtslage in kleinen, geschlossenen Gesellschaften 62 . Diese überwiegen zwar zahlenmäßig, gleichwohl ist das britische Recht nach wie vor nach dem Bild der kapitalmarktoffenen Gesellschaft, der public Company limited by shares ausgerichtet. Nur teilweise werden besondere Regeln für die Ltd. vorgesehen. Die insoweit bestehenden Vorschriften sieht man allerdings als „undurchsichtig, unhandlich, unnötig komplex und hinderlich" an 63 . Als eine der zentralen Aufgabe hat man sich daher zum Ziel gesteckt, einen neuen rechtlichen Rahmen zu schaffen, der das Recht der Ltd. ver-

54 Freedman, The Modern Law Review 63 (2000), 317, 335 ff.; dagegen Armour, The Modern Law Review 63 (2000), 355, 371 f. 55 Developing the Framework (März 2000), 9.61 - 9.71; zustimmend Armour, The Modern Law Review 63 (2000), 378; kritisch Bachmann, ZGR 2001, 351, 362 f. 56 Er soll auch qualitative Aspekte, einen Bericht über die Fähigkeiten (skills) der Beschäftigten, geschäftliche Beziehungen und den geschäftlichen Ruf mit einschließen; zu den zur Zeit in der Diskussion stehenden Schwellenwerten, ab denen eine solche Berichtspflicht aufgestellt werden soll vgl. Lembeck, NZG 2003, 956, 962. 57 Bislang wurden vor allem börsennotierte Gesellschaften vom Accounting Standards Board dazu aufgefordert, ihre Bilanzberichterstattung um einen Operating and Financial Review zu ergänzen (vgl. auch dazu Lembeck, NZG 2003, 956, 962). 58 Developing the Framework 9.69; Structure 2.58. 59 Vgl. aber auch Developing the Framework 8.41 - 8.48, wonach bestehende Pflichten teilweise wieder eingeschränkt werden sollten. 60 Modern Company Law: Final Report, Part I, Chapter 2: A New Regime for small and private companies unter 3.5 ff. 61 Die Pflichten der Direktoren sollen dabei in Zukunft u.a. auch eine soziale Verpflichtung zum Umweltschutz enthalten. 62 Die überwiegende Zahl der britischen Gesellschaften weist einen geschlossenen Gesellschafterkreis auf. Weitgehend handelt es sich um kleine Gesellschaften, die vielfach von ihrem Mehrheits- oder Alleingesellschafter geleitet werden (von dem beim Company House registrierten Gesellschaften waren am 31.3.2000 1,3 Mio private companies limited by shares und nur 12 400 public companies (Modern Company Law: Final Report, Part I, Chapter 2; A New Regime for small and private companies unter 2.1 in Fn. 12); 70 % der Gesellschaften haben nur einen Gesellschafter, 90 % weniger als 5 Gesellschafter (vgl. hierzu die Steering Group, Developing the Framework [März 2000] 6.7 - 6.9). 63 Vgl. The Strategie Framework (Februar 1999) 5.2.13.

506

Kapitel

V: Die Haftung

einer Muttergesellschaft

nach englischem

Recht

einfacht und übersichtlicher gestaltet 64 und so insbesondere kleinen U n t e r n e h m e n eine möglichst einfache, übersichtliche und wettbewerbsfähige Rechtsform zum Zwecke der Haftungsbeschränkung an die H a n d gibt 65 . Auch eine neue Klagemöglichkeit w u r d e vorgeschlagen für Gesellschaften mit 2 bis max. 4 Gesellschaftern. Auf weitere Einzelheiten dieser umfangreichen Reform soll hier allerdings nicht eingegangen werden, zumal die hierzu angestellten Überlegungen auch noch nicht abgeschlossen sind. Die nachfolgenden Erörterungen basieren auf dem zur Zeit (Herbst 2003) geltenden gesetzlichen Regelungen.

II. Der Begriff des Konzerns Wie bereits dargelegt, kennt das englische Recht, ebensowenig wie die meisten anderen europäischen Länder, kein Sonderrecht f ü r Konzerne 6 6 . Grundsätzlich geht man von der Vorstellung aus, dass die einzelnen in einem Unternehmensverbund zusammengeschlossenen Gesellschaften separate rechtliche Einheiten sind 67 . N u r vereinzelt gibt es gesonderte Bestimmungen f ü r verbundene Gesellschaften 6 8 , nicht jedoch ein geschlossenes System eines besonderen Konzern- bzw. Konzernhaftungsrechts. Allerdings definiert s. 736 C A 198 5 69 die Beziehung zwischen ei-

64 So will m a n etwa die Zweiteilung des Gesellschaftsvertrags in ein „memorandum of association" u n d „articles of association " d u r c h eine einheitliche „constitution" ersetzen; auch soll das als i r r e f ü h r e n d e m p f u n d e n e Verständnis eines Gesellschaftsvertrags als Vertrag der G e sellschafter mit der Gesellschaft beseitigt w e r d e n (in der Sache geht es hier u m die Klarstellung, dass aus der Mitgliedschaft keine u n b e s c h r ä n k t e n Klagerechte folgen - Developing the Framework 4.87-4.89), w o z u allerdings nicht der vertragliche C h a r a k t e r der Mitgliedschaft geleugnet w e r d e n muss (Steering Group, Completing the Structure 5.69). 65 Modern Company Law: Final Report, Part I, Chapter 2: A New Regime for small and private companies u n t e r 2.1 ff.; insbesondere will m a n in geschlossenen Gesellschaften, in denen Gesellschafter u n d Geschäftsleiter häufig dieselben P e r s o n e n sind, die E n t s c h e i d u n g s p r o z e s s e vereinfachen, damit E n t s c h e i d u n g e n mit einem M i n i m u m an Formalitäten getroffen w e r d e n k ö n n e n ( M o d e r n Company Law: Final Report, Part I, Chapter 2: A New Regime for small and private companies u n t e r 2.13.). So soll im Falle, dass Einstimmigkeit besteht, der Beschluss auf informellen Wege gefasst w e r d e n k ö n n e n oder, soweit Einstimmigkeit nicht zu erreichen ist, auch auf d e m Wege einer schriftlichen Resolution, o h n e Zwang, eine förmliche Gesellschafterv e r s a m m l u n g a b z u h a l t e n . A u c h sollen E n t s c h e i d u n g e n mit H i l f e elektronischer Medien e r m ö g licht w e r d e n ( M o d e r n Company Law: Final Report, Part I, Chapter 2: A New Regime for small and private companies u n t e r 2.22); vgl. zu den geplanten N e u e r u n g e n in Bezug auf geschlossene Gesellschaften auch Bachmann, Z G R 2001, 351 ff. 66 Hadden, in M e s t m ä c k e r / B e h r e n s , S. 329 meint gar, G r o ß b r i t a n n i e n w e r d e häufig als das „ H a u p t b e i s p i e l " eines Landes herangezogen, in d e m keine k o n z e r n r e c h t l i c h e n Sonderregeln existierten. 67 Vgl. n u r Gower's Principles of M o d e r n C o m p a n y L a w S. 69. 68 Vgl. etwa s. 23 C A 1985; ss. 151 153 C A 1985; ss. 227-232 C A 1985 and Schedules 4 - 6 ; ss. 318 (l)c; 319(1), 320(1), 323(3), 324, 330 C A 1985; s. 321 C A 1985, s. 433 C A 1985, s. 346 C A 1985, s. 485(6) IA 1985; b e s o n d e r e Vorschriften bestehen insb. f ü r den K o n z e r n a b s c h l u s s u n d die Besteuerung, die Pflichten des Vorstandes u n d den G e s e l l s c h a f t s k o n k u r s (vgl. Hadden, in M e s t m ä c k e r / B e h r e n s S. 329, 332 f.). 69 I.d.F. von s. 144 C A 1989.

§ 12: n e r holding

company

( M u t t e r g e s e l l s c h a f t ) u n d i h r e r subsidiary

s c h a f t ) 7 0 . D a n a c h ist e i n e company

507

Grundlagen

(Tochtergesell-

Muttergesellschaft einer anderen Gesellschaft,

w e n n sie ü b e r die M e h r h e i t d e r S t i m m r e c h t e in d e r U n t e r g e s e l l s c h a f t v e r f ü g t o d e r M i t g l i e d d e r G e s e l l s c h a f t ist u n d die Z u s a m m e n s e t z u n g des V o r s t a n d s (board directors7l)

k o n t r o l l i e r t , i n d e m sie die M e h r h e i t d e r D i r e k t o r e n i m board

tors e r n e n n e n o d e r a b b e r u f e n k a n n . W e i t e r h i n gilt sie als holding

company,

of

of direc-

wenn

sie G e s e l l s c h a f t e r i n ist u n d a u f g r u n d e i n e r V e r e i n b a r u n g m i t a n d e r e n G e s e l l s c h a f t e r n die M e h r h e i t d e r S t i m m r e c h t e k o n t r o l l i e r e n k a n n 7 2 . E r g ä n z e n d e B e s t i m m u n gen z u s. 7 3 6 C A 1 9 8 5 f i n d e n s i c h in ss. 7 3 6 A 7 3 u n d 7 3 6 B 7 4 C A 1 9 8 5 . D a m i t b e d a r f es, u m v o n e i n e r M u t t e r - T o c h t e r b e z i e h u n g s p r e c h e n z u k ö n n e n , p r i n z i p i e l l e i n e r k a p i t a l m ä ß i g v e r m i t t e l t e n K o n t r o l l m ö g l i c h k e i t , die a l l e r d i n g s n i c h t n o t w e n d i g e r w e i s e a u f e i n e r A n t e i l s m e h r h e i t b a s i e r e n m u s s 7 5 . E s k a n n die K o n t r o l l e ü b e r eine a n d e r e G e s e l l s c h a f t u . U . a u c h d a n n a u s g e ü b t w e r d e n , w e n n z w a r e i n e B e t e i l i g u n g u n t e r 5 0 % b e s t e h t , die r e s t l i c h e n A n t e i l e a b e r z e r s t r e u t s i n d 7 6 . A u ß e n v o r b l e i b e n a b e r K o n t r o l l m ö g l i c h k e i t e n , die a u s s c h l i e ß l i c h a u f v e r traglicher G r u n d l a g e basieren77. N i c h t erfasst w e r d e n v o n diesem R e g e l u n g s b e r e i c h a u ß e r d e m n a t ü r l i c h e P e r s o n e n , die an m e h r e r e n G e s e l l s c h a f t e n m e h r h e i t l i c h b e t e i l i g t s i n d 7 8 . E r f o r d e r l i c h ist v i e l m e h r , dass e i n e G e s e l l s c h a f t e i n e a n d e r e k o n t r o l l i e r t , w e n n g l e i c h a u c h in d e r e n g l i s c h e n L i t e r a t u r d a r a u f h i n g e w i e s e n w i r d , dass die W i r k u n g e n ä h n l i c h sein k ö n n e n , w e n n e i n e n a t ü r l i c h e P e r s o n z w e i o d e r 7 0 Die Definitionen des Companies Act erstrecken sich gleichermaßen auf seltenere Formen der Gesellschaften mit selbständiger Rechtspersönlichkeit wie z.B. die „company limited by guarantee" i.S. d. s.l (2) b). Die Konzernpraxis wird jedoch von den beiden gängigsten Typen von Kapitalgesellschaften im englischen Recht bestimmt, i.e. der - besonderen Vorschriften unterworfenen - Public company und der Limited company (alle Kapitalgesellschaften, die nicht den Gründungsvoraussetzungen der besonderen Gesellschaftsformen entsprechen, siehe s.l (2) und (3) C.A.1985). „Cum grano salis" sind die beiden Gesellschaftstypen mit der Unterscheidung zwischen Aktiengesellschaft und G m b H im deutschen Recht zu vergleichen, vgl. Bauschke, R I W 1977, 98, 99. 71 Grundsätzlich obliegt die Geschäftsführung der Gesellschaft dem board of directors als Gremium. Die Gesellschaftssatzung kann allerdings das board of directors bevollmächtigen, einen oder mehrere geschäftsführende directors zu ernennen, die unter Ausschluss der übrigen directors die täglich anfallenden oder ganz bestimmte Geschäfte (Aufteilung von Zuständigkeitsbereichen auf executive directors) erledigen. 7 2 Ebenso gilt eine Enkelgesellschaft als subsidiary der Obergesellschaft (vgl. 736(1) C A 1985: „A company is a „subsidiary" of another company, ...if it is a subsidiary of a company which is itself a subsidiary of that other company"). 73 In s. 736A wird insbesondere versucht, etwaige Umgehungen zu verhindern. 74 In s. 736B ist eine Ermächtigung des Secretary of State zur Änderung des Gesetzes durch Verordnung enthalten, um eventuelle Schlupflöcher schließen zu können. 7 5 Insoweit herrscht weitgehende Ubereinstimmung zwischen der Begründung einer faktischen Abhängigkeit im Kapitalgesellschaftsrecht im deutschen Recht i.S. d. § 17 A k t G und nach s. 736 C A 1985 (vgl. hierzu auch Schuberth, Konzernrelevante Regelungen (1997), S. 27 ff.; Apelt, Der Konzern im englischen company law (1984), S. 28; Pickering (1968) M.L.R. 481, 491; eine detaillierte Darstellung verschiedener Ansätze zum „Concept of Control" findet sich bei Farrar, Company Law in change (1987), S. 39 ff.). 76 Prentice, Connecticut Journal of International Law 1999, S. 305, 312. 7 7 Zur entsprechenden Rechtslage in Deutschland vgl. oben S. 75 ff. 7 8 Vgl. Schuberth, Konzernrelevante Regelungen im britischen Recht (1997), S. 156.

508

Kapitel

V: Die Haftung

einer Muttergesellschaft

nach englischem

Recht

mehr Gesellschaften kontrolliert. Insbesondere wäre bei einer gemeinsame „Kontrolle" mehrerer Gesellschaften durch eine Person der Fall häufig zu beobachten, dass das Vermögen einer Gesellschaft zum Nutzen einer anderen kontrollierten Gesellschaft missbraucht wird 79 . Auch wird nicht verkannt, dass Gesellschaftsgruppenaktivitäten in der Rechtswirklichkeit auch auf anderen Grundlagen als den im Gesetz normierten basieren können, insbesondere etwa, weil die Geschäftsleitung verschiedener Gesellschaften mit identischen Personen besetzt ist. Möglich sind natürlich auch Gruppenaktivitäten vor dem Hintergrund wechselseitiger oder „zirkulierender" 80 Beteiligungen („cross holding" bzw. „circular bolding")sl. Das Gesetz knüpft an das Vorliegen einer Unternehmensgruppe im Sinne der genannten Regelung allerdings auch nur relativ geringfügige Rechtsfolgen. So werden etwa bestimmte, für den Fall eines Interessenkonflikts das Handeln der Leitungsorgane beschränkende Schutzvorschriften 82 sowie Kapitalschutzvorschriften 83 auf gruppenspezifische Sachverhalte ausgeweitet84. Für den Bereich der Konzernrechnungslegung 85 wurde die Definition des Konzerns in Umsetzung der 7. EG-Richtlinie in s. 258 C.A. 1985 86 überdies erweitert 87 . Danach ist ein Unternehmen auch dann Muttergesellschaft (parent), wenn es aufgrund besonderer Bestimmungen im „memorandum" bzw. in den „articles of association " 8 8 des Tochterunternehmens oder kraft eines Beherrschungsvertrages (control contract) das Recht zur Ausübung eines beherrschenden Einflusses über dieses Prentice, Connecticut Journal of International Law 1999, S. 305, 314. Dies wäre etwa der Fall, wenn die Gesellschaft A an B, B an C und C an A mit jeweils 40 % beteiligt sind. 81 prentice, Connecticut Journal of International Law 1999, S. 305, 312 ff. 82 Ss. 319, 320-322, 323, 324-329 sowie 330-342 C A 1985; zu beachten gilt es in diesem Zusammenhang allerdings, dass etwa die Gewährung von Krediten einer Tochtergesellschaft an ihre Muttergesellschaft nach s. 336 CA 1985 ausdrücklich erlaubt wird. 83 Vgl. etwa s. 23 CA 1985: nach dieser Regelung ist es einem abhängigen Unternehmen grds. verboten, Geschäftsanteile an seinem Mutterunternehmen zu erwerben; vgl. auch s. 151 CA 1985, diese Regelung verbietet es jeder Gesellschaft, Dritten direkte oder indirekte Unterstützung beim Erwerb ihrer Geschäftsanteile zu gewähren; um Umgehungsmöglichkeiten abzuschneiden, wird dieses Verbot auch auf Tochtergesellschaften erstreckt; vergleichbare Regelungen im deutschen Recht finden sich in §§ 56, 71, 71 a AktG. 84 Vgl. hierzu noch unten S. 518 f. 8 5 Darüber hinaus gibt es einige speziellere Definitionen für Konzerne z.B. im Steuerrecht (vgl. Hadden in Mestmäcker/Behrens (Hrsg.) S. 332). 86 Die Vorschrift wird durch Schedule 10 A Companies Act 1985 ergänzt. 87 Hadden, in Mestmäcker/Behrens (Hrsg.) S.332. 88 Der Gesellschaftsvertrag einer Company ist zweigeteilt; er besteht aus dem „memorandum", welches die Grundlage für das Entstehen der Körperschaft darstellt und das Verhältnis der Gesellschaft zur Außenwelt regelt sowie den „articles of association", welche sich auf das gesellschaftsrechtliche Innenverhältnis und damit auf die Beziehungen der Gesellschafter zueinander und zur Gesellschaft beziehen. Ohne ein memorandum, das die in s. 2 C A 1985 aufgeführten Mindestregeln enthält (Unternehmensgegenstand, Form der Gesellschaft, Nationalität innerhalb des Vereinigten Königreichs und die Firma), kann keine Gesellschaft gegründet werden. Auf die articels kann demgegenüber verzichtet werden, da in einem solchen Fall automatisch die Mustersatzung Tabel A in Kraft tritt (s. 8 (2) CA 1985); zu den Plänen, die Aufspaltung des Gesellschaftsvertrages in zwei Dokumente abzuschaffen vgl. Lembeck, N Z G 2003, 956, 963. 79

80

§ 12:

Grundlagen

509

U n t e r n e h m e n b e s i t z t 8 9 . S. 2 5 8 (4) k n ü p f t d a r ü b e r hinaus an e i n e m t a t s ä c h l i c h ausg e ü b t e n E i n f l u s s b z w . der e i n h e i t l i c h e n L e i t u n g ( m a n a g e d on a unified

basis) an,

w o b e i in b e i d e n F ä l l e n allerdings eine B e t e i l i g u n g h i n z u k o m m e n muss

(participa-

ting interest

i.S.d. s. 2 6 0 C A 1 9 8 5 ) 9 0 .

III. Der Vertragskonzern im englischen Gesellschaftsrecht D i e A u f n a h m e des K o n z e p t s der B e h e r r s c h u n g u n d des B e h e r r s c h u n g s v e r t r a g e s hat zu gewissen B r ü c h e n in den t r a d i e r t e n V o r s t e l l u n g e n des e n g l i s c h e n R e c h t s ü b e r die U n t e r n e h m e n s g r u p p e g e f ü h r t 9 1 . ' E i n e A u s w e i t u n g dieser f ü r den B e r e i c h der R e c h n u n g s l e g u n g g e s c h a f f e n e n B e g r i f f s b e s t i m m u n g auf a n d e r e B e r e i c h e des Company

Law w i r d teilweise, i m H i n b l i c k auf die d r o h e n d e R e c h t s u n s i c h e r h e i t ,

auch a b g e l e h n t 9 2 . D i e s w i r f t a b e r die F r a g e auf, i n w i e w e i t V e r t r a g s k o n z e r n e ü b e r h a u p t i m e n g l i s c h e n R e c h t zulässig s i n d 9 3 . F r e i l i c h handelt es sich i n s o w e i t u m eine w e i t g e h e n d t h e o r e t i s c h e F r a g e , da, s o w e i t e r s i c h t l i c h , in E n g l a n d bislang k e i n e Vertragskonzerne existieren94. 8 9 Siehe s. 258 (2) c) C.A.1985: „... i f - (...) it has the right to exercise a dominant influence over the undertaking - (i) by virtue of provisions contained in the undertaking's memorandum orarticels, or (ii) by virtue of a control contract..."; Hadden Gesellschaftsrecht der Konzerne im internationalen Vergleich in Mestmäcker/Behrens S. 332. 90 S. 260 (1) CA 1985 definiert die Beteiligung als Anteilsbesitz, der längerfristig als Beitrag zu den eigenen Aktivitäten gehalten wird und zur Kontrolle oder Einflussnahme auf das Tochterunternehmen genützt werden soll. Nach s. 260 (2) wird bei einem Geschäftsanteil von 20 % des Kapitals eine Beteiligung in diesem Sinne widerlegbar vermutet. 91 Farrar, Company Law, 4. Aufl. S. 536: „The broader concepts of control and the reference to control contract echo German law and have an ill defined relationship to English law". Die Bestimmung des Art. 1 (2) der 7. Richtlinie, die in s. 258 (4) in den CA eingeführt wurde, diente überdies nur dazu, Konflikte mit dem deutschen Konzernrecht zu entschärfen und war für andere Mitgliedstaaten nicht zwingend. Die Übernahme in den CA wurde daher auch allgemein mit Staunen zur Kenntnis genommen (vgl. hierzu Schuberth, Konzernrelevante Regelungen (1997), S. 26 m.w.N.). 92 Davies, in Gower's Principle of Modern Company Law, 6. Aufl. S. 162 Fn. 91, der insoweit betont, dass für Belange der Rechnungslegung diese Rechtsunsicherheit weniger schädlich sei, da bei Zweifeln eine konsolidierte Bilanz aufgestellt werden könne. 93 Hadden, in Mestmäcker/Behrens S. 329, 337: „Durch die Einführung des Begriffs des Beherrschungsvertrages ... wird das Problem aufgeworfen, nicht aber gelöst, in welchem Umfang die Holdinggesellschaft... Weisungen erteilen darf und inwieweit ihre Haftung daraus folgt". 94 Farrar, Company Law, 4. Aufl. S. 473; allgemein kommen vertragliche Absprachen für die Gründung von Unternehmensverbindungen im englischen Rechtskreis kaum vor, Kellermann, Interessenschutz (1984), S. 34; dies verwundert, da im englischen Recht - sofern die „articles of association" der Gesellschaft nicht vorschreiben, dass nur die Mitglieder der Gesellschaft über die Zusammensetzung des board bestimmen sollen - dieses Recht gleichermaßen außenstehenden Dritten und somit auch einem anderen Unternehmen eingeräumt werden kann, vgl. Kellermann, a.a.O. S. 35. Zu der in diesem Zusammenhang auch auftauchenden Frage, wieweit der Umfang der Weisungsgebundenheit der Leitungsorgane (directors) geht und wie im „Spannungsverhältnis" zwischen dem jeweiligen Gesellschaftsinteresse und dem „Konzerninteresse" zu entscheiden ist, siehe Hadden in Mestmäcker/Behrens S.337, Tunc, Groups of Companies (1991), S. 4 sowie im Folgenden.

510

Kapitel V: Die Haftung einer Muttergesellschaft

1) 2.ur Zulässigkeit

des Vertragskonzerns

nach englischem

im englischen

Recht

Recht

Ein ausdrückliches Verbot des Beherrschungsvertrages oder einer entsprechenden Satzungsregelung kennt das britische Recht nicht 9 5 . Auch spricht die Tatsache, dass s. 258 (2) (c) (ii) C A 1985 den Vertragskonzern besonders erwähnt, für die Zulässigkeit einer hierauf aufgebauten Unternehmensverbindung. Allerdings gilt diese Regelung nur für den Bereich der Rechnungslegung, wohingegen die für das materielle Recht maßgebliche Begriffsbestimmung in s. 736 C A 1985 sich nur auf faktische Konzernbeziehungen bezieht. Vor allem aber stellt Schedule 10A, para. 4 (2) (b) C A 1985 einen entsprechenden Vertrag unter den Vorbehalt, dass dieser am Sitz der Tochtergesellschaft anerkannt ist. N a c h der Definition des Begriffs „Beherrschungsvertrag" in para. 4 (1) verpflichtet der Abschluss eines Beherrschungsvertrages die Direktoren des beherrschten Unternehmens, nach Weisung des herrschenden Unternehmens zu handeln, unabhängig davon, ob ein solches Handeln im Interesse des beherrschten Unternehmens liegt. Dies konfligiert aber mit der Regelung in s. 310 C A 1985 9 6 , nach der Direktoren nicht vertraglich von ihren Pflichten gegenüber der Gesellschaft entbunden werden können 9 7 . N a c h s. 310 (2) C A 1985 ist daher auch jede Satzungsbestimmung bzw. jeder Vertrag mit der G e sellschaft nichtig, mit denen die Direktoren für den Fall einer Pflichtverletzung von einer sie ansonsten treffenden Haftung befreit werden sollen 9 8 . Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass die Zulässigkeit eines Beherrschungsvertrages im englischen Schrifttum umstritten ist 9 9 . Während man teilweise ohne weiteres von dessen Zulässigkeit ausgeht 1 0 0 , kann nach anderer Ansicht ein Beherrschungsvertrag, trotz der an sich bestehenden Vertragsfreiheit, im Hinblick auf den damit notwendig verbundenen Verstoß der directors

gegen ihre Treue-

pflichten nicht wirksam geschlossen werden 1 0 1 . Teilweise wird auch ohne weitere Stellungnahme einfach auf die praktische Bedeutungslosigkeit des Problems hingewiesen, da derartige Verträge in der englischen Rechtspraxis unbekannt seien und die Erwähnung in s. 258 C A 1989 nur den Sinn gehabt habe, Tochtergesellschaften zu erfassen, die ihren Sitz in einem Land hätten, in denen derartige Verträge zulässig

9 5 Aus diesem Grund hielt man auch die Regelung in den s. 258 (2) (c) über den Beherrschungsvertrag für zwingend (Schuberth, Konzernrelevante Regelungen (1997), S. 26 m.w.N.). 96 Zum Geltungsbereich dieser Vorschrift vgl. Bloß, Die Unternehmensgruppe im englischen und deutschen Recht der Kapitalgesellschaften (1999), S. 65 f. 97 Prentice, Konzernrecht im Ausland, Lutter (Hrsg.) S. 93, 101 in Fn. 27. 98 Eine Ausnahme gilt nur für die in s. 310 (3) genannten Fälle. 9 9 Teilweise wird auch nur darauf aufmerksam gemacht, dass durch die Einführung des Begriffes des Beherrschungsvertrages und der einheitlichen Leitung zum Zwecke eines Konzernabschlusses durch den Companies Act 1989 das generelle Problem aufgeworfen werde, in welchem Umfang die Holdinggesellschaft den Tochtergesellschaften, an denen sie ganz oder zum Teil beteiligt ist, Weisungen erteilen darf und inwieweit eine Haftung daraus folgt, ohne dass auch eine Lösung angeboten wird ( H a d d e n , in Mestmäcker/Behrens S. 337). 100 Pennington, Company Law 8. Aufl. S. 901; ebenso Schuberth, Konzernrelevante Regelungen (1997), S. 26. 101 Prentice, in: Konzernrecht im Ausland, Lutter (Hrsg.), S. 93, 98; ebenso Bloß, Die Unternehmensgruppe im englischen und deutschen Recht der Kapitalgesellschaften (1999), S. 66.

5 12:

Grundlagen

511

seien 102 . Für möglich gehalten wird n u r ein Beherrschungsvertrag zwischen einer englischen Muttergesellschaft mit einer deutschen Tochter, soweit der Beherrschungsvertrag den Erfordernissen des deutschen Rechts entspricht 1 0 3 . Vertreten wird schließlich auch, dass zumindest in der Gesellschaftssatzung das Ermessen der directors an außenstehende Dritte g e k n ü p f t werden könne 1 0 4 .

2) Stellungnahme D u r c h den Abschluss eines Beherrschungsvertrages soll die G e s c h ä f t s f ü h r u n g einer beherrschten Gesellschaft verpflichtet werden, auch nachteilige Weisungen der herrschenden Gesellschaft zu befolgen. A n e r k a n n t ist auf der anderen Seite aber, dass das Konzerninteresse kein M a ß s t a b f ü r das o r d n u n g s g e m ä ß e Verhalten der O r g a n e einer Tochtergesellschaft sein kann 1 0 5 u n d die Geschäftsleitung n u r d e m Wohl ihrer Gesellschaft verpflichtet ist 106 . D e m e n t s p r e c h e n d verstößt ein G e s c h ä f t s f ü h r e r aber auch gegen seine der Gesellschaft gegenüber bestehenden Pflichten, w e n n er Geschäfte abschließt oder M a ß n a h m e n ergreift, die der Gesellschaft z u m Nachteil gereichen. D a das materielle Gesellschaftsrecht Englands keine b e s o n d e r e n Regelungen über den Beherrschungsvertrag vorhält, k ö n n e n diese Pflichten gegenüber der Gesellschaft nicht d u r c h den Abschluss eines solchen Vertrages geändert werden 1 0 7 . E n t s p r e c h e n d e s gilt f ü r die B e g r ü n d u n g einer satzungsmäßigen Abhängigkeit der Gesellschaft 1 0 8 , soweit diese d u r c h ein Recht zu nachteiligen Weisungen geschaffen w e r d e n soll. A u c h hierin ist ein Verstoß gegen s. 310 C A zu erblicken 1 0 9 . D u r c h diese Regelung sollte gerade die vorher weitverbreitete satzungsmäßige H a f t u n g s b e f r e i u n g der directors b e k ä m p f t werden 1 1 0 . Besteht nach s. 310 C A 1985 ein Verbot, B e s t i m m u n g e n in die Satzung a u f z u n e h m e n , die eine H a f t u n g f ü r die Pflichtverletzung eines G e s c h ä f t s f ü h r e r s ausschließen, muss dies aber auch f ü r die B e g r ü n d u n g einer Weisungsabhängigkeit gelten, mittels de102

Farrar, C o m p a n y Law, 4. Aufl., S. 473. 103 preniicej ¡ n : K o n z e r n r e c h t im Ausland, L u t t e r (Hrsg.), S. 93, 101 in Fn. 27. 104 Wooldridge, in E u r o p e a n C o m p a n y Laws, D r u e y u.a. (Hrsg.), 1991, S. 103 ff. Fn. 22; vgl. aber auch S 119 Rn. 94 w o die Zulässigkeit eines Vertragskonzerns verneint w i r d . 105 Z u A u s n a h m e n vgl. n o c h u n t e n S. 610. 106 Dies gilt auch d a n n , w e n n die Muttergesellschaft ausnahmsweise z u m director der G e sellschaft bestellt w u r d e , was möglich ist, da nach ss. 741 (1), 289 ( l ) b C A 1985, anders als im deutschen Recht, bislang nicht n u r natürliche P e r s o n e n director einer Gesellschaft sein k ö n n e n ; zu den eine solche Möglichkeit a b s c h a f f e n d e n R e f o r m p l ä n e n vgl. aber Lembeck, N Z G 2003, 956, 960. 107 F ü r die grundsätzlich Nichtigkeit e n t s p r e c h e n d e r Verträge daher auch Bloß, D i e U n t e r n e h m e n s g r u p p e im englischen u n d deutschen Recht der Kapitalgesellschaften (1999), S. 66; Davies, in G o w e r ' s Principles of M o d e r n C o m p a n y L a w S. 160 Rn. 79. 108 N a c h der f ü r die R e c h n u n g s l e g u n g maßgeblichen Vorschrift in s. 258 (2)(c) (ii) C A 1985, para 4 ( 1 ) Schedule 10A ist eine G r u p p e n l e i t u n g offensichlich auch in der F o r m der satzungsmäßig abhängigen Gesellschaft möglich. 109 Vgl. auch Bloß, Die U n t e r n e h m e n s g r u p p e im englischen u n d deutschen Recht der Kapitalgesellschaften (1999), S. 69. 110 Vgl. z u r Vorgängervorschrift s. 205 C A 1948 die E m p f e h l u n g des G r e e n C o m m i t t e e (1926) C m d . 2657, A n m . 46 f.

512

Kapitel

V: Die Haftung

einer Muttergesellschaft

nach englischem

Recht

rer dem Geschäftsführer vorgeschrieben werden könnte, gegen seine ansonsten bestehenden Pflichten zu verstoßen. Die Begründung eines Weisungsrechts ist daher nur mit dieser Regelung vereinbar, wenn damit nicht auch das Recht zur Erteilung von Weisungen eingeschlossen ist, die für die Gesellschaft nachteilig sind 111 . Auch wenn diese Frage in der Gesellschaftsverfassung nicht ausdrücklich behandelt wird, herrscht doch weitgehend Ubereinstimmung darüber, dass der letztendliche Zweck einer Gesellschaft derjenige ist, für die Mitglieder der Gesellschaft Profit zu erwirtschaften 112 . Zwar ist dies nicht zwingend. So ist es durchaus möglich, dass eine Tochtergesellschaft mit dem ausdrücklichen Zweck 113 begründet wird, die Wohlfahrt der Muttergesellschaft über alle anderen Erwägungen zu stellen und sich somit auf deren Interessen hin auszurichten 114 . In Teilen des Commonwealth ist dies sogar gesetzlich geregelt 115 . Insoweit bedarf es allerdings einer entsprechenden Niederlegung in der Satzung. Dies kann natürlich auch durch eine nachträgliche Änderung der memorandums geschehen (s. 4 (1) CA 1985), nicht aber durch den Abschluss eines Beherrschungsvertrages, da das englische Gesellschaftsrecht eine solche Möglichkeit nicht vorgesehen hat. Liegt eine satzungsmäßige Ausrichtung allerdings vor, sind auch Weisungen im Interesse der Muttergesellschaft möglich 116 , da dann der Geschäftsführer im Falle ihrer Befolgung i n Vereinzelt w e r d e n Satzungsklauseln, in d e n e n sich die Gesellschafter hinsichtlich der G e s c h ä f t s f ü h r u n g ein Weisungsrecht vorbehalten, auch grundsätzlich f ü r unzulässig gehalten (vgl. etwa Scott v. Scott (1943) 1 All E R 582, 584; Breckland Group Holdings Ltd. v. London and Suffolk Properties Ltd. (1989) B C L C 100, 106); zu R e c h t wird insoweit allerdings darauf hingewiesen, dass entgegen einzelner Stimmen in der Literatur in den einschlägigen Gerichtsentscheid u n g e n , in d e n e n entsprechende Klauseln f ü r nichtig erklärt w u r d e n , kein A u s s p r u c h z u g u n sten eines Prinzips der T r e n n u n g der Befugnisse zwischen directors u n d Gesellschaftern vorgen o m m e n w e r d e n sollte (a.A. w o h l Parkinson, C o r p o r a t e P o w e r and responsibility (1993), S. 163; Charlesworth/Morse, C o m p a n y Law, 16. Aufl. S. 250), s o n d e r n jeweils n u r die missverständliche Fassung einer Vorbehaltsklausel in Rede stand. Bei eindeutigen Regeln hätten die G e r i c h t e ein Weisungsrecht d e m g e g e n ü b e r anerkannt, was auch d e n e n t s p r e c h e n d e n Entscheid u n g e n zu e n t n e h m e n sei (Sealy, Cases and Materials in C o m p a n y Law, 6. Aufl. S. 211; a u s f ü h r lich hierzu auch Bloß, Die U n t e r n e h m e n s g r u p p e im englischen u n d deutschen R e c h t der Kapitalgesellschaften (1999), S. 68); hingewiesen wird insoweit auch auf den Wortlaut des A r t . 70 der M u s t e r s a t z u n g Table A C A 1985 u n d die Tatsache, dass es w i d e r s p r ü c h l i c h wäre, w e n n eine G e sellschafterversammlung sich z w a r sämtliche G e s c h ä f t s f ü h r u n g s b e f u g n i s s e vorbehalten k ö n n te, es ihr aber v e r w e h r t sei, einzelne Weisungen zu erteilen (Bloß, Die U n t e r n e h m e n s g r u p p e im englischen u n d deutschen Recht der Kapitalgesellschaften (1999), S. 69). 112 Vgl. n u r Clark, C o r p o r a t e L a w S. 17: „Although corporate statutes do not answer this question explicity, lawyers, judges, and economists usually assume that the more ulimate purpose of a business corporation is to make profits for its shareholders. " 113 Verwendet wird auch hier der Begriff „object", w o m i t offensichtlich der Z w e c k der G e sellschaft mit deren Gegenstand gleichgesetzt w i r d . 114 Grantham, T h e C o m p a n y L a w y e r 1997, 138, 143; Sealy in: C o r p o r a t e and C o m m e r c i a l Law, F e l d m a n n / M e i s e l (Hrsg.) S. 11, 19; allg. z u r Zulässigkeit eines nicht gewerblichen Gesellschaftszwecks, Re Horsly & Weight Ltd. (1982) 3 All E R 1045, 1054 f. 115 So ist etwa in N e u s e e l a n d in sec. 131 (2), (3) C A 1993 b e s t i m m t , dass directors einer Tochtergesellschaft im Interesse der Muttergesellschaft handeln d ü r f e n , w e n n dies in der Satz u n g niedergelegt w u r d e . 116 Z u r Zulässigkeit einer a b h ä n g i g k e i t s b e g r ü n d e n d e n Satzungsvorschrift vgl. Grantham, T h e C o m p a n y L a w y e r 1997 S. 138, 143.

5 12:

513

Grundlagen

nicht gegen seine gegenüber der Untergesellschaft bestehenden Pflichten

ver-

s t ö ß t 1 1 7 . U n b e d e n k l i c h ist e i n e s o l c h e Z w e c k a u s r i c h t u n g a l l e r d i n g s nur, w e n n die M u t t e r g e s e l l s c h a f t s i c h g l e i c h z e i t i g a u c h v e r p f l i c h t e t , f ü r die S c h u l d e n d e r T o c h t e r g e s e l l s c h a f t e i n z u s t e h e n 1 1 8 . A n d e r n f a l l s w i r d s c h n e l l die F r a g e n a c h

einem

Missbrauch der U n t e r n e h m e n s f o r m aufgeworfen sein119.

IV. Faktische

Konzernverhältnisse

I n E n g l a n d w i r d d e r E i n f l u s s ü b e r ein a n d e r e s U n t e r n e h m e n in aller R e g e l d u r c h die E i n f l u s s n a h m e a u f die L e i t u n g s o r g a n e a u s g e ü b t 1 2 0 . N a c h s. 3 0 3 ( 1 ) C A k a n n die H a u p t v e r s a m m l u n g d u r c h e i n f a c h e G e s e l l s c h a f t e r m e h r h e i t die

1985

directors

einer Gesellschaft absetzen. W e n n g l e i c h i m G r u n d s a t z weitgehend Einigkeit darü b e r b e s t e h t , dass die T o c h t e r g e s e l l s c h a f t a u c h in e i n e m A b h ä n g i g k e i t s v e r h ä l t n i s als r e c h t l i c h s e l b s t s t ä n d i g e j u r i s t i s c h e P e r s o n n u r in i h r e m e i g e n e n I n t e r e s s e g e l e i tet w e r d e n d a r f 1 2 1 , w i r d n i c h t v e r k a n n t , dass v o r d i e s e m H i n t e r g r u n d die L e i t u n g e i n e r s o l c h e n G e s e l l s c h a f t es s c h w e r h a t , sich e i n e r W e i s u n g d e r h e r r s c h e n d e n G e s e l l s c h a f t z u w i d e r s e t z e n 1 2 2 . E n t s p r e c h e n d e s gilt f ü r „ E m p f e h l u n g e n " z u r D u r c h f ü h r u n g b e s t i m m t e r M a ß n a h m e n 1 2 3 . T e i l w e i s e hält m a n es d a h e r a u c h f ü r n o t w e n dig, ein f u n k t i o n s f ä h i g e s V e r f a h r e n z u s c h a f f e n , a u f das sich die directors

einer

117 Vgl. auch Bloß, Die Unternehmensgruppe im englischen und deutschen Recht der Kapitalgesellschaften (1999), S. 70. 1 1 8 Soweit in der Literatur die Möglichkeit der Geschäftsleitung diskutiert wird, mit der Muttergesellschaft eine Vereinbarung über die Führung der Tochtergesellschaft dahingehend zu treffen, sich in ihren eigenen Leitungsbefugnissen zu binden und entsprechend den Weisungen der Muttergesellschaft zu handeln, hält man es für notwendig, dass dann die Muttergesellschaft auch für die Schulden der Tochtergesellschaft einsteht. Im Übrigen wird auch die Einführung von Regelungen, aufgrund derer Minderheitsgesellschafter aus der Gesellschaft u.U. ausscheiden bzw. ausgezahlt werden können, angemahnt (Prentice, Connecticut Journal of Intl Law (1999), 305, 328). De lege lata existieren solche aber nicht. 1 1 9 Vgl. hierzu noch unten S. 569. 120 DeMott, Connecticut Journal of Intl.Law 1999, 403, 414 (Symposiumbericht); insbesondere auch das Cork Committee, Insolvency Law and Practice, 1982 Anm. 1926 sah darin die Haupteinflussmöglichkeit der Muttergesellschaft. 121 Vgl. etwa Prentice, in Hopt, Groups of Companies in European Law S. 112: „... it is a direct consequence of the entity doctrine that directors of a company owe their fiduciary duties to their company and not to other members of the group, thus, the directors of a parent or a subsidiary will owe their duties to their respective companies and they will be entitled to take into consideration the interests of other constituent members of the group only to the extent that this furthers the interests of their own companies"; vgl. auch Hadden in Mestmäcker/Behrens S. 329, 333 sowie Richter Slade in Adams v Cape Industries pic. (1990) 2 W L R 657, 753: „ O u r law, for better or for worse, recognizes the creation of subsidiary companies, which though in one sense the creatures of their parent companies, will nevertheless under the general law fall to be treated as separate legal entities with all rights and liablities which normally attach to separate legal entities ". 122 Hadden in Mestmäcker/Behrens S. 337. 123 DeMott, Connecticut Journal of Intl Law 1999,403, 417 (Symposiumbericht) spricht daher auch vom „ management by suggestion ".

514

Kapitel V: Die Haftung einer Muttergesellschaft

nach englischem

Recht

Tochtergesellschaft stützen können, um solchen Weisungen und D r u c k m a ß n a h men widerstehen zu können 1 2 4 . Insoweit handelt es sich freilich nur um einen Wunsch de lege

ferenda125.

Rechtstatsächlich kann allerdings festgestellt werden, dass die Intensität der Einflussnahme einer Obergesellschaft auf eine abhängige Gesellschaft recht deutlich danach unterschieden werden kann, o b man es mit einer 1 0 0 % i g e n Tochtergesellschaft zu tun hat, oder in der Gesellschaft auch Minderheitsgesellschafter existieren 1 2 6 . So hat Hadden

in einer U n t e r s u c h u n g festgestellt, dass im

ersten Fall die Tochtergesellschaften regelmäßig in das zentrale Finanzmanagement einbezogen waren und das Erwirtschaftete weitgehend unmittelbar der Zentrale zur Verfügung gestellt wurde. Anders war die Sachlage allerdings im Fall, dass an der Gesellschaft n o c h D r i t t e beteiligt waren 1 2 7 . Ein maßgeblicher G r u n d hierfür ist sicher in s. 4 5 9 C A 1985 zu sehen 1 2 8 . A u f der Grundlage dieser Regelung k ö n n e n Gesellschafter geltend machen, dass sie unfair durch eine M a ß nahme benachteiligt wurden 1 2 9 , w o b e i insbesondere auch das missbräuchliche oder benachteiligende Verhalten durch ein herrschendes U n t e r n e h m e n b e r ü c k sichtigt werden kann 1 3 0 . Überwiegend geht das geltende Recht allerdings von dem Idealbild einer unabhängigen Gesellschaft aus, gehalten von einer Ansammlung machtloser Gesellschafter und geleitet von unabhängigen Geschäftsführern, die im besten Interesse der Gesellschaft ihre Aufgabe wahrnehmen. Dies hat den Vorwurf auf den Plan gerufen, dass das traditionelle Gesellschaftsrecht nur die einzelne Gesellschaft, nicht aber die gesamte Gruppe betrachte und so die wirtschaftliche Realität ignoriere, da die Tochtergesellschaften nicht als von der Muttergesellschaft getrennte unabhängige Gesellschaften auf dem Markt agierten. Dadurch würde der Weg versperrt, die Muttergesellschaft bzw. die Gruppe für Handlungen der Tochtergesellschaft zur Verantwortung zu ziehen 1 3 1 . D e r Frage, ob dies indes nicht auch auf der Grundlage der allgemeinen Schutzprinzipien des britischen Gesellschaftsrechts möglich ist, muss nachgegangen werden. Darüber hinaus ist aber auch die Frage zu Hadden, in Mestmäcker/Behrens S. 337. Die besonderen Gefahren eines benachteiligenden Verhaltens innerhalb eines Konzerns wurden vom Gesetzgeber allerdings insoweit berücksichtigt, als die nach dem Companies Act eingesetzten Prüfer ihre Untersuchungen auf alle Gesellschaften des Konzerns ausweiten dürfen (CA 1985, s. 433). 126 Hadden, Control of Corporate Groups S. 14 ff. 127 Hadden, Control of Corporate Groups S. 15 f. 128 Vgl. hierzu noch unten S. 601 ff. 129 S. 459 (1) CA 1985: „A member of a company may apply to the court by petition for an order under this Part on the ground that the company's affairs are being or have been conducted in a manner which is unfairly prejudicial to the interests of its members generally or of some part of ist members (including at least himself) or that any actual or proposed act or omission of the company (including an act or omission on its behalf) is or would be so prejudicial". 130 Vgl. aber auch bereits Scottish Cooperative Wholesale Societa Ltd. v. Meyer (1959), A.C. 324; vgl. im Übrigen Nicholas v. Soundcraft Electronics Ltd (1993) BCLC 360 CA; Stein v. Blake (1998) 1 All ER 724, CA (transfers of assets by the controlling shareholder). 131 Blumberg, Conneticut Journal of International Law, Band 13, 1999 S. 397. 124

125

{12:

Grundlagen

515

stellen, ob und welche Wege sonst beschritten wurden, um einen ausreichenden Schutz der Außenseiter einer abhängigen Gesellschaft zu schaffen.

V. Allgemeine im britischen 1)

Schutzmechanismen Gesellschaftsrecht

Konzerneingangsschutz

Anders als in Deutschland, wo erst vor kurzem durch das Wertpapiererwerbs- und Ubernahmegesetz eine Regelung zum Konzerneingangsschutz geschaffen wurde, kommt dem Eingangsschutz im britischen Recht, zumindest bei ¿er public Company^2, seit langem133 ein hoher Stellenwert zu 134 . So wurde zum Zwecke des Schutzes des Vertrauens in den britischen Kapitalmarkt der City Code on Takeovers and Mergers135 geschaffen136, der den wichtigsten Regelungskomplex für in Großbritannien durchgeführte Unternehmensübernahmen darstellt137. Er enthält Regelun132 Erfasst werden hiervon alle public companies, auch nicht börsennotierte Gesellschaften; nur in extremen Ausnahmefällen fallen auch private companies unter den Anwendungsbereich des City Code, nämlich dann, wenn sie öffentlich gehandelt werden oder worden sind, was indes kaum vorkommt, vgl. Schuberth, Konzernrelevante Regelungen (1997), S. 37 f., 61. 1 3 3 Zur geschichtlichen Entwicklung vgl. Schuberth, Konzernrelevante Regelungen (1997), S. 35 f. 134 Bei der private Company erfolgt der Eingangsschutz grundsätzlich über die Gesellschaftssatzung; bis zur Einführung des Companies Acts 1980 waren private companies sogar verpflichtet, in ihrer Satzung Vinkulierungsklauseln aufzunehmen (s. 28 (1) Companies Act 1948); Pennington, Company Law, 7. Aufl. S. 428, 998 f. (hierin lag bis 1980 das einzige Abgrenzungskriterium zwischen public und private Company, vgl. hierzu Schuberth, Konzernrelevante Regelungen (1997), S. 63); solche Satzungsklauseln sind bei der private Company auch heute noch die Regel (Law Commission (No. 246), Shareholder Remedies, Oktober 1997 S. 26 Fn. 11); verbreitet sind auch Vorkaufsrechte der vorhandenen Gesellschafter und ein Recht der Direktoren, die Registrierung von neuen Gesellschaftern zu verweigern (Schuberth, Konzernrelevante Regelungen (1997), S. 62 m.w.N.); bei börsennotierten public companies würden solche Klauseln gegen Börsenzulassungsregeln verstoßen, die die Ubertragbarkeit der Anteile und eine Kennzeichnung stimmrechtsloser Aktien vorschreiben. 1 3 5 Vgl. zum City Code on Takeovers and Mergers vom 9.3.2001 unlängst Zinser, R I W 2001, 481 ff., Vorpeil, R I W 2001, 449, 455 Nr.4. 136 Abrufbar unter http://www.thetakeoverpanel.org.uk; beim City Code on Takeovers and Mergers handelt es sich um den Fall einer ständischen Selbstregulierung. Er wird vom „Panel on Mergers and Takeovers" erlassen, einem Zusammenschluss aller im Bereich des Unternehmenserwerbs in der City of London tätigen Berufsgruppen (vgl. zu den einzelnen Beteiligten Schuberth, Konzernrelevante Regelungen (1997), S. 35 Rn. 14). 137 Neben der grundsätzlichen Verpflichtung zur Erklärung eines Ubernahmeangebots bei Erwerb eines bestimmten Stimmrechtsanteils (nach Rule 9.1 (a) liegt der maßgebliche Anteil grundsätzlich bei 30 % , zu den Schwellenwerten im einzelnen vgl. Rule 9 City Code ergänzt durch General Principle 10 und Rule 5), ist hierin vor allem ein Austrittsrecht der außenstehenden Aktionäre geregelt. Ergänzt werden die Regelungen des City Code im Bereich des Austrittsrechts durch die Regelungen in ss. 4 2 8 - 4 3 0 F C A 1985 - der Bieter, der nach einem Ubernahmeangebot mindestens 90 % des Aktienkapitals besitzt, muss der Minderheit auf Verlangen anbieten, auch die übrigen Aktien zu denselben Bedingungen abzukaufen; nach s. 430C kann das Gericht hier Ermessensentscheidungen treffen; außerdem wird hierdurch dem Bieter unter

516

Kapitel

V: Die Haftung

einer Muttergesellscbaft

nach englischem

Recht

gen bezüglich ganzer oder teilweiser Unternehmensübernahmen 1 3 8 und anderer Transaktionen, die dazu dienen sollen, die Kontrolle über eine Gesellschaft zu erlangen oder zu verstärken 1 3 9 , u n d beruht auf der Erkenntnis, dass Vertrauen in den Kapitalmarkt nur durch einen entsprechenden Schutz der Anleger erreicht werden kann, weshalb er natürlich auch f ü r Fragen des konzernrechtlichen Minderheitenschutzes maßgebliche Bedeutung erlangt 140 . Allerdings wird hier keine Unterscheidung zwischen dem Kontrollerwerb durch ein anderes Unternehmen oder einen Privatgesellschafter getroffen, wie sie f ü r das deutsche Recht durch § 17 A k t G vorgegeben wird, wenngleich in der Praxis es sich auch auf Seiten des U b e r n e h menden regelmäßig um ein U n t e r n e h m e n handeln wird. Der City Code on Takeovers and Mergers ist allerdings kein zwingendes Recht. Er stellt vielmehr einen als freiwillige Selbstkontrolle entwickelten Verhaltenskodex der britischen Finanzwirtschaft dar 141 . Folglich können auch Sanktionen nur durch die jeweiligen Mitgliedsorganisationen ausgeübt werden, der der Betreffende angehört 1 4 2 . Sein Erfolg wird seit langem als Beispiel dafür angeführt, wie beb e s t i m m t e n Voraussetzungen ermöglicht, die nach Abschluss des U b e r n a h m e v e r f a h r e n s bei freien A k t i o n ä r e n verbliebenen A k t i e n auch gegen deren Willen zu e r w e r b e n . Statuiert w e r d e n aber auch b e s o n d e r e O f f e n l e g u n g s - u n d Verhaltenspflichten w ä h r e n d des U b e r n a h m e v e r f a h rens. I n s b e s o n d e r e besteht auch die Pflicht der Bieter, die Gesellschafter u.a. d a r ü b e r zu informieren, welche I n t e n t i o n e n sie bezüglich der F o r t f ü h r u n g der G e s c h ä f t s des U n t e r n e h m e n s haben, welche wichtigen Ä n d e r u n g e n sie in der A r t der G e s c h ä f t s f ü h r u n g v o r n e h m e n wollen u n d welche langfristigen Vorteile sie sich v o n d e m E r w e r b versprechen (vgl. insoweit im einzelnen Rule 24 des City Code; zu den Pflichten der Zielgesellschaft vgl. v o r allem Rule 3 u n d 25 City Code; d a r ü b e r hinaus bestehen aber auch b e s o n d e r e gesetzliche I n f o r m a t i o n s p f l i c h t e n beim Erw e r b signifikanter Beteiligungen (ss. 198 ff. C A 1985). Ziel dieser Regelungen ist es, einen p o tenziellen Ü b e r n e h m e r zu h i n d e r n , u n b e m e r k t v o n d e n M ä r k t e n u n d der Gesellschaft ein takeover v o r z u b e r e i t e n ; in die gleiche R i c h t u n g zielt der d u r c h die Rules Governing a Substantial Acquisation of Shares erstrebte Schutz, die allerdings n u r auf b ö r s e n n o t i e r t e Gesellschaften anw e n d b a r sind (auch hier handelt es sich u m standesrechtliche Regelung des Panel on Takeovers and Mergers). U m eine Ü b e r s c h n e i d u n g mit d e m City Code zu vermeiden, erfasst die Regelung hier einen Beteiligungserwerb v o n m e h r als 1 0 % des G r u n d k a p i t a l s innerhalb v o n 7 Tagen, w e n n dieses zu einer Beteiligung zwischen 15 u n d 30 % f ü h r t e (Rule 1 SARs, zu d e n A u s n a h m e n vgl. Rule 2 SAR's). 138 Möglich ist die Bildung eines K o n z e r n s auch auf a n d e r e m Wege, etwa d u r c h G r ü n d u n g einer Tochtergesellschaft o d e r auf der G r u n d l a g e eines scheme of arrangement nach ss. 425 ff. C A 1985. Soll die Ü b e r n a h m e der Gesellschaft d u r c h letzteres Verfahren ersetzt w e r d e n , wird es in der Regel so ausgestaltet, dass z u n ä c h s t alle A k t i e n der Gesellschaft bis auf die v o m E r w e r ber gehaltenen eingezogen w e r d e n . I m G e g e n z u g erhalten die bisherigen Gesellschafter Anteile des E r w e r b e r s , u n d die d u r c h die E i n z i e h u n g e n t s t a n d e n e n freien R ü c k l a g e n w e r d e n z u r A u s gabe n e u e r A k t i e n an den E r w e r b e r genutzt. Dieses k o m p l i z i e r t e u n d zeitaufwendige Verfahren spielt in der Praxis allerdings keine große Rolle ( L ü t t m a n n , Kontrollwechsel in Kapitalgesellschaften (1992), S. 45). Im Ü b r i g e n w i r d auch hier ein weitreichender Schutz der Außenseiter u.a. d a d u r c h erzielt, dass das G e r i c h t den Beschluss ü b e r die Einleitung eines e n t s p r e c h e n d e n Verfahrens, d e m 75 % des Kapitals z u s t i m m e n muss, auf seine Fairness hin ü b e r p r ü f t . 139 Zu den einzelnen Regelungen des City Code bei der U n t e r n e h m e n s ü b e r n a h m e vgl. auch die k o n z e n t r i e r t e Darstellung von Schuberth, K o n z e r n r e l e v a n t e Regelungen (1997), S. 38 ff. 140 D. Prentice, G r o u p s of C o m p a n i e s (1982), S. 113 ff.; Wooldridge, Aspects of the Regulation of G r o u p s in E u r o p e a n Laws in Drury/Xuereb (Hrsg.) S. 113 f. 141 Zinser, R I W 2001,481. 142 N ä h e r z u m System der Selbstregulierung im englischen R e c h t vgl. Bovey, C o m p a n y

§ 12:

Grundlagen

517

reits bei der Bildung der Unternehmensgruppe die Aktionäre der Zielgesellschaft geschützt werden können 1 4 3 . Durch die Gestaltung des Ubernahmeverfahrens wird ein hohes Maß an Transparenz erreicht, da die Minderheitsgesellschafter über den Stand der Konzernierung jederzeit informiert sind 144 . Dabei zielt das Verfahren letztlich aber nicht auf die Verhinderung der Bildung von Konzernen. Erstrebt wird vielmehr, dass die Minderheitsgesellschafter einer drohenden Wertminderung ihrer Beteiligung infolge der Konzernierung durch Verkauf der Aktien zu einem fairen und für alle Aktionäre gleichen Preis entgehen können. Eine Lösung der Problematik, wie eine Benachteiligung der später abhängigen Gesellschaft verhindert oder sanktioniert werden kann, findet man auf dieser Grundlage allerdings nicht.

2) Gläubigerschutz

durch

Staatsaufsicht

Bei der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des englischen Gesellschaftsrechts zur Gewährung eines ausreichenden Gläubigerschutzes darf nicht übersehen werden, dass das englische Recht Schutzmechanismen kennt, die uns unbekannt sind. So ist für das englische Kapitalgesellschaftsrecht zwar kennzeichnend, dass die unserer G m b H vergleichbare Private Limited Company ohne garantiertes Mindestkapital gegründet werden kann 145 , dafür hat man aber dem „Department of Trade and Industry" zusätzlich aufsichtsrechtliche Funktionen übertragen 146 . So kann nach s. 431 CA 1985 das Wirtschaftsministerium unter gewissen Voraussetzungen auf Antrag 147 , aber auch von Amts wegen eine Untersuchung in Angelegenheiten der Gesellschaft insbesondere in Gang setzen, wenn es davon ausgeht, dass die Angelegenheiten der Gesellschaft in einer Weise geführt werden oder wurden, die gegenüber den Gläubigern betrügerisch, ungesetzlich oder gegenüber den Gesellschaftern unfair benachteiligend sind (s. 432(2) (a) CA 1985), irgendeine bereits getroffene oder erst geplante Maßnahme der Gesellschaft gegenüber den Außenseitern unfair beL a w y e r 1991, 3 ff.; vgl. aber auch die Darstellung des W i r k u n g s m e c h a n i s m u s bei Liittmann, Kontrollwechsel in Kapitalgesellschaften (1992), S. 48 ff. 143 Immenga, in FS Fischer, 297, 303. 144 Vgl. hierzu auch Zinser, R I W 2001 S. 481 ff. 145 Vgl. hierzu auch Behrens; Die Gesellschaft mit b e s c h r ä n k t e r H a f t u n g im internationalen u n d europ. Recht, 2. A u f l . Rn. G B / N I / E I 16; d e m g e g e n ü b e r muss das memorandum einer public Company ein M i n d e s t g r u n d k a p i t a l von 50.000 P f u n d festsetzen, w o b e i ein Viertel des N e n n b e t r a g e s samt Agio s o f o r t eingezahlt w e r d e n muss (vgl. hierzu auch Triebel/Hodgson/ Kellenter/Müller, Englisches H a n d e l - u n d Wirtschaftsrecht, 2. Aufl. (1995), S. 217). 146

Davies in G o w e r , Principles of M o d e r n C o m p a n y Law, 6. Aufl., Kap. 4 S. 67. D e r A n t r a g k a n n v o n der Gesellschaft selbst, einer G r u p p e von 200 Gesellschaftern o d e r von Gesellschaftern gestellt w e r d e n , die z u s a m m e n 10 % des Kapitals vertreten, w e n n sie einen prima facie-Beweis d a f ü r erbringen, dass eine U n t e r s u c h u n g n o t w e n d i g ist (s. 431 (2), (3) C A 1985); diese Möglichkeit hat allerdings keine praktische B e d e u t u n g , was auch daran liegt, dass das M i n i s t e r i u m einen Betrag v o n max. 5000,— P f u n d als Sicherheit f ü r die Kosten verlangen kann u n d Außenseiter, w e n n sie eine U n t e r s u c h u n g w ü n s c h e n , das M i n i s t e r i u m ü b e r die eine U n t e r s u c h u n g n o t w e n d i g m a c h e n d e n U m s t ä n d e informieren u n d so eine U n t e r s u c h u n g v o n A m t s w e g e n anregen k ö n n e n . 147

518

Kapitel

V: Die Haftung

einer Muttergesellschaft

nach englischem

Recht

nachteiligend oder betrügerisch ist bzw. die Gesellschaft zu einem betrügerischen oder ungesetzlichen Zweck gegründet wurde (s. 432 (2) (b) CA 1985), irgendeine mit der Gründung oder der Führung der Gesellschaft befasste Person in diesem Zusammenhang eines Betrugs schuldig ist (s. 432 (2) (c) CA 1985) oder den Gesellschaftern nicht alle Informationen über die Angelegenheiten der Gesellschaft zur Verfügung gestellt worden sind, die sie vernünftigerweise erwarten konnten (s. 432 (2) (d) CA 1985)148. Die Befugnisse des Ministeriums sind im Rahmen der Untersuchung sehr weitreichend 149 . Von besonderer Bedeutung für den Außenseiterschutz ist dabei s. 433 (1) CA 1985, wonach der bestellte Prüfer nach s. 433 (1) CA 1985 seine Untersuchungen auf alle Gesellschaften einer Unternehmensgruppe ausweiten kann. Da die entsprechenden Verfahren sehr langwierig sind, arbeitet die Aufsichtsbehörde hier freilich nur mit Stichproben, weshalb vielfach die Effektivität dieses Verfahrens angezweifelt wird 150 .

3) Kapitalerhaltung Als fundamentales Prinzip des Gesellschaftsrechts gilt auch in England die Erhaltung des gezeichneten Kapitals 151 . Dieser Grundsatz wurde bereits 1887 in der Entscheidung Trevor v. Wbitwortb152 festgeschrieben. Hieraus haben sich verschiedene Regelungen entwickelt. Zunächst haften die Gesellschafter bis zum Nennwert der von ihnen gezeichneten Anteile (ss. 74 (1) und 74 (2) (d) IA 1986), weshalb diese auch nicht unter pari, also unter ihrem Nennwert ausgegeben werden dürfen 1 5 3 (s. 100 CA 1985). Auch besteht ein grundsätzliches, wenn auch mit Ausnahmen versehenes Verbot zum Erwerb eigener Aktien (s. 143 (1) C A 1985) 154 . Uber s. 23 C A 1985 ist dieses Verbot zudem auf Tochtergesellschaften ausgedehnt worden, die grundsätzlich nicht Mitglieder in ihren Muttergesellschaften sein dür-

148 Vgl. hierzu sowie zu weiteren G r ü n d e n einer U n t e r s u c h u n g auch Höfling, Das englische internationale Gesellschaftsrecht (2002), S. 168 f. 149 Vgl. hierzu im Einzelnen ss. 4 3 4 - 4 4 8 C A 1985. 150 Davies in G o w e r ' s Principles of M o d e r n C o m p a n y Law, 6. Aufl., Kap. 25 S. 699 ff.; zu den eher informellen Möglichkeiten einer I n f o r m a t i o n s b e s c h a f f u n g nach s. 447 C A 1985 vgl. Höfling, Das englische internationale Gesellschaftsrecht (2002), S. 169. 151 Vgl. n u r Charlesworth und Morse, C o m p a n y Law, 16. Aufl. S. 127. 152 (1887) 12 A p p . Cas. 409, H . L . : „The capital may, no doubt, be diminished by expenditure upon and reasonably incidental to all the objects specified. A part of it may be lost in carrying on the business operations authorised. Of this all persons trusting the company are aware, and take the risk. But I think they have a right to rely, and were intended by the Legislature to have a right to rely, on the capital remaining undiminished by any expenditure outside these limits, or by the return of any part of it to the shareholders ". 153 Z u weiteren Einzelheiten vgl. Triebel/Hodgson/Kellenter/Müller, Englisches H a n d e l s u n d Wirtschaftsrecht, 2. Aufl. (1995), R n . 641 f. 154 Vgl. hierzu Triebel/Hodgson/Kellenter/Müller, Englisches H a n d e l s - u n d Wirtschaftsrecht, 2. Aufl. (1995), Rn. 643 ff.

5 12:

519

Grundlagen

f e n 1 5 5 . V e r b o t e n ist a u c h d i e L e i s t u n g f i n a n z i e l l e r U n t e r s t ü t z u n g s e i t e n s d e r G e sellschaft b e i m E r w e r b von Gesellschaftsanteilen156. Private

Wie public

companies

ist ü b e r d i e s d i e V e r g a b e v o n D a r l e h e n a n D i r e k t o -

ren o d e r m i t den D i r e k t o r e n v e r b u n d e n e n P e r s o n e n untersagt. D e r U m f a n g dieses V e r b o t e s g e h t b e i public

Companys

a l l e r d i n g s w e i t e r als b e i private

companiesxbl.

I n s b e s o n d e r e d ü r f e n n a c h s. 2 6 3 C A 1 9 8 5 a b e r a u c h n u r B i l a n z g e w i n n e s c h ü t t e t w e r d e n (s. 2 6 3 ( 1 ) , ( 3 ) , 2 7 0 C A 1 9 8 5 ) 1 5 8 . B e i public

companies

ausge-

darf kein

G e w i n n a u s g e s c h ü t t e t w e r d e n , s o l a n g e das G e s e l l s c h a f t s v e r m ö g e n d e n B e t r a g des Grundkapitals nicht übersteigt. D e r Begriff der Ausschüttung wird auch im englis c h e n R e c h t d a b e i s e h r w e i t g e f a s s t 1 5 9 . N a c h s. 2 6 3 ( 2 ) C A 1 9 8 5 v e r s t e h t m a n h i e r unter „jede Verteilung des G e s e l l s c h a f t s v e r m ö g e n s an die Mitglieder, u n a b h ä n g i g d a v o n , o b in b a r o d e r in a n d e r e r W e i s e " . H i e r u n t e r w i r d m a n , i m H i n b l i c k a u f die W e i t e d e r R e g e l u n g , u . a . a u c h „upstream

guarantees"

fassen k ö n n e n 1 6 0 .

