Kompaktkurs Finite Elemente für Einsteiger: Theorie und Beispiele zur Approximation linearer Feldprobleme [1. Aufl.] 978-3-658-22774-6;978-3-658-22775-3

Dieses studentenerprobte Lehrbuch stellt die Finite-Elemente-Methode (FEM) als ein allgemeines numerisches Approximation

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German Pages XIV, 279 [285] Year 2018

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Kompaktkurs Finite Elemente für Einsteiger: Theorie und Beispiele zur Approximation linearer Feldprobleme [1. Aufl.]
 978-3-658-22774-6;978-3-658-22775-3

Table of contents :
Front Matter ....Pages I-XIV
Einführung (Manfred Hahn, Michael Reck)....Pages 1-12
Physikalische Grundlage der FEM (Manfred Hahn, Michael Reck)....Pages 13-30
Mathematische Grundlagen der FEM (Manfred Hahn, Michael Reck)....Pages 31-77
Ansatzfunktionen (Manfred Hahn, Michael Reck)....Pages 79-123
Finite-Elemente-Formulierung (Manfred Hahn, Michael Reck)....Pages 125-153
Isoparametrisches Konzept (Manfred Hahn, Michael Reck)....Pages 155-201
Numerische Integration (Manfred Hahn, Michael Reck)....Pages 203-220
Nachlaufrechnung (Manfred Hahn, Michael Reck)....Pages 221-232
Elementanalyse (Manfred Hahn, Michael Reck)....Pages 233-248
Anwendungsbeispiele und praktische Elementeigenschaften (Manfred Hahn, Michael Reck)....Pages 249-265
Back Matter ....Pages 267-279

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Manfred Hahn Michael Reck

Kompaktkurs Finite Elemente für Einsteiger Theorie und Beispiele zur Approximation linearer Feldprobleme

Kompaktkurs Finite Elemente für Einsteiger

Manfred Hahn  Michael Reck

Kompaktkurs Finite Elemente für Einsteiger Theorie und Beispiele zur Approximation linearer Feldprobleme

Manfred Hahn Wilhelm Büchner Hochschule Pfungstadt Pfungstadt, Deutschland

ISBN 978-3-658-22774-6 https://doi.org/10.1007/978-3-658-22775-3

Michael Reck Universität Stuttgart Stuttgart, Deutschland

ISBN 978-3-658-22775-3 (eBook)

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichenund Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Lektorat: Thomas Zipsner Springer Vieweg ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

Vorwort

Der numerischen Berechnung komplexer physikalischer Fragestellungen kommt eine zunehmende Bedeutung zu, da die Findung analytischer Lösungen vieler Probleme sehr schwierig oder gar unmöglich ist. Deswegen wurden im Laufe der Zeit die numerischen Methoden weiter entwickelt und haben seit Einführung der Computer nicht nur stark an Bedeutung, sondern auch an Komplexität gewonnen. Aufgrund dieser Komplexität wird es immer schwieriger, die Grundlagen und die dahinter liegenden Problemstellungen der Numerik zu erfassen und zu verstehen. Dieses Buch dient dem Zweck, die numerische Methode der Finiten Elemente zu verstehen und auf physikalische Fragestellungen zur Lösungsfindung anzuwenden. Das Lehrbuch soll sowohl Studenten, als auch Ingenieuren, die sich mit Strukturberechnungen beschäftigen, eine solide Einführung in die numerische Methode der Finiten Elementen geben. Hierzu werden die Grundlagen dieser Methode aufgearbeitet und ihre Konsequenzen für die Anwendung anhand von Beispielen besprochen. Die Ursprünge dieses Buches liegen in einer überarbeiteten Vorlesung zu den Grundlagen der Methode der Finiten Elemente, die seit 2013 am Institut für Statik und Dynamik der Luft- und Raumfahrtkonstruktionen an der Universität Stuttgart gelehrt wird. An diesem Institut hatte einst J. A RGYRIS als Pionier die Finite-Elemente-Methode mit entwickelt. Bei der Erstellung des Skripts und des Buches wurde ein besonderes Augenmerk auf eine (für Ingenieure) nachvollziehbare Herleitung der Finiten Elemente gelegt, mit der für beliebige Problemstellungen Lösungen mit Finiten Elementen approximiert werden können. Ebenso wichtig erschien es uns, eine möglichst große Anzahl an Beispielen mit Lösungen in das Buch zu integrieren, damit die in den Kapiteln vorgestellten Inhalte besser verstanden werden können. Aufgrund des Interesses an einem Buch, das die Theorie und die praktischen Beispiele zusammenfasst, entschieden wir uns schließlich, die verschiedenen Inhalte zusammenzutragen und im vorliegenden Buch kompakt zusammenzufassen. Unser Dank gilt letztlich auch dem Springer-Vieweg Verlag, speziell Herrn Zipsner und Frau Klabunde, für das Korrekturlesen und die gute Zusammenarbeit. Ebenso gilt unser Dank den Kollegen, die sich die Mühe gemacht haben das Skript gegenzulesen und Verbesserungsvorschläge zu unterbreiten. Dresden/Stuttgart April 2018

Manfred Hahn Michael Reck V

Nomenklatur

Koordinatensysteme Vektorielles Symbol x 

Koordinaten

Bezeichung

x; y; z ; ; 

Kartesisches Koordinatensystem in physikalischen Koordinaten Kartesisches Koordinatensystem in isoparametrischen Koordinaten

Mathematische Notation Operator .  /;x D . O / h; i   d        ı  div .  / grad .  / O.  / Sp.  / .  /T .  /T

@.  / @x

Bezeichung Partielle Ableitung in x-Richtung Knotenpunktsgröße Skalarprodukt Inkrement einer Größe Finite Änderung einer Größe Variation einer Größe Divergenz Gradient Polynomiale Ordnung eines Restglieds Spur einer Matrix Transposition Transposition der Inversen

VII

VIII

Nomenklatur

Lateinische Symbole Symbol A B B"Q c D

E E Q E f f F F g I J J J K ` M n n N N q qP i Q R s t t T u u v w

Einheit m2 – m1 – – N=m2 N=m2 N=m2 N=m3 – N N – m4 – – – – m Nm N=m – – – N=m Nm=.m3 s/ N – m m N=m2 K m m m m

Bezeichung Querschnittsfläche Ableitung der Verschiebungsmodalmatrix Dehnungs-Verschiebungs-Matrix Allgemeine Kontstante Allgemeine partielle Differentialgleichung Elastizitätsmodul Elastizitätstensor Elastizitätsmatrix in VOIGT ’scher Notation Volumenspezifischer Kraftvektor Allgemeine Funktion Kraft Kraftvektor Allgemeine Nebenbedingung Flächenträgheitsmoment JACOBI-Matrix Inverse der JACOBI-Matrix Allgemeines Funktional Steifigkeitsmatrix Länge Moment Linienlast in Normalenrichtung Normalenvektor Ansatzfunktion Verschiebungsmodalmatrix Linienlast Skalare Wärmequelle Querkraft Allgemeine Randterme Strecke, Länge entlang einer gekrümmten Linie Dicke Spannungsvektor Temperatur Verschiebung in x-Richtung Verschiebungsvektor Verschiebung in y-Richtung Verschiebung in z-Richtung

Nomenklatur

IX

Griechische Symbole Symbol ˛ " " "Q   

 Q …

 !i @

Einheit m=K – – – N=m2 – Nm=.m2 s K/ kg=m3 N=m2 N=m2 N=m2 N=m2 Nm – – – m3 – m2

Bezeichung Wärmeausdehnungskoeffizient Ingenieursdehnung Dehnungstensor Dehnungstensor in VOIGT ’scher Notation Schubdehnung L AGRANGE -Multiplikator Wärmeleitfähigkeit Dichte Spannung Spannungstensor Spannugstensor in VOIGT ’scher Notation Schubspannung Potential Querkontraktionszahl Testfunktion Allgemeiner Ansatz Volumen Wichtungsfaktoren der numerischen Integration Oberfläche des Volumens 

Abkürzungen Abkürzung BEM DEM DGL EFGM ESZ EVZ FD FDM FE FEM FVM IGA LSM MKS NURBS pDGL REM SPH XFEM

Erklärung Boundary-Element-Method/Rand-Elemente-Methode Diskrete-Elemente-Methode Differentialgleichung Elementfreie-Galerkin-Methode Ebener Spannungszustand Ebener Verzerrungszustand/Ebener Verformungszustand Finite-Differenzen Finite-Differenzen-Methode Finite Elemente Finite-Elemente-Methode Finite-Volumen-Methode Isogeometrische Analyse Lattice-Spring-Method Mehrkörpersimulation Non-uniform rational B-Splines Partielle Differentialgleichung Rand-Elemente-Methode (Boundary-Element-Method (BEM)) Smoothed-Particle-Hydrodynamics eXtended-Finite-Element-Method (erweiterte-FEM)

Inhaltsverzeichnis

1

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Numerische Methoden im Ingenieurwesen . . . . . . . . . . . . . 1.2 Ursprünge der numerischen Verfahren bis zur FEM . . . . . . . 1.3 Grundidee der Finiten Elemente und der Aufbau dieses Buches Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1 1 4 9 10

2

Physikalische Grundlage der FEM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Extremwertprinzipien in der Physik . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Potentielle Energie elastischer Festkörper . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Äußere und innere Arbeit bei Stäben und Balken . . . 2.2.2 Äußere und innere Arbeit bei mechanischen Kontinua 2.2.3 Gesamtarbeit und gesamte potentielle Energie . . . . . 2.3 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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13 13 21 22 25 26 27 28

3

Mathematische Grundlagen der FEM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Variationsrechnung – Einführung in Analogie zur Differentialrechnung 3.1.1 Differentialrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2 Variationsrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.3 Starke und schwache Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.4 Variationsrechnung mit Nebenbedingungen . . . . . . . . . . . . . 3.1.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Herleitung der schwachen Form mit dem Verfahren von G ALERKIN . . 3.2.1 Verfahren von G ALERKIN als Umkehrung der Bestimmung der E ULER’schen Differentialgleichung des Variationsproblems . . 3.2.2 Verfahren von G ALERKIN als Funktionenskalarprodukt . . . . . 3.3 Verfahren von R ITZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1 Verfahren von Trefftz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Fehler in der Approximation und Variational Crimes . . . . . . . . . . . 3.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6 Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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31 31 32 33 50 50 53 54

. . . . . . . .

54 55 56 57 58 58 60 77

. . . . . . . .

XI

XII

Inhaltsverzeichnis

4

Ansatzfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Was sind Ansatzfunktionen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Lokale und globale Ansatzfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1 Globale Ansatzfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2 Lokale Ansatzfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.3 Bedingungen an die lokalen Ansatzfunktionen . . . . . . . . 4.3 Ansatzfunktionen für eindimensionale Gebiete . . . . . . . . . . . . 4.3.1 Ansätze nach L AGRANGE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.2 B ERNSTEIN-Polynome als Ansatzfunktionen . . . . . . . . . 4.3.3 Splines und NURBS als Ansatzfunktionen . . . . . . . . . . 4.3.4 Hierarchische Ansatzfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4 Ansatzfunktionen für mehrdimensionale Gebiete . . . . . . . . . . . 4.4.1 Ansatzfunktionen für Rechtecke und Quader . . . . . . . . . 4.4.2 Ansatzfunktionen für Dreiecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5 Ansatzfunktionen für Übergangselemente . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.1 Allgemeines Vorgehen zum Einfügen zusätzlicher Knoten . 4.6 Serendipity-Elemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.7 Inkompatible Ansatzfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.8 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.9 Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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79 79 80 80 81 83 86 87 93 94 95 96 97 98 107 108 113 115 116 120 123

5

Finite-Elemente-Formulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 5.1 Approximation der Feldfunktion mit Ansatzfunktionen . . . . . . . . . . . 125 5.1.1 Approximation skalarer Feldfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . 125 5.1.2 Approximation vektorwertiger Feldfunktionen . . . . . . . . . . . . 127 5.2 Verwendung von Ansatzfunktionen zur Erstellung von Finiten Elementen 129 5.2.1 Skalare Feldgrößen und vektorwertige abgeleitete Größen . . . . . 129 5.2.2 Vektorielle Feldgrößen und tensorwertige abgeleitete Größen . . . 131 5.3 Lösung der Finite-Elemente-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 5.3.1 Assemblierung mehrerer Finiter Elemente . . . . . . . . . . . . . . . 133 5.3.2 Natürliche Randbedingungen und kinematisch konsistente Lasten 135 5.3.3 Einfügen von wesentlichen Randbedingungen (Lagern) für die Feldfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 5.3.4 Transformation von Freiwerten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 5.3.5 Bestimmung der Freiwerte der Feldfunktion . . . . . . . . . . . . . 140 5.3.6 Berechnung der Lagerreaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 5.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 5.5 Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153

Inhaltsverzeichnis

XIII

6

Isoparametrisches Konzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 6.1 Grundidee des isoparametrischen Konzepts . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 6.2 Isoparametrische Koordinatentransformation . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 6.3 Transformation der Ableitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 6.3.1 JACOBI-Matrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 6.3.2 Transformation des Gradienten der Verschiebungsmodalmatrix bei skalaren Feldfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 6.3.3 Transformation der Dehnungs-Verschiebungs-Matrix . . . . . . . . 163 6.3.4 Transformation höherer Ableitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 6.4 Transformation der Integrale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 6.4.1 Gebietsintegrale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 6.4.2 Oberflächenintegrale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 6.5 Lineare und nichtlineare isoparametrische Transformation . . . . . . . . . 169 6.5.1 Lineare Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 6.5.2 Nichtlineare Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 6.6 Subparametrische und superparametrische Transformation . . . . . . . . . 173 6.7 Kuriositäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 6.7.1 Dreieckselemente als kollabierte Viereckelemente . . . . . . . . . . 174 6.7.2 Rissspitzenelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 6.8 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 6.9 Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201

7

Numerische Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1 G AUSS -L EGENDRE-Quadratur über rechtwinklige Gebiete 7.2 Integration über dreieckige und tetraederförmige Gebiete . . 7.3 Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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203 204 208 213 220

8

Nachlaufrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1 Berechnung der abgeleiteten Größen an optimalen Punkten 8.1.1 Optimale Punkte bei verzerrten Elementen . . . . . . 8.2 Spannungsermittlung an den Knotenpunkten . . . . . . . . . 8.3 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4 Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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221 222 226 227 231 231 232

9

Elementanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 9.1 Polynomgrade der Feldfunktionen verzerrter Elemente . . . . . . . . . . . 233 9.2 Eigenmoden der Elementsteifigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237

XIV

Inhaltsverzeichnis

9.3

10

Locking und Hourglassing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.3.1 Shearlocking und volumetrisches Locking . . . . . . . . . . . 9.3.2 (Selektiv-)reduzierte Integration und der Hourglass-Effekt . 9.3.3 Dreiecks- und Tetraederelemente mit linearem Ansatz . . . 9.4 Patchtest nach I RONS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.5 Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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238 238 240 241 242 243 248

Anwendungsbeispiele und praktische Elementeigenschaften . . . 10.1 Eigenschaften der unterschiedlichen Ansatzfunktionen . . . . . 10.2 Verzerrte L AGRANGE- und Serendipity-Elemente . . . . . . . . 10.3 Patchtest – Kompatible und inkompatible Ansätze . . . . . . . . 10.4 Nachlaufgrößen, Fehler und hierarchische Verfeinerung einer Balkenstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.5 Dos and Don’ts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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249 249 255 258

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. . . . . . 260 . . . . . . 264 . . . . . . 265

A VOIGT’sche Notation in der Mechanik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 B Hilfsmittel für die FE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 C Herleitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277

1

Einführung

1.1 Numerische Methoden im Ingenieurwesen Die Bestimmung von analytischen Lösungen partieller Differentialgleichungen, welche bei kontinuumsmechanischen Betrachtungen physikalischer Probleme vorliegen, ist auch heute noch ein nichttriviales Problem. So ist die analytisch exakte Lösung dieser partiellen Differentialgleichungen bislang lediglich bei einfachen Problemen möglich [23]. Aus diesem Grund existiert eine Vielzahl numerischer Verfahren, die sich mit der Approximation von analytischen Lösungen bei einer gegebenen physikalischen Problemstellung, wie sie in Abb. 1.1a dargestellt ist, befassen. Die bekanntesten numerischen Verfahren für räumlich und zeitlich kontinuierliche Probleme sind:  Die Finite-Differenzen-Methode (FDM): Bei diesem Verfahren wird das Rechengebiet mit Stützstellen versehen. Die Ableitungen in den (partiellen) Differentialgleichungen werden durch finite Differenzenquotienten an diesen Stützstellen ersetzt. Die Differenzenquotienten werden dabei mit Hilfe von TAYLOR-Reihen gebildet. Die Addition der einzelnen Reihen bringt, wie in Abb. 1.1b darstellt, einen finiten Differenzenstern mit Wichtungsfaktoren für die einbezogenen Stützstellen hervor.  Die Finite-Elemente-Methode (FEM): Bei der FEM wird wie in Abb. 1.1c das Rechengebiet in Teilgebiete zerlegt, was auch als Diskretisierung bezeichnet wird. Diese Teilgebiete, die Finiten Elemente, sind an den Knotenpunkten miteinander verbunden. Bei der FEM wird das Feldverhalten im Inneren jedes Teilgebiets mit Ansatzfunktionen beschrieben.  Das Stabgitterverfahren (LSM für engl. Lattice-Spring-Method): Bei dieser numerischen Methode, die in Abb. 1.1d dargestellt ist, wird das Kontinuum durch einen äquivalenten Satz von Stäben, Balken und Federn ersetzt. Das Verfahren hat den Vorteil, dass Diskontinuitäten einfach modelliert werden können.  Die Elementfreie-Galerkin-Methode (EFGM): Bei diesem Verfahren wird das Rechengebiet mit Knotenpunkten durchsetzt, an denen sogenannte Kernel-Funktionen defi© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 M. Hahn, M. Reck, Kompaktkurs Finite Elemente für Einsteiger, https://doi.org/10.1007/978-3-658-22775-3_1

1

2

1 a

Einführung

wesentliche Randbedingung (DirichletRandbedingung)

natürliche Randbedingung (NeumannRandbedingung)

b

d

c 0/1 -1/0

1

0/0 1/0 h

h

1 1

h

1

0/-1 h 0/1 -1/0 0/0 1/0 0/-1 h3 h4

1 h2 1

h1

1

F3 F1

e

f

F4

F2

g Austrittsfläche

Knotenpunkt Quellpunkt Element

KernelFunktion

Eintrittsfläche

Einflussbereich der Kernelfunktion

Abb. 1.1 Gegenüberstellung verschiedener numerischer Methoden bei gegebenem physikalischem Problem. a Physikalische Problemstellung, b FDM, c FEM, d LSM, e EFGM, f REM, g FVM

1.1 a

Numerische Methoden im Ingenieurwesen

3

b

g

m Pendel

Abb. 1.2 Prinzipielle Darstellung diskreter Berechnungsmethoden. a DEM, b MKS

niert werden. Diese Funktionen, die beispielhaft in Abb. 1.1e gezeigt sind, beschreiben das Feldverhalten in einem Einflussbereich um den Knotenpunkt.  Die Rand-Elemente-Methode (REM) (oder BEM für engl. Boundary-Element-Method): Bei dieser Methode wird, wie in Abb. 1.1f zu sehen ist, lediglich der Rand des Rechengebiets in Teilgebiete zerlegt. Der Feldverlauf entlang des Rands wird über die Interaktion der einzelnen Randstücke ermittelt.  Die Finite-Volumen-Methode (FVM): Das Verfahren basiert auf dem integralen Erhaltungssatz von Flussgrößen und ist speziell für die CFD (engl. Computational Fluid Dynamics) entwickelt worden. Bei diesem Verfahren wird das Gebiet wie in Abb. 1.1g in Teilgebiete zerlegt und die Flüsse über die Gebietsgrenzen bilanziert. Auch für Problemstellungen, die lediglich kontinuierlich in der Zeit aber diskret im Raum sind, existieren einige Verfahren. Die wichtigsten Vertreter dieser Methoden sind:  Die Diskrete-Elemente-Methode (DEM): Bei dieser numerischen Methode wird die Interaktion von sich bewegenden Partikeln in einem Feld untersucht. Die Kraftübertragung findet bei dieser Methode lediglich über Kontakt zwischen den einzelnen Partikeln statt. Das Verfahren ist damit prädestiniert für eine Anwendung auf Partikelsysteme nach Abb. 1.2a, wie zum Beispiel Schüttgut. Methoden mit einer ähnlichen Grundidee, der Interaktion von diskreten Partikeln, sind die Smoothed Particle Hydrodynamics (SPH), die vorwiegend in der Strömungsmechanik angewandt werden, sowie die Molekulardynamik zur Simulation der Interaktion von Atomen und Molekülen.  Die Mehrkörpersimulation (MKS): Bei der Mehrkörpersimulation wird die dynamische Bewegung mehrerer starrer, gekoppelter Körper beschrieben. Dabei unterliegt die Bewegung starken kinematischen Zwängen, das heißt die Körper bewegen sich auf

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Einführung

Bahnen, die durch kinematische Bewegungen von Stangen und Gelenken, wie sie in Abb. 1.2b dargestellt sind, vorgegeben werden. Ziel sämtlicher numerischer Verfahren ist die Approximation physikalischer Feldprobleme, welche unter dem Einfluss von Rand- und Volumenlasten stehen. Dabei wird die gebietsbeschreibende partielle Differentialgleichung in ein lineares Gleichungssystem überführt1 . Durch Lösen dieses linearen Gleichungssystems werden die Werte der primären Feldgröße berechnet. Sekundäre Feldgrößen lassen sich in der Folge im Nachlauf ermitteln.

1.2 Ursprünge der numerischen Verfahren bis zur FEM Das älteste numerische Verfahren ist das Finite-Differenzen-Verfahren (FD-Verfahren), welches von S TIRLING im Jahre 1730 publiziert wurde [48]. Einfache Anwendungen dieses Verfahrens folgten im Jahre 1755 durch E ULER für gewöhnliche Differentialgleichungen [19] und 1860 durch B OOLE für partielle Differentialgleichungen [10]. Im großen Stil wandte erstmals R ICHARDSON das FD-Verfahren im Jahr 1909 zur Festigkeitsberechnung eines Staudamms an, deren Ergebnisse 1911 veröffentlicht wurden. Dabei überführte er das physikalische Problem in ein lineares Gleichungssystem mit 250 Unbekannten [57]. Zum Lösen des Gleichungssystems stellte R ICHARDSON Schüler der lokalen high-school ein [57]. Er nannte seine Mitarbeiter boys oder auch computers2 . Bei R ICHARDSONs Berechnungen führten die abwechselnden positiven und negativen Vorzeichen in der Koeffizientenmatrix beim Lösen des Gleichungssystems zu Problemen [42, S. 325]. Die human computers von R ICHARDSON wurden im Akkord bezahlt und die schnellsten von ihnen schafften im Schnitt etwa 2000 Berechnungen der Art .x/2 C .y/2 pro Woche nach Abzug ihrer Fehler, bei einer Genauigkeit von drei Dezimalstellen [6, 32, 42, 57]. Ab dem Jahr 1913 arbeitete R ICHARDSON in der Meteorologie und versuchte während des ersten Weltkrieges im Jahre 1916 das Wetter mittels finiten Differenzen zu berechnen. Seine Berechnungen waren zwar fehlerhaft wegen der zu ungenauen Eingangsdaten in Verbindung mit einem zu groben Netz, jedoch waren die Arbeiten von R ICHARDSON bahnbrechend und wurden im Jahre 1922 als Buch veröffentlicht [43]. Auch in der heutigen Zeit stellt das FD-Verfahren noch eine wichtige Berechnungsgrundlage für Wettervorhersagen dar. Die zweitälteste numerische Methode ist das Stabgitterverfahren. Seine Anfänge reichen bis in das Jahr 1868 zurück, in dem K IRSCH das Kontinuum vom atomaren Standpunkt aus betrachtete und dabei Punkte (Atome) mit elastischen Stäben verband [30]3 . Da1

Im Falle nichtlinearer Probleme wird die Differentialgleichung in ein linearisiertes Gleichungssystem überführt. 2 Hierbei sei angemerkt, dass vor der Erfindung des elektronischen Rechners Menschen, die solche Berechnungen durchführten (z. B. Landvermesser oder auch Astronomen) als computers bezeichnet wurden [46]. 3 Bereits NAVIER [36], P OISSON [40] und C AUCHY [11] nutzten ähnliche Ideen, um das Kontinuum als System von Punkten zu beschreiben, die abhängig von ihrer Relativverschiebung über Kräfte miteinander interagieren.

1.2

Ursprünge der numerischen Verfahren bis zur FEM

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bei versuchte er die Stabquerschnitte der Gitterzellen anhand eines Gleichungssystems so zu bestimmen, dass das Verhalten der Gitterstruktur dem eines Kontinuums entspricht. Jedoch war das Gleichungssystem der Stabgitterstruktur statisch unbestimmt, weswegen der Aufwand zum Lösen des Gleichungssystems zu hoch war und die Idee bald wieder in Vergessenheit geriet. Erst im Jahre 1905 nahmen K LEIN und W IEGHARDT die Idee wieder für den 2D-Fall auf [31, 50]. Dabei äußerte K LEIN im Jahre 1905 die Vermutung, dass die Spannungsfläche eines elastisch-isotropen Fachwerks mit dreieckiger Gitterform bei zunehmender Netzverfeinerung in die A IRY’sche Spannungsfläche übergeht. Die Richtigkeit dieser Vermutung konnte W IEGHARDT im Jahr 1906 anhand eines Grenzübergangs mit finiten Differenzen für dreieckige und viereckige Gitterzellen belegen. Erste Berechnungen an einer mechanisch belasteten Struktur mit dem Stabgitterverfahren führte R IEDEL im Jahr 1927 auf Anregung von P RANDTL durch [44]. Es folgten weitere Beiträge im Jahre 1940 und 1941 von H RENNIKOFF [26, 27] und 1943 von M C H ENRY [33]. Die JournalVeröffentlichung von H RENNIKOFF [27] wird dabei oft in Verbindung mit den Anfängen der Finite-Elemente-Methode gebracht. Da bei den Betrachtungen der Veröffentlichungen von K IRSCH, W IEGHARDT, R IEDEL, H RENNIKOFF und M C H ENRY jedoch im Gegensatz zu Finiten Elementen kein integrales Verfahren als Grundlage verwendet wurde und zudem keine Ansatzfunktionen zur Approximation genutzt wurden, handelt es sich bei dem Stabgittermodell streng genommen um ein Verfahren, das sich im Vorgehen fast völlig von der Methode der Finiten Elemente unterscheidet. In der heutigen Zeit werden Stabgittermodelle vornehmlich für die Simulation von Rissen in homogenen und inhomogenen Werkstoffen [41], sowie zur thermomechanischen Lebensdauerberechnung verwendet [22, 24, 25]. Die drittälteste numerische Methode ist die Finite-Elemente-Methode (FEM). Die erste Finite-Elemente-Rechnung wurde dabei von C OURANT im Jahre 1943 an torsionsbeanspruchten Kastenprofilen durchgeführt [17]. Er setzte dabei nach der Diskretisierung des Gebiets einen Ansatz für die Verformung in eine integrale Formulierung ein, welche er aus der Variationsrechnung ableitete. Eine genauere Beschreibung des eingeschlagenen Rechenweges von C OURANT fehlt aber in seiner Veröffentlichung, so dass nicht genau klar wird, ob die Knotenpunkt-Parameter auch gleichzeitig die Unbekannten in seinem resultierenden Gleichungssystem sind. Wäre dies nicht der Fall, so könnte C OURANT gemäß eines kritischen Reviews von G UPTA nicht eine Mitbeteiligung an der FEM-Entwicklung zugesprochen werden [21]. Außerdem wurde der Methode von C OURANT zu jener Zeit von seinen Kollegen keine Beachtung geschenkt, da sie zu unpraktikabel großen Gleichungssystemen führte. Die nächste bahnbrechende Arbeit zur Methode der Finiten Elemente wurde Mitte des 20. Jahrhunderts in den USA von T URNER und C LOUGH [49] erstellt. Treibender Motor zur Entwicklung des Berechnungsverfahrens war, wie so oft, die Luftfahrtindustrie. Zu Beginn der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts existierte beim Flugzeughersteller B OEING ein Sommerprogramm zur Kooperation mit den Universitäten. C LOUGH, der seit 1949 als Assistant Professor am Department for Civil Engineering der UC Berkeley war und sich mit Schwingungen, wie sie bei Erdbeben auftreten beschäftigte, wurde für dieses

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Einführung

diskretisierter Teil der Flügelstruktur Teil der Flügelstruktur (wing box)

Rippe

Holmsteg

Holmgurt Deckblech

Abb. 1.3 Prinzipielle Darstellung einer diskretisierten Flügelstruktur in Anlehnung an die Veröffentlichung von T URNER et. al. [49]. Die komplexe Geometrie des Flügels wird in die geometrisch und mechanisch einfachen Balken- und viereckigen Plattenstücken zerlegt, für die Lösungen bestimmt werden können

Programm im Sommer 1952 angenommen. In der structural dynamics unit, der er zugeteilt wurde, arbeitete er mit dem erfahrenen Abteilungsleiter dieser Gruppe, T URNER, zusammen. Zwar waren die Ergebnisse dieses Jahres frustrierend für C LOUGH, jedoch wurde er ermuntert, das nächste Jahr wieder zu kommen, um ein mathematisches Modell eines Tragflügels zu erstellen. Im Sommer 1952 gelang die Erstellung eines solchen Modells, wie es beispielhaft in Abb. 1.3 dargestellt ist. Bei diesem Modell wurde der Flügel durch ein- und zweidimensionale Elemente ersetzt, die lediglich an den Ecken miteinander verbunden sind und deren Deformation durch stückweise stetige Funktionen beschrieben wird [15, S. 285]. Dieser Ansatz entspricht gerade der wesentlichen Idee der Finite-Elemente-Methode. Der Bericht, der am Ende des Sommers erstellt wurde, wurde schließlich 1956 unter dem Titel Stiffness and Deflection Analysis of Complex Structures von T URNER, C LOUGH, M ARTIN und T OPP im Journal of the Aeronautical Sciences veröffentlicht [49]. In diesem Bericht wird das Vorgehen jedoch noch nicht unter dem Namen „Finite-Elemente-Methode“, sondern mit dem damals üblichen Namen der DirectStiffness-Method bezeichnet4 . Unabhängig von C LOUGH arbeiteten A RGYRIS und K ELSEY vom Imperial College of Science and Technology der University of London zwischen November 1954 und Mai 1955 an Veröffentlichungen zum Thema Energy Theorems and Structural Analysis mit Bezug auf Flugzeugstrukturen [4]. Im Speziellen zeigten die Autoren die Äquivalenz zwischen 4

Siehe hierzu auch die Rede von C LOUGH zur Entstehungsgeschichte der FEM [15].

1.2

Ursprünge der numerischen Verfahren bis zur FEM

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der Kraftgrößenmethode (dem Prinzip der virtuellen Kräfte), die bis dahin für statisch unbestimmte Systeme favorisiert wurde, und der Weggrößenmethode (dem Prinzip der virtuellen Verschiebungen), welche in der FEM mündete. Ab 1959 führte A RGYRIS seine Forschungen an der Universität in Stuttgart (damals Technische Hochschule Stuttgart) weiter und gründete das Institut für Statik und Dynamik (ISD). Der von A RGYRIS für die Methode favorisierte Name war „Matrizenverschiebungsmethode“ oder „Matrix Force Method“. Der Name Finite-Elemente-Methode wurde erst 1960 von C LOUGH auf einer Konferenz in Pittsburgh, PA ins Leben gerufen, [12]. Die Motivation diesen Namen zu wählen war für C LOUGH offensichtlich die Tatsache, dass bei der Berechnung mit der FEM das ganze Gebiet in Teilgebiete endlicher Größe zerlegt wird. Dies steht im Gegensatz zu einer differentiellen Betrachtung mit unendlich kleinen Elementen [12]. Das Interesse an der FEM nahm schnell zu. Bei einem Seminar, das C LOUGH im Jahre 1960 an der Northwestern University in Illinois abhielt, unterhielt sich C LOUGH mit Z IENKIEWICZ über die Vor- und Nachteile der FEM und der Finite-Differenzen-Methode. Z IENKIEWICZ, der bis zu diesem Zeitpunkt die FDM favorisierte, erkannte jedoch schnell, dass die FEM gegenüber der FDM klare Vorteile besitzt [15]. Nach dem Gespräch zwischen C LOUGH und Z IENKIEWICZ hatte die FEM einen weiteren starken Fürsprecher gewonnen. Z IENKIEWICZ wechselte dann 1961 nach Swansea an die dortige Universität und widmete sein Forschungsinteresse der FEM bis zum Jahr 1988, in dem er pensioniert wurde. Als die Pioniere der FEM gelten somit T URNER, C LOUGH, A RGYRIS und Z IENKIE WICZ , wobei I RONS (ein Mitarbeiter von Z IENKIEWICZ ) und S CHARPF sowie F RIED (beide Mitarbeiter am ISD unter A RGYRIS) ebenfalls früh bedeutende Beiträge lieferten. Weitere frühgeschichtliche Aspekte zur FEM können in speziellen Veröffentlichungen von C LOUGH [13–16] und Z IENKIEWICZ [45, 54–56] nachgelesen werden. Obwohl die Vorteile der FEM zu Beginn klar erkannt wurden, fehlte der Methode zu Beginn noch der mathematische Beweis, dass mit ihr mechanische Probleme untersucht werden können und die numerischen Lösungen gegen die analytischen Ergebnisse konvergieren. Erst 1964 bemerkte P FISTER, ein Kollege von C LOUGH in Berkeley, die starken Analogien zum R AYLEIGH -R ITZ-Verfahren. Da außerdem bei der Verwendung linearer Ansatzfunktionen innerhalb eines Teilgebiets konstante Spannungen innerhalb dieses Teilgebiets auftreten, konnte ein Zusammenhang der Finite-Elemente-Methode mit dem Konzept von C OURANT festgestellt werden, bei dem ebenfalls eine Variationsformulierung genutzt wird, um die partiellen Differentialgleichungen in ein lineares Gleichungssystem zu überführen. Erst nach Erkenntnis dieser mathematischen Zusammenhänge wurde die FEM als Lösungsverfahren für mechanische Probleme vollwertig akzeptiert. Nachdem die FEM ihre Akzeptanz durch P FISTER in der Mechanik, anhand der mathematischen Beweise für elliptische Differentialgleichungen aus der Mechanik, erlangt hatte, wurde die Methode weiter ausgebaut. Dazu zählte die stetige Ergänzung der FEM durch Elementtypen von A RGYRIS, S CHARPF und F RIED [1–3] und die Entwicklung des isoparametrischen Konzepts durch I RONS im Jahre 1968 [29]. Zudem wurde die Methode bald außerhalb der Festkörpermechanik zur Berechnung der stationären Wär-

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Einführung

meleitung eingesetzt. Eine erste Anwendung der Methode zur Temperaturberechnung im stationären Fall wurde von W ILSON, der damals bei A EROJET in den USA arbeitete, im Jahre 1965 am Hitzeschild der Apollo Rückkehrkapsel durchgeführt [16, 51, 52]. Grundlage zur Berechnung war die Variationsformulierung, die B IOT in den Jahren 1955 bis 1958 beschrieb [7–9]. Eine erste Berechnung gekoppelter thermomechanischer Probleme erfolgte im Jahr 1968 von N ICKELL und S ACKMAN [38]. Die FEM wurde danach schnell auf andere physikalische Bereiche übertragen, so zum Beispiel 1970 von PARKUS auf das thermo-magnetische Feld [39]. Die Anwendung der FEM blieb zudem nicht auf elliptische Differentialgleichungen beschränkt. Erste Anwendung der FEM auf die transiente Wärmeleitung, welche eine parabolische Differentialgleichung darstellt, erfolgte im Jahre 1967 von N ICKELL und S ACKMAN [37] und 1968 von S PARROW [47]. Lösungen für hyperbolische Differentialgleichungen wurden unter anderem 1978 von C RESHO [18] vorgestellt. Ein Überblick über den Entwicklungsstand der FEM zur damaligen Zeit ist beispielsweise bei F INLAYSON [20] zu finden. Bis heute werden durch stetige Erweiterungen der Methode wie zum Beispiel durch die erweiterten Finiten Elemente (xFEM) [34] oder die isogeometrische Analyse (IGA) [28] die Möglichkeiten der FEM noch weiter ausgebaut. An dieser Stelle muss noch ein weiterer wesentlicher Aspekt erwähnt werden, der zum Erfolg der FEM beigetragen hat. Hätte in der Zeit um 1950 nicht parallel die Entwicklung von elektronischen Computern und der entsprechenden Computerprogramme zum Lösen von Gleichungssystemen stattgefunden, dann wäre die FEM, wie die FDM und die Stabgittermethode, ebenfalls zum Scheitern verurteilt gewesen. Der Grund hierfür ist, dass diese drei numerischen Methoden mitunter zu sehr großen Gleichungssystemen führen können, die von Hand nicht mit vertretbarem Aufwand zu lösen sind. Dabei stammt das Wort Computer, so wie wir es heute verwenden, im Wesentlichen von dem Begriff electronical numerical integrator and computer, oder ENIAC. Von diesem Begriff wurde lediglich das letzte Wort Computer übernommen, das bereits für die human-computers verwendet wurde. Die ENIAC wurde ab dem Jahre 1942 in den USA gebaut und ging 1946 in Betrieb. Sie besaß hauptsächlich Elektronenröhren und brauchte für eine Addition ca. 0,2 Millisekunden und für eine Multiplikation etwa 2,8 Millisekunden [5]. Als Maß für die Rechengeschwindigkeit eines Computers werden heute Fließkommaoperationen pro Sekunden verwendet (oder engl. Floating Point Operations Per Second – FLOPS). Während die ENIAC somit lediglich 100 FLOPS durchführen konnte, erreichten im Jahre 2009 die Computer über 1015 FLOPS [53]. Dies steht in einem enormen Gegensatz zu den 2000 Rechenoperationen der Art .x/2 C .y/2 , die ein human-computer von R ICHARDSON in einer Woche durchführen konnte. Nach Einführung der elektronischen Computer setzte sich in der Mechanik das effizienteste und mächtigste dieser Verfahren, die FEM, durch. Durch ihre stetige Erweiterung konnte sich diese Methode in vielen Bereichen etablieren. Ein Zeugnis des Erfolges ist auch die Vielzahl an kommerziellen Finite-Elemente-Softwarepaketen, die auf dem freien Markt erhältlich sind. Für einen guten Überblick über die wichtigsten dieser kommerziellen Programme soll hier jedoch lediglich auf NASDALA [35, S. 8] verwiesen werden.

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Grundidee der Finiten Elemente und der Aufbau dieses Buches

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1.3 Grundidee der Finiten Elemente und der Aufbau dieses Buches Die Grundidee der Finiten Elemente ist einfach: Die Lösung von Differentialgleichungen ist ein kompliziertes Unterfangen, das nur schwer zu automatisieren ist, während lineare Gleichungssysteme einfach mithilfe von Computern lösbar sind. Um nun das schwer lösbare Problem in das einfach lösbare zu überführen, wird zuerst, wie schematisch in Abb. 1.4 zu sehen ist, die sogenannte schwache Form gebildet. Diese Form, die auf unterschiedlichen Wegen bestimmt werden kann, ist eine integrale Form, die die Lösung des Feldproblems exakt beschreibt. In diese schwache Form werden nun sogenannte Ansatzfunktionen eingesetzt. Dies sind Funktionen, die bis auf einzelne Parameter, die Freiwerte, fest vorgegeben sind. Mit diesen Funktionen können die Integrale der schwachen Form ausgewertet werden, um ein lineares Gleichungssystem für die Freiwerte zu erhalten. Die Lösung dieses Gleichungssystems, die Freiwerte, werden daraufhin in die Ansatzfunktionen eingesetzt. Das Resultat dieses Vorgangs ist eine Näherungsfunktion für die Lösung des ursprünglichen Feldproblems. Der Aufbau dieses Buches folgt dieser Grundidee. Zunächst wird in Kap. 2 die physikalische Problemstellung der Minimumsbildung eines Potentials anhand der geschichtlichen Entwicklung aufgezeigt. Anschließend wird in Kap. 3 die mathematische Lösung dieser Minimierungaufgaben mit der Variationsrechnung besprochen und dargelegt, wie mithilfe dieser Form ein Potentialproblem in die schwache Form überführt werden kann. Das Kapitel schließt mit einer alternativen Methode zur Bildung der schwachen Form, dem Verfahren von G ALERKIN, mit dem auch für Probleme ohne Potential alleine anhand der Differentialgleichung die schwache Form generiert werden kann. Kap. 4 führt die Ansatzfunktionen ein. Es wird dabei auf gängige Ansatzfunktionen für ein- und mehrdimensionale Probleme und ihre Eigenschaften eingegangen. Darauffolgend wird in Kap. 5 gezeigt, wie aus der schwachen Form und den Ansatzfunktionen ein lineares Gleichungs-

Abb. 1.4 Zusammenfassung der Idee der Finiten Elemente: Das Potential oder die Differentialgleichung eines Problems wird in die schwache Form überführt. Diese wird mit Ansatzfunktionen diskretisiert, um zu einem mit Computern lösbaren linearen Gleichungssystem, der FEForm, zu gelangen

Energie, Potential Π

GALERKIN-Ansatz

n(x) Fˆ1

Fˆ2 u ˆ1

Schwache Form des Feldproblems

u ˆ2

Ansatzfunktionen

FE-Formulierung

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Einführung

system berechnet werden kann. Hierbei wird systematisch erklärt, wie bei einer beliebigen schwachen Form mit beliebigen Ansatzfunktionen die Finite-Elemente-Form aufgestellt und gelöst werden kann. Außerdem wird angesprochen, wie Randbedingungen in das System eingebracht werden können. Die nächsten beiden Kapitel verallgemeinern das bisherige Verfahren, indem in Kap. 6 gezeigt wird, wie auch verzerrte Elemente mit der isoparametrischen Transformation berechnet werden können, und in Kap. 7 die rechnergestützte numerische Integration eingeführt wird. In Kap. 8 wird gezeigt, wie aus dem Ergebnis der Finite-Elemente-Rechnung abgeleitete Größen, wie zum Beispiel Spannungen und Dehnungen, in einer Nachlaufrechnung bestimmt werden können. Im vorletzten Kap. 9 wird anhand des Gelernten besprochen, wie einige Eigenschaften von bestimmten Finiten Elementen analysiert werden können. Den Abschluss bildet eine kleine Sammlung von Anwendungsbeispielen, die das in den vorigen Kapiteln besprochene Illustrieren und die Eigenschaften der Finiten Elemente, die theoretisch bestimmt wurden, auch praktisch demonstrieren.