Gesell-

schafter, die v o n der U n z u l ä s s i g k e i t der A u s s c h ü t t u n g gewusst h a b e n oder hätten w i s s e n m ü s s e n , s i n d u n t e r d e n V o r a u s s e t z u n g e n d e s s. 2 7 7 C A 1 9 8 5 z u r R ü c k z a h lung bzw. z u m Wertersatz verpflichtet161. Rückzahlungspflichtig sind damit Leist u n g e n an G e s e l l s c h a f t e r , die n i c h t d u r c h v e r t e i l u n g s f ä h i g e G e w i n n e g e d e c k t o d e r in a n d e r e r W e i s e g e r e c h t f e r t i g t s i n d 1 6 2 . D a n e b e n k o m m t b e i u n r e c h t m ä ß i g e r Z u -

1 5 5 Allerdings gibt es zu diesem Prinzip des Verbots zum Erwerb eigener Aktien auch weitgehende Ausnahmeregelungen (vgl. hierzu im einzelnen Triebel/Hodgson/Kellenter/Miiller, Englisches Handels- und Wirtschaftsrecht, 2. Aufl. (1995), Rn. 643 ff.). 1 5 6 Ss. 151 ff. C A 1985; gewisse Erleichterungen wurden insoweit allerdings für private companies normiert (s. 155 C A 1985); zu den Überlegungen, das geltende Recht in diesem Bereich weiter zu liberalisieren, vgl. Lembeck, N Z G 2003, 956, 961. 1 5 7 Section 330 ff. C A 1985; insbesondere section 331 (6). 1 5 8 Was als Gewinn insoweit ausgeschüttet werden darf, ist in s. 263 (3) C A 1985 definiert: „For purposes of this Part, a company's profits available for distribution are its accumulated, realised profits, so far as not previously utilised by distribution or capitalisation, less its accumulated, realised losses, so far as not previlously written o f f in a reducion of reorganisation of capital duly made ". 1 5 9 Als verbotene Einlagenrückgewähr wurde u.a. auch eine Schuldverschreibung einer Tochtergesellschaft an ihre Muttergesellschaft angesehen, in deren Folge unverhältnismäßig hohe Zinszahlungen geleistet wurden ( R i d g e Securities Ltd. v. I R C (1964) 1 A L L E R 275, 2 8 8 : " . . . dressed-up gift to a shareholder out of capital...". 160 Schuberth, Konzernrelevante Regelungen im britischen Recht (1997), S. 102. 1 6 1 S. 277 (1) C A 1985: „Where a distribution, or part of one, made by a company to one of its members is made in contravention of this Part and, at time of the distribution, he knows or has reasonable grounds for believing that it is to made, he is liable to repay it (or that part of it, as the case may be) to the company or (in the case of a distribution made otherwise than in cash) to pay the company a sum equal to the value of the distribution (or part) at the time."; vgl. etwa Moxham v. Grant (1990) 1 Q B 88. 1 6 2 Z u m Fall einer als Entlohnung für einen Gesellschaftergeschäftsführer getarnten G e winnausschüttung vgl. Re Halt Garage (1964) Ltd. (1982) 3 All E R 1 0 1 6 , 1 0 4 2 ; vgl. aber auch Re Newmann George & Co. (1985) 1 C h . 674; Blin v. Johnstone 1991 SLT 335; auch im amerikanischen Recht wird in Fällen, die wir unter dem Stichwort verdeckte Gewinnausschüttung behandeln, ein Anspruch gegen die Gesellschafter aufgrund einer ungerechtfertigten Bereicherung („unjust enrichtment") für gerechtfertigt gehalten (vgl. etwa Matheson/Eby, Washington Law Review 2000, Vol. 75 S. 147, 181 ff., 188 f. - conflicted exchange).

520

Kapitel

V: Die Haftung

einer Muttergesellschaft

nach englischem

Recht

w e n d u n g v o n G e s e l l s c h a f t s v e r m ö g e n an e i n e n G e s e l l s c h a f t e r dessen I n a n s p r u c h n a h m e als constructive

trustee

in B e t r a c h t 1 6 3 .

E i n R ü c k Z a h l u n g s a n s p r u c h w u r d e a b e r a u c h g e g e n ü b e r einer mit e i n e m G e s e l l s c h a f t e r v e r b u n d e n e n G e s e l l s c h a f t b e j a h t . S o w u r d e i m F a l l Aveling v. Perion

LtdUA

Barford

Ltd.

der V e r k a u f eines G r u n d s t ü c k s der G e s e l l s c h a f t zu e i n e m viel zu

n i e d r i g e n P r e i s an eine i m A l l e i n b e s i t z des G e s e l l s c h a f t e r s s t e h e n d e a n d e r e G e s e l l schaft als u n r e c h t m ä ß i g e G e w i n n a u s s c h ü t t u n g angesehen, da die G e s e l l s c h a f t z u r Z e i t des G e s c h ä f t s z w a r n o c h s o l v e n t w a r 1 6 5 , a b e r d o c h n i c h t ü b e r einen v e r t e i l u n g s f ä h i g e n G e w i n n v e r f ü g t e . Z u r R ü c k z a h l u n g w u r d e die v e r b u n d e n e G e s e l l schaft als v e r p f l i c h t e t a n g e s e h e n , da das G e r i c h t sie i n s o w e i t d e m u n m i t t e l b a r e n G e s e l l s c h a f t e r g l e i c h s t e l l t e 1 6 6 . W e n n g l e i c h die V o r s c h r i f t e n des C A v o r a l l e m d e m S c h u t z der G l ä u b i g e r d i e n e n 1 6 7 , b e s t e h t ein K l a g e r e c h t d e r s e l b e n bei e n t g e g e n den B e s t i m m u n g e n dieser V o r s c h r i f t e n a u s g e s c h ü t t e t e n G e w i n n e n allerdings n i c h t 1 6 8 .

4) Besondere Schutzvorschriften vor in börsennotierten Gesellschaften

Benachteiligung

A u c h w e n n in E n g l a n d g r o ß e r W e r t darauf gelegt w i r d , dass die V e r w a l t u n g u n d Ö f f e n t l i c h k e i t w e i ß , w e r an einer public

limited

Company

im relevanten U m f a n g

beteiligt ist, k e n n t das allgemeine b r i t i s c h e G e s e l l s c h a f t s r e c h t k e i n e m i t d e m A b h ä n g i g k e i t s b e r i c h t n a c h § 3 1 2 A k t G v e r g l e i c h b a r e O f f e n l e g u n g s p f l i c h t e n f ü r den K o n z e r n 1 6 9 . B e i b ö r s e n n o t i e r t e n G e s e l l s c h a f t e n existieren für

Rechtsgeschäfte

z w i s c h e n v e r b u n d e n e n U n t e r n e h m e n ab einer b e s t i m m t e n G r ö ß e n o r d n u n g aller163 Vgl. s. 277 (2) C A 1985: „The above is without prejudice to any Obligation imposed apart from this section on amember of a Company to repay a distribution unlawfully made to htm,..."; vgl. auch Bloß, Die Unternehmensgruppe im englischen und deutschen Recht der Kapitalgesellschaften (1999), S. 95; zu den Ansprüchen nach tr«si-Recht vgl. noch unten S. 643 ff. 164 (19 8 9) B C L C 626. 165 Letzteres war der Grund, warum in diesem Fall s. 238 IA 1986 nicht angewandt wurde. 166 per{on w u r d e in diesem Fall als constructive trustee in Anspruch genommen. 167 Furey in Feldman, David/Meisel, Frank, Corporate and Commercial Law S. 173, 177 m.w.N. 168 Mills v. Northern Rly. of Buenos Ayres (1870), 5 Ch. App. 621; Lawrence v. West Somerset Mineral Rly Co. (1918) 2 Ch. 250; andererseits berechtigt das Gesetz die Gläubiger für den Fall, dass das Gesellschaftskapital herabgesetzt wird und Gesellschafter von ihrer Kapitalaufbringungspflicht befreit werden bzw. Kapital an sie zurückgezahlt wird, unter den Voraussetzungen des s. 136 (2)-(6) CA 1986 gegen die Kapitalherabsetzung vorzugehen; vgl. auch s. 176 (l)b CA 1985 für private companies für den Fall einer Resolution über den Erwerb eigener Aktien; kritisch zu diesem widersprüchlichen Ergebnis Furey in Feldman/Meisel S. 173, 179. 1 6 9 Die Gesellschaften sind zwar verpflichtet, einmal im Jahr einen Bericht über die Gesellschaft zum Register einzureichen (vgl. im Einzelnen ss. 363 ff. CA 1985), womit man sich relativ schnell aufgrund der Zentralisierung des Registers auch ein Bild über die bestehenden Abhängigkeiten und Verflechtungen machen kann; Informationen über die zwischen verbundenen Gesellschaften abgeschlossenen Geschäfte werden auf diesem Wege jedoch nicht vermittelt (zu weiteren Einzelheiten zum britischen Gesellschaftsregister vgl. Schuberth, Konzernrelevante Regelungen im britischen Recht (1997), S. 109 f.). Allerdings bestehen gegenüber der Gesellschaft gesetzliche Informationspflichten beim Erwerb signifikanter Beteiligungen (vgl. Part VI des CA 1985 (ss. 198 ff.) „Disclosure of interests in shares" und dazu Schuberth, a.a.O. S. 43 f.);

$ 12:

Grundlagen

521

dings weit über die Informationspflichten eines Abhängigkeitsberichts hinausgehende Anforderungen 1 7 0 , mit deren Hilfe man auch die Unabhängigkeit einer Gesellschaft zu gewährleisten versucht 171 . Im Hinblick auf die tatsächliche Bedeutung dieser Regelungen für den hier interessierenden Bereich sollen daher auch sie nicht unerwähnt bleiben. Das britische Börsen- und Kapitalmarktrecht wurde durch den Financial Service and Market Act 2000 (FSAMA) 172 unlängst grundlegend reformiert 1 7 3 . Auf die Einzelheiten dieser Reform 1 7 4 und den weitgehenden Schutz, den das englische Kapitalmarktrecht bei börsennotierten Gesellschaften gewährt, kann hier nicht eingegangen werden. Dies muss einer gesonderten Untersuchung vorbehalten bleiben. Festzuhalten sei nur, dass durch den FSAMA erstmals ein umfassender gesetzlicher Rahmen für die Integration der Aufsichtstätigkeit über alle Teile der Finanzmärkte geschaffen wurde 1 7 5 , die nunmehr durch die Financial Services Authority (FSA)ub, einer neu geschaffenen Aufsichtsbehörde, ausgeübt wird. Mit dem FSAMA sind die rechtlichen Grundlagen für die neue Aufsicht über die Finanzmärkte allerdings noch nicht erschöpft. Das Gesetz bietet nur einen Rahmen, der durch Verordnungen (Statutory Instruments) der Regierung sowie der FSA ausgefüllt wird 177 . Die Möglichkeiten der Rechtssetzung der FSA erfassen von allgemein angelegten Principles (ss. 64 f. FSAMA) über bindende „ R u l e s " m und sozu den I n f o r m a t i o n s - u n d O f f e n l e g u n g s p f l i c h t e n in einer b ö r s e n n o t i e r t e n Gesellschaft vgl. sogleich u n t e n S. 524 f. 170 D e r nach deutschem Recht aufzustellende Abhängigkeitsbericht wird nach der P r ü f u n g d u r c h d e n A b s c h l u s s p r ü f e r n u r d e m Aufsichtsrat des abhängigen U n t e r n e h m e n s zur V e r f ü g u n g gestellt, d e m keine v o n h e r r s c h e n d e n U n t e r n e h m e n u n a b h ä n g i g e n Mitglieder a n g e h ö r e n m ü s sen, nicht aber den A k t i o n ä r e n (§314 A k t G ) ; diesen wird lediglich auf der H a u p t v e r s a m m l u n g ü b e r d e n Inhalt berichtet; eine Möglichkeit dessen Richtigkeit n a c h z u p r ü f e n , besteht n u r u n t e r den Voraussetzungen des § 315 A k t G . 171 In Bezug auf die Regelungen ü b e r die Rechnungslegungspflichten w u r d e n hier der Begriff der M u t t e r - u n d Tochtergesellschaft auch nochmals ausgeweitet (s. 420, 421 F S A M A ) . 172 D e r Financial Service Act 2000 erhielt am 14.7.2000 den Royal Assent u n d trat am 30.11. 2001 in Kraft. 173 D e r F S A M A ersetzt die gesetzlichen R a h m e n b e d i n g u n g e n , die u n t e r d e m FSA 1986, d e m B a n k i n g Act 1987 u n d d e m Insurance C o m p a n i e s Act 1982 bestanden haben; vgl. hierzu Fleischer, R I W 2 0 0 1 , 8 1 7 ff. 174 Vgl. hierzu etwa den Ü b e r b l i c k bei Fleischer, R I W 2001, 817 ff. 175 Die allgemeinen Voraussetzungen f ü r die Börsenzulassung eines M a r k t t e i l n e h m e r s sind n u n in ss. 40 ff. F S A M A geregelt. A b s c h n i t t V enthält Vorschriften f ü r den Fall, dass einmal z u gelassene M a r k t a k t e u r e im Zeitablauf ihre E i g n u n g o d e r Zuverlässigkeit verlieren. 176 Die FSA ist n u n einzige A u f s i c h t s b e h ö r d e f ü r die Bereiche Wertpapiere, B a n k e n u n d Versicherungen; ihre K o m p e t e n z e n sind a u ß e r o r d e n t l i c h weitreichend (vgl. Fleischer; R I W 2001, 817, 819); ihre Ziele sind die E r r e i c h u n g von M a r k t v e r t r a u e n , die öffentliche Bewusstseinsbildung, der Anlegerschutz sowie die Verringerung f i n a n z m a r k t l i c h e r Kriminalität (vgl. s. 2 (2) F S A M A ) ; nähere I n f o r m a t i o n e n z u r B e h ö r d e sind auf ihrer Website u n t e r h t t p : / / w w w . f s a . g o v . u k / p u b s / u k l a / l r _ c o m c o d e 3 . p d f erhältlich; vgl. z u r FSA aber auch Baas, Die Bank 2001 S. 828 ff. 177 A u c h die FSA k a n n in ihrem Zuständigkeitsbereich Regeln erlassen, die ihr f ü r einen Schutz der Anleger n o t w e n d i g u n d förderlich erscheinen. 178 Zu den „Listing Rules" vgl. noch u n t e n S. 523 f.; nach d e m abgelösten Financial Service Act 1986 w a r n o c h die L o n d o n Stock Exchange (genauer „ T h e international Stock Exchange of

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Kapitel

V: Die Haftung

einer Muttergesellschaft

nach englischem

Recht

genannte „Evidential Provisions and Codes" auf der Grundlage von s. 149 FS A M A auch die Veröffentlichung nicht bindender normkonkretisierender Verlautbarungen (vgl. ss. 157 ff. FSAMA: „Guidance"), denen zumindest ermessensleitende Rechtswirkung zukommt 1 7 9 . Zur Durchsetzung der aufsichtsrechtlichen Regeln u n d Entscheidungen steht der FSA ein umfassendes Instrumentarium zur Verfügung. N e b e n straftrechtliche Sanktionsmöglichkeiten bei Verstößen gegen die von der FSA erlassenen Rechtsvorschriften und zwingende Bestimmungen der FSAMA 1 8 0 treten finanzielle Sanktionen 1 8 1 sowie die Möglichkeit, sogenannte „Statements of Misconduct" zu veröffentlichen und so den Verstoß public zu machen 1 8 2 . Möglich ist auch die Entziehung von Teilgenehmigungen bzw. die A n o r d n u n g von Auflagen (s. 43 FSAMA). Besondere Befugnisse stehen der FSA auch zu, wenn die Gesellschaft insolvent wird 1 8 3 . Insbesondere kennt der F S A M A aber auch weitreichende zivilrechtliche Folgen bei Verstößen gegen zwingendes Recht 1 8 4 , w o z u auch die Einräumung von Schadensersatzansprüchen von Privatpersonen zählt (vgl. etwa s.

the United Kingdom and the Republic of Ireland Limited") die zuständige B e h ö r d e f ü r die Z u lassung v o n W e r t p a p i e r e n z u m Börsenhandel u n d ermächtigt, eigene b i n d e n d e Zulassungsregeln zu erlassen (s. 144 Financial Service Act 1986); die K o m p e t e n z z u r A u s a r b e i t u n g dieser detaillierten „Listing Rules" ist v o n der London Stock Exchange, die vormals das b e k a n n t e Yellow Book herausgegeben hat, auf die FSA übergegangen. 179 A b s c h n i t t X I sichert ihr I n f o r m a t i o n s r e c h t e u n d U n t e r s u c h u n g s b e f u g n i s s e zu; ein einmal zugelassenes U n t e r n e h m e n unterliegt einer l a u f e n d e n Berichtserstattungspflicht, deren Einzelheiten einschließlich einer obligatorischen a d - h o c Publizität in Kapitel 9 der listing rules geregelt ist; zu R e c h t s s c h u t z f r a g e n u n d A m t s h a f t u n g vgl. Binder, W M 2001, 2230, 2234. 180 Vgl. etwa ss. 2 0 , 2 3 (Contravention of the general prohibition); s. 169 (Nichteinhalten von Anzeigepflichten beim E r w e r b b e d e u t e n d e r Anteile an „Authorised Persons"); s. 177 (Beeinträchtigung v o n S o n d e r p r ü f u n g e n ) sowie die allgemeinen B e s t i m m u n g e n in Part X X V I I FSAM A , namentlich das allgemeine I r r e f ü h r u n g s v e r b o t (s. 397 Abs. 1 u n d 2 F S A M A ) sowie der M a r k t m a n i p u l a t i o n (s. 397 Abs. 3 F S A M A ) . 181 Ss. 66 (2)a (Strafe f ü r „ M i s c o n d u c t " d.h. Verstoß gegen „Statements of Principles" o d e r gegen individuelle Auflagen); s. 91 (Penalities for Breach of Listing Rules)-, ss. 118 ff. F S A M A (Penalities for market abuse); s. 206 (Generalklausel); zu den b e s o n d e r e n H a n d l u n g s m ö g l i c h keiten der Gerichte zählen der Erlass einer einstweiligen V e r f ü g u n g (ss. 380, 381 F S A M A ) u n d die A b s c h ö p f u n g rechtswidrig erlangter G e w i n n e (ss. 382, 383 F S A M A ) in A b s c h n i t t XXV. 182 Z u r Möglichkeit, einstweilige V e r f ü g u n g e n zu erwirken vgl. 380 ff. F S A M A . 183 Vgl. Part X X I V F S A M A ; vgl. d a z u auch Minghella in Blair's Financial Services and Markets Act S. 255 ff.; insbesondere kann im Krisenfall eines der Aufsicht u n t e r w o r f e n e n Institute auch die K o n z e s s i o n a u f g e h o b e n o d e r beschränkt w e r d e n (s. 45 F S A M A ) ; möglich sind nach s. 48 F S A M A aber auch sog. „Assets Requirements" d.h. V e r f ü g u n g s v e r b o t e u n d teilweise U b e r tragung des G e s c h ä f t s auf einen Treuhänder; vgl. auch s. 53 (sofortige Vollziehbarkeit u n d Verfahren), s. 56 (Verbot der A u s ü b u n g v o n Geschäftstätigkeit gegen Mitarbeiter) u n d s. 168 F S A M A ( A n o r d n u n g einer S o n d e r p r ü f u n g mit b e s o n d e r e n K o m p e t e n z e n ) . 184 Vgl. etwa s. 20 (3) (Authorisedpersons acting withoutpermission); ss. 26 ff. ( U n w i r k s a m keit v o n Verträgen mit „unauthorisedpersons"oder a u f g r u n d von unzulässiger W e r b u n g eingegangener Verträge); weiterhin besteht eine gesetzliche P r o s p e k t h a f t u n g (vgl. s. 90 F S A M A ) aber auch die Möglichkeit der Vertragsaufhebung nach C o m m o n L a w G r u n d s ä t z e n (vgl. s. 90(6) F S A M A ) sowie der G e l t e n d m a c h u n g v o n Schadensersatz bei I r r e f ü h r u n g e n beim E r w e r b der Anlage. D a r ü b e r hinaus kann aber auch der Verstoß gegen aufsichtsbehördliche Vorschriften Schadensersatzansprüche von P r i v a t p e r s o n e n auslösen.

5 12:

Grundlagen

523

150 FSAMA) 185 . Als „weithin Entdeckungsland" wird allerdings der Fragenbereich qualifiziert, inwieweit common law -Rechtsbehelfe die gesetzlichen Schadensersatzpflichten ergänzen können 1 8 6 . Bislang wurden Ansprüche der Anleger etwa in Fällen der Marktmanipulation oder bei Verstößen gegen das strafrechtliche Irreführungsverbot aufgrund eines „breach of statutory duty" weitgehend unter Hinweis auf die Vorgängervorschrift zu s. 150 FSAMA abgelehnt 187 . Von besonderem Interesse erweisen sich im hier interessierenden Zusammenhang vor allem die detaillierten Vorschriften der Listing Rulesn%. Ein wesentliches Anliegen dieser Vorschriften ist neben der Transparenz und Information der Anleger vor allem die Sicherung der Unabhängigkeit einer Gesellschaft. Dementsprechend wird als Voraussetzung der Börsenzulassung auch verlangt 189 , dass eine Gesellschaft zu jeder Zeit in der Lage ist, ihre Entscheidungen und Maßnahmen unabhängig von einem kontrollierenden Aktionär 1 9 0 oder mit ihm verbundenen

185 S. 150 A b s . 1 F S A M A ermöglicht einem Anleger, erlittene Verluste u n t e r B e r u f u n g auf einen Regelverstoß ersetzt zu verlangen; diese Regelung ähnelt den ss. 62, 62A FSA 1986, von denen in der Praxis v o n Anlegerseite her bislang allerdings kein G e b r a u c h gemacht w u r d e (Fleischer, R I W 2001, 817, 824); abgesehen d a v o n w e r d e n Verstöße gegen die Listing Rules, v o n v o r n h e r e i n von einer Schadensersatzpflicht insoweit a u s g e n o m m e n (s. 150 (4) a F S A M A ) ; ein Schadensersatzanspruch wird im Ü b r i g e n aber auch auf der G r u n d l a g e v o n s. 71 F S A M A gew ä h r t , etwa f ü r den Fall, dass ein zugelassener M a r k t a k t e u r seine G e s c h ä f t e d u r c h eine Person, der die A u s ü b u n g dieser Tätigkeit ausdrücklich v e r b o t e n w u r d e , d u r c h f ü h r e n lässt. 186 Fleischer, R I W 2001, 817, 824, der darauf hinweist, dass dieser Fragenkreis in der englischen Literatur, w e n n ü b e r h a u p t , v o r allem in H i n b l i c k auf Insidergeschäfte diskutiert w i r d . 187 Gower, Principles of M o d e r n C o m p a n y Law, 6. A u f l . S. 434 (für 47 FSA 1986), ebenso Rider, 3 J o u r n a l for Financial C r i m e (1995) 11, 20 u n t e r H i n w e i s auf fast immer bestehende deliktische A n s p r ü c h e ; offengelassen von Fleischer, R I W 2001, 817, 825. 188 Die Listing Rules enthalten bei b ö r s e n n o t i e r t e n U n t e r n e h m e n neben verfahrensrechtlichen Vorschriften insbesondere auch materiellrechtliche Schutzvorschriften, die die U n a b h ä n gigkeit der beherrschten b ö r s e n n o t i e r t e n Gesellschaft u n d die Beteiligung der Gesellschafterv e r s a m m l u n g in Fällen substantieller V e r m ö g e n s ü b e r t r a g u n g e n sicherstellen. Diese Regelungen b e z w e c k e n den Schutz des Investorgesellschafters, haben also in erster Linie k a p i t a l m a r k t r e c h t lichen C h a r a k t e r ; entsprechende Vorschriften finden sich auch f ü r Gesellschaften, die am Unlisted Securities Market gehandelt w e r d e n (Unlisted Securities M a r k e t Rules, „ G r e e n B o o k " C h a p t e r 3). 189 W e n n eine bereits b ö r s e n n o t i e r t e Gesellschaft gegen die Rules verstößt, kann die N o t i e rung ihrer Papiere ausgesetzt oder, in extremen Fällen der Z u w i d e r h a n d l u n g , die N o t i e r u n g der Papiere auch beendet w e r d e n (ausführlich z u m G a n z e n allerdings noch u n t e r d e m Regime des Financial Service Act 1986 auch mit einem Beispiel e n t s p r e c h e n d e r V o r k e h r u n g e n einer Gesellschaft zu Sicherstellung der verlangten U n a b h ä n g i g k e i t bei B ö r s e n e i n f ü h r u n g Schuherth, K o n zernrelevante Regelungen im britischen R e c h t (1997), S. 164 ff.). 190 N a c h 3.13 gilt als k o n t r o l l i e r e n d e r Gesellschafter jede Person, die e n t w e d e r ü b e r m i n d e stens 30 % der Stimmrechte in der H a u p t v e r s a m m l u n g v e r f ü g t o d e r in der Lage ist, eine solche A n z a h l v o n D i r e k t o r e n zu ernennen, die ü b e r mindestens 50 % der S t i m m e n im board meeting verfügen (vgl. s. 3.13 der Listing Rules: „For the purpose of paragraph 3.12., a controlling shareholder is any person (or persons acting jointly by agreement whether formal of otherwise) who is: a) entitled to exercise, or to control the exercise of, 30 % or more of the rights to vote at general meetings of the applicants; or b) able to control the appointment of directors who are able to exercise a majority of votes at board meetings of the applicant)".

524

Kapitel

V: Die Haftung

einer Muttergesellschaft

nach englischem

Recht

P e r s o n e n 1 9 1 zu t r e f f e n . A l l e z u k ü n f t i g e n G e s c h ä f t e u n d B e z i e h u n g e n z w i s c h e n der G e s e l l s c h a f t u n d d e m k o n t r o l l i e r e n d e n A k t i o n ä r m ü s s e n „at arm 's lengh"

u n d auf

einer n o r m a l e n k a u f m ä n n i s c h e n B a s i s g e h a n d h a b t w e r d e n 1 9 2 . O b es sich bei d e m k o n t r o l l i e r e n d e n G e s e l l s c h a f t e r u m eine n a t ü r l i c h e o d e r j u r i s t i s c h e P e r s o n h a n delt, ist d a n a c h z w a r irrelevant. T a t s ä c h l i c h w i r d es sich bei e i n e m s o l c h e n G e s e l l s c h a f t e r a b e r r e g e l m ä ß i g u m ein U n t e r n e h m e n h a n d e l n . Z u r D u r c h s e t z u n g i h r e r Z i e l e k e n n e n die Listing

Rules

n e b e n den a l l g e m e i n e n

O f f e n l e g u n g s p f l i c h t e n 1 9 3 v o r a l l e m b e s o n d e r e G e n e h m i g u n g s - bzw. B e k a n n t m a c h u n g s p f l i c h t e n 1 9 4 bei T r a n s a k t i o n e n m i t v e r b u n d e n e n P e r s o n e n 1 9 5 . S o muss insb e s o n d e r e v o r A b s c h l u s s eines G e s c h ä f t e s der G e s e l l s c h a f t o d e r einer i h r e r T o c h t e r g e s e l l s c h a f t e n m i t e i n e m m a ß g e b l i c h e n G e s e l l s c h a f t e r 1 9 6 n a c h Chapter Listing

Rules

11.4 der

die Z u s t i m m u n g der G e s e l l s c h a f t e r e i n g e h o l t w e r d e n 1 9 7 , w o b e i die

Beteiligten ebenso wie ihnen nahestehende P e r s o n e n 1 9 8 hierbei nicht mitstimmen 191 Wer als verbundene Person gilt, wird in § 11.1.(d) und (e) der Listing Rules definiert; hierunter zählen, wenn der maßgebliche Aktionär eine Gesellschaft ist, u.a. auch seine Tochtergesellschaften, seine Muttergesellschaft oder eine Schwestergesellschaft bzw. jede Gesellschaft, deren Direktor entsprechend den Weisungen, des maßgeblichen Gesellschafters handelt. 192 Vgl. rule 3.12. der Listing Rules: „A Company which has a Controlling shareholder must be capable at all times of carrying on its business independently of such Controlling shareholder (including any associate .) and all transactions and relationships between the Company and any Controlling shareholder (or associate) must he at arm 's lengh and on a normal commercial hasis"; zu den einzelnen hierzu zu machenden Angaben vgl. §§6.C.23, 6.J.17 und 9.34 der Listung Rules vom April 2002. 193 Vgl. hierzu Chapter 9 der Listing Rules: so besteht etwa eine Offenlegungspflicht bei Entwicklungen, die auf den Kurs der Aktie maßgeblich Einfluss nehmen werden, über Veränderungen in der Wertentwicklung oder der finanziellen Situation der Gesellschaft, soweit diese Gegebenheiten nicht allgemein bekannt sind (vgl. 9.1. und 9.2. der Listing Rules); insbesondere besteht eine Anzeigepflicht gegenüber einer der in Schedule 12 genannten Regulatory Information Services bei Veränderungen das Kapital der Gesellschaft betreffend (vgl. im Einzelnen 9.10) aber auch bei den bereits erwähnten Informationen, die die Gesellschaft gemäß ss. 198 ff CA 1985 erlangt hat bzw. die ihr hätten erteilt werden müssen (9.11, 9.12). 194 Daneben wurden besondere Anforderungen an die Anzeige von Geschäften aufgestellt, die außerhalb der normalen Geschäftstätigkeit einer börsennotierten Gesellschaft liegen, vgl. Chapter 10 der Listing Rules (die Anforderungen sind hier nach Größe des Geschäfts gestaffelt - zu den Class 3 (Geschäfte, die weniger als 5 % der Größe des Unternehmens ausmachen), Class 2 (Geschäfte, im Wert von 5 - 25 % , bezogen auf die Größe des Unternehmens) und Class 1 (Geschäfte über 25 % ) requierements vgl. 10.29 ff. der Listing Rules); von besonderer Bedeutung ist im Übrigen sicher die Regelung, wonach bei einem Erwerb oder einer Veräußerung von mehr als 25 % des Gesellschaftsvermögens nicht nur zur Anzeige des Geschäfts, sondern auch nach einem vorherigen Rundschreiben die vorherige Zustimmung der Gesellschafterversammlung eingeholt werden muss (§ 10.37 i.V.m. 10.5. der Listing Rules); zu den Ausnahmen der hier statuierten Bekanntmachungspflichten vgl. 10.1. der Listing Rules. 195 Verbünde Personen sind neben maßgeblichen Gesellschaftern (vgl. nachstehende Fn.), die Direktoren der Gesellschaft sowie wiederum mit diesen verbundene Personen oder Gesellschaften (vgl. 11.1. (b) und (d) der Listing Rules). 1 9 6 Als „substantial shareholder" gilt, wer über 10 % der Stimmen verfügt (vgl. 11.1 (c) der Listing Rules). 197 Bestehen Zweifel an der Anwendbarkeit der Regeln in Chapter 11 der Listing Rules (Transaction with related parties) muss zunächst die UK Listing Authority konsultiert werden (11.3 der Listing Rules).

§ 12:

Grundlagen

525

dürfen. Vor der Einholung der Zustimmung muss den Gesellschaftern ein R u n d schreiben zugehen, unter anderem mit einem Statement der Direktoren, dass das Geschäft im Hinblick auf die Belange der Gesellschafter fair und angemessen ist und dies durch einen unabhängigen Gutachter bestätigt wurde 1 9 9 I m Übrigen muss eine Bekanntmachung vorausgehen, die den Voraussetzungen des 10.31 der Listing

Rules

entspricht, den N a m e n der verbundenen Person nennt und die Art

des Interesses, das dieser an dem in Rede stehenden Geschäft hat ( R u l e 11.4(a) i - i i i ) . Ausgenommen von diesen Bestimmungen sind allerdings etwa geringfügige Geschäfte 2 0 0 bzw. Kredit- oder Sicherungsgewährungen zu normalen Konditionen 2 0 1 . Anders als beim Abhängigkeitsbericht, der lediglich der Rechenschaft über die Geschäfte des letzten Geschäftsjahres dient, sollen die oben genannten Regelungen den Aktionären die Entscheidung über den Abschluss des vorgeschlagenen Geschäfts ermöglichen, womit ihnen ein weitaus höherer präventiver Schutz beizumessen ist, als er im deutschen Recht besteht. Das englische Kapitalmarktrecht will auf diese Weise Direktoren oder Aktionäre mit einer substantiellen Beteiligung davon abhalten, Sondervorteile aus ihrer Position zu Lasten der Gesellschaft zu ziehen. Dabei wird die kontrollierte Gesellschaft selbst vor Interessen- und Loyalitätskonflikten ihrer Mitglieder geschützt, wovon als Reflex natürlich auch die Gläubiger und Arbeitnehmer der Gesellschaft profitieren 2 0 2 . D i e detaillierten Regelungen und die niedrige Beteiligung von 1 0 % des Kapitals, ab der eine maßgebliche Beteiligung angenommen wird, zeigen, welche Risiken man Geschäften der Gesellschaft mit verbundenen Personen beimisst. Aber auch die allgemeinen umfassenden Berichts- bzw. gar Genehmigungspflichten, gestaffelt je nach Bedeutung eines Geschäfts, haben weitreichende präventive Wirkung. D u r c h die vielfältigen Informationspflichten wird für den Fall des Zuwiderhandelns aber auch die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs erleichtert. Insgesamt kann damit festgestellt werden, dass das britische Kapitalmarktrecht die Unabhängigkeit einer Gesellschaft in sehr weitem und effektivem U m f a n g schützt 2 0 3 . 198

Hierunter zählen bei einer Gesellschaft auch deren verbundene Unternehmen (vgl. 11.1.

(e) der Listing Rules).

1 9 9 Zum notwendigen Inhalt des Informationsschreibens vgl. rule 11.10. der Listing Rules; allgemein zu den Einzelheiten der in einer börsennotierten Gesellschaft zu gebenden Informationen über die finanzielle Situation der Gesellschaft vgl. Chapter 12 der Listing Rules - „Financial Information". 2 0 0 11.7 (i) der Listing Rules (was als kleines Geschäft gilt, bestimmt sich nach dem Umfang des Geschäftes bezogen auf verschiedene Verhältniswerte wie etwa Vermögen, Gewinn, Umsatz u.s.w. (vgl. im Einzelnen 11.7 (i) i.V.m. 10.5. der Listing Rules)', bei etwas größeren, aber immer noch relativ unbedeutenden Geschäften (zwischen 0,25 % und 5 % bezogen auf die oben genannten Größen) gelten geringe Anforderungen; hier muss die FSA über die geplante Transaktion informiert werden und ein unabhängiges Gutachten beigefügt werden, dass die Fairness des Geschäfts im Verhältnis zu den Gesellschaftern beurteilt. Außerdem müssen die Einzelheiten des Geschäfts im nächsten Geschäftsbericht veröffentlicht werden (11.8 der Listing Rules). 2 0 1 11.7 (e) der Listing Rules, zu weiteren Ausnahmen vgl. 11.7 (a)-(j) der Listing Rules. 2 0 2 Vgl. auch Schuberth, Konzernrelevante Regelungen im britischen Recht (1997), S. 166 ff. 2 0 3 Eine ähnliche Einschränkung der Kompetenz des Vorstandes im deutschen Recht durch

526

Kapitel

V: Die Haftung

einer Muttergesellschaft

nach englischem

Recht

§ 13: Die H a f t u n g des herrschenden U n t e r n e h m e n s Der Schutz des Kapitalmarktes kann natürlich nur bei börsennotierten Gesellschaften greifen. Im Nachfolgenden sei daher der Frage nachgegangen, die bereits im Zentrum der Überlegungen zur Rechtlage in Deutschland gestanden hat: Wie ist der Schutz der abhängigen Gesellschaft bzw. ihrer Gläubiger und Minderheitsgesellschafter außerhalb dessen geregelt?

I. Gesetzliche Regelungen im Companies Act zur Begründung einer Haftung der Muttergesellschaft Gesetzliche Vorschriften, aufgrund derer auf die Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft haftungsrechtlich zurückgegriffen werden kann, bestehen im Companies Act nur vereinzelt 204 . Genannt werden kann etwa die dem deutschen Recht fremde Regelung des s. 24 C A 198 5 205 . N a c h dieser haftet der Gesellschafter einer Company, soweit es sich nicht um eine private Company limited by shares oder by guarantee206 handelt, wenn diese länger als 6 Monate nur einen Gesellschafter hat 2 0 7 und die Geschäfte trotzdem nach dieser Zeit fortgeführt werden, vorausgesetzt, der Gesellschafter wusste u m diese Umstände und verbleibt trotzdem als einziger Gesellschafter in der Gesellschaft 2 0 8 . Aufgrund des Ausschlusses der oben genannten Gesellschaftsformen hat diese Regelung von vornherein nur f ü r die public Company Bedeutung. Aber auch insoweit wird nur eine sehr eingeschränkte H a f t u n g statuiert, da diese sich allein auf Verbindlichkeiten bezieht, die vertrag-

die B ö r s e n z u l a s s u n g s v e r o r d n u n g w ä r e w o h l bereits n i c h t m i t d e r z w i n g e n d e n K o m p e t e n z v e r o r d n u n g des A k t G v e r e i n b a r (§ 23 A b s . 5 A k t G ) . 204 K e i n e w e i t e r e B e r ü c k s i c h t i g u n g f i n d e n hier a l l g e m e i n e H a f t u n g s r e g e l n , die u n a b h ä n g i g v o n d e r P o s i t i o n als G e s e l l s c h a f t e r z u einer H a f t u n g f ü h r e n k ö n n e n (vgl. e t w a s. 349 (4) C A 1985, n a c h der eine H a f t u n g des U n t e r z e i c h n e n d e n in B e t r a c h t k o m m t , w e n n d e r N a m e d e r G e sellschaft, f ü r die g e h a n d e l t w e r d e n sollte, n i c h t o d e r u n r i c h t i g auf e i n e m Wechsel, einer S c h u l d v e r s c h r e i b u n g , e i n e m I n d o s s a m e n t , e i n e m Scheck o d e r einer A n w e i s u n g erscheint). 205 H i n g e w i e s e n sei a u c h auf s. 1 1 7 ( 1 ) C A 1985, w o n a c h eine n e u g e g r ü n d e t e public Company k e i n e G e s c h ä f t e tätigen darf (premature trading), b e v o r v o n Seiten d e r R e g i s t e r b e h ö r d e ihr eine B e s c h e i n u n g d a r ü b e r ausgestellt w u r d e , dass alle n o t w e n d i g e n V o r a u s s e t z u n g e n in d i e s e m Z u s a m m e n h a n g e r f ü l l t w u r d e n . T u t sie dies d e n n o c h u n d k o m m t sie i n n e r h a l b v o n 21 Tagen n a c h A u f f o r d e r u n g n i c h t i h r e n V e r p f l i c h t u n g e n n a c h , h a f t e n die G e s c h ä f t s f ü h r e r d e r Gesells c h a f t d e n G l ä u b i g e r n d e r v o r U b e r g a b e des o f f i z i e l l e n „ G r ü n d u n g s z e r t i f i k a t s " b e g r ü n d e t e n A n s p r ü c h e f ü r alle S c h ä d e n u n d Verluste, die i h n e n d a d u r c h e n t s t a n d e n sind, dass die Gesells c h a f t i h r e n V e r p f l i c h t u n g e n n i c h t n a c h g e k o m m e n ist (s. 117 (8) C A ) . 206 Bei d e r Private Company ist es seit d e r U m s e t z u n g d e r 12. E G - R i c h t l i n i e ( E i n m a n n R i c h t l i n i e ) d u r c h die „Single Member Private Limited Companies Regulations" (SI 1992/1699) e r l a u b t , eine E i n p e r s o n e n g e s e l l s c h a f t z u g r ü n d e n , s. 1 (3A) C A 1985. 207 S. 1 (1) C . A . 1 9 8 5 e r f o r d e r t f ü r eine w i r k s a m e G e s e l l s c h a f t s g r ü n d u n g die M i n d e s t a n z a h l v o n z w e i G e s e l l s c h a f t e r n , w o b e i die V o r s c h r i f t in s u b s e c t i o n (3A) f ü r die „Single Member Private Limited Company" allerdings eine A u s n a h m e v o r s i e h t (vgl. v o r s t e h e n d e F N ) . 208 F r ü h e r s . 31 C A 1948.

§ 13: Die Haftung

des herrschenden

Unternehmens

527

lieh 2 0 9 nach Ablauf der genannten sechs Monate begründet wurden 2 1 0 . Vertragliche Schadensersatzansprüche werden hiervon, ebenso wie auf Gesetz gegründete Verbindlichkeiten, nicht erfasst 2 1 1 . Dementsprechend ist auch bei einer subsidiary in der Rechtsform einer public Company das Haftungsrisiko einer Muttergesellschaft hiernach als äußerst gering einzuschätzen 2 1 2 , zumal sich das Unterschreiten der gesetzlichen Mindestmitgliederzahl problemlos durch den Einsatz sogenannter „nominees" (Strohmänner) vermeiden lässt 213 . Die Bedeutung der Vorschrift wird daher auch weitgehend als theoretisch angesehen 2 1 4 . Denkbar ist eine Inanspruchnahme der Muttergesellschaft allerdings auch als de facto director der Gesellschaft 2 1 5 . Der director einer Gesellschaft ist dieser gegenüber vor allem zur Sorgfalt und zur Treue verpflichtet. Insbesondere darf er sich keinem Interessenkonflikt zwischen seinen Privatinteressen und den Interessen der Gesellschaft aussetzen („wo conflict of interest rule")216. Im Falle einer Sorgfaltspflichtverletzung haftet er deliktisch, im Falle einer Treuepflichtverletzung aufgrund der Prinzipien der equity217. Auch nach common law - Grundsätzen ist ein „de facto director"2n weitgehend dem rechtmäßigen Geschäftsleiter einer Gesellschaft gleichstellt 219 . Insbesondere unterliegt er den gleichen Treuepflichten wie ein rechtmäßig bestellter director, da auch er eine fiduciary position innehat 2 2 0 . U m von einem de facto director sprechen zu können, muss eine Person allerdings nach außen hin den Anschein erweckt haben, er sei Direktor der Tochtergesell-

209 Vgl. nur Pennington,

Company Law, 8. Aufl. S. 44.

Insoweit handelt es sich allerdings nicht um eine Durchgriffshaftung im eigentlichen Sinne; s. 24 C A 1985 hebt die „ legal entity " der juristischen Person nicht auf, sondern schränkt deren Auswirkungen nur ein, indem eine Haftungsbestimmung in Hinblick auf die hinter der Gesellschaft stehende Person getroffen wird. 2 1 1 Vgl. auch Einsele, in Europäische Integration und globaler Wettbewerb S. 509, 513 m.w.N. 212 Apelt, Der Konzern im englischen Company Law (1984), S. 249 m.w.N.; Samuels, J.B.L. 1964, 107; Wolf, Konzernhaftung (1995), S. 96. 213 Pennington, Company Law. 8. Aufl. S. 45. 214 Pennington, Company Law. 8. Aufl. S. 45. 2 1 5 Nach s. 741 (1) C A 1985; s. 251 IA 1986; s. 22 (4) C D D A gilt als director einer Gesellschaft „any person occupying the position of director, by whatever name called" 2 1 6 Vgl. bereits Aberdeen Railway Co. v. Blaikie Bros (1854) 1 Macq 461 (equitiy); zur Durchsetzung dieser Verpflichtung enthält der C A 1985 in seinem Teil X in den ss. 311 - 347 mittlerweile Regelungen, die Geschäfte und Transaktionen der Geschäftsführer, welche die Gefahr eines Interessenkonflikts bergen, entweder ganz verbieten, unter Zustimmungsvorbehalt der Gesellschafterversammlung stellen oder zumindest deren Offenlegung verlangen; notwendig wurden diese Normierungen, da in der Praxis die grundlegenden Prinzipien der equity hinsichtlich möglicher Interessenkonflikte in der Gesellschaftersatzung regelmäßig für nicht anwendbar erklärt wurden (Davies in Palmers, Anm. 8.518). 2 1 7 Vgl. im einzelnen Triebel/Hodgson/'KellenterlMüller, Englisches Handels- und Wirtschaftsrecht, 2. Aufl. (1995), S. 271 ff. 2 1 8 Diese Rechtsfigur dürfte in etwa dem faktischen Geschäftsführer des deutschen Rechts entsprechen. 2 1 9 Vgl. auch Schultheiß, Die Haftung des „shadow director" (2000), S. 27. 220 Charlesworth & Morse, 16. Aufl. S. 236. 210

528

Kapitel

V: Die Haftung

einer Muttergesellschaft

nach englischem

Recht

s c h a f t 2 2 1 . D i e s w i r d in B e z u g auf die M u t t e r g e s e l l s c h a f t einer G e s e l l s c h a f t allenfalls in A u s n a h m e f ä l l e n der F a l l s e i n 2 2 2 . D a r ü b e r h i n a u s k e n n t das b r i t i s c h e R e c h t j e d o c h a u c h die R e c h t s f i g u r des „shadow niesAct

directors"22i.

E i n e D e f i n i t i o n dieser R e c h t s f i g u r f i n d e t sich i m

Compa-

1 9 8 5 in s. 7 4 1 (2). H i e r n a c h ist S c h a t t e n d i r e k t o r eine P e r s o n , d e r e n A n o r d -

n u n g e n u n d W e i s u n g e n die L e i t u n g s o r g a n e g e w ö h n l i c h b e f o l g e n , s o w e i t es sich dabei n i c h t n u r u m R a t s c h l ä g e handelt, w e l c h e diese P e r s o n in ihrer b e r u f l i c h e n E i g e n s c h a f t erteilt h a t 2 2 4 . A b g e s e h e n v o n d e n j e n i g e n N o r m e n , in d e n e n eine A u s d e h n u n g auf d e n S c h a t t e n d i r e k t o r n o r m i e r t w i r d , f i n d e n die R e g e l u n g e n , die f ü r d e n director

e i n e r G e s e l l s c h a f t aufgestellt w u r d e n , auf d e n shadow

k e i n e A n w e n d u n g 2 2 5 . D e r S c h a t t e n d i r e k t o r ist k e i n director unterliegt

somit

auch nicht

R e c h t s f i g u r des shadow

director

denselben

Sorgfalts-

director

aber

im Rechtssinne und

und Treuepflichten226.

Die

w i r d n i c h t als allgemeingültiges P r i n z i p b e n u t z t .

E s w e r d e n n u r in d e n i m G e s e t z b e s o n d e r s v o r g e s e h e n F ä l l e n 2 2 7 P f l i c h t e n , V e r b o t e u n d H a f t u n g s n o r m e n , die in B e z u g auf die G e s c h ä f t s l e i t u n g einer G e s e l l s c h a f t aufgestellt w u r d e n , auf die H i n t e r m ä n n e r a u s g e d e h n t , die die F ü h r u n g der G e s e l l schaft m a ß g e b l i c h b e e i n f l u s s e n 2 2 8 . Viele d i e s e r auf einen shadow

director

anwend-

b a r e n N o r m e n d i e n e n a u c h d e m M i n d e r h e i t e n s c h u t z 2 2 9 . F ü r den B e r e i c h des Companies

Act

ist diese A u s w e i t u n g gerade für M u t t e r g e s e l l s c h a f t e n d u r c h die

2 2 1 Für eine Qualifikation der Muttergesellschaft als de facto director, wenn sie sich die Tochtergesellschaft vollständig dienstbar gemacht hat (subservient subsidiary situation) allerdings Muscat, The liability of the Holding company (1996), S. 250 f., der jedoch selbst auf die gegenteilige Ansicht der herrschenden Lehre insoweit hinweist (vgl. Muscat, a.a.O. S. 250 Fn. 5). 2 2 2 Vgl. zum de facto director auch noch unten S. 538. 2 2 3 Die Wurzeln des shadow directors werden in der in England stark ausgeprägten Treuhanddoktrin gesehen, wonach grundsätzlich alle Personen, die fremdes Vermögen verwalten oder repräsentative Funktionen zum Nutzen anderer ausüben, unter Haftungsandrohung im besonderen Maße auf Treu und Glauben und auf die sorgsame Wahrung der Interessen derer verpflichtet sind, die sie repräsentieren. 2 2 4 S. 741 (2) CA 1985:"/« relation to a company, shadow directors means a person in accordance with whose directions or instructions the directors of the company are accustomed to act. However a person is not deemed a shadow director by reason only that the directors acton advice given by him in professional capacity". Zur Rechtsfigur des shadow director vgl. auch s. 251 IA 1986 sowie s. 22 (5) Company Directors Disqualification Act 1986. 225 Schultheiß, Die Haftung des „shadow director" einer englischen Kapitalgesellschaft (2000), S. 33. 2 2 6 Ausführlich Schultheiß, Die Haftung des „shadow director" einer englischen Kapitalgesellschaft (2000), S. 26 f. m.w.N. 2 2 7 Vgl. etwa ss. 288, 289,305, 309, 317, 318, 319, 320-322,322B, 324 ff., 330 ff., 363, 691-699 C A 1985. 228 Schultheiß, Die Haftung des „shadow director" einer englischen Kapitalgesellschaft (2000), S. 33. 2 2 9 Vgl. etwa s. 317 C A 1985 wonach die Geschäftsführer ihre persönlichen Interessen an einem Geschäft offen legen müssen; ss. 318, 319 C A 1985 wonach shadow directors Einsichtnahmen in ihre Dienstverträge gewähren müssen oder die ss. 330 ff C A 1985, wonach die Kreditvergabe der Gesellschaft an die shadow directors gewissen Beschränkungen unterliegt; ausführlich zu den auf einen shadow director anwendbaren Vorschriften vgl. Schultheiß, Die Haftung des „shadow director" einer englischen Kapitalgesellschaft (2000), S. 33 ff.

§ 13: Die Haftung

des herrschenden

Unternehmens

529

Regelung in s. 741 (3) C A 1985 allerdings für die meisten insoweit relevanten Tatbestände 230 wieder ausgeschlossen worden 2 3 1 , um konzerntypische Transaktionen nicht übermäßig zu behindern 2 3 2 . Die Inanspruchnahme einer Muttergesellschaft als shadow director ihrer Tochtergesellschaft scheidet hier, anders als im Insolvenzrecht, damit regelmäßig aus 233 .

II. Haftungsregeln

im Falle der Insolvenz

der

Tochtergesellschaft

Der Gläubigerschutz wird im englischen Gesellschaftsrecht vor allem über das Insolvenzrecht gesucht. Es herrscht die Ansicht vor, dass mit der Insolvenz einer Gesellschaft eine Veränderung hinsichtlich der zu berücksichtigenden Interessen einhergeht. Da in einem solchen Fall die Anteile der Gesellschafter nichts mehr wert seien, bestünden auch keine schutzwürdigen Interessen der Gesellschafter und damit der Gesellschaft selbst mehr. Das Interesse der Gesellschaft müsse daher in diesem Fall aus den Interessen der Gläubiger heraus definiert werden 234 . Dieses Gebot richtet sich allerdings primär an die Geschäftleitung einer Gesellschaft. Einer Inanspruchnahme der Gesellschafter steht demgegenüber grundsätzlich das im englischen Recht sehr konsequent durchgehaltene Trennungsprinzip entgegen. Entscheidungen, in denen auf der Grundlage des common law eine Durchgriffshaftung angenommen wurde, existieren nur vereinzelt und sind weitgehend auf Fälle eines extremen Missbrauchs beschränkt 235 . Das auf Unternehmensgruppen anwendbare Recht war daher auch erheblicher Kritik ausgesetzt 236 . Auch der Report des Cork Committees2^7, das zur Vorbereitung des Insolvency Act 1986 eingesetzt worden war 238 , bestätigte die Kritik an der vorherrschenden rechtlichen Auffassung, die es einer Muttergesellschaft grundsätzlich erlaube, eine insolvent gewordene Tochtergesellschaft preiszugeben 239 . Die teilweise sehr weitgehenden Vorschläge des Cork Committees wurden im Einzelnen allerdings nicht ins Insol230

Ss. 309, 319, 320-322, 322B, 330-346 CA 1985. So wird in s. 741 (3) C A 1985 für die dort genannten Regelungen, in denen die Ausdehnung einer Vorschrift auf den Schattendirektor grundsätzlich normiert wurde, als ausdrückliche Ausnahme von den allgemeinen Definitionsmerkmalen festgelegt, dass eine Muttergesellschaft nicht schon deshalb als „Schattendirektor" ihrer Tochtergesellschaft angesehen werden darf, weil die Direktoren der subsidiary gewöhnlich in Ubereinstimmung mit ihren Direktiven und Anweisungen handeln („a body corporate is not treated as a shadow director of any of its subsidiary companies by reason only that the directors of the subsidiaryr are accustomed to act in accordance with its directions or instructions".). 232 Zur Möglichkeit einer Anstifterhaftung vgl. allerdings noch unten S. 650 f. 233 Davies in Gower's Principles of Modern Company Law, 6. Aufl. S. 631 Rn. 90. 234 prentice} Connecticut Journal of Intl. Law (1999), 435. 235 Vgl. hierzu noch unten S. 547 ff. 236 prentice> Connecticut Journal of Intl. Law (1999), 305, 324. 237 Report of the Review Committee, 1982 Cmnd. 8558, C H . 51; benannt nach einem der führenden Insolvenzpraktiker der damaligen Zeit Sir Kenneth Cork. 238 Es handelte sich hierbei um die erste große Reform des Insolvenzrechts seit 1914. 239 Cork Committee Report, Report of the Review Committee on Insolvency Law and Practice, Cmnd. 8558, (1982), 1924. 231

530

Kapitel

V: Die Haftung

einer Muttergesellschaft

nach englischem

Recht

v e n z r e c h t ü b e r n o m m e n 2 4 0 . E n t s p r e c h e n d der e n g l i s c h e n R e c h t s t r a d i t i o n , n i c h t allgemeine R e c h t s p r i n z i p i e n aufzustellen, s o n d e r n R e c h t s p r o b l e m e s p e z i f i s c h zu l ö s e n 2 4 1 , hat der G e s e t z g e b e r n u r e i n z e l n e R e g e l u n g e n des englischen R e c h t s an g r u p p e n s p e z i f i s c h e P r o b l e m e a n g e p a s s t 2 4 2 . Z u n e n n e n ist i n s o w e i t v o r allem die R e g e l u n g in ss. 2 1 3 , 2 1 4 I A 1 9 8 6 2 4 3 . I n s b e s o n d e r e ü b e r das V e r b o t des trading

wrongful

in s. 2 1 4 I A 1 9 8 6 sollte den S c h w i e r i g k e i t e n b e g e g n e t w e r d e n , die sich an

den B e w e i s e i n e r b e t r ü g e r i s c h e n A b s i c h t z u r B e n a c h t e i l i g u n g der G l ä u b i g e r der G e s e l l s c h a f t e n k n ü p f e n , die n a c h der V o r g ä n g e r v o r s c h r i f t z u s. 2 1 3 I A 1 9 8 6 (s. 3 3 2 C A 1 9 4 8 ) g r u n d s ä t z l i c h e V o r a u s s e t z u n g einer H a f t u n g der p f l i c h t w i d r i g h a n d e l n den D i r e k t o r e n w a r 2 4 4 . V o n b e s o n d e r e r B e d e u t u n g ist diese R e g e l u n g h i e r v o r all e m deshalb, da dieser H a f t u n g n i c h t n u r die o r d n u n g s g e m ä ß bestellten D i r e k t o ren der G e s e l l s c h a f t e r u n t e r l i e g e n , s o n d e r n a u c h ein „shadow

director",

wozu vor

allem auch eine M u t t e r g e s e l l s c h a f t zählen k a n n 2 4 5 . D a gerade in den ss. 2 1 3 , 2 1 4 I A 1 9 8 6 eine der w i c h t i g s t e n G r u n d l a g e n z u r I n a n s p r u c h n a h m e der M u t t e r g e s e l l -

240 So war etwa vorgeschlagen worden, dass bei der Insolvenz einer Gesellschaft Verbindlichkeiten gegenüber einer verbundenen Gesellschaft, unabhängig davon, ob gesichert oder ungesichert, die dem Gericht als Teil der langfristigen Kapitalstruktur der Gesellschaft erscheinen, hinter die Ansprüche anderer Gläubiger zurückzustellen und nur dann zu befriedigen seien, wenn alle anderen Ansprüche vollständig befriedigt wurden (Report of the Review Committee on Insolvency Law and Practice, Cmnd. 8558, (1982), 193); damit wären Anleihen eines Mitglieds der Gesellschaftsgruppe als Eigenkapital behandelt worden, soweit unverbundene Kreditgeber der insolvent gewordenen Gesellschaft betroffen sind. Zu erklären ist dies vor dem Hintergrund, dass im englischen Gesellschaftsrecht grundsätzlich keine Vorschriften darüber bestehen, wie sich das Kapital einer Gesellschaft zusammensetzen muss, so dass die Finanzierung frei auf der Grundlage einer Mischung von gesichertem Fremd- und Eigenkapital vorgenommen werden kann (Prentice, Connecticut Journal of Intl. Law (1999), 305, 324). 241 Prentice, in Konzernrecht im Ausland, Lutter (Hrsg.) S. 93, 95; Hadden, in Gesellschaftsrecht der Konzerne, Mestmäcker/Behrens (Hrsg.) S. 329, 338. 242 Collins, M L R (1990), 731, 738, spricht insoweit von einem „piecemeal approach", die jedoch die größten Ungerechtigkeiten beseitigt hätte. 243 Der IA 2000, der am 30.11.2000 Royal Assent erhalten und am 2.4.2001 mit ersten Teilen in Kraft getreten ist (SI 2001/766), hat insoweit keine Änderung gebracht; ein wichtiger Kernpunkt des IA 2000 ist es, dass kleine Gesellschaften in finanziellen Schwierigkeiten mit ihren Gläubigern freiwillige Vergleichsverfahren schließen können; kleinere Änderungen haben etwa auch hinsichtlich des administration order - Verfahrens stattgefunden; für grenzüberschreitende Insolvenzverfahren sieht das Gesetz die Befugnis zur Umsetzung des U N C I T R A L - Modellgesetzes vor (näheres in plc 2001 X I I (1), 89; Marshall plc 2001 X I I , 5, 33); weitere Teile des IA können durch Rechtsverordnung in Kraft gesetzt werden. 244 Zur Haftung eines „disqualifizierten" Geschäftsführers vgl. aber auch s. 15 C D D A (Company Directors Disqualification Acts 1986); danach ist eine „disqualifizierte" Person, die entgegen dem aufgestellten Verbot die Leitung einer Gesellschaft übernimmt, für die während ihrer Geschäftsführertätigkeit entstandenen Verbindlichkeiten der Gesellschaft persönlich haftbar. Als disqualifiziert gilt ohne weitere Anordnung insbesondere ein Konkursschuldner, der nicht durch ein Insolvenzverfahren von seiner Restschuld befreit ist; zu den Gründen und Folgen einer Disqualifizierung vgl. im Übrigen ausführlich Höfling, Das englische internationale Gesellschaftsrecht (2002), S. 185 ff.; zur Disqualifizierung wegen „unfitness" insb. S. 189 ff.; zur Haftung einer disqualifizierten holding Company vgl. Muscat, The liability of the Holding Company (1996), S. 344. 245 Zu den Voraussetzungen vgl. sogleich unten S. 539.

5 13: Die Haftung

des herrschenden

Unternehmens

531

schaft für die Verbindlichkeiten ihrer Tochtergesellschaft gesehen wird 2 4 6 , soll auf diese Regelungen vor den allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Prinzipien zur Inanspruchnahme einer Muttergesellschaft eingegangen werden. 1 ) Fraudulent

trading

Die im Zentrum der Begründung einer Durchgriffshaftung im Falle der Insolvenz stehenden Vorschriften der ss. 213, 214 Insolvency Act von 1986 gelten nach der Einheitskodifikation im englischen Gesellschaftsrecht sowohl für die private wie die public company2*7. Die Regelungen in den ss. 2 1 3 , 2 1 4 IA 1986 wurden vordem Hintergrund der Erkenntnis eingeführt, dass die Grundsätze einer getrennten wirtschaftlichen Einheit und beschränkten Haftung missbraucht werden können. Insbesondere wenn man es mit verbundenen Unternehmen zu tun hat, wird dem Grundsatz, dass ein Geschäftsführer im Interesse seiner eigenen Gesellschaft handeln muss und dieses nicht den Interessen einer anderen verbundenen Gesellschaft oder des Konzerns als Ganzem unterordnen darf, in der Praxis nur eingeschränkt Beachtung geschenkt. Auch in England erkannte man, dass die Geschäftsführung eines abhängigen Unternehmens regelmäßig den Weisungen der herrschenden Gesellschaft Folge leisten wird, da sie anderenfalls Gefahr läuft, abberufen zu werden 2 4 8 . Nach s. 213 IA 1986 2 4 9 kann im Rahmen eines Liquidationsverfahrens 2 5 0 über die Gesellschaft das Gericht die Verantwortlichen einer Gesellschaft persönlich haftbar machen, wenn die Geschäfte der Gesellschaft mit der betrügerischen A b sicht, die Gläubiger bzw. irgend eine weitere Person zu täuschen oder zu einem anderen fraudulösen Zweck durchgeführt wurden. Anders als s. 24 C A 1985 beschränkt sich die Haftung nach s. 213 I.A. 1986 nicht auf vertragliche Schulden, sondern umfasst alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Erfasst wird jeder, der wissentlich an der Fortführung des Geschäftsbetriebes teilgenommen hat. Dies ist nicht nur die Geschäftsleitung der Gesellschaft, sondern dazu gehören auch diejenigen, die im Hintergrund stehend die Geschäftsfortführung betreiben bzw. aktiv beeinflussen, womit auch eine Muttergesellschaft zu den möglichen Normadressaten gehört 2 5 1 . 246 prenticej Connecticut Journal of Intl Law (1999), 434 f. 2 4 7 Vgl. bereits oben S. 502. 248 Hadden, in Mestmäcker/Behrens S. 329, 333 f. 2 4 9 Früher s. 332 C.A. 1948; die Vorschriften sind allerdings im Wesentlichen inhaltsgleich, so dass die Aussagen in den zu s. 332 C.A. 1948 ergangenen Urteile im Rahmen der s. 213 weiterhin Gültigkeit behalten. 2 5 0 Das entsprechende Antragsrecht steht allein dem Konkursverwalter zu s. 213 (2). Bei der „Vorgänger-Vorschrift" s. 332 C.A. 1948 waren dagegen auch die einzelnen Gläubiger antragsberechtigt, Palmer's Company Law 24. Aufl. 88-83, 25. Aufl. 15.457. 2 5 1 Für die hier zu untersuchende Frage kann s. 213 IA 1986 neben einer direkten Haftung auch mittelbar die Haftung der Obergesellschaft begründen, wenn sie die Verpflichtungen „ihrer" nach s. 213 in Anspruch genommenen Organe übernimmt: Das ist insbesondere der Fall, wenn sich die Repräsentanten Freistellungserklärungen haben ausstellen lassen, die ein Einste-

532

Kapitel

V: Die Haftung

einer Muttergesellscbaft

nach englischem

Recht

Angesichts des Wortlauts der Vorschrift ist allerdings ein aktives Tun erforderlich. Rein passive Verhaltensweisen, wie etwa das Unterlassen von Kontroll- oder Mitwirkungsmöglichkeiten, genügen nicht 2 5 2 . Auch das bloße Bereitstellen von neuen Finanzmitteln für die subsidiary durch die bolding Company, selbst wenn dies mit Ratschlägen verbunden wird, genügt grundsätzlich nicht, um sie als „aktiv an der Geschäftsführung teilhabend" qualifizieren zu können, wobei allerdings die Frage, wo die Grenze zwischen „Ratschlag" und „aktiver Teilnahme am Geschäftsbetrieb" zu ziehen ist, häufig schwierig zu entscheiden sein wird. Vor allem wird für eine Inanspruchnahme nach s. 213 IA 1986 aber ein betrügerisches Verhalten vorausgesetzt. Die Verantwortlichen müssen mit Schädigungsabsicht gehandelt haben 2 5 3 . Der Nachweis dieses subjektiven Tatbestandsmerkmals bereitet in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten 254 . Hinsichtlich der Frage, was zum Nachweis einer „fraud" erforderlich ist, finden sich verschiedene Ansätze 2 5 5 . Teilweise wurde eine Betrugsabsicht der Leitungsorgane angenommen, wenn die Direktoren der Gesellschaft den Geschäftsbetrieb zu einem Zeitpunkt fortgesetzt haben, als sie wussten, dass die eingegangenen Verbindlichkeiten aller Voraussicht nach nicht mehr zurückbezahlt werden können 2 5 6 . Nach der Entscheidung in Sachen R. v. Grantham2^7 wurde eine Haftung der Direktoren wegen fraudulösen Geschäftsgebarens gar bereits dann bejaht, wenn kein vernünftiger Grund für die Annahme bestand, der Gesellschaft könnten in Zukunft Mittel zur Verfügung stehen, um die Gläubiger bei Fälligkeit der Verbindlichkeiten bzw. zumindest kurze Zeit danach befriedigen zu können. Dabei nahm das Gericht aus-

hen der Muttergesellschaft für die von ihren Organen bei der subsidiary im Konzerninteresse begangenen „Pflichtwidrigkeiten" regeln. Auch ohne ausdrückliche Freistellungsvereinbarungen werden die Muttergesellschaften oftmals die Haftung ihrer Organe übernehmen, Weiss, Group trading S. 96. 252 Bauschke, Grenzen der Rechtspersönlichkeit (1975), S. 70. 2 5 3 Bei betrügerischen Geschäften zum Nachteil der Gläubiger vgl. überdies s. 423 IA 1986: nach dieser Regelung können vom Konkursverwalter und eventuell vom geschädigten Gläubiger Ansprüche gegen Dritte erhoben werden, wenn ohne ausreichenden Gegenwert Gesellschaftsvermögen veräußert wurde, in der erwiesenen Absicht, es außer Reichweite der Gläubiger zu bringen; zur Bedeutung der Regelung in s. 423 IA 1986 und der Frage, wie der Wert der Gegenleistung zu bestimmen ist vgl. auch Court of Appeal Urt. v. 24.10.2001 National Westminster Bank plc. v. Jones pk 2002 X I I I 1,83 f. 2 5 4 Vgl. Farrar, J.B.L.1980, 339; Hadden, Control of Corporate Groups S. 33; Kellermann, Interessenschutz (1984), S. 176; bereits in Bezug auf die insoweit inhaltsgleiche „Vorgänger-Vorschrift" in s. 332 C.A.1948 kritisierte man, dass die Norm nur bei betrügerischem und nicht bei grob fahrlässigem Verhalten gelte (vgl. insbesondere Jenkins Report zum „reckless trading", Cmmd. 1749, para. 503 b) u. c); Gower 4. Aufl. S. 115 Fn.16, Kellermann, Interessenschutz (1984), S. 176). 255 Palmer's Company Law 24. Aufl. 88-83; vgl. Bauschke, Grenzen der Rechtspersönlichkeit (1975), S. 69. 256 Re William C. Leitch Brothers Ltd. (1932) 2 Ch. 71, 77, Lord Maugham: „... if a company continues to carry on business and to incur debts at a time when there is, to the knowledge of the directors, no reasonable prospect of the creditors ever receiving payment of those debts, it is, in general a proper inference that the company is carrying on business with intent to defraud". 257 R v. Grantham (1984) Q.B. 675; (1984) 3 All E R 166 C A zu s. 332 C A 1948.