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2

Physikalische Grundlage der FEM

Das Ziel der Anwendung der Finite-Elemente-Methode (FEM) ist die Berechnung einer numerischen Lösung für ein Feldproblem, wann immer eine analytische Lösung schwierig oder unmöglich ist. Um dies zu ermöglichen, muss bei der FEM das physikalische Feldproblem so umformuliert werden, dass es in ein lineares Gleichungssystem überführt werden kann, da dieses im Gegensatz zu einer partiellen Differentialgleichung mit Computern einfach lösbar ist. In diesem Kapitel soll der erste Schritt dieses Vorgehens gezeigt werden. Hierzu wird ausgenutzt, dass viele physikalische Problemstellungen nicht nur über ihre Differentialgleichung beschrieben werden können, sondern sich zugleich als Extremwertaufgabe formulieren lassen. Beispiele hierfür sind das Prinzip vom Minimum der potentiellen Energie in der Elastostatik oder das Prinzip der stationären Wirkung der Dynamik. Diese Extremwertprinzipien1 , die nachfolgend vorgestellt werden, können mathematisch mit der Variationsrechnung, die im darauffolgenden Kapitel eingeführt wird, gelöst werden.

2.1

Extremwertprinzipien in der Physik

Die Frage nach den Gesetzmäßigkeiten und Prinzipien der Physik geht bis weit in die Antike zurück. Schon A RISTOTELES ging dieser Frage nach und soll bereits geäußert haben, dass in der Natur das Gesetz der möglichsten Einfachheit gelte [45]. Zu ähnlichen Ergebnissen, die sich zu der Aussage zusammenfassen lassen, dass physikalische Vorgänge den Weg des geringsten Widerstandes gehen, kamen in der Antike und im Mittelalter viele weitere Wissenschaftler und Philosophen. Beispielhaft seien hier nur folgende genannt: 1

Im Prinzip lässt sich jede Approximation eines physikalischen Feldproblems dadurch als Extremwertaufgabe darstellen, dass ein Minimum des Approximationsfehlers gefordert wird.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 M. Hahn, M. Reck, Kompaktkurs Finite Elemente für Einsteiger, https://doi.org/10.1007/978-3-658-22775-3_2

13

14

2

Physikalische Grundlage der FEM

A) A RCHIMEDES und H ERON fanden nach diversen Versuchen mit Hebeln und Flaschenzügen eine Gesetzmäßigkeit, die im weitesten Sinne dem Prinzip der virtuellen Verschiebungen entspricht [45]. Die Formulierung dieses Prinzips, wie sie bis heute in Lehrbüchern zu finden ist, wurde jedoch erst im Jahre 1717 von J OHANN B ERNOULLI niedergeschrieben. In der Zwischenzeit wurde das Prinzip der virtuellen Arbeit aber bereits nachweislich von einem dominikanischen Mönch mit dem Namen J ORDANUS DE N EMORE oder J ORDANUS N EMORARIUS zur Lösung von Problemen der Statik genutzt [52, 53]. B) H ERON sprach dem Reflexionsgesetz der Optik eine Minimalaussage zu, die später durch das Prinzip der kleinsten Zeit von F ERMAT im Jahre 1657 in schriftlicher Form bestätigt und im Jahre 1662 veröffentlicht wurde [45]. C) L EIBNIZ schuf im Jahre 1695 mit den Begriffen der vis viva (lebendige Kräfte) und vis mortua (tote Kräfte) ein mechanisches Konzept, das über Umwege auf den Energieerhaltungssatz führte [54]. Im heutigen Sinn versteht man unter vis viva die kinetische Energie und unter vis mortua die potentielle Energie. Obwohl der Kraftbegriff nichts mit einer Energie gemeinsam hat, so haben sich doch die beiden Begriffe vis viva und vis mortua in der Mechanik bis in das erste Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts gehalten. Auch heute noch wird der Begriff vis viva für die kinetische Energie in der Himmelsmechanik bzw. Bahnmechanik verwendet. D) M AUPERTUIS publizierte im Jahre 1740, dass ein unter der Einwirkung von Zentralkräften stehendes materielles Körpersystem sich in Ruhe befindet, wenn die Summe gewisser Produkte, die für jeden Teilkörper zu bilden sind, ein Maximum oder Minimum ist. (nach S ZABÓ [54, S. 92])

Im Jahre 1746 verkündete er die Findung eines universellen Prinzips, nämlich, dass wenn in der Natur irgendeine Änderung eintritt, dann ist die für die Änderung nötige Aktionsmenge die kleinst mögliche. (nach S ZABÓ [54, S. 93])

Die Aktionsmenge A definiert M AUPERTUIS dabei als Z AD

Z m v ds D

m v 2 dt :

(2.1)

Dabei bezeichnet m eine Masse, v ihre Geschwindigkeit und s die Strecke, die diese Masse in der Zeit t zurücklegt. E) J OSEPH -L OUIS DE L AGRANGE fasste im Jahre 1788 eine Formulierung von D ’A LAM BERT zu einem allgemeingültigen Prinzip zusammen, das später von H AMILTON zum Prinzip der kleinsten Wirkung, das auch als Prinzip der stationären Wirkung bezeichnet wird, weiter entwickelt wurde. Dieses Prinzip lässt sich in der heute üblichen

2.1 Extremwertprinzipien in der Physik

15

Form2 über die L AGRANGE-Bewegungsgleichung d dt



@L @qPj

 

@L D 0; @qj

(2.2)

formulieren, in der LDT U

(2.3)

die L AGRANGE-Funktion, T die kinetische Energie und U die potentielle Energie bezeichnet. Bei diesem Vorgehen wird die L AGRANGE-Funktion L, eine Energiefunktion, bezüglich der allgemeinen Koordinaten qi minimiert. F) Aus dem Minimum der Aktionsmenge leitete H AMILTON im Jahr 1834 und 1835 das nach ihm benannte H AMILTON’sche Prinzip ab, das auch als Prinzip der stationären Wirkung bezeichnet wird [19, 20]. Dabei ist zu beachten, dass H AMILTON bei der Definition seiner Wirkung gerade die L AGRANGE-Funktion (2.2) über die Zeit integriert. Das Prinzip von H AMILTON sagt aus, dass die Wirkung S, also das Zeitintegral über die L AGRANGE-Funktion L, einen extremalen Wert einnimmt [54, S. 134] Z SD t

Z ıS D

 

 …pot.  …kin. dt D 

Z L dt D Extr. t

(2.4)

Z

ı…pot.  ı…kin. dt D

t

bzw.

ıL dt D 0 :

(2.5)

t

Darin ist …pot. die potentielle Energie, …kin. die kinetische Energie und L die L A GRANGE -Funktion. Außerdem wird das Zeichen ı verwendet, welches die Variation bezeichnet, die in Kap. 3 im Detail eingeführt wird. G) L EONHARD E ULER nutzte im Jahre 1773 das von DANIEL B ERNOULLI entdeckte Prinzip, nämlich dass für einen Balken mit der Länge ` die Biegelinie genau der Linie entspricht, bei der ein Minimum des Integrals der quadratischen Krümmungen  vorliegt, wobei die Krümmung  in den Krümmungsradius r mittels der Beziehung r D 1 umgerechnet werden kann. Es gilt also Z `

1 ds D r2

Z  2 ds D Min.

(2.6)

`

Diese Gleichung ist proportional zur elastischen Energie eines Festkörpers, welche nach Multiplikation mit dem Elastizitätsmodul, dem Flächenträgheitsmoment und dem 2 Die Originalfassung, die, wie JACOBI [21, S. 110] anmerkt, nach dem heutigen Stand der Forschung nur schwer interpretierbar ist, ist in einer Veröffentlichung von L AGRANGE aus dem Jahre 1811 [27, S. 251] zu finden.

16

2

Physikalische Grundlage der FEM

Faktor 12 der inneren Energie des Balkens entspricht. Dies wird im Abschn. 2.2 vertieft. E ULER beschreibt das Thema, mit einer zur damaligen Zeit üblichen theologischen Note, wie folgt: Da nämlich die Einrichtung der ganzen Welt die vorzüglichste ist, und da sie von dem weisesten Schöpfer herstammt, wird nichts in der Welt angetroffen, woraus nicht irgendeine Maximum- oder Minimumeigenschaft hervorleuchtet, deshalb kann kein Zweifel bestehen, dass alle Wirkungen in der Welt, ebenso wohl durch die Methode der Maxima oder Minima, aus den Zwecken wie aus den wirklichen Ursachen selbst abgeleitet werden können. (nach S TRAUB [52, S. 112])

Neben der elastischen Linie für einen Balken zeigte E ULER ebenfalls in der Veröffentlichung von 1773, dass Knickprobleme von Balken durch Berechnung der Eigenwerte gelöst werden können, indem die das Problem beschreibende homogene Differentialgleichung gelöst wird [25, 54]. Da die Biegelinie aus (2.6) hervorgeht, kann gezeigt werden, dass die Eigenwerte einen minimalen Energiezustand repräsentieren [2]. H) C ARL F RIEDRICH G AUSS zeigte im Jahre 1829, dass minimal gezwängte Bewegungen in großer Übereinstimmung mit den freien Bewegungen in der Natur ablaufen. Aus dieser Tatsache leitete er das Prinzip des kleinsten Zwanges Z ab [54, S. 136]. ZD

  Fi 2 mi a i  D Min. mi i D1

n X

(2.7)

Durch Bilden der ersten Variation bezüglich der Beschleunigungen ai der n interagierenden Körper kann aus diesem Prinzip das D ’A LAMBERT’sche Prinzip gewonnen werden.   Fi ıZ D 0 D 2 mi a i  ıai mi i D1 n X

(2.8)

Da der quadrierte Term in der Definition des Zwangs (2.7) gerade den Fehler der Beschleunigung nach N EWTON beinhaltet, kann das Prinzip als Minimierung des mit der Masse gewichteten quadratischen Fehlers der Beschleunigungen interpretiert werden. I) Das innere Potential eines elastischen Festkörpers wurde aus den Hauptsätzen der Thermodynamik, im speziellen aus den Arbeitsdiagrammen der Motoren, entwickelt. Beginnend veröffentlichte S ADI C ARNOT im Jahre 1824 einen Artikel mit Bezug zur thermodynamischen Arbeit in einer Dampfmaschine [4]. C ARNOT bewies in diesem Artikel ohne Mathematik, dass die Arbeit einer Dampfmaschine proportional zu der vom Boiler zum Kondensator transformierten Wärme ist. Auch bemerkte C ARNOT, dass ein Teil der Wärme an die Umgebung abgegeben wird, weshalb der Wirkungsgrad kleiner als eins ist [4]. Die Veröffentlichung von C ARNOT zur Arbeit in der Thermodynamik wurde im Jahr 1834 von C LAPEYRON mathematisch umschrieben und grafisch dargestellt [8, 25]. Bemerkenswert ist aber, dass C LAPEYRON ab dem Jahr 1833

2.1 Extremwertprinzipien in der Physik

17

die Idee von C ARNOT erweiterte und die innere Energie in elastischen Festkörpern bestimmte, welche mechanisch belastet werden [9, 10]. In der Folge veröffentlichte L AMÉ im Jahre 1852 ein Buch über die mathematische Theorie von elastischen Körpern, in welchem er die Berechnung der elastischen Arbeit mit dem von ihm bezeichneten Theorem von C LAPEYRON vornahm [28, S. 80–92]. Derweil arbeiteten G EORGE G REEN und D IRICHLET ebenfalls mit dem elastischen Potential von Festkörpern. G REEN zeigte im Jahr 1842 mittels Einführung einer Potentialfunktion in einer Volumeneinheit, dass mit der Potentialfunktion die differentiellen Gleichgewichte des Körpers und die Gleichgewichte an dessen Oberfläche gefunden werden können. Die Arbeit von G REEN befasste sich dabei im Wesentlichen mit der Reflexion und Refraktion von Licht an zwei nicht-kristallinen Oberflächen [15, 16]. In der Folge verfasste D IRICHLET im Jahre 1846 einen Artikel über die Stabilität des Gleichgewichts in mechanisch belasteten Festkörpern [11]. Aus diesem Grund wird in der heutigen Zeit das Potential von elastischen Festkörpern oft nach D IRICHLET und G REEN bezeichnet, obwohl bereits C LAPEYRON die Basis für diese gelegt hat. Die Interpretation der mechanischen Arbeit und der elastischen Energie in Festkörpern wurde dann im Jahr 1855 von W EISBACH, anhand von experimentellen Daten als Fläche unterhalb der Kurve des Kraft-Weg-Diagramms, vorgenommen [25, 26, 58]. Je nach Vorzeichendefinition der einzelnen Terme für die Arbeit folgt gemäß C LAPEYRON, D IRICHLET und G REEN im Gleichgewicht ein Minimum oder ein Maximum der Wirkung. Für das statische Gleichgewicht muss entweder eine minimale oder eine maximale Energie dissipiert werden. In der Statik wird dieses Prinzip als das Prinzip vom Minimum der potentiellen Energie bezeichnet, sofern das innere Potential mit positivem und die äußere Arbeit mit negativem Vorzeichen definiert wird. Gemäß dieser Vorzeichenregel wird Energie an die Umgebung dissipiert, was in Übereinstimmung mit den thermodynamischen Beobachtungen von C ARNOT ist, wonach Energie von Wärmekraftmaschinen an die Umgebung verloren geht. Mathematisch ausgedrückt gilt …ges. D …i C …a D Min.

bzw.

ı…ges. D ı…i C ı…a D 0 ;

(2.9)

wobei …ges. das Gesamtpotential ist, …i das innere Potential der Struktur (oder die innere Arbeit), welche die Struktur unter einer von außen einwirkenden Last verrichtet und …a das äußere Potential der Last. J) M AXWELL beschreibt im Jahre 1864 auf sehr elegante Art und Weise mittels Energiemethoden ein neues Verfahren für statisch unbestimmte Fachwerke, welche bis dahin noch nicht berechnet werden konnten [29]. Als Grundlage zu seiner Idee bezieht er sich auf das Buch von L AMÉ [28], in welchem das Theorem von C LAPEYRON verwendet wird. Zur Berechnung von statisch unbestimmten Systemen berechnete M AXWELL mit den Energiemethoden die Verschiebungen der Knotenpunkte von Fachwerkstrukturen, an denen die statisch unbestimmten Stabkräfte angreifen. Aus der Forderung, dass die Relativverschiebung der Oberflächen der Schnitte durch die Stäbe verschwin-

18

2

Physikalische Grundlage der FEM

den muss3 , ergibt sich ein Gleichungssystem zur Berechnung der statisch unbestimmten Stabkräfte. Da diese Arbeit von M AXWELL bei den Ingenieuren relativ unbeachtet blieb, veröffentlichte OTTO M OHR im Jahre 1874 nochmal einen allgemein gefassten Artikel zur Berechnung statisch unbestimmter Fachwerksysteme. Dabei berechnete M OHR mittels der Elastizität des Tragwerks, ohne Zuhilfenahme von Energiemethoden, Verschiebungen an Systemen, die durch Schnitte durch Teile des Systems statisch bestimmt gemacht wurden. Da das aufgeschnittene System klaffungsfrei sein muss, müssen die Relativverschiebungen an den Schnitten verschwinden. Auch bei diesem Verfahren ergibt sich ein Gleichungssystem zur Bestimmung der statisch unbestimmten Kräfte [33–35]. Hierzu kann ein Artikel von K NOTHE empfohlen werden [24], in dem weitere Details aufgeführt werden. Ebenfalls aufschlussreich ist aber auch die Habilitationsschrift von P RANGE, in welcher all diese Zusammenhänge im Detail dargestellt werden [46]. K) Im Jahre 1858 zeigte M ENABREA, dass die Arbeit in einem Tragwerk, welches unter externen Lasten steht, ein Minimum annimmt [31]. Über dieser Erkenntnis ging C AS TIGLIANO in der Folge weit hinaus und stellte noch weitere Theoreme auf. Wird die innere Energie …i als Funktion der Verschiebung uj ausgedrückt, so besagt das erste Theorem von C ASTIGLIANO, dass die Ableitung dieser Energie nach der Verschiebung die Kraft Fj an der Stelle in Richtung der Verschiebung ergibt [5, 25]. @…i .: : : uj ; : : :/ D Fj @uj

(2.10)

Das zweite Theorem von C ASTIGLIANO ist gerade die Umkehrung des ersten Theorems. Es besagt, dass die Ableitung der inneren Energie …i , dargestellt als Funktion der Kraft Fj , nach dieser Kraft gerade die Verschiebung uj am Kraftangriffspunkt in Richtung der Kraft ergibt [5, 25]. @…i .: : : Fj ; : : :/ D uj @Fj

(2.11)

Das dritte Theorem von C ASTIGLIANO ist mit dem Satz von M ENABREA identisch und gibt an, dass die Spannungen im Inneren eines Körpers bzw. einer Struktur nach deren Verformung so verteilt sind, dass die innere Arbeit ein Minimum darstellt [5, 25]. L) Das Prinzip der kleinsten Formänderungsarbeit wurde ab dem Jahre 1882 von F RÄN KEL verwendet, um statisch unbestimmte Systeme in Anlehnung an die Arbeiten von C ASTIGLIANO und M ENABREA zu lösen [6, 14, 25]. In den Jahren ab 1883 hat M ÜL LER -B RESLAU diese Methodik weitergeführt, indem er unter anderem zeigte, dass die Methode von M OHR für statisch unbestimmte Systeme äquivalent zur geringsten Formänderungsarbeit von C ASTIGLIANO und M ENABREA ist [25, 37–43]. 3

Dies wird auch als Forderung der kinematischen Verträglichkeit bezeichnet.

2.1 Extremwertprinzipien in der Physik Potential Π

19 Πi

Πges = Πi + Πa x

Πi = –Πa ≠ Gleichgewicht Πi + Πa = Min. = Gleichgewicht Πa

Abb. 2.1 Grafische Darstellung der Summe der mechanischen Arbeiten. Der Gleichgewichtspunkt liegt gerade am Minimum dieser Summe

M) Im Jahre 1877 und 1878 verwendete R AYLEIGH die Energieformulierung – und nicht die Differentialgleichung – um akustische Schwingungen zu beschreiben [48, 49]. Die Methodik wurde von R ITZ mit der Verwendung von Variationsmethoden verallgemeinert [50, 51]. Es wird dabei ausgenutzt, dass im Gleichgewichtszustand ein Extremwert der Energie vorliegt. Durch Einsetzen eines Ansatzes in die integrale Form der Energie kann durch die Forderung, dass die Ableitungen bezüglich der Freiwerte des Ansatzes verschwinden, dieses Minimum für den gegebenen Ansatz gefunden werden. Der Ansatz muss dabei lediglich die Randbedingungen des gegebenen physikalischen Problems erfüllen. Auf dieses Verfahren wird aufgrund der Ähnlichkeit zur Methode der Finiten Elemente im Abschn. 3.3 noch detaillierter eingegangen. Ein Gegenstück zu dem Verfahren von R ITZ, bei dem nicht die Energieformulierung, sondern die Differentialgleichung mit einem Ansatz gelöst wird, wurde im Jahre 1926 von T REFFTZ vorgestellt [56]. Hierbei erfüllt der Ansatz zwar die Differentialgleichung des Problems, nicht aber die Randbedingungen. N) M ÜLLER und T IMPE legten in einem Artikel von 1907 ausführlich den Zusammenhang zwischen dem elastischen Potential der Mechanik und der Thermodynamik dar [36]. Dabei werden mittels des ersten Hauptsatzes der Thermodynamik adiabate und isotherme Zustandsänderungen des Festkörpers diskutiert. Diese Begründung ist insofern wichtig, da die Minimumsforderung der Gesamtenergie in der Statik darauf basiert, dass ein Maximum an Energie dissipiert wird4 . Dieser Umstand wird in der grafischen Darstellung der Gesamtenergie (Abb. 2.1), die sich aus innerer und äußerer Energie zusammensetzt, ersichtlich. Im Weiteren erfolgt in demselben Artikel von M ÜLLER und T IMPE eine Begründung, warum ein elastisches Potential existieren muss, mittels den Ausführungen in den Veröffentlichungen nach NAVIER, G REEN und H AMILTON. O) In einer Abhandlung über das Prinzip der kleinsten Wirkung von Leibniz bis zur Gegenwart geht K NESER unter Anderem auf die allgemeine Relativitätstheorie von 4

Dies wird in der Thermodynamik auch als das Prinzip vom Maximum der Entropie bezeichnet [3].

20

P)

Q)

R)

S)

2

Physikalische Grundlage der FEM

A LBERT E INSTEIN ein. K NESER erläutert, dass E INSTEIN das Prinzip von H AMIL TON verwendete, um die charakteristischen Eigenschaften des Gravitationsfelds zu bestimmen [23, S. 40]. Die volle Gleichwertigkeit der Deformationsmethode (bei der Verschiebungen mittels den gegebenen Lasten berechnet werden) und der Kraftgrößenmethode (bei dem Kräfte / Momente aus den gegebenen Verschiebungen berechnet werden) wurde im Jahre 1916 in der Habilitationsschrift von P RANGE bewiesen [46], die jüngst von K NOTHE diskutiert wurde [24]. Da bereits früher gezeigt wurde, dass die Grundlage der beiden Prinzipien die Variationsrechnung ist, konnte P RANGE die beiden Verfahren mittels einer L EGENDRE- oder kanonischen Transformation ineinander überführen. Da die Habilitation von P RANGE bei den Ingenieuren kaum bekannt wurde, veröffentlichte P RANGE einen weiteren Artikel im Jahre 1919 in der Zeitschrift für Architektur und Ingenieurwesen [47]. Die Gleichwertigkeit der Deformationsmethode und der Kraftgrößenmethode wurde im Jahre 1957, mit Einführung der Finite-Elemente-Methode (FEM), auch von A RGYRIS anhand Gegenüberstellung der beiden Vorgehensweisen gezeigt [1]. Mit Einführung der Quantenphysik in den Jahren 1925–1935 zeigte sich, dass die bisherige makroskopische Beobachtung der stationären Wirkung auch im atomaren Bereich anzutreffen ist, was aber nicht sonderlich verwundert, da beide Skalen miteinander verknüpft sind. In der Atomphysik stellen die minimalen Energiezustände die Eigenfunktionen der zeitunabhängigen S CHRÖDINGER-Gleichung dar. Das einfachste Atommodell ist ein Zweimassenschwinger, wobei die Eigenwerte des Atommodells als Quantenzahlen bezeichnet werden, siehe hierzu unter anderem N OLTING [44, S. 86] und M ESCHEDE [32, S. 698–704]. Bei Mehrfeldproblemen, die durch die Kopplung der Differentialgleichungen verschiedener Felder entstehen, lässt sich durch Experimente zeigen, dass auch hier neben der Lösung der Differentialgleichungen die Beschreibung über ein Minimum der Gesamtenergie zu richtigen Ergebnissen führt [17, 30, 57]. Durch der Kopplung der Felder findet lediglich ein Energieaustausch infolge der Interaktion zwischen den Feldern statt. Das Problem instationärer Feldprobleme wurde ebenfalls hinsichtlich der Frage diskutiert, ob diese überhaupt mit Variationsproblemen behandelt werden dürfen. Da z. B. für physikalische Probleme, die durch eine parabolische Differentialgleichung mit nur einfacher zeitlicher Ableitung, so wie es bei der instationären Wärmeleitung der Fall ist, kein Potential existiert, war lange unklar, ob die Variationsformulierung mathematisch korrekt ist, obwohl eine Übereinstimmung experimenteller Ergebnisse mit den Lösungen, die aus dieser gewonnen werden können, nachgewiesen wurde. Ein mathematischer Beweis, dass diese Formulierung zulässig ist, wurde von F INLAYSON im Jahre 1983 erbracht, indem er eine Transformation der Differentialgleichung in den L APLACE-Raum vornahm [13]. Jedoch konnte auch F INLAYSON nicht zeigen, dass für alle Fälle der instationären Wärmeleitung ein Funktional existiert. Für solche Fäl-

2.2 Potentielle Energie elastischer Festkörper

21

le, bei denen kein Funktional gefunden werden kann, verwies F INLAYSON darauf, dass die Least-Squares-Methode stets verwendet werden kann, um ein mathematisch motiviertes Funktional für das Feldproblem aufzustellen. Die oben aufgeführten Punkte münden somit letztendlich im Prinzip vom Minimum der potentiellen Energie in der Statik, dem Prinzip der kleinsten Wirkung in der Dynamik und dem Maximum der Entropie im Gleichgewicht. Außerdem kann festgestellt werden, dass diese Energieminimierungprinzipien der Festkörpermechanik eine Evolution in der numerischen Mathematik ausgelöst haben. Dies liegt darin begründet, dass diese integralen Prinzipien, wenngleich sie im Experiment nur schwer zu messen sind, in der numerischen Mathematik auf vergleichsweise einfach mit der Methode der Finiten Elemente zu approximierende Gleichungen führen. Die Erweiterung der Minimalprinzipien auf Problemstellungen, die nicht der Mechanik entspringen, verleiht diesen zudem die Möglichkeit, beliebige physikalische Problemstellungen näherungsweise zu lösen.

2.2 Potentielle Energie elastischer Festkörper Wie im vorherigen Abschnitt ausgeführt wurde, richtet sich die Natur nach dem Prinzip der kleinsten Arbeit. Diese Arbeit kann nicht für alle Bereiche der Physik mathematisch beschrieben werden, ist jedoch in der Mechanik bekannt und wird im Rahmen des vorliegenden Buches zum Zwecke der Diskretisierung mittels finiten Elementen verwendet. Deswegen wird in diesem Abschnitt die geleistete innere Arbeit oder innere Energie der Festkörpermechanik angegeben in Verbindung mit der äußeren Arbeit bzw. äußeren Energie. Im Zuge dessen werden Begriffe aus der Festigkeitslehre gebraucht, z. B. Spannungen oder Dehnungen, die hier nicht weiter erklärt werden. Diese Begrifflichkeiten können in der hierfür speziellen Literatur nachgelesen werden, zum Beispiel bei BALKE [2], C HOU [7], E SCHENAUER [12], H AHN [18], K IENZLER [22] oder T IMOSHENKO [55]. Voraussetzung zur Aufstellung der Energieprinzipien in der Statik und den daraus abgeleiteten Grundgleichungen in der Festkörpermechanik sind:  Die Idee des absolut starren Körpers muss hier aufgegeben werden. Jeder Körper verformt sich infolge externer Lasten und bildet einen inneren Kraftfluss, der über die Spannungen im Inneren beschrieben wird. Diese resultieren in Dehnungen, die im Gegensatz zu den Spannungen gemessen werden können.  Es wird nur der Zustand betrachtet, in dem sämtliche dynamischen Anteile der Verformung, die aus der Lastaufbringung resultieren, bereits dissipiert wurden.  Die Änderungen der Temperatur, die durch die Verformung hervorgerufen werden, und die daraus resultierenden Wärmeflüsse werden vernachlässigt.  Außerdem wird aus Gründen der Übersichtlichkeit angenommen, dass der Anfangszustand der betrachteten Systeme spannungsfrei ist.

22

2

x

M

z y

F

Physikalische Grundlage der FEM Freischnitt verformt

Freischnitt unverformt Mb M FL F s

FQ



w

Abb. 2.2 An einem Stabbalken greifen eine Kraft und ein Moment an. Dabei verschiebt sich der Angriffspunkt dieser Lasten, wodurch eine äußere Arbeit verrichtet wird. Die innere Arbeit der Struktur wird aus den Freischnittreaktionen bestimmt

2.2.1

Äußere und innere Arbeit bei Stäben und Balken

Bei der mechanischen Belastung von Strukturen entstehen im Inneren des Körpers Reaktionskräfte und Reaktionsmomente, die der äußeren Last entgegenwirken, um in jedem Punkt das Kräfte- und Momentengleichgewicht zu erfüllen. Diese wiederum führen zu einer Energie, die im Körper als Deformationsenergie gespeichert ist. Die Beträge dieser inneren und äußeren Lasten sind wie in Abb. 2.2 dargestellt gleich, jedoch sind die Richtungen entgegengesetzt. Gemäß den Gesetzen der Physik ist die Arbeit einer äußeren Kraft F entlang des Weges s Zs Zs F  ds D F cos ˛ ds ; (2.12) WF D sD0

sD0

dabei ist WF das Integral über das Skalarprodukt des Kraftvektors mit dem infinitesimalen Verschiebungsvektor, das mittels des Winkels ˛ zwischen dem Kraftvektor F und dem Weginkrement s in einen skalare Ausdruck überführt werden kann. Eine analoge Beziehung für die Arbeit WM aus dem Moment M entlang des Drehwinkels ' ergibt sich (für kleine Verdrehungen) zu Z' Z' M  d' D M cos.˛/ d' (2.13) WM D 'D0

'D0

Sind in diesen beiden Arbeitstermen die äußere Kraft und der Weg bzw. das äußere Moment und der Drehwinkel gleichgerichtet (F k s und M k ' bzw. ˛ D 0), so vereinfachen sich die beiden Gleichungen (2.12) und (2.13) zu Zs WF D

Z' F ds D F s

sD0

und

WM D

M d' D M ' :

(2.14)

'D0

Anhand dieses Integrals nimmt die äußere Arbeit WF und WM linear über den Weg s bzw. den Drehwinkel ' zu. Diese Arbeit entspricht, wie in Abb. 2.3 zu sehen ist, der Fläche unter der Kurve F .s/ bzw. M.'/.

2.2 Potentielle Energie elastischer Festkörper

23

F, M WF , W M s, ϕ

Abb. 2.3 Die äußere Arbeit wird durch das Skalarprodukt der Kraft F und dem Weg s bzw. M und ' gebildet. Dabei entspricht die Arbeit der Fläche unter der Kurve, welche in diesem Fall ein Rechteck ist

Gemäß dem Freischnitt in Abb. 2.2 sind die Schnittreaktionen Mb D M , FQ D 0 und FL D F . Durch die Kraft FL entstehen im Stabbalken Längsspannungen und durch das Biegemoment Mb Biegespannungen. Beide Spannungen sind voneinander entkoppelt, da die gebietsbeschreibenden Differentialgleichungen keine Koppelterme beinhalten. Die innere Arbeit UF kann nun zunächst für die Längskraft FL .z/ berechnet werden. Dabei verschiebt sich die Längskraft im Inneren des Stabes um den Wert der lokal vorliegenden Dehnung ".z/ Z ` Z".z/ FL .z/ d".z/ dz : UF D

(2.15)

zD0 "D0

Für die Kraft FL kann die Beziehung FL .z/ D .z/ A.z/ verwendet werden Z ` Z".z/ UF D

.z/ A.z/ d".z/ dz zD0 "D0

Z Z".z/ D

.z/ d".z/ d mit d D A.z/ dz :

(2.16)

 "D0

Dieses Integral gilt zunächst für den Fall, dass das Material ein nicht lineares Werkstoffverhalten hat. Wird im Weiteren das Materialgesetz eines linear elastischen Werkstoffs

D E " verwendet, worin E das Elastizitätsmodul des Werkstoffs ist, so folgt weiter Z Z".z/ E ".z/ d".z/ d UF D  "D0

Z

D

1 E "2 .z/ d 2

(2.17)

1

.z/ ".z/ d : 2

(2.18)



Z

D 

24

2

Abb. 2.4 Die innere Arbeit eines Werkstoffs entspricht der Fläche unter der Kurve ."/. Im linear-elastischen Fall ist diese Fläche ein Dreieck

Physikalische Grundlage der FEM σ

UF , UM

ε

Aus dem Integral (2.17) folgt, dass die innere Arbeit quadratisch von den Dehnungen und damit von den Verschiebungen abhängt, wenn ein linear-elastisches Materialverhalten vorliegt. Die volumenspezifische Deformationsarbeit ist dabei die Fläche unter der Spannungs-Dehnung-Kurve, welche, wie in Abb. 2.4 zu sehen ist, in diesem Fall einem Dreieck entspricht. Aus der Arbeit des Moments UM erhält man einen äquivalenten Ausdruck mit d' D w;zz dz. Dabei wird die an einem differentiellen Ort vorliegende Krümmung w;zz mit dem lokalen Moment Mb .z/ integriert Z`

wZ ;zz .z/

UM D

Mb .z/ dw;zz .z/ dz :

(2.19)

zD0 w;zz D0

Für dasR Moment kann die Beziehung Mb D E Ixx w;zz verwendet werden. Darin ist Ixx D y 2 dA das Flächenträgheitsmoment um die x-Achse. Für ein linear-elastisches Verhalten folgt damit Z`

wZ ;zz .z/

UM D

E Ixx w;zz dw;zz .z/ dz zD0 w;zz D0

Z` D

1 2 dz E Ixx w;zz 2

zD0

Z` Z D

1 2 dA dz E y 2 w;zz 2

zD0 A

Z D

1 2 d mit E y 2 w;zz 2



Z

Z` Z dA dz D zD0 A

d :

(2.20)

V

Wird die Kinematik " D y w;zz und das Materialgesetz " D E y w;zz D eingesetzt, ergibt sich in Analogie zur Längskraft Z 1 UM D

.z/ ".z/ d : (2.21) 2 

2.2 Potentielle Energie elastischer Festkörper

25 σyy

Abb. 2.5 Kräfte an einem Volumenelement d D dx dy dy

σyx σxy



σxx

σxx

σxy σyx

σyy dx

2.2.2

Äußere und innere Arbeit bei mechanischen Kontinua

Zur Bestimmung der äußeren und inneren Arbeit bei Kontinua soll hier ein rechteckiges infinitesimales Volumenelement d D dx dy nach Abb. 2.5 betrachtet werden5 . Wird dieses um ein Verschiebungsinkrement du verschoben, so leisten die angreifenden Kräfte die Arbeit Z Z (2.22) dW D duT  f d C duT   T  n d@ ; 

@

wobei "

 D xx

yx

xy

yy

#

den zweidimensionalen Spannungstensor bezeichnet. Die Größe  T  n D t wird auch als Spannungsvektor oder Traktionsvektor bezeichnet und beschreibt die flächenbezogenen Kräfte, die durch die Spannung auf einer Oberfläche (zum Beispiel durch den Druck eines Fluids oder Kontakt- und Reibkräfte) mit Normalenvektor n erzeugt werden. Sind die äußeren Kräfte t und f unabhängig von der momentanen Verschiebung, so kann (2.22) über die Verschiebung integriert werden, und die gesamte Arbeit der Kräfte im Zustand mit der Verschiebung u lautet Z Z T (2.23) W D u  f d C uT  t d@ : 

@

Für die Berechnung der inneren Arbeit im Kontinuum kann ausgenutzt werden, dass nach dem Minimum der potentiellen Energie im Gleichgewichtszustand ein infinitesimales Verschiebungsinkrement das Gesamtpotential nicht ändert. Dadurch folgt für eine 5

Die Beziehungen werden hier anhand des zweidimensionalen Kontinuums hergeleitet. Diese Herleitung lässt sich jedoch ohne eine Änderung des Vorgehens auf den dreidimensionalen Fall erweitern.

26

2

Physikalische Grundlage der FEM

infinitesimale Verschiebung du vom Gleichgewichtszustand aus, dass mit d…i D dU D dW D d…a die Inkremente der inneren und äußeren Arbeit übereinstimmen müssen. Dies kann ausgenutzt werden, um die innere Arbeit über (2.22) zu bestimmen. Eine Umformung mit dem G AUSS’schen Integralsatz und den Ableitungsregeln für Produkte von Matrizen und Vektoren liefert Z   dU D duT  f C div duT   T d 

Z

D

     duT  f C div  T C Sp grad .du/T   d ;

(2.24)



wobei Sp die ist der Term  Spur   einer Matrix bezeichnet. Nach dem Kräftegleichgewicht   D 0, und die lineare Kinematik mit d" D 12 grad .du/ C grad .du/T f C div  T führt unter Ausnutzung der Symmetrie des Spannungstensors auf die inkrementelle innere Arbeit der Form Z   (2.25) dU D Sp   d" d : 

Wird diese inkrementelle Arbeit vom Anfangszustand bis auf den Momentanzustand integriert, so folgt die innere Arbeit des Kontinuums (unter Verwendung der VOIGT’schen Notation für Spannungen und Dehnungen, die im Anhang A eingeführt werden) zu Z Z U D Q T d"Q d : (2.26)  "Q

Q  "Q kann diese Arbeit direkt bezüglich Mit dem linear-elastischen Materialgesetz Q D E der momentanen Dehnung angegeben werden. Z Z Z Z 1 1 U D "Q T EQ T d" d D "Q T EQ T "Q d D Q T "Q d (2.27) 2 2  "Q





Diese Form der inneren Arbeit entspricht genau der inneren Arbeit der Längenänderung (2.18) und der Biegeverformung (2.21) des Stabbalkens. Zusätzlich zeigen die Überlegungen am Kontinuum auch, dass diese Gleichung für die innere Energie für das linearelastische Material allgemeingültig ist.

2.2.3 Gesamtarbeit und gesamte potentielle Energie Die gesamte Arbeit setzt sich nun aus der inneren und äußeren Arbeit zusammen Uges. D U  WF  WM D U  W

mit W D WF C WM

(2.28)

2.3 Zusammenfassung

27

In der Festkörpermechanik werden aber oft nicht die Ausdrücke der inneren und äußeren Arbeit verwendet, sondern stattdessen das innere und äußere Potential. Diese sind wie folgt miteinander verknüpft …ges. D Uges.

…i D U

und …a D W :

(2.29)

Somit gilt für das Minimum der potentiellen Energie …ges. D …i C …a D Min.

bzw.

(2.30)

ı…ges. D ı…i C ı…a D 0

und

(2.31)

Uges. D U  W D Min.

bzw.

(2.32)

ıUges. D ıU  ıW D 0 ;

(2.33)

wobei das Symbol ı eine infinitesimale Änderung der Potentiale und Arbeiten bei einer infinitesimalen Änderung der Verschiebung bezeichnet. Das negative Vorzeichen bei der äußeren Arbeit ist damit begründet, dass die inneren Kräfte den äußeren entgegenwirken müssen, ansonsten würde sich kein Gleichgewicht einstellen. Bezüglich der Biegung ist zusätzlich anzumerken, dass die Biegung um den Schwerpunkt des Querschnitts stattfindet. Dies ist einerseits dadurch begründet, dass nur dann die resultierende Kraft der Biegespannungen in Längsrichtung Null wird, und andererseits dadurch, dass das Flächenträgheitsmoment (Ixx , Iyy oder Izz , je nach Orientierung der Achse) bezüglich dieses Punktes am kleinsten ist. Somit ist der Widerstand gegen Biegung um diesen Punkt minimal, was zu einer minimalen Dehnungsenergie bei gegebener Verformung und somit zu einer maximalen dissipierten Energie führt. Dieses Verhalten ist nicht nur bei der Biegung zu beobachten, sondern auch bei der Torsion. Hier findet die Verdrehung des Profilquerschnitts um den Schubmittelpunkt statt, da um diesen Punkt der das Torsionsflächenträgheitsmoment I t und das Wölbtorsionsflächenträgheitsmoment I!! minimal und somit die Differenz aus innerer und äußerer Arbeit maximal wird.

2.3

Zusammenfassung

Zusammenfassend können physikalisch basierte Kontinuumsprobleme wie folgt beschrieben werden. Auf einen Körper, der ein vorgegebenes Gebiet  umfasst, wirken Lasten. Diese können sowohl im Inneren des Gebiets  (zum Beispiel Gravitation, Absorption von Wärmestrahlung in Gasen, etc.), als auch auf seinem Rand @ (zum Beispiel Druckkräfte, Reibung, etc.) einwirken. Infolge dieser inneren und äußeren Belastungen nimmt der Körper am Ende, wie in Abb. 2.6 schematisch zu sehen ist, einen neuen Gleichgewichtszustand ein, der eindeutig durch den Verlauf der Feldfunktionen beschrieben wird. Die Bestimmung dieser Feldfunktionen bzw. ihrer zeitlichen Verläufe, die durch die in Abschn. 2.1 genannten Extremwertprinzipien beschrieben werden, ist das Ziel der FEMBerechnung.

28

2 Anfangszustand

Physikalische Grundlage der FEM Endzustand

Mögliche Pfade in Raum und Zeit

Kr M aft om en Tem t pera tur Strahlung

net Mag

Stro m

ie

em

Ch

Abb. 2.6 Welchen zeitlichen Verlauf nehmen die Feldfunktion beim Aufbringen äußerer und innerer Lasten ein und welcher Endzustand ergibt sich für das Gebiet?

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30

2

Physikalische Grundlage der FEM

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3

Mathematische Grundlagen der FEM

Die physikalischen Grundlagen, die im vorigen Kapitel eingeführt wurden, zeigen im Wesentlichen zwei Punkte auf: Erstens, dass viele physikalische Feldprobleme über ein Potential beschrieben werden können, und zweitens, dass die Minimierung dieses Potentials gerade die Lösung des Feldproblems liefert. Das Ziel dieses Kapitels ist es, zum einen die Lösung dieser Minimierungsaufgabe herzuleiten und zum anderen, diese anschließend auf Probleme zu erweitern, für die kein Potential existiert. Zu diesem Zweck wird zuerst die Variationsrechnung, ein mathematisches Verfahren zur Extremstellensuche bei Funktionalen1 eingeführt. Dieses Verfahren kann auf sämtliche Potentialprobleme angewandt werden, da die Potentiale zugleich auch Funktionale des unbekannten Feldverlaufs sind. Darauf folgend wird die Lösung dieser Rechnung über die G ALERKIN-Methode für Problemstellungen verallgemeinert, für die kein Potential existiert, sondern lediglich eine Differentialgleichung. Zudem wird gezeigt, dass beide Methoden äquivalent sind.