§ 13: Die Haftung

des herrschenden

Unternehmens

533

drücklich Abstand von der in Re White & Osmond (Parkstone) Ltd,258 aufgestellten „sunshine doctrine", wonach eine fraud abzulehnen war, wenn die Geschäftsleitung glaubte, dass - obwohl die Gesellschaft nicht bei Fälligkeit leisten kann sie zu einem späterer Zeitpunkt leisten könne, sobald „die Wolken verschwänden und die Sonne wieder zum Vorschein käme" 259 . Es finden sich aber auch restriktivere Ansätze 260 . So lehnte etwa der High Court of Australia im Fall Hardie v. Hanson261, eine „fraud" ab, weil nicht auszuschließen war, dass die Geschäftsleitung den Betrieb in der verzweifelten und offensichtlich ungerechtfertigterweise auf Besserung hoffenden Absicht fortgeführt habe, das Unternehmen aus seinen Schwierigkeiten noch herausführen zu können 262 . Auch der Umstand, dass bei drohender Zahlungsunfähigkeit die Muttergesellschaft als Gläubigerin der Tochtergesellschaft bevorzugt befriedigt und damit die verbleibenden Gläubiger benachteiligt wurden, wurde zur Annahme einer fraudulösen Absicht nicht als ausreichend angesehen263. Hinzutreten müssten weitere Umstände, etwa in der Form, dass die Schulden bei der Muttergesellschaft nicht echt waren oder bösgläubig eingegangen wurden, die Rückzahlung erzwungen wurde oder die Erlangung der Vermögensgegenstände der Tochtergesellschaft sit-

Ch. D. v. 30.6.1960 (unveröffentlicht, aber zitiert in R. v. Grantham (1984) 3 All E R 166). Vgl. auch Prentice, Group trading S. 76. 260 Zwar wurde teilweise die sehr weite Auslegung der fraudulösen Absicht in R v. Grantham nicht als Einzelentscheidung aufgefasst, sondern als Zeichen eines generellen Umschwungs in der Rechtsprechung dahingehend verstanden, s. 213 zukünftig freizügiger anzuwenden, Prentice, Group trading S. 75; ein Blick auf die offenkundig wesentlich zurückhaltendere Auslegung der Vorschrift im unten noch zu besprechenden Fall Augustus Barnett von 1986 lässt eine solche Tendenz aber zweifelhaft erscheinen. - Hoffmann ]. weist hier auch ausdrücklich die zu freizügige Ansatzweise bei der Auslegung in R v. Grantham zurück (1986) B C L C 170, 175. Das Problem ist für die Zukunft allerdings von geringerer praktischer Bedeutung, nachdem die 1986 neupositivierte - erheblich geringere Anforderungen stellende Parallelvorschrift zum „wrongful trading" in 214 I.A. 1986 ins Leben gerufen wurde (Prentice, Groups of Companies S. 79 stellte aufgrund dessen sogar in Frage, ob s.213 zukünftig überhaupt noch praktische Bedeutung zukommt). 261 Dixon C.J. (1960) 105 Commonwealth L.R. 451 (458): „the intent to defraud must be express or actual or real, nothing constructive imputed or implied will do ... wobei dieses Erfordernis sodann dahingehend präzisiert wird, dass als „bewusst verfolgter Zweck der Geschäftsfortführung" nachgewiesen werden müsse, dass die Gläubiger um ihr Geld betrogen werden sollten (a.a.O. S.463: „... an actual purpose, consciously pursued, of swindling creditors out money had to he established")-, ähnlich insoweit frühere Entscheidungen der englischen Rechtsprechung, in denen für eine Betrugsabsicht der Nachweis gefordert wurde, dass eine „echte Unredlichkeit", die nach den Anschauungen des üblichen Handelsverkehrs als verwerflich anzusehen sein muss, vorlag (vgl. etwa Maugham J. in Re Patrick Lyon Ltd. (1933) Ch. 786; 790 f.: „... actual dishonesty involving, according to current notions of fair trading among commercial men, real moral blame...".). 262 A.a.O. S. 464: „though clearly unjustified in his chasing of the rainbow (.) had any more sinister intent than an intent to try, however despairingly, to carry on the business through its difficulties to a sucess which, if it had been reached, would have benefited the creditors as well as himself". 263 Re Sarflax ltd. (1979) 1 All E R 529, (545) = (1979) 2 W L R 202 = (1979) Ch. 592; vgl. Fox/ Bowen S. 306. 258

259

534

Kapitel V: Die Haftung einer Muttergesellschaft

nach englischem

Recht

tenwidrig erfolgt ist 2 6 4 . A u c h in der L i t e r a t u r wird b e t o n t , dass die Gesellschaft sich in einer schlechthin ausweglosen Situation befunden haben muss 2 6 5 und U m stände vorlagen, die die B e t r u g s a b s i c h t e n im V o r g e h e n des Schädigers deutlich erk e n n e n lassen. N i c h t als ausreichend wird es angesehen, dass die v e r a n t w o r t l i c h e n P e r s o n e n angesichts der U m s t ä n d e die Aussichtslosigkeit der Lage der G e s e l l schaft hätten e r k e n n e n müssen. A u f K o n z e r n z u s a m m e n h ä n g e b e z o g e n , lässt sich angesichts dieser A n f o r d e rungen feststellen, dass s. 2 1 3 I A 1986 s c h o n theoretisch nur in seltenen „ A u s n a h m e f ä l l e n " z u r A n w e n d u n g k o m m e n w i r d 2 6 6 . A n eine A n w e n d u n g dieser N o r m wäre etwa zu denken, w e n n eine Muttergesellschaft ihre L e i t u n g s m a c h t dahingehend ausübt, dass sie bewusst R i s i k e n und V e r a n t w o r t l i c h k e i t e n in einer b e s t i m m ten Tochtergesellschaft k o n z e n t r i e r t und diese dann in K o n k u r s fallen lässt 2 6 7 . D i e G r e n z e n der A n w e n d b a r k e i t v o n s. 2 1 3 I A 1986 innerhalb eines U n t e r n e h m e n s verbundes - s o w o h l hinsichtlich der Stellung der Muttergesellschaft als N o r m adressat als auch in H i n b l i c k auf den N a c h w e i s ihrer Betrugsabsicht traten aber im Fall Re Augustus Ltd.,

Barnett

& Son Ltd.

klar zu Tage 2 6 8 . D i e Augustus

eine 1 0 0 % ige Tochtergesellschaft der spanischen Rumusa

Barnett

& Son

S A , hatte jahrelang

mit Verlust gearbeitet, w o r a u f h i n sich die W i r t s c h a f t s p r ü f e r schließlich weigerten, ihr den notwendigen P r ü f u n g s v e r m e r k zu erteilen, solange der G e s c h ä f t s b e t r i e b fortgesetzt würde, o h n e dass der Gesellschaft neue M i t t e l zur D e c k u n g des bestehenden D e f i z i t s zugeführt würden. D a r a u f h i n w u r d e n der Augustus Company

v o n einer anderen Untergesellschaft der Rumusa

Barnett

Ltd.

finanzielle M i t t e l über-

tragen 2 6 9 . D i e Muttergesellschaft ihrerseits sicherte den Lieferanten die weitere U n t e r s t ü t z u n g der subsidiary

zu. N a c h d e m Rumusa

einige Zeit später t r o t z d e m

weitere H i l f s m a ß n a h m e n einstellte und die Tochtergesellschaft daraufhin liquidiert werden musste, versuchte der K o n k u r s v e r w a l t e r Rumusa

wegen

„fraudulent

trading"

haftbar zu machen. V o n Seiten des G e r i c h t s w u r d e insoweit geprüft, ob

Rumusa

als „ A n s t i f t e r " am „carrying

schäftsfortführung der Augustus

on of the business",

Barnett

Ltd.

an der fraudulösen G e -

durch deren D i r e k t o r e n „als T ä t e r "

t e i l g e n o m m e n habe, in dem sie sie zur F o r t f ü h r u n g der G e s c h ä f t e veranlasst hätte. D i e s scheiterte allerdings daran, dass die D i r e k t o r e n der Tochtergesellschaft selbst nicht fraudulös gehandelt hatten, da sie ernstlich geglaubt hatten, dass die O b e r g e -

Re Sarflax ltd. ( 1 9 7 9 ) C h . 592, 609; Palmer's C o m p a n y L a w 24. Aufl. 8 8 - 8 3 . Vgl. ftjnw, J . B . L . 1980, 344. 2 6 6 D i e sehr hohen Anforderungen an den N a c h w e i s der „fraud" werden in der Literatur damit erklärt, dass bei Vorliegen der Tatbestandvoraussetzungen im R a h m e n der N o r m ebenfalls eine strafrechtliche Verurteilung der Leitungsorgane möglich ist, Farrar's C o m p a n y Law S. 714. 264

265

Hadden, C o n t r o l of C o r p o r a t e G r o u p s S. 33. (19 86) B C L C 170; ( 1 9 8 6 ) 2 B C C 98, 904. 2 6 9 Schon in den Jahren zuvor hatte die Muttergesellschaft die subsidiary mit finanziellen Mitteln unterstützt. A u ß e r d e m stellte sie mehrere Jetters of comfort" aus, in denen sie zusicherte, der T o c h t e r die zum weiteren Geschäftsbetrieb erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen. 267

268

§ 13: Die Haftung

des herrschenden

Unternehmens

535

sellschaft ihre Unterstützung fortsetzen würde 2 7 0 . Da den „Vordermännern" keine Pflichtwidrigkeit vorgeworfen werden konnte, schied auch eine Teilnahme der Rumusa an deren Verhalten aus 271 . Geprüft wurde allerdings auch, ob Rumusa selbst den Geschäftsbetrieb der subsidiary in betrügerischer Absicht fortgeführt hatte 272 . Hier führten die Kläger an, das spätere kurzfristige Abstandnehmen von den zugesicherten Hilfsmaßnahmen zeige, dass die Mittel nie in einer langfristigen Geschäftspolitik für die Tochter verplant gewesen seien. Aus diesem Grund hätten sie aber schon ursprünglich nicht sicher zur Gläubigerbefriedigung zur Verfügung gestanden, so dass die entsprechenden Zusicherungen von Beginn an fraudulös gewesen seien. Das Gericht anerkannte zwar, dass Rumusa möglicherweise selbst für die Fortführung des Geschäftsbetriebs der Tochtergesellschaft verantwortlich zu machen sei. Dass die Obergesellschaft aber mit der fraudulösen Absicht gehandelt habe, Gläubiger zu schädigen, sei nicht nachzuweisen. Ebensogut könne sie davon ausgegangen sein, durch ihre anfänglichen Hilfen die Untergesellschaft wieder wirtschaftlich überlebensfähig zu machen 273 . Es muss daher festgestellt werden, dass, obwohl bereits die Vorgänger-Vorschrift der heutigen s. 213 IA 19 8 6 274 wegen ihrer prinzipiellen Durchschlagskraft anfänglich gepriesen wurde 2 7 5 , diese Regelung im Hinblick auf ihre strengen tatbestandlichen Anforderungen den Gläubigern abhängiger Gesellschaften in der Praxis keinen effektiven Schutz bieten kann 276 . Sie ist auf die unmittelbar für die Gesellschaft handelnden Personen zugeschnitten. Eine „aktive Teilnahme" an der Geschäftsfortführung wird der Obergesellschaft aber häufig nicht nachzuweisen sein. Bloße Einflussnahmen, wie sie für Konzernsachverhalte typisch sind, können hiermit gerade nicht erfasst werden. In den oft undurchsichtigen Konzernverhältnissen mit den mannigfaltigen Möglichkeiten „sublimer" Einwirkung auf die Tochtergesellschaft wird es regelmäßig auch kaum möglich sein, der Muttergesellschaft ein tatbestandsmäßiges, absichtlich betrügerisches Vorgehen (intend to defraud) bei Fortführung des konkursreifen Unternehmens nachzuweisen 277 . Dies 270 A u s f ü h r l i c h z u r Situation der „directors", Prentice, (1987) 103 L . Q . R . , 12 f., der auch eine H a f t u n g nach s. 214 I A 1986 insoweit ablehnte. 271 A . a . O . S. 907. 272 A . a . O . S. 908 f. 273 A . a . O . S. 909; n u r am R a n d e geht das Gericht auf eine etwaige H a f t u n g aus den ausgestellten „letters of c o m f o r t s " ein; die E r k l ä r u n g der Muttergesellschaft der Tochtergesellschaft „langfristig Finanzmittel i m m e r soweit wie nötig z u r V e r f ü g u n g zu stellen" w u r d e v o m Gericht als bedeutungslos eingestuft, n a c h d e m die H o f f n u n g s l o s i g k e i t der wirtschaftlichen Lage der Augustus Barnett e r k e n n b a r w u r d e . A u c h in der Literatur (vgl. Prentice, (1987) 103 L . Q . R . , 11 ff. Prentice, G r o u p trading S. 80) w u r d e n u r darauf hingewiesen, dass der K o n k u r s v e r w a l t e r offensichtlich nicht von einer in der E r k l ä r u n g enthaltenen, rechtsverbindlichen Verpflichtung ausgegangen sei; ausführlich z u r P a t r o n a t s e r k l ä r u n g aber Wolf, K o n z e r n h a f t u n g (1995), S. 118 ff. 274 S. 332 C A 1948. 275 G o w e r 4 . Aufl. S. 115 f. 276 Collins (1990) 53 M.L.R., 741; Nathan (1986) C a n t . L . R . , 15. 277 Vgl. Prentice, G r o u p s of C o m p a n i e s in E u r o p e a n Laws Bd. II S. 110.

536

Kapitel V: Die Haftung einer Muttergesellschaft

nach englischem

Recht

gilt umso mehr, als die Obergesellschaft ihr Vorgehen unter Hinweis auf die Interessen des Gesamtkonzerns damit rechtfertigen kann, dass sie geglaubt habe, die erhoffte Konsolidierung der Gruppe werde sich auch auf die wirtschaftliche Lage der fraglichen Tochtergesellschaft positiv auswirken 2 7 8 . Im Hinblick darauf hat s. 213 I A 1986 als zivilrechtliche Haftungsnorm durch die Einführung des s. 214 I A 1986 seine Bedeutung auch weitgehend verloren.

2) Wrongful trading S. 214 IA 1986 wurde auf Vorschlag des Cork Committee

in den Insolvency

Act zur

Verbesserung des Gläubigerschutzes aufgenommen und beruht auf der Erkenntnis, dass den Leitungsorganen betrügerisches Verhaltens grundsätzlich nur schwer nachzuweisen sein wird. Auf der Grundlage dieser Vorschrift kann das Gericht innerhalb eines Insolvenzverfahrens 2 7 9 über eine private

oder public

Company

deren

Leitungsorgane 2 8 0 für Gesellschaftsschulden haftbar machen, wenn sie den Geschäftsbetrieb fortgeführt haben, obwohl sie bereits einige Zeit vor Einleitung des Verfahrens 281 wussten oder hätten wissen müssen, dass keine vernünftige Aussicht bestand, den Konkurs der Gesellschaft zu vermeiden (s. 214 (2) IA) 2 8 2 . Eine Entlastung ist allerdings möglich, wenn sie nachweisen, dass sie von dem maßgeblichen Zeitpunkt an alle erforderlichen Schritte unternommen haben, um den Schaden der Gesellschaftsgläubiger so gering wie möglich zu halten (s. 214 (4) i.V.m. (3) IA). D i e Frage danach, was der director

hätte wissen und tun müssen, enthält sowohl

objektive als auch subjektive Elemente. Zum einen k o m m t es darauf an, wie ein „vernünftiger und sorgfältiger Geschäftsleiter" in einer vergleichbaren Situation und Stellung gehandelt hätte 2 8 3 . Dementsprechend wird etwa die G r ö ß e und Art des Geschäftsbetriebes der Gesellschaft mit berücksichtigt, weshalb die Gerichte auch zwischen kleinen Unternehmen mit einfachen Buchhaltung- und Ü b e r w a chungsmethoden und Großunternehmen unterscheiden 2 8 4 . Zu beachten ist aber

278 Prentice, Groups of Companies in European Laws Bd. II S. 110; natürlich kann die Berufung auf die Verfolgung von übergeordneten „Konzerninteressen" nachteilhafte Maßnahmen für die Einzelgesellschaft grundsätzlich (zu Ausnahmen vgl. noch unten S. 630 f.) nicht rechtfertigen (Farrar's Company Law S. 540); die Frage ist aber hier, ob eine Maßnahme auch als „fraudulös" zu qualifizieren ist. 279 Im Unterschied zu s. 213 muss es sich bei s. 214 um ein Insolvenzverfahren handeln; im Rahmen anderer Liquidationsverfahren findet die Vorschrift keine Anwendung, (Fox/Bowen S. 306). 280 Erfasst werden hier sowohl der director als auch der shadow director der Gesellschaft (vgl. s. 213 IA 1986 Abs. 7 i.V.m. s. 251 IA 1986); vgl. hierzu sogleich noch unten. 281 „Some time before the commencement of the winding up"; zur Bemessung dieses „kritischen" Zeitpunkts näher Cooke/Hicks J.B.L.1993, 338, 340 ff. 282 Vgl. hierzu auch Bourne, Nicholas, Wrongful Trading - The Start of something big, BLR 1995, 79 ff. 283 S. 214 (4) IA 1986; demgemäss entlastet den Geschäftsführer nicht, schlechter als ein für einen solchen Geschäftsbetrieb in Frage kommende durchschnittlicher director zu sein; vgl. Re DKG Contractors Ltd. (1990) BCC 903 (912). 284 Bei kleineren Gesellschaften in weniger komplexen Tätigkeitsbereichen sind die Anfor-

§ 13: Die Haftung des herrschenden

Unternehmens

537

auch das individuelle Sonderwissen des fraglichen Leitungsorgans 2 8 5 . Während im Rahmen des „fraudulent

trading"

vorausgesetzt wird, dass der Geschäftsbetrieb

durch die Verantwortlichen trotz drohender Konkursgefahr in betrügerischer A b sicht weitergeführt wurde, obliegt es bei s. 214 I A 1986 den Adressaten der N o r m , darzulegen, dass sie bei der Geschäftsfortführung alles ihnen Mögliche unternommen haben, um den Gläubigerschaden zu minimieren 2 8 6 . D i e Geschäftsleitung kann sich, anders als im Falle des s. 213 I A 1986, nicht damit entlasten, sie habe gehofft, dass die Gesellschaft dem Konkurs noch entgehe 2 8 7 . Die schwer nachweisbaren subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen der s. 213 haben somit einer objektiven Ansatzweise Platz gemacht 2 8 8 . Die Beurteilung dieser Regelung fällt gleichwohl unterschiedlich aus. Während man teilweise s. 214 I A 1986 als Schritt in die richtige Richtung ansieht, dessen Anwendungsbereich grundsätzlich noch auszudehnen ist 289 , wird von anderer Seite diese Regelung als unangemessene Belastung der Geschäftsleitung kritisiert: D i e ex-post-Perspektive bei der rechtlichen Würdigung des Verhaltens der Leitungsorgane laufe Gefahr, die praktischen Zwänge des Geschäftsalltags zu verkennen. Die Geschäftsführer müssten - aus der ex-ante-Sicht

in oftmals komplexen Situa-

tionen und aufgrund nicht vollständig aufgeklärter Tatsachen - sehr schnell E n t scheidungen fällen. Diese in der Praxis unabdingbare „Entscheidungsfreudigkeit" werde durch s. 214 ungebührlich bedroht 2 9 0 . Auch in der Rechtsprechung ist nach einigen Entscheidungen, die eine Haftung auf s. 2 1 4 I A 1986 stützten 2 9 1 , vermehrt Zurückhaltung zu verzeichnen 2 9 2 . So wurde etwa im Fall Sherborne Ltd.2n

eine Haftung mit der Begründung abgelehnt, dass die „non executive

Associates direc-

tors" bei der Unterlassung der Stellung eines rechtzeitigen Liquidationsantrags derungen deshalb geringer anzusetzen, als bei Leitungsorganen von großen und hochkomplexen Gesellschaften mit vielfältigen Arbeitsgebieten (Re Produce Marketing Consortium Ltd (N.2) (1989) BCLC 520). 285 Bei einem Geschäftsführer, der über überdurchschnittliche Fähigkeiten verfügt, erhöhen sich die Anforderungen bei der Frage nach einer Sorgfaltspflichtverletzung dementsprechend (vgl. auch Fox/Bowen S. 303). 286 Die Beweislast, dass der Geschäftsbetrieb von den Verantwortlichen in einer für diese erkennbar ausweglosen Situation fortgeführt wurde, obliegt aber weiterhin dem Antragsteller; zu dem Vorschlag des Cork Comittee zu einer weitergehenden Beweislastumkehr im Rahmen von s. 214 IA 1986 gerade in Hinblick auf Muttergesellschaften vgl. Wolf, Konzernhaftung (1995), S. 112. 287 Palmer,s Company Law 24. Aufl. 88.84 A, 25. Aufl. 15.460. 288 Allerdings ist in anderer Hinsicht der Anwendungsbereich der s. 214 enger als derjenige der s. 213: Neben dem bereits erwähnten Vorteil, dass beim „fraudulent trading" jedes Liquidationsverfahren genügt, ist auch der Adressatenkreis von s. 213 weiter gefasst („alle an der Geschäftsfortführung Beteiligten"), so dass unter gewissen Umständen sogar die Gläubiger selbst der Bestimmung unterliegen können, vgl. Prentice, Group trading S. 78 f. 289 Prentice, Connecticut Journal in Intl .Law 1999, 305, 326 f. 290 Cooke/Hicks, J.B.L.1993, 350. 291 Re Produce Marketing Consortium (No.2) (1989) BCLC 520; DKG Contractors (1990) BCC 903 sowie Re Purpoint Ltd. (1991) BCC 121. 292 Re Hydrodam (Corby) Ltd (1994) BCC 161; Re Unisoft Group Ltd. (No.2) (1994) BCC 766; Re PFTMZ (1995) BCC 280. 293 (1995) BCC 40.

538

Kapitel

V: Die Haftung

einer Muttergesellschaft

nach englischem

Recht

nicht unverantwortlich gehandelt hätten, da sie sich auf den erfahrenen „executive director" hätten verlassen dürfen 294 . Auch dürfe von der Tatsache, dass die Gesellschaft insolvent ist, noch nicht darauf geschlossen werden, dies sei für die directors vorhersehbar gewesen. Teilweise wurde diese Entscheidung dahingehend interpretiert, dass s. 214 IA 1986 an die rigide Vorschrift des s. 213 IA 1986 angeglichen zu werden droht 2 9 5 , womit dieses Vorschrift auch für eine Haftung in der Unternehmensgruppe weitgehend an Bedeutung verlieren würde 296 . Erfasst werden können auf diesem Wege überdies nicht die Pflichtverstöße der Verantwortlichen, die die Company in die Insolvenz geführt haben, sondern nur solche Pflichtwidrigkeiten, die danach erfolgt sind 297 . Geschützt werden soll nur das angesichts der drohenden Insolvenz in den Vordergrund rückende Interesse der Gläubiger, ihren Schaden wenigstens auf das Minimum zu beschränken.

a) Normadressaten

und Anwendbarkeit

auf

Muttergesellscbaften

Entscheidende Frage im hier interessierenden Zusammenhang ist natürlich, wann eine Muttergesellschaft nach dieser Vorschrift haftbar gemacht werden kann 298 . Normadressat sind die Direktoren bzw. ehemaligen Direktoren einer Gesellschaft. Zwar kann eine Muttergesellschaft, sofern die Satzung der Tochtergesellschaft die Ernennung einer juristischen Person als director nicht ausdrücklich ausschließt, als rechtmäßiges Leitungsorgan ihrer subsidiary fungieren 299 . Zumeist machen Obergesellschaften von dieser Möglichkeit jedoch keinen Gebrauch. Erfasst werden aber auch faktische Leitungsorgane. Der „de facto director"300, wird vom common law weitgehend dem rechtmäßigen Geschäftsleiter gleichstellt 301 und unterliegt ohne weiteres auch der Haftung nach s. 214 IA 1986. Allerdings ist, wie bereits hervorgehoben wurde 302 , von einer Position als de facto director nur auszugehen, (1995) B C C 40, 55. McKenzie, Juridical Review (1995), 519, 525 f. 2 9 6 Vgl. auch Bloß, Die Unternehmensgruppe im englischen und deutschen Recht der Kapitalgesellschaften (1999), S. 94. 297 Prentice, Connecticut Journal of Intl Law (1999), 438. 2 9 8 Anders als etwa im australischen Recht (s. 588 V Australian Corporation Law) findet sich im englischen Recht keine ausdrückliche Regelung darüber, dass eine Muttergesellschaft für die Schulden der Tochtergesellschaft einzustehen hat, wenn diese im insolventen Zustand weiter im Wirtschaftsverkehr auftritt (vgl. Ramsay, Connecticut Journal of Intl. Law (1999) S. 472 ff.). 2 9 9 Gemäß s. 289 (1) (b) C A 1985 können, anders als in Deutschland, auch juristische Personen Geschäftsführer einer Company sein. 3 0 0 Diese Rechtsfigur dürfte in etwa dem faktischen Geschäftsführer des deutschen Rechts entsprechen. 301 Teilweise werden die Vorschriften bzgl. Geschäftsführern insgesamt auf den de facto angewandt ( R e Eurostem Maritime Ltd. (1987) P.C.C. 190; Re Canadian Land Reclaiming and Colonizing Co (1880) 14 C h D 660; Re New Par Consols Ltd (1898) 1 Q B 573, Morris v Kanssen (1946) A C 4 5 9 , 4 7 1 ; auch in der Entscheidung Re Hydrodam (Corby) Ltd. (1994) B C C 161, stellte Millet J. fest, dass ein de facto director auch haftungsrechtlich dem rechtmäßig bestellten director gleichstellt ist; zur Haftung einer Muttergesellschaft als „de facto director" vgl. Re Bulawayo Market und Offices Co. Ltd (1907) 2 Ch 458 (462); für die Frage der Anwendbarkeit entsprechender Vorschriften auf den Einzelfall abstellend allerdings Re Lo-Line Ltd. (1988) 1 Ch 489. 294 295

302

Vgl. oben S. 527 f.

§ 13: Die Haftung

des herrschenden

Unternehmens

539

wenn jemand nach außen hin den Anschein erweckt hat, er sei Direktor der Tochtergesellschaft. Bloße „organisatorische Verflechtungen", wie etwa identische Leitungsorgane oder die Einbindung der Geschäftsführung der Tochtergesellschaft in die Geschäftpolitik des Gesamtkonzerns durch Vorgabe von finanziellen und unternehmerischen Richtlinien für die subsidiary reichen insoweit nicht. Die Grenze wird i.d.R. erst dort überschritten sein, wo die Muttergesellschaft direkt die konkreten Einzelheiten der „Alltagsgeschäftsführung" bestimmt 303 . Ein solcher Fall wird allenfalls in Ausnahmefällen vorliegen 304 . Neben dem faktischen Direktor kennt das englische Gesellschaftsrecht aber auch die Rechtsfigur des Schattendirektors. So bestimmt Art. 7 des s. 214 IA 1986, dass nicht nur die ordnungsgemäß bestellten Geschäftsführer, sondern auch „shadow directors" von der Haftung des wrongful trading erfasst werden können. Kann eine Muttergesellschaft als shadow director qualifiziert werden, muss sie im Falle einer Insolvenzgefährdung der Tochtergesellschaft über das board of directors auf die Stellung eines Liquidationsantrags hinwirken, um sich nach s. 214 (4) IA 1986 entlasten zu können. Nach der Legaldefinition in s. 251 IA 1986 ist als Schattendirektor anzusehen, wessen Weisungen oder Instruktionen von den ordnungsgemäß bestellten Direktoren einer Gesellschaft für gewöhnlich beachtet werden, wobei allerdings Personen ausgenommen sind, deren Rat die Geschäftsführer aufgrund ihrer beruflichen Befähigung einholen 305 . Da im Insolvency Act eine Ausnahmeregelung, wie sie nach s. 741 (3) C A 1985 besteht 306 , nicht existiert, fallen auch Muttergesellschaften hierunter 307 . Eine Muttergesellschaft wird folglich dann von dieser Vorschrift erfasst, wenn sie in ausreichendem Maße die Geschäftsleitung ihrer Tochtergesellschaften organisatorisch einbindet und so für deren Geschäftsführung maßgeblich ist 308 . Damit übernimmt s. 214 IA 1986, wie die action en comblement du passif des französischen Rechts 309 , Funktionen, die im deutschen Recht von der überwiegenden Auffassung in Literatur und Rechtsprechung dem Konzernrecht zugewiesen werden. Schwieriger zu beantworten ist die Frage, ab welchem Grad der Einflussnahme eine Muttergesellschaft als „shadow director" zu qualifizieren ist. Anders als beim de facto director, der sich dadurch definiert, dass er wie ein rechtmäßiges Leitungsorgan agiert, muss ein shadow director nur über den rechtmäßigen Geschäftsführer Goode, S. 197. Zum Problem, im Rahmen des Art. 180 des französischen Insolvenzgesetzes (nun Art. L. 624-3 Code de Commerce) einer Muttergesellschaft ihre Eigenschaft als „dirigeant de fait" nachzuweisen, Wolf, Konzernhaftung (1995), S. 54 f. 305 Hadden, Gesellschaftsrecht der Konzerne im internationalen Vergleich S. 34. 306 Vgl. oben S. 529. 307 Weiss, Group trading S.96; Wilkinson (1987) 8 Company Lawyer, 127; missverständlich insoweit Druey, Gutachten H für den 56. Deutschen Juristentag A.H. 28 Anm. 148. 308 Collins (1990) 53 M.L.R. 741; Hadden, Gesellschaftsrecht der Konzerne im internationalen Vergleich S. 334; Weiss, Group trading S. 96; Tunc, Groups of Companies (1991), S. 2. 309 Art. L. 624-3 des Code Commerce hat allerdings bei nachteiligen Geschäftsführungsmaßnahmen den größeren Anwendungsbereich, da er allgemein bei nachteiligen Geschäftsführungsmaßnahmen eingreifen kann, während s. 214 IA 1986 den besondern Fall der Fortführung einer konkursreifen Gesellschaft zum Gegenstand hat. 303

304

540

Kapitel

V: Die Haftung

einer Muttergesellschaft

nach englischem

Recht

handeln, d.h. auf diesen maßgeblich einwirken 310 . Im Gegensatz zu einem de facto director bleiben Schattendirektoren damit gerade hinter den ordnungsgemäß bestellten Direktoren verborgen 311 . Die bloße Abhängigkeit hat indes noch keine Rechtsfolgen. Zwar wird teilweise eine Vermutung dahingehend angenommen, dass eine für die Eigenschaft der Konzernmutter als shadow director ausreichende Einflussnahme vorliege, wenn man es mit einer l00%igen Tochtergesellschaft zu tun hat oder die Direktoren der Mutter- und Tochtergesellschaft identisch sind 312 . Hiergegen spricht allerdings, dass von einer vom Cork- Committee bei der Vorbereitung des Insolvency Act befürworteten Einführung einer speziellen Vermutungsregel für Unternehmensgruppen im Gesetz gerade abgesehen wurde 313 . Offensichtlich erschien dem englischen Gesetzgeber eine solche als zu weitgehend. Erforderlich ist vielmehr eine gewisse Regelmäßigkeit, Institutionalisierung bzw. Dichte der Einflussnahme. Wie detailliert die „Weisungen" sein müssen, die der Tochtergesellschaft von Seiten der Muttergesellschaft erteilt wurden, um die Schwelle zum shadow director zu überschreiten, sagt die Vorschrift indes nicht 314 . In Sachen Re Hydrodam (Corby) Ltd. wies Miller J. in einem „obiter dictum" darauf hin, dass um von einen shadow director sprechen zu können, dieser den ordentlich bestellten Geschäftsführern Anweisungen gegeben haben müsse, wie in Bezug auf die Gesellschaft zu handeln sei, und diese müssten auch entsprechend gehandelt haben. Zudem müssten sie daran gewohnt sein, den Weisungen zu folgen. Die Geschäftsleitung müsse insgesamt ein Verhaltensmuster zeigen, dass sie Re Hydrodam (Corby) Ltd. (1994) B C L C 180 (183). Vgl. hierzu Millet J.in Re Hydrodam (Corpy) Ltd. (1994) B C C 161, 163: „He lurks in the shadows, sheltering behind others who, he claims, are the only directors to the exclusion of himself. 3 1 2 Vgl. Prentice, Konzernrecht im Ausland S. 106; ders. Groups of Companies S. 78; im Rahmen seiner Analyse, ob der Augustus Barnett-Fall unter s. 214 anders zu beurteilen gewesen wäre, scheint Prentice jedoch nicht von einer derartigen s. 214 inhärenten - Vermutungsregel auszugehen. Vielmehr macht er hier die Beurteilung, ob die Rumusa shadow director der Augustus Barnett war, davon abhängig, ob diese titsächlich die Geschäftsführung der Tochtergesellschaft detailliert kontrolliert habe, a.a.O. S. 78. Der Umstand, dass er hierüber nur „spekulieren könne", macht deutlich, dass auch er davon ausgeht, dass im gerichtlichen Verfahren im Rahmen der Tatsachenerhebungen ein entsprechender Nachweis hätte erbracht werden müssen; zweifelnd im Hinblick darauf, dass das Maß einer entsprechenden Einflussnahme in die Geschäftspolitik nicht ausreichend dargelegt worden war, ders. auch in (1987) 103 L . Q . R . 13 f. 3 1 3 Nach dieser sollte die Muttergesellschaft - sofern sie für die Ernennung des board of directors der subsidiary verantwortlich war oder wenn die Leitungsgremien der beiden Gesellschaften mit denselben Personen besetzt waren - als shadow director gelten, bis das Gegenteil nachgewiesen worden sei (Cork Report S. 437 N.1938). 3 1 4 Die Direktoren der Muttergesellschaft selbst werden, solange sich ihre Einflussnahme auf die Abstimmung bei board-meetings der eigenen Gesellschaft beschränkt, allerdings als bloßes Organ der eigenen Gesellschaft tätig, womit sie nicht persönlich gegenüber der Tochtergesellschaft zur Verantwortung gezogen werden können. Anderes gilt allenfalls dann, wenn einzelne Direktoren unmittelbare Anweisungen gegenüber nachgeordneten Gesellschaften erlassen haben (Re Hydrodam (Corpy) Ltd (1994) B C C 161, 163 ff. per Millet ].). Demgegenüber hatte der Konkursverwalter der „Hydrodam Ltd." versucht, die persönliche Verantwortlichkeit nach s. 214 allein auf die Tatsache zu stützen, dass die betreffenden Personen rechtmäßige directors der Muttergesellschaft waren. 310

311

§ 13: Die Haftung

des herrschenden

Unternehmens

541

n i c h t v o n i h r e m eigenen E r m e s s e n G e b r a u c h m a c h e , s o n d e r n in Ü b e r e i n s t i m m u n g m i t den A n w e i s u n g e n der M u t t e r g e s e l l s c h a f t h a n d e l e 3 1 5 . A l s e n t s c h e i d e n d w i r d m a n h e u t e indes a n s e h e n m ü s s e n , o b die M u t t e r g e s e l l s c h a f t s y s t e m a t i s c h in die G e s c h ä f t s f ü h r u n g der T o c h t e r g e s e l l s c h a f t e i n g r e i f t 3 1 6 . A l l e i n die T a t s a c h e , dass der T o c h t e r g e s e l l s c h a f t w e i t e r e F i n a n z m i t t e l z u r V e r f ü g u n g gestellt w e r d e n u n d d a m i t a u c h auf die F o r t f ü h r u n g der G e s c h ä f t e e i n g e w i r k t w u r d e , genügt a b e r n i c h t 3 1 7 . A l l e i n n i c h t a u s r e i c h e n d ist es auch, w e n n der G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g in A b w e i c h u n g zu A r t . 7 0 der M u s t e r s a t z u n g des T a b l e A 3 1 8 des C A ein allgemeines W e i s u n g s r e c h t 3 1 9 der G e s e l l s c h a f t e r v o r s i e h t 3 2 0 . G l e i c h e s gilt, w e n n die M u t t e r g e s e l l s c h a f t i h r e n E i n f l u s s n u r bei g r u n d l e g e n d e n E n t s c h e i d u n g e n ausübt, da die B e t e i l i g u n g der G e s e l l s c h a f t e r in d i e s e m Fall a l l g e m e i n ü b l i c h i s t 3 2 1 . T e i l w e i s e w i r d gar die A u f f a s s u n g v e r t r e t e n , eine M u t t e r g e s e l l s c h a f t sei erst d a n n als shadow

director

zu

klassifizieren, w e n n sie r e g e l m ä ß i g in die D e t a i l s der A l l t a g s g e s c h ä f t s f ü h r u n g der subsidiäry

e i n g r e i f e 3 2 2 . D i e E i n b i n d u n g der T o c h t e r g e s e l l s c h a f t in die G e s c h ä f t s -

p o l i t i k der M u t t e r g e s e l l s c h a f t m i t t e l s allgemein g e h a l t e n e r W e i s u n g e n b l i e b e d a n a c h v o n der H a f t u n g unerfasst, a u c h w e n n m a n v o n Seiten der O b e r g e s e l l s c h a f t v e r s u c h t , die d i e s b e z ü g l i c h e n V o r s t e l l u n g e n auf „ u n t e r s c h w e l l i g e m " W e g e d u r c h 3 1 5 Im Fall Re Hydrodam (Corby) Ltd. (1994) B C L C 180 konnte die Frage, ob die Muttergesellschaft als shadow director ihrer (Ur-)Enkelgesellschaft zu qualifizieren sei, allerdings dahinstehen. Unzweifelhaft ist aber, dass, wenn eine holding Company einmal im „kritischen" Zeitraum die Schwelle zum „Schattendirektor" überschritten hat, sie ihre Verantwortlichkeit nach s.214 nicht mehr dadurch abwenden kann, dass sie später weitere Einflussnahmen unterlässt, Prentice, Group trading S. 78. 3 1 6 Nach der Entscheidung Secretary of State for Trade and Industry v. Deverell (2001) Ch. D. 340 ist maßgebend, wer „wirklichen Einfluß" auf die Geschäftsführung ausübt. 317 Prentice, (1987) 103 L.Q.R., 13; in Re A Company, ex parte Copp (1989) B C L C 13, der ersten Entscheidung, in der der Begriff des shadow directors in diesem Zusammenhang eine Rolle spielte, wurde allerdings die Frage aufgeworfen, ob eine Bank, die in Krisensituationen einen erheblichen Einfluss auf die Geschäfte des Unternehmens genommen hat, als shadow director angesehen werden kann; entschieden wurde diese Frage letztendlich zwar nicht, da es in der Hauptsache hierauf nicht ankam, sie führte allerdings zu einiger Unruhe im Bankbereich (vgl. hierzu etwa Millet J, „Shadow Directorship - a Real or lmagined Threat to Bank?", plc 1991, 14 f.). 3 1 8 Die Mustersatzung in Table A wird zum Inhalt der articles einer private Company by shares sowie einer public Company, wenn bei der Gründung keine anderslautenden articles vorlegt werden (vgl. s. 8 (2) C A 1985). 3 1 9 Ohne die satzungsmäßige Begründung eines solchen Weisungsrechts können Weisungen nach Art. 70 nur aufgrund einer „spezial resolution" erteilt werden. Diese erfordert allerdings eine 3/4 Mehrheit sowie eine Ankündigung von 21 Tagen vor der Abstimmung (s. 378 (2) CA 1985). 3 2 0 So aber Schuberth, Konzernrelevante Regelungen im britischen Recht (1997), S. 195, der meint, da das Company law kein Weisungsrecht der Gesellschafter bezüglich der Geschäftsführung vorsehe, könne, wenn ein solches in der Satzung verankert werde, es nicht darauf ankommen, ob die Direktoren auch daran gewöhnt seien, sich an diese Weisungen zu halten. Nach seiner Auffassung spricht gar im Fall, dass dem herrschenden Unternehmen Sonderrechte wie das Recht zu jederzeitigen Abberufung eingeräumt wurden, eine Vermutung für eine Stellung als Schattendirektor. 3 2 1 Vgl. auch Millet /.in Re Hydrodam (Corpy) Ltd. (1994) B C C 161, 165. 322 Hicks, (1993) 14 Co. Lawyer, 59; ähnlich Collins, (1990) 53 M.L.R., 741.

542

Kapitel

V: Die Haftung

einer Muttergesellschaft

nach englischem

Recht

zusetzen, ohne freilich im Hinblick auf Einzelentscheidungen konkrete Weisungen zu erteilen 323 . Teilweise wird daher auch angezweifelt, dass s. 214 IA tatsächlich eine bedeutende Verbesserung des Gläubigerschutzes im Rahmen von Abhängigkeitsverhältnissen darstellt324. Um von einer systematischen Einflussnahme sprechen zu können, wie sie von der Rechtsprechung verlangt wird, bedarf es allerdings nicht notwendig Einwirkungen auf die Details des Alltagsgeschäfts325. Die Anweisungen müssen auch nicht die gesamte Geschäftigkeit erfassen. Es ist auch davon auszugehen, dass die Geschäftsleitung einer abhängigen Gesellschaft die Weisungen ihrer Muttergesellschaft befolgen wird, auch ohne hierzu verpflichtet zu sein 326 . Im Übrigen wird die Muttergesellschaft angesichts der Pflichten zur Konzernrechnungslegung und der selbst in „locker organisierten" Unternehmensgruppen üblichen Praxis, monatlich oder vierteljährlich einen Bericht über die finanzielle Lage der Tochtergesellschaft einzuholen, auch regelmäßig die im Rahmen der s. 214 IA erforderliche Kenntnis über die wirtschaftliche Situation haben bzw. haben müssen. Die Bedeutung des s. 214 IA 1986 sollte als Grundlage einer Inanspruchnahme der Muttergesellschaft daher auch nicht unterschätzt werden. b) Umfang der

Ersatzpflicht

Die Festsetzung des Umfangs der in das Gesellschaftsvermögen zu leistenden Ausgleichszahlung findet auf Antrag des liquidatorsnl auf der Grundlage einer richterlichen Ermessensentscheidung statt 328 . Dem Gericht steht insoweit ein weiter Ermessensspielraum zu 329 . Die hier statuierte Haftung hat allerdings, anders als s. 213 IA 1986, keine Pönalisierungs-, sondern vor allem Kompensationsfunktion 330 . Grundsätzlich werden die Gerichte den Verantwortlichen daher nur zum Ersatz des durch das beanstandete Verhalten eingetretenen Schadens verurteilen. Eine generelle Haftung für alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft findet nicht 323 Insoweit weist Druey im Zusammenhang mit der parallelen Problematik im französischen Recht aber darauf hin, dass in der Praxis des Unternehmensverbundes die klassischen Leitungsmechanismen - wie förmliche Weisungen - gar nicht erforderlich sind, sondern durch bloße „Informationsweitergabe" ersetzt werden können (Gutachten H v. 59. Dt. Juristentag H 41). 324 Wolf Konzernhaftung (1995), S. 112. 325 Nach der Ansicht von Prentice kommen in der Praxis zwischen verbundenen Unternehmen systematische Einflussnahmen auch häufig vor (vgl. Connecticut Journal of IntL Law (1999), 403, 414, wobei Prentice das Konzept des Wrongful trading in diesem Zusammenhang allerdings auch noch ausbauen möchte). 326 Vgl. auch Forum Europaeum Konzernrecht, Z G R 1998, 672, 757 m.w.N. 327 Abweichend von den Vorschlägen des Cork Comittee, wonach jeder Gläubiger antragsberechtigt sein sollte (Cmmd. 8558, S.404, N.1806 (2)), steht das Klagerecht nach s. 214 ausschließlich dem Konkursverwalter zu. 328 Neben einer Ausgleichszahlung kann das Gericht auch weitere Bestimmungen treffen, die ihm zur Durchsetzung seiner Entscheidung geeignet erscheinen, insbesondere die Anordnung eines dinglichen Sicherungsrechts an Ansprüchen des directors gegen die Gesellschaft (s. 215 (2) (a) IA 1986) bzw. weitere Anordnungen, die zur Verwirklichung eines solchen Sicherungsrechts erforderlich sind (s. 215 (2) (b) IA 1986). 329 Palmers Company Law 24. Aufl. 88-84 A, 25. Aufl. 15.460. 330 Knox]., Re Produce Marketing Consortium Ltd. (No.2), (1989) B C L C 520, 553.

§ 13: Die Haftung des herrschenden

Unternehmens

543

statt. Die Haftung der Verantwortlichen ist allerdings auch nicht auf diejenigen Schulden beschränkt, die erst im R a h m e n der haftungsauslösenden Fortführung des Geschäftsbetriebes nach dem „kritischen" Zeitpunkt 3 3 1 entstanden sind, sondern sie kann auch frühere Schulden der Gesellschaft umfassen 3 3 2 . D i e A n w e n dung von s. 2 1 4 I A ist nicht vom Nachweis eines konkreten, der Gesellschaft oder ihrer Gläubiger entstandenen Schadens abhängig 3 3 3 . Wenngleich bei der Auslegung des s. 214 I A grundsätzliche Einigkeit darüber besteht, dass die Funktion der Vorschrift „compensatory

rather

than penal"

sei und die Verurteilung sich daher an

dem durch die fehlerhafte Unternehmensfortführung entstandenen Schaden der (Alt- und N e u - 3 3 4 ) Gläubiger zu orientieren hat 3 3 5 , können die Gerichte einen director

auch zur Zahlung eines den durch die Fortführung verursachten Schaden

deutlich übersteigenden Betrages verurteilen. Grundsätzlich erhalten Altgläubiger aber nur den Schaden ersetzt, den sie aufgrund der verspäteten Konkursanmeldung erlitten haben 3 3 6 . Eine weitergehende Haftung hält man für unangemessen, da die Gläubiger sonst besser gestellt würden, als sie stünden, wenn sich die

direc-

tors pflichtgemäß verhalten hätten 3 3 7 . O b Neugläubiger, deren Forderung erst nach dem für die Antragstellung maßgeblichen Zeitpunkt entstanden sind, Anspruch auf den vollen Schadensersatz haben 3 3 8 , ist, soweit ersichtlich, noch nicht entschieden worden 3 3 9 . Die Zahlung ist in das Gesellschaftsvermögen zu leisten 3 4 0 , was eine gleichmäßige Befriedigung 3 4 1 sichert 3 4 2 .

3) Sonstige Instrumente

zum Schutz der Gläubiger

in der

Insolvenz

Zum Schutz der Gläubiger einer abhängigen Gesellschaft weist das englische Recht aber auch andere Instrumente auf 3 4 3 . Zwar kennt man keine grundsätzliche Nachrangigkeit von Gesellschafterdrittforderungen. Mit Ausnahme des Mindest331 D.h. der Zeitpunkt der Kenntnis oder des Kennenmüssens von der aussichtslosen Lage der Gesellschaft. 332 Re Purpoint Ltd. (1991) BCC 121(129); Palmer's Company Law, 25. Aufl. 15.460. 333 „... the court, on the application of the liquidator, may declare that that person is to be liable to make such contribution (ifany) to the company's assets as the court thinksproper" (s. 214 (1), letzter Teilsatz). 334 Siehe zur Einbeziehung des den Altgläubigern durch die Unternehmensfortführung entstandenen Schadens Gower, Principéis of Modern Company Law, 5. Aufl. (1992), S. 114 f. 335 Gower, Principéis of Modern Company Law, 5. Aufl. (1992), S. 114 (Fn. 49); Palmer's Company Law Reporter, November 1989 Nr. 226; Palmer's Company Law Reporter 2/1990 Nr. 64. 336 Dies kann mit dem Quotenschaden im deutschen Recht verglichen werden. 337 McKenzie, Juridical Review 1995, 519, 531. 338 McKenzie, Juridical Review 1995, 519, 531. 339 Forum Europaeum, ZGR 1998, 672, 756. 340 Dies entspricht dem deutschen Innenhaftungs-Modell. 341 Die „contribution order" soll den ungesicherten Gläubigern zugute kommen, weshalb entsprechende Ausgleichzahlungen vom Insolvenzverwalter treuhänderisch für diese zu verwalten sind (vgl. hierzu auch Höfling, Das englische internationale Gesellschaftsrecht (2002), S.230 m.w.N.). 342 McKenzie, Juridical Review 1995, 519, 531. 343 Die Gläubiger haben grundsätzlich allerdings kein eigenes Klagerecht. Sie können je-

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V: Die Haftung

einer Muttergesellschaft

nach englischem

Recht

kapitals bei der public Company haben die Gründer bei der Kapitalisierung ihrer Gesellschaft einen weiten Spielraum. Dementsprechend kann eine Muttergesellschaft ihre Tochtergesellschaften auch mit Fremdkapital in Form von gesicherten und damit in der Insolvenz bevorrechtigten Krediten ausstatten, so dass sie bei der Abwicklung der Tochtergesellschaft grundsätzlich an der Spitze der Gläubiger steht 344 . Dieser Möglichkeit werden durch s. 215 (4) IA 1986 aber Grenzen gesetzt 3 4 5 . Mit s. 215 (4) IA 1986 ist dem Gericht die Möglichkeit eröffnet worden, einen Teil der oder alle Forderungen, die einer nach s. 213 oder s. 214 IA 1986 haftbar zu machenden Person gegen das insolvente Unternehmen zustehen, im Rang gegenüber allen anderen Forderungen zurückzustufen 346 . Auch diese Vorschrift erlangt im Konzernzusammenhang besondere Bedeutung 347 . Erfasst werden mit dieser Regelung allerdings nicht Forderungen, die, wie insbesondere in der Gesellschaft belassene Dividenden, ihren Grund im Mitgliedschaftsverhältnis der Muttergesellschaft finden, da diese nach s. 74 (2) (f) IA 1986 gegenüber anderen ohnehin nachrangig sind 348 .

doch, wenn sich die Gesellschaft in der Abwicklung befindet, bei Gericht beantragen, Geschäftsleiter bzw. Verwalter zu Schadensersatzleistungen zu verurteilen, wenn diese ihre Pflichten gegenüber der Gesellschaft verletzt haben, s. 212 (1) i.V.m. (3) IA 1986. 344 Muscat, The liability of the Holding Company (1996), S.321; Prentice, in Groups of Companies in European Laws, Hopt (Hrsg.) S. 99, 106; Schulte, The Company Lawyer, 1997 S. 2; nach englischem Recht werden die gesicherten Gläubiger vor den ungesicherten Gläubigern und unter den gesicherten nach dem Prioritätsprinzip die zuerst gesicherten vor den später gesicherten befriedigt. 3 4 5 In s. 215 (4) IA 1986 hat die in der amerikanischen Rechtsprechung entwickelte „doctrine ofpostponement" Niederschlag gefunden, dazu Landres, UChiLRev 43 (1975/76), S. 527, 536 ff. 3 4 6 Forderungen des Cork Committee, im Falle der Liquidation einer Gesellschaft alle Verbindlichkeiten, die Langzeitkapital der Gesellschaft darstellen und deren Gläubiger mit der Gesellschaft verbunden sind, nachrangig gegenüber außenstehenden Gesellschaftsgläubigern zu befriedigen, wurden so nicht übernommen (Report of the Review Committee, 1982, Cmnd 8558, Rn. 1963, Rn. 1959); auch in der englischen Literatur wird es teilweise aber angekreidet, dass nicht bereits die unteren Gerichte im Falle Salomons, anstatt einfach bei Vorliegen einer Einmann-Gesellschaft einen Fall von Agency anzunehmen, eine ausdifferenzierte Doktrin der Nachrangigkeit solcher Kredite entwickelt haben, die einer Gesellschaft von ihren Gesellschaftern in einer Zeit gewährt werden, in der sie nach Billigkeitserwägungen in die Gesellschaft hätten Kapital investieren müssen.; gleichzeitig wird aber auch darauf hingewiesen, dass das englischen Insolvenzrecht keine Regelung enthält, die es wie das U.S. amerikanische Recht ermöglicht, aufgrund Billigkeitsprinzipien eine Nachrangigkeit solcher Forderungen anzunehmen (Prentice, Florida Journal of International Law 1996, Vol. 10 S. 469, 472 f.). 3 4 7 Vgl. auch Schuberth, Konzernrelevante Regelungen im britischen Recht (1997), S. 199 unter Hinweis darauf, dass es sich hier um eine eingeschränkte Realisierung des vom CorkCommittee vorgeschlagenen Grundsatzes der Subsidiarität von konzerninternen Forderungen in der Insolvenz handelt. 3 4 8 Nach s. 74 (2) f) IA 1986 sind Gesellschaftsmitglieder mit ihren durch „Dividenden, Gewinne oder sonstwie entstandenen Forderungen" - sofern diese dem Gesellschafter in seiner Eigenschaft als Gesellschaftsmitglied zustehen - gegen eine in der Abwicklung befindliche Gesellschaft den außenstehenden Gläubigern nachgestellt; vgl. hierzu auch Re L.B. Holliday & Co. Ltd. (1986) B C L C 227: Dort waren bei einer vollständig abhängigen Gesellschaft (wholly owned suhsidiary) die Dividenden nicht an die Obergesellschaft ausgezahlt, sondern von der Tochter als „Betriebsmittel" in ihrem Unternehmen verwendet worden. Nachdem die Tochter

§ 13: Die Haftung

des herrschenden

Unternehmens

H e r v o r z u h e b e n ist a b e r auch die R e g e l u n g in s. 2 3 8 I A ( t r a n s a c t i o n s atan value)349.

545 under-

N a c h s. 2 3 8 I A 1 9 8 6 k ö n n e n i m Fall der I n s o l v e n z einer G e s e l l s c h a f t alle

G e s c h ä f t e der letzten z w e i J a h r e (s. 2 4 0 (1) I A 1 9 8 6 ) , die v o n der G e s e l l s c h a f t m i t einer v e r b u n d e n e n P e r s o n o h n e a n g e m e s s e n e G e g e n l e i s t u n g eingegangen w u r d e n 3 5 0 , auf A n t r a g v o m G e r i c h t für ungültig erklärt w e r d e n 3 5 1 , w o r a u f h i n die erb r a c h t e n L e i s t u n g e n z u r ü c k z u ü b e r t r a g e n sind bzw. der M e h r w e r t zu e r s e t z e n i s t 3 5 2 . A u f dieser G r u n d l a g e k a n n f o l g l i c h auch eine M u t t e r g e s e l l s c h a f t , die innerhalb eines Z e i t r a u m s v o n 2 J a h r e n v o r E r ö f f n u n g des I n s o l v e n z v e r f a h r e n s 3 5 3 Verm ö g e n s g ü t e r der G e s e l l s c h a f t o h n e o d e r o h n e gleichwertige G e g e n l e i s t u n g e m p fangen hat, v e r p f l i c h t e t w e r d e n , die V e r m ö g e n s l a g e der G e s e l l s c h a f t w i e d e r so herzustellen, wie sie v o r der V e r m ö g e n s v e r s c h i e b u n g b e s t a n d e n h a t 3 5 4 . A l s b e s o n d e r e s P r o b l e m w i r d in d i e s e m Z u s a m m e n h a n g allerdings die B e w e r t u n g herausgestellt. N e b e n den S c h w i e r i g k e i t e n , in u n d u r c h s i c h t i g e n K o n z e r n b i n n e n s t r u k t u r e n ü b e r haupt eine „transaction

at an undervalue"

festzustellen, wird zu b e d e n k e n gege-

b e n , dass d e m in e i n e m E i n z e l g e s c h ä f t b e n a c h t e i l i g t e n K o n z e r n u n t e r n e h m e n an a n d e r e r Stelle als A u s g l e i c h b e s o n d e r e V e r g ü n s t i g u n g e n d u r c h a n d e r e G r u p p e n m i t g l i e d e r z u g e f l o s s e n sein k ö n n e n b z w . die f r a g l i c h e G e s e l l s c h a f t v o m will"

„good-

des G e s a m t k o n z e r n s p r o f i t i e r t h a b e n k a n n , d e m w i e d e r u m die b e t r e f f e n d e

M a ß n a h m e f ö r d e r l i c h w a r 3 5 5 . N a c h s. 2 3 8 (5) I A 1 9 8 6 k a n n die Ü b e r t r a g u n g a u c h n i c h t r ü c k g ä n g i g g e m a c h t w e r d e n , w e n n das G e r i c h t d a v o n ü b e r z e u g t ist, dass die

einige Zeit später in Konkurs fiel, forderte die Muttergesellschaft diese Gelder mit der Begründung zurück, sie seien der suhsidiary nur als Darlehen zur Verfügung gestellt worden. Das Gericht lehnte diese Umgehung von s. 74 (2) f) ab und betonte, dass die Gelder nur als Darlehen hätten qualifiziert werden können, wenn diesbezüglich eine ausdrückliche oder sonstwie erkennbare konkludente Willenseinigung nachzuweisen gewesen wäre, womit der Muttergesellschaft auf diesem Wege die Dividende von sieben Jahren entging, vgl. hierzu auch Prentice, Group trading S. 86 f.; grundsätzlich wird diese Regelung aber eng ausgelegt (Soden v. British & Commonwealth Holdings plc. (1996) 2 B C L C 207). 349 Hadden in Mestmäcker/Behrens S. 329, 336; ausführlich Hadden, Prentice und Weiß, Insolvency and the Group, in Group Tranding and the Lending Banker, hrsg. von G. M. Goode, Chartered Insitute of Bankers (1988), 71-108. 3 5 0 Hierher gehören auch Garantieerklärungen einer Tochtergesellschaft für andere gruppenzugehörige Gesellschaften ohne angemessene Gegenleistung (Prentice, Group trading S. 84). 3 5 1 Weitere Voraussetzung ist die Zahlungsunfähigkeit vor bzw. aufgrund des Geschäfts, wobei dies allerdings bei einer transaction at an undervalue mit einer verbundenen Person vermutet wird, bis das Gegenteil bewiesen ist (s. 240 (2) IA). 3 5 2 S.238 IA beschränkt sich auf die Wiederherstellung des diese Transaktionen betreffenden status quo ante, d.h. auf die Rückübertragung der erbrachten Leistungen bzw. auf den Ersatz des Mehrwerts (Prentice, Group trading S. 78; Wilkinson (1987) 8 Co. Lawyer, 128); eine allgemeine Haftung für die sonstigen Schulden der subsidiary kann deshalb auf Grundlage dieser Vorschriften nicht hergeleitet werden. 3 5 3 Der normale Zeitraum von 6 Monaten wird im Mutter-/ Tochterverhältnis nach s.240 (1) auf zwei Jahre ausgedehnt. 3 5 4 Zu einem Versuch der Tochtergesellschaft, Forderungen der Muttergesellschaft vor denen anderer Gläubiger zu befriedigen, vgl. etwa Re Sarflax Ltd. (1979) Ch. 592 = (1979) 2 W L R 202. 355 Prentice, Group trading S. 84.

546

Kapitel

V: Die Haftung

einer Muttergesellschaft

nach englischem

Recht

Gesellschaft das fragliche Geschäft gutgläubig und zum Zweck der Geschäftsfortführung vorgenommen hat und zu diesem Zeitpunkt davon ausgehen konnte, dass das Geschäft der Gesellschaft dienlich sei 356 , was gerade dann häufig der Fall sein wird, wenn die Untergesellschaft vom „goodwill" des Konzerns profitiert. Die Anfechtung einer in der nach s. 240 (1) IA „relevanten Zeit" 357 vor der Konkurseröffnung vorgenommenen Bevorzugung eines Gläubigers bei der Rückzahlung oder Sicherung eingegangener Verbindlichkeiten durch den Konkursverwalter erlaubt auch s. 239 IA 1986, sofern die Gesellschaft zum Zeitpunkt der Leistung entweder bereits zahlungsunfähig war oder durch sie zahlungsunfähig wurde (s. 240 (2) i.V.m. s. 123 IA 1986) 358 . Das Gericht kann in diesem Fall nach s. 239 (3) IA 1986 die notwendigen Anordnungen treffen, um die vorherige Rechtsposition wieder herzustellen. Auch im Verhältnis zwischen verbundenen Unternehmen kann das Gericht somit Leistungen, die die Tochtergesellschaft im Zeitraum von 2 Jahren vor ihrer Insolvenz an die Muttergesellschaft erbracht hat, für ungültig und damit rückzahlbar erklären, wenn der Obergesellschaft durch die Zahlung im Vergleich zu anderen Gläubigern der subsidiary eine bessere Position eingeräumt wird, als sie sie ohne diese Leistung innegehabt hätte 359 . Die erforderliche Absicht, den fraglichen Gläubiger mit der Leistung gegenüber den sonstigen Gesellschaftsgläubigern zu bevorzugen (s. 239 (5) Insolvency Act 1986), wird im Fall, dass der privilegierte Gläubiger eine „verbundene Person" ist, nach s. 239 (6) IA vermutet, bis das Gegenteil bewiesen ist 360 . Eine Widerlegung der Vermutung, dass die Tochtergesellschaft ihre Muttergesellschaft besser stellen wollte, wird in Fällen, in denen letztere im Vergleich zu außenstehenden Gläubigern nicht gleichbehandelt wurde, freilich kaum zu erbringen sein361. Erfasst werden von diesen Regeln nicht nur die Muttergesellschaft als Gesellschafterin der insolvent gewordenen Gesellschaft, sondern insbesondere auch Gesellschaften, die direkt oder indirekt von dieser kontrolliert werden (ss. 249 i.V.m. 435 I.A. 1986) 362 . Die Haftung beschränkt Wilkinson (1987) 8 Co. Lawyer, 128. Gegenüber verbundenen Personen und damit auch in Konzernverhältnissen besteht eine gegenüber der sonst üblichen sechsmonatigen Anfechtungsfrist eine verlängerte Zeitspanne von 2 Jahren (s. 240 (1) IA 1986). 358 Nach s. 245 IA 1986 ist überdies die Bestellung sog. floating charges (hierbei handelt es sich um ein besitzloses Pfandrecht über das gesamte gegenwärtige und künftige Gesellschaftsvermögen; näher dazu Triebel/Hodgson/Kellenter/Müller, Englisches Handels- und Wirtschaftsrecht, 2. Aufl. (1995), Rn. 331 ff) über das Gesellschaftsvermögen unwirksam, wenn die Gesellschaft zu dieser Zeit bereits insolvent war oder gerade durch die Sicherheitsbestellung insolvent wurde und die Sicherheitsbestellung aus dem Jahr vor der Eröffnung der Insolvenzverfahrens stammt (s. 245 (3) (b), (4) IA 1986). Gegenüber verbunden Unternehmen wird auch hier die Frist auf zwei Jahre verlängert. Auch kommt es nicht darauf an, ob die Gesellschaft bereits insolvent war. Hierdurch soll verhindert werden, dass kontrollierende Gesellschafter ein Mittel erhalten, um ihre Forderungen gegen die Gesellschaft bevorzugt durchsetzen zu können. 359 p r e n i i c e > Group trading S. 85. 360 Wooldridge, European Company laws S. 113. 361 Prentice, Group trading S. 85. 362 Als verbunden mit der Gesellschaft gelten nach s. 249 IA 1986 a) alle Direktoren und Schattendirektoren bzw. mit diesen verbundene Personen sowie b) „an associate of the Company". Letztere sind nach s. 435 (7) IA 1986 solche Personen, die allein oder zusammen mit an356

357

§ 13: Die Haftung

des herrschenden

Unternehmens

547

sich allerdings a u c h hier g r u n d s ä t z l i c h 3 6 3 auf die W i e d e r h e r s t e l l u n g des v o r der L e i s t u n g b e s t e h e n d e n Z u s t a n d s u n d s o m i t auf die b l o ß e R ü c k e r s t a t t u n g des b e t r e f f e n d e n V e r m ö g e n s g e g e n s t a n d s an die T o c h t e r g e s e l l s c h a f t . Einen Schutz vor sogenannten Phönix-Gesellschaften mit denselben Leitungso r g a n e n s e h e n s c h l i e ß l i c h ss. 2 1 6 , 2 1 7 I A 1 9 8 6 v o r 3 6 4 . S o h a f t e t n a c h d i e s e r R e g e lung, w e r i m Z e i t r a u m v o n 12 M o n a t e n v o r d e m K o n k u r s einer G e s e l l s c h a f t d e r e n director

o d e r shadow

director

war u n d innerhalb der nächsten fünf Jahre - u n m i t -

t e l b a r o d e r m i t t e l b a r - a n d e r G e s c h ä f t s l e i t u n g e i n e r a n d e r e n Company

teilnimmt,

d i e d e n s e l b e n N a m e n w i e d i e l i q u i d i e r t e G e s e l l s c h a f t t r ä g t (s. 2 1 6 ( 2 ) a I A ) , f ü r d i e V e r b i n d l i c h k e i t e n , die in der Z e i t e n t s t a n d e n sind, in d e n e n er an d e r e n M a n a g e m e n t b e t e i l i g t w a r ( s . 2 1 7 ( 3 ) I A ) 3 6 5 . G l e i c h e s g i l t , w e n n d i e n e u e Company

einen so

ä h n l i c h e n N a m e n 3 6 6 trägt, dass hieraus auf eine V e r b i n d u n g z w i s c h e n d e r a b g e w i c k e l t e n u n d d e r n e u e n G e s e l l s c h a f t g e s c h l o s s e n w e r d e n k a n n (s. 2 1 6 ( 2 ) b ) 3 6 7 .