3.1 Variationsrechnung – Einführung in Analogie zur Differentialrechnung Die Variationsrechnung ist wie die Differentialrechnung ein Verfahren zur Bestimmung der Steigung von Funktionalen und damit auch der Bestimmung der Extremstellen von Funktionalen über die Forderung einer Steigung von Null. Im Gegensatz zur Differentialrechnung wird die Variationsrechnung allerdings nicht für Funktionen von (skalaren oder vektorwertigen) Variablen, wie zum Beispiel u.x/, der Funktion u, die von der Variable x abhängt, genutzt. Stattdessen erweitert die Variationsrechnung die Differentialrechnung 1

Auch der Begriff des Funktionals wird im Folgenden genauer erläutert.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 M. Hahn, M. Reck, Kompaktkurs Finite Elemente für Einsteiger, https://doi.org/10.1007/978-3-658-22775-3_3

31

32

3

Abb. 3.1 Bestimmung einer Ableitung. Mit x ! 0 geht auch u ! 0 und die Sekante nähert sich der Tangente am Punkt .x0 ; u0 / an

Mathematische Grundlagen der FEM Sekante

u Δu u0

u(x)

x0 Δx

x

auf sogenannte Funktionale J Œu.x/, die aus einer Funktion Ru.x/ einen skalaren Wert x bilden, zum Beispiel über das bestimmte Integral J Œu.x/ D x12 u2 .x/ dx. Die Variationsrechnung ist damit imstande, die Steigung des Wertes des Funktionals bei Änderung der Funktion u.x/ zu bestimmen. Das Vorgehen der Variationsrechnung ähnelt dabei sehr stark dem Vorgehen der Differentialrechnung. Um dies zu verdeutlichen, wird im Folgenden zuerst das Vorgehen der Extremwertbestimmung bei der Differentialrechnung rekapituliert, um darauf folgend dieselben Rechenschritte für die Variation eines Funktionals darzulegen.

3.1.1 Differentialrechnung Zur Bestimmung der Extremstelle einer Funktion u.x/ wird wie folgt vorgegangen: 1. Die Funktion u.x/ ist fest vorgegeben. 2. Der Funktionswert xextr. , an dem das Extremum der Funktion u.x/ vorliegt, wird gesucht. 3. Die Ableitung erfolgt nach der Variablen x. Bei einer Variablen x wird für die Ableitung das Zeichen d, zum Beispiel dx, verwendet. Des Weiteren existieren in der Differentialrechnung die Zeichen @ für die partielle Ableitung einer Funktion mehrerer Variablen und D für die substantielle Ableitung. 4. Für das Auffinden einer Extremstelle wird ein Punkt entlang der Funktion u.x/ gesucht, an dem die Steigung der Funktion zu Null wird. Š

u.x/ D Extr.

)

u0 .x/ D

u.x C dx/  u.x/ Š du D0 D lim dx!0 dx dx

(3.1)

Die Lösung von (3.1) liefert einen (oder mehrere) Werte für xextr.;i , an denen die Funktion u.x/ einen Extremalwert annimmt2 . 2 Eine Ausnahme hierfür bilden Sattelpunkte, an denen (3.1) ebenfalls erfüllt ist, die aber dennoch keine Extremstellen sind. Auf Sattelpunkte soll hier jedoch der Einfachheit halber nicht weiter eingegangen werden.

3.1 Variationsrechnung – Einführung in Analogie zur Differentialrechnung

33

3.1.2 Variationsrechnung Zur Bestimmung der Funktion uextr. .x/, die das Funktional J Œu.x/ maximiert oder minimiert, wird wie folgt vorgegangen: 1. Das Funktional Zx2 f.x; u.x/; u;x ; u;xx ; : : :/ dx C RJ .x; u.x/; u;x ; u;xx ; : : :/ ;

J Œu.x/ WD

(3.2)

x1

das sich aus einem bestimmten Integral über die Funktion f und skalaren Randtermen RJ zusammensetzt, ist fest vorgegeben. Das Funktional bildet die Feldfunktion u.x/ auf einen Skalar J ab. 2. Es wird die Funktion uextr. .x/ gesucht, bei der das Funktional J Œu einen Extremwert annimmt. 3. Es wird die Variationsableitung des Funktionals J Œu nach der Funktion u.x/ gebildet. Für die Variationsableitung wird nach L AGRANGE das Symbol ı verwendet. Bei der Ableitung handelt es sich um eine sogenannte G ÂTEAUX-Ableitung, eine Verallgemeinerung der Richtungsableitung. Die G ÂTEAUX-Ableitung einer Funktion f.x/, die von vektoriellen Koordinaten x abhängt, ist in Richtung eines Vektors v definiert als  ˇ ˇ @ f.x C s v/  f.x/ ; (3.3) D f.x C s v/ ˇˇ dv f D lim s!0 s @s sD0 sofern der Grenzwert existiert. Für den vorliegenden Fall eines Funktionals ist die Funktion, die mit der G ÂTEAUX-Ableitung abgeleitet wird, f.x/ D J Œu, wobei die vektoriellen Koordinaten gerade die zulässigen Funktionen für u.x/ sind. Der Richtungsvektor v, in dessen Richtung die G ÂTEAUX-Ableitung gebildet wird, ist gerade eine Linearkombination aus diesen Funktionen. Die Richtungsableitung beschreibt damit die Änderung des Funktionals J Œu bei einer Änderung der Funktion u [3]. 4. Das Vorgehen der Variationsableitung ist analog zur Differentialrechnung: Zur Funktion uextr. .x/, die das Funktional maximiert oder minimiert, wird eine mit s skalierte virtuelle Funktion ıu.x/ addiert. Diese Funktion wird auch als (virtuelle) Test- oder Wichtungsfunktion bezeichnet und nimmt in der G ÂTEAUX-Ableitung die Funktion des Richtungsvektors ein. Die einzige Bedingung an sie ist, dass die Summe u.x/ D uextr. .x/ C s ıu.x/ die Randbedingungen erfüllen muss, woraus am Rand ıu.x/ D 0 folgt. Die Summe wird in das Funktional eingesetzt und die G ÂTEAUX-Ableitung ausgewertet. Der Extremwert des Funktionals liegt dann vor, wenn das resultierende Integral, die erste Variation des Funktionals, den Wert ıJ D 0 annimmt. Anschaulich bedeutet dies, dass eine infinitesimale Änderung der Funktion uextr. .x/ den Wert des

34

3

Mathematische Grundlagen der FEM

Funktionals nicht ändert. Zx2 J Œu.x/ D

Š

f.x; u.x/; u;x ; u;xx ; : : :/ dx C RJ .u.x/; u;x ; u;xx ; : : :/ D Extr. x1

"

Zx2 f.x; uextr. .x/ C s ıu.x/; uextr.;x C s ıu;x ; uextr.;xx C s ıu;xx ; : : :/ dx

@ ıJ D 0 D @s

x1

!#ˇ ˇ ˇ C RJ .uextr. .x/ C s ıu.x/; uextr.;x C s ıu;x ; uextr.;xx C s ıu;xx ; : : :/ ˇ ˇ

sD0

(3.4) Mit der Kettenregel der Ableitungen ergibt sich @f @f @u @f @u;x @f @u;xx D C C C::: @s @u @s @u;x @s @u;xx @s @RJ @RJ @u @RJ @u;x @RJ @u;xx D C C C::: @s @u @s @u;x @s @u;xx @s und mit u D uextr. C s ıu folgt @f @f @f @f ıu;x C ıu;xx C : : : D ıu C @s @u @u;x @u;xx @RJ @RJ @RJ @RJ ıu;x C ıu;xx C : : : D ıu C @s @u @u;x @u;xx Einsetzen dieser Terme liefert mit s D 0 und ıRJ D Zx2  0 D ıJ D x1

(3.5)

@RJ @s

 @f.uextr. / @f.uextr. / @f.uextr. / ıu;x C ıu;xx C : : : dx C ıRJ : ıu C @u @u;x @u;xx (3.6)

Auch dieses Verfahren kann wieder grafisch interpretiert werden. In Abb. 3.2 sind zwei Punkte .x0 ; u0 / und .x1 ; u1 / zu sehen, die mit einer Geraden verbunden sind. Die Gerade zwischen diesen beiden Punkten ist gerade die Funktion uextr. .x/, die die beiden Punkte mit der kürzesten Länge verbindet (siehe auch Beispiel 3.3, in dem dies mit der Variationsrechnung hergeleitet wird). Diese Funktion kann dadurch bestimmt werden, dass jede infinitesimale Änderung dieser durch eine virtuelle Kurve ıu.x/ das Funktional der Länge der Kurve nicht ändert. Die Funktion uextr. .x/ ist somit allgemein ausgedrückt genau die Funktion, bei der die Addition einer beliebigen infinitesimalen Funktion ıu.x/ den Wert des Funktionals gleich bleiben lässt.

3.1 Variationsrechnung – Einführung in Analogie zur Differentialrechnung

35

u u1

uextr. (x) δu(x)

u0 x0

x1

x

Abb. 3.2 Grafische Interpretation der Variationsrechnung anhand der Kurvenlänge zwischen zwei Punkten: Für eine infinitesimale Änderung ıu.x/ der Funktion uextr. .x/ ändert sich das Funktional, hier das Integral über die Kurvenlänge, nicht

Euler’sche Differentialgleichung der Variationsrechnung n Durch n-fache partielle Integration der Terme, die einen Faktor @@xıu n enthalten, kann die erste Variation (3.6) in eine Form überführt werden, bei der die virtuelle Funktion ıu ausgeklammert werden kann. 

Zx2 ıJ D 0 D

ıu.x/ x1

@f d2 @f d @f C 2 :::  @u dx @u;x dx @u;xx

 dx C R@ C ıRJ

(3.7)

Die hierbei entstehenden Randterme R@ sind bei physikalisch motivierten Funktionalen jedoch regelmäßig so beschaffen, dass sie genau die Randterme ıRJ auslöschen, die in der ersten Variation des Funktionals auftreten, und verschwinden somit. In diesem Fall ist nach dem Fundamentalsatz der Variationsrechnung das Integral genau dann Null, wenn der Klammerterm zu null wird. Der Klammerterm wird auch als E ULER’schen Differentialgleichung der Variationsrechnung bezeichnet. Die Lösung dieser E ULER’schen Differentialgleichung minimiert das Funktional. Für physikalische Problemstellungen entspricht die E ULER’sche Differentialgleichung der Variationsrechnung genau der feldbeschreibenden Differentialgleichung des Problems. Beispiel 3.1: Differentialgleichung des Dehnstabs aus dem Funktional

In diesem Beispiel soll aus dem Potential eines Dehnstabs, wie er in Abb. 3.3 zu sehen ist, die Differentialgleichung des Stabs mit den Mitteln der Variationsrechnung gewonnen werden. Für das Material wird ein linear-elastisches Materialgesetz D E " genutzt, und für die Dehnungs-Verschiebungs-Beziehung wird eine lineare Kinematik " D u;x D @u @x angenommen. Das innere Potential des Stabs ist gerade seine Dehnungsenergie Z …i D 

1 T 1  " d D 2 2

Z` E A u2;x dx xD0

mit d D A dx ;

(3.8)

36

3 x, u

Mathematische Grundlagen der FEM

n(x)

Fˆ1

Fˆ2

u ˆ1 x=0

E, A

u ˆ2 x=

Abb. 3.3 Geometrie eines Dehnstabs (Elastizitätsmodul E, Querschnittsfläche A, Länge `), der im Inneren durch eine Linienlast n.x/ und an den Rändern durch Einzellasten FO1 und FO2 in Richtung der Verschiebung u beansprucht wird

während das äußere Potential genau die negativen Arbeiten enthält, die die äußeren Kräfte bei einer Verschiebung des Stabs am System verrichten. Z` …a D 

n.x/ u.x/ dx  FO1 uO 1  FO2 uO 2

(3.9)

xD0

Hierbei ist, wie in Abb. 3.3 zu sehen, uO 1 D u.x D 0/ und uO 2 D u.x D `/. Nach dem Prinzip vom Minimum der potentiellen Energie ist der Stab genau dann im statischen Gleichgewicht, wenn das Gesamtpotential minimal wird. Š

…ges. D …i C …a D …ges. Œu.x/ D Min. Z`  D

 1 Š 2 E A u;x  n.x/ u dx  FO1 uO 1  FO2 uO 2 D Min. 2

(3.10)

xD0

Mit (3.4) folgt nun die erste Variation " ı…ges. D

@ @s

" Z` D

 EA 2 .u;x C s ıu;x /  n.x/ .u C s ıu/ dx 2 xD0 !#ˇ ˇ ˇ O O  F1 .uO 1 C s ı uO 1 /  F2 .uO 2 C s ı uO 2 / ˇ ˇ Z` 

sD0



#ˇ ˇ ˇ E A .u;x C sıu;x / ıu;x  n.x/ ıu dx  FO1 ı uO 1  FO2 ı uO 2 ˇ ˇ 

xD0

Z` D xD0

  E A u;x ıu;x  n.x/ ıu dx  FO1 ı uO 1  FO2 ı uO 2 :

sD0

(3.11)

3.1 Variationsrechnung – Einführung in Analogie zur Differentialrechnung

37

Gleichung (3.11) ist die sogenannte schwache Form, die im weiteren Verlauf für die Diskretisierung mit Finiten Elementen verwendet wird. Für die Bestimmung der Differentialgleichung des Stabs ist es jedoch erforderlich, diese durch partielle Integration in eine Form nach (3.7) zu überführen, bei der der virtuelle Term ausgeklammert und damit der Fundamentalsatz der Variationsrechnung angewendet werden kann. Für den ersten Term unter dem Integral gilt dabei Z`



E A u;x ıu;x dx D E A u;x ıu

xD` xD0

xD0

Z` 

E A u;xx ıu dx :

(3.12)

0

Da E u;x der Spannung entspricht und A beim Stab die durch die Spannung erzeugte Kraft F ist, kann der Randterm von (3.12) zu 

xD`  xD` E A u;x .x/ ıu.x/ xD0 D A .x/ ıu.x/ xD0 D A .x D `/ ıu.x D `/  A .x D 0/ ıu.x D 0/ D FO2 ı uO 2 C FO1 ı uO 1

(3.13)

umgeschrieben werden. Hierbei wurde ausgenutzt, dass 1. F .x D 0/ und F .x D `/ den Knotenpunktkräften FO1 und FO2 entsprechen, 2. ıu.x D 0/ und ıu.x D l/ den virtuellen Knotenpunktsverschiebungen ı uO 1 und ı uO 2 entsprechen, 3. der Normalenvektor am Gebietsrand bei x D 0 entgegen der positiven Verschiebungsrichtung u zeigt und somit A .x D 0/ D FO1 ist. Das Einsetzen der Umformungen (3.12) und (3.13) in die erste Variation des Gesamtpotentials (3.11) liefert Z` ı…ges. D 0 D

.E A u;xx .x/  n.x// ıu.x/ dx :

(3.14)

xD0

Die Randterme heben sich dabei gegenseitig auf. Nach dem Fundamentalsatz der Variationsrechnung muss für die Minimierung des Funktionals der Klammerterm unter dem Integral zu Null werden. Es handelt sich dabei folglich um die gebietsbeschrei bende Differentialgleichung des Stabs.

38

3

Mathematische Grundlagen der FEM

Übersichtsbox 3.1: Variation mit einer Feldfunktion und einer Variablen

Die allgemeine Form eines Funktionals einer Feldgröße u.x/, die von einer Variablen x abhängt, mit Randtermen RJ lautet Zx2 f.x; u.x/; u;x .x/; u;xx .x/; : : :/ dx C RJ .u.x/; u;x .x/; u;xx .x/; : : :/ :

J Œu D x1

(3.15) Die Funktion u.x/, die dieses maximiert bzw. minimiert, kann dadurch gefunden werden, dass die erste Variation des Funktionals zu Null gesetzt wird. Diese lautet in der allgemeinen Form Zx2  ıJ Œu D 0 D x1

C

@f @f @f ıu;x C ıu;xx C : : : ıu C @u @u;x @u;xx

 dx

@RJ @RJ ıu;x C : : : : ıu C @u @u;x                                                                                   

(3.16)

D ıRJ

Nach n-maliger partieller Integration des .nC1/-ten Terms kann die virtuelle Größe ıu ausgeklammert werden. Aus dem daraus folgenden Ausdruck kann die E U LER’sche Differentialgleichung des Variationsproblems gewonnen werden. 

 @f d2 @f d @f C 2  : : : dx (3.17)  @u dx @u;x dx @u;xx x1  x2 @f @f d @f C ıu C ıu;x  ıu ˙ : : : C ıRJ : @u;x @u;xx dx @u;xx x1                                                                                                                                                                                          Zx2

ıJ Œu D 0 D

ıu.x/

D 0 für physikalisch motivierte Problemstellungen

Beispiel 3.2: Direkte Berechnung der ersten Variation und der DGL des Dehnstabs nach Zusammenfassung 3.1

Das Potential eines Dehnstabes, das mathematisch gesehen ein Funktional ist, ist wie in Beispiel 3.1 in (3.10) gegeben als Z`  …ges. D xD0

 1 E A u;x 2  n.x/ u.x/ dx  FO1 uO 1  FO2 uO 2 D Min. 2

3.1 Variationsrechnung – Einführung in Analogie zur Differentialrechnung

39

Somit ergibt sich als Term f.x; u.x/; u;x .x/; u;xx .x/; : : :/ unter dem Integral nach (3.15) zu 1 f.u.x/; u;x / D E A u;x 2  n.x/  u.x/ ; 2 und die Randterme haben die Form RJ D FO1 uO 1  FO2 uO 2 : (3.16) liefert nun die Berechnungsvorschrift für die erste Variation, die folgende partielle Ableitungen der Funktion f enthält: @f ıu D n.x/ ıu @u

@f ıu;x D E A u;x ıu;x @u;x

@f ıu;xx D 0 ; @u;xx

(3.18)

Die Terme außerhalb des Integrals werden in gleicher Weise wie die Terme unter dem Integral behandelt. @RJ ıu D FO1 ı uO 1  FO2 ı uO 2 @u Einsetzen liefert die erste Variation des Funktionals. xZ2 D`

.n ıu C E A u;x ıu;x C 0/ dx  FO1 ı uO 1  FO2 ı uO 2 D 0

ı…ges. D

(3.19)

x1 D0

Die Differentialgleichung kann aus der Form nach (3.17) gewonnen werden. Hierzu werden lediglich die Ableitungen der Terme in (3.18) benötigt. @f D n.x/ @u

d @f D E A u;xx dx @u;x

d2 @f ıu;xx D 0 ; dx 2 @u;xx

Einsetzen liefert wiederum xZ2 D`

ıu.x/ .n  E A u;xx C 0/ dx  FO1 ı uO 1  FO2 ı uO 2 C ŒE A u;x ıu`0 :

ı…ges. D 0 D x1 D0

Die Randterme außerhalb des Integrals bleiben dabei, bis auf die durch die partielle Integration neu gebildeten Terme, unberührt. Die Umformung der Randterme aus der partiellen Integration ergibt analog zu Beispiel 3.1 ŒE A u;x ıu`0 D FO1 ı uO 1 C FO2 ı uO 2 , womit sich sämtliche Randterme auslöschen. xZ2 D`

ı…ges. D 0 D

ıu.x/ .n  E A u;xx / dx : x1 D0

Mit dem Fundamentalsatz der Variationsrechnung folgt damit, dass der Klammerterm unter dem Integral – die Differentialgleichung des Stabs – für die exakte Lösung des

40

3

Mathematische Grundlagen der FEM

Problems erfüllt sein muss. Das Ergebnis stimmt somit – wie zu erwarten, da lediglich vereinfachte Berechnungsvorschriften verwendet wurden – mit dem Ergebnis aus  Beispiel 3.1 überein. Beispiel 3.3: Kürzeste Verbindung zweier Punkte

Gesucht ist in diesem Beispiel die kürzeste Kurve, mit der zwei Punkte in der Ebene mit den Koordinaten .x0 ; y0 / und .x1 ; y1 / verbunden werden können. Um die Rechnung zu vereinfachen, wird zusätzlich angenommen, dass sich diese Kurve als Funktion y.x/ darstellen lässt. Das Funktional, das minimiert werden soll, ist die Länge der Kurve s, die sich als sD

Zx1 q

2 dx 1 C y;x

xDx0

darstellen lässt. Die erste Variation lässt sich nach (3.16) bilden. q Zx1 @ 1 C y 2 Zx1 ;x y;x ıy;x ıy;x dx D q dx ıs D 0 D @y;x 1 C y2 xDx0

xDx0

;x

Die partielle Integration dieser Variation führt auf 2 0 1 3 x1 Zx1 2 y;x 1 6 y;x B C 7 ıs D 0 D 4 q ıy 5  ıy y;xx @ q q A dx 2 2 2 3 1 C y;x 1 C y .1 C y / ;x ;x xDx0 xDx0

und da an den Rändern ıy D 0 ist, folgt Zx1 0D xDx0

ıy q

y;xx 2 /3 .1 C y;x

dx :

Da der Term unter dem Bruchstrich immer größer Null ist und die Gleichung für jedes beliebige ıy erfüllt sein muss, folgt direkt y;xx D 0. Somit ist die kürzeste Verbindung  zwischen zwei Punkten eine krümmungsfreie Linie und somit eine Gerade.

Variationsrechnung mit Funktionalen mehrerer Funktionen Bislang wurden nur Funktionale J Œu.x/ betrachtet, die lediglich von einer Funktion abhängig sind. Bei physikalisch motivierten Problemstellungen treten jedoch häufig Funktionale auf, die von mehreren Funktionen abhängen. Beispiele hierfür sind mehrdimensionale Verschiebungsprobleme in der Mechanik, bei denen das mechanische Potential von einer Verschiebungsfunktion in jeder Raumrichtung abhängt, oder elektromagnetische Problemstellungen, bei denen sowohl das elektrische als auch das mechanische Feld beschrieben werden müssen.

3.1 Variationsrechnung – Einführung in Analogie zur Differentialrechnung

41

Auch für Variationsprobleme mit mehreren Feldfunktionen ist es hilfreich, die Analogie zur Differentialrechnung – speziell zur mehrdimensionalen Differentialrechnung – zu suchen. Soll zum Beispiel für eine dreidimensionale Funktion f.x; y; z/ D f.x/ mehrerer Veränderlicher ein Extremum gesucht werden, so wird lediglich gefordert, dass die Richtungsableitung in jeder Richtung v verschwindet3 . 2 3T 2 3 @f  T @x 7 vx 6 @f Š 6 @f 7 6 7 (3.20) 0D v D 6 7 4 vz 5 4 @y 5 @x v z @f @z

Da dies für jedes beliebige v gelten muss, muss für einen Extremwert der Funktion f.x/ die partielle Ableitung nach den Koordinaten x verschwinden.   @f Š (3.21) 0D @x Analog zur mehrdimensionalen Funktion nimmt ein Funktional J Œu.x/; v.x/; : : :  mehrerer Funktionen u.x/, v.x/, : : : gerade dann einen Extremwert ein, wenn die erste Variation bezüglich jeder dieser Funktionen verschwindet. Hierzu wird die erste Variation wieder über die G ÂTEAUX-Ableitung bestimmt, wobei die virtuellen Feldfunktionen ıu.x/; ıv.x/; : : : die Richtung der Richtungsableitung vorgeben. Für das Extremum eines Funktionals zweier Feldfunktionen, Zx2 f.x; u.x/; v.x/; u;x ; v;x ; u;xx ; v;xx ; : : :/ dx

J Œu.x/; v.x/ D x1

C RJ .u.x/; v.x/; u;x ; v;x ; u;xx ; v;xx ; : : :/ D Extr. ;

folgt damit für die G ÂTEAUX-Ableitung u.x/ D uextr. .x/ C s ıu.x/ v.x/ D vextr. .x/ C s ıv.x/

)

# " # " # " uextr. .x/ u.x/ ıu.x/ D Cs v.x/ ıv.x/ vextr. .x/

(3.22)

(3.23)

und die erste Variation des Funktionals (3.22) am Extrempunkt als " Zx2 @ Š 0 D ıJ D f.x; uextr. .x/ C s ıu.x/; vextr. .x/ C s ıv.x/; uextr.;x C s ıu;x ; @s x1

vextr.;x C s ıv;x ; uextr.;xx C s ıu;xx ; vextr.;xx C s ıv;xx ; : : :/ dx

C RJ .uextr. .x/ C s ıu.x/; vextr. .x/ C s ıv.x/; !#ˇ ˇ ˇ uextr.;x C s ıu;x ; vextr.;x C s ıv;x ; : : :/ ˇ ˇ

:

(3.24)

sD0

3

Wie im eindimensionalen Fall werden auch hier Sattelpunkte der Einfachheit halber vernachlässigt.

42

3

Mathematische Grundlagen der FEM

Analog zur Herleitung beim Funktional mit einer Feldfunktion kann auch hier wieder die Kettenregel für die Ableitung verwendet werden. Mit den Funktionen u.x/ D uextr. .x/ C s ıu.x/ und v.x/ D vextr. .x/ C s ıv.x/ folgt nach der Kettenregel @f @f @u @f @v @f @u;x @f @v;x @f @u;xx @f @v;xx D C C C C C C ::: @s @u @s @v @s @u;x @s @v;x @s @u;xx @s @v;xx @s @f @f @f @f ıu;x C ıv;x D ıu.x/ C ıv.x/ C @u @v @u;x @v;x @f @f C ıu;xx C ıv;xx C : : : ; @u;xx @v;xx @RJ @RJ @u @RJ @v @RJ @u;x @RJ @v;x D C C C @s @u @s @v @s @u;x @s @v;x @s @RJ @u;xx @RJ @v;xx C C C::: @u;xx @s @v;xx @s @RJ @RJ @RJ @RJ ıu;x C ıv;x D ıu.x/ C ıv.x/ C @u @v @u;x @v;x @RJ @RJ C ıu;xx C ıv;xx C : : : @u;xx @v;xx D ıRJ und mit der Bedingung s D 0 folgt für die erste Variation Zx2 

Š

0 D ıJ D x1

@f @f @f @f ıu;x C ıv;x ıu.x/ C ıv.x/ C @u @v @u;x @v;x  @f @f C ıu;xx C ıv;xx C : : : dx C ıRJ : @u;xx @v;xx

(3.25)

Mithilfe partieller Integration können auch im Falle mehrerer Feldfunktion die virtuellen Feldfunktionen ausgeklammert werden. Š

Zx2

0 D ıJ D x1

  @f d2 @f d @f C 2 :::  ıu.x/ @u dx @u;x dx @u;xx  ! @f d2 @f d @f C ıv.x/ C 2 ˙::: dx C R@ C ıRJ  @v dx @v;x dx @v;xx

Diese Gleichung kann außerdem kompakter in vektorieller Form dargestellt werden. 3 #T 2 @f Zx2 " d @f d2 @f ıu.x/ 4 @u  dx @u;x C dx 2 @u;xx  : : :5 Š dx C R@ C ıRJ : (3.26) 0 D ıJ D @f d @f d2 @f ıv.x/  C  : : : 2 x1 @v dx @v;x dx @v;xx Für physikalisch motivierte Problemstellungen löschen sich auch hier die Randterme R@ aus der partiellen Integration mit den Randtermen ıRJ aus der ersten Variation des Funk-

3.1 Variationsrechnung – Einführung in Analogie zur Differentialrechnung

43

tionals aus. Da die virtuellen Feldfunktionen bis auf die Einhaltung der Randbedingungen beliebig sind, kann in diesem Fall wieder der Fundamentalsatz der Variationsrechnung angewendet werden. Daraus folgt, dass der zweite Vektor unter dem Integral in der ersten Variation (3.26) für die Extremstelle des Funktionals erfüllt sein muss. Dieser Vektor enthält damit die Differentialgleichungen des gegebenen Variationsproblems. Wie zusätzlich anhand dieser Variation (3.26) zu sehen ist, kann die Problemstellung der Extremstellensuche eines Funktionals mit mehreren Feldfunktionen gleichermaßen als Problemstellung der Extremstellensuche eines Funktionals einer vektoriellen Feldfunktion formuliert werden. Die erste Variation (3.25) nimmt in diesem Fall die Form Š

0 D ıJ 0 #T 2 @f 3 " #T 2 Zx2 " ıu ıu.x/ ;x 4 @u 5 C 4 D @ @f ıv.x/ ıv;x x1

@v

@f @u;x

3

"

5 C ıu;xx @f ıv;xx ıv;x @v;x

1 #T 2 @f 3 4 @u;xx 5 C : : :A dx C ıRJ @f @v;xx

 Zx2  @f @f @f ıuT D C ıuT;xx C : : : dx C ıRJ C ıuT;x @u @u;x @u;xx

(3.27)

x1

h iT h iT an, wobei u.x/ D u.x/ v.x/ und ıu.x/ D ıu.x/ ıv.x/ ist.

Übersichtsbox 3.2: Variation mit zwei Feldfunktionen und einer Variablen

Die allgemeine Form eines Funktionals zweier Feldgrößen u.x/, v.x/, die von einer Variablen x abhängt, mit Randtermen RJ lautet Zx2 J Œu; v D

f.u.x/; v.x/; u;x ; v;x ; u;xx ; v;xx ; : : :/ dx x1

C RJ .x; u.x/; v.x/; u;x ; v;x ; u;xx ; v;xx ; : : :/ :

(3.28)

Die Funktionen u.x/ und v.x/, die dieses maximieren bzw. minimieren, können dadurch gefunden werden, dass # die erste Variation des Funktionals bezüglich der " u.x/ zu Null gesetzt wird. Diese lautet in der allgemeinen vektoriellen Funktion v.x/ Form Zx2  ıJ Œu; v D 0 D x1

C

 @f @f @f @f ıu;x C ıv;x C : : : dx ıu.x/ C ıv.x/ C @u @v @u;x @v;x

@RJ @RJ @RJ @RJ ıu;x C ıv;x C : : : : ıu.x/ C ıv.x/ C @u @v @u;x @v;x                                                                                                                                                                                                      D ıRJ

(3.29)

44

3

Mathematische Grundlagen der FEM

Nach n-maliger partieller Integration aller Terme mit einer n-ten Ableitung der virtuellen Feldfunktionen können diese vektoriell ausgeklammert werden. Aus dem daraus folgenden Ausdruck kann die E ULER’sche Differentialgleichung des Variationsproblems gewonnen werden. 3 #T 2 @f Zx2 " d @f d2 @f ıu.x/ 4 @u  dx @u;x C dx 2 @u;xx  : : :5 ıJ Œu; v D 0 D dx @f d @f d2 @f ıv.x/  dx C dx  ::: 2 @v @v @v;x ;xx x1 x2  @f @f ıu C ıv ˙ : : : C ıRJ (3.30) C @u;x @v;x x1                                                                                                                       D0 für physikalisch motivierte Problemstellungen

Variationsrechnung mit Funktionen mehrerer Variablen Sind die Feldfunktionen des Funktional von mehreren Variablen abhängig, so ändert sich am grundlegenden Vorgehen bei der Variationsrechnung nichts. Dies soll im Folgenden anhand eines Funktionals einer Funktion J Œu.x; y/ gezeigt werden, die von zwei Variablen x und y abhängt. Das Funktional hat in diesem Fall die Form Z f.x; y; u.x; y/; u;x ; u;y ; u;xx ; u;xy ; u;yy ; : : :/ d.x; y/ J Œu.x; y/ D 

C RJ .u.x; y/; u;x ; u;y ; u;xx ; u;xy ; u;yy ; : : :/ :

(3.31)

Die erste Variation dieses Funktionals, die für einen Extremwert zu Null werden muss, wird wieder mithilfe der G ÂTEAUX-Ableitung berechnet4 . " Z @ ıJ Œu.x; y/ D f.x; y; uextr. .x; y/ C s ıu.x; y/; @s  uextr.;x C s ıu;x ; uextr.;y C s ıu;y ; : : :/ d.x; y/ C RJ .uextr. .x; y/ C s ıu.x; y/;

!#ˇ ˇ ˇ uextr.;x C s ıu;x ; uextr.;y C s ıu;y ; : : :/ ˇ ˇ  sD0 Z  @f @f @f D ıu;x C ıu;y C : : : d.x; y/ ıu.x; y/ C @u @u;x @u;y 

C

@RJ @RJ @RJ ıu;x C ıu;y C : : : ıu.x; y/ C @u @u;x @u;y                                                                                                                                                        

(3.32)

D ıRJ

4

Im Folgenden werden Terme mit zweiten und höheren Ableitungen aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht ausgeschrieben.

3.1 Variationsrechnung – Einführung in Analogie zur Differentialrechnung

45

Zur Bestimmung der E ULER’schen Differentialgleichung des Variationsproblems muss, wie im Falle eines Problems mit einer Variablen, die erste Variation so umgeformt werden, dass die virtuelle Feldfunktion ausgeklammert werden kann. Hier soll zuerst der Fall eines Gebiets mit Grenzen parallel zu den Koordinatenrichtungen x und y betrachtet werden, bevor das VorgehenRfür Rein beliebiges Gebiet verallgemeinert wird. In diesem Fall ist R x y .  / d.x; y/ D x12 y12 .  / dy dx und nach partieller Integration kann der virtuelle  Term ıu.x; y/ unter dem Integral ausgeklammert werden. 

Zx2 Zy2 ıJ Œu.x; y/ D

ıu.x; y/ x1 y1

Zy2  C y1

C ıRJ

 @f d @f d @f  C : : : dy dx  @u dx @u;x dy @u;y

@f ıu.x; y/ C : : : @u;x

x2 x1

Zx2  dy C x1

@f ıu.x; y/ C : : : @u;y

y2 dx y1

(3.33)

Da bei physikalisch motivierten Problemstellungen die Randterme aus der partiellen Integration wieder die Randterme aus der ersten Variation aufheben, kann mit dem Fundamentalsatz der Variationsrechnung die Differentialgleichung des Variationsproblems aus dem Klammerterm des ersten Integrals gewonnen werden. Für den allgemeinen Fall, dass die Ränder nicht parallel zu den Koordinatenrichtungen x und y verlaufen, tritt bei Variationsproblemen mit mehreren Variablen der G AUSS’sche iT h Integralsatz5 anstelle der partiellen Integration. Mit dem Normalenvektor n D nx ny auf der Oberfläche @ des betrachteten Rechengebiets  folgt dann für die Umformung der ersten Variation des Funktionals     Z @f d @f d @f ıu.x; y/ C ıJ Œu.x; y/ D  ˙ : : : d.x; y/ @u dx @u;x dy @u;y  Z     @f @f nx C ny C : : : d@.x; y/ C ıRJ C ıu.x; y/ @u;x @u;y     Z @ @f @f D ıu.x; y/  div ˙ : : : d.x; y/ @u @u;x  !   Z @f T n C : : : d@.x; y/ C ıRJ : (3.34) C ıu.x; y/ @u;x @

iT h Hierbei bezeichnet @u@f;x D @u@f;x @u@f;y den Vektor der partiellen Ableitungen der Funktion f nach den Ableitungen der Feldfunktion u. Letztere Form ist aufgrund der Formulierung in vektoriellen Größen für Problemstellungen mit beliebig vielen Variablen anwendbar. 5

R 

ist.

div .  / d D

R

@ .  /

T

n d@, wobei n der Normalenvektor auf der Oberfläche des Gebiets 

46

3

Mathematische Grundlagen der FEM

Übersichtsbox 3.3: Variation mit einer Feldfunktion und zwei Variablen

Die allgemeine Form eines Funktionals einer Feldgröße u.x; y/, die von zwei Variablen x und y abhängt, mit Randtermen RJ lautet Z f.x; y; u.x; y/; u;x ; u;y ; u;xx ; u;xy ; u;yy ; : : :/ d (3.35) J Œu D 

C RJ .u.x; y/; u;x ; u;y ; u;xx ; u;xy ; u;yy ; : : :/ :

(3.36)

Die Funktion u.x; y/, die dieses maximiert bzw. minimiert, kann dadurch gefunden werden, dass die erste Variation des Funktionals zu Null gesetzt wird. Diese lautet in der allgemeinen Form  Z  @f @f @f ıu;x C ıu;y C : : : d.x; y/ ıu.x; y/ C ıJ Œu D 0 D @u @u;x @u;y 

C

@RJ @RJ @RJ ıu;x C ıu;y C : : : : ıu.x; y/ C @u @u;x @u;y                                                                                                                                                        

(3.37)

D ıRJ

Für ein allgemeines Rechengebiet kann nach n-maliger Anwendung des Satzes von G AUSS auf Terme mit einer des n-ten Ableitung der virtuelle Größe ıu ebendiese ausgeklammert werden. Aus dem daraus folgenden Ausdruck kann die E ULER’sche Differentialgleichung des Variationsproblems gewonnen werden.     Z @f @f ıu.x; y/  div ıJ Œu D 0 D ˙ : : : d.x; y/ @u @u;x  !   Z @f T n C : : : d@.x; y/ C ıRJ : (3.38) ıu.x; y/ C @u;x @

                                                                                                                                                                            D 0 für physikalisch motivierte Problemstellungen

iT Hierbei ist @u@f;x D @u@f;x @u@f;y . Sind hingegen die Ränder des Rechengebietes parallel zu den Koordinatenrichtungen x und y, so kann wie im Falle einer einzigen Variablen partiell integriert werden.   Zx2 Zy2 @f d @f d @f ıu.x; y/  C : : : dy dx (3.39)  ıJ Œu D 0 D @u dx @u;x dy @u;y h

x1 y1

x2 y2 Zx2  @f @f ıu.x; y/ C : : : dy C ıu.x; y/ C : : : dx C ıRJ @u;x @u;y x1 y1

Zy2  C y1

x1

                                                                                                                                                                                                                                  D 0 für physikalisch motivierte Problemstellungen

3.1 Variationsrechnung – Einführung in Analogie zur Differentialrechnung

47

Variationsrechnung mit Funktionalen beliebig vieler Funktionen, die von beliebigen Variablen abhängen Nun, da sowohl Funktionale mehrerer Feldfunktionen als auch Funktionale mit mehreren Variablen behandelt wurden, fehlt zur Behandlung beliebiger Funktionale lediglich die Kombination, die Behandlung von Funktionalen beliebiger Funktionen u.x/ D iT h u1 .x/ u2 .x/ : : : , die von einem beliebig großen Variablensatz x abhängig sind. Wie in (3.26) und (3.34) gezeigt wurde, empfiehlt es sich hierbei, sowohl die Funktionen u.x/ als auch die Variablen x als Vektoren zu betrachten, da somit die erste Variation und die partiell integrierte Form dieselbe Struktur besitzen wie im Falle einer Feldfunktion einer Variablen nach (3.7). Das allgemeine Funktional hat somit die Form Z (3.40) J Œu.x/ D f.x; u.x/; u;x ; : : :/ d C RJ .u.x/; u;x ; : : :/ ; 

iT h @u @u wobei u;x D @x : : : die Matrix der Ableitungen der Vektorfunktion u nach @y sämtlichen Variablen darstellt. Die erste Variation ergibt sich aus dieser Form mit der G ÂTEAUX-Ableitung, wobei die virtuelle Feldfunktion ıu.x/ ebenfalls vektorwertig ist. " Z @ f.x; uextr. .x/ C s ıu.x/; uextr.;x C s ıu;x ; : : :/ d ıJ Œu.x/ D @s  !#ˇ ˇ ˇ C RJ .uextr. .x/ C s ıu.x/; uextr.;x C s ıu;x ; : : :/ ˇ ˇ sD0 ! !  T Z  T @f @f D ıu C Sp ıu;x C : : : d @u @u;x  !     @RJ T @RJ T ıu C Sp ıu;x C : : : (3.41) C @u @u;x                                                                                                                                         D ıRJ

Der Operator Sp .  / bezeichnet dabei die Spur einer Matrix. Für die Herleitung der Terme, in denen dieser auftritt, sei hier auf Anhang C.1 verwiesen. Wie im Falle einer Feldfunktion, die von mehreren Variablen abhängt, wird auch im allgemeinen Fall einer beliebigen Anzahl von Feldfunktionen die schwache Form (3.40) mithilfe des G AUSS’schen Integralsatzes so umgeformt, dass die virtuelle Feldfunktion ausgeklammert werden kann. !  T Z d @f @f T ıu C : : : d  ıJ Œu.x/ D @u dx @u;x   Z  @f C C : : : n d@ C ıRJ (3.42) ıuT @u;x @

48

3

Mathematische Grundlagen der FEM

Eliminieren sich hier wieder die Randterme aus der Anwendung des Satzes von G AUSS und die Randterme aus der ersten Variation, so muss nach dem Fundamentalsatz der Variationsrechnung der Klammerterm unter dem Volumenintegral verschwinden, sofern das Funktional einen Extremwert annimmt. In diesem Fall enthält der Klammerterm die n Differentialgleichungen für das Problem mit n Feldfunktionen.

Übersichtsbox 3.4: Variation mit vektorwertigen Feldfunktionen und vektorwertigen Variablen

Die allgemeine Form eines Funktionals der vektorwertigen Feldgröße u.x/, die von den Variablen x abhängt, mit Randtermen RJ lautet Z J Œu D

f.x; u.x/; u;x ; : : :/ d C RJ .u.x/; u;x ; : : :/

(3.43)



Die Funktion u.x/, die dieses maximiert bzw. minimiert, kann dadurch gefunden werden, dass die erste Variation des Funktionals bezüglich der vektoriellen Funktion u.x/ zu Null gesetzt wird. Diese lautet in der allgemeinen Form 

Z ıJ Œu D 0 D 

@f @u



T ıu C Sp

@f @u;x

T

! ıu;x C : : :

! d

!    @RJ T @RJ T ıu C Sp ıu;x C : : : : C @u @u;x                                                                                                                                         

(3.44)

D ıRJ

Nach n-maliger Anwendung des G AUSS’schen Integralsatzes auf alle Terme mit einer n-ten Ableitung der virutellen Feldfunktion kann diese ausgeklammert werden. Aus dem daraus folgenden Ausdruck kann die E ULER’sche Differentialgleichung des Variationsproblems gewonnen werden. ! @f ıu C : : : d ıJ Œu.x/ D @u;x   Z  T @f C C : : : n d@ C ıRJ : ıu @u;x Z

T

@f  @u



d dx

T

@

                                                                                                                D0 für physikalisch motivierte Problemstellungen

(3.45)

3.1 Variationsrechnung – Einführung in Analogie zur Differentialrechnung

49

Beispiel 3.4: Das Prinzip der virtuellen Arbeit in der Mechanik

In diesem Beispiel soll das Prinzip der virtuellen Arbeit in seinen beiden Formen, dem Prinzip der virtuellen Kräfte und dem Prinzip der virtuellen Verschiebungen, aus dem Prinzip vom Minimum der potentiellen Energie hergeleitet werden. Für ein linear-elastisches Materialverhalten ist die mechanische Arbeit im Volumen  mit dem Rand @ Z Z Z 1 T (3.46)  " d  tT u d@  fT u d D Min. …ges. D …i C …a D 2 



@

Die Größe t D  n bezeichnet hierbei die Spannungen, die auf der Oberfläche des Volumens (mit Normalenvektor n) wirken und f die volumenbezogenen Kräfte (zum Beispiel die mit der Dichte skalierte Schwerkraft), während u die Verschiebungen des Volumens bezeichnet.  und " sind der VOIGT’sche Spannungs- und der Dehnungsvektor, die in Anhang A beschrieben werden. Im allgemeineren Fall eines nichtlinearen R R Materialverhaltens würde sich hierbei der Term der inneren Arbeit zu …i D  "  d" d ändern. Die innere Arbeit, der erste Term in (3.46), kann mit dem Materialgesetz  D E  ", das aus den Dehnungen mit der Elastizitätsmatrix E die Spannungen bildet, als eine Funktion der Spannung oder der Dehnung ausgedrückt werden Z 1 T 1 (3.47)  E  d …i . / D 2  Z 1 T (3.48) " E " d …i ."/ D 2 

Wird für die Variation von (3.46) angenommen, dass die Kraftgrößen  , t und f unabhängige Größen sind, während die Verschiebungsgrößen " und u von diesen abhängen, so kann mit (3.47) das Prinzip der virtuellen Kräfte hergeleitet werden. ı…ges. D 0 D ı .…i . / C …a / 0 1 Z Z Z B 1 T 1 C D ı@ tT u d@  fT u dA  E  d  2 Z D



ı T E1  d 



Z

D

Z ı T " d 



Z

@

Z

ıtT u d@ 

@

Z

ıtT u d@ 

@

Hierbei ist @ der Spannungs- bzw. Kraftrand.



ıfT u d 

ıfT u d 

(3.49)

50

3

Mathematische Grundlagen der FEM

Werden stattdessen die Verschiebungsgrößen als unabhängige Variablen betrachtet, von denen die Kraftgrößen abhängen, so kann unter Nutzung von (3.48) das Prinzip der virtuellen Verschiebungen hergeleitet werden. ı…ges. D 0 D ı .…i ."/ C …a / 0 1 Z Z Z B 1 T C D ı@ tT u d@  fT u dA " E " d  2 Z D



@

Z

ı"T E " d  

D

Z ı"T  d 



ıuT t d@ 

@

Z

@

Z Z

ıuT t d@ 



ıuT f d 

ıuT f d 

(3.50) 

3.1.3 Starke und schwache Form Für die Approximation der Lösung eines Problems mithilfe der Finiten Elemente wird die sogenannte schwache Form des Gleichgewichts oder schwache Formulierung der Problemstellung benötigt. Diese Form, die der ersten Variation des Funktionals eines Potentialproblems entspricht, besitzt eine symmetrische Form bezüglich der Differentialoperatoren. Soll die schwache Form über ein anderes Verfahren, wie zum Beispiel das nachfolgend eingeführte Verfahren von G ALERKIN (Abschn. 3.2.1) gebildet werden, so kann die Symmetrie der Formulierung bezüglich der Differentialoperatoren durch partielle Integration (bzw. der Anwendung des Satzes von G AUSS bei mehrdimensionalen Problemen) bestimmt werden (siehe hierzu auch Beispielaufgabe 3.4). Trotz dessen, dass es sich bei der schwachen Form um eine integrale Formulierung handelt, ist diese dennoch analytisch exakt. Erst durch das Einsetzen von Ansatzfunktionen in diese wird die Formulierung fehlerbehaftet. Als starke Form des Feldproblems wird die Differentialgleichung des Problems bezeichnet.

3.1.4 Variationsrechnung mit Nebenbedingungen In vielen praxisrelevanten Fällen wird nicht die Funktion gesucht, die das Funktional extremal werden lässt, sondern eine Funktion, die das Funktional unter zusätzlichen Nebenbedingungen extremal werden lässt. Diese Forderungen können aus mehreren Quellen stammen. Eine dieser Quellen ist die Anwendung: So kann zum Beispiel bei einer Satellitenmission gefordert werden, dass der Satellit mit minimalem Treibstoffbedarf eine bestimmte Bahn erreichen soll, während zugleich als Nebenbedingung eine maximale Zeitspanne vorgegeben wird, innerhalb derer diese erreicht werden muss. Eine andere Quelle von Nebenbedingungen sind zusätzliche Randbedingungen, die physikalischer

3.1 Variationsrechnung – Einführung in Analogie zur Differentialrechnung

51

Natur sind. Zum Beispiel ist in der Kontinuumsmechanik gefordert, dass sich zwei Materialpunkte nicht gleichzeitig am gleichen Ort befinden dürfen. Diese Forderung führt auf Kontaktbedingungen, die bei der Berechnung der Deformation eines Körpers zusätzliche Nebenbedingungen an die Verschiebungslösung darstellt. Auch in der Materialmodellierung können Nebenbedingungen auftreten: So wird die Inkompressibilität gummiartiger Materialien bei finiten Elementen oft über die Nebenbedingung eines konstanten Volumens in die Verschiebungslösung eingebracht.

Isoperimetrische Nebenbedingungen Isoperimetrische Nebenbedingungen – Nebenbedingungen in integraler Form – können bei der Variation mit der Methode nach L AGRANGE mit sogenannten L AGRANGEMultiplikatoren in die Variation eingebracht werden. Dabei wird die Nebenbedingung g (mit der beliebigen, aber gegebenen Konstanten c) in der integralen Form Z g.x; u.x/; u;x ; : : :/ d D c (3.51) 

in das Funktional eingebracht, indem sie mit dem L AGRANGE-Multiplikator  multipliziert und zu einem erweiterten Funktional der Form Z   f.x; u.x/; u;x ; : : :/ C  g.x; u.x/; u;x ; : : :/  c d D Extr. (3.52) 

hinzugefügt wird. Das erweiterte Extremwertproblem (3.52) wird nun nach u.x/ gelöst. Hierbei wird zunächst angenommen, dass der L AGRANGE-Multiplikator  bekannt sei. Die Funktion, die das Funktional extrem werden lässt, hat dann die Form u D u.x; /. Die einzig verbleibende Unbekannte, der L AGRANGE-Multiplikator , kann nun dadurch bestimmt werden, dass diese Funktion u.x; / in die Nebenbedingung (3.51) eingesetzt wird. Beispiel 3.5: Das Problem von DIDO

Das Problem von D IDO lautet in der allgemeinen Form wie folgt: Gesucht ist die Form einer Kurve x.t/; y.t/ mit t 2 Rj0  t  1, die bei konstanter Kurvenlänge eine möglichst große Fläche umschließt. Für die Zwecke dieses Beispiels sollen hier zwei vereinfachende Annahmen getroffen werden. Zum Einen wird angenommen, dass die Funktion symmetrisch zu y D 0 ist, so dass nur Anteile für y  0 berücksichtigt werden müssen. Die zweite Annahme ist, dass die gesuchte Funktion von der Parameterdarstellung x.t/; y.t/ in eine eindeutige Funktion y.x/ überführt werden kann, so dass nur letztere berücksichtigt werden muss. Wie die Lösung zeigen wird, ist diese vereinfachende Annahme in diesem Fall gerechtfertigt. R Somit kann das Problem wie folgt formuliert werden: Gesucht ist y.x/, so dass x y.x/ dx D Max., während zuR q 2 dx D s gilt. gleich für die Kurvenlänge x 1 C y;x

52

3

Mathematische Grundlagen der FEM

Das erweiterte Funktional hat somit die Form Z

q 2  s dx D Max. y.x/ C  1 C y;x x

Mit der Forderung, dass die erste Variation nach (3.16) zu Null werden muss, ergibt sich Z y;x ıy;x dx 0 D ıy.x/ C  q 2 1 C y;x x 1 2 0 3 Z y;x d y;x C 6 B 7 ıy 5 : q D ıy.x/ @1  A dx C 4 q dx 2 2 1 C y;x 1 C y;x x x

                                                  D 0 mit ıy.x/ D 0 an den Integrationsgrenzen

Mit dem Fundamentalsatz der Variationsrechnung folgt für die Differentialgleichung der Kurve 1D

y;x d q dx 1 C y2

;x

und durch Integration dieser Kurve y;x x C c1 D  q 2 1 C y;x .x C c1 /2 D 2

2 y;x 2 1 C y;x

.x C c1 /2 2  .x C c1 /2 p y D ˙ 2  .x C c1 /2 C c2 :

2 y;x D

Aufgrund der y-Symmetrie folgt c2 D 0 und die resultierende Gleichung beschreibt einen Kreis um x D c1 , y D 0 mit dem Radius . Zuletzt kann noch der Wert des L AGRANGE-Multiplikators  aus der Nebenbedingung berechnet werden: c Z1 C

sD xDc1  c Z1 C

D xDc1 

q 2 dx D 1 C y;x s

c Z1 C

s 1C

xDc1 

2 dx D   2  .x C c1 /2

.x C c1 /2 dx 2  .x C c1 /2

3.1 Variationsrechnung – Einführung in Analogie zur Differentialrechnung

Damit folgt D

s 

und somit liegt als Lösung für y.x/ der Kreis mit Radius yD˙

r s 2 

53

 .x C c1 /2 :

s 

um den Punkt .c1 ; 0/ vor, 

Punktweise Nebenbedingungen Punktweise Nebenbedingungen sind Nebenbedingungen, die entweder als algebraische Gleichung oder (partielle) Differentialgleichung der Feldfunktionen vorliegen. Sie haben allgemein die Form gi .x; u.x/; u;x ; : : :/ D 0 :

(3.53)

Um diese Nebenbedingungen in das Variationsproblem einzubinden, wird auch hier wie bei der isoperimetrischen Nebenbedingung das Funktional erweitert. Mit den L AGRAN GE -Multiplikatoren i .x/, die nun variabel sind, wird das erweiterte Funktional aufgestellt und das Extremum dieses Funktionals gebildet. Z X f.x; u.x/; u;x ; : : :/ C i .x/ gi .x; u.x/; u;x ; : : :/ d D Extr. (3.54) 

i

Hierbei ist zu beachten, dass das erweiterte Funktional zusätzlich von den Funktionen i .x/ abhängt und entsprechend auch nach diesen variiert werden muss. In der Praxis können solche punktweisen Nebenbedingungen zum Beispiel für die Herleitung gemischter Variationsprinzipien verwendet werden. Das genaue Vorgehen hierzu kann entsprechender Fachliteratur entnommen werden [8, 9].

3.1.5 Zusammenfassung Die Variationsrechnung ist ein zweckmäßiges Mittel, um die in Abschn. 2.1 vorgestellten Minimierungsprizipien, die sich aus der Beobachtung physikalischer Vorgänge ergeben, mathematisch zu beschreiben. Durch Variation des zum Feldproblem gehörigen Funktionals, zum Beispiel des mechanischen Potentials nach (3.16), kann die erste Variation dieses Problems gewonnen werden, deren Lösung den Gleichgewichtszustand des Systems beschreibt. Diese erste Variation, die auch als schwache Form des Gleichgewichts bezeichnet wird, ist zugleich Grundlage der Approximation mit Finiten Elementen. Außerdem kann die erste Variation nach (3.17) so umformuliert werden, dass die virtuelle Feldfunktion ausgeklammert werden kann. Wird daraufhin der Fundamentalsatz der Variationsrechnung angewandt, so kann aus dieser Form die partielle Differentialgleichung

54

3

Mathematische Grundlagen der FEM

des Feldproblems, die auch als E ULER’sche Differentialgleichung der Variationsrechnung bezeichnet wird, gewonnen werden. Diese Möglichkeit der Bestimmung der Differentialgleichung eines Problems aus dem zugehörigen Funktional legt nahe, dass die schwache Form des Gleichgewichts auch ohne eine Funktional aus der feldbeschreibenden Differentialgleichung eines Problems gewonnen werden kann. Dies ist, wie im Folgenden gezeigt wird, in der Tat mithilfe des Verfahrens von G ALERKIN möglich, das auf die Arbeit von G ALERKIN [2] zurückgeht.

3.2 Herleitung der schwachen Form mit dem Verfahren von Galerkin Das wichtigste Verfahren zur Bestimmung der schwachen Form eines Feldproblems ist neben der Variationsrechnung das Verfahren von G ALERKIN. Dieses hat gegenüber der Variationsrechnung den Vorteil, dass auch schwache Formen von Feldproblemen hergeleitet werden können, für die kein Funktional bekannt ist oder existiert. Es wird lediglich die partielle Differentialgleichung des Feldproblems benötigt. Existiert für ein Feldproblem ein Funktional, so ist die schwache Form nach dem Verfahren von G ALERKIN identisch zur ersten Variation dieses Funktionals. Der einzige Nachteil des Verfahrens von G A LERKIN ist somit, dass es weniger anschaulich ist, als das Vorgehen über die Variation zur Minimierung eines Funktionals. Um dennoch ein tieferes Verständnis für dieses Verfahren zu vermitteln, wird es in zwei Schritten eingeführt: Zuerst wird gezeigt, dass das Vorgehen beim Verfahren von G ALERKIN genau die Schritte anwendet, die zur Bestimmung der E ULER’schen Differentialgleichung aus der ersten Variation eines Funktionals notwendig sind; lediglich die Reihenfolge der Operationen wird dabei vertauscht. In einem zweiten Schritt wird mathematisch dargelegt, welche Bedeutung diese Operationen haben.

3.2.1 Verfahren von Galerkin als Umkehrung der Bestimmung der Euler’schen Differentialgleichung des Variationsproblems Bei der Bestimmung der E ULER’schen Differentialgleichung des Variationsproblems wurde wie folgt vorgegangen: 1. Bildung der ersten Variation ıJ des Funktionals J ; dies ist die sogenannte schwache Form 2. Partielle Integration beziehungsweise Anwendung des Satzes von G AUSS, um die virtuelle Feldfunktion ausklammern zu können. Die Randterme verschwinden dabei bei physikalisch motivierten Problemstellungen. 3. Anwendung des Fundamentalsatzes der Variationsrechnung, um die punktweise gülD.u/ D 0 des Variationsproblems aus der integralen Form tige R Differentialgleichung T  ıu D.u/ d D 0 zu gewinnen.

3.2 Herleitung der schwachen Form mit dem Verfahren von Galerkin

55

Dieses Verfahren kann bei bekannter partieller Differentialgleichung D.u/ D 0 auch umgekehrt, zur Bestimmung der schwachen Form aus der Differentialgleichung, angewendet werden, da alle diese Schritte analytisch exakt durchgeführt wurden: 3. Rückwärtsanwendung des Fundamentalsatzes der Variationsrechnung. Da die beiden R Formen D.u/ D 0 und  ıuT D.u/ d D 0 äquivalent sind, solange die virtuelle Feldfunktion als beliebig angenommen wird, kann aus der Differentialgleichung letztere integrale Form gewonnen werden. 2. Um zur schwachen Form zu gelangen, bei der in jedem Term die gleichen Differentialoperatoren auf die Feldfunktion und die virtuelle Feldfunktion angewendet werden, muss partiell integriert oder bei mehrdimensionalen Problemen der G AUSS’sche Integralsatz angewandt werden. Die dabei entstehenden Randterme beschreiben gerade den Einfluss des Gebietsrandes auf den skalaren Wert der ersten Variation. Dieses Vorgehen zeigt anschaulich die Äquivalenz beider Methoden der Gewinnung der schwachen Form. Um weitere Eigenschaften des Vorgehens nach G ALERKIN zu verstehen, ist es jedoch nötig, dieses auch von der mathematischen, theoretischen Seite zu betrachten. Hierbei wird im Folgenden die Feldfunktion allgemein mit bezeichnet, um im Unterschied zum vorherigen Vorgehen klarzustellen, dass es sich bei dieser Größe um eine skalare oder eine vektorwertige Funktion handelt.

3.2.2 Verfahren von Galerkin als Funktionenskalarprodukt Mathematisch gesehen ist die Gewinnung der integralen Form aus der partiellen Differentialgleichung, wie sie im Schritt 3. des vorigen Abschnitts eingeführt wurde, die Bildung eines Funktionenskalarprodukts. Hierbei wird der Fehler der partiellen Differentialgleichung D skalar mit allen zulässigen Testfunktionen j multipliziert. Hierbei wird Skalarprodukt für Funktionen f und g, die auf einem Gebiet  definiert sind, Z (3.55) hf; gi D f g d 

verwendet. Wird dabei der Fehler der Differentialgleichung mithilfe einer LinearkombinaP tion eines Satzes von Ansatzfunktionen D i O i Ni beschrieben (mit den Skalierungsfaktoren O i der Ansatzfunktionen), so bedeutet das Verschwinden des Skalarprodukts Z ˝ ˛ 0 D D. /; j D D. / j d ; (3.56) 

dass der Fehler der approximierten Differentialgleichung orthogonal zu allen Testfunktionen ist. Enthalten die Test- und Ansatzfunktionen dabei alle Funktionen, die die Stetigkeitsanforderungen der Differentialgleichung sowie die Randbedingungen des Problems

56

3

Mathematische Grundlagen der FEM

erfüllen, so ist die Lösung, die aus diesem Skalarprodukt hervorgeht, analytisch exakt. Ist dies nicht der Fall, so besitzt der Fehler der approximierten Differentialgleichung aufgrund der Orthogonalitätsbedingung (3.56) keine Komponente in Richtung der Testfunktionen. Da die Testfunktion zudem auch als Gewichtung des Fehlers der Approximation der Differentialgleichung betrachtet werden kann, wird dieses Vorgehen auch als Verfahren der gewichteten Residuen bezeichnet. Das Verfahren von G ALERKIN (engl. B UBNOV-G ALERKIN) stellt hierbei den Spezialfall dar, dass die Testfunktionen genau den Ansatzfunktionen entsprechen, also Ni D i ist. Dadurch kann die schwache Form immer als symmetrische Form bezüglich dieser Funktionen Ni formuliert werden, was für die spätere Lösung mit Finiten Elementen vorteilhaft ist. Zugleich minimiert diese Form den Energiefehler bei der Approximation mit Finiten Elementen [1]. Die Alternative, bei der als Testfunktionen nicht die Ansatzfunktionen verwendet werden, werden auch als P ETROV-G ALERKIN-Methoden oder Kollokationsverfahren bezeichnet [4, S. 18]. Beispiele hierfür sind die Least-Squares-Methoden, bei der als Testfunktionen der Gradient des Fehlers der approximierten Differentialgleichung be. / , verwendet wird, züglich der Skalierungsfaktoren der Ansatzfunktionen, i D @D @ Oi oder die Punktkollokationsmethode, bei der als Testfunktion die D IRAC-Funktion an den Kollokationspunkten verwendet wird.

3.3 Verfahren von Ritz Ein alternatives Verfahren zur approximativen Lösung von Minimierungsproblemen, das mit einfacheren mathematischen Mitteln arbeitet, ist das Verfahren von R ITZ, das 1909 von WALTER R ITZ [5] eingeführt wurde, um Lösungen von Potentialproblemen zu finden. Im Gegensatz zur Variationsrechnung wird bei diesem Verfahren das Potential nicht bezüglich der Feldfunktion minimiert, sondern stattdessen bezüglich der Skalierungsfaktoren von Ansatzfunktionen. Hierzu wird für die Feldfunktion im Potential …. / ein P O Ansatz .x/ D i i Ni .x/ eingesetzt und anschließend das Potential bezüglich der räumlich konstanten Freiwerte6 Oi minimiert. ! Z Z X

O i Ni .x/ d D Min. … D f. .x// d D f (3.57) 

0D

@ @ O i



Z f 

X

!

Oi Ni .x/

i

d

8i

(3.58)

i

Das Ergebnis des Verfahrens ist ein Gleichungssystem für die Unbekannten O i nach (3.58). Dieses Gleichungssystem ist im Falle eines nichtlinearen Potentials ebenfalls 6

Im Gegensatz zur Variationsrechnung, in der bezüglich der räumlichen Feldfunktion minimiert wird.

3.3 Verfahren von Ritz

57

nichtlinear und wird nur bei linearen Problemen zu einen linearen Gleichungssystem, das explizit gelöst werden kann. Die einzige Anforderung an den Ansatz für die Feldfunktion ist dabei, dass dieser die Randbedingungen und die Stetigkeitsanforderungen des Problems erfüllen muss. Es können also sowohl globale, als auch lokale Ansätze verwendet werden. Die Differentialgleichung des Feldproblems jedoch wird im Allgemeinen von diesen nicht erfüllt, womit das Verfahren im Gegensatz zur Variationsrechnung fehlerbehaftet ist. Der Grund hierfür ist, dass in dem Ansatz für die Feldfunktion im Allgemeinen nicht alle zulässigen Funktionen enthalten sind, womit die analytische Lösung nicht exakt abgebildet werden kann. Jedoch kann für den Fehler eine Abschätzung getroffen werden: Da die analytische Lösung das Potential des Feldproblems minimiert, ist das Potential der Approximation in jedem Fall mindestens so groß wie das der analytischen Lösung. Somit ist für eine gegebene Feldfunktion (und somit ein konstantes äußeres Potential) das innere Potential ebenfalls immer exakt oder zu groß. Anschaulich bedeutet dies am Beispiel der Mechanik, dass für eine gegebene Verformung die Deformationsenergie im Falle einer fehlerhaften Approximation bei gegebener Deformation zu groß ist, und somit das System zu steif abgebildet wird. Das Verfahren von R ITZ ist eng mit Minimumssuche über die Variation eines Funktionals verwandt. Der einzige Unterschied besteht darin, dass beim Vorgehen über die Variationsrechnung die Funktion gesucht wird, die das Funktional minimiert, während beim Verfahren von R ITZ lediglich das Minimum bezüglich des gewählten Ansatzes bestimmt wird. Wird jedoch in die schwache Form, die mithilfe der Variationsrechnung gewonnen wurde, derselbe Ansatz eingesetzt wie beim R ITZ’schen Verfahren, so ergibt sich nicht nur dieselbe Approximationslösung, sondern auch die Gleichungen zur Bestimmung der Freiwerte der Approximation stimmen exakt überein. Dies wird in Abschn. 3.8 anhand eines Beispiels demonstriert.

3.3.1 Verfahren von Trefftz Das Verfahren von T REFFTZ wurde von T REFFTZ als Gegenstück zum Ritz’schen Verfahren eingeführt [7]. Diese Bezeichnung beruht darauf, dass das Verfahren von T REFFTZ genau die umgekehrten Anforderungen an die gesuchte Lösung des Feldproblems stellt wie das Verfahren von R ITZ. Die Ansatzfunktionen beim Verfahren von T REFFTZ müssen folglich lediglich die Differentialgleichung des Problems erfüllen, nicht jedoch die Randbedingungen. Als Folge dieser Bedingungen ist die Lösung beim Verfahren von T REFFTZ immer zu weich. Grund dafür ist, dass die Lösung, die die Differentialgleichung eines Problems exakt erfüllt, immer einem Minimum des Potentials entsprechen. Durch die Vernachlässigung der Randbedingungen bei der Lösung kann sich jedoch am Rand des Rechengebietes eine Lösung einstellen, die den Zwängungen des Rands nicht folgt, und somit dort ein geringeres inneres Potential aufweist.

58

3

Mathematische Grundlagen der FEM

3.4 Fehler in der Approximation und Variational Crimes Die mathematische Lösung des Minimierungsproblems mittels der Variationsrechnung, und gleichermaßen die Herleitung der schwachen Form über das Verfahren von G ALER KIN, sind analytisch exakt. Die Ausführungen zum Verfahren von R ITZ hingegen haben gezeigt, dass durch die Einführung eines Ansatzes, und somit die Einschränkung der Feldfunktion auf eine Linearkombination einer endlichen Anzahl von Funktionen, Fehler bei der Minimierung auftreten. Neben diesen Fehlern, die bei einer Approximation einer unbekannten Funktion zwangsläufig auftreten, werden jedoch bei der Approximation mit Finiten Elementen oft zusätzliche Fehler in das System eingebracht. Diese Fehler, die von S TRANG [1] als variational crimes bezeichnet werden, entstehen im Wesentlichen durch drei Faktoren. Zum einen wird das Rechengebiet oft nicht exakt abgebildet, da sein Rand lediglich als stückweise stetiges Polynom betrachtet wird. Dies hat zur Folge, dass auch die Integrale der schwachen Form nur über diese Annäherung des Gebiets, und damit inexakt gebildet werden. Zudem werden die Integrale in der praktischen Anwendung nicht analytisch, sondern mittels numerischer Integration gelöst, die ebenfalls oft fehlerbehaftet ist7 . Eine dritte Quelle von Fehlern ist die Nichtbeachtung der Stetigkeitsbedingungen der schwachen Form. Diese wird durch nichtkonforme Elemente verursacht, die im Modellinneren zu unstetigen Feldfunktionen führen. Für eine ausführlichere Diskussion der variational crimes sei hier jedoch auf B REN NER und S COTT [6] verwiesen.

3.5 Zusammenfassung In diesem Kapitel wurde gezeigt, wie die Minimalprinzipien, die der Beobachtung physikalischer Prozesse entspringen, mathematisch beschrieben werden können. Hierzu wurde das Mittel der Variationsrechnung eingeführt, mithilfe derer das Minimum eines Funktionals, oder in der Physik das Minimum eines Potentials, bestimmt werden kann. Die erste Variation des Funktionals, die auch als schwache Form bezeichnet wird, wird im Folgenden zur Diskretisierung mit Finiten Elementen benötigt. Zusätzlich kann durch eine weitere Umformung, die auf das Ausklammern der virtuellen Terme der ersten Variation führt, die E ULER’sche Differentialgleichung des Feldproblems gewonnen werden. Da dieses Verfahren jedoch nur für Probleme anwendbar ist, die ein Funktional besitzen, wurde in einem nächsten Schritt für die Bestimmung der schwachen Form das Verfahren von G ALERKIN eingeführt, welches das oben beschriebene Vorgehen umkehrt. Somit kann aus der Differentialgleichung eines beliebigen Problems durch Bildung des 7

Siehe hierzu Kap. 7.

3.5 Zusammenfassung

59

Energie, Potential Π  1 E A u2,x − n(x) u dx + Π= 2

GALERKIN-Ansatz Wichtung  ! δΠ = − (E A u,xx + n(x)) δu dx = 0

x=0

! ˆ1 − Fˆ2 u ˆ2 = Min. Fˆ1 u

x=0

 

!

δΠges. = 0 =

δΠ

x=0

DGL des Stabs

d ∂F d2 ∂F ∂F − + 2 ∓ ... ∂u dx ∂u,x dx ∂u,xx

 δu dx

s. ge

=

!

n(x)

u  ∂F δ ∂u

tio

u ˆ1

u ˆ2

ra

0 x=

n

Fˆ2

x

Pa r

tie

lle

δu , ∂F ,x + ∂u

In teg



0=

Fˆ1

+  x d .

.. Schwache Form des Feldproblems  δΠ = E A u,x δu,x − n(x) δu dx + x=0

! ˆ1 − Fˆ2 δ u ˆ2 = 0 Fˆ1 δ u Schwächere Stetigkeitsforderung an die Feldfunktion

Ansatzfunktionen

FE-Formulierung

Abb. 3.4 Zusammenfassung der Idee der Finiten Elemente: Es ist nun klar, dass die schwache Form sowohl über die Variationsrechnung, als auch über das Verfahren von G ALERKIN bestimmt werden kann

Skalarprodukts mit einer Testfunktion ebenfalls die schwache Form gewonnen werden. Da die Differentialgleichung auch für Feldprobleme ohne Funktional existiert, kann somit für ein beliebiges Feldproblem die schwache Form aufgestellt und mit Finiten Elementen diskretisiert werden. Mit diesem Wissen kann die Übersicht nach Abb. 1.4, die in der Einführung vorgestellt wurde, zu Abb. 3.4 vervollständigt werden.

60

3

Mathematische Grundlagen der FEM

3.6 Übungsaufgaben Übungsaufgabe 3.1: Biegebalken nach Bernoulli

Bestimmen Sie mittels der G ÂTEAUX-Ableitung und mittels der Schemata in der Zusammenfassung 3.1 für das allgemeine Vorgehen bei der Variation aus dem Potential des E ULER -B ERNOULLI-Balkens die erste Variation und die Differentialgleichung des Balkens. …ges.

1 D 2

Z`



 E I w;xx 2  q.x/ w dx  MO 1 wO 1;x  MO 2 wO 2;x  QO 1 wO 1  QO 2 wO 2

xD0

D Min. w.x/ wO 1 , wO 2 E I MO 1 , MO 2 q.x/ QO 1 , QO 2 `

(3.59)

Verschiebung des Balkens in Querrichtung Verschiebung in Querrichtung am linken und rechten Ende des Balkens Elastizitätsmodul Flächenträgheitsmoment Einzelmoment am linken und rechten Ende des Balkens kontinuierliche Linienlast Einzelkraft am linken und rechten Ende des Balkens Länge des Balkens q(x) ˆ1 ˆ 1, Q M

1 x=0

E, I

2

ˆ2 ˆ 2, Q M

x

x=

z, w

Abb. 3.5 Balkenelement der Länge ` unter äußeren Lasten

Lösung zu Übungsaufgabe 3.1: Biegebalken nach B ERNOULLI Die Feldgröße w, die von der Variablen x abhängt, tritt in allen Termen des Funktionals auf. a) Variation mit der G ÂTEAUX-Ableitung: " Z` Z` d 1 2 E I .w;xx C s ıw;xx / dx  q.x/ .w C s ıw/dx ı…ges. D ds 2 0 0     O O  M1 wO 1;x C s ı wO 1;x  M2 wO 2;x C s ı wO 2;x !#ˇ     ˇˇ  QO 1 wO 1 C s ı wO 1  QO 2 wO 2 C s ı wO 2 ˇ ˇ sD0

3.6 Übungsaufgaben

61

Ableiten nach s ergibt Z` ı…ges. D

Z` E I .w;xx C s ıw;xx / ıw;xx dx 

0

q.x/ ıw dx 0

 MO 1 ı wO 1;x  MO 2 ı wO 2;x

!ˇ ˇ ˇ  QO 1 ı wO 1  QO 2 ı wO 2 ˇ ˇ

sD0

und mit s D 0 folgt Z` ı…ges. D

.E I w;xx ıw;xx  q.x/ ıw/ dx 0 Š  MO 1 ı wO 1;x  MO 2 ı wO 2;x  QO 1 ı wO 1  QO 2 ı wO 2 D 0 :

(3.60)

Um die Differentialgleichung des Balkens zu erhalten, muss die virtuelle Feldgröße ausgeklammert werden. Dies kann durch partielle Integration erreicht werden. Für den ersten Term von (3.60) folgt mit zweimaliger partieller Integration Z`



E I w;xx ıw;xx dx D E I w;xx ıw;x 0



D E I w;xx ıw;x

` xD0

` xD0

Z` 

E I w;xxx ıw;x dx 0



 E I w;xxx ıw

` xD0

Z` C

E I w;xxxx ıw dx 0

D MO 1 ı wO 1;x C MO 2 ı wO 2;x C QO 1 ı wO 1 C QO 2 ı wO 2 Z` C

E I w;xxxx ıw dx :

(3.61)

0

Einsetzen von (3.61) in (3.60) ergibt Z` ı…ges. D 0 D



 E I w;xxxx C m;x .x/  q.x/ ıw dx ;

(3.62)

0

wobei nun in der Klammer die Differentialgleichung des Balkens steht. Die Randterme heben sich dabei gegenseitig auf. b) Für eine Feldgröße w mit einer Koordinate x ist entsprechend der Übersichtsbox 3.1 die Funktion f unter dem Integral f WD

1 E I w;xx 2  q.x/ w ; 2

62

3

Mathematische Grundlagen der FEM

und die Randterme des Funktionals sind RJ D MO 1 wO 1;x  MO 2 wO 2;x  QO 1 wO 1  QO 2 wO 2 : Für die erste Variation ergibt sich nach (3.16) Z`  ı…ges. D 0 D

 @f @f @f ıwx; C ıw;xx C : : : dx ıw C @w @w;x @w;xx

0

C

@RJ @RJ ıw;x C : : : ıw C @w @w;x

Z` D

.E I w;xx ıw;xx  m.x/ ıw;x  q.x/ ıw/ dx 0

 MO 1 ı wO 1;x  MO 2 ı wO 2;x  QO 1 ı wO 1  QO 2 ı wO 2 Diese Gleichung ist identisch mit (3.60). Gemäß dem Rechenschema der E ULER’schen Differentialgleichung in (3.17) folgt die Differentialgleichung des Balkens als Z`  ı…ges. D 0 D 0

@f d2 @f d @f C 2 :::  @w dx @w;x dx @w;xx

 ıw dx C Randterme

Z` .q.x/ C m;x .x/ C E I w;xxxx / ıw dx ;

D 0

wobei sich die Randterme wieder auslöschen. Diese Gleichung ist wiederum identisch mit (3.62).

Übungsaufgabe 3.2: Gekoppelte Felder

Ein gekoppeltes Feld wird durch das Potential Z  …ges. D

 1 U;xx 2  T;x 2 dx D Extr. 2

(3.63)

x

charakterisiert. Dabei liegen die Feldgrößen U.x/ und T .x/ mit der globalen Variablen x vor. Bestimmen Sie mittels der Übersichtsbox 3.2 für das allgemeine Vorgehen zur Berechnung der ersten Variation die erste Variation des Potentials und die Differentialgleichungen beider Felder.

3.6 Übungsaufgaben

63

Lösung zu Übungsaufgabe 3.2: Gekoppelte Felder Die erste Variation liefert nach (3.29) mit f WD 12 U;xx 2  T;x 2  Z  @f @f @f ı…ges. D 0 D ıU;x C ıU;xx C : : : dx ıU C @U @U;x @U;xx x  Z  @f @f @f ıT;x C ıT;xx C : : : dx ıT C C @T @T;x @T;xx x Z Z     U;xx ıU;xx T;x 2 dx C U;xx 2 T;x ıT;x dx : D x

x

Die E ULER’schen Differentialgleichungen dieses Feldproblems folgen nach (3.30) als  Z  @f d2 @f d @f ı…ges. D 0 D C 2  : : : ıU dx  @U dx @U;x dx @U;xx x  Z  @f d2 @f d @f C C 2  C : : : ıT dx C Randterme  @T dx @T;x dx @T;xx x Z Z     U;xx T;x 2 ;xx ıU dx C U;xx 2 T;x ;x ıT dx C Randterme : D x                                x                                  .I/

.II/

Hierbei ist   (I) die Differentialgleichung für das Feld U.x/: 0 D U;xx .x/ T;x 2 .x/ ;xx Diese Differentialgleichung beschreibt den Verlauf des Felds U.x/ unter dem Einfluss von T .x/.   (II) die Differentialgleichung für das Feld T .x/: 0 D U;xx 2 T;x ;x Diese Differentialgleichung beschreibt den Verlauf des Felds T .x/ unter dem Einfluss von U.x/. Es liegt damit ein System von gekoppelten Differentialgleichungen vor, da jedes Feld einen Einfluss auf das jeweils andere Feld hat.

Übungsaufgabe 3.3: Prinzip der virtuellen Verschiebungen für eine Scheibe in kartesischen Koordinaten

Leiten Sie mit Hilfe des Prinzips der virtuellen Verschiebungen (3.50) den virtuellen Arbeitssatz der Scheibe her, welche unter Temperaturlast steht. Verwenden Sie dazu das Materialgesetz einer Scheibe im ebenen Spannungszustand 2 3 1 0 E 6 7  D E" mit E D 0 5 4 1 1  2 0 0 1 2

64

3

Mathematische Grundlagen der FEM

und die kinematischen Beziehungen für die mechanischen Gesamtdehnungen im 2D Fall, 3 2 u;x  ˛x T 7 6 " D 4 v;y  ˛y T 5 u;y C v;x

xx , yy , "xx und "yy xy und xy E T ˛x und ˛y u und v t

3 ıu;x 7 6 ı" D 4 ıv;y 5: ıu;y C ıv;x 2

und

Normalspannungen und Dehnungen in x- und y-Richtung Schubspannung bzw. Verzerrung in der Ebene Querkontraktionszahl Elastizitätsmodul Temperaturdifferenz bzgl. der Referenztemperatur Wärmeausdehnungskoeffizienten in x- und y-Richtung Verschiebung in x- und y-Richtung Dicke der Scheibe

Abb. 3.6 Thermomechanische Scheibe unter Volumenlast

y, v E, ν, t, αx , αy x, u



Lösung zu Übungsaufgabe 3.3: Prinzip der virtuellen Verschiebungen für eine Scheibe in kartesischen Koordinaten Nach (3.50) ist die virtuelle Arbeit in der Mechanik Z

Z

Z

ı"T  d 

ı… D 

ıuT t d@ 

@

Š

ıuT f d D 0 

Diese kann mithilfe des Materialgesetzes und der Bedingung, dass der Spannungsrand eine Ausdehnung von Null besitzt und der Gebietsrand parallel zu den Koordinatenrichtungen verläuft, vereinfacht werden. Zt Z Z

Š

ı"T E "  ıuT f d D 0

ı… D zD0 x y

3.6 Übungsaufgaben

65

Einsetzen der linearen Kinematik liefert den virtuellen Arbeitssatz für die Scheibe unter Temperatureinfluss, ZZ ı… D t x y

2

3T 2 ıu;x 1 6 7 E 6 1 ıv;y 4 5 4 1  2 0 0 ıu;y C ıv;x

32 3 " #T " # 0 u;x  ˛x T ıu fx 76 7 d 0 5 4 v;y  ˛y T 5  ıv fy 1 u;y C v;x 2

Š

D 0: Die virtuelle innere Arbeit setzt sich dabei aus vier Anteilen zusammen: ZZ  Et ı…i D .u;x C v;y  T .˛x C ˛y / ıu;x 1  2   x y C u;x C v;y  T . ˛x C ˛y ıv;y /   1 .u;y C v;x /.ıu;y C ıv;x / dy dx C 2 ZZ " Et D u;x ıu;x C v;y ıv;y  T .˛x C ˛y / ıu;x  T . ˛x C ˛y / ıv;y 1  2                                                                                                                                                                                            x y

Normalspannungsterm

Temperaturterm mit Querkontraktion

# 1 C .u;x ıv;y C v;y ıu;x / C .u;y C v;x /.ıu;y C ıv;x / dy dx                                                                2                                                                                         Querkontraktionsterm Schubterm

Übungsaufgabe 3.4: Schwache Form der Platte

Gegeben ist die partielle DGL der K IRCHHOFF-Platte, w;xxxx C 2 w;xxyy C w;yyyy D

p.x; y/ ; D

mit der Durchbiegung w, der Flächenlast p.x; y/ und der Plattensteifigkeit D. Überführen Sie die partielle Differentialgleichung mit dem G ALERKIN-Verfahren in die schwache Form.