III. Die Durchgriffshaftung

im common law

A b g e s e h e n v o n den in ihrer R e i c h w e i t e b e s c h r ä n k t e n gesetzlichen R e g e l u n g e n zur B e g r ü n d u n g einer H a f t u n g der Muttergesellschaft368, kann deren Einstandspflicht auch im englischen Rechtskreis auf allgemeinen R e c h t s g r u n d s ä t z e n

gegründet

deren assoziierten Personen die Gesellschaft kontrollieren. N a c h s. 435 (10) I A wird eine G e sellschaft von den Personen kontrolliert, auf deren Anweisungen ihre Direktoren gewöhnlich hören oder die direkt oder indirekt über mindestens 1/3 der Stimmanteile in der Gesellschafterversammlung verfügen. Im Übrigen gelten companies miteinander als assoziiert, wenn sie von der gleichen Person kontrolliert werden, der Inhaber der Kontrolle über die eine Gesellschaft mit dem Inhaber der Kontrolle über die andere verbunden ist oder beide Gesellschaften letztlich von der gleichen Personengruppe beherrscht werden, s. 435 (6) IA 1986. 3 6 3 Vgl. im Einzelnen s. 241 IA sowie allgemein s. 239 (3) IA 1986. 3 6 4 Geschützt werden sollen in erster Linie die Gläubiger der „ursprünglichen" Gesellschaft, die angesichts der neuen Gesellschaft über den Niedergang der alten Company hinweggetäuscht wurden und es deshalb unterlassen, die notwendigen Schritte zur Sicherung ihrer Forderungen zu unternehmen (Farrar's C o m p a n y Law S. 721 f.). 3 6 5 F ü r das allgemeine Problem, dass außenstehende Gläubiger aufgrund von Namensähnlichkeiten zweier Gesellschaften nicht erkennen, dass es sich um rechtlich verschiedene Gesellschaften handelt, sondern von einem Unternehmen ausgehen und im Vertrauen auf dessen Solvenz Verträge mit der Untergesellschaft abschließen, kann s.216 allerdings keinen Schutz bieten. 3 6 6 N i c h t völlig klar ist dabei aber, wie „ähnlich" sich die Namen von Ursprungs- und Nachfolgegesellschaft sein dürfen. 3 6 7 Zugleich stellt s. 216 (4) I A ein strafrechtliches Verbot auf. 368 jsjichj w e i t e r betrachtet werden hier vertraglich übernommene Verpflichtungen wie etwa Haftungsübernahmen oder Garantieerklärungen, entsprechendes gilt für harte Patronatserklärung (Vgl. dazu Apelt, D e r Konzern im englischen C o m p a n y Law (1984), S. 250; Brown J . B . L . 1990, 281; Schmitthoff J . B . L . 1980, 161; aus der Rechtsprechung vgl. etwa Re Augustus Barnett (1986) B C L C 170; Kleinwort Benson v. Malaysian Mining Corporation (1988) 1 All E R 714 Q B D ; reversed (1989) 1 All E R 785 (CA); hervorzuheben sei nur, dass früher solche Geschäfte häufig „ultra vires" waren, was mittlerweile nicht mehr der Fall ist ( B r o w n J . B . L . 1990, 281; vgl. dazu noch unten S. 619 ff.); nach s. 35 (2) C A bleibt die „ultra vires"-Lehre allerdings noch inso-

548

Kapitel

V: Die Haftung

einer Muttergesellschaft

nach englischem

Recht

sein, wenngleich die Maxime, dass auch verbundene Gesellschaften nur f ü r ihre eigenen Verbindlichkeiten haften, hier noch weitaus ernster genommen wird als in Deutschland 3 6 9 . Dennoch ist anerkannt, dass die rechtliche Selbständigkeit einer Gesellschaft, die der Haftung eines Unternehmensgesellschafters für deren Verbindlichkeiten prinzipiell entgegensteht, nicht absolut zu verstehen ist. A u c h der Grundsatz der seperate legal entity lässt Raum, um in Ausnahmefällen haftungsrechtlich auf die hinter der Gesellschaft stehenden Gesellschafter zurückzugreifen, wenn auch die Grundsatzentscheidung in Sachen Salomon370 in Rechtsprechung und Literatur vielfach im Sinne eines absoluten und unumstößlichen Durchgriffsverbots interpretiert wurde 3 7 1 . Hinzu kommt, dass in der Rechtsprechung die rechtlichen Grundlagen, die zur Begründung einer Haftung der hinter der Gesellschaft stehenden Personen herangezogen werden, häufig nicht weiter dargetan bzw. verschiedene Institute nebeneinander oder uneinheitlich angewandt wurden 3 7 2 . Neben der Auslegung der Satzung, Verträge oder sonstigen Dokumente wurde die Haftung auch darauf gegründet, dass die Tochtergesellschaft eine „bloße Fassade" sei, um die wahren Verhältnisse zu verdecken, oder dass sie als Vertreterin der Muttergesellschaft tätig geworden sei 373 . Betont wird daher auch, dass es sich hier um eine reine Form der Billigkeitsrechtsprechung handele, die bei ihrer Anwendung vielfältige Schwierigkeiten mit sich bringe 374 . Teilweise sieht man in fern von Bedeutung, als vor Abgabe einer derartigen Erklärung die Anteilsinhaber ein Rechtsgeschäft durch gerichtliche Verfügung verhindern können, wenn es außerhalb des in der Satzung vorgesehenen Tätigkeitsbereichs liegt; u.U. kann sich aber auch die Frage stellen, wann eine solche Garantieerklärung eine anfechtbare „transaction at an undervalue" nach s. 238 I.A. 1986 darstellt; allgemein zum Problem der Wirksamkeit konzerninterner Garantieerklärungen, Prentice, Group trading S. 81 ff. 369 Fleischer, ZGR 2000,152,161 mit Hinweis auf Walters, (1998), 16 Company Lawyer 226, 228; G r i f f i n , 115 L.Q.R. 1999, 36, 37. 370 Vgl. hierzu sogleich. 371 Schmitthoff, J.B.L. 1976, 306. - Zumindest dem Argument der Fiktivität einer Gesellschaft aufgrund starker kapitalmäßiger Abhängigkeit und enger organisatorischer Einbindung steht das Salomon-Urteil klar entgegen (vgl. auch Druey, Gutachten H z.59. Deutschen Juristentag H 24). 372 Vgl. auch bereits Wolf, Konzernhaftung (1995), S. 93 m.w.N. 373 Vgl. auch Gower, Principles of Modern Company Law, 6. Aufl. S. 173. 374 Blumberg, Conneticut Journal of International Law, Band 13, 1999 S. 397, 398; einen der Frage, wann ein „piercing the veil" vorzunehmen ist, vorgelagerten Unterscheidungsversuch, was die Gerichte mit dem Durchgriff im Einzelfall inhaltlich bezwecken, unternimmt Ottolenghi, (1990) 53 M.L.R., 338 ff. Dabei unterscheidet er vier Kategorien: die schwächste Form des Durchgriffs - „Peeping behind the veil" - soll sich auf Fälle beschränken, in denen kurz hinter den „Schleier" der Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft gespäht wird, um Informationen über die hinter der Gesellschaft stehenden Personen zu erlangen (a.a.O. S. 340 ff.). Die zweite Untergruppe - „Penetrating the veil" - soll die Konstellationen erfassen, in denen die herrschenden Gesellschaften/er für das Verhalten ihrer Gesellschaft verantwortlich gemacht werden, die Rechtspersönlichkeit der subsidiary als solche jedoch bestehen bleibt (a.a.O. S. 343 ff.). Als dritte Fallgruppe versteht Ottolenghi unter dem Begriff „Extending the veil" die Fälle der einheitlichen Behandlung einer Unternehmensgruppe als „ e c o n o m i c entity" (a.a.O. S. 347 ff.). Kennzeichnend hierfür sei der Umstand, dass der „Schleier" aller am Unternehmensverbund beteiligten Gesellschaften „gelüftet" würde, um ihn sogleich über der größeren komplexen „Wirtschaftseinheit" fallen zu lassen. Vierter und letzter Untergruppe - „Ignoring the veil" -

§ 13: Die Haftung

des herrschenden

Unternehmens

549

den Fällen, in denen vom Solomon-Prinzip abgewichen wurde, auch politische Entscheidungen 375 . Urteilen, in denen ein Durchgriff zwischen verbundenen Unternehmen bejaht wurde, lassen sich auch immer wieder Entscheidungen entgegenstellen, in denen trotz massiver Einflussnahmen auf die Geschäftsführung der subsidiary und organisatorischer Verflechtungen das Prinzip der „separate legal entity" aufrecht erhalten wurde 376 , was im englischen Schrifttum bereits die Forderung aufkommen ließ, den „Vorhang nicht unbeweglich werden zu lassen" 377 . Insoweit ist die Situation im U.S.-amerikanischen Recht 378 eine grundsätzlich andere. Hier hat sich unter dem Titel piercing tbe corporate veilin mittlerweile eine Durchgriffskultur entwickelt, welche zumindest quantitativ andere nationale Rechte weit hinter sich lässt 380 . Im Gegensatz zum britischen Recht, wo diese Fragen bislang relativ wenig Raum in der theoretischen Diskussion gefunden haben 381 , gehört dieser Problemkreis dementsprechend auch zu einem der meist diskutierten des Gesellschaftsrechts 382 . Im Hinblick auf die grundsätzliche Verwandtschaft beider Rechtsordnungen und dem hier traditionell stattfindenden gegenseitigen Einfluss, aber auch aufgrund der bei uns spürbaren Tendenz, sich zur Lösung der anstehenden Probleme wieder vermehrt der Durchgriffshaftung zu bedienen, soll daher zunächst ein kurzer Blick auf die Rechtslage in den USA geworfen werden.

sollen schließlich die Konstellationen unterfallen, in denen die Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft von den Gerichten tatsächlich vollständig aufgehoben wird (a.a.O. S.351 ff.). Eine Antwort auf die Frage, unter welchen Voraussetzungen im Einzelfall eine Haftung des herrschenden Unternehmens anzunehmen ist, ergibt sich hieraus aber noch nicht. 375 Farrar's Company Law, 4. Aufl. S. 78. 376 Bauschke, Grenzen der Rechtspersönlichkeit (1975), S. 103, Prentice Groups of Companies S. 77. 377 Griffin, The company lawyer (1991) Vol. 12 S. 16, 17 insbesondere unter Hinweis auf das strenge Festhalten am Trennungsprinzip des Court of Appeal in der Entscheidung Adams v. Cape Industries. 3 7 8 Vgl. zu der in diesem Zusammenhang „großzügigeren" amerikanischen Rechtsprechung etwa Cary/Eisenberg, Corporations, Seventh Edition 1995 S. 163 ff.; R. Clark, Corporate Law 1986, S. 71 ff. 3 7 9 Anders als in den Vereinigten Staaten wird im englischen Recht häufig auch von „lifting the corporate veil" gesprochen (Gower's Principles of Modern Company Law S. 148 ff.); die Rechtsfigur des lifting the corporate veil darf freilich nicht (vgl. auch Triebel/Hodgson/Kellenter/Müller, Englisches Handels- und Wirtschaftsrecht, 2. Aufl. (1995), S.234) mit der Durchgriffshaftung gleichgesetzt werden. Mit diesem Begriff werden auch die Fragen nach der Berechtigung Dritter aus Ansprüchen erfasst, die formal der Gesellschaft zustehen müssten, bzw. die Wertung von Tatsachen und Rechtsverhältnissen, die innerhalb der Sphäre der Gesellschaft begründet sind {Hess, RiW 1994, 826). 3 8 0 Vgl. zu der im Bereich der Durchgriffshaftung „großzügigeren" amerikanischen Rechtsprechung etwa Cary!Eisenberg, Corporations, Seventh Edition 1995 S. 163 ff.; R. Clark, Corporate Law 1986, S. 71 ff.; Kakies, Der Schutz der Minderheitsaktionäre und Gläubiger im faktischen Konzern (2003), S. 208 ff. 381 Gower, Principals of Modern Company Law, 6. Aufl. S. 148. 382 David L. Cohen, Oklahoma Law Review, Vol. 51 (1998) S. 427, 429; Thompson, 76 Cornell L. Rev. (1991) 1036,1039.

550

Kapitel V: Die Haftung einer Muttergesellschaft

nach englischem

Recht

In den im Rahmen der amerikanischen Rechtsprechung benutzten

„veil-pierc-

ing tests" finden sich zwar regelmäßig entsprechende Formulierungen wie in der englischen Judikatur 3 8 3 . Diese Ähnlichkeit der Rechtslage besteht aber nur auf den ersten Blick 3 8 4 . Zur Begründung einer Durchgriffshaftung finden sich auch hier die verschiedensten Ansätze 3 8 5 . Teilweise wird auch die Forderung aufgestellt, ein piercing

the corporate

veil bei deliktischen Ansprüchen eher zuzulassen als bei ver-

traglichen 3 8 6 , da Vertragsgläubiger es ablehnen könnten, mit der Gesellschaft in vertragliche Verbindung zu treten, bzw. diesen nur gegen Sicherheit Kredit zu gewähren brauchten 3 8 7 . Eine von Thompson

breit angelegte empirische Studie von

1600 Fällen aus dem U.S.-amerikanischen Rechtskreis ergab allerdings, dass in tort - Fällen weitaus weniger häufig als bei der Geltendmachung vertraglicher Ansprüche ein Durchgriff seitens der Gerichte angenommen wurde 3 8 8 . Auch wurde öfter ein Durchgriff gegenüber natürlichen Personen als gegenüber verbundenen G e sellschaften zugelassen 3 8 9 . Festgestellt wurde überdies, dass ein Durchgriff nur in kleinen geschlossenen Gesellschaften (weniger als 9 Gesellschafter) erfolgreich gewesen wäre 3 9 0 . Eine normative Begründung für dieses Ergebnis wird dabei allerdings nicht geliefert. Angeprangert wird, und insoweit ist die Situation mit der in England durchaus vergleichbar, daher auch das Fehlen allgemeingültiger Prinzipien, wann auf die hinter der Gesellschaft stehenden Gesellschafter zurückgegriffen werden kann, und die damit einhergehende Rechtsunsicherheit 3 9 1 . Man wirft der Rechtsprechung den Rückzug auf weitgehend vage 3 9 2 bzw. nichtssagende Worthülsen 3 9 3 vor, 383 Neben der Betonung des Gerechtigkeitsgedankens ähneln sich auch die verwendeten Begrifflichkeiten: „alter ego" (Wallersteiner v. Moir, 3 All E.R. 217, 1 WLR 991 (C.A. 1974), „sham", „shell" or „instrumentality" (Gevurtz, Oregon Law Review 1997, 853, 855 m.w.N.). 384 Vgl. nur Miller, American Business Law Journal (1998) Vol. 36, S. 73, 81 f. m.w.N. 385 Vgl. auch hierzu die Aufstellung bei Thompson, Conneticut Journal of Intl Law (1999), 379, 387. 386 Thompson, Connenticut Journal of Intl Law (1999) S. 403, 423 (Symposium Bericht). 387 Vgl. auch Prentice, Florida Journal of International Law (1996) Vol. 10 S. 469, 485; Muscat, The liability of the Holding company (1996), S. 180. 388 Das Ergebnis, dass bei vertraglichen Gläubigern eher ein Durchgriff angenommen wird, wird allerdings für falsch gehalten, da diese, anders als unfreiwillige Gläubiger, sich vor den Risiken schützen können. Thompson, 76 Cornell Law Review (1991) S. 1036, 1073 hält daher auch die Gesetzgebung bzw. die Rechtsprechung durch Heranziehung entsprechender Theorien für aufgerufen, dieses zu ändern. 389 Thompson, Connenticut Journal of Intl Law (1999) S. 403, 424 f. (Symposium Bericht). 390 Robert B. Thompson, Piercing the Corporate Veil: An empirical Study, 76 Cornell L. Rev. (1991), 1036 - die hier betrachteten Fälle erfassen allerdings nur solche zwischen 1905 und 1985, eine sich anschließende vorläufig Studie von (insgesamt sodann 2200) Fällen bis zum Jahr 1996 bestätigte allerdings dieses Ergebnis, vgl. Thompson, Conneticut Journal of Intl Law (1999), 379,385. 391 Griffin, The company lawyer (1991) Vol. 12 S. 16, 17. 392 Matbeson/Raymond B. Ehy, Washington Law Review Association 2000, 147 ff. m.w.N.; für das englische Recht vgl. auch Gower, Principles of Modern Company Law, 6. Aufl. S. 171. 393 Vgl. etwa Kinney Shoe Corp. v. Polan 939 F.2d (4th Cir. 1991), 209, 210: das Gericht bezeichnete hier die abhängige Gesellschaft als „transparent shell"-, häufig wird auch davon gesprochen, dass die Tochtergesellschaft nur „mere sham" bzw. „alter ego" einer anderen Gesell-

§ 13: Die Haftung

des herrschenden

Unternehmens

551

die als Erklärung für einen Haftungsdurchgriff bestenfalls wenig hilfreich seien 3 9 4 und allzu oft den Problembereich noch verworrener machten 3 9 5 . Häufig wird auch, ohne eine echte Begründung zu liefern, eine Liste von Faktoren aufgezählt, die für einen Durchgriff sprechen könnten, um sodann den konkreten Sachverhalt mit dieser Liste zu vergleichen 3 9 6 . Kritisiert wird allerdings, dass dabei völlig im schaft gewesen sei (vgl. nur Blumberg, The Law of Corporate Groups: Tort, Contract, and Other Common Law Problems in the Substantive Law of Parent and Subsidiary Corporations S. 123) oder bloßes Mittel (instrumentality) der Muttergesellschaft, um ihre Ziele durchzusetzen (Robert B. Thompson, Piercing the Corporate Veil: An Empirical Study, 76 Cornell L. Rev. (1991), 1036, 1037). 3 9 4 Teilweise wird für das Verhältnis Mutter - Tochtergesellschaft auch hervorgehoben, dass eine Haftung nicht in Betracht komme, wenn die „normale Rolle" einer Muttergesellschaft nicht verlassen werde, was freilich die Frage aufwirft, was insoweit unter einer „normaler Rolle" zu verstehen ist (vgl. etwa Johnson, 814 F.2d at 980, 981 („if stockholders were liable whenever they exercised their ritghtful control, limited liability would be a meaningless fiction"; a parent company ist liable „ only if it exercises a degree of control that exceeds the control normally exercised by a parent corporation"), vgl. auch Thompson, Conneticut Journal of Intl Law (1999), 379, 389 m.w.N. 3 9 5 Vgl. Franklin A. Gevurtz, Oregon Law Report (1997) S. 853, 855 f.; vgl. auch Robert B. Thompson, Piercing the Corporate Veil: An Empirical Study, 76 Cornell L. Rev. (1991), 1036: „The law in this area hat not crystallized. Cases results ar very fact specific, and the fact patterns that causes a court to pierce or not to pierce are not cleary unterstood. The area of uncertainty is broad enough that litigants have continued to bring a large number of cases". 3 9 6 Besondere Verbreitung hat der PowellTest (Frederick Powell, Parent and Subsidiary Corporations: Liability of a Parent Corporation for the Obligations of its subsidiary 4 - 6 (1931)) gefunden, der eine Liste von Faktoren zur Durchdringung der Verschleierung erstellt. Der Ansatz Powells wurde von vielen Gerichten übernommen, da er, im Gegensatz zu den „Nebeln der Metapher" anderer Ansätze, einen konkreten Test eröffnet. Gefragt wurde u.a. danach, ob die Tochtergesellschaft übermäßig von der Muttergesellschaft kontrolliert und dominiert wurde (instrumentality test), die Muttergesellschaft die Führung der Tochtergesellschaft dazu benutzt hat, etwas unrechtes, betrügerisches oder falsches zu tun (improper purpose) und der Kläger tatsächlich einen Schaden erlitten hat, der sich als Ergebnis der Führung der angeklagten Muttergesellschaft darstellt (vgl. hierzu auch Cohen, Oklahoma Law Review (1998) 427, 446; Muscat, The liability of the Holding company (1996), S. 258 ff.); verschiedene Faktoren zur Ermittlung des Grades der Beherrschung wurden in der Entscheidung United States v. Jon-T Chemicals, Inc., 768 F.2d 686, 691 (5th Cir. 1985) aufgestellt, wobei u.a. danach gefragt wird, wie hoch der Grad der Verflechtung ist, ob getrennte Bücher geführt werden, ob die Muttergesellschaft das Eigentum der Tochtergesellschaft als ihr eigenes benutzt, ob die Tagesgeschäfte voneinander getrennt waren usw. (vgl. hierzu auch Miller, American Business Law Journal (1998), 73, 122); vgl. aber auch die Liste in De Witt Truck Brokers v. W. RayFleming Fruit Co. 540 F.2d 681 (4tl1 Cir. 1976): 1) Untercapitalization; 2) Failure to observe corporate formalities; 3) Nonpayment of dividends; 4) Insolvency of the Corporations „at the time" (wobei allerdings hier nicht gesagt wird, welche Zeit das Gericht hier genau meint De Witt, 540 F.2d at 686); 5) Siphoning of corporate funds by the dominant shareholder; 6) Non-functioning of other officers and directors and directors besides the defendant; 7) Absence of corporate records; 8) Non-participations in corporate affairs by the shareholders other than the defendant, ähnlich Arondon v. Price, 644 N.E.2d 864, 867 (Ind. 1994), wo allerdings noch mehr auf den Missbrauch abgestellt wird; eine noch längere Liste (19 Faktoren) ist in der Entscheidung Laya v. Erin Homes, Inc., 352 S. E.2d 93, 98-99 (W. Va. 1986) zu finden; anders wiederum etwa in der Entscheidung Sea-Land Services, Inc. v. Pepper Source 941 F2d 519, 521 (7 th Cir. 1991) hier wurden vier Faktoren aufgezählt, um einen Durchgriff annehmen zu können: 1) failure to maintain corporate records and comply with corporate formalities; 2) commingling of funds or assets; 3) undercapitalization; 4)

552

Kapitel

V: Die Haftung

einer Muttergesellschaft

nach englischem

Recht

Unklaren bleibe, ob alle bzw. welche Kriterien im Einzelfall vorliegen müssen, um die Grundsätze des piercing of the corporate veil anwenden zu dürfen 397 , weshalb teilweise auch bereits von einem Fehlschlag entsprechender „piercing tests" gesprochen wird 398 . Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, wenn teilweise die Anwendbarkeit und Relevanz (oder gar Legitimität) juristischer Regeln zum Durchdringen der Verschleierung gar grundsätzlich abgelehnt und ganz auf eine Fall-zu-FallAnalyse abgestellt wird 399 . Hingewiesen wird dabei auch auf die mit den Korporationsgesetzen verfolgten unterschiedlichen Ziele. Auf der einen Seite wolle man freies Handeln fördern, in dem Glauben, dass dies auch das Allgemeinwohl fördere, auf der anderen Seite möchte man das private Handeln aber auch aus wohlwollenden (paternal) Gründen beschränken und denjenigen Rechnung tragen, die nicht in der Lage seien, auf ihre Interessen selbst zu achten. Die Gratwanderung zwischen Gewährung und Regulierung von Freiheit bestimme daher auch das Gesetz und, je nach Gewichtung der zu verfolgenden Interessen, die dahinter stehenden Theorien. Dementsprechend gäbe es aber auch keine alleinige Lösung zur Bewältigung des Fragenkreises zum piercing the corporate veil400. Vielmehr seien so viele Lösungen zum Durchdringungsproblem anzubieten, wie Theorien hierzu bzw. wie individuelle Einstellungen gegenüber der Korporation selbst bestünden. Damit wurde aber auch im amerikanischen Schrifttum erkannt, dass die Frage, wie man die Natur der Korporation erfasst, unweigerlich das Verständnis der Beschränkung der Korporationshaftung und die Pflichten der Korporation und ihrer Gesellschafter gegenseitig und gegenüber Dritten beeinflusst. Eine Feststellung, auf die zurückzukommen sein wird. 1.

Grundlagen

Das Prinzip, dass Mutter- und Tochtergesellschaften trotz ihrer wirtschaftlichen Verflechtungen selbständige juristische Personen sind (seperate entity principle) und eine Haftung für Verbindlichkeiten nur diejenige Gesellschaft trifft, die sie eingegangen ist, wurde in England in der bereits erwähnten Grundsatzentscheitreating the assets of the Corporation as the defendant's own; im Wesentlichen kann man die Unterkapitalisierung und die Vermögensvermischung als Gründe für eine Durchgriffshaftung immer antreffen; zur sehr fraglichen Bedeutung dieser Test vgl. aber auch Matheson/Ehy, Washington Law Review (2000) Vol. 75, S. 147, 173 f. 397 Vgl. zur Kritik an dieser Vorgehensweise im Einzelnen Franklin A. Gevurtz, Oregon Law Report (1997) S. 853, 857 f. 398 Matheson/Eby, Washington Law Review 2000, Vol. 75 147,173 ff.; kritisiert wird im Übrigen auch, dass die Rechtsprechung in weitaus höherem Maße einen Durchgriff in Fällen zuließe, in denen es um vertragliche Ansprüche ging, als bei deliktischen Ansprüchen gegen die Gesellschaft (vgl. hierzu die Erhebung von Robert B. Thompson., Piercing the Corporate Veil: An Empirical Study, 76 Cornell L. Rev. (1991), 1036, 1044); obwohl vertragliche Gläubiger wüssten, dass ihr Vertragspartner eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung sei (Franklin A. Gevurtz, Oregon Law Report (1997) S. 853, 859 m.w.N.). 399 Cohen, Oklahoma Law Review (1998) 427, 446 m.w.N. 400 Cohen, Oklahoma Law Review (1998) 427, 446.

5 13: Die Haftung

des herrschenden

Unternehmens

553

dung des House of Lords im Rechtsstreit Salomon v. Salomon & Co. Ltd im Jahre 189 7 4 0 1 kategorisch festgeschrieben und seitdem in ständiger Spruchpraxis insbesondere auch für verbundene Gesellschaften bestätigt 402 . Die damals entwickelten Prinzipien dominieren damit bis heute das englische Gesellschaftsrecht 403 , weshalb diese Entscheidung auch bis heute als die bedeutendste des englischen Gesellschaftsrechts gilt 404 . Hintergrund war die Umwandlung des Geschäfts des Einzelunternehmers Salomon in eine limited Company. Zu diesem Zweck gründete er zusammen mit seiner Familie die „Salomon & Co. Ltd", deren Leitungsorgan (managing director) Salomon selbst war. Dieser neugegründeten Gesellschaft übertrug Salomon sein Geschäft zum unangemessen hohen Preis von £ 39.00 0 4 0 5 , wobei er £ 10.000 in Schuldscheinen 406 , £ 20.001 in Aktien zu je £ 1 und, nach Zahlung bestehender Verbindlichkeiten, noch ca. £ 1.000 in bar erhielt. Damit hielt Salomon von den 20.007 ausgegebenen Aktien 20.001. Die verbleibenden 6 wurden von seiner Ehefrau und den 5 Kindern - als Strohmänner für ihn - gehalten. Nachdem die Gesellschaft aufgrund eines Streiks in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war und Salomon seine Schuldscheine vorlegte, musste die Gesellschaft Konkurs anmelden. Da die Verteilung des Gesellschaftsvermögens sich nach der Priorität der Erlangung der Gläubigerstellung richtete, reichte das der Gesellschaft verbliebene Vermögen nur zur Ablösung der Schuldscheine Salomons, die außenstehenden ungesicherten Gläubiger der Gesellschaft gingen leer aus. Der Konkursverwalter und die Gläubiger der Salomon ltd. verlangten daraufhin von Salomon die an ihn geleisteten Zahlungen der Gesellschaft zurück. Nachdem der Klageantrag auf eine Schadensersatzforderung umgestellt worden war, gaben die beiden Vorinstanzen der Klage statt. Die Erstinstanz bejahte den Anspruch mit der Erwägung, Salomon habe die von ihm gegründete und vollständig kontrollierte Gesellschaft lediglich als seinen Vertreter (agent) benutzt und sei damit als deren Geschäftsherr (principal) haftbar 407 . Der Court of Appeal stützte die Schadensersatzforderung darauf, dass die Gründung der Gesellschaft und die Ausgabe von Schuldverschreibungen als ein den gesetzlichen Zielvorstellungen des Companies Act zuwiderlaufender Versuch zu werten sei, eine Haftung gegen(189 7) A.C.22. Aus jüngerer Zeit vgl. etwa Ord v. Belhaven Pubs Ltd. (1998), B C C 607: „A holding company is a shareholder and, like other shareholders, enjoys limited liability in respect of the debts of the companies whose shares it owns, that is, its subsidiary companies. The courts will not allow a plaintiff with a claim against one company in a group to substitute the holding company or other group subsidiaries as defendants to that claim merely because the group may be a single economic entity". 4 0 3 Vgl. anstatt aller nur Prentice, Florida Journal of international Law (1996) Vol. 10. S. 469, 471:" ...the principle in Salomon remains the dominant principle of English company". 404 Sealy in Corporate and Commercial Law, Modern Developments (1996), S. 11. 405 „...a sum which represented the sanguine expectations of a fond owner rather than anything that can be called a businesslike or reasonable estimate of value.:", Lord Macnaghten a.a.O. S. 49. 4 0 6 Konkret gewährte Salomon der Gesellschaft ein Darlehen in eben dieser Höhe, für dessen Rückzahlung Gesellschaftsgüter mit Sicherungsrechten belastet wurden. 407 Broderip v. Salomon (1895) 2 Ch. 323. 401

402

554

Kapitel

V: Die Haftung

einer Muttergesellschaft

nach englischem

Recht

über den Gläubigern zugunsten eigennütziger Interessen von Salomon auszuschließen 408 . Die übrigen Gesellschafter neben Salomon seien bloße „Marionetten" gewesen. Da nach der damaligen Rechtslage für eine wirksame Gesellschaft sieben unabhängige und eigenständige Gesellschafter vorausgesetzt wurden 409 , sei die Salomon & Co. Ltd zu unbilligen Zwecken geschaffener bloßer „Schein" bzw. „agent" oder Treuhänder (trustee) Salomons gewesen. Der eigentliche Inhaber des Geschäfts sei Salomon geblieben und deshalb auch für die Schulden der Gesellschaft verantwortlich zu machen. Dass in letzter Instanz angerufene House of Lords betrachtete dagegen die Gesellschaft trotz des überragenden Einflusses Salomons als selbständige und unabhängige Rechtspersönlichkeit und lehnte die persönliche Haftung des die Gesellschaft beherrschenden Gesellschafters ab. In den Urteilsgründen betonten die Richter die Bedeutung des Prinzips der „separate legal entity", wonach die im Einklang mit den Voraussetzungen des Companies Act künstlich hergestellte Existenz der Gesellschaft - trotz einer noch so übermächtigen Herrschaftsposition eines (Geschäftsführer-) Gesellschafters - rechtlich anerkannt werde 410 . Eine Gesellschaft stellt damit eine von ihren Gesellschaftern zu unterscheidende getrennte rechtliche Einheit dar, die wie jede andere unabhängige Person mit ihren eigenen Rechten und Pflichten zu behandeln ist. Auch die Mitglieder eines Unternehmensverbundes werden, ungeachtet der Abhängigkeiten und des wirtschaftlich einheitlichen Handelns des Gesamtverbunds, rechtlich als eigenständige Rechtspersönlichkeiten angesehen411. Die Bindungswirkung des höchstrichterlichen Urteils hat das Trennungsprinzip im britischen Gesellschaftsrecht fest verankert 412 . Fälle, in denen in England eine Durchgriffshaftung bejaht wurden, sind nur vereinzelt zu finden 413 , weshalb man insoweit auch vom „iron grip" der Salomon - Prinzipien spricht 414 , die bis heute die englische Rechtsprechung bestimmen 415 . Broderip v. Salomon (1895) 2 Ch. 338. „... Seven independent bona fide members, who had a mind and a will of their own 4 1 0 Lord Halsbury in Salomon v. Salomon & Co. Ltd (1897) A.C. 22, 30; nicht nachgegangen wurde allerdings der Frage, ob die gegen die Gesellschaft geltend gemachten Forderungen „nachzuordnen" und erst diejenigen der außenstehenden Gläubiger zu begleichen gewesen wären (kritisch insoweit Prentice, Groups of Companies S. 57). 411 Gower, Principles of Modern Company Law, 6. Aufl. 166 m.w.N.; wie stark beziehungsweise absolut das Gericht den Grundsatz des Trennungsprinzips mit seiner Entscheidung aufgestellt hat, und inwieweit damit jeglicher Durchgriff auf die Gesellschafter ausgeschlossen wird, ist in der Folgezeit verschieden interpretiert worden, vgl. hierzu auch Apelt, Der Konzern im englischen Company Law (1984), S. 59 f.; Bauschke, Grenzen der Rechtspersönlichkeit (1975), S. 58 ff.; Schmitthoff, J . B . L . 1976 S. 306. 412 Kahn-Freund, (1944) 7 M.L.R. S. 54 bezeichnete das Urteil gar als verhängnisvoll, da es die Entwicklung flexiblerer Schutzansätze etwa vergleichbar dem Schutz der Minderheitsgesellschafter durch die Annahme von Treuepflichten verhindert habe. 413 Prentice, Connecticut Journal of IntL Law (1999), 403, 409 (Symposium Bericht). 414 prenFlorida Journal of international Law (1996) Vol. 10 S. 469, 474; ders., Connecticut Journal of IntL Law (1999), S. 305, 316; einen weiteren Grund, weshalb englische Gerichte vergleichsweise „durchgriffsunwillig" sind, sieht man darin, dass die directors der beiden gängigen englischen Kapitalgesellschaftsformen - zumindest theoretisch - eine erhebliche Unabhängigkeit von den Ansichten und Weisungen der Gesellschafter genießen (vgl. Table A Artt. 70, 80 408 409

§ 13: Die Haftung

des herrschenden

Unternehmens

555

A l s b e d e u t e n d s t e r B e l e g h i e r f ü r k a n n die E n t s c h e i d u n g Adams dustries

Plc.4i6

v. Cape

In-

aus d e m J a h r e 1 9 9 0 a n g e s e h e n w e r d e n 4 1 7 . A u c h in d i e s e r w u r d e e i n e

einheitliche B e t r a c h t u n g der U n t e r n e h m e n s g r u p p e abgelehnt. Z u entscheiden war, o b eine englische Gesellschaft, vermittelt ü b e r ihre amerikanische Tochtergesells c h a f t , d e r U S - a m e r i k a n i s c h e n G e r i c h t s z u s t ä n d i g k e i t u n t e r l a g . E s galt z u k l ä r e n , o b in d i e s e m , i m E i n z e l n e n s e h r k o m p l e x e n F a l l , die b r i t i s c h e O b e r g e s e l l s c h a f t Cape

Industries

Cape

subsidiary

ü b e r die in A m e r i k a a n s ä s s i g e G e s e l l s c h a f t CPC,

die z w a r k e i n e

im formellen Sinne war418, aber auf dem Betriebsgelände ihrer

V o r g ä n g e r g e s e l l s c h a f t u n d e h e m a l i g e n T o c h t e r g e s e l l s c h a f t v o n Cape NAAC

a r b e i t e t e u n d a u c h s o n s t v o n Cape

Industries

Industries

finanziell unterstützt wurde,

präsent w a r 4 1 9 . D e r E r f o l g der Klage hing damit v o n einer Z u r e c h n u n g der G e s c h ä f t e d e r T o c h t e r g e s e l l s c h a f t e n in die S p h ä r e d e r M u t t e r g e s e l l s c h a f t a b 4 2 0 . Z u r B e g r ü n d u n g eines „ D u r c h g r i f f s " w u r d e u n t e r a n d e r e m v o r g e b r a c h t 4 2 1 , d e r G e s a m t v e r b u n d stelle a u f g r u n d d e r v ö l l i g e n A b h ä n g i g k e i t d e r T o c h t e r g e s e l l s c h a f t e n e i n e „ w i r t s c h a f t l i c h e U n t e r n e h m e n s e i n h e i t " dar. I n d e r T a t w u r d e CPC

hinsicht-

l i c h i h r e r G e s c h ä f t s p o l i t i k v o n d e r in L i e c h t e n s t e i n i n k o r p o r i e r t e n AMC, r e r s e i t s e i n e v o l l s t ä n d i g a b h ä n g i g e E n k e l g e s e l l s c h a f t v o n Cape

Industries

die i h war, in-

struiert. I n d e r d a r a u f h i n e r g a n g e n e n s e h r u m f a n g r e i c h e n E n t s c h e i d u n g v e r s u c h t e d e r Court

of Appeal

die u n t e r s c h i e d l i c h e n F a l l g r u p p e n d e r D u r c h g r i f f s h a f t u n g z u

s y s t e m a t i s i e r e n . I m E n d e f f e k t l e h n t e e r ein piercing

the veil

a b e r ab, da ex

defini-

als Standardtyp der englischen Gesellschaftsverfassung). Ohne Weisungsmöglichkeiten sei die Verantwortlichkeit der Gesellschafter für die Folgen des Gesellschaftshandelns aber eine prinzipiell unangemessene Lösung; kritisch zur „Unabhängigkeit" der Leitungsorgane in der englischen Konzernrechtspraxis allerdings Hadden, in Gesellschaftsrecht der Konzerne im internationalen Vergleich S. 331. 4 1 5 Vgl etwa Lee v. Lee's Air Farming Ltd. (1961) A.C. 12, P.C.; Charterbridge Corpn Ltd. v. Lloyds Bank Ltd. (1970) Ch.62; Lonrho Ltd. v. Shell Petroleum Co. Ltd. (1980) 1 W L R 627; vor allem aber Adams v. Cape Industries plc (1990) Ch 433; vgl. auch Re Polly Peck International pic (1996) 2 All E.R. 433 besprochen von Prentice, Veil Piercing and Successor Liabilitiy in the U K , 10 Fla.J.Int'L L. 469(1996). 4 1 6 (1990) 1 Ch. 433; vgl. hierzu ausführlich auch Prentice, Conneticut Journal of Intl Law (1999), 305, 315. 4 1 7 Vgl. aus neuerer Zeit etwa Re H (1996) 2 All E.R. 391, 402 (bezugnehmens auf Adams v. Cape Industries plc (1990) 1 Ch. 433, 544):". ..the general principle remains that which was enunciated in Salomon v. Salomon & Co. ... namely that a company duly formed and registered is a separate legal entity and must be treated like any ohter independent person, with its own rights and liabilities distinct from those of its shareholders". 4 1 8 Die Anteile wurden vom vormaligen Präsident der N A A C gehalten. 4 1 9 Eine solche „Präsenz" wäre nach Auffassung des Gerichts zu bejahen, wenn Cape dort entweder auf eigene Kosten ein eigenes Handelsgeschäft geführt hätte oder einer ihrer Repräsentanten auf dem US-Markt für sie tätig war, Ch.530. 420 Griffin, (1991) 12 Company Lawyer S. 16. Da die schadensbegründenden Handlungen offenbar vor der Auflösung der N A A C begangen wurden, hätte allein der „Durchgriff" durch die N A A C genügt. 4 2 1 Zugleich war das Klagebegehren darauf gestützt worden, die Cape-Obergesellschaft habe in den U S A durch den Einsatz der N A A C als ihrem Vertreter ihre Geschäfte ausführen lassen, die ihr als „principal" nach „agency-Regeln" zuzurechnen seien; vgl. zu weiteren vom Gericht behandelten Kriterien für ein „piercing the corporate veil", Wolf, Konzernhaftung (1995), S. 154 f.

556

Kapitel V: Die Haftung einer Muttergesellschaft

nach englischem

Recht

tione im Konzernverbund die Obergesellschaft in der Lage sei, ihre Tochtergesellschaften zu beherrschen und deren allgemeine Geschäftspolitik zu kontrollieren. Trotzdem sei davon auszugehen, dass es sich bei den Untergesellschaften um rechtlich selbständige juristische Personen mit eigenen Rechten und Verantwortlichkeiten handele422. Bei der Auseinandersetzung mit den auf dem „single economic unit argument" basierenden Vorentscheidungen423 wurde zwar eingeräumt, dass das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit im Rahmen der Interpretation von Normen juristisch entscheidend sein könne, wenn diese eine Auslegung anhand der zugrundeliegenden wirtschaftlichen Realitäten erlaubten oder sogar erfordern 424 . Außerhalb solcher einer Auslegung zugänglichen Normen lehnte das Gericht es jedoch ab, dem Kriterium der „economic unit" zur Beurteilung von Durchgriffsfragen innerhalb einer Unternehmensgruppe eigenständige Bedeutung zuzumessen. Auch wenn die Durchgriffshaftung zu einem gerechten Ergebnis führte 425 , sah das Gericht sich angesichts der seit Salomon anerkannten Bedeutung des Trennungsprinzips gezwungen, an der Selbständigkeit der Gesellschaften der Unternehmensgruppe festzuhalten. Zwar wurde auch danach gefragt, ob nach allgemeinen Grundsätzen Cape Industries das Verhalten ihrer subsidiaries zuzurechnen war. Allerdings sah das Gericht keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vorliegen, die eine Identifikation von Ober- und Untergesellschaft auf der Grundlage der Prinzipien des „piercing the corporate veil" rechtfertigen würden. Zwar war der Tochtergesellschaft im Rahmen der ihr gemachten Vorgaben sogar eine Ausgabenhöchstgrenze festgesetzt worden. Insoweit sah man aber ebensowenig wie im Hinblick auf die gruppeninternen Vermögensverschiebungen das in einer Unternehmensgruppe übliche Maß nicht als überschritten an 426 . Entscheidend sei vielmehr, dass nicht in die Details der „Alltagsgeschäftsführung" eingegriffen worden sei, sondern diese nach wie vor von den Organen der subsidiary bestimmt werden konnte 427 , weshalb es sich hier auch nicht um eine bloße Fassade gehandelt habe. Solange aber kein derartiger Verstoß gegen die kapitalgesellschaftlichen Organisa422 Vgl. Slade LJ Ch. 538(544); B C L C 513, 520: „Our law, for better or worse, recognises the creation of subsidiary companies, which though in one sense the creatures of their parent companies, will nevertheless under the general law fall to be treated as separate legal entities with all the rights and liablities which would normally attach to separate legal entities"; bestätigt u.a. auch in Trustor AB v. Smallbone (No. 2) (2001) 1 WLR 1177, 1185. 423 Zu dem in diesem Zusammenhang besonderes interessierenden DHN - Urteil vgl. noch unten S. 563. 424 Ch. S. 536 D = B C L C S. 512 f. 425 (1990) Ch. S. 537 „.if a company chooses to arrange the affairs of the group in such a way that the business carried on in a paricular foreign country is the business of its subsidiary and not its own, it is, in our judgement, entitled to do so. Neither in this class of case nor in an other class of case is it open to this court to disregard the principle of Salomon v. A. Salomon & Co. Ltd. merely it considers just so to do". 426 Ch. S. 538 = B C L C S. 514 „... A degree of overall supervision and to some extent control, was exercised by Cape over NAAC as is common in the case of any parent-subsidiarv relationship...". 427 „... Within these policy limits (...) the day-to-day running of NAA C was left to him" ... a.a.O. Ch S. 538; B C L C 514; kritisch insoweit Griffin, The Company Lawyer, Vol. 12 N o 1, S. 16, 17.

§ 13: Die Haftung des herrschenden

Unternehmens

557

tionsprinzipien festzustellen sei und die Tochtergesellschaft eine ausreichende unabhängige E x i s t e n z habe, dürfe auch nicht das Prinzip der separate

legal entity

aus-

gehebelt w e r d e n 4 2 8 . H e r v o r h e b u n g verdient hier v o r allem folgende Feststellung des Court peal:

„..we do not accept

rate veil as against merely

because

liability pondingly the group

as a matter

a defendant

the corporate

(if any) in respect

company structure

of particular

the risk of enforcement rather

structure

which

is the member

has been future

activities

company.

in this manner

is inherent

Apcorpo-

of a corporate

group

that the

of the group

will fall

Whether

of

to lift the

used so as to ensure

of that liability)

than the defendant

right to use a corporate

of law that the court is entitled

(and

on another

legal corres-

member

or not this is desirable, in our corporate

of the

law"429.

D a s A k z e p t i e r e n der M ö g l i c h k e i t der R i s i k o m i n i m i e r u n g einer Geschäftstätigkeit im U n t e r n e h m e n s v e r b u n d

durch Einschaltung von Tochtergesellschaften

als

„Schutzschilde" der Muttergesellschaft seitens der englischen

Gerichtsbarkeit

stellt den w o h l entscheidendsten G r u n d für die Beständigkeit der

Salomon-Prinzi-

pien dar 4 3 0 . A u c h w e n n es von Seiten der R e c h t s p r e c h u n g oft beklagt wurde, dass eine Muttergesellschaft ihre Tochtergesellschaft einfach preisgeben k ö n n e 4 3 1 , hat man bislang wenig getan, um dies zu ändern 4 3 2 .

428 Zustimmend zitiert der Richter eine Äußerung von Goff LJ. in Bank of Tokyo v. Karoon (1987) A.C. 45 (64) = (1986) 3 All E.R. 468 (485): „Counsel suggested beguilingly that it would he technical for us to distinguish between parent and subsidiary company in this context; economically, he said, they were one. But we are concerned not with economies but with law. The distinction between the two is, in law, fundamental and cannot here be bridged... ". 429 Adams, 1 Ch., S. 544; vgl. auch Ord. v. Belhaven Pubs Ltd. (1998) BCC 607, CA. 430 prenticej Connecticut Journal of Intl. Law (1999), 305, 322 freilich unter Hinweis darauf, dass bis Mitte des 20. Jahrhunderts selbst das House of Lords seine eigenen Entscheidungen nachträglich nicht wieder verwerfen konnte. 431 Oft zitiert wird insoweit das dictum von Judge Templeman in Re Southland & Co. (1979) 1 WLR 1198, 1208 (Eng. C.A.): „English company law possesses some curious features which may generate curious results. A parent company may spawn a number of subsidiary companies, all controlled directly or indirecty by the shareholders of the parent company. If one of the subsidiary companies, to change the methaphor, turns out to be the runt of the litter and declines into insolvency to the dismay of its creditors, the parent company and the other subsidiary companies may prosper to the joy of the shareholders without any liability for the debt of the insolvent subsidiary". 432 prentice, Connecticut Journal of Intl. Law 1999, 305, 323; zwar wird teilweise auch vertreten, dass die Risiken jedenfalls für freiwillige Gläubiger einer abhängigen Gesellschaft, mit ihren Forderungen auszufallen, nicht größer seien, als die von Gläubigern einer unverbundenen Gesellschaft (Easterbrook/Fischel, The Economic Structure of Corporate Law S. 57); derartigen Aussagen hält man in der Literatur aber zu Recht Fälle wie Re Ausgustus Barnett & Sons Ltd. (1986) BCLC 170 (vgl. hierzu bereits oben S. 534) entgegen (Prentice, Connecticut Journal of Intl. Law (1999), 305, 325, der selbst der Ansicht ist, dass zumindest dann die rechtliche Selbständigkeit ignoriert werden sollte, wenn die Muttergesellschaft den Eindruck erweckt hat, dass das Risiko der Gläubiger der Tochtergesellschaft, mit ihren Forderung auszufallen, im Hinblick auf ihre Verpflichtung, ihrer Tochtergesellschaft finanziell zu unterstützen, geringer ausfallen wird).

558

Kapitel

V: Die Haftung

einer Muttergesellschaft

nach englischem

Recht

2) Ausnahmen vom Salomon - Prinzip Sieht man etwas genauer hin, wurde indes auch in der .Womow-Entscheidung das Prinzip der Eigenständigkeit juristischer Personen keineswegs ausnahmslos festgeschrieben, sondern die Nichtanerkennung der Rechtspersönlichkeit in Sonderfällen ausdrücklich erwähnt 433 . Nur für den konkreten Fall wurde ein unlauteres Handeln ebenso wie eine Anwendbarkeit der Vertretungsregeln verneint 434 . Dementsprechend finden sich vereinzelt auch Fälle in der englischen Rechtsprechung, in denen eine Durchgriffshaftung zugelassen wurde. Man hat es hier allerdings weitgehend mit Präzedenzfällen zu tun 4 3 5 , bei denen das Fehlen von Grundsätzen angeprangert wird, wann auf die hinter der Gesellschaft stehenden Gesellschafter - insbesondere eine Muttergesellschaft - haftungsrechtlich zurückgegriffen werden kann 4 3 6 . In der Entscheidung Yukong Line Ltd of Korea v. Rendsburg Investments Corporation of Liberia (No. 2) aus dem Jahre 199 8 4 3 7 bezweifelte Lord Cooke gar, dass in den Fällen, in denen ein „piercing" bzw. „lifting the corporate veil" bisweilen angenommen wurde, ein Bruch mit den Salomon-Prinzipien stattgefunden habe. Vielmehr habe es sich bei den entschiedenen Fällen um Konstellationen gehandelt, in denen, neben der Anwendung allgemeiner gesetzlicher Vorschriften 438 , die Auslegung der Satzung oder eines Vertrages bzw. die Anwendung allgemeiner Missbrauchs- oder Vertretungsprinzipien zur Haftung geführt hätten, da jeweils zu fragen gewesen sei, was hinter der äußeren Gestaltung wirklich verborgen war („... it is necessary to look at what has happend in fact rather than in form "). Ein Bedürfnis „to pierce the corporate veil" habe mithin nie bestanden 439 . Uberwiegend wird die Berechtigung eines lifting bzw. piercing the corporate veil allerdings sehr wohl für den Fall anerkannt, dass die körperschaftliche Struktur der Gesellschaft nur als bloße, die wirklichen Verhältnisse verdeckende „Fassade" benutzt wurde 4 4 0 und die Tochtergesellschaft angesichts der intensiven VerDomanski, (1986)103 S. A.L.J., 225; vgl. hierzu auch noch näher unten S. 569. „... There was no fraud or misrepresentation, and there was nobody deceived...", Lord Macnaghten a.a.O. S. 54; vgl. auch Lord Halsbury a.a.O. S. 22 f. 435 Prentice, Florida Journal of International Law (1996) Vol 10, S. 469, 474. 436 Prentice, Conneticut Journal of Intl Law (1999), 305, 320: „The jurisprudence in this area is far from principled; the cases hunt in packs of to often going in different directions and unhelpful methaphors abound"', vgl. auch Smadar Ottolenghi, From Peeping behind the Corporate Veil to Ignoring it completely, 53 Mod. L. Rev. (1990), 338 ff.; gleiches gilt im Übrigen auch für das amerkanische Recht, vgl. nur Cohen, Oklahoma Law Review 1998 Vol. 51 S. 428, 455: „Piercing the corporate veil is the most litigated yet least understood issue in corporate law"; Thompson, 76 Cornell Law Review (1991), 1036. 4 3 7 (1998) 1 W L R 2 9 4 , 306. 4 3 8 Hingewiesen wird insoweit vor allem auf ss. 213, 214 IA 1986. 4 3 9 Vgl. hierzu auch Prentice, Connecticut Journal of Intl. Law (1999), 305, 320. 4 4 0 Vgl. etwa: Acatos & Hutcheson v. Watson (1995) 1 B C L C 218, (1995) B C C 446: „English law insists on recognition of the distinct legal personality of companies unless the relevant contract or legislation requires or permits a broad interpretation to be given to references to members of a group of companies or the legal personalitiy is a mere façade or sham of unlawful device"; häufige Verwendung finden in diesem Zusammenhang aber auch Begriffe wie „device", „mask" oder „puppet". 433 434

§ 13: Die Haftung

des herrschenden

Unternehmens

559

flechtung nicht als von der holding Company getrennte Rechtspersönlichkeit angesehen werden kann 4 4 1 . Auch in der viel zitierten Entscheidung Adams v. Cape Industries plc442 erklärte der Court of Appeal, dass er einen Durchgriff unter Berufung auf „establishedauthorities" bejaht hätte, wenn die Gesellschaft nur als Fassade benutzt worden wäre. Im konkreten Fall lehnte er dies jedoch ab, da die abhängige Gesellschaft in ausreichendem Maße eine eigenständige Existenz aufwies 443 . Abgesehen von den bereits erwähnten Fällen, in denen eine Haftung der Muttergesellschaft auf Agency - Grundsätze gestützt wurde 444 , hat man vereinzelt eine Verpflichtung der Tochtergesellschaft auch unter Berufung auf das römischrechtliche Institut der „falsa demonstratio non nocet" als eine solche der Muttergesellschaft gewertet 445 , was allerdings sicher nicht zu Unrecht als bloße „Hilfskonstruktion" beurteilt wurde, um die gewünschte Zurechnung zwischen Oberund Untergesellschaft überhaupt auf eine rechtliche Grundlage gründen und so die Muttergesellschaft für das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft haftbar machen zu können 4 4 6 . Teilweise wurde ein piercing the corporate veil auch geprüft, wenn sich eine Unternehmensgruppe als wirtschaftliche Einheit dargestellt hatte 447 . Eine Haftung der Muttergesellschaft wurde auch bejaht, wenn diese am wirtschaftlichen Missmanagement der Tochter zum Zwecke der Gläubigerbenachteiligung be4 4 1 Vgl. auch The Roberta (1937) 58 L.L.Rep. 159, 169: hier musste die Muttergesellschaft für einen Ladeschein haften, den ihre Tochtergesellschaft unterzeichnet hatte, da man annahm, dass die Tochtergesellschaft nur nominell eine selbständige Rechtsperson sei, tatsächlich aber im Hinblick auf die intensive Verflechtung nicht als von der Muttergesellschaft getrennte Rechtspersönlichkeit angesehen werden könne. Im Übrigen klingt auch hier der Missbrauchgedanke an, da ein Richter in einem Nachsatz die Überlegung anstellte, ob die nur nominell selbständige Tochtergesellschaft möglicherweise zur Umgehung von steuerrechtlichen Vorschriften gegründet worden sei (Langton J . a.a.O. S. 169 „... The Dordtsche Company are a separate entity from Walford Lines Ltd. in name alone and probably for the purposes of taxation.") Eine ähnliche Fallkonstellation behandelt die Entscheidung Spittle Thames Grit & Aggregate Ltd. (1937) 4 All E R 101, in der die Geschäftstätigkeit der subsidiary der Obergesellschaft zugerechnet und deshalb der Tochtergesellschaft eine Lizenz versagt wurde, die die holding company selbst nicht erwerben konnte. Das Argument der Obergesellschaft, nicht sie, sondern die Untergesellschaft betreibe das Geschäft, wurde vom Gericht angesichts ihrer 90 %igen Kapitalbeteiligung nicht anerkannt (vgl. hierzu auch Apelt, Der Konzern im englischen Company Law (1984), S. 14), zur missbräuchlichen Umgehung lizenzrechtlicher Vorschriften vgl. auch Merchandise Transport Ltd. v. British Transport Commission (1962) 2 Q.B. 173. 4 4 2 Vgl. zu dieser Entscheidung insbesondere auch Griffin, The company lawyer (1991), Vol. 12 S. 16 f. 443 Adams v. Cape Industries plc (1990) Ch 433, 542 f. 4 4 4 Vgl. hierzu auch noch unten S. 578 ff. 4 4 5 Vgl. etwa Bird & Co. v. Thos. Cook & Son Ltd. (1937) 2 All E.R. 227: hier wurde ein Indossament der wirtschaftlich stark abhängigen Tochtergesellschaft auf einem Scheck als Indossament der holding company angesehen, weil lediglich eine Falschbezeichnung des Indossanten vorliege. 446 Apelt, Der Konzern im englischen Company Law (1984), S. 15; Bauschke, Grenzen der Rechtspersönlichkeit (1975), S. 100. 447 DHN Food Distributions Ltd. v. London Borough of Tower Hamlets (1976), 3 All E. R. 462, C.A; vgl. auch Adams v. Cape Industries plc (1990) Ch. 433, 537, 544, wo ein Durchgriff auf die Muttergesellschaft mit der Begründung, dass diese eine Tochtergesellschaft gegründet habe, um sich vor einer Inanspruchnahme aus Verbindlichkeiten zu schützen, die auf Unternehmun-

560

Kapitel V: Die Haftung

einer Muttergesellschaft

nach englischem

Recht

teiligt war 4 4 8 . Vor allem wurde in diesem Bereich aber mit den Begriffen des Betrugs {fraud), der Arglist u n d des guten Glaubens gearbeitet. Angesichts dieser Situation u n d der angeprangerten Ungereimtheiten der „Case-Law "-Kasuistik wird vielfach die erhebliche Rechtsunsicherheit im Bereich der Durchgriffsfragen beklagt 449 . Teilweise stellte man bei dem Versuch, die „irrationalen" und „wahllosen" Ansätze 4 5 0 der Rechtsprechung in ein schlüssiges, zusammenhängendes Konzept zu bringen, gar fest: „The results in individual cases may be commendable, but it smacks of palm-tree-justice rather than the application of legal rules451Auch der in diesem Zusammenhang häufig benutzte Begriff der Fassade wird als Wort ohne klare Bedeutung abqualifiziert 4 5 2 , den man besser vermeiden sollte 453 . Zwar wird teilweise 454 als ein Faktor, den man als fassbares Indiz f ü r das Vorliegen einer bloßen Fassade heranziehen könnte, die offensichtliche Unterkapitalisierung der Tochtergesellschaft genannt 4 5 5 . Ein Gesichtspunkt, der auch in Re F.G. (Films) Ltd. als bedeutsam anerkannt wurde 4 5 6 . In anderen Entscheidungen wie etwa in Sachen Re Polly Peck International plc wurde indes die Unterkapitalisierung als nicht relevant angesehen 457 . Einen zumindest häufig herangezogenen Versuch einer gewissen Systematisierung hat allerdings auch Farrar45S in seinem Lehrbuch unternommen, in dem er zwischen neun Fallgruppen unterscheidet, in denen ein piercing the veil in Begen der Gruppe zurückzuführen seien, allerdings unter Hinweis auf die Salomon - Entscheidung nicht zugelassen wurde. 448 Ss. 213, 214 Insolvency Act. 449 Vgl. etwa Rogers AJA in Briggs v.James Hardie & Co Pty Ltd. (1989) 16 N S W L R 549, 567: „the threshold problems arises from the fact that there is no common, unifying principle, which underlies the occasional decision of courts to pierce the corporate veil. Although an ad hoc explanation may he a offered by a court which so decides, there is no principled approach to be derived from the authorities... vgl. auch McKay J. in A-G v. Equiticorp Industires Group Ltd (in statutory managmenet) (1996) 1 N Z L R 528, 541 (piercing the corporate veil is not a principle but a process), vgl. aus der Literatur auch Farrar's Company Law, 4. Aufl. S. 69 f., Hadden, Control of Corporate Groups S. 33; Prentice, Konzernrecht im Ausland S. 104, Wedderburn (1984) 47 M.L.R., 90. 450 preniice; Group, 101, spricht hier auch von „Prinzipienwildnis". 451 Gower, 4. Aufl. S. 138. 452 Davies in Gower's Principles of Modern Company Law, 6. Aufl. S. 174; Prentice, Connecticutjournal of IntL Law (1999), 305, 316. 453 Farrar's company law, 4. Aufl. S. 72 m.w.N. 454

Vgl. etwa Davies in Gower's Principles of Modern Company Law, 6. Aufl. S. 174. Auch in den USA sieht man hierin teilweise ein bedeutsames Kriterium für die Annahme einer Durchgriffshaftung, wenngleich nur eines unter vielen. 456 Re F.G. (Films) Ltd. (1953) 1 WLR 483 (im konkreten Fall ging es um die Frage, ob eine Tochtergesellschaft als Produzentin eines Films anzusehen war). 457 Re Polly Peck International plc (1996) 2 All E.R. 433; vgl. hierzu auch Prentice, Conneticut Journal of Intl. Law (1999), 305, 322; gegen die Möglichkeit, hierauf eine Durchgriffshaftung zu stützen auch Wooldridge, in European Company Laws, Druey u.a. (Hrsg.), 1991, 103, 112; Muscat, The liability of the Holding company (1996), S. 347 meint gar, F.G. (Films) Ltd. sei wohl die einzige Entscheidung, in der die Unterkapitalisierung bei der Frage nach der Berechtigung eines piercing the veil eine Rolle gespielt habe, wobei er gleichzeitig aber auch die Reformbedürftigkeit des englischen Gesellschaftsrechts insoweit betont (Muscat a.a.O. S. 363 ff.) 458 Farrar's Company Law, 4. Aufl. S. 70 ff. 455

§ 13: Die Haftung

des herrschenden

Unternehmens

561

tracht zu ziehen ist. Genannt werden insoweit die Kategorien: 1) the companies legislation, 2) other legislation, 3) agency, 4) frattd, 5) trusts, 6) tort, 7) enemy, 8) tax und 9) group enterprises. Die Fälle einer Haftung aufgrund einer gesetzlichen Regelung wurden bereits zu Beginn dieses Kapitels behandelt. Im Übrigen soll diese Unterscheidung aber der nachfolgenden Untersuchung zugrunde gelegt werden, wenngleich das Thema dieser Arbeit es angebracht erscheinen lässt, mit der letzten Fallgruppe dabei zu beginnen. Keine gesonderte Beschäftigung findet allerdings mit den Kategorien enemy und tax statt. Die Fallgruppe, nach der ein Durchgriff aufgrund eines überragenden öffentlichen Interesses angenommen werden kann, wenn es sich bei den Gesellschaftern um „Feinde" des Landes handelt, hat sich weitgehend historisch überlebt 459 . Die Durchbrechung des Trennungsprinzips zur Verhinderung von Steuerhinterziehungen aus fiskalpolitischen Gründen wurde schließlich ebenfalls zugelassen, wenn die Gesellschaft nur zum Schein (sham) gegründet wurde 460 . Ein vertieftes Eingehen auf diesen Problembereich würde allerdings eine Auseinandersetzung mit den Besonderheiten des englischen Steuerrechts voraussetzen, die hier nicht geleistet werden kann. a) Die Durchgriffsbaftung

in der

Unternehmensgruppe

aa) Die Haftung der Muttergesellschaft aufgrund der Kontrolle der Tochtergesellschaft Im bereits eingangs erwähnten Fall Lübbe v. Cape46i machten die Kläger einen Anspruch gegen die herrschende Gesellschaft nicht auf der Grundlage einer Durchgriffshaftung (piercing tbe corporate veil) oder abgeleiteter Verantwortlichkeit geltend. Argumentiert wurde vielmehr damit, dass die Muttergesellschaft die Tochtergesellschaft kontrolliert habe und durch die sorglose Außerachtlassung ihrer eigenen Direktoren selbst nachlässig hinsichtlich der vorhersehbaren Risiken für die Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer ihrer Tochtergesellschaft gehandelt habe. Diese Begründung wird in der Literatur teilweise als besserer Ansatz für die Inanspruchnahme einer Muttergesellschaft angesehen als derjenige einer Durchgriffshaftung, zumal Letzterer dem fundamentalen Prinzip der Haftungsbeschränkung widerspricht 462 . Noch nicht geklärt ist damit allerdings, wie eine solche Haftung dogmatisch nachvollziehbar begründet werden soll. Insbesondere ist 4 5 9 Während des ersten Weltkrieges, wurde im Fall Daimler Co Ltd. v. Continental Tyre and Rubber Co (Great Britain) Ltd. (1916) 2 A C 307, HL, Anteile an einer englischen Gesellschaft von Deutschen gehalten, woraufhin ein Durchgriff angenommen wurde; vgl. später auch die Regelung in s. 2 (1) (c) Trading with the Enemy Act 1939 (vgl. hierzu auch Pennington, 8. Aufl. S. 53). 4 6 0 So wurde die eigenständige Rechtspersönlichkeit einer Tochtergesellschaft teilweise missachtet, wenn es bei der Frage der Steuerpflichtigkeit eines ausländischen Mutterunternehmens darum ging, ob dieses Unternehmen in Großbritannien durch ihre britische Tochtergesellschaft „Geschäfte betreibt" vgl. etwa Re EG. (Films) Ltd (1953)1 W L R 483; Firestone Tyre and Rubber Co Ltd. v. Lewellin (1957) 1 W L R 464. 4 6 1 Entscheidung des House of Lords vom 20. Juli 2000 in Sachen Lübbe and Others v. Cape plc and Releated Appeals (2000) 1 W L R 1545. 462 Hicks/Goo, Cases and Materials S. 119; zur deliktischen Haftung der Muttergesellschaft vgl. noch u. S. 572 ff.

562

Kapitel

V: Die Haftung

einer Muttergesellschaft

nach englischem

Recht

o f f e n , w o r a u f e i n e P f l i c h t z u r K o n t r o l l e g e s t ü t z t w e r d e n s o l l , die V o r a u s s e t z u n g einer entsprechenden H a f t u n g wäre. bb) D a s Kriterium der wirtschaftlichen Einheit V e r e i n z e l t h a b e n s i c h die G e r i c h t e in E n g l a n d f r e i l i c h b e r e i t g e z e i g t , v e r b u n d e n e G e s e l l s c h a f t e n a u f g r u n d e i n e r u m f a s s e n d a u s g e ü b t e n K o n t r o l l e als w i r t s c h a f t l i c h e E i n h e i t ( e c o n o m i c unit)

zu b e h a n d e l n u n d v o r d i e s e m H i n t e r g r u n d a u c h e i n e H a f -

tung zu b e j a h e n 4 6 3 . Teilweise sieht m a n im K r i t e r i u m der wirtschaftlichen E i n h e i t gar e i n b e s o n d e r e s g r u p p e n s p e z i f i s c h e s Z u r e c h n u n g s i n s t r u m e n t , dass g e l ö s t v o n a l l g e m e i n e n „Lifting

tbe

Veil"

- Prinzipien eine eigenständige D u r c h g r i f f s d o g m a -

t i k f ü r U n t e r n e h m e n s g r u p p e n b e r e i t h a l t e 4 6 4 . B e r e i t s 1 9 5 5 w u r d e in d e r E n t s c h e i d u n g Holdsworth

& Co.

v. Caddies

die separate

schaften angesichts der dahinterstehenden

legal

entity

der Konzerngesell-

„unternehmerischen Einheit"

außer

A c h t g e l a s s e n 4 6 5 . W e n n g l e i c h es i m k o n k r e t e n F a l l n i c h t u m e i n e H a f t u n g s f r a g e g i n g 4 6 6 , b e t o n t e das G e r i c h t , dass i m H i n b l i c k a u f die v o n d e r holding

Company

a u s g e ü b t e u m f a s s e n d e K o n t r o l l e 4 6 7 eine s t r e n g e r e c h t l i c h e T r e n n u n g z w i s c h e n d e n b e t e i l i g t e n G e s e l l s c h a f t e n n i c h t m ö g l i c h sei, w e s h a l b m a n Caddies

auch allen G e -

s e l l s c h a f t e n des „ w i r t s c h a f t l i c h e i n h e i t l i c h e n U n t e r n e h m e n s v e r b u n d e s "

gegen-

ü b e r f ü r v e r p f l i c h t e t hielt. I m H i n b l i c k a u f die b e s o n d e r e n B i l a n z i e r u n g s p f l i c h t e n b e i v e r b u n d e n e n U n t e r n e h m e n h a t t e a u c h Lord Order

Stores

v. Inland

Revenue

Commissioners468

Denning

i m F a l l Littlewoods

Mail

einen D u r c h g r i f f gegenüber an-

4 6 3 Vgl. etwa Lord Denning M.R. in DHN Food Distributors v. Tower Hamlet (1976)1 W L R 852 (860); vgl. hierzu auch Davies in Gower's Principles of Modern Company Law, 6. Aufl. S. 166 ff. 4 6 4 Dementsprechend wird teilweise das Merkmal der „unternehmerischen Einheit" auch nicht als bloßes Kriterium innerhalb des Gesamtkomplexes „Piercing the Corporate Veil", sondern als eigenständige Fallgruppe der einheitlichen Behandlung von Mutter- und Tochtergesellschaft aufgeführt; Gower S. 128 ff.; siehe auch Buckley J. in Revlon Inc. v. Cripp & Lee Ltd. (1980) F.S. R. 85 (105); Slade J. in Adams v. Cape Industries plc (1990) Ch.433 (532, 539); mehrheitlich werden diese Fälle jedoch unter der Überschrift „Piercing the Corporate Veil" behandelt, vgl. z.B. Lord Keith of Kirkel in Woolfson v. Strathclyde Regional Council HLSc. (1978) S. L.T. 159, 161; was darauf zurückzuführen ist, dass im Ergebnis doch die eigenständige Rechtspersönlichkeit der subsidiary durchbrochen wird. 4 6 5 (1955) 1 W L R 352, HL(Sc.) = (1955) 1 All E R , 735. 466 Caddies war managing director der holding company „Holdsworth", wobei im Anstellungsvertrag vorgesehen war, dass er auch Pflichten gegenüber deren Tochtergesellschaften wahrzunehmen habe, sofern ihm diese jeweils vom board of directors der Obergesellschaft zugewiesen wurden. Nachdem er angewiesen wurde, seine Tätigkeit nur noch bei einer der subsidiaries auszuüben, wehrte er sich gegen diese Abberufung als managing director der holding company mit dem Hinweis auf die separate legal entity von Mutter- und Tochtergesellschaften. Diese Argumentation wurde vom Gericht als „zu formell" verworfen: Caddies' Anstellungsverhältnis sei ein Vertrag „in re mercatoria" und müsse als solches im Licht der zugrundeliegenden wirtschaftlichen und unternehmerischen Realitäten betrachtet werden, „ ... must be construed in the light of the facts and realities of the situation" Lord Reid a.a.O. S. 361. = 1 All E.R. 738. 4 6 7 Bezugspunkte für diese von der Obergesellschaft ausgeübten „Kontrolle" waren neben dem 100 %igen Anteilsbesitz an den Untergesellschaften der Umstand, dass die Leitungsorgane der subsidiaries mit „nominees" der Obergesellschaft besetzt wurden. 4 6 8 (1969) 1 W L R 1241, 1254.