Lösung zu Übungsaufgabe 3.4: Schwache Form der Platte Die Differentialgleichung besitzt die Feldgröße w.x; y/, die von den zwei Variablen x und y abhängt. Folglich ist das zu behandelnde Rechengebiet zweidimensional. Die Anwendung des Verfahrens von G ALERKIN führt auf ZZ

p ıw dy dx : w;xxxx C 2 w;xxyy C w;yyyy  ı…ges. D 0 D D x y

66

3

Mathematische Grundlagen der FEM

Für die schwache Form muss dafür gesorgt werden, dass in jedem Term die Differentialoperatoren, die auf die Feldfunktion w angewendet werden, den Differentialoperatoren entsprechen, die auf die virtuelle Feldfunktion ıw angewandt werden. Hierzu müssen die ersten drei Terme der G ALERKIN-Form jeweils zweifach partiell integriert werden. Für den ersten Term folgt Z

ZZ w;xxxx ıw dy dx D x y

  w;xxx ıw x dy 

y

Z D

ZZ w;xxx ıw;x dy dx x y

  w;xxx ıw x dy 

y

Z



 w;xx ıw;x x dy C

y

                                                                                                                         

ZZ w;xx ıw;xx dy dx : x y

Randterme

Die partielle Integration des dritten Terms erfolgt analog zum ersten Term. Z

ZZ w;yyyy ıw dy dx D x y

  w;yyy ıw y dx 

x

Z D

ZZ w;yyy ıw;y dy dx x y

  w;yyy ıw y dx 

x

Z



ZZ



w;yy ıw;y y dx C

x

                                                                                                                         

w;yy ıw;yy dy dx x y

Randterme

Bei der partiellen Integration des zweiten Terms muss für eine symmetrische Form der Term aufgeteilt werden. Die eine Hälfte des Terms wird dabei zuerst in x- und dann in yRichtung partiell integriert, während die andere Hälfte zuerst in y- und dann in x-Richtung partiell integriert wird. Z

ZZ w;xxyy ıw dy dx D

2 x y

y



 w;xyy ıw x dy C

Z D

  w;xxy ıw y dx

x

ZZ



Z

w;xyy ıw;x C w;xxy ıw;y dy dx x y



 w;xyy ıw  w;xy ıw;y x dy C

y

Z x



 w;xxy ıw  w;xy ıw;x y dx

                                                                                                                                                                                                             Randterme ZZ C2 w;xy ıw;xy dy dx x y

3.6 Übungsaufgaben

67

Einsetzen dieser Ergebnisse in die G ALERKIN-Form liefert die schwache Form der Platte, ı…ges. D 0 ZZ

p w;xx ıw;xx C 2 w;xy ıw;xy C w;yy ıw;yy  ıw dy dx C Randterme : D D x y

Übungsaufgabe 3.5: Transiente Wärmeleitung

Gegeben ist die partielle DGL der transienten Wärmeleitung, div . grad T / C qPi D cp

T (x, y, z, t)

q˙i

@T : @t

T∞

n Tw hc

Abb. 3.7 Beliebiges Rechengebiet unter äußerer und innerer Wärmelast. T D T .x; y; z; t / Temperatur, qPi innere Wärmequellen,  Wärmeleitfähigkeit, Dichte, cp spezifische Wärmekapazität, hc Wärmeübergangskoeffizient, n Normalenvektor, t Zeit

Überführen Sie die pDGL mit dem G ALERKIN-Verfahren in die schwache Form. Nutzen Sie dabei folgende Identitäten: 1.  grad T D q 2. div ..q  ıT // D ıT  div q C qT  grad ıT 3. nT q D qn D nT  grad T D hc .T1  T /

Lösung zu Übungsaufgabe 3.5: Transiente Wärmeleitung Die Feldgröße des transienten Wärmeleitungsproblems ist die Temperatur T D T .x; y; z; t/, die von den drei Raumkoordinaten x, y, und z sowie der Zeit t abhängt. Für das G ALERKIN-Verfahren muss somit über vier Variablen integriert werden. ı…therm

 Z Z Z Z  @T D0D ıT dz dy dx dt div . grad .T // C qP i  cp @t t x y z

68

3

Mathematische Grundlagen der FEM

Neben einer partiellen Integration des ersten Terms kann eine Umformung mittels der Produktregel und dem G AUSS’schen Integralsatz durchgeführt werden. Damit ergibt sich unter Ausnutzung der ersten beiden Identitäten und der Bezeichnung  für das Integrationsvolumen Z Z Z Z div . grad .T // ıT d dt D div .q/  ıT d dt t 

t 

Z Z

Z Z

div .q  ıT / d dt C

D t 

qT  grad .ıT / d dt : t 

Die Anwendung des G AUSS’schen Integralsatzes auf den ersten dieser Terme führt auf Z Z div .q ıT / d D nT .q ıT /d@ ; 

@

wobei n den Normalenvektor auf der Oberfläche @ des Gebiets bezeichnet. Damit folgt für den Divergenzterm der G ALERKIN-Form der Wärmeleitung Z Z Z Z Z Z div . grad .T // ıT d dt D  nT .q ıT / d@ dt C qT  grad .ıT / d dt t 

t @

t 

Z Z

nT  grad .T / ıT d@ dt

D t @

                                                                                            Randterm Z Z  .grad .ıT //T  grad .T / d dt : t 

Eingesetzt in die Gleichung des G ALERKIN-Verfahrens, ergibt sich die schwache Form. Z Z Z Z ı…therm D 0 D nT  grad .T / ıT d@ dt  .grad .T //T  grad .ıT / d dt t @

Z Z

Z Z qP i ıT d dt 

C t 

t 

cp T;t ıT d dt t 

Der letzte Term dieser Gleichung muss nicht partiell integriert werden, da dieser mit Z Z Z Z Z   cp T;t ıT d dt D cp T ıT;t d dt cp T ıT  dt  t 

t

t 

nicht dafür sorgt, dass die Ableitungsoperatoren symmetrisch auf die Temperatur und die virtuelle Temperatur verteilt sind. Im Gegensatz dazu bringt diese Umformung sogar noch einen weiteren Randterm, der diskutiert werden muss, in die Gleichung ein.

3.6 Übungsaufgaben

69

Der erste Term der schwachen Form lässt sich mit Hilfe der dritten Identität, nT q D qn D nT  grad T D hc .T1  T / ; zu einer Beziehung zwischen der Randtemperatur des Gebiets und der Umgebungstemperatur T1 umformen. hc bezeichnet dabei den Wärmeübergangskoeffizienten für den konvektiven Wärmeübergang am Rand, der das Gebiet umgibt. Somit ergibt sich abschließend die schwache Form der instationären Wärmeleitung eines Gebiets in einem umgebenden Medium zu Z Z ı…therm D 0 D

Z Z hc .T1  T / ıT d@ dt C

t @

qPi ıT d dt t 

Z Z

Z Z

.grad .T //  grad .ıT / d dt 



T

t 

cp T;t ıT d dt : t 

Übungsaufgabe 3.6: Potentialfunktion einer Strömung

Die partielle Differentialgleichung der Potentialströmung lautet 0 D ;xx C ;yy ; wobei D .x; y/ das Geschwindigkeitspotential der Strömung beschreibt. Die Strömungsgeschwindigkeiten vx in x- und vy in y-Richtung, die sich auch aus der Strömungsfunktion ' berechnen lassen, ergeben sich aus der Ableitung des Geschwindigkeitspotentials: vx D ;x D ';y

vy D ;y D ';x

Überführen Sie die partielle Differentialgleichung mit dem G ALERKIN-Verfahren in die schwache Form.

Lösung zu Übungsaufgabe 3.6: Potentialfunktion einer Strömung Die Differentialgleichung des Feldproblems hängt nur von einer Feldgröße ab, dem Geschwindigkeitspotential . Dieses ist im zweidimensionalen Gebiet mit den Variablen x und y definiert. Das G ALERKIN-Verfahren liefert in der Anwendung auf dieses zweidimensionale Problem ZZ  

;xx C ;yy ı dy dx ı…ges. D 0 D x y

70

3

Mathematische Grundlagen der FEM

Zur Bestimmung der schwachen Form muss wieder so partiell integriert werden, dass die Differentialoperatoren der Feldfunktion und der virtuellen Feldfunktion gleich sind. Die partielle Integration des ersten Terms führt auf Z

ZZ

;xx ı dy dx D x y





ZZ

;x ı x dy 

y

;x ı ;x dy dx x y

Für den zweiten Term folgt eine analoge Beziehung, sodass die schwache Formulierung folgende Form hat: ZZ ı…ges. D 0 D



  ;x ı ;x  ;y ı ;y dy dx C Randterme

x y

Übungsaufgabe 3.7: Gekoppeltes thermomechanisches Feld eines Stabs

Gegeben sind die partiellen Differentialgleichungen des Stabes für das mechanische Feld,   E A u;x .x/  ˛ T .x/ ;x C n.x/ D 0 und für das thermische Feld im stationären Zustand,  T;xx .x/ C qPi D 0. E A u.x/ ˛ T .x/ n.x/  qPi

Elastizitätsmodul Querschnitt Verschiebung in x-Richtung Wärmeausdehnungskoeffizient Temperatur in x-Richtung Linienlast in x-Richtung Wärmeleitkoeffizient innere Wärmequellen

Überführen Sie die beiden partiellen Differentialgleichungen mit dem G ALERKINVerfahren in die schwache Form des gekoppelten thermo-mechanischen Feldes.

Lösung zu Übungsaufgabe 3.7: Gekoppeltes thermomechanisches Feld eines Stabs Es handelt sich beim Stabproblem um ein eindimensionales Problem mit der Variablen x, von der die beiden Feldfunktionen, die Verschiebung u und die Temperatur T abhängen. Das G ALERKIN-Verfahren muss hierbei für beide Differentialgleichungen angewandt

3.6 Übungsaufgaben

71

werden. Damit folgt die G ALERKIN-Form des thermomechanischen Stabs zu ı…ges. D ı…mech C ı…therm D 0 Z Z

  E A u;x  ˛ T ;x C n ıu dx C . T;xx C qP i / ıT dx D x

x

Die partielle Integration des ersten Terms im mechanischen Feld ergibt Z Z

      E A u;x  ˛ T ;x ıu dx D E A.u;x  ˛ T /ıu x  E A u;x  ˛ T ıu;x dx :                                                             x x Randterm mech. Feld

Die partielle Integration des ersten Terms des thermischen Feldes resultiert in Z Z    T;xx ıT dx D  T;x ıT x   T;x ıT;x dx :                        x x Randterm thermo. Feld

Werden beide partiellen Integrationen in die Gleichung des G ALERKIN-Verfahrens eingesetzt, so folgt die schwache Form des thermomechanischen Stabs als Z Z     ı…ges. D 0 D E A u;x  ˛ T ıu;x C n ıu dx C . T;x ıT;x C qP i ıT / dx x

    C E A.u;x  ˛ T /ıu x C  T;x ıT x :

x

Übungsaufgabe 3.8: Anwendung des Ritz’schen Verfahrens

Für einen Kragbalken der Länge ` und Biegesteifigkeit E Iyy , der mit einer konstanten Linienlast q0 belastet ist, soll der Verschiebungsverlauf bestimmt werden. Hierzu soll das R AYLEIGH-R ITZ- beziehungsweise R ITZ-Verfahren verwendet werden. q0 z, w

E, I, 

x

Dabei soll die Verschiebungslösung mit den folgenden sieben unterschiedlichen Ansätzen berechnet werden. 1. w1 .x/ D c1 x 2 2. w2 .x/ D c2 x 2 C d2 x 3 3. w3 .x/ D c3 x 2 C d3 x 3 C e3 x 4 4. w4 .x/ D d4 x 3

72

3

Mathematische Grundlagen der FEM

5. w5 .x/ D e5 x 4

 x 6. w6 .x/ D g6 1  cos 2` 7. w7 .x/ D g7 x 2 .3 `  2 x/ C h7 x 2 ` .x  `/ Diese Ansätze erfüllen, wie beim R ITZ’schen Verfahren gefordert, die zwei Verschiebungsrandbedingungen w.x D 0/ D 0 und w;x .x D 0/ D 0. Das Gesamtpotential des Balkens lautet nach Abschn. 2.2 Z` …ges. D UM  W D

1 2 dx  E Iyy w;xx 2

0

Z` q0 w dx : 0

Neben der Berechnung der Verschiebung soll außerdem die Qualität der Ergebnisse beurteilt werden. Als Vergleich hierzu ist die analytische Lösung für den Kragbalken unter der gegebenen Last, 

x 3 x 4 x 2 q0 `4 6 ; 4 C w.x/ D 24 E Iyy ` ` ` als bekannt anzunehmen.

Lösung zu Übungsaufgabe 3.8: Anwendung des R ITZ’schen Verfahrens Die unbekannten Parameter ci , di , ei , gi und hi der Ansatzfunktionen werden bestimmt, indem die Ansätze in das Gesamtpotential eingesetzt werden und dieses anschließend bezüglich dieser Konstanten nach (3.58) minimiert wird. Um zu vergleichen, wie gut ein Ansatz die analytische Lösung approximiert, kann ebenfalls das Gesamtpotential verwendet werden. Da dieses im Gleichgewicht ein Minimum annimmt, kann die Aussage getroffen werden, dass ein Ansatz die Lösung umso besser approximiert, je geringer das Gesamtpotential ist, das sich mit dessen Lösung einstellt. Für die einzelnen Ansätze ergibt sich dabei: 1. Das Gesamtpotential des Balkens lautet mit dem Ansatz w1 .x/ D c1 x 2 Z` …ges.;1 D 0

1 E Iyy .2 c1 /2 dx  2

Z` q0 c1 x 2 dx D 2 E Iyy c12 ` 

1 q0 c1 `3 : 3

0

Der Koeffizient c1 wird bestimmt, indem die Ableitung des Potentials nach diesem Freiwert zu Null gesetzt wird. Dies führt auf die Verschiebungslösung @…ges.;1 Š 1 D 0 D 4 E Iyy c1 `  q0 `3 @c1 3 w1 .x/ D

)

1 q0 `2 2 x : 12 E Iyy

c1 D

q0 `2 12 E Iyy

3.6 Übungsaufgaben

73

Das Gesamtpotential beträgt für diese Ansatzfunktion somit durch einsetzen der Approximation in das Potential  …ges.;1 D 2 E Iyy D

q0 `2 12 E Iyy

2 `

q0 `2 1 `3 q0 3 12 E Iyy

1 q02 `5 q 2 `5  0;013889 0 : 72 E Iyy E Iyy

2. Mit dem Ansatz w2 .x/ D c2 x 2 C d2 x 3 lautet das Gesamtpotential Z` …ges.;2 D

1 E Iyy .2 c2 C 6 d2 x/2 dx  2

0

Z`

  q0 c2 x 2 C d2 x 3 dx

0

 E Iyy  2 D 4 c2 ` C 12 c2 d2 `2 C 12 d22 `3  q0 2



1 1 c2 `3 C d2 `4 3 4

 :

Werden die Ableitungen nach den Parametern c2 und d2 zu Null gesetzt, so folgt ein lineares Gleichungssystem für die beiden Parameter. E Iyy @…ges.;2 D0D @c2 2 @…ges.;2 E Iyy D0D @d2 2

 1 8 c2 ` C 12 d2 `2  q0 `3 3   1 12 c2 `2 C 24 d2 `3  q0 `4 4 

Die Lösung dieses Gleichungssystems, sowie die resultierende Verschiebungsfunktion, lauten c2 D w2 .x/ D

5 q0 `2 24 E Iyy

d2 D 

q0 ` 12 E Iyy

5 q0 `2 2 1 q0 ` 3 x  x : 24 E Iyy 12 E Iyy

Das Gesamtpotential für diese approximierte Durchbiegung beträgt …ges.;2

1 q02 `5 D 2 E Iyy D

     2  q02 `5 1 5 5 5 1 1 2 1 1  12 C 12   4  24 24 12 12 E Iyy 3 24 4 12

7 q02 `5 q 2 `5 D 0;02431 0 ; 288 E Iyy E Iyy

und ist somit kleiner als im ersten Fall. Daraus folgt, dass die Approximation durch die Summe einer quadratischen und einer kubischen Funktion genauer ist als durch eine rein quadratische Funktion. Dies entspricht ebenfalls der Erwartung, nach der durch zusätzliche Verformungsmöglichkeiten eine bessere Approximation der analytischen Verformung erreicht werden kann.

74

3

Mathematische Grundlagen der FEM

3. Für den Ansatz w3 .x/ D c3 x 2 C d3 x 3 C e3 x 4 lautet das Gesamtpotential Z`

Z` 1 E Iyy .2 c3 C 6 d3 x C 12 e3 x 2 /2 dx  q0 .c3 x 2 C d3 x 3 C e3 x 4 / dx 2 0 0  E Iyy 144 4 c32 ` C 12 d32 `3 C D e 2 `5 C 12 c3 d3 `2 2 5 3    1 48 1 1 C c3 d3 `3 C 36 d3 e3 `4  q0 c3 `3 C d3 `4 C e3 `5 3 3 4 5

…ges.;3 D

Aus dem Gleichungssystem für die Freiwerte des Ansatzes,   @…ges.;3 E Iyy 48 1 D0D 8 c3 ` C 12 d3 `2 C e3 `3  q0 `3 @c3 2 3 3  @…ges.;3 E Iyy  1 D0D 12 c3 `2 C 24 d3 `3 C 36 e3 `4  q0 `4 @d3 2 4   @…ges.;3 E Iyy 48 288 1 D0D c3 `3 C 36 d3 `4 C e3 `5  q0 `5 ; @e3 2 3 5 5 folgen die Freiwerte als c3 D

q0 `2 4 E Iyy

d3 D 

q0 ` 6 E Iyy

e3 D

q0 : 24 E Iyy

Die Approximation der Verschiebung lautet damit 

x 3 x 4 q0 `4 x 2 w3 .x/ D 4 C 6 : 24 E Iyy ` ` ` Diese entspricht der analytisch exakten Lösung. Das Gesamtpotential dieser Lösung lautet …ges.;3 D 

1 q02 `5 q 2 `5 D 0;025 0 40 E Iyy E Iyy

und wmax 3 D w3 .x D `/ D

q0 `4 ; 8 E Iyy

und ist somit nochmals kleiner als im vorherigen Fall der Ansatzfunktion w2 .x/. Aufgrund dessen, dass diese Lösung analytisch exakt ist, stellt dieser Wert des Gesamtpotentials auch den Minimalwert dar, der mit einem beliebigen Ansatz erreicht werden kann. 4. Mit dem Ansatz w4 .x/ D d4 x 3 folgt nach dem selben Rechenschema Z` …ges.;4 D 0

1 E Iyy .6 d4 x/2 dx  2

Z` q0 d4 x 3 dx 0

E Iyy 36 2 3 1 d `  q0 d4 `4 ; D 2 3 4 4

3.6 Übungsaufgaben

75

und @…ges.;4 36 1 D 0 D E Iyy d4 `3  q0 `4 ; @d4 3 4 mit der Lösung q0 ` 48 E Iyy

d4 D

w4 .x/ D

1 q0 ` 3 x : 48 E Iyy

Das Gesamtpotential dieser Approximation lautet …ges.;4 D 

1 q02 `5 q 2 `5 D 0;0026 0 ; 384 E Iyy E Iyy

womit die Approximation mit diesem Ansatz sogar schlechter ist, als mit einem rein quadratischen Ansatz. 5. Für den Ansatz w5 .x/ D e5 x 4 ergibt sich Z` …ges.;5 D

1 E Iyy .12 e5 x 2 /2 dx  2

0

@…ges.;5 @e5

Z` q0 e5 x 4 dx 0

E Iyy 144 2 5 1 e `  q0 e5 `5 D 2 5 5 5 144 1 D 0 D E Iyy e5 `5  q0 `5 5 5

mit der Lösung e5 D

q0 144 E Iyy

w5 .x/ D

1 q0 x4 144 E Iyy

und dem approximierten Gesamtpotential …ges.;5 D 

1 q02 `5 q 2 `5 D 0;000694 0 ; 1440 E Iyy E Iyy

womit diese Approximation  nochmals  schlechter als alle bisherigen ist. 6. Der Ansatz w6 .x/ D g6 1  cos 2 `x ergibt nach Einsetzen in das Gesamtpotential Z` …ges.;6 D

Z`

E Iyy 2  2  x 2 x dx cos g6 dx  q0 g6 1  cos 2 2` 2` 2`

0

@…ges.;6 @g6

E Iyy  4 2   2 D g  q0 g6 ` 2 32 `3 6  E Iyy  4  2 D0D g6  q0 ` 3 ` 32 

0

76

3

Mathematische Grundlagen der FEM

mit der Lösung g6 D

32 .  2/ q0 `4 5 E Iyy

w6 .x/ D

 x 32 q0 `4

: 1  cos .  2/ 5 E Iyy 2`

Das Gesamtpotential für diesen Ansatz lautet …ges.;6 D 

2 5 16 q02 `5 2 q0 ` .  2/ D 0;0216892 ; 6 E Iyy E Iyy

womit diese Approximation ähnlich gut wie die mit dem Ansatz aus einer quadratischen und einer kubischen Funktion ist. 7. Der Ansatz w7 .x/ D g7 x 2 .3 `  2 x/Ch7 x 2 ` .x  `/, der mit dem Finite-ElementeAnsatz übereinstimmt, der regelmäßig bei Balken verwendet wird, liefert das Gesamtpotential Z` …ges.;7 D

  2 1 dx E Iyy g7 .6 `  12 x/ C h7 6 x `  2 `2 2

0

Z` 

  q0 g7 x 2 .3 `  2 x/ C h7 x 2 ` .x  `/ dx

0

 E Iyy  D 12 g72 `3  12 g7 h7 `4 C 4 h27 `5  q0 2



1 1 g7 `4  h7 `5 2 12

Ableiten nach den Freiwerten liefert @…ges.;7 E Iyy D0D @g7 2 @…ges.;7 E Iyy D0D @h7 2

 1  24 g7 `3  12 h7 `4  q0 `4 2   1 12 g7 `4 C 8 h7 `5 C q0 `5 ; 12

womit die Verschiebungslösung q0 ` q0 h7 D 8 E Iyy 6 E Iyy 1 q0 ` 2 1 q0 w7 .x/ D x .3 `  2 x/ C x 2 ` .x  `/ 8 E Iyy 6 E Iyy g7 D

folgt. Diese hat die Gesamtenergie …ges.;7 D 

7 q02 `5 q 2 `5 D 0;02431 0 ; 288 E Iyy E Iyy

 :

Literatur

77

die exakt mit der Energie aus Punkt 2 übereinstimmt. Der Grund hierfür ist, dass dieser Ansatz nichts anderes ist, als eine Linearkombination der Funktionen des Ansatzes w2 .x/. Somit können beide Ansätze dieselben Lösungen darstellen, womit sich aus der Forderung des Minimums der Gesamtenergie dieselbe Lösung ergibt. Zudem ist zu bemerken, dass das Gleichungssystem, aus dem die Freiwerte bestimmt werden, exakt mit dem Gleichungssystem übereinstimmt, das sich mit der Methode der Finiten Elemente ergibt (für den Vergleich siehe (10.2)). Der Grund hierfür ist, dass das Verfahren von R ITZ für Potentialprobleme äquivalent zur Berechnung mit Finiten Elementen ist. Somit ergeben sich für gleiche Ansätze die gleichen Bestimmungsgleichungen für die Freiwerte und entsprechend auch dieselbe Lösung für diese.

Literatur 1. Strang, G., Fix, G. J.: An Analysis of the Finite Element Method. Prentice Hall (1973) 2. Galerkin, B. G.: Series in some questions of elastic equilibrium of rods and plates. Vestnik Inzhenerov Tekhnikov 19, 897–908 (1915) 3. Gâteaux, R: Sur les fonctionnelles continues et les fonctionnelles analytiques. CR Hebd. Séances Acad. Sci. 157, 325—-327 (1913) 4. R. L. Taylor, O. C. Z.: The Finite Element Method. Bd. 3, Fluid Dynamics, 5. Aufl. ButterworthHeinemann, Oxford (2000) 5. Ritz, W.: Über eine neue Methode zur Lösung gewisser Variationsprobleme der mathematischen Physik. J. Reine Angew. Math. 135, 1 (1909) 6. Brenner, S. C., Scott L. R.: The mathematical theory of Finite Element Methods, 3. Aufl. Springer Science & Business Media (2008) 7. Trefftz, E.: Ein Gegenstück zum Ritzschen Verfahren. In: Verhandlungen des zweiten internationalen Kongresses für technische Mechanik, S. 131–137. Zürich (1926) 8. Wunderlich, W., Pilkey, W. D.: Mechanics of Structures, Variational and Computational Methods, 2. Aufl. CRC Press, London (2003) 9. Zienkiewicz, O. C., Taylor, R. L., Zhu, J. Z.: The Finite Element Method: Its Basis and Fundamentals, 7. Aufl. Elsevier (2013)

4

Ansatzfunktionen

Die Überlegungen des Kap. 2 haben gezeigt, wie anhand des beobachtbaren Verhaltens physikalischer Prozesse Gesetzmäßigkeiten, die sich als Minimalprinzipien ausdrücken lassen, beschrieben werden können. Für die mathematische Beschreibung der Phänomene wurde hier das Konzept der Variationsrechnung eingeführt. Der in der Praxis wichtigste Aspekt – die Frage nach der (näherungsweisen) Lösung der schwachen Form, die der Variationsrechnung entstammt – wurde hierbei jedoch bisher noch nicht behandelt. Dieses Kapitel beschäftigt sich mit den Ansatzfunktionen und damit mit dem ersten Teilaspekt der Lösung der schwachen Form mit der Methode der Finiten Elemente. Der zweite Teilaspekt der Lösung, die Nutzung dieser Ansatzfunktionen zur näherungsweisen Lösung des Variationsproblems, wird darauffolgend in Kap. 5 behandelt.

4.1

Was sind Ansatzfunktionen?

Das größte Problem bei Berechnungen von Lösungen für physikalische Feldprobleme ist in aller Regel die Abbildung der Randbedingungen, da für eine analytisch exakte Lösung an allen Gebietsrändern mit Randbedingungen ein vorgegebener Funktionswert für die Feldfunktion exakt reproduziert werden muss. Während zum Beispiel bei rechteckigen, dreieckigen oder kreisförmigen Rechengebieten zum Teil analytische Lösungen bestimmt werden können, ist dies für die praktisch relevanten, beliebig geformten Gebietsränder im Allgemeinen nicht möglich. Für die Lösung dieser Problemstellungen sind somit Näherungsverfahren nötig, die auch komplex geformte Ränder und die Randbedingungen auf diesen möglichst genau abbilden können. Diese Näherungsverfahren müssen aber gleichzeitig auch in der Lage sein, das Verhalten innerhalb des zu berechnenden Gebiets hinreichend genau zu beschreiben. Um das zu erreichen, werden bei der Methode der Finiten Elemente wie bei einer Vielzahl anderer numerischer Näherungsmethoden Ansatzfunktionen definiert, mit denen das Verhalten der Feldfunktion auf dem zu beschreibenden Gebiet angenähert wird. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 M. Hahn, M. Reck, Kompaktkurs Finite Elemente für Einsteiger, https://doi.org/10.1007/978-3-658-22775-3_4

79

80

4

Ansatzfunktionen

Das Variationsproblem wird also nicht mehr wie in den Beispielen der Variationsrechnung in Kap. 3 analytisch gelöst. Stattdessen wird der Fehler bezüglich der gewählten Ansatzfunktionen minimiert1 . Die Konsequenz eines solchen Vorgehens ist zwangsläufig, dass die Wahl der Ansatzfunktionen das Ergebnis – und damit die Güte desselben – direkt vorgibt. Wird also das tatsächliche Verhalten der Feldfunktion auf dem Gebiet schlecht mit den Ansatzfunktionen beschrieben, so ist die numerische Lösung entsprechend ungenau. In diesem Fall sind zudem sämtliche Größen, die aus der Lösung für die Feldfunktion in der sogenannten Nachlaufrechnung abgeleitet werden – wie zum Beispiel Spannungen und Dehnungen in der Mechanik – mit noch größeren Fehlern behaftet. Die Beurteilung, welche Ansatzfunktionen für ein gegebenes Problem eine ausreichend genaue Lösung liefern, ist eine der Kernaufgaben des Berechnungsingenieurs. Um gute Ergebnisse auch mit möglichst geringem Aufwand zu erhalten, ist neben der Erfahrung auch ein genaues Verständnis der Ansatzfunktionen und der Auswirkungen der Wahl der Ansatzfunktionen notwendig.

4.2 Lokale und globale Ansatzfunktionen 4.2.1

Globale Ansatzfunktionen

Ansatzfunktionen lassen sich in lokale und globale Ansätze einteilen. Als globale Ansätze werden dabei solche Ansätze bezeichnet, die einheitlich über das gesamte Rechengebiet gebildet werden. Der Ansatz besteht dabei in der Regel aus mehreren Teilfunktionen, die bis auf die zu bestimmenden Skalierungsparameter fest vorgegeben sind. Jede dieser Teilfunktionen ist dabei auf dem gesamten Rechengebiet definiert. Das Gebiet wird folglich bei Verwendung solcher Ansatzfunktionen nicht in unterschiedliche Teilgebiete zerlegt. Ansatzfunktionen dieser Art kommen klassischerweise beim R AYLEIGH -R ITZ- und beim T REFFTZ-Verfahren zur Anwendung. Das Hauptproblem bei der Verwendung globaler Ansatzfunktionen ist, wie bei der analytischen Lösung des Feldproblems, die Abbildung der Randbedingungen: Für eine exakte Abbildung dieser muss jede Linearkombination der globalen Ansatzfunktionen die Randbedingungen exakt erfüllen, was wiederum bei komplexen Geometrien einen hohen Aufwand erfordert.

1

Dies ist einfach zu erklären: Die Verwendung der ersten Variation sorgt dafür, dass der Wert des Funktionals – in der Regel des Energiepotentials – nach dem Einsetzen der Ansatzfunktion ein Minimum einnimmt. Dieses ist, da es fehlerbehaftet sein kann, in jedem Falle mindestens so groß wie das analytische Minimum des Funktionals. Somit wird bei der Approximation gerade der Wert aus allen möglichen Werten, die das Funktional mit den Ansätzen annehmen kann, erreicht, der einen minimalen Abstand zum Wert der analytischen Lösung besitzt. In der Folge wird der Fehler des Funktionals – der Energiefehler – gerade minimiert.

4.2 Lokale und globale Ansatzfunktionen a

ξ ) φˆ

ˆ2 )φ N 2(ξ

1

1

c

2

ˆ + N2(ξ φ N1(ξ ) 1 1

N1 (ξ ) φˆ

b

N1 (

φˆ1

81

ˆ2 )φ

2

1

φˆ1

φˆ2

1

2

N3 (ξ ) φˆ

3

+ N4 (ξ ˆ ) φ4

3

4

+ N2 (ξ ) φˆ 2 φˆ2

1

d

2

N3 (

ˆ ξ) φ2 N 2( 1

ξ ) φˆ

2,3

3

4

Abb. 4.1 Ingenieursdefinition eines lokalen Ansatzes und der Kompatibilität zwischen Elementen. a Knotenpunktansätze für die Knoten eines Elements. b Die Summe der Knotenpunktansätze ergibt den Gesamtverlauf im Element. c Zwei benachbarte Elemente mit ihren Ansätzen. Die Elemente sollen an den Knoten 2, 3 verbunden werden. d Kompatibilität zwischen Elementen wird hergestellt, indem N2 ./ O 2 D N3 ./ O 3 gefordert wird

4.2.2

Lokale Ansatzfunktionen

Lokale Ansatzfunktionen werden im Gegensatz zu den globalen Ansatzfunktionen so definiert, dass sie nur auf einem Teil des gesamten betrachteten Gebiets Werte ungleich Null annehmen. Für die genaue Definition des Vorgehens hierfür muss jedoch zwischen dem Vorgehen der Ingenieure und der Mathematiker unterschieden werden.

Ingenieursdefinition lokaler Ansatzfunktionen Bei der ingenieurmäßigen Betrachtung lokaler Ansatzfunktionen wird das gesamte Rechengebiet in Teilgebiete, die sogenannten Finiten Elemente, zerlegt beziehungsweise diskretisiert. Innerhalb jedes dieser Teilgebiete wird, wie in Abb. 4.1a zu sehen ist, der Ansatz für die Feldfunktion als Summe einzelner, mit den Freiwerten Oi gewichteter Knotenpunktansätze Ni ./ gebildet. Die Verbindung einzelner Elemente erfolgt dadurch, dass die Freiwerte der Knotenpunktansätze an den Verbindungsstellen unterschiedlicher Elemente so gewählt werden, dass die Feldfunktion an diesen Stellen in beiden Elementen den gleichen Wert annimmt (Abb. 4.1d). Mathematische Definition lokaler Ansatzfunktionen Auch bei der mathematischen Betrachtung der lokalen Ansatzfunktionen wird zuerst das Rechengebiet in Finite Elemente zerlegt. Im Gegensatz zu den Ingenieuren definieren die Mathematiker Ansatzfunktionen jedoch nicht auf einem einzelnen Element. Stattdessen wird jeder Knotenpunktansatz stückweise stetig auf allen Elementen, und somit auf dem gesamten Rechengebiet definiert. Dabei nimmt der Ansatz aber nur auf Elementen,

82 Abb. 4.2 Definition eines lokalen Ansatzes bei Mathematikern

4

N1 (ξ) φˆ1

Ansatzfunktionen

N2 (ξ) φˆ2 N3 (ξ) φˆ3

die an den Knoten des Ansatzes anschließen, Werte ungleich Null an2 . An den Rändern dieser Elemente wird dadurch, dass der Knotenpunktansatz dort einen Wert von Null annimmt, die Stetigkeit zum restlichen Rechengebiet sichergestellt. Ein Beispiel hierfür ist in Abb. 4.2 zu sehen. Werden die ingenieurmäßigen Ansätze mit einer Kompatibilitätsbedingung angewendet, so sind beide Vorgehensweisen äquivalent. Da jedoch die Vorgehensweise der Ingenieure einfacher in der Umsetzung ist, da jeweils ein einzelnes Element mit einheitlicher Definition der Ansatzfunktion auf dem gesamten Elementgebiet betrachtet werden kann, wird im weiteren nur noch diese Vorgehensweise verwendet.

Vorteile lokaler Ansatzfunktionen Der Vorteil lokaler Ansatzfunktionen ist, dass nur noch die Knotenpunktansätze, und damit die Freiwerte der Knoten an den Rändern des Rechengebiets, einen Einfluss auf die Feldfunktion am Rand besitzen. Somit muss zur Erfüllung der Randbedingungen des Gesamtsystems nur sichergestellt werden, dass die Knotenpunktansätze der Knoten an den Rändern des Rechengebiets den Verlauf der Randbedingungen in den jeweils benachbarten Randsegmenten beschreiben können. Ein weiterer Vorteil der lokalen Ansatzfunktionen liegt darin, dass für gleiche Elementgrundgeometrien – zum Beispiel Dreiecke, Vierecke oder Quader – die gleichen Ansatzfunktionen verwendet werden können. Dies vereinfacht die Automatisierung der Berechnung, da das Aufstellen der Ansatzfunktionen für jede dieser Geometrien nur einmal, zum Beispiel bei der Programmierung eines Berechnungsprogramms, erfolgen muss. Die Transformation auf unterschiedlich verzerrte Elemente kann ebenfalls systematisch mit der isoparametrischen Transformation (siehe Kap. 6) erfolgen, womit beispielsweise für ein beliebiges Gebiet (insbesondere auch mit gekrümmten Gebietsgrenzen) mit vier Ecken dieselben Ansatzfunktionen verwendet werden können, wie für ein quadratisches Gebiet. Als lokale Ansatzfunktionen werden in der Regel stückweise (in der Regel bis auf die Elementgrenzen) stetig differenzierbare Polynomfunktionen verwendet, die jedoch an den Grenzen der Teilgebiete nicht notwendigerweise stetig differenzierbar sein müssen. Während in der Mechanik in der Regel lineare oder quadratische Polynomfunktionen für die lokalen Ansatzfunktionen verwendet werden, werden in der Strömungsmechanik auch Ansätze wesentlich höherer Polynomordnung verwendet. 2

Die Mathematiker sprechen hierbei von einem kompakten Träger der Ansatzfunktion.

4.2 Lokale und globale Ansatzfunktionen

83

4.2.3 Bedingungen an die lokalen Ansatzfunktionen für die Finite-Elemente-Diskretisierung Um bei einer Berechnung zuverlässig eine gute Approximation des tatsächlichen Feldverlaufs zu erhalten, müssen für die Ansatzfunktionen folgende Bedingungen erfüllt sein: 1. Sie müssen kompatibel beziehungsweise C 0 -stetig sein. Dies betrifft sowohl den Verlauf der Feldfunktion im Inneren des Elementgebiets, als auch den Verlauf über die Elementgrenzen hinweg. Dies kann anhand der Mechanik verdeutlicht werden. Ist die Feldfunktion, in diesem Fall die Verschiebung der Materialpunkte, nicht stetig, so entstehen durch die Verformung Überlappungen und Klaffungen im Material. Ein Beispiel hierfür ist in Abb. 4.3a zu sehen. Die Stetigkeit im Elementinneren wird im Allgemeinen dadurch sichergestellt, dass innerhalb des Elements stückweise stetige Ansatzfunktionen verwendet werden. Die Stetigkeit zwischen Elementen kann im Gegensatz dazu nur dadurch sichergestellt werden, dass erzwungen wird, dass der Feldverlauf zweier Elemente an ihrer Berührungsfläche identisch ist. Dies wird in der Regel dadurch sichergestellt, dass nur die Knotenpunktansätze der Knoten, die auf der Elementoberfläche liegen, den Feldverlauf der Oberfläche modifizieren. Somit ist eine Kopplung der Knoten auf den gemeinsamen Elementoberflächen ausreichend, um Kompatibilität zu gewährleisten. Bei Feldproblemen mit zweiten Ableitungen der Feldfunktion in der schwachen Form (zum Beispiel Balken, Platten und Schalen) wird außerdem gefordert, dass die Approximationen der Elemente an einem Knotenpunkt in der ersten Ableitung gleich sein müssen. Eine anschauliche Begründung hierfür liefert Abb. 4.3a: Sind die Ableitungen zwischen zwei Elementen nicht stetig, so liegt außerhalb der Mittelebene eine Überlappung beziehungsweise Klaffung des Materials vor. Das Verschiebungsfeld ist somit außerhalb dieser Ebene nicht C 0 -stetig. Erst durch die Forderung der Stetigkeit der Ableitungen, die auch als C 1 -Kompatibilität bezeichnet wird, können, wie in Abb. 4.3b zu sehen ist, Überlappungen und Klaffungen bei solchen Problemstellungen vermieden werden. 2. Die Knotenpunktansätze Ni ./ müssen linear unabhängig sein, da sonst die Freiwerte der Approximation nicht eindeutig bestimmt sind. 3. Der Ansatz muss in der Lage sein, ein beliebiges gradientenfreies Feld zu beschreiben. Bezogen auf die Mechanik bedeutet dies, dass bei einer beliebigen Starrkörperverschiebung eines Körpers die Dehnung, die mithilfe des Gradienten der Ansatzfunktion bestimmt wird, verschwindet. Infolgedessen ist die Änderung der inneren Arbeit bei einer infinitesimalen Starrkörperbewegung …i D 0. Diese Forderung wird oftmals über die sogenannte partition of unity erwirkt. Hierbei wird gefordert, dass die Summe aller Knotenpunktansätze X i

Ni ./ D 1

(4.1)

84

4 a

Ansatzfunktionen

b

B

B

A

A C

C

Abb. 4.3 Balkenelemente ohne (a) und mit (b) stetigen Ableitungen. Balkenelemente ohne die Forderung einer stetigen Neigung an den Elementübergängen verletzen die C 0 -Konformität, selbst wenn die Knotenpunktverschiebungen C 0 -stetig sind. In Abbildung a sind klar die grau markierten Klaffungen und Überlappungen sichtbar. Ein Balken mit der Anforderung stetiger Neigungen und somit C 1 -stetigen Verschiebungen hat diese Klaffungen und Überlappungen nicht

ist. Allgemein ist es jedoch ausreichend, dass eine nichttriviale Linearkombination der Ansatzfunktionen existiert, in der alle Variablen ./ verschwinden. X

Ni ./ Oi D konst. ¤ 0

(4.2)

i

P Die partition of unity (4.1) ist der Spezialfall dieser Forderung für i Ni ./ Oi D 1. Auf die Erstellung von Ansatzfunktionen, die die Bedingung (4.1) nicht erfüllen, wird hier jedoch nur im Rahmen von hierarchischen Ansatzfunktionen eingegangen, die in Abschn. 4.3.4 vorgestellt werden. Sie treten in der Regel dann auf, wenn ein Freiwert nicht einen absoluten Wert der Feldfunktion an einem Knoten, sondern die Differenz an diesem Knoten als Funktion der anderen Knotenpunktansätze beschreibt. Eine solche Wahl führt jedoch dazu, dass die Stetigkeitsbedingungen zwischen Elementen komplizierter formuliert werden müssen, wie anhand der Übungsaufgabe 4.2 zu sehen ist. Zusätzliche Anforderungen an die Ansatzfunktionen ergeben sich aus der Forderung, dass die Lösung des Finite-Elemente-Problems nicht trivial sein soll und dass die Knotenpunktfreiwerte eine physikalische Bedeutung haben sollen. 4. Der Polynomgrad des Ansatzes für die Feldgröße muss so hoch sein, dass bei den Ableitungen in der schwachen Form mindestens ein konstanter Wert zustande kommt. Zum Beispiel erfüllt der Ansatz

./ D

1 1 .1  / O 1 C .1 C / O 2 D N./ O 2 2

die Anforderung, solange in der schwachen Form nur die Funktion ./ und ihre erste Ableitung ; enthalten sind, nicht jedoch, wenn höhere Ableitungen wie zum Beispiel

;  auftreten.

4.2 Lokale und globale Ansatzfunktionen

85

5. Um sicherzustellen, dass die Knotenpunktfreiwerte der Lösung genau dem Wert der Feldfunktion an den Knoten (mit den Knotenkoordinaten O j ) entsprechen, werden in der Regel die Ansatzfunktionen so aufgebaut, dass 8

7 8 1 1 1 ˆ > ˆ > ˆ ˆ6E33 A 1 6 >ˆ ˆ ı uO 1 > > 7 7 7 6 uO 1 7 6F1 7> E33 A d33 6 ˆ > ˆ > 6 7 ˆ > ˆ 8 16 8 0 0 5 5 4 4 ˆ > ` uO m 7 6 0 7> 76

ˆ #7 6 7 6 7> # " " ˆ >ˆ ˆ 6 7 4 UO 1 5 4 0 5> ˆ ˆ > ı UO 1 > ˆ > ˆ > 1 1 1 0 1 ˆ > ˆ > 4 5 E A d A 2 33 33 ˆ > ˆ > .Q "  E d / ˆ : ı UO ; : > 33 33 O ` ` U2 0 ; 2 1 1 1 0 1 b) Aus den Randbedingungen folgt UO 1 D 0 V

! ı UO 1 D 0

UO 2 D 100 V

uO 1 D 0

!

F1 D F2 D 0 :

ı uO 1 D 0

! ı UO 2 D 0

Mit diesen Bedingungen kann durch Einsetzen das Gleichungssystem für die Verschiebungen des mittleren und rechten Knotens bestimmt werden. #" # " # " " # E33 A d33 0 O E33 A 1 16 8 uO m 0 U2 D C ` 3 8 7 ` 0 1 uO 2 Aus der ersten Zeile folgt dabei 16 uO m  8 uO 2 D 0

)

uO m D

1 uO 2 ; 2

womit durch Einsetzen in die zweite Gleichung die Lösung der Verschiebungsfreiwerte bestimmt werden kann. 1 uO 2 C 7 uO 2  3 d33 UO 2 D 0 2 1 uO m D  d33 UO 2 2

8 uO m C 7 uO 2 C 3 d33 UO 2 D 8 uO 2 D d33 UO 2

Literatur

153

Aus diesem Ergebnis folgt, dass die Verschiebung negativ ist, wenn das elektrische Feld mit den Spannungen so angelegt ist wie angegeben. Bei Umkehrung des elektrischen Feldes wird die Verschiebung positiv. Dadurch zeichnen sich ferro-elektrischenPiezo-Aktoren aus. c) Aus uO m D 12 uO 2 folgt, dass die Verschiebung im Piezo-Aktuator linear verläuft. u ˆ1

u ˆm

u ˆ2

Mit der Verwendung eines linearen Ansatzes für die Verschiebung u.x/ hätte sich somit dasselbe Ergebnis für die Verschiebung eingestellt.

Literatur 1. Semenov, A., Liskowsky, A. C., Balke, H.: Return mapping algorithms and consistant tangent operations in ferroelectroelasticity. Int. J. Numer. Methods Eng. 81, 1298–1340 (2009) 2. Wallmersperger, T.: Multifunktionale Strukturen. Vorlesung, TU-Dresden (2017)

6

Isoparametrisches Konzept

6.1

Grundidee des isoparametrischen Konzepts

In Kap. 4 wurde die Approximation der Feldfunktion mit Ansatzfunktionen besprochen. Diese können entweder im Einheitsraum oder aber im physikalischen Raum aufgestellt werden. Für letzteren ist jedoch für den tatsächlichen Verlauf der Ansatzfunktion die Elementgeometrie relevant, wie sie in der Berechnung vorliegt. Dies bedeutet, dass bei einer direkten Anwendung von Ansätzen im physikalischen Raum für jedes Element ein separater Ansatz aufgestellt werden muss. Dies ist jedoch insbesondere bei Elementen, die stark von der Einheitsgeometrie, also dem Rechteck, Quader, Dreieck, Tetraeder oder Pentaeder abweichen, mit einem sehr hohen Aufwand verbunden. Aus diesem Grund werden solche Ansätze in der Praxis nicht verwendet. Um dennoch verzerrte Elemente mit der Methode der Finiten Elemente berechnen zu können, werden stattdessen, wie in Abb. 6.1 dargestellt, die Ansätze aus dem Einheitsraum in den physikalischen Raum transformiert. Für diese Transformation hat sich das Konzept der sogenannten isoparametrischen Transformation oder auch das isoparametrische Konzept durchgesetzt. Bei diesem Konzept werden die Ansatzfunktionen auf dem Elementgebiet genutzt, um neben der Feldfunktion auch die Geometrie des Elements selbst zu beschreiben. Dieser Idee, die Verwendung gleicher (gr. ἴσος) Ansätze für die Geometrie und die Feldfunktion, verdankt das isoparametrische Konzept auch seinen Namen. Neben der isoparametrischen Transformation werden bei Finiten Elementen noch zwei weitere Geometrietransformationen eingesetzt, die sogenannte subparametrische und die superparametrische Transformation. Einziger Unterschied dieser Transformationen, auf die in Abschn. 6.6 genauer eingegangen wird, ist die Verwendung unterschiedlicher Ansatzfunktionen für die Geometrietransformation und die Feldfunktion. Neben dem offensichtlichen Vorteil, dass diese Transformation die Notwendigkeit eliminiert, Ansatzfunktionen für beliebige Geometrien zu finden, bietet die isoparametrische Transformation auch für die computergestützte Rechnung enorme Vorteile: Ein Finites Element kann so unabhängig © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 M. Hahn, M. Reck, Kompaktkurs Finite Elemente für Einsteiger, https://doi.org/10.1007/978-3-658-22775-3_6

155

156

6 Isoparametrisches Konzept

quadratischer Ansatz

linearer Ansatz

isoparametrische Koordinaten (−1, 1) (1, 1) η

y

ξ

(−1, −1)

(1, −1)

(−1, 1)

(1, 1) η

(−1, −1)

physikalische Koordinaten

x

Transformation

y

ξ

x

(1, −1)

Abb. 6.1 Abbildung von Scheibenelementen von Einheits- auf physikalische Koordinaten

von der tatsächlichen Geometrie im Einheitsraum implementiert und zur Programmlaufzeit entsprechend der tatsächlich vorliegenden Form berechnet werden.

6.2 Isoparametrische Koordinatentransformation Mithilfe der Idee des isoparametrischen Konzepts kann jeder Punkt innerhalb eines verzerrten Elements durch die Knotenkoordinaten xO i des Elements im physikalischen Raum und die Knotenpunktansätze im Einheits- oder isoparametrischen Raum, Ni ./, beschrieben werden. X Ni ./ xO i (6.1) x./ D i

Werden die Knotenkoordinaten des Elements in einem gemeinsamen Vektor xO D h iT xO 1 yO1 zO 1 xO 2 : : : zusammengefasst, so kann die Abbildung als Skalarprodukt der Verschiebungsmodalmatrix N./ nach (5.5) mit diesem Vektor dargestellt werden. X N./  xO (6.2) x./ D i

Somit kann jeder Punkt XP im Inneren des Elements, von dem nur die isoparametrischen Koordinaten P bekannt sind, aus den Knotenkoordinaten xO des Elements interpoliert werden. (6.3) XP D N.P ; P ; P /  xO Das genaue Vorgehen hierbei wird anhand des folgenden Beispiels demonstriert.

6.2 Isoparametrische Koordinatentransformation

157

Beispiel 6.1: Isoparametrische Geometrietransformation: Punktkoordinaten

Gegeben ist die Lage eines Punktes innerhalb der Elementgrenzen eines bilinearen T  bezüglich der Koordinaten des Einheitsraums, XP .; / D ŒP ; P  D Elements 1 1 T  2 ; 2 . Aus diesen soll die Lage des Punktes in physikalischen Koordinaten XP .x; y/ bei einer Verzerrung nach Abb. 6.2b berechnet werden. Die Transformation lässt sich graphisch nach Abb. 6.2 darstellen. Die Ansatzfunktionen des Elements im Einheitsraum sind die bilinearen Ansatzfunktionen nach (4.16), die in Beispiel 4.4 eingeführt wurden. 4

3

η

1

ξ

1 1

2 1

1

1 .1  / .1  / 4 1 N2 D .1 C / .1  / 4 1 N3 D .1 C / .1 C / 4 1 N4 D .1  / .1 C / 4 N1 D

a

XP = − 12 , 12 (−1, 1) 4

b

 (1, 1) 3

η

XP = (xp , yx )

y 4 3

ξ

Transformation nach Gleichungen (6.2) und (6.3)

2 1

1 (−1, −1)

2 (1, −1)

x 0

1

2

3

4

5

h i Abb. 6.2 Bilineares 2D-Element in isoparametrischen Koordinaten  D   (a) und phyh i sikalischen Koordinaten x D x y (b). Gesucht ist die Lage eines Punkts P im Element in physikalischen Koordinaten, von dem nur die natürlichen Koordinaten bekannt sind

158

6 Isoparametrisches Konzept

Einsetzen der Position des gesuchten Punkts XP in dimensionslosen Koordinaten, P D Π21 ; 12 , liefert die Anteile der einzelnen Knotenpunktkoordinaten xO i an der Position des gesuchten Knotens.      1 1 1 3 1  1 D 4 2 2 16      1 1 1 1 1C  1 D D 4 2 2 16      1 1 1 3 D 1C  1C D 4 2 2 16      1 1 9 1 1  1C D D 4 2 2 16

N1P D N2P N3P N4P

Mit (6.3) folgen nun abschließend die Koordinaten des Knotens in physikalischen Koordinaten. 2 3 xO 1 6 7 6yO1 7 6 7 6 7 # 6xO 2 7 " # " 6 7 N1P xP 0 N2P 0 N3P 0 N4P 0 6yO2 7 D 6 7 7 0 N1P yP 0 N2P 0 N3P 0 N4P 6 6xO 3 7 6yO 7 6 37 6 7 4xO 3 5 yO4 2 3 1 6 7 61 7 6 7 6 7 " # 64 7 6 7 3 1 3 9 0 0 0 0 62 7 D 16 3 16 1 16 3 16 9 6 7 7 0 16 0 16 0 16 0 16 6 65 7 64 7 6 7 6 7 42 5 3 3 2 3 2 3 2 3 1 3 9 40 5 C 4  16 C 5  16 C 2  16 1  16 5 D 4 16 5 D 4 2 5 D4 3 1 3 9 44 11 1  16 C 2  16 C 4  16 C 3  16 16 4

6.2 Isoparametrische Koordinatentransformation

159

Die allgemeine Transformation von dimensionslosen auf physikalische Koordinaten wird dagegen dadurch gebildet, dass in den Ansatzfunktionen keine Werte für die dimensionslosen Koordinaten eingesetzt werden.

"

# " N1 x.; / D 0 y.; /

0 N1

N2 0

0 N2

"

N3 0

0 N3

N4 0

2 3 xO 1 6 7 6yO1 7 6 7 6 7 # 6xO 2 7 6 7 0 6yO2 7 6 7 7 N4 6 6xO 3 7 6yO 7 6 37 6 7 4xO 4 5 yO4

# N1 xO 1 C N2 xO 2 C N3 xO 3 C N4 xO 4 D N1 yO1 C N2 yO2 C N3 yO3 C N4 yO4 2 1 .1  / .1  / 1 C 14 .1 C / .1  / 4 C : : : 4 D4 1 .1  / .1  / 1 C 14 .1 C / .1  / 2 C : : : 4

   C 14 .1 C / .1 C / 5 C 14 .1  / .1 C / 2    C 14 .1 C / .1 C / 4 C 14 .1  / .1 C / 3 3 2 1 .12 C 6  C 2 / 4 5 D4 1 .10 C 2  C 4 / 4

3 5



Für die Berechnung der Finite-Elemente Form von verzerrten Finiten Elementen mit dem isoparametrischen Konzept muss die gesamte Formulierung des Finiten Elements nach (5.7) und (5.11), die grundsätzlich die Form

Z Z Z T T Q T T B"Q E.x/ B"Q d uO C N f .x/ d C N f@ .x/ d@ (6.4) ı… D ı uO 



@

haben, so transformiert werden, dass in der Formulierung nur noch Konstanten, zum Beispiel die Freiwerte und die Knotenpunktkoordinaten, und Funktionen der isoparametrischen Koordinaten  enthalten sind. Dies bedeutet, dass 1. die Integrale in der FE-Formulierung auf die isoparametrischen Koordinaten  transformiert werden müssen, 2. die Ableitungen der Ansatzfunktionen nach den physikalischen Koordinaten x, die Matrix B (und eventuell weitere Ableitungen der Ansatzfunktionen), bezüglich der isoparametrischen Koordinaten  formuliert werden muss, und

160

6 Isoparametrisches Konzept

3. dass sämtliche Größen, die räumlich nicht konstant sind, durch die Abbildung (6.2) bezüglich der isoparametrischen Koordinaten dargestellt werden müssen. Dies bedeuQ tet zum Beispiel, dass in (6.4) E.x/ durch die isoparametrische Transformation als Q E.x.// beschrieben werden muss. Die Bestimmung der Transformation, die für letzteres benötigt wird, wurde bereits in Beispiel 6.1 vorgestellt. Diese beiden anderen Schritte werden nun im Folgenden separat behandelt.

6.3

Transformation der Ableitungen

Für die Transformation der Ableitungen auf eine Form, die nur noch von den isoparametrischen Koordinaten  abhängt, ist es zunächst sinnvoll, diese Ableitungen zu verallgemeinern. Für den Fall einer skalaren Feldfunktion treten diese Ableitungen, wie in Abschn. 5.2.1 vorgestellt, regelmäßig in der Form 2

N1;x 6 6 N gradx u D gradx N uO D 4 1;y :: :

3    Nn;x 7    Nn;y 7 uO D B uO 5 :: :

auf. Die Matrix B.x/, die die n Knotenpunktfreiwerte auf die abgeleiteten Größen abbildet, kann hierbei unter Einführung eines linearen Differentialoperators Dx vereinfacht dargestellt werden. 2 3 @

i 6 @x 7 h @ 7 gradx N.x/ D B D Dx N D 6 N .x/    N .x/ n 4 @y 5 1 @ @z

2 3 @

i 6 @x 7 h @ 7 D6 .x.//    N .x.// N n 4 @y 5 1

(6.5)

@ @z

Die Verschiebungsmodalmatrix kann hierbei theoretisch sowohl bezüglich der physikalischen Koordinaten x, als auch bezüglich der dimensionslosen Koordinaten  formuliert werden. Praktisch ist jedoch die Verschiebungsmodalmatrix bei der isoparametrischen Transformation lediglich in dimensionslosen Koordinaten  bekannt, weshalb diese Form im Folgenden verwendet wird.

6.3 Transformation der Ableitungen

161

Analog zum Fall einer skalaren Feldfunktion kann auch für die Mechanik, in der eine vektorielle Feldfunktion vorliegt, ein linearer Differentialoperator D"x Q definiert werden, um die Dehnungs-Verschiebungs-Matrix B"Q als Abbildung der Verschiebungsmodalmatrix über diesen Operator dazustellen. 2

N1;x 6 6 0 6 6 0 B"Q D 6 6N 6 1;y 6 4 0 N1;z

0 N1;y 0 N1;x N1;z 0 2

@

6 @x 60 6 6 60 6 D D"x Q N D6 6@ 6 @y 6 60 4 @ @z

@ @x @ @z

3 N2;x    0 7 0  0 7 7 0    Nn;z 7 7 N2;y    0 7 7 7 0    Nn;y 5 N2;z    Nn;x 3 0 7 07 72 3 7 0 0 N2 .x.//    0 @ 7 N1 .x.// 7 @z 7 6 74 0 N1 .x.// 0 0  0 5 7 07 .x.// 0    N .x.// 0 0 N 1 n 7 @ 7 @y 5

0

@ @x

0 0 N1;z 0 N1;y N1;x 0 @ @y

0

(6.6) Es liegt also für skalare und vektorielle Feldfunktionen jeweils ein Differentialoperator nach den physikalischen Koordinaten x vor, mit dem die Verschiebungsmodalmatrix in isoparametrischen Koordinaten abgeleitet werden soll.

6.3.1 Jacobi-Matrix Für die Ableitung von Größen in einem Koordinatensystem nach Größen in einem anderen Koordinatensystem wird die verkettete Ableitung verwendet. @ @ @ D @x @ @x

@ @ @x D @ @x @

(6.7)

Für die Ableitungen nach den physikalischen Koordinaten x muss folglich die Abbildung .x/ zwischen den isoparametrischen und den physikalischen Koordinaten oder, sofern die Abbildung invertierbar ist, x./ D  1 .x/ bekannt sein. Für die Ableitung nach den dimensionslosen Koordinaten  muss analog die Abbildung x./ bekannt oder die Abbildung .x/ D x1 ./ bekannt und invertierbar sein. Nach (6.2) lassen sich die dimensionslosen Koordinaten gerade mit x./ D N./ xO auf die physikalischen Koordinaten abbilden. Wird die verkettete Ableitung nach den dimensionslosen Koordinaten 

162

6 Isoparametrisches Konzept

nach (6.7) beispielhaft für eine einzelne Ansatzfunktion Ni ausgeschrieben, so ergibt sich @Ni .; ; / @Ni .x; y; z/ @x @Ni .x; y; z/ @y @Ni .x; y; z/ @z D C C @ @x @ @y @ @z @ @Ni .; ; / @Ni .x; y; z/ @x @Ni .x; y; z/ @y @Ni .x; y; z/ @z D C C @ @x @ @y @ @z @ @Ni .; ; / @Ni .x; y; z/ @x @Ni .x; y; z/ @y @Ni .x; y; z/ @z D C C : @ @x @ @y @ @z @

(6.8)

In der Vektor-Matrix-Schreibweise kann diese Formulierung zusammengefasst mithilfe @x dargestellt werden. der JACOBI-Matrix J D @ 2

3

02

3T 2

Ni;x Ni; 6 7 B6 7 6 6N 7 D B Ni;y 7 4 4 i; 5 B 5 @ Ni; Ni;z

@x @ 6 @y 6 4 @ @z @

@x @ @y @ @z @

Die JACOBI-Matrix

3 1T

@x @ C 7 @y 7C C @ 5A @z @

2 JD

@x @ 6 @y 6 4 @ @z @

3T 1T 2 3 N N i;x i;x B6 7 C 6 7 B 7 JC D B6 C D JT 6 N Ni;y 7 i;y 4 5 4 5 @ A Ni;z Ni;z

@x @ @y @ @z @

02

(6.9)

3

@x @ 7 @y 7 ; @ 5 @z @

(6.10)

der Gradient der Abbildung x./, lässt sich mithilfe von (6.2) explizit als Funktion der konstanten Knotenpunktkoordinaten und der isoparametrischen Variablen angeben. 2 3 3 N1; N1; N1; 2 7 xO xO 2    xO n 6N  6 1 @x @  7 6 2; N2; N2; 7 JD N./ xO D 4yO1 yO2    yOn 5 6 D (6.11) :: :: 7 6 :: 7 @ @ 4 5 : : : zO1 zO2    zO n Nn; Nn; Nn; Hierbei sollte angemerkt werden, dass die mathematische Definition der JACOBI-Matrix, die hier vorgestellt wurde, von der Definition in einem Großteil der Literatur zu den Finiten Elementen abweicht. Dort wird diese Matrix üblicherweise als Transponierte der mathematischen JACOBI-Matrix definiert. Die JACOBI-Matrix wird für zweierlei Transformationen verwendet. Zum einen können mit ihr Ableitungen zwischen isoparametrischen und physikalischen Koordinaten transformiert werden.  T  T @x @ @ @ (6.12) D D JT mit JT D J1 @x @ @ @ Außerdem kann die JACOBI-Matrix genutzt werden, um infinitesimale Linienelemente zwischen den beiden Koordinatensystemen zu transformieren. dx D

@x d D J d @

(6.13)

6.3 Transformation der Ableitungen

163

6.3.2 Transformation des Gradienten der Verschiebungsmodalmatrix bei skalaren Feldfunktionen Der Gradient der Verschiebungsmodalmatrix bezüglich der physikalischen Koordinaten nach (6.5) wird mit der Inversen der Transformation (6.9) aus dem Gradienten der Verschiebungsmodalmatrix nach den isoparametrischen Koordinaten berechnet. 3 2 3 Ni; Ni;x 7 7 6 T 6 T 4Ni;y 5 D J 4Ni; 5 D J D N          Ni;z Ni; Dx 2

(6.14)

Hierbei ist der Differentialoperator bezüglich der isoparametrischen Koordinaten, D D h iT @ @ @ , analog zum Differentialoperator Dx in physikalischen Koordinaten auf@ @ @ gebaut.

6.3.3 Transformation der Dehnungs-Verschiebungs-Matrix Für die Transformation der Dehnungs-Verschiebungs-Matrix B"Q ist es zunächst sinnvoll, die Transformation der Ingenieursdehnungen als Tensor und somit in einer Matrixschreibweise zu betrachten. In diesem Fall lassen sich die Dehnungen darstellen als symmetrischer Anteil des Verschiebungsgradienten (mit sym u;x D 12 .u;x C uT;x / als Symmetrieoperator) 2 " D sym gradx u D sym

@u 6 @x 6 @v 4 @x @w @x

@u @y @v @y @w @y

3

@u @z 7 @v 7 @z 5 @w @z

02 D sym

@u B6 @ B6 @v @4 @ @w @

@u @ @v @ @w @

32

@ @y @ @y @ @y

@ @u @ 76 @x @v 76 @ @ 54 @x @ @w @ @x

31

@ @z 7C @ 7C : @z 5A @ @z

(6.15) Werden hierbei die Ableitungen der Verschiebungen nach den isoparametrischen Koordinaten durch die Ansatzfunktionen beschrieben, so lassen sich die Dehnungen als Funktion der Knotenpunktverschiebungen angeben. 0

2

B uO 1 B6 " D sym B B4 vO1 @ wO 1

uO 2 vO 2 wO 2

2 3 N1;    uO n 6N 7 6 2;    vOn 5 6 6 :: 4 :    wO n Nn;

N1; N2; :: : Nn;

3 N1; 2 @ 7 N2; 7 6 @x 6 @ :: 7 7 4 @x : 5 @ @x Nn;

@ @y @ @y @ @y

3

1

@ @z C 7C @ 7C @z 5C A @ @z

(6.16)

Die Einträge aus dem Dehnungstensor können nun die für die VOIGT’sche Notation entsprechend zu einem Vektor umsortiert werden. Werden die Einträge der inversen JACOBI-

164

6 Isoparametrisches Konzept

Matrix mit

2 J1 D

@ 6 @x 6 @ 4 @x @ @x

@ @y @ @y @ @y

3

@ @z 7 @ 7 @z 5 @ @z

2 J11 6 D 4J21 J31

J12 J22 J32

3 J13 7 J23 5 J33

(6.17)

bezeichnet, so kann die Dehnungs-Verschiebungs-Matrix nach (5.11) als Abbildung der Knotenpunktverschiebungen auf die Dehnungen in isoparametrischen Koordinaten wie folgt dargestellt werden: 2 0 ::: J11 N1; C J21 N1; C J31 N1; 6 0 J12 N1; C J22 N1; C J32 N1; : : : 6 6 6 0 0 ::: "Q D 6 6 0 J13 N1; C J23 N1; C J33 N1; : : : 6 6 4J13 N1; C J23 N1; C J33 N1; 0 ::: J12 N1; C J22 N1; C J32 N1; J11 N1; C J21 N1; C J31 N1; : : : 3 ::: 0 ::: 2 3 7 ::: 0 : : :7 uO 1 76 7 6 vO 7 : : : J13 N1; C J23 N1; C J33 N1; : : :7 76 17 7 7 : : : J12 N1; C J22 N1; C J32 N1; : : :7 6 4wO 1 5 7 :: : : : J11 N1; C J21 N1; C J31 N1; : : :5 : :::

0

::: (6.18)

D B"Q .; ; /  uO Für den zweidimensionalen Fall entfallen hierbei die 3., 4. und 5. Zeile sowie alle Terme, bei deren inverser JACOBI-Matrix der Index 3 auftritt. Die Dehnungs-VerschiebungsMatrix eines gesamten Elements setzt sich dabei aus einem Block nach (6.18) für jeden Knoten des Elements zusammen.

6.3.4 Transformation höherer Ableitungen Für Problemstellungen, bei denen die schwache Form mehrfache Ableitungen enthält, wie zum Beispiel Balken- oder Plattenprobleme, müssen auch diese transformiert werden. Dies ist analog zum Fall einfacher Ableitungen mithilfe einer Verkettung möglich. So ist für den Fall der zweiten Ableitung einer eindimensionalen Ansatzfunktion       @ @N.x/ @ @N.x/ @x @2 N.x/ @x 2 @N.x/ @2 x @2 N D C D D @ 2 @ @ @ @x @ @x 2 @ @x @ 2 3 2 

2 @N.x/ 2 @x 4 2 @x 5 : D @@x2 (6.19) @ @ N.x/ @x 2

6.4 Transformation der Integrale

165

Wird dies um den Term für die Transformation der ersten Ableitung erweitert, so folgt mit "

# " x; N; D N;  x; 

0  2 x;

#"

# N;x N;xx

(6.20)

ein Gleichungssystem, aus dem durch Invertierung aus den Ableitungen in dimensionslosen Koordinaten die Ableitungen in physikalischen Koordinaten berechnet werden können. Für mehrdimensionale Ansatzfunktionen ist das Vorgehen analog, und für den Fall der zweiten Ableitungen einer zweidimensionalen Ansatzfunktion, wie er zum Beispiel bei der Berechnung der Durchbiegung von Platten auftritt, ergibt sich 3 2 x; N; 7 6 6 6 N; 7 6 x; 7 6 6 6N;  7 D 6x;  7 6 6 7 6 6 4N; 5 4x; N; x; 2

y; y; y;  y; y;

0 0  2 x; x; x;  2 x;

0 0 2 x; y; x; y; C y; x; 2 x; y;

32 3 0 N;x 76 7 0 7 6 N;y 7 6 7  2 7 6 7 y; 7 7 6N;xx 7 : 76 7 y; y; 5 4N;xy 5  2 N;yy y;

(6.21)

Auch hier können durch Invertieren der Gleichung die Ableitungen bezüglich der physikalischen Koordinaten aus den Ableitungen bezüglich der isoparametrischen Koordinaten und den Ableitungen der Geometrietransformation bestimmt werden.

6.4 Transformation der Integrale Der letzte Teil der Transformation der Finite-Elemente-Formulierung in den isoparametrischen Raum ist die Transformation der Integrale und Integrationsgrenzen in diesen. Hierbei wird im Folgenden unterschieden zwischen Gebietsintegralen, die bei der Berechnung der Terme vorkommen, die das Verhalten im Inneren des Gebiets beschreiben, und Oberflächenintegralen, die bei der Berechnung der Flüsse über den Rand auftreten.

6.4.1 Gebietsintegrale R In der Finite-Elemente-Formulierung treten regelmäßig Terme der Form  f./d auf, wobei das zu integrierende Gebiet  das physikalische Gebiet ist. Diese Integrale sollen so transformiert werden, dass immer über das entsprechende Gebiet im isoparametrischen Raum integriert werden kann. Für Vierecke und Hexaeder ist dieses isoparametrische GeP biet durch 1  ; ;   1, für Dreiecke und Tetraeder 0  1 ; 2 ; 3  1 ^ i i  1. Um über das isoparametrische Gebiet integrieren zu können, ist es erforderlich, das Gebietsdifferential des Integrals zu transformieren. Dies wird im Folgenden für den zweidimensionalen und den dreidimensionalen Fall allgemein hergeleitet.

166

6 Isoparametrisches Konzept ∂x ∂η dη

Transformation



∂y ∂η dη

dΩξ = dξ dη

dΩ = dv(1) × dv(2)

dv(2) dv(1)

∂y ∂ξ dξ



∂x ∂ξ dξ

dimensionslose Koordinaten

physikalische Koordinaten

Abb. 6.3 Transformation zwischen isoparametrischen und physikalischen Koordinaten. Die differentiellen Linienstücke in Richtung der isoparametrischen Koordinaten, die nicht notwendigerweise orthogonal sein müssen, spannen im physikalischen Raum ein Parallelogramm auf

Zweidimensionale Gebietsintegrale Betrachtet man ein zweidimensionales Gebiet, also eine Fläche, so entspricht das Flächendifferential im Integral d gerade der Fläche des Rechtecks dx  dy in kartesischen Koordinaten oder, im allgemeinen Fall, der Fläche dv1 dv2 eines infinitesimal kleinen Parallelogramms bei beliebigen Koordinaten. Nach (6.13) können die Linienelemente, die dieses Parallelogramm aufspannen, gerade mit der JACOBI-Matrix transformiert werden. Wie in Abb. 6.3 zu sehen ist, spannen die isoparametrischen differentiellen Linienelemente d und d im dimensionslosen Raum ein Rechteck auf. Nach der Transformation in den physikalischen Raum, in dem diese Linienelemente gerade Vektoren dv.1/ und dv.2/ entsprechen, sind diese jedoch nicht mehr notwendigerweise orthogonal zueinander. Stattdessen spannen sie im allgemeinen Fall ein Parallelogramm auf. Wird nun das differentielle Flächenelement im isoparametrischen und im physikalischen Raum berechnet, so kann die Beziehung zwischen beiden hergestellt werden. 3

2 d D dv

.1/

dv

.2/

D

@x d 4 @ 5 @y @ d

3

2

@x d 4 @ 5 @y @ d

 D

@x @y @x @y  @ @ @ @

 d d D det J d d

Somit ist die Beziehung zwischen Gebietsintegralen in physikalischen und isoparametrischen Koordinaten gerade Z Z

Z f.x; y/ d D 2D

f.; / det J d d : 

(6.22)



Dreidimensionale Gebietsintegrale Analog zum zweidimensionalen  Fall wird im dreidimensionalen Fall ein differentielles  Volumen d D dv.1/ dv.2/  dv.3/ mit der Form eines Parallelepipeds von drei infinitesimalen Vektoren dv.1/ , dv.2/ und dv.3/ aufgespannt. Werden diese Vektoren dv.i / wieder

6.4 Transformation der Integrale

167

als das Differential der isoparametrischen Koordinaten im physikalischen Koordinatensystem betrachtet, kann die Transformation des Volumendifferentials hergeleitet werden. 02   d D dv.1/ dv.2/  dv.3/ D 2

D

@x @ 6 @y det 6 4 @ @z @

@x @ @y @ @z @

3

@x @ 7 @y 7 d @ 5 @z @

3

@x d @ B6 @y 7 B6 d 7 @4 @ 5 @z d @

2

31 2

@x d @ 7C 6 @y 6 d7C 4 @ 5A @z d @



3

@x d @ 7 6 @y 6 d 7 4 @ 5 @z d @

d d D det J d d d

Damit kann das Gebietsintegral in der schwachen Form auf isoparametrische Koordinaten transformiert werden, wobei der Term unter dem Integral wie im zweidimensionalen Fall mit der Determinante der JACOBI-Matrix multipliziert werden muss. Z Z Z

Z f.x; y; z/ d D

6.4.2

f.; ; / det J d d d

(6.23)

  

3D

Oberflächenintegrale

Die Oberflächen des Integrationsgebiets lassen sich bei der Methode der Finiten Elemente in isoparametrischen Koordinaten einfach beschreiben. So ist die Oberfläche eines Viereckelements gerade die Summe aller Flächen mit  D ˙1 _  D ˙1, die Oberfläche eines Dreiecks gerade die Flächen mit 1 D 0 _ 2 D 0 _ 1 C 2  1 D 3 D 0. Dies lässt sich analog auf den dreidimensionalen Fall erweitern. Es ist also für die Bestimmung des gesamten Oberflächenintegrals nötig, die Integrale über die einzelnen Elementoberflächen erst zu berechnen und dann zu summieren.

Berechnung des Oberflächenintegrals einer der Oberflächen eines zweidimensionalen Gebiets Die Ansatzfunktion auf der Oberfläche kann gebildet werden, indem die Bedingung für die momentane Oberfläche, zum Beispiel  D 1, in die Ansatzfunktion des Gebiets eingesetzt wird. Diese Ansatzfunktion entspricht (bei kompatiblen Elementen) gerade einer Ansatzfunktion des Gebiets, die denselben Polynomgrad, aber eine um eins reduzierten Dimension besitzt. Die Gesamtoberfläche eines Elements lässt sich als Summe der Einzeloberflächen im zweidimensionalen Fall also gerade darstellen als @ D

X i

Q xO i : Ni ./

(6.24)

168

6 Isoparametrisches Konzept

Hierbei wurde bereits die Bedingung für die isoparametrischen Koordinaten entlang des Randes eingesetzt, und Q bezeichnet die verbleibende isoparametrische Koordinate entlang der Oberfläche. Im zweidimensionalen Fall wird gerade über ein Linienstück integriert, es ist also Z

Z f.x; y/ d@ D @

Z

p f.x; y/ dx 2 C dy 2

f.x; y/ ds D @

@

Die Transformation der differentiellen Linienelemente dx und dy in den isoparametrischen Raum führt dabei auf v !2 !2 u Z Z u @x p @y Q t 2 2 Q d C d f.x; y/ dx C dy D f.; / @Q @Q Q

@

v !2 !2 u u X X t f.; / Ni;Q xO i C Ni;Q yOi dQ :

Z D

i

Q

(6.25)

i

Berechnung des Oberflächenintegrals einer der Oberflächen eines dreidimensionalen Gebiets Die Beschreibung einer der Oberflächen eines dreidimensionalen Gebiets wird analog zum zweidimensionalen Fall (6.24) als Produkt der Knotenkoordinaten der Oberfläche mit den zweidimensionalen Knotenpunktansätzen auf der Oberfläche durchgeführt. @ D

X

Q / Ni .; Q xO i :

(6.26)

i

Die Knotenpunktansätze auf der Oberfläche können dabei wieder durch Einsetzen der Oberflächenbedingung der isoparametrischen Koordinaten in die Gebietsansätze des Elements oder durch Reduktion der Dimension der Gebietsansatzfunktionen gebildet werden. Hierbei verbleiben die beiden Koordinaten Q und Q zur Beschreibung der Oberfläche im isoparametrischen Raum. Beim dreidimensionalen Gebiet ergibt sich für jede der einzelnen Elementoberflächen gerade eine zweidimensionale Fläche. Z

Z f.x; y; z/ d@ D @

Z f.x; y; z/d@ D

@

  f.x; y; z/ dv1 dv2 2

@

Hierbei können die differentiellen Vektoren dv1 und dv2 als die Vektoren aufgefasst werden, die sich durch Transformation der differentiellen isoparametrischen Koordinaten in

6.5 Lineare und nichtlineare isoparametrische Transformation

169

den physikalischen Raum ergeben. 2 3 2 3   @x  @x   Q Z Z Z 6 @ 7 6 @Q 7  6 @y 7 6 @y 7 Q  f.x; y; z/ d@ D f.; ; / 6 Q 7 6 7 d dQ  4 @ 5 4 @Q 5   @z  @z @ Q Q  Q  @Q

@

(6.27)

2

Dies kann alternativ als Z Z Z p f.; ; / d@ D f.; ; / A  B  C 2 dQ dQ Q

@

(6.28)

Q

dargestellt werden, wobei AD

@x @Q

!2 C

@y @Q

!2 C C D

@z @Q

!2

 BD

@x @Q



2 C

@y @Q



2 C

@z @Q

2

@x @x @y @y @z @z C C : Q Q @ @Q @ @Q @Q @Q

(6.29)

ist.

6.5

Lineare und nichtlineare isoparametrische Transformation

Bisher wurde die isoparametrische Transformation als eine allgemeine mathematische Transformation eingeführt. Es wurde dabei jedoch weder auf die Eigenschaften dieser Transformation, noch auf die Bedingungen für diese Transformation eingegangen. Dies wird im Folgenden angesprochen, wobei lineare und nichtlineare Transformationen separat behandelt werden.

6.5.1

Lineare Transformation

Eine lineare Transformation liegt genau dann vor, wenn sich die Transformation x./ zwischen dem isoparametrischen und dem physikalischen Vektorraum als lineare Abbildung x D A C b

(6.30)

darstellen lässt. Dies ist genau dann der Fall, wenn a) Viereckelemente im zweidimensionalen und Hexaeder im dreidimensionalen Fall die Form eines Parallelogramms bzw. Parallelepipeds besitzen und zusätzlich bei Ele-

170

6 Isoparametrisches Konzept a

b

c

d

Abb. 6.4 Ein L AGRANGE -Element mit quadratischen Ansätzen wird aus dem isoparametrischen Raum (a) mit drei unterschiedlichen Transformationen verzerrt: b lineare Verzerrung zu einem Rechteck, c lineare Verzerrung zu einem Parallelogramm, d nichtlineare Verzerrung trotz der quadratischen Form. Die Transformation ist genau dann linear, wenn Linien mit konstanten isoparametrischen Koordinaten  und , die gestrichelt eingezeichnet sind, jeweils die gleiche Form wie im isoparametrischen Raum haben, also gerade und parallel sind. Dies ist bei der nichtlinearen Transformation d nicht der Fall

menten höherer Polynomordnung die Relativposition der Knoten bezogen auf die Eckknoten des Elements im physikalischen Raum genauso liegen wie im isoparametrischen Raum. Beispiele hierfür sind in Abb. 6.4 zu sehen. b) Dreieckselemente im zweidimensionalen und Tetraeder im dreidimensionalen Fall gerade Kanten haben und die Relativposition der Knoten bezogen auf die Eckknoten im physikalischen Raum genauso liegen wie im isoparametrischen Raum. Die lineare Transformation hat den Vorteil, dass die JACOBI-Matrix der Transformation konstant ist. Demzufolge ist auch ihre Inverse konstant, was nach (6.14) und (6.18) für die Transformation der Ableitungen und (6.22), (6.23), (6.25) und (6.28) für die Integraltransformation dazu führt, dass nach der Transformation der Ansätze auf physikalische Koordinaten der Polynomgrad unter dem Integral der FE-Formulierung gleich bleibt. Entsprechend können die Integrale der FE-Form nicht nur mit der analytischen, sondern auch mit der numerischen Integration exakt gelöst werden, wodurch kein zusätzlicher Fehler in die FE-Form eingebracht wird. Dies wird detailliert in Kap. 7 ausgeführt.

6.5 Lineare und nichtlineare isoparametrische Transformation

6.5.2

171

Nichtlineare Transformation

Nichtlineare Transformationen sind alle Transformationen, die nicht nach (6.30) dargestellt werden können. Dies hat zur Folge, dass die JACOBI-Matrix der Transformation eine nichtkonstante Funktion der isoparametrischen Koordinaten ist. Dies hat zwei wesentliche Konsequenzen: Einerseits ist es möglich, dass die JACOBI-Matrix nicht auf dem gesamten Elementgebiet regulär, und damit lokal nicht mehr invertierbar ist. Da jedoch die Inverse der JACOBI-Matrix für die Transformation der Ableitungen der Feldfunktion auf isoparametrische Koordinaten nach (6.14) und (6.18) benötigt wird, kann es somit vorkommen, dass die isoparametrische Transformation nicht mehr möglich ist. Die Invertierbarkeit der JA COBI-Matrix kann dabei unter Zuhilfenahme der Mathematik auch grafisch interpretiert werden. Bekanntermaßen ist eine Matrix genau dann nicht invertierbar, wenn ihre Determinante verschwindet. Die Herleitungen zur Gebietstransformation in Abschn. 6.4.1 haben jedoch gezeigt, dass diese Determinante gerade die Abbildung von infinitesimalen Volumenelementen zwischen isoparametrischen und physikalischen Koordinaten beschreibt. Somit wird klar, dass die JACOBI-Matrix genau dann singulär wird, wenn ein Volumenelement im isoparametrischen Raum auf ein physikalisches Volumen von Null abgebildet wird, wodurch die Abbildung lokal nicht mehr umkehrbar ist. Ein Beispiel hierfür ist in Abb. 6.5a zu sehen. In diesem Beispiel sind die Linien konstanter isoparametrischer Koordinaten im physikalischen Raum am Knoten 2 genau parallel und spannen dort ein Volumenelement von Null auf. Eine weitere Quelle nichtumkehrbarer Abbildungen ist in Abb. 6.5b dargestellt. Hier verlaufen die Linien konstanter isoparametrischer Koordinaten teilweise außerhalb der Elementgeometrie. Da die Abbildung aufgrund der stetigen Ansatzfunktionen ebenfalls stetig ist, muss dieser Bereich doppelt beschrieben werden, da sonst die Elementgrenzen im physikalischen Raum nicht auf der Verbindungslinie der Knoten 1 – 2 – 3 liegen würden. Dieses Gebiet außerhalb der Elementgrenzen wird dabei jeweils einmal mit positivem Volumen und einmal mit negativem Volumen, das dem Vorzeichen der JACOBI-Determinanten entspricht, berücksichtigt. Daraus folgt wiederum mit der Stetigkeit der Ansatzfunktionen, und damit der Stetigkeit der JACOBIMatrix und ihrer Determinanten, dass letztere stellenweise einen Wert von Null annehmen muss. Wird die Anzahl und der Polynomgrad der Ansatzfunktionen eines Elements erhöht, ergeben sich zudem weitere Möglichkeiten singulärer JACOBI-Matrizen und negativer JA COBI-Determinanten, die beispielhaft in Abb. 6.5c, d dargestellt sind. Andererseits folgt aus der Tatsache, dass die JACOBI-Matrix eine Funktion des Gradienten der Ansatzfunktionen ist, dass ihre Inverse Terme dieses Gradienten im Nenner hat. Für polynomiale Ansatzfunktionen bedeutet dies, dass die Terme der inversen JACOBIMatrix gebrochenrationale Funktionen der isoparametrischen Koordinaten sind, wodurch auch die B-Matrizen und damit die Terme unter dem Integral der schwachen Form gebrochen rationale Polynome sind. Diese können aber allgemein nur mit hohem Rechen-

172

6 Isoparametrisches Konzept b

a

4

4 3

3 2

2

1 c

1 d

Abb. 6.5 Dargestellt sind vier Beispiele a–d, bei denen die JACOBI-Matrix singulär wird. Neben den dicken Elementkanten sind zusätzlich Linien mit einer konstanten isoparametrischen Koordinate gestrichelt dargestellt. a Die JACOBI-Matrix wird genau dann singulär, wenn die isoparametrischen Koordinaten vom Knoten 2 eingesetzt werden. Grund dafür ist, dass die beiden isoparametrischen Koordinaten in diesem Punkt parallel sind, ihr Kreuzprodukt also zu Null wird. b Die JACOBI-Matrix wird im Bereich außerhalb der Elementgrenzen singulär. Außerdem ist die Transformation des Elements nicht invertierbar: Für die Punkte, die im physikalischen Raum außerhalb der Elementgrenzen beschrieben werden, existieren im isoparametrischen Raum zwei Punkte. c Bei dem quadratischen Serendipity-Element kann es durch ungeschickte Knotenplatzierung vorkommen, dass sich die Elementkanten überschneiden. Der Bereich rechts unten, der durch diese Überschneidung vom Rest des Elements abgetrennt ist, wird mit einem negativen Volumen berücksichtigt. d Beim quadratischen L AGRANGE -Element kann es wie in b aufgrund der Position des Mittelknotens dazu kommen, dass ein Bereich außerhalb des Elements von den Ansatzfunktionen beschrieben wird

aufwand analytisch exakt integriert werden. Außerdem ist eine analytisch exakte Integration mit dem gängigsten numerischen Integrationsverfahren, der G AUSS-Integration, nicht möglich1 . Dies betrifft auch die Größen, die im Nachlauf berechnet werden, wie zum Beispiel Spannungen oder Wärmeflüsse. Auch diese können durch die Verzerrung nur noch Felder niedrigerer Ordnung exakt darstellen. Aufgrund dieser Nachteile nichtlinear verzerrter Elemente sollte bei einer FE-Rechnung immer darauf geachtet werden, Elemente wenn möglich nur linear zu verzerren. 1

Die Erklärung hierfür kann der Herleitung in Kap. 7 entnommen werden.