§ 13: Die Haftung

des herrschenden

Unternehmens

563

deren Gesellschaften einer Unternehmensgruppe befürwortet, wobei dies damit begründet wurde, dass die Gesetzgebung selbst die Tendenz aufzeige, die rechtliche Selbst- und Eigenständigkeit einer einzelnen Unternehmensgesellschaft zur Seite zu schieben, um die Rechts- und Tatsachenverhältnisse aller Gesellschaften zu beurteilen. Auch in der Entscheidung Scottish Co-operative Wholesale Society Ltd. v. Meyer469 betonte das House of Lords, dass, wenn jede der fraglichen von der Untergesellschaft ausgeführten Maßnahmen durch die Geschäftspolitik der Obergesellschaft bestimmt werde 470 , bei der Frage nach einem tatbestandlichen Verhalten im Sinne der damaligen s. 210 C.K. 1948 4 7 1 auf die Sphäre der herrschenden Gesellschaft abgestellt werden müsse. Begründet wurde dies mit dem Normzweck der Vorschrift, der verlange, dass das Gericht bei seiner Beurteilung der Situation den wirtschaftlichen Realitäten im Unternehmensverbund Rechnung tragen müsse und die Richter sich nicht auf eine rein rechtliche Betrachtung beschränken dürften 472 . Als „Leitentscheidung" wird in diesem Zusammenhang allerdings das Urteil in Sachen DHN Food Distributors Ltd v. London Borough of Tower Hamlets473 angesehen. In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall ging es um die Frage der Entschädigungshöhe infolge der Enteignung des Grundbesitzes einer 100%igen Tochtergesellschaft der holding Company DHN. Da die Tochtergesellschaft neben dem der DHN überlassenen Grundbesitz keine Vermögensgüter hatte und keinerlei Geschäftstätigkeit ausübte, sprach die Erstinstanz der DHN nach Enteignung des Grundstücks nur eine am Wert einer „widerrufbaren Lizenz" orientierte geringe Entschädigung zu. Die subsidiary erhielt - da sie selbst keine Geschäftstätigkeit auf dem Betriebsgelände ausübte - nur den Substanzwert des Grundbesitzes ersetzt. Die DHN legte gegen dieses Urteil Rechtsmittel ein. Eine am Ertragswert des Gewerbebetriebes orientierte Entschädigung wegen „Eingriffs in den Gewerbebetrieb" war der holding Company DHN allerdings nur zu gewähren, wenn sie an dem Grundstück ein Interesse geltend machen konnte, das über dasjenige eines bloßen Lizenznehmers hinausging. Der Court of Appeal bejahte dies mit dem Argument, die Gesellschaften der Unternehmensgruppe seien angesichts des Sinns und Zwecks der zugrundeliegenden Entschädigungsnorm im vorliegenden Fall 4 7 4 als eine wirtschaftliche Einheit zu behandeln. Damit wurde der DHN wegen Eingriffs in den Gewerbebetrieb eine am Ertragswert des Geschäfts orientierte Entschädigung zugestanden und damit faktisch so behandelt, als hätte

(195 9) A.C. 324, H.L.(Sc.); (1958) 3 All E.R. 66. Lord Simonds (1959) A.C. 324, 342; (1958) 3 All E.R. 66, 71 Jt is not possible to separate the transactions of the society (der Obergesellschaft) from those of the company (der Untergesellschaft). Everv step taken by the latter was determined by the policy of the former. (...)". 4 7 1 Heutige ss 459-461 C A 1985 (vgl. hierzu noch unten S. 601 ff.). 4 7 2 A.a.O S. 343: „... the section warrants the courts in booking at the business realities of the situation and does not confine them to a narrow legalistic view ". 4 7 3 (19 76) 3 All E R 462 (C.A.); 1 W L R 852. 4 7 4 Zum Normzweck als Durchgriffskategorie, siehe auch Wolf Konzernhaftung (1995), S. 157 f. 469 470

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Kapitel

V: Die Haftung

einer Muttergesellschaft

nach englischem

Recht

sie selbst das G r u n d s t ü c k besessen 4 7 5 . Als maßgebliche G r ü n d e 4 7 6 f ü r die Behandlung der G r u p p e als „wirtschaftliche Einheit" w u r d e n insbesondere die identischen Leitungsorgane u n d Gesellschafter v o n Mutter- u n d Tochtergesellschaft hervorgehoben, das gemeinsame Geschäftsinteresse sowie die fehlende eigene G e schäftstätigkeit der subsidiaries. Insbesondere w u r d e u n t e r B e z u g n a h m e auf die E n t s c h e i d u n g e n Holdsworth u n d Scottish Wholesale Co-operative aber auch auf eine Tendenz in der R e c h t s p r e c h u n g verwiesen, die Beziehungen zwischen M u t ter- u n d Tochtergesellschaft t r o t z der bestehenden rechtlichen Selbständigkeit vor d e m H i n t e r g r u n d der wirtschaftlichen Realitäten u n d somit der bestehenden organisatorischen u n d interessenmäßigen Verflechtungen als „wirtschaftliche Einheit" zu behandeln 4 7 7 . In der Literatur w u r d e diese E n t s c h e i d u n g indes sehr kritisch a u f g e n o m m e n 4 7 8 u n d ein Abstellen auf die b l o ß „unternehmerische Einheit" als zu „weitgehend" 4 7 9 o d e r gar als „Fehlurteil" (aberrations) verworfen 4 8 0 . In anderen L ä n d e r n des Commonwealth w u r d e u n t e r B e t o n u n g der S^/owow-Prinzipien dieser A n s a t z in der R e c h t s p r e c h u n g auch nicht aufgegriffen 4 8 1 . A b e r auch in England w u r d e mit A u s n a h m e einiger unterinstanzlicher Entscheidungen, die gelegentlich auf die w i r t schaftliche Einheit abstellten 4 8 2 , in den Folgeentscheidungen vor allem die rechtliche Selbständigkeit der Gesellschaften betont 4 8 3 . Besondere H e r v o r h e b u n g verdient in diesem Z u s a m m e n h a n g die E n t s c h e i d u n g in d e m schottischen Rechtsstreit Woolfson v. Strathclyde Regional Council484, d e m ein mit d e m DHN - Fall ähn475 Lord. Denning a.a.O. S. 860: „... The three Companies should, for present purposes, be treated as one, and the parent company should be treated as that one ...". In d e m Urteil klingt auch ein weiterer B e g r ü n d u n g s a n s a t z an, der dieses Ergebnis mit Regeln des „Trust-Rechts" zu s t ü t z e n versucht ( z u m Trust-Recht in diesem Z u s a m m e n h a n g vgl. noch u n t e n S. 584 ff.). 476 Die einzelnen Richter stellten hier teilweise auf unterschiedliche Kriterien ab, vgl. Farrer's C o m p a n y Law, 4. Aufl. S. 73. 477 Lord Denning M.R. 1 W L R 860 u n t e r B e z u g n a h m e auf Cower 3. Aufl. S. 216: „There is evidence of a general tendency to ignore the separate legal entities of various companies within a group, and to look instead at the economic entity of the whole group ...". Diese B e h a u p t u n g hat großes A u f s e h e n erregt (vgl. Rixon, (1986) 102 L . Q . R . , 415; vgl. auch Hayton, (1977) C a m b r . L J . 12; Powles, (1977) 40 M.L.R., 339; Sugarman/Webb, (1977) 93 L . Q . R . 170). 478 Farrar's C o m p a n y Law, 4. A u f l . S. 73, Wilkinson, (1987) 8 C o . L a w y e r , 126. 479 Powles, (1977) 40 M.L.R., 339 (342). 480 Gallagher/Ziegler, J.B.L. 1990, 297; Hayton, (1977) Cambr.L.J., 12 (15); Rixon, (1986), 102 L . Q . R . 415 (422). 481 Vgl. die N a c h w e i s e bei Farrar s C o m p a n y Law, 4. Aufl. S. 73. 482 So w u r d e bspw. im Fall Revlon Inc. v. Cripp & Lee Ltd. (1980) FSR 85 (95 ff.) die M u t tergesellschaft Revlon als Inhaberin eines f ü r ihre Tochtergesellschaft eingetragenen Warenzeichens angesehen; siehe auch Amalgamated Investment and Property Co. Ltd. v. Texas Com. intern. Bank (1982) Q . B . 84, w o L o r d Denning M . R . die vollständig abhängige Tochtergesellschaft als „alter ego" o d e r „conduit pipe" der Muttergesellschaft behandelte, da die Tochtergesellschaft kein eigenes wirtschaftliches Risiko trage, s o n d e r n ausschließlich die A n w e i s u n g e n der holding company a u s f ü h r e u n d keinerlei eigene E i n n a h m e n o d e r Verluste h a b e ; siehe ebenso Lewis Trusts v. Bamhers Stores (1983) ES. R. 453 (455). 483 Vgl. auch Roskill in Albacruz (Cargo Owners) v. Albazero (Owners) (1977) A . C . 774 (804).

484

(1978) SLT 159 HL Sc.

§ 13: Die Haftung

des herrschenden

Unternehmens

565

licher Sachverhalt zugrunde lag, in dem die Gesellschaften jedoch nicht zur Bemessung der Entschädigung als „wirtschaftliche Einheit" behandelt wurden. Auch hier betrieb eine Gesellschaft auf dem Grundstück einer anderen (Schwester-)Gesellschaft, das später zwangsenteignet wurde, ein Handelsgeschäft. Zwar handelte es sich nach englischem Verständnis nicht um eine Unternehmensgruppe im eigentlichen Sinne, da die Anteile der beiden Gesellschaften von einem natürlichen Mehrheitsgesellschafter und seiner Frau gehalten wurden485, wobei jener zugleich als Privatmann Miteigentum am fraglichen zwangsenteigneten Grundstück besaß. Dies wurde allerdings nicht als entscheidungserheblicher Umstand angesehen, um von der DHN - Entscheidung abzuweichen. Daher wird dieser Fall aber auch auf die Situation im Unternehmensverbund ohne weiteres als übertragbar angesehen486 und als Absage an den single-economic-unit-Ansatz aufgefasst487, zumal Lord Keith of Kinkel den im DHN - Urteil gewählten Ansatz ausdrücklich anzweifelte488. Zwar hob das Gericht hervor, dass tragender Grund für eine vom DHN - Urteil abweichende Entscheidung die Andersartigkeit der Gegebenheiten sei489. Gleichzeitig wurde aber auch darauf hingewiesen, dass ein Durchgriff nur bejaht werden könne, wenn die Gesellschaft eine bloße Fassade sei, die die wahren Verhältnisse verschleiere490. Im Hinblick auf diese Begründung hält man es aber für ausgeschlossen, dass sich das Gericht der DHN - Entscheidung angeschlossen hätte, wenn die Fakten völlig identisch gewesen wären491.Als weiteres Beispiel eines Falles, in der ein Durchgriff verneint wurde, ist auch die Entscheidung in Sachen Multinational v. Multinational Services492 zu nennen. Auch hier hatten drei internationale Olkonzerne ihre gemeinsame Tochtergesellschaft vollständig kontrolliert und schließlich aufgrund fahrlässigen Verhaltens in den Konkurs manövriert. Trotzdem wurde von keinem der Richter erwogen, die abhängige Gesellschaft und die Olkonzerne als eine Einheit zu betrachten493. Wiederum betonte das House of Lords die rechtliche Selbst- und Eigenständigkeit der Gesellschaften untereinander. Bestätigt wurde diese Linie auch in der bereits erwähnten Entscheidung des Court of Appeal in Sachen Adams v. Cape In-

485 Der Betriebsinhaber von Geschäftsräumen, die zwangsenteignet wurden, war eine Company, in der Mr. Woolfson 999 Aktien und seine Frau die letzte einzelne Aktie hielt. Das Grundstück gehörte Mr. Woolfson und einer weiteren Company, deren einzige Gesellschafter wiederum die Eheleute Woolfson waren. 486 Wolf Konzernhaftung (1995), S. 150 m.w.N. 487 Siehe z.B. Rixon, (1986) 102 L.Q.R., 415 (421 f.). 488 (19 78) SLT 159, 161; „... I have some doubts whether the Court of Appeal (in der DHN Entscheidung) properly applied the principle that its appropriate to pierce the Corporate veil only where special circumstances exist indicating that it is a mere facade concealing the true facts". 489 So wurde etwa hervorgehoben, dass die Tochtergesellschaften nicht vollständig kontrolliert worden seien und sie ein „eigenes Geschäftsinteresse" besaßen (vgl. a.a.O. S. 161). 490 A.a.O. S. 161. 491 Rixon, (1986) 102 L.Q.R., 415 (421 f.). 492 Multinational Gas and Petrochemical Co Ltd. v. Multinational Gas and Petrochemical Services Ltd. (1983) Ch 258, (1983) 2 All E R 563. 493 Verneint wurde überdies auch das Vorliegen des Falles einer Agentenschaft.

566

Kapitel

V: Die Haftung

einer M uttergesellschaft

nach englischem

Recht

dustries plcm. Hervorzuheben ist insoweit allerdings, dass, anders als im DHNFall, in Sachen Cape Industries die Tochtergesellschaften nicht vollständig von der Muttergesellschaft kontrolliert worden waren, sondern die Details der Alltagsgeschäftsführung eigenständig bestimmten 495 . Aufgrund der Tatsache, dass das Gericht das Bestehen eines Ermessens, die rechtliche Selbständigkeit der Mitglieder einer Unternehmensgruppe abzulehnen 496 , verneinte und die Möglichkeit, Kontrolle über eine Tochtergesellschaft auszuüben, nicht als genügend ansah, um die Grundsätze des piercing the corporate veil heranzuziehen 497 , wird das Urteil aber ebenfalls als Absage an den „Single economic «»¿¿"-Ansatz verstanden. Betont wurde außerdem auch hier, dass eine Durchgriffshaftung nicht darauf gestützt werden könne, die Gesellschaft sei zu dem Zweck gegründet worden, ein Haftungsrisiko auszuschließen, da die Möglichkeit, zur Begrenzung des Haftungsrisikos eine wirtschaftlich abhängige Tochtergesellschaft einzuschalten, bewusst vom englischen Kapitalgesellschaftsrecht anerkannt worden sei 498 . Mangels besonderer Ausnahmezustände sah man sich daher an den Grundsatz in Salomon v. Salomon ltd. und das Prinzip der separate legal entity gebunden 499 . Überdies hob das Gericht hervor, dass in vielen Fällen (insbesondere auch in der ZXf/N-Entscheidung), in denen bislang auf die „wirtschaftliche Einheit" zwischen verbundenen Unternehmen abgestellt worden war, das Ergebnis durch Gesetzesauslegung bzw. entsprechende Passagen in den einzelnen Gesellschaftsstatuten gerechtfertigt werden konnte. cc) Zwischenergebnis Im amerikanischen Schrifttum wird von namhafter Seite 500 die Forderung erhoben, Muttergesellschaften vermehrt für die Handlungen ihrer Tochtergesellschaft verantwortlich zu machen, um eine angemessene Gläubigersicherung zu erreichen. Argumentiert wird insoweit vor dem Hintergrund der Uberzeugung, dass dies nur durch eine Durchbrechung der entity - doctrine möglich ist. Insbesondere (199 0) Ch. 433 = B C C 786 C A = B C L C 479. Dieselben Überlegungen wurden in anderem Zusammenhang im Fall Atlas Maritime Co. v. Avalon Maritime Ltd. (N.3) (1991) 1 W L R 917 als ausschlaggebend für eine getrennte Betrachtung von Mutter- und Tochtergesellschaft angesehen. 4 9 6 (1990) B C L C 514 h. 4 9 7 Vgl. auch Rogers AJA in Briggs v. James Hardie & Co. Pty Ltd (1989) 1 6 N S W L R 5 4 9 . 4 9 8 Eine Durchbrechung des Trennungsprinzips wurde auch unter dem Gesichtspunkt abgelehnt, dass die CPC nur eine bloße „Fassade" darstelle (a.a.O. B C L C S. 519 f.; zum Sachverhalt vgl. bereits oben S. 555), wobei auch betont wurde, dass den bisher zu dieser Frage ergangenen Entscheidungen keine allgemeingültigen Maßgaben entnommen werden könnten, wann bei miteinander verflochtenen Unternehmen eine Tochtergesellschaft nur eine „bloße Fassade" der Muttergesellschaft darstelle (a.a.O. Ch. S. 543; B C L C 519 b; vgl. zum Ganzen auch bereits oben S. 555 f.). 4 9 9 AaO. Ch. 543 f. = B C L C 520; zum ebenfalls abgelehnten Argument der Kläger, die Tochtergesellschaften als „agent" der Cape industries in den U S A zu behandeln, vgl. noch unten. 5 0 0 Vgl. vor kurzem erst wieder Blumberg, Connecticut Journal of Intl Law 1999, 439 (Symposiumbericht). 494

495

§ 13: Die Haftung

des herrschenden

Unternehmens

567

Blumberg vertritt als herausragendster Vertreter des enterprise law5m die Auffassung, die entity theory habe sich mittlerweile überlebt und entspreche nicht mehr den tatsächlichen Gegebenheiten des heutigen Wirtschaftslebens 502 . Teilweise wird gar die Auffassung vertreten, die entity theory und entsprechende Doktrinen würden im heutigen Zeitalter ein funktionierendes Haftungssystem unterminieren und letztendlich zerstören 503 , weshalb auch die Forderung ausgesprochen wurde, die Grundsätze des piercing the corporate veil häufiger anzuwenden 504 . Diese Ansicht hat sich im englischen Recht indes nicht durchgesetzt 505 . Eine zunächst zu verzeichnende Tendenz der englischen Rechtsprechung, angesichts der einheitlichen unternehmerischen Leitung von Mutter- und Tochtergesellschaften einen Durchgriff zuzulassen, kann insbesondere nach der Entscheidung in Sachen Cape Industries nicht mehr festgestellt werden 506 . Vielmehr wird hervorgehoben, dass die Salomon - Prinzipien das Wachstum der Gesellschaftsgruppen überlebt haben und eine Durchgriffshaftung aufgrund des Grads der Beherrschung bzw. der ausgeübten Kontrolle oder des Ausmaßes der Verbindung zwischen den Gesellschaften 507 keine Grundlage im Gesellschaftsrecht findet 508 . Das Kriterium der Single econom.it unit wird folglich heute weitgehend als eigenständiger Haftungsansatz abgelehnt 509 . Herangezogen wird es nur bei der Auslegung 501 Blumbergs Werk über „The Law of Corporate Groups" im U.S. -amerikanischen Recht umfasst mittlerweile 7 Bände: The Law of Corporate Groups including Problems in the Law of Parent and Subsidiary Corporations in Procedure (1983); Bankruptcy or Reorganization (1985); Tort, Contract, and Other Substantive Common Law areas (1987); Statutory Law of General Application (1989); Statutory Law Specifically Applying Enterprise Principles (1992) (zusammen mit Kurt A. Strasser); State Statutory Law (1995) (zusammen mit Kurt A. Strasser) und Enterprise Liability in Commercial Relationships, Including Franchising, Licensing, Health Care Enterprises (1998) (ebenfalls zusammen mit Kurt A. Strasser); vgl. auch Z G R 1991, 327 ff. 502 Blumberg, The Law of Corporate Groups Tort, Contract, and Other Substantive Common Law areas (1987), S. 60 ; Blumberg! Strasser The Law of Corporate Groups, Problems of Parent and Subsidiary Corporations under Statutory Law Specifically Applying Enterprise Principles (1992), S. 868, 909. 503 Lynn LoPucki, The Death of Liability, Yale L.J. 1 (1996), 106. 5 0 4 Allerdings sollten die einzelnen Gesellschafter dann u.U. nicht für die gesamten Schulden haften, sondern nur anteilmäßig („pro rata liability"); vgl. Georgakopoulos, Connecticut Journal of intl Law 1999 S. 403, 405 (Symposium-Bericht). 505 Vgl. aber auch etwa Muscat, The liability of the Holding company (1996), S. 300 f., der die Haftung der Muttergesellschaft einer insolvent gewordenen Tochtergesellschaft u.a. in den Fällen für sachgemäß hält, in denen die Muttergesellschaft sich die Tochtergesellschaft zur Verfolgung der eigenen Interessen zum Nachteil derselben anhaltend dienstbar macht und für eine dahingehende Reform des englischen Gesellschaftsrechts plädiert. 5 0 6 Anderer Ansicht offensichtlich Ottolenghi, (1990) 53 M.L.R., 338, 352, der davon ausgeht, dass in der gerichtlichen Praxis die Tendenz erkennbar sei, bei einer engen Einbindung von vollständig abhängigen subsidiaries in die Geschäftspolitik - den Konzern als „einheitliches Unternehmen" zu behandeln; etwas anderes gilt allenfalls dann, wenn die Angelegenheiten zweier Unternehmen regelrecht vermischt werden (vgl. dazu Prentice, Group Indebtness in Groups of Companies S. 55, 77). 5 0 7 Teilweise wird hier auch auf das Bestehen einer Unterkapitalisierung abgestellt (Prentice Groups of Companies, S. 77). 508 Farrar's Company Law, 4. Aufl. S. 74.

568

Kapitel V: Die Haftung

einer Muttergesellschaft

nach englischem

Recht

v o n G e s e t z e s v o r s c h r i f t e n , w e n n es s i c h u m e i n e R e g e l u n g h a n d e l t , d e r e n W o r t l a u t , S i n n u n d Z w e c k d a r a u f s c h l i e ß e n lässt, d a s s b e i i h r e r A n w e n d u n g auf d i e t a t s ä c h lichen wirtschaftlichen Verhältnisse u n d Interessenkonstellationen

abzustellen

i s t 5 1 0 . B e d e u t u n g k a n n es d a r ü b e r h i n a u s b e i d e r A u s l e g u n g v o n V e r t r a g s k l a u s e l n b z w . U r k u n d e n 5 1 1 h a b e n . U m die eigenständige R e c h t s p e r s ö n l i c h k e i t einer K o n z e r n g e s e l l s c h a f t i g n o r i e r e n z u k ö n n e n , b e d a r f es a l l e r d i n g s e i n e r b e s o n d e r s e n g e n organisatorischen und finanziellen Verflechtung zwischen den

Gesellschaften

b z w . e i n e r u m f a s s e n d a u s g e ü b t e n K o n t r o l l e 5 1 2 . A l l e i n d e r U m s t a n d , d a s s 100 % der Anteile v o n einer anderen Gesellschaft gehalten werden513, genügt nicht, u m d a s T r e n n u n g s p r i n z i p d u r c h b r e c h e n z u k ö n n e n 5 1 4 , s o w e i t n i c h t a u c h ein e i n d e u t i ger Fall eines r e c h t s m i s s b r ä u c h l i c h e n Verhaltens vorliegt515. Verlangt w i r d vielm e h r ein G r a d an K o n t r o l l e , der jeden eigenständigen E n t s c h e i d u n g s p r o z e s s in d e r T o c h t e r g e s e l l s c h a f t a u s s c h l i e ß t . E n t s c h e i d e n d ist d a m i t , o b d i e T o c h t e r g e s e l l s c h a f t e i n e b l o ß e M a r i o n e t t e d e r h e r r s c h e n d e n G e s e l l s c h a f t ist o d e r s i c h n o c h ein 509 Im Hinblick auf die Regelung in s. 214 IA 1986 nimmt man teilweise auch an, dass der Raum für eine Durchgriffshaftung weiter abnehmen wird (Schuberth, Konzernrelevante Regelungen im britischen Recht (1997), S. 182 m.w.N.). 510 Vgl. etwa Scottish Co-operative Wholesale Society Ltd. v. Meyer (1959) A.C. 324, 343; auch im Zusammenhang mit der Auslegung von Artt. 85, 86 EWG-Vertrag (nun Artt. 80, 81 EGV) wurde von Generalanwalt Warner in Sachen Istitutio Chemioterapico Italiano SpA v. Commission of the European Communities darauf hingewiesen, dass beide Artikel nicht von „Personen", sondern von „Unternehmen" als einem weiteren und loseren Begriff sprächen, um ein - für das Wettbewerbsrecht unangebrachtes - Abstellen auf das Prinzip der rechtlichen Selbständigkeit der Gesellschaften im Sinne der „Salomon Doktrin" zu vermeiden (1974) E.C.R., 263 ff.; im Ergebnis schloss sich auch der E u G H dieser Ansicht an und beurteilte die „wirtschaftliche Einheit" der Konzerngesellschaften als maßgeblich; auf diese Überlegungen wurde in der Cape-Industries-Entscheidung ausdrücklich Bezug genommen (1990) Ch. 433 (535-536). 511 Vgl. etwa The Roberta (1937) 58 L.L.Rep.159, 169, vgl. zu diesem Fall auch bereits oben Fn. 441 S. 559. 512 Vgl. hierzu Scottish Co-Operative Wholesale Society v. Meyer (1958) 3 All ER 66; DHN Food Distributors Ltd. v. London Borough of Tower Hamlets (1976) 1 WLR 852; Commercial Solvents Corp. v. EC Commission (No's 6-7) (1974) E C R 223. 513 100 %ige Tochtergesellschaften stellen wohl die Mehrheit unter den Tochtergesellschaften in England dar (Hadden, in Gesellschaftsrecht der Konzerne, Mestmäcker/Behrens (Hrsg.) S. 329, 331); das englische Gesellschaftsrecht fördert die Entstehung von 100 %igen Tochtergesellschaften, da nach s. 429 C A 1985 nach Erwerb von 90 % der Geschäftsanteile an einer company infolge eines Takeover-Verfahrens die verbleibenden Anteile vom Erwerber aufgekauft werden können. 514 Vgl. etwa DHN Food Distributors Ltd. v. London Borough of Tower Hamlets (1976) 1 WLR 852; Revlon Inc. v. Cripps & Lee Ltd. (1980) FSR 85; vgl. aber auch Adams v. Cape Ind. (1990) 2 WLR 657. 515 Re a Company (1985) B C L C 333, CA; auch für eine vermutungsweise Haftung von Muttergesellschaften gegenüber Gläubigern 100 %iger Töchter, wie sie teilweise vorgeschlagen wurde (Schmitthoff, J.B.L. 1978,218,229), besteht keine rechtliche Grundlage; keine Verwirklichung fand auch der Vorschlag des British Consultative Committee of Accountancy Bodies, das eine Patronatshaftung von Muttergesellschaften für ihre Töchter vorgeschlagen hatte, welche erst bei einem öffentlich registrierten Widerruf hinfällig geworden wäre; dieser Vorschlag wurde vom Gesetzgeber nicht aufgenommen (Angaben aus Blumberg II, 613-614; Wooldridge, Groups (1981), 107 ff.).

5 Ii:

Die Haftung

des herrschenden

Unternehmens

569

gewisses Maß an Eigenständigkeit erhalten hat, was wohl nur dann nicht der Fall ist, wenn die Muttergesellschaft auch das Tagesgeschäft der Tochtergesellschaft vorgibt 516 . Nur in diesem Fall kann der single economic unit-Ansatz bei der Auslegung von Gesetzen, Verträgen und anderen Dokumenten Bedeutung erlangen 517 . Für Fragen der Haftung ist er allerdings wenig ergiebig, da außerhalb vertraglich eingegangener Verpflichtung interpretationsbedürftige oder auch nur auslegungsfähige Vorschriften kaum existieren 518 . b) Rechtsmissbräuchliche

Verhalten

Anerkannt ist die Möglichkeit einer Durchgriffshaftung allerdings, wenn man es mit einem regelrecht betrügerischen Handeln der Gesellschafter zu tun hat 519 oder eine Gesellschaft nur zu dem Zweck gegründet wurde, vertragliche oder gesetzliche Verpflichtungen zu umgehen 520 bzw. Vermögensgüter vor dem Zugriff der Gläubiger beiseite zu schaffen 521 . Weitgehend spricht man insoweit von der „fraud exception" zum Salomon-Pr'mzip522, teilweise aber auch von der „abuse of the corporate form exception"52i. Bereits in der S ¡ n Hachenburg, 7. Aufl. § 13 G m b H G Anh. I Rn. 76, für die Anwendbarkeit des Wirkungsstatuts im Endeffekt wohl auch L G Frankfurt v. 8.3.1977 = A G 1977, 321, 322 (vgl.

§ 19: Das

Gesellschaftsstatut

739

Wendung findet, w e l c h e die k o n k r e t e A u ß e n b e z i e h u n g z w i s c h e n G l ä u b i g e r u n d Gesellschaft beherrscht. G e f o l g t w i r d i n s o w e i t d e n G e d a n k e n der u r s p r ü n g l i c h e n N o r m a n w e n d u n g s l e h r e , w e l c h e die F r a g e des H a f t u n g s d u r c h g r i f f s d u r c h A u s l e g u n g der i m A u ß e n v e r h ä l t n i s z w i s c h e n Gesellschaft u n d G l ä u b i g e r n a n w e n d b a r e n N o r m b e a n t w o r t e t 5 5 3 . I n s b e s o n d e r e Mertens ü b e r t r ä g t diese r e c h t s d o g m a t i s c h e B e h a n d l u n g der D u r c h g r i f f s h a f t u n g i m m a t e r i e l l e n R e c h t auf die k o l l i s i o n s r e c h t liche A n k n ü p f u n g . W e n n m a t e r i e l l r e c h t l i c h n u r i m R a h m e n der A n w e n d u n g u n d A u s l e g u n g der i m A u ß e n v e r h ä l t n i s m a ß g e b l i c h e n N o r m e n ü b e r die A u f h e b u n g des T r e n n u n g s p r i n z i p s z u entscheiden sei, d a n n m ü s s e a u c h k o l l i s i o n s r e c h t l i c h das i m A u ß e n v e r h ä l t n i s m a ß g e b l i c h e R e c h t e n t s c h e i d e n d sein 5 5 4 . D i e M ö g l i c h k e i t eines D u r c h g r i f f s richte sich somit je nach Sachlage nach d e m Vertragsstatut, nach d e m D e l i k t s s t a t u t , nach d e m Sachstatut oder n a c h d e m Statut des ö f f e n t l i c h e n R e c h t s e i n s c h l i e ß l i c h des Steuerrechts 5 5 5 . A u c h an anderer Stelle w i r d f ü r die p r i m ä r e M a ß g e b l i c h k e i t des W i r k u n g s s t a t u t s plädiert 5 5 6 . A u s g e h e n d v o m Fall des u m g e k e h r t e n H a f t u n g s d u r c h g r i f f s spricht sich e t w a Bernstein zunächst gegen eine allgemeine M a ß g e b l i c h k e i t des Gesellschaftsstatuts aus. Gerade beim u m g e k e h r t e n H a f t u n g s d u r c h g r i f f stehe die B e z i e h u n g z w i schen d e m Gesellschafter u n d dessen Gläubiger u n d nicht die innere Gesellschaftss t r u k t u r im V o r d e r g r u n d . Daher sei das f ü r diese A u ß e n b e z i e h u n g maßgebliche Recht, die lex causae, f ü r die Frage der M ö g l i c h k e i t eines Durchgriffs auf die juristische Person heranzuziehen 5 5 7 . Die f ü r den u m g e k e h r t e n H a f t u n g s d u r c h g r i f f gef u n d e n e n G r u n d s ä t z e w e r d e n sodann auf den direkten H a f t u n g s d u r c h g r i f f ü b e r t r a gen 5 5 8 . A u c h hier sei mit Blick auf die G l ä u b i g e r - S c h u l d n e r - B e z i e h u n g die interessengerechteste kollisionsrechtliche Regel darin zu sehen, die D u r c h g r i f f s f r a g e p r i m ä r d e m W i r k u n g s s t a t u t zu unterstellen 5 5 9 . Das Gesellschaftsstatut k ö n n t e n u r auch Claudia Schmidt, Der Haftungsdurchgriff und seine Umkehrung im internationalen Privatrecht (1993), S. 81). 553 Müller-Freienfels, AcP 156 (1957), S. 522 ff. 554 Mertens, in Hachenburg, 7. Aufl. § 13 GmbHG Anh. I Rn. 76 ( B e h r e n s , in Hachenburg, 8. Aufl. Einl. Rn. 149 differenziert hingegen zwischen Durchgriffsfällen zum Schutz der Gesamtheit der Gläubiger, bei denen das Gesellschaftsstatut zur Anwendung kommen soll, und solchen zugunsten einzelner Gläubiger, bei denen das Wirkungsstatut gelten soll). 555 Mertens, in Hachenburg, 7. Aufl. § 13 GmbHG Anh. I Rn. 76. 556 Bernstein, in FS für Zweigert S. 37, 57. 557 Insbesondere bei Staatsunternehmen könne die Frage des Haftungsdurchgriffs nicht dem Gesellschaftsstatut überlassen bleiben. Der betreffende Staat könnte zu leicht versucht sein, sein Recht so zu gestalten, dass eine eigene Inanspruchnahme für Verbindlichkeiten des Staatsunternehmens stets ausgeschlossen sei. Somit sei es wesentliche Sache des Wirkungsstatuts, einen effektiven Gläubigerschutz zu gewährleisten (Bernstein, in FS Zweigert S. 37, 55). 558 Eine Differenzierung bei der Anknüpfung von direktem und umgekehrtem Haftungsdurchgriff wird auch von der ganz herrschenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung abgelehnt ( H o h l o c h , in Erman Art. 37 EGBGB Rn. 34; Hanisch, ZIP 1981, 569, 576 f.; BGH v. 11.7.1957 = WM 1957, 1047,1049 (für direkten Haftungsdurchgriff); BGH v. 5.11.1980 = BGHZ 78, 318, 334 und BGH v. 30.4.1992 =NJW 1992, 2026, 2030 (für umgekehrten Haftungsdurchgriff), da es in beiden Fällen um die Missachtung des Trennungsprinzips im Einzelfall geht (Teipel, Die Bedeutung der lex fori für die Anküpfung des Haftungsdurchgriffs (1994), S. 67, 85). 559 Bernstein, in FS Zweigert S. 37, 57.

740

Kapitel

VI: Die Haftung

der

Muttergesellschaft

subsidiär insoweit zur Anwendung kommen, als es dem „ f a v o r creditoris" diene. Eine Ausnahme soll allerdings in Fällen gelten, in denen der Durchgriff auf einen Fall der Unterkapitalisierung gestützt wird. Insoweit stehe „die innere Struktur der Gesellschaft so sehr im Vordergrund", dass ausschließlich das Gesellschaftsstatut zur Entscheidung über die Zulassung eines Durchgriffs berufen sei 560 . Zurückgehend auf die Ausführungen von R. Müller, wird teilweise eine einheitliche Behandlung aller Durchgriffsfälle auch grundsätzlich für unmöglich gehalten und zur Entwicklung verschiedener Kollisionsregeln für die dem materiellen Recht entnommenen Durchgriffsarten plädiert 561 . Hingewiesen sei aus dem breiten hier vertretenen Meinungsspektrum schließlich noch auf drei weitere

560 Bernstein, in FS Zweigert S. 37, 57. 561 Robert Müller, Kollisionsrechtliche Probleme der Durchgriffslehre bei Kapitalgesellschaften (1974), S. 69 ff.; ihm folgend insb. Großfeld, in Staudinger, IntGesR Rn. 353 ff.; Zimmer, Internationales Gesellschaftsrecht (1996); neben den eigentlichen Durchgriffsfällen (hierzu zählt insbesondere der Durchgriff wegen Vermögensvermischung und wegen Unterkapitalisierung) werden als zweite Gruppe Sachverhalte erfasst, bei denen ein gedanklicher Durchgriff durch oder auf die juristische Person der „Lösung von Normenkollisionen" dient (Müller a.a.O. S. 72). Insoweit stellt sich die Frage, ob für die Anwendung einer außergesellschaftsrechtlichen Norm Gesellschaft und Gesellschafter gleichgestellt werden können; als Beispiel wird der Fall genannt, dass der einzige Gesellschafter einer G m b H ein Grundstück nicht wirksam erworben hat und nun das Grundstück der Gesellschaft veräußern will. Hier muss eine kollisionsrechtliche Interessenbewertung darüber entscheiden, ob der „Zweck der umgangenen N o r m " eine Durchsetzung gegenüber dem Gesellschaftsstatut erfordert. Dementsprechend kommt beim Beispiel des sachenrechtlichen Gutglaubensschutzes bei Fehlen eines Verkehrsgeschäfts dem Wirkungsstatut Vorrang vor dem womöglich auf dem Trennungsprinzip beharrenden Gesellschaftsstatut zu (Müller, a.a.O. S. 72, 112); bei der dritten Kategorie gründet sich der „Durchgriff", soweit man den Begriff hier überhaupt verwenden will, auf außergesellschaftsrechtliche Sonderbeziehungen zwischen einem Gläubiger und einem Gesellschafter (vgl. auch Zimmer, Internationales Gesellschaftsrecht (1996), S. 332 ff.). Diese dritte Kategorie erfasst Fälle, in denen der „Durchgriff" dem „bürgerlich-rechtlichen Interessenschutz" dient. Als Beispiel kann der von einem Gesellschafter erzeugte Anschein persönlicher Haftung angeführt werden. Hierfür ist grundsätzlich das „Hauptgeschäftsstatut" (das Recht, dem der zwischen der Gesellschaft und dem Dritten geschlossene Vertrag unterliegt) maßgebend (Müller S. 128 ff.); ein Fall der Durchgriffshaftung im hier verstandenen Sinn liegt insoweit aber nicht vor; auch C. Schmidt differenziert zwischen verschiedenen Fallkonstellationen des Durchgriffs; nach ihr sind die Fälle der Unterkapitalisierung, der Vermögens- und Sphärenvermischung, der Beherrschung oder Fremdsteuerung, der Umgehung vertraglicher oder gesetzlicher Verhaltenspflichten sowie des Rechtsscheins der persönlichen Haftung zu unterscheiden ( C l a u d i a Schmidt, Der Haftungsdurchgriff und seine Umkehrung im internationalen Privatrecht (1993), S. 12 ff.); dabei ist aber auch sie der Auffassung, dass, mit Ausnahme der Haftung wegen Umgehung einer vertraglichen oder gesetzlichen Verhaltenspflicht sowie der Rechtsscheinshaftung, das Gesellschaftsstatut maßgebend ist (Claudia Schmidt, Der Haftungsdurchgriff und seine Umkehrung im internationalen Privatrecht (1993), S. 183 ff.). Die Fälle der Rechtsscheinshaftung und die Umgehung vertraglicher oder gesetzlicher Verhaltenspflichten begründen indes, wie bereits gesehen, keine „echte Durchgriffshaftung", vielmehr liegt der Grund der Haftung in einem eigenen Verpflichtungsgrund; zu weiteren in der Literatur vertretenen Differenzierungsversuchen vgl ausführlich Teipel, Die Bedeutung der lex fori für die Anknüpfung des Haftungsdurchgriffs (1994), S. 61 ff., der insoweit zutreffend herausarbeitet, dass die hier interessierenden Fälle der echten Durchgriffshaftung nahezu ausnahmslos einer einheitlichen Anknüpfung unterstellt werden.

5 19: Das A n s ä t z e 5 6 2 . S o w i r d e t w a v o n Claudia

741

Gesellschaftsstatut Schmidt

b e z o g e n auf den B e r e i c h v e r b u n -

d e n e r U n t e r n e h m e n f ü r die F ä l l e der V e r m ö g e n s v e r m i s c h u n g u n d der U n t e r k a p i talisierung für eine U n t e r s t e l l u n g der H a f t u n g u n t e r das Statut der h e r r s c h e n d e n , n i c h t a b e r der a b h ä n g i g e n G e s e l l s c h a f t e i n g e t r e t e n 5 6 3 . N a c h a n d e r e r A u f f a s s u n g ist es für die D u r c h g r i f f s h a f t u n g u n e r h e b l i c h , n a c h w e l c h e r N o r m der eigentliche S c h u l d n e r hafte, da der D u r c h g r i f f selbst auf § 2 4 2 B G B zu s t ü t z e n sei u n d s e i n e n G r u n d in d e n S t r u k t u r e n der j u r i s t i s c h e n P e r s o n h a b e 5 6 4 . D a m i t k ö n n e es a b e r auch n i c h t auf das i m A u ß e n v e r h ä l t n i s m a ß g e b e n d e R e c h t a n k o m m e n 5 6 5 . V i e l m e h r sei der H a f t u n g s d u r c h g r i f f g r u n d s ä t z l i c h der lex fori

zu u n t e r w e r f e n . I h r e d o g -

m a t i s c h e H e r l e i t u n g finde diese A n k n ü p f u n g in der p o s i t i v e n F u n k t i o n des

ordre

public'('b. E i n e weitere M i n d e r m e i n u n g vertritt schließlich die A n s i c h t , bei der A n k n ü p fung der D u r c h g r i f f s h a f t u n g seien vorrangig die G l ä u b i g e r s c h u t z i n t e r e s s e n zu ber ü c k s i c h t i g e n 5 6 7 . S o hat v o r allem Grasmann

ein sehr gläubigerfreundliches A n -

k n ü p f u n g s k o n z e p t für D u r c h g r i f f s t a t b e s t ä n d e vorgelegt. H i e r n a c h wird die Zulässigkeit eines H a f t u n g s d u r c h g r i f f s den g e s e l l s c h a f t s r e c h t l i c h e n A u ß e n v e r h ä l t n i s s e n z u g e r e c h n e t und unterliegt einer alternativen A n k n ü p f u n g . D e r D u r c h g r i f f ist hiernach nach d e m G ü n s t i g k e i t s p r i n z i p bereits dann zulässig, w e n n er v o m W i r k u n g s statut, v o m V o r n a h m e s t a t u t oder

v o m Z u g e h ö r i g k e i t s r e c h t der Gesellschaft ( I n -

k o r p o r a t i o n s s t a t u t ) angeordnet w i r d 5 6 8 . E t w a s anderes solle nur gelten, w e n n b e wiesen w e r d e , „dass der jeweilige D r i t t e nicht auf die A n w e n d b a r k e i t eines der 5 6 2 Wiederum anders und für eine Anwendung des Rechts des Staates, in dem das Insolvenverfahren durchgeführt wird, Wackerbarth, Grenzen der Leitungsmacht (2001), S. 110. 563 Claudia Schmidt, Der Haftungsdurchgriff und seine Umkehrung im internationalen Privatrecht (1993), S. 175 ff.; allerdings weicht die Autorin mit ihrem Vorschlag für Konzernverhältnisse von ihrer für einen Durchgriff im Einzelunternehmen entwickelten Lösung ab, da sie dort, der h.M. entsprechend, das Statut der Gesellschaft für maßgebend hält, an der der in Anspruch genommene Gesellschafter beteiligt ist (Claudia Schmidt a a O. S. 149 ff). 564 Teipel, Die Bedeutung der lex fori für die Anküpfung des Haftungsdurchgriffs (1994), S. 45, 71. 565 Teipel, Die Bedeutung der lex fori für die Anküpfung des Haftungsdurchgriffs (1994), S. 71. 566 Teipel, Die Bedeutung der lex fori für die Anküpfung des Haftungsdurchgriffs (1994), S. 134; eine gewisse Sympathie für die lex fori haben auch Fischer/v. Hoffmann, BerDGesVöR 25 (1984), 35, 69; Bernstein in FS Zweigert S. 37, 52 geäußert; nach Teipel sollen daneben aber auch „durchgriffsfreundlichere" Regeln eines fremden Gesellschaftsstatuts zur Anwendung kommen können (Teipel, die Bedeutung der lex fori für die Anknüpfung des Haftungsdurchgriffs (1994), S. 97 ff. insb. S. 118 f, 134 f). 567 Grasmann, System des internationalen Gesellschaftsrechts (1970), Rn. 928 f.; vgl. insoweit auch Bernstein in FS Zweigert S. 37, 57; Lüderitz, IPR 2. Aufl. Rn. 243. 5 6 8 Im Ergebnis geht auch Lüderitz, IPR 2. Aufl. Rn. 243 vom Günstigkeitsprinzip aus; zwar hält er primär das Gesellschaftsstatut für maßgebend, im Hinblick auf Gläubigerschutzinteressen soll allerdings alternativ das Vornahme- oder das Wirkungsstatut Anwendung finden. So soll etwa im Falle, dass eine juristische Person, die einem Recht unterliegt, in dem die Möglichkeit des Durchgriffs sehr restriktiv gehandhabt wird, in einem Staat mit weitergehender Durchgriffshaftung tätig wird, den dortigen Haftungsvorstellungen unterzogen sein. Zudem gelte das Vertrags- oder Deliktsstatut, soweit es den Haftungsdurchgriff begünstigende besondere Zurechnungskriterien entwickele.

Kapitel VI: Die Haftung

742

der

Muttergesellscbaft

Statuten vertraut haben kann" 569 . Grasmann zieht zur Untermauerung seiner Ansicht einen Vergleich zum internationalen Deliktsrecht, wo auch das favor-Prinzip gelte. Ein weiterer Vergleich wird zur kollisionsrechtlichen Behandlung der Vollmacht gezogen. Auch bei der Anknüpfung der Vollmacht werde nicht dasjenige Recht für maßgeblich erklärt, welches das Innenverhältnis zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigten beherrsche, sondern vielmehr aus Gründen des Verkehrsund Drittschutzes auf das Recht des Vornahmeortes abgestellt 570 . Schutzwürdige Interessen des Publikums bestünden aber nicht nur beim Verkehr mit einem rechtsgeschäftlichen Vertreter, sondern auch beim Verkehr mit einer Gesellschaft. Den mit ausländischen Gesellschaften verkehrenden Personen sei nicht zuzumuten, sich jeweils auf die Haftungsregeln des entsprechenden fremden Gesellschaftsstatuts einzulassen. Sie müssten vielmehr auf das ihnen bekannte Wirkungs- oder Vornahmestatut zurückgreifen können, soweit es für sie günstiger sei 57 '. Für die Maßgeblichkeit des Wirkungsstatuts sei überdies der Zusammenhang zwischen Schuld und Haftung anzuführen. Wende man auf die Haftungsverhältnisse der Gesellschaft auch dann das Gesellschaftsstatut an, wenn für die konkrete Schuld im Außenverhältnis ein anderes Recht als das Gesellschaftsstatut vereinbart sei, so führe dies zu einer rechtlichen Trennung von Schuld und Haftung, obwohl das deutsche Gesetz nicht zwischen diesen beiden Begriffen unterscheide 572 . Schuld und Haftung seien regelmäßig miteinander verbunden, weshalb schon im materiellen Schuldrecht umstritten sei, ob aus der Unterscheidung zwischen Schuld und Haftung praktische Folgerungen gezogen werden dürften. Wenn aber bereits die Unterscheidung im materiellen Recht fragwürdig sei, dann erscheine es erst recht nicht sachgerecht, im Kollisionsrecht zwischen Schuld und Haftung zu differenzieren und diese unterschiedlichen Rechtsordnungen zu unterstellen 573 . Tue man dies doch, reiße man ein einheitliches, innerlich zusammenhängendes Rechtsverhältnis auseinander, was dem Bestreben zuwiderlaufe, einheitliche Rechtsverhältnisse einer einzigen Rechtsordnung zu unterwerfen. Ein solches Anpassungsproblem trete nicht auf, wenn die Durchgriffshaftung dem jeweiligen Wirkungsstatut unterstellt werde. 2)

Stellungnahme

Auf eine weitere Darstellung der Nuancen im Spektrum der hier vertretenen Meinung soll an dieser Stelle verzichtet werden. Dies wurde erst unlängst von Baierlipp in seiner Dissertation wieder ausführlich geleistet 574 . Die vorstehend gemachten Ausführungen zeigen bereits in ausreichendem Maße, dass die insoweit vertretenen Ansätze vor allem von dem Verständnis dessen vorgeprägt sind, was unter 569

Grasmann, S y s t e m des internationalen Gesellschaftsrechts (1970), R n . 928 f. (S. 471 f.). So die h . M . vgl. Heldrich, in Palandt A n h . zu Art. 32 E G B G B R n . 1 m . w . N . 571 Grasmann, S y s t e m des internationalen Gesellschaftsrechts (1970), R n . 928. 572 Grasmann, S y s t e m des internationalen Gesellschaftsrechts (1970), R n . 926. 573 Grasmann, S y s t e m des internationalen Gesellschaftsrechts (1970), R n . 926. 574 Vgl. Baierlipp, Die H a f t u n g der Muttergesellschaft eines multinationalen Konzerns (2002), S. 138 ff. 570

5 19: Das

Gesellschaftsstatut

743

der Durchgriffshaftung selbst verstanden wird. Wer die Durchgriffshaftung als Normanwendungsproblem versteht, sieht die für den entsprechenden bürgerlichrechtlichen Systembegriff maßgebliche Kollisionsnorm als berufen an 575 . Wer dagegen die Durchgriffshaftung als „Begrenzung der juristischen Person" betrachtet, trifft eine Entscheidung zugunsten einer gesellschaftsrechtlichen Anknüpfung im internationalen Privatrecht 576 . Wer schließlich das wesentliche Element dieser Haftung in einem missbräuchlichen Verhalten der Gesellschafter erkennt, gelangt wie Teipel u.U. gar zu dem Ergebnis, dass stets die lex fori anzuwenden ist 577 . Vor dem Hintergrund der im Rahmen dieser Arbeit zur Durchgriffshaftung vertretenen Meinung ist dementsprechend auch das Verständnis um ihre kollisionsrechtliche Einordnung präjudiziert. Steht das Gesellschaftsstatut einer ausländischen Rechtsordnung in Rede und erkennt man dort eine Durchgriffshaftung an, die eine komplementäre Funktion zu den im Einzelfall unzureichenden Regelungen des Gesellschaftsrechts hat, unterfällt diese Haftung natürlich dem Gesellschaftsstatut. Eine Unterscheidung zwischen dem Haftungsdurchgriff in Einzelunternehmen und in Unternehmensverbindungen ist insoweit nicht zu treffen 578 . Versteht man die Durchgriffshaftung als Möglichkeit der Aufhebung der rechtlichen Trennung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter, handelt es sich um eine gesellschaftsrechtliche Frage, die grundsätzlich auf der Ebene der Gesellschaft gelöst werden muss, bei der die Aufhebung der Trennung in Rede steht 579 . Nach der hier vertretenen Ansicht kommt der Durchgriffshaftung im deutschen Recht eine solche Funktion indes nicht zu. Abzulehnen ist bereits die Vorstellung von einer Durchgriffshaftung als eigenständigem Rechtsinstitut. Vielmehr handelt es sich insoweit nur um einen Uberbegriff, unter dem verschiedene Fälle gefasst werden, in denen eine direkte Inanspruchnahme eines Gesellschafters durch Gläubiger der Gesellschaft aus welchen Gründen auch immer erlaubt ist. Damit muss im Einzelfall aber auch jeweils geprüft werden, auf was die Inanspruchnahme beruht. Eine einheitliche kollisionsrechtliche Behandlung durch generelle Anknüpfung an das Gesellschaftsstatut ist auf der Grundlage eines solchen Verständnisses nicht möglich. Offensichtlich ist dies, wenn man etwa die teilweise auch der Durchgriffshaftung unterstellten Fälle der Rechtsscheinshaftung eines Gesellschafters betrachtet. Hier wird aber auch nicht die Trennung zwischen GeSo etwa Mertens, in Hachenburg 7. Aufl. § 13 Anh. I Rn. 76. Kindler, in MK, 3. Aufl. IntGesR Rn. 490 m.w.N. 5 7 7 So Teipel, Die Bedeutung der lex fori für die Anknüpfung des Haftungsdurchgriffs (1994), S. 112; ebenso Sandrock, im Vorwort zu Teipels Werk S. 7 ff. 5 7 8 A.A. aber Claudia Schmidt, Der Haftungsdurchgriff und seine Umkehrung im internationalen Privatrecht (1993), S. 175 ff.; dagegen auch Teipel, Die Bedeutung der lex fori für die Anküpfung des Haftungsdurchgriffs (1994), S. 66. 5 7 9 Das Außenverhältnis zwischen Gläubiger und Gesellschaft ist insoweit nicht maßgebend, sondern die Struktur der juristischen Person. Die Tatsache, dass die persönliche Haftung eines Gesellschafters nicht grundsätzlich die Aufhebung oder Limitierung der Rechtsfähigkeit einer juristischen Person voraussetzt (hierauf weist Zimmer, Internationales Gesellschaftsrecht (1996), S.349 mit Blick auf die KGaA hin), steht einer Heranziehung des Gesellschaftsstatuts nicht entgegen. Ist die Haftung gesetzlich angeordnet, geht es nicht um eine Durchbrechung des Trennungsprinzips. 575 576

744

Kapitel

VI: Die Haftung

der

Muttergesellschaft

sellschaft u n d G e s e l l s c h a f t e r a u f g e h o b e n . V i e l m e h r hat der G e s e l l s c h a f t e r f ü r sein eigenes V e r h a l t e n zu haften. W i r d der R e c h t s s c h e i n einer p e r s ö n l i c h e n H a f t u n g gesetzt, ist an den O r t a n z u k n ü p f e n , an d e m der R e c h t s s c h e i n e n t s t a n d e n ist b z w . sich a u s g e w i r k t h a t 5 8 0 . S t e h t eine r e c h t s g e s c h ä f t l i c h e i n z u o r d n e n d e V e r p f l i c h t u n g des h e r r s c h e n d e n G e s e l l s c h a f t e r s selbst in R e d e , w i r d das R e c h t s v e r h ä l t n i s n a c h dem Geschäftsstatut bestimmt581. A n s p r ü c h e der G e s e l l s c h a f t g e g e n ü b e r i h r e m h e r r s c h e n d e n G e s e l l s c h a f t e r , die n u r a u s n a h m s w e i s e v o n den G l ä u b i g e r n der G e s e l l s c h a f t selbst geltend g e m a c h t werden können, unterstehen hingegen natürlich dem Gesellschaftsstatut. Begründet m a n , w i e hier, a u c h eine H a f t u n g w e g e n e x i s t e n z v e r n i c h t e n d e n E i n g r i f f s m i t einer V e r l e t z u n g der m i t g l i e d s c h a f t l i c h e n T r e u e p f l i c h t e n , die n u r auf der G r u n d l a ge des in den § § 6 2 A b s . 2, 9 3 A b s . 5 S. 1 u n d 4 A k t G , 117 A b s . 5 , 3 1 0 A b s . 4, 3 1 7 A b s . 4, 3 1 8 A b s . 4 A k t G s o w i e § 3 0 9 A b s . 4 S. 3 u n d 5 A k t G z u m A u s d r u c k k o m m e n d e n R e c h t s g e d a n k e n s v o n den G l ä u b i g e r n der G e s e l l s c h a f t geltend g e m a c h t w e r d e n k a n n , b e s t e h t k e i n Z w e i f e l an der g e s e l l s c h a f t s r e c h t l i c h e n E i n o r d n u n g dieser A n s p r ü c h e 5 8 2 . E n t s p r e c h e n d e s gilt, w e n n f ü r den Fall einer V e r m ö g e n s v e r m i s c h u n g ein e n t s p r e c h e n d e r A n s p r u c h der G e s e l l s c h a f t gegen einen G e s e l l s c h a f t e r zu v e r m u t e n ist 5 8 3 . H a t m a n es m i t e i n e m r e g e l r e c h t b e t r ü g e r i s c h e n b z w . a b s i c h t lich g l ä u b i g e r s c h ä d i g e n d e n V e r h a l t e n zu tun, ist allerdings a u c h das D e l i k t s t a t u t aufgerufen.

580 Ausführlich Zimmer, Internationales Gesellschaftsrecht (1996), S. 310 f., wobei er allerdings zu Recht die Einschränkung trifft, dass entsprechend dem Rechtsgedanken des Art. 31 Abs. 2 E G B G B „eine Partei die Interpretation ihres Verhaltens nach einem ihr nicht vertrauten Recht nicht hinnehmen muss, wenn sie mit Wirkung in dieser Rechtordung nicht zu rechnen brauchte"; ähnlich Fischer, IPRaX 1989,215,216; grundsätzlich auf den Auswirkungsort abstellend Baierlipp, Die Haftung der Muttergesellschaft eines multinationalen Konzerns (2002), S. 201. 581 Allgemein sind aus der hier zu behandelnden Problematik die Fälle auszugrenzen, in denen aus eigenem Verpflichtungsgrund, sei er gesetzlicher, sei er vertraglicher Natur, gegen ein herrschendes Unternehmen vorgegangen werden kann. Insoweit richtet sich die kollisionsrechtliche Anknüpfung etwaiger Ansprüche allein nach dem Rechtsverhältnis zu dem jeweiligen Dritten und somit nach der Frage, ob deren Verhältnis von dem Geschäfts- oder Deliktsstatut bestimmt wird. Zur allgemeinen Frage der Anknüpfung der Eigenhaftung aus c.i.c. bei Inanspruchnahme besonderen Vertrauens oder wirtschaftlichen Eigeninteresses vgl. Baierlipp, Die Haftung der Muttergesellschaft eines multinationalen Konzerns (2002), S. 215 ff. Bei Umgehung vertraglicher oder gesetzlicher Verhaltenspflichten ist schließlich an das diese Pflichten begründende Wirkungsstatut anzuknüpfen (dieser Anknüpfung unterliegen z.B. die Fragen der Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs bei einem zwischen Gesellschaft und Alleingesellschafter vorgenommenen Geschäfts sowie die Zurechnung von gesetzlichen Stimmverboten oder von vertraglichen Wettbewerbsverboten). 582 Auch die Insolvenzverschleppungshaftung ist aufgrund des Regelungszusammenhangs ebenso wie die Vorschriften zur Kapitalaufbringung und -erhaltung dem Gesellschaftsstatut zu entnehmen (vgl. auch Baierlipp, Die Haftung der Muttergesellschaft eines multinationalen Konzerns (2002), S. 205 f.; a.A. etwa Höfling, Das englische internationale Gesellschaftsrecht (2002), S.263f., die für eine insolvenzrechtliche Qualifikation der §§64 Abs. 1 GmbHG, 92 Abs. 2 AktG wie der §§ 64 Abs. 2 GmbHG, 92 Abs. 3 i.V.m. 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG eintritt). 583 Vgl. oben S. 378 ff.

5 19: Das

Gesellschaftsstatut

745

A n s i c h t e n , n a c h d e n e n h i l f s w e i s e das S t a t u t a m O r t des V e r m ö g e n s d e r h e r r s c h e n d e n P e r s o n h e r a n z u z i e h e n ist, w e n n das G e s e l l s c h a f t s s t a t u t k e i n e n D u r c h griff z u l ä s s t 5 8 4 , ist h i n g e g e n k e i n e F o l g e z u l e i s t e n . H i e r w i r d u n t e r s t e l l t , dass e i n e D u r c h g r i f f s h a f t u n g n o t w e n d i g zur B e g r ü n d u n g eines gehörigen G l ä u b i g e r s c h u t zes ist. D i e s ist, w i e b e r e i t s a u s g e f ü h r t w u r d e , i n d e s n i c h t d e r F a l l . E i n e g l ä u b i g e r günstige alternative A n k n ü p f u n g von Durchgriffstatbeständen w ü r d e auch den innerhalb einer R e c h t s o r d n u n g bestehenden Z u s a m m e n h a n g aufbrechen und zur K o m b i n a t i o n d e r E l e m e n t e v e r s c h i e d e n e r R e c h t s o r d n u n g e n f ü h r e n , die n i c h t a u f e i n a n d e r a b g e s t i m m t s i n d 5 8 5 . G e g e n e i n e a l t e r n a t i v e H e r a n z i e h u n g des V o r n a h m e o d e r W i r k u n g s s t a t u t s s p r i c h t ü b e r d i e s , dass die G e s e l l s c h a f t e r a n s o n s t e n u n v o r hergesehen ganz unterschiedlichen Durchgriffsregimen ausgesetzt wären, was der e n l e g i t i m e n I n t e r e s s e w i d e r s p r i c h t , i h r V e r h a l t e n s o e i n r i c h t e n z u k ö n n e n , dass e i n e ü b e r die E i n l a g e s u m m e h i n a u s g e h e n d e p e r s ö n l i c h e H a f t u n g

grundsätzlich

ausscheidet586. A u c h die f ü r e i n e a l t e r n a t i v e A n k n ü p f u n g an das V o r n a h m e s t a t u t v o r g e b r a c h ten Verkehrsschutzgründe587 rechtfertigen kein anderes Ergebnis588. Dieser A n -

584 Ebenroth, in M K nach Art. 10 Rdnn 334; ähnlich Wengler, in R G R K Bd. 6, Internationales Privatrecht, Teilband 1. 12. Aufl. (1981), §20i (S. 579); auch Möllers, Internationale Zuständigkeit bei der Durchgriffshaftung (1987), S. 51 f. hat sich, bei grundsätzlicher Maßgeblichkeit des Gesellschaftsstatuts, für engbegrenzte Ausnahmen von diesem Grundsatz ausgesprochen; dabei verweist er zunächst auf den von Ebenroth angeführten Fall, dass der Gesellschafter einen Haftungsdurchgriff durch Ausweichen auf ein durchgriffsfeindliches Personalstatut bewußt verhindert. Allerdings bringt er in diesem Fall nicht das Recht am Ort des Vermögens der herrschenden Person, sondern über den ordre public-Grundsatz deutsches Recht zu Anwendung (vgl. hierzu sogleich). Eine weitere Ausnahme lässt er zu, indem er wahlweise auf das dem Gläubiger günstigere Recht abstellt, wenn jener sich „nicht vorab über die rechtlichen Verhältnisse seines primären Schuldners informieren" konnte; so soll etwa bei Verkehrsunfällen wahlweise das Deliktsstatut, das Gesellschaftsstatut der abhängigen juristischen Person oder das Statut des „herrschenden Dritten" zur Anwendung kommen (Möllers, Internationale Zuständigkeit bei der Durchgriffshaftung (1987), S. 52). 585 Zimmer, Internationales Gesellschaftsrecht (1996), S. 354 ff., der insoweit auch gegen eine Alternativanknüpfung im internationalen Deliktsrecht argumentiert (hierfür etwa Müller, Kollissionsrechtliche Probleme der Durchgriffslehre bei Kapitalgesellschaften (1974), S. 101 ff.; ähnlich Möllers, Internationale Zuständigkeit bei der Durchgriffshaftung (1987), S. 52; Autoren, die wie Grasmann, Lüderitz und Bernstein ein Alternativanknüpfungskonzept favorisieren, kommen bei einem deliktischen Grundverhältnis gleichfalls zur alternativen Anwendbarkeit des Gesellschafts- und des Deliktstatuts). 586 Zimmer, Internationales Gesellschaftsrecht (1996), S. 354. 587 Grasmann, System des internationalen Gesellschaftsrecht (1970), Rn. 928; Neumeyer, ZvglRWiss 83 (1984), 129, 149; Lauterbach (Hrsg.), Vorschläge und Gutachten zur Reform des deutschen internationalen Personen- und Sachenrechts (1972), S. 21. 5 8 8 Gegen den Ansatz Grasmanns spricht auch, dass das deutsche Kollisionsrecht bereits konzeptionell Haftungsfragen vom allgemeinen Wirkungsstatut abspaltet, was für die persönliche Haftung der Gesellschafter in Art. 37 Nr. 2 E G B G B festgeschrieben ist, soweit im Außenverhältnis ein Schuldvertrag besteht. Aber auch wenn das Außenverhältnis nicht vertraglicher Natur ist, gilt die Trennung (R. Müller, Kollionsrechtliche Probleme der Durchgriffslehre bei Kapitalgesellschaften (1974), S. 88). Abgesehen davon wird auch im materiellen Recht zwischen Schuld und Haftung differenziert. Außerdem ist eine Trennung von Schuld und Haftung auch in anderen Bereichen des internationalen Privatrechts nicht unbekannt. So richtet sich etwa die

746

Kapitel

VI: Die Haftung

der

Muttergesellschaft

knüpfung liegt die Wertung zugrunde, dass eine im Inland mit einer fremden Gesellschaft kontrahierende Person auf die Anwendbarkeit der heimischen Haftungsregeln vertrauen können müsse 589 und eine im Ausland tätige juristische Person sich auf die gesellschaftsrechtlichen Regelungen des Gastlandes einstellen könne 590 . In Zeiten ständig wachsender Mobilität hängt der Abschlussort von Rechtsgeschäften häufig aber vom Zufall ab, womit es nicht sachgerecht erscheint, das Recht des Abschlussortes über die Möglichkeit eines Haftungsdurchgriffs entscheiden zu lassen 591 . Gänzlich fraglich wird die Bedeutung des Abschlussortes, wenn man an die steigende Bedeutung des E-commerce denkt. Teipel weist in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass die auf diesem Wege möglich werdende Anwendung eines Verkehrsschutzes contra legem fori der Systematik des deutschen internationalen Privatrechts widerspricht, da die Mehrzahl der gesetzlichen Verkehrsschutznormen ausdrücklich einen Verkehrsschutz, der zur Verdrängung inländischer Normen führt, verneint 592 . Auch birgt dieser Ansatz die Gefahr in sich, dass über das deutsche internationale Privatrecht der Verkehrsschutz weiter angewandt wird, als das internationale Privatrecht des Vornahmestaats es tut 593 . Allerdings ist ein Rückgriff auf die lex fori angezeigt, wenn die Anwendung der Rechtsregeln des berufenen Statuts einen Verstoß gegen den ordre public begründen würde 594 . Dies ist allerdings keinesfalls bereits bei Nichtanerkennung einer Durchgriffshaftung der Fall 595 , sondern nur dann, wenn auf der Grundlage des Haftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht ebenfalls nicht nach dem Geschäftsstatut (Heldrichs, in Palandt Anh. zu Art. 32 E G B G B R n . 2 ; Hobloch, in Erman Art. 37 E G B G B R n . 13; Kropholler; I P R § 41 I jeweils m . w . N . ) , womit aber auch die Auffassung, dass Schuld und Haftung einem einheitlichen Statut unterstehen müssten, im deutschen Kollisionsrecht keine Stütze findet (Teipel, Die Bedeutung der lex fori für die Anküpfung des Haftungsdurchgriffs (1994), S. 72). 589 Grasmann, System des internationalen Gesellschaftsrecht (1970), Rn. 928. 5 9 0 So der Vorschlag der 2. Kommission des Dt. Rates für internat. Privatrecht, Lauterbach S. 21. 5 9 1 Dazu Teipel, Die Bedeutung der lex fori für die Anküpfung des Haftungsdurchgriffs (1994), S. 93 f. 592 Teipel, Die Bedeutung der lex fori für die Anküpfung des Haftungsdurchgriffs (1994), S. 94 unter Hinweis Art. 91 W G und Art. 60 S c h e c k G , wonach eine nach deutschem Recht nicht Wechsel- oder scheckfähige Person auch bei Unterzeichnung eines Schecks im Ausland vor deutschen Gerichten niemals als Wechsel- oder scheckfähig angesehen wird, selbst wenn nach ausländischem Recht eine wirksame Verpflichtung anzunehmen sei. Ebenso beruft auch die ehegüterrechtliche Verkehrsschutzvorschrift des Art. 16 E G B G B einseitig lediglich Vorschriften des deutschen Rechts. Hieraus wird aber abgeleitet, dass mit Verkehrsschutzerwägungen in aller erster Linie nur der inländische Verkehr geschützt werden kann und soll (Teipel, Die Bedeutung der lex fori für die Anküpfung des Haftungsdurchgriffs (1994), S. 94 f.). 593 Teipel führt als Beispiel hier den Vertragsschluss zwischen einem niederländischer G e schäftsmann in Amsterdam mit einer luxemburgischen Gesellschaft an; ein zur Entscheidung über den Haftungsdurchgriff berufenes deutsches Gericht müsste bei alternativer Anwendung des Vornahmestatuts auch einen Haftungsdurchgriffsanspruch nach niederländischem Recht prüfen. Dies wäre jedenfalls aber dann nicht sachgerecht, wenn ein niederländisches Gericht im gleichen Fall nur luxemburgisches Recht heranziehen würde. 5 9 4 Vgl. auch Zimmer, Internationales Gesellschaftsrecht (1996), S. 313 f., 320, 355. 5 9 5 A.A. Teipel, Die Bedeutung der lex fori für die Anküpfung des Haftungsdurchgriffs

§ 19: Das

Gesellschaftsstatut

747

Gesamtsystems der berufenen Rechtsordnung ein ausreichender Gläubigerschutz nicht existiert. Grundsätzlich ist allerdings davon auszugehen, dass entwickelte Rechtsordnungen über ein in sich ausgewogenes Gläubigerschutzsystem verfügen und der Durchgriff nur ein Weg zum Schutz der Gläubiger ist 596 .

Ergebnis

zu § 19

Die Entscheidung des E u G H in Sachen Uberseering hat die Diskussion in Europa um die Frage, wie das Gesellschaftsstatut zu bestimmen ist, in eine entscheidende Phase gebracht. Zwar verstößt die Anwendung der Sitztheorie nicht generell gegen die Niederlassungsfreiheit europäischer Gesellschaften. Vielmehr wird man davon ausgehen müssen, dass die Anwendung der Sitztheorie in Wegzugsfällen weitgehend europarechtskonform ist 597 . Auch könnte sie gegenüber Gesellschaften aus Drittstaaten ohne Verstoß gegen EU-Recht weiterhin in bisheriger Form angewandt werden. Tragende sachliche Gründe bestehen hierfür allerdings nicht. Mit der Sitztheorie wollte man vor allem vermeiden, dass zwingende Schutznormen durch die Geltung ausländischen Rechts unterlaufen werden. Dabei wird unterstellt, dass ausländische Rechtsordnungen keine dem deutschen Recht gleichwertigen Schutzregelungen aufweisen. Diese Annahme trifft so nicht zu 598 . Die effektive Schutzdichte eines nationalen Gesellschaftsrechts ergibt sich erst aus der Gesamtbetrachtung der bestehenden Regelungen. Zwar mag es im Einzelfall sein, dass eine Rechtsordnung kein ausreichendes Gläubigerschutzsystem vorhält. In diesem Fall ist Hilfe aber über den ordre public-Grundsatz zu erlangen 599 . Sicher mag es für den deutschen Rechtsanwender bequemer sein, sich nicht mit Regelungen ausländischer Gesellschaftsformen auseinanderzusetzen zu müssen. Abgesehen von der fraglichen Tragfähigkeit eines solchen Arguments, ist es spätestens, nachdem die Sitztheorie im europäischen Kontext weitgehend ihre Berechtigung verloren hat, aber ohnehin hinfällig geworden. Erkennt man die Richtigkeit der für die Gründungstheorie vorgebrachten Argumente an und bestimmt infolgedessen das auf eine Gesellschaft anwendbare Recht danach, welche Rechtsordnung von den Gründern zur Konstituierung der Gesellschaft ausgewählt wurde, lassen sich die in unserer Rechtsordnung konstitu(1994), S. 97 ff., 122 ff., der neben der Vermögens- und Sphärenvermischung auch die Unterkapitalisierung, die Fremdsteuerung sowie den Institutsmissbrauch als in Deutschland „anerkannte" Fälle der Durchgriffshaftung bejaht und für diese im Fall, dass das Gesellschaftstatut einen Haftungsdurchgriff verweigert, das fremde Recht aus ordre public-Grundsätzen zurücktreten lassen will. 5 9 6 N u r ewaige nicht hinnehmbare Schutzlücken lassen sich mit dem ordre public-Prinzip des Art 6 E G B G B beheben ( Z i m m e r , Internationales Gesellschaftsrecht (1996), S. 355). 5 9 7 Vgl. oben S. 720 ff. 5 9 8 Eine rechtsvergleichende Bestandsaufnahme des Gläubigerschutzes in ausgewählten Rechtsordnungen findet sich etwa bei Zimmer, Internationales Gesellschaftsrecht (1996), S. 2 7 3 - 2 9 1 . 599

Vgl. auch

Schulz, N J W 2003, 2705, 2708.

748

Kapitel

VI: Die Haftung

der

Muttergesellschaft

ierten Lösungswege zum Schutz der Gläubiger aber auch nicht über eine Sonderanknüpfung einer zur Anwendung kommenden ausländischen Rechtsordnung einfach aufpfropfen, weil eine Gesellschaft ihren Verwaltungssitz nach Deutschland verlegt hat. Soweit es Gesellschaften aus dem Bereich der Europäischen Union betrifft, verstößt es überdies, wie der E u G H in seiner Entscheidung „Inspire Art" nun festgestellt hat, gegen die Niederlassungsfreiheit, wenn inländische Regelungen zur Kapitalaufbringung und zur Haftung der Geschäftsführer auf Gesellschaften ausländischer Rechtsform angewandt werden. Vor allem ist es aber auch nicht sachgerecht, eine (im ausländischen Recht nicht vorgesehene) Durchgriffshaftung oder Außenhaftung des Geschäftsführers zu bejahen, um eine Haftung zu begründen, weil sich eine Gesellschaft im konkreten Fall als „unsolide erweist". Es kann nicht darum gehen, den Gläubigern im jeden Fall einen zahlungsfähigen Schuldner zu verschaffen, sondern nur darum, ob eine bestimmte Rechtsordnung allgemein einen Schutz zur Verfügung stellt, der unserem gleichwertig ist, mag dies auch mit anderen Mitteln geschehen. Dies aber gilt es sehr sorgfältig zu prüfen, und es darf nicht vorschnell verneint werden. Andernfalls wird Gläubigern ausländischer Kapitalgesellschaften mit Inlandssitz ein größerer Schutz gewährt, als er Gläubigern inländischer Kapitalgesellschaften zuteil wird. Die Frage, wie der Schutz einer Gesellschaft und ihrer Gläubiger in einer Rechtsordnung konkret ausgestaltet wird, ist freilich nicht immer einfach zu ermitteln, wie bereits die Ausführungen zur Rechtlage in England deutlich gemacht haben 6 0 0 . Umso mehr gilt dies, wenn noch keine vollständige Sicherheit über eine Rechtsfrage besteht. Aus der Achtung gegenüber fremden Rechtsordnungen zog 'Werner Goldschmidt und ihm folgend die herrschende Lehre den Schluss, dass bei Anwendung eines fremden Rechts man sich nicht als Architekt, sondern als Fotograf zu verhalten habe 6 0 1 . So verweise der Befehl, fremdes Recht anzuwenden, nicht „auf die ausländische Rechtsordnung und ihre Anwendung, sondern lediglich auf die tatsächliche Art und Weise, in der im fremden Land der ihm unterworfene Fallaspekt organisiert werden würde". Der Richter müsse das fremde Recht so nachahmen, „wie es von der ausländischen Rechtsprechung und Verwaltungspraxis gehandhabt wird, „tamquam cadaver"602. Im Grundsatz ist dem sicher zu folgen. Was aber, wenn ein Problem bislang im Ausland nicht aufgetreten und so auch nicht geregelt wurde? Dies mag selten sein, ist aber keineswegs unvorstellbar. Hier muss der inländische Richter die ausländische Rechtsordnung nach den dort anerkannten Auslegungsgrundsätzen interpretieren und erforderlichenfalls das Recht fortbilden. Aber auch wenn eine Frage im 6 0 0 Die sich hier für die Rechtspraxis stellenden Probleme sind zumindest mittelfristig kaum absehbar und werden nur über sehr kosten- und zeitintensive Sachverständigengutachten zu lösen sein, die man von Seiten der Gerichte wird einholen werden müssen. Zumindest im europäischen Bereich lässt die mit der Gründungstheorie einhergehende Bewegung langfristig aber auch auf eine gewisse Rechtsangleichung hoffen oder zumindest auf die Ausrichtung auf eine bestimmte Rechtsordnung, die sich als besonders vorteilhaft erweist. 6 0 1 Vgl. Goldschmidt, in FS für Wolff S. 203, 217. 602 Goldschmidt, in FS für Wolff S. 203, 217 f., vgl. aber auch Kegel/Schurig, I P R § 15 III.

§ 19: Das

Gesellschaftsstatut

749

Ausland umstritten ist und sich eine herrschende Meinung bzw. Rechtsprechung noch nicht herausgebildet hat, kommt man mit der Position eines „Fotografen" nicht weiter. Auch hier muss auf der Grundlage der ausländischen Auslegungsgrundsätze eine Entscheidung getroffen werden. Wurde ein Problem als solches erst in der ausländischen Literatur erkannt, so aber noch nicht von der Rechtsprechung wahrgenommen, oder befindet sich die Rechtsprechung noch im Fluss, ist bei der Auslegung sicher Vorsicht geboten, um sich nicht dem Vorwurf der Missachtung eines fremden Rechts auszusetzen. Aber einmal unterstellt, ein ausländisches Gericht hätte kurze Zeit vor der Entscheidung in Sachen Bremer Vulkan deutsches Recht anzuwenden gehabt und im Anschluss an eine starke Meinung in der deutschen Literatur das Eigeninteresse einer Gesellschaft bei einem existenzvernichtenden Eingriff anerkannt, wenn diese von ihrem Alleingesellschafter geschädigt wurde, ohne dass ein Ersatz über die Kapitalerhaltungsregeln zu erreichen war. Hätte es wirklich das deutsche Recht falsch angewandt? Die Diskussion um das Wesen einer juristischen Person wurde vielerorts nicht so intensiv geführt wie bei uns, und selbst in Deutschland herrscht die Ansicht vor, diese Diskussion führe nicht weiter. Erkennt man die Eigenständigkeit der juristischen Person nur in einem negativen Aspekt, nämlich als Trennschwelle der Gläubiger gegenüber den Gesellschaftern, sieht man jedoch nur eine Seite dieser Eigenständigkeit. Volle Anerkennung und damit im Ende Funktionsfähigkeit kann sie nur erlangen, wenn man auch die positive Seite dieser Eigenständigkeit erfasst. Dass dieser Schritt mancherorts noch nicht getan wurde, heißt nicht, dass er in der Rechtsfigur der juristischen Person an sich nicht angelegt ist. Dies hat der BGH mit der Anerkennung ihres Bestandsinteresses nun partiell erkannt. Insoweit handelt es sich aber nicht um eine Erkenntnis, die auf eine Kapitalgesellschaft deutscher Prägung grundsätzlich beschränkt wäre. Eine ganz andere Frage ist es allerdings, ob man diese Erkenntnis bei Anwendung einer fremden Rechtsordnung dieser als immanent entnehmen darf. Zweifellos gibt es allgemeine Prinzipien und Grundsätze, die jeder rechtsstaatlichen Ordnung innewohnen, mag man sie dort als solche auch noch nicht beim Namen genannt haben. Anerkannt hat dies der BGH im Hinblick auf den Grundsatz von Treu und Glauben 603 . Eine Rechtsordnung, in der dieser Grundsatz keine Anerkennung findet, verstößt gegen unseren ordre public. Wie bereits oben dargestellt wurde, lässt sich die mitgliedschaftliche Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft allerdings nicht auf den allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben zurückführen 604 . Zwar mag man für ein allgemeines rechtsethisches Prinzip wie dem, dass Macht Verantwortung begründet, den gleichen Geltungsanspruch bejahen können wie für den Grundsatz von Treu und Glauben. Dies gilt aber nur insoweit, wie es unmittelbar um die Interessen natürlicher Personen geht. Wieweit eine 603 BGH v. 14.10.1992 = BGHZ 120, 1 0 , 2 2 = N J W 1993,259, 161 „der Grundsatz von Treu und Glauben ist als übergesetzlicher Rechtssatz allen Rechtsordnungen immanent"; vgl. auch BGH v. 25.1.1995 =BGHZ 128, 330 ff.; vgl. hierzu auch Heinrichs, in MK Art. 232 § 1 Rn.21; Rauscher, in Staudinger Art. 232 § 1 Rn. 60 m.w.N. 604 Vgl. oben S. 165.

750

Kapitel

VI: Die Haftung

der

Muttergesellschaft

Rechtsordnung die Selbständigkeit und die Schutzbedürftigkeit einer Kapitalgesellschaft anerkennt, ist demgegenüber eine Frage, wie diese von dem nationalen Recht geschaffene Rechtsfigur ausgestaltet wurde und verstanden wird. Kommt man in diesem Zusammenhang allerdings zu dem Ergebnis, dass es nach dem fremden Recht erlaubt ist, die Gesellschaft entgegen dem ihr gegeben Zweck zu nutzen, ohne dass der notwenige Gläubigerschutz auf anderem Wege sichergestellt wird, dürfte, trotz aller Vorsicht bei der Anwendung diese Grundsatzes, ein Verstoß gegen unseren ordre public zu bejahen sein 605 .

6 0 5 Für den Fall einer „eklatanten Unterkapitalisierung" ohne anderweitige Kompensation auch Leible, in Michalski (Hrsg.), G m b H G , Syst. Darstellung 2 Rn. 113; häufig wird in einem solchen Fall aber auch ein Verstoß gegen §826 B G B vorliegen (vgl. auch Schanze/Jiittner AG 2003, 30, 35, Bayer, BB 2003, 2357,2364 m.w.N.) und damit der Weg zum Deliktsstatut eröffnet sein; zwar weist Eidenmüller, ZIP 2002, 2233, 2242, darauf hin, dass auch hierdurch die Niederlassungsfreiheit beschränkt wird, so dass wiederum geprüft werden müsse, ob diese Haftung ein geeignetes und erforderliches Mittel des Gläubigerschutzes darstellt. Soweit ausnahmsweise § 826 B G B eingreift, dürften insoweit allerdings keine Bedenken bestehen, da für die Anwenbarkeit dieser Regelung keine Unterscheidung nach dem Sitz einer Gesellschaft zu treffen ist. Aus dem Herkunftslandprinzip sind für das Internationale Deliktsrecht keine anderweitigen Schlüsse zu ziehen (vgl. auch Hoffman, in Staudinger (1998) Art. 38 Rn. 17).

Zusammenfassung und Ausblick I. Zusammenfassung

der wesentlichen

Ergebnisse

Von den eingangs angesprochenen vier Wegen zur Begründung eines angemessenen Gläubigerschutzes bei verbundenen Unternehmen wurden im ersten Teil dieser Arbeit drei näher untersucht. Soweit es die im deutschen Recht anzutreffende Konzerngesetzgebung betrifft, ist das Ergebnis, dass die Regelungen des Aktienrechts bei richtiger Auslegung für die Dauer eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages für die abhängige Gesellschaft ein ausgereiftes Schutzsystem statuieren und dabei auch dem Gläubigerschutz ausreichend Rechnung tragen, sicher wenig überraschend. U m dem Ziel der gesetzlichen Regelung, der Bestandserhaltung der abhängigen Gesellschaft während der Vertragsdauer, gerecht zu werden, bedarf es allerdings der Anerkennung eines Anspruchs auf Abschlagzahlungen, wenn andernfalls die Existenz der abhängigen Gesellschaft bereits während der Laufzeit nicht aufrechterhalten werden kann. Auch ist im Falle einer vertraglich abhängigen G m b H eine Beschränkung der Verlustausgleichspflicht auf eine Stammkapitaldeckungspflicht mit dem Telos der Regelung nicht zu vereinbaren, da diese als Ausdruck der grundsätzlichen Verpflichtung zur Risikoübernahme in Folge der Ausrichtung auf das Konzerninteresse und nicht nur als Verlängerung des Kapitalerhaltungsschutzes zu verstehen ist. Ergänzt wird der Schutz im Vertragskonzern durch eine Schadensersatzpflicht des herrschenden Unternehmens für den Fall der rechtswidrigen Weisungserteilung. Eine Pflicht zur Weisungserteilung besteht gegenüber abhängigen Gesellschaften allerdings grundsätzlich nicht 1 , weshalb auch kein Anspruch auf Schadensersatz für den Fall ihrer Unterlassung existiert. Für den Bereich des faktischen Aktienkonzerns hat sich gezeigt, dass die lange Zeit allzu negative Beurteilung der § § 3 1 1 ff. A k t G so keine Berechtigung hat und das System des Nachteilsausgleichs und Abhängigkeitsberichts in der Praxis durchaus funktionsfähig ist. Insbesondere entfaltet das Bestehen einer Berichtspflicht, aufgrund derer nachteilige Einflussnahmen des herrschenden Unternehmens aufgeführt werden müssen, bereits eine starke Vorfeldwirkung, die dafür sorgt, dass solche häufig von vornherein unterbleiben 2 . Aber auch wenn es zu nachteiligen Einflussnahmen kommt, hat man vor dem Hintergrund der anerkannten Beweiserleichterungsgrundsätze und den Möglichkeiten der Schadensschätzung ein wirksames Schutzsystem an der Hand, das den Besonderheiten einer 1

Vgl. oben S. 58 f.

752

Zusammenfassung

und

Ausblick

faktischen Unternehmensverbindung Rechnung trägt. Natürlich sind auch Fälle denkbar, in denen sich einzelne Maßnahmen nicht mehr isolieren lassen. Dies berechtigt aber noch nicht, diesem Regelungsmodell in allen anderen Fällen die Funktionstauglichkeit abzustreiten. Vielmehr muss es konsequent angewandt werden. Dies gilt auch, wenn es um strukturelle Veränderungen in der abhängigen Gesellschaft geht. Zweifellos steigt im Zuge zunehmender Verbundintegration die wirtschaftliche Abhängigkeit einer Tochtergesellschaft, da ihr Betätigungsfeld mehr und mehr an den Belangen des Konzerns ausgerichtet wird. Damit wird aber das System der § § 3 1 1 ff. A k t G nicht funktionsuntauglich. Wirtschaftliche Verflechtungen sind in unserem heutigen Wirtschaftssystem unvermeidbar und stellen sich auch in einem Unternehmensverbund häufig nur als Folge einer ordnungsgemäßen Ermessensausübung der Geschäftsleitung im Interesse ihrer Gesellschaft dar. In diesem Fall sind mit der Verbundintegration einhergehende Umstrukturierungen bei der Beurteilung zukünftiger Veranlassungen als vor- oder nachteilig aber zugrunde zu legen. Hierauf aufbauende Entscheidungen sind dann nicht Folge der Abhängigkeit von einem herrschenden Unternehmen, sondern der wirtschaftlichen Gegebenheiten. Stellt sich eine solche Umstrukturierung im nachhinein gleichwohl für die abhängige Gesellschaft als nachteilig heraus, verwirklicht sich nur das jeder Gesellschaft unterliegende Risiko, dass eine unternehmenspolitische Entscheidung, trotz aller Sorgfalt, unrichtig war. Hierfür können weder der Vorstand der abhängigen Gesellschaft noch das herrschende Unternehmen verantwortlich gemacht werden. Soweit letzteres trotzdem befürwortet wird 3 , liegen die Gründe hierfür wohl eher in einem tiefen Misstrauen gegen die faktische Konzernierung an sich begründet, das indes so nicht gerechtfertigt ist. Abgesehen von den wirtschaftpolitisch positiv zu wertenden Kräften, die von Konzernen ausgehen, kann der Zusammenschluss mit anderen Unternehmen auch für die in diesem Verbund als abhängig zu qualifizierenden Gesellschaften vielfache Vorteile mit sich bringen, weshalb das vom Gesetzgeber durch die Möglichkeit zum verzögerten Nachteilsausgleich geschaffene Konzernprivileg seine Berechtigung h a t . Die für den faktischen Aktienkonzern geschaffenen Regelungen können allerdings nicht auf den faktischen G m b H - K o n z e r n übertragen werden. Dafür fehlt es bereits an einer Grundvoraussetzung für das Funktionieren dieses Systems, der Verpflichtung zur Aufstellung eines Abhängigkeitsberichts. Sehr wohl kann der gesetzlichen Regelung aber die Grundentscheidung des Gesetzgebers entnommen werden 4 , in den Mittelpunkt des Schutzes die abhängige Gesellschaft zu stellen und die Gläubiger der Gesellschaft so nur mittelbar vor Benachteiligungen ihres Vgl. oben S. 145. Vgl. oben S. 97 ff. 4 Vgl. insoweit auch die aktienkonzernrechtlichen Vorschriften der §§ 302, 309 A k t G wie auch die übrigen gläubigerschützenden Vorschriften des A k t G ( § § 2 7 Abs. 3 S. 3, 4 6 - 5 3 , 62 Abs. 1, 2 S. 1, 64, 93, 94, 117) sowie des G m b H G (§§ 9, 9a, 9b, 30 ff., 43 Abs. 2). Eine unmittelbare Außenhaftung gegenüber den Gläubigern kennt das A k t G nur im Falle der Eingliederung (vgl. § 322 A k t G ) . 2 3

Zusammenfassung und Ausblick

753

Schuldners zu schützen. Dies weist den Weg, auf d e m auch im G m b H - K o n z e r n der Gläubigerschutz gesucht w e r d e n muss. Das Regelungssystem der § § 3 1 1 ff. A k t G verbietet einem herrschenden U n t e r n e h m e n , die Eigeninteressen einer v o n ihm abhängigen Gesellschaft zu verletzen. F ü r die Gesellschafter ergibt sich das G e b o t , nicht entgegen d e m Eigeninteresse ihrer Gesellschaft zu handeln aber auch bereits aus d e m der Mitgliedschaft zu e n t n e h m e n d e n Versprechen, den Z w e c k der Gesellschaft zu f ö r d e r n . Mit diesem G r u n d s a t z wird die mitgliedschaftliche Treuepflicht eines Gesellschafters umschrieben. Allerdings lassen sich die im Gesellschaftsrecht anzutreffenden Treuepflichten nicht allgemein hierauf z u r ü c k f ü h r e n . So existieren auch besondere Rücksichtnahmepflichten, die ihre Grundlage in einer besonderen Vertrauensbeziehung haben können, aber auch auf dem allgemeinen rechtsethischen Prinzip, dass Macht Verantw o r t u n g nach sich ziehen muss, beruhen können. Derartige machtbezogene Treuepflichten bestehen insbesondere auch zwischen einem herrschenden Gesellschafter und den Minderheitsgesellschaftern einer abhängigen Gesellschaft. Mitgliedschaftliche Treuepflichten im Sinne einer Zweckförderungspflicht existieren zwischen den Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft allerdings grundsätzlich nicht. Etwas anderes gilt nur in stark personalistisch geprägten Gesellschaften aufgrund des hier zwischen den Gesellschaftern bestehenden besonderen Vertrauensverhältnisses. Konstruktiv ist dies mit dem Rechtsinstitut des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter zu erklären 5 . Das Bestreben, die Treuepflichten im Gesellschaftsrecht auf eine gemeinsame Grundlage zu stellen, ist auch vor dem H i n t e r g r u n d zu verstehen, dass die §§311 ff. A k t G durch die Ermöglichung eines verzögerten Nachteilsausgleichs auch eine besondere Regelung in Bezug auf die sich bereits aus der Mitgliedschaft abzuleitende Pflicht schaffen, dem Eigeninteresse der Gesellschaft nicht entgegenzuhandeln. Bezogen auf die Einflussnahmen eines herrschenden Gesellschafters können die §§311 ff. A k t G daher auch als besondere gesetzliche N o r m i e r u n g dessen mitgliedschaftlicher Treuepflichten verstanden werden, deren eigentliche Bedeutung insoweit weniger im Schutz der abhängigen Gesellschaft als vielmehr in der Begründung eines besonderen Konzernprivilegs besteht. Zwar w u r d e der historische Gesetzgeber noch maßgeblich von dem Bestreben gesteuert, einen besonderen Schutz vor den Gefahren der Abhängigkeit zu schaffen. Dies ist allerdings vor dem H i n t e r g r u n d zu verstehen, dass zur Zeit der Niederlegung dieser Regelung Treuepflichten im Bereich der Aktiengesellschaft noch keine A n e r k e n n u n g gefunden hatten 6 . Indem der Gesetzgeber vor den Gefahren schützen wollte, die mit der Herrschaft durch einen Unternehmensgesellschafter einhergehen, ließ er sich vor allem von dem Prinzip leiten, dass Macht Verantwortung begründen muss 7 . A n e r k e n n t man aber bereits ein aus der Mitgliedschaft erwachsendes Nichtschädigungsgebot, haben machtbezogene Treuepflichten im Verhältnis zwischen herrschendem Gesellschafter u n d Gesellschaft keine eigenständige Bedeutung mehr. Dies bedeutet allerdings nicht, dass die 5

Vgl. o b e n S. 184 ff. Vgl. hierzu u n d zu der Berücksichtigung von Z w e c k e n einer gesetzlichen Regelung, die d e m historischen Gesetzgeber n o c h nicht bewusst w a r e n , oben S. 70, 157 f. 6

754

Zusammenfassung

und

Ausblick

W u r z e l n und U n t e r s c h i e d e mitgliedschaftlicher T r e u e p f l i c h t e n und m a c h t b e z o g e ner R ü c k s i c h t n a h m e p f l i c h t e n generell ignoriert werden dürften. N u r durch diese D i f f e r e n z i e r u n g lässt sich etwa erklären, w i e s o eine M a ß n a h m e , die den Z w e c k e n der Gesellschaft dienlich ist, aufgrund einer unverhältnismäßigen B e e i n t r ä c h t i g u n g der Interessen der Minderheitsgesellschafter zu u n t e r b l e i b e n hat. B e z o g e n auf § 311 A k t G , der h e r r s c h e n d e n U n t e r n e h m e n n i c h t n u r gegenüber T o c h t e r - , s o n d e r n auch gegenüber E n k e l - und U r e n k e l g e s e l l s c h a f t e n nachteilige E i n f l u s s n a h m e n v e r b i e t e t 8 , stellt sich diese N o r m damit als R e g e l u n g eines mitgliedschaftlichen wie auch gesetzlich begründeten Schuldverhältnisses dar. Parallel hierzu führt im G m b H - K o n zern eine schuldhafte Verletzung der mitgliedschaftlichen bzw. m a c h t b e z o g e n e n Treuepflichten durch eine M u t t e r g e s e l l s c h a f t zu deren H a f t u n g nach § 2 8 0 B G B bzw. § § 2 8 0 , 2 4 1 , 311 A b s . 2 N r . 3 B G B analog 9 . U m s t r i t t e n ist dabei allerdings, o b a u c h ein E i n m a n n g e s e l l s c h a f t e r g e g e n ü b e r seiner G e s e l l s c h a f t z u r T r e u e v e r p f l i c h t e t ist. D i e s b e r u h t auf sehr u n t e r s c h i e d l i c h e n V o r s t e l l u n g e n v o n der G m b H als j u r i s t i s c h e r P e r s o n u n d i h r e n B e z i e h u n g e n zu i h r e n G e s e l l s c h a f t e r n . E i n a n d e r g e g e n ü b e r s t e h e n die A u f f a s s u n g v o n einer G e sellschaft als r e i n e r „Veranstaltung der G e s e l l s c h a f t e r " , die k e i n S e l b s t z w e c k ist, s o n d e r n n u r „Vehikel f ü r den S c h u t z D r i t t e r " 1 0 , u n d die v o n einer G e s e l l s c h a f t m i t einem eigenständigen, unabhängigen Interesse. N u r letztere Ansicht wird dem W e s e n der j u r i s t i s c h e n P e r s o n g e r e c h t . U m die E i g e n s t ä n d i g k e i t einer j u r i s t i s c h e n P e r s o n a n e r k e n n e n zu k ö n n e n , m u s s sie l o s g e l ö s t v o n i h r e n M i t g l i e d e r n b e t r a c h t e t u n d darf n i c h t n u r als d e r e n G e s a m t o r g a n i s a t i o n v e r s t a n d e n w e r d e n . A n d e r e n f a l l s k a n n m a n die E i n m a n n g e s e l l s c h a f t e n u n d d a m i t im E n d e f f e k t die j u r i s t i s c h e P e r s o n als s o l c h e n i c h t r i c h t i g e r f a s s e n 1 1 . D a s E i g e n i n t e r e s s e der G e s e l l s c h a f t darf auch n i c h t m i t d e m U n t e r n e h m e n s i n teresse v e r w e c h s e l t w e r d e n . E s geht hier n i c h t u m die B ü n d e l u n g einzelner, in ein e m U n t e r n e h m e n (bei H a n d l u n g e n f ü r die o d e r g e g e n ü b e r der G e s e l l s c h a f t ) z u s a m m e n t r e f f e n d e r I n t e r e s s e n , die d u r c h diese B ü n d e l u n g erst zu e i n e m b e s o n deren I n t e r e s s e w e r d e n , s o n d e r n u m ein v o n diesen a u f e i n a n d e r t r e f f e n d e n E i n z e l i n t e r e s s e n zu d i f f e r e n z i e r e n d e s u n a b h ä n g i g e s I n t e r e s s e der G e s e l l s c h a f t selbst, a b geleitet aus i h r e m Z w e c k . H i e r v o n zu u n t e r s c h e i d e n ist die F r a g e , o b I n t e r e s s e n D r i t t e r n i c h t deshalb zu b e r ü c k s i c h t i g e n sind, weil die G e s e l l s c h a f t e n t s p r e c h e n d e V e r p f l i c h t u n g e n eingegangen ist b z w . ihr k r a f t G e s e t z e s s o l c h e auferlegt w u r d e n . D e r U m s t a n d , dass eine P e r s o n I n t e r e s s e n a n d e r e r zu b e r ü c k s i c h t i g e n hat, sei es a u f g r u n d Vertrages o d e r G e s e t z e s , m a c h t diese I n t e r e s s e n a b e r n o c h n i c h t zu ihren eigenen. D e m e n t s p r e c h e n d ist a b e r auch f ü r das B e s t e h e n e i n e r T r e u e p f l i c h t in der E i n m a n n g e s e l l s c h a f t allein die E r k e n n t n i s m a ß g e b e n d , dass ein v o n den I n t e r e s s e n der G e s e l l s c h a f t e r zu u n t e r s c h e i d e n d e s G e s e l l s c h a f t s i n t e r e s s e existiert, f ü r dessen 7 Konsequenterweise werden dem herrschenden Unternehmen über §§16 Abs. 4, 17, 311 AktG daher auch nachteilige Einflussnahmen auf Enkelgesellschaften verboten. 8 Vgl. oben S. 119 f. 9 Vgl. oben S. 330 f. 10 Möhring, Schutz der Gläubiger einer konzernabhängigen GmbH S. 82. 11 Vgl. oben S. 244 ff.

Zusammenfassung

und

Ausblick

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Bestimmung der Gesellschaftszweck maßgebend ist, der auf der Grundlage des gewählten Unternehmensgegenstandes zu verfolgen ist. Bei Gleichsetzung des Gesellschaftsinteresses mit dem Unternehmensinteresse wird demgegenüber die Gesellschaft selbst als bloßes Medium behandelt, ohne deren eigene Rechtspersönlichkeit als juristische Person anzuerkennen. Der im Gesetz selbst angelegten Trennung zwischen juristischen Personen und Personengesellschaften kann man so nicht gerecht werden. Damit muss aber auch der Ansicht, nach der eine Gesellschaft kein Interesse haben könne, das nicht auf Interessen anderer zurückzuführen sei 12 , eine klare Absage erteilt werden. Das Eigeninteresse der Gesellschaft ist das Interesse der Gesellschaft an der Verwirklichung ihres Zwecks, der durch die Gesellschafter zwar bestimmt wird, durch diese Bestimmung sich aber gleichzeitig von ihnen löst und ihrer Einwirkung grundsätzlich nur noch insoweit ausgesetzt werden darf, als sie ihn einvernehmlich oder durch Abschluss eines Beherrschungsvertrages wieder ändern. Die Anerkennung eines Eigeninteresses der Gesellschaft ist damit kein „Paradoxon", ebenso wenig wie es ein Zirkelschluss ist, ein Handlungssystem als Rechtssubjekt anzuerkennen und ihm infolgedessen auch ein Eigeninteresse zuzubilligen. Vielmehr ist das eine notwendige Konsequenz des anderen. Aus diesem Grund handelt es sich bei der Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft auch nicht nur um einen reflexartigen, aus der Treuepflicht zwischen den Gesellschaftern abgeleiteten Schutz. Vielmehr entspringt die Pflicht, das Eigeninteresse der Gesellschaft zu fördern, originär der Mitgliedschaft 1 3 . Dieser Ansatz greift auch nicht deswegen zu kurz, weil hier schutzwürdige Gläubigerinteressen nicht einbezogen werden 1 4 . Der beste Schutz der Gläubiger einer Gesellschaft besteht, wie bereits eingangs hervorgehoben wurde, immer noch darin, die Gesellschaft selbst zu schützen und so den Gläubigern einen liquiden Schuldner zu erhalten. Die Rechtsprechung, die nunmehr das Bestandsinteresse auch einer Einmanngesellschaft anerkennt, ist damit als erster Schritt in die richtige Richtung zu begrüßen, wenngleich sie nur einen Teil des hier befürworteten Weges mitgeht. Das Interesse der Gesellschaft wird nach diesem Ansatz erst dann von dem Interesse der Gesellschafter gelöst, wenn man in den Bereich der Existenzgefährdung kommt. Die dem zugrunde liegende Einsicht, dass bei Näherrücken der Gefahr einer Insolvenz die Gläubigerinteressen in den Vordergrund und die Gesellschafterinteressen zurücktreten müssen, ist in dieser Allgemeinheit zwar sicher richtig. Nur wird hiermit noch nicht erklärt, wann und insbesondere auf welchem Wege diese Interessen in das Interesse der Gesellschaft Eingang finden sollen. Im Ergebnis negiert auch dieser Ansatz die Bedeutung des Zwecks der Gesellschaft für deren Interesse. Dies wird offensichtlich, wenn er bei Fehlen von Minderheitsgesellschaftern die Funktion der Gesellschaft auf die eines „Haftungsträ-

Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz S. 402. Reuter in MK, 4. Auf. § 3 4 R n . 2 2 ; eingehend hierzu auch Winter, Mitgliedschaftliche Treubindungen S. 63 ff. m.w.N. 14 So aber Möhring, Schutz der Gläubiger einer konzernabhängigen G m b H S. 78. 12 13

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gers für die in Verfolgung seiner (des Gesellschafters) geschäftlichen Aktivitäten begründeten Verbindlichkeiten" beschränkt 1 5 . K ö n n t e ein Alleingesellschafter, mit Ausnahme der Existenzgefährdung, mit der Gesellschaft „tun und lassen", was er will, hätte eine Zwecksetzung von vornherein keine Bedeutung. Insbesondere wäre es nicht notwendig, eine Satzungsänderung zu verlangen, um den Zweck der Gesellschaft zu ändern und auf das Interesse einer anderen Gesellschaft auszurichten. Ein solches Verständnis widerspricht indes der Rechtsnatur der juristischen Person, die als Rechtssubjekt kraft staatlicher Anerkennung zum Träger eines eigenständigen, von den Interessen der Gesellschafter verselbständigten Interesses geworden ist. N a c h dem Vorsitzenden des 2. Zivilsenats Röhricht

beschreibt der von ihm vor-

geschlagene 1 6 und nun auch v o m B G H 1 7 vertretene Ansatz einer Verpflichtung zur Respektierung des Bestandes einer Gesellschaft eine „mittlere Linie", durch die einerseits ein wirksamer Gläubigerschutz insoweit begründet werde, wie „dies ohne Preisgabe der an die Zulassung der G m b H geknüpften Erwartungen möglich" sei 1 8 . Unerklärt bleibt damit aber, wieso ein Gesellschafter erwarten können soll, mit der Gesellschaft Zwecke verfolgen zu dürfen, die nicht dem Z w e c k entsprechen, den er selbst der Gesellschaft gegeben hat. Die Inkonsequenz in der Rechtsprechung wird gänzlich offensichtlich, wenn sie zwar - bei Fehlen einer Minderheit - nicht die Erlaubnis eines Beherrschungsvertrages verlangt, damit Konzernmacht auch zum Nachteil der abhängigen Gesellschaft ausgeübt werden kann, auf der anderen Seite im Abschluss eines Beherrschungsvertrages mit einer E i n m a n n - G m b H aber eine Satzungsänderung erblickt, die notwendig ist, um die G m b H im Konzerninteresse leiten zu dürfen 1 9 . Vor allem gilt es aber auch, zu berücksichtigen, dass auf dem nun eingeschlagenen Weg der Rechtsprechung der notwendige Schutz der Gläubiger häufig nicht zu begründen ist. Ist die Haftung an dem existenzgefährdenden Eingriff festzumachen, dürfte auch nur für den Schaden der G m b H gehaftet werden, der hierdurch entstanden ist 2 0 . Dieser muss indes keineswegs mit dem Ausfall der Gläubiger identisch sein 2 1 . Wurde die G m b H jahrelang nicht entsprechend ihrem Zweck geführt, sondern für andere Interessen des Gesellschafters eingesetzt, so wird der letztendliche Eingriff, der die Existenz der G m b H schließlich zerstört hat, kaum noch einen nennenswerten Schaden begründet haben 2 2 . N u r wenn man das Eigeninteresse der Gesellschaft bereits im Vorfeld anerkennt, lassen sich entsprechende Ansprüche auch im Insolvenzverfahren geltend machen. I m Übrigen wird aber Röhricht in FS 50 Jahre BGH S. 83, 104. Röhricht in FS 50 Jahre BGH S. 83, 98. 17 BGH Urt. v. 17.9.2001 = NJW 2001, 3622. 18 Röhricht in FS 50 Jahre BGH S. 83, 98. 19 Vgl. BGH Urt. v. 24.10.1988 = BGHZ 105, 324. 331 = N J W 1989,295,296 (Supermarkt); BGH Urt. v. 30.1.1992 = NJW 1992, 1452 = ZIP 1992, 395 (Siemens). 20 Zu den Wertungswidersprüchen einer insoweit bejahten höhenmäßig nicht beschränkten Durchgriffshaftung vgl. bereits oben S. 268. 21 Ulmer, ZIP 2001, 2021, 2028. 22 Ulmer ZIP 2001,2021,2028. 15 16

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auch die Inanspruchnahme der Gesellschafter erst im Falle der Insolvenz häufig nicht zur Gläubigerbefriedigung genügen. Ziel muss es sein, die Gesellschaft selbst als Schuldner zu erhalten. Dies ist aber nur durch eine Loslösung von der Interessenbetrachtung einzelner Gruppen im jeweiligen Einzelfall und der Hinwendung zu der Anerkennung eines zweckbestimmten Eigeninteresses der Gesellschaft selbst möglich. Die Weisungsbefugnis der Gesellschafter und der gegenüber der A G geringere Kapitalschutz rechtfertigen es nicht, der G m b H ein über die Bestandserhaltung hinausgehendes zweckbestimmtes Eigeninteresse abzuerkennen. A u c h wenn der historische Gesetzgeber noch von einer Miteigentumsvorstellung der Gesellschafter ausgegangen sein mag 2 3 , darf die G m b H als juristische Person auch in ihrem Verhältnis zu ihren Gesellschaftern nicht der Personengesellschaft gleichgesetzt werden 2 4 . Sicher existieren in einer G m b H nicht so strenge Kapitalerhaltungsregeln wie in einer A G , und natürlich ergeben sich hieraus größere Gestaltungsspielräume. Begründet liegt dies aber in der Vorstellung des Gesetzgebers von der G m b H als typischer Gesellschaftsform kleinerer Unternehmen, in der das eigene Interesse der Gesellschafter an der Zweckverfolgung regelmäßig besonders groß ist und denen man daher auch flexiblere Einwirkungs- und Handlungsmöglichkeiten als in einer Publikumsgesellschaft einräumen wollte. D a m i t wurde allerdings noch kein Freibrief geschaffen, entgegen der Zweckförderungspflicht den selbst festgesetzten Zweck ohne Satzungsänderung einfach zu ignorieren. N u r dieser Z w e c k macht ein Rechtssubjekt als alleinigen Anspruchsgegner im Rechtsverkehr berechenbar und nur unter der Voraussetzung dieser Berechenbarkeit ist seine Verselbständigung zu rechtfertigen. Entzieht der Gesellschafter der Gesellschaft Vermögen und verhindert damit etwa notwendige Investitionen, so stellt dies folglich eine Verletzung der Eigeninteressen der Gesellschaft dar, auch wenn hierdurch nicht gegen Regelungen zur Kapitalerhaltung verstoßen oder die Existenz der Gesellschaft (schon) gefährdet wird. D i e Unterschiede in der Kapitalbindung zur A G werden damit nicht ignoriert. In der A G wurde eine vollumfängliche Vermögensbindung geschaffen, mit dem daraus resultierenden absoluten Verbot verdeckter Gewinnausschüttungen, während in der G m b H die §§ 30, 31 G m b H G nur der Sicherung des Stammkapitals dienen. Entnahmen eines Alleingesellschafters sind außerhalb der Kapitalbindung damit grundsätzlich zulässig, wie sich aus dem Vorgesagten ergibt, allerdings nur insoweit, wie sich diese in Bezug auf den Z w e c k der Gesellschaft neutral verhalten. Z w e c k der Gesellschaft ist aber regelmäßig die Erwirtschaftung von G e winn auf der Grundlage des gewählten Unternehmensgegenstandes, nicht aber die Anhäufung von Kapital. D u r c h die unterschiedlichen Regelungen zur Kapitalerhaltung darf man sich nicht den Blick auf die Pflichten der Gesellschafter gegenüber ihrer Gesellschaft Vgl. Wilhelm, Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person S. 343 ff. A.A. etwa Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften S. 359. 23 24

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verstellen lassen und den darin zum Ausdruck kommenden Schutzgedanken als abschließend erkennen. Seit langem ist anerkannt, dass die Kapitalvorschriften der G m b H zum Schutz der Gläubiger und Minderheitsgesellschafter nicht ausreichend sind, weshalb teilweise - insbesondere auch im internationalen Kontext bereits über die Abschaffung einer Verpflichtung zur Mindestkapitalisierung nachgedacht wird. Indes bedarf es nicht erst der Abschaffung vor allem im Gründungsstadium einer Gesellschaft durchaus sinnvoller Vorschriften 25 , um das Eigeninteresse einer juristischen Person akzeptieren zu können, mit dem die Anerkennung einer originären Treuepflicht der Gesellschafter gegenüber dieser einhergeht, die unabhängig davon besteht, ob alle Gesellschafter einer nachteiligen Maßnahme zugestimmt haben oder nur ein Gesellschafter existiert. Ein aus der Verletzung einer entsprechenden Pflicht sich ergebender Anspruch kann jedenfalls im hier interessierenden Bereich der verbundenen Unternehmen analog §§317 Abs. 4 i.V.m. § 309 Abs. 4 S. 3 AktG auch durch die Gläubiger der konzernierten G m b H geltend gemacht werden. Sicher kann man auf diesem Wege die Gesellschaft nicht vor wirtschaftlichem Misserfolg schützen, wohl aber vor zweckwidrigem Einsatz. Würde sich im Bewusstsein des Wirtschaftsverkehrs manifestieren, dass eine Gesellschaft auch außerhalb der Bestandsgefährdung und der Kapitalerhaltungsvorschriften keine „reine Veranstaltung der Gesellschafter" ist, käme man dem Ziel, die hohe Insolvenzanfälligkeit der G m b H zu reduzieren, sicher näher. Das Urteil in Sachen Bremer Vulkan ist mit Aufgabe einer nicht haltbaren Analogie und der zumindest partiellen Anerkennung eines Eigeninteresses der Gesellschaft sicher ein erster Schritt in die richtige Richtung, mit dem man allerdings nicht stehen bleiben darf 26 . Der Weg sollte hier jedoch nicht weiter in Richtung einer Durchgriffshaftung eingeschlagen werden. Auch die Haftung eines Gesellschafters aufgrund existenzvernichtender Eingriffe lässt sich nicht mit der in neue Gestalt gegossenen alten Fallgruppe einer Durchgriffshaftung wegen Institutsmissbrauchs befriedigend begründen, will man nicht die Haftung auf die Fälle reduzieren, die bereits über § 826 B G B gelöst werden könnten. Möglicherweise gibt der KBV-Fall27 zwar durchaus „Anlass, die deliktsrechtliche Anspruchsgrundlage ernster zu nehmen, als es bisher manchmal gesehen wurde" 2 8 . Das Abstellen allein auf den altbekannten Missbrauchsgedanken kann zur Begründung einer Haftung indes keine ausreichende Rechtssicherheit liefern und daher auch zur Begründung einer unmittelbaren Inanspruchnahme der Gesellschafter nicht genügen. Allgemeine Formeln wie der Missbrauch der Rechtsform sind bei weitem zu undifferenziert, um hieran eine Durchgriffshaftung zu knüpfen, weshalb man ihr auch bereits 2 5 Vgl. hierzu auch den Report of the High Level Croup of Company Lau) Experts on a Modern Regulatory Framework for Company Law in Europe vom 4.11.2002, Zusammenfassung S. 14, Einzelheiten S. 82 ff., insb. S. 87, veröffentlicht auf der Internetseite der Europäischen Kommission, www.europa.eu.int/comm/internal_market/en/company/company/modern. 2 6 Vgl. insoweit auch K. Schmidt, N J W 2001, 3577: „Die Entscheidung ist als Fortschritt im Haftungsrecht der G m b H einzuordnen, allerdings nicht als Schlusspunkt der Diskussion". 2 7 B G H v. 24.6.2002 („KBV") = B G H Z 151, 181 = ZIP 2002, 1578 = J Z 2 0 0 2 , 1047, 1048. 28 H. P.- Westermann-, N Z G 2002, 1129,1135.

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seit langem und zu Recht vorwirft, dass man mit Hilfe der hier verwendeten Formeln alles begründen kann, aber doch „niemand zu überzeugen vermag" 29 . Die Erfahrungen, die man im anglo-amerikanischen Rechtskreis mit dieser Rechtsfigur gemacht hat, rechtfertigen kein anderes Ergebnis. Zitiert sei hier nur ein obschon recht hart anmutender Satz, den man in der englischen Literatur zur Qualifizierung der Durchgriffshaftung geboren hat: „The results in individual cases may be commendable, bat it smacks ofpalm-tree-justice rather than the application of legal rulesi0". Nicht nur diese Rechtsunsicherheit ist es aber, die einem solchen Ansatz entgegenzuhalten ist. Gegen ihn spricht vor allem, dass man auf diesem Weg die Selbständigkeit der juristischen Person selbst negiert. Indem die Rechtsprechung in ihren Entscheidungen zum existenzvernichtenden Eingriff an den bereits im T55-Urteil aufgestellten Bedingungen anknüpft 31 , wird aber auch deutlich, dass es hier im Kern um die angemessene Berücksichtigung der Belange der Gesellschaft selbst gehen muss, womit der Anspruch aber auch nur als solcher der Gesellschaft erklärt werden kann, der im Fall der masselosen Insolvenz - unter Rückgriff auf den bereits angesprochenen Regelungsgedanken - von den Gläubigern allerdings unmittelbar geltend gemacht werden kann 32 . Betont man dabei als entscheidende Haftungsvoraussetzung aber, dass die Gesellschafter nicht nur auf den ihnen zustehenden, von der Gesellschaft erwirtschafteten Uberschuss zugegriffen, sondern ihr Vermögen entzogen haben, das den Zwecken der Gesellschaft zu dienen bestimmt war 33 , stellt sich die Frage, weshalb sie dieser erst bei einer Bestandsvernichtung haften sollten. Zu begründen wäre dies nur, wenn man die Interessen der Gesellschaft mit den Interessen der Gläubiger gleichsetzt 34 . Abgesehen von den hiergegen bereits angeführten Bedenken, ist insoweit aber auch auf den von Altmeppen erhobenen Einwand hinzuweisen, der auf die dogmatische Fragwürdigkeit eines Ansatzes aufmerksam macht, der eine Pflicht konstituiert, um eine erwünschte Haftung begründen zu können 35 . Das System der Haftungsbeschränkung kann nur funktionieren, wenn man die Eigenständigkeit der juristischen Person abstrakt anerkennt und den Gesellschaftern die Pflicht auferlegt, das gegebene Versprechen, die Zwecke der Gesellschaft zu fördern, auch zu halten. Die beschränkte Haftung in einer Kapitalgesellschaft ist, wie Fuentes treffend für das amerikanische Gesellschaftsrecht formuliert hat, keine „carte blanche", die den Gesellschaftern die Führung der Gesellschaft aufs

Vgl. auch Altmeppen ZIP 2002, 1553, 1561. Gower 4. Aufl. S. 138. 3 1 Vgl. oben S. 361. 3 2 Dafür, dass eine Verschuldensinnenhaftung hier nicht aufgegeben werden sollte, auch K. Schmidt, N J W 2001, 3375, 3380; eine Innenhaftung nimmt überdies auch Raiser, in FS Ulmer S. 493, 504 an. 3 3 B G H v. 24.6.2002 („KBV") = ZIP 2002, 1578 = J Z 2002, 1047, 1048. 3 4 Zu diesem Ansatz in der englischen Rechtsprechung für den Fall, dass sich die Gesellschaft in der Nähe der Insolvenz befindet vgl. S. 627. 35 Altmeppen, ZIP 2001, 1837, 1842, insoweit vgl. auch Zöllner in Baumbach/Hueck Anh. Konzernrecht Rn. 83. 29 30

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Geratewohl erlaubt, unabhängig von jeglichen Treuepflichten und Maßstäben 3 6 . Die Ansicht der herrschenden Meinung ist vor dem Hintergrund der Angst zu verstehen, eine juristische Person um ihrer selbst willen zu respektieren und sie so zu verabsolutieren, obwohl sie nur zur Erfüllung begrenzter Aufgaben geschaffen wurde 3 7 . Letzteres ist sicher richtig. Soweit es gerade um die Erfüllung dieser Aufgaben oder, mit anderen Worten, den Z w e c k der juristischen Person geht, ist aber kein G r u n d ersichtlich, warum sie nicht zu respektieren sein sollte, und zwar auch von denjenigen, die sie ins Leben gerufen haben. N u r so ist es zu rechtfertigen, dass diejenigen, die mit einer juristischen Person in geschäftlichen Verkehr treten, auch nur diese in Anspruch nehmen können 3 8 . D e n Vorteil der Haftungsbeschränkung haben die Gesellschafter, weil sie sich für „ihre Veranstaltung" eine bestimmte F o r m gewählt und damit ein eigenständiges Rechtssubjekt ins Leben gerufen haben. Dann müssen sie aber auch die „Spielregeln" dieser F o r m respektieren. Wollen die Gesellschafter den Zweck, den sie selbst bei der Gründung gewählt haben, nicht mehr verfolgen, müssen sie den von der Rechtsordnung vorgeschriebenen Weg gehen und der Gesellschaft einen anderen Zweck geben oder sie auflösen 3 9 . Solange dies nicht geschieht, sind sie verpflichtet, im Interesse der Gesellschaft entsprechend ihres Zwecks zu handeln, unabhängig davon, ob man es mit einer Ein- oder Mehrpersonengesellschaft zu tun hat. Aus diesem G r u n d hat die Sorgfaltshaftung aber auch nicht, wie Wilhelm

meint, von vornherein eine Lücke 4 0 .

Zwar ist ihm darin zuzustimmen, dass es nicht hinnehmbar wäre, wenn die Gesellschafter ohne jede Verantwortlichkeit auf die Geschicke einer juristischen Person einwirken dürften, w o dies die Geschäftsleitung nur verantwortlich tun darf 4 1 . Tun sie es dennoch, ergibt sich hieraus aber nicht deren organschaftliche Verantwortlichkeit 4 2 , sondern eine Haftung aufgrund einer Treuepflichtverletzung, die ihren G r u n d in der gesellschaftsrechtlichen Förderpflicht der Gesellschafter hat und sich organisationsrechtlich als Bestandteil des Mitgliedschaftsverhältnisses darstellt. Stellt man hierauf aufbauend die Frage nach dem Inhalt der Treuepflichten eines herrschenden Gesellschafters, darf ihr Ursprung nicht wieder aus den Augen verloren werden. Anderenfalls gerät man in die Gefahr, Pflichten ausufern zu lassen bzw. ihnen einen unzutreffenden Inhalt zu geben. Mitgliedschaftliche Treuepflichten hat eine Muttergesellschaft nur gegenüber ihren Tochtergesellschaften 4 3 , nicht aber gegenüber allen Mitgliedern eines Konzernverbundes. Insbesondere kann das Rechtsinstitut des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter nicht herangezogen werden, um mitgliedschaftliche Treuepflichten einer Muttergesellschaft gegenüber Fuentes, Selon Hall Law Review 1997, 1023, 1035. Vgl. nur Röhricht in FS 50 Jahre BGH S. 83, 103. 38 Vgl. auch Wilhelm, NJW 2003, 175, 179 in Fn.54: „Wenn man die juristische Person mit der ihr vorbehaltenen Vermögen ernst nimmt, betreibt man Gläubigerschutz (u.a.) und nicht eine Verabsolutierung der juristischen Person". 39 Vgl. auch Priester, ZGR 1993, 520. 40 So aber Wilhelm, Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person (1981), S. 345. 41 Wilhelm, Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person (1981), S. 349. 42 So aber Wilhelm, Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person (1981), S. 349. 43 Zu möglichen Ausnahmen vgl. oben. 36

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ihrer T o c h t e r g e s e l l s c h a f t auf E n k e l - und U r e n k e l g e s e l l s c h a f t e n zu e r s t r e c k e n 4 4 . Schädigt eine Muttergesellschaft eine Enkelgesellschaft, kann sie damit zwar u . U . ihre mitgliedschaftlichen Treuepflichten gegenüber der T o c h t e r g e s e l l s c h a f t verletzen. D i e daneben b e s t e h e n d e n u n m i t t e l b a r e n R ü c k s i c h t s n a h m e p f l i c h t e n gegenüber den E n k e l g e s e l l s c h a f t e n b e r u h e n indes nicht auf ihrer Z w e c k f ö r d e r u n g s p f l i c h t , s o n dern auf der, w e n n auch ü b e r die T o c h t e r g e s e l l s c h a f t vermittelten, b e s o n d e r e n E i n flussmöglichkeit, die sie auch gegenüber den E n k e l g e s e l l s c h a f t e n hat und der eine e n t s p r e c h e n d e V e r a n t w o r t u n g s p o s i t i o n gegenüberstehen muss. D i e R ü c k b e s i n n u n g auf allgemeine H a f t u n g s a n s ä t z e b e d e u t e t n i c h t , dass m a n deshalb die B e s o n d e r h e i t e n in v e r b u n d e n e n U n t e r n e h m e n a u ß e r A c h t lassen m ü s ste. D a in e i n e m K o n z e r n eine e r h ö h t e W a h r s c h e i n l i c h k e i t d a f ü r b e s t e h t , dass eine a b h ä n g i g e G e s e l l s c h a f t den I n t e r e s s e n des K o n z e r n s d i e n s t b a r g e m a c h t w i r d , ist dieser E r k e n n t n i s m i t der A n e r k e n n u n g v o n V e r m u t u n g e n u n d B e w e i s e r l e i c h t e r u n g e n R e c h n u n g zu t r a g e n 4 5 . I m Ü b r i g e n ist a b e r a u c h die W e r t u n g des § 3 1 7 A b s . 2 A k t G z u b e r ü c k s i c h t i g e n , w e s h a l b f ü r die F r a g e des V e r s c h u l d e n s an den Sorgfaltsmaßstab

eines o r d e n t l i c h e n

und

gewissenhaften

Geschäftsleiters

an-

z u k n ü p f e n ist 4 6 . D a a b e r eine T r e u e p f l i c h t v e r l e t z u n g bereits t a t b e s t a n d l i c h n u r vorliegt, w e n n gegen die Sorgfalt eines o r d e n t l i c h e n G e s c h ä f t s m a n n s v e r s t o ß e n w u r d e 4 7 , ist bei B e j a h u n g eines e n t s p r e c h e n d e n V e r s t o ß e s g l e i c h z e i t i g a u c h das V e r s c h u l d e n eines U n t e r n e h m e n s m e h r h e i t s g e s e l l s c h a f t e r s g e g e b e n . D e r V e r s c h u l d e n s p r ü f u n g k o m m t bei e i n e m T r e u e p f l i c h t v e r s t o ß im f a k t i s c h e n

GmbH-Kon-

z e r n d a m i t e b e n s o w e n i g wie bei e i n e m S c h a d e n s e r s a t z a n s p r u c h n a c h § 3 1 7 A k t G eigenständige B e d e u t u n g zu. Z u r ü c k z u g r e i f e n ist, wie bereits h e r v o r g e h o b e n w u r de, auf die R e g e l u n g e n z u m f a k t i s c h e n A k t i e n k o n z e r n a b e r auch, w e n n es u m die B e g r ü n d u n g eines d i r e k t e n K l a g e r e c h t s der G l ä u b i g e r e b e n s o wie der M i n d e r heitsgesellschafter geht (§ 3 1 7 A b s . 4 i.V.m. § 3 0 9 A b s . 4 A k t G ) . I m I n s o l v e n z v e r f a h r e n sind g e m ä ß § § 3 1 7 A b s . 4, 3 0 9 A b s . 4 S. 5 A k t G die R e c h t e der G l ä u b i g e r u n d G e s e l l s c h a f t e r allerdings v o m I n s o l v e n z v e r w a l t e r geltend zu m a c h e n . T r o t z der s o m i t m ö g l i c h e n B e r ü c k s i c h t i g u n g der B e s o n d e r h e i t e n

konzernrechtlicher

V e r b i n d u n g e n ist dieses S y s t e m a b e r o f f e n für n e u e „ H a f t u n g s p h ä n o m e n e " , o h n e dass m a n sich g e z w u n g e n sähe, diese d u r c h g r e n z e n l o s e A u s d e h n u n g des U n t e r n e h m e n s b e g r i f f s ins K o n z e r n r e c h t h i n e i n p r e s s e n zu m ü s s e n . U n a b h ä n g i g v o n der M ö g l i c h k e i t , auf diesem o d e r a n d e r e m W e g e e i n z e l n e A n s p r ü c h e gegen einen h e r r s c h e n d e n G e s e l l s c h a f t e r g e l t e n d zu m a c h e n , ist im F a l l e , dass eine a b h ä n g i g e G e s e l l s c h a f t g ä n z l i c h auf die V e r f o l g u n g der I n t e r e s s e n eines h e r r s c h e n d e n U n t e r n e h m e n s a u s g e r i c h t e t w u r d e , allerdings a u c h eine A n a l o g i e zu den R e g e l u n g e n des V e r t r a g s k o n z e r n s in § § 3 0 2 , 3 0 3 A k t G zu z i e h e n . D e r „ A b schied v o m q u a l i f i z i e r t f a k t i s c h e n K o n z e r n " b e d e u t e t n i c h t , dass - in engen G r e n z e n - eine A n a l o g i e zu diesen R e g e l u n g e n k e i n e B e r e c h t i g u n g m e h r h a b e n k ö n n t e . Z u v e r l a n g e n ist h i e r f ü r j e d o c h ein Z u s t a n d , bei d e m die a b h ä n g i g e G e s e l l s c h a f t 44 45 46 47

Vgl. oben S. 325 f. Vgl. oben S. 365 f. Vgl. bereits oben S. 3 3 7 f . Vgl. auch hierzu oben S. 278 f.

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unter ständiger Missachtung ihrer Eigeninteressen geleitet wird. Allein Probleme bei der Schadensfeststellung in Bezug auf einzelne Einflussnahmen rechtfertigen eine solche Analogie auch bei zentral geführten Unternehmensverbindungen nicht. Liegt eine ordnungsgemäße Buchführung vor und berücksichtigt man die oben angesprochenen Beweiserleichterungen, werden sich einzelne nachteilige Eingriffe durchaus auch nachweisen und Schadensschätzungen durchführen lassen. Sicher ist eine solche Schadensschätzung mit Unwägbarkeiten belastet, insbesondere, wenn die Konzernierung bereits seit längerem besteht. Indes lässt sie immer noch einen gerechteren Ausgleich zu, als dies eine generelle Verlustausgleichspflicht könnte. Im Falle einer Vermögensvermischung ist der Weg, einzelne schädigende Eingriffe feststellen zu können, allerdings verschlossen. Die sich hier stellenden Probleme lassen sich jedoch nicht einfach mit einer teleologischen Reduktion des § 13 Abs. 2 G m b H G und einem Durchgriff auf den herrschenden Gesellschafter lösen. Auch der allgemeine Grundsatz von Treu und Glauben bzw. entsprechende Missbrauchserwägungen erlauben es nicht, eine Person zum Schuldner der gegenüber einem anderen Rechtsträger vertraglich oder gesetzlich begründeten Ansprüche zu erheben. Allerdings ist bei einer gegenständlichen Vermögensvermischung bereits im Rahmen der Vollstreckung zu vermuten, dass es sich bei dem vermischten Gegenständen insgesamt um solche des Schuldners handelt. Darüber hinaus ist bei einer fehlenden Trennung der Vermögenssphären aber auch eine grundsätzliche Vermutung dahingehend aufzustellen, dass der oder die Gesellschafter, mit deren Vermögen dasjenige der Gesellschaft vermischt wurde, das gesamte Vermögen, das nicht nachweisbar vor Eintritt der Vermögensvermischung erworben wurde, aufgrund eines Verstoßes gegen das Eigeninteresse der Gesellschaft erlangt haben. Die Durchgriffshaftung, im Sinne einer Haftung der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten einer Kapitalgesellschaft, stellt sich damit selbst in ihrem anerkanntesten Fall der Vermögensvermischung als überflüssiges Konstrukt dar, das ebenso wie die anderen Fälle, die unter dieser Überschrift diskutiert werden, nur die Gefahr in sich birgt, die Eigenständigkeit einer juristischen Person nicht ernst genug zu nehmen. Soweit zur Lösung der Konzernproblematik und dem Schutz der Außenseiter weitere Haftungsansätze untersucht wurden, ist festzustellen, dass diese nur in Teilbereichen überzeugen können. Ein der Treuepflichthaftung allgemein überlegener Haftungsansatz ist hier jedoch nicht zu finden. Allerdings kann eine weitergehende Haftung des herrschenden Unternehmens dann zu bejahen sein, wenn es im Einzelfall die Stellung eines faktischen Geschäftsführers eingenommen hat. In diesem Fall steht auch die Frage nach einer Haftung für Unterlassungen - im Hinblick auf im öffentlichen Interesse normierte Pflichten - im Raum. Hierfür bedarf es aber einer tatsächlichen Verdrängung der bestellten Geschäftsleitungsorgane bei der Entscheidungsfindung für die abhängige Gesellschaft durch das herrschende Unternehmen. Die Pflicht eines Geschäftsführers zur ordnungsgemäßen Geschäftsleitung kann jedoch nicht als Grundlage einer Anstifterhaftung des herrschenden Gesellschafters dienen, weshalb auch der Auffassung Ehrickes, nach der Ansprüchen we-

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gen T r e u e p f l i c h t v e r l e t z u n g n e b e n dieser bereits gesetzlich n o r m i e r t e n H a f t u n g k e i n e B e d e u t u n g z u k o m m e , eine A b s a g e erteilt w e r d e n muss. E i n e A n s t i f t e r h a f t u n g k o m m t allenfalls d a n n in B e t r a c h t , w e n n das h e r r s c h e n d e U n t e r n e h m e n die G e s c h ä f t s l e i t u n g d a z u a u f g e r u f e n hat, ein S c h u t z g e s e t z zu v e r l e t z e n 4 8 . D i e grundsätzliche Ü b e r l e g e n h e i t des Treuepflichtansatzes zeigt sich v o r allem aber auch, w e n n es u m die B e w ä l t i g u n g spezieller P r o b l e m e geht, wie etwa d e m der U n t e r k a p i t a l i s i e r u n g 4 9 . D i e E r k e n n t n i s , dass sich der G e s c h ä f t s u m f a n g einer G e s e l l schaft an der Kapitalausstattung ausrichten muss, liegt der gesamten D i s k u s s i o n z u r U n t e r k a p i t a l i s i e r u n g z u g r u n d e 5 0 . A u s dieser E r k e n n t n i s lässt sich z u m S c h u t z z u künftiger Gesellschaftsgläubiger aber keine Pflicht zu ausreichender Kapitalausstattung außerhalb der gesetzlichen R e g e l u n g e n ableiten. E n t s c h e i d e n d ist aber auch nicht die Frage, wie die G e s c h ä f t e einer Kapitalgesellschaft zu finanzieren sind, s o n dern, vorgelagert, o b eine Verpflichtung unter B e r ü c k s i c h t i g u n g der bestehenden F i n a n z l a g e ü b e r h a u p t hätte eingegangen werden dürfen. Ist ein G e s c h ä f t mit B l i c k auf die s c h w a c h e F i n a n z a u s s t a t t u n g zu risikoreich, weil damit die G e f a h r einer B e standsgefährdung der G e s e l l s c h a f t einhergeht, darf es nicht abgeschlossen w e r d e n . D a m i t reduziert sich der H a n d l u n g s s p i e l r a u m der G e s c h ä f t s f ü h r e r wie der G e s e l l schafter im R a h m e n ihrer Weisungstätigkeit aber sehr schnell und tendiert bei krasser U n t e r k a p i t a l i s i e r u n g gegen N u l l . W i r d t r o t z d e m ein entsprechendes G e s c h ä f t abgeschlossen, m a c h e n sich die G e s c h ä f t s l e i t u n g bzw., bei Weisungserteilung, die G e s e l l s c h a f t e r der Gesellschaft gegenüber schadensersatzpflichtig. D a m i t wird m i t telbar auch d e m S c h u t z (potentieller) G l ä u b i g e r R e c h n u n g getragen, die außerhalb eines I n s o l v e n z v e r f a h r e n s sich e n t s p r e c h e n d e A n s p r ü c h e der Gesellschaft pfänden und ü b e r w e i s e n lassen k ö n n e n , w e n n sie durch einen solchen G e s c h ä f t s a b s c h l u s s dadurch einen Schaden erlitten h a b e n , dass die G e s e l l s c h a f t ihre P f l i c h t e n aus d e m G e s c h ä f t s a b s c h l u s s nicht m e h r erfüllen k a n n 5 1 . Der Konstruktion

einer allgemeinen Durchgriffshaftung

b e d a r f es

hierfür

n i c h t . S o w e i t die L ö s u n g der sich h i e r stellenden P r o b l e m e ü b e r die D u r c h g r i f f s h a f t u n g n e u e r d i n g s w i e d e r v e r s t ä r k t b e f ü r w o r t e t w i r d 5 2 , so g e s c h i e h t dies auf der G r u n d l a g e einer stark v o n der a m e r i k a n i s c h e n D u r c h g r i f f s h a f t u n g

inspirierten

V o r s t e l l u n g , die v o n d e m W u n s c h b e s e e l t ist, s c h u t z w ü r d i g e G l ä u b i g e r n i c h t m i t einer illiquiden G e s e l l s c h a f t allein zu lassen. D i e s e r A n s a t z b a u t auf der V o r s t e l lung einer G e s e l l s c h a f t als b l o ß e m K o n s t r u k t der G e s e l l s c h a f t e r z u r eigenen R i s i k o m i n i m i e r u n g u n d A r b e i t s e r l e i c h t e r u n g auf, die, s o b a l d sie n i c h t i n t e r e s s e n g e r e c h t f u n k t i o n i e r t , w i e d e r h i n w e g g e d a c h t w e r d e n k a n n . D a b e i w i r d v e r k a n n t , dass die „ r e c h t l i c h e S c h ö p f u n g " der j u r i s t i s c h e n P e r s o n d u r c h a u s in der L a g e ist, intere s s e n g e r e c h t e L ö s u n g e n zu liefern. A l l e r d i n g s n u r u n t e r der P r ä m i s s e , dass m a n ihre E i g e n s t ä n d i g k e i t i n s b e s o n d e r e a u c h g e g e n ü b e r d e n G e s e l l s c h a f t e r n a c h t e t . Vgl. oben S. 410 ff. Vgl. hierzu oben S. 426 ff. 5 0 Vgl. nur Stimpel in FS Goerdeler S. 601, 607. 51 Daneben sind natürlich auch Ansprüche unmittelbar gegen den Geschäftsführer der Gesellschaft aufgrund der Inanspruchnahme eines besonderen persönlichen Vertrauens denkbar. 52 Vgl. oben S. 208 ff. 48

49

764

Zusammenfassung

und

Ausblick

Dies setzt aber voraus, dass die hier geschaffene Abstraktionshöhe im Innenverhältnis nicht negiert wird, indem man sie zum bloßen Arbeitsmittel der Gesellschafter degradiert. N u r unter dieser Voraussetzung hat man ein in sich geschlossenes System zur Hand, dass keinen der Beteiligten am Markt unsachgemäß benachteiligt. Insbesondere verschont man aber ein Rechtssystem mit einer Durchgriffshaftung, die zwar sehr an Einzelfallgerechtigkeit interessiert ist, das Wort systematisch jedoch schwerlich verdient. Will man eine weitere „Arbeitserleichterung" schaffen und die Konzernierung auch im faktischen G m b H - K o n z e r n vereinfachen, indem man auch hier einen verzögerten Nachteilsausgleich zulässt, muss zuvor eine Verpflichtung zur Aufstellung eines Abhängigkeitsberichts begründet werden. Das Auskunfts- und Einsichtsrecht der Gesellschafter genügt hier zum Schutz der Gesellschaft, insbesondere einer Einmann-Gesellschaft, nicht 5 3 . Allerdings sollte dies fakultativ nur für den Fall verlangt werden, dass der herrschende Gesellschafter von der Möglichkeit eines verzögerten Nachteilsausgleichs Gebrauch machen will. Die Begründung einer grundsätzlichen Verpflichtung zur Aufstellung eines Abhängigkeitsberichts wie im Aktienkonzern erscheint bei der G m b H nicht sachgerecht. Dies ist für die hier regelmäßig kleinen Gesellschaften keine angemessene Alternative. Denkbar wäre allerdings eine Regelung, die es den Gläubigern einer abhängigen Gesellschaft erlaubt, bei dem begründeten Verdacht, dass die Gesellschaft von ihrer Muttergesellschaft benachteiligt wird, die Erstellung eines Abhängigkeitsberichts zu verlangen. Uber die Berechtigung einer solchen Forderung müsste freilich eine staatliche Stelle entscheiden 54 . Im letzten Kapitel des ersten Teils wurde schließlich noch ein Blick auf die Haftung zwischen gleichgeordneten Gesellschaften geworfen 5 5 . Nachdem das Eigeninteresse einer Gesellschaft auch außerhalb einer qualifiziert faktischen Konzernierung anerkannt wurde, ist auch die Frage nach der Richtigkeit des weiten U n ternehmensbegriffs der herrschenden Meinung berechtigter den je. Nachteilige Einflussnahmen eines herrschenden Gesellschafters auf die Gesellschaft sind unabhängig davon, ob er Unternehmer ist oder nicht, auf der Grundlage seiner mitgliedschaftlichen Treuepflicht zu sanktionieren. Zugegebenermaßen sind, wie bereits der Gesetzgeber deutlich gemacht hat, die insoweit bestehenden Gefahren für eine abhängige Gesellschaft größer als für eine unabhängige. Dieser konzernspezifischen Gefahr hat der Gesetzgeber durch die Konzerngesetzgebung, insbesondere durch die Verpflichtung zur Aufstellung eines Abhängigkeitsberichts im faktischen Konzern, Rechnung getragen. Vor dem Hintergrund des heutigen Standes der Diskussion um die mitgliedschaftlichen Treuepflichten liegt die besondere Bedeutung der Konzerngesetzgebung aber nicht nur im Schutz der abhängigen Gesellschaft, ihrer Minderheitsgesellschafter und Gläubiger, sondern vor allem auch in dem durch sie statuierten Konzernprivileg. Sowohl die Begründung eines be53 Anders Regierungsentwurf zur Änderung des G m b H G v. 31.1.1972 BT-Drs. VI/3088 S. 210. 5 4 Zu den Vorschlägen der Winter-Kommission vgl. sogleich noch unten S. 775 ff. 5 5 Vgl. oben S. 455 ff.