6.7 Kuriositäten

173 Knoten der Geometrietransformation Knoten für die Approximation der Feldfunktion

a

b

Abb. 6.6 Subparametrische (a) und Superparametrische (b) Geometrietransformation. Dargestellt sind die Geometrieknoten und die Knoten für die Approximation der Feldfunktion

6.6 Subparametrische und superparametrische Transformation Bei der subparametrischen und der superparametrischen Transformation wird die Elementgeometrie nicht mit denselben Ansatzfunktionen abgebildet, die auch für die Approximation der Feldfunktion verwendet werden. Stattdessen wird bei der subparametrischen Transformation für die Geometrietransformation im Vergleich zur Approximation der Feldfunktion ein Ansatz von geringerem Polynomgrad verwendet, wie in Abb. 6.6a zu sehen ist. Die subparametrische Transformation kann also immer dann eingesetzt werden, wenn zwar höherwertige Ansatzfunktionen für die Approximation der Feldfunktion verwendet werden sollen, die Elemente aber dennoch gerade Kanten haben. Durch die subparametrische Transformation kann somit der Rechenaufwand der Geometrietransformation erheblich reduziert werden. Die superparametrische Transformation, die in Abb. 6.6b zu sehen ist, verwendet hingegen für die Geometrietransformation Ansatzfunktionen, die einen höheren Polynomgrad besitzen als die Ansatzfunktionen für die Approximation der Feldfunktion. Damit ist es zum Beispiel möglich, selbst mit Elementen mit linearem Ansatz gekrümmte Kanten darzustellen. Da dies, wie in Abschn. 6.5.2 dargelegt wurde, vermieden werden sollte und die Approximationseigenschaften der superparametrischen Elemente, verglichen mit isoparametrischen Elementen, viel schlechter sind, besitzen diese Elemente keine praktische Relevanz.

6.7 Kuriositäten Im Folgenden wird auf einige Kuriositäten im Bereich der Formulierung von Finiten Elementen eingegangen, die sich der Eigenschaften der isoparametrischen Transformation bedienen.

174

6 Isoparametrisches Konzept

6.7.1

Dreieckselemente als kollabierte Viereckelemente

Neben der Herleitung von Ansatzfunktionen in baryzentrischen Koordinaten nach Abschn. 4.4.2 können Dreieckselemente auch dadurch erstellt werden, dass zwei Knoten eines Viereckelements auf denselben physikalischen Punkt geschoben werden und die die Knoten verbindende Kante damit kollabiert wird. Dies wird im Folgenden an einem bilinearen Viereckelement demonstriert. Beispiel 6.2: Das kollabierte bilineare Viereckelement

Ein bilineares Viereckelement soll, wie in Abb. 6.7 dargestellt, zu einem Dreieckselement kollabiert werden, indem der Knoten 3 in den Knoten 4 verschoben wird. Die Eigenschaften eines solchen Dreieckselements sollen nun betrachtet werden. Dazu ist es zunächst zweckmäßig, die neuen Ansatzfunktionen des Elements in isoparametrischen Koordinaten zu bestimmen. 2

NQ44

3

3 .1  /.1  / 6 7 7 7D 16 D6 4.1 C /.1  /5 N2Q4 4 5 4 2 .1 C / N Q4 C N Q4 N1Q4

3

2

4

Mit den Knotenkoordinaten xO 1 , xO 2 und xO 3 kann die JACOBI-Matrix nach (6.11) berechnet werden. " JD

xO 1 yO1

xO 2 yO2

2 Q44 # N1; 6 xO 3 6 Q44 6N yO3 4 2; NQ44 3;

NQ44 1;

3

" 7 xO 1 7 7D NQ44 2; 5 yO1 NQ44 3;

xO 2 yO2

xO 3 yO3

#

3 1  1 16 7  41   1   5 4 0 2 2

" # 1 .xO 1  xO 2 /.  1/ xO 1 .  1/  xO 2 . C 1/ C 2 xO 3 D 4 .yO1  yO2 /.  1/ yO1 .  1/  yO2 . C 1/ C 2 yO3

Abb. 6.7 Durch Verschieben des Knotens 3 auf den Knoten 4 wird ein bilineares Viereckelement zu einem Dreieckselement reduziert

3,4

3

1

2

6.7 Kuriositäten

175

Die Inverse der JACOBI-Matrix, die für die Dehnungs-Verschiebungs-Matrix B be nötigt wird, lautet dann mit der Dreiecksfläche A4 D 12 .xO 2  xO 1 / .yO3  yO1 /  .xO 3  xO 1 / .yO2  yO1 / # " 1 y O C y O  2 y O   . y O  y O /  . x O  x O /  x O  x O C 2 x O 1 2 3 1 2 1 2 1 2 3 : J1 D A4 .  1/ .yO1  yO2 /.  1/ .xO 1  xO 2 /.  1/ Einsetzen in die Dehnungs-Verschiebungs-Matrix nach (6.18) liefert 2 3 0 yO3  yO1 0 yO1  yO2 0 yO2  yO3 1 6 7 BD xO 3  xO 2 0 xO 1  xO 3 0 xO 2  xO 1 5 : 4 0 2 A4 xO 3  xO 2 yO2  yO3 xO 1  xO 3 yO3  yO1 xO 2  xO 1 yO1  yO2 Die Dehnungs-Verschiebungs-Matrix hängt nicht mehr von den isoparametrischen Koordinaten ab. Das Element ist folglich in der Lage, genau wie das lineare Dreieckselement einen konstanten Dehnungszustand abzubilden. Es liefert damit in Berechnungen dieselben Ergebnisse wie das lineare Dreieckselement mit Ansätzen in baryzentrischen Koordinaten, und unterscheidet sich folglich nur durch die komplizierter Formulierung  von diesem. Analog zu diesem Vorgehen für den zweidimensionalen Fall können auch im dreidimensionalen Fall, wie in Abb. 6.8 dargestellt, aus Hexaeder-Elementen Pentaeder-,

a

c

b

d

e

Abb. 6.8 Der sukzessive Kollaps eines Hexaeder-Elements (a): b Entfernen eines Knotens, c Pentaeder-Element durch zweifaches Zusammenlegen von Knoten, d Pyramide mit viereckiger Grundfläche, e Tetraeder durch Entfernen von vier Knoten. Zu beachten ist, dass die Vorderseite des Elements nach dem ersten Zusammenlegen der Knoten in b nicht mehr eben ist

176

6 Isoparametrisches Konzept

Abb. 6.9 Für die Herleitung der Rissspitzenelemente wird nur eine Kante des Dreieckselements berücksichtigt

5

2

3

4 6

1

rˆ2 c·

rˆ2

Pyramiden- und Tetraederelemente erzeugt werden. Außerdem ist das Kollabieren von Elementen auch für Ansatzfunktionen höherer Ordnung möglich2 .

6.7.2

Rissspitzenelemente

Die Lösung der Kontinuumsmechanik für ein Kontinuum mit einem scharfen Riss besitzt an der Position der Rissspitze eine Spannungs- und Dehnungssingularität. Diese kann mithilfe unverzerrter Finiter Elemente mit Polynomansätzen jedoch nicht dargestellt werden, da hierbei die Spannungen und Dehnungen innerhalb eines Elements stetig und beschränkt sind. Mithilfe verzerrter Elemente ist es jedoch möglich, solche Singularitäten zu erzeugen, da dann die Inverse der JACOBI-Matrix in die Dehnungs-Verschiebungs-Matrix eingeht. Diese Möglichkeit wird im Folgenden betrachtet. Die linear-elastische Bruchmechanik führt auf die Aussage, dass die Spannungen an der Spitze eines Risses proportional zu p1r sind [4]. Um dieses Verhalten mit Finiten Elementen zu reproduzieren, kann nach BARSOUM und ROSHDY [1] das Spannungs- und Dehnungsfeld entlang der geraden Elementkante eines verzerrten Elements mit quadratischen Ansatzfunktionen betrachtet werden. Dies ist in Abb. 6.9 für ein Dreieckselement mit quadratischen Ansätzen dargestellt. Die Knotenpositionen auf der Kante werden dabei über den Abstand des Knotens r von der Rissspitze beschrieben. Die Geometrietransformation entlang der betrachteten Kante folgt der Beziehung 3 2 0 i h    6  7 (6.31) r./ D N rO D 12  2   1   2 21  2 C  4c  rO2 5 ; rO2 wobei die Konstante c die Relativposition des Mittelknotens auf der Kante beschreibt. Die JACOBI-Matrix der Transformation ist J D r; D 2

  1  2 1 rO2    C 2 c 1   2 ; D rO2 . .2  4 c/ C 1/ : 2 2

Siehe hierzu auch BATHE [3].

(6.32)

6.7 Kuriositäten

177

Für eine Spannungs- und Dehnungssingularität an der Rissspitze muss die JACOBI-Matrix an der Position  D 1 gerade singulär sein, also im vorliegenden eindimensionalen Fall zu Null werden. 0 D 2 C 4 c C 1 ” c D

1 4

(6.33)

Der Mittelknoten muss somit für eine Singularität gerade am Viertelpunkt zwischen den Eckknoten liegen. Aus diesem Grund werden solche Elemente oft auch als Viertelpunktelemente bezeichnet. Mit dem Mittelknoten bei c D 14 ergibt sich für die Geometrietransformation (6.31) und die JACOBI-Matrix (6.32) s 11 r 1 1 H)  C 1 D 2 J D rO2 . C 1/ : (6.34) r D rO2 . C 1/2 4 rO2 2 Nachdem nun die Position der Knoten für eine Spannungs- und Dehnungssingularität bekannt ist, kann nun der Normaldehnungsverlauf entlang der Kanten in Abhängigkeit der Knotenpunktverschiebungen bestimmt werden. u./ D N uO

 1 "r D u;r D N;r uO D N; r; uO D N; J 1 uO i h 2 uO D 12 .2   1/ 2  12 .2  C 1/ rO2 . C 1/ h q q

q i 1 r 1 r D 12 4 rOr  3 p uO 4 4 C 2  1 r O 2 r O 2 2 2 r rO2 h i i 1 h 3 2 4 2 1 Cp D rO  rO  2 2  2 uO rO2 2 2 r rO2

(6.35)

Die Spannung und Dehnung entlang der Kante besteht folglich aus einem Anteil, der über die gesamte Kante konstant ist, und einem Anteil, der an der Rissspitze proportional zu p1r singulär wird, somit also die Spannungssingularität der linear-elastischen Bruchmechanik nachbilden kann. Weitere Möglichkeiten, Rissspitzenelemente auch für die ideal-plastische Bruchmechanik zu erstellen, finden sich zum Beispiel bei BARSOUM und ROSHDY [1, 2]. Es sollte schlussendlich zur Anwendung von Rissspitzenelementen angemerkt werden, dass die Singularität der Spannungen und Dehnungen bei diesen keine physikalische, sondern eine rein mathematische Eigenschaft des Modells ist. Die Spannungssingularität ergibt sich bei diesen Elementen nach (6.35) unabhängig davon, ob im physikalischen Modell an der Spitze des Elements tatsächlich ein Riss vorliegt, solange das Dehnungsfeld nicht konstant ist. Zudem ist fraglich, ob eine lineare Rechnung der physikalischen

178

6 Isoparametrisches Konzept

Realität eines Risses, insbesondere eines elastischen oder ideal plastischen Risses mit einer Spannungssingularität, gerecht wird. Bei einer nichtlinearen Rechnung jedoch ist die Verwendung von Rissspitzenelementen fraglich, da dann für die Geometrietransformation die momentane, verformte Geometrie ausschlaggebend ist. In dieser liegt der Mittelknoten jedoch nicht notwendigerweise am Viertelpunkt, wodurch die Singularität verschwindet oder in das Elementinnere wandern kann.

6.8

Zusammenfassung

Für die Berechnung verzerrter Elemente kann die Geometrie mit dem isoparametrischen Konzept transformiert werden.  Die Geometrie wird bei der isoparametrischen Transformation mit den gleichen Ansatzfunktionen beschrieben wie die Feldfunktion.  Bei der subparametrischen und superparametrischen Transformation wird die Geometrie mit Ansatzfunktionen niedrigerer bzw. höherer Polynomordnung transformiert.  Die JACOBI-Matrix ist der Gradient der Geometrietransformation. Mit ihr können sowohl Differentiale als auch Ableitungen zwischen den isoparametrischen und den physikalischen Koordinaten transformiert werden.  Sämtliche Größen in der Finite-Elemente-Form bei der Berechnung mit der isoparametrischen Transformation werden nur bezüglich der isoparametrischen Koordinaten beschrieben. Das Integrationsgebiet in diesen Koordinaten ist unabhängig von der Elementverzerrung, und sämtliche die Verzerrung beschreibenden Terme stehen unter dem Integral.  Für die Transformation der Ableitungen wird die Inverse der JACOBI-Matrix benötigt. Es muss folglich bei einer nichtlinearen Elementverzerrung immer darauf geachtet werden, dass diese existiert.  Mithilfe der isoparametrischen Transformation können Dreieckselemente aus Viereckelementen hergeleitet werden, indem die zwei Eckknoten der Viereckelemente auf die gleiche Position gesetzt werden. Gleichermaßen können aus Hexaederelementen Pentaeder-, Pyramiden-, und Tetraederelemente generiert werden.  Bei Rissspitzenelementen wird mit der isoparametrischen Transformation eine Singularität der Spannung und Dehnung an einem (oder mehreren) Knoten eines Elements erzeugt. Die Singularität wird dabei als mathematische Eigenschaft in das Modell eingebaut, und ist somit unabhängig vom tatsächlichen Verlauf im Ergebnis enthalten.

6.9 Übungsaufgaben

179

6.9 Übungsaufgaben Übungsaufgabe 6.1: Jacobi-Matrix

Wie lautet für die dargestellten Elemente die JACOBI-Matrix sowie deren Determinante und Inverse? y

a

y

b

4

x3 4

3

3

b

b 1

2

x

1 x2

a y

c

c

a

y x4

d

4

3

x3 − x4 3

4 y4 x

2

y3

b 1

x

2

2 y2

1 x2

a

x

Für den Fall d) ist zudem die Dehnungs-Verschiebungs-Matrix B"Q .; / und deren Aufbau gesucht.

Lösung zu Übungsaufgabe 6.1: JACOBI-Matrix Die allgemeinen Ansätze im Einheitsraum für ein Element mit vier Knoten lauten gemäß der Zusammenfassung in 4.1 wie folgt: 4

η

1

3 ξ

1 1

2 1

1 .1  / .1  / 4 1 N2 D .1 C / .1  / 4 1 N3 D .1 C / .1 C / 4 1 N4 D .1  / .1 C / 4 N1 D

1

1 N1; D  .1  / 4 1 N2; D .1  / 4 1 N3; D .1 C / 4 1 N4; D  .1 C / 4

1 N1; D  .1  / 4 1 N2; D  .1 C / 4 1 N3; D .1 C / 4 1 N4; D .1  / 4

180

6 Isoparametrisches Konzept

a) Die JACOBI-Matrix ergibt sich aus Gl. (6.11) für dieses Beispiel zu 3 2 # N;1 N;1 7 6 xO xO 2 xO 3 xO 4 6N;2 N;2 7 JD 1 7 6 yO1 yO2 yO3 yO4 4N;3 N;3 5 N;4 N;4 2 3  14 .1  /  14 .1  / 7 #6 " 6 7 0 a a 0 6 14 .1  /  14 .1 C /7 D 6 7 1 7 0 0 b b 6 1 .1 C / 4 4 4 .1 C / 5 1 .1  /  14 .1 C / 4 2    3 1 1 a .1  / C .1 C / a  .1 C / C .1 C / 4 D 44     5 1 1 4 b .1 C /  .1 C / 4 b .1 C / C .1  / 3 2 1 2 a 0 5: D 44 1 2b 0 4 "

Die Determinante dieser JACOBI-Matrix ist det J D

1 ab 4

und die inverse JACOBI-Matrix lautet für diesen Fall " # " 1 1 1 b 0 2 a J1 D 1 D 2 1 0 0 4 ab 2 a

# 0 1 b

:

b) Für die Scheibe des Falls (b) ergibt sich bei der dargestellten Geometrie die JACOBIMatrix 2 3  14 .1  /  14 .1  / 7 #6 " 6 7 0 x2 x3 0 6 14 .1  /  14 .1 C /7 JD 6 7 1 7 0 0 b b 6 1 .1 C / .1 C / 4 4 5 4 1 .1  /  14 .1 C / 4 2   3  1 1 x2 .1  / C x3 .1 C /  x2 .1 C / C x3 .1 C / 4 D 44     5 1 1 b .1 C /  .1 C / b .1 C / C .1  / 4 4 2   3  1 1 x2 .1  / C x3 .1 C / 4  x2 .1 C / C x3 .1 C / 5 : D 44 1 2 b 0 4

6.9 Übungsaufgaben

181

Die dazugehörige Determinante dieser Matrix ist det J D

 1  b x2 .1  / C x3 .1 C / 8

und die Inverse JACOBI-Matrix lautet J1

2 1 8 2 b 4 D  b x2 .1  / C x3 .1 C / 0

3   14  x2 .1 C / C x3 .1 C /  5:  1 .1  / C x .1 C / x 2 3 4

Die Determinante ist eine Funktion von  und die Inverse ist eine gebrochen rationale Funktion, wobei nur  im Nenner steht. c) Im Fall (c) lautet die JACOBI-Matrix, deren Determinante und die Inverse 2 #6 6 c 6 6 b 6 4

 14 .1  /

 14 .1  /

3

7  14 .1 C /7 7 7 1 7 4 .1 C / 5 1 .1  / 4 "   1 a .1  / C .a C c/ .1 C /  c .1 C /    4 D   1 b .1 C /  .1 C /  4  #    14  a .1 C / C .a C c/ .1 C / C c .1  /   1 b .1 C / C .1  /  4 " # 1 1 4 2a 4 2c D 1 2b 0 4 1 det J D a b 4 " # # " 1  acb 4 12 b  12 c a 1 : J D D2 1 1 ab 0 a 0 "

0 a JD 0 0

aCc b

2

1 .1  / 4 1 4 .1 C /  14 .1 C /

b

182

6 Isoparametrisches Konzept

d) Für den letzten Fall, dargestellt in (d), ergeben sich die JACOBI-Matrix, deren Determinante und Inverse zu 2 " 0 x2 JD 0 y2 " D

x3 y3

#6 6 x4 6 6 y4 6 4

 14 .1  / 1 .1  / 4 1 4 .1 C /  14 .1 C /

 14 .1  /

3

7  14 .1 C /7 7 7 1 7 4 .1 C / 5 1 .1  / 4

1 .x .1  / C x3 .1 C /  x4 .1 C // 4 2 1 4 .y2 .1  / C y3 .1 C /  y4 .1 C //

#

1 .x2 .1 C / C x3 .1 C / C x4 .1  // 4 1 4 .y2 .1 C / C y3 .1 C / C y4 .1  //

" # 1 .x2 C x3  x4 / C .  x2 C x3  x4 / .  x2 C x3 C x4 / C  .  x2 C x3  x4 / D 4 .y2 C y3  y4 / C .  y2 C y3  y4 / .  y2 C y3 C y4 / C  .  y2 C y3  y4 / " # 1 f11 ./ f12 ./ D 4 f21 ./ f22 ./  1 f11 ./ f22 ./  f12 ./ f21 ./ 16 " f22 ./ 4 D f11 ./ f22 ./  f12 ./ f21 ./ f21 ./

det J D J

1

# f12 ./

:

f11 ./

Die Determinante ist eine Funktion von  und . Die Inverse ist eine gebrochen rationale Funktion von  und . Mit 3 2 J12 J11 5 J1 D 4 J21 J22 folgt für die Dehnungs-Verschiebungs-Matrix B"Q .; / 2

N1; C J21 N1; J11 6 B"Q .; / D 4 0 J12 N1; C J22 N1;

J12 N1; J11 N1;

0 C J22 N1; C J21 N1;

3  7   5 

Somit folgt, dass B"Q .; / ebenfalls eine gebrochen rationale Funktion von  und  ist. Durch die Multiplikation von BT"Q EQ B"Q wird der mathematische Aufwand zur analytischen Integration erheblich, weswegen in allen Programmstrukturen numerisch integriert wird.

6.9 Übungsaufgaben

183

Übungsaufgabe 6.2: Viereckige Scheibe mit zwei Dreieckselementen diskretisiert y, v

4

4

3 Scheibe E, ν, t

b 1

px (y) = q0

Scheibe I

x, u

2

3

Scheibe II

a

1

a

2

b

a Scheibe unter Linienlast, b FE-Diskretisierung Ein Tragwerk, wie oben links dargestellt, wird mit einer Linienlast px in x-Richtung belastet. 1. Bestimmen Sie das Gleichungssystem zur Berechnung der unbekannten Knotenpunktverschiebungen mit dem isoparametrischen Konzept. Dabei soll das Gebiet mit zwei Dreieckselementen, wie oben rechts dargestellt, diskretisiert werden. 2. Vergleichen sie die Ergebnisse, die unter Verwendung von zwei Dreieckselementen gewonnen werden, mit den Ergebnissen von Aufgabe 5.1, in der ein Rechteckelement verwendet wurde. 3. Welche Ergebnisse ergeben sich unter Verwendung von zwei Dreieckselementen und einem Rechteckelement, wenn anstellte der konstanten Linienlast eine lineare Linienlast verwendet wird, die am Knoten 3 den Wert Null hat und am Knoten 2 den Wert q0 .

Lösung zu Übungsaufgabe 6.2: Viereckige Scheibe mit zwei Dreieckselementen diskretisiert Teil 1): Ein unverzerrtes Element hat folgende Darstellung und Koordinaten: 3 ξ2 1

ξ1 2

Beide Koordinaten kreuzen sich an einem Knotenpunkt. 1 verläuft entgegen dem Uhrzeigersinn und 2 mit dem Uhrzeigersinn. Dies wird bei beiden Elementen berücksichtigt.

184

6 Isoparametrisches Konzept

Die Koordinaten beider Elemente werden jetzt z. B. wie folgt aufgebracht 4 ξ1

ξ2

ξ1

3

ξ2

3

Scheibe I

Scheibe II 1

1 2

Für die erste Scheibe lauten die Ansatzfunktionen für die Knoten 1, 3 und 4 mit den entsprechenden Koordinaten gemäß der Abbildung y, v (0, b)

ξ2

ξ1

(a, b)

Scheibe I x, u

(0, 0)

N1 D  1 N3 D  2 N4 D 1   1   2 : Für die JACOBI-Matrix ergibt sich nach (6.11) " JI D "

xO 1 yO1

0 D 0

2 3 # N N1;2 1;1 xO 2 xO 3 6 7 4N2;1 N2;2 5 yO2 yO3 N3;1 N3;2 3 2 " # 1 0 0 a 0 6 7 15D 40 b b b 1 1

# a : 0

Daraus folgt für die Scheibe 1 die JACOBI-Determinante und die Inverse der JACOBIMatrix det JI D ab J1 I

" 1 0 D ab b

# a ; 0

6.9 Übungsaufgaben

185

und mit (6.18) ergibt sich für die Dehnungs-Verschiebungs-Matrix B"Q 2 B";Q I .1 ; 2 / D

uO 1

vO 1

uO 3

vO 3

uO 4

vO 4

0C0

0

0Cb1

0

0 C b .1/

0

1 6 6 0 0a1 0 0a0 0 ab 4 0  a  1 0 C 0 0  a  0 0 C b  1 0  a .1/

3

7 0  a .1/7 5: 0 C b .1/

Zur Berechnung der Steifigkeit wird das Materialgesetz benötigt. Dieses ist für eine Scheibe im ebenen Spannungszustand 2 3 1 0 E 6 7 ED 0 5 4 1 1  2 0 0 1 2 Die virtuelle innere Energie kann nach (5.11) berechnet werden. Z ı…i,I D ı"T E "dV mit dV D tdxdy D t det JI d1 d2 V

3 2 3 uO 1 ı uO 1 6 7 6 7 6 vO1 7 6 ı vO1 7 1 1 6 7 6 7 Z Z 1 6uO 3 7 6ı uO 3 7 T 7 6 7 D6 B E B t det J d d "Q I 2 16 7 "Q 6 ı vO 7 6 vO3 7 6 37 6 7 6 71 D0 2 D0 4uO 4 5 4ı uO 4 5 ı vO4 vO4 2

Die Integrationsgrenzen lassen sich dabei wie folgt erklären: 4 ξ1

ξ2

3

ξ3

1

2 läuft von der vertikalen Kante des Dreiecks bis zur diagonalen Kante. Entlang dieser ist 3 D 0, womit aus der Summe der baryzentrischen Koordinaten nach (4.17) 1 D 1  2 folgt. Wird die obige Integration ausgeführt, so erhält man eine 6 6-Matrix. Nachdem die Steifigkeitsmatrix der zweiten Scheibe bestimmt wurde, welche auch die Größe 6 6 hat, erhält man nach Assemblierung für die vier Freiheitsgrade eine 8 8-Matrix. Nach Einbringung der Randbedingungen bleiben jedoch lediglich die beiden Freiwerte uO 2 und uO 3 übrig, da ı uO 1 D ı vO1 D ı vO 2 D ı vO 3 D ı uO 4 D ı vO4 D 0 sind. Das Gleichungssystem zur Bestimmung der beiden Unbekannten besitzt dann lediglich zwei Gleichungen.

186

6 Isoparametrisches Konzept

Neben diesem beschriebenem allgemeingültigen Vorgehen kann man aber jetzt schon den Rechenaufwand reduzieren, indem man die Randbedingungen bereits jetzt in die Dehnungs-Verschiebungs-Matrix B"Q einbringt, was zu folgender Matrix führt. 2 3 b 1 6 7 D B";I,RB 4 05 : Q ab 0 Die virtuelle innere Energie der Scheibe 1 ist jetzt gemäß (5.11) 2 3 2 3 Z1 1 Z 1 1 0 b h i 1 Et 6 7 1 6 7 ı…i,I D ı uO 3 0 5 b 0 0 4 1 405 a b d2 d1 uO 3 ab 1  2 ab 1 0 0 0 1 D0 2 D0 2 2 3 i b 1 1 Et h 6 7 D ı uO 3 b b 0 405 uO 3 2 a b 1  2 0 1 1 Et D ı uO 3 b 2 uO 3 2 a b 1  2 Für die zweite Scheibe kann analog zur ersten Scheibe vorgegangen werden. Die Scheibe mit ihren Koordinaten 1 und 2 liegt nun wie unten dargestellt: ξ1 ξ2

3 y, v

Scheibe II

x, u

1 2

N1 D  1 N2 D  2 N3 D 1   1   2 Die JACOBI-Matrix, die Determinante und die Inverse lauten für die Scheibe 2 3 2 # " # 1 " 0 a 0 0 a a 6 7 JII D 1 5D 40 b b 0 0 b 1 1 det JII D ab J1 II

" 1 b D ab b

# 0 a

:

6.9 Übungsaufgaben

187

Die Dehnungs-Verschiebungs-Matrix B"Q kann aufgrund der Randbedingungen wieder reduziert berechnet werden. Sie lautet zunächst vollständig B";II Q .1 ; 2 / und dann reduziert . ;  / nach Einbringung der Randbedingungen B";II,RB Q 1 2 2

b  1 C b  0 0 b  0 C b  1 0 0 0  1 C .a/  0 0 0a1 0  1 C .a/  0 b  1 C b  0 0a1 b  0 C b  1 3 b .1/ C b .1/ 0 7 0 0  a .1/ 5 0  a .1/ b .1/ C b .1/ 3 2 b 0 1 6 7 B";II,RB . ;  / D 4 0 05 : Q 1 2 ab a a 1 6 B";II 4 Q .1 ; 2 / D ab

Die virtuelle innere Arbeit der Scheibe 2 ergibt sich durch das Einsetzen der DehnungsVerschiebungs-Matrix B"Q in (5.11) 3 1 0 Et 6 1 b 0 a ı uO 2 7 D 0 5 4 1 a b 0 0 a 1  2 ı uO 3 0 0 1 1 D0 2 D0 2 3 2 " # b 0 1 6 uO 2 7  4 0 05 a b d2 d1 ab uO 3 a a 3 2 32 " # " #T b 0 1 b b a 2 6 1 1 Et ı uO 2 7 uO 2 4 5 D 4 0 05 2 a b 1  2 0 0 ı uO 3 uO 3 a 1 2 a a 2 3" # " #T 2 2 1 a2 1 1 1 E t 4b C a 2 ı uO 2 2 5 uO 2 D 2 1 1 2 a b 1  2 2 ı uO 3 uO 3 a a "

ı…i,II

#T Z1 1 Z 1

#

"

2

2

2

Assembliert man die Gleichungssysteme beider Scheiben, so erhält man die innere Arbeit des Gesamtsystems.

ı…i,ges

2 " #T b 2 C a2 1 1 1 E t ı uO 2 2 4 D 2 1 2 a b 1  2 ı uO 3 a 2

3" # 5 uO 2 : 2 2 1 uO 3 b Ca 2 a2

1 2

188

6 Isoparametrisches Konzept

Die virtuelle äußere Arbeit für eine konstante Linienlast in x-Richtung erhält man durch Integration über den Rand des Systems zu "

ı uO 2 …a D  ı uO 3

#T

" # 1 1 : q0 b 2 1

Nach Addition aller virtuellen Arbeiten kann ausgenutzt werden, dass die virtuellen Freiwerte beliebig sein müssen. Daraus gewinnt man das Gleichungssystem zur Bestimmung der Knotenpunktverschiebungen 2 2 2 1 1 1 E t 4b C a 2 2 a b 1  2 a2 1 2

3" # " # 1 1 u O 2 5 : D q0 b 2 1 uO 3 b 2 C a2 1 2 a2

1 2

Die Lösung des Gleichungssystems ist " # " # 1  2 1 uO 2 ; q0 a D E t 1 uO 3 was der analytisch exakten Lösung entspricht. Der Grund dafür ist, dass lineare Dreieckselemente einen konstanten Dehnungszustand darstellen können. Teil 2): Würde statt der zwei Dreieckselemente ein einzelnes Viereckelement verwendet werden, so ergäbe sich mit der inneren Energie aus Aufgabe 5.1 das Gleichungssystem zu 2 Et 4 1  2 1

1 b 3 a

b 6 a

C

C

1 1 a 2 3b

1 2



 13

a b

1 b 6 a

C

1 b 3 a

1 2

C



 a3 " # " # b 1 u O b 2 5 D q0 1a 2 1 uO 3

 13

1 2 3b

welches ebenfalls die Lösung " # " # 1  2 uO 2 1 q0 a D Et 1 uO 3 hat. Dies ist wieder dadurch bedingt, dass auch das Viereckelement einen konstanten Dehnungszustand exakt abbilden kann. Teil 3): Sobald jedoch die Last (oder auch die Lagerung des Systems) modifiziert wird, unterscheiden sich die Lösungen aus den Dreieckselementen und dem Viereckelement. Dies wird anhand einer Belastung mit einer linear veränderlichen Linienlast deutlich.

6.9 Übungsaufgaben

189 y, v

4

3

1

2

b

px (y) x, u

a

In dem Gleichungssystem ändern sich nur die Anteile der äußeren virtuellen Arbeiten, die inneren Arbeiten bleiben gleich. Für die Modellierung mit zwei Dreieckselementen ergibt sich als Gleichungssystem 2 b 2 C a2 1 1 1 Et 2 4 2 1 2 a b 1  2 a 2

3" # " # 1 2 u O 2 5 : D q0 b 6 1 uO 3 b 2 C a2 1 2 a2

1 2

Die Lösung dieses Gleichungssystems ergibt als Knotenpunktverschiebungen 2 " # 3C 1  2 1 uO 2 a q0 4 D Et 6 uO 3 3

b2 a2 .1 /Cb 2 b2 a2 .1 /Cb 2

3 5:

Für das Modell mit einer Rechteckscheibe ergibt sich aus dem Gleichungssystem 2 Et 4 1  2 1

1 b 3 a

b 6 a

C

C

1 1 a 2 3b

1 2



 13

a b

1 b 6 a

C

1 b 3 a

1 2

C



 a3 " # " # 1 2 u O b 2 5 D px b 1a 6 1 uO 3

 13

1 2 3b

die Verschiebungslösung 3 2 2 b C a2 .1  / " # 6 b 2 C 2 a2 .1  / 7 1  2 uO 2 7 6 a q0 6 D 7: 2 5 4 Et uO 3 a .1  / b 2 C 2 a2 .1  / Die Unterschiede in der Lösung lassen sich leicht erklären, wenn wieder betrachtet wird, welche Spannungs- und Dehnungsfelder die Elemente darstellen können; während die Dreieckselemente nur einen konstanten Dehnungszustand darstellen können, sind die Viereckelemente in der Lage, bestimmte lineare Spannungs- und Dehnungsfelder darzustellen. Damit ist das einzelne Viereckelement in der Lage, den tatsächlichen Spannungsund Dehnungszustand besser darzustellen als die beiden Dreieckselemente. Folglich ist die Finite-Elemente-Lösung für letztere wesentlich steifer.

190

6 Isoparametrisches Konzept

Übungsaufgabe 6.3: Berechnung einer Staumauer

Die mechanischen Eigenschaften einer Staumauer sollen mit der Methode der Finiten Elemente untersucht werden. Es soll hierbei ein einzelnes finites Dreieckselement verwendet werden. Die Belastung soll in erster Näherung durch einen linear veränderlichen Druck über die Höhe angenähert werden. Die Verankerung der Staumauer soll als absolut steif angenommen werden. Gehen Sie davon aus, dass die Dicke der Rampe sowie die isotropen Materialeigenschaften ebendieser auf der gesamten Fläche des Elements konstant sind. Abb. 6.10 Mechanisches Modell der Staumauer

b y, v x, u

b

E, ν, t

a

p0 a

Berechnen Sie mit der Methode der Finiten Elemente die Gleichungen, aus denen die Verschiebungen des Mittelknotens der diagonalen Kante der Staumauer berechnet werden können.

Lösung zu Übungsaufgabe 6.3: Berechnung einer Staumauer 1. Die virtuelle Arbeit lässt sich für die mechanische Problemstellung als Z Z ı… D 0 D t ı uO T BT"Q E B"Q uO dA  t ı uO T q d@A A

@A

darstellen. 2. Das Problem soll mit einem einzigen Dreieckselement mit quadratischen Ansatzfunktionen diskretisiert werden. Die Lage der Knoten und die Knotenpunktansätze nach (4.24) sind: 3 5

ξ2 ξ1

4 6

2

1

N1 ./ D 1 .2 1  1/ N2 ./ D 2 .2 2  1/ N3 ./ D .1  1  2 / .1  2 1  2 2 /

6.9 Übungsaufgaben

191

N4 ./ D 4 2 .1  1  2 / N5 ./ D 4 1 .1  1  2 / N6 ./ D 4 1 2 3. JACOBI-Matrix: Da die Mittelknoten genau auf der Mitte der Seiten liegen, kann die JACOBI-Matrix über das Element mit einem subparametrischen linearen Ansatz berechnet werden: N1lin: D 1

N2lin: D 2

N3lin: D 1  1  2

Die JACOBI-Matrix mit den Ansätzen des linearen Elements ist 2 3 lin: lin: " # N1; N1; 7 xO xO 2 xO 3 6 6N lin: N lin: 7 JD 1 4 2; 5 2; yO1 yO2 yO3 lin: lin: N3; N3; 3 2 # " # 1 " 0 0 2a a a a 6 7 ; D 1 5D 40 2 b 2 b b b b 1 1 mit der Determinanten und der inversen det J D 4 a b J

1

" 1 b D 2ab b

# " J11 a D 0 J21

J12 J22

# :

4. Die Dehnungs-Verschiebungs-Matrix B"Q -Matrix muss nur für den Knoten 4 aufgestellt werden, da alle anderen Knoten fest eingespannt sind. 2 J11 N4;1 C J21 N4;2 6 B"Q D 4 0 J12 N4;1 C J22 N4;2

J12 N4;1 J11 N4;1

3 0 7 C J22 N4;2 5 C J21 N4;2

N4;1 D 4 2 und N4;2 D 4 .1  1  2 2 / 2 3 4 b 2 C 4 b .1  1  2 2 / 0 1 6 7 D 0 4 a 2 C 0 4 5 2ab 4 a 2 C 0 4 b 2 C 4 b .1  1  2 2 / 2 3 2 b .1  1  2 / 0 1 6 7 D 0 2 a 2 4 5 ab 2 a 2 2 b .1  1  2 / mit

192

6 Isoparametrisches Konzept

5. Für die Berechnung der virtuellen inneren Arbeit des Elements wird zuerst der Term unter dem Integral, die volumenspezifische virtuelle Arbeit berechnet. BT"Q E B"Q det J " 4E 2 b .1  1  2 / 0 D 1  2 0 2 a 2

2 # 1 2 a 2 6 4 2 b .1  1  2 / 0

1 0

3 0 7 0 5 B"Q 1

2 " # 1 8E b .1  1  2 / b .1  1  2 / a 2 2 D ::: a b .1  2 / a 2 a 2 b .1  1  2 / 1 2 3 2 0 2 b .1  1  2 / 7 6 4 0 2 a 2 5 2 a 2 2 b .1  1  2 / 2  3 1 2  a b  .1     / C b 2 .1  1  2 /2 C a2 1 16 E 2 1 2 2 2 2 5 4 D   2 1 2 2 2 a b .1  2 / a b 2 .1  1  2 / C 1  C b .1     / a 1 2 2 2 2 3 2 1C 2  a b  .1     / b 2 .1  1  2 /2 C a2 1 16 E 2 1 2 2 2 2 5 4 D a b .1  2 / a b 2 .1  1  2 / 1C a2  2 C b 2 .1  1  2 /2 1 2

2

2

Die Integration dieses Terms über das Elementvolumen liefert die gesamte virtuelle innere Arbeit. Die zu integrierenden Komponenten sind: 11 Z1 1 Z 1 Z1  1 2 3 .1  1  2 / d2 d1 D d1  .1  1  2 / 3 2 D0 0

0

0

Z1 D

1 1 .1  1 /3 d1 D 3 12

0

Z1 1 Z 1 Z1  1 2 1 3 11 2 .1  1  2 / d2 d1 D d1  .1  1 /  2 2 2 3 2 D0 0

0

0

Z1 D

1 1 .1  1 /3 d1 D 6 24

0

Z1 1 Z 1 Z1 1 1 2 2 d2 d1 D .1  1 /3 d1 D 3 12 0

0

0

6.9 Übungsaufgaben

193

Damit folgt für die virtuelle innere Arbeit Z ı uO

T

t

BT"Q E B"Q uO dA

A

" # 1 a b 1C b 2 C a2 1 16 E t 2 2 2 D ı uO uO 1C 1 12 a b .1  2 / a2 C b 2 1 2a b 2 2 # " 1C 2 2 1 C a a b b 4 E t 2 4 uO : D ı uO T 2 2 1 3 a b .1  2 / a b 1C a C b 4 2 T

6. Für die äußere virtuelle Arbeit muss über das Skalarprodukt des Drucks mit der Verschiebung des Elementrands gebildet werden. Die Verschiebung kann, da alle Knoten außer dem Knoten 4 fest eingespannt sind, über den reduzierten quadratischen Ansatz " #" # 2 Q .1   ı uO 4 / 0 ıuRand D N4Rand ı uO 4 D .1  Q 2 /ı uO 4 D 2 Q 0 .1   / ı vO4 beschrieben werden, wobei Q entlang der Kante 3 – 2 verläuft und an den Knoten 2 und 3 die Werte OQ2 D 1 und OQ3 D 1 annimmt. Die Geometrie des Randes kann, wie auch das Volumen, mit einem subparametrischen Ansatz beschrieben werden. 2 3 # # a " " " # 6 7 1 1  Q a Q 0 1 C Q 0 x 6b 7 D 6 7D 2 b Q 0 1  Q 0 1 C Q 4 a 5 y b " # "P # " # x;Q N Q xO i a D Pi i; D b y;Q Oi i Ni;Q y Der Druck entlang der Oberfläche kann ebenfalls mit einem linearen Ansatz " # beschrieb , während ben werden. Für den Knoten 2 beträgt der Druck q.OQ2 / D  p p20 2 a Cb a der Druck am Knoten 3 verschwindet. Damit folgt für den Druckverlauf " # Q Q .1 C / 1 C  p b 0 O Q D q.Q2 /  : q./ D p 2 2 2 2 .a/ C .b/ a Mit (6.25) folgt somit die virtuelle äußere Arbeit als Z ı…a D t ıuT q ds @A

"

ı uO 4 D ı vO 4 

#T

s X  i

# " # Z1 " p0 .1 C / .1  Q 2 / b 0 p t 0 .1  Q 2 / 2 .a/2 C .b/2 a Q D1

Ni;Q xO i

2

C

X i

Ni;Q yOi

2

dQ

194

6 Isoparametrisches Konzept

"

ı uO 4 D ı vO 4 "

ı uO 4 D ı vO4

#T

#T

Z1 t Q D1

2 p0 t 3

" # p0 .1 C / b p 2 2 Q .1   / p a C b 2 dQ 2 .a/2 C .b/2 a

" # b : a

7. Die virtuelle Gesamtarbeit ist die Summe beider Teilarbeiten. " #T ( " " #) #" # 4E t 2 p0 t b ı uO 4 b 2 C a2 1 uO 4 a b 1C 2 4 ı… D 0 D C 3 a b .1  2 / 3 a ı vO4 a b 1C a2 C b 2 1 vO 4 4

2

Da die virtuellen Verschiebungen ı uO 4 und ı vO4 beliebig sind, folgt, dass der Term in der geschweiften Klammer zu Null werden muss.