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und

Ausblick

765

sonderen Schutzes vor den Gefahren einer Konzernverbindung durch die Verpflichtung zur Aufstellung eines Abhängigkeitsberichts als auch das hier niedergelegte Konzernprivileg sind jedoch nur zu rechtfertigen, wenn die die Gesellschaft beherrschende Person selbständig im Wirtschaftsverkehr auftritt. Liegt nur eine Mehrheitsbeteiligung an verschiedenen Gesellschaften vor, besteht die konzernspezifische Gefahr indes darin, dass eine Gesellschaft zum Nachteil einer andern bevorzugt werden könnte, womit sie sich im horizontalen Verhältnis auswirkt. N u r die im Vertikalverhältnis wirkende konzernspezifische Gefahr beinhaltet aber typischerweise die Gefahren, vor denen der Gesetzgeber mit seiner Konzerngesetzgebung schützen wollte. N u r wenn ein die Gesellschaft beherrschender Gesellschafter Unternehmen ist, ist sein primäres Interesse nicht die Förderung der Interessen der Gesellschaft, an der er beteiligt ist, sondern die Förderung der eigenen unternehmerischen Interessen. Bei einer mehrfachen Mehrheitsbeteiligung besteht zwar auch die Gefahr, dass zur Förderung der Interessen der einen Gesellschaft die Interessen der anderen zurückgestellt werden, weil der Gesellschafter glaubt, seine von der Gesellschaft abgeleiteten Interessen, nämlich sein persönliches Gewinnstreben, besser mit der einen als mit der anderen verwirklichen zu können. Insoweit liegt indes nicht die gleiche typische Gefahrenlage vor, der man durch die Pflicht zur Aufstellung eines Abhängigkeitsberichts Rechnung tragen wollte 56 . Abgesehen davon, ist die im Aktienrecht mit der Anwendung des § 311 A k t G verbundene Privilegierung durch das Zugestehen eines zeitverschobenen Nachteilsausgleichs bei einem Privataktionär aber auch fehl am Platz. Das Ziel dieser gesetzlichen Regelung, die Vereinfachung der Zusammenarbeit mehrerer auf dem Markt tätiger Unternehmen, ist hier nicht zu verwirklichen. U m von einem Unternehmen sprechen zu können, darf folglich die Förderung des eigenen wirtschaftlichen Interesses nicht nur von dem Erfolg eines anderen Unternehmens abgeleitet sein. Genau dies ist aber der Fall, wenn ein Gesellschafter allein deswegen am Fortkommen eines anderen Unternehmens Interesse hat, weil er auch an diesem beteiligt ist. Aus demselben Grund ist auch einer Zwischenholding nicht nur dann die Unternehmenseigenschaft zu versagen, wenn sie nur die Beteiligung an einer Gesellschaft verwaltet, sondern ebenso dann, wenn die Beteiligung an mehreren Gesellschaften verwaltet wird. Ein Unterschied zu einer natürlichen Person, die an mehreren Gesellschaften maßgebliche Anteile hält, besteht insoweit nicht. Wird die Frage nach der Haftung zwischen gleichgeordneten Unternehmen gestellt, ist K. Schmidt in seiner Forderung zu folgen, sich von einer im Konzerntypendenken verhafteten Systematik zu lösen und vielmehr die Betrachtung der Rechtsverhältnisse zwischen den einzelnen in einem Konzern verbundenen Unternehmen in den Vordergrund zu stellen 57 , da man andernfalls in die Gefahr gerät, die Gleichartigkeit von Rechtsverhältnissen und die darauf zu begründenden haftungsrechtlichen Regeln zu verkennen. Zu unterscheiden sind bei der Haftung 56 57

Vgl. oben S. 476. K. Schmidt Z H R 155 (1991), 417, 445

766

Zusammenfassung

und Ausblick

auch hier im wesentlichen drei Konstellationen: die Haftung zwischen Gesellschaften, die sich aufgrund eines Gleichordnungsvertrages zusammengeschlossen haben, die Haftung zwischen gleichgeordneten Unternehmen in einem faktischen K o n z e r n und die Haftung gegenüber einer Gesellschaft, die auf die Interessen eines anderen Unternehmens vollständig ausrichtet wurde. Im ersten Fall verbietet sich eine Analogieziehung zu den Regelungen des U n terordnungsvertragskonzerns. D e r maßgebliche Grund für die Begründung einer Verlustausgleichspflicht, die Ausrichtung der Interessen einer Gesellschaft auf die eines anderen Unternehmens, liegt insoweit nicht vor 5 8 . Allerdings können auch hier Ansprüche aufgrund einer Treuepflichtverletzung bzw. Aufwendungsersatzansprüche bestehen. Die Haftung zwischen gleichgeordneten Unternehmen eines faktischen Gleichordnungskonzerns entspricht derjenigen von Schwestergesellschaften in einem Unterordnungskonzern. Eine Verhaltenshaftung k o m m t im einen wie auch im anderen Fall nur bei einem Verstoß gegen bestehende Verhaltenspflichten in Betracht. Veranlasst ein herrschender Gesellschafter eine Gesellschaft zugunsten einer anderen von ihm abhängigen Gesellschaft, ihre Interessen hintanzustellen, so begeht er eine Treuepflichtverletzung. D a zwischen Schwestergesellschaften machtbezogene Treuepflichten nicht und vertrauensbezogene Treuepflichten nur selten bestehen werden, haftet die begünstigte Gesellschaft auf der Grundlage einer Treuepflichtverletzung aber nur, wenn sie mit der benachteiligten Gesellschaft kapitalmäßig verflochten ist bzw. sich mit der Schwestergesellschaft zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks zusammengeschlossen hatte und an der Benachteiligung mitgewirkt hat. Allein aus der Zusammenfassung in einem K o n z e r n lassen sich Treuepflichten zwischen allen Konzernmitgliedern indes nicht herleiten. Allerdings können auch in einem faktischen Gleichordnungskonzern von Fall zu Fall Aufwendungsersatzansprüche nach allgemeinen Regeln in Betracht kommen, wenn eine Gesellschaft im Interesse einer anderen ein Geschäft geführt hat 5 9 . Eine allgemeine Verlustausgleichspflicht besteht hingegen nur, wenn die Interessen einer Schwestergesellschaft vollständig auf die einer anderen ausgerichtet wurden 6 0 . Im zweiten Teil der Arbeit wurde die Haftung eines herrschenden Gesellschafters im englischen Kapitalgesellschaftsrecht untersucht. Das englische Recht weist zwar im Rechnungslegungs- und Steuerrecht gruppenspezifische Regelungen auf. Das Company

Law

selbst steht dem Phänomen der Unternehmensgruppe jedoch

weitgehend neutral gegenüber. D e r Gläubigerschutz wird im englischen Recht vor allem über das Insolvenzrecht gesucht, wobei im Unternehmensverbund dem Rechtsinstitut des wrongful

trading

besondere Bedeutung zuzumessen ist. A u f

dieser Grundlage können nicht nur natürliche Personen als Schattendirektoren haften, sondern auch Konzernmütter, wenn diese systematisch in die GeschäftsVgl. oben S. 4 7 8 ff. Zur Möglichkeit der Geltendmachung eines Anspruchs auch gegen eine Schwestergesellschaft bei Verletzung der Regeln zur Kapitalerhaltung bzw. im Falle einer verdeckten G e w i n n ausschüttung vgl. überdies oben S. 149 f., 153. 6 0 Vgl. oben S. 4 8 6 ff. 58 59

Zusammenfassung

767

und Ausblick

führung der Tochtergesellschaft eingegriffen haben. In seiner Struktur zeigt dieser Haftungsansatz deutliche Parallelen zur Haftung wegen Insolvenzverschleppung im deutschen Recht. D i e hier statuierte Haftung geht allerdings darüber hinaus, da bereits vor Insolvenzreife, ab dem Zeitpunkt, wo die Auflösung der Gesellschaft ohne Hilfe von außen unvermeidlich wurde, die Verpflichtung jedes directors

be-

steht, alles Erdenkliche zu unternehmen, um den Verlust für die Gläubiger der G e sellschaft so gering wie möglich zu halten. Damit ist die Geschäftsleitung bereits mit Kriseneintritt verpflichtet, Sanierungskonzepte zu erarbeiten bzw. für den Fall, dass diese nicht erfolgversprechend sind, u.U. bereits einige Zeit vor Insolvenzeintritt die Gesellschaft aufzulösen, wenn andernfalls ohne Aussicht auf noch zu erzielenden Gewinn weitergewirtschaftet werden müsste. Dies steigert die Chancen für eine „stille Sanierung" 6 1 . Aber auch mit der Entbehrlichkeit eines konkret zu beziffernden Schadens geht s. 214 I A weiter als die Insolvenzverschleppungshaftung im deutschem Recht 6 2 . N e b e n diesem Haftungsansatz zeigen aber auch die Vorschriften zur Anfechtungserleichterung bei Geschäften mit verbundenen Gesellschaften, dass man im englischen Rechtskreis die Gefahren für die Gläubiger konzernverbundener Gesellschaften erkannt hat. Allerdings sind die Haftungsvoraussetzungen zur Begründung eines tbe corporate

veil"

„piercing

im englischen Kapitalgesellschaftsrecht extrem hoch angesie-

delt. Zurückzuführen ist dies in erster Linie auf den „iron grip" des

Salomon-Ur-

teils 63 , das Ende des 19. Jahrhunderts ergangen ist und bis heute die Diskussion beherrscht, wenngleich das der Entscheidung zugrunde liegende Verständnis einer separate

legal

entity

mittlerweile doch häufig als den heutigen hochkomplexen

Konzernstrukturen nicht mehr angemessen kritisiert wird 6 4 . N i m m t man das Trennungsprinzip und das Phänomen der juristischen Person ernst, so ist der nach wie vor herrschenden Meinung in England jedoch Recht zu geben, wenn sie das aus der Billigkeitsrechtsprechung erwachsene Prinzip des „piercing

tbe

corporate

veil" eng auslegt. Abgesehen von den Unwägbarkeiten und teilweise auch Widersprüchlichkeiten der Billigkeitsrechtsprechung 6 5 , geht ein solcher Ansatz auch mit der Struktur eines Gesellschaftsrechts, welches die rechtliche Selbständigkeit einer juristischen Person anerkennt, nicht konform. N o c h nicht beantwortet ist damit aber die Frage, ob eine Muttergesellschaft nicht aufgrund einer Verantwortlichkeit zur Achtung der Interessen ihrer Tochtergesellschaft dieser gegenüber haftbar zu machen ist. Das englische Kapitalgesellschaftsrecht ist bislang geprägt von dem in der Entscheidung Foss v. Harbottle66

niederge-

legten Mehrheitsprinzip und der Negierung eines von den Gesellschaftern unabhän61

Vgl. auch Forum Europaeum Konzernrecht ZGR 1998, 672, 755. Vgl. oben S. 542 f. 63 (1897) A.C. 22. 64 Wedderburn (1984) 47 M.L.R. 92: „... How can poor old Salomon cope with Multinational Gas? We speak (...) about „ company law". But predominant reality is not today the company. It is the corporate group ...". 65 Prentice, Connecticut Journal of Intl. Law 1999, 442 (Symposium Bericht). 66 (1843) 2 Hare 461. 62

768

Zusammenfassung

und Ausblick

gigen Eigeninteresses der Gesellschaft. Gegen die damit für die Minderheit in einer Gesellschaft einhergehenden Gefahren besteht mittlerweile allerdings ein wirksamer und flexibler Schutz über die Regelung in s. 459 C A 1985. Dies gilt auch für Gesellschafter einer abhängigen Gesellschaft. Problematisch sind allerdings die Fälle, in denen nur die Gesellschaft, nicht aber Minderheitsgesellschafter geschädigt wurden. Dieses Problem erwächst naturgemäß vor allem in Einmanngesellschaften, die sich gerade bei verbundenen Unternehmen besonderer Beliebtheit erfreuen. Solange die ultra wres-Theorie auch im Außenverhältnis wirkte, war die Gesellschaft vor - mit ihren Zwecken unvereinbaren - Geschäften geschützt. Diese Doktrin beruht auf der Erkenntnis, dass der Zweck, für den eine Gesellschaft errichtet wurde, bestimmend ist, und sie daher nicht zu anderen Zwecken eingesetzt werden darf. Nachdem diese Theorie heute weitgehend aber nur noch im Innenverhältnis der Gesellschaft wirkt, steht man vor der Frage, ob die Zwecke einer Gesellschaft nicht nur die Geschäftsführer binden, sondern auch deren Gesellschafter in ihrer Abstimmungs- und Handlungsfreiheit gegenüber der Gesellschaft beschränken können. Würde man dies bejahen, wäre der Weg zur Anerkennung einer Treuepflicht der Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft ebenfalls im englischen Recht eröffnet. Damit würde sich auch die teilweise angekreidete, nicht ganz durchgängige Logik des jetzigen Systems und das Beharren auf einigen „Relikten der ultra

vires-Dok-

trin" in der englischen Rechtsprechung erklären 6 7 . N a c h wie vor ganz vorherrschend ist indes die traditionelle Sichtweise, die die Interessen der Gesellschaft mit denen der Gesellschafter gleichsetzt und kein davon unabhängiges Eigeninteresse der Gesellschaft anerkennt. Zwar trifft man teilweise auch auf Entscheidungen, die das Interesse eines „hypothetischen Gesellschafters" in ihre Erwägungen einbeziehen, der keine anderen Interessen hat, außer Mitglied der Gesellschaft zu sein. Als durchgängiges Prinzip zur Legitimierung einer Entscheidung ist dies aber noch nicht anerkannt. Auch die Stimmen im britischen Schrifttum, die hervorheben, dass eine Gesellschaft mehr ist als 1 0 0 % der Anteile der Gesellschafter und damit auch eine Pflicht bestehe, bei der Stimmabgabe uneigennützig im Interesse der Gesellschaft zu handeln 6 8 , sind noch vereinzelt. Hintergrund dessen ist das nach wie vor vorherrschende Verständnis um die Natur der juristischen Person. Zwar werden zunehmend auch die Probleme der herrschenden Meinung erkannt, die Struktur einer Company

in ihrer Gänze

richtig zu erfassen. Dies gilt insbesondere für die mittlerweile gesetzlich verankerte (s. 1 [3A] C A 1985) Einmanngesellschaft. A u f der Grundlage eines Verständnisses der Gesellschaft als Corporation aggregate

ist dieses Institut nicht zu erklären.

D i e Konsequenz, dass eine juristische Person nicht nur durch den Zusammenschluss von Personen geschaffen wird, sondern durch die staatliche Anerkennung der eigenständigen Rechtspersönlichkeit, wird überwiegend hieraus aber nicht ge-

67 Davies in Gower's Principles of Modern Company Law, 6. Aufl. S. 233:" The present position may be somewhat lacking in coherent logic and a few ghostly relics of ultra vires continue to haunt us, but at least we seem to have reached a pragmatic result which is generally defensible". 68 Dine, Company Law S. 271.

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und

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zogen. Damit ist aber auch die Absage an die Anerkennung eines von den Gesellschaftern unabhängigen Eigeninteresses und zugleich einer gegenüber der Gesellschaft bestehenden Treuepflicht verbunden. Auch diejenigen, die den Treuepflichtansatz im englischen Gesellschaftsrecht begrüßen würden, müssen zugeben, dass dieser als aufkommende Tendenz zwar wahrnehmbar ist, aber beim heutigen Stand der Entwicklung (noch) nicht als ein im englischen Rechtsdenken allgemein anerkanntes Rechtsinstitut bezeichnet werden kann 69 . Die Gesetzgebung und höchstrichterliche Rechtsprechung hätten zwar „eine Tür geöffnet", die es erlauben würde, die Treuepflicht eines herrschenden Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft und gegenüber den Mitgesellschaftern anzuerkennen, noch wäre der Schritt zu dieser Anerkennung aber nicht gemacht worden 70 . Die verbreitete Angst, die Haftungsbeschränkung zu tangieren und damit die Effizienz der limited liability Corporation zu beschneiden, hat zwar in Bezug auf die Durchgriffshaftung durchaus ihre Berechtigung, nicht aber im Hinblick auf eine Haftung wegen Treuepflichtverletzung. Die Anerkennung von Treuepflichten gegenüber einer Gesellschaft beinhaltet kein Abweichen von dem Prinzip der single economic unit, vielmehr ist darin ihre konsequente Fortführung zu sehen. Eine nähere Befassung mit diesem Problem war vor dem Hintergrund der Geltung der ultra vires-Theorie in England lange Zeit nicht notwendig. Dies hat sich mittlerweile aber geändert. Indes ist erst, wenn erkannt wird, dass das Trennungsprinzip auch im Verhältnis Gesellschaft - Gesellschafter einzuhalten ist und die Gesellschafter die rechtliche Eigenständigkeit und damit die Interessen der Gesellschaft achten müssen, auch der Weg zur Anerkennung besonderer Treuepflichten gegenüber der Gesellschaft offen. Beim heutigen Stand der Entwicklung wird es wohl aber noch einige Zeit dauern, bis sich diese Erkenntnis auch durchzusetzen beginnt. Teilweise geschlossen werden die - jedenfalls bei nichtbörsennotierten 71 Gesellschaften - somit festzustellenden Schutzlücken, indem man bei drohender Insolvenzgefahr die Interessen der Gläubiger als die fürderhin das Gesellschaftsinteresse bestimmenden Interessen erkennt. Im Übrigen bleibt es allerdings bei der Schädigungsmöglichkeit der Gesellschaft durch die Gesellschafter. Zwar eröffnet das Rechtsinstitut des constructive trusts u.a. auch einen Weg zur Inanspruchnahme einer Muttergesellschaft, wenn diese als Anstifterin zu einem breach of trust bzw. einer breach of duty gegenüber dem director einer Tochtergesellschaft auftritt oder - in Kenntnis um das Vorliegen eines breach of trust - Vermögensgüter der Tochtergesellschaft empfängt. Diese Möglichkeit scheidet allerdings aus, wenn sie über die Gesellschafterversammlung eine Pflichtverletzung genehmigen kann, was, soweit keine zwingenden Kapitalschutzvorschriften verletzt oder

Tunc, Groups of Companies S. 8. Tunc, Groups of Companies S. 8, 18. 71 Zu dem weitreichenden Schutz, der in börsennotierten Gesellschaften über das Kapitalmarktrecht gewährt wird, vgl. oben S. 520 f. 69

70

770

Zusammenfassung

und Ausblick

eine „fraud against the minority" begangen wird, außerhalb einer drohenden Insolvenz regelmäßig der Fall sein wird 72 . Der dritte Teil der Arbeit ist schließlich der Frage nach dem anwendbaren Recht in grenzüberschreitenden Unternehmensverbindungen gewidmet. Geht es um Einflussnahmen einer Muttergesellschaft auf eine von ihr abhängige Untergesellschaft, ist der herrschenden Meinung im Ergebnis darin zuzustimmen, dass bei grenzüberschreitenden Unternehmensverbindungen das Recht der abhängigen Gesellschaft zur Anwendung kommen muss. Dieses Ergebnis lässt sich allerdings nicht mit dem Geltungsanspruch der konzernrechtlichen Gesetzgebung rechtfertigen. Der Weg, vom Gesetz her nach dessen Anwendungsbereich zu fragen, ist nur sachgemäß, wenn nicht das Verhältnis von und zwischen Privatrechtssubjekten im Blickpunkt der Gesetzgebung steht, sondern ein bestimmtes rechtspolitisches Interesse des Staates. Nicht gefolgt werden kann deshalb auch Begründungsansätzen, nach denen „der Geltungsanspruch" des Konzernrechts respektiert werden muss. Neben den grundsätzlichen Bedenken, die gegen diese Methode bestehen, sprechen auch praktische Überlegungen gegen einen Ansatz, der sowohl den Geltungsanspruch einer inländischen als auch einer ausländischen Sachnorm als beachtlich anerkennt, da dies die schwer handhabbaren Folgen einer etwaigen Normenhäufung oder aber eines Normenmangels nach sich ziehen könnte. Die kollisionsrechtliche Anknüpfung an das Statut der abhängigen Gesellschaft bei Einflussnahmen der Obergesellschaft in einem faktischen Konzern muss daher anders begründet werden. Im Verhältnis Mutter- Tochtergesellschaft kann hier bereits auf die Gesellschafterstellung der herrschenden Gesellschaft abgestellt werden. Prinzipiell ist das Statut der abhängigen Gesellschaft aber auch deshalb anwendbar, weil bei ihr der Gefahrenschwerpunkt liegt. Die Differenzen zwischen dem Ansatz, der, vom Schutzzweck der Norm ausgehend, nach deren Anwendungsbereich fragen will und der hier vertretenen Auffassung, die die Interessen der Beteiligten auch unter Zuhilfenahme des Schutzzwecks der Norm ermitteln möchte, mögen auf den ersten Blick marginal sein. Gleichwohl müssen sie Berücksichtigung finden. Von den bereits vorgetragenen prinzipiellen Gründen einmal abgesehen, kann man auch nur auf dem zweiten Weg zu dem im internationalen Privatrecht allseits gewünschten Ergebnis einer allseitigen Kollisionsnorm gelangen, was der Komplexität der Sachverhalte in diesem Zusammenhang Rechnung trägt. Mit Festlegung des maßgeblichen Gesellschaftsstatuts stellt sich im Anschluss freilich die Frage, wie das Gesellschaftsstatut der abhängigen Gesellschaft selbst zu bestimmen ist. Der hierüber seit langem geführte Streit ist durch die Entscheidung des EuGH in Sachen Überseering in eine entscheidende Phase getreten. Zwar verstößt die Anwendung der Sitztheorie nicht generell gegen die Niederlassungsfreiheit europäischer Gesellschaften. Vielmehr wird man davon ausgehen müssen,

72 Zu den umstrittenen Fällen, in denen eine Genehmigung durch die Gesellschafterversammlung nicht für möglich gehalten wird, vgl. oben S. 625 ff.

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und

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dass ihre Anwendung in Wegzugsfällen weitgehend europarechtskonform ist 73 . Auch könnte sie gegenüber Gesellschaften aus Drittstaaten ohne Verstoß gegen EU-Recht weiterhin in bisheriger Form angewandt werden. Tragende sachliche Gründe bestehen hierfür allerdings nicht. Mit der Sitztheorie wollte man vorrangig vermeiden, dass zwingende inländische Schutznormen durch die Geltung ausländischen Rechts unterlaufen werden. Dabei wurde unterstellt, dass ausländische Rechtsordnungen keine dem deutschen Recht gleichwertige Schutzregelungen aufweisen. Diese Annahme trifft in dieser Allgemeinheit nicht zu. Zwar mag es im Einzelfall vorkommen, dass eine Rechtsordnung kein ausreichendes Gläubigerschutzsystem vorhält. In diesem Fall ist Hilfe aber über den ordre public-Grundsatz zu erlangen. Sicher mag es für den deutschen Rechtsanwender bequemer sein, sich nicht mit Regelungen ausländischer Gesellschaftsformen auseinandersetzen zu müssen. Abgesehen von der fraglichen Tragfähigkeit eines solchen Arguments, ist dieses spätestens, nachdem die Sitztheorie im europäischen Kontext weitgehend ihre Berechtigung verloren hat, aber ohnehin hinfällig geworden. Erkennt man die Richtigkeit der für die Gründungstheorie vorgebrachten Argumente an und bestimmt infolgedessen das auf eine Gesellschaft anwendbare Recht danach, welche Rechtsordnung von den Gründern zur Konstituierung der Gesellschaft ausgewählt wurde, kann man die in unserer Rechtsordnung begründeten Lösungswege zum Schutz der Gläubiger aber auch nicht einfach über eine Sonderanknüpfung einem ausländischen Recht wieder aufpfropfen, weil eine Gesellschaft ihren Verwaltungssitz nach Deutschland verlegt hat. Soweit es Gesellschaften aus dem Bereich der Europäischen Union betrifft, verstößt es, wie der EuGH in seiner Entscheidung „Inspire Art" nun festgestellt hat, bereits gegen die Niederlassungsfreiheit, wenn inländische Regelungen zur Kapitalaufbringung und zur Haftung der Geschäftsführer auf Gesellschaften ausländischer Rechtsform angewandt werden. Vor allem ist es aber auch nicht sachgerecht, eine (im ausländischen Recht nicht vorgesehene) Durchgriffshaftung oder Außenhaftung des Geschäftsführers zu bejahen, um eine Haftung zu begründen, weil sich eine Gesellschaft im konkreten Fall als „unsolide erweist". Es kann nicht darum gehen, den Gläubigern in jedem Fall einen zahlungsfähigen Schuldner zu verschaffen, sondern nur darum, ob eine bestimmte Rechtsordnung allgemein einen Schutz zur Verfügung stellt, der unserem weitgehend gleichwertig ist, mag dies auch mit anderen Mitteln geschehen. Dies aber gilt es sehr sorgfältig zu prüfen, und darf nicht vorschnell verneint werden. Andernfalls wird Gläubigern ausländischer Kapitalgesellschaften mit Inlandssitz ein größerer Schutz gewährt, als er Gläubigern inländischer Kapitalgesellschaften zuteil wird. Die Frage, wie der Schutz einer Gesellschaft und ihrer Gläubiger in einer Rechtsordnung konkret ausgestaltet wird, ist allerdings nicht immer einfach zu ermitteln, wie bereits die Ausführungen zur Rechtslage in England deutlich gemacht haben. Umso mehr gilt dies, wenn noch keine vollständige Sicherheit über eine Rechtsfrage besteht. Der im Anschluss an Werner Goldschmidt herrschenden Be73

Vgl. oben S. 721 ff.

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trachtungsweise, man müsse ein fremdes Recht so nachahmen, „wie es von der ausländischen Rechtsprechung und Verwaltungspraxis gehandhabt wird, „tamquam cadaver"74, ist im Grundsatz sicher zu folgen. Soweit eine Frage in einer ausländischen Rechtsordnung umstritten ist oder als Problem noch gar nicht erkannt wurde, kommt man mit der geforderten Position eines „Fotografen" aber nicht weiter. Hier gilt es, auf der Grundlage der im Ausland anerkannten Auslegungsgrundsätze das Recht fortzubilden. Die Frage ist allerdings, inwieweit dies zum Schutz einer abhängigen Gesellschaft möglich ist. Die Diskussion um das Wesen einer juristischen Person wurde vielerorts bei weitem nicht so intensiv geführt wie bei uns, und selbst in Deutschland herrscht die Ansicht vor, diese Diskussion führe nicht weiter. Erkennt man die Eigenständigkeit der juristischen Person nur in einem negativen Aspekt, nämlich als Trennschwelle der Gläubiger gegenüber den Gesellschaftern, sieht man indes nur eine Seite dieser Eigenständigkeit. Volle Anerkennung und damit im Ende Funktionsfähigkeit kann sie nur erlangen, wenn man auch die positive Seite dieser Eigenständigkeit erfasst. Dass dieser Schritt mancherorts noch nicht getan wurde, heißt nicht, dass er in der Rechtsfigur der juristischen Person an sich nicht angelegt wäre. Dies hat der BGH mit der Anerkennung ihres Bestandinteresses nun partiell erkannt. Insoweit handelt es sich aber nicht um eine Erkenntnis, die grundsätzlich auf Kapitalgesellschaften deutscher Prägung beschränkt ist. Eine ganz andere Frage ist es aber, ob man diese Erkenntnis bei Anwendung einer fremden Rechtsordnung dieser als immanent entnehmen darf. Zweifellos gibt es allgemeine Prinzipien und Grundsätze, die jeder rechtsstaatlichen Ordnung innewohnen, mag man sie dort als solche auch noch nicht beim Namen genannt haben. Anerkannt wurde dies im Hinblick auf den Grundsatz von Treu und Glauben. Eine Rechtsordnung, in der dieser Grundsatz keine Anerkennung findet, verstößt gegen unseren ordre public. Wie bereits oben dargestellt wurde, lassen sich mitgliedschaftliche Treuepflichten gegenüber der Gesellschaft allerdings nicht auf den allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben zurückführen 7 5 . Zwar mag man für ein allgemeines rechtsethisches Prinzip wie dem, dass Macht Verantwortung begründet, den gleichen Geltungsanspruch bejahen können wie für den Grundsatz von Treu und Glauben. Dies gilt aber nur insoweit, wie es um die Interessen natürlicher Personen geht, wie etwa den von Minderheitsgesellschaftern. Wieweit eine Rechtsordnung die Selbständigkeit und Schutzbedürftigkeit einer Kapitalgesellschaft als juristische Person anerkennt, ist demgegenüber die Frage danach, wie diese von dem nationalen Recht geschaffene Rechtsfigur ausgestaltet wurde und verstanden wird. Kommt man in diesem Zusammenhang allerdings zu dem Ergebnis, dass es nach dem fremden Recht erlaubt ist, die Gesellschaft entgegen dem ihr gegebenen Zweck zu nutzen, ohne dass der notwendige Gläubigerschutz auf anderem Wege sichergestellt wird, dürfte, trotz aller Vorsicht

74 75

Goldschmidt in FS für Wolff S. 203, 217 f. Vgl. oben S. 164 f.

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und

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bei der Anwendung dieses Grundsatzes, ein Verstoß gegen unseren ordre public zu bejahen sein. Die Tatsache allein, dass auf dem europäischen Kontinent fast ausnahmslos das Zivilrecht die Gesellschaftsträger kontrolliert, wohingegen etwa in England hierfür auch das Verwaltungsrecht herangezogen wird, berechtigt allerdings noch nicht zur Annahme, das englische Kapitalgesellschafts- und Insolvenzrecht könne keinen dem deutschen System (so wie es von der herrschenden Meinung verstanden wird) gleichwertigen Schutz der Gläubiger und Minderheitsgesellschafter leisten. Sicher kennt die private Company kein vorgegebenes Mindestkapital, und natürlich kann die in England eingerichtete Staatsaufsicht, die sich einschaltet, wenn Anhaltspunkte für eine gesetzwidrige oder betrügerische Gesellschaftstätigkeit bestehen 76 , für englische Gesellschaften mit hiesigem Verwaltungssitz nicht funktionieren, da das englische Aufsichtsrecht territorial begrenzt ist. Dies berechtigt aber noch nicht zu einer Sonderanknüpfung einer im deutschen Recht entwickelten Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs oder krasser Unterkapitalisierung. Wie dargestellt wurde, wird von der englischen Rechtsprechung, wenn eine Gesellschaft in die Nähe der Insolvenz rückt, das Gesellschaftsinteresse nicht mehr mit dem Interesse der Gesellschafter gleichgesetzt, sondern über das Interesse der Gläubiger definiert, weshalb auch in einer Einmanngesellschaft in diesem Fall nicht mehr zum Nachteil des so bestimmten Gesellschaftsinteresses agiert werden darf. Abgesehen von den auch im englischen Recht anerkannten Möglichkeiten einer Durchgriffshaftung, etwa für den Fall einer fraud, kann auf der Grundlage eines solchermaßen gläubigerdefinierten Gesellschaftsinteresses damit aber auch ein Alleingesellschafter, der einen director zu einem breach of trust bzw. einer breach of duty anstiftet, selbst als constructive trustee schadensersatzpflichtig sein. Darüber hinaus kann in Abhängigkeitsverhältnissen eine Inanspruchnahme der Muttergesellschaft aber auch als de facto director oder shadow director in Betracht kommen. Sicher bleiben trotz alledem Schutzlücken. Nichts anderes gilt aber, wenn man einen Anspruch erst für den Fall anerkennt, dass die Existenz einer Gesellschaft vernichtet wurde.

II. Ausblick Eine gesetzliche Regelung des Konzernrechts findet sich bislang außer in Deutschland nur in wenigen Ländern. Innerhalb der Europäischen Union 7 7 wurden vor allem von Portugal 78 und in einigen Bereichen auch in Belgien 79 insoweit besondere Vgl. hierzu oben S. 517 f. Darüber hinaus führte bereits 1976 Brasilien ein im Wesentlichen am deutschen Recht orientiertes Aktienkonzernrecht ein; der Gesetzestext findet sich, soweit es das Konzernrecht betrifft, in Z G R 1979, 608-635 abgedruckt; vgl. hierzu auch die Erläuterungen von Comparato, Z G R 1979, 583 ff.; Rothmann in Mestmäcker/Behrens, Das Gesellschaftsrecht der Konzerne im internationalen Vergleich (1991), 217 ff.; Ernst, A G 1977, 274, 279 f. 7 8 Das portugiesische Konzernrecht der Handelsgesellschaften orientiert sich allerdings nur 76 77

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Regelungen geschaffen80. Die ursprünglich in Deutschland gehegte Annahme, das deutsche Konzernrecht würde sich zu einem juristischen Exportartikel entwickeln, ging fehl. Natürlich hat man aber auch anderenorts erkannt, dass die zumeist gesetzlich verankerte Idealvorstellung einer unabhängigen Gesellschaft, gehalten von einer Vielzahl machtloser Gesellschafter und geleitet von unabhängigen Geschäftsführern, die im besten Interesse der Gesellschaft ihre Aufgabe wahrnehmen, nur so lange zufriedenstellende Ergebnisse zeitigen kann, wie man es auch tatsächlich mit einer unabhängigen Gesellschaft zu tun hat 81 . Allerdings sind die Wege, die man beschreitet, um Gläubigern und Minderheitsgesellschaftern einer abhängigen Gesellschaft einen ausreichenden Schutz zu verschaffen, noch höchst unterschiedlich 82 . Die Bestrebungen, auf EU-Ebene zu einem einheitlichen Konzernrecht zu gelangen, sind bislang nicht über das Entwurfsstadium hinausgelangt 83 . Die Ressentiments, die man gegen eine einheitliche europäische Lösung hat, sind nicht zuletzt in England nach wie vor hoch 84 . Stellvertretend sei hier nur Prentice zitiert, einer der führenden englischen Gesellschaftsrechtler, wenn er noch unlängst meinte, europäische Gesetzgebung bedeutete für eine Rechtsord-

zum Teil am deutschen Recht (Gesetzestext in deutscher Übersetzung in Z G R 1991, 401 ff. abgedruckt; vgl. im übrigen hierzu die Erläuterungen von Lutterl Overrath, Z G R 1991, 394 ff.; Ribeiro in Mestmäcker/Behrens, Das Gesellschaftsrecht der Konzerne im internationalen Vergleich (1991), 203 ff.). 7 9 Vgl. dazu Blaurock, ZEuP 1998, 479. Darüber hinaus hat man in Slowenien (Art. 460 slowenisches G W G ) , Kroatien (Art. 473 ff. kroatisches H G G ) und mit Einschränkungen auch in Ungarn (§§ 288 - 297 des Gesetzes über Wirtschaftsgesellschaften) das Recht der verbundenen Unternehmen einer ausführlichen Regelung unterworfen. Slowenien und Kroatien haben in verkürzter Form das deutsche Vertragskonzernrecht weitgehend übernommen, aber auch ein Übernahmerecht eingeführt (vgl. dazu Kalls, Z G R 2000, 819, 863 ff.). Im Übrigen finden sich nur rudimentäre konzernrechtliche Regelungen in den Gesetzen anderer Länder (so sieht etwa Russland in Art. 6 des Aktiengesetzes besondere Haftungstatbestände im Mutter-Tochterverhältnis vor [vgl. zu weiteren Bsp. Kalls Z G R 2000, 819, 864]). 8 0 Im übrigen europäischen Ausland finden sich gesetzliche Regelungen für Konzernsachverhalte nur vereinzelt. 81 J.E. Antunes, Connecticut Journal of International Law, Band 13, 1999 S. 197, 201 f. 8 2 Exemplarisch sei etwa auf eine Regelung der Niederlande hingewiesen, die sich bereits in vielen Bereichen des Privatrechts als sehr fortschrittlich erwiesen haben. So wurde in Art. 2:403 des niederländischen B W niedergelegt, dass eine Tochtergesellschaft von der Verpflichtung, einen Jahresabschluss zu veröffentlichen, frei wird, falls die Muttergesellschaft eine Erklärung darüber abgibt, dass sie als Gesamtschuldnerin für die von der Tochter eingegangenen Verpflichtungen haftet. Diese Bestimmung, die auf Art. 57 der 4. EG-Richtlinie und Art. 43 der 7. E G Richtlinie zurückgeht, ist in der niederländischen Praxis auf große Resonanz gestoßen und wird von fast allen großen niederländischen Konzernen für eine oder mehrere ihrer Tochtergesellschaften genutzt; für einen Überblick zu weiteren nationalen Lösungsansätzen vgl. Hofstetter, Multinationale Konzerne (1995). 83 Der Entwurf einer 9. gesellschaftsrechtlichen Richtlinie, der Konzernrechtsrichtlinie (abgedruckt bei Lutter, Europäisches Unternehmensrecht, 3. Aufl. (1991), S. 279 ff.), liegt seit 1984 auf dem Tisch. Sie fand jedoch bereits innerhalb der Kommission keine Mehrheit. 8 4 Bereits die 9. Konzernrechtsrichtlinie ist maßgeblich am Widerstand Englands gescheitert.

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nung „ Italian punctuality, German humor, French modesty, Irish efficiency and we'llall eat English food"i5. Zumindest zeigt aber auch dieser Satz, dass wir innerhalb Europas noch viel voneinander lernen können 86 . Vor allem die zunehmende Tendenz europäischer Unternehmen grenzübergreifend im Binnenmarkt tätig zu werden hat auf der europäischen Ebene nunmehr aber auch zu neuen Initiativen in Richtung einer Harmonisierung des Gesellschaftsrechts geführt 87 . So legte am 4.11.2002 die von der Europäischen Kommission unter Vorsitz von Jaap Winter eingesetzte Expertengruppe ihren Abschlussbericht vor 88 , der mittlerweile von der EU-Kommission in ihrem Aktionsplan zur Modernisierung des Gesellschaftsrechts und der Verbesserung der Corporate Governance vom 21.5.2003 auch aufgegriffen wurde 89 . Thematisiert wird dabei unter anderem90 die Frage nach einem Regelungsbedarf für Konzern- und Pyramidenstrukturen 91 . Unmittelbare Priorität weist die EU-Kommission in ihrem Aktionsplan 92 der Erhöhung der Transparenz hinsichtlich der Struktur einer auch nicht börsennotierten Unternehmensgruppe sowie den gruppeninternen Beziehungen zu 93 . Die Kommission betonte in diesem Zusammenhang, dass eine umfassende InformaPrentice in Connecticut Journal of Intl Law (1999), 446 f. (Symposium Bericht). Für eine Angleichung der nationalen Konzernrechte vgl. etwa Hopt, E u Z W 1999, 577; Lutter., Z G R 2 0 0 0 , 1 , 1 4 f.; Werlauff, F r o m a national Company law towards a „federal enterprise law" (1995), 65; zum immer stärker werdenden Wettbewerb der Systeme auch im Gesellschaftsrecht vgl. vor allem Kieninger, Wettbewerb der Privatrechtsordnungen im Gesellschaftsrecht (2002). 8 7 Zu den weiteren Gründen zur Angehung dieses ehrgeizigen Vorhabens vgl. den Aktionsplan der E U - K o m m i s s i o n , Sonderbeilage zur N Z G Heft 13/2003 S. 4 f. 8 8 Veröffentlicht auf der Internetseite der Europäischen Kommission unter www.europa.eu. int/comm/internal_market/en/Company/Company/modern. 8 9 E G - K o m m i s s i o n : Modernisierung des Gesellschaftsrechts und Verbesserung der C o r p o rate Governance in der Europäischen Union - Aktionsplan vom 21.5.2003 - abgedruckt als Sonderbeilage zu N Z G Heft 13/2003; vgl. hierzu auch Maul/Lanfermann/Eggenhof er, B B 2003, 1289 ff. 85

86

9 0 „Herzstück" der Überlegungen sind allerdings die Vorschläge zur Corporate Governance, der man nach Skandalen wie denen im Zusammenhang mit den Zusammenbrüchen von Enron und Worldcom noch größere Bedeutung als zuvor zumisst. Aber auch die Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungsregeln sollen modernisiert werden (vgl. hierzu den Uberblick bei Maul! Lanf ermannt Eggenhofer, B B 2003, 1289, 1294). 9 1 N i c h t weiter eingegangen wird allerdings auf die von der WzKfer-Kommission vorgeschlagene Regelung für Holdinggesellschaften von Pyramidenstrukturen (mehrstufigen Unternehmensverbindungen). Diesen sollte, soweit sich ihr Vermögen ganz oder im Wesentlichen auf das Halten von Aktien einer anderen börsennotierten Gesellschaft beschränkt, künftig die Zulassung zur Börse versagt sein, soweit der wirtschaftliche Wert einer solchen Zulassung nicht klar aufgezeigt wurde. Die E U - K o m m i s s i o n hat sich insoweit gegenüber den Vorschlägen der Winter-Kommission zurückhaltend gezeigt. Hier soll zunächst das mit solchen Strukturen verbundene Risiko näher geklärt werden. 9 2 Aktionsplan der E U - K o m m i s s i o n , Sonderbeilage zu N Z G Heft 13/2003 S. 11. 9 3 So sollen etwa bestimmte Finanzinformationen (z.B. wesentliche Ergebnisse der wichtigsten Konzernunternehmen, Organisation der internen Konzernleistungen, interne Konzerngeschäfte, Schuldenstruktur des Konzerns, Politik hinsichtlich notleidender Tochtergesellschaften) veröffentlicht werden müssen.

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tion und eine vollständige Offenlegung in Bezug auf Gruppenstrukturen und gruppeninterne Beziehungen eine Grundvoraussetzung dafür sei, „dass die F u n k tionsweise von Gruppen den Interessen von Aktionären und Gläubigern auf den verschiedenen Ebenen nicht zuwiderläuft" 9 4 . Darüber hinaus soll mittelfristig aber auch eine Verpflichtung zur Einführung von Rahmenbestimmungen für Gruppen geschaffen werden, nach denen die Leitung eines Konzernunternehmens eine abgestimmte Konzerpolitik festlegen und umsetzen darf, sofern die Interessen seiner Gläubiger wirkungsvoll geschützt werden und die Vor- und Nachteile im Laufe der Zeit gerecht auf die Aktionäre des Unternehmens verteilt werden 9 5 . Auch insoweit greift die E U - K o m m i s s i o n eine Empfehlung der Wzwfer-Kommission auf, die unter Bezugnahme auf die Arbeit des Forum

Europaeum**'

für die Einführung

von Rahmenregelungen plädiert hat, die es erlauben sollen, eine koordinierte K o n zernpolitik durchzuführen 9 7 , sofern sich die sich aus der Mitgliedschaft in einer Unternehmensgruppe für eine Gesellschaft ableitenden Vor- und Nachteile in der Balance halten. Damit will man nicht die Vorschläge zur 9. Konzernrichtlinie wieder aufleben lassen 9 8 . Bereits das Forum

Europaeum

hat hervorgehoben, dass man

nicht mehr, wie noch mit dem Vorschlag einer 9. Richtlinie versucht, ein „systematisches G e b ä u d e " begründen sollte. Wohl aber sollten Einzelaspekte im Sinne einer Kernbereichsharmonisierung 9 9 standardisiert werden, die sich als regelungsbedürftig erwiesen haben 1 0 0 , da solche einheitlichen Standards „zur Sicherung des Anlegers auf einem europaweiten Kapitalmarkt, des Kreditgebers und des Vertragspartners vor typischen Gruppen-Risiken vom einzelnen Mitgliedstaat ohne Standardisierung nicht geleistet werden" könnten. Insoweit sei eine europäische Rechtsangleichung im Sinne von Art. 5 (Art. 3b a.F.) und Art. 44 Abs. 2 (g) (Art. 54

Aktionsplan, abgedruckt als Sonderbeilage zu N Z G Heft 13/2003 S. 11. Aktionsplan der EU-Kommission, Sonderbeilage zu N Z G Heft 13/2003 S. 11; zu den Überlegungen bzgl. Pyramidenstrukturen vgl. bereits oben S. 775. 96 Die Lösungsvorschläge des Forum Europaeum Konzernrecht (abgedruckt in Z G R 1998, 672 ff.), einer Gruppe führender Gesellschaftsrechtler, erfassen Gesellschaften i.S. d. Art. 1 der gesellschaftsrechtlichen Richtlinie (erfasst werden also Aktiengesellschaften, Kommandit-Aktiengesellschaften und GmbH's / private Companies); andere Gesellschaftsformen wurden vor allem aus pragmatischen Gründen außen vor gelassen. 97 Seitens der Expertengruppe wurde überdies die besondere Problematik hervorgehoben, wenn eine Unternehmensgruppe insolvent wird. Hier sollten Regelungen geschaffen werden, die eine Abwicklung in einem zusammengefassten Verfahren ermöglichen, wenngleich nicht die damit zusammenhängenden besonderen Schwierigkeiten übersehen werden, namentlich in den Fällen, in denen die Unternehmensgruppe unter verschiedenen Rechtsordnungen tätig wird. Dieser Punkt wurde von der Kommission bislang allerdings nicht aufgegriffen. 98 Abschlussbericht der Wircter-Kommission Chapter V 1 sowie Aktionsplan der EUKommission, Sonderbeilage zu N Z G Heft 13/2003 S. 10. 99 Grundsätzlich werden europäische Mindestregeln u.a. für die Bereiche der Gruppenpublizität, der ordnungsgemäßen Geschäftsführung, der Sonderprüfung, dem Bereich der Pflichtangebote, des Ausschluss- und Austrittsrechts bei kleinen Restminderheiten und der Haftung bei Krisen- und Insolvenzverschleppung für sinnvoll erachtet. 100 porum Europaeum Konzernrecht 1998, S. 672, 690 f.; vgl. nun auch Aktionsplan der EUKommission, Sonderbeilage zu N Z G Heft 13/2003 S. 11. 94 95

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Abs. 3 [g] a.F.) EGV erforderlich 101 . Geschaffen werden soll ein „equal legal playing field"i02, durch das der europäische Gesetzgeber die Gruppen und Konzerne als moderne Organisationsformen endgültig aus der Grauzone des wenn schon nicht Verbotenen, so doch bloß Tolerierten herausführen soll. Der Umstand, dass man in den meisten Rechtsordnungen Europas die Möglichkeit, dem Konzerninteresse den Vorrang einzuräumen, nicht kennt und dementsprechend dem Eigeninteresse einer Gesellschaft auch bei deren Einbindung in einen Unternehmensverbund weitgehend den Vorrang einräumt, wurde bereits vom Forum Europaeum als „Bruch zwischen der Lebenswirklichkeit der Gruppen und Konzerne auf der einen Seite und ihrer rechtlichen Erfassung auf der anderen" angesehen 103 . Den vermittelnden Weg, den die §§311 ff. AktG anbieten, hat auch Portugal nicht übernommen 104 . Hingewiesen wurde vom Forum Europaeum allerdings auf das im Anschluss an eine geänderte Rechtsprechung in Frankreich 105 berühmt gewordene „Rozenblum"-Konzept, das ferner in die belgische Rechtsprechung Eingang gefunden hat 106 und nun auch im Vorschlag der Winter-Kommission anklingt. Ziel der hierin eingegangenen Überlegungen ist es, die Eigeninteressen der einzelnen Gesellschaften in einer Unternehmensgruppe mit dem Gesamtinteresse der Gruppe zu einem Ausgleich zu bringen. Die Benachteiligung einer abhängigen Gesellschaft 107 ist nach diesem Ansatz jedoch nur unter engen 101 Nach Art. 44 Abs. 2 (g) E G V sind der Rat und die Kommission unter Mitentscheidung des Europäischen Parlaments verpflichtet, soweit erforderlich, die Schutzbestimmungen für die Gesellschafter und Dritte zu koordinieren. 102 Vgl. Forum Europaeum Konzernrecht 1998, S. 672, 685. 103 Forum Europaeum Konzernrecht 1998, S. 672, 704. 104 Antunes in Balzarini/Carcaone/Mucciarelli, I gruppi di società S. 355 ff. 105 Nachdem zunächst auch in Frankreich das Eigeninteresse einzelner Gesellschaften trotz ihrer Einbindung in einer Gruppe für unantastbar gehalten wurde (vgl. hierzu Lutter in FS Kellermann S. 257, 259), wurde diese als Widerspruch empfundene Situation zunächst von den Strafsenaten (Cass. crim 4.2.1985, D. 1985, jurisp. 478; Cass. crim 10.10.1986, BRA 23/1986, 11; CA Paris 29.5.1986, Gaz. Pal. 1986, jurisp. 479; Cass. crim 13.2.1989, Rev. soc. 1989, 692; Cass. crim. 23.4.1991, Bull. crim. Nt. 193; Cass. crim 9.12.1991, R J D A 5/92, Nr. 463; Cass. crim. 18.1.1993, R J D A 6/93, R. 515; Cass. crim. 4.9.1996, R J D A 1/1997 Nr. 58) und dann auch von den handelsrechtlichen Zivilsenaten aufgegriffen (Cass. Com 12.1.1973, Bull civ. IV Nr. 322 [zu einem konzerninternen Darlehen]; Cass. Soc. 3.4.1990, rev. Soc 1990, 625 [zur Einstandspflicht der Muttergesellschaft für Verbindlichkeiten der Tochter]); vgl. auch Cour de Rouen 17.3. 1970, Dalloz 1970 J., 177, Guyon, Z G R 1991,218, 225, Lutter in FS Kellermann S. 257,264. 1 0 6 Presid. Trib. Commerce Brüssel, 27.4.1978, B R H 1978, 354; RPS 1978, no. 5987, 236; Brüssel, 16.6.1981, J C B 1981, 624, RPS 1981, no. 6139, 145; 9.10.1984, RPS 1986 no. 6371, 50 m. Krit. Maréchal; Trib. Corr. Brüssel 27.3.1987, RPS 1987, no. 6443, 176; Brüssel, 26.6.1987, RPS 1988, no. 6468, 51 (unter Aushebung von Trib. Corr. Brüssel, 27.3.1987, RPS 1987, no. 6443,176). 107 Das Forum Europaeum (ZGR 1998, 672, 694) verwendet statt der Begriffe Herrschaft Abhängigkeit allerdings den auch in der Gemeinschaft weiter verbreiteten Kontrollbegriff, für den sich auch die 7. Gesellschaftsrechtsrichtlinie über den konsolidierten Jahresabschluss (83/ 349/EWG v. 13.6.1983, ABl E G Nr. L 193 v. 18.7.1984 S. 1 ff.; abgedruckt bei Lutter, Europäisches Unternehmensrecht, 4. Aufl. S. 211 ff.) entschieden hat. Wie auch das Forum hervorhebt, sind die Begrifflichkeiten hier allerdings nicht klar und werden offensichtlich auch nur im deutschen Recht derart scharf abgegrenzt (vgl. Forum Europaeum, Z G R 1998, 672, 695); wie das Forum Europaeum ebenfalls hervorhebt, weichen andere EU-Regeln von der Lösung der 7. Richtlinie aber auch ab und kumulieren die Begriffe (vgl. 24a der 2. EG-Richtlinie: „Mehrheit der

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Voraussetzungen möglich 1 0 8 . So muss zum einen die Unternehmensgruppe in einer Weise strukturell verfestigt sein, die schon als solche auf wechselseitigen Ausgleich unter den einzelnen verbundenen Gesellschaften sowie zwischen ihnen und der Gesamtgruppe hin angelegt ist 1 0 9 . Es muss sich um eine Gruppenstruktur handeln, „die alle Gruppengesellschaften zu einer solidarisch ausgewogenen Vorteilsund Lastengemeinschaft wirtschaftlich-organisatorisch vernünftig verbindet" 1 1 0 . Dabei muss aber den Einzelgesellschaften auch innerhalb der Gesamtgruppe eine gewisse Eigenständigkeit verbleiben 1 1 1 . Eine Behandlung einzelner Gesellschaften als bloße Betriebsabteilungen der herrschenden Gesellschaft ist damit nicht zu vereinbaren 1 1 2 . Aufbauend auf dieser verfestigten Struktur, bedarf es des Weiteren einer kohärenten Gruppenpolitik 1 1 3 , für die es nicht genügt, dass nur kurzfristig auf bestimmte Situationen, wie etwa einen Liquiditätsmangel an einer Stelle der Gruppe, reagiert wird 1 1 4 . Diese Gruppenpolitik muss darauf gerichtet sein, die Interessen der einzelnen Gesellschaften untereinander und mit denen der Gruppe in einen ausgewogenen Ausgleich zu bringen 1 1 5 . Keine Gesellschaft darf von den Erfolgen der Gruppe einseitig ausgeschlossen werden 1 1 6 . Entscheidend ist, dass sich die Vor- und Nachteile der einzelnen verbundenen Gesellschaften innerhalb der

Stimmrechte" oder „der herrschende Einfluss") oder gehen auf das Begriffspaar Herrschaft Abhängigkeit über (so Art. 3 der Richtlinie über den Europäischen Betriebsrat 9 4 / 4 5 / E G v. 22.9.1994, ABl E G Nr. L 254 v. 30.9.1994 S. 64 ff, abgedruckt bei Lutter, Europäisches Unternehmensrecht, 4. Aufl. S. 685 ff.). Im Hinblick darauf wird auch hier für eine Kumulation der Begriffe eingetreten, zumal auch das Forum Europaeum hervorhebt, dass es im Einzelfall doch erforderlich sein kann, auch Fälle der de-facto-Kontrolle in die Regelung einzubeziehen (Forum Europaeum, Z G R 1998, 672, 696 in Fn. 130); was die weitere Begriffsbestimmung betrifft, so spricht allerdings nichts dagegen, die Begriffe der Unternehmensgruppe bzw. der Gruppe, für die sich das Forum Europaeum entschieden hat, anzuwenden, wenn sie - den Erwartungen nach - auf größeres Wohlwollen im europäischen Ausland stoßen sollten (so wohl die Ansicht des Forum Europaeum, Z H R 1998, 672, 691 f.). 1 0 8 Vgl. zum Rozenblum-Konzept und der Abgrenzung zum Delikt des „banqueroute" bei Insolvenz der Konzerntochter nun auch das Urt. des Kassationshof v. 21.6.2000, Le Dalloz 2002, 207. 1 0 9 Cass. crim. 18.1.1993, Dr. Soc. 1993, Nr. 101; Bouloc, Rev. soc. 1988, 181, 188; Ohl, Anh. zu Cass. crim. 4.2.1985, D. 1985, jurisp. 480. 110 Forum Europaeum Konzernrecht Z G R 1998, 672, 706. 111 Cass. crim. 23.4.1991, Rev. Soc. 1991, 785; Trib. Corr. Lyon, 20.6.1985, Gaz. Pal. 1986, jurisp. 782; Trib. Corr. Paris 16.5.1974, D. 1975, jurisp., 37. 112 Bouloc, Rev. Soc. 1988, 181, 188. 1 1 3 Cass. crim. Rev. Soc. 1986, 651; Cass. crim. 24.4.1991; Rev. soc. 1991, 758; Cass. crim. 9.12.1991, Rev. soc. 1992,358. 114 Cass. crim. 9.12.1991, Rev. soc. 1992, 358. 115 Bouloc, Rev. soc. 1988, 181, 189; Forum Europaeum Konzernrecht Z G R 1998, 672, 707m.w.N. 116 Noch nicht abschließend geklärt ist allerdings wohl, wer die Gruppenpolitik festlegt (Falcke, Konzernrecht in Frankreich S. 47); so wurde in der Rechtsprechung teilweise die Einschaltung der Hauptversammlung der herrschenden Gesellschaft gefordert (Cass. crim 23.4. 1991, Rev. soc. 1991 m. Anm. Bouloc), während man im Schrifttum vereinzelt auch eine Einschaltung der nachgeordneten Gesellschaften verlangt (Hecquard, Gaz. Pal. 1986, jurisp. 480).

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Gruppe die Waage halten 1 1 7 . Die beiden ersten Voraussetzungen stehen insoweit in direkter Linie zur Erreichung dieses Gleichgewichts 1 1 8 und bilden auf diese Weise quasi ihr Fundament. Es darf keine unangemessene Belastung, insbesondere keine Existenzgefährdung der abhängigen Gesellschaft 1 1 9 , aber auch keine willkürliche Bevorteilung auf Kosten anderer Gruppenmitglieder eintreten 1 2 0 . Die Beachtlichkeit des Konzerninteresses bei der Ermittlung eines Nachteils bei einer kontrollierten Gesellschaft hat mittlerweile im Rahmen der R e f o r m des französischen Unternehmensrechts durch das Gesetz über „Neue Wirtschaftliche Regulierung e n " 1 2 1 vom 15.5.2001 auch Eingang in die Gesetzgebung gefunden. So kann eine Sonderprüfung („expertise de gestion") nun auch Vorgänge bei einer kontrollierten Gesellschaft 1 2 2 betreffen (Art. L 2 2 5 - 2 3 1 Abs. 1 C o d e de C o m m e r c e ) 1 2 3 , wobei in diesem Fall die Bedeutung bzw. der Nachteil einer Maßnahme nicht nur an deren „intérêt social", sondern am Konzerninteresse („intérêt du group") wird

125

124

gemessen

.

I m Unterschied zur Rechtslage in Deutschland wird nach dem

Rozenblum-

Konzept damit der isolierte Ausgleich einzelner nachteiliger Maßnahmen nicht verlangt. Vielmehr kann der Einzeleingriff in das Gesamtkonzept der Gruppe eingebunden werden 1 2 6 . D e r entscheidende Vorteil gegenüber der Rechtslage in Deutschland wird gegenüber dem G m b H - R e c h t darin gesehen, dass hier der K o n zern und die mit ihm erreichbaren Vorteile nicht einfach aus der Betrachtung ausgeblendet werden 1 2 7 und, im Gegensatz zu den § § 3 1 1 ff. A k t G , bereits bevor es 117 Cass. crim. 4.2.1985, D. 1985; Pariente, Les groupes de sociétés S. 104 ff.; Falcke, Konzernrecht in Frankreich S. 41 ff.; Lutter in FS Kellermann S. 257, 262 ff. 118 Forum Europaeum Konzernrecht Z G R 1998, 672, 708. 1 1 9 Cass. crim. 4.12.1985, jurisp. 480; Cass. crim. 13.12.1989, J.C.P., éd. CI, II 15784; Cass. crim. 24.6.1991, R J D A 11/91 Nr. 926; Cass. Crim. 9.12.1991, Rev. Soc. 1992, 358 m. Anm. Bouloc, Cass. crim. 4.9.1996, R J D A 1/97 Nr. 58. 120 Hannoun, Le droit et les groupes de sociétés S. 92 ff.; Pariente, Les groupes de sociétés S. 107, Lamy, Sociétés commerciales, Tz. 1938; zu den Vorteilen, die in diese Vorteils- und Lastenbilanz einzustellen sind, vgl. Trib. Corr. de Lyon 20.6.1985, Gaz. Pal. 1986, jurisp., 782 mit

Anm. Marche.

121 Nouvelles Régulations Economiques, Gesetz Nr. 2001-420 v. 15.5.2001, Journal Officiel vom 16.5.2002 S. 7776 ff. und hierzu Storp, R I W 2002, 409 ff. 122 Der Begriff „kontrollierte Gesellschaft" bezieht sich auf Art. L 233-3 Code de Commerce, der eine gesellschaftsrechtliche Definition insoweit gibt. 123 Dies war von der Rechtsprechung bislang abgelehnt worden. 124 Ein Sachverständiger kann damit künftig das Konzerninteresse berücksichtigen, wenn es etwa um die Frage nach dem Vorliegen einer Untreue (abus de biens) geht (vgl. Storp, R I W 2002, 409,416). 125 Rechtsfolge eines Verstoßes ist, neben Schadensersatzansprüchen bzw. einer Bestrafung der Organe der Muttergesellschaft nach Art. 425, 437 C. soc., u.U. ein Austrittsrecht der Minderheitsgesellschafter gegen Abfindung aus der Gruppengesellschaft (Forum Europaeum Konzernrecht Z G R 1998, 672, 709 m.w.N.). In Betracht kommt aber auch die Nichtigerklärung eines Umstrukturierungsbeschlusses (T. com. 20.6.1981, Gaz. Pal. 1981, jurisp., 687) bzw. sogar die Ersetzung der Geschäftsleitung der Gruppengesellschaft durch einen provisorischen Treuhänder durch das Gericht (CA Paris 22.5.1965, J.C.P. 1965, éd, gen., II 14274). 126 Forum Europaeum Konzernrecht Z G R 1998, 672, 708. 127 Forum Europaeum Konzernrecht Z G R 1998, 672, 710.

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und

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zur Beurteilung der Frage kommt, ob die Vor- und Nachteile in der Gruppe ausgeglichen sind, die „Struktur der gesamten Gruppe (und nicht wie in Deutschland: die einzelne Unternehmensverbindung) daraufhin analysiert und bewertet wird, ob sie auf gleichgewichtiges Zusammenwirken der Gruppengesellschaften in der Gruppe und somit auf angemessenen Ausgleich insgesamt angelegt ist" 128 . Der Ansatz, nicht jeweils, wenn auch u.U. zeitversetzt, einen konkret zugefügten Nachteil ausgleichen zu müssen, sondern die Kompensation einer Nachteilszufügung auch durch andere gruppenspezifische Vorteile zuzulassen, scheint eine flexiblere Gruppenpolitik zu ermöglichen und hätte damit gegenüber der zur Zeit herrschenden Praxis in den meisten europäischen Ländern zweifellos viele ökonomische Vorzüge. Wie nun auch die Wiwier-Kommission hervorgehoben hat, ist Voraussetzung der Legitimation einer solchen Gruppenpolitik aber, „that the interests of that Company are safeguarded on balance"u9. Gefordert ist damit die Sicherheit, dass die Benachteiligung einer einzelnen Gesellschaft, bezogen auf ein bestimmtes Geschäft, durch Vorteile auch tatsächlich kompensiert wird, die ihr aus der Mitgliedschaft in der Unternehmensgruppe erwachsen. Nur wenn dies zu erwarten ist, kann auch eine Pflichtverletzung seitens des Geschäftsführers einer abhängigen Gesellschaft verneint werden, der seiner Gesellschaft mit Blick hierauf einzelne Nachteile zufügt. Gleiches gilt für die Veranlassung entsprechender Benachteiligungen seitens eines herrschenden Gesellschafters. Um die Entscheidung darüber, ob mit einem entsprechenden Ausgleich zu rechnen ist, sachgerecht treffen zu können, bedarf es allerdings einer Entscheidungsgrundlage, aufgrund derer ein sorgfältiger und gewissenhafter Geschäftsleiter sein Ermessen angemessen ausüben kann. Hierfür reicht eine Dokumentation im Nachhinein nicht aus, auch nicht, wenn sich dabei zeigen sollte, dass Vor- und Nachteile sich in der Balance halten. Dazu ist insoweit mehr zu verlangen als vage Versprechen oder Prognosen seitens der Konzerspitze. Erforderlich ist vielmehr eine Gruppenplanung, die so128 Dementsprechend unterbreitet auch das Forum Europaeum Konzernrecht (ZGR 1998, 672, 713) nach dem Vorbild des Rozenblum-Konzepts folgenden Richtlinienvorschlag: Verfolgen die Geschäftsleiter einer Gruppengesellschaft in dieser eine Geschäftspolitik im Gruppeninteresse und ist ihr Handeln dabei nicht mehr vom unternehmerischen Ermessen in ihrer eigenen Gesellschaft gedeckt, so handeln die Geschäftsleiter dennoch nicht pflichtwidrig, wenn die Gruppe ausgewogen und verfestigt strukturiert und die Gruppengesellschaft in eine kohärente und auf Dauer angelegte Gruppenpolitik eingefügt ist und die Geschäftsleiter vernünftigerweise annehmen dürfen, dass die daraus folgenden Nachteile (insbesondere der Entzug von Geschäftschancen) durch Vorteile in überschaubarer Zeit ausgeglichen werden. Zu den ausgleichsfähigen Nachteilen nach Satz 1 zählen jene nicht, die die Existenz der Gruppengesellschaft gefährden (insbesondere der Entzug überlebensnotwendiger Liquidität). Die Einhaltung der Voraussetzungen nach Abs. 1 ist fortlaufend zu dokumentieren; auf dieser Grundlage haben die Geschäftsleiter über die Inanspruchnahme der Möglichkeit nach Abs. 1 der nächsten Hauptversammlung zu berichten. Das Nähere regeln die Mitgliedstaaten. Die Mitgliedstaaten haben für geeignete Sanktionen und Regeln zum Minderheitenschutz für den Fall zu sorgen, dass in einer Gruppengesellschaft eine Geschäftspolitik im Gruppeninteresse verfolgt wird, ohne dass die Voraussetzungen nach Abs. 1 Ziff. 1-3 vorliegen. Auf Antrag einer qualifizierten Gesellschafterminderheit in der Gruppengesellschaft kann das zuständige Gericht eine Sonderprüfung anordnen. 1 2 9 Abschlussbericht unter Chapter V 3).