Übungsaufgabe 6.4: Scheibe mit gedrehten Lagern

Für das vorliegende Problem nach Abb. 6.11, bei dem eine Scheibe im ebenen Spannungszustand mit einer konstanten Linienlast q0 am rechten Ende in x-Richtung belastet wird, sollen mittels eines Finiten Elementes unter Verwendung eines bilinearen Ansatzes die unbekannten Verschiebungen berechnet werden. Dabei sind die Lager am rechten Ende beide um den Winkel ˛ gedreht. a

b

y

b q0

y

α b

x

E, ν, t

α

q0

E, ν, t a x a

α

α

Abb. 6.11 Scheibe unter Last mit gedrehten Lagern. Zur Berechnung können entweder die Freiwerte an den Lagern (a) oder die gesamte Scheibe (b) gedreht werden

Die Verschiebungen sollen dabei auf zwei unterschiedliche Arten berechnet werden: 1. Mithilfe einer Transformation der Verschiebungen der Knoten an den Lagern und 2. indem die Scheibe um den Winkel ˛ gedreht wird, siehe Abb. oben rechts, um die Steifigkeit über das isoparametrische Konzept zu bestimmen.

6.9 Übungsaufgaben

195

Lösung zu Übungsaufgabe 6.4: Scheibe mit gedrehten Lagern 1. Lösung mittels Drehung der Koordinaten: Die bilinearen Ansatzfunktionen in dimensionslosen Koordinaten für ein rechteckiges Element lauten gemäß der Übersichtsbox 4.1 in den Grenzen 1    1 und 1    1 1 .1  /.1  / 4 1 N3 D .1 C /.1 C / 4 N1 D

1 .1 C /.1  / 4 1 N4 D .1  /.1 C / 4 N2 D

Gemäß (5.11) und (6.22) ergibt sich die Steifigkeitsmatrix K einer Scheibe mit vier Knoten zu ZD1 ZD1 KD

Q BT"Q ./ E.x/ B"Q ./ t det J d d :

(6.36)

D1 D1

Der Übersichtlichkeit halber soll die Elastizitätsmatrix EQ in dieser Gleichung in drei Anteile aufgespalten werden. Der erste Anteil beschreibt die Steifigkeit bezüglich der Normaldehnungen, der zweite Teil die Steifigkeit aufgrund der Querkontraktion und der dritte Teil die Schubsteifigkeit. Diese Matrizen lauten für eine Scheibe im ebenen Spannungszustand Q D EQ 1 C EQ 2 C EQ 3 mit E 3 3 2 2 1 0 0 0 0 E 6 7 7 Q1 D E 6 E 40 1 05 ; EQ 2 D 4 0 05 ; 1  2 1  2 0 0 0 0 0 0

2 0 0 E 6 Q E3 D 40 0 1  2 0 0

3 0 7 0 5: 1 2

Somit gilt für (6.36) nach Einsetzen dieser Matrizen DC1 Z DC1 Z

KD

BT"Q

EQ B"Q t det J d d : D

D1 D1

D K1 C K2 C K3 :

DC1 Z DC1 Z

D1 D1

BT"Q .EQ 1 C EQ 2 C EQ 3 / B"Q t det J d d

196

6 Isoparametrisches Konzept

Für die Teilsteifigkeitsmatrix K1 , gebildet mit EQ 1 , ergibt sich mit det J D 2

2 ba

2 ab

6 6 6 6 6 6 2 ba 6 6 Et 6 K1 D 6 6 .1  2 / 6  b 6 a 6 6 6 6 6 b 4 a

 ba

2 ab 2 ab

 ba

b a

2 ab

2 ab b a

2 ba

2 ba

 ab

2 ab  ba

2 ab 2 ba

2 ab

2 ba

 ab

ab 3

b a

 ab

a b

a b

1 4

a b

7 2 ab 7 7 7 7 7 7  ab 7 7 7; 7 7 7 a 7 7 b 7 7 5 2 ab

für die Teilsteifigkeit K2 , gebildet aus den Querkontraktionstermen der Matrix EQ 2 , ergibt sich 2

1

1

1

6 6 1 6 6 1 6 Et 6 6 1 K2 D 6 4 .1  2 / 6 1 6 6 1 6 6 1 4 1

1

1 1

1

1

1

1 1 1

1 1

3

7 7 7 1 7 7 7 1 7 7 1 7 7 7 1 7 7 1 5 1 1

1

1

1

1

und die letzte Teilsteifigkeit K3 , gebildet aus dem Schubterm der Matrix EQ 3 , folgt abschließend 2 6 6 6 6 6 6 6 6 Et 6 K3 D 6 24 .1 C / 6 6 6 6 6 6 6 4

4 ba

3

2 ab

3

2 ab

3

4 ab

3

4 ba

3

4 ba

3

2 ba

3

2 ba

3

4 ab

3

4 ab

3

2 ab

3

4 ba

3

4 ba

3

2 ab

3

2 ab

3

4 ab

3

4 ab

3

2 ab

3

2 ba

3

2 ba

3

4 ab

3

4 ab

3

2 ab

3

2 ab

3

4 ab

3

2 ba

3

2 ba

3

4 ba

3

3

3

7 2 ab 7 7 7 7 3 7 7 2 ab 7 7 7: 7 3 7 7 4 ab 7 7 7 7 3 5 4 ab

6.9 Übungsaufgaben

197

Diese Steifigkeitsmatrizen beziehen sich auf die Knotenpunktfreiwerte 2 3 uO 1 6 7 6 vO 1 7 6 7 6uO 2 7 6 7 6 7 6 vO 7 uO D 6 2 7 6uO 3 7 6 7 6 vO 7 6 37 6 7 4uO 4 5 vO 4

2

3 ı uO 1 6 7 6 ı vO1 7 6 7 6ı uO 2 7 6 7 6 7 6 ı vO 7 bzw. ı uO D 6 2 7 6ı uO 3 7 6 7 6 ı vO 7 6 37 6 7 4ı uO 4 5 ı vO4

Bei dem vorliegenden Problemfall sind die Knoten 1 und 4 fest eingespannt, weswegen die Freiwerte uO 1 D vO 1 D uO 4 D vO 4 D 0 und ı uO 1 D ı vO 1 D ı uO 4 D ı vO4 D 0 sind. Dadurch reduziert sich die Gesamtsteifigkeit Kred. zu 2

Kred.

1 a 1 1b   63 a C 6 b 4 8 6 6 1 1a 1 b 6   C Et 6 8 3b 6 a 6 4 D 6 2 6 .1  / 1 b 1 a 1 6 66 a C 6 b 4 C 8 6 4 1 1a 1 b   C 4 8 3b 12 a

3 1b 1 1 a C  7 6a 6 b 4 8 7 1 1a 1  b7 7  C  C 7 4 8 3b 12 a 7 7: 1b 1 a 1 7 7 C C 7 3a 6 b 4 8 7 1 1 b 5 1a C C 4 8 3b 6 a

Diese Steifigkeitsmatrix bezieht sich auf die Freiwerte

uO red

2 3 uO 2 6 7 6 vO 7 D 6 27 4uO 3 5 vO 3

2

und ı uO red

3 ı uO 2 6 7 6 ı vO 7 D 6 27 4ı uO 3 5 ı vO3

Der Lastvektor F gemäß (5.11) und (6.25) ist für die beiden Knotenpunkte 2 und 3 mit px D q0 und py D 0 am rechten Rand mit  D 1 und @x @ D 0 2

N Rand Z 6 2 6 0 F D 6 Rand 4N3  0

3

" # s   2 ZD1 7 @y @x 2 N2Rand 7 px C d D q0 7 @ @ 0 5 py D1 N3Rand 0

2

3 N2Rand 6 7 6 0 7 @y d : 6 Rand 7 4N3 5 @ 0

198

6 Isoparametrisches Konzept

Da entlang des Randes nach (4.4) y D b2 .1 C / ist, ist dort

@y @

D

b 2

und somit

2 3 3 1 .1  / 6 7 7 b 6 1 0 607 7 6 q0 6 1 7 d D q0 b 6 7 : 415 4 2 .1 C /5 2 2 0 0 21

DC1 Z

FD D1

2

Als nächstes müssen die Koordinaten am rechten Rand gedreht werden. vˆ3

vˆ ˜3

ˆ u ˜3

α

vˆ ˜2 α

u ˆ3

vˆ2

ˆ u ˜2 u ˆ2

Gemäß (5.16) ergibt sich für die gedrehten Knotenpunktfreiwerte 2 3 2 3 2 3 uO 2 uOQ 2 cos ˛  sin ˛ 0 0 6 7 6 7 6O 7 0 0 7 6 vQ 2 7 6 vO 2 7 6 sin ˛ cos ˛ 6 7D6 7  6 7 bzw. uO D T  uOQ : 4uO 3 5 4 0 0 cos ˛  sin ˛ 5 4uOQ 3 5 vOQ 3 vO 3 0 0 sin ˛ cos ˛ Nach (5.18) gilt nun nach dem Einsetzen der Ausdrücke in das Gesamtpotential n n o o Q uOQ  FQ ı…ges. D 0 D ı uOQ T TT K T uOQ  TT F D ı uOQ T K Da in dem gedrehten Koordinatensystem entsprechend der obenstehenden Abbildung Q für die vOQ 2 D vOQ 3 D 0 und ı vOQ2 D ı vOQ3 D 0 sind, folgt nach Multiplikation von TT K T D K O O gedrehte und weiter reduzierte Steifigkeit für die Freiwerte uQ 2 und uQ 3 2 .a2 Cb 2 /.3 /.1C / .a2 b 2 / cos 2˛C 3 ab sin 2˛ 3 Œ  .2a2 b 2 /.3 /C.2a2 Cb 2 /.1C / cos 2˛ 2 E t 12 a b 24 a b Q red D 4 5 K 1  2 .2a2 b 2 /.3 /C.2a2 Cb 2 /.1C / cos 2˛ .a2 Cb 2 /.3 /.1C /Œ.a2 b 2 / cos 2˛C 32 ab sin 2˛ 24 a b

12 a b

Mit dem gedrehten Kraftvektor FQ D TT F ergibt sich für die reduzierten Freiwerte der Vektor zu 2 3 1 b FQ red D q0 cos ˛ 4 5 2 1

6.9 Übungsaufgaben

199

woraus die Lösung des Gleichungssystems als 2 3 uOQ 2 Q 1 FQ red 4 5DK red uOQ 3 berechnet werden kann. 2. Lösung mittels dem isoparametrischen Konzept nach Drehung der Scheibe: Wird die Scheibe um den Winkel ˛ gedreht, so verschieben sich die Freiwerte am Lager in x-Richtung. Die Koordinaten der vier Knotenpunkte können nach Abb. 6.11b ermittelt werden. x1 D 0

y1 D 0

x2 D a cos ˛

y2 D a sin ˛

x3 D a cos ˛ C b sin ˛

y3 D a sin ˛ C b cos ˛

x4 D b sin ˛

y4 D b cos ˛ :

Mittels dieser Koordinaten und den in Teil 1) angegebenen Ansatzfunktionen ergibt sich die JACOBI-Matrix und deren Determinante zu 2 " 0 a cos ˛ JD 0 a sin ˛

1 D 2 det J D

"

a cos ˛ a sin ˛

a cos ˛ C b sin ˛ a sin ˛ C b cos ˛

b sin ˛ b cos ˛

#

 14 .1  /

 14 .1  /

3

7 # 6 6 7 b sin ˛ 6 14 .1  /  14 .1 C /7 6 7 1 7 b cos ˛ 6 1 .1 C / .1 C / 4 4 5 4 1 .1  /  14 .1 C / 4

1 ab: 4

Die Inverse der JACOBI-Matrix lautet 2 1 cos ˛ J1 D 2 4 a 1 sin ˛ b

1 b

3

" 5 D J11 J21 cos ˛

 a1 sin ˛

J12 J22

# :

Die Steifigkeit für dieses Beispiel berechnet sich wieder mittels Gl. (6.36). Jedoch ist die Dehnungs-Verschiebungs-Matrix B"Q ./ nun nach Gl. (6.18) zu bestimmen. Da die Freiwerte uO 1 D vO 1 D vO 2 D vO3 D uO 4 D vO 4 D 0 und ebenso die virtuellen Freiwerte ı uO 1 D ı vO1 D ı vO 2 D ı vO3 D ı uO 4 D ı vO 4 D 0 sind, ergibt sich für die reduzierte Dehnungs-

200

6 Isoparametrisches Konzept

Verschiebungs-Matrix Bred .; / 3 J11 N3; C J21 N3; 7 0 5: J12 N3; C J22 N3;

2

J11 N2; C J21 N2; 6 Bred .; / D 4 0 J12 N2; C J22 N2;

Mittels dieser Dehnungs-Verschiebungs-Matrix B"Q red .; / und der Elastizitätsmatrix 2

1 E 6 Q E.x/ D 4 1  2 0

3 0 7 0 5 1 .1  / 2

1 0

ergibt sich die reduzierte Steifigkeitsmatrix Kred für das ungedrehte Koordinatensystem von diesem Beispiel zu DC1 Z DC1 Z

Kred D

Q BT"Q red .; / E.x/ B"Q red .; / t det J d d

D1 D1

2 .a2 Cb 2 /.3 /.1C / .a2 b 2 / cos 2˛C 3 ab sin 2˛ 3 Œ  .2a2 b 2 /.3 /C.2a2 Cb 2 /.1C / cos 2˛ 2 Et 4 12 a b 24 a b 5 D 1  2 .2a2 b 2 /.3 /C.2a2 Cb 2 /.1C / cos 2˛ .a2 Cb 2 /.3 /.1C /Œ.a2 b 2 / cos 2˛C 32 ab sin 2˛ 24 a b

12 a b

und entspricht damit genau der Steifigkeit im Fall 1). Der Kraftvektor F wird wieder nach (5.11) und (6.25) bestimmt und ist für die beiden Knotenpunkte 2 und 3 mit px D q0 cos ˛ und py D q0 sin ˛ zunächst am rechten Rand Z " FD 

N2Rand N3Rand "

DC1 Z

D

q0 D1

# " # s   2 @y @x 2 px 0 C d  @ @ 0 py

N2Rand N3Rand

#" 0 0

cos ˛  sin ˛

#q

2 2 J12 C J22 d

mit den Freiwerten uO

red

" # uO D 2 uO 3

"

und ı uO

red

# ı uO 2 D : ı uO 3

Hierbei wurde bereits ausgenutzt, dass vO 2 D vO3 D 0 und ebenso ı vO 2 D ı vO3 D 0 ist und dass die Ableitungen der physikalischen Koordinaten nach den isoparametrischen Koordinaten die Einträge der JACOBI-Matrix sind. Wie im ersten Aufgabenteil ergibt sich

Literatur

201

nach Integration für den Kraftrand bei  D 1 ZD1 FD D1

2

3

" # b b 5 d D q0 cos ˛ 1 : q0 4 1 2 1 .1 C / 2 2 1 .1 2

 /

Da sowohl die Steifigkeit als auch der Kraftvektor bei beiden Aufgabenteilen übereinstimmen, ergibt sich auch dasselbe Verschiebungsergebnis.

Literatur 1. Barsoum, R. S.: On the use of isoparametric finite elements in linear fracture mechanics. Int. J. Numer. Methods Eng. 10(1), 25–37 (1976). https://doi.org/10.1002/nme.1620100103 2. Barsoum, R. S.: Triangular quarter-point elements as elastic and perfectly-plastic crack tip elements. Int. J. Numer. Methods Eng. 11(1), 85–98 (1977). https://doi.org/10.1002/nme. 1620110109 3. Bathe, K.-J.: Finite-Elemente-Methoden, 2. Aufl. Springer, Berlin Heidelberg (2002) 4. Irwin, G. R.: Analysis of Stresse and Strains near the End of a Crack Traversing a Plate. J. Appl. Mech. 24, 361–364 (1957)

7

Numerische Integration

In Kap. 5 wurde die allgemeine Form der Finite-Elemente-Gleichungen eingeführt. In dieser Form wird über Funktionen der Verschiebungsmodalmatrix und ihrer Gradienten integriert. Nach einer isoparametrischen Transformation nach Kap. 6 hat dieses Integral für jeden Elementtyp einheitliche Grenzen, der Integrand ist jedoch im Fall allgemeiner polynomialer Ansatzfunktionen eine gebrochenrationale Funktion der Integrationsvariablen . Eine solche Integration analytisch durchzuführen, bedeutet einen hohen Rechenaufwand, weswegen stattdessen in der Praxis numerische Integrationsverfahren angewendet werden. Bei allen numerischen Integrationsverfahren wird angenommen, dass ein beliebiges gegebenes Integral durch eine Summe von n gewichteten Funktionswerten approximiert werden kann. Für den eindimensionalen Fall nimmt diese Annahme die Form Z f./ d  

n X i D1

Z !i f.i /

Z f.x/ dx D

x

f./ det J d  

n X

!i f.i / det J.i / (7.1)

i D1

an. Hierbei sind die i gerade die Stützstellen, an denen der Funktionswert ausgewertet wird und !i die Wichtungsfaktoren, mit denen die Funktionswerte in der Summe gewichtet werden müssen, um das Integral optimal anzunähern. Die Stützstellen werden bei der numerischen Integration auch als Integrationspunkte bezeichnet. Die unterschiedlichen Verfahren der numerischen Integration unterscheiden sich nun in der Wahl der Stützstellen. Diese ergeben sich zum Beispiel durch die Wahl der Funktion, die optimal oder sogar analytisch exakt integriert werden sollen. Das einfachste Beispiel für diese Wahl sind im eindimensionalen Fall die N EWTON-C OTES-Verfahren. Bei diesen Verfahren werden die Stützstellen im zu integrierenden Intervall ohne weitere Annahmen gleichmäßig verteilt und die Wichtungsfaktoren so bestimmt, dass Polynome optimal integriert werden können. Beispiele für diese Verfahren sind die Mittelpunktsregel, die Trapezregel und die Simpson-Regel. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 M. Hahn, M. Reck, Kompaktkurs Finite Elemente für Einsteiger, https://doi.org/10.1007/978-3-658-22775-3_7

203

204

7.1

7

Numerische Integration

Gauss-Legendre-Quadratur über rechtwinklige Gebiete

Bei der Methode der Finiten Elemente werden für die Elementintegration in der Regel G AUSS -L EGENDRE-Quadraturformeln zur Annäherung der Integrale verwendet. Oft werden diese als G AUSS’sche Quadraturformeln bezeichnet. Sie unterscheiden sich von den N EWTON-C OTES-Verfahren dadurch, dass nicht nur die Wichtungsfaktoren, sondern auch die Position der Stützstellen so optimiert wird, dass bei einer gegebenen Anzahl von Stützstellen ein Polynom möglichst hohen Grades analytisch exakt integriert werden kann. Durch diese zusätzliche Optimierungsmöglichkeit sind die G AUSS -L EGENDREQuadraturformeln im Vergleich zu N EWTON-C OTES-Verfahren in der Lage, bei gleicher Anzahl an Stützstellen Polynome höheren Grades exakt zu integrieren. Sie stellen dadurch für die Integrale, die bei Finiten Elementen auftreten, einen optimalen Kompromiss zwischen Rechengenauigkeit und Rechenaufwand dar. Die Stützstellen und die Wichtungsfaktoren können bestimmt werden, indem gefordert wird, dass die ersten p Glieder der Taylorreihe des Integrals und der Näherungssumme in (7.1) übereinstimmen. Hierbei wird ein Integral in den Grenzen Œ1; 1 über eine beliebige Funktion f.x/ genutzt. Die Taylorreihe des analytischen Integrals kann damit zu Z1 1

ˇ ˇ Z1 1 X 1 @i f./ ˇˇ 1 @i f./ ˇˇ i f./ d D  d D   i d i ˇ i ˇ iŠ @ iŠ @ D0 D0 i D0 1 i D0 1 8 ˇ 1 1 in den Spannungswert am Knoten eingehen. Im englischsprachigen Raum wird diese Extrapolation der G AUSSpunktSpannungen auf die Knotenpunkte auch beschönigend als stress recovery bezeichnet. Da nun bekannt ist, wie Spannungen extrapoliert werden können, stellt sich noch die Frage, welche Spannungen zu extrapolieren sind. Diese Frage stellt sich, da bei FE-Rechnungen oft nicht die Normal- und Schubspannungen gesucht sind, sondern Vergleichsspannungen, die über ein nichtlineare Funktion aus den Spannungskomponenten berechnet werden. Zur Berechnung der Vergleichsspannungen an den Knoten existieren somit zumindest zwei unterschiedliche Methoden: 1. Aus den Spannungskomponenten werden an den G AUSS-Punkten die Vergleichsspannungen v berechnet. Die Vergleichsspannungen an den Knoten werden bestimmt, indem die Vergleichsspannungen von den G AUSS-Punkten auf die Knotenpunkte extrapoliert werden. 2. Die Spannungskomponenten werden auf die Knoten extrapoliert. Aus diesen wird anschließend an den Knoten die Vergleichsspannung berechnet. Nach der Extrapolation der Spannungen auf die Knotenpunkte stellt sich jedoch noch eine weitere Frage. Da, wie zu Beginn des Kapitels angedeutet, die Spannungen über die Elementgrenzen hinweg nicht stetig sind, existiert an jedem Knoten pro angrenzendem Element ein separater Spannungszustand. Da dies jedoch nicht im Einklang mit der analytischen Lösung der Mechanik steht, werden die Spannungen an den Knoten oft (gewichtet) gemittelt, um ein glattes Spannungsfeld zu erzeugen. Auch hier kann wieder so vorgegangen werden, dass die Normal- und Schubspannungen gemittelt werden und aus diesen die gemittelte Vergleichsspannung bestimmt wird. Jedoch ist es auch hier möglich, nicht die Normal- und Schubspannungen, sondern stattdessen die Vergleichsspannungen zu mitteln. Für den Fall, dass eine sehr genaue Lösung eines Feldproblems gesucht wird, unterscheiden sich diese Methoden jedoch nur marginal. Dies hat den Grund, dass eine genaue Lösung zugleich eine Lösung ist, bei der die Spannungssprünge über die Elementgrenzen klein werden und somit die Mittelung einen verschwindenden Einfluss hat.

230

8 Nachlaufrechnung a q0

2

2



q0 



b

c

d

e 3.75 3 2

σv q0

1 0

Abb. 8.2 Einfluss der Mittelung der Vergleichsspannung an den Knoten bei vollständiger Integration mit vier Integrationspunkten (b, c) und der sogenannten reduzierten Integration mit einem Integrationspunkt (d, e). Die Farbskala ist zur besseren Vergleichbarkeit bei allen Abbildungen identisch. Insbesondere beim Modell mit reduzierter Integration, bei dem nur vom Mittelpunkt des Elements (konstant) extrapoliert wird, ist der Einfluss deutlich sichtbar. Der Verlauf der Vergleichsspannung ist durch die Mittelung geglättet und die Extremwerte der Spannung nehmen dadurch deutlich ab. a Geometrie der Scheibe, b Berechnung mit vollständiger Integration ohne Mittelung, c Berechnung mit vollständiger Integration mit vollständiger Mittelung, d Berechnung mit reduzierter Integration ohne Mittelung, e Berechnung mit reduzierter Integration mit vollständiger Mittelung

Abb. 8.2 zeigt, welchen Einfluss die Mittelung der Vergleichsspannung an den Knoten auf die Spannungsergebnisse hat. Insbesondere bei starken Spannungssprüngen zwischen den Elementen, wie sie bei der Verwendung eines einzelnen G AUSS-Punkts pro Element zur Extrapolation der Spannungen vorliegen, ist die Glättung deutlich zu sehen. Dabei geht jedoch die Information über die Spannungssprünge zwischen den Elementen, die als Maß für die Qualität der Lösung verwendet werden kann, verloren. Es wird damit eine bessere Lösung als die tatsächlich vorhandene vorgetäuscht. Außerdem ist deutlich zu sehen, dass die Intensität der Extremwerte der Spannung durch die Mittelung deutlich nachlässt.

8.4 Übungsaufgaben

8.3

231

Zusammenfassung

1. In der Nachlaufrechnung wird aus dem Verlauf der Feldfunktion durch Bildung des Gradienten das Feld der abgeleiteten Größen, die auch als sekundäre Feldgrößen bezeichnet werden, gebildet. Dies sind in der Mechanik zum Beispiel Spannungen und Dehnungen und in der Thermodynamik Wärmeströme. 2. Bessere Ergebnisse für die abgeleiteten Größen können auf unterschiedliche Arten gewonnen werden: a) Verwendung eines feineren Netzes (h-Verfeinerung) oder eines höherwertigeren Polynomansatzes (p-Verfeinerung), um diese aus einer genaueren Lösung der Feldgröße bestimmen zu können. b) Berechnung der Nachlaufgrößen an den G AUSS-Punkten, da die abgeleiteten Größen dort die Genauigkeit eines Elements höherer Ordnung besitzen. 3. Die an den G AUSS-Punkten berechneten Nachlaufgrößen können mit den Ansatzfunktionen auf die Knotenpunkte extrapoliert werden. Da dadurch am selben Knoten von jedem benachbarten Element unterschiedliche Werte für diese Größen berechnet werden, wird oft eine Mittelung durchgeführt, um einen glatten Verlauf zu erhalten. Durch diese Mittelung gehen jedoch sowohl die Extremwerte der abgeleiteten Größen als auch die Information über die Ergebnisqualität, die den Sprüngen über die Elementgrenzen hinweg entnommen werden kann, verloren.

8.4 Übungsaufgaben

Übungsaufgabe 8.1: Dehnungsfelder im bilinearen Viereckelement

Bestimmen Sie die Spannungs- und Dehnungsfelder, die ein unverzerrtes bilineares Viereckelement im ebenen Spannungszustand (siehe Anhang A.2) darstellen kann. Gehen Sie dabei davon aus, dass ein isotropes Materialgesetz mit dem Elastizitätsmodul E und der Querkontraktionszahl vorliegt und dass die Kanten des Elements parallel zu den Koordinatenachsen liegen.

Lösung zu Übungsaufgabe 8.1: Dehnungsfelder im bilinearen Viereckelement Aufgrund dessen, dass die Elementkanten parallel zu den Koordinatenachsen verlaufen, kann das Element die Verschiebungsfelder u.x; y/ D uO 00 C uO 10 x C uO 01 y C uO 11 x y und v.x; y/ D vO 00 C vO10 x C vO01 y C vO11 x y

232

8 Nachlaufrechnung

in x- bzw. y-Richtung darstellen. Die Dehnungen in VOIGT’scher Notation lauten 3 3 2 2 uO 10 C uO 11 y u;x 7 7 6 6 "Q D 4 v;y 5 D 4 vO01 C vO 11 x 5: uO 01 C uO 11 x C vO 10 C vO 11 y u;y C v;x Somit ist  das Normaldehnungsfeld "xx in x-Richtung konstant und in y-Richtung linear,  das Normaldehnungsfeld "yy in y-Richtung konstant und in x-Richtung linear,  das Schubdehnungsfeld xy in x- und in y-Richtung linear, wobei die linearen Anteile der Normaldehnungen jeweils mit den linearen Anteilen der Schubdehnungen, die in orthogonaler Richtung verlaufen, über die Konstanten uO 11 und vO 11 gekoppelt sind. Lediglich die konstanten Anteile der Dehnungsfelder sind vollständig unabhängig voneinander, womit ein beliebiges konstantes, aber kein beliebiges lineares Dehnungsfeld im Element reproduziert werden kann. Die Elastizitätsmatrix für den ebenen Spannungszustand lautet 2 3 1 0 E 6 7 EQ D 0 5; 4 1 1  2 0 0 1 2 womit sich die Spannungen zu  3 uO 10 C uO 11 y C vO 01 C vO11 x  7 E 6 Q D EQ "Q D 4 vO 01 C vO11 x C uO 10 C uO 11 y 5 2   1 1 O 01 C uO 11 x C vO 10 C vO 11 y 2 u 2

ergeben. Es ist zu sehen, dass alle Spannungskomponenten lineare Komponenten in xund in y-Richtung besitzen. Alle diese linearen Verläufe besitzen jedoch als Vorfaktoren Terme, die neben den Materialparametern nur von den zwei Verschiebungsparametern uO 11 und vO 11 abhängen. Somit sind von den sechs linearen Komponenten der Spannungsfelder nur zwei linear unabhängig. Es kann somit kein beliebiges lineares Spannungsfeld dargestellt werden! Wie bei den Dehnungen ist es jedoch möglich, ein beliebiges konstantes Spannungsfeld zu reproduzieren.

Literatur 1. Barlow, J.: Optimal stress locations in finite element models. Int. J. Numer. Methods Eng. 10, 243–251 (1976) 2. Oden, J. T., Brauchli, H. J.: On the calculation of consistent stress distributions in finite element approximations. Int. J. Numer. Methods Eng. 3(3), 317–325 (1971)

9

Elementanalyse

9.1

Polynomgrade der Feldfunktionen verzerrter Elemente

Wie bereits in Kap. 4 angesprochen wurde, haben die Ansatzfunktionen einen direkten Einfluss auf die Ergebnisse der Finite-Elemente-Rechnung. Nur die Funktionen, die im Ansatz im physikalischen Raum enthalten sind, können in der Lösung, die mit Finiten Elementen berechnet wird, abgebildet werden. Für unverzerrte Elemente sind die Ansatzfunktionen in physikalischen Koordinaten ebenfalls in jenem Kapitel angegeben. Für verzerrte Elemente wurden jedoch bisher nur die Ansatzfunktionen im dimensionslosen, isoparametrischen Koordinatensystem betrachtet. Da für die Approximation der Feldfunktion bei der Finite-Elemente-Rechnung jedoch die Ansätze in physikalischen Koordinaten ausschlaggebend sind, ist es zweckmäßig, die Ansatzfunktionen in physikalischen Koordinaten bei verzerrten Elementen genauer zu untersuchen. In diesem Abschnitt wird dazu ein Verfahren nach L EE und BATHE [3] für Elemente mit Polynomansätzen vorgestellt und beispielhaft auf einige wichtige Elemente angewandt. Die Feldfunktion wird, wie in Abschn. 5.1 eingeführt wurde, als Produkt der Verschiebungsmodalmatrix N und der Knotenpunktfreiwerte uO gebildet. Erstere ist im Falle von verzerrten Elementen nun eine Funktion der isoparametrischen Koordinaten, für die Finite-Elemente-Rechnung ist jedoch die Verschiebungsmodalmatrix als Funktion der physikalischen Koordinaten von Relevanz. Die Transformation zwischen den isoparametrischen Koordinaten  auf die physikalischen Koordinaten x ist nach (6.2) gegeben als x./ D N./  xO : Die Verschiebungsmodalmatrix als Funktion der physikalischen Koordinaten kann nun gewonnen werden, indem die Inverse dieser Abbildung in die Verschiebungsmodalmatrix in isoparametrischen Koordinaten eingesetzt wird. Dieses Verfahren ist jedoch nicht praktikabel, da hierzu die inverse Transformation eines mehrdimensionalen Polynoms bestimmt werden muss, die im Allgemeinen nur für den linearen Fall eindeutig ist. Aus © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 M. Hahn, M. Reck, Kompaktkurs Finite Elemente für Einsteiger, https://doi.org/10.1007/978-3-658-22775-3_9

233

234

9

Elementanalyse

diesem Grund schlagen L EE und BATHE ein weniger genaues, dafür sehr viel einfacheres Verfahren vor, welches im Folgenden erläutert wird. Auf der linken Seite der obigen Transformation stehen explizit die physikalischen Koordinaten als Funktion der isoparametrischen Koordinaten. Folglich können sämtliche Basispolynome in physikalischen Koordinaten x durch Einsetzen dieser Transformation als Polynome in isoparametrischen Koordinaten  dargestellt werden. Um festzustellen, ob ein verzerrtes Element ein bestimmtes Basispolynom in seinem Ansatz enthält, muss dann lediglich geprüft werden, ob der Elementansatz sämtliche Basispolynome in isoparametrischen Koordinaten enthält, die aus dieser Transformation resultieren. Dieses Vorgehen wird nun an einigen Beispielen vorgeführt. Beispiel 9.1: Maximaler Polynomgrad verzerrter Elemente

Mit der Methode nach L EE und BATHE soll überprüft werden, ob für die gegebenen Elementtypen folgende Polynome in physikalischen Koordinaten mit den gegebenen polynomialen Verzerrungen dargestellt werden können. a) Quadratisches Linienelement: Lineare Feldfunktion bei linearer Verzerrung b) Quadratisches Linienelement: Quadratische Feldfunktion bei quadratischer Verzerrung c) Bilineares Scheibenelement: Bilineare Feldfunktion bei linearer Verzerrung d) Bilineares Scheibenelement: Lineare Feldfunktion bei bilinearer Verzerrung e) Biquadratisches Scheibenelement: Quadratische Feldfunktion bei bilinearer Verzerrung f) Quadratisches Serendipity-Element: Quadratische Feldfunktion bei bilinearer Verzerrung Die Lösung dieser Probleme folgt dem Vorgehen nach L EE und BATHE, das oben in Worten umrissen wurde. a) Eine lineare Verzerrung führt bei einem Linienelement auf die Transformationsfunktion x D a0 C a1  : Um eine lineare Feldfunktion in physikalischen Koordinaten darstellen zu können, müssen alle Polynomanteile einer linearen Feldfunktion nach der Transformation auf isoparametrische Koordinaten im Ansatz des Elements enthalten sein. Die Feldfunktion lautet dabei in physikalischen sowie isoparametrischen Koordinaten u.x/ D b0 C b1 x D b0 C b1 .a0 C a1 / : Da der quadratische Ansatz des Elements sowohl einen konstanten als auch einen linearen Term in  enthält, ist das Element in der Lage, einen linearen Feldverlauf bei einer linearen Verzerrung darzustellen.

9.1 Polynomgrade der Feldfunktionen verzerrter Elemente

235

b) Die Transformation einer quadratischen Verzerrung besitzt bei einem quadratischen Linienelement die Form x D a0 C a1  C a2  2 : Ein quadratischer Feldverlauf in physikalischen Koordinaten hat somit die Form u.x/ D b0 C b1 x C b2 x 2    2 D b0 C b1 a 0 C a 1  C a 2  2 C b2 a 0 C a 1  C a 2  2 D c0 C c1  C c2  2 C c3  3 C c4  4 in isoparametrischen Koordinaten. Um bei einer quadratischen Verzerrung eine quadratische Feldfunktion darstellen zu können, müsste der Ansatz folglich alle Basispolynome in  bis zur 4. Ordnung enthalten. Da der Ansatz nur Terme bis zu einer quadratischen Ordnung enthält, ist er somit nicht in der Lage, bei quadratischer Verzerrung einen quadratischen Verlauf der Feldfunktion darzustellen. c) Eine lineare Verzerrung im zweidimensionalen lässt sich als x D ax00 C ax10  C ax01 

y D ay00 C ay10  C ay01 

darstellen. Damit hat eine bilineare Feldfunktion in den Koordinaten x; y die Form u.x; y/ D b0 C b10 x C b01 y C b11 x y

  D b0 C b10 .ax00 C ax10  C ax01 / C b01 ay00 C ay10  C ay01  C : : :   C b11 .ax00 C ax10  C ax01 / ay00 C ay10  C ay01  D c0 C c10  C c01  C c20  2 C c11   C c02 2 :

Da die quadratischen Terme in  2 und 2 im Ansatz des bilinearen Viereckelements nicht vorhanden sind, ist dieses Element nicht in der Lage eine beliebige bilineare Verzerrung in physikalischen Koordinaten bei einer beliebigen linearen Verzerrung darzustellen. Der Grund dafür wird bei der Betrachtung der transformierten Form sichtbar: Der Term x y ist ein quadratischer Term, der sich aus einem linearen Anteil in x und einem linearen Anteil in y zusammensetzt. Durch die lineare Abbildung wird, sofern es sich nicht um eine Abbildung handelt, bei der die Ausrichtung der Kanten des Elements gleich bleiben, jede dieser Koordinaten auf eine Summe eines linearen Terms in  und  abgebildet, wodurch die quadratischen Terme  2 und 2 auftreten. Das Element ist somit nicht invariant gegen Drehung. Diese Eigenschaft lässt sich bei allen Elementen feststellen, die auf einem unvollständigen Polynomansatz1 basieren. 1 Ein vollständiger Polynomansatz der Ordnung p ist ein Ansatz, der alle Basispolynome der Ordnung p oder niedriger darstellen kann.

236

9

Elementanalyse

d) Die bilineare Verzerrung kann mithilfe der Abbildung x D a00 C a10  C a01  C a11   dargestellt werden. Eine lineare Feldfunktion im zweidimensionalen physikalischen Raum hat somit die Form u.x/ D b0 C b1  x D b0 C b1  .a00 C a10  C a01  C a11   / : Da diese Terme vollständig in dem bilinearen Ansatz enthalten sind, ist das bilineare Viereckelement in der Lage, bei bilinearer Verzerrung einen linearen Feldverlauf darzustellen. e) Ein quadratischer Feldverlauf in physikalischen Koordinaten hat bei bilinearer Verzerrung (siehe Punkt 9.1d) die Form u.x/ D b0 C b1  x C xT  B2  x D b0 C .b1 C .a00 C a10  C a01  C a11 /T B2 /  .a00 C a10  C a01  C a11 / D c0 C c10  C c01  C C c11  C c20  2 C c02 2 C c21  2  C c12 2 C c22  2 2 : Da alle dieser Polynomanteile im biquadratischen Ansatz enthalten sind, ist dieser in der Lage, den quadratischen Feldverlauf bei einer bilinearen Verzerrung wiederzugeben. f) Die Polynomglieder, die im Ansatz benötigt werden, sind dieselben wie beim biquadratischen Element in Punkt 9.1e. Da der Ansatz des quadratischen SerendipityElements nach (4.32) jedoch keinen Polynomterm  2 2 enthält, ist es im Gegensatz zum biquadratischen Element nicht in der Lage, einen quadratischen Feldverlauf  bei einer bilinearen Verzerrung darzustellen. Anhand der Beispiele 9.1a–f wird zusätzlich deutlich, dass bei einer isoparametrischen Transformation immer zumindest ein linearer Feldverlauf approximiert werden kann, da nach der Transformation der linearen Feldfunktion in isoparametrische Koordinaten die Basispolynome der Transformation maximal diejenigen sein können, aus denen die Ansatzfunktion aufgebaut ist. Eine Zusammenfassung über darstellbare Polynome bei verzerrten Viereckelementen ist für Elemente bis zu einem biquartischen Ansatz und bis zu einer biquadratischen Verzerrung in Tab. 9.1 zu finden. Hierbei ist auffallend, dass Serendipity-Elemente unabhängig vom Polynomgrad des Ansatzes bereits bei einer bilinearen Verzerrung maximal eine lineare Feldfunktion exakt darstellen können, während bei L AGRANGE-Elementen der darstellbare Polynomgrad vom Ansatzpolynomgrad abhängt. Ein Beispiel für die Folgen dieser Eigenschaft sind im Anwendungsbeispiel 10.2 zu sehen: Während die Lösung mit L AGRANGE-Elementen in diesem Fall unsensitiv gegenüber einer bilinearen Verzerrung ist, entstehen bei der Lösung mit Serendipity-Elementen große Fehler, da diese Elemente nicht in der Lage sind, den Polynomverlauf des Balkens exakt wiederzugeben.

9.2 Eigenmoden der Elementsteifigkeiten

237

Tab. 9.1 Maximaler Polynomgrad der Feldfunktion nach einer bilinearen beziehungsweise biquadratischen Transformation für 2D-Elemente. Die Eigenschaften sind bei 3D-Elementen analog. Bei den Serendipity-Elementen ist die biquadratische Transformation unvollständig, da im Ansatz keine Terme existieren, die sowohl in  als auch in  quadratisch sind. In Anlehnung an L EE und BATHE [3] Ansatzpolynom Bilineares Viereck Quadratisches Serendipity Biquadratisches L AGRANGE Kubisches Serendipity Bikubisches L AGRANGE Quartisches Serendipity Biquartisches L AGRANGE

f . 1 /  f .1 / f . 2 /  f .1 / C f . 1 /  f .2 / f . 2 /  f .2 / f . 3 /  f .1 / C f . 1 /  f .3 / f . 3 /  f .3 / f . 4 /  f .1 / C f . 1 /  f .4 / f . 4 /  f .4 /

Bilineare Verzerrung Linear Linear Quadratisch Linear Kubisch Linear Quartisch

Biquadratische Verzerrung Konstant Linear Linear Linear Linear Linear Quadratisch

9.2 Eigenmoden der Elementsteifigkeiten Ein wichtiges Mittel zur Untersuchung von Finiten Elementen ist die Analyse der Eigenmoden der Elemente und damit der Untersuchung der Eigenwerte und -vektoren der Elementsteifigkeitsmatrizen. Zuerst ist es hierfür jedoch sinnvoll, den Zusammenhang der Elementsteifigkeitsmatrix mit dem zugrundeliegenden Funktional darzustellen. Nach (5.6)ff. enthältR die Steifigkeitsmatrix (mit dem Materialparameter c) gerade Terme der Form K D  BT c B d, aus denen sich die schwache Form der inneren Terme als ı…i D ı uO T K uO berechnen lässt. Betrachtet man die rechte Seite dieser Gleichung als Variation der inneren Terme des Funktionals nach den Freiwerten des Systems, so lässt sich das Funktional zu 1 (9.1) …i D uO T K uO 2 berechnen. Aus der Steifigkeit des Elements und den Freiwerten des Systems kann somit im linearen Fall gerade der Wert des Funktionals berechnet werden. Dieser Zusammenhang verdeutlicht die Bedeutung der Eigenmoden der Steifigkeitsmatrix: Da die Eigenvektoren v.i / die Steifigkeitsmatrix diagonalisieren, beschreiben sie im linearen Fall gerade die Anteile der Feldfunktion des zugrunde liegenden Problems, die bezüglich des Funktionals entkoppelt sind. Bezogen auf das Beispiel eines Verschiebungsproblems der Mechanik, bei der das Funktional im linearen Fall gerade das Gesamtpotential ist, beschreiben die Eigenvektoren somit Verformungszustände, die energetisch entkoppelt sind. Werden zwei dieser Eigenvektoren, v.i / und v.j / , von beiden Seiten skalar mit der Steifigkeitsmatrix multipliziert, so ist 8