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wohl die Notwendigkeit der Benachteiligung einzelner wie die zu erwartenden Vorteile konkret und nachvollziehbar begründet. Freilich fehlt es unter Zugrundelegung der im deutschen Recht entwickelten Maßstäbe im Falle einer Entscheidung, die auch ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft hätte treffen dürfen, bereits an deren Nachteiligkeit. Kann auf der Grundlage einer konkreten Planung aber davon ausgegangen werden, dass die Einbindung in die Politik einer Unternehmensgruppe und deren Verfolgung einer Gesellschaft im Ergebnis zum Vorteil gereicht, auch wenn dafür vereinzelte, isoliert betrachtet als nachteilig zu qualifizierende Einbußen hinzunehmen sind, so sind die Geschäfte und Maßnahmen, die insoweit getätigt werden, nicht außerhalb des Ermessens eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsmanns. Einer Geschäftsleitung kann es nicht verwehrt sein, um langfristiger Ziele willen (kurz- oder mittelfristige) Verluste bzw. Vermögenseinbußen in Kauf zu nehmen. G e h t man aber von der Formel aus, dass ein zu einer Treuepflichtverletzung führender veranlasster Nachteil nur vorliegen kann, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer in der konkreten Situation anders entschieden hätte, kann die Inkaufnahme solch vorübergehender Nachteile zur Erlangung eines absehbaren Vorteils bereits nicht als Nachteil im ersteren und entscheidenden Sinne verstanden werden 1 3 0 . Vorausgesetzt ist aber natürlich, dass die endgültige Vorteilhaftigkeit der festgelegten Politik nicht nur realistisch ist, sondern auch tatsächlich verfolgt und nicht von der herrschenden Gesellschaft nach ihrem Gutdünken durchbrochen wird. D i e hypothetische Frage, wie sich ein Geschäftleiter einer wirtschaftlich unabhängigen Gesellschaft verhalten hätte, kann und darf hier nicht gestellt werden 1 3 1 . Dies würde die wirtschaftlichen Verflechtungen und die mit ihnen verbundenen positiven Effekte tatsächlich ausblenden. D a m i t liegt ein in diesem Sinne einzelausgleichsbedürftiger Nachteil aber auch erst dann vor, wenn - entgegen bzw. neben der insoweit als vorteilhaft erkannten und festgelegten Gruppenpolitik - einseitig einer abhängigen Gesellschaft Nachteile zugefügt wurden. Solche können, ohne sofortigen Ausgleich, nur zugelassen werden, wenn auch die Einzelausgleichspflicht dieser Nachteile statuiert wird, was, wie bereits hervorgehoben wurde, die Aufstellung eines Abhängigkeitsberichts

erfordert 1 3 2 .

Entsprechende

Berichtspflichten

sollten

zumindest

im

G m b H - K o n z e r n allerdings nur für den Fall begründet werden, dass auch tatsächlich eine Gruppenpolitik in dieser F o r m verfolgt werden soll 1 3 3 . 130 Auch das Forum Europaeum Konzernrecht Z G R 1998, 672, 712 verlangt für eine mit ihrem Vorschlag konforme und damit noch pflichtgemäße Entscheidung der Geschäftsleitung, dass die Geschäftsleiter annehmen durften, dass in „überschaubarer Zeit" die Nachteile durch entsprechende Vorteile ausgeglichen werden. 131 Vgl. oben S. 91. 132 Nach dem Aktionsplan der EU-Kommission sollen börsennotierte Gesellschaften allerdings grundsätzlich verpflichtet werden, in einer dem Jahresabschluss beizufügenden Erklärung zur Corporate Governance u.a. Angaben über jedes erhebliche Geschäft mit anderen verbundenen Parteien zu machen (vgl. Aktionsplan der EU-Kommission, Sonderbeilage zur N Z G , Heft 13/2003 S. 7) 133 Vgl. bereits oben S. 764.

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Die Schaffung eines einheitlich europäischen gesetzlichen Rahmens, der diesen Bereich auf eine gesicherte Grundlage stellen würde, wäre sicher wünschenswert. Insbesondere die Begründung entsprechender vor- und nachgelagerter Dokumentationspflichten für den Fall, dass man eine einheitliche Gruppenpolitik verfolgen will, würde hier die notwendige Rechtssicherheit schaffen 134 . Zu unterstützen ist u.a. 135 auch der ebenfalls bereits vom Forum Europaeum gemachte Vorschlag über eine Sonderprüfung 136 . Gleiches gilt aber auch in Bezug auf die Begründung einer 1 3 4 Soweit es den Bereich der A G betrifft, müsste zur Umsetzung eines solchen Ansatzes allerdings wohl auch die Kapitalrichtlinie geändert werden, da auf diesem Wege tatsächlich der Kapitalschutz aufgeweicht würde und ohne eine solche Änderung bei einem entsprechenden Vorgehen ein Verstoß gegen Artt. 15, 16 der 2. Kapitalrichtlinie zu verzeichnen wäre (Vgl. für das geltende Recht hierzu auch bereits oben S. 131 ff.). 1 3 5 Vorgeschlagen wurde auch die Begründung einer ergänzenden Haftung der Muttergesellschaft in Anlehnung an das Rechtsinstitut des wrongful trading. Gegenüber der Insolvenzverschleppungshaftung einer Muttergesellschaft als faktischem Geschäftsführer im deutschen Recht geht es in zweifacher Hinsicht weiter. Zum einen greift es bereits vor Eintritt der Insolvenzreife ein und steigert damit die Sanierungschancen der abhängigen Gesellschaft, und zum anderen werden, anders als nach der deutschen Rechtsprechung für die Haftung des faktischen Geschäftsführers, keine Handlungen der Muttergesellschaft nach außen für die Tochtergesellschaft verlangt. Vorausgesetzt wird allerdings, dass bereits vor Eintritt der Krise intensiv auf die Geschäftspolitik der abhängigen Gesellschaft Einfluss genommen wurde (Forum Europaeum Konzernrecht, Z G R 1998, 672, 761). Auch die Winter-Kommission schlägt in Chapter III unter 4.4. ihres Abschlussberichts zur Verschärfung der Haftung der directors einer Gesellschaft „the introduction of a European framework rule on „wrongful trading" vor. Mittelfristig (bis 2008) möchte auch die Kommission eine „wrongful trading rule" entwickeln (zu diesem und den weiteren Plänen der EU-Kommission vgl. auch Maul/Lanfermann/Eggenhofer, B B 2003, 1289, 1293). 1 3 6 Vgl. Forum Europaeum Konzernrecht 1998, 672, 699, 714 ff.; auch die EU-Kommission spricht sich nun u.a. für die Einführung eines Rechts auf Sonderprüfung aus, das Aktionären, die einen gewissen Anteil am Aktienkapital halten, die Möglichkeit eröffnet, bei Gericht oder einer Verwaltungsbehörde eine Sonderprüfung zu beantragen. Insoweit ist mittelfristig der Vorschlag einer Richtlinien geplant (vgl. Aktionsplan der EU-Kommission, Sonderbeilage zur N Z G , Heft 13/2003 S. 9); zu erwägen wäre es indes, auch den Gläubigern einer Gesellschaft ein Antragsrecht bei Gericht zuzugestehen, was insbesondere bei einer Einmanngesellschaft unabdingbar erscheint. Auch wenn man dem Europäischen Betriebsrat oder einer Aufsichtsbehörde eine entsprechende Antragsbefugnis zugesteht (vgl. insoweit Forum Europaeum Konzernrecht 1998, 672,699, 721) läuft diese bei kleinen Kapitalgesellschaften leer. Die bislang in Deutschland erkennbare gesetzgeberische Entscheidung, Gläubigern kein Sonderprüfungsrecht zuzugestehen, beruht auf der Ansicht, diese nur insoweit mit eigenen Rechten am Ersatzanspruch der Gesellschaft zu versehen, als sie keine Befriedigung von der Gesellschaft erlangen können und kein Insolvenzverwalter da ist, der die Interessen aller Gläubiger vertritt. Zwar wurde wohl bewusst auch bei der Einmanngesellschaft vom Gesetzgeber auf ein Antragsrecht verzichtet (im Gesetzgebungsverfahrens war sogar vorgeschlagen worden, den Abhängigkeitsbericht auf den Fall der mehrgliedrigen A G zu beschränken; Flume „ Grundfragen der Aktienrechtsreform, 1960, 46, was der Gesetzgeber allerdings nicht aufgegriffen hat), da man die Gläubiger nur reflexartig von der Rechenschaftspflicht im abhängigen Konzern profitieren lassen wollte. Der Ansicht aber, interne Angelegenheiten der Gesellschaft gingen die Gläubiger nichts an und die „nicht ungefährliche Waffe der Sonderprüfung" müsse ultima ratio im internen Streit der Aktiengesellschaft bleiben (dazu Altmeppen S. 16), kann nicht gefolgt werden, wenn man dem Missstand begegnen will, dass erst in der Insolvenz die Benachteiligung einer 100 %igen Tochtergesellschaft aufgedeckt wird. Auch hier muss die Durchführung einer Prüfung ins Ermessen des Gerichts gestellt werden, wenn die Benachteiligung glaubhaft gemacht wird. Allerdings sollten insoweit gleich-

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besonderen Regelung für den Fall einer vollständigen Ausrichtung einer Gesellschaft auf die Interessen einer anderen. D i e Vorzüge eines Unternehmensvertrages wurden ebenfalls bereits v o m Forum Europaeum

hervorgehoben, zumal sich die-

ser auch in grenzüberschreitenden Zusammenhängen bereits praktisch bewährt hat 1 3 7 . D u r c h ihn würden nicht nur die Interessen der Gläubiger und Minderheitsgesellschafter der abhängigen Gesellschaft geschützt, sondern auch das Interesse der Gruppe und ihrer Obergesellschaft 1 3 8 . Die Stabilisierung der Gruppe und ihres Managements müsste freilich durch den Übergang des wirtschaftlichen Risikos der Tochter auf die Mutter sowie die Pflicht zur Abfindung der Minderheitsgesellschafter der abhängigen Gesellschaft 1 3 9 „bezahlt" werden 1 4 0 . Die Schaffung einer solchen - in ihren wirtschaftlichen Wirkungen einer „Fusion auf Zeit" gleichkommenden - Möglichkeit würde auch einen wichtigen Schritt in Richtung der Vollendung des Binnenmarktes darstellen, da damit den Mitgliedstaaten ein flexibler Weg zur intensiven grenzüberschreitenden Zusammenarbeit an die H a n d gegeben würde 1 4 1 . O b dies nun auf dem Weg eines Vertrages oder, wie vom Forum

empfohlen,

über eine einseitige Erklärung einer Muttergesellschaft, die eine satzungsändernde Mehrheit an der Tochtergesellschaft hält, geregelt werden sollte, sei hier dahingestellt 1 4 2 . Zu fordern ist im Hinblick auf die satzungsändernde Wirkung einer solchen Maßnahme jedenfalls die Eintragung im Handelsregister 1 4 3 . A u c h in England, w o man sich im Rahmen der Diskussion um die 9. K o n z e r n rechtsrichtlinie mit besonderer Heftigkeit gegen die Begründung von N o r m e n verwahrt hatte, die an das deutsche Konzernrecht angelehnt sind, wurde mittlerweile die Sinnhaftigkeit einer Regelung erkannt, die es der Geschäftsleitung einer abhängigen Gesellschaft ermöglicht, entsprechend den Weisungen der Muttergesellschaft zu handeln, wobei gleichzeitig aber auch auf die Notwendigkeit der E i n standspflicht der Muttergesellschaft für die Schulden der Tochtergesellschaft und die Einführung von Regelungen hingewiesen wird, aufgrund derer Minderheitsgesellschafter aus der Gesellschaft ausscheiden bzw. ausgezahlt werden k ö n n e n 1 4 4 . Bereits nach Ablehnung der 9. Konzernrichtlinie hatte man in England einen A l ternativvorschlag für ein Konzernrecht gemacht und in diesem zwischen zwei Möglichkeiten der Konzernorganisation unterschieden 1 4 5 . Die hier vorgeschlagezeitig auch besondere Sanktionsmöglichkeiten für den Fall eines Missbrauchs der Antragsbefugnis vorgesehen werden. 137 Hingewiesen wird insbesondere auf den deutsch-schweizerisch-schwedischen vertraglichen Unternehmensverbund Asea Brown Boveri-ABB. 138 Forum Europaeum Konzernrecht ZGR 1998, 672, 740. 139 Bzw. wahlweise dem Tausch ihrer Anteile in solche der Muttergesellschaft oder ihre Sicherung durch eine Dividendengarantie. 140 Forum Europaeum Konzernrecht ZGR 1998, 672, 740. 141 Forum Europaeum Konzernrecht ZGR 1998, 672, 741. 142 Zu den Einzelheiten der Voraussetzungen einer wirksamen Konzern-Erklärung vgl. Forum Europaeum Konzernrecht ZGR 1998, 672, 744 f. 143 Forum Europaeum Konzernrecht ZGR 1998, 672, 742. 144 Prentice, Connecticut Journal of Intl Law (1999), 305, 328. 145 Law Society, Memorandum Rn. 2.7; dazu auch Wooldridge, Aspects of the Regulation of Groups of Companies in European Laws S. 128 f.; auch Muscat, The Liability of the Holding

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n e n R e g e l u n g e n w i e s e n eine enge V e r w a n d t s c h a f t zu der K o n z e p t i o n des R i c h t l i n i e n e n t w u r f s auf. I n s b e s o n d e r e sollte für den F a l l , dass eine e i n h e i t l i c h e K o n z e r n l e i t u n g e r k l ä r t w o r d e n sei, die M u t t e r g e s e l l s c h a f t für alle V e r b i n d l i c h k e i t e n der a b h ä n g i g e n G e s e l l s c h a f t e n h a f t e n oder, i m a n d e r e n F a l l e , diese w i e s e l b s t ä n d i g e G e s e l l s c h a f t e n b e h a n d e l n 1 4 6 . I m R a h m e n einer e n t s p r e c h e n d e n R e g e l u n g k ö n n t e m a n a u c h die W e r t u n g s w i d e r s p r ü c h e z w i s c h e n d e n V o r s c h r i f t e n der K o n z e r n r e c h n u n g s l e g u n g , in d e n e n der control

contract

in das G e s e t z a u f g e n o m m e n w u r -

d e 1 4 7 , u n d d e m n a c h w i e v o r b e s t e h e n d e n Streit ü b e r die g e s e l l s c h a f t s r e c h t l i c h e Z u l ä s s i g k e i t eines B e h e r r s c h u n g s v e r t r a g e s a u f l ö s e n 1 4 8 . D i e 9. K o n z e r n r e c h t s r i c h t l i n i e w u r d e a b g e l e h n t , da m a n sie, v o r allem i m H i n b l i c k auf ihre d e u t s c h e A b s t a m m u n g , als z u u m s t ä n d l i c h u n d w e n i g flexibel a n g e sehen h a t t e 1 4 9 . B e s i n n t m a n sich der g e m e i n s a m e n A u s g a n g s p u n k t e , der I d e a l b i l der, die den R e g e l u n g e n des G e s e l l s c h a f t s r e c h t s w e i t g e h e n d z u g r u n d e gelegt w u r den, u n d der P r o b l e m e , die i n n e r h a l b der U n t e r n e h m e n s g r u p p e n ü b e r a l l die gleichen sind, so s c h e i n t es indes d u r c h a u s m ö g l i c h , auf der B a s i s der g e w o n n e n e n E r k e n n t n i s s e ein R e g e l w e r k zu e n t w i c k e l n , das z u m i n d e s t das als n o t w e n d i g erk a n n t e „equal

legal playing

field"150

bereits 1 9 8 0 d a r a u f h i n w i e s : „What many

areas

indemnities

that provide on which

the whole

schafft. D e r S a t z Christoph is required panoply

the law isframed"151,

is an imaginative of liablities,

Privileges,

er D. Stones, coordination immunities,

der of

the and

hat dabei a b e r n a c h w i e v o r G ü l t i g k e i t .

E i n e n s o l c h e n R a h m e n k ö n n t e die A n e r k e n n u n g der M a ß g e b l i c h k e i t des Z w e c k s einer j u r i s t i s c h e n P e r s o n f ü r d e r e n I n t e r e s s e s c h a f f e n , an der H a n d l u n g e n in der u n d für die G e s e l l s c h a f t a u s z u r i c h t e n sind. A u f b a u e n d auf dieser E r k e n n t n i s , k a n n

Company, unterscheidet bei seinen Reformvorschlägen zwischen verschiedenen Konzerntypen (1. Leitung der abhängigen Gesellschaften im Interessen der Obergesellschaft, 2. Unterkapitalisierte Tochtergesellschaften; 3. künstliche Aufteilung eines Unternehmens in rechtlich selbständige Einheiten; 4. Vermittlung des unrichtigen Eindrucks, man habe es mit der Holdingsgesellschaft oder der gesamten Gruppe zu tun). Die Überlegungen Muscats beruhen auf der Annahme, dass die geltende Rechtslage keinen ausreichenden Schutz gewährt (vgl. hierzu auch Wiedemann in F G 50 Jahre B G H S. 337, 358 ff.). 1 4 6 Vgl. hierzu Schubert, Konzernrelevante Regelungen im englischen Recht S. 6 f. 147 Siehe s. 258(2) c) C.A.1985: „... if — (...) it has the right to exercise a dominant influence over the undertaking - (i) by virtue of provisions contained in the undertaking's memorandum orarticels, or(ii) by virtue ofa control contract..."; Hadden Gesellschaftsrecht der Konzerne im internationalen Vergleich in Mestmäcker/Behrens S. 332. Zum Problem der Zulässigkeit von BeherrschungsVerträgen im englischen Recht, vgl. oben S. 510 f. 148 Teilweise wird auch nur darauf aufmerksam gemacht, dass durch die Einführung der Begriffe des Beherrschungsvertrages und der einheitlichen Leitung zum Zwecke eines Konzernabschlusses durch den Companies Act 1989 das generelle Problem aufgeworfen werde, in welchem Umfang die Holdinggesellschaft den Tochtergesellschaften, an denen sie ganz oder zum Teil beteiligt ist, Weisungen erteilen darf und inwieweit eine Haftung daraus folgt, ohne dass auch eine Lösung angeboten wird ( H a d d e n in Mestmäcker/Behrens S. 337). 149 Guyon, Groups of Companies in European Law Bd. II S. 156; Druey, Gutachten H z. 59. Deutschen Juristentag H 34 m.w.N.; Lutter, Europäisches Unternehmensrecht S. 58; Palmer's Company Law Rn. 16.430 f.; Hopt, Z G R 1992, 273. 1 5 0 Vgl. nur Forum Europaeum Konzernrecht 1998, S. 672, 685. 151 Christopher D. Stone, The Yale Law Journal (1980) Vol. 90 S. 1, 77.

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dann nach Lösungen gesucht werden, die das Arbeiten in der Unternehmensgruppe zum Wohle aller erleichtern. Insoweit hat „Rozenblum" zumindest die Richtung gewiesen. Unterschiede zu dem hier vertretenen Ansatz gegenüber dem RozenblumKonzept bestehen weniger im Ergebnis als vielmehr im Ausgangspunkt der Begründung. Nach dem Rozenblum-Konzept wird die Stellung der einzelnen Gesellschaft von der Gesamtgruppe her definiert, während man es als Nachteil des deutschen Rechts ansieht, dass die Betrachtung von der einzelnen Gesellschaft her erfolgt 152 . Dies führt nach Ansicht des Forum Europaeum dazu, dass alle positiven Konzernierungseffekte bereits vom Ansatz her außer Betracht bleiben, was mit der Rechtswirklichkeit konfligiere 153 . Insbesondere wird es als großer Nachteil der derzeitigen Rechtspraxis angesehen, dass die Mechanismen zum Schutz der abhängigen Gesellschaft effektiv regelmäßig erst in der Insolvenz der Gesellschaft zum Tragen kämen 154 . Hieran hat sich auch mit und nach Bremer Vulkan nichts geändert 155 . Allerdings entspricht der Blickwinkel von der einzelnen Gesellschaft nicht nur der Struktur unserer Rechtsordnung, sondern vor allen Dingen den Vorgaben des europäischen Gesetzgebers. Auch das Europäische Gesellschaftsrecht geht bislang durchweg von einem „entity law" und nicht von einem „enterprise law" aus, weshalb Schön zu Recht auch hervorhebt, dass der Vorwurf der konzernrechtlichen Arbeitsgruppe, das deutsche Konzernrecht sei zu „atomistisch", auch dem Richtlinienrecht der Europäischen Gemeinschaft vorgehalten werden müsste, soweit die Organisation und Vermögensordnung der Kapitalgesellschaften betroffen ist. Auch hier wird grundsätzlich von der einzelnen Gesellschaft ausgegangen156. Mehr noch muss dieser Blickwinkel nach wie vor als der einzig Richtige angesehen werden. Nur die einzelne Gesellschaft hat Interessen, ist Rechtsträger, hat Gläubiger und vor allem Gesellschafter. Auf den Konzern an sich trifft dies alles nicht zu. Der Begriff des Konzerninteresses ist grds. nur als Umschreibung der Gesamtheit der in einem Konzern zusammentreffenden Interessen zu verstehen, dem selbst jedoch keine eigenständige Bedeutung zukommen kann und der vor allem den Interessen der einzelnen Gesellschaften nicht ihre eigenständige Bedeutung nehmen und sie verdrängen kann. Letzteres gilt erst recht, wenn man, wie dies häufig getan wird, das Konzerninteresse mit dem Interesse der Muttergesellschaft gleichsetzt 157 . Forum Europaeum Konzernrecht Z G R 1998, 672, 710. Forum Europaeum Konzernrecht Z G R 1998, 672, 710. 154 Forum Europaeum Konzernrecht Z G R 1998, 672, 710 auf der Grundlage der Rechtsprechung des B G H zum qualifiziert faktischen Konzern. 155 Vgl. hierzu oben S. 203 ff. 1 5 6 Ausführlich Schön, RabelsZ 64 (2000), 1, 23 unter Hinweis darauf, dass die PublizitätsRichtlinie, die Kapitalrichtlinie, die Bilanzrichtlinie, aber auch die Verschmelzungs- und die Fusionsrichtlinie eindeutig auf das Einzelunternehmen bezogen sind; anders allerdings das Europäische Bilanzrecht in der Konzernbilanz-Richtlinie, hier wird am Tatbestand der Unternehmensgruppe angesetzt; auch im Europäischen Kartellrecht wird das Unternehmen als gesellschaftsübergreifende Einheit begriffen. 157 Vgl. etwa Barbieri, Comment rénover le droit français des groupes de sociétés? Les petites affiches, 5. nov. 1997, nos. 20 ff. 152

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Die positiven Konzernierungseffekte sind nur dann gerechtfertigt, wenn sie, wie auch das Rozenblum-Konzept betont, nicht nur zu einseitigen Vorteilen auf Seiten bestimmter verbundener Gesellschaften führen. Mehr noch ist aber zu verlangen, dass die Vorteile nach der festgelegten Gruppenpolitik für alle verbundenen Gesellschaften erkenntlich werden. Die Verfolgung einer Gruppenpolitik durch eine verbundene Gesellschaft ist nur dann zu rechtfertigen, wenn dies mit den Zwecken der Gesellschaft in Einklang zu bringen ist 1 5 8 . Ist der Zweck aber, wie regelmäßig, auf Gewinn ausgerichtet, muss auch die Verfolgung der Gruppenpolitik im Endeffekt diesem Zweck der Gesellschaft dienen. Lässt man jedoch eine für alle vorteilhafte Gruppenpolitik in die Bewertung der Nachteiligkeit einer einzelnen Maßnahme einfließen, wird auf der einen Seite der Blick von der einzelnen Gesellschaft nicht genommen, während auf der anderen Seite die mit einer Konzernierung verbundenen Vorteile aber auch nicht weiterhin „ausgeblendet" werden 1 5 9 . In diesem Sinne sei die mit einem Zitat begonnene Arbeit auch mit einem solchem beendet: „Der Zweck ist der Schöpfer des ganzen Rechts" 1 6 0 . Zumindest ist er es im Gesellschaftsrecht.

158 159

160

Dies gilt auch für 100 %-ige Tochtergesellschaften, vgl. oben S. 266 ff. So der Vorwurf des Forum Europaeum Konzernrecht 2 G R 1998, 672, 710 Jhering, Der Zweck im Recht, Vorrede S. V.

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Table of Cases

851

Company (No 001761 of 1986), Re a (1987) BCLC 141. Company, (No 002015 of 1996), Re a (1997) 2 BCLC 1. Connelly v RTZ Corporation pic and Another (1997) 4 All ER 335. Cooke V Deeks (1916) 1 A C 554. Creasey v Breach-wood Motors Ltd (1992) BLR 230. Creasey v Breachwood Motors Ltd (1993) BCLC 480. Crown Bank Ltd Re (1890) 44 Ch D 634. Cumana Ltd. Re (1986) BCLC 430. Dafen Tinplate Co Ltd v Llanelly Steel Co (1907) Ltd. (1920) 2 Ch 124. Daimler Co Ltd v Continental Tyre and Rubber Co (Great Britain) Ltd (1916) 2 AC 307. Dairy Containers Ltd v NZI Bank Ltd (1995) 2 N Z L R 30. Daniels v Daniels (1978) Ch 406, (1978) 2 WLR 73. Darby, Re ex parte Brougham (1911) 1 KB 95. Denis Wilcox Pty Ltd v FCT (1988) 14 ACLR 156. DeWitt Truck Brokers v W Ray Fleming Fruit Co 540 F2d 681 (4th Cir 1976). DHN Food Distributions Ltd v London Borough of Tower Hamlets (1976), 3 All ER 462, CA. Diedrick v. Helm, 14 N.W. 2d 913. Diplock, Re (1948) 2 All ER 318. D'Jan of London Ltd, Re (1994) 1 BCLC 561. DKG Contractors Ltd, Re (1990) BCC 903. Dorchester Finance Co Ltd v Stebbing 1977 (1989) BCLC 498. Eagle Trust pic v SBC Securities (1992) 4 All ER 488. Eaves v Hickson (1861) 30 Beav 136. Ebrahimi v Westbourne Galleries Ltd (1973) AC 360. Edwards v Halliwell (1950) 2 All ER 1064. Elgindata Ltd, Re (1991) BCLC 959. Elliott v Wheeldon (1993), BCLC 53. English v Dedham Vale Properties (1978) 1 AU ER 382. English Sewing Cotton Co Ltd v IRC (1947) 1 All ER 679. Estmanco (Kilner House) Ltd v Greater London Council (1982) 1 All ER 437. Eurostem Maritime Ltd, Re (1987) P C C 190. Evans v Brunner Mond & Co (1921) 1 Ch 359. Exchange Banking Co, Re Flitcroft's Case (1882) 21 Ch D 519. Ex parte Floods Ltd. (1998) 1 WLR 1496 C.A. Ferrotex v Banque Francais de ¡'Orient (2000) LTL 7/7/2000 (Lawtel). FG (Films) Ltd, Re (1953)1 WLR 483; (1953) 1 All ER 615. Firestone Tyre and Rubber Co Ltd v Llewellin (1957) 1 WLR 464. Fortex Group Ltd v Macintosh (1998) 3 N Z L R 171. Foss v Harbottle (1843) 2 Hare 461. Gaiman v National Association for Mental Health (1971) Ch 317. Gambotto v WCP Ltd (1995) 16 ACSR 1. Gencor ACP Ltd v Dalby (2000) 2 BCLC 734. German Date Coffee Company Limites, Re (1882) 29 Ch D 169. Gilford Motor Co Ltd v Home (1933) Ch 935. G L Baker Ltd v Medway Building Supplies Ltd. (1958) 3 All ER 540. Goodfellow v Nelson Line Ltd (1912) 2 Ch 324. Gorman v Karpnale (1991) 2 Law Reports Appeal Cases (AC) 548.

852

Table of Cases

Gramophone and Typewriter Ltd v Stanley (1908), 2 KB 89. Granger v. Hirtz, 55 N.W. 2d 426. Greater London Properties Lease, Re (1959) 1 WLR 503. Greene, David J. v. Dunhill Int., Inc., 249 A 2d 427. Greenhalgh v Arderne Cinemas Ltd (Nr 1) (1946) 1 All ER 512. Greenhalgh v Arderne Cinemas Ltd (1951) Ch 286; (1950) 2 All ER 1120. Gutb v. Loft (1939) 5 A 2d 503. Hand others, Re (1996) 2 All ER 391. Haden Bill Electrical Ltd, Re (1995) BCLC 280. Halt Garage (1964) Ltd, Re (1982) 3 All ER 1016. Hare v Customs and Excise Comrs (1996) 140 Sol Jo 67, CA. Harris v A Harris Ltd (1936) SC 183. Harrison (Saul D) & Sons pic, Re (1995) 1 BCLC 14; (1994) BCC 486. Heron International v Grade (1983) BCLC 244. Hickman v Kent or Romney Marsh Sheep-Breeders' Association (1915) 1 Ch 881. HL Bolton (Engineering) Co Ltdv T] Graham & Sons Ltd (1957) 1 QB 159. Holders Investment Trust Ltd, Re (1971) 1 WLR 583. Holdings Ltd v London and Suffolk Properties Ltd (1988) 4 BCC 542. Holdsworth & Co v Caddies (1955) 1 WLR 352, H L (Sc) 1 All ER, 725. Hollowell v Orleans Regional Hospital, N r CIVA 95-4029, WL 283298. Hong Kong and China Gas Co Ltd v Glen (1914) 1 Ch 527. Horsley & Weight Ltd, Re (1982) Ch 442. Hospital Products Ltdv. United States Surgical Corporation (1984) 156 C.L.R. 41. Hotel Terrigal Pty Ltd v Latec Investments Ltd (No 2) (1969) 1 NSWLR 676. Houghton v Fayers (2000) 1 BCLC 511. Hutton v West Cork Rly Co (1883) 23 Ch D 654. Hydrodam (Corby) Ltd, Re (1994) BCLC 180, (1994) BCC 161. Inc v Pepper Source 941 F2d519. Industrial Development Consultants Ltdv Cooley (1972) 2 All ER 162. International Sales and Agencies Ltdv Marcus (1982) 3 All ER 551. IRCv Grossman (1937) AC 26, (HL). Iron Ltdv Riehe (1875) L.R. 7 653. Istitutio Chemioterapico Italiano SpA v Commission of the European Communities ECR, 263

(1974)

James v Williams, Court of Appeal (Civil Division), The Times v. 13 April 1999. J E Cade & Son Ltd Re (1992) BCLC 213. Jenkings LJ in Edwards v Halliwell (1950) 2 All ER 1064. Jesner v Jarrad Properties Ltd (1993) BCLC 1032. J H Rayner (Mincing Lane) Ltd v Department of Trade and Industry (1989) Ch 72; (1990) 2 A C 418. John Shaw & Sons (Salford) Ltd. v. Shaw (1935J 2 KB 113; 0 AU ER 456. Johnston v. Greene, 121 A 2d 919. Jones v Lipman (1962) 1 WLR 832. Jyske Ban v Heinl (1999) Lloyd's Rep Bank 511. Kaplan v. Fanton, 278 A 2d 834. Kerrigan v. Univta Savings Association, 317 N . E. 2d 39. Kilner House) Ltd v Greater London Council (1982) 1 All ER 437. Kinney Shoe Corp v Polan 939 F2d (4th Cir 1991), 209.

Table of Cases

853

Kinsela v Russell Kinsela Pty Ltd (1986) 4 NSWLR 722. Kitson & Co Ltd Re (1946) 1 All ER 435. Knauff v. Utah Construction & Mining Co., 227 F. Supp. 564. Knox J in Smith v Croft (No 2) (1988) 114. Kodak Ltd v Clark (1903) 1 KB 505. Kuwait Asia Bank EC v National Mutual Life Nominees Ltd (1991) 1 AC 187 (1990) BCLC 868; BCC (1990), 567. Lawrence v West Somerset Mineral Rly Co (1918) 2 Ch 250. Laya v Erin Homes Ine, 352 SE 2d 93, 101 (WVa 1986). LB Holliday & Co Ltd Re (1986) BCLC 227. Lecuit v Société Génerale pour Favouriser le Dévelopment du Commerce et de l'Industrie en France SA (1983), BCLC 325. Lee, Behrens & Co. Ltd., Re (1932) 2 Ch 46. Lee v Chou When Hsien (1985) BCLC 45. Lee v Lee's Air Farming Ltd (1961) A C 12. Lee vSankey (1872) LR 15. Lehndorff Canadian Properties Ltd v Davies & Co (1987) 10 BCLR (2d) 342. Lewis Trusts v Bamhers Stores (1983) FSR 453. Lipkin Gorman v Larpnale Ltd (1987) 1 WLR 987. Lipkin Gorman v Karpnale Ltd. (1991) 2 AC 548. Little Olympian Each-Ways Ltd (No 3) Re (1995) 1 BCLC 636. Littlewoods Mail Order Stores v Inland Revenue Commissioners (1969) 1 WLR 1241. Lo-Line Ltd Re (1988) 1 Ch 489. London School of Electronics Re (1986) Ch 211. Lonrho Ltd v Shell Petroleum Co Ltd (1980) 1 WLR 627. Lowe v Fahey (1996) 1 BCLC 262. Lubhe and Others v Cape Pic and Releated Appeals (2000) 1 WLR 1545. Lumely v Gye (1853) 2 E & B 216. MacDougallv Gardiner (1875) 1 Ch D 13. Macro (Ipswich) Ltd Re (1994) 2 BCLC 354. Malyon v Plummer (1963) 1 QB 419. Mara v Browne (1896) 1 Ch 199. McFadden v 481782 Ontario Ltd (1984) 47 O R (2d) 134. Merchandise Transport Ltd v British Transport Commission (1962) 2 QB 173. Meridian Global Funds Management Asia Ltdv Securities Commission (1995) 2 AC 500. Mersey Docks and Harbours Board v Coggins and Griffith (Liverpool) Ltd. (1947) AC 1 (HL). Miller v Bain, High Court (Chancery Division) Urt. v 29.11.2001. Mills v Northern Rly of Buenos Ayres (1870), 5 Ch App 621. Ministery of Health v Simpson (1951) A C 251, (1959) All ER 1137. Montagu's Settlement Trusts Re (1987) Ch 264. Morris v Breaveglen Ltd (1993) ICR 766. Morris v Kanssen (1946) A C 459. Moxham v Grant (1990) 1 QB 88. Multinational Gas and Petrochemical Co v Multinational Gas and Petrochemical Services Ltd (1983) Ch 258, (1983) 2 All ER 563. National Westminster Bank Plcv Jones PLC (2002) XIII 1, 83 f. Newmann George & Co Re (1985) 1 Ch 674. New Par Consols Ltd Re (1898) 1 QB 573.

854

Table of Cases

New Zealand Guardian Trust Co Ltd v Brooks (1995) 2 BCLC 242. Ngurli v McCann (1954) 90 CLR 452. Nicholas v Soundcraft Electronics Ltd (1993) BCLC 360. Nicholson v Permakraft (NZ) Ltd (1985) 1 N Z L R 242. Noble (RA) & Sons (Clothing) Ltd, Re (1983) BCLC 273. Northern Counties Securities Ltd v Jackson and Steeple Ltd (1974) 1 WLR 1133. North-West Transportation Co Ltdv Beatty (1887) 12 AC 589 (Privy Council). Nothside Developments Pty Ltd v Registrat-General (1990) 2 ACSR 161. Nuneaton Borough AFC Ltd, ex parte Shooter and Broadhurst Re (1990) BCLC 384. Oceanic Crest Shipping Co v Pilbara Harbour Services Pty Ltd (1986) 160. Oil Spill by the Amoco Cadiz off the Coast of France on March 16, MDL Dokket No III Re (1984), American Maritime Cases, 2123. O'Neill v Phillips WLR (1999), 1092. Ord v Belhaven Pubs Ltd (1998), BCC 607.

376/ND

Paragon Finance pic v DB Thakerar & Co (a firm) (1999) 1 AU ER 401. Parke v Daily News (1962) Ch 927. Patrick Lyon Ltd Re (1933) Ch 786. Pavildes v Jensen (1956) Ch 565. Pender v Lushington (1877) 6 Ch D 70. Pepper v Litton, 808 US 295, 60 SCt 238, 84 L ed 281 (1939). Percivalv Wright (1902) 2 Ch 421. Perder v Lushington (1877) 6 Ch D 70. Perlman v Feldmann, 219 F 2d 173 (1955). Peskin v Anderson (2000) 2 BCLC 1. Peter's American Delicacy Co Ltd v Heath (1939) 61 CLR 457. Petrochemical Co v Multinational Gas and Petrochemical Services ltd (1983) 3 WLR 492. PFTMZ Re (1995) BCC 280. Phillips v Manufacturers Securities Ltd (1917), 116 LT 290. Pilch er v Rawlins (1872) 7 Ch App 259. Piatt v Piatt (1999) 2 BCLC 745. Polly Peck International pic, Re (1996) 2 All ER 433; (1998) 3 All ER 812. Purpoint Ltd, Re (1991) BCC 121. Precision Dippings Ltd v Precision Dippings Marketing Ltd (1986), Ch 447. Produce Marketing Consortium Ltd, Re (No. 2) (1989) BCLC 520. Products Ltdv United States Surgical Corportion (1984) 156. Properties v Eagle Trust pic (1992) 4 All ER 700. Prudential Assurance Co Ltdv Newman Industries (No 2) (1982) Ch 204. Rainham Chemical Works v Belvedere Fisb Guano Co (1921) 2 AC 465. Regal (Hastings) Ltd v Gulliver (1967) 2 AC 134 (HL). R v Grantham (1984) QB 675; (1984) 3 All LR 166 CA. R V Grantham (1986) BCLC 170. Revlon Incv Gripps and Lee Ltd (1980) FSR 85. Ridge Securities Ltd v IRC (1964) 1 All ER 275. Rogers AJA in Briggs v James Hardie & Co Pty Ltd (1989) 16 NSWLR 549. Rolled Steel (Holdings) Ltd v British Steel Corporation (1986) Ch 246; (1985) 2 WLR 908. The Roberta (1937) 58 L.L.Rep. 159. Roskill in Albacruz (Cargo Owners) v Albazero (Owners) (1977) A C 774. Royal Brunei Airlines Sdn Bhdv Tan (1995) 2 AC 378; (1995) 3 ALL ER 97. Rubber Co Ltd v Lewellin (1957) 1 WLR 464.

Table of Cases

855

Salaman v Warner (1891) 65 LT 132. Salford v Shaw{ 1935) 2 KB 113; 0 All ER 456. Salomon v A. Salomon & Co Ltd (1897) AC 22. Sarflax Ltd, Re (1979) 1 All ER 529, Re (1979) Ch 592. SaulD Harrison & Sons pic Re (1994) BCC 486; (1995) 1 BCLC 14. Schreiber v. Bryan., 396 A 2d 512. Scott v Frank F Scott (London) Ltd. (1940) Ch 794. Scott v Scott (1943) 1 All ER 582. Scottish Co-operative Wholesale Society Ltd v Meyer (1959) AC 324, HL (Sc); (1958) 3 All ER 66. Seabird Corporation Ltd v Sherlock (1990) 2 ACSR 111. Secretary of State for Trade and Industry v Deverell (2001) Ch. D. 340 Selangor United Rubber Estates Ltd v Cradock (1968) 2 All ER 1073; (1968) 1 WLR, 1555. Sherborn Park Residents Co Ltd Re (1987) BCLC 82. Shuttle-worth v Cox Bros & Co (Maidenhead) Ltd{ 1927) 2 KB 9. Sidebottom v Kershaw, Leese & Co Ltd (1920) 1 Ch 154. Sim v Robinow (1892) 19R (Ct of Sess) 665. Singer v. Magnavox, 380 A 2d 969 (Del. S. Ct. 1977). Smith V Croft (1986) 1 WLR S 580. Smith v Croft (No 2) (1988) Ch 114. Smith & Fawcett Ltd Re (1942) Ch 304. Smith, Stone & Knight Ltd v Birmingham Corpn [1939] 4 All ER 116 (KB). Soar v Ashwell (1893) 2 QB 390. Soden v British & Commonwealth Holdings pic (1996) 2 BCLC 207. Solvents Corpn v EC Commission Case 6, 7/73 (1974) ECR 223. Southard & Co Re (1979) 1 WLR 1198. Southern Pacific Co v Bogert, 250 US 483, 39 SCt 533, 63 L ed 1099 (1919). Southern v Watson (1940) 3 All ER 439. Spilida Maritime Corporation v Cansulex Ltd (1986) 3 All ER 843. Standard Charered Bank v. Walker (1992) 1 WLR 561. Stein v Blake (1998) 1 All ER 724. Stewarts (Brixton) Ltd Re (1985) BCLC 4. Swindon Town Football Club Ltd, Re (1990) BCLC 467. Sykes v Millington (1953) 1 All ER 1098. Teck Corp. Ltd. v. Millar, 33 D.L.R. 3d 288 (1973). Thomson-Houston Co ltd v Sterling Accessories Ld (1924) 2 Ch 33. Toldeo Trus Comp. v. Nye, 392 F. Supp. 484. Tottenham Hotspur pic Re (1994) 1 BCLC 655. Trebanog Working Men's Club and Institute Ltd v Macdonald (1940) 1 KB 576, (1940) 1 All ER 454. Trustor AB v Smallbone (No 2) (2001) WLR 1177. Umsoft Group Ltd (No 2), Re (1994) BCC 766. United States v Jon-T Chemicals, Ine, 768 F 2d 686. Urban District Council v South Wales Traffic Area Licensing Atthority (1951) 2 KB 366. Vaughan Williams J in Broderip v Salomon (1895) 2 Ch 322. Virdi v Abbey Leisure (1990) BCLC S 342. Walker v Wimborne (1976) 50 ALJR 446. Wallersteiner v Moir, (No. 1)( 1974) 3 All ER 217; (1974) 1 WLR 991.

856

Table of Cases

Wallersteiner v Moir (No 2) (1975) QB 373. West Merda Safetywear Ltd v Dodd ( 1988) BCLC 250, (1988) 4 BCC 30. Westbourne Galleries Ltd Re (1973) AC 360. Westdeutsche Landesbank Girozentrale v Islington London Borough Concil (1996) 2 All ER 961. Wholesale Society Ltd v Meyer (1958) 3 All ER 66; (1959) A C 324. William C Leitch Brothers Ltd Re{ 1932) 2 Ch 71. Winkworth v Edward Baron Development Co Ltd (1986) 1 WLR 1512; (1987) 1 All ER 114. Woolfson v Strathclyde Regional Council (1978) S LT 159 H L Sc. X Bank Ltdv G (1985) Law Society Gazette 2016. XYZ Ltd Re (1987) 1 WLR 102; (1987) BCLC 94. Yukong Lines Ltd of Korea v Rendsburg Investments 294.

Corporation of Liberia (1998) 1 WLR

Stichwortverzeichnis Abhängigkeitsverhältnis 73 ff. Actio p r o socio 341 ff. Action en comblement de passif 397, 539 Adams v. Cape Industries 555 ff., 581 f. Agency-Prinzip 578 ff. Aggregate interest theory 638 Aktionsplan der E U - K o m m i s s i o n 775 ff. Allgemeine Schadensersatzansprüche 133 f. Anknüpfung - Gesellschafterstellung 684 ff. - Schutzzweck der N o r m 682 ff. - Stärke der Betroffenheit 686 ff. - U m f a n g 667 ff. Anstifterhaftung 410 ff. Articels of association 508, 616 f. Aufwendungsersatzanspruch 387 ff. Ausgleichspflicht 115 ff. Autokran-Urteil 346, 353 Beherrschungsvertrag 13 ff. - Enkel-Muttergesellschaft 129 ff. - Enkelgesellschaft mit Mutter- und Tochtergesellschaft 128 ff. - Tochter-Enkelgesellschaft 124 ff. Beschlussanfechtung - Verhältnis zu § 311 A k t G 134 ff. Betriebsaufspaltung 487 Board of directors 507 Börsennotierte Gesellschaften 285 ff. Bremer-Vulkan-Urteil 203 ff., 344, 348, 352, 360 f., 392 Buchführung - fehlerhafte 371 - ordnungsgemäße 371, 375, 393, 762 Buchführungspflicht - Schutzgesetzcharakter 416 ff. Cash-Management 489 Centros-Urteil 714 ff. Circular H o l d i n g 508 City C o d e on Takeover and Mergers 504, 515 ff., 609

Companies Act 503. C o m p a n y limited by shares 501 f. Concession theory 636 ff. Constructive trust 643 ff., 769 - accessory liability 648 f., 650 ff. - breach of d u t y 643, 646 ff. - breach of trust 643, 646 ff - recipient liability 647, 652 ff. - Teilnehmerhaftung 648 f., 650 ff. - trusteeship de son tort 647, 649 Contract theory 639 f., 642 C o n t r o l contract 508 C o r k C o m m i t t e e 529 f. Cross H o l d i n g 508 Daily-Mail-Urteil 714 ff., 720 f. Deliktische Haftungsansätze 408 ff., 572 f. D H N - U r t e i l 563 ff. Durchgriffshaftung - A n k n ü p f u n g 736 ff. - Beweislastumkehr 378 f. - Bundes-Bodenschutzgesetz 432 f. - dogmatische Begründung 369 ff. - im C o m m o n law 547 ff. - Kontrolle 561 - Missbrauch der Rechtsform 369 f. - N o r m z w e c k l e h r e 370 f. - S o n d e r a n k n ü p f u n g 734 f. - Trust 584 ff. - Unterkapitalisierung 428 ff. - venire contra factum p r o p r i u m 371,376 - Vermögensvermischung 369 ff. - Wirtschaftliche Einheit 562 ff Eigeninteresse - Gesellschaft 220 ff., 255 ff., 356 - Konzerninteresse 254 ff. Eigenständigkeit - Grenzen 23Iff. Eingriffsnormen 679 ff. Existenzgefährdende Eingriffe 200 ff., 729, 754 - H a f t u n g 200 ff., 392

858

Stichwortverzeichnis

Faktische Geschäftsführung - de facto director 527 f.; 538 f. - dirigeant de fait 397 - Haftung 396 ff. - Insolvenzverschleppung 402 ff. - Pflichten 402 ff. - Voraussetzungen 398 ff. Faktischer Aktienkonzern - Haftung 64 ff. - Regelungssystematik 64 ff. Faktischer Gleichordnungskonzern 483 ff. Faktischer Konzern 64 ff., 513 ff. Fiktionstheorie 637 Financial Service and Market Act 2000 503, 521 ff. Financial Services Act 1986 503 Forum Europaeum Konzernrecht 776 ff. Foss v. Harbottle 590 ff., 625 Fraud 532 ff, 560, 569 ff., 577, 596, 598, 625,629 Fraud against the minority 598 ff., 625, 769 f. Fraudluent trading 531 ff. Gervais-Danone-Urteil 346 Geschäftschancenlehre 314 f. Geschäftsführung ohne Auftrag - Verlustausgleichspflicht 387 ff. Geschäftsherrenhaftung 387 ff. Gesellschaftsinteresse 255 ff. Gesellschaftsrechtsreform 504 f. Gesellschaftsstatut 668 ff., 701 ff. - Differenzierungslehre 708 f. - Gründungtheorie 668 ff., 701 ff., 729 ff. - Kombinationslehre 711,f. - Schwerpunktlehre 709 f. - Sitztheorie 703 ff., 726 ff. - Uberlagerungstheorie 710 f. - Umfang 735 ff. Gesellschaftszweck 103 f. - Konzerninteresse 107 ff. Girmes-Urteil 161 f. Gleichordnungskonzern - Analogie zu §§ 302, 303 A k t G 478 ff., 486 ff. - Begriff 455. - faktischer 483 ff. - Formen 455 ff. - Haftung 477 ff. - Vertragskonzern 478 ff. Gleichordnungsvertragskonzern 478 ff - Aufwendungsersatzansprüche 482 f.

- Haftung 478 ff. - Treuepflicht 483 GmbH-Vertragskonzern 46 ff. - Verlustausgleichspflicht 51 ff. Grenzüberschreitender Gleichordnungskonzern 699 ff. Grenzüberschreitender Vertragskonzern - Anknüpfung 694 ff. - Kollisionsrecht 691 ff. - Wirksamkeitsvoraussetzung 693 f. - Zulässigkeit 691 ff. Gründungtheorie 706 ff. - Sonderanknüpfung 629 ff. - Schutzmechanismen 729 ff. Haftung - faktischer G m b H - K o n z e r n 148 ff. - faktischer Konzern 64 ff. - Gleichordnungskonzern 477 ff. - Gleichordnungsvertragskonzern 478 ff. - in grenzüberschreitenden Unternehmensverbindungen 662 ff. - Vertragskonzern 13 ff. - zwischen gleichgeordneten Gesellschaften 490 ff. Holding Company 507 Holzmüller-Entscheidung 306 f. Implied agency 578 f. Insolveny Act 1986 529 ff. Insolvenzverschleppungshaftung 402 ff. - Altgläubiger 405 - deliktische Neugläubiger 406 ff. - Kontrahierungsschaden 406 f. - Neugläubiger 405 ff. - Quotenschaden 405 f. Inspire Art Ltd. 731 ff. ITT-Urteil 160 f. Juristische Person - Eigeninteresse 244 ff. - Rechtsfähigkeit 239 ff. - Wesen 236 ff. - Zweck 244 ff. Kapitalausstattungspflicht 433 f. Kapitalerhaltung - im englischen Recht 518 ff. - Spannungsverhältnis zu § 311 A k t G 130 ff. Kapitalgesellschaft - Natur 234 ff., 633 ff.

Stichwortverzeichnis KBV-Urteil 201 f., S. 205 f., 208 f., 758 Kollisionsrecht 662 ff. - faktischer Konzern 664 ff. - Vertragskonzern 691 Konzern - Begriff 10 ff. - Begriff im englischen Recht 506 ff. Konzerneingangsschutz 302 ff - im englischen Recht 515 ff. Konzerninteresse 254 f., 630 f. Konzernleitungspflicht 395 f. Konzernrecht - Schutzzweck 682 ff. Konzernrechtsrichtlinie 776, 784 Konzernstatut 665 ff. Konzernvertrauenshaftung 446 ff. Legitimate expectations 603 ff. Lifting the corporate veil 558 f. Linotype-Urteil 161 Liquidationspflicht 449 f. Listing Rules 523 ff. Mehrheitsbezogene Treuepflichten 187 ff. - im Konzern 320 f. - in mehrstufigen Abhängigkeitsverhältnissen 323 f. Mehrheitsprinzip 593 f. Mehrstufige Unternehmensverbindungen 118 ff. - Kette faktischer Abhängigkeiten 119 - Kette von Beherrschungsverträgen 120 ff. Memorandum 508, 512, 616 f. Minimum Membership für carrying on business 526 f. Mitgliedschaftliche Treuepflichten 164 ff - im Konzern 315 - in mehrstufigen Abhängigkeitsverhältnissen 324 f. Nachteiligkeit - Bestandsgefährdung 95 f. - Hauptversammlungsbeschluss 100 ff. - Strukturveränderungen 84 ff. - einer Veranlassung 86 ff. Nachteilsausgleich - Fehlen 137 ff. - Nachteilshöhe 114 ff. Negotiorum gestio 17 ff., 213, 387. Netzwerk 96 ff. Niederlassungsfreiheit 712 ff., 730 ff.

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Objects clauses 619 f. Ordre public 6 6 9 , 6 7 1 , 7 2 8 Organhaftung 211 ff., 390, 412. Organschaftliches Sonderrechtsverhältnis 412 Partnership 501, 600, 604 Piercing the corporate veil 431 f., 437, 549 ff., 767 Praesumtio Muciana 377. Private company limited by shares 502.f. Public company limited by shares 502. Qualifiziert faktischer Konzern 343 ff., 764 - " A b s c h i e d " 360 ff. - dogmatische Einordnung 353 ff. - Einzelausgleichsmöglichkeit 343 ff, 351 f. - Konzernerfolgshaftung - Konzernzustandshaftung 354 f. - Treuepflichthaftung 358 - Verhaltenshaftung 355 f. Quasi-Partnerships 604 f., 611 f Rangrücktritt 544 Rechtsfähigkeit 239 ff. Rechtsmissbräuchliches Verhalten 569 ff. Rechtspersönlichkeit 233 ff. Rozenblum-Konzept 777 ff. Rücksichtnahmepflichten 287 ff., 598 ff. Salomon-Entscheidung 548 f., 552 ff., 634, 767 - Ausnahmen 558 ff. Satzungsänderung 250 ff. Satzungsdurchbrechungen 250 ff. Schadensersatzanspruch - bei Bestehen einer Anfechtungsmöglichkeit 331 ff. - der abhängigen Gesellschaft 330 ff. - Verschuldensmaßstab 336 ff. - § 3 1 7 A k t G 140 ff. Schädigungsverbot 278, 309 Schutz börsennotierter Kapitalgesellschaften 520 ff. Schutzgesetz 413 ff. - § 130 O W i G 423 ff. - Buchführungspflicht 416 ff. - Insolvenzantragspflicht 405 ff., 415 Section 459 C A 1985 601 ff., 768 - Benachteiligung 602 ff.

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Stichwortverzeichnis

- Legitime Erwartungen 603 ff., 611 - Rechtsfolgen 613 f. - Unfaires Verhalten 607 ff. Seperate legal entity 548 f., 566 Shadow director 528, 539 ff., 547, 598, 773 Shareholder-Value Ansatz 258 ff. Single economic unit 562 ff., 566 f., 769 Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung 438 ff. Sitztheorie 703 ff., 726 ff. Sonderanknüpfung 629 ff., 675 ff. - Durchgriffshaftung 734 f. - Eigenkapitalersatz 729 - Existenzvernichtender Eingriff 729 - Niederlassungsfreiheit 730 ff. Staatsaufsicht 517 f. Stakeholder Konzept 258 ff., 642 Subsidiary 507 T B B - U r t e i l 203 ff., 210 f., 344, 347 ff., 353 ff., 391 f., 759 Tiefbau-Urteil 346, 359. Tort 572 f. Transaction at an undervalue 545 f., 628 Treuepflichten - als allgemeines Prinzip 157 ff. - bei Abschluss eines Beherrschungsvertrages 299 f. - Bestandsschutz 275 f. - Einmanngesellschaft 193 ff. - Entwicklungen 159 ff. - gegenüber dem Konzernverbund 295 ff. - gegenüber der Gesellschaft 164 ff., 616 ff. - Herleitung 162 ff., 596 ff. - im englischen Kapitalgesellschaftsrecht 588 ff. - im faktischen Konzern 301 ff. - im Konzern 295 ff. - im Vertragskonzern 299 ff. - in mehrstufigen Abhängigkeitsverhältnissen 322 ff. - Inhalte 274 ff. - Inhalt machtbezogener Treuepflichten 287 ff. - Inhalt mitgliedschaftlicher Treuepflichten 274 ff. - Inhalt vertrauensbezogener Treuepflichten 287 ff. - Klagerecht 338 ff. - Konzerneingangsschutz 302 ff. - machtbezogene Treuepflichten 187 ff.

- mitgliedschaftliche Treuepflichten 164 ff. - nach Beendigung eines Beherrschungsvertrages 300 f. - Schadensersatzanspruch 330 ff. - zwischen Gesellschaftern 167 ff. - zwischen Schwestergesellschaften 321 f. Treuepflichthaftung 157 ff., 753 ff. Trust 584 ff.; 643 ff. Überseering-Urteil 712, 717 ff. - Einordnung 719 f. - Offene Fragen 727 ff. - Wegzugs- und Zuzugsfälle 720 ff. Ultra vires-Doktrin 590, 618 ff., 629, 632, 768 f. - Einschränkungen 621 ff. - Entwicklung 619 ff. Unausgleichbarkeit von Schäden 343 ff. - Gründe 362 ff. - qualifiziert faktischer Konzern 343 ff. - Vermögensvermischung 368 ff. Unterkapitalisierung 426 ff., 763 - Aufklärungspflicht 440 ff. - materielle 428 ff. - nominelle 427 f. - Treuepflicht 450 f. Unternehmensbegriff 457 ff. - eingeschränkt funktionaler 461 ff. - funktionaler 458 f. - institutioneller 459 ff. - organisationsrechtlicher 464 ff. - Privatgesellschafter 461 Unternehmensgegenstand - Begriff 103 f. - Änderungen 103 ff. Unternehmensgegenstand - Ausrichtung auf den Konzern 105 ff. Unternehmensinteresse 255 ff. Veranlassung - Beweisprobleme 85 f. - Hauptversammlungsbeschluss 81 f. - Konzerninteresse 78 ff. - Nachteiligkeit 86 ff. - Organverflechtungen 83 ff. Verlustausgleichspflicht O f f . - Abschlagzahlungen 35 ff. - Abwicklungsverluste 32 ff. - Analogie 346 ff.; 380 ff. - Aufwendungsersatz 387 ff. - Entstehung 31 f.

Stichwortverzeichnis - Fälligkeit 31 f. - Geschäftsführung ohne Auftrag 387 ff. - Vereinbarkeit mit EG-Recht 23 ff. Verlustgerneinschaft 487. Vermögensvermischung 368 ff., 762 Verrichtungsgehilfe 409 f. Verschulden bei Vertragsschluss 440 ff. Versteckte Kollisionsnormen 678 f. Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter 325 ff. Vertragskonzern - Beendigung 32 f. - Existenzsicherung nach Vertragsbeendigung 37 ff. - Haftung 13 ff. - im englischen Recht 509 ff. - Schadensersatzpflicht 54 ff. Haftungstatbestand 55 ff. Unterlassungen 58 f. Vergleich 61 f. Verzicht 61 f.

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- Sicherheitsleistung 40 ff. - Zulässigkeit 51 Off. Vertreterhaftung 443 f. Verzicht 61 f. Vicarious Liability 573 ff. Video-Urteil 347,355 Weisungsrecht 220 ff. Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz 307 Wettbewerbsverbot 308 - herrschender Gesellschafter 318 f. - im Konzern 312 ff. - kapitalistische Gesellschaften 317 f. - personalistische Gesellschaften 316 f. Winter-Kommission 776 ff. Wirtschaftliche Einheit 562 ff. Wrongful trading 530, 536 ff., 766 f. - de facto director 538 f. - Ersatzpflicht 542 f. - Shadow director 539 ff.

Jus Privatum Beiträge zum Privatrecht - Alphabetische Ubersicht

Adolphsen, Jens: Internationale Dopingstrafen. 2003. Band 78. Assmann, Dorothea: Die Vormerkung (§ 883 BGB). 1998. Band 29. Barnert, Thomas: Die Gesellschafterklage im dualistischen System des Gesellschaftsrechts. 2003. Band 82. Bayer, Walter: Der Vertrag zugunsten Dritter. 1995. Band 11. Beater, Axel: Nachahmen im Wettbewerb. 1995. Band 10. Beckmann, Roland Michael: Nichtigkeit und Personenschutz. 1998. Band 34. Berger, Christian: Rechtsgeschäftliche Verfügungsbeschränkungen. 1998. Band 25. Berger, Klaus: Der Aufrechnungsvertrag. 1996. Band 20. Bittner, Claudia: Europäisches und internationales Betriebsrentenrecht. 2000. Band 46. Bodewig, Theo: Der Rückruf fehlerhafter Produkte. 1999. Band 36. Braun, Johann: Grundfragen der Abänderungsklage. 1994. Band 4. Brors, Christiane: Die Abschaffung der Fürsorgepflicht. 2002. Band 67. Bruns, Alexander: Haftungsbeschränkung und Mindesthaftung. 2003. Band 74. Busche, Jan: Privatautonomie und Kontrahierungszwang. 1999. Band 40. Dauner-Lieb, Barbara: Unternehmen in Sondervermögen. 1998. Band 35. Dethlojf, Nina: Europäisierung des Wettbewerbsrechts. 2001. Band 54. Dreier, Thomas: Kompensation und Prävention. 2002. Band 71. Drexl, Josef: Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers. 1998. Band 31. Eberl-Borges, Christina: Die Erbauseinandersetzung. 2000. Band 45. Ebert, Ina: Pönale Elemente im deutschen Privatrecht. 2004. Band 86. Einsele, Dorothee: Wertpapierrecht als Schuldrecht. 1995. Band 8. Ekkenga, Jens: Anlegerschutz, Rechnungslegung und Kapitalmarkt. 1998. Band 30. Ellger, Reinhard: Bereicherung durch Eingriff. 2002. Band 63. Escher-Weingart, Christina: Reform durch Deregulierung im Kapitalgesellschaftsrecht. 2001. Band 49. Giesen, Richard: Tarifvertragliche Rechtsgestaltung für den Betrieb. 2002. Band 64. Gotting, Horst-Peter: Persönlichkeitsrechte als Vermögensrechte. 1995. Band 7. Gruber, Urs Peter: Methoden des internationalen Einheitsrechts. 2004. Band 87. Gsell, Beate: Substanzverletzung und Herstellung. 2003. Band 80. Habersack, Mathias: Die Mitgliedschaft - subjektives und sonstiges' Recht. 1996. Band 17. Haedicke, Maximilian: Rechtskauf und Rechtsmängelhaftung. 2003. Band 77. Hanau, Hans: Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als Schranke privater Gestaltungsmacht. 2004. Band 89. Hau, Wolfgang: Vertragsanpassung und Anpassungsvertrag. 2003. Band 83. Heermann, Peter W: Drittfinanzierte Erwerbsgeschäfte. 1998. Band 24. Heinemann, Andreas: Immaterialgüterschutz in der Wettbewerbsordnung. 2002. Band 65. Heinrich, Christian: Formale Freiheit und materielle Gerechtigkeit. 2000. Band 47.

Jus Privatum - Beiträge zum

Privatrecht

Henssler, Martin: Risiko als Vertragsgegenstand. 1994. Band 6. Hergenröder, Curt Wolfgang: Zivilprozessuale Grundlagen richterlicher Rechtsfortbildung. 1995. Band 12. Hess, Burkhard: Intertemporales Privatrecht. 1998. Band 26. Hofer, Sibylle: Freiheit ohne Grenzen. 2001. Band 53. Huber, Peter: Irrtumsanfechtung und Sachmängelhaftung. 2001. Band 58. Jänich, Volker: Geistiges Eigentum - eine Komplementärerscheinung zum Sacheigentum? 2002. Band 66. Jansen, Nils: Die Struktur des Haftungsrechts. 2003. Band 76. Jung, Peter: Der Unternehmergesellschafter als personaler Kern der rechtsfähigen Gesellschaft. 2002. Band 75. Junker, Abbo: Internationales Arbeitsrecht im Konzern. 1992. Band 2. Kaiser, Dagmar: Die Rückabwicklung gegenseitiger Verträge wegen Nicht- und Schlechterfüllung nach BGB. 2000. Band 43. Katzenmeier, Christian: Arzthaftung. 2002. Band 62. Kindler, Peter: Gesetzliche Zinsansprüche im Zivil- und Handelsrecht. 1996. Band 16. Kleindiek, Detlef: Deliktshaftung und juristische Person. 1997. Band 22. Krause, Rüdiger: Mitarbeit in Unternehmen. 2002. Band 70. Luttermann, Claus: Unternehmen, Kapital und Genußrechte. 1998. Band 32. Looschelders, Dirk: Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht. 1999. Band 38. Lipp, Volker: Freiheit und Fürsorge: Der Mensch als Rechtsperson. 2000. Band 42. Masch, Gerald: Chance und Schaden. 2004. Band 92. Mankowski, Peter: Beseitigungsrechte. Anfechtung, Widerruf und verwandte Institute. 2003. Band 81. Merkt, Hanno: Unternehmenspublizität. 2001. Band 51. Möllers, Thomas M.J.: Rechtsgüterschutz im Umwelt- und Haftungsrecht. 1996. Band 18. Muscheler, Karlheinz: Die Haftungsordnung der Testamentsvollstreckung. 1994. Band 5. - Universalsukzession und Vonselbsterwerb. 2002. Band 68. Oechsler, Jürgen: Gerechtigkeit im modernen Austauschvertrag. 1997. Band 21. Oetker, Hartmut: Das Dauerschuldverhältnis und seine Beendigung. 1994. Band 9. Ohly, Ansgar: „Volenti non fit iniuria" Die Einwilligung im Privatrecht. 2002. Band 73. Oppermann, Bernd II: Unterlassungsanspruch und materielle Gerechtigkeit im Wettbewerbsprozeß. 1993. Band 3. Peifer, Karl-Nikolaus: Individualität im Zivilrecht. 2001. Band 52. Peters, Frank: Der Entzug des Eigentums an beweglichen Sachen durch gutgläubigen Erwerb. 1991. Band 1. Raab, Thomas: Austauschverträge mit Drittbeteiligung. 1999. Band 41. Reiff, Peter: Die Haftungsverfassungen nichtrechtsfähiger unternehmenstragender Verbände. 1996. Band 19. Repgen, Tilman: Die soziale Aufgabe des Privatrechts. 2001. Band 60. Rohe, Mathias: Netzverträge. 1998. Band 23. Sachsen Gessaphe, Karl August Prinz von: Der Betreuer als gesetzlicher Vertreter für eingeschränkt Selbstbestimmungsfähige. 1999. Band 39. Saenger, Ingo: Einstweiliger Rechtsschutz und materiellrechtliche Selbsterfüllung. 1998. Band 27.

Jus Privatum - Beiträge zum Privatrecht

Sandmann, Bernd: Die Haftung von Arbeitnehmern, Geschäftsführern und leitenden Angestellten. 2001. Band 50. Schäfer, Carsten: Die Lehre vom fehlerhaften Verband. 2002. Band 69. Schnorr, Randolf: Die Gemeinschaft nach Bruchteilen (§§ 741 - 758 BGB). 2004. Band 88. Schubel, Christian: Verbandssouveränität und Binnenorganisation der Handelsgesellschaften. 2003. Band 84. Schur, Wolfgang: Leistung und Sorgfalt. 2001. Band 61. Schwarze, Roland: Vorvertragliche Verständigungspflichten. 2001. Band 57. Sieker, Susanne: Umgehungsgeschäfte. 2001. Band 56. Sosnitza, Olaf: Besitz und Besitzschutz. 2003. Band 85. Stadler, Astrid: Gestaltungsfreiheit und Verkehrsschutz durch Abstraktion. 1996. Band 15. Stoffels, Markus: Gesetzlich nicht geregelte Schuldverhältnisse. 2001. Band 59. Taeger, Jürgen: Außervertragliche Haftung für fehlerhafte Computerprogramme. 1995. Band 13. Trunk, Alexander: Internationales Insolvenzrecht. 1998. Band 28. Veil, Rüdiger: Unternehmensverträge. 2003. Band 79. Wagner, Gerhard: Prozeßverträge. 1998. Band 33. Waltermann, Raimund: Rechtsetzung durch Betriebsvereinbarung zwischen Privatautonomie und Tarifautonomie. 1996. Band 14. Weber, Christoph: Privatautonomie und Außeneinfluß im Gesellschaftsrecht. 2000. Band 44. Wendehorst, Christiane: Anspruch und Ausgleich. 1999. Band 37. Wiehe, Andreas: Die elektronische Willenserklärung. 2002. Band 72. Wimmer-Leonhardt, Susanne: Konzernhaftungsrecht. 2004. Band 90. Würthwein, Susanne: Schadensersatz für Verlust der Nutzungsmöglichkeit einer Sache oder für entgangene Gebrauchsvorteile? 2001. Band 48.

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